Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.
CLEMENS FRFEDRICH MEYER.
Deutsche Spraclio u. Literatur, ' —
• ^ .i
".^
Li!
Vir
-- 3
- ^^y^
^ .:*->.
ßlBlIOTniK
DES
LITTERARISCDEN VEREINS
DT STUTTGART.
Lxxxvin.
STUTTGART.
GEDRUCKT AUF KOSTEN DES LITTERARISCHEN VEREINS.
1867.
PROTECTOR
DES LITTERABISCHEN VEREINS IN STUTTGART
SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG.
VERWALTUNG :
Präsident:
Dr A. Y. Keller, ordentlicher professor an der k. Universität in Tübingen.
Kassier:
Professor Dr Kommereil, vorstand der realschule in Tübingen.
Agent:
Fues, sortimentsbucbliändler in Tübingen.
GESELLSCHAFTSAUSSCHUSS :
Oberstudienrath Dr Haßler , oonservator der vaterländischen kunst- und
alterthumsdenkmäler in Ulm.
Dr Holland, außerordentlicher professor an der k. Universität in Tü-
bingen.
Obersthofmeister W. freiherr v. Holtz in Alfdorf.
Dr G. V. Karajan, präsident der k. akademie in Wien.
Dr E. V. Kau s 1er, vicedirector des k. haus- und Staatsarchivs in
Stuttgart.
Dr Klüpfel, bibliothekar an der k. Universität in Tübingen.
Dr 0. V. Klumpp, director der k. privatbibliothek in Stuttgart.
Dr Maurer, ordentlicher professor an der k. Universität in München.
Dr Menzel in Stuttgart.
Dr Simrock, ordentlicher professor an der k. Universität in Bonn.
Dr Wackerna gel, ordentlicher professor an der Universität in Basel.
Dr Waitz, ordentlicher professor an der k. Universität in Göttingen.
' A ^ - J-
BRIEFE
DER
HEEZOGIN ELISABETH CHARLOTTE
VON OßLfiMS
AUS DEN JAHREN 1676 BIS 1706
HERAUSGEGEBEN
VON
DE WILHELM LUDWIG HOLLAND
PROFESSOR DER GERMANISCHEN UND ROMANISCHEN PHILOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT
ZU TÜBINGEN, ORDENTLICHEM MITGLIEDE DER BERLINISCHEN GESELLSCHAFT FÜR
DEUTSCHE SPRACHE , CORRESPONDIERENDEM MITGLIEDE DER AKADEBOE DER WISSEN-
SCHAFTEN, KÜNSTE UND SCHÖNEN LITTERATUR ZU CAEN , MITGLIEDE DER GESELL-
SCHAFT FÜR NIEDERLÄNDISCHE LITTERATUR ZU LEYDEN, CORRESPONDIERENDEM MIT-
GLIEDE DES VEREINS FÜR GESCHICHTE UND ALTERTHUMSKUNDE ZU FRANKFURT AM MAIN.
STUTTGART.
GEDRUCKT AUF KOSTEN DES LITTEBABISCHEN VEREIKS
NACH BESOHLCSS DES AUSSCHUSSES VOM MAI 1865.
1867.
DEUOK TOH H. LADPP IH T0BI1IOBR.
1.
Pour mr le raugraflF.
St Clou den 27 Aprill 1676.
Hertzlieb Carllutzgen, weillen ich glaube, daß Ihr nun wider
im lande seyt vndt derentwegen meine amme Euch wirdt zu sehen
bekommen, so hab ich sie nicht weg wollen laßen, ohne ihr ein
zetteigen ahn Euch mittzugeben, worinen ich Euch erinere, daß
Ihr mich alß lieb behalten solt; den ich hab Euch schwartzköpffel
recht lieb vndt verbleibe allezeit Ewer affectionirte freündin
Elisabeth Charlotte.
2.
A mons. le raugraff.
St Clou den 8 September 1676.
Hertzlieb Carllützgen, ich habe Euch nicht auffEwere schreiben
von Versaille auß geantwortet, weillen ich dorten nicht ein augen-
blick vor mir selber gehabt habe; aber jetzt, da ich nun hir bin,
will ich Euch völlig antwortten. Ihr bedörflft gar keine entschuldi-
gung zu machen wegen vbelles schreiben, den ich kan Ewere handt
sehr woll leßen vndt bin gar woll mitt Euch zufrieden, daß Ihr
mir fleißig schreibt; den in Ewerem alter ist man ordinari alß ein
wenig faul mitt schreiben, aber Ewer fleiß macht mich glauben, daß
Ihr mich noch alß lieb habt, vndt deß bin ich fro. Derowegen so
continuirt nur vndt glaubet, daß ich jederzeit Ewer affection. fretln-
din verbleibe
Elisabeth Charlotte.
Ich hab Ewer compliiüent ahn Monsieur vndt Mademoisselle
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 1
162954
abgelegt; beyde laßen Euch wider grüßen. Ahn Ewer mama macht
wider ein zirliches compliment auffs beste von meinetwegen! Ewer
Schwester vndt brüderger finden hir meinen grüß.
3.
A mons. le raugraff.
Paris den 2 May 1677.
Hertzlieb Carllutz, ich hab im anfang, alß ich Ewere trawerig-
keit erfahren, vber Ewer mama todt Euch nicht gleich schreiben
wollen, weillen ich woU weiß, daß man im ahnfangs vndt in den
ersten mouvementen von einer rechtmäßigen betrübtnuß vnmöglich
brieffe leßen kan; jetzt aber hoffe ich, daß Ihr ein wenig wider
bey Euch selbsten sein könet; derowegen, wofern Euch meine
freündtschafft lieb vndt die Versicherung, daß sie allezeit werden
wirdt. Euch in etwaß trösten kan, so wünsche ich, daß dießer brieff
Euch zu einigem trost gereichen möge; den glaubt, lieb Carllutz,
daß ich Euch noch alß so lieb habe, alß wie vor dießem, vndt daß
ich mitt freüden hir im lande die gelegenheitt suchen mögte. Euch
zu persuadiren, daß ich Ewere affectionirte freündin bin
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Monsieur kombt morgen wider von der armee, drumb ist es
mir vnmöglich ahn Carolin zu schreiben. Drumb bitt ich Euch,
grüst sie von meinetwegen vndt Ewre andere schwesterger auch
vndt macht ihnen mein compliment!
4.
A mons. le raugraff.
St Clou den 13 May 1678.
Hertzlieb Carllutz, vor dießem hette ich gesagt: «Ihr seit ein
praffer bub», aber nun Ihr so groß seit, sage ich: «Kerles, daß Ihr
mir so einen lustigen brieff schreibt!* Cantenac wirdt Euch sagen,
wie sehr ich nach Euch gefragt. Selbiger hatt mir gesagt, wie Ihr
nun so vnerhört lang geworden vndt auch jetzt einen bardt habt,
daß [macht] mich gantz zu einem alt müttergen wie mntter Anecken, wen
Ihr Euch noch dießer commedie erinert. Adieu! schreibt mir hinfüro
fleisig, wen Ihr der zeit habt, vndt insonderheit, wen Ihr in HoUandt
sein werdt, vndt glaubt, daß ich Euch so lange lieb behalten werde,
alß Ihr mich! Darauff macht Ewere rechnung vndt seit versichert,
daß ich Ewere affectionirte freündin bin
Elisabeth Charlotte.
5.
St Germain den 25 d'Octobre 1679.
Hertzlieb Carllutz, vergangene woche hab ich Ewer schreiben vom
22 Sept. entpfangen. Es ist mir lieb, darauß zu vernehmen, das Ihr
glücklich vndt ohne purtzelbaum ahngelangt seit, aber ich hab schon
Ewere ahnkunfft durch etliche schreiben von I. G. dem churfürsten
erfahren. Mich deucht abg*, so viel ich darauß vernehmen kan, so
ist der churfürst nicht allerdings woU mitt Euch zufrieden vndt
beklagt sich, das Ihr ihm nicht nach schuldigstem respect sprecht
noch antwortet, sondern das Ihr ihn ahnschnurt undt in Euch Selbsten
brumbt. Vmb gottes willen, geht ein wenig in Euch selber vndt
hüttet Euch, das Euch Ewer leben dergleichen nicht mehr begegnet!
Den außer dem, das Ihr dem churfürsten den grösten respect von
der weit schuldig seit auß allerhandt Ursachen, so man auch er-
dencken mag, so solt Ihr doch solches auch Ewer selbst wegen in
acht nehmen; den denckt nur, wie viel unglük Euch aufstoßen
werden, wen der churfürst nicht mitt Euch zufrieden ist! Vndt
jederman wirdt Euch noch dazu vnrecht geben; den von seinen
herren muß man alles leyden vndt mitt gedult ahnnehmen, welches
Euch den noch desto leichter ahnkommen kan, in dem Ihr versichert
seit, das I. G. der churfürst ahn nichts, alß was Ewer bestes sein
wirdt, gedencken wirdt. Dmmb vmb I. G. den churfürsten in
guttem willen gegen Euch zu behalten, so erweist ihm, das es Euch
gerewet, das Ihr ahn dem respect, den Ihr ihm schuldig seit, man-
quirt habt, vndt bittet vmb verzeyung! Dießes wirdt Euch gantz
keine mühe kosten; den ich kene Ewer gutt gemüthe woU vndt bin
versichert, das wen Euch ja ein wenig ungedult entfahren ist, das
Ihr es nicht so böß gemeint habt; auch hab ich solches schon I. G.
dem churfürsten Ewertwegen versichert. Nun Ihr aber durch dießen
1*
brieff ersehen werdet, das I. G. der chorfürst deßwegen ungehalten
geweßen, so wirdt Euch obgemelte vngedalt nicht allein gereuen,
sondern Ihr werdet solches I. G. dem charfürsten auch bezeugen.
Ich gebe Euch hir einen raht alß Ewere beste freOndin, vndt wen
ich (da gott für sey!) so anglücklich were, das mir dergleichen be-
gegnet were, so wolte ich gleich auffs demütigst vmb Yerze3ning
bitten; den ich weiß gewiß, das die gnade, so der chorfürst stehts
seinen kindem bezeuget vndt die vätterliche affection , so er zu ihnen
trägt, werden selbst die vorsprecher sein, vndt Ihr werdt sehen, das
ers Euch mitt freüden vergeben wirdt. Das ist alles , was ich Euch
vor dißmahl hirauff sagen werde. Was unßern ahnschlag ahnbelangt,
so müßen wir gedolt haben; was ich wünsche, wist Ihr woU vndt
ich habs Euch ofift gesagt, auch verzweiffeie ich noch nicht dran.
Vnterdeßen aber, das ich Euch was gewißers vndt beßers davon
berichten kan, so will Euch, hertzlieb Carllutz, von hir was verzeh-
len, das Euch divertiren möge, vndt ob mein brieff schon dadurch
gar lang werden wirdt, so glaube ich doch, das er Euch nicht desto
vnahngenemer sein wirdt. Es ist mir nur leydt, das ich nicht alles
schreiben kan. Wie offt hab idi Euch zu Fontainebleau gewünscht!
den abendts hatte ich schöne histörger zu verzehlen vndt ärger, alß
nie; aber nun ist alles klug worden, wie Wendt Euch schon wirdt
geschrieben haben. Ich hab ihm auch befohlen, das er Euch den
wunderlichen fall verzehlen solle, so der vetter Fana den tag vor
der königin in Spanien abzug gethan, vndt wie er hernach alß wie
ein schatten vndt toder mensch sich alebenwoU überall eingefunden,
so woU ahn der stigen, alß commedie vndt deß königs taffei. Ich
dachte, monsieur le Dauphin vndt ich müsten uuß kranck lachen,
vndt die gutte königin in Spanien, ob sie zwar ahnfing, betrübt zu
werden, konte sich doch deß lachens nicht enthalten, wen sie den
menschen ahnsahe. Ichberuffe mich nochmahls auff Wendt vndt hoffe,
das er Euch einen exacten recit vom vetter Fana vndt seinen aben-
tewer schreiben wirdt. Das best aber seindt die discursen vndt das
weiß Wendt nicht. Ich darffs der feder nicht trawen. Es ist recht
schadt; den Ihr würdet von hertzen lachen. Die Auster ist sehr
fleißig. Ich will Euch einen brieff von ihm schicken, so er ahn die
Gredine geschrieben, welcher recht artlich ist, wie Ihr sehen werdet,
vndt dabey will ich Euch auch sagen, warumb er ihn geschrieben.
Die Gredine hatt mich gebetten, das, wen ich ahn Euch schreibe,
soll ich Euch ihretwegen grüßen vndt sagen, das es ihr deucht, das
ihr etwaß fehlt, das sie Euch nicht mehr bey mir sieht. Die kö-
nigin in Spanien hatt mir schon in zen brieffen befohlen, das ich
Euch ihr compliment machen solle vndt sagen, das sie Euch gern
noch einmahl sehen möcht. Maman (Ihr wist woll, wer es ist) ist
jetzt ahm besten bey ihr dran. Sie hatt mir auch befohlen, das ich
Euch das ihretwegen sagen solle. Der ertzbischoff sagt mir alle
tag, das ich nicht vergeßen solle, seiner zn gedencken, wen ich
ahn Euch schreibe, vndt so baldt er mich finden wttrdte, das ich
solches thue, so wolle er Euch auch ein par wort in meinem brieff
schreiben; heütte aber hatt solches nicht geschehen können, den er
ist nach Paris dießen morgen.
St Germ, den 27 October.
Vorgestern hatte ich dießen brieff ahngefangen, hab ihn aber
nicht eher, alß heute außschreiben können, weillen Monsieur eben
in mein cabinet hir (welches Ihr woll kent) spiellen kam, vndt gestern
bin ich mitt dem könig auf die hirschjagt, alwo ich eine zeittung
vemohmen , welche mich recht dauert, nehmblich der könig hatt dem
armen Yalbel befehlen laßen, seine Charge zu verkauffen. Die vr-
sach dießer ungnadt ist, das der könig ihm befohlen hatte, 50 dau-
ßendt francken zu geben vndt dadurch hocher zu steygen vndtleüt-
tenandt zu werden. Dieße leüttenantsstelle aber hatt man in zwey
Chargen getheillt. Yalbel, der schon lang die compagni allein com-
mandirt hatte vndt den könig sehr woll gedint, hatt sich im kopff
gesteckt, das er der erste leüttenandt sein müste vndt das es ihm ein
affront seye, wen man einen über ihm setzte, vndt hatt darauff zum
könig gesagt mitt einen kritlichen thon, das er lieber dem könig
alß ein schlechter soldat dinnen wolte, alß im dinst bleiben, wen
man einen über ihm setzte. .Das hatt den könig verdroßen vndt
hatt gesagt, das er dießen kerl zwar estimire, aber weill er so
hoffartig sey vndt meine, das er ihm ein affront thet, so möge er
den seine Charge verkauffen vndt hinziehen, wo er will. Ich bin
versichert, das diß des armen menschen sein todt sein wirdt; den
er wirdt sich unerhört zu hertzen ziehen. Er dauert mich recht;
den es ist allebenwoll ein guttes blutt. Ich bin gewiß, das es
Euch auch leidt vmb ihn ist. Wie ich die zeittung gehört habe,
habe ich gleich ahn Euch gedacht; den es ist ihm eben gangen, alß
6
wie Ihr alß sagt, das wen man schon einem herren lange jähre woU
vndt trew gedinnet halt vndt das man nun meint, das man ahm
besten dran ist, den muß einem nur ein ungedultig wort entfahren,
vmb in Unglück za konmien vndt weg gejagt zu werden, ohne das
man sich der vergangen dinsten erinert. Noch eine zeittung will ich
Euch verzehlen, so Euch verwundem wirdt. Vergangen dinstag hilte
mr Legrand vndt mess. de Vandosme ein wettrenen. Der duc de
Granmiont parirte vor mess. de Vandosme, vndt mr Legrand seine
zwey brüder vndt noch viel andere parirten vor mr Legrand. Wir
waren alle darbey. M. Legrand sein perdt rente Lavallee vndt
mess. de Vandosme pferdt ein englischer laquay vom marechall de
Bellefond, welcher auch vor das pferdt parirte. M. Legrand ge-
wan. Damitt setzten wir andern unß in kutzsch vndt fuhren wider
herauf, m. le Dauphin aber blieb jenseit der brück, vmb spatziren
zu reitten. Indem wir weg fahren, fengt der duc de Vandosme
mitt Lavallee ahn zu zancken. Chev. deLoraine, der dabey stundt,
sagte halb in lacherey: «Nous parions tousjours contre desgensqui
n'ont point d'argent.» Der duc de Gramont fengt ahn, zu murmellen.
