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Full text of "Bonner Jahrbücher"

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SEP23 Wl 



JAHRBÜCHER 



VEREINS VON ALTERTHUMSFREUNDEN 



RHBINLANDE. 



HEFT LXXXII. 



ilT ( finm UND t UOLIBCHSlrrER. 



BONN. 

OEDRÜCKT AUF KOSTEN DES VEnr.i:.'S, 

UONN, BRI «DOlril URCFS. 

1PS6. 



^1 



Inhalts-Verzeichniss. 



I. Geschichte und Denkmäler. 

1. Die figürlichen Darstellungen auf Gürtelbleohen und Situlen von Bronze 

aus der Hallstattperiode. Von J. Naue. Hierzu Taf. I 1 

2. Zur Topographie von Köln. Von L. Schwörbel. Mit 1 Holzschnitt 15 

8. Caesars Rheinbrücke. Von Isphordiug. Hierzu Taf. II 80 

4. Die Römerstrasse von Trier nach Köln und Bonn. Von von Yeith. 

Hierzu Taf. HI 36 

6. Weitere Ausgrabungen in Remagen. Von H. Reuleaux 69 

6. Römische Wasserleitung im Dome zu Köln. Von Yoigtel. Hierzu 
Tafel IV 76 

7. Römische Niederlassungen an der Ahr. Von P. Joerres 82 

8. Wie gross war ein römisches Winterlager für 2 Legionen ? Von G. M. W o 1 f 94 

9. Die ältesten Bautheile der Münsterkirche zu Essen. Von G. Humann. 
Hierzu Taf. V u. VI und 1 Holzschnitt 107 

10. Studien zur altwestf&lischen Malerei. Von J. B. Nordhoff. . . . 122 

11. Meister Eisenhuth. IV. Von J. B. Nordhoff 136 

12. Alte Wandmalereien in der Müusterkirche zu Esseu. Vou W. T ö n n i h 8 e u 148 

U. Litteratur. 

1. V. Gauchez: Topographie des voies Romaines de la Gaule- Belgique. 
Angez« von von Veith 151 

2. Erwiderung von H. Düntzer 162 

8. M. Siebourg: De Sulevis Campestribus Fatis. Angez. vou M. Ihm. . 165 

4. L. Lindenschmit: Handbuch der deutschen Alterthumskunde. Angez. 

von Sohaaffhausen 167 

5. J. B. Nordhofi: Die Kunst- und Gesohichtsdenkmäier des Kreises 
Warendorf. Angez. von P. Lehfeldt 161 

IlL Berichte. 

1. Bericht der histor. Kommission bei der Kgl. bayr. Akademie d. Wissen- 
schaften 170 

2. Die Anthropologen-Versammluug in Stettin im August 188G. Vou Sohaaff- 
hausen 178 

IV. Miscellen. 

1. Antiquarische Beobachtungen im Ahrthale. Von Joerres . . . . 184 

2. Archäologische Funde in Athen 185 



Inhalts- Verzeichniss. 

Seite 

3. Römische Gräber in Bonn. Mit 1 Holzschnitt. Von Schaa ff hausen 185 

4. Römische Hufeisen. Von von Veith 187 

6. Römische Rheinstrasse durch Bonn. Von vonVeith . . . , . . 188 

6. Römische Graber in Biwer. Von Seh aaff hausen 189 

7. Römische Villa bei Brohl. Von Schaaff hausen 189 

8. Das alte Campodunum 190 

9. Inschrift aus Cannstadt Von M. Ihm 191 

10. Römische Gräber in Coblenz. Von Schaa ff hausen 192 

11. Funde an der bairischen Donau 192 

12. Eifelkanal. Von Maassen 19i 

18. Funde bei Hamm in Westfalen. Von Schaa ffhausen 196 

14. Römische Mainbrücke bei Hanau , 197 

15. Römische Befestigung bei Jünkerath 198 

16. Eiserne Amor-Statuette in Karlsruhe. Von Schaa ffhausen. Mit 

1 Holzschnitt 199 

17. Mainalterthümer 200 

18. Inschrift aus Mainz. Von Höfner 205 

19. Jahresbericht des Nassauischen Alterthumsvercins 208 

20. Funde bei Plittersdorf. Von Schaaffhausen 209 

21. Römische Inschriften aus Stockstadt. Von Klein 209 

22. Entdeckungen in Susa. Von Schaaffhausen 210 

23. Münzfnnd von Thüngersheim. Von A. W 212 

24. Römerquelle bei Wiesbaden , . . 212 

25. Ein Isistempel in der Schweiz. Von Schaaffhausen 214 

26. Die Mosaikperlen fränkischer Gräber. Von Schaaffhausen . . . 214 

27. Auffindung von Mumien aegyptiscber Könige. Von Schaaffhausen 215 

V. Bericht über die Generalversammlung 1886 217 

VI. Winckelmannsfeier in Bonn am 9. December 1886 . . 224 

VII. Verzeichniss der Mitglieder 288 



I. Oesehielite und Denkmäler. 



i. Die figurlichen Daretellungen auf Gartelblechen und Situien 

von Bronze au8 der Hallatattperiode. 



Hierzu Tafel L 



Unter den Fundgegenständen, welche wir aus den Oräbem der 
Hallstattcultur erheben, fallen, neben vielen Bronzearmreifen und 
Fibeln, die Bronzegürtelbleche, die dicht mit kleineren und grösseren 
Bronzeknöpfen besetzten Ledergüii;el und die Bronzegürtel besonders 
ins Auge. Diese neuen Schmuckgegenstande erscheinen gleichzeitig 
mit dem ersten Auftreten des Eisens in der Siteren Hallstattperiode, 
um in der darauffolgenden jüngeren zur eigentlichen Herrschaft zu 
gelangen. 

In den Grabhügeln der vorhergehenden Perioden sind bis jetzt 
bei uns noch keine derartigen Zierstücke gefunden worden, was schon 
dadurch erklärbar wird, dass man in den frühesten Zeiten, trotz der 
grossen Kunstfertigkeit Bronze zu giessen, es doch nicht verstand, 
dieses Material in dünne federnde Platten auszuhämmern ; erst der in 
jeder Weise so vortrefflich entwickelten Hallstattcultur war dies vor- 
behalten. Auf jeden Fall ist aber die Technik des Hämmerns der 
Bronze und die Herstellung derselben in mehr oder weniger dünne 
Bleche nicht als eine Erfindung jener Gulturvölker der österreichischen 
Alpengebiete und des südlichen und südwestlichen Deutschlandes auf- 
zufassen. Wir kennen u. a. lange und schmale Gürtel von ziemlich 
starkem Bronzeblech mit streng stylisirten, meistens zu zwei ange- 
nieteten Schliesshaken aus Ünter-Italien — der Hagna-Graecia — , 
welche beweisen, dass man hier schon frühzeitig das Aushämmem der 
Bronze in tadelloser Weise ausübte; aber auch rein griechische 

1 



2 JaliuB Naae: 

Funde dieser Art liegen vor. Freilieb darf dabei nicbt ausser Acht 
gelassen werden, dass alle diese gross-griecbiscben und griechischen 
Bronzeblecbe ziemlich stark sind, .indess die Fabrikate unserer nörd- 
lichen Bevölkerung eine bewunder nswerthe Dünne und Feinheit haben, 
und dass lässt denn in Verbindung mit der neuen Form der Bronze- 
gürtel, welche bei uns auftritt, wohl darauf schliessen, dass man die 
Kunst des Bronzeaushämmems durch importirte Bleche, vielleicht auch 
durch Ueberlieferung, erlernte, sie aber hier erst zu einer Vollendung 
brachte, die noch heute gerechtes Staunen erregt. Die Beweise liefern 
die Bronzegürtelbleche, die Bronzegürtel, die tonnenförmigen Bronce- 
armwülste, die kleinen enggerippten Cisten und Bronzevasen speciell 
unserer oberbayerischen Hügelgräber. 

Die in Hallstatt und im sädlichen und südwestlichen Deutschland 
gefundenen Gürtelbleche und Gürtel von Bronze haben eine neue, in 
Italien fehlende Form, die aber auf frühkrainerischen Typus hinweist, 
der weiter entwickelt und vervollständigt wird. Es sind lange und 
sehr schmale, rechtwinkelige Bleche, welche möglicherweise den Leder- 
gürteln nachgebildet wurden. Diese Umgestaltung lag dem erfinde- 
rischen Geiste jener Völkerstämme denn auch sehr nahe. Zuerst ver- 
suchte man es wahrscheinlich mit kurzen, circa 18 bis 20 und 30 cm 
langen und 3 bis 7 cm breiten Blechen, die als Zierde des Ledergürtels 
und zwar auf seiner vorderen Seite verwendet werden. Der Mehrzahl 
nach sind dieselben un verziert; nur an den beiden schmalen Endseiten 
tragen sie öfters Bronzeknöpfe, die mit feinen Eisenstiften auf das 
Leder befestigt wurden; ab und zu treten an diesen Seiten doppelte 
Beihen kleinerer und grösserer, eingestanzter Buckeln auf. Wohl etwas 
später stellte man lange, den ganzen Leib und den Bücken oder die 
Brust und den Rücken umschliessende Bronzegürtel her, und verzierte 
dieselben mit geometrischen Ornamenten, welche in der ersten Zeit 
meistentheils cingravirt und nur ausnahmsweise gestanzt wurden, indess 
in der Blüthezeit der Technik die eingestanzten, also erhabenen Oma- 
mente mehr und mehr zur Herrschaft gelangten; immerhin wechseln 
auch in dieser Zeit noch gestanzte Ornamente mit eingravirten ab, 
doch wiegen die ersteren, allem Anscheine nach, vor. Aber gerade die 
Abwechselung vom erhaben Getriebenen und vertieft Gravirten verleiht 
der Darstellung einen besonderen Reiz, der seiner Zeit, als die Bronze 
noch wie Gold glänzte, durch die auf- und einfallenden Lichter erhöht 
wurde ; diese reizvollen Abwechselungen zu erzielen lag auch gewiss in 
der Absicht der kunstfertigen Arbeiter. 



Die figürlichen Darstelltiiigen ans der Hallstatiperiode. 3 

Die Skelette, welche in Hallstatt mit dergleichen BronzegUrteln 
versehen waren, trugen sie, der Mehrzahl nach, über dem Becken, wie 
ich auch die gleiche Anwendung bei den Skeletten unserer oberbaye- 
rischen Hügelgräber gefunden habe; einige dagegen hatten sie von der 
einen Achsel zur entgegengesetzten Hüfte herabgehend, ähnlich den 
Tragriemen der Patrontaschen unserer Ghevauxlegers und Ulanen. 
£benso wurden sie bei Männern wie bei Frauen gefunden; indess in 
unseren oberbayerischen Grabhügeln nur die weiblichen Skelette, mit 
zwei Ausnahmen, im Besitze derselben, sowie auch der Ledergürtel 
mit Eisenschliessen waren. Ueberhaupt unterscheidet sich unsere ober- 
bayerische vorgeschichtliche Bevölkerung in mancher Hinsicht von 
jener Hallstatts, Steyermarks, Kämthens und Erains (von Este, 
Bologna u. s. w. nicht zu sprechen); bei uns tragen nur die Frauen 
die Fibeln und Armringe, während in den vorerwähnten Gebieten 
Männer und Weiber im gleichen Besitze dieser Zierstücke sind. 

Betrachten wir nun die Ornamentik der Bronzegürtel, so sehen 
wir, dass dieselbe, wie schon erwähnt, aus geometrischen Motiven und 
zwar aus Bauten mit und ohne Innendecoration, ans Halbkreisen, aus 
kleinen und grösseren Kreisen und Buckeln mit und ohne Centralpunkt, 
aus Zickzaklinien, Dreiecken, mäanderähnlichen Motiven, Sonnenrädem 
und schlangenartig gewundenen Linien besteht, welche durch horizon- 
tale und senkrechte Linien in einzelne Felder getheilt sind. Diese 
Decorationsweise ist die fast allein vorherrschende, indess z. B. in Este 
und Bologna das Thiermotiv und zwar eine Art Wasservogel sehr 
häufig auftritt, welches, bis auf einige wenige Ausnahmen, im südlichen 
und südwestlichen Deutschland fehlt; dafür aber sehen wir hier, doch 
nur selten, eigenthttmlich gestaltete vierfüssige Thierfiguren, die wohl 
als Pferde zu deuten sind, erscheinen; auch ein anderes Thier mit 
langem, dickem Schwanz und kleinem Kopfe, dem Eichhörnchen ähn- 
lich, gehört hierher, dazu gesellen sich schliesslich menschliche Ge- 
stalten in eigenthümlich tanzenden und hüpfenden Bewegungen darge- 
stellt. Hier zeigt sich denn, wie eigenartig und selbständig die Er- 
findung von Omamentmotiven geübt wurde. 

Mit den Darstellungen dieser Thier- und Menschenfiguren werden 
wir nun zu jenem so merkwürdigen Bronzegürtel bleche von Watsch (Fig. S) 
und zu den zwei Fragmenten von Gurina hinübergeleitet. Das erstereist 
vom Fürsten Ernst Windischgrätz im Jahre 1883 in Watsch ausgegraben 
worden. Das Blech war wahrscheinlich auf einem Ledergürtel befestigt 
und bestimmt die Mitte des Leibes zu zieren. Es wurde neben einer 



• 



4 Juliai Nane: 

Dolchscheide aus Eisen» einem Dolchgriff aus Bitmze und einigen 6e- 
fässscherbcn in jenem Theile des Flachgriberfeldes gefunden, in welchem 
meistens Skelettgräber vorkonmien. Unweit der Stelle, wo die barühmte 
Situla, von welcher wir später noch sprechen werden, gefunden worden 
ist, lag auch das Bronzeblech. Es ist, wie unsere Bleche, sehr fein getrieben 
und giebt innerhalb einer alle vier Seiten nach antikem Muster umrahmen- 
den, eingestanzten Bordüre die Darstellung einer Eampfscene. Die Figuren 
sind getrieben und die Umrisse darnach mit dem Stichel gearbeitet 
Was bei dieser lebensvollen Darstellung zuerst auffällt, ist, dass das 
Blech frei und nicht auf Holzmodelle gelrieben wurde, und das Thiere 
und Menschen, soweit es die Technik gestattete, individuell wiederge- 
geben sind. Dass der Künstler, welcher die so interessante Darstellung 
compoDirte, auch fähig war gut zu zeichnen, beweisen einige Stellen; 
aber die Hand konnte noch nicht das ausfuhren, was das geistige Auge 
geschaut. Dazu tritt die Ueberlieferung, die Zeit und die Schule, 
Factoren, die in diesen frühen Zeiten nicht überwunden werden konnten. 
Es sind dies Vorkommnisse, die wir in allen Kunstperioden antreffen. 
Wir dUrfen uns aber nicht abhalten lassen das unbehilflich Gegebene 
richtig zu erfassen, müssen vielmehr bestrebt sein, uns in jene längst 
vergangenen Zeiten zurückzuversetzen und den Geist derselben zu er- 
fassen. Gelingt uns dieses, so bietet nicht nur dieses Giirtelblech, 
sondern auch die noch zu besprechenden zonenartigen Darstellungen 
der Situlen eine Fülle von Genuss und Freude. 

Bei all diesen figürlichen Compositionen wissen wir sofort, um was 
es sich handelt; der Gedanke ist klar ausgesprochen, die Gomposition 
folgt bestimmten Gesetzen, die Anordnung im Baume ist gelungen, 
stellenweise vortrefflich, in der Gruppirung und Anordnung der Figuren 
zu- und nebeneinander waltet ein richtiges Gefühl für die Linie und 
für den Rhythmus derselben. Was aber als ein besonderer Vorzug 
dieser Darstellungen angesehen werden muss, ist, dass sie sämmtlich 
gross gedacht sind, durch welche Eigenschaft sich dieselben als kleine, 
wenn auch noch unbehilfliche Meisterwerke charakterisiren. Wie sollte 
das aber auch anders möglich sein? Weiss man doch ganz genau, 
welche Regeln man zu befolgen hat und dass man die Freiheit nicht 
ohne Gesetz erlangt! Die sprechendsten Beispiele hierfür sind die Thon- 
gefässe mit ihrer vortrefflichen Decorirung, die niemals über Ziel und 
Maass geht, sondern die Form der zu schmückenden Vase, Schaale 
und Urne streng respectirt. So einfach dies erscheinen mag, ist es 
doch nicht; Beweise des Gegentheils liegen genugsam vor. Ich kann 



Die figürlichen Darstellimgen aus der Hallstattperiode. 6 

nicht umhin auszusprechen, und zwar von meinem Standpunkte als 
Historienmaler aus, dass diese einfachen Schilderungen des Lebens 
jener voi^eschichtlichen Völker, wie sie uns die Situlen und das Gürtel- 
blech zeigen, einen Hauch des Historischen tragen und zwar deshalb, 
weil sie das Zufällige und Nebensächliche bei Seite lassen und nur 
das Wesentliche hervorheben! Dass dieser Ausspruch seine Berechti- 
gung hat, bewiesen jene fast lebensgrossen Copien nach den Darstel- 
lungen der Situla von Watsch, welche im vergangenen Jahre unter 
meiner Leitung hergestellt wurden und als- erläuternde Bilder die Aus- 
stellung vorgeschichtlicher Funde Bayerns schmttckten. 

Dass sodann diese Darstellungen getreue Abbilder des Lebens, 
des Thuns und Treibens, der Sitten und Gebräuche, der Kleider, Wafifen 
und Geräthe jener vorgeschichtlichen Zeiten geben, ist von nicht min- 
derer Bedeutung. So sind z. B. dieselben Helme und Waffen, wie wir 
sie auf dem Bronzebleche von Watsch sehen, auch in dem dortigen 
Gräberfeld gefunden. 

Kehren wir nach diesen allgemeinen Betrachtungen, die freilich 
später noch einiger Ergänzungen bedfirfen, zu dem Gürtelbleche von 
Watsch zurück. Derjenige, welcher die Zeichnung zu der Darstellung 
entwarf und wohl auch die Ausführung derselben besorgte — ob nun 
Künstler oder Kunsthandwerker nach unseren modernen Begrififen — 
hatte immerhin einen gewissen Sinn für richtige Verhältnisse, wie wir 
dies bei den Pferden finden, die ausserdem noch lebendig bewegt sind. 
Weniger ist dies der Fall bei den beiden links und rechts dargestellten 
Kriegern und dem davon gehenden Mantelträger, welcher, was übrigens 
nur nebenbei erwähnt sei, ganz richtig angebracht ist: er geht aus 
dem Bilde; auf der entgegengesetzten Seite angeordnet, würde er die 
beginnende Erzählung unterbrechen und sein Weggehen ganz unmo^ 
tivirt sein! Das scheinen Nebensachen, aber sie sind es nicht: soll 
eine Erzählung klar und deutlich sein, so muss auch das Geringste 
recht beobachtet und richtig dargestellt werden. 

Sind die Köpfe und Gesichter dieser drei Figuren zu gross aus- 
gefallen, so kommt das, nach meiner Ansicht, lediglich auf Rechnung 
des Bestrebens, dieselben so viel als möglich zu individualisiren. 

Die Handlung stellt einen schon vorgeschrittenen Kampf dar: 
die langen Lanzen sind geschleudert, diejenige des hclmbedeckten 
lieiters zur rechten Seite hat eine Zierscheibe, welche das Pferd seines 
Gegners auf der rechten Schulter trägt, durchbohrt. Die erste Lanze 
des linken, unbedeckten Reiters fliegt auf den Gegner zu, indess er die 



6 Julius Naae: 

ksrze, zweite Laiue eben im Begriff ist za werfeiL Wir aekem kkr 
die beulen charakteriatiacbcn Warfgeschosse abgebildet: die kuge Lu» 
mit beschlagenem Scbaftende und der Wurfschlinge, und die kime 
Lanze ohne dieselben. 

Der rechte Reiter holt mit dem an einem gebogenen SUde be- 
festigten PaaUtabe zum Schlage aus. Beide sind bekleidet: der Helm- 
träger mit einem oben enganschliessenden reich gemusterten Bodce, 
der Gegner mit flatterndem Haare mit einem in breite Falten lom 
Rucken herabfallenden Oewande, Beine und FQsse sind nadct. Dadurch, 
daas bei beiden iCeitem auch der zweite Fuss dargestellt ist, eriialten 
wir den Beweis, dass der Künstler scharf beobachtete und nicht nach 
irgend einer »Schablone schuf« 

In Betreff der f ussbekleidung der Reiter, welche Graf Wurm- 
brand annimmt, verdient das Bronzeblechfragment von Gurina, welches 
ebenfalls im Besitze des Fürsten Ernst Windischgrätz ist und das 
Meyer in seinem Werke über „Gurina^^ ^) publicirt hat, besondere Be- 
achtung, weil es zeigt, dass der Reiter mit kurzen Stiefeln bddeidet ist. 

l)ie Pferde sind verschieden gross. Das grössere, links, mit kurz 
g(äichorener Mähne Ist im Vcrhältniss zum Reiter grösser als das 
MittelroaasH unserer Cavaleriepferde und bedeutend grösser als wahr- 
scheinlich die Pferde der Römer und Griechen waren; das andere ist 
kleiner und mit offener, reicher Mähne versehen, wie sie nur die Pferde 
der Barbaren trogen. Das Riemenzeug des Kopfgestells ist beim grossen 
Pferde deutlich sichtbar, sowie die halbrunde Stange, welche an zwd 
Stellen befestigt war und die oft gefunden wurde, ohne die Lage im 
Gebiss genau zu erkennen. Sattel und Steigbügel fehlen. 

Die beiden Krieger links und rechts neben den Reitern sind mit 
Helm und Schild bewehrt; derjenige, welcher hinter dem behelmten 
ReiU;r schreitet, hat zwei Lanzen, der andere schwingt den Paalstab, 
wie der ihm feindliche Reiter und hat einen ähnlichen reich gemusterten 
Rock. Wir unterscheiden somit nicht durch typisch verschiedenes 
CosUlm Freund und Feind, denn der behelmte Reiter ist bis auf 
den Schild mit dem Krieger zu Fuss, welcher sich ihm gegenüber be- 
findet, gleich gekleidet und schwingt dieselbe Waffe. Der scheinbar 
ersclireckt davon Eilende hat einen breiten Hut und ein ärmelloses 
üewand oder einen Mantel. 

1) Moyor, Dr. A. H.. Ourina im Obergailthal (Kärnthen). Dresden 1886. 
Mit 14 Tafolu in Lichtdruck. 



Die figürlichen Darstellungen aus der HallBtattpcriode. 7 

Die Darstellung dieses Gürtelbleches führt uns nun zu jener, 
welche wir auf den Bronzeeimem (den Situlae) finden. Bekannt sind 
solche Gefässe aus den österreichischen Alpenländern und zwar folgende: 
Fragmente einer Situla mit getriebenen Figuren, welche 1845 auf dem 
Umengräberfelde von Matrai am nördlichen Abhang des Brenners in 
Tyrol gefunden wurde, sodann die 1868 am Fusse des Tschegglbergs 
bei Botzen in Südtyrol unter einem Steine, allerdings auch nur in 
Bruchstücken gefundene Ciste von Moritzing, und von Hallstätter Funden 
die bei Sacken, das Grabfeld von Hallstatt Tafel XX und XXI abge- 
bildete Situla mit 2 Tragreifen, deren Deckel aber nur vier getriebene 
Thiergestalten zeigt, weiter ein Bronzeblechfragment aus einem Hügel- 
grab am St. Magdalenenberg bei St. Marein südlich von Laibach, 
welches schreitende Krieger und in der unteren Zone Ornamente eben- 
falls in getriebener Arbeit darstellt, hieran schliesst sich die im Früh- 
jahre 1882 bei Watsch gefundene einhenkelige Situla aus Bronze. Aus 
Italien kennen wir die in Fragmenten in einem Kriegergrabe bei Sesto 
Caiende gefundene Situla, die von Trezzo am Lago Maggiore, welche 
aber in der Ausführung von den übrigen abweichen, die Situlae von 
Este und endlich die wichtigste, die berühmte Situla der Gertosa von 
Bologna und eine weitere, zweite, ebenfalls von Bologna. 

Diese Certosasitula wurde im Grabe 68 am westlichen Rande der 
I. Gruppe der Certosagräber gefunden, sie war mit einem Steine be- 
deckt und enthielt Leichenbrand; zwischen den Knochenresten lagen 
zwei schlechterhaltene Bronzefibeln, scheinbar vom Gertosatypus, über 
den Knochenresten eine Schaale und ein Henkelkrug aus Thon mit 
Mäanderverzierung. 

Sowohl diese, als die anderen Situlae sind aus zwei sehr dünnen 
Bronzeblechen, die zusammengenietet sind, hergestellt; die Gestalten 
in Zonen geordnet, deren untere nur Thierfiguren zeigt. Zannoni und 
Brizio halten die Bologneser Gertosasitula für umbrischen Ursprungs 
und erklären dies damit, dass ümbrer auch unter der Herrschaft der 
Etrusker noch in dem alten Felsina gelebt haben. Die Situla, meint 
Zannoni, sei ein altes Prachtstück, das aus der umbrischen Zeit stamme, 
in einer Familie wahrscheinlich als Erbstück aufbewahrt worden und 
erst nach der Festsetzung der Etrusker in dem alten Felsina in das 
Grab gelangt sei. 

Die Situlae von Sesto Caiende und Trezzo zeigen Kreisomamente 
und Figuren, die aus kleinen getriebenen Funkten oder Buckeln zu- 



8 Julius Naue: 

sainmengesetzt snd. In der Art der Technik weichen demnach diese 
beiden von den übrigen ab, was nicht ohne Bedeutung ist 

Zannoni theilt die Situlae in zwei Gruppen: in solche, welche 
keinerlei orientalischen Einfiuss zeigen, die er für älter erklärt (Matrd, 
Sesto Calende und Trezzo) und in solche, die mehr oder weniger einen 
orientalischen Einfiuss verrathen und jünger sind (Situla der Gertosa, 
Moritzing und Este). 

Das all dies^ Gefässen Gemeinschaftliche und Charakteristisehe 
ist die Eintheilung des Gefässumfanges durch horizontale Streifen oder 
Rippen in friesartig umlaufende Zonen. Die primitiv stylisirten Menschen- 
und Thierfiguren sind nicht einseitig angebracht, sondern als Yerzie- 
rungstreifen in Reihen geordnet. Diese Zoneneintheilung und reihen- 
förmige Anordnung der Figuren und Ornamente ist aber ein besonders 
charakteristisches Merkmal der alten orientalischen und asiatisch«! 
Metalltechnik und tritt uns fiberall auf den Schaalen und anderen Ge- 
fässen aus Bronze, Silber und Gold entgegen, welche als Erzeugnisse 
der ägyptischen, phönikischen, assyrischen oder altgriechischen Kunst 
betrachtet werden. 

Vor allen Dingen ist bei diesen Darstellungen nicht ausser Acht 
zu lassen, dass der Fries mit seinen Bedingungen niemals überschritten 
wird und dass eine, wenn auch noch so unbehilflich dargestellte Episode 
aus dem Leben doch immer klar und deutlich erzählt ist. Analog der 
Gefässform geht die Erzählung von unten nach oben, wodurch ein 
Fortlaufen derselben ermöglicht wird. So schreiten die Figuren der 
ersten oberen Zone meistens nach links, die der zweiten von links nach 
rechts, die der dritten wie die ersten, indess die Thiere der letzten 
Zone — die Basis, von welcher die Erzählung aufsteigt — entweder 
von links nach rechts, oder umgekehrt angeordnet sind ; die Abweichung, 
welche hier hin und wieder auftritt, hat darin ihren Grund, dass die 
Thiere nicht mit der eigentlichen Darstellung im erzählenden Zusam- 
menhange stehen. 

Die Thiergestalten der unteren Zone kann ich nicht, wie v. Hoch- 
stetter annimmt, für Bilder aus der Naturgeschichte halten; in diesem 
Falle wären sicher verschiedenartige Thiere dargestellt. 

Auf derWatscher Situla (Fig. 2) ist anstatt desieierlichen Aufmarsches 
der Krieger, wie wir ihn auf der Situla der Certosa (Fig. 1) sehen, in der 
oberen Zone ein festlicher Aufzug dargestellt, Wagenlenker, Pferdeführer, 
Reiter — vielleicht ein Uochzeitszug —. Die zweite Zone der Wat- 
scher Situla enthält die Darstellung eines Ess- und Trinkgelages, eines 



Die^ figürlichen DarstelluDgen aus der Hallstattperiode. 9 

Opfersund eines Musicirenden; dann folgen gymnastische Spiele: Faust- 
kämpfer mit den Zuschauern oder Preisrichtern. Auf der Gertosa- 
situla zeigt die zweite Zone einen feierlichen Zug von Männern und 
Frauen, welche die verschiedensten Dinge tragen; einen Zug von 6e- 
schenkbringem, wie Hochstetter meint, den man aber, wenn man ihn 
in Verbindung mit den feierlich dahin schreitenden Kriegern der ersten 
2^ne setzt, was wohl der Fall sein diirfte, als einen Opferzug mit 
den Opfeithieren, Opfergefassen und Qerätheu auffassen könnte. Die 
dritte Zone enthält neben landwirthschaftlichen Bildern ein Opfer, das 
Heimbringen der Jagdbeute, und in der Mitte eine musikalische Unter- 
haltung. Wer dächte hier nicht an den Zug mit den Opferthieren, 
Opfergeßlssen und Weihegaben der Panathen&en vom Parthenonfriese 
des Phidias? Auch hier wird der Widder mitgeflihrt, indess Amphoren 
und Weihegaben von Jünglingen, und die heiligen Gewänder von Jung- 
frauen in Körben getragen werden. 

Die zweite Situla von Bologna trägt in der oberen Zone die Dar- 
stellung eines Wagenrennens und gymnastischer Spiele, in der mitt- 
leren mehrere mit Schild und Helm bewehrte und mit Lanzen ausge- 
rüstete Krieger zu Fuss in Begleitung von zwei Reitern; der vor dem 
ersten Reiter mit Schild und Helm (?) bewehrte Krieger scheint als 
Tuba- oder Hornbläser dem Zuge vorauszugehen; die untere, schmälere 
Zone hat die bekannten Thierfiguren. Sowohl über der ersten, zweiten 
und dritten Zone ist bei dieser Situla, abweichend von den eben be- 
schriebenen, je ein schmaler, eigenthümlich omamentirter Fries einge- 
schoben, wodurch die Figurenfriese getrennt und als für sich allein 
stehende Erzählungen erscheinen, oben Wettrennen und gymnastisches 
Spiel, unten: militärischer Aufzug. 

Hochstetter nimmt an, dass „der Metallschmied den Raum be- 
nutzte, welchen ihm die Zonen boten und dass er aus seinen Schablonen 
und Zeichnungen ausgewählt und neben einandergesetzt hat, was ihm 
passend schien.* Dieser Annahme kann ich nicht zustimmen. Denn 
wären die Figuren mit Schablonen hergestellt, so würden bei den mar- 
schirenden Kriegern z. B., um nur von diesen zu sprechen, zwei oder 
drei ganz und gar miteinander übereinstimmen, was jedoch nicht der 
Fall ist; auch bei den Thieren der unteren Zone findet dieses nicht 
statt. Von Schablonen oder vorräthigen Zeichnungen kann deshalb 
nicht die Rede sein; ich bin vielmehr der Ansicht, dass derjenige, 
welcher die Ausschmückung der Gefasse übernommen hatte, vollständig 
frei schuf. Wi^e viel Gewicht auf die Anordnung gelegt wurde, be- 



10 Julius Naue: 

weisen u. a. die Mitteltheile der Zonen der beiden Bologneser Situlen; 
hier ist ein gewisser Kernpunkt angenommen, um den sich die links* 
und rechtsseitigen Dartellungen gruppiren und anreihen. 

Die Ausfüllung der leeren Stellen zwischen den einzelnen Dar» 
Stellungen und Figuren durch Rosetten, Bäume, pflanzenartige Orna- 
mente und Vögel zeigt von Verständuiss und Takt; denn nur da wurden 
sie angebracht, wo sie wirklich Lücken ausfüllten, aber auch hier nicht 
ohne Ik'ziehung, wie dies die fliegenden und auf den Thieren sitzenden 
Vögel genugsam beweisen. Um nun den oberen Darstellungen einen 
würdigen Absehluss zu verleihen, wird in die untere, letzte Zone ein 
Fries von ruhig hinter einander schreitenden Thieren hinzugefügt, die, 
ornamental angeordnet, die oberen mehr oder weniger bewegten Hand- 
lungen wirksamer hervorheben. 

Folgte man auch in der Anordnung überlieferten Regeln nnd 
liosetzen, so wusstc man doch das NebensächUche unterzuordnen und 
nur das Wesentliche darzustellen. 

Die den Thieren in das Maul gegebenen „Pflanzenranken'' o. dergl. 
sind als hinüberleitende Linien und rein ornamentale Zusätze aufzu- 
fassen, da sie sonst keine eigentliche Erklärung finden. 

Dass nach F. von Hochstetter die darstellende Kunst, soweit es 
sich um die mehr oder weniger richtige Zeichnung der Menschen- 
und Ihiortiguren auf den besprochenen Gef&ssen handelt, «als eine 
durchaus kindlich naive, rohe und unbehiUliche* anzusehen ist^ bedarf 
keiner weiteren Erörterung: doch mag in Betreff der Darstellungen 
der Cortosasitula die Bezeichnung ..roh*' nicht am Platze sein. Un- 
bohildioh ist wohl vieles, hinwiederum aber auch anderes ganz vortrefflich, 
so u. a. einige Thiere der dritten und vierten Zone; vor allen jedoch 
war dex Künstler, welcher diese Situla ausschmückte, bestrebt, seine 
iiesialten so lobendig als nü'iglich darzustellen und den Gesiebtem 
und iie:>talten eme gewisse Individualität zu verleihen. Auch die zweite 
Situla \ivu lU>K^ua zeichnet sich bei aller Plumpheit der AosfQhrung 
d\vh darvh grusse Lebendigkeit und ein Bestreben zu individoalisiren 
Au^ ol^^ion bei der ausseronlenüich flüchtigen Arbeit der Stichel häufig 
u:oh; den Intentionen nachkommen konnte: dasselbe ist bei der Situla 
\VQ Welsch der Fall, welche aber weiter in der Ausfährong, noch in 
L>etn^ der Kenntnisse mit der Certosasitula deichen Schritt hält. 

Wenn vir jeut auf die Anordnung des Ganzen« auf Oomposition, 
Grup'ixruu^. hchti^e Verthoilung der Massen ein besonderes Gewicht 
kv^i\ jo ^^^schieht dies, weil wir erst dadurch in den^SUnd geseilt 



Die figürlichen Darstellungen aus der HalUtattperiode. 11 

werden, diese interessanten Darstellungen richtig zu würdigen. Es ist 
das geistige Element, was hier besondere Beachtung verdient und das 
über die unbehilfliche, oft rohe Arbeit gestellt werden muss. Meiner 
Ansicht nach gewinnen wir damit die richtige Beurtheilung jener vor- 
geschichtlichen Metallschmiede oder Kunsthandwerker. 

Die Situlen der Certosa und von Watsch repräsentiren gewiss die 
besten Erzeugnisse der damaligen Metalltechniker, welche nicht allein 
im alten Italien, sondern auch in den österreichischen Alpenländern 
und wahrscheinlich nicht minder im südlichen und südwestlichen Deutsch- 
land eine hohe Stufe einnahmen. 

Wenn nun mit Ausnahme der beiden Situlae von Bologna und 
derjenigen von Sesto Calende und Trezzo die meisten Funde dieser 
verhältnissmässig seltenen Bronzegefässe, zu denen wir noch die 
figürlichen Gürtelbleche von Watsch und Gurina zählen müssen, Ge- 
bieten innerhalb der Alpen oder am Fusse südlich und nördUch der- 
selben angehören, während einfache Situlen, gerippte Bronzecisten, 
einfache und gestanzte Bronzebleche und Bronzegürtel allerdings weit 
verbreitet, sowohl in den südlichen, wie in den nördlichen Gebieten 
der Hallstatt-Cultur und in einzelnen Exemplaren selbst in Nord-Deutsch- 
land vorkommen, so gibt dies recht zu denken. 

Wichtig erscheint in dieser Beziehung Este, hier wurden nämlich 
wie in Watsch und Maria Rast Urnen von fast gleicher Forn\ mit 
eigenthümlichen Verzierungen von Bronzenägeln mit den Situlen ge- 
funden; dazu kommt ferner, dass die neuesten Forschungen und Unter- 
suchungen zweier Gelehrten, welche ganz getrennt von einander 
arbeiteten, bestätigen, dass von Este und Padua über das Gebiet des 
Piavethales in Venetien bis nach Kärnthen, Krain und Istricn ein Volk 
mit einer Sprache, das dem illyrischen Stamme zuzutheilen sei, an- 
gesiedelt war. Pauli in Leipzig kommt zu seinem Resultate durch das 
Studium der Inschriften von Gurina und Este, und Orsi in Florenz 
durch die Gräberfunde von Istrien und den julischen Alpen. Ich kann 
hier nicht die von Pauli angeführten Beweise wiedergeben, ebensowenig 
auch auf ürsi's Forschungen eingehen; so viel aber scheint doch fest- 
zustehen, dass in der vorherbezeichneten Gebiets- Ausdehnung keine 
Kelten angesiedelt waren. 

Diesem illyrischen Volksstamme mögen demnach die mit Menschen- 
und Thierfiguren verzierten Bronzegefässe und Bronzebleche besonders 
eigenthümlich gewesen sein. Von Kärnthen können denn auch einige 
der Hallstatter Funde herrühren. 



13 Julius Naue: 

Weiter bestärkt in der Annahme, den Ulyriem diese Arbeiten 
zu£utheiien, werden wir noch, wenn wir die bis jetzt in Este und 
Gurina gefundenen Bronzcbleche und Stifte mit Inschriften in den 
Foreich unserer Betrachtung ziehen. Hier hat Hofrath A. B. Meyer 
12 Drvsden sich durch seine umfassende und werthvoUe Arbeit über 
iiurlna das grosse Verdienst erworben, die so zahlreich beschriebenen 
Rr.Hieobkvhe und Stifte von Este mit sämmtlichen bisher in Gurina 
irfandenon sechs Inschriftblechen , einem beschriebenem Bronze- 
^liSrhen und die Felsinschriften von Würmlach zum ersten Male zu- 
r^Azzinien zu publiciren. Auf dieses wichtige und zahlreiche Material basirt 
>icii Faali's vorerwähnte Untersuchung und das daraus ei-zielte Resultat. 
Nirgends sind bis jetzt in nordöstlicher Richtung von Este so viele 
Inschriften und zwar auf verhältnissmässig kleinem und noch keines- 
wegs gründlich durchforschten Gebiete gefunden worden, wie in Gurina. 
Es ist deshalb dringendst zu wünschen, dass die Untersuchungen hier 
in thunlichster Bälde wieder aufgenommen und in systematischer Weise 
zu Ende geführt werden. Der Anfang ist viel versprechend! 

Werfen wir noch einen Blick auf die Estensischen Funde. Sie 
sind sehr wichtig, weil wir durch ihre Lagerung in vier übereinander 
befindlichen Grabschichten eine relative Altersbestimmung bis zur rö- 
mischen Occupation erhalten. Die Situlen mit den Zonendarstellungen 
von landwirthschaftlichen Arbeiten, feierlichen oder nicht feierlichen 
Zügen, geflügelten und ungeflügelten Thieren werden aber erst in der 
dritten Schicht angetroflen, sind also jünger als die Mehrzahl unserer 
Bronzen und nicht sehr weit von der Epoche der römischen Cultur- 
herrschaft entfernt. 

Auffallend stimmt mit dieser Thatsache das, was Pauli bezüglich 
der Inschriften von Este und Gurina mittheilt: die Inschriften von 
Este stammen erst aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., die von Gurina 
circa aus der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. 

Ob jedoch dadurch die Frage wegen des Alters jener figürlichen 
Gefasse und Bronzebleche schon entschieden ist, wage ich nicht zu be- 
haupten. 

Die im südlichen und südwestlichen Deutschland und in Hallstatt 
gefundenen Bronzcbleche, Bronzegürtel und Bronzegefässe unterscheiden 
sich 'bis auf den Deckel der vorher erwähnten Bronzesitula von Hall- 
statt) aber wesentlich von jenen beschriebenen von Watsch, Este u. s. w. 
Vor allem fehlen die Inschriften, und die Thier- und Menschenfignren 
haoen keine Aehulichkeit mit jenen der Zonen-Darstellungen auf den 



Die figürlichen DarstellüDgen aus der HallBtattperiode. 18 

Situlen und den Bronzeblecheh von Watsch und Gurina etc. Unsere 
Thier- und Menschengestalten entspringen einer ganz anderen Denk- 
und Anschauungsweise, als jene; unsere Volksstämme decoriren mit 
diesen Gestalten nur in ornamentaler Weise. Dazu tritt der weitere 
Umstand des Fehlens jener Urnen mit der Bronzenägelverzierung, wie 
solche mit den figürlichen Situlen in Este und Watsch vorkommen, 
ebenso aber auch, dass die Mehrzahl dieser Bronzegefässe nicht in 
Hügel-, sondern in Flachgräbem gefunden worden sind. Bis jetzt fehlen im 
Bereiche des südwestlichen und südlichen Deutschland bis nach Hallstatt 
die Bronzesitulen mit Zonendarstellungen von Menschen- und Thier- 
gestalten gänzlich; ob noch deraitige Funde in diesen Gebieten ge- 
macht werden; scheint nicht recht wahrscheinlich. Alle diese Umstände 
dürfen aber, nach meiner Ansicht, bei den Untersuchungen über jene 
merkwürdigen Gefässe und über den Ursprung derselben nicht ausser 
Acht gelassen werden. 

Zum Schlüsse möchte ich noch hervorheben, dass die Darstel- 
lungen auf den besprochenen Situlen und dem Watscher Gürtelbleche 
uns nur Menschen und keine Götter, Könige oder Heroen 
vorführen, auch nicht mythologische oder dynastische 
Scenen. Ihr Werth liegt darin, dass sie uns das Leben jener 
Völker in schlicht naiver, oft unbehilflicher Weise, aber 
nachRegel und Gesetz schildern. Vieles mag wohl urspiUnglich vom 
Orient stammen und manches sich auch mit der archaiisch-griechischen 
Kunstweise berühren, wohin die unteren Zonencompositionen der Thiere 
gehören, welche von den Griechen vom Oriente übernommen und voll- 
ständig weiter entwickelt wurden. Auf altgriechischen Gefassen sehen 
wir die leeren Räume zwischen den Thierfiguren durch Rosetten und 
fliegende Vögel ausgefüllt und ebenso entspricht die Bildung der Thiere, 
besonders der phantastisch gestalteten, jenen der altgriechischen De- 
corationsweisen. Aber locale Anschauungen und Elemente machen 
sich in gleichhervorragender Weise geltend, so z. B. die Helmformen, 
die Stühle, die primitive Construction der Wagen, die Pferdegeschirre, 
die Paalstäbe etc. 

Wenn wir Alles einer gründlichen Prüfung unterwerfen und jede 
vorgefasste Meinung bei Seite lassen, so müssen wir zugestehen, dass 
das Fremde mit dem Einheimischen, das Ueberlieferte mit dem selbst 
Erfundenen oder dem Leben Nachgebildeten auf gleicher Stufe steht, 
was voraussetzt, dass alles Fremde und Entlehnte geistig verarbeitet 
so zu sagen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wir kommen dann 



14 Jaliai ICftne: Die figürlichen Darstelllan^n ans der Hallstattperiode. 

auch zu der ücberzeugung, dass die sämmtlichen Darstellungen, welche 
wir besprachen, als zeitgemässe Kunstwerke aufzufassen sind, und dass 
sie ab solche in kultur- und kunstgeschichtlicher Hinsicht denselben 
Platz einnehmen, wie z. B. die Kunstdenkmäler der romanischen Pe- 
riode. Diesen aber stehen Urkunden und Documente zur Seite, welche 
jenen kleinen Kunstwerken fehlen, und deshalb sind sie gerade so 
ausserordentlich wcrthvoU. Für das Leben, die Kleidung, die Bewaff- 
nung u. s. w. haben dieselben hohe Bedeutung, nicht minder aber für 
die Kunstäbung jener vorgeschichtlichen Zeiten. 

Julius Naue. 



Erklärung der Tafel. 

Fignr 1. Bronze-Situla von Bologna (nach Zannoni, Gli scavi della Certosa. 
Bologna 1876—77). 

Figur la und Ib. Einige charakteristische Figuren dieser Sitnla. la: Krieger 
zu Pferd mit Helm, über der linken Achsel den Streitkelt, hinter ihm 
ein Krieger zu Fuss mit Helm, Schild und Lanze. Ib: zwei schreitende 
Krieger, der erste mit Helm, rundem Schild und Lanze bewehrt, der 
zweite den Streitkelt über der linken Achsel tragend» die spitze Kopf- 
bedeckung desselben scheint keinen Helm, sondern eher eine spitz zu- 
laufende Mütze darzustellen. 

Die drei nach rechts schreitenden Figuren — zwei Männer und eine 
Frau — gehören der zweiten Zone der Situla an und sind gewiss als 
Theilnehmer am Opferzuge aufzufassen. Der zuletzt Schreitende trägt 
auf der linken Achsel ein langes Schwert (?), indess er in der rechten 
Hand einen glockenartigen Gegenstand hält. Der zweite Schreitende 
trägt in einem über den Rücken herabhängenden Korbe eine Flasche, 
die vor ihm gehende Frau dagegen auf dem Kopfe eine weitbauchige, 
grosse Bronzevase. 

Figur 2. Bronze-Situla von Watsch (nach einer Photographie). 

Figur 2a. Der eigenthümliche Wagen der ersten Zone dieser Situla; ein Mann 
mit flacher runder Mütze leitet denselben, hinter ihm wahrscheinlich 
eine sitzende Frau. 

Figur 8. Das Bronze-Gürtelblech von Watsch (nach einem Lichtdrucke, publi- 
cirt von Graf Gundaker-Wnrmbrand in den „Mitthcilungon der An- 
thropol. Gesellschaft in Wien". XIV. Bd. U. und HI. Heft. Wien 1884, 
und nach einem Gypsabgussc). 



2. Zur Topographie und Geschichte von Köin. 



Die fieberhafte Bauthätigkeit, welche gegenwärtig in Köln herrscht, 
ist in hohem Grade geeignet, die Augen der Alterthumsforscher auf 
sich zu lenken. Denn sie gestattet uns vielfach Einblick in die Topo- 
graphie und kulturgeschichtliche Entwickelung der alten Ubierstadt 
theils durch Aufdeckung bisher unbekannter Thatsachen, theils durch 
Aufhellung unbeachteter oder angezweifelter Angaben. Wohl um- 
schwärmen Kunstliebhaber und Kunsthändler die zahlreichen Baustellen, 
sich den Besitz der aufgefundenen Kunstgegenstände streitig machend, 
allein ihre Thätigkeit bringt der Alterthumskunde selten Gewinn, 
denn auf die Lagerungsverhältnisse und Umgebung der Werthgegen- 
stände wird nicht geachtet, und alles, was keinen bestimmten Markt- 
preis hat, wie Ziegel, Inschriftfragmente, Eisentheile u. A., bleibt als 
werthlos im Schutte liegen oder wird muthwillig zerstört. 

1. Ein bisher wenig beachteter Römerkanal. 

In dem Hause Unter-Goldschmied 48, welches gegenwärtig zu 
einer grossen Restauration umgebaut wird, stiess man zu Ende vorigen 
Jahres bei Aufräumung des mit guten Kreuzgewölben versehenen 
Kellers an der der kleinen Budengasse entlang laufenden Abschluss- 
maucr auf ein Brunnengeschränke und fand bei weiterm Nachsuchen, 
dass die Brunnenwand sich einige Meter unter der Kellersohle 
in einen gewölbten Gang öffnet. Da der Eigenthümer des ge- 
nannten Hauses mich um Aufklärung ersuchte, und die Sache einer 
genaueren Untersuchung werth schien, so übernahm ich bereitwillig 
diesen Auftrag und lasse das Ergebniss hier folgen. 



18 



L. Sohwörbel: 



Der Gang läuft inoerhalb des genannten Hauses längs der Baden- 
gasse hin, hat also eine Richtung von Osten nach Westen. Derselbe 
ist aus Tuffsteinquadem solide aufgefahrt und oben durch ein halb- 



SuMoff^tiH: A-p 




\^y/^£;,. .üV/^y 



Gn»w und Kteiiw BndenKUH. 

kreisförmiges OewQlbe abgeschlossen, der Fussboden durch eine fest« 
Betondecke gebildet Die Höhe bis lum Schtitelpunkte des Gewölbes 
betrtigt 2,450, djo Breite l^m. Ein Theil d« Materials war zu 



Zur Topographie und OeBchichte v 



1 KöId. 



17 



andern Zwecken bestimmt, vielleicht schon benutzt, denn viele Quadern 
sind mit einer duichlaufendeD Rinne versehen, welche mit kleinen Tuff- 
steinen ausgefallt ist, um die Tragfähigkeit der Steine nicht zu beein- 
trächtigen. Der Gang steht durch eine Treppe mit dem Keller des 
Hauses kleine Bundengasse Nr, 3 in Verbindung und ist unterhalb 
dieses Hauses durch eine bis unter das Gewblbe reichende Schuttmasse 
versperrt, nach Unter-Goldschmied hin durch eine moderne Ziegel- 
steinmauer geschlossen. Treppe, Brunnen und Ziegelsteinmauer Hessen 
darauf schlies&en, dass dieser Gang den früheren Besitzern der beiden 
Häuser Unter-Goldschmied 48 und kleine Budengasse 3 bekannt war, 
weshalb ich mich behufs weiterer Aufschlüsse an Herrn Justizratb 
Schenk und die Geschwister König sowie an das stäldtische Archiv 
und die Kegistratur wandte, wo mir bereitwillig Aufklärung zu Theil 
wurde. 

Im Jahre 1830, so wurde mir mitgetheilt, hatte Herr König, 
ein städtischer Beamter und Besitzer des Hauses Budengasse 3, Kohlen 
in den Keller schaffen lassen. Als aber das Dienstmädchen Kohlen 
heraufhohlen sollte, fanden sich keine. Dieser Umstand soll zur Ent- 
deckung des Ganges geführt und Herrn KiJnig veranlasst haben, dem 
fleissigen Stndtsekretär Fuchs von seiner Entdeckung Mittlieilung zu 
machen. Auf dessen Betreiben wurde der Stadtbaumeister Weyer mit 
einer Untersuchung beauftragt. Aus dem Bericht, welchen derselbe 
am 8. Nov. 1830 an den Oberbürgermeister abstattete, entnehmen wir 
Folgendes. 

„Einige Fuss unter der Kellersohle fand sich alsobald eiu theil- 
weise eingeschlagenes mit Werksteinen ausgeführtes Gewölbe und bei 
dem fortgesetzten Ausgraben ein ganz mit Werkstücken erbauter ge- 
rüumiger Kanal oder nach der hier gebräuchlichen Benennung eine Ahr, 
wovon ich die Handzcichnung des Querprofils hier beizuzeichncn die 
Ehre habe." 

„Es ist dieser Kanal Im Lichten 3'9" breit und bis unter den 
Schluss des Gewölbes 7'9" hoch, also geräumig genug, dass zwei Mann, 
gehörig bedeckt, neben einander durchgehen können. 

„Das Steinmaterial besteht in einer Art Tuffstein und blättert 
sich äuBserlich ab, ohne jedoch dem Kanal die nöthige Solidität ku 
benehmen, und ist derselbe noch in einem baufesten Zustande. Die 
Sohle des Kanals Hegt etwa 28 Fuss unter der Strasse vor dem Hause 
des Herrn König, also etwa auf Nr. 20 des hiesigen Pegels und setzt 
I AliO iD der Fortsetzung ein starkes Gefälle voraus und berechtigt zu 



18 L. Schwörbel: 

den schönsten Hoffnungen für die Verbesserung des Wasserabzugs 
unserer Stadt, besonders da nach eingezogenen Erkundigungen Spuren 
des Kanals bis an den Eingang der Breitenstrasse, abwärts bis an das 
Bollwerk (!) vorhanden sein sollen." 

,,Der Kanal ist bis beinahe unter den Schluss des Gewölbes mit 
Erde angefüllt, welche schichtweise aus Lett, Flusssand, Kies und Bau- 
schutt bestand." 

Aus dem Berichte erfahren wir weiter, dass „in dem sonst gut 
erhaltenen Gewölbe einige Einbrüche sichtbar sind, welche bei früherem 
Auffinden des Kanals gemacht worden sind^*; ferner, dass Weyer den 
Kanal auf eine Länge von 40 Fuss, also bis beinahe unter die Strasse an 
Goldschmied hat reinigen lassen, und dass für diese Reinigung 25 Thaler 
verausgabt wurden. Der Bericht schliesst mit der Bitte um Bewilligung 
der Mittel zur Fortsetzung der Reinigung. Diese Mittel wurden denn 
auch bereitwillig zur -Verfügung gestellt. 

Aus der nach Vollendung der Aufräumungsarbeiten bei Beschrei- 
bung der kleinen Budengasse S. 82 gemachten Aufzeichnungen des 
Archivars Fuchs ist folgende Mittheilung von Interesse. „Dieser 
Kanal ist auf eine Länge von 462 F. aufgeräumt worden etwa vom 
Hause des Bierbrauers in der kleinen Budengasse Nr. 11 bis zu dem 
Hause Hochstrasse Nr. 136, welches das Eck der grossen Budengasse 
bildet. Hier fanden sich ungeachtet der von den Pioniers in einer 
Länge von 48 F. unternommenen Arbeiten keine Spuren der Fort- 
setzung dieses Kanals nach Westen hin. Ein römischer Krug (Amphora) 
2V2E. hoch und einige andere Bruchstücke römischen Herkommens 
fanden sich im aufgeräumten Schutte. Wegen der grossen Kosten, 
die die Fortsetzung der Arbeiten verursacht haben würden, gericthen 
die Arbeiten ins Stocken. Hierüber erstattete der Stadtbaumeister 
einen ausführlichen Bericht vom 28. April 1831. (I cap. 2, Nr. 24.)" 
Wo der Kanal unter der Strasse herlief und städtisches Eigenthum 
war, wurde derselbe vermiethet. Solche städtische Miether sind noch 
heute die Wildpret-Handlung Tellenbach in der kleinen Budengasse und 
die ehemalige Schorn'sche Brauerei in der grossen Budengasse Nr. 1. 
Zugänge haben die Geschwister König in der kleinen Budengasse Nr. 3 
und der Bierbrauer Esser Unter-Goldschied Nr. 23. Noch sei erwähnt, 
dass Herr Justizrath Schenk mittheilte, er habe oben im Gewölbe in 
bestimmten Zwischenräumen viereckige Luft- oder Lichtschachte 
beobachtet. 

Soviel einstweilen über diesen Gang, welcher unzweifelhaft römischen 



Zur Topogriapbie und Geschichte von Köln. 19 

Ursprungs ist und wahrscheinlich zu Vertheidigungszwecken gedient 
hat. Das wenigstens glaube ich versichern zu können, dass derselbe 
zur Regelung des Wasserabflusses nie gedient hat. Und wenn einzelne 
Umstände, z. B. die Feuchtigkeit des Fussbodens, hierfür zu sprechen 
scheinen, so rührt dies von RohrbrUchen her, welche durch diesen 
unterirdischen Gang ihren Abfluss suchten und fanden. Bekanntlich 
gehen ja die Bierbrauer nicht sparsam mit dem Wasser um. 

2. Römische Ziegelstempel. 

Die unterirdischen Anlagen zu elektrischer Beleuchtung und 
Kohlenzufuhr veranlassten hinter dem oben genannten Hause Unter- 
Goldschmied Nr. 48 die Ausschachtung des Bodens bis zu einer Tiefe 
von 6 Meter. Bei dieser Arbeit zeigten sich in den obern Schichten 
Siegburger, von 2 Meter abwärts bis zu 4 Metern fränkische 
Thongefässe. Etwa 3 Meter unter dem Strassenniveau traten Reste 
von römischem Mauerwerk zu Tage, welches theils mit der kleinen 
Budengasse parallel, theils senkrecht nach derselben hinlief. Die Sohle 
dieser Mauerreste, welche abgebrochen wurden, lag etwa IV2 Meter tiefer. 

Zwischen zwei solchen Mauerresten, der Scheidemauer des Hauses 
der kleinen Budengasse Nr. 5 entlang fand sich ein Belag von römi- 
schen Ziegelplatten verschiedener Grösse, meist kleine viereckige Platten, 
die regelrecht zusammengefügt waren. Leider haben die Arbeiter einen 
grossen Theil dieser Platten sofort zerhauen und als Mauersteine ver- 
wandt, obwohl, wie mir der Vorarbeiter versicherte, mehrere mit Ver- 
zierungen und Schriftzügen darunter gewesen. Unter dem vorhandenen 
Rest fand ich noch zwei mit einem Stempel versehene. 

Die eine quadrische Ziegelplatte von 19,5 cm Seitenlänge trägt 
in erhabener Schrift den Stempel 



LEGTMPF 



Legio prima Minervia pia fidelis. 

Ziegel mit diesem Stempel sind in grösserer Anzahl nur in Bonn ge- 
funden worden, obwohl die Legion ungefähr 200 Jahre am Niederrhein 
gelegen hat. Die Verschmelzung des Horizontalstriches mit dem Zahl- 
zeichen zu einem T findet sich in gleicher Weise auf den Bonner Ziegeln 
und anderwärts. 



30 Ib SebirpTbel: 

Vit andere ctai&Jlfi qoEdrsüsdie. tber läieOwene mbgefaradHM; 
Ziegelplatte tod 42cm Beitenliiige hact is eAabener Sdnift den 



ILEGVIREBVR 
Legio sexta. Bd)iimi& 

Der Steil} hat als Unterlage bei einer Ldchen verlmmmm g gedient, 
wodurch die Schrift an einigen Stellen gelitten hat, doch ist die Lasimg 
nicht zweifelhaft Ziegel dieser Le^on ohne weiteres Bäwort, dagegen 
mit dem Topfemamen Tersehen, änd selten. Brambach (C. L Bh. 223 c 4) 
fahrt einen zu Xanten gefundenen nüt der nidxt ganz aufgeMirten 
Bezeichnung ADR. N OS an. Bebur^ ToDstandig wohl Beburms, fidieiiit 
der Name eines Töpfers oder Unternehmers zu sein. Auf einem Maimfi' 
Steine findet sich dieser Name als Gognomen ein^ Soldaten der ooh. 
I Lueensium Hiepanorum {vgL Bramb. C L Bh. 1235). Dodi hat luser 
Bd)urru6 wohl eher Beziehungen zu jenem T. Grispius BebniraB, 
wdcher als Ardütekt oder Unternehmer oeanm Namen aaf den Sob- 
strnktiaDeD der Arena des Amphitheatere zu Nimes verewigt hat (B. 
J. a 41 S. 175). 

Wie schon oben angedeutet, zeigten sich auf dieser Fl&ttung viel- 
Cache Spuren von LeichenTerbrennung aus frinkiBdier Zeit wie an 
andern Stellen des ausgeschachteten Terrains. Unter der Asdie be- 
fanden sich ausser zahlreichen Besten von Menschenknochen auch Fiele 
Thierlmocben von Pferden, Bindern, Hunden, Schweinen, Beben und 
Uirachen, namentlich viele Eberzähne 

Die gefundene KrQge waren mäst roh gearbeitet und fast ohne 
Ausnahme mit Furchen um die Bauchhöhle, bisweilen um dm Hals 
versehen; darunter germanische Trinkbecher mit kugellonnigem Ab- 
scbluss, cylinderförmige verschiedener Grosse, gciienkelte und nicht 
gehenkelte bimförmige Krüge, Vasen etc. 

Ger&tbe von Eisen fanden sich nur bruchstückweise; von Glas- 
waren nur der Boden eines fränkischen Bechers. Das geringe Ergebniss 
der Ausschacbtun;; rUhK wohl zum grossten Theil von dem Umstände, 
dnm dieselben im Winter bei strenger Eilte vorgenommen wurden. 

Wo Uttt^^ioMschmied in die Strasse Am Hofe dnmündet, 
wurde kttrzli<;h ein römischer Ziegelstein von 23,5 cm Höhe, 22cm 
HmUt und 7,r> vm Ukkt gefunden, auf dessen oberer Flache folgender 
HUmintl in i*riia\MJkiti Schrift leicht eingedrückt war 

;>c V G^<. 



Zar Topographie and Gesohichte von Köln. 21 

Der Stempel hatte offenbar bewegliche Buchstaben, wodurch sich die 
Umkehrung des A leicht erklärt. Was die Bedeutung betriflt, so liegt 
es nahe an einen Töpfer oder Unternehmer zu denken, zumal von 
Freudenberg (B. J. H. 53, S. 311) ein Töpfername Cagius aus Neuss 
erwähnt wird. Sollte es mit Rücksicht auf den Fundort nicht zulässig 
sein, unsern Stempel in Civitas (Colonia) Agrippinensium aufzulösen? 

3. Grabstein eines Reiters der ala Noricorum. 

An der Gereonsstrasse auf dem Grundstück des Herrn Bauraths 
Pflaume, wo im verflossenen Winter das im Museum Wallraf-Richartz 
zu Köln befindliche schöne Denkmal eines Reiters der ala Noricorum 
gefunden wurde, entdeckte man im April d. J. den Grabstein eines 
andern Reiters dieser ala. Derselbe besteht aus hellem Kalkstein, ist 
einschliesslich des Sockels 2 m hoch, 0,95 breit und zeigt in seiner Aus- 
stattung und Behandlung grosse Aehnlichkeit mit den von Prof. Klein 
(B. J. H. 81, S. 87 f. und S. 91 f.) besprochenen Denkmälern, wes- 
halb ich mich hier kurz fassen kann. 

Der ganze Raum ist ziemlich gleichmässig in drei Felder getheilt. 
Im obem erblickt man in einer Vertiefung die reliefirte Darstellung 
eines Mahles^ welche jedoch nicht vollständig erhalten ist. Von dem 
auf dem Lektus ruhenden Verstorbenen ist nur der wagerecht ausge- 
streckte, mit reichem Faltenwurf der Toga bekleidete Unterkörper er- 
halten, vom Oberkörper nur der linke Arm, auf welchen sich der 
Ruhende stützte, mit einer Schale in der Hand. Vor ihm steht ein 
dreibeiniger Tisch, mit drei Gefässen, darunter wohl ein Körbchen mit 
Früchten, besetzt; neben dem Tische ein hoher Wasserkrug mit engem 
Hals, zu Füssen der aufwartende Diener. 

In dem untern Relief ist wohl mit Rücksicht auf die Waffengat- 
tung des Verstorbenen ein reich geschirrtes Pferd zu erblicken, welches 
ein dahinter stehender Diener, der zugleich zwei Spere auf der linken 
Schulter trägt, an der Leine führt. Das Pferd ist in der Bewegung 
dargestellt mit vorgesetztem rechten Vorderbein und linken Hinterbein. 

Zwischen beiden Darstellungen steht folgende Inschrift: 

MARCVSSACRIVS 
SECVRIF PRIMiGENVS 
EQVESAL/tNGRlCOTVR 
PATERCLI CIVES REMVS ANN 
XXVI . STIP XI . H • F . C 



22 L. Sohwörbel: 

Marcus Sacrius, Securi filius, Primigenius, eques alae Noricoram 
turma Patercli, cives Remus annorum viginti quinque stipendioram 
undecim. Heres faciendum curavit. 

Die richtige Herstellung des Textes war bei dem gegenwärtigen 
Zustande des Steines einigermassen schwierig. Der Stein liegt noch 
ungereinigt an der Fundstelle. Als man ihn in einer Tiefe von unge- 
fähr 3V2 Meter unter dem Niveau antraf, war er schräg gebettet mit 
der Vorderseite nach oben und theilweise den zerstörenden Einflüssen 
eines Abortes ausgesetzt. Hierdurch war der untere Theil der Schrift- 
flache, besonders die linke Ecke, abgeblättert. Die schönen quadra- 
tischen SchriftzUge jedoch sind in dem leicht zu bearbeitenden Steine 
so tief eingehauen, dass die Vertikalstriche trotz der Verwitterung noch 
Spuren zurückgelassen haben. Die Grösse der Buchstaben nimmt nach 
unten hin ab der Art, dass die der ersten Zeile ungefähr 7 cm, die 
der zweiten 6,5 cm, die der dritten 6 cm, die der vierten und fünften 
4,5 cm hoch sind. 

Der in der Inschrift genannte Marcus Sacrius ist aus rheinischen 
Inschriften bisher nicht bekannt. Zwar findet sich ein Sacrius auf einem 
Igeler Steine (Bramb. C. I. Rh. 832), ist dort aber wohl als Pränomen 
aufzufassen. Er stammte aus der Givitas Remorum und diente in der 
ala Noricorum, worüber Klein im letzten Hefte der Jahrbücher Näheres 
mitgetheilt hat. Der turma Paterculi begegnen wir hier wohl zum 
ersten Male. Da er 11 Jahre gedient hat und in dem jugendlichen 
Alter von 26 Jahren gestorben ist, muss er schon mit 15 Jahren ein- 
getreten sein. 

Auffallend ist das Pränomen Marcus vollständig ausgeschrieben 
wie auf dem Deutzer Steine des Mark Aurel (vgl. B. J. H. 68 S. 47), 
während die Pränomina auf den übrigen Steinen, welche an jener 
Stelle gefunden und zum Theil wahrscheinlich aus derselben Werkstätte 
herrühren, in der üblichen abgekürzten Form erscheinen. Ebenso ist 
zu Anfang von Zeile 3 eques ausgeschrieben. Die Abkürzung Norico. 
findet sich auch auf einem zu Zahlbach bei Mainz gefundenen Steine 
(Bramb. C. I. Rh. 1229). Die Zusammenziehung von Patercli statt 
Paterculi, wie Proclus (C. I. L. II Nr. 2675), vernaclus (ib. Nr. 369, 489, 
3306), ist wohl weniger auffallend als die Herstellung des verhältniss- 
mässig seltenen Cognomens an dieser Stelle, und doch wüsste ich kein 
anderes Wort, welches sich dem vorhandenen Raum sowie den erhaltenen 
Buchstabenresten in gleicher Weise anpassen liesse. lieber die Form 



Zur Topographie und Gesohichio von Köln. 28 

cives statt civis, woza auch die Inschriften Belegstellen bieten, vergl. 
Neue, Formenl. § 49, S. 183. 

4. Denkstein eines Soldaten der coh. I Latabicorum. 
Unweit der Stelle, an welcher der oben beschriebene Stein zu 
Tage gefördert wurde, hatte man einen Grabstein gefunden, aber 
wegen seiner verstümmelten Form wieder vergraben und zur Ausfüllung 
einer Senkgrube verwandt. Auf meine Veranlassung wurde der die 
Inschrift tragende Theil dieses Steines zu Anfang des Monats Juni 
wieder aufgesucht. Das erhaltene Stück ist 1,08 m hoch, 0,77 m breit 
und 0,12 m dick. Ursprünglich war der Stein 0,33 m dick und ober- 
halb der Schriftüäche mit einer figuralen Darstellung versehen, von 
welcher noch kleine Reste sichtbar sind. Zu diesem Zwecke war der- 
selbe an der betreffenden Stelle bis auf 12 cm vertieft, wodurch die 
Spaltung und Verstümmelung leicht erklärlich ist. 

Die Inschrift hat folgenden Wortlaut: 

hEMILIVSLASG 
VSCICANNAN 

ti OHOTLATABI 

ANVLS + .XXdl.HFC 

Hemilius Lascivus, civis Cannanefas, miles cohortis primae Lata- 
bicorum, annorum quadraginta quinque, stipendiorum viginti duorum. 
Ueres faciendum curavit. 

Der weiter nicht bekannte Soldat stammte also aus dem Gaue 
der Canninefaten, welche im nördlichen Ho}land zwischen dem Meere 
und dem Flevo-See wohnten, und diente in der ersten Kohorte der 
Latabiker, welche hier zum ersten Male erwähnt wird. 

Die Schriftfläche hat eine Höhe von 33 cm; die Buchstaben der 
ersten Zeile sind 7,5 cm, die der drei übrigen 6,5 cm hoch. In der letzten 
Zeile scheint der Steinmetze mit dem Räume nicht ausgereicht und 
mehrfache Versuche angestellt zu haben. Für letztern Umstand scheinen 
einige leicht eingehauene Buchstabenreste zu sprechen. So geht von 
dem 3. Buchstaben der letzten Zeile, dem Zahlzeichen V , ein senkrechter 

Strich nach unten, etwas oberhalb der Mitte des 6. Buchstabens Er- 
läuft ein Horizontalstrich nach rechts und an dem 9. Buchstaben, dem 
Zahlzeichen <l zeigt sich ein Kreissegment zur Linken. Für erstem 
Umstand sprechen an. statt des häufigem ann., sti statt des gewöhn- 
lichen stip. sowie das Fehlen der Unterscheidungszeichen zwischen den 
einzelnen Buchstaben der dicht aneinander gerückten Schlussformel HPC. 



24 



L. Sehwörbel: 



Für den GentilDamen Hemilias sind die Bdegstdlen zwdfeUiaft, 
sowohl Ilemi auf einem zertrümmerten Gladbacher (Bramb. C. L Rh. 
260 b), wie llemull auf einem verwahrlosten Mailander Steine (C. I. L. 
V 0048). Lascius steht für Lascivus wie iuenis f&r iavenis (C. I. L. III 
Nr. 1640), primitius statt primitivus (C. I.L. V Nr. 4488 und 4760), vius 
statt vivus (ibid. Nr. 134 u. ö.). Die Form Cannanefas hat in sofern 
Interesse, als ein Mainzer Stein ala Cannenafatium (Bramb. C. L Rh. 
968), ein an der untern Donau gefundener aus dem Jahre 74 n. Chr. 
Canncnefatium (Wilm. ex. 2865), ein Denkmal von Volsinii aber aus der 
Zeit des Severus Alexander Cannunefatium bieten. Eine cohors prima 
Latabicorum habe ich in dem mir zugänglichen Material nicht erwähnt 
gefunden. Die Latovici waren ein Volkstamm, welcher nach dem 
ZeugDisse des Plinius (nat bist 3, 25, 148 ; vergl. Ptolem. 2, 14, 2) in 
Ober-Pannonien wohnte. Im C. I. L. III Nr. 3925 wird von Mommsen 
auch ein municipium Latobicorum genannt Auf diesen Yolksstamm 
scheint sich der Name unserer Kohorte zu beziehen. 

Was das Alter unseres Steines betrifft, so lässt sich dasselbe nicht 
mit Sicherheit feststellen, zumal über die darin genannte Kohorte 
nichts bekannt ist, doch scheinen die tief und regelmässig einge- 
hauenen quadratischen Schriflzüge noch für die erste Hälfte des 2. Jahr- 
hunderts zu sprechen. 

5. Ergebniss der Ausschachtungen bei Erweiterung des Central- 

Bahnhofes. 



^Oii^Z^^HiW 4VM. cfClUz K. 










Srt^X^^c^M/S 






1 4^i_|p^» 



• 1 > 










Zur Topographie und Geschiebte von Köln. 25 

Die Ausschachtungen zwischen der Trankgasse einerseits, sowie 
dem Eisenbahn-Viadukt anderseits hatten für den Alterthumsforscher 
grosses Interesse sowohl wegen der Lagerungsverhältnisse des Bodens, 
deren genaue Kenntniss sie uns vermittelten, als auch wegen einzelner 
Fundstücke. In ersterer Beziehung haben sie den Beweis geliefert, 
dass von einer Rheininsel in römischer Zeit, von welcher spät- 
mittelalterliche Chronisten soviel zu erzählen wissen, an dieser Stelle 
nicht die Rede sein kann, da der aufgeschüttete Boden unter + 2 K. P. 
hinabreicht. (Vergl. Skizze von Pfeiler VI.) In Pfeiler III, welcher bis 
zur Strasse, genannt am „Frankenthurm", reicht, treten uns die schwachen 
Spuren einer späten Inselbildung entgegen (vgl. die Skizze von Pfeiler III). 
Das Strassenpflaster liegt daselbst auf + 8,24 E. P. Humus und an- 
geschütteter Boden hören + 5,06 K. P. auf. Weiter abwärts befindet 
sich eine mächtige Treibsandschichte. Den östlichen Abschluss der 
Baugrube bildete eine alte Werftmauer aus Basaltsäulen. Dieselbe 
beginnt unter dem Pflaster der genannten Strasse und liegt an der 
Sohle auf + 2,44 K. P. Ihre Stärke beträgt oben Im, an der Sohle 
aber 3 m. Die Axe geht von Norden nach Süden, hat also mit dem 
Strome gleiche Richtung, von welchem sie jetzt annähernd 72 m ent- 
fernt ist. Ueber ihre Entstehung liegen keine Nachrichten vor, jedoch 
lässt der mit Ziegelmehl vermischte Mörtel an den unteren Schichten 
auf das 10. oder die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts schliessen. 

Aller Wahrscheinlichkeit nach gehört diese Mauer, welche auf 
keiner Karte verzeichnet ist, der ältesten Stromregulierung von Köln 
an und hat dazu gedient, dem angeschwemmten Treibsand einen festen 
Halt zu geben und zu einem gesicherten Stapelplatze umzuschaffen ^). 

Etwa 12,50 m rheinwärts stiess man bei Ausschachtung von 
Pfeiler II auf eine andere Mauer, welche mit der oben beschriebenen 
parallel lief. Dieselbe war etwas tiefer fundirt und lag mit der Sohle 



1) Wohl den gleichen Zweck hatte die kolossale Basaltmauer, welche im 
J. 1881 bei Kanalisirung der Friedrich- Wilhelm Strasse in ziemlich gleicher Ent- 
fernung vom Rheine zu Tage trat. Dieselbe wurde mit vieler Mühe durchschrotet, 
hatte an der bezeichneten Stelle eine Stärke von 12 m und lässt sich durch Er- 
höhung des Bodens sowohl nach St. Martin hin (auf dem Rothenberg), wie nach 
der Rheingasse hin (auf der Ähre) noch heute verfolgen. Auf diese Mauer ist 
in einer Schenkungsurkunde des Bischofs Ev erger an das Stift St. Martin v. J. 
989 (Enn. und Eck. Quel. I n. 18) hingewiesen : »Macellum omne et areas a 
porta frumenti usque ad occidentalem murum civitatis ei iterum a porta fori 
(der 80 häufig missdeateten Marspforte) usque ad murum Renic. 



L. Sobwörbali 






4 
4 



^ 



^ 







«>- 



auf + 1,90m K. P., hatte unten eine Breite von 1,70 in und war oben 
alitjiibroclicn, so dass ihre Il'ihc nur l,ßOm betrug. Das Materini be- 
stund aus Basalten mit TufTäteincn ausgezwickt, im Innern aus Guss- 
werk. Wie obige Mauer der ältesten Stronircgulicrung, so scheint 
diese der ältesten Befestigung des Inselbodens angehört zu haben. 



Zur Topographie und Geschichte von Köln. 27 

Die Ausbeute an FundstUcken war nicht sehr ergiebig. Von 
Pfeiler IX ist mir nur ein ziemlich gut erhaltener fränkischer Wasser- 
krug von 41cm Höhe zu Gesicht gekommen. 

In den oberen Schichten von Pfeiler VIII zeigten sich Reste von 
glasirten Kacheln, Siegburger Thongefässen und Gläsern aus dem 
16. Jahrhundert und späterer Zeit. Weiter abwärts einige fränkische 
Töpfchen. In diese Periode gehören ohne Zweifel auch viele Thier- 
knochen, Stücke von Hirschgeweihen, Eberzähne u. s. w. In der Tiefe 
von ungefähr 4,50 m unter dem Niveau legten einige Antikaglien von 
der römischen Periode Zeugniss ab. Hierher gehören einige Schälchen 
von ter. sigil. ohne jede Verzierung oder Töpferstempel, ein kleines, 
schmuckloses Thonläropchen, der Fuss einer Statuette von Terrakotta, 
der Hals einer zweihenkeligen Amphora, ein Orosserz von Antoninus Pius 
und einiges Andere. Es war deutlich zu erkennen, dass die letztge- 
nannten Gegenstände bei Anschüttung des Bodens mit Bauschutt dort- 
hin gelangt sind. 

In Pfeiler VI trat in einer Tiefe von + 4,35 K. P. zwischen 
alluvialen Anschüttungen, welche mit zahlreichen römischen Ziegel- 
scherben untermischt waren, ein grosser Quaderstein zu Tage, dessen 
obere Seite Schriftzüge trug. Seine Länge betrug 1,46 m, seine Breite 
0,60 m, seine Höhe 0,43 m. Die Lage dieses aus körnigem Kalk- 
stein bestehenden Quaders war vollständig wagerecht mit der Axe von 
Norden nach Süden gerichtet. Bei weiterer Aushebung des Bodens 
fand sich, dass dieser Stein auf einem Tuffsteinmauerwerk von gleicher 
Stärke und Richtung ruhte. Dies Mauerwerk konnte auf eine Länge 
von ungefähr 10 m verfolgt werden und bestand aus einer doppelten 
Schichte von grossen Quadern, welche regelrecht, aber ohne Mörtel 
an einander gefugt und 0,86 m hoch waren. Da aber auch in dieser 
Tiefe noch kein geeigneter Baugrund angetroffen wurde, musste man 
noch tiefer gehen und fand bei dieser Gelegenheit, dass das oben er- 
wähnte Mauerwerk auf einem Pfahlrost stand, welcher sich durch die 
ganze Baugrube hinzog. Die einzelnen Pfähle waren viereckig behauen, 
c. 1,50 m lang, 0^20 m dick und unten zugespitzt und standen in einem 
Abstand von 0,55 m von einander entfernt. Dieselben waren am Kopf 
durch einen Holm, ungefähr in der Mitte durch Zangen verbunden. 
Das Holz war schwarz und durch die feuchte Erde ganz weich und 
morsch. Die Verbindung der Pfähle mit dem Holm Hess sich nicht 
mehr feststellen, doch deuten in der Baugrube gefundene Nägel und 
Bänder auf die Befestigung mit Eisen hin. 



128 L. Scliwörbel: 

Ein ganz gleiches Tuffsteinmauerwerk fand sich auch in Pfeiler VIII. 

Was die Zeit betrifft, in welcher dies Mauerwerk errichtet wurde, 
so lässt sich darüber nur soviel mit Bestimmtheit sagen, dass die 
Zerstörung des Inschriftsteines, welcher nur wegen seiner zufälligen 
Höhe von 0,60 m hier Verwendung gefunden hat, so wie der zu beiden 
Seiten gelagerte Bauschutt unzweideutig für das Mittelalter sprechen. 
Wir haben hier ohne Zweifel die üeberbrilckung eines zur Zeit der 
Errichtung wahrscheinlich todten Rheinarms vor uns. Die Entstehung 
dieser Ueberbrückung und der Werftmauer dürften zeitlich wohl nicht 
weit aus einander liegen. 

Die auf dem oben erwähnten Steine gefundene Schriftflächc ist 
ringsum von einem 4 cm breiten reliefirten Bändchen umgeben, jedoch 
an der linken Seite durch einen ausgehauenen Bogen, welcher mit 
seinem Scheitel bis an die oberste Zeile reicht, verstümmelt. Die Höhe 
der Buchstaben beträgt in der ersten Zeile 6 cm, in den drei übrigen 
5cm. Der erhaltene Theil der Inschrift lautet: 

MvMARIVSvVALENSvGALATA 

VETERex DEC vALAEvCLASSIANAE 

SIBi et... ONlAEvSEVERAEvVXO 

ri .. a E FECIT 

Marcus Marius Valens Galata, veteranus ex decurione alae classianae 
sibi et . . . oniae Severae uxori . . ae fecit. 

Der ursprüngliche Text kann nicht mehr vollständig hergestellt 
werden. In der 2. Zeile sind zwei Buchstaben verstümmelt, zwei ganz 
ausgefallen. Die dafür vorgeschlagene Ergänzung bedarf wohl keiner 
besondem Rechtfertigung. In der 3. Zeile sind zwei Buchstaben nur 
theilweise erhalten^ sechs ausgefallen. Die Hälfte davon fällt auf den 
Gentilnamen der Frau. Unter den zahlreichen Möglichkeiten der Er- 
gänzung wage ich keine in Vorschlag zu bringen. Anders liegt die 
Sache im Eingange der Zeile. Sicher sind die beiden ersten Buch- 
staben, über den dritten kann man im Zweifel sein, da die Vervoll- 
ständigung in R ebenso zulässig ist, als die Vervollständigung in B. 
In ersterm Falle würde man an ein Beiwort zu alae classianae, welches 
sich auf den Standort bezöge, etwa Sirmii, denken müssen. So lange 
jedoch keine festen Anhaltspunkte für eine so zweifelhafte Ergänzung 
vorliegen, scheint mir die Ergänzung in SIBi eine grössere Wahrschein- 
lichkeit zu haben. Wir erhalten dann eine sehr geläufige Widmungs- 



Zur Topographie und Geschichte von Köln. 29 

formel. In der 4. Zeile kann die Zahl der ausgefallenen Buchstaben 
nur annähernd bestimmt werden. In der zweiten Hälfte stehen 5 Buch- 
staben, die Symmetrie verlangt also, dass die erste Hälfte nicht viel mehr 
gehabt hat. Wir haben noch E den Rest der Dativendung -aE übrig, 
so wie -ri zur Vervollständigung der vorhergehenden Zeile. Aller 
Wahrscheinlichkeit nach kann daher nur eine kurze Stammsilbe wie 
SU-, pi-, car- ausgefallen sein. 

Pränomen und Gentilname sind auf Inschriften häufig vertreten, 
mit dem Cognomen Valens dagegen habe ich den Namen nicht gefunden. 
Die ala classiana wird erwähnt auf einem Militärdiplom des Trajan 
(D. XXni (C. 1. L. IHp. 866= VII n. 1194). Danach stand dieselbe im 
Jahre 105 in Britannien. Auf diese Weise erklärt sich die Anwesen- 
heit unseres Veteranen in hiesiger Stadt, zumal unsere Inschrift ihrem 
Schriftcharakter nach in das zweite Jahrhundert zu gehören scheint. 

L. Schwörbel. 



3. Cisars Rheiihricke. >) 



merza Tafel II. 



Die Cebergänge Casars sind bereits oft Gegenstand ortsgeschicht- 
licher Forschnn^n gewesen und deren Ergebnisse in dieser Vereinszeit- 
schrift veröffentlicht worden: es ist jeiloch bis jetzt, namentlich bezflg- 
lich des zweiten Ceberganges, kein end.:j:ültis:es Urtheil gewonnen worden. 
Wahrend Napoleon III. beide Ueber^inge in die Nahe von Bonn ver- 
legt, nehmen die meisten Forscher für die zweite Brücke das sogenannte 
Xenwieder Becken zwischen Coblenz and Andernach an. Innerhalb 
dieser mehrmals durch Inseln getheilten, daher für einen Brückenschlag 
sehr geeigneten Stromstrecke werden 6 Punkte: Kesselheim, Engers, 
Urmitz, „Am guten Mann", Weissenthurm, Nettemündung genannt 
Die Grunde, welche für oder gegen diese Stelle als Brückenstelle 
sprechen, hat v. Cohausen im XLVII. Hefte der Vereinszeitschrift des 
weiteren erOrtert und es soll hier nur kurz erwähnt werden, dass, trotz 
der in den letzten Jahren zum Theil im grossen Maassstabe ausgeführten 
Baggerungen bei keiner der genannten Stellen irgend welche Beste der 
Brücke gefunden sind. Holzreste sind erst jetzt bei den sowohl im 
rechten als im linken Stromarme am Thurmer Werth von dem Unter- 
zeichneten ausgeführten Baggerungen gefunden worden, zuerst bei a 
(Fig. 1), dann beib. Diese Reste lagen unter einer 1 m hohen Schicht ans 
sehr grobem Geschiebe, bei a in grösserer Anzahl als bei b. Eins der bei 
b gefundenen Stücke (cfr. auch Fig. 4 von der Stelle a) hat die in 
Figur 3 mitgetheilten Maasse und ist unten zugespitzt, konnte also ein 
Stück der von Cäsar beschriebenen „Tigna bina sesquipedalia paulum 
ab imo praeacuta'* sein: die daselbst noch erkennbare Einkerbung 
würde für die zur Verbindung angebrachten Riegel ^^fibulae» bestimmt 



l) Cfr. Centndblatt dor BauTorwaltun? v. 19. 6 lfS6. Xr. 25. 



Cägars Rhcinh rücke. 



gewesen sein. Auch von den bei a gefundenen Stücken, welche leider 
meist durch die Eimer des Baggers sehr beschädigt sind, lassen einzelne 
eine Zuspitzung erkennen, wie das in Fig. 4 dargestellte Stück. Der 
Durchmesser dieser Pfähle beträgt im Durchschnitt 24 Centinieter. Die 
Zuspitzung ist bei all diesen Pfählen einseitig, woraus wohl zu schliessen 
ist, dass die Pfälile nicht eingerammt, sondern nur in den Kiess etwas 
eingetrieben waren. Zum Rammen würde auch die Zeit, welche Cäsar 
zum Brückenschläge verwendet hat, bei weitem nicht auFgereicht haben, 
ganz abgesehen davon, dass das Einrammen von geneigten (prone ac 
fastigate) Pfählen nur mit den vollkommenen Apparaten der Neuzeit 
möglich ist. Es wird somit die Stelle Cäsars IV, 17, 4 „fistucisque 
adegerat" nach v. Cohausen mit „und trieb sie (die Pfähle) mit Schlägeln 
ein" KU übersetzen sein. 

Die Pfähle hezw. Balken bei a wurden in einer Breite von 5 m 
und auf eine Länge von 20m gefunden und zwar, wie in Fig. 2 an- 
gedeutet ist, in einer geneigten Lage, wodurch es denn möglich war, 
einzelne Stücke von 2,5 m Lange mit dem Bagger herauszufordern. 
Bei der Zerstörung, sei es durch Eisgang oder Hochwasser, des Theiles, 
welchen Cäsar beim Abbruch der übrigen Brücke (VI 29, 2) hatte stehen 
lassen, trieben die Uülme, Streckbalken, Stangen, Hürden weg, während 
die Bncke in sich zusammenfielen, durch die Eintreibung in den Kies 
jedoch an Stellen mit geringer Strömung an dem Abtreiben gehindert 
wurden und in geneigter Lage (s. Fig. 2) liegen blieben, allmälig ver- 
sandeten, vielleicht gerade die Veranlassung zur Versandung gaben. 
Solche Reste eines Brückenbockes dürften die gefundenen Stücke sein. 

Eine weitere Untersuchung nach anderen Brückentheilen musste 
wegen der bereits hergestelltsn Anschüttungen von der Inselspitze und 
wegen der starken Veränderungen, welche der Strom am rechten Ufer 
durch die Schlackenhalden erfahren hat, auf den Theil nach dem linken 
Ufer zu beschränkt werden. Dieser Theil, zwischen der Fundstelle it 
und dem linken Ufer ist mit einem Bagger näher untersucht und hier- 
bei die in Fig. 5 angegebenen Versuchsgräben gezogen worden. Daa 
Resultat derselben war, dass bereits 10 m links vom Fundorte a daa 
Flussbett eine vollständig andere bis zum Ufer gleich bleibende Be- 
schaffenheit als rechts von a hat. Während das Bett rechts von a aus 
sehr grobem Geschiebe mit grossen Steinen besteht, ist dasselbe linke 
von a aus Humus, Sand- und Bimstein zusammengesetzt; hieraus würde 
zu schliessen sein, dasa daa Ufer bis zu dieser Stelle — also auf 70 m 



82 Isphording: 

Breite — abgebrochen ist und daher hier üeberreste weder der Brfid[e 
noch des von Cäsar erwähnten Thurmes gefunden sind. 

Bei einigen Nacharbeiten mit dem Bagger in der Mitte des Stromes 
50 m unterhalb der Stelle bei a wurden mehrere Stücke von Weiden-, 
Buchen- und Tannenrundholz, 6— 8 cm stark unter einer 60 — 80 cm 
starken Kiesschicht gefunden. Diese Stücke sind vielleicht Beste von 
den longurii, welche dicht nebeneinander auf die Streckbalken gelegt 
die Brückenbahn bildeten. 

Wenn man nun durch die Holzfunde in beiden Stromarmen zn 
der Vermuthung gelangt, dass hier Cäsars Brücke gestanden hat, so 
wird dieselbe durch die Ergebnisse der bereits früher am rechten Ufer 
vom „guten Mann*' bis zur Nette ausgeführten, in dieser Zeitschrift 
mitgetheilten, Ausgrabungen bestätigt. Bei denselben fand man anter- 
balb des „guten Mannes'' zwei parallele Spitzgräben cc (Fig. 1) von 
1,5 bis 2 m Tiefe und ebenso grosser Breite, innerhalb dieser Um- 
wallung einige römische Münzen, Scherben von terra sigillata, Am- 
phorenbruchstücke, Töpferofen, Mauerziegel u. s. w., auch jetzt noch 
findet man dort auf dem Felde Scherben und dergl. Da ausserdem die 
Spitzgräben denen anderer Cäsarischer Lager gleichen, so durfte hier 
ein römisches Lager gestanden haben, bestimmt sowohl zum Schatze 
gegen die Trevirer, als zur Vertheidigung der Brücke, und namentlich 
bestimmt, die im Strome treibenden Baumstämme, Schiffe u. dergl. 
von der 700 m unterhalb gelegenen Brücke fem zu halten. Zu dem 
letzteren Zwecke waren ausserdem die defensores an der Brücke an- 
gebracht. 

Dass diese Stelle am Weissenthurmer Werth zu einem Uebergange 
über den Rliein für sehr geeignet gehalten worden ist, beweisen die 
von den Franzosen in den Jahren 1795 — ^97 in der Mitte der Insel ge- 
schlagenen Brücken. Cäsar kam von der Maas an den Mittelrhein 
und überschritt, um gegen die Sueven zu Felde zu ziehen, an der 
oberen Spitze des Werthes den Rhein. Keine andere Stelle ist 
durch die örtlichen Verhältnisse mehr zu einem Uebergange ge- 
eignet als diese; denn vom linken Ufer aus war die Brücke oberhalb 
durch das Lager am nßuten Mann'', unterhalb durch die Anhöhe hinter 
Weissenthurm geschützt. Am rechten Ufer erreichte man von der 
Brücke aus den luichsten absolut hochwasserfreien Punkt des recht- 
seitigcn Oebictas, konnte von dort das weit ausgedehnte Feld übersehen 
und auf kürzestem Woßo nach dorn Wiedthale und der vielleicht schon 
damals beistehenden festen Strasse gelangen. 



Rheinbrüoke. S8 

Ebenso günstig wie die örtlichen Verhältnisse waren anch die 
StromverbältniBse. Das weit vor das Weissenthunner Werth vor- 
tretende Kiesfeld, welches bei einem Wasserstande V(m 2 m am Coblenzer 
Pegel schon trocken wird, früher offenbar noch hSher gelegen hat and, 
weil dem Eisgänge sehr ausgesetzt, abgetrieben ist, liess, wenn man 
die Verhältnisse vor den Correctionsbanten in Betracht zieht, für jeden 
der Stromarme nur 180 m als freie Brflckenlänge bei einer Tiefe von 
2,2 m und 2,6 m im rechten Arm. Die Breiten Verhältnisse der Strom- 
arme waren jedoch früher noch günstiger für eine Brücke als jetzt, denn 
vom linken Ufer sind, wie oben erwähnt, 70 m abgebrochen; nicht weniger 
hat das rechte Ufer durch Abbruch gelitten, besonders in Folge der 
starken Strömung vom linken Ufer unterhalb des „guten Mannes' nach 
dem rechten Ufer an der HermannshOtte. Wie stark oft in kurzer 
Zeit das aus feinem Sande und Lehm bestehende rechte Ufer abbricht, 
dafür bietet der Theil vom Engerser Schlos^rten abwärts einen Anhält ; 
dasselbe ist bei dem Hochwasser im Jahre 1882 um mehrere Meter 
zurückgewichen. Nimmt man nun an, dass ein solches Zurückweichen 
des Ufers an der Brückenstellc nicht stetig so stark wie bei dem ober- 
halb gelegenen Theile stattgefunden hat, so könnte doch seit Cäsars 
Zeit der Abbruch so viel betragen haben, dass annähernd das von 
Cäsar b. g. VI 29, 2 ^) angegebene Maass von 200 Fuss für den rechten 
Arm passt. Der Rhein würde alsdann die Breiten in den beiden Strom- 
armen haben, welche schädliche Auilandungen verhindern und auf 
welche er dieserhalb durch Regulirungsbauten reduzirt wird. 

Cäsar brach also den über den rechten Arm führenden Theil 
(= 200 Fuss) bis an den an der Inselspitze befindlichen Bock ab und 
liess den anderen über den linken Arm führenden Theil unter tiem 
Schutze des Lagei*s am „guten Mann'' stehen. Während bei der Be- 
nutzung der Kiesbank, bezw. Insel, wegen des Anschlusses an festes 
Land keine Befestigung nöthig war, wäre in dem offenen, ungetheilten 
Strome der Abbruch eines Theiles der Brücke ohne besondere Be- 
festigung nicht ohne Gefahr für den stehenbleibenden Theil gewesen. 
Nicht unwesentlich für die Erhaltung des Brückentheiles war die 
Strömung des Rheines. Wenn dieselbe an dieser Stelle sich nicht 
oder nur wenig gegen die zu Cäsars Zeit bestandene geändert hat — 
und dies ist nach den jetzigen Stromverhältnissen und der oben ge- 



1) Bedacio exercita pariem uliimam pontis in loDgiiudincm pedum CC 
retcindit. 

8 



84 Isphording: Cänrt Bheinbrücke. 

schilderten Sohle des Flusses anzanehmen — dann war die Brücke 
aber den linken Arm und auch der im rechten Arme an der Inael noch 
stehende Theil gegen treibende Baumstämme und dergMchen xiemlich 
gesichert^ da schon unterhalb der Kapelle zum guten Mann der Stron 
nach dem rechten Ufer zu fällt und auch zur Zeit alle Thalscbüe 
durch den rechten Arm dicht am Ufer entlang treiben. 

Zum Schluss soll noch eines Steines mit Inschrift ErwäluiiuEig ge- 
schehen, welcher einige Meter oberhalb der Stelle a unter einer 80 cm 
hohen Kiesschicht etwa 50 m vom jetzigen Ufer gefunden worden ist. 
Dieselbe lautet: 

RVMILIVS 
31 ON Xill 
SAR VARVS 
Leider ist es trotz der Untersuchung mit dem Bagger nicht gelungen, 
den übrigen Theil des Steines aufzufinden. 

Ispbording, 

Reg. - BAomeitter. 



4. Die Römerstrassa von Trier naeli K5ln und Bonn. 



Hierzu Taf. I. Thh LXXVIII und Tafel III dieses Heftes. 



