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SEP23 Wl
JAHRBÜCHER
VEREINS VON ALTERTHUMSFREUNDEN
RHBINLANDE.
HEFT LXXXII.
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BONN.
OEDRÜCKT AUF KOSTEN DES VEnr.i:.'S,
UONN, BRI «DOlril URCFS.
1PS6.
^1
Inhalts-Verzeichniss.
I. Geschichte und Denkmäler.
1. Die figürlichen Darstellungen auf Gürtelbleohen und Situlen von Bronze
aus der Hallstattperiode. Von J. Naue. Hierzu Taf. I 1
2. Zur Topographie von Köln. Von L. Schwörbel. Mit 1 Holzschnitt 15
8. Caesars Rheinbrücke. Von Isphordiug. Hierzu Taf. II 80
4. Die Römerstrasse von Trier nach Köln und Bonn. Von von Yeith.
Hierzu Taf. HI 36
6. Weitere Ausgrabungen in Remagen. Von H. Reuleaux 69
6. Römische Wasserleitung im Dome zu Köln. Von Yoigtel. Hierzu
Tafel IV 76
7. Römische Niederlassungen an der Ahr. Von P. Joerres 82
8. Wie gross war ein römisches Winterlager für 2 Legionen ? Von G. M. W o 1 f 94
9. Die ältesten Bautheile der Münsterkirche zu Essen. Von G. Humann.
Hierzu Taf. V u. VI und 1 Holzschnitt 107
10. Studien zur altwestf&lischen Malerei. Von J. B. Nordhoff. . . . 122
11. Meister Eisenhuth. IV. Von J. B. Nordhoff 136
12. Alte Wandmalereien in der Müusterkirche zu Esseu. Vou W. T ö n n i h 8 e u 148
U. Litteratur.
1. V. Gauchez: Topographie des voies Romaines de la Gaule- Belgique.
Angez« von von Veith 151
2. Erwiderung von H. Düntzer 162
8. M. Siebourg: De Sulevis Campestribus Fatis. Angez. vou M. Ihm. . 165
4. L. Lindenschmit: Handbuch der deutschen Alterthumskunde. Angez.
von Sohaaffhausen 167
5. J. B. Nordhofi: Die Kunst- und Gesohichtsdenkmäier des Kreises
Warendorf. Angez. von P. Lehfeldt 161
IlL Berichte.
1. Bericht der histor. Kommission bei der Kgl. bayr. Akademie d. Wissen-
schaften 170
2. Die Anthropologen-Versammluug in Stettin im August 188G. Vou Sohaaff-
hausen 178
IV. Miscellen.
1. Antiquarische Beobachtungen im Ahrthale. Von Joerres . . . . 184
2. Archäologische Funde in Athen 185
Inhalts- Verzeichniss.
Seite
3. Römische Gräber in Bonn. Mit 1 Holzschnitt. Von Schaa ff hausen 185
4. Römische Hufeisen. Von von Veith 187
6. Römische Rheinstrasse durch Bonn. Von vonVeith . . . , . . 188
6. Römische Graber in Biwer. Von Seh aaff hausen 189
7. Römische Villa bei Brohl. Von Schaaff hausen 189
8. Das alte Campodunum 190
9. Inschrift aus Cannstadt Von M. Ihm 191
10. Römische Gräber in Coblenz. Von Schaa ff hausen 192
11. Funde an der bairischen Donau 192
12. Eifelkanal. Von Maassen 19i
18. Funde bei Hamm in Westfalen. Von Schaa ffhausen 196
14. Römische Mainbrücke bei Hanau , 197
15. Römische Befestigung bei Jünkerath 198
16. Eiserne Amor-Statuette in Karlsruhe. Von Schaa ffhausen. Mit
1 Holzschnitt 199
17. Mainalterthümer 200
18. Inschrift aus Mainz. Von Höfner 205
19. Jahresbericht des Nassauischen Alterthumsvercins 208
20. Funde bei Plittersdorf. Von Schaaffhausen 209
21. Römische Inschriften aus Stockstadt. Von Klein 209
22. Entdeckungen in Susa. Von Schaaffhausen 210
23. Münzfnnd von Thüngersheim. Von A. W 212
24. Römerquelle bei Wiesbaden , . . 212
25. Ein Isistempel in der Schweiz. Von Schaaffhausen 214
26. Die Mosaikperlen fränkischer Gräber. Von Schaaffhausen . . . 214
27. Auffindung von Mumien aegyptiscber Könige. Von Schaaffhausen 215
V. Bericht über die Generalversammlung 1886 217
VI. Winckelmannsfeier in Bonn am 9. December 1886 . . 224
VII. Verzeichniss der Mitglieder 288
I. Oesehielite und Denkmäler.
i. Die figurlichen Daretellungen auf Gartelblechen und Situien
von Bronze au8 der Hallatattperiode.
Hierzu Tafel L
Unter den Fundgegenständen, welche wir aus den Oräbem der
Hallstattcultur erheben, fallen, neben vielen Bronzearmreifen und
Fibeln, die Bronzegürtelbleche, die dicht mit kleineren und grösseren
Bronzeknöpfen besetzten Ledergüii;el und die Bronzegürtel besonders
ins Auge. Diese neuen Schmuckgegenstande erscheinen gleichzeitig
mit dem ersten Auftreten des Eisens in der Siteren Hallstattperiode,
um in der darauffolgenden jüngeren zur eigentlichen Herrschaft zu
gelangen.
In den Grabhügeln der vorhergehenden Perioden sind bis jetzt
bei uns noch keine derartigen Zierstücke gefunden worden, was schon
dadurch erklärbar wird, dass man in den frühesten Zeiten, trotz der
grossen Kunstfertigkeit Bronze zu giessen, es doch nicht verstand,
dieses Material in dünne federnde Platten auszuhämmern ; erst der in
jeder Weise so vortrefflich entwickelten Hallstattcultur war dies vor-
behalten. Auf jeden Fall ist aber die Technik des Hämmerns der
Bronze und die Herstellung derselben in mehr oder weniger dünne
Bleche nicht als eine Erfindung jener Gulturvölker der österreichischen
Alpengebiete und des südlichen und südwestlichen Deutschlandes auf-
zufassen. Wir kennen u. a. lange und schmale Gürtel von ziemlich
starkem Bronzeblech mit streng stylisirten, meistens zu zwei ange-
nieteten Schliesshaken aus Ünter-Italien — der Hagna-Graecia — ,
welche beweisen, dass man hier schon frühzeitig das Aushämmem der
Bronze in tadelloser Weise ausübte; aber auch rein griechische
1
2 JaliuB Naae:
Funde dieser Art liegen vor. Freilieb darf dabei nicbt ausser Acht
gelassen werden, dass alle diese gross-griecbiscben und griechischen
Bronzeblecbe ziemlich stark sind, .indess die Fabrikate unserer nörd-
lichen Bevölkerung eine bewunder nswerthe Dünne und Feinheit haben,
und dass lässt denn in Verbindung mit der neuen Form der Bronze-
gürtel, welche bei uns auftritt, wohl darauf schliessen, dass man die
Kunst des Bronzeaushämmems durch importirte Bleche, vielleicht auch
durch Ueberlieferung, erlernte, sie aber hier erst zu einer Vollendung
brachte, die noch heute gerechtes Staunen erregt. Die Beweise liefern
die Bronzegürtelbleche, die Bronzegürtel, die tonnenförmigen Bronce-
armwülste, die kleinen enggerippten Cisten und Bronzevasen speciell
unserer oberbayerischen Hügelgräber.
Die in Hallstatt und im sädlichen und südwestlichen Deutschland
gefundenen Gürtelbleche und Gürtel von Bronze haben eine neue, in
Italien fehlende Form, die aber auf frühkrainerischen Typus hinweist,
der weiter entwickelt und vervollständigt wird. Es sind lange und
sehr schmale, rechtwinkelige Bleche, welche möglicherweise den Leder-
gürteln nachgebildet wurden. Diese Umgestaltung lag dem erfinde-
rischen Geiste jener Völkerstämme denn auch sehr nahe. Zuerst ver-
suchte man es wahrscheinlich mit kurzen, circa 18 bis 20 und 30 cm
langen und 3 bis 7 cm breiten Blechen, die als Zierde des Ledergürtels
und zwar auf seiner vorderen Seite verwendet werden. Der Mehrzahl
nach sind dieselben un verziert; nur an den beiden schmalen Endseiten
tragen sie öfters Bronzeknöpfe, die mit feinen Eisenstiften auf das
Leder befestigt wurden; ab und zu treten an diesen Seiten doppelte
Beihen kleinerer und grösserer, eingestanzter Buckeln auf. Wohl etwas
später stellte man lange, den ganzen Leib und den Bücken oder die
Brust und den Rücken umschliessende Bronzegürtel her, und verzierte
dieselben mit geometrischen Ornamenten, welche in der ersten Zeit
meistentheils cingravirt und nur ausnahmsweise gestanzt wurden, indess
in der Blüthezeit der Technik die eingestanzten, also erhabenen Oma-
mente mehr und mehr zur Herrschaft gelangten; immerhin wechseln
auch in dieser Zeit noch gestanzte Ornamente mit eingravirten ab,
doch wiegen die ersteren, allem Anscheine nach, vor. Aber gerade die
Abwechselung vom erhaben Getriebenen und vertieft Gravirten verleiht
der Darstellung einen besonderen Reiz, der seiner Zeit, als die Bronze
noch wie Gold glänzte, durch die auf- und einfallenden Lichter erhöht
wurde ; diese reizvollen Abwechselungen zu erzielen lag auch gewiss in
der Absicht der kunstfertigen Arbeiter.
Die figürlichen Darstelltiiigen ans der Hallstatiperiode. 3
Die Skelette, welche in Hallstatt mit dergleichen BronzegUrteln
versehen waren, trugen sie, der Mehrzahl nach, über dem Becken, wie
ich auch die gleiche Anwendung bei den Skeletten unserer oberbaye-
rischen Hügelgräber gefunden habe; einige dagegen hatten sie von der
einen Achsel zur entgegengesetzten Hüfte herabgehend, ähnlich den
Tragriemen der Patrontaschen unserer Ghevauxlegers und Ulanen.
£benso wurden sie bei Männern wie bei Frauen gefunden; indess in
unseren oberbayerischen Grabhügeln nur die weiblichen Skelette, mit
zwei Ausnahmen, im Besitze derselben, sowie auch der Ledergürtel
mit Eisenschliessen waren. Ueberhaupt unterscheidet sich unsere ober-
bayerische vorgeschichtliche Bevölkerung in mancher Hinsicht von
jener Hallstatts, Steyermarks, Kämthens und Erains (von Este,
Bologna u. s. w. nicht zu sprechen); bei uns tragen nur die Frauen
die Fibeln und Armringe, während in den vorerwähnten Gebieten
Männer und Weiber im gleichen Besitze dieser Zierstücke sind.
Betrachten wir nun die Ornamentik der Bronzegürtel, so sehen
wir, dass dieselbe, wie schon erwähnt, aus geometrischen Motiven und
zwar aus Bauten mit und ohne Innendecoration, ans Halbkreisen, aus
kleinen und grösseren Kreisen und Buckeln mit und ohne Centralpunkt,
aus Zickzaklinien, Dreiecken, mäanderähnlichen Motiven, Sonnenrädem
und schlangenartig gewundenen Linien besteht, welche durch horizon-
tale und senkrechte Linien in einzelne Felder getheilt sind. Diese
Decorationsweise ist die fast allein vorherrschende, indess z. B. in Este
und Bologna das Thiermotiv und zwar eine Art Wasservogel sehr
häufig auftritt, welches, bis auf einige wenige Ausnahmen, im südlichen
und südwestlichen Deutschland fehlt; dafür aber sehen wir hier, doch
nur selten, eigenthttmlich gestaltete vierfüssige Thierfiguren, die wohl
als Pferde zu deuten sind, erscheinen; auch ein anderes Thier mit
langem, dickem Schwanz und kleinem Kopfe, dem Eichhörnchen ähn-
lich, gehört hierher, dazu gesellen sich schliesslich menschliche Ge-
stalten in eigenthümlich tanzenden und hüpfenden Bewegungen darge-
stellt. Hier zeigt sich denn, wie eigenartig und selbständig die Er-
findung von Omamentmotiven geübt wurde.
Mit den Darstellungen dieser Thier- und Menschenfiguren werden
wir nun zu jenem so merkwürdigen Bronzegürtel bleche von Watsch (Fig. S)
und zu den zwei Fragmenten von Gurina hinübergeleitet. Das erstereist
vom Fürsten Ernst Windischgrätz im Jahre 1883 in Watsch ausgegraben
worden. Das Blech war wahrscheinlich auf einem Ledergürtel befestigt
und bestimmt die Mitte des Leibes zu zieren. Es wurde neben einer
•
4 Juliai Nane:
Dolchscheide aus Eisen» einem Dolchgriff aus Bitmze und einigen 6e-
fässscherbcn in jenem Theile des Flachgriberfeldes gefunden, in welchem
meistens Skelettgräber vorkonmien. Unweit der Stelle, wo die barühmte
Situla, von welcher wir später noch sprechen werden, gefunden worden
ist, lag auch das Bronzeblech. Es ist, wie unsere Bleche, sehr fein getrieben
und giebt innerhalb einer alle vier Seiten nach antikem Muster umrahmen-
den, eingestanzten Bordüre die Darstellung einer Eampfscene. Die Figuren
sind getrieben und die Umrisse darnach mit dem Stichel gearbeitet
Was bei dieser lebensvollen Darstellung zuerst auffällt, ist, dass das
Blech frei und nicht auf Holzmodelle gelrieben wurde, und das Thiere
und Menschen, soweit es die Technik gestattete, individuell wiederge-
geben sind. Dass der Künstler, welcher die so interessante Darstellung
compoDirte, auch fähig war gut zu zeichnen, beweisen einige Stellen;
aber die Hand konnte noch nicht das ausfuhren, was das geistige Auge
geschaut. Dazu tritt die Ueberlieferung, die Zeit und die Schule,
Factoren, die in diesen frühen Zeiten nicht überwunden werden konnten.
Es sind dies Vorkommnisse, die wir in allen Kunstperioden antreffen.
Wir dUrfen uns aber nicht abhalten lassen das unbehilflich Gegebene
richtig zu erfassen, müssen vielmehr bestrebt sein, uns in jene längst
vergangenen Zeiten zurückzuversetzen und den Geist derselben zu er-
fassen. Gelingt uns dieses, so bietet nicht nur dieses Giirtelblech,
sondern auch die noch zu besprechenden zonenartigen Darstellungen
der Situlen eine Fülle von Genuss und Freude.
Bei all diesen figürlichen Compositionen wissen wir sofort, um was
es sich handelt; der Gedanke ist klar ausgesprochen, die Gomposition
folgt bestimmten Gesetzen, die Anordnung im Baume ist gelungen,
stellenweise vortrefflich, in der Gruppirung und Anordnung der Figuren
zu- und nebeneinander waltet ein richtiges Gefühl für die Linie und
für den Rhythmus derselben. Was aber als ein besonderer Vorzug
dieser Darstellungen angesehen werden muss, ist, dass sie sämmtlich
gross gedacht sind, durch welche Eigenschaft sich dieselben als kleine,
wenn auch noch unbehilfliche Meisterwerke charakterisiren. Wie sollte
das aber auch anders möglich sein? Weiss man doch ganz genau,
welche Regeln man zu befolgen hat und dass man die Freiheit nicht
ohne Gesetz erlangt! Die sprechendsten Beispiele hierfür sind die Thon-
gefässe mit ihrer vortrefflichen Decorirung, die niemals über Ziel und
Maass geht, sondern die Form der zu schmückenden Vase, Schaale
und Urne streng respectirt. So einfach dies erscheinen mag, ist es
doch nicht; Beweise des Gegentheils liegen genugsam vor. Ich kann
Die figürlichen Darstellimgen aus der Hallstattperiode. 6
nicht umhin auszusprechen, und zwar von meinem Standpunkte als
Historienmaler aus, dass diese einfachen Schilderungen des Lebens
jener voi^eschichtlichen Völker, wie sie uns die Situlen und das Gürtel-
blech zeigen, einen Hauch des Historischen tragen und zwar deshalb,
weil sie das Zufällige und Nebensächliche bei Seite lassen und nur
das Wesentliche hervorheben! Dass dieser Ausspruch seine Berechti-
gung hat, bewiesen jene fast lebensgrossen Copien nach den Darstel-
lungen der Situla von Watsch, welche im vergangenen Jahre unter
meiner Leitung hergestellt wurden und als- erläuternde Bilder die Aus-
stellung vorgeschichtlicher Funde Bayerns schmttckten.
Dass sodann diese Darstellungen getreue Abbilder des Lebens,
des Thuns und Treibens, der Sitten und Gebräuche, der Kleider, Wafifen
und Geräthe jener vorgeschichtlichen Zeiten geben, ist von nicht min-
derer Bedeutung. So sind z. B. dieselben Helme und Waffen, wie wir
sie auf dem Bronzebleche von Watsch sehen, auch in dem dortigen
Gräberfeld gefunden.
Kehren wir nach diesen allgemeinen Betrachtungen, die freilich
später noch einiger Ergänzungen bedfirfen, zu dem Gürtelbleche von
Watsch zurück. Derjenige, welcher die Zeichnung zu der Darstellung
entwarf und wohl auch die Ausführung derselben besorgte — ob nun
Künstler oder Kunsthandwerker nach unseren modernen Begrififen —
hatte immerhin einen gewissen Sinn für richtige Verhältnisse, wie wir
dies bei den Pferden finden, die ausserdem noch lebendig bewegt sind.
Weniger ist dies der Fall bei den beiden links und rechts dargestellten
Kriegern und dem davon gehenden Mantelträger, welcher, was übrigens
nur nebenbei erwähnt sei, ganz richtig angebracht ist: er geht aus
dem Bilde; auf der entgegengesetzten Seite angeordnet, würde er die
beginnende Erzählung unterbrechen und sein Weggehen ganz unmo^
tivirt sein! Das scheinen Nebensachen, aber sie sind es nicht: soll
eine Erzählung klar und deutlich sein, so muss auch das Geringste
recht beobachtet und richtig dargestellt werden.
Sind die Köpfe und Gesichter dieser drei Figuren zu gross aus-
gefallen, so kommt das, nach meiner Ansicht, lediglich auf Rechnung
des Bestrebens, dieselben so viel als möglich zu individualisiren.
Die Handlung stellt einen schon vorgeschrittenen Kampf dar:
die langen Lanzen sind geschleudert, diejenige des hclmbedeckten
lieiters zur rechten Seite hat eine Zierscheibe, welche das Pferd seines
Gegners auf der rechten Schulter trägt, durchbohrt. Die erste Lanze
des linken, unbedeckten Reiters fliegt auf den Gegner zu, indess er die
6 Julius Naae:
ksrze, zweite Laiue eben im Begriff ist za werfeiL Wir aekem kkr
die beulen charakteriatiacbcn Warfgeschosse abgebildet: die kuge Lu»
mit beschlagenem Scbaftende und der Wurfschlinge, und die kime
Lanze ohne dieselben.
Der rechte Reiter holt mit dem an einem gebogenen SUde be-
festigten PaaUtabe zum Schlage aus. Beide sind bekleidet: der Helm-
träger mit einem oben enganschliessenden reich gemusterten Bodce,
der Gegner mit flatterndem Haare mit einem in breite Falten lom
Rucken herabfallenden Oewande, Beine und FQsse sind nadct. Dadurch,
daas bei beiden iCeitem auch der zweite Fuss dargestellt ist, eriialten
wir den Beweis, dass der Künstler scharf beobachtete und nicht nach
irgend einer »Schablone schuf«
In Betreff der f ussbekleidung der Reiter, welche Graf Wurm-
brand annimmt, verdient das Bronzeblechfragment von Gurina, welches
ebenfalls im Besitze des Fürsten Ernst Windischgrätz ist und das
Meyer in seinem Werke über „Gurina^^ ^) publicirt hat, besondere Be-
achtung, weil es zeigt, dass der Reiter mit kurzen Stiefeln bddeidet ist.
l)ie Pferde sind verschieden gross. Das grössere, links, mit kurz
g(äichorener Mähne Ist im Vcrhältniss zum Reiter grösser als das
MittelroaasH unserer Cavaleriepferde und bedeutend grösser als wahr-
scheinlich die Pferde der Römer und Griechen waren; das andere ist
kleiner und mit offener, reicher Mähne versehen, wie sie nur die Pferde
der Barbaren trogen. Das Riemenzeug des Kopfgestells ist beim grossen
Pferde deutlich sichtbar, sowie die halbrunde Stange, welche an zwd
Stellen befestigt war und die oft gefunden wurde, ohne die Lage im
Gebiss genau zu erkennen. Sattel und Steigbügel fehlen.
Die beiden Krieger links und rechts neben den Reitern sind mit
Helm und Schild bewehrt; derjenige, welcher hinter dem behelmten
ReiU;r schreitet, hat zwei Lanzen, der andere schwingt den Paalstab,
wie der ihm feindliche Reiter und hat einen ähnlichen reich gemusterten
Rock. Wir unterscheiden somit nicht durch typisch verschiedenes
CosUlm Freund und Feind, denn der behelmte Reiter ist bis auf
den Schild mit dem Krieger zu Fuss, welcher sich ihm gegenüber be-
findet, gleich gekleidet und schwingt dieselbe Waffe. Der scheinbar
ersclireckt davon Eilende hat einen breiten Hut und ein ärmelloses
üewand oder einen Mantel.
1) Moyor, Dr. A. H.. Ourina im Obergailthal (Kärnthen). Dresden 1886.
Mit 14 Tafolu in Lichtdruck.
Die figürlichen Darstellungen aus der HallBtattpcriode. 7
Die Darstellung dieses Gürtelbleches führt uns nun zu jener,
welche wir auf den Bronzeeimem (den Situlae) finden. Bekannt sind
solche Gefässe aus den österreichischen Alpenländern und zwar folgende:
Fragmente einer Situla mit getriebenen Figuren, welche 1845 auf dem
Umengräberfelde von Matrai am nördlichen Abhang des Brenners in
Tyrol gefunden wurde, sodann die 1868 am Fusse des Tschegglbergs
bei Botzen in Südtyrol unter einem Steine, allerdings auch nur in
Bruchstücken gefundene Ciste von Moritzing, und von Hallstätter Funden
die bei Sacken, das Grabfeld von Hallstatt Tafel XX und XXI abge-
bildete Situla mit 2 Tragreifen, deren Deckel aber nur vier getriebene
Thiergestalten zeigt, weiter ein Bronzeblechfragment aus einem Hügel-
grab am St. Magdalenenberg bei St. Marein südlich von Laibach,
welches schreitende Krieger und in der unteren Zone Ornamente eben-
falls in getriebener Arbeit darstellt, hieran schliesst sich die im Früh-
jahre 1882 bei Watsch gefundene einhenkelige Situla aus Bronze. Aus
Italien kennen wir die in Fragmenten in einem Kriegergrabe bei Sesto
Caiende gefundene Situla, die von Trezzo am Lago Maggiore, welche
aber in der Ausführung von den übrigen abweichen, die Situlae von
Este und endlich die wichtigste, die berühmte Situla der Gertosa von
Bologna und eine weitere, zweite, ebenfalls von Bologna.
Diese Certosasitula wurde im Grabe 68 am westlichen Rande der
I. Gruppe der Certosagräber gefunden, sie war mit einem Steine be-
deckt und enthielt Leichenbrand; zwischen den Knochenresten lagen
zwei schlechterhaltene Bronzefibeln, scheinbar vom Gertosatypus, über
den Knochenresten eine Schaale und ein Henkelkrug aus Thon mit
Mäanderverzierung.
Sowohl diese, als die anderen Situlae sind aus zwei sehr dünnen
Bronzeblechen, die zusammengenietet sind, hergestellt; die Gestalten
in Zonen geordnet, deren untere nur Thierfiguren zeigt. Zannoni und
Brizio halten die Bologneser Gertosasitula für umbrischen Ursprungs
und erklären dies damit, dass ümbrer auch unter der Herrschaft der
Etrusker noch in dem alten Felsina gelebt haben. Die Situla, meint
Zannoni, sei ein altes Prachtstück, das aus der umbrischen Zeit stamme,
in einer Familie wahrscheinlich als Erbstück aufbewahrt worden und
erst nach der Festsetzung der Etrusker in dem alten Felsina in das
Grab gelangt sei.
Die Situlae von Sesto Caiende und Trezzo zeigen Kreisomamente
und Figuren, die aus kleinen getriebenen Funkten oder Buckeln zu-
8 Julius Naue:
sainmengesetzt snd. In der Art der Technik weichen demnach diese
beiden von den übrigen ab, was nicht ohne Bedeutung ist
Zannoni theilt die Situlae in zwei Gruppen: in solche, welche
keinerlei orientalischen Einfiuss zeigen, die er für älter erklärt (Matrd,
Sesto Calende und Trezzo) und in solche, die mehr oder weniger einen
orientalischen Einfiuss verrathen und jünger sind (Situla der Gertosa,
Moritzing und Este).
Das all dies^ Gefässen Gemeinschaftliche und Charakteristisehe
ist die Eintheilung des Gefässumfanges durch horizontale Streifen oder
Rippen in friesartig umlaufende Zonen. Die primitiv stylisirten Menschen-
und Thierfiguren sind nicht einseitig angebracht, sondern als Yerzie-
rungstreifen in Reihen geordnet. Diese Zoneneintheilung und reihen-
förmige Anordnung der Figuren und Ornamente ist aber ein besonders
charakteristisches Merkmal der alten orientalischen und asiatisch«!
Metalltechnik und tritt uns fiberall auf den Schaalen und anderen Ge-
fässen aus Bronze, Silber und Gold entgegen, welche als Erzeugnisse
der ägyptischen, phönikischen, assyrischen oder altgriechischen Kunst
betrachtet werden.
Vor allen Dingen ist bei diesen Darstellungen nicht ausser Acht
zu lassen, dass der Fries mit seinen Bedingungen niemals überschritten
wird und dass eine, wenn auch noch so unbehilflich dargestellte Episode
aus dem Leben doch immer klar und deutlich erzählt ist. Analog der
Gefässform geht die Erzählung von unten nach oben, wodurch ein
Fortlaufen derselben ermöglicht wird. So schreiten die Figuren der
ersten oberen Zone meistens nach links, die der zweiten von links nach
rechts, die der dritten wie die ersten, indess die Thiere der letzten
Zone — die Basis, von welcher die Erzählung aufsteigt — entweder
von links nach rechts, oder umgekehrt angeordnet sind ; die Abweichung,
welche hier hin und wieder auftritt, hat darin ihren Grund, dass die
Thiere nicht mit der eigentlichen Darstellung im erzählenden Zusam-
menhange stehen.
Die Thiergestalten der unteren Zone kann ich nicht, wie v. Hoch-
stetter annimmt, für Bilder aus der Naturgeschichte halten; in diesem
Falle wären sicher verschiedenartige Thiere dargestellt.
Auf derWatscher Situla (Fig. 2) ist anstatt desieierlichen Aufmarsches
der Krieger, wie wir ihn auf der Situla der Certosa (Fig. 1) sehen, in der
oberen Zone ein festlicher Aufzug dargestellt, Wagenlenker, Pferdeführer,
Reiter — vielleicht ein Uochzeitszug —. Die zweite Zone der Wat-
scher Situla enthält die Darstellung eines Ess- und Trinkgelages, eines
Die^ figürlichen DarstelluDgen aus der Hallstattperiode. 9
Opfersund eines Musicirenden; dann folgen gymnastische Spiele: Faust-
kämpfer mit den Zuschauern oder Preisrichtern. Auf der Gertosa-
situla zeigt die zweite Zone einen feierlichen Zug von Männern und
Frauen, welche die verschiedensten Dinge tragen; einen Zug von 6e-
schenkbringem, wie Hochstetter meint, den man aber, wenn man ihn
in Verbindung mit den feierlich dahin schreitenden Kriegern der ersten
2^ne setzt, was wohl der Fall sein diirfte, als einen Opferzug mit
den Opfeithieren, Opfergefassen und Qerätheu auffassen könnte. Die
dritte Zone enthält neben landwirthschaftlichen Bildern ein Opfer, das
Heimbringen der Jagdbeute, und in der Mitte eine musikalische Unter-
haltung. Wer dächte hier nicht an den Zug mit den Opferthieren,
Opfergeßlssen und Weihegaben der Panathen&en vom Parthenonfriese
des Phidias? Auch hier wird der Widder mitgeflihrt, indess Amphoren
und Weihegaben von Jünglingen, und die heiligen Gewänder von Jung-
frauen in Körben getragen werden.
Die zweite Situla von Bologna trägt in der oberen Zone die Dar-
stellung eines Wagenrennens und gymnastischer Spiele, in der mitt-
leren mehrere mit Schild und Helm bewehrte und mit Lanzen ausge-
rüstete Krieger zu Fuss in Begleitung von zwei Reitern; der vor dem
ersten Reiter mit Schild und Helm (?) bewehrte Krieger scheint als
Tuba- oder Hornbläser dem Zuge vorauszugehen; die untere, schmälere
Zone hat die bekannten Thierfiguren. Sowohl über der ersten, zweiten
und dritten Zone ist bei dieser Situla, abweichend von den eben be-
schriebenen, je ein schmaler, eigenthümlich omamentirter Fries einge-
schoben, wodurch die Figurenfriese getrennt und als für sich allein
stehende Erzählungen erscheinen, oben Wettrennen und gymnastisches
Spiel, unten: militärischer Aufzug.
Hochstetter nimmt an, dass „der Metallschmied den Raum be-
nutzte, welchen ihm die Zonen boten und dass er aus seinen Schablonen
und Zeichnungen ausgewählt und neben einandergesetzt hat, was ihm
passend schien.* Dieser Annahme kann ich nicht zustimmen. Denn
wären die Figuren mit Schablonen hergestellt, so würden bei den mar-
schirenden Kriegern z. B., um nur von diesen zu sprechen, zwei oder
drei ganz und gar miteinander übereinstimmen, was jedoch nicht der
Fall ist; auch bei den Thieren der unteren Zone findet dieses nicht
statt. Von Schablonen oder vorräthigen Zeichnungen kann deshalb
nicht die Rede sein; ich bin vielmehr der Ansicht, dass derjenige,
welcher die Ausschmückung der Gefasse übernommen hatte, vollständig
frei schuf. Wi^e viel Gewicht auf die Anordnung gelegt wurde, be-
10 Julius Naue:
weisen u. a. die Mitteltheile der Zonen der beiden Bologneser Situlen;
hier ist ein gewisser Kernpunkt angenommen, um den sich die links*
und rechtsseitigen Dartellungen gruppiren und anreihen.
Die Ausfüllung der leeren Stellen zwischen den einzelnen Dar»
Stellungen und Figuren durch Rosetten, Bäume, pflanzenartige Orna-
mente und Vögel zeigt von Verständuiss und Takt; denn nur da wurden
sie angebracht, wo sie wirklich Lücken ausfüllten, aber auch hier nicht
ohne Ik'ziehung, wie dies die fliegenden und auf den Thieren sitzenden
Vögel genugsam beweisen. Um nun den oberen Darstellungen einen
würdigen Absehluss zu verleihen, wird in die untere, letzte Zone ein
Fries von ruhig hinter einander schreitenden Thieren hinzugefügt, die,
ornamental angeordnet, die oberen mehr oder weniger bewegten Hand-
lungen wirksamer hervorheben.
Folgte man auch in der Anordnung überlieferten Regeln nnd
liosetzen, so wusstc man doch das NebensächUche unterzuordnen und
nur das Wesentliche darzustellen.
Die den Thieren in das Maul gegebenen „Pflanzenranken'' o. dergl.
sind als hinüberleitende Linien und rein ornamentale Zusätze aufzu-
fassen, da sie sonst keine eigentliche Erklärung finden.
Dass nach F. von Hochstetter die darstellende Kunst, soweit es
sich um die mehr oder weniger richtige Zeichnung der Menschen-
und Ihiortiguren auf den besprochenen Gef&ssen handelt, «als eine
durchaus kindlich naive, rohe und unbehiUliche* anzusehen ist^ bedarf
keiner weiteren Erörterung: doch mag in Betreff der Darstellungen
der Cortosasitula die Bezeichnung ..roh*' nicht am Platze sein. Un-
bohildioh ist wohl vieles, hinwiederum aber auch anderes ganz vortrefflich,
so u. a. einige Thiere der dritten und vierten Zone; vor allen jedoch
war dex Künstler, welcher diese Situla ausschmückte, bestrebt, seine
iiesialten so lobendig als nü'iglich darzustellen und den Gesiebtem
und iie:>talten eme gewisse Individualität zu verleihen. Auch die zweite
Situla \ivu lU>K^ua zeichnet sich bei aller Plumpheit der AosfQhrung
d\vh darvh grusse Lebendigkeit und ein Bestreben zu individoalisiren
Au^ ol^^ion bei der ausseronlenüich flüchtigen Arbeit der Stichel häufig
u:oh; den Intentionen nachkommen konnte: dasselbe ist bei der Situla
\VQ Welsch der Fall, welche aber weiter in der Ausfährong, noch in
L>etn^ der Kenntnisse mit der Certosasitula deichen Schritt hält.
Wenn vir jeut auf die Anordnung des Ganzen« auf Oomposition,
Grup'ixruu^. hchti^e Verthoilung der Massen ein besonderes Gewicht
kv^i\ jo ^^^schieht dies, weil wir erst dadurch in den^SUnd geseilt
Die figürlichen Darstellungen aus der HalUtattperiode. 11
werden, diese interessanten Darstellungen richtig zu würdigen. Es ist
das geistige Element, was hier besondere Beachtung verdient und das
über die unbehilfliche, oft rohe Arbeit gestellt werden muss. Meiner
Ansicht nach gewinnen wir damit die richtige Beurtheilung jener vor-
geschichtlichen Metallschmiede oder Kunsthandwerker.
Die Situlen der Certosa und von Watsch repräsentiren gewiss die
besten Erzeugnisse der damaligen Metalltechniker, welche nicht allein
im alten Italien, sondern auch in den österreichischen Alpenländern
und wahrscheinlich nicht minder im südlichen und südwestlichen Deutsch-
land eine hohe Stufe einnahmen.
Wenn nun mit Ausnahme der beiden Situlae von Bologna und
derjenigen von Sesto Calende und Trezzo die meisten Funde dieser
verhältnissmässig seltenen Bronzegefässe, zu denen wir noch die
figürlichen Gürtelbleche von Watsch und Gurina zählen müssen, Ge-
bieten innerhalb der Alpen oder am Fusse südlich und nördUch der-
selben angehören, während einfache Situlen, gerippte Bronzecisten,
einfache und gestanzte Bronzebleche und Bronzegürtel allerdings weit
verbreitet, sowohl in den südlichen, wie in den nördlichen Gebieten
der Hallstatt-Cultur und in einzelnen Exemplaren selbst in Nord-Deutsch-
land vorkommen, so gibt dies recht zu denken.
Wichtig erscheint in dieser Beziehung Este, hier wurden nämlich
wie in Watsch und Maria Rast Urnen von fast gleicher Forn\ mit
eigenthümlichen Verzierungen von Bronzenägeln mit den Situlen ge-
funden; dazu kommt ferner, dass die neuesten Forschungen und Unter-
suchungen zweier Gelehrten, welche ganz getrennt von einander
arbeiteten, bestätigen, dass von Este und Padua über das Gebiet des
Piavethales in Venetien bis nach Kärnthen, Krain und Istricn ein Volk
mit einer Sprache, das dem illyrischen Stamme zuzutheilen sei, an-
gesiedelt war. Pauli in Leipzig kommt zu seinem Resultate durch das
Studium der Inschriften von Gurina und Este, und Orsi in Florenz
durch die Gräberfunde von Istrien und den julischen Alpen. Ich kann
hier nicht die von Pauli angeführten Beweise wiedergeben, ebensowenig
auch auf ürsi's Forschungen eingehen; so viel aber scheint doch fest-
zustehen, dass in der vorherbezeichneten Gebiets- Ausdehnung keine
Kelten angesiedelt waren.
Diesem illyrischen Volksstamme mögen demnach die mit Menschen-
und Thierfiguren verzierten Bronzegefässe und Bronzebleche besonders
eigenthümlich gewesen sein. Von Kärnthen können denn auch einige
der Hallstatter Funde herrühren.
13 Julius Naue:
Weiter bestärkt in der Annahme, den Ulyriem diese Arbeiten
zu£utheiien, werden wir noch, wenn wir die bis jetzt in Este und
Gurina gefundenen Bronzcbleche und Stifte mit Inschriften in den
Foreich unserer Betrachtung ziehen. Hier hat Hofrath A. B. Meyer
12 Drvsden sich durch seine umfassende und werthvoUe Arbeit über
iiurlna das grosse Verdienst erworben, die so zahlreich beschriebenen
Rr.Hieobkvhe und Stifte von Este mit sämmtlichen bisher in Gurina
irfandenon sechs Inschriftblechen , einem beschriebenem Bronze-
^liSrhen und die Felsinschriften von Würmlach zum ersten Male zu-
r^Azzinien zu publiciren. Auf dieses wichtige und zahlreiche Material basirt
>icii Faali's vorerwähnte Untersuchung und das daraus ei-zielte Resultat.
Nirgends sind bis jetzt in nordöstlicher Richtung von Este so viele
Inschriften und zwar auf verhältnissmässig kleinem und noch keines-
wegs gründlich durchforschten Gebiete gefunden worden, wie in Gurina.
Es ist deshalb dringendst zu wünschen, dass die Untersuchungen hier
in thunlichster Bälde wieder aufgenommen und in systematischer Weise
zu Ende geführt werden. Der Anfang ist viel versprechend!
Werfen wir noch einen Blick auf die Estensischen Funde. Sie
sind sehr wichtig, weil wir durch ihre Lagerung in vier übereinander
befindlichen Grabschichten eine relative Altersbestimmung bis zur rö-
mischen Occupation erhalten. Die Situlen mit den Zonendarstellungen
von landwirthschaftlichen Arbeiten, feierlichen oder nicht feierlichen
Zügen, geflügelten und ungeflügelten Thieren werden aber erst in der
dritten Schicht angetroflen, sind also jünger als die Mehrzahl unserer
Bronzen und nicht sehr weit von der Epoche der römischen Cultur-
herrschaft entfernt.
Auffallend stimmt mit dieser Thatsache das, was Pauli bezüglich
der Inschriften von Este und Gurina mittheilt: die Inschriften von
Este stammen erst aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., die von Gurina
circa aus der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr.
Ob jedoch dadurch die Frage wegen des Alters jener figürlichen
Gefasse und Bronzebleche schon entschieden ist, wage ich nicht zu be-
haupten.
Die im südlichen und südwestlichen Deutschland und in Hallstatt
gefundenen Bronzcbleche, Bronzegürtel und Bronzegefässe unterscheiden
sich 'bis auf den Deckel der vorher erwähnten Bronzesitula von Hall-
statt) aber wesentlich von jenen beschriebenen von Watsch, Este u. s. w.
Vor allem fehlen die Inschriften, und die Thier- und Menschenfignren
haoen keine Aehulichkeit mit jenen der Zonen-Darstellungen auf den
Die figürlichen DarstellüDgen aus der HallBtattperiode. 18
Situlen und den Bronzeblecheh von Watsch und Gurina etc. Unsere
Thier- und Menschengestalten entspringen einer ganz anderen Denk-
und Anschauungsweise, als jene; unsere Volksstämme decoriren mit
diesen Gestalten nur in ornamentaler Weise. Dazu tritt der weitere
Umstand des Fehlens jener Urnen mit der Bronzenägelverzierung, wie
solche mit den figürlichen Situlen in Este und Watsch vorkommen,
ebenso aber auch, dass die Mehrzahl dieser Bronzegefässe nicht in
Hügel-, sondern in Flachgräbem gefunden worden sind. Bis jetzt fehlen im
Bereiche des südwestlichen und südlichen Deutschland bis nach Hallstatt
die Bronzesitulen mit Zonendarstellungen von Menschen- und Thier-
gestalten gänzlich; ob noch deraitige Funde in diesen Gebieten ge-
macht werden; scheint nicht recht wahrscheinlich. Alle diese Umstände
dürfen aber, nach meiner Ansicht, bei den Untersuchungen über jene
merkwürdigen Gefässe und über den Ursprung derselben nicht ausser
Acht gelassen werden.
Zum Schlüsse möchte ich noch hervorheben, dass die Darstel-
lungen auf den besprochenen Situlen und dem Watscher Gürtelbleche
uns nur Menschen und keine Götter, Könige oder Heroen
vorführen, auch nicht mythologische oder dynastische
Scenen. Ihr Werth liegt darin, dass sie uns das Leben jener
Völker in schlicht naiver, oft unbehilflicher Weise, aber
nachRegel und Gesetz schildern. Vieles mag wohl urspiUnglich vom
Orient stammen und manches sich auch mit der archaiisch-griechischen
Kunstweise berühren, wohin die unteren Zonencompositionen der Thiere
gehören, welche von den Griechen vom Oriente übernommen und voll-
ständig weiter entwickelt wurden. Auf altgriechischen Gefassen sehen
wir die leeren Räume zwischen den Thierfiguren durch Rosetten und
fliegende Vögel ausgefüllt und ebenso entspricht die Bildung der Thiere,
besonders der phantastisch gestalteten, jenen der altgriechischen De-
corationsweisen. Aber locale Anschauungen und Elemente machen
sich in gleichhervorragender Weise geltend, so z. B. die Helmformen,
die Stühle, die primitive Construction der Wagen, die Pferdegeschirre,
die Paalstäbe etc.
Wenn wir Alles einer gründlichen Prüfung unterwerfen und jede
vorgefasste Meinung bei Seite lassen, so müssen wir zugestehen, dass
das Fremde mit dem Einheimischen, das Ueberlieferte mit dem selbst
Erfundenen oder dem Leben Nachgebildeten auf gleicher Stufe steht,
was voraussetzt, dass alles Fremde und Entlehnte geistig verarbeitet
so zu sagen in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wir kommen dann
14 Jaliai ICftne: Die figürlichen Darstelllan^n ans der Hallstattperiode.
auch zu der ücberzeugung, dass die sämmtlichen Darstellungen, welche
wir besprachen, als zeitgemässe Kunstwerke aufzufassen sind, und dass
sie ab solche in kultur- und kunstgeschichtlicher Hinsicht denselben
Platz einnehmen, wie z. B. die Kunstdenkmäler der romanischen Pe-
riode. Diesen aber stehen Urkunden und Documente zur Seite, welche
jenen kleinen Kunstwerken fehlen, und deshalb sind sie gerade so
ausserordentlich wcrthvoU. Für das Leben, die Kleidung, die Bewaff-
nung u. s. w. haben dieselben hohe Bedeutung, nicht minder aber für
die Kunstäbung jener vorgeschichtlichen Zeiten.
Julius Naue.
Erklärung der Tafel.
Fignr 1. Bronze-Situla von Bologna (nach Zannoni, Gli scavi della Certosa.
Bologna 1876—77).
Figur la und Ib. Einige charakteristische Figuren dieser Sitnla. la: Krieger
zu Pferd mit Helm, über der linken Achsel den Streitkelt, hinter ihm
ein Krieger zu Fuss mit Helm, Schild und Lanze. Ib: zwei schreitende
Krieger, der erste mit Helm, rundem Schild und Lanze bewehrt, der
zweite den Streitkelt über der linken Achsel tragend» die spitze Kopf-
bedeckung desselben scheint keinen Helm, sondern eher eine spitz zu-
laufende Mütze darzustellen.
Die drei nach rechts schreitenden Figuren — zwei Männer und eine
Frau — gehören der zweiten Zone der Situla an und sind gewiss als
Theilnehmer am Opferzuge aufzufassen. Der zuletzt Schreitende trägt
auf der linken Achsel ein langes Schwert (?), indess er in der rechten
Hand einen glockenartigen Gegenstand hält. Der zweite Schreitende
trägt in einem über den Rücken herabhängenden Korbe eine Flasche,
die vor ihm gehende Frau dagegen auf dem Kopfe eine weitbauchige,
grosse Bronzevase.
Figur 2. Bronze-Situla von Watsch (nach einer Photographie).
Figur 2a. Der eigenthümliche Wagen der ersten Zone dieser Situla; ein Mann
mit flacher runder Mütze leitet denselben, hinter ihm wahrscheinlich
eine sitzende Frau.
Figur 8. Das Bronze-Gürtelblech von Watsch (nach einem Lichtdrucke, publi-
cirt von Graf Gundaker-Wnrmbrand in den „Mitthcilungon der An-
thropol. Gesellschaft in Wien". XIV. Bd. U. und HI. Heft. Wien 1884,
und nach einem Gypsabgussc).
2. Zur Topographie und Geschichte von Köin.
Die fieberhafte Bauthätigkeit, welche gegenwärtig in Köln herrscht,
ist in hohem Grade geeignet, die Augen der Alterthumsforscher auf
sich zu lenken. Denn sie gestattet uns vielfach Einblick in die Topo-
graphie und kulturgeschichtliche Entwickelung der alten Ubierstadt
theils durch Aufdeckung bisher unbekannter Thatsachen, theils durch
Aufhellung unbeachteter oder angezweifelter Angaben. Wohl um-
schwärmen Kunstliebhaber und Kunsthändler die zahlreichen Baustellen,
sich den Besitz der aufgefundenen Kunstgegenstände streitig machend,
allein ihre Thätigkeit bringt der Alterthumskunde selten Gewinn,
denn auf die Lagerungsverhältnisse und Umgebung der Werthgegen-
stände wird nicht geachtet, und alles, was keinen bestimmten Markt-
preis hat, wie Ziegel, Inschriftfragmente, Eisentheile u. A., bleibt als
werthlos im Schutte liegen oder wird muthwillig zerstört.
1. Ein bisher wenig beachteter Römerkanal.
In dem Hause Unter-Goldschmied 48, welches gegenwärtig zu
einer grossen Restauration umgebaut wird, stiess man zu Ende vorigen
Jahres bei Aufräumung des mit guten Kreuzgewölben versehenen
Kellers an der der kleinen Budengasse entlang laufenden Abschluss-
maucr auf ein Brunnengeschränke und fand bei weiterm Nachsuchen,
dass die Brunnenwand sich einige Meter unter der Kellersohle
in einen gewölbten Gang öffnet. Da der Eigenthümer des ge-
nannten Hauses mich um Aufklärung ersuchte, und die Sache einer
genaueren Untersuchung werth schien, so übernahm ich bereitwillig
diesen Auftrag und lasse das Ergebniss hier folgen.
18
L. Sohwörbel:
Der Gang läuft inoerhalb des genannten Hauses längs der Baden-
gasse hin, hat also eine Richtung von Osten nach Westen. Derselbe
ist aus Tuffsteinquadem solide aufgefahrt und oben durch ein halb-
SuMoff^tiH: A-p
\^y/^£;,. .üV/^y
Gn»w und Kteiiw BndenKUH.
kreisförmiges OewQlbe abgeschlossen, der Fussboden durch eine fest«
Betondecke gebildet Die Höhe bis lum Schtitelpunkte des Gewölbes
betrtigt 2,450, djo Breite l^m. Ein Theil d« Materials war zu
Zur Topographie und OeBchichte v
1 KöId.
17
andern Zwecken bestimmt, vielleicht schon benutzt, denn viele Quadern
sind mit einer duichlaufendeD Rinne versehen, welche mit kleinen Tuff-
steinen ausgefallt ist, um die Tragfähigkeit der Steine nicht zu beein-
trächtigen. Der Gang steht durch eine Treppe mit dem Keller des
Hauses kleine Bundengasse Nr, 3 in Verbindung und ist unterhalb
dieses Hauses durch eine bis unter das Gewblbe reichende Schuttmasse
versperrt, nach Unter-Goldschmied hin durch eine moderne Ziegel-
steinmauer geschlossen. Treppe, Brunnen und Ziegelsteinmauer Hessen
darauf schlies&en, dass dieser Gang den früheren Besitzern der beiden
Häuser Unter-Goldschmied 48 und kleine Budengasse 3 bekannt war,
weshalb ich mich behufs weiterer Aufschlüsse an Herrn Justizratb
Schenk und die Geschwister König sowie an das stäldtische Archiv
und die Kegistratur wandte, wo mir bereitwillig Aufklärung zu Theil
wurde.
Im Jahre 1830, so wurde mir mitgetheilt, hatte Herr König,
ein städtischer Beamter und Besitzer des Hauses Budengasse 3, Kohlen
in den Keller schaffen lassen. Als aber das Dienstmädchen Kohlen
heraufhohlen sollte, fanden sich keine. Dieser Umstand soll zur Ent-
deckung des Ganges geführt und Herrn KiJnig veranlasst haben, dem
fleissigen Stndtsekretär Fuchs von seiner Entdeckung Mittlieilung zu
machen. Auf dessen Betreiben wurde der Stadtbaumeister Weyer mit
einer Untersuchung beauftragt. Aus dem Bericht, welchen derselbe
am 8. Nov. 1830 an den Oberbürgermeister abstattete, entnehmen wir
Folgendes.
„Einige Fuss unter der Kellersohle fand sich alsobald eiu theil-
weise eingeschlagenes mit Werksteinen ausgeführtes Gewölbe und bei
dem fortgesetzten Ausgraben ein ganz mit Werkstücken erbauter ge-
rüumiger Kanal oder nach der hier gebräuchlichen Benennung eine Ahr,
wovon ich die Handzcichnung des Querprofils hier beizuzeichncn die
Ehre habe."
„Es ist dieser Kanal Im Lichten 3'9" breit und bis unter den
Schluss des Gewölbes 7'9" hoch, also geräumig genug, dass zwei Mann,
gehörig bedeckt, neben einander durchgehen können.
„Das Steinmaterial besteht in einer Art Tuffstein und blättert
sich äuBserlich ab, ohne jedoch dem Kanal die nöthige Solidität ku
benehmen, und ist derselbe noch in einem baufesten Zustande. Die
Sohle des Kanals Hegt etwa 28 Fuss unter der Strasse vor dem Hause
des Herrn König, also etwa auf Nr. 20 des hiesigen Pegels und setzt
I AliO iD der Fortsetzung ein starkes Gefälle voraus und berechtigt zu
18 L. Schwörbel:
den schönsten Hoffnungen für die Verbesserung des Wasserabzugs
unserer Stadt, besonders da nach eingezogenen Erkundigungen Spuren
des Kanals bis an den Eingang der Breitenstrasse, abwärts bis an das
Bollwerk (!) vorhanden sein sollen."
,,Der Kanal ist bis beinahe unter den Schluss des Gewölbes mit
Erde angefüllt, welche schichtweise aus Lett, Flusssand, Kies und Bau-
schutt bestand."
Aus dem Berichte erfahren wir weiter, dass „in dem sonst gut
erhaltenen Gewölbe einige Einbrüche sichtbar sind, welche bei früherem
Auffinden des Kanals gemacht worden sind^*; ferner, dass Weyer den
Kanal auf eine Länge von 40 Fuss, also bis beinahe unter die Strasse an
Goldschmied hat reinigen lassen, und dass für diese Reinigung 25 Thaler
verausgabt wurden. Der Bericht schliesst mit der Bitte um Bewilligung
der Mittel zur Fortsetzung der Reinigung. Diese Mittel wurden denn
auch bereitwillig zur -Verfügung gestellt.
Aus der nach Vollendung der Aufräumungsarbeiten bei Beschrei-
bung der kleinen Budengasse S. 82 gemachten Aufzeichnungen des
Archivars Fuchs ist folgende Mittheilung von Interesse. „Dieser
Kanal ist auf eine Länge von 462 F. aufgeräumt worden etwa vom
Hause des Bierbrauers in der kleinen Budengasse Nr. 11 bis zu dem
Hause Hochstrasse Nr. 136, welches das Eck der grossen Budengasse
bildet. Hier fanden sich ungeachtet der von den Pioniers in einer
Länge von 48 F. unternommenen Arbeiten keine Spuren der Fort-
setzung dieses Kanals nach Westen hin. Ein römischer Krug (Amphora)
2V2E. hoch und einige andere Bruchstücke römischen Herkommens
fanden sich im aufgeräumten Schutte. Wegen der grossen Kosten,
die die Fortsetzung der Arbeiten verursacht haben würden, gericthen
die Arbeiten ins Stocken. Hierüber erstattete der Stadtbaumeister
einen ausführlichen Bericht vom 28. April 1831. (I cap. 2, Nr. 24.)"
Wo der Kanal unter der Strasse herlief und städtisches Eigenthum
war, wurde derselbe vermiethet. Solche städtische Miether sind noch
heute die Wildpret-Handlung Tellenbach in der kleinen Budengasse und
die ehemalige Schorn'sche Brauerei in der grossen Budengasse Nr. 1.
Zugänge haben die Geschwister König in der kleinen Budengasse Nr. 3
und der Bierbrauer Esser Unter-Goldschied Nr. 23. Noch sei erwähnt,
dass Herr Justizrath Schenk mittheilte, er habe oben im Gewölbe in
bestimmten Zwischenräumen viereckige Luft- oder Lichtschachte
beobachtet.
Soviel einstweilen über diesen Gang, welcher unzweifelhaft römischen
Zur Topogriapbie und Geschichte von Köln. 19
Ursprungs ist und wahrscheinlich zu Vertheidigungszwecken gedient
hat. Das wenigstens glaube ich versichern zu können, dass derselbe
zur Regelung des Wasserabflusses nie gedient hat. Und wenn einzelne
Umstände, z. B. die Feuchtigkeit des Fussbodens, hierfür zu sprechen
scheinen, so rührt dies von RohrbrUchen her, welche durch diesen
unterirdischen Gang ihren Abfluss suchten und fanden. Bekanntlich
gehen ja die Bierbrauer nicht sparsam mit dem Wasser um.
2. Römische Ziegelstempel.
Die unterirdischen Anlagen zu elektrischer Beleuchtung und
Kohlenzufuhr veranlassten hinter dem oben genannten Hause Unter-
Goldschmied Nr. 48 die Ausschachtung des Bodens bis zu einer Tiefe
von 6 Meter. Bei dieser Arbeit zeigten sich in den obern Schichten
Siegburger, von 2 Meter abwärts bis zu 4 Metern fränkische
Thongefässe. Etwa 3 Meter unter dem Strassenniveau traten Reste
von römischem Mauerwerk zu Tage, welches theils mit der kleinen
Budengasse parallel, theils senkrecht nach derselben hinlief. Die Sohle
dieser Mauerreste, welche abgebrochen wurden, lag etwa IV2 Meter tiefer.
Zwischen zwei solchen Mauerresten, der Scheidemauer des Hauses
der kleinen Budengasse Nr. 5 entlang fand sich ein Belag von römi-
schen Ziegelplatten verschiedener Grösse, meist kleine viereckige Platten,
die regelrecht zusammengefügt waren. Leider haben die Arbeiter einen
grossen Theil dieser Platten sofort zerhauen und als Mauersteine ver-
wandt, obwohl, wie mir der Vorarbeiter versicherte, mehrere mit Ver-
zierungen und Schriftzügen darunter gewesen. Unter dem vorhandenen
Rest fand ich noch zwei mit einem Stempel versehene.
Die eine quadrische Ziegelplatte von 19,5 cm Seitenlänge trägt
in erhabener Schrift den Stempel
LEGTMPF
Legio prima Minervia pia fidelis.
Ziegel mit diesem Stempel sind in grösserer Anzahl nur in Bonn ge-
funden worden, obwohl die Legion ungefähr 200 Jahre am Niederrhein
gelegen hat. Die Verschmelzung des Horizontalstriches mit dem Zahl-
zeichen zu einem T findet sich in gleicher Weise auf den Bonner Ziegeln
und anderwärts.
30 Ib SebirpTbel:
Vit andere ctai&Jlfi qoEdrsüsdie. tber läieOwene mbgefaradHM;
Ziegelplatte tod 42cm Beitenliiige hact is eAabener Sdnift den
ILEGVIREBVR
Legio sexta. Bd)iimi&
Der Steil} hat als Unterlage bei einer Ldchen verlmmmm g gedient,
wodurch die Schrift an einigen Stellen gelitten hat, doch ist die Lasimg
nicht zweifelhaft Ziegel dieser Le^on ohne weiteres Bäwort, dagegen
mit dem Topfemamen Tersehen, änd selten. Brambach (C. L Bh. 223 c 4)
fahrt einen zu Xanten gefundenen nüt der nidxt ganz aufgeMirten
Bezeichnung ADR. N OS an. Bebur^ ToDstandig wohl Beburms, fidieiiit
der Name eines Töpfers oder Unternehmers zu sein. Auf einem Maimfi'
Steine findet sich dieser Name als Gognomen ein^ Soldaten der ooh.
I Lueensium Hiepanorum {vgL Bramb. C L Bh. 1235). Dodi hat luser
Bd)urru6 wohl eher Beziehungen zu jenem T. Grispius BebniraB,
wdcher als Ardütekt oder Unternehmer oeanm Namen aaf den Sob-
strnktiaDeD der Arena des Amphitheatere zu Nimes verewigt hat (B.
J. a 41 S. 175).
Wie schon oben angedeutet, zeigten sich auf dieser Fl&ttung viel-
Cache Spuren von LeichenTerbrennung aus frinkiBdier Zeit wie an
andern Stellen des ausgeschachteten Terrains. Unter der Asdie be-
fanden sich ausser zahlreichen Besten von Menschenknochen auch Fiele
Thierlmocben von Pferden, Bindern, Hunden, Schweinen, Beben und
Uirachen, namentlich viele Eberzähne
Die gefundene KrQge waren mäst roh gearbeitet und fast ohne
Ausnahme mit Furchen um die Bauchhöhle, bisweilen um dm Hals
versehen; darunter germanische Trinkbecher mit kugellonnigem Ab-
scbluss, cylinderförmige verschiedener Grosse, gciienkelte und nicht
gehenkelte bimförmige Krüge, Vasen etc.
Ger&tbe von Eisen fanden sich nur bruchstückweise; von Glas-
waren nur der Boden eines fränkischen Bechers. Das geringe Ergebniss
der Ausschacbtun;; rUhK wohl zum grossten Theil von dem Umstände,
dnm dieselben im Winter bei strenger Eilte vorgenommen wurden.
Wo Uttt^^ioMschmied in die Strasse Am Hofe dnmündet,
wurde kttrzli<;h ein römischer Ziegelstein von 23,5 cm Höhe, 22cm
HmUt und 7,r> vm Ukkt gefunden, auf dessen oberer Flache folgender
HUmintl in i*riia\MJkiti Schrift leicht eingedrückt war
;>c V G^<.
Zar Topographie and Gesohichte von Köln. 21
Der Stempel hatte offenbar bewegliche Buchstaben, wodurch sich die
Umkehrung des A leicht erklärt. Was die Bedeutung betriflt, so liegt
es nahe an einen Töpfer oder Unternehmer zu denken, zumal von
Freudenberg (B. J. H. 53, S. 311) ein Töpfername Cagius aus Neuss
erwähnt wird. Sollte es mit Rücksicht auf den Fundort nicht zulässig
sein, unsern Stempel in Civitas (Colonia) Agrippinensium aufzulösen?
3. Grabstein eines Reiters der ala Noricorum.
An der Gereonsstrasse auf dem Grundstück des Herrn Bauraths
Pflaume, wo im verflossenen Winter das im Museum Wallraf-Richartz
zu Köln befindliche schöne Denkmal eines Reiters der ala Noricorum
gefunden wurde, entdeckte man im April d. J. den Grabstein eines
andern Reiters dieser ala. Derselbe besteht aus hellem Kalkstein, ist
einschliesslich des Sockels 2 m hoch, 0,95 breit und zeigt in seiner Aus-
stattung und Behandlung grosse Aehnlichkeit mit den von Prof. Klein
(B. J. H. 81, S. 87 f. und S. 91 f.) besprochenen Denkmälern, wes-
halb ich mich hier kurz fassen kann.
Der ganze Raum ist ziemlich gleichmässig in drei Felder getheilt.
Im obem erblickt man in einer Vertiefung die reliefirte Darstellung
eines Mahles^ welche jedoch nicht vollständig erhalten ist. Von dem
auf dem Lektus ruhenden Verstorbenen ist nur der wagerecht ausge-
streckte, mit reichem Faltenwurf der Toga bekleidete Unterkörper er-
halten, vom Oberkörper nur der linke Arm, auf welchen sich der
Ruhende stützte, mit einer Schale in der Hand. Vor ihm steht ein
dreibeiniger Tisch, mit drei Gefässen, darunter wohl ein Körbchen mit
Früchten, besetzt; neben dem Tische ein hoher Wasserkrug mit engem
Hals, zu Füssen der aufwartende Diener.
In dem untern Relief ist wohl mit Rücksicht auf die Waffengat-
tung des Verstorbenen ein reich geschirrtes Pferd zu erblicken, welches
ein dahinter stehender Diener, der zugleich zwei Spere auf der linken
Schulter trägt, an der Leine führt. Das Pferd ist in der Bewegung
dargestellt mit vorgesetztem rechten Vorderbein und linken Hinterbein.
Zwischen beiden Darstellungen steht folgende Inschrift:
MARCVSSACRIVS
SECVRIF PRIMiGENVS
EQVESAL/tNGRlCOTVR
PATERCLI CIVES REMVS ANN
XXVI . STIP XI . H • F . C
22 L. Sohwörbel:
Marcus Sacrius, Securi filius, Primigenius, eques alae Noricoram
turma Patercli, cives Remus annorum viginti quinque stipendioram
undecim. Heres faciendum curavit.
Die richtige Herstellung des Textes war bei dem gegenwärtigen
Zustande des Steines einigermassen schwierig. Der Stein liegt noch
ungereinigt an der Fundstelle. Als man ihn in einer Tiefe von unge-
fähr 3V2 Meter unter dem Niveau antraf, war er schräg gebettet mit
der Vorderseite nach oben und theilweise den zerstörenden Einflüssen
eines Abortes ausgesetzt. Hierdurch war der untere Theil der Schrift-
flache, besonders die linke Ecke, abgeblättert. Die schönen quadra-
tischen SchriftzUge jedoch sind in dem leicht zu bearbeitenden Steine
so tief eingehauen, dass die Vertikalstriche trotz der Verwitterung noch
Spuren zurückgelassen haben. Die Grösse der Buchstaben nimmt nach
unten hin ab der Art, dass die der ersten Zeile ungefähr 7 cm, die
der zweiten 6,5 cm, die der dritten 6 cm, die der vierten und fünften
4,5 cm hoch sind.
Der in der Inschrift genannte Marcus Sacrius ist aus rheinischen
Inschriften bisher nicht bekannt. Zwar findet sich ein Sacrius auf einem
Igeler Steine (Bramb. C. I. Rh. 832), ist dort aber wohl als Pränomen
aufzufassen. Er stammte aus der Givitas Remorum und diente in der
ala Noricorum, worüber Klein im letzten Hefte der Jahrbücher Näheres
mitgetheilt hat. Der turma Paterculi begegnen wir hier wohl zum
ersten Male. Da er 11 Jahre gedient hat und in dem jugendlichen
Alter von 26 Jahren gestorben ist, muss er schon mit 15 Jahren ein-
getreten sein.
Auffallend ist das Pränomen Marcus vollständig ausgeschrieben
wie auf dem Deutzer Steine des Mark Aurel (vgl. B. J. H. 68 S. 47),
während die Pränomina auf den übrigen Steinen, welche an jener
Stelle gefunden und zum Theil wahrscheinlich aus derselben Werkstätte
herrühren, in der üblichen abgekürzten Form erscheinen. Ebenso ist
zu Anfang von Zeile 3 eques ausgeschrieben. Die Abkürzung Norico.
findet sich auch auf einem zu Zahlbach bei Mainz gefundenen Steine
(Bramb. C. I. Rh. 1229). Die Zusammenziehung von Patercli statt
Paterculi, wie Proclus (C. I. L. II Nr. 2675), vernaclus (ib. Nr. 369, 489,
3306), ist wohl weniger auffallend als die Herstellung des verhältniss-
mässig seltenen Cognomens an dieser Stelle, und doch wüsste ich kein
anderes Wort, welches sich dem vorhandenen Raum sowie den erhaltenen
Buchstabenresten in gleicher Weise anpassen liesse. lieber die Form
Zur Topographie und Gesohichio von Köln. 28
cives statt civis, woza auch die Inschriften Belegstellen bieten, vergl.
Neue, Formenl. § 49, S. 183.
4. Denkstein eines Soldaten der coh. I Latabicorum.
Unweit der Stelle, an welcher der oben beschriebene Stein zu
Tage gefördert wurde, hatte man einen Grabstein gefunden, aber
wegen seiner verstümmelten Form wieder vergraben und zur Ausfüllung
einer Senkgrube verwandt. Auf meine Veranlassung wurde der die
Inschrift tragende Theil dieses Steines zu Anfang des Monats Juni
wieder aufgesucht. Das erhaltene Stück ist 1,08 m hoch, 0,77 m breit
und 0,12 m dick. Ursprünglich war der Stein 0,33 m dick und ober-
halb der Schriftüäche mit einer figuralen Darstellung versehen, von
welcher noch kleine Reste sichtbar sind. Zu diesem Zwecke war der-
selbe an der betreffenden Stelle bis auf 12 cm vertieft, wodurch die
Spaltung und Verstümmelung leicht erklärlich ist.
Die Inschrift hat folgenden Wortlaut:
hEMILIVSLASG
VSCICANNAN
ti OHOTLATABI
ANVLS + .XXdl.HFC
Hemilius Lascivus, civis Cannanefas, miles cohortis primae Lata-
bicorum, annorum quadraginta quinque, stipendiorum viginti duorum.
Ueres faciendum curavit.
Der weiter nicht bekannte Soldat stammte also aus dem Gaue
der Canninefaten, welche im nördlichen Ho}land zwischen dem Meere
und dem Flevo-See wohnten, und diente in der ersten Kohorte der
Latabiker, welche hier zum ersten Male erwähnt wird.
Die Schriftfläche hat eine Höhe von 33 cm; die Buchstaben der
ersten Zeile sind 7,5 cm, die der drei übrigen 6,5 cm hoch. In der letzten
Zeile scheint der Steinmetze mit dem Räume nicht ausgereicht und
mehrfache Versuche angestellt zu haben. Für letztern Umstand scheinen
einige leicht eingehauene Buchstabenreste zu sprechen. So geht von
dem 3. Buchstaben der letzten Zeile, dem Zahlzeichen V , ein senkrechter
Strich nach unten, etwas oberhalb der Mitte des 6. Buchstabens Er-
läuft ein Horizontalstrich nach rechts und an dem 9. Buchstaben, dem
Zahlzeichen <l zeigt sich ein Kreissegment zur Linken. Für erstem
Umstand sprechen an. statt des häufigem ann., sti statt des gewöhn-
lichen stip. sowie das Fehlen der Unterscheidungszeichen zwischen den
einzelnen Buchstaben der dicht aneinander gerückten Schlussformel HPC.
24
L. Sehwörbel:
Für den GentilDamen Hemilias sind die Bdegstdlen zwdfeUiaft,
sowohl Ilemi auf einem zertrümmerten Gladbacher (Bramb. C. L Rh.
260 b), wie llemull auf einem verwahrlosten Mailander Steine (C. I. L.
V 0048). Lascius steht für Lascivus wie iuenis f&r iavenis (C. I. L. III
Nr. 1640), primitius statt primitivus (C. I.L. V Nr. 4488 und 4760), vius
statt vivus (ibid. Nr. 134 u. ö.). Die Form Cannanefas hat in sofern
Interesse, als ein Mainzer Stein ala Cannenafatium (Bramb. C. L Rh.
968), ein an der untern Donau gefundener aus dem Jahre 74 n. Chr.
Canncnefatium (Wilm. ex. 2865), ein Denkmal von Volsinii aber aus der
Zeit des Severus Alexander Cannunefatium bieten. Eine cohors prima
Latabicorum habe ich in dem mir zugänglichen Material nicht erwähnt
gefunden. Die Latovici waren ein Volkstamm, welcher nach dem
ZeugDisse des Plinius (nat bist 3, 25, 148 ; vergl. Ptolem. 2, 14, 2) in
Ober-Pannonien wohnte. Im C. I. L. III Nr. 3925 wird von Mommsen
auch ein municipium Latobicorum genannt Auf diesen Yolksstamm
scheint sich der Name unserer Kohorte zu beziehen.
Was das Alter unseres Steines betrifft, so lässt sich dasselbe nicht
mit Sicherheit feststellen, zumal über die darin genannte Kohorte
nichts bekannt ist, doch scheinen die tief und regelmässig einge-
hauenen quadratischen Schriflzüge noch für die erste Hälfte des 2. Jahr-
hunderts zu sprechen.
5. Ergebniss der Ausschachtungen bei Erweiterung des Central-
Bahnhofes.
^Oii^Z^^HiW 4VM. cfClUz K.
Srt^X^^c^M/S
1 4^i_|p^»
• 1 >
Zur Topographie und Geschiebte von Köln. 25
Die Ausschachtungen zwischen der Trankgasse einerseits, sowie
dem Eisenbahn-Viadukt anderseits hatten für den Alterthumsforscher
grosses Interesse sowohl wegen der Lagerungsverhältnisse des Bodens,
deren genaue Kenntniss sie uns vermittelten, als auch wegen einzelner
Fundstücke. In ersterer Beziehung haben sie den Beweis geliefert,
dass von einer Rheininsel in römischer Zeit, von welcher spät-
mittelalterliche Chronisten soviel zu erzählen wissen, an dieser Stelle
nicht die Rede sein kann, da der aufgeschüttete Boden unter + 2 K. P.
hinabreicht. (Vergl. Skizze von Pfeiler VI.) In Pfeiler III, welcher bis
zur Strasse, genannt am „Frankenthurm", reicht, treten uns die schwachen
Spuren einer späten Inselbildung entgegen (vgl. die Skizze von Pfeiler III).
Das Strassenpflaster liegt daselbst auf + 8,24 E. P. Humus und an-
geschütteter Boden hören + 5,06 K. P. auf. Weiter abwärts befindet
sich eine mächtige Treibsandschichte. Den östlichen Abschluss der
Baugrube bildete eine alte Werftmauer aus Basaltsäulen. Dieselbe
beginnt unter dem Pflaster der genannten Strasse und liegt an der
Sohle auf + 2,44 K. P. Ihre Stärke beträgt oben Im, an der Sohle
aber 3 m. Die Axe geht von Norden nach Süden, hat also mit dem
Strome gleiche Richtung, von welchem sie jetzt annähernd 72 m ent-
fernt ist. Ueber ihre Entstehung liegen keine Nachrichten vor, jedoch
lässt der mit Ziegelmehl vermischte Mörtel an den unteren Schichten
auf das 10. oder die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts schliessen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach gehört diese Mauer, welche auf
keiner Karte verzeichnet ist, der ältesten Stromregulierung von Köln
an und hat dazu gedient, dem angeschwemmten Treibsand einen festen
Halt zu geben und zu einem gesicherten Stapelplatze umzuschaffen ^).
Etwa 12,50 m rheinwärts stiess man bei Ausschachtung von
Pfeiler II auf eine andere Mauer, welche mit der oben beschriebenen
parallel lief. Dieselbe war etwas tiefer fundirt und lag mit der Sohle
1) Wohl den gleichen Zweck hatte die kolossale Basaltmauer, welche im
J. 1881 bei Kanalisirung der Friedrich- Wilhelm Strasse in ziemlich gleicher Ent-
fernung vom Rheine zu Tage trat. Dieselbe wurde mit vieler Mühe durchschrotet,
hatte an der bezeichneten Stelle eine Stärke von 12 m und lässt sich durch Er-
höhung des Bodens sowohl nach St. Martin hin (auf dem Rothenberg), wie nach
der Rheingasse hin (auf der Ähre) noch heute verfolgen. Auf diese Mauer ist
in einer Schenkungsurkunde des Bischofs Ev erger an das Stift St. Martin v. J.
989 (Enn. und Eck. Quel. I n. 18) hingewiesen : »Macellum omne et areas a
porta frumenti usque ad occidentalem murum civitatis ei iterum a porta fori
(der 80 häufig missdeateten Marspforte) usque ad murum Renic.
L. Sobwörbali
4
4
^
^
«>-
auf + 1,90m K. P., hatte unten eine Breite von 1,70 in und war oben
alitjiibroclicn, so dass ihre Il'ihc nur l,ßOm betrug. Das Materini be-
stund aus Basalten mit TufTäteincn ausgezwickt, im Innern aus Guss-
werk. Wie obige Mauer der ältesten Stronircgulicrung, so scheint
diese der ältesten Befestigung des Inselbodens angehört zu haben.
Zur Topographie und Geschichte von Köln. 27
Die Ausbeute an FundstUcken war nicht sehr ergiebig. Von
Pfeiler IX ist mir nur ein ziemlich gut erhaltener fränkischer Wasser-
krug von 41cm Höhe zu Gesicht gekommen.
In den oberen Schichten von Pfeiler VIII zeigten sich Reste von
glasirten Kacheln, Siegburger Thongefässen und Gläsern aus dem
16. Jahrhundert und späterer Zeit. Weiter abwärts einige fränkische
Töpfchen. In diese Periode gehören ohne Zweifel auch viele Thier-
knochen, Stücke von Hirschgeweihen, Eberzähne u. s. w. In der Tiefe
von ungefähr 4,50 m unter dem Niveau legten einige Antikaglien von
der römischen Periode Zeugniss ab. Hierher gehören einige Schälchen
von ter. sigil. ohne jede Verzierung oder Töpferstempel, ein kleines,
schmuckloses Thonläropchen, der Fuss einer Statuette von Terrakotta,
der Hals einer zweihenkeligen Amphora, ein Orosserz von Antoninus Pius
und einiges Andere. Es war deutlich zu erkennen, dass die letztge-
nannten Gegenstände bei Anschüttung des Bodens mit Bauschutt dort-
hin gelangt sind.
In Pfeiler VI trat in einer Tiefe von + 4,35 K. P. zwischen
alluvialen Anschüttungen, welche mit zahlreichen römischen Ziegel-
scherben untermischt waren, ein grosser Quaderstein zu Tage, dessen
obere Seite Schriftzüge trug. Seine Länge betrug 1,46 m, seine Breite
0,60 m, seine Höhe 0,43 m. Die Lage dieses aus körnigem Kalk-
stein bestehenden Quaders war vollständig wagerecht mit der Axe von
Norden nach Süden gerichtet. Bei weiterer Aushebung des Bodens
fand sich, dass dieser Stein auf einem Tuffsteinmauerwerk von gleicher
Stärke und Richtung ruhte. Dies Mauerwerk konnte auf eine Länge
von ungefähr 10 m verfolgt werden und bestand aus einer doppelten
Schichte von grossen Quadern, welche regelrecht, aber ohne Mörtel
an einander gefugt und 0,86 m hoch waren. Da aber auch in dieser
Tiefe noch kein geeigneter Baugrund angetroffen wurde, musste man
noch tiefer gehen und fand bei dieser Gelegenheit, dass das oben er-
wähnte Mauerwerk auf einem Pfahlrost stand, welcher sich durch die
ganze Baugrube hinzog. Die einzelnen Pfähle waren viereckig behauen,
c. 1,50 m lang, 0^20 m dick und unten zugespitzt und standen in einem
Abstand von 0,55 m von einander entfernt. Dieselben waren am Kopf
durch einen Holm, ungefähr in der Mitte durch Zangen verbunden.
Das Holz war schwarz und durch die feuchte Erde ganz weich und
morsch. Die Verbindung der Pfähle mit dem Holm Hess sich nicht
mehr feststellen, doch deuten in der Baugrube gefundene Nägel und
Bänder auf die Befestigung mit Eisen hin.
128 L. Scliwörbel:
Ein ganz gleiches Tuffsteinmauerwerk fand sich auch in Pfeiler VIII.
Was die Zeit betrifft, in welcher dies Mauerwerk errichtet wurde,
so lässt sich darüber nur soviel mit Bestimmtheit sagen, dass die
Zerstörung des Inschriftsteines, welcher nur wegen seiner zufälligen
Höhe von 0,60 m hier Verwendung gefunden hat, so wie der zu beiden
Seiten gelagerte Bauschutt unzweideutig für das Mittelalter sprechen.
Wir haben hier ohne Zweifel die üeberbrilckung eines zur Zeit der
Errichtung wahrscheinlich todten Rheinarms vor uns. Die Entstehung
dieser Ueberbrückung und der Werftmauer dürften zeitlich wohl nicht
weit aus einander liegen.
Die auf dem oben erwähnten Steine gefundene Schriftflächc ist
ringsum von einem 4 cm breiten reliefirten Bändchen umgeben, jedoch
an der linken Seite durch einen ausgehauenen Bogen, welcher mit
seinem Scheitel bis an die oberste Zeile reicht, verstümmelt. Die Höhe
der Buchstaben beträgt in der ersten Zeile 6 cm, in den drei übrigen
5cm. Der erhaltene Theil der Inschrift lautet:
MvMARIVSvVALENSvGALATA
VETERex DEC vALAEvCLASSIANAE
SIBi et... ONlAEvSEVERAEvVXO
ri .. a E FECIT
Marcus Marius Valens Galata, veteranus ex decurione alae classianae
sibi et . . . oniae Severae uxori . . ae fecit.
Der ursprüngliche Text kann nicht mehr vollständig hergestellt
werden. In der 2. Zeile sind zwei Buchstaben verstümmelt, zwei ganz
ausgefallen. Die dafür vorgeschlagene Ergänzung bedarf wohl keiner
besondem Rechtfertigung. In der 3. Zeile sind zwei Buchstaben nur
theilweise erhalten^ sechs ausgefallen. Die Hälfte davon fällt auf den
Gentilnamen der Frau. Unter den zahlreichen Möglichkeiten der Er-
gänzung wage ich keine in Vorschlag zu bringen. Anders liegt die
Sache im Eingange der Zeile. Sicher sind die beiden ersten Buch-
staben, über den dritten kann man im Zweifel sein, da die Vervoll-
ständigung in R ebenso zulässig ist, als die Vervollständigung in B.
In ersterm Falle würde man an ein Beiwort zu alae classianae, welches
sich auf den Standort bezöge, etwa Sirmii, denken müssen. So lange
jedoch keine festen Anhaltspunkte für eine so zweifelhafte Ergänzung
vorliegen, scheint mir die Ergänzung in SIBi eine grössere Wahrschein-
lichkeit zu haben. Wir erhalten dann eine sehr geläufige Widmungs-
Zur Topographie und Geschichte von Köln. 29
formel. In der 4. Zeile kann die Zahl der ausgefallenen Buchstaben
nur annähernd bestimmt werden. In der zweiten Hälfte stehen 5 Buch-
staben, die Symmetrie verlangt also, dass die erste Hälfte nicht viel mehr
gehabt hat. Wir haben noch E den Rest der Dativendung -aE übrig,
so wie -ri zur Vervollständigung der vorhergehenden Zeile. Aller
Wahrscheinlichkeit nach kann daher nur eine kurze Stammsilbe wie
SU-, pi-, car- ausgefallen sein.
Pränomen und Gentilname sind auf Inschriften häufig vertreten,
mit dem Cognomen Valens dagegen habe ich den Namen nicht gefunden.
Die ala classiana wird erwähnt auf einem Militärdiplom des Trajan
(D. XXni (C. 1. L. IHp. 866= VII n. 1194). Danach stand dieselbe im
Jahre 105 in Britannien. Auf diese Weise erklärt sich die Anwesen-
heit unseres Veteranen in hiesiger Stadt, zumal unsere Inschrift ihrem
Schriftcharakter nach in das zweite Jahrhundert zu gehören scheint.
L. Schwörbel.
3. Cisars Rheiihricke. >)
merza Tafel II.
Die Cebergänge Casars sind bereits oft Gegenstand ortsgeschicht-
licher Forschnn^n gewesen und deren Ergebnisse in dieser Vereinszeit-
schrift veröffentlicht worden: es ist jeiloch bis jetzt, namentlich bezflg-
lich des zweiten Ceberganges, kein end.:j:ültis:es Urtheil gewonnen worden.
Wahrend Napoleon III. beide Ueber^inge in die Nahe von Bonn ver-
legt, nehmen die meisten Forscher für die zweite Brücke das sogenannte
Xenwieder Becken zwischen Coblenz and Andernach an. Innerhalb
dieser mehrmals durch Inseln getheilten, daher für einen Brückenschlag
sehr geeigneten Stromstrecke werden 6 Punkte: Kesselheim, Engers,
Urmitz, „Am guten Mann", Weissenthurm, Nettemündung genannt
Die Grunde, welche für oder gegen diese Stelle als Brückenstelle
sprechen, hat v. Cohausen im XLVII. Hefte der Vereinszeitschrift des
weiteren erOrtert und es soll hier nur kurz erwähnt werden, dass, trotz
der in den letzten Jahren zum Theil im grossen Maassstabe ausgeführten
Baggerungen bei keiner der genannten Stellen irgend welche Beste der
Brücke gefunden sind. Holzreste sind erst jetzt bei den sowohl im
rechten als im linken Stromarme am Thurmer Werth von dem Unter-
zeichneten ausgeführten Baggerungen gefunden worden, zuerst bei a
(Fig. 1), dann beib. Diese Reste lagen unter einer 1 m hohen Schicht ans
sehr grobem Geschiebe, bei a in grösserer Anzahl als bei b. Eins der bei
b gefundenen Stücke (cfr. auch Fig. 4 von der Stelle a) hat die in
Figur 3 mitgetheilten Maasse und ist unten zugespitzt, konnte also ein
Stück der von Cäsar beschriebenen „Tigna bina sesquipedalia paulum
ab imo praeacuta'* sein: die daselbst noch erkennbare Einkerbung
würde für die zur Verbindung angebrachten Riegel ^^fibulae» bestimmt
l) Cfr. Centndblatt dor BauTorwaltun? v. 19. 6 lfS6. Xr. 25.
Cägars Rhcinh rücke.
gewesen sein. Auch von den bei a gefundenen Stücken, welche leider
meist durch die Eimer des Baggers sehr beschädigt sind, lassen einzelne
eine Zuspitzung erkennen, wie das in Fig. 4 dargestellte Stück. Der
Durchmesser dieser Pfähle beträgt im Durchschnitt 24 Centinieter. Die
Zuspitzung ist bei all diesen Pfählen einseitig, woraus wohl zu schliessen
ist, dass die Pfälile nicht eingerammt, sondern nur in den Kiess etwas
eingetrieben waren. Zum Rammen würde auch die Zeit, welche Cäsar
zum Brückenschläge verwendet hat, bei weitem nicht auFgereicht haben,
ganz abgesehen davon, dass das Einrammen von geneigten (prone ac
fastigate) Pfählen nur mit den vollkommenen Apparaten der Neuzeit
möglich ist. Es wird somit die Stelle Cäsars IV, 17, 4 „fistucisque
adegerat" nach v. Cohausen mit „und trieb sie (die Pfähle) mit Schlägeln
ein" KU übersetzen sein.
Die Pfähle hezw. Balken bei a wurden in einer Breite von 5 m
und auf eine Länge von 20m gefunden und zwar, wie in Fig. 2 an-
gedeutet ist, in einer geneigten Lage, wodurch es denn möglich war,
einzelne Stücke von 2,5 m Lange mit dem Bagger herauszufordern.
Bei der Zerstörung, sei es durch Eisgang oder Hochwasser, des Theiles,
welchen Cäsar beim Abbruch der übrigen Brücke (VI 29, 2) hatte stehen
lassen, trieben die Uülme, Streckbalken, Stangen, Hürden weg, während
die Bncke in sich zusammenfielen, durch die Eintreibung in den Kies
jedoch an Stellen mit geringer Strömung an dem Abtreiben gehindert
wurden und in geneigter Lage (s. Fig. 2) liegen blieben, allmälig ver-
sandeten, vielleicht gerade die Veranlassung zur Versandung gaben.
Solche Reste eines Brückenbockes dürften die gefundenen Stücke sein.
Eine weitere Untersuchung nach anderen Brückentheilen musste
wegen der bereits hergestelltsn Anschüttungen von der Inselspitze und
wegen der starken Veränderungen, welche der Strom am rechten Ufer
durch die Schlackenhalden erfahren hat, auf den Theil nach dem linken
Ufer zu beschränkt werden. Dieser Theil, zwischen der Fundstelle it
und dem linken Ufer ist mit einem Bagger näher untersucht und hier-
bei die in Fig. 5 angegebenen Versuchsgräben gezogen worden. Daa
Resultat derselben war, dass bereits 10 m links vom Fundorte a daa
Flussbett eine vollständig andere bis zum Ufer gleich bleibende Be-
schaffenheit als rechts von a hat. Während das Bett rechts von a aus
sehr grobem Geschiebe mit grossen Steinen besteht, ist dasselbe linke
von a aus Humus, Sand- und Bimstein zusammengesetzt; hieraus würde
zu schliessen sein, dasa daa Ufer bis zu dieser Stelle — also auf 70 m
82 Isphording:
Breite — abgebrochen ist und daher hier üeberreste weder der Brfid[e
noch des von Cäsar erwähnten Thurmes gefunden sind.
Bei einigen Nacharbeiten mit dem Bagger in der Mitte des Stromes
50 m unterhalb der Stelle bei a wurden mehrere Stücke von Weiden-,
Buchen- und Tannenrundholz, 6— 8 cm stark unter einer 60 — 80 cm
starken Kiesschicht gefunden. Diese Stücke sind vielleicht Beste von
den longurii, welche dicht nebeneinander auf die Streckbalken gelegt
die Brückenbahn bildeten.
Wenn man nun durch die Holzfunde in beiden Stromarmen zn
der Vermuthung gelangt, dass hier Cäsars Brücke gestanden hat, so
wird dieselbe durch die Ergebnisse der bereits früher am rechten Ufer
vom „guten Mann*' bis zur Nette ausgeführten, in dieser Zeitschrift
mitgetheilten, Ausgrabungen bestätigt. Bei denselben fand man anter-
balb des „guten Mannes'' zwei parallele Spitzgräben cc (Fig. 1) von
1,5 bis 2 m Tiefe und ebenso grosser Breite, innerhalb dieser Um-
wallung einige römische Münzen, Scherben von terra sigillata, Am-
phorenbruchstücke, Töpferofen, Mauerziegel u. s. w., auch jetzt noch
findet man dort auf dem Felde Scherben und dergl. Da ausserdem die
Spitzgräben denen anderer Cäsarischer Lager gleichen, so durfte hier
ein römisches Lager gestanden haben, bestimmt sowohl zum Schatze
gegen die Trevirer, als zur Vertheidigung der Brücke, und namentlich
bestimmt, die im Strome treibenden Baumstämme, Schiffe u. dergl.
von der 700 m unterhalb gelegenen Brücke fem zu halten. Zu dem
letzteren Zwecke waren ausserdem die defensores an der Brücke an-
gebracht.
Dass diese Stelle am Weissenthurmer Werth zu einem Uebergange
über den Rliein für sehr geeignet gehalten worden ist, beweisen die
von den Franzosen in den Jahren 1795 — ^97 in der Mitte der Insel ge-
schlagenen Brücken. Cäsar kam von der Maas an den Mittelrhein
und überschritt, um gegen die Sueven zu Felde zu ziehen, an der
oberen Spitze des Werthes den Rhein. Keine andere Stelle ist
durch die örtlichen Verhältnisse mehr zu einem Uebergange ge-
eignet als diese; denn vom linken Ufer aus war die Brücke oberhalb
durch das Lager am nßuten Mann'', unterhalb durch die Anhöhe hinter
Weissenthurm geschützt. Am rechten Ufer erreichte man von der
Brücke aus den luichsten absolut hochwasserfreien Punkt des recht-
seitigcn Oebictas, konnte von dort das weit ausgedehnte Feld übersehen
und auf kürzestem Woßo nach dorn Wiedthale und der vielleicht schon
damals beistehenden festen Strasse gelangen.
Rheinbrüoke. S8
Ebenso günstig wie die örtlichen Verhältnisse waren anch die
StromverbältniBse. Das weit vor das Weissenthunner Werth vor-
tretende Kiesfeld, welches bei einem Wasserstande V(m 2 m am Coblenzer
Pegel schon trocken wird, früher offenbar noch hSher gelegen hat and,
weil dem Eisgänge sehr ausgesetzt, abgetrieben ist, liess, wenn man
die Verhältnisse vor den Correctionsbanten in Betracht zieht, für jeden
der Stromarme nur 180 m als freie Brflckenlänge bei einer Tiefe von
2,2 m und 2,6 m im rechten Arm. Die Breiten Verhältnisse der Strom-
arme waren jedoch früher noch günstiger für eine Brücke als jetzt, denn
vom linken Ufer sind, wie oben erwähnt, 70 m abgebrochen; nicht weniger
hat das rechte Ufer durch Abbruch gelitten, besonders in Folge der
starken Strömung vom linken Ufer unterhalb des „guten Mannes' nach
dem rechten Ufer an der HermannshOtte. Wie stark oft in kurzer
Zeit das aus feinem Sande und Lehm bestehende rechte Ufer abbricht,
dafür bietet der Theil vom Engerser Schlos^rten abwärts einen Anhält ;
dasselbe ist bei dem Hochwasser im Jahre 1882 um mehrere Meter
zurückgewichen. Nimmt man nun an, dass ein solches Zurückweichen
des Ufers an der Brückenstellc nicht stetig so stark wie bei dem ober-
halb gelegenen Theile stattgefunden hat, so könnte doch seit Cäsars
Zeit der Abbruch so viel betragen haben, dass annähernd das von
Cäsar b. g. VI 29, 2 ^) angegebene Maass von 200 Fuss für den rechten
Arm passt. Der Rhein würde alsdann die Breiten in den beiden Strom-
armen haben, welche schädliche Auilandungen verhindern und auf
welche er dieserhalb durch Regulirungsbauten reduzirt wird.
Cäsar brach also den über den rechten Arm führenden Theil
(= 200 Fuss) bis an den an der Inselspitze befindlichen Bock ab und
liess den anderen über den linken Arm führenden Theil unter tiem
Schutze des Lagei*s am „guten Mann'' stehen. Während bei der Be-
nutzung der Kiesbank, bezw. Insel, wegen des Anschlusses an festes
Land keine Befestigung nöthig war, wäre in dem offenen, ungetheilten
Strome der Abbruch eines Theiles der Brücke ohne besondere Be-
festigung nicht ohne Gefahr für den stehenbleibenden Theil gewesen.
Nicht unwesentlich für die Erhaltung des Brückentheiles war die
Strömung des Rheines. Wenn dieselbe an dieser Stelle sich nicht
oder nur wenig gegen die zu Cäsars Zeit bestandene geändert hat —
und dies ist nach den jetzigen Stromverhältnissen und der oben ge-
1) Bedacio exercita pariem uliimam pontis in loDgiiudincm pedum CC
retcindit.
8
84 Isphording: Cänrt Bheinbrücke.
schilderten Sohle des Flusses anzanehmen — dann war die Brücke
aber den linken Arm und auch der im rechten Arme an der Inael noch
stehende Theil gegen treibende Baumstämme und dergMchen xiemlich
gesichert^ da schon unterhalb der Kapelle zum guten Mann der Stron
nach dem rechten Ufer zu fällt und auch zur Zeit alle Thalscbüe
durch den rechten Arm dicht am Ufer entlang treiben.
Zum Schluss soll noch eines Steines mit Inschrift ErwäluiiuEig ge-
schehen, welcher einige Meter oberhalb der Stelle a unter einer 80 cm
hohen Kiesschicht etwa 50 m vom jetzigen Ufer gefunden worden ist.
Dieselbe lautet:
RVMILIVS
31 ON Xill
SAR VARVS
Leider ist es trotz der Untersuchung mit dem Bagger nicht gelungen,
den übrigen Theil des Steines aufzufinden.
Ispbording,
Reg. - BAomeitter.
4. Die Römerstrassa von Trier naeli K5ln und Bonn.
Hierzu Taf. I. Thh LXXVIII und Tafel III dieses Heftes.
