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Full text of "Bismarcks Bildung: Ihre Quellen und ihre Äusserungen"

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fismcrrks |tlbung 




t()ri! ©utUtii uitö \\)n |tu|cniiigrn. 








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©cuA unh JScrlag Bort OäEovß THctmct. 




1904. 




^^^»jyvjM^^MirapitiTOfflWK TaT ■•a'g'jEj^^^^dl 



"•^ 



» » * *^ öü^oiöfli-cifee 107-8. * * * * 



(cl5tcu Qa^rcu 

3ur ^efdjidjte fetnc§ ^aufeä unb $ofe^, feiner Regierung 
iiiib 'lolitif. S3oii 6a«ä f ni^. f rciü 9)i. 7,—. 

©eniianitt, 9Bif). SSeUaa«: . . . JJr. 38. tritt feinem IBolti; QlsaJJeiifd) 
nä^er, je nje^t U)ii feine ^iftoriter uoii aUcm löeirocrte einet iljn alS 
Halbgott fefeniben iicgenbe enttleiheten. 3!arum ift ba§ ft^Ön unb 
maun gefdiriebetie, an ^"teteffantem rei^e SBurfi be§ fifintBäbEtget 
^rofefforS, bein nid)tä fetner liegt, alä SBetfennung be§ ©tofeen Sur= 
ffitften, aufri^tig ju beflriißen niib feine fiettiitc iebernmiin, ber be^ 
beiitenbe äJianner pfp^olegifc^ ju begreifen fticbt, ju empfehlen. 




gd)n 3a()rc btutfd)er Snmpfc 

Stfiriftcii jur Ingeöpolittt uoii .^einriit) b. Jrcitfdite, 
dritte Muflngc. 2 Sänbc. ®cl)cftct ■»(. 12,—. C^e- 
bttiiben in eleganten .^albfran;\banb "iU. 15, — . 

fiäluifd)e öeitung: . . . 3:reitf^re§ umfaffeiibet ©cift &at faft aUe 
roidjligen Probleme bcä äffenttit^en Sebenö feinfi 3^'* "'if s'" aStenii^ 

fpicgel aufgefangen unb in glänjenbex SSilberfpiQc^e jutürfgewotfeu 

ailg her f prangen) altigfte *13ubtijift unfeiex 3fit fitb er, mie ®en§ unb 
©örrcä, in unferct ©eifleägcfc^it^ts fortleben, wenn ctuc^ oon ben 
Ißrobtemen, bie unS je^t befc^äftigen, bie le^te Spur oevfdjniunben 
fein wirb. 

SEÖefer=3eilHn8: ... Xie.^e^^afwe bestf^ Sitnipf e" bteiben ein 
SBuc^, bttS feinen '^'la^ in unferer Öiteratut roic in unfeier ®efd)i(^te 
bebaupteii unb uoc^ einer fernen 3rfunft 3eugni^ oon einer grofeeii 
Spodie unb uon einem ifner genialften Säntpfer geben roiib. 



listnarifts |ilkitg 

ifyct ^Utn unti i^re |ln|etung(n. 



Bon 







3Pni& unb ©erlag von ©icorg Bmmicr* 



1904. 



\>J 2 , l 



V 



7 




34a(t«übcrft(^t 



Sette 

^htleituttg 1— 9 

S)ie ^lufgabe, il^t S^tetcffe unb bie 2ltt il^tet 
Söfung. 

I. S^r mhnmHt^diiditt öidmatif« 10- 29 

S)ie ©c^uljeit. ^ie ©tubien^cit. 

n. mmtnit ber ^emüt^Bitbung m^matä» 30— 64 

Sßet^ältniS gut SBibel. ©prid^roöttet. S)a§ 
SßoI!§Iieb. 

m. m»matä» ^et^Unx^ m^i »affifii^en mutinm. . . . 65— 96 
®ne(i)if(i)e @pra(i)e unb gricdjifc^eS 3IItettum. 
Sßertrautl^eit mit bem Sateimfc^en unb Sßot- 
liebe bafür. Äenntni§ tömifc^et S)ici^tet. 

IV. m»matä^ ^etf^Mtui^ ^ut beutfii^en mtxatnx, U» 

fottbctö 5« bctt beutfii^ctt Älafflfettt 97—168 

SQotliebe für ba§ S)rama. SBefanntfc^aft mit 
Derf(i)iebenen älteren unb jeitgenöfjifd^en 
S)ici^tem. 9ltterlei DteminiSacnjen. ©oetl^e. 
Sßorliebe für fjauft. ©d^iÄer. @l^a!efpeare§ 
S)ramen. 

V. S3idmatffd ^tti^Mtm^ ^n hen neueten <Bptaüien nnh 

Uten Sltctattttctt 149—174 

Sfleigung für frembe*@pra(^en unb ©ntlel^nungen 
barau§ bi§ aur ©prac^mengerei. fjranjöfifd^ 
al§ S)ipIomatenfpra(i)e. ©nglifdie ©prad^e 
unb Literatur, fjraujöjifd^e (Sprache unb 
Siteratur. 



— IV — 

(Sette 

VI. ölSmatifS ^iftorifii^e STitfii^attttitgcti 175—247 

^iftorifd^eS Sntercffc. (Sclbftänbißfeit bc§ E)ifto^ 
rifc^cn Urteilt. SBcrtfc^ätjung bcr ©cfc^ic^te 
füt bie ©tjiel^ung bcr Station, lattgemeine 
^Infd^auungcn, bcfonbcr§ über bie gefd^ic^t- 
lic^e ©tellung ber ^eutfd^en. ©leid^gültigfeit 
gegen grie(^if(i)e unb römif(i)e ®efci^i(i)te. 
®nglif(i)e ©efc^id^te. g^ran^öfifc^e ®efd^idE)te 
ßubroig XIV. 9teDoIution§3eitalter. S)eutfd^e 
®ef(i)i(^te. ^reußifd^e ®ef(i)i(^te. 



©inleitunö^ 

SlHejeit geroäl^rt e§ befonberen @enu§ unb erfd^lie^t 
gelcgentli^ Icl^rrei^e ©inblirfe in SBorgänge inncr^lb bc§ 
menfd^lid^en @cifte§leben§, bic ju beobad^ten mix fonft nid^t 
leidet ©elegcnl^eit ^ben, tDenn wir einen fd^öpf erif^en @eniu§ 
burd^ bie einjelnen SKomente begleiten fönnen, bie er in ber 
33etätigung feinet tül^nen Söollen^ unb überlegenen Äönnen^ 
burd^läuft. 3)er ®enuj3 wirb um fo gröjser unb bie SSe^^ 
lel^rung um fo reid^er fein, je mel^r e§ ftd^ babei um bie 
aSenoirflid^ung t)on ©ebanfen Rubelt, weld^e au§ ber vox^ 
angegangenen ©ntoirflung von (Generationen geroifferma^en 
bie ©umme jiel^en unb in Saaten umgefe^t bie ©d^irffale 
oon aSöltem unb Staaten auf SJienfd^enalter l^inau^ be:: 
ftimmen. 

3)enn taum nod^ fonft irgenbroo tritt un§ ba§ oor^ 
nel^mjie unb le^te, ba§ eigentli^e Problem aUe^ gefd^id^t^ 
li^en @rfennen§ fo fd^arf umriffen, fo beftimmt formuliert 
unb gleid^fam greifbar entgegen, ^anbelt e§ fid^ babei bod^ 
f^lie^lid^ immer um bie grage nad^ bem SBer^ltni§ be§ ©injel? 
toiUenS ju bem ©efamtmiHen unb bie nad^ ber SBed^felmirfung, 
toeld^e in großen l^iftorifd^en Ärifen ftattfinbet jmif^en bem 
unbetou^ten ©treben ber gleid^fam im ^albbuntel oorroärt^ 
brängenben SWaffen unb bem freien @ntfd^lu§ eines ju großem 
l^iftorifd^en ^anbeln berufenen 9Äanne§, ben er fa^t in florer 



— 2 — 

Sinfid^t in bie gegeBenen SBcrl^ältniffc unb in ber ÜBet^eu^ 
gung t)on feiner Slotoenbigfeit für beffen aSerroirflid^ung 
er in fül^nem Streben fein 3)afein einjufe^en bereit ift unb 
bie Gräfte feinet SBolfe^ jur pd^ften Seiftung^fäl^igfeit ju 
entfeffeln fein 93ebenfen trägt. 

SOBirb babei natürlid^ junad^ft unfer gefd^id^tlid^e§ Qn^ 
tereffe erroedt einmal burd^ bie 93etrad^tung ber 33ebingungen, 
bie, in ber SBergangenl^eit wurjelnb, ein fo folgenreid^e^ 
SBirfen ermöglid^ten ober gar notroenbig mad^ten, bann burd^ 
bie @rfenntni§ ber Umftänbe, unter benen e§ fid^ t)olIjog, 
mögen fte nun i^m förberlid^ gemorben fein ober fid^ il^m 
feinblid^ entgegengeftellt l^aben, unb enbli^ burd^ ben SBer? 
fud^, bie geiftigen unb fittUd^en Gräfte aufjuberfen. bie ba? 
bei teifö unmiHfürlid^, teite mit mol^lbered^neter Slbft^t in 
S^ätigfeit gefegt mürben: fo mirb bod^ ba§ rein menfd^lid^e 
^ntereffe an ben l^iftorifd^ bebeutenben ^erfönlid^feiten, um 
beren kämpfe unb ©rfolge ober 9lieberlagen e§ fi^ Rubelt, 
jugleid^ in un§ ben SBunfd^ erroerfen, au^ bie Slrt re^t ju 
erfaffen unb un§ in unmittelbarer Sebenbigfeit ju üergegen^ 
märtigen, mie in i^rem ^anbeln i^re ^nbioibualitäten, il^re 
geiftigen unb fittlid^en ©igentümlid^feiten d^arafteriftif^ jum 
2lu§brudf fommen unb auf ben ©ang ber S)inge beftimmenb 
einmirten. S)enn aud^ ben SKann, meldten bie SioUe, ju 
ber er in ber ©efd^id^te feiner 3^it berufen mar, junäd^ft 
ate ben S^räger gemiffer allgemeiner Qbeen vor ben Singen 
ber Söelt in ein befonber§ ]^elle§ Sid^t gerüdft l^at, merben 
mir bod^ nur bann ganj oerfte^en unb re^t mürbigen fönnen, 
menn mir il^n aud^ betrad^ten, gelöft Don bem großen ge^ 
fd^id^tlid^en ^intergrunbe, oon bem mir i^n fi^ ablieben 
ju feigen fonft gemo^nt fmb, unb un§ menigften^ ein unge? 
fäl^re^ 93ilb mad^en fönnen t)on bem, ma§ er gemifferma^en 
an geiftigem unb fittli^em Slüftseug mitbrachte für bie 



Kämpfe, in benen er Dermöge feinet überlegenen (Sinfic^t 
feinen gebieteuben ^Bitten unb fein f(^Öpferifcf)e§ fiönneii 
jum beften feiner ^fit 9efii)irf)tlicf) evfolgteit^ betätigte. 

35enn gerotfi bebarf gerabe, nier oont Sc^itffal ju foU 
ifixn ^Sirten berufen ift, neben bem, wa§ haS ftoatämännifcije 
ober militärifc^e ^niibeln an befonberet fac^männifc^er ^e-- 
gabung ober ©rfjulung erforbert, noc^ eineä anbercn reiben 
geiftigen SRücf^altä, nuä bem er foroobl jut ©efömpfnng ber 
©egner nsie jur Srmutigung ber J^reunbe nnb nid)t jute^t 
jur ©tärEung ober Smeueruiig ber eigenen ffvaft jeben 
Slugenblid neue SJIittet ^iiifen ober altberoa^rte luieberum 
ju §ilfe rufen tann. 9tuf biefen ®(f)Qti fojufagen aHge= 
meiner iöilbung, ber in bet §Quptfa^c immer erroorben fein 
roirb, e^e femonb eine I}iftorifd) bebeutenbe Sftolte, roeli^er 
%xt fie andi fein möge, ju fpielen beginnt, für i^n aber in 
ber 3oIge gleii^fom einen eifemen Seftanb auSmoiijt, roirb 
er unroiütürlic^ unb in uieten '^aüen unberoußt, mnn !önnte 
faft fagen inftiltio, jurflcfgreifen, menn eä gilt, für bie »on 
i^m oerttetene ©adje ju roerben, itjr guteä ffiec^t ju be= 
gtiinben, iljre Stusfit^rbarfeit bargutun ober bagegen erhobene 
Sebenten p roibedegen unb fo bie 'S'^ü^ '^^^^^ 9In|änget 
unb 9JorfQinpfer jii reroietfältigen. 3tud) oerme^rt ficE) biefer 
©c^a5 fortbauemb bnrt^ ba§ ^uio'i'^fe" neuen geiftigen 
6rnietbe§ a^nlic^et 3trt. - @r roirb unifo größer unb mannig- 
faltiger fein, je roeitet bie ©ebiete augcinanberliegen, auf 
roelc^c fi^ bie 3;ätigEett beä ju gefcl)i(i)tlid) bebeutenbet ffiirf: 
famteit 33etufenen in ber (gtfüUung feiner äRiffion ju er= 
ftrecten i^at. Dlntürlid) roirb, roa§ ein »ielberoegteS unb net^ 
f^iebene 9Irbeit§gebiete umfaffenbeS Seben an ©eroinn ber 
9lrt nicljt foroo^I feiner fa(^männifi^en al§ feiner aÖgemeinen 
SSilbung 5ufü£)tt, fid) nic^t narf] allen Seiten ^in gleidiniäfeig 
erftrecten, fonbem in einer 21rt oou firiftaEifationSproje^ 



_ 4 — 

Domcl^mlid^ an fold^e fünfte be§ üorl^anbencn 33efi§e§ ans 
fc^en, bie t)on jcl^er befonber^ fcft begrünbet waren unb 
mit SBorttebe gepflegt nrnrben. Qnfofem fpiegelt jebe ge;^ 
fd^id^tli^ bebeutenbe ^erfönlid^feit bie geiftigen SQ3anblungen 
il^rer Qeit in fid^ ab unb wieberl^olt oon ben ©tabien, meldte 
biefe burd^Iaufen, im fleinen biejenigen, t)on beten @influ§ 
fte, üielteid^t ol^ne e§ felbft innejumerben, befonber^ ^äufig 
ober befonber^ ftarf getroffen mürbe. 3)arau§ erflären fid^ 
bie aSeränberungen, bie bei mannen gef^id^tlid^ l^eroor^ 
ragenben Scannern im Saufe ber 3^it in betreff ber allge^ 
meinen geiftigen 93ejie]^ungen eintreten, auf bie fte, oon ben 
eigentUd^ fa^lid^en ober gar te^nifd^en aJlomenten abgefel^en, 
in ber aSertretung il^rer Qbeen jurürfgreifen. SJlan fielet 
babei, mie ©rmägungen, bie il^nen frül^er befonber^ geläufig 
maren unb bie fte bal^er gern immer mieber aufteilten, aU^ 
mäl^li^ für fte an SBid^tigfeit oerlieren, toie bagegen ©e^ 
ftd^t^punfte, bie i^nen urfprünglid^ fremb toaren, oon il^nen 
fpäterl^in mit entfd^iebener aSorliebe eingenommen unb ^u^ 
meilen fogar im SBiberfprud^ mit ben fonft oon il^nen oer^ 
tretenen Slnftd^ten ate bie oorjug^meife ober allein bere^tigten 
mit @ifer geltenb gemad^t merben. 3lber aud^ unter fo oer^ 
änberten Umftänben bleibt für fte jener eifeme 93eftanb 
allgemeiner 93ilbung, ben fte im mefentlid^en afö ein in ftd^ 
abgefd^loffene^ @anje§ bereite beim (Eintritt in i^re auf^ 
jieigenbe Saufbal^n mie eine 3lu§rüftung mitgebrad^t l^atten^ 
bie immer oon neuem aufgefud^te Duelle nid^t blojs ber 
Slnregung unb ©rfrifd^ung für fte felbft unb i^re greunbe^ 
fonbem aud^ ba§ feiner Unerfd^öpfbarfeit megen unf^ä^^ 
bare 3lrfenal für bie 93efd^affung ber 93emei§mittel für 
unb miber. 

S)iefer ©d^a^ allgemeiner 33ilbung, bie ebenfo unent:: 
M|itt(]^e mie ben meiften unbemu^te @runblage für Jebe 



— 5 — 

l^öl^cre beruflt^e ober amtüd^e SBirffamfeit bcr unter bem 
@tnflu§ ber oon biefer aiuSgel^enben Slnregungen ober ge^ 
fieHten neuen Slnforberungen unroiHfürlid^ allmäl^ltd^ erweitert 
unb in einzelnen Stid^tungen oertieft toirb, fe^t ft^ in ber 
^auptfad^e naturgemäß au§ jroei oerfd^iebenen 93eftanbteilen 
jufammen, oon benen ber eine burd^ ba§ SeBen in ^au§ 
unb O^amilie unb bem burd^ biefe erfd^loffenen größeren Ärei§ 
meiji ol^ne bewußtem eigene^ ^ittun erlangt, gleid^fam ererbt 
toirb, ber anbere im ^inblidE auf bie für fpäter erftrebte 
Seben^fteHung unb bie befonberen Slnfprüd^e, meldte biefe 
mit ftd^ bringt planmäßig erworben unb im mefentli^en 
burd^ bie ©^ule begrünbet in ber g^olge aber burd^ ba§ 
©tubium unb bie 33eruf§tätigfeit felbft je nad^bem mel^r ober 
minber fqjiematifd^ erweitert unb ausgebaut wirb. 

©0 gleid^artig aber ber Sel^rgang unferer l^öl^eren 
©d^ulen bi§ auf bie antil^umaniftifd^en Sieformen, bie oor 
einem Qal^rjel^nt in ^reußen bur^gefül^rt mürben, im aUge^ 
meinen gemefen fein mag, fo ift bo^ aud^ bereite in ben 
älteren ©enerationen Umfang unb Siid^tung ber fd^ließlid^ 
erlangten allgemeinen S3ilbung für ben einjelnen ni^t feiten 
oon Siifäöigfeiten abl^ängig gemefen, ganj abgefel^en oon 
bem ©influß, ben befonbere Steigungen ba naturgemäß au^^ 
üben unb felbji nod^ in fpäten SebenSjal^ren ftarf mirffam 
erl^alten. 2lu§ bem geiftigen Qntereffenfreife, ber baburd^ 
bejiimmt wirb, fann !ein SKeufd^ oöHig l^erau§: bie S^i^- 
l^örigfeit ju il^m bebingt feine Sluffaffung oon SJlenfd^en unb 
3)ingen, unb bie i^m baburd^ eigen geworbene 3lrt ber 93e5 
trad^tung unb be§ Urteite S^it^^^^S^iff^ti unb S^itg^noffen 
gegenüber wirb ftd^ immer wieber entfd^eibenb geltenb mad^en, 
unb jwar nid^t bloß im altgemeinen, fonbem gelegentlid^ 
aud^ in ganj fontreten fragen, ^e größer bie Probleme 
fmb, beren Söfung ate SJiitarbeiter ju förbern ober gar in 



— 6 — 

leitenbcr ©teüung t)on fid^ au8 einem rotberftrebenben ®^^ 
fd^Ied^te aufzunötigen jemanb berufen ift um fo mid^tiger 
wirb e§ für baS aSerftänbni§ feiner ^erfönlid^feit unb feineS 
^anbelnS fein, in biefe ©eite feines SBefenS einen ©inblirf 
ju gewinnen. 3)enn nur bann mirb e§ möglid^ werben bie 
in ber golgejeit fo oft oerbunfelten ober mol^I aud^ il^m 
felbft aus bem ©ebdd^tniS gefommenen ©runblinien aufju^ 
berfen unb feftjulegen, meldte bie ©ntmirflung feiner geiftigen 
unb fittlid^en ©igenart am frfil^eften unb bal^er für aUe Q^xt 
ma^gebenb beftimmt l^aben. 

@S fann bal^er faft befremblid^ erfd^einen, ba§ bie ge? 
wältige ^erfönlid^feit beS ©d^öpferS ber beutfd^en (Sinl^eit 
biSl^er nod^ nid^t t)on biefem ©tanbpunfte auS betrad^tet 
morben ift. Qu fo au^erorbentlid^em Umfange bie nod^ fort^ 
wäl^renb wad^fenbe S3iSmardfIiteratur bereits angefd^moUen 
ift fo ift bod^ unfereS SBiffenS ber SBerfud^ nod^ nid^t ge^ 
mad^t morben, in einem einl^eitlid^ jufammenfaffenben 93ilbe 
jur 2lnfd^auung ju bringen, mit meld^em geiftigen JRüf^eug 
SBiSmarrf Derfel^en mar, afö er in baS öffentlid^e Seben ein^ 
trat, um, eigentlid^ ol^ne je bamad^ ju ftreben ober ber? 
gleid^en oon fid^ auS ju moUen, burd^ eine eigentümlid^e 
SBerfettung ber Umftänbe bie il^m felbft biSl^er unbewußt ge? 
bliebenen ®aben ju mirffamfter Entfaltung brad^ten, in einer 
Saufbal^n ol^negleid^en ber ©d^öpfer ber beutfd^en ©inl^eit 
unb baburd^ ber S3egriinber einer neuen Drbnung in ©uropa 
JU werben, ^ebenfalls fann bamad^ ber befonbere ©^arafter 
ber allgemeinen SBilbung, bie er ftd^ erwarb, unb bie 2lrt, 
wie er fie ftd^ erwarb unb bann unwiUfürlid^ weiter auS- 
baute, bie Entfaltung ber au^erorbentlid^en ©oben nid^t be? 
einträd^tigt l^aben, benen er feine Erfolge ju oerbanfen l^atte, 
— bie unbeirrbare ^larl^eit be§ SBlidfeS, bie il^rer felbft ge? 
wiffe ©id^erl^eit beS Urteils unb bie nie oerfagenbe 2ln5 



— 7 — 

paffunggfätiigfeit, bie aüe gleidjmägig in ben ^tenfl einer 
untiesniingbareu SBißeitßtraft geffeHt roaren. SlbgefeEjen Don 
biefer gtürflic^en natürlichen 3(u§ftattung Ijat aber au^ her 
gro|;e beutfc^e (Staatsmann für bie roelt^iftorifc^e SIrbeit, 
ju bet er Bom Srf)irffal berufen mar, eine geroiffe erft er; 
iBorbene geiftise Sluäriiftung ]nitgebrad)t. 3^t entiialim er, 
roeli^e Sa^e er anc^ immer ju uerfrcten f)aben mochte, einen 
S:eil bet für fie geführten 3Baffen. ©ie befähigte i^n p; 
gleid), rooä er im Saufe bet Qtü an neuem Äampfgerät 
beburfte, f"^ aü§ anberen, aüi\ i^m urfprünglicf) fremben 
©ebieten ju befdiaffeu unb, obgleid) er ju feinem ®e-- 
brause nii^t gefc^ult mar, in 9(ng,riff unb Slbme^r etfoIg= 
rei^ ju fügten, 

Qm nai^folgeiibeii foU ber SBerfud) gemadjt roerben, 
biefe Sude in ber ßenntniä be§ grnfien beutfrf)eu Staat§= 
manneS einigermofien au§äufflllen unb fein immer oon neuem 
feffetnbeS SBilb burii) bie Einfügung eine§ 3«9^§ äu ergän; 
gen, ber bisher nid)t bie gebüt)tenbe S9eact)tung gefunben 
^at, obgleid) er für bie nolte ©rCenntniö feines 5Eefen§ oon 
fto^er ffiic^tigfeit ift. ®§ ift ein 58erfu^ nnb roitt unb fann 
jui^eit nif^t me^v fein al§ ein foIrf)er. ^enn nod) liegt 
für bie 33eantmortung ber bamit gefteltten ^i^age baä nötige 
SDIatetiol nii^t entfernt »odftänbig cor, ba§ aber, roaS tior= 
liegt, ift in feinen eiiijelnen ^eftanbteilen fefir uusleic^ioertig. 

®ie rornebmfte Cuetle finb natürlit^ SiSmartJä eigene 
Slufeerungen, näc^ft feinen Sätiefen, für bie für bie 3"fi"ift 
roolil noi^ eine reefentlidje Sereii^erung ju tjoffen fein bürfte, 
Dor altem feine Sieben. 3)en erften Sl^la^ nehmen unter 
biefen, nid)t bloß bem Umfange nad), natürlirf) bie politifcljen 
Sieben ein. ®od) gehören ^m^iex ebenfogut aud) bie oft 
befonberä ergiebigen jroanglofen Sugcnmgen im Steife feiner 
amtlichen ober parlomentarifc^en SDiitarbeitet ober in tjeiterer 



— 8 — 

2:afelrunbe, [oroic gelegentltd^c 3ÄittciIungen t)on ^erfonen, 
bie mit tl^m in SBerfil^rung famen unb bicfem ©ebiet ange^ 
l^örige 2tu§erungen t)on il^m l^örten. 

Sluf ©rutib bie[er SDlaterialien wirb burd^ bie Qn^ 
fammenfteUung ber von SBi^mard gebraud^ten 3itate, 95ilbcr 
unb 2lnfpielungen fid^ rocnigften^ ungefähr ein Gberblid ge^ 
winnen laffen über bie ©ebanfenfreife, meldte il^m bie Der? 
trauteften waren unb tjon benen au^jugel^en unb ju benen 
jurüdfjufel^ren er bal^er aud^ ba liebte, roo e§ ftd^ um bie 
Erörterung beftimmter ©injelfragen l^anbelte, gleid^t)iel met 
d^em ©ebiete fte angel^ören mod^ten, bie feine fd^öpferifd^e 
S^atigfeit ate ©iplomat, Staatsmann unb ©efe^geber um^: 
fa^te. @§ mirb ftd^ babei ergeben, ba§ er gemiffe ©ebanlen? 
freife, bie il^m befonber§ lieb ober be[onber§ uertraut maren, 
l^dufiger auffud^te ate anbere unb unmittelbarer mit ben 
großen praftifd^en 2lufgaben in SBerbinbung fe^te, bie e§ 
für i^n im Saufe ber Qeit nad^einanber ju löfen galt. (Bo^ 
meit fi(^ ber @efi(^t§frei§, ben er bel^errfi^t na^ Derfd^ie? 
benen ©eiten l^in erftredfen mag: bie eigentüd^en SBurjeln 
feinet allgemeinen ®enfen§ liegen bo(^, mie glei(^ l^ier 
bemerft fein mag, tief eingefenft in ben 93oben ber l^uma? 
niftif(^en 93ilbung, au§ ber aud^ er immer neue geifiige 
9ta]^rung jog. S)iefe l^at er fx6) in einem 3Äa§e ju eigen 
unb JU einem integriereuben 93efianbteil feiner gangen geifti=: 
gen ^nbioibnalität gemad^t, ba§ benen mol^l ju beulen geben 
fönnte, meli^e bie !^ifiorif(^ gegebene ©runblage unferer 
beutf(^en Kultur furjfu^tig unterfi^ä^en, jum 2:eil bereite 
preisgegeben l^aben unb t)ollenb§ ju jerftören uerblenbet be? 
ftrebt finb. SBiberlegt e§ ho6) fi^lagenb ba§ lanbläufige 
©erebe, bie SeDorjugung be§ flaffif^en 2lltertum§ unb feiner 
©prad^en bei ber Ijöl^eren Qugenbbilbung, bereu frül^ere gldn? 
jenbe Erfolge niemanb beftreiten fann, beeinträ^tige bie 



— 9 — 

geifttgc ©ntoidlung be§ l^eranroad^fenben @ef(^Ied^t§, inbem 
fte feine gäl^igfeit minbere, fid^ in ber 2lu§enn)elt jured^t? 
jufinben, bie unenbüd^e güUe ber il^m ba gebotenen t)er= 
fd^iebenartigen @rf(^einungen flar ju erfaffen unb fo ben 
im Seben an e§ gefteUten 2lnfprfid^en einigermaßen jn ge^ 
nfigen. ©erabe im ^inblidf auf biefe f^age, meldte, obgleid^ 
eine ber brennenbften für bie 3iifiinft unfere^ aSoIfeS, burd) 
wiUfürlid^e unb fiberftürjte unb jüm 2^eil einanber miber^ 
fpred^enbe Steuerungen jurjeit t)iel mel^r Dermirrt afö einer 
befriebigenben Söfung entgegengeffil^rt morben ift fann bie 
liebet)oHe Sßerfenfung in be§ größten ©eutfd^en no(^ lange 
ni6)t erfd^öpfte ©igenart feinem Sßolfe jum ©egen gereid^en. 
3)enn fie fe^t e§ in ben ©tanb, t)on bem reid^en @rbe, ba^ 
er il^m l^interlaffen l^at, ein weitere^ foftbare^ ©tüd ju lieben 
unb für fi6) nu^bar ju mai^en: aud^ auf biefem ©ebiete fann 
93i§mardE nod^ afö ©rjiel^er mirfen. 



I. 

2ln bie 2lnfdn8e feiner ©d^ullaufbal^n in bem bamate 
berül^mten ^lamannfd^en ^nftitute ju 93erlin l^at SBi^marrf 
befanntlid^ nid^t mit angenel^men ©efül^Ien jurüdgebad^t. S)ie 
Slnftalt mit il^rer übermäßigen Pflege be§ Qctl^nfi^en 2:eutonen^ 
tum§ unb ber il^r entfpringenben unjeitgemäßen 9tad^a]^mung 
be§ unt)erftanbenen fpartanifd^en Sßorbilbe^ ließ gerabe ba§ 
Dermiffen, beffen ba§ ®emüt eine§ jartbefaiteten unb lebl^aft 
empfinbenben ^inbe§, ba§ bem ©Iternl^aufe unb feiner lieben^ 
ben Pflege bereite fo frül^ entrüdt mar, vor allem beburft 
l^fttte. SBie ein „S^^^t'^^i^^" erfd^ien fie bal^er noc^ in 
fpäteren 3<J^^^ti bem 3ögling, ber il^r t)om fed^ften bte jum 
jmölften Seben^jal^re anvertraut gemefen mar.^) 

Sinem ©rlöften gleid^ mirb er bal^er beglüdft aufge^ 
atmet l^aben, ate er im ^erbft 1827 in bie freiere unb ge^ 
funbere Suft be§ 3tiebri(^=9Bit^eIm^g^mnafium§ Derpflanjt 
mürbe. @ut vorbereitet unb mol^I begabt fam er bei ber 
il^m eigenen fd^neßen gaffung^fraft bort balb in allen gäd^em 
erfreulid^ t)ormärt§, unb bereits ju SBeil^nai^ten rfi^mt il^m 
ba§ S^iig^i^ befonbere 2lufmerffamfeit nad^ für bie alten 
©prad^en, bie ßeftüre beS ©äfar unb beS Doib unb für 

1) ©cbanfcn unb ©tinncrungcn I @. 1. 



— 11 — 

©cfdtic^te Ulli ^eutfi^, iDaI)reiilD fein t)mi|ili(i)er Jleig für 
ba§ (5ranäöfifcfie noc^ ganj befontiere Slnertennuitg fonb. 
5fleben bem uevbienten ^onnell, einem flaffifc^en '^^itofogen 
Bon 9rünblid)er ©elcljrfüiitEeit imb üu§geäeiiä)netein ®(%ul- 
mann von roarmfjerjigem SßetftanbniS fiit feine Schüler, in 
beffen ^au§ ec fpätet ot§ ^enfioiiär aÜe bic lieienSroürbigen 
Seiten fetneä jugcnblid) Reitern unb babet boc^ etnfien 3Befen§ 
entfaltet ^ot, getiürte pi feinen Se^rem ber ebenfaltä ttl§ 
^l^äbagoge f)oi^oerbiente fpätere "ißrouinäialfcftulrat Dr. ffienbt, 
bet namentlid) biitc^ feinen uottrefftit^en Unterrtd)t in ber 
@ef(I)id)te, bem Sateinifc^en unb bem ©riec^ifc^en QUf^ 
bei biefem Sdiüler juerft bie 9Ieigung enoedt ju ^aben 
fi^eint, bie i&m für biefe %ä6)tx aucl) in ber golge eigen 
geblieben ift.^) 

3m §erbft 1829 ging SiSmarct über auf baä Set= 
linifcJje @i)ninaftuni jum ©tauen ifloftet, eine uon altera: 
ber biirc^ i()ve Ijo&en v^ilotogifdjen ßeiftungen berühmte 
ftalt. 2Benn über feinen 31nfentl)alt bafelbft nac^ ^oi)X-- 
je^nten geurtcilt roorben ift, er ^abe ju ben ©c^ülern gehört, 
bie große Begabung unb eine ftarE ausgeprägte 'Ißerfönlit^Eeit 
befi^en unb bod} otin nieniger SSefäliigten überfltlgelt merben, 
weif biefe it)re ganjE Jfraff einfe^en, um ben 9Inforberungen 
ber ©c^ule ä" genügen, roä^renb fie über ben ä^cng feufsen, 
bem fie fid) unterraerfen muffen unb in ben 3'räumen bet 
3wfunft (ebcn,^ fo tonnen roir un§ bcmgcgenüber be§ @in= 
brurf§ ni^t entfc^fagen, aiS ob mir e§ bo roeniger mit einer 
^iftorifiiien Xatfac^e a{§ mit bem SJetfuc^ la tun Ijaben, bei 
bem 3Jtange[ einer äunerläffigen in§ einjelne ge^enben über= 
lieferung m§ bem Söefen be# fpätet bie SBelt mit feinem 

1) Mnnnlen uiib öiftorieit für ben SSeveiii et)emciliger Sd)iilex 
beä ifr. äB. (Spmnnrium, ^amax 1896. 

2) SJeftf^rift beS ©tauen Älofterä 1885 S. 10. 



— 12 — 

JRul^me erfüUenben großen 3Äanne§ ungcffil^r bie 2lrt ju 
erf^Iie^en, in bcr er fic^ einft auf ber ©d^ulbanf bargefteßt 
^ben fönnte. S)cnn wa§ mv au§ ben roenigen nod^ vox^ 
liegcnben amtlid^en Säuberungen feiner Seigrer, namentlii^ 
einigen ber il^m auSgefteUten B^ugniffe t)on ©iSmardt al§ 
©c^filer be^ ©rauen ÄlofterS erfal^ren, lä^t bei il^m nid^t 
ba§ ©eringfte bemerfen t)on einem SBerfmfen in gro^e Qn^ 
funft^träume unb einem baburd^ Derfd^ulbeten 9tad^Iaffen ber 
Slnftrengungen unb 3itirfi<*bleiben felbft l^inter minber be^ 
gabten 3Äitf(^älem. aSielmel^r feigen mir aud^ bereite ben 
Änaben unb Jüngling aUejeit ganj bei ber ©ad^e, voU 
frifd&er 2:eilna]^me für bie Unterrid^t^gegenftänbe unb babei 
t)on einer lebl^aften Steigung, über ba§ t)on ber ©(^ule t)er^ 
langte 3Äa§ l^inau^ auf eigene ^anb unb auf eigene 2lrt 
ftd^ geiftig ju befi^äftigen unb baburd^ bem Sel^rpenfum 
neue ©eiten unb bamit au(^ ein ^ö^ereS Qntereffe abju^ 
geminnen. 

2^ro^ einjelner Heiner ©d^manfungen, mie fie natur- 
gemä§ bei jebem, aud^ bem au^gejeid^netften ©d^üler eim 
treten unb l^ier no(^ buri^ bie befonberen ^u^Iic^en Sßer^ 
l^ältniffe, namentlich mieber^olte Steifen ber gamilie, üer^ 
urfai^t morben ju fein fi^einen, l^at Dtto t)on 93i§marrf 
offenbar ju benjenigen 3öglingen be§ ©rauen ÄlofterS 
gel^ört beren bie Setjrer in bejug fomo^l auf bie fittlid^e 
gül^rung mie au(^ auf gleid^md^ige 2lu^bauer, ernfte ©rünb^ 
lid^feit unb unbeirrbare ©^rüd^feit in ber 2lrbeit ftet§ gemi§ 
fein lonnten. 9lur ganj üereinjelte 3ÄaIe mirb fein glei§ ate ber 
aSerftärfung ober größerer ©lei^mä^igfeit bebürftig bejeid^net. 
Slufmerffamfeit unb 2:eilna!^me am Unterrid^t merben ftetS 
ni^t bIo§ ate Dorl^anben anerfannt, fonbem me^rfad^ be^ 
fonberen Sobe§ mert erad^tet. SBie ba§ ja aber fo l^äufig 
gef^ie^t f^eint au^ bei 93i§mardt einer au^gefprod^enen 



— 13 — 

^Begabung unb bcmgcmä^ lebl^aftcn Steigung für bie alten 
©prad^en eine ner^Itni^mä^ig geringere SBefdl^igung unb 
baraug entfpringenb eine geroiffe ©leid^gültigfeit gegen bie 
3Rat]^ematif unb bie 9tatum)iffen[d^aften gegenübergeftanben 
ju l^aben. ^m ^erbft 1828 fönnen il^m in ber ^tatur^: 
gef(^i(^te nur „einige" t^ortfd^ritte atteftiert werben, roäl^renb 
fein glei§ in ber SJlatl^ematif ate „m6)t immer genügenb" 
bejei(^net mirb mit ber 93emerfung, ba§ bei regerem Sifer 
bie gortfd^ritte meit bebeutenbere gemefen fein mürben. 2lud^ 
ju @nbe be§ ^oi^xz^ 1829 mirb in bejug auf bie 3Äat]^ematif 
bemerft, ber gl^i^ bebürfe größerer Sorgfalt unb %fi- 
ftrengung. @§ ift bal^er ganj gcmi§ fein Qu^aU, fonbem 
entfprid^t ber fojufagen unmatl^ematifi^en ^Rid^tung feine* 
@eifte§, ba§ 93i§marrf and) nod^ in fpäteren 3^it^n, menn 
e§ feine ©ebanfen il^m felbft unb anberen red^t Mar ju 
mad^en galt, baju niemate auf ba§ matl^ematifc^e ©ebiet 
l^inübergriff. ®enn menn er bie ©(Raffung eine* DoUen unb 
enbgültigen 2lu§gleic^§ jmifi^en ber fatl^oüfd^en Äirc^e unb 
bem ©taate ate eine „unlösbare Quabratur be§ Qixtd^" 
bejeid^net/) mirb man ba§ nid^t afö ein eigentlid^ matl^e:^ 
matifd^eS 93ilb in 2lnfprud^ nel^men bürfen ober gar glauben, 
er l^abe gemußt, ba§ bie Unmöglid^feit einer Söfung biefer 
2lufgabe injmifd^en miffenfd^aftlid^ ermiefen morben mar. 

©anj anber^ lauten S3i§mardf§ ©d^uljeugniffe in ben 
fprad^lid^en göi^em. Dbgleid^ er nod^ in l^o^em 2Ilter er:= 
f lärt l^at. Satein l^abe er „nid^t gemod^t" ^ unb fic^ bal^er nie 
bamit befreunben fönnen,^ l^at er nielmel^r gerabe biefem 
Unterri(^t§gegenftanbe augenfd^einlid^ ein ganj befonber§ rege§ 
3[ntereffe unb ungemöl^nlid^en glei§ jugemanbt. ®em ent* 

1) ^olttifdie iRcbcn IX, @. 165. 

2) @tauc§ Älofter @. 24. 

3) 3lnnalett unb §iftorien a. a. D. 



— 14 — 

fprid^t e§, ba§ wir il^n fclbft nod^ in fpäten ^aifv^n in 
bem ©ebanfenfreijc bcfonber§ ]^eimi[d^ finben, ben il^m im 
Änabens unb Jünglingsalter eine eifrige unb t)erftänbni§t)olle 
ßeftüre ber auf bcr ©d^ule bel^anbelten römifd^en Älaffifer 
erfc^loffen l^atte. @§ gibt tatfäd^lid^ fein ©ebiet, auf ba§ 
er aud^ in ber $i^e großer parlamentarifd^er Debatten buri^ 
bie t)on i^m gebraui^ten 3it<^te, Slnfpielungen unb 93ilber 
fo i^äufig unb fo roirffam jurüdgreift wie gerabe auf biefe§. 
®ie burd^auS l^umaniftifi^e ©runblage feiner ganjen 93ilbung 
tritt fd^on barin red^t augenfällig ju Sage. 3)o(^ wirb man 
babei auc^ ben Umftanb nic^t au^er JRed^nung laffen bürfen, 
ba§ feine (S^mnafialjal^re in ba§ ^^it^^K^^ fielen, mo bie 
Ilaffifc^ pl^ilologifd^en ©tubien in ®eutfd^lanb befonberS 
billigten unb bal^er aud^ ber betrieb be§ altfprac^lid^en 
Unterrid^tS auf ben preu^ifc^en l^ö^eren ©i^ulen getragen 
unb gleic^fam geabelt mürbe burc^ ben freien, mal^rl^aft 
l^umanen ©eift, ber bie in fo ftoljer Entfaltung begriffene 
2lltertumSmiffenfc^aft bamalS überl^aupt fennjeid^nete unb 
Seigrer unb ©^üler baoor bemal^rte, in jenes oft bis jur 
©eiftlofigfeit formaliftifi^e 2:reiben ju oerfatlen, meld^eS, am 
SBort unb am 93uc^ftaben l^ängenb, ol^ne lebenbige gül^lung 
bleibt mit ber ^errlic^feit ber 2lntife unb, inbem eS aHs 
mäl^lic^ meitl^in bie ^errfc^aft gemann, in oer^ängniSooUer 
SBeife bap beigetragen l^at, bei ber l^eute tonangebenben 
©eneration juglei^ mit ber Sichtung oor ber flaffifc^en 
^^ilologie baS SBerfiänbniS für ben 93ilbungSmert beS 2llter^ 
tumS JU minbem. 

2llS Primaner, äußerte 93iSmardf im Jal^re 1870/) 
^be er rec^t gut Sateinifi^ fi^reiben unb fprei^en fönnen, 
maS il^m äurjeit mol^l ferner fallen foUte. ©eine 2lngabe 



L) «uf^, Sraßcbu^bldttcr I, (B. 230. 



Hiiib babutcf) beftätigt, ba§ et bei bet inünblicl)en 9 
Prüfung im ^rüMf^Öv 1832 bie i^m uorgelegte» Stagen auä 
bet ögqptifi^En, pevfifd)en utib griec^ifc^en (Seft^ic^te tateinifi^ 
beantroottete. ^) SJoii bem lateinift^en 2(ufi'a5, ben er a\$ 
eine ber f^riftlit^en ^$rüfung§atbeiten anfertigte, urteilte fetn 
Sekret Sonnell „Oratio est lucida ac latina, sed non satis 
castigata."^) 9Iid)t btofe bie Seftimmungen, t>ie bmnali 
für bie Seftüre ber römifdjen Tutoren auf ben preu^ifdjen 
©qmnafien galten, laffen mit ©id)erl)cit Qnuetjmen, bofe 
Siämflcd mit biefen eine grünblic^ere Setnnntfc^nft gemad)t 
f)Ot, alä fie ber 3)lel)rjal)! bet SeEunbaner unb ^^timaner 
f;)ätert)in suteil rourbe ober »ollenbS gar Ijeutigentageg ner= 
mittelt ntirb, fonbetn roir begegnen bei tl)m quc^ in ber 
golgejeit ben beuttidjen ©puren einet ebenfo auSgebe^nten 
mie intenfroen Sefc^öftigung mit benfelbcn. ^aif 9Iu§iöei§ 
ber ©rf)u[no^rid)ten umfafite bie Seftüre im ©rauen Slofter 
1829 bie erften füiifstg Mon ben 33tiefcn EiCeroä, Ouibä 
a)letomcirpt)ofen unb ®uttiu§ 9{ufu§, augerbem aber prioatim 
©äforä Bellum civile unb BeUum Alcxandrinum nebft be^ 
©alluft SÖerf über bie Sßerfd)roütung beä Oiatilina. 3Jiit 
roeIef)Em ©ifet nic^t blo^, fonbem aui^ mit roelc^em @enu§ 
ber *ßrimaner ?li§marif ftt^ in einjetne ber antifen ^Jtutoren 
»etfentte, bie iljm auf ber Si^ule burc^ treffliche Selfrer 
erf^loffen rourbtn, get)t fi^on bora«§ jur ©cnüge ^eroor, 
bafe er bie Oben be§ ^oraj jum S^eil mettiftft überfe^te. 
SDa tonn e§ benn au(^ nid)t niunbeme^men, roenn tro§ ber 
^o^en 9Infptüd)e, bie bamal§ auf biefem GJebicte bei unä 
im allgemeinen unb inSbefonberc getabe auf bem ©tauen 
filofter an bie Schüler gefletit rourben, in bem i^m erteilten 
3tbgnng§jeu9ni§ »om 3. 3(^)ri( 1832 von ©iämarcE nulgefagt 

1) ©taueg ftlofter S. 24. 

S) ^efctiel, 3)a§ Sßu(^ oom ©tafen saigmoxÄ.S. 86. 



— 16 — 

wirb, im Sateinifd^en feien feine Äenntniffe gut forool^I int 
aSerftdnbniS ber ©d^riftfteUcr rote in ben fd^riftUd^en Übungen. 

SBeniger innig unb infolge beffen aud^ nid^t fo bauer^ 
l^aft unb für il^n in fpäterer Qe\t nid^t fo frud^tbar geftaltete 
ftd^ fein Sßerl^ältni^ jum ©riec^ifc^en. Qnt ©egenfa^ ju 
bem Sateinifd^en werben feine Äenntniffe ba beim ätbgang 
oom (S^mnafium nur ate „jiemlid^ gut" bejeic^net, unb nod^ 
ju @nbe be§ ^a!^re§ 1892 meinte er einmal, er märe oieU 
leicht ein fel^r gro^e^ ®enie gemorben, menn er ben enormen 
Slufmanb oon QnteUigenj, ben er ber gried^ifc^en ©rammatif 
geopfert l^abe, nü^Ui^eren Slrbeiten gemibmet ^tte.^) 3)oc^ 
mirb man biefe älu^erung eine§ gemiffen oerfpäteten Unmuts 
fi(^erli(^ nur anpfeifen l^aben al§ einen oorübergel^enben 
SBiberl^aU be§ abfälligen Urteifö, melc^eS gerabe um jene 
3eit ebenfalls auf (Srunb in ber ©d^uljeit gemachter perfön=: 
lieber Erfahrungen oon einer anberen ©teÜe autoritatio in 
Umlauf gefegt unb jum 2luSgang§punft ber antil^umaniftifd^en 
^Reform beS l^öl^eren ©d^ulmefenS in ^reu^en gemad^t morben 
mar. ®enn in offenbarem SBiberfprud^ bamit legt ber 211t:: 
reid^Sfanjler ein anbereS 3Äal gerabe auf bie Kenntnis beS 
©ried^ifd^en oielmel^r befonberen SBert meil fie baS Äennen^ 
lernen ber oon tiefer SBeiSl^eit erffiHten altflafftfd^en gried^i^ 
f(^en SBerfe ermöglid^e.^ 

3Äan fönnte e§ faft afö eine frül^jeitige Offenbarung 
feines burc^ unb burd^ beutfd^en SBefenS unb mol^l gar als 
eine 2lrt oon propl^etifd^em ^inmeiS auf fein fpätereS SBirfen 
jum ^eil feines SßolIeS anfeilen, ba§ 93iSmardf fd^on als 
©gmnaftaft gerabe bem beutfd^en Unterrii^t eine ganj be^ 
fonberS lebl^afte Steigung entgegenbrad^te unb in ungemöl^n:: 
lid^ l^eroorragenben Seiftungen fd^on bamalS ben fünftigen 

1) ^e^n, «iSmarrf alS ©r^ic^cr @. 488. 
^ 2)e^n 0. 0. O. 



— 17 — 

OTeifter beg SBortS imb ber %ibex a^nen tiefe, ber aiic^ auf 
bie ©ntroidlung feiner 3Jiulter(ptai^e einen weithin nad)- 
toitfcnben @influ§ auäguüben berufen mar. Serettä in 
einem B^upi^ uon 1827 roitb feine 3(iifmetffamfeit im 
3;eutfcf)en befonberl gerühmt, uub ein !^af)v batnac^ raitb 
er roegen be§ 33erftänbniffe§ unb ber Sorgfalt belobt, bie 
feinen Jleife für biefen (Segenftanb fennjeirf)nen. Sßenn eä 
bann Dftetn 1829 oon biefem l)ei§t, et fei „mit 9Inftrengung" 
bcroiefen, fo barf mon barau§ oieUeic^t fdjiießen, e§ fei bem 
SBietje^njÄ^rigen auf biefem ©ebiete iunäc[)ft nidit aUju leicht 
geraorben. SIber bie „Siebe jur ©ac^e", bie i^m roeiter^in 
auäbrüiflid) nat^gerü^mt roitb, ^at i^n bie anfänglicfjen 
ScEinjierigtciten augenfftjeinlii^ Balb übetniinben loffcn, unb 
baö Seutfc^e tft iE|m offenbar ein befouberS liebet Unterric^t§: 
gegenftanb unb er feinen Setirem bariu ein befonbetg lieber 
Sd)ii£er geworben. Senn auc^ fpäter finben roit bei „über= 
alt fid)t6aren (yotlfcl)tiften" bie „im beutfcE)en Stil" ofe 
„roo^t bemerft" auäbtücttid) IjerDorgclioben. ®emgemti§ 
roitb bann aud] fd)lie§l!cf) im SCbgangäseugniä bie „fe^r 
erfreuliche ®eroanbtt)cit" befonberä lobenb erroft^nt, bie er 
int ®cutfcl}eti beft^e. Jfn roeli^er S'fidjtung fein Stn'^reffe 
auf biefem ®c6tetc firf) bamal§ befonberS beroegt nnb auf 
roelrfie SIrt er e§ felbfttätig butt^ eine umfaffcube öeftüre 
ju befriebigen gefud)t |at, ift bei bem 3)'!angel an Stngaben 
barübet jroar nic^t erfcnnbat, 3)od) läßt feine außer; 
orbenttidie 93ertraut^eit mit ben beutfi^en Slaffiteni, obenan 
mit ©oet^e unb ©filier, mit benen er bie in ber 3ugenb 
gewonnene intime gü^lding niemals »erloren bat, bann ober 
auc^ mit Uf)Ianb unb ©Ijamiffo, benen fein ©efc^mad, roic 
et nod) ju Seginn beä ^aijteä 1891 bcäeiigte, ebenfalls treu 
geblieben roor,^ einigermaßen ein Sd)Iuß sieben auf ben 
') ®e^n S, 516. 



— 18 — 

ÄreiS von SBerfen, in beten jum 2:eil immer mieber er= 
neute Seftüre er ftc^ ju vertiefen geliebt l^aben wirb. 

©igenartig unb l^öc^ft d^arafteriftifd^ für ben fünftigen 
2Jlann erfi^eint mäl^renb ber ©(^uljeit 93i^mar(i§ Sßerl^ältni^ 
ju ben neueren ©prai^en. ©ntjprei^enb bem 93raud^ abeliger 
Käufer, für beren ©ö^ne ber Eintritt in bie l^öl^ere SBe^ 
amtenlaufbal^n, namentüd^ bie biplomatifc^e, bei ber SBal^I 
be§ fünftigen S3erufe§ in erfter Sinie fielet, l^atten aud^ bie 
©Item SSi^mard^ baffir geforgt, ba§ il^re ©öl^ne oon Qugenb 
auf gertigfeit im münblid^en ©ebrauc^e ber franjöfifi^en 
©pra^e erlangten. ®aju mar Dtto unb feinem älteren 
S3ruber erft ber bamalige Sammergerid^t§referenbariu§ ^a^ 
gen§, bann ein junger ©enfer ©allot unb enblic^ ein nad^^ 
matö afö leid^tfertiger ©efell erfannter ^l^ilologe Dr. SBinfeU 
mann atö 9Jlentor unb ^au^genoffe beigegeben.^) ®od^ 
f^eint fi(^ aud^ in biefem gaÖe bie nid^t eben feiten ge= 
machte ©rfal^rung mieberl^olt jn ^ben, ba§ jmifd^en folc^en 
fprai^funbigen Knaben unb bem Seigrer be§ granjöfifdien 
in ber ©c^ule fein befonberS gute§ ©innerftänbni^ l^errfi^t: 
infolge ber burc^ frül^e l^äu^lic^e Übung erworbenen ©prac^= 
fertigfeit unterfi^ä^t ber eine ben SBert be§ fi^ulmä^igen 
S3etriebe§ ber Orammatif ber il^m geläufigen ©prai^e, l^ält 
fie für jmedflog unb langweilt fic^ babei, pmal er in biefem 
Oegenftanbe feinen 3Jlitfc^ülern weit oorau§ ju fein pflegt, 
ber anbere, ber obenein einem folc^en ©d)üler in ber ^err^ 
f(^aft über bie (Sprache im münbli^en Sßerfel^r jumeilen 
nad^ftel^t mirb infolge beffen lei^t unbewußt baju oerleitet, 
jenen rei^t empfinben ju laffen, ma§ il^m boc^ noc^ alle§ 
fel^lt. ®arau§ entfpringt bann nur lei^t ein gemiffer 
perfönlic^er ©egenfa^, ber mol^l gar ju bauemben Sleibungen 



1) ^cfeftcl a. a. O. 8. 75. 



filmet- Unter foldjen Umftiinben fül)lt fit^ ßerabt btr tatcitl^ 
doQe unb ftrebfante ©djüler nid)t redjt uerftanben ober iiid)t 
redjt ficrourbigt unb lebt fidj rool)! gar in bie 3SorfteUuiig 
hinein, er werbe abfidjtlic^ imgeteil)t be^anbelt. ©o ging 
eä auf bem ©rauen ßlofter ®i§marcE mit bem Se^rer beä 
(fraiijöfifc^en, §emi (Jringä. Um fic^ bal)er bei ber 91b:; 
gangäprüfung ber, raie ev befürrfitete, unbilligen Seurtetliing 
burd) bicfen su entstehen, roarf ftd) 93iämanJ im legten 
^afyc feiner ©c^itUaufbaljn mit leibenfc^aftli^em ®ifer auf 
bie ©rleniung be§ @nglifd)en, ba er aföbami bie fransöfifcl)e 
^tflfungsarbeit burd] eine englif^e ju erfegcn bere^tigt 
mar, unb berodltigte bie freiroillig übernommene 9tufgabe in 
unglaublidi Eurjer 3eit fo DoUftanbig, ba6 er fdjIie^Uc^ audj 
in biefem ©egenftanbe glänsenb beftanb. Sein 2Ibiturienten= 
jeugniä begeic^net feine Staffenfeiftungen im ©nglifc^cn, aber 
audi bie im ^i^ünäöftfi^en furäroeg alü „fetir gut". 3" 
ajlatljematif, @ef[^id)le unb ®eogtapl)ie ö^^tte er e§ blo§ 
3um „befriebigenb" gebrai^t. 

©ei i^e^rem unb SOiitfdjiilem tjinferliefe Dtto uon 33i§- 
marrf, aU er Bon bem ©rauen ^lofter fd)ieb, ein guteä 
Slnbenfen. 35ev eben fiebäel)uin^rige rourbe entlaffen „mit 
ben heften ©egenSroilnfdien unb mit ber Hoffnung, ba§ 
biefer fähige unb mo^lDorbereitete Silngling mit erneutem 
6ifec an feiner fernereu roiffenfdjafttic^en SKuäbilbung orbeiteii 
roerbe".'! (äbenfo ^at aud) ber ju fo großen Singen benifene 
2[biturient ber 3tnftalt, loeldjc i^m bie gvunblegenbe %i\§-' 
rüftung für feine 2aufbal)n gegeben I)atte, in aufridjtiger 
33anfborfeit aUeäeit ein treuem @ebäd)fniä bemalirt. ®r: 
innerte er fid) aud] einmal unmutig ber plagen, bie it)m 
bie fd)n)er abmägbaren geinbciten ber gried)ifd)en ©rammatit 



'j ©raiieä Sloftet a. a. D. 



— 20 — 

bereitet l^atten/) unb erflärte er bann rool^I, gar ni(^t be^ 
greifen ju fönnen, wie man bie[e§ ©tubium überl^aupt fo 
eifrig betreiben fönne,^) fo l^at er bod^ ben unfd^äparen 
SBert ber ©qmnaftalbilbung in SBal^rl^eit niemate t)erfannt 
unb bal^er gelegentlid^ au^ fein 93ebauem barüber au^? 
gefprod^en, ba§ biefelbe ft(^ nic^t auf ber ^ö!^e erl^alten 
l^abe, auf ber fie in feiner Qugenb geftanben l^atte. 9lad^ 
feiner 9Jleinung würbe t)on ben ©d^ülem fpftterl^in weniger 
verlangt ^) unb oon bem SBorl^anbenfein einer Gberbürbung 
ber ©^üler, bie namentlid^ in nic^t fad^männifd^en Greifen 
fo oft bel^auptet roorben ift rooUte er nid^t^ l^aben finben 
tonnen. SBo^l rill^me man, urteilte er einmal, ba§ bie 
©rjie^ng eine allgemeinere geworben fei, ho6) fei fte nid^t 
fo gefunb unb nic^t fo gut, mie in feinen jungen -gal^ren: 
feine ©öl^ne l^ätten mel^r ©elegenl^eit gel^abt afö er, etma^ 
ju lernen, feien aber oom ©qmnafium fel^r unmiffenb 
jurüdgefommen (9looember 1887).^) ®ie petdt, mel^e 
il^n gegen bie 2lnftalt unb bie Seigrer erfüllte, benen er 
feine 93ilbung oerbanfte, l^at er in einer il^n felbft el^renben 
SBeife aud^ baburd^ betätigt, ba§ er feine ©öl^ne ben 
gleiten SBeg einfi^lagen Iie§, unb baju ber Dbl^ut feines 
el^emaligen ^enfionSoaterS 93onneIl^) anoertraute, ber in^^ 
jmif(^en an bie ©pi^e be§ griebrid^Smerberfd^en @^mnafium§ 
in SBerlin berufen mar. 3)a§ ifi um fo l^öl^er anpfi^Iagen, 
als aud^ 93iSmardf bie glänjenben SttuSftd^ten oollfommen ju 
mürbigen oerftanb, bie ber ftaunenSmerte 2luff^mung ber 
Ste^nif ftrebfamen jungen ßeuten für ba§ bürgerlid^e g^ort^^ 
fommen erf(^lo§, ja eS nid^t ungern gefeiten l^aben mürbe, 
menn fein jüngerer ©ol^n SBil^elm fid^ einem berartigen 
S3erufe gemibmet unb barin 3Jlillionen oerbient l^ätte. S)od^ 

1) «gl. oben @. 16. ?) ^e^n @. 603. 3) (gbb. @. 488. 
4) (Sbb. (5. 488. 5) «gl. @. 11. 



— 21 — 

mar aiici) ba§ luo^I nur eine ODrüberge^enbe ^(ntoanbluiig: 
im ©tnnbe feiner ©eele roar unb blieb 3)iämarii bcn 
^umaniftifiijen gunbomenten feiner öilbunfl unroanbelbar 
unb bantbar treu tinb teilte tiic^t bie ?(nftd)t fcine§ älteften 
unb intimften Jreunbeä, beä ©rafen Sdejanber ffe:)|erling, bc5 
legten beutict)freuublid)en Kurotorä ber Uniuerfität SDorpat, 
u)eld)er neben „ber Sirene, namentlid) ber fatf)oIiid)en, in 
bem lQtein:griec^ifil)en Stammeln unb Bucl)ftabicren, bamit 
bie Sernja^te unferer ^fünjlinge tjingenommen roerben", 
ba§ größte ^emmniä ber ©ntroidtung be8 meitfdilidjen 
©eifteä erCennen ju muffen glaubte, roeil fie in eine ?ßl}Qfe 
l)inübertrete, reo eine größere ©eroö^nung an Senboc^tung 
ber 3lu|enn)elt erforberlid) fei, al§ man fie au§ blofeer 
öüd)Crnöf}rnng geroinnen fönne.') SBenn bei irgenb je: 
maiibem, fo ift bie t)ier bel)au?)tete nai^teilige SSirfung ber 
^umantftifc^en 93ilbung, bie man bocl) fo lange für jeben 
^ötjeren 5}eruf alS unentbehrlich ongefe^en ^at, bei 33i§marcJ 
nic!)t ju fpüren gcrocfen. Qm (Segenteil, raeil er roufete, 
ujaä er ifjr nerbanfte, ^at er fid) in ber %o\a,e entfd)ieben 
ju i^r betannt, mag er aurf) eift in fpäteren ^a^ren fidj 
beS ©c^Q^eS rec^t beraubt gcmorben fein, ber iljm in i^r 
auf ben Scbengroeg mitgegeben roorben roar. 

„3[lä normales ^robutt unfeve§ ftaallii)en Unterri^tä" 
uerlie^ er im grü^ja^r 1832 bie S(^ule. 93ou feiner 
Stubienjeit in ©öttingen unb Berlin roiffcn mir roenig, 
roaS bie Ocft^ic^te feiner iöilbuug in eigentlirf) iniffenfc^oft; 
li^et §infid)t aufjutlären geeignet märe. 3Beld) nad)I)ültigen 
Sinflug bie in frifc^et CebenSluft genoffenen 93urfd)enjat)re 
auf bie Muäbilbung feinet (J^arafterä ausgeübt Ijaben, btaudjt 

1) ÖJtaf Sliejaiiber fiepferting. ©in SebenSbilö aiiä SSriefeTi 
unb 2n9cbüct)cni jiifftmmeiige[te[It oon fein« locfitei:. fSSertin I'J02) 
11, ®. 218. 



— 22 — 

l^ier nid^t näl^cr erörtert ju toerben. aSielleid^t aber barf 
man ein glüdHid^eS ©rbteil, ba§ er Don feinen SSorfal^ren 
ntütterli(i)erfeit§, bem au§ ber ©efd^id^te ber beutfclien SÖBiffen^: 
fd^aft rü^mlici) befannten ©elel^rtengefd^Ied^t ber SÄendEe, 
überfontmen l^atte, barin erblidEen, wenn er aurf) in jener 
3eit gelegentlirf) rool^I ein wenig roilben 2lu§toben§ bie er^ 
l^ebenbe unb läuternbe göl^^ung mit ben l^ö^eren geiftigen 
Qntereffen nientafe rerlor, moi^te aud^ bie 2lrt wie er fte 
betätigte unb pflegte, mit bem eigentlichen ©egenftanb feiner 
©tubien junäd^ft menig gemein l^aben. 

©cl)on in (Söttingen trat er namentlid^ einem Greife 
bort ftubierenber 2lmerifaner nal^e, non benen ber fpäter afö 
Staatsmann unb ©efd^id^tSfd^reiber feinet 5ßaterlanbe§ be^j 
rül^mt geworbene SJlotleg il^m bi§ an fein Seben§enbe freunb^^ 
fd^aftlid^ nerbunben geblieben ift. S)a§ neranlajste il^n jur 
g^ortfe^ung ber i^m burd^ fo eigentümlid^e Umftänbe^) be^ 
fonber§ lieb geworbenen Sefd^fiftigung mit ber englifrf)en 
(Sprad^e unb Siteratur. ^tamentlid^ fd^eint er immer mieber 
jur Seftüre ©l^afefpeareS jurüdEgefei^rt ju fein. Qn nod^ 
innigerer ©emeinfd^aft ber allgemein geiftigen 93eftrebungen 
l^at er bann mäl^renb ber 93erliner ©tubienjeit mit ®raf 
Slleyanber Äegferling geftanben, einem feinen unb oielfeitig 
gebilbeten Äopf, ber nid^t blojg im ©ebiete ber befd^reiben^: 
ben ^taturmiffenfd^aften al§ g^orfd^er oerbienftooU tätig mar, 
fonbern aud^ ftarfe pl^ilofopl^ifd^e Steigungen l^atte unb 
namentlirf) mit ben ©rf)riften ^laton§ mol^loertraut mar. 
SGBenn SiSmardE fpäter einmal erflärt (Januar 1891), 2) 
„burc^ Äant l^abe er fid^ nirf)t oöUig l^inbur^bringen fönnen", 
bod^ finbe er fel^r fd^ön, roa§ berfelbe über ba§ SJloralifd^e 
fage, „jumal ba§ nom fategorifd^en ^mperatio", fo wirb 

1) SBgl. @. 19. 

2) t). ^ofd^tnger, S8t§mardf unb bie Parlamentarier II, 170. 



man annehmen biirfeii, ba§ er aui^ feine siemlici) auf bet 
Oberflädje gebliebene SSefanntfc^aft mit bem gtofeen fitinig§= 
berget ^[jilofop^en fieqfetling ju uerbanfen gehabt ^at. 
©e^t lodenb fann il)m bie SSefdjaftigung mit Santa fdjniet 
geniefibaren SBerEen fc^on be^^alb nic^t erfd)ienen fein, roeil 
er, mie et bei betfelben ©elegen^eit freimütig betennt, „om 
liebften oifxie ba§ @efül)l be§ STupecatinä" lebte mib bern^ 
gema§ auc^ über^anpt nie nac^ ©runbfä^cn gelebt bobe, 
fonbetn sitgegriffen unb getan, loaö er für gilt ge&allen. 
gteilid) fei ifini biefet SJianget an ©runbfa^en oft i]otge= 
iDorfen luotben: menn et abet mit QStunbfä^en butd)ä Sebcn 
ge^en fülle, Jo fomme it)m bng uor, „aU roenn er buri^ 
einen engen ^albmeg ge^en unb babei eine lange ©lange 
im 3Jtunbe galten müßte".') S)ementfprecf)enb ctftätte er 
benn aud) gelegentlid] einmal bie SJloratpIiilofop^ie ft^lec^t: 
roeg für einen fcljaten Sobenfa^ beä Eljtiftentuiiiä (15. 9toD. 
1849)^ unb außet einigen geroiffermafeen ted^nifdien pbitos 
lopI)itd)en 9tueibrücten, bie aber o^ne Slütfftdjt auf bie it)nen 
urfptünglid) eigene öebeutung längft atä ©emeingnt in ben 
Spracl)fi4af3 atlet ©ebilbeten übetgegangen fmb, finben roit 
bei itjnt an Ijier^er get)örigen SBcnbungen unb ©c^lagroörtern 
fnft nur folclje gebrautl)t, bie au§ bet formalen Sogit ent^ 
le^nt ftnb. @t fpric^t luo^l oon bem horror vaeui'') auc^ 
in ber ©efe^gebung,^) bou einer petitio principii,'') oon ber 
»lateria peccans, ") oon bet ratio dubitandi, ') abet aui) uon 
bet ©c^tußfolgerung post hoc, propter hoc") unb non etiiia§. 



. ') u. ^ofii)iTiBCr, Silnianf u. b. ^arlamcntoiier I, 170. 

2) 5Bolttifd)e fflcbeu 1 S. 158. 

3) gbb. II ©. 84, VIII S. 226. 

i) SBricfe an ©erlnd) S. 263. '>) ^'olttifcf)L' SHeben IX, 425. 
") ebb. IV, 382. ') ffibh. VI, 44. 

8) ebb. vni, 347, XI, öo. 



— 24 — 

toa§ gilt omni exceptione maioris^) unb fommt fonft auf 
bicf cm ® cbictc au§ mit ben SBenbungcn a priori, ^) circulus 
vitiosus^) ober Ditiöfer S^xM,^) hiatus in bcr Slrgu- 
mcntation/) non liquet/) tertium non datur'^) unb argu- 
mentum e contrario.®) ©agegen fül^rt er ben fategorifc^en 
Qmperatit) be§ ^flid^tgeffi^te, n)eld^e§ il^n, fo lange er am 
$Ia^e auSjul^arren genötigt ift aud^ feine ©d^ulbigleit ju 
tun antreibt, nur einmal in§ ©efed^t.^) SSieUeid^t mar il^m, 
ganj abgefel^en von ber geringen Steigung jur ^l^ilofop^ie 
unb ber au§gefprod^enen 2lbneigung gegen ©runbfä^e, biefe 
SGßenbung, bie Don berufenen unb Unberufenen bei paffenben 
unb unpaffenben ©elegenl^eiten o^ne red^te§ 5ßerftänbni§ für 
il^ren eigentlid^en (Sinn fo unjo^Uge 9JlaIe gebrandet wirb, 
bereits ju abgenu^t, um ftd^ i^rer l^dufiger ju bebienen. 
SJleifterl^aft überfe^te er fte in ba§ il^m ujib anberen geläu^ 
figere unb t)erftänblid^ere ^reujsifd^, afö er balb na^ ber 
Übernahme be§ 9Jlinifterium§ ben Ileinmütigen Äönig Sßil^elm 
ujd^renb ber g^a^rt Don Jüterbog! nad^ 93erlin, wie er fagt, 
bei bem ^ortep6e be§ preujsifd^en DffijierS ju faffen raupte 
unb hm jur Slbbanfung ©eneigten babur^ beftimmte auf 
feinem Soften au^jul^arren. ^^) 9Benn er nad^ einem ©e? 
lenntni^, ba§ er bei ber Sßerbung um bie Seben§gefä^rtin 
bereu ftreng fird^Iid^ gefmntem 5ßater gegenüber abplegen 
ftd^ gebrungen füllte, ^^) in einer an inneren kämpfen reid^en 
^eriobe feiner ©utmidEtung bem (Smft be§ Seben§ unb ber 
(Sroigfeit na^e gebrad^t ju fein erltärt ^at burd^ r/^^ilö- 
fopl^ien be§ 2lltertum§, unoerftanbene §egelfd^e ©d^riften 



I) % m. X, 23. 2) «p. 91. xn, 111. 3) «p. gfi. 11^ 230. 

4) «ß. m. VII 171, 172. 5) «p. $H. X 488. 6) ^. SH. VIII 324. 
7) % m. X 328, 429. 8) «p. 91. ix 39. ») $. di. IX 110. 
10) @cban!en unb ©rinnerungen I <B. 286. 

II) Söxiefe an bie «raut unb ©attin @. 2 u. ff. 



— 25 — 

unb vox aUcm @pinoja§ anf(l)cincnb mat^cmatifd^c Älarl^cit", 
fo l^at bfe bamit angcbcutctc Seftürc mit cigcntlid^ p^ilo- 
fopl^ifd^en ©tubien bod^ rool^I faum ctoa^ ju tun gel^abt. 
aSicImel^r lüar er baju biird^ bic ©frupel unb 3w)etfcl Dcr? 
antalst roorbcn, bic i^n bamafö in rctigiöfcr §inftd^t er^ 
fc^üttcrten unb ©erul^igung über ba§ fud^cn tiejgcn, roa^ bem 
ntcnfd^Iid^cn 5ßerftanbe nii^t fa^tid^ ift. 2lud^ wenn et bcr 
33raut gelegentlich erjdl^It ^obbe§, „ber materialiftifd^e 
®otte§Ieugner", ^abe vor ©efpenfterfurd^t nid^t allein fd^lafen 
fönnen, ^) wirb man barau§ nid^t folgern bürf en, er l^abe bie 
9Berfe be§ englifd^en ^^ilofop^en ftubiert, fo wenig wie au§ 
feiner ©efanntfd^aft mit ber 2^rugfd^lu^form be^ ©orite§, 
oon bem er meijS/ ba^ ©icero i^n lubricum et periculosum 
nennt, auf einfüge ©efd^öftigung mit biefem ©ebiet gefd^loffen 
werben barf, mie er ja au^ fälfd^lid^ oon einer ©d^ule ber 
©oriten fprid^t: oielmel^r liegt aud^ l^ier nur eine Siemini^cenj 
au§ ber formalen Sogit oor.^) 

3)lit feinem eigentlid^en g^ad^ftubium, ber JRed^tSmiffens 
fd^aft, ^at e§ 93i§mardE nid^t blo§ mä^renb ber flotten 
©öttinger ©emefter, fonbern aud^ norf) in 93erlin offenbar 
leichter genommen, ate ba§ felbft ^eutigentage§ oon unfern 
fünftigen SJlinifterfanbibaten ju gefclie^en pflegt, ©o pietät^ 
ooU er ber oon il^m befud^ten ©d^ule gebadete, fo gering^ 
fc^ä^ig urteilte er über bie Unioerfttäten unb bie 3lrt be§ 
Sel^ren^ unb Sernen^, bie nad^ feinen SSorftellungen ju feiner 
3eit bort üblid^ gemefen fein foUte. S)od^ mirb map bei 
feinem l^eiteren „So^jie^en" gegen fie nid^t unbeachtet laffen 
bürfen, ba§ e§ bei bem beglüdEenben 3iif<itt^^^^f^i^ ^it 
feinem ^ugenbfreunbe Äegferling unb bei frö^lid^er %a\d^ 
runbe erfolgte, mo i^n in ber (Erinnerung an bie mit jenem 



1) @bb. @. 59. 2) 9ß gj. ni 17. 



— 26 — 

verlebten frol^en ^al^rc bc^glid^ aud^ ctroa^ t)on bcm übcr^ 
mut überfommen mod^te, ber il^n einft erfüllt l^attc. S)enn 
er fannte bie Sebeutung unb ba§ SScrbienft ber beutfd^en 
Unberfitäten ho6) ju gut, um je im ©rufte bel^aupteu ju 
xüoütn, fte „feieu uur ba für bie ^rofefforeu, bie bei eiuem 
jiemlid^ fleiueu läd^erli(i)eu gamilienlebeu eiue roiffenfd^aft:: 
lid^e ©emeiufd^aft bilbeu uub eiueu Sebeu^uuter^alt je^t 
l^aben, um i^re Sudler ju fc^reibeu: bie aSortrdge ftub 
pure g^orm, mau lerut iu ad^t 2!ageu au§ beu ^efteu, roa§ 
jum ©yameu uötig ift". 2Iu§ eigener Äeuutui^ ^at Si^mardE 
bie^ Urteil über bie SSorlefungeu feiuer 93erliuer Seigrer, 
wenn mau uuter folc^en Umftäubeu bie bamatö bort roirfeu^ 
beu ^rofefforeu überl^aupt al§ fold^e bejeirfiueu fauu, ftrf)ers 
lid^ uirf)t gefrf)öpft. ^at er bo(^ eiumal feiuer ©ema^liu, 
ate fie bie 93erliuer Uuiuerfttät im 2lubeufeu au bie 3ßit 
bie uad^ il^rer 3Jieiuuug il^r ®atte eiuft bariu jugebrarfit 
l^atte, gefül^luoU betrad^tete, „gauj roilb" ertlärt, uiemal§ 
fei er bariu gemefeu, uub greuub Äe^ferliug beftätigte ba§ 
mit bem 93emerfeu, 93i§mardE ^abe ftd^ roirflii^ iu eiuer 
9Bo(^e jum ©yameu präpariert uub e§ beftaubeu, fei aber 
bei ber SiüdEIe^r uoc^ gauj roüteub barüber gemefeu, ba§ 
er fo uiel gelerut l^abe: beuu uad^ bem meifteu, ma^ er ge= 
lernt fei et gar uid^t gefragt roorben, l^ätte e§ eigentlid^ 
alfo gar nid^t nötig gel^abt ft(^ aurf) uur fo oiel ab^ 
jumül^en. ^) 

Sßeber ba§ befd^eibeue 3Jia§ oon juriftifd^er SSorbilbung, 
ba§ jum ©intritt iu bie pl^ere SSermaltungSlaufbal^u ge^ 
forbert rourbe, bie er ftatt ber anfangt iu^ 2luge gefajgten 
biplomatifd^eu fd^lie^li^ ermäl^lte, uoc| bie folibe uub breit 
funbierte aUgemeiue 93ilbuug, bie er fid^ roä^reub einer mol^l 



i) Äet)ferltnö I ©. 547. 



angeiDOTibtra Scf)ul5cit etniorbeii I)atte, fint bei Si^mard 
unter toiefec fouDCiäneii Sßeradjtung bc§ atabetnifcljen Stu= 
bium§ itgenb Sdjaben gelitten. Qn bem ^Efflni^- ^aä il)m 
am 30. 3iuni 1836 öbec bae ju 9Ia(i)en beftanbene Sfamen 
als Otegierungäteferenbar onägeftellt ift, ^) roirb befunbet, tooß 
bie Prüfung, foroeit fte fic^ auf bie allgemeinen aSiffen: 
fc^aften, @vied)ifd), Sateinifcf), ^lJf)ilofopl)ie unb @e|iJ)id)te 
erftretfte, „rec^t gute Sdjiilftubien" enotefen I)abe: in^be: 
fonbere liabe ber Sanbibat „buri^ überfe^ung unb <^itter: 
ptetation einiger ©teßen auä be§ Xenoplion Eqtopaebie fo: 
roie auä Eicero§ Suc^ de officiis feine S?ertrautl)eit mit ben 
alten SpracE)en" geieigt, „aud) bie i^m rorgelcgten p^ilo: 
fopI)ifd)en unb ftiporifc^en (fragen buvc^auä befriebigenb" 
beoutroortet. 3lan batf leibet mit gutem Orunbc äiueifeln, 
ob bei bev t)eute üblidjen 3Irt beä ©^mnafialuntertic^tä unter 
Q^nlic^en Umftänbcn md) ein äl)nlid) erfreultct(eö @rgebni§ 
geraonnen rocrbcn mürbe. 3« bem SJlafee roaren bie ctnften 
uiib jugleic^ liebesoll betriebenen bumaniftifdien ©tubien, bie 
in ben empfänglidiften unb einbrucEsfo^igften Qugenbiatjren 
einen guten S:eil |cine§ ®afein§ QUägemorf)t botten, für 
8i§mardg gauäeä 3)enfen beftimmenb geirorben, bag er, beffen 
SBirff amfeit in ba§3fitillfi^ eineäflaunensroertenSluffi^roungS 
ber 91aturniiffen[i^a|ten unb ber Sei^niE fiel, bet bie öe= 
bingungen be§ menfdjli^en ffiafeinö in mand)er ^infi^t uon 
©runö mä manbelle, tro^ einficf)t§DoDen SJerftänbniffeö ouc^ 
bafür an biefer geroig großartigen Seite ber äeitgenÖffi|cf)en 
Sntioirflung boc^ niemals in bem 'SRa^i innerlid) teilge= 
nommen t)at, bofe er für bie ©eftaltuug unb ben 3(u!ibrüd 
feiner @eban!en oon bort£)cr neue Stnregung empfangen unb 
bementfpreii)enbe 9luäbrüde unb Silber fid) angeeignet ftätle. 



') Siämavifialjrbudi III S. 13. 



— 28 — 

^old^c fommcn in feinen Sieben unb Briefen nur ganj Der- 
einjelt t)or. 

Db man bie „Boa constrictor ber 93ureaufratie", Don 
t)er er einmal fprid^t, ^) ^ierl^er red^nen f ann, mag freiließ 
ebenfo bejroeifeft werben, wie e§ fraglii^ bleibt, ob er ju 
t)em ©a^e, ben er bei ber g^ier feinet 80. @eburtötage§ 
in ber 2lntn)ort auf bie ©lüdEmünfclie ber 9ieftoren ber 
t)eutf(l)en Uniuerfttäten au^fprad^:^ „3lu§ Äampf befielet ba§ 
JSeben in ber ganzen Statur" mirfticl) nur, mie er anbeutet 
t)ie ©umme gebogen ^at au§ ben non V)m atö ^orftmann 
bei feinen Kulturen gemad^ten ©rfal^rungen ober ob il^m ber 
<5a^ be§ gried^ifrf)en ^l^ilofopl^en in ben Dl^ren Hang, ber 
ben Ärieg für ben 5ßater aller S)inge erlldrt l^at. Sßol^l 
fprid^t er einmal in einem SSergleid^e, wie er bem ©taat§^ 
manne nal^e genug liegt, ber mit oerfd^iebenen 'ißarteien ju- 
fammen ju arbeiten genötigt ift, oon ber „diagonale ber 
Gräfte", ^ unb ein anbere§ 9Jlal oon bem callus, ber bei 
allen ben S)eutfd^lanb im Saufe ber Qal^rl^unberte befcl)ieben 
gemefenen Änod^enbrürf)en, bie man nun ju- feilen oerfud^t 
l^abe, bod^ nod^ nid^t foroeit oermad^fen fei, ba^ nid^t SSer^ 
ftimmungen ober ein S)ru(f parlamentarifd^er 3Wadl^tprobe 
unb bergleirf)en ba§ 9ieid^ empfinblic^er treffen foUten afö 
ben ^artifularftaat. ^) 2lud^ roünfd^t er einmal, e§ möd^te 
ftd^ ein einziger Äopf ober ein 2lusfrf)ul3 finben, ber im= 
ftanbe märe alle unfere roirtfi^aftlid^en unb !ommunalen 
SSerl^ältniffe mit einem ©lid unb von einer ©teKe au§ ju 
befd^auen unb fte wie eine S^labnifd^e S^igur mit einem ©trief) 
jured^tjulegen. ^) S)iefelbe 3lnfpielung auf bie narf) iljrem ©nt- 
beder ®^labni benannten fgmmetrifd^en g^iguren, bie fid^ auf 
einer mit ©anb beftreuten @la§' ober 3WetaKfd^eibe bilben, 

1) ^e^n 278. 2) @bb. 528. 3) ^olittf^e Dieben IV 374. 
4) (&hb. VI 297. ö) @bb. VIII 246. 



— 29 — 

wenn man beten SRanb mit einem SSioIinbogen ftreid^t benu^t 
er, wenn er im^inbtidt barauf, ba^ jebe l^errf d^f üd^tige SJlinori^ 
tat Don ber 9leigung erfüllt ift bie il^r gegenüberftel^enbe SWel^r^ 
l^eit ju fprengen unb ju teilen, einem oppofttioneUen Slbgeorbs 
neten nad^fagt, er münfd^e bie je^ige SUlajorität ju jer? 
fc^neiben unb ju jerlegen, wie ba§ ber 93ogenfh:id^ mit ber 
^emorbringung pl^onetifd^er giguren auf einer beftreuten 
@la§fd^eibe tue.^) (Sid^erlid^ aber wirb man barum bod^ 
nid^t fagen bürfen, 33i§mardE l^abe für fold^e bem ©ebiete ber 
9laturmiffenfd^aften unb ber 2:ed^nif ange^örigen S)inge fein 
SiUtereffe ober fein aSerftdnbni^ gel^abt. SJielme^r wirb ba§ 
©egenteil fd^on burd^ bie Slrt ermiefen, mie er afe ©ut^^ 
l^err oon SSarjin alle l^ierl^er gel^örigen (Srrungenfi^aften ber 
3eit nu^bar ju mad^en mujste: aud^ ba bemunberte i^n feia 
Sreunb Äegferling afö einen „©d^öpfer".^ 

1) @bb. XI 31. 2) Äet)ferlinö I 635. 



IL 

©lemente ber ©emütsbilbung 33i8mard8. 

kleben jenem fojufagen eifemen 93eftanbe an altgenteiner 
93ilbung, ber (Summe Don Äenntniffen unb 2lnfd^auungen, 
mie fie jeber ju einer l^öl^eren (Stellung im bürgerlid^en 
Seben beftimmte (Soljn gebilbeter ©Item neben ber be- 
fonberen 2lu§rüftung für ben non i^m ju ergreifenben Seruf 
mit in ba§ Seben ju neljmen pflegt, um i^n bann unter 
beffen n)ed)felnben ©inbrüdfen unb 3lnregungen je nad^ 
Steigung ober ©erufSpffid^t nad^ biefer ober jener (Seite l|in 
ju erweitern ober ju oertiefen, mirb i^m nid^t fomol^l burd^ 
bie (Srf)ule al§ burrf) bie geiftige 3ltmofp]^äre be§ $aufe§ 
unb ber ^ömilie eine gemiffe (Summe oon 2lnfrf)auungen 
mit auf ben SGBeg gegeben. SSimn fte il^m al^ ein be:: 
fonberer 93efi^ mol^l meiften^ erft in fpäteren ^aliren rec^t 
jum ©emujstfein fommt, fo ift fie borf) für bie ©ntmidflung 
feiner ^nbioibualität gleid^ oon 2lnfang an infofem non 
^ol^er ©ebeutung, ai§ fie menigften^ ju einem Steile bie 
SRid^tung feinet ®emüte§ unb bamit bie 3lrt beftimmt mie 
er oon ber (Seite be§ ®efü]^l§ l^er 3Jienfd^en unb ®inge 
auffajgt unb baburc^ in feinem S)enfen unb §anbeln nid^t 
feiten entfc^eibenb beeinflußt mirb. 93ei Sfldnnern, bie mie 
93i^mardf in (Erfüllung eine§ großen l^iftorifd^en 93erufe§ 
eigentlid^ bauernb oor ber Öffentlid^feit ju leben unb jebe 



ibret .^anblimgcn an her E^irfung auf Üefe ju meffen ge^ 
nötigt fmb, tritt bicfe ©eite bet 3ii^i'''b"it''ät fieiDüIjiiüd) 
jitriirf, fc^oii roeil fic iE|r nici)t ben @tnflu§ auf ficf) ein; 
räumen fünncn, bem Seute in niinber uerantniortlid)er Stellung 
naiiigeben ju fünnen baä @iM Valien. Sd)on bes^alb et: 
fi^einen folt^e [jiftorifc^e *(äerfönlirf)[eiten nit^t bloß bcn 
SRittebcnben, fonbetn oft aiic^ noc^ ber Betrachtung fpäterer 
©enetütionen fo l)äufig geroiffermnfeen gemütSann unb rocrben 
leitet überhaupt für unfät)ig gehalten, ein lebhaftes ®efti[)l 
in fid) anfEommen ju laffen unb loarni^erjig ju betätigen. 
9Iud) oon ^öiömavtf iff nur allju Ijäufig fo geurtetlt morben, 
roäljrenb bod) bie neucrbingä befannt geroorbeuen SJriefe 
Don i^m, nainentlid) bie an bie ©raut unb (Sattin geri^teten, 
Dielmebt gelehrt ^aben, roeld] inniger Enipfinbungcn järt:^ 
lic^fter Siebe unb [)ingebe«bfter gürforgc biefe^ ftarle ^erj 
fä^ig mar oud) in 3^''™/ roo bie grö&ten politifdien Snt; 
fc^eibungen mit erbrücfenbcr Sdjmere auf tbm lafteteu. 
©elbft in ben Qo&ven erbitterten parlamentflrifdjen Sumpfes 
unb aufreibenben Stingen^ um bie 3»t«"ft beä SSaterlanbeä, 
reo er greunb unb Jeinb raie bie in @vj ge;)an5erte aier= 
fürperung eineä ftorren poiitifc^en ^rinjipeä erfdjcincn tonnte, 
^t BiSmavd in einem fleinen, gleii^fam gemeinten fflesirEe, 
ber fein unb ber ©einen forgfam getjiiteteä Heiligtum blit;b, 
ein ibt! felbft erquidenbeS unb beglüdenbeä innigeä ©emütä- 
lebcn geführt, bcffen iBof)ltueube ^Jlufeerungen nidit feiten 
but^ bü§ nur aHju erttörtidje Slntlingen etncg ftavt elcgifcben 
ober tefignierten Sone^ getennscic^nct roerben, nun aber 
auc^ roeiteren fireifen Feinen ^meifel baiüber laffen füinien, 
roie roarm^eriig unb ber Siebe bebürftig, aber aucb roie be§ 
@nüeifen§ oon Siebe fä^ig biefer f(|einbQr fo borte unb 
nur auf ben Kampf gertd)tete 3Jtann im ©runbe feine§ 
äßefenä geftimmt loar. 