Zwei|:8tra88e Birtherhof beim Heidenkopf bis Bonn* 

Die Trier-Bonner Strasse wird weder im Itincrar noch in der 
Peatinger^achen Tafel, auch nirgend von Scliriftdtellem des Aiterthums 
erwähnt, ist aber im Zusammenhang mit der Trier-Kölner Strasse nach 
ihrer militärischen Bedeutang, durch ihre treffliche Ftthning und Bauart, 
wdche der Hauptstrasse entsprechen, eine wichtige Zweigstrasse der- 
selben. Sie verlässt die Trier-Kölner Strasse in deren Hälfte, 56 millien 
von Trier, und während die Hauptstrasse links auf Marmagen abbiegt, 
setzt die Bonner Strasse die schon vom Heidenkopf emgeschlagene 
Richtung auf Bonn fort* Die Kölner Strasse Qberschreitet die tiefen 
Thaleinschnitte der Urft, während die Bonner Strasse die breiten Wasser- 
scheiderücken der Ahr, ürft und Erft verfolgt, als Parallelstrasse nur 
6 bis 8 millien sUdlich von der Kölner Strasse entfernt 

Nimmt man als Ausgangspunkt der Messung die wichtige Höhe 
der Alteburg, wenn auch die eigentliche Gabelung beider Strasten V2 
millie westlicher beim Birtherhof erfolgt, so erhält man bis zum Bonner 
castrum eine Länge von 24 leugen » 36 millien, oder 7,1 deutsehe 
Meilen, die sich auffallend gleichmässig für drei Strecken k 8 leugen 
«s 12 millien auf die Hauptpunkte Michaelsberg und Rheinbach ver^ 
theilen, wo wahrscheinlich Mutationen und Mansionen waren. Diese 
gleichmäfisige Eintheilung setzt sich auf scharf markirte Haltepunkte 
von 3 lu 8 millien ähnlich wie bei der Trier-Kölner Strasse fort^ so 
dass 12 solche Haltepunkte ilen Abständen unserer alt-germanischen 
rastae von 3 millien entsprechen. Vidleicht war die Organisation als 
Staatssfcrasse noch nicht vollständig durchgeführt, nur beabsichtigt, aber 
sie bleibt ein interessantes Beiqiiel anderen sogenannten Römerstrassen 



T»B Tcitk: 



gegoifiber, dem r^misAer Ut^tvk cft sc ski ikrcr daBOMitigen 
ABfKhBttBBf. die so cnd^fk iaitk AaiMst vm Seias'^ilca cotstdit, 
bergdätet vird. 

Aaf der gana Ubxl sdbc« im te" Wwfcfwhfitr Gcgod, führt 
die Stnsse. vddie oft km B»rli ak Wcsp IvHtil wirL des Nimen 
,aUe Bonner Stnsse'. 



A. AllebKrg-Michaelsberp^ VUI lcaeeBc=12fl 

1. Abebiirg-GnnreB, Bordosdkk n» Bbikahen, 3 miDien. 
Vom Birtherliof Terf<c4gt die Boaner Stnsse die bisherige Ridi- 



tnog der Trierer Stnsse södCch der Aliebvrg iber ciMO Höhenrücken» 
auf wdcheB ehadse Yendunnnscn ans dem Tor^en Jahibondert 
begen, geht dann in die jebige BlankcnheinMr ffcawwr, velche die 
Bftiiflhaaiie flbeideckt Am BUnkcnbeimer Bndkmld viid letalere 
vieder schtbar, gdil sidösilich an llhnlinhfiiiiirff mrbei, tmi dar 
Blankfnhfim-Sdilfidener Cbanssce dnrrhschnittfm. 

Die Bomerstrasse macht dort den Eiadmcfc ehwr vervnhrhnten 
alten Landstraase, ist bei jenem Dorf 6 m, dann 9 m breit, hüdek dne 
Viehtrift, eine Art Wiesengerinne, in welchem Beste der 4 m breiten 
ehemaligen Steinpflasterong sichtbar sind. 

Vom ostlichen Aasgang des Dorfes fBhrt dn 4 m brater Weg 
dnrch den WaU zur Ahe» dann irestlich an Engdgan Yorbd anf 
Zingsheim. Nadi Eick ist dies dn nralter Vidnalweg in dncr f hewiligin 
römischen Niederlassang an der Ahe-Gapelle, wo ManerreBte nnd ein 
rdmischer Inschriftstdn gefunden worden. 

Jcnsat Blankenhdmerdorf fahrt die Bomerstrasse auf der Wasser- 
scbdde, aber stets darch die Torliegende Höhe etwas gedcdct» Imks an 
den Boinen des Bhmkenhdmer Schlosses vorbd, wo einst dne Samm- 
lang römischer Alterthfimer bestand, die jetzt flhenJIhin a ei sti c ut vL 
hei Grawen kreazt ein alter W^ ron Blankenheim kommend, ansere 
Strasse, and fährt über Eogdgaa and Frohngaa anf Mfinsterettd. Diener 
dammartige Weg ist bd Grawen gegen 1 m hoch, aof der Krme 5 m 
breit mit 3 m breiter StdnpflasteruDg, und wird jetzt kaam noch be- 
notzt. An dem Kreozpankt mit der Bonner Strasse soll for langer 
Zdt eine Ansiedlang gewesen sein, die aof alte Erzwäschen hindeatet 
Kahe gdegene Höhen amgeben die Beste eines Viereds von 200 m 
Seiteniioge, Ton denen einzelne Wälle der Westsdte dch etwa 1 m 



Die Römersirasse von Trier nach Köln und Bonn. Z7 

hoch, oben 2 in, unten 5 m breit erhalten haben, ebenso im nahen Wiesen* 
thal; die Anlage war zum Sammeln des Wassers bestimmt 

2. Qruwen-Tondorf, 3 millien. 

Die Römerstrasse war bei Gruwen 12 m breit, verengt sich weiter- 
hin zu einem 5m breiten, Im hohen Damm, mit häufigen Resten 
einer 4 m breiten Steinlage, an mehreren Stellen für andere Strassen- 
bauten abgeräumt. Sie nähert sich der Blankenheimer Chaussee, wird 
allmälig ein kaum 4 m breiter Feldweg, der die Spuren zweckmässiger 
Führung bei Umgehung einzelner Kuppen erkennen lässt. Beim Meter- 
stein €0,7 erreicht sie die Chaussee, die schon vor 50 Jahren bis Ton- 
dorf den alten ganz zerfahrenen Weg ersetzte. 

Tondorf liegt auf der Wasserscheide, die eine weite Uebersicht 
nach allen Richtungen hin giebt, und mitten zwischen Alteburg und 
Michaelsberg einen weithin sichtbaren Zwischenpunkt bietet. Neben 
dem hochliegenden Kirchhof von Tondorf wurden beim Ban emer Um- 
fassungsmauer im Pfarrgarten vor einigen Jahren starke Mauerreste 
gefunden, so dass sich der jetzige, mit einer niedrigen Mauer umgebene 
Kirchhof von 75 und 33 m Seitenlänge zu einem ehemaligen Quadrat 
von 75 m erweitert, welches diese deutlich erhobene Fläche als die Stelle 
einer Befestigung erkennen lässt, an deren Fuss mehrere alte Strassen 
sich mit den neueren Wegen kreuzen. 

3. Tondorf-Falkenberg, 8 millien. 

Die Römerstrasse verfolgt von Tondorf den Wasserscheiderücken 
zwischen den Zuflüssen der Ahr und Erft als eine wenig benutzte Land- 
strasse in der waldigen, schwach bevölkerten Gegend. Oestlich bei 
Tondorf ist sie 6 m breit, stellenweise 1 m hoch, mit 4 m breiter, meist 
zerstörter Steinlage. Im Walde ist sie anfänglich 12 m breit, zeigt an 
mehreren Stellen auf ihrer rechten Seite den wallartigen Damm^ bei 
einer grösseren Windung über die Höhe von einem AbkOrzungswege 
im Wiesenthal begleitet. Die Strasse wird dann 8 m breit, dann wieder 
ein Fussweg im Walde, erweitert sich in der Höhe von Falkenberg, 
und führt ähnlich wie bei Gruwen in 12 m Breite, mit 2V2 m breiten, 
Vs m hohen Seitenwällen zur sogenannten Falkenberger Hecke, einer 
mit schönen Buchen besetzten Waldung. In einem 2 m tiefen Hohlweg 
tritt die 2 m breite starkgewölbte Steinpflasterung zu Tage, bei welcher 
es schwer ist, die fest eingekeilten Steine auszubrechen. Mit je 20 m 



18 . von Teiih: 

Enlfernung fahren hier nördlich neben der Strasse zwei Farallelgräben, 
4 m breit, 1 Vb m tief, der erste mit deutlicher Brustwehr, und beide 
reichen bis zu dem Falkenberg-Langscheider Wege. Am südlichen Ab- 
fall der Höhe liegen neben der Strasse einige Quellen, und so gering 
auch alle diese Reste erscheinen mögen, sind hier an der Falkenberger 
Hecke die deutlichen Spuren ehemaliger Befestigungsanlagen zu 
erkennen. 

4. Falkenberg-Michaelsberg, 3 millien. 

Von der Falkenberger Hecke führt die Strasse, 4 bis 8 m breit, 
in neuerer Zeit als Forstweg regulirt, stellenweise einige Fuss damm- 
artig erhöht, in ziemlich gerader Richtung auf Michaelsberg. Zuweilen 
sieht man nur einen breiten Grasweg, dann wieder im Walde neben 
der 4 m breiten Strasse einen V/^m breiten Graben mit 2 V2 m breitem, 
1 m hohem Seitenwall als Beste der ehemaligen Strasse. Namentlich 
im LaubwaXde tritt die 4 m breite Steinlage mit grossen Bordsteinen 
von weissem Quarz öfter zxl Tage. Wo die Strasse in der Nähe des 
Micbaelsberges den Wald verlässt^ sieht man Reste des 5 bis 6 m 
breiten, Im hohen Dammes, mit zahlreichen Nebenwegen und tief 
dnrchfahrenen Geleisen im Haideland. 

Die Strasse führt östlich vom Michaelsberg am Fuss der drei 
Bergkuppen vorbei, die sich 60 m über der breiten Hochfläche erheben, 
ein kahles Haideland, von Wiesenthälern durchfurcht, die sich zur Erft 
und Abr hinziehen. Der Michaelsberg ist nach dem Apert und Heiden- 
kopf der höchste Punkt unsers Trier-Kölner römischen Strassensystems. 
Wo auf der mittleren Felsenkuppe die wiederholt zerstörte und immer 
wieder hergestellte Kirche liegt, bietet sich ein grossartiges Panorama 
mit meilenweiter Femsicht über die Eifel» und wenn dort auch keine 
Spuren römischer Mauer- und Erdwerke mehr erkennbar sind, so darf 
man doch annehmen, dass einst eine Römerstation, wenn auch nur als 
Wacht- ühd Beobachtungsposten an jener Stelle stand; während das 
am nördlichen Abhang des Berges liegende alte Dorf Mahlberg (Mahl- 
stätte) eine gegen Wind und Wetter mehr geschützte Unterkunft bietet. 
Auf dem Michaclsberg fand Prof. aus'm Weerth (76. Heft dieser 
Jahrbücher S. 236) römische Tuff- und Mörtelreste. Der Name des 
heiligen Michael erinnert an den häufig vorkommenden christlichen 
Nachfolger des römischen Mars. 



Die Römeratrasse Tdn Trier nach Köln and Bonn. 89 



B. Michaelsberg-Bheinbacb, VIII leugen= 12niillieD. 

1. Michaelsberg-Scheuerheck^ 3 millien. 

Nordöstlich vom Michaelsberg umging die Hauptstrasse in der 
Nähe des Heiligenbildes „dicke Tönnes** den tiefen Thaleinschnitt des 
Lierscr Bairhes, der bei Liers in die Ahr miindet, verfolgte 1200 m weit 
die jetzige Mfinstereifel-Effelsberger Kommnnalstrasse, und ging dann 
500 m bei Schenerheck und Wald vorbei, am Südrande des Flamers- 
beimer Waldes auf Scheuren und Todenfcld, während die neue, 6 m 
breite Kommunalstrasse von Mahlberg, nördlich am Michaelsberg vor- 
bei, jenen tiefen Einschnitt des Lierser Baches mit einigen Serpentinen 
überschreitet, und über Scheuerheck und bei Wald vorbei, über Scheuren 
und Neunkircfaen nach Rheinbach führt. 

Dieser Uebergang über das Thal des Lierser Bachs war wohl 
von jeh^ ein AbkOrzungsweg für Fnssgänger, doch Iftsst sich dje Fort- 
setzung am linken Thalrand jenes Baches nicht mehr bestimmt fest- 
stellen. Für diesen Abkttrznngsweg passen die 3 millien von Michaels- 
berg bis Scheuerheck, während der Umweg über „Dicke Tönnes'', viel- 
leicht nur für Fuhrwerk bestimmt, 4 millien beträgt 

Den Kreuzweg etwas nördlich von Scbeuerheck, wo im dichten 
Wakle neben alten Gräben eine starke Quelle entspringt, bezeichnen 
wir als Station Scheuerheck. 

2. Schenerfaeck-Scheuren, 3 millien. 

Oestlich von Scheuerheck wird die Bonner Strasse 6 bis 9 m breit, 
vielfach Vs bis Im dammartig erhöht, an einigen Stellen bei 5m Breite 
mit einem Graben und Wall von Im Höhe und Breite begleitet, als 
wären diese an deu übrigen Punkten eingeebnet. An einigen Stellen 
zeigen sich Reste der Steinlagen, und vielfach ist die Strasse trotz 
ihrer zweckmässigen Führung nach Ausfüllung der ehemaligen Seiten- 
gräben vom Sumpf durchweicht, so dem Dorfe Wald gegenüber, wo 
die Holzabfuhr nur in trockner Jahreszeit erfolgen kann. 

Ehe man Scheuren erreicht, erkennt man die Richtung der allen 
Strasse durch AUignements. Mit starkem Fall gebt sie durch den 
Thaleinschnitt des Houveratbo: Baches. Auf der Höhe des linken 
Thalrandes liegt die jetzige Kommunalstrasse, die den Bach weiter 
unterhalb überschreiteti auf der alten Bonner Strassa 



40 Ton Ttiih: 

3. Scheuren-Todenfeld, 3 miUien. 

An der kleinen Kirche tön Scheuren wendet sich die Römerstrasse 
nordöstlich auf Todenfeld, anfänglith unter der jetzt verlassenen alten 
Strasse, dann westlich derselben, um die sumpfigen Wiesenquellen der 
Ahr-ZuflQsse zu vermeiden. Wo der Weg Ferscheid-Hilberath die 
Kopimunalstrafise schneideti führt die Römeratrasse 300 m westlich Ton 
dJie3em Kreuzpunkt über die Höhe durch den Wald mit dichtem Untere 
\\ohj und wird dann im lichtem Walde durch einen Fussweg bezeichnet^ 
der Steinreste seigt, und beim Nachgraben Seitens des Forstperaonals 
deutlich die römische Steinpflasterung erwies. . Auf der Höhe 300 m 
südwestlich von Todenfeld liegen dann rechts aeben der Strasse 6 m 
breite, 2 m hohe Wälle, s^krecht zur Strasse, in der Richtung auf 
ipberüth. 

Aber auch auf der Höhe, 400 m nordwestlich . von Todenfeld, bis 
wohin, genau gemessen, die 3 milliea von Scheuren sowohl wie von 
Rheinbach reichen, liegen ganz ähnliche Wälle und Gräben, durch 
welche die fidmersti'asse als 6 m breiter, 2 m hoher Damm führt Den 
Bewohnern, der Gegend und den Forstbeamten sind diese Wälle wohl 
bekannt und werden von ihnen als uralte Wege, oft auch als Yer- 
schanzungcn angesehen, deren Zusammenhang nicht ieidit festzustellen 
und näher zu erklären ist, da das dichte Gebüsch die Uebersicfat und 
die. Aufnahme unmöglich machte. Die Lage auf der dominirenden Höhe^ 
von ziemlich tief eingeschnittenen Bächen und sumpfigen Wiesen um- 
geben, gab diesem Punkt einst um so grössere Wichtigkeit, als sich 
von hier aus die Vorberge der Eifel zur Bheinbacher Niederung senken. 
Dabei dienten die beiden hohen Bergwarten des Tomberg (Thonaburg), 
zuletzt noch von den Jfilicher Grafen bewohnt, und des Specheistein 
(specula), seitwärts der Strasse 1500 und 3300 m vorgeschoben, einst als 
gesicherte Beobachtungsposten für jene Befestigungen bei Todenfeld. 

4. Todenfeld-Rheinbach, 3 millien. 

üeber Todenfeld hinaus wird die R9mer8ti*asse westlich neben 
der Chaussee Todenfeld-Rheinbach zu einem einfachen Waldwege, der 
stellenweise auf 20m an diese Chaussee herantritt. Auf dem langge- 
streckten Höhenrücken ist sie dann ein SVsM breiter Weg, mit 3 m 
breiter Steinlage, auf der Westseite mehrfach von einem 2V2in breiten 
1 m holien Wall begleitet, rechts mit einem Graben 1 m breit und tief, 
die Strasse selbst dammaitig V2 ^^ erhöht. Oft zeigt die Strasse nur 
noch die Reste der Steinlage, von grösseren Bordsteinen eingefasst, 



Die Bomentrasse von Trier nach Köln und Bonn. 41 

aUe 3 bis 4 m grössere Querlagen des weissgranen festen Quarsstein, 
den die BStiicr oft Ton weither heranschaflften. Auf der Höhe bei 
TodeAfeld heisst die Strasse aligemein der „Rennpfad'' dann naeh 
Rheinbach hin „der Steinweg'' oder „die alte Steinstrasse''. 

Halbwegs zwischen Todenfeld und Rheinbach fthrt von dieser 
Romerstrasse rechts in nordöstlicher Richtung auf Capelichen eine 
Seitenstrasse über LQftelberg, Heidchen> Duisdorf» Endenich zum Bonner 
Lager. Dieser sogenannte «Bonner Weg*^ wird später besonders be- 
schrieben. 

Ueber das Capellchen hinaus geht die Römerstrasse in nördlicher 
Richtung, weit zweckmässiger als die jetzige Chaussee Ober Capelichen 
gtfnhrt, auf Rheinbach, lieferte dieser Chaussee ihre Steine, deren Reste 
nur hin und wieder noch die alte Richtung bezeichnen. Durch hohen 
Buchenwald fahrt die Strasse als verlassener Weg zur Chaussee-Gabe- 
lung Neukirchen-Capellchen am Rheinbacher Forsthause vorbei, und 
liegt von dort an unter der Jetzigen Rheinbacher Chaussee. Sie über^ 
sdireitet den Merzbach und führt zum westlichen Thor von Rheinbach. 

Dieser Ort wurde im 14. Jahrhundert befestigt, mit etwa 300 m 
Durchmesser. Die Befestigung hat sich auf der Sfld- und Westfront 
theilweise erhalten, zeigt noch einige 7 m hohe Mauern mit 12 m hohen 
Thflrmen von 9 m Durchmesser, doppelte Gräben von 12 m Breite. In 
der südöstlichen Ecke der Stadt liegt die Burg, als Reduit der Festung, 
von 20 m Seitenlänge, auf 4 m hohem Grnndbau, mit doppelten Gräben 
und zwei Thflrmen, interessant durch die im Eingang zur Burg einge- 
mauerten Betonstflcke, die aus dem nahen Römerkanal herrühren. Wohl 
mögen diese Befestigungen auf älteren Vertheidigungswerken ruhen, 
indessen haben sich keine römischen Befestigungsreste erhalten. Rhein- 
bach hiess nach Urkunden des 8. Jahrhunderts „Reginbach in pago 
ripuarensi", im 11. Jahrhundert Regenbach, dann Reymbach. 



C. Rheinbach-Bonner Lager, VIII leugen, =12millien. 

1. Rheinbach-Morenhoven, 3 millien. 

Die jetzige Kommunalstrasse Rheinbach-Buschbofen wurde in der 
Richtung einer alten zerfahrenen Landstrasse erbaut, so dass die Römern 
Strasse grösstentheils unter der heutigen Chaussee liegt, deren Rich- 
tottg durch das theilweise schwierige Terrain bedingt war, welches 
keine andere Wahl gestattete. 



43 von Yetth: 

Vom westlichen Bheinlmcher Tlior giog die alte Bonner Strasse 
durch die städtischen Gärten Über den Bömerkanal auf Peppenhoven 
und wurde 1 km ndrdllch von Bbeinbach von der alten Aachen-Frank- 
furter Strasse durchschnitten, die wir bei der Köln-Reimser Bomer- 
strasse im 76* Heft dieser Jahrbücher S. 9 beim Zülpicher Beeghaus 
erw&hnten. Herr Professor Schneider nennt diese Strasse im 78. Heft 
S. 8 eine Römerstrasse, welche die Franken von den Römern über- 
nahmen. Sie dehnt ein weit verzweigtes ganz ähnlich gebautes Strassen- 
netz aus, welches über Meckenheim, Godenau ebenso über Arzdorf, 
Berkum an dem Matronenbain vorüber nach Mehlem führt, ferner von 
Eckendorf und Gelsdorf her die Ahr auf ihren beiden Ufern zum Rhein 
begleitet, und den Rhein übei'schreitet. Alle diese Strassen berühren 
zahlreiche PonktOi wo römische Altertbümer gefunden sind, die auf 
römische Ansiedlungen hinweisen. Den Bau solcher Landesstrassen 
überliessen die Römer ganz gewiss den Landesbewohneroi verwendeten 
ihre Legionen schwerlich auf den Bau derartiger Wege. 

Jene Aachen-Frankfurter Heerstrasse ist westlich von unserer 
Bonner Strasse ein etwas erhöhter 3m breiter Grasweg, östlich von 
dieser Strasse ein 4 bis 5 m breiter Damm mit flachen Seitengriben, 
die weiterhin als Abzugsgräben benuzt werden. Der Weg wird von 
den Landleuten jetzt nur noch zur Erreichung ihrer Felder benutzt, 
ijind dient ausserdem als Grenzweg. 

Die Bonner Strasse begleitet ein nasses Wiesenterrain, über- 
schreitet dasselbe bei Peppenhoven, und kürzte dort früher die Krüm- 
mungen der neueren Strasse ab. Schloss Peppenhoven ist im 17. Jahr- 
hundert auf alten Grundlagen erbaut, ein Dreieck mit 150 bis 200 m 
langen, 8 m breiten Gräben. Südlich vom Schloss liegt ein Gehöft mit 
tiefen Gräben von 75 bis 90 m Seitenlänge, und ähnliche Grabenein- 
fassungen liegen nöidlidi vom Schloss, ebenso bei Schloss Morenhoven, 
doch weisen leider keine Funde auf die Zeit der ersten Anlage hin. 

Bei Morenhoven bildet der Schlossweiher, 3 bis 4 m versenkt, mit 
16 bis 24m breiten Gräben ein Viereck von 60 und 120m Seitenlange 
mit zwei Inseln, von denen die eine das Schloss, die andere Wirth- 
schaftsgebäude trägt, gewiss oft schon renovirt, aber an die ganz 
ähnliche Bauart von Schloss Buschhofen erinnernd, welches durch seinen 
Römerkanal mit Bestimmtheit auf römische Grundlagen hinweist. Die 
Kirche von Morenhoven, anf dem niedrigen Thalrande von einer Mauer 
und Resten alter Wassergräben umgeben, deutet durch ihre Lage auf 
eine solche historisch-wichtige Stelle hin. Die alte Strasse von Rhein- 



Die RömentraBse voo Trier naeh Köln und Bonn. 49 

bich her aUignirt sich auf diesen Kirchplatz, die Strasse Yon Busch- 
hofen her auf das Schloss. 

2. Morenhoven-Villenhöbe, 3 millien. 

Die jetzige Communalstrasse von Morenhoven nach Buschhofen 
liegt über der alten Bonner Strasse, ist anfänglich 9 m, später 6 m breit 
auf einem Vs bis Im hohen Damm. Bei Buschhofen mündet sie in 
die Euskirchen-Honnef Chaussee, durchgehends 9 m breit. Wahrschein- 
lich liegt auch unter dieser Chaussee in der Bichtung auf Miel, dessen 
Name auf millien (10) von Bonn bezogen wird, über Essig, Palmers- 
heim, (Belgica), Flamersheim, Arlof, Ilversheim, Münstereifel eine alte 
Strasse, die sich auf Zingsheim, Nettersheim, Marmagen fortsetzte. 

Die Kirche und der Schlossweiher des alten Buschhofen liegen 
noch auf dem westlichen Abfall der Ville, Das Dorf heisst in alten 
Urkunden des 12. Jahrhunderts Buschome, wird vom Bömerkanal und 
von d^r Bonner Strasse quer durchschnitten. Auf der Höhe des Dorfs 
wurden wiederholt römische Gräber, und noch im Jahre 1865 dne 
Fibula mit dem Bilde eines Imperator gefunden. Der Weiher, nahe der 
Kirche, war einst 100 römische passus lang, 50 passus breit, und trägt 
jetzt noch zwei vierseitige Inseln mit Wirthschaftsgebäuden. Auf der 
mittleren Insel stand ein Jagdschloss des Kurfürsten von Köln, Hermann 
von Wied, welcher dem Reformator Bucer, Melancbton's Freund, hier 
ein Asyl bot Der Wasserspiegd des Schlosswcibers li^t 3 m unter 
der Dorfstrasse, und senkrecht durch die Langseiten des Weihers, 
neben der Steinbrücke zum ehemaligen Schloss, führt 4 bis 5 m unter 
der Dorfetrasse der Römerkanal mitten durch jene westliche Insel. Diese 
Führung spricht für das hohe Alter des Weihers, der mit seinen starken 
Dämmen wahrscheinlich eine piscina des Römerkanals war, allerdings 
nur 18000 römische Fuss statt der üblichen 24000 Fuss vom Cent 
entfernt, wo die nächste piscina anzunehmen ist. Aehnliche Weiher 
mit doppelten Inseln finden wir bei Lüftclberg und Morenhoven, und 
erinnern diese Vierecke, einst mit Beobachtuogsposten und kleinen 
Vorraths-Magazinen besetzt, an die in ihren Abmessungen ganz ähn- 
lichen römischen Befestigungen, welche bei der Köln-Beimscr Römer- 
Strasse im 76. Heft S. 18 besprochen wurden. 

Von Buschhofen geht die Bonner Strasse auf die Höhe der Ville 
und aeigen sich an mehreren Stellen im Walde neben der Chausse die 
dammartigen Beste der Römerstrasse. Namentlich beim Meterstein 
^Ji gerade in der Mitte zwischen unsern Stationen Morenhoven und 



44 Ton Yeith: 

Lessenlch, 3 millien von beiden entfernt, liegen im Walde solche Wälle 
mit Resten breiter Wassergräben, so dass wir hier eine Station an- 
nehmen, für welche sich freilich keine anderen historischen Anhaltspunkte 
bieteni als die Entfernung und Lage des Punktes auf jener Höhe. 

3, ViUenhöhe-Lessenich, 8 millien. 

Beim Meterstein 9,0 verlässt die Römerstrasse die Chaussee ab 
ein 3 m breiter Graswog. Sie umgeht nördlich eine Höhe, wekbe von 
der Chaussee durchschnitten wird, und nähert sich der Chaussee wieder 
auf 80 m beim Meterstein 8,5. Sie heisst bei den Bewohnern j^grUner 
yfeg\ „alte Strasse'^, ^ySträsschen" und man weiss, dass der jetzt 3 
bis 4 m breite Weg froher doppelt so breit war, aber immer mdir 
abgepflagt wurde. Sie durchschneidet dann als blosser Fiissweg die 
4 m breite Ramelshovener Strasse, den sogenannten «Heerweg*, der im 
Mittelalter als Pilgerweg benutzt, Aber Brenig auf Aachen fahrt Es 
ist dies der später beim Nebenweg über LUftelberg erwähnte j^Hellweg, 
Hellpath, auch Jungfempad" genannt 

Von Ramershoven fährt die Römerstrasse 4 m breit durch Nette* 
koven, mit alten Wallresten und Gräben zur obem D^ensmUhle. Hier 
ist die Römerstrasse 200 m von der Chaussee durch den Wittcrschlicker 
Hardtbach-Einschnitt; so wie durch die bauliche Anlage jener Mahle 
und ihres Mflhlteichs unterbrochen, erscheint aber 150 m östlich von 
der Mühle im Waldgrunde auf dem rechten Ufer des Hardtbach als 
ein 3 m breiter Grasweg, mit scharfabgeschnittenem Rande, 4 bis 8 m 
aber dem Wiesengrunde des Baches, 3 bis 4 m unter der Chaussee, 
welche die alte Strasse auf 30 bis 80 m rechts begleitet. Bei der 
unteren Degensmahle ist die Strasse auf alter Grundlage erneut, jetzt 
4 m breit 

Dieser Degen'schen Mahle gegenüber führte senkrecht zur Römer- 
strasse von der Hardthöhe her eine römische Wasserleitung von 4- 
zölligen .Thonröhren auf IVshis 2 m langen TuiFsteinen. Als im Jahre 
1868 dort die Bonner Chaussee verlegt wurde, welche früher über den 
höheren Abhang der Hardt geführt war, wurde diese Wasserleitung 
zwischen den beiden Metersteinen 6,0 und 6,1 in einem 2 m tiefen 
Durchstich der Chaussee gefunden. Sie durchschnitt senkrecht die 
Chaussee und führte unzweifelhaft in den Witterschlicker Rümerkanal. 
Die Quellen dieser Röhrenleitung lagen am sogenannten Heidensprung 
nahe am Ursprung des Heidelbach, der unterhalb Witterschlick zum 
Hardtbach führt, und untersudite der bekannte Trimbom vor einigen 



Die RömerBtrsHe tod Trier tiBch Kiiln anä Bodd. 46 

50 Jahren diese Leitung. Jene 2 Fiiss langen Thonröliren gehörten 
in die Kategorie der 5-zölligcn Fistulae (Frontinus de aquaeductibus 
46), die auch am nransdoif-Kndenichcr Bach gefunden sind. 

Unsere Römeistrasae durchkreuzt die Gielsdorfer Kommimalstrosse 
läOm nördlich vom elieniiiligen Chanssechauae in der Nähe des Meter- 
stein 5,8, und erscheint dort als 4m bi-eiter Grasweg, der sich dann 
in einen Fussweg verliert. Sie erreichte das Lessenicher Kreuz an der 
Strasse zwischen Burgbenden und Lessenich und verfolgte den Höhen- 
rücken zur Iminenburg bei Endenich. Bei Lessenich in der Nähe jenes 
Kreuzes liegt halbwegs der Villeoliöhe und des Bonner castrum unsere 
Station, die durch zahlreiche römische Graburnen eine römische An- 
siedlung andeutet, besonders durchdendortgefundeneiiVotivstein (Bonner 
Univ.-Muscum Nr. 12), welcher sagt, dass hier dem Jupiter, der For- 
tuna und dem Ortsgenius ein dnrch das Alter verfallenes Gebäude zu 
Anfang des S. Jahrhundei'ts n. Chr. neu errichtet wurde. 

4. Lessenich-Bonner Lager, 3 millien. 

Von Lessenich führt die Kömerstrasse, „alte Heerstrosse" genannt, 
durch die Felder, oft nur 3 m breit, stellenweise nocli'/jm dammartig 
erhöht. Als der Park der Imraenburg im Jahr 1875 über die Ueer- 
stTBsse hinaus erweitert wurde, fand man die Stcinlagc der Strasse, 
in der Nähe grosse Tuffsteine und TrachytblÖcke der Wasserleitung, 
zahleiche römische Gefässe und Graburnen, so dass hier am Thalrandc 
in günstigster Lage eine römische Ausiedlung oder Villa stand, 300 m 
von dem Heideweg entfernt, der durch Endenicli filhrt. Am östlichen 
Fusa der Immenburg ist die Römeratrasse ein 4m breiter, Im hoher 
Dammweg, auf seiner Südseite vom Römerkanal begleitet. Sie führt 
Ober den Güterbahnhof zur damniartigen Boniheimer Strasse, parallel 
mit der 200m entfernten südlichen Heerstrasse. Die Hauptstras.se 
zeigt jetzt keine Spur ihres fühcren Ueberganges über den Endenicher 
Bach, doch wurden hier vor einigen Jahrzehnten in der Wiese römische 
Wasserleitungsröhren auf dem Grundstock des Herrn Alfter gefunden. 

Am rechten Wiesenrande des Daches markirt sich die alte Heer- 
Strasse auf eine kurze Strecke noch 3 xa breit, und zeigte hier nach 
der Hundesha gen 'sehen Kaiasterkarte römische Mauerrestc, mit Estrich- 
]dattcn, die noch vor wenigen Jahren bei dem dortigen Oehöfl im 
Felde lagen. 

Erkennbare Reste des Ileerwegea nähern sich hier der Heerstrasse 
auf 100 m, Obenschreiten die Kölner Chaussee beim Meterstein 25,4, 



46 TOn Teiih: 

und führte die Bömeratrasse höchst wahrscheinlich durch eine Wall- 
pforte in das Röinerlager. Darauf deutet ein sehr sorgfältig gearbeiteter 
cyliiidrischer Block von Drachenfelser Trachyt, der bei den Ausgra- 
bungen des Lagers im Jahre 1880 bei der jetzigen Kavallerie-Easeme 
gefunden wurde. Dieser Block war 1,48 m = 5 römische Fuss hoch, 
0|59 m dick, hatte oben ein centrales Zapfenloch Ton 0,29 Durchmesser 
und Tiefe, das sich nach unten hin auf die Hälfte dieser Abmessungen 
verjüngte, offenbar für den drehbai*en Thorzapfen (cardo) der Thorpforte 
bestimmt. Doppelte Vertiefungen für Eisenklammem auf dem äusseren 
Gylindermantel befestigten einst nach den sichtbaren Spuren von Mörtd- 
resten den Thorpfosten in die Wallmaüer. Von besonderem Interesse 
war untenstehendes, sauber eingemeisseltes Werkzeichen des Blocks, 
nach einem genauen Abdruck in V4 der natürlichen Grösse ge- 
zeichnet, ein triens des Uncialfusses als Massstab, nach Prof. Nissea's 
Metrologie S. 4. Der Anfang des Legionszeichens war durch Striche 
ausgemeisselt Möglichst genaue Messung jenes Massstabes gab eine 
Länge von 98,6 mm. 




ML 



I 



I 

Der Stein ist leider verstümmelt in die Fundamente der jetzigen 
Kavallerie-Kaserne des castrum vergraben. 

Der ;,Heerweg^ führte die römischen Legionen direkt in das 
Lager, während eine Parallelstrasse, die heutige „Heerstrasse^, wie wir 
sehen werden, beim Johannis-Kreuz am südlichen Grabenrande des 
Lagers entlang, also ausserhalb des Lagers zum Rhein nach dem heu- 
t^en Schänzchen führte. 

Nahe bei jener Südwestecke des Bömerlagers am Johannis-Kreuz 
wurde die älteste christliche Kirche Bonn's, Dietkirchen (Volkskirche) 
erbaut, da wo die römische Wasserleitung in das Lager mündete, wo 
einige werthvolle Inschriftsteine und zwei römische Tuffbrnnnen bei 
den Ausgrabungen des castrum gefunden sind. Zahlreiche Neubauten 
in der Umgebung der im Jahre 1880 erbauten Kavallerie-Kaserne be- 
decken jetzt die historisch wichtige Stelle, wo einst das alte, jetzt spurlos 
verschwundene^ Dietkirchen stand. Die interessante Schrift des Aachener 



"\ 



> 



Die Römeratrasse von Trier nach Küln 



nd Bonr 



47 



Stadt-Archivar, R. Pick, „Geschichte der Stiftskirche, nach den Urkunden 
im Auftrage des Kirchenvoratandea Donii 1884 bearbeitet*, wirft Liclit- 
blicke in das Dunkel jener fernen Zelt. 



I D. Trier-Bonner Nebenatrasse 

vom Capellchen bei Rheinbach zum Bonner Lager, 

Bei der Etappe Todcnfeld-Rheinbach B. 4 wurde bereits gesagt, dasa 
eine Nebenatrasse übcrCapellcheu, Lliftelberg, Heidchen, Duisdorf, Ende- 
nich, die auf der Karte zur Unterscheidung mit schwächerer Linie bezeich- 
net ist, zum Bonner Lager filhrt. Die Abkürzung dieses compendiuni 
beträgt zwar kaum eine milüe im Vergleich zur Strasse Ober Biiseh- 
hofen, aber wahrscheinlich benutzten schon die römischen IjCgionäre, 
welche bei der Eanalwendung am obcrirdtseben Aquädukt von Lliftel- 
bei^ arbeiteten, diesen Weg nach Bonn, und schafften woh! namentlich 
Tuffsteine and Baumaterial vom Bonner Schänzchen hierher. 

1. Capelldien-Swistbach, 4 millien. 

Halbwegs Todenfeld-Rheinbach erreicht diese Nebenstrasse jetzt 
wie auf einer Waldschneusc den Wegestern am Capeliehen, von wo 
aosserdcm die 7 m breite Chaussee Todenfeld-Rheinbach, ferner ein 
direkter gerader Waldweg auf Uheinbach, und ein Weg zu der I millie 
entfernten Ruine Tomberg fuhrt, die schon in der Hunnen-Zeit ein 
Zufluchtsort der Bewohner gewesen sein soll. Vom Capelichen ab- 
wärts nennt man unsere Strasse den „Bonner oder grilnen Weg", auch 
den Wonnersdorfer „Capelichen- Weg", dor früher besonders als Kir- 
messweg aus der Eifel zum Rheinthnl benutzt wurde. 

Im Walde ist dieser Weg jetzt ein regulirter Foratweg, 6m breit, 
Iheilweiae mit SeilengräbcD und Bankett. Wo er den Wald verlässt, 
wird er schmaler, 3bi34mbreit, oftein4m breiter, '/ani hoher Damm- 
weg, bis er Astlich von Rheinbach beim Meterstein 8,3 die Uheinbacb- 
Meckenheimer Chaussee durchschneidet. Zwischen dieser Chaussee und 
der Aachener Hecrstrasae ist links am Wege das Fundament eines 
kleinen Thurmea von 2m Durchmesser gefunden, welches vom Besitzer 
des Ackers wegen seiner Festigkeit nur mit grosser Mühe abgebrochen 
werden konnte, und wahrscheinlich einst ein Denkmal oder eine römische 
Wegesäule trug, wie Caumont dieselben Gfter erwähnt. Man nennt 
jene G^nd „das Höchst". Der jetzige Bonner Weg führt als Commu- 



48 von Teith: 

nalweg über Flerzheim nach Witterschlick ; der alte Bonner Weg nahe 
oberhalb Flerzheim über den Swistbach. 

2. Swistbach-Heidchen 3 millien. 

Am Lüftelberger Schloss vorbei führte die „Bonner Strasse'' über 
yydie drei Linden'' als ««alter grün^ Weg", über eine jetzt 6 m breite 
Viehtrift Lüftelberg bewahrt aus der Zeit Carl d. O. die Sagen von 
der heiligen Luftildis, deren Gruft in der Kirche Ton einer schönen 
Kalksinter-Platte aus dem Bömerkanal überdeckt ist Nach der Tradi- 
tion kamen drei Schwestern Spes, Charitas, Fides, deren Kultus sich 
an die früheren matronae und matres anschliesst, aus Born zur heiligen 
Luftildis, und gingen von Lüftelberg über Witterschlick, Brenig nach 
Weilerswist auf jener ebnen Strasse, bei Beschreibung des Römerkanals 
im LXXX Heft Seite 12 erwähnt, Hellweg, Hellpath, Jungfernpad ge- 
nannt, die sich noch heute, freilich oft nur als Fussweg verfolgen lasst 
Es ist dies die Aachener Pilgerstrasse, welche bei Brenig die heutige Achei> 
und Bornheimerstrasse von Bonn her aufnahm, über Lechenich weiter 
führte, wo sie mit der Kölner Römerstrasse in Verbindung stand, und 
als eine der ältesten Landesstrassen von historischem Insteresse ist. 

Das Dorf Lüftelberg liegt in freundlicher Gegend auf dem 6 m 
hohen Thalrande des Swistbaches. Wo jetzt die Kirche auf einem 
Höhenvorsprnng des Thalt*andes liegt soll einst ein Schloss gestanden 
haben, welches später in die Niederung soll verlegt worden sein. Nördlich 
von Lüftelberg führt der bereits genannte grüne Weg über den Römer- 
kanal zum Flerzheimer Kommunalweg. Vom Kanal sind bei Lüftelberg 
Süssere Spuren nicht mehr sichtbar. 

Im Walde Kottenforst liegt über der alten Bonner Strasse die 
neue 6 m breite Chaussee. Nach dem Verlassen des Wakies geht die 
alte Bonner Strasse südlich von Wolmershoven über den Witterschlicker 
Bach, dann auf dem hohen rechten Thalrande desselben auf Heidchen, 
und beisst hier allgemein „der Ritterpad'*, ist meist nur noch 3 m breit 
Heidchen ist ein ärmliches Dorf, in welchem seit langer Zeit römische 
Münzen, sogenannte Heidenköpfe gefunden werden, von denen ich an 
Ort und Stelle einen Gordian und eine Salonina, Rv. Juno regina erhielt, 
welche vielleicht auf römische Benutzung der Strasse noch in der Mitte 
des 3. Jahrhunderts n. Ch. hinweisen. 

3. Heidchen-Duisdorf, 3 millien. 

Der zweckmässig geführte „Ritterpad" bleibt in jeder Jahreszeit 



Dio RömeratrasBe von Trier nRcb Kola und Bonn. 



trocken, und zeigt nörtlÜeh von Heidchen an mclireren Stellen deutlich 
seine ehemalige Brette von 6m, durch den Pflug immer schmaler ge- 
worden. 400m östlich von Witterschlick überschreitet erden tief ein- 
geschnittenen Ueidelbach, dessen linker Thalrand sich allmälig senkt, 
während der rechte mit 12o Büschung des bewaldeten Hanges sich 
20 m zur ebenen Hochfläche der Ilardt erhebt. Der tiefe Einschnitt 
zeigt freilich jetzt keine Spur einer für Fuhrwerk nothwendigen ehe- 
maligen Brücke. Auf eine schräge Führung des Weges zur Höhe 
linden sich Andeutungen bei einer schanzenartigeu Erhebung von 30 bis 
40 m Seitenlänge westlich neben dem Uebergange, mit Wegeresten von 
3 m Breite. 600 m nördlich von diesem Einschnitt, in der Nähe des 
Waldrandes liegen zu beiden Seiten des Weges 1 bis 2 m hohe Wälle 
mit verwachsenen Gräben, 6m breit, 3m tief, einige 100m weit sich 
hinziehend. Man würde geneigt sein, brandenburgische Verschanzungen 
gegen französische Entsatüversuche bei der Belagerung von Bonn ira 
Jahre 16Ö9 darin zu sehen, wenn nicht schon Minola diese räthsel- 
haften sehr alten WiUle erwähnte, die auf einen alten Lagerplatz tob 
350m Länge, 150 ra Breite hindeuten. 

Der Rittcrpad behält auch auf der Höhe seine Breite von 3 m, 
und führt an „den drei Linden" vorbei zur sogenannten „Knip" am 
Rande der Ville, wo diese sich nach Duisdorf und I^ngsdorf senkt und 
einen hübschen Blick in das Rheiuthal bietet- Die Knip zeigt ein 
Netz zahlreicher alter Wege, Terrassen, Einschnitte, mit Resten von 
Bruchstein- Mauerwerk und festem Mörtel, namentlich am Hohlwege 
nach Duisdorf, 1 bis 2 m unter der Erdoberfläche, welches sich strecken- 
weise verfolgen lässt und von den Bewohnern für eine alte Strasse 
gehalten wird. Die Sage spricht von einer ehemaligen Duisburg auf 
der Höhe, an welcher die unter C. 3 erwähnte römische Wasserleitung 
vom Heidensprung zur unteren Degensmühle vorilberführen soll. Die 
Quellen am Heidensprung speisten ausser der römischen Thonröhren- 
leitung auch das überdeckte Wasser-Reservoir oberhalb Duisdorf für 
die kurfürstliche Wasserleitung in eisernen Röhren, welche noch jetzt 
einige Brunnen in Bonn, freihch nur spärlich, mit Wasser versorgen. 

4. Duisdorf über Endenich zum Bonner Lager, 3 millien. 

Vom Duisdorf- Lengsdorfer Wege führt die alte Bonner Strasse 

an einem Heiligenbilde vorbei und, von der kurfüi'sUichen Röhrenlei- 

tuDg begleitet, zum Endenicher Kirchhof. Der Weg ist 3ra breit, 

zweckmässig geführt, meist trocken und lieisst bei den Uewohnem 



60 Ton Yeith: 

Schiefelinchen. Er erreicht die Duisdorfer Chaussee beim Meterstein 
2,9,. geht durch das Dorf Endenich (Entenic im 12. Jahrhundert) mit 
dem Namen Heideweg, früher Heidenweg. Nahe bei der Kirche soll 
an der Brücke des Endenicher Bachs das Vehmgericht gewesen sein, 
welches wenigstens auf die althistorische Wichtigkeit dieses Punktes 
hinweist, in dessen Nähe Matronensteine gefunden wurden, und auf 
welchen in gerader Richtung von der Dahmsmühle am Rhein der 
„Reutcrsweg** über Poppeisdorf führt. Seit vielen Jahren sind nahe 
der Eisenbahn beim Ausheben der Ziegelcrde zahlreiche römische 
Orabumen und Sigillata-Gefässe an dieser Strasse gefunden worden, 
welche auf den römischen Ursprung des 4m breiten, gerade geführten 
Weges hindeuten. 

Der Reutersweg führt an der Süd westecke des Poppelsdorfer Weihers 
vorbei, dessen Burg in Urkunden des 12. Jahrhundert castra ante 
Creutzberg genannt wird und früher mit doppelten Gräben eine Be- 
festigung von 150 und 200 passus Seitenlänge umschloss. Genau in 
der Richtung des Reutersweges lag in Poppeisdorf auf dem Grundstück 
der WesseFschen Fabrik ein kleiner Weiher mit Insel und Gebäude- 
resten, jetzt grösstentheils überbaut, nach alten Karten 50 und 30 m 
lang und breit. Nördlich von Poppeisdorf ist der Reutersweg in den 
Feldern kaum noch zu erkennen, er vereinigte sich bei Endenich mit 
einem Wege, der von Godesberg her über Friesdorf, Dottendorf, Kesse- 
nich auf Poppeisdorf und Endenich führte, und in der Nähe der Fries- 
dorfer Brauerei Mauerreste einer römischen Villa zeigt (59. u. 81. Heft 
S. 212). Dieser Weg führt an der Poppelsdorfer Kirche und am 
Fuss des Kreuzberg unterhalb der Mordkapelle vorbei, wo im An- 
fange des 4. Jahrhunderts christlich römische Soldaten der thebaischen 
Legion als Märtyrer hingerichtet sein sollen. 

Am Fuss jener Höhe liegt links am Wege zwischen Poppeisdorf 
und Endenich eine halbrunde Aushebung, theilweise durch Benutzung 
als Sandgrube zerstört, in ihrer geschützten Lage einst als Pestlazareth, 
jetzt bei ihren regelmässig ansteigenden Terrassen als Baumgarten be- 
nutzt Dieser Halbkessel, von dem ein Theil durch die neuere Strasse 
abgeschnitten ist, welche über die Endenicher Dorfhöhe führt, heisst 
im Kataster „das Wann'^ von den Bewohnern der Umgebung oft als 
ein durch Hexeu und Heidenverkehr unheimlicher Ort bezeichnet. Der 
Längendurchmesser des Wann beträgt 100 m bei 60 m Tiefe, die oval- 
runde Sohle ist 60m, lang 40m breit, und erheben sich die Terrassen des 
ausgerundeten Thalrandes mit allmäliger Steigung bis 10 m über die 



Dio Römeratraaae von Trier nacb Eüln und ßoaa. 



&1 



vorbeifiilirende Strasse. Diese Abmessungen der offenbar bedeutungs- 
vollen Anlage und ihre Orientirung der Sonne gegenüber, entsprechen 
den römischen Amphitheatern, von denen Caumont in seiner Archäologie 
S. 132 einen Plan des Amphitheaters von Chenneviöres im Loiret giebt, 
erinnern an die Arena von Vetera {31. Heft der Jabrbilclier S. 110) 
so dass hier im Wann, nach der Ansiclit des verstorbenen Prof. Bergk, 
der wiederholt mit mir die Abmessungen feststellte, das Amphitheater 
des castrum anzunehmen ist, welches Tiir ständige rümische Garnisonen 
bekanntlich einst nncntbehrlicb, dort die geeignetste Stelle fand, 3000 
Schiitt vom Lager entfernt. 

Der sogenannte Bonner Weg ging am Fuss der Höhe an der 
ehemaligen Endeniclier Burg bei der Kirche vorbei, durchschnitt beide 
römische Parallelstrassen Trier-Bonn bei Endenich und an der Immen- 
burg, ging (Iber die Höhe fort nach Dransdorf, über Alfter nach Rois- 
dorf, wo Dr. Kessel nach dem 58. Heft der Jahrbücher S. 1C9 Funda- 
mente römischer Gebäude am Gesundbrunnen fand, dann über ßornheim, 
Waldarf zum Eümerkanal, dessen Begleiter er über HermUlheim hin- 
au.s bleibt, und hoffentlich dereinst für die noch unbekannte Fortsetzung 
des Eifelkanals auf Neuss den Weg zeigen wird. 

Die Duisdorf-Endenicher Strasse geht durch Endenicb am Gast- 
hof „Heideweg" vorbei, dann nördlich neben der Chaussee in den Fehlern 
aberpflügt zum Kielgraben, wo sie als befahrener Damm 4 bis 5m breit, 
1 m hoch wieder zum Vorschein kömmt, 200 m südlich von der alten 
Hoerstrasse diese begleitet. Westlich von der Eisenbahn heisst dieser 
Damm in alten Katasterkarten der „hohle Weg*, auch der „hohe Weg", 
nach dem U eberschreiten der Eisenbahn „die Hecrstrasse", jetzt eine 
chaussirte Strasse, mit Häusern besetzt, die noch vor einem Jahrzehnt 
in der Gegend des Endeniclier Bachs den alten, 5 bis 6m breiten 
Römerdamni zeigte. Zu beiden Seiten desselben sind beim Strassen- 
und Häuseibau römische Graburnen gefunden, und noch im März 1878 
fand man beim Legen von Gasrohren am Kreuzpunkt mit der Kölner 
Chaussee die 6m breite, 0,30m starke Kies- und Steinschicht der 
RümcrBtrasse 1 m unter der Fahrbahn jener Chaussee am Johannis- 
kreuz. Diese Trierer Strasse geht dann am äussern Grabenrand der 
Südfront des Bonner llömerlagers entlang, durchschneidet die Mainz- 
Kölner Römerstrasse 20 m südlich von der porta decumnna jenes Lagers, 
wo sie in Im Tiefe 6m breit aufgedeckt wurde, führte über einen 
Wasserkanal durch den westlichen Eingang des Schanzchens, wo in 
der Nähe römische Steinsärge gefunden wurden. Im Baumgarten des 



52 von Veith: 

Schänzchen wurden im Jahr 1877 südlich neben dem Hause Funda- 
mentreste von 4 Pfeilern gefunden, genau im Allignement und am Ende 
der Trierer Strasse, im ganzen 9 m lang und breit, 9 m über dem Null- 
punkt des Rheinpegels, vielleicht einst die Lade- und Hebestelle für 
Bausteine von Tuff, Trachyt, Basalt etc., welche durch Schiffe zum 
Lager- und Kanalbau dorthin gebracht wurden. Mauerreste von Ge- 
bäuden und Scherben römischer Gefässe lagen hier ausserhalb des 
eigentlichen Bömerlagers, innerhalb dieses propugnaculum, welches 
durch starke Mauern den Leinpfad und den Zutritt zum Bhein bis 
zum Wachtposten des ehemaligen Windmühlenbergs deckte. Es scheint, 
als hätte sich die Trierer Strasse jenseits des Rheins über Vilich, 
Warth auf Siegen fortgesetzti im Yolksmunde dort überall die „Römer- 
strasse" genannt. 

E. Das Bonner Römerlager 

ist ein historisch wichtiges Denkmal des 1. Jahrhunderts. 

Die Königl. Regierung liess dort beim Wicheishof 1818/19 Aus- 
grabungen veranstalten, welche Prof. aus'm Weerth 1876 bis 1881 mit 
grossem Geschick, Fleiss und mit bedeutendem Kostenaufwand fort- 
setzte. Die 2 bis 3 m tiefen Aushebungen sind wieder zugedeckt, nach- 
dem Hauptm. Lüling, Markscheider des Königl. Ober-Bergamts, die 
genauesten Aufnahmen der Resultate in werthvoUen Zeichnungen nie- 
dergelegt hatte. 

Diese Resultate sollen in den nächsten Heften veröffentlicht werden, 
um ein richtiges Bild der Wälle, Kanäle und Kasernen des Lagers zu 
geben, und manche Fragen über römische Castrametation lösen zu 
helfen. 

Beiliegende Uebersichts- und Fundkarte von Bonn möge den Zu- 
sammenhang des Römerlagers mit den Sti*assenzügen, die örtlichen und 
Höhen-Verhältnisse erläutern, die Vorwerke auf beiden Rheinufem mit 
einer Andeutung der Rheinbrücke Caesar's^), die alten Bonner Stadt- 
befestigungen und eine Fortsetzung der Freudenberg'schen Fundkarte 
geben 2). 



1) Westd. Zeitschrift (Pick, Caesar's Eheiaübergänge). VI. S. 87. 

2) Bonner Jahrbücher f. Alterthumsfr. i. Rheinl. Festschrift 1868, 8. 41 
nebst Karte. 



Die Römerstrasae von Trier nach Köln und Bonn. 



58 



Jesuiienhof 
Wichehhof 



F. Römerfunde bei Bonn für beiliegende Fandkarte. 
I. Bonner Römerlager und dessen nächste Umgebung. 

Inneres Römerlager mit einer Uebersicht seiner Walle, Gräben, Fundamente 
und Kanäle auf Grund der bisherigen Ausgrabungen. 

Hundeshagen, Stadt (i) Minervabild. 
Bonn, S. 44. 

Un. M. 179. .Becher mit „Reple". 



Un. M. 238 and 239. 

ün. M. 247. 

Un, M. 243. {ü)( 

Pr. M. 

ün. M. und Pr. M. 



Schänzchcn 



Porta decnmana 
Am Johanniskreuz 
Ebemal. Dietkirchen 



Neues Dietkirchen seit 
1660 StifUkirche in 
der Stadt, Sammel- 



Zwei Reliefs, Jüngling mit Pferd. 
Marmorkopf, wahrscheinlich Kaiser Uadriar 8. 
Weibliche Figur. 
Säule mit Kapital. 

Ziegelstempel der I leg, I M. P. F, XXI Rap., 
VexilL 

B. J. 57 S. 211 und (3) Silbersohale und Thongefasse, Baureste, 
229—59 S. 181. Wasserrinnen etc. 

ün. M. 117. (4) Grabstein des Soldaten Julius Severus. 
B. J. 80, S. 230. Fundameute, Kanäle, Steine mit Legions- 
stempeln, Gefässe, Fibulae etc. 
Pr. M. (s) Inscbriftstein Vex. leg. I M. 
Br. 462 verloren, (e) Votivstein Uorculi Yictori an der Südseite 

der Kirche. 
Br. 463 verloren. (7) Votivstein Apollini Livici, an der Nordseile 

der Kirche. 
B. J. 82, S. 46. (8) Thorstein mit Werkseichen, Westseite des 

Lagers. 
Votivstein Victoriae Aug. Publicias etc. 
Mercurio L. Cornelius leg. XXI rap. 
Patemus leg. XXII primig. urbanus milos etc. 
Matribus Aufaniabus domesticis GlodiosMar- 

cellinus leg. I M. 
Votivstein Kaiser Antoninus Pius. 
Reliofbild. 

Herouli C. Calp. Proclus leg. Aug. leg. 1 M. 
Altarstein in honorem leg. I M. 
Ära Herculi Magusano Q. Clodius Marcel- 
linus Cent. leg. I M. 
Ära mit Juno und zwei Figuren. 
Ära der Minerva und des Hercules. 



Un. M. 76. 

Campios. 

ün. M. 90. 



punkt der Funde aus B. J. 67, Prof. Klein 
dem Römerlager S. 66. 

B. J. 67 u. 69, S. 54. 

B. J. 78, S. 63. (9)/ 



ün. M. 207. 
ün. M. 211. 



Anmerkung: Siehe Prof. Freudeubergs ürkundenbuch = Frdb. ürk. = für Bonn in der 
Festschrift Bonner Jahrb. 1868. Bonner Jahrbücher bezeichnet mit B. J. — Bram- 
bachs corpus inscriptionum = Br., Katalog des Kgl. Rheinischen Museums s Un.M., 
ProyinziAl Museum s Pr. M. 



54 



von Veiih: 



Rh^dorfer Weg 

Bonner Berg 
Brückenweg 



Kölner Chaossoo 



(lo) In den letzten Jahrzehnten gefanden Tuff- 
tteina&rge, Tnfifkiften, Graber» Urnen, 
Münzen eto. 
B. J. 50/51, S. 307. rFondamenie, Strassenresie, Gräberi Geftne. 
Br. 458. ^"^\D femina, vir M. 

(la) Strasseureste von der Irren- Anstalt am Jaden- 

kirchhof vorbei zam Jesuitenhof, in 1 Ini 

2 m Tiefe gefunden, von Gräbern begleitet 

B. J. 81, S. 87 Pr.M. (13) Nahe vor dem Köln-Thor zwei Beliefbilder, 

Gefässe etc. 
B. J. 49, S. 190 Pr. M. (14) Am Johanniskreuz Grabstein mit phalerae 

nnd „Vale Laci**. 
B. J. 58/54, S. 183 Pr. M. TAm Kreuztragenden Christus (Meterst. 25,3) 

. 1 Reiterdenkmal des Cajus Marias I leg. 
I mit phalerae, 
Un. M. 97. I Grabstein eines Soldaten Yalerianus. 
B. J. 57, S. 70 Pr. M. (17) Grabsehrift des L. Magias leg. I M., castm 

armorum nahe dem Directions-Geb. der 
Irren-Anstalt gefunden. 
B.J. 55/56,8. 289 Pr.M. fAltar des Julius Quintus für die matres 

I domesticae. 

I Gräberfeld zwischen Chaussee, Bach und 
I Irren-Anstalt. 
B. J. 70, S. 151 und (19) Dom Josephshof gegenüber Gräber, an einer 
B. J. 81, S. 196. Mauer entlang. 



II. Römerstrasse vom Bonner Lager nach Mainz. 



Canabae des Lagers vor 
der porta decumana 

Beim Bau der Kliniken 
und am Theater ge- 
funden 



Pr. M. (6) Inschriftsteiu Vexill. leg. 1 M. 

B. J. 59, S. 29. i Römerstrasse mit Kanal — TempeL 
B. J. 62, S. 64. ^^^^\ Bäder mit Fresken. 



Un. M. 58. 

Un. M. 60. 

Un. M. 79. 

Un. M. 230. 

B. J. 59, S. 88. 

do. 

B.J.59S.46U.60S.154. 

Un. M. 137. 



(21) 



/Altar des Flavius matribus domesticis. 

Matribus domesticis. 

[Grabstein „opto sit mihi terra levis*'. 

(Brustbild eines Römers. 

Altar der Anabanae (Idbanao). 

Altar des Veteranen Filippus. 

Grabsteine, Gefasse, Legionsziogel, Münzeo. 

Altar Cornelius Araca. 



Wilhelmsirasso 
Theaterstr. am Wind- 
mühlenberg 



Br. 406. (22) Altar Matribus Aufaniabus. 
B. J. 67, S. 152. rMosaikbodenplattcn. 
B. J. 68, S. 182. ^I^Strasse zur Burg, Kanal zum Rhein. 



Die Römeratrasse von Trier nach Köln nnd* Bonn. 



&5 



Engelthal 



Engeltbaler u. Joseph- 
strasse Ecke. 

Zwischen Sandkaul u. 
Yierecksplatz 
Yiereckspl. u. Burgstr. 



Br. 467. (94) Yotiv-Ara pro salute impp. Diocletiani et 

Maximiniani templum Martis restitait Sin- 
tus praef. leg. I M P. F. 
Un. M. 13. (20) Yotiv-Ara J. 0. M. et genio loci, Dis, Dcn- 

bosqae omnibos Crescens et Felix leg. 
I M P. F. 
Pr. M. (26) Ära der Scaptischen Familie. 



B. J. 49, S. 190, fRömergräber von Sandsteiuplatten, Urnen, 
55/56, S. 242. (21)} Kanäle. 

I Strassenreste am Evangel. Schulhause. 

Un. M. 67. /»o\/Ara Fulviana, Divum sodalis etc. 
B. J. 78, S. 234. \jupiterkopf. 

Yoigtsgasse u. Ober- Frdb. Urk. Fundk. 19. (29) Fundamente, Ziegel, Münzen. 



Rbeinthorstrasse 



bergamt 

FranziskanerstrasBo 
Yor d. Coblenzer Thor 
Herrenmauor 



Erste Fährgasso 



Hotel Bellevue 



Yinea Domini 



Rigal'schcs Hans 

Eltzbachers Haus 
Qr&fin Fürstenberg 

Zweite Fahrgasae 
Hehlern, Frings, 
Weberttrasse 

KranU 

YUla L5schigk 
Ehemalige« Stener- 
haos am Reatersweg 



B. J. 55, 8. 166. (so) Werthvolle Münzen. 

Un. M. 92. (Gräbst. Caelio Yitali miles leg.I M.Septimia. 
B. J. 60/61, 8. 194. (31) I Fundamente, Gr&ber im Garten des Hotel 

( royal. 

(32) (Yalerins Sabinus), im Garten des Rentner 
Schaafifhausen, Wasserleitung, Heixvorr. 

Un. M. 206. , . JJuppiter auf dem Throne sitzend. 
B. J. 56/56, S. 243. ^\Grabumen, Gefasse. 

Un. M. 104. (Mucasius. 
Un. M. 14. (^)( J. 0. M. et Herculi et Silvano Nepotianus 

f praef. castrorum (vom J. 190). 
Frdb. Urk. /'Calvins log. I und Cabrio aquilifer, verloren. 
Un. M. 84. I Grabstein des Clodio leg. I. 
Un. M. 86. (35)7 Grabstein des Pctilius Secundus leg. XY. 
Un. M. 87. I Grabstein des Piperacius leg. XY. 
Un. M. 98. I Grabstein des signifer Pintajus. 

Frdb. Urk. Nr. 5. fAtilius leg. XXI rap. 
„ „ I Ammaeus — ausserdem ornamentirte Steine. 

B. J. 61, S. 144. (37) Römische Gräber, Glas- und Thongefässe. 
B. J. 58, S. 205, 61,(88) Gräber mit Steinrclief(Pr.M.) Urnen, Leiolion- 

S. 144. brandstätte. 

ün.M. 86, Frdb. Urk. . v rCarisius leg. I und Cornelius leg. I. 
B. J. 50/51, S. 806. \Formpresse einer Thonlampe. Gräber. 

(^) Grabräule mit Minerva-Relief, Bad. 
Ui) Gräber mit Beigaben. 
Un. M. 79. (42) Yotivstein des C. Gandidinius Yerui . 



56 



Ton Yeith: 



Weiterhin aaf Godeiberg find zihlreick 

GriLber und ümen an der StraiM eotluf 

gefunden (Drammer), beaonden wieUp 

Un. M. 232. (43) Löwengruppe mit £ber nnd Jüngling, Mi- 

thraabild, an das Bonner Stadtwippa 
erinnernd. 



Beim alten Zoll 



III. Im Rhein beim Baggern gefunden. 

Zwischen Jesuitenhof und Gran Bheiiidorf,M 

wie oberh. Yerpfahliingen am Ufer enÜuf . 

(44) Zwischen Jesuitenhof and Schwan Blun- 

dorf 19 Conslantinieche Goldmünieo. 

B. J. 25, S. 98. (46) BömerBchwertyBronoenyGeflue,Maiiiadfl. 



Endenich 



Immenburg 



Johanniskreux 



Schänzclien 



IV. Kömerstrasse (Heerstrassc), Trier-Bonn. 



Un. M. 51. 



Ilundeshagen. 
B. J. 47, S. 169 und 

39, S. 386. (46) { 



/Ära der Matres Vacallineae Ton Atticm 
Matemus leg. I M. P. 
Matronis Andrustheihabua. 
Inschriftstein, Gräber, Münzen. 



Kanalleitung von Witterschliok zum kiv- 
fürstlichen Teich (piscina) amEndenidier 
Bach mit Wasserröhren und Aqoidoet- 
Säulen. 

Pr.M., B.J. 80,8.150.(47) Grabstein des P. Romanus Modestus. 

Pr. M., B. J. 69, S. 45. (4h) Grabstein, an der Reitbahn gefunden, der 

Aelia Arviana für ihren Gemahl Simpli- 
cinius Victor centurio 1^. I M. 
(49) Steinsarg mit kostbarem Glaae, eine Weialeie 
darstellend. — Fundamente, Kanalleitung 
mit Legionsstempeln (s. Schänzchen bei !)• 



Dorotheenstrasse 



Stifbsgasso 



V. Zweigstrasse ad IV. 

B. J. 81, S. 196. (so) Reste einer 4 m breiten, festen Strasse in 

2 m Tiefe bei Neubauten desH. Stein mit 
Gräbern, Gelassen, Legrionsstempeln I IL 

B. J. 58, S. 204. (r>i) Fortsetzung dieser Strasse südlich derStifti- 

kircho zur römischen Rheinstrasse mit 
zahlreichen Gräbern etc. Parallel mit dieser 
Zweigstrasse, nördlich c. 100 m von dieier 
die Reste einer Strasse in 1 m Tiefe, mit 
Grabern zum Kölnthor und zur Theamtf' 



Die Rdmenirasse von Trier nach Köln und Bonn* 



67 



Endenich n. Mecken- 
lieimersirasse 
Maarg. u. Vieh markt 
Hoapitalgasse 

Martbashof 
Yierecksplaiz 8. II. 



YL Zweigstrasse ad IV. 

(62) Maxstrasse am kurfürstlichen Teich vorbei 
Gräberfunde. 
B. J. 77, S. 216. (m) Gräber. 

B. J. 58, S. 204. (w) Gräber. 

B. J. 72, S. 118. (66) Zahlreiche Steinsärge mit Gefassen, Münzen 

Frdb. ürk. etc. 

B. J. 77, S. 216. (66) Steinsarg, Glas, Gefasse. 



Vn. Bonna-Verona. 

In der Festschrift der Bonner Jährbücher für Alterthumsfreunde vom Jahre 
1868 geben Dr. Harless und Simrock den urkundlichen Nachweis des alten 
Verona, welches in der nächsten Umgebung des Cassius-Stiftes (villa basilica) 
einen eignen Gerichtsbezirk bildete. IV2 bis 2 m starke Mauern umgrenzten 
Verona zwischen Acher- und Stemstiasse, auf der Brücke, 3 bis 6m tief gefunden, 
die glatte Mauerböschung und der Graben nach dem Markt hin gerichtet. Solche 
Mauern sind vor einigen Jahren auf dem Hofe der Lesegesellschaft, auf dem 
Martinsplatz, in diesem Jahr auch neben der neuen Wesselstrasse gefunden. Sie 
schliessen sich an das eigenthümlich offene Viereck der Hochstaden'schen Be- 
festigung^ und sind in beiliegender Fundkarte angedeutet, um künftige Beobach- 
tungen und Untersuchungen über das alte Verona daran anzuknüpfen. Folgende 
wichtige Römerfunde bezeichnen dies Revier, auf welchem auch die Martinskirchc 
mit dem Löwenkopf (Stadtwappen) und die Helena-Kapelle standen. 



Marünsplatz (Wessel) Un. M. 7. Frdb. Urk. (6?) J. 0. M. conservatori C. Maximius Paulinus 

praef. castrorum log. 1 M., vom Jahre 201. 
B. J. 25, S. 206. (68) Heroules-Statue von Sandstein. 
B. J. 80, S. 150, Corr. (59) Eine Votiv-Ara vom Jahre 160 sagt, dasa 



Nahe am Bahnhof 
Münster^ nordwestl. 
Fandamente 



Bl. der Westd . Zeitschr. 
V, 3. 



Yor dem Eingang zum 

Monster 
Monaterplalz u. Schul- 

haoB hinter der- Post 



B. J. 65/56, S. 241. 



pro salute imp. Antoninus Fius eine Ab- 
theilung (vexillatio) der germanischen 
Flotte nach Bonn koromandirt war, für 
Bauten der colonia Trajana (bei Xanten) 
Steine zu brechen. 
Steinsarg. 

(6o)| Gräber und Ziegelgrabtafcl mit „Cajus". 
I Tufifmaacrn und Fundamente im v. Ciaer'- 
V sehen Haosei Grabumen. 



56 Ton Veith: Die Rdmentrasse von Trier nach Köln und Bonn. 



Remigias- (Römer) 
Platz 



Achersirasse 

Dreiecksplatz 
Auf der Brücke 



(61) 



Am Hof vor der Klinik 



Un. M. 83. M. Cominius miles leg. I. 

Un. M. 106. /^.x Griechische Inschrift mit sehr gut gearbeite- 
tem Hoch-Relief eines Hundes, als Symbol 
der Treue. 
B. J. 55/66, S. 241 u. (Gräber, Thonkrfige, Gefässe, Lampen, fibola. 
66, S. 188. (62) j Reste einer 3 m breiten Basaltmauer oder 
B. J. 55/56, S. 242. [ Strasse, Graber mit Gefassen. 

Frdb. Urk. nnd B. J. fBrückenbogen und Festungsmauem, deren 

Fortsetz, nördlich zwischen Acher- and 
Sternstr. gefunden wurde. 

Zerstörte grosse Ära Modeste. 

Ära Heracle Dupliciarius leg. I M. Severianae. 

Zahlreiche römische Ziegel, nahe den Mauer- 
fundamenten, im Hofe der Lesegesellschaft, 
in derselben Richtung am Martinsplatz 
und neben der Wesselstrasse 1886 in 2m 
bis 6 m Tiefe gefunden, iVa™ stark, von 
Tuff erbaut, mit römischen Ziegelstücken. 



55/56, S. 242. 
B. J. I, S. 23. (63) 
Frdb. Urk. Nr. 28. 
ün. M. 93. 

Frd. ürk. 7. 



VIIL Lennöstrasse 

und nahe der Herz- B.J. 52u. 57,Frd.Urk. (es) Zahlreiche Graber, Urnen, Gefässe. 
Jesukirche 



IX. Keutersweg, siehe Karte B. J. 78. 



Dahms-Mühle a. Rhein 



B. J. 58, S. 205. 
Un. M. 79. 



Ehemaliges Steuerhaus 

an der Cobl. Strasse siehe II. 
Zwischen Eisenbahn B. J. 57, S. 210. 

o. Kessenicherstrasse 
Poppeisdorf, Friedrstr. B. J. 53/54, S. 299. 
Louisenstrassc B. J. 58, S. 155. 



Fundamentreste eines Signalthurms. 
Kessenicher (Hiesemanns) Weg, Graber bis 

zur Rosenburg. 
Yotivstein — zahlreiche Gräber bei Löschigk. 

Beim Ziegeln seit Jahrzehnten Gräber mit 

Gefassen etc. gefunden. 
Gräber mit Beigaben. 
Topf mit ca. 200 Münzen des 3. Jahrhunderts. 



Endenich und Immenburg siehe IV. Trier-Bunncr Römerstrasse. 



von Veith. 



5. Weitere Ausgrabungen in Remagen. 



Die in dem Remagen betreffenden Aufsatze, Heft 80 der Jahr- 
bücher, Seite 176 ausgesprochene Erwartung, es werde das dritte, 
1883 entdeckte hiesige Gräberfeld ,am Wickelsmäuerchen^ wohl 
noch weitere Gräber ergeben, hat sich durch dort vorgenommene Gra- 
bungen reichlich erfüllt. Sie geschahen auf sechs vorerst zu Gebot 
stehenden zusammenhängenden Parzellen, anfänglich durch einen Ander- 
nacher Unternehmer, sodann durch das Provinzial-Museum zu Bonn 
und fanden im Mai d. Js. einen durch die Feldcultur bedingten vor- 
läufigen Abschluss. Ihre Ergebnisse können daher jetzt kurz zusammen- 
gestellt und zu einer Beurtheilung des eigenthümlichen Vorkommens an 
dieser, für die Vorzeit des Ortes bedeutungsvoll gewordenen, Oertlich- 
keit benutzt werden. 

Ihr Bodenprofil wurde schon Heft 80 Seite 175 erwähnt: unter 
der Obern Dammerde folgt eine fester werdende mergelig lehmige Schicht, 
welche Kies und Sand überdeckt; der Sand liegt wellig und ungleich, 
Infolge dessen die überdeckende Schicht von ganz verschiedener Dicke 
ist, und zwar von solcher zwischen 1 und 2V2 Meter. Die Situation 
betreflfend, so liegt das Gräberfeld im Winkel einer Wegegabel (Heft 80, 
S. 175) und die Parzelle Müller — sie werde mit I bezeichnet — in 
dessen Spitze. An Parzelle l schliessen sich die folgenden als schmale 
parallele Streifen an und gehen von einem der beiden Wege bis 
zum andern. Der Unternehmer durchgrub im Anschluss an die 
beendete Sandgewinnuug des Herrn Müller einen weitem Theil der 
Parzelle I, deren nördliches Drittel indess noch unberührt geblieben 
iat, sodann die Parzellen II und V; das Provinzial-Museum die Par- 
zellen HI, IV und VI. Die Arbeiten des letztem sind genau beauf- 
sichtigt worden, die des üntemehmers nur theilweise, sowohl, weil man 
zu spät davon erfuhr, wie auch, weil die Funde rasch nach Andemacb 
befördert wurden. 



60 Reuleaux: 

Die Arbeiten ergaben nun vorerst drei verschiedene Arten der 
Beisetzung, es fanden sich: 

erstlich eine Menge Skelette, ohne jede sargartige Umwandung = 
Skelettgräber; sodann eine Anzahl Skelette umgeben von einem sarg- 
artigen Umbau von Ziegelplatten, oder Dachpfannen = Plattengräbcr; 
ferner Stellen der Feuerbestattung oder des Le iche n br and s, mit Gruppen 
von grösseren Graburnen, nicht, oder nur in einem einzigen Falle (auf 
Parzelle VI), durch ein anderes Grab unterbrochen ; schliesslich zwischen 
den Skelett- und Plattengräbem viele einzelne Gegeustände und kleine 
Gruppen von Thongefässen mit keinen, oder nur wenigen, beiliegenden 
Skelctttheilen; als Ausnahme endlich fand sich vereinzelt ein Tuff- 
steinsarg. 

Bei Anordnung dieser Grabstellen ist keinerlei regelrechte Ordnung 
eingehalten worden ; man kann nicht von Reihengräbem, nurvonGnlbem 
in Gruppen, sprechen; aber es ist dennoch bemerkenswerth, dass, während 
sich die Skelettgräber über den ganzen Platz hin verbreiten, sich alle 
Plattengräber mit Ausnahme eines einzigen auf Parzelle I fanden und 
alle Leichenbrandurnen (die auf Parzelle IV eingerechnet) in dichter 
Häufung auf den Parzellen V und VI. 

Gemeinsam allen Skelett- und Plattengräbern war ihr Parallelis- 
mus und ihre Sichtung nach Linz hin, was nicht ganz, aber ziemlich 
genau, der West-Ost- Linie entspricht, das Fussende lag stets nach Ost 
(der auflebende Todte sah der allerweckenden Morgensonne entgegen!) 
nur zwei nebeneinander liegende Gräber, ein Platten- und ein Skelett- 
grab auf Parzelle IV, wichen von dieser Richtung, wohl wegen ver- 
fehlter Orientirung, merklich südöstlich, nach Sinzig hin, ab. Es scheint 
fenier Regel — aber keineswegs immer befolgte — gewesen zu sein, 
die Leichen bis auf die Sandschicht, auch wohl noch etwas in diese 
hinein, zu versenken, was namentlich bei allen Plattengräbern, das auf 
Parzelle IV ausgenommen, geschehen waj; die Skelette lagen in ganz 
verschiedener Tiefe, theils auf der Sandschicht, theils höher, hie und 
da auch übereinander, was schon Herr Müller gefunden hatte und 
vermuthen lässt, dass der Begräbnissplatz von wenigstens zwei sich 
folgenden Generationen benutzt worden ist. Das sichtliche Bestreben 
den Sand zu erreichen muss wohl einen bestimmten Grund gehabt haben, 
keineswegs aber kann es der gewesen sein, auf diese Weise Beigaben 
von Werth vor Raub zu sichern, weil manchen, zwei Meter tief liegenden 
Skeletten nicht das Mindeste beigegeben war, andern in geringer Tiefe 
dagegen öfter relativ WerthvoUes; vielleicht war der Grund das Be- 



WeiUre AuagrabiingeD in ReTnaj^en. 



61 



streben, den Leichen eine längere Erhaltung zu sichern; und das ist 
den Römern am Wickelsmäuerchen denn auch vollständig gelungen, 
denn die Skelette auf der Sandschicht waren meist ausgezeichnet erbalten, 
die höher im Grunde ruhenden aber fast immer so mürbe, dass ihre 
wenigen Reste unter der Hund zerbrachen. Als gebräucblicli wird 
man sodann woLI mit Bestimmtheit die Bestattung in Hnlzsärgen 
annehmen müssen; sowohl in den riattcngräbern, wie bei den Skeletten, 
fanden sich, wenn auch keineswegs immer, Nägel vor (bei einem Skelett 
auf Parzelle V z, B. 21 Stück der schwersten Sorte) meist von solcher 
Länge (bis zu 12cm) und Schwere, so dass man sich Särge oder yiel- 
mehr Kasten von sarggcmässer Länge aus dicken Dohlen und dann 
rectangulärem Querschnitt wird denken müssen; dann aber bei andern 
Skeletten auch wieder kleinere, unseren Särgen entsprechende Nägel'); 
sie lassen auf ßrettersärge schliessen, über deren Form eine weiter 
unten folgende Notiz vielleicht einiges Licht geben könnte, Das Holz 
'aller solcher Särge hatte sich natürlich in Erde verwandelt, die sich 
durch schwärzliche Farbe in der Lehmschicht kenntlich machte und 
den Arbeitern stets als Zeichen diente, dass nun mit Vorsicht weiter 
gearbeitet werden müsse. So aussichtslos unter solchen Umstanden 
der Versuch erscheinen muss, über die Holzdicke dieser Römersärge 
Gewissheit zu erlangen, so kann dieses Maass, für Einen Sarg wenigstens, 
dennoch zufällig mit Bestimmtheit festgestellt werden. Unter den 
Gegenständen, welche mir der Unternehmer, als ihm wertfalos, überliess, 
Scherben, Nägeln, halb verbrannten Fibeln u, s. w. — es befand sich 
darunter auch dag von Herrn Prof. Klein im Heft 81, Seite 106 be- 
handelte Bruchstück einer rÖmi.schen Inschrifttafel — ist ein Sarg- 
nagel von 9Vacm Länge von der Spitze aus theilweise noch mit Holz- 
faser bekleidet, welche sich mit dem Eiseno):ydhj'drat des Nagels zu 
einer festen Kruste vereinigt hat; es ist Langfaser, an der knorrigen 
Struktur erkennt man deutlich Eichenholz; dieser Ueberzug ist oben 
scharf abgegrenzt und lässt unterhalb des Nagelkopfes so viel vom 
Nagel frei, als die Dicke des angenagelt gewesenen Brettes betrug; 
das war aber 34mm und entsprach also der Starke unserer gewöhn- 



en, varcn imtner stark iokrustiri 

i kleineren Nfigclii aber kam es 

eod nicht im miDdeatcn oxydirt, 

I dor Nngr^lgchmiede. Eine 



l) Diese Sargnägel, namentlich die schwi 
and in Eiaenoxydbydrat umgewandelt; bei di 
aiiRHlIendcrweige mebrfacb vor, dais eio ansehe 
vielmehr so ft-isch eracbicuen, sIb kamen «ie c 
Anzahl Hotcher Nägel habe ich aelbst einer Urne entnommen, 
Augen anigegraben wurde. 



62 Renleaax: 

liehen Dielen. Noch ein anderer Grund fuhrt zu der Annahme von 
Holzsärgen und zwar von vielen: fast keines der einzeln oder gruppen- 
weise zusammen stehenden GefSsse, wie sie sich mit, oder ohne, Be- 
gleitung von Skeletttheilen vielfach zwischen den Gräbern fanden, 
hatten noch ihre ursprüngliche Stellung, sie waren vielmehr fast immer 
verdrückt, verschoben und ganz unregelmässig zusammen gehäuft, öfter 
dabei auch zerbrochen. Es muss diese Erfahrung eigentlich etwas be- 
fremden, weil man sich fragen muss, unter welchen Bedingungen sich 
in einer ruhenden Erdschicht solche Verschiebungen ereignen können« 
Aeussere Störungen haben auf dem Platze eine gewisse Tiefe nicht 
überschritten, es zeigten sich aber auch 2 Meter tiefliegende Gegen- 
stände in gestörter Lage. Eine solche kann auch durch tiefein- 
dringende Erweichung des Bodens bei Ueberfluthung, welcher die Stelle 
in uralter Zeit möglicherweise ausgesetzt war, unter gewöhnlichen Ver- 
hältnissen nicht hervorgerufen werden, dann aber allerdings, wenn sich 
im Innern einer solcher Erdschicht Zellen oder Hohlräume befinden,' 
welche bei Erweichung der Erde mehr, oder weniger, gewaltsam aus- 
gefüllt werden, hier also Särge, in denen die Sachen ursprünglich 
standen. Von Skelettgräbem fand HeiT Müller auf Parzelle I etwa 
30, nach ihm wurden noch 22 gefunden, es wurde das also etwa 50 
Skelettgräber ergeben. Aber diese Zahl muss deshalb erheblich 
höher gegriffen werden, weil bei dieser Annahme nur diejenigen Gräber 
als Skelettgräber gezählt sind, bei denen sich eine skelettartige 
Lagerung von Gebeinen zeigte, die vielen Stellen aber unberücksichtigt 
blieben, an denen die oben erwähnten zerstreuten Funde von einzelnen 
Knochentheilen begleitet waren, die doch auch ehemaligen Skeletten 
angehört hatten, jedoch nicht mit Sicherheit eingetragen werden konnten, 
weil die obere Ackerkrume des Platzes, unter welcher sie mehrfach 
unmittelbar lagen, anscheinend frühem Durcharbeitungen und Ver- 
schiebungen ausgesetzt gewesen ist. 

Von Plattengräbern fanden sich auf Parzelle I früher 8, neuer- 
dings noch 2, ausserdem nur noch eines auf Parzelle IV, im Ganzen 
also 11; mehrere werden noch in dem unberührt gebliebenen Theile 
von Parzelle I vermuthet. Von den beiden Plattengräbern auf Parzelle I 
war das unterste, nördliche, von allen gefundenen am sorglichsten 
und dauerhaftesten ausgeführt, es war gebildet aus 22 schweren, ganz 
unbeschädigten, Ziegelplatten von 42. 30. 6V2cm, bei dem andern, 
oberen. Grab bestanden die Boden- und die Decklage, sowie die Eopf- 
und Fusswand aus noch schwereren Platten von 59. 59. 7V2cm, die 









Weitere Ausgrabungen in Remagen. 63 

beiden senkrechten Liingseiten aber aus römischen Dachziegeln von 
52cm Länge und 40 cm Breite, wolildie grössten ') hier bisher gefundenen. 
Die Innemnaasse dieses Grabes waren 130, 48. 48 cm. Von allen Platten- 
gräbern erregt indess das auf Parzelle IV aufgedeckte das meiste 
Interesse. Es hatte im Queischnitt genau die Form unserer Särge 
(,sechs Bretter und zwei Brettchen") und bestand also aus 4 senk- 
rechten, von zwei PuUdachflächen überdachten, Wandungen, Die 
First dieses Sseitigen Pultdaches war gedcclct mit einer Reihe von 
römischen Firsthohlziegeln (imbrices), so dassalso die Bedachung 
der letzten Wohnung des Verstorbenen derjenigen seiner Wohnung 
bei Lebzeiten nachgebildet war. Die dieses Grab in seiner äussern 
Form bildenden Platten waren die denkbar ärmlichsten und schlechte- 
sten Bruchstücke, sie stützten sich nicht einmal gegenseitig, so dass 
hier ganz unzweifelhaft ein Holzsarg von der Form unserer Särge bei- 
gesetzt wurde, den man ringsum mit Bruchstücken von Zicgclplatten 
belegte und umstellte. Die anzunehmende Armuth des Verstorbenea 
bestätigte noch der weitere Befund, dass das Grab nicht einmal eine 
Bodenlage solcher Ziegelstückc halte, es war vielmehr unmittelbar auf 
den Sand eine 10— 12cm dicke Schicht von Lehm aufgetragen und 
bettartig geglättet worden, worauf man den Sarg gestellt hatte. 
Dieser kann nur aus dünnen Brettern bestanden haben, weil für einen 
dickem Sarg im Innern des Grabes gar kein Platz war, es war licht 
2,20 Meter lang und 43cm breit und enthielt das Skelett eines Kindes, 
zu dessen Füssen zwar ein beträchtlicher Itaiim frei geblieben, aber 
mit nicht der geringsten Beigabe versehen worden war. Dass dieser 
urstabile Sargbau sich alle die Jahrhunderte hindurch in seiner Form 
erhalten hat, während Plattcngräbcr aus massiven, sich gegenseitig 
gut stützenden, Platten fast immer theilweise eingestürzt und ver- 
schoben sind, kann wohl nur dem einen Umstände zugeschrieben werden, 
dass der innere Hohlraum des Sarges sich mit erweichter Erde gerüilt 
hat, noch bevor die Verwesung des Sarges erfolgte, dieser muss also 
Oeffnungen gehabt haben, durch welche Erde eindrang, anders scheint 
sich die Sache mechanisch nicht erklären zu lassen. 

Die Urnen der Leichenbrand st eile haben die bekannte ge- 
drungen gebauchte Form mit schwach vortretendem oberen Rande für 
den Deckel, sie sind schwarz oder grau, mit meist ungelärbtem hellem 



1) von Naober, Jahrb. 79, S. 7S wird die durabichnUlliehe Gr6«M dM 
römiidieD Dacbziegels amgegebon auf 42 fait49cm Lüage und 36bu 36cniBf>(t<i 



64 



ßeulei 



Poss und im obern Theil verziert mit umlaufendem Streifenornanient, 
oder Kuf andere, oft sinnige Weise; von den durch das Provinzial- 
Muaeum gefundenen ist die grösste 27cm hoch. Die meisten Urnen 
erreichte man in einer Tiefe von 70— 80 cm, mehrere erst in solcher 
von 130cm, eine cinnige stand noch tiefer und auf der Sandschicht, 
welche man bei allen andern nicht aufgesucht hatte. Die Urnen waren 
einfach auf den Grund gesetzt und am Fusse jedesmal von Holzkohl- 
stflckchen umringt, sie hatten auf Parzelle V fast alle Deckel, welcher 
bei den andern fehlte, keine war, wie in Ilinterhausen, von Dachpfannen 
umstellt. Die Deckel passten nicht immer zur Urne, sie waren oft 
aus ganz anderem Thon und für die Urne zu gross; in solchem Falle 
war der Deckel einfach, umgekehrt, mit dem Knopf nach uuten, aufge- 
legt worden. Das Innere der Urnen war meist mit Knochenstücken er- 
füllt, einige enthielten aber nichts davon, und ist anzunehmen, dass 
in solchem Falle die Verbrennung so intensiv gewesen, dass die 
Knochen der Pulverisirung nahe kamen und deshalb in der später ein- 
gedrungenen Krde spurlos verschwanden. Mit den Knochentheilen zu- 
sammen fanden sich mehrere halb verbrannte Bogenfibeln und eine, 
wenn auch sichtlich glilhend gewesene, von sehr guter Erhaltung; 
dann Nägel, 4— 7 cm lang, fest an Knochentheilen haftend, und viele 
1cm lange Schräubchcn, wie es scheint, mit grossen Rundköpfen, unter 
denen sich, wie es den Anschein hat, noch Keste des Stoffes zeigen, 
den zu befestigen sie gedient. 

Zu diesen bisher angelilhrten Funden kam noch ganz uner- 
wartet und vereinzelt der eines Tuffsteinsarges, auf den man schon 
bei 50 cm Tiefe auf Parzelle III stiess. Der Sarg war ebenfalls 
streng orientirt und äusserst roh aus einem Block von schlechtem Tuff 
der oberen Schichten des Brohlthales gearbeitet, er war im Lichten 
192cm lang, 60 breit und 34 tief, die Wandstärke betrug 12, die 
Dicke der Deckplatte 18cm; diese war, ebenso wie der Sarg, nur nach 
dem Innern hin glatt gearbeitet, nach aussen aber völlig roh gelassen. 
Bei dem geringsten Versuch sie zu heben, brach sie unter den HSnden 
in Stücke, ebenso später der Sarg. In demselben fand sich vom Skdett 
ausser einem Stück des Schädels keine Spur mehr vor, dagegen ncleB, 
oder etwas unter dessen rechter Schulter zwei Glasgefässe. Da Se 
Arbeiten grundsätzlich stets bis auf die Sandschicht getrieben wurdei 
der Sarg diese aber nicht erreichte, so wurde nach dessen Entfcrnunj. 
tiefer gegraben und hierbei fand sich unter dem Sarge das Skeletüi 
eines Kindes. ' 



Weitere AuBgrabuogen in Kemageo. 65 

Von den Beigaben aller dieser Gräber konnten die nach An- 
dernach gekorameneu Sachen nur theilweise vermerkt werden, es ergab 
namentlich Parzelle V davon eine grosse Menge in Tlion, auch ziemlich 
yiel in Glas und Bronze. Das Provinzial-Museura erlangte durch seine 
Arbeiten, Bruchstücke abgerechnet, 65 Gegenstände von Thon, 5 von 
Glas, 24 von Bronze und einen Halsschmuck in Steinen und Glas; die 
meisten Sachen kamen unbeschädigt zu Tage. Von diesen Gegen- 
ständen sind hervorzuheben: 1 Krug und 3 Urnen, weiss bemalt auf 
schwarzem Grunde, der Krug und 2 Urnen mit den Aufschriften Vivas, 
Felix und Inple versehen; eine Gesichtaurne 15cni, ein Geaichts- 
krug 21cm hoch; Schalen in terra sigillata von 31cm bis zu 10cm 
Durchmesser herab ; ein Thonlämpchen mit dem Basrelief eines springenden 
Löweu, ein anderes in Gestalt eines Wildschweinchens, eine noch jetzt 
brauchbare Kindcrrassel, oben Hirsch, unten Huhn u. s. w; sodann 
unter den Bronzen: 4 Bogenfibeln, eine davon aus stark vergoldetem 
Kupferblech, 3 Schnallen, eine davon mit Delphineuverzierung, 4 Bronze- 
armreifen, davon einer flach und ähnlich Fig. 14 auf Taf. IV Heft 80, 
die 3 andern aus Kupferdrath geflochten und von 7 cm Durchmesser; 
diese 4 Reife fanden sich am Unken Vorderarm eines Skeletts auf 
Parzelle IV. Unter den wenigen, nur auf Parzelle III gefundenen 
Gläsern befindet sich eine Flasche von 21cm Höhe und 9cm Durch- 
messer, auf 7s der Höhe fassartig gestaltet und mit Reifen ver- 
sehen, dann eine 10 cm hohe feine Phiole aus zweierlei Glas in 
ausgezeichnet schönen Oxydfarben, der Fuss fehlt, sonst sehr gut er- 
halten. Die Flasche und eine 7cm"hohe Glastasse fanden sich im 
Tuflisarge. Der Halsschmuck umgab den Hals eines nur 60cm tief 
liegenden Skeletts auf Parzelle VI und besteht aus auf dünnem Kupfer- 
draht gereihten, also durchlochten. Zierrathen, darunter 18 länglich 
viereckige Plättchen aus braunem Chalcedon, das grösate 30. 15. 5 mm, 
das kleinste 13. 10. 4 mm, alle Ecken sind geschickt und kunstgerecht 
abgekantet, 2 schwere Pei'len von elliptischem Querschnitt von weise- 
bläulichem Chalcedon und verschiedene kleine Glasprismen und 
dunkelblaue Glaslinsen; diesem Allem war noch ein kleines milch- 
weisses Glasanhängsel angefügt»). 

Die Gegenstände waren den Leichen in örtlich verschiedener Art 



1} Da die Suhen alle detcNProvinziBl-Haseuin überliefert wnrden und 
Herr Profegsor Klein vielleicht (teneigt tein wird, über dieselbeii gelegentlich 
Umfataenderee mitiutheilen, eo mögen diete Andeutungeu bis dahin geoägen. 



68 Realenux; 

beigegeben, doch scheint man hauptsächlich zweierlei Gebräuchen ge- 
folgt zu sein: sie standen meist zu Füssen der Skelette, Öfter aber 
auch neben uud unterhalb der rechten Schulter. Rei deu Plattengräbern 
reichte das Skelett nie bis an das Sargende, es war vielmehr nntcr 
den Füssen jedesmal ein freier Raum für die Beigaben gelassen, in 
den der Holzsarg aber nicht hineinreichte, weil die Gefässe meist dicht 
an der Plattenwand standen; dieser freie Raum wurde indess nicht 
immer benutzt, wie es das Pultdachgrab auf Parzelle IV zeigte. Die 
Auswahl der Beigaben war jedenfalls vom Vermögensstand der Hinter- 
bliebenen beeindiisst — die keramischen Sachen zeigen die roheste 
Handknetung bis zur feinen, hübschen Bemalung — aber ein her-, 
kömmlicher Brauch in der Gruppirung von Krug, Urne uud Schale, 
das eine oder andere hie und da verdoppelt, war unverkennbar. Dabei 
scheint die Schale am meisten Bedeutung gehabt zu haben, sie wurde 
vorzugsweise in terra sigillata gewählt und iu sie hiaein diejenigen 
Dinge gelegt, welche man dem Verstorbenen in mauchmal rührender 
Anhänglichkeit mitgt'ben wollte; in solchen Schalen standen und lagen 
öfter Glas- und Brouzesachen. Auch war sichtlich das Bestreben vor- 
handen gewesen, eine auch dein Auge wohlgefällige Anordnung und 
Auswahl zu trefi'en. Das beste Beispiel dafür lieferte das oberste, süd- 
liche Plattengrab auf Parzelle I. Die dasselbe bildenden Platten waren 
vom Kopfende an verschoben und eingestürzt, am Fussende aber standea 
sie noch gänzlich unver^choben und hier war das Grab nicht einmal 
ganz mit Erde ausgefüllt. Hier standen nun in seit Rßmerzeit gana 
ungestilrter Ordimng: ein rothbrauner Krug, eine schwarze Urne 
und einerothe terra sigillata Schale, ganz in die Ecke gedruckt noch 
ein tiefgelbes ThränenkriigelcheD; in der Schale lag das Bruchstück 
eines bronzenen Kinderlöffels. Manchmal indess waren die Schalen 
leer, oder sie enthielten Knochen von Ihiercn; so war die kleinste 
terra sigillata Schale von nur 8cm innerer Weite gefüllt mit dem voll- 
ständigen Skelett eines Hahnes, wie anzunehmen, dieses aufs sauberste 
präparirt und in erstaunlicher Erhaltung. 