Zwei|:8tra88e Birtherhof beim Heidenkopf bis Bonn*
Die Trier-Bonner Strasse wird weder im Itincrar noch in der
Peatinger^achen Tafel, auch nirgend von Scliriftdtellem des Aiterthums
erwähnt, ist aber im Zusammenhang mit der Trier-Kölner Strasse nach
ihrer militärischen Bedeutang, durch ihre treffliche Ftthning und Bauart,
wdche der Hauptstrasse entsprechen, eine wichtige Zweigstrasse der-
selben. Sie verlässt die Trier-Kölner Strasse in deren Hälfte, 56 millien
von Trier, und während die Hauptstrasse links auf Marmagen abbiegt,
setzt die Bonner Strasse die schon vom Heidenkopf emgeschlagene
Richtung auf Bonn fort* Die Kölner Strasse Qberschreitet die tiefen
Thaleinschnitte der Urft, während die Bonner Strasse die breiten Wasser-
scheiderücken der Ahr, ürft und Erft verfolgt, als Parallelstrasse nur
6 bis 8 millien sUdlich von der Kölner Strasse entfernt
Nimmt man als Ausgangspunkt der Messung die wichtige Höhe
der Alteburg, wenn auch die eigentliche Gabelung beider Strasten V2
millie westlicher beim Birtherhof erfolgt, so erhält man bis zum Bonner
castrum eine Länge von 24 leugen » 36 millien, oder 7,1 deutsehe
Meilen, die sich auffallend gleichmässig für drei Strecken k 8 leugen
«s 12 millien auf die Hauptpunkte Michaelsberg und Rheinbach ver^
theilen, wo wahrscheinlich Mutationen und Mansionen waren. Diese
gleichmäfisige Eintheilung setzt sich auf scharf markirte Haltepunkte
von 3 lu 8 millien ähnlich wie bei der Trier-Kölner Strasse fort^ so
dass 12 solche Haltepunkte ilen Abständen unserer alt-germanischen
rastae von 3 millien entsprechen. Vidleicht war die Organisation als
Staatssfcrasse noch nicht vollständig durchgeführt, nur beabsichtigt, aber
sie bleibt ein interessantes Beiqiiel anderen sogenannten Römerstrassen
T»B Tcitk:
gegoifiber, dem r^misAer Ut^tvk cft sc ski ikrcr daBOMitigen
ABfKhBttBBf. die so cnd^fk iaitk AaiMst vm Seias'^ilca cotstdit,
bergdätet vird.
Aaf der gana Ubxl sdbc« im te" Wwfcfwhfitr Gcgod, führt
die Stnsse. vddie oft km B»rli ak Wcsp IvHtil wirL des Nimen
,aUe Bonner Stnsse'.
A. AllebKrg-Michaelsberp^ VUI lcaeeBc=12fl
1. Abebiirg-GnnreB, Bordosdkk n» Bbikahen, 3 miDien.
Vom Birtherliof Terf<c4gt die Boaner Stnsse die bisherige Ridi-
tnog der Trierer Stnsse södCch der Aliebvrg iber ciMO Höhenrücken»
auf wdcheB ehadse Yendunnnscn ans dem Tor^en Jahibondert
begen, geht dann in die jebige BlankcnheinMr ffcawwr, velche die
Bftiiflhaaiie flbeideckt Am BUnkcnbeimer Bndkmld viid letalere
vieder schtbar, gdil sidösilich an llhnlinhfiiiiirff mrbei, tmi dar
Blankfnhfim-Sdilfidener Cbanssce dnrrhschnittfm.
Die Bomerstrasse macht dort den Eiadmcfc ehwr vervnhrhnten
alten Landstraase, ist bei jenem Dorf 6 m, dann 9 m breit, hüdek dne
Viehtrift, eine Art Wiesengerinne, in welchem Beste der 4 m breiten
ehemaligen Steinpflasterong sichtbar sind.
Vom ostlichen Aasgang des Dorfes fBhrt dn 4 m brater Weg
dnrch den WaU zur Ahe» dann irestlich an Engdgan Yorbd anf
Zingsheim. Nadi Eick ist dies dn nralter Vidnalweg in dncr f hewiligin
römischen Niederlassang an der Ahe-Gapelle, wo ManerreBte nnd ein
rdmischer Inschriftstdn gefunden worden.
Jcnsat Blankenhdmerdorf fahrt die Bomerstrasse auf der Wasser-
scbdde, aber stets darch die Torliegende Höhe etwas gedcdct» Imks an
den Boinen des Bhmkenhdmer Schlosses vorbd, wo einst dne Samm-
lang römischer Alterthfimer bestand, die jetzt flhenJIhin a ei sti c ut vL
hei Grawen kreazt ein alter W^ ron Blankenheim kommend, ansere
Strasse, and fährt über Eogdgaa and Frohngaa anf Mfinsterettd. Diener
dammartige Weg ist bd Grawen gegen 1 m hoch, aof der Krme 5 m
breit mit 3 m breiter StdnpflasteruDg, und wird jetzt kaam noch be-
notzt. An dem Kreozpankt mit der Bonner Strasse soll for langer
Zdt eine Ansiedlang gewesen sein, die aof alte Erzwäschen hindeatet
Kahe gdegene Höhen amgeben die Beste eines Viereds von 200 m
Seiteniioge, Ton denen einzelne Wälle der Westsdte dch etwa 1 m
Die Römersirasse von Trier nach Köln und Bonn. Z7
hoch, oben 2 in, unten 5 m breit erhalten haben, ebenso im nahen Wiesen*
thal; die Anlage war zum Sammeln des Wassers bestimmt
2. Qruwen-Tondorf, 3 millien.
Die Römerstrasse war bei Gruwen 12 m breit, verengt sich weiter-
hin zu einem 5m breiten, Im hohen Damm, mit häufigen Resten
einer 4 m breiten Steinlage, an mehreren Stellen für andere Strassen-
bauten abgeräumt. Sie nähert sich der Blankenheimer Chaussee, wird
allmälig ein kaum 4 m breiter Feldweg, der die Spuren zweckmässiger
Führung bei Umgehung einzelner Kuppen erkennen lässt. Beim Meter-
stein €0,7 erreicht sie die Chaussee, die schon vor 50 Jahren bis Ton-
dorf den alten ganz zerfahrenen Weg ersetzte.
Tondorf liegt auf der Wasserscheide, die eine weite Uebersicht
nach allen Richtungen hin giebt, und mitten zwischen Alteburg und
Michaelsberg einen weithin sichtbaren Zwischenpunkt bietet. Neben
dem hochliegenden Kirchhof von Tondorf wurden beim Ban emer Um-
fassungsmauer im Pfarrgarten vor einigen Jahren starke Mauerreste
gefunden, so dass sich der jetzige, mit einer niedrigen Mauer umgebene
Kirchhof von 75 und 33 m Seitenlänge zu einem ehemaligen Quadrat
von 75 m erweitert, welches diese deutlich erhobene Fläche als die Stelle
einer Befestigung erkennen lässt, an deren Fuss mehrere alte Strassen
sich mit den neueren Wegen kreuzen.
3. Tondorf-Falkenberg, 8 millien.
Die Römerstrasse verfolgt von Tondorf den Wasserscheiderücken
zwischen den Zuflüssen der Ahr und Erft als eine wenig benutzte Land-
strasse in der waldigen, schwach bevölkerten Gegend. Oestlich bei
Tondorf ist sie 6 m breit, stellenweise 1 m hoch, mit 4 m breiter, meist
zerstörter Steinlage. Im Walde ist sie anfänglich 12 m breit, zeigt an
mehreren Stellen auf ihrer rechten Seite den wallartigen Damm^ bei
einer grösseren Windung über die Höhe von einem AbkOrzungswege
im Wiesenthal begleitet. Die Strasse wird dann 8 m breit, dann wieder
ein Fussweg im Walde, erweitert sich in der Höhe von Falkenberg,
und führt ähnlich wie bei Gruwen in 12 m Breite, mit 2V2 m breiten,
Vs m hohen Seitenwällen zur sogenannten Falkenberger Hecke, einer
mit schönen Buchen besetzten Waldung. In einem 2 m tiefen Hohlweg
tritt die 2 m breite starkgewölbte Steinpflasterung zu Tage, bei welcher
es schwer ist, die fest eingekeilten Steine auszubrechen. Mit je 20 m
18 . von Teiih:
Enlfernung fahren hier nördlich neben der Strasse zwei Farallelgräben,
4 m breit, 1 Vb m tief, der erste mit deutlicher Brustwehr, und beide
reichen bis zu dem Falkenberg-Langscheider Wege. Am südlichen Ab-
fall der Höhe liegen neben der Strasse einige Quellen, und so gering
auch alle diese Reste erscheinen mögen, sind hier an der Falkenberger
Hecke die deutlichen Spuren ehemaliger Befestigungsanlagen zu
erkennen.
4. Falkenberg-Michaelsberg, 3 millien.
Von der Falkenberger Hecke führt die Strasse, 4 bis 8 m breit,
in neuerer Zeit als Forstweg regulirt, stellenweise einige Fuss damm-
artig erhöht, in ziemlich gerader Richtung auf Michaelsberg. Zuweilen
sieht man nur einen breiten Grasweg, dann wieder im Walde neben
der 4 m breiten Strasse einen V/^m breiten Graben mit 2 V2 m breitem,
1 m hohem Seitenwall als Beste der ehemaligen Strasse. Namentlich
im LaubwaXde tritt die 4 m breite Steinlage mit grossen Bordsteinen
von weissem Quarz öfter zxl Tage. Wo die Strasse in der Nähe des
Micbaelsberges den Wald verlässt^ sieht man Reste des 5 bis 6 m
breiten, Im hohen Dammes, mit zahlreichen Nebenwegen und tief
dnrchfahrenen Geleisen im Haideland.
Die Strasse führt östlich vom Michaelsberg am Fuss der drei
Bergkuppen vorbei, die sich 60 m über der breiten Hochfläche erheben,
ein kahles Haideland, von Wiesenthälern durchfurcht, die sich zur Erft
und Abr hinziehen. Der Michaelsberg ist nach dem Apert und Heiden-
kopf der höchste Punkt unsers Trier-Kölner römischen Strassensystems.
Wo auf der mittleren Felsenkuppe die wiederholt zerstörte und immer
wieder hergestellte Kirche liegt, bietet sich ein grossartiges Panorama
mit meilenweiter Femsicht über die Eifel» und wenn dort auch keine
Spuren römischer Mauer- und Erdwerke mehr erkennbar sind, so darf
man doch annehmen, dass einst eine Römerstation, wenn auch nur als
Wacht- ühd Beobachtungsposten an jener Stelle stand; während das
am nördlichen Abhang des Berges liegende alte Dorf Mahlberg (Mahl-
stätte) eine gegen Wind und Wetter mehr geschützte Unterkunft bietet.
Auf dem Michaclsberg fand Prof. aus'm Weerth (76. Heft dieser
Jahrbücher S. 236) römische Tuff- und Mörtelreste. Der Name des
heiligen Michael erinnert an den häufig vorkommenden christlichen
Nachfolger des römischen Mars.
Die Römeratrasse Tdn Trier nach Köln and Bonn. 89
B. Michaelsberg-Bheinbacb, VIII leugen= 12niillieD.
1. Michaelsberg-Scheuerheck^ 3 millien.
Nordöstlich vom Michaelsberg umging die Hauptstrasse in der
Nähe des Heiligenbildes „dicke Tönnes** den tiefen Thaleinschnitt des
Lierscr Bairhes, der bei Liers in die Ahr miindet, verfolgte 1200 m weit
die jetzige Mfinstereifel-Effelsberger Kommnnalstrasse, und ging dann
500 m bei Schenerheck und Wald vorbei, am Südrande des Flamers-
beimer Waldes auf Scheuren und Todenfcld, während die neue, 6 m
breite Kommunalstrasse von Mahlberg, nördlich am Michaelsberg vor-
bei, jenen tiefen Einschnitt des Lierser Baches mit einigen Serpentinen
überschreitet, und über Scheuerheck und bei Wald vorbei, über Scheuren
und Neunkircfaen nach Rheinbach führt.
Dieser Uebergang über das Thal des Lierser Bachs war wohl
von jeh^ ein AbkOrzungsweg für Fnssgänger, doch Iftsst sich dje Fort-
setzung am linken Thalrand jenes Baches nicht mehr bestimmt fest-
stellen. Für diesen Abkttrznngsweg passen die 3 millien von Michaels-
berg bis Scheuerheck, während der Umweg über „Dicke Tönnes'', viel-
leicht nur für Fuhrwerk bestimmt, 4 millien beträgt
Den Kreuzweg etwas nördlich von Scbeuerheck, wo im dichten
Wakle neben alten Gräben eine starke Quelle entspringt, bezeichnen
wir als Station Scheuerheck.
2. Schenerfaeck-Scheuren, 3 millien.
Oestlich von Scheuerheck wird die Bonner Strasse 6 bis 9 m breit,
vielfach Vs bis Im dammartig erhöht, an einigen Stellen bei 5m Breite
mit einem Graben und Wall von Im Höhe und Breite begleitet, als
wären diese an deu übrigen Punkten eingeebnet. An einigen Stellen
zeigen sich Reste der Steinlagen, und vielfach ist die Strasse trotz
ihrer zweckmässigen Führung nach Ausfüllung der ehemaligen Seiten-
gräben vom Sumpf durchweicht, so dem Dorfe Wald gegenüber, wo
die Holzabfuhr nur in trockner Jahreszeit erfolgen kann.
Ehe man Scheuren erreicht, erkennt man die Richtung der allen
Strasse durch AUignements. Mit starkem Fall gebt sie durch den
Thaleinschnitt des Houveratbo: Baches. Auf der Höhe des linken
Thalrandes liegt die jetzige Kommunalstrasse, die den Bach weiter
unterhalb überschreiteti auf der alten Bonner Strassa
40 Ton Ttiih:
3. Scheuren-Todenfeld, 3 miUien.
An der kleinen Kirche tön Scheuren wendet sich die Römerstrasse
nordöstlich auf Todenfeld, anfänglith unter der jetzt verlassenen alten
Strasse, dann westlich derselben, um die sumpfigen Wiesenquellen der
Ahr-ZuflQsse zu vermeiden. Wo der Weg Ferscheid-Hilberath die
Kopimunalstrafise schneideti führt die Römeratrasse 300 m westlich Ton
dJie3em Kreuzpunkt über die Höhe durch den Wald mit dichtem Untere
\\ohj und wird dann im lichtem Walde durch einen Fussweg bezeichnet^
der Steinreste seigt, und beim Nachgraben Seitens des Forstperaonals
deutlich die römische Steinpflasterung erwies. . Auf der Höhe 300 m
südwestlich von Todenfeld liegen dann rechts aeben der Strasse 6 m
breite, 2 m hohe Wälle, s^krecht zur Strasse, in der Richtung auf
ipberüth.
Aber auch auf der Höhe, 400 m nordwestlich . von Todenfeld, bis
wohin, genau gemessen, die 3 milliea von Scheuren sowohl wie von
Rheinbach reichen, liegen ganz ähnliche Wälle und Gräben, durch
welche die fidmersti'asse als 6 m breiter, 2 m hoher Damm führt Den
Bewohnern, der Gegend und den Forstbeamten sind diese Wälle wohl
bekannt und werden von ihnen als uralte Wege, oft auch als Yer-
schanzungcn angesehen, deren Zusammenhang nicht ieidit festzustellen
und näher zu erklären ist, da das dichte Gebüsch die Uebersicfat und
die. Aufnahme unmöglich machte. Die Lage auf der dominirenden Höhe^
von ziemlich tief eingeschnittenen Bächen und sumpfigen Wiesen um-
geben, gab diesem Punkt einst um so grössere Wichtigkeit, als sich
von hier aus die Vorberge der Eifel zur Bheinbacher Niederung senken.
Dabei dienten die beiden hohen Bergwarten des Tomberg (Thonaburg),
zuletzt noch von den Jfilicher Grafen bewohnt, und des Specheistein
(specula), seitwärts der Strasse 1500 und 3300 m vorgeschoben, einst als
gesicherte Beobachtungsposten für jene Befestigungen bei Todenfeld.
4. Todenfeld-Rheinbach, 3 millien.
üeber Todenfeld hinaus wird die R9mer8ti*asse westlich neben
der Chaussee Todenfeld-Rheinbach zu einem einfachen Waldwege, der
stellenweise auf 20m an diese Chaussee herantritt. Auf dem langge-
streckten Höhenrücken ist sie dann ein SVsM breiter Weg, mit 3 m
breiter Steinlage, auf der Westseite mehrfach von einem 2V2in breiten
1 m holien Wall begleitet, rechts mit einem Graben 1 m breit und tief,
die Strasse selbst dammaitig V2 ^^ erhöht. Oft zeigt die Strasse nur
noch die Reste der Steinlage, von grösseren Bordsteinen eingefasst,
Die Bomentrasse von Trier nach Köln und Bonn. 41
aUe 3 bis 4 m grössere Querlagen des weissgranen festen Quarsstein,
den die BStiicr oft Ton weither heranschaflften. Auf der Höhe bei
TodeAfeld heisst die Strasse aligemein der „Rennpfad'' dann naeh
Rheinbach hin „der Steinweg'' oder „die alte Steinstrasse''.
Halbwegs zwischen Todenfeld und Rheinbach fthrt von dieser
Romerstrasse rechts in nordöstlicher Richtung auf Capelichen eine
Seitenstrasse über LQftelberg, Heidchen> Duisdorf» Endenich zum Bonner
Lager. Dieser sogenannte «Bonner Weg*^ wird später besonders be-
schrieben.
Ueber das Capellchen hinaus geht die Römerstrasse in nördlicher
Richtung, weit zweckmässiger als die jetzige Chaussee Ober Capelichen
gtfnhrt, auf Rheinbach, lieferte dieser Chaussee ihre Steine, deren Reste
nur hin und wieder noch die alte Richtung bezeichnen. Durch hohen
Buchenwald fahrt die Strasse als verlassener Weg zur Chaussee-Gabe-
lung Neukirchen-Capellchen am Rheinbacher Forsthause vorbei, und
liegt von dort an unter der Jetzigen Rheinbacher Chaussee. Sie über^
sdireitet den Merzbach und führt zum westlichen Thor von Rheinbach.
Dieser Ort wurde im 14. Jahrhundert befestigt, mit etwa 300 m
Durchmesser. Die Befestigung hat sich auf der Sfld- und Westfront
theilweise erhalten, zeigt noch einige 7 m hohe Mauern mit 12 m hohen
Thflrmen von 9 m Durchmesser, doppelte Gräben von 12 m Breite. In
der südöstlichen Ecke der Stadt liegt die Burg, als Reduit der Festung,
von 20 m Seitenlänge, auf 4 m hohem Grnndbau, mit doppelten Gräben
und zwei Thflrmen, interessant durch die im Eingang zur Burg einge-
mauerten Betonstflcke, die aus dem nahen Römerkanal herrühren. Wohl
mögen diese Befestigungen auf älteren Vertheidigungswerken ruhen,
indessen haben sich keine römischen Befestigungsreste erhalten. Rhein-
bach hiess nach Urkunden des 8. Jahrhunderts „Reginbach in pago
ripuarensi", im 11. Jahrhundert Regenbach, dann Reymbach.
C. Rheinbach-Bonner Lager, VIII leugen, =12millien.
1. Rheinbach-Morenhoven, 3 millien.
Die jetzige Kommunalstrasse Rheinbach-Buschbofen wurde in der
Richtung einer alten zerfahrenen Landstrasse erbaut, so dass die Römern
Strasse grösstentheils unter der heutigen Chaussee liegt, deren Rich-
tottg durch das theilweise schwierige Terrain bedingt war, welches
keine andere Wahl gestattete.
43 von Yetth:
Vom westlichen Bheinlmcher Tlior giog die alte Bonner Strasse
durch die städtischen Gärten Über den Bömerkanal auf Peppenhoven
und wurde 1 km ndrdllch von Bbeinbach von der alten Aachen-Frank-
furter Strasse durchschnitten, die wir bei der Köln-Reimser Bomer-
strasse im 76* Heft dieser Jahrbücher S. 9 beim Zülpicher Beeghaus
erw&hnten. Herr Professor Schneider nennt diese Strasse im 78. Heft
S. 8 eine Römerstrasse, welche die Franken von den Römern über-
nahmen. Sie dehnt ein weit verzweigtes ganz ähnlich gebautes Strassen-
netz aus, welches über Meckenheim, Godenau ebenso über Arzdorf,
Berkum an dem Matronenbain vorüber nach Mehlem führt, ferner von
Eckendorf und Gelsdorf her die Ahr auf ihren beiden Ufern zum Rhein
begleitet, und den Rhein übei'schreitet. Alle diese Strassen berühren
zahlreiche PonktOi wo römische Altertbümer gefunden sind, die auf
römische Ansiedlungen hinweisen. Den Bau solcher Landesstrassen
überliessen die Römer ganz gewiss den Landesbewohneroi verwendeten
ihre Legionen schwerlich auf den Bau derartiger Wege.
Jene Aachen-Frankfurter Heerstrasse ist westlich von unserer
Bonner Strasse ein etwas erhöhter 3m breiter Grasweg, östlich von
dieser Strasse ein 4 bis 5 m breiter Damm mit flachen Seitengriben,
die weiterhin als Abzugsgräben benuzt werden. Der Weg wird von
den Landleuten jetzt nur noch zur Erreichung ihrer Felder benutzt,
ijind dient ausserdem als Grenzweg.
Die Bonner Strasse begleitet ein nasses Wiesenterrain, über-
schreitet dasselbe bei Peppenhoven, und kürzte dort früher die Krüm-
mungen der neueren Strasse ab. Schloss Peppenhoven ist im 17. Jahr-
hundert auf alten Grundlagen erbaut, ein Dreieck mit 150 bis 200 m
langen, 8 m breiten Gräben. Südlich vom Schloss liegt ein Gehöft mit
tiefen Gräben von 75 bis 90 m Seitenlänge, und ähnliche Grabenein-
fassungen liegen nöidlidi vom Schloss, ebenso bei Schloss Morenhoven,
doch weisen leider keine Funde auf die Zeit der ersten Anlage hin.
Bei Morenhoven bildet der Schlossweiher, 3 bis 4 m versenkt, mit
16 bis 24m breiten Gräben ein Viereck von 60 und 120m Seitenlange
mit zwei Inseln, von denen die eine das Schloss, die andere Wirth-
schaftsgebäude trägt, gewiss oft schon renovirt, aber an die ganz
ähnliche Bauart von Schloss Buschhofen erinnernd, welches durch seinen
Römerkanal mit Bestimmtheit auf römische Grundlagen hinweist. Die
Kirche von Morenhoven, anf dem niedrigen Thalrande von einer Mauer
und Resten alter Wassergräben umgeben, deutet durch ihre Lage auf
eine solche historisch-wichtige Stelle hin. Die alte Strasse von Rhein-
Die RömentraBse voo Trier naeh Köln und Bonn. 49
bich her aUignirt sich auf diesen Kirchplatz, die Strasse Yon Busch-
hofen her auf das Schloss.
2. Morenhoven-Villenhöbe, 3 millien.
Die jetzige Communalstrasse von Morenhoven nach Buschhofen
liegt über der alten Bonner Strasse, ist anfänglich 9 m, später 6 m breit
auf einem Vs bis Im hohen Damm. Bei Buschhofen mündet sie in
die Euskirchen-Honnef Chaussee, durchgehends 9 m breit. Wahrschein-
lich liegt auch unter dieser Chaussee in der Bichtung auf Miel, dessen
Name auf millien (10) von Bonn bezogen wird, über Essig, Palmers-
heim, (Belgica), Flamersheim, Arlof, Ilversheim, Münstereifel eine alte
Strasse, die sich auf Zingsheim, Nettersheim, Marmagen fortsetzte.
Die Kirche und der Schlossweiher des alten Buschhofen liegen
noch auf dem westlichen Abfall der Ville, Das Dorf heisst in alten
Urkunden des 12. Jahrhunderts Buschome, wird vom Bömerkanal und
von d^r Bonner Strasse quer durchschnitten. Auf der Höhe des Dorfs
wurden wiederholt römische Gräber, und noch im Jahre 1865 dne
Fibula mit dem Bilde eines Imperator gefunden. Der Weiher, nahe der
Kirche, war einst 100 römische passus lang, 50 passus breit, und trägt
jetzt noch zwei vierseitige Inseln mit Wirthschaftsgebäuden. Auf der
mittleren Insel stand ein Jagdschloss des Kurfürsten von Köln, Hermann
von Wied, welcher dem Reformator Bucer, Melancbton's Freund, hier
ein Asyl bot Der Wasserspiegd des Schlosswcibers li^t 3 m unter
der Dorfstrasse, und senkrecht durch die Langseiten des Weihers,
neben der Steinbrücke zum ehemaligen Schloss, führt 4 bis 5 m unter
der Dorfetrasse der Römerkanal mitten durch jene westliche Insel. Diese
Führung spricht für das hohe Alter des Weihers, der mit seinen starken
Dämmen wahrscheinlich eine piscina des Römerkanals war, allerdings
nur 18000 römische Fuss statt der üblichen 24000 Fuss vom Cent
entfernt, wo die nächste piscina anzunehmen ist. Aehnliche Weiher
mit doppelten Inseln finden wir bei Lüftclberg und Morenhoven, und
erinnern diese Vierecke, einst mit Beobachtuogsposten und kleinen
Vorraths-Magazinen besetzt, an die in ihren Abmessungen ganz ähn-
lichen römischen Befestigungen, welche bei der Köln-Beimscr Römer-
Strasse im 76. Heft S. 18 besprochen wurden.
Von Buschhofen geht die Bonner Strasse auf die Höhe der Ville
und aeigen sich an mehreren Stellen im Walde neben der Chausse die
dammartigen Beste der Römerstrasse. Namentlich beim Meterstein
^Ji gerade in der Mitte zwischen unsern Stationen Morenhoven und
44 Ton Yeith:
Lessenlch, 3 millien von beiden entfernt, liegen im Walde solche Wälle
mit Resten breiter Wassergräben, so dass wir hier eine Station an-
nehmen, für welche sich freilich keine anderen historischen Anhaltspunkte
bieteni als die Entfernung und Lage des Punktes auf jener Höhe.
3, ViUenhöhe-Lessenich, 8 millien.
Beim Meterstein 9,0 verlässt die Römerstrasse die Chaussee ab
ein 3 m breiter Graswog. Sie umgeht nördlich eine Höhe, wekbe von
der Chaussee durchschnitten wird, und nähert sich der Chaussee wieder
auf 80 m beim Meterstein 8,5. Sie heisst bei den Bewohnern j^grUner
yfeg\ „alte Strasse'^, ^ySträsschen" und man weiss, dass der jetzt 3
bis 4 m breite Weg froher doppelt so breit war, aber immer mdir
abgepflagt wurde. Sie durchschneidet dann als blosser Fiissweg die
4 m breite Ramelshovener Strasse, den sogenannten «Heerweg*, der im
Mittelalter als Pilgerweg benutzt, Aber Brenig auf Aachen fahrt Es
ist dies der später beim Nebenweg über LUftelberg erwähnte j^Hellweg,
Hellpath, auch Jungfempad" genannt
Von Ramershoven fährt die Römerstrasse 4 m breit durch Nette*
koven, mit alten Wallresten und Gräben zur obem D^ensmUhle. Hier
ist die Römerstrasse 200 m von der Chaussee durch den Wittcrschlicker
Hardtbach-Einschnitt; so wie durch die bauliche Anlage jener Mahle
und ihres Mflhlteichs unterbrochen, erscheint aber 150 m östlich von
der Mühle im Waldgrunde auf dem rechten Ufer des Hardtbach als
ein 3 m breiter Grasweg, mit scharfabgeschnittenem Rande, 4 bis 8 m
aber dem Wiesengrunde des Baches, 3 bis 4 m unter der Chaussee,
welche die alte Strasse auf 30 bis 80 m rechts begleitet. Bei der
unteren Degensmahle ist die Strasse auf alter Grundlage erneut, jetzt
4 m breit
Dieser Degen'schen Mahle gegenüber führte senkrecht zur Römer-
strasse von der Hardthöhe her eine römische Wasserleitung von 4-
zölligen .Thonröhren auf IVshis 2 m langen TuiFsteinen. Als im Jahre
1868 dort die Bonner Chaussee verlegt wurde, welche früher über den
höheren Abhang der Hardt geführt war, wurde diese Wasserleitung
zwischen den beiden Metersteinen 6,0 und 6,1 in einem 2 m tiefen
Durchstich der Chaussee gefunden. Sie durchschnitt senkrecht die
Chaussee und führte unzweifelhaft in den Witterschlicker Rümerkanal.
Die Quellen dieser Röhrenleitung lagen am sogenannten Heidensprung
nahe am Ursprung des Heidelbach, der unterhalb Witterschlick zum
Hardtbach führt, und untersudite der bekannte Trimbom vor einigen
Die RömerBtrsHe tod Trier tiBch Kiiln anä Bodd. 46
50 Jahren diese Leitung. Jene 2 Fiiss langen Thonröliren gehörten
in die Kategorie der 5-zölligcn Fistulae (Frontinus de aquaeductibus
46), die auch am nransdoif-Kndenichcr Bach gefunden sind.
Unsere Römeistrasae durchkreuzt die Gielsdorfer Kommimalstrosse
läOm nördlich vom elieniiiligen Chanssechauae in der Nähe des Meter-
stein 5,8, und erscheint dort als 4m bi-eiter Grasweg, der sich dann
in einen Fussweg verliert. Sie erreichte das Lessenicher Kreuz an der
Strasse zwischen Burgbenden und Lessenich und verfolgte den Höhen-
rücken zur Iminenburg bei Endenich. Bei Lessenich in der Nähe jenes
Kreuzes liegt halbwegs der Villeoliöhe und des Bonner castrum unsere
Station, die durch zahlreiche römische Graburnen eine römische An-
siedlung andeutet, besonders durchdendortgefundeneiiVotivstein (Bonner
Univ.-Muscum Nr. 12), welcher sagt, dass hier dem Jupiter, der For-
tuna und dem Ortsgenius ein dnrch das Alter verfallenes Gebäude zu
Anfang des S. Jahrhundei'ts n. Chr. neu errichtet wurde.
4. Lessenich-Bonner Lager, 3 millien.
Von Lessenich führt die Kömerstrasse, „alte Heerstrosse" genannt,
durch die Felder, oft nur 3 m breit, stellenweise nocli'/jm dammartig
erhöht. Als der Park der Imraenburg im Jahr 1875 über die Ueer-
stTBsse hinaus erweitert wurde, fand man die Stcinlagc der Strasse,
in der Nähe grosse Tuffsteine und TrachytblÖcke der Wasserleitung,
zahleiche römische Gefässe und Graburnen, so dass hier am Thalrandc
in günstigster Lage eine römische Ausiedlung oder Villa stand, 300 m
von dem Heideweg entfernt, der durch Endenicli filhrt. Am östlichen
Fusa der Immenburg ist die Römeratrasse ein 4m breiter, Im hoher
Dammweg, auf seiner Südseite vom Römerkanal begleitet. Sie führt
Ober den Güterbahnhof zur damniartigen Boniheimer Strasse, parallel
mit der 200m entfernten südlichen Heerstrasse. Die Hauptstras.se
zeigt jetzt keine Spur ihres fühcren Ueberganges über den Endenicher
Bach, doch wurden hier vor einigen Jahrzehnten in der Wiese römische
Wasserleitungsröhren auf dem Grundstock des Herrn Alfter gefunden.
Am rechten Wiesenrande des Daches markirt sich die alte Heer-
Strasse auf eine kurze Strecke noch 3 xa breit, und zeigte hier nach
der Hundesha gen 'sehen Kaiasterkarte römische Mauerrestc, mit Estrich-
]dattcn, die noch vor wenigen Jahren bei dem dortigen Oehöfl im
Felde lagen.
Erkennbare Reste des Ileerwegea nähern sich hier der Heerstrasse
auf 100 m, Obenschreiten die Kölner Chaussee beim Meterstein 25,4,
46 TOn Teiih:
und führte die Bömeratrasse höchst wahrscheinlich durch eine Wall-
pforte in das Röinerlager. Darauf deutet ein sehr sorgfältig gearbeiteter
cyliiidrischer Block von Drachenfelser Trachyt, der bei den Ausgra-
bungen des Lagers im Jahre 1880 bei der jetzigen Kavallerie-Easeme
gefunden wurde. Dieser Block war 1,48 m = 5 römische Fuss hoch,
0|59 m dick, hatte oben ein centrales Zapfenloch Ton 0,29 Durchmesser
und Tiefe, das sich nach unten hin auf die Hälfte dieser Abmessungen
verjüngte, offenbar für den drehbai*en Thorzapfen (cardo) der Thorpforte
bestimmt. Doppelte Vertiefungen für Eisenklammem auf dem äusseren
Gylindermantel befestigten einst nach den sichtbaren Spuren von Mörtd-
resten den Thorpfosten in die Wallmaüer. Von besonderem Interesse
war untenstehendes, sauber eingemeisseltes Werkzeichen des Blocks,
nach einem genauen Abdruck in V4 der natürlichen Grösse ge-
zeichnet, ein triens des Uncialfusses als Massstab, nach Prof. Nissea's
Metrologie S. 4. Der Anfang des Legionszeichens war durch Striche
ausgemeisselt Möglichst genaue Messung jenes Massstabes gab eine
Länge von 98,6 mm.
ML
I
I
Der Stein ist leider verstümmelt in die Fundamente der jetzigen
Kavallerie-Kaserne des castrum vergraben.
Der ;,Heerweg^ führte die römischen Legionen direkt in das
Lager, während eine Parallelstrasse, die heutige „Heerstrasse^, wie wir
sehen werden, beim Johannis-Kreuz am südlichen Grabenrande des
Lagers entlang, also ausserhalb des Lagers zum Rhein nach dem heu-
t^en Schänzchen führte.
Nahe bei jener Südwestecke des Bömerlagers am Johannis-Kreuz
wurde die älteste christliche Kirche Bonn's, Dietkirchen (Volkskirche)
erbaut, da wo die römische Wasserleitung in das Lager mündete, wo
einige werthvolle Inschriftsteine und zwei römische Tuffbrnnnen bei
den Ausgrabungen des castrum gefunden sind. Zahlreiche Neubauten
in der Umgebung der im Jahre 1880 erbauten Kavallerie-Kaserne be-
decken jetzt die historisch wichtige Stelle, wo einst das alte, jetzt spurlos
verschwundene^ Dietkirchen stand. Die interessante Schrift des Aachener
"\
>
Die Römeratrasse von Trier nach Küln
nd Bonr
47
Stadt-Archivar, R. Pick, „Geschichte der Stiftskirche, nach den Urkunden
im Auftrage des Kirchenvoratandea Donii 1884 bearbeitet*, wirft Liclit-
blicke in das Dunkel jener fernen Zelt.
I D. Trier-Bonner Nebenatrasse
vom Capellchen bei Rheinbach zum Bonner Lager,
Bei der Etappe Todcnfeld-Rheinbach B. 4 wurde bereits gesagt, dasa
eine Nebenatrasse übcrCapellcheu, Lliftelberg, Heidchen, Duisdorf, Ende-
nich, die auf der Karte zur Unterscheidung mit schwächerer Linie bezeich-
net ist, zum Bonner Lager filhrt. Die Abkürzung dieses compendiuni
beträgt zwar kaum eine milüe im Vergleich zur Strasse Ober Biiseh-
hofen, aber wahrscheinlich benutzten schon die römischen IjCgionäre,
welche bei der Eanalwendung am obcrirdtseben Aquädukt von Lliftel-
bei^ arbeiteten, diesen Weg nach Bonn, und schafften woh! namentlich
Tuffsteine and Baumaterial vom Bonner Schänzchen hierher.
1. Capelldien-Swistbach, 4 millien.
Halbwegs Todenfeld-Rheinbach erreicht diese Nebenstrasse jetzt
wie auf einer Waldschneusc den Wegestern am Capeliehen, von wo
aosserdcm die 7 m breite Chaussee Todenfeld-Rheinbach, ferner ein
direkter gerader Waldweg auf Uheinbach, und ein Weg zu der I millie
entfernten Ruine Tomberg fuhrt, die schon in der Hunnen-Zeit ein
Zufluchtsort der Bewohner gewesen sein soll. Vom Capelichen ab-
wärts nennt man unsere Strasse den „Bonner oder grilnen Weg", auch
den Wonnersdorfer „Capelichen- Weg", dor früher besonders als Kir-
messweg aus der Eifel zum Rheinthnl benutzt wurde.
Im Walde ist dieser Weg jetzt ein regulirter Foratweg, 6m breit,
Iheilweiae mit SeilengräbcD und Bankett. Wo er den Wald verlässt,
wird er schmaler, 3bi34mbreit, oftein4m breiter, '/ani hoher Damm-
weg, bis er Astlich von Rheinbach beim Meterstein 8,3 die Uheinbacb-
Meckenheimer Chaussee durchschneidet. Zwischen dieser Chaussee und
der Aachener Hecrstrasae ist links am Wege das Fundament eines
kleinen Thurmea von 2m Durchmesser gefunden, welches vom Besitzer
des Ackers wegen seiner Festigkeit nur mit grosser Mühe abgebrochen
werden konnte, und wahrscheinlich einst ein Denkmal oder eine römische
Wegesäule trug, wie Caumont dieselben Gfter erwähnt. Man nennt
jene G^nd „das Höchst". Der jetzige Bonner Weg führt als Commu-
48 von Teith:
nalweg über Flerzheim nach Witterschlick ; der alte Bonner Weg nahe
oberhalb Flerzheim über den Swistbach.
2. Swistbach-Heidchen 3 millien.
Am Lüftelberger Schloss vorbei führte die „Bonner Strasse'' über
yydie drei Linden'' als ««alter grün^ Weg", über eine jetzt 6 m breite
Viehtrift Lüftelberg bewahrt aus der Zeit Carl d. O. die Sagen von
der heiligen Luftildis, deren Gruft in der Kirche Ton einer schönen
Kalksinter-Platte aus dem Bömerkanal überdeckt ist Nach der Tradi-
tion kamen drei Schwestern Spes, Charitas, Fides, deren Kultus sich
an die früheren matronae und matres anschliesst, aus Born zur heiligen
Luftildis, und gingen von Lüftelberg über Witterschlick, Brenig nach
Weilerswist auf jener ebnen Strasse, bei Beschreibung des Römerkanals
im LXXX Heft Seite 12 erwähnt, Hellweg, Hellpath, Jungfernpad ge-
nannt, die sich noch heute, freilich oft nur als Fussweg verfolgen lasst
Es ist dies die Aachener Pilgerstrasse, welche bei Brenig die heutige Achei>
und Bornheimerstrasse von Bonn her aufnahm, über Lechenich weiter
führte, wo sie mit der Kölner Römerstrasse in Verbindung stand, und
als eine der ältesten Landesstrassen von historischem Insteresse ist.
Das Dorf Lüftelberg liegt in freundlicher Gegend auf dem 6 m
hohen Thalrande des Swistbaches. Wo jetzt die Kirche auf einem
Höhenvorsprnng des Thalt*andes liegt soll einst ein Schloss gestanden
haben, welches später in die Niederung soll verlegt worden sein. Nördlich
von Lüftelberg führt der bereits genannte grüne Weg über den Römer-
kanal zum Flerzheimer Kommunalweg. Vom Kanal sind bei Lüftelberg
Süssere Spuren nicht mehr sichtbar.
Im Walde Kottenforst liegt über der alten Bonner Strasse die
neue 6 m breite Chaussee. Nach dem Verlassen des Wakies geht die
alte Bonner Strasse südlich von Wolmershoven über den Witterschlicker
Bach, dann auf dem hohen rechten Thalrande desselben auf Heidchen,
und beisst hier allgemein „der Ritterpad'*, ist meist nur noch 3 m breit
Heidchen ist ein ärmliches Dorf, in welchem seit langer Zeit römische
Münzen, sogenannte Heidenköpfe gefunden werden, von denen ich an
Ort und Stelle einen Gordian und eine Salonina, Rv. Juno regina erhielt,
welche vielleicht auf römische Benutzung der Strasse noch in der Mitte
des 3. Jahrhunderts n. Ch. hinweisen.
3. Heidchen-Duisdorf, 3 millien.
Der zweckmässig geführte „Ritterpad" bleibt in jeder Jahreszeit
Dio RömeratrasBe von Trier nRcb Kola und Bonn.
trocken, und zeigt nörtlÜeh von Heidchen an mclireren Stellen deutlich
seine ehemalige Brette von 6m, durch den Pflug immer schmaler ge-
worden. 400m östlich von Witterschlick überschreitet erden tief ein-
geschnittenen Ueidelbach, dessen linker Thalrand sich allmälig senkt,
während der rechte mit 12o Büschung des bewaldeten Hanges sich
20 m zur ebenen Hochfläche der Ilardt erhebt. Der tiefe Einschnitt
zeigt freilich jetzt keine Spur einer für Fuhrwerk nothwendigen ehe-
maligen Brücke. Auf eine schräge Führung des Weges zur Höhe
linden sich Andeutungen bei einer schanzenartigeu Erhebung von 30 bis
40 m Seitenlänge westlich neben dem Uebergange, mit Wegeresten von
3 m Breite. 600 m nördlich von diesem Einschnitt, in der Nähe des
Waldrandes liegen zu beiden Seiten des Weges 1 bis 2 m hohe Wälle
mit verwachsenen Gräben, 6m breit, 3m tief, einige 100m weit sich
hinziehend. Man würde geneigt sein, brandenburgische Verschanzungen
gegen französische Entsatüversuche bei der Belagerung von Bonn ira
Jahre 16Ö9 darin zu sehen, wenn nicht schon Minola diese räthsel-
haften sehr alten WiUle erwähnte, die auf einen alten Lagerplatz tob
350m Länge, 150 ra Breite hindeuten.
Der Rittcrpad behält auch auf der Höhe seine Breite von 3 m,
und führt an „den drei Linden" vorbei zur sogenannten „Knip" am
Rande der Ville, wo diese sich nach Duisdorf und I^ngsdorf senkt und
einen hübschen Blick in das Rheiuthal bietet- Die Knip zeigt ein
Netz zahlreicher alter Wege, Terrassen, Einschnitte, mit Resten von
Bruchstein- Mauerwerk und festem Mörtel, namentlich am Hohlwege
nach Duisdorf, 1 bis 2 m unter der Erdoberfläche, welches sich strecken-
weise verfolgen lässt und von den Bewohnern für eine alte Strasse
gehalten wird. Die Sage spricht von einer ehemaligen Duisburg auf
der Höhe, an welcher die unter C. 3 erwähnte römische Wasserleitung
vom Heidensprung zur unteren Degensmühle vorilberführen soll. Die
Quellen am Heidensprung speisten ausser der römischen Thonröhren-
leitung auch das überdeckte Wasser-Reservoir oberhalb Duisdorf für
die kurfürstliche Wasserleitung in eisernen Röhren, welche noch jetzt
einige Brunnen in Bonn, freihch nur spärlich, mit Wasser versorgen.
4. Duisdorf über Endenich zum Bonner Lager, 3 millien.
Vom Duisdorf- Lengsdorfer Wege führt die alte Bonner Strasse
an einem Heiligenbilde vorbei und, von der kurfüi'sUichen Röhrenlei-
tuDg begleitet, zum Endenicher Kirchhof. Der Weg ist 3ra breit,
zweckmässig geführt, meist trocken und lieisst bei den Uewohnem
60 Ton Yeith:
Schiefelinchen. Er erreicht die Duisdorfer Chaussee beim Meterstein
2,9,. geht durch das Dorf Endenich (Entenic im 12. Jahrhundert) mit
dem Namen Heideweg, früher Heidenweg. Nahe bei der Kirche soll
an der Brücke des Endenicher Bachs das Vehmgericht gewesen sein,
welches wenigstens auf die althistorische Wichtigkeit dieses Punktes
hinweist, in dessen Nähe Matronensteine gefunden wurden, und auf
welchen in gerader Richtung von der Dahmsmühle am Rhein der
„Reutcrsweg** über Poppeisdorf führt. Seit vielen Jahren sind nahe
der Eisenbahn beim Ausheben der Ziegelcrde zahlreiche römische
Orabumen und Sigillata-Gefässe an dieser Strasse gefunden worden,
welche auf den römischen Ursprung des 4m breiten, gerade geführten
Weges hindeuten.
Der Reutersweg führt an der Süd westecke des Poppelsdorfer Weihers
vorbei, dessen Burg in Urkunden des 12. Jahrhundert castra ante
Creutzberg genannt wird und früher mit doppelten Gräben eine Be-
festigung von 150 und 200 passus Seitenlänge umschloss. Genau in
der Richtung des Reutersweges lag in Poppeisdorf auf dem Grundstück
der WesseFschen Fabrik ein kleiner Weiher mit Insel und Gebäude-
resten, jetzt grösstentheils überbaut, nach alten Karten 50 und 30 m
lang und breit. Nördlich von Poppeisdorf ist der Reutersweg in den
Feldern kaum noch zu erkennen, er vereinigte sich bei Endenich mit
einem Wege, der von Godesberg her über Friesdorf, Dottendorf, Kesse-
nich auf Poppeisdorf und Endenich führte, und in der Nähe der Fries-
dorfer Brauerei Mauerreste einer römischen Villa zeigt (59. u. 81. Heft
S. 212). Dieser Weg führt an der Poppelsdorfer Kirche und am
Fuss des Kreuzberg unterhalb der Mordkapelle vorbei, wo im An-
fange des 4. Jahrhunderts christlich römische Soldaten der thebaischen
Legion als Märtyrer hingerichtet sein sollen.
Am Fuss jener Höhe liegt links am Wege zwischen Poppeisdorf
und Endenich eine halbrunde Aushebung, theilweise durch Benutzung
als Sandgrube zerstört, in ihrer geschützten Lage einst als Pestlazareth,
jetzt bei ihren regelmässig ansteigenden Terrassen als Baumgarten be-
nutzt Dieser Halbkessel, von dem ein Theil durch die neuere Strasse
abgeschnitten ist, welche über die Endenicher Dorfhöhe führt, heisst
im Kataster „das Wann'^ von den Bewohnern der Umgebung oft als
ein durch Hexeu und Heidenverkehr unheimlicher Ort bezeichnet. Der
Längendurchmesser des Wann beträgt 100 m bei 60 m Tiefe, die oval-
runde Sohle ist 60m, lang 40m breit, und erheben sich die Terrassen des
ausgerundeten Thalrandes mit allmäliger Steigung bis 10 m über die
Dio Römeratraaae von Trier nacb Eüln und ßoaa.
&1
vorbeifiilirende Strasse. Diese Abmessungen der offenbar bedeutungs-
vollen Anlage und ihre Orientirung der Sonne gegenüber, entsprechen
den römischen Amphitheatern, von denen Caumont in seiner Archäologie
S. 132 einen Plan des Amphitheaters von Chenneviöres im Loiret giebt,
erinnern an die Arena von Vetera {31. Heft der Jabrbilclier S. 110)
so dass hier im Wann, nach der Ansiclit des verstorbenen Prof. Bergk,
der wiederholt mit mir die Abmessungen feststellte, das Amphitheater
des castrum anzunehmen ist, welches Tiir ständige rümische Garnisonen
bekanntlich einst nncntbehrlicb, dort die geeignetste Stelle fand, 3000
Schiitt vom Lager entfernt.
Der sogenannte Bonner Weg ging am Fuss der Höhe an der
ehemaligen Endeniclier Burg bei der Kirche vorbei, durchschnitt beide
römische Parallelstrassen Trier-Bonn bei Endenich und an der Immen-
burg, ging (Iber die Höhe fort nach Dransdorf, über Alfter nach Rois-
dorf, wo Dr. Kessel nach dem 58. Heft der Jahrbücher S. 1C9 Funda-
mente römischer Gebäude am Gesundbrunnen fand, dann über ßornheim,
Waldarf zum Eümerkanal, dessen Begleiter er über HermUlheim hin-
au.s bleibt, und hoffentlich dereinst für die noch unbekannte Fortsetzung
des Eifelkanals auf Neuss den Weg zeigen wird.
Die Duisdorf-Endenicher Strasse geht durch Endenicb am Gast-
hof „Heideweg" vorbei, dann nördlich neben der Chaussee in den Fehlern
aberpflügt zum Kielgraben, wo sie als befahrener Damm 4 bis 5m breit,
1 m hoch wieder zum Vorschein kömmt, 200 m südlich von der alten
Hoerstrasse diese begleitet. Westlich von der Eisenbahn heisst dieser
Damm in alten Katasterkarten der „hohle Weg*, auch der „hohe Weg",
nach dem U eberschreiten der Eisenbahn „die Hecrstrasse", jetzt eine
chaussirte Strasse, mit Häusern besetzt, die noch vor einem Jahrzehnt
in der Gegend des Endeniclier Bachs den alten, 5 bis 6m breiten
Römerdamni zeigte. Zu beiden Seiten desselben sind beim Strassen-
und Häuseibau römische Graburnen gefunden, und noch im März 1878
fand man beim Legen von Gasrohren am Kreuzpunkt mit der Kölner
Chaussee die 6m breite, 0,30m starke Kies- und Steinschicht der
RümcrBtrasse 1 m unter der Fahrbahn jener Chaussee am Johannis-
kreuz. Diese Trierer Strasse geht dann am äussern Grabenrand der
Südfront des Bonner llömerlagers entlang, durchschneidet die Mainz-
Kölner Römerstrasse 20 m südlich von der porta decumnna jenes Lagers,
wo sie in Im Tiefe 6m breit aufgedeckt wurde, führte über einen
Wasserkanal durch den westlichen Eingang des Schanzchens, wo in
der Nähe römische Steinsärge gefunden wurden. Im Baumgarten des
52 von Veith:
Schänzchen wurden im Jahr 1877 südlich neben dem Hause Funda-
mentreste von 4 Pfeilern gefunden, genau im Allignement und am Ende
der Trierer Strasse, im ganzen 9 m lang und breit, 9 m über dem Null-
punkt des Rheinpegels, vielleicht einst die Lade- und Hebestelle für
Bausteine von Tuff, Trachyt, Basalt etc., welche durch Schiffe zum
Lager- und Kanalbau dorthin gebracht wurden. Mauerreste von Ge-
bäuden und Scherben römischer Gefässe lagen hier ausserhalb des
eigentlichen Bömerlagers, innerhalb dieses propugnaculum, welches
durch starke Mauern den Leinpfad und den Zutritt zum Bhein bis
zum Wachtposten des ehemaligen Windmühlenbergs deckte. Es scheint,
als hätte sich die Trierer Strasse jenseits des Rheins über Vilich,
Warth auf Siegen fortgesetzti im Yolksmunde dort überall die „Römer-
strasse" genannt.
E. Das Bonner Römerlager
ist ein historisch wichtiges Denkmal des 1. Jahrhunderts.
Die Königl. Regierung liess dort beim Wicheishof 1818/19 Aus-
grabungen veranstalten, welche Prof. aus'm Weerth 1876 bis 1881 mit
grossem Geschick, Fleiss und mit bedeutendem Kostenaufwand fort-
setzte. Die 2 bis 3 m tiefen Aushebungen sind wieder zugedeckt, nach-
dem Hauptm. Lüling, Markscheider des Königl. Ober-Bergamts, die
genauesten Aufnahmen der Resultate in werthvoUen Zeichnungen nie-
dergelegt hatte.
Diese Resultate sollen in den nächsten Heften veröffentlicht werden,
um ein richtiges Bild der Wälle, Kanäle und Kasernen des Lagers zu
geben, und manche Fragen über römische Castrametation lösen zu
helfen.
Beiliegende Uebersichts- und Fundkarte von Bonn möge den Zu-
sammenhang des Römerlagers mit den Sti*assenzügen, die örtlichen und
Höhen-Verhältnisse erläutern, die Vorwerke auf beiden Rheinufem mit
einer Andeutung der Rheinbrücke Caesar's^), die alten Bonner Stadt-
befestigungen und eine Fortsetzung der Freudenberg'schen Fundkarte
geben 2).
1) Westd. Zeitschrift (Pick, Caesar's Eheiaübergänge). VI. S. 87.
2) Bonner Jahrbücher f. Alterthumsfr. i. Rheinl. Festschrift 1868, 8. 41
nebst Karte.
Die Römerstrasae von Trier nach Köln und Bonn.
58
Jesuiienhof
Wichehhof
F. Römerfunde bei Bonn für beiliegende Fandkarte.
I. Bonner Römerlager und dessen nächste Umgebung.
Inneres Römerlager mit einer Uebersicht seiner Walle, Gräben, Fundamente
und Kanäle auf Grund der bisherigen Ausgrabungen.
Hundeshagen, Stadt (i) Minervabild.
Bonn, S. 44.
Un. M. 179. .Becher mit „Reple".
Un. M. 238 and 239.
ün. M. 247.
Un, M. 243. {ü)(
Pr. M.
ün. M. und Pr. M.
Schänzchcn
Porta decnmana
Am Johanniskreuz
Ebemal. Dietkirchen
Neues Dietkirchen seit
1660 StifUkirche in
der Stadt, Sammel-
Zwei Reliefs, Jüngling mit Pferd.
Marmorkopf, wahrscheinlich Kaiser Uadriar 8.
Weibliche Figur.
Säule mit Kapital.
Ziegelstempel der I leg, I M. P. F, XXI Rap.,
VexilL
B. J. 57 S. 211 und (3) Silbersohale und Thongefasse, Baureste,
229—59 S. 181. Wasserrinnen etc.
ün. M. 117. (4) Grabstein des Soldaten Julius Severus.
B. J. 80, S. 230. Fundameute, Kanäle, Steine mit Legions-
stempeln, Gefässe, Fibulae etc.
Pr. M. (s) Inscbriftstein Vex. leg. I M.
Br. 462 verloren, (e) Votivstein Uorculi Yictori an der Südseite
der Kirche.
Br. 463 verloren. (7) Votivstein Apollini Livici, an der Nordseile
der Kirche.
B. J. 82, S. 46. (8) Thorstein mit Werkseichen, Westseite des
Lagers.
Votivstein Victoriae Aug. Publicias etc.
Mercurio L. Cornelius leg. XXI rap.
Patemus leg. XXII primig. urbanus milos etc.
Matribus Aufaniabus domesticis GlodiosMar-
cellinus leg. I M.
Votivstein Kaiser Antoninus Pius.
Reliofbild.
Herouli C. Calp. Proclus leg. Aug. leg. 1 M.
Altarstein in honorem leg. I M.
Ära Herculi Magusano Q. Clodius Marcel-
linus Cent. leg. I M.
Ära mit Juno und zwei Figuren.
Ära der Minerva und des Hercules.
Un. M. 76.
Campios.
ün. M. 90.
punkt der Funde aus B. J. 67, Prof. Klein
dem Römerlager S. 66.
B. J. 67 u. 69, S. 54.
B. J. 78, S. 63. (9)/
ün. M. 207.
ün. M. 211.
Anmerkung: Siehe Prof. Freudeubergs ürkundenbuch = Frdb. ürk. = für Bonn in der
Festschrift Bonner Jahrb. 1868. Bonner Jahrbücher bezeichnet mit B. J. — Bram-
bachs corpus inscriptionum = Br., Katalog des Kgl. Rheinischen Museums s Un.M.,
ProyinziAl Museum s Pr. M.
54
von Veiih:
Rh^dorfer Weg
Bonner Berg
Brückenweg
Kölner Chaossoo
(lo) In den letzten Jahrzehnten gefanden Tuff-
tteina&rge, Tnfifkiften, Graber» Urnen,
Münzen eto.
B. J. 50/51, S. 307. rFondamenie, Strassenresie, Gräberi Geftne.
Br. 458. ^"^\D femina, vir M.
(la) Strasseureste von der Irren- Anstalt am Jaden-
kirchhof vorbei zam Jesuitenhof, in 1 Ini
2 m Tiefe gefunden, von Gräbern begleitet
B. J. 81, S. 87 Pr.M. (13) Nahe vor dem Köln-Thor zwei Beliefbilder,
Gefässe etc.
B. J. 49, S. 190 Pr. M. (14) Am Johanniskreuz Grabstein mit phalerae
nnd „Vale Laci**.
B. J. 58/54, S. 183 Pr. M. TAm Kreuztragenden Christus (Meterst. 25,3)
. 1 Reiterdenkmal des Cajus Marias I leg.
I mit phalerae,
Un. M. 97. I Grabstein eines Soldaten Yalerianus.
B. J. 57, S. 70 Pr. M. (17) Grabsehrift des L. Magias leg. I M., castm
armorum nahe dem Directions-Geb. der
Irren-Anstalt gefunden.
B.J. 55/56,8. 289 Pr.M. fAltar des Julius Quintus für die matres
I domesticae.
I Gräberfeld zwischen Chaussee, Bach und
I Irren-Anstalt.
B. J. 70, S. 151 und (19) Dom Josephshof gegenüber Gräber, an einer
B. J. 81, S. 196. Mauer entlang.
II. Römerstrasse vom Bonner Lager nach Mainz.
Canabae des Lagers vor
der porta decumana
Beim Bau der Kliniken
und am Theater ge-
funden
Pr. M. (6) Inschriftsteiu Vexill. leg. 1 M.
B. J. 59, S. 29. i Römerstrasse mit Kanal — TempeL
B. J. 62, S. 64. ^^^^\ Bäder mit Fresken.
Un. M. 58.
Un. M. 60.
Un. M. 79.
Un. M. 230.
B. J. 59, S. 88.
do.
B.J.59S.46U.60S.154.
Un. M. 137.
(21)
/Altar des Flavius matribus domesticis.
Matribus domesticis.
[Grabstein „opto sit mihi terra levis*'.
(Brustbild eines Römers.
Altar der Anabanae (Idbanao).
Altar des Veteranen Filippus.
Grabsteine, Gefasse, Legionsziogel, Münzeo.
Altar Cornelius Araca.
Wilhelmsirasso
Theaterstr. am Wind-
mühlenberg
Br. 406. (22) Altar Matribus Aufaniabus.
B. J. 67, S. 152. rMosaikbodenplattcn.
B. J. 68, S. 182. ^I^Strasse zur Burg, Kanal zum Rhein.
Die Römeratrasse von Trier nach Köln nnd* Bonn.
&5
Engelthal
Engeltbaler u. Joseph-
strasse Ecke.
Zwischen Sandkaul u.
Yierecksplatz
Yiereckspl. u. Burgstr.
Br. 467. (94) Yotiv-Ara pro salute impp. Diocletiani et
Maximiniani templum Martis restitait Sin-
tus praef. leg. I M P. F.
Un. M. 13. (20) Yotiv-Ara J. 0. M. et genio loci, Dis, Dcn-
bosqae omnibos Crescens et Felix leg.
I M P. F.
Pr. M. (26) Ära der Scaptischen Familie.
B. J. 49, S. 190, fRömergräber von Sandsteiuplatten, Urnen,
55/56, S. 242. (21)} Kanäle.
I Strassenreste am Evangel. Schulhause.
Un. M. 67. /»o\/Ara Fulviana, Divum sodalis etc.
B. J. 78, S. 234. \jupiterkopf.
Yoigtsgasse u. Ober- Frdb. Urk. Fundk. 19. (29) Fundamente, Ziegel, Münzen.
Rbeinthorstrasse
bergamt
FranziskanerstrasBo
Yor d. Coblenzer Thor
Herrenmauor
Erste Fährgasso
Hotel Bellevue
Yinea Domini
Rigal'schcs Hans
Eltzbachers Haus
Qr&fin Fürstenberg
Zweite Fahrgasae
Hehlern, Frings,
Weberttrasse
KranU
YUla L5schigk
Ehemalige« Stener-
haos am Reatersweg
B. J. 55, 8. 166. (so) Werthvolle Münzen.
Un. M. 92. (Gräbst. Caelio Yitali miles leg.I M.Septimia.
B. J. 60/61, 8. 194. (31) I Fundamente, Gr&ber im Garten des Hotel
( royal.
(32) (Yalerins Sabinus), im Garten des Rentner
Schaafifhausen, Wasserleitung, Heixvorr.
Un. M. 206. , . JJuppiter auf dem Throne sitzend.
B. J. 56/56, S. 243. ^\Grabumen, Gefasse.
Un. M. 104. (Mucasius.
Un. M. 14. (^)( J. 0. M. et Herculi et Silvano Nepotianus
f praef. castrorum (vom J. 190).
Frdb. Urk. /'Calvins log. I und Cabrio aquilifer, verloren.
Un. M. 84. I Grabstein des Clodio leg. I.
Un. M. 86. (35)7 Grabstein des Pctilius Secundus leg. XY.
Un. M. 87. I Grabstein des Piperacius leg. XY.
Un. M. 98. I Grabstein des signifer Pintajus.
Frdb. Urk. Nr. 5. fAtilius leg. XXI rap.
„ „ I Ammaeus — ausserdem ornamentirte Steine.
B. J. 61, S. 144. (37) Römische Gräber, Glas- und Thongefässe.
B. J. 58, S. 205, 61,(88) Gräber mit Steinrclief(Pr.M.) Urnen, Leiolion-
S. 144. brandstätte.
ün.M. 86, Frdb. Urk. . v rCarisius leg. I und Cornelius leg. I.
B. J. 50/51, S. 806. \Formpresse einer Thonlampe. Gräber.
(^) Grabräule mit Minerva-Relief, Bad.
Ui) Gräber mit Beigaben.
Un. M. 79. (42) Yotivstein des C. Gandidinius Yerui .
56
Ton Yeith:
Weiterhin aaf Godeiberg find zihlreick
GriLber und ümen an der StraiM eotluf
gefunden (Drammer), beaonden wieUp
Un. M. 232. (43) Löwengruppe mit £ber nnd Jüngling, Mi-
thraabild, an das Bonner Stadtwippa
erinnernd.
Beim alten Zoll
III. Im Rhein beim Baggern gefunden.
Zwischen Jesuitenhof und Gran Bheiiidorf,M
wie oberh. Yerpfahliingen am Ufer enÜuf .
(44) Zwischen Jesuitenhof and Schwan Blun-
dorf 19 Conslantinieche Goldmünieo.
B. J. 25, S. 98. (46) BömerBchwertyBronoenyGeflue,Maiiiadfl.
Endenich
Immenburg
Johanniskreux
Schänzclien
IV. Kömerstrasse (Heerstrassc), Trier-Bonn.
Un. M. 51.
Ilundeshagen.
B. J. 47, S. 169 und
39, S. 386. (46) {
/Ära der Matres Vacallineae Ton Atticm
Matemus leg. I M. P.
Matronis Andrustheihabua.
Inschriftstein, Gräber, Münzen.
Kanalleitung von Witterschliok zum kiv-
fürstlichen Teich (piscina) amEndenidier
Bach mit Wasserröhren und Aqoidoet-
Säulen.
Pr.M., B.J. 80,8.150.(47) Grabstein des P. Romanus Modestus.
Pr. M., B. J. 69, S. 45. (4h) Grabstein, an der Reitbahn gefunden, der
Aelia Arviana für ihren Gemahl Simpli-
cinius Victor centurio 1^. I M.
(49) Steinsarg mit kostbarem Glaae, eine Weialeie
darstellend. — Fundamente, Kanalleitung
mit Legionsstempeln (s. Schänzchen bei !)•
Dorotheenstrasse
Stifbsgasso
V. Zweigstrasse ad IV.
B. J. 81, S. 196. (so) Reste einer 4 m breiten, festen Strasse in
2 m Tiefe bei Neubauten desH. Stein mit
Gräbern, Gelassen, Legrionsstempeln I IL
B. J. 58, S. 204. (r>i) Fortsetzung dieser Strasse südlich derStifti-
kircho zur römischen Rheinstrasse mit
zahlreichen Gräbern etc. Parallel mit dieser
Zweigstrasse, nördlich c. 100 m von dieier
die Reste einer Strasse in 1 m Tiefe, mit
Grabern zum Kölnthor und zur Theamtf'
Die Rdmenirasse von Trier nach Köln und Bonn*
67
Endenich n. Mecken-
lieimersirasse
Maarg. u. Vieh markt
Hoapitalgasse
Martbashof
Yierecksplaiz 8. II.
YL Zweigstrasse ad IV.
(62) Maxstrasse am kurfürstlichen Teich vorbei
Gräberfunde.
B. J. 77, S. 216. (m) Gräber.
B. J. 58, S. 204. (w) Gräber.
B. J. 72, S. 118. (66) Zahlreiche Steinsärge mit Gefassen, Münzen
Frdb. ürk. etc.
B. J. 77, S. 216. (66) Steinsarg, Glas, Gefasse.
Vn. Bonna-Verona.
In der Festschrift der Bonner Jährbücher für Alterthumsfreunde vom Jahre
1868 geben Dr. Harless und Simrock den urkundlichen Nachweis des alten
Verona, welches in der nächsten Umgebung des Cassius-Stiftes (villa basilica)
einen eignen Gerichtsbezirk bildete. IV2 bis 2 m starke Mauern umgrenzten
Verona zwischen Acher- und Stemstiasse, auf der Brücke, 3 bis 6m tief gefunden,
die glatte Mauerböschung und der Graben nach dem Markt hin gerichtet. Solche
Mauern sind vor einigen Jahren auf dem Hofe der Lesegesellschaft, auf dem
Martinsplatz, in diesem Jahr auch neben der neuen Wesselstrasse gefunden. Sie
schliessen sich an das eigenthümlich offene Viereck der Hochstaden'schen Be-
festigung^ und sind in beiliegender Fundkarte angedeutet, um künftige Beobach-
tungen und Untersuchungen über das alte Verona daran anzuknüpfen. Folgende
wichtige Römerfunde bezeichnen dies Revier, auf welchem auch die Martinskirchc
mit dem Löwenkopf (Stadtwappen) und die Helena-Kapelle standen.
Marünsplatz (Wessel) Un. M. 7. Frdb. Urk. (6?) J. 0. M. conservatori C. Maximius Paulinus
praef. castrorum log. 1 M., vom Jahre 201.
B. J. 25, S. 206. (68) Heroules-Statue von Sandstein.
B. J. 80, S. 150, Corr. (59) Eine Votiv-Ara vom Jahre 160 sagt, dasa
Nahe am Bahnhof
Münster^ nordwestl.
Fandamente
Bl. der Westd . Zeitschr.
V, 3.
Yor dem Eingang zum
Monster
Monaterplalz u. Schul-
haoB hinter der- Post
B. J. 65/56, S. 241.
pro salute imp. Antoninus Fius eine Ab-
theilung (vexillatio) der germanischen
Flotte nach Bonn koromandirt war, für
Bauten der colonia Trajana (bei Xanten)
Steine zu brechen.
Steinsarg.
(6o)| Gräber und Ziegelgrabtafcl mit „Cajus".
I Tufifmaacrn und Fundamente im v. Ciaer'-
V sehen Haosei Grabumen.
56 Ton Veith: Die Rdmentrasse von Trier nach Köln und Bonn.
Remigias- (Römer)
Platz
Achersirasse
Dreiecksplatz
Auf der Brücke
(61)
Am Hof vor der Klinik
Un. M. 83. M. Cominius miles leg. I.
Un. M. 106. /^.x Griechische Inschrift mit sehr gut gearbeite-
tem Hoch-Relief eines Hundes, als Symbol
der Treue.
B. J. 55/66, S. 241 u. (Gräber, Thonkrfige, Gefässe, Lampen, fibola.
66, S. 188. (62) j Reste einer 3 m breiten Basaltmauer oder
B. J. 55/56, S. 242. [ Strasse, Graber mit Gefassen.
Frdb. Urk. nnd B. J. fBrückenbogen und Festungsmauem, deren
Fortsetz, nördlich zwischen Acher- and
Sternstr. gefunden wurde.
Zerstörte grosse Ära Modeste.
Ära Heracle Dupliciarius leg. I M. Severianae.
Zahlreiche römische Ziegel, nahe den Mauer-
fundamenten, im Hofe der Lesegesellschaft,
in derselben Richtung am Martinsplatz
und neben der Wesselstrasse 1886 in 2m
bis 6 m Tiefe gefunden, iVa™ stark, von
Tuff erbaut, mit römischen Ziegelstücken.
55/56, S. 242.
B. J. I, S. 23. (63)
Frdb. Urk. Nr. 28.
ün. M. 93.
Frd. ürk. 7.
VIIL Lennöstrasse
und nahe der Herz- B.J. 52u. 57,Frd.Urk. (es) Zahlreiche Graber, Urnen, Gefässe.
Jesukirche
IX. Keutersweg, siehe Karte B. J. 78.
Dahms-Mühle a. Rhein
B. J. 58, S. 205.
Un. M. 79.
Ehemaliges Steuerhaus
an der Cobl. Strasse siehe II.
Zwischen Eisenbahn B. J. 57, S. 210.
o. Kessenicherstrasse
Poppeisdorf, Friedrstr. B. J. 53/54, S. 299.
Louisenstrassc B. J. 58, S. 155.
Fundamentreste eines Signalthurms.
Kessenicher (Hiesemanns) Weg, Graber bis
zur Rosenburg.
Yotivstein — zahlreiche Gräber bei Löschigk.
Beim Ziegeln seit Jahrzehnten Gräber mit
Gefassen etc. gefunden.
Gräber mit Beigaben.
Topf mit ca. 200 Münzen des 3. Jahrhunderts.
Endenich und Immenburg siehe IV. Trier-Bunncr Römerstrasse.
von Veith.
5. Weitere Ausgrabungen in Remagen.
Die in dem Remagen betreffenden Aufsatze, Heft 80 der Jahr-
bücher, Seite 176 ausgesprochene Erwartung, es werde das dritte,
1883 entdeckte hiesige Gräberfeld ,am Wickelsmäuerchen^ wohl
noch weitere Gräber ergeben, hat sich durch dort vorgenommene Gra-
bungen reichlich erfüllt. Sie geschahen auf sechs vorerst zu Gebot
stehenden zusammenhängenden Parzellen, anfänglich durch einen Ander-
nacher Unternehmer, sodann durch das Provinzial-Museum zu Bonn
und fanden im Mai d. Js. einen durch die Feldcultur bedingten vor-
läufigen Abschluss. Ihre Ergebnisse können daher jetzt kurz zusammen-
gestellt und zu einer Beurtheilung des eigenthümlichen Vorkommens an
dieser, für die Vorzeit des Ortes bedeutungsvoll gewordenen, Oertlich-
keit benutzt werden.
Ihr Bodenprofil wurde schon Heft 80 Seite 175 erwähnt: unter
der Obern Dammerde folgt eine fester werdende mergelig lehmige Schicht,
welche Kies und Sand überdeckt; der Sand liegt wellig und ungleich,
Infolge dessen die überdeckende Schicht von ganz verschiedener Dicke
ist, und zwar von solcher zwischen 1 und 2V2 Meter. Die Situation
betreflfend, so liegt das Gräberfeld im Winkel einer Wegegabel (Heft 80,
S. 175) und die Parzelle Müller — sie werde mit I bezeichnet — in
dessen Spitze. An Parzelle l schliessen sich die folgenden als schmale
parallele Streifen an und gehen von einem der beiden Wege bis
zum andern. Der Unternehmer durchgrub im Anschluss an die
beendete Sandgewinnuug des Herrn Müller einen weitem Theil der
Parzelle I, deren nördliches Drittel indess noch unberührt geblieben
iat, sodann die Parzellen II und V; das Provinzial-Museum die Par-
zellen HI, IV und VI. Die Arbeiten des letztem sind genau beauf-
sichtigt worden, die des üntemehmers nur theilweise, sowohl, weil man
zu spät davon erfuhr, wie auch, weil die Funde rasch nach Andemacb
befördert wurden.
60 Reuleaux:
Die Arbeiten ergaben nun vorerst drei verschiedene Arten der
Beisetzung, es fanden sich:
erstlich eine Menge Skelette, ohne jede sargartige Umwandung =
Skelettgräber; sodann eine Anzahl Skelette umgeben von einem sarg-
artigen Umbau von Ziegelplatten, oder Dachpfannen = Plattengräbcr;
ferner Stellen der Feuerbestattung oder des Le iche n br and s, mit Gruppen
von grösseren Graburnen, nicht, oder nur in einem einzigen Falle (auf
Parzelle VI), durch ein anderes Grab unterbrochen ; schliesslich zwischen
den Skelett- und Plattengräbem viele einzelne Gegeustände und kleine
Gruppen von Thongefässen mit keinen, oder nur wenigen, beiliegenden
Skelctttheilen; als Ausnahme endlich fand sich vereinzelt ein Tuff-
steinsarg.
Bei Anordnung dieser Grabstellen ist keinerlei regelrechte Ordnung
eingehalten worden ; man kann nicht von Reihengräbem, nurvonGnlbem
in Gruppen, sprechen; aber es ist dennoch bemerkenswerth, dass, während
sich die Skelettgräber über den ganzen Platz hin verbreiten, sich alle
Plattengräber mit Ausnahme eines einzigen auf Parzelle I fanden und
alle Leichenbrandurnen (die auf Parzelle IV eingerechnet) in dichter
Häufung auf den Parzellen V und VI.
Gemeinsam allen Skelett- und Plattengräbern war ihr Parallelis-
mus und ihre Sichtung nach Linz hin, was nicht ganz, aber ziemlich
genau, der West-Ost- Linie entspricht, das Fussende lag stets nach Ost
(der auflebende Todte sah der allerweckenden Morgensonne entgegen!)
nur zwei nebeneinander liegende Gräber, ein Platten- und ein Skelett-
grab auf Parzelle IV, wichen von dieser Richtung, wohl wegen ver-
fehlter Orientirung, merklich südöstlich, nach Sinzig hin, ab. Es scheint
fenier Regel — aber keineswegs immer befolgte — gewesen zu sein,
die Leichen bis auf die Sandschicht, auch wohl noch etwas in diese
hinein, zu versenken, was namentlich bei allen Plattengräbern, das auf
Parzelle IV ausgenommen, geschehen waj; die Skelette lagen in ganz
verschiedener Tiefe, theils auf der Sandschicht, theils höher, hie und
da auch übereinander, was schon Herr Müller gefunden hatte und
vermuthen lässt, dass der Begräbnissplatz von wenigstens zwei sich
folgenden Generationen benutzt worden ist. Das sichtliche Bestreben
den Sand zu erreichen muss wohl einen bestimmten Grund gehabt haben,
keineswegs aber kann es der gewesen sein, auf diese Weise Beigaben
von Werth vor Raub zu sichern, weil manchen, zwei Meter tief liegenden
Skeletten nicht das Mindeste beigegeben war, andern in geringer Tiefe
dagegen öfter relativ WerthvoUes; vielleicht war der Grund das Be-
WeiUre AuagrabiingeD in ReTnaj^en.
61
streben, den Leichen eine längere Erhaltung zu sichern; und das ist
den Römern am Wickelsmäuerchen denn auch vollständig gelungen,
denn die Skelette auf der Sandschicht waren meist ausgezeichnet erbalten,
die höher im Grunde ruhenden aber fast immer so mürbe, dass ihre
wenigen Reste unter der Hund zerbrachen. Als gebräucblicli wird
man sodann woLI mit Bestimmtheit die Bestattung in Hnlzsärgen
annehmen müssen; sowohl in den riattcngräbern, wie bei den Skeletten,
fanden sich, wenn auch keineswegs immer, Nägel vor (bei einem Skelett
auf Parzelle V z, B. 21 Stück der schwersten Sorte) meist von solcher
Länge (bis zu 12cm) und Schwere, so dass man sich Särge oder yiel-
mehr Kasten von sarggcmässer Länge aus dicken Dohlen und dann
rectangulärem Querschnitt wird denken müssen; dann aber bei andern
Skeletten auch wieder kleinere, unseren Särgen entsprechende Nägel');
sie lassen auf ßrettersärge schliessen, über deren Form eine weiter
unten folgende Notiz vielleicht einiges Licht geben könnte, Das Holz
'aller solcher Särge hatte sich natürlich in Erde verwandelt, die sich
durch schwärzliche Farbe in der Lehmschicht kenntlich machte und
den Arbeitern stets als Zeichen diente, dass nun mit Vorsicht weiter
gearbeitet werden müsse. So aussichtslos unter solchen Umstanden
der Versuch erscheinen muss, über die Holzdicke dieser Römersärge
Gewissheit zu erlangen, so kann dieses Maass, für Einen Sarg wenigstens,
dennoch zufällig mit Bestimmtheit festgestellt werden. Unter den
Gegenständen, welche mir der Unternehmer, als ihm wertfalos, überliess,
Scherben, Nägeln, halb verbrannten Fibeln u, s. w. — es befand sich
darunter auch dag von Herrn Prof. Klein im Heft 81, Seite 106 be-
handelte Bruchstück einer rÖmi.schen Inschrifttafel — ist ein Sarg-
nagel von 9Vacm Länge von der Spitze aus theilweise noch mit Holz-
faser bekleidet, welche sich mit dem Eiseno):ydhj'drat des Nagels zu
einer festen Kruste vereinigt hat; es ist Langfaser, an der knorrigen
Struktur erkennt man deutlich Eichenholz; dieser Ueberzug ist oben
scharf abgegrenzt und lässt unterhalb des Nagelkopfes so viel vom
Nagel frei, als die Dicke des angenagelt gewesenen Brettes betrug;
das war aber 34mm und entsprach also der Starke unserer gewöhn-
en, varcn imtner stark iokrustiri
i kleineren Nfigclii aber kam es
eod nicht im miDdeatcn oxydirt,
I dor Nngr^lgchmiede. Eine
l) Diese Sargnägel, namentlich die schwi
and in Eiaenoxydbydrat umgewandelt; bei di
aiiRHlIendcrweige mebrfacb vor, dais eio ansehe
vielmehr so ft-isch eracbicuen, sIb kamen «ie c
Anzahl Hotcher Nägel habe ich aelbst einer Urne entnommen,
Augen anigegraben wurde.
62 Renleaax:
liehen Dielen. Noch ein anderer Grund fuhrt zu der Annahme von
Holzsärgen und zwar von vielen: fast keines der einzeln oder gruppen-
weise zusammen stehenden GefSsse, wie sie sich mit, oder ohne, Be-
gleitung von Skeletttheilen vielfach zwischen den Gräbern fanden,
hatten noch ihre ursprüngliche Stellung, sie waren vielmehr fast immer
verdrückt, verschoben und ganz unregelmässig zusammen gehäuft, öfter
dabei auch zerbrochen. Es muss diese Erfahrung eigentlich etwas be-
fremden, weil man sich fragen muss, unter welchen Bedingungen sich
in einer ruhenden Erdschicht solche Verschiebungen ereignen können«
Aeussere Störungen haben auf dem Platze eine gewisse Tiefe nicht
überschritten, es zeigten sich aber auch 2 Meter tiefliegende Gegen-
stände in gestörter Lage. Eine solche kann auch durch tiefein-
dringende Erweichung des Bodens bei Ueberfluthung, welcher die Stelle
in uralter Zeit möglicherweise ausgesetzt war, unter gewöhnlichen Ver-
hältnissen nicht hervorgerufen werden, dann aber allerdings, wenn sich
im Innern einer solcher Erdschicht Zellen oder Hohlräume befinden,'
welche bei Erweichung der Erde mehr, oder weniger, gewaltsam aus-
gefüllt werden, hier also Särge, in denen die Sachen ursprünglich
standen. Von Skelettgräbem fand HeiT Müller auf Parzelle I etwa
30, nach ihm wurden noch 22 gefunden, es wurde das also etwa 50
Skelettgräber ergeben. Aber diese Zahl muss deshalb erheblich
höher gegriffen werden, weil bei dieser Annahme nur diejenigen Gräber
als Skelettgräber gezählt sind, bei denen sich eine skelettartige
Lagerung von Gebeinen zeigte, die vielen Stellen aber unberücksichtigt
blieben, an denen die oben erwähnten zerstreuten Funde von einzelnen
Knochentheilen begleitet waren, die doch auch ehemaligen Skeletten
angehört hatten, jedoch nicht mit Sicherheit eingetragen werden konnten,
weil die obere Ackerkrume des Platzes, unter welcher sie mehrfach
unmittelbar lagen, anscheinend frühem Durcharbeitungen und Ver-
schiebungen ausgesetzt gewesen ist.
Von Plattengräbern fanden sich auf Parzelle I früher 8, neuer-
dings noch 2, ausserdem nur noch eines auf Parzelle IV, im Ganzen
also 11; mehrere werden noch in dem unberührt gebliebenen Theile
von Parzelle I vermuthet. Von den beiden Plattengräbern auf Parzelle I
war das unterste, nördliche, von allen gefundenen am sorglichsten
und dauerhaftesten ausgeführt, es war gebildet aus 22 schweren, ganz
unbeschädigten, Ziegelplatten von 42. 30. 6V2cm, bei dem andern,
oberen. Grab bestanden die Boden- und die Decklage, sowie die Eopf-
und Fusswand aus noch schwereren Platten von 59. 59. 7V2cm, die
Weitere Ausgrabungen in Remagen. 63
beiden senkrechten Liingseiten aber aus römischen Dachziegeln von
52cm Länge und 40 cm Breite, wolildie grössten ') hier bisher gefundenen.
Die Innemnaasse dieses Grabes waren 130, 48. 48 cm. Von allen Platten-
gräbern erregt indess das auf Parzelle IV aufgedeckte das meiste
Interesse. Es hatte im Queischnitt genau die Form unserer Särge
(,sechs Bretter und zwei Brettchen") und bestand also aus 4 senk-
rechten, von zwei PuUdachflächen überdachten, Wandungen, Die
First dieses Sseitigen Pultdaches war gedcclct mit einer Reihe von
römischen Firsthohlziegeln (imbrices), so dassalso die Bedachung
der letzten Wohnung des Verstorbenen derjenigen seiner Wohnung
bei Lebzeiten nachgebildet war. Die dieses Grab in seiner äussern
Form bildenden Platten waren die denkbar ärmlichsten und schlechte-
sten Bruchstücke, sie stützten sich nicht einmal gegenseitig, so dass
hier ganz unzweifelhaft ein Holzsarg von der Form unserer Särge bei-
gesetzt wurde, den man ringsum mit Bruchstücken von Zicgclplatten
belegte und umstellte. Die anzunehmende Armuth des Verstorbenea
bestätigte noch der weitere Befund, dass das Grab nicht einmal eine
Bodenlage solcher Ziegelstückc halte, es war vielmehr unmittelbar auf
den Sand eine 10— 12cm dicke Schicht von Lehm aufgetragen und
bettartig geglättet worden, worauf man den Sarg gestellt hatte.
Dieser kann nur aus dünnen Brettern bestanden haben, weil für einen
dickem Sarg im Innern des Grabes gar kein Platz war, es war licht
2,20 Meter lang und 43cm breit und enthielt das Skelett eines Kindes,
zu dessen Füssen zwar ein beträchtlicher Itaiim frei geblieben, aber
mit nicht der geringsten Beigabe versehen worden war. Dass dieser
urstabile Sargbau sich alle die Jahrhunderte hindurch in seiner Form
erhalten hat, während Plattcngräbcr aus massiven, sich gegenseitig
gut stützenden, Platten fast immer theilweise eingestürzt und ver-
schoben sind, kann wohl nur dem einen Umstände zugeschrieben werden,
dass der innere Hohlraum des Sarges sich mit erweichter Erde gerüilt
hat, noch bevor die Verwesung des Sarges erfolgte, dieser muss also
Oeffnungen gehabt haben, durch welche Erde eindrang, anders scheint
sich die Sache mechanisch nicht erklären zu lassen.
Die Urnen der Leichenbrand st eile haben die bekannte ge-
drungen gebauchte Form mit schwach vortretendem oberen Rande für
den Deckel, sie sind schwarz oder grau, mit meist ungelärbtem hellem
1) von Naober, Jahrb. 79, S. 7S wird die durabichnUlliehe Gr6«M dM
römiidieD Dacbziegels amgegebon auf 42 fait49cm Lüage und 36bu 36cniBf>(t<i
64
ßeulei
Poss und im obern Theil verziert mit umlaufendem Streifenornanient,
oder Kuf andere, oft sinnige Weise; von den durch das Provinzial-
Muaeum gefundenen ist die grösste 27cm hoch. Die meisten Urnen
erreichte man in einer Tiefe von 70— 80 cm, mehrere erst in solcher
von 130cm, eine cinnige stand noch tiefer und auf der Sandschicht,
welche man bei allen andern nicht aufgesucht hatte. Die Urnen waren
einfach auf den Grund gesetzt und am Fusse jedesmal von Holzkohl-
stflckchen umringt, sie hatten auf Parzelle V fast alle Deckel, welcher
bei den andern fehlte, keine war, wie in Ilinterhausen, von Dachpfannen
umstellt. Die Deckel passten nicht immer zur Urne, sie waren oft
aus ganz anderem Thon und für die Urne zu gross; in solchem Falle
war der Deckel einfach, umgekehrt, mit dem Knopf nach uuten, aufge-
legt worden. Das Innere der Urnen war meist mit Knochenstücken er-
füllt, einige enthielten aber nichts davon, und ist anzunehmen, dass
in solchem Falle die Verbrennung so intensiv gewesen, dass die
Knochen der Pulverisirung nahe kamen und deshalb in der später ein-
gedrungenen Krde spurlos verschwanden. Mit den Knochentheilen zu-
sammen fanden sich mehrere halb verbrannte Bogenfibeln und eine,
wenn auch sichtlich glilhend gewesene, von sehr guter Erhaltung;
dann Nägel, 4— 7 cm lang, fest an Knochentheilen haftend, und viele
1cm lange Schräubchcn, wie es scheint, mit grossen Rundköpfen, unter
denen sich, wie es den Anschein hat, noch Keste des Stoffes zeigen,
den zu befestigen sie gedient.
Zu diesen bisher angelilhrten Funden kam noch ganz uner-
wartet und vereinzelt der eines Tuffsteinsarges, auf den man schon
bei 50 cm Tiefe auf Parzelle III stiess. Der Sarg war ebenfalls
streng orientirt und äusserst roh aus einem Block von schlechtem Tuff
der oberen Schichten des Brohlthales gearbeitet, er war im Lichten
192cm lang, 60 breit und 34 tief, die Wandstärke betrug 12, die
Dicke der Deckplatte 18cm; diese war, ebenso wie der Sarg, nur nach
dem Innern hin glatt gearbeitet, nach aussen aber völlig roh gelassen.
Bei dem geringsten Versuch sie zu heben, brach sie unter den HSnden
in Stücke, ebenso später der Sarg. In demselben fand sich vom Skdett
ausser einem Stück des Schädels keine Spur mehr vor, dagegen ncleB,
oder etwas unter dessen rechter Schulter zwei Glasgefässe. Da Se
Arbeiten grundsätzlich stets bis auf die Sandschicht getrieben wurdei
der Sarg diese aber nicht erreichte, so wurde nach dessen Entfcrnunj.
tiefer gegraben und hierbei fand sich unter dem Sarge das Skeletüi
eines Kindes. '
Weitere AuBgrabuogen in Kemageo. 65
Von den Beigaben aller dieser Gräber konnten die nach An-
dernach gekorameneu Sachen nur theilweise vermerkt werden, es ergab
namentlich Parzelle V davon eine grosse Menge in Tlion, auch ziemlich
yiel in Glas und Bronze. Das Provinzial-Museura erlangte durch seine
Arbeiten, Bruchstücke abgerechnet, 65 Gegenstände von Thon, 5 von
Glas, 24 von Bronze und einen Halsschmuck in Steinen und Glas; die
meisten Sachen kamen unbeschädigt zu Tage. Von diesen Gegen-
ständen sind hervorzuheben: 1 Krug und 3 Urnen, weiss bemalt auf
schwarzem Grunde, der Krug und 2 Urnen mit den Aufschriften Vivas,
Felix und Inple versehen; eine Gesichtaurne 15cni, ein Geaichts-
krug 21cm hoch; Schalen in terra sigillata von 31cm bis zu 10cm
Durchmesser herab ; ein Thonlämpchen mit dem Basrelief eines springenden
Löweu, ein anderes in Gestalt eines Wildschweinchens, eine noch jetzt
brauchbare Kindcrrassel, oben Hirsch, unten Huhn u. s. w; sodann
unter den Bronzen: 4 Bogenfibeln, eine davon aus stark vergoldetem
Kupferblech, 3 Schnallen, eine davon mit Delphineuverzierung, 4 Bronze-
armreifen, davon einer flach und ähnlich Fig. 14 auf Taf. IV Heft 80,
die 3 andern aus Kupferdrath geflochten und von 7 cm Durchmesser;
diese 4 Reife fanden sich am Unken Vorderarm eines Skeletts auf
Parzelle IV. Unter den wenigen, nur auf Parzelle III gefundenen
Gläsern befindet sich eine Flasche von 21cm Höhe und 9cm Durch-
messer, auf 7s der Höhe fassartig gestaltet und mit Reifen ver-
sehen, dann eine 10 cm hohe feine Phiole aus zweierlei Glas in
ausgezeichnet schönen Oxydfarben, der Fuss fehlt, sonst sehr gut er-
halten. Die Flasche und eine 7cm"hohe Glastasse fanden sich im
Tuflisarge. Der Halsschmuck umgab den Hals eines nur 60cm tief
liegenden Skeletts auf Parzelle VI und besteht aus auf dünnem Kupfer-
draht gereihten, also durchlochten. Zierrathen, darunter 18 länglich
viereckige Plättchen aus braunem Chalcedon, das grösate 30. 15. 5 mm,
das kleinste 13. 10. 4 mm, alle Ecken sind geschickt und kunstgerecht
abgekantet, 2 schwere Pei'len von elliptischem Querschnitt von weise-
bläulichem Chalcedon und verschiedene kleine Glasprismen und
dunkelblaue Glaslinsen; diesem Allem war noch ein kleines milch-
weisses Glasanhängsel angefügt»).
Die Gegenstände waren den Leichen in örtlich verschiedener Art
1} Da die Suhen alle detcNProvinziBl-Haseuin überliefert wnrden und
Herr Profegsor Klein vielleicht (teneigt tein wird, über dieselbeii gelegentlich
Umfataenderee mitiutheilen, eo mögen diete Andeutungeu bis dahin geoägen.
68 Realenux;
beigegeben, doch scheint man hauptsächlich zweierlei Gebräuchen ge-
folgt zu sein: sie standen meist zu Füssen der Skelette, Öfter aber
auch neben uud unterhalb der rechten Schulter. Rei deu Plattengräbern
reichte das Skelett nie bis an das Sargende, es war vielmehr nntcr
den Füssen jedesmal ein freier Raum für die Beigaben gelassen, in
den der Holzsarg aber nicht hineinreichte, weil die Gefässe meist dicht
an der Plattenwand standen; dieser freie Raum wurde indess nicht
immer benutzt, wie es das Pultdachgrab auf Parzelle IV zeigte. Die
Auswahl der Beigaben war jedenfalls vom Vermögensstand der Hinter-
bliebenen beeindiisst — die keramischen Sachen zeigen die roheste
Handknetung bis zur feinen, hübschen Bemalung — aber ein her-,
kömmlicher Brauch in der Gruppirung von Krug, Urne uud Schale,
das eine oder andere hie und da verdoppelt, war unverkennbar. Dabei
scheint die Schale am meisten Bedeutung gehabt zu haben, sie wurde
vorzugsweise in terra sigillata gewählt und iu sie hiaein diejenigen
Dinge gelegt, welche man dem Verstorbenen in mauchmal rührender
Anhänglichkeit mitgt'ben wollte; in solchen Schalen standen und lagen
öfter Glas- und Brouzesachen. Auch war sichtlich das Bestreben vor-
handen gewesen, eine auch dein Auge wohlgefällige Anordnung und
Auswahl zu trefi'en. Das beste Beispiel dafür lieferte das oberste, süd-
liche Plattengrab auf Parzelle I. Die dasselbe bildenden Platten waren
vom Kopfende an verschoben und eingestürzt, am Fussende aber standea
sie noch gänzlich unver^choben und hier war das Grab nicht einmal
ganz mit Erde ausgefüllt. Hier standen nun in seit Rßmerzeit gana
ungestilrter Ordimng: ein rothbrauner Krug, eine schwarze Urne
und einerothe terra sigillata Schale, ganz in die Ecke gedruckt noch
ein tiefgelbes ThränenkriigelcheD; in der Schale lag das Bruchstück
eines bronzenen Kinderlöffels. Manchmal indess waren die Schalen
leer, oder sie enthielten Knochen von Ihiercn; so war die kleinste
terra sigillata Schale von nur 8cm innerer Weite gefüllt mit dem voll-
ständigen Skelett eines Hahnes, wie anzunehmen, dieses aufs sauberste
präparirt und in erstaunlicher Erhaltung.