— 32 — 

S)al3 er fiä) in einem Seben, rote e§ tl^m befd^ieben 
war, biefe föftticlie aWitgtft ber 9ktur unoerfümmert be^^ 
wahren iinb fie aud^ nod^ na6) bem jäl^en @nbe, ba§ feinem 
Sßirfen bereitet mürbe, jum eigenen ©lüdE roie ju bem ber 
©einen einbrudE^oolt betätigen fonnte, ift nid^t blo^ einer 
ber menf(l)Iic^ fd^önften 3^8^ ^^ ^^^ ^iü>e be§ ^ero§, 
fonbern eröffnet überl^aupt erft ben redeten ©inbtidE in fein 
SGBefen unb fe^t tjon ba au§ aud^ in feinem roeltgefd^id^tlid^en 
^anbeln mand^e^ erft in ba§ redete Sid^t. S)oci^ aud^ bei 
il^m l^aben mir e§ babei mit etma§ ju tun, roa§ er nur ju 
einem Meinen 2^eil ftd^ felbft ermorben unb bann unbemu^t 
atö 3WitteI jur ©rreid^ung beftimmter Qrotde in ftd^ gepflegt 
unb au§gebilbet l^at. Jßielmel^r l^atte aud^ 93i^mardE auf 
biefem ©ebiete eine gemiffe 3lu§ftattung mitbefommen, meldte, 
non ben ©Item ererbt, burd^ bie ©inbrüdfe be^ |)aufe§, ber 
g^amilie unb ber greunbfd^aft gefeftigt unb entmidelt, in 
ber g^olge gemifferma^en für ben 2^on entfd^eibenb mürbe, 
auf ben feine Qnbioibuatitdt geftimmt mar. S)amit rourbe 
fie gleid^f am ber ©runbftodf, an ben rermanbte ober ä^tid^ 
geartete ©inbrüdfe ftd^ anfe^ten, unb bebingte bie SGBirfung 
frember in il^rer 3lrt. 2lu§ aUebem ermud^^ unrermerlt 
ein in fid^ feftgefügter ©d^a^ non Seben^mei^^eit unb @e^ 
müt^freubigleit, auf ben er, ol^ne ftd^ beffen im einzelnen 
O^alte rec^t bemüht ju merben, unmiKfürlic^ immer roieber 
jurüdgriff. @§ mag babei l^ier abgefel^en werben non bem 
feinfinnigen unb gefül^I^innigen aSerftänbni§ für bie jum 
®emüt be^ SUlenf^en fpred^enben SBorgänge in ber 9latur, 
ba^ i^m in l^eroorragenbem 9Jla§e eigen mar, roie j. 93. 
feine (Smpfänglid^feit für bie ^oefte be^ näd^tlid^en @i§gang§ 
auf ber ©tbe ober ber brütenben ©infamfeit ber ungarifd^en 
^u^ta offenbart, ©ntfpred^enb ben biefer ©tubie gezogenen 
©renjen foU l^ier nur non bem gel^anbett roerben, roa§ ftd^ 



in ber I)et§en XageäarSeit ^aatSmännifdjen SHiiifienS unb 
Srf)flffenä all immer bereites Slüftäeiig biefer Strt bei it)in 
ertennen läpt. 

O^ne auf bie infereffaiite ^rage nac^ SiämatcEä teligiöfer 
©tetlung, bet au^ auf fein politifdjeS §anbeln ein größerer 
@inf(u§ jugefrf)rieben äu merben muffen fc^eint, aU mau 
junädift anäune^men geneigt mar, an biefet Steüc be§ 
nö(|eren einjuge^en, botf boi^ barouf t)ingeroiefen roerben, 
ba§ bie öefdjäftigung mit ber 93i(iel unb geitnieife ein= 
bringltrf)eä ©rübeln über il)rc beutbaren 2Borte in ber @nt= 
roicflung feineä ©emätälebeng unb bamit ber Sluägeftoltung 
feiner ftttlidjen *pev|iinlid)fctt eine rec^t bebeuteube 9)oIle 
gefpielt ^ben. 3)aö ift um fo beni^tenSroertet, at§ er 
gerobe in biefer 9tic^tung befonberS nadj^attige Slntegung 
im ©Itemfjaufe ntd)t ermatten I)abcn loitt. ^n bem mett: 
roürbigen 33riefe, burc^ ben er @nbe Slejember 1846 bei 
^errn dou ^uttfamer um bie ^anb feinet Soc^tcr ^otionnt 
anfielt, ^) beflagt er felbft, bem elterlidjen §aufe in friibcfter 
Sinbtjeit fremb unb nie barin miebcr »ötlig ^eimif(^ ge= 
roorben ju fein, unb bebnuert, ba§ auc^ feine ©räiefiung 
von Stufang an au5f(^Iie61ii^ auf bie 9tu§bilbung be§ 33ei:- 
ftanbeS unb ben frü^jeitigen (Snoerb pcfUiuet ffenntniffe 
geriditet geroefen fei. 'Sioif nid)t barin allein fiel)t er ben 
(Srunb für bie geringe ?iflege beg religiöfen 3J!oment§ burd) 
bie Sltetn. SJIit feinem Sßater mitl er über (Staubenäfa^en 
niemals gefprod^en ^ben; beffen ©taube, meint er, fei 
roo^t nic^t ber t^rift(irf)e geroefen, ba er fo fe^r auf ©otteS 
Siebe unb SSarm^etäigteit oertraut ^abe, bag i^m alleS 
onherc ü1§ biefeS Sßertrauen überftüffig etfi^ieuen fei.^ Sfn 
betreff bet religiöfen Stellung feiner ÜDlulter erinnert et 



') SBiicfe an töraut nnb Süttin S 



) ebb. S. 49. 



— 34 — 

jid^ fpdter nur, ba^ ftc md in ben „©tunben ber Slnbad^f' 
gcicfcn unb über feine pant^iftifd^e Süd^tung unb gänjlid^en 
Unglauben an Sibel unb K^riftentum oft erfd^rodEen unb 
jomig geroefen fei, jur Äird^e aber fei ani) fte nic^t ge=:* 
gangen, unb ba fte in fettfantem SBiberfprud^ ju ber i^r 
fonft eigenen falten SSerftanbe^flar^eit niel non (Sweben^ 
borg, ber ©el^erin oon ^reoorft unb 9Jle§merfd^en 2:^eorien, 
©c^ubertl^ unb Quftinu^ ferner gel^alten l^abe, fommt er 
ju bem (Sd^tu§, „d^riftüd^ in bem @inne, wie wir e§ oer^ 
ftel^en", fei aud^ il^r ©taube nic^t geroefen. @r felbft aber 
backte fd^tie^Iii^ bo(^ nic^t me^r wie jener friefifc^e ^äupt^ 
ling, ber, wie er ber 93raut erjäl^It, bei ber 2^aufe ben 
©eifttic^en gefragt l^aben foU, ob feine SSorfaliren wegen 
il^re^ Unglauben^ in ber $Berbammni§ feien, unb auf bie 
bejal^enbe 9lntn)ort ben ©mpfang ber 2:aufe ablehnte, weil 
er bleiben rooKe, roo fein SSater fei. 

SGBä^renb feiner Uninerfität^jeit unb ber näd)ftfoIgenben 
.Qal^re fmb 93i§mardf bann nad^ feiner SÄeinung „9tat unb 
Seigre anberer bud^ftäblid^ fern geblieben": ber SSater Iie§ 
il^n nad^ftc^tig geroäl^ren, bie SÄutter tabelte i^n au§ ber 
g^eme, wenn er feine ©tubien unb 93eruf§arbeiten oernad^- 
läfftgte, „rool^t in ber SÄeinung, ba^ fte ba§ übrige l|öl|erer 
gü^rung überlaffen ntüffe".^) 3lnbererfeit^ berid^tet fein 
^ugenbfreunb unb ©tubengenoffe ®raf 3lle5anber Äegferling, 
raäl^renb be^ genteinfamen 93erliner Scben§ Ratten fte beibe 
nic^t blo§ über pl^itofopl^ifc^e Probleme, fonbern aud^ über 
religiöfe g^ragen ernfte ©efpräd^e gel^abt.^) Qn biefe 3^it 
bürfte roo^I auc^ bie 93efd^äftigung mit ben ^l^ilofop^en 
be^ 2Iltertum§, mit ^egel unb ©pinoja gehören, in ber 
©i^mardE oergeblid^ 93eru]^igung gefud^t l^aben mill, bie mir 

1) «riefe an bie Söraut unb ©attin @. 2. 

2) Äet)ferIin0 I, <B. 33. 



— 35 — 

\m§ aber ftc^erlid^ nid^t fgftematifd^ unb grünblid^ getrieben 
benfen bürfen.^) @rft nad^ bem SCobe ber SIKutter roilt er 
bann in ber ©infamfeit be§ Äniepl^ofer Seben§ über biefe 
3)inge tiefer nad^jubenfen angefangen l^aben, aber burd^ bie 
Seftüre ber ©c^riften Don ©trau^, g^euerbad^ unb 93runo 
Sauer „nur tiefer in bie ©adtgaffe be§ Qroä^eW* geführt 
ujorben fein, ©ntfd^eibenb für biefe (Seite feine§ ©eifte^s 
unb @emüt§Ieben§ würbe e§, ba§ er bie Seben^gefdl^rtin 
au§ einem Greife pommerfd^er 2lbeföfamilien gewonnen, in 
benen feit ©enerationen tiefernfte g^ömmigfeit gepflegt unb 
bie «ibet afö te^te OueUe aUer 3ßei§^eit unb ^öifte »ürg^ 
fd^aft aUe§ grieben^ in finblid^em ©lauben Dcrel^rungSoolI 
l^orfigel^alten würbe. @r fd^Io^ firf) biefer 9iid^tung um fo 
bereitwilliger an, afö fie i^m burd^ bie geliebte Sraut in 
einbrud^tJoUfter Unmittelbarfeit nalie gebracht würbe unb er 
überzeugt war, nur burd^ Dorbeljaltlofe Eingabe an fie ber 
DoUen ©eelengemeinfc^aft mit ber fd^wärmerifd^ nerel^rten 
Seben^gefäl^rtin auf bie S)auer gewijs werben ju fönnen. 
2lugenfd^einlid^ l^at Qol^anna non ^uttfamer il^ren SSerlobten 
al^balb ju eifrigem unb jeitweife gang fgftematifc^ ge= 
triebenem ©ibelftubium Deranla^t, o^ne e§ freilid^ l^inbern 
ju fönnen, ba^ ber in il|m gärenbe übermütige weltlid^e 
©inn gelegentlid^ aud^ bem Sßort ber ©d^rift gegenüber in 
berbem §umor wi^ig jum 3lu§brud^ fam, wie j. 93. in 
einem ©d^reiben an Sßagener, in bem er Suft ju l^aben 
befennt, ä^nlic^ wie einft ber Äl^alif Omar e§ mit ben 
©d^ä^en ber gried^ifd^en Siteratur in Sllejanbria getan l^aben 
foU, mit 3lu§na]^me be§ „d^rifüid^en Äoran" alle ©rgebniffe 
ber 93urf)brudEerfunft bem Untergange ju wei^en.^) 



1) Sööl- ©. 24—25. 

2) ^olttif^e «riefe S8i§marde§ 1849—89 («erlin 1889) . @. 36. 



— 36 — 

3n bem 93tiefn)ed^fel bcr 93rautlcutc aber nal^mcn @r^ 
örtcrungen übet bic ®eutung bibüfd^ct ©teilen unb bie ®ar^ 
legung be§ babutd^ angeregten ©ebanfengange^ beträchtlichen 
9taum ein. Unter SSejugnal^me auf 1. Äorintl^er Vn aSer§ 
13 unb 14 („Unb fo ein SDBeib einen ungläubigen 9Jlann 
l^at, unb @r Iä§t e^ ftd^ gefallen, bei) il^r ju rool^nen; bie 
fc^eibe nic^t üon il^m. ®enn ber ungläubige 9Jlann ift ge= 
l^eiligt burd^ ba§ SBeib unb ba§ ungläubige SBeib wirb ge:= 
l^eiligt burd^ ben SUlann. @onft wären eure Äinber unrein; 
nun aber finb fte l^eilig") l^offt 93i§mard/) obgleich er 
fid^ nod^ ate Ungläubiger fül^It, burd^ bie gläubige grau 
gebeiligt ju werben. ®abei fd^eint er fogar nerfc^iebene 
©rfiärer ber ©teilen ju 9tate gebogen ju ^aben. freimütig 
aber weift er bie ©eliebte bei biefer ©etegenl^eit bod^ auc^ 
barauf ^n, wie wenig SSertrauen in il^ren ©lauben fte unb 
il^re ©eftnnungggenoffen nac^ il^rem SBerl&alten gegen Slnber^^^ 
ben!enbe ju befi^en fc^einen, wäl^renb ber Kl^rift bod^ in allen 
Seben^ner^ältniffen ba§ 9teid^ @otte^ ate ba§ mäd^tigere, fteg= 
l^afte, jule^t jeben SDBiberftanb überwältigenbe, ba§ ber ginfter^^ 
ni§ ate ba§ o^nmäd^tige, immer mel^r jufammenftüt^enbe an^ 
feigen foHe: ftatt beffen widelten fie, meint er, il^ren ©lauben 
forgfältig in bie öaumwoUe ber Slbgefc^loffenl^eit, bamit fein 
Suf tjug ber SBelt il^n erf alte, f oba§ anbere ftd^ an i^nen üielme^r 
ärgern unb fie afö Seute au^fd^reien, bie ftd^ ju l^eilig bünfen 
um üon 3öllnem unb bergleid^en berül^rt ju werben. SBenn 
jeber fo badete, ber ba§ SSal^re gefunben ju l^aben glaube^ 
unb niele emfte, aufrichtige, bemütige ©ud^er glaubten e§ 
bod^ wo anber^ ober in anberer ©eftalt ju finben, fo würbe 
nad^ feiner 2lnfid^t ®otte§ fd^öne (£rbe ju einem penfr)t 
oanifc^en ^^tt^^S^fä^S^i^ werben, in bem unüberfteiglid^e 



i) »riefe an b. »raut u. ©attin @. 18 (7. JJebruar 1847). 



— 37 ~ 

©ifteiöeroäiibe taiifenb unb abertaufenb ejftufine fiuterien Bon 
emanbet trennen. SBie \ii\x ü6er i)0§ einft in ^löeifeln rm= 
genie SSelttinb bereits iit ber ^eiligen ©d)rift tjeimifcö gc- 
roorben ift unb mit loeli^er Sit^er^eit el ftct) auf bem ©ebiete 
ber paftoraten SialeEtif beioegt, beiueift bie überrafdicitbe 
©ci)[a9fevti9fcit, loomit er in bemjelben ©rief roeiterfiin bie 
Äritif, bie er burd] jene SBorte an ber grümmigfeit bet 
ft^TOiegereltertic^en jjamilie unb i^reö Sreifeg geübt ^atte, 
buTi^ treffenb auSgeroätjtte Sc^riftfteUen a!^ bevei^tigt ju 
begrünben roei§. @r beruft fid) auf Körner 14 SßerS 22 
(.^aft bu ben ®Iaubcn, fo I)abe ifjn beq bir felbft Dor @ott. 
©elig ift, ber fic^ fetbft tein ©eroiffen maijt in bem, ba§ 
er annimmt.) unb 15, 2 (@ä fteHc fid) aber ein jeglirijet 
unter un§ alfo, ba^ er feinem 9iäc^ften gefalle jum (Suten, 
jur Säefferung), befonbers auii ouf 1. Sorinttjer 4, 9ierö 5 
(Slarum richtet ni(f)t Dor ber Qtit, bi§ ber ßerr fomme, 
nielc^er and) roirb an§ i?i^t bringen, roa§ iin ginftern Der= 
borgen ift, unb ben 3iat ber ^erf^en offenbaren; aläbann 
irirb einem fegtidjen non ©ott Sob roiberfa^ren), 8, 2 (So 
aber fu^ jemanb biinfeu lä^t, er roiffe eti»a§, ber roei^ not^ 
nid)tä, mie er roiffen foü), 9, 20 C33en 3uben bin id) ge= 
roorben ol§ ein ^ube, auf ba§ ii^ bie Quben geroinne; 
benen, bie unter bem ©efe^ fiiib, bin id) geworben all 
unter bem fSefe^, auf bafe id) bie, fo unter bem @efe§ finb, 
geroinne) unb 12, 4 u. ff. ((£§ fmb mancf)erlei ®aben, aber 
e§ ift Sin ©eift. Unb e§ fmb inand)ertei fflniter unb ®in 
.^ert 3C.) foroie enblidj auf 13, 2 (Unb roenn ic^ roeiäfagen 
fönnte unb müßte alle ©e^eimniffe unb aus ©rfenntniö, unb 
^ütte aßen ©lauben, alfo bag ic^ Serge oerfe^te, unb i\atte 
ber Siebe nidjt, fo märe ic^ nichts). Quv ^egrünbung ber 
tälnfid)! über bie SBerftätigfeit, bie er ber ©raut in einem 
früheren ©riefe entroidelt Ijaben niu§, ift er ein anbereä 



— 38 — 

3JlaI bereit, biefelbe mit 93ibeIfteBen ju „übetfd^roemmen", 
wie namenttid^ @t). SJlattl^äi 25, 34 (S)a wirb benn ber 
Äönig fagen ju benen ju feinet Siedeten: Äommt l^et, il^r 
^efegneten meinet SSater^, ererbet ba§ Sleid^, ba§ euc^ be:^ 
reitet ift, t)on Slnbeginti ber SQ3eIt ufro.), 9tömer 2, 6 (SlBet 
d^er geben wirb einem jegtid^en nad^ feinen SDBerfen), 2 ^o^ 
tintl^er 5, 10 (2)enn mir muffen aUe offenbar werben üor 
bem Slid^terftul^I ©l^rifti, auf ba§ ein jegtid^er empfange, 
nac^bem er getjanbelt l^at bei Seibe^ Seben, e§ feg gut ober 
böfe), SRömer 2, 13 (©intemat oor ®ott nid^t bie ba§ @e^ 
fe^ tjören, geredet finb, fonbem bie ba§ @efe^ tun, werben 
geredet fein), 1. ©piftet ^ot|anni§ 3, 7 (Äinblein, taffet eud^ 
niemanb oerfü^ren. SCBer red^t tut, ber ift geredet, gteid^mie 
@r geredet ift) unb unjä^Iigen anbem, obgteid^ er e§ felbft 
für unfnid^tbar erftärt mit abgeriffenen @ä^en ber ©d^rift 
au§er bem 3^f^wtmenl)ang ju redeten. 9lud^ weift er ba^ 
rauf l^in, wie oerfd^iebenartiger Slu^tegung aBein fd^on ba^ 
SQ3ort „©lauben" in fid> felbft fällig fei in bejug fowotjl auf 
ba§, wag bie ©d^rift ju glauben befietjlt in jebem einzelnen 
Spalte, wo fie ba§ SBort gebrandet: e§ fomme eben jule^t 
alteg auf bie 2lu§Iegung an.^) 2)od^ fd^eint QiO^cinna oon 
^uttfamer il^m in ber ©rörterung folc^er ^^agen boc^ über= 
legen gewefen ju fein: infolge eine§ 9Jleinungsiau§taufd^e§ 
über ©piftel ^afobi 5, 16 (Sefenne einer bem anbem feine 
©ünben; unb betet füreinanber, ba§ i^r gefunb werbet. 
2)e§ ©ered^ten @ebet oermag oiel, wenn e§ emftlid^ ift) 
be!ennt er, fte l^abe ganj red^t, unb wa§ er baoon gemeint 
l^abe, fei „nur fo eine augenblidlid^e fd^iefe Qbee" oon i^m 
gewefen.^) Übel bürfte bemnad^ bie öraut Den 35erfuc^ auf^ 
genommen l^aben, feine — oermutlid^ einmal oon il^r ge=: 



1) 35riefe an bie 33raut unb ©attin ©. 19. 2) ^i^^^, ©. 44. 



tilgte — 9ieigiing, fid) gelegentlich in einem nid)t eben böfe 
gemeinten %lu6)t Snft ju inad)en, burd) bie EtflÖrung ju 
ent|d)ultiigen, ev Eönne in bet ©ifael bod) feine ©teUe finben, 
iDo es oerboten roäre ben Flamen beä2:eufel§ ju mißbrauchen: 
„SJeißt bii eine, fu fage fic mit".^) nberöau;it ging i^m 
fein berbev .Junior gelegentlid) aud) bem ^ibelroott gegen: 
über burd), foboß ev e§ fc^erjenb traöeftierfe, fo j. S. roenn 
er Seopolb nun ©erlnc^ gegenüber tn bcjug auf ben i^m 
unbequemen unb unfähigen pteH6ifd)en3Jli[itärbeüDltmäi^tigten 
in JyronEfurt 2)kjot; uou iS)ieft einmal brieftii^ äußerte, er 
bete morgend unb abenbä: „Domine, libera nos a majore".^) 
9Bie fct)nell aber ber einftige greibenfer non bem unbufti= 
famen Sifer ongeftedt routbe, ber im ^^utttamerft^en ^aufe 
unb ben it)m »erraanblen «üb befrcunbefen pommerf^en 
9Ibelöfami(ien ^errfcfjtc, beroeift feine rüdf)altIofe ^iiftimmung 
ju bem @infd)reiten tie§ 3)Iagiieburger ßonfiftovinm§ gegen 
ben freigemeinblic^en ^rebiger Utjlid): er roüii[d|t ber Se: 
t)ürbe ®IM baju, raeiiu fie fid) ju entfdjiebenem Sluftreten 
cntfd)(ießen tonne, nur muffe bann aud) cner9ifd}e Sonfequenj 
butc^füljren, mag man begonnen \)abe: ^atb^eit ^abe noc^ 
feiner ©ad)e genügt, ^j 

SStad) aUebemift e§ begreifttct), menn auc^ |pätcrt)in 3^ou 
Don 33i§marii i^ren ©atten, ber mit Hjt nac^ bem Schrift: 
roort (1. 3Jlofi§ 2, 24: S)arum roirb ein äRanu feinen SJater 
unb feine SHutter nerlaffen, unb an feinem SSeiie I)an9en, 
unb fie werben feqn Sin Steife^) „®in (^leifd)" fein rooEte,*) 
in bec gleici)en SRidjtung nocl) ftätfer beeinflußte, inmitten 
ber SlnfprüdjE, n)eld)e bie parlamentarifc^e Scitigfeit, biplo^ 
matifdje 93efc()äftigung, poIitifi^eS SBirten ber uerfc^iebenften 
2trt unb ein omi aöebem nic^t ju trennenbe§ ^Üct)ft be; 

1) ebb. S. 36 (,7. 5ebv. 1847. ^) SBtiefe an ®etlact) S. 94. 
aj. SStiefe an hie SBraiü u. ©attin ©. 37. *) ebb. ®. 43. 



— 40 — 

TOcgteS roettüd^cS S^tciben an il^n ftetlten, l^at ftc i^n immer 
Toieber ju bem ©tubium ber l^eiligen ©d^rift jurüdjufül^ten 
gemußt. 2a§ er mit il^r gelegentlich aud^ Sutl^erfd^e ^re^ 
bigten, wie j. ö. einmal bie über SUlattl^än^ 18, 21 u. ff./) 
fo fe^te er bod^ aud^ üon il^r getrennt feine öibelftubien 
wenigften^ jeitmeife eifrig fort. 93eftärft mürbe er barin, 
mie e§ fd^eint, befonber^ nod^ burd^ bie erften ©inbrüde be§ 
leeren unb nid^tigen g^anffnrter 2:reiben§. ^m ^inbtid 
baranf fd^reibt er jur Qdt ber überftebelung an ben ©i^ be§ 
öunbe^tageg ber ©d^roiegermutter 16. 3Jlai 1851, er motte 
mit ^ol^anna gemeinfam an bem ftarfen ©tabe be§ SDBorteS 
©otteg manbeln in biefem toten nnb rud^tofen S^reiben ber 
SBelt, beffen 5Jtadft]^eit il^nen in ber nenen ©teßung me^r 
ju S^age treten merbe at§ frfil^er.^) ©al^ er bod^ obenein in ber 
SBenbung bie mit ber übefrrafc^enben 35erpflanjung in bie 
biplomatifd^e Saufbal^n in feinem unb ber ©einen ©d^idfal 
eingetreten mar, eine unmittelbare ??ügung ®otte§: au§ feiner 
pommerfd^en l^armtofen ©infamfeit auf bie^öl^e be^ Seben^ er^ 
l^oben, tjatte er ben SDBunfd^, „®ott möge itjre ©eelen äl^nlid^ er:: 
lieben au§ il^rem S)unfet auf bie tid^ten ^öl^en feiner @nabe. ^) 
Unter fold^en Umftänben na^m er gerabe in jener Qzxt bie 
93ibelftubien mit erneutem ©ifer auf, jumat bie längere 
Seit oon i^m getrennte ©attin, wie e§ fd^eint, einigermaßen 
um fein ©eetenl^eil in ber neuen Umgebung beforgt, il^n 
oerantaßte, e§ „mit ©gftem" ju treiben, ©in oon biefer 
bi^^er gebraud^te^ fteine^ 9leue§ S^eftament begleitete il^n 
aud^ auf ben frol^en ^Jal^rten, bie er oon ^Jranffurt au§ in 
bie SRl^eintanbe unternahm. 2llter ©erool^nl^eit gemäß aber 
oermanbte er aud^ ju biefer Seftüre mit Vorliebe fd)IafIofe 
5na^tftunben. 2lm 26. ^uni 1851 f^reiÖt er ber ©attin : 

1) «riefe an bie S3xaut u. ©attin ©. 172 (Sfloüemb. 1849). 

2) (§:h\>. ©. 280. 3) (§:f^t>, 360. 



— 41 — 

„Qä) vo'xli ä« Sett flehen unb mit Sapitet 2 ber jineiten 
©pijlel ^etri lefcn, id) treibe ba§ je^t mit Sqftcm, unb 
roeim id) "^stti auf ©eine ©mpfe^luug au§ ijobe, wiii itf) bie 
Ebräei tefen, bie ii^ nocE) gar nitfjt fenne",') noc^bem er 
i^t bereitä am 10. ^uni genieftietr „^i\ lefe mir je^t bie 
9tÖmer, beut Kapitel 8, ein ©olbtegenbltittc^en »on Sit ift 
all 3^'^*)^" ""t^ bariii."'^) ^n ©ocge um ba§ Seben be§ 
iu ber pommetf{^en §eimat crfraiiften 3:ö^terct)en§ idjtägt 
et (30. 9Iuguft 1851) ju feinem S^toft einen ^^falm auf iiitb 
trifft auf ben 112., ben er, „reii)t fd)ön" finbet.^ 5ffiie er 
iit biefen Singen bamnis lebte unb roebte, lä^t fein 33etid)t an 
bie ©ottin über einen SCuSflug erfennen, ben er mit feinem 
3Ittad)6, J^üvft S^nar, Slnfang ^uli nac^ SRübeg^eim unter- 
nommen unb auf bcm et ben 3(iuber ber Tl)cinifd)en ÜJlonb; 
fd)einnad)t genoffen ()atte, inbem er ein Stücl ©trom ^inab: 
f^mamm, um bann mit feinem @efä()rten bei „fe^r nettem 
SBein" auf bem ^Salfon ju fi^en. „3Jletn Heiner Seftn^ 
ment", etjä^It er roeitcr mit einem übcrtafdjenben unb ioo[)I 
triebt gonj unbeabfiii)tigten ^Jtnflang an eine oft angefufjtte 
©teile beö i^m fünft ja nic^t a\i})U fqmpatliifc^en*) großen 
fiönigäbetger *p^itofopE)en, „unb ber Sternhimmel brad)tcn 
un§ auf i^riftlid)e @efprdd)e, unb id) rüttelte lange an ber 
3iDuffeautd)en Süugeub^aftigteit feiner Seele, uljne etroa§ 
onbereö al§ baß id) it)n jum ©c^roeigen btad)te."") 3)a§ 
blieb aud) in ber golgejeit fo, 3tm 30. Sluguft 1853 
melbet er von SHorbeme^ au§ her ©attin, baä 12, ffapitel 
be§ 9tÖmerbtiefe§ t)abe er gelefcn, „äitiat nit^t — mie jene 
roo^l enoartet t)aben mod)te — auf bem ^alfon im 2)ionb= 
fd)ein, fonbern im ©eegraöbett bei ©türm unb biegen, bie 
am 3enfter rötteften". ®t befennt babei redjt Ijaben er; 

') «riefe on bie SÖroiit unb ISattin S. 396. ^) ebb. S. 2U0. 

3) ebb. ©. 31ß. *j iScrgl. ®. 23. &) ISbb. ©. 299. 



- 42 — 

meffen ju fönnen, wie glaubenSarm uttb bö§ er fei, unb 
bemetft jur Segrünbuttg biefer ftrengen @etbfl!ritif im §in- 
blid auf $8er§ 14 unb 20 (©egnet, bie euc^ üerfolgen; 
fegnet, uub flud^et nid^t — ©o nun beinen g^einb 
l^uugert, fo fpeife il^n; bütftet il^n, fo ttänfe il^n. SBenn 
S)u ba§ tuft fo wirft bu feurige Äol^ten auf fein ^aupt 
fammeln.): „©peifen rooHte id^ meinen geinb fd^on, wenn 
il^n l^ungert, — aber ii^n fegnen, ba§ würbe bod^ fel^r äujser^ 
1x6) fein, wenn id^§ überhaupt täte! ®ott befferg!"^ 3luc^ 
fpäter nod^ fanb ftd^ feine fampffrol^e Statur nid^t teidjt ab 
mit bem ©ebote be§ ^eilanb^, ba§ beut ©Triften aud^ er^ 
littenem Unred^t gegenüber ergebene^ ®ulben jur ^flid^t 
mad^t. 9lamentlid^ ba meinte er foIdt)e§ nid^t auf ftd^ nel^^ 
men ju fönnen, mo ii^m ermiefene geinbfd^aft nid^t i^m per^ 
fönlid^, fonbem ber non il^m vertretenen ©taat^autorität 
galt, „^d^ bin ein S^rift, äußerte er am 13. 3Jlärj 1883 
in ber S)ebatte über feine SDBeigerung, bie Äonbolenjabreffe, 
meldte au§ 9lnlaj3 be§ auf einer Steife in 9Iorbameri!a er= 
folgten 2:obe§ be§ r^gto^en Staatsmannes SaS!er" ber ^on= 
gre§ ber ^Bereinigten Staaten burd^ ben 93otfd^after ©argent 
il^m jur Übermittlung an ben SReid^Stag l^atte jugel^en taffen, 
amtlid^ an biefen meiterjubeförbern, im ^inblid auf (Soan^ 
gelium SUlatt^i 5, 39 (Qd^ aber fage eud^, ba§ i^r nid^t 
miberftreben foUt bem Übel; fonbem fo bir jemanb einen 
©treid^ gibt auf beinen rechten S3aden, bem biete ben 
anbern aud^ bar), aber bod^ als SÄeid^SfaujIer nic^t fo, baj3, 
menn id^ eine D^rfeige auf bie eine öadfe be!omme, id^ bie 
anbere l^inljalte unb frage, ift bir nid^t bie jmeite gefällig?! "2). 
Sbenfo ftimmt er bem „alten Sut^er" oon ganjem ^ergen 
bei, menn er in ber ^rebigt über SJlattl^äuS 18 SSerS 21 

1) S3xiefe an bie 35xaut unb ©attin ©. 360. 

2) ^olitif^e SReben X ©. 26. 



- 43 - 

u. ff. C^a trat ^^etvuS ju ifim unb fptad): $err, roie oft 
inu§ id) beim meinem Söruber, bet an mit gefiinbigt, Dct: 
gtitien? Scft§ Renug ficbenmal?), bie et fouft „gnnä vo\i Siebe 
unb SJere^rung" ftnbet, am ©ingange aiiHbrürflicf) bemerft, 
„nieltlic^e Cbrigteiten foQen nidjt netgeben, maä man Un; 
reä)t tnt, fonbetn [trafen". M 

@ern unb ncrttaueii^uoU ^at ©iämarcf bem (£infEu§ 
feiner (Sattin onf biefem ©ebietc nad)gegeben. Smpfnnb 
er boc^ gelegentUrf) re(i)t roo^Itätig bcn ©egen, ber iiu 
mitten cineö oon aufreibcnbcn fiämpfen erfüllten Seben^ 
bobutrf) auf fein @emüt unb Don ba au§ gerabe in ben 
fr^nierflen S^itm auf feine ganäe geiftige 3)i=ipofitiijn au^= 
geübt rourbe. @em neiforgt er ba^et bie geliebte 2eben§: 
gefä^ttin mit ber oon i()r geniünfdjten Seftüre biefer Slrt: 
famen bot^ bie berufjigenben itnb erl)ebenben SBivhingen 
berfclben mittelbar i^m felbft ängite. So beforgt er ^ii= 
fang SUörj 1807 ittr neben anberen 9lufltägcn, bie fie il)m 
Don gtanffurt au§ gegeben, ^'Pdjten unb Hampelmänner 
für bie fiinbet, in Serlin in ber ^efferft^en Sut^^anblung 
auä\ bie biö^er erft^ienenen fünf Sänbe ber „58tbelftunben".'-^) 
(Sin fleißiger Sitc^gänger aber ift ber im ©ienft beä 93atet: 
lanbe§ fuij aufteibenbe Staatsmann tro^ allebem boi^ nit^t 
geworben unb beä^alb nou ben frommen in ben ößf'ftl)^'^ 
^'reifen ftets mit einem geroiffen bebaucrnben 3Hitieib unb 
jUKieilen raol)! gor mit einer äirt non 9J[i§trouen angefet)en 
morben. 2Iutf) auf biefem ©ebiete gab S8i§marcE nid)t§ auf 
bie I)erfömmlicf)e j^orm, fonbetn legte roie übera([ aUeä @e: 
iDiö)t auf ba§ ffljefen ber Sac^e. 3Jioi^te er fiel) auif ben 
gotte§bienfttii!)en .^anblungen fernsten, buri^ beren ju:; 
roeiten bemonftratinen Sefud) anbete in ä^nlidien Stellungen 

1) iSiieie Qii bie SBraut unb ©attin ©. 112. 

2) ®bb. e. 371. 



— 44 — 

il^rc Ätrd^Iid^feit vox bcr SBclt unb vox fid^ fetbft roo})U 
gefällig betätigen: er voax ftd^ beraubt, mit feinem ©otte 
gutjufte^en, unb l^at mie e§ fein foB, in ber ©tiHe ben 
SSetfel^t mit i^m in finbtic^em $8ertrauen auf feine 2lrt 
eifrig gepflegt. SBäl^renb be§ getbjuge^ gegen granfreid^ 
fanb man in feinem Quartier auf bem 9tad^ttifd^ am öett bie 
„2:äglic^en Sefungen unb Sel^rteyte ber Srübergemeinbe für 
1870" unb bie „2:äglic^e ©rquidung für gläubige ©i^riften".^) 
3luc^ in ben ©riefen, bie er au§ bem gelbe an bie ©attin 
rid^tete, fpiegelt ftd^ feine ftete öefd^äftigung mit ber 93ibel 
miber. ,,@ott beffer^, fein 9lrm ift nid^t gleifd^", fd^reibt 
er il^r SDBeii^nad^ten 1870 im ^inblidt auf bie unt)erfennbaren 
©c^roierigfeiten ber militärifc^en Sage in g^anfreid^, „barauf 
traue ic^, menn id^ biefe§ raufte Sßol! gegenüber fel^e. SQ3ir 
ftnb aud^ ©ünber, aber bod^ nid^t fo babt)lonifd& unb ni^t 
fo tro^ig gegen @ott."^) 9tapoleon DI. gut ju be^anbeln 
l^ält er für geboten nid^t blo§ au§ ©rünben ber politifd^en 
5Jtü^lid^f eit , fonbem raeil „bie Slad^e @otte§ ift" nad^ 
9tömer 12, 19 (Släd^et eud^ felber nid^t, meine Siebften, 
fonbem gebet Slaum bem 3om; benn e§ ftel^et gef daneben: 
bie 9tad^e ift mein, id^ raiH oergelten, fprid^t ber ^err.)^) 
3lm 9. ;3anuar 1871 fc^reibt er ber ©attin: „Sag mir 
geftern 3lbenb im ^ett ^falm 27 unb f^lief bei SBerS 14 
(^arre be§ §errn, fei getroft unb unoerjagt, unb ^arre be§ 
^erm) getroft ein".**) 3Jlan fie^t, rao er inmitten jener 
furd^tbar aufregenben 3^it ^^d^ ftürmifd^ beraegten unb an 
geraaltigen ©reigniffen überreid^en 2:agen Sammlung unb 
©rljolung fud^te unb für bie am anbem ÜJiorgen feiner 



1) S3uf^, Stagebud^blättex I, @. 153. 

2) «Briefe an feine ©attin au§ bem ^ege 1870—71. ©. 70. 

3) (§ihh, @. 46. 4) @bb. (S. 76. 



— 45 — 

Öarrenben neuen unget)eut;eit adiforbecungen firaft unb Siat 
jii finben gerotg mar. 

5Ba§ ein Staatsmann, bet roenigftenS seitroeifc fo ernft- 
licl)C unb babei bem ©mnbjuij feineä sSJefeng entfptecf)enb 
fo felbftänbige ©ibetftubien getrieben tjatte unb au§ roatirem 
^etjengbebürfniä immer roieber ju ber erbaulic^m SeMrc 
ber .gjeiligen Schrift jucüdfeferte, bie geroonnene 3}ertrant^cit 
mit i(|r mä) bei anberen ©elegenljeiten nnroiUÜirlirf) be-- 
tätigte, Eann faum überrafd)en. @u roai in bem burri) fie 
wmi"(^tiebenen ©ebanfentceife ju fteimift^ unb murseüe mit 
ben empfinblic^ftcn unb empfönglic^ften ^afem feines ^erjenS 
iu lief in biefem ©oben, alS bafe iljm nidjt aud] bei bet 
öebanbtung rein iüeltlicl)ct ^(nßetegen^eiten bort geläufige 
*JIu§örüctc unb ^Bilber ^tten in ben 3Jiunb fommen foUen 
unb bag er gernbe bei fingen, auf bie er befonberS ^o^en 
äBert legte nnb bei beren SJertretung ober iöefämpfung et 
geroiffermafien eine ^eilige ^5flici)t ju ciiülten glaubte, bie 
großen leitenben (Seftd)lä;puntle unb bie fc^Iagenbften 2(rgu= 
mente nidjt ^ätte oon borttiec entneijmen foüen. 2)a^et 
fpielen auci) in ben politifcften Sieben aSiämarifä Sfntlängc 
an bie SSibel unb S9ejicbungen auf baS Sc^riftroort eine 
bebeutenbe iRoUe, unb äronr nirfjt I)lo§ folrfie, reo er biblifd)e 
Sßenbungen, bie, meift burd) ben ©ebraud) unb jum (§e= 
braud) in ber djarafteriftifc^en SBeife abgefdjliffen, bereitä 
p geflügelten ^ffiorten geniorben fmb, auc^ feinerfeitS aU 
folt^e benu^t, oieUeic^t o^ne ftd) babei il)ter ^ertunft gleic^ 
flar ju erinnern unb biefe al§ roitCfameS SJloment geltcnb 
mad)en äu moHen, fonbern au^ folc^e, bie et mit bem 
9Infpru^ auf 9lnerfennung itjrer befonberen Stutoritot roie 
onberc SeroeiSmittel jur Segrünbung feineS StanbpunfteS 
in ber partamentarifc^en Debatte roiber bie ©egner inö 
©efec^t fü^rt. 3Benn et j. S. gegen i^n gerichtete f^ii^e 



— 46 — 

93emerfungen be§ Slbgeorbneten ©ugen Sltd^tet afe „S)omen 
unb ©ifteln" bejetd^net (1. SJlop 5, 18)/) rocnn er t)on 
einem „3«et^ufalem§alter" fprtdit (1. aWoftg, 5, 27),^) be§ 
„Qofepl^tnifd^en 2:raume§" gebenft (1. SJlop 41)^) unb ein 
anbetet 9JlaI ftd^ be§ barin t)orfontmenben Silben von 
^t|arao§ fteben fetten Äütjen bebient^) ober wenn er "Stn^- 
brüde gebraudjt wie „@aIomo§ Urteil" (1 . ^ön. 3, $8. 16— 28),^) 
„Uria§brief (2. ©antueli^ 11, 35. 14)^) unb ba§ 93ilb t)on ben 
„tönernen ??ü§en" nerroertet, auf benen (S)aniel 2, $8. 31 — 34) 
ber ÄoIo§ rul^t, ben 9tebufabnejar int S^raunt gefeiten ^t,"^) 
unb mit öejugna^me auf ©nangelium SJlattl^äi 7, 35. 9 flagt, 
feit fed^jetju ;3a^ren muffe er, feine§ Äönig§ erfter 9Jiinifter, 
bei bem Sleid^^tag um 93rot betteln unb* erl^alte bod^ nur 
©teine, ober menn er gelegentlid^ bie Qai)l ber geflügelten 
SQSorte biblifd^en Urfprung§ nermetjrt um ba§ foftbare oon 
ber „!onftitutionelten S)elila" nad^ 93ud^ ber 9iid^ter 16, 
95. 4 u. ff. :®) — fo mirb man in altebem ebenfo wenig einen 
2lppell an bie 2lutorität ber ^eiligen ©d^rift erbliden bürfen, 
wie menn er fid^ be§ @leid^niffe§ oom nertorenen @o!^ne 
(@t). Sucä 15, 35. 11 u. ff.) bebient^) ober feinen potitifd^en 
©egnem oortjält, fte feieten SJlüden unb oerfc^Iudten Äameele 
(@t). aWatt^äi 23, 35. 24 1^) ober oom getreuen Äne^t fprid^t 
(So. aWatt^äi 25, 35. 21)^1) unb felbft nid^t§ weiter afö ein 
fold^er gemefen ju fein beanfprud^t, ba er nic^t um 2)anf 
getjanbelt, fonbem nur feine ^flid^t getan l^abe unb mer 
ba§ tue, ein treuer Äned^t fei. ©benfate nur al§ öenu^ung 



1) ^olittrd^e SReben III, <B. 23. Sßgl. «üd^tnann ©epgelte äöoxte, 
21. Uluflage. S3erUn 1903. (5.4. 

2) ^olitif^e kleben VII, ©. 57; XI, ©. 356. ^ Q:ht>, X, ©. 470. 
4) ebb. VIII, ©. 275. 5) (&ht>. X, ©. 336, 395. 6) (Bht>. IX, ©. 336. 
7) ebb. XI, ©. 446. 8) (S^bb. I, @. 246. ») ©bb. I, <B. 116, 117, 118. 

" 10) ebb. VIII, @. 339. 11) ®h\>. IX, ©. 113. 



— 47 — 

gepgctter SDBorte bibttfd^en UrfprungS unb nid^t at§ etgent^ 
lic^eg bibtifd^eg 3^^^* w)trb e§ ju gelten l^abett, wenn aud^ 
93i§Tnar(f ftc^ be§ fo t)iet gebrauchten 93ilbe§ bcbient üon 
bem öalfen im eigenen 9luge, ben man über ben ©plitter 
im aiuge be§ ajlitmenfd^cn überfielt (@t). SSWatt^äi 7, $8. 5)/) 
ober be^jenigen t)on bem „alten 3lbam" (SRömer 5, 3S. 14 u. ff. 
6, $8. 6; ©pi^efer 4, $8. 22; Äoloffer 3, $8. 9 unb 1. Äorint^er 
15, SB. 45),^) ber in unferm ??leifd^e ftede unb au§ bem mir 
alle nid^t l^erau^tönnen.^) ^a, bei bem aud^ üon il^m ge^ 
brandeten Noli me tangere (@i). ^foi^anni^ 20, 58. 17) bürfte 
er ftd^ be§ biblifd^en UrfprungS*) biefe§ 2lu§brud§ ebenfo 
menig erinnert Ijaben, mie alte bie, bie ftd^ feiner in ben 
üerfd^iebenften 93ebeutungen bebienen. 

5Jtid^t mefentlid^ anber^ üerl&dlt e§ ftd^ mit folc^en ur:: 
fprünglid^ biblifd^en SDBenbungen, bie gerabeju afö ©prid^^ 
Wörter im SUlunbe be§ S8ot!e§ l^eimifd^ geworben ftnb, fo 
ba§ man i^re ^er!unft längft oergeffen ^t, mie: „SQ3eJ3 
ha§ §erj ooU ift, be§ — ober baoon — gel^t ber SUlunb 
über" ((£o. SUlatt^äi 12, $8. 34) 5) unb: „S)er ^rop^et gilt 
nic^t§ in feinem «aterlanb" (©o. SUlatt^äi 13, 35. 57).«) 
2)a§felbe gilt oon fotd^en Slu^brüden mie: „9luf einen 
grünen QvoexQ fommen" (^iob 15, $8. 32)"^) unb: „9lad^bem fo 
etma§ an bem grünen ^otj gefd^el^en fonnte ufro." (So. Sucä 
23, $8. 31)^ unb oon ber „^ersen^tjärtigfeit" (So. SSWarci 10, 
$8. 5),^ beren er fid^ oon feinen ©egnern befd^ulbigt mei^. 



1) ^olitif^e $Reben VI, ©. 100; XI, @. 342. 

2) Sßgl. ^^tnann a. a. O. @. 81. ^ ^olitifd^e SReben V, ©. 243. 
^) SSgl. S3ü^mann a. a. D. @. 78. 

5) ^olitif^e dizt>zn VI, ©. 306, 309, 438. 
^) ^h\>, IX, ©. 365 u. t). ^ofd)ingex, Ulnfpxad)en be§ 3:üxften 
33i§mat(f @. 253. 

7) ^olitif^e SReben X, (S. 463. s) (§^hh, X, ©. 114. 9) ©bb. X^ ©. 26. 



— 48 -- 

3lfö cigcntlid^e, b. 1^. beraubte unb abftd^ttid^e öcpg:^ 
na^mc auf ben i^m au^ in tDeniger bejeid^nenben ©teilen 
TOOi^toertrauten SBorttaut ber ©d^rift n)irb man e§ bagegcn 
in Slnfptudö nel^men bfirfen, wenn 93i§mard einmal von 
bem 3lbgeorbneten Sanier in ©rinnerung an (So. SJlattl^äi 6, 
aS. 26, 28 u. 29 ironifd^ bemerft, berfetbe treibe bie ^i^anj^ 
politif eineg Seft^tofen, ba et ju benjenigen Ferren üon ber 
bei ber ®ef e^gebung entfc^eibenben SJlel^r^eit gel^öre, üon benen 
bie ©d^rift fage: „©ie fäen nid^t, fte ernten nid^t, fte meben 
nid^t, fte fpinnen nic^t unb bod^ ftnb fie gefleibet"/) unb 
menn er ®eutfc^tanb at§ in bem 2Jla§e bi^poniert begeid^net 
für bie 2lufna]^me ber ©ojialiften, ba§ biefe in i^m ba§ 
Sanb erfannt Ratten, non bem fte nac^ @t). SUlatt^i 17, 
aS. 4 fagen fönnten: „Saffet un§ glitten bauen" /^) ^ierl^er 
gehört e§ au^, menn er einmal im ^inblidf auf bie roenig 
entgegentommenbe Haltung, meldte bie SUlel^r^ett^parteien 
in ben Äommiffton^beratungen ben 9?egierung§t)orlagen gegen^ 
über einnel^men, l^umoriftifd^ meint, burc^ bie S^eilna-^me an 
biefen, bie SBinbti^orft üon il^m geroünfc^t ^be, fel^e er ftd^ 
bort ungefäi^r ju einer 9tolle nerurteilt, mie fte ^falm 137, 
aS. 3 ben ^uben an ben SDBaffern a3abt)lon§ jugeteilt werbe 
mit ben SDBorten: „Sieber, ftnge un§ ein Sieb non 3^*^^/ 
bamit mir un§ an beinem Kummer erfreuen".^) 93itterer 
©ruft bagegen ift e§ i^m, menn il^n ba§ Sfinbni^ be^ 
3entrum§ mit ber g^ortf^ritt^partei an ba§ erinnert, in bem 
ftd^ ^erobeg unb $ilatu§ jufammenfanben (@t). Sucä 23, 
$8. 12)^) ober wenn er bereite mä^renb feinet ^an!furter Sluf^ 
enti^alte^ bie ©d^le^roig^^olfteinifd^e grage nad^ Qefaia^ 66, 
aS. 24 unb @t). aJlarci 9, aS. 44 ate ben „SBurm" erfannt 



1) ^olitif^e kleben VIII, ©. 36. 2) @bb. VII, @. 283. 
3) ebb. XI, (S. 340. 4) @bb. XII, ©. 296. 



— 49 — 

l)alQi\ roiü, bet iiidjt fterben rcitb".') „aBa§ ift 5Bfl^t^cit'? 
inödjfe irf) auf biefein ©cbiete mit *)Ji(at«ö fragen", fnc(t ec 
im Slntlans an @o. ^otionniä 18, SJ. 38 aiigcftditg ber 
Srf)iDierigfeiteii, luelc^c fid) in loivtfd^af flicken fragen einer 
fieberen (Srgrünbimg ber roirEIidieii Sage ber klinge ciit= 
gegenfteHen.-) ©egen bie 3(rt, roic man tro^ ber uöÜig uer= 
änberten Sßer^ttniffe iljni non feiten ber Dppofition in ben 
parlamentarifi^en SJebatten immer loieier ba§ Doröiett, roa§ 
er olä 3J(inifterpcäfibenl vov jroanjig mib me^v O^^"" 
gefagt [jattc, roe^rt et fid) tjumtiriftifc^ mit bem 3Borte 
be§ ^falmiften: „Delicta jiiventutis meae ne uiemiiieris" 
(^fatm 24, SB. 7).^) ffiö^renb beä fcf)roeven SouftiEte§, ber 
im ©ommer 1863 burdi beä Stoiiprinäen 5"ebrid) aBtt^elm 
auf einer SRetfe in Sünnjig erfolgte offene ©rflärung gegen 
bie berüdjtigte ^!^tefiorbonnanä jroifdjeu biefem iinb feinem 
töniglidjen Sßoter ju entbrennen brotite unb beffen weitere 
SSerfdjärfung Doruc^mlii^ hiä 9)linifterl milbe unb tlug be; 
gütigenbe aJetmittelung abioanbte, brang 3Ji§mavc£, roie er 
fetbft erjä^tt/) in ben aufs ciu^erfte cntrüfteten ffönig, „jeben 
@ntfi^Iu§ ab irato ju »evuieiben unb nur bie Staatäröfou 
entft^cibenb fein ju laffen", inbem er, ougenft^einlic^ um ben 
©inbrurf feiner roo^tootbereiteten 3Bortc ju fteigcni, get(ört 
äu l)aben bef)auptete, bo§ fc^on ®eiftlid)e im Sanbe über 
2. Samueliä 15, ®. 3 n. 4 (So fprai^ Sbfalom ju ir}m: 
Sie^e, beine Sac^e ift rci^t unb fc^tec^t, aber bu ^ft feinen 
aSer^ürer com Könige. — Unb 9Ibfalom fprac^: D, luer 
fe^et nii^ um Slic^ter im Sonbe, ba^ jebermann ju mir 
täme, ber eine Sarf)e unb ©eridjt ^at, baß id) iljm lum 
SRet^ten ^ü(fe!) prebigten, alfo ber Sßunfc^ fic^ t)erDorioage, 

>) D. qjof(f)iti0er, ainfptQC^en S. 252. 

^ spulitift^c Mebeii IX, S. 194. ^) ebb. IX, ©. 138. 

*) iSeboiiten unb erinneningen I, ®. 318, 



— 50 — - 

ben Äconprinjm möglidtft 6aft an be§ SßotetS ©teOe trete« 
ju fe^en. ^n Srinuetung an bie SlibelfteGe, von ber man 
6einai|e annehmen möi^te, er ^be fie gut ffiotbereitung auf 
bie wichtige Unteaebung mit feinem föniglidien §errn nac^s 
gelefen, bcang er in biefen: „SJerfa^rcn ©ie fein fäubevlic^ 
mit bem flnabcn Slbfalom" (2. ©amueÜä 18, Sß. 5 u. 12). 
aiuf baSfelbe Sibelmott, ba§ i^m in 9Serbinbung mit natjes 
liegenben Erinnerungen au§ ber preugifc^en ®efd)i(^te fi(^ 
unroiKfürlt^ aufbrängte unb bamalö begreifIid)enDeife einen 
befonberä tiefen ©inbrucf 'auf il)n macf)ie, griff er in einem 
anbeten allgemeineren ©inn jurücf in ber Stnfpra^e, bie ex 
am 12. 3uli 1891 an bie cor i^m etfc^ienenen ©d)üler beS 
Sßeimnrifi^cn S?el)rerfEminar§ im ^inbtid auf i^ren tünftigen 
S9eruf tjielt: „Scacf)ten Sie immer ba§ biblifc^e Stejept, 
fat)ret fein fnnberlic^ mit bem Snaben 2l6falom".0 

Sffiie fcE)lagfettig ber bibeifunbige SJei^äfniiälet bie Sorte 
ber Sd)rift auc^ o^ne politifc^e Stebenbebeutmig einfach al8 
fittlic^e ®ebote ju gebrauchen wu^te, beftimmt be§ SRenfi^en 
gefamteä §anbeln ju regeln, jeigt nament(id) bie Stbfertigung, 
bie er feinem einftigen ^arteigenoffen ©eiifft Don ^ilfac^ 
äiiteil roerben lieg, al§ biefer im beginn be§ fiulturtampfeS 
ju feinen ^od)EanferüatiDen unb ^o^tirt^lic^en ©egnem übct= 
gegangen mar unb mit felbftgefäOiget flberlegen^cit it|m fo» 
äufagen inS (Seroiffen ju reben für nötig fanb. dr roamte 
i^n vot fo unc^tiftlicf)et Übergebung, inbeni er i^n auf 
l^falm 12 SßerS 4 unb 5 l)inmie§, mo e§ Reifet: „^er |»err 
wolle auärotten alle §eucf)elei unb bie SingC/ ^i^ ba ftolj 
rebet — bie ba fagen: Unfere Qunz« foH über^anb ^aben, 
unä gebühret äu reben; nier ift unfer §err?"^ Sldgemcin 
moratifierenb meint er einmal, ba§ Siäc^en ©itelfeit, baä an 



1) 5Je^ii ®. 489. 2) Sigmat(t>3tQ^rbud] I ©. 87. 



I 



— 51 — 

bem Slngeftauntio erben feine ©efviebigung finbe, tiotte bod) 
Qui^ nid)t lauge oor: bcnn aÜ bie (lernen Gitetfeiten feien 
nur fi) lange uon 9ieij, a\§ man fie nit^t befi^e; fobalb man 
fte erteid]! ^a6e, geUe von ifiiieu ber S;)tutft be§ Sönigl 
©alomo, ba§ eä eitel ift imb !eine ix>ai\xe ^Jefriebigung ge; 
iDo^re') — eine betannte Sßariatton be§ betanntcn SE^cniaS 
$rebiget Salomon 1 33erä 2: „@ä ift alleä gartj eitel, fpvad) 
ber ^^Jrebigeic, e§ ift atteä ganj eitel." 

greitic^ ift ifim tro§ aÜer Sibelfeftigfeit auci^ auf biefeni 
Oebiete getegentti^ einmal ein Irrtum mit iintergeraufen. 
3n einem ©efpräi^ mit ^rofeffot von Sluntfi^Ii mai^t et 
bie 9ieben§art: „S5ir tinben eine ©eele gerettet" p einem 
©pric^roort, luä^renb fie biblifrfien UtfprungS ift unb auf 
^efetiel 3 SSerä 19 surücfgetjt, roo tä ^eigt: „So bii aber 
ben ©ottlofen roarneft, unb @r fic^ nid)t befet)vet uon feinem 
gottlofeu Söefen unb Söege: fo luirb et um feiner ©iinbe 
roiUeu fterben; aber bu t)aft beine ©cele errettet. "■■^) 

©e^r bea^tenStoert für bie ©ntioirftung uon Si^marrfs 
©tcUung jur fojiaten politifdien ©efe^gebung, bev bie Ic^te 
^eriobe feineä gro^ortigen 9ßirfenä geioibmet fein foUte, 
fmb ft^mi au§ früherer ^ei' gelegentlirfie 3iu^evungeu über 
Srfjriftfteüen, roelcf)e biefe§ ©ebiet berühren, äßie ieiti% 
i^n, iDenn aud) junäctift nur uorüberge^enb unb auf beftimmfe 
äußere 3tntäffc ^in bie SBermtniffe befi^äftigt ^aben, au§ 
beuen, roa^ man geroöt)nlid) tiiräitieg bie foäiate ^^rage nennt, 
^erBorroäi^ft unb »on beven Sefferung bie Söfung berfelben 
ab^ngt, foroeit eine folcfje überljaupt möglid) ift, beioeift ein 
Schreiben an bie ©raut,") murin er bie fiel) bei i^m regen; 



') D. '^Dfc^inger, SSiäitiQiiJ u. b. ^fJatlameiit II IIU. Seftn S. 51ä. 
3) 0. ^ßofdimBer, a. a. C- II 124. SSgl. SBücE)inon a. a. O. 



a) iBttefe an hie SBtaut unb Sattln S. 3 




— 52 — 

ben ®en)iffen§biffe über ben 2lufu)anb, ben ein beabftd^tigter 
93efu^ bei ber ©eüebten nötig ma^t, baburd^ ju befd^roid^i: 
tigen fud^t, ba§ er ben SBorfa^ fa^t, ben 93etra9 ber SReife^ 
foften in gleid^er ^ö^e and) ben 2lmten jujuroenben. @r 
erinnert ftd^ nämli^ an ba^ Söort be§ ^eilanb§ ju bem 
reichen iSüngüng ©o. aWatt^i 19 aSer§ 21: „SöiUfi bu 
tJoUfommen fein, fo gel^e ^in, t)ertaufe, n)a§ bu l^aft, nnb 
gib e^ ben 2lmten", nnb bejeid^net e§ aU „ein fe^r ti^IigeS 
2:]^ema", inwieweit er ft^ bere^tigt galten bürfe, n)a§ @ott 
feiner SSerwaltung anoertraut l^abe, ju feinem SBergnügen ju 
tjerwenben, fo lange e^ Seute gibt, bie t)or 9WangeI unb 
3toft frant finb, in feiner näd^ften 9lä^e, beren Letten unb 
Äleiber int 58er[a^ ftnb, foba§ fte nid^t ausgeben fönnen um 
JU arbeiten. 

^n einer gemiffen SBermanbtfd^aft mit benjenigen ©iS^ 
mardf geläufigen biblif^en Söenbungen unb 2lu§brüdten, bie 
f«^ gönj ju geflügelten SGBorten geworben unb ate fold^e in 
ben 9Wunb be§ SJolte^ übergegangen ftnb, ba§, wer fte ge^^ 
brandet, i^rer ^ertunft nur ganj au§na^m§weife nod^ ein:: 
gebeut ift, ftel^en bie ©prüd^wörter, bie er afö tux^e unb 
f^lagenbe ??affung altüberfommener SBolfSwei^^eit ebenfalls 
l^od^l^ält unb von benen er wandle, weil fte ber il^m eigenen 
2lrt JU benfen unb ju fül^len be[onber§ entfpradien, mit einer 
gewiffen SSorliebe gebrauste. ®er auSgefprod^en tjolfötüm^ 
li^e 3wg/ ber biefem märtifd^en ^unfer im ©runbe feinet 
SGBefenS eigen war, offenbart ftd^ barin eben fo fe^r wie ba§ 
il^m innewol^nenbe feine aSerftänbni§ für bie unwiUtürlidien 
^Regungen ber beutfd^en SBolfSfeele. 

Db ber 93emerfung: langfam anjufpannen unb fd^neU 
JU fahren fei eine d^arafteriftifd^e (Sigentümlid^teit ber SRuffen,^) 



i) »riefe an bie »raut u. ®attin @. 436. 



— 53 — 

ein Sprit^iDott jugrimie liegt, muß iatthigefiefft Mei&m. 
über^upt fpielt bie Sejiisna^me auf fold)e lieicictinenbet- 
roeife in ^fligmotcts parlamentorifdjen iReben eine größere 
SioKe aii in feinen fci^nfllic^en ^Jiwßerungen. %a ä't'Tt er: 
„3eber ift fic^ felbft ber 91clcf)fte"') unb in ä^nlid)eni ©inite: 
„®a§ ^emb ift uit§ — ober mir — ntt^ev q1§ bet SRocE."-) 
„3Bo ^olj ge^uen roirb", bemer!t er „faÜen ©pä^e"'') 
ober: „'3äo man ^ncft, ba fallen Spänne".-*) SöefonberS 
gern 6ebient er fid) hei ber ©»'örterung fiitaiiäieüer j^tagen 
foId)er 'äußeruitgen ber SoIfäioetSteit, bie auf biefem ©ebiete 
ja immer befonberS probuttiu geroefen ift. Sie barin iibü^e 
turje unb bünbige SIrgumentalion erfrf)ien if)m ganj befnnber^ 
etnleu(i)tenb unb jiDingenb. So fagt er, „^at ber Sauer 
@elb, fo ()at eö bie gan^e SBelt"^) unb „3Ber ben Scannten 
auf beni ^Seutel [)at, fjat bie 3JIarf)t."") 3(u^ er meint: 
„Ein ©c^elm gibt metir alä er ^at"^) unb „SBo nidjtä ift, 
^at ber Saifer fein afJedjt oertoren".") SBie für baä aßolf 
ift it)m ebenfaUä „33effereä — ober ba§ *3efte — be^ ©Uten 
gcinb".") @r fiel)t bie 5ßorfic()t an ai§ bie Butter ber 
S!Sei§I)eit"') unb [)äEt bafiir, probieren gel)c über ftubtcren. ") 
Wuc^ foIcf)e üoltätümtic^e ©rfatjrungsfü^e nmdjt er fid) 5u 
eigen wie: „SBenä jucft, bei fra^e fict),"^-') ober „Sßer bn§ 
ffreuj ^at, fegnet fid)".^^) 3tud) be§ „gg gibt niete Sßege, 
bie nnti) Mom fül)ren" bebient er fict) gelegentlicf).") „SSog 

1) ^oHtifd)e SReben X, S. 481. 

^ ®bb. VII!, S. 187. SefWfielte SEovte «igmartfä 22. 3on. 18H. 

3) ipotiHff^e 9tebeii \1, B. 36. X. ®. 170. 

*) D. ^nff^iiig«, ainfproc^en ©. 153. 

=) ^olttifcf)e aiEbfn X, ®. 433. ». *pofd)ing«, aiifpiad)eii @. 283. 

8J S[iDUtif4e SReben IV, S. 208, 232. e&ö. X, ©. 25. 

8} ebb. XII, ©. 326. B) ebb. X, @. 43. XI, S. 70. 

1«) ebb. vm, s. 341. »} ebb. vii, ®. 179. 

'^ ebb. VII, s. 299. «) ebb. xn, s. 325. ») ebb. vin, ©. 329. 



— 54 — 

beine§ 2lmte§ nid^t x% bat)on Ia§ beinen g^ürroi^", fagt 
er/) atö e^ bei ber Sfleoifion ber SlJlaigefe^e ben oon i^m 
tjertretenen ©tanbpunft ju re^tfettigen gilt t)on bent au§ 
er bie ben 93ifc^öfen auferlegte SBerpfli^tung jur Slnjeige 
t)on il^nen tjorgenommener ^farrererttennungen il^rent Söerte 
na^ ma^gebenb ju beurteilen fid^ für feine ^erfon ni^t für 
berufen unb befähigt l^ätt. Söeiter finben wir bei il^nt 
gelegentlich noc^ folgeube ©pri^roörter gebrandet: „Qtxt 
gewonnen, aUe^ gewonnen";^) „^eber ift feinet @tü(ie§ 
©d^mieb";^) „SGBer juletst ta^t, lac^t ambeften";^) „@age 
mir, mit mem bu umgel^ft, unb id^ fage bir, mer bu 
bift"^) unb „Söer ftd^ grün mac^t, ben freffen bie 
3iegen".^) ®a§ ©prid^mort „Söie e§ in ben Söalb 
fd^allt, fo f^aUt e§ l^erauS" pa^t er ben partamentarifd^en 
aSerl^ältniffen an, inbem er e^ änbert in „2lu§ ben meiften 
Söälbern ruft e§ fo l^erau^, mie man l^ineinfd^reit".'^ ^n 
einem ä^nlid^en ©ebanfenfreife bemegt er fi^, menn er im 
©ejember 1849 in ber jmeiten preu^ifd^en Kammer bei ber 
93eratung be§ ®efe^e§ über bie Slentenbanten unter ^inmei^ 
auf bie Unjufriebenl^eit, mel^e bie baburd^ l^eroorgerufene 
3Jle^rbelaftung ju erzeugen brol^e, feinen politif^en ©egnern 
marnenb juruft: „Söer Söinb fät, mirb ©türm ernten" 
unb bamit ba§ au§ bem franjöfifd^en entlehnte „Unter 
ben ©linben ift ber ©inäugige Äönig" in SSerbinbung 
bringt.®) 

©erabe biefe il^m attejeU eigen gebliebene SSorliebe für 
©prid^mörter un\) fpric^mörtlic^e 9leben§arten gibt ber parla^ 
mentarifd^en 93erebtfamteit 93i^mar(f§ gelegentlid^ einen h^^ 

1) ^olitifdie meben XII, @. 243. 2) @bb. IX, ©. 362. 

3) @bb. XI, @. 142. 4) ©bb. XI, (S. 381. 5) @bb. XI, 6. 277. 

6) SBufd), 3:aöebuci)blätter I, @. 126. 

7) ^olitifdie meben IX, @. 38. s) ©bb. I, @. 188. 



— 55 — 

fonber^ atijiel^enben tjolf^tümlid^en 2ion. @r rounbert fid^ 
nid^t „über faule Spfel bei SBal^Iangelegen^eiten" ^) unb 
„^ngt ber Äa^e bie ©d^eöe an".^ ©inmal freilid) ift 
aud^ „fein Satein ju @nbe".^ @r roei^, ba§ „gebrannte 
Äinber ba^ Steuer freuen"/) unb tjergleid^t ben Stbgeorb^ 
neten @ugen Slid^ter, afö bie 2lnna^me einer oon bemfelben 
befämpften Sftegierung^oorlage beüorfte^t, mit bem Sol^gerber, 
ber feine gelle fortfc^roimmen fielet. ^) 2lud^ plattbeutfd^er 
Söenbungen ber 2lrt bebient er ftd^, wie „Söat ni^ roiU 
biefen, bat mut liefen", b. f), roa^ fid^ nid^t büdfen roiH, 
mu§ au§ bem Söege.^) Söie er aber au^ feine eigenen 
großen ©ebanfen gelegentti^ unmiHfürlid^ in fold^e ältere 
tjoltstümlid^e g^ormen fleibete, leiert, mag er in einer Sin- 
fpradie an eine Deputation au§ ©d^le^mig-^olftein (1. 2lpril 
1893) erjä^lt, bei ber Drbnung feiner Rapiere ^be er eine 
auf bie ©rmerbung ber ^erjogtümer bejüglic^e plattbeutfc^e 
9lieberfd^rift t)on feiner eigenen ^anb gefunben, bie lautete: 
„®a malt' ®ott unb folt :3fen".'^) ©in anbermal fagt er: 
„SGBir fönnen bem Äüfen, ba§ mir ausgebrütet ^ben, au^ 
ben ^al§ umbrel^en".®) ®emfelben gemiff ermaßen lanbmirt^ 
fd^af tlic^en 2lnf d^auungStreiS entnimmt er ©pri^mörter mie : 
„Sinem gef^enften @aul fie^t man ni^t in§ SJlaul''^) unb 
„@in brat)e§ ^ferb ftirbt in ben ©ielen".^^) ^ier^er fönnte 
man aud^ bie 93emerfung rennen, bie er 1845 in einem 
SReifeberid^t an ben SSater über bie untermegS empfangenen 
©inbrüdfe mac^t: „2)ie Dftpreu^en fagen jmar, eS fei beffer 
in ber 9lieberung ju erfaufen, als auf ber ^öl^e ju oer- 

1) ^olttifdie kleben V, @. 248. 2) @bb. VIII, ©. 387. 

3) @bb. X, @. 437. 4) @bb. V, ©. 320. 5) @bb. XII, @. 120. 

6) (gbb. XI, @. 435. 7) üon ^of^inger, 3lnfpraci)en @. 252. 

8) jöufcii^ 3:aöebuci)blötter I, @. 143. 

») ^oUtif^e kleben VI, @. 376. lO) @bb. VIII, ©. 249. 



— 56 — 

l^ungem".^) SGBenn er fid^ einmal bei einer Debatte fiber 
bie rufftfd^en ^uben unb beren SBerte^r in ben preu^ifd^en 
©renjbejirfen [d^erjenb anbeutung§n)eife „auf ba§ befannte 
©prid^roort" beruft, ba§ er aber nid^t jitieren mU,^) fo ift 
il^m, ber 93üd^mann§ „©eflügette Söorte" ju ftubieren ftd^er^ 
lid^ feine 3^it gehabt ^at, augenfd^einlid^ ni^t betannt ge^ 
roefen, ba§ „^auft bu meinen ^uben, fo ^ue id^ beinen 
:3uben" nid^t ein ©prid^mort ift, fonbern bie tjerfürjte 
SGBiebergabe einer Su^erung au^ einer ©efd^id^te „S)ie 
jmei ^oftiKone", bie Qo^ann ^eter ^ebel in bem 1811 er? 
fd^ienenen „©d^a^fäftlein be§ rl^einifdben ^au^freunbe§" 
feinen Sefem jum beften gibt. ^) ©benfo tjerl^ätt e^ fid) mit 
bem „SJlorgen, morgen, nur ni^t l^eute :c.", ba§ er ate 
©pri^mort jitiert, ba§ aber au^ ©firiftian Söeife§ (1726 
bi§ 1804) ©ebic^t „®er 2luffc^ub" ftammt>) Di e§ ftc^ 
bei bem oon 93i§mardf gebraud^ten 2lu§brudf „SBertrauen 
ift eine jarte ^flanje"^) um ein ©prid^mort ober ein ge^: 
flügette^ SGBort l^anbelt ober ob mir e§ mit einem 93i^mardf 
eigenen fd^önen 93ilbe ju tun ^aben, mu| ba^ingefteUt 
bleiben. 

Söie in biefer SSorliebe für ©prid^mörter unb fprid^- 
mörtlid^e 9ieben§arten offenbart fid^ SBi^mardfi^ feinei^ aSer= 
ftänbni^ für alle§, ma§ bie ©eete feinet 93otfe§ in g^reub 
unb Seib bewegt, au^ in bem l^ol^en SGBerte, ben er bem 
3Sotföliebe beimaß. @r glaubte beobad^tet ju l^aben, ba§ 
ber 2)eutfd^e fid^ ber Söirtung be§ Siebet ni^t ju entjiel^en 
tjermöge, unb erfannte biefem für bie Slnregung unb ©tär^ 
fung be§ 9lationaIgefüf|te fd^on be^^alb ^ol^e prattifd^e 93e= 

1) SBiSntarrf ^a^rbud) l, @. 7. 

2) ^^olitif^e meben III, @. 134. 3) SBü^mann @. 235. 

4) ^olitifdie meben X, ©. 111 u. 112. Sögt. SBü^ntann @. 151. 

5) ^oUtifdic meben <S. 383. 



~ 57 — 

beututtg jii, roeil e§, foroie c§ enift loicb, „immer Slntlang 
nuä SJaterloitb" nefjme. ') ©al) er in ber 2)IufiE übevljaiipt 
„eine treue ©efä^rtiu im Seben",-) fo ift bocf) für bie 
^ffege biefet iorten Seite feineä ©emüt^IebenS efteiifo roie 
für feine unauägefe^te S9efct)äftigun9 mit ber Sibet ougeiu 
fi^einlic^ ber @influ§ ber ©attin entfd^eibenb ftcroefen, roeld)e 
bann fpätcr au^ ber Qaijl bet @Et)ilfen be§ fianälerä in 
bem mit SRec^t all 3Jieifter gefeierten ^erai von ffeubett 
einen überlegenen ®el)ilfen imb Vertreter fanb. ^ofianna 
uon ^ßutttamer mar, fo berichtet biefer fompetente Se; 
urteiter,-'') für 9Jiufif befonberl begabt unb fpieltc, obgleid) 
fie feinen t)Öt)ei:en Untertirf)t genoffen ftatte, oiel auSmenbig: 
namentlich rolE§tümIirf)e SJIetobien trug fie mit natürlichem 
3tiigbrud Dor. 3lnbetErfcif§ fiatte SiSmard gerabe für baä 
SSoIfälieb, bei bem ÜBort unb SJielobie ja befonberä innig 
Derroadifen ju fein pflegen, ein fe^r lebhaftes SJerftänbniS 
unb gab baf)er bcn if|n bcroegenben Stimmungen gern burcl) 
^Ejugnflfime bauauf Slnsbtud. So fct)reibt et am 22. Februar 
1847 im ^inblid anf bie ^^iflicijten, bie bei bem beDorfteljeii- 
ben ©i^gang auf bec S(be feiner in ber Sigenfi^aft aU 
S!eic^^uptmnnn raarten, an bie ©raut: ^eut 91ad(t „Stet)' 
ic^ in finftrer aJiitternadjt" unb „3)u fctjidft ein fromm 
®ebet jum §ertn root)I für ben i'iebften in ber gern".*) 
UnroiKtürlid) tliugt it)m in biefer Situation SßJit^^eim §auffs 
DoUäümlidieö Sieb „Solbateuliebe"") in ben O^ren, Sei 
bem 2(ufentt)alt in ©aftein 1804/65 quälte i^n, niie fo 
mon^en ber bort .Reifung Sut^enben, anfangt bog nnunter: 

1) DDii %iofd|ui0er, 9liifptacf|cn S. -2!)4. 2) g^l). ©. 2(iß. 

3) D. ScuheU. Surft inib 5iit(tiu SBiämarrf S. 4. 

■») »riefe an 6ie Sraut u. ©attin S. 44. 

6) %l. ^offmaiin »on SJaöerälefeen, Uiiferc DoltgtümIid)en 

Siebev. 7. Sluflage. 9tt. 1074. 



— 58 — 

brod^enc 2:ofen ber in gcroaltigent galt einl^erftüt^enben unb 
mit roilbem ©raufen taru)ärt§ eitenben 2l^e, unb ba erft 
meinte er ben tiefen ©inn be§ Siebet „^&d)\m, Ia§ bein 
SRaufd^en fein" ganj ju erf äffen/) be§ „fd^önften Siebes " 
t)on Söitl^elm aWüKer.^) 9lad^ bem 2lu§fd^eiben von 9ioon§ 
au§ bem 3Jlinifterium, ju bem biefen feine gefd^mäd^te @t^ 
funbfieit genötigt l^atte, fd^reibt er bem treubemä^rten SUlit^ 

* 

f ämpf er, mit bem er ftc^ tro^ gelegentli^er Errungen in 
allen mid^tigen 3^agen immer gut tjerftanben unb ben er 
mie fi^ felbft frei t)on allen perfönlid^en ^ntereffeu, ganj 
ber großen ©ad^e be§ SßaterlanbeS l^ingegeben gemußt ^tte, 
am 20. 9iot)ember 1873, menn er in ben ©i^ungen be§ 
9Winifterrate§ ben bisher t)on jenem eingenommenen ©effel 
leer fäl^e, jiel^e e§ mel^mütig bur^ feine ©eele: „^d^ ^tt' 
einen Äameraben"/) jenes ftimmungSüoUe Sieb Ul^lanbS, ba§ 
ebenfalls fd^neU jum SßolfSliebe geworben ift>) ®erfelben 
©tropl^e bebient er fid^ aber auc^, um baS innige SSerl^ältniS 
JU fennjeic^nen, baS für i^n jmifd^en bem Steiter unb feinem 
treuen ^ferbe befielet, baS if|m „mie ein ©tüdf von jenem" 
erfd^eint.^) 2ltS in ben Sßerl^anblungen über eine @ugen 
Stid^terfc^e «Interpellation betreffenb ben ©d^u^ ber beutfd^en 
^nbuftrie gegenüber ber neuen ruffifd^en B^ßpölitit bel^auptet 
mürbe, er l^abe einmal geäußert, im ganjen Orient ftedte 
fein ;3ntereffe, baS fo vkl Söert fei als ber ©rtrag eines 
pommerfd^en StitterguteS, erftärte er baS jmar für irrtümlid^, 
gab aber boc^ ju, ba§ mie bei allen folc^en Segenben aud^ 
bei biefer ein ©tüdtd^en SGBal^r^eit „unb a bifferle galfd^l^eit 

1) t). Äeubett @. 168. 

^ §offntann von fJaUerSleben a. a. D. 9flr. 108. 

3) »iSmarrf ^al^rbu^ III, @. 303. 

^) §offntann t)on gaUerSicbcn a. a. O. S^lr. 633. 

5) «8uf d), 3:a9ebuci)bmtter I, <B. 382. 



— 59 — 

aUeroeil babei fei"/) inbem er auf bie britte ©ttopl^e be§ 
aSoIfSliebeg anfpielte „2)ie Söürjburger ©lödeti", m e§ l^ei^t: 

,,Unb c bifferle fitab unb e bifferle ^reu 
Unb e bifferle 3^alfd|l^eit ift atteroeU babei." 

91ad^ bem für feine ^^täne ungünftigen 2lu§fall ber 
SReid^StagSroal^Ien im ^erbft 1881 gab er feinen SBeforgniffen 
für bie 3ufunft be§ t)on il^nt gefd^affenen 9lei^e§ bei einem 
abenblid^en Spaziergange bur^ bie gemunbenen SGBege be§ 
^axU l^inter feinem ^Berliner ^atai§ 9Wori^ 93ufd^ gegenüber 
in einer für biefe ©eite feinet @eifte§leben§ befonber§ ä)a^ 
ratteriftifd^en Söeife 9tu§bru(f, inbem er erft bie SJlelobie be§ 
Siebet t)on 2luguft t)on SBinjer: „Söir ^tten gebauet ein 
ftattli^e§ $au§", ba§ am 26. Sluguft 1819 bei ber 3tuf'^ 
töfung ber beutfd^en 93urfd^enfd^aft gefungen mar, t)or fid) 
^infummte, nad) einer SGBeite aber oon bem U^Ianbfd^en 
®ebid^t „®a§ ©lud üon ©benmi" fprad^ unb bie beutfd^e 
aSerfaffung mit jenem jerbre^lid^en ÄriftaU tjerglid^. „®ie 
9Welobie ging in feiner ©eele bem @teid^ni§ unb bem barin 
liegenben ©ebanfen tJorauS."^) ^m Saufe ber Sßerl^anb^ 
lungen über ben ©c^u^ ber beutfd^en Sanbmirtfd^aft burd^ 
ben ©etreibejoU, ben er für notmenbig ertlärte, um ben 
93auem faufträftig ju erhalten, bamit er ben jal^lreid^en ^anb^^ 
mertem auf bem Sanbe ju üerbienen geben fönne, leitet er 
(10. gebruar 1885) ben |)inmei§ auf bie SSerfd^iebenartigteit 
ber festeren ein burd^ bie SBejugnal^me auf ba§ alte Sieb: 

,,@§ ift !ein ^örf^en fo Hein, 

©in ^amnterfd^ntieb mu^ barinnen fein."^) 

;3in einem 93rief an Seopotb oon ©ertad^^) finbet fid^ 
aud^ ba§ „aSolt^Ueb" angefül^rt: „@^ finb einmal brei 

1) ^olitifdie kleben VI, @. 461. 

2) t). ^ofd^inger, SBiSmard unb bie Parlamentarier, III, ©. 69. 

3) ^olit. meben, X, @. 464. ^) ^Briefe an ©erla^, <B. 148. 



— 60 — 

©d^neiber geroefen". Oelegentü^^) bebient ftd^ SBigmard, 
frcilid^ nid^t mit bem üblen 9lebenfmne, ben e§ urfprünglid^ 
^at, aud^ bt^ „Sflnx immer latigfam tjoran", be§ StefrainS 
au§ einem 1813 aufgefommenen fpöttifd^en SSoIfölieb auf 
bie öfterreid^ifd)e Sanbmel^r, ba§ bann mieber auflebenb 
1850 auf bie preu^ifd^e unb 1866 auf ben ba^rifd^en 
Sanbfturm angemenbet morben ift.^) ^ält er einmal im 
preu^if^en Sanbtage (9. gebruar 1892) bem Slbgeorbneten 
SGBinbtl^orft Dor, nac^ ber @eringfd^ät(ung, mit ber er von 
ben im parlamentarifd^en Seben Derfaffung^mä^ig bod^ ben 
2lu§f^lag gebenben 9Jlaj[oritäten gefproc^en ^abe, fc^eine ber^ 
felbe trot( be§ auf bie aSerfaffung geleifteten ©ibe^ geneigt ju 
fein, gegebenenfaKg im ganjen na^ bem ^riujip ju regieren 

,,Unb ber Äönig abfolut, 
SBenn er unfern SBiUen tut/'^) 

fo glaubte er bamit mo^l ebenfate ein aSolföUeb ju be= 
nu^en, ba§ i^m au§ ben preu^ifd^en 5ßerfaffung§fämpfen 
ber fünfjiger ^a^re noc^ in ben D^ren Hang, unb mu^te 
ni^t, ba^ bie fo vkl angeführten aSer[e au§ ©^amiffoS 
1831 entftanbenem „9iac^tmäc^terUebe" flammend) Söie 
i^m aurf) im Sllter noc^ bie in ber Qugenb fo oft gelungenen 
©tubentenlieber gegenwärtig maren, bemeift er, menn er 
eine Stnfprad^e an eine Deputation ber beutf^en ©tubenten^ 
f^aft bie i^m jur ©rinnerung an ba§ ämanjigiä^rige ©e:^ 
fielen be^ beutfc^en SReic^e^ am 10. Sluguft 1891 in Äiffingen 
einen (£t)ren^umpen überreizte, mit ben Söorten fd^Io^: 

„Vivat membrum quodlibet, 
Vivant membra quaelibet, 
Semper sint in flore."^) 

1) n. ^ofdiinger, ^Infpra^en, @. 72. 

2) ^offntann non g^aUerSleben a. a. D., 9^t. 708. 

3) ^olit. kleben, V, @. 260. 

4) SBüdintann a. a. D., 256. &) n. ^pf diinger, ^Infpra^en, @. 171. 



61 



triiitt ev bei einem Sie^udje in 3Iuge;butg 
(26. :3uni 1892) feftlic^ empfangen auf baä SJot)( „Civilatis 
et qui illam regit".') STud) bie il)m geläufige utib me^t: 
fad) ton i^m ongeroaiibtc ^öeite^intg auf bie befannte %abd 
Dom SBünberei;, ben feineä 3J]antc(ä ju berauben Sonne 
unb 9Binb einen SBetttampf untcvnet)meii, fönnte l^icdjcr 
gete^net roerbeu/-) 

Süerbingä luirb e§ bei innTi(t)en von biefen Sesug= 
nnf)inen auf «ol[§tflmlid)e gormulievungeu geroiffer öftev§ 
iDiebertc^renbcr ©ebanfeu unb Slnfc^auungen, niie Sismarrf 
fie nainentlidj in feinen S'ieben, bie i^m nii^t eigentli^ 
leicht Doii ben Sippen floffen, fonbern in fi^roeter ©ebanten: 
atbeit geroiff ermaßen ftogiucife ^eruorbtadten, anjuiüenben 
liebte, uneiitfdjicbeu gclaffen luecbeii muffen, ob fie bem 
iirfprünglit^enSeftanbe feiner in iüngcren Qfl^i^^n erroorbenen 
aKgenteinen Silbuug jugere^net merben büvfen ober ob fie 
nic^t nielme^r aiä ein unniiOtütlii^er unb si"" ^^'' •'"- 
beiou|ter ^leuerroerb auä fpaterct Qeit anjufe^en fmb. 31ber 
aud) roenn fie ba§ finb, bleiben fie für bie ifiet jur @r: 
örterung ftef)enbe %xao,t iiifofetn feljv tetirrcid), alä fie einen 
95eroeiä mel)r geben uon bei frifd)en ®mpfängtid)teit, mit 
njeld)er bev grofee Staatsmann bem geiftigen aBellenfdjIag 
feiner 3eit entgegenfam imb nid)t Berfd)mÄ^te, aud] baä leife 
ßSefrdufel auf ber Dberflarf)e afö roirffame ffraft in ben 
5!)ienft bet ron i^m nertretenen ©ad)e jn ftelten. ©o ^at 
er mond^eS bejeit^nenbe Sffiott, ba§ in ber münblid)en unb 
fdiriftlic^en SJtäfnffion ber 5ffentlid)eii Stugetegen^eiten, fei 
eS emft, fei eg fc^erjenb gemeint gcroefen, auffam, gern 
auf; unb angenommen unb baburc^ baju beigetragen, bog 
eS balb ein geffügetteS tuurbe. 3)ie .gierfunft becartiger 

1) D. ^ofdjinger, 3tnfpto^en, S. 208. 
^ ^Dlit SReben V, S. 237; XII, ®. 373. 