Ausser diesen bis bieher erwähnten Gegenständen fanden sieb 
gleich unter der vom Spaten oder Pflug bearbeiteten obersten Schicht, 
vor allem auf Parzelle V, viele Scherben rümischer TbongefUsse, manche 
darunter verziert, dann auch in auffallend geringer Tiefe mehrere un- 
versehrte Krüge und Schalen; so kam ein 10cm hoher Krug schon 
bei 30cm, eine Schale mit hübscher Rosettenverzierung auf dem Grunde 
bei 40 cm Tiefe ganz unbeschädigt zum Vorschein. Unter den Scherben 



I 



Weitere AiiBgrabungen in Remagea. 



67 



fanilen sich auf Parzelle V drei zusammengehörige Theile einer terra 
sigillata Schale, oberer Durchmesser 22,6cm, wahrscheinliche Höhe 
12cm, deren Omamentirung sich aus den Bruchstücken fast vollstän- 
dig ergibt; die Schale ist durch wagerecht laufende Perlschnüre und 
senkrechte Spiralstäbchen in zwei Übereiuander liegende Reihen von 
Feldern eingetlieilt, auf welchen Wald- und zwei JagJscenen darge- 
stellt sind. In der obern Reihe verfolgt der Hund einen Hasen, das 
Feld ist durch drei Kieevierblätter als Wiese oder Kleefeld bezeichnet; 
in der untern Reihe flieht ein von mehreren, wahrscheinlich vier, Hunden 
verfolgter Hirsch und ein noch angedeutetes kleineres Thier dem 
schutzenden Walde zu. Dieser trennt in beiden Reihen die sich wieder- 
holenden Scenen und ist durch ein bezeichnendes Symbol in regel- 
mässiger Anhäufung als Tannenwald unverkennbar. Die Darstellung 
der Hunde und des Hirsches ist charakteristerisch und zeugt von sehr 
guter, fast moderner, Beobachtung, der Hase ist offenbar humoristisch 
wiedergegeben. Es mögen nun die vielen Scherben theilweise vom 
zerstörenden Pflug, oder vom Rajolen, herstammen, welches zwei Spaten 
oder 50cm tief erfolgt und bei der bekannten Zähigkeit der landwirth- 
schaftlichen Gewohnheiten auch wohl viele Jahrhunderte lang so be- 
trieben worden ist. Aber der Unternehmer fand in der obern Schicht 
nicht nur solche Scherben, sondern auch eine Menge von Münzen des 
vorigen Jahrhunderts und sogar zwei unbeschädigte gusseiserne Ofen- 
platten von etwa 60 auf 30cm, welche in sehr guter Ausführung bib- 
lische Scenen im Relief darstellen. Auf dem Platze ist also in alter 
Zeit Schutt abgelagert worden und zwar, abgesehen von den so eben 
erwähnten Gegenstanden, römischer Schutt; dieser fand sich auch 
in ausfallender Menge bei zwei Aufgrabungen neuester Zeit auf Feldern 
nahe beim Kloster und auf der südlichen Seite der dort beginnenden, 
am Wickclsmäuerchen vorbeiführenden Strasse: man stiess beim Rajolen 
auf altes, nicht römisches Mauerwerk, dessen Zwischenräume gänzlich 
mit Bruchstücken römischer Ziegel und Platten, viele mit Parallelfurchen, 
Scherben von Töpfen und von farbigem Estrich erfüllt waren. Die 
beiden Stellen liegen etwa 80 Schritte auseinander ; den Substructionen 
konnte nicht weiter gefolgt werden; sie kommen hier indess öfter vor, 
ebenso wie der klassische Schutt, man ist daran gewöhnt. Eine Er- 
klärung dieser örtlichen Besonderheit wird man in den vielfachen Ver- 
wüstungen zu suchen haben, denen der Ort ausgesetzt gewesen, vor 
allem aber in denen vom 30 jährigen Kriege, als den letzten ; 1644 
standen nur Docb 60 Häuser und Hatten! Nach diesem schrecklichea 



6S Reuleaux: 

Kriege wird mit dem sich langsam wieder bebenden Wohlstand der 
Einwohner auch deren Bauthatigkeit wieder erwacht sein; man baute 
wieder auf, vielfach wohl nicht innerhalb der Grenzen des Zerstörten, 
erreichte mit den neuen Fundamenten den römischen Untergrund und 
brachte den Bauschutt auf geeignete ungeebnete, oder noch Erhöhung 
ertragende Stellen ausserhalb des Ortes. Ueberhaupt muss nach 
diesem Kriege ein Theil des Ortes mehrfach neu nivellirt worden sein, 
weil man, wie im Heft 80 schon erwähnt, bei den Wasserleitungsar- 
beiten die ganze Haupt- und Marktstrasse 2 Meter hoch mit Kies aus- 
gefüllt fand, in der erstem Strasse auch unterhalb der jetzigen Strassen- 
decke zwei frühere, über einander liegende, entdeckte. 

Ueherblickt man nun das Gesammt vorkommen am Wickelsmäuer- 
chen, so erscheint es wohl als zweifellos, dass man hier, wo auf dem 
bisher durchgrabenen kleinen Flächenraum von etwa 1800 qm weit 
über 100 Gräber der erwähnten verschiedenen Arten gefunden wurden, 
den eigentlichen römischen Volksbegräbnissplatz entdeckt bat; es 
ist eigentlich zum Verwundern, dass man einen solchen nicht längst 
vermuthet und vcrmisst hat. Denn die wenigen in Hinterhausen ge- 
fundenen Urnen und die Gräber der Fürstenbergstrasse sind wohl 
jedenfalls nur abgesonderte Grabstätten angesehener oder solcher Ein- 
wohner gewesen, deren Angehörige eine besondere der allgemeinen 
Grabstätte vorzogen. Für diese letztere war in derjenigen Ausdeh- 
nung, wie sie die Stärke der Besatzung und der Gesammtcinwohner- 
schaft erforderte, in der schmalen Zuspitzung unserer Fläche zwischen 
Kastell und Apollinarisberg zu wenig Raum vorbanden, ebenso wenig 
nach Hinterhausen hin, wo sich, wie schon die dortige Wasserleitung 
zeigt, verstreute Niederlassungen befunden haben müssen; man wählte 
dafür also das freie Feld, die sich südöstlich nach Linz und Sinzlg 
hin ausbreitende Flur, und in dieser eine dem Kastell nicht zu fern 
gelegene Stelle an der grossen, vom Ort kommenden und die Flur durch- 
ziehenden Strasse ; es ist eigenthüralicb, dass an derselben Strasse zwischen 
■Wickelsmäuerchen und dem Ort auch unser Gemcindekirclihof liegt. 

Diese südöstlich am Gräberfeld vorbeifilhrende Strasse hat den 
bezeichnenden Namen „die alte Strasse", sie ist die Fortsetzung des 
Hauptstrassenzuges des Ortes, der Fürstenberg-, Bach- und Haupt- 
strasse bis zum Kloster hin (siehe Plan Heft 80, Tafel III) und führt 
von Wickelsmäuercheu aus in fast gerader Richtung, oberhalb Kripp 
vorüber, bis fum Ufer der Ähr, auf deren Jenseite sie wieder beginnt 
tt&d, veni^r benutzt und im Stand gehalten wie auf der Remagener Flur, 



Weitere Ausgrabungen in Remagen, 69 

unter demselben Nameo durch die Sinziger Flur zieht und unterhalb 
Niederbreisig ia die Köln-Coblenzer Provinzlalstrasse mündet. Sie ist 
die Sehne des grossen Bogens der letztern, welcher am Kloster beginnt 
und über Sinzig nach Niederbreisig geht, und lässt das nahe Sinzig 
gänzlich unbeachtet. Schon hiernach lässt sich vermuthen, dass man 
mit der Strasse auf dem kürzesten Wege nach Andernach - Coblenz 
bleiben wollte, und zwar aus militärischen Gründen; auch bezeichnet 
Herr von Veith diese ,alte Strasse" als Theil der die Rheinebene 
durchziehenden römischen Heerstrasse. Wie Herr Prof. Klein 
nach Aussagen Kripper Einwohner feststellte, zeigen sich bei niedrigem 
Stande der Ahr da, wo die Strasse auf sie trifft, im Wasser die Köpfe 
von Pfählen: die Strasse hat also in alter Zeit den FIuss mittelst Holz- 
brücke überschritten. Ein 84jähriger Einwohner von Kripp (Tempel) 
sagt aus, von den Pfählen habe er in seiner Jugend zwar nichts ge- 
sehen, wohl aber auf der Kripper Seite der Ahr an dieser Stelle eine 
Mauerung von schweren SteinblÜcken, er erinnere sich derselben des- 
halb ganz genau, weil sich bei seinem Fischen die Fische immer unter 
diese Blöcke „verkrochen" hätten. Es ist kein Grund, an der Aussage 
des alten Mannes zu zweifeln und deshalb anzunehmen, dass für die 
alte Strasse übfr die Ahr eine Holzbrücke gebaut und diese mit stei- 
nernen Brückenköpfen oder Widerlagern versehen war'). Auf der 

1) Der lehr niedrige WaMeraUnd der Ahr geitatteie mir am 30, .^ugual 
1686 de» Herrn Professor Klein Gntdecitung dieser ehemaligen Ahrbrücke 

einer genauen UnterBucbung an Ort und Stelle tu unterwerfen, bei welcher ich 
¥ou mehreren Einwohnern von Kripp, worunter auch der Beeirka Vorsteher, 
Berr Rick, bc(>Ieitet wurde. Dicht vor dam Flaste macht die „alt« Strasse" 
eine etwas übarratchende Abscbwenkung von ihrer Hauptrichtung oder eine Curve 
links rhcinwärts und erreicht mit dieser das Wasser ^ schon mehrfach hatte ich 
an dieser Stelle vergeblich nach Brückenspuren gesucht. Als wir jetzt aber, 
unter Niohtbrüoksicliligung der Curve, das Strombett etwas höher aufwart« und 
zwar in der Verlängerung der Hauptstraiaenrichtung iu's Auge fasslen, erhielten 
wir bald Aufschluss. Hier zeigten sioh mitten im Flusse auf gerlugem Bereiohs 
verstreut eine Menge stark herausragender schwerer Basaltsteine, so weit das 
Auge auf- und abwärt« reichte den Anblick de« gleichförmigen Flusskiesei auf- 
fallend unterbrechend. Meine Begleiter erklärteoi es köautsn diese Steine noch 
nicht lange Zeit so su Tage liegen, in früheren Jahren habe man davon nichts 
geaeheo, es habe sieb aber die Ahr seit ihrer Reguliruug an dieser Stelle ver- 
legt, sie habe hier ihren Lauf geändert und ihre Krümmungrn und Buchten 
verloren, und infolge dieter Wandlungen werde daa ehemals diese Steine äb«r' 
deckende Erdreich weggeachwemmt worden aein. Zwischen diesen Baaalten nun 



70 Realeaux: 

hier in Betracht kommenden Strecke dieser Strasse sind auch schon 
früher an drei Stellen Gräber aufgedeckt worden. Die erste liegt etwa 
80 Schritte östlich - vom Ausgangspunkt der Strasse am Kloster und 
auf deren südlichem Ufer. Auf eine gewisse Länge ist sie hier gegen 
die höher liegenden Felder hin mit einer niedrigen Mauer eingefasst, 
7on der man Ende der fünfziger Jahre behufs Grundentnahme eine 
Strecke wegbrach. Dabei nun kam eine Reihe von Skeletten zum Vor- 
schein; sie lagen in trocken gemauerten Bruchsteinsärgen oder vielmehr 
Kanälen dicht neben einander, welche rechtwinkelig zur Strasse stan- 
den (also nicht orientirt) und bis in die Ufermauer hineinreichten; in 



fanden wir die Köpfe von sechs Pfählen, in zwei parallelen Linien von 4m Ab- 
stand quer zur Flussrichtung geordnet; der Abstand von Pfahl zu Pfahl inner- 
halb der Pfahlreihe beträgt in zwei Fällen ungeföhr 1 m, in andern bedeutend 
mehr, aber die ZwischenpfUhle waren eben nicht sichtbar, man wird Im als 
richtig annehmen dürfen. Da nun an dieser Stelle im Flusegeschiebe des Rheines 
oder im Ahrdelfa ein Basalt vorkommen ganz undenkbar ist, so ist es ganz un- 
zweifelhaft, dass man in diesen verstreuten, die Pfahlköpfe umliegenden, Basalten 
die Trümmer eines Bauwerkes und zwar die des Brücken köpf es auf der rechten 

— Sinziger — Flussseite vor sich hat. Der andere Brückenkopf auf der linken 

— Kripper — Seite aber liegt jetzt in einer Wiese (schon bei 20— 30cm Tiefe 
trafen wir auf das Mauerwerk) und bildet in dieser ein etwa 1 Vs"^ hohes, gras- 
überwachsenes Ufer, an welches sich auf- und abwärts der frühere Uferrand der 
Ahr anschliesst. Diese Stelle heisst, wie meine Begleiter angaben, von jeher 
«am M&uerchen'', sie ist augenscheinlich auch Ursache der Strassencurve: man 
hat die alte Strasse nach Zerfall, oder Zerstörung, der Brücke in einer Biegung 
an diesem Brückenkopf vorbei zum Wasser geführt; dasselbe wiederholt 
sich auf der andern Seite, eine Gurve im entgegengesetzten Sinne führt die 
Strasse wieder in die Hauptrichtungslinie. Das „Mäuerchen" auch ist eB, an 
welchem der alte Tempel in seiner Jugend gefischt hat, aber die Ahr fliesst 
nicht mehr, wie ehedem, zwischen den Brückenköpfen durch, sondern östlicher, 
so dass sich jetzt ein Brückenkopf im festen Lande, der andere mitten im Ahr* 
bett befindet; denkt man sich die Brücke wieder aufgebaut, so würde sie jetzt 
auf ^/g ihrer Länge über festes Land führen. Der Abstand der Brückenköpfe 
von einander oder die freie Durehlassweite der Brücke hat nicht unter 45 Meter 
betragen; die Brücke wird eingeleisig und aus Holzbalken gebaut gewesen sein, 
welche zwischen den Brückenköpfen durch Holzjoche gestützt waren. 

Es gelang einen der Pf&hle, welcher anscheinend nicht so tief wie die 
andern eingerammt war, herauszuziehen; dieser Pfahlrest ist 140 cm lang, oben auf 
27 cm Dicke vierseitig, aber nicht scharfkantig, beschlagen und nach unten auf 
90 cm Länge sorgfiLltig rund zugespitzt; das Eichenholz hat die für solche Fälle 
gewöhnliche Schwärze und nach innen zunehmende Härte; der Pfahl wurde dem 
Provinzial-Musenm zugesandt. 



Weitere AusgrabuDgen in Rema^n. 



71 



den Gräbern fand sich weiter nichts vor. Eine zweite Stelle lie^ 
Wickelsuiäucrchen geraile gegenüber aof der andern Seite der alten 
Strasse; als liier Herr Müller im Jahre 1879 sein einsam in der Flur 
stehendes Haus erbaute, grub er drei Graburuen aus, welche mit je 
4 rüaiischen Dacfapfunnen umstellt waren. Die dritte Stelle endlich 
betintlet sich an derselben Seite der Strasse wie Wickelsmäiierchen, 
aber einen guten Bilchsenschuss weiter nach dorÄhr hin; es fand sich 
dort vor einigen Jahren dicht am Hände der Strasse ein Piattengrab 
mit Beigaben. Diese beiden letzlern Vorkommen machen es sehr wahr- 
Rcheinlirh, sowohl, dass die bisherigen Aufschlüsse die östliche Grenze 
des Gräberfeldes noch nicht erreichten, wie auch, dass dasselbe sich über 
beide Seiten der Strasse hin ausdehnt. Das aber festzustellen und über die 
Lage der Dinge am Wickelsmäuerchen überhaupt eine umfassende Vor- 
stellung zM gewinnen, wird bei der charakteristischen Zerstreutheit der 
Gruber und mancherlei lokaler Ungunst nur nach und nach durch 
spätere Zusammenfassung sich ergänzender Erfahrungen gelingen, bis 
dahin aber viele Zeit und nachhaltiges, auch örtliches, Interesse für 
den Gegenstand erfordern. Von andern hiesigen Funden ist noch 
Folgendes nachzuholen: 

Ein keulenartiges kleines Anhängsel aus Goldblech, 29 mm lang, 
und ein Sculpturfragment aus Jurakalk, 28cm hoch und ebenso 
breit, welches auf leicht concaver, auf der einen Seite noch mit kräf- 
tiger Randleiste versehenen, Fläche das Hochrelief einer mannlichen 
Figur zeigt; Kopf und Füsse fehlen, der Oberkörper ist nackt und von 
guter Plastik, der Unterkörper trägt ein Gewand von trefflichem Falten- 
wurf; beide Gegenstände fanden sich beim Bau der Caracciola'schen Wein- 
handlung (Heft 80, Taf. HI f) und sind in Händen der Frau Wittwc 
Caracciola. Ein weiterer Fund geschah heim Bau des Gouwe'schen 
Hauses auf der Cobtcnzerstrasse (Verlängerung der Hanptstrasse Über 
das Neuthor hinaus) und schräg gegenüber der Mündung der Fahr- 
gasse (Heft 80, Taf. HI, 17), wo man bei der Fuudamentirung in 2in 
Tiefe auf 5 „Brunnen" oder rund gemauerte Schachte von 0,90 — 1,20m 
inncrm Durchmesser aus Bruchstein traf, sodann auch auf ein Bassin 
aus Bruchstein, 3 m breit, 2 m tief, innen vertrasst, es geht noch in 
den Narhbarhof hinein und ist nur theilweise weggebrochen worden. 
Nach den Brunnen zu scbliessen, muss die Stelle früher snmp&g ge- 
wesen sein; das Gebäude über den Brunnen, fur welches man so kost- 
spielige Anlagen machte, hat weiter nicht die geringste Spur hinter- 
lassen. Innerhalb des Bereiches dieser Brunnen fand sich — und zwar 



TS 



iteuUftuxi 



3in unter dem Boden — eine anscheinend reich gestaltet gewesene rö- 
mische ßronzelampe, welche derart durch und durch in Malachit 
nnd Kupferlasur, letztere schön krystallrsirt, umgewandelt ist, dass man 
sie als Stufe ansprechen muss (Besitzer Herr Gronert). Ferner möge noch 
eine zweihenkelige Amphora von 20 cm Höhe und 21 cm Durchmesser 
erwähnt werden; man grub sie 1864 beim Bau des Klosters aus, sie 
ist von dichter, fein geglätteter Masse, nicht ornamentirt und im Be- 
sitz des Herrn Bürgermeisters v. Lassaulx. 

Bemerkenswerther Jedoch als die vorerwähnten Gegenstände ist 
die Entdeckung eines römischen Reliefs, welches über dem 
Thflreingang eines in Faehwcrk gebauten Hauses, des „alten Berger- 
Echen", iß der Milchgasse (Heft 80, Taf. HI, 10) zum Vorschein kam, 
als der jetzige Besitzer des Hauses, Stellmacher Bender, im Frühjahr 
1886 den Lehm verputz ausbesserte; er stiess oberhalb der Tliür auf einen, 
nur wenig mit Li^hm überputzten, verzierten Stein und stellte ihn frei; 
der Stein wurde von Schreiber dieses angekauft und herausgenommen. Es 
ist eine 12cm dicke Platte aus Jurakalk, 49 cm hoch, 28cm breit, auf drei 
Seiten noch die ursprüngliche Begrenzung zeigend, auf der linken Lang- 
seite aber augenscheinlich und in roher Weise von einer Fortsetzung 
abgetrennt; in gleicher Art scheint auch die Rückseite auf die Dicke 
der Fachwand gebracht worden zu sein; bei dieser Operation wahr- 
scheinlich brach der Stein in der Mitte quer durch, glackücherweise 
so, dass es dem Bildwerk nur wenig Schaden brachte. Die Bildfläche 
zeigt in concav gehöhlter Cassette in stark erhabener Arbeit einen 
nackten, geäugelten Knaben mit gelocktem Haar: Gupido den senkrecht 
an die Wand der Nische gelehnten schlaffen Bogen mit beiden Händen 
zu neuer Spannung ergreifend (anderer, vielleicht besserer, Deutung 
soll durch diese indess nicht vorgegriffen werden); Höbe der Figur 
nnd des Bogens 43 cm. Die volle, gedrungene Gestalt des Knaben ist 
von weicher, trefflicher Modellirung, der schalkhaft zur Schulter geneigte 
Iiockenkopf wendet das Gesicht voll dem Beschauer zu; leider ist es be- 
schädigt, auch hat die Prüderie der Milchgasse an einem andern Orte 
eine Verstümmelung vorgenommen und ist der linke Arm der Pigar 
verletzt; alle diese Unvollkommenheiten aber beeinträchtigen den Ge- 
sammteindruck des Bildnisses nur in geringem Maasse. Weder der 
jetzige Eigenthümer des Hauses, noch im Orte lebende frühei-e bähen 
von der Existenz des Reliefs etwas gewusst, obgleich dasselbe nur von 
dünner Lehmkruste überzogen war; es wird aber sicher in oder nahe 
bei den Hausfundame nten ausgegraben sein und bestätigt dann aufs 



I 



I 



Weitere Auagrabuugea io Remagen. 78 

neue die hohe örtbche Bedeutung der Umgebung der kath. Pfarrkirche 
in Bezug auf unsere römische Vorzeit (Heft 80, S. 172J. 

Neben diesen Ergebnissen im Orte selbst sind noch zwei ausser- 
halb desselben, aber noch auf dem Gemeindebanne, geschehene von 
Interesse. Die Stelle der einen liegt in der Sohle des zur ApoUinaris- 
kirche hinabgehenden Thaies, in weichem, nahe derselben, der Welsch- 
born, unsere treffliche Bergquelle, und der von den Römern benutzte, 
jetzt vertrocknete, Eulenborn liegen (Heft 80, S. 161 und 177). Als 
die gräflich von Fürstenberg'sche Verwaltung vor einiger Zeit hier 
oberhalb des Welschborn die Thalsohle mit einem tiefen Graben durch- 
Gchnitt, um fflr die Kirche mihr Wasser zu erlangen, stiess man in 
einer Tiefe von 3ni auf einen Baumstamm, welcher horizontal in 
den Graben hineinragte und deshalb mit Aexten zertrümmert nurde; 
dabei fanden die Arbeiter den Stamm im Innern ausgehöhlt und gru- 
ben denselben nun, weil sie Schätze darin vermutheten, vollends aus. 
Es zeigte sich der Stamm auf der ganzen Länge sargartig ausgehöhlt 
und innen verkohlt; für den Kopf des Skeletts war durch eine Er- 
höhung ein Pfühl gelassen; durch einen Längenschnitt war von dem 
Stamm von oben bis unten eine Schicht in Bohlendicke abgetrennt und 
auf die Höhlung als Deckel gelegt; im Innern fand sich nichts. Noch 
ehe man im Orte von der Sache erfuhr, war der Stamm zerschlagen; 
die Nachricht darüber verdanke ich dem Inspektor der Apollinaris- 
Gesellschaft in Neuenahr, Herrn E. Steinkamra, welcher die Arbeiten 
geteitethat. Der zweite Fund geschah ,auf ßrücheu", eine Stelle ober- 
halb der Apollinariskirche. 

Ueber diese etwa 50 m über dem Bheinpegel liegende Kirche 
hinaus erhebt sich das Gebirge noch um etwa 100 m und bildet oben 
einen Theil der von Coblenz aus bis zum Siebengebirge den Rhein in 
fast gleicher Höhe begleitenden Hochebene. Auf dieser Hübe und 
etwa Va km südwestlich der Kirche heisst eine Stelle im Walde „auf 
Brüchen"; die Bezeichnung rührt wahrscheinlich von der sumpfigen 
Natur der Oertliclikeit her. Hier findet sich ein bedeutendes Lager 
der als „Quarzite" bekannten Geröllblöcke, welche rechts- und links- 
rheinisch von der Gegend von Datteuberg und der Ahr aus, wosie zuTage 
liegen und die erwähnte Höhenlage einnehmen, sich in geneigter Ebene 
nach der Nordsee hinabzieben, so dass sie bei Ruhrort schon 33 m 
unter der Oberfläche lagern '). Die Blöcke liegen „auf Brüchen" zahl- 



I) Man Bebe Yerbtoill. de» naturbiit. Vereint d. Rbeialaade und Westph., 
38. JftbTgug, 3. H&irte 1S83, Sittuogiber. S«itA 141. 



74 Reuleaax: Weitere Ausgrabungen in Remagen. 

reich zu Tage, zwischen ihnen ist der Wald aufgewachsen; gräbt man 
den Waldboden etwa 2 Fuss tief weg, so trifft man die Blöcke massen- 
haft und oft in Meter dicken Klumpen an. Ein Unternehmer ist seit 
zwei Jahren mit Ausbeutung des Vorkommens beschäftigt, die schweren 
Blöcke werden gesprengt und dann den niederrheinischen Hüttenwer- 
ken zugeführt, welche sie bei ihrem bis zu 98 7o betragenden Gehalt 
an Kieselerde beim Bessemcrprozess verwenden. 

Innerhalb des Bereiches dieser Quarzitblöcke fanden sich im vori- 
gen Jahre merkwürdigerweise römische Thongefässe und zwar bis jetzt 
2 Henkelkrüge und 3 Näpfe oder Schalen. Diese letzteren sind sämmt- 
licb bei der Aufdeckung zertrümmert und ihre Scherben in den Schutt- 
massen vergraben worden; die Arbeiter sagen übereinstimmend aus, 
die Schalen seien mit Thierbildem und Aehnlichem verziert gewesen; 
die beiden Krüge blieben ganz erhalten und zwar verdanken sie dies 
dem Umstände, dass sie in den Schalen lagen und man auf sie früh- 
zeitig aufmerksam wurde. Es sind zwei ganz gleiche Krüge gewöhn- 
licher Form, mit engem Halse, 18 cm hoch und 12 cm dick. 

Die Sachen fanden sich in 3 muldenartigen Vertiefungen auf 
und neben den Blöcken (nicht etwa unter denselben, wie man hier 
erzählt hat), um die Schalen herum lag jedesmal Holzkohle. Man 
wird also annehmen dürfen, dass die Geschirre römischen Arbeitern 
bei der Bereitung ihres Mahles gedient haben und dass letztere zwi- 
schen den Quarzitblöcken irgend eine Aufgabe zu erfüllen hatten. 
Diese wird wohl darin bestanden haben, Thon zu fördern, welcher 
dicht unter den Blöcken in Menge vorkommt und von dem erwähnten 
Unternehmer auch jetzt gleichzeitig mit den Blöcken ausgebeutet wird ^). 



1) Der Zufall gestattet, noch einen neuesten hiesigen Fund anzufahren: 
Der zur Zeit (October 1886) am unteren Ende des Ortes arbeitende Rheinbagger 
forderte eine Anzahl von Hellebarden, Streitäxten und Aehnlichem su Tage, 
dann aber auch einen bronzenen Schlüssel, 10 cm langer Hohlschlüssel mit 
gezacktem Bart und eigenthümlich geformtem Griffe. 

Reuleaux. 



6. Die Römische Wasserleitung Im Dome zu Cöln. Fundbericht. 



Hierzu Tafel IV. 



Bei Fortnahme des mittelalterlichen Plattenbodens im südlichen 
Querschiffe des Cölner Domes behufs Neubeplattung, stiessen die Ar- 
beiter am 15. October 1886 in unmittelbarer Nähe des Im Grundrisse 
mit A bezeichneten Dompfeilers auf zwei aus Tuffsteinquadern kon- 
struirte Mauern von 26 cm Dicke, die in einem Abstände von 64 cm 
parallel laufend, sich auf ca. 3 Meter Länge vom Pfeiler A ab nach 
Nord-Osten erstreckten. Weitere Nachgrabungen ergaben, dass diese 
beiden Tuffsteinmauern die Wangen einer Steintreppe waren, die mittelst 
10 Stufen bis zu einer Tiefe von 2,45 m unter den Plattenboden der 
Domkirche herabführte. Auf die Länge mn. von 1,580 m war die Trep- 
penanlage mit einem 25 cm starken Gewölbe von Tuffsteinquadem über- 
deckt gewesen, dessen Widerlager an der nördlichen Wange sich noch 
deutlich erkennen liess. 

Wie auf beigefügter Aufnahme-Zeichnung Fig. 1. 2. 3 im 
Grundriss, Querschnitt und Längenschnitt angedeutet, befinden sich im 
Anschlüsse an die südliche Treppenwange spärliche Reste von römischem 
Gussmauerwerk, dem als spätere Anlage eine bis auf wenige Spuren 
zerstörte Mauer aus Säulenbasalten hinzugefügt ist. Diese Reste rö- 
mischen Gussmauerwerks haben einem grösseren Bauwerke angehört, 
dessen Aussenfläche nach einem Halbmesser von ca. 15 Metern gekrümmt 
war. An die Aussenseite dieses Rundbaus unmittelbar anlehnend, musste 
den beiden TuflFsteinwangen eine gleiche Krümmung gegeben werden. 
Dass diese Krümmung der Wände keine unbeabsichtigte und zufällige 
ist, ergiebt sich aus der radialen Stellung der 10 Treppenstufen. 

Der mit geringer Sorgfalt und durch Drachenfelser Trachyt-Stücke 
hergestellte Anschluss der Wangenmauem an das Fundament des Dom- 



76 Voigtel: 

Pfeilers A^ und die unregelmässige Verzahnung der Tuffisteinmauem 
weist auf eine gewaltsame Zerstörung des sich nach Süd- Westen weiter 
erstreckenden unterirdischen gewölbten Ganges von 2 Meter Höhe und 
64cm lichter Breite hin, der augenscheinlich bei den Arbeiten zur 
Fundamentirung des Pfeilers A dem Neubau hat weichen müssen^). 

Bei genauer Aufmessung der neun radial gestellten Treppenstufen 
aus Tuffsteinquadem, von denen jede aus zwei Stücken mit wechselnder 
Fuge besteht, ergab sich für jede Stufe die gleiche Steigung von 20 cm 
bei 19 cm Auftritt. Obgleich die weichen Tuffsteinstufen durch lang- 
dauernde Benutzung in der Mitte sehr stark abgenutzt sind, so liess 
sich doch feststellen, dass die Stirnseiten der Stufen nach einer Curve von 
2 bis 3 cm Durchbiegung gekrümmt sind, wie auf der Grundriss-Zeich- 
nung Fig. 1 angedeutet ist. Die zehnte und unterste Stufe G mit grad- 
liniger Stirnfläche besteht aus einem grossen Säulenbasalte, der seiner 
grossen Härte ungeachtet werkseitig bearbeitet ist, und in das Quader- 
mauerwerk der Treppenwangen tief einbindend, das solide Fundament 
bildet, auf dem die aus weichem Tuffstein gefertigten neun oberen 
Stufen der Treppe ein sicheres Auflager finden. 

Bei der Sorgfalt, mit welcher die Treppenanlagc ausgeführt ist und 
bei der sauberen Bearbeitung der Tuffsteinquadern, erscheint die 
schlechte Beschaffenheit des Mörtels von geringer Härte und ohne 
Beimischung von Ziegelmehl auffällig. Ob das Mauerwerk bei den viel- 
fachen Veränderungen, welchen dieser Theil des römischen Cölns in den 
späteren Jahrhunderten unterworfen gewesen ist, zeitweise den Ein- 
wirkungen des Tagewassers ausgesetzt gewesen, und hierdurch der 
Mörtel erweicht ist, lässt sich nicht mehr feststellen. 

Nachdem die Treppe nebst Wangenmauem bis zur untersten Ba- 
saltstufe freigelegt war, fand sich bei den weiteren Nachgrabungen und 
zwar in einer Entfernung von 80cm westlich von der untersten Ba- 
saltstufe in der Tiefe von 2,25 m unter dem Plattenboden der Dom- 
kirche bei B ein allseitig sauber bearbeiteter Tuffsteinquader von 47 cm 
Länge, 28cm. Höhe und 21 cm Dicke in ursprünglicher Lage in den 



1) Nach Gosvinus Gymnich „Observationcs^ will ein saccellanus subdeoani 
Dr. Johann Guttruth „beim Logen des Pfeilers am Altare Mariae Magdalenae, 
dieses Loch im Grund offen gesehen haben, welches man in der Erde hat gefunden, 
und rundum gemauert ist. Es sei pro tempore viel hierüber gesagt, dass es vor 
Christi Geburt soll gemacht sein bis auf Trier; ja bei Poppeisdorf habe man 
dasselbige Loch in der Erde gefunden. '^ 



Die Römisclie Wasserleitung i 



I Kalo. Fuadberichl. 



Schutt eingebettet, auf dessen Oberfläche eine SOrnm breite nnd 81mm 
tiefe unten gerundete Rinne eingearbeitet ist, in welche einTförmig ge- 
staltetes Bleirohr B von 68nim innerem und 75mm äusserem Durch- 
messer, mithin von 3 '/3 mm Wandstärke eingefügt war. Der längere 
Schenkel des Tförmgen Rohrstttckes (39 cm lang) erwies sich als das 
gewaltsam abgetrennte Bruchstück eines von Süd-Osten nach Nord- 
Westen durch den Treppenbau geführten länger«! Rohrstranges, dessen 
Bruchenden beiderseitig aus den Tuffsteinmauern der Treppenwangeo 
einige Centimeter herausragten. 

Der kürüere, 17 cm lange und unter rechtem Winkel nach Nord- 
Osten von dem Haupt-Rohrstrange abgezweigte Rohransatz von gleich- 
falls 68 mm lichter Weite, zeigte am Ende ähnliche Spuren der ge- 
waltsamen Abtrennung. 

Durch sorgfältiges Aneinanderpassen der Bruchenden des von der 
längeren Bleirohrleitung abgetrennten Stückes wurde unzweifelhaft fest- 
gestellt, dass der kürzere 17 cm lange Schenkel des Tförmigen Rohr- 
Stückes in der gezeichneten Lage niieh Osten abzweigte, obgleich die 
hier befindliche massive Treppe, in der sich nirgends eine OeiTnuDg für 
die Fortführung der tistlicben Zweigleitung vorfand, zuerst Zweifel über 
die richtige Lage des Tfürraigen Rohrstückes anregte. 

Durch diesen interessanten Fund wurde der Zweck der Treppen- 
anlage als Zugang zum Leitungsrohre der römischen Wasserleitung and 
zwar zu einem Punkte, wo eine Hauptableitung abgezweigt war, 
genau bestimmt. 

Um über Richtung, Gefälle und Construction der von Norden nach 
Süden den Cölner Dom durchschneidenden Bleirohrleitung genaue Kennt- 
niss zu erlangen, Hess der unterzeichnete Dombaumeister die Aufgra- 
bungen südlich vom Treppenbau in einer Ausdehnung von 5 Metern und 
bis zur Tiefe von S'/e Metern fortführen. Die Arbeiter legten hierbei 
in einer Tiefe von 2ra unter dem Plattenboden der Kirche die aus 
TufTsteinquadern bestehende Abdeckung C eines kleinen Kanals von 
13cm Höhe und 10 cm Breite (s. Detail) frei, in den des Bleirohr der 
Hauptleitung, allseitig von festgestampftem Lehm umgeben, eingebettet 
ist. Die Seitenwände des Canals bilden längliche Tuffsteinstllcke von 
13cm Breite und Höhe, die auf einer 16cra dicken Quaderschiebt aus 
Tuffstein als Bodenplatte der Kanalanlage ruhen. 

Dieser Scbutzkanal für die Bleirohrleitung ist mit Kalkmörtel ge- 



7B Voigtel: 

mauert, und hat sorgfältig verstrichene Fugen, ohne Verputz im 
Inneren. 

Nach Beseitigung der Deckplatten und nach vorsichtiger Ent- 
fernung der das Bleirohr umgebenden Lehmhülle wurde der Rohrstrang 
auf die Länge von 5 Metern freigelegt und genau untersucht Sowohl 
die Oberfläche der B^hre, wie auch die mit Zinn sorgfältig gelöthete 
Längs* und Quernaht/ welche letztere auf der Südseite bei d in Ent- 
fernung von 2,95 m vom tiefsten Punkte B aufgefunden ist, zeigten 
eine so vollkommene Erhaltung und Dichtigkeit, dass das Bleirohr ohne 
jede Beparatur noch heute zur Wasserleitung benutzt werden könnte. 
Die chemische Untersuchung des zur Löthung verwendeten Zinns ergab 
eine Beimischung von 8% Zink* 

Construction, Gefälleverhältnisse und Richtung 
der im südlichen Seitenschiffe aufgefundenen 

Bleirohrleitung. 

Die mit einem Gefälle von ca. 2 cm auf den laufenden Meter von 
Süden her kommende Bleirohr-Hauptleitung von 68 mm lichter Weite 
ereicht vor der Zugangstreppe bei B den tiefsten Punkt, und steigt 
von hier, nachdem die ursprünglich südliche Richtung durch eine Curve 
kurz vor der Treppe in eine nordwestliche verändert, unmittelbar und 
mit gleichem Gefälle wieder an, so dass das östliche Ansatzrohr genau 
im tiefsten Punkte B der Leitung angefügt ist. Wie bei neueren guss- 
eisemen Wasserleitungen am tiefsten Punkte stets ein Ablassventil 
angebracht wird, welches durch ein Einsteigeloch von der Strasse aus 
zugänglich gemacht wird, um den sich hier sammelnden Schmutz und 
Sand von Zeit zu Zeit durch Oeffnung des Ablassventils zu entfernen, 
80 scheint auch der östliche Rohransatz der römischen Wasserleitung, 
welcher auf 17 cm erhalten ist, innerhalb der Grenzen des gewölbten 
Ganges kurz vor dem Autiagersteine bei B mit einem Ablasshahne ver- 
sehen gewesen zu sein, zu dessen Oefinung und Regulirung es an diesem 
Hauptpunkte der Wasserleitung eines ständigen Zugangs bedurfte. 

Wie vorstehend erwähnt, hat sich an den Treppenstufen und Trep- 
penwangen keine Oeffnung gefunden, durch welche eine Fortleitung des 
Rohrstranges in östlicher Richtung hätte geschehen können. Möglich 
wäre es daher auch, dass an den östlichen Rohransatz unmittelbar ein 
Krümmer mit einem Steigrohre angeschlossen gewesen ist, welches das 



Die römische Waaserleitang im Dome zu Köln. Fundbericbt. 



7» 



Wasser zu Tage geführt bat, um oberirdisch einen Laufbrunuen zu 
speisen. Für letztere Anordnung spricht die solide Fundamentirung 
des Tförmigen Itohrstückes durch Eiofügung in die Rinne eines Tuflf- 
steinquaders, da das bleierne Steigrohr mit seinem ganzen Gewichte 
auf das Hauptleitungsrohr gedrückt haben würde, und eine solide Unter- 
stützung desselben an diesem Punkte daher nothwendig erschien. 

Die Construction der Bleirohre betreffend, bleibt zu bemerken, 
dass die hier aufgefundenen Wasserleitungsrohre, von denen ein Stück 
von 2 Meter Länge mit Quernaht vor dem Zuwerfen der Ausschach- 
tung auf Wunsch des Vorstandes des Vereins von Alterthumsfreunden 
im Kheinlande herausgeschnitten ist, dieselbe Herstell ungsweise zeigt, 
wie das an der Ostseite des Domes in dem unteren römischen Wasser- 
becken im Jahre 1866 aufgefundene Bleirohr von 2" lichter Weite 
(Jahrbücher LHI 202). Auch die in Rom und Pompeji zahlreich aus- 
gegrabenen Bleirohre von den verschiedensten Weiten und Dicken dor 
Wandungen sind in ähnlicher Weise hergestellt. 

Die ßleidicke der im südlichen QuerschifTe des Cälner Domes 
aufgefundenen Rohrleitung von 68mm lichter Weite beträgt nur SVamm 
und sind die zur Herstellung der Rohre verwendeten Bleiplatten von 
ca. 3 Meter Länge bei 21cm Breite über einen runden Kern gebogen, 
dann die Langseiten an den Kanten beiderseitig dünn geschabt und 
mit 13mm Ueberdeckung mittelst einer stark vorstehenden Naht mit 
Zinn so sorgfältig und stark verlöthet, dass an keiner Stelle des Blei- 
rohrs, sowohl in den Längs- wie Quernähten, eine Trennung aufge- 
funden werden konnte. Diese fertigen RohrstUcke von ca. 3 Meter 
Länge sind dann in gleicher Weise durch Abschaben der Rander an 
den Röhrenden auf I3mm Breite in einander geschoben und mittelst einer 
besonders kräftigen Verlöthnng wahrscheinlich erst an Ort und Stelle, 
wie aus der minder sorgfältigen Arbeit an den Quernähten erkenntlich, 
mit einander verbunden. 

Bei Untersuchung der inneren Wandungen der Bleirohrleitung 
fand sich ein nur dünner Anflug von Kalksinter, dagegen eine die Wan- 
dungen allseitig bedeckende stärkere Lehmkruste, die jedoch erst nach 
theilweiser ZerstiSrung der Leitungsrohre durch Tagwasser hineinge- 
Ecblemmt zu sein scheint. 

Der Lauf des nördlich von der Trcppenanlage belegenen Theiles 
der Hauptleitung ist durch die Pfeilerbauten wahrscheinlich unter- 
brochen, auch wird ein Gleiches bei den Fundamentarbeiten zum Süd- 



80 Yoigteh 

portale in Bezug auf den südlichen Bohrstrang geschehen sein. Zu 
hoffen bleibt, dass bei der demnächst erfolgenden Abtragung des Dom- 
hofes vor dem Südportale um ca. 1 Meter, die römische Wasserleitung 
wieder freigelegt werden wird und liesse sich dann die Richtung, welche 
dieselbe nach Süden nimmt, mit den Angaben wie solche auf einer dem 
Werke von F. Kreuter beigefügten „Abbildung der Stadt Collen zur 
Zeit des Kaisers Carls des Grossen und des Erzbischob Hildebold 
aus dem Jahre 782 von J. W. Laporterie'' sich eingetragen finden, 
vergleichen. 

Sonstige Funde an Münzen und Inschriften, welche für die Zeit 
der Anlage der römischen Wasserleitung einen sicheren Anhalt bieten 
würden, sind bei den Ausgrabungen im südlichen Querschiffe des Domes 
nicht gemacht und ist diess erklärlich, da der gewachsene Boden durch 
die Pfeilerbauten, wie durch zahlreiche später angelegte Grabgewölbe 
und Einzelgräber bis zu der aufgegrabenen Tiefe .von ca. 2V2 Meter 
unter der Fussbodenplattung der Domkirche durchwühlt und vielfach 
mit Bauschutt vermischt ist. 

Die durch die vorstehend beschriebenen Ausgrabungen festgestellte 
Thatsache, dass die römische Wasserleitung den Cölner Dom in der 
Richtung von Süden nach Norden in beträchtlicher Länge durchschneidet 
und bei Fundamentirung der Dompfeiler mehrfach freigelegt und theil- 
weise ausgebrochen ist, um für die Pfeilerfundamente Platz zu machen, 
giebt über den Ursprung der Domsage, welche den Bau des Römer- 
kanals mit dem Bau des Domes von Conrad von Hochstaden in Ver- 
bindung bringt, einen neuen und sicheren Anhalt. 

Ein Nachweis, dass die Stelle des Zugangs zur römischen Was- 
serleitung bei der Anlage der mittelalterlichen Plattung des Cölner 
Domes noch genau bekannt war, zeigte die Einfügung eines Geschränks 
von Drachenfelser Trachit in die mittelalterliche Bodenplattung, welches 
in schräger Richtung dem Laufe der Wangenmauern der Treppe fol- 
gend, die Fugentheilung der Plattung durchschnitt, sowie auch die Anbrin- 
gung eines durch seine Grösse auffälligen achteckigen Trachyt-Decksteins 
genau über dem Punkte, wo das Tförmige Rohrstück B am Fusse der 
Treppe aufgefunden ist 

Bezüglich der im Volksmunde erhaltenen Sage über einen unter 
dem Dome ausmündenden und von Trier kommenden Römerkanal 
schreibt Gelenius im Jahre 1645 Cap. VII Seite 254 in genauer Ueber- 



Die Römische Wasserleitung im Dome zu Köln. Fundberiolit. 81 

einstimmung mit dem Ergebnisse der jeszt erfolgten Aufgrabungen 
Folgendes : 

„ non procul ab altaribus S. M. Magdalenae et S. Nicolai 

in pauimento videbis ostiolum obliq- ; lapidibus occlusum nee recta in 
orienteui versum, oblongum veluti sepulchrum, aut aditum ad subter- 
raneam cellam. Id quis crederet? dicunt esse aditus nd Canalem Ro- 
mani Aquae-ductos, alij dicunt aditum paulo remotiorem, ad Aquae- 
ductum tamen, qui merito inter mundi mira et miraculi instar habetur, 
si eius conditionem recte aestimamus '^ 

Wie in einer vorstehenden Anmerkung bereits erwähnt, erzählt 
auch Qosvinus Gymnich vicarius in dem Manuscripte betitelt: „Obser- 
vationes et annotationes diversorum gestorum in Metropol. eccl. Col. etc." 
(Mitgetheilt von Herrn Wilh. Scheben unter dem 26. Februar 1867 in 
der Kölnischen Volkszeitung) von einem Augenzeugen, der bei Funda- 
mentirung des Dompfeilers A anwesend gewesen sei, und dasselbe Loch 
im Grund offen gesehen habe, welches 1574 der Dompropst Graf von 
Wittgenstein im Dome zwischen dem Altare Mariae Magdalenae und 
dem rechten Pfeiler habe öffnen, bis auf 8 Fuss Tiefe ausgraben, und 
demnächst wieder zuwerfen lassen. 

Wttnschenswerth bliebe es, da auch jetzt der Zugang zur römischen 
Wasserleitung im Dome hat wieder abgedeckt werden müssen, wenn 
der aditus ad Canalem Romani Aquae-ductus durch eine kurze Inschrift 
in dem neuen Plattenboden der Domkirche dauernd bezeichnet werden 
könnte. 

Cöln, den 5. November 1886. 

Voigtel, Dombaumeister. 



7. Römische Niederlassungen an der Ahr. 



• Die vor dem Jahre 1100 urkundlich vorkommenden Namen der 
an der Ahr gelegenen Ortschaften zeigen uns noch heute an, von wel- 
chen Volksstämmen diese Orte benannt und also auch höchst wahr- 
scheinlich gegründet worden sind. Remagen (zuerst genannt auf 
der Peutinger 'sehen Tafel und bei Amm. Marc. XVI, 3.: „Rigomagus", 
mit dem Zusatz: „oppidum'Oi Sinzig (zuerst erwähnt als „Sentiacum 
palatium*' in einer Urkunde König Pippins vom Jahre 762), Kirch- 
daun („Dune", zuerst im J. 1140), Gimmigen (Gimiche 854) sind cel- 
tische Orte; in den beiden erst genannten hatten die Römer Kastelle. 
Oberhalb Remagen und Sinzig charakterisiren sich die Orte Bodendorf 
(893: „Budendorpht*0, und namentlich Heimersheim (1173), Waden- 
heim (so: 992) und Bachern (Bacheim) als fränkische Orte. Dann 
kommt Ahrweiler (893: Arwilrc) mit der echt allemannischen Endung 
„weilfM'" und um dasselbe herum die ebenfalls auf allemannischen Ur- 
sprung hinweisenden Orte auf ,,hoven": Hemmingishoven = Hemmessem, 
Oeroldesboven (später Girretzheim, ein jetzt ausgegangener Ort auf 
der rerbten 8cite der Ahr ca. 8 Minuten oberhalb Bachem)^), Waldpre- 
tiHhovun 2= Walporzheim (falsche Verhochdeutschung!), Gisenhova (schon 
8r;0, VAU jf-tzi verschwundener Ort, welcher 5 Minuten oberhalb Ahrweiler 
rechtH von der jetzigen Strasse lag), Lantershoven, Ringhoven = Ringen, 
Bcnghovfjn -- I'engen u. s. w. Auch das eine Stunde nw. von Ahr- 
wciliT ^ele^^ene llolzweiler, ferner Carweiler, Vi Stunden nnö. von Ahr- 
weiler, fUfWie dnH 2 Stun(l(*n südlich liegende Blassenwilare = Blas- 
weiler gind natlirlidi allemannischen Ursprunges. — Eine Stunde ober- 
halb Ahrweiler lie^t an der Ahr das Dorf Demau, welches 893 „degera- 
navale'' genannt wird. I)er Name ist nach E. Foerstemann^ wohl 

1; f>i*» }f*'ir^ft^rif\*^ Kl»ir h'-lutii joir.t: „Jihnze". 

7) Imt n}0^f (Vtt^yf^r in M. T. f. fn1f(ond) don Namen falschlich auf eine 



Rönnivclie Niederlasanngen an der Ahr. 83 

aus dem keltischen ,,tegarn" ;=sehr gross, und „aval" (deutsch ?) = Auel, 
Ackerland zusnimnengesetzt, und bezeichnet also zunächst nicht eine 
Niederlassung, sondern einen grossen Auel, eine Bedeutung, die für 
das rerhsltnissmässig grosse und weite Thal bei Bernau (bis nach Rech 
hin) recht passend erscheint. Noch weiter hinauf an der Ahr wollen 
wir hier die Ortsnamen nicht verfolgen : wir würden auch da nur deutsche 
oder — vereinzelt — keltische Namen finden. Jedenfalls gibt es — abge- 
sehen etwa von Sentiacum — keinen Ort an der Ahr, der durch 
seinen Namen auf einen römischen Ursprung hinweist. Auch die 
hier vorkommenden Flurnamen liefern keinen Grund zur Annahme, 
dass ein solcher römischer Ort an der Ahr je gestanden hätte. 

2. Ob es aber im Ahrthale oberhalb Sinzig römische Villen, Höfe ge- 
geben habe, ist eine andere Frage ; dass dieselbe zu bejahen ist, werden wir 
zeigen. — Zunächst bemerken wir, dass der Flurname Plenzer {sprich: 
Plänzer] sich wiederholt an der Ahr für fruchtbare, sonnige, am Thul- 
randc gelegene, also an das Gebirge anstossende Parzellen findet: so 
bei Heimershcim, bei Bachern*) (auf dem rechten Ährufer bei Ahr- 
weiler), oberhalb Ahrweiler hinter dem Keller des Ahrweiler Winzer- 
vereins, endlich auch bei Dernau hinter dem Keller des dortigen Wiu- 
zervereins und den unten zu besprechenden römischen Ruinen. „Plenzer" 
ist ohne Frage das lateinische „plantarium"; dieses bedeutet bei Plinius 
(h. n. 13, 4, 8; 16, 33, 60; 17, 20, 34) einen Baumgarten, konnte aber 
auch einen Gemüsegarten bezeichnen, wie aus Juvenal 13, 123 hervor- 
geht, wo „plantares horti" = olera steht'). In lateinischen Urkunden 
des Mittelalters erscheint dasselbe Wort mit verschiedenen Abände- 
rungen. Bei uns aber, im westlichen Deutscbland, kommt das Wort 
urkundlich fa-st nur in der deutschen Form „plenzere" „plencere" bis- 
weilen noch ohne Lautverschiebung „plentere", „planteiz" vor. Bei- 
spiele aus dem 13. Jabrh. findet man in Lac. U. II, p. 11 (Wolsdorf); 
M. U. U, 388 (IssenheJm in Rheinhessen); II, 443 (Detzera, Ldkrs. 
Trier); IIl, 805 (Riveris b. Trier); III, 810 (Keimt a. d. Mosel): III, 
1007 (Garden a. d. Mosel). An allen diesen Stellen bedeutet das Wort 



I) Man BBgt zwar dort jetat — und «o alebl such im Kataster — „im 
Blenteo'', aber im J. 1606 achrieb und iprach man noch „im Plentert". Dieie 
Flur Bteigt aui dein Thale einen sanften Hügel hinan. 

3) Bai Daniel 11, 41 ateht plantarium in der Vulgata = 6Jiu: (LEX), Wursal, 
eine Bedeutung, die ieh in keinem Wörterfaneh angegeben finde. Auch Aognatin 
(termo ad Ezeobielis c. 34) hat „pUntarium", wo die Vulgata „germeo" äberaetit. 



84 P* Joerres: 

einen Weingarten, und zwar einen von Alters bestehenden : einmal er- 
scheint ein auf Neubruchland angelegter als Gegensatz. — Wo also ein 
solcher „Plenzer^' vorkommt, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir es 
mit einem durch einen Römer angelegten (Baum-, QemOsa- oder Wein-) 
Garten zu thun haben, wiewohl es hin und wieder vorgekommen 
sein mag, dass das Wort auch noch in nachrömischer Zeit als Appel- 
lativname gebraucht wurde; dies wird aber selten der Fall gewesen 
sein, da man genug deutsche Ausdrücke für den betreffenden Begriff 
hatte. Dass der Dernauer Plenzer zu einer römischen Villa gehörte, 
das ist uns ad oculos durch die dortigen Ausgrabungen demonstrirt 
worden. Der Ahrweiler Plenzer liegt, wie gesagt, hinter dem Gebäude 
des Ahrweiler Winzervereins. Die hinteren Theile dieses Gebäudes auf 
den Berg zu stehen zum Teil an der Stelle, wo der 1812 unter der 
Franzosenherrschaft höchst unnöthiger Weise zerstörte „Thurm bei Ahr- 
weiler'' sich befand, dessen Besitzer der geborne Schenk des Kölner 
Erzstiftes war und in dem Stande der Grafen den ersten Bang ein- 
nahm; urkundlich wird der Thurm zuerst im J. 1200 genannt Im 
Volke hiess dieser Thurm der „kaute Thurm'^ welcher Name auch 
im Kataster steht. Das Wort „kaute*S auch „kaut'S „kau'S bisweilen 
„ku^^ kommt auch sonst im Rheinlande mehrfach vor^), und zwar re- 
gelmässig in Verbindung mit hohen oder hochgelegenen Gegenständen. 
Eine hinreichende Erklärung des Wortes liegt meines Wissens noch 
nicht vor, und dies spricht wenigstens für das hohe Alter der Bezeich- 
nung und also auch unseres Thurmes. Sollte er oder einer seiner 
Vorgänger vielleicht einmal als römische „specula^^ gedient haben? 
Genug, zwischen diesem „kauten Thurm'^ oder der StellOi wo er ge- 
standen, dehnt sich der Ahrweiler „Plenzer'' aus bis an den dahinter 
liegenden „Tburmberg'^ 

H. Wo möglich noch sicherere Beweise für römische Niederlassungen 
itn Abrtbale bilden die hier gefundenen Reste von wenigstens 4 römi- 
neiutn WanKerleitungen* Alle diese Leitungen liegen auf der Nordseite 
am Tbni^M, Ni«; rriUnden an solchen Stellen, wo zugleich ein nördliches 
tkiUsiitiiAl mmn AuMgang in das Ahrthal hat. Von der letzteren 

1; ^iA\U tntin miM %u ^^/Atiitii'' odor „oautio^^ denken dürfen? JedenfallB 
tAAnki \n 4*ffn Wfffli* *Ur hui^rttf ninnr Auiiohauiielle. Hängt vielleicht auch 
dl# ^\0U9tUt H'iU*' tiinnti fMtukUunith'f Dm „bunt'' könnte von pons herkommen; 
dl« M«ll« m^i ntt^mtUhtfr ttUmr fimlUfi llrUcke. Auf der bunten Euh sind römische 

MttAi#f| Ht^HHi^ft l/ttff^U 



Köniiache Nieder luBsuiigeii an der Ahr. 85 

Regel zeigt sich eine Ausnahme: vor etwa 30 Jahren esistiiten in der 
„Domley" oberhalb Wnlporzheim ungefähr 15 Fuss über der Thataohle 
die jetzt verschwundenen Beste einer Leitung, welche ursprünglich 
ihren Anfang rauss genommen haben in dem oberhalb der „bunten 
Kuli" mündenden vom „ Alten wegshofe" herkommenden „Teiifenbach", 
lind die dann um den Felsen an der bunten Kuh — derselbe war vor 
dem Bau der Ahrstrasse, also vor etwas mehr als 50 Jahren nicht so 
schroff wie heute — wird herum gegangen sein. An der Mündung 
des Teufenbach selbst ist nämlich das Thal der Ahr zu enge, als dass 
man dort einen Hof hätte bauen können ; dagegen lud hierzu gewiss 
ein die unterhalb der bunten Kuh in der Nähe des jetzigen Walporz- 
heim sich bedeutend erbreiternde Thalsohle, welche aber dort an kein 
wasserführendes nördliches Seitenthal anstiess. Aus dem Teufenbach 
wurde daher das Wasser hierher geleitet. Ueber diesen Kanal wird 
mir von zuverlässiger Seite mitgetheilt, dass sein Durchschnitt nur 
etwa einen Quadratfuss und also seine Breite im Lichten ca. 4 Zoll 
betragen habe. Diese geringe Breite, die wir bei allen hier gefundenen 
Kanälen antreffen, weist darauf hin, dass diese Leitungen das Wasser 
eben nur grösseren Höfen zuführen sollten. Wo nun aber der Hof im 
Walporzheimer Thal gelegen hat, ist nicht zu ermitteln. Möglich ist 
es, dass die römischen Ziegel, welche neulich {Juni 1886) bei der Fun- 
damentirung des Walporzheimer Bahnhofes zu Tage kamen, von jenem 
Gebäude herrCIhrten, und dass an derselben Stelle oder nahe dabei der 
in den Jahren 882 u. 893 (M. U. I, 126 u. 179J erwähnte Ort Wil- 
lolfesdal gelegen hat. 

Noch weniger lässt sieb sagen von einem zweiten Kanal, der aus 
ThonrChren bestand, und aus den Weinbergen im „Schloht"') (nördlich 
von Ahrweiler und Östlich von der Adenbach) herabkam. Auch seine 
Reste, die vor 30 Jahren noch zu sehen waren, sind heute verschwunden. 
Eine Quelle, aus welcher derselbe das Wasser herabführte, ist nicht 
mehr nachweisbar. Der Hof, zu dem er iilhrte, muss rechts vor dem 
Adenbachsthor unmittelbar bei Ahrweiler gelegen haben. Vielleicht war 
an derselben Stelle später der Sitz der 1228 und 1247 (M. ü. III, 288 u. 692) 
erwähnten Ritter „de Adiubach". Als Flurname kommt dieses Adin- 



1) Wiagl vielleicht dieser Name mit der Waaserloitung zuBammeu? Es itt 
ies, ilat = mlid. ilil, alöt = obd. Scblot (Ürabeo, auch KamiD). Zu Dernau 
t eine F)ur, sui welcher die dort gefandeae Leitung etwa ihren Ursprung 
hat nehmen köuaen, „im Soblot". 



86 P. Joerrei: 

bach bereits 893 vor. Es ist auffallend, dass die betreffende Villa 
nicht aus dem Adenbach selbst das Wasser verwerthete. Oder wurde 
dieses vielleicht für eine links vom Adenbachsthor gelegene Villa ver- 
wendet? Die dort etwas hoch gelegenen Weingärten deuten möglicher 
Weise au! den Schutt einer solchen hin. 

Unterhalb des Adenbaches etwa 8 Minuten weiter mündet die 
ebenfalls ein Bächlein enthaltende „Ellichschlucht'' in das AhrthaL 
Geht man diese Schlucht 8 Minuten hinauf, so hat man links eine 
Halde, welche das „Stummericher Loch'' genannt wird ; der Berg selbst 
heisst dort „der Stummerich'*. In diesem ^^Loch" fand Herr Leopold 
Kreuzberg im Herbste 1885 in einer Tiefe von 50 cm einen 150 cm 
langen Rest einer römischen Wasserleitung, deren lichte Breite 14 und 
deren Höhe 18 cm betrug. Dieselbe war aus Betonguss hergestellt und 
mit rothem Thon umgeben ; unten zeigte die Kinne die bekannte Sinter- 
schicht; welche auf dem rothen Thon lag. Das Gusswerk bestand aus 
einer weisslichen, kleine Ziegelstückchen enthaltenden Masse. Der obere 
Deckstein fehlte, und war also schon früher einmal als brauchbares 
Material weggenommen worden. Mehr unterhalb der genannten Fund- 
stelle ist vor Jahren ein anderes Stück desselben Kanals gefunden wor- 
den, und wird noch heute der dabei gefundene Deckstein von dem be- 
treffenden Finder benutzt. 

Endlich wurde vor einigen Jahren zu Dernau etwa 100 Meter 
westlich von den im vorigen aufgedeckten römischen Mauerresten im 
Keller der Wittwe Paetz ein Stück einer aus Gusswerk bestehenden 
römischen Wasserleitung gefunden, und zwar war dabei auch der Deck- 
stein erhalten. 

4. Wie schon bemerkt, haben zweifelsohne alle jene Wasserlei- 
tungen zu römischen Villen geführt. Diese lagen sämmtlich auf dem 
linken nördlichen Ufer der Ahr, am Fusse des Waldgebirges, durch 
welches sie vor rauhen Winden geschützt waren ^). Freilich, als hier 
die Flur besetzt war, da hat man sich auf dem südlichen Ufer ange- 
siedelt, und sind daher die Villen, deren einstiges Dasein durch die 
„Plenzer*' bei Hachem und bei Heimersheim erwiesen ist, jedenfalls 
später gegründet worden, als die bei Ahrweiler und Dernau angezeigten. 
Zweifellos hat es auch römische Höfe gegeben in der Thalebene bei 
Hemmessem und Wadenheim bis nach Heppingen hin. Jedoch sind 



1) Vgl. die ähnliche Bemerkung bei „J. Naeher, die römischen Bauanlagen 
io den Zehntlanden badiechen Anthoilcs^ Jahrbücher d. V. f. A. lieft 79, p. 65. 



Römisclie Nicdorlaa 






mir keine ganz sicbereo Spuren von solchen bekanntgeworden. Wahr- 
scheinlich ist es aber, dass eine Wasserleitunr;, deren Reste vor etwa 
20 Jahren noch rechts von dem Wege Bengen — Kirchdaun, 20 Mi- 
nuten von dem ersteren Orte, gefunden wurden, in das Seitenthal der 
Ahr zwischen Gimmigen und Heppingen zn einer römischen Villa her- 
abfQhrte. Oder ist Gimmigen = Gimiche (Lac. arch. II, 82, a. 854) 
eben diese Villa? Hat etwa jener Ginio, dessen Sohn Bellanco dem 
Hercules and dem Genius loci unterhalb Remagen einen Denkstein 
setzte (cf. Branibnch, C. I. Rh. N. 641) als Besitzer jenem Gimtch 
den Namen gegeben? 

5. Von einer der römischen Villen, derjenigen bei Dernau nämlich, 
sind nun im Mfirz 1885, als der dortige Winzerverein an der betref- 
fenden Stelle behufs Anlage eines Kellers und Vereinslocals den Boden 
ausschachtete, ähnliche Reste zu Tage getreten. Leider ist es den Be- 
mühungen unseres „Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande", 
dessen Vicepräsident Herr Proi. J. Klein alsbald zur Stelle war, nicht 
gelungen, durch das Angebot einer Vergütung den Winzerverein zur 
Erhaltung jener Reste zu vermögen. Jedoch hat das Bonner Prvinzial- 
Museum eine genaue Zeichnung jener Reste anfertigen lassen, die 
der nachfolgenden Beschreibung zu Grunde gelegt wurde. Das Ganze 
war wesentlich eine Badeanlage und bestand aus zwei rechteckigen, 
aneinander stossenden Gebäuden. Das eine Rechteck lag mit der 
einen seiner 9 m langfen Seiten nach Norden (ein wenig nach Westen) 
und dem Gebirge zu; die andere wendet sich nach Süden, oder 
genauer nach SSO. Die beiden nach Osten und Westen gelegenen 
Seiten haben eine Länge von 5,81 m. Die Mauern bestehen im 
ganzen Hause aus Bruchsteinen. Die Westmauer hat eine Dicke von 
0,40m; die nur in sehr geringen Resten erhaltene Ostmauer ist 0,2m 
dick; die Stärke der Nord- und der Südmauer beträgt 0,31m. Die 
Mauern gehen säramtlich 1,65m tief in den Boden, wobei wir den Estrich 
nicht zu diesem rechnen. Das ganze Innere des Rechtecks ist durch 
eine 0,4 ra dicke westöstliche Langmauer in zwei Ilillften getheilt, wovon 
die eine nördliche Hälfte im Lichten 2,ym und die andere 2,5 m breit ist. 
Von der ersteren ist durclj eine 0,3m dicke nordsüdliche Mauer ein 
2,6 ra langer Raum abgetrennt; diese Mauer hat am nördlichen Ende 
über dem Boden eine 0,75 m breite Lücke, m welcher sich jedenfalls 
eine Thüre befand. Dieser Raum zeigte einen 0,2 m dicken Estrich, 
der aus einer aus friacbgelüschtem Kalk und Sand gefertigten Mörtel- 
masse bestand, in welche kleine römischer Ziegel eingestreut sind. UntM' j 



88 P- Joerr«.: 

diesem Räume befindet sich ein Hypocaustum. Der genannte Estrich 
ist nämlich ein schwebender Boden, eine „suspensura", er iat ge- 
tragen von 0,18m dicken, ans aufeinandergelegten, kreisrnndeu Ziegel- 
scheiben bestehenden SUnlchen ; dieselben stehen mit einer vierkantigen 
Ziegelscheibe als Fuss auf einem dem gewachsenen Boden aurgetrageoen 
0,1m dicken Estrich; oben liegen einem solchen Säulchen 3 immer 
grösser werdende quadratische Platten auf, welche also ein Kapital 
bilden; auf den 4 obei-sten Kapitälplatten von 4 benachbarten Süulchcn 
ruht dann eine 0,58 m im Geviert haltende Platte, welche den Estrich 
des Zimmers trägt lin der Mitte jeder obersten Kapitälplattc treffen 
je 4 Tragplatten zusammen); jedes Säulclien ist ohne die viereckigen 
Platten 0,53m, mit denselben 0,S m hoch. Unter dem in Rede stehenden 
kleinen Räume (2,3 m x 2,6 m) gab es 25 Säukhen. Hinter dem Hy- 
pocaustura nach Norden hin war ein gemauerter, 1,1 m breiter und 
1,45 m hoher, oben halbkreisförmiger Gang zu sehen, welcher sich 
1,5m weit hinter der Mauer erstreckte. Derselbe bddcte das „prae- 
fumium", die Feuerstätte. Als Brandraaterialhat man Holzkohlen ver- 
wandt, da im anderen Falle die Säulchen des Hypocaustum nicht so 
russfrei hätten sein können, wie sie in der That waren. Der Bogen 
des genannten Ganges ragte noch 0,45 m Über dem Estrich des Zim- 
mers hervor. Vielleicht befand sich in derselben Höhe mit dem Estrich 
in dem Gange eine verschiebbare Platte, so dass mnn einerseits die 
heisse Luft direkt in das Zimmer konnte eintreten lassen, andererseits 
auch in der Lage war, auf einer solchen Platte in einem Kessel Wasser 
hciss zu machen. Aber die heisse Luft wurde auch dunh ein System 
von auf- und nebeneinander gestellten Kachelröhren in den Wänden weiter 
geleitet, und so wurden also die Wände ebenfalls erwärmt. Die ein- 
zelnen (vierkantigen) Kacheln (tubuli) hatten eine Höhe von 0,240m, 
eine Dicke von 0,11m, eine Breite von 0,255 m und eine Wandstärke 
von 0,015 m. Oben und unten waren dieselben offen, an den schmales 
Seiten zeigten sie viereckige OefTnungen von 6cm Höhe und 4 cm Breite. 
Die Kacheln waren (Naeher a. a. 0. p. 71) mit der Mauer durch eiserne 
Klammern befestigt, welche aber in Dernau nicht bemerkt worden sind; 
nach vorne hatten dieselben liniirte Einfurchungen, damit der Stuck besser 
halten konnte. In dem hier besprochenen Zimmer enthielt die west- 
liche Wand noch eine Anzahl solcher Kacheln; allem Anscheine nach 
war auch die Südwand mit Kacheln versehen gewesen. Das Zimmer 
hat wahrscheinlich einen „alvcus", eine B.idewanne enthalten, in welcher 
ipan ein heisses Bad nahm. In der Ruine freilich war von einer solchen 



I 
i 



I 



RömiBOhfl Niederlassungen an der Ahr. S9 

Wanne, wie auch von anderen Ulensilien nichts mehr zu sehen: die- 
selben sind vielleicht zum Theil voa den dereinstigen Besitzern bei ihrer 
Flucht vor den Franken mitgenommen oder vergraben worden, zum 
Theil sind sie diesen oder spateren Besitzern in die Hunde gefallen. 
In der Westwand war eine Nische zu sehen, in welche sich der Badende 
beim Abtrodtnen niedci-setzen konnte. Noch ist zu erwähnen, da^a 
- die nördliche Wand in der untern Ecke links auf dem dort erhaltenen 
Stuck 0,G3ni Ober dem Boden eine Anzahl von grünen und rothen Li- 
nien zeigte, oberhalb deren dieselbe intensiv roth bemalt war. Von 
Figuren war auf dem kleinen Rest nichts zu sehen. 

OeslUch neben dem eben beschriebenen Badezimmer lag ein 5,4m 
langer Raum, die Breite, von Norden nach Süden, betrug wieder nur 
2,3 m. Sein Boden, der nur aus festgestampftem Lehm bestand und 
unter welchem kein Ujpocaustum sich verbreitete, lag 0,3 m tiefer, als 
der Boden des Nachbarmumeä. Die Ostmauer war gänzlich ver- 
schwunden, vielleicht befand sich in demselben die Eingangsthüre zu 
dem Badehause. Dieser Baum mag das Aus- und Ankleidezimnier ge- 
wesen sein. In denselbcu tritt an der linken Seite von Norden her 
ein im Boden ausgemauerter Kanal ein, der im Lichten 0,2 m tief und 
ebenso breit ist. Da dieser Kanal jedenfalls mit Ziegelplatten bedeckt 
gewesen ist, so ist vorauszusetzen, dass das ganze Zimmer ursprünglich 
einen solchen Belag gehabt hat. 

Die vordere, südliche Hälfte des Uechteckes, welches wir hier be- 
schreiben, war ebenfalls durch eine nordsüdliche Mauer von 0,4m Dicke in 
zwei Zimmer abgetbeilt; beide haben eine Länge von je 3,0 m und eine 
Tiefe von nur 2,5 m. Auch zeigen beide einen Estrich von derselben 
Dicke und BeschatTenheit, wie das zuerst beschriebene kleinste Zimmer 
des Hauses. In der eben genannten Zwischenmauer musa eine Ver- 
bindungsthür gewesen sein. Das westliche dieser Zimmer — auch hier 
fehlt das Hypocaustum — enthielt an der Westseite das im Lichten 
2,3m lange, l,Gm breite und 0,8m tiefe Bassin für das kalte Wasser- 
bad, Die Seitenwilnde und der Boden des Bassins hatteu einen Belag 
von Ziegel platten. In der nordöstlichen Ecke war zum Hinabsteigen 
in das Bassin und auch zum Niedersitzen eine nach dem Innern des 
Bassins zu kreisrunde Treppe von einer Stufe aus Ziegelplatten ange- 
bracht. Der oben erwähnte Kanal trat aus dem nordöstlichen Zimmer in 
das jetzt in Rede stehende Zimmer unter einer beide Zimmer verbin- 
denden Thure ein, bog sich dann in einem stumpfen Winkel unter dem 
Estrich nach dem Bassin zu und versah so dieses mit Wasser. An der 



90 P. Joerres: 

südlichen Seite war das Bassin mit einem bleiernen Abflassrobr ver- 
sehen, welches das Wasser wieder in einen dasselbe abführenden Kanal 
leitete, der noch 8,5 m weit sQdlich aufgefunden wurde. Seine Sohle 
lag beim Austritt aus dem Bassin in gleichem Niveau mit dessen Sohle; 
am südlichen Ende lag die Sohle 0,3m tiefer; der Fall betrug also 
hier 35 auf 1000. 

Das südöstliche Zimmer, welches, wie schon bemerkt, 3,9 m x 2,5 m 
gross war, ist wieder mit einem Hypocaustum versehen ganz ähnlich 
demjenigen des zuerst beschriebenen Zimmers. Es waren in demselben 
40 Säulchen vorhanden. Dieses Hypocaustum erhielt seine heisse Luft 
jedenfalls vermittels „Dohlen** (Naeher a. a. 0. p. 71) aus dem erst- 
erwähnten. Vielleicht wurden auch noch bronzene Kohlenbecken (be- 
sonders fQr das „laconicum'O ^^ Hülfe genommen. Alle Wände des 
Zimmers, mit Ausnahme derjenigen der westlichen Wand, war^ mit 
Kacheln ausgefüllt, welche die heisse Luft zur Höhe führten. Das 
Zimmer diente als „sudatorium** = (trockenes) Schwitzbad. In seiner 
nordöstlichen Ecke war noch ein besonderer kleiner Raum von 1,4 m x 0,7 m 
lichter Weite durch Ziegelmauern abgetrennt: die westliche war von 
aussen wiederum mit Kachelröhren bedeckt, und reichte gewiss der- 
einst bis an die Decke des Zimmers, die südliche dagegen, welche keine 
Kacheln enthielt, ist wenigstens zum Theil jedenfalls so niedrig gewesen, 
dass man in den eingeschlossenen Raum hereinsteigen konnte. Wozu 
diente dieser Raum, in welchem offenbar sich eine ganz besondere Hitze 
entwickelte. Wir zweifeln nicht, dass er ein laconicum war, in welchem das 
Schwitzen auPs äusserste gesteigert wurde. — Wir bemerken noch, dass 
skh von dem „sudatorium** ein kleiner Rest der östlichen Mauer fand, 
welcher zeigte, dass diese Mauer nur 0,2 m breit war. 

6. In den beschriebenen 4 Zimmern des nördlichen Rechtecks 
sind alle wesentlichen Theile eines römischen Badehauses enthalten. An 
dasselbe stiess nun aber südlich noch ein zweites Rechteck so an, dass 
die Ostmaaer diese^^ etwas östlicher lag als diejenige des andern. Die 
Westmauer setzt 3,45 m von der Südwestecke des nördlichen Recht- 
ecks an, und hat eine Länge von 12 m; sie ist 0,6 m dick, also IVs^^^l so 
dick als die stärkste der anderen Mauern. Sollte dieser Umstand nicht 
die auch nomi naheliej^'^mde Vermuthung kräftigen, dass wir es hier 
mit einem Anbau ym thun haben, der gefertigt wurde, als man die 
Gewalt der rt^nerinfhcu Weststünne in unseren Gegenden aus der Er- 
fatnrung kennen geleimt hattx>? — Dieses südliche Rechteck — dasselbe 
kitte kein Hjpimuntum — ist durch 2 westöstlicbe Zwischenmauern, 



Römiiche NiederlaBsungen an der Ahr. 91 

welche ebenso wie die südliche Grenzmauer 0,4 m dick waren, in drei 
Bäume eingetheilt. Der mittlere und der südlichste hatten einen 0,2 m 
dicken Estrich ähnlich dem der drei Räume des nördlichen Rechtecks. 
Bei diesen beiden Räumen war die östliche Grenze nicht mehr zu be- 
stimmen. Der Boden des mittleren Zimmers, welches im Lichten von 
Norden nach Süden 4,2 m lang war, lag auch in derselben Höhe wie 
derjenige des nördlichen Rechtecks; derjenige des südlichsten dagegen 
lag 0,8 m tiefer, vielleicht schon deswegen, weil das ganze Terrain nach 
dieser Seite, wo ja auch der Kanal abfloss, sich senkte. Der nördlichste 
Raum lag aber ebenfalls 0,8 m tiefer; derselbe hatte auch keine öst- 
liche Grenzmauer mehr; aber es fand sich an der Ostseite eine schräg 
ansteigende Mauerbank, welche sowohl auf der Schräge als auch auf 
der oberen Platte 5 cm dick mit Fugenputz versehen war. Auf dem 
festgestampften Boden war daher dieser Raum von Westen nach Osten 
4,5 m breit, oben aber in der Höhe der Mauerplatte und des Estrichs 
der anstossenden Zimmer betrug die Breite 4,75 m. Vielleicht stand 
die eigentliche östliche Grenzmauer des Raumes noch einige Meter 
weiter. Von Norden nach Süden betrug die lichte Weite dieses Raumes 
4,2 m, die des südlichsten betrug nur 2,1m. Wozu diese 3 Räume des 
südlichen Rechtecks dienten, möchte schwer zu bestimmen sein. War 
etwa der nördlichste von ihnen zu einem grösseren kalten Bad, etwa 
für die Sclaven, bestimmt! Dasselbe hätte das Wasser durch eine 
Seitenlinie des oben erwähnten Kanals erhalten können. Der südlichste 
Raum könnte als Wohnung eines das Badehaus bedienenden Sclaven 
gedient haben, oder waren vielleicht hier Bedürfnissanstalten, deren 
Inhalt durch den nahen Kanal fortgeschwemmt wurden I Der mittlere 
höher gelegene Raum diente wohl der Herrschaft selber zu irgend 
einem Zwecke. 

7. In den beschriebenen Dernauer Ruinen wurden, soweit mir 
bekannt ist, 3 Kupfermünzen gefunden : eine, auf welcher die Inschriften 
fast gänzlich durch Rost zerstört waren, die aber noch schwach das 
Bild des Trajan zeigte; die beiden anderen waren gut erhalten und 
gehörten den Kaisern Constantius II. und Valentinianus an. 

Ausserdem wurden , südlich und in der Nähe des südlichen 
Rechteckes, mehrere kleinere und grössere Bruchstücke von In- 
schriftsteinen gefunden, welche uns wahrscheinlich die Nam^n zweier 
dereinstigen Bewohner der Villa und der Frau eineS von diesen melden. 
Das Material der Steine scheint von Niederroendig zu stammen. 
Dieselben haben als Grabmonumente gedient ; denn wenn auch das 6e> 



92 P. Joerres: 

setz die Beisetzung von Leichen innerhalb der Häuser verbot, so wurde 
dasselbe doch nachweislich vielfach und gewiss namentlich in solchen 
einsamen Höfen übertreten. Möglicherweise waren auch nur die Aschen- 
umen verbrannter Leichen beigegeben. Der eine Stein ist 13 cm dick 
und etwa 50 cm hoch und breit, die Buchstaben haben eine Höhe von 
7 cm. Oben fehlt nur wenig an dem Monumente. Wie viel an der 
rechten Seite abgebrochen ist, kann nicht festgestellt werden. Links 
und unten ist der Stein vollständig erhalten. 

I L. f 

S I B I • 
P R I MI A 
C A M V L 
C O N I VCI 

Wir lesen: . . . ibi(?) sibi [et] Primia[e] Camul[ae] congugi [fec(it)]. 

Von einem zweiten Steine fanden sich drei zusammengehörige 
Stücke vor. In ihrer Vereinigung bilden sie einen Rest, der etwa 

CJ V L I O 

pe7]ecrino "^A / 

|o / 

44 cm breit, 36 cm hoch und ISVa cm dick ist. Die Buchstaben haben 
eine Höhe von 8 cm. Der C. Julius Peregrinus, dem der Stein gesetzt 
ist, hat einen zu gewöhnlichen Namen, als dass sich über ihn etwas 
muthmassen Hesse, zumal ausser diesem Namen von der Inschrift kein 
lesbarer Buchstabe erhalten ist. — Zu diesem Reste gehören vielleicht 
zwei kleinere Steinstücke. 

Die Inschrift der Primia scheint dem ersten Jahrhundert anzu- 
gehören; die andere ist wohl nicht viel jüngeren Datums. 

8. Das Dernauer Balneum bildete natürlich einen Theil eines 
grösseren von einer Mauer umgebenen Hofes. Die herrschaftliche 
Wohnung lag wahrscheinlich etwas höher und nördlicher, näher dem 
Gebirge zu. Die Wohnung der Sclaven und die Oekononomiegebäude 
mögen tiefer und südlicher gestanden haben. Als man im Jahre 1869 
das Portal der etwa 100 Schritt südwestlich von der Ruine gelegenen 
Kirche neu fundamentirte, fand man etwa 12 Fuss unter dem jetzigen 
Strassennivcau die Reste eines anderen Portales. Gehörte dies vielleicht 
der Umfassungsmauer un.seres Hofes an? 



P. Joerres: Köroisclie Niederlassungen an der Ahr. 93 

Die Villa mag bei dem Einfalle der Franken im Jahre 388 zer- 
stört worden sein. Die Strasse zwischen der Ruine und der Kirche 
heisst beute die Brandesgasse, das Volk spricht aber, trotz der hier 
allgemein üblichen Verweichlichung der harten Consonanten mehr 
,,Prantesgasse". Möglich ist es, dass dieser Name noch eine Erinnerung 
an die Zerstörung enthält. Reste von verkohltem Holz wurden in dem 
südlichen Rechtecke gefunden. Das nördliche Rechteck scheint nicht 
sofort auch zerstört worden zu sein. In dem nordwestlichen, kleinen 
Räume desselben fanden sich eine Anzahl Thierknochen und Stücke 
von Hirschgeweihen: ein Franke mag den Raum eine Zeitlang benutzt 
haben, um in der aus dem praefumium aufsteigenden Bogennische 
seinen Wildbraten zu schmoren. 

Ahrweiler. P. Joerres. 



8. Wie gross war ein römisches Winterlager fOr 2 Legionai? 



Die AlterthumsforschuDg am Nicderrhein hat sich Tieliach mit 
der Ermittelung der dort gelegenen römischen Winterlager beschäftigt 
Ungeachtet die Lage derselben im Allgemeinen bekannt ist, gelang es 
bis jetzt nicht, den Plan auch nur eines derselben festzustellen. 

Die Hauptschuld dieses mangelhaften Resultates tragt zweifellos 
die Unkenntniss der Grössenverhältnisse, welche durchweg weit über- 
schätzt worden sind. Soll daher die Forschung im Terrain eine sichere 
Grundlage erhalten, so ist zunächst deren Richtigstellung dringend er- 
forderlich. Die Mittel, welche dafür zu Gebote stehen, sind freilich nur 
unvollständig, dennoch soll die Lösung der Aufgabe versucht werden. 

Winterlager (Castra hibema-Hiberna) waren die Zwingburgen, von 
welchen die Römer die eroberten Provinzen beherrschten. Wenn sie 
auch den dort stationirten Legionen als Winterquartiere dienten, so 
waren sie doch in ihrer Haupteigenschaft Festungen und mussten den 
Anforderungen, welche man an diese stellt, entsprechen, ebenso wie 
die Castelle, welche man auch Ilibema nannte, wenn sie nur einer 
Kohorte oder Ala als Winterlager dienten. 

Einen eigentlichen scharfen Unterschied zwischen Winterlager und 
castellum giebt es überhaupt nicht Caesar nennt beispielsweise Adu- 
atuca, welches er im Herbste des 5. Jahres des gallischen Krieges als 
castra hiljerna für 15 Kohorten anlegte, in dem darauf folgenden 6. 
Jahre auch castf;llum. 

F;nprtin{(lich scheint die Singularform castrum die allgemeine 
i^T^cMunnvi für je/len festen Platz, gross oder klein, gewesen zu sein. 
M;fcf» titA'X /:'UK:h cistrum in den wenigen Fällen, wo römische Schrift- 
^t/'\\Pf ':;'!V^. Wort. j.febraijr:hen, niemals als alleinstehenden Begriff, 
^^>r% u-.r if» V^Trr/ifjrJijfij; mit einem Beinamen bei geschichtlichen Er- 
gf'Ahn.>iv-^/^» ^^//ffi'^l.'iH N'<;po:-i AIcibiades 9). Wahrscheinlich icam der 
Äitk^»>Ur'/^ .u ^>t*^Ju a\U:u Hinne ausser Gebrauch, als der Pluralis die 



Wie gross nsr ein römiaches Winterlager für 2 Legionen? 96 

BedeutuDg eines befestigten Lagers erhielt. Nicht römische, sondern 
mittelaiterlicbe Schriftsteller gebrauchen den Singularis castrum als 
Bezeichnung eines grüssern Platzes, um ihn von dem kleineren castel- 
lum zu unterscheiden. 

Selbatverständlich mussten die Römer den umfang ihrer Winter- 
lager der Zahl der Truppen, welche dieselben aufnehmen sollten, an- 
passen. Eine Mittheilung über die Grüssenverhaltnisse derselben haben 
wir von keinem römischen Schriftsteller. Wir besitzen jedoch die ziem- 
lich genaue Beschreibung der Feldlager durch Polybius und Ilyginus, 
wodurch wir auch für die Beurtheilung der Winterlager einen Anhalt 
gewinnen. 

Polybius lebte von 208—127 v. Chr. Hyginus wird von Marquardt 
in das 3. Jahrhundert n. Chr versetzt, Sie lebten also in ganz ver- 
schiedenen Zeiten, in welchen die Organisation der römischen Ueere 
sehr verschieden war. 

Polybius giebt uns die Lagerordnuug für ein consularisches Heer 
von 2 Legionen. Die Legion bestand damals ganz aus römischen Bür- 
gern, die Reiterei gehörte dem Rittetstande an. Die Legion hatte an 
Fusstruppen : 

10 Mauipeln triarii ä 60 Mann = 600 Mann 
10 „ principes 4 120 „ = 1200 , 
10 „ hastati 4 120 „ = 1200 „ 

Sa. 3000 Mann. 
DazQ treten noch die velites, deren Stärke Polybius nicht ausdrücklich 
angiebt. welche jedoch ebenfalls 1200 Mann betragen haben mag. Bei ' 
der Feststellung der Grössen Verhältnisse des Lagers kommen sie nicht 
in Betnicht, da sie ausserhalb den Sicherheitsdieast versahen und auch 
gewöhnlich ausserhalb lagerten. Die Reiterei der Legion bestand aus: 

10 türmen ä 30 Mann = 300 Mann. 
Ausserdem gehörten zu jeder Legion in engem Verbände damit die 
socti, deren Infanleiie ebenso stark und deren Kavallerie doppelt so 
stark, wie diejenige der Legion war. Die ganze Stärke der im Poly- 
bianischen Lager in der Regel untergebrachten Truppen betrug 12 000 
Mann Infanterie und ISOO Reiter. 2400 Mann Velites lagerten ausserhalb. 
Das Lager zerfiel in 2 Ilauptabtheilungen, in die vordere (pars 
antica) und in die hintere (pars postica). In der vorderen Abtheilung 
lagerten die beiden Legionen durch einen 60 Fuas breiten Weg von 
einander geschieden. 



96 Wolf: 

An jeder Seite des Weges und parallel mit der Richtung des- 
selben fanden die 10 Türmen Reiter ihren Platz. Jede Turme erhielt 
100 Fuss Front; zwischen der 5. und 6. Turme war ein Weg von 50 
Fuss Breite, via quintana, so dass sie im Lager eine Front von 1050 
Fuss einnahmen. Die Tiefe der Lagerung betrug 100 Fuss. Unmittel- 
bar hinter den Reitern lagerte mit gleicher Frontlänge die Infanterie, 
die Triarii mit 50 Fuss, die Principes und Hastati mit 100 Fuss Tiefe. 
Darauf folgten die socii in derselben Weise, zuerst die Reiterei, darauf 
das Fussvolk. Die socii befanden sich jedoch nicht in ihrer ganzen 
Stärke in der pars antica, indem aus ihnen ein Elitecorps, die Extra- 
ordinarii abgesondert wurden, welche in der pars postica ihr Lager 
erhielten. 

Nach den genauen Angaben des Polybius betrug die Tiefe der 
Lagerung mit Hinzurechnung von 5 Zwischenwegen von je 50 Fuss 
Breite für die sämmtlichen Bestandtbeile einer Legion 850 Fuss, daher 
fQr beide Legionen einschliesslich des zwischen ihnen liegenden 50 Fuss 
breiten Weges 1750 Fuss. Der Durchschnitt von Wall zu Wall, da 
das Truppenlager auf jeder Seite 200 Fuss davon entfernt blieb, 2150 
Fuss = 636 m. 

An die pars antica schloss sich, durch einen 100 Fuss breiten 
Weg getrennt, die pars postica, in welcher das Hauptquartier, bestehend 
aus dem praetorium, dem forum und dem quaestorium mit den Ver- 
pilegungseinrichtungen ihren Platz fanden. Ausserdem lagerten dort 
die Extraordinarii der Bundestruppen, aus welchen man noch eine be- 
sondere Elite, die Selecti, ausschied, welche die Dienste der Stabswache 
bei dem Ck>n8ul und Quästor versahen. Erforderlichen Falles erhielten 
in der pars postica auch die velites ihr Lager. 

Polybius macht för die Breite der pars postica keine Zahlenangabe, 
da er jedoch mittheilt, dass das ganze Lager genau quadratisch^) war, 
muss dieselbe 800 Fuss betragen haben, indem die Breite der pars antica, 
in der Front der lagernden Truppen gemessen, 1250 Fuss betrug 
und ein 100 Fuss breiter Weg die pars antica von der pars postica 
trennte. Das ganze Lager bildete also ein Quadrat von 636 m Seiten- 
lllnge = 40,4 Hektaren. Dieser Flächeninhalt ist als ein Maximalmass 



l) Polyb. 6. 81. 10. Joseph, de Mio jud. 8, 6. 1. In dem Bache: De re 
miliUri opera ex recens. Scrivarii. Lu^. Bat. MDCXXXllI p. 440 laatet die 
Stelle: Iltoc, quam iU te babeant, universa quidcm caatroram forma est 
quadrata aequilatoi 



Wie gross war ein römisches Winlerlager für 2 Legionen? 97 

äDzuaehen, welches sich verringerte, sobald die socü nicht in ihrer 
ganzen Stärke Bei dem Heere sich betaodeD. 

Dennoch aber ist der Lagerraum für die Unterbringung einer 
Truppenzuhl von 12000 Mann Infanterie und 1800 Reiter nach unseren 
Begriffen überreichlich hoch gemessen. Wir würden auf demselben 
Raum ein volles Armeekorps, bestehend aus 25 000 Mann Infanterie, 
19 Batterien und dem sämmtlichen Train in weiter Lagerung mit aller 
Bequemlichkeit unterbringen. Heinrich Nissen kommt in seiner Unter- 
suchung des römischen Lagers (vergl. das Templum, Berlin 1869, Cap, II) 
zu folgenden Ergebnissen. Er nennt die Darstellung des Polybios meister- 
haft und sagt, dass trotz mancher Ergänzung, welche die Beschreibung 
des Polybios erfahren, über eine Hauptfrage, die Grösse des Lagers, 
gänzliche Unklarheit herrsche. „Polybios beschreibe nur den Theil 
des Lagers näher, in welchem die römigchen Btirgertruppen liegen. 
Nach der Bestimmung der Einzelheiten in diesem Stücke lassen sich 
die fehlenden Seitenstücke, in deneu die Bundesgenossen lagen, durch 
Analogie ergänzen. Das römische Lager bildet ein Quadrat, zwischen 
dem Wall und den Zeltreihen bleibt an allen 4 Seiten ein Raum von 
200'. Das Lager zerfällt in 2 Hauptthcile, in dem einen lagert das 
Gros des Heeres, in dem andern der Feldherr mit einer Elitetruppe. 
Nimmt man den Osten als die Fort-, den Westen als die Rückseite, 
so ist die Ausdehnung von Ost nach West die Länge, die von Sttd nach 
Nord die Breite des Lagers. OestÜch vom Praetorium und 50' ent- 
fernt wird eine Parallele von N. nach S. gezogen. Dies ist der Kardo 
maxinius, 100' breit, die Via principalis. Den Kardo triflft unter rechtem 
Winkel der von W. nach 0. laufende Decumanus maximus, 50' breit; 
er theilt das Lager in 2 Hälften, deren jede von einer Legion und einer 
Ala Bundesgenossen eingenommen wird. Die Legion enthält in der 
Normalstärke 300 Reiter, 600 Triarier, 1200 Principes, 1200 Ha-stati»), 
die Ala 600 Reiter und 10 Cohorteu Fussvolk, jede (einschliesslich von 
120 Velites) 420 Mann stark". Nissen erhält für die Lagerbreite fol- 
gendes Ergebniss, welches mit unserer Annahme übereinstimmt: 



l) AuMerdom gehörtea daza 1200 Vetitei, dieselben kommen jedoch, eben- 
Telitei der BundesgenoMen. bei der Berechnung de» Lagerraumes nicht 
Betraobt, d» si« ■atserhalb lagerten. 



98 Wolf: 

Intervallum 200' 

Bundesgenossen Fussvolk . 350' ' 

^ Reiterei . 100' 

Decumanus 50' 

Hastati 100' 

Principes 100' 

Decumanus 50' 

Triarier 50' 

Reiter 50' 

1050' 

Beides wiederholt, den Decumanus maximus eingerechnet, giebt 
im Ganzen 2150'. Der Umfang des rcpublikaüischen Lagers beträgt 
also 8600' (40,4 Hect), genau das auch von uns errechnete Maass. 

Bald nach Polybius vollzogen sich in der römischen Heeresver- 
fassung tief greifende Veränderungen. 

Die Bewohner der civitates foederatae, welche in der frQheren 
Zeit die Bundestruppen zu stellen hatten, erhielten allmählich das 
Bürgerrecht, welches sie zu dem Dienste in den Legionen berechtigte. 
Aus der Miliz-Armee entstand das stehende Heer, wozu die Bundes- 
truppen der später unterworfenen Provinzen nicht mehr in gleich engem 
Verbände, wie es früher der Fall war, standen, dagegen vermehrte 
sich die Zahl der Legionen. Die Legion zählte, nachdem bereits Marius 
drei Manipel zu einer Cohorte vereinigt hatte, 10 Cohorten Fusstruppen, 
welche in der ersten Eaiserzeit noch ausschliesslich aus römischen 
Bürgern bestanden, zuletzt aber Geworbene, aus allen Klassen der 
Römer und Provinzialen in ihre Reihen aufnahmen. Die Stärke der 
Cohorten war verschieden. Anfänglich betrug sie 360, später wuchs sie 
bis zu 600 Mann, sodass die Stärke der Legionsinfanterie vom 1. bis 
zum 3. Jahrhundert zwischen 3600 und 6000 Mann geschwankt hat 
Die Reiterei der Legion rckrutirte sich schon vor Cäsar nicht mehr 
aus dem Ritterstande, sondern bestand aus geworbenen auxiliarii, und 
ihre Stärke betrug allerhöchstens eine Ala von 400 Reitern, sehr oft 
weit weniger, denn bei einer Cäsarischen Legion waren in der Regel 
nur 200 Reiter. 

Ausserdem hatte die Legion eine Anzahl auxiliarii, welche aber 
nur für den Kriej^ geworben wurden und in Stelle der bei der üm- 
formirung b<seitigt('n Velitcs den Dienst der leichten Infanterie ver- 
nähen. Es waren balearische Schleuderer, kretensische Bogenschützen, 



Wie gross war ein rÖmigoiies Winterlftger für 2 Legionen? Ö9 

numiilisches oder germanisches Fussvolk. Die Stärke derselben mag 
höchstens 2 Cohorten betragen haben, zuweilen fehlten sie auch ganz. 
Zu dem Friedenbestiind der Legion gehörten sie nicht. 