Ausser diesen bis bieher erwähnten Gegenständen fanden sieb
gleich unter der vom Spaten oder Pflug bearbeiteten obersten Schicht,
vor allem auf Parzelle V, viele Scherben rümischer TbongefUsse, manche
darunter verziert, dann auch in auffallend geringer Tiefe mehrere un-
versehrte Krüge und Schalen; so kam ein 10cm hoher Krug schon
bei 30cm, eine Schale mit hübscher Rosettenverzierung auf dem Grunde
bei 40 cm Tiefe ganz unbeschädigt zum Vorschein. Unter den Scherben
I
Weitere AiiBgrabungen in Remagea.
67
fanilen sich auf Parzelle V drei zusammengehörige Theile einer terra
sigillata Schale, oberer Durchmesser 22,6cm, wahrscheinliche Höhe
12cm, deren Omamentirung sich aus den Bruchstücken fast vollstän-
dig ergibt; die Schale ist durch wagerecht laufende Perlschnüre und
senkrechte Spiralstäbchen in zwei Übereiuander liegende Reihen von
Feldern eingetlieilt, auf welchen Wald- und zwei JagJscenen darge-
stellt sind. In der obern Reihe verfolgt der Hund einen Hasen, das
Feld ist durch drei Kieevierblätter als Wiese oder Kleefeld bezeichnet;
in der untern Reihe flieht ein von mehreren, wahrscheinlich vier, Hunden
verfolgter Hirsch und ein noch angedeutetes kleineres Thier dem
schutzenden Walde zu. Dieser trennt in beiden Reihen die sich wieder-
holenden Scenen und ist durch ein bezeichnendes Symbol in regel-
mässiger Anhäufung als Tannenwald unverkennbar. Die Darstellung
der Hunde und des Hirsches ist charakteristerisch und zeugt von sehr
guter, fast moderner, Beobachtung, der Hase ist offenbar humoristisch
wiedergegeben. Es mögen nun die vielen Scherben theilweise vom
zerstörenden Pflug, oder vom Rajolen, herstammen, welches zwei Spaten
oder 50cm tief erfolgt und bei der bekannten Zähigkeit der landwirth-
schaftlichen Gewohnheiten auch wohl viele Jahrhunderte lang so be-
trieben worden ist. Aber der Unternehmer fand in der obern Schicht
nicht nur solche Scherben, sondern auch eine Menge von Münzen des
vorigen Jahrhunderts und sogar zwei unbeschädigte gusseiserne Ofen-
platten von etwa 60 auf 30cm, welche in sehr guter Ausführung bib-
lische Scenen im Relief darstellen. Auf dem Platze ist also in alter
Zeit Schutt abgelagert worden und zwar, abgesehen von den so eben
erwähnten Gegenstanden, römischer Schutt; dieser fand sich auch
in ausfallender Menge bei zwei Aufgrabungen neuester Zeit auf Feldern
nahe beim Kloster und auf der südlichen Seite der dort beginnenden,
am Wickclsmäuerchen vorbeiführenden Strasse: man stiess beim Rajolen
auf altes, nicht römisches Mauerwerk, dessen Zwischenräume gänzlich
mit Bruchstücken römischer Ziegel und Platten, viele mit Parallelfurchen,
Scherben von Töpfen und von farbigem Estrich erfüllt waren. Die
beiden Stellen liegen etwa 80 Schritte auseinander ; den Substructionen
konnte nicht weiter gefolgt werden; sie kommen hier indess öfter vor,
ebenso wie der klassische Schutt, man ist daran gewöhnt. Eine Er-
klärung dieser örtlichen Besonderheit wird man in den vielfachen Ver-
wüstungen zu suchen haben, denen der Ort ausgesetzt gewesen, vor
allem aber in denen vom 30 jährigen Kriege, als den letzten ; 1644
standen nur Docb 60 Häuser und Hatten! Nach diesem schrecklichea
6S Reuleaux:
Kriege wird mit dem sich langsam wieder bebenden Wohlstand der
Einwohner auch deren Bauthatigkeit wieder erwacht sein; man baute
wieder auf, vielfach wohl nicht innerhalb der Grenzen des Zerstörten,
erreichte mit den neuen Fundamenten den römischen Untergrund und
brachte den Bauschutt auf geeignete ungeebnete, oder noch Erhöhung
ertragende Stellen ausserhalb des Ortes. Ueberhaupt muss nach
diesem Kriege ein Theil des Ortes mehrfach neu nivellirt worden sein,
weil man, wie im Heft 80 schon erwähnt, bei den Wasserleitungsar-
beiten die ganze Haupt- und Marktstrasse 2 Meter hoch mit Kies aus-
gefüllt fand, in der erstem Strasse auch unterhalb der jetzigen Strassen-
decke zwei frühere, über einander liegende, entdeckte.
Ueherblickt man nun das Gesammt vorkommen am Wickelsmäuer-
chen, so erscheint es wohl als zweifellos, dass man hier, wo auf dem
bisher durchgrabenen kleinen Flächenraum von etwa 1800 qm weit
über 100 Gräber der erwähnten verschiedenen Arten gefunden wurden,
den eigentlichen römischen Volksbegräbnissplatz entdeckt bat; es
ist eigentlich zum Verwundern, dass man einen solchen nicht längst
vermuthet und vcrmisst hat. Denn die wenigen in Hinterhausen ge-
fundenen Urnen und die Gräber der Fürstenbergstrasse sind wohl
jedenfalls nur abgesonderte Grabstätten angesehener oder solcher Ein-
wohner gewesen, deren Angehörige eine besondere der allgemeinen
Grabstätte vorzogen. Für diese letztere war in derjenigen Ausdeh-
nung, wie sie die Stärke der Besatzung und der Gesammtcinwohner-
schaft erforderte, in der schmalen Zuspitzung unserer Fläche zwischen
Kastell und Apollinarisberg zu wenig Raum vorbanden, ebenso wenig
nach Hinterhausen hin, wo sich, wie schon die dortige Wasserleitung
zeigt, verstreute Niederlassungen befunden haben müssen; man wählte
dafür also das freie Feld, die sich südöstlich nach Linz und Sinzlg
hin ausbreitende Flur, und in dieser eine dem Kastell nicht zu fern
gelegene Stelle an der grossen, vom Ort kommenden und die Flur durch-
ziehenden Strasse ; es ist eigenthüralicb, dass an derselben Strasse zwischen
■Wickelsmäuerchen und dem Ort auch unser Gemcindekirclihof liegt.
Diese südöstlich am Gräberfeld vorbeifilhrende Strasse hat den
bezeichnenden Namen „die alte Strasse", sie ist die Fortsetzung des
Hauptstrassenzuges des Ortes, der Fürstenberg-, Bach- und Haupt-
strasse bis zum Kloster hin (siehe Plan Heft 80, Tafel III) und führt
von Wickelsmäuercheu aus in fast gerader Richtung, oberhalb Kripp
vorüber, bis fum Ufer der Ähr, auf deren Jenseite sie wieder beginnt
tt&d, veni^r benutzt und im Stand gehalten wie auf der Remagener Flur,
Weitere Ausgrabungen in Remagen, 69
unter demselben Nameo durch die Sinziger Flur zieht und unterhalb
Niederbreisig ia die Köln-Coblenzer Provinzlalstrasse mündet. Sie ist
die Sehne des grossen Bogens der letztern, welcher am Kloster beginnt
und über Sinzig nach Niederbreisig geht, und lässt das nahe Sinzig
gänzlich unbeachtet. Schon hiernach lässt sich vermuthen, dass man
mit der Strasse auf dem kürzesten Wege nach Andernach - Coblenz
bleiben wollte, und zwar aus militärischen Gründen; auch bezeichnet
Herr von Veith diese ,alte Strasse" als Theil der die Rheinebene
durchziehenden römischen Heerstrasse. Wie Herr Prof. Klein
nach Aussagen Kripper Einwohner feststellte, zeigen sich bei niedrigem
Stande der Ahr da, wo die Strasse auf sie trifft, im Wasser die Köpfe
von Pfählen: die Strasse hat also in alter Zeit den FIuss mittelst Holz-
brücke überschritten. Ein 84jähriger Einwohner von Kripp (Tempel)
sagt aus, von den Pfählen habe er in seiner Jugend zwar nichts ge-
sehen, wohl aber auf der Kripper Seite der Ahr an dieser Stelle eine
Mauerung von schweren SteinblÜcken, er erinnere sich derselben des-
halb ganz genau, weil sich bei seinem Fischen die Fische immer unter
diese Blöcke „verkrochen" hätten. Es ist kein Grund, an der Aussage
des alten Mannes zu zweifeln und deshalb anzunehmen, dass für die
alte Strasse übfr die Ahr eine Holzbrücke gebaut und diese mit stei-
nernen Brückenköpfen oder Widerlagern versehen war'). Auf der
1) Der lehr niedrige WaMeraUnd der Ahr geitatteie mir am 30, .^ugual
1686 de» Herrn Professor Klein Gntdecitung dieser ehemaligen Ahrbrücke
einer genauen UnterBucbung an Ort und Stelle tu unterwerfen, bei welcher ich
¥ou mehreren Einwohnern von Kripp, worunter auch der Beeirka Vorsteher,
Berr Rick, bc(>Ieitet wurde. Dicht vor dam Flaste macht die „alt« Strasse"
eine etwas übarratchende Abscbwenkung von ihrer Hauptrichtung oder eine Curve
links rhcinwärts und erreicht mit dieser das Wasser ^ schon mehrfach hatte ich
an dieser Stelle vergeblich nach Brückenspuren gesucht. Als wir jetzt aber,
unter Niohtbrüoksicliligung der Curve, das Strombett etwas höher aufwart« und
zwar in der Verlängerung der Hauptstraiaenrichtung iu's Auge fasslen, erhielten
wir bald Aufschluss. Hier zeigten sioh mitten im Flusse auf gerlugem Bereiohs
verstreut eine Menge stark herausragender schwerer Basaltsteine, so weit das
Auge auf- und abwärt« reichte den Anblick de« gleichförmigen Flusskiesei auf-
fallend unterbrechend. Meine Begleiter erklärteoi es köautsn diese Steine noch
nicht lange Zeit so su Tage liegen, in früheren Jahren habe man davon nichts
geaeheo, es habe sieb aber die Ahr seit ihrer Reguliruug an dieser Stelle ver-
legt, sie habe hier ihren Lauf geändert und ihre Krümmungrn und Buchten
verloren, und infolge dieter Wandlungen werde daa ehemals diese Steine äb«r'
deckende Erdreich weggeachwemmt worden aein. Zwischen diesen Baaalten nun
70 Realeaux:
hier in Betracht kommenden Strecke dieser Strasse sind auch schon
früher an drei Stellen Gräber aufgedeckt worden. Die erste liegt etwa
80 Schritte östlich - vom Ausgangspunkt der Strasse am Kloster und
auf deren südlichem Ufer. Auf eine gewisse Länge ist sie hier gegen
die höher liegenden Felder hin mit einer niedrigen Mauer eingefasst,
7on der man Ende der fünfziger Jahre behufs Grundentnahme eine
Strecke wegbrach. Dabei nun kam eine Reihe von Skeletten zum Vor-
schein; sie lagen in trocken gemauerten Bruchsteinsärgen oder vielmehr
Kanälen dicht neben einander, welche rechtwinkelig zur Strasse stan-
den (also nicht orientirt) und bis in die Ufermauer hineinreichten; in
fanden wir die Köpfe von sechs Pfählen, in zwei parallelen Linien von 4m Ab-
stand quer zur Flussrichtung geordnet; der Abstand von Pfahl zu Pfahl inner-
halb der Pfahlreihe beträgt in zwei Fällen ungeföhr 1 m, in andern bedeutend
mehr, aber die ZwischenpfUhle waren eben nicht sichtbar, man wird Im als
richtig annehmen dürfen. Da nun an dieser Stelle im Flusegeschiebe des Rheines
oder im Ahrdelfa ein Basalt vorkommen ganz undenkbar ist, so ist es ganz un-
zweifelhaft, dass man in diesen verstreuten, die Pfahlköpfe umliegenden, Basalten
die Trümmer eines Bauwerkes und zwar die des Brücken köpf es auf der rechten
— Sinziger — Flussseite vor sich hat. Der andere Brückenkopf auf der linken
— Kripper — Seite aber liegt jetzt in einer Wiese (schon bei 20— 30cm Tiefe
trafen wir auf das Mauerwerk) und bildet in dieser ein etwa 1 Vs"^ hohes, gras-
überwachsenes Ufer, an welches sich auf- und abwärts der frühere Uferrand der
Ahr anschliesst. Diese Stelle heisst, wie meine Begleiter angaben, von jeher
«am M&uerchen'', sie ist augenscheinlich auch Ursache der Strassencurve: man
hat die alte Strasse nach Zerfall, oder Zerstörung, der Brücke in einer Biegung
an diesem Brückenkopf vorbei zum Wasser geführt; dasselbe wiederholt
sich auf der andern Seite, eine Gurve im entgegengesetzten Sinne führt die
Strasse wieder in die Hauptrichtungslinie. Das „Mäuerchen" auch ist eB, an
welchem der alte Tempel in seiner Jugend gefischt hat, aber die Ahr fliesst
nicht mehr, wie ehedem, zwischen den Brückenköpfen durch, sondern östlicher,
so dass sich jetzt ein Brückenkopf im festen Lande, der andere mitten im Ahr*
bett befindet; denkt man sich die Brücke wieder aufgebaut, so würde sie jetzt
auf ^/g ihrer Länge über festes Land führen. Der Abstand der Brückenköpfe
von einander oder die freie Durehlassweite der Brücke hat nicht unter 45 Meter
betragen; die Brücke wird eingeleisig und aus Holzbalken gebaut gewesen sein,
welche zwischen den Brückenköpfen durch Holzjoche gestützt waren.
Es gelang einen der Pf&hle, welcher anscheinend nicht so tief wie die
andern eingerammt war, herauszuziehen; dieser Pfahlrest ist 140 cm lang, oben auf
27 cm Dicke vierseitig, aber nicht scharfkantig, beschlagen und nach unten auf
90 cm Länge sorgfiLltig rund zugespitzt; das Eichenholz hat die für solche Fälle
gewöhnliche Schwärze und nach innen zunehmende Härte; der Pfahl wurde dem
Provinzial-Musenm zugesandt.
Weitere AusgrabuDgen in Rema^n.
71
den Gräbern fand sich weiter nichts vor. Eine zweite Stelle lie^
Wickelsuiäucrchen geraile gegenüber aof der andern Seite der alten
Strasse; als liier Herr Müller im Jahre 1879 sein einsam in der Flur
stehendes Haus erbaute, grub er drei Graburuen aus, welche mit je
4 rüaiischen Dacfapfunnen umstellt waren. Die dritte Stelle endlich
betintlet sich an derselben Seite der Strasse wie Wickelsmäiierchen,
aber einen guten Bilchsenschuss weiter nach dorÄhr hin; es fand sich
dort vor einigen Jahren dicht am Hände der Strasse ein Piattengrab
mit Beigaben. Diese beiden letzlern Vorkommen machen es sehr wahr-
Rcheinlirh, sowohl, dass die bisherigen Aufschlüsse die östliche Grenze
des Gräberfeldes noch nicht erreichten, wie auch, dass dasselbe sich über
beide Seiten der Strasse hin ausdehnt. Das aber festzustellen und über die
Lage der Dinge am Wickelsmäuerchen überhaupt eine umfassende Vor-
stellung zM gewinnen, wird bei der charakteristischen Zerstreutheit der
Gruber und mancherlei lokaler Ungunst nur nach und nach durch
spätere Zusammenfassung sich ergänzender Erfahrungen gelingen, bis
dahin aber viele Zeit und nachhaltiges, auch örtliches, Interesse für
den Gegenstand erfordern. Von andern hiesigen Funden ist noch
Folgendes nachzuholen:
Ein keulenartiges kleines Anhängsel aus Goldblech, 29 mm lang,
und ein Sculpturfragment aus Jurakalk, 28cm hoch und ebenso
breit, welches auf leicht concaver, auf der einen Seite noch mit kräf-
tiger Randleiste versehenen, Fläche das Hochrelief einer mannlichen
Figur zeigt; Kopf und Füsse fehlen, der Oberkörper ist nackt und von
guter Plastik, der Unterkörper trägt ein Gewand von trefflichem Falten-
wurf; beide Gegenstände fanden sich beim Bau der Caracciola'schen Wein-
handlung (Heft 80, Taf. HI f) und sind in Händen der Frau Wittwc
Caracciola. Ein weiterer Fund geschah heim Bau des Gouwe'schen
Hauses auf der Cobtcnzerstrasse (Verlängerung der Hanptstrasse Über
das Neuthor hinaus) und schräg gegenüber der Mündung der Fahr-
gasse (Heft 80, Taf. HI, 17), wo man bei der Fuudamentirung in 2in
Tiefe auf 5 „Brunnen" oder rund gemauerte Schachte von 0,90 — 1,20m
inncrm Durchmesser aus Bruchstein traf, sodann auch auf ein Bassin
aus Bruchstein, 3 m breit, 2 m tief, innen vertrasst, es geht noch in
den Narhbarhof hinein und ist nur theilweise weggebrochen worden.
Nach den Brunnen zu scbliessen, muss die Stelle früher snmp&g ge-
wesen sein; das Gebäude über den Brunnen, fur welches man so kost-
spielige Anlagen machte, hat weiter nicht die geringste Spur hinter-
lassen. Innerhalb des Bereiches dieser Brunnen fand sich — und zwar
TS
iteuUftuxi
3in unter dem Boden — eine anscheinend reich gestaltet gewesene rö-
mische ßronzelampe, welche derart durch und durch in Malachit
nnd Kupferlasur, letztere schön krystallrsirt, umgewandelt ist, dass man
sie als Stufe ansprechen muss (Besitzer Herr Gronert). Ferner möge noch
eine zweihenkelige Amphora von 20 cm Höhe und 21 cm Durchmesser
erwähnt werden; man grub sie 1864 beim Bau des Klosters aus, sie
ist von dichter, fein geglätteter Masse, nicht ornamentirt und im Be-
sitz des Herrn Bürgermeisters v. Lassaulx.
Bemerkenswerther Jedoch als die vorerwähnten Gegenstände ist
die Entdeckung eines römischen Reliefs, welches über dem
Thflreingang eines in Faehwcrk gebauten Hauses, des „alten Berger-
Echen", iß der Milchgasse (Heft 80, Taf. HI, 10) zum Vorschein kam,
als der jetzige Besitzer des Hauses, Stellmacher Bender, im Frühjahr
1886 den Lehm verputz ausbesserte; er stiess oberhalb der Tliür auf einen,
nur wenig mit Li^hm überputzten, verzierten Stein und stellte ihn frei;
der Stein wurde von Schreiber dieses angekauft und herausgenommen. Es
ist eine 12cm dicke Platte aus Jurakalk, 49 cm hoch, 28cm breit, auf drei
Seiten noch die ursprüngliche Begrenzung zeigend, auf der linken Lang-
seite aber augenscheinlich und in roher Weise von einer Fortsetzung
abgetrennt; in gleicher Art scheint auch die Rückseite auf die Dicke
der Fachwand gebracht worden zu sein; bei dieser Operation wahr-
scheinlich brach der Stein in der Mitte quer durch, glackücherweise
so, dass es dem Bildwerk nur wenig Schaden brachte. Die Bildfläche
zeigt in concav gehöhlter Cassette in stark erhabener Arbeit einen
nackten, geäugelten Knaben mit gelocktem Haar: Gupido den senkrecht
an die Wand der Nische gelehnten schlaffen Bogen mit beiden Händen
zu neuer Spannung ergreifend (anderer, vielleicht besserer, Deutung
soll durch diese indess nicht vorgegriffen werden); Höbe der Figur
nnd des Bogens 43 cm. Die volle, gedrungene Gestalt des Knaben ist
von weicher, trefflicher Modellirung, der schalkhaft zur Schulter geneigte
Iiockenkopf wendet das Gesicht voll dem Beschauer zu; leider ist es be-
schädigt, auch hat die Prüderie der Milchgasse an einem andern Orte
eine Verstümmelung vorgenommen und ist der linke Arm der Pigar
verletzt; alle diese Unvollkommenheiten aber beeinträchtigen den Ge-
sammteindruck des Bildnisses nur in geringem Maasse. Weder der
jetzige Eigenthümer des Hauses, noch im Orte lebende frühei-e bähen
von der Existenz des Reliefs etwas gewusst, obgleich dasselbe nur von
dünner Lehmkruste überzogen war; es wird aber sicher in oder nahe
bei den Hausfundame nten ausgegraben sein und bestätigt dann aufs
I
I
Weitere Auagrabuugea io Remagen. 78
neue die hohe örtbche Bedeutung der Umgebung der kath. Pfarrkirche
in Bezug auf unsere römische Vorzeit (Heft 80, S. 172J.
Neben diesen Ergebnissen im Orte selbst sind noch zwei ausser-
halb desselben, aber noch auf dem Gemeindebanne, geschehene von
Interesse. Die Stelle der einen liegt in der Sohle des zur ApoUinaris-
kirche hinabgehenden Thaies, in weichem, nahe derselben, der Welsch-
born, unsere treffliche Bergquelle, und der von den Römern benutzte,
jetzt vertrocknete, Eulenborn liegen (Heft 80, S. 161 und 177). Als
die gräflich von Fürstenberg'sche Verwaltung vor einiger Zeit hier
oberhalb des Welschborn die Thalsohle mit einem tiefen Graben durch-
Gchnitt, um fflr die Kirche mihr Wasser zu erlangen, stiess man in
einer Tiefe von 3ni auf einen Baumstamm, welcher horizontal in
den Graben hineinragte und deshalb mit Aexten zertrümmert nurde;
dabei fanden die Arbeiter den Stamm im Innern ausgehöhlt und gru-
ben denselben nun, weil sie Schätze darin vermutheten, vollends aus.
Es zeigte sich der Stamm auf der ganzen Länge sargartig ausgehöhlt
und innen verkohlt; für den Kopf des Skeletts war durch eine Er-
höhung ein Pfühl gelassen; durch einen Längenschnitt war von dem
Stamm von oben bis unten eine Schicht in Bohlendicke abgetrennt und
auf die Höhlung als Deckel gelegt; im Innern fand sich nichts. Noch
ehe man im Orte von der Sache erfuhr, war der Stamm zerschlagen;
die Nachricht darüber verdanke ich dem Inspektor der Apollinaris-
Gesellschaft in Neuenahr, Herrn E. Steinkamra, welcher die Arbeiten
geteitethat. Der zweite Fund geschah ,auf ßrücheu", eine Stelle ober-
halb der Apollinariskirche.
Ueber diese etwa 50 m über dem Bheinpegel liegende Kirche
hinaus erhebt sich das Gebirge noch um etwa 100 m und bildet oben
einen Theil der von Coblenz aus bis zum Siebengebirge den Rhein in
fast gleicher Höhe begleitenden Hochebene. Auf dieser Hübe und
etwa Va km südwestlich der Kirche heisst eine Stelle im Walde „auf
Brüchen"; die Bezeichnung rührt wahrscheinlich von der sumpfigen
Natur der Oertliclikeit her. Hier findet sich ein bedeutendes Lager
der als „Quarzite" bekannten Geröllblöcke, welche rechts- und links-
rheinisch von der Gegend von Datteuberg und der Ahr aus, wosie zuTage
liegen und die erwähnte Höhenlage einnehmen, sich in geneigter Ebene
nach der Nordsee hinabzieben, so dass sie bei Ruhrort schon 33 m
unter der Oberfläche lagern '). Die Blöcke liegen „auf Brüchen" zahl-
I) Man Bebe Yerbtoill. de» naturbiit. Vereint d. Rbeialaade und Westph.,
38. JftbTgug, 3. H&irte 1S83, Sittuogiber. S«itA 141.
74 Reuleaax: Weitere Ausgrabungen in Remagen.
reich zu Tage, zwischen ihnen ist der Wald aufgewachsen; gräbt man
den Waldboden etwa 2 Fuss tief weg, so trifft man die Blöcke massen-
haft und oft in Meter dicken Klumpen an. Ein Unternehmer ist seit
zwei Jahren mit Ausbeutung des Vorkommens beschäftigt, die schweren
Blöcke werden gesprengt und dann den niederrheinischen Hüttenwer-
ken zugeführt, welche sie bei ihrem bis zu 98 7o betragenden Gehalt
an Kieselerde beim Bessemcrprozess verwenden.
Innerhalb des Bereiches dieser Quarzitblöcke fanden sich im vori-
gen Jahre merkwürdigerweise römische Thongefässe und zwar bis jetzt
2 Henkelkrüge und 3 Näpfe oder Schalen. Diese letzteren sind sämmt-
licb bei der Aufdeckung zertrümmert und ihre Scherben in den Schutt-
massen vergraben worden; die Arbeiter sagen übereinstimmend aus,
die Schalen seien mit Thierbildem und Aehnlichem verziert gewesen;
die beiden Krüge blieben ganz erhalten und zwar verdanken sie dies
dem Umstände, dass sie in den Schalen lagen und man auf sie früh-
zeitig aufmerksam wurde. Es sind zwei ganz gleiche Krüge gewöhn-
licher Form, mit engem Halse, 18 cm hoch und 12 cm dick.
Die Sachen fanden sich in 3 muldenartigen Vertiefungen auf
und neben den Blöcken (nicht etwa unter denselben, wie man hier
erzählt hat), um die Schalen herum lag jedesmal Holzkohle. Man
wird also annehmen dürfen, dass die Geschirre römischen Arbeitern
bei der Bereitung ihres Mahles gedient haben und dass letztere zwi-
schen den Quarzitblöcken irgend eine Aufgabe zu erfüllen hatten.
Diese wird wohl darin bestanden haben, Thon zu fördern, welcher
dicht unter den Blöcken in Menge vorkommt und von dem erwähnten
Unternehmer auch jetzt gleichzeitig mit den Blöcken ausgebeutet wird ^).
1) Der Zufall gestattet, noch einen neuesten hiesigen Fund anzufahren:
Der zur Zeit (October 1886) am unteren Ende des Ortes arbeitende Rheinbagger
forderte eine Anzahl von Hellebarden, Streitäxten und Aehnlichem su Tage,
dann aber auch einen bronzenen Schlüssel, 10 cm langer Hohlschlüssel mit
gezacktem Bart und eigenthümlich geformtem Griffe.
Reuleaux.
6. Die Römische Wasserleitung Im Dome zu Cöln. Fundbericht.
Hierzu Tafel IV.
Bei Fortnahme des mittelalterlichen Plattenbodens im südlichen
Querschiffe des Cölner Domes behufs Neubeplattung, stiessen die Ar-
beiter am 15. October 1886 in unmittelbarer Nähe des Im Grundrisse
mit A bezeichneten Dompfeilers auf zwei aus Tuffsteinquadern kon-
struirte Mauern von 26 cm Dicke, die in einem Abstände von 64 cm
parallel laufend, sich auf ca. 3 Meter Länge vom Pfeiler A ab nach
Nord-Osten erstreckten. Weitere Nachgrabungen ergaben, dass diese
beiden Tuffsteinmauern die Wangen einer Steintreppe waren, die mittelst
10 Stufen bis zu einer Tiefe von 2,45 m unter den Plattenboden der
Domkirche herabführte. Auf die Länge mn. von 1,580 m war die Trep-
penanlage mit einem 25 cm starken Gewölbe von Tuffsteinquadem über-
deckt gewesen, dessen Widerlager an der nördlichen Wange sich noch
deutlich erkennen liess.
Wie auf beigefügter Aufnahme-Zeichnung Fig. 1. 2. 3 im
Grundriss, Querschnitt und Längenschnitt angedeutet, befinden sich im
Anschlüsse an die südliche Treppenwange spärliche Reste von römischem
Gussmauerwerk, dem als spätere Anlage eine bis auf wenige Spuren
zerstörte Mauer aus Säulenbasalten hinzugefügt ist. Diese Reste rö-
mischen Gussmauerwerks haben einem grösseren Bauwerke angehört,
dessen Aussenfläche nach einem Halbmesser von ca. 15 Metern gekrümmt
war. An die Aussenseite dieses Rundbaus unmittelbar anlehnend, musste
den beiden TuflFsteinwangen eine gleiche Krümmung gegeben werden.
Dass diese Krümmung der Wände keine unbeabsichtigte und zufällige
ist, ergiebt sich aus der radialen Stellung der 10 Treppenstufen.
Der mit geringer Sorgfalt und durch Drachenfelser Trachyt-Stücke
hergestellte Anschluss der Wangenmauem an das Fundament des Dom-
76 Voigtel:
Pfeilers A^ und die unregelmässige Verzahnung der Tuffisteinmauem
weist auf eine gewaltsame Zerstörung des sich nach Süd- Westen weiter
erstreckenden unterirdischen gewölbten Ganges von 2 Meter Höhe und
64cm lichter Breite hin, der augenscheinlich bei den Arbeiten zur
Fundamentirung des Pfeilers A dem Neubau hat weichen müssen^).
Bei genauer Aufmessung der neun radial gestellten Treppenstufen
aus Tuffsteinquadem, von denen jede aus zwei Stücken mit wechselnder
Fuge besteht, ergab sich für jede Stufe die gleiche Steigung von 20 cm
bei 19 cm Auftritt. Obgleich die weichen Tuffsteinstufen durch lang-
dauernde Benutzung in der Mitte sehr stark abgenutzt sind, so liess
sich doch feststellen, dass die Stirnseiten der Stufen nach einer Curve von
2 bis 3 cm Durchbiegung gekrümmt sind, wie auf der Grundriss-Zeich-
nung Fig. 1 angedeutet ist. Die zehnte und unterste Stufe G mit grad-
liniger Stirnfläche besteht aus einem grossen Säulenbasalte, der seiner
grossen Härte ungeachtet werkseitig bearbeitet ist, und in das Quader-
mauerwerk der Treppenwangen tief einbindend, das solide Fundament
bildet, auf dem die aus weichem Tuffstein gefertigten neun oberen
Stufen der Treppe ein sicheres Auflager finden.
Bei der Sorgfalt, mit welcher die Treppenanlagc ausgeführt ist und
bei der sauberen Bearbeitung der Tuffsteinquadern, erscheint die
schlechte Beschaffenheit des Mörtels von geringer Härte und ohne
Beimischung von Ziegelmehl auffällig. Ob das Mauerwerk bei den viel-
fachen Veränderungen, welchen dieser Theil des römischen Cölns in den
späteren Jahrhunderten unterworfen gewesen ist, zeitweise den Ein-
wirkungen des Tagewassers ausgesetzt gewesen, und hierdurch der
Mörtel erweicht ist, lässt sich nicht mehr feststellen.
Nachdem die Treppe nebst Wangenmauem bis zur untersten Ba-
saltstufe freigelegt war, fand sich bei den weiteren Nachgrabungen und
zwar in einer Entfernung von 80cm westlich von der untersten Ba-
saltstufe in der Tiefe von 2,25 m unter dem Plattenboden der Dom-
kirche bei B ein allseitig sauber bearbeiteter Tuffsteinquader von 47 cm
Länge, 28cm. Höhe und 21 cm Dicke in ursprünglicher Lage in den
1) Nach Gosvinus Gymnich „Observationcs^ will ein saccellanus subdeoani
Dr. Johann Guttruth „beim Logen des Pfeilers am Altare Mariae Magdalenae,
dieses Loch im Grund offen gesehen haben, welches man in der Erde hat gefunden,
und rundum gemauert ist. Es sei pro tempore viel hierüber gesagt, dass es vor
Christi Geburt soll gemacht sein bis auf Trier; ja bei Poppeisdorf habe man
dasselbige Loch in der Erde gefunden. '^
Die Römisclie Wasserleitung i
I Kalo. Fuadberichl.
Schutt eingebettet, auf dessen Oberfläche eine SOrnm breite nnd 81mm
tiefe unten gerundete Rinne eingearbeitet ist, in welche einTförmig ge-
staltetes Bleirohr B von 68nim innerem und 75mm äusserem Durch-
messer, mithin von 3 '/3 mm Wandstärke eingefügt war. Der längere
Schenkel des Tförmgen Rohrstttckes (39 cm lang) erwies sich als das
gewaltsam abgetrennte Bruchstück eines von Süd-Osten nach Nord-
Westen durch den Treppenbau geführten länger«! Rohrstranges, dessen
Bruchenden beiderseitig aus den Tuffsteinmauern der Treppenwangeo
einige Centimeter herausragten.
Der kürüere, 17 cm lange und unter rechtem Winkel nach Nord-
Osten von dem Haupt-Rohrstrange abgezweigte Rohransatz von gleich-
falls 68 mm lichter Weite, zeigte am Ende ähnliche Spuren der ge-
waltsamen Abtrennung.
Durch sorgfältiges Aneinanderpassen der Bruchenden des von der
längeren Bleirohrleitung abgetrennten Stückes wurde unzweifelhaft fest-
gestellt, dass der kürzere 17 cm lange Schenkel des Tförmigen Rohr-
Stückes in der gezeichneten Lage niieh Osten abzweigte, obgleich die
hier befindliche massive Treppe, in der sich nirgends eine OeiTnuDg für
die Fortführung der tistlicben Zweigleitung vorfand, zuerst Zweifel über
die richtige Lage des Tfürraigen Rohrstückes anregte.
Durch diesen interessanten Fund wurde der Zweck der Treppen-
anlage als Zugang zum Leitungsrohre der römischen Wasserleitung and
zwar zu einem Punkte, wo eine Hauptableitung abgezweigt war,
genau bestimmt.
Um über Richtung, Gefälle und Construction der von Norden nach
Süden den Cölner Dom durchschneidenden Bleirohrleitung genaue Kennt-
niss zu erlangen, Hess der unterzeichnete Dombaumeister die Aufgra-
bungen südlich vom Treppenbau in einer Ausdehnung von 5 Metern und
bis zur Tiefe von S'/e Metern fortführen. Die Arbeiter legten hierbei
in einer Tiefe von 2ra unter dem Plattenboden der Kirche die aus
TufTsteinquadern bestehende Abdeckung C eines kleinen Kanals von
13cm Höhe und 10 cm Breite (s. Detail) frei, in den des Bleirohr der
Hauptleitung, allseitig von festgestampftem Lehm umgeben, eingebettet
ist. Die Seitenwände des Canals bilden längliche Tuffsteinstllcke von
13cm Breite und Höhe, die auf einer 16cra dicken Quaderschiebt aus
Tuffstein als Bodenplatte der Kanalanlage ruhen.
Dieser Scbutzkanal für die Bleirohrleitung ist mit Kalkmörtel ge-
7B Voigtel:
mauert, und hat sorgfältig verstrichene Fugen, ohne Verputz im
Inneren.
Nach Beseitigung der Deckplatten und nach vorsichtiger Ent-
fernung der das Bleirohr umgebenden Lehmhülle wurde der Rohrstrang
auf die Länge von 5 Metern freigelegt und genau untersucht Sowohl
die Oberfläche der B^hre, wie auch die mit Zinn sorgfältig gelöthete
Längs* und Quernaht/ welche letztere auf der Südseite bei d in Ent-
fernung von 2,95 m vom tiefsten Punkte B aufgefunden ist, zeigten
eine so vollkommene Erhaltung und Dichtigkeit, dass das Bleirohr ohne
jede Beparatur noch heute zur Wasserleitung benutzt werden könnte.
Die chemische Untersuchung des zur Löthung verwendeten Zinns ergab
eine Beimischung von 8% Zink*
Construction, Gefälleverhältnisse und Richtung
der im südlichen Seitenschiffe aufgefundenen
Bleirohrleitung.
Die mit einem Gefälle von ca. 2 cm auf den laufenden Meter von
Süden her kommende Bleirohr-Hauptleitung von 68 mm lichter Weite
ereicht vor der Zugangstreppe bei B den tiefsten Punkt, und steigt
von hier, nachdem die ursprünglich südliche Richtung durch eine Curve
kurz vor der Treppe in eine nordwestliche verändert, unmittelbar und
mit gleichem Gefälle wieder an, so dass das östliche Ansatzrohr genau
im tiefsten Punkte B der Leitung angefügt ist. Wie bei neueren guss-
eisemen Wasserleitungen am tiefsten Punkte stets ein Ablassventil
angebracht wird, welches durch ein Einsteigeloch von der Strasse aus
zugänglich gemacht wird, um den sich hier sammelnden Schmutz und
Sand von Zeit zu Zeit durch Oeffnung des Ablassventils zu entfernen,
80 scheint auch der östliche Rohransatz der römischen Wasserleitung,
welcher auf 17 cm erhalten ist, innerhalb der Grenzen des gewölbten
Ganges kurz vor dem Autiagersteine bei B mit einem Ablasshahne ver-
sehen gewesen zu sein, zu dessen Oefinung und Regulirung es an diesem
Hauptpunkte der Wasserleitung eines ständigen Zugangs bedurfte.
Wie vorstehend erwähnt, hat sich an den Treppenstufen und Trep-
penwangen keine Oeffnung gefunden, durch welche eine Fortleitung des
Rohrstranges in östlicher Richtung hätte geschehen können. Möglich
wäre es daher auch, dass an den östlichen Rohransatz unmittelbar ein
Krümmer mit einem Steigrohre angeschlossen gewesen ist, welches das
Die römische Waaserleitang im Dome zu Köln. Fundbericbt.
7»
Wasser zu Tage geführt bat, um oberirdisch einen Laufbrunuen zu
speisen. Für letztere Anordnung spricht die solide Fundamentirung
des Tförmigen Itohrstückes durch Eiofügung in die Rinne eines Tuflf-
steinquaders, da das bleierne Steigrohr mit seinem ganzen Gewichte
auf das Hauptleitungsrohr gedrückt haben würde, und eine solide Unter-
stützung desselben an diesem Punkte daher nothwendig erschien.
Die Construction der Bleirohre betreffend, bleibt zu bemerken,
dass die hier aufgefundenen Wasserleitungsrohre, von denen ein Stück
von 2 Meter Länge mit Quernaht vor dem Zuwerfen der Ausschach-
tung auf Wunsch des Vorstandes des Vereins von Alterthumsfreunden
im Kheinlande herausgeschnitten ist, dieselbe Herstell ungsweise zeigt,
wie das an der Ostseite des Domes in dem unteren römischen Wasser-
becken im Jahre 1866 aufgefundene Bleirohr von 2" lichter Weite
(Jahrbücher LHI 202). Auch die in Rom und Pompeji zahlreich aus-
gegrabenen Bleirohre von den verschiedensten Weiten und Dicken dor
Wandungen sind in ähnlicher Weise hergestellt.
Die ßleidicke der im südlichen QuerschifTe des Cälner Domes
aufgefundenen Rohrleitung von 68mm lichter Weite beträgt nur SVamm
und sind die zur Herstellung der Rohre verwendeten Bleiplatten von
ca. 3 Meter Länge bei 21cm Breite über einen runden Kern gebogen,
dann die Langseiten an den Kanten beiderseitig dünn geschabt und
mit 13mm Ueberdeckung mittelst einer stark vorstehenden Naht mit
Zinn so sorgfältig und stark verlöthet, dass an keiner Stelle des Blei-
rohrs, sowohl in den Längs- wie Quernähten, eine Trennung aufge-
funden werden konnte. Diese fertigen RohrstUcke von ca. 3 Meter
Länge sind dann in gleicher Weise durch Abschaben der Rander an
den Röhrenden auf I3mm Breite in einander geschoben und mittelst einer
besonders kräftigen Verlöthnng wahrscheinlich erst an Ort und Stelle,
wie aus der minder sorgfältigen Arbeit an den Quernähten erkenntlich,
mit einander verbunden.
Bei Untersuchung der inneren Wandungen der Bleirohrleitung
fand sich ein nur dünner Anflug von Kalksinter, dagegen eine die Wan-
dungen allseitig bedeckende stärkere Lehmkruste, die jedoch erst nach
theilweiser ZerstiSrung der Leitungsrohre durch Tagwasser hineinge-
Ecblemmt zu sein scheint.
Der Lauf des nördlich von der Trcppenanlage belegenen Theiles
der Hauptleitung ist durch die Pfeilerbauten wahrscheinlich unter-
brochen, auch wird ein Gleiches bei den Fundamentarbeiten zum Süd-
80 Yoigteh
portale in Bezug auf den südlichen Bohrstrang geschehen sein. Zu
hoffen bleibt, dass bei der demnächst erfolgenden Abtragung des Dom-
hofes vor dem Südportale um ca. 1 Meter, die römische Wasserleitung
wieder freigelegt werden wird und liesse sich dann die Richtung, welche
dieselbe nach Süden nimmt, mit den Angaben wie solche auf einer dem
Werke von F. Kreuter beigefügten „Abbildung der Stadt Collen zur
Zeit des Kaisers Carls des Grossen und des Erzbischob Hildebold
aus dem Jahre 782 von J. W. Laporterie'' sich eingetragen finden,
vergleichen.
Sonstige Funde an Münzen und Inschriften, welche für die Zeit
der Anlage der römischen Wasserleitung einen sicheren Anhalt bieten
würden, sind bei den Ausgrabungen im südlichen Querschiffe des Domes
nicht gemacht und ist diess erklärlich, da der gewachsene Boden durch
die Pfeilerbauten, wie durch zahlreiche später angelegte Grabgewölbe
und Einzelgräber bis zu der aufgegrabenen Tiefe .von ca. 2V2 Meter
unter der Fussbodenplattung der Domkirche durchwühlt und vielfach
mit Bauschutt vermischt ist.
Die durch die vorstehend beschriebenen Ausgrabungen festgestellte
Thatsache, dass die römische Wasserleitung den Cölner Dom in der
Richtung von Süden nach Norden in beträchtlicher Länge durchschneidet
und bei Fundamentirung der Dompfeiler mehrfach freigelegt und theil-
weise ausgebrochen ist, um für die Pfeilerfundamente Platz zu machen,
giebt über den Ursprung der Domsage, welche den Bau des Römer-
kanals mit dem Bau des Domes von Conrad von Hochstaden in Ver-
bindung bringt, einen neuen und sicheren Anhalt.
Ein Nachweis, dass die Stelle des Zugangs zur römischen Was-
serleitung bei der Anlage der mittelalterlichen Plattung des Cölner
Domes noch genau bekannt war, zeigte die Einfügung eines Geschränks
von Drachenfelser Trachit in die mittelalterliche Bodenplattung, welches
in schräger Richtung dem Laufe der Wangenmauern der Treppe fol-
gend, die Fugentheilung der Plattung durchschnitt, sowie auch die Anbrin-
gung eines durch seine Grösse auffälligen achteckigen Trachyt-Decksteins
genau über dem Punkte, wo das Tförmige Rohrstück B am Fusse der
Treppe aufgefunden ist
Bezüglich der im Volksmunde erhaltenen Sage über einen unter
dem Dome ausmündenden und von Trier kommenden Römerkanal
schreibt Gelenius im Jahre 1645 Cap. VII Seite 254 in genauer Ueber-
Die Römische Wasserleitung im Dome zu Köln. Fundberiolit. 81
einstimmung mit dem Ergebnisse der jeszt erfolgten Aufgrabungen
Folgendes :
„ non procul ab altaribus S. M. Magdalenae et S. Nicolai
in pauimento videbis ostiolum obliq- ; lapidibus occlusum nee recta in
orienteui versum, oblongum veluti sepulchrum, aut aditum ad subter-
raneam cellam. Id quis crederet? dicunt esse aditus nd Canalem Ro-
mani Aquae-ductos, alij dicunt aditum paulo remotiorem, ad Aquae-
ductum tamen, qui merito inter mundi mira et miraculi instar habetur,
si eius conditionem recte aestimamus '^
Wie in einer vorstehenden Anmerkung bereits erwähnt, erzählt
auch Qosvinus Gymnich vicarius in dem Manuscripte betitelt: „Obser-
vationes et annotationes diversorum gestorum in Metropol. eccl. Col. etc."
(Mitgetheilt von Herrn Wilh. Scheben unter dem 26. Februar 1867 in
der Kölnischen Volkszeitung) von einem Augenzeugen, der bei Funda-
mentirung des Dompfeilers A anwesend gewesen sei, und dasselbe Loch
im Grund offen gesehen habe, welches 1574 der Dompropst Graf von
Wittgenstein im Dome zwischen dem Altare Mariae Magdalenae und
dem rechten Pfeiler habe öffnen, bis auf 8 Fuss Tiefe ausgraben, und
demnächst wieder zuwerfen lassen.
Wttnschenswerth bliebe es, da auch jetzt der Zugang zur römischen
Wasserleitung im Dome hat wieder abgedeckt werden müssen, wenn
der aditus ad Canalem Romani Aquae-ductus durch eine kurze Inschrift
in dem neuen Plattenboden der Domkirche dauernd bezeichnet werden
könnte.
Cöln, den 5. November 1886.
Voigtel, Dombaumeister.
7. Römische Niederlassungen an der Ahr.
• Die vor dem Jahre 1100 urkundlich vorkommenden Namen der
an der Ahr gelegenen Ortschaften zeigen uns noch heute an, von wel-
chen Volksstämmen diese Orte benannt und also auch höchst wahr-
scheinlich gegründet worden sind. Remagen (zuerst genannt auf
der Peutinger 'sehen Tafel und bei Amm. Marc. XVI, 3.: „Rigomagus",
mit dem Zusatz: „oppidum'Oi Sinzig (zuerst erwähnt als „Sentiacum
palatium*' in einer Urkunde König Pippins vom Jahre 762), Kirch-
daun („Dune", zuerst im J. 1140), Gimmigen (Gimiche 854) sind cel-
tische Orte; in den beiden erst genannten hatten die Römer Kastelle.
Oberhalb Remagen und Sinzig charakterisiren sich die Orte Bodendorf
(893: „Budendorpht*0, und namentlich Heimersheim (1173), Waden-
heim (so: 992) und Bachern (Bacheim) als fränkische Orte. Dann
kommt Ahrweiler (893: Arwilrc) mit der echt allemannischen Endung
„weilfM'" und um dasselbe herum die ebenfalls auf allemannischen Ur-
sprung hinweisenden Orte auf ,,hoven": Hemmingishoven = Hemmessem,
Oeroldesboven (später Girretzheim, ein jetzt ausgegangener Ort auf
der rerbten 8cite der Ahr ca. 8 Minuten oberhalb Bachem)^), Waldpre-
tiHhovun 2= Walporzheim (falsche Verhochdeutschung!), Gisenhova (schon
8r;0, VAU jf-tzi verschwundener Ort, welcher 5 Minuten oberhalb Ahrweiler
rechtH von der jetzigen Strasse lag), Lantershoven, Ringhoven = Ringen,
Bcnghovfjn -- I'engen u. s. w. Auch das eine Stunde nw. von Ahr-
wciliT ^ele^^ene llolzweiler, ferner Carweiler, Vi Stunden nnö. von Ahr-
weiler, fUfWie dnH 2 Stun(l(*n südlich liegende Blassenwilare = Blas-
weiler gind natlirlidi allemannischen Ursprunges. — Eine Stunde ober-
halb Ahrweiler lie^t an der Ahr das Dorf Demau, welches 893 „degera-
navale'' genannt wird. I)er Name ist nach E. Foerstemann^ wohl
1; f>i*» }f*'ir^ft^rif\*^ Kl»ir h'-lutii joir.t: „Jihnze".
7) Imt n}0^f (Vtt^yf^r in M. T. f. fn1f(ond) don Namen falschlich auf eine
Rönnivclie Niederlasanngen an der Ahr. 83
aus dem keltischen ,,tegarn" ;=sehr gross, und „aval" (deutsch ?) = Auel,
Ackerland zusnimnengesetzt, und bezeichnet also zunächst nicht eine
Niederlassung, sondern einen grossen Auel, eine Bedeutung, die für
das rerhsltnissmässig grosse und weite Thal bei Bernau (bis nach Rech
hin) recht passend erscheint. Noch weiter hinauf an der Ahr wollen
wir hier die Ortsnamen nicht verfolgen : wir würden auch da nur deutsche
oder — vereinzelt — keltische Namen finden. Jedenfalls gibt es — abge-
sehen etwa von Sentiacum — keinen Ort an der Ahr, der durch
seinen Namen auf einen römischen Ursprung hinweist. Auch die
hier vorkommenden Flurnamen liefern keinen Grund zur Annahme,
dass ein solcher römischer Ort an der Ahr je gestanden hätte.
2. Ob es aber im Ahrthale oberhalb Sinzig römische Villen, Höfe ge-
geben habe, ist eine andere Frage ; dass dieselbe zu bejahen ist, werden wir
zeigen. — Zunächst bemerken wir, dass der Flurname Plenzer {sprich:
Plänzer] sich wiederholt an der Ahr für fruchtbare, sonnige, am Thul-
randc gelegene, also an das Gebirge anstossende Parzellen findet: so
bei Heimershcim, bei Bachern*) (auf dem rechten Ährufer bei Ahr-
weiler), oberhalb Ahrweiler hinter dem Keller des Ahrweiler Winzer-
vereins, endlich auch bei Dernau hinter dem Keller des dortigen Wiu-
zervereins und den unten zu besprechenden römischen Ruinen. „Plenzer"
ist ohne Frage das lateinische „plantarium"; dieses bedeutet bei Plinius
(h. n. 13, 4, 8; 16, 33, 60; 17, 20, 34) einen Baumgarten, konnte aber
auch einen Gemüsegarten bezeichnen, wie aus Juvenal 13, 123 hervor-
geht, wo „plantares horti" = olera steht'). In lateinischen Urkunden
des Mittelalters erscheint dasselbe Wort mit verschiedenen Abände-
rungen. Bei uns aber, im westlichen Deutscbland, kommt das Wort
urkundlich fa-st nur in der deutschen Form „plenzere" „plencere" bis-
weilen noch ohne Lautverschiebung „plentere", „planteiz" vor. Bei-
spiele aus dem 13. Jabrh. findet man in Lac. U. II, p. 11 (Wolsdorf);
M. U. U, 388 (IssenheJm in Rheinhessen); II, 443 (Detzera, Ldkrs.
Trier); IIl, 805 (Riveris b. Trier); III, 810 (Keimt a. d. Mosel): III,
1007 (Garden a. d. Mosel). An allen diesen Stellen bedeutet das Wort
I) Man BBgt zwar dort jetat — und «o alebl such im Kataster — „im
Blenteo'', aber im J. 1606 achrieb und iprach man noch „im Plentert". Dieie
Flur Bteigt aui dein Thale einen sanften Hügel hinan.
3) Bai Daniel 11, 41 ateht plantarium in der Vulgata = 6Jiu: (LEX), Wursal,
eine Bedeutung, die ieh in keinem Wörterfaneh angegeben finde. Auch Aognatin
(termo ad Ezeobielis c. 34) hat „pUntarium", wo die Vulgata „germeo" äberaetit.
84 P* Joerres:
einen Weingarten, und zwar einen von Alters bestehenden : einmal er-
scheint ein auf Neubruchland angelegter als Gegensatz. — Wo also ein
solcher „Plenzer^' vorkommt, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir es
mit einem durch einen Römer angelegten (Baum-, QemOsa- oder Wein-)
Garten zu thun haben, wiewohl es hin und wieder vorgekommen
sein mag, dass das Wort auch noch in nachrömischer Zeit als Appel-
lativname gebraucht wurde; dies wird aber selten der Fall gewesen
sein, da man genug deutsche Ausdrücke für den betreffenden Begriff
hatte. Dass der Dernauer Plenzer zu einer römischen Villa gehörte,
das ist uns ad oculos durch die dortigen Ausgrabungen demonstrirt
worden. Der Ahrweiler Plenzer liegt, wie gesagt, hinter dem Gebäude
des Ahrweiler Winzervereins. Die hinteren Theile dieses Gebäudes auf
den Berg zu stehen zum Teil an der Stelle, wo der 1812 unter der
Franzosenherrschaft höchst unnöthiger Weise zerstörte „Thurm bei Ahr-
weiler'' sich befand, dessen Besitzer der geborne Schenk des Kölner
Erzstiftes war und in dem Stande der Grafen den ersten Bang ein-
nahm; urkundlich wird der Thurm zuerst im J. 1200 genannt Im
Volke hiess dieser Thurm der „kaute Thurm'^ welcher Name auch
im Kataster steht. Das Wort „kaute*S auch „kaut'S „kau'S bisweilen
„ku^^ kommt auch sonst im Rheinlande mehrfach vor^), und zwar re-
gelmässig in Verbindung mit hohen oder hochgelegenen Gegenständen.
Eine hinreichende Erklärung des Wortes liegt meines Wissens noch
nicht vor, und dies spricht wenigstens für das hohe Alter der Bezeich-
nung und also auch unseres Thurmes. Sollte er oder einer seiner
Vorgänger vielleicht einmal als römische „specula^^ gedient haben?
Genug, zwischen diesem „kauten Thurm'^ oder der StellOi wo er ge-
standen, dehnt sich der Ahrweiler „Plenzer'' aus bis an den dahinter
liegenden „Tburmberg'^
H. Wo möglich noch sicherere Beweise für römische Niederlassungen
itn Abrtbale bilden die hier gefundenen Reste von wenigstens 4 römi-
neiutn WanKerleitungen* Alle diese Leitungen liegen auf der Nordseite
am Tbni^M, Ni«; rriUnden an solchen Stellen, wo zugleich ein nördliches
tkiUsiitiiAl mmn AuMgang in das Ahrthal hat. Von der letzteren
1; ^iA\U tntin miM %u ^^/Atiitii'' odor „oautio^^ denken dürfen? JedenfallB
tAAnki \n 4*ffn Wfffli* *Ur hui^rttf ninnr Auiiohauiielle. Hängt vielleicht auch
dl# ^\0U9tUt H'iU*' tiinnti fMtukUunith'f Dm „bunt'' könnte von pons herkommen;
dl« M«ll« m^i ntt^mtUhtfr ttUmr fimlUfi llrUcke. Auf der bunten Euh sind römische
MttAi#f| Ht^HHi^ft l/ttff^U
Köniiache Nieder luBsuiigeii an der Ahr. 85
Regel zeigt sich eine Ausnahme: vor etwa 30 Jahren esistiiten in der
„Domley" oberhalb Wnlporzheim ungefähr 15 Fuss über der Thataohle
die jetzt verschwundenen Beste einer Leitung, welche ursprünglich
ihren Anfang rauss genommen haben in dem oberhalb der „bunten
Kuli" mündenden vom „ Alten wegshofe" herkommenden „Teiifenbach",
lind die dann um den Felsen an der bunten Kuh — derselbe war vor
dem Bau der Ahrstrasse, also vor etwas mehr als 50 Jahren nicht so
schroff wie heute — wird herum gegangen sein. An der Mündung
des Teufenbach selbst ist nämlich das Thal der Ahr zu enge, als dass
man dort einen Hof hätte bauen können ; dagegen lud hierzu gewiss
ein die unterhalb der bunten Kuh in der Nähe des jetzigen Walporz-
heim sich bedeutend erbreiternde Thalsohle, welche aber dort an kein
wasserführendes nördliches Seitenthal anstiess. Aus dem Teufenbach
wurde daher das Wasser hierher geleitet. Ueber diesen Kanal wird
mir von zuverlässiger Seite mitgetheilt, dass sein Durchschnitt nur
etwa einen Quadratfuss und also seine Breite im Lichten ca. 4 Zoll
betragen habe. Diese geringe Breite, die wir bei allen hier gefundenen
Kanälen antreffen, weist darauf hin, dass diese Leitungen das Wasser
eben nur grösseren Höfen zuführen sollten. Wo nun aber der Hof im
Walporzheimer Thal gelegen hat, ist nicht zu ermitteln. Möglich ist
es, dass die römischen Ziegel, welche neulich {Juni 1886) bei der Fun-
damentirung des Walporzheimer Bahnhofes zu Tage kamen, von jenem
Gebäude herrCIhrten, und dass an derselben Stelle oder nahe dabei der
in den Jahren 882 u. 893 (M. U. I, 126 u. 179J erwähnte Ort Wil-
lolfesdal gelegen hat.
Noch weniger lässt sieb sagen von einem zweiten Kanal, der aus
ThonrChren bestand, und aus den Weinbergen im „Schloht"') (nördlich
von Ahrweiler und Östlich von der Adenbach) herabkam. Auch seine
Reste, die vor 30 Jahren noch zu sehen waren, sind heute verschwunden.
Eine Quelle, aus welcher derselbe das Wasser herabführte, ist nicht
mehr nachweisbar. Der Hof, zu dem er iilhrte, muss rechts vor dem
Adenbachsthor unmittelbar bei Ahrweiler gelegen haben. Vielleicht war
an derselben Stelle später der Sitz der 1228 und 1247 (M. ü. III, 288 u. 692)
erwähnten Ritter „de Adiubach". Als Flurname kommt dieses Adin-
1) Wiagl vielleicht dieser Name mit der Waaserloitung zuBammeu? Es itt
ies, ilat = mlid. ilil, alöt = obd. Scblot (Ürabeo, auch KamiD). Zu Dernau
t eine F)ur, sui welcher die dort gefandeae Leitung etwa ihren Ursprung
hat nehmen köuaen, „im Soblot".
86 P. Joerrei:
bach bereits 893 vor. Es ist auffallend, dass die betreffende Villa
nicht aus dem Adenbach selbst das Wasser verwerthete. Oder wurde
dieses vielleicht für eine links vom Adenbachsthor gelegene Villa ver-
wendet? Die dort etwas hoch gelegenen Weingärten deuten möglicher
Weise au! den Schutt einer solchen hin.
Unterhalb des Adenbaches etwa 8 Minuten weiter mündet die
ebenfalls ein Bächlein enthaltende „Ellichschlucht'' in das AhrthaL
Geht man diese Schlucht 8 Minuten hinauf, so hat man links eine
Halde, welche das „Stummericher Loch'' genannt wird ; der Berg selbst
heisst dort „der Stummerich'*. In diesem ^^Loch" fand Herr Leopold
Kreuzberg im Herbste 1885 in einer Tiefe von 50 cm einen 150 cm
langen Rest einer römischen Wasserleitung, deren lichte Breite 14 und
deren Höhe 18 cm betrug. Dieselbe war aus Betonguss hergestellt und
mit rothem Thon umgeben ; unten zeigte die Kinne die bekannte Sinter-
schicht; welche auf dem rothen Thon lag. Das Gusswerk bestand aus
einer weisslichen, kleine Ziegelstückchen enthaltenden Masse. Der obere
Deckstein fehlte, und war also schon früher einmal als brauchbares
Material weggenommen worden. Mehr unterhalb der genannten Fund-
stelle ist vor Jahren ein anderes Stück desselben Kanals gefunden wor-
den, und wird noch heute der dabei gefundene Deckstein von dem be-
treffenden Finder benutzt.
Endlich wurde vor einigen Jahren zu Dernau etwa 100 Meter
westlich von den im vorigen aufgedeckten römischen Mauerresten im
Keller der Wittwe Paetz ein Stück einer aus Gusswerk bestehenden
römischen Wasserleitung gefunden, und zwar war dabei auch der Deck-
stein erhalten.
4. Wie schon bemerkt, haben zweifelsohne alle jene Wasserlei-
tungen zu römischen Villen geführt. Diese lagen sämmtlich auf dem
linken nördlichen Ufer der Ahr, am Fusse des Waldgebirges, durch
welches sie vor rauhen Winden geschützt waren ^). Freilich, als hier
die Flur besetzt war, da hat man sich auf dem südlichen Ufer ange-
siedelt, und sind daher die Villen, deren einstiges Dasein durch die
„Plenzer*' bei Hachem und bei Heimersheim erwiesen ist, jedenfalls
später gegründet worden, als die bei Ahrweiler und Dernau angezeigten.
Zweifellos hat es auch römische Höfe gegeben in der Thalebene bei
Hemmessem und Wadenheim bis nach Heppingen hin. Jedoch sind
1) Vgl. die ähnliche Bemerkung bei „J. Naeher, die römischen Bauanlagen
io den Zehntlanden badiechen Anthoilcs^ Jahrbücher d. V. f. A. lieft 79, p. 65.
Römisclie Nicdorlaa
mir keine ganz sicbereo Spuren von solchen bekanntgeworden. Wahr-
scheinlich ist es aber, dass eine Wasserleitunr;, deren Reste vor etwa
20 Jahren noch rechts von dem Wege Bengen — Kirchdaun, 20 Mi-
nuten von dem ersteren Orte, gefunden wurden, in das Seitenthal der
Ahr zwischen Gimmigen und Heppingen zn einer römischen Villa her-
abfQhrte. Oder ist Gimmigen = Gimiche (Lac. arch. II, 82, a. 854)
eben diese Villa? Hat etwa jener Ginio, dessen Sohn Bellanco dem
Hercules and dem Genius loci unterhalb Remagen einen Denkstein
setzte (cf. Branibnch, C. I. Rh. N. 641) als Besitzer jenem Gimtch
den Namen gegeben?
5. Von einer der römischen Villen, derjenigen bei Dernau nämlich,
sind nun im Mfirz 1885, als der dortige Winzerverein an der betref-
fenden Stelle behufs Anlage eines Kellers und Vereinslocals den Boden
ausschachtete, ähnliche Reste zu Tage getreten. Leider ist es den Be-
mühungen unseres „Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande",
dessen Vicepräsident Herr Proi. J. Klein alsbald zur Stelle war, nicht
gelungen, durch das Angebot einer Vergütung den Winzerverein zur
Erhaltung jener Reste zu vermögen. Jedoch hat das Bonner Prvinzial-
Museum eine genaue Zeichnung jener Reste anfertigen lassen, die
der nachfolgenden Beschreibung zu Grunde gelegt wurde. Das Ganze
war wesentlich eine Badeanlage und bestand aus zwei rechteckigen,
aneinander stossenden Gebäuden. Das eine Rechteck lag mit der
einen seiner 9 m langfen Seiten nach Norden (ein wenig nach Westen)
und dem Gebirge zu; die andere wendet sich nach Süden, oder
genauer nach SSO. Die beiden nach Osten und Westen gelegenen
Seiten haben eine Länge von 5,81 m. Die Mauern bestehen im
ganzen Hause aus Bruchsteinen. Die Westmauer hat eine Dicke von
0,40m; die nur in sehr geringen Resten erhaltene Ostmauer ist 0,2m
dick; die Stärke der Nord- und der Südmauer beträgt 0,31m. Die
Mauern gehen säramtlich 1,65m tief in den Boden, wobei wir den Estrich
nicht zu diesem rechnen. Das ganze Innere des Rechtecks ist durch
eine 0,4 ra dicke westöstliche Langmauer in zwei Ilillften getheilt, wovon
die eine nördliche Hälfte im Lichten 2,ym und die andere 2,5 m breit ist.
Von der ersteren ist durclj eine 0,3m dicke nordsüdliche Mauer ein
2,6 ra langer Raum abgetrennt; diese Mauer hat am nördlichen Ende
über dem Boden eine 0,75 m breite Lücke, m welcher sich jedenfalls
eine Thüre befand. Dieser Raum zeigte einen 0,2 m dicken Estrich,
der aus einer aus friacbgelüschtem Kalk und Sand gefertigten Mörtel-
masse bestand, in welche kleine römischer Ziegel eingestreut sind. UntM' j
88 P- Joerr«.:
diesem Räume befindet sich ein Hypocaustum. Der genannte Estrich
ist nämlich ein schwebender Boden, eine „suspensura", er iat ge-
tragen von 0,18m dicken, ans aufeinandergelegten, kreisrnndeu Ziegel-
scheiben bestehenden SUnlchen ; dieselben stehen mit einer vierkantigen
Ziegelscheibe als Fuss auf einem dem gewachsenen Boden aurgetrageoen
0,1m dicken Estrich; oben liegen einem solchen Säulchen 3 immer
grösser werdende quadratische Platten auf, welche also ein Kapital
bilden; auf den 4 obei-sten Kapitälplatten von 4 benachbarten Süulchcn
ruht dann eine 0,58 m im Geviert haltende Platte, welche den Estrich
des Zimmers trägt lin der Mitte jeder obersten Kapitälplattc treffen
je 4 Tragplatten zusammen); jedes Säulclien ist ohne die viereckigen
Platten 0,53m, mit denselben 0,S m hoch. Unter dem in Rede stehenden
kleinen Räume (2,3 m x 2,6 m) gab es 25 Säukhen. Hinter dem Hy-
pocaustura nach Norden hin war ein gemauerter, 1,1 m breiter und
1,45 m hoher, oben halbkreisförmiger Gang zu sehen, welcher sich
1,5m weit hinter der Mauer erstreckte. Derselbe bddcte das „prae-
fumium", die Feuerstätte. Als Brandraaterialhat man Holzkohlen ver-
wandt, da im anderen Falle die Säulchen des Hypocaustum nicht so
russfrei hätten sein können, wie sie in der That waren. Der Bogen
des genannten Ganges ragte noch 0,45 m Über dem Estrich des Zim-
mers hervor. Vielleicht befand sich in derselben Höhe mit dem Estrich
in dem Gange eine verschiebbare Platte, so dass mnn einerseits die
heisse Luft direkt in das Zimmer konnte eintreten lassen, andererseits
auch in der Lage war, auf einer solchen Platte in einem Kessel Wasser
hciss zu machen. Aber die heisse Luft wurde auch dunh ein System
von auf- und nebeneinander gestellten Kachelröhren in den Wänden weiter
geleitet, und so wurden also die Wände ebenfalls erwärmt. Die ein-
zelnen (vierkantigen) Kacheln (tubuli) hatten eine Höhe von 0,240m,
eine Dicke von 0,11m, eine Breite von 0,255 m und eine Wandstärke
von 0,015 m. Oben und unten waren dieselben offen, an den schmales
Seiten zeigten sie viereckige OefTnungen von 6cm Höhe und 4 cm Breite.
Die Kacheln waren (Naeher a. a. 0. p. 71) mit der Mauer durch eiserne
Klammern befestigt, welche aber in Dernau nicht bemerkt worden sind;
nach vorne hatten dieselben liniirte Einfurchungen, damit der Stuck besser
halten konnte. In dem hier besprochenen Zimmer enthielt die west-
liche Wand noch eine Anzahl solcher Kacheln; allem Anscheine nach
war auch die Südwand mit Kacheln versehen gewesen. Das Zimmer
hat wahrscheinlich einen „alvcus", eine B.idewanne enthalten, in welcher
ipan ein heisses Bad nahm. In der Ruine freilich war von einer solchen
I
i
I
RömiBOhfl Niederlassungen an der Ahr. S9
Wanne, wie auch von anderen Ulensilien nichts mehr zu sehen: die-
selben sind vielleicht zum Theil voa den dereinstigen Besitzern bei ihrer
Flucht vor den Franken mitgenommen oder vergraben worden, zum
Theil sind sie diesen oder spateren Besitzern in die Hunde gefallen.
In der Westwand war eine Nische zu sehen, in welche sich der Badende
beim Abtrodtnen niedci-setzen konnte. Noch ist zu erwähnen, da^a
- die nördliche Wand in der untern Ecke links auf dem dort erhaltenen
Stuck 0,G3ni Ober dem Boden eine Anzahl von grünen und rothen Li-
nien zeigte, oberhalb deren dieselbe intensiv roth bemalt war. Von
Figuren war auf dem kleinen Rest nichts zu sehen.
OeslUch neben dem eben beschriebenen Badezimmer lag ein 5,4m
langer Raum, die Breite, von Norden nach Süden, betrug wieder nur
2,3 m. Sein Boden, der nur aus festgestampftem Lehm bestand und
unter welchem kein Ujpocaustum sich verbreitete, lag 0,3 m tiefer, als
der Boden des Nachbarmumeä. Die Ostmauer war gänzlich ver-
schwunden, vielleicht befand sich in demselben die Eingangsthüre zu
dem Badehause. Dieser Baum mag das Aus- und Ankleidezimnier ge-
wesen sein. In denselbcu tritt an der linken Seite von Norden her
ein im Boden ausgemauerter Kanal ein, der im Lichten 0,2 m tief und
ebenso breit ist. Da dieser Kanal jedenfalls mit Ziegelplatten bedeckt
gewesen ist, so ist vorauszusetzen, dass das ganze Zimmer ursprünglich
einen solchen Belag gehabt hat.
Die vordere, südliche Hälfte des Uechteckes, welches wir hier be-
schreiben, war ebenfalls durch eine nordsüdliche Mauer von 0,4m Dicke in
zwei Zimmer abgetbeilt; beide haben eine Länge von je 3,0 m und eine
Tiefe von nur 2,5 m. Auch zeigen beide einen Estrich von derselben
Dicke und BeschatTenheit, wie das zuerst beschriebene kleinste Zimmer
des Hauses. In der eben genannten Zwischenmauer musa eine Ver-
bindungsthür gewesen sein. Das westliche dieser Zimmer — auch hier
fehlt das Hypocaustum — enthielt an der Westseite das im Lichten
2,3m lange, l,Gm breite und 0,8m tiefe Bassin für das kalte Wasser-
bad, Die Seitenwilnde und der Boden des Bassins hatteu einen Belag
von Ziegel platten. In der nordöstlichen Ecke war zum Hinabsteigen
in das Bassin und auch zum Niedersitzen eine nach dem Innern des
Bassins zu kreisrunde Treppe von einer Stufe aus Ziegelplatten ange-
bracht. Der oben erwähnte Kanal trat aus dem nordöstlichen Zimmer in
das jetzt in Rede stehende Zimmer unter einer beide Zimmer verbin-
denden Thure ein, bog sich dann in einem stumpfen Winkel unter dem
Estrich nach dem Bassin zu und versah so dieses mit Wasser. An der
90 P. Joerres:
südlichen Seite war das Bassin mit einem bleiernen Abflassrobr ver-
sehen, welches das Wasser wieder in einen dasselbe abführenden Kanal
leitete, der noch 8,5 m weit sQdlich aufgefunden wurde. Seine Sohle
lag beim Austritt aus dem Bassin in gleichem Niveau mit dessen Sohle;
am südlichen Ende lag die Sohle 0,3m tiefer; der Fall betrug also
hier 35 auf 1000.
Das südöstliche Zimmer, welches, wie schon bemerkt, 3,9 m x 2,5 m
gross war, ist wieder mit einem Hypocaustum versehen ganz ähnlich
demjenigen des zuerst beschriebenen Zimmers. Es waren in demselben
40 Säulchen vorhanden. Dieses Hypocaustum erhielt seine heisse Luft
jedenfalls vermittels „Dohlen** (Naeher a. a. 0. p. 71) aus dem erst-
erwähnten. Vielleicht wurden auch noch bronzene Kohlenbecken (be-
sonders fQr das „laconicum'O ^^ Hülfe genommen. Alle Wände des
Zimmers, mit Ausnahme derjenigen der westlichen Wand, war^ mit
Kacheln ausgefüllt, welche die heisse Luft zur Höhe führten. Das
Zimmer diente als „sudatorium** = (trockenes) Schwitzbad. In seiner
nordöstlichen Ecke war noch ein besonderer kleiner Raum von 1,4 m x 0,7 m
lichter Weite durch Ziegelmauern abgetrennt: die westliche war von
aussen wiederum mit Kachelröhren bedeckt, und reichte gewiss der-
einst bis an die Decke des Zimmers, die südliche dagegen, welche keine
Kacheln enthielt, ist wenigstens zum Theil jedenfalls so niedrig gewesen,
dass man in den eingeschlossenen Raum hereinsteigen konnte. Wozu
diente dieser Raum, in welchem offenbar sich eine ganz besondere Hitze
entwickelte. Wir zweifeln nicht, dass er ein laconicum war, in welchem das
Schwitzen auPs äusserste gesteigert wurde. — Wir bemerken noch, dass
skh von dem „sudatorium** ein kleiner Rest der östlichen Mauer fand,
welcher zeigte, dass diese Mauer nur 0,2 m breit war.
6. In den beschriebenen 4 Zimmern des nördlichen Rechtecks
sind alle wesentlichen Theile eines römischen Badehauses enthalten. An
dasselbe stiess nun aber südlich noch ein zweites Rechteck so an, dass
die Ostmaaer diese^^ etwas östlicher lag als diejenige des andern. Die
Westmauer setzt 3,45 m von der Südwestecke des nördlichen Recht-
ecks an, und hat eine Länge von 12 m; sie ist 0,6 m dick, also IVs^^^l so
dick als die stärkste der anderen Mauern. Sollte dieser Umstand nicht
die auch nomi naheliej^'^mde Vermuthung kräftigen, dass wir es hier
mit einem Anbau ym thun haben, der gefertigt wurde, als man die
Gewalt der rt^nerinfhcu Weststünne in unseren Gegenden aus der Er-
fatnrung kennen geleimt hattx>? — Dieses südliche Rechteck — dasselbe
kitte kein Hjpimuntum — ist durch 2 westöstlicbe Zwischenmauern,
Römiiche NiederlaBsungen an der Ahr. 91
welche ebenso wie die südliche Grenzmauer 0,4 m dick waren, in drei
Bäume eingetheilt. Der mittlere und der südlichste hatten einen 0,2 m
dicken Estrich ähnlich dem der drei Räume des nördlichen Rechtecks.
Bei diesen beiden Räumen war die östliche Grenze nicht mehr zu be-
stimmen. Der Boden des mittleren Zimmers, welches im Lichten von
Norden nach Süden 4,2 m lang war, lag auch in derselben Höhe wie
derjenige des nördlichen Rechtecks; derjenige des südlichsten dagegen
lag 0,8 m tiefer, vielleicht schon deswegen, weil das ganze Terrain nach
dieser Seite, wo ja auch der Kanal abfloss, sich senkte. Der nördlichste
Raum lag aber ebenfalls 0,8 m tiefer; derselbe hatte auch keine öst-
liche Grenzmauer mehr; aber es fand sich an der Ostseite eine schräg
ansteigende Mauerbank, welche sowohl auf der Schräge als auch auf
der oberen Platte 5 cm dick mit Fugenputz versehen war. Auf dem
festgestampften Boden war daher dieser Raum von Westen nach Osten
4,5 m breit, oben aber in der Höhe der Mauerplatte und des Estrichs
der anstossenden Zimmer betrug die Breite 4,75 m. Vielleicht stand
die eigentliche östliche Grenzmauer des Raumes noch einige Meter
weiter. Von Norden nach Süden betrug die lichte Weite dieses Raumes
4,2 m, die des südlichsten betrug nur 2,1m. Wozu diese 3 Räume des
südlichen Rechtecks dienten, möchte schwer zu bestimmen sein. War
etwa der nördlichste von ihnen zu einem grösseren kalten Bad, etwa
für die Sclaven, bestimmt! Dasselbe hätte das Wasser durch eine
Seitenlinie des oben erwähnten Kanals erhalten können. Der südlichste
Raum könnte als Wohnung eines das Badehaus bedienenden Sclaven
gedient haben, oder waren vielleicht hier Bedürfnissanstalten, deren
Inhalt durch den nahen Kanal fortgeschwemmt wurden I Der mittlere
höher gelegene Raum diente wohl der Herrschaft selber zu irgend
einem Zwecke.
7. In den beschriebenen Dernauer Ruinen wurden, soweit mir
bekannt ist, 3 Kupfermünzen gefunden : eine, auf welcher die Inschriften
fast gänzlich durch Rost zerstört waren, die aber noch schwach das
Bild des Trajan zeigte; die beiden anderen waren gut erhalten und
gehörten den Kaisern Constantius II. und Valentinianus an.
Ausserdem wurden , südlich und in der Nähe des südlichen
Rechteckes, mehrere kleinere und grössere Bruchstücke von In-
schriftsteinen gefunden, welche uns wahrscheinlich die Nam^n zweier
dereinstigen Bewohner der Villa und der Frau eineS von diesen melden.
Das Material der Steine scheint von Niederroendig zu stammen.
Dieselben haben als Grabmonumente gedient ; denn wenn auch das 6e>
92 P. Joerres:
setz die Beisetzung von Leichen innerhalb der Häuser verbot, so wurde
dasselbe doch nachweislich vielfach und gewiss namentlich in solchen
einsamen Höfen übertreten. Möglicherweise waren auch nur die Aschen-
umen verbrannter Leichen beigegeben. Der eine Stein ist 13 cm dick
und etwa 50 cm hoch und breit, die Buchstaben haben eine Höhe von
7 cm. Oben fehlt nur wenig an dem Monumente. Wie viel an der
rechten Seite abgebrochen ist, kann nicht festgestellt werden. Links
und unten ist der Stein vollständig erhalten.
I L. f
S I B I •
P R I MI A
C A M V L
C O N I VCI
Wir lesen: . . . ibi(?) sibi [et] Primia[e] Camul[ae] congugi [fec(it)].
Von einem zweiten Steine fanden sich drei zusammengehörige
Stücke vor. In ihrer Vereinigung bilden sie einen Rest, der etwa
CJ V L I O
pe7]ecrino "^A /
|o /
44 cm breit, 36 cm hoch und ISVa cm dick ist. Die Buchstaben haben
eine Höhe von 8 cm. Der C. Julius Peregrinus, dem der Stein gesetzt
ist, hat einen zu gewöhnlichen Namen, als dass sich über ihn etwas
muthmassen Hesse, zumal ausser diesem Namen von der Inschrift kein
lesbarer Buchstabe erhalten ist. — Zu diesem Reste gehören vielleicht
zwei kleinere Steinstücke.
Die Inschrift der Primia scheint dem ersten Jahrhundert anzu-
gehören; die andere ist wohl nicht viel jüngeren Datums.
8. Das Dernauer Balneum bildete natürlich einen Theil eines
grösseren von einer Mauer umgebenen Hofes. Die herrschaftliche
Wohnung lag wahrscheinlich etwas höher und nördlicher, näher dem
Gebirge zu. Die Wohnung der Sclaven und die Oekononomiegebäude
mögen tiefer und südlicher gestanden haben. Als man im Jahre 1869
das Portal der etwa 100 Schritt südwestlich von der Ruine gelegenen
Kirche neu fundamentirte, fand man etwa 12 Fuss unter dem jetzigen
Strassennivcau die Reste eines anderen Portales. Gehörte dies vielleicht
der Umfassungsmauer un.seres Hofes an?
P. Joerres: Köroisclie Niederlassungen an der Ahr. 93
Die Villa mag bei dem Einfalle der Franken im Jahre 388 zer-
stört worden sein. Die Strasse zwischen der Ruine und der Kirche
heisst beute die Brandesgasse, das Volk spricht aber, trotz der hier
allgemein üblichen Verweichlichung der harten Consonanten mehr
,,Prantesgasse". Möglich ist es, dass dieser Name noch eine Erinnerung
an die Zerstörung enthält. Reste von verkohltem Holz wurden in dem
südlichen Rechtecke gefunden. Das nördliche Rechteck scheint nicht
sofort auch zerstört worden zu sein. In dem nordwestlichen, kleinen
Räume desselben fanden sich eine Anzahl Thierknochen und Stücke
von Hirschgeweihen: ein Franke mag den Raum eine Zeitlang benutzt
haben, um in der aus dem praefumium aufsteigenden Bogennische
seinen Wildbraten zu schmoren.
Ahrweiler. P. Joerres.
8. Wie gross war ein römisches Winterlager fOr 2 Legionai?
Die AlterthumsforschuDg am Nicderrhein hat sich Tieliach mit
der Ermittelung der dort gelegenen römischen Winterlager beschäftigt
Ungeachtet die Lage derselben im Allgemeinen bekannt ist, gelang es
bis jetzt nicht, den Plan auch nur eines derselben festzustellen.
Die Hauptschuld dieses mangelhaften Resultates tragt zweifellos
die Unkenntniss der Grössenverhältnisse, welche durchweg weit über-
schätzt worden sind. Soll daher die Forschung im Terrain eine sichere
Grundlage erhalten, so ist zunächst deren Richtigstellung dringend er-
forderlich. Die Mittel, welche dafür zu Gebote stehen, sind freilich nur
unvollständig, dennoch soll die Lösung der Aufgabe versucht werden.
Winterlager (Castra hibema-Hiberna) waren die Zwingburgen, von
welchen die Römer die eroberten Provinzen beherrschten. Wenn sie
auch den dort stationirten Legionen als Winterquartiere dienten, so
waren sie doch in ihrer Haupteigenschaft Festungen und mussten den
Anforderungen, welche man an diese stellt, entsprechen, ebenso wie
die Castelle, welche man auch Ilibema nannte, wenn sie nur einer
Kohorte oder Ala als Winterlager dienten.
Einen eigentlichen scharfen Unterschied zwischen Winterlager und
castellum giebt es überhaupt nicht Caesar nennt beispielsweise Adu-
atuca, welches er im Herbste des 5. Jahres des gallischen Krieges als
castra hiljerna für 15 Kohorten anlegte, in dem darauf folgenden 6.
Jahre auch castf;llum.
F;nprtin{(lich scheint die Singularform castrum die allgemeine
i^T^cMunnvi für je/len festen Platz, gross oder klein, gewesen zu sein.
M;fcf» titA'X /:'UK:h cistrum in den wenigen Fällen, wo römische Schrift-
^t/'\\Pf ':;'!V^. Wort. j.febraijr:hen, niemals als alleinstehenden Begriff,
^^>r% u-.r if» V^Trr/ifjrJijfij; mit einem Beinamen bei geschichtlichen Er-
gf'Ahn.>iv-^/^» ^^//ffi'^l.'iH N'<;po:-i AIcibiades 9). Wahrscheinlich icam der
Äitk^»>Ur'/^ .u ^>t*^Ju a\U:u Hinne ausser Gebrauch, als der Pluralis die
Wie gross nsr ein römiaches Winterlager für 2 Legionen? 96
BedeutuDg eines befestigten Lagers erhielt. Nicht römische, sondern
mittelaiterlicbe Schriftsteller gebrauchen den Singularis castrum als
Bezeichnung eines grüssern Platzes, um ihn von dem kleineren castel-
lum zu unterscheiden.
Selbatverständlich mussten die Römer den umfang ihrer Winter-
lager der Zahl der Truppen, welche dieselben aufnehmen sollten, an-
passen. Eine Mittheilung über die Grüssenverhaltnisse derselben haben
wir von keinem römischen Schriftsteller. Wir besitzen jedoch die ziem-
lich genaue Beschreibung der Feldlager durch Polybius und Ilyginus,
wodurch wir auch für die Beurtheilung der Winterlager einen Anhalt
gewinnen.
Polybius lebte von 208—127 v. Chr. Hyginus wird von Marquardt
in das 3. Jahrhundert n. Chr versetzt, Sie lebten also in ganz ver-
schiedenen Zeiten, in welchen die Organisation der römischen Ueere
sehr verschieden war.
Polybius giebt uns die Lagerordnuug für ein consularisches Heer
von 2 Legionen. Die Legion bestand damals ganz aus römischen Bür-
gern, die Reiterei gehörte dem Rittetstande an. Die Legion hatte an
Fusstruppen :
10 Mauipeln triarii ä 60 Mann = 600 Mann
10 „ principes 4 120 „ = 1200 ,
10 „ hastati 4 120 „ = 1200 „
Sa. 3000 Mann.
DazQ treten noch die velites, deren Stärke Polybius nicht ausdrücklich
angiebt. welche jedoch ebenfalls 1200 Mann betragen haben mag. Bei '
der Feststellung der Grössen Verhältnisse des Lagers kommen sie nicht
in Betnicht, da sie ausserhalb den Sicherheitsdieast versahen und auch
gewöhnlich ausserhalb lagerten. Die Reiterei der Legion bestand aus:
10 türmen ä 30 Mann = 300 Mann.
Ausserdem gehörten zu jeder Legion in engem Verbände damit die
socti, deren Infanleiie ebenso stark und deren Kavallerie doppelt so
stark, wie diejenige der Legion war. Die ganze Stärke der im Poly-
bianischen Lager in der Regel untergebrachten Truppen betrug 12 000
Mann Infanterie und ISOO Reiter. 2400 Mann Velites lagerten ausserhalb.
Das Lager zerfiel in 2 Ilauptabtheilungen, in die vordere (pars
antica) und in die hintere (pars postica). In der vorderen Abtheilung
lagerten die beiden Legionen durch einen 60 Fuas breiten Weg von
einander geschieden.
96 Wolf:
An jeder Seite des Weges und parallel mit der Richtung des-
selben fanden die 10 Türmen Reiter ihren Platz. Jede Turme erhielt
100 Fuss Front; zwischen der 5. und 6. Turme war ein Weg von 50
Fuss Breite, via quintana, so dass sie im Lager eine Front von 1050
Fuss einnahmen. Die Tiefe der Lagerung betrug 100 Fuss. Unmittel-
bar hinter den Reitern lagerte mit gleicher Frontlänge die Infanterie,
die Triarii mit 50 Fuss, die Principes und Hastati mit 100 Fuss Tiefe.
Darauf folgten die socii in derselben Weise, zuerst die Reiterei, darauf
das Fussvolk. Die socii befanden sich jedoch nicht in ihrer ganzen
Stärke in der pars antica, indem aus ihnen ein Elitecorps, die Extra-
ordinarii abgesondert wurden, welche in der pars postica ihr Lager
erhielten.
Nach den genauen Angaben des Polybius betrug die Tiefe der
Lagerung mit Hinzurechnung von 5 Zwischenwegen von je 50 Fuss
Breite für die sämmtlichen Bestandtbeile einer Legion 850 Fuss, daher
fQr beide Legionen einschliesslich des zwischen ihnen liegenden 50 Fuss
breiten Weges 1750 Fuss. Der Durchschnitt von Wall zu Wall, da
das Truppenlager auf jeder Seite 200 Fuss davon entfernt blieb, 2150
Fuss = 636 m.
An die pars antica schloss sich, durch einen 100 Fuss breiten
Weg getrennt, die pars postica, in welcher das Hauptquartier, bestehend
aus dem praetorium, dem forum und dem quaestorium mit den Ver-
pilegungseinrichtungen ihren Platz fanden. Ausserdem lagerten dort
die Extraordinarii der Bundestruppen, aus welchen man noch eine be-
sondere Elite, die Selecti, ausschied, welche die Dienste der Stabswache
bei dem Ck>n8ul und Quästor versahen. Erforderlichen Falles erhielten
in der pars postica auch die velites ihr Lager.
Polybius macht för die Breite der pars postica keine Zahlenangabe,
da er jedoch mittheilt, dass das ganze Lager genau quadratisch^) war,
muss dieselbe 800 Fuss betragen haben, indem die Breite der pars antica,
in der Front der lagernden Truppen gemessen, 1250 Fuss betrug
und ein 100 Fuss breiter Weg die pars antica von der pars postica
trennte. Das ganze Lager bildete also ein Quadrat von 636 m Seiten-
lllnge = 40,4 Hektaren. Dieser Flächeninhalt ist als ein Maximalmass
l) Polyb. 6. 81. 10. Joseph, de Mio jud. 8, 6. 1. In dem Bache: De re
miliUri opera ex recens. Scrivarii. Lu^. Bat. MDCXXXllI p. 440 laatet die
Stelle: Iltoc, quam iU te babeant, universa quidcm caatroram forma est
quadrata aequilatoi
Wie gross war ein römisches Winlerlager für 2 Legionen? 97
äDzuaehen, welches sich verringerte, sobald die socü nicht in ihrer
ganzen Stärke Bei dem Heere sich betaodeD.
Dennoch aber ist der Lagerraum für die Unterbringung einer
Truppenzuhl von 12000 Mann Infanterie und 1800 Reiter nach unseren
Begriffen überreichlich hoch gemessen. Wir würden auf demselben
Raum ein volles Armeekorps, bestehend aus 25 000 Mann Infanterie,
19 Batterien und dem sämmtlichen Train in weiter Lagerung mit aller
Bequemlichkeit unterbringen. Heinrich Nissen kommt in seiner Unter-
suchung des römischen Lagers (vergl. das Templum, Berlin 1869, Cap, II)
zu folgenden Ergebnissen. Er nennt die Darstellung des Polybios meister-
haft und sagt, dass trotz mancher Ergänzung, welche die Beschreibung
des Polybios erfahren, über eine Hauptfrage, die Grösse des Lagers,
gänzliche Unklarheit herrsche. „Polybios beschreibe nur den Theil
des Lagers näher, in welchem die römigchen Btirgertruppen liegen.
Nach der Bestimmung der Einzelheiten in diesem Stücke lassen sich
die fehlenden Seitenstücke, in deneu die Bundesgenossen lagen, durch
Analogie ergänzen. Das römische Lager bildet ein Quadrat, zwischen
dem Wall und den Zeltreihen bleibt an allen 4 Seiten ein Raum von
200'. Das Lager zerfällt in 2 Hauptthcile, in dem einen lagert das
Gros des Heeres, in dem andern der Feldherr mit einer Elitetruppe.
Nimmt man den Osten als die Fort-, den Westen als die Rückseite,
so ist die Ausdehnung von Ost nach West die Länge, die von Sttd nach
Nord die Breite des Lagers. OestÜch vom Praetorium und 50' ent-
fernt wird eine Parallele von N. nach S. gezogen. Dies ist der Kardo
maxinius, 100' breit, die Via principalis. Den Kardo triflft unter rechtem
Winkel der von W. nach 0. laufende Decumanus maximus, 50' breit;
er theilt das Lager in 2 Hälften, deren jede von einer Legion und einer
Ala Bundesgenossen eingenommen wird. Die Legion enthält in der
Normalstärke 300 Reiter, 600 Triarier, 1200 Principes, 1200 Ha-stati»),
die Ala 600 Reiter und 10 Cohorteu Fussvolk, jede (einschliesslich von
120 Velites) 420 Mann stark". Nissen erhält für die Lagerbreite fol-
gendes Ergebniss, welches mit unserer Annahme übereinstimmt:
l) AuMerdom gehörtea daza 1200 Vetitei, dieselben kommen jedoch, eben-
Telitei der BundesgenoMen. bei der Berechnung de» Lagerraumes nicht
Betraobt, d» si« ■atserhalb lagerten.
98 Wolf:
Intervallum 200'
Bundesgenossen Fussvolk . 350' '
^ Reiterei . 100'
Decumanus 50'
Hastati 100'
Principes 100'
Decumanus 50'
Triarier 50'
Reiter 50'
1050'
Beides wiederholt, den Decumanus maximus eingerechnet, giebt
im Ganzen 2150'. Der Umfang des rcpublikaüischen Lagers beträgt
also 8600' (40,4 Hect), genau das auch von uns errechnete Maass.
Bald nach Polybius vollzogen sich in der römischen Heeresver-
fassung tief greifende Veränderungen.
Die Bewohner der civitates foederatae, welche in der frQheren
Zeit die Bundestruppen zu stellen hatten, erhielten allmählich das
Bürgerrecht, welches sie zu dem Dienste in den Legionen berechtigte.
Aus der Miliz-Armee entstand das stehende Heer, wozu die Bundes-
truppen der später unterworfenen Provinzen nicht mehr in gleich engem
Verbände, wie es früher der Fall war, standen, dagegen vermehrte
sich die Zahl der Legionen. Die Legion zählte, nachdem bereits Marius
drei Manipel zu einer Cohorte vereinigt hatte, 10 Cohorten Fusstruppen,
welche in der ersten Eaiserzeit noch ausschliesslich aus römischen
Bürgern bestanden, zuletzt aber Geworbene, aus allen Klassen der
Römer und Provinzialen in ihre Reihen aufnahmen. Die Stärke der
Cohorten war verschieden. Anfänglich betrug sie 360, später wuchs sie
bis zu 600 Mann, sodass die Stärke der Legionsinfanterie vom 1. bis
zum 3. Jahrhundert zwischen 3600 und 6000 Mann geschwankt hat
Die Reiterei der Legion rckrutirte sich schon vor Cäsar nicht mehr
aus dem Ritterstande, sondern bestand aus geworbenen auxiliarii, und
ihre Stärke betrug allerhöchstens eine Ala von 400 Reitern, sehr oft
weit weniger, denn bei einer Cäsarischen Legion waren in der Regel
nur 200 Reiter.
Ausserdem hatte die Legion eine Anzahl auxiliarii, welche aber
nur für den Kriej^ geworben wurden und in Stelle der bei der üm-
formirung b<seitigt('n Velitcs den Dienst der leichten Infanterie ver-
nähen. Es waren balearische Schleuderer, kretensische Bogenschützen,
Wie gross war ein rÖmigoiies Winterlftger für 2 Legionen? Ö9
numiilisches oder germanisches Fussvolk. Die Stärke derselben mag
höchstens 2 Cohorten betragen haben, zuweilen fehlten sie auch ganz.