- 62 - 

SGBorte ift natürlid^ nur in einjelnen g^äKen mit ©id^er^eit 
nachweisbar: wie wir ba§ auc^ nod^ in unfern S^agen fo 
^ufig beobad^ten fönnen, taud^en fie auf, niemanb wei^ 
red^t, roo^er eigentlid^, genießen eine S^it^ötig eine SSer^ 
breitung, bie mit il^rem geiftigen ^nl^alt jumeiren in gar 
feinem SSerl^ältniS fielet, unb tjerfd^minben, nad^bem fie eine 
Zeitlang 9Jlobe gemefen fmb, mieber ebenfo fpurloS. SGBe^ 
niger StuSbrüdte mie „©reifen ©ie bod^ in il^ren eigenen 
93ufen"/) „®eIogen nid^t nur mie gebrudtt, fonbern mie 
telegraphiert" ,2) „©d^aubernb ^ab' i6)'§ felbft erlebt"/) 
beren ^erfunft biSl^er nid^t l^at auSgefpürt werben fönnen, 
fomie bie meitüerbreitete SBenbung oon ber „SSerbammtcn" 
ober „tjerflud^ten ^fli^t unb ©d^utbigfeit" /) meldte t)on 
mand^en, freilid^ nid^t mit ©id^erl^eit, auf g^riebrid) ben 
©ro^en jurüdEgefül^rt mirb, mögtid^ermeife aber bereite r>on 
biefem a(§ ein gepgelte§ SBort älteren UrfprungS auf:^ 
genommen mürbe/) ober ba§ ^öl^nifd^e „3^ri^ SSogel ober 
ftirb"^) bürften l^ierl^er ju rennen fein, afö etma bie be^^ 
tannte SGBenbung oon ber „^otitif ber freien §anb",'0 bie 
juerft 1859 oon bem bamaligen preu^ifd^en SÄinifter be§ 
2lu§märtigen, ©rafen ©c^teini^, gebraust morben ift, unb 
mefir no^ bie ju au^erorbentli^ weiter SSerbreitung ge:: 
langte 93ejeid^nung 9lapoIeon§ HI. al§ be§ „^ed^te§ im 
europäifd^en Äarpfenteid^",®) bie oon bem ^allenfer ^rofeffor 
^einrid^ Seo ^errül^rt. 93ei mand^en biefer Slnfül^rungen, 
namentlid^ fold^en, bie bem i^n oorjug^meife befd^äftigenben 
©ebanfenfrei^ femer liegen, wirb man annel^men bürfen, ba^ 
fic 93i§mardE in ben ©inn famen afö unmilltärli^er SBibcr? 
I^all ober at§ 9lad^ttang oon unlängft ©elefenem ober ®^^ 

1) ^olit. meben V, @. 278. 2) @bb. IV, ©. 145. ») @6b. VIII, ©. 41. 
4) @bb. IX, ©. 366, 367. ß) SBü^mann a. a. D. ©. 568. 
«)^oUt.mcbenXII,(S.295. 7)@bb.II,@.27a 8)@bb.XII/@.456. 



- 63 — 

Wörtern, niiJ)t feiten roof)! auc^ tiut infolge äroanglofec gefeUigcr 
Untermtiing otier munteren ®eplauber§ in angeregter InfeU 
runbe. SHit bct 9ieiigiDn bet 3iatuiDöIfer tjat ft(^ ber mit 
@ef(^äftcn unb ©ocgeit alter 3lrt überbitrbete SReicJjSEanjlei; 
gerai^ ebenfu luenig befc^äftigt loie mit ber 2e()re be§ 
SJlo^ammeb ober ber 9)Ji)t^ologic ber ^lorbgermonen : bennoc^ 
fpric^t er') oon bem ©ranntrocin be§ armen SJIanneä all 
einem angeblichen „S^abu", b. tj. einem für ^eilig nnb un- 
antaftbar erflärlen ©egenftanb ^eibnifclien Hultii§, unb bou 
ben unt)eilDollen roittfi^aftlicl)en folgen ber Qberprobuftiou 
alö einem nadj manc(}er ßeute 9)leinnng Unabroenbbaren, 
einem „Silmet".'^ SBcnn er einmal") Bon ber „ßofi= 
ftimme beä ?ßotteigeifte:§" fpric^t, bie ben Urwähler §öbur 
»erleife, ba§ er baä eigene 33atertanb erfdjlage, unb roenn 
er in bem ©efnmtbegriff „Sofi" bie 9lgitatoren jufammen= 
fa|t, welche, mie einft nac^ a31üd)er§ Söort bie bou biefem 
all Jeberfui^fet beäeicl)neten Siplomalen burd) üre Sieben 
unb ^fitung^irtifel jw oerberben biegen, roa§ bn§ ©t^roert 
geroonnen l)at/) fo fjnben mir e§ ba angenfc^einlic^ mit 
einem Siai^ttang beä uiäd)tigen ©inbrudfi ju tun, ben bie 
^ßjagnerf^en Slibelungen unb nanientlid) ba§ 3l()eingDlb in 
allen Steifen ber §aiqjtftobt (lerüDtgebrat^t fjatten. 

®er fortfc^reitenben öeEannifdiaff ©uropaä mit ber 
eigentümlidien S^Ituv unb StaatSovbnung be§ fraftnoU auf; 
ftrebenben jopanifc^en SHeic^eä »erbantt öilmarcE ben gern 
gebraucl)ten aSergleit^ geroiffer beutfdier @iurtc[)tungen mit 
ber abfonberliii)en Stellung be§ laifun unb beS SfiiEabo in 
bem alten ^nfelteidje. (grftercr, ber loeltli^e Snifer, bet 
einp eine roeit ^Öt)ere SKadjt befa|i ali bei anbete, bo§ geift^ 
lii^e 91eic^§ober^aupt, roerbe, fo meint er einmal jc^etjenb,'*) 

') ^olit. SReben XI, S. 349. ^) ^bb. X, S. 476. 

a) ebb. XI, ©. 85. *) (Ebb. XI, ©. 91. '•} ®bb. VII, S. 37. 



- 64 - 

immer in ben ^artifularftaaten ftedcn, mäl^renb bie 9teid^§= 
miniftericn im ®urd)fd^nitt nur fein mürben „mie jene l^od^- 
tjerel^rten oftafiatifd^en ^erfönlid^feiten, bie ein gro^e^ Sin- 
feigen äu^erlic^ l^aben, aber feine 3Jlarf)tooIlfommen^eit". 
©elängen, fo meint er einmal in bem gleid^en 2:one/) „bie 
2lbfid^ten ber liberalen Dppofition in bejug auf bie (Stellung 
be^ preu^ifd^en Äönigtum^, fo mürbe au§ lauter SBerefirung 
für biefe^ fein ^^räger jule^t, wie frül^er ber geiftlid^e Äaifer 
in ^apan, alle ^a\)X^ einmal au einem l^ol^en g^efttage 
gejeigt merben, t)on unten, auf einem ®itter gel^enb, fo ba^ 
man nur feine ©ol^len feigen fann". ®e§felben 93ergleid^§ 
bebient er fid^ aud^ fpäter nod^:''^) in ben oftaftatifd^en 
Säubern, meint er, \)dbe e§ fold^e Derel^rte ^erfonen gegeben, 
bie fo ]^od^ maren, ba§ man fie nic^t feigen unb t)on il^nen 
nid^t fpre^en burfte; mer ebenfo in ^reu^en vom Sönig 
nid^t reben laffen molle unb feiner namentlid^ im SCBal^l- 
fampf nid^t ©rmäl^nung tun, ber fc^eine il^m ba§ 93ebürfni§ 
ju l^aben, bie föniglid^e ©emalt in SSergeffen^eit ju bringen. 
2lud^ ^tte er bereits am 5. Slooember 1869 an feinen 
bemäl^rten SUlitarbeiter ®elbrüdf, ben ^^räfibenten be§ Äanjler^ 
amte§ be§ 9iorbbeutfd^en 93unbeS, in bejug auf il^r fünftigei§ 
SSerl^ältniS gefc^rieben, er benfe fic^, „ba| mit ber 3^it ^^^ 
Äanjler für innere 93unbe§fa^en eine 2lrt Don 9Witabo unb 
ber ^räfibent ber 2:aitun werben mirb".^) 



1) ^olit meben IX, @. 229. 2) @bb. XII, <B. 311. 
^) ©ebanten unb ©rinncrungen, ^Inl^anQ @. 435. 



IIL 

33igmard8 SSerl^ältniS jum flaffifd^en Slltertum. 

93ci bcr 8tifd)e unb ^eubigfeit be§ ©trebenS, ba§ in 
feiner ©ettftätibigfeit über bie ^flid^ten aud) be§ geiDiffen^: 
l^aften ©d^üler^ beträd^tU^ ^inau^ging, wie wir fie burd^ 
ben reid^begabten Dtto von 93i§mardf wä^renb feiner ©^m^s 
naftaljeit betätigt gefeiten l^aben, ift e§ nur natürüd^, wenn 
gcrabe biejenigen ©egenftänbe, bie int SÄittelpunfte be§ tjon 
il^m mit fo lebhafter @mpfängUd)teit aufgenommenen Untere 
rid^t§ ftanben, i^m aud) in ber Solgejeit mert blieben, t)on 
il^m l^o^ge^alten unb, fomeit bie SBer^ltniffe e§ erlaubten, 
gepflegt mürben. 2Iud^ ber gro^e (Staatsmann ^t niemals, 
bie l^umaniftifd^e ©ilbung als bie untjerrüdfbare ©runblage 
feines ganjen geiftigen SebenS tjerleugnet. ©erabeju erftaun- 
lid^ ift eS, ju feigen, mie feft er allejeit barin murjelte, 
mie geläufig if|m bie mit unb in il^r gemonnenen Slnfdiau- 
ungen blieben, meld^ reid^en ©d^a^ t)on Sefefrüd^ten auS 
ben mäl^renb ber ©d^uljal^re ftubierten flafftfd^en Stutoren 
er ftetS bereit ^tte unb mie fe^r il^m aud^ im 2llter nod^ 
ber flare, fnappe unb ftreng fa^lid^e ®eift ber lateinifd^en 
©prad^e tjertraut mar. Unfere mobernen ©prac^reiniger 
merben ein gemiffeS Unbel^agen faum unterbrüdfen fönnen, 
menn fte einmal einigermaßen erfd^öpfenb jufammengefteUt 
fe^en, mit melc^er 3^ülle tjon Sntlel^nungen auS bem Satei:^ 

^ru^, SBiSmarcfS SBilbung. 5 



— 66 — 

Tiifd^cn namcntlid^ 93i§tnar(i§ Sieben burd^fe^t fmb, xinb 
imax nic^t bIo§ eigentlid^en ©itaten, ©entenjen unb ge^ 
ftfigelten SBotten, fonbem auc^ Sttuöbrüden unb SBenbungen, 
für bie entfpred^enbe gute beutfc^e reid^Iid^ jur aSerfügung 
geftanben l^ätten, bie alfo bod^ rool^I nad^ feiner SJleinung 
ba§, wag er fagen wollte, fürjer unb beutlid^er gaben ober 
aber unter ber frentbfpra^lic^en ^ülle eine ©pi^e einiger^: 
ma^en üerfd^roinben liefen, bie ba§ jumeift entfpred^enbe 
beutfd^e SQ3ort für ben einen ober ben anbern feiner ^örer 
l^ätte entl^alten fönnen. Unb bod^ entfprid^t aud^ ba§ nur 
ber ftrengen fiogiJ unb bem rüdffid^t^lo^ realiftifd^en 3)enfen 
be§ ©c^öpfer^ ber beutfd^en ©inl^eit, ber überall ba§ bem 
verfolgten Qw^ä angemeffenfte 9Jlittel gebrandet, ba§ er — 
befantlid^ ein au^gefprod^ener ©egner ber lateinifd^en ©d^rift 
— fid^ unbebenflid^, \a mit einer gemiffen aSorliebe ber 
lateinifd^en ©prad^e bebiente, wenn er barin feinen ®e^ 
banfen fd^ärfer unb üerftänblid^er unb unter möglid^ftem 
2lu§fd^lu§ t)on aJli^beutungen 2lu§brudt geben fonnte. Slu^er^: 
bem marcn il^m t)on feiner 93efd^äftigung an bem grünen 
2:ifd^ einer preu^ifd^en ^rooinjialregierung, fo Jurj fie ge= 
n)efen mar, man^e t)on ben ba üblid^en fanjlei^ unb aften- 
ted^nifc^en lateinifd^en g^lo^feln im ©ebäd^tni^ geblieben, 
meldte ber Mrje ^Iber anjuroenben aud^ biefer au^gefprod^ene 
Oegner alle§ 93ureau!ratifc^en für erlaubt l^ielt. 

aSiel weniger innig ate p ber ©prad^e be§ alten Slom§, 
bie obenein ja in einigen ben ©taat^mann immer mieber 
befd^äftigenben ©ebieten nod^ bi^ in unfere 2^age ein langet 
9lad^leben geführt ^t, war SSi^mardö SSerl^ältni^ ju ber 
ber Seltenen. SBie e§ fo üielen aud^ p^ilologifd^ begabten 
©d^ülern ge^t, blieb i^m ba§ ®e^eimni§ be§ ©ried^ifd^en, 
beffen unenblid^er g^ormenreid^tum bie grammatifd^e 2tn= 
paffung an bie feinften 9lüancen be§ ©ebanfen^ ermöglid^t 



— 67 — 

itnb ballet an ba§ jxigcnblid^e aSerftdnbni^ l^ol^e Slnforberungen 
ftellt, einigermaßen üerfd^loffen. 3)e§]^alb l^at er t)on bort- 
l^er für feine allgemeine 93ilbung nid^t entfernt fo reid^en 
©eroinn gejogen mie au§ ber 93ef(^äftigung mit ber ©prad^e 
unb ber Literatur ber Slömer, beren geiftiger ©igenart er 
fid^ üermanbter fül^len burfte. ©o begegnen mir benn and^ 
SSejiel^ungen nad^ biefer ©eite l^in bei i^m entfpred^enb feiten. 
3lte ein geroiffermaßen logifd^er S^erminu^ ift ^^a-: 
^Jox7)vi) anjnfel^en. Sntfpred^enb bem ©inn, in bem e§ 
juerft 2lriftotele§ gebraucht ^t jur 93ejeid^nung be§ falfd^en 
©runbgebanfenö, au§ bem ber falfd^e ©a^ mit 9lotmenbig^ 
feit folgen mn%^) bebiente ftd^ 93i§mar(i be§ 2lu§bmdt§ 
irpojTov ^[^söSoc pr 83ejeid^nung von ©runbirrtnm, ©runb^ 
fel^ler, menn er meint,^) bie Dppofition erJenne ba^felbe 
barin, ba§ er nad^ jmeinnbjroanjig Qoijxm nod^ immer 
SJlinifter fei, ober menn er auf bie ©c^mierigfeit l^inroeift 
bie e§ mad^t, bei einer politifd^en SSermidlung ba§ TrpwTov 
tj^söSoc aufjufinben, ba§ l^ei^t ju geigen, mo ber falfd^e SQ3eg, 
ber eingefc^lagen ift, fid^ von bem rid^tigen trennt, ber 
ftätte eingefd^lagen merben muffen, ©o fpric^t er auc^ 
einmal^) üon bem irpwTov ^eoho^ ber aJlaigefe^gebung. ®§ 
liege, meint er, barin, ba§ üerfud^t morben fei t)on feiten 
be§ ©taate§ auf ben ^riefter ®influ§ ju üben, benn baburd^ 
l^abe ftd^ bie 83ureaufratie mit ben firc^lid^en SBorgefe^ten 
bi§ jum ^apfte l^inauf in eine ^onfurrenj eingelaffen, bie 
ben ganjen Seftrebungen be§ ©taate§ etroa§ Srgerlic^e§, 
S8erbitternbe§ gegeben ^be. 33on bemfelben ©tanbpunfte 
au§ urteilt er ein anbere§ 9Jlal°) in bejug auf bie t)on 
^reu^en 1786—1806 unb von 1842—1862 üerfäumten 

1) ^oütifd)e die'ozn X, 14, 22, 23, 60. 2) S8üd)mann 399, 400. 
3) ^oUtifd)e Dieben X, 204. ^) (§^hb. XII, 87. 
^) @eban!en unb Erinnerungen I, 78. 

5* 



— 68 — 

©elegcnl^citen unb bie aSertcilung bcr aScrantroottlid^feit 
bafür, bie 2lu§fd^üttung bcr 2lrd^it)e unb bic 3)cnftt)ürbigi: 
!citcn aJlitl^anbelnbcr unb aJlitroiffcnber l^ätten fünfjig bi§ 
l^unbert Qal^re fpäter bie öffentlid^e SÄeinung in ben ©tcmb 
gefegt ffir bie eiujelnen 3Jli§griffe „bie ©abelung auf ben 
unrid^tigen SBeg" ju erfennen. 

2luf eine Erinnerung an bie griec^ifd^en ©d^ulftubien 
greift 93i§ntard jurüdf, wenn er bei 2lu§einanberfe^ung ber 
©runbüerfd^iebenl^eit jwifd^en ber fotl^olifd^en ^ird^e, bie 
burc^auö auf beut ÄIeru§ berul^e, unb ber eüangeüfd^en, 
bereu S^rägerin bie ©emeinbe fei/) mit ber gtage argumen^ 
tiert: „SQ3a§ l^ei^t benn ixxXTjaia anbere§ ate aSolfeüerfamm^: 
lung? n)a§ l^ei^t ixxXTjataCstv? jur aSoIföüerfantmlung reben. 
Qä) eHlefiaftijiere in biefem Sttugenblid int alten griec^ifd^en 
©inn be§ 3Borte§." 3)en il^m wol^lbefannten ©prud^ am 
©ingang jum Stempel be§ SKpollo in 3)elp]^i bagegen fül^rt 
er in einer 2lnfprad^e an ben 93agerifd^en SSoIföfd^uIIel^rer:: 
üerein ju Äiffmgen (11. Sluguft 1893) mo^I mit SRüdfi^t 
auf feine be§ ©ried^ifc^en nid^t funbigen ^örer in ber 
beutfd^en S^ffung an: „®r!enne bid^ felbft."^ 

Sebl^after erl^ielt fid^ bei f&x^maxd t)on ber Seftüre 
ber gried^ifc^en 3)id^ter l^er bie ©rinnerung an l^eroorragenbe 
©eftalten unb ©jenen au§ ber gried^ifd^en ©ötter^^ unb 
^elbenfage, jumal biefe \a andj von ben il^m geläufigeren 
römifd^en 3)id^tern üielfad^ bel^anbelt ift. ©ingebenf be§ 
ajlgtl^o^ von Ärono§ ober ©atum, nac^ bem biefer au§ 
©orge um bie eigene ^errfd^aft feine Äinber oerjel^rt, fpric^t 
er T)on ber „©atumifc^en ^olitiJ" feinet ehemaligen Kollegen 
3)elbrü(i^) unb meift ben i^m gemad^ten aSorrourf jurüd, 
ba§ er bie Äir^engefe^gebung burd^ bie von xf)m vertretene 

1) ^olit. Dieben XII, @. 376. 2) o. ^ofd^ingct, 2lnfptad^cn, <B. 291. 
3) ^oütifd)e meben VIII, @. 191. 



SleDifion tcilroeife retäe^re „roie bet l|eibnifcf)e ©ott ©atutn 
feine eigenen Siiibet".^) @iii anbereä 2Kat fpriff)t er non 
ber fleinen „^ßanborabitdife", auS ber bog ^Eittu™ rr""^ 
tei^t§ unb linfä t)in oOe möglichen Übel atiSftreue",-) unb 
im SIptil 1887 nennt er ben Stntrag uon §antmerftein 
einen „SriSopfel", burd) ben (e^r jut unrechten ^^it bie 
3lu§fid)t owf ^erfteßung be§ grieben§ jroifc^en ber Stegierung 
einerseits unb ber SJte^r^eit il)rer lat^olifi^en Untertanen 
unb ber pöpfttif^en Surie anbeterfeitä in ^rage gefteUt 
werbe. ^) ^m 59ero»§tfein be§ uon it|m burcftineffenen eigen: 
ortigen @ntroidlungEisange§ let)nt er e§ ab, mit ber auS 
bem Raupte Qupitecä entfprungenen 3Jlinerria rergti^en jii 
tuetben.*) Sind) ^at er ^ebenfen gegen bie prnttifi^e Stauet): 
barfeit oon (Si)ftemen, bie mie jene ©öttin fertig au§ bem 
^anpte i^re§ Urljeberg entfpringen.") S)en geioaltigen, bann 
aber \o fdinell fläglid) enbenben Knlauf, ben bie preu^ift^e 
''liolitif im aJiätä 1848 in ber beutfd)en ^xa^e genommen 
l)atte, nennt er naii) ber griei^ifc^en 9Jli)t^e treffcnb einen 
„^^oetonifdjen ging".") ©er Sage won 3«fon entlefjnt et 
boä ©ilb Don bet Stuäfaat con ®rai^enää^nen, ou§ benen 
ge^araifdite 3Jlänner emporrondifen: 3)aS fei 1813 unb 
1870 namentlich aucJ) in 3)eutfi:^Ianb gefdjelien, bod) fönne 
aud) ^iet nod) immer burc^ ein basroifc^en gemorfeneä 
Steint^en bet SJiebea unter ben fo entftanbenen Reiben mit 
Seid)tigEeit äraifti^iic^t erjeugt raerben.'-) 

3tu[fi fonft greift Si§mat(J in feinen Silbern auf ben 
altgtiecf)ifct)en Sagenfreiä jurüif. %xo^ be§ Süiberftrebenä 
ber 33oIE§nerttetung Kolonien Eünftti^ inä £eben rufen ju 
roolten ntill i^m roie eine „®aiiaibenatbeit" erfi^einen,^) 

I) ^olttif^c fflebcn XJI, S. 31ö. 2, %tib. X. ®. Sil. 

3) (£bb.XlI,S.39ö. ^)ebli.VII,@.40. 3Jgl.221. 5)®bb.XI,©.52. 

4 ebb. I, ©. 47. ') ®6Ö.X], ©.64.205,309. ») ©bb. XI, S. 53. 



— 70 — 

unb bei ber ©rörterung über ba§ S^abafötnonopol freut er 
ftd^ burd^ bie prinäipielt ablel^nenbe Haltung ber Sletd^§tag§' 
tne^rl^eit einer „©ifgpl^u^arbeit" überhoben ju fein, bie feinen 
Qal^ren unb feiner ©efunbl^eit jwedlo^ allju fd^were^ p^ 
gemutet ^ben würbe.^) Qn ber 3)urd^fü;^rung ber ©teuere 
refornt einfd^lie^Iid^ ber ßoß^^förm erblidt er eine „^erfule^:^ 
arbeit", roäl^renb über burd^greifenbe gro^e Sieformen im 
SJlinifterium ©inl^eit l^erjuftetten il^m gar afö eine fol^e 
erfc^einen mill, „für bie eine ganje Kompagnie t)on ^erfu- 
leffen nid^t auöreid^enb märe".^) 3)emfelben antiJen ®e^ 
banfenfreife entlel^nt er ba§ mieberl^olt gebraud^te 93ilb von 
bem burd^ $er!ule§ übermunbenen 9Kefen Slntäuö, ber au§ 
ber aSerü^rung mit bem ©rbboben immer neue Äraft fog 
unb fo lange fie il^m blieb, unüberminblid^ mar.^) ©inen 
äl^nlid^en ^roje§ mill er 1878 burd^ bie 2luflöfung be§ 
9teid^§tage§ l^erbeijufül^ren beabfid^tigt l^aben, um bie W)^ 
georbneten mieber in bie fie von neuem fräftigenbe SSe- 
rül^rung mit bem fie mä^lenben SSolfe ju bringen.^) Unb 
gen)i§ burfte SSiömard fid^ unter bem 3)rudt ber ungel^euren 
Slrbeitölaft, bie il^m von ber ©efd^id^te auferlegt mar, 
geroifferma^en al§ einen neuen ^erfule^ fül^len. 3)arau§ 
erJIärt ftd^ mol^I feine befonbere ©gmpatl^ie für ben Sagen^ 
!rei§, in beffen -aJlittelpunJt biefer gried^ifd^e ^ero§ fielet, 
unb bie SBorliebe, mit ber er gerabe t)on bortl^er ^Silber 
unb aSerglei^e entlel^nt. a3ereit§ im (September 1849 fprid^t 
er t)on bem „9leffu§gen)anb" ber franjöfifd^en ©taat^lel^re, 
ba§ man bem gefunben Körper ^reu§en§ anjiel^en moHe,^) 
unb im 9lot)ember eifert er bagegen, ba§ man bie l^eterogenften 
3uftänbe auf eine unb biefelbe Sffieife ju löfen üerfud^e, in^ 

1) ^oUtifd)e Dieben IX, ©. 331. 2) (§^\it^, vi, ©. 303. 

3) {§:ht). VI, (S. 21 ; VII, @. 54, 293. ^) ^ht), VII, (5. 293. 

'^0 ^hh, I, @. 125. 



— 71 — 

betn man fie auf ein unb ba^fclbe „^roJuftcöbettc" werfe. ^) 
SBie fd^erjenb fommt bie ©rinnerung an bie il^m einft ge^ 
ftellten ^etJuIifd^en 2lufgaben, bie il^nt eigenen l^erfuUfd^en 
Gräfte unb bie fid^ gelegentlid^ in i^nt tegenben l^erfulifd^en 
©elüfte junt 2tu§brudf, wenn er im Greife feiner parlas 
mentarif^en ©äfte bie Su^erung tut, er ^be feine £uft 
mel^r auf eine fd^Ied^te ^afenjagb, baju fei er ju mübe: 
wenn e§ aber einen großen unb mdd^tigen ®ber, etwa einen 
ergmantl^ifc^en, p erlegen gelte, bann mürbe er fid^ mol^l 
nod^ einmal etma§ jumuten.^) 

^atte 93i§mard aud^ bie unmittelbare g^ül^lung mit 
ber Literatur be§ alten ©ried^enlanb, t)on beren unüergleid^^ 
lid^em SBert für bie S.ilbung ber aJlenfd^l^eit er tief burd^^ 
brungen mar,^) begreiflid^erroeife jiemlid^ frül^ verloren unb 
badete er gelegentlid^ mol^l gar mit einem geroiffen Unmut 
jurüdE an bie Dpfer an 3^it unb Äraft, bie er ber 93emät 
tigung ber griec^ifd^en ©rammatif l^atte bringen muffen, fo 
l^afteten bod^ nod^ mit frifd^er fiebenbigfeit in feinem ©e^ 
bfic^tni^ bie ^elbengeftalten au§ ber Qlia^ unb ber Dbqffee. 
gteilid^ bemal^rt er auc^ t^nen gegenüber bie Unabl^ängigJeit 
ber 2luffaffung unb bie ©elbftänbigfeit be§ Urteifö, bie il^m 
frül^jeitig eigen maren unb allejeit für il^n d^arafteriftifd^ 
blieben, ©d^on auf bem ©qmnafium, bemerft er in einem 
93riefe an ©erlad^/) ^be er ein Unbel^agen empfunben 
beim Sefen ber ©d^impfreben, meldte t)or bem 93eginn il^rer 
kämpfe jmifd^en ben von il^m fonft fo üerel^rten l^omerifd^en 
gelben gemed^felt werben. 2ttö ,ben Sttnfang be§ uralten 
Äampfe^ um bie SJlad^t jroifd^en Königtum unb ^rieftertum 
betrad^tet er origineller SBeife ben ^onflift, in ben ju 2tuli§ 

1) ^oUtifd^c mebcn I, @. 173. 

2) 0. ^ofd^inger, 53i§ntardC unb bie ^arlantentartet I, @. 71. 

3) SBgl. @. 16. 4) sßtiefe an ©erlad) @. 55. 



— 72 — 

vox bcr Slbfal^rt nad^ S^roja Slgamcmnon mit Äold^a§ unb 
bcn übrigen ©eifern geriet unb ber il^n feine 2:od^ter !oftete.^) 
^m Saufe ber aSer^anblungen über bie Unfallüerfic^erung 
meint er fc^et^enb, man l^abe ftc^ nm ben „armen 9Jlann" 
geriffen „mie um bie fieid^e be§ ?ßatrofIu§", inbem ^err 
£a§!er i^n an bem einen @nbe gefaxt, ^ felbft aber il^n 
biefem nac^ SUlöglid^feit p entreißen gefuc^t l^abe.^) aSon 
bem gleid^en Greife flaffifc^er Slemini^jenjen au^gel^enb er^^ 
Hart er, er t)erben!e e§ einer parlamentarifd^en SJlel^rl^eit 
nid^t, menn fte in jeber aSorlage ber 93unbe§regierungen, 
bie gro^e nationale QkU verfolge, gemiff ermaßen „ein 
trojanifc^e^ ^ferb" vermute, in beffen :3nnem eine SJlnjal^l 
©erooppneter gegen bie 93urg ber gefamten ©efe^gebung 
Ölionö eingeführt merben follte.^) SBenn er ba§ fo ^äufig 
gebraud^te 93ilb t)on ©cgila unb ©l^argbbi^ aud^ feinerfeit^ 
öfter anmenbet/) — er fprid^t fd^on am 24. Dftober 1849 
von „ber ©cqtta eine§ mol^ltuenben ©äbelregiment^ unb 
ber ®^arqbbi§ ber ;3a!obiner]^errfd^aft, jroifd^en benen bie 
preu^ifd^e SSerfaffung mit ^ülfe einer erbüd^en ?ßairie mol^I 
am erften glüdlid^ l^inburd^jufegeln l^offen bürfe" — ^) fo 
brandet man aUerbingg nid^t anjunel^men, ba§ er ftd^ babei 
be§ 3^^ü<J9it^^if^tt^ öuf ben obqffeeifd^en ©agen!rei§ bemüht 
geroefen fei. SBol^I aber ift ba§ ber ^aU, menn er ft^ 
gegen bie aSormürfe SSird^oro^, ba§ er mit ber 9tet)ifion 
ber aJlaigefe^e fein eigene^ SBerf mieberum Demid^te, mit 
ber aSemerfung t)erteibigt, er treibe burc^au^ ni^t „ba§ 
©emerbe ber ^enelope", meldte ba§ im Saufe be§ 2^age§ 
DoHenbete ©emebe nad^t§ roieber l^eimlid^ auflöfte,^) mie er 
in äl^nlid^er 2trt fd^on frül^er einmal mit a3ejug auf bie 

1) ^olitifdie Dieben \, ©. 384. SBgl. Äe^ferUng II, @. 22. 

2) spoat. 9^eben IX, <B. 31. S) Q^^y't^, iv, ©. 337. 

4) ebb. X,(S. 436; XII, 236. &) @bb. I, ©. 151. 6) ©bb. XII, ©. 385. 



— 73 — 

jroedlofe S:ätig!cit ber gtanffurter aSerfammlung fd^ricb, 
er müffc artig ju ^aufe ft^en unb „?ßencIope fpielcn".^) 
©benfattö l^omerifd^e SRemini^jcnjen liegen vor, romn er 
ber „©yiftertj auf ber 93afi§ ber ©partaner" bie im all- 
gemeinen bequemere auf ber „a3afi§ ber ^]^äa!en" entgegen? 
fe^t/^) mobei er le^tere al§ ©rbteil Heinftaatlid^er aSer? 
l^ältniffe in Slnfprud^ nimmt, meldte eine allen fieiftungen 
abgeneigte S^rögl^eit erjeugen. 

©0 feiert a3i§mardf im Saufe be§ parlamentarifc^en 
9tebefampfe§ immer mieber unroillfürlic^ jurüd in ben ©e? 
banJenfreig, in bem er fid^ mäl^renb feiner ©d^uljeit burd^ 
eifrige fieftüre ber l^omerifc^en 3)ic^tungen l^eimifd^ gemad^t 
l^atte unb ber bal^er aud^ ol^ne Sttnregung t)on anberer Seite 
ganj ungefud^t immer mieber vox feinem geiftigen Sluge 
fic^ auftat. SJlit ben Äomöbien be§ 2lriftop^ane§ bagegen 
ift er, in bem gried^ifd^en Original roenigftenö, fic^erlic^ 
nid^t befannt geworben. aSiellei^t l^at er fie in ber meifter^^ 
l^aften Überfe^ung be§ geiftnollen ;3o]^ann ©uftat) 3)roqfen 
!ennen gelernt, obgleid^, menn er einmal t)on „SBolJen? 
fufuföl^eim" fprid^t,^) i^m babei miJglid^ermeife auc^ nur 
ba§ l^umoriftifd^e ©enrebilb üorf^roebt, ba§ 1859 unter 
biefem 2:itel in g^ranffurt am SKain erfd^ien.^) 

©e^r niel ergiebiger ift eine 3)urd^fid5t ber 93i§mardfc^en 
©riefe, Sieben unb fonfiigen Sinterungen in bejug auf fein 
Sßer^ältni^ ju ben flaffifd^en römifd^en Slutoren unb ber 
lateinifd^en ©prad^e. ^ft e§ nic^t ebenfo bejeid^nenb für 
be§ großen ©taat§manne§ geiftige§ ©runbroefen, mie für 
ben ©eift, ber in ber ©prad^e be§ alten 9iom§ jum 2lu§5 
brudt fommt, ba§ faum no^ ein anberer beutfd^er Slutor 
neuerer Qtxt mirb nac^geroiefen merben fönnen, ber im 

1) «riefe an ©erlad^ @. 97. 2) «poIitifd)e Dieben II, ©. 356. 
3) ^hb, IX, (S. 238. 4) S8üd)ntann ©. 395. 



— 74 — 

©xid^cn nad^ einem angemeffenen 2lxi§brud für bie il^m 
juftrömenbe %üUt ber @eban!en, um bie il^m augenblidlid^ 
befonberg mistigen feineren SÄomente ju begeid^nen, fo 
^äufig, man möd^te faft fagen, fo gerool^nl^eitömä^ig ftatt 
be§ beutfd^en ben lateinifd^en Sttu^brud afe ben treffenberen 
unb präjiferen angeroanbt ^ätte? 3)abei l^anbelt e§ fic^ 
feineöroegg blo§ um SKu^brüde, bie bem ©ebiete be§ ©d^ut 
unb Äanjleilatein§ angel^ören, ober um fold^e, bie feil 
langer Qtxt ju bem eifemen 93eftanbe unferer miffenfd^aft:: 
lid^en ^Terminologie gel^ören unb pm 2^eil nod^ al§ ein 
Srbteil üon ber ©d^olafti! l^er angefe^en merben bürfen. 
Qu bem ©treben nad^ einer 93eftimmt^eit be§ 2tu§brudt§, 
bie iebe 9Jli§beutung auöfd^Iie^t, jiel^t 93i§mar(f ben la^ 
teinifd^en bem beutfd^en aud^ ba Dor, mo ber ©ebrauc^ be§ 
le^teren bie ©efal^r, bie er üermeiben mill, noc^ !eine§n)eg§ 
mit fic^ gebrad^t l^aben mürbe. 3)a]^in gel^ören SBorte mie 
funditus,^) implicite,^) gradatim,^) obiter,"^) promiscue^) 
unb furtim,^) meld^e^ le^te SBort er üielleid^t anroenbet, 
meil e§ einen geroiffen 9lebenfinn ^t, ber ftd^ beutfc^ ol^ne 
eine gemiffe üerle^enbe ©pi^e gegen feine politifd^en SQ3iber= 
fac^er Jaum ptte geben laffen, rotun er ber g^ortf^ritt^^ 
partei oormirft, fie fei, be§ Äulturfampfe§ fatt, teifö furtim, 
teite mit ftiegenben g^al^nen in ba§ fiager be§ 3^^trum§ über^ 
gegangen, ^ier^er gel^ören femer utiliter,'') nuperrime,®) 
novissimum^,) bann femer Sttu^brüde mie ex post/^) ex 
nexu/^)in peius/-) in discrimine/^) in natura/*^) in specie/^) 



1) ^olitifdie meben IX, <B. 202. 2) @bb. VIII, ©. 351. 
3) (§^hb. VIII, @. 60. 4) (§^\i'i^, (g. 494. 5) @()i). XII, ©. 596. 
«) ^hh. XII, <B. 316. 7) @bb. X, (S. 102. S) @bb. X, ©. 351. 
9) ®ht). XI, <B. 135. 10) (§^\it^, X, @. 32, 308. H) (&ht>, X, @. 400. 
12) Q:hh. VI, @. 12. 13) ^ht), VIII, (S. 174. i^) (§:h\>. VIII, @. 153. 
15) @bb. VIII, (S. 27, 349. 



— 75 — 

in concreto/) ex propriis,^) unb ba§ fteuettcd^nifd^e ad 
valorem.^) g^emer toerben l^icrl^er ju red^nen fein hiatus,^) 
lapsus calami^) unb lapsus linguae^) unb summa dili- 
gentia, bie er üerfpred^en fönne,'') unb bie ironifd^e SBen^ 
bung Don bem „93ebärfni§ ber Siegt erungen diligentiam ju 
prdftieren, um i^re aSerantroortlid^feit freijuftetten".®) 

3)em ©ebiete be§ eigentlichen ©c^uUatein würben Sffien- 
bungen jugeroiefen werben bürfen wie thema probandum^) 
unb ad absurdum fül^ren/^) wie benn auc^ bei 93i§ntor(f 
gelegentüd^ ber „alte lateinifd^e ©d^ulfo^" figuriert: „Re- 
petitio est mater studiorum/^) ebenfo wie ba§ befannte: 
„Exceptio firmat regulam".^^) 2lud^ bie g^ormel ber Chrie, 
bie el^emate in ben oberen ©qmnafialJIaffen fouiel für beutfc^e 
Sttuffä^e üerroertet räurbe, ift il^m bon ba^er noä) geläufig 
geblieben: „Cur, quando, quomodo, quibus auxiliis"^^) 
ober aud^: „Quid et ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, 
quando ".^^) SJlel^rfad^ fprid^t er von einer terra incognita,^^) 
ber man fid^ bei ber Sßorbereitung gefe^geberifc^er ^a^^ 
regeln gegenüber befinbe. SBeil ber SKuöbrud bei ben 
9tömem eine fojufagen ted^nifd^ politifd^e Sebeutung ge^ 
l^abt unb bal^er be§ üblen 9lebenftnn§ entbel^rt ^t, ben 
man in bem entfpred^enben beutfd^en unter Umftänben 
möglid^ermeife finben fönnte, bejeid^net er SÄinoritäten al§ 
leidet novarum rerum cupidae^^) unb fpric^t uon bem ©e^ 
fd^rei ber rerum novarum cupidi.^'^) 

1) ^oIit.9lebenVIII,@.13. 2) @bb. VIII, @. 39. 3) @bb. VIII, @. 26. 

4) @bb. IX, @. 35. 5) (iih'ö. VII. @. 268. 6) (Bhh, VI, @. 102, 283. 

7) (§^ht>. III, ©. 320. 8) (§:h\>. VII, (S. 384; IX, ©. 424. 

9) (^h)), X, @. 350. 10) @bt). VIII, @. 26, 400. H) ®hh, VI, <B. 38. 
12) (§iht>, VII, ©. 225. 13) @bb. »riefe an ©crlad^ ©. 296. 
1^) @eban!en u. ©rinnerungen, Slnl^anö II, @. 155. 
15) ^olit. meben X, ©. 37, 42, 55. i^) Q:bh. X, (5. 412. 
17) @eban!en u. ©rinncrungen I, @. 61. 



— 76 — 

2lttbcte lateinifd^c SQSorte unb Sffienbungcn, für bie e§ 
ebcnfo gut bcjeic^nenbe bcutfc^e gibt, entlel^nt 93i§tnardf 
bem ©ptad^gcbraucä^ ber Äanjleien. @r fprid^t t)on einem 
responsum be§ Sleic^§tage§/) Don einer au§ freier ^anb 
unb brevi manu nid^t ^erbeijufül^renben @ntf d^eibung, ^) 
von einer Sttbweifung a limine,^) von einem ante lineam, — 
b. 1^. obenbrein, abgefel^en t)on ben anberen (Steuern — bie 
©teuerjal^Ier 93elaftenben^) unb nennt ben 93unbe§Janjler 
mit ber Slu^fül^rung eine§ @efe^e§ nod^ in mora befinblic^.^) 
Primo loco^) gebrandet er ebenfo mie prima facie'^) im 
©inne von „auf ben erften 93li(i" unb entlel^nt ber mifc 
tärifd^en ^Terminologie be§ fiebenjel^nten Qal^r^nbert^ bie 
SBenbung non „einem ^Beamten, ber von ber prima plana" 
iji,^) b. |. jum ©tabe gel^ört unb nid^t, mie jur Q^it ber 
geworbenen 2lrmeen bie ©ubaltemoffijiere unb bie ©emeinen, 
erft im 83ebarf§f alle jur ©rgänjung be§ üor^anbenen ©tammeö 
burd^ SBerbung bef^afft werben mu§. ®d^te§ Äanjleilatein 
fmb SBenbungen mie proprio motu,^) ex concluso coUegii/^) 
ad separatum/^) meo voto/^) copia vidimata ober copie 
figur^e/^) in fidem unb de credulitate/^) 83eric^te ad 
Regem ^^) unb nomine Regis^^) fomie ad faciendum.^'^) @ben^ 
bal^in !önnen aud^ gered^net werben SBenbungen wie mutatis 
mutandis/®) rebus sie stantibus/^) expressis verbis-^) unb 



1) ^olit. Dieben VIII, ©. 352. 

2) (§^h'0. IV, ©. 77. 3) @bb. XI, @. 95. 4) @bt). IX, (5. 394. 
5) @bb. IV, ©. 31. 6) ®ht), V, (S. 327. 

7) &h. IV, (5. 53, 342, ^olit. »riefe III, ©. 100. 

«) ^^olit. mzt>zn X, (S. 419. 9) &t>. JY, ©. 382. lO) (§^ht>, MI, ©. 59. 

11) Q^ht), X, (S. 35. 12) Q^ht>, X, (5. 37. i») @bb. X, @. 16. 

14) @bb. X, (S. 326. 15) @eban!en unb erinnerungen I, ©. 4. 

16) ^olit. Dieben VIII, ©. 290. i7) (§ih\>. X, ©. 267; ^e^n ©. 541. 

18) ^olit. Dieben Yh (S. 294. i9) @bb. R, @. 321. 20) @bb. @. 115. 



ceteris paribus.^) 33enuanbt mit bem ffan^tcilatetn, in; 
fofecii fie loenigftenä ä^ni Seil faen tedinifdjen Stu^brüden 
ber 93em)altimfläbef)öi:ticn älterer ^eit lucrben sugejä^Ü 
nierben bürfen, er((i)einen ffienbungen mic ipso jure,-) toto 
die, beffen et fit^ goiij t)c|oiiber§ t)äufig bebieiit,'') bann 
ferner alterum tantuin int Sinne non bQ§ boppeltc,^) 
fundns instnictus, °) piibliei juris,") uno actu,") res do- 
mestiea,'^) ob causas ci\iles et politicas/') modus vivendi'") 
unb in perpetuani rei memoriam.") Snblid) feien t)ier 
norf) angefü'^rt bie von i^m ftatt ber entfptei^etiben beiitft^en 
gebraudjten Sinäbnide non iiquet^-) nitb luce clarius^^) unb 
enb(itf) bie auf baä I)ttmanifttfd)e ^^üalter jurüdge^enbe 
gotmet de rebus omnibus et qiübusdam aliis.") 

SJlit bem juriftifc^en Stubium I)ot tu Siämnrd, roie 
mir Bon i^m felbft miffen, loätirenb feiner ITniDerfitätSseit 
nichts nieniser al§ genau genommen unb naif) bem gliiii= 
Iid)en 33eftel)en ber Slnöfultatorprüfung, bei ber bemnat^ 
alierbingä non ben S'anbibaten bama[§ roirflicl) erfcf(tecfenb 
roenig oerlnngt morben fein mu|, bunioriftiftl) bem 3irger 
barüber Stnsbtuct gegeben, ba§ er in bct einen Söot^e, bie 
er ber Sßorbereitung barauf gcroibmet ijatte, uiel ju niel 
gelernt, b. (). 5)inge getrieben ^abe, nnd) benen iftn niemanb 
fragte, ©igentlid) juriftif^e Oeletirfamfeit ift il)m benn 
au^ aüeäeit fremb geblieben, ja er I)Ot eine geroiffe Sinti: 
pnt^ie gegen fie unb ii)re Vertreter niemals ganj über= 
roinben tonnen. @r meinte gerabeju, it)re bogmatifc^en 



1) ¥olit' SHebeii ®. 307. ■) ©bb. X, S. 247; VI, ®. 14. 
3) ®bb.]I,®.191;VI, ©.413; VII,©.56;1X,©. 13,329,352,393. 
*) ebb. XU, ®. 195. 6) XII, S. 120. fl) ebb. ®. 385. 
^ebb. X, ©. 31. 8) ®bl). VII, ®. 171. 9) ebb. XII, ©. 484. 
10) ebb. V. ®. 387, 391. ") <gbb. IX, ®. 377. ^ ©bb. VI, S. 176. 
'S) ebb.X,S.137. ")ebb.I,®.105;X,301. a3fll.a3flc&manu482. 



— 78 — 

Steigungen unb bie SSorliebe für 2lu§bilbung eine§ ftreng 
logifc^ geglieberten ©qfteni§ l^inberten bie 93eruf§jurifien 
l^äufig bem praftifc^en Seben unbefangen entgegenjutreten 
unb feinen Slnforberungen ptaftifd^ geregt ju werben, '^x 
bie ^eillofe 3^fpi^^^8 ^^^ ^onf(ifte§ jwifc^en Sftegierung 
unb 93oIföt)ertretung, ju beut bie eigentlich dou aßen ©eiten 
afe fac^Iic^ notroenbig anerfannte unb nad^l^er auc^ fo gldnjenb 
bewährte ^eere^reorganifation in ^reu^en ben 2lnla§ gab, 
mad^te er befanntlic^ — unb in geroiffer ^infic^t nid^t ganj 
mit Unred^t — ben @inf(u§ verantwortlich, ben bie im 
2lbgeorbneten^au§ t)er^ältni§mä§ig ftart Dertretenen ^rei^:: 
rid^ter unb überhaupt ©eruf^juriften auf bie SSerl^anblungen 
unb roeiterl^in auf bie Sffial^Iförper ausübten. Sl^nlic^ ^t 
er fpäter feinem Äoltegen, bem Äultu^minifter %alt, unb 
beffen gelehrten juriftif^en SJlitarbeitem unb Beratern bie 
gel^ler ber Äulturtampfgefe^gebung fd^ulb gegeben: ber 
93au ber SJlaigefe^e fc^ien i^m fd^üejjlic^ ju fel^r nac^ 
juriftifc^en 2:]^eorien fonftruiert unb ju menig ben gefd^id^t^ 
lid^ geworbenen SSerl^ältniffen angepaßt, mit benen afö 
gegebenen boc^ nun einmal gerechnet werben muffe. 3)em 
entfprec^enb l^at er ftd^ in rein juriftifd^en gtagen eine§ 
Urtexte aud^ fonft mögüd^ft enthalten unb fte ben g^ac^^ 
männem überlaffen, bie ba aüein fompetent, bann aber 
aud^ t)erantwortIic^ fein foltten. 3)a]^er gel^t ba§, roa§ ftc^ 
bei i^m an Seweifen t)on juriftifd^er 83ilbung finbet, nid^t 
^inau§ über eine 2lnja^l ted^nifd^er Slu^brüdte unb gewiffer, 
jum 2:eil ju Slec^t^fprid^wörtern geworbenen ©ä^e unb 
^Regeln am bem römifc^en Siedet. ®r fprid^t wo^I de lege 
ioronda^'j oon einer lex imperfecta-) unb einer res in- 
tc^ra/j ^at no^ eine Sßorftellung oon ber Sebeutung, 

1) ^;^olit. meben X, (5. 261. 2) @bb. XII, @. 323. 
3) i&bh, VIII, 8. 2G4. 



- .79 - 

weld^e ba§ römifd^e Siecht bem von jebcr fretnben ^au§5 
getoalt unabhängigen pater familias einräumt/) unb fennt 
ben 93egrtff be§ peculium^) al§ ben be§ unantaftbaren 
@igentum§ foroie ben be§ tempus utile, ^) womit im ©egen^ 
fa^ ju bem tempus continuum ber 3ßttit:aum begeid^net mirb, 
bei beffen 93erec^nung billigerroeife bie 3^itteile nic^t in 
Slnfa^ gebracht werben, bie man an ber geric^tlid^en ©eltenb? 
mac^ung feinet Sled^tö gel^inbert mar. ®r benu^t in ber 
2lrgumentation ben ©egenfa^ jroifd^en cum beneficio in- 
ventarii^) unb sine beneficio inventarii^) unb l^ält irgenb 
eine facultas substituendi, irgenb eine SJlöglid^feit, fid^ 
einen aSertreter ju beftellen, für ben Äanjler be§ 9lorb^ 
beutfd^en 93unbe§ unter allen Umftänben für münfdöen^mert^) 
@r l^offt bie bur^ fein ©infd^reiten gegen ben SJlufftanb 
2lrabi'Seq§ in Sgqpten gewonnene Stellung werbe ©ngtanb 
benfi^en, um al§ negotiorum gestor, b. 1^. afö unbeauftragter, 
freiwilliger aSertreter ber europäif^en Qntereffen bie Drb^ 
nung in ben ägqptifd^en g^inanjen aufred^tjuerl^alten.'^) @r 
fprid^t uon einer lis pendens®) unb einem pactum de 
contrahendo^) fowie uon einer culpa lata, einer groben 
g^al^rläffigfeit, bie bei obligatorifd^en SSerl^ältniffen ben ftraf^ 
baren dolus nal^eftel^t/^) Erinnerungen au§ ber römifd^en 
9ied^t§gefc^icä^te fmb 2lu§brüdte wie capitis deminutio für 
bie ©d^mälerung ber bürgerlichen Sled^töf äl^igf eit ^^) unb, 
glebae adscriptus für ben an bie ©d^olle ©ebunbenen ^'^) 



1) (^b)). VII, (S. 138; IX, (S. 241. 2) @bb. IX, ©. 20, 31. 

3) (&ht>. VII, ©. 91, 184, 223. 4) (§ih'0. Ylh ©. 295. 

5) Q^h)), VIII, ©. 275. 6) Q:ht>, III, ©. 261. 

7) »riefe an ©erlad) ©. 214. &\>. XI, (S. 63. 

8) q^rtefe an ©erlad) ©. 371. 9) (§iht). ©. 148. 
10) ^olit. Dieben IX, <B. 31. i^ ®bb. III, <B. 238. 
12) 0. ^ofdiinger, 5lnfpxad)en, ©. 182. 



— 80 — 

unb meint, capite census ju fein brüde ben 93ärger.^) 
®benba]^in gel^ört e§, wenn et einmal etflätt, merbe ein 
l^öl^erer 93eamter jur 3)i§pofition geftettt, fo fei bamit !eine§= 
meg^ eine levis nota üerbunben.^) 2luc^ ben S^erminu§ 
beati possidentes^) mirb man l^ierl^et ted^nen Mnnen, oh 
gleid^ fein tömifd^ ted^tüd^er Urfpmng nic^t ftd^er na^^ 
jumeifen ift.^) ®benfo fielet e§ mit Privilegium odiosum^) 
unb societas leonina/) momit im 2lnfd^Iu§ an bie be^ 
!annte grabet be§ 2lefop uom Söroen unb bem @fel bie 
römifd^en Sted^t^gelel^rten einen aSertrag begeid^neten, bei 
bem aller ©eminn bem einen 2^eil jufällt, ber anbete 
abet allen 9lad^teil auf fid^ ju nel^men ^aU) 2lu§ bem 
gleid^en ©ebanfenfteife ftammt bie 2lnn)enbung be§ ©a^e§ 
„ignorantia legis fc^abet"^) auf biejenigen gtemben, bie 
ol^ne Äenntni§ bet bott geltenben ©efe^e in Slu^lanb Det^ 
feilten, ©igentlid^ fteilid^ tautet et: „juris ignorantiam (im 
©egenfa^ jut ignorantia facti) cuique nocere regula est".^) 
2lu^ ex bono et aequo ^^) ift tömif d^-ted^tlic^en Utfptungg. 
3)utc^au§ geläufig maten 93i§matdE natütlic^ bie dieijtö^ 
fptid^roöttet, bie aud^ in nid^t jutiftifd^en Steifen gang unb 
gäbe ftnb. 93eteit§ bet 93taut gegenübet betuft et fic^ einmal 
auf ba§ „fogat in bet atgmöl^nifd^en Quftij geltenbe ©ptid^^ 
mott: Quivis bonus habetur, donec malus probetur".^^) 
Sl^nlid^ üetmettet et gelegentlid^ ba§ „Audiatur et altera 



1) ^oUt. kleben VIII, ©. 234. 

2) ®hh, VI, (S. 21 ; IX, ©. 158. 3) @t,b. IX, ©. 70. 

4) SBgl »üd)ntann a. a. D. @. 391. &) ^olit. Dieben II, ©. 411. 
6) (§^bh. I, ©. 110. 7) «üd^mann ©. 382. s) «polit. meben III, <B. 135. 
9) S89I. §euntann, SBötterbud^ gu ben Oueöen be§ römtfd^en 
9ied^t§, 7. 2lufl., s. V. 

10) «poUt. Dieben VIII, (5. 95. 

11) »riefe an bie »rant u. ©attin ©. 33. 



— 81 — 

pars"^) uttb in beutfd^er Raffung ben @a^: „^6i)ltaUn 
bürfen nid^t obtrubiert werben",^ fowie begreif lid^erroeife 
öfter „Ultra posse nemo obligatur^ ober tenetur"^) unb 
„Volenti non fit injuria"^) unb fprid^t aud^ t)Ott einer 
„do ut des ^olitif".^) ^ierl^er gel^ört enblid^ ber juriftifd^e 
@rfal^rung§fa^ non bem „tertius gaudens" ober ben „tertii 
gaudentes duobus litigantibus" '') nnb ba§ ciceronianifd^e 
„Summum jus summa injuria".®) 

SQBenn er fid^ aber einmal auf ba§ „qui tacet, consentire 
videtur" bemft,^) fo n)irb er ro6i)l faum gewn^t l^aben, 
ba§ e§ auf bie Stutorität ^apft öonifaj^ Vm. jnrüdEge^t/o) 
unb nielleid^t l^at er aud^ mit bem ©ebraud^ be§ 2tu§brudE§ 
advocatus diaboli^^) nur unmiffentlid^ ba§ ©ebiet be§ fanoni:: 
fd^en 9ied^te§ betreten. 3)iefem entlel^nt er ben junfid^ft im un^^ 
eigentlid^en ©inn gebraud^ten 2tu§brudE non einer 2tppeHation 
a male informato ad melius informandum (nämlid^ papam),^^ 
ben er bann im öeginn be§ Äultur!ampfe§ aud^ in feiner 
mörtüd^en Söebeutung anjumenben 2tnla§ ^atte. ®iefer l^at 
begreiflid^ermeife feinen ©prad^fd^a^ an fojufagen ted^nifd^en 
2tu§brüdEen be§ Äird^enred^t§ aud^ fonft bereid^ert, wie j. 93. 
tolerari posse/^ ba§ er auc^ in übertragenem ©inn jur 
öejeid^nung ber 2lnfid^t gebrandet meldte bie Haltung be§ 
2tu§Ianb§ gegenüber ber neu gefd^affenen SJlad^t ©eutfd^^ 



1) ^olit. meben VII, ©. 65. 2) (^f^t^, i (g. 141. 

3) @bb. II, @. 31; IV, @. 253. ^) @bb. VII, @. 18. 

5) ®bb. XI, (5. 214. 

«) ®bb. X, @. 292, 295, 296, 413. ^%l S8ürf)ttiann ©. 618, 19. 

7) ^olit. fReben XII, ©. 78, 84, 399. 

8) ^olit. fReben I, @. 30. ^gl. Cicero de officüs I, <5. 10. 

9) ^olit. fReben VI, ©. 159. lO) «8ürf)ttiann @. 480. 

11) ^olit. fReben VI, ©. 202. 1^) ®bb. I, ©. 166; VI, ©. 400. 
13) @bb. VIII, @. 292; XI, @. 420; XII, ©. 29, 420. 

$ru^^ SBtSmardiS SBtIbung. 6 



— 82 — 

lanbS befttmmt/) unb ad audiendum verbum (nämlid^ be§ 
^apfte§) feitcnS ber nad^ 9lom befd^iebcnen ^rälaten, mit 
bencn er fid^ üergleid^t infolge be§ an il^n gerid^teten SBer^ 
langend, ben SBer^nblungen ber SReid^^tag^fornmiffionen bei= 
iVLVDO^mxir) ^n äl^nlid^ übertragenem ©inne brandet er 
bie Söejeid^nung „ex cathedra ergangen" oon einer ol^ne 
bie fiebere Orunblage auSreid^enber ©rfal^rungen oom grünen 
%i\6) au§ getroffenen öeftimmnng, roeld^e bnrd^ bie nad^träg^ 
lid^ gemad^ten ©rfa^mngen forrigiert wirb, nnb roenbet ba§ 
2lttribnt „in partibus infidelium" an anf einen Diplomaten, 
ber nid^t in eigentlid^ offijietter gorm beglaubigt ift unb 
beffen ©rllärungen für feine ^Regierungen bal^er nid^t ol^ne 
weitere^ oerbinblic^ fmb.^ 

übrigens ^tte 93i§mardE fd^on längft, namentlid^ im 
(Segenfa^ ju bem SRunbfd^auer ber Äreujjeitung, SubmigS 
oon ©ertad^, bem 93ruber be§ ©enerate, meld^er au§ feinen 
allen ^od^Iird^Iid^en eigenen ©^mpatl^ien für bie fat^olifd^e 
Äird^e lein ^el^I mad^te, in ber „ecclesia militans" einen 
„unjroeifel^aften f^einb" gefeiten, „ber ^reu^en bis auf bie 
©yiftenj felbft als fe^erifd^en SJlipraud^ befämpfe"/) unb 
fie als fotd^eu bem ©eneral gegenüber in einem leibenfd^aft^ 
Kd^en @rgu§ feiner gut proteftantifd^en unb gut preu^ifd^en 
Überjeugung mit unbarm^erjigen SSBorten gefennjeid^net.^) 
^äl^renb beS ÄuIturfampfeS gebrandet er ^ufig SBenbungen, 
bie jur 3^it ^^^ oatifanifd^en ^onjilS unb beS Kampfes 
um bie SSerlünbigung ber päpftlid^en Unfel^lbarleit roeitl^in 
in 2tufnat)me famen, aud^ in einem anberen als bem 
il^nen eigenttid^ innerool^nenben tl^eologifd^en ober fird^en^ 



1) ©ebanfen unb ©rinnerungen II, ©. 176. 

2) ^olxt fReben X, ©. 415. ^%l oben @. 48. 

3) @bb. VII, @. 260. 

4) «riefe an ©erlarf) ©. 108. ^) @bb. ©. 122. 



— 83 - 

red^tlid^en ©inne. @r fprid^t in politifd^cn Singen t)on 
einem „sacrificum intellectus" ^) unb erllärt gegenüber bem 
ablel^nenben SBotum be§ 9leic^§tag§ auf eine non ü)m vertretene 
aSorlage nid^t ol^ne Qronie „laudabiliter me subjicio".'^) 
SÖSenn er jur ßeit, ba ber Äulturfampf am l^eftigften 
entbrannte, bem ©rafen örül^I mit fc^neibenber ©d^ärfe 
norl^ält, bie jefuitifc^en Seigren gipfelten in bem ©a^e: 
„Tyrannum occidere licet",^) fo barf baju baran erinnert 
werben, ba§ biefer ©a^ bereite im Qal^re 1407 nad^ ber 
©rmorbiing be§ ^erjogS Submig t)on Orleans, beren no= 
torifd^er Urheber, fein perfönlid^er unb politifd^er ©egner 
Qoljann t)on 93urgunb, eben um biefer S^at mitten t)on ben 
^arifem al§ ^Befreier gefeiert mürbe, t)on bem franjöfifd^en 
©eiftlid^en <3ean ^etit aufgeftettt, auSfül^rlic^ begrünbet unb 
am 8. 3Äärj 1408 in feierlid^er SBerfammlung t)or ben 
®ro§en be^ franjöfifd^en 9leid^e§ ©erteibigt morben ift, aud^ 
auf bem Äonftanjer Äonjil umftdnblid^e SBerl^anblungen t)er^ 
anlaßt I|at. 2tn bie 2luflöfung ber ©efettfd^aft Qefu burc^ 
^apft ®Iemen§ XIV. im ^oi)xz 1773 fnüpft ber von 93ig^ 
mardf gebraud^te ©a^ an: „Sint, ut sunt, aut non sint"/) 
mit bem befanntlid^ ber bamalige Drben^general jebe Sleform 
be§ Drben§ äurüdfgeroiefen l^aben fott. 

3)e§ großen beutfd^en ©taat§manne§ SBorliebe für bie 
fd^arfe 2tu§prägung be§ ®ebanfen§ im lateinifd^en 2Iu§brudf 
unb ber reid^e Söefi^ an SBenbungen ber 2lrt, ben er fid^ 
auf ber ©d^ule ermorben unb bann von ©erfd^iebenen ©eiten 
l^er bauemb t)ermet)rt l^atte, offenbaren fid^ aud^ in bem 
l^äufigen ©ebraud^ lateinifd^er SÖSörter unb SSBenbungen, bie 
feinem befonberen SSBiffen^gebiete eigentümlid^ jugel^ören unb 
afö ed^te geflügelte SQBorte unter ben oerfd^iebenften Um^ 

1) ^olit dizhm XII, @. 344, 396. 2) @bb. XI, @. 92. 
3) @bb. VI, <B. 265. 4) @bb. V, @. 233. 

6* 



— 84 — 

ftänben angewanbt werben Wnnen. @inb ntand^e von i^neit 
über^upt nid^t fidler auf eine beftimmte Duette äurücfju^ 
fül^ren ober in ber Erinnerung an äl^nlid^e, bie er einft 
gelefen unb gehört l^atte ober bie il^m fonft äufättig auf^ 
geflogen waren, oielleid^t oon i^m felbft erft in bem SCugen^ 
bltd, voo er fte brandete, mit glücflic^em Xatt formuliert 
TOorben, fo geben bod^ gerabe fie namentlich feinen Sieben 
gelegentlich ein ganj befonbereS ©epräge unb laffen un§ 
ftet§ oon neuem erfennen, wie er oon ber l^umaniftifd^en 
©runblage feinet 3)enfen§ nid^t Io§!ommen fonnte, ja nid^t 
lo^fommen wottte, oielmel^r mit einer 2lrt oon SSel^agen 
immer mieber barauf jurildfgriff. @r fprid^t oon ber „iners 
moles" berer, bie aud^ mit Sexten unb ©d^ieben jum 
aWittun bei ber Sleform ber SReid^Sfinaujen nid^t ju 
bewegen fmb, obgleid^ fie babei ju l^elfen berufen mären/) 
meint fc^erjenb, feiner mirtfd^aftlic^en 93eftrebungen wegen 
müßten i^n bie ©ojialbemofraten eigentlid^ al§ ein membrum 
praecipuum anfe^en,^ bel^auptet, ber Sanbwirt fei ba^ 
corpus vile, an bem bie Ferren ©täbter experimentieren 
ju bilrfen glauben/) unb erinnert ftd^, wie il^m afö juriftifc^em 
9leuling, ate ganj grünem 2tu§fuItator, oon einem unfäl^igen 
Siate bie erften ©jperimente in ber Slid^terrotte in ®^e- 
fc^eibung^fad^en gleic^fam wie in corpore vili ju machen 
ttberlaffen worben fei/) 2tud^ (Serlad^ gegenüber gebrandet 
er bie befannte SQBenbung: „Fiat experimentum in corpore 
vili"/) aSon einer il^m unbelannt gebliebenen SSerfttgung, 
bie SBinbtl^orftS ©pürfmn in bem „SSerorbnung^blatt für 
©Ifa^^Sot^ringen" glüdlid^ aufgeftöbert l^atte unb i^m in 
ber Debatte überrafd^enb oorl^ielt/) fprid^t er ate einem 

1) @bb. VII, ©. 30. 2) X, ©. 131. 3) @bb. X, ©. 485. 

^) ®eban!en unb ©rinnerungen I, @. 6. 

^) Söriefe an ©erlarf) ©. 13. «) ^olit. fReben VI, @. 30. 



— 85 — 

^novnm repertum". 5Wad^ breiunbjroanjigia^riger ©rfal^rung 
unb „re bene gesta" meint er ein nta^gebenbeS Urteil be^ 
anfprud^en ju Wnnen barüber, wie üiele 93eamte ju einer 
orbentlid^en ©efd^äft^fül^rung unentbel^rlid^ fmb.^) SBielmel^r 
afö ba§ neue 9leic^ fd^eint il^m infolge be§ ©onbergefül^fö 
ber beutfd^en ©tämme ben ®eutfc^en ba§ ^artifularftaats^ 
benjuJBtfein „in succum et sanguinem" übergegangen ju fein.^) 
®ie il^m oielfad^ nad^gefagte SBerbinbung mit f^erbinanb 
Saffatte oerlad^t er afö eine jeber tatfäc^Iid^en öegrünbung 
entbel^renbe ©rfinbung „in usum einfältiger Seute".^) 8Ba§ 
er 1867 non bem @inf(u§ ber polnifd^en (Seiftlid^feit auf 
bie SBal^Ien in ©rfal^rung gebrad^t l^at, teid^t l^in, um ^^ex 
nngue leonem ju erfennen".^) SBon einem glttdf liefen Qn^ 
faU fomo^I mie non einem gteunbfd^aft^bienft fprid^t er 
lateinifd^ ate einem cusus pro amico.^) @r meint, in ber 
^olitit muffe man ftet§ mit ber vis major rec^nen^) unb 
unterfd^eibet einen locus minoris resistentiae, ber ebenfalls 
in öetrad^t gejogen werben müffe.'^) Qn befonberS emfter 
©tunbe, mäl^renb be§ ^onflifteS mit bem Äronprinjen, 
mamt er feinen mäd^tig erregten Äönig einbringlid^ oor 
jebem @ntfd^Iu§ ab irato/) mie er aud^ mei^, ba§ in 
fold^er ©timmung auf ^erauSforberungen gegebene 2Int= 
morten ben 2:on ber parlamentarifd^en Debatte ju vergiften 
geeignet fmb.^) 3Jlit bem furor teutonicus, ber nad^ feinen 
93eobac^tungen aud^ in ben 93eratungen be§ Sleid^StagS fid^ 



1) ^oUtifd^e Dieben X, ©. 328. 

2) ®bb. VI, ©. 297. «0l. Söüd^ttiann, @. 422. 

3) ^olxt. meben VII, @. 256. ^) @bb. III, ©. 201. 
5) ®bb. VIII, @. 336; XI, ©. 252. 

®) ©ebanfen unb ©rinnerungen I, ©. 61. 

7) r>. ^ofdiinger, 5lnfprad^en, ©. 170. ^) 33ö(. ©. 49. 

«) ^olit. meben VII, ©. 147. 



— 86 — 

gelegcntlid^ betätigt, obgleid) er ba nid^t am ^la^ unb oft 
red^t unbequem ift l^offt er, merbe fein g^einb tDagen e§ 
aufjunel^men.^) 

SleminiSjenjen an feine einfüge lateinifd^e Seitüre ftnb 
bann neben bem lanbläufigen „primus inter pares"^) bie 
2luffd^iebung einer ©ad^e „ad kalendas graecas",^) ber 
„deus ex machina"/) ber Jupiter tonans^) unb ba§ ciceronia^: 
nifd^e „otium cum deginitate",^) fowie ba§ taciteifd^e sine 
ira et studio.'^) ^ierl^er wären femer ju red^nen %x^^ 
brüdfe wie ba§ auf Sit)iu§ jurüdfgel^enbe periculum in mora,^ 
pretium äff ectionis, ^) unb wenn ej: fprid^t uon bem punctum 
saliens/^) uon einer curia posterior^^) unb einem argu- 
mentum ad hominem.^^ @r gebrandet SQBenbungen wie 
per fas et nefas/^) bona fide^^) unb tabula rasa^^) unb 
fprid^t uon ber salus publica, bereu @efe^ it)n bel^errfd^e.^^) 
öefd^Iüffen be§ 9leid^§tag§ gegenüber, mögen fte feinen 
aSorlagen juftimmenb au§faUen ober fie ablel^nen, ift er 
ad utrumque paratus^^) unb will gewiffe 3)inge cum grano 
salis bejubelt fe^en.^^) 5BBenn er fid^ be§ oon ber römifd^en 
^urie fo oft gebraud^ten „non possumus" bebient,^^) l^at 
er gewi§ oon feiner möglid^en Verleitung oon einem bibüfd^en 



1) ^olit. fReben XII, ©. 472. SBgt. o. ^ofrf)xn0er, 3lnfprarf)ett 
191 u. S)ei)n 291. 

2) ^olit. fReben III, @. 251. 

3) @bb. I, ©. 212; VI, (5. 20, 315; XI, @. 169. 

^) (§ihh. VII, (S. 379. 5) ©ebanfen unb ©rinnerurtöen I, <5. 67. 

6) ^olxt. 9^eben X, @. 248. 7) (gbb. VI, @. 132; IX, ©. 37. 

«) IV, @. 164. W' S3üd|ttiantt @. 452. 9) ®bb. VIII, <B. 110. 
10) @bb. IV, @. 26, 272. H) @bb. XII, @. 87. 
12) @bb. VII, @. 250; VIII, ©. 33. i») ®bb. ©. 1, 180. 
1^) ®bb. IV, <B. 7. 15) ®bb. I, ©. 157; II, ©. 30, 35. 
16) ®bb. VIII, ©. 328; IX, ©. 168. i7) @bb. X, @. 408. 
18) ®bb. X, ©. 82. 19) @bb. ©. 302. 



9[ii§bniii (9(pofieIsefi^icf)te (4, 33. 20) feine ffctintniä. ©benfo 
roitb il)m haä nielgeStou^te „viribus unitis",') roeIcf)Eä 
fiaifev granj 3ofepI) uon Cfterreirf) burd) bie „Slüerftöc^fte 
©ntfc^Iiefeung" nom 12. gefiniat 1848 q1§ ^Ißatole für bie 
3iitunft feiner Staaten nulgatt, feinem erfteit ^otfommen 
nat^ pieKeic^t iamn gegemoartig geraefen fein, aiudj luirb 
man sroeifeln bürfen, ob bet fpäter&in oon il)m in ben 
foäialpolitifc^en Debatten oft angemanbte 9tii§briiii non bet 
„mieera pleba contribuens""'} loirfltcf) auf bie bafür an= 
genommene ungatifd)e Queüe äurürfgefit'') ober nid]t ütel= 
inel)r mit feinen Iiorasifdicn (ärinnetungen in Sßerbinbung 
ju bringen ift.^} 

Seljr gro§ ift bie Qai)i bet ©entengen, ©prid)HJörfer 
unb fptii^roöttlit^en ^ieben^arten in lateinifi^et ©pra(i^e 
unb römifc^en Utfprnngö, benen roic in Säiämardä Seben 
begegnen. 3)ie ©d)IagfertigEeit, bie er in i^rem ©ebraui^e 
beroetft, unb bie 3(rt, icie et iftnen im ^luffe bet 9tebe 
ge(egenttid) eine befonbere 'rßebeutung unterlegt, bie von ber 
geroö^nlic^ bamit oetbnnbenen abrocic^t, (egen 3™9iii§ ab 
ton ber au6erorbentIid}en ©ic^er^eit, mit ber er andj biefeS 
Oebiet be^ertfc^te, foroeit e§ »on bem gerabe be^anbetten 
©egenftanb entfernt f,u fein fdjeint. ^i^eilid) roirb il)m bie 
§er!unft biefer fo mirffam »errocnbetcn Sdjlagroorte im 
Stugenblide i^teä ©ebtauctieS nur auSna^mäioeife gegen= 
inartig geraefen fein: für geroö£)nlti^ greift er babei in 
glürfli^er Sinp^^oüifation in ben reid)en ©d)a^ ber ge:; 
ffügelten Sffiotte, raeldieu ba§ beutfdje fßolt in ber non i^m 
burt^meffenen langen Sdjutung burd) ba§ tömifdje @eifteä= 
leben auä beffen ®enfmä(ern entnommen unb fic^ ju eigen 
gemocht ^at. So bejeit^net aud) et einen möglidjerraeife 

1) ^olit. SReben IV, ©. 210. ^ ®bb. VI, S. 271. 
3) SBüc^raann ®. 492. *) SßflL §otaj Satiren I, «, Kl. 



— 88 — 

brol^enben 3)lontent briitgenbfter Oefal^r mit „Hannibal ante 
portas"^) in ber üblid^ geworbenen unrid^tigen gorm ftatl 
ad portas,^ unb boS l^artnädige Söel^arren bei einer 2Infid^t 
unb beren immer erneute^ SBorbringen anc^ bei unpaffenben 
©elegenl^eiten burd^ ba§ fatonifd^e „ceterum censeo".^) 
2ll§ ^einrid^ oon ©agern bie 3)arlegnng feiner abweid^enben 
|)oIitifd^en 2tnfid^ten mit geringfd^ä^igem ©d^meigen beant^ 
mortete unb e§ für unter feiner 833ürbe ju l^alten fc^ien, 
fic^ auf eine 3)i§fuffion barüber einjulaffen, erfc^ien er 93i§^ 
mardE noc^ in ber ©rinnerung mie eine SBerförperung be§ 
„Roma locuta est".^) 3)a§ bie§ oft gebraud^te ©d^Iagroort 
auf ben Äirc^enoater 2tuguftinu§ jurfidfgel^t^) bürfte i^m 
babei freiließ nid^t gegenwärtig geroefen fein. 3)en Äaifer 
f^erbinanb 1. (1550—1564) jugefd^riebenen SÖSa^Ifpruc^ : 
„Fiat justitia et pereat mundus"^) oariiert er in einer 
bitteren ^riti! ber bie öffentlid^e SBBol^Ifal^rt fd^äbigenben 
politifc^en SSerbiffenl^eit ber Parteien ironifd^ in ben 9luf: 
„Vivat fractio, pereat mundus".'') 3)a§ befannte „variatio 
delectat®) (rid^tiger varietas delectat), mie römifd^e 2lutoren 
ein aSBort be§ @uripibe§ gefaxt ^aben, gebraucht er ge^ 
legentlic^ aud^ in ber freien beutfd^en Oberfe^ung: „Slb^ 
med^flung ift bie ©eele be§ Seben^".^) 3)a§ befannte „bis 
dat, qui cito dat"^^) menbet er fo an, ba§ er fagt: „qui 
non cito dat", ber fd^öbigt unfere gange aSolföwol^Ifa^rt in 
l^ol^em Orabe.^^) 3)a§ unferm „©c^ufter bleib bei beinem 



1) ^olit. fReben XII, @. 212. 2) $8ürf)ttiann ©. 419. 

3) ^olit. fReben IV, @. 255 

^) ©ebanfen unb ©rinnerungen I, @. 67. ^) ^ürf)ttiann ©. 476. 

6) ®bb. @. 562. 7) spolit. fReben X, @. 133. 

8) @bb. X, @. 484. 

9) «riefe an bie Söraut u. ©atttn @. 436. Sögl. «8ürf)ttiann ©. 390. 
^0) ^olit. Dieben V, @. 108. n) (§ihh. VIII, @. 32. 



— 89 — 

Seiften" entfprec^enbe lateinifc^e „ne sutor ultra crepidam" ^) 
jitiert aud^ er mit bem unrid^tigen, aber allgemein üblichen 
ultra ftatt supra.^) ^äufig begegnen mir bei i^m he^ 
greiflid^ermeife ber SWal^nung „principiis obsta"^) t)on 
mel(^er bie meiften, bie fid^ il^rer bebienen, fo menig mie 
er fid^ erinnern merben, ba§ fie urfprünglid^ von Dt)ib in 
bejug auf bie Siebe gebrandet morben ift bie fic^ nur in 
il^ren 2lnfängen erfolgreid^ beMmpfen laffe.*) SBBieberl^olt 
gibt er feinen politifd^en (Segnem fd^ulb, im Kampfe gegen 
i^n nac^ ber Siegel ju ^anbeln: „Calmuniare audacter, 
semper aliquid haeret".^) 3)en ©ojialiften mad^t er pm 
aSormurf, ben befi^enben Älaffen gegenüber ©erfül^ren jte 
nad^ bem ©runbfa^ : „Divide et impera",^) ber Submig XI. 
t)on granfreid^ (1463—1483) ben roiberfpenftigen ®ro§en 
feinet Sanbe^ gegenüber geleitet l^aben foU.'^) Qu biefelbe 
©ruppe 93i§mardE geläufiger lateinifd^er ©entenjen gepren 
nod^ „de mortuis nil nisi bene";®) „vox populi, vox 
Dei"^) unb ba§ boc^ mo^l ftd^er auf c^riftlid^en Urfprung 
jurücfjufüljrenbe „mors janua vitae".^^) 2lud^ „nomina 
sunt odiosa" gel^ört ^ierl^er.^^) Seopolb t)on ©erlad^ gegen^ 
über beruft er fxd^ einmal auf ben feiner ^erlunft nad^ 
nic^t nad^mei^baren ©runbfa^ „quod ab initio vitiosum, 
lapsu temporis convalescere nequit".^'^) ©elegentlid^ nimmt 
er aud^ öegug auf ba§ angeblid^ t)on ^aifer Sotl^ar I. 

1) ^olit. Dieben XII, <B. 320. 2) «öüd^mann @. 497, 98. 

3) ^olit. Dieben III, ©. 390; IV, @. 117; V, <5. 300. 

4) «üd^mann ©. 454. 

5) ^oUt. Dieben VIII, <B. 116; X, @. 355. «riefe an ®erla^ 
©. 111. 

6) ^olit. Dieben XI, (5. 31. 7) «öüd^mann @. 519. 
8) ^olit. Dieben X, <B. 15, 22. 9) @bb. I, @. 130. 

10) @bb. IV, (S. 326. 11) @bb. VIII, @. 256. 
12) Söxiefe an ®erla^ @. 327. 



— 90 — 

(795 — 855) ftammenbe SDBort: „Tempora mutantur, nos et 
mutamur in illis".^) 2)em Slbgcorbnetcn Slidert mad^t er 
einmal in ber S)ebatte ben aSorrourf, ju feiner Oberrafd^ung 
ftel^e er auf bem öoben be§ „si fecisti, nega".^) 9ta4 
bem ©prud^ „fata trahunt", ben er in „officium trahit" 
variiert verlangt er in betreff ber ^eranjie-^ung ju ben 
Seiftungen für bie aSoIföfc^uIe eine flare gefe^Iid^e ^Regelung, 
roeld^e bie aSerteilung ber Saften unabl^ängig mad^t von 
ber größeren unb geringeren 93ittigfeit be^ jebe^mafigen 
Äultu^ntinifter^,^) ber burd^ feinen 2tmt§eifer bod^ leidet ju 
Ungered^tigfeiten verleitet werben fönne. ^n ba§ ,,@ebenl^ 
bud^ be§ Krieges 1870—71 unb bie 9lufrid^tung be§ beutfd^en 
9leid^e§" (9tümberg, ©olbau 1873) jeid^nete er ben ©prud^ 
ein: „Fert unda nee regitur*'^) 

2tuc^ lateinifd^e ©prüd^e nid^t röntifd^en Urfprung§ 
mac^t er fic^ mit üielem ©lüdE ju eigen, mie 5. 93. bie ^n^ 
fd^rift, meldte bie alten franjöfifd^en ©efd^ü^e trugen: „Nee 
pluribus impar"^) unb: „Vexilla regis prodeunt", ba§ 
angeblid^ auf polnifd^en 93raud^ jurüdEgel^t.^) SDBäl^renb er 
einft im 93eginn ber ftaat^männifd^en Saufbal^n, bie fic^ 
ungefud^t vox il^m auftat unb in bie er ol^ne grojse ©r? 
Wartungen unb ol^ne eigentlid^en S^rgeij eintrat, Seopolb 
t)on ©erlad^ gegenüber offen befannte, er fei nid^t ein leiben? 
fd^aftlidf)er2ln]^änger ber3)et)ife „aliis serviendo consumor",'^) 
burfte er fpäter mit 9led^t oon fid^ fagen „patriae inserviendo 
consumor".®) 



1) ^olit. Sieben VI, @. 70 ; XII, ©. 334. «gl. «ürf)ttiann @. 556. 

2) ^oUt. fReben X, ©. 269. 

3) @bb. XII, ©. 325. 4) «öigmarcf 3ai)rbud^ III, @. 394. 

5) V. ^ofd^inger, ^olit. «Hnfprad^en ©. 323. 

6) ^olit. meben IV, ©. 116; XI, @. 433. 

7) Söriefe an ®erla^ <5. 41. s) ?poat. meben VIII, @. 250. 



— 91 — 

SBirb e§ bei ber 2)ie^räat)[ bet f)tcr iufanimensefteUtcu 
lateiitilc^cn 3itate, mie fie fid) iminentüd) in feinen 3}eben 
ftnben, äroeifell)aft bleiben, ob SiämatcE, iiibem er fie 
gebrani^te, fid) i^rer ^ctfunft itnb beä Sufamntenliangeg 
beraubt mar, in ben fie eigentlirfj geböten, Ijat er uielmeljc 
roo^l bie meiften geroiffetmaBen olä Formeln ober Sigleii 
benutzt, bie feinem ©ebanten befonber§ treffenb unb mx- 
ftänbtic^er 3iu§brurf gaben, afö er ba§ oiigenblictlid) in 
fetner SJhittecfpradje geEonnt Ijätte, fo roar it)m bod) and) 
noc^ au§ bet Seftiire ber rÖmifd)en ®id)ter auf bec (B(^ule 
manche ©teile fo feft im ©ebäi^tniä geblieben, ba§ fie i!)m 
im 5euer ber Siebe ungefud)t auf bie Sippen lam, nament: 
li^ natürtii^, loo el fid) um füld)e fianbette, bie überhaupt 
bäuftg angefüt)rt roerben unb ju geflögelten SSorten ge= 
roorben finb. Sä entfpridjt ber @rünbli(^feit, mit ber er 
ftd) einft mit ben Sidjtungen be§ §otaj befc^Öftigt ^at,^) 
ba§ er babei befonberS ^ufig gerabe auf biefe äurütJgreift. 
So rebet er non bem ..profannm vul^us" (Oben III, 1, 1),-) 
jitiert ,.post equitera sedet atra cura" (Oben HI, 1, 40),'') 
nennt feinen fioHegen, ben j^nanäminifter, einen ,.\Tr tenax 
propositi" (Oben IE, 3, !),■•) bellogt ben „civiura ardor 
prava jubentinm" (Oben III. 3, 2)/') unb finbet fic^ mit 
ber Slbk^nung einer Sßorlage be^ 9iei^§tage§ gebulbig ab, 
inbem er fie nic^t fo tragifd) nimmt, al§ ..si fractus 
illabatur orbis" (Oben 1!I, 3, 7).") 5E)ie ^Blamage, roeldje 
na{^ feiner Sluffaffung ber gortf^rittgpartei in i()ren ^ox- 
^erfagungen unb in i[)rer patriotifdjen Haltung begegnet ift, 
fi^offt für iE|n tein 9iabiergummi fort, fie ift ,.aere percnnius" 



1) ©bI. @. 15. 3) qjotit. SKeben lÜ, ©. 370. 

3) ebb. VII, s. 419. *) ebb. xii, s. 301. 

») Ebb. V, @. 330; X, ©. 270. «) ®bb. X, 



— 92 — 

(Oben m, 30, 1).^) 2)ic ^errfd^aft ber SRebner in ftaafc 
lid^en unb ftäbtifc^en 2tngclcgcnl^citen berul^t nac^ feiner 
2tnftc^t weniger in il^rem SSermögen, bie ^örer ju über? 
jeugen, afe in ber ©c^eu biefer, fid^, inbem fie ben 3Jlunb 
bagegen auftun, einer öffentlichen 3^^ß^tn)eifung burd^ fie 
au^jufe^en: fie fd^weigen „metuentes verbera linguae, n)ie 
e§ im ^oraj ^ei§t" (Oben in, 12, 23).2) Slad^ bem aSor^ 
gange be§ römifc^en S)id^ter§ fprid^t er non bemjenigen, 
ber im ©d^meijse feine§ 2tngefid^te§ paterna rura bearbeitet 
(Spoben 2, 1),^) eifert aud^ auf politifd^em ©ebiete gegen 
ba§ ©d^mören „in verba magistri" (©pifteln I, 1, 14)'^) 
unb fennt eine Älaffe t)on Seuteh, bie nur „fruges consumere 
nati" (©pifteln I, 1, 27) ju fein fd^einen.^) @benfaU§ au§ 
^oraj entlel^nt er „vestigia terrent" (Spifteln I, 1, 74)^) 
foroie: „peccatur intra muros et extra" (Spifteln I, 2, 16).'^) 
Sine öefferung be§ l^eftigen %om§, ber, mie er flagt, burd^ ba§ 
3entrum unb namentlid^ ben 2Ibgeorbneten t)on ©d^orlemer in 
ben parlamentarifd^en Debatten jur ^errfd^aft gebrad^t morben 
ift, magt er nid^t ju l^offen im ^inblidE auf ba§ ^oragifc^e 
„naturam furca expellas" (Spifteln I, 10, 24),®) voo e§ bann 
weiter l^ei^t „tarnen usque recurret". 3)en gleid^en ®e^ 
banfen brüdtt er ein anbere^ 3Äal^) etma^ mobifijiert beutfd^ 
au§ mit ben SDBorten: „2)ie Suft änbert bie 2tnfic^ten, bie 
SJleinungen, aud^ bie Seibenfd^aften nid^t", in (Erinnerung 
an ba^ SSBort be§ ^oraj: „Caelum, non animum mutant, 
qui trans mare curmnt" (@pifte(n 1, 11, 29). 2)a§ ^orajifd^e 



1) ^olxt. 9^eben X, ©. 126. 2) @bb. IX, @. 55. 

3) @bb. VIII, (S. 19. 

4) @bb. VII, (5. 143; IX, ©. 139; XI, ©. 104. 
ö) @bb. V, @. 308; IX, ©. 77, 231; X, @, 370. 

6) @bb. X, (5. 275. 7) @bb. VIII, @. 337; X, @. 207. 
8) @bb. VII, (S. 148. 9) ^hh. VI, ©. 170. 