Die Legion bezog demnach gerade in der ersten Kaiserzeit das 
Lager mit einer weit geringem Truppenzahl, als dieses in der Zeit dea 
Polybius der Fall war, besonders gross war der Unterschied bei der 
Reiterei. Selbstverständlich müsste schon aus diesem Grunde der Umfang 
eines Lagers kleiner werden, er reduzirte sich jedoch durch den ge- 
ringeren Lagerraum, welcher dem einzelnen Soldaten in späterer Zeit 
angewiesen wurde, noch um ein Bedeutendes. Während Polybius für 
eine Manipel von 120 Mann einen Lagerraum von 100 Fuss Quadrat 
und ebensoviel für eine Turme von 30 Reiteru berechnet, so dass der 
Fussaoldat 83Vb Quadratfiiss und der Heiter -SSS'/s Quadratfusa erhielt, 
lagert Hyginus die Cohorte gleichgültig ob sie 480 oder 600 Mann 
stark war auf einen Raum von 120 Fuss Front und 180 Fuss Tiefe, 
sodass der Soldat bei der geringeren Stärke der Cohorte einen Lager- 
raum von 45 und bei der höheren von 36 Quadratfusa hatte. Für eine 
Ala von 400 Reitern kann man den Raum von 2 Cohorten berechnen, 
so i&i'S ein jeder Reiter nur einen Raum von c. OOQuadratfuFs erhielt. 
Der grosse Raum, welcher von Polybius für jeden Mann berechnet 
wird, erklärt sich daraus, d,»s9 der Legionssoldat als Bürger Roms 
breit und bequem lagern sollte, für den Reiter kommt ausserdem In 
Betracht, dass er als römischer Rifter2 Pferde und einen Reitknecht hatte. 

In dem Lager, welches Hyginus beschreibt, waren 3 IvCgionen 
untergebracht, es bildete kein Quadrat, sondern ein Rechteck, dessen 
kurze Seite Va der langen betrug. Zunächst stellte er die Lage durch 
den decumanus maximus und den cardo maximus fest, welche sich in 
einem Punkte, gruma genannt, wo das Massinstrument aufgestellt 
wurde, rechtwinklig schnitten. Die kurze Seite legte er parallel dem 
Cardo, die lange parallel dem Decumanus. Die Mitte des Lagers, 
zwischen der via principalis, welche in der Richtung des Cardo ge- 
führt war, und der damit parallelen via quintana nahm das i>raetorium 
mit dem forum ein und hiess latera praetorii, Der vordere Theil, die 
Front des Lagers, war die praetentura, der hintere Theil, wo sich das 
quaestorium befand, die retentura. Die Fu-struppen lagerten dem 
Wall entlang, von diesem durch die 60 Fuss breite via sagularis ge- 
trennt, die Reiterei in dem inneren Raum der priietentura. Von der 
Mitte des praetorium durchschnitt in der Richtung des Decumanus die 
via praetoria die praetentura, dieselbe halbirend, und führte durch die 



100 Wolf: 

porta praetoria in das Freie. Diesem gegenüber lag die porta decu- 
mana. Darch je ein Thor porta principalis dextra und porta princi- 
palis sinistra gelangte man ausserdem auf jeder Langseite von der 
via prineipalis in das Freie. Bei einem grossen Lager gab es noch 
iwei andere Seitenthore in der Richtung der via quintana. 

Die Berechnung des Raumes fQr ein Lager von 2 Legionen jede 
ji 10 Cohorten und 1 Ala stellt sich nun wie folgt: Jede Gehörte 
brauchte einen Lagerraum von 120 Fuss Front und 180 Fuss Tiefe, 
das giebty wenn man den romischen Fuss zu 29,6 cm berechnet, fQr 
20 Cohorten einen Lagerraum von 8,8 Hektaren. 

1 Ala braucht soviel wie 2 Gehörten; nicht ganz Vs Hektare, 
sodass der liagerraum für 2 Legionen mit 2 vollen Alen Kavallerie 
eiuschUesslich des Raumes für die 60 Fuss breite via praetoria, die 
40 Fus9 breite via principalis und die ebenso breite via quintana zu 
5 Hektaren au veranschlagen ist Rechnet man den gleichen Raum 
für daH praetorium» forum und quaestorium, was über die Wahrschein- 
lichkeit hinaus hoch gegriffen ist, so erhält man 10 Hektaren für den 
geKauuute» inneren Lagerraum. Hierzu treten noch SVg Hektare Tür 
den Wall und den 60 Fuss breiten Weg, welcher denselben von dem 
TruppenlaKor trennt, so dass das gesammte Areal eines Lagers für 
ä Legionen U) Vi Hektaren betragen konnte. Das ist aber ein Mazi- 
nmliuass. Für die Zeit C&sars müsste man das Areal unbedingt ge- 
ringer voranvchlagon, da damals die Gehörte in der Regel nur eine 
Btftrko von H60 Köpfen hatte, auch der Legion niemals eine volle Ala, 
sondern nur die Hälfte derselben, 200 Reiter, zugetheilt war. 

10 Hektaren würden für 7200 Mann und 400 Reiter, welche 2 
OAiiarlHclio Logionen zAhlten, völlig ausgereicht haben. Damit stehen 
auch die Ausführungen Rüstows in Uebereinstimmung (Heerwesen, 
t; Julius Caesar, Uüstow, Seite 73 bis 79). 

Kin von ilun nach den Angaben des Hyginus construirtes Lager 
von 5 IiOgionen hatte nur ein Areal von 26—27 Hektaren. Die That- 
sache, dass ein Gasarischos Lager an der Aisne für 8 Legionen, dessen 
Aufnahme nach den hinterlassenen Spuren Napoleon HI. veranlasste, 
bei ÜßHm und 055 m Seitenlänge auch nur ein Areal von 43 Hektaren 
hatte, spricht dalUr, dass schon zu Gäsars Zeit den Truppen der Lager- 
raum nach den Angaben des Hyginus zugewiesen war. 

Wie dieses auch Nissen angiebt, hatte ein Lager Hygins, welches 
2(KK)0 Mann Fussvolk und 2400 Reiter enthielt, eine Länge von 2400' 
und eine Breite von 1600 Fuss. Nissen und Rüstow, welcher die cä- 



e gros» war cio römiaches Winleilager für 2 Legiot 



101 



sarisclien Stärkeverhältnisse i) der Legionen zu Grunde legt, stimmen 
im Allgemeinen überein. Diese üebereinstinimung hat für mich um 
so grösseru Werth, als ich erst nach Vollendung meiner Arbeit durch 
Herrn Geh.-Rath ScbaafThuuseD auf die Abhandlung von Nissen auf- 
merksam gemacht worden bin. 

Eine feste Schablone für ihre Lager hatten die Kömer zweifellos 
nicht. Polybiua und Hyginus beabsichtigten audi sicher nicht, eine 
solche zu überliefern, sondern sie weisen nur die Regeln der Lager- 
Vermessung an einem bestimmten Beispiele nach. Im Grunde genom- 
men wenden unsere miütär wissenschaftliche Schulbücher das nämliche 
Verfahren an. Der Schüler soll an einem bestimmten Deispiele nur die 
Methode kennen lernen, ohne in irgeud einer Weise eine bindende Vor- 
schrift zu erhalten. Der römische Heerführer bestimmte, wie dieses 
auch jetzt geschieht, die Grösse des Lagers nach der Zahl seiner Truppen 
und passte die Form der Oerthchkeit an. Die Mittheilung des Ve- 
getius, 1, 23: interdum autcm quadrata, interdum trigona, intcrdum 
seml rotunda, prout loci qualitas aut necessitaa postulaverit, castra 
facienda sunt, weist dieses ausdrücklich nach. 

Wenn auch die von Polybius und Hyginus beschritibenen Lager 
in ihrer Grösse nicht auffallend verschieden sind, indem das Lager des 
Polybius ein Quadrat von 2150r' darstellt, während das Lager des 
Hyginus 2400r' x IGOOr'misst, so ist der Unterschied im Areal immer- 
hin nicht unbedeutend, indem das eine 40,4 Hektaren, das andere etwas 
über 33 Hektaren Flächeninhalt hat. Eine annähernde Uebereinstim- 
mung könnte aber doch nur auf einem Zufall beruhen, da in dem 
grösseren Lager des Polybius 12000 Mann Fussvolk und 1800 Reiter, 
dagegen in dem kleineren des Hyginus 20000 Mann Fussvolk und 
2400 Reiter untergebracht werden sollen. 

AlsCuriosum will ich niittheilen, dass Rüstow für die Berechnung 
eines römischen Lagers zu Cäsars Zeit eine Formel aufgestellt hat, durch 
welche er ans der Zahl der Legionscohorten die Seitenlänge des Lagers 
findet. Er nennt die Zahl der Cohorten a and findet die Seite des 
quadratischen Lagers annähernd richtig aus der Formel S = 100 yOa, 
Bei einem Rechteck findet er die kurze resp. Frontseite aus der Formel 
F = 200 f'a und die lange Seite durch I = Vs f. Bei Aufstellung dieser 
Formeln ist auf die sämmtlichen Lagerpassen und Plätze Rücksicht 



I 



1) S Legionen mit 18000 LegionSren 
nnd 1000 Mana Reiterei, 



1800 Mftnrf naifstnippen »n Tat» 



102 Wolf: 

genommen, ebenso auf diejenige Zahl Hülfstrappen (auxiliarii), welche 
gewöhnlich zu dem engen Verbände der Cäsarischen Legion gehörte. 
Das Lager für 2 Legionen hat nach seiner Formel IOV2 Hektare, das 
für 1 Legion 5—6 Hektare. Aber auch diese errechneten Masse be- 
zeichnet Rüstow als grösste. Die Verringerung derselben hält er für 
möglich, sobald kein Train oder nur ein unbedeutender mitgeführt wird. 
Bis Jetzt ist freilich nur von den Verhältnissen eines Feld- oder 
Marschlagers die Rede gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch 
waren die Einrichtungen der Winterlager durchaus ähnlich, nur, dass 
sie für längere Dauer dienen sollten, und daher solider hergestellt 
waren. Die Erdwälle erhielten ein stärkeres Profil mit Flankirungs- 
thürmen und Zinnenbrustwehren aus Holz, oder eine in Mauerwerk 
ausgeführte permanente Umfassung. Das Prätorium, welches bei einem 
provisorischen nur für einen Winter bezogenen Lager höchst wahr- 
scheinlich durch eine Pallisadirung abgesondert war, erhielt bei einem 
Dauerlager vielleicht den Abschluss durch eine Mauerumfassung. 
General von Veith (vetera castra und seine Umgebung) theilt mit, dass 
Professor Fiedler ein Mauerviereck von 200 m Länge und 100 m Breite 
am Thalrande des Fürstenbergs ausgegraben habe. Wahrscheinlich 
haben wir in demselben den Abschluss zu sehen, welcher das 
Prätorium und die Wohnungen der höheren Offiziere umgab. Sehr 
zu bedauern ist es, dass General von Veith dieses Mauerviereck, das 
einzige positive Resultat der zu Vetera vorgenommenen Ausgrabungen, 
nicht auf dem seiner Schrift beigefügten Plane eingezeichnet hat. Er 
würde dadurch der Alterthumswissenschaft einen grösseren Dienst ge- 
leistet haben, als durch den Aufbau einer Umfassung, welche über 60 
Hektaren umschliesst, von der sich im Terrain auch nicht die geringste 
Spur findet. Die Wohnungen der höheren Offiziere mussten ihrem Range 
gemäss für einen dauernden Aufenthalt gebaut und eingerichtet werden. 
Für die Verpflegung der Truppen mussten in einem festen Winterlager 
Magazine angelegt werden. Die Truppen konnten nicht in Zelten lagern, 
sondern mussten Holz- . oder Fachwerkbaracken erhalten. Das Alles 
konnte aber auf die Grössenverhältnisse eines Winterlagers keinen be- 
sonders massgebenden Einfluss ausüben, denn wenn dies einen etwas 
grösseren Raum verlangte, so fiel andererseits die Unterbringung des 
sehr zahlreichen Marschtrains fort, welchen Rüstow mit 520 Pferden 
für jede Cäsarische Legion berechnet. Ausserdem wurde auch bei der 
Unterbringung der Mannschaften in den Baracken wahrscheinlich eine 
Raumersparniss erzielt, da die Armaturstücke an den Wänden der 



Wie gross v 



i'öraiBchea Wintcrlagci- für 2 Legionen ? 



Baracken befestigt werdeo koonten. Die Römer hatten auch alle Ur- 
sache ihren Winterlagern beittc grössere Ausdehnung zu geben, als 
unbedingt nothwendig war. Sie waren Festungen, deren WnllUnien in 
der Länge beschränkt werden mussten, damit sie mit einer kleinen Be- 
satzung vertheidigt werden konnten, wenn die Legionen sie verlassen 
hatten. 

Nur dann mfissten wir für ein Winterlager einen grösseren Um- 
fang als fOr das entsprechende Marschlager annehmen, wenn irgend 
durch Quellen nachzuweisen wäre, dass sich in dem Winterlager eine 
grössere Truppenzahl als in dem iVlarschlager befunden hätte. Nach 
den ftherkoramencn Nachrichten war dieses aber keineswegs der Fall. 

Als Cäsar {Caes. bell.gall. V,47— 51) erfuhr, dass das Winterlager 
seines Legaten Cicero von den Nerviern und Eburonen bedroht war, 
brach er sofort mit der Legion, welche sich bei ihm im Winterlager 
zu Samarabriva befand, zum Entsatz auf, während eine zweite Legion 
aus einem anderen Winterlager sich unterwegs mit ihm vereinte. Die 
Stärke beider Legionen giebt Cäsar zu 7000 Mann an, worunter 400 
Reiter, woraus hervorgeht, dass ilim andere Truppen nicht zur Ver- 
fügung standen, sich daher nicht im Winterlager befunden hatten. 

Auch aus der Beschreibung des Legionsaufstandes bei dem Tode 
des Augustus erfahren wir, dass in den Winterlagern Niedergermanicns 
nur Legionstruppen waren, denn Germanlcus zieht in Erwägung, die 
Bundesgenossen aufzubieten, um damit den Gehorsam der beiden Le- 
gionen, welche sich in civitate Ubiorum im Winterlager befanden, zu 
erzwingen. Aber das Bedenken, damit den Bilrgerkrieg zu eröffnen, 
hielt ihn von dieser Massregel ab (Tac. ann. 1, 36), Ei-st als es ihm 
am Schlüsse des Jahres 14 gelungen war, diese beide Legionen ohne 
Anwendung von Gewalt zum Gehorsam zurückzuführen, vereinigte er 
mit ihnen in dem darauffolgenden Frühjahr die socü und auiiliarii in 
einer Stärke von 20 Cohorten und 8 Alen und zog mit ihnen <len Rhein 
binuater nach Vetera, worauf auch die beiden dort siebenden Legionen 
znm Gehorsam zurückkehrten. 

Allein schon der Umstand, dass wir in Niedergermanien noch 
besoudere Winterlager für die Reiterei antreffen, (so befand sieh ein 
solches für I Ala in Äsciburgum, welches im Bataverkrieg zerstört 
wurde), zeigt, dass die Reiterei nicht ihren gewöhnlichen Platz in dem 
Legionslager hatte. Höchstens können sich dort wenige Türmen fflr 
die Verwendung im Sicherheits-, Ordonnanz- und Fouragir-Dienst be- 
funden haben. Bei dem Ausbruch des Bataverkrieges befanden sich 



104 Wolf: 

in Vetera 5000 Mann, welche zum grSssten Theile aas jaogen Soldaten 
bestanden. Ungeachtet der numerischen Schwäche der Besatzung und 
dem von Tacitus besonders betonten mangelhaften Zustande der Werke 
widerstanden sie den heftigen Angriffen der Deutschen und unterlagen 
erst dem Hunger. Bei einer sehr grossen Ausdehnung der Umfassung 
wäre der lange Widerstand unmöglich gewesen. 

Wie kommt es nun, dass man dennoch dem Winterlager wieder- 
holt einen weit grösseren Umfang, als nach der Zahl der dort unter- 
gebrachten Truppen möglich ist, zumisst, dass man dem Winterlager 
von Köln eine Ausdehnung von 51 bis 52 Hektaren, dem Winterlager 
Vetera ebenfalls für 2 Legionen eine von 69 Hektaren und dem zu 
Bonn far 1 Legion eine von 25 Hektaren giebt?^) Diese Ueberschreitung 
des Masses um mehr als das Vierfache liegt offenbar in der £ast überall 
festgewurzelten Ansicht, dass an der Stelle von Köln sich das von Ta- 
citus erwähnte W*interlager für 2 Legionen in civitate Ubiorum befand, 
und man in dem Umfang des römischen Köln unter Berücksichtigung 
einer späteren Erweiterung den Anhalt für die Beurtheilung der Grössen- 
Verhältnisse habe. 

So stellt, um das Winterlager mit dem römischen Köln in Ueber- 
einstimmung zu bringen, General v. Veith den Umfang desselben dem- 
jenigen eines Polybianischen Feldlagers gleich. Abgesehen davon, dass 
keine Berechtigung vorliegt, die Verhältnisse desselben aiuf ein Lager 
der Kaiserzeit zu übertragen, hatte dasselbe gar nicht den Inhalt von 
51 — 52 Hektaren, sondern nach seinen Normalabmessungen nur von 
40,4 Hektaren. 

Wie bekannt war das Polybianische Feldlager ein Quadrat von 
636 m Seitenlänge. Dagegen führt uns General von Veith das Kölner 
Winterlager als ein Rechteck vor, dessen eine Seite er in der Rhein- 
front des römischen Kölns erkannt und sie mit 800 m in Rechnung 
setzt, obgleich die Länge in Wirklichkeit annähernd über 850 m betrug, 
wovon man sich auch aus seiner eigenen Zeichnung überzeugen kann, 
während er der andern Seite 636 m giebt und dieses Mass die nor- 
male Breite des Polybianischen Lagers nennt, obgleich es die maximale 
Seitenlänge ausdrückt. 

Auf diese Weise erhält er den Inhalt von 51—52 Hektaren. 
Man wird durch diese Ausführungen des General v. Veith um so 
mehr überrascht, da er an anderer Stelle (Vetera castra und seine 



l) von Veith, Dm römiiche Köln, Winckelmanns-Programm 1886, St 14. 



Wie gross war ein römisclieB Winterlager fär 3 LegioneoP 105 

Umgebungen S. 6) den Umfang von ü9 Hectaren, welchen er Vetera 
zuertheilt, durch die Behauptung motivirt, dass ein Winterlager den 
Sfachen Umfang des entsprecbemlen Feldlagers hatte. 

Für das Bonner Winterlager, welches für 1 Legion eingerichtet 
war, wird, wie erwähnt, die Grösse von 25 Hektaren beansprucht. Un- 
geachtet der in Bonn für die Ausgrabungen reichlich verwendeten 
Mittel ist die Feststellung der Umfassung bis jetzt nicht gelungen. 
Zum wenigsten ist nichts darüber bekannt geworden ^). 

Wenn nun aber ein römisches Wtnteringer für 2 Legionen, wie 
nachgewiesen ist, höchstens einen Umfang von IS'/a Hektaren haben 
konnte, wahrscheinlich aber nur zwischen 10 und 12 Hektaren hatte, 
Bo mUsste die Ansicht schwinden, dass das römische Köln zuerst ein 
Winterlager für 2 Legionen war, welches nach der landläufigen Ansicht 
erst hei seiner Erhebung zur Cülonie im Jahre 50 von den Legionen 
verlassen wurde, worauf die Veteranen-Colonie ihren Einzug hielt und 
der ubischen Bevölkerung, welche bis dahin auf dem sogenannten Insel- 
revier zwischen dem Winterlager und dem Rhein vegetirte, nun ebenfalls 
Wohnsitze innerhalb des Lagers angewiesen wurden. 

Nach den nur von Tacitus überkommenen Nachrichten war Köln 
bereits im Jahre ^9 bei dem Ausbruch des Bataverkrieges eine reiche 
und blühende Stadt. 



I) Die Grösse des BoDuer Caetrums i«t durch die biaberigen GrsbuDgen 
genau festgestellt. Herr General tod Yeitb macht ans daräber folgende Mit- 
tbeilang: Das Bonner Lager miest nach Lauge und Breite von Thor zu Thor 
&00di, das giobt 25 ha Flnchenrauoi, wie die Bonner Uobersicbtekarte des Qen. 
Ton Teith im B3. Heft der Jahrbüchnr, und künftige Pläne nach dorn Cataiter 
Bpecieller erweisen werden. 

Das Bonner Winterlager war für eine Legion von 5 bis 6000 Mann erbaut, 
das Cölner, Mainzer, Vetera für je iwei Legionen. Das Cölner Lager hat nub 
den Wiiickelmanns-Progranim von ISBG, S. U bei &00m Linge 630m Breit«, da« 
sind CO bis 51 ha, die doppelte Fläche des Bonner Lagera. 

Poljbius giebt nach Nissen, DreyecD, Maaqueles als Standlager-Raom fnr 
'i Legionen 21&0 pedes = CSöm Seitenlange = 40 bs, 20 ha für eine Legion. 
Dieser Flächenraiini vergröaserte sich nach Nissen S. 25 «eines aTempIum" durch 
die Bundesgenossen, rcsp. Hulfatruppen- 

Caesars befestigte Marscblager beschränken den Lagprraam wesentlich. 
Durch Nachgrabungen Kaiser Napoleon's 111. ergab Caesars Lager au der Aisne 
41 ha für 6 Legionen. Gergovia 35 ha für 6 Legionen, Compiegne 24 ht für 4 
Legionen etc., überall 5 bis 6 ha pro Legion, ca. I ba für 1000 Mann, ca. lOqm 
pro Mann. Die Kedaution. 



106 Wolf: Wie gross war ein römisches Winterlager für 2 Legionen? 

Einen so raschen Aufschwung hätte Eölu nicht nehmen können, 
wenn es noch im Jahre 50 ein kleines Legionslager war. An der Stelle 
von Köln hat aber niemals das Winterlager in civitate Cbiorum ge- 
standen; es wurde in seinem ersten Anfang als Stadt gegründet und 
das Winterlager befand sich 3 Kilomoter südlich davon zu Alteburg. Die 
höchst interessanten Spuren einer römischen Vergangenheit, welche 
dort im Jahre 1873 gelegentlich des Baues einer Bierbrauerei zum 
Vorschein gekommen sind, deren bis jetzt unterbliebene Veröffentlichung 
demnächst erfolgen wird, sprechen für seine Bedeutung, und lassen schon 
jetzt mit ziemlicher Sicherheit darauf schliessen, dass dort der Ort zu 
suchen ist 

Wolf, 

General-Mijor. 



9. Die ältesten Bauthelle der MQnsterkjrche zu Essen, 



1 Tafel 5 und 6. 



Wir besitzen io Deutschland nur eine äusserst geringe Zahl kirch- 
licher Monumentalbauten aus dem 9. und 10. Jahrhundert, und diese 
sind grösstentheils nur in Ueberresten erhalten. Je mehr nun die 
wenigen ZuugEin damaliger Bauthätigkeit unsere Beachtung verdienen, 
desto mehr muss gerade die Milnsterkircbe zu Essen vom kunstge- 
schichtlichen Standpunkt aus gewürdigt werden. Denn unter den Bau- 
theilen verschiedenster Art, ausweichen diese Kirche zusammengesetzt 
ist, befindet sich sowohl das ohne Zweifel interessanteste und origi- 
nellste deutsche Bauwerk des 10. Jahrhunderts in fast noch vollstän- 
diger Erhaltung, ala auch von einer In vieler Beziehung sehr eigen- 
thümlichen Ba-silika des 9. Jahrhunderts ein umfangreicher Ueberrest, 
den wir ebenfalls zu den hervorragendsten seiner Art zu zählen berech- 
tigt sind. 

Auf den zuletzt genannten Bautheil, welcher in Bezug auf Alter 
und Charakter bisher noch ganz unbekannt war, haben wir zuerst in 
Nr. 11 des 32, Jahrganges des Korrespondenzblattes des Gesammt- 
vereina der Geschichts- und Alterth ums vereine aufmerksam gemacht 
und ebendaselbst auch den Westbau eingehender besprochen; und zwar 
sowohl seine Kntstehungszeit, als in die zweite Hälfte des 10. oder 
höchstens in den Anfang des 11. Jahrhunderts fallend, festzustellen 
gesucht, als auch — abweichend von der bisher allgemein herrschen- 
den Ansicht — auf seine hohe Originalität und seine Önabhängrgkeit 
von dem Centralbau Karls des Grossen zu Aachen hingewiesen. 

Da es jedoch damals nicht gut zu ermüglichen war, unsere Aua- 
fUhruDgen mit Illustrationen zu versehen und die bez. Abbildungen in 
der ,,Zeitschnft für christliche Archäologie und Kunst", Band I, sowie 



108 Georg Humano: 

in Försters ,,EuDstdeDkmale'' in vielfacher Hinsicht ungenau sind und 
über die Gestaltung der ursprünglichen Essener Basilika gar keinen 
Aufschluss geben, so haben wir auf Taf. V die Kirche im Grundriss 
dargestellt, und zwar so, dass die verschiedenen Bauperioden durch 
verschiedene Schrafifirungen erkennbar sind. Bevor dieselben einer Er- 
läuterung unterzogen werden, mögen hier die auf die ältere Bauge- 
schichte der Essener Stiftskirche bezüglichen geschichUichen Daten 
vorangeschickt werden. 

Der h. Altfried, vierter Bischof von Hildesheim, erbaute im 9. 
Jahrhundert auf seinem väterlichen Gute zu Essen ein Kloster und 
eine Kirche. Das erstere bestand zweifellos schon in den Jahren 858 
bis 863, die letztere jedenfalls vor 873 (oder 874) i). 

In einer Urkunde aus dem Jahre 947 geschieht eines Brandes 
Erwähnung, welcher die Klosterkirche, anscheinend kurze Zeit vorher, 
zerstört hatte. 

In dem Kalendarium eines dem Essener Stift entstammenden 
Missales sind zwei wichtige, aber für die Baugeschichte der Essener 
Kirche bisher noch nicht verwerthete Notizen eingetragen, und zwar unter 
dem .6. Oktober: „dedicatio oratorii in porticu s. iohannis baptistae'' 
und unter dem 5. Januar : „dedicatio cryptae'^ Die^se Eintragungen 
stammen, dem Charakter der Schriftzüge nach, aus den letzten Jahr- 
sebnten des 10. Jahrhunderts«). 

Im östlichen, erweiterten Theil der Krypta ist über einem Wand- 
pfeiler eine Urkunde des Inhalts eingemeisselt, dass dies „Oratorium'' 
im Jahre 1051 vom Erzbischof Hermann (von Köln) auf Bitten seiner 
Schwester, der Aebtissin Theophanu, geweiht sei. 

In einem der Essener Aebtissinnen- Kataloge, welche aber nicht 
als sehr suverlässige Urkunden bezeichnet werden können, wird be- 
richtet dass unter der Regierung der Elisabeth von Nassau, welche 
im 2 Viertel des 13* Jahrhunderts regierte, die Stiftskirche zu Essen 
iowolil wie die Filialkirchcn zu Rellinghausen und Stoppenberg erneuert 

worden sind. 

Im Jahre 1275 wurde dann die Kirche nochmals durch einen 

l^mdi itn^ grÖHstcn Theil zerstört. 

t) bi «kr erwähnten Abhandlung im Korrespondenzbl. des Gesammtvereins 
%n 4T die J^hre B7Ö und 874 aus Versehen mit einander verwechselt 

'*'^*^*Ö m^im^ AwklY f. d. öf »eh. d. Niederrheins VI, 3. Die ältesten Necro. 



W^ »mASWÄtlli**»^»«« d«» ötifU Essen 



Die ftltBBtan Bautheile der Münsterkirche 






Betrachten wir nun zunächst die Bautliejle, welche unseres Er- 
achtens dem ersten Altfriedischen Bau angehören. Es sind dies die 
mit halbkreisruuden Nischen versehenen Langwünde der Seitenschiffe, 
soweit sie auf unserer Zeichnung schwarz dargestellt sind. Bei Unter- 
suchung (lieser Nischen erschien es uns von Anfang an sehr merk- 
würdig, dass an jeder Seite die drei westlichen derselben, obwohl unten 
in derselben Horizontale und in derselben Breite wie die übrigen be- 
ginnend, um ca. 25cin höher hinaufragen. Eine genauere Untersuchung 
ergab dann ferner den überraschenden Umstand, dass gleicbfalls an 
jeder Seite, und zwar zwischen der dritten und vierten Nische 
ein grösserer Zwischenraum sich befindet als zwischen den übrigen 
Nischen, und zwar derart, dass sich hier je eine Pfeilervorlage von 
der Breite rekonstruiren lässt, wie sie dem Bauwerke in Bezug auf 
seine übrigen Verhältnisse angemessen ist und wie sie z. B. noch jetzt 
am östlichen Querschiff vorkommen'). An beiden Seiten bililen also 
die drei westlichen Nischen eine von den übrigen gesonderte Gruppe. 
Die mittlere der drei südlichen NUchen ist zudem durch Anlage eines 
kleinen Fensters ausgezeichnet, welches an keiner anderen Nische vor- 
kommt, aber an der entsprechenden Stelle der Nordseitc wohl nur des- 
halb fehlt, weil hier wohl schon damals ein Flügel des Kreuzgauges 
sich anlehnte. Man kann nun unseres Eraehteus die erwähnten um- 
stände nicht anders erklären, als durch die Annahme, dass die west- 
lichen Nischen zu einem ehemaligen wcstiichen Querschiff bez. einer 
Vorhalle gehörten und zwar derart, wie dies auf Taf. V gezeichnet ist*). 



1) OroBse Genauigkeit in den Mnassen darf man hier nntQrlich nicht vor- 
■UHstzcn, dn diese bei darDallgen Kirchen selten vorkommt. (Ein BeJapiet 
grüaiter Uore^elmäBBigkeit des GruadnaseB in Be^ng auf Maaise und VerhUt- 
nitae bietet t. U, die im 10, Jahrbundt^rt erbaote Kiruhe za Oerorods.) 

2) Bei einer vollständigen Rekonatruktlon dieses Theils wären nur noch 
die wenigen, auf der Tafel durch entsprechende ächrafilruiig kenotlicb gemachten 
Bautheile des 10, uud 13. bez. 14. .lahrhunderts, soweit sie in da* rckaostruirte 
Mauerwerk des 9. Jahrhunderts eingreifen, zu entferuen und das letztere an diesen 
Stellen zu ergänien. 

Doter den EunttscbätKen der Stiftskirche xu Eeeen beßndet aioh ein Evan> 
geliar aus der I. H&Ifte des 9. oder höchstens aus dem Ende des 6. Jahrhunderts 
mifVeriiornngeuin merowingiscb- irischem Siii (AbbllduDgen der Oniamenlu und 
Beschreibiing in der Zeitacbrift des Bergiachen Geacbicbtsvereiua Bd. Vll. Nach- 
trägliche Notiz in Weitd. Zeitschr. für Gesch. und Kunst 1681, 4.). Den Scbrift- 
tügen dieses Evangvliara, welches, wie wir a. a. 0. nicht ohne Grund äuge- 



110 Georg Iluin&nn: 

Eine ähnliclie Grund rissbildung im Westen, wie sie hier von uns an- 
genomraen ist, kommt z. B. vor bei der im 10. Jahrhundert erbauten 
Kirche zu Gernrode (der Westchor ist ein wohl aus dem 12. Jahrhundert 
Stammeader Anbau), Auch der vom h. Altfrled erbaule Dum zu 
Hildesheim scheint eine ähnliche westliche Vorhalle gehabt zu haben, 
wie seine Essener Kirche. Die Einhard-Basilika zu Michelstadt besass 
ebenfalls einen dreitheiligcn westlichen Vorbau. Derselbe war jedoch 
nach den neuesten Untersuchungen Adamys etwas anders gestaltet, als 
man früher angenommen hatte. 

Beim spateren umbau der Kirche zur gothischen Hallenkirche, 
bez. der Eintheilung der Langschiffe für die neuen Gewötbjoche und der 
Errichtung der Wandsäuleu hat man für die westlichen der letzteren 
die Stelleu der älteren Pfeiler beibehalten, so dass die Form der beiden 
an den Westliau anschliessenden Joche der gothischen Seitenschiffe 
eine quadratische, die der anderen eine oblonge ist. Die Nischen 
wurden theils zugemauert'), theils durch Anlage einer Thilre an der 
Nordseite und den Einbau zweier gothischen Nischen an der Südseite 
zerstört. Es lassen sich aber, abgesehen von dem westlichen Quer- 
schüf, an jeder Langseite noch eine grössere Anzahl, im südlichen 
Seitenschiff wenigstens noch sechs, im nördlichen sogar noch zehn 
solcher Nischen nachweisen. Ihre Zahl betrug ehemals anscheinend 
dreizehn an jeder Seite. Diese Nischen haben eine Umrahmung von 
halbkreisrunden Blendbügen, welche von schwach vortretenden Pilastem 
mit geschmiegten Basen und Rundstah-Kämpfcm getragen werden. 
Die Wandpfeiler und Umrahmungen, sowie der obere halbkuppel- 
förmige Scbluss der Nischen bestehen aus Tuff, die Kämpfer aus Kalk- 
stein, das übrige Mauerwerk aus gewöhnlichem Kohlcnaandstcin; alles 
in ziemlich sorgfältiger Ausfilhrung, 

Diese mit Nischen gezierten Langwände glauben wir also als 
üeberreste der Altfried ischen Basilika bezeichnen zu dürfen. Denn 
zunächst widerspricht ihre architektonische Form nicht unserer Zeit- 
atellung. Durch runde oder rechteckige Nischen belebte Wnndflächen, 



I haben, vom h. AltFried dem Essener Stift gescheokt worden, iit die 
Uscial- and MiausIceUchrift unter dem Gruudi'ia« der AltfriediBcben Basilika auf 
T&rel V nachgebildet; die MajuBkelformen der Cnterachritt auf Tafel VI sind 
dem auf S, 109 erwähnten Missalo des 10. Jahrhunderts entnommen, welches 
früher ebenfalU dem Stifte Egsen gehörig, jetzt in der LandOBliibliothek za Düasel- 
dorf aufbewahrt wird. 

I) lu letzter Zeit eiad einige wieder ofien gelegt worden. 



I 
I 



Die ällesten Bautbeile der Münaterkircbe zu EsBea. 111 

ein der römisclien Kunst entlehntes Motiv, kommen im altchristüclien 
CeatralbRu sehr häufig vor. Auch in Deutschland findet man bei alt- 
ehrJstl teilen und romanischen, besonders noch bei friihvomanischea 
Bauwerken derartige Nischenbilduugen, und zwar hier nicht allein bei 
runden und polygoneu Ceutralbauten z. B. dem Oktogon zu Mettlach, 
and den Üeberresten der ältesten Kirche des h. Gereon zu Köln 
sondern auch an LangschiiTen, so in St. Stephan (dem sogenannten 
alten Dom) zu Regensburg, in der Kapelle der Ludgeriden (östL 
Theil der Krypta der Stiftskirche) zu Werden und der höchst merk- 
würdigen, nach unserer Ansicht noch dem 10. Jahrhundert ango- 
hörigen St. Lucienkirche daselbst; ferner in der Wipertikapelle za 
Qaedliübnrg, in der Bartholomäiiskapellc zu Paderborn, im Chor und 
Westbau der Kirche zu Hersfeld, in der Kapelle zu Helmstädt, sowie 
im Westbau und in den Langwänden der Krypta zu Essen und zahl- 
reichen anderen frühromanischen Krypten •). 

Unter den grösseren, basilikalen Bauwerken des 9. Jahrhunderts 
ist freilich nur die Kastorkirche in Koblenz mit Nischen in den Lang- 
wRnden versehen. Diese sind aber viel flacher gebildet als die Nischen in 
Essen. Der westliche Theil der Stiftskirche zu Werden, welche, ebenso 
wie im wesentlichen der Grundriss der vorgenannten Kirche, nach der 
Ansicht Dehio's noch dem 9. Jahrhundert angehört^'), befolgt in den 
Seitenschiffen ein anderes konstruktives System, bei welchem eine An- 
einanderreihung von Nischen nicht stattfinden konnte. Die Einhard- 
Basiliken zu Michelstadt und Seligenstadt hatten einfache schmucklose 
öeitenwände. Wenn nun auch unter den wenigen Basiliken des 9. 
Jahrhunderts — und von den genannten können nur die Kirche zu 
Michelstadt und die geringen Beste zu Seligenstadt mit vollster Sicher- 
heit jener Zeit zugesprochen werden — sich keine befindet, welche in den 
Langwänden mit der Essener Basilika ganz übereinstimmt, so war doch, 
wie aus den oben genannten Beispielen hervorgeht, sowohl in den vorher- 
gehenden als in den nachfolgenden Jahrhunderten jener Nischenschmuck 
ein so beliebter und so vielfach angewendeter, das^ man wohl kaum 



1) Die HaJblcuppetn, welche die UebernülbuDg der Nischen bilden, waren, 
wenigsttna scboo vor ihrer YermaueraDg im 13. JabrliUDdert, mit Muscheln in 
weiMsr Zeichnung auf dunkelrothem Grunde bemalt. Da In der altcb ristlichen 
Architektur und Kleinkunst derartige Halbkuppeln ungemein häufig loitMuacheln 
plaelisch oder malerisch verziert waren, to möchten wir die orwibnte Malerei 
für eine (wenn auch vielleicht äbermalte) Arbeit dee ä. Jahrhunderts hatten. 

2) DeLio und von Botzold, Die kirchliche Bauknoat dei AbendloiidM. 
SS. 165, 192. 



HS 



Georg Humann: 



gegrQndete Zweifel gegen die angegebene ZeitstelluDg jener Essener 
Bautlieile liegen dürfte. Entscheidend fQr unsere Annahme ist aber 
erat der Umstand, dass die Essener Basilika, zu welcher jene mit 
Nischen gezierten Langwände gehörten, wie oben nijcligewiesen, ein 
vor dem jetzigen Westbau der Kirche gelegenes QuerschifT besass. An 
dieser Stelle war also zweifellos der ursprüngliche Abschluss jener 
Basihka. Da nun der jetzige westliche Theil der Kirche, der in der 
zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts erbaute Westchor mit den 
Seitenschiffen, wie sich dies auch aus anderen Gründen, besonders 
aus seiner eigenen Gestaltung ergibt, nur ein Anbau, eine westliche 
Erweiterung der Kirche ist. so muss nothwendlgerweise jene Basilika 
zu deren Erweiterung er diente, aus früherer Zeit stammen. Die von 
Altfried, nach dem urkundlichen Material anscheinend mit viel Aufwand 
von Zeit und Sorgfalt aufgeführte Kirche war ohne Zweifel ebenso wie 
der Altfriedische Dom zu Hildesheim kein Holz-, sondern ein Steinbau. 
Der Kirchenbrand, welcher um das Jahr 947 stattfand, wird sich daher 
nur auf die ßednchung der Kirche erstreckt haben, mit welcher dann 
gleichzeitig höchstens einzelne, aber nicht alle Mauertheile, am wenigsten 
die unteren Theile der Langwäiide zerstört oder eingestürzt sein werden. 
Man dürfte daher wohl kaum fehlgreifen, wenn man jene mit Nischen 
versehene Langwäiide als Ueberreste der Basilika des h. Altfried be- 
trachtet. 

Es scheint, dass die seitlichen Räume des westlichen Querschifis 
ehemals in gleicher Höhe wie der mittlere Theil derselben mit Sacher 
Decke versehen waren. Es befinden sich nämlich an der nordwestlichen 
Ecke des südlichen und an der südwestlichen Ecke des nördlichen Theils 
dieses Querschiffes die Ueberreste von je einem Filaster mit rohem, wie 
es scheint, korinthisirendem Kapital. Diese Kapitale, deren Fronten gegen- 
wärtig vermauert und deren Seiten nur noch zum Theil erkennbar 
sind, liegen ungefähr in gleicher Höhe mit dem Scheitel des Gurt- 
bogens, an welche sich die Halbkuppel des Westchores anlehnt, und 
werden ehemals wahrscheinlich keine Gurtbögen, sondern Balken ge- 
tragen haben. 

Wie das Stützsystem der Langwände des Mittelschiffs der Ait- 
friedischen Basilika gewesen sei, wird zur Zeit kaum zu entscheiden 
sein. Bei einer vor längerer Zeit ausgeführten Rohrlegung sollen im 
Fuasboden der Kirche keinerlei ältere Fundamente an der Stelle der 
ehemaligen Langwände des Mittelschiffs vorgefunden sein. Wenn nun 
lau beobachtet bez. uns recht berichtet worden ist, so möchte 



1 



Die nItcRten Bautheile der Münaterkirche zu Essen. 118 

l.jnan wohl aiinelinii?ii, dass jene FuiKlamenle bei der Jahrhunderte hin- 
durch stattgefundcnen Benutzung der Kirche als Begrabnissstätte ganz 
oder zum Theil fortgeräumt seien, um für die Gräber Platz zu ge- 
winnen, an anderer Stelle aber durch die neuen Fundamente des go- 
thischen Baues ersetzt bez. ummantelt worden seien. Jedenfalls ist wohl 
die Annahme nicht ganz unberechtigt, dass das besonders in den säch- 
sischen Ländern beliebte Stützsystem, d. h. der Wechsel von Säulen 
und Pfeilern schon in Kssen bestanden habe. Durch ein Paar mäch- 
tige Pfeiler wäre dann das Mittelschiff in zwei annähernd quadratische 
Theile zerlegt, während als Zwisclienstützen entweder je eine Säule 
{wie in Gernrode) oder wahrscheinlicher je zwei Säulen (wie in den 
ältesten Kirchen zu Hildesheim, vielleicht auch schon im dortigen Alt- 
friediscben Dom) gedient hätten. Auch würde bei dieser Annahme eine 
gewisse Uebereinstimmung der Stützen des MittelscbiiTs mit den Nischen 
Ider Abseiten sich ergeben, indem dann auf jedes Interkolumnium der 
l^tfltzen entweder zwei, oder drei Nischen der Seitenwände fielen. 

Das Querschiif, welches sich den beschriebenen Langwänden öst- 
llich anschliesst, ist ebenfalls ein sehr merkwürdiger Bautbeil, und 
l^ar vor allem, weil seine nördliche und sildliche Abschluüswand nach 
inen dreiseitig gestaltet ist, eine Form, für welche unseres Wissens 
P'kflin Analogen vorhanden ist. In jeder dieser Wände befindet sich in 
der Mitte eine Thüre und in den schrägen Seiten je eine Nische. Was 
den oberen Theil betrifft, so ist es sehr wahr.scheinlich, wenn auch 
nicht mehr mit Sicherheit nachzuweisen, da.ss hier in der Mitte, über 
den genannten ThUren, je ein Fenster sich befand. Jedenfalls waren 
hier aber in den schrägen Seiten, ebenso wie unten, halbkreisförmige 
, Nischen angebracht. Als das Querschiff später mit Gewölben versehen 
bffirdCi hat man den halbkuppelförmigeu Abschlnss dieser Nischen tiefer 
kgelegt und darunter ruudbogige Fenster (wohl an Stelle anderer, hüher- 
' gelegener) eingebaut. Die unteren Nischen wurden bei Anlage eines 
Laufganges bez. einer denselben tragenden Bogeuarchitektur schmaler 
und niedriger gestaltet. Die äusseren Seiten der nördlichen und süd- 
lichen Querschiffswand waren in ihrer oberen Hälfte mit (wahrschein- 
lich drei) Blendbögen geziert, welche von vorspiingenden Maueratreifen 
mit Rundstah-Kämpfern getragen wurden. 

An den östlichen Umfassungswänden der beiden QuerschiffsÜügel 
befand sich ebenfalls je ein derartiger Blendbogen, und zwar an der 
, sOd- bez. nordöstlichen Ecke. 

Die Ostseiten des Querschiffs fanden, wie man, obwohl hier keine 




tu 



Georg Hum 



eingehenden Uütei'suclmngen stattgefunden haben, aDznnehrDcn be- 
rechtigt sein dürfte, wohl in gewöhnlicher Weise in drei Absiden ihren 
Abschluss, 

Dasa das östliche Qiierschiff ebenfalls der Altfriediachen Basilika 
angehöre, möchten wir zwar nicht als ganz zweifellos, doch wohl als 
sehr wahrscheinlich hinstellen. Seine Gnindrissdisposition, einschliess- 
lich der geringen nördlichen und südlichen Ausladung hat, von dem 
dreiseitigen Schluss an den üiebelseiten abgesehen, eine auffallende 
Aehnlichkeit mit den Querschiffen der erwähnten Kirchen des 9. Jahr- 
hunderts zu Michelstadt und Koblenz, sovfie auch noch mit der im 10. 
Jahrhundert erbauten Kirche zu Gernrode; jader Grundriss der ganzen 
Essener Basilika, wie sie sich auf Taf. V in den am dunkelsten ge- 
zeichneten Theilen ergibt, stimmt (wenn auch selbstverständlich nicht 
in allen) so doch in wesentlichen Punkten mit den Grundrissen jener 
Kirchen überein. Wegen ihrer ausserordentlich reichen Nischenver- 
zierung und dem dreiseitigen Schluss des Querschiffes raüsste aber der 
Essener Basilika in künstlerischer Hinsicht ein gewisser Vorrang vor 
den genannten Kirchen zuerkannt werden. 

Nachdem die um das Jahr 94? abgebrannte Altfriedische Basilika 
zunächst wieder hergestellt sein wird, hat sich dieselbe, anscheinend 
schon bald, wie so manche andere Stiftskirche, beim Aufbldhen der 
klösterlichen Stiftung als zu klein erwiesen. Gegen Ende des 10. Jahr- 
hunderts wird nämlich, wie oben erwähnt, von der Weihe eines Ora- 
toriums iin Portikus des h. Johannes des Täufers und der Weihe einer 
Krypta berichtet. Während die letztere, abgesehen von späteren Ver- 
änderungen bez. Umbauten, mit dem westlichen Thei! der Unterkirche 
identisch sein wird, möchten wir nicht ohne Grund annehmen, dass unter 
jenem Oratorium der Westchor mit seinen Emporen zu verstehen sei'). 

Der Westbau ist der kfinstlerisch bedeutendste Theil der Kirche. 
Derselbe besteht aus drei Theilen, je von rechteckiger Grundform. Die 
beiden seitlichen, die Haupteingänge enthaltend, bildeten die Vor- 
hallen der Kirche an Stelle der älteren Altfriedisehen Vorhalle, welche 
jn Folge des Erweiterungsbaues zum eigentlichen westlichen QuerschilT 
geworden war. Der mittlere rechteckige Theil des Westbaues umfasst 
den aus drei Seiten des Sechsecks konstrnirten Westchor und die Em- 
poren und wird von einem rechteckigen, oben in ein unregelmässiges 



1) Wir Imbea diele Ansicht otnuB näher i 
III. A. O.-V. ». n. 0. S. 87. 



begründea versucht im Korr.- 



Die ältaaten Baütteile der Münoterkirohe xa Esten. 



i..:? 




TjurtfonlfllHfinilt 
iis\ hlimt h-f ■ ifj ^u[mi«. 



IIB 



Georg Hü 



Achteck übergeUenilen, von zwei Treppenthürraen flankirten Glocfecn- 
thurm beklönt. Diesen durch seine Originalität und künstlerische Be- 
deutung hervorragenden Bau eingehender zu beschreiben, vrörde hier 
zn weit führen'). Nur auf die merkwürdigen Treppenthflrme möchten 
wir noch besonders aufmerksam machen, da ihre höchst eigenartige 
Anlage und Konstruktion bisher kaum beachtet worden ist; und doch 
ist es gerade die Gestaltung dieser Treppenaufgänge, welche die 
Originalität des Westbaues nicht wenif; erhöht! Die Stiegen sind näm- 
lich so gelegt, dasa ihre Spindeln in die beiden westlichen Ecken des 
mittleren Theils des Westbaues fallen. {Tn dem unteren Horizontalschnitt 
(s. Taf. V) ist dies zwar nur ungefähr, im oberen, wo sich die nörd- 
liche und südliche, besonders die westliche Wand mit bedeutendem 
Absatz nach innen verjüngt, aber genau der Fall.) Durch diese Lage 
wurde zunächst erreicht, dass die Wendeltreppen zu allen Theilen des 
Weatbaues (Chor, Emporen, Tliurm und Seitenschiffen) sehr leichte und 
bequeme Zugänge bilden, ohne dass irgendwo ein längerer Verbindungs- 
gang nothwendig geworden wäre. Die höchst eigenartige Konstruktion 
dieser Thürme ist besonders aus Fig. I ersichtlich, welche die nordwest- 
liche Ecke des vorletzten Geschosses des Glocken thurmes im Grund- 
und Aufriss darstellt. (Bei q ist hier der oben erwähnte Mauerab- 
satz angedeutet, um welchen sich die Westwand verjüngt hat.) Die 
Spindel ist oben durch Bögen, welche zu einander in rechtem Winkel 
liegen, mit den Hauptumfassungswänden des genannten Geschosses 
verbunden, so dass der Horizontaldurchschuitt dieser Etage in der Höhe 
des über jenen Bögen aufgeführten Mauerwerks genau ein Rechteck 
bildet. Auf der Ecke oberhalb der Spindel (bei c in Fig. I) ist nun^ 
ein Stein mit einem Gesimsfragment erhalten, welcher nach Form und 
Lage den Beweis liefert, dass das Rechteck in's obere achteckige Ge- 
schosa des Glockenthurms ehemals mittels ansteigender, dreiseitiger 
Flächen übergeleitet worden war (siehe a b c in Fig. I) , wie dies noch 
jetzt, wenn auch in restaurirtem Zustande, an den beiden östlichen 
Ecken des Glockenthurms der Fall ist. (Die überwölbte Nische bei g 
soll zweifellos eine Entlastung des unter ihr befindlichen Theils des 
Treppengewölbes bezwecken.) Nach reißichen Erwägungen und wieder- 
holten Untersuchungen möchten wir es daher als ganz unzweifelhaft 
hinstellen, dass die ganze Thurmanlage, von aussen gesehen, derart 
gestaltet war, wie sie in der Zeichnung Taf. VI an einer Seite rekoo- 



1} El lei auch in dieser Hiasicht auf die Abbandlung im Eorr.-Bl. 



Dio ältesten Baiithoilij der Müuiil«rkircbo zu Easeu. 



117 



strairt worden ist'). Die Wendeltreppen erscheinen also hier dem 
Hauptbau auf d;is engste, man möchte fast sagen, organisch verbunden ! 
So originell die Konstruktion die-ser Treppenaufgänge nun auch sein 
mag^), so ergab sieh bei ihr doch ein UebelstanJ. Die Bedachung der 
Thürme wurde nämlich keine regelmässige, da die Spitzen der Zelt- 
dächer nicht, oder wenigstens nicht gut, in die Achse der Spindeln ge- 
legt werden konnten. Um aber die Dächer so gestalten zu können, 
dasH sie nicht zu sehr von der Form einer regelmässigen Pyramide ab- 
wichen, d. h. nicht von zu unschöner Wirkung wurden, hat man die 
Umrassungsmauern der Treppenthürme unregelmässig gestaltet. Sie sind 
nämlich dort am schmälsten, wo sie sich dem Hauptbau anschliesscn 
und besitzen umgekehrt in der Diagonale dieses (rechteckigen) Baues 
ihre grösste Stärke, so dass also im Horizontalschnitt die äusseren 
Begrenzungstinien der Umfassungsmauern der Treppenthörme, d. h. die 
I'olygone mit ihren inneren Grenzlinien, den Kreisen nicht konzentrisch 
sind'). 

Später, nach dem Brand von 1275, hat man, wie es scheint, die 
oberen achteckigen Tbeile der Stiegenthürme, welche bei dem Brand 
der Dächer vielleicht theilweise zerstört oder schadhaft geworden waren, 
durch einen Aufbau in runder Grundrissform erneuert und erhöht*). 



1) El i>t niolit onvcahrscheioliah, dau ia gewiuer EDtfernnng uater dgm 
DaohgMim« ein den Mauerkörpqr umziebendeB Piattaagesima angebraobt war 
(auch ohne dau man hier Eckpilaster voraiuietzt). Ein derartige» Glied kommt 
Dämlicb au dvn ältei-en Tbcilea dos Münsters zu Eisen stihr häufig vor, so ausser am 
Hauptthurm des Westbaiis ao einem vor der Südseite des Querscbifis gelegeneu, 
romanischen Annexbau, sowie auch an dem südlichen Querachifisflügel der Alt- 
friediechen Basilika, 

2) Bei anderen ilteren deutschen Bauwerken sind derartige Treppenaufg&ogo 
entweder dum üauptbau nur angebaut, oder aua seiner Mauerniasse ausge- 
spart ohne nach auaeon irj^ccdwie bervorztilretsD (letzlerea i. B. ae dem eben- 
falls gegen Ende des 10. oder spätestens in der 1. Hälfte des 11. Jahrbunderts 
erbauten Westchor der Stiftskirche xa Mittekell auf Rcichenau). 

9) Bei unserer Rekonstruktion des oberen, nicht mehr erhaltenen (vor 
einigen Jahrzehnten in den Formen des UanptthurmeE umgestalteten) Geaehoasei 
der Treppenthürme sind die Verhältnisse bez. die Mauerstärken der uulefen 
tieecbosse als massgebend zu Grunde gelegt. 

i) Polygone Treppenthürme, welche oben in die runde Form Qbergeben, 
kommen hez. kamen bei älteren deutschen Bauwerken ausser in Eisen nnseres 
Wissens nur noch vor bei St. Michael in Hildeiheim, am Weatbau von St. Pao- 



118 Georg Hamann: 

Auch scheinen damals sämmtlicbe Dächer, entsprechend der veränderten 
Geschmacksrichtung, die schlankere Form erhalten zu haben, welche 
der Haaptthurm noch gegenwärtig besitzt. Aber wie die Treppenthflrme, 
80 wird auch wohl ursprünglich der Glockenthurm seinem Styl und 
seiner Entstehungszeit entsprechend in einem Dache geringerer Steigung 
seinen Abschluss gefunden haben. 

Die originelle geistreiche Komposition des Westbaues lässt auf 
einen begabten und sehr erfahrenen Baumeister schliessen, der zweifel- 
los in Italien und wohl wahrscheinlich in Oberitalien seine Ausbildung 
erhalten hatte. Denn gewisse Eapitälformen, besonders das WQrfel- 
kapitäl, welches hier als erstes bekanntes Beispiel bei einem deutschen 
Bauwerk auftritt, könnte man, wenn man dasselbe nicht etwa, und 
zwar ohne genügenden Grund, für eine spätere HinzufQgung halten 
wollte, wohl auf den Einfluss lombardischer Bauweise zurückführen. 

Gleichzeitig mit dem Westbau, also gegen Mitte des 10. Jahr- 
hunderts, wurde die Krypta erbaut Diese Anlage mit dem über ihr 
errichteten Chor hatte zur Folge, dass der Grundriss der Kirche 
aus der älteren Form der crux commissa in die jüngere der crux im- 
missa überging; eine Neuerung, welche hier, wie vielfach anderwärts, 
anscheinend aus dem praktischen Bedürfniss, bez. dem Wunsch einen 
besonderen, erweiterten Raum für den Chor^) und zugleich eine Krypta zu 
besitzen, hervorgegangen war^). Die Umfassungsmauern dieses neuen 
Chores^) überragten um ungefähr zwei Meter die Höhe, in welcher, 
den vorhandenen Spuren nach, ehemals die flachen Decken der Seiten- 
arme des östlichen und westlichen Querschififs der Altfriedischen Ba- 
silika abschlössen. Auch liegt die Sohle der Thüre, welche ans 
dem vorletzten Geschoss des Westbaues auf den Dachfussboden führt, 
ungefähr ebenso hoch, als anscheinend ehemals die Mauern jenes neuen 
Ostchores emporragten. Da aber diese Thürsohle doch wohl die Höhe 



Uleon in Köln nnd dem Ostx^hor der dortigen, vor einigen Dezennien leider ftb- 
g«lirocbenen Mauritiuskirohe. Auch diese Aufsätze können, wenn nicht 8&mmi- 
licbf so doch wohl zum Theil, als spätere Hinzufügungen betrachtet werden. 

1) Htatt dieses Chores ist anf Taf. Y die unter ihm befindliche Krypta ge- 
MMbniit. 

U) Vf^l. über derartige Neuerungen: Dehio und von Betzold» a. a. 0. I» 

m ir/7, ift«. 

Ü) IhttHiWtwi lind jetzt in ihren oberen Theilen bis auf einige Ueberreste 
(\uf Ulli l(i|M'llio(ff*nlilf*n'lcn umzogonen Pronator abgetragen. 



) älteaten Bsutheile ier Münstei'kirchc zu Essen. 119 

bezeichnet, welche die Kirchendecke bei Anlage des Westbaues ent- 
weder schon besass oder noch erhalten sollte, so wäre wohl die An- 
nahme berechtigt, dass vor oder nach Ausführung des westlichen und 
tätlichen Erweiterungsbaues auch das Mittelschiff bez. die Decke der 
Altfriedischeu Busilika erhöht worden sei. Der Grund einer derartigen 
Veränderung könnte dann darin gefunden werden, dass man damals beab- 
sichtigte, entweder auch über den Seitcnschiffeu Emporen anzulegen, 
oder nur das Höbenverbältnisa des Mittelschiffs mit der neuen Längen- 
ausdehnuDg der Kirche wieder in ein angemessenes Verhältniss zu 
bringen. 

Schon gleichzeitig mit dem mittleren Theü des östlichen Quer- 
schifFes Schemen auch seine Seitenarme eine Erweiterung nacli Osten 
erfahren zu haben; denn dort, wo die beiden Nebenchöre mit dem 
Ilauptchor zusammenstossen, ist das Mauerwerk in Verband gehalten. 
Trotzdem sind, wie es scheint, die kleinen in die Mauern eingelassenen 
Nebenabsiden zugleich mit den Mauern der südl, und nördl.Aussenseite bei 
einer späteren Veränderung dieser ßautheile angelegt; aber doi;h wie- 
derum früher als die Laufgäuge, welche vom Hauptchor aus an deuWänden 
der Nebenchöre vorbeiführten bezw. an der Südseite noch gegenwärtig 
vorbeiführen. (Beim gothischen Umbau der Kirche hat man diese 
Gänge über den mit Nischen versehenen Langwändeo der AltfrieJischen 
Basilika zum Westbau weiter geführt, während die neuen gothischen 
Langwände nach aussen theils vorgebaut, theils über einer Nischenarchi- 
tektur übergekragt worden sind.) 

Der östliche Theil') der Krypta ist wiederum als eine Erweite- 
rung des alteren westlichen Theiles der Gruftkirchc aufzufassen. Er 
wurde im Jahre 1551 geweiht. Mit den Nebenchören ist er mittels je 
eines Zuganges verbunden; um ihn aber mit dem älteren westlichea 
Theil der Krypta in Verbindung zu setzen, musste dieser entsprechend 
verändert, mindestens seine östhche Umfassungsmauer durchbrochen 
werden. Aus der eigenthUmlichen Form der übriggebliebenen Mauer- 
pfeiler möchte man fast schliessen, dass die Absis nach Art ßavenna- 
tischer Chöre von aussen eine polygone Form gehabt habe"). Anderer- 



1) Derselbe ist auf Taf. V nicht mehr gezeichnet. Eine Abhildung der 
ganzen Kryptft boßndct sich bei v. Quast und OUe „Zeitedir. für cbr. Arcb. und 
Kunal" 1 und in FürBters „Baudeukmale" VI. 

2) Ob dieao Pfeiler, welche t. Z. noch nicht näher untersucht sind, Maaer- 
reste des 10. Jahrbunderts eathaltea, würde erst bei Enlfcrnung des Putzes 



120 Georg Humanu: 

seits mag die ÄDnahme nicht weniger berechtigt sein, dass mau den 
bei der Durchbrechung der Absis übrig gebliebenen Hauermassen bei 
ihrem Umbau schon deshalb keine rechteckige Grundform gegeben habe, 
um einen freieren Durchblick und bequemeren Zugang von den Seiten- 
eingängen zum Hauptaltar der Krypta zu erhalten, sowie um das an 
der südöstlichen Seite des südlichen und der nordöstlichen Seite des 
nördlichen Pfeilers befindliche Gewölbequadrat bez. die in denselben 
angebrachten, die Unter- und Oberkirche verbindenden LichtöflFnungen 
möglichst gross gestalten zu können. 

Querschiff und Chor wurden später mit romanischen Gratgewölben 
versehen. Die letzteren werden von Rundsäulen und an der Vieruog 
zudem von kleinen eingelegten Vei-stärkungspfeilern getragen. 

Von diesen Gewölben, welche spätestens von der nach einem Aeb- 
tissinnenkatalog im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts stattgefun- 
denen Erneuerung der Kirche herrühren, ist das südliche noch unver- 
sehrt erhalten, das östliche erst in letzter Zeit erneuert. Das Gewölbe 
der Vierung stürzte im 15. Jahrhundert ein und wurde damals durch 
ein solches in gothischen Formen ersetzt; dasjenige des nördlichen 
Querarmes aber abgebrochen, als beim gothischen Umbau der Kirche 
dieser Theil des Querschiffes zugleich mit dem nördlichen Seitenchor 
nach Norden hin zu dem sogenannten Gräfinnen-Chor erweitert wurde. 
Da das Podium dieses Chores in seiner ganzen Ausdehnung die Höhe 
des über der Krypta befindlichen Hauptchores erhielt, so musste durch 
diese Veränderung der nördliche Eingang zur Krypta fortfallen. Der- 
selbe wurde aber später als Zugang wieder benutzt zu einem recht- 
eckigen, mit einem Tonnengewölbe überdeckten Baum, welcher, wahr- 
scheinlich zu Aufbewahrungszwecken, im Jahre 1761 unter jenem 
Gräfinnenthor angelegt worden war. 

Der Umbau der Kirche zur gothischen Hallenkirche wurde nach 
dem Brand von 1275 begonnen, in mehreren Bauperioden weitergeführt 
und im 14. Jahrhundert vollendet. Dieser Bau bildet gegenwärtig den 
grössten Theil der Kirche und zeichnet sich, obwohl seine Formen nur 
sehr einfach gebildet sind, doch durch schöne Raum Verhältnisse sehr 
vortheilhaft aus. Diese haben sich aber gewissermassen von selbst 
ergeben, und zwar dadurch, dass ein enger Anschluss sowohl an den 



ersichtlich werden. Wir haben dieselben auf Taf. V schraffirt als in ihrer ganzen 
Ausdehnnng dem 11. Jahrhundert angehörig. 



Die ftltesien Bautheile der Münsierkirche zu Essen. 121 

bereits vorhandenen Grundriss als an die im Westen und Osten der 
Kirche noch erhaltenen älteren Bautheile stattgefunden hat. 

Wohl wenige Kirchen umfassen so viele verschiedenartige Bau- 
theile in so interessanter Zusammensetzung wie das Mttnster zu Essen. 
Hier ist, der Kreuzgang einbegriffen, jede mittelalterliche Stylperiode 
vom 9. bis zum 15. Jahrhundert vertreten. Aber gerade durch die 
Art und Weise, wie die Anschlüsse neuer Theile an ältere stattge- 
funden bez. die letzteren bei Um- und Erweiterungsbauten wieder be- 
nutzt worden sind, erhält jeder, auch der an und für sich unbedeutende 
Bautheil seinen Werth in Bezug auf das Ganze. Von höherer, selbst- 
ständiger kunstgeschichtlicher Bedeutung ist freilich nur die Altfriedische 
Basilika und der Westbau; die erstere wegen ihres hohen Alters und 
ihrer reichen Nischenbildung, der letztere besonders wegen seiner Ori- 
ginalität und seiner geistreichen Zusammensetzung verschiedenartiger 
Elemente. 

Essen im Juni 1886. Georg Humann. 



10. Studien zur aKwestfiUiseheii Malerei. 



I. 

Im Jahre 1881 gelang es mir^), den Maler einer belangreidien 
Grappe altdeutscher Bilder in dem Geseker-Bürger Gert van Lon nach- 
zuweisen. Ohne zu wiederholen, was damals bezOglich seiner Stilweise 
und seines Verhaltens gegenüber den zeitgenössischen Kunstströmungen 
vorgetragen ist, beschränke ich mich hier zur Orientirung der Leser 
auf die Notiz, dass Gert zu den Jahren 1505, 1512, 1521 in den Ge- 
schichtsquellen vorkommt und von Geseke aus viele schöne Aufträge 
für die Städte und Ortschaften der Umgegend bis ins Lippe'sche und 
nach Corvei hin ausführte ; s^in Schaffen schliesst indess mit dem letzt- 
genannten Jahre nicht ab; denn schwerlich gibt es von einem anderen 
Maler Westfalens einen so weitschichtigen Nachlass von Werken, wie 
von diesem Künstler einer Kleinstadt; es trägt doch ein seither verkanntes 
Werk Gert's offenkundige Anzeichen eines nicht unerheblich jungem 
Alters. Nachträglich haben sich nämlich noch mehrere Werke von 
ihm gefunden, und diese sollen hier in Kürze vorgeführt, beziehentlich 
nachgetragen werden. Gelegentlich ist dabei von andern niederdeutschen 
Kunstgenossen die Rede, was um so willkommener sein möchte, als 
sich einzelne von ihnen entweder der Publication oder doch der Wür- 
digung seither entzogen. 

Die Anzeichen des jungem Alters tragen mehrere Flügelgemälde 
eines Altares der Wiesenkirche zu Soest; zwei grosse Klappen ver- 
schliessen in einer Retable drei fast lebensgrosse Bildsäulen von 



1) In der Zeitschrift für bildende Kunst S. 297—304. Der Aufsatz wurde 
Allgedruckt in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthumskunde (Münster 1882) 
XL| H, 120 ff. und übersetzt im Journal des beaux-arts et de la litterature 1881 
Nr. 17. Dort sind Beziehungen Gert's zu dem gleichnamigen Burgmännergeschlecht 
in llüthen bestritten: merkwürdig ist jedoch, dass dieses 1316 und 1496 einen 
,,Gert van Lou'' kennt (Fahne, Westpbäl. Geschlechter 1858, S. 284); oder sollte 
dttr culiitzt genannte mit unserm Meister verwechselt sein, der damals wahr- 
•uheiulich schon seine Kunst selbständig ausübte? 



Studien zur sltwestfäliioben Malorpi, 



133 



Holz, Maria mit dem Kinde in einem Rosenkränze und als Seitenfiguren 
Agatha mit einem Buche und einer Brust in der Zange, Bowie Antonius 
den Einsiedler mit rother Mütze, Krummstab, Buch, unter ihm den 
Drachen, neben ihm das Schwein. Das dritte sehr schmale und lange 
Gemälde dient als Klappe der Predella, worin man einigt angeblich als 
Brustbilder den Herrn und sechs Apostel erblickte — letztere hätten dann, 
wie sich herausstellen wird, den Bildcyclus der Klappe vervollständigt. 

Eine eingehende und ikonographische Schilderung des ganzen 
Altarwerkes, zumal seiner Bilder und Gemälde liegt hier weniger in 
meiner Absicht, als eine stilistische Untersuchung der Tafelbilder auf 
ihre Wcikstätte und Zeitstellung. Eine Beschreibung ist nämlich 
schon anderswo geliefert') und dabei eine ganz oder theilwcise irrige 
Bestimmung des Malers herausgekommen, insofern die Gemälde auf 
beiden Selten der drei Flügel, die Hauptpersonen wie die Staffage, die 
Zierarchitekturen wie die Hintergründe — ohne Unterschied — dem 
Heinrich Aldegrever zugesprochen wurden. 

Wie ich sogleich zur Klärung der Frage voranschickeD will, 
rühren die Gemälde von zwei Händen, einer alten, d. h. jener Gerts, 
und einer neumodigen, die ich nicht bestimmen kann. Die Aussen- 
bilder der grossen Flügel, die Marien- und wahrscheinlich auch die 
Hauptfiguren der Innenbilder, die Bilder der Fredellaklappe bis auf 
die Zierarchitekturen gehören meines Erachtens Gert von Lon an-), 
nur macht er darin fast durchgehends Concessionen an die Forderungen 
und Wandlungen eines (neuen) Kunstlebens, womit er nicht aufge- 
wachsen war. Auch hier vermissen wir bewegte Scenen, auch hier 
wiederholt sich; „möglichst wenige Figuren und statuarische Haltung''. 
Auf die Vorderseite der Predella kommen drei Darstellungen wie jene 
der Innenseite jedes Mal in einem oben abgerundeten Felde: zunächst 
links Maria Begrüssung durch den Engel, in der Mitte die Geburt: 
Maria, Joseph und das von einem Engel gehaltene Kind, endlich 
rechts die hh. Dreikönige, unter ihnen ein Mohr. Die Hauptpersonen 
erscheinen als Brustbilder — ebenso und noch schlichter, nämlich ge- 
paart, folgen auf der Innenseite Johannes der Evangelist mit dem Kelche, 



I) Im Rcpertoriüm für KunetwieBeinchaft Jahrg. Vll, 376 ff, mit dem 
Dreikönigsbilde in Lkbldnick, dem Ropre eine« HirUti kus dem Bilde der An- 
betung und kleinen Dotnils id Uolzscbnitt. 

2] Vgl. meioe Artikel; „Die to Ringt and die spätern Haler WeRtftleni" 
in Prufer'e Archiv für kircMiclie Kuuat (I8S5} IS, 82. 




Matthaeus mit dem Schwerte, — mitten Petrus und Paulus mit den 
üblichen Attributen, rechts Andreas mit Buch und Balken und Jakobne 
mit der Keule. Auf den beiden Seitenflügelu flguriren aussen links 
Maria mit dem Kinde, rechts (wieder) Antonius und Agatha. Die Ge- 
burt des Herrn inwendig auf dem linkea Flügel durchweht allerdioga 
ein dramatischer Hauch und eine lyrische Stimmung: indem Gngdj 
mit dem Kinde hanthieren — allein Maria kniet und Joseph steht da* 
neben mit dem Stocke und der Kerze. Auch das andere Innenbild, die 
Anbetung der Konige (einer wieder mit dunkeler Garnation) entbehrt 
der lebendigen Gruppirung nicht — doch Maria sitzt mit dem Kinde 
fast ebenso theilnahmslos in der Hiiltung, wie im Gesichtsausdrucke. 
Abgesehen von Schlitzärmeln und Kragen bestehen die Wand- 
lungen darin, dass die drei Einzelhciligcn im Aeusseni der Hauptflügel 
eine schlankere Gestalt annehmen, dass bei der Epiphanie die Könige 
nnd Joseph sowie die Predellaiigurea nach einem grossem Wechsel in 
Form und Ausdruck streben, als wir bei Gert gewohnt sind. Höchst 
wahrscheinlich sollte oder wollte er nun von Dürer's Holzschnitten und 
Stieben protitiren, die der damaligen Kunst so gewaltig imponirten, 
dass Maler und Bildner (zumal Hans Brüggeman zu Schleswig) 
ihnen gewisse Darstellungen oder Figuren gern abächautcn. Bei Gert 
wollen sich die Antlitze verjüngen und individualisiren, die viereckigen 
Kopfcontüureni) ins Längliche und Ovale spielen — daher wird dsa 
Ange lebendiger die Nase gebogener, der Bart wecliselvoller. Auch bei 
Maria gewahrt man ein ovaleres Antlitz nnd dennoch kaum mehr 
Leben; sogar unterschiedliche Gesichter der Heiligen können das Stiere 
und Gutmüthige nicht ganz ablegen. Was Anlage und Färbung he» 
trifft, wird die enge Verwandtschaft der Mariengestalt=^) aussen anfj 



I 



1) Dieselben erinnern, wie ich liier meinem frühem .^ufgatKe über Gl 
nachtragen will, mit den breiten Angenliedern, den kurien Kinnen, und beenden 
in der Vorderansicht an den Meister des Cappenberger Tr iptycbODI, 
der wieder mit den Dönweggen za Dortmund (1521) Fühhing hatte, (v«i^. 
Scheibler in der ZoitacUr. für bildende Kunst XVIII, 59 £f.) — sie sind beide 
auch Zeitgunosaea Gerts, nur ftnacheinend früher gestorben. Den Werken Dön- 
weggea möchte ich mit ziemlicher Sicherheit anacblieasen ; die beiden jetat gemein- 
«am umrahmten Flügel *u Stockhauaen an der Ruhr (124:90om); Chriitt 
Geburt und die Epiphnnie, aussen Christus im Oelgarten und die Dornenkrönnng, 

2) Sie kam doch auch dem Mitarbeiter des Repertoriums VII, 271 sn alUr- 
tbfimlich vor, um sie ohne Eutschuldigung einem Aldegrever zuzuscbrei 
einem Punkte, so äussert er, soheineo ihm (AJdegrever) die Typt 



sre ^M 

1 





Studie 



r altwestfaliachoD Malerei. 



125 



einem Hauptflügel mit dem gleiciiartigpu Bilde zu Münster (Museum) 
jedem Laien einleuchten. Gert'a Gesichtsaus'Iruck lasst sich nicht ver- 
kennen bei derAgntha, uiirl auf der Au-^senseitc der Predella bei einer 
Marienfigur und bei einem der h. Dreikönige. 

Wie zu Soest kehren auf den erklärten Bildern des Meisters das 
weniger gezeichnete als modellirte Jesukind so\\'ie die Engel in licht- 
bläulichen Kleidern wieder; ferner die steif gebrochenen Falten der 
weiten Kleider, die Cimolien und Frachtsewänder sorglichster Ausfüll- 
rung, die schön gemusterten und saftig gefärbten Tbonäiesae. Die 
Landschaft mit verschwommener Fern- und Stadtsicht auf dem Drei- 
königsbilde zu Soest {oben rechts) den b. Joseph (als Wandersmann) 
mit Hantel und Kaputze oder mit Stab und Kerze, die Engelgruppe 
der Luft im Bilde der Anbetung treffen wir gleichförmig auch auf 
mehreren Stücken eines Cyclus, die wir demnächst betrachten. 

Von ganz anderra Schlage d.h. von anderer Hand sind die decora- 
üven Hintergründe, die nahenden Hirten bei der Anbetung, — diese 



I 



ßkliicben Cmt'ehuiig (?) aUzuBulir buoinflusst und von einer künitliuhea Idea> 
lisiriin^ der Frauengeiiohter abgehallen Kii haben. Maria erscheint tin» wie eine 
behäbige ncstßliRclic (?) Fstrizierfrau, der ea nicht gegclien ist, ihre Seelenvor- 
gäogo duroh das Gesicht zu verrathsn. Auch bei Agatha ist das der Fall.'' — 
Die Maria hat für ihn (a. a. 0. S. 270) noch ein franz besonderes Inlcrease: „denn 
an ihr finden wir in der mehr grau gehaltenen Malerei einen Uebergang {I) zum 
Enpferatich, in welchem Aldegrever Bjiäter (erst?) so Herrliebes geloiatet bat." 
Nun, das Obergewand ist lichtblau, iu den Palten dunkeler, gei-ade wie zu Münster; 
Gert hat doch mit Vorliebe für Kleider die Farbenscala von Lichtblau zum Hell- 
danbel and Gelbgranen, allerdings je nach den Personen (Maria, Jesus, Petro«, 
Engel n. a. w,) nnd sieber ohne einen Nebengedanken an den Kupferaliob erschöpft; 
die Belege dafür oatbält sein Bildcyclua im Clemenahoapilale zu Münster. Hatte 
dae ,,Graae'' im Gemälde damals Beziehung zu dem Stiebe, wie kam es, dasa im 
IG, und 16. Jahrhunderte „Orau in Grau" der Tafelmalerei des Niederrheius und 
der Niederlande geläuüg, Oberdeutsi-hland dagegen fremd war? (vgl. Scbeiblor 
im Repertorium für Kunstwlasenschnft VII, b2). Aldegrever hat überdiess nach 
Sandrart, Teutacbe Akademie (1774) IIl, 2, 235 seine Vorlagen für den Kupferstich 
gemein lieh mit der Feder an? gearbeitet. — S, 271 verweist der Mitarbeiter, nm 
die Vorzüge der Flügeigemälde nnd das Verdienst ihre« Malers Iii'rauszujtreiehen, 
auf die vorangebenden Ausläufer der •Kölnischen Schulet mit ihren manierirten 
nnd bis aur Widerlichkeit" versü aal lebten Gestalten, die auch in Soest manch 
Denkmal gesetzt und dabei in bandwerksmiEsigerOberflaabliolikeit du Möglichste 
geleistet hätten" (!0 . . . Man kennt sonst wohl eine sehr fruchtbare Soester 
HalerMhnle hohen Alters, aber kein Bild der Kölner Schule in Soest. 



IX J. B. HordbofT: 

dastisdien Gestalten mit lebensfrischen Antlitzen, — mdir oder weniger 
auch die K^pfe der Könige anf den beiden grossen InnenbQdenL Den 
Bildern des Predellablattes ist schon dn Gmnd in Gran-Brann-Lilla ge- 
geben — Terschwonden der Groldgmnd, die goldene oder weisse Lnft 
der Fenster, fiberhanpt die helle Loftstinunnng, das gothiscbe Bei- 
mid Architdctorwerk; die Architdtnren erhdien sich im rochen nnd 
sdiweren Drechslerstyle der Renaissance, ebenso die Ziersinldien hinter 
den Aossendarstellongen der Predella. Den Zieiban des Dreikdnigsbildes 
^rschdnert oben eine Gnirlande, gehalten Ton zwei Engelchen, 
nnd diese sind nackt Als Ziermnster in der Gnirlande an den 
Sänlchen nnd Möbeln wurden kräftige, breite Blätter, stellenweise anch 
Menschenköpfe gewählt — noch keine Arabeske, kein Walzwerk, ge- 
schweige denn die Groteske. Kurzum dies Repertoir der Ornamentik 
war Gert (frQher) unbekannt und erscheint hier, wie ich gerne ein- 
räume, als Ausfluss einer Kunstweise, die er sich beim besten WiDoi 
nidit mehr aneignen konnte; sie mochte im Figflrlichen probirt werden, 
im Decoratiyen konnte der altdeutsche Meister die Stile gewiss nidit 
aus der Schublade verabfolgen, wie heute ein Architekt 

Von wessen Hand rühren denn diese Neuerungen, und wer hat dem 
Gert überhaupt den Wandel des Stiles eingegeben und erleichtert? War 
es ein Soester, ein Westfale oder gar ein auswärtiger Maler? 

Um diese Fragen zu erledigen, bedarf es einer Datimng des 
Bildes — wir versetzen es gegen das Jahr 1530; denn ein Stilnm- 
schlagy wie bei dem betagten Meister Gert, vollzog sich (nach 1521) 
gewiss nur Schritt für Schritt, also nach Verlauf von Jahren; vertragt 
sich der vereinzelte Gebrauch der Kleiderschlitze mit den ersten zwan- 
ziger Jahren, so schlägt das breit entfaltete Renaissance- Werk ent- 
schieden zu Gunsten der späteren aus; stand doch der ältere Ludger 
to Ring zu Münster noch 1537/38 mit einem ansehnlichen Tafelbilde 
halb in der Renaissance, halb auf traditionellem Boden ^). ^ Damit ver- 
längert sich auch der Lebensfaden Gert*s bis gegen 1530. 

Wo stand nun einem Maler jene neueTormenwelt zur Verfügung, 
wie sie im Soester Bilde vor uns au^ht? Zu Geseke, am Wohnorte 
Gert*s gewiss nicht; wenn dort noch eine Malerei erwacht, so schliesst 
sie nicht mehr an Gert an; in Soest war, wie man bereits merkt 
Jetzt gerade Ebbe; sonst hätte man für unser Bild nicht einen oder 
zwei auswärtige Meister gesucht; ein Jörgen Marschalck de meler 

1) Prüftr*s Arohiv f. kirohl. Kunit IX, 181. 




scheint hier das Jahr 1525') nicht weit überlebt zu haben; der reiche 
Boden der Malerei treibt erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts 
(bis 1605} wieder einige Nachhlüthen*). 

Ich muss gestehen, mehrere Umstände lassen mich an Alde- 
greve r 's Beihülfe denken : die Renaissance-Oninmeute, das Bildnissartige 
Hiid die Körperlängen gewisser Figuren (zumal der Hirten), die zeit- 
lichen und örtlichen Verhältnisse. Weilte er anfänglich in der Vater- 
stadt Paderborn, so war er Nachbar des Geseker Altmeisters; hielt er 
sich schon in Soest auf, so begegneten sich beider Wege auch hier; 
zu Soest stellt Aldegrever ja einen Klappaltar des grossen Franken 
in der Petrikirche auf*), also vor'm oder spätestens im Todesjahre DQrers 
1528, als unser Altarwerk im Werden war. Haimonirten beide Meister, 
so sah sich der ältere im gewissen Maasseauf die Kunst des jüngeren, 
dieser auf die KundFchaft des älteren angewiesen, der ihm vielleicht 
den Weg nach Soest gebahnt hat. Schwerlich kann AIdegre?er bereits 
als Anhänger der Reformation aus der Fremde heimgekehrt sein*), wie 
man vorgibt; denn seine ei-wähnte Aufstellung eines Dürer'schen Altares 
erfolgte unzweifelhaft noch ganz im Sinne des alten Glaubens und erst 
seil 1.529 brechen in Soest die reformatorischen Bewegungen hervor, 
woran der Künstler bald energischen Antheil nimmt^}. 

Andere Bedenken wiegen schwerer: Hat Aldegrever den Gert bei 
diesem Altarwerke unterstütitt, warum gab er dünn später diesen Mal- 
zweig so gut wie völlig wieder auf); ferner passen, wenn sie Uber- 

1) Nach dem Stadt-Archiv IX, 103 hat er es auBcheiueud eu Wohlstand 
gebracht: er erstand zu Soest von Thonica Eli'iognrD 16012/3. in Gegenwart Johans 
des PlatteDSchlägers ein ümia und zwei Höfchen am graasen Teiche und ver- 
KDHerU das Anwesen lb2b 29./3. an die Stadt. War auch jener Heinrich 
von Soeit, welcher 1520 mit seiner Frau zu Köln ein Haus verkauft (J. J. 
Uerlo, Nachrichten von dem Lebec und den Werken Küloiscber Künstler 16&2, 
S. 119) Maler und zum leichteren Absätze seiaer Werke dorthin verzogen? 

2) Weitere« in Prüfer's Archiv f. kirchl. Kunst X, 21. Ein Johan von 
Soest ist 1587 lu Köln von der Malerauuft in den Rath (jewablt, ein Philipp 
von Soeat um dieselbe Zeit KonstguDosae der dort igeu Maler. Merlo, Nachrichten 
S. 568, Fortaetzung 1, 202. 

3) Gebrken iji der Zeitaohr. f. Geschichte und Ältcrthuniakunde IT, 150. 

4) Gebrken das. IV, 150. 

5) H. KampBcbulte, Eiunibrung des ProtcsUntisnuua in Wealfalen 186(i, 
S. 59, 53. 

6) Ausser dem bezeichneten Gemälde za Frag existirt von ihm kein ein- 
ziges Kirchenbild. L. Scbeibler in d. Wsstdeutscben Zeitachr. II, 304, Woermann, 
Gesch. der Malerei 11, 503. 



I 



128 J. B. Nordhoff: 

haupt Monogramme sind, zwei Zeichen über dem Paulusbilde des Pre- 
dellablattes weder zusammen, noch einzeln ebensowenig auf seinen als 
Gert's Namen, im ersteren Gebrauche auch ebensowenig auf seinen üb- 
lichen als auf seinen Familiennamen „Trippenmeker**. Und doch ist 
das zweite Zeichen auf den letzteren bezogen, ohne den Nachweis, ob 
Aldegrever sich je desselben bedient hat. Er versah vielmehr seine 
ersten Ornamente von 1527 ^), also bevor er Soester Bürger war, gleich 
mit seinem bekannten Monogramme, das mit den Zeichen des Soester 
Bildes Nichts gemein hat. An der Gewandung bemerkt man die schweren 
(naturalistischen) Brüche Gert's^) und zwar ohne jene Augen oder rund- 
lichen Tiefen, die Aldegrever sonst liebt Was endlich Sandrart ihm 
an Tafelmalerei in Soest zuschreibt, entspricht unserm Bilde nicht und 
wird von ihm selbst auch als unverbürgt ausgegeben. 

Von Soest richtet sich unser Auge nur mehr auf Münster und 
Dortmund; zu Recklinghausen, Essen, Coesfeld undPaderborn 
ist die Malerei entweder verblüht, oder noch nicht angepflanzt, jene 
zu Osnabrück noch zu wenig aufgeklärt. Aehnlich wie Soest ist Dort- 
mund gegen 1530 ohne Kunstmaler und zwei MaP) auf auswärtige 
Bilder hingewiesen, konnte also gewiss nicht mehr reformirend auf 
Soest einwirken. 

Zu Münster, wo erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts eine 



1) Bartsch, Peintro-graveur. Noavelle Edition VIII, 429, W. Schmidt in 
Meyer's Allgem. Künstler-Lexicon I, 249. Vgl. Licktwark im Jahrbuche d. königL 
Preuss. Kanstsammlungen (1884) IV, 89. Damit föllt anch die sonderbare Aensse- 
mng im Repertoriam YII, 292, Aldegrever habe erst nach D&rers 1528 erfolgtem 
Tode sein Monogramm (das eingeschaltete HG) geführt und bis dahin die An- 
fangsbnchstaben seines Familiennamens benutzt. Bartsch notirt YIII, 428 eine 
Yigpiette schon von 1522 (I), jene in Obernetter's Aldegrever B. 5, 2. 

2) Im Repertorium VII, 271 heisst es: „Insbesondere muss die darchaos 
naturwahre und weit über Dürer hinausgehende Behandlung der Qewandung^ über- 
raschen." 

8) üeber das 1523 bezogene Rosenkranzbild äussert sich das Chronioon 
Dominicanorum Tremon. der Königl. Bibliothek zu Berlin: (1528) Eodem anno 
tabula rosarii facta per M. Wilhelmum de Arborch civem dolon. 23 annomm et 
constat 70 flor. Hildegardus Colon, eam pinxit sub expensis conventus. Sanc- 
tificata et dedicata est a Bernharde (de Saxonia), suffraganeo Monasteriense, dum 
hio ad hospitium receptus fuisset de ColoDia veniente (!). Die Künstlerrollen zu 
Köln enthalten im 17. Jahrhunderte noch Maler mit dem Namen „Dortmund" oder 
„von Dortmund". Merlo, Nachrichten S. 559 f. Vgl. 8. 129 Note 4, 



Studien zur altweslfaliaehen Malerei. 129 

namhafte Tafelmalerei in'sLelien tritt'), erhärtete, trotz einer gewissen 
Gegenstrümung von Soest der niederländische Realismus so sehr, dass 
die Miller^) zumal der älteren Zeit noch zaudernder der Renaissance 
nachgaben, wie Gert van Lon — letzterer hat also schwerlich die 
helfende Hand von dort erwartet. 

Wir müssen nunmehr unsere Zuflucht nehmen zu den Baroek- 
Nachbetern der Alt- Eyck' sehen Schule, von welcher Westfalen in 
den Jahren 1510—1530 eine Serie von Kirchenbildern, bunt und ungleich 
wie eine Marktwaare, überkam. Die vorzüglichsten Stücke sind die 
Altarflügel der Petrikirche zu Soest, das Sassenberger Tn'iitychon^) 
(1517) und die grosse Kreuzabnahme aus Werne zu Münster (Museum 
Nr. 84, S7), die Flügel des Hochaltares zu Rhynern und das bildreiche 
Altarwerk zu Dorsten*), welches laut einem Schreiben des ver- 
storhenen Professors Evelt 1520 20./5. vom Kölner Weihbischofe Theo- 
dorus (episc. Cyreneusis) zu Ehren der Heiligen Agatha und Johannes 
des Täufers consecrirt ist. Im Decorativen gern der Renaissance zu- 
gethan, schöpften diese Maler gerade wie für die gleichartigen Werke 
am Niederrhein entweder aus dem Borne der van Eycks, wie er in 
der Schule zu Löwen (Brüssel) nachsickerte, oder — die Frage ist noch 
nicht entschieden — sie lehnten sich mehr an die Vlaraen, namentlich 
an den Frühstil des Bles^). 



1) Ygl. meinen Krei» Warendorf 1686 S. 1*8. 

2) Prüfer's Arohiv VII, 84; IX, 81, 85. 

3) Beiohrieben in meinem Kreis Warendorf S. 60, 61. 

4) Mittel' oder bn ud wer ksm aasig sind zwei Tafeln xu Alllünen, die AlUr- 
flügel EU Vredsn, jene der Marienkirche und ein Cyclus dt'r KalWinenkirche 
zn Osnabrück, die Flüge! der Petrikirche zu Dorimmid, eine Tafel zu Cappen- 
berg, zwei Stücke (Barbara und Eatbarina) zu Caldenhof bei Hamm, der 
Doppelfiügel zu Schwerte (1523) und die Flügel in der AUstädter Kirche zu 
Bielefeld. Vgl. Waagen, deutschee Kunstblatt 1850 S. 308, Lübke, Mittelalt. Kumt 
in Westfalen 18B3, S. 364, Scheibler's briefliebe und gedruckte Ang&ben in der 
Westdeutsoben Zeitschrift II, 303. 

5) Vgl. Woermann a. a. 0. II, 496 f. zahlt auch hierher die Tafel des Hosen- 
kranzes zu Dortmund vom Kölner Meister Hildegard, vgl. vorher S. 128 und 
meine Kunstgesch. Beziehungen swischen dem Reinlaude und Westfalen 1873, 
S. 22, 50 (Bonner Jahrbücher D. LIII). Während Herr Dr. Fr. Soblie für die 
Dorstener Flügel in einem Briefe auf die Schule von Löwen recurrirt, welche 
in einem der grossen Meister der vao Eyck'scheii Perlode, und keinem geringeren 
als Dierick Bouti ihre Wuraeln, ja ihre treibende Kraft hat, findet Scbeibl«r 
a. a. 0. II, 303 und briefliab mehr Betiebnngen zu den gleichzeitigen Vluoen, 



180 J. B. Nordliofr: 

Sie Sassen wohl weniger mehr in Westfalen, als am Niederrhein 
und in den Niederlanden^). Nicht unmöglich wäre es, dass sich ein 
Vertreter dieser Malweise, wandernd in Soest oder Geseke aufgehatten, 
dem Gert dictirt oder gewisse Theile des Soester Werkes abgenommen, 
und dabei den Ziermustem des neuen Stiles einen möglichst weiten 
Spielraum ausbedungen hätte; dann hüllt sich dessen Name Torerst 
noch in's Dunkel. 

Des Oefteren ist ein Kunstwerk unter verschiedenen Händen ent- 
standen; die Art und Weise, wie sich das am Soester Altare zutrug, 
gewährt die lehrreichsten Blicke auf die Macht veränderter Zeit- und 
Eunstanschauungen, auf die Vorgänge in der Seele des alten Malers 
Gert. Er soll und will die stets gebrauchten Stilformen, ich möchte 
sagen, die Jugendideale, die ihm heilig, theuer und ruhmreich geworden, 
verlassen oder doch mit Motiven durchdringen und verquicken, die 
nachgerade Mode geworden waren; dass er den Versuch nicht scheute, 
ist selbst ein Merkmal der Zeit; für die architektonischen und andern 
Ornamente, die ihm voraussichtlich misslangen, zieht er eine junge, 
fähige Kraft heran, und für gewisse Partien des Figürlichen schaut er 
zugleich auf Dürers Vorbilder. Man verlangte in der alten Kunststadt 
mehr, als die Heimath zu leisten vermochte, sonst hätte man Dürer 
keinen Auftrag ertheilt Nun, der alte und der junge Meister haben 
unser Bild einträchtig zu Stande gebracht, denn weder Gerts noch des 
Genossen Antbeil sieht aus wie ein einfaches Vervollständigen oder 
Beendigen dessen, was der andere begründet oder begonnen hatte. 
Gert bat sich namentlich das Figürliche vorbehalten und, wie es auch 



namentHoh ku dem, was er im Anschlusso an Waagen den Frühstil des Bles nennt. 
Vgl Woermann II, 623. 

1) So jener Hildegard ku Köln; Schölten bringet in den „Auszogen aas 
den liaurochiiuDgen der St. Victors- Kirche su Xanten, Berlin 1852, S. YIIl eine 
Noiix, welche „ebenfalls einem wahrscheinlich unbekannten Namen gut und sich 
auf ein tüchtiges Kunstwerk bezieht'': Anno 1558 pictae sunt tabulae altarisB. 
Maria« virginis per Rudolphum de Antverpen, condictum Loesen, exi- 
uiMtiUi magistro fabricac!, Kverardo Maess. Vielleicht um diese Zeit gelangte eine 
Tafwl dos IJochaJtaros von Antwerpen an das Schwesternhaus zu Ahlen, wie schon 
1401 von Hrüggo f*infi pr&chtigo Glasmalerei an die Pfarrkirche zu Unna. Vgl. 
tnolfi'f Kuimtgciich. l)i)y.i^hiingüii 8. 18, 47. — Waren die Maler Kars(t)ken aus 
ilfvfri OirM^rluiMlii und Koyiiardt von Woscl, welche in der Wiedertäufer-Bewegung 
NU Mliiistiir ein« Ilotlo Npiolton, hier bereits durch ihre Kunst eingefSihrt? VgL 
IVttftir's Archiv IX, 75. 



Studien zur altweBträlieohen Malerei. 



131 



gewandelt und gemodelt wurde, (iberall scheint noch das Charakteri- 
stische oder vielmehr das Typische seiner ehemaligen Formengebung 
hindurch. Worin beide Hände sich namentlich begegneten, worin die 
beiderseitigen Antheile einheitlich znsnmmenlliessen — das Ist die tiefe, 
kräftige Farbe. 

Aelter ist eine Serie von Gemälden im Clemenshospitale xa 
Münster; das Figürliche bewegt sich durchaus noch im eigentlichen 
Formenkanon Gert's. Vierzehn an der Zahl wanderten sie wahrschein- 
lich auf Geheiss des Churfürsteo Clemens August von Baiern aus einem 
seiner anderweitigen Bisthllmer, etwa aus dem (Kölnischen) Sauerlande 
hierher als Schmuck seiner fürstlichen Krankenstiftung. Für eine solche 
Provenienz sprechen keine Acten, vielmehr gewisse Umstände, wie dass 
bis jetzt vom Geseker Meister in der Munster'schen DiÖcese keine (An- 
dachts-)Bilder des ursprünglichen Standorts an's Licht kamen, so- 
dann kehrt in unserer Serie von einem Löwen gehalten ein oblong 
getheilter Schild dreimal auf der Rücklehne des Bettes im Bilde der 
Verkündigung und einmal beim Einzüge des Herrn in Jerusalem über 
dem Stadtthore wieder. Von den Inhabern dieses Abzeichens kommen 
die altmünsterländiscbeu Geschlechter Wiillen und Walegarden so- 
wenig in Betracht, wie die unansehnlichen von Thünen und Ulfersen, 
sondern jedenfalls nur die Diücesangenossen der beiden letzteren, die 
Bredenol, Elspe und Plettenberg. Diese wohnten in der Kölner 
F.rzdiöcese westfälischen Anlheils und am Ersten räth man auf die 
Plcttenbergs, welche im Herzogthum Westfalen an Würden und Be- 
sitzungen langehin fast alle Geschlechter überragten. Dass, wie wir 
sehen werden, in einem Gemälde der Geburl Christi eine schwarz 
gekleidete Nonne (Benedictinerin) mit der Kerze die Stelle Josephs 
vertritt, deutet vielleicht auf den ursprünglichen Fundort hin. 