M. Legrand, der dabey stundt, sagt zum duc de Gramont: «A qui
en avez vous? AUons nous en et laissons finir la quereile de
m. de Vandosme et Lavalle !> Der duc de Gramont tritt zu m.
Legrand, helt ihm die faust unterm gesicht vndt sagt: «Mort d.,
c'est a vous que j'en veux et il y a longtemps que j'en cherche
Poccassion.» M. Legrand, nicht fauU, hebt die handt auff vndt
gibt dem andern eine dachtel, das ihm die perucke vom kopff ab-
fehrt. Zu allem glück hatte keiner von beyden ihre degen ahn;
den sie hatten sie abgelegt, umb desto beßer den wettrenern nach
zu folgen. In dem augenblick aber kommen jeder freunde vndt
offriren degen ahn. Andere aber, alß m. de Marsilliac, chevallier
de Loraine, kommen vndt werfen sich dazwischen, vmb alles einzu-
halten. In dem augenblick kompt ein escuyer vom duc de Gramont;
der zieht den degen auß vndt auff den chevallier de Loraine
loß vndt meinte, es were m. Legrand. Chevallier, wie er das
sieht, rent er den kerl nach, welcher, so halt er ihn gesehen vndt
das es nicht m. Legrand war, ging er durch. Er erdabte ihn aber
noch vndt hauete im eine balaffre ins gesicht. Einer aber von m.
Legrand sein leütteu ging auff den duc de Gramont loß vndt wen
ihm Beaumont nicht eingehalten, hette er ihn damider gestoßen.
Endtlich aber riß der duc de Villeroy den m. Legrand in sein kntzscfa
vndt Marsillac vndt mess. de Yandosme den duc de Gramont in die
ihrige vndt führten sie herauf. So baldt der könig soldies vemoh-
men, befahl er Monsieur, sie wider mitt einander zu vergleichen
vndt ihnen von seinetwegen zu befehlen, bey hartter straff nichts
mehr mitt einander ahnzufangen, weder sie noch die ihrige noch
ihre bedinten, vndt weillen sie den respect vergeben betten, den
sie m. le Dauphin schuldig, vndt sich in dem selben feit gezanckt
vndt gerißen betten, so selten sie beyde in die pastille biß auff
weitter ordre. Sie seindt aber nur 24 stundt drin geßeßen, den
gestern abendts hatt sie der könig wider hellen laßen. So gehts
hir zu, alle tag was neues vndt selten was gutts. Im überigen so
spricht man noch immer von den beren, wen nichts neues vor ist; den
einer ist gestorben, aber der ander ist noch in frischer gesundtheit
vnd gestern abendts hatt man noch von ihm ahns königs taffei ge-
sprochen. Noch etwaß neues: die arme Doudou hatt abscheuliche
händel mitt ilirem man. Wie sie mitt ihrem Schwager vndt Schwe-
ster, dem duc vndt die duchesse d'Aumont, wie auch dem chevallier
de Tilliadet wider auß dem sawerbrunen von Bourbon kommen, hatt
sich das monster der duc de Yandatour im kopff gesteckt, seine
fraw auffs landt zu führen , wo er sie woU lange gehalten hette, vndt
wie er gesehen, das sein obgemelter schwager solches nicht hatt zu-
geben wollen (weillen dem kerleß nicht zu trawen ist, indem er
schon ein mahl seiner frawen thür mitt einer pistoll durchschoßen,
sie auch mehrmahls mitt bloßem degen geängstigt), hatt er sich mitt
dem duc d'Aumont vndt chev. Tilliadet mitt aller gewalt schlagen
wollen. Dieße aber haben ihn außgelacht. Da ist er so gifftig wor-
den vndt hatt getrewet, das er seine fraw mitt gewalt abheilen wolle.
Da ist den armen duchessen blutsbang worden vndt haben gleich
einen expressen nach hoff zur marechalle de Lamotte geschickt
Selbige hatt gleich ahn könig die sache verzehlt; da hatt der könig
gleich einen exempt hin geschickt (Ihr kennt ihn woll, er heist des
Fourneaux vndt hatt bey der königin in Spanien zu Fontainebleau
auffgewart). Den andern tag ist m. le duc de Yaudatour selber nach
hoff kommen, vmb sich beym könig zu entschuldigen, vndt das endt
vom liedt ist, das man sie beyde von einander scheyden wirdt; die
arme Doudou aber muß vor ihr oder söin leben in ein closter, wo
sie aber doch mitt ihr mutter vndt eiste Schwester etlich mahl wirdt
8
heraußer dörffen. Er gibt ihr 12 daußendt (ich weiß nicht, ob es
daller oder francken sein) zu ihrem vnterhalt vndt nach seines oncles
todt 16 taußendt. Das ist Doudou ihre gantze histori. Es ist mir
recht leydt umb sie, wie ihr woU dencken könt. Es ist auch woU
einmahl zeit, das ich dieße lange epistel auffhöre. Ich habe sie
nicht eher endigen wollen, weillen ich persuadirt bin, das Ihr fro
sein werdet, zu vernehmen, was neues hir vorgeht, nun Ihr dießen
hoff so woU kent, wie auch so glaube ich, das Euch Ewere große
geschafften zu Manheim nicht verhindern werden, einen so großen
brieff zu leßen. Wen Ihr mir wider schreibt, so sagt mir doch, ob
Olimpe nicht vrsach hatt, jalous zu sein, indem alte liebe sich
wider vemeüert, oder nicht ! Ich glaub, das Ihr mich woll verstehet,
ohne das ich es weitter außlege. Ich möchte auch gerne wißen,
warumb baß Amelie mir nicht auff den brieff antwortet, den Ihr ihr
mittgebracht habt. Sagt ihr von meinetwegen, das ich sie frage, wie
es kompt, das sie meiner so garvergist vndt das ich nichts von ihr
höre ! Die Woltzogin grüst von meinetwegen vndt sagt ihr, das ich
ihr baldt schreiben will vndt das ich gar content von ihr bin, das
sie ein praffes medel ist, so fleißig ahn mich zu schreiben! Grüst
Coppestein auch von meinetwegen vndt gebt ihm part von den zeit-
tungen, die ich Euch schreibe, welche er auch woll gerne wißen
möchte, weillen er die leütte alle kent, so woll allß Ihr vndt ich.
Je vous aduertis, que vous pouues venir en toutte seurete a
St Cloud et marcher tant qu*il vous plaira sur la teste de Mad. de
Fienne; car la vieille diablesse est morte. M. Legrand schreibt
Euch dießes. Ich hatte es vergeßen, sie ist in 8 tagen zeit ahn
einem 3-tägighen fieber gestorben. Die duchesse de Yillars ist
wittwe; ihr man ist 3 tag nach md. de Fiene gestorben. Wen ich
noch ein augenblick nachdencke, so wirdt auß meinem brieff ein
buch werden. Es ist aber hohe zeit, das ich. endige. Adieu, hertz-
lieb Carllutz! Seitt versichert, das ich Euch von hertzen lieb habe
vndt biß in todt Ewere affectionirte freündin verbleibe
Elisabeth Charlotte.
6.
Sontag abendts vmb halb 9 den 25 Februar! 1680.
Hertzlieb Carllutz, ich bin all vor lengsten willens geweßen,
Euch zu schreiben, indem ich mich aber eben setzen wolte, vmb
Euch zu fragen, worumb Ihr so gar nichts von Euch hören laßet,
da kam der junge Boisfranc daher vndt sagt mir, das er einen
großen brieff von Euch entpfangen hette vndt das Ihr mir ein com-
pliment drin madiet; da bin ich böß worden vndt habe gesagt, das
weillen Ihr eher ahn Boisfranc schreibt, alß ahn mich, so will ich
Euch auch nicht eher schreiben, biß das ich einen brieff von Euch
bekämme, hab also, wie Ihr secht, meine morgue woll gehalten biß
nun, da mir die Hinderson Ewer schreiben vom 15 dießes monts
überlieffert, welches man aber nicht er beantwortten kan, alß ich
nun thne. Jedoch muß ich Euch sagen, das Ihr sehr verliert, das
ich Euch nicht eher geschrieben; den ich hatte die schönsten Sachen
von der weit zu sagen, welche aber nun sich dermaßen überheüfft
haben, das sie ohnmöglich zu beschreiben sein, den ich habe die
helffte vergeßen. Eher ich aber auff dießen schönen recit komme,
will ich erst waß ernstlicher reden, wünsche Euch den zum ersten
von gantzem hertzen glück zu Ewerer englischen reiße vndt das Ihr
viel vergnügen dort haben möget; jedoch so hette ich viel lieber
gewolt, das es hir hette sein können. Es ist schon gar lang, das
mir I. G. der churfürst geschrieben, das er Euch in Engellandt
schicken wolle, also ist mir Ewere reiße gar nicht frembt vorkom-
men. Ich habe woll gedacht, das Euch der gutten Gredine Unglück
recht bestürtzen würde. Ich vor mein theill bin ein gantzen tag so
bleich alß ein todt drüber geweßen vndt hab in 24 stundt nicht
wider zu recht kommen können; aber wie ich fest glaube, das man
ihre unschuldt finden wirdt, al^o zweiffeie ich auch nicht, das ihr
Unglück ein ende nehmen wirdt. Ich vor mein theill werde woll
von hertzen froh sein, wen ich sie wider sehen werde, den es ist
eine rechte gutte fraw, wie ihr woll wist. Die gutte Auster ist
recht von hertzen betrübt über diß, aber sie austert nicht mehr, son-
dern ist gantz gutt. Zur neuen zeittung muß ich Euch sagen, daß
der könig vergangene woch 7 edelleüt vom hoff zu m. le Dauphin
gethan, welche ihn stehtes überall nachfolgen sollen, vndt weillen es
fast lautter leütte von Ewerer kundtschafft sein, will ich sie Euch
alle nehnen. Daß beste vor sie ist, das der könig ihnen 2 tau-
ßendt thaller pention gibt. Ich will bey denen ahnfangen, welche
ich ahm wenigsten kene, damitt ich keinen vergeße, mess. de Chi-
vemi, Torigni , chevallier de Grignan, Dangeau, Clennont vndt Fla-
10
rensac, welcher letztere sterbensverliebt in Chateauthier ist. Noch
etwaß neues: £wer hönischer freündt ist aach ertapt. Die jetzige
princes von Conti hatt ihm den garauß geben. Der vetter Fana
ist närischer, alß er sein leben geweßen; die kranckheit hatt nicht
gedauert vndt so baldt ich wider nach St Germain bin, hab ich
ihn wider in volkommener gesandtheit gefunden, was den leib be-
trifft, aber das him ist dermaßen vertrehet, das es nicht zu be-
schreiben ist. Ja, wen ich Euch verzehlen solte, waß es sich seider
Ewerer abreiße vor discurs vndt begebenheitten zugetragen; hette
ich mehr zu sagen, alß ich heütte schreiben könte, wen ich auch
gleich die gantze nacht dazu antwente, vndt kan es in keinen brieff
beschrieben werden, es würde ein buch drauß werden. Aber was ich
Euch sagen kan, ist, das alles, was man in den romanen ließet, ist
nur kinderspiel bey dießer histori. Ich weiß, das wen Ihr es wißen
soltet nach einander, Ihr lachtet Euch halb kranck. Morgen vmb
6 brechen wir von hir auff, vmb nach Villecotteres zu reißen vndt
von dar nach Ghaalon der md. la Dauphiue entgegen. Fetter Fana
wirdt alle unßere tagreißen mitt thun. Ich bin willens, ein art
Journal zu machen , worin ich auffschreiben will alles^ was sich über-
zwerges zutragen wirdt, so woUvon discourssen, alß begebenheitten,
vndt es Euch hernach schicken; den nun Ihr nicht mehr zu hauße
seitt, haben wir nichts zu beförchten wegen der brieffe. Schreibt
mir nur, ob ihr dießen sicher entpfangen habt! Vndt wen dem also
ist, so will ich Euch obgemelte relation vndt Journal schicken, wel-
cher all possirlich sein wirdt. Ich wolte, das ihr den armen teüffel
jetzt sehen köntet. Er ist so dürr wie ein holtz vndt ich glaube,
das dieße reiße die letzte sein wirdt, so er sein leben thun wirdt;
Ich muß Euch doch noch eine narethey sagen, so er vergangen don-
nerstag gethan. Er hatt gesehen, das die nimphe, wie Ihr sie heist,
der Theobon schwartzen hundt geküst hatt, da hatt er den hundt auch
ertapt vndt hatt ihn zerküst, das Theobon gemeint, er seye närisch
geworden; den sie hatt den hundt nicht wider auß seinen armen
grichen können. Das ist woll schnckschuck, wie mein bruder alß
sagt, vndt derselben schönen Sachen gibt es hundert deß tags alß
übel ärger. Was endtlich noch darauß werden wirdt, weiß ich war-
lich nicht; mir wirdt schir angst darbey. Dar ist unßer prinssien
von Saxen bey mir, das rast mitt Madmoissel. A propo ich hab ein
hauffen complimenten ahn Euch von ihr vndt hundert amities.
11
Adieu! Ich maß enden, den das eßen stehet aaff der taffei. Behalt
mich alßMieb vndt glaubt, das Euch wenig leütte in der weit lieber
haben, alß ich!
Elisabeth Charlotte.
7.
A mad. Louisse , raugraffin zu Pfaltz^ a Franckfort.
[Hier fehlt der anfang.]
sorgen. Ich werde die zeitt woll in acht nehmen, daß mir nichts
Übels drauß enstehen wirdt. Ich bin recht touchirt, d^ß Ihr mir so
viel affection einweist, liebe Louisse! Kein glück in der weit wolte
ich durch Ewer leben noch einige kranckheit erkauffen, könte ich
Euch aber einmahls dinnen undt dadurch persuadiren, wie ich gegen
Euch raugrafflichen kindern gesinnet bin, würde ich es vor ein groß
glück schätzen undt mehr vergnügen alß Ihr selber dran haben. In
dießem augenblick werde ich in die kutzsch undt nach Marly, alwo
wir die gantze woche bleiben werden. Ich bins fro, den die lufft
ist mir auß der maßen gesundt. Biß sambstag werden wir nach
St Clou, alwo wir den gantzen sommer zubringen werden. In
welchem ort ich sein mag, werde ich allezeit ahn Euch gedencken
undt von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Soltet Ihr die fürstin von Homburg undt die graffin von Lei-
ningen zu sehen bekommen, so bitte ich Euch, macht ihnen meine ent-
schuldigung, daß ich ihnen noch so baldt nicht werde auff die schreiben
antwortten können, so mir der herr de Bar gestern brachte; den
Marly verhinderts, wo man keine zeit zu schreiben hatt.
8.
St Clou den 25 Aprill 1681.
Hertzallerlieb Carllutz, es ist zwar war, das ich seyder unßer
aller so abscheulich Unglück vndt schleunigen todt I. G. deß chur-
fürstens, unßers herren vattern, 3 brieff von Euch enti5faai<5t<iv\ '^^^ss.