Zu dem Friedenbestiind der Legion gehörten sie nicht.
Die Legion bezog demnach gerade in der ersten Kaiserzeit das
Lager mit einer weit geringem Truppenzahl, als dieses in der Zeit dea
Polybius der Fall war, besonders gross war der Unterschied bei der
Reiterei. Selbstverständlich müsste schon aus diesem Grunde der Umfang
eines Lagers kleiner werden, er reduzirte sich jedoch durch den ge-
ringeren Lagerraum, welcher dem einzelnen Soldaten in späterer Zeit
angewiesen wurde, noch um ein Bedeutendes. Während Polybius für
eine Manipel von 120 Mann einen Lagerraum von 100 Fuss Quadrat
und ebensoviel für eine Turme von 30 Reiteru berechnet, so dass der
Fussaoldat 83Vb Quadratfiiss und der Heiter -SSS'/s Quadratfusa erhielt,
lagert Hyginus die Cohorte gleichgültig ob sie 480 oder 600 Mann
stark war auf einen Raum von 120 Fuss Front und 180 Fuss Tiefe,
sodass der Soldat bei der geringeren Stärke der Cohorte einen Lager-
raum von 45 und bei der höheren von 36 Quadratfusa hatte. Für eine
Ala von 400 Reitern kann man den Raum von 2 Cohorten berechnen,
so i&i'S ein jeder Reiter nur einen Raum von c. OOQuadratfuFs erhielt.
Der grosse Raum, welcher von Polybius für jeden Mann berechnet
wird, erklärt sich daraus, d,»s9 der Legionssoldat als Bürger Roms
breit und bequem lagern sollte, für den Reiter kommt ausserdem In
Betracht, dass er als römischer Rifter2 Pferde und einen Reitknecht hatte.
In dem Lager, welches Hyginus beschreibt, waren 3 IvCgionen
untergebracht, es bildete kein Quadrat, sondern ein Rechteck, dessen
kurze Seite Va der langen betrug. Zunächst stellte er die Lage durch
den decumanus maximus und den cardo maximus fest, welche sich in
einem Punkte, gruma genannt, wo das Massinstrument aufgestellt
wurde, rechtwinklig schnitten. Die kurze Seite legte er parallel dem
Cardo, die lange parallel dem Decumanus. Die Mitte des Lagers,
zwischen der via principalis, welche in der Richtung des Cardo ge-
führt war, und der damit parallelen via quintana nahm das i>raetorium
mit dem forum ein und hiess latera praetorii, Der vordere Theil, die
Front des Lagers, war die praetentura, der hintere Theil, wo sich das
quaestorium befand, die retentura. Die Fu-struppen lagerten dem
Wall entlang, von diesem durch die 60 Fuss breite via sagularis ge-
trennt, die Reiterei in dem inneren Raum der priietentura. Von der
Mitte des praetorium durchschnitt in der Richtung des Decumanus die
via praetoria die praetentura, dieselbe halbirend, und führte durch die
100 Wolf:
porta praetoria in das Freie. Diesem gegenüber lag die porta decu-
mana. Darch je ein Thor porta principalis dextra und porta princi-
palis sinistra gelangte man ausserdem auf jeder Langseite von der
via prineipalis in das Freie. Bei einem grossen Lager gab es noch
iwei andere Seitenthore in der Richtung der via quintana.
Die Berechnung des Raumes fQr ein Lager von 2 Legionen jede
ji 10 Cohorten und 1 Ala stellt sich nun wie folgt: Jede Gehörte
brauchte einen Lagerraum von 120 Fuss Front und 180 Fuss Tiefe,
das giebty wenn man den romischen Fuss zu 29,6 cm berechnet, fQr
20 Cohorten einen Lagerraum von 8,8 Hektaren.
1 Ala braucht soviel wie 2 Gehörten; nicht ganz Vs Hektare,
sodass der liagerraum für 2 Legionen mit 2 vollen Alen Kavallerie
eiuschUesslich des Raumes für die 60 Fuss breite via praetoria, die
40 Fus9 breite via principalis und die ebenso breite via quintana zu
5 Hektaren au veranschlagen ist Rechnet man den gleichen Raum
für daH praetorium» forum und quaestorium, was über die Wahrschein-
lichkeit hinaus hoch gegriffen ist, so erhält man 10 Hektaren für den
geKauuute» inneren Lagerraum. Hierzu treten noch SVg Hektare Tür
den Wall und den 60 Fuss breiten Weg, welcher denselben von dem
TruppenlaKor trennt, so dass das gesammte Areal eines Lagers für
ä Legionen U) Vi Hektaren betragen konnte. Das ist aber ein Mazi-
nmliuass. Für die Zeit C&sars müsste man das Areal unbedingt ge-
ringer voranvchlagon, da damals die Gehörte in der Regel nur eine
Btftrko von H60 Köpfen hatte, auch der Legion niemals eine volle Ala,
sondern nur die Hälfte derselben, 200 Reiter, zugetheilt war.
10 Hektaren würden für 7200 Mann und 400 Reiter, welche 2
OAiiarlHclio Logionen zAhlten, völlig ausgereicht haben. Damit stehen
auch die Ausführungen Rüstows in Uebereinstimmung (Heerwesen,
t; Julius Caesar, Uüstow, Seite 73 bis 79).
Kin von ilun nach den Angaben des Hyginus construirtes Lager
von 5 IiOgionen hatte nur ein Areal von 26—27 Hektaren. Die That-
sache, dass ein Gasarischos Lager an der Aisne für 8 Legionen, dessen
Aufnahme nach den hinterlassenen Spuren Napoleon HI. veranlasste,
bei ÜßHm und 055 m Seitenlänge auch nur ein Areal von 43 Hektaren
hatte, spricht dalUr, dass schon zu Gäsars Zeit den Truppen der Lager-
raum nach den Angaben des Hyginus zugewiesen war.
Wie dieses auch Nissen angiebt, hatte ein Lager Hygins, welches
2(KK)0 Mann Fussvolk und 2400 Reiter enthielt, eine Länge von 2400'
und eine Breite von 1600 Fuss. Nissen und Rüstow, welcher die cä-
e gros» war cio römiaches Winleilager für 2 Legiot
101
sarisclien Stärkeverhältnisse i) der Legionen zu Grunde legt, stimmen
im Allgemeinen überein. Diese üebereinstinimung hat für mich um
so grösseru Werth, als ich erst nach Vollendung meiner Arbeit durch
Herrn Geh.-Rath ScbaafThuuseD auf die Abhandlung von Nissen auf-
merksam gemacht worden bin.
Eine feste Schablone für ihre Lager hatten die Kömer zweifellos
nicht. Polybiua und Hyginus beabsichtigten audi sicher nicht, eine
solche zu überliefern, sondern sie weisen nur die Regeln der Lager-
Vermessung an einem bestimmten Beispiele nach. Im Grunde genom-
men wenden unsere miütär wissenschaftliche Schulbücher das nämliche
Verfahren an. Der Schüler soll an einem bestimmten Deispiele nur die
Methode kennen lernen, ohne in irgeud einer Weise eine bindende Vor-
schrift zu erhalten. Der römische Heerführer bestimmte, wie dieses
auch jetzt geschieht, die Grösse des Lagers nach der Zahl seiner Truppen
und passte die Form der Oerthchkeit an. Die Mittheilung des Ve-
getius, 1, 23: interdum autcm quadrata, interdum trigona, intcrdum
seml rotunda, prout loci qualitas aut necessitaa postulaverit, castra
facienda sunt, weist dieses ausdrücklich nach.
Wenn auch die von Polybius und Hyginus beschritibenen Lager
in ihrer Grösse nicht auffallend verschieden sind, indem das Lager des
Polybius ein Quadrat von 2150r' darstellt, während das Lager des
Hyginus 2400r' x IGOOr'misst, so ist der Unterschied im Areal immer-
hin nicht unbedeutend, indem das eine 40,4 Hektaren, das andere etwas
über 33 Hektaren Flächeninhalt hat. Eine annähernde Uebereinstim-
mung könnte aber doch nur auf einem Zufall beruhen, da in dem
grösseren Lager des Polybius 12000 Mann Fussvolk und 1800 Reiter,
dagegen in dem kleineren des Hyginus 20000 Mann Fussvolk und
2400 Reiter untergebracht werden sollen.
AlsCuriosum will ich niittheilen, dass Rüstow für die Berechnung
eines römischen Lagers zu Cäsars Zeit eine Formel aufgestellt hat, durch
welche er ans der Zahl der Legionscohorten die Seitenlänge des Lagers
findet. Er nennt die Zahl der Cohorten a and findet die Seite des
quadratischen Lagers annähernd richtig aus der Formel S = 100 yOa,
Bei einem Rechteck findet er die kurze resp. Frontseite aus der Formel
F = 200 f'a und die lange Seite durch I = Vs f. Bei Aufstellung dieser
Formeln ist auf die sämmtlichen Lagerpassen und Plätze Rücksicht
I
1) S Legionen mit 18000 LegionSren
nnd 1000 Mana Reiterei,
1800 Mftnrf naifstnippen »n Tat»
102 Wolf:
genommen, ebenso auf diejenige Zahl Hülfstrappen (auxiliarii), welche
gewöhnlich zu dem engen Verbände der Cäsarischen Legion gehörte.
Das Lager für 2 Legionen hat nach seiner Formel IOV2 Hektare, das
für 1 Legion 5—6 Hektare. Aber auch diese errechneten Masse be-
zeichnet Rüstow als grösste. Die Verringerung derselben hält er für
möglich, sobald kein Train oder nur ein unbedeutender mitgeführt wird.
Bis Jetzt ist freilich nur von den Verhältnissen eines Feld- oder
Marschlagers die Rede gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch
waren die Einrichtungen der Winterlager durchaus ähnlich, nur, dass
sie für längere Dauer dienen sollten, und daher solider hergestellt
waren. Die Erdwälle erhielten ein stärkeres Profil mit Flankirungs-
thürmen und Zinnenbrustwehren aus Holz, oder eine in Mauerwerk
ausgeführte permanente Umfassung. Das Prätorium, welches bei einem
provisorischen nur für einen Winter bezogenen Lager höchst wahr-
scheinlich durch eine Pallisadirung abgesondert war, erhielt bei einem
Dauerlager vielleicht den Abschluss durch eine Mauerumfassung.
General von Veith (vetera castra und seine Umgebung) theilt mit, dass
Professor Fiedler ein Mauerviereck von 200 m Länge und 100 m Breite
am Thalrande des Fürstenbergs ausgegraben habe. Wahrscheinlich
haben wir in demselben den Abschluss zu sehen, welcher das
Prätorium und die Wohnungen der höheren Offiziere umgab. Sehr
zu bedauern ist es, dass General von Veith dieses Mauerviereck, das
einzige positive Resultat der zu Vetera vorgenommenen Ausgrabungen,
nicht auf dem seiner Schrift beigefügten Plane eingezeichnet hat. Er
würde dadurch der Alterthumswissenschaft einen grösseren Dienst ge-
leistet haben, als durch den Aufbau einer Umfassung, welche über 60
Hektaren umschliesst, von der sich im Terrain auch nicht die geringste
Spur findet. Die Wohnungen der höheren Offiziere mussten ihrem Range
gemäss für einen dauernden Aufenthalt gebaut und eingerichtet werden.
Für die Verpflegung der Truppen mussten in einem festen Winterlager
Magazine angelegt werden. Die Truppen konnten nicht in Zelten lagern,
sondern mussten Holz- . oder Fachwerkbaracken erhalten. Das Alles
konnte aber auf die Grössenverhältnisse eines Winterlagers keinen be-
sonders massgebenden Einfluss ausüben, denn wenn dies einen etwas
grösseren Raum verlangte, so fiel andererseits die Unterbringung des
sehr zahlreichen Marschtrains fort, welchen Rüstow mit 520 Pferden
für jede Cäsarische Legion berechnet. Ausserdem wurde auch bei der
Unterbringung der Mannschaften in den Baracken wahrscheinlich eine
Raumersparniss erzielt, da die Armaturstücke an den Wänden der
Wie gross v
i'öraiBchea Wintcrlagci- für 2 Legionen ?
Baracken befestigt werdeo koonten. Die Römer hatten auch alle Ur-
sache ihren Winterlagern beittc grössere Ausdehnung zu geben, als
unbedingt nothwendig war. Sie waren Festungen, deren WnllUnien in
der Länge beschränkt werden mussten, damit sie mit einer kleinen Be-
satzung vertheidigt werden konnten, wenn die Legionen sie verlassen
hatten.
Nur dann mfissten wir für ein Winterlager einen grösseren Um-
fang als fOr das entsprechende Marschlager annehmen, wenn irgend
durch Quellen nachzuweisen wäre, dass sich in dem Winterlager eine
grössere Truppenzahl als in dem iVlarschlager befunden hätte. Nach
den ftherkoramencn Nachrichten war dieses aber keineswegs der Fall.
Als Cäsar {Caes. bell.gall. V,47— 51) erfuhr, dass das Winterlager
seines Legaten Cicero von den Nerviern und Eburonen bedroht war,
brach er sofort mit der Legion, welche sich bei ihm im Winterlager
zu Samarabriva befand, zum Entsatz auf, während eine zweite Legion
aus einem anderen Winterlager sich unterwegs mit ihm vereinte. Die
Stärke beider Legionen giebt Cäsar zu 7000 Mann an, worunter 400
Reiter, woraus hervorgeht, dass ilim andere Truppen nicht zur Ver-
fügung standen, sich daher nicht im Winterlager befunden hatten.
Auch aus der Beschreibung des Legionsaufstandes bei dem Tode
des Augustus erfahren wir, dass in den Winterlagern Niedergermanicns
nur Legionstruppen waren, denn Germanlcus zieht in Erwägung, die
Bundesgenossen aufzubieten, um damit den Gehorsam der beiden Le-
gionen, welche sich in civitate Ubiorum im Winterlager befanden, zu
erzwingen. Aber das Bedenken, damit den Bilrgerkrieg zu eröffnen,
hielt ihn von dieser Massregel ab (Tac. ann. 1, 36), Ei-st als es ihm
am Schlüsse des Jahres 14 gelungen war, diese beide Legionen ohne
Anwendung von Gewalt zum Gehorsam zurückzuführen, vereinigte er
mit ihnen in dem darauffolgenden Frühjahr die socü und auiiliarii in
einer Stärke von 20 Cohorten und 8 Alen und zog mit ihnen <len Rhein
binuater nach Vetera, worauf auch die beiden dort siebenden Legionen
znm Gehorsam zurückkehrten.
Allein schon der Umstand, dass wir in Niedergermanien noch
besoudere Winterlager für die Reiterei antreffen, (so befand sieh ein
solches für I Ala in Äsciburgum, welches im Bataverkrieg zerstört
wurde), zeigt, dass die Reiterei nicht ihren gewöhnlichen Platz in dem
Legionslager hatte. Höchstens können sich dort wenige Türmen fflr
die Verwendung im Sicherheits-, Ordonnanz- und Fouragir-Dienst be-
funden haben. Bei dem Ausbruch des Bataverkrieges befanden sich
104 Wolf:
in Vetera 5000 Mann, welche zum grSssten Theile aas jaogen Soldaten
bestanden. Ungeachtet der numerischen Schwäche der Besatzung und
dem von Tacitus besonders betonten mangelhaften Zustande der Werke
widerstanden sie den heftigen Angriffen der Deutschen und unterlagen
erst dem Hunger. Bei einer sehr grossen Ausdehnung der Umfassung
wäre der lange Widerstand unmöglich gewesen.
Wie kommt es nun, dass man dennoch dem Winterlager wieder-
holt einen weit grösseren Umfang, als nach der Zahl der dort unter-
gebrachten Truppen möglich ist, zumisst, dass man dem Winterlager
von Köln eine Ausdehnung von 51 bis 52 Hektaren, dem Winterlager
Vetera ebenfalls für 2 Legionen eine von 69 Hektaren und dem zu
Bonn far 1 Legion eine von 25 Hektaren giebt?^) Diese Ueberschreitung
des Masses um mehr als das Vierfache liegt offenbar in der £ast überall
festgewurzelten Ansicht, dass an der Stelle von Köln sich das von Ta-
citus erwähnte W*interlager für 2 Legionen in civitate Ubiorum befand,
und man in dem Umfang des römischen Köln unter Berücksichtigung
einer späteren Erweiterung den Anhalt für die Beurtheilung der Grössen-
Verhältnisse habe.
So stellt, um das Winterlager mit dem römischen Köln in Ueber-
einstimmung zu bringen, General v. Veith den Umfang desselben dem-
jenigen eines Polybianischen Feldlagers gleich. Abgesehen davon, dass
keine Berechtigung vorliegt, die Verhältnisse desselben aiuf ein Lager
der Kaiserzeit zu übertragen, hatte dasselbe gar nicht den Inhalt von
51 — 52 Hektaren, sondern nach seinen Normalabmessungen nur von
40,4 Hektaren.
Wie bekannt war das Polybianische Feldlager ein Quadrat von
636 m Seitenlänge. Dagegen führt uns General von Veith das Kölner
Winterlager als ein Rechteck vor, dessen eine Seite er in der Rhein-
front des römischen Kölns erkannt und sie mit 800 m in Rechnung
setzt, obgleich die Länge in Wirklichkeit annähernd über 850 m betrug,
wovon man sich auch aus seiner eigenen Zeichnung überzeugen kann,
während er der andern Seite 636 m giebt und dieses Mass die nor-
male Breite des Polybianischen Lagers nennt, obgleich es die maximale
Seitenlänge ausdrückt.
Auf diese Weise erhält er den Inhalt von 51—52 Hektaren.
Man wird durch diese Ausführungen des General v. Veith um so
mehr überrascht, da er an anderer Stelle (Vetera castra und seine
l) von Veith, Dm römiiche Köln, Winckelmanns-Programm 1886, St 14.
Wie gross war ein römisclieB Winterlager fär 3 LegioneoP 105
Umgebungen S. 6) den Umfang von ü9 Hectaren, welchen er Vetera
zuertheilt, durch die Behauptung motivirt, dass ein Winterlager den
Sfachen Umfang des entsprecbemlen Feldlagers hatte.
Für das Bonner Winterlager, welches für 1 Legion eingerichtet
war, wird, wie erwähnt, die Grösse von 25 Hektaren beansprucht. Un-
geachtet der in Bonn für die Ausgrabungen reichlich verwendeten
Mittel ist die Feststellung der Umfassung bis jetzt nicht gelungen.
Zum wenigsten ist nichts darüber bekannt geworden ^).
Wenn nun aber ein römisches Wtnteringer für 2 Legionen, wie
nachgewiesen ist, höchstens einen Umfang von IS'/a Hektaren haben
konnte, wahrscheinlich aber nur zwischen 10 und 12 Hektaren hatte,
Bo mUsste die Ansicht schwinden, dass das römische Köln zuerst ein
Winterlager für 2 Legionen war, welches nach der landläufigen Ansicht
erst hei seiner Erhebung zur Cülonie im Jahre 50 von den Legionen
verlassen wurde, worauf die Veteranen-Colonie ihren Einzug hielt und
der ubischen Bevölkerung, welche bis dahin auf dem sogenannten Insel-
revier zwischen dem Winterlager und dem Rhein vegetirte, nun ebenfalls
Wohnsitze innerhalb des Lagers angewiesen wurden.
Nach den nur von Tacitus überkommenen Nachrichten war Köln
bereits im Jahre ^9 bei dem Ausbruch des Bataverkrieges eine reiche
und blühende Stadt.
I) Die Grösse des BoDuer Caetrums i«t durch die biaberigen GrsbuDgen
genau festgestellt. Herr General tod Yeitb macht ans daräber folgende Mit-
tbeilang: Das Bonner Lager miest nach Lauge und Breite von Thor zu Thor
&00di, das giobt 25 ha Flnchenrauoi, wie die Bonner Uobersicbtekarte des Qen.
Ton Teith im B3. Heft der Jahrbüchnr, und künftige Pläne nach dorn Cataiter
Bpecieller erweisen werden.
Das Bonner Winterlager war für eine Legion von 5 bis 6000 Mann erbaut,
das Cölner, Mainzer, Vetera für je iwei Legionen. Das Cölner Lager hat nub
den Wiiickelmanns-Progranim von ISBG, S. U bei &00m Linge 630m Breit«, da«
sind CO bis 51 ha, die doppelte Fläche des Bonner Lagera.
Poljbius giebt nach Nissen, DreyecD, Maaqueles als Standlager-Raom fnr
'i Legionen 21&0 pedes = CSöm Seitenlange = 40 bs, 20 ha für eine Legion.
Dieser Flächenraiini vergröaserte sich nach Nissen S. 25 «eines aTempIum" durch
die Bundesgenossen, rcsp. Hulfatruppen-
Caesars befestigte Marscblager beschränken den Lagprraam wesentlich.
Durch Nachgrabungen Kaiser Napoleon's 111. ergab Caesars Lager au der Aisne
41 ha für 6 Legionen. Gergovia 35 ha für 6 Legionen, Compiegne 24 ht für 4
Legionen etc., überall 5 bis 6 ha pro Legion, ca. I ba für 1000 Mann, ca. lOqm
pro Mann. Die Kedaution.
106 Wolf: Wie gross war ein römisches Winterlager für 2 Legionen?
Einen so raschen Aufschwung hätte Eölu nicht nehmen können,
wenn es noch im Jahre 50 ein kleines Legionslager war. An der Stelle
von Köln hat aber niemals das Winterlager in civitate Cbiorum ge-
standen; es wurde in seinem ersten Anfang als Stadt gegründet und
das Winterlager befand sich 3 Kilomoter südlich davon zu Alteburg. Die
höchst interessanten Spuren einer römischen Vergangenheit, welche
dort im Jahre 1873 gelegentlich des Baues einer Bierbrauerei zum
Vorschein gekommen sind, deren bis jetzt unterbliebene Veröffentlichung
demnächst erfolgen wird, sprechen für seine Bedeutung, und lassen schon
jetzt mit ziemlicher Sicherheit darauf schliessen, dass dort der Ort zu
suchen ist
Wolf,
General-Mijor.
9. Die ältesten Bauthelle der MQnsterkjrche zu Essen,
1 Tafel 5 und 6.
Wir besitzen io Deutschland nur eine äusserst geringe Zahl kirch-
licher Monumentalbauten aus dem 9. und 10. Jahrhundert, und diese
sind grösstentheils nur in Ueberresten erhalten. Je mehr nun die
wenigen ZuugEin damaliger Bauthätigkeit unsere Beachtung verdienen,
desto mehr muss gerade die Milnsterkircbe zu Essen vom kunstge-
schichtlichen Standpunkt aus gewürdigt werden. Denn unter den Bau-
theilen verschiedenster Art, ausweichen diese Kirche zusammengesetzt
ist, befindet sich sowohl das ohne Zweifel interessanteste und origi-
nellste deutsche Bauwerk des 10. Jahrhunderts in fast noch vollstän-
diger Erhaltung, ala auch von einer In vieler Beziehung sehr eigen-
thümlichen Ba-silika des 9. Jahrhunderts ein umfangreicher Ueberrest,
den wir ebenfalls zu den hervorragendsten seiner Art zu zählen berech-
tigt sind.
Auf den zuletzt genannten Bautheil, welcher in Bezug auf Alter
und Charakter bisher noch ganz unbekannt war, haben wir zuerst in
Nr. 11 des 32, Jahrganges des Korrespondenzblattes des Gesammt-
vereina der Geschichts- und Alterth ums vereine aufmerksam gemacht
und ebendaselbst auch den Westbau eingehender besprochen; und zwar
sowohl seine Kntstehungszeit, als in die zweite Hälfte des 10. oder
höchstens in den Anfang des 11. Jahrhunderts fallend, festzustellen
gesucht, als auch — abweichend von der bisher allgemein herrschen-
den Ansicht — auf seine hohe Originalität und seine Önabhängrgkeit
von dem Centralbau Karls des Grossen zu Aachen hingewiesen.
Da es jedoch damals nicht gut zu ermüglichen war, unsere Aua-
fUhruDgen mit Illustrationen zu versehen und die bez. Abbildungen in
der ,,Zeitschnft für christliche Archäologie und Kunst", Band I, sowie
108 Georg Humano:
in Försters ,,EuDstdeDkmale'' in vielfacher Hinsicht ungenau sind und
über die Gestaltung der ursprünglichen Essener Basilika gar keinen
Aufschluss geben, so haben wir auf Taf. V die Kirche im Grundriss
dargestellt, und zwar so, dass die verschiedenen Bauperioden durch
verschiedene Schrafifirungen erkennbar sind. Bevor dieselben einer Er-
läuterung unterzogen werden, mögen hier die auf die ältere Bauge-
schichte der Essener Stiftskirche bezüglichen geschichUichen Daten
vorangeschickt werden.
Der h. Altfried, vierter Bischof von Hildesheim, erbaute im 9.
Jahrhundert auf seinem väterlichen Gute zu Essen ein Kloster und
eine Kirche. Das erstere bestand zweifellos schon in den Jahren 858
bis 863, die letztere jedenfalls vor 873 (oder 874) i).
In einer Urkunde aus dem Jahre 947 geschieht eines Brandes
Erwähnung, welcher die Klosterkirche, anscheinend kurze Zeit vorher,
zerstört hatte.
In dem Kalendarium eines dem Essener Stift entstammenden
Missales sind zwei wichtige, aber für die Baugeschichte der Essener
Kirche bisher noch nicht verwerthete Notizen eingetragen, und zwar unter
dem .6. Oktober: „dedicatio oratorii in porticu s. iohannis baptistae''
und unter dem 5. Januar : „dedicatio cryptae'^ Die^se Eintragungen
stammen, dem Charakter der Schriftzüge nach, aus den letzten Jahr-
sebnten des 10. Jahrhunderts«).
Im östlichen, erweiterten Theil der Krypta ist über einem Wand-
pfeiler eine Urkunde des Inhalts eingemeisselt, dass dies „Oratorium''
im Jahre 1051 vom Erzbischof Hermann (von Köln) auf Bitten seiner
Schwester, der Aebtissin Theophanu, geweiht sei.
In einem der Essener Aebtissinnen- Kataloge, welche aber nicht
als sehr suverlässige Urkunden bezeichnet werden können, wird be-
richtet dass unter der Regierung der Elisabeth von Nassau, welche
im 2 Viertel des 13* Jahrhunderts regierte, die Stiftskirche zu Essen
iowolil wie die Filialkirchcn zu Rellinghausen und Stoppenberg erneuert
worden sind.
Im Jahre 1275 wurde dann die Kirche nochmals durch einen
l^mdi itn^ grÖHstcn Theil zerstört.
t) bi «kr erwähnten Abhandlung im Korrespondenzbl. des Gesammtvereins
%n 4T die J^hre B7Ö und 874 aus Versehen mit einander verwechselt
'*'^*^*Ö m^im^ AwklY f. d. öf »eh. d. Niederrheins VI, 3. Die ältesten Necro.
W^ »mASWÄtlli**»^»«« d«» ötifU Essen
Die ftltBBtan Bautheile der Münsterkirche
Betrachten wir nun zunächst die Bautliejle, welche unseres Er-
achtens dem ersten Altfriedischen Bau angehören. Es sind dies die
mit halbkreisruuden Nischen versehenen Langwünde der Seitenschiffe,
soweit sie auf unserer Zeichnung schwarz dargestellt sind. Bei Unter-
suchung (lieser Nischen erschien es uns von Anfang an sehr merk-
würdig, dass an jeder Seite die drei westlichen derselben, obwohl unten
in derselben Horizontale und in derselben Breite wie die übrigen be-
ginnend, um ca. 25cin höher hinaufragen. Eine genauere Untersuchung
ergab dann ferner den überraschenden Umstand, dass gleicbfalls an
jeder Seite, und zwar zwischen der dritten und vierten Nische
ein grösserer Zwischenraum sich befindet als zwischen den übrigen
Nischen, und zwar derart, dass sich hier je eine Pfeilervorlage von
der Breite rekonstruiren lässt, wie sie dem Bauwerke in Bezug auf
seine übrigen Verhältnisse angemessen ist und wie sie z. B. noch jetzt
am östlichen Querschiff vorkommen'). An beiden Seiten bililen also
die drei westlichen Nischen eine von den übrigen gesonderte Gruppe.
Die mittlere der drei südlichen NUchen ist zudem durch Anlage eines
kleinen Fensters ausgezeichnet, welches an keiner anderen Nische vor-
kommt, aber an der entsprechenden Stelle der Nordseitc wohl nur des-
halb fehlt, weil hier wohl schon damals ein Flügel des Kreuzgauges
sich anlehnte. Man kann nun unseres Eraehteus die erwähnten um-
stände nicht anders erklären, als durch die Annahme, dass die west-
lichen Nischen zu einem ehemaligen wcstiichen Querschiff bez. einer
Vorhalle gehörten und zwar derart, wie dies auf Taf. V gezeichnet ist*).
1) OroBse Genauigkeit in den Mnassen darf man hier nntQrlich nicht vor-
■UHstzcn, dn diese bei darDallgen Kirchen selten vorkommt. (Ein BeJapiet
grüaiter Uore^elmäBBigkeit des GruadnaseB in Be^ng auf Maaise und VerhUt-
nitae bietet t. U, die im 10, Jahrbundt^rt erbaote Kiruhe za Oerorods.)
2) Bei einer vollständigen Rekonatruktlon dieses Theils wären nur noch
die wenigen, auf der Tafel durch entsprechende ächrafilruiig kenotlicb gemachten
Bautheile des 10, uud 13. bez. 14. .lahrhunderts, soweit sie in da* rckaostruirte
Mauerwerk des 9. Jahrhunderts eingreifen, zu entferuen und das letztere an diesen
Stellen zu ergänien.
Doter den EunttscbätKen der Stiftskirche xu Eeeen beßndet aioh ein Evan>
geliar aus der I. H&Ifte des 9. oder höchstens aus dem Ende des 6. Jahrhunderts
mifVeriiornngeuin merowingiscb- irischem Siii (AbbllduDgen der Oniamenlu und
Beschreibiing in der Zeitacbrift des Bergiachen Geacbicbtsvereiua Bd. Vll. Nach-
trägliche Notiz in Weitd. Zeitschr. für Gesch. und Kunst 1681, 4.). Den Scbrift-
tügen dieses Evangvliara, welches, wie wir a. a. 0. nicht ohne Grund äuge-
110 Georg Iluin&nn:
Eine ähnliclie Grund rissbildung im Westen, wie sie hier von uns an-
genomraen ist, kommt z. B. vor bei der im 10. Jahrhundert erbauten
Kirche zu Gernrode (der Westchor ist ein wohl aus dem 12. Jahrhundert
Stammeader Anbau), Auch der vom h. Altfrled erbaule Dum zu
Hildesheim scheint eine ähnliche westliche Vorhalle gehabt zu haben,
wie seine Essener Kirche. Die Einhard-Basilika zu Michelstadt besass
ebenfalls einen dreitheiligcn westlichen Vorbau. Derselbe war jedoch
nach den neuesten Untersuchungen Adamys etwas anders gestaltet, als
man früher angenommen hatte.
Beim spateren umbau der Kirche zur gothischen Hallenkirche,
bez. der Eintheilung der Langschiffe für die neuen Gewötbjoche und der
Errichtung der Wandsäuleu hat man für die westlichen der letzteren
die Stelleu der älteren Pfeiler beibehalten, so dass die Form der beiden
an den Westliau anschliessenden Joche der gothischen Seitenschiffe
eine quadratische, die der anderen eine oblonge ist. Die Nischen
wurden theils zugemauert'), theils durch Anlage einer Thilre an der
Nordseite und den Einbau zweier gothischen Nischen an der Südseite
zerstört. Es lassen sich aber, abgesehen von dem westlichen Quer-
schüf, an jeder Langseite noch eine grössere Anzahl, im südlichen
Seitenschiff wenigstens noch sechs, im nördlichen sogar noch zehn
solcher Nischen nachweisen. Ihre Zahl betrug ehemals anscheinend
dreizehn an jeder Seite. Diese Nischen haben eine Umrahmung von
halbkreisrunden Blendbügen, welche von schwach vortretenden Pilastem
mit geschmiegten Basen und Rundstah-Kämpfcm getragen werden.
Die Wandpfeiler und Umrahmungen, sowie der obere halbkuppel-
förmige Scbluss der Nischen bestehen aus Tuff, die Kämpfer aus Kalk-
stein, das übrige Mauerwerk aus gewöhnlichem Kohlcnaandstcin; alles
in ziemlich sorgfältiger Ausfilhrung,
Diese mit Nischen gezierten Langwände glauben wir also als
üeberreste der Altfried ischen Basilika bezeichnen zu dürfen. Denn
zunächst widerspricht ihre architektonische Form nicht unserer Zeit-
atellung. Durch runde oder rechteckige Nischen belebte Wnndflächen,
I haben, vom h. AltFried dem Essener Stift gescheokt worden, iit die
Uscial- and MiausIceUchrift unter dem Gruudi'ia« der AltfriediBcben Basilika auf
T&rel V nachgebildet; die MajuBkelformen der Cnterachritt auf Tafel VI sind
dem auf S, 109 erwähnten Missalo des 10. Jahrhunderts entnommen, welches
früher ebenfalU dem Stifte Egsen gehörig, jetzt in der LandOBliibliothek za Düasel-
dorf aufbewahrt wird.
I) lu letzter Zeit eiad einige wieder ofien gelegt worden.
I
I
Die ällesten Bautbeile der Münaterkircbe zu EsBea. 111
ein der römisclien Kunst entlehntes Motiv, kommen im altchristüclien
CeatralbRu sehr häufig vor. Auch in Deutschland findet man bei alt-
ehrJstl teilen und romanischen, besonders noch bei friihvomanischea
Bauwerken derartige Nischenbilduugen, und zwar hier nicht allein bei
runden und polygoneu Ceutralbauten z. B. dem Oktogon zu Mettlach,
and den Üeberresten der ältesten Kirche des h. Gereon zu Köln
sondern auch an LangschiiTen, so in St. Stephan (dem sogenannten
alten Dom) zu Regensburg, in der Kapelle der Ludgeriden (östL
Theil der Krypta der Stiftskirche) zu Werden und der höchst merk-
würdigen, nach unserer Ansicht noch dem 10. Jahrhundert ango-
hörigen St. Lucienkirche daselbst; ferner in der Wipertikapelle za
Qaedliübnrg, in der Bartholomäiiskapellc zu Paderborn, im Chor und
Westbau der Kirche zu Hersfeld, in der Kapelle zu Helmstädt, sowie
im Westbau und in den Langwänden der Krypta zu Essen und zahl-
reichen anderen frühromanischen Krypten •).
Unter den grösseren, basilikalen Bauwerken des 9. Jahrhunderts
ist freilich nur die Kastorkirche in Koblenz mit Nischen in den Lang-
wRnden versehen. Diese sind aber viel flacher gebildet als die Nischen in
Essen. Der westliche Theil der Stiftskirche zu Werden, welche, ebenso
wie im wesentlichen der Grundriss der vorgenannten Kirche, nach der
Ansicht Dehio's noch dem 9. Jahrhundert angehört^'), befolgt in den
Seitenschiffen ein anderes konstruktives System, bei welchem eine An-
einanderreihung von Nischen nicht stattfinden konnte. Die Einhard-
Basiliken zu Michelstadt und Seligenstadt hatten einfache schmucklose
öeitenwände. Wenn nun auch unter den wenigen Basiliken des 9.
Jahrhunderts — und von den genannten können nur die Kirche zu
Michelstadt und die geringen Beste zu Seligenstadt mit vollster Sicher-
heit jener Zeit zugesprochen werden — sich keine befindet, welche in den
Langwänden mit der Essener Basilika ganz übereinstimmt, so war doch,
wie aus den oben genannten Beispielen hervorgeht, sowohl in den vorher-
gehenden als in den nachfolgenden Jahrhunderten jener Nischenschmuck
ein so beliebter und so vielfach angewendeter, das^ man wohl kaum
1) Die HaJblcuppetn, welche die UebernülbuDg der Nischen bilden, waren,
wenigsttna scboo vor ihrer YermaueraDg im 13. JabrliUDdert, mit Muscheln in
weiMsr Zeichnung auf dunkelrothem Grunde bemalt. Da In der altcb ristlichen
Architektur und Kleinkunst derartige Halbkuppeln ungemein häufig loitMuacheln
plaelisch oder malerisch verziert waren, to möchten wir die orwibnte Malerei
für eine (wenn auch vielleicht äbermalte) Arbeit dee ä. Jahrhunderts hatten.
2) DeLio und von Botzold, Die kirchliche Bauknoat dei AbendloiidM.
SS. 165, 192.
HS
Georg Humann:
gegrQndete Zweifel gegen die angegebene ZeitstelluDg jener Essener
Bautlieile liegen dürfte. Entscheidend fQr unsere Annahme ist aber
erat der Umstand, dass die Essener Basilika, zu welcher jene mit
Nischen gezierten Langwände gehörten, wie oben nijcligewiesen, ein
vor dem jetzigen Westbau der Kirche gelegenes QuerschifT besass. An
dieser Stelle war also zweifellos der ursprüngliche Abschluss jener
Basihka. Da nun der jetzige westliche Theil der Kirche, der in der
zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts erbaute Westchor mit den
Seitenschiffen, wie sich dies auch aus anderen Gründen, besonders
aus seiner eigenen Gestaltung ergibt, nur ein Anbau, eine westliche
Erweiterung der Kirche ist. so muss nothwendlgerweise jene Basilika
zu deren Erweiterung er diente, aus früherer Zeit stammen. Die von
Altfried, nach dem urkundlichen Material anscheinend mit viel Aufwand
von Zeit und Sorgfalt aufgeführte Kirche war ohne Zweifel ebenso wie
der Altfriedische Dom zu Hildesheim kein Holz-, sondern ein Steinbau.
Der Kirchenbrand, welcher um das Jahr 947 stattfand, wird sich daher
nur auf die ßednchung der Kirche erstreckt haben, mit welcher dann
gleichzeitig höchstens einzelne, aber nicht alle Mauertheile, am wenigsten
die unteren Theile der Langwäiide zerstört oder eingestürzt sein werden.
Man dürfte daher wohl kaum fehlgreifen, wenn man jene mit Nischen
versehene Langwäiide als Ueberreste der Basilika des h. Altfried be-
trachtet.
Es scheint, dass die seitlichen Räume des westlichen Querschifis
ehemals in gleicher Höhe wie der mittlere Theil derselben mit Sacher
Decke versehen waren. Es befinden sich nämlich an der nordwestlichen
Ecke des südlichen und an der südwestlichen Ecke des nördlichen Theils
dieses Querschiffes die Ueberreste von je einem Filaster mit rohem, wie
es scheint, korinthisirendem Kapital. Diese Kapitale, deren Fronten gegen-
wärtig vermauert und deren Seiten nur noch zum Theil erkennbar
sind, liegen ungefähr in gleicher Höhe mit dem Scheitel des Gurt-
bogens, an welche sich die Halbkuppel des Westchores anlehnt, und
werden ehemals wahrscheinlich keine Gurtbögen, sondern Balken ge-
tragen haben.
Wie das Stützsystem der Langwände des Mittelschiffs der Ait-
friedischen Basilika gewesen sei, wird zur Zeit kaum zu entscheiden
sein. Bei einer vor längerer Zeit ausgeführten Rohrlegung sollen im
Fuasboden der Kirche keinerlei ältere Fundamente an der Stelle der
ehemaligen Langwände des Mittelschiffs vorgefunden sein. Wenn nun
lau beobachtet bez. uns recht berichtet worden ist, so möchte
1
Die nItcRten Bautheile der Münaterkirche zu Essen. 118
l.jnan wohl aiinelinii?ii, dass jene FuiKlamenle bei der Jahrhunderte hin-
durch stattgefundcnen Benutzung der Kirche als Begrabnissstätte ganz
oder zum Theil fortgeräumt seien, um für die Gräber Platz zu ge-
winnen, an anderer Stelle aber durch die neuen Fundamente des go-
thischen Baues ersetzt bez. ummantelt worden seien. Jedenfalls ist wohl
die Annahme nicht ganz unberechtigt, dass das besonders in den säch-
sischen Ländern beliebte Stützsystem, d. h. der Wechsel von Säulen
und Pfeilern schon in Kssen bestanden habe. Durch ein Paar mäch-
tige Pfeiler wäre dann das Mittelschiff in zwei annähernd quadratische
Theile zerlegt, während als Zwisclienstützen entweder je eine Säule
{wie in Gernrode) oder wahrscheinlicher je zwei Säulen (wie in den
ältesten Kirchen zu Hildesheim, vielleicht auch schon im dortigen Alt-
friediscben Dom) gedient hätten. Auch würde bei dieser Annahme eine
gewisse Uebereinstimmung der Stützen des MittelscbiiTs mit den Nischen
Ider Abseiten sich ergeben, indem dann auf jedes Interkolumnium der
l^tfltzen entweder zwei, oder drei Nischen der Seitenwände fielen.
Das Querschiif, welches sich den beschriebenen Langwänden öst-
llich anschliesst, ist ebenfalls ein sehr merkwürdiger Bautbeil, und
l^ar vor allem, weil seine nördliche und sildliche Abschluüswand nach
inen dreiseitig gestaltet ist, eine Form, für welche unseres Wissens
P'kflin Analogen vorhanden ist. In jeder dieser Wände befindet sich in
der Mitte eine Thüre und in den schrägen Seiten je eine Nische. Was
den oberen Theil betrifft, so ist es sehr wahr.scheinlich, wenn auch
nicht mehr mit Sicherheit nachzuweisen, da.ss hier in der Mitte, über
den genannten ThUren, je ein Fenster sich befand. Jedenfalls waren
hier aber in den schrägen Seiten, ebenso wie unten, halbkreisförmige
, Nischen angebracht. Als das Querschiff später mit Gewölben versehen
bffirdCi hat man den halbkuppelförmigeu Abschlnss dieser Nischen tiefer
kgelegt und darunter ruudbogige Fenster (wohl an Stelle anderer, hüher-
' gelegener) eingebaut. Die unteren Nischen wurden bei Anlage eines
Laufganges bez. einer denselben tragenden Bogeuarchitektur schmaler
und niedriger gestaltet. Die äusseren Seiten der nördlichen und süd-
lichen Querschiffswand waren in ihrer oberen Hälfte mit (wahrschein-
lich drei) Blendbögen geziert, welche von vorspiingenden Maueratreifen
mit Rundstah-Kämpfern getragen wurden.
An den östlichen Umfassungswänden der beiden QuerschiffsÜügel
befand sich ebenfalls je ein derartiger Blendbogen, und zwar an der
, sOd- bez. nordöstlichen Ecke.
Die Ostseiten des Querschiffs fanden, wie man, obwohl hier keine
tu
Georg Hum
eingehenden Uütei'suclmngen stattgefunden haben, aDznnehrDcn be-
rechtigt sein dürfte, wohl in gewöhnlicher Weise in drei Absiden ihren
Abschluss,
Dasa das östliche Qiierschiff ebenfalls der Altfriediachen Basilika
angehöre, möchten wir zwar nicht als ganz zweifellos, doch wohl als
sehr wahrscheinlich hinstellen. Seine Gnindrissdisposition, einschliess-
lich der geringen nördlichen und südlichen Ausladung hat, von dem
dreiseitigen Schluss an den üiebelseiten abgesehen, eine auffallende
Aehnlichkeit mit den Querschiffen der erwähnten Kirchen des 9. Jahr-
hunderts zu Michelstadt und Koblenz, sovfie auch noch mit der im 10.
Jahrhundert erbauten Kirche zu Gernrode; jader Grundriss der ganzen
Essener Basilika, wie sie sich auf Taf. V in den am dunkelsten ge-
zeichneten Theilen ergibt, stimmt (wenn auch selbstverständlich nicht
in allen) so doch in wesentlichen Punkten mit den Grundrissen jener
Kirchen überein. Wegen ihrer ausserordentlich reichen Nischenver-
zierung und dem dreiseitigen Schluss des Querschiffes raüsste aber der
Essener Basilika in künstlerischer Hinsicht ein gewisser Vorrang vor
den genannten Kirchen zuerkannt werden.
Nachdem die um das Jahr 94? abgebrannte Altfriedische Basilika
zunächst wieder hergestellt sein wird, hat sich dieselbe, anscheinend
schon bald, wie so manche andere Stiftskirche, beim Aufbldhen der
klösterlichen Stiftung als zu klein erwiesen. Gegen Ende des 10. Jahr-
hunderts wird nämlich, wie oben erwähnt, von der Weihe eines Ora-
toriums iin Portikus des h. Johannes des Täufers und der Weihe einer
Krypta berichtet. Während die letztere, abgesehen von späteren Ver-
änderungen bez. Umbauten, mit dem westlichen Thei! der Unterkirche
identisch sein wird, möchten wir nicht ohne Grund annehmen, dass unter
jenem Oratorium der Westchor mit seinen Emporen zu verstehen sei').
Der Westbau ist der kfinstlerisch bedeutendste Theil der Kirche.
Derselbe besteht aus drei Theilen, je von rechteckiger Grundform. Die
beiden seitlichen, die Haupteingänge enthaltend, bildeten die Vor-
hallen der Kirche an Stelle der älteren Altfriedisehen Vorhalle, welche
jn Folge des Erweiterungsbaues zum eigentlichen westlichen QuerschilT
geworden war. Der mittlere rechteckige Theil des Westbaues umfasst
den aus drei Seiten des Sechsecks konstrnirten Westchor und die Em-
poren und wird von einem rechteckigen, oben in ein unregelmässiges
1) Wir Imbea diele Ansicht otnuB näher i
III. A. O.-V. ». n. 0. S. 87.
begründea versucht im Korr.-
Die ältaaten Baütteile der Münoterkirohe xa Esten.
i..:?
TjurtfonlfllHfinilt
iis\ hlimt h-f ■ ifj ^u[mi«.
IIB
Georg Hü
Achteck übergeUenilen, von zwei Treppenthürraen flankirten Glocfecn-
thurm beklönt. Diesen durch seine Originalität und künstlerische Be-
deutung hervorragenden Bau eingehender zu beschreiben, vrörde hier
zn weit führen'). Nur auf die merkwürdigen Treppenthflrme möchten
wir noch besonders aufmerksam machen, da ihre höchst eigenartige
Anlage und Konstruktion bisher kaum beachtet worden ist; und doch
ist es gerade die Gestaltung dieser Treppenaufgänge, welche die
Originalität des Westbaues nicht wenif; erhöht! Die Stiegen sind näm-
lich so gelegt, dasa ihre Spindeln in die beiden westlichen Ecken des
mittleren Theils des Westbaues fallen. {Tn dem unteren Horizontalschnitt
(s. Taf. V) ist dies zwar nur ungefähr, im oberen, wo sich die nörd-
liche und südliche, besonders die westliche Wand mit bedeutendem
Absatz nach innen verjüngt, aber genau der Fall.) Durch diese Lage
wurde zunächst erreicht, dass die Wendeltreppen zu allen Theilen des
Weatbaues (Chor, Emporen, Tliurm und Seitenschiffen) sehr leichte und
bequeme Zugänge bilden, ohne dass irgendwo ein längerer Verbindungs-
gang nothwendig geworden wäre. Die höchst eigenartige Konstruktion
dieser Thürme ist besonders aus Fig. I ersichtlich, welche die nordwest-
liche Ecke des vorletzten Geschosses des Glocken thurmes im Grund-
und Aufriss darstellt. (Bei q ist hier der oben erwähnte Mauerab-
satz angedeutet, um welchen sich die Westwand verjüngt hat.) Die
Spindel ist oben durch Bögen, welche zu einander in rechtem Winkel
liegen, mit den Hauptumfassungswänden des genannten Geschosses
verbunden, so dass der Horizontaldurchschuitt dieser Etage in der Höhe
des über jenen Bögen aufgeführten Mauerwerks genau ein Rechteck
bildet. Auf der Ecke oberhalb der Spindel (bei c in Fig. I) ist nun^
ein Stein mit einem Gesimsfragment erhalten, welcher nach Form und
Lage den Beweis liefert, dass das Rechteck in's obere achteckige Ge-
schosa des Glockenthurms ehemals mittels ansteigender, dreiseitiger
Flächen übergeleitet worden war (siehe a b c in Fig. I) , wie dies noch
jetzt, wenn auch in restaurirtem Zustande, an den beiden östlichen
Ecken des Glockenthurms der Fall ist. (Die überwölbte Nische bei g
soll zweifellos eine Entlastung des unter ihr befindlichen Theils des
Treppengewölbes bezwecken.) Nach reißichen Erwägungen und wieder-
holten Untersuchungen möchten wir es daher als ganz unzweifelhaft
hinstellen, dass die ganze Thurmanlage, von aussen gesehen, derart
gestaltet war, wie sie in der Zeichnung Taf. VI an einer Seite rekoo-
1} El lei auch in dieser Hiasicht auf die Abbandlung im Eorr.-Bl.
Dio ältesten Baiithoilij der Müuiil«rkircbo zu Easeu.
117
strairt worden ist'). Die Wendeltreppen erscheinen also hier dem
Hauptbau auf d;is engste, man möchte fast sagen, organisch verbunden !
So originell die Konstruktion die-ser Treppenaufgänge nun auch sein
mag^), so ergab sieh bei ihr doch ein UebelstanJ. Die Bedachung der
Thürme wurde nämlich keine regelmässige, da die Spitzen der Zelt-
dächer nicht, oder wenigstens nicht gut, in die Achse der Spindeln ge-
legt werden konnten. Um aber die Dächer so gestalten zu können,
dasH sie nicht zu sehr von der Form einer regelmässigen Pyramide ab-
wichen, d. h. nicht von zu unschöner Wirkung wurden, hat man die
Umrassungsmauern der Treppenthürme unregelmässig gestaltet. Sie sind
nämlich dort am schmälsten, wo sie sich dem Hauptbau anschliesscn
und besitzen umgekehrt in der Diagonale dieses (rechteckigen) Baues
ihre grösste Stärke, so dass also im Horizontalschnitt die äusseren
Begrenzungstinien der Umfassungsmauern der Treppenthörme, d. h. die
I'olygone mit ihren inneren Grenzlinien, den Kreisen nicht konzentrisch
sind').
Später, nach dem Brand von 1275, hat man, wie es scheint, die
oberen achteckigen Tbeile der Stiegenthürme, welche bei dem Brand
der Dächer vielleicht theilweise zerstört oder schadhaft geworden waren,
durch einen Aufbau in runder Grundrissform erneuert und erhöht*).
1) El i>t niolit onvcahrscheioliah, dau ia gewiuer EDtfernnng uater dgm
DaohgMim« ein den Mauerkörpqr umziebendeB Piattaagesima angebraobt war
(auch ohne dau man hier Eckpilaster voraiuietzt). Ein derartige» Glied kommt
Dämlicb au dvn ältei-en Tbcilea dos Münsters zu Eisen stihr häufig vor, so ausser am
Hauptthurm des Westbaiis ao einem vor der Südseite des Querscbifis gelegeneu,
romanischen Annexbau, sowie auch an dem südlichen Querachifisflügel der Alt-
friediechen Basilika,
2) Bei anderen ilteren deutschen Bauwerken sind derartige Treppenaufg&ogo
entweder dum üauptbau nur angebaut, oder aua seiner Mauerniasse ausge-
spart ohne nach auaeon irj^ccdwie bervorztilretsD (letzlerea i. B. ae dem eben-
falls gegen Ende des 10. oder spätestens in der 1. Hälfte des 11. Jahrbunderts
erbauten Westchor der Stiftskirche xa Mittekell auf Rcichenau).
9) Bei unserer Rekonstruktion des oberen, nicht mehr erhaltenen (vor
einigen Jahrzehnten in den Formen des UanptthurmeE umgestalteten) Geaehoasei
der Treppenthürme sind die Verhältnisse bez. die Mauerstärken der uulefen
tieecbosse als massgebend zu Grunde gelegt.
i) Polygone Treppenthürme, welche oben in die runde Form Qbergeben,
kommen hez. kamen bei älteren deutschen Bauwerken ausser in Eisen nnseres
Wissens nur noch vor bei St. Michael in Hildeiheim, am Weatbau von St. Pao-
118 Georg Hamann:
Auch scheinen damals sämmtlicbe Dächer, entsprechend der veränderten
Geschmacksrichtung, die schlankere Form erhalten zu haben, welche
der Haaptthurm noch gegenwärtig besitzt. Aber wie die Treppenthflrme,
80 wird auch wohl ursprünglich der Glockenthurm seinem Styl und
seiner Entstehungszeit entsprechend in einem Dache geringerer Steigung
seinen Abschluss gefunden haben.
Die originelle geistreiche Komposition des Westbaues lässt auf
einen begabten und sehr erfahrenen Baumeister schliessen, der zweifel-
los in Italien und wohl wahrscheinlich in Oberitalien seine Ausbildung
erhalten hatte. Denn gewisse Eapitälformen, besonders das WQrfel-
kapitäl, welches hier als erstes bekanntes Beispiel bei einem deutschen
Bauwerk auftritt, könnte man, wenn man dasselbe nicht etwa, und
zwar ohne genügenden Grund, für eine spätere HinzufQgung halten
wollte, wohl auf den Einfluss lombardischer Bauweise zurückführen.
Gleichzeitig mit dem Westbau, also gegen Mitte des 10. Jahr-
hunderts, wurde die Krypta erbaut Diese Anlage mit dem über ihr
errichteten Chor hatte zur Folge, dass der Grundriss der Kirche
aus der älteren Form der crux commissa in die jüngere der crux im-
missa überging; eine Neuerung, welche hier, wie vielfach anderwärts,
anscheinend aus dem praktischen Bedürfniss, bez. dem Wunsch einen
besonderen, erweiterten Raum für den Chor^) und zugleich eine Krypta zu
besitzen, hervorgegangen war^). Die Umfassungsmauern dieses neuen
Chores^) überragten um ungefähr zwei Meter die Höhe, in welcher,
den vorhandenen Spuren nach, ehemals die flachen Decken der Seiten-
arme des östlichen und westlichen Querschififs der Altfriedischen Ba-
silika abschlössen. Auch liegt die Sohle der Thüre, welche ans
dem vorletzten Geschoss des Westbaues auf den Dachfussboden führt,
ungefähr ebenso hoch, als anscheinend ehemals die Mauern jenes neuen
Ostchores emporragten. Da aber diese Thürsohle doch wohl die Höhe
Uleon in Köln nnd dem Ostx^hor der dortigen, vor einigen Dezennien leider ftb-
g«lirocbenen Mauritiuskirohe. Auch diese Aufsätze können, wenn nicht 8&mmi-
licbf so doch wohl zum Theil, als spätere Hinzufügungen betrachtet werden.
1) Htatt dieses Chores ist anf Taf. Y die unter ihm befindliche Krypta ge-
MMbniit.
U) Vf^l. über derartige Neuerungen: Dehio und von Betzold» a. a. 0. I»
m ir/7, ift«.
Ü) IhttHiWtwi lind jetzt in ihren oberen Theilen bis auf einige Ueberreste
(\uf Ulli l(i|M'llio(ff*nlilf*n'lcn umzogonen Pronator abgetragen.
) älteaten Bsutheile ier Münstei'kirchc zu Essen. 119
bezeichnet, welche die Kirchendecke bei Anlage des Westbaues ent-
weder schon besass oder noch erhalten sollte, so wäre wohl die An-
nahme berechtigt, dass vor oder nach Ausführung des westlichen und
tätlichen Erweiterungsbaues auch das Mittelschiff bez. die Decke der
Altfriedischeu Busilika erhöht worden sei. Der Grund einer derartigen
Veränderung könnte dann darin gefunden werden, dass man damals beab-
sichtigte, entweder auch über den Seitcnschiffeu Emporen anzulegen,
oder nur das Höbenverbältnisa des Mittelschiffs mit der neuen Längen-
ausdehnuDg der Kirche wieder in ein angemessenes Verhältniss zu
bringen.
Schon gleichzeitig mit dem mittleren Theü des östlichen Quer-
schifFes Schemen auch seine Seitenarme eine Erweiterung nacli Osten
erfahren zu haben; denn dort, wo die beiden Nebenchöre mit dem
Ilauptchor zusammenstossen, ist das Mauerwerk in Verband gehalten.
Trotzdem sind, wie es scheint, die kleinen in die Mauern eingelassenen
Nebenabsiden zugleich mit den Mauern der südl, und nördl.Aussenseite bei
einer späteren Veränderung dieser ßautheile angelegt; aber doi;h wie-
derum früher als die Laufgäuge, welche vom Hauptchor aus an deuWänden
der Nebenchöre vorbeiführten bezw. an der Südseite noch gegenwärtig
vorbeiführen. (Beim gothischen Umbau der Kirche hat man diese
Gänge über den mit Nischen versehenen Langwändeo der AltfrieJischen
Basilika zum Westbau weiter geführt, während die neuen gothischen
Langwände nach aussen theils vorgebaut, theils über einer Nischenarchi-
tektur übergekragt worden sind.)
Der östliche Theil') der Krypta ist wiederum als eine Erweite-
rung des alteren westlichen Theiles der Gruftkirchc aufzufassen. Er
wurde im Jahre 1551 geweiht. Mit den Nebenchören ist er mittels je
eines Zuganges verbunden; um ihn aber mit dem älteren westlichea
Theil der Krypta in Verbindung zu setzen, musste dieser entsprechend
verändert, mindestens seine östhche Umfassungsmauer durchbrochen
werden. Aus der eigenthUmlichen Form der übriggebliebenen Mauer-
pfeiler möchte man fast schliessen, dass die Absis nach Art ßavenna-
tischer Chöre von aussen eine polygone Form gehabt habe"). Anderer-
1) Derselbe ist auf Taf. V nicht mehr gezeichnet. Eine Abhildung der
ganzen Kryptft boßndct sich bei v. Quast und OUe „Zeitedir. für cbr. Arcb. und
Kunal" 1 und in FürBters „Baudeukmale" VI.
2) Ob dieao Pfeiler, welche t. Z. noch nicht näher untersucht sind, Maaer-
reste des 10. Jahrbunderts eathaltea, würde erst bei Enlfcrnung des Putzes
120 Georg Humanu:
seits mag die ÄDnahme nicht weniger berechtigt sein, dass mau den
bei der Durchbrechung der Absis übrig gebliebenen Hauermassen bei
ihrem Umbau schon deshalb keine rechteckige Grundform gegeben habe,
um einen freieren Durchblick und bequemeren Zugang von den Seiten-
eingängen zum Hauptaltar der Krypta zu erhalten, sowie um das an
der südöstlichen Seite des südlichen und der nordöstlichen Seite des
nördlichen Pfeilers befindliche Gewölbequadrat bez. die in denselben
angebrachten, die Unter- und Oberkirche verbindenden LichtöflFnungen
möglichst gross gestalten zu können.
Querschiff und Chor wurden später mit romanischen Gratgewölben
versehen. Die letzteren werden von Rundsäulen und an der Vieruog
zudem von kleinen eingelegten Vei-stärkungspfeilern getragen.
Von diesen Gewölben, welche spätestens von der nach einem Aeb-
tissinnenkatalog im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts stattgefun-
denen Erneuerung der Kirche herrühren, ist das südliche noch unver-
sehrt erhalten, das östliche erst in letzter Zeit erneuert. Das Gewölbe
der Vierung stürzte im 15. Jahrhundert ein und wurde damals durch
ein solches in gothischen Formen ersetzt; dasjenige des nördlichen
Querarmes aber abgebrochen, als beim gothischen Umbau der Kirche
dieser Theil des Querschiffes zugleich mit dem nördlichen Seitenchor
nach Norden hin zu dem sogenannten Gräfinnen-Chor erweitert wurde.
Da das Podium dieses Chores in seiner ganzen Ausdehnung die Höhe
des über der Krypta befindlichen Hauptchores erhielt, so musste durch
diese Veränderung der nördliche Eingang zur Krypta fortfallen. Der-
selbe wurde aber später als Zugang wieder benutzt zu einem recht-
eckigen, mit einem Tonnengewölbe überdeckten Baum, welcher, wahr-
scheinlich zu Aufbewahrungszwecken, im Jahre 1761 unter jenem
Gräfinnenthor angelegt worden war.
Der Umbau der Kirche zur gothischen Hallenkirche wurde nach
dem Brand von 1275 begonnen, in mehreren Bauperioden weitergeführt
und im 14. Jahrhundert vollendet. Dieser Bau bildet gegenwärtig den
grössten Theil der Kirche und zeichnet sich, obwohl seine Formen nur
sehr einfach gebildet sind, doch durch schöne Raum Verhältnisse sehr
vortheilhaft aus. Diese haben sich aber gewissermassen von selbst
ergeben, und zwar dadurch, dass ein enger Anschluss sowohl an den
ersichtlich werden. Wir haben dieselben auf Taf. V schraffirt als in ihrer ganzen
Ausdehnnng dem 11. Jahrhundert angehörig.
Die ftltesien Bautheile der Münsierkirche zu Essen. 121
bereits vorhandenen Grundriss als an die im Westen und Osten der
Kirche noch erhaltenen älteren Bautheile stattgefunden hat.
Wohl wenige Kirchen umfassen so viele verschiedenartige Bau-
theile in so interessanter Zusammensetzung wie das Mttnster zu Essen.
Hier ist, der Kreuzgang einbegriffen, jede mittelalterliche Stylperiode
vom 9. bis zum 15. Jahrhundert vertreten. Aber gerade durch die
Art und Weise, wie die Anschlüsse neuer Theile an ältere stattge-
funden bez. die letzteren bei Um- und Erweiterungsbauten wieder be-
nutzt worden sind, erhält jeder, auch der an und für sich unbedeutende
Bautheil seinen Werth in Bezug auf das Ganze. Von höherer, selbst-
ständiger kunstgeschichtlicher Bedeutung ist freilich nur die Altfriedische
Basilika und der Westbau; die erstere wegen ihres hohen Alters und
ihrer reichen Nischenbildung, der letztere besonders wegen seiner Ori-
ginalität und seiner geistreichen Zusammensetzung verschiedenartiger
Elemente.
Essen im Juni 1886. Georg Humann.
10. Studien zur aKwestfiUiseheii Malerei.
I.
Im Jahre 1881 gelang es mir^), den Maler einer belangreidien
Grappe altdeutscher Bilder in dem Geseker-Bürger Gert van Lon nach-
zuweisen. Ohne zu wiederholen, was damals bezOglich seiner Stilweise
und seines Verhaltens gegenüber den zeitgenössischen Kunstströmungen
vorgetragen ist, beschränke ich mich hier zur Orientirung der Leser
auf die Notiz, dass Gert zu den Jahren 1505, 1512, 1521 in den Ge-
schichtsquellen vorkommt und von Geseke aus viele schöne Aufträge
für die Städte und Ortschaften der Umgegend bis ins Lippe'sche und
nach Corvei hin ausführte ; s^in Schaffen schliesst indess mit dem letzt-
genannten Jahre nicht ab; denn schwerlich gibt es von einem anderen
Maler Westfalens einen so weitschichtigen Nachlass von Werken, wie
von diesem Künstler einer Kleinstadt; es trägt doch ein seither verkanntes
Werk Gert's offenkundige Anzeichen eines nicht unerheblich jungem
Alters. Nachträglich haben sich nämlich noch mehrere Werke von
ihm gefunden, und diese sollen hier in Kürze vorgeführt, beziehentlich
nachgetragen werden. Gelegentlich ist dabei von andern niederdeutschen
Kunstgenossen die Rede, was um so willkommener sein möchte, als
sich einzelne von ihnen entweder der Publication oder doch der Wür-
digung seither entzogen.
Die Anzeichen des jungem Alters tragen mehrere Flügelgemälde
eines Altares der Wiesenkirche zu Soest; zwei grosse Klappen ver-
schliessen in einer Retable drei fast lebensgrosse Bildsäulen von
1) In der Zeitschrift für bildende Kunst S. 297—304. Der Aufsatz wurde
Allgedruckt in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthumskunde (Münster 1882)
XL| H, 120 ff. und übersetzt im Journal des beaux-arts et de la litterature 1881
Nr. 17. Dort sind Beziehungen Gert's zu dem gleichnamigen Burgmännergeschlecht
in llüthen bestritten: merkwürdig ist jedoch, dass dieses 1316 und 1496 einen
,,Gert van Lou'' kennt (Fahne, Westpbäl. Geschlechter 1858, S. 284); oder sollte
dttr culiitzt genannte mit unserm Meister verwechselt sein, der damals wahr-
•uheiulich schon seine Kunst selbständig ausübte?
Studien zur sltwestfäliioben Malorpi,
133
Holz, Maria mit dem Kinde in einem Rosenkränze und als Seitenfiguren
Agatha mit einem Buche und einer Brust in der Zange, Bowie Antonius
den Einsiedler mit rother Mütze, Krummstab, Buch, unter ihm den
Drachen, neben ihm das Schwein. Das dritte sehr schmale und lange
Gemälde dient als Klappe der Predella, worin man einigt angeblich als
Brustbilder den Herrn und sechs Apostel erblickte — letztere hätten dann,
wie sich herausstellen wird, den Bildcyclus der Klappe vervollständigt.
Eine eingehende und ikonographische Schilderung des ganzen
Altarwerkes, zumal seiner Bilder und Gemälde liegt hier weniger in
meiner Absicht, als eine stilistische Untersuchung der Tafelbilder auf
ihre Wcikstätte und Zeitstellung. Eine Beschreibung ist nämlich
schon anderswo geliefert') und dabei eine ganz oder theilwcise irrige
Bestimmung des Malers herausgekommen, insofern die Gemälde auf
beiden Selten der drei Flügel, die Hauptpersonen wie die Staffage, die
Zierarchitekturen wie die Hintergründe — ohne Unterschied — dem
Heinrich Aldegrever zugesprochen wurden.
Wie ich sogleich zur Klärung der Frage voranschickeD will,
rühren die Gemälde von zwei Händen, einer alten, d. h. jener Gerts,
und einer neumodigen, die ich nicht bestimmen kann. Die Aussen-
bilder der grossen Flügel, die Marien- und wahrscheinlich auch die
Hauptfiguren der Innenbilder, die Bilder der Fredellaklappe bis auf
die Zierarchitekturen gehören meines Erachtens Gert von Lon an-),
nur macht er darin fast durchgehends Concessionen an die Forderungen
und Wandlungen eines (neuen) Kunstlebens, womit er nicht aufge-
wachsen war. Auch hier vermissen wir bewegte Scenen, auch hier
wiederholt sich; „möglichst wenige Figuren und statuarische Haltung''.
Auf die Vorderseite der Predella kommen drei Darstellungen wie jene
der Innenseite jedes Mal in einem oben abgerundeten Felde: zunächst
links Maria Begrüssung durch den Engel, in der Mitte die Geburt:
Maria, Joseph und das von einem Engel gehaltene Kind, endlich
rechts die hh. Dreikönige, unter ihnen ein Mohr. Die Hauptpersonen
erscheinen als Brustbilder — ebenso und noch schlichter, nämlich ge-
paart, folgen auf der Innenseite Johannes der Evangelist mit dem Kelche,
I) Im Rcpertoriüm für KunetwieBeinchaft Jahrg. Vll, 376 ff, mit dem
Dreikönigsbilde in Lkbldnick, dem Ropre eine« HirUti kus dem Bilde der An-
betung und kleinen Dotnils id Uolzscbnitt.
2] Vgl. meioe Artikel; „Die to Ringt and die spätern Haler WeRtftleni"
in Prufer'e Archiv für kircMiclie Kuuat (I8S5} IS, 82.
Matthaeus mit dem Schwerte, — mitten Petrus und Paulus mit den
üblichen Attributen, rechts Andreas mit Buch und Balken und Jakobne
mit der Keule. Auf den beiden Seitenflügelu flguriren aussen links
Maria mit dem Kinde, rechts (wieder) Antonius und Agatha. Die Ge-
burt des Herrn inwendig auf dem linkea Flügel durchweht allerdioga
ein dramatischer Hauch und eine lyrische Stimmung: indem Gngdj
mit dem Kinde hanthieren — allein Maria kniet und Joseph steht da*
neben mit dem Stocke und der Kerze. Auch das andere Innenbild, die
Anbetung der Konige (einer wieder mit dunkeler Garnation) entbehrt
der lebendigen Gruppirung nicht — doch Maria sitzt mit dem Kinde
fast ebenso theilnahmslos in der Hiiltung, wie im Gesichtsausdrucke.
Abgesehen von Schlitzärmeln und Kragen bestehen die Wand-
lungen darin, dass die drei Einzelhciligcn im Aeusseni der Hauptflügel
eine schlankere Gestalt annehmen, dass bei der Epiphanie die Könige
nnd Joseph sowie die Predellaiigurea nach einem grossem Wechsel in
Form und Ausdruck streben, als wir bei Gert gewohnt sind. Höchst
wahrscheinlich sollte oder wollte er nun von Dürer's Holzschnitten und
Stieben protitiren, die der damaligen Kunst so gewaltig imponirten,
dass Maler und Bildner (zumal Hans Brüggeman zu Schleswig)
ihnen gewisse Darstellungen oder Figuren gern abächautcn. Bei Gert
wollen sich die Antlitze verjüngen und individualisiren, die viereckigen
Kopfcontüureni) ins Längliche und Ovale spielen — daher wird dsa
Ange lebendiger die Nase gebogener, der Bart wecliselvoller. Auch bei
Maria gewahrt man ein ovaleres Antlitz nnd dennoch kaum mehr
Leben; sogar unterschiedliche Gesichter der Heiligen können das Stiere
und Gutmüthige nicht ganz ablegen. Was Anlage und Färbung he»
trifft, wird die enge Verwandtschaft der Mariengestalt=^) aussen anfj
I
1) Dieselben erinnern, wie ich liier meinem frühem .^ufgatKe über Gl
nachtragen will, mit den breiten Angenliedern, den kurien Kinnen, und beenden
in der Vorderansicht an den Meister des Cappenberger Tr iptycbODI,
der wieder mit den Dönweggen za Dortmund (1521) Fühhing hatte, (v«i^.
Scheibler in der ZoitacUr. für bildende Kunst XVIII, 59 £f.) — sie sind beide
auch Zeitgunosaea Gerts, nur ftnacheinend früher gestorben. Den Werken Dön-
weggea möchte ich mit ziemlicher Sicherheit anacblieasen ; die beiden jetat gemein-
«am umrahmten Flügel *u Stockhauaen an der Ruhr (124:90om); Chriitt
Geburt und die Epiphnnie, aussen Christus im Oelgarten und die Dornenkrönnng,
2) Sie kam doch auch dem Mitarbeiter des Repertoriums VII, 271 sn alUr-
tbfimlich vor, um sie ohne Eutschuldigung einem Aldegrever zuzuscbrei
einem Punkte, so äussert er, soheineo ihm (AJdegrever) die Typt
sre ^M
1
Studie
r altwestfaliachoD Malerei.
125
einem Hauptflügel mit dem gleiciiartigpu Bilde zu Münster (Museum)
jedem Laien einleuchten. Gert'a Gesichtsaus'Iruck lasst sich nicht ver-
kennen bei derAgntha, uiirl auf der Au-^senseitc der Predella bei einer
Marienfigur und bei einem der h. Dreikönige.
Wie zu Soest kehren auf den erklärten Bildern des Meisters das
weniger gezeichnete als modellirte Jesukind so\\'ie die Engel in licht-
bläulichen Kleidern wieder; ferner die steif gebrochenen Falten der
weiten Kleider, die Cimolien und Frachtsewänder sorglichster Ausfüll-
rung, die schön gemusterten und saftig gefärbten Tbonäiesae. Die
Landschaft mit verschwommener Fern- und Stadtsicht auf dem Drei-
königsbilde zu Soest {oben rechts) den b. Joseph (als Wandersmann)
mit Hantel und Kaputze oder mit Stab und Kerze, die Engelgruppe
der Luft im Bilde der Anbetung treffen wir gleichförmig auch auf
mehreren Stücken eines Cyclus, die wir demnächst betrachten.
Von ganz anderra Schlage d.h. von anderer Hand sind die decora-
üven Hintergründe, die nahenden Hirten bei der Anbetung, — diese
I
ßkliicben Cmt'ehuiig (?) aUzuBulir buoinflusst und von einer künitliuhea Idea>
lisiriin^ der Frauengeiiohter abgehallen Kii haben. Maria erscheint tin» wie eine
behäbige ncstßliRclic (?) Fstrizierfrau, der ea nicht gegclien ist, ihre Seelenvor-
gäogo duroh das Gesicht zu verrathsn. Auch bei Agatha ist das der Fall.'' —
Die Maria hat für ihn (a. a. 0. S. 270) noch ein franz besonderes Inlcrease: „denn
an ihr finden wir in der mehr grau gehaltenen Malerei einen Uebergang {I) zum
Enpferatich, in welchem Aldegrever Bjiäter (erst?) so Herrliebes geloiatet bat."
Nun, das Obergewand ist lichtblau, iu den Palten dunkeler, gei-ade wie zu Münster;
Gert hat doch mit Vorliebe für Kleider die Farbenscala von Lichtblau zum Hell-
danbel and Gelbgranen, allerdings je nach den Personen (Maria, Jesus, Petro«,
Engel n. a. w,) nnd sieber ohne einen Nebengedanken an den Kupferaliob erschöpft;
die Belege dafür oatbält sein Bildcyclua im Clemenahoapilale zu Münster. Hatte
dae ,,Graae'' im Gemälde damals Beziehung zu dem Stiebe, wie kam es, dasa im
IG, und 16. Jahrhunderte „Orau in Grau" der Tafelmalerei des Niederrheius und
der Niederlande geläuüg, Oberdeutsi-hland dagegen fremd war? (vgl. Scbeiblor
im Repertorium für Kunstwlasenschnft VII, b2). Aldegrever hat überdiess nach
Sandrart, Teutacbe Akademie (1774) IIl, 2, 235 seine Vorlagen für den Kupferstich
gemein lieh mit der Feder an? gearbeitet. — S, 271 verweist der Mitarbeiter, nm
die Vorzüge der Flügeigemälde nnd das Verdienst ihre« Malers Iii'rauszujtreiehen,
auf die vorangebenden Ausläufer der •Kölnischen Schulet mit ihren manierirten
nnd bis aur Widerlichkeit" versü aal lebten Gestalten, die auch in Soest manch
Denkmal gesetzt und dabei in bandwerksmiEsigerOberflaabliolikeit du Möglichste
geleistet hätten" (!0 . . . Man kennt sonst wohl eine sehr fruchtbare Soester
HalerMhnle hohen Alters, aber kein Bild der Kölner Schule in Soest.
IX J. B. HordbofT:
dastisdien Gestalten mit lebensfrischen Antlitzen, — mdir oder weniger
auch die K^pfe der Könige anf den beiden grossen InnenbQdenL Den
Bildern des Predellablattes ist schon dn Gmnd in Gran-Brann-Lilla ge-
geben — Terschwonden der Groldgmnd, die goldene oder weisse Lnft
der Fenster, fiberhanpt die helle Loftstinunnng, das gothiscbe Bei-
mid Architdctorwerk; die Architdtnren erhdien sich im rochen nnd
sdiweren Drechslerstyle der Renaissance, ebenso die Ziersinldien hinter
den Aossendarstellongen der Predella. Den Zieiban des Dreikdnigsbildes
^rschdnert oben eine Gnirlande, gehalten Ton zwei Engelchen,
nnd diese sind nackt Als Ziermnster in der Gnirlande an den
Sänlchen nnd Möbeln wurden kräftige, breite Blätter, stellenweise anch
Menschenköpfe gewählt — noch keine Arabeske, kein Walzwerk, ge-
schweige denn die Groteske. Kurzum dies Repertoir der Ornamentik
war Gert (frQher) unbekannt und erscheint hier, wie ich gerne ein-
räume, als Ausfluss einer Kunstweise, die er sich beim besten WiDoi
nidit mehr aneignen konnte; sie mochte im Figflrlichen probirt werden,
im Decoratiyen konnte der altdeutsche Meister die Stile gewiss nidit
aus der Schublade verabfolgen, wie heute ein Architekt
Von wessen Hand rühren denn diese Neuerungen, und wer hat dem
Gert überhaupt den Wandel des Stiles eingegeben und erleichtert? War
es ein Soester, ein Westfale oder gar ein auswärtiger Maler?
Um diese Fragen zu erledigen, bedarf es einer Datimng des
Bildes — wir versetzen es gegen das Jahr 1530; denn ein Stilnm-
schlagy wie bei dem betagten Meister Gert, vollzog sich (nach 1521)
gewiss nur Schritt für Schritt, also nach Verlauf von Jahren; vertragt
sich der vereinzelte Gebrauch der Kleiderschlitze mit den ersten zwan-
ziger Jahren, so schlägt das breit entfaltete Renaissance- Werk ent-
schieden zu Gunsten der späteren aus; stand doch der ältere Ludger
to Ring zu Münster noch 1537/38 mit einem ansehnlichen Tafelbilde
halb in der Renaissance, halb auf traditionellem Boden ^). ^ Damit ver-
längert sich auch der Lebensfaden Gert*s bis gegen 1530.
Wo stand nun einem Maler jene neueTormenwelt zur Verfügung,
wie sie im Soester Bilde vor uns au^ht? Zu Geseke, am Wohnorte
Gert*s gewiss nicht; wenn dort noch eine Malerei erwacht, so schliesst
sie nicht mehr an Gert an; in Soest war, wie man bereits merkt
Jetzt gerade Ebbe; sonst hätte man für unser Bild nicht einen oder
zwei auswärtige Meister gesucht; ein Jörgen Marschalck de meler
1) Prüftr*s Arohiv f. kirohl. Kunit IX, 181.
scheint hier das Jahr 1525') nicht weit überlebt zu haben; der reiche
Boden der Malerei treibt erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
(bis 1605} wieder einige Nachhlüthen*).
Ich muss gestehen, mehrere Umstände lassen mich an Alde-
greve r 's Beihülfe denken : die Renaissance-Oninmeute, das Bildnissartige
Hiid die Körperlängen gewisser Figuren (zumal der Hirten), die zeit-
lichen und örtlichen Verhältnisse. Weilte er anfänglich in der Vater-
stadt Paderborn, so war er Nachbar des Geseker Altmeisters; hielt er
sich schon in Soest auf, so begegneten sich beider Wege auch hier;
zu Soest stellt Aldegrever ja einen Klappaltar des grossen Franken
in der Petrikirche auf*), also vor'm oder spätestens im Todesjahre DQrers
1528, als unser Altarwerk im Werden war. Haimonirten beide Meister,
so sah sich der ältere im gewissen Maasseauf die Kunst des jüngeren,
dieser auf die KundFchaft des älteren angewiesen, der ihm vielleicht
den Weg nach Soest gebahnt hat. Schwerlich kann AIdegre?er bereits
als Anhänger der Reformation aus der Fremde heimgekehrt sein*), wie
man vorgibt; denn seine ei-wähnte Aufstellung eines Dürer'schen Altares
erfolgte unzweifelhaft noch ganz im Sinne des alten Glaubens und erst
seil 1.529 brechen in Soest die reformatorischen Bewegungen hervor,
woran der Künstler bald energischen Antheil nimmt^}.
Andere Bedenken wiegen schwerer: Hat Aldegrever den Gert bei
diesem Altarwerke unterstütitt, warum gab er dünn später diesen Mal-
zweig so gut wie völlig wieder auf); ferner passen, wenn sie Uber-
1) Nach dem Stadt-Archiv IX, 103 hat er es auBcheiueud eu Wohlstand
gebracht: er erstand zu Soest von Thonica Eli'iognrD 16012/3. in Gegenwart Johans
des PlatteDSchlägers ein ümia und zwei Höfchen am graasen Teiche und ver-
KDHerU das Anwesen lb2b 29./3. an die Stadt. War auch jener Heinrich
von Soeit, welcher 1520 mit seiner Frau zu Köln ein Haus verkauft (J. J.
Uerlo, Nachrichten von dem Lebec und den Werken Küloiscber Künstler 16&2,
S. 119) Maler und zum leichteren Absätze seiaer Werke dorthin verzogen?
2) Weitere« in Prüfer's Archiv f. kirchl. Kunst X, 21. Ein Johan von
Soest ist 1587 lu Köln von der Malerauuft in den Rath (jewablt, ein Philipp
von Soeat um dieselbe Zeit KonstguDosae der dort igeu Maler. Merlo, Nachrichten
S. 568, Fortaetzung 1, 202.
3) Gebrken iji der Zeitaohr. f. Geschichte und Ältcrthuniakunde IT, 150.
4) Gebrken das. IV, 150.
5) H. KampBcbulte, Eiunibrung des ProtcsUntisnuua in Wealfalen 186(i,
S. 59, 53.
6) Ausser dem bezeichneten Gemälde za Frag existirt von ihm kein ein-
ziges Kirchenbild. L. Scbeibler in d. Wsstdeutscben Zeitachr. II, 304, Woermann,
Gesch. der Malerei 11, 503.
I
128 J. B. Nordhoff:
haupt Monogramme sind, zwei Zeichen über dem Paulusbilde des Pre-
dellablattes weder zusammen, noch einzeln ebensowenig auf seinen als
Gert's Namen, im ersteren Gebrauche auch ebensowenig auf seinen üb-
lichen als auf seinen Familiennamen „Trippenmeker**. Und doch ist
das zweite Zeichen auf den letzteren bezogen, ohne den Nachweis, ob
Aldegrever sich je desselben bedient hat. Er versah vielmehr seine
ersten Ornamente von 1527 ^), also bevor er Soester Bürger war, gleich
mit seinem bekannten Monogramme, das mit den Zeichen des Soester
Bildes Nichts gemein hat. An der Gewandung bemerkt man die schweren
(naturalistischen) Brüche Gert's^) und zwar ohne jene Augen oder rund-
lichen Tiefen, die Aldegrever sonst liebt Was endlich Sandrart ihm
an Tafelmalerei in Soest zuschreibt, entspricht unserm Bilde nicht und
wird von ihm selbst auch als unverbürgt ausgegeben.
Von Soest richtet sich unser Auge nur mehr auf Münster und
Dortmund; zu Recklinghausen, Essen, Coesfeld undPaderborn
ist die Malerei entweder verblüht, oder noch nicht angepflanzt, jene
zu Osnabrück noch zu wenig aufgeklärt. Aehnlich wie Soest ist Dort-
mund gegen 1530 ohne Kunstmaler und zwei MaP) auf auswärtige
Bilder hingewiesen, konnte also gewiss nicht mehr reformirend auf
Soest einwirken.
Zu Münster, wo erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts eine
1) Bartsch, Peintro-graveur. Noavelle Edition VIII, 429, W. Schmidt in
Meyer's Allgem. Künstler-Lexicon I, 249. Vgl. Licktwark im Jahrbuche d. königL
Preuss. Kanstsammlungen (1884) IV, 89. Damit föllt anch die sonderbare Aensse-
mng im Repertoriam YII, 292, Aldegrever habe erst nach D&rers 1528 erfolgtem
Tode sein Monogramm (das eingeschaltete HG) geführt und bis dahin die An-
fangsbnchstaben seines Familiennamens benutzt. Bartsch notirt YIII, 428 eine
Yigpiette schon von 1522 (I), jene in Obernetter's Aldegrever B. 5, 2.
2) Im Repertorium VII, 271 heisst es: „Insbesondere muss die darchaos
naturwahre und weit über Dürer hinausgehende Behandlung der Qewandung^ über-
raschen."
8) üeber das 1523 bezogene Rosenkranzbild äussert sich das Chronioon
Dominicanorum Tremon. der Königl. Bibliothek zu Berlin: (1528) Eodem anno
tabula rosarii facta per M. Wilhelmum de Arborch civem dolon. 23 annomm et
constat 70 flor. Hildegardus Colon, eam pinxit sub expensis conventus. Sanc-
tificata et dedicata est a Bernharde (de Saxonia), suffraganeo Monasteriense, dum
hio ad hospitium receptus fuisset de ColoDia veniente (!). Die Künstlerrollen zu
Köln enthalten im 17. Jahrhunderte noch Maler mit dem Namen „Dortmund" oder
„von Dortmund". Merlo, Nachrichten S. 559 f. Vgl. 8. 129 Note 4,
Studien zur altweslfaliaehen Malerei. 129
namhafte Tafelmalerei in'sLelien tritt'), erhärtete, trotz einer gewissen
Gegenstrümung von Soest der niederländische Realismus so sehr, dass
die Miller^) zumal der älteren Zeit noch zaudernder der Renaissance
nachgaben, wie Gert van Lon — letzterer hat also schwerlich die
helfende Hand von dort erwartet.
Wir müssen nunmehr unsere Zuflucht nehmen zu den Baroek-
Nachbetern der Alt- Eyck' sehen Schule, von welcher Westfalen in
den Jahren 1510—1530 eine Serie von Kirchenbildern, bunt und ungleich
wie eine Marktwaare, überkam. Die vorzüglichsten Stücke sind die
Altarflügel der Petrikirche zu Soest, das Sassenberger Tn'iitychon^)
(1517) und die grosse Kreuzabnahme aus Werne zu Münster (Museum
Nr. 84, S7), die Flügel des Hochaltares zu Rhynern und das bildreiche
Altarwerk zu Dorsten*), welches laut einem Schreiben des ver-
storhenen Professors Evelt 1520 20./5. vom Kölner Weihbischofe Theo-
dorus (episc. Cyreneusis) zu Ehren der Heiligen Agatha und Johannes
des Täufers consecrirt ist. Im Decorativen gern der Renaissance zu-
gethan, schöpften diese Maler gerade wie für die gleichartigen Werke
am Niederrhein entweder aus dem Borne der van Eycks, wie er in
der Schule zu Löwen (Brüssel) nachsickerte, oder — die Frage ist noch
nicht entschieden — sie lehnten sich mehr an die Vlaraen, namentlich
an den Frühstil des Bles^).
1) Ygl. meinen Krei» Warendorf 1686 S. 1*8.
2) Prüfer's Arohiv VII, 84; IX, 81, 85.
3) Beiohrieben in meinem Kreis Warendorf S. 60, 61.
4) Mittel' oder bn ud wer ksm aasig sind zwei Tafeln xu Alllünen, die AlUr-
flügel EU Vredsn, jene der Marienkirche und ein Cyclus dt'r KalWinenkirche
zn Osnabrück, die Flüge! der Petrikirche zu Dorimmid, eine Tafel zu Cappen-
berg, zwei Stücke (Barbara und Eatbarina) zu Caldenhof bei Hamm, der
Doppelfiügel zu Schwerte (1523) und die Flügel in der AUstädter Kirche zu
Bielefeld. Vgl. Waagen, deutschee Kunstblatt 1850 S. 308, Lübke, Mittelalt. Kumt
in Westfalen 18B3, S. 364, Scheibler's briefliebe und gedruckte Ang&ben in der
Westdeutsoben Zeitschrift II, 303.
5) Vgl. Woermann a. a. 0. II, 496 f. zahlt auch hierher die Tafel des Hosen-
kranzes zu Dortmund vom Kölner Meister Hildegard, vgl. vorher S. 128 und
meine Kunstgesch. Beziehungen swischen dem Reinlaude und Westfalen 1873,
S. 22, 50 (Bonner Jahrbücher D. LIII). Während Herr Dr. Fr. Soblie für die
Dorstener Flügel in einem Briefe auf die Schule von Löwen recurrirt, welche
in einem der grossen Meister der vao Eyck'scheii Perlode, und keinem geringeren
als Dierick Bouti ihre Wuraeln, ja ihre treibende Kraft hat, findet Scbeibl«r
a. a. 0. II, 303 und briefliab mehr Betiebnngen zu den gleichzeitigen Vluoen,
180 J. B. Nordliofr:
Sie Sassen wohl weniger mehr in Westfalen, als am Niederrhein
und in den Niederlanden^). Nicht unmöglich wäre es, dass sich ein
Vertreter dieser Malweise, wandernd in Soest oder Geseke aufgehatten,
dem Gert dictirt oder gewisse Theile des Soester Werkes abgenommen,
und dabei den Ziermustem des neuen Stiles einen möglichst weiten
Spielraum ausbedungen hätte; dann hüllt sich dessen Name Torerst
noch in's Dunkel.
Des Oefteren ist ein Kunstwerk unter verschiedenen Händen ent-
standen; die Art und Weise, wie sich das am Soester Altare zutrug,
gewährt die lehrreichsten Blicke auf die Macht veränderter Zeit- und
Eunstanschauungen, auf die Vorgänge in der Seele des alten Malers
Gert. Er soll und will die stets gebrauchten Stilformen, ich möchte
sagen, die Jugendideale, die ihm heilig, theuer und ruhmreich geworden,
verlassen oder doch mit Motiven durchdringen und verquicken, die
nachgerade Mode geworden waren; dass er den Versuch nicht scheute,
ist selbst ein Merkmal der Zeit; für die architektonischen und andern
Ornamente, die ihm voraussichtlich misslangen, zieht er eine junge,
fähige Kraft heran, und für gewisse Partien des Figürlichen schaut er
zugleich auf Dürers Vorbilder. Man verlangte in der alten Kunststadt
mehr, als die Heimath zu leisten vermochte, sonst hätte man Dürer
keinen Auftrag ertheilt Nun, der alte und der junge Meister haben
unser Bild einträchtig zu Stande gebracht, denn weder Gerts noch des
Genossen Antbeil sieht aus wie ein einfaches Vervollständigen oder
Beendigen dessen, was der andere begründet oder begonnen hatte.
Gert bat sich namentlich das Figürliche vorbehalten und, wie es auch
namentHoh ku dem, was er im Anschlusso an Waagen den Frühstil des Bles nennt.
Vgl Woermann II, 623.
1) So jener Hildegard ku Köln; Schölten bringet in den „Auszogen aas
den liaurochiiuDgen der St. Victors- Kirche su Xanten, Berlin 1852, S. YIIl eine
Noiix, welche „ebenfalls einem wahrscheinlich unbekannten Namen gut und sich
auf ein tüchtiges Kunstwerk bezieht'': Anno 1558 pictae sunt tabulae altarisB.
Maria« virginis per Rudolphum de Antverpen, condictum Loesen, exi-
uiMtiUi magistro fabricac!, Kverardo Maess. Vielleicht um diese Zeit gelangte eine
Tafwl dos IJochaJtaros von Antwerpen an das Schwesternhaus zu Ahlen, wie schon
1401 von Hrüggo f*infi pr&chtigo Glasmalerei an die Pfarrkirche zu Unna. Vgl.
tnolfi'f Kuimtgciich. l)i)y.i^hiingüii 8. 18, 47. — Waren die Maler Kars(t)ken aus
ilfvfri OirM^rluiMlii und Koyiiardt von Woscl, welche in der Wiedertäufer-Bewegung
NU Mliiistiir ein« Ilotlo Npiolton, hier bereits durch ihre Kunst eingefSihrt? VgL
IVttftir's Archiv IX, 75.
Studien zur altweBträlieohen Malerei.
131
gewandelt und gemodelt wurde, (iberall scheint noch das Charakteri-
stische oder vielmehr das Typische seiner ehemaligen Formengebung
hindurch. Worin beide Hände sich namentlich begegneten, worin die
beiderseitigen Antheile einheitlich znsnmmenlliessen — das Ist die tiefe,
kräftige Farbe.
Aelter ist eine Serie von Gemälden im Clemenshospitale xa
Münster; das Figürliche bewegt sich durchaus noch im eigentlichen
Formenkanon Gert's. Vierzehn an der Zahl wanderten sie wahrschein-
lich auf Geheiss des Churfürsteo Clemens August von Baiern aus einem
seiner anderweitigen Bisthllmer, etwa aus dem (Kölnischen) Sauerlande
hierher als Schmuck seiner fürstlichen Krankenstiftung. Für eine solche
Provenienz sprechen keine Acten, vielmehr gewisse Umstände, wie dass
bis jetzt vom Geseker Meister in der Munster'schen DiÖcese keine (An-
dachts-)Bilder des ursprünglichen Standorts an's Licht kamen, so-
dann kehrt in unserer Serie von einem Löwen gehalten ein oblong
getheilter Schild dreimal auf der Rücklehne des Bettes im Bilde der
Verkündigung und einmal beim Einzüge des Herrn in Jerusalem über
dem Stadtthore wieder. Von den Inhabern dieses Abzeichens kommen
die altmünsterländiscbeu Geschlechter Wiillen und Walegarden so-
wenig in Betracht, wie die unansehnlichen von Thünen und Ulfersen,
sondern jedenfalls nur die Diücesangenossen der beiden letzteren, die
Bredenol, Elspe und Plettenberg. Diese wohnten in der Kölner
F.rzdiöcese westfälischen Anlheils und am Ersten räth man auf die
Plcttenbergs, welche im Herzogthum Westfalen an Würden und Be-
sitzungen langehin fast alle Geschlechter überragten. Dass, wie wir
sehen werden, in einem Gemälde der Geburl Christi eine schwarz
gekleidete Nonne (Benedictinerin) mit der Kerze die Stelle Josephs
vertritt, deutet vielleicht auf den ursprünglichen Fundort hin.