Die Bilder hangen links und rechts auf einem Gange des West- 
flUgels in einer willkürlichen Folge der Scenen aus dem Leben des 
Herrn, das sie wiederspiegeln. Auch richtig geordnet lässt sich noch 
manche Lücke erkennen und darum auf einen vormals weit um- 
fassenderen Cyclus scbliessen, als diese vierzehn Stücke darstellen: 

1. Die Vermählung Marias und Josephs inmitten zweier Zeugen 
— iToseph, wie im Soestcr Bilde, im (rotben) Gürtelrocke and blauem 
Mantel mit einer Kaputze. 

2. Marias Begrüssung durch den Engel In einem nicht überla- 
denen, mit gothischen Möbeln staffirtem Gemache; an dem Bette die 
erwähnten Wappen. 



182 J. B. Nordhoff: 

3. Begegnung Marias und Elisabeths in einer Landschaft vor 
einem Hausthore. 

4. Christi Gebart: Maria empfängt von einer Frau die Wochen- 
suppe im Bette, neben diesem steht ein Tisch mit Hausgeräth, dahinter 
eine schwarz gekleidete Frau (Nonne) mit der Kerze, vom badet die 
Wehemutter (Zeloni?) den Kleinen. 

5. Anbetung des Kindes, das strahlend zwischen den Eltern liegt, 
von welchen Joseph wie zu Soest Stab und Kerze fahrt; hinter ihnen 
Ochs und Esel, über ihnen schauen zwei Personen (Hirten) durch ein 
Kuppelfenster, einer mit dem. Stabe in röthlichem Mantel und blauer 
Kaputze, einer als lockiger Jüngling in grünlichem Rocke, — oben 
schweben zwei Engel mit dem Gloria . . . 

6. Darbringung im Tempel, wobei Joseph die beiden Tauben im 
Korbe trägt; oben in einem Bilde mit Kleeblattschlusse Moses und 
neben ihm zwei Männer, einer mit dem Buche und einer mit dem 
Stabe. 

7. Einzug des Herrn in Jerusalem mit zahlreichem Gefolge; 
aber dem Thore das bezeichnete Wappen. 

8. Christus betet am felsigen Oelberge vor einem Kelche mit 
dar h. Hostie^) und hinter ihm stürzen die Kriegsknechte durch ein 
hölzernes Gartenthor, indess die Jünger im Vordergrunde schlafen. 

0. Christi Verhöhnung: eine Gruppe von sechs Personen in einem 
(loiimcho, dessen Fenster einfache Glasbilder zieren. 

10. Christus erscheint den Jüngern. 

11. (Jhristi Himmelfahrt im Angesichte der betroffenen Jünger 
lind rior Mutter. 

12. Vor einem grünen Teppiche mit Granatmustem krönen Gott- 
VftMtr Mild der Hohn die h. Maria ~ darüber schweben die Taube und 
KWdl Kt}K<*l|>^arc, deren eines musicirt, während das andere ein Buch 

mifliHlt. 

III. DIo Iforabkunft des h. Geistes. 

M. (^lirlHtUH mit dem Nimbus des Lilien-Schwertes sitzt auf zwei 
KoKMttidKf^n scwinchni Maria und Johannes zu Gericht; unten rechts 
Wi^ldMli diu (naokt(m) Seeleu vom Teufel und seiner Frau in deuHöllen- 

I) WiH ftiif «Itidin HiUlo der Schule Dierick Bout's im Germanischen Mu- 

^uu« *u NHiiihpiK Nu. an. 



Studien zur allweatfätiscliua Malor 



138 



rächen gerisscD, links von Petrus in's Himmelsthor geleitet. — Anord- 
nung und Einzelheiten wie in einem grossen Holzschnitte des Schede!- 
sehen Chronicou (Nürnberg) 1493, 

Die Bilder hatten ursprünglich offenbar Nichts mit sogenannten 
Stationen gemein; donn, wie die Lücken der Serie beweisen, machen 
sie heute nur zufällig die Zahl 14 aus und Stationen waren zu Gert's 
Zeit Wühl noch nicht in Gebrauch. Am Ersten sind sie als Fül- 
lungen von Chorstilhleo oder von Brüstungen einer Orgelbühne oder 
eines Nonnenchors gemalt und angebracht worden. Wie Blumen waren 
die Gemälde dem vielleicht nicht ungefärbten Möbelgerüste eingereiht, 
erinnere ich mich recht, in einer Kirche zu Geseke, dem Wohnorte 
unseres Malei'a; und noch heute muthct uns ihre gleichartige Verwen- 
dung sehr an in der Pfarrkirche zu Werl. Es unterbrechen hier die 
Orgelbrüstung ') gegen alle drei Schiffe oben abgerundete Gemälde mit 
Heiligenbildern und Unterschriften — nach dem Südsehiffe die Heiligen 
Lanrentius, Norbertus und Walburga, nach dem Nordschiffe Augustinus, 
Slephanus und Cäcilia, in der Brüstung nach dem Hauptschiffe nur 
viert Petrus, Johannes der Täufer und der Evangelist und St. Michael — 
an allen Seiten in Brustbildern. Die anderen (Mittel-)Bilder der lets- 
t«ren und längeren Brüstung wichen wahrscheinlich einem später an- 
gebrachten Erker. Das mehr architektonisch als decorativ behandelte 
Möbel, die Färbung der noch gut gezeichneten Gemälde sprechen für 
eine Entstehung der ganzen Serie im Beginne des dreissigjahrigea 
Krieges. 

Die Bilder des OleraenshoHpitals nehmen sich keineswegs als TheÜ- 
reste eines Ältarwerkes aus; es sind sämmtlich Einzeltafeln von gleicher 
Grösse, je mit abgeschlossener Darstellung ohne Spuren irgendwelcher 
Verkürzung oder Verstümmelung; ihre Maasse betrugen 85cm in der 
Höhe und 65 cm in der Breite; zweifellos war ihr vollständiger Cyclus 



1] In slter Zeit GOhmäckten sie die Orgel BclbBt: man stösst zum J. 1440 
auf folgende Posten io den Rechnungen der St. Viclors-Eirclie zu Xanten (bei 
Scbolten, a.a.O. S. 30J:hem magistro Ilenrioo pictori pro pictura ad 
Organa et ad Bepiitchrum s. Victoria et ud florea tea plnnacula super eborum 
et cütlarium XI flor. Ren. iucl. II flor. Ren. datis pro panno linneo ad 
Januag organoriim. Auch die Verschluis tafeln der Orgc;! in der Fraoziakaner- 
hirohe zu Urbioo zeigten Einzelheilige des Franziekanerordens, die theila 
Rafkel, tbeils «eioem Vater zugeichrieben worden. Paagavant, Rafael von Urbino 
1639 I, 23. 



184 J. B. Nordhoff: 

ebenso grossartig als Bildschmack einer Kirche oder eineB Klosters, 
denn als Scböpfang eines Meisters der Kleinstadt. 

Sie theilen mit Gert's anderen Kirchenbildem die mhige Handlung 
und schlichte Composition, die saabern C!o6täme und die gothischen 
Interieurs; ein gothisches Blattgerftnke bogenartig verflochten amiasst 
oben die häuslichen wie die landschaftlichen Scenen, verschiedene Most^ 
herrschen in den Bodenfliessen, mndbogige Fenster in den Architekturen 
— die Farbengebang ist hier weit weniger brillant, wie sonst; überall 
wurde am (rolde gespart, statt der goldenen eine weisse Luft f&r die 
Fenster gewählt, oder es beliebte die natürliche Landschaft, die sich gerne 
als felsiges Gebirge erhebt und als bläuliches Flussthal mit fem auf- 
dämmernden Gebäulichkeiten oder Städten senkt. War dem Meister 
die Bevorzugung der Landschaft durch Sparsamkeitsrücksichten ge- 
boten, — so scheint es —, dann mangelt auch ein stichhaltiger Grund, 
die Münsterischen Tafeln in seine gereifteren Jahre zu verlegen — 
allerdings sprechen anscheinend dafür einige Figürchen, sowohl aus 
der Frauen-, als aus der Männerwelt, die nämlich mit eleganter Kopf- 
contour und freundlichem Gesichtsausdrucke angenehm contrastiren 
gegen die stereotypen Gestalten der Hauptpersonen. 

Gert's eigenste Mal weise ohne anderweitige Zuthaten erschliesst 
uns ein Altarblatt der alten Pfarrkirche zu Horste bei Lippstadt. 

Es hat unzweifelhaft um 1700 dem jetzigen Hochaltar Platz ge- 
macht, welcher in Stein hoch aufwipfelt mit seinen Baugliederungen, 
Bildsäulen und dem Hauptbilde in Relief, nämlich dem Abendmahle 
des Herrn und der Jünger. Es theilte das Loos so vieler Altwerke, 
nämlich, falls sie nicht gar zertrümmert oder vertilgt wurden, vor neu- 
modigen oder lySchönern" Anschaffungen in die Winkel oder Yerliesse zu 
rücken und der Vergessenheit und Beschädigung anheimzufallen; im 
Tburme hinter der Orgel steht es, der Flügel baar und in der Bild- 
fläche so arg mitgenommen, dass stellenweise der Holzgrund nackt 
hervorsieht und die Leinwand mit der Bemalung abblättert. Als Mal- 
grund dient Kreide auf Leinwand, hie und da anscheinend auch Kreide 
allein auf kernigen Eichenstücken. Die Bildfläche hat die erheblichen 
Maasse von 2 m Länge und 1,26 m Höhe. Den Rahmen bedecken 
Gold sowie graue und rothe Farben. 

Die einfachen und statuurischen Bilder sind: mitten die Kreuzi- 
gung des Herrn, Maria, Johannes, Magdalena und schwebende Engel 
mit Kelchen auf Goldgrund — und daneben auf der einen Seite Anna 



Studien zur altwestfalischeo Malerei. 185 

selbdritt, auf der andern der h. Martinas als Kirchenpatron — diese 
in Architekturen, durch deren Fenster goldene Luft dringt. Bei allen 
Unbilden, die dem Werke widerfahren sind, bewahrt es noch mehrfach 
die feinsten Einzelheiten, zumal die gothischen Blattdecorationen sowie 
einen Farbenglanz von höchster Schönheit; und es macht den Ein- 
druck, als sei es in den rüstigsten Tagen des Meisters vollbracht. 

J. B. Nordhoff. 



II. Meister Eisenhuth. 



IV. 

Ich kann noch eine kleine Nachlese i) zu Eisenhuths Werken 
halten; es handelt sich leider nicht mehr um plastische Metallarbeiten, 
sondern um drei schöne Proben des Kupferstichs oder des Metall- 
schnittes. Das grösste Stück ist durch die Inschrift beglaubigt und 
auch ohne diese auf den üAeber leicht zurückzuführen, — das in 
Kupfer gestochene Portrait des gelehrten und berühmten Juristen 
LudolfSchrader^) an der Brandenburgischen Universität Frank- 
furt, eines Braunschweigers von Geburt. Viereckig, 25,5 cm hoch und 
17 cm breit bietet es in einem stumpfen Ovale von vertikaler Lage dessen 
Brustbild, darunter in einem horizontalen und schlankeren Medaillon, 
welches mittelst Nägel einem viereckigen Zier-Rahmen aufgeheftet er- 
scheint, die Inschrift: D:(ominus) Ludolphus Schraderus | Bruns- 
vidensis, I(uris) C(onsul)tus, eques auratus, Gaesarei, | Electoralis 
Brandeburgici, totiusq(ue)domus Brandeb:(urgicae) | &aliorumpraeterea 
ducum, principum atque statuum | S. R. Imperij consiliarius, luridicae 
facultatis in Äcadejmia Francofordiana ad Oderam quondam praeses 
or|dinarius, & antecessor primari(us): pie in GHRISTO | obiit, in pa- 
tria octava die lulij, Anno Domini, | 1589. aetatis vero 59. Anto(nius) 
Eise(n)hot F(ecit). 

Schrader schaut halb zur Seite, trägt weisse Hals- und Aermel- 
krausen, einen kostbaren, vorn nicht geschlossenen Mantel mit Pelz- 
besatz, in der nervigen, geäderten Hand die Handschuhe, um den Hab 
und auf der Brust die doppelte Amtskette, auf den hohen Schultern 



1) Vgl. Artikel I: Jahrbb. H. LXVII, 137 £f., Artikel II: Jahrbb. H. LXX, 
113 ff., Artikel 111: Jahrbb. LXXVII, 142 ff. 

2) Es wurde jüngst in Paderborn entdeckt (vgl. Kunst-Chronik 1885/86 
S. 437) und an die Dresdener Sammlung verkauft. 



Meister EiBeabntb. 

sitzt das schon ergraute, kurz geschorene Haupt mit vollem Barte 
und länglichem Antlitzej feiner kurzer Nase und hoher, doppeltgewölhler 
Stirn, iudesa die kleinen Augen Fassung und Scharfsinn aussprechen. 
In Absicht auf die Charakteristik ist es das Muster eines Bildnisses, 
ebenbürtig den hervorragenden Farben portraits jener Zeit. Falls Eisen- 
huth auch die Zeichnung entwarf, haben wir einen neuen Beleg für des 
Meisters Begabung als Maler. Ganz reich, in Inhalt und Formen ihm 
eigen, erweist sich die schöne Umrahmung an den vier Seiten: in einem 
leichten, nicht vorhiuten Gerüste von baulichi.-n Ghedem, Walzwerk, 
Masken, Hermen und deren Zuthaten ruhen drei Paare von allego- 
rischen Gestalten, grosse Weibsbilder, gekennzeichnet durch Haltung, 
Inschriften und Embleme und doch wieder ganz wechselvoll in Auf- 
fassung und Anordnung: unten die Eruditio und Liberalitas nackt, 
gelagert bei ihren Symbolen mit erhobenem Oberkörper, — dann an 
den untern Zwickelseiten des Bildnisses, gleich jenen mit dem Rücken 
nach aussen gekehrt, die Spes mit dem Anker und Ituder und die 
Charitas, welche zwei nackte Knäblein beschenkt oder säugt, ganz be- 
kleidet und sitzend, und oben die Fides mit dem Crucifis, und die 
Justitia mit der Wage; diese liegen mit dem Oberkörper einwärts, be- 
reits auf dem Oberrande des Cildovals, getrennt durch das persönliche 
Wappen des Löwenrachen, halbnackt, so dass die Brüste und jedesmal 
ein Untei'bein unverhüllt bleiben. Aussen neben ihnen stehen zwei 
nackte Putti mit Schwingen und den Attributen des Kreuzes hier und 
des Schwertes dort. Es sind zwei mächtige, ernste WeibsgesUlten, 
ganz in der Empfindung und Art des grossen Florentiners. Die obersten 
Zwickel füllen Palm- und Blilthenzweige, femer Schalen mit FrUchten 
und Blumen. Die Vorliebe für Allegorien, die hingen Körper, die vyohl- 
genährten Buben, deren auffalleud kurzen Unterbeine, die hochentblössten 
Stirnen der Weibsbilder, die Gewaml-Lage und -Kuitterung, die geschickte 
Baumbenutzung und das Ornamentale — Alles das sind Merkmale, 
die wir an den bedeutenderen (Renaissance-)Werken des Meisters längst 
gewohnt sind. 

Wie schon die Inschrift anzeigt, ist der Stich erst nach dem Tode 
des Verbildlichten, also nach 1589 entstanden, und hätte Eisenhuth 
selbst das Bild oder die Zeichnung nach dem Lehen gefertigt, so mdsste 
er dem Gelehrten irgendwo nahe getreten sein und zwar selbstver- 
ständlich nach seiner Heimkehr aus Italien, also in den Jahren 1585>) 



1) Artikel III, S. 15Ü. 



Heister Eiaenhulh. 



1S9 



und der ungdeuken Ornamentik ersieht man, dass EisenhuCb mit dem 
Formschoitte Nichts mehr zu thun hatte. Den Band II voq 1609 schmückt 
nochmals des Verfassers Portrait in ähnlich grossem Holzschnitte, aber 
hier mit derselben Wendung, demselben Ketten- und Pelzschmucke 
und demselben länglichen Gesichtstypus wie im Kupferstiche; nur 
fehlen Inschrift nnd allegorischer Bildbesatz; doch haften daran als 
Tier äussere (Zwickel) Zierden Gartouchen mit Fruchtornamenten. 

An beiden Stellen kommt zu dem Portrait ein Lobgedicht auf die 
Naturtreue des Bildes und damit wie von selbst auf die Geschicklichkeit 
der Künstler, ohne dass, wie in der Regel, diese benannt werden: 

Schraderi picta cjuisquis aub imogine vultus 

Conspiciet vigiles, quas habuit, faces; 

Sic oculua (1), sie iUe manus, sie ora gerebat, 

Gloria Romulei Scaevula juris, ait; 

Non male spectator, sentis, hone; corporis ast hie 

Artificum tibi dat dextra modo effigiem. 

Discupis (!) ingenij varias cognoscere dotea 

Erudient doctae pulpita docta scbolae . . . 
In der Auffassung des Portraits und dem feinen, glitschernden Stiche 
erreicht von den Zeitgenossen wohl am Ersten unsern Eisenhuth der 
Leidener Kupferstecher Bartholomaeus Doleudo') (geb. um 1560) 
und wie jener»), arbeitete auch dieser^) nach Bartholomaeus Spran- 
ger. — Eisenhuths Technik des Stiches hat also in den Niederlanden 
ebenso ihres Gleichen, wie jene der Biklnerei (Utrecht). Was Meister, 
wie diese, in den Portraits versprachen und leisteten, hält vollauf die 
Probe aus mit den viel gepriesenen Franzosen-Kupfern unter LudwigXIV. ; 
an Leben, Kraft und Charakteristik ziehen letztere offenbar den KOr- 




Dass damals die grössten Künstler fern von allem Specialisiren 
ihre Hand auch dem Gewerbe ebenso zuwandten, wie grossen Pro- 
blemen, mögen uns folgende Erbtheile Eisenhuths beweisen. Das 1600 
zu Paderborn von Matthaeus Pontanus gedruckte Buch in kl. 8": L. 
Bubea, Liber de faläis prophetis et lupis rapacibus^) fuhrt eine 37 mm 



1 MeUn 



1 ia deuen Belgische ofte 



1) Man vgl. das Portrait des 
Nederlantsche Historie. Deif 1599. fol. 

2) Art. m, S. 161. 

8) Kkgter, MoDograia mitten I, Nr. 1757. 

<) Vgl iD«iiM Denkwördigk. aus d. Münster. Hnnauitmiu. Mit e. Anlage 



140 J. B. Nordhoff: 

breite und 50mm hohe Titelvignette: darin die stehenden Heiligen 
Petrus und Paulus ein Wappen haltend, im Wappen gekreuzte Schlösset, 
Schwert und Erummstab, auf demselben die Inful. Das ist nach der Ge- 
wandung und der Glätte des Stiches wiederum ein Werk Eisenhuths, der 
damals längst im Dienste des dortigen Bischofs stand. Welchen An- 
theil der Heister wie der Bischof an der Paderborner Presse und Officin 
nahmen, ergibt sich auch aus der Betrachtung des dritten Stückes von 
Eisenhuth; das ist ein Metallschnitt. 

Von des Jesuiten J. Pontanus Progymnasmata, welche zu Ingol- 
stadt in 80 erschienen, steckt ein mir vorliegendes Exemplar des vol. 
III P. I von 1592 in Deckeln mit Schweinsleder und mit Ornamenten 
des 16. Jahrhunderts. Diese sind eingeprägt und eingerollt, an den 
Rändern schmal und einförmig mit allegorischen Gestalten z. B Fides, 
SpeSy Justilia unter steifen Laubbaldachinen; von den drei Feldchen 
der Füllung sind die schmalem oben und unten vorn gar nicht, hinten 
mit Fileten bedruckt, die in ihrer Schwere den Laubbaldachinen gleichen; 
das grössere in der Mitte schmückt dagegen ein Stempel, dessen 
edle und schwungvolle Gomposition sofort gegen die benachbarten 
Ornamente absticht. Bei Ay^^ia Breite und 7cm Höhe repräsentirt 
er das Wappen des Bischofs Dietrich und (darüber) wie als Helmschmuck 
die Hitra, neben dieser das Paderborner Kreuz und die beiden Fürsten- 
berger Reiherfedern mit den beiden Querbalken. Die Umkleidung 
machen an den Seiten Flügel von Walzwerk, sodann in krauser Anlage 
geometrische Ornamente, an den untern Ecken links und rechts je 
ein Bouquet von Früchten und Blüthen. W^eist der Stempel auf einen 
gewandten Formschneider, so gemahnen die Bouquets und die schlanke 
Form der Mitra und Reiherfedern, die Entfaltung des bischöflichen 
Wappens an andere Werke Eisenhuths, zumal an sein BQcherzeicben 
für die bischöüiche Bibliothek; die Renaissance-Ornamente nun stehen 
in Auswahl und Anordnung den besten nicht nach, die er gestochen 
oder getrieben hat. 

Das in Ingolstadt gedruckte Buch ist also zu Paderborn einge- 
bunden, sogar laut Inschrift hier 1594 verkauft; es war somit unzweifel- 
haft durch die Ingolstädter Jesuiten, deren Orden der Verfasser ange- 
hörte, an die Paderborner gelangt, denen der Bischof hier 1585 das 
Gymnasium übergeben hatte; der Buchbinder aber, welcher einen Zier- 



über d. früh. Press- u. Bücberwesen Westfalens 1874, S. 207 und meine Nach- 
lese dazu in der Zeitschr. f. Gesch. u. Alterthumskunde. (Münster) XLIIT , 1, 124 ff. 



Meister Eisenhuth. 141 

Stempel mit dem bischöflichen Wappen gebrauchte, stand ohne 
Frage in Beziehung zur (Paderborner) Jesuitenschule; — es ist daher 
wohl schon jener Matthaeus Pontanus, welcher hier 1597 die erste 
Presse zunächst behufs Bestauration des katholischen Glaubens auf- 
richtete. Der Buchbinder (Drucker) ist dann gewiss auch ein Anver- 
wandter oder Bruder des Verfassers der Progymnasmata; die Verbin- 
dung von Ingolstadt und Paderborn, die Gemeinsamkeit des Haus- 
namens Pontanus deuten geradwegs darauf hin; dann stammt auch 
der Paderbomer Drucker ^ aus Böhmen und zwar aus Brück'). 

Der Einband und gewisse äussere Merkmale eines alten Buches 
führen also auf so lehrreiche Ergebnisse, wie die Verbindungen der 
Jesuiten im Süden und Norden, weiterhin auf gewisse Massnahmen im 
Restaurationswerke eines westfälischen Bischofs. Und dieser Bischof 
fordert und pflegt zugleich die Literatur und nicht weniger die Künste 
durch allerhand tüchtige Kräfte, selbst solche des Auslandes. Die 
namhaftesten sind die Westfalen Eisenhuth, der Bildhauer Heinrich 
Gröninger (Grunniger); von seinen Malern war Gerdt Stroedtmann aus 
Höxter^) und Nicolaus de Liemacher gen. Roose aus Gent^). 
Gegenüber der eigenartigen Cultur des protestantischen Holland ent- 
faltete sich damals in Belgien in Kunstwerken und Schriften epoche- 
machend das katholische Leben — und der Heerd Antwerpen leuchtete 
weitbin in die katholischen Reviere Deutschlands (Würzburg). Aehnliches 
in seinem westfälichen Fürstenthum in's Leben zu rufen, hatte offenbar 
der Bischof Fürstenberg von Paderborn im Auge; thatsächlich zeigen 
sich damals in der Paderborner Geschichte allerlei Parallelen zu den 
kirchlichen und künstlerischen Erscheinungen in Belgien. 

Noch ein Wort über einzelne Manieren Eisenhuths ^) : die kurzen 
Unterbeine seiner Figuren hat er unzweifelhaft Aldegrever entlehnt, in 
dessen Stichen sie sofort auffallen. Mit diesem theilt er auch die langen 



1) Vgl. meine Denkwürdigkeiten a. a. 0. und meine Kachlese a. a. 0. XLI, 
151 ff.; erst 1674 wurde den hiesigen Bachbindern ein Amt verliehen and das 
Meisterstück abgefordert das. XXXIX I, 180 f. 

2) Vgl. Ribadeneira, Bibliotheca Scriptoram S. J. 1676, p. 882. 

8) Nach Brand's Abschriften ist Meister Gerdt Stroedtmann, Maler aas 
Höxter, auf Caution, die er durch seine beiden Bärgen gethan, dass er seine 
Qualification vorbringen wolle, 1692 cum Bürger aufgenommen and mit seinem 
Söhnlcin Heinrich, dem sp&tem Maler in Arnsberg, beeidet 

4) Belege in Prüfer's Archiv f. kirchl. Kunst 1886, Nr. 6. 

5) Vgl. Artikel lU, 160 E 



142 J. B. Nordhoff: Meister Eisenhaih. 

Korper und die geäugelten Oewand-Falten und -Brüche, nur sind jene 
im Hinblicke auf die Formenwelt der italienischen Spätrenaissance, 
diese gewiss im Anschlüsse an DQrer's Blätter veredelt und die BrQche 
deshalb weniger schattirt Der Warburger Meister hat also von Jugend 
auf die Kupfer des Soester Landsmannes studirt und als gereifter 
Kttnstler von den so gewonnenen Jugendeindrücken Mehreres verwerthet, 
Anderes, wie das Blattomament, gänzlich verworfen. Beiden Meistern 
ist ein sinnlicher Zug gemein — , und beide bezeugen auch eine merk- 
würdige Uebereinstimmung in der Wahl und Uebung ihrer Kunstzweige. 

J. B. NordhofL 



12. Alte WandmalefBien in der Mfinsterkirctie zu Essen. 



Bereits vor längerer Zeit wurden aus Anlasa der Restaurations- 
Arbeiten am Ostchor der Münsterkirche zu Essen höchst interessante 
und mit einer gewissen Vollendung ausgeführte Malereien an einem 
Gewölbe- Viereck des 12. Jahrhunderts aufgedeckt'). Dieselben gaben 
in vier, den Feldern des Kreuzgewölbes entsprechenden, Darstellungen 
die Hauptscenen aus dem Martyrium der hh. Cosmas und Damianus, 
der im ganzen Mittelalter hochverehrten Patrone der Stadt und des 
Stifts Essen, wieder. Nicht minder interessante, ja durch den Um- 
stand höhern Alters noch merkwUrdigi^re, Funde an Wandmalereien 
sind bei der Herstellung des Westchors, eines altern Tbeils der Kirche, 
im Jahre 1883 gemacht worden, während gleichzeitig nach Osten hin 
schöne gothische Bilder zum Vorschein kamen, üeber diese Funde 
zu berichten ist der Zweck dieser Zeilen. 

Architektonisch gliedert sich das Westchor der Essener MOnster- 
kirche zweifach, Den Haupttheil bildet die aber drei Seiten des Sechs- 
ecks bis zur Höhe des Mittelschiffs der Kirche aufgeführte, auf drei 
mächtigen Rundbogen ruhende Concba^). Daran schliessen sich in 
geringerer Höhe die Theile des obern Umgangs (— der untere, mit 
dem Flur der Kirche in einer Ebene liegende Theil des Westchors 
bleibt hier ausser Betracht — ), in welchem je zwei Gurtbogen auf jeder 
der hinteren Ecken das Halbsechseck gegen die im Viereck angelegten 
Umfassungsmauern abstützen. So wird durch diese vier Gurtbogen 
der ganze Umgang in 5 Theile zerlegt, von welchen der geradezu nach 



1) Vergl. Heilennann: CuniftB and Damianus, Alte Wandmalereien in der 
MÜDBterkirche zu Euoa. Jabrii. LXXIK 1882, S. 89 iina Taf. V. 

2) Vergl. die Zeichnungen bei v. Quast, Zeitaohrift für chrittl, Kunst und 
Arobaologie. Bd. I (vergl. jedoch dwa die berichtigenden Bemerkungen von 
0. Hnmaim im „Korreipondemlilatt des Gesammtvereina der deut«ob«ii Oo- 
■ohiolitt- und AlterthaD]sr«r«ia«" 1884. Nr. 11.) 



144 W. ToDDitseD: 

Westen gerichtete einen ziemlich qaadratischeD lUom bOdeL Der 
übrige Baam des Umganges zerfällt nach Nord und Sad in je 2 Ucuere 
dreieckige Theile, indem die äusseren Ecken der UmÜMsongam ■■im 
za Gonsten der vorgelegten Trcppenthurmchen abgeschrigt sind. 



L Wie die vorhandenen kümmerlichen Reste bewdsen, warn 
alle diese Räume reich ausgemalt Der Haupttheil, die Halbknppd, 
hatte selbstverständlich auch die grossartigste Behandlung sdtens des 
)Ialer3 erfahren, da sie die grösste Malfläche darbietet nnd auch von 
der Kirche her unbehindert in ihrer Ganzheit überschaut werden kann. 
Die Frage, was hier dargestellt gewesen, lässt sich wenigstens vorder- 
hand schwer beantworten. Der ganze südliche Theil der Halbknppd 
hat kaum noch eine Spur von Malerei. Das Uebriggebliebene befindet 
sich im westlichen Tbeil über dem mittlem Bogen. Hieran anschliessend 
sind weitere Reste im nördlichen Thelle ersichtlich und in ziemlicher 
Entfernung ein letzter Rest mehr nach Osten. 

Von der Hauptfigur nun inmitte der Halbkuppel sieht man nur 
noch den Theil von den Füssen bis zu den Enieen innerhalb des ent- 
sprechenden Stuckes der das ganze Bild ursprünglich umziehenden 
Mandorla. Zu den Füssen derselben entsteigt der Erde eine männliche 
Gestalt (Halbfigur), mit ausgebreiteten Armen, mit jedem Arm einen 
Thürflügel wie von einer vorher über ihr geschlossenen Gruft zurück- 
werfend und das Antlitz der Hauptfigur flehentlich zuwendend. Die 
ganze Darstellung hat der Maler durch eine Mauer eingeschlossen, 
die der Kreislinie der Goncha folgt, und rechts und links eine Thüre 
zeigt. Die Hauptfigur hat ein bis auf die Knöchel reichendes Gewand 
(ein Theil des Obergewandes ist ebenfalls noch erkennbar), die Füsse 
mit Sandalen versehen. An dem unmittelbar unter der Darstellung 
fich hinziehenden Bogenrand steht eine in Römischen Grossbuchstaben 
gehalt^e sehr lückenhafte Inschrift, deren Ergänzung bis jetzt nicht 
jf^LnDgeo ist. 

lo 40M Zwickel der Kuppel zwischen dem eben erwähnten und 
4^ff^ wui$ N'/rd gelegenen Bogen erblickt man eine in Flammen liegende, 
v«j ^Uou H^U ^<rkettete Figur mit entstelltem Gesicht und aufgesperrtem 
iiJb^Ä^K9^, <A$^ lil^'k der eben beschriebenen Haupt darstellung zukehrend. 
Kwi^wÄ^l* ^LdiiiiiWr «iud die Spuren einer mit Feuerhaken versehenen 
'j^vl€iL^,i;t>Wl >(u erkennen. 

WeiUji juicli Norden vorschreitend finden wir die Reste eines 




Alte WundmalBreien in der Mümterkirche ru Ewen. 



145 



Baumes und zweier dabei stehenden Figuren, von denen eine weiblich, 
die mit ziemlicher Sicherheit Auf Adam und Eva schliesaen lassen. 

Nach einem bedeutenden Zwischenraum, in wek-hem von der alten 
Malerei nichts mehr übrig, wird mehr nach Osten der Oberkörper nnd 
rechte Arm einer Chrjstusfigur ersichtlich, kennbar sowohl an den Ge- 
aicbtszagen als an dem gekreuzten Nimbus. Das Antlitz ist nach 
Westen, wie auf die letzterwähnten Figuren, gerichtet. 



II. Von den erwähnten dreieckigen Theilen des Umgangs waren 
die beiden vorderen sowohl an den (hüher liegenden) Gewölben als an 
den von den folgenden dreieckigen Räumen trennenden Wandflüchen mit 
Engel sgestalten in sehr geschickter Benutzung des Raumes belebt. Zu 
eAennen ist noch folgendes. 

1) Eine Engelsfigur, die das Gewölbe des nordöstlichen Dreiecks 
fallt. 

2) In demselben Theile zu Seiten einer kleinen Bogenstellung, 
welche die Wand über dem nach Westen gelegenen kleinern Gurtbogen 
darchbricht, ein Engel mit kurz geschürztem Gewand, der einen mit 
Reisestab versehenen Jüngling an der Hand führt — also wohl Raphael 
mit Tobias. 

3) Dem gegenüber an der andern Seite obiger Bogenstellung 
eine knieende Mannesgestalt von älterem Gesichtsausdruck, die Hände 
zum Gehet aufrecht haltend, den Kopf einem rückwärts stehenden 
Engel zuwendend. Letzterer hält mit der Geherde eines Redenden 
ein Spruchband, auf welchem hei den früheren Besichtigungen folgende 
Lesung ziemlich deutlich zu ermitteln war: 

egec 



sv(m) 



rem 
te 



' egressus sum ut doce- 
rem te . . . „Ich bin 
ausgegangen, damit ich 
dich belehre". Daniel 
9.22. 



Dadurch ist dieser Engel hinreichend als der dem Propheten 
Daniel erscheinende Gabriel gekennzeichnet. 

4) Unterhalb des vorhin erwähnten Raphael ist der Zwickel über 
dem Gurtbogen rechts vom Beschauer mit dem grossem Brustbild 



146 W. Tönnitten: 

einer minnlicben Figur ausgefällt, die ein nach oben gerichtetes 
Schwert in der Linken hält 

Wenden wir uns zu dem entsprechenden dreieckigen Baum nach 
Süden, so zeigen sich hier ebenfalls neben der obern kleinem Bogen- 
Stellung der westlichen Abschlusswand 

5) zwei Engelsgestalten, von denen die eine (links) nicht näher 
zu bestimmen, während die andere auf einer Leiter stehend Tor einem 
schlafenden Manne deutlich genug an das Gesicht Jakobs von der 
Hinunelsläter erinnert 

Soviel steht hiemach fest, dass die oberen Partieen dieser 

äusseren (östlichen) Bäume des Umgangs der Darstellung von 

Engelgeschichten gewidmet war. 

Die beiden oben besprochenen, wie gesagt, dreieckigen Theile des 
Umgangs haben, ebenso wie der westlich hinter der Kuppel gelegene 
Tiereckige Baum ihr Gewölbe in der Höhe der grossen Bundbogen, 
welche die Kuppel tragen. Zwischen ihnen und dem gedachten Viereck 
ergeben sich 2 weitere dreieckige Bäume (der eine nördlich, der andere 
sQdlich) mit niedrigerer Wölbung und entsprechend niedrigeren Bog^- 
öffhungen, welche diese Wölbung tragen. Dieser Bogen sind vier, 
zwei öfihen sich zu den vorhin beschriebenen östlichen Theilen des 
Umgangs, die beiden anderen führen in den viereckigen Baum. Ueber 
diesen Bogen erhebt sich eine Mauer bis zur Höhe der erwähnten 
höher gelegenen Gewölbe. Diese vier Mauern sind in dem oberen 
Theil allemal durch kleine Bogenstellungen durchbrochen, deren zwei 
äussere bereits erwähnt wurden. So wird das mehrgedachte Viereck 
zu einem fdr sich abgeschlossenen Baum gestaltet, für den, so scheint 
es, der Maler auch wieder eine besondere Grappe von Darstellungen 
gewählt hat. Doch ist hier am wenigsten übrig. Das Einzige, was 
denn auch die eben ausgesprochene Vermutbung hervorgerufen hat, 
sind an der nördlichen Wand neben der Bogenstellung die Figuren 
zweier Krieger, die, wie es scheint, von anderen angegriffen werden. 
Ausserdem zeigt der Scheitel des dortigen Kreuzgewölbes Beste einer 
vielstrahligen Bosette von reichem Farbenwechsel, worin, wie auch an 
andern Spuren der alten Bemalung in diesem Baum, die Anwendung 
vergoldeter Messingplättchen eine sehr wirksame Bolle spielt 

Kommen wir nun zu den bereits erwähnten niedrigeren Gewölb- 
dreiecken, welche jenem viereckigen Baum nach Nord und Süd sich 
anschliessen und reichere Ausbeute bieten. Wie sie baulich zu ein- 
ander in Beziehung stehen, so scheint es, hat auch der Maler in der 



Alt« Wandraalereien in der MüDsterkirehe z 



Aüsachmachung diese Beziehung festhalten wollen, indem er eine eigne 
Gedankenreihe in beiden zur Darstellung brachte. Doch wollen wir 
in dieser Hini^icht, wie auch in Betreff des ganzen Westchores einer 
zu?erlässigen Dentung, die wir von kundigerer Feder erhoffen, nicht 
vorgreifen, sondern uns mit einem möglichst genauen Bericht über 
das Vorfindliche bescheiden. Das aber ist folgendes. 

Die Gurtbogen, zwischen welche jedes der erwähnten Gewölb- 
dreiecke eingespannt ist, waren durch runde Medaillons geschmackt, 
Jeder Bogen hatte deren 5, so dass die Gesammtzahl 20 bildet. In 
dem südöstlichen sind 3 Medaillons ganz, 2 theilweise erhalten. Der 
folgende Bogen, durch den man in das vorerwähnte Viereck eintritt, 
hat nur Reste von 3 aufzuweisen. Der gegenüberliegende Bogen, m 
der Nordseite des Vierecks, bietet 1 vollständig, von 2 anderen Reste. 
Im letzten (nordöstlichen) Bogen finden sich 2 Rundbilder vollständig, 
von rfen 3 übrigen nur Theile. — Was ist in diesen MedailJons darge- 
stellt? Immer dieselbe — das scheint unzweifelhaft — lehrende Figur 
kehrt in denselben wieder mit 5 (vielleicht einmal bloss 4?) zuhörenden 
Personen. Die lehrende hat den Nimbus, aber ungekreuzt, und ält- 
liche Gesichtszüge; die Zuhörer sind stets ohne Nimbus, also keine 
Heiligen. An Christus und die Apostel ist demnach nicht zu denken. 
Das Spruchband, welches die lehrende Figur allemal mit der einen 
Hand hält, würde erwünschten Aufschluss geben. Allein nur an ver- 
einzelten Stellen ist höchstens zu erkennen, dass Buchstaben da ge- 
wesen sind. Es muss noch beigefügt werden, dass ein Medaillon, und 
zwar in dem ersten Bogen nach Süden, insofern von dem Obigen 
abweicht, als hier die lehrende Person an der Uinlerseite eines mit 
zwei Thieren bespannten Wagens steht, in welchem eine Person sitzt, 
der eratere mitteis einer Schale Wasser aufs Haupt giesst. Das weist 
wohl auf Philippus und den Kämmerer der äthiopischen KSuigin hta. 

Die einzige zwischen je 2 dieser Bogen liegende schräge Wand- 
fläche (nach Nordwest und Südwest) hat der Baumeister zu einer 
Nische gestaltet, die dem Maler zu grösseren Darstellungen willkommen 
war. Beide hat er, wie auch das grosse Bild der Concha, beliebt, wie 
eine Stadt mit Maner und Thoren zu versehen, deren Lauf er ohne 
Bedenken den Linien der Nische anbequemte. In der südlichen Nische 
sind Spuren eines langen Tisches bemerkbar, an welchem nur drei 
Personen Platz genommen haben. In der Ecke oberhalb der Nische, 
fär den Beschauer links, sieht man den Rest eines Schiffes mit einem 
Rnderer, vor dem Schiff im Wasser ein Netz. — In der nördlichen 




W. Tönni«, 



Nische biekn sich zur Rechten des Beschauers dem Auge 5mänolicbe, 
durch den Nimbus als Heilige gekennzeichnete Figuren dar, von denen 
eine bartlos. Die Haltung aller ist aufrecht, Antlitz etnas aufwärts 
wie mit Aufmerksamkeit dem Mittelpunkt des Ganzen zugewendet 
Dieser Mittelpunkt fehlt leider, und hat allem Anschein nach die Ver- 
ankerung den letzten Anhaltspunkte ihn zu errathen, zerstört. Man 
sieht hieraus, wie wUnacheoswerth es ist, dass bei der Restauration 
eines merkwürdigen Gebäudes die sorgfältigste Untersuchung jeg- 
licher andern Arbeit vorangehe. — Von einer zweiten Figurengruppe, 
die ohne Zweifel zur Linken des Beschauers den Baum füllte, sind 
kaum noch Farbenreste übrig. Am Gewölbe ist links die untere Hälfte 
einer Figur (Engel?) in gewandter Zeichnung und schönem Faltenwurf 
des weissen Gewandes ersichtlich. Rechts in dem entsprechenden Ge- 
wölbzwickel steht noch eine männliche Gestalt, bärtig, mit ernstem 
Gesichtszug, ein Spruchband haltend, das folgende Lesung in Römischer 
Groasschrift bietet. Die Druckbuchstaben geben das noch Vorhandene, 
die Cursiv-Schrift meine Ergänzung: 
(nisi) 

V (t) 1 Nisi Tidero in manibus — Anfang des ungläubigen Aus- 
D (b) I rufs des Apostels Thomas bei Job. 20, 25: „Wenn ich nicht 
RO I sehe in seinen Händen" u. a. w. Vielleicht ist von dieser 
IN I Figur aus ein Schluss auf das neben erwähnte anstossende 

M((i) \ grosse Gemälde nicht zu gewagt, denn es ist klar, dasa diese 
N(i) 1 Figur in Beziehung zu jenem Hauptijild stehen muss. Da 
B (ms) ,' nach dem Gesagten bei dieser Figur nur an den Apostel 
Thomas zu denken ist, so liegt die Vermuthung nahe, dass das Haupl- 
bild in der Nische eben jene Erscheinung des auferstandenen Heilands 
zur Darstellung gebracht habe, hei welcher Thomas nicht zugegen war 
und bei deren Kunde er in jene Worte des Unglaubens ausbrach. 
Jene 5 Heiligenfiguren wären dann 6 Apostel, deren Zehnzahl auf der 
andern Seite des Mittelbildes ihre Ergänzung fand, während Thomas 
nebenan gestellt ist. Die Bartlosigkeit des einen tritt bekräftigend 
'flr diese Annahme ein, da bekanntlich Johannes allein unter den 
Aposteln traditionell ohne Bart dargestellt wird. (Diese Annahme liesse 
<l»iin auch für die ersterwähnte Nische an eine Erscheinung des auf- 
erstandenen Erlösers denken und nach den obgemetdeten Spuren das 
Abendmahl mit den 2 Jüngern zu Emmaus vermuthen.) Auch an dem 
Gewölbe des nördlichen Dreiecks, nächst der Figur, die wir als Thomas 
angenommen haben, scheint eine Erscheinung des auferaUndenen Hei- 



Alte Wandmalereien ia der Miinsterkircbe zu Esien. 



119 



Iftnds dargestellt gewesen zu sein. Man sieht noch die Figur des 
Auferstandenen theilweise und eine kleine Gruppe zu seiner Linken. 
In der Nähe etwas weiter südlich an diesem Gewölbe steht noch eine 
Figur mit Spruchband, dessen Lesung bis jetzt nicht gelungen ist. 

In dem grossen Rundbogen, der das Wesichor mit dem nörd- 
lichen Seitenschiff verbindet, nach Osten ist noch in grossem Rund- 
Medaillon das Brustbild einer männlichen Figur mit Zinkenkrone vor- 
handen. 

An dem Steinbalken zwischen der doppelten übereinander ge- 
stellten Säulenreihe des westlichen grossen Rogens finden sicli 4 kleinere 
Rund -Medaillons mit weiblichen Brustbildern, zwei an der Vorder- und 
zwei an der Rückseite, für deren Deutung sich kein Anhaltspunkt 
findet. Das Mittelalter pflegte wohl die Tagenden als weibliche Figuren 
darzustellen. 

Fragen wir nach der Entstehungszeit dieser Malereien, so weisen 
die charakteristische Behandlung der Gewandung, die vielfach an antike 
Vorbilder erinnert, die streng gehaltenen Gesichtszüge, die allenthalben 
vorkommende Umrahmung mit Städtemauern in frühromanischer Zeich- 
nung, desgleichen die Ornament-Partien auf die frühromanische Kunst 
hin, und dürften dieselben somit dem XL, wenn nicht gar noch dem 
Schluss des X. Jahrhunderts angehören. Dazu stimmt, dass nach der 
jetzt wohl allgemeinen Annahme der Archäologen der Westchor in der 
ersten Hälfte des X. Jahrhunderts erbaut wurde, nachdem (jedenfalls 
vor dem 15. Januar 947 — urkundliches Datum ! — ) eine Feaersbrunat 
den altern Bau verheert hatte. 



IIL An dem nordöstlichen Kreuzschiff-Pfeiler sind noch 4 gut 
erhaltene Bilder in ganzer Gestalt aufgedeckt worden, die freilich einer 
bedeutend spätem Zeit als die Malereien des Westchors angehören, 
und zwar wohl der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Nach dem 
Mittelschiff hin findet sich hier unter der in goldenen Lettern au-i^ge- 
fuhrten üeberschrift: Salvator mnndi ein sehr grosses Bild des Hei- 
landes in reicher goldverbrämter Gewandung, ein Spruchband hal- 
tend des Inhalts: hie est panis qm de coelo descendit et qui nian- 
ducat. . . . Die entsprechende Fläche des gegenüberstehenden Pfeilers 
schmückte ehedem das Bild der Gottesmutter (doch tiefer stehend) 
unter zierlichem Baldachin (von dem die Spitze noch vorhanden), wie 
das von der ganzen Darstellung allein übrige Spruchband beweist 



ffioent o« i>ffi gCD6- 



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^ i^tfiTct «Hl» tgTL-nnaaiff^,. Ihdt usl ^aisick^ T?ina>nrffiMa üeber- 
«rauro^a ^simrinut icKO. uxjl 3>iaüis mos. jaiisi iisr ILi^fr kser die 

Vr^$f^u t'/r« MaJ^rf^,, wk is^^Ik h» ssd wieder am G^^oße. asd zwar 
w/4il aM* *|/jatAfirr Z^ tMmUbretid, TOfkommen, so lässt s::h deoken, 
üft i»i^ f^*'U^n H^hmnrJk 'ter Farben die Ebener Mlnsterkirthe einst 
m^^« pe^irMi bal>^, iMiiirkricben ist hierdurch za den Tielen s^rhon 
Vffhsiudün'*n *iu weiUfrer lieleg geboten Ton der Sorgfalt mit welcher 
da« Milt^lait/rf »eine Kirchen durch den ebenso anziehenden als be- 
lehrenden Schmuck der Bildmalerei zu beleben bedacht war. 
Ks«en, W. Tönnissen. 



IL Litteratnr. 



1, Victor GanclieK topographie des voies Homaieee de t» 
Qaule-Belgiqoe in den ÄnnaleB de TAcBdemie d'Arcb^ologie de Bel- 
gique XXXVIII 3. Serie, tome VIII. Aovera, Bnizelles etc. 1882 
mit 3 Karten. 
Dem Btrebsamen ForschtingBeifer belgischer ArchBologen verdanken 
wir das Toratebende umfassende Werk Aber RdmerstrnBBen, über Belgien 
binaaa bis zur Seine und bis znm Rhein. Das Buch giebt 25 Strasaen auf 
Grund des Itinerar und der Fe utiog ersehen Tafel, tnlt ihren Stationen, Ent- 
fernungen, Funden uud historischen Notizen, in Tabellen überBichtüch ge- 
ordnet, aUBserdem einige 50 RöraeratraBsen, sogenannter „zweiter Ordnung", 
ohne urkundlich römischen Nachweis, mit ihren wichtigsten Durcbgangs- 
punkten, Altes durch gute Karten erläutert, allerdings mit manchen Lücken 
und Fehlern zwischen Maas und Rhein. 

Bezeichnend ist das Motto des Werkes „lea TOyagea sont une des 
BoarceB de l'bistoire" (Chateaubriand), insofern schon Herodot, der Vater 
der GeBcbicbte, die Lander bereiste, um deren Geschichte zu schreiben, 
was man sich heutzutage oft bei^uemer macht. Aber an Wege und Strassen 
knüpft sich oft die Geschichte der alten Völker, in Bezug auf ihre Wander- 
züge, ihre Kämpfe, ja für ihre KuUur-Eutwicklung durch Berührung mit 
den Nachbarn, Auf soeben Grundlagen lassen sich die Zflge der ßöiner, 
die Züge der Franken seit Clodio von seinem castellum Dispnrgum her 
(Seile 368) über Toornay, Bavai bia zur Somme verfolgen. Manche Orts- 
angaben erscheinen uns freilich eigentbümlicb, wenn beispielsweise ein tu* 
mulns bei Roermonde als monnmentum und sepulcrnm Drusi bezeichnet wird 
(Seite 36), während Mommsen diese eustra sceleratn im Weser-Gebiet sucht 
(V S. 27), Strabo Vit, I die Oertlichkeit zwischen Rhein und Salas, wohl 
die heutige Yssel, im Auge hat, den Eltenberg, Cleve gegenüber. 

Auch den belgischen Historikern geht es mit der wichtigen, denk- 
würdigen Nervierscblncht wie uns mit der Varusschlacht; immer wird neu 
gesucht. Jene Niederlage au der Sambre verlegt das vorliegenden Werk 



152 von Yeith: Victor Gaaohes iopograpraphie det voies Romainet eto. 

Seite 422 jetzt wieder 15 km. unterhalb Haubenge, wo Kaiser Napoleon 
sie BclioD annahm. 

Anfmersamkeit verdient eine Karte dieses Werkes, welche die oft be- 
sprochenen Grenzlinien der beiden Belgica and der beiden Germania I und 
II giebt, ausserdem sogar die Grenzen der einzelnen Volksstämme, von 
denen die Vangionen freilich auf das Maienfeld des linken Moselufers verseilt 
werden, wo wir die Trevirer suchen. Schon wegen der Wanderungen sind 
zu scharfe Grenzen bedenklich; es werden zum Beispiel die Gondruseo 
zwischen Maas und Ourthe eingezeichnet, während ihre Altäre an der Erft 
und Roer und in der Gegend von Brüssel gefunden wurden. 

Auch der litterarische Kampf verschiedener Ansichten über die wich- 
tigsten Römerstrassen hat in Belgien noch nicht zu festen Resultaten ge- 
führt, da van Dessels werth volle Topographie des voies Romaine«, Brüssel 
1877 erschienen, die Strasse Reims-Kdin Seite 9 mit uns über Chiny fährt, 
und eine Richtung über Meziöres entschieden bestreitet, welche Victor 
Gauchez Seite 164 annimmt. 

Jedenfalls enthält aber das vorliegende Werk ein reiches Material 
für topographische Alterthumsforschungen, und verdient besondere Berück- 
sichtigung in den betrefifenden Kreisen. 

von Veith. 

2. Erwiderung auf die Abfertigung meines Aufsatzes: „Der umfang 
des ältesten römischen Köln'' (Westdeutsche Zeitung IV, I) im „Kor- 
respondenzblatt zur Westdeutschen Zeitung'' 1886, S. 72 ff. ^). 
Wären die Gründe, welche mein betrefifender Aufsatz für die Behaup- 
tung liefert, die Südseite der von den Resten der römischen Mauer be- 
zeichneten Stadt könne unmöglich zum ältesten römischen Köln gehört haben, 
so hinfallig, wie sie in der Beurtheilung des von Veith'schen Programms 
dargestellt werden, so würde meine Aufstellung dem Vorwurf grosser Leicht- 
fertigkeit nicht entgehen können. Glücklicherweise hat mich auch hiebei 
meine gewohnte Vorsicht nicht verlassen, der Aufsatz ist die Frucht langen, 
besonnenen Nachdenkens. Es würde nichts beweisen, dass Grabsteine im 
Süden der von der noch erhaltenen Mauer umschlossenen Stadt gefunden 
worden, wenn solche auch in anderen Theilen der römischen Stadt zu 
Tage getreten wären. Dass solche sich sonst nur vor der römischen Mauer, 
also nicht in der römischen Stadt, nachweisen lassen, scheint mir schwer in 
die Wagschale zu fallen. Und der Stein im Petersthurme war keineswegs 
als ein gewöhnlicher Baustein vermauert; man würde sonst die Schriftseite 
nach innen gedreht haben. Aber es bandelt sich nicht bloss um Grab- 



1) Die Redaktion des „Korrespondenzblattes" hat meiner rein sachlichen 
VertheidiguDg die Aufnahme verweigert. 



DflDtZI 



: Erwidi 






IfiS 



steinplatteD, Ein Sarg mit Deckel wurde 1851 im CfidlieDspital ansge- 

graboii. Wie sollte man dazu gekommen Bein, diesen die weite Strecke von 
ausserhalb der Römiechen Mauer bierljer zu schaffen! Man pSegte eolche 
Funde wohl in eine nahe Kirche zu bringen. In der .Marienkirche, der 
man später den Namen im Kapitol angehängt, fanden sich die Reale zweier 
Sarkophage. Das Wnhi-schein liehst« ist, dnss sie, wie mariohe Reste von 



StDokwänden nud Mosaiken 
nächster Umgebang gefund' 
entdeckt worden, roau würdi 
kirche geliiacht haben, ode 
in eine dort benaclibarte, 
haben. Audi Särge i 
Mauer gefunden wordi 



dem dortigen Umgnnge oder in dessen 
'Orden. Wären sie jenseit der Hochpforte 
in die nahe Jakobs- oder in die George- 
ei- wären sie weiter westlich zjt Tage getreten, 
nicht aie den weiten Weg bergauf geschleppt 
Sarkophage sind hier nahe vor der südlichen 
Aber mehr als alles heweiat die anfj^egr.ibene 



indeln 



Orabkammer. Wir können sie uns unmöglich in einen Keller 
lassen. Wie für eine solclie Annahme die Ausfuguug (nach dem einzigen 
Zeugen waren auswürts die Fugen der mit sehr schön gehauenen kleinen 
Tuffsteinen glatt auageraanerten und verputzten Mauer mit römischem 
Mörtel sehr sorgfältig bestrichen und gebügelt), die Niaclien and 
die Zweitlieilung sprechen sollen, ist mir nicht klar geworden. Niechen 
deuten doch an sich keineBwegs auf Koller und ebensowenig die Zweithei- 
lung, abgesehen davon, dasa wir gar nicht wissen, wie viele RSume das 
zerstörte Gebiiude ursprünglich gehabt hat. Nein, ein Keller nach neuerem 
Sprach geh ranche war es nicht; denn wenn man es ,,in einer Tiefe von 
aolit bis neun Fnss'' gefunden, so hatte eich eben der spätere Boden Eölus 
so viele Fusa, an andern Stellen weit mehr, über den des römischen erhöht, 
das Gebäude stand, was schon der äussere Verputz zeigt, an offener Strasse, 
wie die Grabmäiur, die oft mehr als drei Meter unterliulb des jetzigeu 
Bodens gefunden wnrden. Die Behauptung dea Gegners: .,Der schwere 
Block mit der Inechrift und das Fragment der Pyramide mit Pinien schuppen 
weisen auf ein grosses Grabmonument, welches keinesfalls in jener Kammer 
anfgesteilt war; diese Stücke sind hierher transportirt", streitet mit dem 
Fundbericht. Von einer kleinen, niedrigen Kammer kann keine Rede aein. 
Wie hoch die Manetn ursprünglich gewesen waren, wissen wir ebensowenig, 
als ob nicht der ganze zweite mit vier Mauern eingeschlossene Raum für 
Gräber bestimmt war. Die Räume des wohl in der ersten nauhrömischen 
Zeit zerstörten Uauses waren Jahrhunderte lang mit Schult und Erde be- 
deckt, ehe man auf dem neuen Boden weiter baute, ohne Ahnung der dar- 
unter hegenden Reste, wie an der Osteeite des Dom ea (Bonner Jahrb. LIII, 
203, 210). Sollten die Grabmonumente hierher getragen worden sein, wie 
man im Mittelalter römi<<che Alterlbümer in die alten Thüime schaffte, so 
milMte dies bald nach der Zerstörung geschehen aein, für das Mittelalter 
ist sie ansgescblotsen. Die rAmischen Reste, wie sie hier sich fanden, müsssn 



164 Düntser: Erwidemog. 

■ohon bei der Zerstörung eo gelegen oder gestanden hsben. Der Bog« 
fand sich noch fest aufrecht. Seine Bestimmung ergibt sich eben, wie sdifiB 
W. J. Braun gesehen und ausgeführt hat, aus dem, was man in seiner Nibe 
entdeokt. Einen stichhaltigen Grund wider die Annahme, es aei der Bogsn 
eines oolumbariums gewesen, sehe ich nicht. Solcher Bogen m^Sgen hier 
mehrere in gewissem Abstände hintereinander gestanden haben; den erhakeaeii 
land man etwas diesseits der Mitte der Breite des Gemaches. Aber wollte niB 
auch darauf Tersichten, diesen Bogen mit höchster Wahrscheinlichkeit einen 
oolumbarium lusu weisen, der Grabstein, der aufrecht zwischen swei Steina 
stand, von denen der eine im Museum (II, 187) sich findet, und der Anfsats 
eines Grabmonuments beweisen hinl&nglich ; sie lassen sich nicht wegschaffen 
von der Stelle, wo sie mit dem Bogen sich cur Zeit der Zerstörung gefun- 
den« Je weniger Beweisstücke uns übrig geblieben, um ao fester müssen 
wir uns an diese halten und sie nicht als unbequem beseitigen. Und wenn 
aus diesen sich ergibt, dass das Älteste römische Köln nicht so weit nach 
Süden gereicht haben kann, so darf es doch kaum als täuschender Zufall 
betrachtet werden, dass wir noch eine geschichtliche Andeutung eines Südthorei 
der Stadt bei G&oilien haben. Schwerlich wird es gelingen, noch „in &lt««i 
Werken topographische Notiien'* au finden; die gegebene sollte man nicht 
»kne Weiteres abweisen. 

Wenn nach Merta die ganie Mauer su gleicher Zeit gebaut worden 
witre und divee nach der neu erschienenen Inschrift des Pfaffenthores schon 
mit^^r iUllien bestanden hätte, so würde dadurch freilich die Möglichkeit 
meiner Annahme ausgeschlossen« Aber ich besweifle beides. Von Yeith 
kuil lulv M(irtelprt)ben geaeigt^ die an verschiedenen Orten aus dem unteren 
'l^kelUder Mauer genommen worden; diese bewiesen mir unwiderleglich, dass 
U^ gause lUu nicht au derselben Zeit erfolgt sein könne. Merta ist über- 
tt^mgl. daae die Thttrme gl^chaeitig mit den Mauern entstanden sind, was 
Un^^Wk au aioh wahrecheinUch, aber gerade dadurch wird sein früher Mauer- 
^u geec^kädlgt« dem man nur dadurch nothdürftig zu Hülfe kommt, 
vk«« UM^u die Yhürme später eetit I>asa die Inschrift, welche den Namen 
vWa VkUleuue eiilhäll, aus rteieriMNrZeit stammt, halte ich für unmöglich; 
lAul^ |V»t^u«^• halte mau dieeen Namen nicht auf dem Thore stehen lassen, 
i4vvuviv4u k4lt^ (hu d^b au«|^4lautHl. Jetat aber sind die Buchstaben, welche 
\Wm N^m^u j^mMi v<^lMUt^hell Kalbere beginnen, deutlich zu lesen, während 
VvvM '(v4U ^k»4|¥M 11\^le der Uv«i^)iril^ (wie könnte sie gelautet haben!) nichts 
H^ vi^^u^vvu Uli \Va« WK vxM^ der äusseren Geschichte der zweiten In- 
^vN^'*v \^v»H4, ^^t^W \x^K (H«MMe^^iM»kata)K>g gesagt; sie bleibt mir ein Räthsel, 
Av^^.^•*^ V ^MUisA x^v^^K^u^ht \U^ fii^ brii^et« Dass die Beweisgründe meiner 
yvk>4^^^.\ vk^ ^U^ti^ ^^^w^^^^Ke Kv^u sei nicht so weit nach Süden ge- 
-^vv^v.k* ^»\iv*^^t* *^^^ ^^^^ ^ ^^^ einräumen, vielmehr steht mir die 
V^vvvVAiv^^M ^^W4 vWm^ I\^^^^ Vui^tMMJt^ lur Marienkirche unerschütter- 



M. Ihm; M. Siebourg, De Sulevis Caropastribus Fatit. 165 

lieh feit, und dafür bedarf es keiner neuen Aoegrabungea. ÄDoh würde 
eine „erneute Nachgrabnog" wohl sobald nicht erfolgen können, da der 
Kenbau von 1319, der sich Über der römischen Stätte erhebt, ein schweres 
HinderDiBB bildet. 

Köln den 27. April 1886. H. Düntzer. 

3. M. Siebourg, De Sulevis CainpeetriboB Fatis. Dibb. inaag. Bonn 1886. 

Der Mütter- oder MntronenknltuB ist in diesen JabrbQchern so oft 
Gegenstand der Besprechung gewesen, dasB es angebracht erscheint, die 
Leaer der Jahrbücher auf obige Abhandlung, die auf jenen vielbesprochenen 
Kult Bezug hat, aufinerksam zu machen. 

Im ersten Theil stellt der Verfasser die inschrift lieben Denkmäler 
1. der Suleviae, 2. der Campestres, 3. der Fati bezw. Fatae zn- 
sammeu. Ein appeudJx zu Nr. 1 urofaset die Inschriften der Dea Sulis')} 
ein zweiter die der Silvnnae. Den Inschriften sind kurze erluutemde An- 
merkungen beigefügt, die besonders denen, welche mit der rümischen £pi- 
graphik weniger vertraut sind, za Statten kommen werden, sonst aber 
wenig neues bieten. Den zweiten kürzeren Theil der Arbeit bildet eine 
knappe enarratio m onuraentorum. 

Die iDschriften der Suleviae, dea SuÜa und Campestrea sind, aoviel 
ich sehe, volJetäodig gesammelt. Bei den Insehriften der Silvanoe') sind 
übersehen CIL III, 430J : Ulpia Candida Silvanis v. 1. m., 4534: Silvama 
silvostribtua) ... und CIL V 817: Calybo Silvania v. e. I. m. Auch die In- 
schrifleo der Fatae sind nicht vollständig beisammen. So fehlt z. B. ein 
in Säblet (bei Vaisoo) gefundenes Relief, auf welchem 3 Frauengestalten 
dargestellt aind, mit der Inschrift 

FATIS 
CORN EL IVS//F)L.») 
lo der Auffassung der Suleviae*) und Canipeetres weicht der Verf. von der 



1) Die Form des Nominativs ist eicht ganz sicher; vielleicht lautete sie 
Des Sol. Aaf der Alzeier InicbrLFt Cietst iro Mainzer Mnseum, Katalog Nr, 84 
= Bonner Jahrb. 63 p. U2) steht nicht, wie Becker angiebt, DEA SVLt, 
sondern D E A ' S V L- 

2] Ea ist durchaus nicht sicher, daas diese Gottheiten immer als weiblich 
•ufgefasst werden musien. Nichts hindert auch Silvani antuuehmen. Auf dem 
Stein CILIII 4534 sind nach Mommaen's Angabe vier Silvani in Retief darge- 
stellt, .quorum uiiui nuduB". 

3) Fl. VnlleDtiii, le culte des Matrse dana la cite des Yoconces p. 21. 
(cfr. ßev. des Societ^a sav. 1870 1. p. 170.) 

4) Dies die einzig richtige Form. Formen wie Sulefiae. Sulfae, Silriae, 
Sylphae etc. (Fiedler Gripswaldcr Matronensteine p. 12) gehören in das Reich 
der Fabel. 



lac 



M. Ib: 



M. Sieboui'g, Da Sulevia Capeitribus Falii. 



herkäminlicheD Ansicbt ab. Die Campeatrea galten in der Beg«l bis jetxt 
als Göttinnen der FeliUnr, die Suleviae (von silva) als Waldgottheiten. 
Herbeigeführt warde die ÄuETaHBuiig hauptsächlich durch die stadtrömiache 
InBchrift CIL VI 768: „Sulevis et CampestiiLue" etc. Der Verf. macht. 
wie ich glaube mit Recht, geltend, duaa die Ableitung von campug, welches 
nach römiEchem Sprachgebrauch apecicll daa miÜläriache Uebungafeld ist, 
den Campestres vielmehr einen rnüitArischen Charakter zuweist^). Dazu 
kommt der Umstand, daia (aat alle der den Campeatres geweihten Steine 
von Soldaten herrühren. Als militäriBche Gottheiten im Sinne dea Mara, 
der bekanntlich auch mit dem Beinamen canipester erscheint^), darf man 
aie deahalb noch nicht lassen. Sie hleiheo vielmehr dum Charakter der 
Matres oder Matronae durchaus treu. Diese aind schützende Gottheiten über- 
haupt. Ihr Schutz und ihre Fürsorge erstreckt sich auf die verschiedensten 
Gebiete: als Schützer innen der Kreuzwege werden sie unter den Namen 
Biviae, Triviae, Quadriviae verehrt, als Beschützerinnen der Soldaten im 
Lager und im Felde erhalten sie den Beinamen Campestres, den aie dann 
gleichsam ala selbst ständigen Namen weiterfuhren. Denn nur so erklärt 
eich, dass auf den jüngst in Rom gefundenen Inschriften der equites singn- 
lares (s. Henzen im Bulletino 1885) die Campestres von den Matrea ge- 
sondert erscheinen. 

Die Saleviac hält der Verf. nach dem Vorgang von de Villefosse^) 
für eng verwandt mit der dea Snlis^) und mit einer Sulivia Idenoica Minerva 
einer jetzt verlorenen Inschrift aus Nfmes*). Hinsichtlich der Etymologie 
verweist er auf Co t a Grundaüge der Etym. p. 551, der grieoh. Seip 
cäoc ZcXt^vtl u t lat enua aol, gotb. savil, irisch suil (d. h. Auge), 

Genetiv: snl ) zu mm n teilt. Danach wären Suleviae = tnentea. Die 
heikle Frage a h d n V hältniss der Suleviae, dea Sulie, Sulivia zu ein- 
ander Insst d V f u tert. 

Mit den Fati und Fatae beschäftigt sich der Verf. am Schlnsa auf 
einer knappen Seite. Auch sie d. h. die Fatae femineae setzt er, wie die 
meisten vor ihm, in innige Beziehung zu den Müttern. Ein zwingender 
Beweis hierfür ist m. E. nicht erbracht Schon die ausdrückliche Schei- 



1) Bb ist bezeichnend, daas Georges in den älteren Auflagen «eines Lexi- 
kons die Campestres schlechtweg aU , Kampf gottheiten" hinstellt, in der neuesten 
Aufl. dagegen die Campestres dar Inschriften 13S5. 1794 hei Orelli als „Kampf- 
goltbeitet)-' von den Campestres der Inschriften 2101. 2102, in denen er nGöt- 
tinnen des BUchfddes" sieht, scheidet. 

2) Vergl. Prelier röm. Mythologie, a. Aufl. I p. 361. 

3} Comptes-rendiis de l'acad. des inacr, i. Serie. Bd. XII p. 844 S. 
4) CIL Vll, S9 ff. 

B) Orelli 2601. ^ 

6) ZeasB, Gramm, celt.^ p. 260. 



SchaaffbBiiaen: LindeDSchrait, Handb. der deuUclien Alterthumsk. I&7 

dang von roäDnlicben Fat! und weiblichen Fatae spricht gegen jene An- 
nahme*). 

Auf weitere Einzelhdten der Arbeit einzugehen, würde en weit führen. 
Um noch eines kurz zu erwähnen: auf S. RO ac-beint der Verf. Btlbcer 
beizupdicbten, daas der Küloer Mntroneji stein ßramb, 407 wegeu seiner 
Scbriftzüge dem Zeitulter des Clnudiua angehöre (gesetzt iat der Stein Ton 
einem Tib. Claudius TikticeuuB). Solcheu Anaätzen gegenüber dürfte doch 
ein weuig Skepsis sehr angebracht seia. 

Bonn a. Rh. M. Ihm. 



4. L. LindouBchmit, Handbuch der deutschen Alterthumakuiide. 1. 
Theil, 2. Lief. Braunschweig 1866. 

Biese Fortsetzung des trefflichen Werkes bringt eine Daistellung der 
Kleidung und vorab der ächmuckgerathe der merovingi sehen Zeit, mit 
zahlreichen Abbildungen. 

Auf den ersten Blättern der Lieferung erfahren wir, dassdie hentigeSchaf- 
acheere das Modei der ersten Scheere war und dasa man, atatt das Rasirmeaser 
der Römer und des acandinaviachcn Nordens zu gebrauchen die Hnore mit 
einem Zängelcheu auszog. l>aa Rothrärben der Haare der Alamannen, Gothen, 
Vandolen mag ein Rest des BemaleoB mit ruther Farbe Bein, das in vor- 
geschichtlicher Zeit ao allgemein verbreitet war und in der Schminke noch 
fortbesteht. Hüte, eiu Abzeichen vornehmen Standes, kommen auf der Tra- 
jansäule, in deu dänischen Baumaärgen, aul den Estcrateiuen, in alten Hand- 
schriften vor. Ein sächsisthea Heer unter König Otto war nur mit Stroh- 
hüten bekleidet. Earl der Grosse trägt auf den beiden Musivbildern des 
Laterans eiDe roJtraförmige Mütze. Otto I. trug bei der Krüuung in Aachen 
noch die alte fränkische Kleidung, byzantinische Mode verbreitete eich erst 
während und nach deu Kreuzzügen. Maupttheile der Kleidung waren Hemd, 
Rock und Pelawnmms, Rbeno, welches Karl der Grosse im Winler aas 
Zobel und Otterpelz trug. Der Manlel, sagum, palllum war in der Zeit 
der Merovinger noch allgemeine Volkstracht. Die Gunna war ein halb- 
runder kurzer Mantel ans Pelz oder Wolle, früh in Friealaod und Juttland 
getragen, er wurde in einem Banmaarg in Schleswig gefunden und erhielt 
sich in Frankreich bia ins Mittelalter. In einem Capitulare von 8U6 be- 
stimmte Karl der Grosae den Preis der verschiedenen Mäntel. Die Nadel- 
spangen zeigen uns eine hetniiscbe Industrie, die sich aus der Tradition der 
römischen Technik schon im Anfang des 5. Jahrhunderts entwickelte. 
Spangen aus den Grüberu von Oharuay, Nordendorf u. Ä, zeigen spät- 
römische Form. Hosen waren nie ein Beatandtheil der romiachen Tracht, 
sie wurden erst unter den Kaiiera von den nordischen Völkern aufgenommen. 



I Nach Petron 43. 71. 77 sprach das Volk „malus fatui", .fatus i 



SchtiaffhauK 



Id ^*Der theodoaiani sehen Verordnung wnrden die braccae verbotea. ZahV'^l 

reiche bildliche Darstellungen zeigen daa Uebrauch der Beinkleider bei des 
Gerrnsnen. Für die rheinischen Stämme beweisen es römiKohe Denksteine 
des Mainzer Museums, Nach Lucanus trugen die rheinischen Vargionen weita, 
den aarmatischen ähnliche [losen, Sidonius schildert korKe, das Enie frei- 
lassende Hosen im 5. Jahrh, Einhard beschreibt eine dreifache Bedeckung 
der Beine, die leinenen Unterhosen, das Beinkleid und die Wadenstrümpfe. 
Eigenthämlicb sind die langen Schuhbänder, die vom Knöchel aufwärts bis 
zum Ente kreiizweis umgelegt wurden. Oft hängen seitwärts vom Knie an 
der Wade herab aus Erz, Silber oder Eisen reich omamenliite Beschläge. 
Der Schuh entstand aus einem einzigen Stücke Fell oder Leder, welches in 
bestimmter Form ausgeschnitten war. und sowohl über die Ferse als ober 
den FnssrOcken zusammengezogen wurde. Während der gei manische Band- 
schuh aus einem eini'.igen Lcder besteht, ii<t der römische calceus ans 9 
oder 3 Theilen zusammengesetzt, der starken Sohle, dem eigentlichen Schuh 
und der eingelegten Sohle. Das Schuhwerk auf altperBischen Scnlpturen 
stimmt mit dem germanischen Bundschuh genan überein. Die 6Urt«l 
der heutigen Tyroler erinnern an die der Franken und Burgunder; die 
aufgesetzten Zierpintten ans stärkerem Leder entsprechen den metallenen 
Gurt«! beschlügen bei diesen. Bei beiden findet sich auch die Tasche unter 
der Schnalle, in der Cochet einmal 5 fränkische Goldmünzen fand. Der 
Gürtel Childei'ichs war mit Gold beschlagen und mit Edelsteinen besetat. 
Die fränkische GOrtelschnalla ist in der römischen vorgebildet, aber die 
Beschläge sind langer und das Ornament verschieden. Auf 8 Tafeln werden 
ornamentirte Schnallen in reichster Mannigfalligkeit dargestellt und geben 
von der Kunstweise dieser Zeit ein vollsiändiges Bild. Für die Tracht dar m 
Frauen sind Ueberliefernngen und Grabfunde sparsamer vorhanden 
dem Diptychon von Halberstadt Rillt das mit einem Bande zusammengsa 
hahene Haar den Rücken hinab oder ist auf dem Scheitel in ei.non Knoten" 
geschürzt oder über die Stirne aufgebauscht. Auch darf man Vlas Ein- 
flechten des Haares zu langen mit farbigen Bändern durchwickelten v.öpfen 
für altgermanische Volkstracht halten. Vielleicht ist das Einäi 
Änfhindeu der Haare ein die Frau von derJurigfrati unterscheidendes Mei^fc**! 
mal. Das bajuvarische Gesetz unterscheidet durch die Nestnadel die FrnJ^yJ 
von der Jungfrau, Die Vitta vornehmer Jungfrauen war von Purpur mit" ' 
Gi>ld und Edelsteinen besetzt. In Grabhügeln SUddeutGoblnnda war dae 
ganze HlBtdrhanpt mit oinem Kranze van >'adeln umgeben, kostbare Zier- 
nadeln fr-lnhi--';— ■ P-rf— >n n-aren wohl wie noch am Niederrhein quer 
durch die i' I Grosat! Abwechslung bietet die Grö^e und 

Form itr 'i.. i i«t sich oft noch spätrfimis<che Technik. I'ie 

TivIfarlrigMi i'uiiuu MCI uit'iuviugisohea Zeit m&gen von Venedig her sich 
Vcrtiraitat ItitbaD, wd ■)• beal* wieder gefertigt werden; sie sind aber all 






Lindenscbmit, Hamibuuh der deuticben Alterthumskunde. 



ErzeugDisae eines sehr altfln, ursprünglich nicht europHiBchpo KnnstgenerbeB 
zu betrachten. Die Perlea erschcttieD als TronimelD, Würfel, Scheiben and 
Kugeln. Auoh geschliifene Ainethyste, Glasperlen, Bernsteinatflcke, Krystalle 
nnd SeemiiRcheln ergeheinen oft hIb llalnachmucfc. Aach Goldscheibchcn 
und gehenkelte Bracheaten dienen dazu. Dia in den Hügelgräbern tu häu- 
figen Halaringe sind in Merovingergräberii kaum nachzuweieeo, sie finden 
Bich nnr in den reichsten Gräbern nad scbeinea Frauenscbmack kq sein. 
Armringe sind vorwiegend ans Erz oder Silber, selten aus Gold oder Glas. 
Anch giebt es Armbänder aus Glas- und Bernsteinperlen. Die lex Saüca 
kennt den Armring übereinstirnmend mit den Grabfunden nur als FraueU' 

en sie in der Sage auch von edlen Kriegern getragen 
Für Geringe sind Reifen oder Drähte mit nnd ohne 

westgothieche Gesetz erwähnt die Verlobungsringe. 

9 heute meist am 4. Finger getragen, weil man, wie 



schmuck. Doch 
nnd dienten als Geld. 
Platte. Schon das 
Die Ringe 



ieser sei durch eine besondere Blutader mit dem 
luf Taf. XIV. Fig. 10 abgebildete Broneering hat 



laidor erzählt, glaubte, 
Herzen verbunden. De 
in der Inschrift eine gewisse Aehnlichkeit mit einem vom Berichterstatter 
bekannt gemachten fränkischen Goldring aus Andernach, vergi. Congr^s 
de Stockholm 1876. p. 616. Was die Frauenhleidnng betrifft, so scheint 
daa Hemd, wie Weinhold aus dem Worte schiiesst, germaniscIieD UraprnngB. 
Tun tus bezeichnet es als ärmellos, an f der Säule des Antonin hat os Aermel. 
Auf einem Denkmale des Mainzer Museums aus römischer Zeit erkennt man 
ein eng anschliesseudes Kleid des Oberkörpers. Die Zeugreste in den Gräbern 
sind Leinwand oder Wolle, glatt, geköpert oder gemustert, Frauen nnd 
Töchter der Könige wehten und stickten. Tacitua erwähnt die buntfarbigen 
oder gestreiften Mäntel der Batavier nnd hebt die Vorliebe der Germanen 
für bunte Farben hervor. Nach den gesta Francorum galt die schwarae 
Fkrbe schon im 6. Jahrb. als Zeichen der Traner. Vielleicht ist der von 
Worsaae ahgebildete alte iBlfindische Webatuhl eine Deber lieferung fernei' 
Toneit. £inzelne Webergcräthe lieferten die Gräber von OberBocht. Spinn- 
wirtel hat mau nicht selten mit Perlen verwechselt. Zwischen dem 5. und 
9. Jahrhundert entwickelt sieh ein hoch achten swerth er Knnststilin der Mfl- 
tallarheit der Gewandapangen niit Umbildung vereinzelter Formen nnd Or- 
namentmotive der Kömer. Auf den Tafeln XVI — XVIII und in zahlreichen 
in den Text aufgenommeDen Bildern werden die roannigFaltigeten Formen 
der Fibnia, dieser beaeichnendsten Eigen th Um! icbkeit der merovingischen 
Gräberfunde dargestellt. Ursprünglich war die Fibula eine einfache Heft- 
nadei. In der Römerzeit verschwindet zum Theil die nreprflnglich sichtbare 
Verbindung der Nadel mit dem Hie tragenden Bügel. In der spfitrömiachen 
Zeit kommt eine sehr verwickelte Konstruktion vor, bei der die Schraube 
auftritt. Die germaniachen Völker bringen an der Fibnia ihre natiosale 
Terziemngs weise au. Die Gewandaadeln sind Bpaagenförmig, acbeibenfSrmig 



1 



oder Btelten Thiergestalten dar. Die erste trägt aehon der römische Kaiser 
auf dem Diptychon von Ualberstadt Diese Schmuckstücke merovingi scher 

Zeit zeigeQ eine so überrnachende Mannigfaltigkeit der Verzierung am Rhein, 



inkroich und Kuglni: 
Zeilfulge dieser E^nlwicklang feslzi 
gallicaniscbe beKeichoet werden, de 
lieben Galliun, soadern in BeWien, 



i bisjet;et unmöglich ist, eine bestimmte 
steliea. Diese Zierweise kann nicht als 
na sie ßudet sich keineswegs im eigent- 
dem Rheinland, Burgund und Eoglaad. 
ur Zeitstellung dienen. Die Aiisichmü- 
ckuüg von Gold- und Bronzegeräthen durch aufgehefteten Bernstein, Elfen- 
bein, Korallen und farbigen Kitt reicht in eine Irühe Zeit hinauf, das einge- 
schmolzene bunte Emaii gelangt in der Zeit der römischen Kaiser zu atlge- 
meiner Verwendung, dns Einlegen geschhffener Edelsteine wie bunter Glas- 
flüsse ist ein eigeathümliches Kennzeichen des römischen und byiantini sehen 
Handelsverkehrs seit dem 5. Jahrb. Uieser farbige Schmuck wurde nicht 
nur für Ringe und Spangen, sondern auch für Gürtel und Waffen und 
Pferdezanm verwendet. Geschmackvoll sind auf äilberepangen die blau- 
schwarzen Ornamente aus SchwefeUilber, bei denen das Ziokznck vorherrscht. 
Die flache Form der Scheiheniiebel, die für das Festhalten eines irgend 
starken GewandatofTes ungeeignet ist, diente nur als Zieretilck. In den ge- 
schickt aufgelütheten Zelten für die Edelsteine, in den Filigraner namentan, 
in den Silberein lagen der eisernen Nadelscheibe zeigt sich eine vielseitige 
KeDDtciss der Metullaibeit. Die massenweise Zusnromenstelluug furbiger 
Edelsteine entsprach der barbarisireuden Richtung der Kunst mehr als die 
Steiuäch n ei dek linst der klassischen Zeit. Der schon im frühen Alterthum 
bekannte, noch zu römisclier Zeit ansgeführtfi Zellen sc Imielz ist in sehr 
wenigen Denkmälern diesseits der Alpen erhilten; wogegen das Einsetzen 
von Edelsteinen oder farbigen Glasslüeken haupt such lieh durch die Byzan- 
tiner im Westen heimisch wurde. Die durch eingeschlagene Stempel oder 
Prägung verzierten Silhersctieiben wie die Gewandnadeln von Eisen mit 
Einlagen von Gold, Silber und Erz sind für einheimische Kunst zu halten, 
die sich an gleichartige Metallarbeit der Römer anscbliesst. Dio Tauschir- 
arbeit flndet sich vorzugsweise bei den Burgundern, Franken und Älamanncn. 
Die krumnischnübeligen Vogelköpfc zahlreicher Spangen dieser Zeit können 
nur auf einen Habicht oder Falken bezogen werden und sind wohl Zeug- 
niaae der Vorliebe der Germanen für die Falkenjagd, welche Griechen und 
Römern unbekannt war und schon in der lex Salica Erwühnaug findet. Mit 
Unrecht hat sie Hebn den Kelten zugeschrieben. Die in deu Gräbern seit 
dem 5. und 6. Jahrb. erscheinende Gürteltasche erhält sich durch das ganze 
Mittelalter als ein wesentlicher Theil der Tracht, In den Justinianischen 
Gesetzen wird der Taschendieb schon als ein Beutelschneider, Crumeaiseca 
bezeichnet. 



Die Kunst- und GeBchicbts-Deokniäler dea Kai 



) W&i 



ndorf. 



161 



Der reiche Inhalt auoh dieaar Lieferung lässt erkennen, dasa wir io 
dem vollendeteo Werke des zu einer so umfassenden Arbeit hoch befahigteo 
VeiTaBset'B eine unübertrofiene Darutellung der deutecLen arcbäologiEcbeo 
Wissenschaft besitzan werden. 

Scbanrfhausen. 

Hb, Die Knnst- undGeschichts-DeQkni&Ur des Kreises Waren- 
^^^L dorf. Im Auftrage der CotnmisBioD zur Erforschung der provinzialen 
^K Kunst- und Gescl >ic htadenk male r bearbeitet von Dr. J. B. Nordhoff, 

^^L Piofessor an der königl. Akademie 7.\i Mün><ter, Münster i. W. Com- 
^^^ missio OB Verlag der Coppeiirath'sihcn Buch- und Knusthandlung 1SS6. 
Zum Bau des deutschen DBnkmHlerver/.eichniaaes, welches Behörden 
und Kunstforsuher mit gleicher Spannuug «rBehneu, wird allinälig Stein auf 
Stein her beige tragen. Stets zu bedauern bleibt, dasB nicht das deutsche 
Reich, dass aueb nicht aänmitliche Staaten desselben in ei nl lettlichem Vor- 
gehen diese Aufgabe ituf sich genommen haben. In Westfalen gebühren 
Verantworllichkcit und ßubm dem Vereine lür Wissenschaft und Kunst uml 
dem unermüdlich im iüenale desselben tbätlgt^n Professor Nordboff. 

Mit dem Zerreissen eines so recht der Einheitlichkeit bedürftigen 
Werkes macht sich auch sofort die bekannte berecbtigte Eigenthümlichkeit 
jedes Landest he lieh ena geltend, und so lassen denn die seit meinem letzten 
in diesen ßlättern gegebenen Bericht veröffentlichten Denkmäler- Verzeich- 
nisse an Buntscheckigkeit in Bezug auf Titel, Format und Ausstattung, 
auf Anordnung, principielle Verschiedenheiten nnd Obai'nktsr nichts /u 
wünschen übrig. So will ich nicht versah ureigen, dasd ich von andern 
Grundsätzen für die Inventarisation ausgehe als der Verfasser des vor- 
liegenden Werkes; aber das hindert nicht die %'ollkommene Anerkennung 
des Geleisteten, und Derjenige, der, weiss, wie mühsam eine solche Arbeit 
ist, zu der sich die körperliche Kaergie einea Wanderburschen mit der Sexs- 
haftigkeit eiues Stubengelehrten verbinden mUBs, ist den Wenigen dankbat-, 
die an einer der allernoth wendigsten Aufgaben mitzuwirken bereit und 
fähig sind. 

Das vorliegende Stück, die Fortsetzung des 1880 in gleicher Weise 
und von demselben Veifasscr l^erauegegebenen Kreises; Hamm'), tritt uns in 
reicher Ausstattung OJit^rgen, auf gross Quart, in einer Herstell ungs weise, 
welche der Coppenrath'scben Buclihaudlung alle Ehre macht. Die Abbil- 
dungen, welche dem Werke beigegeben sind, bekunden einen bedeutenden 
Fortschritt gegen die des Kreises Hamm. Es sind zum grössten Theil 
Holzschnitte ; wenige Zinkographien sind gewagt, dagegen zwei Farbentafeln, 
und eine Kuibe von Lichtdrucken (über ein Achtet der gesammten Ahbilduogs- 



I> Vgl B-Äpn-rhung ii 



, .iBhrb. Heft 69. 83 f. 



I LehfeUti 



znhl). Zeigen BDch diese Lichtdrucke — für den Lftien jedenfalls daa ui- 
genehmste, für den Unternehmer das kostspieligste Ahbildungs- Verfahren — 

nicht immer Alles, waa wir 7.a sehen wiinachen, so liegt dies wohl haapta&ch- 
lich an der ungünstigen Beleuchtung der Gegenstände seihst, und ein Kenner 
solcher Schtviengkniten wird jedenfHlla weit anerkennender flher die Lei- 
ataugen urtheilen, ale derjenige Leser, welcher nar den phntographisohen 
Apparnt im Atelier arbeiten sah. 

Die Ahhildungen sind darum ziemlich zfthlreich, weil sie sich (ahgeieben 
von einigen an dem vorauageachickten Capitel , Denkmäler der vorchristlichen 
Zeit, gehörigen) 89 an der Zahl, anf nur 17 Orte vertheileii, welche in dem 
Kreise Beschreibung gefunden haben. Diese geringe Znhl der hehandelten 
Ortecbaften \»t eigentlich, da wir gerne annehmen, daas der Verfasser, dem 
von iltm seihst nnfgestellten Grnndsntz getreu, jeden einzelnen Ort des 
Kreises genan durchforscht hnl, ein überr«9chend geringes Ergebnlss. Denn 
da Nordhoff in den n.inihaft gemachten Orten auch unscheinbareren Werken 
Beachtung schenkte, scheint auch nicht einmal ein kleiner der Aufzeicbnang 
würdiger Gegenstand in anderen Orten sich gefunden zu haben. 

Die kirchlichen Bauwerke, welche nns vorgeführt werden, «igen 
durchschnittlich die auch anderwärts vielfach wahrnehmbaren Erscbeinangen, 
DerThurm (dnrchgehende auf der Westseite) ist von der roraaniscben An- 
lage des 12. oder 13. .'fthrhunderte der Hauptsache nach erbalten; das 
Debrigä in spütgothischer G-estalt von Ende des )5. oder Anfanji des 16. 
Jahrhunderts. Dann folgen llmgestnUnngen des 17. Jnhrhunderts, meist 
iu Folge von Besichädigungen in den Kriegen und Brüuden; zuletzt nQchteme 
und znm Theil barbarische Wiederherftellungen in neueren Zeiten. Eigen- 
tbürolioh dem ganzen Westfalen, so dem vorliegenden Kreise, sind Ein- 
fachheit bei edlen Verhältnissen, gediegene AusfQhrung, frühzeitige Kennt- 
ntsa der Wölbung und geringe Neigung zu Zierformen in den Einaelheiten. 
QrOasere Bauten mit dreischiffigem Langhaus befinden sich in Warendorf, 
Saasenberg, Everswinkel, Freckenhorst ; mit z weise hiffigem in Marienfeld; 
einBchirüg sind die neue Kirche in Warendorf, die Kirche za Vinnenherg, 
Oatbevern, Eine, Iloetmar, Greffen. Neu sind die Kirchen zu Fücbtorf, 
Belen, Mute (diese mit altem Thurm). Westkircben, Ostenfelde und Har- 
sewinkel. P]s haben nncb die untergegangenen Kirchen in dem Werke Be- 
aobreibung und unter Umständen auch Abbildungen erhalten, wie die bu 
Belen, eine der KierlicUeren einheitlich romanischen. 

Weitaus am hedeutendaten treten una die Kirchen von Freckenhorst 
nnd Marienfeld entgegen. Die Kirche des Jungfrauenatiftea Freckenhorst, 
eine romanische Pfeilerbnsilikn mit hohem geraden Chor (Cistereienser-EiQ' 
fluas) aber einer Krypta, in den Ostwänden mit Apsiden (auch diese auMen 
rechteckig geschlossen), in den Winkeln des Chores mit z«ei viereckigen 
Thörmcn. im Westen mit einem mächtigen Hanptthnrm iiwiechen zwei Rund- 



I 
I 




Die Kunst- und Gaaohichts- Denkmal er dei 



ändorf. 



163 



tliürmea, an »llen Theüen mit Oew5lh«n, an wenigen mit 9t«iometz- Ver- 
zierungen, «rhebt nich nU ein Bau, malerisch in den Gesnmmt.formeD and 
Thürmen, und müehtig in einfacher Grösse. Die golhisolien und (*lück- 
lioherweise auch die nacbmitteiBUei-lichen VerSiideruDgen sind verhältnisa- 
jnäasig gering. Itie kreuzförmige Pfeilerhasilika von MarienfelJ, im geraden 
Clioriwhliifla und ii> dem i>tatt grösserer Thurraanlagen dem Daclie Aufge- 
aeUten Thiirmchen den CiateroienBerbRu vpi'rathend, erhält ihren eigenthOm- 
lichen Charakter durch die Länge des Osttheileii, welcher dns Kreuithaas 
hin in die Mitle rücken Ifisst, den d reise Iiifß gen Chor, dessen Nebenschiffe, 
als Umgang auch hinter dein Chor herumgehend, noch nach Oüten nich 
rechts und links in je einer Schlusn-Kapelle forUetzeti, nährend in der MiMe 
die Sacristei noch weiter heraostritt. Den ziveischiffigen Lnnghaushnu gleicht 
aussen ein dns fehlende ^iJdschiff ersetzender Krcuzgaog au«. Der Gau ist 
iro Kern der Ueliergangszeit angehörend, daher auch einiger Schmuck innen 
an Säulen und aussen an Fliesen dir Lisenen; in der Hochgothik erfolgte 
Hie Deine jetzige Hanptci'»<cheiDting gehende Erweiterung. Dies setzt Nord- 
hoir sehr gut, klnr und dabei kurz auseinander, während Abbildungen (die 
besten des Werkes) den Gang im Gesammtban, wie in den Einzelforrafln 
veranschaulichen. 

Innerhalb der Kirchen lehrt hob Nördhoff rannches Wsrthvolle nen 
oder genauer kennen. Ungemein zierlich ist dns sp^tgothische Sacramen ts- 
hiluschen in Everswtnkel, als sechseckiger Pfeiler mit reichstem Schmuck 
der vorti'etenden Baldachine gestaltet, zwischen deren Bögen nnd Fialen 
die Spitze einem Thurmhelm gleich emporsteigt; der gleichzeitige Sacra- 
mentachrein in Maricnfeld ist im Sinne reicher St«in-Vertiifelung gedacht 
mit cioer Reihe oben ah seh i essen der Böget) nnd Fialen, und Aber dem 
Schrein in der Mitte höher aufscIiieEsendem Fialenwerk. Die Orgel in 
Ostbevern, aus dem Anfnng des Iß. Jahrhunderts, ist werthvoll in ihrer 
Erhaltung durch das durchbrochen geschnitzte Rankenwerk der Fllllangen. 
Darch schönes Mobiliar und einheitliche Barockausslattung an Orgel, 
Kanzel nnd Altar ausgezeichnet ist die Kirche in Marienfeld. Dort 
auch ein kunstvoller Alt nr de» 16. Jahrhunderts. Ein prSohtiger um die Mitte 
de« 17. Jahrhanderts, doch noch in reinen Spütrenni is an ce- Formen aufge- 
bauter Hochaltar steigt tu Freckenhorst in zwei Geschossen mit Reliefs 
und Figuren zwischen Säülonarohitektur auf. Er ist durch einen gnten 
Lichtdruck wiedergegeben, wie auch der romanische Taufstein. welcher 
nicht nur der interrosaanteste des Kreises, sondern einer der interessantesten 
in ganz üeatschland ist. Das Bild zeigt die gan2 antikiEireiide Hnsis des 
mfichtigen runden Troges, die merkwürdige Löwenreihe im Socke], in welcher 
Nordhof nur schmückende, nicht sinnbildliche Bedeutung sieht; über der 
SchriflgÜrtnng die oberen Flaohbogenarcaden mit den alterthUmüchen Ite- 
lieh, welche „die jüngere P^ilitur verrathen" und den oberen Rjind mit dem 



161 



Paul Lf,hfeldt; 



PulmetteDfriesB recht anBchauticIi. 
enthält die Kirche von Vinnenljerg 
lieh zwei, kurz unch der Mitte des 
technieclic Meisterschaft unzieheu. 



Die denkwflrdigBten SteiDscnlptnrea 

in drei Reliefpl»tlen, von denen naineiit- 
16. JithrhuudertH angefertigt, una durch 
In diei Reihen xu drei Feldern ange- 



ordnet zeigen sie ; 
von Gotbik und Ki 

etwas alterer Zeit 
legende, bezithuugüwei! 