„Quidquid dclirant reges, plcctuntur Achivi'' (Satiren II, 
2, 13) inenbet et in feinem legten 3:eil auc^ an auf bie 
Slai^teile, rodele tem bentfc(|en 33oIte aü§ bei Sltileljnung 
ber Sßortagra bev 9teicf)§tegierung butc^ ben Sieit^sitas er:= 
n)Q(^fcn.M 

Stuc^ flu^ bet ©efdjnftigung mit ^BergiUusi fmb non 
feinet S^utjeit ^et SSi^matd Stellen au§ beffcn SBetfen 
in ©rinnetung geblieben, bie foitft nid)t gerabe ju ben 
geflügelten Söorten getjüten. 3luf bie tielen fd)roeten bireften 
unb inbiteften Sßonoürfe äu antmotten, bie, roie et fagt, bet 
SIbgeotbnete ®itgen Süi^tct gegen fein ganjeä Sßotleben ju 
ergeben einmal fiic gut fanb, erflätt et nii^t bie ^eit unb 
ni(^t ben Sltem m ^aben, inbem er eine befannte ©teile 
aus be§ römifc^en ^oeten §ittengebi(^ten (gelogen 1, 16) 
obänbett in ,.Deus nobis liaec otia non fecit"."^) 33a§ 
betannte „Latet anguis in herba" (gelogen 3, 93) fö^tt 
auc^ et mit bem ©etmaniSmuä sub berba an.^) ^n einem 
S5riefe an ©erloc^*) gebraust er ba§ ^.Arcadea ambo" au§ 
einem SSergilift^en ^irtengebic^te (gelogen 7, 4). SBenn er 
baS betannte bto^enbc ,.Quoa ogo" (Sleneiä 1, 135), mit 
bem 3ieptun bie tofenben 3Binbe beft^roic^tigt, gelegentlid) 
aniuenbet,^) tann er ba§ mo^l auc^ roie mit jebem anbeni 
geflügelten 9Bort tun, oline fid) bet betteffenben Stelle bei 
SSergit in i^rem äwffinmenl^ange ju erinnern, ebenfo roie 
bei bem fo ^äufig aTigefül)tten „Diseite moniti",") in ba§ 
et ben oft jitierten Sßergilifc^en SßerS: „Discite justiciam 
moniti et non temnere divos" (5!tenei§ I, 620) gufammenj 
iiet)t. 9lud) fonft finben fid) bei i^m aSergilif^e SfteminiS: 

'] fnlit iRehen IIl, S. 136; X, S. &3, 303. 

^ e6b. X], S. 93. 5) ebb. X. S. 202; XI, S. 254. 

*) SBriefe an &nlttd) S. 301. s) ^olit. fReben VII, S. 102, 267. 

«) ©bb, \TI, S. 268. 



— 94 - 

jenjen. 2Iu§ ber ©inleitung jur 2tenei§ j. 93. tDenbct er 
ba§ befannte „Quantae molis erat Romanam condere 
gentem" (2tenei§ I, 33) an auf bie SJlül^e, bie i^n bic 
©rl^altung guter SSegiel^ungeu jum 2tu§Iaube tDäl^renb ber 
25 Qal^re feiueS aWinifteriunt^ gefoftet -^at, uub wirft ein- 
mal bem gteil^erm t)on ^ertling bei einer 2lnfpielung auf 
ältere SSorgänge ba§ SDBort be§ 2tettea§ an bie Äart^gifd^e 
Königin ein: „Infandum renovare dolorem" (Slenei^ü, 1).^) 
S8ei ben SSerl^anblungen über bie @int)erleibung be§ von 
Öfterreid^ ^reu^en ilbertaffenen Sauenburg benu^t er gegen^ 
über ben üerbäd^tigenben öebenfen be§ 2lbgeorbneten aSird^ow 
ba§ t)on bem römifd^en 3)id^ter bem fc^arffid^tigen Saofoon 
in ben SÄunb gelegte „timeo Danaos" (2tenei§ n, 49) ju 
ber öemerfung, ber Ä'önig t)on ^reujsen unb feine SUlinifter 
feien feine S)anai.^) ©egen benfelben 2lbgeorbneten, ber 
il^n mit feiner ^olitif afö glei(^fam bem 93öfen verfallen 
barfteüte unb il^m öorl^erfagte, t)on biefem merbe er nun 
niemate mieber lo^fommen fönnen, fud^t er ben ©tanbpunft 
ju bem er fid^ in ber aSertretung ^reuj3en§ in ber ©c^Ie^roig:: 
^olfteinfd^en 3^age burd^ bie Dppofition ber ^ammermel^r^ 
l^eit genötigt gefe-^en l^abe (21. :3[anuar 1864), flar ju mad^en 
burd^ bie 93erufung auf ba§ 5BBort SSergifö: „Flectere si 
nequeo superos, Acheranta movebo" (2lenei§ Vn, 312).^) 
aSBenn 93i§mardf gelegentlid^ aud^ Sefanntfd^aft mit 
ben Satiren be§ ^uoenal ©errät fö mirb man barau§ mol^I 
faum fd^IieJBen bürfen, er ^be biefe gelefen, jumal e§ fic^ 
babei um bie Slnfül^rung non ©teÜen l^anbelt, bie fo 
burd^au§ ju geflügelten SBorten geworben ftnb, ba§ fie il^m 
auc^ ol^ne bie unmittelbare Seftüre biefe§ auf ben ©deuten 
f(^on bamatg nid^t gelefenen 3)id^ter§ befannt unb geläufig 

1) r>, ^ofd^inger, SöiSmarcf u. bie Parlamentarier I, @. 318. 

2) ^olxt. fReben IV, @. 6 ; VI, <B. 377. 3) @bb. II, ©. 261. 



— 95 — 

geworben fein fönnen. 3)a§ wirb namentlid^ anjunel^men 
fein t)on bem l^äufig benu^ten: „Sic volo, sie jubeo, sit 
pro ratione voluntas" (Quöenal, ©atiren VI, 233), weld^e^ 
anä) er mit bem ungenaue stat für sit anfül^rt.^) ©benfo 
wirb e§ fic^ mit ber befannten fprid^roörtUd^en Sleben^art 
üerl^alten t)on bem unangenel^men grünblid^en SD3ieberauf=: 
wärmen alten ^6t)U im ©inne eine§ immer erneuten 3Sor= 
bringeng alter abgetaner ©efd^id^ten,^) weld^e, ganj, DoltS^ 
tümtic^ geworben, bod^ auf einen glüdlid^en 2tu§bru(f Quoenafö 
jurücfge^t.^) (Gegenüber ben ^e^ereien ber 3^^trum§preffe, 
weld^e burd^ ftet§ erneute klagen über ben ^ulturfampf 
biefen bod^ immer nur l^eftiger ju entflammen beftrebt fei, 
oerweift er afö auf „ein alte§ abgebraud^te^ ©leid^ni^" auf 
ben juüenalifd^en 95er§: „Quis tulerit Gracchos de seditione 
querentes" (Satiren 11, 24).^) 

Sl^nlid^ werben fid^ einige anbere Söejugnal^men auf 
üielbenu^te Sd^Iagwörter au§ anberen römif^en 2lutoren 
erflären, beren ^enntni^ Söi^mardt fid^ faum an ber Duette 
erworben -^aben bürfte unb oon benen man balier jweifetn 
mag, ob er il^re ^erfunft überl^aupt gefannt t)at. ^mxmx^ 
))m geigen aud^ fte, wie ganj er in ber 2)enfweife be§ 
fiaffifd^en SRömertumig l^eimifd^ unb wie geläufig it)m beffen 
2lu§brudf§weife war. 93ei bem ©ebraud^e be§ 93ilbe§ oon 
bem 2:ropfen, ber ben ©tein W^lt,^) I|at er fid^erlid^ baoon 
nid^t bie alte lateinifd^e f^affung gelaunt, bie bem 95erfe 
eine§ gried^ifd^en S)id^ter§ gegeben ift, unb oon il^rem SBor^ 
lommen bei Doib (ex Ponte IV, 10, 5)^) feine Äenntni^ 



1) Sörtefe an ©erlad^ (S. 14. ^^olit. kleben I, ©. 187; II, ©. 
302; IX, @. 363; XII, <B. 307. 

2) @bb. X, 123. 3) Söü^niann a. a. O. ©. 468, 69. 
4) ^olit. kleben XI, ©. 287. &) @bb. IX, <B. 189. 
6) «ürf)tnann <B. 392. 



— 96 — 

gcl^abt. S^nli^ tuirb c§ tuol^I bcftcttt fein mit ber fo Diel 
angeführten ©entenj au§ ^ropex^: (©arm. n, 10, 7) „In 
magnis voluisse sat est", bie er au^ in magnum voluisse 
änbert,^) mie mit bem Doibif^en (SWetamorpl^ofen I, 7) 
„rudis indigestaque moles"^ unb mit bem au§ einer 
Slefopif^en gabel ftammenben „Hie Rhodus, hie salta".^) 
aSon ben römif^en Äomöbienbi^tem fennt 93i^mard ^Iautii§ 
ate ben aSerfaffer be§ Miles gloriosus^) unb benu^t au§ 
beffen Poenulus (I, 2), ben er fidler au^ ni^t gelefen l^at, 
ba§ geflügelte SBort „operam et oleum perdidi".^) 3)a§ 
gleite SJerl^ältniS maltet mol^I ob, menn er bie au§ be§ 
S^erenj 2lnbria (ü, 1) l^errül^renbe SBenbung fi^ aneignet: 
„Interim fit aliqnid".^) 

1) ^oUt. Sieben, VIII @. 403; X, @. 64. ^ »tiefe an ©erlad^. 
3) [RoUt. Sieben X, @. 266. ^) »riefe an ©crlad^ @. 172; 
«Polit. SRcben XII, @. 192. 

5) ^olit. SRcbcn X, @. 383. «) @bb. IX, @. 362; X, ©. 460. 



IV. 

S3i8marrf8 SSerpItntS jur beutfd^en Stteratur, 
befonberS ju ben beutfd^en Älaffifern. 

Qn bcr aJlorgcnfrül^e be§ 9. SWiärj 1888 l^attc Äaifer 
SQäill^clm fein reid^gefcgnetcS Scben gef^toffen. ajlittag§ 
erfd^ien g^firft 93i§mard im 9leid^§tag, ben nad^ 93eenbigung 
feiner Slrbeiten ju fd^Iiej^en il^n feinet geliebten ^errn te^te, 
bereite mit jittember ^anb untet^eid^nete Drbre bet)olt= 
mdd^tigt ^tte, nm, bi§ in bie 2:iefe feinet gemaltigen 
9Q3efen§ tdoxi ©d^merj erfd^üttert, ben aSertretem be§ beutfd^en 
aSoIfe^ amtlid^ t)on bem SJerlufte aJiitteitung ju mad^en, 
ber ba§ SSatertanb mit bem Eingang be§ (5meuerer§ ber 
beutfd^en Äaifermürbe getroffen l^atte. @r tjerjid^tete barauf, 
t)on ber amtlid^en ©teile au§, auf ber er ba ftanb, ben 
perfönlid^en ©effil^ten Slu^brudE ju geben, mit meldten i^n 
ba§ ^infd^eiben feinet ^erm erffillte: e§ fei, meinte er, 
baju um fo weniger ein 93ebürfni§, at§ bie Smpfinbungen, 
bie i^n bewegten, in bem ^erjen eine§ jeben ®eutfc^en 
lebten.^) 9Ba§ in il^m tJorging, menn er an biefem 2^age 
auf ben ä^it^^wm t)on meljr atö einem SSiertetjal^r^nbert 
jurüdEblidte, ben er afö erfter Berater neben bem ^eim^: 
gegangenen geftanben l^atte, unb ftd^ tjergegenmörtigte, ma§ 

1) ^olit. SRebcn XII, @. 479, 80. 



— 98 — 

er, Don bcffen nie t)erfagenbem SSertrauen getragen, mit 
i^m gemeinfam l^atte fd^affen fönnen, wirb man fi^ f^mer^ 
li^ Doltfommen tjergegenmärtigen fönnen: angefid^t^ ber 
befonberen Umftänbe, unter benen biefer erfte 2:^ronme^feI 
im beutfd^en Sleic^e erfolgte, unb ber büfteren SBoIfen, bie 
glei^ bie näd^fte ä^ft^^ft bebedten, l^ätte i^n, fo möd^te 
man meinen, beinal^e ba§ bange ©efül^I anmanbeln fönnen, 
ate feien nun aud^ bie biSl^er fo unerfd^ütterlid^ fd^einenben 
©runbtagnn feinet eigenen @ein§ in§ SBanfen gefommen 
unb t)on weiteren folgenfd^meren (Srfd^fitterungen bebrol^t. 
Slber aud^ in jenen ©tunben be§ tiefften @d^merje§ fe^te 
er aUtß ^erfönlid^e l^intenan unb gel^örte ganj unb oor^ 
be!^attIo§ bem S)ienfte be§ 9SaterIanbe§, ba§ gerabe je^t 
feiner bemäl^rten ^raft bringenber benn je beburfte. S)em 
gab er, mie bamafö gtaubmürbig berid^tet mürbe, bei ber 
^Begegnung mit bem ©rafen 3Jlottfe, ju bem er feit ben 
2^agen t)on aSerfaiUe^ in feinem befonber^ freunbtid^en SSer^ 
]^filtni§ mel^r ftanb, in ber t^m eigenen treffenben SBeife 
Slu^brud burd^ ein QUat au§ ©d^iUerS „S)ie ^iccotomini" 
(I. Slft, 4. ©jene): 

„^c§ 2)icnftc§ immer glctd^ geftcUtc Ul^r 
§(llt mtd^ nod) aufrcd)t/' 

§at er baburd^ biefe§ SBort be§ S)id^ter§, ba§ nad^ 
bem 3iif^wtmen!^ang, in bem e§ tjorfommt, eine befonbere 
SBebeutung bod^ faum beanfpruc^en fann, ju einem ge^ 
ftügelten gemai^t, ba e§ nun für alte 3^it ^it ^i^^^ 
groJBen gefc^id^tlid^en SJloment tjerbunben aud^ bei fpäteren 
©enerationen fortleben mirb, fo l^at er gteii^jeitig ju ber 
Äenntni§ ber SJlomente, bie oon ber ©eite feiner allgemeinen 
SBilbung l^er in ©tunben befonberer (Srregung i^m felbft 
unbemu^t bei i^m auf ^erj unb ®eift beftimmenb ein^ 
mirften, baburd^ einen lel^rreid^en Seitrag geliefert, baj3 er 



— 99 — 

bie fein ;3ttncre§ burd^roogctibeu ©efü^Ie getabc bamafö in 
einer SBeife jum 2Iu§brud ju bringen Dermod^te, welche 
jeigt, wie ^eimifc^ er in ber flaffif^en Siteratnr feines 
aSoIfeS war nnb wie beren ^auptroerfe il^m roirflid^ in 
5teif^ unb 93tut übergegangen waren. 

S)a§ wirb freilid^ benjenigen faum überrafd^en, ber 
biefer ©eite in bem ®eifte§Ieben be§ @iniger§ S)entfc^Ianb§ 
einmal genauer nad^gegangen ift, jumal wenn er wei§, 
einen wie breiten 9laum bie ©ef^äftigung mit ben beutfd^en 
Älafftfem bei il^m nic^t bIo§ in ber ©d^utjeit eingenommen 
^at, fonbem wie er auc^ nod^ bi§ in fein fpäteS 2IIter tro^ 
ber Saft ber ©efd^dfte immer wieber ju il^r jurüdgefel^rt 
ift. bereits bem ©reijel^njiä^rigen würbe (SBeil^nad^ten 1828) 
nad^gerü^mt, fein glei§ im S)eutfd^en jeuge oon SSerftänbigfeit 
unb ©orgfatt, bann (Dftem 1829), er fei mit 2lnftrengung 
bewiefen unb befonberS im beutfd^en @tit feien feine S^rt^ 
fd^ritte wol^t bewerft. (Sin anbereS SJlat wirb il^m bejeugt, 
ber puSüd^e g^tei^ in ben beutfd^en 2Irbeiten laffe Siebe 
jur ©ac^e erfennen, unb bemgemä^ fonnte il^m benn auc^ 
fd^tte^Uc^ beim 2Ibgange jur Unioerfität gerabe in biefem 
Unterric^tSgegenftanbe „eine fel^r erfreulii^e ©ewanbt^eit" 
juerfannt werben. 

©c^on ba§ fe^t bei einem Jüngling in bem bamafö 
t)on 93i§mardE erreichten 2Kter unb bei ber il^m eigenen 
©elbftänbigfeit be§ ©trebenS eine umfaffenbe unb grünblid^e 
S3elefen^eit in ben il^m burd^ bie ©c^ule vermittelten SBerfen 
unferer Ätafftfer DorauS, t)on wo au§ fein ;3^tereffe fid) 
bann leidet aud^ ben beften ber neu auffommenben jeit^ 
genöffifd^en Slutoren juwenben fonnte. S)emgemä§ l^at '^i^^ 
raaxd felbft einmal auSbrüdtlid^ erfldrt:^) „Slud^ für ©oetl^eS 



V, ^of^inger, Sttfd)9cfprdd)C I, @. 172. 



— 100 — 

©cbic^te l^abe xä) Don ^ugenb an md ©c^tDärmerei gel^abt . . . 
awä) ©c^iUer, U^tanb, ©l^amiffo ift mein ©cfd^mad treu 
geblieben." ®o^ fd)liej3t ba§ ni^t au§, ba§ er in feiner 
©turm^ unb S)rangperiobe, wo er nai} einem tjerroegenen 
SBort, ba§ i^m t)on feinen ©egnern aud) in fpäteren S^agen 
nodE) oft Dorge^atten roorben ift, bie großen ©täbte t)om 
©rbboben tjertitgt ju feigen roünfd^te, au(^ geroiffen SRid^- 
tungen ber jeitgenöffifd)en ßiteratur gegenüber in ©tunben 
be§ Unmuts äl^nlid^ rabifale ©elfifte in ftc^ aufzeigen füllte 
unb mit ber il^m eigenen überftüt^ten Dffenl^erjigfeit au^- 
fprad^, mie fie nad^ einer befannten, l^iftorifd^ aber un^ 
begrünbeten Überlieferung ben Ä^alifen Dmar jur SSemid^- 
tung ber in Slleyanbria aufgel^äuften 93üc^erfc^ä^e tjeranla^t 
l^aben foUen. @r glaubte fein anbereS aJiittel finben ju 
fönnen, um ben politifd^ entfittlid^enben SBirfungen erfolge: 
reid^ entgegenzutreten, bie nad^ feiner Slnfic^t bat)on aug- 
gingen, ©o fd)reibt er am 6. ^uni 1850 im ^inblidE auf 
bie Unfäl^igfeit ber Beamten jur erfolgreichen übermad^ung 
ber treffe :^) „^6) fann nid^t leugnen, ba§ mir einige ^l^alif 
Dmarfd^e ©elüfte beiwohnen, nid^t nur jur 3^^pörung ber 
93ü^er auj^er bem d^riftlid^en „Äoran", fonbem aud) jur 
aSemid^tung ber aJiittel, neue ju erzeugen; bie 93uc^brudEer- 
fünft ift be§ 2Intid^rift§ au§erlefene§ Slüftjeug, mel^r afö 
ba§ ©d^ie^puloer, meld)e§, nac^bem e§ . . . jum ©turje ber 
natürlichen politifc^en Drbnung beigetragen, je^t mel^r ben 
S^arafter einer l^eilfamen 2lt^enei gegen bie oon il^m felbft 
l^eroorgerufenen Übel annimmt." 2Bie fo mand^e i^m ba^ 
mafö entfal^rene Su^erung barf man aud^ biefe, jumal fte 
^Ib fd^erjenb getan ift, nid^t ju emft nel^men. 9tiemafö 
l^at 93i§marcf oerfannt, meldte ^ülle ber 2Inregung unb 



i) ^olit. 95ncfc 95t§niarrf§ 1849—1889 @. 6. 



beä @enuffe§ für @eift unb ^erj er bet SJefdjäftigung in 
erfter ßiiiie mit unferen ftlafftfem, bann ober gelegentlid) 
Qu^ mit neu befannt luerbciiben jüngcrai 5)ici)tetn jii oev: 
banEen ^atte. 

Sine au^gefprot^ene SJorliete jog i^n babei jum eniften 
®tama, Bornel)mIic^ jum Stauerfpiel. @r begrüßt eö alg 
einen gortf^ritt in il)rer GmpfängHd)feit unb im 3Serftänbniä 
fßr bie *$oefie, al§ Qo^anna unn ^nttfamet, roä^renb fie 
frü£)er unfdiutbige 5tiiI)Iing§liebet a\§ „bie 3)i(i)tung ber 
Sinbl)eit unb ber ^iBöIfjalirigfeit, Serdjen unb Sämmet" 
beDorjugl ^atte, anfing, nn traurigen 3)ic[)tungen me^r 
faden ju finben, unb bemerkt jur (SrHätung bicfer Um^ 
roanblung, bie er al§ gönj natürlid) unb erfrculid) begeii^net 
„3:ief in ber menf[^Iid)en 91atur, ic^ niödjte fagen, in bet 
unberou^ten ®tEenntni§ beä itbifi^en ®Ienb§ unb 3[oniiiier§ 
unb ber unftaren, aber mädjtigen ©e^nfuc^t nac^ befferen, 
ebleren 3"ft4ni™ 'ifg* eä roo^I, ba§ bei nic^t ganj Ieii^t= 
fertigen oberflä^Iidien aJienff^en ba§ ^eraorbrec^en ber 
^enriffen^eit, ber ?lid)tigtcit, be§ ©c^merjeä, bie unfer 
^iefige§ Seben befierrfc^en, niel)r Stntlang finbet aU eine 
Serül)rnng ber minber mächtigen Elemente, roe[t()e bie leidjt 
roelfenbe ©lume ungetrübter §eiterleit, beven ^eimifd)er 
^oben nur bie ftinb^eit ift, in nn§ norübergeljenb t)erDDr= 
treiben. Q^bet an Sierftanb unb ^crj gcbilbete SJienfi^ 
roirb Don altem, voa$ Sranerfpiel in öü^ne nnb 9BirHid)feit 
ift, auf eine SÖeife ergriffen unb beroegt, bie ba§ Ob^Iten= 
unb Suftfpietartige in ber ooHfommenften %0Tm nie erreit^en 
tonn. Stuf bem öoben ber ^eiterfeit (im f)öl)em Sinn) 
unb 3"fnebenbeit erljabcn ju fein, gibt ben Segriff bet 
3Jiajeftät beg ©öttlidjen, ba§ ber 3)lenfi^ nur in felteueii 
beüorjugten Qdtm unb ßSeftatten fdjroad) roiberftra^tt. S)a§ 
irbif^ .Smponierenbe unb Srgreifenbe, ma§ mit nienfci)Ii(^en 



— 102 — 

aJiitteln für gcroöl^nüd^ bargefteltt roerbcn fann, fielet immer 
in SSermanbtfd^aft mit bem gefallenen ©ngel, ber fd^ön ift 
aber ol^ne ^rieben, gro§ in feinen planen unb Slnfirengungen, 
aber ol^ne ©elingen, ftolj unb traurig. S)arum fann ba§, 
n)a§ e§ auj^erl^alb be§ ®ebiete§ ber ^Religion für un§ ©r^ 
greifenbeg gibt, nid^t l^eiter unb jufrieben fein, fonbem un§ ftet§ 
nur afö SGBegmeifer bal^in bienen, mo mir gerieben finben."^) 
können ©egriff iinb SBefen be§ S:ragifd^en, fetbft 
menn man annimmt, ber ©d^reiber biefer fd^önen SBorte 
l^abe ©df)iller§ 2lbl^anbtungen „über ba§ ©r^abene" unb 
„über ben ©runb be§ 9Sergnügen§ an tragifc^en ®egen:= 
ftänben" gelaunt, treffenber unb babei menfd^lid^ ergreifenber 
jur 2lnfd^auung gebrad^t werben? S)a§ gewaltig ;3mpulftt)e, 
ba§ feinem SBefen auc^ auf biefem ©ebiete eigen mar, l^at 
93i§mardE felbft einmal fraftt)olt bejeid^net, menn er in 
einem ©efpräd^ mit feinem gteunbe Äegferling ben @in^ 
brudE, ben ba§ S^ragifd^e auf i^n mad^te, „ganj milb" mit 
ben SBorten fd)ilberte: „^a, g^urd^t unb SUiitleib empfinbe 
id^ fo fe^r, ba§ id^ im 2:]^eater gleid^ ben 93öfemid)t an 
bem ^afe Wegen möd)te."^ 2Iu§ biefer für i^n l^öd^ft 
^arafteriftifc^en @emüt§bi§pofttion anä) poetifc^en Sinbrüden 
gegenüber erflärt e§ ftd), ba§ nad) feiner eigenen Slngabe^) 
t)on ben ©oetl^efc^en SGßerfen ©lanigo, ©tella unb bie 
SBal^lnermanbtfd^aften il^m unfqmpatl^ifd) maren megen il^rer 
fd^laffen gelben, mdl^renb er ben i^an^i „dou ber gangen 
profanen Literatur" afö feine „93ibel" bejeid^net unb bem^ 
gemft^ immer mieber ju lefen nid^t mübe mürbe unb jum 
guten Steile mörtlid^ gegenmärtig ^atte. @ine fo fidlere 
^errfd^aft aber über ben ©d^a^ oon ©enteujen, ben nament^: 
lid^ @oet^e§ unb ©d)iller§ S)id^tungen bergen, mie fte in 

1) 95ricf c an bie S5raut u. ©attin @. 34, 35. 

2) ^e^fcrling I, @. 553. 3) d. ^ofd)ingcr, Sttfd)gefpräd^e I, @. 172. 



— 103 — 

feinen immer treffenben unb oft überrafd^enben 3itaten fid^ 
offenbart, ^ätte 93i^marcf tro§ ber in ber ^fus^nb ge^; 
monnenen aSertrautl^eit bamit ni^t bi§ in fein fpäte§ 2llter 
behaupten fSnnen, menn er nid^t immer mieber ju biefer 
Seftfire jnrüdgefel^rt märe nnb feine fnopp gemeffenen di\x\)t^ 
jeiten jum 2:eil i^r gemibmet l^ätte. 3)iefer ©emol^nl^eit 
tjerbanfte er bie ©id^erl^eit mit ber er in ber parlamen^ 
tarifc^en Debatte unjutreffenbe ober ungenaue Zitate aföbalb 
riditig fteltte, mie j. 93. einmal (26. Slpril 1869) bem 2lb^ 
georbneten ©üntl^er gegenüber, meld^er bie oon bem S3unbe§5 
fanjier gebraud^te ©telte au§ ber „^fw^Sf^^xu oon Drtean§" : 

,,SBäd)ft mir ein ^omfelb auf ber flad^en §anb?" 

lauten laffen moUte: 

„fS&&d^\t mir ein Ärieg^l^ecr auf ber flad^en §anb?" 

S)a bemerfte er: „^äf l^abe jmar fetten 3^it nieine flaffifd^en 
SRemini^jenjen aufjufrifd^en, aber xä) glaube, baj3 ber ^err 
aSorrebner bod^ unfern groj^en S)id^ter fo l^at fc^reiben 
laffen, mie e§ il^m in feine potitifd^e 2luffaffung oielleidfjt 
beffer pa^t. 93i§ auf meiteren 93emei§ bel^aupte id^ re^t 
ju jitieren, menn ic^ fage: 

„SBö^ft mir ein ^omfelb auf ber flad)en §anb? 
^ann id) 3lrmeen au§ ber @rbe ftampfen?" 

Unb 93i§mard l^atte red^t, mod^te il^m aud^ ber Keine 
^tum begegnen, ba§ er bie beiben SSerfe in ber 9lei^en:= 
folge umfteUte.^) SBann er ju ben Älaffifem jurüdtfe^rte, 
ergibt ftd) au§ ber 3Jlitteilung feinet gteunbeg Äegferling, 
nod^ 1890 in 9Sarjin l^abe ber 2lltreic^§fanjler fd^laflofe 
9läc^te burc^ il^re Seftüre gefärjt. 

Sluffallcn fönnte e§, ba§ bagegen ©i^mardf^ Äenntni§ 
oon ber beutfd^en Siteratur ber älteren Q^xt augenfdieintid^ 

1) ^oUt. Sieben IV, @. 208, 211—12. 



— 104 — 

fel^r befd^ränft voax. ®od) wirb ftd^ ba§ xo6i)l au§ ben 
aSorfd^riften erflären, bie in feiner ;3iiS^^^ ^^ ^^^f^ ^i^- 
ftd)t für ben ©gmnaftalunterrid^t maj^gebenb waren, ©o 
pnbet ftd) auf bie großen aSoIföepen be§ beutf^en 3Jlittefc 
alters bei i^m nirgenbS eine Sejugnal^me. aSielleid^t freilid^ 
roirfte baju afö ein allgemeine^ pfgd^otogifc^eS 3Jloment mit 
baj3 feine gefamte Senfmeife ber JRomantif be§ 3Jlittetatter§ 
fid) eigentlid^ ablel^nenb entgegenftellt, fo fel^r biefe in 
ber 3^it^ ^o er jung mar, bei nielen feiner @tanbe§^ 
genoffen ©innen unb S)enfen gefangen genommen l^atte. 
S)er „9libelungen" unb ber „@ubrun", fomie ber 3Jlinne^ 
fdnger gebeult er nirgenb§, aud^ be§ ftreitbaren SBattl^er oon 
ber aSogetmeibe nid)t beffen SDid^tungen il^m mäl^renb be§ 
Äulturfampfe§ nal^e genug gelegen unb mand^en guten ®e^ 
banfen geboten l^ätten. @r fennt erft ba§ ber 9leformation§^ 
seit angel^örige „9larrenfd^iff" be§ ©ebaftian 93rant. 2luf 
biefe§ nal^m er 93ejug in ber berül^mten SRebe über bie 
©infü^rung ber 3^^^^^^ (15- 9lonember 1849), an bereu 
mirfung^ooHem ©d^tu§ er in ber für i^n allejeit d^arafterifti^ 
fd^en ^rt bie Hoffnung au^fprad^, bei ber nun ju er:: 
martenben greigebung jebeg ^ultu§ merbe er e§ nod^ erleben, 
baj3 „ba§ 9larrenfd^iff ber 3ßit ^^ ^^wt Reifen ber c^riftlid^en 
Äird^e fc^eitere".^) 2lfe il^m biefe SBorte bann im beginn 
be§ Äulturfampfe^ non feinem el^emaligen ®efmuung§genoffen 
Submig oon ©erlad^ (17. ®ejember 1873) unter bem lauten 
S3eifaa be§ 3entrum§ ate Slrgument für bie 2lu§fi^t§lofigfeit 
ber jle^t oon i^m oerfolgten ^ird^enpolitif norgel^alten mürben 
mit ber Unterfd^iebung, er \)ab^ bamate non bem ^^elfen 
ber römifd^en ^irc^e gefprod^en, mie^ er ba§ mit ftürmifdEier 
©ntrüftung jurüdE,^) inbem er e§ ate eine gerabeju miber^ 

1) ^oltt. Dieben I, ©. 155, 155 ff. 

2) @bb. VI, (5. 130. 



— 105 — 

finnige ber Slnnal^me bloj^ftetttc, er ate et)angelifd)er ®f)rift 
fottte im Qal^re 1849 bie fat^oUfd)e Äird^e, wie fie burc^ 
ba§ aSatifanifd^e Äonjil umgeftaltet fei, afö ben gete be? 
trad^tet l^aben, ber unter alten ©türmen feftftel^en mürbe: 
bie Slnfül^rung paffe atfo gar nid^t auf bie gegenmärtige 
Sage. SGßenn er bann aber fortful^r, mie bamalS, fo moÜe 
er aud^ je^t au§ ^öftid^feit fic^ einer meiteren Suj^erung 
barüber entl^atten, mer benn nac^ feiner 2lnfid)t in bem 
„glüdE^aften" ©df)iff, ba§ er allerbingg 9larrenfc^iff genannt 
^abe, l^eutjutage ft^e unb an bem greifen ber et)angelifd^en 
Äird^e fd^eitem fönne, fo liej^en i^n feine (Erinnerungen 
au§ ber älteren beutfd)en Siteraturgef(^id^te infofem im 
©tid^, atö er — Dielleid^t freiließ nur um bie beleibigenbe 
©pi^e etma§ abjuftumpfen, bie für ba§ fatl^olifd^e ©mpfinben 
in bem 2lugbrudf „9larrenfd^iff" liegen fonnte, ben ©d^ein 
annal^m, al§ ob er 1849 oielme^r auf ba§ befannte ©ebid^t 
be§ ;3oiann gif^art „S)a§ glüdt^afte ©^iff oon 3üric^" 
^abe anfpielen moKen. 3)a§ mar natürlid^ nid^t ber gall 
gemefen: eine fol^e ©ejiel^ung l^dtte an ber fo mirfung§= 
ooKen ©teile in jener frül^eren Siebe gar feinen ©inn gel^abt. 
S)od^ ift aud) bei mand^en oon ben 2Infpielungen auf 
9Ber!e ber älteren beutf^en Literatur, bie fid^ in feinen 
Sieben unb ©riefen finben, nid^t ju entfd^eiben, ob bie be:= 
treffenben ©teilen 93i§mardf au§ eigener Seftüre befannt 
ober ol^ne Äenntni§ il^rer ^erfunft ate geflügelte SGßorte im 
@ebäd^tni§ geblieben fmb. SGßenn er j. 93. feinem greunbe 
Äeqferling bei bem Sefud^e in SSarjin im ©ommer 1871 
angefid^tS ber ©orgen, bie il^m ber neue 93efi^ bereitete, 
flagte, e§ gel^e i^m mie bem „luftigen ©eifenfieber/) mirb 
barau§ ni^t ju folgern fein, er ^abe bie ^agebornfd^e @r^ 



1) Äegferling I, @. 635. 



— 106 — 

jäl^lunfl t)on ;3o]^ann bcm ©eifcnficber, bcr ha übrigen^ afö 
„munter" bcjeid^net roirb/) erft unlängft ober überhaupt je 
felbft gelefen. Sbenfo Derl^ält e§ fxä), wenn er (24. gebruar 
1870) in bejug auf ba§ aSer^ältnfe ©übbeutf^IanbS jum 
9lorbbeutfd^en 93unbe unb beffen Dberl^aupt an ben ^lorb^^ 
beutfdien SReid^Stag bie 2lufforberung rid^tet: „©enteren ©ie 
bod) einen 21ugenblicf frol^, roa^ Ql^nen bef^ieben, unb be^ 
gel^ren ©ie nid^t w<x§ @ie nid^t ^aben", wobei il^m ber 
ä8er§ au§ ©eiterte Sieb „^i^fri^i^ß^'^ßit ^"it feinem 3uftanbe" 
oorf d^mebte : 

„(Sememe, n)a§ bir @ott befd)ieben, 

(Sntbel^re gern, n)a§ bu nid^t l^aft, 

@tn jeber ©tanb l^at feinen gerieben, 

@tn ieber ©tanb l^at feine Saft." 2) 

SBenn er aber feine geliebte ©d^mefter SWalmine in einem 
93riefe nom 7. 2lpril 1845^) anrebet: „2:euerfte ©reufa", 
fo liegt ba ftd^erlid^ nid^t eine Erinnerung oor ah bie il^m 
au§ aSirgifö 2lenei§ befannte ©attin be§ trojanifd^en gelben, 
fonbem man mirb annel^men bürfen, ba§ er unlängft .Sllogg 
93Iumauer§ „SSirgite 2lenei§ traneftiert" gelefen l^at, wo 
(S3ud^ n, ©tropl^e 54) 2lenea§ feine nermij^te ©attin ruft: 

„©reufa! — @d)a^!tnb! — [RabcnDiel^ ! — 
aSo l^at bi^ benn ber 2:eufel?"4) 

©benfo mirb, ba S3i§mardt bie Dben ÄIopftodE^ nad&mei^lic^ 
auf bem ©qmnaftum unter ^rofeffor ^einftuS' Seitung ge^ 
lefen l^at/) eine bamafe erworbene ©rinnerung an beffen 
„gtül^lingSfeier" oorliegen, menn er (16. 2IpriI 1875) in 
bejug auf bie SBal^I be§ ^apfte§ burc^ Prälaten, bie ber 
aJiel^rja^l nad^ «Italiener ober boc^ mel^r ate jur ^älfte 
italienifiert fmb unb bal^er mit bem beutfdien SReidie unb 

1) S5ü^ntann a. a. D. @. 142. 2) @{,b. ©. 147. 3) ^efefiel 111. 
^) S5ü^mann @. 202. ^) @raue§ ^lofter @. 15. 



— 107 — 

bcm Äönigreid^ ^rcu^en fcl^r roenig ju tun l^aben, bilbüd^ 
bemerft, biefctben fallen bei allem, n)a§ auf ber armen 
märfifd^en ©anbfd^olle gefc^iel^t nad^ ben SBorten be§ S)id^ter§ 
„faum mie ber S^ropfen am @imer bem Djean" tn§ ©emid^t 
3)enn e§ l^ei^t bei Ätopftod: 

„"ifhö^t in ben Dscan ber SBelten aUe 

S5HII td^ mid^ ftürjen! fd)n)cben ntd^t, 

SBo bie crfteu ©rfd^affenen, bie ^ubeld^öre ber ©öl^ne bc§ fitd^tS, 

3lnbcten, tief anbeten! unb in ©ntjürfung uergel^n! 

9^r nm ben 2:ropfen am ®imer. 

Um bie @rbe nur, roiK id) fd^roeben unb anbeten! 

^atteUtja! ^aUeluja! 2)er 2:ropfen am ®imer 

Äann au§ ber §anb be§ SlKmdd^tigen aud^." 

©egcn bie unfrudf)tbare Äritif, meld)e bie Dppofttion im 

SReid^Stage an ben SSorlagen be§ 93unbe§rat§ ju üben liebt 

ol^ne fagen* ju fönnen, mie bie ©ac^e beffer p mad)en märe, 

meift er mieberl^olt auf Seffmg l^in, ber, obgleich „ber 3Jleifter 

aßer Äritifer", e§ bod^ nie unternommen l^aben mürbe, 

einen Saofoon ju mad^en.^) Sin anbere^ aJlaP) nimmt er 

mit ben SBorten „5Da§ ®elb ift ja ba§ SBenigfte" ©ejug 

auf SefftngS ^tatl^an, wo e§ im neunten 2luftritt be§ jmeiten 

2lu^uge§ l^eiJBt: 

„®elb ^in, ®elb ^er! 
2)a§ ift ba§ SBenigfte." 

aSon älteren S)id^tem gibt il^m ©ürger mit bem ht- 
fannten „Sa§ bid^ nom Sinfen nid^t umgarnen", eine gerabe 
parlamentarifd^en SSerl^ältniffen gegenüber ebenfo na^eliegenbe 
mie mirffame Slnfpielung an bie ^anb.^) Dl^ne fjrage ift 
bie öallabe „S)er milbe <$^äger" feinem ©d^üler einer mittleren 



1) ^olit. sieben X. @.48; XI, ©.472. 2) (gj,b. XII, ©. 194. 
3) @bb. IX, @. 80. t). ^ofd)inger, S5i§mar(f u. bie ^arlamen^ 
tarier II, @. 59. 



— 108 — 

©gmnaftalflaffc in jener Qdt unbefannt geblieben. SWinber 
wal^rfdieinlid^ ift btefe 2lnna!^me in betreff ber befannten 
©dlidfafötragöbie ©ottfrieb Slbolf aWfinnerS (1774—1829) 
„3)ie ©d^ulb", welche, juerft 1813 aufgefül^rt unb 1816 
im S)rud erfd^ienen, jener ©eneration wo^I nur nod^ au§ 
ben barüber. umlaufenben ©pöttereien befannt war. ©o 
bebtent fid^ and) 93i§mard be§ bortl^er ftammenben: 

„®t!Iaret mir, ®raf Derinbur, 
2)tefen 3n)iefpaU bcr 9'latur", 

inbem er e§ auf SBinbtl^orftö unb ber Sleic^gtag^me^rl^eit 
n)iberfpruci^§t)one§ SSerl^alten anwenbet/) unb jroar in ber 
im 95oIf§munbe jufammengejogenen g^ff^ng, meldie ba§ ge:: 
flügelte SBort fennjeic^net.^) S)a§ er ba§ Dielberufene ®rama 
aber au^ einmal gelefen })abe, ift barum nic^t au^gefd^loffen. 
®enn er ging mit feiner Seftüre gelegentlich obfonberlid^e 
•SBege. 

;3nmitten ber l^ei^en politifc^en kämpfe be§ Qal^re§ 
1850 fud^te er ©rl^olung unb ©rl^eiterung in ^offmann^ 
(geft. 1822) „Äater SUiurr" unb eilte SBagener am 3. ^uni 
ate eine Don i^m mit ^ubel begrüßte Sefefrud^t einen ©a^ 
mitzuteilen, ber il^m megen ber ungefud)ten braftifd^en ©e^ 
jiel^ung auf bie 2:age§politif unb i^re ©rö^en miltfommen 
mar. „S)ie größten ^l^ilofopl^en gelten mir (im Äa^en^ 
Jammer nämlid^) nid^t ^ö^er afe bie Sumpenpuppen foge^ 
nannten ^anfemänner"/"^) 

Qn einer anberen SRic^tung fc^eint fein ^ntereffe an 
ber jeitgenöffifc^en Siteratur burd^ bie ©attin beeinflußt ju 
fein, bie romantifd^e Steigungen ^egte. ^m S^rül^jal^r 1851 
Derfprid)t er i^r ©id^enborf ju fd^enfen, ben er felbft nid^t 



1) ^olit. «Reben XI, @. 109. 2) «öü^mann @. 250. 
^ S5i§ntarrf=3a^rbu^ I, @. 11. 



— 109 — 

ju ternien geftelit, unb ift ^inter^er, als ba§ Surf) bei i^m 
eingegangen, Ijüt^ft crftaunt bariibet, ba§ ber SJIann noc^ 
lebe unb jroar in Lettin im Äabettentorpä bei feinem 
©diroiegerfDtjne, ber bort Sekret ober Offisier fei. %a^ 
biefer S)irf)ter obenein ©e^eimet SRegieningSrat ift, loerbc, 
fo Ijofft er, ber Segeifleruug ber ©attin füv feine 3BccEe 
nii^t Slbbnid) tun.') 9tucf) ben 1S49 erfcl)ienenen unb bann 
immer loieber aufgelegten „Slmarantft" oon Oitax Bon SiebiDi^ 
befotgt er berfelben auf lEjren SBunfii)-) unb inac^t i^r bie 
®rftlinglatbeiten be§ eben ju 3(nfel)en gelangenben Öfter; 
tei(l)erä 2(balbert nou Stifter junt ©cfdjent.") SJielleic^t 
erijielt er oon biefer ©eite a\iii bie erfte Slntegung äu ge= 
legentlirfier öefii)Äftigun9 mit Senau, beffen Sichtungen feine 
grunbgefunbe Statur begteiflic^enBeife feinen teerten Oefi^maif 
obgeroinnen fonnte: 5Daä ©ebicfct „3)er Qnbifferentift" be:; 
äeii^net er aU „ein troft(ofe§ Sieb".-") 

■ ©ijric^t et im 9!eic^§tag gelegentlich") »on einer biefen 
erfüUenben „Sefüri^tiing auä alter Qeit, »on ber ii^ nid)t 
ioei§, ma§ fie bebeuten foU", fo fpiett er bamit naturlid) 
an auf §eine§ „ßotele:)", bie gerabeju jum 93olfälieb ge= 
roorben ift unb bal)er con Dielen auc^ für ein fotc^eg 
gehalten loirb: et Ijat fie geroi^ oft genug fingen Ijören, 
namentlicfi auf ben non ^rantfurt aus unternommenen 
frö^tic^en 3il)einfa^rten. 9luä anberen ©rünben intereffiertc 
i^n beäfelben S)i^ter§ böfeä ßieb auf ben beutft^en Sunb 
„D Sunb, bu ^unb, bu bift nii^t gefunb." Qn einet 9trt uon 
@atgent)umor ^ö^nt er im ^inbticf auf bie 3uf'änbe am 
SunbeStage einmal, boSfelbe nierbe bemnäc^ft burct) eins 

1) !8iiefc an bie Staut u. ®attiu S. 250, 254. -■) ©bb. ®. 250. 
3) ®bö. 262. 9Ba§ mne mit bem Ba genaiinleii „2rip" flE= 
meint fein? 

*) ffibb. ®. 72. '') ipolit. Sieben V, S. 79. 




— 110 — 

ftimmigen 93unbe§tag§befd^tu§ jum beutfdien ^tationatUeb 
erl^oben werben.^) 

ajlit einer ©ntrüftung, bie x\)n el^rt, fprid^t er fx6) ge^ 
legenttid^ au§ über ben tiad^tetligen (SinfluJB getuiffer seit^ 
genöfftfc^er S)ici^tungen, welche burd^ ben Äultu§ frember 
9lationalitäten einem alten (Srbfel^Ier ber S)eutfd^en jum 
©c^aben ber SSolföerjiel^ung SSorfi^ub leifte. ©d^on ba§ 
©entüt be§ Änaben ^atte e§ empört ba§ auf ber ©d^ule 
in ber ©ingftunbe fomol^l ^Iaten§ ^olenlieber mie bie 
3Jlarfeittaife gefungen mürbe. S^ntid^ beurteilt er aud^ ba§ 
Sieb, ba§ in bem f einer jeit Diel gegebenen Sieberfpiel 
^arl non §oltei§ „S)er alte gelbl^err" (1826) jur SSerl^err^ 
lid^ung ber polnifd^en Slufftänbifc^en gefungen mürbe, „2)entft 
bu baran, mein tapferer Sangienfa", fomie ba§ eben bort 
norfommenbe: „^orbere niemanb mein ©d^idtfal ju l^ören"^ 
— beiläufig bemerft, bie 9tad^bilbung eine§ franjöftfd^en 
Siebet non (Smile Sebrauy.^) S)a]^in red^net er femer bie 
„9täd^tlic^e ^eerfc^au" non ;3ö^nn ß^riftopl^ non 3^bli^ — 
er nennt fie „S)ie mittemäd^tige ^arabe" — fomie bie 
^oeften be§ gteil^erm t)on ©aubg, mie j. 93. „93ertranb§ 
2lbf(^ieb"^) unb „anbere S)id^tungen jur a8er^errlid)ung 
9lapoleon§ L, ber bie S)eutfc^en rec^t grünblid) gel^auen 
l^atte, mofür fte i^m eine S)anfbarfeit bemiefen, bie ic^ burd^ 
fein j0ologifd^e§ 93eimort d^arafterifieren mag,"^) 2Iud^ bie 
aSertreter ber l^eute tebenben älteren ©eneration, bie ein 
3Jlenfd^enalter jünger ift, ate 93i§mardE mar, merben ftc^ 
nid^t ol^ne 93efremben erinnern, mie gerabe bie ^ier gefenn? 

1) ^olit. 95riefe 95i§marrf§ 1849—1889 I, @. 40. 

2) ^oat. «Reben XI, @. 416. 

3) ^gl. ^offntann t). fJaKerSleben, Unfere t)ol!§tüniltd^en ßieber 
SRr. 185. (5. 41. 

4) ^oltt. Dieben XI, @. 416. S) @bb, XI, @. 416. 



— 111 — 



• 



jei^neten Si^tungen au§gefpro^en itnbeutfd^er Sii^tung in 
il^rcr .Sugenb beliebte ^arabeftüde waren für bie 3)eflamier= 
Übungen, bie bantate einen wefentli^en S^eil be§ beutfd^en 
Unterrid^tö an§juntad^en pflegten. 

3)ie ©ntroidtlung ber poütifd^en Sid^tung, bie ju STn? 
fang ber üierjiger :3a]^re in 3)eutfd^Ianb fo üppig in§ Ärant 
\ä)o% wirb Si^mard, fo lä^t ft^ annel^men, weniger au§ 
äftl^etifd^em ate politifd^em :3ntereffe in il^ren ^aupterf^ei- 
nungen ©erfolgt ^ab^n. ©rroäl^nt wirb t)on il^m freilid^ 
nur^) ba§ „befannte ©ebid^t t)on ^erroegl^", wo biefer in 
etn)a§ gejwnngenent Sieint auf SJJeleager fagt: „93ept' 
un§ vor bem 3ören, beinern ©d^roager". STu^brüdlid^ be^ 
merft er, er ^be ba^felbe feinergeit gelefen. ©emeint ift 
bie vierte ©tropl^e be§ ®ebid^te§ „STn ben Äönig t)on 
^reu^en" au§ ben „©ebid^ten eine§ Sebenbigen", roo g^riebrid) 
9Q8il^em IV. jugerufen wirb, er möge bie beutfd^e Qugenb, 
bie Äantpf unb S^at begel^re, mit bem ©d^mert in ber ^anb 
au§ ben ©täbten in§ Sager fül^ren, 

/,9öo fjeinbe finb. 

^ie i^dn\>e fomnten mit bem SBinb: 

S3ef)üf un§ t)or bem fjranfenünb 

Unb t)or bem 3^ren, beinem ©d^roager." 

3)a§ er aber aud^ unpolitif^en neueren 3)id^tungen gelegent^ 
li^ eine freie ©tunbe jumanbte unb anfpred^enbe ©teüen 
baraug feftl^ielt, bemeift ein Qxtat an^ bem „Senlfprud^" 
ÄarlStredfu^^ (1779—1844), na^ bem au^ i^m ba§ Seben 
ni^t mel^r leben^mert erfd^einen mürbe, fönnte er nic^t 
mel^r mit jenem „an @ott unb beff^re 3^fiinft glauben". 
2lnber§ nod^ geftaltete ft^ Si§mard§ Sßerl^ältni^ ju 
bem patriotifd^en 2luff^mung, ben unter bem @influ§ feiner 



i) ^olit. ^eben XI, (5. 123. 



— 112 — 

©rfolge bie bcutfd^c ©id^titng mit bem ©rfte^en be§ neuen 
9ieid^e§ nal^m. SDlit il^ren ^robuften ftd^ eingel^enb ju 
befc^äftigen ift il^m begreifltd^erroeife nur in Dereinjelten 
g^dlten ntßglid^ geworben. Um fo l^öl^er fd^ä^te er fie nad^ 
il)ren SBirfungen jur ©r^Itung unb ©tärfung be§ beutfd^en 
91ationaIfinne§ afe ein mertnolte^ g^erment ber beutfd^en 
@inl)eit. ©o erflärt er D^far t)on Siebmi^ in bem Sanf^ 
fd^reiben für bie überfenbung feinet 1871 erfd^ienenen 
patriotifd^en ®ebid^te§ „S)a§ Sieb nom neuen beutf^en Sieid^"^ 
jebe^ ed^te Sid^termort in 9torb unb ©üb gleid^ erflingenb 
förbere bag Slationalgefü^I be§ beutf^en Sßolfe^.^) Se§^ 
mb begleitete er, ber plattbeutf^en ©prad^e t)on .^ugenb 
auf mäd^tig, au^ bie S)id^tungen 3^ri^ Sieuter^ mit be^ 
fonberer S^eilnal^me, unb ate ber Sinter, ber in jungen 
3al)ren für bie ^beale, bie nac^l^er 93i§mard auf einem 
anberen SBege glorreid^ nermirfUd^t l^at, lange Q^it ein 
fd^mere§ 3Äartgrium getragen l^atte, im ©ommer 1866 il)m 
feine SBerfe überfanbte, fonnte er in bem Sanffd^reiben 
ol^ne Übertreibung erflären: „STfö alte ^it^eunbe ^be i^ bie 
©^ar il)rer Äinber begrübt unb fie alte miHfommen ge^ 
l^ei^en, bie in frifd^en unb l^eimatli^ vertrauten klängen non 
unfereg aSo«e§ C>ß^äf^tag Äunbe geben" (17. ©ept. 1866).2> 
STud^ aSictor non ©^effete originelle ^oeften ^ai^n i^m 
I)eitere ©tunben bereitet. S)a§ er fid^ überraf^enbe Sßen- 
bungen barau§ nerftänbni^DoU ju gelegentlid^em ©ebraud^ 
angeeignet I)at, leiert bie mirffame 2lrt, mie er (28. 9tot). 
1891), auf ben Sanf be§ aSolfe§ »ergibt leiftenb, ber 
liberalen Dppofition, bie il^m Sieaftion, 2lbfoluti§mu§, $au§^ 
meiertum unb bergleid^en na^fage, fpottenb üorl^ält: „Sa 
fel^lt blo§ nod^ bie gemöl^nlid^e Sitanei bal^inter: 3»unfer 

1) von Äcubett ©. 478, 79. 

2) «ßolit. «riefe 1849—1889 I, ©. 191. 




— 113 — 



unb ^Pfaffen, ©rbuntertönigteit, ^agbfro^ben unb roaä ber= 
gleichen me^r ift, Eurj unb gut, bie gonjen foffifeii Übetteffe 
bet — tdj möchte fagen — CiaSformation, um mit ©i^effele 
@ebici)tEii ju fptetl)en, beä beutfdien SiteroIigmuS unb be§ 
beutfcfjcn ^^iUftectumg in fleinen Stäbten" — eine %n-- 
fpielung auf „3)er 3i^tlt!)ofaurns" in ©cl)effel§ „Oaubeamuä". 
SKSenn au^ ben ©ebic^teu Gtjamiffoä unb Ul)lanb§, mit 
benen ^Siämattt fid) nadj feiner eigenen Slngabe in jungen 
^a^ren ebenfaltö befdjäftigt l)at unb für bie et fid) aud) 
fpätev @efd)ntarf ben)at)rt I)oben ratU,') 3Infü^mngeu feiten 
flnb, fo roirb fic^ boS inof)! nn§ beren (äigenort ettlitven: 
überroiegenb epifd), minbec gebantcnteti^ unb nt(i)t fo fctjnrf 
ausgeprägt in bet (5^orm boten fie aud) einem fo guten 
©ebödjtnis, roie er e§ befa^, nid)t fo riet Slnfnüpfungen 
unb ©elegenfieit, barnuf jurürfpfommen. Qm Saufe bet 
Debatte über bie Beibehaltung ber Jobegftrafe, bie in bem 
Sntttiurfe eineä ©trafgefe^budieä für ben 9)orbbeiitfcI)en Sunb 
DorgefeI)en loar, nntini er (1. SJlärj 1878) auf ben ©d)Iii§ 
Don EI)amif|o§ ®ebid)t „%k ®iftmifd)erin" Sesug: 
„3(fc btidE ftau unb feft oom 9)abi;nfteiii 
öi'ä Slicüjtä I) in ein", — 
nur roer bnriiber mit ftc^ einig fei, baf; biefem 2eben fein 
anbere§ folge, lönne bem SScrbrecfjer, ber „feften Slicfä oom 
Siabenpein in baä 9iid)tä ^ineinfieljt", ni^t jumuten, al§ 
©efangener ba§ ^^oäp^oregjieren be§ ®e^irn§ unter ben 
Entbehrungen einer QvUt nod) eine ^^itlong fortjufc^cn.^) 
®tn anbetet 5RaI fpiett et bei einet ^Interpellation in 
©Qc^en ber SJIunsgefe^gebung e6enfal(§ auf ein S^miffofd)eö 
©ebic^t an: et bemertt nämlicf), bur^ bie äut Unzeit et; 
folgte anfrage, bte ben Staat^ftebit ber Üffentliii)teit gegen: 



') Siflt. ©. 100. ') *$oIil. fflebm iV, S. 32G, 21. 



— 114 — 

über fd^äbigcn fönne, fe^e man bic 3Äinifter einigermaßen 
in bie Sage, „mie ein fel^r pbfd^e^ ®^amiffofd^e§ ©ebid^t von 
bem Semberger ^nben fagt, ber bem ©teinmurf eine§ 
©tubenten au^mid^: ber jertrümmerte eine Scheibe unb 
ber ;3ube mürbe engelhaften, bie ©d^eibe ju bejal)len, benn 
l^ätte er ftd^ nid)t gebüdt, fo märe bie ©d^eibe nic^t i^x-^ 
trümmert morben.^) @r meint ba§ ©ebid^t „2lbba (Sloff 
Sacjefa". Sei ber 2lu§einanberfe^ung mit ber national^ 
liberalen Partei im ©ommer 1884 f(^reibt er bie ©^nlb 
an ber fiöfung ber aften S^rennbfd^aft biefer ju, lengnet 
aber, baß fie baju eigentlid^ ®runb ge^bt I)abe. 2lber, 
fagt er,^ „e§ ift ein afte§ ®^amiffofd^e§ ©ebid^t, ba§ l^eißt: 
lieben, lieben immerbar? id^ meiß nid^t, mie e§ meiter l^eißt: 
aber — e§ mürbe ben Ferren langmeilig; fie moüten mit 
au§ ber ©d^üffel effen, unb barüber fonnten mir un^ nid)t 
tjerftänbigen". Siefe £efefrud)t an§ ber ^ugenbjeit fnüpft 
an bie fünfte ©tropl^e in ®^amiffo§ „Sebemo^I" an, mo 
e§ l^eißt: 

„^ann fam ber §erbft, ber SBinter gar; 
^ie ©d^roalbc 30g, nad^ altem ^raud^, 
Unb: lieben? — lieben immerbar? 
@§ rourbe !aU unb fror un§ aucf)." 

aSon Uljlanbfd^en ©ebid^ten ftreift natürlich aud^ Si§^ 
mard gelegentlid^ ba^ t)on bem im Ägff^äufer fd^lafenben 
Äaif er griebrid), ate er in ©rf urt unter großer .g^eiterf eit 
unb 33raüo auf ber Siedeten eine Siebe mit ber berben 
93emerfung f^loß, menn bie SSerfammlung ju ©rfurt (ba§ 
Uniongparlament), mie e^ nadt) einer alten S^ronif ein einft 
ebenbafelbft t)on Äönig Submig geliaftener 9iei^§tag getan 
I)aben foUe, ber unerträglid^en ©d^inberei ber ^vn^^veä^^t 

1) ^olit. Stieben VIII, ©. 117. 

2) ^olit Sieben X, @. 120. 



— 115 — 

unb 3iingenbre|rf)er ein ©nbe mad^en würbe, bann tüoöe er 
glauben, „ba§ bie Siaben nom Ä^ff^öufer nertrieben unb 
ba§ ber %a% ber beutfd)en (5inl)eit nal^e l^erbeigefommen 
ift".^) Slu^erbem bejiel^t er fid^ nod^ in befonber§ eigentünt:: 
lieber SBeife au6) auf U^lanb^ „Olücf t)on ©ben^tt^.^) 

STud^ fonft aber begleitete Si^mard burd^ feine vkU 
bewegte unb Derf^iebenartige 2;ätigfeit nod^ manrf)e poetifd^e 
(Erinnerung, o^ne ba§ er ju fagen Dermod^t l^ätte, wann 
unb n)o er fte ft^ ju eigen gemalt. Slnflänge ber Slrt, 
bie etwa in feinen Sieben t)orI)anben fmb, mögen fid^ freilid^ 
lei^t beut Slid be^jenigen entjiel^en, ber mit ber jum guten 
2:eil nergeffenen poetifrf)en Siteratur jener .Qfal^re nid^t au§ 
einem befonberen 2lnla§ eingel^enbe 93efanntf(^aft gemad)t 
l^at. Sßenn er in einem Srief an bie 93raut nom 17. g^ebruar 
1847 ben Demuttlid) au§ einem -Don il)r gelefenen 2lutor 
ber romantifdtien 9iid)tung in einem ©abreiben an il)n an^ 
gefül^rten ©a^: „Streue ift ba§ %^ntx felber, meldtieö ben 
Äem ber ®yiftenj emig belebt unb erl)ält", f eine§meg§ fd^ön 
finbet, fonbem im ©egenteil für eine jener „nebligen, f^meb:: 
lid^en ^^rafen" erflärt, „bei benen e§ fdimer ift, fid) eine 
beftimmte aSorftellung in mad^en unb bie nid^t feiten Söfe^ 
mirfen, menn fte namentlich non g^rauen, bie al§ SJläbd^en 
ba§ Seben faft nur burd) bie Srille ber S)i^ter gefd^aut 
l^aben, au^ ber ^oefte ate SJla^ftab in bie SÖBirflid^feit 
übertragen werben,"^) fo ift biefe Äritif für il|n mieber 
l^öd^ft bejeid^nenb unb lä^t erfennen, mie ber i^m eigene 
realiftifd^e Quo^ au^ auf fein SBer^ltniS jur fd^önen Siteratur 
beftimmenb einmirfte. Unflar bleibt, worauf er anfpielt, 
wenn er um biefelbe Qnt (1. g^bruar 1847) ber Sraut 
t)on ©^ön^ufen au§ fd^reibt,^) „mit be§ Sräutigam^ 83e=: 

1) ^olit. ^i^t>^n l (5. 232. ^) @bb. IX, @. 112. fß^l ©. 59. 
3) ^Briefe an bie SJraut unb ©attin ©. 34. ^) (Bhh. ©. 10. 

8* 



— ne- 
igen" l^abe er ftd^ S^f^S^/ ^^^ ^^^^ tücrbe er balb ni^t 
mel)r einfam fein. 3)ann ift il^m „irgenbroo" ein SBerg im 
@ebäc^tni§ geblieben: „2lu§ galfc^, Sift, Srug unb ©itelfeit 
fpinnt bie Statur mit anwerft jarten gäbd^en ein g^Iatter^ 
bing, — man nennt e§ — SJläbd^en", ben er fid) natürlid^ 
beeilt „für au^gejeidinet Iügenl)aft" ju erflären. 83ei ber 
58erl)anblung über bie SBirfungen, mel^e bie 2lufnal)me 
S8aben§ in ben 91orbbeutfd)en 33unb t)orau§fid)tIid^ auf Saben 
unb SÖBürttemberg üben fönne (24. Februar 1868), bemerft 
er, ^) in bejug auf ©übbeutfd^lanb merbe ber 93unb aföbalb 
jagen fönnen, „mit meinem SJlantel vox bem Sßinbe f^ü^' 
iä) hiä)"., eine SRemini^jenj an 93um§' „D \&^^ iä) auf 
ber ^aibe bort", t)on bem man wirb nermuten bürfen, e§ 
fei in ber Äompofition t)on SJlenbefefo^n non ben mufifalifd^en 
intimen feinet ^aufe§ gelegentli^ ju ©el^ör gebrad^t morben. 
S)enn natürlidf) maren Si^mard^ SBejie^ngen ju biefer 
©eite in bem geiftigen Seben feiner 3^it ^i^t au§frf)Iie§Iid^ 
auf gelegentüd^e flü(i)tige ©inblide in bie neuere fd)öne 
Siteratur gegrünbet. ©in begeifterter SBerel^rer namentlidf) 
be§ S^rauerfpiete,^ märe er auc^ nod) in fpäteren :3a]^ren 
gern in^ S^l^eater gegangen, fd)eute aber ba§ läftige 2luf^ 
feigen, ba§ fein @rfd)einen gemalt unb ba§ il^m burd^ bie 
bamit nerbunbenen Störungen ba§ SBergnügen nerborben 
^aben mürbe. 3)al|er fmb e§ mol^l au§ frül^eren Qzitm 
ftammenbe ©rinnerungen, benen mir auf biefem ©ebiete bei 
i^m begegnen. @ine§ befannten SÖBorte§ au§ bem erften 2l!t 
be§ greifc^ü^: „©laubft bu, biefer mier fei bir gefienft?" 
bebient er fiä)^) bei bem marnenben ^inmei§ auf bie STrt, 
mie bie Ferren non ber äu^erften Sinfen in g^ranffurt, 
beren Stimmen man bur^ ein üermerflid^e^ SJlarften unb 

1) ^olitifd^e «Reben IV, @. 311. 

2) «Bcrsl. <B. 102. 3) «ßolitifd^e «Reben I, ©. 91. 



— 117 — 

S^eilf^en mit ^rinjipien in bcr Äaiferfragc erfauft I)at, 
bemnäd^ft von bem neuen Äaifer angeftd^t^ be§ Sieid^^abletjg 
al§ fio^n entfpre^enbe 3w8^Pänbniffe politif^er Slatur 
forbetn werben, ^m ^inblid auf bie unentfrf)iebene ^olitif 
^reu^eng im grü^jal^r 1859, bie i^n Derftimmt — „SBir 
bleiben Xxzxb^oli, auf unfetn eigenen ©emäffern planlos 
uml^ergeblafen t)on fremben SOBinben; unb ma§ für ruppige 
äßinbe, übelried)enbe!" — fa^t er fein Urteil ber ©attin 
gegenüber DoU bittern ©pott^ in ben ©a^ jufammen: ,,2öir 
lieben bie Seporelloroüe unb Cfterreid) bie be§ S)on ^uan". ^) 
SBäl)renb ber 9ieife na^ Oaftein beflagt er fid) (19. :3uli 
1863), auf jeber Station merbe er mie ein ^^apanefe an^ 
gegafft unb mit bem ^nfognito unb feinen Slnnelimlid^feiten 
fei e§ üorbei, bi^ er „bermaleinft mie %xa 2)iat)olo nerfd^oUen 
fein merbe".^) ^n befonber^ ftnnnoHer 3Irt nermertet er in 
einem ©efpräd^ mit bem englifrf)en ©efanbten ©ir ©bmarb 
9Jlalet anä) fonft gelegentlidf) bei il^m anllingenbe Söagner? 
SRemini^cenjen, inbem er non bem eben Heimgegangenen 
Äaifer griebrid) EH. fagt,^), et l|abe jenen 91imbu§ um fi^ 
gel)abt, „mit bem mir ju umfleiben pflegen bie mgtl^ifi^en 
gelben au§ bunfler SBergangenlieit, au^ ber Szxt ber Oötter^ 
bämmerung", unb bann fortfährt: „3^reunblirf)feit, Äraft unb 
3Äut maren in il^m gemifd)t mie in ben gelben, au^ beren 
2zhen un§ biefe @igenfd)aften ate einjige @rbfd)aften über^^ 
fommen fmb. ©ein Zoh mar mie ber Eingang Äönig 
2lrt!Hur§ ober ber 2lbfd)ieb SoI|engrin§". 

3)od^ aud^ leid^tere äBare oerfrfimäl^te 33i§mard ge^ 
legentlid) nid^t auf biefem ©ebiete. @r eignet ftrf) au^ bem 
oiet gegebenen „g^eft ber ^anbmerfer" oon Slngelg ba§ 



1) «riefe an bie «taut unb ©attin, (S. 419. 

2) Q^ht>. ©. 524. 3) ^e^n ©. 132. 



— 118 — 

befannte „barum feine g^einbfdiaft'm^t!" l^umorDolt an/) 
unb au§ 9iüber§ alter 3öuberpoffe „3)er artefifc^e 93runnen" 
ba§ befannte: „SJleine SJlittel erlauben mir ba^", inbem er 
e§ f(i)erjenb in bie Slegatiüe roenbet.^) SJlit ben allerneneften 
®eifte§probuften auf biefem ©ebiete aber jeigt er fid^ üer^^ 
traut, wenn er gar^) au§ ber juerft 1858 gegebenen ^offe 
3)at)ib Äalifrf)§ „S)er gebilbete ^au§fne(i)t", in ber wdl^renb 
ber Äonf(ift§jeit auf feine Soften mand^er berbe poütifd^e 
SBi^ gemad)t würbe, fic^ I)eiter ba§ Sßort aneignet: „@o ein 
SBi^^en 3^ranjöftfd), ba^ ift bod) gar ju fd^ön". ^n biefelbe 
Kategorie fann man au(^ bie 2lnfü!^rung be§ einft vkU 
gebrausten 2öorte§ red)nen: „©ol^n, ba l^aft bu meinen 
©peer",^) meld)e^ g^riebrirf) Seopolb t)on ©tolberg in bem 
„Sieb eine§ alten fd^mäbifd^en 9iitter§ an feinen ©oI)n" 
ben greifen gelben fagen Id^t, beffen alteräfd^mad^em Slrm 
bie bi§]^er gefül^rte Sßaffe ju ferner mirb.^) 9lirf)t naä)^ 
mei^bar, tjermutli^ aber ebenfalls au§ einem einft t)iel ge^ 
gebenen 2:]^eaterftüd^) ift bie ©entenj: „S)e§ 9Jienfrf)en SÖBilte 
ift fein ^immelreid^", beren er ftd^ in einem 93riefe an grau 
t)on Slrnim bebient in bejug auf ben SBunfd^ feiner ©attin 
ein DpaII)erj al§ ^atefd^mud ju befi^en.'O 

Qn feinem ber älteren ober jeitgenöfftfd)en 3)idf)ter aber 
I)at 93i§mard in einem fo engen 9SerI)äItni^ geftanben mie 
JU unfern beiben großen Älafftfern, beren jeber il^m für 
gemiffe ©eiten feinet ®eifte^= unb ®efül)feleben§ reid^e unb 



1) ^olitifd^e Stieben VII, ©. 250, IX 330, 359. Sögl. m^^ 
mann, (S. 264. 

2) ^olitifd^e Stieben IV, ©. 257. Sögl. 93üd)mann, @. 284. 

3) ^olitifd)e Stieben XII, ©. 320. 

4) ebb. IX, ©. 31. 5) SBgi. «öüd^ntann ©. 197. 

6) ^öl. jebocf) aud) <sanbcrg 3itatenIeji!on ©. 691. 

7) ^efefiet @. 213. 



— 119 — 

nadil^altigc Slnregung bot unb bal)er crmöglidite, wa^ i^n 
bewegte, burd) ein treffenbe^ 3)i(i)tern)ort fraftüoH unb Qt^ 
meinüerftänbUd^ jum STit^brud ju bringen. @§ ift pf^diologifd^ 
ro6t)l begreifli^ unb juglei^ lel^rreic^, ba§ er fi^ von äßerfen 
wie „Slamgo" unb „©tella" nnb von ben „^a^lvzxmanhU 
fd^aften" wegen ber ©d^n)äd)Iid)feit ber (S^araftere il^rer 
gelben el^er abgefto^en fül)lte, rodl^renb er ben „Sauft" 
gerabeju ber Sibel an bie ©eite fteüte unb immer roieber 
jur ^anb na^m. 2lud^ ©oet^efd^e ©ebid^te l^at er nod^ im 
I)oI)en 2Kter nad^t§ im Sett gelefen. ^) 2lu^ einem Sinter? 
geniu§ gegenüber nerji^tete er nid)t auf bie Äritif, fonbern 
malerte ftd^ wie überall bie 3^reil)eit be^ eigenen Urteitö. 
3u ben blinben aSerel^rern be§ großen Sid^ter^, bie über^ 
l^aupt alle§, ma^ au§ beffen 3^eber gefloffen ift, ate mit 
einer befonberen äBeiI)e umgeben bel)anbeln unb ju einem 
©tüd nationalen ^eiligtum^ mad)en wollen, ol^ne bamit bodf) 
bie S^atfad^e au§ ber SBelt fd^affen ju fönnen, ba§ bie Qat)l 
ber in weiten Greifen wirflid^ gefannten unb auf ^erj unb 
©emüt unfereg 9Solfe§ no^ einmirfenben Sßerfe ©oetl^e^ im 
Saufe ber 3^it immer fleiner geworben ift unb nod) bauemb 
jufammenfd^miljt, — ju biefen überfd^menglid^en SSere^rern 
be§ ©d)öpfer§ be§ oon i^m bemunberten g^auft ^t Si^mard 
nidf)t gel^ört, nielmelir ^at er aud^ l^ier ben 9Jlut ber eigenen 
9Jleinung gel^abt unb ol^ne 9iüdfirf)t auf bie möglid)e @nt^ 
rüftung unb ba^ entfette ©rftaunen jener ©emeinbe fi^ 
gelegentlid^ bal^in au^gefprodtien: „SBon ©oetl^e fdtienfe id) 
Qlinen brei aSiertel."^ S)a§ Hingt freili^ für man^e^ D^x 
wie eine Äe^erei, unb borf) wirb aud^ biefe§ 33i§mardfd^e 
3G3ort nur ben tatfäd^lid^ gegebenen SBerl)ättniffen gered)t. 
SBoüte man nämlid^ jufammenredinen, ma^ oon ber SJlaffe 

1). Refill ©. 516. 

2) «uf^, Stageburfiblätter II, ©. 28, 29. 



— 120 — 

ber ©oetl^efdien S)i(i)tun9en in bem geiftigen fieben itnfere§ 
aSoIfe^ anä) l^eute no^ tüirflid^ eine SioUe fpielt unb nic^t 
bIo§ in bem engen Greife ber ®oetI)et)ere]^rer gefannt unb 
gefrf)ä^t wirb, fo mürbe ba§ nod) lange nid^t einmal ben 
vierten S^eil ber ®oetI)efd)en S)irf)tungen aulmad)en. 

3)iefe§ SBeri^ältni^, in bem ba^ beutfc^e SBoIf l^eute taU 
fäd)Iid) ju feinem größten Sid^ter fte^t, mieberl^olt fi^ in 
bem, ba§ Si^mard ju bemfelben gel)abt I)at. 9Son ben 
@oetI)efd^en @ebid)ten fpielt er Seopolb von ©erlad) gegen^ 
über auf ben „ß^uberlel^rling" an mit ber 93emerfung, er 
fürd^te, ba§ man mie am 22. 9Jlärj 1848, mo man bo^ 
bie SJlöglid^feit baju ge^bt l^ätte, ftd) nid^t merbe entfrf)lie§en 
fönnen ju fagen: „Sefen, feib gemefen".^) 2lu§ „(Sd)äfer^ 
Älagelieb" menbet er bemfelben Äorrefponbenten gegenüber 
ben SBer^ an: „^d) bin l^eruntergefommen unb mei^ bod^ 
felber nid^t mie'' in bitterem ©pott an auf bie fortfrf)reitenbe 
©inbu^e, bie ^reu^en feit 1815 an feiner ©eltung in ©uropa 
erlitten l^at.^) 9Jlit bemfelben Qitat fennjeidtinet er im 
9iot)ember 1881 ben Siüdgang be§ nationalen ©inne§ unb 
ber nationalen Dpferfreubigteit feit (5rrid)tung be§ 9ieid^e§, 
inbem er ^injufügt: „äBa§ ba§ ©dtimert xm^ 2)eutfd^en ge^ 
monnen l^at, mirb burd) bie treffe unb bie 2;ribüne mieber 
üerborben".^) SBon au^ ©oetl^e ftammenben geflügelten 
äBorten fel)lt bei il^m meber ba§ „fül)l bi§ an^ ^erj l)inan" 
au§ bem ^ifd^er^) nod^ ba^ „93ift bu nid^t miliig, fo braud^' 
i^ ©emalt" au§ bem „Srlfönig",^) unb au^ bie ber „93e^ 
l^erjigung" entftammenbe SUlal^nung: „Qeber fel^e, mie er§ 
treibe, jeber fel^e, mo er bleibe" l)at er ftd^ p eigen gemad^t.^) 

1) S3riefe an ©erlad^, ©. 140. 2) @bb. ©. 316. 

3) ^olitifd^e «Reben IX, ©. 124. 

4) @bb. IV, ©. 229; VIII, ©. 148. ^) Qiht>, X, (g. 58. 
6) ^h\>, IX, ©. 16. 



— 121 — 

S)a§ SBi^mard ben „®ö^ von SBcrlid^ingen" aud^ in 
fpäteren ^^^i^cn "noc^ gelefen ^t, beroeift bic äßieber^olung 
be§ SBorte^, ba§ ber S)td)ter feinem gelben in ber 19. ©jene 
be§ 3. 2lfte§ in ben 9Jiunb legt! „Sin brauet SReiter unb 
ein rerf)ter SRegen mangeln nie eine§ ^fabe§"^) nnb ber 
berben 2lbfertigung, bie ber Siitter mit ber eifemen ^anb 
bem il&m bie 2l^t üerfünbenben ^aiferlic^en SRat juteil werben 
lä^t: „Strügeft bu ni^t ba§ ©benbilb be^ Äaifer^" nfm.^) 
2lucf) ben „2;affo" l^at er gelegentlirf) mieber burd^gebldttert. 
Qu einem Srief an Oerlad) menbet er ba§ bekannte „man 
merft bie 3lbfid)t nnb man mirb nerftimmt" (11. 2lft, 1. ©jene) 
an anf ^ren^en^ aSer^Itni^ jn ben übrigen 93unbe§ftaaten: 
mit biefen mie mit Dfterrei^ mürbe ^reu^en nad^ feiner 
9lnfid)t beffer au^fommen, menn e§ fid^ im ganjen IüI)Ier 
nnb freier ju i'^nen fteltte, o!|ne feine preu^ifd^e nnb egoiftifd)e 
^olitif mit bem räubigen Hermelin bentfd^en ^atrioti^mu^ 
aufjupn^en (25. ^lonember 1853).^ Qm aJlai 1886 erllärte 
er bei ben SBer'^anblnngen über bie Sieoifton ber Äultur^ 
fampfgefe^gebung in (Erinnerung an be§ 2lnlonio äBort 
I. Srtt, 4. ©jene: 

„®enn raetd^er ^(uge fönb* im S8ati!an 
m(i)t feinen 9Jietftet?'' 

Sluc^ er beftreite nid^t biefen ©d^idfal ju l^aben, fei 
jubem gar nid^t beftrebt gemefen, e^ um jeben ^rei§ non 
fid) abjumenben : fein Qkl fei nur, auf einem ©ebiete feinen 
aJieifter nidt)t ju finben, auf bem ber gürforge für ba§ äBo^I be§ 
eigenen SBaterlanbe^/) — mobei man in ben legten SÖSorten 
üielleid^t eine (Erinnerung erbliden barf an be§ ^eftor @r^ 

1) ^olit «Reben. IX, (g. 360. 

2) t). ^ofd^inger, 3lnfpra(f)en, ©. 239. 

3) S3riefe an ©erlad^, ©. 105. 

4) ^olitifd^e ^eben XII, ©. 117. 



— 122 - ^ 

ftäruiig bei .jöomer: „din 3Ea^rjeid)en mir gilt, bem SSateti 
lanbe jit biestm". 

©emöfe feiner auägef pro ebenen 95orIiebe für biefeg. 1 
®oeft)ef^E aBert, iceldie un§ baö fojiifageu fauftif^e 
Slemcnt roibetfpiegelt, baä fid) — immentUd) roa^renb feiner 
©tiirm= unb ©cargjeit — gelegcntlid) in i^m regte, I)at 
StömarcE ben gauft — e§ ^aiibelt fiä) habet begcdfltc^eri 
roeife nur um ben erften Seil — beforbers gut getanut unb j 
au§ ber JüKe gebanfentiefet Sprücfie, bie et batbietet, niete I 
gebraucl)t uiib eiuäelue bauen, bie i^m befonberä äufogten, 
fogar oft raicbec^ott. ©ein ^ntereffe für biefe Sichtung 
betätigte er aud) babutd), ba^ et im Sreife ber mit feiner 
gamilie um ben Seetifdj DCtfammelten ^ausifreunbe fi(^ 
gern mit bem @oet£)ef[irfd)er ©uftan non Soeper über beffen 
©tubicn übet ben ^auft unterhielt.') Sic er frütiäeitig 
mit bem ^fauft oerttaut mau unb immer roiebet ju i^m 
jurürffe^rte, beroeift Qujjerbem auc^ bie Satfac^c, baß 9lns 
füf)ritngen qu§ i^m nnb 3tn[pietiingen auf i£)n fid) faft gleic^s 
mä^ig burt^ alt bie langen 3a^re feinet öffcntlid)en 3Birfen§ 
bei i^m fiuben, niä^renb man &ei bcncn aug anbereu Stutoren 
äuroeilen roo^I ben Ginbrurf geroinnt, all ob fie i^m etft 
burd) befunbere 3tn[äffe, cieüeidjt bie beliebte nädjtlt^e 
Settüre, roieber iu Erinnerung gebracht unb bann nur fo 
lange gegenroättig geblieben feien, biä fie burd) anbete ftäitere 
Sinbtflrfe ä^nlic^er 9ltt abgelöft rourben. 

SIercitä in einem S3rief an ©etlac^ (26. Sionembet 1851)^) i 
roenbet er beä %a.u^t SBort in ber ©tubieräimmerfjene ; 
„äöemi aii§ äiem fc^recflid)eu ©eroül)le 
Sin fflp betmtiiler Ion mic^ ,iog" 
fdterjenb an auf bie angenehme Unterbreijung, bie i^m. 




1) ö. Äeubetl, S. 193. =) Briefe nii ©eirla^, ®. 11. 



— 123 — 

bem el)emate bobenlo^ faulen Sanbjunfer, in bem il^m neuen 
Seben be§ galerien be§ S)ienfte§ ,M^ Oebrült ber unnü^eften 
beiben Äinber ber SÖBelt bereitet". @benfaߧ ©erla^ 9^9^^' 
über gebrandet er (20. Qf^nuar 1854)^) be§ SJlepl^iftopl^ele^ 
SBort sunt ^erm über g^auft (^rolog im $immel): 

„grütroal^r! er bicnt (Sud) auf bcfonbere SBeifc" 

t)on bem SRunbfdiauer ber Äreujjeitung, bem 93ruber be§ 
©enerate. ^n ber ÄonfIift§äeit rid^tet er e§ (22. ;3anuar 
1864) gegen ben ©rafen ©dimerin, ^), inbem er il^m babei 
famt feiner Partei ein @nbe t)orau§fagt, mie e§ Dr. gauft 
genommen — „im erften S^eil nämlirf)." ^m 91ot)ember 1885 
aber fd^ränft er burdf) ben gleid)en Sn\aii ba§ Sob ber tjolt^ 
ftänbigen 9ieid)lfteunblirf)feit ein, ba§ er eben tronifd) bem 
STbgeorbneten Sßiubtl^orft erteilt l^at.^) S^nlici) gebrau(i)t 
er ju t)erfrf)iebenen 3^it^^ in Derfd)iebenem ©inn aud) be§ 
9Jlep]^iftop!|eIe§ Sßort am @rf)lu§ be§ ^roIog§ im ^immel: 

,,33on 3ett 5U 3eit fef) id) ben eilten gern 
Unb pte ttiid^ mit il^m gu bred^en." ' 

©inmal (8. g^ebruar 1872) menbet er e§ an auf ben 
3entrum§fä!^rer9ieid^enfperger^) unb fpätertjariiert (18.9Jiärj 
1875) auf bieQefuiten; er i)abt, meint er, in feinem Seben 
bie 3^reunbfd)aft mand^e§ ^efuiten genoffen unb fei aud^ 
je^t no^ nid^t ganj oI)ne 3^üI)Iung mit il^nen, menn er au^ 
noc^ nidt)t fo meit ge!|en motte ju fagen: „SB^n Q^xt ju Qzit 
fel^e idt) bie 2llten gern". Sl^nlid^ fagt er bei ber 93efämpfung 
ber 2lrt, mie SBinbtl^orft in bie ruljigfte unb fad^lid)fte ®i§^ 
fuffton unnötigermeife tjerbittembe ^erfönlic^feiten ju bringen 
liebe, mieberum in bejug auf biefen (10. Januar 1858): 



1) «tiefe an ©erlad^, ©. 124. 

2) ^olitifdie Stieben II, (S. 274. 

3) @bb. XI, (g. 278. ^) &hh, V, (g. 251. 



— 124 — 

„SBon 3^it i^ 3^'t l^ör^ i^ il^n gern unb l^üle mi^ mit 
il)m ju brcd^en". 

2ln feine SBraut fd^reibt er (4. aJlärj 1847) i): S)a fi^e 
id) ganj gemütlid) unb fd)reibe, nnangemelbet Ilopft man; 

,,D Stob! id^ fenn^^, ba§ ift , ba^ biefe pHe ber 

@eftd)te (?) ber trodne @rf)Ieid^er ftören mu^" unb gibt fo 
burd) ein glü(ilid)e§ 3itat au§ ber erften ©jene be§ g^auft 
ben Unmut über einen unbequemen SBefudf) braftifd)en 2lu§' 
brud. 2lu§ bem „©pajiergang vox bem S^or" benu^t er 
bie jum gepgelten SBort geworbene SÖSenbung: 

,,2Benn leinten tief in ber 2:ür!ei 
%iz S8öl!er aufeinanberfd^Iagen" 

um au^jubrüden, mie Iäd)erlid^ il)m bie 3iiw^utiing ber 
,,®ermania" erfrf)eint, f\ä) in bie S)eutfd)Ianb ni^t§ an^ 
getienben SÖSirren auf ber 93alfan^Ibinfel eiujumifciien, be§^ 
^alb nad^ Bulgarien ju laufen unb bort bie ^änbel ju 
furf)en, bie man anberroeitig nid)t l^aben Mnne. ^n einer 
2lnfprad^e oermeift er feine §örer, bamit fie feine weiteren 
©fpeltorationen oon x^m befürrf)ten, auf bie fieftüre be^ 
g^auft, ©pa^iergangfjene.^ 2lu§ bem ©efpräd^e g^auft^ mit 
bem trodenen ©rf)Iei^er äBagner eignet er fi^ ba§ 3G3ort 
an: „2Bie mir e§ benn jule^t fo I)errli^ meit gebrad^t/' 
^m ©inne g^auft^ fpielt er e§ ooH bitterer Ironie au§ gegen 
bie 3lnfid)t SBinbtl^orft^, ®eutfd)Ianb Derbanfe feine glänjenbe 
©teßung bem ^nftinft ber Station, ^) mie er frül)er einmal 
(4. Slooember 1852) gemiffe ©d)mäd)en be§ öfterreid^ifd^en 
9Jlinifter§ 2;i)un ©erla^ gegenüber nirf)t beffer fd^ilbem ju 
!önnen meinte, ate inbem er i^m etma§ von bem ß^arafter 



1) «riefe an bie «raut unb ©attin, ©. 59, 60. 

2) t). ^ofc^inger, ^Infptad^cn ©. 125. 

3) ^olitif^c ^eben XI, ©. 106. 