12
6 Nouember 1680, •/«« Febrnari 1681 vndt "/«t Mertz, habe aber
solche auß nachfolgende Ursachen nicht beantwortet, erstlich weillen
ich damahlen, nehmblich alß ich Eweren ersten brieff entpfangen,
schon ahn meinem bruder Ewer aller wegen geschrieben vndt dero-
wegen seiner antwort erwarttet, zum andern alß ich solche eben nicht
dermaßen gefunden, alß ich es vor Euch gewünscht, habe ich noch
zwey mahl ahn meinem bruder vndt auch ahn I. G. die churfftrstin,
mein fraw mutter, geschrieben vndt Euch zum besten vndt starck
recommandiret, Ewere geschwisterig all ins gemein vndt Euch noch
absonderlich. Dießes alles aber, wie ich sehe, hatt Euch leyder mehr
geschadt, alß genutzt. Die churfärstin, mein fraw mutter, ist gar
raisonable vndt scheynet gar nicht erbittert zu sein; mein bruder
aber, wie sie mir geschrieben, ist gar übel mitt Euch zufrieden.
In meinem letzten brieff, den ich ihm geschrieben, habe ich ein lang
capitel von Euch gehalten, ihn auch gebetten, das er mir doch sagen
möge, worumb er böß auff Euch seye, sintemahlen ich Euch, wie
Ihr hir wahret, in solchen gutten sentimenten vor ihm gesehen, das
ich unmöglich glauben könte, das Ihr seyderdem etwas gegen ihm
bettet thun können, so ihm zuwider were, könte derowegen nichts
änderst hirauß urtheillen, alß das er jemandes bey sich haben müste,
so Euch einige böße ofPicien müste geleistet haben, hätte ihn dero-
wegen, mir alle vrsachen zu schreiben, so er über Euch zu klagen
hette; den ich versichert were, das ich Euch leicht bey ihm justifi-
ciren würde. Auff dießen brieff hatt er mir aber gar nicht geant-
wortet, auffs wenigst biß auff dieße stunde nicht. Dießes ist gar ein
böß zeichen vndt alles, was ich Euch hirauff sagen kan, ist, das es
mir von grundt meiner seelen leydt ist, das es Euch übel geht, vndt
wen es mir möglich were. Euch beßer zu dinen, alß ich es bißher
gethan, wolte ich es von hertzen gerne thun; mehr aber, alß ich
bißher gethan, ist unmöglich; den ich habe mir dadurch schir meiner
fraw mutter undt meines bruders Unwillen überem halß gezogen. Nun
aber ist nicht änderst zu thun, alß das Ihr Euch gedulden müst; den
mein fraw mutter schreibt mir selber, das sie glaubt, das mitt der
zeit mein bruder gegen Euch endern wirdt. Sie sagt auch, das er
Ewere Schwestern lieb hatt; drumb werden sie Euch dortten auch
woU gutte officien leisten können. Vnterdeßen aber rahte ich Euch,
die gelegenheit nicht auß der handt zu laßen, so Euch oncle offe-
rirt, bey ihm zu bleiben. Geht derowegen nur in gottes nahmen
13
nach Hannover! Yndt weillen ich glaube, das Ihr wegen Ewerer
langen reiße woll waß gelt von nöhten habt, so schreibt mir nur, so
baldt Ihr zu Hanover werdet ahnkommen sein, so will ich Euch ein
weckselbrieffgen von 800 pistoilen schicken, welches ein rest ist
von dem gelt, so mir der könig vergangenen neüjahrstag geben.
Hette ich mehr, wolte ichsEüch von hertzen gerne schicken; nnter-
deßen aber, hertzlieb Carllutz, müst ihr den willen vor das werck
nehmen vndt gedencken, das wen es bey mir stünde, Euch glücklich
zu machen, das ich kein augenblick verseümen würde. Das glaubt
nur vestiglich! Den ich sag es Euch ohne complimenten. Es bleibt
mir nun nichts mehr überig, alß Euch zu sagen, warumb ich endt-
lich noch nicht eher, alß nun auf Ewerem 3ten vndt letzten brieff
geantwortet. Die nrsach ist, das wir 9 tag den gantzen hoff hir im
hauße gehabt haben. Ihr, der diß gethnns hir gar woll kent, könt
jetzt leicht errahten, warumb ich in der zeit nicht geschrieben. Ein
tag war bal, ander tags comedie vndt seindt 3 mahl auff die jagt.
Segt jetzt, was vor zeitt mir hatt überig bleiben können ! Aber weil-
len Ihr, wie schon gesagt, alles dießes gethuns eben so woll alß
ich selber wist, so will ich Euch nicht lenger damitt auffhalten, son-
dern von waß änderst reden. Oncle ist, gott sey danck, wider in
vollkommener gesundtheit zu Hannover ahngelangt. Mir war, umb
die warheit zu bekenen, bludtsangst bey seiner kranckheit, inson-
derheit weillen hertzog Johan Friderich schon zu Augsburg gestorben
ist; aber alles ist gott lob vorbey. Ich glaube, das der gutte Alto-
viti woll fro geweßen, wie er Euch gesehen hatt. Wen Ihr jeman-
des ahntrefft, so ihn wider sehen wirdt, so last ihn von meinetwegen
vor sein ahndencken dancken vndt wider ein compliment machen!
Das macht mich gantz ahn die uhralten zeitten gedencken. Aber
apropo von den zeitten ich muß Euch etwaß sagen, so Euch wunder
nehmen wirdt. Ich bin jetzt in großem commers mitt unßerm ge-
weßenen obersten Webenheim vndt wir schreiben einander fleißig;
seyder ein monat her habe ich zwey brieff von ihm entpfangen. Zu
kunfftigen May wirdt er zu meinem bruder nach Heydelberg vndt ich
will ihm schreiben, das er Ewerer dorten im besten gedencken solle;
den wie Ihr woll wist, so vermag er all viel bey meinem bruder.
Botzheim ist nun captein in Hollandt, wie er mir geschrieben. Dießen
sommer ist er ein mont lang bey mir geweßen. Weillen ich nicht
zweiffeie, das Ihr auch noch woll curieux sein möget, vmb zeittung
14
za haben von dem, waß hir vorgeht, so mnß ich Euch sagen, das,
was den mantel betrifft, so ist nichts verendert, sondern wie allezeit.
Mitt dem vetterFana aber hatt es sich dermaßen historien begeben,
das wer sie beschreiben wolte, würde es eben so viel bücher geben,
alß die Amadis sein, rechte ritterliche begebenheitten. Vom Wäch-
telle ist auch eine wunderliche historie ahn tag kommen. Wen ich
sehen werde, das dießer mein brieff Euch recht zu banden kompt,
will ich Euch von dießem allem ein theill verzehlen, welches auch,
wie ich versichert, Euch wirdt lachen machen, so melancolisch Ihr
auch sein möget mitt rechtmäßiger nrsach,vndt solches weiß ich bey
mir selber; den gott sey mein zeug, das mir L G. deß churfürsten
todt dermaßen zu hertzen gangen, das ich vermeinet, das ich mein
leben nimermehr würde lachen können! bin auch lenger, alß 2 mo-
nat todtbetrübt geweßen; hernacher aber, muß ich gestehen, hab
ich mich doch nicht enthalten können, über alle dieße naredeyen zu
lachen. Zu den alten possen, welche Ihr wist, seindt noch gantz
nagelneue gekommen, welche noch viel possirlicher sein, alß die
alten. Aber genung hirvon , biß das ich Euch was deüttlicher davon
werde reden können. Ich habe mehr alß 10 brieff von unßerer
königin in Spanien bekommen, welche gantz voller amities vor Euch
sein. Apropo von ihr, ihr armer St Chaman, den sie alß maman
hieße, ligt aufm todt; man meint nicht, das er davon kompt. Die
ihn kenen, sagen, das er auß lieb vor sie stirbt; den seyderdem er
auß Spanien widerkonmien ist, hatt er keine lustige stunde mehr ge-
habt. Das dauert mich recht. Aber es ist auch woU ein mahl zeit,
das ich dießen brieff schließe. Adieu, hertzlieb Carllutz! Glaubt,
das niemandes in der weit Euch lieber hatt, alß ich, vndt wo ichs
Euch werde erweißen können, werde ichs von hertzen gerne thun;
den biß in todt werde ich Ewere trewe freündin verbleiben. Vielle
vndt manche Ursachen verbinden mich hirzn, insonderheit aber das
vertrawen, so Ihr mir erweist. Wen der könig fort fahret, mir
alle jähr zu geben, wie diß jähr, solt Ihr es gewiß, wen Ihrs von
nöhten werdt haben, mitt entpfinden. Adieu!
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich muß Euch noch sagen, das mll. de Piene ein balet mitt md.
la Dauphine gedantzt hatt, alwo sie so viel conquetten gethan, das
15
es nicht zn beschreiben ist, von den högsten biß zu den geringsten.
Der prince de la Rochesurion ist in der zahl nicht der vomehmbste,
wie man sagt; Ihr versteht» mich woU, allein das glaube ich doch
nicht; der duc de la Fert6 hatt eine solche passion vor sie, das er
sich gantz bekehrt hatt vndt gar nicht desbanchirt mehr ist. Die
andere amants seindt marqois de Nangy, mons. Harcourt vndt noch
andere mehr, so mir jetzt nicht beyfahlen. Seht, wie viel rivals
Ihr habt!
9.
St Clou den 26 Juni 1681.
Hertzallerlieb Carlatz, seit gar in keinen sorgen wegen Jasmin!
Er ist gar glücklich vndt woll den 18 May hir ahngelangt vndt hatt
mir Ewer paquet gar trewlich überlieffert, vndt wen es bey ihm ge-
standen were, bettet Ihr ihn all vor lengsten wider gesehen; den er
hatt offtermahlen ahn seine abfertignng treiben laßen, allein es ist
mir unmöglich geweßen, Euch eher, alßnunzu schreiben, noch ihn
also wider zurück zu schicken; jedoch versichere ich Euch, das ich
ihn auff allerlengste biß morgen über 8 tag abfertigen werde. Biß
dar müst Ihr Euch noch gedulden vndt nnterdeßen schreibe ich Euch
dießen brieff auff die ordinär! post vndt mitt Jasmin will ich Euch
die Ursachen sagen, so ihn noch dieße wochen haben hir bleiben
machen ; im überigen aber so kent Ihr unßer hießiges leben nur gar
zu woll, vmb nicht leicht zu begreiffen, was mich bißher ahn schrei-
ben verhindert, drumb ich Euch en gros die Ursachen sagen werde,
ohne selbige ferner zu particullarisiren , welche particulariteten Euch
nur mühsam zu leßen vndt mir zu schreiben fallen würden. Wist
den, hertzlieb Carllutz, das es hier noch eben ist, wie Ihr es ge-
laßen habt, eben so voll falscher teüffel, welche mich stehts haßen
undt mir so viel desagrementen zu wegen bringen, alß es inmier
möglich ist. Drumb gestehe ich Euch hirmitt frey herauß, das ich
seyder eine zeit her so gritlich vndt von bößem humor geweßen bin,
das es mir durchauß unmöglich geweßen, auch das geringste ahnzu-
fangen, vndt umb die warheit zu bekenen, so hatt mich noch dazu
Ewer vndt Ewerer geschwisterig zustandt betrübt, insonderheit alß
ich gesehen, das ich Euch so wenig nutz sein kan vndt das je mehr
ich meinen bruder vor Euch rede, je mehr iritire ich ihn gegen
16
Euch. Aber von dießem text will ich Euch in dem brieff, so ich
Euch durch Jasmin schreiben werde, ein mehrers sagen vndt nun
nur berichten, was mich femer ahn schreiben verhindert. Nachdem
sich den der stürm, solch hiraußgestanden, ein wenig geleget vndt
es wider still geworden, hab ich einen großen schnupen bekommen,
welcher mir 8 oder 9 tag gewehret, das ich nicht hab auß den äugen
sehen können. Damach seindt wir nach Yersaille, alwo das jagen
vndt ordinari leben wider ahngangen , wobey ich desto weniger habe
schreiben können, alß ich noch mehr gethnns, alß ordinari gehabt
habe; den weillen md. la Dauphine sehr kranck ahn einen falschem
kintbett gelegen, wobey sie hernach auch gar starck daß fieber
bekommen, seindt wir, der könig, die königin, Monsieur vndt ich,
4 mahl deß tags zu ihr. Nun hatt sich ihre kranckheitt in ein 3-
tägicht fieber gewent, welches sie noch hatt, vndt wir seindt erst
gestem nachmittags von Yersaille herkommen. Auß dießem allem
secht Ihr woll , hertzlieb Carllutz, wie unmöglich es mir zu schreiben
geweßen. Vor etlichen tagen hab ich noch einen brieff von Euch
entpfangen vom Vis dießes monts, worauff ich Euch hirmitt gar
außführlich antwortten will. Vor den wecksei, so ich Euch durch
Jasmin schicken werde vndt ich Euch in meinem brieff vom 25 aprill
versprochen, dörfft Ihr Euch nicht sosehr, alß wen es ein gar groß
pressent were, zu bedancken. Ich rechne solches vor nichts änderst,
alß nur vor ein klein ahndencken, wor durch Ihr meines gntten wil-
lens gegen Euch möget versichert sein vndt wie ich Euch von hertzen
gern in etwas nützliches dinnen mögte, wen es bei mir stünde vndt
möglich were. Vndt nun ich Euch gesagt, wie ich solches verstehe,
will ich nicht mehr von dießer bagatelle reden. Im ahnfang dießes
brieffs werdet Ihr genungsam ersehen, wie das Ihr Euch wegen Jas-
mins nichts zu befahren habt vndt das er glücklich hir ahngelangt
ist vndt baldt wider weg wirdt. Was meines brudern bößen humor
gegen Euch betrifft, so darff ich schir nichts mehr vor Euch ahn ihn
sagen; den so viel ich von ihm verspüren kan, so ist er ein wenig
jalous von Euch vndt meint, ich hette Euch lieber, alß ihn, dero-
wegen wen ich was sage, so mache ich übel ärger. Mitt Jasmin
aber will ich Euch sagen, was vor ein mittel ich gefunden, vmb ihn
zuzusprechen laßen. Das beste, so ich bey der Sachen finde, ist,
das I. G. die churfürstin, mein fraw mutter, nicht gegen Euch ist,
vndt sie vermag viel bey meinem bruder. Damitt Ihr aber sehen
17
möget, das ich Euch hirin keine falsche hoffnung gebe, so schicke
ich Euch hirmitt den letzten brieff, so ich von I. G. entpfangen,
worauG Ihr auß ihrer aygenen handt ersehen werdet, wie sie gegen
Euch vndt Ewere geschwister gesinnet ist. Wen ich Euch auff frant-
zösch schriebe, könte ich nicht laßen, zu sagen: «Tu est bien badin,
mon enfiant !» das Ihr Euch noch des vetter Fana vndt seinen albe-
ren possen erinern könt, nachdem Ihr jetzt so ein serieuse sache
im kopff habt vndt eben davon auffhört zu reden; aber nmb die
warheit zu bekenen, so kan ich, ich mag auch so serienx vndt un-
lustig sein, alß ich immer sein mag, mich [nicht] enthalten von sachen
zu reden, so einem bißweillen lachen machen, vndt hiran sehe ich die
simpathie , so Ihr vndt ich mitt einander haben. Ich habe auch letzt-
mahl ahn I. G. die churfürstin geschrieben, das ich I. G. hätte. Euch doch
ahm liebsten von allen Eweren geschwisterig zu haben, weillen nicht
allein, wie alle menschen fünde[n], viel gleichnuß zwischen vnß beyden
seye, sondern auch weill wir beyde unß sehr lieb betten, indem wir unß
sehr viel simpathie befunden, vndt das ist ja war. Nun hirmitt ist es
auch einmahl genung ernstlich gesprochen. Last unß nun von waß re-
den, so Euch ein wenig divertiren ihöge vndt mich auch! Der vetter
Fana ist wider auß seinem landt zurückkommen vndt von seiner erb-
schafft, aber er ist gelber vndt dürer, alß er sein leben geweßen. Er
stelt sich zwar jetzt waß erbarer ahn, alß vor dießem, allein gescheyder
ist er doch noch nicht, vndt wens gelegenheit gibt, so sieht man woU,
das er noch nicht curirt ist; aber auff die jagt geht er nicht mehr.