Bogenuiurahmitngun eine ho reizende Miscliung 

den fraozÖBischeu ScIiIosb bauten 

ti)et ; io den Felderu Scuuen ms der JohaDnes- 

Mease Gregors zwischen gruppirten Heiligen- 



gestalten. Inhalt der Darstellungen uud Naturwahrheit einzelner Gestalten 
fesseln una, wie auch die liebevolle Uurclibildnng. Die scIiöiiGten Grab- 
mäler des Kreises bieten uns Freckenboist mit dem der Kirchen-Stiftcriu, 
hl. Gcva, aus dem 12, Jahrhundert, welches die älteste deutsche Grab- 
sohrilt enthMt: „Ai Gut minne Gerbodeu de dit iiili^the ecop alle dele" ; 
Marieofeld in mehreren efaeufnlls romanischen Platten (auch einer trnpex- 
förmigon von 1202). Gefässe, Geräthe und andere Werke der Kleinkunst 
IrefTea wir in dem Kreise weniger kunt^tvolle an, als in anderen, da gar 
viel in den Stürrat-n des 1(>. un^ 17. Jahriiunderts vernichtet ist. Du 
Bedeutendste scheinen hier wiederum zu Freckeuhorst zwei romanische 
bronzene Thürhalter; ehendoit ein prächtiger Buchdeckel mit zierlicher 
Arbeit von GotdfiligrBD mit eiugeordneteu Fosaetteii und einem in der Mitte 
eingefügten, wohl der Ottouenzeit nngehöiigen (dies dt^m Lichtdruck nach, 
NordhoEF schreibt nur : älteren) Eifenfaeinrelief des segnendeii HeilBodes. 
Handschriften mit kunstvoll verzierteu Anfangsbuchstaben finden sich mehr- 
fach, und sind treffliche aus Büchern von Füchtorf, Westkirchen, Greffen, 
Milte, Vinnenherg, Freckeuhorst, Harsewinkel und Ostenfelde in geschmack- 
vollen, wenngleich etwas modern auinuthenden Farbendrucken auf einer 
Tafel zusummeugestellt. Von Gemälden sind die hervorrogendalen ein 
DreiflQgelbild in der Kaplan ei zu ^^'a^eDdo^f aus der 2. Hüllte des Iß. Jahr- 
hunderts, welches heimische Kunst unter niederländischen und mederrhei- 
uischen Einflüssen bekundet, sowie die in der Freckenhorster Dechanei auf- 
bewahrten drei Tafeln mit der Gefangeunehmung und Geisselung Christi 
und der Marin unter den Aposteln, hervorragend durch das Streben nach 
Bcbünen Bewegungen und Anschaulichkeit und durch schönen rflhrenden 
Ausdruck, wohl Werke des Conrad von Soest um 1 404 (des Schöpfers des 
grossen nach Münster gekommenen Warendorfer Altargemaldes). Durch 
schone textile Arbeiten, ein Messgewand und ein Grabtach tritt Har- 
sewinkel vor; viele Parumente hat Freckeuhorst. Auch die eigenthOm- 
lichen in Westfalen mit dem 14. Jahrhundert hekunnten Hungertücher (Vor- 
hange mit den Leidensdarstellungen, welche in der Fasteuzeit vor deo Chor 
geh&ugt wurden) werden, freilich erst Arbeiten vom Beginn des 17. Jahr- 
hunderts, zu Warendorf, Evers Winkel und Freokenhorst bewahrt. Ana 
gleicher Zeit di» opidnimn metallhestickten Reli-inieiihöllen zu Vinnenherg 



I 
I 



Die Kunst- und GPBchiclilB-DeDkiniiler dpa Kreiaea Warendorf. 



16B 



„etno Nachgebnrt des opiiB anglicRnam", Die älteste Glocke des Kreises, 
die EU Harsewinkel, trügt die Jabresznhl 1354, ivUhreDd wir (wie auch 
ftnderwHrls) erstaunt Bind über den AufscIiwiiDg dor Glockengieaserei zwischen 

H70 und 1490. 

liegen die KircIten nnd ihren Besitz treten die nichtkirchlichen 
ßnnten und AuHBtatlungegegenstände weit zurück. Viel h«t nna Nordhoff 
vnn zerstörten Schlössern und entfremdeten Besituthömern zu berichten. 
Um Bö mehr freut uns, von dem Schlosa Voruliolz he! Oatenfetde mit 
Beiner schönen Aiisslnttung zu lesen, von der I.ohurg bei Ostbevern, zu 
erfahren wie Levin Schflcking seine tin Stelle eines nlten Burghofes be- 
legene Villa hei Sasaenberg mit ihren i'eJKendeu Barockfignreu im Garten 
gepflegt hat; wir folgpn gerne dem kundigen Verfasser auf das Wi\ren- 
isen una die prächtigen Pokale weisen, wir be- 
logen ktiiistfrenndlicher Bürgersfamilien, hesooders 
in Wnrendorf und Rnthmnnn in Freckenhorst. 
scheidene und hesphrJLnkte Kunstleiatungen wohl 
eigenthümlichen Andachtshildehen auf 
n Warondorf und die ebendort einst gefertigten 



■ Ralhhfti 
gleiten ihn in die Samm 
der Rive und Zuhorn 
Wir lassen uns anoh l 
gefallen , wie die mancherlei 

Q P'-rgnment in i 



Wachsbilder, weil sie una die im IS. Jahrhundert sich sehilehtern 
wieder hervorwagende Volkakunst erkennen und anerkennen Inssen. 

AuB den hier gegebenen Andeutungen des wichtigsten Inhaltes sehen 
wir, welche Fülle des SlolTea una auch in diesem kleinen Kreise entgegentritt, 
und wie die Entdeckung und Veröffentlichung deutscher Denkmäler auch 
minder berühmter Orte und gefeierter Eunstperioden über den Forschungen 
in fremden Ländern nicht vernachläasigt werden darf. In der schönen, dem 
Verfasser eigenen lebendigen Sprachweise führt er una in seine Heimath 
ein; liehevoll und ohne für einen einzelnen Stil auf Kosten eines andern 
Vorurtheile zu haben, macht er es wie der wahre Forscher, der „das Grosse 
gesehen und das Kleine betrachtet." Er weiss den Dingen das WerthvoUe 
nnd Charakteriache abzusehen, in das künaflerische Empfinden einzudringen, 
die literarischen Nachweiae geschickt in Verhindnng mit den Werken zu 
bringen, und so ist dies Werk ein höchst schätze nswerth er Beitrag zur 1q- 
Tontarisation Deutachlands. 

Unbeschadet aller Anerkennung, die wir der Arbeit aollen, dfirfen 
wir nicht verschweigen, dnas wir mit der Form, in welche der Verfasser 
die vielen Einzetmittheilungeo gegossen bat, nicht ganz einverstanden sind. 
Bei der Wichtigkeit dieser Frage mögen hier einige Bemerkungen darüber 
gestattet sein. 

Denn alle die grossen und kleinen Schätze, welche Nordhoff für um 
gehoben hat, giebt er nicht in einer so aystematiachen Reihenfolge, wie es 
nach meinem Bericht den Anschein erwecken könnte. Einem Leser, der 
das Bneh in KDnie auf einen ihm wichtigen Punkt bin durchnehmen wiU, 



166 Paul Lehfeldt: 

ist es nicht so leicht gemacht. Nur eiuen UDgefahren Weg verfolgt der 
Verfasser : Ortsgeschichte, städtische und bürgerliche Kunst, Burgen, Kirchen 
und ihre Denkmäler, bisweilen auch umgekehrt. Nicht nach einem be- 
stimmten System, sondern wechselnd und bald dem Lokal bald der Zeit 
nachgehend, gerne den einstigen Werken auch ausserhalb des Kreises in 
die Ferne folgend, so giebt er uns die vielen Gegenstände aneinander- 
gereiht, jedem Leser überlassend, in welcher Weise er den Stoff für seine 
Zwecke und Studien gleichsam durchsieben will. 

Darin steckt ein Reiz, darin auch eine Gefahr. Der Verfasser hat 
offenbar den Wunsch, Gleichmässigkeit und dadurch vielleicht entstehende 
Trockenheit zu vermeiden und verschiedenartigsten Lesern die Schönheit 
seiner Heimath zu erschliessen. Er geht darin nach meiner Auffassung. zn 
weit. Es ist schwierig, über diesen Punkt mit ihm zu rechten, denn der 
Berichterstatter steht hierin auf einem von dem Verfasser des vorliegenden 
Werkes verschiedenen Standpunkt. Vor fünf Jahren kennzeichnete Nordhoff in 
dieser 2^itschrift seinen Standpunkt deutlich in dem Bericht über die Heraus- 
gabe der Baudenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden ^). Er wollte, dass 
nicht nur gesammelt, sondern „Kunstströmungen nach Landschaften and Kunst- 
zweigen aufgehellt, ihre culturgeschichtlichen Grundlagen blossgelegt werden". 
Sehr schön, man verlange nur nicht zu viel auf einmal. Nach meiner und mancher 
Anderer Meinung sind wir noch nicht so weit, die Ergebnisse der deutschen 
Kunst zu schildern, ehe wir nicht genug gesammelt haben. Wenn eine 
Strömung aufgehellt werden soll, so muss, um des Verfassers Bild anzu- 
nehmen, jeder Punkt des Ufers klar und leicht findbar sein. Es müssen 
zunächst in Deutschland möglichst übersichtliche und klare Verzeichnisse 
angelegt werden, wirkliche Nnchschlagebücher, in welchen die Behörden 
bei Gelegenheit von Wiederherstellungen oder Wünschen nach Beseitigung 
von Denkmälern (durch Abbruch, Verkauf etc.) sofort Ort, Gegenstand, 
Alter, Zustand und Werth des Gegenstandes erkennen; ebenso die Studiren- 
den und Freunde der deutschen Kunstgeschichte jeglicher Art. Das ist 
die erste Forderung; eine andere Aufgabe ist es, ein Bild der Landschaft 
nach ihrem culturgeschichtlichen Wesen hin zu skizziren. Will der Ver- 
fasser eines solchen Denkmäler- Verzeichniss Beides vereinigen (wie es ein 
Mann, wie Nordhoff in der That zu leisten im Stande ist), um so dankens- 
werther, doch möge er stets jenem Wunsch nach Uebersichtlichkeit gerecht 
werden. Er möge, welches System, welche Reihenfolge er auch immer als 
richtig erkannt hat, diese energisch festhalten, sei es dass er das Oertliche 
zum Princip erhebt oder das Geschichtliche, oder den Zusammenhang der 
Technik. Festigkeit in diesem Sinne würde ein Buch nicht langweilig, son- 
dern leichter geniessLar machen. Indem der Verfasser mehr allgemein 

l) Heft 71, S. 137 f. 



Die Kunst- uuil GeachichU-Deakuiöläi' des Kreiaas Wareudorf. 



167 



Sa geben iat, eielit er sich ge- 
I gelegeotlich der im Wareudorfer 

„die Gilden riibtuten sicli Bpäter 
1, uod uolil alle boten fremden 



Cu U urgescb ich tlic lies geben will, nie bie 
Rüthigt, allgeineiue Sätze einzuschalten, ivi 
Kathhaus aufbewahrten Gilden-Abzeichen 
ihrer Zeichen, Siegel uud HeihgonpaU'oi 
Standesgenossen auf der Wanderung ihren Willkomui", oder; „Die (Waren- 
dorfer) Schmiede halfen auch mit der DrehBcheibe, dem Punzen und ilammer 
dem Guase neoh uud erhoben damit die grösseren Geschirre und GefäasG in 
das Kelch des Formachöneu." Abgesehen von der Anfechtbarkeit dieses 
Satzes bringt er weder eine besondere Eigenlhümlichkeit von Warendoif, 
noch des Kreises oder der Provinz, Ebenso bringt der Verfasser gelegent- 
iJL'h der Kirche von Marienfeld einen läugeren, an sich interesaauten Excui's 
fiber die Entartung der deutschen Kunst im Barock uud dann im Roccoco, 
„dem allerdings zu Marienfeld wenig zu schaifen blieb". Wozu dann? Ich 
führe diese Sätze nicht an, wie etwa ein übelwollender Kritiker die müh- 
same und dankenswerthe Arbeit eines Fachgonosaen herabsetzen will, son- 
deru, um den Verfasser für k&nftige Denkmäler veraeichuisse und Alle, die 
gleiche Ziele verfolgen, zu bitten, nicht hei einer einzelnen Ortsmonographie 
Allzusehr Cult Urgeschichte aiit Kosten der rebersichtlichkeit schreiben zu 
wollen, sondern Geduld zu haben, bis die gAaxe iu geschieht lieber Entwicke- 
loDg und Cultur zusammenhängeDiie Landschaft (hier; Westfalena) vervoll- 
ständigt ist. Sonst muss es Lücken, Unklarheiten und Wiederholungen geben. 
Zur weiteren Begründung sei gestattet , anzudeuten , wie verschlungen 
der Weg ist, den der Verfasser seine Leser fuhrt. Gleich iu Warendotf 
ist die Reihenfolge diet^e: Stadtsiegel; Münzen, die zu W. geprügt wurden, 
mit Nachrichten aus dem Leben von Warendorfer Stempelschneidern ; JUünz- 
gerathe aus W., die sich aber jetzt in MQnster befinden. Rathhaus in W., 
darin: Fahne, Schränke, Oelbild. wieder ein Schrank; Pokale. Ein Boten- 
stock aus W,, einmal vom Vorfassur in Münster in eiuer Althandlung ge- 
sehen. Wohnhäuser in W. Gildenwesen, allgemein gehalten ; Gilde nabzeichen 
im Kathhaus. Metallgerathe iu Privatbesitz iu W.. nach auswärts gekom- 
mene. Mittheilnngen über einen Wareudorfer Glockengiesser und einen dor- 
tigen Orgelhauer. Töpferarbeiten ctc, etc. Es sind in der That eine Reihe 
von Fäden, die wobigesponuen uebeueinander herlaufen sollen, sieh scblicss- 
lieh aber für den Leser verwirren, eben in Folge des Wunsches, ein cultur- 
geschichtliches Bild zu geben, gewisser massen : Warcndorfs Kunstteben in 
vergangenen Zeiten. Derselben Neigung des Verfassers entstammen auch 
die zusammenfassenden vorausgehenden Artikel: Die urthümlicben und rö- 
mischen Wege, die Landwehren und Wallhecken, die Krdburgeii und Alter- 
thümer vorchristlicher Zeit, welche Artikel entweder bei jedem sugehörigen 
Orte Aufnahme finden oder für ganz Westfalen zusammengefassl werden 
m&tseo. 

Aas gleichen Gründen nimmt der Verfasser auch jegliches Kunstwerk 



168 P«ul Lehfeldt: 

anf, wekheB aas einem der Orte teinea Kreises sfammend, irgendwo ftndera- 

hin gekommen ist: Er stellt dieses in jener Kritik über Lots'a ■Wiesbaden 
1881 »U nothwendig liio, dasa die Denkmäler, weldie «ar Zelt ihren na- 
türlichen Funiiort verwechselt Imben, doch an ihrem eiiiBtigen Aofbewah- 
rungaort zu heiücksichtigen sind, wie die norh vor find liehen, Er bedauert 
daas z. B. dies nicht von Lotz bei den GlaBroalereien geschehen ist. welche 
von Daueenttu an die 8t. FlorinBkirche zu Coblenz gekommen sind. „Wenn 
ober einst der Bearbeiter der KnnstdenkmSler von Coblenz nach den Grond- 
sÄtzen, welche für die Bnudenkmfiler des RegierungsbezirkoB Wiesbaden 
manasgebend wurden, die fremdartigen UenkmSler ausscheiden sollte, so 
werden die wertlivoUen Glasmalereien keinen Raum in der örtJichen 
DenkmSlerkunde finden und dann leicht für die allgemeine, wie für die 
speoielle Knoetgeschichte verloren gehen." Nun, ich kann den einstigen 
Kritiker darüber beruhigen, dass der ^Bearbeiter der Knnstdenkmäler von 
Coblenz" den Fenstern bei der Beschreil'nng der Florinskirche Ranm ge- 
gönnt hat. Ich halte es für ganz licbfig, dass in einem Inventar von »m 
Ort befindlichen Denkmälern bei Dansennn nur angegeben ist, dass die 
Fenster einst vorhanden aber nach Coblenz nnd Nassnu gekommen aind, 
und dass sie bei Coblenz da aufgeführt worden, wo sie sich jetzt befin- 
den. Man male sich ans, welche Verwirrung eotstehrn würde, wenn a. B. 
Gemälde jedesmal da beschrieben werden eollten, wo sie einst ihren „natDr- 
lichen Fundort" halten, über den sich dann oft noch sehr streiten Hesse, 
während der Kunstforscber sie doch da zn suchen hat, wo sie sich wirklich 
finden. Da der Verfasser seinem Grundsatz getreu alle Gegenstände, welche 
in Münster und sonst ausserhalb des Kreises Wareiidorf bewahrt werden, 
nnii an der Stelle ihres natürlichen Fundortea eingehend beschreibt, wie 
wird es der einstige Bearbeiter von Münster machen (als welchen wir Prof. 
Nordhoff erwarten und erhofTen), wenn er an die mancherlei Gemälde and 
anderen Werke kommt, welche schon in Warendorf, Marienfeld etc. breiten 
Rnnra gefunden haben? Wird er dann jene Beschreibung wörtlich ab- 
schreiben, oder die Werke einfach fortlassen? Ich fürchte das letztere, denn 
z. B. einen Schlüssel, der sieh in der Sammlung des Ilerrn Rive in Waren- 
dorf befindet, habe ich nicht dort, sondern in der Beschreibung des ver- 
schwundenen Schlosses zu Sil BS enburg gefunden, weil er daher stammt, Gegen- 
stände müssen aber an ihrem jetzigen Ort beschrieben, an ihrem fraheren 
nur erwähnt werden; Solche nicht mehr vorfiodliehe Gegenstände müssen 
sogar auch äuaserlich gekennzeichnet werden'). Das Gleiche gilt von den 
veraehwundenen nnd zerstörten Baulichkeiten. Hier ist in der That jede 
Mittheilnng scbätzenswerth, and Nordhoff hat in trefflicher Weise auch der 



1) I>er Berieh tersUtlrr hat daffir die in diesem Zwecke aufge-parte eckige 
KUmmer als bestes AiiBdr.icksniitlel gefunden. 



Die Eaasi- und Geschichts-DeDkm&ler des Kreises Warendorf. 169 

Penkmälerkunde der Vergangenheit Rechnung getragen, eifrig die Nach- 
richten und früheren Abbildungen sammelnd, ergänzend und zusammenstel- 
lend zu einem Bilde. Nur bitten wir ihn ebenfallls in der Folge bei seinen 
Beschreibungen (unter Umstanden auch hier äusserlich durch eckige Klam- 
mern oder andere Schriftart, oder sonst ein Hülfsmittel) deutlich das ganz 
oder theilweise Vorhandene von dem gänzlich Verschwundenen zu unter- 
scheiden. 

Die in den vorigen Zeilen gemachten Ausstellungen treffen den Inhalt 
des Werkes selbst nicht, und ihnen Berücksichtigung zu schenken ist gar 
nicht schwer; verschiedenste Wege giebt es hierzu. An künftige solche 
Arbeiten desselben und anderer Verfasser richtet sich also der ausgesprochene 
Wunsch, nicht kritische Mäkelei an mühsam vollendeter Arbeit soll es sein. In 
welcher Gestalt auch eine derartige, mehr Mühen, als Lohn in sich schlies- 
seude Arbeit uns geboten wird, wir nehmen sie gern und mit Dank ent- 
gegen. 

Ja, wenn auch vielleicht nicht jede solche derartige Veröffent- 
lichung nach allen Richtungen hin das Höchste leistet, was die Kunst- 
geschichte zu erwarten berechtigt ist, sind doch nach meiner Meinung so ab- 
weisende und zurückschreckende Beurtheilnngen, wie sie vor einiger Zeit 
ein ganzer Verein einem Verfasser gegenüber öffentlich ausgesprochen hat, 
wie sie Nord hoff selbst 1881 dem Werke über den Reg.-Bez. Wiesbaden 
zu Theil werden Hess, nicht dankenswerth. Der Deutsche steht in ausge- 
sprochenem Gegensatz zu dem Sprichwort: Clericus clericum non decimat; 
aber es ist doch zu bedenken, dass der gemeinsame Gegner, den Alle zu- 
nächst zu bekämpfen haben, der Indifferentismns ist, die Gleichgültigkeit selbst 
der gebildeten Laien weit gegen die heimischen Kunstschätze einer Zeit 
welche nicht gerade zufällig Mode ist. Ich halte es unter den augenblicklichen 
Umständen für weit besser, wenn alle Eunstxlenkmäler erst einmal an das 
Licht gezogen werden, vielleicht auch zu Widersprüchen, genaueren Unter- 
suchungen und weiteren Veröffentlichungen anregen, als wenn sie der Ver- 
gessenheit und der Vernichtung anheimfallen. Auch umgekehrt kann nur 
das Schrift wort gelten: Wenige nur sind atiserwählt, aber Viele berufen. 

Dr. Paul Lehfeldt 



UL Berichte. 



1. Bericht der historiscbeD Kommission bei der Köuig). bayr. 

Akademie der Wissenschaften. 

München im November 1886. In den Tagen vom 1. — 4. Oktober 
wurde die 27. Plenarversammlung der historischen Kommission abgehalten. 

Da die Kommission in Leopold von Ranke ihren ersten langjäh- 
rigen Vorstand verloren hat, musste sie die Wahl eines neuen Vorstandes 
vornehmen. Die Wahl fiel auf Heinrich von Sybel. Auf Grund dieser 
Wahl haben Seine Königliche Hoheit der Prinz- Regent den wirk- 
lichen Geheimen Oberregierungsrath von Sybel in Berlin zum Vorstand der 
historischen Kommission allergnädigst zu ernennen geruht. 

Während im vorigen Jahre eine grössere Anzahl von Publikationen 
der Kommission erfolgen konnte, sind in diesem Jahre bei dem Zusammen- 
treffen verschiedener hinderlicher Umstände verhältnismässig wenige in den 
Buchhandel gekommen. Neu erschienen sind: 

1. Allgemeine deutsche Biographie. Lieferung 107 — 116. 

2. Forschungen zur deutschen Geschichte. Bd. XXVI. Heft 1 und 2. 

Jedoch ergaben die Berichte, wie sie im Laufe der Verhandlungen er- 
stattet wurden, dass fast bei allen Unternehmungen die Arbeiten in ununter- 
brochenem Fortgange sind, so dass für die nächste Zeit wieder zahlreichere 
Publikationen zu erwarten stehen. Die Nachforschungen in den Archiven 
und Bibliotheken sind stetig fortgesetzt worden, und die Kommission hat 
immer aufs neue mit dem wärmsten Danke die Gefälligkeit anzuerkennen, 
mit welcher alle ihre Arbeiten von den Vorständen der in- und ausländischen 
Archive und Bibliotheken unterstützt werden. 

Von den deutschen Reichstagsakten ist der neunte Band, welcher die 
Jahre 1427 — 1431 umfasst, so weit im Drucke vorgeschritten, dass fast 
nur noch die Register fehlen. Der Herausgeber ist Oberbibliothekar Dr. 
Kerler in Würzburg und auser ihm ist hauptsächlich der Leiter des Unter- 
nehmens Professor Weizsäcker betheiligt. Das Manuscript des sechsten 
Bandes, des dritten und letzten aus der Zeit König Ruprechts, ging bereits 
ebenfalls in die Druckerei ab. Er ist in der Hauptsache die gemeinsame 




Beriobt der bist. Komniusioii bei der Königl. bsyr. Ak. der WissenBch. 17t 

Arbeit von ProfeHsor E. Bernheim, Dr. L. Quidde und Professor Weiz- 
Bäcker, gleich dem l'ünften, bei welcbom im vorigen J ah reebe richte der 
I4ame ProfesBor Bernheims durcb Zufall weggeblieben ist. Die Haupt- 
arbeit des Sammelne im vergaegenen Jnbre galt der letzten Zeit Kaiser 
Sigmunds utid der Regierung Künig Älbrecbts II., welche den 10. und 11. 
Band füllen eoUen. Damit waren Dr. Q.uidde, Dr. Jung and Dr. Schell- 
haas in Frankfurt a/M. beschäftigt. Die Fertige telluag dieser Bande wird 
mdglichst bescbleunigt werden, — Schon seit längerer Zeit war es nün- 
acheuswerth erechiunen, um die'' Herausgabe der so überaus wichtigen Beiohs- 
lagaakten unter der Regierung Kaiser Karls V. nicht zu lange zu verzögern, 
diese in einer besonderen Serie bearbeiten zu lassen, ohne deshalb die Ar- 
beiten für die frühtren Partien zu unterbrechen. Da die äusseren Sohwie- 
rigkeiten, welclie bisher die Ausführung hinderten, nun beseitigt scheinen, 
wurde beschlositen, die Bearbeitung dieser neuen Serie unverzüglich in An- 
griff zu nehmen. Die Oberleitung des ganüen Unternehmens wird nach 
wie vor in der Hund des Geheim rat Ji von Sybel liegen; die Direktion der 
Arbeiten fUr die neue Serie ist Professor von Kluckhohn übertragen 
worden. 

Was die Ausgabe der deutschet) Stftdtechronikea bctri^. so sind die 
Arbeiten für die niuderrheini ach- westfälischen Chroniken nnter der Leitung 
des Prefeasor Lomprecht in Bonn fortgesetzt worden. Mit den Chro- 
niken veu Dortmund waren Professor Franck in Bonn als Germanist und 
Dr. Ha nsen, jetzt am Coblenzer Staatsarchiv, als Historiker beschäftigt. 
Die Chronik von Kerkhörde (140&— 1466) liegt drückfertig vor und wird 
üum erstenmal in dem zunächst erscheinenden Chroniken band bekannt ge- 
macht werden. Die Bearbeitung der Chronik von WeathofT aus dem 16. 
Jahrhundert durch Dr. Hansen iwt weit fortgeschritten. Nahezu druck- 
foitig iäl die Reimchrouik von Wieretraat über die Belagerung von Neuss 
i. J. 1474, welche zuerst von £. von Grote 1855 heran sgegeben, non von 
Dr. Uirioh in Hannover und Professor Franck neu bearbeitet worden ist 
Kür die Chroniken von Soest ist Dr. Jostes in Miiunter thätig gewesen. 
Vollendet Hegen in neuer Bearbeitung die Schriften des sogenannten Daniel 
von Soest vor, dessen satirisches Zeitgedicht zuerst durch F. von Schmitz 
1848 bekannt gemacht wurde. Es bleibt noch surück die Chronik von 
Bartholomaens von der Lake, worin die Soester Fehde 1444— 1U7 aus- 
fahrlich beschrieben wird; wenn diuae Chronik auch schon in der Qnellen- 
■ammlung von Seibertz abgedruckt ist, sieht sie doch gleichfalls einer neuen 
Bearbeitung entgegen. Der Herausgeber der grossen Sammlung derStitdte- 
Chroniken, Professor Hegel stellt für das nächste Jnhr die BereicheruDg 
derselben durch zwei neue Bände in Aussicht. 

Schon vor längerer Zeit war der Drack des sechsten Bandes der 
von der Kommission herauagDgebenen ütteraa Hanserecesse begonnen worden. 



I 



173 Bericht der bist. K< 



bei der Kgl. bayr. Akad, der Wissenecb. 



mnsste aber wegen dienstlicher Behinderungen des Bearbeiters, Sladtarchivar 
Dr. Koppmann unterbrochen werden und hat leider auch im TeiäosBEeneii 
Jahre nicht wieder aurgenommen werden bäuneu. Auch die Arbeiten fSr 
die Wittelabachischei) Korrespendenzen sind nur wenig fortgeschritten, dl 
die Bearbeiter der einzelnen Ahtheilungen, die Professoren von Bexold, 
von Druffel uiid Stieve durch andere Ter pä iaht nngen sehr in Anspmeh 
genommen waren - 

Dagegen ist die Sammlung der vaticanisebon Akten zur deDtsch«n Qe- 
acbichte in der Zeit Kaiser Ludwige des Bayern von Oberbibliotbekar Dr. 
Biezler unter Beihilfe des Archivpialttikanten Dr. Jochner nahem dmok- 
fertig hergestellt worden. Der Druck wird vielleicht durch eine neue ar- 
chivalische Reise uacb Rom, die sieb als notbwendig herausti teilen kSniiti^ 
noch etwas verzögert werden, docli ist jedenfalls die Publikation der Samm- 
lung nahe bevoi'stebend. 

Die von dem Sekretär der hiesigen Hof- und Staatsfaibliofkek Dr. H. 
Siraons/eld bearbeitete Sammlung von Urkunden zur Geschichte der dentseh- 
venetian lachen Bandelabeziehnngen und des deutschen Kaufhauses in Venedig, 
deren Herausgabe die Kommisainn durch einen Druckzuschnas unterstützt, 
wird dcmnäehst in den Buchhandel kommen. 

Die Vollendung der Geacbichteder VFiBSenBchnften in Deutseh Und locht 
die Kommission möglichst bald herbeizuführen. Mit der Oeachiobte der 
Kriegs wissen Schaft ist Oberstlieutenant Dr. M. Jahns in Berlin unablfts^ig 
beschäftigt and es besteht die Aussicht, dass diese Abtheihing des Unter- 
nehmens, wie die Geschichte der Medizin, bearbeitet vom Geheimen Meiti- 
zinalrath Professor A. Hirsch in lierlin, in naher Zeit an das Lieht treten 
werden. Die Kommission ist nach wie vor bemüht, für die Fortsetzung der 
in Folge des Todes Stintzings leider unvollendet gebliebenen Geschichte 
der Rechtswissenschaft einen hervorragenden Gelehrten zu {gewinnen, wie 
auch die Bearbeitung der beiden sonst noch ausstehenden Abtheilungen, 
der Geschichte der Geologie und der Geschichte der Phywk, nach Uöglich- 
keit xa beschleunigen. 

Für die Jahrbücher des deutschen Reichs sind neue Bereicherungen in 
der nächsten Zeit zn erwarten. Professor Meyer von Knouau in ZAriah, 
welcher die Bearbeitung der Jahrbücher K. Heinrichs IV. und K. Heinrichs T. 
übernommen bat, bofTt den Druck des ersten Bandes der Geschichte Heia- 
richs IV. im Sommer 1687 beginnen lassen zu können, und Gebeimer Hofrath 
Winkelmann in Heidelberg wird den ersten Band seiner Geschichte K. 
Friedrichs II. in kurzer Frist zum Abschluss bringen, Professor Oelaner 
in Frankfurt a. M. hat die von ihm üliernommene Revision der die An- 
fänge de« Karolingischen Hauses betreffenden Arbeit des verstorbenen H. 
E. Bonnell so weit vollendet, dass der Druck dar neuen Ausgabe in 
nächsten Jahre wird erfolgen können. Auch die Revision de« enten Bsndn 



I 
I 
I 
I 



Bericht der biat. Koi 



1 bei dur KrI. bayr, Ak»d. der Wieseuscb. 173 



der Gescbichte Karls dei Groai 
Professor Simson in Freiburg 
entgegen. Professor Dümmle 
seiner Geschichte des ostfrüakischi 
erste Bande derselben wird in zwe 



welcher nach dem Tode S. Abels aioh 
r. unterzogen hat, geht dem Abscbluss 
ist damit beschäftigt, die neue Bearbeitung 
I Eeiuhs druckl'ertig herxuatelleu ; der 
handlichere Bände zerlegt werden. 



aine deutsche Biographie, redigirt von Klosterpropat Frei- 
icron and Professor von Wegele, ist ini verdosseuen 
I. uud 3rt. Band bereichert, auch vom 24. Baod bereits 
abgegeben worden. Die regelmässige Fortführang dieses 
elchea sich der allgemeinsten Anerkennung erfreut, ist Yäl- 



Die Allgem 
herr von Liliei 
Jahre um deu 2i 
eine Lieferung a 
Unternehmens, w 
lig gesichert. 

Die bisher von der Kommission herausgegebene Zeitschrift: Forschungen 
aur deutsclieo Geschichte hat leider ihren langjährigen Bauptrediikteur ver- 
loren. Georg Wait?,, der dos Unternehmen angeregt hatte und sich von 
Anfang an mit der gröaslen SorgfiiJt der Hanptiedaktion unterzog, hat deu 
2t). Band noch beginnen, aber nicht mehr Hbacbliessen können. PrufeBSOr 
Dum [nie r übemahm bei dem unvollendet von Waitz hinterlasBeiien 2, Hefte 
die Uauptiedaktion und wird diese auch für dos dritte llelt beibehalten 
und so den 26, Band zum AbachlusB bringen. Dmnit werden die Forschungen 
zur deutecheu Geschichte aus dein Kreiee der Publikationen der Kommission 
ausscheiden, doch besteht begründete Hoffnung, dass diese überall guachätute 
Zeitschrift anderweitig in unveränderter Haltung und Tendenz fortgesetzt 
werden wird. 




Anthropologen-Versan 
vom 10. bis ir.. Augu 



DiluDg in Statin 



)ie von etwa 150 Theilnehmeru besuchte Versammlung, zu der von 
Ausländern Hildebrand. Evans, Wankel, Hampel, Tolmatschew u. A, er- 
schienen waren, wurde am 10. August Vorm. 9 Uhr im grossen Saale dea 
Concerthausos durch den Vorsitzenden, Geh. Rath Virchow, mit folgender 
Rede eröffnet: Die Anthropologie ist keine officielle Wissenschaft, aber sie 
erfreut sich der Mitwirkung aller Gebildeten, auch der Frauen. Die an 
der Spitze dieser Forschung stehenden Männer müssen ihr treu bleiben. 
Diese Wissenschaft hat einen internationaleu Anfang gehabt. Von den 
Gründern sind schon Viele abgerufen, Nilsson, Hildebrand, Keller, llesor, 



174 Schaaffhausent 

Broca, Worsaae. Wir in Deutschland haben klein angefangen, aber wir 
haben die Gesamrotheit aller Landestheile aufgerufen und überall neue 
Herde der Forschung gegründet. Hier befinden wir uns an einer alten 
Stätte. Pommern ist schon früh durch seine Beziehungen zu dem Norden 
ein Mittelpunkt menschlicher Thätigkeit geworden. Von den Ostseekästen 
aus haben die Wickinger ihre Fahrten gemacht. Pommerns Sammlungen 
sind zurückgeblieben gegen die Bedeutung der Funde in dieser Provinz. 
Bei so langgestreckter Lage derselben fehlt die Verbindung, es fehlt in 
Stettin eine Universität, der Greifs walder Verein hat Manches entfährt 
Virchow ruft als Sohn der Provinz den Patriotismus seiner Landleute auf, 
das Material zu sammeln für ein Archiv der Urzeit. Das alte Pommern, 
ging bis an die Oder und Weichsel, es reichte von der Ostsee bis zur 
Warthe und Netze. Seit dem 9. Jahrhundert sind die Pommern mit Dänen 
und Normannen in Berührung. Seit 1026 giebt es Herzoge von Pommern 
seit 1124 predigte Bischof Otto von Bamberg hier das Ghristenthum. Der 
Name Stettins bleibt dunkel. Vor den Wenden wohnten hier die Rugier. 
Die Slaven wanderten in drei Heereszügen ein. Die Wenden besetzten die 
Lausitz, die Wilzen wohnten bis an die Spree und Havel und bis nach 
Holstein. Die Pommern hingen mit den Polen zusammen und waren von 
den Czechen verschieden. Diese gelangten mitten durch die Serben hindurch, 
von denen sie sprachlich und physisch verschieden sind, nach Böhmen und 
sind schon im 7. Jahrhundert geeinigt. Wilzen und Serben, gegen welche die 
sächsischen Kaiser kämpften, haben es nie zu einer Staatenbildung gebracht. 
Die Slaven schoben sich neben einander vor, ihre Reihen wurden durch 
nachrückende Züge immer durchbrochen. Das slaviscbe Volk war nicht so 
einheitlich, wie es sich heute fühlt. Das alte Pommern ist ein urblondes 
Land, Vorpommern und Mecklenburg sind das viel weniger. Sitzt hier noch 
die altgermanische Bevölkerung? Oder sind es Niedersachsen, die das Land 
der von den Carolingern bekriegten Slaven besetzten? Meitzens Karte der 
Verbreitung des niedersächsischen Hauses stimmt mit den Schulerhebungen, 
auch die Sprachtafeln decken sich mit den Farbenkarten. Als Otto nach 
Pommern zog, bestand noch der Urwald, Ugger, der zwölf Tagereisen lang 
und vielleicht eine Grenze war. Diese Silva wird im 13. Jahrhundert als 
Wüste, desertum, bezeichnet. Hier sitzen die meisten Blonden an der Rega 
und Persante. Um Stettin wohnen bis ins 15. Jahrhundert Colonisten. 
In Pomerellen, das die Grundlage von Westpreussen wurde, war der Grenz- 
wall noch im letzten Jahrhundert erhalten. Die Gistercienserklöster wurden 
von Dänemark aus bevölkert, die Praemonstratenser Hessen Bauern aus 
Friesland kommen. Die Anlage der Dörfer, des Hauses, die Nationaltracht 
entsprechen oft der Besiedelung durch Niedersachsen. Auch Richtung und 
Breite der Hufen der Feldflur sind zu beachten. Es giebt fränkische und 
flämische Hufe, die ersten führte Carl der Grosse ein, zumal auf den colo- 



Anthroprologen-VerBBmmlunfc in Stettin 



L 10. bia 15. Anglist iSae. 176 



nisirten Flüchen, sie beisaen auch Königahufe oder Waldbufc ilageagütar 
sind di«. deren Namen mit hagen endigt, aie sind niederaächaisch. Deatache 
Dörfer tragen indessen oft alnvisclie Namen und umgekehrt. Vor den Skven 



sasae n i n Pommern 
Heruler, Rugier, Gothi 
Moorleichenfund &ua d 
GrAber mit Bestattung , wie di 
es iu Pommern? Von der Weich 
ähnliche Lnngkupfe in den Grübi 
thiacben Gerathen fehlt 
der Feuersteine wäre wi 



ur VöllterwaaderQng Deutsche, Burgundiooen 

Vor den Slaven gab es nur Leicbenbraad, ein 

Zeit wäre wichtig. Aus der Steinzeit giebt es 

ie das von Blumenhagen. Wie viele giebt 

:iiB zur Elbe linden sieb den Germanen 

jedeulalls aind es Arier. An paläoli- 

Lande. Eine Kitito über die Verbreitung 

litig, Bügen verdankt vielleicht seine Bedeutung 



nur dem hier häutigen Feuerstein. Ob die Bronzen mehr von Griechenland 
oder von Italien eingeführt wurden, bleibt ungewiss, Ihre Quelle scheinen 
die Don au gegen den, Ton wo sie auch nach Schlesien kamen. Auf dem 
rechten Oderufer kann ein Handeisweg gewesen sein. Vineta entstand aus 
Jumneta, Juoine war die nordische Bezeichnung für Julin, das jetzige Wollin. 
Hier ist ein Pfahlbau aufgedeckt. JuUn war noch im 13. Jahrhundert die 
grdaste Eandelsstadt des Nordens, wohin die Qandler vom Schwarzen Meere 
kamen. Auf dem Silberberg bei Julin sind arnbiache Münzen gefunden- 
Her Göldfand von V^ttersfelde, die Kaurismuscheln in Schweden, wo daa 
alte Birka aufgefunden ist, sind Beweise für den alten Handel. Unsere 
Cultur führt zur Vernichtung der Ürrassen, weil sie ihnen keine Mittel zu 
einer aelhstatiLndigen Weiteren t Wickelung bietet. Daa war früher anders. 
Der nite Import weckte die Selbstthiitigkeit der jungen Völker und die 
ana den Culturländern gebrachten Krankheiten, Aussäte und Elephantiasis, 
waren weniger zerstörend als die unseren. 

Hierauf fand die Begrüssung des Congreases durch den Oberprüaidial- 
rath Y. Bülow statt. Herr Oberbürgermeiater Giesebrecht dankt dafür, das« 
die Gesellschaft diese Stadt gewühlt, and wünscht, dass sie reiche Frucht 
ernte. DerGeechiLftsführer, Gymnasial-Director Lemcke, gedenkt der lUänner, 
die fftr die Pommersche Alterthumsforschung gewirkt haben, znn&ahst des 
OberprJlaidenten Sack, der den Verein für Pommersche Geschichte und Alter- 
tfanmskunde begründet bat. Er nennt Hagenow, Lud. Giesebrecht und 
Hering und rühmt die Verdienste Bayers um das Provinzialmuseum in Stral- 
sund. Die Geseilschaft fiir Pommersche Geschichte und Altert humskunde 
hat als Festschrift den Mitgliedern dea Congresaea zwei Abbandlungeo aus den 
Bnltiachen Studien, J. XXXVI, Uexenwesen und Zauberei in Pommern, von 
ö. Jahn, and die BurgwAlle des Riindowthalee, von H. Schnmann, überreicht. 
Nun erstattrt der Generoi-Seeretür Etanke den Jahresbericht. Er zählt 
zuerst die Arbeiten über Urgeschichte auf nnd bemerkt, dass die den Scandinaven 
gewöhnlich sugescbriebene Eintbeiluag derselben in «ins Stein-, Bronze- 
and Eisenüeit gleichEeitig in Dentschland gebrancht worden sei. Er n«Dnt 



17(1 



ScbHaffhaunea: 



Yosi und Stimrain^'s Alterttiömer aus der Mnrk Brandenburg, Frl. Heatoi'fi 
vurgei^L'hiditlicIie Alterthlimer Schleawig-Hulstetns und LiudeUHcbmite Haod- 
buch der Arcbüologie, feruer Arbeiten von Subwurz, Vircliow, Olahansea, 
Waukel und ScbnafTbauaen. Bftstian beabsicbtigt Hystematische VeröSeat- 
liobungen aus dem etbncilogisuben Museum, das durch den AukauT der Hach- 
tigalscbon Sammlujigen bereichert ist. E^ine wichtige Uatei'bUcliuDg bezeiohnet 
er als eine fast uobesuhriebeue Tafel, es ist die Frage der Auclimatisatioo. 
Viroliow hat schon in der Natur forsch er- Versammlung zu Stiassburg diese 
Frage zur Sprache gebrncht, sie wird auch die bevorsteheuJe Berliuer Ver- 
SBiumlung beschäftig^]], sie ist ia diesem Augenblick für uns Deutsche wich- 
tig, d.i wir im Begriffe sind, in entfernten Ländern Colonteo anzulegen. 
In den Linherigen Berichten von Bastian, l-'ritscli, Thieiach herrsohea Wider- 
sprüche. Im Hinblick auf die grosaartigen doutschen Uuteroehiiiungea lur 
Krforschaug und zur Besititergreifung fremder l.ünder sagt Rauke, «rir 
stünden ini Morgenglanze einer neuen Zelt. Jetzt gab Weissmana den 
Kiissenbericht. Uie Einnahme pro 1885/8Ö beträgt 13402 Mk. 49 Pf. Die 
Jahresbeiträge wurden von 2143 Mitgliedern entrichtet. Es bleibt ein 
Kaaxeobesland von 808 Mk. 57 Pf. Für das kommende Jahr bleibt die Summe 
von 7109 Mk. 67 Pf. verfügbar. 

Niich einer Pause Ton zwei Stunden wurden um 2 Uhr die Vorträge 
fortgesetzt. Herr Naget halte ein Skelrtt aus dem neolithischeu Gräberfeld 
bei ßöBSen an der äaale tinfern Murseburg ausgestellt. Die Todten liegen 
1 '/« <u l^icf ii'i Thonboden. Die Schädel sind dolichocephal. Hals- und 
Armringe sind aus Marmor, einer aus Eichhorn, in den Gräbern liegen 



seltt 



Feuerstein Ol ess er. Steinheile und Thongefäase mit ll< 

darüber. Hierauf achildert Dr. Gremph 

römischen Alterthum, der im April d. J. in der Nähe 

in einer Sandgrube gemacht wurdi 

aus Bronze, der, wie vorstehende Stutzen zeigen. 



how spricht 

Fund ana dem 

-eslnn bei Sacran 

lieg barer Vierfasa 

Misch gefaes getragen 



hat. Die vier Stangen sind mit Panthern verziert und tragen 
weibliche Büsten. Zweimal findet aich die Aufschrift NVM. ADO. Zugleich 
fanden aich verzierte Goldlileche, eine silberne Scheere, Spiralriuge, eine 
Pincette, eine Schale aus Onyx, Spie Istein eben. Das Ornament einer goldenen 
Schale hat archaischen Charakter. Die regellose La^^e der Gegenstände 
läast vermuthen, dass hier kein Grab war, sondern der Uausrath eines vor- 
nehmen Mannes vielleicht ala Beute geborgen wurde. Auch ein Fabrik- 
Stempel findet sich am Vierfuaa. Bildebrand bezweifelt den nordischen 
Ursprung einiger Gegenistände, Tischler weist eine Fibel dem Ende den 3, 
Jahrbnnderts zu. Ein Bronzekeasel scheint ihm Jünger als die von Pompeji. 
Sollte die Aufschrift ulchl beweisen, dass der Vierfuas einmal dem Kaiser 
Numerianus gehörte? Dr. Behia sprach dann über das Elch i 
kommen. Nnoh Rchlnss der Sitzung fuhr ein Theil der Mil 



Äntbropologen- Versammlung in Stettin 



I 10. bis 16. August 1S66. 177 
Qnd 



KUckenmühle stur BesichtiguDg dar Anstalteo fflr Geist oBscb wache 
Epileplisclie, Um 6 Uhr fand im Saale des CoDcertbanses unter zahlreicher 
Betheiligung das Festessen statt. Die Genösse der Tafel wurden durch 
die üblichen Toaste und durch au.sgczeidiiieten QiiartellgesaDg unterbiochen. 
Die Dichter und Comp:)iiiäten der Lieder waren Pommern, Berr Ober- 
Reg.-Rath von Pultkamer brachte das Hoch auf den Kaiser, Bürgermeister 
Giesehrecbt das auf die Anthropologische Geselhchaft aus. Virchow liess 
die Provinz Pommern leben. 

Am Mittwoch den 11. August besachten die ÄDthropologen von 8 bis 
10 Ubr unter Führung des Herrn Dr. Lemcke das Museum der Gesallscbaft 
für Pommersche Geschichte und Allerthumskunde, von dem ein übersicht- 
licher Katalog den Mitgliedern eingehändigt wurde. D.is Museum beündet 
sich im Tiiurme des alten Schlosses. Hier errichtete 134ß Barnim III. 
■ Stettiner ein Steiubaaa nebst Kapelle, die vom Pummern- 
in Bamberg geweiht war. In der vom virstorbeneii Conser- 
gpoi'dneteu Sammlung befinden sich zahlreiche Stringeräthe 
Torffund, der den gleichzeitigen Gebrauch von Steinheil, 
beweist, die echöne Unlaschnur aus Silberltellen VOQ 
I Hackailber und V\ endenplennigen. Um 10 Ubr 



aaf Kosten der 
Apostel Otto 1 
vator Knorren 
und Urneo, ei 
PaaUfab und Eis' 
Speck, reiche Funde 



die Vorträge. Zuurst sprach I>r, Jahn über heidnische Regia 
im heutigen Volksleben der Poniroeni. Alle noch vielfach verbreiteten 
ftbergläubisoben Vorstellaiigen gehören dem germnuiscben Alterlhum an. 
Dies erklärt eich, wenn man erwiigt, dass hier vor der Völkerwanderung 
Germanen gewohnt haben ui>d die spätere slavisebe Einwanderung darin 
wenig geändert hat. Der Tod ht ein erustt-r ruhiger Mann, der mit des 
Bauern tich iu ein Gespräch einliiast, KrsLikheiten werden durch böse Geist« 
hervorgebracht, auch die Cholera ist ein dämonisches Wesen. Die unruhige 
See sucht man durch Schmeichelworle zn besänftigen. Nuch findet sich 
der Glaube an Biesen oder Hünen, diu Suhutx suchen hei den Bauern vor 
den sie verfolgenden Göttern, na Zwerge oder Ulken, die sich uiiaichtbar 



machen kiiiinen, und sich in Käl'er v 
allen mfiglicben Schahernak, sie verb 
Weiber meuscbliche Form annehmen, 
Wenn ein Kind vor der Taufe stirbt, eo f 
den Leib in Gestalt einer Maus, eine 
kennt Kobolde, Wassergeister und di 
sind dem slaviacben Aberglauben fremd. 
Ea komme mehrfach vor. dass nach e 



Volksleben der alten C 
Griechenland die türkii 
seien die Vorstellu 
von Interesse 



Sie spielen dem Landmann 
ideru das Buttern. Die Elheu, derea 
sind iu llihterpomniern Hausgeister, 
rd es ein wilder Alb. Die Seele verlässt 
Vogels, eines fenrigen Gauchs, Hau 
I Vaatpyr. Alle diese Vorstelluiigen 
Schwartz bestätigt diese Ansicht, 
iner Eroberung durch Fremde 



ingen 



^vöikerung wieder erscheine. So habe im heutigeo 
:lie Herrschaft wenig Einfluss geübt. Echt deutsch 
irom wilden Jäger, von der weissen Frau, Es würde 
i geographisch- mythologischen Atlas au entwerfen) 

12 




178 



Sckaftffbki 



ehe der Volksglaube ganz verblsHt lei. Vircbow sagt, es gebe B«iBpi«l« 
flir eiaen achoellea Wechsel id dieser Beziehuag. Die wendisclien Gegendea 
im Schweriner Kreiae seien voÜBtäadig gerraaoijirt. Im Amte Blüchow in 
Hannover sei zu Anfang de« JalirliuaderLi aoch wendisch gesprochea worden, 
■ □PomerelleD seien deutsche Gcschlechtii'r in polnische umgewandelt worden. 
AuETallend aei die geringe Zahl slavischer Grabfelder in PommarD. 

Der Vorsitzeade berichtet dann über die Untersuchung der deut- 
schen Sohndelformen und die Herstellung einer prä h ist o Hieben Kart«, 
Schaaffhausen über die Beiträge zum AotSii-opoiogischeu Kntaiog und 
aber die von der eDgliscbe» KegicruDg angeordnete Statistik von Ben- 
galen, Sodann spricht er über den grossen Zeh des Hea sehen, aber 
dessen L&nge beim Europäer und bei rohen Kassen verschiedene Aügaheo 
gemacht werden. Bei allen berühmten griechischen Statuen ist der grosse 
Zeh kleiner tils der zweite, so beim Apollo von Beivedere, bei der Diana 
von Versailles, der medicelschen Venas, dem Laokoon , deu Dioscureo, 
dem DiscuBwerfer u. A. Harriaon irrt de^shalb, wenn er glaubt, diese 
Bildung sei den heutigen Künstlern nicht von GriecbenUnd, sondern von 
Italien zogekommon. indem die Etrusker schon den Fugs so bildeten und 
die heutigen Italiener ihn so besiissen. Auch an ägyptischen Statuen findet 
man den zweiten Zeh langer als den ersten. An dem Fuss der Wilden 
sind auch der dritte, vierte und fünfte Zeh kriiftiger gebildet als beim 
Knmpiter, bei dem die Fusshekleidnng diese Zehen wohl oft vorkümmert und 
deashalb den grossen Zeh, auf den sie weniger Einfluss übte, verhaltniss- 
mässig verlängert hat. Es ist auffallend, dass an den Statuen der Grie- 
chen, die doch die Sandale trugen, auch der kleine Zeh verkümmert ist. 
So findet es sich aber auch an ägyptischen Mumien. Der bei den ver- 
■chiedenen Rassen ungleiche Gebrauch des Fusses muss diese Dnterschieilfl 
erklären. Hierauf spricht Krause über raikrouesische Schädel. Die Mikro- 
neaier sind kein originaler Typus, sondern ein Misch volk aus Polynesiern undPa- 
puanern. Auf den mikrouesischen Inseln war eine meianesieche Urbevölkerung 
vorhanden, die durch von Westen einwandernde malayische Stiimme übenogan 
worden ist, deren Nachkommen als Polynesier bekannt sind. Diete Ein- 
wanderer habeu auf deu nördliclieu Inseln der Südsee festen Fum gefasrt, 
während die fievülkerung der südlichen ihnen Widerstand geleistet b«t 
Tischler beschreibt die Technik des Millefiori-Emaila. Es wurden farbig« 
Glaastäbe neben einander gelegt und zusammengeschmolzen, dann snage- 
Eogen oder man überrollte einen Glasfaden mit andersfarbigen FlüsMii. 
Die alte Glaskuust ist noch nicht wieder erreicht. Aus Millefioristäbchen 
machte man auch Perlen. Im Stettiner Museum sind grosse Perlen mit 
vier Gesichtern, deren Kopf einen Turban trügt, aas Ledebuhr in Pommern. 
Dieae Eanst wird mit Unrecht als gatlo-rdmisch bezeichnet, sie reicht von 
Fnnkreicb bis Ungarn; sie findet sich an Gegenständen der La Xene-Z«it, 



i 



i 




Anthropologen-Versammlung 



10. bis 15. August 1 



die zuerst eine Weltltultur brachte. Sie Godet sich aU Furchenscbmelz auf 
naUriagen von Brooce. Auf zwei Fibeln tod Demrain »iwl eninillirte Ku- 
geln und ein Krenz, da9 cbfirakteristisch för die la Tene-Zeit ist. Ilss 
Blut-Email kommt auch nuf Eiecn Ter, z. B. atU' Nagelköpfen. Dhb Email 
der Römer war weit verbreitet. NanhmittHgs fand eine Fahrt auf der 
Oder statt. Bei der Rückfahrt erglänzteu zshlreiobe Villen and Fabrikge- 
bäude in bengalischem Feuer. 

Am Donnerstag den 12. August nurde Yon 8 bis 10 Uhr das Poro- 
mer'scbe Museum besucht und um iC/a Uhr die letzte Sitzung eröffnet 
Zuerst fand die Neuwahl des Vorstandes statt. Vircliow wurde zum ersten 
Vorsitzenden, ^cbiiaff hausen und Waldeyer «u Stellver tretet o gewühlt und 
Nürnberg als Ort der nilcbateu Versammlung bestimmt. Den ersten Vor- 
trag hielt Leracke über ilie Vorgeschichte Pommerns. Dieselbe ist mit einem 
romantischen Zauber umkleidet, erst das 12. Jahrhundert bringt zuverläs- 
sige Kunde über das Land und seine Bewohner. Ueber das 10, und 11. 
Jahrhundert berichten die nordischen Sagainfinner, die isländischen Ge- 
Bchichlsschreiber, ihre Nachrichten sind, wie die des Adam Saxo und llel- 
mold, poetisch geerbt. Streift man das dichterische Beiwerk ah, so bleibt 
noch T hat such liches genug zurück, um ein anschauliches und zutreffendes 
Bild jenttr Zeiten zu zeichnen. Drei Orte sind es, welche das Interesse be- 
sonders für sich in Anspruch nehmen und zugleich in innigster Beziehung 
zu einander stehen: Jumme (Julin), Swöldr Bud Vineta. Bei der blühen- 
den wendischen Üaadelsstudt Julin, dem heutigen Wollin an dem mittleren 
Oderarm Divenow, die von den nordiscl.en Völkern Jörn, Jum, Jumne. auch 
Junmeta genannt wird, befand sich eine Niederlasäiing dänischer Wickiuger, 
die von Ptilmaloke, der sich mit seinem Könige entzweit und von Bnrrisleif 
den Gau Jum geschenkt erhalten hatte, im 10, Jahrhundert gegrflndeto 
vielgcrühmt-e Jonisburg, bei der ein Hufen gebaut war. Ihre Bewohner bil- 
deten einen kleinen Raubstaat. Zu den wendischen Laudesnngehörigen und 
dem Landesherrn standen sie in friedlichem Verhältnis«, aber ihre eigeneo 
Landsleute, Danen und Norweger, hatten von ihrem wilden Kriegsmut he 
viel zu leiden. Strenge Gesetze herrschten in diesem Gemeinwesen, eine 
Art von Communismus. Kein Weib durfte die Burg betreten, die Männer 
durften dieselbe nur drei Tage Verliesen. Der Heerführer war nnbeschränk- 
ter Herr über Alles. Wilde Tapferkeit machte sie gefürchtet, aber auch 
UinUrlist verschmähten sie nicht. So verriethen i 
der Führung des schlauen Sigwald deo König Olat 
der Christen beim Swoldr-EÜand an seine nordiscbei 
ter Kampf gegen das Christeuthum, das schon . 
Heimath obgesiegt, brachte ihnen den Untergang. 



zweimal im Laufe des 11. Jahrhunderts % 
nnd Erich erobert und leratört. Hit der 



iie im Jahre lÜOO unter 
f Trygvason, den Freund 
II Feinde. Ihr fortgesetz- 
l&ngst in der dänischen 
Die Jorasliurg wurde 
a den dänischen Königen Magno« 
Falle Arcona's, 1168, hatte daa 



t6d 



Sohaarrlia<is< 



HeidiMithtiin ein Ende. Der dichteude Volkamand Iicbs in der 8»ge von 
Vineta die alte Jomabnrg von Neuem eretehen. Diese mächtige Ilandel»- 
Btndt, so hiesa es, hntto njclit ihres Gleichen auf der Welt, ihr Glaoi and 
ihre Pracht liessen sich nicht beafhreiben, sie hnlte eherne Thor«- und Gür- 
ten auf den Düchern. Der Keichthnm machte die ücwohner üppig und 
gottlos, da kam dtie göttliche Sl:rargerichl. Ein NorUoBtsturm tobte sieben 
Jahre lang und tilgte die Stadt von der Erde. Bei Dainerow, ttm Streckel- 
berg auf der Insel Usedom, wo ein gewalligee Steinriff die Schiffe geiahr- 
det, soll eie geBlanden haben. Die Gelehrten des 16, bis 16, JahrhoDderta 
unteräuehten den Meeresgrund boi Damerow und wollten in dem Geroll des 
Fundamente erkennen. Äher ähnliche Stein- 
!sen Kneten ; keiner der Efthlreichen von Da- 
lenbati in Swinemünde verwendeten Blöcke 
pur einer Bearbeitung. Dann kam die EntdeckiiDg 
• Nfttne Vinetft bei Helmold lediglich auf einem Schreib- 
lere HandBchiirten Junüta und Jumneta Urten. Zu- 



Steinrifla Strassen, Platzt 
riffe finden sich vielfach ( 
merow geholten und zun 
zeigte die geringste Spur 
Lappeiiberge, daas d< 
fehler beruhe da an 



letzt zeigte R. Klempin, dnss die Jomsburg bei Wolliii gelegen und wies 
die Entstehung aller an den Numen Tineta nieh knüpfenden Irrungen nach. 
In diesem Namen flössen zusammen die geechichtliphs Kunde von der JomM< 
bnrg, die Erinnerung an daN wendische HiiudeUeroporiura Julin, die Zer- 
störung von Wiahy, die im Volküglauhen lebendige Erinnerung an die SOnd- 
fluth, der biblische Bericht von der Zerstörung groeser Städte wegen ihrer 
SQndeu und das Gedüchtnias an wirklieh etattgebabte Zeretörnngen der 
Küste bei Sturmlluthen. Aus Allem dem hat sich das Bild von Viuela zn- 
samnieDgeaetzt, das noch in der Volksdichtung fortlebt. Dass Vineta nud 
Jomsburg zusammen gehören, ist schon lange erkannt, aber mnn machte 
den Fehler, die lelKtiro an die angebliche Stelle der ersteren za \-erIegen, 
während das Umgekehrte der Fall ist. Vineta ist die fiagenbafl verklärte 
Erinnerung an die Bläthe Julius and an den Ausgang der vorgeschicht- 
lichen Zfit Pommerun. Hierauf zeigt Göt/e gebrannte stabförmige Thon- 
stücke mit Nngeleindrücken, die in einem Ziegel pack werk bei Metz am Ufer 
der Seille in einer Tiefe von 5 — im ingrof^ser Zahl gefunden werden. Haben 
sie dazu gedient, den Wiesenboden festzumachen, oder wurden sie zurSalzge- 
winunng gehraacht, da Salzquellen in der Nahe sindV Sie wurden schon 1770 
als römisehes Bauwerk beschrieben, jetzt will man sie der Steinzeit zuschreibeu. 
Albreobt spricht über die erslen Siiugethiere, und zeigt durch eine vergleichende 
Betrachtung des Saugethierakelets, dasa dieselben einen walarligon Körper 
hatten. Schuafflianseu berichtet übpr vorgeschichtliche Menschenreate, zeigt aber 
vorher einige Photographieen der von Emil Brugsch am 1. Juni d. J, abge- 
wickelten Mumie Rhaniaes H.. des grossen Aegypter- Königs Seaostris der 



I 

I 



Bibel. Der Kopf des Sesostris ist lang i 



1 wenig hoch, er hat voraprin- 



gende Nase und liegende Stirn. Er ist weder äthiopisch, noch nioogolisob, 



AdtbrotiolagcD-Yorsummlung i 



. August 168Ü. 181 
ebildeten nrabiBcben 



noch jüdisch, er gleicbt dem von Boiy St. Tinceot r 
Typus der heutigen Beduinen. Trotz der EintrücknuDg sind die Gesichts* 
zügedeaSesoatris deutlich erkennbar. Erlegt dann die ScIirifL von A. delCastillo 
nnd M. Bärcenn über ein bei Penon im Thale von Mesico in Kalktiiff ein- 
f;eBchtu»aeDeB Hkelet vor. Dasselbe ist in derselben Schicht tnit quatemäreti 
Thierreaten gefunden und enthält keine organische Substanz niebr. Weil 
zwiBchea Mensch und Thier in Amerikn eine grosse LQcke isl, nm»H man 
den Menschen daseibat für eingewandert hallen. Der Redner zeigt hierauf 
eine Photographie des im Herbst 1885 im Löüs bei BrGnn gefundenen 
Sehridels, den ihm Prof. MakoMskl zugesendet hat, Der Schädel ist nicht 
prognntii, ober als Merkmale niederer Bildung können bezeichnet werden: 
die Bcliniale und kurze Stirn, die hochgebende Linea teraporalis, dei- frühe 
SchliiBB der tJchHdelnähte, die Dicke der Scbüdelknochen, die obeu TerjQngtes 
Nasenbeine, die zuoiwurzeligeu Prämolaren, die einfache Mastoidea, da« 
Foramen in der Fosaa olecrani. Zuletzt zeigl er das von Wankcl bei 
Predoioat in Mähren in einer ly« m michtigen Schiebt von Kohlen und 
bearbeiteten Mamratitbknoohen sowie Fenersteinmesgem, 3 m unter der Ober- 
flache gefundene Stück eines nienschlicben Unferkii-fi-rs. Wankel hftit ihn für 
normal, er besitzt aber eine ganze Reihe niederer Merkmale. Nach seiner Uildung 
kann dieser Kiftfer wohl der Mammitthzeit nn^rlirrpn. Wankel giebt hierauf 
eine genaue Schilderung der FundstStfe und sagl. da« er den Kiefi-r mit 
eigener liand aus der bezeichneten Schicht hervorgezog'^n habe. Am Schlüsse 
der Sitzung dankte der Vorsitzende, wiewohl noch groase OenUase in Ans- 
sJcht atilndcn, der Stadt, den Behörden, dem Cumjt^ fiir nlls Vernnataltungen, 
die den Congreas xu einem ao glunzenden gemacht hülteo. 

Um 2 Uhr fuhren die Anthropologen nach Bluroenhngen uud mit Wagen 
nach llühnerwinktl, wo man nach Abschürfung des Bodens schwarze Thou- 
Bcherbeu nnd zerepaitene Scbweineknocben als Reate alter Anaiedelung fand, 
dann ging es weiter zu den Bnrgw&llen bei Slokenberg, in deaaen Nilhe 
ein Bchönea HQnengrab geöffi^et war, Jahn scliilderle die Aufgrabung. 
Unter einem Hfigel, der ans Lehm und Feldslcinen bestand und in 4 F. 
Tiefe auf seiner Mitte eine Feueraliltte zeigte, lag ein mit drei mächtigen 
Grnnilblöckeu bedecktes Steingrab, Die GraUkammer war durch acht Blflcfce 
gebildet, deren [nnenfliicben glatt behauen waren. Sie waren 8 F. lang, 
5 F. breit und 6,7 F, hoch. Die ZwiachenrAume zwischen den Blocken 
waren sorgfältig mit kleinen Sands teinplalten ohne Mfirtel zugelegt. Auf dem 
Boden lag genau iu der Mitte der Kammer ein Mensch eng erippe auf weissem 
Sande, mit dem Kopfe nach Norden. Der Schädel war aus einander gefallen, dla 
/.ahne sehr abgenutzt, die Beiiiknocben stark gebogen. Neben diesem Gerippe 
lag links noch ein ztieites, von dem wenig erhalten blieb. Ueber den BodeQ 
zerstreut lagen Gefäasach erben von dunkelgrüner Farbe mit rothau Punkten, 
Als d.ia Grub besichtigt war, wurden ganz in der Nilhe noch AscheDurnen 



Schaaffhaaa. 



ausgegraben, deren mehrere unter einer gemeinaBmen Decke vOD Feld- 
steinen standen. Bei der Rückfahrt fand in Psaewalk ein festlicbes Abeitd- 
eaeen statt. 

Andern Morgens 6 Uhr dampfte das ScliifF Prinzessin Victoria mit etwa 
hundert Congreasniit gliedern, Herren und Dftmeii, bei schönstem Wetter u 
Swinemünde vorbei nach der Insel Rügen. Um ^'/s '-'hr knm es vor Stubben- 
kammer tin, wo Bote die GesellBchaft ad'h Land lirachtcn. Der 133 ra hohe 
Könjgsstulil, der ein altes Steingrah sein soll, war Imld erstiegen und entciickt 
blickten Alle unter scbattigen Buchen über die weissen Klippen hinaus auf 
die See. Nach kurzer Rast eilten Plinige in den Wald, ucu Gräber auf- 
itadeckeu, Andere zogen en vor, die Aussicht lu genie«sen, eine dort 
aufgestellte äammliing scliöner Steingeräthe zu betrachten und dann den 
kurzen Gang zum Hertbasee und zur Herthaburg, einer alten UtnwaUiing 
von 300 m Umfang zu machen. Erst beim frübhchen Abeudessen in 
dem einzigen grossen Gasthof fand man sich mit denen, die ei'folghis durch 
den Wald gestreift, wieder zusammen. Am Sonnabend Morgens G', g Ubr 
ging es theila zu Pubs dem hohen Ufer entlang, theils zu Wagen nach Sassnili, 
und von hier bei hochgehender See wieder auf das Schiff, das nun nach 
Göhren fuhr. Hier stellte man zwanzig Leute aus Möaehgut, Miinner 
Pnd Frauen, in ihrer buqten "iederaächsiacben Volkstracht den Anlhropoiogea 
vor, welche die aeibslgemacbten Tuche der Kleider, die bunt gestreiften 
Unterröcke, die in Perlen gestickten Brustlatze, die schwarzen anschliessenden 
Hauben, aus denen eine gekräuselte Stirolocke hervoraah, und die Bernstein- 
ohrringe immer wieder betrachteten. Von hier fuhr das Schiff nach Lauter- 
bncb, wo bei der Landung fürattiche Wagen bereit standen, die Gäste nach 
Puthua zu fahren. l>er Fürst Wilhelm Malte begrüsate an der Treppe 
des Gartensaloiis den Vorstand und nahm an der hier gedeckton Tafel Theil. 
Nach einer Anrede des VoraitKenden brachte er ein Hoch auf die autbropo- 
logische Gesellschaft aus. Nach Schlasa der Mahlzeit führte er selbst die 
Geselisohaft durch den herrlichen Park und das mit Kunstwerken aller Art 
gefällte ScblosB. Erst um 6^4 Uhr konnte die Abfahrt stattfinden. Nach 
9 Uhr legte das Soliiff in Stralsund an. Die Fahrt nach Rügen war nm 
so lehrreicher, als Herr Baier wärend der Fahrt Hageuow's archäologische 
Karte von Rügen aufgelegt und den Anthropologen beine Festschrift: .Die 
Insel Rfigen nach ihrer archaologiacben Bedeutung' als Führer in die Hand 
gegeben hatte. Am Sonntftg fand die Besichtigung des bereits 1869 ge- 
gründeten Proviuzial-Museums für Nen Vorpommern und Rügen statt. Die 
trefflich geordnete Sammlung ist reich an Steingcräthen der vorschiedenaten 
Form, aber arm an Bronzen und Eisen. Baier zahlt auf Rügen uur 500 
Uetalll'unde. Zwülf arabische Münzen sind aus der Zeit von 767 — S22. 



i 



Zahlreich sind die 
Backsilber 



äilberne 



Wendenpfeunige ; 



. fehlet 



icht Funde 



■ Uiddensöer GoJdluml » 



I den Anfang des 11. Jahr- r 



AntbropologeD-VersamiDlung ia Stettin vom 10. bis 15. August 1886. 183 

Hunderts gesetzt. Um 10 Uhr begrüssten Herr Bayer und Bürgermeister 
Francke die Gesellschaft, die mit Spenden des Rathskellers köstlich be- 
wirthet wurde. Hierauf fand noch ein Rundgang durch die Kirchen statt, 
die von ihrem künstlerischen Schmucke mehr bewahrt haben, als es in Nord- 
deutschland sonst der Fall ist. Ein Festmahl um 1 Uhr beschloss den 
Congress. 

Schaaffhaasen. 



ly. Miscellen. 



1. Antiquarische Beobachtangen im Ahrthale. 

a. Erst Dachträglich yerDehme ich von einem soyerlässigen Zeogeo, 
dass vor etwa 4 Jahren links von der Eisenbahn Ahrweiler-Remagen, bevor 
diese die Strasse Ahrthal- Gelsdorf durchschneidet, eigenthümliche Aschen- 
behälter gefanden worden sind. Diese Behälter bestanden aus je zwei auf 
einander gelegten halbcylindrischen Pfannen aus gelblich rotbem Thon. Ein 
jeder der Bebälter war ungef&hr IY2' l^i^g) 1' breit und 9" hoch; die 
Pfannen waren 1 " dick. An den Seiten waren die Behälter offen, und bildeten 
demnach einen kurzen Kanal. Es lagen ihrer mehrere unmittelbar anein- 
ander; im Ganzen fanden sich 10 — 15 Stück und ausserdem viele Scherben. 
Die Bellälter enthielten Asche und verbrannte Knocben. 

b. Vor dem Ahrthore der Stadt Ahrweiler wurde in diesem Sommer 
behufs Anlage eines Kanals das Strassenpflaster etwa T^l^^ tief aufge- 
brochen. Dabei fand sich in der ganzen Länge der betreffenden Stelle, 
15 cm unter dem heutigen Niveau eine 15 — 20 cm dicke Mörtelschicht und 
unter dieser aufgeschüttetes Gerolle mit Scherben. Zwei der letzteren setzten 
sich zusammen zu einem ganz gewöhnlichen Trinkgefässe aus grauem Thon, 
wie sie meines Wissens nur im Mittelalter und in neuerer Zeit gemacht 
werden. Irre ich also hierin nicht, 80 wäre der Beweis geliefert, dass man 
auch lange nach der Römerzeit noch Mörtel beim Strassenbnu verwandt hat. 

c. Es sind jetzt einige Jahre her, dass in dem Bett der Ahr, etwa 
100 Schritt oberhalb der bei Ahrweiler befindlif-hen grösseren Brücke ein 
etwa 2* hoher imd IY2' dicker Stein ausgegraben wurde, aus dessen einer 
Lnnghälfte der Kopf eines Wassergottes nusgeraeisselt ist. Die Stirne tritt 
ein wenig zurück, die Nase ist etwas klein und flach, dagegen erscheint die 
Oberlippe dos ziemlich weit geöffneten Mundes dick, und auch das Kinn 
tritt stark horvor. Unter dem Munde zu beiden Seiten des Kinns sind 
je drei ziemlich breite Kiemenhliitter an einem Halter angebracht. Auf 
jeder Wange bewegt sich nach dem bezüglichen Mundwinkel ein Fisch von 
der Länge des kräftigen Ohres. Ueber den kleinen Augen sieht man zwei 



eiuaoder zugewandte kleinere Fische. — Der Auffinder dea Steiaes hat 
denselbeD in eioe Ecke des ersten Stockes seines neaen im Ellig bei Ahr- 
weiler einsam stehenden Hauses einraauern lasBon. 

P. Joerres. 

2. Archäologische Funde auf der Akropolis von Athen. 

Man schreibt der „F. Ztg." nus Athen: Die in nördlicher Richtung 
von den Propj'läen der Athener Akropolis in neuester Zeit vorgenommenen 
Ausgrabungen haben sehr merkwürdige Ergebnisse zu Tage gefördert. 
Insgcsammt wurden in den Jeteten Tagen 12 ziemlich grosse nnd wohler- 
haltene KupfergefäsBe, wie WeinbebSIter, Trinksclialen, Mischgefasae nnd 
Trinkbecher ausgegraben. Der \VeiaI>ebi!ter ist 29 cm hoch und der Form 
nach kunstvoll gearbeitet. Alle diese Gegenslünde wurden an einem und 
demselben Orte gefunden. Zudem wurde auch noch eine in Kupfer ga- 
arbeilete ziemlich gut erhaltene Statuette von 27 cm Hohe ausgegraben. Die 
Statuette stellt eine weibliihi,' Figur dar. welche in ein Panzerhemd gehüllt 
ist, das Kleid bis zu dun FUasen trägt, und dasstlbe mit der an den Leih 
anliegenden linken Hand znrüciibfilt, während die rechte vom Ellenbogen 
ab vorgestreckt ist. Die Statue ist die grösste der bisher auf der Akropolis 
auBgegrabeoen Kupferatatuen und ihrer Auslührang nnch ähnlich den im 
letzten Januar ausgegrabenen, der Epoche von Phidiss angehörenden Mar- 
morstatuen. In einer vor Kurzem auf der Akropolis aufgefundenen Mar- 
morinschrift wird eines Kupferdepots (Cbulkotheke) erw.^hnt, also eines be- 
sonderen Ortes, wo die kupfernen Gelasse und andere den Tempeln gehörige 
aus Kupfer verfertigte Gegenslünde aufbewahrt wurden. Es fr.igt sich nun, 
ob die nordöstlich der Propylüen aufgedeckte Mauer dieser Clialkothek an- 
gehört und die ausgegrabenen Kupferobjekle von den daselbst aufbewahrten 
KupfeigegciiBliiDden herrühren, vorüber erst die weiteren eingehenden Nach- 
grabungen siclieren ÄufHchluBS geben werden. Allgemein nimmt man iiidess 
in archä..logi<^chen Kreisen Albens an, dass sich die Clialkothek zum blin- 
de^len in der Nähe jenes Ortes beJiudbt, wo die erwähnten zahlreichen 
Kupfergefüsse aufgefunden wurden. L'eberdies wurde nordöxllich von den 
Propyläen ein Marmorbruchelüok aiifgefuncien, auf welchem die WiJmuugs- 
anfschrift: nDen korbtrngenden Jungfruuen" — welche bei den Festen dea 
Dioujsios, der Demeter ü. n, die Heiligthumer dieser Götter trugen — einge- 
graben ist. Die Namen der Jungfrauen fehleu zwar, nlier jene der Archonten, 
nnler welchen sie den Korb der Ueiligtbiiiner, nnd zwar des Diony<>ioa und 
»der Matter der Götter" getragen, finden sich auf dem Hruchstücke vor. 
Bonner Zeit. 4. Dez. 1866. Morganbl. 



3. Römische Gr&ber in Bonn. Neben der Mehl em'aohen Fabrik 
auf der Coblenzer Strasse worden bei Errichtung eines Nenbaus im Apri' 



186 



MUcellen. 



dieses Jahres dstlicli yon der Ghaass^ in einer Tiefe yon etwa 5' römiaehe 
Gräber anfgedeckt; unter 15 Aschengräbem war nur ein Begrabene. Die 
Wände and der Boden des 4 Fuss im Geviert messenden Grabraums waren 
hartgebrannt. Um die Urnen standen Lämpchen, Krüge, Schalen, Salbfläsch- 
eben. Ein weiss gelber Henkelkrag, ^^Ve ^^ ^^^^ ^^^ ^^ ^^ breit war 
mit einer fein geschlämmten Thonerde gefüllt, die gebrannt eine schön rothe 
Farbe annahm. Herr Guillaame wird Versache damit anstellen, om die 
Terra sigillata darzastellen. Schon Franz Keller hat 1876 seine Versadie 
mitgetheilt, die rothe römische Töpferwaare herzasteilen, vgL Jahrb. LX, 
S. 146. £r sagt, dass das Bestreichen mit einer Boraxlösang vor dem 
Brennen die schön glänzende rothe Farbe der Glasar erzeage, während 
eine zufällige oder künstliche Beimischung von Ocker die rothe Farbe der 
gebrannten Thonmasse bedinge. Auch wies er darauf hin, dass ausser den 
Töpferöfen, die aafgefandenen Formen für Reliefgefösse die Herstellnng der- 
selben in den römischen Provinzen aasser Frage stellen. Eine 18 cm im 
Durchmesser grosse graue Schale hat als Marke in der Mitte einen kleinen 
menschlichen Fuss eingedrückt, die sich kreuzenden Linien daraof scheinen 
die Riemen der Sandale darzust-ellen. Auf einer rothen Scherbe stand der 
Stempel oFFEIGIS, Officina Felicis. Geh.-R. Bücheier schätzt die Buch- 
staben als der frühen Kaiserzeit angehörig. Bis zum I stehen die Buch- 
staben auf dem Kopfe, die andern stehen gerade. Noch fanden sich 2 kleine 
9 cm hohe Töpfchen mit weiter Oefifnung und 2 schwarze Aschenurnen mit 
längsgestreiften Bändern verziert, auch ein Thür- oder Webergewicht 7 cm 
breit 5 hoch, um dessen Mitte eine tiefe Rille läuft, sowie eine Groaserz- 
münze des Domitian, ein Armring und Beschlagstücke aus Bronce. Ein 
Haufen von Scherben sehr verschiedener Gefässe deutet wie jener mit Thon 
gefüllte Krug auf eine Töpferei. Zwischen diesen Scherben lag ein 60 mm 




grosses Kreuz von gebranntem weissen Thon, auf dessen Mitte sich ein grosses, 
mit Strahlen umgebenes Auge befindet. Unzweifelhaft diente diea mit 



Miicellen, 



187 



3 Löchom veraehene Anhüngsel, welches hier ia natiirlichei' Grösse abge- 
bildet ist, gegen das Fasoinnm, zur Abwehr des böseu Blioks. Mnn suchte 
deu Zauber nlizuwehreri durch Seh reck bilder. wie Uns Medusen hau pt, durch 
Köpfe und Mntiken, durch dr'n Phallus. Noch Coosl.antin trug das Gorgo- 
neion auf der Brual. Diesem Aberglnuben lag dpr Gedanke zu Grunde, da« 
die Miisgunst Änderer das reinste Glück eioes Kleaschen zerstören kauti. In 
ilem Sinoi.-, dem bösen Blicke zuvoraukoinmen, war auch das oienschücfae 
Auge ein Abwehrmittel. Es kommt all solches auf griechiBcben Gefassen 
und auf Ringen vor ; vgl. 0. Jahn, über doo Aberglnoben des bösen Blicke 
bei den Alten (Berichte über d. Verh. d. K. sachs. GesellscL d. W. 1885, 
S. 2ä). Das vorliegeiide KreuK, dessen unterer llnlken abgebrochen ist und 
langer gewesen sein kann, ist wohl fiir ein christliches zu hiilten. Dann 
hätten wir hier eine Vereinigung eines cbriatliuben mit einem beidnisuhen 
Symbol, wie eine solche ancb sonst und zumal in Glaubenseachen nachweis- 
bar ist. Scbaaffhftusen. 



4. Römische Hufeisen. Im Erddamm der Seite 188 erwihnt«[i 
Römerstrasse, welche die Coblenzer Strasse südlich von Bonn in \,B0 m 
Tiefe mit ihrem Baaaltpflaster durchzieht, wurden im Oetüber dieses Jahres 
bei deu wicderholteu Anegraburgen zum Anschluss der Grundstöcke tn 
die Wasserleitung, zwischen der Stein- und Kieslage jener Strasse, in 1,50 
bis 2 m Tiefe sieben Hufeisen geiunden. Kines derselben gehörte einst 
einem Maulthier, die übrigen glichen auffallend unseren heutigen Artillerie- 
Hufeisen Nr. 3, l(j cm laug, 14 cm breit, mit 4 Nagellöchem in jedem Arm, 
die Hufnägel mit versenkten vierkantigen Köpfen, 2 cm hohen Stollen, aber 
im wiehtigEten Unterschiede mit unseren 1 cm hohen, scharfkantigen 
Stangen-Huieisen, in den Armen und vorne fast doppelt eo breit als 
diese, plattenförmig, von '/g cm Stärke auf '/< ^"^ nach der schmalen Innen- 
fiache sich verjüngend, dadurch leichter im Gewicht, aber auch zweck- 
mässiger den wunderbar elastischen Buf gegen den so hiiulig bei uns vor- 
kommvnden Druck des Eisens auf die Hufsohle schützend, was unsere Huf- 
eisen trotz alles sogenannten Abrichtens nicht immer vermögen. Einige 
der gefundenen llnfeisen waren mit dicken Kostechichten über::ogen, nur 
eines, welches mit drei andern zusammenlag, war fast rostfrei, grünlich 
schwarz, bellklingend und trug vorne unter dem Griff den doppelt einge- 
acblügenen Stempel [4J {halbe natürliche Grösse). Der im Eisenfach sachkundige 
Dr. Gurlt erklärt, dass dies üuleisen vielleicht zulallig beim Schmieden 
Btahlartig gewurden ist. 

Die Frage in Betreff des römischen Hufbeachlages wird von Autoritäten 
vorläufig negirt, ist noch nicht endgültig entschieden, wenn auch dos hiesige 
Provinzial -Museum, dem z*e'i der gefundenen Hufeisen übergeben sind, 
dergleichen ähnliche bereits besitzt. Wird indessen der römische llufbe- 



168 Miscellen. 

Bcblag bei den leichten Maoltbieren anerkannt, so war derselbe bei sebwereo 
Zugpferden nm ao notbwendiger. Aber ancb jede Reiterei würde auf den 
steinharten römischen Strassen, nach den Erfahrungen aller Zeiten, oboe Hof- 
beschlag ihre so wichtigen Pferdehufe, und dadurch ihre Pferde schnell 
roinirt haben. Ton Veitb. 

5. Römische Rheinstraese durch Bonn. Im 55. Heft unserer 
Jahrbdcher S. 243 sagt Prof. aus'm Weerth, dass im Jahre 1875 bdin 
Legen von Wasserleitungsrohren die Römerstrasse Coblenz-Köln auf der 
heutigen Coblenzerstrasse, uogefälir 3 Fuss unter deren Steinlage als ein 
schweres Pflaster von Basaltseinen gefunden wurde. 

Im 59. Heft S. 32 giebt Geo. v. Veitb die beim Bau der neuen 
Klinik am Theater im Jahre 1876 aufgedeckten Profile dieser Rdmerstrasse 
ohne jenes Basaltpflaster, unter Beifügung von Zeichnungen. 

Im Frühjahr 1886 wurde die Römerstrasse in 9 Schachtbrunnen ge- 
funden bei Anlage des Abziigskanals, der in 10 bis 12 m Tiefe unter der 
Coblenzerstrasse vom Eintritt der Weberstrasse bis zum Hotel Kley am 
Alten Zoll gebaut wurde. Das Basaltpflaster dieser Strasse wurde von der 
Weberstrasse bis zur Vinea doroiui verfolgt, war aber weiterbin bis zum 
Coblenzer Thor durch die ehemaligen Festnngsgräben zerstört. 

An den Fundstellen lag die Kante der römischen Steinbahn 7 m von 
der östlichen Häuserreihe der Coblenzerstrasse entfernt. Diese nur theil- 
weise erhaltene, äusserst fest zusammengefügte Fahrbahn, an der Weber- 
strasse nur 4 bis 5 Fuss breit, lag 1,30 m unter dem jetzigen Strassen- 
pflaster, und bestand aus unregelmässigen, oben abgeflachten, unten oft 
keilförmig behauenen Basaltsteincn, 20 bis 30 cm hoch und breit. Die 
Ränder (margincs) der Fahrbahn waren durch grössere Basaltsteine von 
30 bis 40 cra Länge gebildet, und jene keilförmig eingesetzten Steine gaben 
der Oberfläche der Strasse eine Wölbung von ca. 15 cm Höhe. 

An vielen Stellen war unter der römischen Basaltlage eine 10 cm 
dicke Schicht von Kies mit verwittertem Kalk erkennbar, in welche jene 
Steine eingebettet waren. 

1 m unter dieser Basaltbahn, 2,50 m unter der jetzigen Strassen- 
fläche lag eine 20cm hohe Schicht von faostgrossen Rheinkieseln, mit Kies 
und Sand fest gemischt, als deutliche Grundlage des 6 m breiten, 1,20 mm 
hohen Römerdammes, von Steinen, Kies und Erde erbaut. 

Unter jener Kiesschicht beginnt in 3 m Tiefe unter der jetzigen Strasse 
eine Krdschüttung und dann die Lchmschicht mit abwechselnden Kies- 
und Sandschichten des aufgeschwemmten Bodens. 

Von der römischen Hauptstrasse ging beim Meterstein 27,4 westlich 
eine römische Nebenstrasso unter dem jetzigen Kessenicher Wege auf Kesse- 
nich, Friesdorf, Godesberg. Im August 1886 wurde an der Kessenicher und 



Mucellen. 189 

WeberBtrBHsen-Ecke (Tafel III der Anlagen) in 1 m Tiefe jene Nebenstrasie 
nia eine 3,70 m breite, 20 cm Btnrke KieRschicbt aufgedeckt, mit Ziegel- 
schlag beEcbüttet. Die römiscbe UaliptstrasBe vt-rfolgt dagegen ihie gernde 
Richtung unter der Cobleiizert-trasEe auf Godcsberg, von zahlreich eu Grabern 
niid Funden aus der Röineizeit begleitet. (Bormtr Jaliib. des Vereins von 
Alterthunisfreuriden etc. tj3, S. 1.) 

von Vfitb. 

6. Römische Griiler inBiwer. In Bezug auf die der KöId. 
Ztg. entnommene, im lieft LXXXI S. 196 mitgetheilte Notiz, gieng dem 
Vorstände durch Herrn Dir. Dr. Uetlcer folgende Berichliguiig zu. lu Giwer, 
wo ein Händler auf Beine KoKten nach Alleithümeru grub, wurden ein 
Sandatciiisurkophag uud mehrere BrandgrSber gefunden, welche nur einige 
gewöhnliche Urnen und Lämpchen enthielten. Die andern römischen und 
Bämmtliche fränkische Stücke, welche jene Notiz erwähnt, sind in Gondorf 
an der Moee), Reg.-B. Cohlenz, nusgegraben und von einem Händler uaoh 
Trier gebracht worden, 

Sollte der Nnnie des Ortes Biwer nicht mit Niederbiber, wo das rä- 
inischo Cnstrum stand, zusammenhängen ? Professor Ohlenschlsger hat 
auf das auffallende Zusammentreffen des Namens Biburg, Biber oder Bi- 
berg mit einer ziemlichen Anzahl von Befestigungen oder Gebäuderesten 
rocisl rumitjcher Abkunft aufmerksam gemacht und dasselbe sprachlich 
zu ergründen gesucht. Schon F. X. Mnyer hatte dies bemerkt und sagte, 
dans Biburg oder Biber im Keltischen einen Lagerplatz bedeute. Förtite- 
mann hält Biburg lilr gleicLhedeutend mit Vorburg, d. i. der bei der 
Burg liegende Ort. Aber bei dem grössten Theil der so benannten 
Plätze befindet sieb keine Burg. Dem Versuche , diese Ortsnamen 
mit dem Tlilere Biber in Verbindung zu bringen, widerspricht häufig 
ihre Lage auf Anhöhen. In Uayern nllein gieht es aber 50 Ortschaftoii, 
die diesen Nameu tragen, der nach Företemann bereits im 8, Jahrhundert 
vorkommt. Das altbochdeutsclie betli entspricht dem neubochJentschen 
Bett. Ueribeddi, Herhede heisst Heerlager. Man könnte Biber als eine 
abgeschliffene Form von Bidbnrg ansehen, aber in den sog. skeireins (go- 
thiscben Paraphrasen evangelischen Inhalts) 111 42 findet sich schon bibaar^ei 
mit der Bedeutung hefestigtPS Lager, dies ist nicht von bidliurg. sondern 
vom goth. hibairgau, alid. biliergau in der Bedeutung bergen, schützen, 
hefestigi^n abzuleiten. Vgl. Ohlenschlager, Erklarnug des Ortsnamens Biburg 
j^i. d. Sitzb. der phil.-hiBt. Kl. der Bayer. Akad. d, W. 1885. HI. 

Sühaaffhauaen. 



7. Ein« rfimische Villa bei Brühl. Die Bonner und die Köl- 
■cbe Zeitung braohtea im September und November Berichte ttber rö- 



190 Miscellen. 

mische Fnnde auf dem Hellischberge bei Brobl. Auf einer nach Südoci 
gerichteten Berglehne worden seit einiger Zeit beim Pflögen römische Thon- 
scberben und Stücke von Mörtel und Wandverputz aus dem Boden gehoben. 
Der Ort ist gegen die nördlichen Winde völlig geschützt und bietet eine 
schöne Aussicht auf den Rhein. In einem Kleestücke geben sich die im 
Boden steckenden Mauern durch breite Streifen kund, auf denen der Klee 
im Wachsthum zurückbleibt. Verschiedene Mauern sowie Fussböden aus 
Trass wurden aufgedeckt. Von einer 18,25 m Jangen und 0,90 m starken 
Mauer zweigen sich andere rechtwinkelig ab und bilden verschiedene Räume 
von etwa 6 zu 7 m Grösse. Die etwa 2' dicken Mauern stehen 5' tief im 
Boden. Das Ganze der Anlage erstreckt sich über eine Fläche von 150 bis 
200 Schritt Länge und Breite. Die Mauerwände sind mit weissem Stuck (Gyps 
mit Trass oder Tuff) bekleidet und mit rothen Streifen verziert. Im Innern 
der Räume liegen Asche, Mauerschutt, Holzkohlen mit Scherben gemengt. 
Die Gefasse bestehen aus hellgrauem oder gelblichem Thon oder aus Terra 
sigillata und sind zum Theil reich mit Arabesken verziert. Elinige sind 
roth und weiss bemalt auf schwarzem Grunde. Auch die Trümmer schön 
verzierter Glassgefasse lassen auf den Wohlstand der Bewohner einer Villa 
schliessen. £ine Münze des Agrippa ist gefunden. £ine Schieferplatte mit 
anhängendem Kalksinter gehörte zu einer Wasserleitung. Nachgrabungen, 
welche General Freih. v. Hilgers und Herr Baron v. Geyer dort angestellt, 
lieferten die gleichen F^uude. Ob hier nur eine Villa stand oder, wie Andere 
vermuthen, der Ort ein befestigter war, müssen weitere Untersuchungen zeigen. 

Schaaffhausen. 

8. Das alte Campodunum. Der Alterthumsverein von Kempten 
hat auf dem Lindenberg am rechten Ufer der Dler die Grundmauern des 
Forums der Römerstadt Campodunum blosgelegt. Bis in die jüngste Zeit 
wurde noch fleissig gearbeitet und ein Ruinenfeld von grosser Ausdehuung 
zu Tage gefördert. Das «Kempt. Tageblatt*' sagt: Die Bedeutung des 
alten Campodunums, zu dem nicht allein das heutige Kempten gerechnet 
werden darf, sondern zu dem auch die Umgebung, jedenfalls bis an den 
seiner Zeit bevölkerten Fuss der Alpen und mehrere Stunden östlich, nörd- 
lich und westlich der Haupt- und eigentlichen geschlossenen Stadt gehörte, 
offenbart sich in der grossartigen Anlage des Forums, das in seinen Ueber- 
resten von Hallen, Tempeln, Verkaufslokalen etc. von der einstigen Pracht 
und dem Reich thum unserer Stadt und Gegend spricht. Nur eine Nieder- 
lassung mit grosser Bevölkerung und regem Handelsverkehr bedurfte eines 
öffentlichen Platzes zu Gerichts- und Marktzwecken in dem Umfange, wie 
ihn die aufgedeckten Grundmauern weisen, und nur eine wohlhabende £in- 
Wohnerschaft konnte sich den Luxus erlauben, ihre öffentlichen Gebäude 
mit Marmor, fremden Steinarten u. dgl. auszuschmücken. Mit dem Schlüsse 



Miscellen. 191 

des VereiDSJahres wird der Alterthamsverein über seine bisherige Thätigkeit, 
die weit über die Grenzen unseres engeren Vaterlandes hinaus bereits An- 
erkennung gefunden hat, Bericht erstatten und Näheres über die Ausgra- 
bungen mit Zugabe von Plänen und Einzelzeicbnungen veröffentlichen und 
an seine Mitglieder ausgeben. 

Bonner Zeit. 29. Sept. 1886, Morgenbl. 

9. Die in Cannstadt gefundene, jetzt im Stuttgarter Museum be- 
findliche Inschrift Brambach GIRh. 1577 ist eine derjenigen^ welche von 
den älteren Herausgebern besser gelesen worden ist als von den neueren* 
Nach Brambach lautet sie : 

IN HDD 

BIVIIS trivIsqt 

ADR IV I S SATTO 

N I VS • I VVE Nl US 
5. fcFCOSPROSa 

iVTE SVA ETSVC« 

VM POSVIT-VS 
Gruter p. 1015, 1, dessen Gewährsmann Studion ist, hat noch folgende 
zwei Zeilen 

L • L- M • ID|. DEC 
C • R- V 
Eine Beschreibung vom J. 1695 giebt in einer Linie 

LLMIDDECCRR 

Sattler endlich (j, Geschichte des Herzogthums Würtemberg." Tübingen 
1757, p. 211, Tafel XXII n. 1) hat bloss 

ID DEC 

Es ist merkwürdig, dass weder Stalin (Würtemberg. Jahrb. 1885 p. 18) 
noch Brambach etwas davon auf dem Steine entdeckten. Auf einem mir 
vorliegenden Abklatsch ist mit hinreichender Deutlichkeit zu lesen 

LLM I O O EC G RA 
Die drei ersten Buchstaben haben die Höhe der Bachstaben der anderen 
Zeilen, die folgenden sind etwa halb so gross. Unter dieser Zeile befand 
sich noch eine weitere, ebenfalls in kleineren Buchstaben, welche zu ent- 
zi£fern wohl kaum gelingen wird. 

Neuerdings hat Hang die Inschrift, wie es scheint nach Zangemeisters 
Abschrift, mitgetheilt im „Königreich Württemberg** ^) I, p. 156. Er liest 
die fragliche Zeile 



1) Das Königreich Württemberg. Eine Beschreibung von Land, Volk und 
Staat 1. Bd. Stuttgart. 1882. 



192 MisoeUen. 

LLMIDDECCR 



Nach dem Abklatsch zu urtheileo, ist jedoch am Schluss eher zu lesen 

GRA 
Dass nach ID(ibu8) D E Ctembribus) die Namen der Jahreskonsoln folgten, 
kann kaum zweifelhaft sein. Vielleicht sind es die Konsnln des Jahres 221» 
Oratas und Seleucas, die auch auf einer zu Jagsthausen gefundenen In- 
schrift erscheinen. (Bramb. 1609. Hang, Königreich Würtemberg I p. 171.) 

Danach wärde sich die Lesung der ganzen Inschrift folgendermassen 
gestalten : 

In h(onorem) dfomns) d(ivinae). Biviis Trivis Quadrivis Sattonioi 
luvenilis b(ene)f(iciariu8^ co(n)s(ularis) pro s[al]ute sua et suorum posuit. 
Y(otum) s(olvit) l(ibeD8) l(aetus) m(erito) id(ibus) dec(embnbu8) Gra[to et 
Seleuco co(n)6(ulibu8)?]. 