— 125 — 

nad^fagte, ben im g^auft bie alte ÜJlart^a in ber Untcrrebung 
mit 9Jlep]^ifto il^rem tjerftorbenen ©atten beilegt.^) 

©ine gemiffe SBorliebe mirb bei Si^mard für bittere 
äBorte be§ 9Jlep]^iftop!^eIe^ erfennbar: offenbar ift e§ il^re 
fd^neibenbe Ironie, bie il)n anmutet unb bereu er fid^ 
ate mirifamer SBaffe gerabe gegen poütifd^e SBiberfad)er 
bebient. äBie SffJepl^ifto bem ©d^üler erflärt (4. ©jene): 
„^6) bin be§ troduen S^on§ nun fatt", milt er eine äl|nlirf)e 
2lnftd^t au§ einer Siebe SBinbt^orft§ entnommen ^ben, ber 
mieber einmal ba§ 93ebürfni§ fü^Ie, „mit großen untere 
ftridienen äBorten ju fpred)en" (3. 2)ej. 1884).^) SÖBieber^ 
l^olt fäüt il^m in ber parlamentarifd^en Debatte, mo fo uiel 
mit unflaren ©d^Iagmörten operiert ju merben pflege, ba§ 
äBort ein: 

,,^entt eben roo S3egriffc fcl^Ien, 

®a fteHt ein SBort jur redeten 3ett fid^ ein", 

(gauft I, 4, ©tubierjimmer), fo gegenüber ber oon aJliquel 
in§ ©efed^t geführten „SBoIf^poIitif" (24. Februar 1870)-^ 
gegenüber ben Übertreibungen, mit y^^nm t)on feiten ber 
fortgefd^rittenen greiftnnigen il)m ein ^au^meiertum unb bie 
Übung einer S)iftatur angebid)tet mürben (28. 3lov. 1881),^) 
unb bann audf) ber 2lrt, mie ber 2lbgeorbnete Siidert einmal 
bie Soften naä) ^rojenten au§gered)net miffen moüte, meld)e 
bie oerf^iebenen 3lrten oon 93ebürfniffen im ^au§^It be§ 
f leinen aJlanne^ erf orbern (16. 3^ebr. 1885).^) SDIit bemfelben 
3itat befämpft er au^ (24. Qan. 1887) ben agitatorif^en 
©ebrau^ be§ 9Borte§ Sieaftion.^ S)ann fd^neibet er mieber 
bei einem feiner partamentarifdE)en ©mpfänge ein il^m ju^ 



1) S3riefc an ©crlad^, @. 44. 

2) ^olit. ^eben X, ©. 299. 3) @bb. IV, ©. 319. 

4) ©bb. IX, (5. 118. 5) (Bhh. XL, <B. 29. 6) @bb. XII, ©. 294. 



— 126 — 

gemutetes poÜtifc^eS ©efprfii^ ab burc^ ba§ befannte: „(Bin 
garftig Sieb! ^fui! ©in politifd) Sieb" au§ ber ©jene in 
2luerbad^§ ÄeHer.^) @ben biefe fd^roebt i^nt t)or, wenn er 
fpottenb be§ neuaufge!ontmenen ©d^lagroorteig gebenft bie 
fojialbemofcatijd^e Sieoolution werbe „fi^ ganj ^errlid^ offem 
baren".^ S)od) t)erjid)tet er barauf, ben t)oHen SBortlaut ber 
©teile anjufül^ren, baSJlepl^iftopl^ele^ be!anntli(^ jug^auft fagt: 

„&xh nur erft ad)t, bie Söeftialität 
SBirb fid) gar ^errlid^ offenbaren." 

9ted)t au§ bent ^erjen gefprod^en war 93i§mardE feinem ganjen 
9latureH nad) be§ aJ?ep^i[top]^eIe§ SBort ju bem ©(^üler: 

„@rau, teurer g^reunb, ift aUe ^^eorie 
Unb grün be§ Seben§ golbner Sßaunt." 

Qn ber biplomatifc^en 2^ätig!eit fanb er fogar bie S^l^eorie 
no(^ grauer atö im gemö^nlid^en Seben (9. ®ejbr. 1866).^) 
^n bemfelben Silbe bringt er bie SDleinung jum Slu^brud, 
e§ fei unmögli(^ eine bestimmte ©d^ablone aufjufteHen für 
bie jwedmfi^igfte ©inrid^tung ber SSermaltung ber Sieic^g- 
finanjen (5. 3Jlärj 1878)/) unb mit einem gemiffen ©tolj 
rü^mt er fid^ (28. 9lot). 1881), aud) in ber Sanbroirtfd^aft 
im g^abrifmefen unb in fi^nüd^en pra!tifd^en ®ingen ^abe 
er feine Erfahrungen nad^ bem SBort be§ ®id^ter§ unter 
bem golbenen Saum be§ Seben§ gefammelt.^) ®er x)on i^m 
beftrittenen SBe^auptung, ben QoU beja^le ber Äonfument, 
beren SBertreter bafür eine güUe non 2lrgumenten norju^ 
bringen pflegen, fe^t er wieber^olt 3^auft§ 2lu§fprud^ ent= 
gegen (I, 11. ©jene, ©tra^e): 

„Ser 9led^t behalten mü unb ^at nur eine S^n^^f 
«e^ält§ geroi^.ß) 



1) D. ^ofd^inger, S8i§ntard unb bie Parlamentarier I, @. 162. 

2) ^olit. meben X, ©. 112. 3) @bb. IV, ©. 69. . 

*) ebb. VII, ©. 178. 5) (^hh. IX, ©. 133. ß) &h\>. VIII, @. 385. 



— 127 — 

3Jlit i^nt fennjeid^net er au(^ bie ablcl^nenbe Haltung ber 
©egner ju feinen Sieformplänen al§ fad^lid^ unbered^tigt.^) 
®en %hiä), mit bem ^ßi^ft i^ f^'^^^ aSergroeiflnng alle§, 
maS il^m einft teuer geroefen unb mag er für erftreben^mert 
gel^alten, ate trügerif(^ unb nid)tig x)on fid) ftö^t unb ate 
£od= unb Oaufelmerf t)erbammt, ba§ bie ©eele umfpannt 
unb mit 93lenb^ unb ©(^meic^elfräften in biefe S^rauerl^ö^Ie 
bannen miH, t)ergleid)t er bem Programme ber fojialbemo^ 
fratifd^en ^artei.^) ®ie barin t)orfommenbe SBenbung 

„5^wd) ber ^o^en ajleinung, 
Somit ber 9Jlenfd) fid) felbft betrügt", 

mar i^m a\xä) fonft geläufig.^) ®ie ©rfolge ber ©ojiat 

bemo!raten erHart er fid) menigften§ ju einem 2^eil pfqd)o^ 

logifd) barau§, baj3/ menn man einem 9Jlenf(^en t)on geringer 

Söilbung ben ©lauben an @ott, bie 9ln^nglid)feit an ba§ 

SSaterlanb unb ba§ ©efü^l für bie g^amilie genommen l^abe, 

e§ nid^t attju fd^roer fei, il^n bal^in ju führen, ba§ er mit 

3^auft fprid^t: 

^^^'tuc^ fei ber Hoffnung, fjluc^ bem ©lauben 
Unb 3^lud) Dor aUem ber ©ebulb!" 

2)ie befannte Slufjäl^lung all ber eblen Dualitäten, bie auf 
feinen @^renf(^eitel ^ufen ju laffen, be§ Sömen 3Jlut, be§ 
^irfd^e§ ©dt)nellig!eit ufm., SiJlepl^ifto ben gauft rät, fid^ 
mit einem ^oeten ju affojiieren, nimmt 93i§mardE einmal 
jum 9lu§gang§punft, um barjutun, mie, ba niemalig ade 
SSoHtommen^eiten in einem Äörper gleidt)mä§ig vereinigt 
fein fönnen, bei mani^em reid^begabten 3Jlanne namentlidt) 
bie 93erebfamfeit gegen ben SBerftanb in gefäl^rlid^er äBeife 
übermiege: bal^er oermiffe man bei fe^r berebten Seuten 



1) ^olit. [Heben VIII, ©. 138, 228. 

2) @bb. XI, @. 397. 3) (gbb. IV, @. 191; VI, ©. 202. 



— 128 — 

wie bcm 9lbgcorbneten ©ugen Siid)tcr, juroeilcn lül^le 93e^ 

fonnenl^eit unb filtere ©rroägutig.^) 

9ludf) an fid^ nid^t eben t)ieljagenbe ober bcbentenbe 

SBorte unb SBenbungen au§ bent S^uft, bie fid^ i^nt ate 

t)oHenbeten Äcnner ber S)id)tung in mand)en ©ituationen 

junt 2tii§brudE für \aä)lx6) eigentüd) unroefcntüci^e S)inge 

ungefud)t barbieten, gebraucht 93i§mard gelegentli(^ mit 

grojser oratorijc^er äBir!ung, fo j. 93., wenn er bie SBorte 

be^ ®ire!tor§ au§ bem SSorjpiel im S^l^eater: 

„^er 2öorte fmb genug geroedifelt, 
i2a^t mxdj aud) enblid) 2:aten fe^n", 

bem Stbgeorbneten oon ^ennig gegenüber nid^t ate bie 
3^ormeI gelten laffen miH, nad^ ber man im 9iorbbeutfd^en 
Sunbe^rate t)erfa^ren muffe, inbem man ftatt junädfift 
burd) grünblid)e (Erörterung einen 9lu§glei(^ jmifd^en ben ein^ 
anber gegenüberfte^enben 9lnfid^ten ju erftreben, fofort fagte 
„Stimmen mir ab, SQSorte fmb genug geroed^felt": benn bann 
mürbe man ©efa^r laufen, ^reu^en felbft in großen nationalen 
Slngelegenl^eiten majoriftert ju fe^en.^) ©in anbere§ SJlal 
(10. Januar 1885) frf)liej3t er bei ber SSerl^anblung über bie 
beutf(^en ©rmerbungen an ber SBeftfüfte 9lfri!a§ feine lange 
unb einbringlid^e Siebe jugunften ber SBorlage mit ber an 
biefelbe ©teile an!lingenben SWal^nung: „SBorte fmb über 
biefe S^^^age genug geroed^felt, laffen ©ie un§ je^t bie 2:at 
einer Slbftimmung fe^en".^) 9J?it braftifd)em ©ffeft vtx^ 
menbet er me^rfarf) ba§ SBort be§ 3Jlep]^ifto, afö i^n ^auft 
burd^ feine 93efd^mörung§formel ai\§ ber ^üHe be§ ^ubeB 
^erau^nötigt, „SBoju berSärm"?^) ®en Äonferoatioen ruft 
er bei ber Beratung be§ @efe^e§ über bie 2llter§= unb 
^nnalibität§oerfirf)erung (18. SKai 1889), mobei er fie mit 

1) ^olit. mthm IX, ©. 56. 2) (^\^t^, IV, ©. 169. ' 
3) (Bh\>. X, ©. 430. *) @bb. III, ©. 25; IX, @. 348. 



— 129 — 

ber Dppofttion gcmeinjame ©ad)e mad^en fielet bebaucrnb 
„ben ©pru(^ bc§ ®t(^tet§" ju, ba§ SQSort, mit bem ®rct(^en 
gauft t)or feinem ^öttifd)en ®efä!^rten marnt: 

„@§ tut mir lang fc^on roel^, 

S)a^ id) birf) in bcr ©efettf^aft fe^^".i) 

Qm ^inblid auf bie SQSirlungen einer Interpellation, meldie 
ber Slbgeorbnete ©ugen Stifter über bie t)on ber Sieid^g^ 
regierung beabfid^tigten SiJla^nal^men jum ©d)u^ ber beutfdf)en 
:3ntereffen gegenüber ber neuen rufftf(^en 3ottpolitif einge- 
brad)t unb bie ber Slbgeorbnete ^änel vertreten ^atk, er^ 
flärt er bie beiben Ferren in (Erinnerung an bie befannte 
©rflärung, bie 9Kep^ifto bem ??auft in betreff feinet in fid^ 
miberfprurf)!§t)oHen 83erufe§ gibt, umgefel^rt „für einen S^eil 
ber Äraft, bie ftet§ ba§ @ute miU unb ftet§ ba§ SBöfe 
fc^afft.2) SIuc^ be§ ajlep^ifto aOäort: „Slttmiffenb bin ic^ 
nid^t, bodf) ift mir t)iel bemüht" gebrandet er me^rfarf). 
©inmal l^ält er SBinbt^orft gegenüber bie oon i^m üor^ 
gebradf)te ungefähre ©dt)ä^ung be§ 9Sermögen§ ber ^efuiten 
in ^reu^en afö bod^ mo^l jutreff enb aufredet mit ben äBorten : 
,,^6) fann ja aHmiffenb nid)t fein, bod^ ift mir oiel berouj3t, 
mie jener fagt",^ unb fpäter (13. Januar 1887) empfiel^lt 
er bemfelben 9iebner, ber befannt l^atte, nid^t red^t ju 
miffen, ma§ benn eigentlich in bem öfterreid^ifd^en SünbniS^ 
vertrag ftel^e unb mag überl^aupt nod^ barin ftel^en fönne, 
„fi(^ mit bem alten Ooetl^efd^en ©prud^ ju beruhigen, ba§ 
il^m jmar fel^r vkl bemüht fei, e§ aber bod^ einiget geben 
muffe, ma§ er nid)t mei^".^) 2lud) be§ g^auft 3^rage an 
ben 9Jlep]^iftop]^ele§: „SQ3a§ miltft bu armer Seufel geben?" 
t)ermenbet er mieberl^olt fe^r mirffam, fo in bejug auf bie 
il^m ol^ne Orunb na(J)gefagte SSerbinbung mit Saffalte, bem^ 

1) ^olit. «Reben XII, ©. 628. 2) @bb. VI, ©. 466. 
3) @bb. VI, ©. 257. 4) (gbb. XII, ©. 275. 

$ruö, 53t8marcf8 Jötlbung. 9 



— 130 — 

gegenüber für il^tt, ben 9Jiinifter, t)on polttifd^en 95er]^anb:= 
lungen nid^t !^abe bie Siebe fein fönnen/) ba er fid^ borf) 
in betreff jene^ ^be fagen muffen: „3Ba^ fannft bu armer 
2:enfel geben?", mä^renb er feinerfeitö in feiner (Stellung 
i^m bod) nid^t§ l^abe geben fönnen. 3Jlit ber gleid)en 
grage — unb jmar in berfelben ungenauen t^^ffii^^S — 
tritt er ben Seftrebungen entgegen, bie, mie er meint, 
barauf au^gel^en, bie Slutorität be§ preu^if^en ^önigtum§ 
in politifd)en 3^ragen in ben 2tugen be§ monard)ifc^ gefmnten 
aSoIfeg burd^ planmäßigem Seifeitefd^ieben aUmäl^Iid^ ju min^ 
bern.^ 91a^ bem aSorbilb be§ SJlepl^iftopl^elem, meld^er 
einen ^errn, ber ail bie t)on S^auft begel^rten @igenfd)aften 
in fic^ vereinigen mürbe, „^errn SKifrofo^mu^" nennen 
möchte, mürbe er biefen Flamen bem x)on il^m erfel^nten 
Stu^fc^uß beizulegen bereit fein, ber imftanbe märe, alle 
unfere mirtfrf)aftlirf)en unb fommunalen SSerl^ältniffe mit 
einem 93lid von einer ©teile au§ ju befc^auen unb ju be- 
!^errfdf)en unb fie mie eine ®l)labnifd)e 3^igur mit einem 
©trid^ 8ured)tjulegen.^) S)ie 83emer!ung be§ 2lbgeorbneten 
93amberger, nid^t bie Sanbmirtfd)aft allein fei notleibenb, ruft 
i^m unmillfürli(^ ba^ SQSort au§ bem g^auft in§ @ebä(^tni§ : 
„©ie ift bie @rfte nidf)t — @ie merben miffen — mo ba§ 
fte'^t — bie jugrunbe ge^t nämlid)."^) 2ln Sioon fd^reibt 
er einmal mißmutig über bie teilmeife Umgeftaltung be§ 
3Jlinifterium§ : „®er 9teft Dom alten ©tamm, ber bleibt, ift 
faul; id) mill nid^t ju i^m fagen: „^einrid), mir graut x)or 
bir" (20. giooember ISTS).'"^) ^Jtoc^ im grü^ja^r 1894 
gebraud)t ber 2lltreirf)§fanäler in ber 2lnfprad^e an eine 
Deputation von S)amen au§ 93aben, Reffen unb ber ^falj 

1) ^olit. meben VII, @. 257. 

2) @bb. IX, ©. 238. 3) @bb. VIII, ©. 246. SBqI. oben ©. 28. 
4) ebb. X, ©. 477. 5) S8i§ntarde Sa()rbud) III, <B. 302. 



— 131 — 

fd^erj^aft ben 2lu§brudE „ba§ eroig SQ3eibltd)c", bie cinjige 
Erinnerung au§ bent jroeiten 2:eil be^g %CiU% bie fi(^ bei 
il^m finbet, an bie berühmten ©d)lu§n)orte be§ t)on il^nt afe 
„profane Sibel" gepriefenen ®id)tern)erfö. 

9iid)t fo innig vertraut wie mit bem @oet^efd)en %an% 
ber feiner geiftigen Eigenart ganj befonber§ jufagte unb 
il^nt ba^er l^äufig bie 9KögIi(^feit bot, waS ilftn bei ntäd)tiger 
©ebanfenarbeit in @mft unb ©c^erj bewegte, ftatt mit feinen 
eigenen mit ben il^m bann t)on felbft auf bie Sippen tretenben 
SQBorten be§ ©ic^ter^g au^jubrüden, finben wir 83i§mardE 
mit ben SQSerfen ©d^iHer^. 2lu(^ ftnb bie ©teilen, bie i^m 
namentlid^ au§ ben @(^illerfrf)en ®ramen megen i^re§ @e^ 
banfeninl^alt^ ^Begleiterinnen burd^ ba§ Seben mürben, ent- 
fpred^enb bem fo ganj anber§ gearteten @eniu§ ber ©d^itler- 
fd^en ®id^tung mefentlic^ anberer Statur, atö wa§ x^m au§ 
©oetl^e immer gegenwärtig mar. ^atte er offenbar fd^on 
in jungen :3a]^ren aud^ ©(^iller^ S)ramen vxd gelefen, fo 
l^aben fie il^m frf)liej5li(^ in ber unfreimilligen 9JJuJ3e ju 
^iebrirf)§ru]^ gelegentlid^ bie fd^laflofen 9tdd)te gefürjt. 
S)a!§ beobarf)tete fein S^reunb Äegferling im ©ommer 1890 
namentlid^ in betreff ber „^Räuber", au§ benen er bann 
befonber§ frappierenbe ©teilen ju jitieren liebte,^) unb er 
felbft bejeugt bie Sefc^äftigung mit biefem ®irf)ter nod) ju 
2tnfang be§ ^al^reS 1891.^) ^^m galt ©dritter, mie er 
(24. 3Jiai 1870) mdl^renb ber Beratung beig beutfd^en ©trafst 
gefe^bud^e^ in ber ^^batte über bie SBeftrafung be§ gürften^ 
morbe^ mit bem S^obe gelegentlidf) bemerfte, oorjug§meife 
afö SBertreter ber mobernen ^been, auf ben firf) narf) feiner 
SiJleinung bal^er aurf) bie Siberalen befonber§ gern beriefen. 



1) ^e^ferling II, @. 589. 

2) S)e^n ©. 516. 



— 132 — 

ol^ne ba§ er fcinerfeitg biefe Stnfd^auutig l^fittc afö jutreffenb 
anerfennen fönnen.^) 

Db man bei 93i§tnard in ben feinfinnigen 93emerfungen, 
bie er in einem ©riefe an feine Sraut über ba§ ©r^abene 
nnb ba^ 2^ragifrf)e unb ben ©runb be§ aSergnügenS baran 
gemacht Ijat/-) einen 91ad)flang ber gelegentlichen 93efd^äftigung 
aud) mit ben betreffenben 2tb]^anblnngen be§ ^^ilofop'^en 
unb 2lft^etifer§ ©d)iUer p fe^en l^aben mirb, muj3 bal^tn^ 
geftedt bleiben. 2lnbererfeit§ ift e§ erfldrlid), ba^ ber ftarf 
realiftifc^e Q\i% feinet SGBefen^ Si^mard an ben ^od)tönenben 
^^rafen ber @d)iUerfrf)eu ©ebid^te meniger ©efatten finben 
lk% ®a^er fmb (Erinnerungen an biefe bei il^m niel feltener 
al§ fo(d)e au^ ben S)ramen. ©d^on in einer Siebe in ber 
jmeiten Kammer be§ preu^ifc^en Sanbtag§ (15. Slot). 1849) 
bejeid)net er ironifd^ bie ^^rafe atö ben fc^önften ©d)mud 
einer fonftitutionellen SSerf affung, bem „@rf)Ieier vox bem Silbe 
non @ai§" nergleidibar.^) 2lu§ bem ©ebid^t „Siefignation" 
fü^rt er mieber^olt an: 

„9öa§ man üon ber SJlinute au^gefd^Iagen, 
SBringt feine ©roigfeit gurüd", 

mobei er, mie ba§ bei ber fo unjäl^üge 3JiaIe angefül^rten 
©teile meiften§ gefd^ieljt, ungenau ftatt „x)on ber 3Jlinute" 
fagt, „t)om 2lugenblide".'*) ©in anbere§ 3Jlal umf(^reibt 
er ba§ geflügelte SQSort frei: „©reifen mir be§^lb ju nad^ 
bem, roa^ un§ geboten mirb. S)a§ ©lud, roa^ man in ber 
einen ©tunbe au§fd)lägt, feljrt oft in ©roigfeit nid)t mieber".^) 
2luc^ fdierjenb jitiert er ©d)iller gelegentli(^. Sioon gegen^ 
über, bem leiber non i'^m getrennten treuen ©efdl^rten,®) 
!lagt er mit einem SQSort au§ bem „Xan6)ex", ba§ er aud^ 

1) ^^olit. meben IV, ©. 379. 2) sßgt. @. loi. 

y) ^oUt. hieben I, ©. 156. ^) (S:hh. III, ©. 212; IV, ©. 374. 

ö) ^h\>. III, <B. 472. 6) «gl. ©. 58. 



— 133 — 

fonft &\)X[lx6) anroenbct/) unter ben i^m gebliebenen ÄoUegen 
im ajlinifteriunt fontnte er ftd) t)or wie bie „einjig fül^lenbe 
Sruft" (20. 9tot). 1873).2) SDie Slrt raie ba§ SÄbgeorbneten^ 
^avi§ bie @ntfd)eibüng über wichtige SRegierung^oorlagen 
x)erjögerte, \o ba§ fte erft furj vox ©(^Iu§ ber ©effton an 
ba§ ^erren^u^ fommen unb biefe^ um bie il)m gebül^renbe 
praftijd)e ^Beteiligung an ber preu^ifc^cn ^olitif gebrad^t 
mirb, erfc^eint il^m gelegentUd^ mie eine SSariation be§ 
©d^iUerjd^en 5ßerfe§, bie ungefähr lauten mürbe, „menn ba§ 
fiafter fatt ift, je^t fid^ bie S:ugenb ju %i\6)".^) ®r bejie^t 
fid) auf bie ©d)iUerjd^e ^arobie „©^afefpeare§ @d)atten", 
bie be!annt(id) fd^tte^t: 

„2öenn fid) ba§ Safter erbrid)t, 
@e^t fid) bie 2:u0enb gu %x\ä)", 

©tolj jeigt er nad^ bem ©injug in ba§ neu ^ergerid^tete 
Steic^gfanjlerpalaiig ben ®amen, bie auf einer feiner parla= 
mentarifdt)en ©oireen erfc^einen, „aUe§, ma§ i^m untere 
tänig"^) — eine (Erinnerung an ben „SRing be§ ^ol^frate^". 
^arobierenb gebrandet er bei ben SSerl^anblungen über ba§ 
SBranntmeinmonopol (26. 3Jiärj 1886) eine ©teile au§ bem 
„§anbfd)u^", inbem er meint: „(Sefä'^rüd) ift e§ be^ljalb, 
ben ©df)anfmirt ju reijen",^) benn mittelbar fann biefer 
huxä) bie bei i^m t)erfe^renben (Säfte ftar! auf bie 2tbge^ 
orbnetenmal^len einroir!en. 2tu§ bem fentenjenreidtien „Sieb 
t)on ber ©lodfe" menbet er in ä'^ntirfier SQSeife (Serlad) 
gegenüber (27. Slpril 1855) ba§ SBort an: „SÖSe^e, menn 
fie lo^gelaffen, ein^ertritt auf ber eigenen ©pur ufm.", auf 



1) «ufd), 3:aöebud)bmtter I, ©. 41. 

2) «igmardt ^[a^rburf) III, ©. 302. 

3) V. ^ofd)ingcr, SBi^mard m\\) bie Parlamentarier III, ©. 109. 

4) (^hh. I, ©. 119. 5) ^olit. me\>^n XI, ©. 349. 



— 134 — 

feine eigene „2^intenergie§ung", b. 1^. einen übermäj3ig lang 
geratenen SBrief.^) ©benfo überträgt er bie SSerfe: 

„2)enn mit bc§ ©efc^ideS aJläc^ten 
3ft !ein ero^ger 33unb ^u flechten" 

auf ba§ aSermtniig ber ^öfe Don Stuttgart unb 9Jlünd)en 
ju ^reu^en (21. ©ejember 1855), 2) unb gebrandet biefelben 
(28. 9tox)entber 1885) in freierer t^^ffung beut 3^^t^^wt 
gegenüber, inbent er mit Setrübniig gelernt p ^aben erfldrt, 
,,baj3 ein 93unb mit bem ^errn nid)t ju fled^ten ift" o^ne 
bie ©jriftenj ber preu^ifi^en 3Jlonarci^ie aufjugeben.^) 

©eläufiger afö bie ©ebid^te maren Si^mardf bie ®ramen 
©d)itter§, von benen i^m nad) ber ^äufigfeit ber Slnfü^rungen 
barau§ bie „Siduber" unb „SQSaHenftein" befonber^g lieb gemefen 
iu fein fd^einen. Qn betreff ber „Siäuber", bie er nod) nad^ 
feinem ©turje in ber unfreimilligen 3Jlu^e t)on g^iebric^^rul^ 
mäl^renb fd^laflofer 9täd|te mit SSergnügen t)orna^m, teilte 
er nic^t bie 93efürd)tung, bie angefid)t§ ber fojialiftifd)en 
Slgitation ängftlidf)e ©emüter liegten, bie barin t)erfünbeten 
^been feien im Äem be§ beutfd)en 5ßolfe§ Don ben 2lrbeitern 
bereite x)ollftdnbig aufgenommen (9. Dftober 1878).^) %x6) 
\)at er nodf) fpdter einmal (4. ^^bruar 1881)^) in Erinnerung 
an bie 3. ©jene be§ 11. 2lft§ be§ S)rama§ „in ben böl^mifdien 
SQSälbern, mo Äarl SUJoor fid^ mit ber redeten ^anb an 
einen ©ic^enaft binbet, fo baj3 er ganj mel^rloS ift unb ein 
Äinb i^n ummerfen fann", bem preu^ifdt)en fianbtag erfldrt, 
bie ^Regierung moUe fid^ i^m gegenüber fo binben, „mie 
jener feine ^anb bem ^riefter gegenüber an ben Qw^x% 
banb'', fo baj3 fie in 3^fitnft mit neuen Sinnal^men nichts 
anbere^ tun fönne al§ ©teuern erlaffen.^) ©in SQSort au§ 

1) «tiefe an ©erlarf) ©. 219. 2) @t)b. ©. 268. 
3) ^olit. kleben XI, @. 290. ^) @bb. VII, ©. 287. 
^) ebb, VIII, ©, 241, 6) (&h\>. VIII, (S, 241, 



— 135 — 

bet 1. ©jene be^g 11. 2lft§ fdiroebt i^m t)or, wenn er be- 
bauemb fonftaticrt, t§ fei unmöglid^, fid) über ein „83i§ 
l^ier^er utib mdf)t weiter" mit bem ^apfte ober mit einer 
bauemben inlänbifd^en aSertretung be§ Äat^oIijiSmu^ burd^ 
eine 2lrt t)on preujgifd^em Äonforbat ju t)er[tdnbigen (3. Xt- 
jember 1884).^) @benfaü§ ein „Si§ l^ierl^er unb nid^t 
weiter" mitt er ber fortfd^reitenben ^olonifierung be§ ge:; 
meinen 9Kanne§ in ^reu§en§ öftlid^en ^rooinjen entgegen:^ 
[teilen burd^ ben ©efe^entmurf jugunften beutfd^er Stnftebe^ 
lungen in jenen ©ebieten (15. 2tpril 1886).^) SBielleid^t 
^anbelt e§ fid& babei jebod^ um ben Oebraud^ eine§ geflügelten 
aD3orte§, ba§ au§ bem 93ud^e ^iob 38, 95. 11 ftammt.^ 
2ln§ bem „gie^fo" lag 93i§mardf mie fo fielen bie oft 
gebraud^te SÖSenbung 2lft in, ©jene 4 na^e oon bem S!Jlo!^ren, 
ber feine @d)ulbigfeit getan l^at unb ge^en fann.^) aSer:= 
mutlid^ gel^t autf) bie Slnregung ju bem 2lu§brudf, „in ber 
2lu§übung i^rer ^flidt)t merbe bie föniglid^e ^Regierung über 
juriftif^e ^mirngfäben nid)t ftolpern" (30. Januar 1869),^) 
jurüdf auf ben von ©(^iüer im 3^ie§fo 3Ift ü, ©jene 5 ge:= 
brandeten „über äwirn^f oben ftolpern". Slud^ bie an fentenjiö:: 
fen ©teilen reid^fte Qi^fl^^bbid^tung ©c^iller^ „S)on ®arlo§" 
l)at 93i§mardf§ ßit^tenfd^a^ oerme^ren Reifen, ©elbft in 
einem amttid)en Serid^t au^ granffurt (Slooember 1851) 
lö^t er ben gro^beutfd^e ©d^roärmereien entmidfelnben öftere 
reid^ifd)en ^räftbialgefanbten ©rafen $^!^un fpredf)en „mie 
^ofa"^) unb in einem oertrauten ©d^reiben an ©erladt) 
(19. S)ejember 1852) meint er, bie SR^einbunb^gelüfte ber 
3Jlittelftaaten mürben am mirffamften befämpft werben burd^ 



1) ^olit. SReben X, ©. 291. 

2) @bb. XII, ©. 104. 3) «8üd)mann <B. 30. 

4) «riefe an ©erlad) ©. 157. ^) ^oUt. SReben IV, @. 123. 
6) ^oUt «riefe 1849—1869 I, ©. 22, 



— 136 — 

beti ©ebanfen, ^reuJBcn Wntie baburd^ bal^in gcbrai^t werben; 

einmal ju granfreid^ jn fagen „n)a§ beine Sägern fönnen, 

fann and) Äarl, unb Äarl fann mel^r"/) nadigebilbet bem 

SBorte be§ fpanifd)en :3nfanten an feinen 5ßater, Slft 11, 

©jene 2: 

3a§ S^re 3Wba leiften, 

®a§ !ann aud) ^arl, unb ^arl !ann ntel^r." 

9Jlit benjelben SQSorten verlangt er gegenüber bem t)on 
mand^en 2lbgeorbneten unb namentlid^ fia^fer erhobenen 
2tnfprud^ über alle§ fidler unb fompetent urteilen ju fönnen, 
ba§ man i^m minbeften^ bie gleidt)e 93efä^igung juerfenne: 
„Sollte idf) ni(^t ba§ aud^ fönnen, mag ber ^err Slbgeorb? 
nete fiagfer fann? ^ä) ^Ite mirf) ni(^t für begabter ate 
ben S)urc^jd)nitt ber 3Jlenfdf)en, aber au(^ nic^t für un^ 
begabter, xä) glaube, voa^ eure 9llba fönnen, ba§ fann aud^ 
Äarl, nid[)t me^r" (28. 91onember ISSl).^) ®a§ fo unjd^lige 
9Jiale gebrauchte SQSort non bem „2lrm in 9lrm fein ^al^r^ 
Ijunbert in bie @d)ranfen forbem" (S)on ®arlo§, L 2lft, 
9. ©jene) mirb x)on i^m mel^rfadt) t)ermenbet,^) gelegentlid^ 
in ber ungenauen S^ff^^Ö n^^^"^ i^ ^^^^^ ^it Öfterreid) 
fein Qa'^rl^unbert in bie ©df)ranfen ju forbem" — er fpridf)t 
t)on ber burrf) ben ^rimfrieg veranlagten ^rip — mürbe für 
^reu^en im ^inblidf auf öfterreidf)§ geringe militdrifdt)e 
fieiftunggfä'^igfeit feine fleine 2lufgabe fein.^) ©benfo roenig 
feljlt bei i'^m ba§ befannte „Qn feinet 91id)t§ burrf)bo^renbem 
©efü^l" aug SDon ©arlo^, Slft n, ©jene 1 (t)ergleid|e Slft H, 
©jene 5).^) 

5Sl)nlid^ mie biefe aud^ fonft oft gebraud^ten Slemini^- 
jenjen au^ „S)on ®arlo§" fmb 93i§mardf entfpredf)enbe ge^ 



1) «riefe an ©erlac^ ©. 116. 2) ^olit. SReben IX, ©. 132. 
3) @bb. IV, ©. 171; IX, ©.157. ^) «riefe an ©erlac^ ©. 130. 
5) ^olit. Sieben I, ©. 301; XII, @. 294. 



— 137 — 

pgelte SQSorte aud^ au§ SBaUenftein gegenwärtig. „&§ 
roäd^ft ber 3Jlenfd^ mit feinen gröj3em Sroed^n", fagt et 
von ber el^emaligen graftion 9ieirf)en§perger (3. ®ejember 
1884): inbem fie fid^ jum S^^t^i^^ au^geroad^fen ^abe, fei 
aud^ bie Qat)i ber von i^r Derfolgten Qmtd^ entfpred^enb 
geroad^fen.^) 2tu(^ bie SQBenbung t)on „©eoatter ©d^neiber 
unb ^anbfd^ul^ntad^er" au§ „SEBaUenftein^ Säger" fel^lt nidtit/'^) 
2lu§ ber Äapujinerprebigt eignet er firf) in freier Umgeftaltung 
bie 3Jla]^nung an: „Content! estote!" 

„Seien voix jufrieben mit bem Äommi^rote — ba§ 
mir felbft banen" (9. «Januar 1885).^) Sefonber^g fqmpatl^ifdf) 
fül^lte fidt) feine fampffrol^e unb tatenluftige Statur burd^ 
ba§ „Sleiterlieb" berül^rt. SQSäl^renb ber ®eidf)ma(^t bei 
einem @i§gang ber @Ibe fpielen il^m bie @i§f(^oIlen, fo 
fdt)reibt er ber 93raut am 22. 3^ebruar 1847, ben ^appen^ 
Reimer ajlarfrf) jum Siuf unb ber ©l^or ber berittenen 
93auem fingt „?frifrf) auf Äameraben": er bebauert nur, 
M^ bie Älö^e e§ nid|t mirflidt) tun".^) ®a§ von ber 
93raut befonber§ gerühmte @ebid)t „Oh do not look so 
bright and bless'd" finbet er jmar red^t pbfd^, aber bod^ 
mie faft alle ^^oefte „nid)t geeignet, auf§ eigene Seben über^ 
tragen ju merben unb feine own little perversities bamit 
ju bebeden" : @r er!lärt e§ für ein feige§ Sieb, bem er ben 
aSer§ be§ Sieiterlieb§ gegenüberftellt „Unb fe^et il^r nid)t 
ba§ Seben ein, nie mirb eud^ ba§ Seben genommen fein" 
(7. ajlärj 1848).f'>) Qu beginn be^ Qa^re^ 1870 «agt er, 
er l^abe im 2lnl)ören ber x)on ben ©egnern ber 2^obe§ftrafe 
gegen biefelbe t)orgebrad^ten ©rünbe ba§ Oefül^l gel^abt, ba§ 

1) ^olit. meben X, ©. 304. 

2) «riefe an ©erlad) ©. 263. 3) ^olit. SHeben X, ©. 380. 

*) S3riefe an bie SBraut unb ©attin ©. 41. Sßgl. oben <S. 57. 
5) «riefe an bie «raut unb ©attin ©. 67. 



— 138 - 

SBort be§ ®id^ter§: „Unb fe^ct iliv nii^t ba§ Seben ein n\m." 
unb ba§ anbete SQBort, ba§ „ba§ Seben ber ©üter l^ödifteig 
nid^t ift" — er jitiert ben ©d^lu§ ber 93raut von 3Jieffma — 
in S)entjrf)lanb in eine nterfwürbige SSergeffenl^eit geraten, 
in einen ^uft t)on falfd^er (Sentimentalität begraben raorben 
feien (1. 3Jlärj 1870)^) — eine 93eobad)tnng, roeld^e wenige 
ajlonate fpäter burd^ bie beutf(^en ^eere afö t)öHig unju^ 
treffenb erroiefen roorben ift. 2tnrf) fonft jeigt f\6) 93i§mardE 
mit SQBattenftein mol^l vertraut. S)ie 2tnfang§n)orte ber 
„^iccolomini" benn^t er ju ber SQBenbung: „S)ie autonomen 
SBünjdie fommen fpät, aber fte fommen" (21. SJlära 1879).2) 
aSon ftd) felbft berirf)tet er in (Erinnerung an ben SQSiberftanb, 
ben bie „Partei ber ©enerale" 1866 ber t)on i^m befür^ 
morteten SeroiUigung eine§ glimpflid^en griebeng an Öfter? 
reid^ entgegengefe^t l^atte, man l^abe il^n bamal§ „Dueften- 
berg im Säger" genannt (23. aJiärj 1887).^) ©egenüber 
ber tenbenjiöfen ©ntftettung, bie SQSinbt^orft ftd^ mit einem 
oon il^m in bejug auf bie ^oten unb i^r aSerl)ältni§ ju 
^reu§en gebraud^ten 2tu§brude erlaubt ^atte, fragt er, ob 
benn ber Unterfdt)ieb be^ SQBortlautS bem fd^arfen ^ubicium 
biefe§ Slbgeorbneten entgangen fei ober ob etma^ vorliege, 
„mag an bie befannte Siebengart an bem SQ3aIlenfteinfdf)en 
©aftma^I @rf)illerg erinnert: oor Jifdt) lag man eg anberg" 
(29. Januar 1886).^) ^a^ SQBort aug bem Siebe S^eüag 
in ben ^iccolomini, 2lft III, ©jene 7 „Qäj ^abe gelebt unb 
geliebet" bejiel^t er fdf)erjenb auf ben SBed^fel, ben im Saufe 
einer adfitje^njäl^rigen SD^iniftertätig!eit fein SSerl^ältnig ju 
ben t)erfrf)iebenen Parteien erfahren l^abe (8. 3Jiai 1880).^) 



1) ^olit. SReben IV, ©. 327. 2) ©^b. VII, ©. 412. 
3) @bb. XII, ©. 337. 4) (gbb. XII, @. 456. 
5) Q^hh. VIII, ®. 190, 



— 139 — 

9lu§ „SÖSaHenftein^ Xo\)" enblid) variiert et bcn ht^ 
fannten SluSfpru^ 2l!t ü, ©jene 2: 

„Seicht beietnanber lool^nen bic ®cban!cn, 
S)od) l^art im [Raunte flogen ftd) bie ©ac^en" 

ba§ eine SJlal, inbem er t)on bem praftifd^en ©ebiet urteilt, 
ba§ ftrf) ba im Siaume bie ®inge l^art aneinanber fto^eti, 
n)ä!^renb bie ©ebanfen ben 3iifö^w^ß^fto§ Ieid)t überfliegen 
(19. Januar 1882)/) unb ba^ anbere 9Kal, inbem er bie 
bem 2lnjd)ein nad^ leidet realifierbaren ©ebanfen, bie im 
Äopfe beieinanber mol^nen, ben fünfunbjmanjig ^Regierungen 
entgegenje^t, bie firf) im Slaume fto^en (22. 9lot)ember 1875).^) 
2luf biefelbe ©teile, bereu SQBa^rl^eit er gerabe ate ©taat^^ 
mann fo oft ju erfal^ren ^atte, fpielt er an, menn er beim 
»lüdEblidE auf bie ^olitif ^reu^en^ unter griebrid^ SBil^elmlV. 
bemerft, au§ ben ftd^ freujenben Seftrebungen unb Gräften, 
t)on benen bie oberen 3c^^taufenb getragen unb geleitet 
werben, feien ju mannigfaltig, al§ ba§ bie ^Regierungen barau§ 
für i^r aSer^lten eine 9lid)tfd)nur entnehmen fönnten, „fo 
lange nid)t bie ©oangelien ber Siebner unb ©d)riftfteller 
oermöge be§ @lauben§, ben fie bei ben 3Jlaffen finben, bie 
materiellen Gräfte, bie fxä) Ijart im Siaume fto^en, jur 
aSerfügung ^aben".^) Qu einem ©d^reiben be§ Äronprinjen 
g^riebridti SÖSil^elm an§ ber 3eit be§ Äonflift^, ben beffen 
befannte S)anjiger Siebe oeranla^t Ijatte, morin biefer feine 
fd^meren 83eben!en gegen bie mit ber ^reJ3orbonnanj t)om 
1. ^uni 1863 eingeleitete innere ^olitif barlegte, fügte er 
unter anberen fpi^en fritifd^en 93emerfungen audf) bie ©teile 
au§ aOSaUenftein^ Stob, ü. Slft, 2. ©jene: „Seid^t — fo 



1) ^olit. meben IX, ©. 214. 

2) @bb. VI, ©. 302. 

^) ©ebanfen unb ©rinnerungen I, ©. 61. 



— 140 — 

jitiert er falfd) [tatt „fd^neU" — fertig ift bie ^ugenb mit 
bem aOäort" (2. ^uli 1863).i) 

S)er ©attin gegenüber ^offt er einmal fdierjenb nod^ red)t^ 
jeitig eine ©ntfd^ulbigung auSfinbig ju mad^en (21. Dftober 
1850), menn er einer unbequemen ©inlabung jur ^agb nad) 
Se^Iingen fiä) entjie'^en miH unb märe e§ nur: „S)er Sorb 
lä^t fid) entfd)ulbigen, er ift ju ©d^iff nad^ g^ranfreii^"^ — 
bie @d)lu^roorte ber SJlaria ©tuart. 

93ei ber 93emegung in geroiffen anberen ©ebanfenfreifen 
finbet 93i§mardf für feine Stimmung ni(^t feiten befonber§ 
entfpred)enben 2lu§brudf in befannten ©teilen au§ „SQBil^elm 
2^ell" unb ber „Jungfrau x)on Drlean^". gür ben S^ell 
geftanb er übrigen^ fd^on al^ Änabe feine befonbere ©qm- 
pat^ie ge^bt ju Ijaben, einmal meil ber ^elb auf feinen 
©ol^n gefd)offen unb bann, meil er ©ejsler auf meud)lerifd^e 
SQBeife getötet l^abe. ytaä) feinen Segriffen, äußert er fid^ 
barüber gelegentli(^ im Greife feiner 2:ifrf)genoffen,^) märe 
e§ natürlid^er unb nobler gemefen, menn Seil ftatt auf ben 
;3ungen abjubrüdEen, ben boc^ anä) ber befte ©d^ü^e ftatt 
be§ 2lpfel§ l^ätte treffen tonnen, lieber gleirf) auf ben Sanb= 
t)ogt gefd^offen ^ätte,^ ba§ märe geredf)ter 3orn über eine 
graufame 3umutung gemefen: ®a§ SSerfteden unb Stuf lauern 
gefalle i^m nidf)t, ba§ paffe nirf)t für ^elDen. ®od^ l^at 
il^n baö nirf)t gel^inbert, aud^ auig biefem SQBer! ©d^iHer^ 
ii|n ftarf berül^renbe SQBorte fid^ ju eigen ju mad)en. S)ie 
Srinnerung an ben fogenannten 93rubertrieg t)on 1866 ^abe, 
bemer!t er am 13. SJlärj 188ö,^) ba§ ©efül^l ber nationalen 
©in^eit 1870 nid)t mel^r geftört: al§ „ein einig (ridf)tig 



1) @eban!en unb ©rinnerungen, ^In^ang II, ©. 352. 

2) «riefe an bie 33raut u. ©attin ©. 209. 

3) «8uf4 SCagebuc^blätter I, @. 325. 

4) ^oIitifrf)e ^eben XI, @. 84. 



— 141 — 

\)^x^t c§ einjig) Sßolf t)on 93rübcrn" l^abe ®eutf(^Ianb fic^ 
ben 2Ingriffen be§ 3lu§Ianb.§ cntgcgcngcftettt, fagt er mit 
Scjug auf bie be!annte ©teüe XeU, 11. 3lft, 2. ©jene, 
©d^erjenb bcnu^t er bicfclbe (23. Tl&xi 1878), afe er bie 
©d^roierigfeiten fd^ilbert, roeld^e fid^ ber t)on il^nt bereite 
1862 geraünfd^ten ©rri^tung eine§ befonberen ©ifenbal^n' 
tttinifteriumS entgegengeftellt l^ätten. deiner feiner Kollegen 
l^abe etit)a§ dou feinem Slcffort einbüßen moUen, unb man 
l^abe barau§ geroifferma^en eine Äabinettsifrage ober ©^ren^ 
fad^e gemacht, fo ba§ e§ gel^ei^en l^abe: mir motten un§ 
nic^t trennen, fonbem ein einig 3Jlinifterium oon 93rübem 
bleiben.^) ^atte er bie befannte aSerfammlung ju ^cppen^ 
l^eim (10. Dftober 1847) mol^I in ©rinnerung an XeU einft 
ein „fonftitutionette§ Slüttli" genannt,^) fo beseid^nct er ben 
9leid^§tag§befci^Iu§, ber bie ^[ufl^ebung be^ ©fpatriierung^^ 
gefe^e^ verlangte (3. ©ejember 1884), al§ eine 3lrt oon 
©e^Ierfc^en §ut, ben bie SJJel^rl^eit oor bem 93unbc§rat 
aufrid^te, bamit er il^n gril^e.^) 93ei bem 3^rieben§fd^Iu§ 
mit 9lom mitt er, be§ fc^Iic^Iid^en 2Iu§gang§ no^ ungeroi^, 
in ben bafür feftgefe^ten 3^ormen junäd^ft nur ba§ @efä§ 
feigen, in meld^e§ bie 3lu§fül^renben je nac^ il^rer Stimmung 
unb nad^ bem 3Jla§e gegenfeitigen Sßertrauen^ „9JiiId^ ber 
frommen ®enfung§art" ober „gärcnb ®rad^engift" ju fütten 
in ber Sage fein merben.^) 3lu§ bem SJlonoIog be§ XeU 
(2lft IV, ©jene 3) benu^t er jur Seantroortung ber an i^n 
gerid^teten g^rage, ob er aud^ bei fünftigen SReifen roieber 
burd^ 93erlin fommen merbe, launig ba§ „@§ fül^rt fein anbercr 
aOBeg nad^ ^ü^na^t" (6. 3luguft 1892).^) ®a§ nad^ 1866 
ba§ aaSort be§ fterbenben 3ltting^aufen (IV. Slft, ©jene 2): 

1) ^olit. [Reben VII, ©. 212. 

2) @bb. I, (5. 246. 3) (gbb. X, ©. 284. ^) ©bb. XII, (5. 110. 
^) V. ^ofc^inger, 2lnfprac^en, @. 245. 



— 142 — 

,,Unb tteue§ SeBen blül^t au§ ben SRuincn" an bcm SBSelfifci^en 
Söniggl^aufe, obglcid^ e§ im ^intereffe einc§ bauembcn 
griebctt§ ju wünf^en geroefcn wäre, burd^ beffen eigene 
©d^ulb nid^t l^at Derroirflid^t werben !önnen, bebauert er 
lebl^aft (13. g^ebruar 1869).^) ' 3u9unften ber Seibel^altung 
ber 2^obe§ftrafe für ben g^ürftenmorb ober ben SSerfud^ baju 
t)eru)enbet er in ber Siebe t)ont 24. 3Jlai 1870 wirffamft 
bie ©jene (V. ^tt, 2. ©jene), in roeld^er ber ®id^ter burd^ 
bie ©inffil^nmg ^ol^ann^ t)on ©d^roaben int ©egenfa^ ju 
feiner blutigen 2:at bie %^U§ in ba§ redete Sid^t fe^t.^ 

aSon ber „:3ungfrau non Orleans" fällt il^m, rool^l 
infolge eine§ geroiffen enttäufd^enben @inbrudf§, ben er wie 
fo oiele h^i il^rer Sluffül^rung gelegentlid^ baburd^ empfangen 
l^aben mod^te, ba§ ba§ ^erfonal jur ®arftellung ber SUlaffen^^ 
auf jüge feiten au^reid^t unb man bal^er bief elben Seute mieber^ 
l^olt über bie S3ü^ne f^reiten lä§t, „ber J^riümpl^jug" 
ein — er meint ben feftlid^en 2lufjug bei ber Srönung 
Sartö Vn. — ate t^eatralifd^e§ ©eitenftüdf ju ber 3lrt, 
mie ber 2lbgeorbnete Siid^ter immer bie gleichen 3lrgumente 
oon neuem oorfül^rt. „®a l^abe id^", fagt er, „immer ba§ 
©efül^l, mie bei einer SSorftellung ber „-Jungfrau oon 
Orleans", mo einem ber enblofe J^riumpl^jug im 3lnfang 
überrafc^t, bi§ man beim britten aSorbeimarfd^ merft: mein 
©Ott, ba§ fmb ja bief elben Seute" (29. 3lpril 1881)^). 
gteilid^ läuft auc^ il^m in ber ^i^e ber Debatte ^ier unb ba 
ein Irrtum unter, fo menn er (26. 9lpril 1869) jmar mit 
©d^ilter rid^tig fragt: ,,S33äd^ft mir ein Äomfelb in ber 
flachen ^anb"?^), ein anbermal aber bem 2lbgeorbneten 
aOBinbtl^orft, ber urfprünglid^ ein großer ©eneral ol^ne 2lrmee 



1) qjolitifdöe Sieben IV, ©. 140. 2) @bb. ly, ©. 370. 
3) @bb. IX, @. 51; XI. (5. 379. ^) ©bb. IV, @. 208. 



— 143 — 

gcwefen fei, nad^riH^mt, e§ fei biefem gelungen „rote SlöaUen^ 
ftein eine 3lrmee au§ ber @rbe ju ftampfen^ um ftd^ bamit 
ju umgeben" (9. g^ebruar 1872).^) @r meint natürlid^ bie 
be!annte ©teile au§ ber :3ungfrau t)on Orleans (I. 2lft, 
©jene 3): 

„Äann xä) ^Itmecn au§ ber ($rbe ftampfen? 
S03d(^ft mir ein Äomfelb auf ber f[ad)en §anb?" 

über bie er gelegentlid^ einmal aud^ mit bem 2Ibgeorbneten 
©üntl^er, ber fte gang abfonberlid^ umgeftaltet l^atte, eine 
längere (Erörterung gel^abt l^at.^) Sßon ber frieblid^en Sföen^ 
bung ber ®inge im Orient meint er, man !önne barauf bie 
aOBorte ^ol^annag in bem 9Jlonolog ju 3lnfang be§ IV. 2lft§, 
1. ©jene anmenben: „®ie Sßaffen rul^n, be§ Äriege§ ©türme 
fcbmeigen" (19. Februar 1878).«) Sßie grünblic^ er ftc^ 
gelegentlid^ aud^ mit einjelnen beutbaren ©teilen ber t)on 
il^m Diel gelefenen ®id^ter befd^äftigte unb mie er fie bann 
von ber gemöl^nlid^en Sluffaffung abmeid^enb mo^l aud^ in 
eigentümlicher Sßeife ju beuten t)erfud^te, leiert ein ©efpräd^ 
über ben ©inn ber uom ®id^ter bem fterbenben 2:albot in 
ben 9Jlunb gelegten SBorte: „SJlit ber ©umml^eit fämpfen 
©Otter felbft »ergebend", ^laä) feiner 2lnfid^t ift ba§felbe 
immer mi^uerftanben, roeil man ba§ „mit ber ©umml^eit" 
gleid^fe^t mit „gegen bie ©umml^eit". „2lber ba§ ift falfd^. 
9Jlit ber S)umml^eit, menn fie auf unferer ©eite ftel^t, 
fämpft man umfonft. 9lid^t contra, fonbem cum, ba§ gibt 
einen t)iel beffem ©inn".^) ®en Sßorjug ber Originalität 
mirb man biefer (Srflärung nic^t abftreiten, ob fie ba§ 
Siid^tige trifft, werben man^e jroeifeln. 



1) ^olit. fReben V, ©. 256. 2) «ßgt. ©. 103. 

3) ^olit. [Reben VII, S. 279. 

4) «i^martf ^a^rbud^ VI, ©. 326. 



— 144 — 

2luc^ 93i§mard§ Sßerl^ältni^ ju ©l^afefpeare mag ^ier 
gleid^ erörtert werben, obgleid^ er beffen ®id^tungen jumetft 
englifc^ gelefen ^at unb anä) t)telfad^ in cnglifd^er ©prad^e 
anfül^rt. S)a§ er gelegentlid^ aber aud^ ju ber ©einleget 
J^ietffci^en Oberfe^ung griff, gel^t fd^on barau§ l^erDor, ba§ 
er fid^ auf bie 2lutorität ©i^Iegefö ate eine§ 3Jleifter§ ber 
beutfd^en ©prad^e beruft, um au§ beffen ©prad^gebraud^ 
fogar t)erfaffung§red^tlid^e ^Folgerungen l^erjuleiten. Sßie 
@oetl^e§ S^auft l^at er bem großen englifd^en ®ramatifer 
namentlich in jüngeren ;3a^ren augenfd^einlid^ t)iel 3^it 
geroibmet unb il^n gemeinfd^aftlid^ mit feinen greunben 
grünblid^ ftubiert. S3ereit^ in ©öttingen Ia§ er i^n mit feinen 
amerüanifd^en ©tubiengenoffen englifc^.^) 9lod^ au§ fpäterer 
3eit — t)ieneid^t au§ bem Qai)xe 1836 — liegt ein eng^ 
lifd^er ©rief t)on il^m t)or, morin er „Slftlg" um ©arleil^ung 
Don „SRid^arb m." unb „§amlet" bittet unb au§ „aJlacbet^" 
jitiert „that than we meet again in thunder, lightning 
or in rain", ftd^ jugleid^ aber megen feinet f^led^ten 
©nglifd^ entfd^ulbigt.'^) ©päter ^tte ba§ ©l^epaar 93i§^ 
mardf mit ben üerfd^roägerten t)on S3lanfenburg§ reget 
mäßige ©]^a!efpeare=3lbenbe.^) 

@emä§ feiner au§gefprod^enen aSorliebe für ba§ J^rauer- 
fpiel ^at Si^mard an^ ben Suftfpielen ©l^a!efpeare§ weniger 
mit in^ Seben genommen al§ au§ ben J^ragöbien unb 
^iftorien. Sßon jenen mirb nur ber „©ommernad^t^traum" 
p[üc^tig Don il^m geftreift, menn er (25. 9tot)ember 1853) 
an ©erlad^ fd^erjenb fd^reibt: „®ie guten Cfterreic^er fmb 
mie ber Sßeber Q^tU^ im ©ommernad^t^traum. @ie l^aben 
im Orient il^r Äreuj ju tragen, moUen in ;3talien bie 



1) fiens, S3i§tnar(f ©. 23. 

2) S8i§mard=3a^rbud) I, @. 3—4. 3) t,. ^cubett (5. 17. 



— 145 — 

gro^e Slotte fpielcn unb in ©eutfd^Ianb aud^ ben „Söraen" 
tttad^en".^) S)cutfci^lattb§ Semül^ungett, in S^anfrcid^ bie 
SReüand^eibecn enbü^ ju berul^igen, erfc^eint i^m fd^lic^:; 
lic^ afe „Love's labour lost", al§ Derlorene Siebe^mül^ 
nad^ bem 2:ttel ber befannten ©l^afefpearefc^en Äomöbte 
(11. Januar 1887).2) 

aSon ben ^erfonen ber ^iftorien war i^nt begreif Ud^er^ 
weife ber §ei§fporn ^ercg befonber§ ftimpatl^ifd^ : fül^ltc 
er fi^ x})m bod^ feinem eigenen Slöefen nac^ in ntand^ent 
3uge innerlid^ t)em)anbt. Gegenüber ber Steigung be§ 
^arlament§, ber SRegiernng au§ fleinen 2lnläffen gro^e 
©d^raierigleiten jn bereiten, erflärte er einmal gerabeju, 
aud^ o^ne fünftUd^ nerüö^ gemacht ju fein, !önnc er ba 
bod^ fe'^r leidet in eine ©timmnng fommen, bie er ben 
Slbgeorbneten nid^t beffer befc^reiben fönne, ate inbem er 
il^nen cmpfel^Ie, in einer ber erften ©jenen non ^einrid^ IV. 
nad^jnlefen — e§ l^anbelt fid^ um ben erften 2:eil, 2l!t I, 
©jene 3 — , ma§ ba §einric^ ^crct) für einen ©inbrudf 
l^at, afe ber bort befagte Äammerl^err fommt, i^m bie 
©efangenen abforbert unb i^m, ber munb unb !ampfe§mfibe 
ift, eine längere SSorlefung über ©c^u^roaffen unb innere 
aSerle^ungen ^cllt. S)ann fül^rt er ben 3lnfang ber ©teile 
englifd^ an unb f^lie^t unter lebhaftem 93rat)o: „©o um 
gefä^r wie ^erct) ift mir ju 9Jiutl^e, wenn i^ über S)inge, 
für bie id^ gelitten unb gefämpft l^abe, bie id^ beffer fennen 
mu§, fold^e SReben ^öre" (29. Smärj 1867).3) 93ei bem 
Sefen be^ Sa^ferf^en 3lntrage§, e§ foUe ben nationalen 
93eftrebungen ber ^Regierung unb be§ aSolfe^ in S3aben eine 
befonbere Slnerfennung au^gefprod^en unb meiterl^in ber 
möglic^ft balbige 2lnfc^lu§ Saben^ an ben 5Rorbbeutfd^en 

1) ^Briefe an ©erla* ©. 104. 

2) ^olit. [Reben XII, ©. 209. 3) ©bb. III, @. 259. 

ipru^, 93i§morcf3 »Übung. 10 



— 146 — 

93unb at§ roünfci^cn^raert bcjetd^net werben (24. gebruar 
1870), meint er, feinen Url^ebern fei wo^I jn 3Jlutc gewefen 
„wie ©ftafefpeare ben ^ei^fpom ^erct) fd^ilbert, ber, nad^^ 
bem er ein l^db S)u^enb ©d^otten umgebrad^t l^at, über 
ba§ langweilige Seben flagt: @§ paffiert eben nid^tö, e§ 
mn§ etwag Seben hineingebracht werben". i) 2ln^ bem 
britten J^eil non ^einrid^ IV. verwertet er ganj eigentüm^ 
lid^ bie 1. ©jene be§ 11. 2lfte§, „wo in einem ©efprdd^ ber 
beiben ©ruber ©bnarb unb Slid^arb bie begriffe SReid^ unb 
^erjogtnm afe ganj entfd^iebene ©egenfä^e unb einanber 
au^fc^Iie^enb gegenübergeftellt werben". 2luf bie 3lutorität 
©d^Iegel^ l^in, ber boc^ gewi§ ein genauer Kenner unb 
Dorfid^tiger 93enu^er ber einjelnen SÖSorte gewefen fei, mad^t 
er ba^ geltenb gegen bie ©inwenbungen, bie t)on feiten ber 
Dppofition auf ©runb be§ 2lrtifete ber jpreu^ifd^en SSer^ 
faffung gegen bie ©innerleibung be§ ^erjogtum^ Sauenburg 
afö eine^ fremben 9teid^e§ erl^oben würben (3. g^ebruar 
1866).^) 9lu§ Siid^arb HI. gebrandet er brieflich gegen 
©erlad^ bie befannten 2lnfang§worte: 

,,9^utt warb ber SQSinter unfere§ SD^t^üergnügcng 
©lorreid^er ©omtner burd) bie ©onne g)or!§", 

inbem er fie englifd^ entfpred^enb umgeftaltet in bejug auf 
bie bem 9Jiinifter 93ernftorff wieber leu^tenbe ©onne ber 
föniglid^en ©nabe (7. Dftober 1855): the winter of his 
discontent made glorious summer by the sun of Royality.^) 
2luf bie Sßorte be^ 3Jiarf 3lnton im „^uliug ©äfar" in 
ber Seid^enrebe (HI. Slft, ©jene 2): 

,,^ettn ^tutu§ tft ein ehrenwerter SD^ann, 
^a§ finb fle äße, äße ehrenwert!" 

^) ^olit. fReben IV, ©. 314. 

2) @bb. III, ©. 16, 17. Sögt, oben @. 144. 

3) «Briefe an ©erla^ ©. 249. 



— 147 — 

fpielt er an, wenn er aud^ bie Slnge^örigen ber beiben 
großen ^arteten, bie e§ nad^ feiner 3Jleinung in 3iifwnft 
allein nod^ geben wirb, alle ate „achtbare" Seute bejeid^net.^) 
9Jlit bent Sßiener Kabinett, äußert er ate feine überjeugung 
©erlac^ gegenüber (25. 9tot)ember 1853), würbe ^ren^en 
weiter fommen, wenn e§ Q)m offen unb el^rlid^ feine Söiei:; 
nung fagte, ftatt ba§ fxä) beibe gegenfeitig ^l^rafen ntad^en 
,,n)ie bie 9Jiacbet^in bem Äönig S)uncan".^) @benfaQ§ auf 
eine ©teüe au§ „9Jlacbetl^" fpielt er an, wenn er angeftd^tö 
ber ben gerieben bebro^enben ^annoDerfd^en unb furl^efftfc^en 
2lgitation e§ ate bie Slufgabe ber Siegierung eine§ großen 
Sanbe^ l^inftettt, bie 2lugen offen p l^aben unb wad^ ju 
fein, mit bem 93emerfen: „®er f^Iaftrunfene Jämmerling 
be§ Äönig§ ®uncan fal^ ben S)oIc^ be^ 9Jlacbetl^ aud^ nid^t" 
(30. Januar 1869).^) 

SBeitauö qm oertrauteften aber Don allen ©l^afefpeare^ 
fd^en ®ramen mar 93i§mardf ber gebanfenreic^e ,,^amlet". 
Slnflänge an il^n finben ftc^ befonber^ ^ufig. Qm ^inbtid 
auf bie l^eftige ^olemif, meldte bie Äunbe oon feiner beoor^ 
ftel^enben (Ernennung jum 93unbe§tag§gefanbten in ber treffe 
oeranta^t l^atte, eignet er ftd^ in einem 93riefe an @erla^ 
^amlet§ SÖSort an (22. Quni 1851): „S)a§ aUe^ ift o^ne 
3meifel fel^r mal^r, unb id^ felbft glaube feftiglic^ baran, 
aber iä) ^Ite e§ nid^t für fd^ön, e§ fo gebrurftju feigen". ^) 
©in ©(^reiben an benfelben (3. g^ebruar 1854) fd^tie^t er 
mit ben SÖBorten, ber ©mpfänger möge mie ^amlet Dpl^elia 
gegenüber jmeifeln, ob „the stars are fire", „aber nid^t 
an feiner aufrid^tigen Siebe". ^) 2)ann roieber nennt er eine 
©ntfc^lie^ung be§ £anbtage§ „oon be§ @ebanfen§ 93täffe 

1) ^oIittfd)e meben VI, @. 256. 2) «gtiefe an ©erlad» ©. 105. 
3) ^oIttifd)c Sieben VI, ©. 124. ^) «riefe an ©erlad) ©. 3. 
5) ebb. (5. 128. 

10* 



— 148 — 

angelränfelt"^) unb Bejcid^net c§ al§ einen Sßorjug ber 
franjöfifc^en unb ber englifd^en g^inanjen, ba§ fie ni^t 
„TDon ber 93Iäffe be^ tl^eoretifd^en @ebanfen§ angefränfelt" 
jeten.2) Bulgarien ift i^m (13. Januar 1887) „^efuba",^) 
unb er glaubt nic^t rote ^amlet, ba§ ber 2:ob ein enblofer, 
traumlofer ©^laf fei (1. SKärs 1878).^) ®em SRebafteur 
ber 9torbbeutfd^en 2IIIgenteinen 3^itung, 93ra§, lä§t er ein:: 
mal empfel^Ien, er foüe bo^ ben weifen ©prud^ t)on ^amlet 
nad^lefen, roonac^ e§ gut fei, bie 2:atfa^e p glauben, ba§ 
alte Seute in ben ©c^enfeln fd^raad^ fmb.^) 9lo^ bei ber 
2lbfaffung ber „©ebanfen unb ©rinnerungen"^) gemal^nt 
i^n ber lange eigenl^änbige ©rief be§ Äaifer§ t)on SRu^lanb, 
worin biefer „weit au^gefponnen unb mit me^r S)eflamation 
al§ in feiner g^eber lag — fobajs man alfo annehmen 
mu^t^ er l^abe babei unter frembem @influ§ gel^anbett — 
Äönig SÖSif^elm 1863 ein 93ünbni§ antrug, um gleid^jeitig 
beiberfeit^ mit ben Sßeftmäd^ten unb mit Ofterreid^ ab- 
jured^nen, an ^amlet§ SEßort: 

„Wether 't is nobler in the mind, to suffer 
The slings and arrows of outrageous fortune, 
Or to take arms against a sea of troubles, 
And by opposing end them?" 

1) ^olitifdöe SReben VII, (5. 213. 

2) ebb. VIII, @. 238. 3) ebb. XII, (5. 182. 183. 
• 4) @bb. IV, (S. 327. 5) X,. ^eubeU ©. 325. 

^) ©ebanfen unb erittuerungen II, ©. 62 — 63. 



V. 

S3i§marc!§ SSerl^ältniS 511 ben neueren ©prad^en 

unb tl^ren ßiteraturen. 

Sßar e§ üomcl^mlid^ bie fd^öne unb treffenbe S^affung 
eine§ anäj il^n crfüttenben ober gelegentlich in il^m auf^^ 
fteigenben @eban!en§ ober bie ©rinnerung an il^m feit ber 
;3ugenb vertraute ober fpäter geläufig geworbene ©id^ter^ 
roorte, bie 93i^niard »eranla^te unb in ben ©taub fe^te, 
feine Sieben unb t)ertraulicf)en 93riefe mit Dieterlei £efe= 
früd^ten au§ ben beutfd^en ®id^tem ju fd^mürfen unb fo 
für ^örer unb Sefer reijDoIIer ju geftalten, rodl^renb bie 
au^erorbentlid^ ^ufige 93enu^ung lateinifc^er SÖSorte unb 
SBcnbungen ber üerfd^iebenartigften ^erfunft au§ feiner 
aSorliebe für bie ftrenge ©ad^tid^feit unb treffenbe Sürje 
ber ©prad^e be§ alten diom entfprungen fein bürfte, wirb 
man bie überrafd^enbe .^äufigfeit be§ @ebraud^§ nid^t bIo§ 
t)on ©d^Iagmörtem, fentenjenartigen ^l^rafen unb ganjen 
©ä^en, fonbern aud^ einjelnen Sffiörtem unb 9ieben§arten 
au§ ben mobernen fremben ©prad^en, roo gute beutfd^e 
3lu§brädfe reic^lid^ jur SBerfügung ftel^en, rool^I auf anbere 
©rünbe jurüdfjufül^ren l^aben. 

3unäd^ft ift baran feftju^alten, ba§ 93i§mardE nad^ ber 
fprad^Ii^en ©eite l^in befonber§ rei^ t)eranlagt mar, wie 



— 150 — 

ba§ fid^ fd^on auf ber ©d^ule gejcigt ^atte burd^ feine 

geiftungen in ben alten ©prad^en unb bie 3lrt, wie er fxä), 

wenn aud^ junäd^ft au§ einem befonbcren, nid^t eigentlich 

in ber ©ad^e liegenben 31nla§ nebenbei in !urjer Qtxt be§ 

©nglifd^en bemächtigte. SOSä^renb er aber ftd^ bemüht mar, 

in ben alten Sprachen ba§ ^iti^i^öment feiner allgemeinen 

Silbung ermorben ju l^aben, l^at er auf bie 93e^errfd^ung 

ber mobernen ©prad^en einen äl^nlid^ ibeeHen SBert nid^t 

gelegt, fonbem barin me^r blog eine 2lu§rüftung für ba§ 

praftifd^e Seben gefeiten, bie fx6) naö) ber für feine ©tanbeg:^ 

genoffen ma^gebenben ©itte unb im ^inblidf auf ben i^m 

burd^ feine ^erfunft Dorausifid^ttid^ angeraiefenen 93eruf ge= 

mifferma^en t)on felbft t)erftanb. SSon :3ugenb auf burc^ 

bie ©emö^nung in ^au§ unb gamilie |)err ber franjöftfd^en 

©prad^e im münblid^en unb fd^riftlid^en ©ebraud^ unb 

bauemb beftrebt, fid^ aud^ in ber ^errfd^aft über basi au§ 

eigener Äraft erworbene ©nglifd^ ju befeftigen, ^at er, 

beffen rei^ veranlagter ©eift anfangt nid^t blo§ be§ rechten 

mürbigen ©egenftanb^ ber 93efd^äftigung, fonbem auc^ ber 

feine Gräfte rec^t ju bi§äiplinieren geeigneten ©d^ulung ent- 

beerte, mie e^ fd^eint, ein befonberejg SBergniigen empfunben, 

auf biefem ©ebiete eine 3lrt oon ©gmnaftit ju treiben, in- 

bem er nid^t feiten auc^ bem gemö^nlid^ften ©ebanten einen 

frembfprac^lid^en Slu^brurf gab. Sßenn man il^m babei 

folgt, ^t man bie ©mpfinbung, afö ob er bei biefem Um- 

fic^raerfen mit englifc^en unb franjöfifc^en Srorfen unb ber 

®urd^fe^ung feiner 93riefe, auc^ ber rairflic^e ^erjen^ergüffe 

ent^altenben, mit bem munberlic^ften ©prad)engemifc^ nur — 

junäc^ft ju feinem eigenen aSergnügen unb in einem ge- 

miffen übermütigen ©efü^l feinet ^önnen§ — jeigen miß, 

mie i^m alt ba§ feine ©d^raierigfeit mad^t unb er fprac^lid^ 

fojufagen in allen ©ätteln geredet ift, ^ebenfall? wirb 



— 161 — 

man bie ungeroö^nlici^e ©prad^mcngerei, bie feine Sieben 
aud^ nod^ auf ber ^öl^e feinet SBtr!en§ Jennjeid^net unb 
il^nen ein eigenartige^, unferen mobernen ©prad^reinigern 
ro6i)i roentg jufagenbe§ ©epräge t)crlei^t, nic^t jurürfgefül^rt 
werben bürfen auf feinen biplomatifd^en 93eruf. SSielmel^r 
befc^dftigte fid^ ber junge 93i§mard aud^ nod^ mit anberen 
Sprachen atö ber baju junäd^ft nötigen franjöfifd^en unb 
ber englifd^en, au§ i^m angeborenem ©prad^ftnn unb megen 
ber 93efriebigung, meldte i^m bie öberminbung ber bamit 
Derbunbenen unb für anbere oft nid^t leidet p bemältigenben 
©d^roierigfeiten bereitete, ©o l^atte er bereite mäl^renb 
ber berliner ©tubienjeit, mo er mit feinem 3^reunbe ®raf 
Sltefanber ^egferling ©nglifd^ trieb unb fid^ beffen jur 
Übung aud^ im Sßerfel^r mit i^m bebiente/) t)on biefem ftd^ 
lettifd^e SßoIföUeber beibringen laffen. 3lud^ ba§ ^olnifc^e 
mar il^m nic^t fremb geblieben.^) Sluf einer Steife burd^ 
Ungarn 1852 l^atte er ftd^ fd^neU felbft oon biefer ©prad^e, 
bie bcm ©prad^gefül^I be§ ®eutfc^en fo ganj befonberg 
miberftrebt, eine Slnjal^I unentbel^rlid^er 3lu§brüde fc^nell 
angeeignet.^) SÖSäl^renb be§ längeren 2lufent]^alt§ in SRu^^ 
lanb ift il^m bann aud^ ba§ nid^t minber fd^mierige Slufftfd^ 
einigermaßen geläufig geworben.^) 

^n befonberer Sßeife betätigt er feine Sßorliebe für 
berartige abfeit^ liegenbe frembfprad^Ud^e ©tubien baburd^, 
ba§ er fie ber 93raut nal^elegt unb biefe jur J^eilna^me 
baran unb p ä^nlid^en 93eftrebungen ju geminnen fuc^t. 



1) ^e^ferling I, ©. 33; II, ©. 461. 

2) ^olitifdöe Dieben XI, (5. 311. «riefe an bie «raut u. ©attin 
6. 69, 70. 

3) «Briefe an bie S3raut u. ©attin @. 346 ff. 
^) Äe^fexUnQ I, @. 556. 



— 152 — 

©intnal teilt er il^r ba§ SSaterunfer italienifd^ mit/) um 
i^r einen 93üd ju eröffnen in ben ®eift ber ©prad^e ®ante^, 
bie il^r bi^l^er mol^I fremb ober bod^ nur menig geläufig 
gemefen mar. 9tici^t feiten gebrandet er in ben Briefen an 
fie aud^ itatienifd^e Äofemorte mie angela mia u. a. m.-) 
3lber aud^ in emften ®ingen bebient er ftd^ be§ il^m fonft 
meniger bequem liegenben ^talienifd^en, fo j. S. menn er 
JU ben il^m vorgelegten amttid^en 93erid^ten über feine 3Jliffion 
na^ Slöien 1852 in bejug auf eine il^m bamad^ angeblid^ 
gemalte 9Jlitteilung am Sianbe bemerft: „non mi ricordo".^) 
®aj5 er fid^ aber burd^ eigene^ ©tubium mit einem ober 
bem anbern ber großen italienifd^en S)icf)ter genauer befannt 
gemad^t ^ätte, mirb nirgenb^ offenbar. Slöer feine geiftige 
©igenart einigermaßen erfaßt l^at, mirb ba§ faum oer^ 
munberlidl) finben. 9lur in ber 2lnfprad^e an bie 95ertreter 
be§ ®efamtau§f^uffe^ be§ Sßerbanbe^ alter Sorp^ftubenten 
(27. 2lpril 1895) erflärt er ben befannten italienifc^en ©prud^ 
„Nessun maggiore dolore" 2C. — e§ ift befanntlid^ ein 
berül^mter SSer^ au§ S)ante§ göttlicher Somöbie^) — für 
einen Irrtum, t)ielme]^r blidfc er gern rüdroärt^.^) S33ie er 
gelegentlid^ aud^ mit feinen frembfprac^lid^en Siebl^abereien 
über ben oon folc^en gemöl^nlid^ eingehaltenen ^rei§ ^inau§= 
ftrebte, jeigt bie SUlitteilung einer il^m jugegangenen l^oltänbi:^ 
fd^en 2:obe§anjeige an feine 93raut, ber er einen ungefäl^ren 
Segriff oon ber ©pracf)e ber 5lieberlänber beibringen möchte, 
inbem er il^r bie für ben S)eutfc^en nid^t o^nc meitere^ 
üerftdnblic^en Sßorte überfe^t.^) Sßor allem aber bezeugen 
biefe Siebl^aberei unb bie greube an ber in il^rer Pflege 

1) ^Briefe an bie SBxaut u. ©attin (5. 41. 2) ©bb. @. 7. 
3) ©ebanfen u. ©rttttterungen, ^Inl^ang II, @. 90. 
*) Snferno V, ©. 121. S) 5)e^n ©. 623. 
6) Sörtefe an bie SBxaut unb (Sattin @. 23, 



— 153 — 

geübten ©eifte^ggmnaftif bie lebenfprül^enbett unb au§ ber 
2:iefe eines beglürften ^erjen§ ftrömenben 93riefe an bie 
S3raut. ©erabe in i^nen gefällt er fic^ in einer juroeilen 
faft fomifd^ roirfenben ©prad^mengerei, wenn er j. 93. am 
7. 3Jlärj 1847 ein fd^on reid^lic^ mit franjöfifd^en unb eng= 
lifd^en ©ä^en burd^jogeneS ©d^reiben mit ber 93emerfung 
fd^Iie^t bie ©eliebte möge barauS entnel^men: „ch' lo ti 
voglio, ben' assai. that I love you, que je t'adore, mon 
ange" unb ben näd^ften ©rief anfängt mit ben polnifd^en 
©c^meid^elroorten „Czarna kotko, mila duszo*'.^) 

^üx ba§ aSermtniS 93i§marrf§ ju ben neueren ©prad^cn 
ift aud^ bie 2:atfad^e bejeid^nenb, ba§ er, mie man au§ 
feinem ©d^roeigen barüber mirb entnel^men bürfen, auf il^re 
Kenntnis unb auf bie Sefd^äftigung mit il^nen befonberen 
S33ert nid^t gelegt l^at. Offenbar l^iett er fie nid^t entfernt 
in bem 9Jla§e für eine Duette ptierer attgemeiner Silbung 
mie bie alten ©prad^en. SSielme^r maren fie il^m nur ein 
unentbe^rlid^eS ^anbmerfSjeug jur 9lu§übung feinet ftaat^:: 
männifd^en unb inSbefonbere biplomatifd^en 93erufe§: um 
beffentmitten junäd^ft l^ielt er il^re Se^errfd^ung unb fidlere 
^anbl^abung für geboten unb lie§ fxäj angelegen fein, fie 
ju ermerben unb ju behaupten, ©ie maren i^m nur 3Jlvttel 
jum Qxütd, unb e§ lam i^m bal^er aucf) bei ber Scftüre 
mo^l weniger auf ben ^n^lt aU barauf an, ba§ er fid^ 
burd^ fie im ©ebraud^e ber in fortbauernber ©ntroirflung 
begriffenen unb fic^ unauSgefe^t manbelnben ©prad^e bef eftigte. 
3n ben entfd^eibcnben 2:agen be§ Qal^reS 1866, mo^l benen 
ber l^ö^ften ©pannung, bie er burd^lebt l^at, mo e§ fic^ 
für il^n, um mit bem il^m fo vertrauten §amlet p reben, 
um ©ein ober 9lid^tfein l^anbelte, bittet er (2. ^uli 1866) 



i) «riefe an bie »raut mt> ©attin S. 69. 



— 154 — 

Don ©itfd^itt au§ bie ©attin, il^m irgcnb einen franjöfif^cn 
SRoman jum Sefen ju fd^irfen, „aber nnr einen auf einmal".^) 
aSorl^er ^atte er auf einer Steife nad^ ©fibfranfreid^ at§ 
einjige^ 93ud^ bie ©ebic^te Sgron^ mit fid^ gefül^rt.^) ©erabc^ 
JU aU einen 3^e!^Ier feiner SSorgänger in ber Seitung bcr 
au^ujärtigen Slngelegen^eiten ^reu§en§ fal^ er e§ an, ba§ 
fie benjenigen 3lfpiranten für ben biplomatifd^en S)ienft bie 
jufättig Äenntni§ frember ©prad^en, namentli^ ber franjöfi- 
f^en befa^en, ben erhobenen 3lnfpriid^en gemä§ leidet eine 
gen)iffe93et)orjugung einräumten, obgleich biefe Ferren barauf:= 
!^in ber oberen Seitung nod^ anfprud^§t)oUer entgegentraten 
unb mel^r jur Äritif neigten al§ anbere. „©prad^fenntniffe, 
mie aud^ Dberieüner fie befi^en, bilbeten bei un§ leidet bie 
Unterlage be§ eigenen ©lauben^ an ben S3eruf jur Diplomatie, 
namentUd^ fo lange unfere gefanbtfd^aftlid^en 93erid^te, be- 
fonber§ bie ad Regem, franjöftfc^ fein mußten, mie e§ bie 
nid^t immer befolgte, aber bi§ ic^ 9Jlinifter mürbe amtlid^ 
in Äraft fte^enbe SBorfd^rift mar." ®arau§ erflärt e§ ftd^ 
il^m, ba§ oon ben älteren preu^if^en ©efanbten mand^e, 
obgleid^ fte oon ber ^olitif nic^t§ nerftanben, bod^ megen 
il^rer ©id^er^eit im 3^anjöfifd^en in bie l^öd^ften ©teÜen 
einrüdften, obgleid^ fie aföbann aud^ in i^ren Sendeten 
natürlid^ nur ba§ fagten, roa^ fie franjöfifd^ jur Sßerfägung 
^tten. S33enn nun aber gar ein ©efanbter aud^ feine 
^rioatbriefe an ben SJlinifter franjöfifc^ fd^rieb, fo empfal^l 
er fid^ baburd^ al§ befonber§ berufen jur Diplomatie, mod^te 
er politifd^ aud^ afö urteil§lo§ befannt fein.^) @rft burd^ 
93i§marrf felbft ift 1862 in bem aSerfe^r ber preu^ifd^en 
Diplomaten mit il^rem Könige unb il^rem SJlinifter ba§ 
Deutfd^e al§ 3lmt§fprac^e eingefül^rt morben. ^mmerl^in 

1) ebb. (5. 672. 2) @bb. ©. 508. 

3) @ebatt!en unb (Srinnerungen I, @, 4. 



— 155 — 

crflärt bie ©d^ule, bie er ba burd^gemad^t ^atte unb unter 
beren 3w^^9 ^^ ^^^ ^on ^eter§burg au§ nad^ 93erlin l^at 
franjöftfd^ berid^ten muffen, ba§ er t)on bem il^m babur^ 
geläufig geworbenen ®iplomatenfranjöftfd^ auc^ fpäter nod^ 
fo üiel bel^alten ^tte unb burcf) beffen Slnroenbung feinen 
fc^riftlid^en unb münblid^en 3lu§brudE nid^t feiten eine gang 
eigentümlid^e g^ärbung ju üerleil^en raupte. 

^erföntid^er fojufagen unb innerlid^er ftanb Si^marrf 
pm ©nglifd^en. gär biefe§ l^atte x})m fd^on bie ungeroö^n^ 
lic^e Slrt, wie er ftd^ feiner bemäd^tigt l^atte/) auf bie S)auer 
eine begreiflid^e SSorliebe eingeflößt, ©ie !onnte ber @eift 
be§ energifcf)en Qbiom§, ba§ feinem ®enfen unb feiner 
3lu§brurf§n)eife burd^ fad^Iid^e Äürje befonber§ entfprad^, 
nur nod^ fteigem. ^n ba§ ©nglifd^e verfällt er bal^er be^ 
fonber§ in ben ©riefen an bie feinem ^erjen am ndc^ften 
©te^enben: e§ ift, ate ob er mand^eS, ma§ il^n bemegt, in 
bem fraftootten unb gebrungenen (Sngtifdö, ba§ t)on aQem 
für ben auSjubrürfenben ©ebanfen entbel^rlid^en 93eimerf 
abfielt, treffenber unb einbrurfSnotter ju fagen fidler ift afö 
in feiner 9Jlutterfprad^e. ©ben l^eimgefel^rt, miber ©rmarten 
ju einer Sanbme^rübung eingejogen, fd^reibt er (1844) feiner 
©^mefter SJlalmine: „®u fie^ft how men of merit are 
sought after the undeserver may 2C.^) Sfflaffenl^aft finben 
ftd^ englifcf)e SOBenbungen unb ganje englifd^e ©ä^e nament= 
lid^ in ben ©riefen an feine 93raut, aud^ mo in ber ©ac^e 
ein 9lnla§ jum ©ebraud^ ber fremben ©prad^e burc^au^ 
nid^t liegt.^) ©benfo ift in feine Sieben infolgebeffen t)iel 
@nglifd^e§ übergegangen, unb jmar nid^t bloß in glätten, 
roo e§ fid^ um bie Slnfü^rung geroiffermaßen ted^nifc^er cng^ 
lif^er Slu^brürfe au§ bem ©ebiete be§ 9ie^t§, ber ^otiti! 

1) %I. oben (5. 19. ^ §efeüel ©. 107. 

3) S8rtefc an bie ©raut unb ©attin @. 8, 11, 17, 22 k. 



— 156 — 

unb ber Äoloniafocmialtung l^anbclt. Scopolb t)on ©erlad^ 
gegenüber erfldrt er (19. ®ejember 1857) mit bejug auf 
Su^erungen, bie beffen 93ruber Subioig in ber Äreujjeitung 
getan, er leibe nid^t an ber 3^itfran!]^eit ber love of 
approbation, fonbem fei gewappnet ober blaftert gegen 
3lner!ennung t)on befreunbeter ©eite, rool^I aber fei er 
empfftnglid^ für bie au§ bem SKunbe eine§ refpeftablen 
@egner§: überl^aupt faffe er bie ©unft be§ ^ofe§ unb ber 
aJlenfd^en, mit benen er in 93erü]^rung fomme, mel^r auf 
t)on bem ©tanbpunfte antl^ropologifd^er 91aturfunbe.^) 3)a§ 
au§ Olmx ©olbfmitl^g Äomöbie „the good natured man" 
ftammenbe 3Gßort „measures not men", ba§ in ©nglanb 
ein in ber Erbitterung be§ ^artei!ampfe§ t)iel gebraud^teg 
politifd^eg ©(^lagmort geworben mar,^) fid^t er ate unju= 
treffenb an: nad^ feiner Slnftd^t mürbe e§ rid^tiger umgefel^rt 
„men, not measures" ju lauten ^abm (7. SKürj 1872).^ 
SJlit ber englifd^en ^Regierung l^atte er ben el^emaligen Äönig 
®eorg V. oon ^annooer für „bound of honour", für burd^ 
ba§ ©ebot ber ©l^re an ben Slbfinbung^oertrag gebunben 
gel^alten/) ben er bann burd) Sßerfud^e jur ^nfurgierung 
§annooer§ brad^. 2)en urfprünglid^en ©inn be§ beutfdf)en 
„Äned)t" ju erläutern t)ergleid^t er e§ mit bem t)ermanbten 
englifd)en knight, 9iitter,^) unb bebient fid^ für bie t)on ben 
SJIeiftern gegen Slrbeit^einfteKungen ergriffenen 3lbme]^rma§= 
regeln ber 3lu§fperrung be§ englifd^en Lock out.^) 9JIe!^r= 
fad) bejeid^net er mit einem aud^ fonft in ®eutfd^Ianb oft 
gebraud^ten Stu^brud ^öflid^feit burd) fair play unb burd^ 
„nid^t fair play" ba§ ©egenteil baoon.'') ®ie gauj beft^^ 



1) «riefe an ©erlad^ (5. 108. 2) «Büd^mann @. 350. 

3) ^oltt. meben, V, (5. 307. ^) @bb. IV, @. 105; VII, @. 9. 

5) @bb. VII, (S. 276. 6) @bb. VII, (5. 276. 