St Chamand ist von seinem fieber geneßen; ob er es aber von der
lieb ist, weiß ich nicht. Apropo die königin von Spanien hatt mir
noch zwey oder 3 brieffe geschrieben, so gantz voller amities vor
Euch sein. Ich habe Ewer compliment auffs beste wider gemacht.
Was Olimpe ahnbelangt, so hatt es nun kein gefahr mehr bey ihr;
den der amant qui lance la foudre, importunirt sie gar nicht vndt
es hatt keine suitte gehabt. Ihr habt ein gutt gedechtnuß, die pa-
sagen von den operaen so woll zu behalten. Solche kunst kan ich
auch über die maßen woll, wie Ihr woU wist. Wen Ihr jetzt hir
weret, köntet Ihr Euch woll wider bey der Olimpe ahnmelden, ohne
die «majeste supreme», wie man im bo-let singt, zu förchten. Aber
apropo vom balet, man hatt auff etliche melodeyen lieder auff die
Olimpe gemacht, worinen sie nicht ist zum besten tractiret worden.
Wen Ihr hir geweßen weret, bettet Ihr vielleicht auch Ewer plätz-
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 2
18
gen in selbigen liedt gefanden; den alle ihre amants seindt mit nah-
men drinnen genent. Ich möchte Euch gerne noch eine zeittung
sagen, weiß aber nicht, wie ich sie vorbringen solle; den teütsch
herauß mag ich es nicht sagen, will es herumbtrehen , so gntt ich
kan, vielleicht werdt Ihr mich verstehen. Es ist jemandes hir, so
den vetter Fana betrübt vndt in sorgen setzt, indem er meint, das
selbige persohi^ seye wie er. Solches kan ich nicht glauben; den
der mensch ist gar kein geschoßener wie vetter Fana; ich meine,
das es nur gutte freündtschafft ist, aber dieße persohn ist gefehr-
licher, alß vetter Fana; den ahn gantzen hoff ist nichts beßers ge-
schaffen noch ahngenehmers. Aber vetter Fana hatt unrecht; den
er ist gantz nicht wie er. Weillen dießer aber, wie schon gesagt,
mein gutter freündt ist, so will ihn der vetter Fana auch vor ridi-
culle passiren machen. Drumb wen Euch waß hirvon irgendts zu
obren kompt, so glaubts doch nicht ! Ich wolte, das Dir dießen men-
schen kenen möchtet; den ich bin versichert, das er Euch nicht
übel gefahlen solte. Adieu, hertzlieb Garllutz! Ich muß schließen;
den Monsieur lest mich ruffen. Glaubt, daß ich Ewere trewe freün-
din biß in todt verbleibe!
Elisabeth Charlotte.
10.
Pour mons. le raugraff.
Fontainebleau den 28 October oder mittwoch abendts umb 6 uhr.
Hertzallerlieb Carllutz , ob Euch zwar möns. Polier woU wirdt
mündtlich sagen können , welche eine überauß große freüde ich ent-
pfanden, zu vernehmen, daß ich Euch baldt sehen werde, so hab
ich Euch doch solches auch hirmitt durch etliche zeyllen selber sagen
wollen. Hette woU nicht gedacht, das in den betrübten standt, Wo-
nnen ich lebe, mir etwas erfreuliches hette widerfahren können,
jedoch so gestehe ich, das groß verlangen trage. Euch zu sehen;
habe Euch taußendt undt taußendt Sachen zu sagen, so sich nicht
schreiben laßen. Kompt den so baldt, alß es Euch nur möglich
sein kan, undt seit versichert, daß ich Euch von hertzen ambrassiren
werde! den in der weit habt Ihr keine trewere freündin alß mich.
Elisabeth Charlotte.
19
11.
St Germain den 1 Januari 1682.
Hertzallerlieb Garllatz, ma tante batt mir geschrieben, das Ihr
verwundert seit, das Ihr in so langer zeit kein brieff von mir ent-
pfangen habt. Dießes ist aber anß zweyen Ursachen nicht gesehen,
deßen die erste ist, das ich woll weiß, das es Euch alß gar beschwer-
lich ist, mitt Ewerer handt zu schreiben, drumb hab ich Euch dieße
mühe ersparen wollen; die zweyte aber ist, das ich alß gewart, biß
Ihr mir auff den brieff antwortet, so ich Euch etlich tag vorher
geschrieben, ehe ich Euch Jamin wider geschickt, vndt welcher vom
26 juni 1681 datirt war vndt worvon Ihr gar nichts gedacht in dem,
wo Ihr mir auff den antwortet, so ich Euch durch Jasmin geschrie-
ben. Drumb fengt mir ahn angst zu werden, daß Ihr ihn nicht
möget entpfangen haben; den es waren hundert naredeyen drinen,
so eben nicht gutt were, das es von ändern geleßen würde, alß vom
vetter Fana vndt dergleichen possen; da war der brieff gantz voll
von; kan mir nicht einbilden, wo er muß hinkommen sein; den auff
die Hanover post hab ich noch nie keinen brieff verloren, were un-
glücklich, das dießer, so so doli geschrieben, der erste seye. Schreibt
mir doch mitt ehestem, was Ihr davon wist, ob er in der that ver-
loren, oder ob Ihr vergeßen habt, mir drauff zu antwortten! Gott
gebe, das es daß letzte seye! Vndt in den sorgen, worinen ich bin,
das er in andere bände mag gekommen sein, wolte ich Euch woll
von hertzen gerne verzeyen, wen Ihr ihn vergeßen bettet zu beant-
wortten. Drumb wen dem also ist, so gestehet mir es nur frey
heraußl Hiemitt genung von dießem. Ich griche alle woche brieff
von unßerer königin in Spanien, worinen Ewer gar offt gedacht
wirdt, vndt seyder meiner reiß nach Fontaineblau vndt in Teütsch-
landt hab ich ihrer woll 6 oder 7 bekommen, so voller complimenten
vor Euch sein. Seyder dem ich wider hir nach St Germain nach
unßerer reiße kommen, hab ich Ewer liebes schreiben vom 11 No-
uember entpfangen. Ich glaube wie Ihr, das Ewere sache mitt mei-
nem bruder entlich einmahl gutt werden wirdt vndt ich bin persua-
dirt, das die vissitte, so Webenheim vergangen jähr nach Heydelberg
gethan, viel dazu geholffen batt. I. G. die churfürstin, mein fraw
mutter, ist gar nicht verbittert gegen Euch; contrario sie hatt mir
gesagt, das sie Ewere geschwisterig alle lieb hatt. Carolline hatt
2*
20
mir auch geschriben, wie ich zu Strasburg war, vndt scheindt all
content von I. G. zu sein. Ich habe mein bestes gethan, umb Euch
bey mein fraw mutter zu recomandiren, ihr auch gesagt, das sie
mir den grosten gefallen von der weit erweißen würde, sich Ewei*
ahnzunehmen, vndt das ich Ewer gutt gemüht woll kente, das, wan
sie JEüch obligiren würde, wtlrdet Ihr gar reconoissant sein, vndt
das ich Euch von hertzen lieb bette, das es mir leydt were, das
mein bruder nicht auch die sentimenten vor Euch hette, so ich habe,
vndt das ich persuadirt seye, das es nicht Ewer schuldt seye, son-
dern daß böße leütteEüch bey meinem bruder müsten böße ofTicien
geleistet haben, vndt das ich Euch perfect woll kente, also woll
versichern könte, das Ihr nicht capabel weret, mitt fleiß was zu
thun, so meinen bruder so sehr mißfahlen könte, vndt das weillen
I. G. woll wüsten, wie sehr ich meinen bruder liebte, also das, wen
jemandes was gegen ihn gethan, wolte ich selbige nicht apropiren;
drumb auch weillen sie sehe , das ich mich Ewer so ahngelegen sein
ließe, könte sie nur woll vestiglich glauben, das Ihr nicht allein
nichts gegen meinen bruder gethan, sondern auch noch gantz wil-
lens seitt, alles vergangene zu vergeßen, wofern er Euch nur ju-
stice thet. Dießes vndt dergleichen noch viel mehr hab ich der
churfürstin vorgehalten, welche alles gar genau ahngehört, vndt
deucht mich, das ich sie persuadirt habe. Also, hertzlieb Carllutz,
ob ich Euch schon die zeit über nicht geschrieben, so hab ich doch
nicht desto weniger fleißig ahn Euch gedacht, wie Ihr secht; auch
könt Ihr woll vestiglich glauben, das wen ich gelegenheit finden
könte, Euch zu dinnen vndt etwaß gutts zu wegen zu bringen, würde
ich mich gar nicht verseümen. Ich hette woll von hertzen wünschen
mögen, das es sich hette schicken können, das ich Euch zu Stras-
burg hette ambrassiren können. Ich glaube, wir würden mitt ein-
ander geheüUet haben; den wie ich bey dem ocksen bin verbey ge-
fahren, ist es mir eingefallen, wie ich I. G. den churfürsten das
letzte mahl dar gesehen. Da ist mir daß flenen so greulich ahnkom-
men, das ichs nicht hab verhalten können, vndt der gutte Copestein
vndt ich wir haben mehr alß eine stundt mitt einander geweint.
Ich hab ihn gantz lieb drumb. Der arme mensch war so fro, wie
er mich sähe, das er gantz bleich wie ein todt wart. Er hatt Euch
von hertzen lieb; das ist auch noch eine ursach, worumb ich viel
auff ihn halte. Ich zweiffeie aber nicht, das er Euch wirdt geschrie*
21
beD haben alles, wie es za Strasburg Zugängen; drumb sage ich
Euch nichts mehr hievon. Weillen wir aber nun wider ein neues
Jahr ahngetretten haben, so bitte ich gott den allmächtigen, das er
Euch langes leben, volkommene gesundtheit verleyen möge vndt
alles, waß Euch nutz yndt seelig mag sein, insonderheit aber auch
volkommenes vergnügen. »Dießes ist woll zu wünschen, aber schwer
zu finden. Ich vor mein theill weiß nicht, wie ich dießes ahngetret-
tene jähr enden werde, allein das vergangene war woll eines von
den verflüchsten jähren vor mich, so ich mein leben durchbracht,
auch hatt es mich so reveux vndt melancolisch gemacht, das mich
schir niemandes mehr kent. Wend meinte vor ein woch 3, da ich
mich waß übel befunde, das ich sterben würde, weillen, wie er sagt,
ich so verendert; drumb flente er den gantzen abendt. Ich kan
Euch nicht sagen, was mich ahnligt; allein Ihr kent das landt vndt
den hoff hir genung, umb zuwißen, das einem allerhandt ungerech-
tigkeitten widerfahren können; also auch kan einen materie genung
begegenen, melancolisch zu werden, so lustig man auch von natur
sein mag. Aber seyder ich verspüre, das mir dießes so sehr ahn
der gesundtheit zusetzt, schlage ich mir alles so viel auß dem sin,
alß mir nur möglich ist. Ja, wen Ihr hir geweßen weret, Ihr weret
meinethalben doli vndt raßendt worden. Aber waß hilffts? Man
muß gedult haben. Hirmitt auch einmahl genung von dießem allem 1
Adieu, hertzlieb Carllutz! Seitt versichert, das so lang Ihr conti-
nuieren werdet, mich lieb zu haben, daß Ihr keine trewere noch
affectionirte freündiu in der weit werdt haben, alß mich!
Elisabeth Charlotte.
12.
Pour mens, le raugraff.
Yersaille den 21 Jalli 1682.
Hertzallieb Carllutz, ich schreib Euch jetzt, ob ich zwar heütte
schon so gritlich bin, wie eine wantlauß undt deßen leyder nur
gar zu viel ursach habe; den es geht jetzt mitt mir von allen den
leütten, die Ihr woll kent undt wovon Ihr schon etliche eschantil-
lons gesehen habt, wie Ihr hir wahret, taußendt' mahl ärger, alß zu
der zeit, undt dieße teüffels werden täglich doller undt raßender.
Gott weiß, waß sie endtlich mitt mir ahnfangen werden. Aber von
22
dießen trawerigen sachen will ich Euch nicht sprechen; den ich bin
versichert, das Ihr mich lieb habt undt das es Euch also gar leydt
sein wirdt, zu vernehmen, daß dieß ritterzeug so die oberhandt
bey Monsieur hatt undt mir alles leydt ahnthut, so nur zu erdencken
ist. Zu dem so ist auch kein mittel hirzu, derowegen ahm besten,
das ich davon schweige undt die jenige nicht mitt mein chagrin be-
trübe, so mich lieb haben undt ich sie, ihnen aber leyder nichts
änderst nutzen kan, alß vor sie zu wünschen, undt in der zahl seit
Ihr auch, hertzlieb Garllutz, undt ich hoffe, das Ihr woU daß gutte
vertrawen zu mir* habt, zu glauben, daß wen ich etwas solides vor
Euch thun könte, meine amitie zu persuadiren, daß ich mich darin-
nen nicht seümen würde , sondern daß Ihr deßen baldt innen werden
soltet. Gott gebe nur, daß dieße gutte gelegenheit mir baldt zu
banden stoßen möge! Ich bittEüch, grüst unßern gutton Coppestein
von meinetwegen undt sagt ihm, daß ich seinen brieff entpfangen habe!
Es ist mir aber unmöglich, heütte drauff zu antwortten; den in ein
augenblick gehen wir ins opera undt schreibe hir nur in aller eill. Ich
habe schon gethan, waß er ahn mir begehrt, nehmblich ahn ma tante zu
schreiben, wie sehr er mir die gnade gertimbt, so er von oncle undt
tante entpfangen. Im überigen so muß ich Euch beyden doch noch eine
zeittung sagen, so Euch wirdt von hertzen lachen machen: der fetter
Fana ist mir untreue worden undt jetzt verliebt in deß königs tochter,
die princes von Conti, wirdt mir jetzt singen können, alß wie im opera
von Proserpine stehet: «J'ay veü Taimable Proserpine, onreconoist a
Tesclat de la beaut^ divine, que du maistre des dieux eile a receu le
jour. Rendes luy grace ! C'est eile qui vous debarasse de mon facheux
amour», Vndt also bin ich deß vetters Fanna quit worden. Adieu! Man
rufft mir alleweill, ich muß fort, kan derowegen vor dißmahl nichts mehr
sagen, alß daß Ihr in der weit keine trewere freündin habt alß mich.
Elisabeth Charlotte
oder Liselotte, wie Ihr wolt.
13.
[Pour] mens. le raugraC
Versaille den 23 Augasti 1682.
Hertzlieb Carllutz , ob ich zwar in einer solchen melancoley undt
23
uniast bin, daß es nicht anßznsprechen ist, indem meine feinde
Monsieur persuadirt haben, daß er die arme Theobon von mir gejagt,
wie vor etlich jähren die marechalle de Glerembeanlt, wie Uir hir
wahret. Ihr wist, wie schmertzlich mir solche sachen sein, undt
dießer affront ist noch mitt größeren nmbständen zngangen, alß der
erste, welches mich so touchirt, daß ich es unmöglich widerhoUen
kan. Ich glaube, sie werden mir endtlich noch daß leben außqnel-
len. Jedoch umb Euch zu versichern , daß ich Euch noch bestendig
lieb habe, so habe ich doch dieße gelegenheit nicht verbeygehen
wollen laßen, ohne Euch zu schreiben, undt so lang mir der prast
undt Unlust nicht daß hertz abstöst, könt Ihr, mein hertzlieb Carl-
lutz, versichert sein, daß Ihr allezeit eine trewe undt affectionirte
freündin ahn mir habt.
Elisabeth Charlotte.
Grüst Coppestein von meinetwegen! Ich bin versichert, daß deß
chev. de Beuverons undt Theobon unglttck ihm auch leydt sein wer-
den. Die arme leütte haben kein ander crime, alß daß sie mich
lieb hatten. Wen Ihr mich sehen soltet, so würde ich Euch jam-
mern; den ich bin in meiner seelen betrübt. Ich bin doch zu nichts
nicht nutz, alß denen Unglück zu wegen zu bringen, so mich lieb
haben; drumb wen gott mich zu sich nehmen wolte, were es woll
ahm besten, den ich bin deß lebens greulich müde undt satt.