Bonn a. Rh. M. Ihm. 

10. Eöraische Gräber in Coblenz. Beim Fundamentiren des 
Mostert^Bchen Neubaues auf der Löhrstrasse, welche eine römische Heerstrasse 
war, wurden wie die Goblenzer Volkszeitung vom 22. Juli berichtet, römische 
Funde gemacht, die in früheren Jahren wiederholt zu beiden Seiten der Strasse 
an den Tag gekommen sind. Es wurden eine gut erhaltene Schale aus 
Terra sigillatn, zwei Krüge, ein zierlicher Aschenkrug, zwei Lampen aus Thon 
und ein fein verziertes Trinkglas mit Fuss gefunden, das leider zerbrach. 
Auch menschliche Skelettheile kamen zum Vorschein. Einige daher stam- 
mende Schädel können als germanische, andere als römische bezeichnet 
werden. Schaaffhausen. 

11. Römische Funde an der bairischen Donau. Ein geschicht- 
lich überaus werthvolles Stückchen des bairischen Donauthales ist die Um- 
gegend des kleinen Dörfchens Eining oder Abusina, wie es bei den Römern 
hiess. Gögging steht schon auf altem römischen Boden; neuere Forschungen 
weisen hier und eine halbe Stunde davon, in Sandharlandeu, römische Gastelle 
nach; desgleichen führt durch oder bei Gögging eine römische Hauptstrasse 
van Sandharlandeu her auf Abusina-Eining. Ausserhalb des Ortes liegt 
ein schon von den Römern benutztes Schwefelbad. Wichtiger aber ist die 
Betrachtung der Kirche und der aus dem früheren Mittelalter stammenden 
Gebilde ihres Portals. Die Kirche soll auf römischen Mauern stehen. Von 
Gögging nach Sittling hat man nur wenige Minuten zu gehen und nähert 
sich dabei der Donau. Am Rande der Hochfläche, den Abfall nach der 
Donau zur Linken, wandert man nordwärts gegen Eining und seine bis 
jetzt aufgedeckton römischen Hauroste, die zur Rechten kurz vor dem Dorf 
auf dem höchsten Punkte sich ausbreiten. Der Eindruck ist ein gewaltiger 



MiMelleo. 



Wie eine miichtige Achsel stemmt sich die römische NiederlasBUng gegen 
die genuanischeii Wulmsitze im Nordun vor and überragt lierracbend das 
au Füsaeii liegende breite Thal der Donau. Wir wisBön ja vom Kaiser 
ViileDB, welchen Werth die ßümer auf die BeDutzung der WasEerstrasse 
der Dooaii vom Rhein bis nach Dacien (bis zur untoi'steD Clissara , aur 
BatkiiiietraBae des Tiajan) legten. Als der Kaiser von Günzburg ans zur 
Bekämpfung derQuaden nach Pannonian fahr, standen da drüben die Germanen 
und Echmähteii die Römer und warfen ihre Lituzeii nach ihuen. AlmHiDa 
musB eine gewaltige Hüroerstätte gewesen sein. Ute Grabversuche weisen 
iiach. dass über eine Quadratfitunde alles mit römischen Bauten durchsetzt 
ist. Das Haupt verdienst im Nachweis dieser grosseu Mächtigkeit der Römer- 
stätte und in der Wiederherstellung der bis jetzt blosgelegten Römerbauten 
bat der Plarrer von Eining, Herr Schreiner. Die Mauern der Römerhäuaer 
sind höher erhalten als in der bekannten Nidda- Hauptstadt der Taunenser 
bei HedJeriiheim. Aber auch an ihnen, besonders an dem sogenannten 
grossen Badehause, lindet man, daaa feindlicihe Verheerung die Ansiedlung 
traf. Ueberraschend sind die mausigen Reifte von Fensterglas. Ein 
grosses Gebäude wurde nicht bloss aufgedeckt, sondern auch in vortreff- 
licher Weise, besser als auf der Saalburg, geschützt und vervollständigt, 
ebenso sind zwei Caatelle, eines oberhalb, das andere uuterhalb Eining, 
blosagelegt worden. Bei dem letzteren war ein Flussübergarig, Ihm gegen- 
über bei Hienheim auf dem linken Ufer stand schon wieder ein Castell, 
und an diesem vorüber zieht eine römische Hauptstrasae nach Weissenburg. 
Aber auch oberhalb Eining war ein Strom Übergang, und dem Strassensystem 
nach hatte sich jenseit desselben auf dem linken Ufer in dem von dem 
Limes eingeschlossenen Winkel reiches Römerleben entwickelt. Die bedeu- 
tendste Linie von diesem Strassensystem führt WSW. nach Celeusum und 
von da das linke Donauufer aufwärts zur grosseu Donaub:'ücke nacli Lustoma 
(Einmündnngsstelle des Lech), öngeführ Sittling gegenüber, bei Irnsingt 
liegt schon wieder ein römisches Castell, aber ein solches, welches auf 
einer schon vorher vorhandenen Gerinanenveste errichtet wurde. Bei den 
überaus zahlreichen Strassen, die auf Abusina-Einiog zulaufen, bei den dicht 
aneinander gedrängten vielen Castellen leuchtet von selbst ein, dass Äbusina 
eine beherrschende Stellung in den» Vertheidigunga Wesen des i-ömiachen 
Reiches wider die Nordgermanen innehält«. Nachdem man tiuter Hienheim 



mischea (}agtellchen) vorbeigekommen, gelangt 
linka, dicht hinter diesem Castell, der Limes auf 
leinen Anfang nimmt. Die vier ersten Thürme des 
en, d. b. aufgegraben. Auf jeden von ihnen führt 
s angelegter Röroerweg hin. Schon von weitem lallt, 
ungefähr bei dem Dürfohen Straubing, ein gewaltiger Scbanzeabau auf der 
Höhe der immer mehr ateigenden Uferhügel auf. Auf vorrömiachem Ring- 

13 



: „Schanze 1 
man an die Stelle, wt 
der linken Donauseite 
Limes sind nacbgewiei 
von Ccleuaum ein eigei 



IM MiieelleB. 

wall ruht auf der in die Flusskrümme ▼onpringeoden Bergnsse eis wehes, 
noch vorzügliche Wälle aafweiseDdes Gaetell. Jenseü« der Dooma auf den 
linken Ufer, in scheinbarer Fortsetzung, und zwar ausserhalb des T imiis^ ziefat 
sieh dann dieser Wall nach Norden aber den Landrücken weg tod der 
zur Altmfihl. Wenn man von der Befreiungshalle auf der Höhe, die 
AHmühl und Donau eingekeilt ist, 300 Schritte nach Westen geht, so 
man auf den ersten von Flnss zu Fluss ziehenden AbsperrungswalL Geht 
man noch 20 Minuten nach Westen weiter, so trifft man auf den sweiten, 
und dieser Wall stellt scheinbar links der Donau die Fortsetzung des Wel- 
tenburger Castellwalls (rechts der Donau) dar. 

Kölnische Zeitung 21. April 1886. IL 

12. Eifelkanal. Der um die Altertbamskunde verdiente Herr General 
von Veith hat in seiner Abhandlung über ,,Die Römerstrasse von Trier 
nach Köln^' mitgetheilt im LXXX. Heft der Jahrbücher S. 1 ff!., sowie in 
dem Festprogramm zum Winckelmannsfest am 9. Dezember 1885 S. 19 auf 
meine im XXXVIl. Heft der Annalen des historischen Vereins för den 
Niederrhein veröffentlichte Arbeit in freundlichster Weise Bezng genommen. 
Unbeschadet seiner vielfältigen Beweise langjähriger Freundschaft, glaube 
ich den Lesern der Jahrbücher nicht vorenthalten zu dürfen, dass seine 
Auffassung den „Hürther Kanal über Hermülheim nach Köln^^ betreffend, 
von der in den Annalen des bist. Y. ^) auf Grund unmittelbarer Anschauung 
von mir niedergelegten Beschreibung nicht unwesentlich abweicht. 

Die Differenz besteht hauptsächlich darin, dass Herr von Veith nur 
von einem Kanal auf der Strecke Hürth-Köln redet, während ich auf der- 
selben Strecke zwei nach Form, Grösse, Material und Technik verschiedene 
Kanäle nachgewiesen habe, und zwar einen von Hürth bis Hermülheim, 
wo er die Eifeler Hauptwasserleitung erreicht, und den andern, welcher 
als Nebenleitung der Letztern von Hermülheim nach Köln führt. 

Den geehrten Lesern der Bonner Jahrbücher, denen die Annalen des 
hist. V. nicht zur Hand sind, wird es nicht unlieb sein, die Verschiedenheit 
der beiderseitigen Darlegung aus dieser Zeitschrift näher kennen zu lernen. 

a. Der Kanal von Hürth nach Hermülheim an der Villa ScholL 
„Die Sohle ist 1,01m breit, ungefähr 0,35m dick. Die Seitenmauem 

0,ri4 hf>ch d. i. 0,14 mehr als beim fÜfelkanal. Sie haben im Innern 2 

;i<an#wa^>sätze, daher verschiedene Stärke: 

An der Sohle beträgt die Dicke der Seitenmauern 0,34 m 

In der Mitte 0,32 „ 

o^^» 0,30 „ 

I > A i\ys^\^ ^^ Hmt.. V. XXXVIl, 70—73. 



Misoellen. 196 

tu dem Verhältnisse, wie die Mauerdicke nacli oben abnimmt, erweitert 
sich natürlich der innere Raum der Wasserleitung. Daher beträgt die 
innere Weite unten 0,33 m 

in der Mitte 0,37 „ 

oben . . . 0,41 ^ 
Während das Gewölbe des Eifelkanals halbkreisförmig ist und die Höhe von 
0,38 m hat, ist es hier gedrückt und nur 0,10 m hoch. 

Bis zu zwei Drittel der Mauerhöhe besteht das Material, die Sohle 
eingeschlossen, aus Basalt und Mörtel zu Guss verarbeitet, der obere Theil 
einschliesslich der Wölbung aus Tuffstein."^). 

b. Der Nebenkanal von Rermülheini nach Köln wurde zuerst an 
dem Burgweiher zu Hermülheim in der Nähe der grossen Eifeler Wasser- 
leitung anfgefuuden und die Verschiedenheit desselben von der Hauptleitung 
aus der Verschiedenheit des Materials, der Dimensionen und des Mauer- 
werks constatirt. Dieses zum Verständniss des Folgenden. 

Da von einem Nebenkanal bis dahin (1880) nichts bekannt war, 
so suchte ich den Eifelkanal; was aber hier zu Tage trat, war nicht der 
Kanal, wie ich ihn überall von Lüftelberg bis Hermülheim gesehen hatte. 
„Das Mauerwerk war römisch, bestand aber statt der im Eifelkanal immer 
wiederkehrenden Kiesel aus schwarzen Basaltstücken. Der Hauptunterschied 
besteht in den Dimensionen. Statt der constanten innern Breite von 73 cm 
fand ich hier 57cm, und trotzdem eine Mauerstärke von 45 cm, wie sie 
mir beim Eifelkanal am ganzen Vorgebirge nicht vorgekommen war. Das 
Gewölbe fehlte am Burgweiher, ist aber in geringer Entfernung von dem- 
selben, und zwar da, wo der Kanal den Hürther Bach kreuzt, noch voll- 
ständig erhalten. Man sieht daselbst das Wasser über die (im Unterschiede 
von der Hürther Leitung in Guss gefertigte) Wölbung fliessen. Die all- 
seitige Vermessung an letzter Stelle wäre erwünscht gewesen, konnte aber 
wegen der von Seiten des Bachwassers bereiteten Schwierigkeiten nicht 
ausgeführt werden^). 

Es ist kaum noth wendig zu bemerken, dass der so beschriebene 
Nebenkanal vollständig nach Form, Dimensionen und theilweise nach dem 
Material von der Hürther Leitung abweicht. 

„Ein oberflächlicher Blick zeigt ferner, dass der Hürther Kanal bei 
Weitem nicht mit jener Eleganz und Korrektheit ausgeführt ist, wie wir 
sie am Eifelkanal, und setzen wir hinzu, auch nicht, wie wir sie am Neben- 
kanal in Hermülheim und weiterhin nach Köln bewundem.'' 



1) Annalen des bist. V. 1. c. S. 72—78. 

2) 1. c. S. 70—71. 



196 Miflcellen. 

Das höchste Alter beansprucht demnach der Eifelkanal, demnacbst 
die Hermülheim-Kölner Nebenleitung und das jüngste der Hürther Kanal. 

Uebrigens bin ich gern bereit, den Alterthumsfreunden die drei Kanäle 
in ihrer wirklichen Beschaffenheit an Ort und Stelle zu zeigen. 

Maassen. 

13. Alterthümliche Funde bei Hamm in Westfalen. Eine 
viertel Stunde westlich von Hamm, wo die Burg Nienbrügge gestanden hat, 
wurden schon vor längerer Zeit an einer Stelle, welche die „ Krause Linde" 
heisst, verschiedene Gegenstände gefanden, die Herr Dr. von der Marck mir 
zur Untersuchung übersendet hat. Es waren 1) das Stück einer schwarzen, 
aus der Hand geformten aber hart gebrannten Aschenume von der ge- 
wöhnlichsten Form mit einer Oeffnung von 9 cm Durchmesser. 2) das 
Bruchstück eines flachen Steinbeils aus grauem Schiefer mit gut erhaltener, 
schieflaufender Schneide, diese ist 5 cm lang, das Beil in der Mitte 5 Y2 ^'^ 
breit und 18 mm dick. 3) zwei Spinn wirtel aus gebranntem Thon, die 
Mitte eckig vorspringend, 19 und 26 mm hoch, 24 und 33 mm breit, der 
grössere mit 6 erhabenen Reifen geziert. 4) eine 75 mm lange und unten 
an der Tülle 17 mm breite Pfeilspitze von röthlicher Bronze von jener 
alten Form mit breiten Flügeln, zwischen denen die Tülle bis gegen die 
Spitze hinaufreicht. Sie ist im Norden häufig, Montelius schreibt diese 
Form der jüngeren Bronzezeit zu. Sie gehört jedenfalls der vorrömischen 
Zeit an, mag aber noch in dieser gebraucht worden sein. 5) eine eiserne 
Pfeilspitze, die Spitze vierkantig, 105 mm lang, an der Tülle 8 mm breit. 
6) ein sichelförmiges flaches Eisen mit 5 länglich viereckigen Löchern, 
das wie der vordere Theil eines Hufeisens aussieht. Da es nicht an den 
Enden abgebrochen erscheint, mag es nur zum Schutze der vorderen Hälfte 
des Hufs gedient haben, jedem Loch entspricht eine Ausbuchtung des Eisens 
nach beiden Seiten. Herr Gross aus Neuveville theilt mir die ganz ähnliche 
Zeichnung römischer Hufeisen, mit länglichen Nagellöchern und wellenför- 
migem Rande, mit, die nicht selten in Torfmooren der Schweiz gefunden 
wurden. Dr. von der Marck nennt mit Recht den Fandort dieser Gegen- 
stände eine alte Culturstelle (Zeitschr. f. Gesch. u. Aiterthomsk. Westf. 
43. B.). Der Name der 1087 errichteten und schon 1226 zerstörten Barg 
Nienbrücke spricht für eine ältere Brücke an dieser Stelle und man hat die 
Ansicht aufgestellt, dass hier oder in allernächster Nähe das 11 v. Chr. 
von Drusus erbaute Kastell Aliso gestanden habe, auf das vielleicht der 
Name der früher hier in die Lippe geflossenen Ahse deutet. In der Burg 
sollen auch römische Sachen gefunden worden sein, vgl. Essellen, Westfal. 
Anzeiger Nr. 103 und 124. Hier gefundene Blöcke von Niedermendiger 
Lava deuten auch auf die Zeit der Römer, denen auch alte Landwehren auf 
beiden Ufern der Lippe zugeschrieben werden, sowie die Erdwerke der 



Miec«11en 



197 



N 
^ 



-fioenbarg, nnd die sogenannte BaraannB Burg im Kircbepiel Herringen. 
Bei Lflnen worden ochon 1826 röm. Thongefässe gefunden. Auf dem hohen 
Bandrücken westlich von der Krausen liinde Ins nach Nord-Herringen wer- 
den viele UrnenscherbeTi, auch Pfeil- und Lan?.enspilzeii nna Feuerstein ge- 
funden, die anfeine dichte Bevölkerung des linken I.ippeufers in älteHter Vorzeit 
deuten. In der Stadt Hamm seihst, auf der Plentz-Bleiohe wurden dirht 
bei einander 10 — !2 Skelette gefunden. Nach einem mir von Dr. von der 
Marck zugesandten Schädel gehören sie der neueren Zeit an. Der Sjhädel 
ist noch vom Moder der Weichtheite gebräunt und kleine vertrocknete Go- 
wehereste hnngen noch deniHelben an. Die Pferdeknochen deuten darauf, 
daai hier vielleicht in einem Gefecht gefallene Soldaten bestattet sind. 
Schaaffhausen. 

14. Römische Mainbrücke beiHannn, Die Limes-Forschung, die 
Frage nach Alter, Bedeutung und Richtung des alten Grenzwalles, den die 
Römer als Scheide zwischen sicli und den freien Germanen gezogen hatten, 
hat in der letzten Zeit einen erheblichen Fortachritt gemacht, und zwar 
grade an derjenigen Strecke, welclie die ehemalige Grafschaft Hanau durch- 
ecbneidet und welche durch die Thätigkeit des Hanauer Gescbichts vereine 
80 gpnan wie kein anderer Theil den gewaltigen Denkmals römiacher Er- 
obernngaknnst untersucht worden ist. Die römische Keichsgrenze war ein 
Grenzwall mit vorliegendem Graben und einer hegleitenden Militärwnohe, 
gestützt durch dahinterstehende Thiirme, die in Zwischenräumen von 1000 
Meter standen. In gröe«ern Abstanden, acht bis neun Kilometer entfernt, 
befand sieb dann ein grösseres Castell. Der I.imes oder Pfablgraben geht vom 
Rheine (hei Neuwied) beginnend über ilen Feldhergan derSaalburg vorbei, über- 
schreitet bei Butzbach die Main- Weser-Bahn, wendet sich von hier in einem 
grossen Bogen nach Osten bis Hungen und gebt von hier in sQdlicher Hioh- 
tang in fast schnurgrader Linie östlich an Hanau vorüber bis an den Main 
bei Grosskrafzenburg. Von hier bildet dann der Main bis Miltenberg die 
Grenze, von wn ans sich der Limes ivieder abzweigt und bis zum Hohen- 
etaufen geht. Die Anlage dürfte unter die Regierung von Hadrian (117 — 
138) oder von Autoninua Pius (IS.S — ^IGl) fallen. Da nun auch Seligenstadt 
auf dem Boden eines ehemaligen römischen CaE4tells steht, das nur 3Vi Kilo- 
meter von GroBskratzenburg entfernt ist, also in dieses System nicht hinein 
p»s*t, so stellt« GyranaBial-Oberlehrev Dr. Wulff zu Hanau vor zwei Jahren 
die Vermuthung auf, ilasa die Maiugreoze ursprünglich nicht von Miltenberg 
bis Grosskratzenburg, sondern bis Hanau gegangen siii, und dass alsdann 
die Landgrenze von Ibinau nordwärts bis Friedberg und von hier nach der 
Saalburg auf dem Fcldberge ging, welches also eine „iUtere" Grenze sei, 
die nnter der Regierung von Domitian (81—96) gezogen worden wiiro. 
Dorch deo Hanauer Gescbicbte verein wurden nun unt«r der Leitung des 



196 Misoellen. 

Herrn Wolff und des Architekten y. RöBsler zu Nienburg im Torigen Monat 
verschiedene Ausgrabungen vorgenommen, die vom schönsten Erfolge be- 
gleitet waren und Herrn Wolfifs Annahme vollauf bestätigten. Es wurde 
festgestellt, dass das Dorf Eesselstadt, dicht bei Hanau gelegen, auf den 
Grundlagen eines römischen Castells steht, wie denn auch die Römeratrasse, 
die von Hanau-Kesselstadt in grader Linie auf Friedberg zugeht, gefunden 
wurde. Auch war ein Uebergang über den Main zweifellos, da die Strasse 
bis an den Strom führte ; ob aber hier eine Brücke oder eine Fürth grewesen, 
das blieb noch unbestimmt. Die Ausgrabungen bei Eesselstadt hatten es 
aber trotz der Nähe der im vorigen Jahre entdeckten römischen Brücke 
bei Grosskratzenburg wahrscheinlich gemacht, dass der Main auch bei Hanau 
überbrückt war. Da hat denn ein glöcklicher Zufall die römische Brücke 
bei Hanau nachgewiesen. Bei der Baggerung, durch welche das Flussbett 
bei Hanau für die Main- Ketten-Schleppfahrt vertieft wird, wurde am 2. ds. 
ein Brückenpfeiler mitten im Strome gefunden. Der Pfeiler besteht aus 
einer Packung derber Basalthausteine und Letten nebst eingerammten 
Pfählen, die durch Querbalken verbunden sind. Die Gonstruction des Pfeilers, 
die Beschaffenheit und Grösse der durch und durch tief schwarzgefUrbten 
Eichenpfähle und Balken, vor allem auch die Form und Grösse der ge- 
funden Pfahlschuhe stimmten genau zu den Beobachtungen, die man an 
den Römerbrücken bei Mainz und Grosskratzenburg gemacht hat. Somit 
liegt hier ein wissenschaftliches Ergebniss von grossem Werthe vor, indem 
durch diese Forschungen nun auch das rechte Licht auf die Besetznng und zeit- 
weilige Behauptung germanischer Landestheile durch die Römer sowie auf 
die weiteren Eroberungen derselben fallt. 

Kölnische Ztg. 9. Nov. 1886 L 

15. Die römische Befestigung zu Jünkerath. Die von Dr. 
Hettner geleiteten Ausgrabungen wurden am 9. November eingestellt und 
sind im Wesentlichen beendet. Die Befestigung ist ein Fünfzehneck; 13 
Ecken sind mit weit vorspringenden Rundthüimen versehen, während an 
den 2 andern die Eingangsthore lagen. Diese waren mit vorspringenden 
viereckigen Thürmen flankirt. Die Rundthürrae haben einen Durchmesser 
von ungefähr 10 m, quer durch die Befestigung geht die Röraerstrasse, rechts 
und links von derselben liegt eine Anzahl symmetrisch angelegter Gebäude 
mit meist nur gestampften Fussböden. Nachweisbar waren diese Gebäude 
vor der Entstehung der Festung angelegt. Der Gedanke, das Ganze sei 
eine Mansio, die später befestigt wurde, liegt nahe. Aus den Fundamenten 
des einen Thurmes wurde noch eine gut gearbeitete Sculptur aus Muschel- 
kalk, ein Comptoir darstellend, hervorgezogen. Aus den andern Einzel- 
funden seien Scherben feinster Sigillata und Kleinerze, meist der Constan- 
tinischen Zeit, erwähnt. 

Korrespdzbl. der Westd, Zeitscbn Nov. 1886, 





MiBceüen, 



19B 



Die Amor-Statnette 
in Karlsruhe. In 



a Eisen in dem Grossherzogl. 
Heft LXXXI S. 128 gedrnokten 
Aufsatze : ,Eine römische Statuette von Eisen" ist auf Seite 141 eine 
Amors tat nette in zwei AoBicliten nljf^ebildet als jene, anf die mich der Con- 
servator ilfn MuBeiiras, Herr Geh.-Rath E. Wagner aufmerksam gemacht 
eil sie aus Eisen besteht. Ich sah dieselbe im August 1885 in 
1 nnd Herr E. Wagner sandte mir später eine Zeichnung derselben; 
■ mir für meinen Aufsatz zur Verfügnng stellte. Ich bemerkt« in dem- 
, dass in dieser Zeichnung die stark oxydirte Oberfläche der Statuette 
ich auffiel. Als das betreffende 
Heft der Jahrbacher ausgegeben und auch in die Hand des Herrn Gcb.- 
Raths E. Wagner gekommeu war, schrieb dieser mir sogleich bestürzt, es 
sei eine Verwechslung vorgefallen, die mir übersandte Zeichnung, die schon 
im Museum vorhanden war, und vor der Absendung leider nicht mit den 
eisernen Amor verglichen wurde, sei die einiir Amorstatiiette von Bronee, 
die nach einer Notiz bei Hockenheim gefunden, aber jetzt in der grossh erzogt. 
Sammlung nicht mehr vorhanden sei. Es blieb mir nichts anderes übrig, 
als non Herrn Wagner um eine Zeichnung des eiscrneu Amor zu bitten, 
die ich hier in natürlicher Grösse veröffentliche. 



halte, 
Karlsr» 



nicht V 




200 Miflcellen. 

Auf dem Blatte mit der Zeicbnnng des bronzenen Amor stand „auf 
den Wiesen bei Hockenheim gefunden 1846* und es war noch daneben ein 
römischer Inschriftstein abgebildet. Herr E. Wagner fand in Frohnen 
Katalog der römischen Steine der Karlsmher Sammlung eine Bezugnahme 
auf die Schriften des badischen Alterthumsyereins II, 291. Hier fanden sich 
3 Inschriften von Hockenheim und dabei die Bemerkung: „ausser. denselben 
wurde noch ein sehr schönes Figürchen aus Bronze gefunden, welches den 
geflügelten Amor mit langen herabhängenden Locken und ausgestreckten Armen 
vorstellt.^ Dazu sagt eine Anmerkung : ^wir geben diesen Amor in doppelter 
Ansicht auf Taf. I, Nr. 8.^ Diese Tafel ist aber gar nicht vorhanden und 
scheint Handzeichnung geblieben und nicht yerö£fentlicht worden zu sein. 
Während also über die Herkunft des Amors aus Bronze, der verloren ge- 
gangen ist, jetzt eine Nachricht aufgefunden worden ist, war in den Acten 
des Museums über das eiserne Figürchen bis jetzt durchaus nichts zu findem 
Nur soviel ist gewiss, dass dasselbe zu den alten Best&nden der Sammlung 
gehört und immer zwischen den römischen Bronzen gestanden hat. Herr 
Wagner schreibt mir darüber:- „aus dem Lande stammt es unzweifelhaft 
und es für römisch zu halten, bin ich noch immer sehr geneigt. Ich werde 
weiter nachzuforschen suchen. Hätten wir nur das Bronzefigürcben selbst, 
dann wäre die Verwechslung nicht möglich gewesen.*' Beide Arme des 
eisernen Amor sind erhoben; der rechte scheint eine Fackel emporgebalten 
zu haben. Herr Wagner Hess die Statuette in Bezug auf ihre Herstellung 
untersuchen. Ein sachverständiger Techniker gab sein Urtheil dahin ab, 
dass sie gegossen sei. 

Schaaffhausen. 

17. Main alter thümer. Dem Main ist durch den Wasserbau 
eine Menge höchst merkwürdiger Dinge abgerungen worden. Er bildete 
von Miltenberg bis Gross-Erotzenburg die Grenze des Römischen Reiches, 
sein linkes Ufer war zu diesem Zweck von sieben Castellen, Altstadt Mil- 
tenberg, Trennfurt, Wörth, Obernburg, Niedernburg, Stockstadt und Seligen- 
Stadt vertheidigt und durch zahlreiche Thürme überwacht. Bei Gross- 
Krotzenburg aber überschreitet die Grenze den Fluss und wendet sich land- 
einwärts, um die Wetterau zu umfassen. Die Strasse, die hinter ihr her- 
läuft, musste daher hier gleichfalls den Main überschreiten ; dass dies einst 
auf einer Brücke geschehen, wissen wir seit diesem Sommer durch die 
Baggerarbeiten des Herrn Baurath Eckardt und durch die Untersuchungen 
des Hanauer Alterthumvereins. 

Es fanden sich drei Steinpfeiler, der erste 16, der zweite 36 und der 
dritte 56 m vom linken Ufer entfernt. ^ Sie bestimmten eine Brückenaxe, 
welche vor dem Dekuman-Thor des Castells von Gross-Krotzenburg vorbei- 
strich. Diu beiden ersten Pfeiler waren durch eine Verpfählung, zwischen 



Kwelcheii Mauerwerk steckt, angedeutet, und geschützt durcli ein Concret 



welches von PHihlen niiigehen war; der dritte 
rwerk und liesB verrautben, dass er auf dem 
erbaut woi'den sei, und das» diese jetzt ver- 
sBong war, dasa ein rechter Mainarm bis zn 



a Thon und Stei 
Pfeiler bestand nur 
trockenen Lande eil 
Bcbwundene Insel di 
dem Hobeb Ufer gereicht bat, auf dein jetzt der Weg 
Wasaer binläurt. Die Pfeiler mögen bei einer Ijäiige voi 
von 4 m gehabt haben. Die Pfahle, von Eichenholz, w: 
EiaeuEcbuhen armirt, die theils tuteuförmig, theils vie 
vier mit Nagellöchern versehene Federn hatten, wie die der 
von Mainz, Coblenz und Heidelberg, Aus den Maasaen 



iwischen Doi'f und 
I 20 m eine Breite 
Lren mit ähnlichen 
kantig waren und 
rÖmiBcheu Brücken 
und aus den Fun- 



1 hehauenen Steine 
1 Steinunterba 



befanden, wird e 
1 eine hölzerne v 



wahrscbein- 
w, »eiche iu 



n den Uochi 



versi 



[fern 200 m breiteu 

rar Tormala ein durch 
mpftea und den Ueber- 
: die UeberBohwemrauDg 



den, unter denen eich keii 

Heb, dass die Brücke aur 

10 Spannungen von 20 m den zwiaohe 

Main überschritt'. 

Der tCaum, den jetzt Frankfurt 
verschiedene Mainarme und andere Wasaerl an ('s 
ihwemmungen nusgesetztea Gelände. Beachte 

17. Feliiuar 18ö2 so ergiebt sich das Nachstehende: 

Auf dam linken Ufer oberhalb Fiaiikfurt zweigte ein Arm zwischen 
Mühlheim uml Kuinpenlieim ab. und ergoss sich au der KUhmühle zwischen 
Bürgcl und Offenbach in di-n Hauptstrom. Von der Gerbei-müble brach 
ein zweiter Arm links aus auf Oberrad zn, um SacbBenhausen und den 
Müblberg za trennen und einerseits vur dem Sandhof sich wieder mit dem 
Main zu vereinigen, oder aber auch den Sandhof rechts Insaeud an Nieder- 
rad vorüber dem Hauptstrom vor ßothenham zuzumessen. 

Auf der rechten Seite tioas ein Arm unterhalb Dörniglieira der Braua- 
bacb entgegen, am au dem Bergabbang von Bergen, Seckbacb und Boro- 
heim vorüber ins Fischerreld zu llieBsen. Dieser Arm ist jetzt versumpft, 
aber es sollen in dem Torf fironzefunde in einem Kahn gemacht worden 
sein, welche seine einstige Schiffbarkeit bewiesen. 

Vom Fischerfeld IIobb der Arm oberhalb der alten Brücke in den 
Main, zweigte sich aber aocb am Rech tiei graben ab und folgte der alten 
Andncbt, qner über die Borngasse. Dadurch wurde die Terrainerböbuog, 
anf welcher der Dom und auch der Saal hof steht, zu einer Insel. Daa 
Wasser lässt den Liebfrauenberg rechta und scheidet den Samstagsberg vom 
Römerberg, indem es mit einem Arm durch das Fahrtiior in den Main 
Hiesst: ein anderer Arm alier lÜBst den Itömerberg links nnd vereinigt sich 
über den grossen Hirscbgraben mit dem Main an der untern Mainanlage 
und andrerseits mit der Nicdenau. Die Pferdescbwemme, welche noch zu 
Anfang des JalirbunderliS auf dem RoBsmarkt bestand, war ein ITeberreat 
!8 Armes. Ein Bach, der jetzt auch verschwunden ist und seinen Ur- 



202 Miscellen. 

spruDg in dem Hermesbronnen nahm, war damals die Veraolassung för di« 
Wahl des Bauplatzes der alten Synagoge nebst dem Franenbad. Er er- 
goss sich in die alte Andacht. 

Der Arm des Maines, der, nachdem er die Stadt darcbflossen, an der 
unteren Mainanlage mit dem Hauptflass, und anderseits mit der Niedenaa, 
d. h. der Niederung südlich der Bockenheimer Landstrasse, in Verbindnog 
steht, setzt sich weiter fort, so dass er bei Hochwasser anter der Bieg- 
brücke auch der Nied als Ablauf dient, ebenso wie der Woifsgraben and 
der Wolfsee, welche vom Hellerhof zum Gutleuthof künstlich abgewässert 
sind. Es scheint, dass die nassen Wiesen der Lindau, der Oed and der 
Hundeweide, welche durch den Leonhardsbronnen, das Taubenbrönnchen 
und andere Quellen bewässert wurden, ihren Abfluss quer über die Bocken- 
heimer Landstrasse in den Rüstersee und die Niedenau nahmen, denn auch 
auf dieser Strasse begegnen wir urkundlich einer Wede. 

Man sieht, Frankfurt nimmt ein einst sehr unnahbares und vermiedenes 
Gelfinde ein. Eine Römerstrasse zog von Nied dnrch den Niederwald an 
dessen Ausgang am Heidenschloss und am Römerhof vorüber, übersehritt 
die Biegbrücke, erreichte das westliche Ende von Bockenheim, ging unter 
dem Namen Diebs weg nach Bergen und als Hohe Strasse nach der Wetteran; 
das frankfurter Sumpfgebiet wurde nnr tangirt, und nur einzelne Vorstosse 
gegen dasselbe gemacht. Zuerst d^r Ekskenheimer Weg, dann aof der 
Wasserscheide zwischen der Niedenau und der Lindau, die Bockenheimer 
Landstrasse. Alle römischen Anlagen hielten sich in respectvoller Ent- 
fernung, so blieben von dem Dom als Mittelpunkt die Römergräber am 
Röderspies 4000 m, Bauwerke südlich der Günthersburg 2400 m, am Fried- 
hof 2400 m, an der Römerstrasse durch Bockenheim 3800 m, die Römer- 
gräber am Römerhof 5300 m, das römische Heidenschloss am Niederwald 
G250 m entfernt. Bisher waren auf dem linken Mainufer in diesem Um- 
kreis noch keine Römerspuren gefunden worden, während es doch hier im 
Frankfurter und im Schwanheimer W^ald so zu sagen von Hügelgräbern von 
einer zahlreichen vorrömischen Bevölkerung wimmelte. Da entdeckte der 
Herr Baumeister Düsing beim Ausheben des Untercanals der Schleuse bei 
Niederrad das erste und zwar sehr vollständige Röraergrab auf dem linken 
Mainufer. Es lag schräg gegenüber dem Gutleuthof und 3500 m von dem 
Dom (oder 1870 m unter der Main-Neckarbahnbrücke) 1,50 m unter der 
jetzigen Erdoberfläche, und bestand aus einem nicht verbrannten, meist gut 
erhaltenen Skelet nebst Schädel mit einem monströsen Hinterkopf, drei 
(Jrabkrügloin, einem Lämpchen und einem Grosserz von Trajan. Das 
(irab kann dahor nicht älter als vom Jahr 117 sein, ist aber dem abge- 
NchlifFnnen Zustand der Münze nach zu urtheileu jünger, vielleicht aus dem 
Anfang dos 3. oder vom Ende des 2. Jahrhunderts. Ausserdem fanden 
Nloh verschiedene Töpfereien aus der Frankenzeit, dem Mittelalter und der 



1 Zeit. Maucherlei EisBDgerät.he, HetbstverHt&udlich durch Rost und 
Kieselüberkmatung sehr verdorben nnd oft nnkenntlich, nach zahlreiche 
Hirschgeweihe, ein Eberzaha und der Schädel des bei udb susgeBtorbeneo 



Die Stadt Frankfurt wird bekaontlich snm ersten Ma! genaont im Jahre 
7il3, wo Karl der Grosse den Winter da zubrachte und im darauffolgpiideo Jahr, 
wo eine Ktrchenversaniralung da etntlfand, sie also schon genügend gross 
war und daher wohl auch schou längere Zeit beet^nden haben mase, ja 
sie mass ihren Namen also auch ihren Bestand schon aus der Zeit, dem 
Ende des 4. Jahrhunderts datiren, wa die Kämpfe zwischen den Franken 
und Alemannen stattfanden und die Frankeu die Main(furLh) bei Frank- 
furt zu benutzen pHegten. Die dahin fuhrende Straase war heim Oustell 
Heddernbeim von der Uömeretraase abgezweigt, hatte die dort in den 
Pfeilarn noch bestehende Römerbrücke über die Nied benutzt, um Ecken- 
heim lu erreichen; von hier ging sie fast geradlinig durch Frankfurt an 
dieselbe Stelle am Main, wo jetzt die alte Brücke steht und wo einst die 
Fürth schräg über den FIuss führte, um jenseits am Fuss des Mühl- 
berge» sich handfürniig auEzubreiten, die [lauptrichtung aber nach der 
Bergstrasse anzunehmen. Erst später legte sich die Bockeulieimer Land- 
strasHe auf die WaHHerscheide zwischen der Niedeuau und der Lindau um 
die Insel, auf welcher der Dom liegt, zu erreichen und au ihrer oberen 
Spitze sieh in die Fürth (an dur Brücke) hinabzusenken. Jctet überspan- 
nen vier Brücken von der Stadt aus den Main. 

Bei dum Schleuseohau gegeuübei' Bäcbst wurden gleichfalls nahlreiohe 
Alterthümar gefunden. Ja noch ältere als wie bei Frankfurt, sind durch 
den HeriTi Regierungs-Banmeister Kahl und den Herrn Bauliihrer Pfeiffer 
mit Sorgfalt erhoben. Es ist hier vor allem ein Eiubanm d. h. ein za 
einem Kahn ausgehöhlter Baumstamm 7m nennen, welcher sich 5,50 m tief 
unter dem UftTgeläoile auf feinem blauen Sand unter blauer l^ette fand. 
Er ist von Eichenholz, welches stark geschrumpft ist und sich wegeu ejni> 
ger Aslmasern auf der rechten Seite etwas krumm eingezogen hat. Er ist 
2,40 in lang, 0,'iT m breit und 0.33 m hoch, am Hintertheil fant recht- 
winklig abgesciinitten und ebenso ausgehöhlt, an dem Vordertbeil aber 
muldenförmig ausgearbeitet und aussen ziemlich steil abgeschrägt, doch 
hat man einen senkrechten Vorstand ausgespart und zum Mähnring ge- 
staltet. Bei der Länge des Schifiubeus können zwei Leute, mit den Fuss- 
sohlen g^eneinander, mit den Beinen gestreckt, dariu sitzen und rädern, 
gelegentlieh der eine vorwärts der andere rückwärts, und es sind zu diesem 
Zweck in die Borde, die znm Anbringen von Ruderdollen zu dOnn sind, 
je zwei Rnderiager schrüg gegeneinander über eingeschnitten. 

Da das Boot, auch wenn man die Scbrumpfong des Holzes mit in 
Betracht zieht, sehr schmal war, und auch wegen de« Obergewichtm der 



SM 



Miieetlen 



darin eitzenden Mensctien leicht umschlBgen muaete, so könnt« mui v«r- 
BQcht seio die I^^iiisehnitte in den Borden wohl zur Befestigung von Auf- 
legen) nDKuselirn, welche, in der Südsee gebränchlich, du Umschlag«!) der 
EanoDB utimößlicb niaclien; alleiD ho wenig eine solche Einiiclitung bei dm 
jemals bekannt war, so möchte sie zwischen engen, vielleicbt noch mit 
Sufailf and Weiden bewachsenen Ufern allzu grusee Unzaträglicbkciteo mit 
flieh gefülirt haben. 

Unter ähnlichen Verbältnissen und in derselben Boden schichte, swiBcb«» 
feinem Sand und blauem Thoti, weiche auf ein ruhiges Wasser scliliesseu 
lassen, fand sich 6 m tief der Ueberreet eincB zweiten, allerdings sehr ler- 
stoi'teD Einbaums; derselbe, dem Vorder- und Hintertheil fehlten, war noch 
2,40 m lang, 0,3» m breit und 0,27 m hoch. Ob die Kähne mittels schnei- 
dender Werkzeuge oder durch Feuer ausgebohlt sind, ist nicht mehr zu 
sagen. Die Einschnitte für die Ruder sind scharf. Die Ruderstangen mÜBseo 
dünn, daher kurz, und die RudcrbbUter klein gewesen sein. Bekanntlich 
sind die Einbäume noch in einigen Schweizer- und oberbayeri sehen .Seen 
in Gebranch. Der bei den Pfahlbauten des Bieler Sees gefundene Einbanm 
ist roher, vorne und hinten gleicbgestaltet. 

Wenn wir diese Einbüume der Pfahlbanzeit suschreiben, so haben 
wir noch viel mehr Ursache, einea Hammer aus Hirsch-, vielleicht aus 
Etennthterhorn als dieser Zeit angebörig zu betrachten; auch kannten mehr 
oder weniger bearbeitete Hirschgeweihe hierzu zu rechnen sein, sowie einige 
dünne und langgestreckte Zähne, die dem Torfschwein, dem Gelahrten des 
Pfühlbaners, anzugehören scheinen. 

Ein sehr merkwürdiger Fund, ausser vielem aaderen verrosteten und 
mit Kiesel überkrusteten Eisengeräthe, waren drei eiserne Pfahlschnhe, die 
■ich im Kiesbett des Unterkanals und des Flnsses selbst fanden. An ihre 
vierkantige Spitze scbliesst sich der mehr oder weniger mit Hoktheilen ge- 
füllte tutcnförmige tijchiih an, der aber schon durch die Ifammarbeit, dann 
durch Rost und Kies gelitten hat. Wir haben offenbar mit Spitzen arniirte 
Rammpfilhle vor uns. Auch 7 ganz gleiche 18 cm lange Eisenbolzen möch- 
ten hierher zu zählen sein, Man kann der Meinung sein, dass sie zu ir- 
gend welchen Uferbauten, zu einem Fahrhaupt gedient haben. Allein der 
Qedanke, dasa sie zum Unterbau einer Brücke gedient, die hier gegtAoden 
habe und zwar bekanntermassen nicht später als zur Zeit der Römer, ist 
glnichfnlli nicht von der Hand sa weisen, wenn wir die Röm^rstrasBen be- 
itchten, welche hinr am Main bei Höchst und Nied zusammen kamen. I'^s 
Ut die Strasse (die Hünerstrasse) welche unfern dem Feld bergca stell den 
ffahlgrabon und zwiiichen Soden und Höchst die Elisabethen (Römer-) 
Htraise kreuzt, und die schon genannte Fortsetzung des Diebsweges dnrch 
Rockenhurm und den Niederwald nach Nied. Nach der Fundstelle der 
ITuhliahuhn za schliessen, miisste die Brücke oberhalb der N'ied-Müadong 



Misceflen. 



ao5 



gestanden haben nnd von der Höchster Strasse aus erst nach üeber- 
brücknng der Nied» nahe dem Ufer, zu erreichen gewesen sein. Auf dem 
linken Mainufer zieht ein wahrscheinlich auch schon von den Römern be- 
nutzter Weg geradlinig durch den Flur nach Kelsterbach, und ein ähnlicher 
nach Schwanheim. 

Die Schleusenanlagen bei Okriftel und bei Raunheim hatten kein so 
reichliches Ergebniss an Alterthümern ; aber die Arbeiten bei Eostheim 
brachten uns einige Thierüberreste von Zeitgenossen des Pfahlbaumenschen, 
nämlich den Bos priscus und das Sus scropha palustris, den Auerochsen 
und das Torfschwein. v. Cohausen. 

Wochenblatt für Baukunde VUI. Frankfurt, 1. Jan. 1886. 



18. Ueber eine in Mainz aufgefundene Inschrift. Im Mai 
dieses Jahres wurde in Mainz beim Abbruche eines alten Mauertheils auf 
der Eisgrube eine Inschrift gefunden, welche zur Geschichte des Kaisers 
L. Septimius Severus und speciell, wie wir zeigen werden, zam Kriege 
dieses Kaisers mit Glodius Albinus einen nicht unwesentlichen Beitrag liefert. 

Diese Inschrift lautet: 



IN • H • L • SEPT IM I 
SEVERI -Pll-PERTINA 

CISAVGINVIC+IM^ 
ET MAVRELIA'NTO 
NINI • CAES 



II LEGIONI XXII-TR-P 



H NORIS VIRTVISC 



10 



CAVSA-CIVITAS TRE 

VER ORVM 
I NOBSIDIONE AB EA 
DEFE NSA 



y 



.j 



^r^ 



In h(onorera) L(ucii) Septimi(i) Severi Pii Pertinaeis Aug(u8ti) inyicti 
irop(eratoris) et M(arci) Aureli(i) Antonini Cae8(ari8) legioni XXII pri(mi- 
geniae) p(iae) honoris virtutis[que] causa civitas Treverorum in obsidione 
ab ea defensa 

und enthält den Dank der Stadt Trier an die legio XXII primigenia pia 
für die erfolgreiche Vertheidigung dieser Stadt bei einer Belagerung. 



206 Misoellen. 

Für die Zeitbestimmung dieser laschrift ist wichtig der Titel Caesar 
des M. Aurelius Antoninus, des unter dem Beinamen Caracalla bekannten 
Sohnes des Kaisers L. Sept. Severus. 

Zum Caesar wurde der ältere Sohn des Severus erhoben nach den 
Niederlagen und dem Tode des Pescennius Niger in Asien und nach den 
siegreichen Zügen des Severus gegen die Bundesgenossen desselben, die 
Osrhoener, Adiabener und Araber. 

Das Ende des Krieges gegen diese Völker fällt, wie wir früher ge- 
zeigt haben ^), in das Jahr 195, der Fall von Byzanz und die Rückkehr 
des Kaisers nach Europa in das Jahr 196. Auf der Rückkehr des Severus 
von Asien nach Europa war es, dass dieser seinen älteren Sohn mit der 
Cäsarwürde bekleidete. Es geschah dies jedenfalls vor dem 30. Juni 196; 
denn das erste gemeinschaftliche Dekret des Severus und des Caesar An- 
toninus ist datirt vom 30. Juni 196^). 

Die Erhebung des Antoninus zum Augustus dagegen erfolgte entweder 
Ende des Jahres 197 oder Anfangs des Jahres 198, diess bezeugen Münzen 
und Inschriften aus dem Jahre 198; auf denen Caracalla Imperator und 
Augustus genannt wird, und zwar hatte diese Erhebung, wie wir früher 
bereits gezeigt haben, vor dem zweiten grossen Siege des Severus über 
die Parther Statt, in Folge dessen dieser die elfte Imperatorbegrüssung und 
den Beinamen Parthicus Maximus erhielt. Vom Jahre 198 datirt Cara- 
calla seinen Regierungsantritt^). 

Erfolgte die Erhebung des Caracalla zum Cäsar in der ersten Hälfte 
des Jahres 196, seine Erhebung zum Imperator und Augustus im An- 
fang des Jahres 198, dann kann unsere Inschrift nur in das Jahr 196 oder 
in das Jahr 197 bezogen werden. 

In diese Zeit aber fällt kein anderes grösseres kriegerisches Ereigniss, 



1) Vgl. Höfner, Untersuchungen zur Gesch. d. Kaisers L. Sept. Severus und 
seiner Dynastie, Bd I, 184, 185. 

2) Cod. lust. IV, 19, 1. Vgl. dazu Höfner, Untersuchungen, I, 190, Note 12 
und S. 260, Note 113. 

3) Höfner, Untersuchungen, I, 244, Note 66. Renier, inscr. rom. d'Alg. 
n. 1727. Untersuchungen, I, 264, Note 124. Eckhel, doctr. uum. vet. VII, 176, 
200. Cohen, descr. des m6d. imp. III, p. 236 ff. n. 24. 115, 399; p. 363 ff. n. 14, 
52, 55, 63, 74, 76, 104, 111. Das erste Consalat des Caracalla fallt in das Jahr 
202, in das 5. Regierungsjahr desselben a trib. pot. V; sein erstes Regierungs- 
jahr ist demnach das Jahr 198. Eckhel, doctr. num. vet. VU, 202. Cohen, III, 
p. 361 ff. n. 5, 120, 297, 376. C. 1. L. UI, 205, 218. 3745. 4642. Mommsen, I. 
R. N. 1409. Renier, Alg. n. 56, 1611, 1727, 8274. Dass die Erhebung des M. Au- 
relius Antoninus zum Imperator und Augustus nicht im Gefolge des ersten 
Sieges über die Parther Statt hatte, ergibt sich aus Renier, inscr. rom. d*Alg. 
n. 1830. 



Miioellen. 



Kft 



aIb der Krieg gegen Glodias Albinos, den Statthalter von Britannien. Diesem, 
der von seinen Legionen im Jahre 193 zum [mperator ausgerufen worden 
war, hatte Severus, um nicht gleichzeitig mit zwei Rivalen den Kampf aof- 
□ehmen zn müssen, die Casarenwürde verliehen und ihn damit als seinen 
Nachfolger be^.eichnet. Dabei halte sich denn Ciodiiis Atbinus auch be- 
ruhigt. Nachdem indessen Peecennius Niger besiegt und gefallen war, 
hatte liieverus weitere Klioks lohten gegen ClodtuB Albinns nicht mehr zu be- 
obachten. Er konnte nunmehr den Kampf gegen den zweiten Thron-Rivalen 
ungehindert unternehmen, und er that diess, indem er auf seinem Rück- 
marsch ans Asien nach Europa seinen älteren Sohn Caracalla zum Cäaar 
erhob, und damit zu seinem Nachfolger erklärte. Damit war dem Clodius 
AlbinUB die Auwnrtschat't auf die Nachfolge benommen und der Krieg erklärt. 

Clodius Älbinus entwickelte für den bevorstehenden Entscheidungg- 
kämpf eine ganz gewaltige Energie. Er setzte, während Severus noch auf 
dem Marsche durch Panconien und Germanien begriffen war, «eine Le- 
gionen nacli dam Festland über, nnd in kurzer Zeit fielen ihm nicht allein 
fast ganz Gallien, sondern auch Spanien zu. Zum Theil mag die Bevölkerung 
dieser beiden Länder sich freiwillig au Clodius Albinns angeschlossen haben: 
dalür sprechen die zahlreichen Hinrichtungen spaniecher nnd gallischer Edlen 
Dtcb dem Untergang des Ciodius Albinua, sowie die Fortsetzung des Kämpfet 
gegen die Anhänger des Clodius Albinus is Spanien auch nach dessen 
Niederlage und Tod hei Lyon '). 

Was sich nicht freiwillig unterwarf, wurde durch Waffengewalt daza 
gezwungen, und die Generale des Sevems, welche dem Vordringen des 
Clodius Alhinui zu begegnen suchten, wurden geschlagen, namentlich er- 
litt des Severus General Lupus durch Clodius Albinus eine empfindliche 
Niederlage. 

Es ist eine bekannte Thataache: in der Entscheidungsschlacht bei 
Lyon (18. Febr. 198} verlor Clodius Albinos Sieg und Leben, Severns aber 
hat durch dieselbe seine und seiner Dynastie Herrschaft befestigt. 

Auf eine Episode in dem Krieg zwischen Clodius Albinns und Sevenu 
bezieht sich ohne Zweifel lUe oben angeführte Inschrift: denn ein anderes 
grCsseres kriegerisches Unternehmen, in welchem eine so bedeutende Stadt 
wie Trier belagert worden wlire, ist uns aus der Zeit zwischen der Erbe- 
bung des Caracalla zum Cäsar und zum Augustu.?, von 196 bis Anfangs 
lÜS, nicht überliefert^). 



1) Caiiiua Dio LXXV, 8, 4. Spart. Sever. 12, 1: tum et Hiipocomm et 
Gallorum proceres mulli occisi sunt. Spart. Sever. 13. C. 1. L. II, 41M: Tiberio 
Claudio Candido Cos. . . Leg. Augg, Pr. Pr. Provinciae H. C. et in ea duci terra 
marique adversus rebetle» H. H. P. P. et«. 

3) Die im Korrespdzbl. der wettd. Ztecfar. f. Gesch. ii. Knoit, V, 7, n. ISI 
ausgesprochene Termuthiing entbehrt jeglichen Grundes. 



l>tMniint:\t JMt Tri^^r d^r Sache de« Severos treu geblieben, wurde von 
d«ri AlMfiiarMTii Ma^':rt und durch di«; legio XXII piimigenia pia, die ihr 
SUrid<juarti«;r in Mainz hati^;, «ei e«. das« dieselbe Ton Severns selbst oder 
von i-inifin ueiner 0<;neral<; dahin geworfen war, erfolgreich Tertheidigt. 
iMfür N|i«fndet dieher Legion Trier seinen Dank. 

Kin gttnMÜgeH Geiichick hat die^e werth volle Urkunde von Stein zu 
Tag« g<f<;rd«)ri. Möge ein günittigea Geiichick aach fernerhin weitere Denk- 
inaUi anN Licht bringen and da« Dunkel erhellen, welches die Verhältnisse 
in (Ullien cur Zeit des Krieges zwischen Severus and Clodias Albinus 
zum grossen Theil umgibt. 

Bonn im September 18S6. 

M. J. Höfner. 

10. Nassauischer Alterthumsverein. Ans dem Bericht des 
(Konservators Oberst von Cohausen sei hier das Folgende mitgetheilt: 

MeliHTe Hügelgräber auf dem Eichelberg bei Holzhaoseu wurden un- 
tersucht, aber vollständig leer gefunden. Aus solchen im Dauborner Wald 
wurden Urnen mit Knochenasche, Thonschalen, ein unten zugespitzter Trink- 
becher und eine beschädigte eiserne Speerspitze gefunden. In 3 Gräbern 
des Hcringor Waldos wurden zerdrückte Aschenurneu, zwei rundliche Trink- 
gefässo und einige Bronzeringe gefunden, ferner eine schwarze, roth über- 
miilto Urne, mit sparrenförmigcn Strichen und Punkten verziert. In dem 
llahnstätter Wald liegen etwa 66 Grabhügel, von denen mehrere auf- 
gegraben wurden. Schon Staatsministcr von Marschall durchsuchte sie 
vergeblich. So genchah es auch jetzt. Am nördlichen Ende von Dauborn 
scheint eine (iruppo von fränkischen lieihengräbern zu liegen, in welchen 
(lürtelbcHchlägc, Skramasaxe und Schildbuckel vorkamen. Von da erhielt 
die Sammlung ein Trinkglas, zwei schwarze Urnen, eine Lanzenspitze. Herr 
Weck hat ein Modell der Holzeinlagen in dem Ringwalle des Altkönigs an- 
gefertigt. Die dabei ausgestellten Basaltschlackeu vom Schlackenwall des 
Stromborgs in der Lausitz sollen die Brand wirkung jener Holzeinlagen vor Augen 
stellen. Der Burgfelsen von Kirberg wird als Steinbruch angegriffen, weder 
die Gemeinde noch der Staat haben die Mittel, dagegen einzuschreiten. Die 
Mainkanalisation lieferte mancherlei Funde, gegenüber dem Gutleuthof die Bei- 
gaben eines römischen Grabes mit einer Münze des Trajan, bei Höchst eiserne 
Brückenpfahlschuhe» zwei Eiubüume und vorweltliehe Thierknochen. Ein durch 
Wassergrüben befestigter Hügel im Donnerhain bei Kalteich erwies sich als ein 
NVohnplatz der Hüttenleute der Vorzeit, die hier wie anderwärts zahlreiche 
Sohlackenhalden zurückgelassen hatten^ Auch im Walde von Crofdorf fanden 
■ich Spuren der alten Eisengewinnung. Es werden noch verschiedene Einzel- 
t'undo mit den Namen der Geschenkgeber angeführt, darunter Scherben mit 
dem Töpforstempel VDI und MAMMIL, Ledersandalen von der Saalbarg, 




MitcalleD. 



SM 



DachschiiidGLa, 2 Goldriuge mit gcachoitteaen Steiaeu eUen d&her, nuf einem 
ei[ie Figur mit einem Kreuz (?), eine Kiiiilerraäsel, van der Ältenburg an der 
Teufelsraauer, der oraamentirte Rand eiDer Broncescbüaael uud ei^erue Pfoil- 
iind Bugeaapitzen. Die Bogen waren goiade oacb oben und unteo verjüngte 
Stübu mit einer kugeil ürmigeu Eiaenspitze an den Euden, so dass sie auch 
aIs Lanzen gebraucht weiden kunoten. Es folgt nocli eine Reibe von Ge- 
gentttanden aus der f'raakeijzeit, dem MittäUltei', dei' Kenaisaatice und vun 
Münzen. Die ethaograpische Sammlung Ziihlt 96 Stücke, meist aus Neu- 
Uuineo. Ubein. Kurier, 22. Dea. 1885. 

20. Rümiache Funde bei Plitt eradorf. Gegenüber der Obercoa- 
Beler Cemenlfalirik, alao unterhalb der PI ittera durfer Au wurden im Februar 
188Ö beim Anlegen eines Baumgarieoa Uea Ueno vun Caratanjen nahe dem 
Rbeinufer rümiache Gräber aufgedeckt, welche Aacheuurneu eutiiielten und 
mit Thonpiatteu umstellt waren. Nucb Aussage des U. Heiur. Fucha, der 
die Grabungen beaul sichtigte, wurden Ö Gräber gefunden, die 2'/; Fuea unter 
dei' Oberfldcbe lagen, auaser den Zifgelplatteu landen aicb Scherheu brauner 
und rolher Gefuaae, auch kleine weiaae Uenkelkrüge, ferner Mauerreate, 
die auf ein Gebäude scbüeeaeu liessau. Dieae Funde ergänzen die Aultin- 
dung röDiiacher Alterthümer im Garteu dm Herrn Uanquier A. Cahu, übur 
welche dos Jahrbuch LXXXI S. 12» berichtet hat. 

äobaaffbaueeu. 



21. Römische Inschriften aua ätockatadt. (ia.ni kürslich 
hat man bei Stockatadt zwei römische Yotivaltüre xu Tage gefördert, deren 
uäbere Kenntnias ich der freundlichen Mittbeilung des Herru Geh. Uofrath 
I,. von Urlichs verdanke. Der eine der leiden Altüre weist oben xwiachen 
£Wei un der Stirnseite mit Rosette verzierten Voluteu auf dum Fruntispiue 
den Kopf eines Mannea mit einer eigenartigen Kopfbedeckung auf, neben 
der auf der rechten Seite vom Beachauer ein scepterfürmiger an der Spitu 
sich gabelnder Stab dargestellt ist. Darunter beiiodut sich folgende vier- 
iceilige Inschrift : 

M E R C V R 

CIVL IVSTI 

NVS ■ B ■ C-S 

V S L-L-M 

m») Jul(iuB) Juatiuaa b(eneQciariuB) co(n)B(ularis) v(otum) 

s(olvit) ilaetua) l(ubens) m(eritoJ. 
echten Schmalseite des äteines iit ein äohlKchtb«tl <uige- 
Spitze nach unten gekehrt ist. Die linke Seiten dftcbe ist 
bauchigen Kruge mit knraeiu naclt oben aualadeudem Habie 



welche EU lesei 
Mwcurlio) G(i 

Auf der 
bracht, dessen 
oben mit einen 



HO Mimlidtl. 

geschmückt, unter dem eine Opferschale mit nach rechts gewaiicltetti Stiele 
ansgehauen ist. 

Weniger gut erhalten ist der zweite Votivstein, deseen ganae linke 
Seite nebst dem Scheitel jetzt abgehrochen ist. Auch die Seitenflftcheo 
dieses Altars waren durch Verzierungen ausgezeichnet. Denn auf der Tor- 
handenen rechten Seitenwand, welche nach vorne durch ein Arabeakenge- 
winde verziert ist, ist oben eine bauchige Flasche mit einem aierlich ge- 
schwungenen Henkel dargestellt, darunter eine Opferschale, deren Stiel nach 
oben gekehrt ist. Die Inschrift, so weit sie erhalten ist, lautet nach der 
ebenfalls von L. von Ulrichs mitgetheilten Abschrift folgender Massen: 

E. 

C E 
> M ASt 

S B F COS 
N I A NE T 6 

A COS 

L- L- M 
Die Gottheit, der der Altar geweiht war, und deren Namen nnsweifel- 
haft in den Buchstabenresten der beiden ersten Zeilen steckt, ist kaum 
mit Sicherheit zu ermitteln. Es ist sogar nicht unmöglich, dasa, da in 
den besterhaltenen Zeilen 4 — 5 Buchstaben im Anfang fehlen, mehrere Gott- 
heiten mit einer Widmung bedacht waren. Die am Ausgange der dritten 
Zeile erhaltenen vier Buchstaben MASv können ebensowohl zu dem Genti- 
licium als zu dem Cognomen, dessen Endbuchstaben jedenfalls das im An- 
fang der vierten Zeile erhaltene S gewesen ist, gehört haben. In der flUiften 
und sechsten Zeile waren die Consuln genannt, in deren Amtsjahr der Stein. 
gesetzt ist. Ihre jetzt lückenhaften Namen hat bereits v. Urlichs sehr an- 
sprechend [Apro]NIAN(o) et [Bradu]a ergänzt. Die Ära ist demnach im 
J. 191 n. Chr. vernichtet worden. Vergl. Klein, Fasti cons. za diesem Jahre. 
Die letzte Zeile enthielt die bekannte Weiheformel [v(otum)] [B(olvit)] 
l(aetus) Kubens) m(erito). Das Ganze wird also etwa in folgender Weise 
zu deuten sein: 

® I ce I Masa | [etu oder onajs 

b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) | [Apro]nian(o) et [Bradu]a co(n)8(ulibas) 
|.v(ütum)] [8(olvit)] l{aetus) l(ubens) m{erito). 

Bonn. Jos. Klein. 

22. Die Entdeckungen in der altpersischen Königsstadt 
Suaa. Dieulrtfoy giübt in der Revue archiologique 1886 T. V p. 48 und VI 
p. 224 einen Bericht über seine Grabungen in den Jahren 1884 — 85. Schon Ge- 
neral Williams und Sir Loftus hatten bei ihren Untersuchungen Schwierig- 
keiten mit der uiohomedanischfMi Geistlichkeit, die in dem Tumuius von Susa 



Uiieellell. 



fiU 



dos Grftb dea Propheten Daniel verehrt, zu dem Rade Uärz groasa Pilger- 
zöge aich begehen. DieaUfoy ging mit grosser Vorsicht eu Werke. Aber 
n,Dc1i er inuHste ea tTfuhreo, dnss die MusetniäDiiei- bei Niicht di» ScutpUireo 
xerti'iimnierteD, die er hei Tiige ktm Licht gebracht halt«. Ei' schreibt 
eineD Theil der Kuinea einem Paiaste des Artaxeries zu. liier fand sich 
ein kolossales Capitül mit 2 Stierköpfeu. Die Facade war geuau ao gerichtet, 
wie der Porticua dea Palaatea des Xerxes zu Persepolis. Benierkenawei'th 
durch aeiae Schöutieit iat ein gravirtea Siegel von einem ÄchätaeDiden-K^nig 
von konischer Form aus grauem Opjil. Es wird dem Xerxes oder Artaxerxea I. 
zU2U3clireibeu sein. Ein Medaillou mit dem Bilde des Koniga ist überragt 
viin dem beschwingten Gotte Aouiamazda, zu beiden Seiten steht eine Sphinic, 
die auf dem Kopfe die weisHe Krone von Oberägypteu tragen. Einige Or- 
namente nähern sich uufT^illend deu ägyptischen, mehr wie die assjnacheu und 
griechischen ea thun. Melirere Blumenfestona scheinen Copieo derer in den Gräbern 
der Itamaea. Zahlreiche Wandgumiilde in emaillirton Ziegeln werden fUr die 
Reste eines älteren Palastes gehalten. Von strenger Zeichnung sind zwei 
schreitende Löwen auf blauem Grunde, die er abbildet. Es fand sich auch 
eine Inschrift in Keilachrifi zeichen, in der die Worte Daiiua, der groaae 
König und Vistaapes vorkommen. Auch auf dem Stück einer kleineu Siiule 
stand die übliche yorniel: ich, der König Dariua, Eine Ascheuurne war 
von einer ans emaillirteo Ziegel platten gemauerten Umhüllung nmgehon, 
darauf befindet sicli eine Figur in grünem Kleide, mit gelben, blauen uud 
weissen Eiorden, mit einem Tigerfell, in der Hand ein Rohr und eine goldne 
Laone. Nor der untere Theil dea Geaichtea ist erhalten, Bart, Hals und 
Hand sind schwarz, es iat ein Neger. Die Stickereien sind archäisch, sie 
scheinen babyloniache Arbeit zu sein. Nur Könige trugen di« langen Roiira 
uud die Armringe. Elam mosa eine schwarze Dynastie gehabt habeu. Noch 
3 andere Füsse und eine 3. Hand sind schwarz. Herodot spricht von Ae- 
thiopen dea Oatena. Waren die Nakhuntas Abkömmlinge einer achwarzeu 
Raaae ? Die Bewohner von Chouster, Dizfoul uud die der umliegenden 
Itörfer haben aethiopiscbe Zuge. Houasay will Nachforschungen austeilen, 
üb einmal eine Kreuzung der Perser oder Araber mit Aethiopen stattgefun- 
den bat. Alle emaillirten Ziegel waren mit einem Harz überzogen auf allen 
Seiten. Ehe sie mit Mörtel in die Mauern der Sassaniden vermauert wunien, 
waren sie früher mit einem Bitumen befestigt. Die Susianer acheinen wenig 
geschrieben zu haben. In Babylon sind die Inschriften zahlreich, in Susu 
fand man bis jetzt nur zwölf, lu Mal-Amir, wo sich das Grabmal des 
Darius mit 5 Basreliefs auf einer Felswand befindet, wurden 7 neue In- 
dchrilten entdeckt. Hier muss eine zweite (grosse Stadt gestanden haben. 
Eine reich gekleidete Person auf einer der Scalpluren trägt weder ehal- 
däische noch acayrisefae oder persische Kleidung, sie gleicht aber dem far- 
bigen Bilde des schwarzen Königs. Die Zeichnung der Figuren ist alter 



212 Miscellen. 

als die assyrische und persische. Die Gesichter sind im Profil, die Körper 
oft von vorne, die Füsse von der Seite, das Auge von vorne dargestellt. 
Auch das Testament des Darius wurde gefunden. Die in Snsa gehobenea 
Schätze wurden in diesem Sommer im Louvre zu Paris aufgestellt^ aber der 
kaum geöfifnete Saal hat bald wieder geschlossen werden mfissen. Die ge- 
brannten Thonstücke fingen an zu zerbröckeln und der farbige Schmelz 
blätterte ab. Es wird versucht durch ein bewährtes Mittel sie sn erhalten. 
Die Bildwerke werden mit Wallrath bestrichen und auf 200^ erhitst. Der 
Wallrath verbindet sich mit dem Schmelz und bildet einen feinen dnrchsich- 
tigen Ueberzug, welcher der Witterung trotzt. 

Sohaaffhansen. 

28. Thüngersheim. Münzfund. An derselben Stelle, an welcher 
der Jahrb. 80, S. 238 f. besprochene interessante Fund gemacht wurde, 
entdeckte man im Juni dieses Jahres noch 2 weitere Goldmünzen des Kaiser 
Gallienus (N. Würzburger Zeitung 1886, Nr. 105; Münchener Allgemeine 
Zeit. Nr. 167, Beilage 2. Vergl. Philol. Anz. 1886, S. 363 f.). Die Le- 
genden lauten: 

1) Avers: IMP GALLIENVS AVG. Brustbild des Kaisers in 
Harnisch und Helm, nach links gewandt ; in der Rechten hält er einen über 
die rechte Schulter gelegten Speer. — Revers: VIRTVSAVG. Herkules 
steht nach rechts gewendet; mit der Linken hält er Bogen und Löwenhaut, 
mit der Rechten stützt er sich auf die Keule. — Die Münze findet sich 
bei Cohen, Gallienus Nr. 23 (IV p. 353) auf 600 Fr. geschätzt. 

2) Avers: GALLIENAE AVGVSTAE. Bärtiger Kopf des 
Kaisers nach links. — Revers: VBIQVE PAX. Zweigespann- gelenkt von 
der geflügelten Friedensgöttin, nach rechts gewendet. — Bei Cohen, Gal- 
lienus Nr. 545 (IV p. 416) auf 300 Fr. taxirt. Die Münze wird gewöhn- 
lich, ebenso wie die bei Cohen Nr. 616 mit dem Revers Victoria Augnati, 
wegen der Femininform des Kaisemamens als Spottmünze auf den verweich- 
lichten Gallienus, unter dem das ganze Reich sich in Verwirrung beland, 
gedeutet. (Vergl. Schiller, Rom. Kaisergesch. I S. 812, Anm. ö.) 

Die erste Münze war ebenso wie zwei des früheren Fundes mit einem 
goldenen Henkel versehen. A. W. 

24. Die Römerquelle an der Spelzmühle bei Wiesbaden. 

Unter allen Völkern sind es die Römer gewesen, welche für die Wasser- 
viTHorgung ihrer Städte um meisten gethan, die grossartigsten Anlagen zu 
di<)8em Zwecke ausgeführt haben. 

Aus dem fernen Gebirge führten sie ihrer Hauptstadt das lebenspendende 
Kloniont in 14 Leitungen zu, deren Gesammtl&nge von mehr als 500 Km. 
hinroicluni würde, 14 I. titungen längs der Eisenbahn von Frankfurt nach Wies- 



MisoelleD, 



baden zn führen. Ganze Bäche ergoseen trtglioh 50 Milliouen Eubikfius Wasaer 
die gew&Itige Stadt, so daas auf jeden Fiiawohner täglich 50 EubikfuaB 
WoBser! das weiss jeder, der heim Abschied aus 
die Fontana di Trevi geworfen, in der Hoffnoiig, 



kamen. Und welch 
Kom seiueD Baji 
wiederzukehren. 

Eigen ist es, dasa all das Wasse 
Knlkgehirge der Apenninen, theils auj 
und nur zum kleinsten Theile in dem 
dort lauft es theils unterirdisch, theÜH 



' kalkhaltig ist; da es theils aus dem 
dem Travertin der Vorhohen kommt 
vulkanischen Gestein entspringt. Von 
n gemauerten Kauiüen, die auf hohen 



Bügen durch die stille Campagna dahin ziehen. Es war nicht Unkenntnisa, 
wenn die Römer das Wasser nicht in fallenden und steigenden Röhren führten, 
denn sie kannten das Geaetr., welches das Wasser so hoch steigen lasst, als 
es gefallen, sehr wohl und wandten es, soweit Bleiröbren dazu tauglich 
waren — denn das Gusseisen war ihnen unbekannt — häulig an ; aber sie 
kannten auch die Schwierigkeit, Fehler in der Leitung unter der Erde zu 
entdecken, durch Nachgrabung anfzusuchen nnd auszubeeaern ; während der 
Tropfenfall aus der Höhe der Aquäducte ihnen rasch die lecke Stelle zeigte. 

Da das Wasaer aber kalkhaltig war, so besserte es Risse und kleine 
schadhafte Stellen durch den Kalksioter, den es absetzte, bald seihst aus. 

Auch bei uns haben die Römer allenthalben Leitungen angelegt, welch« 
ihre Stüdte mit dem küstlichen Elemente versorgten. Die Leitungen von Trier, 
Metz, Mainz, Köln, und noch manche andere sind alle noch nachzuweisen; 
die meisten führen ein kalklialtiges Wasser diesen Städten zu. Das Wasser, 
mit dem die kaiserliche Hauptstadt Trier versorgt wurde, entsprang 1 1 
Eilom. von der Stadt bei Waldrach im Granwackegestein, und ist daher 
wie unsere Taunus-Wüsser rein nnd ohne nenuons wertheu Ealkgehalt. Die 
Sohle und die Wände des Eanals, in dem es fliegst, sind aus demselben 
Gestein der Grauwacke erbaut, aber er ist mit Ealkstein überwölbt, toq 
dem die Tropfsteinzapfen herabhängen, um ihren Kalkgehalt in da« Wasser 
tränfelD zu lassen. Gewiss zum Behagen der tippigen Stadt. 

Der Aquädukt, welcher auf 20 Meter hohen Hogen bei Jouy aux 
Archcs die Mosel überschreitet, um Metz sein Waaser Euzufübren, ichöpft 
dasselbe in der 2,'A Kilom. entfernten Quelle von Göre, welche aus dem 
Jurakalk hervorbricht. 

Grosaartiger noch war die Wasserleitung von Maine, deren Pfeiler bei 
ie entnahm ihren Wasserscbatz aus dem 
r Stadt hei Finthen im Ceriticnknlk eut* 
s jenem Gestein entquellende Wasser ist, weiss 
sagen, die alle zwei Jahre eine dicke Kalkkruste aus 
isklopfen lassen muss. 
r römischen Leitungen 



Zahlbach noch liocb aufragen 
Künigsborn, der 6 Kilom. vo 
springt. Wie kalkhaltig das 
dort jede Hausfrau ?. 
ihrem Theekessel her 
Die längste der 



I Deutscbluid aber ist die lu- 



geoaiinte Teufels- Halle, welche bei Schieiden in der Eifel &2 Kilometer \ 



214 Misoellen. 

Köln ihr Wasser schöpft oud io 70 Kilometer langem, meist 
Kanäle der Golonia Agrippina zubringt. Auch dies Wasser ist so kalkreich, 
dass es während des wohl kaum 500 Jahre w&hrenden Zeitraums, den es 
durch den Ganal floss, in ihm eine Kalkkraste abgesetzt hat, dick geoag, 
dass man aus ihr 20 Centimeter dicke Säulen gemacht und sie ihrer adifiiien 
Farbe, Maserung und Politurfähigkeit wegen zur AusschmflcknDg von 
Altären verwandt hat. 

Auch der Brunnen an der Spelzmühle bei Wiesbaden war den RSmem 
bekannt; wir haben seit den vierziger Jahrer zu wiederholtennuden die Debd^ 
reste einer Reihe von Aquäductpfeilern und Sandsteinrinnen gefunden, welche 
in der Richtung von der Quelle, dann an der Curve vorüber, an einem 
Sammelbehälter im Biebricher Felde führten; in ihm fand eine Theilong 
statt, welche einerseits nach Castel, andererseits nach Amöneborg hinweist 

Auch hier ist es wieder ein kalkhaltiges Wasser, welches die RSmer 
auch ohne chemische Untersuchung an seiner schönen, dem der Alpenaeen 
gleichen, blaugrünen Farbe erkannten, durch seine Wirkung bewährt fanden 
und ausnutzten. Freilich fehlten ihnen die mechanischen Mittel, diese reiche 
Quelle nach Wiesbaden zu führen. Wir aber können uns Glück wünschen, 
dass sie wie der Kochbrunnen sich seit Jahrhunderten treu geblieben ist, 
und dass wir in Zeiten leben, denen es ein Leichtes ist, die Quelle nach 
unserer Stadt zu leiten. 

Rhein. Kurier 4. April 1886. v. G. 

25. Ein Isis-Tempel in der Schweiz. Als*eine Ergänzung zu 
dem Aufsatze ^über den römischen Isisdienst am Rhein*' in Jahrb. LXXVl 
S. 31 möge die Mittheilung aus dem Anzeiger der Schweizer Alterthums- 
künde Nr. 4, October 1886, p. 327 dienen, dass nach J. H. Hottinger, Method. 
legendi historias Helveticas, Dissertationum miscellan. Pentas, V, Torici 
1654, p. 528 in pago Tigurino, nicht weit von dem Gasteil der beissen 
Quellen ein Isistempel gestanden habe, was durch einen in der Ejrchenmauer 
des naheliegenden Dorfes Wettingen eingemauerten Inschriftstein : Deae Isidi 
templum a solo etc. bewiesen wird. Mommsen fuhrt ihn, Inscriptiones oon- 
federationis Helveticae latinas Ko. 241 an. Das Volk nennt den Ort Tempel 
und den Berg Isenberg. Seh. 

26. Die Mosaikperlon in fränkischen und alemannischen 
Gräbern. Nichts ist so bezeichnend für das 4. bis 6. Jahrb. u. Z. als 
diefier Grabfund, und nirgends kommt dieser Schmuck in so grosser Menge 
urd Mannigfaltigkeit der Form und Farbe vor als im Rheingebiet. Linden- 
fr/;}, mit vermuthet ihre Herkunft aus Venedig, dem Stapelplatz orientalischer 
!r>'iufftrie. Nach Vernichtung des römischen Reichs erlangte der Verkehr 
mit Bjzanz und dem Orient bedeutenden Einfluss. Herr 0. Tischler be- 




Mitcetlen. 



tnerlil dagegnti, dasa eine GlaBfobrikatioa um Venedig tun die Hitte des 
I. Jabrlauaends nicht DBCIiweiBbAr eel. Die belegten Porlen (alln tuoenia), 
die Doch lieute in Venedig gefertigt werden, acheinen ihm erst im Ver- 
Unfe de" 16. Jahrhunderts hier gemacht woi'den zu eein, vielleicbt in 
N»ohahniung autiker Perlen, wie die veuedsniBche Millefiun- Fabrikation 
eine Nachahmung der antiken aei. DieaelbeD Perlen, die wir in den rheini- 
Bohen Frnuengräbern finden, kommen auch iu Burgund, der Schweiz, Cbum- 
pftgne und in England vor. Herr Tigchler schreibt mir am 1 7. Nov. 1 886 : , Perlen 
dieser Art habe ich massenhaft aoa Italien cihalten, die wohl durch diegor- 
maniscben Stämme, beaondera die Gotheii dahin gekommen sind. Dnruni sind sie 
auch in den EöcbaiBcheo Kirchhöfen Englands häufig. Dass sie in Skandinnvien 
selten sind, beweist uur, dasa diese Länder vom 5. bis 7, Jahrhundert an- 
dere Handelsbeziehungen hatten. Im südlichen Oatpreuescn finden aie eich 
wieder, hier kommt auch die fiir den Kbein charakteristische Warzenperle 
yor. Sie mögen von den Gotben der unteren Donau KU ihren nördlichen 
StnmmeBgenossen gekommen sem. liei den slavischen Völkern fehlen die 
fränkischen Perlen. Einige Formen kommen in den Gräbern von Keathely 
in Ungarn vor, auwie in Gräbern dpa Kaukasus. Wir mösaen ihren Ur- 
sprung im Osten oder Südosten dea Mittelraeers snclien, woher überhaupt 
die FabrikatiuQ der Perlen stammt. Die PeiluD d?r rSmiBclien Kaiaerzeit 
kommen durch ganz Europa bis nach dem Kaukasna und Aegypten in voll- 
ständiger Gleichheit vor, eo dnss man für diese gewiss berechtigt iat, auf 
eine einheitliche Östliche Quelle zu Bchliessen. In Gallien bestand eine glän- 
zende Glasfalrikation, die auch nach der Völkerwanderung noch andauerte. 
Es wäre möglich, dasa in Fortentwicklung der römischen Perlen in Gal- 
lien und Süddeute ob land eine lokale Fabrikation entstanden wäre, die 
solche Typen fertigte, die in dem weiteren Gebiete ihrer Verbreitung 
fehlen." Die zahlreichen Funde der schönsten und mannigfaltigsten Ferien 
dieaer Art am Rhein, deren Menge aich nicht allein aus der grosBen Zahl 
geöffneter Gräber erklärt, sprechen für einen diesem Verbreitungagebiet 
nähern Ort der Herstellung derselben als es Venedig oder gar der ferne 
Osten ist. Schaarfhauaen. 



I 37. Anffindang von Mamienaftrgen 

I Aegypten. Schon im Jahre 1S81 hatte Masper 

des Masenms von Boulaq bei Deir-el-ßahari, in 

Griiber von Pharaonen entdeckt und darüber in 



der PhKraooen in 
der damalige Director 
der Ebene von Theben 
Biner Schrift: La trou- 



vaille de Deir-el-Buhari, le Caire 188t berichtet. Dieselben wurden in einem 
11,50 m tiefen nnd 2 m breiten Brunnen, in dessen Tiefe ein 8 m langer 
Gang mündete, aufgefunden und es wurde festgestellt, dass diese Mumiensärge 
■cbon in ägyptischer Zeit aus ihren ureprünglicheu Gräbern hierhei* gebracht 
waren, um sie vor Raub /.u schützen. Räubereien der Araber von Goornah 



:.^'^. '^'^^^..AJfmizj rvwn. 2i»0^ ^Mjmm Tcnteke a fonehen. Mao 
^r'v:*!',^'*. "^Lrjgj^hr.^ K Tärr«. K^ «Bier aaden bmüi den erbmlteiiai In- 
iÄ-:.5-^- -:jt T-r A ■:=■•.< !- tc«! lV.«tMc m., ^XHIL DjnMtie), TmSetil. 
c--: T".-. ]>jtr.>«i 11. XrX. IfrriMtaei dea Seirtiii der BibeL Der Sarg 
fUr.^^ rr V4T v»«>LLi>-: ^^i'i verde von enea König der XX. Dynastie 
v:<^*r z*r7^^7r. 'if^Kr w R«»» XO. Die Sirge der XX. Djnaatie 
»'-< .-»'<r. a.1 B^i^'-.^«. E. Brzaeh fertigte von diesem Fnnde 20 Photo- 
gr%p''.>r. t- .%*= I Jvr: I"?4 nrden anf Woaidi des Viedcdnigs die 
hir7^, FUr.f^ U zzfi 'i^ K^iaia .W ibws Xolertari, der Gemahlin des 
K'jt.'.v*. Ar;S'.4 c«:^ AsL^fif g^^fiKt nad die Mnmien abgewid[elt. Photo- 
irr &j:K:«i: ^^r M*=:V. srirden sm Tage der Erdffovng anfgsnommen. Die 
M'irrA^ Haniiai 11. 5it 173 cm kag. IKe Haare sind gelb geworden, die 
N%?^: z^igrec *::H sr<h r«:4h gefärbt. £Ke Gescktsrtge des Königs sind wohl 
erk<tiir.l/ar. In* %*>i*re Nos'e war die des Königs Rtmies III. Anf dem 
goI'Jn^n BmmeLnd. das anf der Mnm-e nnter den Binden lag, fand sieh 
d'i^^r Nam*. IHe Miimie war sIio bei einer fpAteren Niederlegnng in den SafV 
roit Jenaer d^ Kocigis TcrwecKfelt worden. Die MnmieRamses III. ist 168 cm 
gros*, re iit wer:iger znt eiiialteD. doch srigt sie eine IhnUehe Gesichts- 
bildno?. Diete sowie die Schidelbildong gleichen dem noch in Nordafrika 
▼orliandenen arabischen Typ??. Herr E. Brngfch-Ber hat durch ein Schreiben 
Tom 4. JwÄ in d^r I^eipziger lUoftr. ZeKocg rom 3. Jnli 1886 fiber diesen 
Vorgang einen Bericht erstattet . dem mehrere Abbildnngen beigegeben sind. 
Be^de König», Ram«e« II. wie der III. sind anf den igyptisehen Wandge- 
mälden dargestellt, die Koeellini Teröffentlicht hat, Monnm. del Eg. I, T. LXH 
— XX und T. LXXIX. Ro«e!lini bexeichnet RamsesHI. als den Sesostris der 
Bibel. Die Gesichter zeigen zwar die gebogene Nase der Mnmien, erscheinen 
aber ideal isirt und typisch and sollten gewiss keine Portraitbilder sein. 
Auch sind beide Herrscher sehr jugendlich dargestellt. Die Hantfarbe ist 
roth, wie es die Regel für die Könige ist. Im sfidlichen Arabien herrschten 
die Himjari d. h. die Rothen. Noch ist in Aegypten die Masse des Volkes 
von röthlicb<'r Hautfarbe. In dem Höhlentempel von Ibsambnl in Nnbien 
hält Sesostn> oder Ramses H. 11 Köpfe in der Hand, 3 sind schwarz 
mit Negerzügen, fünf gelb mit hohem Nasenröcken und snröckliegender 
Stirn, 2 dunkelroth. 1 Ton rosiger Farbe. Nach Rosellini soll dies Bild 
die Völker der Erde unter ägyptischer Herrschaft darstellen. Er glanbt, 
dass die Hirtenköiiige Skythen waren. Roth hält sie fßr Phönizier wie 
Manetho, Josephns nennt sie Araber. Diese Ansicht scheint mit Rücksicht 
auf die hier besprochenen Funde die richtige zu sein. 

Sehaaffbausen. 



\ 



y. Oeneral-Yersammlniig des Vereins von Alterthnms- 
freunden im Rheinlande am IL Juli 1886. 



Dieselbe fand im Gartensaale des Eley'schen Gasthofs statt und 
wurde von dem Vorsitzenden, Geh. Rath Schaaff hausen um 11 Uhr 
Vormittags eröffnet. Derselbe begrüsste die dazu erschienenen Mit- 
glieder im Namen des Vorstandes und legte den folgenden Jahres- 
bericht für 1885 vor. 

«Die Zahl der Mitglieder des Vereins betrug mit Einschluss 
der Ehrenmitglieder, der Schulanstalten und des Vorstandes nach dem 
letzten Jahresbericht am I.Januar 1885: 638 Mitglieder, am 1. Januar 
1886 betrug sie 626, am 1. Juli dieses Jahres 644. 

Gestorben sind seit der letzten General- Versammlung 14 Mit- 
glieder, es sind die Herren: E. von Brück in Crefeld, W. Jentges 
in Crefeld, General von Wright in Baden-Baden, Freih. von Rigal- 
Grunland in Bonn, Prof. Eckstein in I^eipzig, Prof. Lange in 
Leipzig, Oberbürgermeister Becker in Cöln, Commerz.-Rath J. Curtius 
in Duisburg, Bau-Inspektor Junker in Mühlhausen, Wilh. vom Rath 
in Mehlem, Prof. Plitt in Dossenheim, Senats-Präsident Dr. Haugh 
in Cöln, Dr. Camp in Cöln, Med.-Rath Dr. Schaffner in Meisenheim. 

Abgemeldet haben sich für 1886: 11 Mitglieder, so dass der 
Verein einen Gesammtverlust von 25 Mitgliedern erfahren hat. Es 
gereicht mir zur Freude, mittheilen zu können, dass derselbe durch 
den Eintritt neuer Mitglieder mehr als ausgeglichen worden ist. 

Es sind seit der letzten General- Versammlung folgende 31 neue 
Mitglieder dem Vereine beigetreten, die Herren: Amtsrichter Huff- 
Schmidt in Boxberg, Towsend in Wiesbaden, Gymnasiallehrer Dr. 
C. Cüppers in Cöln, E. Schöller in Düren, FrauSchöller in Düren, 
die Herren Wolffers in Bonn, Geh. Rath Rculeaux in Berlin, Rektor 
Dr. Jörres in Ahrweiler, Dr. phil. Ad. von Oechelhäuser in Heidel- 



h^3f, tAM^i^ehfArtrik \, h. F J, Sti^phani mCroT, Gymn.-Direktor 
'Mh\it^^Hi^/ü ^ X.fMX,f\rj, 711 5feU ji Trier. Realprogymnasiallehrer 
WaM^j^t nvr>*,nn. *!►, £xi*>i>a2 G^ner^I O, Ellen in Bonn, General- 
M;ij6r /-i^A iC*l.n^-»</j :n ?^ina- Frieden: Caesar in Bonn, Betriebs- 
Ift^^jr. V.>r'^^,4; .ü fe^itto, F:awi Wiisiwe B. Maller in Bonn, die Herren 
\tk%t^\mr Uxrx in bmxu L?. Hoffner in Bonn, D. Bötzkes in 
fM<*i^l4^rf, Ffin fji(r«i 7<>AKat!i in Coln, die Herren Commerzien- 
rath Kniar^a Lanzen ji O^^Lo. Robert Henser in Coln, Engen 
Rafit^njitraficii m «.SIb, Wilh. tob Beeklinghansen in Cöln, 
K i, Heballenberg a Cöln, Oberst Walff in Cöln, Maler Carl 
Haoptmano inbrML Eklduinidura-Besitzer F. N. Palm in Aachen. 

Wir bitreii, wie jefiesnal bei dieser Gelegenheit, uns in dem Be- 
«itrebeB, dem Vereine neoe Mrtgfierier zu gevinnen, behülflich zu sein, 
detm der jahrL-cfae Aii.%6ül dorcfc Scerbfalle, Wegziehen nnd Abmel- 
dongen ist ein niebt ubedenteBdcr. 

Waa die Schriften des Verci» angeht, so ist seit der letzten 
General'Veräammlong das Hefk 80 mit 5 Tafeln nnd Heft 81 mit 7 
Tafeln und mehreren Holzacfanitten ausgegeben worden. Zugleich er- 
schien als Festgabe zar Winckehnanns-Feier hierselbst „Das römische 
Kdln"^ nebst einem Plane der rönüschen Stadt nnd einer Fundkarte, 
▼on Herrn General von Veith. Der Vorstand glaubt durch die Her- 
aasgabe dieier trefflichen nnd Yerdienstlichen Arbeit einem längst 
▼orbandenen Bedflrfhisse und dem Wnnsche vieler Yereinsgenossen 
entsprochen zn haben. Von grösseren Arbeiten, deren Veröffentlichung 
in den Jahrbflchem der Vorstand für die nächste Zeit beabsichtigt, nenne 
ich : den Bericht Ober die Aufdeckung friuikiscber und römischer Gräber 
in Meckenheim und Andernach, die Aufgrabnngen in Pommern an 
der Mosel, Beschreibung des Münsters zu Essen nnd der in ihm ent- 
deckten Wandgemälde und eine die bisherigen Grabungen umfassende 
Darstellung des römischen Castrums in Bonn. 

Ich lege die Jahresrechnung für 1885 nebst Belegen vor 
und theile daraus die Hauptposten mit: 

Die Gesammteinnahme betrug einschliesslich des aus dem 
Jahre 1884 verbliebenen Baarbestandes von M. 1461.93 für das Jahr 
1885: M. 7545.43 gegen M. 7832.23 des vorigen Jahres. 

Die Ausgaben beliefen sich auf M. 7282.52 gegen M. 6370.30 im 

vorigen Jahre. 

Es bleibt ein Baarbestand von M. 262.91 gegen M. 1461.93. 
In Bezug auf den geringen Baarbestand bemerke ich, dass die 



y. Oeneral-Yersammlaiig des Vereins von Alterthnms- 
freunden im Rheinlande am IL Juli 1886. 



Dieselbe fand im Gartensaale des Eley'schen Gasthofs statt und 
wurde von dem Vorsitzenden, Geh. Rath Schaaffhausen um 11 Uhr 
Vormittags eröffnet. Derselbe begrüsste die dazu erschienenen Mit- 
glieder im Namen des Vorstandes und legte den folgenden Jahres- 
bericht für 1885 vor. 

«Die Zahl der Mitglieder des Vereins betrug mit Einschluss 
der Ehrenmitglieder, der Schulanstalten und des Vorstandes nach dem 
letzten Jahresbericht am I.Januar 1885: 638 Mitglieder, am 1. Januar 
1886 betrug sie 626, am 1. Juli dieses Jahres 644. 

Gestorben sind seit der letzten General-Versammlung 14 Mit- 
glieder, es sind die Herren: E. von Brück in Crefeld, W. Jentges 
in Crefeld, General von Wright in Baden-Baden, Freih. von Rigal- 
Gr Unland in Bonn, Prof. Eckstein in I^eipzig, Prof. Lange in 
Leipzig, Oberbürgermeister Becker in Cöln, Gommerz.-Rath J. Curtius 
in Duisburg, Bau-Inspektor Junker in MUhlhausen, Wilh. vom Rath 
in Mehlem, Prof. Plitt in Dossenheim, Senats-Präsident Dr. Haugh 
in Cöln, Dr. Camp in Cöln, Med.-Rath Dr. Schaffner in Meisenheim. 

Abgemeldet haben sich für 1886: 11 Mitglieder, so dass der 
Verein einen Gesammtverlust von 25 Mitgliedern erfahren hat. Es 
gereicht mir zur Freude, mittheilen zu können, dass derselbe durch 
den Eintritt neuer Mitglieder mehr als ausgeglichen worden ist. 

Es sind seit der letzten General-Versammlung folgende 31 neue 
Mitglieder dem Vereine beigetreten, die Herren: Amtsrichter Huff- 
schmidt in Boxberg, Towsend in Wiesbaden, Gymnasiallehrer Dr. 
C. Cüppers in Cöln, E. Schöller in Düren, FrauSchöller in Düren, 
die Herren Wolffers in Bonn, Geh. Rath Reuleaux in Berlin, Rektor 
Dr. Jörres in Ahrweiler, Dr. pbil. Ad. von Oechelhäuser in Heidel- 



Ä^ *tt*».'^1 



1«L»4n 



MUÄmÄUW. v^aa t^ tm. B^m Itumnorbrnkir/c. Prot. Klein, für 
** 4«/*^f r^snftxui^^, HiMh miKn -rinsv» Inak ft-'^suttf . Es bleibt 
ÄMKfc fSÄjiwr *ai fj^j^x^ %:xj^r*x \ mteidK örjL ierea Herkuft bisher 
ämX* ftiitÄt iu^, fe^c/^<n.n.r. w^u^ £.'>aiKs. öie Bibliothek ist durch den 
lM^Ai^kßa.r x^iz l^A %Af>r*u T^raaia nd lastitoten anseluilidi Ter- 
MMfcrt, v/»> 4;f«M ^'ßH^f!t0soäLk t« A. Bu M ejer Gurina), Ton Saae 
Mi* \^Ük.%Uff 'Mtiwnx^ - T^Ä L:i-iet%?hs:t fHiodb. der Archäologie), 
v//ft Hf:htmffZth. Hzz^Mnh xA. lus^iadtt worden. Mit dem Verein für 
K'in^ oikd k\Uinhnm m Xfti»t#7, den Afl&ercao Journal of Archaeologie 
in fMiitttiff^,, flf^ h:*V/nviie& GeH^Jkduft for die ProTinz Po6cn, dem 
\iUfrzrl%^h^hi^U/rw:hmi Ver^n des Vosze^nklobs für Elsass-Lothringen 
und dern K, K, ^/«terreicbL'^bes Ma^cam fär Knust nnd Gewerbe in 
Wien im der Hchrift^aojrtaarh angebahnt worden. Zn den Geschenken 
«ehßr^'n auch die fon Frau Generalin Ton Veith angefertigten vor- 
trefflichen Oipieeri der im Jahre 1876 beim Bonner Castmm aufgefun- 
denen Wandmalereien, die bereits im 62. Heft unserer Jahrbücher von 
Ih^tner benchrieben worden sind. Ich spreche der Geschenkgeberin 
dini ganz In^ondem Dank des Vereini fär diese schone Gabe aus, und 
lege die in natürlicher Grösse wiedergegebenen Bilder hier vor. Auch 
erlaube ich mir die Bemerkungen mitzutheilen, welche Frau von Veith 
in Bezug auf die Technik dieser Malereien gemacht und den Blättern 
beigefügt hat. Hie lauten: „Auf geglättetem, matt glänzendem blau- 
Nchwar/em Grunde waren die Originalbilder in kreidigen Deckfarben in 
leichter kühner A usfUhrung entworfen. Licht und Schatten waren mit brei- 
ten Strichen nebeneinander gesetzt, ohne Spur einer Uebermalung oder 
spntcren Nachhülfe. Jeder Strich, jeder Farbenton ist stehen geblieben, wie 
er beim ersten Entwürfe dastand. In eigenthümlicher Weise waren die 
KApfe behandelt. Nachdem Hell und Dunkel richtig und körperhaft 
aufgesetzt waren, sind die Augen mit den Augendeckeln, der Nasen- 
rücken, die Nasenflügel und das untere Kinn mit pastoser, etwas er- 
hobener Farbe und zwar mit demselben Fleischton der übrigen hellen 
Stellen des Gesichtes angegeben und dann erst sind die Augen und der 
Mund mit ausdrucksvollen Linien hineingemalt. Die Malereien sind 
flüchtige, schnell ausgeführte Skizzen eines bedeutenden Künstlers im 
Chnrakter schablonenartiger Wandbilder. Es sind nirgends vegetabi- 
lische, nur Mineralfarben angewendet.'^ 

Am 8. März dieses Jahres feierte der um die Alterthums- 
A^rschung, lumal um die Erklärung der ägyptischen Kunstdenkmale 



(Jenoral-Ver 



mluDg des Vere 



b 



hochverdiente holländische Gelehrte Conrad Leemans in Leydea sein 
50jähriges Üoctor-Jubiläum, zu netchem Feste der Vorstand dem aus- 
gezeichoeten Gelehrten, der eines der ältesten Mitglieder unaereä Vereins 
ist, eine Adresse übersendet hat, die mit sehr freundlichen und aner- 
kennenden Worten erwiedert wurde. Es ist zu Ehren dieser Feier dem 
Jubilar ein Album unter dem Titel ^tudes arch^ologiques überreicht 
worden, zu welchem Gelehrte aller Lander, auch zwei Mitglieder des 
Vorstandes, Schaaff hausen und Wiedemann, Beitrage geliefert haben. 
In den Anfang April d. J. fiel die 100jährige Jubiläumsfeier 
der KÖnigl. Akademie für Alterthumsforschung iu Stockholm, zu der 
der ^^atand ein Gratulationssebreiben abgesendet hat. Er sagte iu 
demselben, wenn irgendwo so gelte es für die alle Länder und Zeiten 
umfassende Alterthumsforscbuug, dass nur vereinte Kräfte das Ziel er- 
reichen werden, welches uns vorschwebt. Es ist dies die Aufgabe, 
ein Bild der Entwicklung des menschlichen Geistes aufzurichteu, wie 
sie sich in der Kunsttbätigkeit aller Völker ausgeprägt hat. Einer 
Einladung zur Theilnahme an dem vom 9. bis 12. Juli in Nantes 
tagenden Kongresse der französischen archäologischen Gesellschaft hat 
der Vorstand nicht Folge leisten können. Die Sitzungsprotokolle hegen 
hier zur Einsicht offen." 