7) @bb. X, (S. 187, 353, 366, 



— 157 

lofen 2Irbeiter, bie nid)t§ ^aben jurücEtegcn tßrtten unb 
beten ©iiironnbenrng ba()er in Stnterita nidjt erroüiif(i)t ift, 
nennt er, roie t§ bort iiblid) ift, fdjlerfjirocg „paupers".^) 
33« Unieliebttjeit her beutfr^en ^ejEic^niingeii für bie ^ütjeten 
Klaffen beS ein^eimifdien 2(be[ä, j. ®. Sieic^ägraf, fe^t et 
neben bent englift^en Soxts, „vor bem man nid)t blog in 
Snglanb, fonbem nud) in 3)eiitf^lanb ben |>ut abäiefjt", 
unb bem fiionifc^en unb italienifd)cn ®uca, „bec etrooS 
SfotifdjeS unb beä^atb für ben ®cutfd)cn Slnjieljenbcs tjat", 
ben franjöfifc^en SnatquiS, ber bodj „ein geroiffeä f)iftorifrf)eg 
flavour tion Koccoco unb ^^ii^^it" ^abe, fo ba§ man i^n 
paffieren laffe unb fid) nii^t ärgere, mit i^m ju nerteliren 
(26. aHiörj 1886).^) %üv i^n fäüt ein 3;eil ber SWaigefe^e „in 
baS ®ebiet beffen — et finbet augeubücEiic^ im Seutfr^en 
feinen paffenben 3(u§bruc£ bafüv — , maS ber (ängtänber eine 
wild goose chase nennt, eine ^''S'' ^intet roilben ©önfen 
JU ^ferbe, eine Qagb, bie nie jum ^kk füfirt" (12. SIpril 
1886).^) @r fennt bie ©nglänbet al§ ©egner non t'oreign 
influence (7. 3tpttl 1888}*) unb erinnert ben Sfteidjgtag an 
bie ups and düwns in ber @efi^id|te ber ^ollänbifdten 
Äolonien.'^) Sind) in feinen Sßemoiren fpti^t et oon ben 
sympatiiizers, bie nad) bem 3:ilfiter gtieben in atttpteufeen 
obet ben beutfd)cn S^änbetn ju ^ren^en geilten glitten, 
abtt nid}t imftanbe geroefen fein mürben, feine ©r^ebuug 
ju bewirten.'*) 

Söenig finbet fid) bagegen bei SiSmord ton engliff^en 
©prid)roöttem obet fprit^roottä^nlii^en 3(u§brü(ieu: man 
fietjt, er tennt bie englifdie Spradje bod) nur au§ ifiret 



1) ebb. X, S. 344, 354. =) ©bb. ©. 344. ») föbb. Xil, 

*) SBu(^, 2aflebucf)blättei; III, ©. 329. 

5) ^olilift^e ffleben XII, S.ööl. 

^ @ebanEen unb @tinneninQen I, @. 290. 



— 158 — 

Siteratur unb l^at nicmafe unter unb mit bem cnglifd^cn 
SßoHe gelebt. 2)a§ bie ^Regierung bei bem ©d)ulauffi(^t§:= 
gefe^ [x6) mit bem gerittgften 3Jla§ be§ aGßättfd^en§merten 
begnügt unb eben nur fooiel geforbert l^at afö für fte ganj 
unentbel^rlid^ ift, um burd^jufommen, brildt er au§ burd^ 
ba§ englifd^e ©prid^mort „to make both ends meet", b. 1^. 
e§ reiche eben nur, um bie beiben ©nben gerabe nod^ ^n^ 
fammenjubringen (13. g^ebruar 1872).^) aGßenn er in ber 
Debatte ftd^ gelegentlid^ ftarfer 3lu§brü(Je bebient jur Äenn= 
jeid^nung ber ©egner ber t)on il^m vertretenen 9legierung§= 
vorlagen, fo bittet er „ba§ immer unter bem 93enefij be§ 
englifc^en ©prid)n)ort§ ju a!jeptieren present persons all- 
ways excepted, b. 1^. bie Slnmefenben ftnb in jebem '^aü 
bavon aufgenommen, mie bie Unteroffijiere von ben Ferren 
greimimgen fagen" (12. g^ebruar 1885).2) 

SUlit ber englifd^en Siteratur, von ber il^m in jungen 
<3a^ren menigften^ ein gemiffer 2:eil mol^Ioertraut gemefen, 
fd^eint er in fpäteren -^al^ren biefe enge g^ül^lung einiger^ 
ma^en verloren p ^ben. 91amentlid^ tritt bie il^m el^e^^ 
mal§ eigene SSorliebe für 93^ron§ ®id^tungen, bie er ebenfo 
mie bie für 2:]^oma§ SlJIoore auc^ ber 93raut einzuflößen 
gefud^t ^tte,^) fpäter bei t^m nid^t mel^r l^ervor. 3)amafö 
l^atte feine englifd^e Seftüre ftd^ auf bie SQBerfe be§ un= 
glücWidjen ©Ratterten (1752—1770) erftredt, „ber in feinem 
ad)tje]^nten -^^al^re in Äummer unb ©lenb, man meiß nid^t, 
ob vor junger ober an ®ift ftarb".^) Sßon ben ®irf)tungen 
Xijoxaa^ 9JIoore§ ^at i^m „the veiled Prophet", ber ver^ 
fd^leierte ^rop^et, einen ganj befonber§ ftarfen ©inbrucJ 



1) ^:poattfd^e kleben V, «5. 283. 2) @bb. X, @. 502. 

3) «riefe an bie «taut unb ©attin (5.12, 19, 73. Sögl. 
(S. 67 u. 77. 

4) Q^h\>. @. 40. 



— 159 — 

9cmad)t: fte bcl^anbcft bic ©cfdjid^te von bcm ^^ropl^etcn 
aJIofana t)on ©^orafan, bcffen SJlad^t über feine jünger 
unb ©laubigen baburd^ bebingt war, ba§ er fein abfd^rerfenb 
^^Ii(f)e§ 3lntli^ von i^en nid^t feigen lie§ unb bal^er ftet§ 
t)erf(^Ieiert trug, ba, wer e§ erblirfte, beut ^^ii^er feiner 
^erfönlid^Ieit atebalb entjogen war. 3Jiit il^m liebt er e§ 
bie ©ojialbemolratie p t)ergleid^en/) obgleid^, wie auf ber 
^anb liegt, ba§ 93itb ben 2:atfarf)en gegenüber wenig p= 
treffenb erfdieint. aGßenn er 93uln)er§ be!annte§ aGBort von 
ben 3)eutfd^en afö bem „Sßolfe ber (®id^ter unb) 3)en!er"2) 
gebrandet, ^) fo fann biefe§ il^m bei feiner au^erorbentlid^en 
aSerbreitung rool^l aud) o^ne bie Seftüre be§ JRomane^ ©rneft 
3Jialtrat)er§ befannt geworben fein. SSon ben SBerfen ©cott§ 
finben wir il^n gelegentlid^ mit bem „Ätofter" nad) feiner 
Slrt jur 9iarf)tjeit lefenb befd^äftigt.^) Slud^ !tingt il^m ju^ 
meilen norf) ein§ von ben englifd^en Siebern im Dl^r, bie 
er in jüngeren ^al^ren gel^ört, ol^ne ba§ er ftd^ befmnen 
!onnte, burd) men unb unter meldten Umftänben er e§ 
fennen gelernt l^at. ©o fragt er (23. <$^uni 1852) mäl^renb 
feiner ungarifd^en Steife t)on Ofen au§ bei ber ©attin an: 
„3Bo l^abe id) benn ba§ Sieb l^er, mag mir l^eut ben ganjen 
2^ag im ©inne liegt? over the blue mountain, over the 
white sea-foam come thou beloved one, come to thy 
lonely home!"^) 3)a§ Siedet ber ©nglänber, p fingen 
„Britannia rules the waves" lä^t er ate biSl^er mol^l? 
begrünbet gelten unb begreift ba^er aud^ il^r ©rftaunen 
über bie maritimen 93eftrebungen, bie 2)eutfd)lanb plö^lic^ 
betätigt (10. Januar 1885).^) SBon feinem ©tubienfreunbe 

1) ^oatifd)e meben VII, <B. 279; X, <B. 122, 245; XI. <B. 397. 

2) «üd^inann (5. 355. 3) «poKtifdie «Heben I, (S. 161. 

4) Söriefe an bie «taut u. ©attin <B. 205. s) @bb. <B. 343. 
6) ^olitifd^e meben X, 412. 



— 160 — 

3)lotIcq l^at er cinft ein alte§ amcrifanifd^cS Sieb gelernt 
„In good old colonial times, when we lived under a king" 
unb gebraudit e§, um bie patriar^alifd^e 3^it ^^^ europät^ 
fd)en ^olitif in ber @po^e ber l^eiligen SlUianj ju fenn= 
jei^nen.^) 

Qu ä^nlid^en SSeobad^tungen gibt ein einl^eitlid^er Ober^^ 
blid über ben ©ebraud^ ©elegenl^eit ben 93i§mar(i t)on ber 
franjöfifd^en ©pra^e, franjöftfd^en SQBenbungen, franjöftfc^en 
©prid^roörtern unb geflügelten SQBorten unb ben 9temini§= 
jenjen au§ ber Sefd^äftigung mit ber franjöftfd^en Siteratur 
8U ma^en liebt. @§ f^eint il^m ein fel^r leb^afte^ ©efül^l 
innegemol^nt ju l^aben für bie eigenartige ©rajie, meldte 
bie franjöfifd^e ©prad^e in mand^er ^inft^t au^jeid^net, 
unb für ben feinen ©fprit, ber fid^ gerabe l^ier at§ il^r 
befonberer SSorjug offenbart. Sä^t fid^ bod^ auf franjöftfd^ 
mandje^ fein unb fojufagen nedEifd^ au^brürfen, mag in 
beutfd^en SQBorten gegeben berb ober mol^l gar plump er- 
frf)eint. ©eine barau^ erflärlid^e Steigung, fid^ in biefer 
Slrt au^l^ilf^meife be§ granjöfifdien ju bebienen, mürbe 
baburd^ nod^ gefteigert, ba§ feine amtlid^e ©tellung i^n 
jal^relang nötigte, fxd^ ber ®iplomatenfprad^e aU ber eigent= 
lirf)en Umgangg= unb 2)ienftfprad)e'^) ju. bebienen, unb barin 
trat aud^, al§ er ju einer leitenben europäifd^en ©teUung 
aufgeftiegen mar, fomeit e§ ftd^ um ben SSerfel^r mit fremben 
©taat^männem ^anbelte, eine mefentlirf)e 3tnberung natürlich 
nid^t ein. 

SQBieberum ftnb e§ l^ier namentlid^ bie löftlid^en ^erjen^^ 
ergüffe an bie fünftige Seben§gefäl)rtin, in benen fid^ biefe 
@igentümlid)feit feiner Slu^brud^meife befonber^ betätigt unb 
benen fie mie einft für bie Empfängerin, fo norf) l^eute für ben 



Qih\>. XII, @. 457. 2) $ßQ[. @. 154. 



— 161 — 

Sefer einen ganj eigenartigen Steij Derlei^t. Unroillfürlic^ 
nimmt ber Siebenbe ba feine S^ffiic^t p bem fd^miegfameren 
unb beweglicheren S^ranjöftfd^, wenn bie l^ärtere unb raul^ere 
SJlutterfprac^e il^m nic^t gleid^ Slu^brüde barbietet, bie, n)a§ 
er fagen will, entfpred^enb fein unb gleirf)fam fd^meid^elnb 
geben. SBieberl^olt uerfid^ert er ^o^anna von ^uttfamer, 
er liebe fie sans phrase/) unb überfd^üttet fie erfinbung^? 
reid) mit allen möglichen Äofenamen: ma tres-chere, mon 
adoree Jeanneton,^) Jeanne la noire, enfant ch6rie des 
deserts 2C.^) ober Jeanne la sage^) ober nerft fie afö 
Jeanne la möchante.^) 3)ann ftid^t er in bem brieflid^en 
Oeptauber mit ber 93raut franjöftfd^e aGßenbungen in 2Jlenge 
ein, fo ba§ man jumeilen beinal^e ben ©inbrurf empfängt, 
atö ^abe er bie fünftige £eben§gefä^rtin, bie oon ben 
neueren ©prarf)en junäd^ft nur mit ber englifc^en rec^t t)er^ 
traut gemefen p fein fd^eint, auf biefe SGBeife unt)ermerft 
Deranlaffen moUen, ftc^ aud^ mit bem g^ranjöftfc^en ein=: 
gel)enb ju befd^äftigen. Qm ,^inbli(i auf feine beoorftel^enbe 
©mennung für ben granffurter Soften legt er i^x freunbti^ 
nal^e, bie in ber biplomatifd^en ©efellfc^aft unentbel^rlirfie 
größere ®eläufig!eit barin ftd^ rerf)tjeitig anjueignen. Slber 
auc^ in feinen Sieben bebient er ftc^ gern franjöfifrf)er SBorte 
unb SQBenbungen, unb jmar nid^t blo§ fo allgemein rezipierter 
Slu^brüde mie k tout prix,^) fait accompli,") ä fonds 
perdu,®) non valeurs,^) fonbern auc^, mo bie ©rfe^ung ber 
oorl^anbenen unb ben gemoUten ©inn burd^au^ rirf)tig be^ 
jei^nenben beutfd^en 2lu§brörfe burd^ bie frembfpra^lid^en 
ate unnötig erfd^einen fann. 3)a§ ift j. 93. ber g^all, menn 

i) Briefe an bie SBraut unb ©attin <B. 43 u. öfter. 
2) ®bb. (S. 11. 3) ebb. (5. 23. 4) ebb. @. 54. ^) @bb. (5. 74. 
«) $oIitifd)e meben IX, ©. 351. 7) (^^^^p, x, ©. 189. 
«) @bb. VIII, ©. 244; XI, (5. 81. «) @bb. X, ©.121. ^ 
«pruö, 93t§marcf§ ÖUbunß. 11 



— 162 — 

er einmal mit gteuben fonftatiert, ber 2:on ber Sßerl^anb:: 
lungen im preu^ifd^en Sanbtage fei ein t)iel rul^igerer ge^ 
morben, afö nad^ ben 6chantillons t)on 1863 ftd^ l^dtte 
ermatten laffen/) ober mcnn er meint, unmöglid^ fönne 
S)eutfci^Ianb auf bie 3)auer jugemutet merben „allein bie 
dupe einer el^rlid^en Oberjeugung ju fein", ba e§ bi^l^er 
burc^ bie meitgeöffneten 2^ore feiner ©inful^r bie 2lblagerung§=^ 
ftätte aller Gberprobuftion beg 2lu§lanbe§ geworben fei,^) 
nnb ein anbere^ 9Kal ermartet, ber 93auer merbe fid^ fclilie^^ 
lid^ !lar merben, ba^ er bie dupe unb ber Slmbo^ fo t)iel 
^di)x^ gemefen fei, unb bann merbe man ba§ au§ feinem 
Äopf nid^t mieber l^erau^friegen.^) ®urc^ ben l^äufigen 
©ebraud^ bei ben mirtfc^afti^politifdien Debatten ift bag 
„laisser faire laisser aller" ^) ooHenb^ jum geftügelten SBort 
gemorben. SSon bem au^märtigen SUlinifter fann man nad^ 
feiner 2lnfxd^t nid^t verlangen, ba^ er mit ber aSolföoer^ 
tretung über alle fd^mebenben g^ragen „carte sur table" 
fpiele, alfo aH feine ^^läne, ben innerften SBinfel feines 
^erjenS offen barlcge.^) ©tatt be§ guten beutfd^en „in 
eine 3w^^8^I^9^ oerfe^en" fagt er mo^l „en demeure 
fe^en",^) mie ftatt „bei gefd^loffenen Spüren" ober „mit 
SluSfc^lu^ ber Offentlic^feit" „ä hüls clos".'^) S^nlic^ 
mie l^ier eines 2lu5brudS auS bem franjöfxfc^en ®erirf)tSc: 
oerfal^ren bebient er fid^ beS auS ber 2:erf)nif ber Äupfer^: 
fted^er befannten avant la lettre in bejug auf Sieben, bie 
über eine 3^rage geilten merben, beoor eine biefe jur 
©rörterung fteUenbe SSorlage eingebracht ift,^) unb um^ 
frfireibt unfer „etmaS bu^ftäblid^ ober mörtlid^ nel^men" 

1) ^olit. meben XI, ©. 431. 2) @bb. VIII, (S. 28. 

3) ^ht>. X, (5. 492. 4) (g. 204. ^) (§)h\>. X, «5. 190. 

ß) (&hh. VIII, ©. 114; XII, @. 255, 299. 7) @bb. XII, @. 572. 

^) ®bb. XII, ©. 22. 



— 163 — 

burd^ „c§ nel^men au pied de la lettre".^) Sl^nlid^ fptid^t 
er einmal üon einer dömangealson, b. 1^. einem ©elüft 
jum Äriegfü^ren.^) 

SOBeniger befremblic^ ift e§ natürlich, 93t§mar(i fid^ 
gemiffer fosufagen te^nifd^er franjöfifd^er 2tu§brü(ie bebiencn 
ju feigen, jumal xoo ein allgemein rezipierter beutfd^er 3lu§5 
brurf fel^It. ©0 fprid^t er von einem sujet mixte,^) b. 1^. 
einem eigentlid^ pgleid) jmei Stationen angel^örigen SUlann: 
afö folrf)en nimmt er Submig Samberger in 2tnfprud^, um 
ju ermeifen, biefer fei bod^ mol^l weniger jum SBertreter ber 
beutfd^en Station berufen ate er felbft.^) @r fprid^t non 
repris de justice, etma „rüdEfäUigen Sßerbred^em",^) bie beS^ 
^Ib unter polijeili^er Slufftd^t ftel^en. 3lngefid^t§ unmirffam 
gebliebener Seftimmungen ber aWaigefe^e bemerft er, aud^ 
in g^ranfreid^ l^abe ber bort boc^ befonber^ üblid^e appel 
comme d'abus, bie Berufung an bie ©taat^autorität gegen 
ben 3Jii§brau^ ber geiftlid^en 2tmt§geroalt tatfdc^lid^ feinen 
©rfolg gel^abt. Slnfpielenb auf bie fubtile Unterfd)eibung^) 
jmifd^en regner unb gouverner, bie S^l^ierg in bie befannte 
formet gebracht l^at „Le roi regne et ne gouverne pas",*^) 
erllärt er e§ für eine Segenbe, menn man ba§ gleid^e afö 
ba§ ©rgebni^ ber ftaat^red^tlid^en (SntmidElung ?ßreuj5en§ 
barftelle.®) 3)ie Partei, ber einft ber Stbgeorbnete Sa^fer 
angel^örte, l^atte nad^ il^m il^re ©fiftenjunterlage urfprünglid^ 
nur in ber gemeinfamen 2tbneigung gegen il^n, ben Sleid^S^ 
fanjlcr unb bie non i^m vertretene faiferti^e ^olitif gel^abt: 
„une haine commune, mie man in g^ranlreid) fagt, mar 

1) ?oUtifd)e «Reben IX, @. 420. ^ @bb. Vi, @. 344. 
3) ebb. IX, <B. 418. 4) @bb. IX, <B. 418, 429. 
5) ebb. V, @. 58. «) ebb. XII, (S. 87, 88. 
X ') 33üd)mann @. 544. 

8) ^olitifi^e diüttn IX, (S. 225. 

11* 



— 164 — 

ba§ einjigc pofitiüe Sinbemittel".^) ©benfo ruft er ber 
Steid^^tag^mel^rl^cit beren Unbercc^enbarfcit in jebem eittjclnen 
^att er beflagt, no^ im ^al^re 1887 ju: „üne haine 
commune vous unit",^) unb fommt barauf mit beutfd^en 
aGBorten nod^ einmal jurüd, inbem er ba^ 3itf<itt^wien9e!^en 
be§ 3^^t^ttt§ unb ber gortfc^ritt^partei au§ biefem gemein^ 
famen §a§ erüärt, einem §a§, ber i^n baran erinnert, 
mie ^erobe§ unb ^^Jilcitug fid) jufammenfanben.^) @r fprid^t 
gelegentlich t)on einer „question de dignitö"/) t)on feinem 
©emiffen afe feinem „for Interieur"/) t)on einer raison 
d'etre, einer Sered^tigung in§ Seben ju treten, einer fable 
convenue,^) einer douce violonce,'^) einem feu sacre de 
la revanche, bem l^eiligen Steuer ber Siad^e, ba§ in 3tan!=j 
reid^ planmäßig genäl^rt merbe,®) unb umfd)reibt unfer 
beutfd^e^ „Streiten um be§ Äaifer§ 93art" mit ben ^^anjofen 
burd^ querelle allemande.^) 3)a§ er ftc^ be§ Slu^brud^ 
bete noire — afe eine fold^e, b. 1^. al§ fd^ulb an ber 
t^inberung be§ t)om Sßolfe angeblid^ ©emünf^ten, mirb, be^ 
^uptet er, gemölinlid^ bie ^Regierung bargeftellt — bebient/^) 
fann weniger überrafrf)en, al§ menn er ba§ 3)eutfd^e „^d^ 
gebe bie ©ad^e verloren" ober „^ä^ Dergid^te auf il)re 
®urd^fü^rung" miebergibt bur^ ba§ ed^t franjöfifd^e unb 
bafjer bod^ nid^t fo allgemein fidler nerftänblid^e „J'en ai 
fait mon deuil".^^) 3)em ®eutfd)en fagt er nad^, er fei 
immer bereit, „bände ä part ju machen" unb lebl^aft gegen 



1) ^oat. meben X, @. 14. 2) @(,b. XII, ©. 229. 

3) Q^hh, XII, (5. 296. (SßgL oben ©. 48.) 

^) (&h\>. VII, @. 426. 5) @bb. VIII, ©. 174; X, @. 259. 

6) ebb. X, (5. 33. 7) @bb. III, @. 237. 

8) @bb. XII, (5. 188, 189, 190. 

9) ebb. I, (S. 290. ^olittfd^e ^Briefe 1849—89 I, 125. 
10) ^olitifd^e kleben XI, <B. 207. H) @bb. IX, @. 360. 



— 165 — 

ben spartet ju nel^mcn, bcr nid^t biefctbcn Änöpfe an bcr 
Uniform trägt unb bem SBaterlanbe auf eine anbete SBeife 
ju bienen glaubt afö er felbft.^) S)a§ moralifd^e ©ere^tig^ 
feit^gefül^I ber ©teuerj^al^Ier ^It er einmal für eine „flehe 
de consolation", eine fleine ©ntfc^äbigung ober 2lbfci^Iag§= 
jal^Iung/^) SBenbungen mie „sans peur et sans reproche",^) 
ober „pour les beaux yeux de TAutriche et de la diöte"/) 
bie er im vertrauten 93riefmeci^fel gebrandet, mürben ebenfo 
mie bie SOBenbung oon ber „patte de fer, gant de velours", 
ju beutfd^: „@ö^ !^at ba§ (Sifen, mir l^aben ben ©ammet", 
bie er im 3luguft 1891 in ba§ ©tammbuc^ ber 93erlirf)ingen= 
bürg fd^rieb/) aud^ non einem meiteren Äreife fixerer oer- 
ftanben morben fein afö fo ed^t franjöfifrfie 3lu§brü(ie mie 
„avec un rire jaune"^) ober „rompus au mutier" für 
au^gebiente ©olbaten, bie militärifd^ noc^ nic^t^ oerlernt 
l^aben,*^) ober lächeurs de leurs compatriotes, momit er 
Siegierungen bejeid^net, bie il^re Sanb^Ieute im 3lu§Ianbe, 
menn fte ba falfd^ fpeluliert ^aben, il^rem ©d^idEfal über= 
laffen,®) ober menn er oon bem saigner ä blanc fprid^t, 
bem 2tberla§ bi^ jur 931utleere, ben bie gtanjofen namentlid^ 
1807 an ^reu^en vorgenommen ^ben, um ü)m bie ©r- 
l^olung unb Sammlung neuer Gräfte unmöglich ju mad^en.^) 
S^nlic^ ift e§ mit ber Slnfpielung auf bie franjöfifd)e 
9ieben§art „c'est un mauvais coucheur", um aujubeuten, 
ba^, mie mir fagen, mit jemanb nic^t gut Äirfd^en effen fei.^^) 



1) ^oUt. «Reben IX, @. 416. 2) ©^b. X, ©. 161. 

3) «Briefe an bie Söraut unb ©attin <B. 70. 

4) «Politifd^e ^Briefe 1849— 89 I, ©. 62. Sögl. «poUtifd^e «Reben 
VII, (5. 94. 

5) ^el)n (S. 530. ß) «poIitifd)e «Reben XI, (5. 107. 
7) @bb. XII, (5. 469. 8) @bb. XII, ©. 584. 

9) ebb. XII, <B. 194. 10) @bb. VIII, ©. 279. 



— 166 — 

2lbfci^Iägige Stntoortcn t)on feiten ber römifd^en Äutie, anä) 
wenn fie nod^ fo fel^r mit tteben^roürbigen SRebengarten 
t)erbrämt waren, blieben i^m bod^ immer l^öflid^e fins de 
non recevoir.^) ©inen dürften ju bejeid^nen, ber be§ 
®Iauben§ lebt f^ine Untertanen glürflid^ ju mad^en unb 
aUeg in befriebigenbem ©eleife ju erl^alten, ^änge allein 
t)on feinem SBiUen ab, bebient er ftd^ be§ bafür bei ben 
^ranjofen üblid^en 3lu§bru(i§ bon prince.^) :3m ^inblirf 
auf bie feinblid^e Haltung, meldte bie SRe^rl^eit ber ^iolU^^ 
Vertretung bamal§ gegen ba§ SUlinifterium einnal^tn, be^ 
jeid^net er mit einem feemännifd^en S3ilbe ben Ärieg von 
1866 al§ gefül^rt contre vent et maröe.^) ®ie Sßermenbung 
ber ben ©injelftaaten übermiefenen 9ieid^§gelber foll in§ 
Seben treten nur „au für et ä mesure", mie bie SReid^S^ 
gelber eingel^en.^) Qn bepg auf ben ^a% ben im Saufe 
feiner SUiiniftertätigfeit ber Steil^e nad^ aHe ?fraftionen gegen 
i^n betätigt l^aben, meint er, ba§ fei l^erumgegangen „ä tour 
de röle".^) :3emanben für eine Überzeugung gewinnen 
motten, ju ber er fi^ tatfäd)lid^ fd^on befennt, nennt er 
mit ben g^aujofen prgcher ä un converti, einem 93e!e^rten 
prebigen.^) ^n einem 93riefe au^ ^eter^burg !lagt er 
bem SJlinifter t)on ©^leini^ gegenüber einmal, t)on feinen 
biplomatif^en Äottegen, bie ben leitenben 2Jlinifter g^ürften 
®ortfd^a!om nur feiten ju feigen befämen, mürben an il^n, 
meil er mel^r mit bemfelben t)erfe]^re, bie inbi^freteften gtagen 
„ä brüle-pourpoint", b. ^. au§ näd)fter 9iä]^e gefteUt.'^) ^m 
©efpräd) mit bem 9ieid)§tag§abgeorbneten S^reil^errn von ^^ert^ 

1) ^oltt. «Reben X, ©. 295. 

2) ebb. XI, (5. 187. 3) ebb. XII, @. 318. 

4) ebb. VIII, @. 242. 5) @t,b. VIII, ©. 145. 

6) (§:h^. VIII, ©. 55. . . 

7) ®eban!en unb ®rinnerun9en, 3In^ang II, @. 296. 



— 167 — 

Ung bcflntiüortet ex eine SJüttcilung beSielben mit ber i5'-'i96: 
„A qui le dites-TOus" i' ^ 

2lui4 für franäöftfdie Sprittjinürtet iinb fptic^rooctälin: 
Ii(i)e SRebeiiSQvten jetgt et ä^nli^e 33otIiebe. @r faßt „Qni 
s'excuse, s 'aeeuse"/'^) „les extrSmes se touchent, mais ila 
Be ne briaent pas" unb bejeic^net biefen 5mn geflügelten 
SBott geroorbeiien Sa^ SfiercierS, ber einen ju ben »er; 
f^iebenften ^^eiten in uerfc^iebenec SBeifc fonnulierten @e= 
banfcn Quä|ptid)t,'') al§ eine „jenet franjöfifdien 3teben§= 
orten, beren anfci)eiitenbe SSndjftabenroatjt^eit bie innere 
Unmo^r^eit bedt unb bie Don ßeuten etfunben roerben, roeldie 
bie J^olgen i^ter eigenen ©tftlec^tigteit gern einem not^ 
roenbigen 91nturge|c5 aufbürbcn", unb bcmetft bann roeitev : 
„33er SJorberfa^ ift loafjr, fie bcvü^en fid}, aber fie gc^Üten 
auc^ jufamnien raie 3:inte auf meifeeg ^^Japiet, mie ba§ 
ftarre ©iegel auf baä n)eid)c SBni^ä. ©[eicbavHge Sfjaraf: 
tere flogen fidj <ib ober langmeilcn fid), benn bei i^nen 
trifft Scfe auf ©cfc unb Surfe auf Üticfe, oljne fic^ anfd)Iie^en 
ober einanber buvdjbringen ju fonnen, roäljrenb bei ungleid): 
artigen jeber ben anbetn erganst, erregt unb bisher ftumme 
©niten in i^m anf(t)Iägt. Äraei Ijarte Steine mahlen nid)t 
pfammen, jroei meiere aiid) nic^t, unb bei aJIenfc^en mn§ 
ber eine meid) fein, loo ber anbete ^art ift, menn fie gut 
sufammen maf)(en foUen"'') — eine Semerfung, bie roeber 
neu, nod) in biefer Slttgemcin^eit ri^tig ift, bie aber Don 
feinem 9iad)benten aud) über pfi)d)ologift^e ^l^robleme S^H- 
ni§ ablegt, ^ud) ba§ gut beutfd)e: „®aä Seffere ift ber 
t^einb beä ®utcu" gibt er franjöfifd): „Le mieux est 



') D. 'JJofd)ine«, iöiämaiii unb bie ^avl amen tarier I, ©. 315. 

■) ^JJoIitifd)e fflebeit VII, S. 300. ") SBü^inonn @. 319. 

^) töricfe an Sic aSraiit unb Sottin S. G5. Sßgt. Iflolit. SReben 



— 168 — 

Tennemi du bien".^) @r mi% „noblesse oblige", unb mad^t 
e§ ate ein roid^ttgc^ politif(^e§ SKomcnt gcitcnb.-) 3)a§ be^ 
fannte „apres nos le deluge" bejcid^net er afe ein „ton^ 
ftitutionelleig ©pri^roort", von bem et roünfd^t bie preu^ifd^e 
ginanjoerroaltung möge e§ niemafe jur SRic^tfd^nur nel^men.^) 
3)en ©ebanfen, ba§ fleroiffe gröjgere 3^^^^ föflK^ ti^t 
erreicht roetben fönnen, ol^ne i^nen Heinere ju opfern, brüdt 
er burd^ ba§ franjöfifd^e ©prid^roort au^: „Pour faire une 
Omelette 11 faut casser des ceufs"'^) ober aud^: „On ne 
peut pas faire une Omelette sans casser des oeufs^.^) 
3)a§ beutfd^e „^eber ift fid^ felbft ber 5nä^fte"^ gibt er 
au^ in ber franjöfifdjen 5orm : „toute charite bien ordonnee 
commence par soi-meme"^) unb fagt: „toute verite n"est 
pas bonne k dire".^ ©elegentlid^ beruft er fid^ aud^ 
auf „qui trop embrasse 2C.", Iä§t aber ben ©^lu§ fort 
„mal ötreint", mit bem 93emerfen, er moBe feine fremben 
Zitate mad^en, inbem er ben ©ebanfen beutfd^ gibt: „äBer 
fid^ ju oiel oomimmt, läuft ©efal^r, gar nic^t^ ju erreichen". 
3)en ©emeinpla^, ben er im Saufe ber oon il^m burd^^ 
gefo^tenen parlamentarifd^en 3)ebatten nur allju ^ufig in 
Erinnerung ju bringen 2lnla§ ^tte, bajg tabeln leichter ift 
al§ beffer madjen,^) formuliert er nad^mafö furj in ba§ 
fraujöftfc^e „la critique est aisee".^^) 9to(^ im^^al^re 1871 
oerteibigt er ftd^ mit begreiflid^er Sebl^afttgfeit gegen ben 
Sßerfud^, im Slnfd^lu^ an eine in bie SGBelt gefd^Ieuberte 



1) ^Briefe an bie SBraut unb ©attin ©. 47.- 

2) ^olitifi^e meben VIII, ©. 37; X, @. 341. 

3) ebb. I, ©. 199. Sßgl. VIII, ©. 280. ^) ©bb. VI, ©. 36. 
5) t). ^ofi^inger, 3tnfprad)en, @. 153. 6) Sögt, oben 8. 53. 

7) ^olitifd^e [Reben I, @. 281. 

8) 0. Äeubett @. 325. «ßolitifd^e [Reben X, «5. 140. 

^) ^gL oben @. 107. i^) ©ebanfen unb (Erinnerungen II, @. 6. 



— 169 — 

unbegrüiibete sBeljauptiiiift btä ©lafen Sdiiuevin^j it)m 011= 
jubic^ten, er ^abe fi^ emft öffentlich ju bem ©a^e beEaiiitt: 
,.la force prirae le droit", „@eronlt ge^t tot ^tedit".*-^) 
öm ©inflang mit bem 2(u§fpruc£), ben ein fvanjörifft)et 
©tootämami not etioa jiDanätg Qa^ren getan ^abc: „C'eat 
la legalit^, ijui nous tue" nimmt et e§ al§ Stecht eineö im 
Stonb ber Slotiue^r um fein ©afcin fämpfenben Staates 
in 3tii[pru{^, fid) in gerotffen 3tugertbli(ten übet ben iöui^: 
ftaben be^ ©efe^eg ^inmegjufetien. ") Sfn atnleljuung an 
bag Sott, baä ftanjöfifc^e ^olitifet uon iftrem Sanbe 
gebtnudjt fiaben, fpridjt üud) er »on ..le je« de noe 
institutions"*) unb uatiicrt in bejug auf bie ^ieigung feinet 
politifc^en (Segnet für aÜcä unb febeä it)n nerantroottlii^ 
ju mac!)en, ba§ beEannte „clierchez la femme" in „cherchez 
le e'.ianeelier".") Unfer DoItätüuiIirf)e§ „offene lüren ein= 
reimen" gibt er ftanäöfifd) burd) enfoiicer dos portes 
O'.ivertes,*') ^at aber au^etbem einen retten SÖorrot Don 
ipeiififi^ ftauiöfifd)en 9leben§ütten imb SSi^ioorten gur^anb. 

Sßon be§ 3Ibgeotbneten iiubroig Sambetger geronnbter 
®iaiettif, bie fic^ burt^au^ in ben (formen bet guten @e= 
fellfc^aft ^alte, raä^teub il)te untet bcm n)oI)ltuenben SJinntel 
bet Sanftmut unb leibenföjaftlofen ®prad)e abgefeuerten 
Pfeile um fo fefter fi^en, fi^etjt er: „le diable n'y perd 
rien".') Um ben berbeten beutfrfjen 3tuäbrutf su oevmeiben, 
begeidinct er ba§ 33erfa^ten betet, bie ibn auf bem Sßege 
„objettiüer SGcrleumbung" befdjulbigen, er £)abe fid) bintec 
bie SBerantroortung beö Eaifcrlid)en 91amen§ äutüdgejogen, 
atä eine SaEtiE, auf bie ber Sptud) paffe: ,.ä corsaire 
eorsaire et tlemi", auf einen Spi^buben anbetttjalb.^) "fitin: 

1) «ei- *olitttd)E muten II, ©. 87. ^ «bb. V, S. 15. 

») ebb. XI, ©. 463. *) ebb. IX, ©. 157. B) ebb. x, ©. 437. 
B) ebb. X, s. 22. 7) ebb. IX, s. 433. «) ebb. vi, ©. 43. 



— 170 — 

lid^ gcbraud^t er jur SBcjcidinung be§ beutfd^cn „3)a§ tft 
!^in tüie l^cr", ba^ ^et§t, c§ ^anbclt ftd^ bIo§ um bcn 
SBortftrett unb nid^t um fad^Iid^e Unterfd^tcbe, bie franjöfifd^e 
SRebcuSart: „C'est bonnet blanc et blanc bonnet", beten 
©tun er Deranfci^aultd^t burd^ bie SSemerfuug, ebenfo gut mie 
t)on einem fd^u)arjen Xud^xod fönne man von einem SRocJ 
au§ fd^marjem %n6i fprec^en.^) ®aj5 er einen il^m ju ftarf 
erfd^einenben 2tugbrurf — 9ieirf)gfeinbe — geftiffentlici^ t)er^ 
mieben l^abe, motiviert er mit bem franjöfifd^en „cela 
aurait 6t6 plus fort que moi",^) unb beruft ftd^ bei biefer 
©etegenl^eit gegenüber einer fpi^en 93emer!ung 9öinbt!^orft§ 
über franjöfif^e Siebengarten von Diplomaten, mit ber 
augenfrf)einlici^ eine befonbere ©igentümtic^feit feiner nici^t§ 
weniger ate juriftifd^en Siebemeife getroffen werben foKte, auf 
bie S^atfad^e, ba§ in bem amtlirf)en SSerfelir ber preu^ifd^en 
Diplomatie erft burc^ i^n bie beutfc^e ©prad^e ju il^rem 
Siecht gefommen fei. aGßenn er erfiärt, einem ^riefter, ber 
beim Eintritt in ben geiftlid^en ©tanb bod^ ganj genau 
gemußt ^abe, mag feiner wartete, nad^l^er aber gegen i^m 
miberfal^renbe Unannel^mlid^feiten bie weltliche 93el^örbe um 
©d^u^ anrufe, !önne er nur fagen: „Tu Tas volu",^) fo 
eignet er fid^ mo^l aud^ ba nur ein au^erorbentlid^ weit 
verbreitetet geffügelteg SQBort an, ol^ne feiner ^erfunft au§ 
ajioliere eingeben! p fein.^) 3luf bie befannte 9teben§art, 
mel^e bie ^anjofen jur Sejeid^nung einer weit rädhoärtg 
liegenben Q^it gebraurf)en „au temps oü Berthe filait", 
fpielt er an mit bem 2lu§brurf, bie QtiUn, wo 93erta 
fpann, feien nid^t me^r.^) SBieber^oIt gebrandet er fd^erjenb 
in bejug auf bie ®efd^irflid^!eit feiner ©egner in ber ©nt^ 

1) ^olit. diztzn VIII, @. 137, 2) @bb. XI, «S. 279. 
3) @bb. XII, @. 8ß. 4) SBüd^mann <B. 312. 
^) ^^Jolit. «Reben IV, @. 378, 79. 



— 171 — 

Geltung feinet 3lupecungen, iiigleicl) ober auij im Sinne 
einet Söaraimg baä Söott, ba§ ber fransöfifdje Sacf)be(fer 
im galten gefagt i)ahen. fuU: ^(^a va bien, pourvu que ija 
diire"',M eignet ficft abet quc^ ein ge^ügelteä SSort aüer= 
mobernfien Urfptunflä an, inbem et bem SISunfcI} feinev 
©egnet, il)n balb äurürftreten ju fe^cn, baä HSort be§ 
SHiarfc^aUä SOtac 9Jia^on entgegenflellt : „J'y suis et j'y 
reste".'^) 

@egenütiet btefer ^^ülte non 9tnfpielmigen auf uoltS; 
tömlidje franiöfifdje Wuäbrüöe unb ber (jäufigen 2lmoenbung 
franjöfif(^ev äßorte unb 9ieben§atten nud) ba, rao gleid): 
roettige beutfcl)e jut 33etfiigung ffanben, fann auf bcn erften 
5BU(f bic »ert)ättni§mä§ige ©eltenljeit eigentlit^ litetarifdjet 
31nfvtelungcn burd) Sejugnaljnie auf SJerEe berühmter ftans 
jöfifdiet Slutoren übetrafc^en. ®od) erflätt fie fic^ roo^I 
einfad) flenug barauS, ba§ öismard bie franjöfifdie Sprache 
bereite in jungen ^iiftren alä eine lebenbige, butd) ben 
©cbraud) in ^au^ unb ganülie unb im ^ctte^r tennen 
gelernt t)atte unb bann alä 3!)ipIomat mit il)r noUenbä roie 
mit einet sioeitcn SJlutterfprac^e oertraut geworben mar, 
ot)ne jur (Stgäitiung unb 9tuffrifd)ung feiner fienntniffe unb 
jut ©eniinnung baucmbet §ertfd)aft über baä ftembe Qbiom 
ju umfänglidjer Settiire feine ^uflu^t nel)mtn ju müfjen, 
roie er ba§ bei bem i^m juuärfjft me^r onä SSüdjcrn befonnt 
geroorbenen Snglifc^ getan l)atte. 3Bo^I noc^ au§ ber 
Sinb^eit loat if)m bie %ahil fiafontaineä »on ben beiben 
Stbüofatcn in Stinnetung geblieben.^) 3(ud) beantiöortele 
er, roie et fid) rflfimt, alä fteUaettteienber Sßorfi^enbet be§ 
Sunbeätag§, hie übevreidjung feiner ?legtaubigung burd) 
ben neuen franjöfifc^en ©efanbtcn, ben et babei en grande 

') 'lJo[tt. giebcii X, S. 202, 23ä. 

") ebb. VIII, S.249. 3) Sbi. I, S. 23!». 



— 172 — 

tenue empfing, mit einer, roie er meinte, „fel^r jierlid^en im 
©tile 83offuet§ gel^altenen 2lnfprad^e".^) 2lu§ 93otteau jitiert 
er afe „franjöftfd^e^ ©prid^mort" ba^ befannte „J'appelle 
un Chat un chat", freitid^ ol^ne ba§ bann folgenbe „et 
Rolle un fripon".^) äöieberl^olt fpielt er an auf 93ottaire§ 
Sftoman ©anbibe, beffen roeltfrember ^elb in feiner Unfd&ulb 
atteg für t)ortrefftt^ beftettt ^ätt,^) unb erfinbet im 2lnfd^Iu§ 
baran ben 2lu§bru(f, „canbibe Unfd^utb".^) SSon Slouffeau 
!ennt er ben Contrat social^) ob bIo§ t)om ^Brenfagen 
ober au§ eigenem ©tubium, mu§ bal^ingefteQt bleiben. Sßon 
mobemen franjöfifd^en S)id^tern fd^eint il^m 936ranger be^ 
fonberg jugefagt ju ^ben, mod^te er aud^ an einzelnen 
feiner lodferen Sieber Slnfto^ nel^men. 2lte abfd^recfenbe§ 
83eifpiel für bie 2lrt, „roie ein gtanjofe bie griebloftgfeit 
be§ irbifd^en 2)afein^ auffaffe", teilt er feiner 93raut beffen 
©ebid^t mit: 

„Mes maux sont des tristes exemples 
Du pouvoir des dieux d'ici-bas" 

oermenbet aber in bemfetben ©riefe ju ber ©etiebten ^rei§ 
feinen aSer§: 

„Tout son charme est dans sa gräce, 
Jamals rien ne rembarrasse, 
Elle est bonne, et quand eile rit, 
Ma Jeannette a de l'esprit".^) 

aSon be^felben S)id^ter§ ß^anfon§ liebte er feinet föftlid^en 
$umor§ unb feiner feinen ©atire roegen befonber§ ben 
„Roi dTvetot". 3Jlit il^m oergleid^t er ©ertad^ gegenüber 
fd^erjenb ftd^ felbft, inbem er afö fteKoertretenber 93or:= 



1) «riefe an ©erlad^ ©. 55. 2) ^olit. meben VI, ©. 43. 
3) (§^ht>, VIII, <B. 364; IX, ©. 411. 4) (&hh. XII, ©. 120. 

5) ebb. IX, ©. 233. 

6) «riefe an bie «raut u. ©attin @. 39, 40. 



— 173 — 

fi^cnber be§ 93unbe§tag§ t)on fid^ fagt: „^d^ regiere 2)eutfd^= 
lanb comme le roi d'Yvetot". 

Se levant tard, se couchant tot, 
Dormant fort bien sans gloire".^) 

9tod^ im ^al^re 1881 meint er fd^erjenb, ein Sleffortminifter 
Knne fid^ eng auf ben i^m junäd^ft angemiefenen 2lmt§frei§ 
befd^ränfen, für ben leitenben 3Jlinifter eine§ grojgen ©taate§ 
aber fei ba§ unmöglid^: t)on einer eng auf ba§ Sleffort 
befd^ränften 2luffaffung muffe ein fold^er ftd^ uielmel^r frei 
mad^en ober „bie bequeme Seben^meife be§ befannten Äönig§ 
t)on ^netot annel^men, frül^ ju 93ett gelten unb fpät auf^ 
ftel^en, dormir fort bien sans gloire, roie e§ im S^eyte 
l^ei^t".^) 2luf einer feiner parlamentarifd^en (Soireen, roo 
ber ^aifer anmefenb mar unb burd^ feine lebl^afte Unter:: 
^Itung ben 2lufbrud^ ber ©dfte ungerofil^nlid^ oerjögerte, 
meinte ber Sleid^^fanjler unter $inroei§ barauf, bajg er 
bod^ nid^t ba§ Qüä)m jum 2Iufbrud^ geben !önne: „le roi 
s'amuse", anfpielenb auf ba§ befannte ©cribefd^e 2)rama.^) 
Qn bejug auf bie langjäl^rige ©egnerfd^aft Sa§fer§, für ben 
er tro^ mand^er mit il^m au^gefod^tenen gelobe bod^ eine 
gemiffe perfönlid^e Sßorliebe ju empfinben befannte, beruft 
er fid^ auf ein alte§ franjöfifd^e^ Sieb, morin e§ l^ei^t: 
„On se rappelle avec plaisir les coups de poing qu'on 
s'est donnes" (8. 2lprit 1879).^) 2luf ft^ f^^ft, ber na^eju 
brei^ig ;3a]^re ben ^ampf für bie beutfd^e ©inl^eit gefül^rt 
l^abe, menbet er in ber feit ad^tje^ ^al^ren oon il^m be= 
fleibeten leitenben ©teQung ba§ SBort an, ba§ er unlängft 
mäl^renb einer fd^taflofen 9iad^t bei einem franjöfifd^en 
^iftorüer getefen ^ah^ über einen (Staatsmann, bem man 

1) «riefe an ©crlad^ ©. 31. 2) ^oüt. «Heben VIII, ©. 263. 

3) V. ^ofd)inger, 93i§marrf u. b. ^arlantcntaricr I, ©. 224. 

4) ^olit. meben VIII, ©. 34. 



— 174 — 

tnel^r Sßerbtcnft sufd^ricb, afö er für fid^ in 2Infprud^ 
ncl^mett fönne: „II devait succomber au poids des haines 
inassouvies qui s'accumulent sur la tßte de tout ministre 
qui reste trop longtemps au pouvoir — "^) eine ©teKe, 
bereu ^erhtnft fid^ bi^l^er nod^ nid^t nad^roeifen Ue§. SSon 
bem ^rinjregentett unb feinem bamaligen 3Jlinifter be§ 
Slugroärtigen von ©d^Ieini^, l^inter bem ber @inf[u§ ber 
^rinjeffm 2Iugufta ftanb, bemerft er fd^erjenb megen il^rer 
Steigung, angeblid^ au§ Eingebung an 2)eutfd^Ianb, 1859 
bem S)rängen ber fiffentlid^en 3Jleinung roeid^enb für Öftere 
reid^ mit ben äöaffen gegen g^ranfreid^ einjutreten, fte 
l^ätten an bie 93ered^tigung ber 9teben§art geglaubt: „n y a 
quelqu'un, qui a plus d'esprit que Monsieur de Talleyrand, 
c'est tout le monde" — ^ eine 2Infid^t ju ber 93i§mardE 
fid^ niemafö befannt l^at unb ber entgegenjul^anbeln für 
tl^n nid^t feiten bie erfte 93ebingung mar für ba§ ©elingen 
ber il^n befd^äftigenben ©ntmürfe. 

1) ^olit. di^t>^n VIII, ©. 189. 

2) ©ebanfen unb ©rinnctungen I, @. 282. 



VI. 

iHömarcf? ^iftorift^e Slufdjauuiigen. 

9lu§ einem ^einblütigen Sunfer, ben bie uon iljni ju= 
nietlen geffiffentlic^ gereiften ©egner Ietbenf(^aftlii^ (jagten 
unb felbft feine Sparteigcnoffen gelegenttitf) nij^t ofine aSer; 
lounbemng unb Sorge betrachteten, ift SiSmard: auf bem 
3Bege einer in i^rer Slrt einjigen ©ntroiiilung al§ Schöpfet ber 
beutfi^eu (Sinf)eit ju einem non feinem SßoHe mit begeifterier 
ffiantborfeit Meteljrten 9lational^ero§ geroorbcn. Söer bie 
Bon i^nt burcf)meffene 33af)n aufmerffam unb ntit uerftänbni^^ 
roHer Ieilnat)me uerfotgt wnb bann bie 91rt, niie er mit 
feinen größeren Qmeden inut^ä, unb bie ©rfolge, bie er 
eigentlid) boift int SBiberfprurft mit feinen 9(nfängen ge= 
Kann, an bcn geftl)id)tlicl)en aSorausfe^ungen mißt, benen 
fie junäd)ft roeniger entfprungen alä abgetnngen ju fein 
fc^einen, ber i»irb fcljon babei j'u ber ®rtenntniä fommen, 
baß biefer SÜann mit einem unoergleidjlii^en f)iftorifcf)en 
S8Iiif begabt gemefen fein, einbringenbeS ^iftoiifrf)e§ Sier: 
ftänbniä unb ein fic^er treffenbeg ^iftorifc^eä Urteil befeffen 
^aben muffe. äJon ben ^«itereigniffen, bie für boä 3)er= 
ftänbniä ber ©egenmart unb it)rer S(nfprüc^e roidjtig roaren, 
^Qt er »iele fo ganj anberä gcfe^en unb beurteilt atä bie 
äJtitlebenben, ^at aber fii)lie|[licf) bie meiften oon i^nen fie 



— 176 — 

ebenfo feigen geleiert, inbem er auf @runb bct von il^m 
üertrctenen 2luffaffung ©rfolgc getoann, bie aud^ ber Qn^ 
Derfid^tlid^ftc faunt ju l^offen geroagt ^tte. 2)icfe Un= 
ab^ngigfeit unb Originalität in ber Sluffaffung aQbefannter 
gefd^id^tlid^er SSorgänge, biefe§ ©inbringen in ba§ t)on Dielen 
t)erfannte Sßefen ber gefd^ic^ttid^en ©ntroicftung feinet SSoIfe^ 
unb bie barau§ entfpringenbe ©ic^erl^eit erft in ber @in= 
fd^ä^ung unb bann iu ber SSerroenbung ber burd^ fte jur 
SSerfügung gefteQten geiftigen unb fttttic^en Gräfte ftnb 
aber füglid^ unbenfbar ol^ne ausgebreitete unb grünbtid^e ge= 
fd^id^tti^e ^enntniffe. 2)oc^ l^at 93iSntardf aud^ auf biefem @e= 
biete baS geiftige Sftüftjeug, ba§ er nad^mafö im 2)ienft ber 
nationalen ©a^e mit DoHenbeter SJieifterfc^aft l^anbl^abte, 
nic^t auf bem äöege metl^obifd^er ©tubien unb planmäßiger 
aSerfoIgung beftimmter ©rfenntniSjiele ftd^ ju eigen gemalt. 
%xoi^ be§ auSgefprod^en l^umaniftifc^en @^arafter§, ber feine 
allgemeine 93ilbung i^ren (Srunbtagen nad^ fenngeid^nete^ 
^t er, unbeirrt burd^ ©d^ultrabitionen unb unab^ngig 
t)on ^arteibogmen, bie ftotje ©elbftänbigfeit ber Sluffaffung 
unb bie nüd^terne Älarl^eit be§ 93lidf§, bie er ftd^ gegenüber 
bem mirren 2)urd^einanber ber politifc^en, roirtfd^afttid^en 
unb gefellfd^aftlic^en ©trömungen feiner 3^it bemal^rt unb 
oft mit einer geroiffen Stüdfft^tStoftgfeit betätigt l^at, aud^ 
ber SSergangenl^eit gegenüber ungeminbert erl^alten. S)arin 
rourjelte ju einem Steile feine Öberlegenl^eit fomol^t 3Jlit= 
ftrebenben mie Sßiberfac^ern gegenüber, barauS entfprang 
feine unoergleic^lid^e g^äl^igfeit, auS ber 93ergangen]^eit bie 
für bie 2Iufgabe ber (Segenmart gebotenen Folgerungen ju 
jiel^en. SSielfac^ freilid^ fal^ er bie eigenttid^ treibenben unb 
auSfd^laggebenben 3Jlomente ber 9Sergangen^eit in anberen 
als bie bisher tonangebenben ^iftorifer unb 5ßolitifer ju 
tun pflegten. 



— 177 — 

bereits auf bcm ©ijmnafmm, fo roirb itnä beticf)tet,') 
nerriet Si§marct eine merfioürbige Süortiebe für ^iftorifc^e 
©tubien, befoTiberä im ©ebicte bcr Dotertanbift^eTi, ber 
btanbenbutgifc^:preu6ifd)en unb ber beutfdjen ©efc^ic^te. 
Süoc^ fctieint biefe Sleigung erft in ben oberen Staffeii ers 
xoadit ju fein: beim eine ber felteiicn SluSftenungen, bie 
fic^ in feinen ©c^uljeugniffen finben, befagt im §erbft 1829, 
in ber ®efil)iii)te finbe er inioeilen bie ©rünbliditeit ber 
Sfepelition rerniiffen laffen unb bal)er nur unfti^ere 5Drt= 
fc^ritte gemacht. Seim Sl&gnng jur Uniuerfitot bagegen 
roitb i^m bejeugt, et ^übe fic^ in bev ®efcl)iii)te be§ Siittet; 
altera unb ber neueren 3^'^- befonberS Dom @nbe ber 
fireujjüge bi§ 311m Snbe beä o^tje^nten 3at)r^iinbcrtä, 
^etDorgetan.") ©ementfpredjenb ^ci§t e§ benn auct) in bem 
Seugniä über feine ^priifung ol§ SRegieningäreferenbar in 
Malten (Quni 1836), bie ^rßfungänrbeit t)abe eine gute 
Orunbtage ftaat§roirtfi^nft(ic[)ec unb gefct|icl)tlid)er Henntniffe 
etwiefen.'') Sann I)ot er augenft^einlii^ bie 3Hu§e, roelcbe 
i^ni bie (Sinfamfeit von finiepfjof unb fpäter uon ©cfjön: 
f)Qufen geroötirte, sunt guten 2;eil auf bie Settüre oon 
[(iftotifdjen Sßerfen nerroenbet,*) leibet o^ne ba^ mir ju 
fagen »erniöc^teu, roeli^e 9Iutoren i^n bamall befonbet§ 
gefeffelt unb ba^et aud) für bie gotgejeit am na(^l)altigften 
angeregt ^aben. 2Juä einer gclegentlii^en brieflit^en ^(uße- 
rung in bejug auf ®nil)evroünfii)e bet ©ottin entncl)men 
roir nur, ba^ in ber @i^ünf)ttufener Sibliot^et mehrere 
5Serte über englifdje @efi^id)te BOtöanben maren.'') Stber 
aud) ältere f)iftorifd)e SSüc^er, feie einen roiffenfdjaftlii^en 
5Sert Eaum noc^ beanfpru^en tonnten, ^ot Säilmatd ba- 

1) ^efefid 86. =) ©taueä fi!o(tet S. 24. 
8) !8iSnmTct.3Ql)fburf) III, S. 11. <) ffeubed S. 12. 
B) Briefe an bie ifltaut imb ®attin ®. 256. 
qjrim, iBi«niarrte ailBunB. IZ 



— 178 — 

mafö nid^t üerfd^mäl^t. 2lfö im ©rfurter ^Parlamente ber 
jum ^räftbenten gemäl^Ite ?ßrofeffor ©buarb ©imfon au§ 
^finig^berg in ber SRebe, mit ber am 25. 3Jlärä 1850 fein 
2lmt antrat, barauf anfpielte, ba§ in berfelben altel^rmürbigen 
©tabt, mo man tage, um gemeinfd^aftlic^ mit bem anbem 
gleid^bered^tigten politifd^en Äötper — bem ©taatenl^aufe — 
unb ben Derbünbeten ^Regierungen bie maleren 93ebürfniffe 
ber 9iation ju befriebigen, vox ungefäl^r einem ;3a]^rtaufenb 
ein mit bem 93einamen be§ S)eutfd^en gefd^mücfter Äfinig 
beutfd^e 3Jlänner t)erfammelt l^abe, bamit fte il^m in ber 
Siegelung ber öffentlid^en 3^Pä^^^ S^^ SeiU ftänben — 
gemeint mar ber 852 oon Subroig bem S)eutfd^en bort 
geliattene SReid^^tag — ba roie§ er mit überrafd^enber 
©d^Iagfertigfeit ba§ Unjutreffenbe biefer l^iftorifd^en SleminiS:^ 
jenj nad^, inbem er fid^ auf bie alte ®^ronif t)on (Spangen^ 
berg (geftorben 1604) g^ol. 93 berief, mo jiemlid^ mörtlid^ 
JU lefen ftel^e, „bajg ber Äönig Subroig nid^t einen 9teid^§5 
tag, fonbem nur einen Sanbtag in ©rfurt gel^alten l^abe, 
unb jmar um ber ©d^inberei ber g^ürfpred^er unb ^i^^S^ii- 
brefd^er ein @nbe ju mad^en, beren Unmefen bamatö in 
S)eutfd^Ianb unerträglid^ gemefen fei".^) 

SB3a§ er fo an fid^ fetbft erfal^ren unb jum ^eil feinet 
aSoÜe^ im größten 3Jla§ftab bemäl^rt \jatU, inbem er ba§ 
il^m burd^ bie ©efd^id^te erfd^Ioffene 95erftänbni§ für bie 
©ntmidftung ber 9SöKer unb in^befonbere feinet beutfd^en 
aSoIfe^ in ber politifd^en 2lrbeit ber ©egenmart mirffamft 
Dermertete, ba§ münfd^te 93i§mardf, um feine ©rfolge red^t 
ju fid^ern, möglid^ft jum ©emeingut aller S)eutfd^en gemad^t 
JU feigen. S)enn er mar burd^au^ baoon überjeugt, eine 
gebei^lic^e äöirffamfeit für bai öffentliche äöo^l !nüpfe fic^ 



Sßgl. oben ©. 78. 



— 179 — 

roefcntlic^ an bie lebenbtge ©rteniitniä hE§ gefdjidjtlic^en 
©ntroirflungSgangeä unfereä aSaterlanbe^.M ^n^er ba^te 
er fe^r ^oct) ddii bet nationalen Siit^tigfeit be^ @efcl)irf)t§: 
untertid)!^, ber ganj befonbetä baju beiintragen berufen ift, 
bie I)ernnniad|fenbe Generation für bie Söfnng ber üjv ge; 
fteHten Stufgaben uor^ubereiten unb ju befäljigcn. SBenn er 
on ber Siefonn be§ ()Öl)eren @d)uIiDefen§, roie fie feit 1892 
in ^veugen butd)gefüt)rt rourbe, nic^t unmittelbor eine 
öffentliche ^ritit geübt ^at, fo tonn eö tanm einem ^aieifel 
unterliegen, bafi er, ein ©egner ber babei Dor^errfcf)enben 
antil)umüniftitci]en SJtiditimg, aud) mit bem ©eifte nid)t ein= 
oerftanben mar, raetcfier babei uon i5taat§ luegen im ©e^ 
|c^icl)t§Jinterrid)t luv ^errfd)aft gebradjt ronrbe bur(^ bie 
ftarte ^öetonung bei einfeitig preu^ifcljen ©tanbpunfteä unb 
bie ptannmßige ©lorifijierung feiner äJertreter. S!ie fo 
mandje won benen, nieldje bie fc^äblidien Slöirfungen eine§ 
betarligen @efd)id)tlnuterxid)tä für bie ^ufunft richtig mär; 
bigten unb bofjer nor bem (Sinfenfcn in eine fo Derf)ängni§= 
Dolte önfin niarnten, jo ^at bamals nud) ber 9IItreic^§: 
fanjler feinen able^nenben ©tanbpnnft biefer ^ieuening 
gegenüber, bie äugleid) ben Siefpett oor ber Sefd)ii^te alä 
ber berufenen ^iiterin ber Sßnljrbeit nu§ ben 9tugen fe^te, 
ebenfo beutlid) loie treffenb ju erEenncn gegeben, inbein er 
auf bie unf)eilDoUen 23irEimgen binroieS, roeldje bie lang: 
anbauembe ^errfc^aft eben biefer 9Jietf)obe auf ben Slational; 
tl)ara£ter ber ^tQiijofen ausgeübt ^abe. ^n einer Stnfprac^e 
an bie SOlitglieber bei bo^erift^en ©olfSfi^iiIlefirerDereineS, 
bet i^n (11. atuguft 1893} in tiffmgen Ijulbigenb begrüßte, 
führte er ben Oebanfen: 9Ser bie ©c^ule ^t, Ijat bie 
3utunft, befonberS in biefer SRidjtung genauer nu§, inbem 



1) 0. *}.iofd)iugcr, WSnmvd u. bk ^adamentariEi; I, i 



— 180 — 

er Dor bem Seifpiel ^anfreid^^ warnte. „8BeI(^en 6raflu§ 
bie @(^ule auf ben nationalen @^ar(^er ju äben Dermag, 

jagte er, bafür gibt un§ granfreit^ ein Scifpiel 

^ie fonft l^od^gebilbete 9lation mxh unS nid^t jum nienigften 
ju einem unbequemen 9lad^6ar bur(^ ben 6influ§ i^rer 
©d^ule, meiere ben (£^aut)ini§mu§, bie nationale ©itelfeit, 
bie Unmiffenl^eit in ©eogropl^ie unb ®ef(^i(^te anberer 
aSölfer gro^jiel^t. ©eit SUapoIeon I. ift in^befonbere ber 
franjöfifd^e ©efd^id^tSunterrid^t eine gro^e ©efd^id^t^falfd^ung, 
bie nid^t ol^ne fd^äbigenben ©influ^ bleiben fann. 2lu§ 
biefen 2^atfa^en, mie mir fie in ^anfreid^ beobachten, foQte 
man Slnla^ nel^men, nad^ ben SBorten ,@rfenne bid^ felbff 
bie minber glüdftid^en ©igenfd^aften unferer Station burd^ 
bie ©d^ule ju befämpfen. 2lufgabe ber ©d^ule ift e§ j. 93., 
ben frül^eren^ang unferer Sanb^teute ju ©onberoerbinbungen, 
meldte oon bem 9iationaIgeban!en ableiteten, entgegenjutreten. 
@in 93tidE auf jiebe alte Äarte oor 1800 mit ben oieten 
SReid^Sbörfem, Sfteid^Sftäbten, SReid^Sfläftem jeigt, mol^in biefe 
Steigung jum 3^^^^^^ i>^S ©anjen fül^rte; jeber moQte 
oon bem 2RanteI ber faiferlid^en Station einen 3^e^en fid^ 
aneignen, ©d^on für bie ©d^ule ift e§ eine banfbare 2luf:= 
gäbe, auf bie geftigfeit be§ (Sefä^fö, ba^ mir aQe S)eutfd^e 
fmb, einjumirfen".^) 

Slber nid^t ber ©d^ule allein, auc^ ber ©efd^id^t^miffen^: 
fd^aft roeift 93i§mardf einen bebeutenben Slnteit ju an ber 
©rjiel^ung ber Station jur Erfüllung il^reS l^iftorifc^en ^^^^ 
rufeS. S)en (Srunb für oiele oon ben SRi^oerftdnbniffen, 
an benen ba§ potitifd^e Seben ber (Segenmart franft, finbet 
er in ber mangetl^aften Äenntni§ ber SSergangenl^eit, in ber 
bod) bie SSorauäfe^ungen für biefe liegen. @r fielet in ber 



i) 0. ^ofd)in0er, 2lttfprad)en @. 291, 92. 



— 181 — 

®efd)icl)tc namentlici) audj eine Sekretin fuv ben StaatS; 
mann, beffen Scitigteitägebiet, bie ^jjolitit, er freitid) nidit 
mit beit '^rofefforeii für eine SBiffenf^oft gelten Iä§t, foit^ 
bern — non feinem Stonbpuntte auS geroi^ mit Siecht — 
atä ffunft in atnfpruc^ nimnit.^) Qn^befonbere flärt nacti 
feinet 3(uffQf|ung bie @efrf)ii^te f^iätereE ©enerationen übev 
bie früher Derftiumten ©elegen^eiten auf, wie fie nat^ 
feinem Urteil namentlich in ben Sagten 1778—1806 iinb 
1842—1862 in ber ©ef(^i^te ^JJreu^enä eine fo gro^c ffiolle 
gefpiett ^aben. ®tfl bie 3In§fd)üttung bet Slrrfiiöe unb bie 
SDentioürbigteiten 9)litl)anbelnber «nb SRitKiiffenber Ratten 
fünfsig big ^unbert Qa^xe fpäter bie öffentlii^e SJieinung 
in ben ©tanb gefegt, für bie einjelnen 9)Ii§griffe haä r.pmzoj 
t}-EüSr);, bie (Sabetung nnf ben nntici)tigen SBeg-) ju ettennen 
unb batnac^ bo§ 9)Ia^ ber Seranttuortlii^teit roenigftenä 
na^ttnglic^ richtig s« oerteilen.") SJemgemäg ^at SBiSmatcf 
benn an(^, roie betannt, baä 23etftänbni§ für bie Don if|m 
getragene grogc potitifc^e Slftion ^^Jreu§en§ roeiteren greifen 
ju erfc^Iie^en gefugt, inbem er bie baju geeigneten Stften: 
ftütie au§ ben biäfiet ängftlic^ geljüteten ^ftenftüden üeriiffent= 
tiefen Iie§. @ä genügt an bie ^ßubtifafion «on "^ofiiiingei'S 
„^reufeen am Sunbeätage" p erinnern, roeldje baö Slätfel 
bet beutfd)en ^oliti! 58igmot(f§ mit einem Sdjlage löfte, 
inbem fie au§ feinen amtlichen 33eric^ten unb uertraulic^en 
95riefen ben übertafdtenbcn Seroeig führte, baß bie göfung 
ber beutfc^en grage in einem ber @l)re unb ber 3Rad)t 
^ren§en§ entf^rerfjenben ©tnne nom Seginne feiner j^ranf; 
furter StÖtigEeit au ba§ Qkl feine§ ^ei^eften ©trebens; 
geniefen mar. ^n ä^n[i(^em ©inu tjat er fpäter 9J!a; 
Se^mannä großeä Slftenroerf „^reußen unb bie tat^olifcöe 

i) 'iiolit. iReben X, S. 48. =) «gl. oben 

3) (Sebotilen u. ®rinneningeii 1, ©. 277, 78. 





— 182 — 

Äird^e" Deranlajst «tn bcn 3^itS^^offen bie genauere Äennt^ 
m§ uttb bie richtige 83eurteilun9 ber gefd^id^tlid^en 3Jlomente 
ju emtöglid^en, bie jur Q^it be§ Äulturfampfe§ dou 93ebeutung 
tourben. S)iefe praftifc^ potitifd^e äöirffamfeit ber ©e^ 
fd^id^töforfd^ung für ©egenroart unb 3^ht^ft $reu^en§ t)ott 
äur ©eltung fontmen ju laffen, roar feine 2lbfid^t afö er 
einen SJiann oon bem roiffenfc^aftlid^en unb politifd^en SBer^ 
bienft ^einric^ üon ©qbel§ an bie ©pi^e ber ©taat§ard^it)e 
berief, ^n il)rem ^wt^i^^ff^ würbe er ba§ ©e^eimni^, 
roelc^eg bie 2Ird^ioe becfte, nod^ weiter gelüftet l^aben, atö 
e^ in ber 3^oIge tatfäc^Iid^ gefd^el^en ift benn er meinte, 
roie er in einem 93riefe an ^ einrieb t)on 2:reitfd^fe erüarte/) 
baj3 irgenb etroa^ ju Derbergen, t)on bem 3^itpiii^W^ ein 
fein ©runb mel^r Dor^anben fei, mo bie an ben betreffenben 
©reigniffen beteiligten ^erföntid^feiten au§ bem Seben ge= 
fc^ieben fmb. S)od^ fa'ö er fid^ in ber S)urd^fü]^rung biefe§ 
^rinjip^ gelegentlid^ gel^inbert burd^ bie Sftüdffid^ten, bie auf 
Äönig äöil^elm§ ©efü^Ie unb namentli^ feine ünbli^e 5ßietät 
gegen ba^ Slnbenfen feinet üon einem red^t unl^iftorifd^en 
©torienfd^ein umgebenen aSater§ genommen werben mußten. 
9lid^t blo^ im Qntereffe ber fünftigen ^olitif 5ßreu§en§, 
fonbem aud^ um feinen eigenen 2lnteit an ben unter Äönig 
unb Äaifer äöitl^etm erfolgten großen ©ntfd^eibungen rid^tig 
bargeftetlt ju fe^en, l^offt S3i^mardf, bie Slrd^ioe mürben 
fpäterl^in oorbel^altlo^ geöffnet merben. Q^^befonbere tut 
er ba^ einmal au§ 2Inta§ be§ 93ünbni§t)ertrage§, ben jur 
3eit be§ polnifc^en 2lufftanbe§ unb be§ oon Öfterreid^ 
infjenierten beutfd^en 3=ürftentage§ Äaifer Sllejanber oon 
9tu§Ianb feinem föniglid^en D^eim mad^te, um biefem bie 
TOebermerfung ber Dppofttion im Innern unb bie gleid^^ 

1) ©d^icmann, §einrid^ o. 3:reitfd)fe§ ßel^r- unb Sßanbcrjal^rc 
©. 244. 



— 183 — 

jeitigc Söfung ber beutfd^cn S^age im preu^ifd^en @inn 
burd) ba§ @cn)altntittel eine§ . gemcinfd^afttid^cn Ärtege§ 
gegen £i[terreid^ unb granfreid^ ju ermßglid^en: nur fo 
werbe bie 9iation bie SJlotbe roal^rl^eitögemä^ fennen lernen 
unb unbefangen raürbigen, bie il^n beftintmt l^ätten, feinem 
^erm bie ä^blel^nung biefe§ 2lntrage§ ju empfel^Ien. ^n 
ber bamafe über il^n gefommenen tiefen SSerftimmung !ann 
er babei bie mi^trauifd^e ©orge nid^t unterbrücfen, e§ fönnte 
bie, roie er bel^auptet, bereite angeregte 3^törung ber 
S)ofumente, bie non feiner politif^en S^ätigfeit 3^iiS^^^ 
geben, injmifc^en bereite roirflid^ Dottjogen fein.^) 2luf ber 
anberen ©eite mad^t er aber auc^ fein ^el^I barau§, ba§ 
er mit ben il^m jur SSerfügung ftel^enben l^iftorifd^en ^ennt^ 
niffen gelegentlid^ infofern einigermaßen roitlfürlid^ nerfal^re, 
afö er bei i^rer (Seltenbmac^ung um be§ augenbtidflid^ er^ 
ftrebten befonberen 3w)edfe§ roitlen rl^etorifd^e ©eftc^t^punfte 
malten taffe, bie Starben ftdrfer auftrage unb bie au§ ben 
©reigniffen gejogenen Äonfequenjen mel^r neratlgemeinere, 
ate ftreng genommen bered^tigt fei, — fo j. 93. roenn er ben 
©a^ aufftellt unb gegen Sßinbtl^orftg ©inmenbungen gefd^idft 
oerteibigt, 5ßreu§en ^be feine neuen 5ßrooinjen immer beffer 
bezaubert afe bie alten, fo bajg biefe in i^nen bie oerjogenen 
©d^o^inber ber ^Regierung gefeiten ^tten, bie auf il^re 
Soften au^gejeid^net unb belohnt mürben.^) 

©in fo au^gefprod^ener Steatpolitifer mie 93i§mardf l)at 
fid^ bie fojufagen pl^ilofop^ifc^e ©rfaffung unb S)urd^bringung 
be§ @efamtoerIaufe§ ber gefd^ic^tlid^en ©ntmidflung ber 
3Jlenfd^]^eit begreiflid^ermeife niemals angelegen fein taffen. 
SSol^t aber ift auc^ il^m mieber^olt ba§ große 5ßrobIem un^ 
mittelbar nal^egetreten, roeld^e^ oortiegt in ber S^rage nad^ 

1) ©ebanfen u. Erinnerungen II, ©. 67. 

2) ^oltt. hieben III, <B. 444. 



— 184 — 

bem SSer^dltniS be§ ehtielnen gef c^id^tlic^ ^anbelnben SRenf c^eit 
ju ber ©efamtl^eit ber gefd^i(^tli(^cn ©retgniffc, unter beten 
(Sinfbt^ er ^anbelt unb auf bie er niieberum burt^ fem 
^anbetn ennoirft. @§ ift boc^ fe^ merhourbig, ba§ gerabe 
er, ber SÄann mit bem gewaltigen SBilten unb einer an 
beff en Serroirflid^ung ju fe^enben unpergleic^Ii^en firaftfüUe, 
Don beffen ^anbeln man jumeilen ben CSnbrudE empfangt, 
afö ob er bie ©reigniffe im ©egenfa^ ju ber bisl^er t)on 
il^nen verfolgten Stiftung einen anbeten S03eg einjufd^Iagen 
oermod^t l^dtte, fid^ im ©egenteil ber Unmogli^feit burc^aug 
bemüht gemefen ift, auf ben ®ang ber S)inge beftimmenb 
einjumirfen. 9lürf^aItIo§ befennt er, ba§ feine Seiftungen in 
biefer ^inftd^t mefentli^ fiberfd^atjt mürben, unb crflart 
freimütig oielmel^r feinerfeit^ oon ben ©reigniffen getragen 
morben p fein : @ef d^id^te f önne aud^ er nid^t mad^en, f elbft 
nid^t in ©emeinfc^aft mit ber Sßott^oertretung, obgleid^ fie 
beibe in biefer SSereinigung fo ftarf feien, ba§ fte einer 
äöelt in SBaffen trogen fönnten. 9iad^ il^m bleibt ber @e^ 
fd^id^te gegenüber bem 3Jlenfd^en eben nid^t§ übrig, ate ab- 
jumarten, ba^ fte ftd^ ooQjiel^e (16. 2lpril 1869).^) @in 
anbere§ 9JlaI (21. 2lpril 1887) oeranfd^auüd^t er fein SSer^ 
mtni§ ju ben großen ©reigniffen, bei benen er eine leitenbe 
©tetlung eingenommen, burd^ ein 83ilb: „S)ie ganje SBelt:: 
gefc^id^te lä^t fid^ über^upt nid^t mad^en: auf il^rem ©trom 
fann man ein ©taat^fd^iff fteuem, wenn man forgfältig 
auf ben Äompa§ ber salus publica btidtt unb biefe rid^tig 
JU beurteilen roei§".^ 93ollenb§ feft ftel^t e§ natflrüd^ für 
il^n, ba§ aud^ ber gefd^idttefte SRebner mit fopl^iftifd^en 
2)cbuftionen ba§ ©efd^e^ene nid^t ungefd^el^en mad^en, bie 
äöeltgefd^ic^te nid^t umfto^en fann: „2)ie ©efd^ic^te lä^t 



^olit. meben IV, ©. 192. 2) @bb. XII, @. 380. 



— 185 — 

fid) eben nic^t rüdinärtS reformieren, ba§ fmb gefrfietieiie 
Sad)En" (9. aJlai 1884).i) 

3)iefer reaÜftifc^e Q\xt^ ber aui^ feine ^iftotifrf)e Stuf:: 
faffung fennjeirf)net, Ijat ©täiiiarrf jebod) nic^t getiinberf, 
QUO ber SBetraditung gvoger ^eittäume unb bem ein^eitIicE)en 
überblicE über bie ©ntraidlung ganjer Sßültergruiipen ge= 
iniffe ollgemeine ©ti^e ju abftro^ieten unb geroiffe öfter 
iDieberfet)renbe geft^ic^tlii^e Srfi^einungen nuf eine 3[rt von 
©efe^ jurücfäufül)ren. ©o meint er in betreff beä 9Jer- 
fjöltniffeä smifi^cn ©evmanen unb Slonianen, beibe a'ölfer^ 
familien uertreten in i^ren ©tgentiimlidjfeiten bie @igen= 
fct)aften ber beiben @ef[^le(l)ter unb feien babur^ aucl) in 
il)ret gefct)i(i)ttic^en Saufba^n beftimmt roorben. „@ä ift", 
fagt er einma(,-| „unter ben 33ätfem roie in ber 9iatur, 
bie einen finb männiicf), bie anbeten roeibtic^, bie ©er; 
manen finb fo fet)r männlid), ba§ fie für fic^ allein 
gerabeäu iinregierbar finb. Qeber lebt naii) feiner ©igen: 
ort, racnn fte aber jufammengefaßt fmb, bann finb fie 
roie ein Strom, ber aüeä cor f\i) nieberroirft, nnroiber: 
pel)li^. aSeiblid) bagegen fmb bie ©tanen unb bie Selten, 
©ie bringen e§ äu niditg auä fti^, fte fmb nic^t jeugungä; 
fo^ig. 33ie Sluffen fönnen nirfjtä mad)en o&ne bie 5)eutf(^en, 
aut^ bie Selten fmb nic(|tö al§ eine »affine 9{üffe. ©rft 
alä bie ©ermanen binjutraten, erft burd) bie 9)lifd)ung 
entftanben ftaatlid)e Sßölfer." 3)a§ fil^rt er bann roeiter 
butc^ auc^ in bejug auf bie @ngltlnber unb ©panier unb 
ft^lie^li^ erf^eint iljm non biefem ©tanbpimfte auä bie 
franjäfifdie KeDolution al§ bie enblidje fiegreidje ©r^ebung 
tie§ Seltenluni^ gegen bü§ ©ermanen tum.-') Gbcnfo uertritt 

1) SßoUt. SHeben S, S. 12G. 

s) 0. ^ofdjinger, tSiämortf ii. bie ißarlamentarieT II, ®. 121, 122. 

3) iBufc^ lagebu^blätter II, ®. llö. 



— 186 — 

er entfc^iebctt ba§ Siedet ber Sroberung afö einc^ in ber 
©efd^ic^te befonbcr^ Toic^tigen unb fruchtbaren ftaatöbilbenben 
^rinjtp§. ^m ^inbüd auf bie Sreigniffe oon 1866 unb 
bereu abfällige Beurteilung uon geroiffer ©eite fragt er in 
vertrautem ^rei§: „aQSoburc^ fmb benn bie beftel^enben 
Staaten entftanben? ®oc^ nid^t burd^ ©rbfc^aft, ©c^enfung 
ober Äauf."^ 

S)iefe ganje Slid^tung feinet l^iftorifd^en S)enfen§ unb 
bie frül^jeitige bauembe SSerbiubung berfelben mit einer 
oielbemegten unb mannigfaltigen ftaat^männifc^en ^rajrfg 
erflären e§, ba§ öi^mardE für bie ®efd^id^te be§ griec^ifd^en 
unb römifc^en Slltertum^ eigentlich lein Qntereffe l^atte, er 
ba uielmel^r nur gelegentlid^ einige fünfte in§ 9luge fa^te, 
bie i^m burd^ umlaufenbe ©d^lagmörter in Srinnerung ge- 
bracf)t mürben ober aud^ ju il^n befd^äftigenben SSorgängen 
parallelen boten. Slucf) madE)t er felbft lein ^el^l barau§, 
ba§ bie au§gefprocf)en freil^eitlidlie Slid^tung, meldte gerabe 
bie gemein'^in mit 3Sorliebe bejubelten SUlomente au§ ber 
©efc^id^te ber ©ried^en unb Siömer namentlid^ ber Qugenb 
mert macf)t, il^n uielmel^r abgeftojgen l^atte, ba fie feine am 
geborenen preujgifd^ monard^ifd^en ©efül^le oerle^te. „SJieine 
gefcf)i^tlid^en ©gmpatl^ien, befennt er, blieben auf feiten ber 
Autorität, ^armobiu^ unb 2lriftogiton fomol^l mie örutu§ 
maren für mein linblid^e^ Sied^t^gefü'^l SSerbred^er unb S^ell 
ein Siebell unb SJlörber. ^eber beutfdE)e S^ürft, ber vox 
bem S)rei^igjä]^rigen Kriege bem ^aifer miberftrebte, ärgerte 
mi^, t)om großen Äurfürften an aber mar icf) parteiifd^ 
genug, antifaiferlid^ ju urteilen unb natürlid^ ju finben, 
ba§ ber ©iebenjäl^rige ^rieg ft^ vorbereitete" .^) Slud^ ba§ 
fünftlid[)e ©partanertum, unter bem er in jungen ^al^ren in 

1) V. ^cubca <B. 330. 

2) @eban!en unb ©rinnerunöen I, (5. 1. 



bct ^piQmnniifrfjeii Svjic^imgäanftalt ju leiben l)atte/) mitb 
i^m Don bem ontifen ©taot unb [einer Sntrotrftuiig eine 
gilnftiflere Sluffüffung iiid)t itahen Detmitteln !önnen. 

©0 faf| et beim rooljt in bem, roaö fid) cor bem 91uf= 
bmd) bet ©riechen nadj 2!roja in 3tuU§ abfpiette, eine ber 
erfleii Betätigungen beä uralten ©tteiteö um bie 3Jlad)t 
jroifdjen Äönig; unb ^rieftertuni, ber bann nnmentlid) im 
SRittelattet baä beut[cl)e 3ieic^ jerfe^t unb unfteilooHe Spa[= 
tungen in t^m »eranla^t ^at^j 3i ^^r "on i^m ^cftig 
betämpften 3)liet§fteuei: erbtidte er eine ^erabbcildung ber 
Stabtbenio^ner „in ein ©efü^l be§ |ieloti§inuä burcl) eine 
lofale Übermacht".'') ®ie ^iftion feiner liberalen ©egner, 
unter bem Siolfe, für bnl bie ©efe^e gegeben roetben, fei 
bie ^Regierung nid)t mit begriffen, roeift er jurücE atä einem 
„Oftrajismuä", bem er fic^ nid)t «ntetroerfen fönne.*j Sluä 
bet ®efc^i(^te beä ^i^ei^eitsEompfeli ber ©riechen gegen bie 
Sßerfer f^roebt i()m bie ©tjäljlung »ot, roie König 2)ariu§, 
na(^bem fein §eet bei SJloratÖDn gefc^lagen luar, fifi) an 
bie ^flicf)t ber 2>etge(t»ng bafüt täglid) burd) bcn ffluf 
eineä ©ftfluen etinnetn liefe: „■t)etr, gebenfe bet 31lbener", 
unb meint mit SJejiig barouf, einet fold)en aJJalfnung be; 
bütfe c§ bei feinen J^nntfuttcr ÄoUcgen, bem ÜDiajot unb 
©tabttommanbanten ®ieft, freilief) nici)t, ba bie)er oljnetjin 
tein il)m angeblich jugefügteä Unred)t oergeffe.'') Sefanut 
unb in bem legten S^eit oft angefütjrt ift fein aiergleid) be§ 
flodpreu^ifc^en ©eifteS mit bem 33ucep()ni«ö, ben nur ein 
Slleronber bänbigen fömie: oerfudie mon bemfelben bte mit 
i^m unoereinbare aierfaffung aufjuänitngen, fo merbe man 
„in tl)m einen '-Öucepl)alKä finben, bet ben geroolinten SReitet 

') S8al. 6. 10. 

^) ^o[iL Keieii V, ©.384; VI, ©.231. ^ (Sbb. IX, S. 46. 

*) ffibö. VI, S. 103. ^) »Tiefe m (Serloi^ ©. 70. Sgl. @. 39. 



— 188 — 

uttb ^crm mit mutiger greube trägt, bcn unberufenen 
©onntagSreiter aber mitfamt feiner fd^margsrot^golbenen 
3äumung auf ben ©anb fe^t" (15. ^ä^ 1850).^) S)em- 
felben Ärei§ altl^iftorifd^er 9lemini§jenjen entlel^nt er ben 
oft gebrauchten SBergleid^ ber nur burd^ ba§ ©c^mert lösbaren 
beutfd^en 3^age mit bem gorbifd^en Änoten, ben ber grojse 
ajlafebonierfönig bure^^ieb.^) mu er fte^ über bie SBelt^ 
t)ergeffenl^eit politifierenber ©elel^rter luftig mad^en, bie in^ 
mitten be§ ©türmet gewaltiger ©reigniffe unbefümmert um 
biefe in il^ren fiiebl^abereien cer^rren, fo ruft er gern ba§ 
93ilb „jeneg fterbenben ^rofeffor^ oon ©grafu§" in bie 
Srinnerung jurfid, ber, in matl^ematifd^e 93ered^nungen 
verloren, nid^t merfte, ba§ bie mit ben oon il^m fonftruierten 
SJlafd^inen certeibigte ©tabt bereite genommen mar, unb 
ben einbred^enben römifdE)en ©ieger mit ber SJlal^nung an- 
ging, er möge bod^ bie oon il^m in ben ©anb gegeid^neten 
Figuren nid^t jertreten.^ 

9Hd^t naiver mar 93i§mardE§ SBerl^ältni^ jur römifd^en 
©efd^id^te, obgleid^ er für bie ©prad^e ber SRömer eine 
gemiffe 3SorIiebe liegte unb bie meltgefd^ic^tlic^e 93ebeutung 
be§ römif^en ©taat§mefen§ il^m gelegentli^ f^on burd^ ba§ 
fortleben be§ römifd^en 9le^t§ mirffam vermittelt mürbe. 
SÖBol^I fd^mebt il^m ba§ ftolje „Civis Romanus sum" vor 
ate eine ®eoife, bie aud^ in betreff ber ©eltimg be§ beutfd^en 
91amen§ in ber Sßelt p üermirflid^en münfd^en§mert fei,*) 
aber feiner au§gefproc^en monarc^ifc^en S)en!meife miber- 
ftrebt ba§ repubülanifd^e SiiSmertum, jumal mo e§ fid^ t^m, 
bem ©egner binbenber ©runbfä^e,^) ftreng an fold^e ge= 

1) ^olit. di^'O^n I. <B. 239. 

2) (Sbb. IX, (5. 113; XI, ©. 84; XII, ©. 177. 2)e^n ©. 505. 

3) ^olit. dia'O^n I, ©. 244; II, (5. 273; V, «5. 181. 

4) @bb. X, (g. 171. 5) Sßgl. (5. 23. 