Die Bilder hangen links und rechts auf einem Gange des West-
flUgels in einer willkürlichen Folge der Scenen aus dem Leben des
Herrn, das sie wiederspiegeln. Auch richtig geordnet lässt sich noch
manche Lücke erkennen und darum auf einen vormals weit um-
fassenderen Cyclus scbliessen, als diese vierzehn Stücke darstellen:
1. Die Vermählung Marias und Josephs inmitten zweier Zeugen
— iToseph, wie im Soestcr Bilde, im (rotben) Gürtelrocke and blauem
Mantel mit einer Kaputze.
2. Marias Begrüssung durch den Engel In einem nicht überla-
denen, mit gothischen Möbeln staffirtem Gemache; an dem Bette die
erwähnten Wappen.
182 J. B. Nordhoff:
3. Begegnung Marias und Elisabeths in einer Landschaft vor
einem Hausthore.
4. Christi Gebart: Maria empfängt von einer Frau die Wochen-
suppe im Bette, neben diesem steht ein Tisch mit Hausgeräth, dahinter
eine schwarz gekleidete Frau (Nonne) mit der Kerze, vom badet die
Wehemutter (Zeloni?) den Kleinen.
5. Anbetung des Kindes, das strahlend zwischen den Eltern liegt,
von welchen Joseph wie zu Soest Stab und Kerze fahrt; hinter ihnen
Ochs und Esel, über ihnen schauen zwei Personen (Hirten) durch ein
Kuppelfenster, einer mit dem. Stabe in röthlichem Mantel und blauer
Kaputze, einer als lockiger Jüngling in grünlichem Rocke, — oben
schweben zwei Engel mit dem Gloria . . .
6. Darbringung im Tempel, wobei Joseph die beiden Tauben im
Korbe trägt; oben in einem Bilde mit Kleeblattschlusse Moses und
neben ihm zwei Männer, einer mit dem Buche und einer mit dem
Stabe.
7. Einzug des Herrn in Jerusalem mit zahlreichem Gefolge;
aber dem Thore das bezeichnete Wappen.
8. Christus betet am felsigen Oelberge vor einem Kelche mit
dar h. Hostie^) und hinter ihm stürzen die Kriegsknechte durch ein
hölzernes Gartenthor, indess die Jünger im Vordergrunde schlafen.
0. Christi Verhöhnung: eine Gruppe von sechs Personen in einem
(loiimcho, dessen Fenster einfache Glasbilder zieren.
10. Christus erscheint den Jüngern.
11. (Jhristi Himmelfahrt im Angesichte der betroffenen Jünger
lind rior Mutter.
12. Vor einem grünen Teppiche mit Granatmustem krönen Gott-
VftMtr Mild der Hohn die h. Maria ~ darüber schweben die Taube und
KWdl Kt}K<*l|>^arc, deren eines musicirt, während das andere ein Buch
mifliHlt.
III. DIo Iforabkunft des h. Geistes.
M. (^lirlHtUH mit dem Nimbus des Lilien-Schwertes sitzt auf zwei
KoKMttidKf^n scwinchni Maria und Johannes zu Gericht; unten rechts
Wi^ldMli diu (naokt(m) Seeleu vom Teufel und seiner Frau in deuHöllen-
I) WiH ftiif «Itidin HiUlo der Schule Dierick Bout's im Germanischen Mu-
^uu« *u NHiiihpiK Nu. an.
Studien zur allweatfätiscliua Malor
138
rächen gerisscD, links von Petrus in's Himmelsthor geleitet. — Anord-
nung und Einzelheiten wie in einem grossen Holzschnitte des Schede!-
sehen Chronicou (Nürnberg) 1493,
Die Bilder hatten ursprünglich offenbar Nichts mit sogenannten
Stationen gemein; donn, wie die Lücken der Serie beweisen, machen
sie heute nur zufällig die Zahl 14 aus und Stationen waren zu Gert's
Zeit Wühl noch nicht in Gebrauch. Am Ersten sind sie als Fül-
lungen von Chorstilhleo oder von Brüstungen einer Orgelbühne oder
eines Nonnenchors gemalt und angebracht worden. Wie Blumen waren
die Gemälde dem vielleicht nicht ungefärbten Möbelgerüste eingereiht,
erinnere ich mich recht, in einer Kirche zu Geseke, dem Wohnorte
unseres Malei'a; und noch heute muthct uns ihre gleichartige Verwen-
dung sehr an in der Pfarrkirche zu Werl. Es unterbrechen hier die
Orgelbrüstung ') gegen alle drei Schiffe oben abgerundete Gemälde mit
Heiligenbildern und Unterschriften — nach dem Südsehiffe die Heiligen
Lanrentius, Norbertus und Walburga, nach dem Nordschiffe Augustinus,
Slephanus und Cäcilia, in der Brüstung nach dem Hauptschiffe nur
viert Petrus, Johannes der Täufer und der Evangelist und St. Michael —
an allen Seiten in Brustbildern. Die anderen (Mittel-)Bilder der lets-
t«ren und längeren Brüstung wichen wahrscheinlich einem später an-
gebrachten Erker. Das mehr architektonisch als decorativ behandelte
Möbel, die Färbung der noch gut gezeichneten Gemälde sprechen für
eine Entstehung der ganzen Serie im Beginne des dreissigjahrigea
Krieges.
Die Bilder des OleraenshoHpitals nehmen sich keineswegs als TheÜ-
reste eines Ältarwerkes aus; es sind sämmtlich Einzeltafeln von gleicher
Grösse, je mit abgeschlossener Darstellung ohne Spuren irgendwelcher
Verkürzung oder Verstümmelung; ihre Maasse betrugen 85cm in der
Höhe und 65 cm in der Breite; zweifellos war ihr vollständiger Cyclus
1] In slter Zeit GOhmäckten sie die Orgel BclbBt: man stösst zum J. 1440
auf folgende Posten io den Rechnungen der St. Viclors-Eirclie zu Xanten (bei
Scbolten, a.a.O. S. 30J:hem magistro Ilenrioo pictori pro pictura ad
Organa et ad Bepiitchrum s. Victoria et ud florea tea plnnacula super eborum
et cütlarium XI flor. Ren. iucl. II flor. Ren. datis pro panno linneo ad
Januag organoriim. Auch die Verschluis tafeln der Orgc;! in der Fraoziakaner-
hirohe zu Urbioo zeigten Einzelheilige des Franziekanerordens, die theila
Rafkel, tbeils «eioem Vater zugeichrieben worden. Paagavant, Rafael von Urbino
1639 I, 23.
184 J. B. Nordhoff:
ebenso grossartig als Bildschmack einer Kirche oder eineB Klosters,
denn als Scböpfang eines Meisters der Kleinstadt.
Sie theilen mit Gert's anderen Kirchenbildem die mhige Handlung
und schlichte Composition, die saabern C!o6täme und die gothischen
Interieurs; ein gothisches Blattgerftnke bogenartig verflochten amiasst
oben die häuslichen wie die landschaftlichen Scenen, verschiedene Most^
herrschen in den Bodenfliessen, mndbogige Fenster in den Architekturen
— die Farbengebang ist hier weit weniger brillant, wie sonst; überall
wurde am (rolde gespart, statt der goldenen eine weisse Luft f&r die
Fenster gewählt, oder es beliebte die natürliche Landschaft, die sich gerne
als felsiges Gebirge erhebt und als bläuliches Flussthal mit fem auf-
dämmernden Gebäulichkeiten oder Städten senkt. War dem Meister
die Bevorzugung der Landschaft durch Sparsamkeitsrücksichten ge-
boten, — so scheint es —, dann mangelt auch ein stichhaltiger Grund,
die Münsterischen Tafeln in seine gereifteren Jahre zu verlegen —
allerdings sprechen anscheinend dafür einige Figürchen, sowohl aus
der Frauen-, als aus der Männerwelt, die nämlich mit eleganter Kopf-
contour und freundlichem Gesichtsausdrucke angenehm contrastiren
gegen die stereotypen Gestalten der Hauptpersonen.
Gert's eigenste Mal weise ohne anderweitige Zuthaten erschliesst
uns ein Altarblatt der alten Pfarrkirche zu Horste bei Lippstadt.
Es hat unzweifelhaft um 1700 dem jetzigen Hochaltar Platz ge-
macht, welcher in Stein hoch aufwipfelt mit seinen Baugliederungen,
Bildsäulen und dem Hauptbilde in Relief, nämlich dem Abendmahle
des Herrn und der Jünger. Es theilte das Loos so vieler Altwerke,
nämlich, falls sie nicht gar zertrümmert oder vertilgt wurden, vor neu-
modigen oder lySchönern" Anschaffungen in die Winkel oder Yerliesse zu
rücken und der Vergessenheit und Beschädigung anheimzufallen; im
Tburme hinter der Orgel steht es, der Flügel baar und in der Bild-
fläche so arg mitgenommen, dass stellenweise der Holzgrund nackt
hervorsieht und die Leinwand mit der Bemalung abblättert. Als Mal-
grund dient Kreide auf Leinwand, hie und da anscheinend auch Kreide
allein auf kernigen Eichenstücken. Die Bildfläche hat die erheblichen
Maasse von 2 m Länge und 1,26 m Höhe. Den Rahmen bedecken
Gold sowie graue und rothe Farben.
Die einfachen und statuurischen Bilder sind: mitten die Kreuzi-
gung des Herrn, Maria, Johannes, Magdalena und schwebende Engel
mit Kelchen auf Goldgrund — und daneben auf der einen Seite Anna
Studien zur altwestfalischeo Malerei. 185
selbdritt, auf der andern der h. Martinas als Kirchenpatron — diese
in Architekturen, durch deren Fenster goldene Luft dringt. Bei allen
Unbilden, die dem Werke widerfahren sind, bewahrt es noch mehrfach
die feinsten Einzelheiten, zumal die gothischen Blattdecorationen sowie
einen Farbenglanz von höchster Schönheit; und es macht den Ein-
druck, als sei es in den rüstigsten Tagen des Meisters vollbracht.
J. B. Nordhoff.
II. Meister Eisenhuth.
IV.
Ich kann noch eine kleine Nachlese i) zu Eisenhuths Werken
halten; es handelt sich leider nicht mehr um plastische Metallarbeiten,
sondern um drei schöne Proben des Kupferstichs oder des Metall-
schnittes. Das grösste Stück ist durch die Inschrift beglaubigt und
auch ohne diese auf den üAeber leicht zurückzuführen, — das in
Kupfer gestochene Portrait des gelehrten und berühmten Juristen
LudolfSchrader^) an der Brandenburgischen Universität Frank-
furt, eines Braunschweigers von Geburt. Viereckig, 25,5 cm hoch und
17 cm breit bietet es in einem stumpfen Ovale von vertikaler Lage dessen
Brustbild, darunter in einem horizontalen und schlankeren Medaillon,
welches mittelst Nägel einem viereckigen Zier-Rahmen aufgeheftet er-
scheint, die Inschrift: D:(ominus) Ludolphus Schraderus | Bruns-
vidensis, I(uris) C(onsul)tus, eques auratus, Gaesarei, | Electoralis
Brandeburgici, totiusq(ue)domus Brandeb:(urgicae) | &aliorumpraeterea
ducum, principum atque statuum | S. R. Imperij consiliarius, luridicae
facultatis in Äcadejmia Francofordiana ad Oderam quondam praeses
or|dinarius, & antecessor primari(us): pie in GHRISTO | obiit, in pa-
tria octava die lulij, Anno Domini, | 1589. aetatis vero 59. Anto(nius)
Eise(n)hot F(ecit).
Schrader schaut halb zur Seite, trägt weisse Hals- und Aermel-
krausen, einen kostbaren, vorn nicht geschlossenen Mantel mit Pelz-
besatz, in der nervigen, geäderten Hand die Handschuhe, um den Hab
und auf der Brust die doppelte Amtskette, auf den hohen Schultern
1) Vgl. Artikel I: Jahrbb. H. LXVII, 137 £f., Artikel II: Jahrbb. H. LXX,
113 ff., Artikel 111: Jahrbb. LXXVII, 142 ff.
2) Es wurde jüngst in Paderborn entdeckt (vgl. Kunst-Chronik 1885/86
S. 437) und an die Dresdener Sammlung verkauft.
Meister EiBeabntb.
sitzt das schon ergraute, kurz geschorene Haupt mit vollem Barte
und länglichem Antlitzej feiner kurzer Nase und hoher, doppeltgewölhler
Stirn, iudesa die kleinen Augen Fassung und Scharfsinn aussprechen.
In Absicht auf die Charakteristik ist es das Muster eines Bildnisses,
ebenbürtig den hervorragenden Farben portraits jener Zeit. Falls Eisen-
huth auch die Zeichnung entwarf, haben wir einen neuen Beleg für des
Meisters Begabung als Maler. Ganz reich, in Inhalt und Formen ihm
eigen, erweist sich die schöne Umrahmung an den vier Seiten: in einem
leichten, nicht vorhiuten Gerüste von baulichi.-n Ghedem, Walzwerk,
Masken, Hermen und deren Zuthaten ruhen drei Paare von allego-
rischen Gestalten, grosse Weibsbilder, gekennzeichnet durch Haltung,
Inschriften und Embleme und doch wieder ganz wechselvoll in Auf-
fassung und Anordnung: unten die Eruditio und Liberalitas nackt,
gelagert bei ihren Symbolen mit erhobenem Oberkörper, — dann an
den untern Zwickelseiten des Bildnisses, gleich jenen mit dem Rücken
nach aussen gekehrt, die Spes mit dem Anker und Ituder und die
Charitas, welche zwei nackte Knäblein beschenkt oder säugt, ganz be-
kleidet und sitzend, und oben die Fides mit dem Crucifis, und die
Justitia mit der Wage; diese liegen mit dem Oberkörper einwärts, be-
reits auf dem Oberrande des Cildovals, getrennt durch das persönliche
Wappen des Löwenrachen, halbnackt, so dass die Brüste und jedesmal
ein Untei'bein unverhüllt bleiben. Aussen neben ihnen stehen zwei
nackte Putti mit Schwingen und den Attributen des Kreuzes hier und
des Schwertes dort. Es sind zwei mächtige, ernste WeibsgesUlten,
ganz in der Empfindung und Art des grossen Florentiners. Die obersten
Zwickel füllen Palm- und Blilthenzweige, femer Schalen mit FrUchten
und Blumen. Die Vorliebe für Allegorien, die hingen Körper, die vyohl-
genährten Buben, deren auffalleud kurzen Unterbeine, die hochentblössten
Stirnen der Weibsbilder, die Gewaml-Lage und -Kuitterung, die geschickte
Baumbenutzung und das Ornamentale — Alles das sind Merkmale,
die wir an den bedeutenderen (Renaissance-)Werken des Meisters längst
gewohnt sind.
Wie schon die Inschrift anzeigt, ist der Stich erst nach dem Tode
des Verbildlichten, also nach 1589 entstanden, und hätte Eisenhuth
selbst das Bild oder die Zeichnung nach dem Lehen gefertigt, so mdsste
er dem Gelehrten irgendwo nahe getreten sein und zwar selbstver-
ständlich nach seiner Heimkehr aus Italien, also in den Jahren 1585>)
1) Artikel III, S. 15Ü.
Heister Eiaenhulh.
1S9
und der ungdeuken Ornamentik ersieht man, dass EisenhuCb mit dem
Formschoitte Nichts mehr zu thun hatte. Den Band II voq 1609 schmückt
nochmals des Verfassers Portrait in ähnlich grossem Holzschnitte, aber
hier mit derselben Wendung, demselben Ketten- und Pelzschmucke
und demselben länglichen Gesichtstypus wie im Kupferstiche; nur
fehlen Inschrift nnd allegorischer Bildbesatz; doch haften daran als
Tier äussere (Zwickel) Zierden Gartouchen mit Fruchtornamenten.
An beiden Stellen kommt zu dem Portrait ein Lobgedicht auf die
Naturtreue des Bildes und damit wie von selbst auf die Geschicklichkeit
der Künstler, ohne dass, wie in der Regel, diese benannt werden:
Schraderi picta cjuisquis aub imogine vultus
Conspiciet vigiles, quas habuit, faces;
Sic oculua (1), sie iUe manus, sie ora gerebat,
Gloria Romulei Scaevula juris, ait;
Non male spectator, sentis, hone; corporis ast hie
Artificum tibi dat dextra modo effigiem.
Discupis (!) ingenij varias cognoscere dotea
Erudient doctae pulpita docta scbolae . . .
In der Auffassung des Portraits und dem feinen, glitschernden Stiche
erreicht von den Zeitgenossen wohl am Ersten unsern Eisenhuth der
Leidener Kupferstecher Bartholomaeus Doleudo') (geb. um 1560)
und wie jener»), arbeitete auch dieser^) nach Bartholomaeus Spran-
ger. — Eisenhuths Technik des Stiches hat also in den Niederlanden
ebenso ihres Gleichen, wie jene der Biklnerei (Utrecht). Was Meister,
wie diese, in den Portraits versprachen und leisteten, hält vollauf die
Probe aus mit den viel gepriesenen Franzosen-Kupfern unter LudwigXIV. ;
an Leben, Kraft und Charakteristik ziehen letztere offenbar den KOr-
Dass damals die grössten Künstler fern von allem Specialisiren
ihre Hand auch dem Gewerbe ebenso zuwandten, wie grossen Pro-
blemen, mögen uns folgende Erbtheile Eisenhuths beweisen. Das 1600
zu Paderborn von Matthaeus Pontanus gedruckte Buch in kl. 8": L.
Bubea, Liber de faläis prophetis et lupis rapacibus^) fuhrt eine 37 mm
1 MeUn
1 ia deuen Belgische ofte
1) Man vgl. das Portrait des
Nederlantsche Historie. Deif 1599. fol.
2) Art. m, S. 161.
8) Kkgter, MoDograia mitten I, Nr. 1757.
<) Vgl iD«iiM Denkwördigk. aus d. Münster. Hnnauitmiu. Mit e. Anlage
140 J. B. Nordhoff:
breite und 50mm hohe Titelvignette: darin die stehenden Heiligen
Petrus und Paulus ein Wappen haltend, im Wappen gekreuzte Schlösset,
Schwert und Erummstab, auf demselben die Inful. Das ist nach der Ge-
wandung und der Glätte des Stiches wiederum ein Werk Eisenhuths, der
damals längst im Dienste des dortigen Bischofs stand. Welchen An-
theil der Heister wie der Bischof an der Paderborner Presse und Officin
nahmen, ergibt sich auch aus der Betrachtung des dritten Stückes von
Eisenhuth; das ist ein Metallschnitt.
Von des Jesuiten J. Pontanus Progymnasmata, welche zu Ingol-
stadt in 80 erschienen, steckt ein mir vorliegendes Exemplar des vol.
III P. I von 1592 in Deckeln mit Schweinsleder und mit Ornamenten
des 16. Jahrhunderts. Diese sind eingeprägt und eingerollt, an den
Rändern schmal und einförmig mit allegorischen Gestalten z. B Fides,
SpeSy Justilia unter steifen Laubbaldachinen; von den drei Feldchen
der Füllung sind die schmalem oben und unten vorn gar nicht, hinten
mit Fileten bedruckt, die in ihrer Schwere den Laubbaldachinen gleichen;
das grössere in der Mitte schmückt dagegen ein Stempel, dessen
edle und schwungvolle Gomposition sofort gegen die benachbarten
Ornamente absticht. Bei Ay^^ia Breite und 7cm Höhe repräsentirt
er das Wappen des Bischofs Dietrich und (darüber) wie als Helmschmuck
die Hitra, neben dieser das Paderborner Kreuz und die beiden Fürsten-
berger Reiherfedern mit den beiden Querbalken. Die Umkleidung
machen an den Seiten Flügel von Walzwerk, sodann in krauser Anlage
geometrische Ornamente, an den untern Ecken links und rechts je
ein Bouquet von Früchten und Blüthen. W^eist der Stempel auf einen
gewandten Formschneider, so gemahnen die Bouquets und die schlanke
Form der Mitra und Reiherfedern, die Entfaltung des bischöflichen
Wappens an andere Werke Eisenhuths, zumal an sein BQcherzeicben
für die bischöüiche Bibliothek; die Renaissance-Ornamente nun stehen
in Auswahl und Anordnung den besten nicht nach, die er gestochen
oder getrieben hat.
Das in Ingolstadt gedruckte Buch ist also zu Paderborn einge-
bunden, sogar laut Inschrift hier 1594 verkauft; es war somit unzweifel-
haft durch die Ingolstädter Jesuiten, deren Orden der Verfasser ange-
hörte, an die Paderborner gelangt, denen der Bischof hier 1585 das
Gymnasium übergeben hatte; der Buchbinder aber, welcher einen Zier-
über d. früh. Press- u. Bücberwesen Westfalens 1874, S. 207 und meine Nach-
lese dazu in der Zeitschr. f. Gesch. u. Alterthumskunde. (Münster) XLIIT , 1, 124 ff.
Meister Eisenhuth. 141
Stempel mit dem bischöflichen Wappen gebrauchte, stand ohne
Frage in Beziehung zur (Paderborner) Jesuitenschule; — es ist daher
wohl schon jener Matthaeus Pontanus, welcher hier 1597 die erste
Presse zunächst behufs Bestauration des katholischen Glaubens auf-
richtete. Der Buchbinder (Drucker) ist dann gewiss auch ein Anver-
wandter oder Bruder des Verfassers der Progymnasmata; die Verbin-
dung von Ingolstadt und Paderborn, die Gemeinsamkeit des Haus-
namens Pontanus deuten geradwegs darauf hin; dann stammt auch
der Paderbomer Drucker ^ aus Böhmen und zwar aus Brück').
Der Einband und gewisse äussere Merkmale eines alten Buches
führen also auf so lehrreiche Ergebnisse, wie die Verbindungen der
Jesuiten im Süden und Norden, weiterhin auf gewisse Massnahmen im
Restaurationswerke eines westfälischen Bischofs. Und dieser Bischof
fordert und pflegt zugleich die Literatur und nicht weniger die Künste
durch allerhand tüchtige Kräfte, selbst solche des Auslandes. Die
namhaftesten sind die Westfalen Eisenhuth, der Bildhauer Heinrich
Gröninger (Grunniger); von seinen Malern war Gerdt Stroedtmann aus
Höxter^) und Nicolaus de Liemacher gen. Roose aus Gent^).
Gegenüber der eigenartigen Cultur des protestantischen Holland ent-
faltete sich damals in Belgien in Kunstwerken und Schriften epoche-
machend das katholische Leben — und der Heerd Antwerpen leuchtete
weitbin in die katholischen Reviere Deutschlands (Würzburg). Aehnliches
in seinem westfälichen Fürstenthum in's Leben zu rufen, hatte offenbar
der Bischof Fürstenberg von Paderborn im Auge; thatsächlich zeigen
sich damals in der Paderborner Geschichte allerlei Parallelen zu den
kirchlichen und künstlerischen Erscheinungen in Belgien.
Noch ein Wort über einzelne Manieren Eisenhuths ^) : die kurzen
Unterbeine seiner Figuren hat er unzweifelhaft Aldegrever entlehnt, in
dessen Stichen sie sofort auffallen. Mit diesem theilt er auch die langen
1) Vgl. meine Denkwürdigkeiten a. a. 0. und meine Kachlese a. a. 0. XLI,
151 ff.; erst 1674 wurde den hiesigen Bachbindern ein Amt verliehen and das
Meisterstück abgefordert das. XXXIX I, 180 f.
2) Vgl. Ribadeneira, Bibliotheca Scriptoram S. J. 1676, p. 882.
8) Nach Brand's Abschriften ist Meister Gerdt Stroedtmann, Maler aas
Höxter, auf Caution, die er durch seine beiden Bärgen gethan, dass er seine
Qualification vorbringen wolle, 1692 cum Bürger aufgenommen and mit seinem
Söhnlcin Heinrich, dem sp&tem Maler in Arnsberg, beeidet
4) Belege in Prüfer's Archiv f. kirchl. Kunst 1886, Nr. 6.
5) Vgl. Artikel lU, 160 E
142 J. B. Nordhoff: Meister Eisenhaih.
Korper und die geäugelten Oewand-Falten und -Brüche, nur sind jene
im Hinblicke auf die Formenwelt der italienischen Spätrenaissance,
diese gewiss im Anschlüsse an DQrer's Blätter veredelt und die BrQche
deshalb weniger schattirt Der Warburger Meister hat also von Jugend
auf die Kupfer des Soester Landsmannes studirt und als gereifter
Kttnstler von den so gewonnenen Jugendeindrücken Mehreres verwerthet,
Anderes, wie das Blattomament, gänzlich verworfen. Beiden Meistern
ist ein sinnlicher Zug gemein — , und beide bezeugen auch eine merk-
würdige Uebereinstimmung in der Wahl und Uebung ihrer Kunstzweige.
J. B. NordhofL
12. Alte WandmalefBien in der Mfinsterkirctie zu Essen.
Bereits vor längerer Zeit wurden aus Anlasa der Restaurations-
Arbeiten am Ostchor der Münsterkirche zu Essen höchst interessante
und mit einer gewissen Vollendung ausgeführte Malereien an einem
Gewölbe- Viereck des 12. Jahrhunderts aufgedeckt'). Dieselben gaben
in vier, den Feldern des Kreuzgewölbes entsprechenden, Darstellungen
die Hauptscenen aus dem Martyrium der hh. Cosmas und Damianus,
der im ganzen Mittelalter hochverehrten Patrone der Stadt und des
Stifts Essen, wieder. Nicht minder interessante, ja durch den Um-
stand höhern Alters noch merkwUrdigi^re, Funde an Wandmalereien
sind bei der Herstellung des Westchors, eines altern Tbeils der Kirche,
im Jahre 1883 gemacht worden, während gleichzeitig nach Osten hin
schöne gothische Bilder zum Vorschein kamen, üeber diese Funde
zu berichten ist der Zweck dieser Zeilen.
Architektonisch gliedert sich das Westchor der Essener MOnster-
kirche zweifach, Den Haupttheil bildet die aber drei Seiten des Sechs-
ecks bis zur Höhe des Mittelschiffs der Kirche aufgeführte, auf drei
mächtigen Rundbogen ruhende Concba^). Daran schliessen sich in
geringerer Höhe die Theile des obern Umgangs (— der untere, mit
dem Flur der Kirche in einer Ebene liegende Theil des Westchors
bleibt hier ausser Betracht — ), in welchem je zwei Gurtbogen auf jeder
der hinteren Ecken das Halbsechseck gegen die im Viereck angelegten
Umfassungsmauern abstützen. So wird durch diese vier Gurtbogen
der ganze Umgang in 5 Theile zerlegt, von welchen der geradezu nach
1) Vergl. Heilennann: CuniftB and Damianus, Alte Wandmalereien in der
MÜDBterkirche zu Euoa. Jabrii. LXXIK 1882, S. 89 iina Taf. V.
2) Vergl. die Zeichnungen bei v. Quast, Zeitaohrift für chrittl, Kunst und
Arobaologie. Bd. I (vergl. jedoch dwa die berichtigenden Bemerkungen von
0. Hnmaim im „Korreipondemlilatt des Gesammtvereina der deut«ob«ii Oo-
■ohiolitt- und AlterthaD]sr«r«ia«" 1884. Nr. 11.)
144 W. ToDDitseD:
Westen gerichtete einen ziemlich qaadratischeD lUom bOdeL Der
übrige Baam des Umganges zerfällt nach Nord und Sad in je 2 Ucuere
dreieckige Theile, indem die äusseren Ecken der UmÜMsongam ■■im
za Gonsten der vorgelegten Trcppenthurmchen abgeschrigt sind.
L Wie die vorhandenen kümmerlichen Reste bewdsen, warn
alle diese Räume reich ausgemalt Der Haupttheil, die Halbknppd,
hatte selbstverständlich auch die grossartigste Behandlung sdtens des
)Ialer3 erfahren, da sie die grösste Malfläche darbietet nnd auch von
der Kirche her unbehindert in ihrer Ganzheit überschaut werden kann.
Die Frage, was hier dargestellt gewesen, lässt sich wenigstens vorder-
hand schwer beantworten. Der ganze südliche Theil der Halbknppd
hat kaum noch eine Spur von Malerei. Das Uebriggebliebene befindet
sich im westlichen Tbeil über dem mittlem Bogen. Hieran anschliessend
sind weitere Reste im nördlichen Thelle ersichtlich und in ziemlicher
Entfernung ein letzter Rest mehr nach Osten.
Von der Hauptfigur nun inmitte der Halbkuppel sieht man nur
noch den Theil von den Füssen bis zu den Enieen innerhalb des ent-
sprechenden Stuckes der das ganze Bild ursprünglich umziehenden
Mandorla. Zu den Füssen derselben entsteigt der Erde eine männliche
Gestalt (Halbfigur), mit ausgebreiteten Armen, mit jedem Arm einen
Thürflügel wie von einer vorher über ihr geschlossenen Gruft zurück-
werfend und das Antlitz der Hauptfigur flehentlich zuwendend. Die
ganze Darstellung hat der Maler durch eine Mauer eingeschlossen,
die der Kreislinie der Goncha folgt, und rechts und links eine Thüre
zeigt. Die Hauptfigur hat ein bis auf die Knöchel reichendes Gewand
(ein Theil des Obergewandes ist ebenfalls noch erkennbar), die Füsse
mit Sandalen versehen. An dem unmittelbar unter der Darstellung
fich hinziehenden Bogenrand steht eine in Römischen Grossbuchstaben
gehalt^e sehr lückenhafte Inschrift, deren Ergänzung bis jetzt nicht
jf^LnDgeo ist.
lo 40M Zwickel der Kuppel zwischen dem eben erwähnten und
4^ff^ wui$ N'/rd gelegenen Bogen erblickt man eine in Flammen liegende,
v«j ^Uou H^U ^<rkettete Figur mit entstelltem Gesicht und aufgesperrtem
iiJb^Ä^K9^, <A$^ lil^'k der eben beschriebenen Haupt darstellung zukehrend.
Kwi^wÄ^l* ^LdiiiiiWr «iud die Spuren einer mit Feuerhaken versehenen
'j^vl€iL^,i;t>Wl >(u erkennen.
WeiUji juicli Norden vorschreitend finden wir die Reste eines
Alte WundmalBreien in der Mümterkirche ru Ewen.
145
Baumes und zweier dabei stehenden Figuren, von denen eine weiblich,
die mit ziemlicher Sicherheit Auf Adam und Eva schliesaen lassen.
Nach einem bedeutenden Zwischenraum, in wek-hem von der alten
Malerei nichts mehr übrig, wird mehr nach Osten der Oberkörper nnd
rechte Arm einer Chrjstusfigur ersichtlich, kennbar sowohl an den Ge-
aicbtszagen als an dem gekreuzten Nimbus. Das Antlitz ist nach
Westen, wie auf die letzterwähnten Figuren, gerichtet.
II. Von den erwähnten dreieckigen Theilen des Umgangs waren
die beiden vorderen sowohl an den (hüher liegenden) Gewölben als an
den von den folgenden dreieckigen Räumen trennenden Wandflüchen mit
Engel sgestalten in sehr geschickter Benutzung des Raumes belebt. Zu
eAennen ist noch folgendes.
1) Eine Engelsfigur, die das Gewölbe des nordöstlichen Dreiecks
fallt.
2) In demselben Theile zu Seiten einer kleinen Bogenstellung,
welche die Wand über dem nach Westen gelegenen kleinern Gurtbogen
darchbricht, ein Engel mit kurz geschürztem Gewand, der einen mit
Reisestab versehenen Jüngling an der Hand führt — also wohl Raphael
mit Tobias.
3) Dem gegenüber an der andern Seite obiger Bogenstellung
eine knieende Mannesgestalt von älterem Gesichtsausdruck, die Hände
zum Gehet aufrecht haltend, den Kopf einem rückwärts stehenden
Engel zuwendend. Letzterer hält mit der Geherde eines Redenden
ein Spruchband, auf welchem hei den früheren Besichtigungen folgende
Lesung ziemlich deutlich zu ermitteln war:
egec
sv(m)
rem
te
' egressus sum ut doce-
rem te . . . „Ich bin
ausgegangen, damit ich
dich belehre". Daniel
9.22.
Dadurch ist dieser Engel hinreichend als der dem Propheten
Daniel erscheinende Gabriel gekennzeichnet.
4) Unterhalb des vorhin erwähnten Raphael ist der Zwickel über
dem Gurtbogen rechts vom Beschauer mit dem grossem Brustbild
146 W. Tönnitten:
einer minnlicben Figur ausgefällt, die ein nach oben gerichtetes
Schwert in der Linken hält
Wenden wir uns zu dem entsprechenden dreieckigen Baum nach
Süden, so zeigen sich hier ebenfalls neben der obern kleinem Bogen-
Stellung der westlichen Abschlusswand
5) zwei Engelsgestalten, von denen die eine (links) nicht näher
zu bestimmen, während die andere auf einer Leiter stehend Tor einem
schlafenden Manne deutlich genug an das Gesicht Jakobs von der
Hinunelsläter erinnert
Soviel steht hiemach fest, dass die oberen Partieen dieser
äusseren (östlichen) Bäume des Umgangs der Darstellung von
Engelgeschichten gewidmet war.
Die beiden oben besprochenen, wie gesagt, dreieckigen Theile des
Umgangs haben, ebenso wie der westlich hinter der Kuppel gelegene
Tiereckige Baum ihr Gewölbe in der Höhe der grossen Bundbogen,
welche die Kuppel tragen. Zwischen ihnen und dem gedachten Viereck
ergeben sich 2 weitere dreieckige Bäume (der eine nördlich, der andere
sQdlich) mit niedrigerer Wölbung und entsprechend niedrigeren Bog^-
öffhungen, welche diese Wölbung tragen. Dieser Bogen sind vier,
zwei öfihen sich zu den vorhin beschriebenen östlichen Theilen des
Umgangs, die beiden anderen führen in den viereckigen Baum. Ueber
diesen Bogen erhebt sich eine Mauer bis zur Höhe der erwähnten
höher gelegenen Gewölbe. Diese vier Mauern sind in dem oberen
Theil allemal durch kleine Bogenstellungen durchbrochen, deren zwei
äussere bereits erwähnt wurden. So wird das mehrgedachte Viereck
zu einem fdr sich abgeschlossenen Baum gestaltet, für den, so scheint
es, der Maler auch wieder eine besondere Grappe von Darstellungen
gewählt hat. Doch ist hier am wenigsten übrig. Das Einzige, was
denn auch die eben ausgesprochene Vermutbung hervorgerufen hat,
sind an der nördlichen Wand neben der Bogenstellung die Figuren
zweier Krieger, die, wie es scheint, von anderen angegriffen werden.
Ausserdem zeigt der Scheitel des dortigen Kreuzgewölbes Beste einer
vielstrahligen Bosette von reichem Farbenwechsel, worin, wie auch an
andern Spuren der alten Bemalung in diesem Baum, die Anwendung
vergoldeter Messingplättchen eine sehr wirksame Bolle spielt
Kommen wir nun zu den bereits erwähnten niedrigeren Gewölb-
dreiecken, welche jenem viereckigen Baum nach Nord und Süd sich
anschliessen und reichere Ausbeute bieten. Wie sie baulich zu ein-
ander in Beziehung stehen, so scheint es, hat auch der Maler in der
Alt« Wandraalereien in der MüDsterkirehe z
Aüsachmachung diese Beziehung festhalten wollen, indem er eine eigne
Gedankenreihe in beiden zur Darstellung brachte. Doch wollen wir
in dieser Hini^icht, wie auch in Betreff des ganzen Westchores einer
zu?erlässigen Dentung, die wir von kundigerer Feder erhoffen, nicht
vorgreifen, sondern uns mit einem möglichst genauen Bericht über
das Vorfindliche bescheiden. Das aber ist folgendes.
Die Gurtbogen, zwischen welche jedes der erwähnten Gewölb-
dreiecke eingespannt ist, waren durch runde Medaillons geschmackt,
Jeder Bogen hatte deren 5, so dass die Gesammtzahl 20 bildet. In
dem südöstlichen sind 3 Medaillons ganz, 2 theilweise erhalten. Der
folgende Bogen, durch den man in das vorerwähnte Viereck eintritt,
hat nur Reste von 3 aufzuweisen. Der gegenüberliegende Bogen, m
der Nordseite des Vierecks, bietet 1 vollständig, von 2 anderen Reste.
Im letzten (nordöstlichen) Bogen finden sich 2 Rundbilder vollständig,
von rfen 3 übrigen nur Theile. — Was ist in diesen MedailJons darge-
stellt? Immer dieselbe — das scheint unzweifelhaft — lehrende Figur
kehrt in denselben wieder mit 5 (vielleicht einmal bloss 4?) zuhörenden
Personen. Die lehrende hat den Nimbus, aber ungekreuzt, und ält-
liche Gesichtszüge; die Zuhörer sind stets ohne Nimbus, also keine
Heiligen. An Christus und die Apostel ist demnach nicht zu denken.
Das Spruchband, welches die lehrende Figur allemal mit der einen
Hand hält, würde erwünschten Aufschluss geben. Allein nur an ver-
einzelten Stellen ist höchstens zu erkennen, dass Buchstaben da ge-
wesen sind. Es muss noch beigefügt werden, dass ein Medaillon, und
zwar in dem ersten Bogen nach Süden, insofern von dem Obigen
abweicht, als hier die lehrende Person an der Uinlerseite eines mit
zwei Thieren bespannten Wagens steht, in welchem eine Person sitzt,
der eratere mitteis einer Schale Wasser aufs Haupt giesst. Das weist
wohl auf Philippus und den Kämmerer der äthiopischen KSuigin hta.
Die einzige zwischen je 2 dieser Bogen liegende schräge Wand-
fläche (nach Nordwest und Südwest) hat der Baumeister zu einer
Nische gestaltet, die dem Maler zu grösseren Darstellungen willkommen
war. Beide hat er, wie auch das grosse Bild der Concha, beliebt, wie
eine Stadt mit Maner und Thoren zu versehen, deren Lauf er ohne
Bedenken den Linien der Nische anbequemte. In der südlichen Nische
sind Spuren eines langen Tisches bemerkbar, an welchem nur drei
Personen Platz genommen haben. In der Ecke oberhalb der Nische,
fär den Beschauer links, sieht man den Rest eines Schiffes mit einem
Rnderer, vor dem Schiff im Wasser ein Netz. — In der nördlichen
W. Tönni«,
Nische biekn sich zur Rechten des Beschauers dem Auge 5mänolicbe,
durch den Nimbus als Heilige gekennzeichnete Figuren dar, von denen
eine bartlos. Die Haltung aller ist aufrecht, Antlitz etnas aufwärts
wie mit Aufmerksamkeit dem Mittelpunkt des Ganzen zugewendet
Dieser Mittelpunkt fehlt leider, und hat allem Anschein nach die Ver-
ankerung den letzten Anhaltspunkte ihn zu errathen, zerstört. Man
sieht hieraus, wie wUnacheoswerth es ist, dass bei der Restauration
eines merkwürdigen Gebäudes die sorgfältigste Untersuchung jeg-
licher andern Arbeit vorangehe. — Von einer zweiten Figurengruppe,
die ohne Zweifel zur Linken des Beschauers den Baum füllte, sind
kaum noch Farbenreste übrig. Am Gewölbe ist links die untere Hälfte
einer Figur (Engel?) in gewandter Zeichnung und schönem Faltenwurf
des weissen Gewandes ersichtlich. Rechts in dem entsprechenden Ge-
wölbzwickel steht noch eine männliche Gestalt, bärtig, mit ernstem
Gesichtszug, ein Spruchband haltend, das folgende Lesung in Römischer
Groasschrift bietet. Die Druckbuchstaben geben das noch Vorhandene,
die Cursiv-Schrift meine Ergänzung:
(nisi)
V (t) 1 Nisi Tidero in manibus — Anfang des ungläubigen Aus-
D (b) I rufs des Apostels Thomas bei Job. 20, 25: „Wenn ich nicht
RO I sehe in seinen Händen" u. a. w. Vielleicht ist von dieser
IN I Figur aus ein Schluss auf das neben erwähnte anstossende
M((i) \ grosse Gemälde nicht zu gewagt, denn es ist klar, dasa diese
N(i) 1 Figur in Beziehung zu jenem Hauptijild stehen muss. Da
B (ms) ,' nach dem Gesagten bei dieser Figur nur an den Apostel
Thomas zu denken ist, so liegt die Vermuthung nahe, dass das Haupl-
bild in der Nische eben jene Erscheinung des auferstandenen Heilands
zur Darstellung gebracht habe, hei welcher Thomas nicht zugegen war
und bei deren Kunde er in jene Worte des Unglaubens ausbrach.
Jene 5 Heiligenfiguren wären dann 6 Apostel, deren Zehnzahl auf der
andern Seite des Mittelbildes ihre Ergänzung fand, während Thomas
nebenan gestellt ist. Die Bartlosigkeit des einen tritt bekräftigend
'flr diese Annahme ein, da bekanntlich Johannes allein unter den
Aposteln traditionell ohne Bart dargestellt wird. (Diese Annahme liesse
<l»iin auch für die ersterwähnte Nische an eine Erscheinung des auf-
erstandenen Erlösers denken und nach den obgemetdeten Spuren das
Abendmahl mit den 2 Jüngern zu Emmaus vermuthen.) Auch an dem
Gewölbe des nördlichen Dreiecks, nächst der Figur, die wir als Thomas
angenommen haben, scheint eine Erscheinung des auferaUndenen Hei-
Alte Wandmalereien ia der Miinsterkircbe zu Esien.
119
Iftnds dargestellt gewesen zu sein. Man sieht noch die Figur des
Auferstandenen theilweise und eine kleine Gruppe zu seiner Linken.
In der Nähe etwas weiter südlich an diesem Gewölbe steht noch eine
Figur mit Spruchband, dessen Lesung bis jetzt nicht gelungen ist.
In dem grossen Rundbogen, der das Wesichor mit dem nörd-
lichen Seitenschiff verbindet, nach Osten ist noch in grossem Rund-
Medaillon das Brustbild einer männlichen Figur mit Zinkenkrone vor-
handen.
An dem Steinbalken zwischen der doppelten übereinander ge-
stellten Säulenreihe des westlichen grossen Rogens finden sicli 4 kleinere
Rund -Medaillons mit weiblichen Brustbildern, zwei an der Vorder- und
zwei an der Rückseite, für deren Deutung sich kein Anhaltspunkt
findet. Das Mittelalter pflegte wohl die Tagenden als weibliche Figuren
darzustellen.
Fragen wir nach der Entstehungszeit dieser Malereien, so weisen
die charakteristische Behandlung der Gewandung, die vielfach an antike
Vorbilder erinnert, die streng gehaltenen Gesichtszüge, die allenthalben
vorkommende Umrahmung mit Städtemauern in frühromanischer Zeich-
nung, desgleichen die Ornament-Partien auf die frühromanische Kunst
hin, und dürften dieselben somit dem XL, wenn nicht gar noch dem
Schluss des X. Jahrhunderts angehören. Dazu stimmt, dass nach der
jetzt wohl allgemeinen Annahme der Archäologen der Westchor in der
ersten Hälfte des X. Jahrhunderts erbaut wurde, nachdem (jedenfalls
vor dem 15. Januar 947 — urkundliches Datum ! — ) eine Feaersbrunat
den altern Bau verheert hatte.
IIL An dem nordöstlichen Kreuzschiff-Pfeiler sind noch 4 gut
erhaltene Bilder in ganzer Gestalt aufgedeckt worden, die freilich einer
bedeutend spätem Zeit als die Malereien des Westchors angehören,
und zwar wohl der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Nach dem
Mittelschiff hin findet sich hier unter der in goldenen Lettern au-i^ge-
fuhrten üeberschrift: Salvator mnndi ein sehr grosses Bild des Hei-
landes in reicher goldverbrämter Gewandung, ein Spruchband hal-
tend des Inhalts: hie est panis qm de coelo descendit et qui nian-
ducat. . . . Die entsprechende Fläche des gegenüberstehenden Pfeilers
schmückte ehedem das Bild der Gottesmutter (doch tiefer stehend)
unter zierlichem Baldachin (von dem die Spitze noch vorhanden), wie
das von der ganzen Darstellung allein übrige Spruchband beweist
ffioent o« i>ffi gCD6-
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n&che 3 aber eii-
r iTf- — f»?
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v?L nn^ isitai ewiglich."
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SKär sbe: m. miL, ^anss*: «udijck dse dritte
Terlrandet:
Zi 4 'jst lOKrdfeiiat m jk jhk. Jmss^ jotsanibm. sAem der An-
^ i^tfiTct «Hl» tgTL-nnaaiff^,. Ihdt usl ^aisick^ T?ina>nrffiMa üeber-
«rauro^a ^simrinut icKO. uxjl 3>iaüis mos. jaiisi iisr ILi^fr kser die
Vr^$f^u t'/r« MaJ^rf^,, wk is^^Ik h» ssd wieder am G^^oße. asd zwar
w/4il aM* *|/jatAfirr Z^ tMmUbretid, TOfkommen, so lässt s::h deoken,
üft i»i^ f^*'U^n H^hmnrJk 'ter Farben die Ebener Mlnsterkirthe einst
m^^« pe^irMi bal>^, iMiiirkricben ist hierdurch za den Tielen s^rhon
Vffhsiudün'*n *iu weiUfrer lieleg geboten Ton der Sorgfalt mit welcher
da« Milt^lait/rf »eine Kirchen durch den ebenso anziehenden als be-
lehrenden Schmuck der Bildmalerei zu beleben bedacht war.
Ks«en, W. Tönnissen.
IL Litteratnr.
1, Victor GanclieK topographie des voies Homaieee de t»
Qaule-Belgiqoe in den ÄnnaleB de TAcBdemie d'Arcb^ologie de Bel-
gique XXXVIII 3. Serie, tome VIII. Aovera, Bnizelles etc. 1882
mit 3 Karten.
Dem Btrebsamen ForschtingBeifer belgischer ArchBologen verdanken
wir das Toratebende umfassende Werk Aber RdmerstrnBBen, über Belgien
binaaa bis zur Seine und bis znm Rhein. Das Buch giebt 25 Strasaen auf
Grund des Itinerar und der Fe utiog ersehen Tafel, tnlt ihren Stationen, Ent-
fernungen, Funden uud historischen Notizen, in Tabellen überBichtüch ge-
ordnet, aUBserdem einige 50 RöraeratraBsen, sogenannter „zweiter Ordnung",
ohne urkundlich römischen Nachweis, mit ihren wichtigsten Durcbgangs-
punkten, Altes durch gute Karten erläutert, allerdings mit manchen Lücken
und Fehlern zwischen Maas und Rhein.
Bezeichnend ist das Motto des Werkes „lea TOyagea sont une des
BoarceB de l'bistoire" (Chateaubriand), insofern schon Herodot, der Vater
der GeBcbicbte, die Lander bereiste, um deren Geschichte zu schreiben,
was man sich heutzutage oft bei^uemer macht. Aber an Wege und Strassen
knüpft sich oft die Geschichte der alten Völker, in Bezug auf ihre Wander-
züge, ihre Kämpfe, ja für ihre KuUur-Eutwicklung durch Berührung mit
den Nachbarn, Auf soeben Grundlagen lassen sich die Zflge der ßöiner,
die Züge der Franken seit Clodio von seinem castellum Dispnrgum her
(Seile 368) über Toornay, Bavai bia zur Somme verfolgen. Manche Orts-
angaben erscheinen uns freilich eigentbümlicb, wenn beispielsweise ein tu*
mulns bei Roermonde als monnmentum und sepulcrnm Drusi bezeichnet wird
(Seite 36), während Mommsen diese eustra sceleratn im Weser-Gebiet sucht
(V S. 27), Strabo Vit, I die Oertlichkeit zwischen Rhein und Salas, wohl
die heutige Yssel, im Auge hat, den Eltenberg, Cleve gegenüber.
Auch den belgischen Historikern geht es mit der wichtigen, denk-
würdigen Nervierscblncht wie uns mit der Varusschlacht; immer wird neu
gesucht. Jene Niederlage au der Sambre verlegt das vorliegenden Werk
152 von Yeith: Victor Gaaohes iopograpraphie det voies Romainet eto.
Seite 422 jetzt wieder 15 km. unterhalb Haubenge, wo Kaiser Napoleon
sie BclioD annahm.
Anfmersamkeit verdient eine Karte dieses Werkes, welche die oft be-
sprochenen Grenzlinien der beiden Belgica and der beiden Germania I und
II giebt, ausserdem sogar die Grenzen der einzelnen Volksstämme, von
denen die Vangionen freilich auf das Maienfeld des linken Moselufers verseilt
werden, wo wir die Trevirer suchen. Schon wegen der Wanderungen sind
zu scharfe Grenzen bedenklich; es werden zum Beispiel die Gondruseo
zwischen Maas und Ourthe eingezeichnet, während ihre Altäre an der Erft
und Roer und in der Gegend von Brüssel gefunden wurden.
Auch der litterarische Kampf verschiedener Ansichten über die wich-
tigsten Römerstrassen hat in Belgien noch nicht zu festen Resultaten ge-
führt, da van Dessels werth volle Topographie des voies Romaine«, Brüssel
1877 erschienen, die Strasse Reims-Kdin Seite 9 mit uns über Chiny fährt,
und eine Richtung über Meziöres entschieden bestreitet, welche Victor
Gauchez Seite 164 annimmt.
Jedenfalls enthält aber das vorliegende Werk ein reiches Material
für topographische Alterthumsforschungen, und verdient besondere Berück-
sichtigung in den betrefifenden Kreisen.
von Veith.
2. Erwiderung auf die Abfertigung meines Aufsatzes: „Der umfang
des ältesten römischen Köln'' (Westdeutsche Zeitung IV, I) im „Kor-
respondenzblatt zur Westdeutschen Zeitung'' 1886, S. 72 ff. ^).
Wären die Gründe, welche mein betrefifender Aufsatz für die Behaup-
tung liefert, die Südseite der von den Resten der römischen Mauer be-
zeichneten Stadt könne unmöglich zum ältesten römischen Köln gehört haben,
so hinfallig, wie sie in der Beurtheilung des von Veith'schen Programms
dargestellt werden, so würde meine Aufstellung dem Vorwurf grosser Leicht-
fertigkeit nicht entgehen können. Glücklicherweise hat mich auch hiebei
meine gewohnte Vorsicht nicht verlassen, der Aufsatz ist die Frucht langen,
besonnenen Nachdenkens. Es würde nichts beweisen, dass Grabsteine im
Süden der von der noch erhaltenen Mauer umschlossenen Stadt gefunden
worden, wenn solche auch in anderen Theilen der römischen Stadt zu
Tage getreten wären. Dass solche sich sonst nur vor der römischen Mauer,
also nicht in der römischen Stadt, nachweisen lassen, scheint mir schwer in
die Wagschale zu fallen. Und der Stein im Petersthurme war keineswegs
als ein gewöhnlicher Baustein vermauert; man würde sonst die Schriftseite
nach innen gedreht haben. Aber es bandelt sich nicht bloss um Grab-
1) Die Redaktion des „Korrespondenzblattes" hat meiner rein sachlichen
VertheidiguDg die Aufnahme verweigert.
DflDtZI
: Erwidi
IfiS
steinplatteD, Ein Sarg mit Deckel wurde 1851 im CfidlieDspital ansge-
graboii. Wie sollte man dazu gekommen Bein, diesen die weite Strecke von
ausserhalb der Römiechen Mauer bierljer zu schaffen! Man pSegte eolche
Funde wohl in eine nahe Kirche zu bringen. In der .Marienkirche, der
man später den Namen im Kapitol angehängt, fanden sich die Reale zweier
Sarkophage. Das Wnhi-schein liehst« ist, dnss sie, wie mariohe Reste von
StDokwänden nud Mosaiken
nächster Umgebang gefund'
entdeckt worden, roau würdi
kirche geliiacht haben, ode
in eine dort benaclibarte,
haben. Audi Särge i
Mauer gefunden wordi
dem dortigen Umgnnge oder in dessen
'Orden. Wären sie jenseit der Hochpforte
in die nahe Jakobs- oder in die George-
ei- wären sie weiter westlich zjt Tage getreten,
nicht aie den weiten Weg bergauf geschleppt
Sarkophage sind hier nahe vor der südlichen
Aber mehr als alles heweiat die anfj^egr.ibene
indeln
Orabkammer. Wir können sie uns unmöglich in einen Keller
lassen. Wie für eine solclie Annahme die Ausfuguug (nach dem einzigen
Zeugen waren auswürts die Fugen der mit sehr schön gehauenen kleinen
Tuffsteinen glatt auageraanerten und verputzten Mauer mit römischem
Mörtel sehr sorgfältig bestrichen und gebügelt), die Niaclien and
die Zweitlieilung sprechen sollen, ist mir nicht klar geworden. Niechen
deuten doch an sich keineBwegs auf Koller und ebensowenig die Zweithei-
lung, abgesehen davon, dasa wir gar nicht wissen, wie viele RSume das
zerstörte Gebiiude ursprünglich gehabt hat. Nein, ein Keller nach neuerem
Sprach geh ranche war es nicht; denn wenn man es ,,in einer Tiefe von
aolit bis neun Fnss'' gefunden, so hatte eich eben der spätere Boden Eölus
so viele Fusa, an andern Stellen weit mehr, über den des römischen erhöht,
das Gebäude stand, was schon der äussere Verputz zeigt, an offener Strasse,
wie die Grabmäiur, die oft mehr als drei Meter unterliulb des jetzigeu
Bodens gefunden wnrden. Die Behauptung dea Gegners: .,Der schwere
Block mit der Inechrift und das Fragment der Pyramide mit Pinien schuppen
weisen auf ein grosses Grabmonument, welches keinesfalls in jener Kammer
anfgesteilt war; diese Stücke sind hierher transportirt", streitet mit dem
Fundbericht. Von einer kleinen, niedrigen Kammer kann keine Rede aein.
Wie hoch die Manetn ursprünglich gewesen waren, wissen wir ebensowenig,
als ob nicht der ganze zweite mit vier Mauern eingeschlossene Raum für
Gräber bestimmt war. Die Räume des wohl in der ersten nauhrömischen
Zeit zerstörten Uauses waren Jahrhunderte lang mit Schult und Erde be-
deckt, ehe man auf dem neuen Boden weiter baute, ohne Ahnung der dar-
unter hegenden Reste, wie an der Osteeite des Dom ea (Bonner Jahrb. LIII,
203, 210). Sollten die Grabmonumente hierher getragen worden sein, wie
man im Mittelalter römi<<che Alterlbümer in die alten Thüime schaffte, so
milMte dies bald nach der Zerstörung geschehen aein, für das Mittelalter
ist sie ansgescblotsen. Die rAmischen Reste, wie sie hier sich fanden, müsssn
164 Düntser: Erwidemog.
■ohon bei der Zerstörung eo gelegen oder gestanden hsben. Der Bog«
fand sich noch fest aufrecht. Seine Bestimmung ergibt sich eben, wie sdifiB
W. J. Braun gesehen und ausgeführt hat, aus dem, was man in seiner Nibe
entdeokt. Einen stichhaltigen Grund wider die Annahme, es aei der Bogsn
eines oolumbariums gewesen, sehe ich nicht. Solcher Bogen m^Sgen hier
mehrere in gewissem Abstände hintereinander gestanden haben; den erhakeaeii
land man etwas diesseits der Mitte der Breite des Gemaches. Aber wollte niB
auch darauf Tersichten, diesen Bogen mit höchster Wahrscheinlichkeit einen
oolumbarium lusu weisen, der Grabstein, der aufrecht zwischen swei Steina
stand, von denen der eine im Museum (II, 187) sich findet, und der Anfsats
eines Grabmonuments beweisen hinl&nglich ; sie lassen sich nicht wegschaffen
von der Stelle, wo sie mit dem Bogen sich cur Zeit der Zerstörung gefun-
den« Je weniger Beweisstücke uns übrig geblieben, um ao fester müssen
wir uns an diese halten und sie nicht als unbequem beseitigen. Und wenn
aus diesen sich ergibt, dass das Älteste römische Köln nicht so weit nach
Süden gereicht haben kann, so darf es doch kaum als täuschender Zufall
betrachtet werden, dass wir noch eine geschichtliche Andeutung eines Südthorei
der Stadt bei G&oilien haben. Schwerlich wird es gelingen, noch „in <««i
Werken topographische Notiien'* au finden; die gegebene sollte man nicht
»kne Weiteres abweisen.
Wenn nach Merta die ganie Mauer su gleicher Zeit gebaut worden
witre und divee nach der neu erschienenen Inschrift des Pfaffenthores schon
mit^^r iUllien bestanden hätte, so würde dadurch freilich die Möglichkeit
meiner Annahme ausgeschlossen« Aber ich besweifle beides. Von Yeith
kuil lulv M(irtelprt)ben geaeigt^ die an verschiedenen Orten aus dem unteren
'l^kelUder Mauer genommen worden; diese bewiesen mir unwiderleglich, dass
U^ gause lUu nicht au derselben Zeit erfolgt sein könne. Merta ist über-
tt^mgl. daae die Thttrme gl^chaeitig mit den Mauern entstanden sind, was
Un^^Wk au aioh wahrecheinUch, aber gerade dadurch wird sein früher Mauer-
^u geec^kädlgt« dem man nur dadurch nothdürftig zu Hülfe kommt,
vk«« UM^u die Yhürme später eetit I>asa die Inschrift, welche den Namen
vWa VkUleuue eiilhäll, aus rteieriMNrZeit stammt, halte ich für unmöglich;
lAul^ |V»t^u«^• halte mau dieeen Namen nicht auf dem Thore stehen lassen,
i4vvuviv4u k4lt^ (hu d^b au«|^4lautHl. Jetat aber sind die Buchstaben, welche
\Wm N^m^u j^mMi v<^lMUt^hell Kalbere beginnen, deutlich zu lesen, während
VvvM '(v4U ^k»4|¥M 11\^le der Uv«i^)iril^ (wie könnte sie gelautet haben!) nichts
H^ vi^^u^vvu Uli \Va« WK vxM^ der äusseren Geschichte der zweiten In-
^vN^'*v \^v»H4, ^^t^W \x^K (H«MMe^^iM»kata)K>g gesagt; sie bleibt mir ein Räthsel,
Av^^.^•*^ V ^MUisA x^v^^K^u^ht \U^ fii^ brii^et« Dass die Beweisgründe meiner
yvk>4^^^.\ vk^ ^U^ti^ ^^^w^^^^Ke Kv^u sei nicht so weit nach Süden ge-
-^vv^v.k* ^»\iv*^^t* *^^^ ^^^^ ^ ^^^ einräumen, vielmehr steht mir die
V^vvvVAiv^^M ^^W4 vWm^ I\^^^^ Vui^tMMJt^ lur Marienkirche unerschütter-
M. Ihm; M. Siebourg, De Sulevis Caropastribus Fatit. 165
lieh feit, und dafür bedarf es keiner neuen Aoegrabungea. ÄDoh würde
eine „erneute Nachgrabnog" wohl sobald nicht erfolgen können, da der
Kenbau von 1319, der sich Über der römischen Stätte erhebt, ein schweres
HinderDiBB bildet.
Köln den 27. April 1886. H. Düntzer.
3. M. Siebourg, De Sulevis CainpeetriboB Fatis. Dibb. inaag. Bonn 1886.
Der Mütter- oder MntronenknltuB ist in diesen JabrbQchern so oft
Gegenstand der Besprechung gewesen, dasB es angebracht erscheint, die
Leaer der Jahrbücher auf obige Abhandlung, die auf jenen vielbesprochenen
Kult Bezug hat, aufinerksam zu machen.
Im ersten Theil stellt der Verfasser die inschrift lieben Denkmäler
1. der Suleviae, 2. der Campestres, 3. der Fati bezw. Fatae zn-
sammeu. Ein appeudJx zu Nr. 1 urofaset die Inschriften der Dea Sulis')}
ein zweiter die der Silvnnae. Den Inschriften sind kurze erluutemde An-
merkungen beigefügt, die besonders denen, welche mit der rümischen £pi-
graphik weniger vertraut sind, za Statten kommen werden, sonst aber
wenig neues bieten. Den zweiten kürzeren Theil der Arbeit bildet eine
knappe enarratio m onuraentorum.
Die iDschriften der Suleviae, dea SuÜa und Campestrea sind, aoviel
ich sehe, volJetäodig gesammelt. Bei den Insehriften der Silvanoe') sind
übersehen CIL III, 430J : Ulpia Candida Silvanis v. 1. m., 4534: Silvama
silvostribtua) ... und CIL V 817: Calybo Silvania v. e. I. m. Auch die In-
schrifleo der Fatae sind nicht vollständig beisammen. So fehlt z. B. ein
in Säblet (bei Vaisoo) gefundenes Relief, auf welchem 3 Frauengestalten
dargestellt aind, mit der Inschrift
FATIS
CORN EL IVS//F)L.»)
lo der Auffassung der Suleviae*) und Canipeetres weicht der Verf. von der
1) Die Form des Nominativs ist eicht ganz sicher; vielleicht lautete sie
Des Sol. Aaf der Alzeier InicbrLFt Cietst iro Mainzer Mnseum, Katalog Nr, 84
= Bonner Jahrb. 63 p. U2) steht nicht, wie Becker angiebt, DEA SVLt,
sondern D E A ' S V L-
2] Ea ist durchaus nicht sicher, daas diese Gottheiten immer als weiblich
•ufgefasst werden musien. Nichts hindert auch Silvani antuuehmen. Auf dem
Stein CILIII 4534 sind nach Mommaen's Angabe vier Silvani in Retief darge-
stellt, .quorum uiiui nuduB".
3) Fl. VnlleDtiii, le culte des Matrse dana la cite des Yoconces p. 21.
(cfr. ßev. des Societ^a sav. 1870 1. p. 170.)
4) Dies die einzig richtige Form. Formen wie Sulefiae. Sulfae, Silriae,
Sylphae etc. (Fiedler Gripswaldcr Matronensteine p. 12) gehören in das Reich
der Fabel.
lac
M. Ib:
M. Sieboui'g, Da Sulevia Capeitribus Falii.
herkäminlicheD Ansicbt ab. Die Campeatrea galten in der Beg«l bis jetxt
als Göttinnen der FeliUnr, die Suleviae (von silva) als Waldgottheiten.
Herbeigeführt warde die ÄuETaHBuiig hauptsächlich durch die stadtrömiache
InBchrift CIL VI 768: „Sulevis et CampestiiLue" etc. Der Verf. macht.
wie ich glaube mit Recht, geltend, duaa die Ableitung von campug, welches
nach römiEchem Sprachgebrauch apecicll daa miÜläriache Uebungafeld ist,
den Campestres vielmehr einen rnüitArischen Charakter zuweist^). Dazu
kommt der Umstand, daia (aat alle der den Campeatres geweihten Steine
von Soldaten herrühren. Als militäriBche Gottheiten im Sinne dea Mara,
der bekanntlich auch mit dem Beinamen canipester erscheint^), darf man
aie deahalb noch nicht lassen. Sie hleiheo vielmehr dum Charakter der
Matres oder Matronae durchaus treu. Diese aind schützende Gottheiten über-
haupt. Ihr Schutz und ihre Fürsorge erstreckt sich auf die verschiedensten
Gebiete: als Schützer innen der Kreuzwege werden sie unter den Namen
Biviae, Triviae, Quadriviae verehrt, als Beschützerinnen der Soldaten im
Lager und im Felde erhalten sie den Beinamen Campestres, den aie dann
gleichsam ala selbst ständigen Namen weiterfuhren. Denn nur so erklärt
eich, dass auf den jüngst in Rom gefundenen Inschriften der equites singn-
lares (s. Henzen im Bulletino 1885) die Campestres von den Matrea ge-
sondert erscheinen.
Die Saleviac hält der Verf. nach dem Vorgang von de Villefosse^)
für eng verwandt mit der dea Snlis^) und mit einer Sulivia Idenoica Minerva
einer jetzt verlorenen Inschrift aus Nfmes*). Hinsichtlich der Etymologie
verweist er auf Co t a Grundaüge der Etym. p. 551, der grieoh. Seip
cäoc ZcXt^vtl u t lat enua aol, gotb. savil, irisch suil (d. h. Auge),
Genetiv: snl ) zu mm n teilt. Danach wären Suleviae = tnentea. Die
heikle Frage a h d n V hältniss der Suleviae, dea Sulie, Sulivia zu ein-
ander Insst d V f u tert.
Mit den Fati und Fatae beschäftigt sich der Verf. am Schlnsa auf
einer knappen Seite. Auch sie d. h. die Fatae femineae setzt er, wie die
meisten vor ihm, in innige Beziehung zu den Müttern. Ein zwingender
Beweis hierfür ist m. E. nicht erbracht Schon die ausdrückliche Schei-
1) Bb ist bezeichnend, daas Georges in den älteren Auflagen «eines Lexi-
kons die Campestres schlechtweg aU , Kampf gottheiten" hinstellt, in der neuesten
Aufl. dagegen die Campestres dar Inschriften 13S5. 1794 hei Orelli als „Kampf-
goltbeitet)-' von den Campestres der Inschriften 2101. 2102, in denen er nGöt-
tinnen des BUchfddes" sieht, scheidet.
2) Vergl. Prelier röm. Mythologie, a. Aufl. I p. 361.
3} Comptes-rendiis de l'acad. des inacr, i. Serie. Bd. XII p. 844 S.
4) CIL Vll, S9 ff.
B) Orelli 2601. ^
6) ZeasB, Gramm, celt.^ p. 260.
SchaaffbBiiaen: LindeDSchrait, Handb. der deuUclien Alterthumsk. I&7
dang von roäDnlicben Fat! und weiblichen Fatae spricht gegen jene An-
nahme*).
Auf weitere Einzelhdten der Arbeit einzugehen, würde en weit führen.
Um noch eines kurz zu erwähnen: auf S. RO ac-beint der Verf. Btlbcer
beizupdicbten, daas der Küloer Mntroneji stein ßramb, 407 wegeu seiner
Scbriftzüge dem Zeitulter des Clnudiua angehöre (gesetzt iat der Stein Ton
einem Tib. Claudius TikticeuuB). Solcheu Anaätzen gegenüber dürfte doch
ein weuig Skepsis sehr angebracht seia.
Bonn a. Rh. M. Ihm.
4. L. LindouBchmit, Handbuch der deutschen Alterthumakuiide. 1.
Theil, 2. Lief. Braunschweig 1866.
Biese Fortsetzung des trefflichen Werkes bringt eine Daistellung der
Kleidung und vorab der ächmuckgerathe der merovingi sehen Zeit, mit
zahlreichen Abbildungen.
Auf den ersten Blättern der Lieferung erfahren wir, dassdie hentigeSchaf-
acheere das Modei der ersten Scheere war und dasa man, atatt das Rasirmeaser
der Römer und des acandinaviachcn Nordens zu gebrauchen die Hnore mit
einem Zängelcheu auszog. l>aa Rothrärben der Haare der Alamannen, Gothen,
Vandolen mag ein Rest des BemaleoB mit ruther Farbe Bein, das in vor-
geschichtlicher Zeit ao allgemein verbreitet war und in der Schminke noch
fortbesteht. Hüte, eiu Abzeichen vornehmen Standes, kommen auf der Tra-
jansäule, in deu dänischen Baumaärgen, aul den Estcrateiuen, in alten Hand-
schriften vor. Ein sächsisthea Heer unter König Otto war nur mit Stroh-
hüten bekleidet. Earl der Grosse trägt auf den beiden Musivbildern des
Laterans eiDe roJtraförmige Mütze. Otto I. trug bei der Krüuung in Aachen
noch die alte fränkische Kleidung, byzantinische Mode verbreitete eich erst
während und nach deu Kreuzzügen. Maupttheile der Kleidung waren Hemd,
Rock und Pelawnmms, Rbeno, welches Karl der Grosse im Winler aas
Zobel und Otterpelz trug. Der Manlel, sagum, palllum war in der Zeit
der Merovinger noch allgemeine Volkstracht. Die Gunna war ein halb-
runder kurzer Mantel ans Pelz oder Wolle, früh in Friealaod und Juttland
getragen, er wurde in einem Banmaarg in Schleswig gefunden und erhielt
sich in Frankreich bia ins Mittelalter. In einem Capitulare von 8U6 be-
stimmte Karl der Grosae den Preis der verschiedenen Mäntel. Die Nadel-
spangen zeigen uns eine hetniiscbe Industrie, die sich aus der Tradition der
römischen Technik schon im Anfang des 5. Jahrhunderts entwickelte.
Spangen aus den Grüberu von Oharuay, Nordendorf u. Ä, zeigen spät-
römische Form. Hosen waren nie ein Beatandtheil der romiachen Tracht,
sie wurden erst unter den Kaiiera von den nordischen Völkern aufgenommen.
I Nach Petron 43. 71. 77 sprach das Volk „malus fatui", .fatus i
SchtiaffhauK
Id ^*Der theodoaiani sehen Verordnung wnrden die braccae verbotea. ZahV'^l
reiche bildliche Darstellungen zeigen daa Uebrauch der Beinkleider bei des
Gerrnsnen. Für die rheinischen Stämme beweisen es römiKohe Denksteine
des Mainzer Museums, Nach Lucanus trugen die rheinischen Vargionen weita,
den aarmatischen ähnliche [losen, Sidonius schildert korKe, das Enie frei-
lassende Hosen im 5. Jahrh, Einhard beschreibt eine dreifache Bedeckung
der Beine, die leinenen Unterhosen, das Beinkleid und die Wadenstrümpfe.
Eigenthämlicb sind die langen Schuhbänder, die vom Knöchel aufwärts bis
zum Ente kreiizweis umgelegt wurden. Oft hängen seitwärts vom Knie an
der Wade herab aus Erz, Silber oder Eisen reich omamenliite Beschläge.
Der Schuh entstand aus einem einzigen Stücke Fell oder Leder, welches in
bestimmter Form ausgeschnitten war. und sowohl über die Ferse als ober
den FnssrOcken zusammengezogen wurde. Während der gei manische Band-
schuh aus einem eini'.igen Lcder besteht, ii<t der römische calceus ans 9
oder 3 Theilen zusammengesetzt, der starken Sohle, dem eigentlichen Schuh
und der eingelegten Sohle. Das Schuhwerk auf altperBischen Scnlpturen
stimmt mit dem germanischen Bundschuh genan überein. Die 6Urt«l
der heutigen Tyroler erinnern an die der Franken und Burgunder; die
aufgesetzten Zierpintten ans stärkerem Leder entsprechen den metallenen
Gurt«! beschlügen bei diesen. Bei beiden findet sich auch die Tasche unter
der Schnalle, in der Cochet einmal 5 fränkische Goldmünzen fand. Der
Gürtel Childei'ichs war mit Gold beschlagen und mit Edelsteinen besetat.
Die fränkische GOrtelschnalla ist in der römischen vorgebildet, aber die
Beschläge sind langer und das Ornament verschieden. Auf 8 Tafeln werden
ornamentirte Schnallen in reichster Mannigfalligkeit dargestellt und geben
von der Kunstweise dieser Zeit ein vollsiändiges Bild. Für die Tracht dar m
Frauen sind Ueberliefernngen und Grabfunde sparsamer vorhanden
dem Diptychon von Halberstadt Rillt das mit einem Bande zusammengsa
hahene Haar den Rücken hinab oder ist auf dem Scheitel in ei.non Knoten"
geschürzt oder über die Stirne aufgebauscht. Auch darf man Vlas Ein-
flechten des Haares zu langen mit farbigen Bändern durchwickelten v.öpfen
für altgermanische Volkstracht halten. Vielleicht ist das Einäi
Änfhindeu der Haare ein die Frau von derJurigfrati unterscheidendes Mei^fc**!
mal. Das bajuvarische Gesetz unterscheidet durch die Nestnadel die FrnJ^yJ
von der Jungfrau, Die Vitta vornehmer Jungfrauen war von Purpur mit" '
Gi>ld und Edelsteinen besetzt. In Grabhügeln SUddeutGoblnnda war dae
ganze HlBtdrhanpt mit oinem Kranze van >'adeln umgeben, kostbare Zier-
nadeln fr-lnhi--';— ■ P-rf— >n n-aren wohl wie noch am Niederrhein quer
durch die i' I Grosat! Abwechslung bietet die Grö^e und
Form itr 'i.. i i«t sich oft noch spätrfimis<che Technik. I'ie
TivIfarlrigMi i'uiiuu MCI uit'iuviugisohea Zeit m&gen von Venedig her sich
Vcrtiraitat ItitbaD, wd ■)• beal* wieder gefertigt werden; sie sind aber all
Lindenscbmit, Hamibuuh der deuticben Alterthumskunde.
ErzeugDisae eines sehr altfln, ursprünglich nicht europHiBchpo KnnstgenerbeB
zu betrachten. Die Perlea erschcttieD als TronimelD, Würfel, Scheiben and
Kugeln. Auoh geschliifene Ainethyste, Glasperlen, Bernsteinatflcke, Krystalle
nnd SeemiiRcheln ergeheinen oft hIb llalnachmucfc. Aach Goldscheibchcn
und gehenkelte Bracheaten dienen dazu. Dia in den Hügelgräbern tu häu-
figen Halaringe sind in Merovingergräberii kaum nachzuweieeo, sie finden
Bich nnr in den reichsten Gräbern nad scbeinea Frauenscbmack kq sein.
Armringe sind vorwiegend ans Erz oder Silber, selten aus Gold oder Glas.
Anch giebt es Armbänder aus Glas- und Bernsteinperlen. Die lex Saüca
kennt den Armring übereinstirnmend mit den Grabfunden nur als FraueU'
en sie in der Sage auch von edlen Kriegern getragen
Für Geringe sind Reifen oder Drähte mit nnd ohne
westgothieche Gesetz erwähnt die Verlobungsringe.
9 heute meist am 4. Finger getragen, weil man, wie
schmuck. Doch
nnd dienten als Geld.
Platte. Schon das
Die Ringe
ieser sei durch eine besondere Blutader mit dem
luf Taf. XIV. Fig. 10 abgebildete Broneering hat
laidor erzählt, glaubte,
Herzen verbunden. De
in der Inschrift eine gewisse Aehnlichkeit mit einem vom Berichterstatter
bekannt gemachten fränkischen Goldring aus Andernach, vergi. Congr^s
de Stockholm 1876. p. 616. Was die Frauenhleidnng betrifft, so scheint
daa Hemd, wie Weinhold aus dem Worte schiiesst, germaniscIieD UraprnngB.
Tun tus bezeichnet es als ärmellos, an f der Säule des Antonin hat os Aermel.
Auf einem Denkmale des Mainzer Museums aus römischer Zeit erkennt man
ein eng anschliesseudes Kleid des Oberkörpers. Die Zeugreste in den Gräbern
sind Leinwand oder Wolle, glatt, geköpert oder gemustert, Frauen nnd
Töchter der Könige wehten und stickten. Tacitua erwähnt die buntfarbigen
oder gestreiften Mäntel der Batavier nnd hebt die Vorliebe der Germanen
für bunte Farben hervor. Nach den gesta Francorum galt die schwarae
Fkrbe schon im 6. Jahrb. als Zeichen der Traner. Vielleicht ist der von
Worsaae ahgebildete alte iBlfindische Webatuhl eine Deber lieferung fernei'
Toneit. £inzelne Webergcräthe lieferten die Gräber von OberBocht. Spinn-
wirtel hat mau nicht selten mit Perlen verwechselt. Zwischen dem 5. und
9. Jahrhundert entwickelt sieh ein hoch achten swerth er Knnststilin der Mfl-
tallarheit der Gewandapangen niit Umbildung vereinzelter Formen nnd Or-
namentmotive der Kömer. Auf den Tafeln XVI — XVIII und in zahlreichen
in den Text aufgenommeDen Bildern werden die roannigFaltigeten Formen
der Fibnia, dieser beaeichnendsten Eigen th Um! icbkeit der merovingischen
Gräberfunde dargestellt. Ursprünglich war die Fibula eine einfache Heft-
nadei. In der Römerzeit verschwindet zum Theil die nreprflnglich sichtbare
Verbindung der Nadel mit dem Hie tragenden Bügel. In der spfitrömiachen
Zeit kommt eine sehr verwickelte Konstruktion vor, bei der die Schraube
auftritt. Die germaniachen Völker bringen an der Fibnia ihre natiosale
Terziemngs weise au. Die Gewandaadeln sind Bpaagenförmig, acbeibenfSrmig
1
oder Btelten Thiergestalten dar. Die erste trägt aehon der römische Kaiser
auf dem Diptychon von Ualberstadt Diese Schmuckstücke merovingi scher
Zeit zeigeQ eine so überrnachende Mannigfaltigkeit der Verzierung am Rhein,
inkroich und Kuglni:
Zeilfulge dieser E^nlwicklang feslzi
gallicaniscbe beKeichoet werden, de
lieben Galliun, soadern in BeWien,
i bisjet;et unmöglich ist, eine bestimmte
steliea. Diese Zierweise kann nicht als
na sie ßudet sich keineswegs im eigent-
dem Rheinland, Burgund und Eoglaad.
ur Zeitstellung dienen. Die Aiisichmü-
ckuüg von Gold- und Bronzegeräthen durch aufgehefteten Bernstein, Elfen-
bein, Korallen und farbigen Kitt reicht in eine Irühe Zeit hinauf, das einge-
schmolzene bunte Emaii gelangt in der Zeit der römischen Kaiser zu atlge-
meiner Verwendung, dns Einlegen geschhffener Edelsteine wie bunter Glas-
flüsse ist ein eigeathümliches Kennzeichen des römischen und byiantini sehen
Handelsverkehrs seit dem 5. Jahrb. Uieser farbige Schmuck wurde nicht
nur für Ringe und Spangen, sondern auch für Gürtel und Waffen und
Pferdezanm verwendet. Geschmackvoll sind auf äilberepangen die blau-
schwarzen Ornamente aus SchwefeUilber, bei denen das Ziokznck vorherrscht.
Die flache Form der Scheiheniiebel, die für das Festhalten eines irgend
starken GewandatofTes ungeeignet ist, diente nur als Zieretilck. In den ge-
schickt aufgelütheten Zelten für die Edelsteine, in den Filigraner namentan,
in den Silberein lagen der eisernen Nadelscheibe zeigt sich eine vielseitige
KeDDtciss der Metullaibeit. Die massenweise Zusnromenstelluug furbiger
Edelsteine entsprach der barbarisireuden Richtung der Kunst mehr als die
Steiuäch n ei dek linst der klassischen Zeit. Der schon im frühen Alterthum
bekannte, noch zu römisclier Zeit ansgeführtfi Zellen sc Imielz ist in sehr
wenigen Denkmälern diesseits der Alpen erhilten; wogegen das Einsetzen
von Edelsteinen oder farbigen Glasslüeken haupt such lieh durch die Byzan-
tiner im Westen heimisch wurde. Die durch eingeschlagene Stempel oder
Prägung verzierten Silhersctieiben wie die Gewandnadeln von Eisen mit
Einlagen von Gold, Silber und Erz sind für einheimische Kunst zu halten,
die sich an gleichartige Metallarbeit der Römer anscbliesst. Dio Tauschir-
arbeit flndet sich vorzugsweise bei den Burgundern, Franken und Älamanncn.
Die krumnischnübeligen Vogelköpfc zahlreicher Spangen dieser Zeit können
nur auf einen Habicht oder Falken bezogen werden und sind wohl Zeug-
niaae der Vorliebe der Germanen für die Falkenjagd, welche Griechen und
Römern unbekannt war und schon in der lex Salica Erwühnaug findet. Mit
Unrecht hat sie Hebn den Kelten zugeschrieben. Die in deu Gräbern seit
dem 5. und 6. Jahrb. erscheinende Gürteltasche erhält sich durch das ganze
Mittelalter als ein wesentlicher Theil der Tracht, In den Justinianischen
Gesetzen wird der Taschendieb schon als ein Beutelschneider, Crumeaiseca
bezeichnet.
Die Kunst- und GeBchicbts-Deokniäler dea Kai
) W&i
ndorf.
161
Der reiche Inhalt auoh dieaar Lieferung lässt erkennen, dasa wir io
dem vollendeteo Werke des zu einer so umfassenden Arbeit hoch befahigteo
VeiTaBset'B eine unübertrofiene Darutellung der deutecLen arcbäologiEcbeo
Wissenschaft besitzan werden.
Scbanrfhausen.
Hb, Die Knnst- undGeschichts-DeQkni&Ur des Kreises Waren-
^^^L dorf. Im Auftrage der CotnmisBioD zur Erforschung der provinzialen
^K Kunst- und Gescl >ic htadenk male r bearbeitet von Dr. J. B. Nordhoff,
^^L Piofessor an der königl. Akademie 7.\i Mün><ter, Münster i. W. Com-
^^^ missio OB Verlag der Coppeiirath'sihcn Buch- und Knusthandlung 1SS6.
Zum Bau des deutschen DBnkmHlerver/.eichniaaes, welches Behörden
und Kunstforsuher mit gleicher Spannuug «rBehneu, wird allinälig Stein auf
Stein her beige tragen. Stets zu bedauern bleibt, dasB nicht das deutsche
Reich, dass aueb nicht aänmitliche Staaten desselben in ei nl lettlichem Vor-
gehen diese Aufgabe ituf sich genommen haben. In Westfalen gebühren
Verantworllichkcit und ßubm dem Vereine lür Wissenschaft und Kunst uml
dem unermüdlich im iüenale desselben tbätlgt^n Professor Nordboff.
Mit dem Zerreissen eines so recht der Einheitlichkeit bedürftigen
Werkes macht sich auch sofort die bekannte berecbtigte Eigenthümlichkeit
jedes Landest he lieh ena geltend, und so lassen denn die seit meinem letzten
in diesen ßlättern gegebenen Bericht veröffentlichten Denkmäler- Verzeich-
nisse an Buntscheckigkeit in Bezug auf Titel, Format und Ausstattung,
auf Anordnung, principielle Verschiedenheiten nnd Obai'nktsr nichts /u
wünschen übrig. So will ich nicht versah ureigen, dasd ich von andern
Grundsätzen für die Inventarisation ausgehe als der Verfasser des vor-
liegenden Werkes; aber das hindert nicht die %'ollkommene Anerkennung
des Geleisteten, und Derjenige, der, weiss, wie mühsam eine solche Arbeit
ist, zu der sich die körperliche Kaergie einea Wanderburschen mit der Sexs-
haftigkeit eiues Stubengelehrten verbinden mUBs, ist den Wenigen dankbat-,
die an einer der allernoth wendigsten Aufgaben mitzuwirken bereit und
fähig sind.
Das vorliegende Stück, die Fortsetzung des 1880 in gleicher Weise
und von demselben Veifasscr l^erauegegebenen Kreises; Hamm'), tritt uns in
reicher Ausstattung OJit^rgen, auf gross Quart, in einer Herstell ungs weise,
welche der Coppenrath'scben Buclihaudlung alle Ehre macht. Die Abbil-
dungen, welche dem Werke beigegeben sind, bekunden einen bedeutenden
Fortschritt gegen die des Kreises Hamm. Es sind zum grössten Theil
Holzschnitte ; wenige Zinkographien sind gewagt, dagegen zwei Farbentafeln,
und eine Kuibe von Lichtdrucken (über ein Achtet der gesammten Ahbilduogs-
I> Vgl B-Äpn-rhung ii
, .iBhrb. Heft 69. 83 f.
I LehfeUti
znhl). Zeigen BDch diese Lichtdrucke — für den Lftien jedenfalls daa ui-
genehmste, für den Unternehmer das kostspieligste Ahbildungs- Verfahren —
nicht immer Alles, waa wir 7.a sehen wiinachen, so liegt dies wohl haapta&ch-
lich an der ungünstigen Beleuchtung der Gegenstände seihst, und ein Kenner
solcher Schtviengkniten wird jedenfHlla weit anerkennender flher die Lei-
ataugen urtheilen, ale derjenige Leser, welcher nar den phntographisohen
Apparnt im Atelier arbeiten sah.
Die Ahhildungen sind darum ziemlich zfthlreich, weil sie sich (ahgeieben
von einigen an dem vorauageachickten Capitel , Denkmäler der vorchristlichen
Zeit, gehörigen) 89 an der Zahl, anf nur 17 Orte vertheileii, welche in dem
Kreise Beschreibung gefunden haben. Diese geringe Znhl der hehandelten
Ortecbaften \»t eigentlich, da wir gerne annehmen, daas der Verfasser, dem
von iltm seihst nnfgestellten Grnndsntz getreu, jeden einzelnen Ort des
Kreises genan durchforscht hnl, ein überr«9chend geringes Ergebnlss. Denn
da Nordhoff in den n.inihaft gemachten Orten auch unscheinbareren Werken
Beachtung schenkte, scheint auch nicht einmal ein kleiner der Aufzeicbnang
würdiger Gegenstand in anderen Orten sich gefunden zu haben.
Die kirchlichen Bauwerke, welche nns vorgeführt werden, «igen
durchschnittlich die auch anderwärts vielfach wahrnehmbaren Erscbeinangen,
DerThurm (dnrchgehende auf der Westseite) ist von der roraaniscben An-
lage des 12. oder 13. .'fthrhunderte der Hauptsache nach erbalten; das
Debrigä in spütgothischer G-estalt von Ende des )5. oder Anfanji des 16.
Jahrhunderts. Dann folgen llmgestnUnngen des 17. Jnhrhunderts, meist
iu Folge von Besichädigungen in den Kriegen und Brüuden; zuletzt nQchteme
und znm Theil barbarische Wiederherftellungen in neueren Zeiten. Eigen-
tbürolioh dem ganzen Westfalen, so dem vorliegenden Kreise, sind Ein-
fachheit bei edlen Verhältnissen, gediegene AusfQhrung, frühzeitige Kennt-
ntsa der Wölbung und geringe Neigung zu Zierformen in den Einaelheiten.
QrOasere Bauten mit dreischiffigem Langhaus befinden sich in Warendorf,
Saasenberg, Everswinkel, Freckenhorst ; mit z weise hiffigem in Marienfeld;
einBchirüg sind die neue Kirche in Warendorf, die Kirche za Vinnenherg,
Oatbevern, Eine, Iloetmar, Greffen. Neu sind die Kirchen zu Fücbtorf,
Belen, Mute (diese mit altem Thurm). Westkircben, Ostenfelde und Har-
sewinkel. P]s haben nncb die untergegangenen Kirchen in dem Werke Be-
aobreibung und unter Umständen auch Abbildungen erhalten, wie die bu
Belen, eine der KierlicUeren einheitlich romanischen.
Weitaus am hedeutendaten treten una die Kirchen von Freckenhorst
nnd Marienfeld entgegen. Die Kirche des Jungfrauenatiftea Freckenhorst,
eine romanische Pfeilerbnsilikn mit hohem geraden Chor (Cistereienser-EiQ'
fluas) aber einer Krypta, in den Ostwänden mit Apsiden (auch diese auMen
rechteckig geschlossen), in den Winkeln des Chores mit z«ei viereckigen
Thörmcn. im Westen mit einem mächtigen Hanptthnrm iiwiechen zwei Rund-
I
I
Die Kunst- und Gaaohichts- Denkmal er dei
ändorf.
163
tliürmea, an »llen Theüen mit Oew5lh«n, an wenigen mit 9t«iometz- Ver-
zierungen, «rhebt nich nU ein Bau, malerisch in den Gesnmmt.formeD and
Thürmen, und müehtig in einfacher Grösse. Die golhisolien und (*lück-
lioherweise auch die nacbmitteiBUei-lichen VerSiideruDgen sind verhältnisa-
jnäasig gering. Itie kreuzförmige Pfeilerhasilika von MarienfelJ, im geraden
Clioriwhliifla und ii> dem i>tatt grösserer Thurraanlagen dem Daclie Aufge-
aeUten Thiirmchen den CiateroienBerbRu vpi'rathend, erhält ihren eigenthOm-
lichen Charakter durch die Länge des Osttheileii, welcher dns Kreuithaas
hin in die Mitle rücken Ifisst, den d reise Iiifß gen Chor, dessen Nebenschiffe,
als Umgang auch hinter dein Chor herumgehend, noch nach Oüten nich
rechts und links in je einer Schlusn-Kapelle forUetzeti, nährend in der MiMe
die Sacristei noch weiter heraostritt. Den ziveischiffigen Lnnghaushnu gleicht
aussen ein dns fehlende ^iJdschiff ersetzender Krcuzgaog au«. Der Gau ist
iro Kern der Ueliergangszeit angehörend, daher auch einiger Schmuck innen
an Säulen und aussen an Fliesen dir Lisenen; in der Hochgothik erfolgte
Hie Deine jetzige Hanptci'»<cheiDting gehende Erweiterung. Dies setzt Nord-
hoir sehr gut, klnr und dabei kurz auseinander, während Abbildungen (die
besten des Werkes) den Gang im Gesammtban, wie in den Einzelforrafln
veranschaulichen.
Innerhalb der Kirchen lehrt hob Nördhoff rannches Wsrthvolle nen
oder genauer kennen. Ungemein zierlich ist dns sp^tgothische Sacramen ts-
hiluschen in Everswtnkel, als sechseckiger Pfeiler mit reichstem Schmuck
der vorti'etenden Baldachine gestaltet, zwischen deren Bögen nnd Fialen
die Spitze einem Thurmhelm gleich emporsteigt; der gleichzeitige Sacra-
mentachrein in Maricnfeld ist im Sinne reicher St«in-Vertiifelung gedacht
mit cioer Reihe oben ah seh i essen der Böget) nnd Fialen, und Aber dem
Schrein in der Mitte höher aufscIiieEsendem Fialenwerk. Die Orgel in
Ostbevern, aus dem Anfnng des Iß. Jahrhunderts, ist werthvoll in ihrer
Erhaltung durch das durchbrochen geschnitzte Rankenwerk der Fllllangen.
Darch schönes Mobiliar und einheitliche Barockausslattung an Orgel,
Kanzel nnd Altar ausgezeichnet ist die Kirche in Marienfeld. Dort
auch ein kunstvoller Alt nr de» 16. Jahrhunderts. Ein prSohtiger um die Mitte
de« 17. Jahrhanderts, doch noch in reinen Spütrenni is an ce- Formen aufge-
bauter Hochaltar steigt tu Freckenhorst in zwei Geschossen mit Reliefs
und Figuren zwischen Säülonarohitektur auf. Er ist durch einen gnten
Lichtdruck wiedergegeben, wie auch der romanische Taufstein. welcher
nicht nur der interrosaanteste des Kreises, sondern einer der interessantesten
in ganz üeatschland ist. Das Bild zeigt die gan2 antikiEireiide Hnsis des
mfichtigen runden Troges, die merkwürdige Löwenreihe im Socke], in welcher
Nordhof nur schmückende, nicht sinnbildliche Bedeutung sieht; über der
SchriflgÜrtnng die oberen Flaohbogenarcaden mit den alterthUmüchen Ite-
lieh, welche „die jüngere P^ilitur verrathen" und den oberen Rjind mit dem
161
Paul Lf,hfeldt;
PulmetteDfriesB recht anBchauticIi.
enthält die Kirche von Vinnenljerg
lieh zwei, kurz unch der Mitte des
technieclic Meisterschaft unzieheu.
Die denkwflrdigBten SteiDscnlptnrea
in drei Reliefpl»tlen, von denen naineiit-
16. JithrhuudertH angefertigt, una durch
In diei Reihen xu drei Feldern ange-
ordnet zeigen sie ;
von Gotbik und Ki
etwas alterer Zeit
legende, bezithuugüwei!