14.
Pour mens, le raugraff a Hannover.
La Fert^ sous Joar den 18 JuUi 1683.
Hertzallerlieb Carllutz, vor ein tag oder 14 hab ich zu Bocken-
heim Ewern brieff vom 30 May entpfangen; daß ich aber dortten
nicht darauff geantwortet, deßen ursach könt Ihr woll leicht erahten;
den Ihr ohne zweyffel woll werdet vemohmen haben, daß ich I. G.
mein fraw mutter dortten gesehen, undt weillen sie in einem dorff
blieben 3 viertel stundt von Bockenheim, so bin ich alle tag auff-
undt abgefahren, hab also occupationen genung gehabt, umb mich
ahn schreiben zu verhindern. Mich wundert, daß Ihr Haxsthausen
noch nicht zu sehen bekommen habt. Ich förchte, daß er erst ahn-
24
kommen wirdt, wen Ihr schon mitt Ewenn rcgiment werdet mar-
chiret haben, also mein brieff, so ich ihm vor Euch mittgegeben, gar
alt werden. Im fall er Euch aber noch ahntrifft, werdet Ihr "meinen
Tölligen zustandt von ihm vernehmen können. Unterdeßen so be-
dancke ich mich sehr vor Ewern gntten wünsch, daß ich nun in
beßerm humor sein möge, alß Ihr mich gelaßen hattet. Ich zweyf-
feie auch nicht, daß wen es bey Euch, mein hertzlieb Carllatz,
stünde, würde ich gewiß öffter lustig sein undt auch ursach dazu
haben, alß ich es in der that bin, aber zum unglück so steht sol-
ches bey andern, die mich nicht so lieb haben, alß Ihr mich habt,
undt also auch gar nicht so woll intentionirt sein. Aber last unß
nicht hievon reden ! Den klagen ist meines thun nicht. Es ist mir von
hertzen leydt, daß ich Euch nicht hab in Teüschlandt sehen können.
Ich hab doch, weillen ich nicht mit Euch reden können, viel von
Euch gesprochen so woll mitt I. G. die churfürstin, alß auch mitt
baß Amelie, welche mitt ihrem herr Max auch zu Thumfaßel bey
churfürstin war. I. G. werden nun Louisse zu sich nehmen, umb
allezeit bey sie zu sein. Ma tante schreibt mir, daß weillen daß
freüUen von Levenstein Jungfer von md. la Dauphine wirdt, so könte
Amelisgen auch woll gut dazu sein. Es ist aber meine meinung
gantz nicht; den ich gestehe, daß ich nicht woll vertragen könte,
Amelisgen hinter madle de Rembure undt Jamac zu trottlen sehen,
welche sie «ma compagne» ruffen würden, glaube, daß Ihr auch woll
meiner meinung seit. Apropo von unßerm hoff hir, eine gewiße
person hatt mich gefragt, ob Ihr sie gantz vergeßen bettet. Ich hab
geantwortet «nein», aber Ewer unglück wolle, daß Ihr nicht von ihr
sprechen dörfft. Da sagte sie, ich solte ihr einen andern nahmen
geben, alß den sie ordinari führt. Ich sagte: «Daß ist schon ge-
schehen undt Ihr heist princes Toutine.» Da lacht sie von hertzen
und sagte: «Je vous prie, Madame, quand vous escrires a ce peauvre
raugraff, dittes luy, que Toutine luy fait ces corapliments, qu'elle
ne Taime pas d'amour, comme on avoit dit, mais de bonne amitie
et qu'elle souhaitte, qu'il luy conserve aussi celle qu'il luy a tes-
moignes avoir.» Daß hab ich versprochen undt halte es hirmitt.
"Wen Ihr mir antwort , so setzt Ewer compliment auff frantzösch, da-
mitt ich es weißen kan! Den Ihr segt woll, daß dißes, so sie Euch
macht, eine antwort meritirt. Daß ist alles, waß ich Euch vor diß-
mahl sagen werde. Adieu, hertzlieb Carllutz! Behalt mich alß lieb
25
•
nndt seit versichert, daß ich biß in todtEwer getrewe nndtaffectio-
nirte freündin verbleibe
Elisabeth Charlotte.
Alle unßere jangfem fragen gar offt, wie es Ettch geht, nndt
sagen, sie mögten Euch gerne wider sehen ; ich glaube, Toatine were
anch woll damit zufrieden.
15.
Paris den 22 Decembre 1691.
Hertzliebe Louise, ich habe hetttte Eweren lieben brieff entpfangen
vom 24 Nov. — 8 Dec, so in ma tante von Tarante paquet eingeschloßen
war, undt habe darauß mitt fretiden gesehen, daß Ihr wie auch
Ewere geschwisterig mich noch alß lieb habt. Das ich groß mitt-
leyden getragen über den vertust, so wir noch wider gethan von
einen Ewerer brüder, solt Euch woll kein wunder nehmen; den ob
ich zwar bißher noch nicht glücklich genung geweßen , umb Ettch zu
erweißen, daß ich mich vor Euch raugraffliche kinder interessire, so
kan ich Euch, meine liebe Louisse, doch mitt warheit versichern,
daß ich solches jederzeit gethan habe undt auch allezeit thnn werde.
Vorm jähr hatte ich sehr gewünscht, Ewere zwey brttder zu kenen,
so ich nie gesehen hatte; aber nun, muß ich gestehen, habe ich, so
zu sagen, gott gedanckt, daß ich sie nie gesehen; den ich weiß,
waß ich noch vor schmertzen entpfinde, wen ich ahn meinem lieben
Carllutz s. gedencke. Hatte ich dieße gekent, würde ich vielleicht
sie auch so bedawert haben. Die warheit zu bekennen, so hatte unß
gott der allmächtige seyder etliche jähren her erschrecklich heim-
gesucht; den wir haben ja alles nach einander verlohren. Ma tante,
die hertzogin, hatt mir dießen letzten raugraff, so geblieben, sehr
gelobt. Wolte gott, ich könte ma tante, der hertzogin, der mühe
entheben, vor Euch überige zu sorgen! Ich wolte mir eine rechte
freüde drauß machen; aber es steht leyder nichts bey mir, alß nur
bloß der gutte wille. Ihr thut woll, noch nicht in die Pfaltz zu
gehen; den so lang der leydige krieg weren, wirdt die Pfaltz daß
theatrum davon sein. Daß Ihr so content von ma tante von Tarante
seydt, höre ich gar gern undt werde ich bey ma tante von Tarante
eine dancksagung ablegen, daß sie Euch kinder so woll tractirt
26
nndt Euch in Ewerem nnglttck tröst. Ich werde I. L. auch ni
wißen thun, wie sehr Ihr mir gerttmht alles, waß sie Eflch guts er-
weist, omh sie zu encouragiren, in dießem gutten tractement fort-
zufahren. Ich mögte von hertzen wünschen, daß ich Ettch auch
einmahl wider ambrassiren mögte. Wer weiß, waß geschehen kan?
Daß Sprichwort sagt, daß berg undt thäller nicht zusamen kommen,
aber woU die gutte freunde; drumb müßen wir ahn dießer hoffnung
noch nicht verzweiffellen. Amelise undt Carl Moritz ambrassirt von
meinetwegen wie auch Caroline! Wen Ihr ahn sie schreibt, sagt ihr
auch, daß ich vor lengsten auff ihren brieff geantwortet hette, wen
ich eine ttberschrifPt hette machen können ; allein sie ist nun duchesse
undt ichdarff ihr nicht schreiben, alß wen sie es were, weillen man
hier den printzen von Oranien nicht vor könig in Engellandt halten
will undt also seine duchessen nicht will Jassiren laßen, undt.alß
gräffin von Schomberg wolte ich die ttberschriefift auch nicht machen,
indem ich gar fro bin, daß sie duchesse ist, habe ihr alßo nicht
schreiben können. Adieu, mein liebe Louisse! Ich wünsche Euch
undt Ewere geschwisterig tausendt vergnügen undt glück undt ver-
sichere Euch, daß ich Euch jederzeit so veraffectionirt verbleiben
werde-, alß mich das geblüdte undt Ewere amitie darzu veranlaßet,
und wünschte woll von hertzen, daß ich gelegenheit finden möge,
Euch zu erweißen, daß ich I. 6. dem churfürsten seliger, unßer
herr vatter, nicht umbsonst versprochen, daß ich Euch allezeit lieb
behalten wolte; den ich es in der that thue undt allezeit thun
werde.
Elisabeth Charlotte.
16,
St Clou den 2 Septembern a. 1694.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer schreiben vom
Vit Aug. mitt freüden entpfangen; den es frewet mich nicht allein,
zeittung von Euch undt Ewere geschwister zu bekommen, sondern
auch ich finde, daß Ihr recht woll schreibt, undt Ewere brieffe leße
ich mitt lust undt divertiren mich recht, finde sie auch gar nicht
zu lange. Es ist gewiß, daß wen ich nicht die gelegenheit hette.
Euch durch ma tante zu schreiben, wüste ich nicht, wie ich Euch
meine brieffe würde zubringen können; hette ich aber all vor lang-
27
sten dießes erdendsen können , würde ich Euch nicht so lange ohne
meine brieffe gelaßen haben. Daß ich noch so vielle tendresse bey
Euch, lieb Looisgen, vor mich verspüre, erfreut mich sehr. Seydt
versichert, daß Ihr auch allezeit ahn mir verspüren werdet, daß idi
gar woll fühle, waß wir einander sein ! Undt solte sich die gelegenheit
finden, solches za erweißen, werde ichs nie bey mir ermanglen
laßen. Ich bin fro, daß es Carolline so woll geht undt daß mein
ahndencken sie erfrewet hatt. Es ist mir aber leydt, zu vernehmen,
daß sie so geendert undt nicht mehr schön ist. Die tugendt hilfft
nichts zur Jalousie; wen jemandes vondemhumor ist, so meint man
immer, man sehe waß, daß man doch nicht sieht, undt wan die
quinte in dem him kompt, hilfft keine Vorsichtigkeit noch raison.
Es ist woll ein groß glück, daß dieße kranckheit Ewerm schwager
vergangen ist, ^en ordinarie werdt es, so lange die leütte leben;
aber daß er seine gemahlin hatt mitt printz Louis von Baaden hatt
in die comedie gehen laßen, ist doch ein recht zeichen, daß er nicht
mehr ahn dießer kranckheit fest ist. Wie kompts, daß der hertzog
von Chomberg nicht zu feit diß jähr ist? Ich bilde mir ein, daß
könig Wilhelm ihn dort gelaßen, umb jemandes recht trewe bey der
königin zu wißen. Es ist mir gar lieb, daß I. L. mein vetter, der
landtgraff, meinen grüß undt ahndencken so gar güttig auffgenohmen
hatt, undt bin I. L. sehr verobligirt, daß sie mich zu sehen wün-
schen. So sehr ichs auch wünsche, so wenig darff ich doch solches
hoffen. Es wirdt mich aber allezeit frewen, wen ich gedencke, daß
I. L. sich meiner erinern undt ihre alte baß immer ein wenig lieb
behalten, welches ich meritire durch die sentiementen, so ich vor I.
L. undt die ihrige habe undt behalten werde. Durch ma tante von
Tarante habe ich den landtgraff wahmen laßen, wo mir recht ist,
mir nicht zu schreiben; den ich würde die überschriefft nicht nach
meinem sin machen dörffen, sondern wie man hir will, welches all
abgeschmackt ist. Wie ich sehe, so ist nun große geselschafft zu
Franckfort, welches, wie ich hoffe. Euch andern ein wenig verende-
rung undt divertissement wirdt geben. So alt, alß ich auch jetzt
bin, gestehe ich doch, daß es mir nicht leydt sein solte, noch ein
mahl spieiger undt sprichwörtter undt historien zu spiellen, wie wir
in unßern jungen jähren spilten. Seyder I. G. unßers herr vattem
s. todt habe ich nicht mehr gedantzt; die frantzosche däntze haben
mir alles tantzen verleydt, kan also leicht begreiffen, daß man nicht
28
mehr gerne dantzt. Warlich alle last ist mir auch greulich ver-
gangen. Wen man so viel liebe verwantten verliehrt, alß wir ver-
lohren haben, andt so viel nnglttck nndt wideriches erlel^t, ist es
ohnmöglich, lustig zn bleiben. Die raison will woU, daß man sich
nicht übermäßig betrüben solle, sie erfordert aber auch nicht, daß
man sich ohne ursach erfreuen solle, undt ich, die gar natürlich
bin, glaube, daß man sein muß, wie es die zeit erfordert, lustig,
wen es einem woll undt vergnügt geht, undt trawerig, wen einem
daß Unglück überheüfft. So mache ich es, liebe Louisse! Ob es
zwar denen, so man regretirt, ewig woll ist, so kan ich doch nicht
glauben, daß es ihnen recht leydt sein könte, wen sie wißen solten,
wie sehr unß ihre abweßenheit zu hertzeh geht undt wie recht auff-
richtig man sie geliebt hatt; den eine rechte freündtschafft kan nie
mißfahlen. Hirvon were noch lang zu raisoniren; umb aber kurtz
meine meinung hirüber zu sagen , so glaube ich , daß es nicht aller-
dings bey unß stehet, unß zu betrüben oder nach gefahlen zu trö-
sten, undt daß unßer temperament undt nach dem die humoren
disponirt sein, viel dazu decidiren. Ich habe schon gesagt, liebe
Louisse, daß mir Ewere brieffe gar ahngenehm sein undt gar nicht
zu lang fallen. Ich bin fro, daß Carl Moritz so woll mitt mir zu-
frieden ist; aber ich habe meine meinung, ohne ihm zu gefahlen ge-
dacht, recht herauß gesagt. Daß thut den jungen leütten gutt, daß
sie in krieg gehen. Ihn undt Amelisse ambrassire ich bey de hirmitt
wie auch Caroline. Den Marsal kene ich gar nicht, es seye dan,
wie offt hir geschieht, daß er noch einen andern nahmen hette ; aber
deßen nahmen Marsal da weiß ich gar nichts von, aber es nimbt mir
kein wunder, daß sich dießer kerl ahngestelt hatt, alß wen er mich
kente; all die Frantzoßen seindt von dem humor undt wollen alß
weiß machen, daß sie die vomehmbsten bey hoff, ob sie zwar woll
nie keines von unß ihr leben gesehen haben. Carl Moritz avanture
mitt der indianische dinten hatt mich von hertzen lachen machen.
Es ist possirlich. Mich wundert, daß der duc de Schomberg Ewere
Sache nicht ahn könig Wilhelm verzehlt; den der würde ja leicht
recht schaffen können in HoUandt, undt ob schon mylord Portlandt
drinen durch Ewer gegenparts fraw interessirt ist, so würde es noch
mehr esclat geben, wen die gerechtigkeit drauff erfolgen würden.
Ewer onde, tauten undt alle gutte pfältzische bekantten finden
meinen grüß wider hirinnen undt habe gerne, daß sie meiner nicht
29
vergeßen. Ob zwar wünsche undt voeux nicht viel helfen, so sindt
sie doch immer ahngenehm, wen sie vongatten freunden geschehen.
Ich fOrchte, Ihr flatirtmich, indem Ihr sagt , daß ich so gntt teütsch
noch schreibe ; den ich rede offt in 3 monat kein wort teütsch nndt es
ist alebenwoll all 23 jähr, daß ich hir in Franckreich bin; were
also kein wunder, wen ichs vergeßen hette. Waß mich noch mehr
fürchten undt glauben macht, daß Ihr mich flattirt, ist, daß Ihr
meine schreiben ma tante , I. L. der churfürstin zu Braunsweig, ihre
vergleicht, wo bey meine woU gar nicht kommen können, den ma
tante hatt taußendt mahl mehr vivadtet undt verstandt, alß ich.
Man rufft mir zur taffei. Zu allem glück ist Ewer schreiben völlig
beantwort; darumb nichts mehr sage, alß daß ich Euch undtEwere
geschwister von hertzen lieb habe undt allezeit behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
17.