— 189 — 

bunbeit uiib ftolj bomiif ietflt: fo fpottet ev über bie 
„Katone bcr Stepubtit" fo gut roie übet bie bet Cppofition.^) 
SOlit 3iom t)at bie ©egenroart für i^n nici)t5 gemein. Sie 
©c^itelllebigfeit unb Sßerge^ticl)Eeit ju Eennjeicijiien, roel(^e 
bcm niobetnen SJienfi^en felbft bie größten (äreigniffe fi^on 
naä) Eiitjer 3eit alö abgetan iinb taum norf) ber SSeati^tung 
roett etfd)einen lägt, bemcrft er einmal, voaS 1866 @ro§eS 
gefi^e&en, roerbe fc^on nad) roenigen SHonoten alä „alt^ 
rümif^e ®efi^ict)te" bel)aiibelt, auf bie eg ni[t)t metjr an- 
fonime.') 5Demnad) wirb man ein be(oiibereä ,3ntete[le 
füc bicfe bei i^m aUerbings nic^t rorauäfe^en bürfen, mag 
er auc^ gelegentlid) neben fflrf]lirf)e 9)}omente barauä, bie i^m 
in ber ©tinnemng geblieben [tnb, alä r^etorifi^en 3isiat 
ober it)rer fiüräe roegen beJonberS brauchbare Jövniel on; 
roenbcn. Sinen au§ SJerfe^en unbatiert gebliebenen Srief 
£eopoIb Don @erlacli§ nennt er fd)ei^enb gef^rieben sine 
die et consulc,^) unb bie befaiinte %otmel, burd) bie ber 
römi|cf)e ©enat in 3[ugenblicfen ber ©efa^t ben fi'onfuln 
befonbere ©orgfait für bal öffentlid)e SBo^l einpfnl)t unb 
äuglei^ genjiffe aufeerorbentlic^e SßoUntacljten erteilte, formt 
er im §inblid auf ben Sinflug be§ ©eueratobjutanten 
5on ©erlad) biefem gegenüber um in ^Caveant adjutores 
geuerales, ne quid detrimenti capiat respublica".'') &§ 
^anbelt fic^ um feine ©otge, ju beginn beä ÄrimEriegeä 
'^reufeen burd) Öfterreii^ ju einem Der^ängniäDoUen ©umritte 
Derleitet ju fe^eit. 3ene gonnel roenbet er aber auc^ an 
auf bie *13flid)t ber netbünbeten SJlegierungen, inneren SBirren 
entgegenjntreten, roeld)e bie gefunbe läntraictlung beä Stetiges 
gefö^rben fünnteu.") S^nlic^ fprid)t er oon bein „curulifct)cn 

1) ebb. Vir, s. 300; xii, ©. aai. ^ ebb. iv, s. 37. 

3) SBriefe mi ®ei:Iai^ S. 194. *) (Sbb. ®. 194. 
B) »polü. SBeben XJ, ®. 446. 



— 190 — 

©cffel", bcn ber jutn Stbgcorbneten gcraäl^Ite Beamte aud^ 
feinem 3Sorgefe^ten gegenüber einjunel^men glaubt/) unb 
bejeid^net ben S^eil be§ beutfc^en ^eere§, ber au§ bent 
beften SUlenfd^enmaterial, au§ ben ^amilienoätern gebilbet 
werben foH, afö „eine 9lmiee t)on 2:riariem", entfprec^enb 
ben au§ ben älteften Seuten gebilbeten 9lefert)en ber römifd^en 
^eere^organifation, bie nur im äujgerften 9totfaIt in§ ®t^ 
fed^t gefül^rt mürben.^) ^rgenb eine allgemeine l^iftorifd^e 
2lnfd^auung l^at er ber ©ef^ic^te be§ römifc^en ©taate§ 
nid^t abgemonnen, burd^ bereu Slnmenbung auf anbere 3^it^n 
unb 3Sölfer er ba§ aQ3efentlirf)e in bereu SntmidElung ftd^ unb 
anberen burdE) ben 3Sergleid^ bamit fiarjumad^en gefud^t 
l^atte. 9tur ^iftorifrf)e Slnefboten l^at er uon bortl^er ent- 
nommen. ^n ber Slntmort auf bie ©lüdraünfd^e einer 
©d^le§n)ig'§olfteinfrf)en 2lborbnung ju feinem ad^tgigfien 
©eburtötag (1. 9lpril 1895) cergleid^t er bie ©rmerbung 
ber Srbl^erjogtümer burrf) ^reujgen mit bem Siaub ber 
©abinerinnen burd^ bie Stömer, unternommen nid^t ate 
aSergemaltigung, fonbern au§ Siebe jum Sieid^e, ju Sanb 
unb Seuten.^) ®e§felben 93ilbe§ l^atte er fic^ bereite frül^er 
gegenüber ^erjog ©ruft 11. uon Äoburg bebient, um biefem 
flarjumad^en, baj3 bie fünftige Drbnung be§ 3Ser{|ältniffe§ 
jmifrfien ^reu^en unb ben übrigen beutfc^en Staaten boc^ 
nur auf bem SÖBege menigfteng teilmeifer SSergemaltigung 
JU erreid^en fein merbe. S)a cergleid^t er ben öau be§ 
fünftigen 9leirf)e§ mit bem 9iom§, ba§ aud^ nid^t in einem 
2:age aufgefül^rt fei: „^d^ glaube, baj3 aud^ bem germanifd^en 
Siom ber 3ufunft einige ©emalttat an ben ©abinern ni^t 



1) ^olit. ^eben IX, ©. 75; X, (5. 257. 

2) (S^ht). XII, (5. 468. 

3) t). ^ofdiinger, 2lnfpracf)en. <5. 252. 



— 191 — 

ecfpart bleiben roicb."') ®in anbermal beflceitet cv tiie 
Stit^tigfett be§ Sßcrgteic[)§ ä^ift^^" ^^^ bceiniatigeii Siotlage 
beä ©efe^entrourfeä übet bie nnfaÜDerfid^eriing imb bem 
©i^icEfal, ba§ bte 9tömer bei ber ©rroetbutig ber ©ibqllinifd)en 
S9Üt^er erfuljren, fie jd)Iie6li(^ für bie jule^t allein übrig 
gebliebenen brei ytoÜen ben ^rei§ ^ai^kn mußten, bet Qn= 
fänglid) für aEIe neun geforbett inav.-) ©benfo warnt er 
ben Sieic^ätag, mit ber drroerbimg Santoa^ nii^t ju jögern, 
bi§ riietlei(f)t fpäter einmal jemanb „biefcn britten Seil ber 
@ibi)ttinifc^en Sucher" ^eiitfc^Ianb Don neuem anbieten 
roürbe.'') Qn ber SonpütSjeit treibt iftn bie ftd) immer 
me^r einbürgernbe (eibige ©eroo^nljeit ber Cppoptiön ben 
politifc^cn @egenfn5 auf ba§ perfönlid|e ©ebiet hinüber; 
äuffjielen, äunt ^inroeiä auf bie Sonfequenäen, bte ftd) batauä 
f(%lie§ticl) ergeben mtifeten. „SBoüen ©ie ben politifii)en 
©treit äwifdien un§ auf bem SBege ber ^oratier unb Suriatier 
erlebigen?" ■*) ®ie befonnte ^abel ron ber SRebedion ber 
©lieber gegen ben SJiagen, bitrc^ bie 2)leneniuä Slgrippa bie 
auf ben Iieiligen SSerg au§geroonberten ^lebejer jur SRüd; 
fel)r in bie Stabt netmoc^t ^aben foü, ^at aucb er fict) 
nit^t entgel)en taffen, um ba§ 93erf)ältnt§ be§ SHeic^eä ju 
ben ©injelftaaten, nameiittid) in bejug auf bie (^ino^äfn ä» 
oetanf^aulidjen.") ®ie bebenttic^en Umtriebe eingelner oon 
ben be^Joffcbierten Sütften unb bte Jöi^berung, bie fte in 
geroiffen Streifen it)rer ehemaligen Untertanen fanbeii, uer= 
onla^te i^n ju ber bitteren ^Bemerfitng: „Sie ©oriolane 
finb in 3)entfcf)Ianb nit^t feiten, eä fef|lt i^nen nur an ben 
SSoIäfetn, unb roenn fte bie Sßolsifet fänben, mürben fie fic^ . 



^) Ottolar Üoreiij, fiaifer 5ffiUl|eliii unS bie SBegiiiiibmig be§ 
beutfi^en 91ei^eö ©. 102. 

■•') ItDtit. iHcben X, S. 47. S) Ebb. XI, ©. 54, 71. 

*) ebb. n, ®. 373. 5) ebb. vm, ©. laa. 



— 192 — 

balb bcmaSfieren; nur bcn legten t)erföl^nenbcn Stbfc^IuJB 
©oriolang roürben alte gtaucn Äaffefe unb 2)eutfd^Ianb§ 
bann nid^t tmftanbe fein l^erbeijufül^ren".^) Site er jum 
Sxotd ber ©injiel^ung ber beutfd^en ©efanbtfd^aft beim 
römifc^en ©tul^Ie bie ©treid^ung ber bafür ausgeworfenen 
©tatSpofition beantragt begeid^net er ba§ als eine aJla^regel 
be§ politifd^en StnftanbS, bie felbftoerftänblid^ fei, fo lange 
ba§ ^aupt ber fatl^olifd^en ^onfeffion 2Infprfld^e erl^ebe, 
beren Surd^fül^rung für jebeS georbnete ©taatöroefen abfolut 
unerträglich fei, ba jeber ©taat, ber ftc^ bem unterwerfen 
wollte, unter ein „caubinifd^eS -^^d^" gelten unb feine eigene 
©elbftänbigfeit ju abbijieren genötigt fein würbe.^) ®en 
au§ ber Qext ber fmfenben Slepublif ftamntenben 2lu§bru(f 
homines novi im ©inne oon „ Smporf ömmlingen", bie au§ 
politifd^ biSl^er unbefannten Familien afe bie ©rften ju 
l^o^en Smtem gelangen, menbet 93iSmar(f an auf bie jur 
SUlitmirfung bei Snqueten mirtfc^aftlid^er Statur berufenen 
SJlänner: ba werbe man e§ immer mit fold^en ju tun l^aben, 
bie auc^ ben 93ewei§ fül^ren wollen, wie fac^funbig fte fmb.^ 
SRom§ aSerfaH l^at na^ feiner Stuftest gleid^en Schritt ge=: 
l^alten mit bem aSerfaH feiner Striftofratie/) ^iftorifd^ bod^ 
nur bebingt jutreffenb entfpringt biefe 2luffaffung bei il^m 
aud^ me^r au§ bem il^m oon §au§ au§ eigenen ftarr 
ariftofratifd^en ®enfen unb war jugleid^ gewifferma^en ein 
politifc^e^ @lauben§befenntni§. ®ie fortfd^reitenbe Qtx^ 
fplitterung ber großen politifd^en Parteien burd^ bie 93it 
bung immer neuer graftionen, an beren ©pi^e ajlänner, 
bie bort nid^t jur ©eltung fommen fonnten, eine fte ht^ 
friebigenbe Stolle fpielen fönnen, gemalt iljn an ba§ ©äfar 

1) «polit. ^eben IV, ©. 130. 

2) (S^ht). VI, (g. 231. Sßgl. II, (5. 267. 3) (§^}y^, ix, (g. 194. 
•*) ^ht). l ©. 146. 



— 193 — 

jugcfd^riebene 3Q3ort, er Toöüe lieber in ©orfinium ber ©rfte 
ate in 9lom ber 3tt'^itß fein.^) Stud^ fpäter nod^ erfd^eint 
il^m biefe Su^erung, oon ber er injroifc^en erfal^ren, ba§ 
fte von ^lutard^ überliefert, aber für apofrgpl^ geilten 
werbe, atö ein ed^t beutfd^er ©ebanfe, ha nur p oiele oon 
ben im Bffentlid^en Seben ftel^enben Seutfd^en fo benfen 
unb ba§ S)örfc^en fud^en, unb wenn fie e§ geogropl^ifd^ 
nic^t finben fönnen, bie gtaftionen refp. Unterfraftionen 
ober Äoterien, roo fte bie ©rften fein fönnen.^) Unjäl^Iige 
5!JlaIe roieberl^olt ift fein jum geflügelten S03ort geworbener 
9lu^bru(f oon ben „catilinarifd^en ©yiftenjen", beren e§ im 
Sanbe eine ganje aJlenge gebe unb bie ein groJ3e§ ;3ntereffe 
an Ummäljungen l^aben.^) 

Oberl^aupt mirb man bei ber 93eurteilung oon 93i§' 
maxd§ l^iftorifc^em ^ntereffenfreife nid^t au^er ac^t laffen 
bürfen, baj3 er bie SBergangenl^eit im altgemeinen unb 
namentlid^ bie Sntmidlung frember 3SöIfer unb Staaten 
bod^ eigentlid^ auSfd^Iie^üd^ von bem beutfd^en ©tanbpunfte 
au§ betrachtete, b. }). in erfter Sinie biejenigen SUlomente 
lebl^after erfaßte unb fi^ l^iftorifd^ flarjumad^en fud^te, 
au§ benen für il^n jum 3Serftänbni§ ber beutfd^en unb be^ 
fonber§ ber preujgifd^en ©efd^id^te etmaS ju gewinnen mar 
unb fo aud^ ba§ ifjm immer afö Ie^te§ 3i^t t)orfc^mebenbe 
richtige politifd^e ^anbeln SSorteil jiel^en fonnte. ©al^er 
^t il^n bie franjöfifd^e ©efd^id^te in ben fo gearteten 
^erioben lebl^aft angejogen, mä^renb er tro^ feiner 3Sorliebe 
für bie englifc^e (Sprache unb Siteratur ber englifd^en ©e^ 
frf)id^te im gangen fremb geblieben ift. aSieüeirfit barf man 
bieg im ^inblidE auf bie Sigenart biefe^ merfmürbigen 

1) ^olit. hieben IX, @. 431. 
-) @eban!en u. ©rinnerunöen II, @. 21. 
3) ^olit. Dieben II, ©. 29. Sögl. «ücf)mann ©. 601. 
^ruö^ »tSmardS »tlbung. 13 



— 194 — 

©eifteS TüenigftenS ju einem 2:eile jurücffül^ren, auf eine 
unbewußte Dppofition gegen bie l^iftorifd^-politifd^en S^l^eorien 
ber Siberalen, roeld^e in ber englifd^en SBerfaffung tro^ i^reig 
einzigartigen allmählichen ©ntftel^en^ unb i^re§ baburd^ be^^ 
bingten fpegififd^ englijd^en 9Befen§ ba§ 3Sorbilb feierten, 
burc^ beffen Kopierung in ^reu^en am einfad^ften bie oon 
tl^nen gemünfd^te Drbnung l^ergefteHt werben fönnte. S)a§ 
befannte Sob, roeld^e^ einft g^riebrid^ aQSill^elm IV. gerabe 
in biefer ^inftc^t bem englifd^en SBolfe l^ulbigenb bargebrad^t 
l^atte, inbem er i^m eine ©rbmei^l^eit ol^negleid^en nac^^ 
rül^mte, l^at 93i§mardf nur f el^r bebingung^meif e unb mit mefent^ 
lid^en Sinfd^ränfungen gelten laffen. ^n feiner politifd^en 
©türm:: unb S)rangperiobe fteQt er einmal ber SntmidElung 
^reu^en^, mo griebrid^ Sßil^elm L bie ©ouüeränität comme 
un rocher de bronze etablierte, ben von ©nglanb gegangenen 
3Q3eg entgegen ate einen jmar glüdElirf)eren, meil e§ feinen 
SRic^elieu ge^bt l^abe, ber bie ^öpfe abfrf)lug, in benen bie 
©rbmei^l^eit fonbergleid^en mol^nte, unb fieljt ben ©l^arafter 
ber englifd^en Sieoolution in ber g^reilieit. S)iefe S^atfad^e 
fommt nac^ feiner 5!Jleinung aud^ nod^ in ber ©egenmart 
pm 2lu§brudE in bem felbftbemujgten, aber gefellfd^aftli^ 
befd^eibenen 9luf treten be^ englifd^en Slrbeiter^.^) (Später 
jebod^ meint er, jene erblirf)e SÖBei^^eit fei eigentlid^ nur be^ 
tätigt in Snglanb^ au^märtiger ^olitü, bie einen Iriegerifrf)en 
Äonflift mit 2)eutfc^lanb üoHfommen au^f^liejge.^ 3Wan mag 
bal^er jmeifeln, ob bie üerfrf)iebenen englifd^en ©efd^id^ten, bie 
in ber 93ibliot^ef ju ©d^önl^aufen oor^nben maren,^ t)on il^m 
fo eifrig ftubiert raorben fmb mie mol^l anbere, namentlid^ 
franjöfifrfie ®efrf)i^t§n)erfe, bie er fo gut mie bie beutfc^en 
Älaffifer gelegentUrf) in frf)laflofen Staaten oomal^m.^) 

1) ^olit. diz'özn h <B. 147. -') ®bb. X, 8. 428. 

3) SßQl. oben 8. 177. ^) ^olit. «Reben VIII, <B. 189. 



— 19B — 

SJle^t al§ nad] fadjli^en ober polittfd)cn aJioinenteti 
richtet ficf) bat)« fein ^ntereffe für eittjetne Sßorgänge au§ 
ber englifd)en ©efc^ic^te nad) petfönlii^en. 5f" iem fci)ottifd)en 
9lQtiDnaII)eItien JRobert ^ruce fa^ et ein nQd)aI)nien§n)ertE§ 
SBotbilb: ron i^m, ber burdj bie Seobacfitunfl einet ©pinne, 
bie tro^ lüicberfeolten ^eruiiterfatleiiä immer oon neuem 511 
bem erfttebten 3ist empotäutlimmen anfing unb eä fo 
ft^Iiefelirfj etreidite, ju nu^böuernber ©e^arrlic^feit ange: 
trieben ju fein bevidjtete, inoUte er gelernt ^aben, „raaä er 
für rec^t unb feinem Sßatertanbe für nü^lii^ f)iett, aud) 
bei ben übelften 3[fpeften nidjt aufsugeben".') 31uä be= 
fonberen ©rünben übten auf i^n bie ''}ierfünlid)leiten Honig 
fiflriä 1. unb feines 3Jlinifter§ ©trafforb eine ftarfe 2In= 
äie^ungSfraft. Sffiußte er bud), ba§ ju beginn feine§ ÜRu 
nifteriumS gerotffe Seute biird) ben niarnenben §inroeiä auf 
beibcr b(utige§ dnbe planmäßig auf fiönig 2Bi[|eIm ein; 
äuroirfen fud)ten, um i^n jiir ÜJlnc^giebigteit gegen bie 
oppofitionelte aj(e{)rbeit ber SiolfeBertretung ju beftimmen, 
„Sari I.," fo urteilte er, „roirb immer eine oomefjmc ^iftorifc^e 
©rf^cinung bleiben im (Segenfa^ ju ßubroig XVI. »on 
S^ranfreii^, bet lebte imb ftarb in einer fc^roäc^lic^en @e; 
mütäoerfoffnng unb fein guteö ©ilb in bec ©efdjidjte madjt". 
®uri^ bie braftifd)e 9Iu§füf)rung biefe§ (SegenfatieS tjat er 
feinen Eöniglic^en ^erm, ben jene ©inflüffe eben in feinen 
früheren ®ntfd)tiiffen roanfenb gemacht Ratten, roä^renb bet 
benEntürbigen ^ai)xt oon Jüterbog nad] Berlin mieber auf- 
gettd)tet unb jum Sttis^arren ermutigt, inbem et ba§ in 
jener trüben ©tunbe uon bemfetben bcfürt^tete blutige @nbe 
für fie beibe aU ein fel^t anftänbigeä unb il)rer roürbigeg 
^infteöte.^) 3tud] fpäter noi^ km er gelegentlich auf bie 

1) %*olit. SRebeii MIT, S. 148, 49. 

^> ©Ebcmfen unb (Svinnerungen J, ®. 285. 



— 196 — 

parallele jurüd, bie man in ber Äonfltf§icit jioifd^en il^m 
unb ©trafforb gejogen ^tte.^) 

aSon ber eigenartigen ©ntoirflung @nglanb§ auf roirfe 
fd^aftlid^em unb poHtifd^em ©ebiete l^atte ftd^ 93i§ntar(f aber 
bennod^ eine lebl^afte Slnfd^auung erworben; nur roid^ er 
aud^ ba oon ben lanbläufigen SSorfteKungen unb Urteilen 
in mand^er ^inftd^t beträc^tlid^ ab. ®a^ ©nglanb bermalen 
®eutfc^Ianb roirtfc^aftlid^ fo weit überlegen fei, war für 
i^n nid^t blo^ bie ^?oIge feine§ SReid^tunt^ an ^ol^Ie unb 
6ifen, bie ba nebeneinanber liegen: uielmel^r fal^ er barin 
eine natürlid^e Äonfequenj be§ SBorfprung^ t)on ntel^reren 
^a^rl^unberten, ben e§ mit feiner Kultur oor ©eutfd^Ianb 
Dorau§ l^at. 2tu§ ben oorliegenben 3^ugniffen meint er, in 
ber ^auptfad^e geu)i§ mit Siedet ermeffen p fönnen, ba§ 
fd^on jur ß^it ©l^afefpeareS, alfo jiemlic^ vov breil^unbert 
<3a^ren, in ©nglanb eine Sßol^I^abenl^eit, ein Äulturjuftanb 
unb ein 3Jla^ von beHetriftifd^er öilbung gel^errfd^t l^abe, 
üon bem mir pr gleichen Qdi meit entfernt maren.^) ©id^ 
über bie SJlomente auSjufprec^en, bie il^m in ber ©eftaltung 
unb ^^eftlegung ber englifd^en SSerfaffung afö bie eigentlid^ 
entfd^eibenben erfd^ienen, gab il^m mieber^olt namentlich bie 
'^^olemif ermünfd^te- ©elegenl^eit, in ber er bie immer erneute 
g^örberung ber g^ortfd^ritt^partei nad^ SntmidEIung „maleren 
fonftitutioneHen Seben§" in ^reujgen ju befämpfen l^atte. 
2öa§ man barunter gemöl^nlid^ cerftel^e, fo legt er fein 
Urteil einmal l^iftorifc^ unb politifd^ au^fül^rlid^ bar, ent^ 
beirre ber monard^ifd^en ©runblage unb berul^e eigentlid^ 
ganj auf bem „fingen 3Q3ort", meld^e§ bie englifd^e 9lrifto=i 
fratie narf) ber großen Sieoolution, um i^re ^errfd^aft ju 
befeftigen, erfunben l^at, „the king can do no wrong": 



1) ^olit. «Reben IX, «5. 240; XII, <B. 318. 2) @bb. XI, (S, 197. 



— 197 — 

iSenn roenn bet ÄÖnig Eein Unrecht tun tann, fo fann er 
noc^ feiner aJieinung ü&etf)aupt nic|t§ tun, er ift munbtot 
geinad)t u«b I)erabgeniürbigt p einet SßJaffe, meiere bie 
englifcEje Sttiftotratie jur ©r^aftung i^ter §errfc^aft ju il)rec 
ffletfügung behält. Set englifc^e 3tbet ^at, boS iji nadj 
feiner 3lnft(^t bet ©inn jenel ©ageS, ben .Sönig geroiffev: 
ma^en fequeftiett, um feine Seste^ungen jum 33ct! in feiner 
©eroalt ju f)aben, fic nicE)t ju ftatf unb mächtig roerben in 
laffen, fi)^ möglt^ft jniifct)en Äünig unb Sßolt ju fi^ieben 
unb über feine Unfetfc^tift p btgponieren, bie burc^an^ 
unentbetirlic^ ift, roeil ba§ englifi^e 93o!f otyxe fie aud) notf) 
^eutigentageä einem 9legieningsbefel|( gel)ord)eit ju muffen 
nic^t glauben mürbe.') S)ennoi^ erfdjeint i^m SEilljetm 
Don Dranien als! ein fe^r ftarfer ffönig, ber bie SBütbe 
bet SRonarc^ie aud) gegenüber ber feftgefc^Ioffenen 3Hel)tt)eit 
bei Parlaments erfolgreid) oettrat. ^m Oegenfa^ ju ber 
leibigen 3«1plitt6™iig ^er beutfc^cn SßoItäDettretung in aUe 
möglid)en grattionen unb ^foftiönc^en, bie er fo oft beflagt, 
leitet er ouä ber feftgefügten ®int)eit beä groß angelegten 
engliff^en ^ßarteiroefenS Erfolge ^er, roie fie bott bie beiben 
*ßitt ober Sanning unb felbft noc^ $atmetfton unb ''JSeel 
erlangt ^aben.^) 

3iön einjclnen ©reigniffen au§ ber neueren @efd)i(^te 
©nglanbä berührt Si§matr£ gelegentlitf) ber burrf) bie loelfift^en 
Umtriebe nötig geioorbenen 31ufl)e&ung bc§ mit bem el)e= 
maligen König non ^annoret gefdjloffenen ^bfinbungäner: 
traget unb ber Sefcblagnafime be§ roelfifd)en §au§Dermögen§ 
im Saufe ber 39eratungen bet betreffenben §erren^u§= 
tommiffion bie ©c^larf)t bei EuUoben (27. Sfprit 1746), burrt) 
bie ber SReftaurationgoerfud) bet Stuarts neteitclt routbe. 



i) ^olit. Sieben IX, ©. 147. ^) G6b. IX, ©. 244. 



— 198 — 

um bie ©roJBtnut bcr preu^ifei^en SRcgicrung gegenüber bent 
bepoffebierten ^annooeraner in ba§ rechte ßtd^t ju fe^en. 
ajHt bitterer ^onie erflärt er, er l^abe nid^t geprt, ba§ bie 
aSorfal^ren Äönig @eorg§ V., nad^bent fie bie (Stuarts t)om 
2:i^ron ©nglanbS oertrieben ^tten, il^nen burd^ ©taatögelber 
bie SJlittel geliefert l^ätten, ber föniglid^en Stmtee bort jum 
Kampfe entgegen jutreten.^) Um bie ©d^mierigfeiten ju er^ 
läutern, bie fid^ ber fofortigen unb rabifalen Stufl^ebung 
ber ©flat)erei in ben beutfd^en Kolonien, mie fie oon 
liberaler Seite geforbert mürbe, entgegenfteüten, unb bar^s 
jutun, ba§ e§ ba eine§ langfamen unb uorfic^tigen SBor^ 
gel^enS bebürfe, moKte man bie mirtfd^aftlid^en SBer^Itniffe 
jener ©ebiete vor ©d^äbigung bemal^ren, erinnert er treffenb 
baran, mie lange Qtxt e§ gebauert ^be, bi§ bie gleid^e 
gorberung in ©nglanb in bejug auf beffen Kolonien burd^:: 
gebrungen fei: obgleich bie ©ac^e bereits im Stnfang be§ 
a^tjel^nten ^al^rl^unbertS, juerft 1727 jur ©prad^e gebrad^t 
mürbe, fei bod^ erft im ^al^r 1789 burd^ SlBilliam SBilberforce 
ber f örmlid^e Slntrag auf UnterbrfidEung be§ britif d^en ©f lauen^^ 
l^anbefö im Parlamente eingebrad^t morben, um erft nad^ 
faft jmanjigjiäl^rigen kämpfen am 23. gebruar 1807 ange^ 
nommen ju merben.^) 

Sluf ©nglanbS SBer^ItniS ju ^reu^en unb ©eutfd^- 
lanb, mie e§ fid^ namentüd^ feit ber aJlitte beS ad^tjel^nten 
:3a^rl^unbert§ entmidfelt l^at, ift 93i§mardf nur feiten ju 
fpred^en getommen. 2)a§ fönnte auffaüen, müßten mir 
nid^t, baj3 intime oermanbtfc^aftlid^e öejiel^ungen jmifd^en 
bem englifd^en unb bem berliner §ofe, beren @inf{u§ er 
oft ftörenb empfunben unb afö bie Oueüe aud^ politifd^ 
]^inberüdE)er Sieibungen beflagt l^at, il^m gerabe ba eine 



1) ^olit. ^ebcn IV, ©. 136. 2) ©bb. XII, ©. 537. 



— 199 — 

äiitücttjaltung auferlegten, bie itin nötigte, feine ronbce 9{n= 
firf)t roenigftenä öffentlich unauägef protzen äu laffen. ^m 
oerttauten Sreife äupette et fic^ unumrounben: Sngtanb 
^at ^teufeeit, erElfttt er 1866 einmal, »om Siebenjäl)ngen 
fltiege b\§ sum aSienet grieben ausgebeutet unö beein: 
ttäc^tigt.') ^a§ Preußen unb ffieutfc^tonb jur 3eit be§ 
ftonäörifdien firiegcä non ©nglanb erfuhren, ift bekanntlich 
nitf|t geeignet geroefen, \l\m eine Snberung biefeg Urteils 
über bie gefi^idjtltiije ©ntroidluiig t^reä Sßer^nltniffeä nat|e= 
julegen. 

ajie^r olä mit ber ®efci)id)te Sugtanbä gaben bie <Si^ 
eigniffe SiömarcE 9tnla^, fid) mit ber granfreidiS ju be- 
fc^äftigen, mag biefe 58efi^ciftigung, obgefe^en non ber ge= 
legentlii^en SeEtürc eineg franjöfifi^en t)iftori|ct|en aBerleä roie 
j. S. 2aine§. „Les origines de la France contemporainc",-') 
jumeift nur barin beftanben ^aben, ba§ er über ben inneren 
Sufaramen^ang ber iljrcm äußeren SJerlauf na^ il)m rao))U 
betannten ©reigntffen geroiffermaßen fpetulierte. SBcnn für 
i^ fianbelte e§ ftd) babei Dorne()mtic^ um bie SrEennlniS 
be§ franjÖfifii)en ißotfä(^arafter§ unb bie ©ntioicEIung be3 
SBcr^ältniffeä jroifc^en ben beibeii ^lac^bantationen, sumat 
für beffen tunftige ©eftattung ber Stieg uon 1870—71 
ganj neue Söebingungen gefi)affen Ijafte unb jioar folcf)e, 
bie bem bisherigen I)iftorifd)en SJertauf äunäcf)ft burc^aiiS 
roiberfpradjen. ^^n interefftert ba^er begreifitdjerroeife be; 
fonberä bog ^^italter ßubroigS XIV. unb bann baä ber 
Stenolution unb ber 9fecoIutionäEriegc, bie beiben *perioben, 
100 bie franjöfifdjEn ©toberungsgetüfte fid) am vüdficl)t§: 
lofeften unb erfolgreidjften nament(id) gerabe auf Äoften 
3)entfi^Ianb§ betätigt ^aben. ®a^ biefe freilii^ äderen 



') 0. SeuöeU S. 226. ") *prilit SHelien IX. ©. : 



— 200 — 

Urfprung§ roaren, übcrfal^ auc^ er nid^t. „S)aS ^nfrage^ 
jieüen bcr beutfd^cn ©renje, bcmerft er am 11. Januar 
1887/) ^t angefangen, wenn mx e§ rein im l^iftorifd^en, 
|)ragmatifc^en ^wf^tt^wt^^^ng auffaffen moüen, mit ber 
Sßegnal^me ber brei 93i§tfimer 9Jle^, S^oul unb SBerbun" 
(burd^ ^einrid^ n. 1552 auf ®runb beig mit 9Jlori^ vori 
©ad^fen unb feinen 9Jlitt)erfd^u)orenen gefd^Ioffenen SSer^ 
traget). Äaum eine ©eneration l^abe feitbem in Seutfd^Ianb 
gelebt bie nid^t genötigt gemefen märe, ben Segen gegen 
gtanlreic^ ju jiel^en. ®aj3 bie Spod^e be§ ®renjfampfe§ 
mit ber franjöfifc^en Station auc^ je^t nod^ nid^t enbgültig 
abgefd^Ioffen fein merbe, vermutet er auf ©runb be§ ganjen 
franjöftfd^en ®^arafter§ unb ber ©renjoerl^ältniffe.-) Ober^^ 
l^aupt ^It er ba§ grieben^merf jmifc^en ^anfreid^ unb 
©eutfd^Ianb für fd^mer, meil e§ fid^ babei um einen lang^ 
mierigen l^iftorifd^en ^rojejg in ber SUlitte jmifd^en beiben 
ßänbem l^anbelt, bie 3i^^it"S ^^^ ©renge, bie nad^ feiner 
Stuffaffung uon bem 3^itpunft an jmeifeH^aft unb ftreitig 
gemorben ift, mo granfreid^ feine voUt innere ©inigfeit unb 
föniglid^e 3Wad^t, ein abgefc^Ioffene§ Königtum erreicht l^atte. 
S^rifft er bamit xooi)l aud^ nid^t ganj ba§ Slid^tige, fo ift 
bie Semerfung bod^ infofem lel^rreid^, afe fie einen t)on 
ben ©rünben erfennen Id^t, um berentmillen ®eutfc^Ianb im 
:3ntereffe feiner eigenen Stulpe in granfreid^ bie gortbauer 
ber Stepublif jeber monarc^if^en Sieftauration oorjujiel^en 
l^aben bürfte. 

aSon biefem ©tanbpunfte au§ intereffiert 93i§mardE 
begreiflirf)ermeife befonber^ bie Segrünbung ber abfoluten 
3Jionarc^ie Submig^ XIV. ^l^re UJorbereitung burd^ Slid^elieu 
unb SUlajarin, fo lel^rreid^ fie in politifc^er ^infic^t ift, l^at 



1) ^olit. ^eben XII, @. 185. 2) (§^\^\^, xil, @. 185. 



— 201 — 

i^n aüertings nic^t befd)äfti9t. 3?e§ großen ffarbindg ge: 
bentt et nur auS 9(nla& bet SInetbote, roouac^ berfelbe et-- 
tlärt ^abm foU, aut^ ben unfdjulbigften, e^tborften 2JIenfcf)en 
roolte er on ben (Salgen bringen, roenn man if)ni brei 3^ilcn 
nun feinci ^anb gefi^rieben netfc^affe:^) er roiC bamit bie 
unberect)tigte unb gefölirlii^e 9Irt Eeitn^etcf)ne«, roie man itin 
felbft fo oft auf ftii^ete, in ben ^arlamcntäberid)ten gc: 
brurft Dorliegenbe Su^erungen, bie bod) unter ganj anbeten 
5ßet^ä(tniffen getan roaten, feftpuageln oetfut^tc. SBot)[ aber 
fteEt er SRidielteu unb Süasarin ben fiti^lic^en SBütben; 
ttägetn feinet ^cit entgegen, weil fie, obgleid) Sarbindtc, bie 
Stetste i^re§ ftönigä gegen bte 9Infptü(^e bet tiSmifc^en Äutie 
enetgifd) uetfQc£)ten tiaben.^) Studi mnc^t er fein |5ef)[ batauä, 
ba§ et ben 9Ibfolutiämu§ in unfeten niobemen ^eif^n i'l'"= 
^aupt für unmöglid) Ejätt, ingbefonbere jenen unfontrollier: 
baren 3(bfoIuti^mu§, roie il)n üubroig XIV. juerft in ©jene 
gefet)t: namentlid) beutfc^en Untertanen gegenübet etflätt er 
biefen für unhaltbar. Sefeftigt roat et in biefer Uberjeugung, 
raie et angibt, noct) bnti^ ©pejinlftubien in ben §ofgefc^id)ten 
unb fritifd)e i8eobacl)titngm, bie er am §ofe be§ perföntidj 
Bon if)m geliebten unb oetef)tten Sönig§ ^i^iebtic^ 3Bt^eIm§ IV. 
jur 3"t SRanteuffelä fjatte anfteüen tonnen.^) ®en leibigen 
äuftanb gegenfeitigen äJiigtrauen^ jroifc^en Sleutfc^tanb unb 
t^onfreid), ben au§ bet 3Bett ju fi^affen et fi^ narf) beni 
^rieben eifrig unb nii^t oI)ne ©rfolg bemilt)te, beflagt et 
al§ eine Bon Subraig XIV. ^er batietenbe unnatütlid)e (äin= 
rid)tuug:*) ju einet banemben aber fei fie geroorben bitrd) 
bie au^ in ber ^olgeäeit ununterbrochenen Sebto^ungen 
3)eut|"t^lanb§ son feiten ^tantteti^ä.") 

1) ^olit. SHehett X, ©. 487. ^ ®bb. V, S. 343. 

8) ©cbonfen i^ ffirinnenmgeu I, S. 16. *) ^olit. fflehen X, S, 216. 

^) n. ^ßof^inget, aEnfviatfien, ©. 296. 



— 202 — 

2)enfclbcn ©ebanfen, ber Subwig XIV. ate bic SBcr^: 
fötperung unerfättlid^er ©roberungSluft barftellt, entwtdclte 
er in bcm befonnten Stunbfd^rcibcn, ba§ er am 18. ^\xlx 1870 
über ben franjöfifd^en 5^teben§brud^ erlief unb ben 3lften5 
ftüden etnt)erleibte, bie am 20. ^ulx bem 9ietd^§tage be§ 
Slorbbeutfd^en 93unbe§ über ben biplomatifd^en SBerfel^r be§ 
3lu§iöärti9en 3lmte§ mit ben fremben SWegierungen in bem 
fd^mebenben beuifd^-franjöfifd^en ©treit üorgelegt mürben. 
®a erflärte er, alte non ben franjöfifd^en 9Jliniftem an^ 
geführten ©rünbe für bie Unnermeiblid^feit be§ Äriege§ jer^^ 
fielen in nid^t§ unb erf d^ienen abfolut au§ ber Suft gegriffen : 
e§ bleibe bal^er nur bie traurige Slotmenbigleit, bie maleren 
SWotioe in ben fd^ted^teften unb feit einem l^atben ^fö^^^i^nbert 
üon ben SBößem unb SWegierungen ber jinilifierten SlBelt 
gebranbmarften S^rabitionen Submig§ XIV. unb be§ erften 
Äaiferreid^^ ju fud^en.^) ^n überrafd^enber SBSeife begegnet 
93i§mardE fid^ ba mit ber Sluffaffung, bie einige SWonate 
fpäter Seopolb non Sianfe in ber il^m eigenen fd^arf epi^ 
grammatifd^en SBSeife jum 3lu§brudE gebrad^t l^at. <3m 
SBinter 1870—71 traf ber gro^e beutfd^e ^iftorifer in 
SBien, mo er ard^inatifd^en ©tubien oblag, mit bem il^m 
oon frül^er l^er perfönlid^ befannten ^^m^ jufammen, ber 
im 3luftrag ber Stegierung ber nationalen SBerteibigung bie 
^öfe ber neutraten Oro^mäd^te befud^te, um menigften^ 
bereu moralifd^e Qnteroention jugunften §ranfreid^§ ju oer^ 
anlaffen. 2luf J;^ier§' entrüftete 3^rage, gegen men benn 
2)eutfd^lanb, nad^bem ber S^ag oon ©eban ben an bem S?riege 
©d)ulbigen l^inmeggefegt l^abe, eigentlid^ nod^ weiter fämpfe, 
antwortete SWanfe f d^lagf ertig : „SRun, gegen ßubmig XIV." 
2)er gro^e beutfd^e Staatsmann unb ber gro^e beutfd^e 



L) ^olit. Sieben IV, <B. 426. 



jpiftoriter irofcn alfo ^iev in einer grunblegenben 9efd)id)t= 
liefen ^Jtuffaffung äufammen. 

9iai^ einet anbeten Seite freiließ fc^eint Biäntarcf bcr 
aibfolutiämuä Suirotg^ XIV., fo fef)t et Don feinen nn^eiU 
noUen SSitfungen aiid) auf iic innere ©ntroiiflung 5vant- 
reict)§ überzeugt ift, bod) bereit! tot sroei Qa^f^unberten 
auf bem tid)tigcn Sßege gcmefen ju fein unb be§[)alb xioif 
betinolen nadja^mcngroert, näntlid) bntt^ ba§ Don ßotbert 
eingeführte wnb feitbem im roefentIi(i}En bi§ anf ben heutigen 
Sog beibehaltene 3J}erEantilfi)ftem mit feinen Sclju^jöHen. 
2)enn nadj feinet 3[nfid)t, bie freilid) von bei anbeten Seite 
aüejeit fjeftig beftritten rootben ift, roerben bie babiirc^ enl: 
roicfetten inbtretten Steuern »on ber ^euiilfetung roeniger 
läftig empfunben atä bie bireften, auf benen im ©egenfa^ 
SU ^rantteirf) nnb Snglanb bie ^'nanjen ber beutfdien 
Staaten unb namentlich ^ßreu^enS beru[)en.^) SBä^renb 
anbete bieä oon i^m befünnortetc Sr)ftein oI§ eine au§: 
ftungernbe Ätanfljeit »crroerfen, fütjtt er bie SßSo^[^abent)eit 
gtonftei^S barauf jurüd unb etClärt e§ auä ifim, ba§ 
biefeä 2anb tro^ ber ungcljeuren SßeriDfiftungen, bie eä in; 
folge ton Stiegen unb innetcn SReDolutionen ettitten ^at, fii^ 
bereite jut 3eit beä Siebenfältigen Sriege§ eine§ nationalen 
aBo^lftaiibeä etfreut (jabe, bet nai^ manntet 3}ieinung ben 
(SnglanbS übertraf. 3luc^ I)ebt et eS im äuffinmenöange 
biefet Bolfgniirtft^afttic^en (ärürtetungen aU einen ^iftotif^: 
poUtifd) bead)tcn§n)erten Qu% ^emor, ba^ bet bcutfc^e 9ieic^S= 
tag oon bet ^Serufung eine§ S}irtfii)aft§rate§, ber bie Det= 
biinbeten iHegierungen bei bet Sßorberettung ber geplanten 
rairtfdjaftlidjen unb finanziellen Sieformen untetftü^en füllte, 
eine SJtinbetung feinet Slutorität bcforgte, loäljtenb fein 



. ') ^Dlit. SHeben VllI, S. 33ß. 



— 204 — 

franjöfifd^c§ Parlament fo fleinmfitig gcwefcn fei, fid^ t)or 
bem franjöfifd^cn SBSirtfd^aftörate ju ffird^tcn. g^eilid^ gibt 
er JU, bem refomteifrigen 3Äinifter einer abfoluten aWonard^ie 
wie S^urgot fönne eine fold^e Äörperfd^aft gelegentlid^ un^ 
bequem werben. Unb bod^ ^be gerabe 2!urgot feinerjeit 
bat)or gemamt, allein bie ©pejialintereffenten ju fragen, 
weil, menn man fie l^öre, bie ©ad^e bod^ fd^Iie^Iid^ barauf 
]^inau§Iaufe, ba§ jeber für fid^ ba§ 3ÄonopoI t)erlange. 

^äufig menben fid^ 93i§mardE§ l^iftorifd^^polittfd^e SBe^: 
trad^tungen ju ber franjöfifd^en Sieoolution. 3)enn aud^ 
für il^n fül^rten bie legten SBurgeln ber mobemen (SnU 
roidEIung immer ju il^r jurüdt. SBon ber engl^erjigen 93e^ 
fangen^eit il^r gegenüber, bie feit ber SRe^auration bie 
aJlel^rjal^I feiner ©tanbe§genoffen be^errfd^te, finben mir bei 
il^m feine ©pur. ;3n einem merfmürbigen 93riefe an Seopolb 
üon ©erlad^ t)om 30. 3Jlai 1857^) feigen mir il^n jur W)- 
mel^r be§ aSorrourf§, er fei feinen politifd^en ^rinjipien 
untreu geworben unb moBe mit ber unter allen Umftänben 
ju befämpfenben 9iet)oIution paftieren, in oöHiger Unbe^ 
fangenl^eit unb in großen Qü^m oielmel^r bie l^iftorifd^e 
3lnfd^auung oertreten, aud^ bie 9iet)oIution fei nid^t bIo§ 
eine tatfdd^Iid^ gegebene, fonbem aud^ unter Umftänben 
unoermeiblid^e unb ba^er bered^tigte gorm ber ©ntmidtlung 
im ßeben merbenber Stationen, ©eine Darlegungen gemal^nen 
im mefentlid^en an ba§ SSSort 2)a]^Imann§, ber bie Steootution 
al§ bie ©ntmidflung be§ einftürjenben §aufe§ begeid^net l^at. 
2)er unbeirrbare SRealpolitifer fragt: „SBSie oiele ©yiftenjen 
gibt e§ nod^ in ber l^eutigen poUtifd^en SSSelt, bie nid^t in 
reoolutiondrem ©oben murjeln?" 2)a§ tun ©panien, ^ortu^ 
gal, ÖrafiUen, alte amerifanifd^en Siepublifen, 93elgien, 



S3nefe an ©erlarf) ©. 326 u. ff., befonb. @. 328 u. 29. 



— 205 — 

^oUonb, bie Sc^roeiä, ©riei^enlanb, ®rf)njelicit unb baä 
üorf) ^eute in ber ßlorious Revolution von lö88 fu^enbe 
Snglanb : felbft bet betmalige 3ttftaiii' ©eutfc^tonbä beruhe 
EeineiäiBegä butc^roeg auf legitimen SHet^tStiteln, unb im 
eigenen ftaatlidjen ficben Eänne auc^ ^reu^en ber Senu^ung 
reDoIutionäter Unteclngen nicfjt entgetjen. ^ementfprec^enb 
^abe eU auc^ bereite 1785 gegenüber ben SJeteinigten Staaten 
Don SJorbometifa unb neuerbingä bent jum Sefuc^ in ©ertin 
etfcf)ienenen König non Portugal gejubelt, unb bie geptnnte 
aSetfc^ioagetung mit ben SSeinabotle uon ©i^roeben fei boc^ 
nur QU jufälligen ^inbemiffen gefc^eitert. 5ßa^er fei eä au6], 
tonftatiert S3igmar(J weiter, not ber fraiiäöfifil)en fficDolution 
fe[bft bem djriftlic^ften unb geroiffen^afteften ©taatSmanu 
nic^t eingefallen, fein gefamte^ poUtif(i)eä Streben, fein 5Ber= 
batten sur öufeeren roie jur inneren ?ßolitif bem ^rinjiije 
beö „Kämpfet gegen bie Sienolution" unterjuorbnen unb 
bie Sesie^ungen feineä Sonbeä ju anberen Staaten lebigtit^ 
an biefem ^robietftein 3u prüfen. Seines ebenfo f)0(^; 
tonfematinen loie frommen Äovrefponbenten 2lbfiJ)eu oor 
einem ^if^mmenge^en ^'teu§en§ mit Slapoleon HI-, bem 
gefrönten 91erolutionnt, roie er eä empfal)!, ^at er burc^ 
biefe 3[rgumcnte fretlid) nid)t überrounben. 'Hüctj bie tteffeu- 
bcn SemerCungen, bie er nieitert)in ü&er Utfpnmg unb SBefen 
bet franjöfifc^en Sieuolution mad)t, bürftcn benfelben faum 
onberä ben!en gelehrt ^aben. ©anmc^ ift bie ^Qniilie Öona^ 
porte a[§ foli^e für bie Slerotution boc^ nictjt üetantroottli^ 
ju madjen: jie ^at fte nic^t in bie 3Belt gebtadjt, nietme^t ^at 
ber etfte Slapoleon, nac^bem er fie mit ©rfolg für feinen 
S^tgeij benu^t, fie betäinpft, freilii^ mit falfdjen ÜRitteln unb 
be§l)alb ottne bauembe SBirtung. ^n ber (Erörterung biefer 
grage, bie i^ oon bem alten i^eunbe fd)lie61ic^ gonj 
trennen follte, ergebt SBiSmarrf fi^ roeiter^in ju einer großen 



— 206 — 

unb fül^ncn l^iftorifd&en Slnfd^auung, weld^e ben unberfal^ 
l^ijiorifd^en 3iiftinxmcn^ang bcr für bic ©ntroidlung bcr 
ajlenfd^l^eit cigentlid^ enlfd^eibenben ©pod^en einbrudE§t)oII 
jur ©cltung bringt. „2)ie 3tct)oIution/' fagt ex, „iji üiel 
älter ate bie 93onapartc§ unb üicI breiter in ber ©runblage 
ate granfreid^. SBSenn man i^r einen irbifd^en Urfprung 
anroeifen mü — (ein ©a^, nad^ bem er fie aud^ für 
©d^idtung @otte§ l^ält) — fo wäre aud^ ber nid^t in grant 
reid^, fonbem el^er in ©nglanb ju fud^en, wenn nid^t nod^ 
früher in 2)eutfd^lanb ober in 9iom, je nad^bem man bie 
3lu§n)üd^fe ber Sieformation ober bie ber römifd^en S?ird^e 
unb bie ©infü^rung be§ römifd^en 9ied^t§ in bie germanifd^e 
SBSett afö fd^utbig anfeilen mill." 

Qnbem er bann bie ©efd^id^te t^anfreid^§ roäl^renb 
ber legten SWenfd^enatter oor ber Sleoolution überfliegt 
fommt er ju bem in ben @ertad)fd)en Greifen aud^ bamate 
nod^ beftrittenen ©a^: „2)a§ $au§ Sourbon l^at mel^r für 
bie SReooIution getan al§ alle 93onaparten, aud^ menn man 
il^m ^l^ilipp @galit6 nid^t jur Saft fd^reibt". Sunt 93e^ 
meife fül^rt er an bie ©infül^rung be§ 2lbfoluti§mu§ unter 
Submig XIV. — er bejeid^net bei biefer ©elegen^eit jeben 
3lbfoluti§mu§ ate ein frud^tbare§ gelb für bie ©aat ber 
SReoolution — , bie Unroürbigfeiten ber SWegentfd^aft unb 
Submigg XV. unb bie ©d^mäd^e ßubmig§ XVI./) ber am 
14. ©eptember 1791 bei ber 3lnna]&me ber SBerfaffung bie 
SReoolution afe beenbigt proHamierte.-) Slamentlid^ be§ 
le^tgenannten ©d^mäd^e mad^t er oerantmortlid^ für ben 
unl^eilooUen @ang, ben bie 2)inge in granfreid^ genommen. 
®enn il^r gegenüber fonnten bie Oironbiften mit il^ren Sßer^ 
f affunggplänen burd^jubringen ^offen, bereu Sßermirf tid^ung — 



L) «gl. (S. 195. 2) jgnefe an (Serla^ ©. 329. 



— 207 — 

Si^mard eignet fid^ ba ba§ Urteil unb bie SBSorte üon Staine^) 
an — au§ bem S?önig eine 3lrt üon ®]^renpräfibenten ber 
SRepublif gemad^t l^aben würbe, bem bie Sßolföoertretung bie 
burd^ ^errfd^enbe Partei, b. ^. bie ©ironbiften felbft, einen 
aSolljie]^ung§au§fd^u§ jur ©eite fteltte.^) SBSenn er in einer 
fotd^en Drbnung ba§ ^beal ber fonftitutionellen Sßerfaffung 
ju feigen glaubt, ba§ bie liberale Dppofition aud^ in ^reu^en 
ju üemjirftidien roünfd^e, fo ge^t er mit einer fold^en 'Sße^ 
fd^ulbigung in ber §i^e be§ Äampfe§ freitid^ ju meit, l^at 
aber auf ber anberen ©eite red^t, menn er aud^ ben Ur^ 
fprung ber parlamentarifd^en Seroegung ber ©egenroart 
auf bie franjöfifd^e Sieöolution in ben neunjiger .^a^ren 
be§ ad^tjel^nten Qal^rl^unbert^ jurüdEfü^rt, meil man bamafe 
angefangen l^abe, bie Siubimente ber fonftitutionellen ^ftt^ 
gierung au^juarbeiten unb babei in mij3t)erftanbener 2Inalogie 
mit ber ^iftorifd^ ]^erau§gemad^fenen ^arlamentSoerfaffung 
6nglanb§ auf eine S^rennung t)on ©jefutioe unl) Segi§latit)e 
ausgegangen fei.^) 

Sejeid^nenb für 93i§mardE§ 2luffaffung ber franjöfifd^en 
9Jeoolution ift aud^, baj3 er in il^r einen auSgefprod^en 
antigermanif^en Qvlq l^errfd^enb finbet. @r betrad^tet fie 
gerabeju afö bie Sliebermerfung be§ germanifd^en @lement§ 
burd^ meld^eS ba§ an fid^ unprobuttit)e teltifd^e erft be- 
frud)tet unb leiftungSfd^ig gemad^t morben fei. 2)a§ le^tereö 
l^infort ba§ übergemid^t bef)auptet ^be, erflärt i^m bie 
Sereitroilligfeit ber graujofen, ftd^ ber ©emalt ju untere 
werfen/) ^l^r d^arafteriftifd^eS ©epräge erlauft bie franjöfifd^e 
9iet)olution babei für il^n oor allem burd^ ba§ ©treben nad^ 
©leid^l^eit mäl^renb e§ fid^ in ber englifd^en um bie ©e^ 
minnung ber greil^eit ge^anbelt l^abe.^) 2)iefe englifd^e 

1) S89I. ©. 199. 2) ^olit. meben IX, (5. 226. 3) @bb. X, ©. 56. 
^) ®ei)n S. 204. '^) «gl. ©. 185. 



— 208 — 

greil^cit erfd^eint il^m getragen von bem ntännlid^en ©elbft^ 
berou^tfein, ba§ feinen eigenen SSSert ftolj genug ffil^It uni 
anbete in einer l^öl^eren Stellung fiber fid^ bulben ju fönnen. 
®ie franjöfifd^e Steilheit bagegen nennt er einmal „bie 
d^imärifd^e S^oc^ter be§ 9leibe§ unb ber ^abfud^t, roeld^er 
biefe reic^ begabte Station feit 60 ^a\)xm burd^ 93Iut 
unb Slbemji^ nad^gejagt, ol^ne fie erreid^en ju fönnen" 
(24. Dftober 1849).^) 

Sine fo eigenartige 2Infd^auung ber franjöfifd^en 9ie= 
oolution non 1789 bebingt eine entfpred^enb eigenartige 
Beurteilung aud^ ber burd^ fie roeiterl^in l^erbeigefä^rten @r^ 
eigniffe. 9lur mad^t fid^ babei roieberum 93i§mardf§ Unbe^ 
fangenl^eit unb fein SBol^IrooHen gegenüber bem franjöftfd^en 
aSoIfe unb feinem Slationald^arafter bemerlbar. ®r erfennt 
an, ba^ bie erften franjöftfd^en Kriege im Qdi)t 1792 non 
einer potitifc^en <3bee getragen gemefen feien, beftreitet aber 
bie bei ben g^anjofen l^errfd^enbe SBorfteHung, biefelbe ^ätte 
fid^ über bie ganje SlBelt oerbreitet. ^Sw^nterl^in fielet er in 
ben bemegenben <3been, meldte bie franjöfifd^en gal^nen 
bamate in bie Slad^barlanbe brad^ten, bem Äampf gegen bie 
3Äonard^ie, gegen ©eiftlid^feit unb Slbel unb für ben britten 
©tanb, mächtige geiftige §ebel, bie ben ©ieg ber granjofen 
erleid^terten. Sßorbe^Itto^ erfennt er bie S^apferfeit unb 
ba§ ^iationalgefü^I an, meldte bie granjofen bamafö fo 
gut mie früher im fpanifd^en ®rbfotgefrieg unb bann aui^ 
1814 bewährt ^ben.^) gür bie ungered^ten ©roberungS^ 
friege, mit benen fie namenttid^ 2)eutfd^Ianb l^eimgefu^t, 
mac^t er weniger ba§ gemeinhin oon ber g^amilie 93onapartc 
genannte ©gftem oerantroorttid^ ate bie bem franjöfifd^en 
^iationatd^arafter au§ ©elbftfud^t fd^meid^etnbe eypanftoe 

1) ^olit. «Reben I, ©. 147. 

2) (Sebanfen u. ©ttnnerungen II, (5. 52. 



^^DÜtiE bet atten a)Ionard)ie feil fiubmig XIV. uiib meint, 
au^ loenn 3]apoIeon I. al§ ©o^n Ciibmigä XVI. geßoren 
njäte, lüütbe ©eutfcljtanb bod) frfjioettid) SRulie »ot i^m 
geljabt ^ben.^) ®eii fd)lie§lit^en ÜtiiSgong 3tapoleon§ I., 
beffen ©t^öpfiiug er a(§ eine große berounbert, leitet er 
barou§ üb, ba§ et auf feine friegerifdjen ©tfolge poc^enb 
mit aUen Staaten .giänbet anfing, ftatf ben ^rieben ju er^ 
galten: fein 33evl)üngut§ fei gcroefen, ba§ er bie etfte Sugenb 
be§ Staatsmannes, bie loeife 3JIä6tgung nadj ben größten 
Erfolgen ben anberen SßÜlfem gegenüber nit^t geübt unb 
Suropa in einen Svieg nai^ bem anberen oenoirfelt ^abe.^) 
iro^bem muß nac^ it)m bte Smpfinblic^feit bcr granjofen 
in besug auf bie ©r^ltung i^tec auf fo fragroürbige 3Beife 
oergrößerten tercttotiolen ©efi^ftanbö gelegentlid) ai§ ein 
ÜJloment Bon betrcidjtlidjer polttif^et ^irtfamfeit fjod) an; 
gefdilagen roetben. 33aß ein fo unbebentenber ^la^ roie 
^üningen, iaS Subroig XIV. 1G80 burc^ Sauf erroorben 
nnb ju einet ftatten ^eftung ausgebaut ^atte, 1815 bnrd) 
®täI)etiDg Qo[)ann nat^ ber Kapitulation entfeftigt ronrbe 
unb na^ ben 33eftimmungen be§ arociten ^^arifet gtieben§ 
nid)t rotebet ^ergefteUt roetben burfte, erfdjeint i^m bomac^ 
faft mel)r geeignet jur Erregung fronäöfifti)et ßeibenfdjoften 
benu^t ä" iDerben al§ bet Sßerluft irgenb eines S^ertitoriumS, 
ben 5ranfteid) fonft dou feinen frütjeren Eroberungen ba: 
mal§ S" erleibcn IjatteJ') 

SJon beni äioeiten ^$orifer ^rieben bis ju ber großen, 
nnc^ feiner SReinung aber noc^ nid|t enbgültigen MuSein: 
anberfe^ung jniifd)en granfreid) unb S)eutf(^lanb 1870 unb 
71 ^at bie franiiSfifd)e ©efc^idjte, meil iljr Sc^raerpuntt in 

ij D. ipofcfiinfler, ''IJieii&cit am aSunheätnfle IV, S. 277, 
^) V. 9|3ofd)inaer, SiBnintct mib bie 'JiaTlamenltitiet II, S. 3r)7. 
») ^olit. SiEbcn V, S. 55. 
«ruB. »ISmortta öilliiiiia. 14 



— 210 — 

bcr inneren ©ntroidlung lag, für SöiSmard offenbar fein 
befonbereö ^ntereffe gel^abt. 2Iuf biefe 3^it nimmt er in 
feinen l^iftorifc^^politifd^en 93etrad^tungen nur feiten ©ejug. 
Sin ber ®^arte ßubmigö XVin. — er nennt fie im ^in^^ 
btid auf ben @inf(u§, ben fie auf bie gefamte ©ntmidtung 
be§ fonftitutionellen SS3efen§ gel^abt l^at, „bie fonftitutioneHe 
Uroerfaffung — l^at er befonber§ auöjufe^en, ba^ aud^ nac^ 
il^r bie ©ntfd^eibung innerl^alb be§ 9Jiinifterrate§ nad^ 
©timmenmel^rl^eit gefd^al^, mie aud^ in anberen Staaten, 
roa§ er meber für geredit nod^ für oernünftig l^alten fann. ^) 
Slud^ bie au^märtige ^olitif granfreid^g biefer Qext fommt 
für i^n l^iftorifd^ nid^t in 93etrad^t, ba fie für bie ©egen^^ 
wart o^ne praftifd^en SSSert ift ^öd^ften§ baj3 er fid^ einmal 
bei Erörterung ber ^otenfrage ber l^armtofen Seftrebungen 
erinnert, bie g^ranlreid^ unter Soui§ ^l^itipp im 2lu§lanb 
jugunften ber ^olen entmidEett l^at.^ 

Slud^ im ©ebiet ber beutfd^en ©efd^id^te fmb eigenttid^e 
l^iftorifd^e ©tubien ober aud^ nur eine planmäßige ßeftüre 
ber in jenen ^al^ren neu erfd^ienenen bebeutenben SBSerfe bei 
93i§mardE nid^t erfennbar. SBenn man aber meiß, mie maffen^ 
^ft er gelefen, unb fielet, mie oertraut er auc^ mit bem 
©ange ber älteren beutfd^en ©efd^id^te ift, — ma§ freitid^ 
nid^t au§fd^tiej3t, baj3 il^m ba getegentli(^ ein Irrtum mit 
unterläuft — , fo mirb man annehmen muffen, er l^abe fid^ 
aud^ mit biefem ©ebiete auf bie il^m eigene 3lrt oertraut 
gemad^t, roie fie in ben il^n umgebenben Sßer^ältniffen nun 
einmal begrünbet lag. @§ mar im gangen bie eine§ Sluto^ 
bibaften, jumat e§ i^m aud^ l^ier weniger auf mal^IIofe 
Äenntni^ alter möglid^en ungleid^mertigen J^atfad^en an^ 
fommen fonnte al§ auf bie Oeminnung eine§ @inbtidE§ in 



1) @bb. I, ©. 319. 2) ebb. XI, ©.432. 



— 211 — 

ba§ SlBcfcn bcr ©ntwidlung fcine§ SßoIfe§ unb tn§befonbere 
auf bie @rfenntm§ berjenigcn SJlomcnte bartn, roeld^e für 
©rfaffung unb Söfung ber feiner Qext gefteHten 2lufgaben 
wid^tig unb nü^Iid^ werben fonnten. 93ead^ten§u)ert ift e§ 
babei im ^inblid auf fein eigene^ gefd^id^tüd^e^ SBSirfen, ba§ 
wir bei il^nt nirgenb§ eine ©pur finben üon ber in ber 
SWomantif rourjelnben Sluffaffung be§ beutfd^en 3JlittelaIter§, 
wie fie bie nteiften feiner ©tanbe^:: unb ®efinnung§genoffen 
in ben üiergiger unb fünf jiger ^a^ren erfüllte. K^riftlid^ ger:: 
ntanifd^e ^l^antaftereien ^ben il^m, fo fel^r aud^ er fid^ von ge- 
roiffen ©eiten be§ mittetalterli^en beutfd^en ©taatS- unb ©efell? 
fd)aft§Ieben§ angejogen füllte, allezeit fem gelegen, unb eine 
unüberbrüdEbare Äluft trennte i^n Don ber 2)enfn)eife ^ebrid^ 
SBil]^elm§ IV. unb be§ i^n umgebenben Äreife§ unflarer 
©d^roärmer für bie .^errlid^feit be§ alten 9ieid^e§. 2)er 
nüd^tem realpolitifdie Qn^, ber il^n ate ©taat^mann !enn^ 
jeid^net, bebingt unb beftimntt auc^ feine 3luffaffung ber 
beutfd^en ©efd^id^te unb lä^t i^n über bie großen SJlänner 
unb bie großen Saaten ber SBorjeit gelegentlid^ anber§ urteilen, 
afö fonft bamate in feinen Greifen üblid^ mar. 

©ntfd^eibenb in biefer ^inftd^t mar fd^on fein ftolje§ 
proteftantifd^e§ Seroujgtfein. ^a^rjel^nte cor bem Äultur^ 
fampfe erfannte er in bem römifd)en ^apfttum unb bcr von 
\f)m al§ abfolute SWonard^ie be^errfd^ten S?ird^e — „Fetal 
c'est moi" fagt ber ^apft nad^ einer gelegentlid^en 93emerfung 
t)on i^m „mit @up^emi§mu§" ^) — bie Sßertörperung eine§ 
namentlich ^reujgen unt)erfö^nlid^ feinblid^en ^rinjipö unb 
bebauerte er, ba§ bie SBorfämpfer ber ^od^fird^lid^en SRid^tung 
in ber preuj^ifd^en Sanbe^fird^e i^re innere SBermanbtfd^aft 
mit bem Äat]^oliji§mu§ burd^ offene^ Slu^fpred^en il^rer 



^olit. meben VI, @. 670. 

14' 



— 212 — 

©gmpatl^ien bafür jum Stadtteil ber et)angettfd^cn ©ad^e 
ebcnfo wie ber ©ad^e be§ preu§ifci)en ©taate§ unflug he^ 
tätigten.^) ®arin fa^ er einen fd^weren g^el^Ier unb eine 
ernfte ©efal^r. ?iid^t erft nad^ bem t)atifanifd^en Äonjil hz^ 
[tritt er bem $apft „bie ®igenfd^aft eine§ ?iad^foIger§ $etri, 
ber aud^ nid^t unfel^Ibar gewefen fei, fonbem geffinbigt unb 
feine ©ünben bereut l^abe". „S^otge id^ bem ^apft," erflärte 
er nad^matö,^) „gel^t für mid^ bie ©eligfeit üerloren, ber 
^apft l^at fie für mid^ nic^t." ®r fpöttelt getegenttid^ 
(22. ajlai 1869) über bie befannte ©age von ber S^ettung 
9iom§ t)or ben Sorben 2lttila§ burd^ bie fiegreid^e 93erebt5 
f amf eit $apft £eo§ I. ^ Sßon 3tom§ unt)erf öl^nlid^er geinb- 
fc^aft gegen ^reu^en ift er fo überjeugt ba§ er nid^t baran 
jmeifelt e§ merbe jebeö gro^e UnglüdE, ba§ biefen ©taat 
trifft rüdfftc^t§to§ au^junu^en eilen. SBSäre ber franjöfifd^e 
@roberung§frieg 1870 erfolgreid^ gewefen, fo würbe man 
nad^ feiner 2lnftd^t aud^ auf fird^üd^em ©ebiete in ®eutfc^j: 
lanb von ben „getis Dei per Francos" ju et^äl^len gel^abt 
l^aben, ben Saaten @otte§ burdf) bie grangofen, wie ber @e^ 
lehrte 93onga§ ba§ SBSerf nannte, worin er bie Duellen jur 
Oefd^id^te ber Äreujjüge unb ber fraujöfifd^en ©roj^taten 
gegen bie Ungläubigen juerft l^erauögab. Sßon äl^nlid^en 
©ntroürfen ber fatl^olifc^en SWeaftion für ben %aü be§ ©iege§ 
über ^reu^en, in bem fie ben ^roteftanti§mu§ nieberjumerfen 
backte, miß er au§ ber S^xt oon Dtmü^ unb oor bem Ärieg 
mit Öfterreid^ oon 1866 Äenntni§ erl^alten l^aben.^) Söe^ 
fonbere 93erounberung für bie ©ro^taten ber SJreujfal^rer 
fprid)t nid^t au§ biefem Sßergleid)e. 2)aju ftimmt e§, ba^ f&i^^ 
mavd oom ^§lam auc^ in ber Oegentoart noc^ eine günjiige 
aSorftellung l^at: er rül^mt feine gute 3JloraI, lobt feinen 

1) »riefe an ©erlarf) ©. 154. 2) ^oIiüfrf)e SReben VI, O. 263. 
3) @bb. IV, <B. 256. 4) @5b. V, @. 385. 



— 213 — 

ÄuUu§ als einfndi unb nic^t foftfpielig unb meint fogat, bie 
©rjie^iig ber moliainebflnif^en ^ugenb fei in uietein beffei 
als bie bet djriftfii^en. \) 33emgemä§ befi^t er auc^ eiit: 
fd^iebene ©qmpot^ien für bieS^ürfen: et erftntt fie für bie 
einjigeu ©entlemen im Orient, roä|venb oKe übrigen bortigen 
33oH§ftänime moratifc^ mef)r ober rocniger CErtomnien unb 
politifc^ unäUBcrläffig feien. -I 

^llur bei ganj befonberen ©etegenfieiten fte^t oud) er 
ein StücE beutfc^en SHittelalterä einmal in bem tomantifi^cn 
©c^immer, ber fonft in feiner ^ugenb für bie meiften 39e-- 
troctitet barüber auSgegoffen lag, fo all er im ^uni 1851 
im 3JIonbenfi^ein von Siübeä^eim big nai^ bem SOIäufeturm 
bei Singen fdjroamm, „roo ber böfe $iifrf)of umtam".") 
©oiift ift er aud) bereits jenen Alteren ^eikn gegenüber be: 
fttebt, au§ ben ©injettatfadjen baä ju entnefjmen, roaä für 
ba§ bentfrf)e SioIKleben nnb feine ©ntniidlung in ber golge 
mafegebenb mürbe. |)iett et bie ®ermanen boc^ uon je^er 
für berufen ä" großen ©ingen, infofem er in i^nen im 
©egenfa^ ä" Gelten unb ©(nuen ba§ fd)öpferifd)e, bc= 
frud}tenbc, männliche ''^^rinjip oettörpert fa^.^J Slafür roeift 
et unter anberem auf bie MoEe f|in, roetd)e bie ©oten iii 
Spanien, bie Sangobarben in'Oberitolien unb bie SBaräger 
in Sufelanb gefpielt ^ben.") S)er ©tteit ber ©ele^rten 
über bie Crtlicf)Eeit ber 5Baru§fcttQd|t, für bie ba§ äJoIE an 
bem Seutübnrger SBalbe feft^ält, ^at bat)er für ifjn (ein 
Qntereffe, roo^t aber bie iOiotiDe, roeldje bie (är^ebung ber 
(Sermniien gegen bie btot)enbe j^i^emb^errfrfjaft »erontafeten. 
@r finbct fie oot aEem in ber Erbitterung über "baS Sin; 
bringen be§ römifc^en aSefenS in baS (jamilienleben unb 

') o. ^ofdiiiifler, aSi^ntatit u. b. '(iar (amentarier 11, ©. 363. 
2) SlElin, ©. 116. 3) ijlolit. iöriefe aigmattfS 1849—89 I, ©. 18. 
*) Sögt. ®. 185. f') SÖufcl), ^iigcbucf) blattet 11, S. 118. 



— 214 — 

be§ römif d^en SRcd^tö in bie privaten Sßer^ttniffe. ^) ganben 
hoä) nad^ feiner Sluffaffung fd^on bie Siömer ju il^tem @r= 
ftaunen bei ben 2)eutfd^en „ein uraltem Siedet, toovon fte 
faßten: ^erfomnten vacant". 2)iefem germanifd^en Urteilt 
fe^t er ba§ nod^ nid^t au^gebitbete unb ba^er ftreitige §er= 
fommen bejügttd^ ber beutfd^en Sieid^Süerfaffung entgegen.^ 
aOScnn 93i§mardf wieberl^olt auf bie ©tellung ber fränfi:: 
fd)en ^au^meier im ^^it^^ter ber 9Jleron)inger eingel^en 
mu^te, fo war biefe l^iftorifd^e (Erinnerung nid^t burd^ il^n 
]^ert)orgerufen, fonbem burd^ eine ^erau§forberung ©ugen 
9iid^ter§, ber bel^auptet l^atte, ba§ in 93i§mardE üerförperte 
©qftem road^fe fid^ allmä^tid^ p einem „©qftem be§ ^an^^ 
meiertum^" au§, t)on bem man münfd^en möd^te, bie ^ol^en^ 
äoHern liefen e§ nid^t auf fommen. ^ S^f otge beff en fprid^t 
ber 9ieid^§fanjler, ber jene 9lu§erung irrtümlid^ auf ^^l^eobor 
SJlommfen jurüdffül^rte unb be^l^alb bebauerte, baj3 ein fo 
angefe^ener ®efd^id^t§fdf)reiber über bie Sßertiefung in jmei? 
taufenb Qalire rüdEmärt§ Uegenbe SeiUn ben 93IidE für bie 
fonnenbefd^ienene ©egenmart fid^ fo ganj ^abe trüben laffen, 
oon fonftitutioneller ^au^meierei^) ober audf) oon minifterieller 
^au^meierei^), freilid^ o^ne fid^ auf bie eigenartige ©nt^ 
midEelung jene§ ^ol^en fränfifd^en 9ieid^§amte§ einjulaffen^ 
bie il^m in il^ren ©injel^eiten fügtid^ nid^t befannt gemefen 
fein bürfte. ^mn aud^ an biefem S^eit ber beutfd^en ©e- 
fd^ic^te nimmt er nur infomeit ^f^tereffe, al§ barau^ allge^ 
meine 2lnfc^auungen unb praftifc^e Se^ren für 2)eutfc^Ianb§ 
aSerl^atten in ber ©egenmart ju gewinnen ftnb. 2)ie kämpfe 
ber 9legierung§organe mit ber ^re^agitation ber ^e^fapläne 
erfdieint i^m afe eine nü^tidf)e Sßorübung für ben mit großen 

1) t). ^ofd)tnger, 3lnfprad)en @. 274. 

2) ^oUt. Sieben VIII, <B. 327. 3) @bb. IX, ©. 118, 131, 161. 
4) (§iht). IX, ©. 226. 5) (5t,b. XI, (5. 229, 236. 



— 215 — 

gcfc^gcbcrifc^cn ajlittcln ju fü^rcnben Äutturfampf, unb er 
finbet, ba^ bcr ©taat baburd^ naä) bicfer ©cite \)xn an 
©efd^toffcnl^eit au^erorbenttid^ gewonnen l^abe. 3Ätt bem 
93eifptet aber, ba§ er jur ©rläuterung anfül^rt begel^t er 
einen l^iftorifc^en ^rrtunt, wenn er fagt ä^nüd^ l^abe ber=: 
einft ^einrid) ber SBogelfteller gel^anbett, inbem er, el^e er 
bie Ungarn am £ec^ f ^tug, feine angebttd^ von bem friegeri- 
fd^en ©inn ber Sßorfal^ren abgefallenen ©ad^fen jel^n Qal^re 
lang burd^ alterl^anb ©efed^te übte unb bann erft gegen ben 
gefä^rlid^ften geinb fül^rte. 6r benft an bie ©Iat)enfämpfe 
|)einrid^§ I. mä^renb be§ ben Ungarn abgefauften SBaffen== 
ftillftanb§, meldte bie ©d^ute ber ©ad^fen mürben für ben 
S?ampf ju ^ferb, oermec^fett bann aber be§ erften ©ac^fen^ 
fönigg Ungamfieg bei SWiate an ber Unftrut mit feinet 9lad^^ 
folgert S^riump^ in ber ©d)Iad^t auf bem Sed^felbe.^) 

Qn bem 93ilbe ber groj^en fäd^fifd^en unb ' falifd^en 3^it 
fe^rt er aud^ fonft gern jurüdf. ©ie erfd^eint il^m mit gutem 
©runbe afö bie ber l^öd^ften nationalen S?raftentfaltung be§ 
beutfdien 93otfe§ im SBIittelatter, jumal er in bem Königtum 
jener ^eriobe ben ftarf ausgeprägten nationalen 3wg leb^ft 
empfinbet, ber bann in ber S^tge jum ©d^aben 2)eutfd^Ianb§ 
in bemfelben ajlaj^e immer me^r beeinträd^tigt mürbe, mie bie 
auf Italien gerid^tete Äaiferpolitif übermog. Sin ben ^enenfer 
^iftorifer Dttofar Sorenj fd)rieb er barüber am 7. Slooember 
1889: „2)a§ gefamte beutfd^e Königtum greift bis oor Äarl 
ben ©roj^en jurüdf; naäfytx mirb e§ burc^ ben Äaiferbegriff 
ooUftänbig au^gef d^toff en. ^n Slad^en f anb id^ ein alte§ Sieb : 

Urbs Aquensis, 

Urbs Regalis, 

Regni sedes principalis, 

Prima Regum curia — 

1) ^olit. meben VI, (S. 255. 



— 216 — 

olfo föniglid^c Slcfibenj, ba§ voax aber vooi)l cor Äarfe be§ 
©ro^en SRomfal^rt unb Äaiferlrönung." ^) 9lte eine ber 
Domcl^mften Urfad^cn für bie roieberl^olte ®cfä!^rbung ber 
nationalen @efd^Ioffen!^eit 2)eutfd^Ianb§ in jener großen 3^it 
erfd^eint il^m — er benft augenfd^einlid^ an bie ©ürgerfriege 
unter Dtto L — „ba§ überwiegen ber ^arteileibenfd^aft 
gegen ba§ allgemeine 9tationalgeffi!^l unb gegen bie Siebe 
jum ©efamtoaterlanb, mag man barin nun ®goi§mu§ ober 
Unabl^ängigleit feigen." ^n ber ganjen beutfd^en ©efd^id^te, 
oon ben rebeEifd^en ^erjögen ber erften Äaiferjeiten bi§ auf 
bie unjäl^ligen reid^^unmittelbaren Sanbe^'^erren, 9lei^§=^ 
ftäbte ufn). ^at, fo fagt er, biefe ©inne^rid^tung il^re ©e- 
tätigung gefunben unb bie ©d^roäd^e unb SGBel^rlofigfeit be§ 
SReid^e^ oerfd^ulbet.^) 

2)ie entfd^eibenbe Ärift§ lag au^ nad^ feiner 3tuffaffung 
in ber Slegierung ^einrid^§ IV., oon bem er finbet wegen 
ber ü)xn burd^ bie Umftänbe aufgenötigten Haltung merbe 
er ungered^t !^art beurteilt. 3)enn nad)bem ba§ Sieid^ feit 
ben farolingifd^en unb fäd^fifd^en Äaifern unb nod^ unter 
^einrid^ HI. in I^öd^fter aJlad^tfüEe bageftanben l^abe, !^abe 
bie furje Sdt ber SJlinberjäl^rigfeit biefe§ Äönig^ l^inge- 
reid^t, um ben bem beutfd^en ©emüte innemol^nenben jentri- 
fugalen (Elementen eine fold^e ©tärfe ju fd^affen, ba§ biefer 
Äönig genötigt mürbe, mit einem feiner ©egner gerieben ju 
mad^en, um gegen ben anbem freie ^anb ju belommen. 
Eigenartig unb nid^t ganj im ©inllang mit ber I^errfd^enben 
gefd^id^tli^en SKuffaffung legt er ftc^ bie ©rmägungen iu^ 
red^t, bie ^einrid^ IV. nad^ ©attoffa filierten. „®r untere 
marf fid^ bem ^apfte ate bem bebeutenbften geinbe, nid^t 
etroa au^ ^ird^lid^feit, au§ 6^riftlid^!eit — in i^m ftedfte 

1) D. fiorenj, ^aifer 9öili)elm :c. ©. 617. 

2) ©ebanfen unb (Erinnerungen II, ©. 21. 



— 217 — 

boä 3ermoni)(f)e ^Jtrianerbtut, unb bie ^rt, roie er \\ä) he: 
natjin, nac^bem er nu^ bem Sann getan mar, gibt barübev 
roUftänbige SIarI)eit — , abec er itiQt politif^ in bev "SloU 
roenbigfett eine bcr %'arteien, ber reii^§feinblicf)en 'Parteien, 
bie im ifteif^e il)m gegenüberftanb, ju Merfü^nen. ^ätte er 
fic^ gebeult uor ben @ro§en beä SHeic^eä, Dor beu bamaligen 
SiUungen ober Söelfen , . . ober ben partifu(ari^fd)en 91ieber= 
foc^fen, id) meine bie ptattbcutfdjen allen ©ac^fen, ^üe er 
fic^ cor benen gebeugt, bann mürbe ber Slang, ben ber 
91ome Sanoffa in ben beutfd)en Sleminisäenjen ^at, oielleic^t 
$oräbutg ober SJiainj ober einen anbeten Flamen tragen" 
{12. ^uni 1882).!) 

aJian fie^t aus biefen ^Darlegungen, butc^ bie ber 
5ieic^§fanjter bie ntd)t uon il)m »etfc^ulbete Sflotraenbigfeit 
einer Sßerftäubigung mit ber römif^en Kurie erroeifcn rooUte, 
bog et in ßeinri^g IV. ©ang nad) Sanoffa — roie ba§ 
ja auä) ^eute bie ^iftori)d)e Söiffcnfc^aft tut — ni(^t eine 
übereilte ^Demütigung be§ Staateä Bor bet Striae erbtirfte, 
fonbern tiielmel)r einen SMft politifcf)er Stug^eit, bie oon 
jroei Übeln bo^ geringere roü^Ite unb fid) bie SJlöglii^feit 
offen ^ictt, ba§ augeublidlid) preisgegebene in einet günfti: 
geren 3"fi'"ft nielleii^t jurüdjugeroinnen. Sin biefer 3luf; 
faffwng muß auc^ fein ifjm fo unjä^lige Sflate norgeljalteneä 
SJort „nad) Kanoffa getjen roir nid)t"-) gcmeffen roerben, 
loemi man feinen ©inii richtig erfaffen roiß. 2)ennnoi^ 
loenbet 33i§marrf iaä Sd)Eagioort Gauoffa gelcgentiid) 
au^ in bem Sinne an, in bem bie Dolf^tümlicf)e SiorfteUung 
fi^ bie bortigen 5ßotgänge jU beuten pflegt. So fpric^t er 
S. S8. oon einem nic^t tleritaten, fonbern liberalen G^anoffo'^), 

1) ^Plit SRebtn IX, S. 361, 62. 

^ ebb. V, S. 338, XII, e. Ö3, 449. atgl. VIII, S. iJI. 



— 218 — 

unb erflärt einmal fogar, ein bemüttgcnbereS ©anoffa a\§ 
ba§, bcm er felbft r)on bem 9leid^§tage in ber ©teuerfrage 
au^gefe^t fei, gebe e§ für feinen ^errn, ben Äönig Toon 
^reu^en, nid^t: feit 16 ^al^ren muffe fein erfter SDlinifter 
bettelnb an ber 2^üre ftel^en unb merbe mit Steinen ftatt 
95rot unb mit l^ö^nifd^en ^l^rafen'abgemiefen.^) 

2)ie S^it ber fä^fifd^en unb fränlifd^en Äaifer erfd^eint 
il^m aud^ infofem al§ bie ber glänjenbften SJiad^tentfaltung 
3)eutfd^Ianb§, afe biefe jule^t Ferren in ©d^le^mig^^olftein 
gemefen feien.^) 2)en 3tnteil, ben in ber ?5oIge namentlid^ 
ba§ §au§ ber SBelfen burd^ feine faiferfeinblid^e Haltung 
an bem 3wfammenfturä biefer SJlad^t gel^abt !^at, rief ü)xn 
begreiflid^ermeife immer Don neuem bie 9loEe in§ @ebäd^tni§ 
jurüdE, meldte beren 9tad^fommen in ber großen beutfd^en 
Ärifi^ TDon 1866 fpielten, mag er aud^ bem legenben^ften 
^arteiruf „§ie SBaibüngen, ^ie SBelf!" gelegentlid^ ben 
aftueüeren „§ie Sleid^^tag, I^ie Sanbtag!" an bie ©eite 
ftellen. ©ö gel^ört ju feiner ^oliti! in ber 93elämpfung ber 
SQBelfen feiner Qzit, ba§ er fte gelegentlid^ ate ba§ $au§ ®fte 
unb bamit ate eigentlid^ unbeutfd^er 3tbftammung bejeid^net. 
S^atfäd^Iid^ leiten bie in 93aqem unb ©ad^fen jur I^erjog^ 
liefen SBürbe aufgeftiegenen SGBelfen i^re Slblunft ja auc^ 
^er von bem 1097 Derftorbenen aJlarfgrafen 3tijo Don @fte. 
©benfo bejeic^net er ba^ bepoffebierte I^efftfd^e Äurfürftenl^aug 
afö ba^ non 93rabant, meil e§ auf ^erjog ^einrid^ L 
non 93rabant (geftorben 1235) jurüdgel^t, beffen ©o^ 
^einrid^ IL ftd^ mit ©opl^ie, ber 2:od^ter be§ Sanbgrafen 
Subroig von 2^!^üringen, uermäl^Ite unb burd^ feinen ©o!^n 
^einric^ ba^ Äinb nad^ bem 3tu§fterben ber männlid^en Sinie 
be!§ S^üringifd^en ^aufe§ ber ©tammcater ber fpäteren 

i)^oIit. meben XI, ©.381. 

2) t). ^ofd)inger, iUnfprad)en ©. 260. 



— 219 — 

Äurffirften t)on Reffen würbe. ^) ®inc parallele ju bcm 
3ufammettgc]^cn bc§ Q^nixnm§ unb bcr SGBelfen unter aSBinbt^ 
l^orft al§ i|rem gemeinfamett g^ül^rer finbet ©i^mard bereite 
im jTDölften ^al^rl^unbert in bem 95ünbni§ ber römifd^en 
Äurie mit ben SBelfen, unter meld^ le^teren er babei aUe§ 
begriffen feigen miU, mag antigl^ibeUinifd^, ma§ ein ©egner 
ber SReid^geinl^eit ou§ meltlid^en ©rünben unb ^artifulari§:= 
mvi§ mar. ©o fmb bie 95ejie!^ungen, bie politifd^en ^n^^ 
timitäten jmifd^en SRom unb ben SBelfen in biefem ermeiterten 
©inn für i^n fel^r alte: fte beftanben nad^ feiner 3tuffaffung, 
bie im eingelnen freiließ l^iftorifc^ nid^t beftimmt ermei^bar 
ift, nor fe^gl^unbert «Salären, al^ ^einrid^ be§ Züvotn "S&tu 
gerung jum Qn^ nad^ Italien g^riebric^ I. bie 9iieberlage 
burd^ bie Sombarben bei Segnano eintrug unb er infolge:^ 
beffen mit ^apft Stieyanber EI. in SBenebig gtieben mad^en 
mu^te.^) ©egenmart unb SBergangenl^eit DerJniipfen fid^ für 
bie l^iftorifc^e 93etrad^tung§meife Si^mardEg !^ier aud^ info:: 
fern, afö er ber ajleinung ift, ba§ 3ißl i^^^ melfifd^en ^olitif 
fei 1866 für ben g^aü eineg ©iege§ über ^reu^en fein anbere§ 
gemefen afö bie ^erfteEung be§ Sieid^e§ §einric^§ be§ Sömeu 
in ber DoUen 3tu§be]^nung be§ nieberfäd^fifd^en Stammet 
menigfteng auf ber linfen ©eite ber @lbe (13. g^ebruar 1869).^) 
2lud^ bei ber 93efämpfung ber Dppofttion gegen bie 
ben bepoffebierten g^ürften bemiüigten ©ntfd^äbigung^nerträge 
greift er auf biefe 2)inge jurüdE unb Dermeilt namentlich 
bei bem SBerfal^ren griebrid^g I. gegen ^einrid^ ben Sömen. 
3)er ^be ben ^erjog jmar ©ad^fen§ entfe^t, aber il^n nid^t 
in ©nglanb Derfommen laffen unb jugefe!^en, moDon er 
leben mürbe, fonbem i^m feine 3tUobien gelaffen, bie non 
feinem 3Sater burd^ ^eirat ermorbenen ©üter ber 9iorb:; 

1) ^oIitifd)c mcben IV, @. 125. 