Bogenuiurahmitngun eine ho reizende Miscliung
den fraozÖBischeu ScIiIosb bauten
ti)et ; io den Felderu Scuuen ms der JohaDnes-
Mease Gregors zwischen gruppirten Heiligen-
gestalten. Inhalt der Darstellungen uud Naturwahrheit einzelner Gestalten
fesseln una, wie auch die liebevolle Uurclibildnng. Die scIiöiiGten Grab-
mäler des Kreises bieten uns Freckenboist mit dem der Kirchen-Stiftcriu,
hl. Gcva, aus dem 12, Jahrhundert, welches die älteste deutsche Grab-
sohrilt enthMt: „Ai Gut minne Gerbodeu de dit iiili^the ecop alle dele" ;
Marieofeld in mehreren efaeufnlls romanischen Platten (auch einer trnpex-
förmigon von 1202). Gefässe, Geräthe und andere Werke der Kleinkunst
IrefTea wir in dem Kreise weniger kunt^tvolle an, als in anderen, da gar
viel in den Stürrat-n des 1(>. un^ 17. Jahriiunderts vernichtet ist. Du
Bedeutendste scheinen hier wiederum zu Freckeuhorst zwei romanische
bronzene Thürhalter; ehendoit ein prächtiger Buchdeckel mit zierlicher
Arbeit von GotdfiligrBD mit eiugeordneteu Fosaetteii und einem in der Mitte
eingefügten, wohl der Ottouenzeit nngehöiigen (dies dt^m Lichtdruck nach,
NordhoEF schreibt nur : älteren) Eifenfaeinrelief des segnendeii HeilBodes.
Handschriften mit kunstvoll verzierteu Anfangsbuchstaben finden sich mehr-
fach, und sind treffliche aus Büchern von Füchtorf, Westkirchen, Greffen,
Milte, Vinnenherg, Freckeuhorst, Harsewinkel und Ostenfelde in geschmack-
vollen, wenngleich etwas modern auinuthenden Farbendrucken auf einer
Tafel zusummeugestellt. Von Gemälden sind die hervorrogendalen ein
DreiflQgelbild in der Kaplan ei zu ^^'a^eDdo^f aus der 2. Hüllte des Iß. Jahr-
hunderts, welches heimische Kunst unter niederländischen und mederrhei-
uischen Einflüssen bekundet, sowie die in der Freckenhorster Dechanei auf-
bewahrten drei Tafeln mit der Gefangeunehmung und Geisselung Christi
und der Marin unter den Aposteln, hervorragend durch das Streben nach
Bcbünen Bewegungen und Anschaulichkeit und durch schönen rflhrenden
Ausdruck, wohl Werke des Conrad von Soest um 1 404 (des Schöpfers des
grossen nach Münster gekommenen Warendorfer Altargemaldes). Durch
schone textile Arbeiten, ein Messgewand und ein Grabtach tritt Har-
sewinkel vor; viele Parumente hat Freckeuhorst. Auch die eigenthOm-
lichen in Westfalen mit dem 14. Jahrhundert hekunnten Hungertücher (Vor-
hange mit den Leidensdarstellungen, welche in der Fasteuzeit vor deo Chor
geh&ugt wurden) werden, freilich erst Arbeiten vom Beginn des 17. Jahr-
hunderts, zu Warendorf, Evers Winkel und Freokenhorst bewahrt. Ana
gleicher Zeit di» opidnimn metallhestickten Reli-inieiihöllen zu Vinnenherg
I
I
Die Kunst- und GPBchiclilB-DeDkiniiler dpa Kreiaea Warendorf.
16B
„etno Nachgebnrt des opiiB anglicRnam", Die älteste Glocke des Kreises,
die EU Harsewinkel, trügt die Jabresznhl 1354, ivUhreDd wir (wie auch
ftnderwHrls) erstaunt Bind über den AufscIiwiiDg dor Glockengieaserei zwischen
H70 und 1490.
liegen die KircIten nnd ihren Besitz treten die nichtkirchlichen
ßnnten und AuHBtatlungegegenstände weit zurück. Viel h«t nna Nordhoff
vnn zerstörten Schlössern und entfremdeten Besituthömern zu berichten.
Um Bö mehr freut uns, von dem Schlosa Voruliolz he! Oatenfetde mit
Beiner schönen Aiisslnttung zu lesen, von der I.ohurg bei Ostbevern, zu
erfahren wie Levin Schflcking seine tin Stelle eines nlten Burghofes be-
legene Villa hei Sasaenberg mit ihren i'eJKendeu Barockfignreu im Garten
gepflegt hat; wir folgpn gerne dem kundigen Verfasser auf das Wi\ren-
isen una die prächtigen Pokale weisen, wir be-
logen ktiiistfrenndlicher Bürgersfamilien, hesooders
in Wnrendorf und Rnthmnnn in Freckenhorst.
scheidene und hesphrJLnkte Kunstleiatungen wohl
eigenthümlichen Andachtshildehen auf
n Warondorf und die ebendort einst gefertigten
■ Ralhhfti
gleiten ihn in die Samm
der Rive und Zuhorn
Wir lassen uns anoh l
gefallen , wie die mancherlei
Q P'-rgnment in i
Wachsbilder, weil sie una die im IS. Jahrhundert sich sehilehtern
wieder hervorwagende Volkakunst erkennen und anerkennen Inssen.
AuB den hier gegebenen Andeutungen des wichtigsten Inhaltes sehen
wir, welche Fülle des SlolTea una auch in diesem kleinen Kreise entgegentritt,
und wie die Entdeckung und Veröffentlichung deutscher Denkmäler auch
minder berühmter Orte und gefeierter Eunstperioden über den Forschungen
in fremden Ländern nicht vernachläasigt werden darf. In der schönen, dem
Verfasser eigenen lebendigen Sprachweise führt er una in seine Heimath
ein; liehevoll und ohne für einen einzelnen Stil auf Kosten eines andern
Vorurtheile zu haben, macht er es wie der wahre Forscher, der „das Grosse
gesehen und das Kleine betrachtet." Er weiss den Dingen das WerthvoUe
nnd Charakteriache abzusehen, in das künaflerische Empfinden einzudringen,
die literarischen Nachweiae geschickt in Verhindnng mit den Werken zu
bringen, und so ist dies Werk ein höchst schätze nswerth er Beitrag zur 1q-
Tontarisation Deutachlands.
Unbeschadet aller Anerkennung, die wir der Arbeit aollen, dfirfen
wir nicht verschweigen, dnas wir mit der Form, in welche der Verfasser
die vielen Einzetmittheilungeo gegossen bat, nicht ganz einverstanden sind.
Bei der Wichtigkeit dieser Frage mögen hier einige Bemerkungen darüber
gestattet sein.
Denn alle die grossen und kleinen Schätze, welche Nordhoff für um
gehoben hat, giebt er nicht in einer so aystematiachen Reihenfolge, wie es
nach meinem Bericht den Anschein erwecken könnte. Einem Leser, der
das Bneh in KDnie auf einen ihm wichtigen Punkt bin durchnehmen wiU,
166 Paul Lehfeldt:
ist es nicht so leicht gemacht. Nur eiuen UDgefahren Weg verfolgt der
Verfasser : Ortsgeschichte, städtische und bürgerliche Kunst, Burgen, Kirchen
und ihre Denkmäler, bisweilen auch umgekehrt. Nicht nach einem be-
stimmten System, sondern wechselnd und bald dem Lokal bald der Zeit
nachgehend, gerne den einstigen Werken auch ausserhalb des Kreises in
die Ferne folgend, so giebt er uns die vielen Gegenstände aneinander-
gereiht, jedem Leser überlassend, in welcher Weise er den Stoff für seine
Zwecke und Studien gleichsam durchsieben will.
Darin steckt ein Reiz, darin auch eine Gefahr. Der Verfasser hat
offenbar den Wunsch, Gleichmässigkeit und dadurch vielleicht entstehende
Trockenheit zu vermeiden und verschiedenartigsten Lesern die Schönheit
seiner Heimath zu erschliessen. Er geht darin nach meiner Auffassung. zn
weit. Es ist schwierig, über diesen Punkt mit ihm zu rechten, denn der
Berichterstatter steht hierin auf einem von dem Verfasser des vorliegenden
Werkes verschiedenen Standpunkt. Vor fünf Jahren kennzeichnete Nordhoff in
dieser 2^itschrift seinen Standpunkt deutlich in dem Bericht über die Heraus-
gabe der Baudenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden ^). Er wollte, dass
nicht nur gesammelt, sondern „Kunstströmungen nach Landschaften and Kunst-
zweigen aufgehellt, ihre culturgeschichtlichen Grundlagen blossgelegt werden".
Sehr schön, man verlange nur nicht zu viel auf einmal. Nach meiner und mancher
Anderer Meinung sind wir noch nicht so weit, die Ergebnisse der deutschen
Kunst zu schildern, ehe wir nicht genug gesammelt haben. Wenn eine
Strömung aufgehellt werden soll, so muss, um des Verfassers Bild anzu-
nehmen, jeder Punkt des Ufers klar und leicht findbar sein. Es müssen
zunächst in Deutschland möglichst übersichtliche und klare Verzeichnisse
angelegt werden, wirkliche Nnchschlagebücher, in welchen die Behörden
bei Gelegenheit von Wiederherstellungen oder Wünschen nach Beseitigung
von Denkmälern (durch Abbruch, Verkauf etc.) sofort Ort, Gegenstand,
Alter, Zustand und Werth des Gegenstandes erkennen; ebenso die Studiren-
den und Freunde der deutschen Kunstgeschichte jeglicher Art. Das ist
die erste Forderung; eine andere Aufgabe ist es, ein Bild der Landschaft
nach ihrem culturgeschichtlichen Wesen hin zu skizziren. Will der Ver-
fasser eines solchen Denkmäler- Verzeichniss Beides vereinigen (wie es ein
Mann, wie Nordhoff in der That zu leisten im Stande ist), um so dankens-
werther, doch möge er stets jenem Wunsch nach Uebersichtlichkeit gerecht
werden. Er möge, welches System, welche Reihenfolge er auch immer als
richtig erkannt hat, diese energisch festhalten, sei es dass er das Oertliche
zum Princip erhebt oder das Geschichtliche, oder den Zusammenhang der
Technik. Festigkeit in diesem Sinne würde ein Buch nicht langweilig, son-
dern leichter geniessLar machen. Indem der Verfasser mehr allgemein
l) Heft 71, S. 137 f.
Die Kunst- uuil GeachichU-Deakuiöläi' des Kreiaas Wareudorf.
167
Sa geben iat, eielit er sich ge-
I gelegeotlich der im Wareudorfer
„die Gilden riibtuten sicli Bpäter
1, uod uolil alle boten fremden
Cu U urgescb ich tlic lies geben will, nie bie
Rüthigt, allgeineiue Sätze einzuschalten, ivi
Kathhaus aufbewahrten Gilden-Abzeichen
ihrer Zeichen, Siegel uud HeihgonpaU'oi
Standesgenossen auf der Wanderung ihren Willkomui", oder; „Die (Waren-
dorfer) Schmiede halfen auch mit der DrehBcheibe, dem Punzen und ilammer
dem Guase neoh uud erhoben damit die grösseren Geschirre und GefäasG in
das Kelch des Formachöneu." Abgesehen von der Anfechtbarkeit dieses
Satzes bringt er weder eine besondere Eigenlhümlichkeit von Warendoif,
noch des Kreises oder der Provinz, Ebenso bringt der Verfasser gelegent-
iJL'h der Kirche von Marienfeld einen läugeren, an sich interesaauten Excui's
fiber die Entartung der deutschen Kunst im Barock uud dann im Roccoco,
„dem allerdings zu Marienfeld wenig zu schaifen blieb". Wozu dann? Ich
führe diese Sätze nicht an, wie etwa ein übelwollender Kritiker die müh-
same und dankenswerthe Arbeit eines Fachgonosaen herabsetzen will, son-
deru, um den Verfasser für k&nftige Denkmäler veraeichuisse und Alle, die
gleiche Ziele verfolgen, zu bitten, nicht hei einer einzelnen Ortsmonographie
Allzusehr Cult Urgeschichte aiit Kosten der rebersichtlichkeit schreiben zu
wollen, sondern Geduld zu haben, bis die gAaxe iu geschieht lieber Entwicke-
loDg und Cultur zusammenhängeDiie Landschaft (hier; Westfalena) vervoll-
ständigt ist. Sonst muss es Lücken, Unklarheiten und Wiederholungen geben.
Zur weiteren Begründung sei gestattet , anzudeuten , wie verschlungen
der Weg ist, den der Verfasser seine Leser fuhrt. Gleich iu Warendotf
ist die Reihenfolge diet^e: Stadtsiegel; Münzen, die zu W. geprügt wurden,
mit Nachrichten aus dem Leben von Warendorfer Stempelschneidern ; JUünz-
gerathe aus W., die sich aber jetzt in MQnster befinden. Rathhaus in W.,
darin: Fahne, Schränke, Oelbild. wieder ein Schrank; Pokale. Ein Boten-
stock aus W,, einmal vom Vorfassur in Münster in eiuer Althandlung ge-
sehen. Wohnhäuser in W. Gildenwesen, allgemein gehalten ; Gilde nabzeichen
im Kathhaus. Metallgerathe iu Privatbesitz iu W.. nach auswärts gekom-
mene. Mittheilnngen über einen Wareudorfer Glockengiesser und einen dor-
tigen Orgelhauer. Töpferarbeiten ctc, etc. Es sind in der That eine Reihe
von Fäden, die wobigesponuen uebeueinander herlaufen sollen, sieh scblicss-
lieh aber für den Leser verwirren, eben in Folge des Wunsches, ein cultur-
geschichtliches Bild zu geben, gewisser massen : Warcndorfs Kunstteben in
vergangenen Zeiten. Derselben Neigung des Verfassers entstammen auch
die zusammenfassenden vorausgehenden Artikel: Die urthümlicben und rö-
mischen Wege, die Landwehren und Wallhecken, die Krdburgeii und Alter-
thümer vorchristlicher Zeit, welche Artikel entweder bei jedem sugehörigen
Orte Aufnahme finden oder für ganz Westfalen zusammengefassl werden
m&tseo.
Aas gleichen Gründen nimmt der Verfasser auch jegliches Kunstwerk
168 P«ul Lehfeldt:
anf, wekheB aas einem der Orte teinea Kreises sfammend, irgendwo ftndera-
hin gekommen ist: Er stellt dieses in jener Kritik über Lots'a ■Wiesbaden
1881 »U nothwendig liio, dasa die Denkmäler, weldie «ar Zelt ihren na-
türlichen Funiiort verwechselt Imben, doch an ihrem eiiiBtigen Aofbewah-
rungaort zu heiücksichtigen sind, wie die norh vor find liehen, Er bedauert
daas z. B. dies nicht von Lotz bei den GlaBroalereien geschehen ist. welche
von Daueenttu an die 8t. FlorinBkirche zu Coblenz gekommen sind. „Wenn
ober einst der Bearbeiter der KnnstdenkmSler von Coblenz nach den Grond-
sÄtzen, welche für die Bnudenkmfiler des RegierungsbezirkoB Wiesbaden
manasgebend wurden, die fremdartigen UenkmSler ausscheiden sollte, so
werden die wertlivoUen Glasmalereien keinen Raum in der örtJichen
DenkmSlerkunde finden und dann leicht für die allgemeine, wie für die
speoielle Knoetgeschichte verloren gehen." Nun, ich kann den einstigen
Kritiker darüber beruhigen, dass der ^Bearbeiter der Knnstdenkmäler von
Coblenz" den Fenstern bei der Beschreil'nng der Florinskirche Ranm ge-
gönnt hat. Ich halte es für ganz licbfig, dass in einem Inventar von »m
Ort befindlichen Denkmälern bei Dansennn nur angegeben ist, dass die
Fenster einst vorhanden aber nach Coblenz nnd Nassnu gekommen aind,
und dass sie bei Coblenz da aufgeführt worden, wo sie sich jetzt befin-
den. Man male sich ans, welche Verwirrung eotstehrn würde, wenn a. B.
Gemälde jedesmal da beschrieben werden eollten, wo sie einst ihren „natDr-
lichen Fundort" halten, über den sich dann oft noch sehr streiten Hesse,
während der Kunstforscber sie doch da zn suchen hat, wo sie sich wirklich
finden. Da der Verfasser seinem Grundsatz getreu alle Gegenstände, welche
in Münster und sonst ausserhalb des Kreises Wareiidorf bewahrt werden,
nnii an der Stelle ihres natürlichen Fundortea eingehend beschreibt, wie
wird es der einstige Bearbeiter von Münster machen (als welchen wir Prof.
Nordhoff erwarten und erhofTen), wenn er an die mancherlei Gemälde and
anderen Werke kommt, welche schon in Warendorf, Marienfeld etc. breiten
Rnnra gefunden haben? Wird er dann jene Beschreibung wörtlich ab-
schreiben, oder die Werke einfach fortlassen? Ich fürchte das letztere, denn
z. B. einen Schlüssel, der sieh in der Sammlung des Ilerrn Rive in Waren-
dorf befindet, habe ich nicht dort, sondern in der Beschreibung des ver-
schwundenen Schlosses zu Sil BS enburg gefunden, weil er daher stammt, Gegen-
stände müssen aber an ihrem jetzigen Ort beschrieben, an ihrem fraheren
nur erwähnt werden; Solche nicht mehr vorfiodliehe Gegenstände müssen
sogar auch äuaserlich gekennzeichnet werden'). Das Gleiche gilt von den
veraehwundenen nnd zerstörten Baulichkeiten. Hier ist in der That jede
Mittheilnng scbätzenswerth, and Nordhoff hat in trefflicher Weise auch der
1) I>er Berieh tersUtlrr hat daffir die in diesem Zwecke aufge-parte eckige
KUmmer als bestes AiiBdr.icksniitlel gefunden.
Die Eaasi- und Geschichts-DeDkm&ler des Kreises Warendorf. 169
Penkmälerkunde der Vergangenheit Rechnung getragen, eifrig die Nach-
richten und früheren Abbildungen sammelnd, ergänzend und zusammenstel-
lend zu einem Bilde. Nur bitten wir ihn ebenfallls in der Folge bei seinen
Beschreibungen (unter Umstanden auch hier äusserlich durch eckige Klam-
mern oder andere Schriftart, oder sonst ein Hülfsmittel) deutlich das ganz
oder theilweise Vorhandene von dem gänzlich Verschwundenen zu unter-
scheiden.
Die in den vorigen Zeilen gemachten Ausstellungen treffen den Inhalt
des Werkes selbst nicht, und ihnen Berücksichtigung zu schenken ist gar
nicht schwer; verschiedenste Wege giebt es hierzu. An künftige solche
Arbeiten desselben und anderer Verfasser richtet sich also der ausgesprochene
Wunsch, nicht kritische Mäkelei an mühsam vollendeter Arbeit soll es sein. In
welcher Gestalt auch eine derartige, mehr Mühen, als Lohn in sich schlies-
seude Arbeit uns geboten wird, wir nehmen sie gern und mit Dank ent-
gegen.
Ja, wenn auch vielleicht nicht jede solche derartige Veröffent-
lichung nach allen Richtungen hin das Höchste leistet, was die Kunst-
geschichte zu erwarten berechtigt ist, sind doch nach meiner Meinung so ab-
weisende und zurückschreckende Beurtheilnngen, wie sie vor einiger Zeit
ein ganzer Verein einem Verfasser gegenüber öffentlich ausgesprochen hat,
wie sie Nord hoff selbst 1881 dem Werke über den Reg.-Bez. Wiesbaden
zu Theil werden Hess, nicht dankenswerth. Der Deutsche steht in ausge-
sprochenem Gegensatz zu dem Sprichwort: Clericus clericum non decimat;
aber es ist doch zu bedenken, dass der gemeinsame Gegner, den Alle zu-
nächst zu bekämpfen haben, der Indifferentismns ist, die Gleichgültigkeit selbst
der gebildeten Laien weit gegen die heimischen Kunstschätze einer Zeit
welche nicht gerade zufällig Mode ist. Ich halte es unter den augenblicklichen
Umständen für weit besser, wenn alle Eunstxlenkmäler erst einmal an das
Licht gezogen werden, vielleicht auch zu Widersprüchen, genaueren Unter-
suchungen und weiteren Veröffentlichungen anregen, als wenn sie der Ver-
gessenheit und der Vernichtung anheimfallen. Auch umgekehrt kann nur
das Schrift wort gelten: Wenige nur sind atiserwählt, aber Viele berufen.
Dr. Paul Lehfeldt
UL Berichte.
1. Bericht der historiscbeD Kommission bei der Köuig). bayr.
Akademie der Wissenschaften.
München im November 1886. In den Tagen vom 1. — 4. Oktober
wurde die 27. Plenarversammlung der historischen Kommission abgehalten.
Da die Kommission in Leopold von Ranke ihren ersten langjäh-
rigen Vorstand verloren hat, musste sie die Wahl eines neuen Vorstandes
vornehmen. Die Wahl fiel auf Heinrich von Sybel. Auf Grund dieser
Wahl haben Seine Königliche Hoheit der Prinz- Regent den wirk-
lichen Geheimen Oberregierungsrath von Sybel in Berlin zum Vorstand der
historischen Kommission allergnädigst zu ernennen geruht.
Während im vorigen Jahre eine grössere Anzahl von Publikationen
der Kommission erfolgen konnte, sind in diesem Jahre bei dem Zusammen-
treffen verschiedener hinderlicher Umstände verhältnismässig wenige in den
Buchhandel gekommen. Neu erschienen sind:
1. Allgemeine deutsche Biographie. Lieferung 107 — 116.
2. Forschungen zur deutschen Geschichte. Bd. XXVI. Heft 1 und 2.
Jedoch ergaben die Berichte, wie sie im Laufe der Verhandlungen er-
stattet wurden, dass fast bei allen Unternehmungen die Arbeiten in ununter-
brochenem Fortgange sind, so dass für die nächste Zeit wieder zahlreichere
Publikationen zu erwarten stehen. Die Nachforschungen in den Archiven
und Bibliotheken sind stetig fortgesetzt worden, und die Kommission hat
immer aufs neue mit dem wärmsten Danke die Gefälligkeit anzuerkennen,
mit welcher alle ihre Arbeiten von den Vorständen der in- und ausländischen
Archive und Bibliotheken unterstützt werden.
Von den deutschen Reichstagsakten ist der neunte Band, welcher die
Jahre 1427 — 1431 umfasst, so weit im Drucke vorgeschritten, dass fast
nur noch die Register fehlen. Der Herausgeber ist Oberbibliothekar Dr.
Kerler in Würzburg und auser ihm ist hauptsächlich der Leiter des Unter-
nehmens Professor Weizsäcker betheiligt. Das Manuscript des sechsten
Bandes, des dritten und letzten aus der Zeit König Ruprechts, ging bereits
ebenfalls in die Druckerei ab. Er ist in der Hauptsache die gemeinsame
Beriobt der bist. Komniusioii bei der Königl. bsyr. Ak. der WissenBch. 17t
Arbeit von ProfeHsor E. Bernheim, Dr. L. Quidde und Professor Weiz-
Bäcker, gleich dem l'ünften, bei welcbom im vorigen J ah reebe richte der
I4ame ProfesBor Bernheims durcb Zufall weggeblieben ist. Die Haupt-
arbeit des Sammelne im vergaegenen Jnbre galt der letzten Zeit Kaiser
Sigmunds utid der Regierung Künig Älbrecbts II., welche den 10. und 11.
Band füllen eoUen. Damit waren Dr. Q.uidde, Dr. Jung and Dr. Schell-
haas in Frankfurt a/M. beschäftigt. Die Fertige telluag dieser Bande wird
mdglichst bescbleunigt werden, — Schon seit längerer Zeit war es nün-
acheuswerth erechiunen, um die'' Herausgabe der so überaus wichtigen Beiohs-
lagaakten unter der Regierung Kaiser Karls V. nicht zu lange zu verzögern,
diese in einer besonderen Serie bearbeiten zu lassen, ohne deshalb die Ar-
beiten für die frühtren Partien zu unterbrechen. Da die äusseren Sohwie-
rigkeiten, welclie bisher die Ausführung hinderten, nun beseitigt scheinen,
wurde beschlositen, die Bearbeitung dieser neuen Serie unverzüglich in An-
griff zu nehmen. Die Oberleitung des ganüen Unternehmens wird nach
wie vor in der Hund des Geheim rat Ji von Sybel liegen; die Direktion der
Arbeiten fUr die neue Serie ist Professor von Kluckhohn übertragen
worden.
Was die Ausgabe der deutschet) Stftdtechronikea bctri^. so sind die
Arbeiten für die niuderrheini ach- westfälischen Chroniken nnter der Leitung
des Prefeasor Lomprecht in Bonn fortgesetzt worden. Mit den Chro-
niken veu Dortmund waren Professor Franck in Bonn als Germanist und
Dr. Ha nsen, jetzt am Coblenzer Staatsarchiv, als Historiker beschäftigt.
Die Chronik von Kerkhörde (140&— 1466) liegt drückfertig vor und wird
üum erstenmal in dem zunächst erscheinenden Chroniken band bekannt ge-
macht werden. Die Bearbeitung der Chronik von WeathofT aus dem 16.
Jahrhundert durch Dr. Hansen iwt weit fortgeschritten. Nahezu druck-
foitig iäl die Reimchrouik von Wieretraat über die Belagerung von Neuss
i. J. 1474, welche zuerst von £. von Grote 1855 heran sgegeben, non von
Dr. Uirioh in Hannover und Professor Franck neu bearbeitet worden ist
Kür die Chroniken von Soest ist Dr. Jostes in Miiunter thätig gewesen.
Vollendet Hegen in neuer Bearbeitung die Schriften des sogenannten Daniel
von Soest vor, dessen satirisches Zeitgedicht zuerst durch F. von Schmitz
1848 bekannt gemacht wurde. Es bleibt noch surück die Chronik von
Bartholomaens von der Lake, worin die Soester Fehde 1444— 1U7 aus-
fahrlich beschrieben wird; wenn diuae Chronik auch schon in der Qnellen-
■ammlung von Seibertz abgedruckt ist, sieht sie doch gleichfalls einer neuen
Bearbeitung entgegen. Der Herausgeber der grossen Sammlung derStitdte-
Chroniken, Professor Hegel stellt für das nächste Jnhr die BereicheruDg
derselben durch zwei neue Bände in Aussicht.
Schon vor längerer Zeit war der Drack des sechsten Bandes der
von der Kommission herauagDgebenen ütteraa Hanserecesse begonnen worden.
I
173 Bericht der bist. K<
bei der Kgl. bayr. Akad, der Wissenecb.
mnsste aber wegen dienstlicher Behinderungen des Bearbeiters, Sladtarchivar
Dr. Koppmann unterbrochen werden und hat leider auch im TeiäosBEeneii
Jahre nicht wieder aurgenommen werden bäuneu. Auch die Arbeiten fSr
die Wittelabachischei) Korrespendenzen sind nur wenig fortgeschritten, dl
die Bearbeiter der einzelnen Ahtheilungen, die Professoren von Bexold,
von Druffel uiid Stieve durch andere Ter pä iaht nngen sehr in Anspmeh
genommen waren -
Dagegen ist die Sammlung der vaticanisebon Akten zur deDtsch«n Qe-
acbichte in der Zeit Kaiser Ludwige des Bayern von Oberbibliotbekar Dr.
Biezler unter Beihilfe des Archivpialttikanten Dr. Jochner nahem dmok-
fertig hergestellt worden. Der Druck wird vielleicht durch eine neue ar-
chivalische Reise uacb Rom, die sieb als notbwendig herausti teilen kSniiti^
noch etwas verzögert werden, docli ist jedenfalls die Publikation der Samm-
lung nahe bevoi'stebend.
Die von dem Sekretär der hiesigen Hof- und Staatsfaibliofkek Dr. H.
Siraons/eld bearbeitete Sammlung von Urkunden zur Geschichte der dentseh-
venetian lachen Bandelabeziehnngen und des deutschen Kaufhauses in Venedig,
deren Herausgabe die Kommisainn durch einen Druckzuschnas unterstützt,
wird dcmnäehst in den Buchhandel kommen.
Die Vollendung der Geacbichteder VFiBSenBchnften in Deutseh Und locht
die Kommission möglichst bald herbeizuführen. Mit der Oeachiobte der
Kriegs wissen Schaft ist Oberstlieutenant Dr. M. Jahns in Berlin unablfts^ig
beschäftigt and es besteht die Aussicht, dass diese Abtheihing des Unter-
nehmens, wie die Geschichte der Medizin, bearbeitet vom Geheimen Meiti-
zinalrath Professor A. Hirsch in lierlin, in naher Zeit an das Lieht treten
werden. Die Kommission ist nach wie vor bemüht, für die Fortsetzung der
in Folge des Todes Stintzings leider unvollendet gebliebenen Geschichte
der Rechtswissenschaft einen hervorragenden Gelehrten zu {gewinnen, wie
auch die Bearbeitung der beiden sonst noch ausstehenden Abtheilungen,
der Geschichte der Geologie und der Geschichte der Phywk, nach Uöglich-
keit xa beschleunigen.
Für die Jahrbücher des deutschen Reichs sind neue Bereicherungen in
der nächsten Zeit zn erwarten. Professor Meyer von Knouau in ZAriah,
welcher die Bearbeitung der Jahrbücher K. Heinrichs IV. und K. Heinrichs T.
übernommen bat, bofTt den Druck des ersten Bandes der Geschichte Heia-
richs IV. im Sommer 1687 beginnen lassen zu können, und Gebeimer Hofrath
Winkelmann in Heidelberg wird den ersten Band seiner Geschichte K.
Friedrichs II. in kurzer Frist zum Abschluss bringen, Professor Oelaner
in Frankfurt a. M. hat die von ihm üliernommene Revision der die An-
fänge de« Karolingischen Hauses betreffenden Arbeit des verstorbenen H.
E. Bonnell so weit vollendet, dass der Druck dar neuen Ausgabe in
nächsten Jahre wird erfolgen können. Auch die Revision de« enten Bsndn
I
I
I
I
Bericht der biat. Koi
1 bei dur KrI. bayr, Ak»d. der Wieseuscb. 173
der Gescbichte Karls dei Groai
Professor Simson in Freiburg
entgegen. Professor Dümmle
seiner Geschichte des ostfrüakischi
erste Bande derselben wird in zwe
welcher nach dem Tode S. Abels aioh
r. unterzogen hat, geht dem Abscbluss
ist damit beschäftigt, die neue Bearbeitung
I Eeiuhs druckl'ertig herxuatelleu ; der
handlichere Bände zerlegt werden.
aine deutsche Biographie, redigirt von Klosterpropat Frei-
icron and Professor von Wegele, ist ini verdosseuen
I. uud 3rt. Band bereichert, auch vom 24. Baod bereits
abgegeben worden. Die regelmässige Fortführang dieses
elchea sich der allgemeinsten Anerkennung erfreut, ist Yäl-
Die Allgem
herr von Liliei
Jahre um deu 2i
eine Lieferung a
Unternehmens, w
lig gesichert.
Die bisher von der Kommission herausgegebene Zeitschrift: Forschungen
aur deutsclieo Geschichte hat leider ihren langjährigen Bauptrediikteur ver-
loren. Georg Wait?,, der dos Unternehmen angeregt hatte und sich von
Anfang an mit der gröaslen SorgfiiJt der Hanptiedaktion unterzog, hat deu
2t). Band noch beginnen, aber nicht mehr Hbacbliessen können. PrufeBSOr
Dum [nie r übemahm bei dem unvollendet von Waitz hinterlasBeiien 2, Hefte
die Uauptiedaktion und wird diese auch für dos dritte llelt beibehalten
und so den 26, Band zum AbachlusB bringen. Dmnit werden die Forschungen
zur deutecheu Geschichte aus dein Kreiee der Publikationen der Kommission
ausscheiden, doch besteht begründete Hoffnung, dass diese überall guachätute
Zeitschrift anderweitig in unveränderter Haltung und Tendenz fortgesetzt
werden wird.
Anthropologen-Versan
vom 10. bis ir.. Augu
DiluDg in Statin
)ie von etwa 150 Theilnehmeru besuchte Versammlung, zu der von
Ausländern Hildebrand. Evans, Wankel, Hampel, Tolmatschew u. A, er-
schienen waren, wurde am 10. August Vorm. 9 Uhr im grossen Saale dea
Concerthausos durch den Vorsitzenden, Geh. Rath Virchow, mit folgender
Rede eröffnet: Die Anthropologie ist keine officielle Wissenschaft, aber sie
erfreut sich der Mitwirkung aller Gebildeten, auch der Frauen. Die an
der Spitze dieser Forschung stehenden Männer müssen ihr treu bleiben.
Diese Wissenschaft hat einen internationaleu Anfang gehabt. Von den
Gründern sind schon Viele abgerufen, Nilsson, Hildebrand, Keller, llesor,
174 Schaaffhausent
Broca, Worsaae. Wir in Deutschland haben klein angefangen, aber wir
haben die Gesamrotheit aller Landestheile aufgerufen und überall neue
Herde der Forschung gegründet. Hier befinden wir uns an einer alten
Stätte. Pommern ist schon früh durch seine Beziehungen zu dem Norden
ein Mittelpunkt menschlicher Thätigkeit geworden. Von den Ostseekästen
aus haben die Wickinger ihre Fahrten gemacht. Pommerns Sammlungen
sind zurückgeblieben gegen die Bedeutung der Funde in dieser Provinz.
Bei so langgestreckter Lage derselben fehlt die Verbindung, es fehlt in
Stettin eine Universität, der Greifs walder Verein hat Manches entfährt
Virchow ruft als Sohn der Provinz den Patriotismus seiner Landleute auf,
das Material zu sammeln für ein Archiv der Urzeit. Das alte Pommern,
ging bis an die Oder und Weichsel, es reichte von der Ostsee bis zur
Warthe und Netze. Seit dem 9. Jahrhundert sind die Pommern mit Dänen
und Normannen in Berührung. Seit 1026 giebt es Herzoge von Pommern
seit 1124 predigte Bischof Otto von Bamberg hier das Ghristenthum. Der
Name Stettins bleibt dunkel. Vor den Wenden wohnten hier die Rugier.
Die Slaven wanderten in drei Heereszügen ein. Die Wenden besetzten die
Lausitz, die Wilzen wohnten bis an die Spree und Havel und bis nach
Holstein. Die Pommern hingen mit den Polen zusammen und waren von
den Czechen verschieden. Diese gelangten mitten durch die Serben hindurch,
von denen sie sprachlich und physisch verschieden sind, nach Böhmen und
sind schon im 7. Jahrhundert geeinigt. Wilzen und Serben, gegen welche die
sächsischen Kaiser kämpften, haben es nie zu einer Staatenbildung gebracht.
Die Slaven schoben sich neben einander vor, ihre Reihen wurden durch
nachrückende Züge immer durchbrochen. Das slaviscbe Volk war nicht so
einheitlich, wie es sich heute fühlt. Das alte Pommern ist ein urblondes
Land, Vorpommern und Mecklenburg sind das viel weniger. Sitzt hier noch
die altgermanische Bevölkerung? Oder sind es Niedersachsen, die das Land
der von den Carolingern bekriegten Slaven besetzten? Meitzens Karte der
Verbreitung des niedersächsischen Hauses stimmt mit den Schulerhebungen,
auch die Sprachtafeln decken sich mit den Farbenkarten. Als Otto nach
Pommern zog, bestand noch der Urwald, Ugger, der zwölf Tagereisen lang
und vielleicht eine Grenze war. Diese Silva wird im 13. Jahrhundert als
Wüste, desertum, bezeichnet. Hier sitzen die meisten Blonden an der Rega
und Persante. Um Stettin wohnen bis ins 15. Jahrhundert Colonisten.
In Pomerellen, das die Grundlage von Westpreussen wurde, war der Grenz-
wall noch im letzten Jahrhundert erhalten. Die Gistercienserklöster wurden
von Dänemark aus bevölkert, die Praemonstratenser Hessen Bauern aus
Friesland kommen. Die Anlage der Dörfer, des Hauses, die Nationaltracht
entsprechen oft der Besiedelung durch Niedersachsen. Auch Richtung und
Breite der Hufen der Feldflur sind zu beachten. Es giebt fränkische und
flämische Hufe, die ersten führte Carl der Grosse ein, zumal auf den colo-
Anthroprologen-VerBBmmlunfc in Stettin
L 10. bia 15. Anglist iSae. 176
nisirten Flüchen, sie beisaen auch Königahufe oder Waldbufc ilageagütar
sind di«. deren Namen mit hagen endigt, aie sind niederaächaisch. Deatache
Dörfer tragen indessen oft alnvisclie Namen und umgekehrt. Vor den Skven
sasae n i n Pommern
Heruler, Rugier, Gothi
Moorleichenfund &ua d
GrAber mit Bestattung , wie di
es iu Pommern? Von der Weich
ähnliche Lnngkupfe in den Grübi
thiacben Gerathen fehlt
der Feuersteine wäre wi
ur VöllterwaaderQng Deutsche, Burgundiooen
Vor den Slaven gab es nur Leicbenbraad, ein
Zeit wäre wichtig. Aus der Steinzeit giebt es
ie das von Blumenhagen. Wie viele giebt
:iiB zur Elbe linden sieb den Germanen
jedeulalls aind es Arier. An paläoli-
Lande. Eine Kitito über die Verbreitung
litig, Bügen verdankt vielleicht seine Bedeutung
nur dem hier häutigen Feuerstein. Ob die Bronzen mehr von Griechenland
oder von Italien eingeführt wurden, bleibt ungewiss, Ihre Quelle scheinen
die Don au gegen den, Ton wo sie auch nach Schlesien kamen. Auf dem
rechten Oderufer kann ein Handeisweg gewesen sein. Vineta entstand aus
Jumneta, Juoine war die nordische Bezeichnung für Julin, das jetzige Wollin.
Hier ist ein Pfahlbau aufgedeckt. JuUn war noch im 13. Jahrhundert die
grdaste Eandelsstadt des Nordens, wohin die Qandler vom Schwarzen Meere
kamen. Auf dem Silberberg bei Julin sind arnbiache Münzen gefunden-
Her Göldfand von V^ttersfelde, die Kaurismuscheln in Schweden, wo daa
alte Birka aufgefunden ist, sind Beweise für den alten Handel. Unsere
Cultur führt zur Vernichtung der Ürrassen, weil sie ihnen keine Mittel zu
einer aelhstatiLndigen Weiteren t Wickelung bietet. Daa war früher anders.
Der nite Import weckte die Selbstthiitigkeit der jungen Völker und die
ana den Culturländern gebrachten Krankheiten, Aussäte und Elephantiasis,
waren weniger zerstörend als die unseren.
Hierauf fand die Begrüssung des Congreases durch den Oberprüaidial-
rath Y. Bülow statt. Herr Oberbürgermeiater Giesebrecht dankt dafür, das«
die Gesellschaft diese Stadt gewühlt, and wünscht, dass sie reiche Frucht
ernte. DerGeechiLftsführer, Gymnasial-Director Lemcke, gedenkt der lUänner,
die fftr die Pommersche Alterthumsforschung gewirkt haben, znn&ahst des
OberprJlaidenten Sack, der den Verein für Pommersche Geschichte und Alter-
tfanmskunde begründet bat. Er nennt Hagenow, Lud. Giesebrecht und
Hering und rühmt die Verdienste Bayers um das Provinzialmuseum in Stral-
sund. Die Geseilschaft fiir Pommersche Geschichte und Altert humskunde
hat als Festschrift den Mitgliedern dea Congresaea zwei Abbandlungeo aus den
Bnltiachen Studien, J. XXXVI, Uexenwesen und Zauberei in Pommern, von
ö. Jahn, and die BurgwAlle des Riindowthalee, von H. Schnmann, überreicht.
Nun erstattrt der Generoi-Seeretür Etanke den Jahresbericht. Er zählt
zuerst die Arbeiten über Urgeschichte auf nnd bemerkt, dass die den Scandinaven
gewöhnlich sugescbriebene Eintbeiluag derselben in «ins Stein-, Bronze-
and Eisenüeit gleichEeitig in Dentschland gebrancht worden sei. Er n«Dnt
17(1
ScbHaffhaunea:
Yosi und Stimrain^'s Alterttiömer aus der Mnrk Brandenburg, Frl. Heatoi'fi
vurgei^L'hiditlicIie Alterthlimer Schleawig-Hulstetns und LiudeUHcbmite Haod-
buch der Arcbüologie, feruer Arbeiten von Subwurz, Vircliow, Olahansea,
Waukel und ScbnafTbauaen. Bftstian beabsicbtigt Hystematische VeröSeat-
liobungen aus dem etbncilogisuben Museum, das durch den AukauT der Hach-
tigalscbon Sammlujigen bereichert ist. E^ine wichtige Uatei'bUcliuDg bezeiohnet
er als eine fast uobesuhriebeue Tafel, es ist die Frage der Auclimatisatioo.
Viroliow hat schon in der Natur forsch er- Versammlung zu Stiassburg diese
Frage zur Sprache gebrncht, sie wird auch die bevorsteheuJe Berliuer Ver-
SBiumlung beschäftig^]], sie ist ia diesem Augenblick für uns Deutsche wich-
tig, d.i wir im Begriffe sind, in entfernten Ländern Colonteo anzulegen.
In den Linherigen Berichten von Bastian, l-'ritscli, Thieiach herrsohea Wider-
sprüche. Im Hinblick auf die grosaartigen doutschen Uuteroehiiiungea lur
Krforschaug und zur Besititergreifung fremder l.ünder sagt Rauke, «rir
stünden ini Morgenglanze einer neuen Zelt. Jetzt gab Weissmana den
Kiissenbericht. Uie Einnahme pro 1885/8Ö beträgt 13402 Mk. 49 Pf. Die
Jahresbeiträge wurden von 2143 Mitgliedern entrichtet. Es bleibt ein
Kaaxeobesland von 808 Mk. 57 Pf. Für das kommende Jahr bleibt die Summe
von 7109 Mk. 67 Pf. verfügbar.
Niich einer Pause Ton zwei Stunden wurden um 2 Uhr die Vorträge
fortgesetzt. Herr Naget halte ein Skelrtt aus dem neolithischeu Gräberfeld
bei ßöBSen an der äaale tinfern Murseburg ausgestellt. Die Todten liegen
1 '/« <u l^icf ii'i Thonboden. Die Schädel sind dolichocephal. Hals- und
Armringe sind aus Marmor, einer aus Eichhorn, in den Gräbern liegen
seltt
Feuerstein Ol ess er. Steinheile und Thongefäase mit ll<
darüber. Hierauf achildert Dr. Gremph
römischen Alterthum, der im April d. J. in der Nähe
in einer Sandgrube gemacht wurdi
aus Bronze, der, wie vorstehende Stutzen zeigen.
how spricht
Fund ana dem
-eslnn bei Sacran
lieg barer Vierfasa
Misch gefaes getragen
hat. Die vier Stangen sind mit Panthern verziert und tragen
weibliche Büsten. Zweimal findet aich die Aufschrift NVM. ADO. Zugleich
fanden aich verzierte Goldlileche, eine silberne Scheere, Spiralriuge, eine
Pincette, eine Schale aus Onyx, Spie Istein eben. Das Ornament einer goldenen
Schale hat archaischen Charakter. Die regellose La^^e der Gegenstände
läast vermuthen, dass hier kein Grab war, sondern der Uausrath eines vor-
nehmen Mannes vielleicht ala Beute geborgen wurde. Auch ein Fabrik-
Stempel findet sich am Vierfuaa. Bildebrand bezweifelt den nordischen
Ursprung einiger Gegenistände, Tischler weist eine Fibel dem Ende den 3,
Jahrbnnderts zu. Ein Bronzekeasel scheint ihm Jünger als die von Pompeji.
Sollte die Aufschrift ulchl beweisen, dass der Vierfuas einmal dem Kaiser
Numerianus gehörte? Dr. Behia sprach dann über das Elch i
kommen. Nnoh Rchlnss der Sitzung fuhr ein Theil der Mil
Äntbropologen- Versammlung in Stettin
I 10. bis 16. August 1S66. 177
Qnd
KUckenmühle stur BesichtiguDg dar Anstalteo fflr Geist oBscb wache
Epileplisclie, Um 6 Uhr fand im Saale des CoDcertbanses unter zahlreicher
Betheiligung das Festessen statt. Die Genösse der Tafel wurden durch
die üblichen Toaste und durch au.sgczeidiiieten QiiartellgesaDg unterbiochen.
Die Dichter und Comp:)iiiäten der Lieder waren Pommern, Berr Ober-
Reg.-Rath von Pultkamer brachte das Hoch auf den Kaiser, Bürgermeister
Giesehrecbt das auf die Anthropologische Geselhchaft aus. Virchow liess
die Provinz Pommern leben.
Am Mittwoch den 11. August besachten die ÄDthropologen von 8 bis
10 Ubr unter Führung des Herrn Dr. Lemcke das Museum der Gesallscbaft
für Pommersche Geschichte und Allerthumskunde, von dem ein übersicht-
licher Katalog den Mitgliedern eingehändigt wurde. D.is Museum beündet
sich im Tiiurme des alten Schlosses. Hier errichtete 134ß Barnim III.
■ Stettiner ein Steiubaaa nebst Kapelle, die vom Pummern-
in Bamberg geweiht war. In der vom virstorbeneii Conser-
gpoi'dneteu Sammlung befinden sich zahlreiche Stringeräthe
Torffund, der den gleichzeitigen Gebrauch von Steinheil,
beweist, die echöne Unlaschnur aus Silberltellen VOQ
I Hackailber und V\ endenplennigen. Um 10 Ubr
aaf Kosten der
Apostel Otto 1
vator Knorren
und Urneo, ei
PaaUfab und Eis'
Speck, reiche Funde
die Vorträge. Zuurst sprach I>r, Jahn über heidnische Regia
im heutigen Volksleben der Poniroeni. Alle noch vielfach verbreiteten
ftbergläubisoben Vorstellaiigen gehören dem germnuiscben Alterlhum an.
Dies erklärt eich, wenn man erwiigt, dass hier vor der Völkerwanderung
Germanen gewohnt haben ui>d die spätere slavisebe Einwanderung darin
wenig geändert hat. Der Tod ht ein erustt-r ruhiger Mann, der mit des
Bauern tich iu ein Gespräch einliiast, KrsLikheiten werden durch böse Geist«
hervorgebracht, auch die Cholera ist ein dämonisches Wesen. Die unruhige
See sucht man durch Schmeichelworle zn besänftigen. Nuch findet sich
der Glaube an Biesen oder Hünen, diu Suhutx suchen hei den Bauern vor
den sie verfolgenden Göttern, na Zwerge oder Ulken, die sich uiiaichtbar
machen kiiiinen, und sich in Käl'er v
allen mfiglicben Schahernak, sie verb
Weiber meuscbliche Form annehmen,
Wenn ein Kind vor der Taufe stirbt, eo f
den Leib in Gestalt einer Maus, eine
kennt Kobolde, Wassergeister und di
sind dem slaviacben Aberglauben fremd.
Ea komme mehrfach vor. dass nach e
Volksleben der alten C
Griechenland die türkii
seien die Vorstellu
von Interesse
Sie spielen dem Landmann
ideru das Buttern. Die Elheu, derea
sind iu llihterpomniern Hausgeister,
rd es ein wilder Alb. Die Seele verlässt
Vogels, eines fenrigen Gauchs, Hau
I Vaatpyr. Alle diese Vorstelluiigen
Schwartz bestätigt diese Ansicht,
iner Eroberung durch Fremde
ingen
^vöikerung wieder erscheine. So habe im heutigeo
:lie Herrschaft wenig Einfluss geübt. Echt deutsch
irom wilden Jäger, von der weissen Frau, Es würde
i geographisch- mythologischen Atlas au entwerfen)
12
178
Sckaftffbki
ehe der Volksglaube ganz verblsHt lei. Vircbow sagt, es gebe B«iBpi«l«
flir eiaen achoellea Wechsel id dieser Beziehuag. Die wendisclien Gegendea
im Schweriner Kreiae seien voÜBtäadig gerraaoijirt. Im Amte Blüchow in
Hannover sei zu Anfang de« JalirliuaderLi aoch wendisch gesprochea worden,
■ □PomerelleD seien deutsche Gcschlechtii'r in polnische umgewandelt worden.
AuETallend aei die geringe Zahl slavischer Grabfelder in PommarD.
Der Vorsitzeade berichtet dann über die Untersuchung der deut-
schen Sohndelformen und die Herstellung einer prä h ist o Hieben Kart«,
Schaaffhausen über die Beiträge zum AotSii-opoiogischeu Kntaiog und
aber die von der eDgliscbe» KegicruDg angeordnete Statistik von Ben-
galen, Sodann spricht er über den grossen Zeh des Hea sehen, aber
dessen L&nge beim Europäer und bei rohen Kassen verschiedene Aügaheo
gemacht werden. Bei allen berühmten griechischen Statuen ist der grosse
Zeh kleiner tils der zweite, so beim Apollo von Beivedere, bei der Diana
von Versailles, der medicelschen Venas, dem Laokoon , deu Dioscureo,
dem DiscuBwerfer u. A. Harriaon irrt de^shalb, wenn er glaubt, diese
Bildung sei den heutigen Künstlern nicht von GriecbenUnd, sondern von
Italien zogekommon. indem die Etrusker schon den Fugs so bildeten und
die heutigen Italiener ihn so besiissen. Auch an ägyptischen Statuen findet
man den zweiten Zeh langer als den ersten. An dem Fuss der Wilden
sind auch der dritte, vierte und fünfte Zeh kriiftiger gebildet als beim
Knmpiter, bei dem die Fusshekleidnng diese Zehen wohl oft vorkümmert und
deashalb den grossen Zeh, auf den sie weniger Einfluss übte, verhaltniss-
mässig verlängert hat. Es ist auffallend, dass an den Statuen der Grie-
chen, die doch die Sandale trugen, auch der kleine Zeh verkümmert ist.
So findet es sich aber auch an ägyptischen Mumien. Der bei den ver-
■chiedenen Rassen ungleiche Gebrauch des Fusses muss diese Dnterschieilfl
erklären. Hierauf spricht Krause über raikrouesische Schädel. Die Mikro-
neaier sind kein originaler Typus, sondern ein Misch volk aus Polynesiern undPa-
puanern. Auf den mikrouesischen Inseln war eine meianesieche Urbevölkerung
vorhanden, die durch von Westen einwandernde malayische Stiimme übenogan
worden ist, deren Nachkommen als Polynesier bekannt sind. Diete Ein-
wanderer habeu auf deu nördliclieu Inseln der Südsee festen Fum gefasrt,
während die fievülkerung der südlichen ihnen Widerstand geleistet b«t
Tischler beschreibt die Technik des Millefiori-Emaila. Es wurden farbig«
Glaastäbe neben einander gelegt und zusammengeschmolzen, dann snage-
Eogen oder man überrollte einen Glasfaden mit andersfarbigen FlüsMii.
Die alte Glaskuust ist noch nicht wieder erreicht. Aus Millefioristäbchen
machte man auch Perlen. Im Stettiner Museum sind grosse Perlen mit
vier Gesichtern, deren Kopf einen Turban trügt, aas Ledebuhr in Pommern.
Dieae Eanst wird mit Unrecht als gatlo-rdmisch bezeichnet, sie reicht von
Fnnkreicb bis Ungarn; sie findet sich an Gegenständen der La Xene-Z«it,
i
i
Anthropologen-Versammlung
10. bis 15. August 1
die zuerst eine Weltltultur brachte. Sie Godet sich aU Furchenscbmelz auf
naUriagen von Brooce. Auf zwei Fibeln tod Demrain »iwl eninillirte Ku-
geln und ein Krenz, da9 cbfirakteristisch för die la Tene-Zeit ist. Ilss
Blut-Email kommt auch nuf Eiecn Ter, z. B. atU' Nagelköpfen. Dhb Email
der Römer war weit verbreitet. NanhmittHgs fand eine Fahrt auf der
Oder statt. Bei der Rückfahrt erglänzteu zshlreiobe Villen and Fabrikge-
bäude in bengalischem Feuer.
Am Donnerstag den 12. August nurde Yon 8 bis 10 Uhr das Poro-
mer'scbe Museum besucht und um iC/a Uhr die letzte Sitzung eröffnet
Zuerst fand die Neuwahl des Vorstandes statt. Vircliow wurde zum ersten
Vorsitzenden, ^cbiiaff hausen und Waldeyer «u Stellver tretet o gewühlt und
Nürnberg als Ort der nilcbateu Versammlung bestimmt. Den ersten Vor-
trag hielt Leracke über ilie Vorgeschichte Pommerns. Dieselbe ist mit einem
romantischen Zauber umkleidet, erst das 12. Jahrhundert bringt zuverläs-
sige Kunde über das Land und seine Bewohner. Ueber das 10, und 11.
Jahrhundert berichten die nordischen Sagainfinner, die isländischen Ge-
Bchichlsschreiber, ihre Nachrichten sind, wie die des Adam Saxo und llel-
mold, poetisch geerbt. Streift man das dichterische Beiwerk ah, so bleibt
noch T hat such liches genug zurück, um ein anschauliches und zutreffendes
Bild jenttr Zeiten zu zeichnen. Drei Orte sind es, welche das Interesse be-
sonders für sich in Anspruch nehmen und zugleich in innigster Beziehung
zu einander stehen: Jumme (Julin), Swöldr Bud Vineta. Bei der blühen-
den wendischen Üaadelsstudt Julin, dem heutigen Wollin an dem mittleren
Oderarm Divenow, die von den nordiscl.en Völkern Jörn, Jum, Jumne. auch
Junmeta genannt wird, befand sich eine Niederlasäiing dänischer Wickiuger,
die von Ptilmaloke, der sich mit seinem Könige entzweit und von Bnrrisleif
den Gau Jum geschenkt erhalten hatte, im 10, Jahrhundert gegrflndeto
vielgcrühmt-e Jonisburg, bei der ein Hufen gebaut war. Ihre Bewohner bil-
deten einen kleinen Raubstaat. Zu den wendischen Laudesnngehörigen und
dem Landesherrn standen sie in friedlichem Verhältnis«, aber ihre eigeneo
Landsleute, Danen und Norweger, hatten von ihrem wilden Kriegsmut he
viel zu leiden. Strenge Gesetze herrschten in diesem Gemeinwesen, eine
Art von Communismus. Kein Weib durfte die Burg betreten, die Männer
durften dieselbe nur drei Tage Verliesen. Der Heerführer war nnbeschränk-
ter Herr über Alles. Wilde Tapferkeit machte sie gefürchtet, aber auch
UinUrlist verschmähten sie nicht. So verriethen i
der Führung des schlauen Sigwald deo König Olat
der Christen beim Swoldr-EÜand an seine nordiscbei
ter Kampf gegen das Christeuthum, das schon .
Heimath obgesiegt, brachte ihnen den Untergang.
zweimal im Laufe des 11. Jahrhunderts %
nnd Erich erobert und leratört. Hit der
iie im Jahre lÜOO unter
f Trygvason, den Freund
II Feinde. Ihr fortgesetz-
l&ngst in der dänischen
Die Jorasliurg wurde
a den dänischen Königen Magno«
Falle Arcona's, 1168, hatte daa
t6d
Sohaarrlia<is<
HeidiMithtiin ein Ende. Der dichteude Volkamand Iicbs in der 8»ge von
Vineta die alte Jomabnrg von Neuem eretehen. Diese mächtige Ilandel»-
Btndt, so hiesa es, hntto njclit ihres Gleichen auf der Welt, ihr Glaoi and
ihre Pracht liessen sich nicht beafhreiben, sie hnlte eherne Thor«- und Gür-
ten auf den Düchern. Der Keichthnm machte die ücwohner üppig und
gottlos, da kam dtie göttliche Sl:rargerichl. Ein NorUoBtsturm tobte sieben
Jahre lang und tilgte die Stadt von der Erde. Bei Dainerow, ttm Streckel-
berg auf der Insel Usedom, wo ein gewalligee Steinriff die Schiffe geiahr-
det, soll eie geBlanden haben. Die Gelehrten des 16, bis 16, JahrhoDderta
unteräuehten den Meeresgrund boi Damerow und wollten in dem Geroll des
Fundamente erkennen. Äher ähnliche Stein-
!sen Kneten ; keiner der Efthlreichen von Da-
lenbati in Swinemünde verwendeten Blöcke
pur einer Bearbeitung. Dann kam die EntdeckiiDg
• Nfttne Vinetft bei Helmold lediglich auf einem Schreib-
lere HandBchiirten Junüta und Jumneta Urten. Zu-
Steinrifla Strassen, Platzt
riffe finden sich vielfach (
merow geholten und zun
zeigte die geringste Spur
Lappeiiberge, daas d<
fehler beruhe da an
letzt zeigte R. Klempin, dnss die Jomsburg bei Wolliii gelegen und wies
die Entstehung aller an den Numen Tineta nieh knüpfenden Irrungen nach.
In diesem Namen flössen zusammen die geechichtliphs Kunde von der JomM<
bnrg, die Erinnerung an daN wendische HiiudeUeroporiura Julin, die Zer-
störung von Wiahy, die im Volküglauhen lebendige Erinnerung an die SOnd-
fluth, der biblische Bericht von der Zerstörung groeser Städte wegen ihrer
SQndeu und das Gedüchtnias an wirklieh etattgebabte Zeretörnngen der
Küste bei Sturmlluthen. Aus Allem dem hat sich das Bild von Viuela zn-
samnieDgeaetzt, das noch in der Volksdichtung fortlebt. Dass Vineta nud
Jomsburg zusammen gehören, ist schon lange erkannt, aber mnn machte
den Fehler, die lelKtiro an die angebliche Stelle der ersteren za \-erIegen,
während das Umgekehrte der Fall ist. Vineta ist die fiagenbafl verklärte
Erinnerung an die Bläthe Julius and an den Ausgang der vorgeschicht-
lichen Zfit Pommerun. Hierauf zeigt Göt/e gebrannte stabförmige Thon-
stücke mit Nngeleindrücken, die in einem Ziegel pack werk bei Metz am Ufer
der Seille in einer Tiefe von 5 — im ingrof^ser Zahl gefunden werden. Haben
sie dazu gedient, den Wiesenboden festzumachen, oder wurden sie zurSalzge-
winunng gehraacht, da Salzquellen in der Nahe sindV Sie wurden schon 1770
als römisehes Bauwerk beschrieben, jetzt will man sie der Steinzeit zuschreibeu.
Albreobt spricht über die erslen Siiugethiere, und zeigt durch eine vergleichende
Betrachtung des Saugethierakelets, dasa dieselben einen walarligon Körper
hatten. Schuafflianseu berichtet übpr vorgeschichtliche Menschenreate, zeigt aber
vorher einige Photographieen der von Emil Brugsch am 1. Juni d. J, abge-
wickelten Mumie Rhaniaes H.. des grossen Aegypter- Königs Seaostris der
I
I
Bibel. Der Kopf des Sesostris ist lang i
1 wenig hoch, er hat voraprin-
gende Nase und liegende Stirn. Er ist weder äthiopisch, noch nioogolisob,
AdtbrotiolagcD-Yorsummlung i
. August 168Ü. 181
ebildeten nrabiBcben
noch jüdisch, er gleicbt dem von Boiy St. Tinceot r
Typus der heutigen Beduinen. Trotz der EintrücknuDg sind die Gesichts*
zügedeaSesoatris deutlich erkennbar. Erlegt dann die ScIirifL von A. delCastillo
nnd M. Bärcenn über ein bei Penon im Thale von Mesico in Kalktiiff ein-
f;eBchtu»aeDeB Hkelet vor. Dasselbe ist in derselben Schicht tnit quatemäreti
Thierreaten gefunden und enthält keine organische Substanz niebr. Weil
zwiBchea Mensch und Thier in Amerikn eine grosse LQcke isl, nm»H man
den Menschen daseibat für eingewandert hallen. Der Redner zeigt hierauf
eine Photographie des im Herbst 1885 im Löüs bei BrGnn gefundenen
Sehridels, den ihm Prof. MakoMskl zugesendet hat, Der Schädel ist nicht
prognntii, ober als Merkmale niederer Bildung können bezeichnet werden:
die Bcliniale und kurze Stirn, die hochgebende Linea teraporalis, dei- frühe
SchliiBB der tJchHdelnähte, die Dicke der Scbüdelknochen, die obeu TerjQngtes
Nasenbeine, die zuoiwurzeligeu Prämolaren, die einfache Mastoidea, da«
Foramen in der Fosaa olecrani. Zuletzt zeigl er das von Wankcl bei
Predoioat in Mähren in einer ly« m michtigen Schiebt von Kohlen und
bearbeiteten Mamratitbknoohen sowie Fenersteinmesgem, 3 m unter der Ober-
flache gefundene Stück eines nienschlicben Unferkii-fi-rs. Wankel hftit ihn für
normal, er besitzt aber eine ganze Reihe niederer Merkmale. Nach seiner Uildung
kann dieser Kiftfer wohl der Mammitthzeit nn^rlirrpn. Wankel giebt hierauf
eine genaue Schilderung der FundstStfe und sagl. da« er den Kiefi-r mit
eigener liand aus der bezeichneten Schicht hervorgezog'^n habe. Am Schlüsse
der Sitzung dankte der Vorsitzende, wiewohl noch groase OenUase in Ans-
sJcht atilndcn, der Stadt, den Behörden, dem Cumjt^ fiir nlls Vernnataltungen,
die den Congreas xu einem ao glunzenden gemacht hülteo.
Um 2 Uhr fuhren die Anthropologen nach Bluroenhngen uud mit Wagen
nach llühnerwinktl, wo man nach Abschürfung des Bodens schwarze Thou-
Bcherbeu nnd zerepaitene Scbweineknocben als Reate alter Anaiedelung fand,
dann ging es weiter zu den Bnrgw&llen bei Slokenberg, in deaaen Nilhe
ein Bchönea HQnengrab geöffi^et war, Jahn scliilderle die Aufgrabung.
Unter einem Hfigel, der ans Lehm und Feldslcinen bestand und in 4 F.
Tiefe auf seiner Mitte eine Feueraliltte zeigte, lag ein mit drei mächtigen
Grnnilblöckeu bedecktes Steingrab, Die GraUkammer war durch acht Blflcfce
gebildet, deren [nnenfliicben glatt behauen waren. Sie waren 8 F. lang,
5 F. breit und 6,7 F, hoch. Die ZwiachenrAume zwischen den Blocken
waren sorgfältig mit kleinen Sands teinplalten ohne Mfirtel zugelegt. Auf dem
Boden lag genau iu der Mitte der Kammer ein Mensch eng erippe auf weissem
Sande, mit dem Kopfe nach Norden. Der Schädel war aus einander gefallen, dla
/.ahne sehr abgenutzt, die Beiiiknocben stark gebogen. Neben diesem Gerippe
lag links noch ein ztieites, von dem wenig erhalten blieb. Ueber den BodeQ
zerstreut lagen Gefäasach erben von dunkelgrüner Farbe mit rothau Punkten,
Als d.ia Grub besichtigt war, wurden ganz in der Nilhe noch AscheDurnen
Schaaffhaaa.
ausgegraben, deren mehrere unter einer gemeinaBmen Decke vOD Feld-
steinen standen. Bei der Rückfahrt fand in Psaewalk ein festlicbes Abeitd-
eaeen statt.
Andern Morgens 6 Uhr dampfte das ScliifF Prinzessin Victoria mit etwa
hundert Congreasniit gliedern, Herren und Dftmeii, bei schönstem Wetter u
Swinemünde vorbei nach der Insel Rügen. Um ^'/s '-'hr knm es vor Stubben-
kammer tin, wo Bote die GesellBchaft ad'h Land lirachtcn. Der 133 ra hohe
Könjgsstulil, der ein altes Steingrah sein soll, war Imld erstiegen und entciickt
blickten Alle unter scbattigen Buchen über die weissen Klippen hinaus auf
die See. Nach kurzer Rast eilten Plinige in den Wald, ucu Gräber auf-
itadeckeu, Andere zogen en vor, die Aussicht lu genie«sen, eine dort
aufgestellte äammliing scliöner Steingeräthe zu betrachten und dann den
kurzen Gang zum Hertbasee und zur Herthaburg, einer alten UtnwaUiing
von 300 m Umfang zu machen. Erst beim frübhchen Abeudessen in
dem einzigen grossen Gasthof fand man sich mit denen, die ei'folghis durch
den Wald gestreift, wieder zusammen. Am Sonnabend Morgens G', g Ubr
ging es theila zu Pubs dem hohen Ufer entlang, theils zu Wagen nach Sassnili,
und von hier bei hochgehender See wieder auf das Schiff, das nun nach
Göhren fuhr. Hier stellte man zwanzig Leute aus Möaehgut, Miinner
Pnd Frauen, in ihrer buqten "iederaächsiacben Volkstracht den Anlhropoiogea
vor, welche die aeibslgemacbten Tuche der Kleider, die bunt gestreiften
Unterröcke, die in Perlen gestickten Brustlatze, die schwarzen anschliessenden
Hauben, aus denen eine gekräuselte Stirolocke hervoraah, und die Bernstein-
ohrringe immer wieder betrachteten. Von hier fuhr das Schiff nach Lauter-
bncb, wo bei der Landung fürattiche Wagen bereit standen, die Gäste nach
Puthua zu fahren. l>er Fürst Wilhelm Malte begrüsate an der Treppe
des Gartensaloiis den Vorstand und nahm an der hier gedeckton Tafel Theil.
Nach einer Anrede des VoraitKenden brachte er ein Hoch auf die autbropo-
logische Gesellschaft aus. Nach Schlasa der Mahlzeit führte er selbst die
Geselisohaft durch den herrlichen Park und das mit Kunstwerken aller Art
gefällte ScblosB. Erst um 6^4 Uhr konnte die Abfahrt stattfinden. Nach
9 Uhr legte das Soliiff in Stralsund an. Die Fahrt nach Rügen war nm
so lehrreicher, als Herr Baier wärend der Fahrt Hageuow's archäologische
Karte von Rügen aufgelegt und den Anthropologen beine Festschrift: .Die
Insel Rfigen nach ihrer archaologiacben Bedeutung' als Führer in die Hand
gegeben hatte. Am Sonntftg fand die Besichtigung des bereits 1869 ge-
gründeten Proviuzial-Museums für Nen Vorpommern und Rügen statt. Die
trefflich geordnete Sammlung ist reich an Steingcräthen der vorschiedenaten
Form, aber arm an Bronzen und Eisen. Baier zahlt auf Rügen uur 500
Uetalll'unde. Zwülf arabische Münzen sind aus der Zeit von 767 — S22.
i
Zahlreich sind die
Backsilber
äilberne
Wendenpfeunige ;
. fehlet
icht Funde
■ Uiddensöer GoJdluml »
I den Anfang des 11. Jahr- r
AntbropologeD-VersamiDlung ia Stettin vom 10. bis 15. August 1886. 183
Hunderts gesetzt. Um 10 Uhr begrüssten Herr Bayer und Bürgermeister
Francke die Gesellschaft, die mit Spenden des Rathskellers köstlich be-
wirthet wurde. Hierauf fand noch ein Rundgang durch die Kirchen statt,
die von ihrem künstlerischen Schmucke mehr bewahrt haben, als es in Nord-
deutschland sonst der Fall ist. Ein Festmahl um 1 Uhr beschloss den
Congress.
Schaaffhaasen.
ly. Miscellen.
1. Antiquarische Beobachtangen im Ahrthale.
a. Erst Dachträglich yerDehme ich von einem soyerlässigen Zeogeo,
dass vor etwa 4 Jahren links von der Eisenbahn Ahrweiler-Remagen, bevor
diese die Strasse Ahrthal- Gelsdorf durchschneidet, eigenthümliche Aschen-
behälter gefanden worden sind. Diese Behälter bestanden aus je zwei auf
einander gelegten halbcylindrischen Pfannen aus gelblich rotbem Thon. Ein
jeder der Bebälter war ungef&hr IY2' l^i^g) 1' breit und 9" hoch; die
Pfannen waren 1 " dick. An den Seiten waren die Behälter offen, und bildeten
demnach einen kurzen Kanal. Es lagen ihrer mehrere unmittelbar anein-
ander; im Ganzen fanden sich 10 — 15 Stück und ausserdem viele Scherben.
Die Bellälter enthielten Asche und verbrannte Knocben.
b. Vor dem Ahrthore der Stadt Ahrweiler wurde in diesem Sommer
behufs Anlage eines Kanals das Strassenpflaster etwa T^l^^ tief aufge-
brochen. Dabei fand sich in der ganzen Länge der betreffenden Stelle,
15 cm unter dem heutigen Niveau eine 15 — 20 cm dicke Mörtelschicht und
unter dieser aufgeschüttetes Gerolle mit Scherben. Zwei der letzteren setzten
sich zusammen zu einem ganz gewöhnlichen Trinkgefässe aus grauem Thon,
wie sie meines Wissens nur im Mittelalter und in neuerer Zeit gemacht
werden. Irre ich also hierin nicht, 80 wäre der Beweis geliefert, dass man
auch lange nach der Römerzeit noch Mörtel beim Strassenbnu verwandt hat.
c. Es sind jetzt einige Jahre her, dass in dem Bett der Ahr, etwa
100 Schritt oberhalb der bei Ahrweiler befindlif-hen grösseren Brücke ein
etwa 2* hoher imd IY2' dicker Stein ausgegraben wurde, aus dessen einer
Lnnghälfte der Kopf eines Wassergottes nusgeraeisselt ist. Die Stirne tritt
ein wenig zurück, die Nase ist etwas klein und flach, dagegen erscheint die
Oberlippe dos ziemlich weit geöffneten Mundes dick, und auch das Kinn
tritt stark horvor. Unter dem Munde zu beiden Seiten des Kinns sind
je drei ziemlich breite Kiemenhliitter an einem Halter angebracht. Auf
jeder Wange bewegt sich nach dem bezüglichen Mundwinkel ein Fisch von
der Länge des kräftigen Ohres. Ueber den kleinen Augen sieht man zwei
eiuaoder zugewandte kleinere Fische. — Der Auffinder dea Steiaes hat
denselbeD in eioe Ecke des ersten Stockes seines neaen im Ellig bei Ahr-
weiler einsam stehenden Hauses einraauern lasBon.
P. Joerres.
2. Archäologische Funde auf der Akropolis von Athen.
Man schreibt der „F. Ztg." nus Athen: Die in nördlicher Richtung
von den Propj'läen der Athener Akropolis in neuester Zeit vorgenommenen
Ausgrabungen haben sehr merkwürdige Ergebnisse zu Tage gefördert.
Insgcsammt wurden in den Jeteten Tagen 12 ziemlich grosse nnd wohler-
haltene KupfergefäsBe, wie WeinbebSIter, Trinksclialen, Mischgefasae nnd
Trinkbecher ausgegraben. Der \VeiaI>ebi!ter ist 29 cm hoch und der Form
nach kunstvoll gearbeitet. Alle diese Gegenslünde wurden an einem und
demselben Orte gefunden. Zudem wurde auch noch eine in Kupfer ga-
arbeilete ziemlich gut erhaltene Statuette von 27 cm Hohe ausgegraben. Die
Statuette stellt eine weibliihi,' Figur dar. welche in ein Panzerhemd gehüllt
ist, das Kleid bis zu dun FUasen trägt, und dasstlbe mit der an den Leih
anliegenden linken Hand znrüciibfilt, während die rechte vom Ellenbogen
ab vorgestreckt ist. Die Statue ist die grösste der bisher auf der Akropolis
auBgegrabeoen Kupferatatuen und ihrer Auslührang nnch ähnlich den im
letzten Januar ausgegrabenen, der Epoche von Phidiss angehörenden Mar-
morstatuen. In einer vor Kurzem auf der Akropolis aufgefundenen Mar-
morinschrift wird eines Kupferdepots (Cbulkotheke) erw.^hnt, also eines be-
sonderen Ortes, wo die kupfernen Gelasse und andere den Tempeln gehörige
aus Kupfer verfertigte Gegenslünde aufbewahrt wurden. Es fr.igt sich nun,
ob die nordöstlich der Propylüen aufgedeckte Mauer dieser Clialkothek an-
gehört und die ausgegrabenen Kupferobjekle von den daselbst aufbewahrten
KupfeigegciiBliiDden herrühren, vorüber erst die weiteren eingehenden Nach-
grabungen siclieren ÄufHchluBS geben werden. Allgemein nimmt man iiidess
in archä..logi<^chen Kreisen Albens an, dass sich die Clialkothek zum blin-
de^len in der Nähe jenes Ortes beJiudbt, wo die erwähnten zahlreichen
Kupfergefüsse aufgefunden wurden. L'eberdies wurde nordöxllich von den
Propyläen ein Marmorbruchelüok aiifgefuncien, auf welchem die WiJmuugs-
anfschrift: nDen korbtrngenden Jungfruuen" — welche bei den Festen dea
Dioujsios, der Demeter ü. n, die Heiligthumer dieser Götter trugen — einge-
graben ist. Die Namen der Jungfrauen fehleu zwar, nlier jene der Archonten,
nnler welchen sie den Korb der Ueiligtbiiiner, nnd zwar des Diony<>ioa und
»der Matter der Götter" getragen, finden sich auf dem Hruchstücke vor.
Bonner Zeit. 4. Dez. 1866. Morganbl.
3. Römische Gr&ber in Bonn. Neben der Mehl em'aohen Fabrik
auf der Coblenzer Strasse worden bei Errichtung eines Nenbaus im Apri'
186
MUcellen.
dieses Jahres dstlicli yon der Ghaass^ in einer Tiefe yon etwa 5' römiaehe
Gräber anfgedeckt; unter 15 Aschengräbem war nur ein Begrabene. Die
Wände and der Boden des 4 Fuss im Geviert messenden Grabraums waren
hartgebrannt. Um die Urnen standen Lämpchen, Krüge, Schalen, Salbfläsch-
eben. Ein weiss gelber Henkelkrag, ^^Ve ^^ ^^^^ ^^^ ^^ ^^ breit war
mit einer fein geschlämmten Thonerde gefüllt, die gebrannt eine schön rothe
Farbe annahm. Herr Guillaame wird Versache damit anstellen, om die
Terra sigillata darzastellen. Schon Franz Keller hat 1876 seine Versadie
mitgetheilt, die rothe römische Töpferwaare herzasteilen, vgL Jahrb. LX,
S. 146. £r sagt, dass das Bestreichen mit einer Boraxlösang vor dem
Brennen die schön glänzende rothe Farbe der Glasar erzeage, während
eine zufällige oder künstliche Beimischung von Ocker die rothe Farbe der
gebrannten Thonmasse bedinge. Auch wies er darauf hin, dass ausser den
Töpferöfen, die aafgefandenen Formen für Reliefgefösse die Herstellnng der-
selben in den römischen Provinzen aasser Frage stellen. Eine 18 cm im
Durchmesser grosse graue Schale hat als Marke in der Mitte einen kleinen
menschlichen Fuss eingedrückt, die sich kreuzenden Linien daraof scheinen
die Riemen der Sandale darzust-ellen. Auf einer rothen Scherbe stand der
Stempel oFFEIGIS, Officina Felicis. Geh.-R. Bücheier schätzt die Buch-
staben als der frühen Kaiserzeit angehörig. Bis zum I stehen die Buch-
staben auf dem Kopfe, die andern stehen gerade. Noch fanden sich 2 kleine
9 cm hohe Töpfchen mit weiter Oefifnung und 2 schwarze Aschenurnen mit
längsgestreiften Bändern verziert, auch ein Thür- oder Webergewicht 7 cm
breit 5 hoch, um dessen Mitte eine tiefe Rille läuft, sowie eine Groaserz-
münze des Domitian, ein Armring und Beschlagstücke aus Bronce. Ein
Haufen von Scherben sehr verschiedener Gefässe deutet wie jener mit Thon
gefüllte Krug auf eine Töpferei. Zwischen diesen Scherben lag ein 60 mm
grosses Kreuz von gebranntem weissen Thon, auf dessen Mitte sich ein grosses,
mit Strahlen umgebenes Auge befindet. Unzweifelhaft diente diea mit
Miicellen,
187
3 Löchom veraehene Anhüngsel, welches hier ia natiirlichei' Grösse abge-
bildet ist, gegen das Fasoinnm, zur Abwehr des böseu Blioks. Mnn suchte
deu Zauber nlizuwehreri durch Seh reck bilder. wie Uns Medusen hau pt, durch
Köpfe und Mntiken, durch dr'n Phallus. Noch Coosl.antin trug das Gorgo-
neion auf der Brual. Diesem Aberglnuben lag dpr Gedanke zu Grunde, da«
die Miisgunst Änderer das reinste Glück eioes Kleaschen zerstören kauti. In
ilem Sinoi.-, dem bösen Blicke zuvoraukoinmen, war auch das oienschücfae
Auge ein Abwehrmittel. Es kommt all solches auf griechiBcben Gefassen
und auf Ringen vor ; vgl. 0. Jahn, über doo Aberglnoben des bösen Blicke
bei den Alten (Berichte über d. Verh. d. K. sachs. GesellscL d. W. 1885,
S. 2ä). Das vorliegeiide KreuK, dessen unterer llnlken abgebrochen ist und
langer gewesen sein kann, ist wohl fiir ein christliches zu hiilten. Dann
hätten wir hier eine Vereinigung eines cbriatliuben mit einem beidnisuhen
Symbol, wie eine solche ancb sonst und zumal in Glaubenseachen nachweis-
bar ist. Scbaaffhftusen.
4. Römische Hufeisen. Im Erddamm der Seite 188 erwihnt«[i
Römerstrasse, welche die Coblenzer Strasse südlich von Bonn in \,B0 m
Tiefe mit ihrem Baaaltpflaster durchzieht, wurden im Oetüber dieses Jahres
bei deu wicderholteu Anegraburgen zum Anschluss der Grundstöcke tn
die Wasserleitung, zwischen der Stein- und Kieslage jener Strasse, in 1,50
bis 2 m Tiefe sieben Hufeisen geiunden. Kines derselben gehörte einst
einem Maulthier, die übrigen glichen auffallend unseren heutigen Artillerie-
Hufeisen Nr. 3, l(j cm laug, 14 cm breit, mit 4 Nagellöchem in jedem Arm,
die Hufnägel mit versenkten vierkantigen Köpfen, 2 cm hohen Stollen, aber
im wiehtigEten Unterschiede mit unseren 1 cm hohen, scharfkantigen
Stangen-Huieisen, in den Armen und vorne fast doppelt eo breit als
diese, plattenförmig, von '/g cm Stärke auf '/< ^"^ nach der schmalen Innen-
fiache sich verjüngend, dadurch leichter im Gewicht, aber auch zweck-
mässiger den wunderbar elastischen Buf gegen den so hiiulig bei uns vor-
kommvnden Druck des Eisens auf die Hufsohle schützend, was unsere Huf-
eisen trotz alles sogenannten Abrichtens nicht immer vermögen. Einige
der gefundenen llnfeisen waren mit dicken Kostechichten über::ogen, nur
eines, welches mit drei andern zusammenlag, war fast rostfrei, grünlich
schwarz, bellklingend und trug vorne unter dem Griff den doppelt einge-
acblügenen Stempel [4J {halbe natürliche Grösse). Der im Eisenfach sachkundige
Dr. Gurlt erklärt, dass dies üuleisen vielleicht zulallig beim Schmieden
Btahlartig gewurden ist.
Die Frage in Betreff des römischen Hufbeachlages wird von Autoritäten
vorläufig negirt, ist noch nicht endgültig entschieden, wenn auch dos hiesige
Provinzial -Museum, dem z*e'i der gefundenen Hufeisen übergeben sind,
dergleichen ähnliche bereits besitzt. Wird indessen der römische llufbe-
168 Miscellen.
Bcblag bei den leichten Maoltbieren anerkannt, so war derselbe bei sebwereo
Zugpferden nm ao notbwendiger. Aber ancb jede Reiterei würde auf den
steinharten römischen Strassen, nach den Erfahrungen aller Zeiten, oboe Hof-
beschlag ihre so wichtigen Pferdehufe, und dadurch ihre Pferde schnell
roinirt haben. Ton Veitb.
5. Römische Rheinstraese durch Bonn. Im 55. Heft unserer
Jahrbdcher S. 243 sagt Prof. aus'm Weerth, dass im Jahre 1875 bdin
Legen von Wasserleitungsrohren die Römerstrasse Coblenz-Köln auf der
heutigen Coblenzerstrasse, uogefälir 3 Fuss unter deren Steinlage als ein
schweres Pflaster von Basaltseinen gefunden wurde.
Im 59. Heft S. 32 giebt Geo. v. Veitb die beim Bau der neuen
Klinik am Theater im Jahre 1876 aufgedeckten Profile dieser Rdmerstrasse
ohne jenes Basaltpflaster, unter Beifügung von Zeichnungen.
Im Frühjahr 1886 wurde die Römerstrasse in 9 Schachtbrunnen ge-
funden bei Anlage des Abziigskanals, der in 10 bis 12 m Tiefe unter der
Coblenzerstrasse vom Eintritt der Weberstrasse bis zum Hotel Kley am
Alten Zoll gebaut wurde. Das Basaltpflaster dieser Strasse wurde von der
Weberstrasse bis zur Vinea doroiui verfolgt, war aber weiterbin bis zum
Coblenzer Thor durch die ehemaligen Festnngsgräben zerstört.
An den Fundstellen lag die Kante der römischen Steinbahn 7 m von
der östlichen Häuserreihe der Coblenzerstrasse entfernt. Diese nur theil-
weise erhaltene, äusserst fest zusammengefügte Fahrbahn, an der Weber-
strasse nur 4 bis 5 Fuss breit, lag 1,30 m unter dem jetzigen Strassen-
pflaster, und bestand aus unregelmässigen, oben abgeflachten, unten oft
keilförmig behauenen Basaltsteincn, 20 bis 30 cm hoch und breit. Die
Ränder (margincs) der Fahrbahn waren durch grössere Basaltsteine von
30 bis 40 cra Länge gebildet, und jene keilförmig eingesetzten Steine gaben
der Oberfläche der Strasse eine Wölbung von ca. 15 cm Höhe.
An vielen Stellen war unter der römischen Basaltlage eine 10 cm
dicke Schicht von Kies mit verwittertem Kalk erkennbar, in welche jene
Steine eingebettet waren.
1 m unter dieser Basaltbahn, 2,50 m unter der jetzigen Strassen-
fläche lag eine 20cm hohe Schicht von faostgrossen Rheinkieseln, mit Kies
und Sand fest gemischt, als deutliche Grundlage des 6 m breiten, 1,20 mm
hohen Römerdammes, von Steinen, Kies und Erde erbaut.
Unter jener Kiesschicht beginnt in 3 m Tiefe unter der jetzigen Strasse
eine Krdschüttung und dann die Lchmschicht mit abwechselnden Kies-
und Sandschichten des aufgeschwemmten Bodens.
Von der römischen Hauptstrasse ging beim Meterstein 27,4 westlich
eine römische Nebenstrasso unter dem jetzigen Kessenicher Wege auf Kesse-
nich, Friesdorf, Godesberg. Im August 1886 wurde an der Kessenicher und
Mucellen. 189
WeberBtrBHsen-Ecke (Tafel III der Anlagen) in 1 m Tiefe jene Nebenstrasie
nia eine 3,70 m breite, 20 cm Btnrke KieRschicbt aufgedeckt, mit Ziegel-
schlag beEcbüttet. Die römiscbe UaliptstrasBe vt-rfolgt dagegen ihie gernde
Richtung unter der Cobleiizert-trasEe auf Godcsberg, von zahlreich eu Grabern
niid Funden aus der Röineizeit begleitet. (Bormtr Jaliib. des Vereins von
Alterthunisfreuriden etc. tj3, S. 1.)
von Vfitb.
6. Römische Griiler inBiwer. In Bezug auf die der KöId.
Ztg. entnommene, im lieft LXXXI S. 196 mitgetheilte Notiz, gieng dem
Vorstände durch Herrn Dir. Dr. Uetlcer folgende Berichliguiig zu. lu Giwer,
wo ein Händler auf Beine KoKten nach Alleithümeru grub, wurden ein
Sandatciiisurkophag uud mehrere BrandgrSber gefunden, welche nur einige
gewöhnliche Urnen und Lämpchen enthielten. Die andern römischen und
Bämmtliche fränkische Stücke, welche jene Notiz erwähnt, sind in Gondorf
an der Moee), Reg.-B. Cohlenz, nusgegraben und von einem Händler uaoh
Trier gebracht worden,
Sollte der Nnnie des Ortes Biwer nicht mit Niederbiber, wo das rä-
inischo Cnstrum stand, zusammenhängen ? Professor Ohlenschlsger hat
auf das auffallende Zusammentreffen des Namens Biburg, Biber oder Bi-
berg mit einer ziemlichen Anzahl von Befestigungen oder Gebäuderesten
rocisl rumitjcher Abkunft aufmerksam gemacht und dasselbe sprachlich
zu ergründen gesucht. Schon F. X. Mnyer hatte dies bemerkt und sagte,
dans Biburg oder Biber im Keltischen einen Lagerplatz bedeute. Förtite-
mann hält Biburg lilr gleicLhedeutend mit Vorburg, d. i. der bei der
Burg liegende Ort. Aber bei dem grössten Theil der so benannten
Plätze befindet sieb keine Burg. Dem Versuche , diese Ortsnamen
mit dem Tlilere Biber in Verbindung zu bringen, widerspricht häufig
ihre Lage auf Anhöhen. In Uayern nllein gieht es aber 50 Ortschaftoii,
die diesen Nameu tragen, der nach Företemann bereits im 8, Jahrhundert
vorkommt. Das altbochdeutsclie betli entspricht dem neubochJentschen
Bett. Ueribeddi, Herhede heisst Heerlager. Man könnte Biber als eine
abgeschliffene Form von Bidbnrg ansehen, aber in den sog. skeireins (go-
thiscben Paraphrasen evangelischen Inhalts) 111 42 findet sich schon bibaar^ei
mit der Bedeutung hefestigtPS Lager, dies ist nicht von bidliurg. sondern
vom goth. hibairgau, alid. biliergau in der Bedeutung bergen, schützen,
hefestigi^n abzuleiten. Vgl. Ohlenschlager, Erklarnug des Ortsnamens Biburg
j^i. d. Sitzb. der phil.-hiBt. Kl. der Bayer. Akad. d, W. 1885. HI.
Sühaaffhauaen.
7. Ein« rfimische Villa bei Brühl. Die Bonner und die Köl-
■cbe Zeitung braohtea im September und November Berichte ttber rö-
190 Miscellen.
mische Fnnde auf dem Hellischberge bei Brobl. Auf einer nach Südoci
gerichteten Berglehne worden seit einiger Zeit beim Pflögen römische Thon-
scberben und Stücke von Mörtel und Wandverputz aus dem Boden gehoben.
Der Ort ist gegen die nördlichen Winde völlig geschützt und bietet eine
schöne Aussicht auf den Rhein. In einem Kleestücke geben sich die im
Boden steckenden Mauern durch breite Streifen kund, auf denen der Klee
im Wachsthum zurückbleibt. Verschiedene Mauern sowie Fussböden aus
Trass wurden aufgedeckt. Von einer 18,25 m Jangen und 0,90 m starken
Mauer zweigen sich andere rechtwinkelig ab und bilden verschiedene Räume
von etwa 6 zu 7 m Grösse. Die etwa 2' dicken Mauern stehen 5' tief im
Boden. Das Ganze der Anlage erstreckt sich über eine Fläche von 150 bis
200 Schritt Länge und Breite. Die Mauerwände sind mit weissem Stuck (Gyps
mit Trass oder Tuff) bekleidet und mit rothen Streifen verziert. Im Innern
der Räume liegen Asche, Mauerschutt, Holzkohlen mit Scherben gemengt.
Die Gefasse bestehen aus hellgrauem oder gelblichem Thon oder aus Terra
sigillata und sind zum Theil reich mit Arabesken verziert. Elinige sind
roth und weiss bemalt auf schwarzem Grunde. Auch die Trümmer schön
verzierter Glassgefasse lassen auf den Wohlstand der Bewohner einer Villa
schliessen. £ine Münze des Agrippa ist gefunden. £ine Schieferplatte mit
anhängendem Kalksinter gehörte zu einer Wasserleitung. Nachgrabungen,
welche General Freih. v. Hilgers und Herr Baron v. Geyer dort angestellt,
lieferten die gleichen F^uude. Ob hier nur eine Villa stand oder, wie Andere
vermuthen, der Ort ein befestigter war, müssen weitere Untersuchungen zeigen.
Schaaffhausen.
8. Das alte Campodunum. Der Alterthumsverein von Kempten
hat auf dem Lindenberg am rechten Ufer der Dler die Grundmauern des
Forums der Römerstadt Campodunum blosgelegt. Bis in die jüngste Zeit
wurde noch fleissig gearbeitet und ein Ruinenfeld von grosser Ausdehuung
zu Tage gefördert. Das «Kempt. Tageblatt*' sagt: Die Bedeutung des
alten Campodunums, zu dem nicht allein das heutige Kempten gerechnet
werden darf, sondern zu dem auch die Umgebung, jedenfalls bis an den
seiner Zeit bevölkerten Fuss der Alpen und mehrere Stunden östlich, nörd-
lich und westlich der Haupt- und eigentlichen geschlossenen Stadt gehörte,
offenbart sich in der grossartigen Anlage des Forums, das in seinen Ueber-
resten von Hallen, Tempeln, Verkaufslokalen etc. von der einstigen Pracht
und dem Reich thum unserer Stadt und Gegend spricht. Nur eine Nieder-
lassung mit grosser Bevölkerung und regem Handelsverkehr bedurfte eines
öffentlichen Platzes zu Gerichts- und Marktzwecken in dem Umfange, wie
ihn die aufgedeckten Grundmauern weisen, und nur eine wohlhabende £in-
Wohnerschaft konnte sich den Luxus erlauben, ihre öffentlichen Gebäude
mit Marmor, fremden Steinarten u. dgl. auszuschmücken. Mit dem Schlüsse
Miscellen. 191
des VereiDSJahres wird der Alterthamsverein über seine bisherige Thätigkeit,
die weit über die Grenzen unseres engeren Vaterlandes hinaus bereits An-
erkennung gefunden hat, Bericht erstatten und Näheres über die Ausgra-
bungen mit Zugabe von Plänen und Einzelzeicbnungen veröffentlichen und
an seine Mitglieder ausgeben.
Bonner Zeit. 29. Sept. 1886, Morgenbl.
9. Die in Cannstadt gefundene, jetzt im Stuttgarter Museum be-
findliche Inschrift Brambach GIRh. 1577 ist eine derjenigen^ welche von
den älteren Herausgebern besser gelesen worden ist als von den neueren*
Nach Brambach lautet sie :
IN HDD
BIVIIS trivIsqt
ADR IV I S SATTO
N I VS • I VVE Nl US
5. fcFCOSPROSa
iVTE SVA ETSVC«
VM POSVIT-VS
Gruter p. 1015, 1, dessen Gewährsmann Studion ist, hat noch folgende
zwei Zeilen
L • L- M • ID|. DEC
C • R- V
Eine Beschreibung vom J. 1695 giebt in einer Linie
LLMIDDECCRR
Sattler endlich (j, Geschichte des Herzogthums Würtemberg." Tübingen
1757, p. 211, Tafel XXII n. 1) hat bloss
ID DEC
Es ist merkwürdig, dass weder Stalin (Würtemberg. Jahrb. 1885 p. 18)
noch Brambach etwas davon auf dem Steine entdeckten. Auf einem mir
vorliegenden Abklatsch ist mit hinreichender Deutlichkeit zu lesen
LLM I O O EC G RA
Die drei ersten Buchstaben haben die Höhe der Bachstaben der anderen
Zeilen, die folgenden sind etwa halb so gross. Unter dieser Zeile befand
sich noch eine weitere, ebenfalls in kleineren Buchstaben, welche zu ent-
zi£fern wohl kaum gelingen wird.
Neuerdings hat Hang die Inschrift, wie es scheint nach Zangemeisters
Abschrift, mitgetheilt im „Königreich Württemberg** ^) I, p. 156. Er liest
die fragliche Zeile
1) Das Königreich Württemberg. Eine Beschreibung von Land, Volk und
Staat 1. Bd. Stuttgart. 1882.