A mad. Louise^ raugrafEn zu Pfaltz, a Franckfort.
) Yersaille den 5 Mertz 1695.
Hertzliebe Louise, vorgestern habe ich zwar Ewer schreiben
vom Vi6 Febr. zu recht entpfangen, unmöglich aber selbige post gleich
drauff antwortten können, weillen mir selbigen tag sonsten gar zu
viel zu schreiben vorgefallen ist ; heütte aber hoffe ich, keine Verhinde-
rung zu bekommen, umb fleißig auff Ewer schreiben zu antworten.
Ihr habt woU gethan , nicht mitt dem starcken schnupen zu schreiben,
es mögte Euch sonsten den fluß in den äugen gezogen haben; son-
sten aber ist es mir nicht leydt, daß Ihr, liebe Louisse, so einen
starcken schnupen gehabt habt; den daß macht hemacher eine beßere
gesundtheit. Der schwedische pfaltzgraff hatte mich sehr gebetten,
Euch ein grüß durch ihn zu entbietten. Er kompt mir all fein vor
undt redt mehr, alß unßere teütsche fürsten sonst thun. Ich bin
recht fro, daß I. L. woll mitt mir zufrieden sein. Ich habe dießeu
printzen keinen andern gefahlen thun können, alß mitt ihm zu reden.
Wen er noch zu Hannover ist, wirdt er baldt erfahren, daß Ihr
seine comission wohl vericht habt; den ich habe die hertzogin von
Hannover in meinem letzten schreiben gebetten, I. L. meinetwegen
30
zu dancken vor dero ahndencken durch Euch. Wen die junge lefltte
ein wenig hir sein, werden sie baldt gehobelt. Wen dießes püaltz-
graffens älter herr bruder größer undt beßer geschaffen ist, alß er,
mag man ihn nur her schicken; man wirdt schon sorg vor ihm ha-
ben; den mäner undt weiber hir sehen gerne wohl geschaffene leütte.
Ich vexire undt es ist mir doch gar nicht lächerlich; den ich bin in
sorgen vor ma tante. Die hatt wider daß fieber; ob daß erste acces
zwar nicht starck geweßen, ist mir doch bang, es mögte wider werden
wie vergangen jähr. Gott gebe, daß die zeittungen, so ich morgen
oder übermorgen haben werde, gutt sein mögen ! Ich bin iro, daß daß
fichu vom könig von Tripoli so wohl reussirt hatt undt admirirt ist
worden. Ich habe vor dießem wohl einmahl eine chambreluche ge-
sehen , kan michs aber nicht mehr erinern , wie es yrar ; den ich sehe
schir nie, wie die leütte gekleydt sein, undt behalt es noch weniger.
Meine eintzige continuirliche kleydungen seindt grand habit undt
jagtskleydt, wen ich reitte; sonstentrag ich nichts, auch mein leben
keine rohe de chambre noch manteau, habe auch in meiner garde-
robe nur einen entzigen nachtsrock, nur damitt auffzustehen undt
zu bette zu gehen, sonst nichts. Seindt den noch andere teütsche
damens in Engellandt außer Caroline? Sagt mir doch, liebe Louise,
wer die andern sein! Ich habe woll gedacht,' daß Caroline betrübt
über der königin Marie todt sein würde. Alle, die dieße königin
gekandt haben, loben sie über die maßen. Ich bin fro, daß Caroline
nicht zur königin gekönt hatt; den daß hette der königin doch nichts
geholffen undt die arme Caroline hette die blättern bekommen kön-
nen undt auffs wenigst blindt davon werden, weill sie ohne daß blöde
äugen hatt. Schreibt ahn Caroline, daß ma tante mir ihr compli-
ment gemacht hatt undt daß ich allezeit mitt fi*eüden vernehme,
daß sie fleißig ahn mich gedenckt, und daß ich sie noch alß sehr
lieb habe undt von hertzen ambrassire. Der könig Jacob von Engel-
landt hir hatt nicht haben wollen, daß wir vor seine £r. dochter
trawem sollen, hatt starck dagegen gebetten. Er hatt dießen todt
gar nicht entpfunden. Daß hatt mich wunder genehmen; den mich
deucht, man kan seine kinder nicht vergeßen; waß sie einem auch
zu leydt thun mögen, so rührt sich doch daß geblüdt. Wie man
mir könig Wilhelm beschrieben hatte, hette ich woll mein leben nicht
gemeint, daß er so tendre vor seine gemahlin sein solte. Ich weiß
es ihm recht danck undt jammert mich von hertzen. Hette ich ge-
31
dörfft, hette ich all lengst ahn Caroline geschrieben, ihm mein com-
pliment zn machen nndt mittleyden zu bezeugen. Die campagne
wirdt dießem könig wohl zu paß kommen; den daß gibt distraction,
80 die betrübtnuß vertreibt. Die arme Leonor, der fraw Schelm
Schwester, ist gar kranck zu Straßbnrg. Es ist mir recht bang vor
sie. Grüst den Eberfritzen, ihren bruder, von meinetwegen wider I
Hatt unßer gutter graff von Wittgenstein noch etwaß? Idi meinte,
alles were drauff gangen in der Pfaltz. Daß er kleine äugen macht
andt in die höhe sieht, erinere ich mich gar woll ; daß Ihr es aber
auch thut, wüste ich nicht. Weillen herr Keller dießen winter ge-
schwitzt hatt, wirdt er woll biß in todt schwitzen. Hir habe ich
nicht gehört, daß jemandes todt gefrohren seye; allein die kalte ist
so abscheulich geweßen, daß ahns königs taffei der wein, so woll
alß daß waßer im trincken gefrohren ist. Die avanture von dem
man, so anff seinem pferdterfrohren, ist wunderlich, doch nicht gar
unglaublich, weillen die erfrome gar steiff werden undt der frost
auch ahnklebt. Es rechnet nun hir. Ihr schreibt mir nicht, ob Ihr bei
dießem großen geweßenen schnee nicht im Schlitten gefahren seidt.
Ich glau];>e, liebe Louise, daß Ihr ein wenig faulheit mitt einem
exessiven, aber wenig gültigen compliment entschuldiget, daß Ihr
mir nicht auff meinem brieff vom 16 December geantwortet habt; den
Ihr solt woll persuadirt sein, weillen ichsEüch sehr versichert, lieb
Louisgen , daß Ewere schreiben mir sehr ahngenehm sein undt dero-
wegen deren nicht zu viel haben kan. Amelisgen ambrassire ich
von hertzen undt versichere Euch beyde, daß ich Euch gar lieb habe
undt allezeit behalten werde , undt mögte von grundt meiner seelen
gelegenheit finden , Euch solches durch ahngenehme dinsten zu per-
suadiren, würde mich woll gerne dazu employern.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich habe noch keines von den büchern entpfangen; habe alß
gemeindt, man würde sie mir von Bassel schicken; weill sie aber
noch nicht kommen sein, will ich ahn dem apotecker zu Bassel schrei-
ben laßen, umb zu erfahren, wo sie hinkommen sein. Unterdeßen
bin ich Euch, liebe Louisse, sehr verobligirt vor Ewere mühe.
82
18.
Paris den 14 May 1695.
Hertzliebe Louisse, wie ich vor ein par stunden eben von der
hirsclyagt kommen, habe ich Eweren lieben brieff vom "Vso April
entpfangen, will gleich hirmitt draaff antworten; den ich förchte,
daß ich morgen nicht der zeit dazu haben werde. Ma tante ist gott
lob nun so woU, daß I. L. eine reiße mitt wenig leütten nach Berlin
thun werden. Gott gebe nur, daß eswoU ablaufen möge undt daß
die gretQiche bewegung, in relais so viel meillen zu fahren, kein
fieber wider herbey bringen möge! Dieße weit ist nicht geschaffen,
ohne sorgen zu leben; ein jeder hatt die seyne, undt wen die erste
jugendt verbey, findt man wenig vergnügen hernach; jedoch so bin
ich Euch, liebe Louisse, sehr vor Ewere gutte wünsche verobligirt.
Ich wolte, daß ein gutter langer undt beständiger frieden gemacht
würde undt daß dadurch den garden vom könig verhindert würden,
Übels zu thun undt zu entpfangen; aber es hatt leyder noch schlegt
ahnsehen dazu. Es ist mir lieb, daß Carl Moritz mich lieb hatt, ob
er mich schon nicht kent; daß geblüdt muß es thun. Daß ich ihn
lieb habe, ist kein wunder ; ich habe ihn auff die weit kommen sehen
undt über daß so habe ich einen solchen respect vor I. G. nnßer
h. vatter s. in meinem hertzen behalten, daß ich alles lieb habe, waß
I. G. kinder sein. Ich wünsche, daß der h. rittmeister Carl Moritz
baldt obrister mag werden. Liebe Louisse, man stirbt nur, wen die
bestimbte zeit kompt; Carl Moritz wirdt nicht lenger leben, alß sein
destin ist, er mag bey hoff oder in kriegsdinsten sein. Drumb last
ihn nur seine inclination folgen ; den alles, wozu einem die natürliche
inclination treibt, thut man beßer, alß wozu man sich zwingt. Unter-
deßen daß ich erfahre, ob ich ahn Caroline schreiben kan, so bitte
ich Euch, liebe Louisse, sie doch in Ewere brieffe von meinetwegen
zu ambrassiren undt glück zu ihrem söhn zu wünschen. Ewerm Schwa-
ger macht auch mein compliment hirüber! CaroUine ist woll zu ent-
schuldigen, daß sie ahn keine vers gedacht im niederkommen; man
hatt woll änderst da zu gedencken, alß ahn vers; die, so in den gazetten
wahren, habe ich gesehen undt schön gefunden. Ich kan kein englisch,
allein viel leütte könnens hir; die werden mir übersetzen, waß Ihr mir
geschickt habt. König Wilhelm jammert mich von hertzen, so touchirt
über seine gemahlin noch zu sein, wie auch pfaltzgraff Carl von Neu-
33
borg. Die £raw von Spanheim, wie sie hir war, hatt mir seiner gemah-
lin contrefait gewießen, welches sie ihr geben hatte, wie sie noch mar-
graffin zu Berlin war; sie war ja ein recht heßlich schätzgen. Ihr habt
vergeßen zu sagen, wen der keyserliche hoff vor printz Carl de-
stinirt. Ich mag woll übel verstanden haben wegen die 2 schwe-
dische pfaltzgraffen. Wir haben hir einen graffen von Nassau, so
gar ein wackerer ehrlicher herr ist undt von jederman sehr esti-
mirt wirdt; der hatt auch brieffe, umb ein fürst zu sein, will es
aber nicht sein, daß gefeit mir recht woll ahn ihm. Daß dantzen
ist dan nun gantz auß der moden überal; hir in Franckreich sobaldt
assambleen sein, thut man nichts alß landtsknecht spiellen, diß spiel
ist ahm meisten in vogue, aber die jungen leütte wollen nicht mehr
dantzen. Ich thue wedereines noch daß ander; ich bin viel zu alt,
umb zu dantzen, undt seyder I. G. unßers h. vattern s. todt habe ich
nicht gedantzt undt außzweyen garstarcken Ursachen spiel ich nicht;
die erste ist, daß ich kein gelt habe, undt die zweyte, daß ich daß
spiel nicht liebe. Daß spiellen ist hir greulich hoch undt die leütte
werden wie dolle menschen, wen sie spiellen; eines heult, daß ander
schlegt mitt derfaust auff der taffei, daß diegantze kammer drüber
zittert, der 3te lästert gott, daß einem die haar drüber zu borg
stehen, suma alle sein wie verzweyffelte menschen, welche einem
bang machen, sie nur ahnzusehen. Lenor, deß oberjägermeister
Veninger Schwester, ist jetzt hir bey mir mitt ihrer 2ten dochter,
die gar artlich ist. Wir sprechen alle tag von den vergangenen
zeitten. Weill sie ihrem vatter gleicht, bilde ich mir ein, wie Ihr
ihren neuveu beschreibt, muß er ihr auch gleichen. Die fraw von
Sickingen bitte ich meinetwegen vor ihr ahndencken zu dancken.
Es frewet mich alß , wen unßere gutte Pfältzer sich meiner noch
erinern. Ich habe durch Jeme ein brieff von h. Max bekommen;
werdt eine andtwort hirbey vor ihm finden. Scheuet Euch nie, mir
unßer alten gutten freunden grüße zu wißen zu thun, liebe Louisse!
Den die seindt mir gar ahngenehm. Hir in dießer statt kan man
wenig deß schönnen wetter genießen. Ich fahr doch auß, so viel mir
möglich ist, habe auch zwey mahl den hirsch gejagt. Ihr werdet
vielleicht gedencken, daß ich zu alt bin, zu jagen, undt hirin habt
Ihr recht. Allein ich will lieber ridiculle, alß kranck sein, undt
weillen mir nichts beßers vor meine miltzschmertzen ist, als daß
jagen undt die starcke bewegung, so jage ich immer fort, undt so
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^
34
lange mir mein miltz keinen schummern possen spülen mag undt
nicht in die andere weit führen, so seydt versichert, liehe Louisse
undt Amillisse, daß ich Euch beyden von hertzen lieb behalten werde,
wie auch Ewere andere geschwisterig undt alle sentiementen vor Euch
alle behalten, so Ihr wünschet 1
Elisabeth Charlotte.
19.
St Clou den 29 May 1695.
Hertzliebe Louisse, der schwedische pfaltzgraff, so hir geweßen,
hatt mir geschrieben undt mich gebetten, seine antwort ahn Euch zu
adressiren, den er wirdt zu Franckfort sein; bitte Euch derowegen,
liebe Louisse, last ihm doch dießen hir beyligenden brieff zustel-
len ! Von hir kan ich Euch sonsten nicht viel neues berichten. Gestern
seindt wir von Marly kommen, alwo der könig noch biß dinstag
bleiben wirdt. Ich habe dorten braff gejagt undt spatziren gangen,
den es ist daß schönste wetter jetzt von der weit. Mein söhn wirdt
zukünfftigen donnerstag oder freitag zu der armee undt ich werde
3 gantzer monat hir sein. Daß ist, liebe Louisse, alles, waß ich
Euch vor dißmahl sagen kan. Ambrassirt Amelisgen von meinetwegen
undt seyt versichert^ [daß] ich Euch alle allezeit sehr lieb behaltet
Elisabeth Charlotte.
20.
St Clou den 25 Juni 1695.
Hertzliebe Louisse, in dießem augenblick entpfange ich 2 von Ewere
liebe schreiben, eines vom 28 May — 7 Juni, daß zweyte von 31 May —
10 Juni sambt dem von Caroline, deßcn antwort Ihr auch hirbey finden
werdet. Ehe ich aber auff die Ewerige völlig antworte, so muß ich Euch
vorher bitten, doch ein wenig mitt schwärtzere tinten zu schreiben;
den die, womitt Ihr geschrieben, ist schir gantz außgelescht undt man
muß gar genau drauff sehen, die Wörter zu leßen, undt were Ewere
schriefft nicht so überauß schön undt leßlich , hette ich Ewere brieff
nicht leßen können, aber es ist auch zeit, daß ich antworte. Ich
bin fro, daß Euch die landtgräffin von Homburg zu gast gebetten;
den daß wirdt Euch doch ein wenig verenderung gegeben haben.