Hierauf wurde nach § 11 der Statuten zur Vorstandswabl geschritten. 
per bisherige Vorstand wurde durch Acclamation wieder gewählt. 
L „Ich setze die Versammlung noch von zwei Schreiben in Kennt- 
njss , die der Vorstund im Interesse des Vereins abzusenden für 
zweckmässig erachtet hat. Auf die Anzeige hin, dass ausländische Ge- 
lehrte die Alterthümersammlungen uud Museen unserer Provinz be- 
suchen, um Gegenstände fur ihre Publikationen auszuwählen, hat sich 
der Vorstand mit einem Gesuche an die Direktion des WalrafiTschen 
Museums in Cöln gewendet und mit einem Hinweis auf die alten Be- 
ziehungen, welche zwischen dieser Sammlung und den Jahrbüchern des 
Vereins besteheu, die Bitte ausgesprochen, unter Wahrung des inter- 
nationalen Charakters einer solchen Sammlung, die Erklärung neuer 
Funde zum Vortheile der vaterländischen Wissenschaft vorzugsweise 
der Uterarischen Thatigkeit des Vereins in seinen Jahrbachern zu aber- 
lasseu. Das Bürgermeister-Amt in Cöln hat unter dem 2$. Mai diesen 
Jahres auf diese Eingabe erwiedert, dass die Stadtverordneten- Ver- 
sammlung sich Dicht nur mit der beantragten Veröffentlichung der näher 
bezeichneten, im Museum Walraff-Richartz befindlichen AlterthQmer 
b den Verein von Alterthumsfreunden im Kheinlande einverstanden 



^ SohaaffhauBen: 

erklärt hat, sondern auch bei weiteren Erwerbungen archäologischer 
Denkmäler und Fundstacke seitens der Stadt dem letzteren hinsichtlich 
deren Publikation eine bevorzugte Berücksichtigung bereitwilligst ein- 
geräumt hat. 

Auch hat sicli der Vorstand veranlasst gesehen, wegen der 
in unserer Provinz in stets zunehmendem Maasse um sich grei- 
fenden unbefugten Aufdeckung alter Gräber am 5. Juli ein erneutes 
Gesuch andas Cultus-Ministerium zurichten, diesem willkührlichen 
und gewinnsüchtigen Handel mit vaterländischen Alterthümern durch 
geeignete Maassregeln entgegenzutreten. Schon ein Verbot des Verkaufs 
der dem heimatlichen Boden entnommenen Schätze des Alferthums 
ins Ausland, wie es in andern Ländern besteht, würde günstig wirken. 
Auch würde es sich empfehlen, das Graben nach Alterthümern auf 
tiskalischem Boden nur den wissenschaftlichen Vereinen nach einge- 
holter Erlaubniss bei der Behörde zu gestatten und die Gemeinde- 
Verwaltungen aufzufordern, ein gleiches Verhalten für die Grabungen 
auf jedem|:,Gemeinde*Eigenthum eizuführen. 

Der Vorstand brachte bei dieser Gelegenheit noch einen an- 
dern Gegenstand bei Seiner Excellenz dem Herrn Minister von Gossler 
zur Sprache, es ist der Schutz und die Erhaltung vaterländischer 
Denkmäler in unserer Nähe, die zum Theil dem natürlichen Verfalle 
rettungslos entgegen gehen, zum Theil in Gefahr sind, durch die Ar- 
beiten der Industrie in kurzer Zeit zerstört zu werden. Die auf der 
mächtigsten Kuppe des Siebengebirges thronende Löwenburg bedarf 
für ihre letzten Mauerreste der schleunigsten Hülfe. Vielleicht ge- 
lingt es, durch eine Bewilligung von Seiten des Königlichen Mini- 
steriums mit Beihülfe der Königlichen Regierung in Köln und des 
Verschönerungsvereins für das Siebengebirge die dazu nothwendigen 
Mittel aufzubringeu. Die Provinzial-Verwaltung in Düsseldorf hat 
ihre Mitwirkung dazu bisher abgelehnt, weil die Ruine Löwenburg 
fiskalisches Eigenthum ist. Wenn in letzter Zeit sich in der rheini- 
schen Bevölkerung eine lebhafte Bewegung kund gegeben habe für 
die Erhaltung der Schönheiten des Siebengebirges, die durch den Stein- 
bruchbetrieb auf das Aergste bedroht sind, und ein „Verein zur Ret- 
tung des Siebengebirges'' sich gebildet habe, so sei dessen Bestrebungen 
auch im Interesse der Alterthumsforschung ein günstiger Erfolg zu 
wünschen. Im Siebengebirge selbst befindet sich auf dem Petersberge 
ein altgermanischer Steinring, dem sich die Steinbrüche schon in be- 
denklicher Weise nähern, am Asberge bei Rheinbreitbach ist das- 



äeneral-Versanimlung des Vereins zu ^nn am 11. Jnli 1864. 22i 

selbe der Fall. Am Hummelsberge bei Linz ist schon ein Theil des 
äussern Ringes der dort befindlichen Steinurawallung in den Stein- 
bruch hinabgestürzt. Bin Ankauf der Berggipfel, die solche älteste 
Denkmale des Landes tragen, durch den Staat wurde das einzige Mittel 
sein, dieselben vor der Zerstörung zu bewahren. Der Vorstand bittet 
S. Exellenz diesen Uebelständen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden 
und die zur Beseitigung derselben geeigneten Maassregeln in geneigte 
Erwägung zu ziehen. '^ 

Vor dem Schlüsse der Versammlung theilte Herr Hauptmann 
mit, dass sich in Bonn ein Verein für Bonner Geschichte und Alter- 
thUmer gebildet habe. Auch wurde der Wunsch laut, das Winckel- 
mannsfest oder die General-Versammlung des Vereins einmal in Köln 
abzuhalten. 

Der Vorstand. 



VI. Die Winckelmanns-Feier in Bodb 

am 9. Dezember 1886. 

Dieselbe fand Abends 7 Uhr im Saale des Hotel Kley statt, wo 
die bekränzte Büste Winckelmanns aufgestellt war. Der Vorsitzende 
des Vereins, Geh. Rath Schaaffhausen eröfihete die Feier mit fol- 
gendem Vortrage: 

„Wir feiern heute das Andenken Johann Winckelmanns, des Be- 
gründers der klassischen Archäologie in Deutschland. Gestatten Sie 
mir bei dieser Gelegenheit einen Blick auf die archäologischen For- 
schungen der letzten Zeit zu werfen. Wie auf allen Gebieten des 
geistigen Lebens eine lebhafte Thätigkeit herrscht, so ganz beson- 
ders auf diesem, wo es sich nicht um nationale Aufgaben handelt, 
sondern um Untersuchungen, welche uns die Gulturentwicklung der 
Menschheit vor Augen stellen, wo die Entdeckungen in allen Ländern 
erst die eine grosse Alterthum swissenschaft ausmachen, wo der Erfolg 
der Arbeit, die Beantwortung der wichtigsten Fragen gerade von der Grösse 
des Materiales abhängt, das uns zu Gebote steht. Die lebhafte Thä- 
tigkeit wird auch dadurch bedingt, dass die Funde sich der Art häufen, 
dass die wissenschaftliche Erklärung ihnen kaum zu folgen im Stande ist 

Von bedeutenden Funden in den alten Culturländern möchte ich 
zwei erwähnen. 

Zuerst die Auffindung der Mumiensärge der Pharaonen bei Deir 
el Bahari in Aegypten durch Maspero. In einem Brunnen, wohin in 
ägyptischer Zeit schon diese Särge gebracht waren, hat man etwa 
20 Särge ägyptischer Könige der 18., 19. und 20. Dynastie gefunden, 
von denen zwei am 1. Juni d. J. auf Wunsch des Vicekönigs geöffnet 
und die Mumien abgewickelt worden sind. Die Mumie Rhamses II, des 
Sesostris der Bibel, war so gut erhalten, dass man die Gesichtszüge 
des grossen Eroberers genau erkennt. In den Zügen des siegreichen Herr- 
schers drücken sich Kraft und Willensstärke aus. J)er Mann steht wie 
lebend vor uns, an dessen Hofe, wie Einige glauben, Moses gelebt hat. Ich 
zeige die mir von E. Brugschin Kairo zugesandten Photographieen des- 
selben. Die ägyptischen Wandgemälde stellen ihn anders dar. Ich zeige 



Die Win ekel miDiiR-Feier in Bonn, am 9. Dezember 



tl2t 



die Copie eines von Rosell in i veröffentlichten Bildes, Hier hält Sesostris 
in einer Faust 11 Köpfe besiegter Völker am Schöpfe. Man erkennt 
darin drei verschiedene Rassen. Fdnf sind blond mit blauen Augen 
und sind wohl far Vorfahren der erst 1000 Jahre später in die Geschichte 
eintretenden Germanen zu halten; drei sind Neger, drei sind röthlich 
von Haut und vielleicht Asiaten. Die Aegypter haben ihren Zweck 
erreicht, ihren Todten eine längere Erhaltung zu sichern, als es andern 
Menschen beschieden ist. 

Sodann sind in diesem Jahre die von Dieulafoy in Susa, der 
alten Königsstadt Persiens, ausgegrabenen Schätze im Louvre zu Paris 
aufgestellt worden. Es sind zumeist Gemälde auf emaillirten Ziegel- 
platten, die hinter die Zeit der Achämeniden zurückreichen. Leider 
wirkt das feuchte europäische Klima verderblich darauf ein, sodass man 
chemische Mittel angewandt hat, sie zu schützen. Die Ruinen von 
Susa, in denen man gegraben, gehören einem Pallaste des Artaxerxes 
an, jene Malereien scheinen aber von einem früheren Bauwerke an die- 
ser Stelle herzurühren. Man fand eine Aschenurne, die von einer ge- 
malten Mauer umgeben war; die Ornamente wie die menschlichen Figuren 
erinnern an den ägyptischen Stil, eine Gestalt war nach der Kleidung, 
den goldenen Armringen, dem langen Rohr, das sie in der Hand hält, 
ein König, er ist schwarz von Hautfarbe, er ist ein Neger. Dieulaloy 
schliesst, dass im alten Susa eine aethiopische Dynastie geherrscht hat. 

Das ist ein höchst merkwürdiges Ergebniss der Forschung. Man hat 
immer gefragt, welchen Antheil die schwarze Rasse an der ältesten mensch- 
lichen Cuitur gehabt habe. Behauptete man doch, um den Sclavenhandel 
zu beschönigen, die Negerrasse sei zur höheren Bildung unfähig. Homer 
nennt die Acthiopen die besten der Menschen, Herodot berichtet Aber 
schwarze Menschen in Indien, womit er schwarze Inder z. B. auf Ceylon 
gemeint haben kann. Die Kolcher nennt er schwarz und kraushaarig. In 
der Buddhareligion giebt es Götter^tatuen, welche schwarz und wollhaarig 
sind, mit aufgeworfenen Lippen. Jedenfalls gab es eine aethiopische Mi- 
schung im Volke. Die Kopten haben aethiopische ZUge. Wir wissen nicht, 
dass Neger in Aegyptcn geherrscht haben, wie es scheint aber in Susa. 

Einen besonderen Eifer zeigt die Forschung auf dem prähistorischen 
Gebiete, schon desshalb, weil dies ein neues Feld ist, welches Schätze 
birgt, die man früher nicht beachtet und nicht geschätzt hat. Für 
das Sammeln der AlterthUmer der klassischen Länder war doch die 
Schönheit ein Hauptbewcggrund. Wir sind aber jetzt nicht mehr damit 
zufrieden, die Meisterwerke der alten Kunst zu bewnndem, wir wollen 



S96 



Die Winokelmi 



(■Feier in Boaa, 



wissen, wie die Griechen zu dieser Blütbe der Kunst gekommen sind, ans 
welchen Quellea sie diese gesch<jpil haben. Es gicbt jetzt für alle 
Länder eine prähistorische Zeit, auch für Aegypleo, was man lange 
geläugnet hat. Ihre Spurea fioden sich nicht in der Ebene des Nil- 
thales, die damals der Strom noch erfiillte, sie wurden anf den Ab- 
hängen seiner alten Ufer gefunden. Bemerkenswerth ist die üeber- 
einstimmung der ältesten Werkzeuge in der ganzen Welt 

Blicken wir auf unser eigenes Vaterland, so hat hier die deutsche 
anthropologische Gesellschaft sehr anregend gewirkt, sie hat den Sinn 
für die Geschichte der Vorzeit überall geweckt, es sind zahlreiche Vereine 
und Sammlungen entstanden, die das retten wollen, was noch vorhan- 
den ist und die sich die Hand reichen zu gemeinsamer Arbeit. Eine 
solche ist die schon vor mehreren Jahren beschlossene prähistorische 
Karte Deutschlands, zu der verschiedene Vorarbeiten gemacht sind, 
die aber noch einige Zeit auf sich warten lassen wird. Als einen Tbeil 
derselben kann man die von Prof. Ohienschlager mit Untersttttzu&g 
der anthrop. Gesellschaft in MUnchen vollendete prähistorische Karte 
Baierns in 14 Blättern betrachten, die ich in einem Exemplare, welches 
der Verfasser dem Vereine geschenkt hat, hier vorlege. Mit verschie- 
denen Farben und besonderen Zeichen und Buchstaben sind 8 Arten 
von Hügelgräbern, die Reihen-, Flach- oder Furchengräber, die Funde 
von Waffen und Werkzeugen in Bronce, Eisen, Höh, Hörn und Stein, 
der Schmuck aus Bronce, Eisen, Gold, Hom, Muscheln, Perleu, Silber, 
auch die Gefässe aus Bronce, Glas oder Stein in die Karte eingetragen. 
Dieselbe hat wie die baicrische Generalstabskarte einen Massstab von 
1:250,000. Diese sorgfältige und mühsame Arbeit, derein erläuternder Text 
beigegeben ist, zeigt die Vertheilung aller dieser Dinge, insoweit sie durch 
Funde bekannt sind, und giebt ein anschauliches Bild der Besiedeluag 
des Landes und der Culturentwicklung in der Vorzeit. Die deutschen 
Provinzen wetteifern in der Veröffentlichung vorgeschichtlicher Alter- 
thümer. Frl. Mestorf beschreibt solche aus Schleswig-Holstein, Voss 
und Stimming die derHarkBrandeoburg, Klopf leisch die aus Sachsen, 
die antiquarische Gesellschaft in Zürich solche aus der Schweiz, Otto 
Tischler die aus Ostpreussen. Wir am Rhein sind in solchen Arbeiten 
nicht zurückgeblieben, sondern mit gutem Beispiel vorangegangen. Seit 
dem Jahre 1842, also seit 44 Jahren beschreiben und erklären unsere 
Jahrbücher die rheinischen Alterthiimer und es möchte kaum ein neo- 
nenswerther Fund zu bezeichnen sein, der darin nicht Aufnahme gefun- 
den hätte. Ferner stehen als ein Muster für zahlreiche neue Unter* 



am 9. Dezember lfiS6. S9f 

suchungen dieser Art die Denkmäler unserer heidnischen Vorzeit voa 
Lindenschmit da, die seit dem Jahre 1858 erscheinen. Das letzt- 
ewcbienene Heft lege ich vor, weil ein farbiges Bild der sogenannten 
Mosaikperlen aus fränkisdieu Gräbern sich darin befindet und ich einen 
solchen Fund vorzeigen will. Es ist eine Perlschnur aus einem frän- 
kischen Grabe in Honnef. Es giebt kaum einen Grabfund, der so sicher 
wie dieser eine Zeitbestimmung zulässt. Dieser Schmuck erscheint auf 
einmal um das i. Jahrhundert und dauert bis zum 8. und 9. Jahrh. Wo 
diese Perlen gemacht sind, wissen wir nicht, Lindenscfamit vermutbet 
in Venedig, nach Tischler kommen sie aus dem Osten. Sie sind 
nirgend so häufig, so schön, so mannigfaltig in Form und Farbe wie 
im Gebiete des Rheines. Dieser schöne Schmuck, womit sich vor 1500 
Jahren die deutschen Frauen geschmückt haben, wird auch in neuerer 
Zeit wieder gefertigt und zwar in Venedig zur Ausfuhr nach Afrika, 
wo die Wilden an den bunten Farben desselben ihr Gefallen haben. 
So ändern sich die Moden und so wandern sie über die Erde. Der 
ßedner zeigt farbige Bilder dieser Perlen aus Gräbern von Beckum, 
Honnef, Andernach, Muhlbofen und Brodenbach. 

Ich möchte noch über 2 Bonner Funde aus letzterer Zeit berichten. 
Neben der Mehlem'schen Fabrik wurden bei einem Neubau römische Gräber 
gefunden, wie sie jedesmal zu beiden Seiten der Coblcnzerstrasse dann zum 
Vorschein kommen. Die Urnen waren mit Platten umstellt und neben 
ihnen standen Schalen und Henkelkrüge. An einer Stelle lagen viele 
Scherben verschiedener Thongefässe, auch andere Gegenstände aus ge- 
branntem Thon. In einem weissen Henkelkruge fand sich ein feiner 
Thon; man kann annehmen, dass er zur Töpferei bestimmt war. Viel- 
leicht war hier die einfache Werkstätte eines Töpfers In der Nähe der 
Gräber, bei denen so viele Thongeräthe gebraucht wurden. Wie merk- 
würdig, dasä an derselben Stelle ein römischer Töpfer sass, von wo 
heute die Mehlem'sche Fabrik ihre Waaren in die Welt sendet. Herr 
Gaillanme be^hloss mit diesem Thon Versuche zu machen, zur Be- 
antwortung der Frage, wie die Römer die schöne rothe Terra sigillata 
hervorgebracht haben. Dass sie dieselbe aus inländischem Thoue her- 
gestellt, ist sehr wahrscheinlich wegen des massenhaften Vorkommens 
jener Geräthe. Jene Erde aus dem Krug gab eine schöne rothe, 
aber zu dunkle Farbe. Die Glasur konnte durch Einstreuen von Salz 
in den Ofen hervorgebracht werden, Aus dem Thone von Vallendar 
hat Herr Guillauine der Terra sigillata sehr ähnlichen gebrannten Thon 
hergestellt, während die Gefässe aus Thon von Adendorf und Witter- 



238 Die WitickelniRnnifcrier in Bonn, 

schlick weiss bleiben. Herr Guillaume zweifelt DJcbt, die Terra sigill&tft 
mit allen ihren Eigenschaften hervorbringen zu können. Schon die 
Griechen schätzten den guten Thon ihres Landes für die Töpferei. 
Attica war reich daran. BerUhmt war der von Samos. Plinios sagt, 
dass man sich mit samischen Scherben rasiren könne. Noch ein be< 
merkenswerther Gegenstand aus gebranntem weissen Thon fand sich 
zwischen den römischen Sachen. Es ist ein Kreuz, auf dessen Mitte 
sich ein grosses menschliches Äuge befindet. Wie die Römer verschie- 
dene Symbole zur Abwehr gegen den bösen Blick an sieb trugen, z. B. das 
GorgoneioD, das Medusenhaupt, mit dem selbst die Kaiser ihre Brust 
schmachten, 30 war auch, wie Jahn in seiner umfassenden Darstellung 
dieses Aberglaubens zeigte, ein Bild des Auges dazu im Gebrauch, 
um dem bösen Blicke gleichsam zuvorzukommen. In diesem Funde ha- 
ben wir, wie es scheint, eine Vereinigung christlichen und heidnischen 
Brauches vor uns, wie sie auch sonst sich nachweisen lässt. 

Beim Bau des grossen Äbzugskanals unter der Coblenzerstrasse 
wurde in 1,30 m Tiefe eine gepflasterte Strasse gefunden und unter 
dem Pflaster in 1,50 bis 2 m Tiefe 7 Hufeisen, von denen eines dem 
Maulthicre anzugehören scheint. Herr General von Veith hat ein wach- 
sames Auge auf diese Canalarbeit gerichtet und ihm ist es zu danken, 
dass diese Funde bewahrt worden sind und der Fundort sicher festge- 
stellt werden konnte. Es ist ziemlich allgemein und unter namhaften 
Forschern die Meinung verbreitet, liass die Römer keine Hufeisen für 
ihre Pferde gehabt hätten. Sie fehlen auf allen bildlichen Darstellun- 
gen bei den Griechen wie bei den Rümern. Dagegen kann man frei- 
lich sagen, dass die ideale Kunst auf solche Nebendinge keine Rück- 
sicht zu nehmen pflegt. Aus einer Stelle bei CatuU 17, 26 und ans 
einer bei Plinius 33, 11. 140 schlössen aber Manche, dass die Maul- 
thicre mit Eisen beschlagen gewesen seien. Das war auch Winckel- 
manne Ansicht. Doch sind jene Stellen als Beweise nicht unangreif- 
bar; wenn Catull sagt, dass ein Mautthier sein Eisen verloren habe, 
so konnte das Eisen an einen Lederschuh befestigt und nicht an den 
Huf genagelt gewesen sein; wenn Plinius sagt: mulis soleas induere, so 
spricht das induere, anziehen mehr für einen Schuh. Auch sind Eisen- 
schuhe für Pferde in einem römischen Pfahlbau gefunden nnd im 
Mainzer Maseum aufbewahrt. Auch Sueton sagt, Vespas. 23: mulas 
calceare. Wenn man Hufeisen unter Umständen fand, die für ihr rö- 
misches Alter sprachen, so sagte man, weil die Römer keine Hufeisen 
gebrauchten, so mUBsen diese später an einen solchen Ort gelangt sein. 



n 0. DeEeniber 1886. 



Ich habe zweimal in Tuff- und Lavabrüchen bei Andernach gefundene 
Eisen als römische bezeichnet, weil die Römer diese Brüche betrieben, 
wie andere Funde daselbst darthun und jeder Beweis fehlt, dass hier 
auch in nachrömischer Zeit gearbeitet wurde. Eines der Bonner Hufeisen 
hat einen Stempel zweimal aufgedrückt, es ist eine Kugel mit einem Kreuz 
darüber oder darunter, je nachdem man das Eisen hält. Eine Kugel mit 
einem Kreuz darunter kann man nicht als ein altes Zeichen betrachten, es 
ist das astronomische Zeichen der Venus, das entweder aus dem An- 
fangsbuchstaben von Phosphoros, dem alten Namen der Venus, entstan- 
den ist, oder aus einem gestielten runden Spiegel, den man als ein Beiwerk 
der Venus betrachten zu künnen glaubte. Die Kugel mit dem Kreuz 
darauf ist aber unter den ersten christlichen Kaisein nach Constantin 
das Symbol der kaiserlichen Macht und findet sich schon in der Mitte 
des 4. Jahrhunderts auf Münzen des Jovianus (363), die in Ravenna 
geschlagen sind. AufMünzen des Justintanus hält dieser Kaiser in einer 
Hand die Weltkugel mit der geflügelten Victoria, in der andern die 
mit dem Kreuze. Also spricht dieser Stempel auf dem Bonner Huf- 
eisen nicht gegen, sondern gerade für sein römisches Alter, wenn auch 
für die spätrömische Zeit. 

Man hat schon 1880 in der Saalburg bei Hombui'g einen Ziegel- 
stempel der 22. Legion gefunden, auf dem in der Hitte ein Hufeisen 
sich befindet, wie bereits auf 2 Ziegeln aus Köln und Utrecht beobachtet 
wurde. Nun wurde in diesem Jahre wieder ein ebenso gestempelter 
Ziegel in der Saalburg gefunden und wie Herr Jacobi in Homburg 
mir berichtet, auch wieder Hufeisen und Eisenschuhe auf dem Boden 
eines dort entdeckten römischen Brunnens. Man sagte nach dem ersten 
Funde, dos kann alles Andere sein, aber kein Hufeisen. Aber was 
soll es anders sein? Darauf igt man die Antwort schuldig gebliehen. 
Es ist und bleibt ein Hufeisen! Auch auf Münzen aus der Zeit des 
Domitian, die jedoch nicht für Geldmünzen gehalten werden, sind zwei 
Hufeisen dargestellt. 

Hierauf sprach Dr. Henry Thode über den „Apollo von Bel- 
vedere in der Kunst des XVL Jahrhunderts." 

Anknüpfend an die Gedenkfeier des Tages begann der Redner 
mit einem Hinweis auf die Bedeutung, welche der Apollo von Behe- 
dere für Winckelmann gehabt habe, der in dieser Statue die ganze 
Herrlichkeit, den ureigensten Gehalt des Alterthums überhaupt zu fassen, 
zu empfinden und zu begreifen glaubte, auf die erhabene Schilderung, 
die er von ihr gemacht habe. Zurückgebend dann auf jene Zeit (das 



230 Die Winckelmaims -Feier in Bonn, 

Ende des XV. Jahrhunderts), in welcher die Antike in Porto d'An»> 
bei Born gefunden wurde, hob der Vortragende henror^ dass man bei 
dem Mangel an literarischen Mittbeilungen, gezwungen sei, dieEunst- 
denkmäler des XVI. Jahrhunderts zu befragen, wolle man Anfschluss 
darüber gewinnen, welchen Eindruck das Werk bei und bald nach seinem 
ersten Eirscheinen herrorgebracht habe. Aus der nun folgenden Aus- 
einandersetzung geht hervor, dass man sich schon damals, wie auch 
die Ergänzung der Statue durch den Bildhauer MontorsoB bezeugt, 
ganz allgemein in der ausgestreckten Linken des Gottes den Bogen 
dachte und dass dem entsprechend die Antike eine neue kflnstlerische Be- 
naissancefigur, den bogenschies senden Apollo in*8 Leben gerufen hat 
Sind die Stiche des Marcantonio Raimondi nnd des Agostino 
Veneziano, denen die Abbildungen in den Statuenwerken des Vac- 
carius, de OavaleriisundEpiscopiusfolgen, mit Absicht auf Treue 
entworfene Reproductionen, so zu sagen die ersten Publikationen der 
Statue, so zeigen zwei andere Blätter eine friere Nachbildung derselben. 
Auf dem einen, dnem Kupferstich des Nicoletto von Modena, 
steht der Gk)tt auf einer mit „Dio Apollo'* bezeichneten dreiseitigen 
Basis, in der Linken den Bogen, auf dem anderen, der Zeichnung eines 
unbekannten Meisters in den Uf&zien zu Florenz, hält er den 
Bogen in der gesenkten Rechte. Was er in der anderen Hand trug, 
ist nicht mehr zu sagen, da das Blatt hier beschnitten ist 

Merkwürdiger und bedeutungsvoller aber als die erwähnten Ab- 
bildungen, ist ein Stich des Venezianers Jacopo Barbari, der in 
phantasievoller Weise den Apollo von Belvedere zu einem bogenschies- 
setiden Phöbos Apollon umgewandelt darstellt, wie er mit flatternden 
Haaren, leichten Schrittes auf der Himmelskugel steht, indess rechts 
hinter derselben die mit einem Geweih versehene Selene-Diana verschwin- 
det. Dieses Blatt des von 1500 — 1504 in Nürnberg sich aufhaltenden 
und einen gewissen Einfluss auf Dürer gewinnenden venezianischen 
Meisters hat offenbar in den künstlerischen und humanistischen Kreisen 
Nürnbergs grosses Aufsehen gemacht. Davon zeugt eine freie Umwand- 
lung der Composition, die Dürer selbst in einem seiner Stiche (etwa 
um 1504): dem Apollo und der Diana, vornahm. Aus dem mythologischen 
Vorwurf wird hier ein mehr genreartiger : der Gott, wie bei Barbari im 
Begriff den Pfeil zu entsenden, aber muskulös, ja herkulisch gebaut, 
ist als Jäger gedacht, als Begleiter der jagdliebenden Schwester Diana, 
die neben ihm sitzt und einen Hirsch füttert Von dieser Composition 
ganz allgemein beeinflusst mag'dann ein die göttlichen Geschwister dar- 



a 0. Dezember 1 



381 



stallendes Bildchen des Lucas Cranach in der Berliner Gallerie sein. 
Wie Dürer aber ist auch der jüngere Peter Vi scher {oder Hans Vischer?) 
durch Barbari's Stich zu einem Werke, der Statuette eines bogenschtes- 
senden Apollo im Germanischen Museum zu Nürnberg, angeregt wor- 
den. (Eine alte Zeichnung nach derselben befindet sich im Besitze des 
Herrn Mitchell zu London.) Äucbin Celtes' .quattuor libri amorum" be- 
gegnen wir dem bogenschiessenden Apollo, der freilich keinerlei Remi- 
niscenz mehr an den vatikanischen zeigt. 

Dürer aber hat in früheren Jahren, vermnthlicb schon in den 
neunziger Jahren des XV. Jahrhunderts mit Barbari in Berührung und 
von diesem auf Zeichnungen nach der Antike hingewiesen, den Apollo von 
Belvedere auf einer Zeichnung, die jetzt im British Museum aufbewahrt 
wird, nachgebildet und zwar in der Weise ergänzt, dass der Gott in 
der erhobenen Linken eine Sonnenscheibe, in der Rechten einen grossen 
Herrscherstab hält — eine Auffassung, die an Darstellungen des Sot 
auf Constantinischen Münzen erinnert. Diana sitzt rechts vom Rücken 
gesehen und wehrt mit der Hand die blendenden Sonnenstrahlen ab. 
Diese Figur des Apollo aber ist dann von Dürer als Vorbild für 
den Adam auf dem berühmten Kupferstiche von 1504 benutzt worden — 
hat ihm später bei der Gestaltung seines auferstehenden Christus 
in der grossen Passion vorgeschwebt. An ihr hat er seine ersten Stu- 
dien der Proportionen des männlichen Körpers angestellt. Wobei zu 
bemerken ist, dass er auch für die weibliche Erscheinung sich an eine 
Antike, und zwar an eine Venustigur in der Art der medicälschen, ge- 
halten hat: die Eva auf jenem Kupferstiche ist nichts anderes als eine 
Umwandlung einer solchen. Einzelne Stellen in den Dürermanuscripten 
des British Museum setzen diesen eigenthilmlichen Vorgang in ein hel- 
leres Licht. 

Wie in Deutschland zu einem Adam und Christus, so ist der bel- 
vederische Apollo in Italien zu zwei anderen Figuren verwerthet wor- 
den. Sodoma erinnerte sich seiner, als er den Alexander in seiner 
Hochzeit des Alesanders mit der Roxane in der Farnesina darstellte, 
wie er den Kopf auch auf einem der Wandgemälde aus des h. Bene- 
dict Legende in Montoliveto bei Siena wiedergegeben hat, und ein 
Kupferstecher, der sogenannte „Meister von 1515", hat ihn auf einem 
seltenen Stiche von 1509, der sich im British Museum befindet, in einen 
Paris verwandelt, der sich von Hunden umgeben, seiner Geliebten 
lone nähert 

Reminiscenzen an die Antike zeigen endlich Uaphaels Entwurf 



282 Die Wiockelmaiiiii-Feier io Boddi Am 9. Doember 1886. 

ZU, einer Statue (im Pester MoseiiiD) und der Apollo des Jacopo 
Sansovino in der Loggietta am Oampanile von S. Marco in YeaeHg. 
Nachdem der Redner noch auf den anderen Benaiaaaneetsrpos des 
Apollo: den sitzenden, die Geige spielenden Herrscher der Mosea hinge- 
wiesen, schloss er seinen Vortrag mit einer G^enfibersteUnng Winckel- 
manns and Dflrers, der beiden Deutschen, deren einer angesichts der 
griechischen Odtterwelt erst die Freiheit nnd sich selbst gefnoden, deren 
anderer von der verlockenden Fonnenwelt des Sfidens sich abwendeftd 
ans der eigensten kilnstlerischen Schaffenskrafti aus seinem Gemfithe, 
.seinem Olanben die tieErten Offenbarongen germanischen Oeistes her 
Torgehen liess. 

Bomii im Dezember 1886. 

Der Vorstand. 



VII. VerzeichniBS der Mitgli«d«r') 

im Jahre 1886. 

VontMd d«* Vertlna von PAngstin r886 bii IS87. 

Geh. Rkth Prof. M. Sah larfhauiSD, PrSsIdenl, 
Frofeuoc J. Klsin, Vloepruidont, 

Dr.Twl:dlmUr., j 8««»««^«. 
Dr. J. Spae BtbUotbek». 



Randaat: Beobouogtralli Frioka in Boon. 



Ehnn-IIItBllBder. 

S. Kaiied. nad KiSnlgl. Hohait der Kronpiioi des Daatiahen Batohet und 

TOD Prsutien In Berlin. 
Daohan. Dr. tod, EioelleDs, Wirkl. Geb. R«lb, Oberbergbauptmanna.O. in BeoB. 
DIergardt, Frsihari Frledrlob tob, in Bonn. 
Dünlsar, Dr., Profeaior uoil Bibliothekar In CSIn. 
Falk, Dr., Ezoeilenz, StaataminUtat a. D. und Obarlandasgariahti-Priddeol Is 

Orairr, Biaalleni. Wirkt. Geb. Ob..Reg.-Ralh und Ulnlslarlal-Dlraator tn Bwltn. 

Ualbig, Dr., Proresior, 2. Saoratär dei Arobäuloglacben InBÜlata in Rom. 

Hanzen, Dr., Profeaior, I. Searetar das Arohaologiaohan InatllDl» in Rom. 

Lindanaaliinlt, L., Dlrsotor de* EtSm.-Oerm. CentralmMaaams In Maini. 

Ölte, Dr. theol. In Merseburg. 

Renmoiil, Dr. tod, ExaeUeni, Wirklicher Gab aimralb in BurUohaid. 

SebSn«, Dr., Geb. Reg.-Ratb und Ganerfü-Dlreotor der König:). Muaeen in BecUa. 

Urllobi, Dr. von, Hofrath und Profasaor In Würiburg. 



Ordsnttjobe Mitglieder. 
Dia Naiaan der aaewSrtigen SacreUra sind mit fettor Schrift gadruekt 



Abel, Chr., Dr iur., PrÜaldent d.Ges. f. 

ArehKol. a. Oesoh. d. Mosel In Metz. 
Aehenbaoh, Dr., Eio., Staattmlniatar 

a. D. a. OberprMd. in Potsdam. 
Aohanbaoh, Berghauptm. in Claualbal. 
Adler, aeh.Ober-Bauratha.Prr.inBerün. 
Aagi d 1, Dr.. Geb. Ratb u. Prof. in Berlin. 
Aldeaklreb«ll, Reolor, ausw. Soor. In 

Aileker, Seminar- Di rector la Brühl. 
Altertbumi-Verein In Mannbeim. 
Allertbuma-Vareln In Worms. 
Altarlhnnie-Teraln tn Kanten. 
Altmann, Bankdireator In CSln. 



Lndreae, Ollo, Fabrikbesltigr in MSI- 

heim a. Rhein, 
lodreae, ProfaHorundHistorienmalet 

In Sioitg. 
Intlken-Cablnet in Oiassei). 
Inliquarteob-htatorliDher Yerala 

In Kreninacb. 
LrohfT der SUdt Aaehen. 
Lrndts, Max In CSln. 
Irnoldi, Dr. praot Arit lu WlnBlogaa 

a. d. Mosel. 
tsbaoh. Dr., GjmnasIallebTac fn CBln. 
SadeTerwaltang In Bartrioh. 
Saedeker, Carl, Bueb. tn Leipiig. 



1) Der Torttand enuobt, nnriohllgketleQ lo den saehstehenden Vaneiehniisen, 
YetiDderungen in den Slandasbaieiehaungati und den Wohnorten gefllligit dem 
Raodanten, Herrn Reohnungsrath Frioko, sohriftliob mitiuthellen. 



234 



Verseiobniss der Mitglieder. 



Baedeker, J., Buohhiadler in Essen. 

Bardeleben, Dr. Ton. Exo., Wlrki. 
Geh. Rftth, Oberprletdent inCobleas. 

Bartels, aasw. Seor., Pfarrer in AlterkOlz. 

Baunsoheidt, Qatsbes. in Endenieh. 

Beck, Dr., Seminardirector in LInnioh. 

Becker, Dr., Staatsarohivar in Coblenz. 

Beissel von Qymnioh, Qraf auf 
SehloBB Sohmidtheim, Eifel. 

▼ on Bemberg, Rittergotsbesitier in 
Flammersheim. 

Benrath, Dr., Professor in Bonn. 

Bennert, J. £., Kaufmann In CSln. 

Berlepsoh, Frhr. von, Regierungs- 
präsident in Düsseldorf. 

Bernoulli, Dr., Prof. in Basel. 

Bernuth, ▼on,Reg.-PrXsid.a. D.inBonn. 

Bettingen, Justizrath in Trier. 

Bibliothek der Stadt Barmen. 

Bibliothek der Universität BaseL 

Bibliothek, Stand. Landes- in Gassei. 

Bibliothek der Stadt Cleve. 

Bibliothek der SUdt Coblena.. 

Bibliothek der Stadt Gölo. 

Bibliothek der Stadt Grefeld. 

B i b 1 i o t h e k,F(irsti. in Donauaesohingen. 

Bibliothek der Stadt Düren. 

Bibliothek der Stadt Emmerich. 

Bibliot6oa-Nazionale in Florenz. 

Bibliothek d. Etrur. Mus. inFlorenz. 

Bibliothek der Stadt Frankfurt a. M. 

Bibliothek d. Universit. Freiburgin B. 

Bibliothek, Stifts- in St Gallen. 

Bibliothek der UniTersität Qöttingen. 

Bibliothek der Universität Halle a. d.s. 

Bibliothek der Stadt Hamburg. 

Bibliothek d. Universität Heidelberg. 

Bibliothek der Universität Königs- 
berg in Pr. 

Bibliothek der Universität Löwen. 

Bibliothek der Universität Lüttloh. 

Bibliothek der Stadt Mainz. 

Bibliothek Gräfl. v. Mirbach'sche zu 
Uarff. 

Bibliothek der Akademie Münster. 

Bibliothek, Stifts, in Oehringen. 

Bibliothek der Universität Parma. 

Bibliothek der Universität Perugia. 

Bibliothek der Universität Prag. 

Bibliothek d. Stimmen aus MariaLaach, 
Ezaeten b. Baexem, Holland- Limburg. 

Bibliothek der Universität Strassburg. 

Bibliothek der Stadt Trier. 

Bibliothek der Univ. Tübingen. 

Bibliothek, Gräfl. Stolberg'sche in 
Wernigerode. 

Bibliothek, Königl. in Wiesbaden. 

Binsfeld, Dr., Oymn.-Dir* in Coblenz. 

Binz, Dr., Geh. Rath und Professor in 
Bonn. 



Blanchart-S artet, Baron d«, Sehlosi 

Lexhy b. Texhe. 
Blaakv Emil, Kanftnann in Bannen. 
Blümner, Dr., Professor in ZSrieh. 
Book, MiBw. Secretär, Geh. Commerzien- 

rath und Fabrikbesitzer in Mettlaoh. 
Bock, Ä.dam, Dr. jur. in Aachen. 
Boeekiag, G. Jl,, HüttenbesiCser zu 

AbenteuerhQtte b. Birkenfeld. 
Boeoking, K. Ed., Hüttenbeeitser la 

Gräfenbacherhfitte b. Kreaznaoh. 
Boeddieker, Dr., Sanit.-R. in Iseriohn. 
Boeddinghans, Wm. sr., Fabiikbe- 

iitzer In Elberfeld. 
Becker, H. H., Rentner in Bonn. 
Boetzkes, Dr. in Düsseldorf. 
Bon«, Dr., 6yma.-0berl. in Dütseldorf. 
Borggreve, Wegb.-Insp. in Kreoznaeh.^ 
Borret, Dr. in Vogelensang. 
Boss 1er, Dr., Carl, Gymnaa.-Dir«etor 

in Worms. 
Braoh.t, Eugen, Prof. der Kiuistakad. 

in Berlin. 
B r a m b a c h , Dr. , Prof. and Obarbibllo« 

thekar in Carlsrahe. 
Brend*amoar, R., Inhaber d. Xjdoft« 

Instituts in Düsseldorf. 
Broicher, Kammergerichtsr* In Becüa. 
Brunn, Dr., Prof. in München. 
Bücheier, Dr., Geh. Reg..Rath, Pro« 

fessor in Bonn. 
B u c k 1 e r s , Geh. Commerz.-R. in DSlken. 
Bürgers, V., Kaufm. in Plittorsdorf. 
Bürgerschule, Höhere in Bonn. 
Bürgerschule, Höhere in Heohiogen. 
Burkhardt, Dr., Pastor in Blösjen. 
Caesar, Aug., Dr., Landger.- Präsident 

a. D. in Bonn. 
Cahn, Carl, Bankier in Bonn. 
Camphausen, Exe, Wirkl. Geh. Rath, 

Staatsminister a. D. In Cöln. 
Cantzenbach, Ferdin., Pharmaioat 

in Trier. 
Cappell, Landger.- Dir. In Paderborn. 
Carnap, von, Rentner in Elberfeld. 
Carstanjen, Adolf von, in Godesberg« 
Getto, Carl, Gutsbesitzerin St Wendet 
Christ, Carl, Gelehrter in Heidelberg. 
Chrzescinski, Pastor in Cleve. 
Civil-Casino in Coblenz. 
Civil-Casino in Cöln. 
Ciaer, Alex., von, Lieutenant a. D. and 

Steuerempfänger in Bonn. 
Ciaer, Eberhard von, Referendar a. D. 

und Rentner in Bonn. 
Conrads, Dr., ausw. Secr., Professor u. 

Gymnasial-Oberlehrer in Essen. 
C on r a d y, Kroisricht. a. D. In Miltenberg. 
Consorvatorium der Altorthümer, 

Grossherzogl. Badisohet InCadenüie. 



VsrietDhnlaa der Milglieder 



Conzs, Ootlfrled, Pro Tiniisl- Land tag« - 
Abgaordneter in LangenHerg (Rheinl.). 
CornaliuB, Dr., Proreasor in Milnohen. 
Coartb, AiBeesor a. D. In Düssetdorf. 
Cremer, Pfarrer in Eohu b. Düren. 
Clipper«, Cour., Dr., Raal.-lljniDBiilai- 

lehrer In CSln. 
CUppsn, Willi., Diroctar der Taub- 

atumnienlehranalalt in Trier. 
Catemann, Ssaator tn HannoTsr. 
Cuny, Dt. von, .^ppelldtlonjgerlolitBralh 

a. Ü. und PrafsMor In Berlin. 
Cartina, Dr., Qflb.-R., Prof. tn Berlin. 
D a h in e n. Ootd- u. Sübarfabrik. in CBIo. 
DeIolimann-Sah«arfbausen. Frau, 

Ueb. Comm.-HSIhin in Vaduz. 
Deilara. Dr., Schuirslb in Coblonx. 
Deilus. Dr., ProfesBOr In ßonn. 
Deilui, Landratb In Maren. 
Dideriobs, Hjpolh«k.-B«wabrer a.D. 

und Landgerlcbts- AissBBor In Bonn. 
Dieolcboff, Bauratb In Aseben. 
DEergardt, Freib. Ton, Moribruoh. 
niitbey, Dr., ProfoiBor In Q3lllngen. 
Dobbert, Dr., Prof. in Barlin. 
Dofltioli. OberbUrgermeiiiter In Bonn. 
Dammerich, Frau Emlna, geb. Wsylia 

in l'oppalidorf. 
DItBOhke, Dr., aoB». Sear., Oberlehrer 

In Burg b. Magdeburg. 
Duiheuer, Wllh.. Kaufmann In Bonn. 
TonDuQgern, Fraih., Püritl. VViad'geber 

Kammardirektor in Nauvisd. 
Dutreui, Toni. Rentn. in I.uiomburg. 
Eiohhoff, Olto, in Sayn. 
Biten, GusI,, l.'snerall. z. D. in Bonn. 
Eltester, TOD, in Cobleni. 
Eltz, Kraf in EllTille. 
Eitzbacber, Morlli, Rentner In Bonn. 
Endert, Dr. ran, Caplan in Bonn. 
EngeUkirohan, Aroblteot in Bonn. 
Eskons, FrSul. Job., Rcntnerln in Bann. 
Esser, M. In l'Sln. 
Eiser, Dr., Krelssohullndpaotor in Mal- 

EsBlngb. H., KaufmaDn in CSin. 
EYans. JobmuNaBh-MIlls in England. 
Eynsrn, Ernst ron, Kaufm. In Barmen. 
FbubI, Helnr., Ksufm. In UerdlageQ, 
Flnkalnburg, Prof. Dr., Geh. Kath 

in liodeaberg. 
Flandern, Kgl. Hoheit QtUn tod, In 

BrflsBel. 
Flatoh, Dr., Piofostar In Erlangen. 
Fleokeisen, Dr.. Prof. in Dresden. 
Fltnioh, Major a.D. in Immenburg b. 

Bonn. 
Florenaoutt, Cbaaaol tod, In Berlin. 
FollanluA, Obarbargralh in Bonn. 
Fonk, Landrath in KildeBbeiiu. 



Font, W., Baqmeisler In CillD. 
Franks. Ang., ConiarTalor ata Brllbh- 

Musaum in London. 
FiaDeaen, Pfarrer lu ItterTOrl bei 

Roermond, boll. Limburg. 
Franken, l>r., Dumoapilular In CQIn. 
Fr i ok a , Reahnunesralb u. Oberbarg. 

amtarendanl In Bonn. 
Friadorioh», Carl, Comtnarrianrath 

in Remaoheid. 
Friedlünder, Dr., Professor, Oeb. 

Reg.-Rath in KSnigsharg in Pr. 
Friedrieh, Carl. Ueiebrler in NÜrnbarg. 
Fringa, Frau, Commerzianrath Eduard, 

auf MarlenfaU b. Remagen. 
Fiowoio, Landrath in Weaal. 
Fuobs, Tat., Professor und Domblld- 

bauer in CSln. 
Ffirtb, Freiherr von, LandgeilohtBrath 

a. D. in Bonn. 
Fiirstenberg, Graf Ton, Erbtruohsesa 

auf SchioBs Herdringen. 
FUrstenberg.ätammfaalm, Graf *., 

Stammhelm bei Uiilbeim ■. Rb. 
Fulda, Dr., Direolor des Oymnaglumi 

In Sangerha Ilsen. 
FusB, Dr.. Qymn.-Dir. lU Strasaburg 

im Elsass. 
Fussbahn, Fabrlkbeailier in Bonn. 
Gaedecbeot, Mofrath, Dr., Frofessot 

in Jena. 
Galhau, G. von, Q utsbsBltzer in 

Wallerfangen. 
Gallffe, Dr., ausw. Soor., Prof. tn Qanf. 
Gatsan, AmCsrioblar In Tboley. 
Georgi. W., UnlT.-Buohdruokerelbe«. 

in Bonn. 
Goebbels, Caplan an St. Maria Itn 

Capilol in Cillo. 
Goebal, Dr., üj'irn.-Uireclortn Fulda. 
Ooldsohmidt, Job., Bankier In Bonn. 
Goldaohmldt, Rob.. Bankier In Bonn. 
Gottgetrau, G.. Reg.- und Bauratb 

in CSln. 
Greef, F. W., Commarxienr. In Viersea. 
Groote, von, Landrath in Ahrweiler, 
äräneberg, Ur., Fabrikant in CSb. 
Gulllaaump, Frl., FabHkbes. in Bonn. 
Gurll, [)r. Adolf, in Bona, 
tijmnaaium iu Aachen, 
(iymnasium in Arnsberg. 
Gymnasium in Attendorn. 
Gymoaalum in Baohum. 
Gymnasium In Bonn. 
Oymnaaium in Carlaruha In Baden. 
GymnasEuni tn Cauol. 
Gymnasium tn CloTe. 
Gymnasium tn Cobleat. 
nymnasinm an Aposteln tn CSln 
GymnaBium, Friadrlab-WUti.- in Caln. 



236 



Verifliehiiiss der Mhgliodor. 



Gymaatiam, Kaiter Wilhelm. inCSla. 
Gjmaatiam «n llanellea in GSln. 
GymnAslam in Crefeld. 
Gjmnasiam in DUlenburg. 
GymnAsiam in Düren. 
Gymaasiam in D&sseldorf. 
Gymnaiiam in Datsbarg« 
Gymnaiiam in Elberfeld. 
Gymaatiam in Emmerich. 
Gymnailam in Essen. 
Gymnasiam in Freibarg in Baden. 
Qymaasinm In Gladbach. 
Gymnasium in Hadamar. 
Gymaatiam in Hanau. 
Gymnasiam in Hersfeld. 
Gymaatiam in HSxter 
Gymnasiam in Mannheim« 
Gymnasiam in Marburg. 
Gymaatiam ia Moers. 
Gymaatiam ia Montabaur. 
Gymnatiam in MSnstereifel. 
Gymnasiam in Neoss. 
Gymnasiam in Neawied. 
Gymnasium in Rheine. 
Gymnasium in Rinteln. 
Gymnasiam in Saarbrüeken« 
Gymnasiam in Siegbarg. 
Gymnasium in Soest. 
Gymnasiam in Trier. 
Gymnasium in Warendorf. 
Gymnasium in Weilburg. 
Gymnasium in Wesel. 
Gymnasium in Wetzlar. 
Gymnasium, Gelehrten- in Wiesbaden. 
HaasSf Eberh., Apotheker in Viersen- 
UabetSf Jos., ReichsarchiTar, Mitgl. d. 

Kgl. Akad. d. Wiss. in Maastricht 
Hage me ister, Ton, OberprSeident in 

MOnster i. W. 
Hammacher, Frau auf Annaberg bei 

Bonn. 
Hammers, Ober-Bürgermeister a. D. 

in Düsseldorf. 
Hanstelui Peteri Buohhändl. in Bonn. 
Hardty A. W., Kaufmann und Fabrik- 
besitzer in Lonncp. 
Harless, Dr., Geh. Archivrath, Staats- 

archivar in Düsseldorf. 
Haskarl, Dr. in Cleve. 
Htlg« Ferd., Professor und Gymnasial- 

Dlrector, ausw. Seer., in Mannheim. 
Haugh, Dr., Senatspräsident in Cöln. 
Hauptmann, Rentner in Bonn. 
Hauptmann, Carl, Maler Ia Bonn. 
Heokmann, Fabrikant In Viersen. 
Heereman, Freih. Ton, Regierungs- 

rath a. D. in Münster, Westf. 
Heimendahl, Alexand., Geh. Com- 

merzienrath in Crefeld. 
Hein, Oberstl. in Bonn. 



Heinsberg, Toa, Laadraih ia Neuss. 
Heister, tob, Braao, Raataer ia 

D&sseldorf. 
Henry, Buoh- u. Kuasthiadler ia Bona. 
Herder, August, Kauftn. iaBoskifehea. 
Herder, Ernst, in EasUrehea. 
Herf el d, Frau Josephine, geb. Boarette 

in Andernach. 
Hermann, Baumeister in CleT«. 
Hermeliag, Pfarrer ia Nothbarg Reg.- 

Bes. Aachen. 
Herstatt, Eduard, Reataer ia CSla. 
Herttatt, Friedr. Joli. Dar. ia GSla. 
Hettaer, Dr., Direotor dea Proiriaa.- 

Mnseums ia Trier. 
Heuser, Dr., Subrefeas o. ProfMior 

ia Oöla. 
Heuser, Robert, Stadtraih in CSia. 
Heydemaaa, Dr., Profeeeor ia Halle. 
Heydia ger, Pfarrer ia Schleidireiler 

bei Auw, Reg.-Bei. Trier. 
Hilgert, Freih. Toa, GaaeraUieataaaat 

uad Dirisioas^Sommaadeur ia CQla. 
Uilgers, Dr., Geh. Reg.-Rath ia Aaohea. 
Hillegom, Siz raa, ia Amtlerdam. 
Historiseher Vereia fOr Dortmund aad 

die Grafschaft Mark in Dortmund. 
Historischer Vereia für die Saar- 

gegead in Saarbrücken. 
Hochgürtel, Buehhündler in Bona. 
Höstermaaa, Dr., Ant ia Aaderaaek. 
Hoheaiollern, Se. Hoheit Fürst Ton, 

in Sigmaringen. 
Hocfner, M. J., Dr., Professor a. D. ia 

Bonn. 
HSlschcr, Dr., Gymnasial-Direetor Ia 

Reoklinghausen. 
HSpfner, Dr., ProTiasial-Seholratk ia 

Coblens. 
H 5 T e 1, Freiherr Ton, Landrath in Eesen. 
Hoiningen-Hüne, Ton, Dr. inr., Amtt- 
richter in Saar-Union. 
Hompesch, GrafAlf^. tob, iu Sohlost 

Rurioh. 
Hoyer, Premler-Lieutn. im 2. weatflL 

Husaren-Reg. Nr. 11 in Dfltteldorf. 
Hübner, Dr., Professor in Berlin. 
Hüffer, Dr., Professor in Bonn. 
Hüffer, Alexander in Bonn. 
Huffschmid, Amtsrichter, in Boxberg 

in Baden. 
Hultsch, Dr., Professor In Dresden. 
Humbroioh, Rechtsanwalt In Bona. 
Hupertz, General-Dir. in Hechemlch. 
Huyssen, Milit&r. Oberpfarrer in Mün- 
ster L W. 
Ihm, Max, stud. phil. In Bonn. 
Jachns,Max, Major im Gr. Generalstab 

in Berlin. 
Jenny, Dr. Sam., in Hard b. Bregens. 



VerielohnEag der M<tgtia<tar. 



JordsD, Otio, KaufinBon in Cobleoz. 
JoorrOB, Dr., Reetor, in Ahrweiler. 
Jarrsaen, Pulor 1d Alfter. 
Joeit, Frau August, {n Qäln. 
JoeBt, Eduard, Kaufmann In Cäln. 
Ia«iibeok, Juliug, Heiilnerin Wisibadea. 
KallnowBkl, von, Generalmajor z. D. 

Karop, Dr., Gymnaglallehrer io Cäln. 
Kauf mann, Oberbürgern. a.D. inBonn. 
Kaulec, Dr., ProfeMOi ia Bonn. 
KekuU, Dr., Augunt, Goh.-Kalb und 

Profeiior in PoppeUdorf. 
Kekuli, Dr., Reiuh., Prof. in Bonn. 
Keller, Dr. Jakob, ßeallebrerin Mainz. 
Kellei, Fabrikbesitzer in Bonn. 
KempT, Hauptmaao im tngenieur-CorpB 

u. Lehrer der Krieggsohule in Anolam. 
Kleia, Dr. Joa., Profeaeor !□ Bonn- 
Klerings, Gastwirlh in Berlrloli. 
Klingholi, Rentner in Bonn, 
Kneb«l,LandTathinBeokiDgeaa.d.Saar. 
Kosh, Heinr. Hub., DiTisioaBpfarrer in 

Frankfurt a. M. 
KoBDen, Conalant., ArobKotoge inNeuaa. 
Koerle, Dr., Profeaaor In Rostock. 
Kolb, Fr., Oeneral-DErcoloi in Viersen. 
Kraffl, Dr., Oeh. ConaUtarlalrath und 

Prof. In Bona. 
Kramer, Franz, Rentner in Cäln. 
Kraut, Dr., Prof. und aaiw. Beer. In 

Freiburg l. B. 
Krupp, Geh. Commerzienratfa in Essen. 
KQhlen, B., Inhaber einer arHatUeb. 

Anitalt in M.-Gladbaoh. 






mlssion 

hl, Dr., Professor In Bonn. 
Landau, B., Commenienr. In Cobleni. 
Landaberg, Dr. Ernst in Bonn. 
L an dtberg -.Steinfurt, Freib. TOn, 

Engalbart, Gutsbea. in DreiiBteiiirurl. 
Langen, Eageo, Gommerzienr. In CiJln. 
Lasaalz, Ton, Biirgerm eiste r In Re- 

Leamana, Dr., Dir. d. ReiohsmuaeuinB 

d. Allerlblimer in Leiden. 
Lehfeldl, Dr. Paul, PriTaldooenl a. d. 

teobn. Hoohiohule in Berlin. 
Leiden, Franz. Kaurmann u, k. niederl. 

Consul in Cöln. 
Lempertz, H.SBhne.Buobhdlg. laCSln. 
a In ZelsL 



leh, Dr. ' 



Geb. Hofrath 



Professor in GÖtllngen. 
LeTerkQi, Fabrikbes. In Bonn. 
Lewis, S. S., Profoaaor am Corpus 

Cbrlsll-Collegtua In Cambridge. 
Leydel, J., Rentner In Bonn. 
Lefon, Ton der, Emil In Bonn. 
Llohenow, Geh. Rech.-Rath In Berlin. 



Lieber, R agier. -Banrath In Düsseldorf. 
Linden. Anlon in DUren. 
Linlz, Jao., Verlagabucbh. in Trier. 
Loe, Frb. von. Generali. Kicelleiiz in 

Cobleoz. 
Loersoh, Dr., Profos^ar In Bonn. 
L o h au s , O bor- Terwatlunge rieh le-ßalh 

In Berlin. 
Labbert, Dr., Professor in Bonn. 
LGbka. von, Dr., auaw. Secr., ProfcBaor 

in CarUrulie. 
Maassen, Pattor in HemmerSoh. 
Mürtens, Bauralh in Bonn. 
Matous, Vorlagsbiiohhündier In Bodo. 
Man, Aug., CItII- Ingenieur In Bonn. 
Mayer, Heinr. Jos., Kaufmunn in CÖln. 
Meester, de. de Kareslein, Minialra 

plenip. zu Sobloss Raveslein b. Meeheln. 
Mehlls, Dr. C, Prof.. ausw. Seor., Stu- 

dlenlehrer in Diirkheini. 
Merkens. Frani, Kaufmann in Cijln. 
Merlo, J. J.. Rentner In Cöln. 
Mevlssen, Oeh. Commeriienr. in C91n. 
Miohaelis, Dr., Prof. In Sirassburg. 
Miehela, 0., Kaufmann in Citln. 
MIU, Dr., Professor, Dlreotor des Mar. 

zelten-GfDiQ. in Cüln. 
Mirbaeh. Frhr. <ron, Reg.-PrJttldeDt «. 

D. in Bonn. 
MItsoher, Landger.-Dlreclor In CSln. 
Möller, F., Oberlehrer am Lyoeum In 

Meti. 
USrnery-Uorlande, Gräfin Roladorf. 
Mohr, Profeaaor, Dom bild haue r in Cäln. 
Mommsen, Dr., Professor in Charlot- 
tenburg. 
MwreD, Dr., aus«. Seor, Pfarrer, Ehren- 

Präsident des hEil. Terelna f. d. Nieder- 

rbein In Wachtendonk. 
Moslsr, Dr., Prof. am Seminar In Trier. 
MotIus, Director dea Sohaaffh. Bank. 

rereina In CSln. 
Milllenmelster, Kaufmann in Aaehan. 
Müller, Dr. med. In Niedsrmendig. 
M aller, Dr. Albert, Gymnasial-DIreDtor 

tu Flensburg in Schleswig. 
Müller, Pastor In Ober- Ena wlagea, Post 

Nürtingen, Wiirttembarg. 
Müller, Philipp, Deoo ratio nsmaler in 

Kreuznach. 
MUller, Frau Wittwe Robort, Rcalnerto 

in Bonn. 
MUni. n, Anttken-Cablnet, Kais. 

Königl. In Wien. 
Mut6e royal d'Antiqultds, d'Armures 

et d'Artlllerle in Brüssel. 
Museen, die KÖnigl. in Berlin. 
Museum In Npnwegea. 
Huelel, Laurent 100, Outabesllser la 

SchloH Thom b. Saarburg. 



288 



YenalobaiM der lf%lloder. 



NAgeliohmitty Heior., Oberpfarrer ia 

Zfilpioh. 
Meli, Ton, JoluPeti Gatsbes. in Trier. 

Melty Dr., Kreisphyiikui in Bittburg. 
Nellesseni Theodor in iLaohon. 

MeafTÜle, W. von, Rentner in Bonn. 

Neahäuseri Dr., Profeaeor in Bonn. 

Nisse n, Dr. H., Professor in Bonn. 

Nitzsoh, Dr.f Qymn.-Dir. in Bielefeld. 

Obersohulrath, Qrossherxoglioli Ba- 
discher in Carlsrahe. 

Oeohelhäaser, Ton, Dr. phil. in 
Heidelberg. 

Oppenheim! Albert, Freiherr von, 
k. Sachs. Qeneral-Consol In Cöln. 

Oppenheim, Dagobert, Qeh. fiegie- 
rungs-Rath in C51n* 

Oppenheim, Eduard, Freiherr von, k. 
k. General-Consul in Cöln. 

Ort, J. A., Rittmeister in Leiden. 

Overbeok, Dr., ausw. Secr., Prof. in 
Leipzig. 

Overbeok, Oberförst. lu Treis a. d.M. 

Palm, F. N., Buehdruekereibesitser in 
Aachen. 

P a p e n, von, Prem-Lieut. im 5. Ulanen- 
Regiment in Werl. 

Pauls, £., Apotheker in Bedburg. 

Paulis, Prof. Dr., Conservator d. k. Württ 
Kunst- u. Alterthumsdenkmale, auaw. 
Secr. in Stuttgart. 

Pauiy, Dr., Rector in Montjoie. 

Peill, Rentner su Haus Römlinghoven 
bei Obercassel. 

Pflaume, Baurath in Cöln. 

Pick, Rieh., Stadtaroblvar in Aachen. 

Piper, Dr., Professor in Berlin. 

Plassmann, Direotor des Landarmen- 
Wesens zu Münster in Westfalen. 

Pleyte, Dr., W., ausw. Soor., Conser- 
vator am Reichs-Museum der Alterth. 
in Leiden- 
Pütt, Dr., Professor, Pfarrer in Dossen- 
heim bei Heidelberg. 

Polyteohnieum in Aachen. 

Pommer-Bsohe, von, Regier. -Prä- 
sident in Stralsund. 

Prieger, Dr., Rentner in Bonn. 

Prinzen, Handelsgerichts-Präsident in 
M.-Qladbaoh. 

Proff-Irnieh, Freiherr Dr. von, Land- 
geriohts-Rath z. D. in Bonn. 

Progymnasium in Andernach. 

Progymnasium in Bruchsal. 

Progymnasium in Dorsten. 

Progymnasium in Malmedy. 

Progymnasium in Rietberg. 

Progymnasium in Soberaheim. 

P r o g y m n a si u m inTauberbisohofsheim. 

Progymnatian in Trarbaeh. 



Progymnaiiam in St Weadal- 
Provinsial-VerwaltanginDSaeeldarf. 
Prüfer, Theod., Arehlteot in Berlin. 
Q u a ck , Rechtsanwalt o. Baakdireoior in 

M.-Qladbaoh. 

Radziwill» Durchlaucht Prinz Ed. 

mund, Yioar inOstrowo, Prov. Poeea. 

Randow, von, Kaufmann in Craleld. 

Rath, von, RitterguUbesitzer n. Prisid. 

d. landw. Vereins für RheinpreoMea 

in Lauersfort bei Crefeld. 
Rath, EmU vom, in Cöln. 
Rath, vom, Frau Eugen, in Cola. 
Rath, Wilh. vom, in Mehlem. 
Rautenstraaoh, Valentin, Conuaer- 

zienrath ia Trier. 
Rautenstrauch, Eugen, in Cola. 
Rauter, Oskar, Direotor der rheiaisohea 

Glashütte in Ehreafeld. 
Rautert, Oskar ia Düsseldorf. 
Real-Qymaasium ia Düsseldorf. 
Real-Gymnasium in Mülheim a.d.R. 
Real-Gymnasium in Trier. 
Real-Oymnasium in Witten. 
Real-Progymasium in Bocholt. 
Real-Progymnasium in Eupen. 
Real-Progymnasium in Saariouifl. 
Real-Progymnasium in Sehweün. 
Real-Progymnasium in Solingen. 
Real-Progymnasium in Viersen. 
Realschule in Aachen. 
Realschule in Essen. 
Reoklinghau.sen von, Wilh., in Cöln. 
Reinkens, Dr., Pfarrer in Bonn. 
Reitzenstein, Freih. von, Namens des 

Bez.-Präsidiums f. Lothringen in Metz. 
Remy, Jul. in Neuwied. 
Renesse, Graf Theod. von, Sehloss 

Sohoonbeeok b. Bilsen, Belg.-Limburg. 
Rennen, Geh. Rath, Eisenbahn-Direc* 

tlons-Präsident in Cöln. 
Re ui e a u X, Heinrich, Techniker in Re- 
magen. 
Reuleaux, F., Geh.-R. Prof., in Berlin. 
Reusch, Kaufmann in Neuwied. 
R he inen, Hermann, Rentner zu Villa 

Herresberg b. Remagen. 
R i h a r z, Dr., Geh. SanitäUr. in Endenieh. 
Ridder, Victor, Pharmazeut in Neuss. 
Rieth, Dr., Rechts-Anwalt in Cöln. 
Rieu, Dr. du, Secretär d. Soc. f. NiederL 

Litteratur in Leiden. 
Rigal- Grünland, Frhr.von,inBoaa« 
Ritter- Akademie in Bedburg. 
Robert, Membre de Tlnstitut de France 

in Paris. 
Roettgen, Carl, Rentner in Bonn. 
Rohdewald, Gymnasial-Direetor In 

Burgsteinfurt. 
Rolffs, Conunonienrath in Bonn. 



^^^^^ VflrieiohniM 


der MitgUeder. 3» ^H 


RosBn, Freiherr voo, Oberst und Re- 


Sohwan. städl. Bibliothekar in Aaohen. ^^| 


gtmeDl*-Cointn«ndeur in Maini. 


3ahiTann,Dr.,SanitütgrathlaGodesberg. ^^1 


Rosbaob, Ormn.-Lehr« In Trier. 


Soliwarfz, i)r. Ed. in Bonn. ^H 


Ro Ih, Fr., ßorgralli in BurbaoU bei Siegen. 


Scbwoerbel. Reotoc in Uaul». ^H 


' &«la-3alm. DurabUueht Fürst zu, 


Seligmann, Jaoob, Bankler In Cäln. ^M 


In AoboU. 


Sels, Dr., Fahrikbesitzsj- li. Neuss. ^M 


Salm.Hoos»t''"otBD, Harmann, Or>r 


Seminar In Soest. ^M 


TOD, iQ Boor.. 


Setlega.t, Landger.-Dtr. in Cobleaz. ^M 


SftliaDbetg.Geb.O.-BBUralhlnBGrlin. 


»eyffarlb, Reg-banra<h in Trier. ^H 


Sandt, TOD, Q. n., LuDilriitb in Bona. 


Se^ssel d'Aix, Graf, Oberst in Berlin. ^M 


Sarter, Baron von, dabloiB Drachen- 




barg b. Känlgawintar. 


Simrook, Dr., Francis in Bonn. ^M 


Saappe, Dr., Oab. Keg.-Raih a. Prof. 


Sloet Tan de Beele, Baron, Dr., L. ^M 


in OötÜDgen. 


A. J. W,, Mitglied der k. Akad. dm ^1 


SobaarfhauBeD, Dr. H., Qsh. Medlol- 


Wissensch. zu Amsterdam in Arnhelm. ^M 


nal-Ralh u. Professor in Bonn. 


Solms, Durohlauchl, Ptini Albrsobt ^H 


Sohady, Dr., Bibliolh«kai in Baden- 


zu, in BraunfeU. ^H 


Baden. 




Sohaffner, Dr., Medldaalrstb ioMei- 


iD Sonn. H 


■enbelm. 


Spee, Dr., QymD.-Lehrer in Bonn. ^H 


SDba11eDberg,Pet.JD>., BieTbcauore!- 


Spias-BIHIesheim, Freib. Ed. TOn, ^M 


beeluei in CüId. 


k. Kammerhetr und BQrgermelster aaf ^M 


Sahamabeb, Prof. Dr., In .^Itenburg. 


Haus Hau. ^M 


Sobarfonberg, von, Lioatenanl äU 


Spita. von. Oberst, Ablbeilungs-Chef ^M 


lulta Im Konigshuaareti-Reg., Gut Kalk- 




hof b. Wanfried bei CaBsel. 


Springer, Dr., Professor In Leiprig. ^M 


Sohanenburg, Dr., Realsohut.Dtreotnr 




lo Crefeld. 


Stata, Bauralb u. Dlüo.-Archlt. La Cola. ^M 


Soheppo. Obertt a. D. in Boppard. 


Stedtfeld, Carl, KaufmaDn In Cfiln. ^M 


Seberer. Dr., Profeasoc in Berlin. 


Steinbaoh, Aiph., Fabrikant In LUlUoh. ^1 


Sahiokler, Ferd. in BerUn. 


Slephanl, F. J., Laadgerlohtsrath a, D. ^M 


Sohierenberg, 0. A. B., Renloer in 


in Croev a. d. Mosel, ^H 


Frankfurt am U. 




Sohilling, ReehtMnwall beim Ober- 


Slinahoff, Pfarrer In Sargenrolh bei ^H 


landeegericbt in Ctib. 


Gemünden, Reg.-Bei. Coblenx. ^H 


Sehlottmann, Dr.. Prof. in Halle a. S. 


Straub, Dr., au.w. Secr., Canonlku» io ^1 


Sohlumberger, Jean, Fabrikbeiftj n. 


Strasaburg. ^H 


Präaid. d. LaDdeäaussohuäBBB f. EUaea- 


S trau SS, VerUgtbuohhändler in Bonn, ^M 


Lothriogsn in Öebweiler. 


Strubberg, Ton, General d. Inranlerle, ^M 


Sehnldt. Oberbaur. u. Prof. In Wien. 


Gen.-Inspeoi. deg Miliigr-ErziebniigB- ^H 


SebntthaU, iteatner in Bonn. 


u. Bildungaweaens in Berlin. ^H 


SellHlder, Dr., aunw. Seor.. Profes.or 


Slumm, Carl. Geb. Commerzlenrath, ^^M 


in Düsseldorf. 


lu SchloBs Hsllberg b. Saarbrüoken. ^^M 


Sehaetder, Dr. R., Gymnag.-Ditootor 


Siczepansli^i. von, Hauptmann und ^^M 


in Duisburg. 


Bürgermeister a. D. In Düsseldorf. ^H 




Terwelp, Dr., Qymnadall ehrer In ^H 


Habt. 


Anderoacb. ^M 


Sehneider, Landger.-Director In Bonn. 


Törok, Dr. AarelTon, Prof. io Budapest. ^M 


Sehntttgen, Doni*ioar b Cölr>. 


Tornow, Bei.- und Dombaum, fn U«U. ^M 


Soborn, Kammarprät. «. D. in Bonn. 


TowDsend, Albert In Wiesbaden. ^H 


SchoBÜer, Guido, Kaufmann In Düren. 




Soboeller, Edgar in DUien. 


Uekermann, U., Rentner in Cöln. ^M 


Sohoeiler, Julius, Frau in Düren. 


Uebeifeldt, Dr., Rendant in Essen. ^H 


SoböDaiob-Carolath. Prini, Berg- 


Ungermann, Dr., Gjmnas.-DIrector In ^H 




Düren. ^H 


SobBnfeid, Frederiok, Baumeister in 


U s e n e r, Dr., Oeh. Iteg.-Rath, Professor ^H 


LIppsUdl. 


in Bonn. ^H 




Tableo, Dr.. Professor In Berlin. ^^^^^^^H 


UOnster in Westf. 


Valelt«,dela, Freiherr ^^^^^^^^M 


äebnU. Caplan in Aachen. 


Professor in ^^^^^^^^^H 



240 



YenaleliaiM der Ifhgtloddr. 



Veit, Dr., Odh. Medioloal-Rath n. Pro- 
fB6Bor in Bonn. 

Yeith, Ton, Oeneral-Majori.D. in Bonn. 

VeroSn für Erdkande in Mets. 

Verein für Oesoliichts- und Alterthumt- 
kunde in Düsseldorf. 

Verein fOr Urgesohlehte in Siegen. 

Viebfthn, yon, Rentner in Soest. 

Viere ek, £isenb*hn-Baa- and Betr.-In- 
speotor in Bonn. « 

Vleaten, van, Rentner In Bonn. 

Voigt ei, Regierangsrath and Dombaa- 
meister in C51n. 

Voigt! ander, Buolihdl. in Kreaznaeh. 

Voss, Theod., Btrgratb in Düren. 

Wagner, Qeh. Commers.-R. in Aaehen. 

Wal, Dr. de, Professor in Leiden. 

Waldeyer, Carl, Realprogymnasial- 
lehrer SU Bonn. 

Wandesieben, Friedr. xa Strom- 
berger- Neuhätte. 

Weber, Justizrath in Aaehen. 

Weber, Pastor in Ilsenburg. 

Weokbekker, Fräul., in Düsseldorf. 

Wegehaupt, Qymn.-Dir. in Neuwied. 

Wei SS, Professor, Direotor d. k. Kupfer- 
stiohoabinets in Berlin. 

Weissbrodt, Dr., Prof. in Braunsberg. 

Wende, Dr., Realschullehrer in Bonn. 

Wendelstadt, Frau, Commerzienräthin 
in Qodesberg. 

Werner, Premier-Lieut. und Adj utant 
der 50. Infant-Brigade in Darmstadt. 



Weyormann, Frani, Gntabeeltzer, 
Uagerhof b. Honnef. 

W i e o k e r , Gtymnasial-Obarlehrer In Hil- 
desheim. 

Wied, Dnrohlaaobt, Fürst in Nenwied. 

Wie de mann, Dr. Alfred, In Bonn. 

WlMeler, Dr., ausw. Soor., ProfSsssor in 
Güttingen. 

WIethase, k. Baumeistar In Cüln. 

Winokler, H. G., Kauftn. In Hamburg. 

Wings, Dr., Rentner In Aaehen. 

Wirtz, Hauptmann a« D. In Uarif. 

Witkop, Pet, Maler In LIppsiadt 

Wittenhaus, Dr., Reetor In Rheydt 

Wittgenstein, F. Ton, In Güln. 

Wolf, General-Major z. D. In Dents. 

Wolfers, Jos., Rentner In Bonn« 

Wolff, Kaufmann in GSin. 

W o y n a. Exe. Ton, General in Düsseldorf. 

Wnerst, H., Hauptmann a. D. and 
Reehnungsrath In Bonn. 

Wüsten, Frau, GutsbesItoerin in Wüsten- 
rode b. Stolberg. 

Wulfert, Dr., Gymnaslal-Dlreetor a. D. 
in Bonn. 

Wulff, Gberst and Reg.-Commandear 
in Cüln. 

Zaigeaeleter, Hofrath, Prof. Dr., answ. 
Soor., GberbibliothelLar in Heidelberg. 

Zartmann, Dr., Sanit&tsrath In Bonn. 

Zeryas, Joseph, Kaufmann In Güln. 



Aittaroirdeiitllohe Mitglieder. 



Arendt, Dr. in Dielingen. 

Fiorelli, G., Senator del Regno Di- 
rettore generale dei Musel e degli 
Scayi in Rom. 

Gamurrini, Direotor des Etrusk. Mu- 
seums in Florenz. 

Hei der, k. k. Seotionsrath in Wien. 

Hermes, Dr. med. in Remich. 

Lanoiani, P. Arohitect in Ravenna. 

Lueas, Charles, Arohitect, Sous-Insp. 
des travauz de la Tille in Paris. 



Miohelant, Biblloth^caire an dept. 

des Manuscrits de la Bibl. Imper. 

in Paris. 
Noüe, Dr. de, Ars^ne, Rentner In Mal- 

medy. 
Promis, Bibliothekar des KSnigs von 

lUlien in Turin. 
Rossi, J. B. de, Arohäolog In Rom. 
S oh lad, Wilh., BuehbindermeUter in 

Boppard. 
L. Tosti, D., Abt In Monta-Caslno. 



VarjoIobniiB dor Mitglieder. 



VcneieiuiBS 

IHren-, ordentlichen und ausserordentlichen Mitglieder 

nach den Wohnorten. 



Aftohon: Book. Dieoktioff. Uj-innti- 
■ium- Hilgera. MiillsnmeUter, Nei- 
leMen. Palm. Plok. Polytechnloum. 
ReaUahule. äebulz. StAdlarotiiv.ätatls. 
Wagnor. Wober. Wings. 

Abaatetier hiltta: Bocsking. 

Ahrweiler: «on Croole. Joorre». 

Alfter: JiirEsson. 

Alleoburg: Sobambach, 

.^Itarkiilz: Bartels. 

Amilecdam: Tsn Hillagom. 

AboUm: Kempf. 

Andernaoh: l'Vau Herfei'l. Uüsler- 
maon. Progjmiiasliini. Terwalp- 

.\iihol(: Fürat tu Salm. 

Annaberg: Frau Hammaober. 

Aroaberg: GyraoaBiurn. 

Allendorn: Gymnaalum. 

Barlen. Baden: Sohady. 

Barmen: Blank. E. von Kynern. 
Stadtbibliotbek. 

BaaelrBernoulli.UniversilüM.Bibliatbok. 

Beokingen a. d. Saar: Knebel. 

Bedburg: PauU. Ritte r-.\kademie. 

BeiUn: Adler. Aegidl. Braoht. Brnicber. 
T. Cuny. CurtiuB. Dobbert. t. Florea- 
oourt. Gen. -Verwalt. dar k. Museen 
Orelff. Hilbner. .laobnä. Kron- 
prlna des Deulaoheii Kelobos und von 
PreuHOD. Lebfeldt. Ltebenow. Labaua. 
Piper. Prüfer. Keule am. Salseoberg. 
Scherer. Sohiokler. Sohoene. Seyggel 
d"Aii. Ton Spiti. von Strubberg. 
Vahlen. Weiss. 

Bertrloh: Badeierwalruog. Klerings. 

Bielefeld: Nitzioh. 

Bilharg: NeU. 

Blüsjen b. Mereeburg: Burkhaidi 

ßoeholt; Heal'ProgymDaciuoi. 

Boohum: Oymaasium. 

Bonn: Benralh. von Bernulh. Bim. 
II. II. Baker. Büeheler. BÜrgersoliule. 
Caesar. Cabn AI. von Ciaer. Eb. 
yon Claer. tdq Deohen Deliua. Dide- 
riobi. von Dlorganlt. Uooticb. Dal- 
heuer. Ellen. Eltzbaoher. van Endcrl. 
Engelsklroben. Fl. KtJiens. Fussbabn. 
Fricke. Fallenius. van Fürth. Genrgi. 
J. Ooldsohmidl. R. Goldeobmidt. Ouü- 
leauine. QurlL (Jymna«Iiim. HaDstein. 
Hauptmann P. Hauptmann C. Heia. 
Uanij. Hoohgürtel. Uosfoer. Alex. 



Müffer. Ueriu. Hüffer. Humbroloh. 
Ibm. T. KalinowEki, KaufmanD. Kaulen. 
R. Kekul£. Keller. Klein. Klingbola. 
Kraffl. Lamproobt. Landsberg. Lever- 
kua. von der Leyen. Iiaydel. Loersoh. 
Lübbarl, MSrtena, Marcus. Man. v. Mlr- 
baob. Frau Malier. vonNeufville. Seu- 
hSuser. Niaaen. Prieger. voa Proff- 
Irnich. lieiakena. von ItigaL. Boetlgen. 
Rolffd. Graf von Salra-Hoogatraeten. 
von Sandt. U. SobaatThauaen. Scbrait- 
bata. Sobneider. Soborn. Sobwarli. 
Simrook, Sonnenburg. Spee. Straiiaa. 
Usener. de la Valello S(. George. 
Veit von Veitb. Vierelt. van VIeuleo. 
Waldeyer. Wende. WEedemann. Wol- 
fera. Wueret. Wulfett. Zarlmann. 
Boppard; Soheppe. Soblad. 
Boiberg in Baden: Huffsohmid. ' 
BraunfoU: Prinz Saluts. 
Braunaberg (Oatiir.): Welssbrodt, 
Bruobaai: Progymnasium. 
BrUbl: AUeksr. 
Brüssel: Gräfin von Flandern. Mua£« 

Royal. 
Budapeal: von TörBk. 
iturbaob b. Siegen: liolh. 
Burg: Dülaobke. 
Burgateinfurt; Robdewald. 
Burtaoheid bei Aaeben; v. Beamont. 
Cambridge: Lewia. 
Ijarlsrube: Braotbaoli. ConierTAto- 
liuin d- Alterth. Gymnaalum. von 
I.übke. Oberaohulratb. 
^aiEol: aymnsaiuni. Stand. Landea- 

hibliolbsk. 
^barloltenburg: Mommson. 
Clausthal: Achenbaoh. 
:leve: Chrzescinaki. QyRinaaium. Uaia- 

kari. Hermann, ätadcbibliothek. 
) ob ien 2 : V, Bardetehen. Beoket. Blna- 
feld. Civil-CaaiDo. Deilera. v. Etteater. 
Gymaas. HSpfner. Jordan. Landau. 
TOD Lo€. Sattegaal. Stadlbibltolhck. 
.'o in: Altmann. A posteln-Gymnailuin. 
Arndte. Aabacb. Bennert. Eio. Camp- 
bauaen. Clvll-Caeioo. CUppera. Dahmeo. 
Düntzer. Esser. Essingli. Frenkan. Frie. 
drioh-Hllh. -Gymnas. Forst. Fuoh». 
Qoebbels. Oottgatrsu. Grünaberg. 
Haugb. Ed. HeraUtl. Frdr. Job. Dav. 
Herttatt. Keuaer. Hauaer Robert, 
von migere. Fraa Aug. Joeet. Eduard 



242 



VeneiohnlBS der Mitglieder.. 



Joest. Kaiser - Wilhelm • Gymnasium. 
Kamp. Kramer. Langen. Leiden. 
Leropertz* Marzelien-Gymnas. Mayer. 
Merkens. Merlo. von Meyissen. Michels. 
Milz. Mitscher. Mohr. Movius. Albert 
Frhr. von Oppenheim. Dagobert Oppen- 
heim. Eduard Frhr. von Oppenheim. 
Pflaume. Emil Tom Rath. Frau Tom 
Rath, Eugen. Rautenstrauoh. von Reck- 
linghausen. Rennen. Rieth. Schal- 
lenberg. Schilling. Sohnütgen. Selig- 
mann. Stadibibliothek. Statz. Stedt- 
feld. Uokermann. Voigtel. Wiethase. 
von Wittgenstein. Wolfit. Wulff. Zerras. 

Crefeld: Gymnasium. Ueimendahl. 
Ton Randow. Sohauenburg. Stadt- 
bibliothek. 

OrocT a. d. Mosel: Stephani. 

Harm Stadt: Werner. 

Deutz: Schwoerbel. Wolf. 

Dielingen: Arendt. 

Dillen bürg: Gymnasium. 

Donauesehingen: Förstl. Bibliothek. 

Dorsten: Progymnasium. 

Dortmund: Prinz SehSaaioh. Histor. 
Verein. 

Dossenhelm in Baden: Plitt 

Draohenburg (Sohloss): von Sarter. 

Drenstelnfurt: Frhr. von Landsberg. 

Dresden: Fleckeisen. Hultsch. 

Diilken: Bücklers. 

Düren: Stadt. Bibliothek. Gymnasium. 
Linden. Schöiler. G. Schoeller. £. 
Frau J. Schoeller. Ungermann. Voss. 

Dürkheim: Mehiis. 

Düsseldorf: von Berlepsch. Boetzkes. 
Bone. Brend'amour. Courth. Gymnas. 
Hammers. Harloss. von Heister. Hoyer. 
Lieber. Pro vinzial- Verwaltung. Rauter. 
Real-Gymnas. Schneider, von Szcze- 
panski. Trinkaus. Verein für Geschichts- 
und Alterthumskunde. Frl. Weckbekker. 
▼on Woyna. 

Duisburg: Gymnasium. Sohneider. 

fichtz: Cremer. 

Ehrenfeld b. Cöln: Rauter. 

Elberfeld: Boeddinghaus. von Carnap. 
Gymnasium. 

Eltville: Graf Eltz. 

Emmerich: Gymnasium. Stadtbiblioth. 

Ems (Bad): Kur-Commission. 

Endenich: B aunschei dt. Richarz. 

Erlangen: Flasch. 

Essen: Baedeker. Conrads. Gymna- 
sium von Hövel. Krupp, Realschule. 
Ueberfeld. 

Eupen: Reai-Progymnasium. 
Euskirchen: A. Herder. E.Herder. 
Ezaeten b. Baexem: Bibliothek der 
Stimmen aus Maria Laach. 



Flammersheim: von Bemberg. 
Flensburg in Schleswig: Müller. 
Florenz: BibL Nazionale. Bibliothek 

des Etrurischen Museumi. Gamurrinl. 
Frankfurt a. M.: Koch. Sohierenberg 

Stadtbibliothek. 
Freiburg in Baden: Univerdtits- 

Bibliothek. Gymnasium« Kraus. 
Fulda: Goebel. 

St. Gallen: StUlsbibliothek. 
Qebweiier: Schlumberger. 
Genf: Galiffe. 
Gi essen: Antiken-Cabinet. 
Gladbach: Gymnas. Kühlen. Prinzen. 

Quack. 
Godesberg: von Carsta^jen. Flnkeln- 

bnrg. Schwann. Wendebtadt 
Goettingen: Dilthey. von Leatsoh. 

Sauppe. Universitäts-Bibliothek. Wie- 

seier. 
Gräfenbaoher Hütte: Boecldng. 

Badamar: Gymnasium. 

Hagerhof b* Honnef: Weyermann. 

Hall (Haus) b. Erkelenz: von Spies. 

Hallberg (Schloss) b. Saarbrücken: 
Stumm. 

Halle: Heydemann. Sohlottmann. XJni- 
versitSts-Bibliothek. 

Hamburg: Stadtbibliothek. Winokler. 

Hamm: Falk. 

Hanau: Gymnasium. 

Hannover: Culemann. 

Hard b. Bregenz: Jenny. 

Harff, Schloss, Kr. Bergheim: Biblio- 
thek von Mirbach. Wirtz. 

Hechingen: Höhere Bürgerschule. 

Heidelberg: Christ. von Oeohel- 
häuser. Üniversitäts-Blbliothek. Zange- 
meister. 

Hemmerich: Maassen. 

Herdringen (Kreis Arnsberg): Graf 
Fürstenberg. 

Herresberg b. Remagen: Rheinen. 

Hersfeld: Gymnasium. 

Hildesheim: Wieker. 

Höxter: Gymnasium. 

Ilsenburg: Weber. 
Immen bürg: Flinsch. 
Iserlohn: Boeddicker. 
Ittervort: Franssen. 
Jena: Gaedeehens. 

Kalkhof (Gut): von Seharffenberg. 

Kirn: Simon. 

Königsberg i. Pr. :. Friedländer. Uni- 
versitäts-Bibliothek. 

Kreuznach: Antiquarisch-historischer 
Verein. Borggreve. Müller. Voigtländer. 

Ijangenberg, Rheinland: Conze. 

Lauersfort: von Elath. 



Verzelohoiss der Mitglieder. 



243 



Leiden: Leemans* Ort. Pleyte. deRiea. 

de WaI. 
Leipzig: Baedeker. ÜTerbeok. Springer. 
Lennep: Hardt 

Lexhy (Sehloss): de Blanohart-Surlet. 
Linnich: Beck. 

Lippatadt: Sohoenfeld. Witkop. 
L 5 w e n : Uniyersitäts-ßibUothek. 
London: Franks. 

Lattio h: Steinbaoh. XJniTer8..Bibliotbek. 
Luxemburg: Dutreux. 
Mainz: Stadt. Bibliothek. Keller. Lin- 

densohmit. von Hosen. Schneider. 
M al med y: Esser. deNoOe. Progymnas. 
Mannheim: AlterthumsTerein. Gym- 
nasium. Uaug- 
Marburg: Gymnasium. 
Marienfels b. Remagen: Frau Frings. 
Mas tri cht: Habets. 
Mayen: Delius. 
Mechernich: Hupertz. 
Mehlem: vom Rath. 
Meisenheim: Schaffner. 
Merseburg: Otte. 
M ettlaoh: Booh. 
Metz: Abel. Möller. Fr. v. Reitzenstein. 

Tornow. Verein für Erdkunde. 
Miltenberg: Conrady. 
Moers: Gymnasium. 
Montabaur: Gymnasium. 
Monte-Casino: Tosti. 
Montjoie: Pauly. 
Morsbruoh: Frh. von Diergardt. 
Mülheim a. Rhein: Andreae. 
Mülheim a. d. R. : Realgymnasium. 
M&nehen: Brunn. Cornelius. 
M üniter: Bibliothek der Akademie, von 

Hagemeister« von Heereman. Huyasen. 

Plassmann. Sohoeningh. 
Münitereifel: Gymnasium. 
Jfash-Mills: Evans. 
Neuss: Gymnasium, von Heinsberg. 

Koenen. Ridder. Sels. 
Neuwied: Fürst Wied. von Dungern. 

Gymnas. Remy. Reusch. Wegehaupt. 
Nieder mendig: Müller. 
Nothberg, Rg.-Bz. Aachen: Herroeling. 
Nürnberg: Friederioh. 
Nymwegen: Museum. 
Ober-Enswingen, Post Nürtingen in 

Württemberg: Müller. 
Oehringen: Stiftsbibliothek. 
Ostrowo: Prinz Radziwill. 
Paderborn: Gappel. 
Paris: Lucas. Michelant. Robert. 
Parma: XJniveräitäts-Bibliothek. 
Perugia: Uni versitäU Bibliothek. 
Plittersdorf: Bürgers. 
Poppeisdorf: Frau Dommerich. A. 

Kekol^ 



Potsdam: Achenbach. 
Prag: Uni versitäto-Bibliothek. 
Prüm: Guichard. 

Ravonna: Lanciani. 

Ravestein: de Meester de Ravestein. 

Recklinghauseu: Hülscher. 

Roma gen: von Lasaulx. Reuleaux. 

Remieh: Hermes. 

Remscheid: Friederichs. 

Rheine: Gymnasium. 

Rheydt: Wittenhaus. 

Rietberg: Progymnasium. 

Rinteln: Gymnasium. 

Römlinghoven (Haus) bei Obercas- 

sei. Peill. 
Roisdorf: (iraf Moerner. 
Rom: Fiorelll. Helbig. Henzen. de 

Rossi. 
Rostock in Mecklenburg: Koerte. 
Rüdesheim: Fonk. 
Rurich (Schloss) bei Erkelenz: von 

Hompesch. 

Saarbrücken: Gymnasium. Histori- 
scher Verein. 

Saarlouis: Real-Progymnasium. 

Saar-Union von Hoiningen Hüne. 

Sangerhausen: Fulda. 

Sargenroth b. Gemünden: Stinshoff. 

Sayn: Eichhoff. 

Schleidweiler: Heydinger. 

Schmidtheim (Schloss): Graf Beissel. 

Schoonbe e ck (Schloss) : Graf Renesse. 

Schwelm: ReaUProgymnasium. 

Siegburg: Gymnasium. 

Siegen: Verein für Urgeschichte« 

Sigmaringen: Fürst zu Hohenzollem. 

Sin zig: Andreae. 

Sobernheim: Progymnasium. 

Soest: Gymnasium. Seminar, von Yle- 
bahn. 

Solingen: Real-Progymnasium. 

Stammheim bei Mülheim am Rhein: 
Graf von Fürstenberg. 

Stralsund: von Pommer-Esche. 

Strassburg: Fuss. Michaelis. Straub. 
Universitäts-BibUothek. 

Stromberger Neuhütte (bei Strom- 
berg): Wandesieben. 

Stuttgart: Paulus. 

Tauberbischofsheim: Progymnas. 

Tholey: Gatzen. 

Thorn (Schloss): von Musiel. 

Trarbach: Progymnasium. 

Treis a. d. Mosel: Overbeck. 

Trier: Bettingen. Cantzenbach. Cüppers. 

Gymnasium. Hettner. Lintz. Mosler. 

von Neil. Rautenstrauch. Realgymnas. 

Rosbaeh. Seyfarth. Sudtbibliothek. 
Tübingen: Universitäts-Bibliothek. 



Im Verlage von T. O. "Weigel in Leipzig ist er- 
schienen und durch alle Buplihandiungeu zu beziehen: 

Professor Dr. J. Schneider: Die alten Heer- und Hau- 

detawege der Germanen, Römer und Franken im » 
deutschen Reiche- Fünftes Heft. Mit einer col. Karte. 
Inhalt: Das römische StrasseDuetz in dem DÖrdlicben Theile 
der Ulieinprovinz (RegiMungsbezirke Düsseldorf, Köln und 
Aachen) und den angrenzenden Landestlieilea. 



Das sechste Bert soll enthalten: Prähistorische Handels- imd 
Verkehrswege, -*- Ueber Jon Bau und die Kennzeichen iiir 
Auffindung der ROmerstrassen. — Die römischen Itiuerarien IV. 






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