192 MisoeUen.
LLMIDDECCR
Nach dem Abklatsch zu urtheileo, ist jedoch am Schluss eher zu lesen
GRA
Dass nach ID(ibu8) D E Ctembribus) die Namen der Jahreskonsoln folgten,
kann kaum zweifelhaft sein. Vielleicht sind es die Konsnln des Jahres 221»
Oratas und Seleucas, die auch auf einer zu Jagsthausen gefundenen In-
schrift erscheinen. (Bramb. 1609. Hang, Königreich Würtemberg I p. 171.)
Danach wärde sich die Lesung der ganzen Inschrift folgendermassen
gestalten :
In h(onorem) dfomns) d(ivinae). Biviis Trivis Quadrivis Sattonioi
luvenilis b(ene)f(iciariu8^ co(n)s(ularis) pro s[al]ute sua et suorum posuit.
Y(otum) s(olvit) l(ibeD8) l(aetus) m(erito) id(ibus) dec(embnbu8) Gra[to et
Seleuco co(n)6(ulibu8)?].
Bonn a. Rh. M. Ihm.
10. Eöraische Gräber in Coblenz. Beim Fundamentiren des
Mostert^Bchen Neubaues auf der Löhrstrasse, welche eine römische Heerstrasse
war, wurden wie die Goblenzer Volkszeitung vom 22. Juli berichtet, römische
Funde gemacht, die in früheren Jahren wiederholt zu beiden Seiten der Strasse
an den Tag gekommen sind. Es wurden eine gut erhaltene Schale aus
Terra sigillatn, zwei Krüge, ein zierlicher Aschenkrug, zwei Lampen aus Thon
und ein fein verziertes Trinkglas mit Fuss gefunden, das leider zerbrach.
Auch menschliche Skelettheile kamen zum Vorschein. Einige daher stam-
mende Schädel können als germanische, andere als römische bezeichnet
werden. Schaaffhausen.
11. Römische Funde an der bairischen Donau. Ein geschicht-
lich überaus werthvolles Stückchen des bairischen Donauthales ist die Um-
gegend des kleinen Dörfchens Eining oder Abusina, wie es bei den Römern
hiess. Gögging steht schon auf altem römischen Boden; neuere Forschungen
weisen hier und eine halbe Stunde davon, in Sandharlandeu, römische Gastelle
nach; desgleichen führt durch oder bei Gögging eine römische Hauptstrasse
van Sandharlandeu her auf Abusina-Eining. Ausserhalb des Ortes liegt
ein schon von den Römern benutztes Schwefelbad. Wichtiger aber ist die
Betrachtung der Kirche und der aus dem früheren Mittelalter stammenden
Gebilde ihres Portals. Die Kirche soll auf römischen Mauern stehen. Von
Gögging nach Sittling hat man nur wenige Minuten zu gehen und nähert
sich dabei der Donau. Am Rande der Hochfläche, den Abfall nach der
Donau zur Linken, wandert man nordwärts gegen Eining und seine bis
jetzt aufgedeckton römischen Hauroste, die zur Rechten kurz vor dem Dorf
auf dem höchsten Punkte sich ausbreiten. Der Eindruck ist ein gewaltiger
MiMelleo.
Wie eine miichtige Achsel stemmt sich die römische NiederlasBUng gegen
die genuanischeii Wulmsitze im Nordun vor and überragt lierracbend das
au Füsaeii liegende breite Thal der Donau. Wir wisBön ja vom Kaiser
ViileDB, welchen Werth die ßümer auf die BeDutzung der WasEerstrasse
der Dooaii vom Rhein bis nach Dacien (bis zur untoi'steD Clissara , aur
BatkiiiietraBae des Tiajan) legten. Als der Kaiser von Günzburg ans zur
Bekämpfung derQuaden nach Pannonian fahr, standen da drüben die Germanen
und Echmähteii die Römer und warfen ihre Lituzeii nach ihuen. AlmHiDa
musB eine gewaltige Hüroerstätte gewesen sein. Ute Grabversuche weisen
iiach. dass über eine Quadratfitunde alles mit römischen Bauten durchsetzt
ist. Das Haupt verdienst im Nachweis dieser grosseu Mächtigkeit der Römer-
stätte und in der Wiederherstellung der bis jetzt blosgelegten Römerbauten
bat der Plarrer von Eining, Herr Schreiner. Die Mauern der Römerhäuaer
sind höher erhalten als in der bekannten Nidda- Hauptstadt der Taunenser
bei HedJeriiheim. Aber auch an ihnen, besonders an dem sogenannten
grossen Badehause, lindet man, daaa feindlicihe Verheerung die Ansiedlung
traf. Ueberraschend sind die mausigen Reifte von Fensterglas. Ein
grosses Gebäude wurde nicht bloss aufgedeckt, sondern auch in vortreff-
licher Weise, besser als auf der Saalburg, geschützt und vervollständigt,
ebenso sind zwei Caatelle, eines oberhalb, das andere uuterhalb Eining,
blosagelegt worden. Bei dem letzteren war ein Flussübergarig, Ihm gegen-
über bei Hienheim auf dem linken Ufer stand schon wieder ein Castell,
und an diesem vorüber zieht eine römische Hauptstrasae nach Weissenburg.
Aber auch oberhalb Eining war ein Strom Übergang, und dem Strassensystem
nach hatte sich jenseit desselben auf dem linken Ufer in dem von dem
Limes eingeschlossenen Winkel reiches Römerleben entwickelt. Die bedeu-
tendste Linie von diesem Strassensystem führt WSW. nach Celeusum und
von da das linke Donauufer aufwärts zur grosseu Donaub:'ücke nacli Lustoma
(Einmündnngsstelle des Lech), öngeführ Sittling gegenüber, bei Irnsingt
liegt schon wieder ein römisches Castell, aber ein solches, welches auf
einer schon vorher vorhandenen Gerinanenveste errichtet wurde. Bei den
überaus zahlreichen Strassen, die auf Abusina-Einiog zulaufen, bei den dicht
aneinander gedrängten vielen Castellen leuchtet von selbst ein, dass Äbusina
eine beherrschende Stellung in den» Vertheidigunga Wesen des i-ömiachen
Reiches wider die Nordgermanen innehält«. Nachdem man tiuter Hienheim
mischea (}agtellchen) vorbeigekommen, gelangt
linka, dicht hinter diesem Castell, der Limes auf
leinen Anfang nimmt. Die vier ersten Thürme des
en, d. b. aufgegraben. Auf jeden von ihnen führt
s angelegter Röroerweg hin. Schon von weitem lallt,
ungefähr bei dem Dürfohen Straubing, ein gewaltiger Scbanzeabau auf der
Höhe der immer mehr ateigenden Uferhügel auf. Auf vorrömiachem Ring-
13
: „Schanze 1
man an die Stelle, wt
der linken Donauseite
Limes sind nacbgewiei
von Ccleuaum ein eigei
IM MiieelleB.
wall ruht auf der in die Flusskrümme ▼onpringeoden Bergnsse eis wehes,
noch vorzügliche Wälle aafweiseDdes Gaetell. Jenseü« der Dooma auf den
linken Ufer, in scheinbarer Fortsetzung, und zwar ausserhalb des T imiis^ ziefat
sieh dann dieser Wall nach Norden aber den Landrücken weg tod der
zur Altmfihl. Wenn man von der Befreiungshalle auf der Höhe, die
AHmühl und Donau eingekeilt ist, 300 Schritte nach Westen geht, so
man auf den ersten von Flnss zu Fluss ziehenden AbsperrungswalL Geht
man noch 20 Minuten nach Westen weiter, so trifft man auf den sweiten,
und dieser Wall stellt scheinbar links der Donau die Fortsetzung des Wel-
tenburger Castellwalls (rechts der Donau) dar.
Kölnische Zeitung 21. April 1886. IL
12. Eifelkanal. Der um die Altertbamskunde verdiente Herr General
von Veith hat in seiner Abhandlung über ,,Die Römerstrasse von Trier
nach Köln^' mitgetheilt im LXXX. Heft der Jahrbücher S. 1 ff!., sowie in
dem Festprogramm zum Winckelmannsfest am 9. Dezember 1885 S. 19 auf
meine im XXXVIl. Heft der Annalen des historischen Vereins för den
Niederrhein veröffentlichte Arbeit in freundlichster Weise Bezng genommen.
Unbeschadet seiner vielfältigen Beweise langjähriger Freundschaft, glaube
ich den Lesern der Jahrbücher nicht vorenthalten zu dürfen, dass seine
Auffassung den „Hürther Kanal über Hermülheim nach Köln^^ betreffend,
von der in den Annalen des bist. Y. ^) auf Grund unmittelbarer Anschauung
von mir niedergelegten Beschreibung nicht unwesentlich abweicht.
Die Differenz besteht hauptsächlich darin, dass Herr von Veith nur
von einem Kanal auf der Strecke Hürth-Köln redet, während ich auf der-
selben Strecke zwei nach Form, Grösse, Material und Technik verschiedene
Kanäle nachgewiesen habe, und zwar einen von Hürth bis Hermülheim,
wo er die Eifeler Hauptwasserleitung erreicht, und den andern, welcher
als Nebenleitung der Letztern von Hermülheim nach Köln führt.
Den geehrten Lesern der Bonner Jahrbücher, denen die Annalen des
hist. V. nicht zur Hand sind, wird es nicht unlieb sein, die Verschiedenheit
der beiderseitigen Darlegung aus dieser Zeitschrift näher kennen zu lernen.
a. Der Kanal von Hürth nach Hermülheim an der Villa ScholL
„Die Sohle ist 1,01m breit, ungefähr 0,35m dick. Die Seitenmauem
0,ri4 hf>ch d. i. 0,14 mehr als beim fÜfelkanal. Sie haben im Innern 2
;i<an#wa^>sätze, daher verschiedene Stärke:
An der Sohle beträgt die Dicke der Seitenmauern 0,34 m
In der Mitte 0,32 „
o^^» 0,30 „
I > A i\ys^\^ ^^ Hmt.. V. XXXVIl, 70—73.
Misoellen. 196
tu dem Verhältnisse, wie die Mauerdicke nacli oben abnimmt, erweitert
sich natürlich der innere Raum der Wasserleitung. Daher beträgt die
innere Weite unten 0,33 m
in der Mitte 0,37 „
oben . . . 0,41 ^
Während das Gewölbe des Eifelkanals halbkreisförmig ist und die Höhe von
0,38 m hat, ist es hier gedrückt und nur 0,10 m hoch.
Bis zu zwei Drittel der Mauerhöhe besteht das Material, die Sohle
eingeschlossen, aus Basalt und Mörtel zu Guss verarbeitet, der obere Theil
einschliesslich der Wölbung aus Tuffstein."^).
b. Der Nebenkanal von Rermülheini nach Köln wurde zuerst an
dem Burgweiher zu Hermülheim in der Nähe der grossen Eifeler Wasser-
leitung anfgefuuden und die Verschiedenheit desselben von der Hauptleitung
aus der Verschiedenheit des Materials, der Dimensionen und des Mauer-
werks constatirt. Dieses zum Verständniss des Folgenden.
Da von einem Nebenkanal bis dahin (1880) nichts bekannt war,
so suchte ich den Eifelkanal; was aber hier zu Tage trat, war nicht der
Kanal, wie ich ihn überall von Lüftelberg bis Hermülheim gesehen hatte.
„Das Mauerwerk war römisch, bestand aber statt der im Eifelkanal immer
wiederkehrenden Kiesel aus schwarzen Basaltstücken. Der Hauptunterschied
besteht in den Dimensionen. Statt der constanten innern Breite von 73 cm
fand ich hier 57cm, und trotzdem eine Mauerstärke von 45 cm, wie sie
mir beim Eifelkanal am ganzen Vorgebirge nicht vorgekommen war. Das
Gewölbe fehlte am Burgweiher, ist aber in geringer Entfernung von dem-
selben, und zwar da, wo der Kanal den Hürther Bach kreuzt, noch voll-
ständig erhalten. Man sieht daselbst das Wasser über die (im Unterschiede
von der Hürther Leitung in Guss gefertigte) Wölbung fliessen. Die all-
seitige Vermessung an letzter Stelle wäre erwünscht gewesen, konnte aber
wegen der von Seiten des Bachwassers bereiteten Schwierigkeiten nicht
ausgeführt werden^).
Es ist kaum noth wendig zu bemerken, dass der so beschriebene
Nebenkanal vollständig nach Form, Dimensionen und theilweise nach dem
Material von der Hürther Leitung abweicht.
„Ein oberflächlicher Blick zeigt ferner, dass der Hürther Kanal bei
Weitem nicht mit jener Eleganz und Korrektheit ausgeführt ist, wie wir
sie am Eifelkanal, und setzen wir hinzu, auch nicht, wie wir sie am Neben-
kanal in Hermülheim und weiterhin nach Köln bewundem.''
1) Annalen des bist. V. 1. c. S. 72—78.
2) 1. c. S. 70—71.
196 Miflcellen.
Das höchste Alter beansprucht demnach der Eifelkanal, demnacbst
die Hermülheim-Kölner Nebenleitung und das jüngste der Hürther Kanal.
Uebrigens bin ich gern bereit, den Alterthumsfreunden die drei Kanäle
in ihrer wirklichen Beschaffenheit an Ort und Stelle zu zeigen.
Maassen.
13. Alterthümliche Funde bei Hamm in Westfalen. Eine
viertel Stunde westlich von Hamm, wo die Burg Nienbrügge gestanden hat,
wurden schon vor längerer Zeit an einer Stelle, welche die „ Krause Linde"
heisst, verschiedene Gegenstände gefanden, die Herr Dr. von der Marck mir
zur Untersuchung übersendet hat. Es waren 1) das Stück einer schwarzen,
aus der Hand geformten aber hart gebrannten Aschenume von der ge-
wöhnlichsten Form mit einer Oeffnung von 9 cm Durchmesser. 2) das
Bruchstück eines flachen Steinbeils aus grauem Schiefer mit gut erhaltener,
schieflaufender Schneide, diese ist 5 cm lang, das Beil in der Mitte 5 Y2 ^'^
breit und 18 mm dick. 3) zwei Spinn wirtel aus gebranntem Thon, die
Mitte eckig vorspringend, 19 und 26 mm hoch, 24 und 33 mm breit, der
grössere mit 6 erhabenen Reifen geziert. 4) eine 75 mm lange und unten
an der Tülle 17 mm breite Pfeilspitze von röthlicher Bronze von jener
alten Form mit breiten Flügeln, zwischen denen die Tülle bis gegen die
Spitze hinaufreicht. Sie ist im Norden häufig, Montelius schreibt diese
Form der jüngeren Bronzezeit zu. Sie gehört jedenfalls der vorrömischen
Zeit an, mag aber noch in dieser gebraucht worden sein. 5) eine eiserne
Pfeilspitze, die Spitze vierkantig, 105 mm lang, an der Tülle 8 mm breit.
6) ein sichelförmiges flaches Eisen mit 5 länglich viereckigen Löchern,
das wie der vordere Theil eines Hufeisens aussieht. Da es nicht an den
Enden abgebrochen erscheint, mag es nur zum Schutze der vorderen Hälfte
des Hufs gedient haben, jedem Loch entspricht eine Ausbuchtung des Eisens
nach beiden Seiten. Herr Gross aus Neuveville theilt mir die ganz ähnliche
Zeichnung römischer Hufeisen, mit länglichen Nagellöchern und wellenför-
migem Rande, mit, die nicht selten in Torfmooren der Schweiz gefunden
wurden. Dr. von der Marck nennt mit Recht den Fandort dieser Gegen-
stände eine alte Culturstelle (Zeitschr. f. Gesch. u. Aiterthomsk. Westf.
43. B.). Der Name der 1087 errichteten und schon 1226 zerstörten Barg
Nienbrücke spricht für eine ältere Brücke an dieser Stelle und man hat die
Ansicht aufgestellt, dass hier oder in allernächster Nähe das 11 v. Chr.
von Drusus erbaute Kastell Aliso gestanden habe, auf das vielleicht der
Name der früher hier in die Lippe geflossenen Ahse deutet. In der Burg
sollen auch römische Sachen gefunden worden sein, vgl. Essellen, Westfal.
Anzeiger Nr. 103 und 124. Hier gefundene Blöcke von Niedermendiger
Lava deuten auch auf die Zeit der Römer, denen auch alte Landwehren auf
beiden Ufern der Lippe zugeschrieben werden, sowie die Erdwerke der
Miec«11en
197
N
^
-fioenbarg, nnd die sogenannte BaraannB Burg im Kircbepiel Herringen.
Bei Lflnen worden ochon 1826 röm. Thongefässe gefunden. Auf dem hohen
Bandrücken westlich von der Krausen liinde Ins nach Nord-Herringen wer-
den viele UrnenscherbeTi, auch Pfeil- und Lan?.enspilzeii nna Feuerstein ge-
funden, die anfeine dichte Bevölkerung des linken I.ippeufers in älteHter Vorzeit
deuten. In der Stadt Hamm seihst, auf der Plentz-Bleiohe wurden dirht
bei einander 10 — !2 Skelette gefunden. Nach einem mir von Dr. von der
Marck zugesandten Schädel gehören sie der neueren Zeit an. Der Sjhädel
ist noch vom Moder der Weichtheite gebräunt und kleine vertrocknete Go-
wehereste hnngen noch deniHelben an. Die Pferdeknochen deuten darauf,
daai hier vielleicht in einem Gefecht gefallene Soldaten bestattet sind.
Schaaffhausen.
14. Römische Mainbrücke beiHannn, Die Limes-Forschung, die
Frage nach Alter, Bedeutung und Richtung des alten Grenzwalles, den die
Römer als Scheide zwischen sicli und den freien Germanen gezogen hatten,
hat in der letzten Zeit einen erheblichen Fortachritt gemacht, und zwar
grade an derjenigen Strecke, welclie die ehemalige Grafschaft Hanau durch-
ecbneidet und welche durch die Thätigkeit des Hanauer Gescbichts vereine
80 gpnan wie kein anderer Theil den gewaltigen Denkmals römiacher Er-
obernngaknnst untersucht worden ist. Die römische Keichsgrenze war ein
Grenzwall mit vorliegendem Graben und einer hegleitenden Militärwnohe,
gestützt durch dahinterstehende Thiirme, die in Zwischenräumen von 1000
Meter standen. In gröe«ern Abstanden, acht bis neun Kilometer entfernt,
befand sieb dann ein grösseres Castell. Der I.imes oder Pfablgraben geht vom
Rheine (hei Neuwied) beginnend über ilen Feldhergan derSaalburg vorbei, über-
schreitet bei Butzbach die Main- Weser-Bahn, wendet sich von hier in einem
grossen Bogen nach Osten bis Hungen und gebt von hier in sQdlicher Hioh-
tang in fast schnurgrader Linie östlich an Hanau vorüber bis an den Main
bei Grosskrafzenburg. Von hier bildet dann der Main bis Miltenberg die
Grenze, von wn ans sich der Limes ivieder abzweigt und bis zum Hohen-
etaufen geht. Die Anlage dürfte unter die Regierung von Hadrian (117 —
138) oder von Autoninua Pius (IS.S — ^IGl) fallen. Da nun auch Seligenstadt
auf dem Boden eines ehemaligen römischen CaE4tells steht, das nur 3Vi Kilo-
meter von GroBskratzenburg entfernt ist, also in dieses System nicht hinein
p»s*t, so stellt« GyranaBial-Oberlehrev Dr. Wulff zu Hanau vor zwei Jahren
die Vermuthung auf, ilasa die Maiugreoze ursprünglich nicht von Miltenberg
bis Grosskratzenburg, sondern bis Hanau gegangen siii, und dass alsdann
die Landgrenze von Ibinau nordwärts bis Friedberg und von hier nach der
Saalburg auf dem Fcldberge ging, welches also eine „iUtere" Grenze sei,
die nnter der Regierung von Domitian (81—96) gezogen worden wiiro.
Dorch deo Hanauer Gescbicbte verein wurden nun unt«r der Leitung des
196 Misoellen.
Herrn Wolff und des Architekten y. RöBsler zu Nienburg im Torigen Monat
verschiedene Ausgrabungen vorgenommen, die vom schönsten Erfolge be-
gleitet waren und Herrn Wolfifs Annahme vollauf bestätigten. Es wurde
festgestellt, dass das Dorf Eesselstadt, dicht bei Hanau gelegen, auf den
Grundlagen eines römischen Castells steht, wie denn auch die Römeratrasse,
die von Hanau-Kesselstadt in grader Linie auf Friedberg zugeht, gefunden
wurde. Auch war ein Uebergang über den Main zweifellos, da die Strasse
bis an den Strom führte ; ob aber hier eine Brücke oder eine Fürth grewesen,
das blieb noch unbestimmt. Die Ausgrabungen bei Eesselstadt hatten es
aber trotz der Nähe der im vorigen Jahre entdeckten römischen Brücke
bei Grosskratzenburg wahrscheinlich gemacht, dass der Main auch bei Hanau
überbrückt war. Da hat denn ein glöcklicher Zufall die römische Brücke
bei Hanau nachgewiesen. Bei der Baggerung, durch welche das Flussbett
bei Hanau für die Main- Ketten-Schleppfahrt vertieft wird, wurde am 2. ds.
ein Brückenpfeiler mitten im Strome gefunden. Der Pfeiler besteht aus
einer Packung derber Basalthausteine und Letten nebst eingerammten
Pfählen, die durch Querbalken verbunden sind. Die Gonstruction des Pfeilers,
die Beschaffenheit und Grösse der durch und durch tief schwarzgefUrbten
Eichenpfähle und Balken, vor allem auch die Form und Grösse der ge-
funden Pfahlschuhe stimmten genau zu den Beobachtungen, die man an
den Römerbrücken bei Mainz und Grosskratzenburg gemacht hat. Somit
liegt hier ein wissenschaftliches Ergebniss von grossem Werthe vor, indem
durch diese Forschungen nun auch das rechte Licht auf die Besetznng und zeit-
weilige Behauptung germanischer Landestheile durch die Römer sowie auf
die weiteren Eroberungen derselben fallt.
Kölnische Ztg. 9. Nov. 1886 L
15. Die römische Befestigung zu Jünkerath. Die von Dr.
Hettner geleiteten Ausgrabungen wurden am 9. November eingestellt und
sind im Wesentlichen beendet. Die Befestigung ist ein Fünfzehneck; 13
Ecken sind mit weit vorspringenden Rundthüimen versehen, während an
den 2 andern die Eingangsthore lagen. Diese waren mit vorspringenden
viereckigen Thürmen flankirt. Die Rundthürrae haben einen Durchmesser
von ungefähr 10 m, quer durch die Befestigung geht die Röraerstrasse, rechts
und links von derselben liegt eine Anzahl symmetrisch angelegter Gebäude
mit meist nur gestampften Fussböden. Nachweisbar waren diese Gebäude
vor der Entstehung der Festung angelegt. Der Gedanke, das Ganze sei
eine Mansio, die später befestigt wurde, liegt nahe. Aus den Fundamenten
des einen Thurmes wurde noch eine gut gearbeitete Sculptur aus Muschel-
kalk, ein Comptoir darstellend, hervorgezogen. Aus den andern Einzel-
funden seien Scherben feinster Sigillata und Kleinerze, meist der Constan-
tinischen Zeit, erwähnt.
Korrespdzbl. der Westd, Zeitscbn Nov. 1886,
MiBceüen,
19B
Die Amor-Statnette
in Karlsruhe. In
a Eisen in dem Grossherzogl.
Heft LXXXI S. 128 gedrnokten
Aufsatze : ,Eine römische Statuette von Eisen" ist auf Seite 141 eine
Amors tat nette in zwei AoBicliten nljf^ebildet als jene, anf die mich der Con-
servator ilfn MuBeiiras, Herr Geh.-Rath E. Wagner aufmerksam gemacht
eil sie aus Eisen besteht. Ich sah dieselbe im August 1885 in
1 nnd Herr E. Wagner sandte mir später eine Zeichnung derselben;
■ mir für meinen Aufsatz zur Verfügnng stellte. Ich bemerkt« in dem-
, dass in dieser Zeichnung die stark oxydirte Oberfläche der Statuette
ich auffiel. Als das betreffende
Heft der Jahrbacher ausgegeben und auch in die Hand des Herrn Gcb.-
Raths E. Wagner gekommeu war, schrieb dieser mir sogleich bestürzt, es
sei eine Verwechslung vorgefallen, die mir übersandte Zeichnung, die schon
im Museum vorhanden war, und vor der Absendung leider nicht mit den
eisernen Amor verglichen wurde, sei die einiir Amorstatiiette von Bronee,
die nach einer Notiz bei Hockenheim gefunden, aber jetzt in der grossh erzogt.
Sammlung nicht mehr vorhanden sei. Es blieb mir nichts anderes übrig,
als non Herrn Wagner um eine Zeichnung des eiscrneu Amor zu bitten,
die ich hier in natürlicher Grösse veröffentliche.
halte,
Karlsr»
nicht V
200 Miflcellen.
Auf dem Blatte mit der Zeicbnnng des bronzenen Amor stand „auf
den Wiesen bei Hockenheim gefunden 1846* und es war noch daneben ein
römischer Inschriftstein abgebildet. Herr E. Wagner fand in Frohnen
Katalog der römischen Steine der Karlsmher Sammlung eine Bezugnahme
auf die Schriften des badischen Alterthumsyereins II, 291. Hier fanden sich
3 Inschriften von Hockenheim und dabei die Bemerkung: „ausser. denselben
wurde noch ein sehr schönes Figürchen aus Bronze gefunden, welches den
geflügelten Amor mit langen herabhängenden Locken und ausgestreckten Armen
vorstellt.^ Dazu sagt eine Anmerkung : ^wir geben diesen Amor in doppelter
Ansicht auf Taf. I, Nr. 8.^ Diese Tafel ist aber gar nicht vorhanden und
scheint Handzeichnung geblieben und nicht yerö£fentlicht worden zu sein.
Während also über die Herkunft des Amors aus Bronze, der verloren ge-
gangen ist, jetzt eine Nachricht aufgefunden worden ist, war in den Acten
des Museums über das eiserne Figürchen bis jetzt durchaus nichts zu findem
Nur soviel ist gewiss, dass dasselbe zu den alten Best&nden der Sammlung
gehört und immer zwischen den römischen Bronzen gestanden hat. Herr
Wagner schreibt mir darüber:- „aus dem Lande stammt es unzweifelhaft
und es für römisch zu halten, bin ich noch immer sehr geneigt. Ich werde
weiter nachzuforschen suchen. Hätten wir nur das Bronzefigürcben selbst,
dann wäre die Verwechslung nicht möglich gewesen.*' Beide Arme des
eisernen Amor sind erhoben; der rechte scheint eine Fackel emporgebalten
zu haben. Herr Wagner Hess die Statuette in Bezug auf ihre Herstellung
untersuchen. Ein sachverständiger Techniker gab sein Urtheil dahin ab,
dass sie gegossen sei.
Schaaffhausen.
17. Main alter thümer. Dem Main ist durch den Wasserbau
eine Menge höchst merkwürdiger Dinge abgerungen worden. Er bildete
von Miltenberg bis Gross-Erotzenburg die Grenze des Römischen Reiches,
sein linkes Ufer war zu diesem Zweck von sieben Castellen, Altstadt Mil-
tenberg, Trennfurt, Wörth, Obernburg, Niedernburg, Stockstadt und Seligen-
Stadt vertheidigt und durch zahlreiche Thürme überwacht. Bei Gross-
Krotzenburg aber überschreitet die Grenze den Fluss und wendet sich land-
einwärts, um die Wetterau zu umfassen. Die Strasse, die hinter ihr her-
läuft, musste daher hier gleichfalls den Main überschreiten ; dass dies einst
auf einer Brücke geschehen, wissen wir seit diesem Sommer durch die
Baggerarbeiten des Herrn Baurath Eckardt und durch die Untersuchungen
des Hanauer Alterthumvereins.
Es fanden sich drei Steinpfeiler, der erste 16, der zweite 36 und der
dritte 56 m vom linken Ufer entfernt. ^ Sie bestimmten eine Brückenaxe,
welche vor dem Dekuman-Thor des Castells von Gross-Krotzenburg vorbei-
strich. Diu beiden ersten Pfeiler waren durch eine Verpfählung, zwischen
Kwelcheii Mauerwerk steckt, angedeutet, und geschützt durcli ein Concret
welches von PHihlen niiigehen war; der dritte
rwerk und liesB verrautben, dass er auf dem
erbaut woi'den sei, und das» diese jetzt ver-
sBong war, dasa ein rechter Mainarm bis zn
a Thon und Stei
Pfeiler bestand nur
trockenen Lande eil
Bcbwundene Insel di
dem Hobeb Ufer gereicht bat, auf dein jetzt der Weg
Wasaer binläurt. Die Pfeiler mögen bei einer Ijäiige voi
von 4 m gehabt haben. Die Pfahle, von Eichenholz, w:
EiaeuEcbuhen armirt, die theils tuteuförmig, theils vie
vier mit Nagellöchern versehene Federn hatten, wie die der
von Mainz, Coblenz und Heidelberg, Aus den Maasaen
iwischen Doi'f und
I 20 m eine Breite
Lren mit ähnlichen
kantig waren und
rÖmiBcheu Brücken
und aus den Fun-
1 hehauenen Steine
1 Steinunterba
befanden, wird e
1 eine hölzerne v
wahrscbein-
w, »eiche iu
n den Uochi
versi
[fern 200 m breiteu
rar Tormala ein durch
mpftea und den Ueber-
: die UeberBohwemrauDg
den, unter denen eich keii
Heb, dass die Brücke aur
10 Spannungen von 20 m den zwiaohe
Main überschritt'.
Der tCaum, den jetzt Frankfurt
verschiedene Mainarme und andere Wasaerl an ('s
ihwemmungen nusgesetztea Gelände. Beachte
17. Feliiuar 18ö2 so ergiebt sich das Nachstehende:
Auf dam linken Ufer oberhalb Fiaiikfurt zweigte ein Arm zwischen
Mühlheim uml Kuinpenlieim ab. und ergoss sich au der KUhmühle zwischen
Bürgcl und Offenbach in di-n Hauptstrom. Von der Gerbei-müble brach
ein zweiter Arm links aus auf Oberrad zn, um SacbBenhausen und den
Müblberg za trennen und einerseits vur dem Sandhof sich wieder mit dem
Main zu vereinigen, oder aber auch den Sandhof rechts Insaeud an Nieder-
rad vorüber dem Hauptstrom vor ßothenham zuzumessen.
Auf der rechten Seite tioas ein Arm unterhalb Dörniglieira der Braua-
bacb entgegen, am au dem Bergabbang von Bergen, Seckbacb und Boro-
heim vorüber ins Fischerreld zu llieBsen. Dieser Arm ist jetzt versumpft,
aber es sollen in dem Torf fironzefunde in einem Kahn gemacht worden
sein, welche seine einstige Schiffbarkeit bewiesen.
Vom Fischerfeld IIobb der Arm oberhalb der alten Brücke in den
Main, zweigte sich aber aocb am Rech tiei graben ab und folgte der alten
Andncbt, qner über die Borngasse. Dadurch wurde die Terrainerböbuog,
anf welcher der Dom und auch der Saal hof steht, zu einer Insel. Daa
Wasser lässt den Liebfrauenberg rechta und scheidet den Samstagsberg vom
Römerberg, indem es mit einem Arm durch das Fahrtiior in den Main
Hiesst: ein anderer Arm alier lÜBst den Itömerberg links nnd vereinigt sich
über den grossen Hirscbgraben mit dem Main an der untern Mainanlage
und andrerseits mit der Nicdenau. Die Pferdescbwemme, welche noch zu
Anfang des JalirbunderliS auf dem RoBsmarkt bestand, war ein ITeberreat
!8 Armes. Ein Bach, der jetzt auch verschwunden ist und seinen Ur-
202 Miscellen.
spruDg in dem Hermesbronnen nahm, war damals die Veraolassung för di«
Wahl des Bauplatzes der alten Synagoge nebst dem Franenbad. Er er-
goss sich in die alte Andacht.
Der Arm des Maines, der, nachdem er die Stadt darcbflossen, an der
unteren Mainanlage mit dem Hauptflass, und anderseits mit der Niedenaa,
d. h. der Niederung südlich der Bockenheimer Landstrasse, in Verbindnog
steht, setzt sich weiter fort, so dass er bei Hochwasser anter der Bieg-
brücke auch der Nied als Ablauf dient, ebenso wie der Woifsgraben and
der Wolfsee, welche vom Hellerhof zum Gutleuthof künstlich abgewässert
sind. Es scheint, dass die nassen Wiesen der Lindau, der Oed and der
Hundeweide, welche durch den Leonhardsbronnen, das Taubenbrönnchen
und andere Quellen bewässert wurden, ihren Abfluss quer über die Bocken-
heimer Landstrasse in den Rüstersee und die Niedenau nahmen, denn auch
auf dieser Strasse begegnen wir urkundlich einer Wede.
Man sieht, Frankfurt nimmt ein einst sehr unnahbares und vermiedenes
Gelfinde ein. Eine Römerstrasse zog von Nied dnrch den Niederwald an
dessen Ausgang am Heidenschloss und am Römerhof vorüber, übersehritt
die Biegbrücke, erreichte das westliche Ende von Bockenheim, ging unter
dem Namen Diebs weg nach Bergen und als Hohe Strasse nach der Wetteran;
das frankfurter Sumpfgebiet wurde nnr tangirt, und nur einzelne Vorstosse
gegen dasselbe gemacht. Zuerst d^r Ekskenheimer Weg, dann aof der
Wasserscheide zwischen der Niedenau und der Lindau, die Bockenheimer
Landstrasse. Alle römischen Anlagen hielten sich in respectvoller Ent-
fernung, so blieben von dem Dom als Mittelpunkt die Römergräber am
Röderspies 4000 m, Bauwerke südlich der Günthersburg 2400 m, am Fried-
hof 2400 m, an der Römerstrasse durch Bockenheim 3800 m, die Römer-
gräber am Römerhof 5300 m, das römische Heidenschloss am Niederwald
G250 m entfernt. Bisher waren auf dem linken Mainufer in diesem Um-
kreis noch keine Römerspuren gefunden worden, während es doch hier im
Frankfurter und im Schwanheimer W^ald so zu sagen von Hügelgräbern von
einer zahlreichen vorrömischen Bevölkerung wimmelte. Da entdeckte der
Herr Baumeister Düsing beim Ausheben des Untercanals der Schleuse bei
Niederrad das erste und zwar sehr vollständige Röraergrab auf dem linken
Mainufer. Es lag schräg gegenüber dem Gutleuthof und 3500 m von dem
Dom (oder 1870 m unter der Main-Neckarbahnbrücke) 1,50 m unter der
jetzigen Erdoberfläche, und bestand aus einem nicht verbrannten, meist gut
erhaltenen Skelet nebst Schädel mit einem monströsen Hinterkopf, drei
(Jrabkrügloin, einem Lämpchen und einem Grosserz von Trajan. Das
(irab kann dahor nicht älter als vom Jahr 117 sein, ist aber dem abge-
NchlifFnnen Zustand der Münze nach zu urtheileu jünger, vielleicht aus dem
Anfang dos 3. oder vom Ende des 2. Jahrhunderts. Ausserdem fanden
Nloh verschiedene Töpfereien aus der Frankenzeit, dem Mittelalter und der
1 Zeit. Maucherlei EisBDgerät.he, HetbstverHt&udlich durch Rost und
Kieselüberkmatung sehr verdorben nnd oft nnkenntlich, nach zahlreiche
Hirschgeweihe, ein Eberzaha und der Schädel des bei udb susgeBtorbeneo
Die Stadt Frankfurt wird bekaontlich snm ersten Ma! genaont im Jahre
7il3, wo Karl der Grosse den Winter da zubrachte und im darauffolgpiideo Jahr,
wo eine Ktrchenversaniralung da etntlfand, sie also schon genügend gross
war und daher wohl auch schou längere Zeit beet^nden haben mase, ja
sie mass ihren Namen also auch ihren Bestand schon aus der Zeit, dem
Ende des 4. Jahrhunderts datiren, wa die Kämpfe zwischen den Franken
und Alemannen stattfanden und die Frankeu die Main(furLh) bei Frank-
furt zu benutzen pHegten. Die dahin fuhrende Straase war heim Oustell
Heddernbeim von der Uömeretraase abgezweigt, hatte die dort in den
Pfeilarn noch bestehende Römerbrücke über die Nied benutzt, um Ecken-
heim lu erreichen; von hier ging sie fast geradlinig durch Frankfurt an
dieselbe Stelle am Main, wo jetzt die alte Brücke steht und wo einst die
Fürth schräg über den FIuss führte, um jenseits am Fuss des Mühl-
berge» sich handfürniig auEzubreiten, die [lauptrichtung aber nach der
Bergstrasse anzunehmen. Erst später legte sich die Bockeulieimer Land-
strasHe auf die WaHHerscheide zwischen der Niedeuau und der Lindau um
die Insel, auf welcher der Dom liegt, zu erreichen und au ihrer oberen
Spitze sieh in die Fürth (an dur Brücke) hinabzusenken. Jctet überspan-
nen vier Brücken von der Stadt aus den Main.
Bei dum Schleuseohau gegeuübei' Bäcbst wurden gleichfalls nahlreiohe
Alterthümar gefunden. Ja noch ältere als wie bei Frankfurt, sind durch
den HeriTi Regierungs-Banmeister Kahl und den Herrn Bauliihrer Pfeiffer
mit Sorgfalt erhoben. Es ist hier vor allem ein Eiubanm d. h. ein za
einem Kahn ausgehöhlter Baumstamm 7m nennen, welcher sich 5,50 m tief
unter dem UftTgeläoile auf feinem blauen Sand unter blauer l^ette fand.
Er ist von Eichenholz, welches stark geschrumpft ist und sich wegeu ejni>
ger Aslmasern auf der rechten Seite etwas krumm eingezogen hat. Er ist
2,40 in lang, 0,'iT m breit und 0.33 m hoch, am Hintertheil fant recht-
winklig abgesciinitten und ebenso ausgehöhlt, an dem Vordertbeil aber
muldenförmig ausgearbeitet und aussen ziemlich steil abgeschrägt, doch
hat man einen senkrechten Vorstand ausgespart und zum Mähnring ge-
staltet. Bei der Länge des Schifiubeus können zwei Leute, mit den Fuss-
sohlen g^eneinander, mit den Beinen gestreckt, dariu sitzen und rädern,
gelegentlieh der eine vorwärts der andere rückwärts, und es sind zu diesem
Zweck in die Borde, die znm Anbringen von Ruderdollen zu dOnn sind,
je zwei Rnderiager schrüg gegeneinander über eingeschnitten.
Da das Boot, auch wenn man die Scbrumpfong des Holzes mit in
Betracht zieht, sehr schmal war, und auch wegen de« Obergewichtm der
SM
Miieetlen
darin eitzenden Mensctien leicht umschlBgen muaete, so könnt« mui v«r-
BQcht seio die I^^iiisehnitte in den Borden wohl zur Befestigung von Auf-
legen) nDKuselirn, welche, in der Südsee gebränchlich, du Umschlag«!) der
EanoDB utimößlicb niaclien; alleiD ho wenig eine solche Einiiclitung bei dm
jemals bekannt war, so möchte sie zwischen engen, vielleicbt noch mit
Sufailf and Weiden bewachsenen Ufern allzu grusee Unzaträglicbkciteo mit
flieh gefülirt haben.
Unter ähnlichen Verbältnissen und in derselben Boden schichte, swiBcb«»
feinem Sand und blauem Thoti, weiche auf ein ruhiges Wasser scliliesseu
lassen, fand sich 6 m tief der Ueberreet eincB zweiten, allerdings sehr ler-
stoi'teD Einbaums; derselbe, dem Vorder- und Hintertheil fehlten, war noch
2,40 m lang, 0,3» m breit und 0,27 m hoch. Ob die Kähne mittels schnei-
dender Werkzeuge oder durch Feuer ausgebohlt sind, ist nicht mehr zu
sagen. Die Einschnitte für die Ruder sind scharf. Die Ruderstangen mÜBseo
dünn, daher kurz, und die RudcrbbUter klein gewesen sein. Bekanntlich
sind die Einbäume noch in einigen Schweizer- und oberbayeri sehen .Seen
in Gebranch. Der bei den Pfahlbauten des Bieler Sees gefundene Einbanm
ist roher, vorne und hinten gleicbgestaltet.
Wenn wir diese Einbüume der Pfahlbanzeit suschreiben, so haben
wir noch viel mehr Ursache, einea Hammer aus Hirsch-, vielleicht aus
Etennthterhorn als dieser Zeit angebörig zu betrachten; auch kannten mehr
oder weniger bearbeitete Hirschgeweihe hierzu zu rechnen sein, sowie einige
dünne und langgestreckte Zähne, die dem Torfschwein, dem Gelahrten des
Pfühlbaners, anzugehören scheinen.
Ein sehr merkwürdiger Fund, ausser vielem aaderen verrosteten und
mit Kiesel überkrusteten Eisengeräthe, waren drei eiserne Pfahlschnhe, die
■ich im Kiesbett des Unterkanals und des Flnsses selbst fanden. An ihre
vierkantige Spitze scbliesst sich der mehr oder weniger mit Hoktheilen ge-
füllte tutcnförmige tijchiih an, der aber schon durch die Ifammarbeit, dann
durch Rost und Kies gelitten hat. Wir haben offenbar mit Spitzen arniirte
Rammpfilhle vor uns. Auch 7 ganz gleiche 18 cm lange Eisenbolzen möch-
ten hierher zu zählen sein, Man kann der Meinung sein, dass sie zu ir-
gend welchen Uferbauten, zu einem Fahrhaupt gedient haben. Allein der
Qedanke, dasa sie zum Unterbau einer Brücke gedient, die hier gegtAoden
habe und zwar bekanntermassen nicht später als zur Zeit der Römer, ist
glnichfnlli nicht von der Hand sa weisen, wenn wir die Röm^rstrasBen be-
itchten, welche hinr am Main bei Höchst und Nied zusammen kamen. I'^s
Ut die Strasse (die Hünerstrasse) welche unfern dem Feld bergca stell den
ffahlgrabon und zwiiichen Soden und Höchst die Elisabethen (Römer-)
Htraise kreuzt, und die schon genannte Fortsetzung des Diebsweges dnrch
Rockenhurm und den Niederwald nach Nied. Nach der Fundstelle der
ITuhliahuhn za schliessen, miisste die Brücke oberhalb der N'ied-Müadong
Misceflen.
ao5
gestanden haben nnd von der Höchster Strasse aus erst nach üeber-
brücknng der Nied» nahe dem Ufer, zu erreichen gewesen sein. Auf dem
linken Mainufer zieht ein wahrscheinlich auch schon von den Römern be-
nutzter Weg geradlinig durch den Flur nach Kelsterbach, und ein ähnlicher
nach Schwanheim.
Die Schleusenanlagen bei Okriftel und bei Raunheim hatten kein so
reichliches Ergebniss an Alterthümern ; aber die Arbeiten bei Eostheim
brachten uns einige Thierüberreste von Zeitgenossen des Pfahlbaumenschen,
nämlich den Bos priscus und das Sus scropha palustris, den Auerochsen
und das Torfschwein. v. Cohausen.
Wochenblatt für Baukunde VUI. Frankfurt, 1. Jan. 1886.
18. Ueber eine in Mainz aufgefundene Inschrift. Im Mai
dieses Jahres wurde in Mainz beim Abbruche eines alten Mauertheils auf
der Eisgrube eine Inschrift gefunden, welche zur Geschichte des Kaisers
L. Septimius Severus und speciell, wie wir zeigen werden, zam Kriege
dieses Kaisers mit Glodius Albinus einen nicht unwesentlichen Beitrag liefert.
Diese Inschrift lautet:
IN • H • L • SEPT IM I
SEVERI -Pll-PERTINA
CISAVGINVIC+IM^
ET MAVRELIA'NTO
NINI • CAES
II LEGIONI XXII-TR-P
H NORIS VIRTVISC
10
CAVSA-CIVITAS TRE
VER ORVM
I NOBSIDIONE AB EA
DEFE NSA
y
.j
^r^
In h(onorera) L(ucii) Septimi(i) Severi Pii Pertinaeis Aug(u8ti) inyicti
irop(eratoris) et M(arci) Aureli(i) Antonini Cae8(ari8) legioni XXII pri(mi-
geniae) p(iae) honoris virtutis[que] causa civitas Treverorum in obsidione
ab ea defensa
und enthält den Dank der Stadt Trier an die legio XXII primigenia pia
für die erfolgreiche Vertheidigung dieser Stadt bei einer Belagerung.
206 Misoellen.
Für die Zeitbestimmung dieser laschrift ist wichtig der Titel Caesar
des M. Aurelius Antoninus, des unter dem Beinamen Caracalla bekannten
Sohnes des Kaisers L. Sept. Severus.
Zum Caesar wurde der ältere Sohn des Severus erhoben nach den
Niederlagen und dem Tode des Pescennius Niger in Asien und nach den
siegreichen Zügen des Severus gegen die Bundesgenossen desselben, die
Osrhoener, Adiabener und Araber.
Das Ende des Krieges gegen diese Völker fällt, wie wir früher ge-
zeigt haben ^), in das Jahr 195, der Fall von Byzanz und die Rückkehr
des Kaisers nach Europa in das Jahr 196. Auf der Rückkehr des Severus
von Asien nach Europa war es, dass dieser seinen älteren Sohn mit der
Cäsarwürde bekleidete. Es geschah dies jedenfalls vor dem 30. Juni 196;
denn das erste gemeinschaftliche Dekret des Severus und des Caesar An-
toninus ist datirt vom 30. Juni 196^).
Die Erhebung des Antoninus zum Augustus dagegen erfolgte entweder
Ende des Jahres 197 oder Anfangs des Jahres 198, diess bezeugen Münzen
und Inschriften aus dem Jahre 198; auf denen Caracalla Imperator und
Augustus genannt wird, und zwar hatte diese Erhebung, wie wir früher
bereits gezeigt haben, vor dem zweiten grossen Siege des Severus über
die Parther Statt, in Folge dessen dieser die elfte Imperatorbegrüssung und
den Beinamen Parthicus Maximus erhielt. Vom Jahre 198 datirt Cara-
calla seinen Regierungsantritt^).
Erfolgte die Erhebung des Caracalla zum Cäsar in der ersten Hälfte
des Jahres 196, seine Erhebung zum Imperator und Augustus im An-
fang des Jahres 198, dann kann unsere Inschrift nur in das Jahr 196 oder
in das Jahr 197 bezogen werden.
In diese Zeit aber fällt kein anderes grösseres kriegerisches Ereigniss,
1) Vgl. Höfner, Untersuchungen zur Gesch. d. Kaisers L. Sept. Severus und
seiner Dynastie, Bd I, 184, 185.
2) Cod. lust. IV, 19, 1. Vgl. dazu Höfner, Untersuchungen, I, 190, Note 12
und S. 260, Note 113.
3) Höfner, Untersuchungen, I, 244, Note 66. Renier, inscr. rom. d'Alg.
n. 1727. Untersuchungen, I, 264, Note 124. Eckhel, doctr. uum. vet. VII, 176,
200. Cohen, descr. des m6d. imp. III, p. 236 ff. n. 24. 115, 399; p. 363 ff. n. 14,
52, 55, 63, 74, 76, 104, 111. Das erste Consalat des Caracalla fallt in das Jahr
202, in das 5. Regierungsjahr desselben a trib. pot. V; sein erstes Regierungs-
jahr ist demnach das Jahr 198. Eckhel, doctr. num. vet. VU, 202. Cohen, III,
p. 361 ff. n. 5, 120, 297, 376. C. 1. L. UI, 205, 218. 3745. 4642. Mommsen, I.
R. N. 1409. Renier, Alg. n. 56, 1611, 1727, 8274. Dass die Erhebung des M. Au-
relius Antoninus zum Imperator und Augustus nicht im Gefolge des ersten
Sieges über die Parther Statt hatte, ergibt sich aus Renier, inscr. rom. d*Alg.
n. 1830.
Miioellen.
Kft
aIb der Krieg gegen Glodias Albinos, den Statthalter von Britannien. Diesem,
der von seinen Legionen im Jahre 193 zum [mperator ausgerufen worden
war, hatte Severus, um nicht gleichzeitig mit zwei Rivalen den Kampf aof-
□ehmen zn müssen, die Casarenwürde verliehen und ihn damit als seinen
Nachfolger be^.eichnet. Dabei halte sich denn Ciodiiis Atbinus auch be-
ruhigt. Nachdem indessen Peecennius Niger besiegt und gefallen war,
hatte liieverus weitere Klioks lohten gegen ClodtuB Albinns nicht mehr zu be-
obachten. Er konnte nunmehr den Kampf gegen den zweiten Thron-Rivalen
ungehindert unternehmen, und er that diess, indem er auf seinem Rück-
marsch ans Asien nach Europa seinen älteren Sohn Caracalla zum Cäaar
erhob, und damit zu seinem Nachfolger erklärte. Damit war dem Clodius
AlbinUB die Auwnrtschat't auf die Nachfolge benommen und der Krieg erklärt.
Clodius Älbinus entwickelte für den bevorstehenden Entscheidungg-
kämpf eine ganz gewaltige Energie. Er setzte, während Severus noch auf
dem Marsche durch Panconien und Germanien begriffen war, «eine Le-
gionen nacli dam Festland über, nnd in kurzer Zeit fielen ihm nicht allein
fast ganz Gallien, sondern auch Spanien zu. Zum Theil mag die Bevölkerung
dieser beiden Länder sich freiwillig au Clodius Albinns angeschlossen haben:
dalür sprechen die zahlreichen Hinrichtungen spaniecher nnd gallischer Edlen
Dtcb dem Untergang des Ciodius Albinua, sowie die Fortsetzung des Kämpfet
gegen die Anhänger des Clodius Albinus is Spanien auch nach dessen
Niederlage und Tod hei Lyon ').
Was sich nicht freiwillig unterwarf, wurde durch Waffengewalt daza
gezwungen, und die Generale des Sevems, welche dem Vordringen des
Clodius Alhinui zu begegnen suchten, wurden geschlagen, namentlich er-
litt des Severus General Lupus durch Clodius Albinus eine empfindliche
Niederlage.
Es ist eine bekannte Thataache: in der Entscheidungsschlacht bei
Lyon (18. Febr. 198} verlor Clodius Albinos Sieg und Leben, Severns aber
hat durch dieselbe seine und seiner Dynastie Herrschaft befestigt.
Auf eine Episode in dem Krieg zwischen Clodius Albinns und Sevenu
bezieht sich ohne Zweifel lUe oben angeführte Inschrift: denn ein anderes
grCsseres kriegerisches Unternehmen, in welchem eine so bedeutende Stadt
wie Trier belagert worden wlire, ist uns aus der Zeit zwischen der Erbe-
bung des Caracalla zum Cäsar und zum Augustu.?, von 196 bis Anfangs
lÜS, nicht überliefert^).
1) Caiiiua Dio LXXV, 8, 4. Spart. Sever. 12, 1: tum et Hiipocomm et
Gallorum proceres mulli occisi sunt. Spart. Sever. 13. C. 1. L. II, 41M: Tiberio
Claudio Candido Cos. . . Leg. Augg, Pr. Pr. Provinciae H. C. et in ea duci terra
marique adversus rebetle» H. H. P. P. et«.
3) Die im Korrespdzbl. der wettd. Ztecfar. f. Gesch. ii. Knoit, V, 7, n. ISI
ausgesprochene Termuthiing entbehrt jeglichen Grundes.
l>tMniint:\t JMt Tri^^r d^r Sache de« Severos treu geblieben, wurde von
d«ri AlMfiiarMTii Ma^':rt und durch di«; legio XXII piimigenia pia, die ihr
SUrid<juarti«;r in Mainz hati^;, «ei e«. das« dieselbe Ton Severns selbst oder
von i-inifin ueiner 0<;neral<; dahin geworfen war, erfolgreich Tertheidigt.
iMfür N|i«fndet dieher Legion Trier seinen Dank.
Kin gttnMÜgeH Geiichick hat die^e werth volle Urkunde von Stein zu
Tag« g<f<;rd«)ri. Möge ein günittigea Geiichick aach fernerhin weitere Denk-
inaUi anN Licht bringen and da« Dunkel erhellen, welches die Verhältnisse
in (Ullien cur Zeit des Krieges zwischen Severus and Clodias Albinus
zum grossen Theil umgibt.
Bonn im September 18S6.
M. J. Höfner.
10. Nassauischer Alterthumsverein. Ans dem Bericht des
(Konservators Oberst von Cohausen sei hier das Folgende mitgetheilt:
MeliHTe Hügelgräber auf dem Eichelberg bei Holzhaoseu wurden un-
tersucht, aber vollständig leer gefunden. Aus solchen im Dauborner Wald
wurden Urnen mit Knochenasche, Thonschalen, ein unten zugespitzter Trink-
becher und eine beschädigte eiserne Speerspitze gefunden. In 3 Gräbern
des Hcringor Waldos wurden zerdrückte Aschenurneu, zwei rundliche Trink-
gefässo und einige Bronzeringe gefunden, ferner eine schwarze, roth über-
miilto Urne, mit sparrenförmigcn Strichen und Punkten verziert. In dem
llahnstätter Wald liegen etwa 66 Grabhügel, von denen mehrere auf-
gegraben wurden. Schon Staatsministcr von Marschall durchsuchte sie
vergeblich. So genchah es auch jetzt. Am nördlichen Ende von Dauborn
scheint eine (iruppo von fränkischen lieihengräbern zu liegen, in welchen
(lürtelbcHchlägc, Skramasaxe und Schildbuckel vorkamen. Von da erhielt
die Sammlung ein Trinkglas, zwei schwarze Urnen, eine Lanzenspitze. Herr
Weck hat ein Modell der Holzeinlagen in dem Ringwalle des Altkönigs an-
gefertigt. Die dabei ausgestellten Basaltschlackeu vom Schlackenwall des
Stromborgs in der Lausitz sollen die Brand wirkung jener Holzeinlagen vor Augen
stellen. Der Burgfelsen von Kirberg wird als Steinbruch angegriffen, weder
die Gemeinde noch der Staat haben die Mittel, dagegen einzuschreiten. Die
Mainkanalisation lieferte mancherlei Funde, gegenüber dem Gutleuthof die Bei-
gaben eines römischen Grabes mit einer Münze des Trajan, bei Höchst eiserne
Brückenpfahlschuhe» zwei Eiubüume und vorweltliehe Thierknochen. Ein durch
Wassergrüben befestigter Hügel im Donnerhain bei Kalteich erwies sich als ein
NVohnplatz der Hüttenleute der Vorzeit, die hier wie anderwärts zahlreiche
Sohlackenhalden zurückgelassen hatten^ Auch im Walde von Crofdorf fanden
■ich Spuren der alten Eisengewinnung. Es werden noch verschiedene Einzel-
t'undo mit den Namen der Geschenkgeber angeführt, darunter Scherben mit
dem Töpforstempel VDI und MAMMIL, Ledersandalen von der Saalbarg,
MitcalleD.
SM
DachschiiidGLa, 2 Goldriuge mit gcachoitteaen Steiaeu eUen d&her, nuf einem
ei[ie Figur mit einem Kreuz (?), eine Kiiiilerraäsel, van der Ältenburg an der
Teufelsraauer, der oraamentirte Rand eiDer Broncescbüaael uud ei^erue Pfoil-
iind Bugeaapitzen. Die Bogen waren goiade oacb oben und unteo verjüngte
Stübu mit einer kugeil ürmigeu Eiaenspitze an den Euden, so dass sie auch
aIs Lanzen gebraucht weiden kunoten. Es folgt nocli eine Reibe von Ge-
gentttanden aus der f'raakeijzeit, dem MittäUltei', dei' Kenaisaatice und vun
Münzen. Die ethaograpische Sammlung Ziihlt 96 Stücke, meist aus Neu-
Uuineo. Ubein. Kurier, 22. Dea. 1885.
20. Rümiache Funde bei Plitt eradorf. Gegenüber der Obercoa-
Beler Cemenlfalirik, alao unterhalb der PI ittera durfer Au wurden im Februar
188Ö beim Anlegen eines Baumgarieoa Uea Ueno vun Caratanjen nahe dem
Rbeinufer rümiache Gräber aufgedeckt, welche Aacheuurneu eutiiielten und
mit Thonpiatteu umstellt waren. Nucb Aussage des U. Heiur. Fucha, der
die Grabungen beaul sichtigte, wurden Ö Gräber gefunden, die 2'/; Fuea unter
dei' Oberfldcbe lagen, auaser den Zifgelplatteu landen aicb Scherheu brauner
und rolher Gefuaae, auch kleine weiaae Uenkelkrüge, ferner Mauerreate,
die auf ein Gebäude scbüeeaeu liessau. Dieae Funde ergänzen die Aultin-
dung röDiiacher Alterthümer im Garteu dm Herrn Uanquier A. Cahu, übur
welche dos Jahrbuch LXXXI S. 12» berichtet hat.
äobaaffbaueeu.
21. Römische Inschriften aua ätockatadt. (ia.ni kürslich
hat man bei Stockatadt zwei römische Yotivaltüre xu Tage gefördert, deren
uäbere Kenntnias ich der freundlichen Mittbeilung des Herru Geh. Uofrath
I,. von Urlichs verdanke. Der eine der leiden Altüre weist oben xwiachen
£Wei un der Stirnseite mit Rosette verzierten Voluteu auf dum Fruntispiue
den Kopf eines Mannea mit einer eigenartigen Kopfbedeckung auf, neben
der auf der rechten Seite vom Beachauer ein scepterfürmiger an der Spitu
sich gabelnder Stab dargestellt ist. Darunter beiiodut sich folgende vier-
iceilige Inschrift :
M E R C V R
CIVL IVSTI
NVS ■ B ■ C-S
V S L-L-M
m») Jul(iuB) Juatiuaa b(eneQciariuB) co(n)B(ularis) v(otum)
s(olvit) ilaetua) l(ubens) m(eritoJ.
echten Schmalseite des äteines iit ein äohlKchtb«tl <uige-
Spitze nach unten gekehrt ist. Die linke Seiten dftcbe ist
bauchigen Kruge mit knraeiu naclt oben aualadeudem Habie
welche EU lesei
Mwcurlio) G(i
Auf der
bracht, dessen
oben mit einen
HO Mimlidtl.
geschmückt, unter dem eine Opferschale mit nach rechts gewaiicltetti Stiele
ansgehauen ist.
Weniger gut erhalten ist der zweite Votivstein, deseen ganae linke
Seite nebst dem Scheitel jetzt abgehrochen ist. Auch die Seitenflftcheo
dieses Altars waren durch Verzierungen ausgezeichnet. Denn auf der Tor-
handenen rechten Seitenwand, welche nach vorne durch ein Arabeakenge-
winde verziert ist, ist oben eine bauchige Flasche mit einem aierlich ge-
schwungenen Henkel dargestellt, darunter eine Opferschale, deren Stiel nach
oben gekehrt ist. Die Inschrift, so weit sie erhalten ist, lautet nach der
ebenfalls von L. von Ulrichs mitgetheilten Abschrift folgender Massen:
E.
C E
> M ASt
S B F COS
N I A NE T 6
A COS
L- L- M
Die Gottheit, der der Altar geweiht war, und deren Namen nnsweifel-
haft in den Buchstabenresten der beiden ersten Zeilen steckt, ist kaum
mit Sicherheit zu ermitteln. Es ist sogar nicht unmöglich, dasa, da in
den besterhaltenen Zeilen 4 — 5 Buchstaben im Anfang fehlen, mehrere Gott-
heiten mit einer Widmung bedacht waren. Die am Ausgange der dritten
Zeile erhaltenen vier Buchstaben MASv können ebensowohl zu dem Genti-
licium als zu dem Cognomen, dessen Endbuchstaben jedenfalls das im An-
fang der vierten Zeile erhaltene S gewesen ist, gehört haben. In der flUiften
und sechsten Zeile waren die Consuln genannt, in deren Amtsjahr der Stein.
gesetzt ist. Ihre jetzt lückenhaften Namen hat bereits v. Urlichs sehr an-
sprechend [Apro]NIAN(o) et [Bradu]a ergänzt. Die Ära ist demnach im
J. 191 n. Chr. vernichtet worden. Vergl. Klein, Fasti cons. za diesem Jahre.
Die letzte Zeile enthielt die bekannte Weiheformel [v(otum)] [B(olvit)]
l(aetus) Kubens) m(erito). Das Ganze wird also etwa in folgender Weise
zu deuten sein:
® I ce I Masa | [etu oder onajs
b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) | [Apro]nian(o) et [Bradu]a co(n)8(ulibas)
|.v(ütum)] [8(olvit)] l{aetus) l(ubens) m{erito).
Bonn. Jos. Klein.
22. Die Entdeckungen in der altpersischen Königsstadt
Suaa. Dieulrtfoy giübt in der Revue archiologique 1886 T. V p. 48 und VI
p. 224 einen Bericht über seine Grabungen in den Jahren 1884 — 85. Schon Ge-
neral Williams und Sir Loftus hatten bei ihren Untersuchungen Schwierig-
keiten mit der uiohomedanischfMi Geistlichkeit, die in dem Tumuius von Susa
Uiieellell.
fiU
dos Grftb dea Propheten Daniel verehrt, zu dem Rade Uärz groasa Pilger-
zöge aich begehen. DieaUfoy ging mit grosser Vorsicht eu Werke. Aber
n,Dc1i er inuHste ea tTfuhreo, dnss die MusetniäDiiei- bei Niicht di» ScutpUireo
xerti'iimnierteD, die er hei Tiige ktm Licht gebracht halt«. Ei' schreibt
eineD Theil der Kuinea einem Paiaste des Artaxeries zu. liier fand sich
ein kolossales Capitül mit 2 Stierköpfeu. Die Facade war geuau ao gerichtet,
wie der Porticua dea Palaatea des Xerxes zu Persepolis. Benierkenawei'th
durch aeiae Schöutieit iat ein gravirtea Siegel von einem ÄchätaeDiden-K^nig
von konischer Form aus grauem Opjil. Es wird dem Xerxes oder Artaxerxea I.
zU2U3clireibeu sein. Ein Medaillou mit dem Bilde des Koniga ist überragt
viin dem beschwingten Gotte Aouiamazda, zu beiden Seiten steht eine Sphinic,
die auf dem Kopfe die weisHe Krone von Oberägypteu tragen. Einige Or-
namente nähern sich uufT^illend deu ägyptischen, mehr wie die assjnacheu und
griechischen ea thun. Melirere Blumenfestona scheinen Copieo derer in den Gräbern
der Itamaea. Zahlreiche Wandgumiilde in emaillirton Ziegeln werden fUr die
Reste eines älteren Palastes gehalten. Von strenger Zeichnung sind zwei
schreitende Löwen auf blauem Grunde, die er abbildet. Es fand sich auch
eine Inschrift in Keilachrifi zeichen, in der die Worte Daiiua, der groaae
König und Vistaapes vorkommen. Auch auf dem Stück einer kleineu Siiule
stand die übliche yorniel: ich, der König Dariua, Eine Ascheuurne war
von einer ans emaillirteo Ziegel platten gemauerten Umhüllung nmgehon,
darauf befindet sicli eine Figur in grünem Kleide, mit gelben, blauen uud
weissen Eiorden, mit einem Tigerfell, in der Hand ein Rohr und eine goldne
Laone. Nor der untere Theil dea Geaichtea ist erhalten, Bart, Hals und
Hand sind schwarz, es iat ein Neger. Die Stickereien sind archäisch, sie
scheinen babyloniache Arbeit zu sein. Nur Könige trugen di« langen Roiira
uud die Armringe. Elam mosa eine schwarze Dynastie gehabt habeu. Noch
3 andere Füsse und eine 3. Hand sind schwarz. Herodot spricht von Ae-
thiopen dea Oatena. Waren die Nakhuntas Abkömmlinge einer achwarzeu
Raaae ? Die Bewohner von Chouster, Dizfoul uud die der umliegenden
Itörfer haben aethiopiscbe Zuge. Houasay will Nachforschungen austeilen,
üb einmal eine Kreuzung der Perser oder Araber mit Aethiopen stattgefun-
den bat. Alle emaillirten Ziegel waren mit einem Harz überzogen auf allen
Seiten. Ehe sie mit Mörtel in die Mauern der Sassaniden vermauert wunien,
waren sie früher mit einem Bitumen befestigt. Die Susianer acheinen wenig
geschrieben zu haben. In Babylon sind die Inschriften zahlreich, in Susu
fand man bis jetzt nur zwölf, lu Mal-Amir, wo sich das Grabmal des
Darius mit 5 Basreliefs auf einer Felswand befindet, wurden 7 neue In-
dchrilten entdeckt. Hier muss eine zweite (grosse Stadt gestanden haben.
Eine reich gekleidete Person auf einer der Scalpluren trägt weder ehal-
däische noch acayrisefae oder persische Kleidung, sie gleicht aber dem far-
bigen Bilde des schwarzen Königs. Die Zeichnung der Figuren ist alter
212 Miscellen.
als die assyrische und persische. Die Gesichter sind im Profil, die Körper
oft von vorne, die Füsse von der Seite, das Auge von vorne dargestellt.
Auch das Testament des Darius wurde gefunden. Die in Snsa gehobenea
Schätze wurden in diesem Sommer im Louvre zu Paris aufgestellt^ aber der
kaum geöfifnete Saal hat bald wieder geschlossen werden mfissen. Die ge-
brannten Thonstücke fingen an zu zerbröckeln und der farbige Schmelz
blätterte ab. Es wird versucht durch ein bewährtes Mittel sie sn erhalten.
Die Bildwerke werden mit Wallrath bestrichen und auf 200^ erhitst. Der
Wallrath verbindet sich mit dem Schmelz und bildet einen feinen dnrchsich-
tigen Ueberzug, welcher der Witterung trotzt.
Sohaaffhansen.
28. Thüngersheim. Münzfund. An derselben Stelle, an welcher
der Jahrb. 80, S. 238 f. besprochene interessante Fund gemacht wurde,
entdeckte man im Juni dieses Jahres noch 2 weitere Goldmünzen des Kaiser
Gallienus (N. Würzburger Zeitung 1886, Nr. 105; Münchener Allgemeine
Zeit. Nr. 167, Beilage 2. Vergl. Philol. Anz. 1886, S. 363 f.). Die Le-
genden lauten:
1) Avers: IMP GALLIENVS AVG. Brustbild des Kaisers in
Harnisch und Helm, nach links gewandt ; in der Rechten hält er einen über
die rechte Schulter gelegten Speer. — Revers: VIRTVSAVG. Herkules
steht nach rechts gewendet; mit der Linken hält er Bogen und Löwenhaut,
mit der Rechten stützt er sich auf die Keule. — Die Münze findet sich
bei Cohen, Gallienus Nr. 23 (IV p. 353) auf 600 Fr. geschätzt.
2) Avers: GALLIENAE AVGVSTAE. Bärtiger Kopf des
Kaisers nach links. — Revers: VBIQVE PAX. Zweigespann- gelenkt von
der geflügelten Friedensgöttin, nach rechts gewendet. — Bei Cohen, Gal-
lienus Nr. 545 (IV p. 416) auf 300 Fr. taxirt. Die Münze wird gewöhn-
lich, ebenso wie die bei Cohen Nr. 616 mit dem Revers Victoria Augnati,
wegen der Femininform des Kaisemamens als Spottmünze auf den verweich-
lichten Gallienus, unter dem das ganze Reich sich in Verwirrung beland,
gedeutet. (Vergl. Schiller, Rom. Kaisergesch. I S. 812, Anm. ö.)
Die erste Münze war ebenso wie zwei des früheren Fundes mit einem
goldenen Henkel versehen. A. W.
24. Die Römerquelle an der Spelzmühle bei Wiesbaden.
Unter allen Völkern sind es die Römer gewesen, welche für die Wasser-
viTHorgung ihrer Städte um meisten gethan, die grossartigsten Anlagen zu
di<)8em Zwecke ausgeführt haben.
Aus dem fernen Gebirge führten sie ihrer Hauptstadt das lebenspendende
Kloniont in 14 Leitungen zu, deren Gesammtl&nge von mehr als 500 Km.
hinroicluni würde, 14 I. titungen längs der Eisenbahn von Frankfurt nach Wies-
MisoelleD,
baden zn führen. Ganze Bäche ergoseen trtglioh 50 Milliouen Eubikfius Wasaer
die gew&Itige Stadt, so daas auf jeden Fiiawohner täglich 50 EubikfuaB
WoBser! das weiss jeder, der heim Abschied aus
die Fontana di Trevi geworfen, in der Hoffnoiig,
kamen. Und welch
Kom seiueD Baji
wiederzukehren.
Eigen ist es, dasa all das Wasse
Knlkgehirge der Apenninen, theils auj
und nur zum kleinsten Theile in dem
dort lauft es theils unterirdisch, theÜH
' kalkhaltig ist; da es theils aus dem
dem Travertin der Vorhohen kommt
vulkanischen Gestein entspringt. Von
n gemauerten Kauiüen, die auf hohen
Bügen durch die stille Campagna dahin ziehen. Es war nicht Unkenntnisa,
wenn die Römer das Wasser nicht in fallenden und steigenden Röhren führten,
denn sie kannten das Geaetr., welches das Wasser so hoch steigen lasst, als
es gefallen, sehr wohl und wandten es, soweit Bleiröbren dazu tauglich
waren — denn das Gusseisen war ihnen unbekannt — häulig an ; aber sie
kannten auch die Schwierigkeit, Fehler in der Leitung unter der Erde zu
entdecken, durch Nachgrabung anfzusuchen nnd auszubeeaern ; während der
Tropfenfall aus der Höhe der Aquäducte ihnen rasch die lecke Stelle zeigte.
Da das Wasaer aber kalkhaltig war, so besserte es Risse und kleine
schadhafte Stellen durch den Kalksioter, den es absetzte, bald seihst aus.
Auch bei uns haben die Römer allenthalben Leitungen angelegt, welch«
ihre Stüdte mit dem küstlichen Elemente versorgten. Die Leitungen von Trier,
Metz, Mainz, Köln, und noch manche andere sind alle noch nachzuweisen;
die meisten führen ein kalklialtiges Wasser diesen Städten zu. Das Wasser,
mit dem die kaiserliche Hauptstadt Trier versorgt wurde, entsprang 1 1
Eilom. von der Stadt bei Waldrach im Granwackegestein, und ist daher
wie unsere Taunus-Wüsser rein nnd ohne nenuons wertheu Ealkgehalt. Die
Sohle und die Wände des Eanals, in dem es fliegst, sind aus demselben
Gestein der Grauwacke erbaut, aber er ist mit Ealkstein überwölbt, toq
dem die Tropfsteinzapfen herabhängen, um ihren Kalkgehalt in da« Wasser
tränfelD zu lassen. Gewiss zum Behagen der tippigen Stadt.
Der Aquädukt, welcher auf 20 Meter hohen Hogen bei Jouy aux
Archcs die Mosel überschreitet, um Metz sein Waaser Euzufübren, ichöpft
dasselbe in der 2,'A Kilom. entfernten Quelle von Göre, welche aus dem
Jurakalk hervorbricht.
Grosaartiger noch war die Wasserleitung von Maine, deren Pfeiler bei
ie entnahm ihren Wasserscbatz aus dem
r Stadt hei Finthen im Ceriticnknlk eut*
s jenem Gestein entquellende Wasser ist, weiss
sagen, die alle zwei Jahre eine dicke Kalkkruste aus
isklopfen lassen muss.
r römischen Leitungen
Zahlbach noch liocb aufragen
Künigsborn, der 6 Kilom. vo
springt. Wie kalkhaltig das
dort jede Hausfrau ?.
ihrem Theekessel her
Die längste der
I Deutscbluid aber ist die lu-
geoaiinte Teufels- Halle, welche bei Schieiden in der Eifel &2 Kilometer \
214 Misoellen.
Köln ihr Wasser schöpft oud io 70 Kilometer langem, meist
Kanäle der Golonia Agrippina zubringt. Auch dies Wasser ist so kalkreich,
dass es während des wohl kaum 500 Jahre w&hrenden Zeitraums, den es
durch den Ganal floss, in ihm eine Kalkkraste abgesetzt hat, dick geoag,
dass man aus ihr 20 Centimeter dicke Säulen gemacht und sie ihrer adifiiien
Farbe, Maserung und Politurfähigkeit wegen zur AusschmflcknDg von
Altären verwandt hat.
Auch der Brunnen an der Spelzmühle bei Wiesbaden war den RSmem
bekannt; wir haben seit den vierziger Jahrer zu wiederholtennuden die Debd^
reste einer Reihe von Aquäductpfeilern und Sandsteinrinnen gefunden, welche
in der Richtung von der Quelle, dann an der Curve vorüber, an einem
Sammelbehälter im Biebricher Felde führten; in ihm fand eine Theilong
statt, welche einerseits nach Castel, andererseits nach Amöneborg hinweist
Auch hier ist es wieder ein kalkhaltiges Wasser, welches die RSmer
auch ohne chemische Untersuchung an seiner schönen, dem der Alpenaeen
gleichen, blaugrünen Farbe erkannten, durch seine Wirkung bewährt fanden
und ausnutzten. Freilich fehlten ihnen die mechanischen Mittel, diese reiche
Quelle nach Wiesbaden zu führen. Wir aber können uns Glück wünschen,
dass sie wie der Kochbrunnen sich seit Jahrhunderten treu geblieben ist,
und dass wir in Zeiten leben, denen es ein Leichtes ist, die Quelle nach
unserer Stadt zu leiten.
Rhein. Kurier 4. April 1886. v. G.
25. Ein Isis-Tempel in der Schweiz. Als*eine Ergänzung zu
dem Aufsatze ^über den römischen Isisdienst am Rhein*' in Jahrb. LXXVl
S. 31 möge die Mittheilung aus dem Anzeiger der Schweizer Alterthums-
künde Nr. 4, October 1886, p. 327 dienen, dass nach J. H. Hottinger, Method.
legendi historias Helveticas, Dissertationum miscellan. Pentas, V, Torici
1654, p. 528 in pago Tigurino, nicht weit von dem Gasteil der beissen
Quellen ein Isistempel gestanden habe, was durch einen in der Ejrchenmauer
des naheliegenden Dorfes Wettingen eingemauerten Inschriftstein : Deae Isidi
templum a solo etc. bewiesen wird. Mommsen fuhrt ihn, Inscriptiones oon-
federationis Helveticae latinas Ko. 241 an. Das Volk nennt den Ort Tempel
und den Berg Isenberg. Seh.
26. Die Mosaikperlon in fränkischen und alemannischen
Gräbern. Nichts ist so bezeichnend für das 4. bis 6. Jahrb. u. Z. als
diefier Grabfund, und nirgends kommt dieser Schmuck in so grosser Menge
urd Mannigfaltigkeit der Form und Farbe vor als im Rheingebiet. Linden-
fr/;}, mit vermuthet ihre Herkunft aus Venedig, dem Stapelplatz orientalischer
!r>'iufftrie. Nach Vernichtung des römischen Reichs erlangte der Verkehr
mit Bjzanz und dem Orient bedeutenden Einfluss. Herr 0. Tischler be-
Mitcetlen.
tnerlil dagegnti, dasa eine GlaBfobrikatioa um Venedig tun die Hitte des
I. Jabrlauaends nicht DBCIiweiBbAr eel. Die belegten Porlen (alln tuoenia),
die Doch lieute in Venedig gefertigt werden, acheinen ihm erst im Ver-
Unfe de" 16. Jahrhunderts hier gemacht woi'den zu eein, vielleicbt in
N»ohahniung autiker Perlen, wie die veuedsniBche Millefiun- Fabrikation
eine Nachahmung der antiken aei. DieaelbeD Perlen, die wir in den rheini-
Bohen Frnuengräbern finden, kommen auch iu Burgund, der Schweiz, Cbum-
pftgne und in England vor. Herr Tigchler schreibt mir am 1 7. Nov. 1 886 : , Perlen
dieser Art habe ich massenhaft aoa Italien cihalten, die wohl durch diegor-
maniscben Stämme, beaondera die Gotheii dahin gekommen sind. Dnruni sind sie
auch in den EöcbaiBcheo Kirchhöfen Englands häufig. Dass sie in Skandinnvien
selten sind, beweist uur, dasa diese Länder vom 5. bis 7, Jahrhundert an-
dere Handelsbeziehungen hatten. Im südlichen Oatpreuescn finden aie eich
wieder, hier kommt auch die fiir den Kbein charakteristische Warzenperle
yor. Sie mögen von den Gotben der unteren Donau KU ihren nördlichen
StnmmeBgenossen gekommen sem. liei den slavischen Völkern fehlen die
fränkischen Perlen. Einige Formen kommen in den Gräbern von Keathely
in Ungarn vor, auwie in Gräbern dpa Kaukasus. Wir mösaen ihren Ur-
sprung im Osten oder Südosten dea Mittelraeers snclien, woher überhaupt
die FabrikatiuQ der Perlen stammt. Die PeiluD d?r rSmiBclien Kaiaerzeit
kommen durch ganz Europa bis nach dem Kaukasna und Aegypten in voll-
ständiger Gleichheit vor, eo dnss man für diese gewiss berechtigt iat, auf
eine einheitliche Östliche Quelle zu Bchliessen. In Gallien bestand eine glän-
zende Glasfalrikation, die auch nach der Völkerwanderung noch andauerte.
Es wäre möglich, dasa in Fortentwicklung der römischen Perlen in Gal-
lien und Süddeute ob land eine lokale Fabrikation entstanden wäre, die
solche Typen fertigte, die in dem weiteren Gebiete ihrer Verbreitung
fehlen." Die zahlreichen Funde der schönsten und mannigfaltigsten Ferien
dieaer Art am Rhein, deren Menge aich nicht allein aus der grosBen Zahl
geöffneter Gräber erklärt, sprechen für einen diesem Verbreitungagebiet
nähern Ort der Herstellung derselben als es Venedig oder gar der ferne
Osten ist. Schaarfhauaen.
I 37. Anffindang von Mamienaftrgen
I Aegypten. Schon im Jahre 1S81 hatte Masper
des Masenms von Boulaq bei Deir-el-ßahari, in
Griiber von Pharaonen entdeckt und darüber in
der PhKraooen in
der damalige Director
der Ebene von Theben
Biner Schrift: La trou-
vaille de Deir-el-Buhari, le Caire 188t berichtet. Dieselben wurden in einem
11,50 m tiefen nnd 2 m breiten Brunnen, in dessen Tiefe ein 8 m langer
Gang mündete, aufgefunden und es wurde festgestellt, dass diese Mumiensärge
■cbon in ägyptischer Zeit aus ihren ureprünglicheu Gräbern hierhei* gebracht
waren, um sie vor Raub /.u schützen. Räubereien der Araber von Goornah
:.^'^. '^'^^^..AJfmizj rvwn. 2i»0^ ^Mjmm Tcnteke a fonehen. Mao
^r'v:*!',^'*. "^Lrjgj^hr.^ K Tärr«. K^ «Bier aaden bmüi den erbmlteiiai In-
iÄ-:.5-^- -:jt T-r A ■:=■•.< !- tc«! lV.«tMc m., ^XHIL DjnMtie), TmSetil.
c--: T".-. ]>jtr.>«i 11. XrX. IfrriMtaei dea Seirtiii der BibeL Der Sarg
fUr.^^ rr V4T v»«>LLi>-: ^^i'i verde von enea König der XX. Dynastie
v:<^*r z*r7^^7r. 'if^Kr w R«»» XO. Die Sirge der XX. Djnaatie
»'-< .-»'<r. a.1 B^i^'-.^«. E. Brzaeh fertigte von diesem Fnnde 20 Photo-
gr%p''.>r. t- .%*= I Jvr: I"?4 nrden anf Woaidi des Viedcdnigs die
hir7^, FUr.f^ U zzfi 'i^ K^iaia .W ibws Xolertari, der Gemahlin des
K'jt.'.v*. Ar;S'.4 c«:^ AsL^fif g^^fiKt nad die Mnmien abgewid[elt. Photo-
irr &j:K:«i: ^^r M*=:V. srirden sm Tage der Erdffovng anfgsnommen. Die
M'irrA^ Haniiai 11. 5it 173 cm kag. IKe Haare sind gelb geworden, die
N%?^: z^igrec *::H sr<h r«:4h gefärbt. £Ke Gescktsrtge des Königs sind wohl
erk<tiir.l/ar. In* %*>i*re Nos'e war die des Königs Rtmies III. Anf dem
goI'Jn^n BmmeLnd. das anf der Mnm-e nnter den Binden lag, fand sieh
d'i^^r Nam*. IHe Miimie war sIio bei einer fpAteren Niederlegnng in den SafV
roit Jenaer d^ Kocigis TcrwecKfelt worden. Die MnmieRamses III. ist 168 cm
gros*, re iit wer:iger znt eiiialteD. doch srigt sie eine IhnUehe Gesichts-
bildno?. Diete sowie die Schidelbildong gleichen dem noch in Nordafrika
▼orliandenen arabischen Typ??. Herr E. Brngfch-Ber hat durch ein Schreiben
Tom 4. JwÄ in d^r I^eipziger lUoftr. ZeKocg rom 3. Jnli 1886 fiber diesen
Vorgang einen Bericht erstattet . dem mehrere Abbildnngen beigegeben sind.
Be^de König», Ram«e« II. wie der III. sind anf den igyptisehen Wandge-
mälden dargestellt, die Koeellini Teröffentlicht hat, Monnm. del Eg. I, T. LXH
— XX und T. LXXIX. Ro«e!lini bexeichnet RamsesHI. als den Sesostris der
Bibel. Die Gesichter zeigen zwar die gebogene Nase der Mnmien, erscheinen
aber ideal isirt und typisch and sollten gewiss keine Portraitbilder sein.
Auch sind beide Herrscher sehr jugendlich dargestellt. Die Hantfarbe ist
roth, wie es die Regel für die Könige ist. Im sfidlichen Arabien herrschten
die Himjari d. h. die Rothen. Noch ist in Aegypten die Masse des Volkes
von röthlicb<'r Hautfarbe. In dem Höhlentempel von Ibsambnl in Nnbien
hält Sesostn> oder Ramses H. 11 Köpfe in der Hand, 3 sind schwarz
mit Negerzügen, fünf gelb mit hohem Nasenröcken und snröckliegender
Stirn, 2 dunkelroth. 1 Ton rosiger Farbe. Nach Rosellini soll dies Bild
die Völker der Erde unter ägyptischer Herrschaft darstellen. Er glanbt,
dass die Hirtenköiiige Skythen waren. Roth hält sie fßr Phönizier wie
Manetho, Josephns nennt sie Araber. Diese Ansicht scheint mit Rücksicht
auf die hier besprochenen Funde die richtige zu sein.
Sehaaffbausen.
\
y. Oeneral-Yersammlniig des Vereins von Alterthnms-
freunden im Rheinlande am IL Juli 1886.
Dieselbe fand im Gartensaale des Eley'schen Gasthofs statt und
wurde von dem Vorsitzenden, Geh. Rath Schaaff hausen um 11 Uhr
Vormittags eröffnet. Derselbe begrüsste die dazu erschienenen Mit-
glieder im Namen des Vorstandes und legte den folgenden Jahres-
bericht für 1885 vor.
«Die Zahl der Mitglieder des Vereins betrug mit Einschluss
der Ehrenmitglieder, der Schulanstalten und des Vorstandes nach dem
letzten Jahresbericht am I.Januar 1885: 638 Mitglieder, am 1. Januar
1886 betrug sie 626, am 1. Juli dieses Jahres 644.
Gestorben sind seit der letzten General- Versammlung 14 Mit-
glieder, es sind die Herren: E. von Brück in Crefeld, W. Jentges
in Crefeld, General von Wright in Baden-Baden, Freih. von Rigal-
Grunland in Bonn, Prof. Eckstein in I^eipzig, Prof. Lange in
Leipzig, Oberbürgermeister Becker in Cöln, Commerz.-Rath J. Curtius
in Duisburg, Bau-Inspektor Junker in Mühlhausen, Wilh. vom Rath
in Mehlem, Prof. Plitt in Dossenheim, Senats-Präsident Dr. Haugh
in Cöln, Dr. Camp in Cöln, Med.-Rath Dr. Schaffner in Meisenheim.
Abgemeldet haben sich für 1886: 11 Mitglieder, so dass der
Verein einen Gesammtverlust von 25 Mitgliedern erfahren hat. Es
gereicht mir zur Freude, mittheilen zu können, dass derselbe durch
den Eintritt neuer Mitglieder mehr als ausgeglichen worden ist.
Es sind seit der letzten General- Versammlung folgende 31 neue
Mitglieder dem Vereine beigetreten, die Herren: Amtsrichter Huff-
Schmidt in Boxberg, Towsend in Wiesbaden, Gymnasiallehrer Dr.
C. Cüppers in Cöln, E. Schöller in Düren, FrauSchöller in Düren,
die Herren Wolffers in Bonn, Geh. Rath Rculeaux in Berlin, Rektor
Dr. Jörres in Ahrweiler, Dr. phil. Ad. von Oechelhäuser in Heidel-
h^3f, tAM^i^ehfArtrik \, h. F J, Sti^phani mCroT, Gymn.-Direktor
'Mh\it^^Hi^/ü ^ X.fMX,f\rj, 711 5feU ji Trier. Realprogymnasiallehrer
WaM^j^t nvr>*,nn. *!►, £xi*>i>a2 G^ner^I O, Ellen in Bonn, General-
M;ij6r /-i^A iC*l.n^-»</j :n ?^ina- Frieden: Caesar in Bonn, Betriebs-
Ift^^jr. V.>r'^^,4; .ü fe^itto, F:awi Wiisiwe B. Maller in Bonn, die Herren
\tk%t^\mr Uxrx in bmxu L?. Hoffner in Bonn, D. Bötzkes in
fM<*i^l4^rf, Ffin fji(r«i 7<>AKat!i in Coln, die Herren Commerzien-
rath Kniar^a Lanzen ji O^^Lo. Robert Henser in Coln, Engen
Rafit^njitraficii m «.SIb, Wilh. tob Beeklinghansen in Cöln,
K i, Heballenberg a Cöln, Oberst Walff in Cöln, Maler Carl
Haoptmano inbrML Eklduinidura-Besitzer F. N. Palm in Aachen.
Wir bitreii, wie jefiesnal bei dieser Gelegenheit, uns in dem Be-
«itrebeB, dem Vereine neoe Mrtgfierier zu gevinnen, behülflich zu sein,
detm der jahrL-cfae Aii.%6ül dorcfc Scerbfalle, Wegziehen nnd Abmel-
dongen ist ein niebt ubedenteBdcr.
Waa die Schriften des Verci» angeht, so ist seit der letzten
General'Veräammlong das Hefk 80 mit 5 Tafeln nnd Heft 81 mit 7
Tafeln und mehreren Holzacfanitten ausgegeben worden. Zugleich er-
schien als Festgabe zar Winckehnanns-Feier hierselbst „Das römische
Kdln"^ nebst einem Plane der rönüschen Stadt nnd einer Fundkarte,
▼on Herrn General von Veith. Der Vorstand glaubt durch die Her-
aasgabe dieier trefflichen nnd Yerdienstlichen Arbeit einem längst
▼orbandenen Bedflrfhisse und dem Wnnsche vieler Yereinsgenossen
entsprochen zn haben. Von grösseren Arbeiten, deren Veröffentlichung
in den Jahrbflchem der Vorstand für die nächste Zeit beabsichtigt, nenne
ich : den Bericht Ober die Aufdeckung friuikiscber und römischer Gräber
in Meckenheim und Andernach, die Aufgrabnngen in Pommern an
der Mosel, Beschreibung des Münsters zu Essen nnd der in ihm ent-
deckten Wandgemälde und eine die bisherigen Grabungen umfassende
Darstellung des römischen Castrums in Bonn.
Ich lege die Jahresrechnung für 1885 nebst Belegen vor
und theile daraus die Hauptposten mit:
Die Gesammteinnahme betrug einschliesslich des aus dem
Jahre 1884 verbliebenen Baarbestandes von M. 1461.93 für das Jahr
1885: M. 7545.43 gegen M. 7832.23 des vorigen Jahres.
Die Ausgaben beliefen sich auf M. 7282.52 gegen M. 6370.30 im
vorigen Jahre.
Es bleibt ein Baarbestand von M. 262.91 gegen M. 1461.93.
In Bezug auf den geringen Baarbestand bemerke ich, dass die
y. Oeneral-Yersammlaiig des Vereins von Alterthnms-
freunden im Rheinlande am IL Juli 1886.
Dieselbe fand im Gartensaale des Eley'schen Gasthofs statt und
wurde von dem Vorsitzenden, Geh. Rath Schaaffhausen um 11 Uhr
Vormittags eröffnet. Derselbe begrüsste die dazu erschienenen Mit-
glieder im Namen des Vorstandes und legte den folgenden Jahres-
bericht für 1885 vor.
«Die Zahl der Mitglieder des Vereins betrug mit Einschluss
der Ehrenmitglieder, der Schulanstalten und des Vorstandes nach dem
letzten Jahresbericht am I.Januar 1885: 638 Mitglieder, am 1. Januar
1886 betrug sie 626, am 1. Juli dieses Jahres 644.
Gestorben sind seit der letzten General-Versammlung 14 Mit-
glieder, es sind die Herren: E. von Brück in Crefeld, W. Jentges
in Crefeld, General von Wright in Baden-Baden, Freih. von Rigal-
Gr Unland in Bonn, Prof. Eckstein in I^eipzig, Prof. Lange in
Leipzig, Oberbürgermeister Becker in Cöln, Gommerz.-Rath J. Curtius
in Duisburg, Bau-Inspektor Junker in MUhlhausen, Wilh. vom Rath
in Mehlem, Prof. Plitt in Dossenheim, Senats-Präsident Dr. Haugh
in Cöln, Dr. Camp in Cöln, Med.-Rath Dr. Schaffner in Meisenheim.
Abgemeldet haben sich für 1886: 11 Mitglieder, so dass der
Verein einen Gesammtverlust von 25 Mitgliedern erfahren hat. Es
gereicht mir zur Freude, mittheilen zu können, dass derselbe durch
den Eintritt neuer Mitglieder mehr als ausgeglichen worden ist.
Es sind seit der letzten General-Versammlung folgende 31 neue
Mitglieder dem Vereine beigetreten, die Herren: Amtsrichter Huff-
schmidt in Boxberg, Towsend in Wiesbaden, Gymnasiallehrer Dr.