35
Ich bin versichert, daß der gutte Pfältzer Kraut fro geweßen, daß
I. L. die landtgräffin Euch mitt zu seiner gasterey genohmen hatte.
Dieße landtgrafün macht micli ahn unßern gutten ehrlichen graffen
von Leiningen gedencken. Mein gott, wie viel bekandten habe ich
doch verlohren, seyder dem ich hir in Franckreich bin! Es schau-
dert mir , wen ich dran gedencke. Last unß drumb von waß andei*st
reden ! Dieße gutte fürstin ist unglücklich in ihren affairen. Ich habe
mein bestes hir vor sie undt ihre Schwester gethan, aber leyder
nichts guts außrichten können. Wie ich sehe, so seydt Ihr Carl
Moritz intendant. Ich meinte, generaladjouttant were mehr alß
rittmeister, finde also, daß der gutte Carl Moritz noch wenig ad-
vancirt ist. Man muß hoffen, daß es mitt der zeit kommen. Wen
es nur nicht geht wie daß holländische Sprichwort, welches sagt: «Es
kompt wie Jean in wammes, der zog 7 jähr ahn eine maw.» Were
man nicht persuadirt, daß alleß vorgesehen undt nicht zu endern
stehet, müste man in stätter quäl leben undt allezeit meinen, man
hätte sich waß vorzuwerfen; aber sobaldt man betracht, daß gott
der allmächtige alles vorsehen hatt undt nichts geschieht, alß waß
so lange undt zu allen zeitten von gott verortnet ist , muß man sich
woU mitt gedult in alles ergeben undt kan man allezeit mitt sich
selber zufrieden sein, wen, waß man thut, in gutter meinung ge-
schieht; daß überige steht nicht bey unß. Von den aufgefangen
wein habe ich nichts gehört; daß wirdt woU vor den h. admiral sein.
Gott gebe, daß er nie nichts bekommen möge, so auß waß pfält-
zisch kompt, alß dießen wein! Diß ist ein rätzel, so ma tanteEüch
woU außlegen könte, wen I. L. beliebt. Daß were ja ein abge-
schmackter heüraht vor einen pfaltzgraffen undt churfürsten brader
alß deß feltherren inPoln tochter; daß ärgert mich recht. Ich höre
alß gern, daß viel leütte nach Franckfort kommen; den ich hofe, daß
daß gelegenheit gibt, daß Ihr, liebe Louisse undt Amelisgen, Euch
ein wenig lustiger machen könt. Ich wüste woU, daß die bewe-
gung gutt vor daß miltz ist; nichts in der weit ist beßer davor;
jagte ich nicht, könte ich umbmöglich dauern wegen daß miltz.
Von der alten churfilrstin jagtshabit habe ich nie nichts gehört;
weder mein fraw mutter s. noch ma tante von Tarante haben mir
nie nichts davon geschrieben. Daß Ihr ma tante von Tarante noch
so sehr regretirt, ist ein zeichen von Ewerm überauß guttem ge-
mühte. Von ma tante, der fraw churfürstin, habe ich alle woche
8*
36
zwey mahl schreiben, weiß also woll, daß sie gott lob wider gesandt
.ist. Ich spüre auch auß dero schreiben, daß sie noch alß lustig
ist. Gott erhalt I. L. noch viel undt lange jähre dabey! Ich be-
klage Euch, daß Ihr daß glück diß jähr nicht haben werdt, ma
tante zu sehen. Mein gott, wie sehr solte ich solches wtlnschen!
Den ich habe ma tante noch so lieb, alß ich mein leben gethan
habe, undt kan nie endem; drumb könt Ihr, mein liebe Louisse,
auch woll versichert sein, daß ich Euch allezeit von hertzen lieb
behalten werde. Biß donnerstag werde ich auffEwer zweytes schrei-
ben antwortten, habe ohnmöglich der zeit heütte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Amelise bitte ich meinetwegen zu ambrassiren.
21.
St Clou den 26 Juni 1695, morgendts umb 11.
Hertzliebe Louisse, weillen ich heütte noch zeit habe, zu schreiben
undt dießen abendt meinen brieff erst werde auff die post schicken,
alß will ich nicht lenger verschieben, auffEwer zweytes liebes brieffgen
vom 31 May — 10 Juni zu antworten. Mich wundert, daß pfaltzgraff Gu-
stave noch nicht zuFranckfort ahnkommen ist; den er hatte mir ge-
schrieben, daß er gleich hin würde. Ich weiß nicht, ob ich mich be-
triege, allein ich bilde mir ein, daß diß jähr in Savoyen ahm wenigsten
vorgehen wirdt, welches mir wegen hertzog Max lieb ist; den ich
weiß, wie hertzlich lieb ma tante ihre kinder hatt, fürchte also sehr
vor sie, daß es wie mitt dem gutten ehrlichen undt lieben printz Carl
undt Friderich August gehen möge. Gott behütte unß davor! Ich
höre gern, daß Ihr so viel gutte freündt [habt], alß wie alle die gräff-
liche personnen, so umb Franckfort herumb wohnen ; den gutte freunde
seindt ein großer trost im leben, wen man sonsten nicht ahm glück-
lichsten ist. Es müßen sehr viel gräffliche personnen umb Franck-
fort herumb sein, daß 6 sich auff einmahl zu Homburg eingefanden
haben. Ich muß lachen, daß Ihr, liebe Louisse , sagt, daß daß ge-
nung zu schnadem wirdt geben. Habt doch nie keinen scheu, mir
lange brieffe zu schreiben, es seye dan, daß es Euch selber zu be*
schwerlich falle, aber mir können sie nie zu lange sein undt habe
37
viel lieber lange, alß kurtze brieffe. Mein söhn hatt seine campagne
übel ahngefangen , ist gleich kranck worden, hatt mir große ängsten
eingejagt. Nun ist er gott lob wider gesandt. Ich dancke Euch sehr,
liebe Lonisse, vor alle gutte wünsche, so Ihr mir vor meinem söhn
todt [? thnt]. Ohne gottes ehre kan nichts vorgehen, den weillen alles
durch seinen willen geschieht, wie es auch ablaufen möge, ist es doch
allezeit seine ehre, aber nicht allezeit, wie wir menschen es wün-
schen mögen. Zum frieden, deucht mir, ist leyder wenig aparentz,
undt solte einer werden, wirdt es, wie mich deucht, wie ein mirackel
sein. Ich habe noch hir die fraw von Ratzamshaussen bey mir imdt
weillen eben sich eine von meinen Jungfern (freüUen, glaube idi,
muß man nun sagen, den nun seindt keine Jungfern mehr in Teütsch-
landt wie zu meiner zeit) weillen dan sich eine von meinen fipeüUen
geheüraht hatt, habe ich Lenor ihr dochter ahn ihrem platz bey
mir genohmen. Daß ist eine zeittung, so Ihr der Gret sagen könt,
den ich glaube, daß sie noch mitt ihrem man, mons. Schelm, zu
Franckfort ist. Adieu, liebe Louisse ! Ich muß heütte noch 7 brieff
schreiben, schließe derowegen undt ambrassire Euch von gantzem
hertzen.
22.
St Clou den 17 JuUi 1695.
Hertzlieb Louisse, in ma tante paquet habe ich Ewer liebes
schreiben vom 22 Juni— 2 JuUi zu recht entpfangen, bin gar nicht in
sorgen gewehßen vor meinem brieff ahn pfaltzgraff Gustaff ; denEwere
exactitude ist mir bekandt. Aber waß mich verdriest, ist die ent-
schuldigung, so Ihr mir macht, liebe Louisse, daß Ihr mir geschrie-
ben undt glaubt, daß wen Ihr mir öffter, alß einmahl deß monts
schreiben soltet, daß mir solches incommode sein würde; den ich
pretendire, daß Dir undt Ewere geschwisterig persuadirt sein sollet,
daß ich Euch recht lieb habe, undt wen man die leütte lieb hatt,
wirdt man nicht importünirt, öifters zeittungen von ihnen zu erfah-
ren; also müst Ihr ahn meinen Versicherungen zweyfflen undt daß
verdriest mich, bitte derowegen, liebe Louisse, sagt mir, wie ich
Euch doch persuadiren könte, daß Ihr mir lieb seydt! Ich habe
Lenor noch bey mir hir; der wird es frewen, wen ich ihr sagen
werde, daß ihr bruder so ein schön regiement hatt undt beßere mi-
88
nen, alß seine ofBcirer. Lenör ihre 2 dochter ist jetzt jnngfer
(nein freüUen, glanhe ich, sagt man nun in Teütschlandt) bey mir;
sie ist all artlich, sehr weiß, schönne haar undt zahn nndt fehlt
nicht von verstandt. Ich glaube , der kleine Veninger ist fro ge-
weßen, sich vor ein regiement zu sehen. Er, der vatter, hatt recht
seinen söhn erst etwas lehrnen zu laßen, ehe er ihn in den krieg
führt. Ich habe gar ein schlegt gedechtnuß undt erinere mich gar
nicht, einen graffen von Nassaw L'Estourdy genent zu haben, er-
inere mich auch keiner andern graffen von Nassaw, alß graff von
üssingen, den man alß graff Walraht hieß undt welchen Ihr, wie
Ihr. ein Mndt wardt, offt zuHeydelberg gesehen, eines jungen graf-
fens, so sein vetter war undt den wir alß daß vetterle hießen, so
damahlen gar lustig war, nach dem aber gar melancolisch geworden,
den ich habe ihn seyder dem undt in der letzten reiße, so ich
mitt dem hoff nach Strasburg gethan, zu Sarbrücken gesehen;
undt zum 3ten kenne ich einen graff von Nassaw, so gar ein
wackerer herr ist undt hir ins königs dinsten, aber sonsten deucht
mich nicht , daß ich einigen andern kene , undt kan mich ohn-
möglich erinem, den von Weilburg hir in Franckreich gesehen zu
haben; aber es mag woU meines boßen gedechtnuß schuldt sein.
Ich finde, daß die graffen lobenswerdt sein, so ihr fürstenbrieff
verachten; dadurch werden sie in meinem sin mehr, ahlß neue für-
8ten, undt sein estimabler. Es ist mir leydt, daß ich mich seiner
nicht erinem kan ; wen ich ihn sehen solte , würde es mir vielleicht
woU wider einfahlen. Alles muß sehr seyder meiner abreiße in
Teütschlandt geendert sein; den man war nicht sehr curieux von
meublen zu meiner zeit, wie ich höre, daß man nun ist. Es ist
mir recht leydt, daß herr Max so übel auff ist; wünsche sehr, daß
er baldt wider zu volkommen gesundtheit gelangen möge ; bitte, ihm
solches sambt meinem grüß zu sagen, auch Amelisgen von meinet-
wegen zu ambrassiren. Alle gutte Pfältzer von alter kundtschafft
bitte ich auch von meinetwegen zu grüßen. Heütte verfluche ich
den krieg woU mehr, alß nie. Mein armer söhn, so wider kranck
geweßen undt noch daß quinquina braucht, hatt marchirt undt ist
bey einem charmützel geweßen. Der marechal de Villeroy ist dem
printz de Yeaudemont auff seine arieregarde gefahlen , hatt ihm 4
batallionen geschlagen; mein söhn war bey alles undt man verfolgt
den feyndt noch, hab also doppelte angst en; den ob mein söhn
39
schon ohne wunden davon kompt, ist doch zu sorgen, daß ihn daß
fieber wider ahnstoßen wirdt, indem er sich woU greulich wirdt er-
hitzt haben. Ein gutter frieden were wohl zu wünschen. Ich bin
des kriegs woll müde. Ich bitte, liebe Louisse, informirt Euch doch,
obs war ist, daß man bey Gießen einen halm gefunden, so der land-
graff von Darmstatt bewachen soll laßen, worauff 11 ähren sein
sollen, undt ob man einen dergleichen gefunden zu endt deß 30jäh-
rigen kriegs! Alß ich Euch letztmahl geschrieben, habe ich ver-
geßen, dießenhir beyligenden brieff zu schicken. Er ist von meinem
teütschen koch, welcher gar ein gutter mensch undt von welchen
ich sehr woll gedint bin, habe ihm also den gefallen thun wollen,
dießen brieff in mein paquet zu schließen. Ihr werdt woll jemandts
zu Franckfort finden, so ihn werdt zu recht bestellen können. Sol-
ten seine verwanten ihm wider schreiben, bitte ich, schliest den
brieff in mein paquet undt schickt mir ihn! Adieu, hertzlieb Louisse!
Ich ambrassire Euch von hertzen undt habe Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
23.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Paris den 23 Julli 1695.
Hertzliebe Louisse, ich bin heütte herkommen undt bin in einem
closter, so le port royal heist. Ich komme alle woch ein par mahl
her, eine von meinen gutten fretindinen zu sehen; entpfange eben
Ewer lieb brieffgen vom 29 Juny — 9 Julli; habe nie kein frischers von
Euch, liebe Louisse, bekommen. Mich deucht auch, daß daß meine, so
ich Euch den 25 undt 26 Juni geschrieben, gar geschwindt über-
kommen ist. Mein söhn hatt unß nach seiner ersten kranckheit
noch einen zweyten schrecken eingejagt, indem ihm daß fieber wider
ahngestoßen undt noch 2 starken acces bekommen. Daß quinquina
aber hatt es ihm wider verdrieben, aber alß man ihn etlich tag her-
nach purgirt, hatt er gleich andern tags marchiren müßen undt ist
2 mahl vier undt 20 stundt geweßen, ohne zu schlaffen uudt tag
undt nacht marchirt, jedoch so hatt er sich nicht übel drauff befun-
den, welches woll zu verwundem ist. Nun ist er bey der belage-
rung von Neuport. Gott gebe, daß es dortten woll ablauffen möge!
40
2 posten, alß die gesterige nndt beütte, haben gefehlt. Gott gebe, daß
es nichts böß bedeütten möge! Die zeittung hatt nicht gelogen.
Were mein söhn kranck geblieben, were ich zu ihm gefahren, umb
ihn in seiner kranckheit zu wortten. Ich meinte nicht, daß die
bäder gutt vor husten undt brustwehe sein. Derselbe humor, so
Carolline vor dießem auff den äugen hatte, muß einen andern vreg
genehmen haben undt auff die brüst gefallen sein. Wen ich dießen
abendt wider zu St Clou sein werde, will ich Lenor sagen, daß ihre
Schwester Gret sie so galant findt, undt will sie braff ungedultig
mitt machen. Gret bitte ich wider meinetwegen zu grüßen, herrn
Max auch glück zu seinen 2 döchtern zu wünschen. Die zwey wer-
den aber woU nicht leben; den esistrahr, daß zwilling beyde leben
bleiben. Ich wolte lieber, daß der gutte herr Max seines sandts
undt Steins woll geneßen were, alß seine fraw ihrer zwilling. Wie
viel kinder hatt den jetzt die lamdtgräffin von Gassel? Ich meinte,
mein vetter, der landtgraff, were ip .der armee. Made de Savoye
hatt mir viel gutts von dem eisten landtgraffen geschrieben, sagt, er
seye lebhafft undt gar artlich undt hette ihr gesagt, daß er mich zu
sehen wünscht. Drumb, liebe Louisse, solt ihr dießen printzen zu
sehen bekommen, bitte ich Euch, sagt ihm, daß es mir recht leydt
seye, daß der krieg verhindert, daß er nicht herkommen ist. Des
printz Carls von Brandenburgs historie ist eine wunderliche begeben-
heit, wie die teütsche comedianten alß pflegen zu sagen. Ich war
die erste, so ahn ma tante dießeschönne zeittung geschrieben; den
unßere hertzogin von Savoye, welche mir gar fleißig schreibt, hatte
mir es geschrieben. Daß nun Casal über undt geschleyfft sol werden,
werdet Ihr ohne zweyffel schon erfahren haben. Wie es zu Namur zu-
geht, weiß ich nicht. Ich glaube, hertzog Max ist noch nicht in Savoyen
ahnkommen, [wird] also gott lob kein gefahr außstehen; den allem ahn-
sehen nach wirdt woll diß jähr nichts dort mehr vorgehen. Hertzog
Christian wirdt mehr gefahr außstehen. Hertzog Max ist der eintzige
von meinen vettern von Hannover, welcher mir unbekandt; weillen
er aber seiner fraw mutter so lieb ist, wünsche ich ihm alles glück
undt guts. Ich glaube, man muß gott auß Schuldigkeit bitten, loben
undt dancken, alß weillen wir sein geschöpff sein; allein ich kan
nicht glauben, daß daß betten einen ewigen schluß endern kan.