2) @bb. X, (5. 292. 3) @bb. IV, @. 138. 



— 220 — 

I^eimer, ber ©upplinburger unb ber ©iüunger, einen 95eft^, 
ber ba§ $au§ ber SBelfen mäd^tig genug lk% um fpäter 
in bie SSer^Itniffe mit 9tad^brucf einjugreifen, ba er bie 
©ebiete von Süneburg, ©öttingen, ®ruben!^agen unb bie 
^arjbiftrifte be§ ledigen ^erjogtum^ ©raunf^meig umfaßte 
(1. gebruar 1868).^) SWit um fo größerem ©tolj meift er 
barauf l^in, ba§ vermöge ber ©^u^:= unb 2:ru^Derträge mit 
ben fübbeutfd^en Staaten, alfo nod^ vox ®rrid^tung be§ 
9leid^e§, Äönig SBil^elm Don ^reu^en afe ^aupt be§ 9torb^ 
bunbe^ aud^ in ©fibbeutfd^lanb ein ©tücf faiferlid^er ©emalt 
befi^e, mie e§ feit fünfl^unbert Qol^ren feinem beutfd^en 
Äaifer jugeftanben l^abe: er ne!^me eine ©teUung ein, wie 
einft Äaifer ^Rotbart fte gel^abt l^abe, menn fein ©d^mert 
gerabe ftegreid^ mar, nid^t aber Dertrag^mä^ig unb aüge^ 
mein anerfannt (24. gebruar 1870).^ ©I^emafö \)att^ il^n 
au§ biefer Sdt ber beutfd^en 9Sergangen!^eit me!^r ate ba§ 
mäd^tig maltenbe Äaifertum ber mäd^tige 9leid^§abel mit 
feinem glänjenben ©efolge angejogen: au§ feiner Slilte 
I^atte er ein Slrgument entnommen gegen bie SDlinberung 
ber 9lbeföDorred^te burc^ bie preu^ifd^e SSerfaffung, mie er 
aud^ ben SSerfall 9lom§ ^hergeleitet von bem SSerfall feiner 
Striftolratie^) unb bie »lüte ber beutf(^en ©täbte im SKittet 
alter melfen ftel^t von bem Slugenblide an, mo bie patrijifd^en 
©efd^Ied^ter bem 3tnbringen ber Qün^^ unterlagen, burd^ 
meldte bie ^anbmerfer namentlid^ in SübedE nod^ mäl^renb 
be^ aWittelalter^ ju SKad^t gelangten.^) 3tfe »eifpiele für 
bie Seiftung^fäl^igfeit Don Slriftofratien fül^rt er im Qn^ 
fammen^nge bamit SBenebig, ©enua unb ^oüanb an. 2)en 
Äeim für bie ^altloftgfeit ber 3wftänbe fämtlid^er Staaten 
be§ europäifd^en Ä'ontinent§ finbet er in ber Qzit, mo bie 

1) ^olit 9teben III, ©. 420. 2) (§^\^\^, iv, ©. 314, 15. 
3) «ßgl. (S. 192. 4) t). ^ofc^ingcr @. 257. 



— 221 — 

iibeviDiegenbe (VÜvffeninaii)t bcn unabööiigigcn WkI iinter= 
btütfte unb, Mjie er ein anbere§ Mal bemetft, mit §ütfe 
be§ ©^ießputrerö, neben ber 33ud)bvucferfunft beä Stntt: 
(^riffä augertejenen fRüftseugS, bte natürliche poÜtifc^e Crb= 
nung ju goU brad)te/) — „eine Sftic^tnng, roelc^e fit^ in 
^ßreußen in bem Stuäfpruc^ l^iebri^ 95i[^elm§ I. »erfürperte: 
3c^ etabliere bie ©ouDeränifät conime im rocher de bronze" 
(24. Dftober 1849).-) 

überhaupt intereffiert 93i§mard bie innere ©ntroicElung 
be§ alten 3ieic|e§ boc^ eigentlit^ nur infofem, oI§ baburc^ 
ber @rab feiner ®in[ieit ober fein fortf^reitenber 3frfaö "nb 
infolgebeffen feine ii)ed)felnbe (Stellung in bem curopäifdien 
©taotenfijftem bebingt mar. ©rflrerfte fit^ bie alte beutftfje 
fiaiferf)errfc^aft bes t)eiligen tömifc^en 9ieic^e§ non ber 
Slorbfee biä na^ 2tpulien, fo ba| ttieoretifd], roenn aucf) 
nit^t immer tatfäi^tid), aud) Stalten baju gehörte, fo be(fte 
fie fict) noc^ ber Slnöfonbentng non ©allien^ be§ heutigen 
granfreit^, ungefäl)r mit bem 3)reibunbe ber fpäteren ,i3eit, 
|o ba^ fic^ 'baä geroaltige ®ebtet oon ganj SÄitteleuropa, 
na^bem e§ butc^ Si^idfatgfügungen unb niete Kämpfe ge= 
trennt unU jerriffen roar, fc^Iicglic^ raieberum äu|ammen= 
gefunben I)at, eine 2:at(act)e, in ber ber Slltreidjatanäler ben 
S8eroei§ fieljt für ba§ 5ßort)anbenfein oou imponberabien 
aSevbänben unb SSejte^ungen jniifi^en biefen ganjen großen 
ßänbermaffen.") SE)ie SEuflöfung biefe§ märf)tigen 9ieii^e§ 
bet SJiitte, ba§ einft unter ber allen „onfprucI)§DoUen Soifet: 
^ertfi^aft ber 9Iac^folger fiarlä be§ ©rogen" befd]loffen 
geinefen ift unb ©eutfc^lanb bie größte 3Iu§fic^t ju öffnen 
f(^ien, ein einiget Steitft ju bleiben, ift nacl) feiner 3Infiii)t 
Dor allem ^erbeigefüfjrt burc^ „einen geroiffen überfdiUB an 



1) 9!gl. oben S. tW. 
3j 3)e!)u ©. 191. 



-) ^olit. SHebcn I, ®. l 4ti, 47. 



— 222 — 

bem ©cfül^I männlid^er ©clbftdnbigfeit weld^cr in 2)cutfd^:= 
lanb ben eittjelnen, bie ©cmeinbe, ben Stamm t)eranla§t 
ft^ rm\)x auf bic eigenen Gräfte ju oerlaffen afö auf bie 
ber ©efamtl^eit.^) ^n^befonbere mad^t er bafür ben SlbfaQ 
ber SBelfen unb ben ©ieg ber Ultramontanen Derantroortlid^. 
9Jlit bem Untergang ber ^ol^enftaufen begann für 
2)eutfci^Ianb eine fed^^I^unbertjäl^rige Seibenggefd^id^te, in 
ber e§ @rfa!^rungen gemad^t ^t, weld^e bie beutfd^en Sle^ 
gierungen fx6) ebenfo ju ^ergen genommen })abm mie bie 
Seigren, bie au§ ben oerfel^Iten ©inigung^oerfud^en ju gtanf^ 
fürt unb ©rfurt gebogen merben mu^ten.^) ©etrad^tet ^x^^ 
maxd ba§ oielgefd^oltene Siaubrittertum jur S^it be§ Qnter^ 
regnum§ aU ba§ augenfäUigfte ©qmptom für bie 3^^^^i^^8 
be§ 9leid^e§, fo nimmt er e§ bod^ oorjug^meife in 3tnfprud^ 
ate eine Solge be§ unglüdlid^en 3tu§gang§, ber bie beutfd^e 
©efd^id^te im SDlittetalter erfüUenben Äämpfe jmifd^en Äaifem 
unb köpften. 2)iefe, „älter al§ bie ©rfd^etnung unfere§ 
@rlöfer§ in biefer SBelt" unb bereite entbrannt in bem Äon^ 
flifte jmifd^en 2lgamemnon unb Äald^i§ in 2luli§,^) fanben 
il^ren 9lbfd^Iu§ erft, al§ ber le^te SSertreter be§ erlauchten 
fd^mäbifd^en Äaiferftamme§ auf bem ©d^affot ftarb unter 
bem 93eil eine§ mit bem ^apfte oerbünbeten fraujöfifd^en 
gröberer^ (10. ^ä^ 1873).^) Qft »i^marde aud^ unbe^ 
fangen genug, bei einer Beratung be§ @trafgefepud^e§ für 
ben 9lorbbeutfc^en 95unb, mo namentlid^ bie 2:obe§firafe 
für gürftenmorb ber ©egenftanb "heftiger ^ehatttn mürbe, ^) 
bem ^faljgrafen Dtto oon SEBitteßbad^, unter beffen ©d^mert 
am 21. ^uni 1208 ber gute Äönig ^^ilipp oon ©c^maben 
jum aSerberben be§ Sieid^§ fein Seben gelaffen ^at, fel^r 

1) ^oltt. meben III, @. 163, 64. 2) (§^^i^^ ni, ©. 164, 193. 
3) «gl ©. 187. 4) ^olit. mebcn V, @. 384. 
5) S89I. <B. 148. 



— 223 — 

Diele SDlilberungggrünbe juäuerfennen,^) fo I^ielt er bod^ 
anbcrcrfeitö bie feiner realpolitifd^en 3tuffaffung ber beutfd^en 
©efd^id^te entfpred^ettbe aSorfteüung feft, ber ganjen ©ouDeräni^ 
tat ber beutfd^en dürften fe!^Ie, ftrettg genommen, jebe 
red^tlid^e unb moralifd^e ©runbtage, ba fte auf bem SBege 
ber ©roberung gegen Äaifer unb SRei^ entftanben fei.^) 

2)en gleid^en ©tanbpunJt nimmt er aud^ ber ©efd^id^te 
ber ^Reformation gegenüber ein. ^})xz fird^lid^e Seite l^at 
für xf)n fein befonbere§ ^ntereffe, unb bie in il^r mirffamen 
politifd^en, gefeUfd^aftlid^en unb mirtfd^aftlid^en SJlomente 
fd^eint er nid^t !^od^ angefd^Iagen ju l^aben. 93ejeid^nenb 
bafür ift e^, ba§ er bie Sieformierten wenn nid^t gerabe 
für Sieaftionäre, fo bod^ für Keine S^qrannen erJIärt unb 
unter ^inmei^ auf ©afoin, ©emet unb Sutl^er meint, jeber 
^aftor l^abe ein Heiner ^apft fein moUen.^) Slud^ l^egt er 
bie aSorftellung, felbft in ben großen ©jjeffen be§ SBauem^ 
friege^, mo bie ooUe ^errfd^aft ber gewalttätigen unb un^ 
gebilbeten SBegel^rlid^feit jum 3)urd^brud^ fam, fei ba§ ©igen^ 
tum ber Siitter unangegriffen geblieben (9. DJtober 1878).^) 
aJlit Äarl V. f^mpatl^iftert er, meil unter il^m 3)eutfd^Ianb 
fid^ eine§ @rabe§ politifd^er @in!^eit unb einer 3tutorität in 
ber Diplomatie erfreut ^be, mie feit ben ^ol^enftaufen in 
feiner ^eriobe feiner ®efc^id^te.°) Um fo I^öl^er red^net er 
bem ^ab^burger bie SJlilbe an, bie er nad^ ber ©d^Iad^t 
bei 3Jlü!^Iberg gegen ^urfürft Qo^nn griebrid^ oon ©ad^fen 
bemieg, inbem er i^m bie ©ebiete ber fpäteren l^erjogüd^ 
fäd^fifd^en Käufer Iie§, ba§ burd^ feinen Slbfall oermirfte 
Äurfürftentum alfo um biefe mertooEen Sanbfd^aften Der- 
fürjte. 3m ©egenfa^ baju gebenft er au^ 3tnla§ be§ be^ 

1) ^olit. meben IV, ©. 379. 2) t,. ^eubeU @. 330. 

3) «ufd), Sta9cbud)blätter I, ©. 78. 4) ^olit. iReben VII, @. 277. 

5) (Bbt>. l, @. 128. 



— 224 — 

reitroiEigen 2lnfc^Iuffe§ von aJicdlenburg an ^reu^en 1866 
ber ^etjöge älbolf grtebrid^ von ©d^roerin unb ^ol^ann 
3tlbrcd^t von ©üftrott), bic x\)x^n 93unb mit Äönig @!^rtftian IV. 
von 3)äncmarf mit ber Sleid^^a^t unb ber SSerjagung t)on 
Sanb unb Scutcn bü^en, bic Äaifcr g^erbinanb n. bem ^erjog 
von gtieblanb ate 9lcid^§le!^en t)erlic!^.^) 2lu§ jener traurigen 
3eit erwäl^nt er ferner bie 2:eilung be§ Sieid^§tage§ bei ber 
^Beratung bie Sleligion betreffenber 2lngelegen!^eiten burc^ 
bie itio in partes^) unb bie ©ilbung eine§ befonberen 
corpus Evangelicorum.^) @ine ber SGBirfungen be§ 2)rei§ig:: 
jäl^rigen Äriege§, burd^ ben 2)eutfci^Ianb mel^r al§ irgenb 
eine anbere Station jurüdgeroorfen ift, fielet er barin, ba§ 
e§ in feiner roirtfd^aftlid^en unb geiftigen Kultur namentlid) 
weit I^inter ©nglanb jurüdblieb.^) 

93eftritt 93i§mar(f mit gutem ©runb bie 93e^uptung, 
in ben 3^iten ber SReaftion unb be§ Äonflifte^ l^ätten allein 
bie aJiänner auf ber liberalen Seite unb jmar im SBiber^ 
fprud^ mit ben 2)t)naftien ben beutfd^en ©ebanfen lebenbig 
erhalten, unb fe^te er beren oermeintlid^en, jebenfalfö un^ 
gefäl^rlid^en ©ro^taten mit geredeten ©tolje entgegen, n)a§ 
er felbft bafür gemagt, ate er 1862 bem Stufe feinet Äönig^ 
folgte unb auf einem fd^einbar verlorenen Soften au^l^arrte, 
tro^ be§ üblen ©d^irffate — „e§ gingen bie Sieben^arten 
oon ©trafforb unb ^olignac" — ^) ba§ feiner im g^aU be§ 
9Jli§lingen§ wartete, fo ift er bod^ unbefangen genug, an:= 
juerfennen, ba§ anbere für ben nationalen ©ebanfen voixh 
1x6) gelitten I^öben: „aJlan brandet nur an bie 93urfd^enfd^aft 
ju beulen", oon ber er fpäter fagte, fte I^abe „eine aSoral^nung 

1) ^olit. meben IV, @. 224. 

2) @bb. X, ©. 32. fSQl V. ^ofc^inger, 2lnfprad)en 8. 70. 

3) @bb. X, @. 291. 4) @bb. XI, ©. 137. 
5) «ßgl. (5. 195. 



— 2-25 — 

gehabt, bod) 5u früt)"^) unb an einige, bic in irvtitmlid)ei; 
Stuffoffung ber aJiittel, wei! i^nen ba§ SJerftünbniä für bie 
VoMfctje Situation fel)Ite, anftatt ju |"ucl)en eine t)inrei^enbe 
airmee in $ieutfcl)Ianb j" fdjaFf^n, hk\sS ^Büttel in i^rer 
f^töadjeii 3auft unb auf ber öarrifabe fugten {14, Quni 
1882).-) 3(n roeli^e ©nltung begeifterter Seutc et babei 
badjte, ergibt fic^ au§ einer anbeten gelegentlidien Sußening, 
reo er alä folc^e ©unb, ©topä, Dätar 33e(fet unb Süiib, 
bein er fogar eine „SRömerfeele" nat^rfi^mte, augbrütflic^ 
nennt.") 

SJnliitlid) nimmt in ben tjiftorifc^en SRürfbtirfen unb 
ben boran ge!nüpften politifc^cn S9etrad)tungen 33igmQVcfg 
bie ®ef(^i^te ^reu^enä einen be(onbersi breiten unb öen)or= 
ragenben ^lats ein. ®a^ er fid) aber mit bcm einen ober 
bem anbeten aud) nur ber loidjtigften 3lbfrf)mtte anbetS 
al§ bui^ gelegenttidte Seftüre, bie roeber (ilanmäfeig au§: 
gen]ät)lt no^ fijftematijdj betrieben rontbe, einge^enbet be- 
fi^iSftigt Ijfltte, roirb Ijier ebenfaltä mcf)t ev!ennbar. 3(uc^ 
nennt er oon ben epod)emQd)enben 95erten über preu^ifc^e 
@efrf)i(^te, bie in feinet ^^it erfc^iencn, fein3 on§btücf(i(^ 
q[§ i^m betannf ober gor »on it)m benn^t, 91ur einmal 
etioü^nt et ein ^iftorifd)e§ jffierf berart qI§ i^m burd) eigene 
l^ettüre befannt. 3Iu§ SßerfaiQeä f(^reibt et am 21. 5ianuar 
1871 ber ©attin: „Sc^err gelefen, ift bud) ein »erlogener 
©eifetfnff".*) @ä ^anbelt fi{^ angenfc^einlid) um bie 18ö8 
bi§ 1870 erfdjienene „Äomöbie ber ffieltgef^ic^tc" (2. 9(uf= 
[Qge 1872). {^m atigemeinen teilten feine pofitiucn Kennt- 
nifje ni^t ^innu§ über bie aOerbing^ gute ©runbloge, bie 



■^ ^olit. SHeben IX. S. 422. ^ sgiifd) Sagcbu^blSttct ®. 141. 
*) Siämatclä »riefe qh feine ©atlin quo bem Srieg 1S7Ü bi3 
1871 S. 79. 



— 226 — 

er ftd^ ban! einem guten Unterri^t auf ber ©d^ule ju eigen 
gemad^t \)attt unb wie e§ befonbere Slntäffe unb ba§ burd^ 
fte erroerfte befonbere Qntereff e mit fid^ brad^ten, fojufagen nad^ 
93ebarf balb in biefer, bdb in jener Slid^tung ergänzte unb 
ausbaute. 3)a!^er liegt au^ l^ier ber Sieij, ben bie Sluf- 
berfung unb SSerfoIgung feinet ®eban!engange§ barbietet 
Domel^mlid^ barin, ju feigen, mie er bie ©ireigniffe unb Qu^ 
ftänbe ber SBer gangen!^ eit mit ben Strömungen unb 3tuf^ 
gaben feiner Qtxt in SSerbinbung fe^t, bie einen an ben 
anbem mi^t ober erJIärt unb fo feinem ftarfen realpolitifd^en 
SBoUen unb können bienftbar mad^t. Si^mard })at nid^t 
JU ben ©taat^männem gel^ört, bie au§ ber ©efd^id^te nid^t§ 
gelernt. !^aben, üielme'^r ging er aud^ bei feinen ©yfürfen 
in bie preu^ifd^e ©efd^ic^te mit ber oon x\)m angemanbten, 
gemiff ermaßen fomparatinen SJletl^obe gerabeju barauf au§, 
^reu^en oor bem ©d^idEfal Cfterreid^^ ju bemal^ren. ©al^ 
er bod^ beffen 95er!^ängni§ in bem gemol^nl^eit^mä^igen SSer^ 
fäumen ber ftd^ bietenben günftigen ©elegenl^eiten, ba§ er 
bem unl^eifooüen @influ§ ber 93eid^tt)äter auf bie ©taat§= 
leitung jufd^rieb. 2)abei mad^t ftd^ aud^ !^ier feine ftarf 
ausgeprägte :3nbit)ibualität geltenb in bem 9iad^brurf, ben 
er auf bie l^iftorifd^e SGBirfung gemiffer perfönlid^er ©e^ 
jiel^ungen legt. @o fielet er eine fpejififd^ reid^Sbeutfd^e 
©igentümlid^feit in bem SBorroiegen ber bqnaftifd^en Sln'^äng^ 
lid^feit unb in ber Unentbe^rlid^feit einer 3)gnaftie für ba§ 
3ufammen!^alten eines beftimmten ©rud^teilS ber Station 
unter bem 5Ramen einer fold^en, mäl^renb bod^ bie befonberen 
^Rationalitäten, bie ftc^ auf ber 93afiS beS bqnaftif^en ga^^ 
milienbefi^eS in 3)eutfc^lanb gebitbet l^aben, in ben meiften 
gälten l^eterogene 93eftanbteile in fid^ begreifen, bereu Qn^ 
fammengel^örigfeit meber auf ber @leid^!^eit be§ ©tamme§, 
nod^ auf ber ©leid^^eit ber gefc^id^tlid^en ©ntmidflung berul^t 



— 227 — 

fottbcm au^fd^Iie^Iid^ auf bcr ^^atfad^e ber in Dtcten g^äCen 
anfcd^tbaren ©rraerbung burd^ ein 3^ürften!^au§ na6) bem 
Siedet be§ ©tärfercn ober bc§ crbred^tlid^cn 3tnfall§ Demtöge 
ber 3Sem)anbtfd^aft, ber ©rboerbrübcrung ober ber bei SGBal^t 
fapitulationen oon bem Jaiferlid^en §ofe erlangten 3tnn)arfc 
fc^aft. ^n biefem Quqz be§ beutf(^en SBefen^ erblirft er 
ein für bie nationale Sntroidlung 2)eutf(^tanb^ fel^r voiä)-^ 
tige§ aJloment, mit bem bauemb gered^net werben muffe, 
©ein angeborener partifulariftifd^er 2^rieb lä^t ben 2)eut= 
fd^en fid^ in einem großen 95erbanbe, einem ftarlen ©angen 
nur bann red^t mol^l füllen, menn biefe§ i^m ba§ 93e;^agen 
in bem eigenen Greife nid^t ftört, in bem er ftd^ junäd^ft 
I^äu^Iid^ einrid^tet. ©o ift er einerfeit^ eine ©runblage ber 
©c^mä^e, anbererfeit^ ber 93lüte 3)eutfd^lanb§, meld^e^ bem 
!^ier entfpringenben Sleid^tum an Keinen 3JlitteIpunften eine 
S3itbung unb einen SGBo^tftanb ber einjelnen Steile t)erban!t, 
mie er in jentraliftifd^ organifterten ©taaten feiten ift, mo 
bie ^rooinjen gegen ba^ allgemeine ^^^ti^wi um ^al^r^^ 
l^unberte im JRüdfftanb bleiben.^) 2lud^ in ber ©efd^id^te 
^reu§en§ !^at, fo fül^rt er au^, biefer beutfd^e 2:rieb nad^ 
©onberung in engeren aSerbänben, ber in ben 3)gnaftien 
ben ^un!t fanb, mo er feine ÄriftaEe anfe^te, eine bebeu:^ 
tenbe $Rolle gefpielt. @r ftellt bie turbranbenburgifc^e 
Sgnaftie in biefer ^infid^t in eine Sinie mit ber bagerifd^en, 
melfifd^en unb anberen. ©agt er bod^ gerabeju: „^d^ -mürbe 
gegen ba§ branbenburgifd^e ^ürftenl^au^ feine SGBaffen gel^abt 
!^aben, menn id^ i^m gegenüber mein beutfd^ei^ 5Rational^ 
gefül^l burd^ 93rud^ unb 2lufle!^nung !^ätte betätigen muffen; 
bie gefd^id^tlid^e ^räbeftination lag aber fo, ba§ meine l^öfi^ 
fd^en S^alente ^inreid^ten um ben Äönig unb bamit fd^lie^lid^ 



^olitifc^c mebcn IV. ©. 188, 189. 

15* 



— 228 — 

fein ^eer ber beutfd^en ©a^e ju gewinnen, ^ä) l^abe 
gegen ben preu^tfd^en ^artifulari^mu^ Dielleid^t nod^ fd^rote^ 
tigere kämpfe burd^pfül^ren ge^bt atö gegen ben ber 
übrigen beutfd^en Staaten unb S)qnaftien, unb mein ange= 
borene§ SBerl^ältni^ ju Äaifer SQBitl^elm I. l^at mir biefe 
kämpfe erfd^roert".^) 

3)ie ftarJe ©etönung be^ lanbfci^aftlid^en ©I^arafter^, 
raeld^er ber beutfd^en ©efd^id^te infolgebeffen eigen ift, 
beeinflußt aud^ 93i^mardf^ 3luffaffung ber preußifd^en @z^ 
fd^ic^te. gür il^n ift unb bleibt bie 3J?arf ber Äem ber 
aJlonard^ie.^) @o ftarf fein preu§ifd^e§ unb fein beutfd^e^ 
©effil^I ift, e§ rourjelt bod^ in ber befonberen Siebe, bie 
il^n junäc^ft eng an feine märtifd^^äd^fifd^^ ^eimat feffelt. 
,,^6) bin in ber ^rouins ©ad^fen geboren", riü^mt er ftd^ 
bei ber Überreid^ung be§ ©l^renbürgerbriefe^ wn 3Jlagbe:j 
burg,^) „unb bin mit ©tbmaffer getauft. 3Jleine SBorfal^ren 
fmb felbft 3J?agbeburger gemefen, fte ^ben eine Äurie in 
ajlagbeburg befeffen." 2lt§ 3Jtärfer erinnert er ftd^ aud^ 
gern be^ SBol^ImoUen^, ba^ bie baqrifd^e 2)gnaftie p ber 
3eit, mo fie bort regierte, mäl^renb mel^r ate einer ©ene^: 
ration feinen SBorfal^ren betätigt !^abe. Slud^ !^at er belannt^ 
lid^ nid^t üerfäumt, al^ e^ fi^ um bie entfd^eibenbe 3lnre5 
gung jur ©rrid^tung be^ beutfd^en Äaifertum§ I^anbelte, 
biefei^ l^iftorifd^e SJioment gegenüber einem 3J?onard^en oon 
ber ftarf bqnaftifc^en 3)enfn)eife ^önig Submigg n. von Sägern 
in ebenfo feiner mie mirtfamer SBeife geltenb ju mad^en.^) 
2lber feine felbfttofe aSafallentreue gegen ba^ angeftammte 
^au^ ber ^ol^enjollem unb bie begeifterte Eingabe an 
feinen geliebten Äönig mad^en i^n bod^ nid^t blinb gegen 

1) ©ebanicn unb (Erinnerungen I. (S. 293 hx§ 295. 

2) V. ¥ofd)tnöer, 5lnfprad)en ©. 34. 3) ®bb. @. 35. 
^) ©ebanlen unb (Srinncrungen II, @. 118. 



— 229 — 

geroiffc g^cl^lcr, bic aud^ naä) feiner l^iftorifd^en Kenntnis 
im ©efd^ted^t ber ^ol^enjoUem erblid^ ju fein fd^einen, in§5 
befonbere bie Unbanfbarleit gegen geteiftete Sienfte, von 
ber ja felbft ^einrid^ von 2:reitf d^f e ^) nur g^riebrid^ ben 
©ro^en — unb jroar biefen mit Unred^t^) — unb ^aifer 
SBill^etm freifpred^en ju fönnen meint, ©etegentlid^ fteUt 
er fogar bie ^ol^ensoüem in biefer ^inftd^t ben ^ab§- 
bürgern fd^arf gegenüber: „3)ie ^ab^burger/' fagt er, „maren 
bantbdr für geleiftete 2)ienfte unb befd^enlten i^re Seute 
reid^Iid^. 93ei un^ mar ba§ anber^. S)a mad^te man fie 
Hein, ba na!^m man bem, ber gro^e ©üter befa§, ma§ er 
l^atte".^ @r badete xooi)l an ba^ ©d^idtfal eine§ @ber!^arb 
Don S)anfetmann. ^at er feine ©eobad^tungen bod^ nad^- 
!^er innerl^alb ber burd^ bie gegebenen neuen SBerl^ältniffe 
Dorgefd^riebenen ©renken an fid^ fetbft atö jutreffenb er^ 
fal^ren muffen. 

2)ie ©elbftänbigfeit feinet l^iftorifd^en Urteil gegen^ 
über ben in ber tanbläufigen ©c^ultrabition I^errfd^enben 
aSorfteßungen bemeift er übrigen^ aud^, menn er, gilt ü)m 
aud^ bie 3Jlarf ate ber eigentlid^e Äern ber 3J?onard^ie, 
bod^ aud^ bie 93ebeutung !^ö!^er anfd^Iägt, ate fonft im aU^ 
gemeinen üblid^ ift, bie ba§ el^emalige Drben^Ianb, ba§ 
nad^matige ^erjogtum unb fpdtere Äönigreid^ ^reu^en im 
engeren ©inn, für bie SntmidEIung be§ ®efamtftaate§ ju 
beanfprud^en ^at, ber naä) il^m benannt ift. 93efonber§ im 
Äampf gegen ba§ ^olentum fommt er mieberl^ott auf bie 
ältere ©efd^id^te biefe^ Sanbe^teite jurürf, Id^t aber begreife 
lic^ermeife gerabe auf biefem jiemlid^ entlegenen ©ebiet bie 
©id^erl^eit ber ^enntniffe t)ermiffen, beren e§ ju red^t fd^la- 

1) S)eutfd)c ®efd^id)tc V, @. 385. 

2) ^ru^, ^reu^tfd)e @efd^id)te III, @. 109. 

3) «ufd), ^agcbud^blclttet n, @. 44. 



— 230 — 

genber SGßibcrIegung ber polnifd&en unb ber latl^olifd^en 
3lnfprfi(hc gerabe !^ier beburft I^ätte. ^n ber Slntoort auf 
eine l^ulbigettbe Slnfprad^e Don ben SBerool^nem ber ^roDinj 
SBeftpreu^en begeid^net er (23. September 1894) i) ^reu^en, 
von bem bie ^olen ben ©lauben Derbreiten, e§ fei einft 
ganj Don t^nen beDöIfert unb ein 2:eil i^re§ SReid^e§ geraefen 
unb nur burd^ ba^ „mörberif^e ©d^roert be§ beutfd^en 
Drben§" l^ingeopfert unb Dernid^tet roorben, t)ielme!^r afe 
ben §ort beutfd^er Kultur unb fpejieU SGBeftpreu^en am 
redeten SGBeid^felufer nimmt er babei in Slnfprud^ afe ein 
beutfd^eg Sanb, ba§ bie ^olen bei ber ©roberung t)ermüftet 
unb eigentlid^ me!^r burd^ ©elb afö SQBaffengemalt gewonnen 
l^atten, ba fie ben aufrül^rerifd^en ©ölbnern be§ Drben^ bie 
9Äarienburg abkauften, bie ©tabt aJlarienburg aber er:= 
ftürmten unb ben tapferen 93ürgermeifter 93Iume für bie 
2:reue gegen feinen red^tmä^igen ^erm unter bem 93eit be§ 
^enfer§ bilden liefen. @r mad^t geltenb, mie bie ^olen 
aud^ fpäter nod^ in il)ren Kriegen mit ©darneben ba§ Sanb 
öftlid^ t)on ber SQBeid^fel unbarml)eriig üermüfteten unb auf 
ben ©ranbftätten 9tationaIpoIen au^fe^ten, $eerforp§, Slegi^ 
menter mit Offizieren unb aJlannfd^aften. 5Rid^t ganj Kar 
fmb x\)m bagegen bie 9lnfänge ber ^errfd^aft be§ beutfd^en 
Drben§ in ^reu^en, menn er meint, ^erjog Äonrab t)on 
9Wafot)ien ^abe ben Slittern, al§ er fte gegen bie I^eibnifd^en 
^^reu^en ju ^ilfe rief, einen Keinen bamafe polnifd^en 
Jianbe^teil, ba^ 2)obriner Sanb, ju eigen gegeben.^) aSiel- 
mel^r mar bie 93urg 2)obrin innerl^alb be^ ®ebiete§, ba§ 
ber ^erjog vor ber Drben^berufung bem um bie aJliffton 
unter ben ^reu§en nerbienten 93ifd^of S^riftian v^tlx^^^n 
^tte, ber ©i^ eine§ 5Ritterorben§, ben ©l^riftian nad^ bem 

1) V. ^ofd)möer, 3Infprad)cn @. 42, 43. 

2) ^olttif^c mcben III, @. 204. 



— 231 — 

SBörbilb be§ fiDlänbifd^en ©d^roertbrüberorben^ jur 93etämp:: 
fung ber Reiben errid^tete, ber aber balb barnad^ bereu 
übermad^t erlag. ®er beutfd^e Drben bagegen erl^ielt ju? 
näd^ft nur einen S^eil be§ Äulmer Sanbe^ jugleid^ mit ber 
3lnn)artfd^aft auf bie ©ebiete, bie er uon bort au§ weiter 
erobern würbe, ©inroenbungen tiefen fid^ aud^ eriieben 
gegen bie ©arfteßung, bie Si^mardf gelegentlid^ oon ber 
dnoerbung be§ linf§ oon ber SCBeid^fel gelegenen 2:eile§ 
t)on SCBeftpreu^en, ^ommereQen^, burd^ ben beutfd^en Drben 
gibt, inbem er fte burd^ bie „red^tmä^igften JBerträge" gefd^e^ 
l^en fein lä^t.^) ®enn ba§ tann man l^öd^ften^ oon bem 
fd^lie^Ud^en 3Iu§gang ber SSermidElung gelten laffen, bie 
fid^ burd^ eine ganje SReil^e oon <9a]^ren l^ingog, mäl^renb 
in il^ren früiieren ©tabien ba§ rudtftd^t^Iofe aJlad^tftreben 
be§ Drben§ ftd^ in feiner geroalttätigen ^olitit offenbarte. 
SBenn 93i§mard ben Sßerluft SCBeftpreu^en^ an ^olen, ba§ 
ftd^ be§ Sanbe§ felbft nad^ bem ©ieg Ui S^annenberg 1410 
ni^t l^atte bemäd^tigen fönnen, ber „bamaligen preu^ifd^en 
gortfd^ritt^partei", ben ©täbten unb Sanbftänben, fd^ulb 
gibt, bie ftc^ mit bem fianbe^feinb in JBerbinbung festen, 2) 
fo begegnet er fic^ barin im roefentttd^en mit ber 2luffaffung 
§einric^ oon S^reitfd^fei^, ber jene für ganj 2)eutfc^lanb fo 
oeri)ängni§ooUe territoriale ©inbu^e mel^r ate bem SSerfaQ 
be§ DrbenS bem 3Ibfatt feiner oerbtenbeten Untertanen ju^ 
fd^reibt.^) 3lu§ ber troftlofen Qeit, bie bem unglüdlid^en 
ä^age oon S^annenberg folgte, fennt er, burd^ mieberl^olten 
2luf entiialt in ber ^rooinj auc^ mit ben bort l^errfd^enben 
fiofaltrabitionen befannt, ben „Stu^rieg", mo „bie ftreiten= 
ben Parteien ftd^ gang in bem großen SBBalbe oerloren, ber 

1) ^olütf^e meben III, @. 205. 

2) (^ht). III, @. 205. 

3) §. t). ^rettf^fe, ^iftorif^e unb politif^e ^luffd^e, @. 82 ff. 



— 232 — 

ftd^ Don 93üton) hxS tief nad^ ^oten l^inetn erftredt".^) 
SBirfungSDoH i)ebt er jum 93en)ei§ für bie 93unbe§genoffen= 
fcä^aft be§ ^oIentum§ mit ber tatl^oUfc^en SReaftion gelegent^ 
lic^ einen anbeten ^unft an^ ber „©pegialgefd^id^te von 
SBeftpreu^en" l^eroor, ba§ fogenannte 2:^omer 93Iutbab 
pom 7. ©ejember 1724, „wo bie polnifd^en ^errfd^er e§ 
ben S)eutfd^en mit blutiger ©d^rift bemiefen l^aben, mie 
fte nationale ©onberbeftrebungen ju be^nbeln entfd^Ioffen 
maren".^) S)amal§ mürben nämlid^ megen Unrul^en ber 
proteftantifd^en 93epölferung S^l^om^ auf 93efe]^I ber polni^ 
fc^en ^Regierung ber 93ürgermeifter ^ol^ann ©ottfrieb SRö^ner 
unb neun 93ürger l^ingerid^tet. 

2Iu§ ber älteren preu^ifd^en ©efd^id^te interefftert 33i§= 
marf natürlid^ befonber^ bie 2lu§bilbung ber ©runblagen, bie 
ben ©taut ber ^ol^eujoQern fpäter Domeiimlid^ tragen foQten. 
Slud^ babei tritt ba§ einfüge Drben§Ianb unb ^erjogtum bebeut- 
fam ]^ert)or, infofem auf ber bort geroonnenen ©ouoerdnität 
bie fpätere Oro^mad^ti^fteHung junäc^ft berul^te. 2Iud^ nad^ 
93i§mardf§ 2luffaffung l^at ben ©runb bagu ber ©ro^e ^ur- 
fürft auf bem ©d^Iad^tfelbe an ber 93rüdfe bei SBarfd^au 
(28 bi§ 30. Öuli 1656) gelegt.^) ©o ^oc^ er bie «erbienfte 
anfd^Iägt bie ftd^ ber preu^ifd^e 3Ibet, ber oon jenem erften 
Kampfe bi§ unter bie aJlauern oon Staftatt auf aßen ©d^Iad^t:^ 
felbem bie SCBurjeln preu^ifd^cr g^reil^eit reid^lid^ mit feinem 
93Iut getränft l^abe, anfd^tägt im ^inblidf namcntli^ auf 
feine 3Iufopferung in bem ßampf um ^reu^en^ S)afein 
mätjrenb be^ ©iebenjäl^rigen ^riege§, fo finbet er e§ bod^ nur 
redt)t unb bißig, ba^ ber ©ro^e ßurfürft bei ben Straftaten oon 
fiabiau (10. 9looember 1656) unb SBe^Iau (9. ©eptember 1657) 
nid^t erft moju er nad^ bem Sanbe^braud^ oerpflid^tet get= 

i)löüf^, STagebu^blätter @. 147. 2) ^olitifd^e SHeben, V, @. 14. 
^ ^oUtifdie «Reben I, @. 151. 



roefen roöte, bie StÖnbe be§ ^lersogtumä berufen uub iftre 
^uftimmung ju ben getroffeiten Söerehifiarungen eingeholt 
^at: Qiic^ bcr gcgeiiroärtisen SRegiening fei c§ im S)range 
ber (Sreigniffe ni^t möglid) geroefett ben Sanbtag ju berufen 
unb reeponsa pnidentum über (5c^IeäiDig:;.^pIftein ju er= 
bitten (8. gebtuar 1866). i) Sfnbererfeitä mißt et ber 
S(i)Ia(|t bei (ve^rbetlin befonbere 33ebentung bei, roeil fie 
bie beutfc^e Unabf)äitgtgfeit Ijetbeiäufü^ren geI)oIfen ^abe, 
roenn auc^ nii^t uollftäubig, fo boc^ uorberettenb (18. ,3uni 
1893). "^j Sefonberä I)0(^ fd)lägt er bie Moniolen 93Erfu(^e 
bei ©roßen fiiirfütften an. „S!Bir ^ben fc^on einmal," fogt 
er in ber Solonialbebatte com 10. Januar 1885, in ber 
et ben Sfiongel nn dnt^ufiagmuä für bie non i^m eingeleitete 
Äolonialpotitif bei ben ®eutfcE)cn beflagt, ") „an ber flfritani= 
fct)en ii'iifte jur tutbranbenbwrgifi^en ^^ieit 91nfiebclungen 
ge^bt — in ber ^^it ber ©amafc^en unb ^erücCen finb 
fie aufgegeben unb oetfouft roorben." 

ä>on ben iireußifdien i?önigen fc^Q^t er ^ricbrid) 3BiI= 
I)e[m I. nuntentlid) wegen feine§ ^ault)älterifcf)en ©^ftemä 
unb fjötte nit^tä bagegcn, rocnn nuc^ noct) l)eutigcntage§ 
befonbetä in bcjug auf Staatäbautcn botnad) getjanbclt 
unb unnötiger £ujuä uermiebcn roütbe {14. Quni 1882).*) 
©einen ^eifnlt Rnbct aurf) bal fjanbeläpolitifdjc Sijftem 
biefeg „großen ^auluaterä feinesi ßanbel" : bie mit ber 
altpreu^ifc^en ^^ioHgefctiidite nid)t betannten 9ieiiJ|tng§abge= 
orbnetcn erinnert er barnn, roie viel biefem Könige cbcnfo 
mie feinem großen ©o^n baran gelegen tjabe, „reid)e fieute 
in§ Sanb i\x jie^en, im Sanbe ä" erhalten, reidje Seute jn 
madjen" (13. 3Jlärj 188ö}.') Um bie @efal)ren ju oeran: 

1) ^Dlitifc^e suchen III, ®. 21, 22. 

^ 0. ^Df^iiißer, Mnfprac^ett, S. 269. 3) ^^^oi^t. mebm X, @. 396. 

*) *&bi. X, S. 397. 5) ebb. SI, S. 80. 



— 234 — 

fdiaulid^en, roetd^e eine aHju gro^e 93erebfam!eit ber görbe- 
rung ber redeten @rfennttti§ bei ben ^örem gelegentUd^ 
bereiten fann, beruft er f\ä) (29. 2IpriI 1881) auf bie 
befannte Slnefbote Don bemfelben ^önig, „ber gwei 3IbD0' 
faten l^intereinanber l^örte unb l^inter jeber 2Iu§fü]^rung 
aufrief: ber ^erl \)at red^t! unb bann fo in 3ötn geriet 
gegen bie SCBirfung ber 93erebfamfeit ba^ nad^ ber bamali- 
gen ntonard^ifd^en SBerfaffung beibe Stebner vermöge ber 
Übertreibung il^rer @abe, ju überjeugen, in fel^r üble Sage 
gefontmen fmb".^) 2)ent ©rafen 3Inbraffi) gegenüber fpielt 
er in einem 93riefe (18. S)ejember 1879) auf bie Untere 
fd^rift an, bie g^riebrid^ SCßitl^elm I. unter bie Ölbilber fe^te, 
mit bereu 2lnfertigung er fid^ bie dou ©ic^lfd^merjen geftör:= 
ten ©tunben ju fürjen liebte: „In tormentis pinxi".^) 

Öfter fetjren 93i§mard§ ©ebanfen ju ber ©efd^id^te be§ 
großen ßönig§ jurüdf. ©inb, wie er ftd^ einmal au§brüdft, 
bie Könige Don ^^reu^en niemals porjug^roeife Könige ber 
Steid^en geroefen/) fo wirb in feinen ^[ugen bod^ gerabe 
g^riebridt) U. ganj befonber^ burd^ ba§ SBort ^araf? 
terifiert, ba§ er fd^on ate ^ronpriuj fagte: „Quand je serai 
roi, je serai un roi des gueux", momit er fid^ ben ©c^u^ 
ber 3Irmut vorgenommen t)abe, ein Programm, nad^ bem 
bie preu^ifd^en Könige aurf) in ber g^olgejeit gel^anbelt l^aben, 
ba an il^rem 2:]^ron immer ba^jenige fieiben 3wflud^t unb 
©el^ör gefunben, „meld^e^ entftanb in Sagen, mo ba§ ge^ 
fd^riebene @efe^ in SBiberfprud^ geriet mit bem natürlid^en 
aJlenfd^enred^t". Snm 93elege fül^rt er an bie ©mangipation 
ber Seibeigenen, bie ©d^affung eine§ blü^enben 93auemftanbe§ 
unb ba§ frü^e betätigte ©treben nad^ SSerbefferung ber Sage 



1) @bb. IX, ©. 57. 2) $8i§ttiarde^3^a^rbu^ I, @. 126. 
3) fSi^maxd^ gepgelte SBorte. 



— 235 — 

ber 9lrbeiter (15. geBruar 1865). ^) @r fielet barin nur bie 
natürlid^e ^onfequenj be§ Don bem großen ^önig profIa= 
nticrten @runbfa^c§, ba§ er ber erfte Wiener be§ ©taateS 
fein rooHe.''^) 2lnbererfeit§ ift e§ bie auswärtige ^olitif 
gtiebrid^S, in ber er Dielfad^ parallelen ju ben ^txt)&\U 
niffen feiner ß^it finbet. @r befennt, nacä^ bem gerieben Don 
1871 bie Sage fo beforglid^ gefunben ju l^aben, ba§ er 
barauf gefaxt geroefen fei, nad^ bem erften franjöfifd^en 
^rieg fofort einen jroeiten fütjren ju muffen, mie griebrid^ 
nac^ bem erften fd^lefifd^en ßrieg einen jroeiten filieren mu^te 
(26. ^uni 1884).'^) 2tuc^ ^ält er e§ nid)t für auSgefc^loffen, 
ba§ bie SBorfel^ung i^rerfeitö e§ für nü^lid^ finben fönne, 
„ben beutfd^en Patriotismus nod^ einem geuer europäifd^er 
Koalitionen größerer benad^barter anti^beutfd^er Stationen, 
nod^ einem l^ärtenben unb einem läutemben geuer auSju^ 
fe^en", S)eutf^lanb alfo in bie Sage gebradt)t werbe, ebenfo 
mie griebrid^ ber ©ro^e nad^ bem erften unb gmeiten 
fd^lefifd^en Krieg fid^ nod^ gegen ©taatenfoalitionen ju oer^ 
teibigen (28. «Januar 1886).^) S)enn er beforgt, bie Kaunitsfd^e 
^olitif fönne unter Umftänben roieber aufleben (14. ^uni 
1882).^) ©inen fold^en Kampf glüdflid^ ju befleißen aud^ 
ol^ne ©eminn im ^rieben, l^ält er für el^renooQ, gerabe wie 
ber ^ubertuSburger griebe ein etjrenooUer mar, „wenn er 
aud^ nur bie ooHe 2lbroet)r beS auf ^reu^en gerid^teten 3In= 
griffS beftätigte" (21. Stpril 1887). ß) ®a^ griebric^ folc^eS 
möglid^ geworben, oerbanfte er feinem SSerbienft um bie 
2lrmee, in ber bie Dffijiere auS geworbenen Slbenteurem 
aller fiänber gute ^reu^en ju fd^affen gewußt l^ätten 

1) ^olit. Dieben II, @. 317. Sögl. IX, @. 205, 218. 

2) (&hh. IX, @. 231. S89I. X, @. 44. 

3) (§ihb. X,. @. 214. 4) @bb. XI, @. 446. 
5) &hb, IX, @. 398. 6) (§^bt>. XII, ©. .379. 



— 236 — 

(11. 9Kärj 1851).^) SBenn man il^m bei ber Sefämpfung 
ber aJlel^rforberungcn im ^ntereffe be§ biplomatifd^en S)ienfte§ 
ba§ oft angefül^rte SBort g^riebrid^S entgegenl^ielt ber feinem 
bie aJlittel jur 2lnfd^affung eine§ SBageng erBittenben @e^ 
fanbten in ©nglanb befolgten l^abe, ju gu^ ju gelten, aber 
ju fagen, e§ ftünben 100000 SÄann l^inter il^m, b. 1^. bei 
ber militärifd^en aJlacä^t ^reu^en§ bebürften feine SSertreter 
im 9lu§Ianbe feiner befonberS foftfpieligen SRepräfentation, 
fo üe^ er be§ ^önig§ angeblid^e Su^erung groar afö ftolj 
gelten, bat aber, fie ein für allemal ju @rabe ju tragen, 
benn e§ fei il^m frfimer glanblid^, ba§ ein fo geiftooQer ^err 
im ©rnft eine Su^erung getan l^aben foHte, bie mit bem 
guten @efd)marf fo menig in ©intlang ju bringen fei, in 
jebem galle aber mel^r al§ in bem ©inne ber auswärtigen 
^olitit in bem feinet g^inanjminifterS getl^an morben fein 
muffe, ber it)m fet)r am ^ergen lag. greilid^ befennt er, 
in feiner ;3ugenb fid^ ebenfalls an ber oft gel^örten 2lneIbote 
gefreut ju l^aben, aßerbingS nur fo lange er nid^t au§:= 
märtiger SJlinifter mar.^) 2ll§ befonberS epod^emad^enb unb 
entfd^eibenb für "ißreu^enS fpdtere SBeltfteQung erfc^eint 
93i!§mardf oon ben politifc^en Saaten be§ alternben ÄönigS, 
ba§ er juerft oon aßen europäifrf)en g^ürften ber jungen 
Stepublif ber ^Bereinigten Staaten oon 9lorbamerita nät)er 
trat : f eitbem feien bie guten 93e8iel^ungen jmifd^en ^reu^en 
unb 3Imeri!a ein preu§ifdt)e§ drbteil geblieben unb aud^ auf 
ba§ beutf^e 5Reii fibergegangen (13. SJlärj 1884).^) ®e§ 
Königs befannteS SBort: „©ajetten bfirfen ni^t geniert 
werben" — befanntlidt) in ben erften S^agen feiner ^Regierung 
in einem ©d^reiben beS ÄabinettminifterS ©rafen ^obemilS 

1) ^oUttf^e Dieben I, (5. 337. 

2) (&hh. III, @. 142, 336, V, @. 160, 167, G8. 

3) ®bb. X, @. 12. 



— 237 — 

on einen SlmtSgenoffen afö SBiQen§meinung be§ ÄönigS au§=^ 
füiirlid^er bal^in funbgegeben, ba§ ©agetten, wenn fte 
intereffant fein foUten, nid^t geniert werben müßten ^) — 
roünfd^t 93i§mard roenigften^ audj für bie offijiöfen Sldtter 
in ©eltung gefegt ju feigen. Slmtlid^ eignet er fid^ aud^ be§ 
großen Äönig§ SBort an, in ^reu^en tonne jebermann nad^ 
feiner ^apon feiig werben (2. g^ebruor 1870),^) raobei er 
inbetreff be§ ©inne§ biefe^ 2lu§fprud^§ ben Qrrtum aH ber 
Unjäl^ligen teilt, bie it)n anpfütiren lieben, inbem er il^n 
ganj allgemein auf uneingefd^räntte @lauben§freit)eit beutet, 
roäl^renb er urfprünglid^ nur ©d)u^ ber ©eraiffen^freil^eit 
verlangte für bie ©lieber einer 9teligion§genoffenfd^aft gegen 
3n)ang Don feiten il^rer ©eiftlid^feit. SBirffam ftellte er 
^riebrid^ ü., ber mit ber tattjolifd^en Äird^e in g^eben 
lebte, bem mit il^r erbittert ^abernben ^ofef n. entgegen.^) 
Sogar ben 9tu^en ber ^efuiten l^abe ber Äönig ebenfo mie 
Äat^arina n. Don Stu^lanb nid^t Derfannt>) ©el^r l^od^ 
fd^ä^t 93i§mard aud^ ^iebrid^^ SBBirtfc^aft^politit: unter 
il)m ^t ^reu^en einen l^ol^en ©d^u^joH getiabt.^) dr 
rül^mt be§ Äönig^ unermüblid^e ©orge für bie Qnbuftrie, 
burd^ roeld^e bie Sage ber lanbroirtfd^aftlid^en ^roDinjen ge- 
l^oben fei, mdl^renb ber moberne ^eitianbel fte l^erunter^ 
gebrad^t ^be. ®amate l^abe jebe tleine ©tabt in ^ommem, 
^ofen unb SBBeftpreu^en eine gro^e SCBoUen^ unb ä^ud^inbuftrie 
gel^abt, Don ber je^t nur bürftige SRefte beftel^en (14. ^uni 
1882).^) ©einen 93eifall finbet femer bie Slrt, wie ber 
Äönig feine großen tolonifatorifrf)en Untemel^mungen burd^ 
^mmebiatfommifftonen fül^ren lie§: ba§ gleid^e SJerfal^ren 
empfiel^lt er namentlid^ jur ©id^erung be§ S)eutfd^tum§ in 

1) «üd)mann @. 567. ^) v. ^of^inger, 2lnfprad)en @. 13. 
3) ^olit. meben V, @. 381. ^) (&bt>. XI, ©. 275. 
£>) (§i\)\). IX, (5. 427. 6) Qibt). IX, ©. 387. 



— 238 — 

^ofen (28. ^uni 1886) i) ©o urteilt er fc^Iie^Iic^ über ba§ 
©efamtergebniS biefer ^Regierung unb il^r SSerl^ältniS ju ben 
folgenben: „^iebrid^ ber ©ro^e l^interlie^ ein reid^eS @rbe 
Don 3Iutorität unb Don ©lauben an bie preu^ifd^e ^olitit 
unb Tla6)t ©eine @rben fonnten, wie l^eute ber neue ^ur§ 
Don ber ©rbfcä^aft be§ alten, groei «Sal^rjel^nte l^inburd^ bapon 
jeiiren, ol^ne ftd^ über bie ©d^raäd^en unb «Irrtümer il^rer 
©pigonenroirtfd^aft flar ju werben: nod^ in bie ©d^Iad^t bei 
;3ena l^inein trugen fte ftd^ mit ber Oberfc^ä^ung be§ eigenen 
miütärifd^en unb politifd^en Äönnen§."^ 

S)ementfpred^enb urteilt 93i§mard abfällig über bie 
^olitit ber 9tad^folger be§ großen Äönig§, obgleid^ g^ebrid^ 
aSBill^elm ü. nad^ feiner 3Jleinung „nid^t übel geroefen wäre, 
luenn er nid^t burd^ bie SBeiber erroeid^t roorben roäre".^) 
9tad^ feiner 3Iuffaffung lag näntlid^ 1786 für "ißreu^en ba^ 
ftdrfere ^ntereffe nod^ nid^t auf beutfd^=nationalem ©ebiete, 
fonbern in bem ©ebanten polnifc^er territorialer ©rraer- 
bungen, unb bi§ in ben Ärieg Don 1792 t)inein entfprang 
ba^ 3Jli^t)er^ltni§ jroifd^en ^reu^en unb Dfterreic^ weniger 
au§ ber beutfd^en ate ber polnifd^en ^iiüalität beiber SJläd^te. 
®emgemä§ ^be fid^ ber preu^ifd^e ©taat benn aud^ neue 
polnifd^e Untertanen mit gleid^er, menn nid^t größerer 93ereit' 
milligfeit mie beutfc^e angeeignet, menn e§ zhtn nur Untere 
tauen maren. S)at)er bejmeifelt er e§ benn aud^, ba§ bei 
ber bamaligen Sage nad^ SJla^gabe ber 3lnftd^ten unb ^?ät)igs 
feiten ber in Setrad^t fommenben ^erfönlid^feiten in SBien 
unb ^eter^burg ber preu^ifd^en ^olitif roirflid^ bie SKöglid^:^ 
feit geboten geroefen märe, nü^lidt)ere SCBege einjufd^lagen 
al!§ ben be§ veto gegen bie Drientpolitif feiner beiben oft:; 

1) ^otit. m^h^n XI, @. 444. 

2) ©ebanfen unb (Srinnerungen I, @. 278. 

3) «uf^, Staöebuc^blätter II, @. 572. 



— 239 — 

lid^en 9iaci^bam, wie e§ burd^ bie ÄouDention Don SReid^en^ 
bac^ (27. äuli 1790) gef^a^. ©r tann fi^ be§ @inbrurf§ 
nid^t erroeiiren, biefeS veto fei ein 2lft unfrud^tbaren ©elbft^ 
gefül^tö geroefen nad^ 2lrt be§ fraitjöfifd^en prestige, in 
roeld^em bie t)on ^iebrid^ bem ©ro^en geerbte 3Iutorität 
jraedloS verpufft würbe, o^ne ba§ ^reu^en einen anbern 
SBorteil von biefer Äraftleiftung gel^abt l^ätte atö ben einer 
befriebigten ©itelfeit über Betätigung feiner gro^mdd^tlid^en 
Stellung ben beiben Äaifermäd^ten gegenüber.^) 

Site eine feftgefd^loffene lebenbige dintieit, bie in ton^ 
tinuierlid^er S^Ifl^ unmittelbar in bie ©egenroart au^münbet 
unb bie unerlä^lid^e SSorau^fe^ung bilbet für ba§ ^anbeln 
in biefer, begreift 93i§mard bie ©ntroidlung $reu§en§ feit 
ber Äataftropl^e, bie 1806 unb 7 ben gribericianifd^en ©taat 
jertrümmerte. 2lllerbing§ waren i^m bie Sebeutung jene^ 
Derl^ängni^poHen ^at)re§ unb fein fd^lie^lid^ bod^ fegen§= 
reid^er dinflu^ auf bie ©ntroidlung ^reu§en§ unb S)eutfc^= 
lanb§ permtni^mä^ig fpät flar geworben. @r befannte 
felbft gelegentlid^,^) erft in reiferen Satiren eingefetien ju 
l^aben, „weld^en 9ting in ber ^ette ber göttlid^en SSorfel^ung 
für bie ©ntroidtlung unfere§ beutfd^en SSaterlanbS bie ©c^lad^t 
bei Qena gebilbet l^at". 2lud^ madt)t er für ba§ Unglüd, 
ba§ bamate ^reu^en an ben 9tanb be§ 2lbgrunb^ bradt)te, 
nid^t bie 2lrmee allein Derantwortlid^, wenn er aud^ einmal 
meint, Sllter^fd^wäd^e unb SSerblüfftl^eit l^ö^erer Dffijiere 
l^ätten l^ingereid^t, bie an fid^ au^gejeid^nete 2lrmee 5riebridt)§ 
be§ ©ro^en ju bemoralifteren^) — er üergleid^t bamit bie 
äl^nlid^e SBirfung, weldt)e bie Haltung einiger l^ö^erer Dffijiere 
1849/50 auf bie ^effifd^en 2:ruppen ausgeübt l^abe. ^n§^ 

1) ©ebanfen nnb Erinnerungen I, @. 271. 

2) x). ^ofd^inger, 3lnfpracf)en, @. 235. 

3) ^olit. hieben I, @. 332. 



— 240 — 

befonbere fielet er ben ^el^Ier bartn, ba^ bie in ber ©d^ule 
be§ großen Äönig§ gebübeten ©eneralc nicä^t bereit waren 
jur Obernal^me eigener aSerantwortlid^feit bei fel^Ienber 
S)erfung burc^ jroeifeUofe Qnftruftion. „SBBir jüd^teten 
fc^on bamal^/' fagt er, „ba§ Dffijier^material bi§ jum SRe^ 
giment^fommanbeur in einer JBoHtommenl^eit wie fein anberer 
©taat, aber barüber l^inau^ war ba§ eingeborene preu^ifcä^e 
93lut nid^t ntel^r frucä^tbar an Segabungen wie jur 3^^* 
griebrid^^ be§ ©ro^en felbft. Unfere erfolgreid^en g^elbl^erren, 
93lüd^er, ©neifenau, aJloltfe, ©oben, waren feine preu^ifd^en 
Urprobufte, ebenforaenig im ^i^il^i^^ft^ Stein, ^arbenberg, 
3JJo^ unb ©rolmann."^) Quin minbeften bie gleid^e ©c^ulb 
wie ber 2lmtee mi^t er ber t)erfnöc^erten 93ureaufratie jener 
3eit bei, bie 1807 bem franjöftfd^en ©iegeSjuge ebenfo bie 
aBege ebnete, wie fte 1848 Dor ben 93arrifaben })alÜo§ p^ 
fammenbrad^. ^) ©o fet)r er bei bem JRüdblidE auf bie 
rettenbe Steformjeit bie ©manjipation ber Sauern, bie ftd^ 
an bie Flamen ©tein, ^arbenberg unb griebrid^ SCBit^elm in. 
fnüpf t, ate eine emig benfroürbige 2:at anerf ennt ^) unb p:: 
gibt, „bie bem Sauernftanb bamal§ Derfd^affte freie ©teHung 
i)abe i^m ermöglid^t ju profperieren unb ftarf unb unab^ 
l^ängig ju werben,^) fo l^at er bod^ ba§ Vorurteil eigentlich 
nie gang übermunben, ba§ bie SKel^rl^eit feiner ©tanbe^? 
genoffen gegen bie ©tein^^arbenbergfd^e ©efe^gebung liegte, 
unb fd^rieb biefer aud^ fpäter nod^ infofem eine auflöfenbe 
SCBirfung ju, afö ein großer ä^eil ber preu^ifd^en Sureaufratie, 
t)on bem erfüllt, roa^ er „©el^eimrat^liberali^mu^" nennt, 
aßju fet)r jur Sliüettierung unb ^^i^tralifterung geneigt ge^: 

1) ©ebanfen unb Erinnerungen I, ©. 5. 

2) t).^ofd)inger, 2lnfprad)en, @. 286. 
») ^olit. meben IX, @. 206. 

4) @bb. IX, @. 205. 



— 241 — 

roefen fei.^) SSon biefem ©efid^tSpunfte au§ Bel^auptetc er 
fogar geiftreid^, ate e§ gilt, fieopolb Don ©erlad^ baDon ju 
fiberjeugen, ba§ erneute fraitjöfifd^e ^aifertum fei bod^ nii^t 
einfad^ eine erneute SSerförperung ber SRenoIution, ba§ ber 
93onaparti§mu§ in ^reu^en älter fei al§ Sonaparte, nur 
fei bie ntilbere beutfd^e g^ornt, in ber er ba urfprünglid^ 
gel^errfc^t, abgeftreift, ate er fid^ in ©eftalt ber au§ bem 
föniglid^ roeftfälifd^en 93ulletin überfe^ten ^arbenbergfd^en 
©efe^gebung in mel^r franjöftfd^er gomt introbujierte.^) 

^u^ in 93i§mard§ Stuffaffung ber ^eil^eitSfriege finbet 
ftd^ mand^e^ ©igentfimüd^e. Dl^ne gö^f^iJ^S ^ä^t ^^^ ^^ 
ein glüdfUd^er Qnftinft au§ einer unbefangenen 3Iuffaffung 
ber aSerl^ältniffe bereite im roefentlidtien rid^tig erfennen, roa^ 
im ©egenfa^ ju ber umlaufenben irrigen SJleinung bie 
SBiffenfd^aft erft in unferen ^agen burd^ ardtiinalifd^e ©tubien 
ote l^iftorifd^ erliefen l^at. SCBenn j. 93. fieopolb t)on ©er:: 
lad^ il^m bemerft ^tte, wie foloffal 9tu^Ianb§ SJlad^t nad^ 
bem (Sieg non 1812 geroac^fen fei, fo mad^t er bemgegen^ 
über mit SRed^t geltenb, ba§ fei tatfäd^lid^ bod^ nur ber %aU 
geroefen burd^ ben SCBegfaQ ber gegnerifd^en 2lrmee unb burc^ 
ben ^wmad^^ ber äu^erften ^raftanftrengung ^reu^enS.^) 
Sroax unterf^ä^t er nid^t ba§ JBerbienft, ba§ ftd^ Stu^lanb 
bamoIS um ^reu^en erworben ^at: beffen ^erfteHung auf 
bem alten ^u^e fei mefentU^ bem SCBol^IrooHen ^aifer 
Slleyanber^ I. jujufd^reiben gemefen, ber ebenfo gut an ber 
polnifd^en ©renje umfel^ren unb ^rieben fd^Iie^en ober 
^reu^en fpäter faßen (äffen fonnte>) S)iefe 1813 gemad^te 
©rfal^rung lä^t au^ il^m bie 2lnle^nung an Stu^Ianb in 
ber folgenben Qtxt nod^ al§ bie fidt)erfte erf d^einen. ^) 3lber 

1) ^otitif^e hieben I, (5. 135. ^ ^Briefe an ©erlad), @. 13. 
3) @bb. @. 254. 4) ^olitif^e meben I, @. 458. 
5) (^hh. VII, ©. 458. ©ebaufen unb ©tinnerunßen I, @. 290. 
g}ru|), aSidmartfd astlbung. 16 



— 242 — 

er gibt ju, ba§ bie infolgebeffen Begrünbete gantiüettDet:! 
binbung be§ preu^ifd^en Äönig§^aufe§ mit bem ruffifd^en 
3areni)aufe gelegentlid^ an6) na^teilig auf ^reu^en^ ^oliti! 
Sflu^lanb gegenüber eingeroirft l^abe.^) S)a^ er bie einft 
t)ielfad^ au^gefprod^ene aJleinung, bie ^reu^en wären 1813 
in ben Ärieg gejogen, um eine SBerfaffung ju erlangen, a(§ 
auf einer Segenbe rul^enb bejeicä^net,^) nerftetjt ftd^ non felbft 
unb trifft auc^ l^iftorifd^ ba^ Stid^tige. S)en oft angeführten 
SBunfd^, bie geber möge nidt)t nerberben, roa^ ba§ ©d^roert 
gemonnen, ber glaubroürbiger Überlieferung nad^ üon Studier 
in einem S^oafte nad^ ber ©d^lad^t bei SBaterloo in ber 
fjorm au§gefprod^en ift: „SJlögen bie gebern ber Diplomaten 
nidt)t oerberben, mag ba§ SSoIt mit fo großen Slnftrengungen 
errungen", nimmt er im ©egenfa^ ju ben „altpreu^ifd^en" 
DueQen, auf meldte, bie ©ad^e ebenfo barfteßenb, nad^ feiner 
SJleinung ber Stbgeorbnete ^Rid^ter jurüdfgegangen fein fott, 
Dielme^r für ©neifenau in Stnfprurf): „2lber ba§ ift einerlei. 
Slüd^er nannte ja ©neifenau feinen ^opf."^) 

SCBiebertjoIt fommt Si^mardf aud^ auf bie 93etrad^tung 
ber SBorgänge jurüdf, meldte für bie 3Ibgrenjung ber 1815 
^reu^en pgeroiefenen el^emal^ potnifd&en SanbeSteile ent:= 
fd^ieben mürben unb il^re ftaat^rec^tlid^e Stellung bebingten. 
S)a§ ^al^r 1815 l^at bem preu^ifd^en Staate, fo fül^rt er 
im Januar 1886 au§,^) im Dften eine ©renje gefd^affen, 
l^inter bie er unter feinen Umftänbeti jurüdfgel^en fann, ba 
er ifjrer bebarf jur 33erbinbung feiner ^rooiujen, jur JBer^ 
binbung jroifdt)en 93re§lau unb Äönig^berg, ju feinem a3er= 
fel^r^leben foroo^l mie ju feiner JBerteibigung unb feiner 
(Sid^erfjeit. S)ie ©d^roierigfeit ber baburd^ gefd)affenen 
(Situation fei 1815 nid^t erfannt morben, meil man auf bie 

1) (§:h\>. l @. 274. 2) (§^^\^, i (g. 18. 

3) ^olit. hieben XI, @. 91. *) @bb. XI, @. 410, 11. 



— 243 — 

©timmuttg ber ®xnm6t)nn weniger ©eroid^t legte al§ auf 
bie ber Staatsmänner, ^arbenberg unb ber erfte Dber= 
präftbent ber ^roüinj ^ofen von 3erboni tjätten — le^terer 
DteHeid^t wenigfienS jum S^eil beftimmt bur^ bie SRüdtftd^t 
auf feine großen ©üter im el^emaligen ©ubpreu^en, bie nun 
enbgültig Don ^reu^en getrennt mürben — unter bem ©in:: 
brucE ber Doraufgegangenen SBerl^anblungen geftanben, burd^ 
bie ^reu^en no^ grö^erei^ po(nifrf)e§ ®ebiet ju erwerben 
geftrebt l^ätte. künftige JBergrö^erungen nad^ biefer Seite 
l^in ju erleid^tem unb bei ber polnifd^en 93et)ölferung ber 
jum ^önigreid^ ^olen gefd^lagenen fianbeSteile für ^reu^en 
^ropaganba ju mad^en, fei aud^ bie 2lbftd^t ber ©prad^e 
gemefen, bie ^arbenberg griebrid^ SQ3il^eIm HI. bei ber 
93efi^nat)me r>on ^ofen feinen neuen Untertanen gegen= 
über i)abe führen laffen. S)odf) l^abe bie betreffenbe 
^roflamation nur bie ©runbfä^e bargelegt, nad^ benen 
ber ^önig regieren, unb bie 2lbftd^ten entmidfelt, bie er ba^: 
burd^ junäd^ft erreid^en moHte, von einem SBertrage aber, 
wie bie ^olen be^upten, ober gar t)on ber Übernahme 
einer a3erpflidt)tung, bie bamatS funbgegebenen ©runbfä^e 
niemals ju änbern, wie aud^ immer bie polnifd^en Unter? 
tauen ftd^ benetjmen fönnen, ift babei, mie er treffenb be- 
merft, nid^t bie ^iebe gemefen.^) 

SCBeit entfernt bleibt SiSmard von bem fo Dielen feiner 
urfprünglid^en ^arteigenoffen geläufigen ^ultuS ber l^eiligen 
3lllianj als beS Dornetjmften ^orteS ber Drbnung in ©uropa 
unb il^rer ©rl^altung in ben einjelnen Staaten. SBBie man 
no^ je^t für fie fd^märmen fann, begreift er nid^t, „nad^? 
bem ft^ in ber letjten Qzxt jur ©Dibenj l^erauSgeftettt l^at, 
ba^ fte nid^tS mel^r als eine ruffifd^e aWaufefatte mar unb 



1) (§ih\). XI, @. 414, 457, 459. 

16^ 



— 244 - 

ba§ Slbjefttoum „l^eilig" nur nod^ afö ein unpaffenber 
©c^erj erfc^ien".^) ®ic fouüeräncn Äleinftaaten ©eutjd^:: 
Ianb§ erfennt er, fo l^oc^ er SSerbienft unb Sebeutung ber 
©qnaftien in mand^er ^infid^t anfd^ldgt,^) irgenbweld^c 
l^iftorif d^e 93ere(3^tigung natürlid^ nid^t p : fte fmb fouperän 
Don be§ 9ti)einbunb§ unb ber 93unbe§afte ©naben, unb 
be^l^atb fann ftd^ ii)r ^artifulari§mu§ aud^ nid^t auf bie 
S)auer gegen ben ©trom ber Q^xt Italien. SBie er über 
bie Äartebaber 93efd)lüffe urteilte, Id^t bie ©ntfd^iebenl^eit 
erfcnnen, womit er bie 3JJögIid^feit ä^nlid^er SJla^nal^men 
burd^ ben 93unbe§rat be§ 9^orbbeutfd)en 93unbe§ für au§:: 
gefdf)loffen erflärt, fo lange er auf feinem Soften fei.^) 

^n bem ®ienfte, ben ^reu^en 1829 SRu^lanb burd^ 
bie SBermittelung be§ griebeng Don 2lbrianopel geleiftet l^at, 
oi)ne bafür irgenb einen ©egenbienft ju oerlangen, obgleid^ 
bie unfreunbüd^en SKad^enf^aften, bie furg oor^er gmifd^en 
^aifer 9lifoIau§ unb Äönig Äarl X. Don ??ranfreid^ ftatt^^ 
gefunben l^atten, bem 93erliner Kabinett ni^t unbefannt 
waren, erfd^eint i^m atö eine oon ben üblen g^olgen ber 
©emütlid^feit ber fürftlid^cn gömilienbegiel^ungen, bie in ber 
SRegel in ^reu^en ftarf genug mar, um bie rufftfd^en 
(Sünben ju becEen.^) S)urd^ bie ©reigniffe Don 1830 unb 
1848 erad^tet er bie ©rgebniffe be§ SCBiener ÄongreffeS unb 
be§ gmeimaligen @inmarfrf)e§ in ^ari§ ate t)emid^tet.^) 
§atte er fid^ einft entrüftet bagegen au§gefprod^en, ba^ ba§ 
granffurter Parlament aße 3Jlittel aufgeroanbt, um ^reu^en 
in S)eutfd^lanb bie SRoHe aufjubrängen, bie iSarbinien in 
Italien gefpielt l^at, e§ nad^ feiner 3JJeinung bal^in ju 

1) t). ^ofd)inger, Söigmarcf u. bie Parlamentarier I, @. 110. 

2) «ößl. @. 227. 3) ^otit. hieben IV, (5. 19. 

4) ©ebanfen unb ©rinnerungen I, <B, 273. 

5) t). ^ofd^inger, 3lnfprad^en @. 297, 



— 245 — 

Bringen, wo ©arto 9Kberto vox ber ©d^Iad^t bei 9topara 
war, n)o il^m ber ©ieg ben Untergang ber 3Jlonard^ie. 
feine 9lieberlage fd^intpfUd^en gerieben bringen mu^te/) fo 
mag it)m fpäter rodf)! in ber ©tiHe ber ©ebanfe aufgeftiegen 
fein, ba§ ber Don il^m fo entfd^ieben porl^orregjierte 9Ser^ 
gleid^ ^reu^en^ at§ be^ (Staate^ ber beutfd)en 3^fit^ft ^it 
©arbinien al§ bem ber ^i^twnft Italiens l^iftorifd^ unb 
politifd^ bod^ red^t treffenb roar. ©e^r abfällig urteilt er in 
einem 93rief an feine ©c^roefter, grau von Slrnim (17. ^a^ 
nuar 1862), über bie unldngft erfd^ienenen 2^agebürf)er 
aSaml^agen^, fann aber bod^ ben Slufwanb oon fittlid^er 
©ntrüftung nid^t begreifen, mit bem man fte Derbammt. 
aSielme^r erfennt er au^brüdlid^ il^ren tjiftorifd^en SCBert an, 
ba 1836—1845 „gerabe fo gemein gerebet mürbe unb nod^ 
fdf)limmer": fte feien alfo au§ bem fieben. „JBarnl^agen ift 
eitel unb bo^l^aft, mer ift ba§ nid^t? @§ fommt nur barauf 
an, mie ba§ Seben bie Statur be§ einen ober be§ anberen 
reift, mit SBBurmftic^en, mit ©onne ober mit naffem SCBetter, 
bitter, fü§ ober faul".^) 

Qu ben ^üd^ten, Don benen l^ier bie 9iebe ift unb 
beren fd^lie^lid^e 93efd^affen]^eit von SBinb unb SCBetter unb 
ben fie etma l^eimfud^enben :3nfeften ab^ngt, l^at jebenfaQg 
93i§marcE felbft nid^t getjört. SCBer ftd) einigermaßen in 
ba§ Sßefen biefe§ großen S)eutfd^en l^ineinempfunben unb 
tjineingebad^t l^at, ber mirb ftd^ ber JBorfteHung nid^t ent= 
fd^lagen fönnen, baß biefe femgefunbe Äraftnatur mit bem 
tief in il^r begrünbet liegenben ibealen S^rieb feinem JBater^ 
lanbe unter ben uielfad^ medtifelnben inneren unb äußeren 
aSerl^ältniffen bo^ ftet§ bie benfbar befte ©tcHung unb ba§ 
größte erreid^bare ©lüdf ju gewinnen, t)on bergleid^en ©in^ 



^olit «Reben I, 6. 91. ^ S)e^tt @. 530. 



— 246 — 

flüffen vi)ot)l t)orübcrgc]^cnb unbequem berührt unb in bet 
aOBeiterentfaltung momentan aufgellten, aber niemate jur 
aSerfümmetung ober jum aSerfommen l^abe t)erurteilt werben 
fönnen. 

Si^mardt mit SSarn^agen ju t)ergleid^en liegt junäci^ft 
freiließ fein Slnla^ vor, ^n gemiffer SSBeife aber prot)05iert 
ber erftere e§ bod^, inbem er ber abfälligen ^Beurteilung 
be§ unermüblid^en 2^agebu(^fd^reiber§ unb bem gegen il^n 
erl^obenen aSormurf ber ©itelfeit unb ber So^l^eit baburd^ 
einigermaßen ben ©tad^el nimmt, baß er mit biefen @igen^ 
fd^aften eigentlid^ jeben aJlenfd^en bel^aftet fein läßt — ein 
3ug jener 93efd^eiben^eit xmb jeneS ernften (Strebend nad^ 
©elbfterfenntni^ unb eigener moralifd^er ßäuterung, bie an 
i^m auc^ fonft nid^t feiten mo^ltuenb ju S^age treten, ©elbft 
auf ber ^öl^e feiner meltl^iftorifd^en ©rfolge finbet fid^ bei 
il^m feine ©pur von ©itelfeit ober aud^ nur oon ©tolj auf 
ba§ oon il^m aSoHfül^rte. ©ein ßebenlang ift er feinen @eg^ 
nern ein offener, oft leibenfd^aftlid^er SBiberfad^er gemefen, 
!^at aber barau§ aud^ niemals ein ^el^l gemad^t, fonbem 
gerabe in biefer ^infid^t ftet§ mit rüdl^altlofer, oft t)er- 
blüffenber Dffenl^eit g^arbe befannt. 2lm menigften aber 
mar er eitel auf bie meit über bie näd^ften Slnfprüc^e be§ 
93erufe§ ^inau§ge!^enbe geiftige 2lu§rüftung, bie er ftd^ in 
einer in ber ^ugenb breit unb feft begrünbeten unb bann 
im ßeben abfirf)t§lo§, aber unermüblirf) unb erfolgreich ge=: 
pflegten allgemeinen 93ilbung erworben ^tte unb bie er 
unbewußt jeben 2lugenblid in ben 3)ienft ber gerabe ju 
t)ertretenben befonberen ©ad^e ju fteßen uerftanb. ©erabe 
gegenüber bem gefpreijten Silbung^ftolj eine§ SSaml^agen 
berül^rt bie§ befonberi ft)mpat!^ifd^. 3)er frül^ au§ ber ge^^ 
l^offten Saufbal^n l^erau^gefd^leuberte Diplomat parabiert 
gemiffermaßen mit feiner umf änglid^en, aber aud^ . n^it be^ 



— 247 — 

fliffener ©elbftgefäßigleit gepflegten 93ilbung, obgleich er 
niemate ©elegenl^eit erl^ielt, fte in ber potitifd^en ^rajtg 
im 3)ienfte feinet aSaterIanbe§ nü^lid^ ju t)em)erten. (So 
bietet er 9Jlit= unb 9lad^lebenben nur aüju oft ba§ fragroürbige 
©(^aufpiel eine^ geiftreid^en, aber groeciloS oerpufften t?euer^ 
werfe, dagegen fel^lte e§ bem großen Siealpolitifer, ber 
ol^ne tl^eoretifd^e SBorbilbung in einer riefenl^aften ^rafi^ 
jum ©taat^manne, ja man fönne fagen jum ©taat^fünftter 
geworben ift, auc^ bei ber 93e!^anb(ung ber fd^roierigften, 
ber aßerrealften, ja ber materießften Slngelegenl^eiten t)er^ 
möge be§ reichen (Sd^a^e§, ben er oon Qugenb auf in ©eift 
unb ^erjen barg, niemals an einem SEBort, einer SQBenbung, 
einem 3it^t ober an einer Siemini^jenj an ein Sid^termort, 
niemafe an ber 93ejie!^ung auf einen ©prud^ ber SSoIfe^: 
meiSl^eit ober eine gefrf)irf)tlid^e 2^atfac^e ober ^erfön(irf)feit, 
um bie ©ebanfen feiner ^örer afebalb mit ber ganjen 
reid^en güKe be§ l^iftorifrf) gemorbenen ®eifte§leben§ feinet 
a3olfe§ unmittelbar in lebenbige Sö^Iwng ju bringen unb 
t)on ba au§ mirffam an ben ibealen ©inn ber Seutfd^en 
JU appellieren. 

©0 erfd^eint er, feft murjelnb in bem ©eift be§ 
Ilafftfc^en 9lltertum§, oertraut mit feinet SSolfe^ ßiebem 
unb ©prid^mörtern unb ^eimifc^ in ben unfterblic^en SBerfen 
feiner Ätafftfer, babei aber auc^ empfänglid^ für alle^, ma^ 
ba§ ©eifte^teben ber mobernen Äulturoölfer für ba§ beutfd^e 
3)enfen <3ntereffante§ unb SGBertooUe^ l^eruorgebrac^t ^t, 
auc^ auf biefem ©ebiete al§ eine SSerförperung ber beften 
©igenfd^aften ber S)eutfd^en unb ^t gejeigt, ba^ ba§ SSolf 
ber 3)id^ter unb S)enfer neben feinen altbemä^rten friegerifc^en 
S^ugenben auc^ ju großen potitifc^en ©rf)öpfungen 93eruf unb 
gö^igfeit I)at. SJiöge er in biefer ^infic^t nid^t ber einjige 
S)eutfd^e bleiben! 



* *■ )^ * ^ülsoiaftraßc IU7-S. * ^ * « 

©ruft ajlorite Stntbt 

CHn fiebciieibilb jn Briefen, ^iiad) uiiifctirniftcit uiib g^s 
brudtcu OriginfllCH ^craiiggcgcbcn nou .^ctttrid) ^JOtet^uer 
unb 3iolJctt ÖtcrbS. ©tieftet m.7,~-. Öcliuiibcn in 
.gfllbfmiii läJt. 8,75. 

ScipäifleT Sägeblatt: . , . 33ie aufeerotbcntlitt) rocrtooUe Samiiilunß 
Don asriefen läfet in iaS 5H!eihen imb ©rflarleii bietfä ebleit 9)atet!anbS' 
(rEimbeä, in feine Manblungen unb erfatitungen tiefere ®inl)ticEc tun, 
alä bieg big je^t felbft an bet ^onb ber «ingeljenbflen «ebenSbefi^reibunfl 
niBalic^ eemefen uitie. . . . ßein guter $eutfd|e<: loirb btc illietauS 
^eilige älibeit oE)tie inneren @eii)inn, o^ne gio^e liSefriebigung aai ber 
§anb legen. 

öol)teäbei:id)te für neuere beutfc^e aitetatui:gefd)id)te: ®ie 
©ammtiuig ift tt)ron])logifi^ georbnet unö nai^ grofeen '£e&enäab= 
f^nitten jettegt . . . dwiraüeiiftifd) ift eigentliii) jebe Heile, unb eine 
Steube ju ttfen jebet 58iief. Süt bie politifc^e unb bte Hultutgefii)ic^te 
a;eutfd)Ia«bsl oon 1757—1860 . . .,'füt bie 0Ef(^id)le be§ beutf^en 
Briefes ift biefer 6ct|ag unentbel|tlic^, bi« ^auptfacbe aber bleibt bot^ 
bog „Sebenäbilb", ber prächtige mite felbfl, beffcn ailter nodj glühte roie 
greife nber SB ein. 



©raf Sdejanber Jitciijcrling 

@in ^cbeltSttlb ouä feinen Briefen unb 2:agebit(fiern jit> 
fnnimcngcftcUt uon feiner "Xoäfttx 3«iftnH geleite Uon 
Saulie von btr ^ffen. ä ^Mnit mit 2 lißortiiiK unb 
5 gibbilbnnflen. Öelieftet 9H. 20,—. Öebiuiben in 2 ele= 
flante Jpalbfrauätöube 3)1. 24,—. 

,(Stn fterxlii^eä 9?nA" neunt tS natfi bera Sefen beS 5Dlnnnfft;iptg bet 
befte fiennet ber bn»tfd)cu @efd)id)te. — Sllesonbcr @raf Sepfetling, 
in QiÜzmoi^t mib ^ersenäfreunb !8i§mavrfä, gcliÜTt einer ©enerotion 
(ui, beten te^te ^rtreter bereits E)tngegangen flnb unb beren ^enfeii 
uiü> Streben bera gegenroärtigen ©ef^Ia^t (Sefdjii^te gemorben ift. 
Unter ben erlaubten ßleiftem biefer gtefeen 3«« wirb aber beui ©rufen 
Keqferling ein @qrenplag gef1d)ert bleiben. 



* * * * l'ü^oroftraße 107-8. » * , « 

unter ,^aijcr i)Nfo(ouy 1. 

'j.'[)it ^^toliot <ed)icutniiii. $anti 1: Mntfcr '^ic^mibcr I. 
iin» öie (Srflciiiiifie fein« Seiiciisarbcit. (yc^cftet ISl. 14, — . 
SdjiinUcH m. lÜ,— . 

5>taiiffitrtet 3eituiig: (Sin giDft unB racit niifielegies 2ä«(, boä 
ol)ne ^lo"!«' qIö «'"^ wcfentlit^i: Seteidicvung Wr Scfdjidjie «uplanbä 
in bei; «ften öftlf'^ *'f^ 19, ija^t^nnbetiai QiiiiEfcijcii lutrben tann. 
Söerliner 3:ageb[atl: Wlan tonn eä o^ne nöertrel&una auäfptechen, 
bap biefeni Sd)ietnann((i)En Su(^e unter ben jeil9eiiBfrifi|en ®efii)i(^tS= 
nietten ein fein tjolter ^Uag eingeräumt metbeii mu&. ^ebenfaßS ael)5rt 
bat! '-9u(^ ju ben aniegenbften gef(i|id|tli(^eu ^Betten, bic in ben le^en 
^n^ren Ben nebilbelen Sefent bargeboten »utben. §ett S(^ienionn 
täuuit gtiinblic^ mit oHen ben SBorurteUen auf, bic nod) inimet mit 
bejug auf aUeEanber im Sdjwange ge^en. ®t ift ein unETbittlidiet 
91id)ier, ober er ifi aud) ein fd)atf bcobaii^tenbei ^IJf^djologe , unb fo 
gelaugt er benu mit foigfältiger SSeuutiung aüer literorifiien 6irfä= 
QueUen nnb neuen, sorget unbefannt gebliebenen or^ioarifc^eR ^oiu= 
nienten unb gtnubioiivbigen 9iiifjei<^nun9eu ooii ^itioatleuten in ^eroor^ 
tagenben SteHuiigeu ju einer G&aralterbarfleUuug SlleEanbers, bie iu 
beu Qnmbjügen non ber (anbiäufigeit gar fel)r abioeictit. 



Scutfdjlonb unb Sic ßro^c ^olitif 

anno 1901.' 1902. 1903 

i*on SI|cobor Stfiicutanu. Sebec SaitB brofi^iert 
m. 6,—. eStbuubeit m. 7,—. 

llireufeifAe ^afirbü^er Sb. 108, 6.2: S« ^^« ^etcorragctibpen 
piiblVjifiifi^en Ueiflungen uiiferer .^tii, Ben glöiijenben üluöna^meii, ge> 
bfiten jmeifediiS bie Sd)iemauitft^en Ubetfid)täattitet. ^^f^"""^"?^*"! 
oilben fte nunmehr eine gauj eigenartige gleidijiettiße ©efdjii^täfi^teiliuiig. 
Sä ift rein müglit^ft farblofer objefiiDec ©ejai^tSfalenber unb eS tp 
aud) feine fottlaufenbe @rjü^[ung, fonbein ein SJtittelbing, eine SpiegeluitQ 
ber Sreigiiiffe, roie fie nacheiuanber eingetreten f'"». i" siner fe^t 
(enntniöreidien irab nrteilä fähigen 9inbioibua£itüt non beftimmter fcQarf 
muttietter Senbeuj. 



aJ/3ST£ OOS onOO 

f S3 BR K>\Sll ' 



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Stantord 



3 6105 037 949 034 



DATE DUE 1 



































































































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