C. Cüppers in Cöln, E. Schöller in Düren, FrauSchöller in Düren,
die Herren Wolffers in Bonn, Geh. Rath Reuleaux in Berlin, Rektor
Dr. Jörres in Ahrweiler, Dr. pbil. Ad. von Oechelhäuser in Heidel-
Ä^ *tt*».'^1
1«L»4n
MUÄmÄUW. v^aa t^ tm. B^m Itumnorbrnkir/c. Prot. Klein, für
** 4«/*^f r^snftxui^^, HiMh miKn -rinsv» Inak ft-'^suttf . Es bleibt
ÄMKfc fSÄjiwr *ai fj^j^x^ %:xj^r*x \ mteidK örjL ierea Herkuft bisher
ämX* ftiitÄt iu^, fe^c/^<n.n.r. w^u^ £.'>aiKs. öie Bibliothek ist durch den
lM^Ai^kßa.r x^iz l^A %Af>r*u T^raaia nd lastitoten anseluilidi Ter-
MMfcrt, v/»> 4;f«M ^'ßH^f!t0soäLk t« A. Bu M ejer Gurina), Ton Saae
Mi* \^Ük.%Uff 'Mtiwnx^ - T^Ä L:i-iet%?hs:t fHiodb. der Archäologie),
v//ft Hf:htmffZth. Hzz^Mnh xA. lus^iadtt worden. Mit dem Verein für
K'in^ oikd k\Uinhnm m Xfti»t#7, den Afl&ercao Journal of Archaeologie
in fMiitttiff^,, flf^ h:*V/nviie& GeH^Jkduft for die ProTinz Po6cn, dem
\iUfrzrl%^h^hi^U/rw:hmi Ver^n des Vosze^nklobs für Elsass-Lothringen
und dern K, K, ^/«terreicbL'^bes Ma^cam fär Knust nnd Gewerbe in
Wien im der Hchrift^aojrtaarh angebahnt worden. Zn den Geschenken
«ehßr^'n auch die fon Frau Generalin Ton Veith angefertigten vor-
trefflichen Oipieeri der im Jahre 1876 beim Bonner Castmm aufgefun-
denen Wandmalereien, die bereits im 62. Heft unserer Jahrbücher von
Ih^tner benchrieben worden sind. Ich spreche der Geschenkgeberin
dini ganz In^ondem Dank des Vereini fär diese schone Gabe aus, und
lege die in natürlicher Grösse wiedergegebenen Bilder hier vor. Auch
erlaube ich mir die Bemerkungen mitzutheilen, welche Frau von Veith
in Bezug auf die Technik dieser Malereien gemacht und den Blättern
beigefügt hat. Hie lauten: „Auf geglättetem, matt glänzendem blau-
Nchwar/em Grunde waren die Originalbilder in kreidigen Deckfarben in
leichter kühner A usfUhrung entworfen. Licht und Schatten waren mit brei-
ten Strichen nebeneinander gesetzt, ohne Spur einer Uebermalung oder
spntcren Nachhülfe. Jeder Strich, jeder Farbenton ist stehen geblieben, wie
er beim ersten Entwürfe dastand. In eigenthümlicher Weise waren die
KApfe behandelt. Nachdem Hell und Dunkel richtig und körperhaft
aufgesetzt waren, sind die Augen mit den Augendeckeln, der Nasen-
rücken, die Nasenflügel und das untere Kinn mit pastoser, etwas er-
hobener Farbe und zwar mit demselben Fleischton der übrigen hellen
Stellen des Gesichtes angegeben und dann erst sind die Augen und der
Mund mit ausdrucksvollen Linien hineingemalt. Die Malereien sind
flüchtige, schnell ausgeführte Skizzen eines bedeutenden Künstlers im
Chnrakter schablonenartiger Wandbilder. Es sind nirgends vegetabi-
lische, nur Mineralfarben angewendet.'^
Am 8. März dieses Jahres feierte der um die Alterthums-
A^rschung, lumal um die Erklärung der ägyptischen Kunstdenkmale
(Jenoral-Ver
mluDg des Vere
b
hochverdiente holländische Gelehrte Conrad Leemans in Leydea sein
50jähriges Üoctor-Jubiläum, zu netchem Feste der Vorstand dem aus-
gezeichoeten Gelehrten, der eines der ältesten Mitglieder unaereä Vereins
ist, eine Adresse übersendet hat, die mit sehr freundlichen und aner-
kennenden Worten erwiedert wurde. Es ist zu Ehren dieser Feier dem
Jubilar ein Album unter dem Titel ^tudes arch^ologiques überreicht
worden, zu welchem Gelehrte aller Lander, auch zwei Mitglieder des
Vorstandes, Schaaff hausen und Wiedemann, Beitrage geliefert haben.
In den Anfang April d. J. fiel die 100jährige Jubiläumsfeier
der KÖnigl. Akademie für Alterthumsforschung iu Stockholm, zu der
der ^^atand ein Gratulationssebreiben abgesendet hat. Er sagte iu
demselben, wenn irgendwo so gelte es für die alle Länder und Zeiten
umfassende Alterthumsforscbuug, dass nur vereinte Kräfte das Ziel er-
reichen werden, welches uns vorschwebt. Es ist dies die Aufgabe,
ein Bild der Entwicklung des menschlichen Geistes aufzurichteu, wie
sie sich in der Kunsttbätigkeit aller Völker ausgeprägt hat. Einer
Einladung zur Theilnahme an dem vom 9. bis 12. Juli in Nantes
tagenden Kongresse der französischen archäologischen Gesellschaft hat
der Vorstand nicht Folge leisten können. Die Sitzungsprotokolle hegen
hier zur Einsicht offen."
Hierauf wurde nach § 11 der Statuten zur Vorstandswabl geschritten.
per bisherige Vorstand wurde durch Acclamation wieder gewählt.
L „Ich setze die Versammlung noch von zwei Schreiben in Kennt-
njss , die der Vorstund im Interesse des Vereins abzusenden für
zweckmässig erachtet hat. Auf die Anzeige hin, dass ausländische Ge-
lehrte die Alterthümersammlungen uud Museen unserer Provinz be-
suchen, um Gegenstände fur ihre Publikationen auszuwählen, hat sich
der Vorstand mit einem Gesuche an die Direktion des WalrafiTschen
Museums in Cöln gewendet und mit einem Hinweis auf die alten Be-
ziehungen, welche zwischen dieser Sammlung und den Jahrbüchern des
Vereins besteheu, die Bitte ausgesprochen, unter Wahrung des inter-
nationalen Charakters einer solchen Sammlung, die Erklärung neuer
Funde zum Vortheile der vaterländischen Wissenschaft vorzugsweise
der Uterarischen Thatigkeit des Vereins in seinen Jahrbachern zu aber-
lasseu. Das Bürgermeister-Amt in Cöln hat unter dem 2$. Mai diesen
Jahres auf diese Eingabe erwiedert, dass die Stadtverordneten- Ver-
sammlung sich Dicht nur mit der beantragten Veröffentlichung der näher
bezeichneten, im Museum Walraff-Richartz befindlichen AlterthQmer
b den Verein von Alterthumsfreunden im Kheinlande einverstanden
^ SohaaffhauBen:
erklärt hat, sondern auch bei weiteren Erwerbungen archäologischer
Denkmäler und Fundstacke seitens der Stadt dem letzteren hinsichtlich
deren Publikation eine bevorzugte Berücksichtigung bereitwilligst ein-
geräumt hat.
Auch hat sicli der Vorstand veranlasst gesehen, wegen der
in unserer Provinz in stets zunehmendem Maasse um sich grei-
fenden unbefugten Aufdeckung alter Gräber am 5. Juli ein erneutes
Gesuch andas Cultus-Ministerium zurichten, diesem willkührlichen
und gewinnsüchtigen Handel mit vaterländischen Alterthümern durch
geeignete Maassregeln entgegenzutreten. Schon ein Verbot des Verkaufs
der dem heimatlichen Boden entnommenen Schätze des Alferthums
ins Ausland, wie es in andern Ländern besteht, würde günstig wirken.
Auch würde es sich empfehlen, das Graben nach Alterthümern auf
tiskalischem Boden nur den wissenschaftlichen Vereinen nach einge-
holter Erlaubniss bei der Behörde zu gestatten und die Gemeinde-
Verwaltungen aufzufordern, ein gleiches Verhalten für die Grabungen
auf jedem|:,Gemeinde*Eigenthum eizuführen.
Der Vorstand brachte bei dieser Gelegenheit noch einen an-
dern Gegenstand bei Seiner Excellenz dem Herrn Minister von Gossler
zur Sprache, es ist der Schutz und die Erhaltung vaterländischer
Denkmäler in unserer Nähe, die zum Theil dem natürlichen Verfalle
rettungslos entgegen gehen, zum Theil in Gefahr sind, durch die Ar-
beiten der Industrie in kurzer Zeit zerstört zu werden. Die auf der
mächtigsten Kuppe des Siebengebirges thronende Löwenburg bedarf
für ihre letzten Mauerreste der schleunigsten Hülfe. Vielleicht ge-
lingt es, durch eine Bewilligung von Seiten des Königlichen Mini-
steriums mit Beihülfe der Königlichen Regierung in Köln und des
Verschönerungsvereins für das Siebengebirge die dazu nothwendigen
Mittel aufzubringeu. Die Provinzial-Verwaltung in Düsseldorf hat
ihre Mitwirkung dazu bisher abgelehnt, weil die Ruine Löwenburg
fiskalisches Eigenthum ist. Wenn in letzter Zeit sich in der rheini-
schen Bevölkerung eine lebhafte Bewegung kund gegeben habe für
die Erhaltung der Schönheiten des Siebengebirges, die durch den Stein-
bruchbetrieb auf das Aergste bedroht sind, und ein „Verein zur Ret-
tung des Siebengebirges'' sich gebildet habe, so sei dessen Bestrebungen
auch im Interesse der Alterthumsforschung ein günstiger Erfolg zu
wünschen. Im Siebengebirge selbst befindet sich auf dem Petersberge
ein altgermanischer Steinring, dem sich die Steinbrüche schon in be-
denklicher Weise nähern, am Asberge bei Rheinbreitbach ist das-
äeneral-Versanimlung des Vereins zu ^nn am 11. Jnli 1864. 22i
selbe der Fall. Am Hummelsberge bei Linz ist schon ein Theil des
äussern Ringes der dort befindlichen Steinurawallung in den Stein-
bruch hinabgestürzt. Bin Ankauf der Berggipfel, die solche älteste
Denkmale des Landes tragen, durch den Staat wurde das einzige Mittel
sein, dieselben vor der Zerstörung zu bewahren. Der Vorstand bittet
S. Exellenz diesen Uebelständen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden
und die zur Beseitigung derselben geeigneten Maassregeln in geneigte
Erwägung zu ziehen. '^
Vor dem Schlüsse der Versammlung theilte Herr Hauptmann
mit, dass sich in Bonn ein Verein für Bonner Geschichte und Alter-
thUmer gebildet habe. Auch wurde der Wunsch laut, das Winckel-
mannsfest oder die General-Versammlung des Vereins einmal in Köln
abzuhalten.
Der Vorstand.
VI. Die Winckelmanns-Feier in Bodb
am 9. Dezember 1886.
Dieselbe fand Abends 7 Uhr im Saale des Hotel Kley statt, wo
die bekränzte Büste Winckelmanns aufgestellt war. Der Vorsitzende
des Vereins, Geh. Rath Schaaffhausen eröfihete die Feier mit fol-
gendem Vortrage:
„Wir feiern heute das Andenken Johann Winckelmanns, des Be-
gründers der klassischen Archäologie in Deutschland. Gestatten Sie
mir bei dieser Gelegenheit einen Blick auf die archäologischen For-
schungen der letzten Zeit zu werfen. Wie auf allen Gebieten des
geistigen Lebens eine lebhafte Thätigkeit herrscht, so ganz beson-
ders auf diesem, wo es sich nicht um nationale Aufgaben handelt,
sondern um Untersuchungen, welche uns die Gulturentwicklung der
Menschheit vor Augen stellen, wo die Entdeckungen in allen Ländern
erst die eine grosse Alterthum swissenschaft ausmachen, wo der Erfolg
der Arbeit, die Beantwortung der wichtigsten Fragen gerade von der Grösse
des Materiales abhängt, das uns zu Gebote steht. Die lebhafte Thä-
tigkeit wird auch dadurch bedingt, dass die Funde sich der Art häufen,
dass die wissenschaftliche Erklärung ihnen kaum zu folgen im Stande ist
Von bedeutenden Funden in den alten Culturländern möchte ich
zwei erwähnen.
Zuerst die Auffindung der Mumiensärge der Pharaonen bei Deir
el Bahari in Aegypten durch Maspero. In einem Brunnen, wohin in
ägyptischer Zeit schon diese Särge gebracht waren, hat man etwa
20 Särge ägyptischer Könige der 18., 19. und 20. Dynastie gefunden,
von denen zwei am 1. Juni d. J. auf Wunsch des Vicekönigs geöffnet
und die Mumien abgewickelt worden sind. Die Mumie Rhamses II, des
Sesostris der Bibel, war so gut erhalten, dass man die Gesichtszüge
des grossen Eroberers genau erkennt. In den Zügen des siegreichen Herr-
schers drücken sich Kraft und Willensstärke aus. J)er Mann steht wie
lebend vor uns, an dessen Hofe, wie Einige glauben, Moses gelebt hat. Ich
zeige die mir von E. Brugschin Kairo zugesandten Photographieen des-
selben. Die ägyptischen Wandgemälde stellen ihn anders dar. Ich zeige
Die Win ekel miDiiR-Feier in Bonn, am 9. Dezember
tl2t
die Copie eines von Rosell in i veröffentlichten Bildes, Hier hält Sesostris
in einer Faust 11 Köpfe besiegter Völker am Schöpfe. Man erkennt
darin drei verschiedene Rassen. Fdnf sind blond mit blauen Augen
und sind wohl far Vorfahren der erst 1000 Jahre später in die Geschichte
eintretenden Germanen zu halten; drei sind Neger, drei sind röthlich
von Haut und vielleicht Asiaten. Die Aegypter haben ihren Zweck
erreicht, ihren Todten eine längere Erhaltung zu sichern, als es andern
Menschen beschieden ist.
Sodann sind in diesem Jahre die von Dieulafoy in Susa, der
alten Königsstadt Persiens, ausgegrabenen Schätze im Louvre zu Paris
aufgestellt worden. Es sind zumeist Gemälde auf emaillirten Ziegel-
platten, die hinter die Zeit der Achämeniden zurückreichen. Leider
wirkt das feuchte europäische Klima verderblich darauf ein, sodass man
chemische Mittel angewandt hat, sie zu schützen. Die Ruinen von
Susa, in denen man gegraben, gehören einem Pallaste des Artaxerxes
an, jene Malereien scheinen aber von einem früheren Bauwerke an die-
ser Stelle herzurühren. Man fand eine Aschenurne, die von einer ge-
malten Mauer umgeben war; die Ornamente wie die menschlichen Figuren
erinnern an den ägyptischen Stil, eine Gestalt war nach der Kleidung,
den goldenen Armringen, dem langen Rohr, das sie in der Hand hält,
ein König, er ist schwarz von Hautfarbe, er ist ein Neger. Dieulaloy
schliesst, dass im alten Susa eine aethiopische Dynastie geherrscht hat.
Das ist ein höchst merkwürdiges Ergebniss der Forschung. Man hat
immer gefragt, welchen Antheil die schwarze Rasse an der ältesten mensch-
lichen Cuitur gehabt habe. Behauptete man doch, um den Sclavenhandel
zu beschönigen, die Negerrasse sei zur höheren Bildung unfähig. Homer
nennt die Acthiopen die besten der Menschen, Herodot berichtet Aber
schwarze Menschen in Indien, womit er schwarze Inder z. B. auf Ceylon
gemeint haben kann. Die Kolcher nennt er schwarz und kraushaarig. In
der Buddhareligion giebt es Götter^tatuen, welche schwarz und wollhaarig
sind, mit aufgeworfenen Lippen. Jedenfalls gab es eine aethiopische Mi-
schung im Volke. Die Kopten haben aethiopische ZUge. Wir wissen nicht,
dass Neger in Aegyptcn geherrscht haben, wie es scheint aber in Susa.
Einen besonderen Eifer zeigt die Forschung auf dem prähistorischen
Gebiete, schon desshalb, weil dies ein neues Feld ist, welches Schätze
birgt, die man früher nicht beachtet und nicht geschätzt hat. Für
das Sammeln der AlterthUmer der klassischen Länder war doch die
Schönheit ein Hauptbewcggrund. Wir sind aber jetzt nicht mehr damit
zufrieden, die Meisterwerke der alten Kunst zu bewnndem, wir wollen
S96
Die Winokelmi
(■Feier in Boaa,
wissen, wie die Griechen zu dieser Blütbe der Kunst gekommen sind, ans
welchen Quellea sie diese gesch<jpil haben. Es gicbt jetzt für alle
Länder eine prähistorische Zeit, auch für Aegypleo, was man lange
geläugnet hat. Ihre Spurea fioden sich nicht in der Ebene des Nil-
thales, die damals der Strom noch erfiillte, sie wurden anf den Ab-
hängen seiner alten Ufer gefunden. Bemerkenswerth ist die üeber-
einstimmung der ältesten Werkzeuge in der ganzen Welt
Blicken wir auf unser eigenes Vaterland, so hat hier die deutsche
anthropologische Gesellschaft sehr anregend gewirkt, sie hat den Sinn
für die Geschichte der Vorzeit überall geweckt, es sind zahlreiche Vereine
und Sammlungen entstanden, die das retten wollen, was noch vorhan-
den ist und die sich die Hand reichen zu gemeinsamer Arbeit. Eine
solche ist die schon vor mehreren Jahren beschlossene prähistorische
Karte Deutschlands, zu der verschiedene Vorarbeiten gemacht sind,
die aber noch einige Zeit auf sich warten lassen wird. Als einen Tbeil
derselben kann man die von Prof. Ohienschlager mit Untersttttzu&g
der anthrop. Gesellschaft in MUnchen vollendete prähistorische Karte
Baierns in 14 Blättern betrachten, die ich in einem Exemplare, welches
der Verfasser dem Vereine geschenkt hat, hier vorlege. Mit verschie-
denen Farben und besonderen Zeichen und Buchstaben sind 8 Arten
von Hügelgräbern, die Reihen-, Flach- oder Furchengräber, die Funde
von Waffen und Werkzeugen in Bronce, Eisen, Höh, Hörn und Stein,
der Schmuck aus Bronce, Eisen, Gold, Hom, Muscheln, Perleu, Silber,
auch die Gefässe aus Bronce, Glas oder Stein in die Karte eingetragen.
Dieselbe hat wie die baicrische Generalstabskarte einen Massstab von
1:250,000. Diese sorgfältige und mühsame Arbeit, derein erläuternder Text
beigegeben ist, zeigt die Vertheilung aller dieser Dinge, insoweit sie durch
Funde bekannt sind, und giebt ein anschauliches Bild der Besiedeluag
des Landes und der Culturentwicklung in der Vorzeit. Die deutschen
Provinzen wetteifern in der Veröffentlichung vorgeschichtlicher Alter-
thümer. Frl. Mestorf beschreibt solche aus Schleswig-Holstein, Voss
und Stimming die derHarkBrandeoburg, Klopf leisch die aus Sachsen,
die antiquarische Gesellschaft in Zürich solche aus der Schweiz, Otto
Tischler die aus Ostpreussen. Wir am Rhein sind in solchen Arbeiten
nicht zurückgeblieben, sondern mit gutem Beispiel vorangegangen. Seit
dem Jahre 1842, also seit 44 Jahren beschreiben und erklären unsere
Jahrbücher die rheinischen Alterthiimer und es möchte kaum ein neo-
nenswerther Fund zu bezeichnen sein, der darin nicht Aufnahme gefun-
den hätte. Ferner stehen als ein Muster für zahlreiche neue Unter*
am 9. Dezember lfiS6. S9f
suchungen dieser Art die Denkmäler unserer heidnischen Vorzeit voa
Lindenschmit da, die seit dem Jahre 1858 erscheinen. Das letzt-
ewcbienene Heft lege ich vor, weil ein farbiges Bild der sogenannten
Mosaikperlen aus fränkisdieu Gräbern sich darin befindet und ich einen
solchen Fund vorzeigen will. Es ist eine Perlschnur aus einem frän-
kischen Grabe in Honnef. Es giebt kaum einen Grabfund, der so sicher
wie dieser eine Zeitbestimmung zulässt. Dieser Schmuck erscheint auf
einmal um das i. Jahrhundert und dauert bis zum 8. und 9. Jahrh. Wo
diese Perlen gemacht sind, wissen wir nicht, Lindenscfamit vermutbet
in Venedig, nach Tischler kommen sie aus dem Osten. Sie sind
nirgend so häufig, so schön, so mannigfaltig in Form und Farbe wie
im Gebiete des Rheines. Dieser schöne Schmuck, womit sich vor 1500
Jahren die deutschen Frauen geschmückt haben, wird auch in neuerer
Zeit wieder gefertigt und zwar in Venedig zur Ausfuhr nach Afrika,
wo die Wilden an den bunten Farben desselben ihr Gefallen haben.
So ändern sich die Moden und so wandern sie über die Erde. Der
ßedner zeigt farbige Bilder dieser Perlen aus Gräbern von Beckum,
Honnef, Andernach, Muhlbofen und Brodenbach.
Ich möchte noch über 2 Bonner Funde aus letzterer Zeit berichten.
Neben der Mehlem'schen Fabrik wurden bei einem Neubau römische Gräber
gefunden, wie sie jedesmal zu beiden Seiten der Coblcnzerstrasse dann zum
Vorschein kommen. Die Urnen waren mit Platten umstellt und neben
ihnen standen Schalen und Henkelkrüge. An einer Stelle lagen viele
Scherben verschiedener Thongefässe, auch andere Gegenstände aus ge-
branntem Thon. In einem weissen Henkelkruge fand sich ein feiner
Thon; man kann annehmen, dass er zur Töpferei bestimmt war. Viel-
leicht war hier die einfache Werkstätte eines Töpfers In der Nähe der
Gräber, bei denen so viele Thongeräthe gebraucht wurden. Wie merk-
würdig, dasä an derselben Stelle ein römischer Töpfer sass, von wo
heute die Mehlem'sche Fabrik ihre Waaren in die Welt sendet. Herr
Gaillanme be^hloss mit diesem Thon Versuche zu machen, zur Be-
antwortung der Frage, wie die Römer die schöne rothe Terra sigillata
hervorgebracht haben. Dass sie dieselbe aus inländischem Thoue her-
gestellt, ist sehr wahrscheinlich wegen des massenhaften Vorkommens
jener Geräthe. Jene Erde aus dem Krug gab eine schöne rothe,
aber zu dunkle Farbe. Die Glasur konnte durch Einstreuen von Salz
in den Ofen hervorgebracht werden, Aus dem Thone von Vallendar
hat Herr Guillauine der Terra sigillata sehr ähnlichen gebrannten Thon
hergestellt, während die Gefässe aus Thon von Adendorf und Witter-
238 Die WitickelniRnnifcrier in Bonn,
schlick weiss bleiben. Herr Guillaume zweifelt DJcbt, die Terra sigill&tft
mit allen ihren Eigenschaften hervorbringen zu können. Schon die
Griechen schätzten den guten Thon ihres Landes für die Töpferei.
Attica war reich daran. BerUhmt war der von Samos. Plinios sagt,
dass man sich mit samischen Scherben rasiren könne. Noch ein be<
merkenswerther Gegenstand aus gebranntem weissen Thon fand sich
zwischen den römischen Sachen. Es ist ein Kreuz, auf dessen Mitte
sich ein grosses menschliches Äuge befindet. Wie die Römer verschie-
dene Symbole zur Abwehr gegen den bösen Blick an sieb trugen, z. B. das
GorgoneioD, das Medusenhaupt, mit dem selbst die Kaiser ihre Brust
schmachten, 30 war auch, wie Jahn in seiner umfassenden Darstellung
dieses Aberglaubens zeigte, ein Bild des Auges dazu im Gebrauch,
um dem bösen Blicke gleichsam zuvorzukommen. In diesem Funde ha-
ben wir, wie es scheint, eine Vereinigung christlichen und heidnischen
Brauches vor uns, wie sie auch sonst sich nachweisen lässt.
Beim Bau des grossen Äbzugskanals unter der Coblenzerstrasse
wurde in 1,30 m Tiefe eine gepflasterte Strasse gefunden und unter
dem Pflaster in 1,50 bis 2 m Tiefe 7 Hufeisen, von denen eines dem
Maulthicre anzugehören scheint. Herr General von Veith hat ein wach-
sames Auge auf diese Canalarbeit gerichtet und ihm ist es zu danken,
dass diese Funde bewahrt worden sind und der Fundort sicher festge-
stellt werden konnte. Es ist ziemlich allgemein und unter namhaften
Forschern die Meinung verbreitet, liass die Römer keine Hufeisen für
ihre Pferde gehabt hätten. Sie fehlen auf allen bildlichen Darstellun-
gen bei den Griechen wie bei den Rümern. Dagegen kann man frei-
lich sagen, dass die ideale Kunst auf solche Nebendinge keine Rück-
sicht zu nehmen pflegt. Aus einer Stelle bei CatuU 17, 26 und ans
einer bei Plinius 33, 11. 140 schlössen aber Manche, dass die Maul-
thicre mit Eisen beschlagen gewesen seien. Das war auch Winckel-
manne Ansicht. Doch sind jene Stellen als Beweise nicht unangreif-
bar; wenn Catull sagt, dass ein Mautthier sein Eisen verloren habe,
so konnte das Eisen an einen Lederschuh befestigt und nicht an den
Huf genagelt gewesen sein; wenn Plinius sagt: mulis soleas induere, so
spricht das induere, anziehen mehr für einen Schuh. Auch sind Eisen-
schuhe für Pferde in einem römischen Pfahlbau gefunden nnd im
Mainzer Maseum aufbewahrt. Auch Sueton sagt, Vespas. 23: mulas
calceare. Wenn man Hufeisen unter Umständen fand, die für ihr rö-
misches Alter sprachen, so sagte man, weil die Römer keine Hufeisen
gebrauchten, so mUBsen diese später an einen solchen Ort gelangt sein.
n 0. DeEeniber 1886.
Ich habe zweimal in Tuff- und Lavabrüchen bei Andernach gefundene
Eisen als römische bezeichnet, weil die Römer diese Brüche betrieben,
wie andere Funde daselbst darthun und jeder Beweis fehlt, dass hier
auch in nachrömischer Zeit gearbeitet wurde. Eines der Bonner Hufeisen
hat einen Stempel zweimal aufgedrückt, es ist eine Kugel mit einem Kreuz
darüber oder darunter, je nachdem man das Eisen hält. Eine Kugel mit
einem Kreuz darunter kann man nicht als ein altes Zeichen betrachten, es
ist das astronomische Zeichen der Venus, das entweder aus dem An-
fangsbuchstaben von Phosphoros, dem alten Namen der Venus, entstan-
den ist, oder aus einem gestielten runden Spiegel, den man als ein Beiwerk
der Venus betrachten zu künnen glaubte. Die Kugel mit dem Kreuz
darauf ist aber unter den ersten christlichen Kaisein nach Constantin
das Symbol der kaiserlichen Macht und findet sich schon in der Mitte
des 4. Jahrhunderts auf Münzen des Jovianus (363), die in Ravenna
geschlagen sind. AufMünzen des Justintanus hält dieser Kaiser in einer
Hand die Weltkugel mit der geflügelten Victoria, in der andern die
mit dem Kreuze. Also spricht dieser Stempel auf dem Bonner Huf-
eisen nicht gegen, sondern gerade für sein römisches Alter, wenn auch
für die spätrömische Zeit.
Man hat schon 1880 in der Saalburg bei Hombui'g einen Ziegel-
stempel der 22. Legion gefunden, auf dem in der Hitte ein Hufeisen
sich befindet, wie bereits auf 2 Ziegeln aus Köln und Utrecht beobachtet
wurde. Nun wurde in diesem Jahre wieder ein ebenso gestempelter
Ziegel in der Saalburg gefunden und wie Herr Jacobi in Homburg
mir berichtet, auch wieder Hufeisen und Eisenschuhe auf dem Boden
eines dort entdeckten römischen Brunnens. Man sagte nach dem ersten
Funde, dos kann alles Andere sein, aber kein Hufeisen. Aber was
soll es anders sein? Darauf igt man die Antwort schuldig gebliehen.
Es ist und bleibt ein Hufeisen! Auch auf Münzen aus der Zeit des
Domitian, die jedoch nicht für Geldmünzen gehalten werden, sind zwei
Hufeisen dargestellt.
Hierauf sprach Dr. Henry Thode über den „Apollo von Bel-
vedere in der Kunst des XVL Jahrhunderts."
Anknüpfend an die Gedenkfeier des Tages begann der Redner
mit einem Hinweis auf die Bedeutung, welche der Apollo von Behe-
dere für Winckelmann gehabt habe, der in dieser Statue die ganze
Herrlichkeit, den ureigensten Gehalt des Alterthums überhaupt zu fassen,
zu empfinden und zu begreifen glaubte, auf die erhabene Schilderung,
die er von ihr gemacht habe. Zurückgebend dann auf jene Zeit (das
230 Die Winckelmaims -Feier in Bonn,
Ende des XV. Jahrhunderts), in welcher die Antike in Porto d'An»>
bei Born gefunden wurde, hob der Vortragende henror^ dass man bei
dem Mangel an literarischen Mittbeilungen, gezwungen sei, dieEunst-
denkmäler des XVI. Jahrhunderts zu befragen, wolle man Anfschluss
darüber gewinnen, welchen Eindruck das Werk bei und bald nach seinem
ersten Eirscheinen herrorgebracht habe. Aus der nun folgenden Aus-
einandersetzung geht hervor, dass man sich schon damals, wie auch
die Ergänzung der Statue durch den Bildhauer MontorsoB bezeugt,
ganz allgemein in der ausgestreckten Linken des Gottes den Bogen
dachte und dass dem entsprechend die Antike eine neue kflnstlerische Be-
naissancefigur, den bogenschies senden Apollo in*8 Leben gerufen hat
Sind die Stiche des Marcantonio Raimondi nnd des Agostino
Veneziano, denen die Abbildungen in den Statuenwerken des Vac-
carius, de OavaleriisundEpiscopiusfolgen, mit Absicht auf Treue
entworfene Reproductionen, so zu sagen die ersten Publikationen der
Statue, so zeigen zwei andere Blätter eine friere Nachbildung derselben.
Auf dem einen, dnem Kupferstich des Nicoletto von Modena,
steht der Gk)tt auf einer mit „Dio Apollo'* bezeichneten dreiseitigen
Basis, in der Linken den Bogen, auf dem anderen, der Zeichnung eines
unbekannten Meisters in den Uf&zien zu Florenz, hält er den
Bogen in der gesenkten Rechte. Was er in der anderen Hand trug,
ist nicht mehr zu sagen, da das Blatt hier beschnitten ist
Merkwürdiger und bedeutungsvoller aber als die erwähnten Ab-
bildungen, ist ein Stich des Venezianers Jacopo Barbari, der in
phantasievoller Weise den Apollo von Belvedere zu einem bogenschies-
setiden Phöbos Apollon umgewandelt darstellt, wie er mit flatternden
Haaren, leichten Schrittes auf der Himmelskugel steht, indess rechts
hinter derselben die mit einem Geweih versehene Selene-Diana verschwin-
det. Dieses Blatt des von 1500 — 1504 in Nürnberg sich aufhaltenden
und einen gewissen Einfluss auf Dürer gewinnenden venezianischen
Meisters hat offenbar in den künstlerischen und humanistischen Kreisen
Nürnbergs grosses Aufsehen gemacht. Davon zeugt eine freie Umwand-
lung der Composition, die Dürer selbst in einem seiner Stiche (etwa
um 1504): dem Apollo und der Diana, vornahm. Aus dem mythologischen
Vorwurf wird hier ein mehr genreartiger : der Gott, wie bei Barbari im
Begriff den Pfeil zu entsenden, aber muskulös, ja herkulisch gebaut,
ist als Jäger gedacht, als Begleiter der jagdliebenden Schwester Diana,
die neben ihm sitzt und einen Hirsch füttert Von dieser Composition
ganz allgemein beeinflusst mag'dann ein die göttlichen Geschwister dar-
a 0. Dezember 1
381
stallendes Bildchen des Lucas Cranach in der Berliner Gallerie sein.
Wie Dürer aber ist auch der jüngere Peter Vi scher {oder Hans Vischer?)
durch Barbari's Stich zu einem Werke, der Statuette eines bogenschtes-
senden Apollo im Germanischen Museum zu Nürnberg, angeregt wor-
den. (Eine alte Zeichnung nach derselben befindet sich im Besitze des
Herrn Mitchell zu London.) Äucbin Celtes' .quattuor libri amorum" be-
gegnen wir dem bogenschiessenden Apollo, der freilich keinerlei Remi-
niscenz mehr an den vatikanischen zeigt.
Dürer aber hat in früheren Jahren, vermnthlicb schon in den
neunziger Jahren des XV. Jahrhunderts mit Barbari in Berührung und
von diesem auf Zeichnungen nach der Antike hingewiesen, den Apollo von
Belvedere auf einer Zeichnung, die jetzt im British Museum aufbewahrt
wird, nachgebildet und zwar in der Weise ergänzt, dass der Gott in
der erhobenen Linken eine Sonnenscheibe, in der Rechten einen grossen
Herrscherstab hält — eine Auffassung, die an Darstellungen des Sot
auf Constantinischen Münzen erinnert. Diana sitzt rechts vom Rücken
gesehen und wehrt mit der Hand die blendenden Sonnenstrahlen ab.
Diese Figur des Apollo aber ist dann von Dürer als Vorbild für
den Adam auf dem berühmten Kupferstiche von 1504 benutzt worden —
hat ihm später bei der Gestaltung seines auferstehenden Christus
in der grossen Passion vorgeschwebt. An ihr hat er seine ersten Stu-
dien der Proportionen des männlichen Körpers angestellt. Wobei zu
bemerken ist, dass er auch für die weibliche Erscheinung sich an eine
Antike, und zwar an eine Venustigur in der Art der medicälschen, ge-
halten hat: die Eva auf jenem Kupferstiche ist nichts anderes als eine
Umwandlung einer solchen. Einzelne Stellen in den Dürermanuscripten
des British Museum setzen diesen eigenthilmlichen Vorgang in ein hel-
leres Licht.
Wie in Deutschland zu einem Adam und Christus, so ist der bel-
vederische Apollo in Italien zu zwei anderen Figuren verwerthet wor-
den. Sodoma erinnerte sich seiner, als er den Alexander in seiner
Hochzeit des Alesanders mit der Roxane in der Farnesina darstellte,
wie er den Kopf auch auf einem der Wandgemälde aus des h. Bene-
dict Legende in Montoliveto bei Siena wiedergegeben hat, und ein
Kupferstecher, der sogenannte „Meister von 1515", hat ihn auf einem
seltenen Stiche von 1509, der sich im British Museum befindet, in einen
Paris verwandelt, der sich von Hunden umgeben, seiner Geliebten
lone nähert
Reminiscenzen an die Antike zeigen endlich Uaphaels Entwurf
282 Die Wiockelmaiiiii-Feier io Boddi Am 9. Doember 1886.
ZU, einer Statue (im Pester MoseiiiD) und der Apollo des Jacopo
Sansovino in der Loggietta am Oampanile von S. Marco in YeaeHg.
Nachdem der Redner noch auf den anderen Benaiaaaneetsrpos des
Apollo: den sitzenden, die Geige spielenden Herrscher der Mosea hinge-
wiesen, schloss er seinen Vortrag mit einer G^enfibersteUnng Winckel-
manns and Dflrers, der beiden Deutschen, deren einer angesichts der
griechischen Odtterwelt erst die Freiheit nnd sich selbst gefnoden, deren
anderer von der verlockenden Fonnenwelt des Sfidens sich abwendeftd
ans der eigensten kilnstlerischen Schaffenskrafti aus seinem Gemfithe,
.seinem Olanben die tieErten Offenbarongen germanischen Oeistes her
Torgehen liess.
Bomii im Dezember 1886.
Der Vorstand.
VII. VerzeichniBS der Mitgli«d«r')
im Jahre 1886.
VontMd d«* Vertlna von PAngstin r886 bii IS87.
Geh. Rkth Prof. M. Sah larfhauiSD, PrSsIdenl,
Frofeuoc J. Klsin, Vloepruidont,
Dr.Twl:dlmUr., j 8««»««^«.
Dr. J. Spae BtbUotbek».
Randaat: Beobouogtralli Frioka in Boon.
Ehnn-IIItBllBder.
S. Kaiied. nad KiSnlgl. Hohait der Kronpiioi des Daatiahen Batohet und
TOD Prsutien In Berlin.
Daohan. Dr. tod, EioelleDs, Wirkl. Geb. R«lb, Oberbergbauptmanna.O. in BeoB.
DIergardt, Frsihari Frledrlob tob, in Bonn.
Dünlsar, Dr., Profeaior uoil Bibliothekar In CSIn.
Falk, Dr., Ezoeilenz, StaataminUtat a. D. und Obarlandasgariahti-Priddeol Is
Orairr, Biaalleni. Wirkt. Geb. Ob..Reg.-Ralh und Ulnlslarlal-Dlraator tn Bwltn.
Ualbig, Dr., Proresior, 2. Saoratär dei Arobäuloglacben InBÜlata in Rom.
Hanzen, Dr., Profeaior, I. Searetar das Arohaologiaohan InatllDl» in Rom.
Lindanaaliinlt, L., Dlrsotor de* EtSm.-Oerm. CentralmMaaams In Maini.
Ölte, Dr. theol. In Merseburg.
Renmoiil, Dr. tod, ExaeUeni, Wirklicher Gab aimralb in BurUohaid.
SebSn«, Dr., Geb. Reg.-Ratb und Ganerfü-Dlreotor der König:). Muaeen in BecUa.
Urllobi, Dr. von, Hofrath und Profasaor In Würiburg.
Ordsnttjobe Mitglieder.
Dia Naiaan der aaewSrtigen SacreUra sind mit fettor Schrift gadruekt
Abel, Chr., Dr iur., PrÜaldent d.Ges. f.
ArehKol. a. Oesoh. d. Mosel In Metz.
Aehenbaoh, Dr., Eio., Staattmlniatar
a. D. a. OberprMd. in Potsdam.
Aohanbaoh, Berghauptm. in Claualbal.
Adler, aeh.Ober-Bauratha.Prr.inBerün.
Aagi d 1, Dr.. Geb. Ratb u. Prof. in Berlin.
Aldeaklreb«ll, Reolor, ausw. Soor. In
Aileker, Seminar- Di rector la Brühl.
Altertbumi-Verein In Mannbeim.
Allertbuma-Vareln In Worms.
Altarlhnnie-Teraln tn Kanten.
Altmann, Bankdireator In CSln.
Lndreae, Ollo, Fabrikbesltigr in MSI-
heim a. Rhein,
lodreae, ProfaHorundHistorienmalet
In Sioitg.
Intlken-Cablnet in Oiassei).
Inliquarteob-htatorliDher Yerala
In Kreninacb.
LrohfT der SUdt Aaehen.
Lrndts, Max In CSln.
Irnoldi, Dr. praot Arit lu WlnBlogaa
a. d. Mosel.
tsbaoh. Dr., GjmnasIallebTac fn CBln.
SadeTerwaltang In Bartrioh.
Saedeker, Carl, Bueb. tn Leipiig.
1) Der Torttand enuobt, nnriohllgketleQ lo den saehstehenden Vaneiehniisen,
YetiDderungen in den Slandasbaieiehaungati und den Wohnorten gefllligit dem
Raodanten, Herrn Reohnungsrath Frioko, sohriftliob mitiuthellen.
234
Verseiobniss der Mitglieder.
Baedeker, J., Buohhiadler in Essen.
Bardeleben, Dr. Ton. Exo., Wlrki.
Geh. Rftth, Oberprletdent inCobleas.
Bartels, aasw. Seor., Pfarrer in AlterkOlz.
Baunsoheidt, Qatsbes. in Endenieh.
Beck, Dr., Seminardirector in LInnioh.
Becker, Dr., Staatsarohivar in Coblenz.
Beissel von Qymnioh, Qraf auf
SehloBB Sohmidtheim, Eifel.
▼ on Bemberg, Rittergotsbesitier in
Flammersheim.
Benrath, Dr., Professor in Bonn.
Bennert, J. £., Kaufmann In CSln.
Berlepsoh, Frhr. von, Regierungs-
präsident in Düsseldorf.
Bernoulli, Dr., Prof. in Basel.
Bernuth, ▼on,Reg.-PrXsid.a. D.inBonn.
Bettingen, Justizrath in Trier.
Bibliothek der Stadt Barmen.
Bibliothek der Universität BaseL
Bibliothek, Stand. Landes- in Gassei.
Bibliothek der Stadt Cleve.
Bibliothek der SUdt Coblena..
Bibliothek der Stadt Gölo.
Bibliothek der Stadt Grefeld.
B i b 1 i o t h e k,F(irsti. in Donauaesohingen.
Bibliothek der Stadt Düren.
Bibliothek der Stadt Emmerich.
Bibliot6oa-Nazionale in Florenz.
Bibliothek d. Etrur. Mus. inFlorenz.
Bibliothek der Stadt Frankfurt a. M.
Bibliothek d. Universit. Freiburgin B.
Bibliothek, Stifts- in St Gallen.
Bibliothek der UniTersität Qöttingen.
Bibliothek der Universität Halle a. d.s.
Bibliothek der Stadt Hamburg.
Bibliothek d. Universität Heidelberg.
Bibliothek der Universität Königs-
berg in Pr.
Bibliothek der Universität Löwen.
Bibliothek der Universität Lüttloh.
Bibliothek der Stadt Mainz.
Bibliothek Gräfl. v. Mirbach'sche zu
Uarff.
Bibliothek der Akademie Münster.
Bibliothek, Stifts, in Oehringen.
Bibliothek der Universität Parma.
Bibliothek der Universität Perugia.
Bibliothek der Universität Prag.
Bibliothek d. Stimmen aus MariaLaach,
Ezaeten b. Baexem, Holland- Limburg.
Bibliothek der Universität Strassburg.
Bibliothek der Stadt Trier.
Bibliothek der Univ. Tübingen.
Bibliothek, Gräfl. Stolberg'sche in
Wernigerode.
Bibliothek, Königl. in Wiesbaden.
Binsfeld, Dr., Oymn.-Dir* in Coblenz.
Binz, Dr., Geh. Rath und Professor in
Bonn.
Blanchart-S artet, Baron d«, Sehlosi
Lexhy b. Texhe.
Blaakv Emil, Kanftnann in Bannen.
Blümner, Dr., Professor in ZSrieh.
Book, MiBw. Secretär, Geh. Commerzien-
rath und Fabrikbesitzer in Mettlaoh.
Bock, Ä.dam, Dr. jur. in Aachen.
Boeekiag, G. Jl,, HüttenbesiCser zu
AbenteuerhQtte b. Birkenfeld.
Boeoking, K. Ed., Hüttenbeeitser la
Gräfenbacherhfitte b. Kreaznaoh.
Boeddieker, Dr., Sanit.-R. in Iseriohn.
Boeddinghans, Wm. sr., Fabiikbe-
iitzer In Elberfeld.
Becker, H. H., Rentner in Bonn.
Boetzkes, Dr. in Düsseldorf.
Bon«, Dr., 6yma.-0berl. in Dütseldorf.
Borggreve, Wegb.-Insp. in Kreoznaeh.^
Borret, Dr. in Vogelensang.
Boss 1er, Dr., Carl, Gymnaa.-Dir«etor
in Worms.
Braoh.t, Eugen, Prof. der Kiuistakad.
in Berlin.
B r a m b a c h , Dr. , Prof. and Obarbibllo«
thekar in Carlsrahe.
Brend*amoar, R., Inhaber d. Xjdoft«
Instituts in Düsseldorf.
Broicher, Kammergerichtsr* In Becüa.
Brunn, Dr., Prof. in München.
Bücheier, Dr., Geh. Reg..Rath, Pro«
fessor in Bonn.
B u c k 1 e r s , Geh. Commerz.-R. in DSlken.
Bürgers, V., Kaufm. in Plittorsdorf.
Bürgerschule, Höhere in Bonn.
Bürgerschule, Höhere in Heohiogen.
Burkhardt, Dr., Pastor in Blösjen.
Caesar, Aug., Dr., Landger.- Präsident
a. D. in Bonn.
Cahn, Carl, Bankier in Bonn.
Camphausen, Exe, Wirkl. Geh. Rath,
Staatsminister a. D. In Cöln.
Cantzenbach, Ferdin., Pharmaioat
in Trier.
Cappell, Landger.- Dir. In Paderborn.
Carnap, von, Rentner in Elberfeld.
Carstanjen, Adolf von, in Godesberg«
Getto, Carl, Gutsbesitzerin St Wendet
Christ, Carl, Gelehrter in Heidelberg.
Chrzescinski, Pastor in Cleve.
Civil-Casino in Coblenz.
Civil-Casino in Cöln.
Ciaer, Alex., von, Lieutenant a. D. and
Steuerempfänger in Bonn.
Ciaer, Eberhard von, Referendar a. D.
und Rentner in Bonn.
Conrads, Dr., ausw. Secr., Professor u.
Gymnasial-Oberlehrer in Essen.
C on r a d y, Kroisricht. a. D. In Miltenberg.
Consorvatorium der Altorthümer,
Grossherzogl. Badisohet InCadenüie.
VsrietDhnlaa der Milglieder
Conzs, Ootlfrled, Pro Tiniisl- Land tag« -
Abgaordneter in LangenHerg (Rheinl.).
CornaliuB, Dr., Proreasor in Milnohen.
Coartb, AiBeesor a. D. In Düssetdorf.
Cremer, Pfarrer in Eohu b. Düren.
Clipper«, Cour., Dr., Raal.-lljniDBiilai-
lehrer In CSln.
CUppsn, Willi., Diroctar der Taub-
atumnienlehranalalt in Trier.
Catemann, Ssaator tn HannoTsr.
Cuny, Dt. von, .^ppelldtlonjgerlolitBralh
a. Ü. und PrafsMor In Berlin.
Cartina, Dr., Qflb.-R., Prof. tn Berlin.
D a h in e n. Ootd- u. Sübarfabrik. in CBIo.
DeIolimann-Sah«arfbausen. Frau,
Ueb. Comm.-HSIhin in Vaduz.
Deilara. Dr., Schuirslb in Coblonx.
Deilus. Dr., ProfesBOr In ßonn.
Deilui, Landratb In Maren.
Dideriobs, Hjpolh«k.-B«wabrer a.D.
und Landgerlcbts- AissBBor In Bonn.
Dieolcboff, Bauratb In Aseben.
DEergardt, Freib. Ton, Moribruoh.
niitbey, Dr., ProfoiBor In Q3lllngen.
Dobbert, Dr., Prof. in Barlin.
Dofltioli. OberbUrgermeiiiter In Bonn.
Dammerich, Frau Emlna, geb. Wsylia
in l'oppalidorf.
DItBOhke, Dr., aoB». Sear., Oberlehrer
In Burg b. Magdeburg.
Duiheuer, Wllh.. Kaufmann In Bonn.
TonDuQgern, Fraih., Püritl. VViad'geber
Kammardirektor in Nauvisd.
Dutreui, Toni. Rentn. in I.uiomburg.
Eiohhoff, Olto, in Sayn.
Biten, GusI,, l.'snerall. z. D. in Bonn.
Eltester, TOD, in Cobleni.
Eltz, Kraf in EllTille.
Eitzbacber, Morlli, Rentner In Bonn.
Endert, Dr. ran, Caplan in Bonn.
EngeUkirohan, Aroblteot in Bonn.
Eskons, FrSul. Job., Rcntnerln in Bann.
Esser, M. In l'Sln.
Eiser, Dr., Krelssohullndpaotor in Mal-
EsBlngb. H., KaufmaDn in CSin.
EYans. JobmuNaBh-MIlls in England.
Eynsrn, Ernst ron, Kaufm. In Barmen.
FbubI, Helnr., Ksufm. In UerdlageQ,
Flnkalnburg, Prof. Dr., Geh. Kath
in liodeaberg.
Flandern, Kgl. Hoheit QtUn tod, In
BrflsBel.
Flatoh, Dr., Piofostar In Erlangen.
Fleokeisen, Dr.. Prof. in Dresden.
Fltnioh, Major a.D. in Immenburg b.
Bonn.
Florenaoutt, Cbaaaol tod, In Berlin.
FollanluA, Obarbargralh in Bonn.
Fonk, Landrath in KildeBbeiiu.
Font, W., Baqmeisler In CillD.
Franks. Ang., ConiarTalor ata Brllbh-
Musaum in London.
FiaDeaen, Pfarrer lu ItterTOrl bei
Roermond, boll. Limburg.
Franken, l>r., Dumoapilular In CQIn.
Fr i ok a , Reahnunesralb u. Oberbarg.
amtarendanl In Bonn.
Friadorioh», Carl, Comtnarrianrath
in Remaoheid.
Friedlünder, Dr., Professor, Oeb.
Reg.-Rath in KSnigsharg in Pr.
Friedrieh, Carl. Ueiebrler in NÜrnbarg.
Fringa, Frau, Commerzianrath Eduard,
auf MarlenfaU b. Remagen.
Fiowoio, Landrath in Weaal.
Fuobs, Tat., Professor und Domblld-
bauer in CSln.
Ffirtb, Freiherr von, LandgeilohtBrath
a. D. in Bonn.
Fiirstenberg, Graf Ton, Erbtruohsesa
auf SchioBs Herdringen.
FUrstenberg.ätammfaalm, Graf *.,
Stammhelm bei Uiilbeim ■. Rb.
Fulda, Dr., Direolor des Oymnaglumi
In Sangerha Ilsen.
FusB, Dr.. Qymn.-Dir. lU Strasaburg
im Elsass.
Fussbahn, Fabrlkbeailier in Bonn.
Gaedecbeot, Mofrath, Dr., Frofessot
in Jena.
Galhau, G. von, Q utsbsBltzer in
Wallerfangen.
Gallffe, Dr., ausw. Soor., Prof. tn Qanf.
Gatsan, AmCsrioblar In Tboley.
Georgi. W., UnlT.-Buohdruokerelbe«.
in Bonn.
Goebbels, Caplan an St. Maria Itn
Capilol in Cillo.
Goebal, Dr., üj'irn.-Uireclortn Fulda.
Ooldsohmidt, Job., Bankier In Bonn.
Goldaohmldt, Rob.. Bankier In Bonn.
Gottgetrau, G.. Reg.- und Bauratb
in CSln.
Greef, F. W., Commarxienr. In Viersea.
Groote, von, Landrath in Ahrweiler,
äräneberg, Ur., Fabrikant in CSb.
Gulllaaump, Frl., FabHkbes. in Bonn.
Gurll, [)r. Adolf, in Bona,
tijmnaaium iu Aachen,
(iymnasium in Arnsberg.
Gymnasium in Attendorn.
Gymoaalum in Baohum.
Gymnasium In Bonn.
Oymnaaium in Carlaruha In Baden.
GymnasEuni tn Cauol.
Gymnasium tn CloTe.
Gymnasium tn Cobleat.
nymnasinm an Aposteln tn CSln
GymnaBium, Friadrlab-WUti.- in Caln.
236
Verifliehiiiss der Mhgliodor.
Gymaatiam, Kaiter Wilhelm. inCSla.
Gjmaatiam «n llanellea in GSln.
GymnAslam in Crefeld.
Gjmnasiam in DUlenburg.
GymnAsiam in Düren.
Gymaasiam in D&sseldorf.
Gymnaiiam in Datsbarg«
Gymnaiiam in Elberfeld.
Gymaatiam in Emmerich.
Gymnailam in Essen.
Gymnasiam in Freibarg in Baden.
Qymaasinm In Gladbach.
Gymnasium in Hadamar.
Gymaatiam in Hanau.
Gymnasiam in Hersfeld.
Gymaatiam in HSxter
Gymnasiam in Mannheim«
Gymnasiam in Marburg.
Gymaatiam ia Moers.
Gymaatiam ia Montabaur.
Gymnatiam in MSnstereifel.
Gymnasiam in Neoss.
Gymnasiam in Neawied.
Gymnasium in Rheine.
Gymnasium in Rinteln.
Gymnasiam in Saarbrüeken«
Gymnasiam in Siegbarg.
Gymnasium in Soest.
Gymnasiam in Trier.
Gymnasium in Warendorf.
Gymnasium in Weilburg.
Gymnasium in Wesel.
Gymnasium in Wetzlar.
Gymnasium, Gelehrten- in Wiesbaden.
HaasSf Eberh., Apotheker in Viersen-
UabetSf Jos., ReichsarchiTar, Mitgl. d.
Kgl. Akad. d. Wiss. in Maastricht
Hage me ister, Ton, OberprSeident in
MOnster i. W.
Hammacher, Frau auf Annaberg bei
Bonn.
Hammers, Ober-Bürgermeister a. D.
in Düsseldorf.
Hanstelui Peteri Buohhändl. in Bonn.
Hardty A. W., Kaufmann und Fabrik-
besitzer in Lonncp.
Harless, Dr., Geh. Archivrath, Staats-
archivar in Düsseldorf.
Haskarl, Dr. in Cleve.
Htlg« Ferd., Professor und Gymnasial-
Dlrector, ausw. Seer., in Mannheim.
Haugh, Dr., Senatspräsident in Cöln.
Hauptmann, Rentner in Bonn.
Hauptmann, Carl, Maler Ia Bonn.
Heokmann, Fabrikant In Viersen.
Heereman, Freih. Ton, Regierungs-
rath a. D. in Münster, Westf.
Heimendahl, Alexand., Geh. Com-
merzienrath in Crefeld.
Hein, Oberstl. in Bonn.
Heinsberg, Toa, Laadraih ia Neuss.
Heister, tob, Braao, Raataer ia
D&sseldorf.
Henry, Buoh- u. Kuasthiadler ia Bona.
Herder, August, Kauftn. iaBoskifehea.
Herder, Ernst, in EasUrehea.
Herf el d, Frau Josephine, geb. Boarette
in Andernach.
Hermann, Baumeister in CleT«.
Hermeliag, Pfarrer ia Nothbarg Reg.-
Bes. Aachen.
Herstatt, Eduard, Reataer ia CSla.
Herttatt, Friedr. Joli. Dar. ia GSla.
Hettaer, Dr., Direotor dea Proiriaa.-
Mnseums ia Trier.
Heuser, Dr., Subrefeas o. ProfMior
ia Oöla.
Heuser, Robert, Stadtraih in CSia.
Heydemaaa, Dr., Profeeeor ia Halle.
Heydia ger, Pfarrer ia Schleidireiler
bei Auw, Reg.-Bei. Trier.
Hilgert, Freih. Toa, GaaeraUieataaaat
uad Dirisioas^Sommaadeur ia CQla.
Uilgers, Dr., Geh. Reg.-Rath ia Aaohea.
Hillegom, Siz raa, ia Amtlerdam.
Historiseher Vereia fOr Dortmund aad
die Grafschaft Mark in Dortmund.
Historischer Vereia für die Saar-
gegead in Saarbrücken.
Hochgürtel, Buehhündler in Bona.
Höstermaaa, Dr., Ant ia Aaderaaek.
Hoheaiollern, Se. Hoheit Fürst Ton,
in Sigmaringen.
Hocfner, M. J., Dr., Professor a. D. ia
Bonn.
HSlschcr, Dr., Gymnasial-Direetor Ia
Reoklinghausen.
HSpfner, Dr., ProTiasial-Seholratk ia
Coblens.
H 5 T e 1, Freiherr Ton, Landrath in Eesen.
Hoiningen-Hüne, Ton, Dr. inr., Amtt-
richter in Saar-Union.
Hompesch, GrafAlf^. tob, iu Sohlost
Rurioh.
Hoyer, Premler-Lieutn. im 2. weatflL
Husaren-Reg. Nr. 11 in Dfltteldorf.
Hübner, Dr., Professor in Berlin.
Hüffer, Dr., Professor in Bonn.
Hüffer, Alexander in Bonn.
Huffschmid, Amtsrichter, in Boxberg
in Baden.
Hultsch, Dr., Professor In Dresden.
Humbroioh, Rechtsanwalt In Bona.
Hupertz, General-Dir. in Hechemlch.
Huyssen, Milit&r. Oberpfarrer in Mün-
ster L W.
Ihm, Max, stud. phil. In Bonn.
Jachns,Max, Major im Gr. Generalstab
in Berlin.
Jenny, Dr. Sam., in Hard b. Bregens.
VerielohnEag der M<tgtia<tar.
JordsD, Otio, KaufinBon in Cobleoz.
JoorrOB, Dr., Reetor, in Ahrweiler.
Jarrsaen, Pulor 1d Alfter.
Joeit, Frau August, {n Qäln.
JoeBt, Eduard, Kaufmann In Cäln.
Ia«iibeok, Juliug, Heiilnerin Wisibadea.
KallnowBkl, von, Generalmajor z. D.
Karop, Dr., Gymnaglallehrer io Cäln.
Kauf mann, Oberbürgern. a.D. inBonn.
Kaulec, Dr., ProfeMOi ia Bonn.
KekuU, Dr., Augunt, Goh.-Kalb und
Profeiior in PoppeUdorf.
Kekuli, Dr., Reiuh., Prof. in Bonn.
Keller, Dr. Jakob, ßeallebrerin Mainz.
Kellei, Fabrikbesitzer in Bonn.
KempT, Hauptmaao im tngenieur-CorpB
u. Lehrer der Krieggsohule in Anolam.
Kleia, Dr. Joa., Profeaeor !□ Bonn-
Klerings, Gastwirlh in Berlrloli.
Klingholi, Rentner in Bonn,
Kneb«l,LandTathinBeokiDgeaa.d.Saar.
Kosh, Heinr. Hub., DiTisioaBpfarrer in
Frankfurt a. M.
KoBDen, Conalant., ArobKotoge inNeuaa.
Koerle, Dr., Profeaaor In Rostock.
Kolb, Fr., Oeneral-DErcoloi in Viersen.
Kraffl, Dr., Oeh. ConaUtarlalrath und
Prof. In Bona.
Kramer, Franz, Rentner in Cäln.
Kraut, Dr., Prof. und aaiw. Beer. In
Freiburg l. B.
Krupp, Geh. Commerzienratfa in Essen.
KQhlen, B., Inhaber einer arHatUeb.
Anitalt in M.-Gladbaoh.
mlssion
hl, Dr., Professor In Bonn.
Landau, B., Commenienr. In Cobleni.
Landaberg, Dr. Ernst in Bonn.
L an dtberg -.Steinfurt, Freib. TOn,
Engalbart, Gutsbea. in DreiiBteiiirurl.
Langen, Eageo, Gommerzienr. In CiJln.
Lasaalz, Ton, Biirgerm eiste r In Re-
Leamana, Dr., Dir. d. ReiohsmuaeuinB
d. Allerlblimer in Leiden.
Lehfeldl, Dr. Paul, PriTaldooenl a. d.
teobn. Hoohiohule in Berlin.
Leiden, Franz. Kaurmann u, k. niederl.
Consul in Cöln.
Lempertz, H.SBhne.Buobhdlg. laCSln.
a In ZelsL
leh, Dr. '
Geb. Hofrath
Professor in GÖtllngen.
LeTerkQi, Fabrikbes. In Bonn.
Lewis, S. S., Profoaaor am Corpus
Cbrlsll-Collegtua In Cambridge.
Leydel, J., Rentner In Bonn.
Lefon, Ton der, Emil In Bonn.
Llohenow, Geh. Rech.-Rath In Berlin.
Lieber, R agier. -Banrath In Düsseldorf.
Linden. Anlon in DUren.
Linlz, Jao., Verlagabucbh. in Trier.
Loe, Frb. von. Generali. Kicelleiiz in
Cobleoz.
Loersoh, Dr., Profos^ar In Bonn.
L o h au s , O bor- Terwatlunge rieh le-ßalh
In Berlin.
Labbert, Dr., Professor in Bonn.
LGbka. von, Dr., auaw. Secr., ProfcBaor
in CarUrulie.
Maassen, Pattor in HemmerSoh.
Mürtens, Bauralh in Bonn.
Matous, Vorlagsbiiohhündier In Bodo.
Man, Aug., CItII- Ingenieur In Bonn.
Mayer, Heinr. Jos., Kaufmunn in CÖln.
Meester, de. de Kareslein, Minialra
plenip. zu Sobloss Raveslein b. Meeheln.
Mehlls, Dr. C, Prof.. ausw. Seor., Stu-
dlenlehrer in Diirkheini.
Merkens. Frani, Kaufmann in Cijln.
Merlo, J. J.. Rentner In Cöln.
Mevlssen, Oeh. Commeriienr. in C91n.
Miohaelis, Dr., Prof. In Sirassburg.
Miehela, 0., Kaufmann in Citln.
MIU, Dr., Professor, Dlreotor des Mar.
zelten-GfDiQ. in Cüln.
Mirbaeh. Frhr. <ron, Reg.-PrJttldeDt «.
D. in Bonn.
MItsoher, Landger.-Dlreclor In CSln.
Möller, F., Oberlehrer am Lyoeum In
Meti.
USrnery-Uorlande, Gräfin Roladorf.
Mohr, Profeaaor, Dom bild haue r in Cäln.
Mommsen, Dr., Professor in Charlot-
tenburg.
MwreD, Dr., aus«. Seor, Pfarrer, Ehren-
Präsident des hEil. Terelna f. d. Nieder-
rbein In Wachtendonk.
Moslsr, Dr., Prof. am Seminar In Trier.
MotIus, Director dea Sohaaffh. Bank.
rereina In CSln.
Milllenmelster, Kaufmann in Aaehan.
Müller, Dr. med. In Niedsrmendig.
M aller, Dr. Albert, Gymnasial-DIreDtor
tu Flensburg in Schleswig.
Müller, Pastor In Ober- Ena wlagea, Post
Nürtingen, Wiirttembarg.
Müller, Philipp, Deoo ratio nsmaler in
Kreuznach.
MUller, Frau Wittwe Robort, Rcalnerto
in Bonn.
MUni. n, Anttken-Cablnet, Kais.
Königl. In Wien.
Mut6e royal d'Antiqultds, d'Armures
et d'Artlllerle in Brüssel.
Museen, die KÖnigl. in Berlin.
Museum In Npnwegea.
Huelel, Laurent 100, Outabesllser la
SchloH Thom b. Saarburg.
288
YenalobaiM der lf%lloder.
NAgeliohmitty Heior., Oberpfarrer ia
Zfilpioh.
Meli, Ton, JoluPeti Gatsbes. in Trier.
Melty Dr., Kreisphyiikui in Bittburg.
Nellesseni Theodor in iLaohon.
MeafTÜle, W. von, Rentner in Bonn.
Neahäuseri Dr., Profeaeor in Bonn.
Nisse n, Dr. H., Professor in Bonn.
Nitzsoh, Dr.f Qymn.-Dir. in Bielefeld.
Obersohulrath, Qrossherxoglioli Ba-
discher in Carlsrahe.
Oeohelhäaser, Ton, Dr. phil. in
Heidelberg.
Oppenheim! Albert, Freiherr von,
k. Sachs. Qeneral-Consol In Cöln.
Oppenheim, Dagobert, Qeh. fiegie-
rungs-Rath in C51n*
Oppenheim, Eduard, Freiherr von, k.
k. General-Consul in Cöln.
Ort, J. A., Rittmeister in Leiden.
Overbeok, Dr., ausw. Secr., Prof. in
Leipzig.
Overbeok, Oberförst. lu Treis a. d.M.
Palm, F. N., Buehdruekereibesitser in
Aachen.
P a p e n, von, Prem-Lieut. im 5. Ulanen-
Regiment in Werl.
Pauls, £., Apotheker in Bedburg.
Paulis, Prof. Dr., Conservator d. k. Württ
Kunst- u. Alterthumsdenkmale, auaw.
Secr. in Stuttgart.
Pauiy, Dr., Rector in Montjoie.
Peill, Rentner su Haus Römlinghoven
bei Obercassel.
Pflaume, Baurath in Cöln.
Pick, Rieh., Stadtaroblvar in Aachen.
Piper, Dr., Professor in Berlin.
Plassmann, Direotor des Landarmen-
Wesens zu Münster in Westfalen.
Pleyte, Dr., W., ausw. Soor., Conser-
vator am Reichs-Museum der Alterth.
in Leiden-
Pütt, Dr., Professor, Pfarrer in Dossen-
heim bei Heidelberg.
Polyteohnieum in Aachen.
Pommer-Bsohe, von, Regier. -Prä-
sident in Stralsund.
Prieger, Dr., Rentner in Bonn.
Prinzen, Handelsgerichts-Präsident in
M.-Qladbaoh.
Proff-Irnieh, Freiherr Dr. von, Land-
geriohts-Rath z. D. in Bonn.
Progymnasium in Andernach.
Progymnasium in Bruchsal.
Progymnasium in Dorsten.
Progymnasium in Malmedy.
Progymnasium in Rietberg.
Progymnasium in Soberaheim.
P r o g y m n a si u m inTauberbisohofsheim.
Progymnatian in Trarbaeh.
Progymnaiiam in St Weadal-
Provinsial-VerwaltanginDSaeeldarf.
Prüfer, Theod., Arehlteot in Berlin.
Q u a ck , Rechtsanwalt o. Baakdireoior in
M.-Qladbaoh.
Radziwill» Durchlaucht Prinz Ed.
mund, Yioar inOstrowo, Prov. Poeea.
Randow, von, Kaufmann in Craleld.
Rath, von, RitterguUbesitzer n. Prisid.
d. landw. Vereins für RheinpreoMea
in Lauersfort bei Crefeld.
Rath, EmU vom, in Cöln.
Rath, vom, Frau Eugen, in Cola.
Rath, Wilh. vom, in Mehlem.
Rautenstraaoh, Valentin, Conuaer-
zienrath ia Trier.
Rautenstrauch, Eugen, in Cola.
Rauter, Oskar, Direotor der rheiaisohea
Glashütte in Ehreafeld.
Rautert, Oskar ia Düsseldorf.
Real-Qymaasium ia Düsseldorf.
Real-Gymnasium in Mülheim a.d.R.
Real-Gymnasium in Trier.
Real-Oymnasium in Witten.
Real-Progymasium in Bocholt.
Real-Progymnasium in Eupen.
Real-Progymnasium in Saariouifl.
Real-Progymnasium in Sehweün.
Real-Progymnasium in Solingen.
Real-Progymnasium in Viersen.
Realschule in Aachen.
Realschule in Essen.
Reoklinghau.sen von, Wilh., in Cöln.
Reinkens, Dr., Pfarrer in Bonn.
Reitzenstein, Freih. von, Namens des
Bez.-Präsidiums f. Lothringen in Metz.
Remy, Jul. in Neuwied.
Renesse, Graf Theod. von, Sehloss
Sohoonbeeok b. Bilsen, Belg.-Limburg.
Rennen, Geh. Rath, Eisenbahn-Direc*
tlons-Präsident in Cöln.
Re ui e a u X, Heinrich, Techniker in Re-
magen.
Reuleaux, F., Geh.-R. Prof., in Berlin.
Reusch, Kaufmann in Neuwied.
R he inen, Hermann, Rentner zu Villa
Herresberg b. Remagen.
R i h a r z, Dr., Geh. SanitäUr. in Endenieh.
Ridder, Victor, Pharmazeut in Neuss.
Rieth, Dr., Rechts-Anwalt in Cöln.
Rieu, Dr. du, Secretär d. Soc. f. NiederL
Litteratur in Leiden.
Rigal- Grünland, Frhr.von,inBoaa«
Ritter- Akademie in Bedburg.
Robert, Membre de Tlnstitut de France
in Paris.
Roettgen, Carl, Rentner in Bonn.
Rohdewald, Gymnasial-Direetor In
Burgsteinfurt.
Rolffs, Conunonienrath in Bonn.
^^^^^ VflrieiohniM
der MitgUeder. 3» ^H
RosBn, Freiherr voo, Oberst und Re-
Sohwan. städl. Bibliothekar in Aaohen. ^^|
gtmeDl*-Cointn«ndeur in Maini.
3ahiTann,Dr.,SanitütgrathlaGodesberg. ^^1
Rosbaob, Ormn.-Lehr« In Trier.
Soliwarfz, i)r. Ed. in Bonn. ^H
Ro Ih, Fr., ßorgralli in BurbaoU bei Siegen.
Scbwoerbel. Reotoc in Uaul». ^H
' &«la-3alm. DurabUueht Fürst zu,
Seligmann, Jaoob, Bankler In Cäln. ^M
In AoboU.
Sels, Dr., Fahrikbesitzsj- li. Neuss. ^M
Salm.Hoos»t''"otBD, Harmann, Or>r
Seminar In Soest. ^M
TOD, iQ Boor..
Setlega.t, Landger.-Dtr. in Cobleaz. ^M
SftliaDbetg.Geb.O.-BBUralhlnBGrlin.
»eyffarlb, Reg-banra<h in Trier. ^H
Sandt, TOD, Q. n., LuDilriitb in Bona.
Se^ssel d'Aix, Graf, Oberst in Berlin. ^M
Sarter, Baron von, dabloiB Drachen-
barg b. Känlgawintar.
Simrook, Dr., Francis in Bonn. ^M
Saappe, Dr., Oab. Keg.-Raih a. Prof.
Sloet Tan de Beele, Baron, Dr., L. ^M
in OötÜDgen.
A. J. W,, Mitglied der k. Akad. dm ^1
SobaarfhauBeD, Dr. H., Qsh. Medlol-
Wissensch. zu Amsterdam in Arnhelm. ^M
nal-Ralh u. Professor in Bonn.
Solms, Durohlauchl, Ptini Albrsobt ^H
Sohady, Dr., Bibliolh«kai in Baden-
zu, in BraunfeU. ^H
Baden.
Sohaffner, Dr., Medldaalrstb ioMei-
iD Sonn. H
■enbelm.
Spee, Dr., QymD.-Lehrer in Bonn. ^H
SDba11eDberg,Pet.JD>., BieTbcauore!-
Spias-BIHIesheim, Freib. Ed. TOn, ^M
beeluei in CüId.
k. Kammerhetr und BQrgermelster aaf ^M
Sahamabeb, Prof. Dr., In .^Itenburg.
Haus Hau. ^M
Sobarfonberg, von, Lioatenanl äU
Spita. von. Oberst, Ablbeilungs-Chef ^M
lulta Im Konigshuaareti-Reg., Gut Kalk-
hof b. Wanfried bei CaBsel.
Springer, Dr., Professor In Leiprig. ^M
Sohanenburg, Dr., Realsohut.Dtreotnr
lo Crefeld.
Stata, Bauralb u. Dlüo.-Archlt. La Cola. ^M
Soheppo. Obertt a. D. in Boppard.
Stedtfeld, Carl, KaufmaDn In Cfiln. ^M
Seberer. Dr., Profeasoc in Berlin.
Steinbaoh, Aiph., Fabrikant In LUlUoh. ^1
Sahiokler, Ferd. in BerUn.
Slephanl, F. J., Laadgerlohtsrath a, D. ^M
Sohierenberg, 0. A. B., Renloer in
in Croev a. d. Mosel, ^H
Frankfurt am U.
Sohilling, ReehtMnwall beim Ober-
Slinahoff, Pfarrer In Sargenrolh bei ^H
landeegericbt in Ctib.
Gemünden, Reg.-Bei. Coblenx. ^H
Sehlottmann, Dr.. Prof. in Halle a. S.
Straub, Dr., au.w. Secr., Canonlku» io ^1
Sohlumberger, Jean, Fabrikbeiftj n.
Strasaburg. ^H
Präaid. d. LaDdeäaussohuäBBB f. EUaea-
S trau SS, VerUgtbuohhändler in Bonn, ^M
Lothriogsn in Öebweiler.
Strubberg, Ton, General d. Inranlerle, ^M
Sehnldt. Oberbaur. u. Prof. In Wien.
Gen.-Inspeoi. deg Miliigr-ErziebniigB- ^H
SebntthaU, iteatner in Bonn.
u. Bildungaweaens in Berlin. ^H
SellHlder, Dr., aunw. Seor.. Profes.or
Slumm, Carl. Geb. Commerzlenrath, ^^M
in Düsseldorf.
lu SchloBs Hsllberg b. Saarbrüoken. ^^M
Sehaetder, Dr. R., Gymnag.-Ditootor
Siczepansli^i. von, Hauptmann und ^^M
in Duisburg.
Bürgermeister a. D. In Düsseldorf. ^H
Terwelp, Dr., Qymnadall ehrer In ^H
Habt.
Anderoacb. ^M
Sehneider, Landger.-Director In Bonn.
Törok, Dr. AarelTon, Prof. io Budapest. ^M
Sehntttgen, Doni*ioar b Cölr>.
Tornow, Bei.- und Dombaum, fn U«U. ^M
Soborn, Kammarprät. «. D. in Bonn.
TowDsend, Albert In Wiesbaden. ^H
SchoBÜer, Guido, Kaufmann In Düren.
Soboeller, Edgar in DUien.
Uekermann, U., Rentner in Cöln. ^M
Sohoeiler, Julius, Frau in Düren.
Uebeifeldt, Dr., Rendant in Essen. ^H
SoböDaiob-Carolath. Prini, Berg-
Ungermann, Dr., Gjmnas.-DIrector In ^H
Düren. ^H
SobBnfeid, Frederiok, Baumeister in
U s e n e r, Dr., Oeh. Iteg.-Rath, Professor ^H
LIppsUdl.
in Bonn. ^H
Tableo, Dr.. Professor In Berlin. ^^^^^^^H
UOnster in Westf.
Valelt«,dela, Freiherr ^^^^^^^^M
äebnU. Caplan in Aachen.
Professor in ^^^^^^^^^H
240
YenaleliaiM der Ifhgtloddr.
Veit, Dr., Odh. Medioloal-Rath n. Pro-
fB6Bor in Bonn.
Yeith, Ton, Oeneral-Majori.D. in Bonn.
VeroSn für Erdkande in Mets.
Verein für Oesoliichts- und Alterthumt-
kunde in Düsseldorf.
Verein fOr Urgesohlehte in Siegen.
Viebfthn, yon, Rentner in Soest.
Viere ek, £isenb*hn-Baa- and Betr.-In-
speotor in Bonn. «
Vleaten, van, Rentner In Bonn.
Voigt ei, Regierangsrath and Dombaa-
meister in C51n.
Voigt! ander, Buolihdl. in Kreaznaeh.
Voss, Theod., Btrgratb in Düren.
Wagner, Qeh. Commers.-R. in Aaehen.
Wal, Dr. de, Professor in Leiden.
Waldeyer, Carl, Realprogymnasial-
lehrer SU Bonn.
Wandesieben, Friedr. xa Strom-
berger- Neuhätte.
Weber, Justizrath in Aaehen.
Weber, Pastor in Ilsenburg.
Weokbekker, Fräul., in Düsseldorf.
Wegehaupt, Qymn.-Dir. in Neuwied.
Wei SS, Professor, Direotor d. k. Kupfer-
stiohoabinets in Berlin.
Weissbrodt, Dr., Prof. in Braunsberg.
Wende, Dr., Realschullehrer in Bonn.
Wendelstadt, Frau, Commerzienräthin
in Qodesberg.
Werner, Premier-Lieut. und Adj utant
der 50. Infant-Brigade in Darmstadt.
Weyormann, Frani, Gntabeeltzer,
Uagerhof b. Honnef.
W i e o k e r , Gtymnasial-Obarlehrer In Hil-
desheim.
Wied, Dnrohlaaobt, Fürst in Nenwied.
Wie de mann, Dr. Alfred, In Bonn.
WlMeler, Dr., ausw. Soor., ProfSsssor in
Güttingen.
WIethase, k. Baumeistar In Cüln.
Winokler, H. G., Kauftn. In Hamburg.
Wings, Dr., Rentner In Aaehen.
Wirtz, Hauptmann a« D. In Uarif.
Witkop, Pet, Maler In LIppsiadt
Wittenhaus, Dr., Reetor In Rheydt
Wittgenstein, F. Ton, In Güln.
Wolf, General-Major z. D. In Dents.
Wolfers, Jos., Rentner In Bonn«
Wolff, Kaufmann in GSin.
W o y n a. Exe. Ton, General in Düsseldorf.
Wnerst, H., Hauptmann a. D. and
Reehnungsrath In Bonn.
Wüsten, Frau, GutsbesItoerin in Wüsten-
rode b. Stolberg.
Wulfert, Dr., Gymnaslal-Dlreetor a. D.
in Bonn.
Wulff, Gberst and Reg.-Commandear
in Cüln.
Zaigeaeleter, Hofrath, Prof. Dr., answ.
Soor., GberbibliothelLar in Heidelberg.
Zartmann, Dr., Sanit&tsrath In Bonn.
Zeryas, Joseph, Kaufmann In Güln.
Aittaroirdeiitllohe Mitglieder.
Arendt, Dr. in Dielingen.
Fiorelli, G., Senator del Regno Di-
rettore generale dei Musel e degli
Scayi in Rom.
Gamurrini, Direotor des Etrusk. Mu-
seums in Florenz.
Hei der, k. k. Seotionsrath in Wien.
Hermes, Dr. med. in Remich.
Lanoiani, P. Arohitect in Ravenna.
Lueas, Charles, Arohitect, Sous-Insp.
des travauz de la Tille in Paris.
Miohelant, Biblloth^caire an dept.
des Manuscrits de la Bibl. Imper.
in Paris.
Noüe, Dr. de, Ars^ne, Rentner In Mal-
medy.
Promis, Bibliothekar des KSnigs von
lUlien in Turin.
Rossi, J. B. de, Arohäolog In Rom.
S oh lad, Wilh., BuehbindermeUter in
Boppard.
L. Tosti, D., Abt In Monta-Caslno.
VarjoIobniiB dor Mitglieder.
VcneieiuiBS
IHren-, ordentlichen und ausserordentlichen Mitglieder
nach den Wohnorten.
Aftohon: Book. Dieoktioff. Uj-innti-
■ium- Hilgera. MiillsnmeUter, Nei-
leMen. Palm. Plok. Polytechnloum.
ReaUahule. äebulz. StAdlarotiiv.ätatls.
Wagnor. Wober. Wings.
Abaatetier hiltta: Bocsking.
Ahrweiler: «on Croole. Joorre».
Alfter: JiirEsson.
Alleoburg: Sobambach,
.^Itarkiilz: Bartels.
Amilecdam: Tsn Hillagom.
AboUm: Kempf.
Andernaoh: l'Vau Herfei'l. Uüsler-
maon. Progjmiiasliini. Terwalp-
.\iihol(: Fürat tu Salm.
Annaberg: Frau Hammaober.
Aroaberg: GyraoaBiurn.
Allendorn: Gymnaalum.
Barlen. Baden: Sohady.
Barmen: Blank. E. von Kynern.
Stadtbibliotbek.
BaaelrBernoulli.UniversilüM.Bibliatbok.
Beokingen a. d. Saar: Knebel.
Bedburg: PauU. Ritte r-.\kademie.
BeiUn: Adler. Aegidl. Braoht. Brnicber.
T. Cuny. CurtiuB. Dobbert. t. Florea-
oourt. Gen. -Verwalt. dar k. Museen
Orelff. Hilbner. .laobnä. Kron-
prlna des Deulaoheii Kelobos und von
PreuHOD. Lebfeldt. Ltebenow. Labaua.
Piper. Prüfer. Keule am. Salseoberg.
Scherer. Sohiokler. Sohoene. Seyggel
d"Aii. Ton Spiti. von Strubberg.
Vahlen. Weiss.
Bertrloh: Badeierwalruog. Klerings.
Bielefeld: Nitzioh.
Bilharg: NeU.
Blüsjen b. Mereeburg: Burkhaidi
ßoeholt; Heal'ProgymDaciuoi.
Boohum: Oymaasium.
Bonn: Benralh. von Bernulh. Bim.
II. II. Baker. Büeheler. BÜrgersoliule.
Caesar. Cabn AI. von Ciaer. Eb.
yon Claer. tdq Deohen Deliua. Dide-
riobi. von Dlorganlt. Uooticb. Dal-
heuer. Ellen. Eltzbaoher. van Endcrl.
Engelsklroben. Fl. KtJiens. Fussbabn.
Fricke. Fallenius. van Fürth. Genrgi.
J. Ooldsohmidl. R. Goldeobmidt. Ouü-
leauine. QurlL (Jymna«Iiim. HaDstein.
Hauptmann P. Hauptmann C. Heia.
Uanij. Hoohgürtel. Uosfoer. Alex.
Müffer. Ueriu. Hüffer. Humbroloh.
Ibm. T. KalinowEki, KaufmanD. Kaulen.
R. Kekul£. Keller. Klein. Klingbola.
Kraffl. Lamproobt. Landsberg. Lever-
kua. von der Leyen. Iiaydel. Loersoh.
Lübbarl, MSrtena, Marcus. Man. v. Mlr-
baob. Frau Malier. vonNeufville. Seu-
hSuser. Niaaen. Prieger. voa Proff-
Irnich. lieiakena. von ItigaL. Boetlgen.
Rolffd. Graf von Salra-Hoogatraeten.
von Sandt. U. SobaatThauaen. Scbrait-
bata. Sobneider. Soborn. Sobwarli.
Simrook, Sonnenburg. Spee. Straiiaa.
Usener. de la Valello S(. George.
Veit von Veitb. Vierelt. van VIeuleo.
Waldeyer. Wende. WEedemann. Wol-
fera. Wueret. Wulfett. Zarlmann.
Boppard; Soheppe. Soblad.
Boiberg in Baden: Huffsohmid. '
BraunfoU: Prinz Saluts.
Braunaberg (Oatiir.): Welssbrodt,
Bruobaai: Progymnasium.
BrUbl: AUeksr.
Brüssel: Gräfin von Flandern. Mua£«
Royal.
Budapeal: von TörBk.
iturbaob b. Siegen: liolh.
Burg: Dülaobke.
Burgateinfurt; Robdewald.
Burtaoheid bei Aaeben; v. Beamont.
Cambridge: Lewia.
Ijarlsrube: Braotbaoli. ConierTAto-
liuin d- Alterth. Gymnaalum. von
I.übke. Oberaohulratb.
^aiEol: aymnsaiuni. Stand. Landea-
hibliolbsk.
^barloltenburg: Mommson.
Clausthal: Achenbaoh.
:leve: Chrzescinaki. QyRinaaium. Uaia-
kari. Hermann, ätadcbibliothek.
) ob ien 2 : V, Bardetehen. Beoket. Blna-
feld. Civil-CaaiDo. Deilera. v. Etteater.
Gymaas. HSpfner. Jordan. Landau.
TOD Lo€. Sattegaal. Stadlbibltolhck.
.'o in: Altmann. A posteln-Gymnailuin.
Arndte. Aabacb. Bennert. Eio. Camp-
bauaen. Clvll-Caeioo. CUppera. Dahmeo.
Düntzer. Esser. Essingli. Frenkan. Frie.
drioh-Hllh. -Gymnas. Forst. Fuoh».
Qoebbels. Oottgatrsu. Grünaberg.
Haugb. Ed. HeraUtl. Frdr. Job. Dav.
Herttatt. Keuaer. Hauaer Robert,
von migere. Fraa Aug. Joeet. Eduard
242
VeneiohnlBS der Mitglieder..
Joest. Kaiser - Wilhelm • Gymnasium.
Kamp. Kramer. Langen. Leiden.
Leropertz* Marzelien-Gymnas. Mayer.
Merkens. Merlo. von Meyissen. Michels.
Milz. Mitscher. Mohr. Movius. Albert
Frhr. von Oppenheim. Dagobert Oppen-
heim. Eduard Frhr. von Oppenheim.
Pflaume. Emil Tom Rath. Frau Tom
Rath, Eugen. Rautenstrauoh. von Reck-
linghausen. Rennen. Rieth. Schal-
lenberg. Schilling. Sohnütgen. Selig-
mann. Stadibibliothek. Statz. Stedt-
feld. Uokermann. Voigtel. Wiethase.
von Wittgenstein. Wolfit. Wulff. Zerras.
Crefeld: Gymnasium. Ueimendahl.
Ton Randow. Sohauenburg. Stadt-
bibliothek.
OrocT a. d. Mosel: Stephani.
Harm Stadt: Werner.
Deutz: Schwoerbel. Wolf.
Dielingen: Arendt.
Dillen bürg: Gymnasium.
Donauesehingen: Förstl. Bibliothek.
Dorsten: Progymnasium.
Dortmund: Prinz SehSaaioh. Histor.
Verein.
Dossenhelm in Baden: Plitt
Draohenburg (Sohloss): von Sarter.
Drenstelnfurt: Frhr. von Landsberg.
Dresden: Fleckeisen. Hultsch.
Diilken: Bücklers.
Düren: Stadt. Bibliothek. Gymnasium.
Linden. Schöiler. G. Schoeller. £.
Frau J. Schoeller. Ungermann. Voss.
Dürkheim: Mehiis.
Düsseldorf: von Berlepsch. Boetzkes.
Bone. Brend'amour. Courth. Gymnas.
Hammers. Harloss. von Heister. Hoyer.
Lieber. Pro vinzial- Verwaltung. Rauter.
Real-Gymnas. Schneider, von Szcze-
panski. Trinkaus. Verein für Geschichts-
und Alterthumskunde. Frl. Weckbekker.
▼on Woyna.
Duisburg: Gymnasium. Sohneider.
fichtz: Cremer.
Ehrenfeld b. Cöln: Rauter.
Elberfeld: Boeddinghaus. von Carnap.
Gymnasium.
Eltville: Graf Eltz.
Emmerich: Gymnasium. Stadtbiblioth.
Ems (Bad): Kur-Commission.
Endenich: B aunschei dt. Richarz.
Erlangen: Flasch.
Essen: Baedeker. Conrads. Gymna-
sium von Hövel. Krupp, Realschule.
Ueberfeld.
Eupen: Reai-Progymnasium.
Euskirchen: A. Herder. E.Herder.
Ezaeten b. Baexem: Bibliothek der
Stimmen aus Maria Laach.
Flammersheim: von Bemberg.
Flensburg in Schleswig: Müller.
Florenz: BibL Nazionale. Bibliothek
des Etrurischen Museumi. Gamurrinl.
Frankfurt a. M.: Koch. Sohierenberg
Stadtbibliothek.
Freiburg in Baden: Univerdtits-
Bibliothek. Gymnasium« Kraus.
Fulda: Goebel.
St. Gallen: StUlsbibliothek.
Qebweiier: Schlumberger.
Genf: Galiffe.
Gi essen: Antiken-Cabinet.
Gladbach: Gymnas. Kühlen. Prinzen.
Quack.
Godesberg: von Carsta^jen. Flnkeln-
bnrg. Schwann. Wendebtadt
Goettingen: Dilthey. von Leatsoh.
Sauppe. Universitäts-Bibliothek. Wie-
seier.
Gräfenbaoher Hütte: Boecldng.
Badamar: Gymnasium.
Hagerhof b* Honnef: Weyermann.
Hall (Haus) b. Erkelenz: von Spies.
Hallberg (Schloss) b. Saarbrücken:
Stumm.
Halle: Heydemann. Sohlottmann. XJni-
versitSts-Bibliothek.
Hamburg: Stadtbibliothek. Winokler.
Hamm: Falk.
Hanau: Gymnasium.
Hannover: Culemann.
Hard b. Bregenz: Jenny.
Harff, Schloss, Kr. Bergheim: Biblio-
thek von Mirbach. Wirtz.
Hechingen: Höhere Bürgerschule.
Heidelberg: Christ. von Oeohel-
häuser. Üniversitäts-Blbliothek. Zange-
meister.
Hemmerich: Maassen.
Herdringen (Kreis Arnsberg): Graf
Fürstenberg.
Herresberg b. Remagen: Rheinen.
Hersfeld: Gymnasium.
Hildesheim: Wieker.
Höxter: Gymnasium.
Ilsenburg: Weber.
Immen bürg: Flinsch.
Iserlohn: Boeddicker.
Ittervort: Franssen.
Jena: Gaedeehens.
Kalkhof (Gut): von Seharffenberg.
Kirn: Simon.
Königsberg i. Pr. :. Friedländer. Uni-
versitäts-Bibliothek.
Kreuznach: Antiquarisch-historischer
Verein. Borggreve. Müller. Voigtländer.
Ijangenberg, Rheinland: Conze.
Lauersfort: von Elath.
Verzelohoiss der Mitglieder.
243
Leiden: Leemans* Ort. Pleyte. deRiea.
de WaI.
Leipzig: Baedeker. ÜTerbeok. Springer.
Lennep: Hardt
Lexhy (Sehloss): de Blanohart-Surlet.
Linnich: Beck.
Lippatadt: Sohoenfeld. Witkop.
L 5 w e n : Uniyersitäts-ßibUothek.
London: Franks.
Lattio h: Steinbaoh. XJniTer8..Bibliotbek.
Luxemburg: Dutreux.
Mainz: Stadt. Bibliothek. Keller. Lin-
densohmit. von Hosen. Schneider.
M al med y: Esser. deNoOe. Progymnas.
Mannheim: AlterthumsTerein. Gym-
nasium. Uaug-
Marburg: Gymnasium.
Marienfels b. Remagen: Frau Frings.
Mas tri cht: Habets.
Mayen: Delius.
Mechernich: Hupertz.
Mehlem: vom Rath.
Meisenheim: Schaffner.
Merseburg: Otte.
M ettlaoh: Booh.
Metz: Abel. Möller. Fr. v. Reitzenstein.
Tornow. Verein für Erdkunde.
Miltenberg: Conrady.
Moers: Gymnasium.
Montabaur: Gymnasium.
Monte-Casino: Tosti.
Montjoie: Pauly.
Morsbruoh: Frh. von Diergardt.
Mülheim a. Rhein: Andreae.
Mülheim a. d. R. : Realgymnasium.
M&nehen: Brunn. Cornelius.
M üniter: Bibliothek der Akademie, von
Hagemeister« von Heereman. Huyasen.
Plassmann. Sohoeningh.
Münitereifel: Gymnasium.
Jfash-Mills: Evans.
Neuss: Gymnasium, von Heinsberg.
Koenen. Ridder. Sels.
Neuwied: Fürst Wied. von Dungern.
Gymnas. Remy. Reusch. Wegehaupt.
Nieder mendig: Müller.
Nothberg, Rg.-Bz. Aachen: Herroeling.
Nürnberg: Friederioh.
Nymwegen: Museum.
Ober-Enswingen, Post Nürtingen in
Württemberg: Müller.
Oehringen: Stiftsbibliothek.
Ostrowo: Prinz Radziwill.
Paderborn: Gappel.
Paris: Lucas. Michelant. Robert.
Parma: XJniveräitäts-Bibliothek.
Perugia: Uni versitäU Bibliothek.
Plittersdorf: Bürgers.
Poppeisdorf: Frau Dommerich. A.
Kekol^
Potsdam: Achenbach.
Prag: Uni versitäto-Bibliothek.
Prüm: Guichard.
Ravonna: Lanciani.
Ravestein: de Meester de Ravestein.
Recklinghauseu: Hülscher.
Roma gen: von Lasaulx. Reuleaux.
Remieh: Hermes.
Remscheid: Friederichs.
Rheine: Gymnasium.
Rheydt: Wittenhaus.
Rietberg: Progymnasium.
Rinteln: Gymnasium.
Römlinghoven (Haus) bei Obercas-
sei. Peill.
Roisdorf: (iraf Moerner.
Rom: Fiorelll. Helbig. Henzen. de
Rossi.
Rostock in Mecklenburg: Koerte.
Rüdesheim: Fonk.
Rurich (Schloss) bei Erkelenz: von
Hompesch.
Saarbrücken: Gymnasium. Histori-
scher Verein.
Saarlouis: Real-Progymnasium.
Saar-Union von Hoiningen Hüne.
Sangerhausen: Fulda.
Sargenroth b. Gemünden: Stinshoff.
Sayn: Eichhoff.
Schleidweiler: Heydinger.
Schmidtheim (Schloss): Graf Beissel.
Schoonbe e ck (Schloss) : Graf Renesse.
Schwelm: ReaUProgymnasium.
Siegburg: Gymnasium.
Siegen: Verein für Urgeschichte«
Sigmaringen: Fürst zu Hohenzollem.
Sin zig: Andreae.
Sobernheim: Progymnasium.
Soest: Gymnasium. Seminar, von Yle-
bahn.
Solingen: Real-Progymnasium.
Stammheim bei Mülheim am Rhein:
Graf von Fürstenberg.
Stralsund: von Pommer-Esche.
Strassburg: Fuss. Michaelis. Straub.
Universitäts-BibUothek.
Stromberger Neuhütte (bei Strom-
berg): Wandesieben.
Stuttgart: Paulus.
Tauberbischofsheim: Progymnas.
Tholey: Gatzen.
Thorn (Schloss): von Musiel.
Trarbach: Progymnasium.
Treis a. d. Mosel: Overbeck.
Trier: Bettingen. Cantzenbach. Cüppers.
Gymnasium. Hettner. Lintz. Mosler.
von Neil. Rautenstrauch. Realgymnas.
Rosbaeh. Seyfarth. Sudtbibliothek.
Tübingen: Universitäts-Bibliothek.
Im Verlage von T. O. "Weigel in Leipzig ist er-
schienen und durch alle Buplihandiungeu zu beziehen:
Professor Dr. J. Schneider: Die alten Heer- und Hau-
detawege der Germanen, Römer und Franken im »
deutschen Reiche- Fünftes Heft. Mit einer col. Karte.
Inhalt: Das römische StrasseDuetz in dem DÖrdlicben Theile
der Ulieinprovinz (RegiMungsbezirke Düsseldorf, Köln und
Aachen) und den angrenzenden Landestlieilea.
Das sechste Bert soll enthalten: Prähistorische Handels- imd
Verkehrswege, -*- Ueber Jon Bau und die Kennzeichen iiir
Auffindung der ROmerstrassen. — Die römischen Itiuerarien IV.
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