Daß Ihr sagt, daß Ihr unleßlich schreibt, Hebe Louisse, ist eine
falsche demut, so ich Euch nicht kan verbeygehen laßen; den es ist
41
nicht möglich , daß Ihr nicht seiher secht, daß Ihr gar eine schönne
nndt leßlich handt habt; daß aber dietintenzu weiß wäre, ist kein
fehler von Ewerer handt. Ich schreibe woU jetzt eine heßliche handt;
daß vielle frantzosche schreiben hatt mir das teütsch schreiben gautz
verdorben. Ich bin fro, daß Ihr so viel freunde gemacht habt, wo-
mitt Ihr corespondirt; daß ist immer gutt, daß haußhalten aber
waß langweilliges , wie ich mir einbilde. Es ist kein wunder, daß
Carl Moritz in der arme^ gelt von nöhten hatt. Wolte gott, ich
were in einem standt, ihm dazu zu helffen undt Ewer menage bey-
zuspringen! Wie glücklich wolte ich mich schätzen! Es schmertzt
mich recht, daß es nicht sein kan. Umb gottes willen, liebe Louisse,
verschondt mich mitt complimenten ! Sie seindt meines thuns nicht
undt mag sie weniger leyden, alß nie. Ich habe Euch vielmahl ge-
sagt, daß ich gerne Ewere brieffe habe; also schreibt mir nur fleißig
ohne weitter facon undt seydt versichert, liebe Louisse, daß ich
Etlch undt Ewere geschwister recht lieb habe undt allezeit behalten
werde!
Elisabeth Charlotte.
Amelisgen ambrassire ich hirmitt von hertzen.
St Clou den 24 Julli umb 11 morgendts.
Gestern abendts, wie ich wider von Paris komme, erführe ich
ohngefehr eine historie, da ich mein leben nicht von gehört hatte.
Ich bitte Euch, liebe Louisse, schreibt mir, ob Ihr etwaß davon
wist ! nehmblich daß L G. unßer herr vatter nach Ewerer fraw mutter
todt einen söhn solle bekommen haben von einer schweytzerischen
Jungfer, so bey der fraw raugräffin solle geweßen sein undt Hollän-
derin geheyßen haben, undt daß der churfürst seelig gelt solle in
die Schweitz geschickt haben, daß kindt dort zu erziehen laßen,
undt daß der bub dort erzogen wirdt undt gar artig sein solle undt
viel verstandt haben.
24.
Yersaille den 8 September 1695.
Hertzliebe Louisse , hirbey findt Ihr eine andtwort vor Carolline.
Ich glaube, daß man Carl Moritz eine compagnie geben, weill er
sich so woU helt, undt daß freüdt mich recht. Ma tante, die chur-
fürstin, schreibt mir, daß sie Carl Moritz gantz änderst undt beßer
42
gefanden, also schlegt ihm in alles der krieg woU zu. Oott erhalte
ihn ferners! Es jamert mich, daß er seinen wagen nndt pferdt
verlohren. Weillen man ja auff dießer seyten dem schloß von Na-
mnr nicht zu hülff kommen kan, wolle ich, daß es sich noch dießen
gantzen mont halten könte, damitt dieße campagne damitt zu endt
gehen möge undt nichts neues vorgenohtnen werden. Wen Ihr die
landtgräffin von Homburg wider sehen werdt, so sagt ihr doch von
meinetwegen, daß sie mir recht justice thut, zu glauben, daß wen
es bey mir gestanden were, ihre fraw mutter sach änderst abgangen
were. Ihr freüllen Schwester scheindt ein gar gutt mensch zu sein;
die wirdt ihr noch persuadiren können, daß ich mein bestes bey der
sach gethan habe. Sie jammert mich von hertzen. Alle die fürst-
liche undt gräffliche leütte thun gar woll, sich auffs best, als sie
können, zu divertiren. Daß frettllen von Wittgenstein ist sie unßers
graffen undt Westerwellers Schwester oder von einer andern linie?
Es were woll zu wünschen, daß der liebe frieden einmahl käme;
daß were vor jederman gutt. Ich glaube, daß wen printz Carl von
Neüburg wider bey seinem herm bruder, dem churfürsten zuPfaltz,
sein wirdt, wirdt man ihm von wider heürahten sprechen. Ihr dorfft
nicht sorgen, daß daß leßeu mir beschwehrlidi feit; den ich höre
recht gerne von Teütschlandt undt Carpline brieff hatt mich auch
recht divertirt undt habe ihn gar nidit zu lang gefunden. Amelisgen
ambrassire ich von hertzen undt behalte sie so wöll, alß Euch, alle-
zeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
25.
A mad. Louisse, raugräffin zu Ffaltz, a Franckfort.
St Clou den 17 September 1695.
Hertzliebe Louisse, ob wir zwar heütte ein solch gethuns hir gehabt,
daß mir der kopff schir dauselicht drüber ist, so vdll ich doch noch
auff Ewern lieben brieff vom 27 Aug. — 6 September, so ich dießen nach-
mittag entpfangen, antwortten; den wer weiß, waß unß morgen vor
verhindemüßen noch vorfahlen können. Ehe ich aber antworte, will
ich Euch doch verzehlen, waß wir hir gehabt haben, seyder ich Ewer
schreiben entpfangen. Erstlich so ist ein schwärm duchessen her-
kommen, weillen ich eine audientz ahn die venetianische ambassa-
43
drice heütte geben müßen; hernach war die andientz, so all zimb-
lieh lang gewehrt; den es geht mitt gravitet und ceremonien her;
hernach wie diß auß war, ist mons. le Dauphin mitt der princes de
Conti herkonunen; wie die weg wahren, ist made la duchesse de
Brachane kommen, abschiedt zu nehmen; den sie geht nach Rom;
hernach ist die gutte fraw von Klenck in mein cabinet kommen;
dieße war nicht so baldt weg, so kam der surindentent von mein
bauß, wegen ein affaire mitt mir zu sprechen; suma alle augen-
blick dießen gantzen tag durch bin ich interompiret worden. Gott
gebe , daß ich jetzt doch einmahl dießen brieff außschreiben möge !
Ich bitte, sagt mir doch, waß ein staltet ist! den ich weiß
es nicht undt habe nie nichts davon gehört. Dießmahl ist Ewer
schreiben, liebe Louisse, auch gar frisch ahnkommen undt nur
10 tagen unterwegen geweßen. Ich habe Euch letzmahl geschrieben,
wie daß mein söhn nun ahnkommen. Die freüde, ihn wider zu
sehen, ist mir ein wenig versaltzen worden, indem er seyder dem
wider 2 acces vom Stagigen fieber bekommen. . Ich habe ihm dero-
wegen sein quinquina gantz abgeschafft. Heütte hatt der tritte acces,
gott sey lob undt danck, gantz manquirt. Ich weiß nicht, in wel-
cher gazetten Ihr gesehen, waß mitt meinem söhn vorgangen, aber
es war alles wahr, wie Ihr es drinen geleßen habt. Mich deucht,
alle gazetten außer die Parisser sagen seyder eine zeit her all
zimblich war. Ich gestehe, daß mein söhn den krieg sehr liebt, undt
die, so ihn dort sehen, sagen, daß er sich sehr apUcirt undt sein
handtwerck woll lernt, aber mir ist nicht allezeit wohl bey der sach ;
den in dem handtwerk verliehrt man offt arm undt bein, wo nicht
gar daß leben. Were die campagne nicht zum endt, betten wir
meinen söhn nicht her gekricht. Es ist schon lang, daß daß schloß
von Namur über ist; wundert mich, daß Ihr es nicht eher, alß den
5ten erfahren. Ich weiß nun auch, daß keine Schlacht mehr vor-
gehen wirdt. Man kan woll nicht leugnen, daß es eine abscheu-
liche Sache urab den krieg ist. Es wundert mich sehr, daß pfaltz-
graff Carl unßerm herr vatter s. gleicht; den sie wahren ja einander
nicht verwandt, wiewoll von einem hauß. Ich bin fro, recht zu wißen,
wie es mitt der Holländerin beschaffen undt daß alles falsch ist, waß
man davon außgeben hatt. Es wundert mich , daß der gutte herr
Fabritzius sich hatt in seinem alter hatt auß einer großen kranck-
heit ziehen können; den er kan gar nicht jung mehr sein, den
44
ich fange schon ahn, alt zu werden, nndt wie ich noch ein gar klein
kindt war, hahe ich den he. Fahritzius hey mons. Lonis, den haron
von Seltz, gesehen, daß er schon nicht gar jung schiene, kan es
also woll itzunder nicht sein. Ich hitte Euch, liehe Louisse, wen
Ihr den he. Fabritzius wider secht, so grtist ihn von meinetwegen
undt sagt ihm, daß es mir lieb seye, daß er wider gesandt ist! Vor
herr Max bin ich recht in sorgen. Die obren selten ihm heütte
billig gescheit haben; den mon maistre Jeme nndt ich haben heütte
lange von ihm gesprochen. Ich bitte, liebe Lonisse, sagt ihm dießes
sambt meinen grüß! Daß die beyde bücher nicht seindt von Bassel
hergelieffert worden, ist Ewer schuldt nicht. Ihr habt Euch nur
schon gar zu viel mühe davor geben. Ich fürchte, daß weillen der
apotheker Frey nicht auff die brieffe antwort, so ich ihm schreiben
laße, daß er vielleicht muß gestorben sein undt die bücher also ver-
lohren worden, welches mir desto leyder ist, weillen Ihr mir sie
gegeben undt ich sie Ewerthalben all mein leben habe behalten
wollen. Bedanke mich gar sehr vor der obligeante offre, so Ihr
mir, liebe Louisse thut, mir ferner einigen gefahlen zu erweißen,
wie auch alle amitiö, so Ihr mir bezeugt, welches mich recht tou-
chirt. Seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Euch auch recht
von hertzen lieb habe undt allezeit behalten werde undt nichts mehr
wünsche, alß gelegenheit zu finden. Euch undt Ewere geschwisterig
dieße warheit durch einige ahngenehme dinsten zu versichern!
Elisabeth Charlotte.
Amelisgen ambrassire ich von hertzen; ihr ahndencken ist mir
allezeit gar ahngenehm.
. 26.
Fontainebleau den 27 September 1695.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewer schreiben vom
■/i8 dießes zu recht entpfangen. Ich bitte Euch, helfft mir doch
eine nohtlügen thun undt schreibt ahn pfaltzgraff Gustave, daß ich
ohnmöglich der zeit gehabt habe, auff sein schreiben zu antwortten,
weillen ich es eben entpfangen, wie der englisch hoff herkommen, undt
daß ich ohnmöglich werde schreiben können, biß ich wider zu Paris
sein werde. Die warheit aber ist, unter unß gerett, daß ich gantz
vergeßen habe, wie ich ihm letzmahl geschrieben habe, habe aber
45
die copie davon zu St Clou in einer Schubladen , kan also nicht wider
schreiben, ich hette es den zuvor überleßen, muß also wartten, biß
ich wider zu Paris sein werde. Daß er mir nicht eher geschrieben,
kan mich ohnmöglich verdrißen; den mein brieff war nur eine ant-
wort auff den seinen, undt wolte gott, er hette es dabey gelaßen ! Den
ich weiß ja dem gjOJtte^ printaien nichts zu sagen undt er bitte[t] mich
doch, ich solle Uim schreiben^ nsdt daß mitt solcher höfflichkeit, daß
ichs ihm nicht abschlagen darffi werde es auch thun, wen ich wider
zu Paris sdn werde. Ich bitte Ettch, liebe Louisse, bringt ihm doch
die sach so vor, daß es dem galten herrn nicht verdrießen mag, daß
ich ihm nicht ^gleich antworte! Ton der fraw abtißin von Herfordt
hatt mir ma taqte poffdi'licbe historien geschrieben. Wir haben auch
einen Courländer hir in den troupen, so pretendirt , daß er greulich
bey dießer abtißin in gnaden ist, hatt mir brieff von ihr gewießen,
worinen ich sehe, daß sie sich sehr vor ihm interessirt. Er heist
Ambotten. Sie hatt mir ihn auch durch die fraw von Platten sehr
recomandiren laßen. Es ist ein junger mensch von 20 jähren, zwar
nicht heßlich von gesicht noch übel geschaffen, aber gar nicht ahn-
genehm, hatt verstandt undt schreibt gar woU, allein ein wenig
voller einbildung. Sie hette ihn gern wider bey sich; Ambott will
aber nicht hin. Hirauß secht Ihr woU, liebe Louisse, daß ich viel
voq dießer abtißin humor gehört. Ich bin fro, daß mein baß, die
fr. landtgräffin, änderst ist. Ich fürchte auch, die gutte pfaltzgraf-
finen werden nicht wohl zu Herfort sein, es seye dan, daß der
churfürst von Brandenbourg eine davon coadjoutterin machte, so
were es nicht schlim. Die vers, so man der princes de Conti auß
Engellandt geschickt, habe ich nicht zu sehen bekommen. Namur
wirdt alle vaine poetique sehr exertziren auff alle sprachen. Hir
macht man nichts, alß lieder gegen jederman; den könig selber
spart man nicht, aber insonderheit ist man deschainirt gegen den
armen duc de Villeroy. Es geht kein tag verbey, daß man nicht
ein neue liedt auff ihn hört. Ich bin versichert, daß viel leütte
die ihrigen vor Namur verloren haben. Wen der printz von Hom-
burg nicht von seinem trepan stirbt, wirdt es ihn sonst nicht heß-
lich machen. Ich habe viel leütte hir gesehen, so trepanirt sein
worden undt gar nicht von gesicht verendert sein. Ich- bin recht
fro, daß der gutte herr Max außer gefahr ist. Ich glaube, ich hette
ihn auch beweint, wen er gestorben were; den er ist doch ja mein
46
alter gntter freOndt. Ob ich nach Ewerem wünsch, liebe Lonisse,
lange leben werde, weiß ich nicht, vergnügt aber yirdt schwerlich
sein können; bin Euch aber doch über die maßen verobligirt, mir
solches ZQ wünschen nndt wünsche Euch selber hergegen alles, waß
Ewer hertz begehren mag, nndt ahn Amelisse auch undt werde Euch
beyden alle mein leben hertzlich lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
21
A mad. Louisse, raugräffin zu Pfito; a Franckfort.
Fontainebleaii den 8 October 1695.
Hertzliebe Lonisse, heütte morgen habe ich Ewer schreiben vom
10 — 20 September entpfangen. Es ist mir lieb, darauß za sehen,
daß meine brieff so richtig gehen. Es fengt mir aber ahn, bang vor
den gutten herr Max zu werden; den weillen er so offt umbschlegt,
fürchte ich gar sehr, daß es endtlich mitt ihm hapern wirdt. Caro-
line wirdt baldt zwey von meinen schreiben entpfangen ; den wie mir
mad. de Bouillon zu St Clou sagte, daß sie ahn ihr Schwester, mad.
de Mazarin, schreiben wolte, gab ich ihr einen brieff vor Caroline,
umb in ihr paquet zu thun. Ich lobe sehr an Euch, liebe Louisse,
daß Ihr dem h. Max so in seiner kranckheit beystehet, undt daß
ist gar eine legi[ti]me excusse, umb nicht zu schreiben. Herr Max
sein zustandt jammert mich von hertzeu. Ich wünsche, daß er wider
geneßen möge undt Euch nicht verhindern. Euch braff lustig in der
meß zu machen. Franckfort wirdt jetzt, wie ich sehe, der rende-
vous von allen Teütschen fürsten. Der gräffin von Hohenlö hauß
ist den der rendevous du beau monde, wie ich sehe. Ich habe ein
contrefait von pfaltzgrafFs Carls gemahlin gesehen, wie sie noch mar-
graffin von Brandenburg war; daß war gar nicht hübsch. Solte daß
kleine princessgen, so sie hinterlaßen, nicht schönner werden, wirdt
ihre Schönheit nicht zu rühmen sein. Ich wolte, daß sie die princes
Amalie von Hannover zur fraw mutter bekämme. Mich deucht, der
churfürst zu Pfaltz thäte beßer, sein gelt ahn die arme verderbte
Pfältzer ahnzuwenden, alß ahn carnavalsdivertissement ; daß were
löblicher vor gott undt der weit. Warumb werdt Ihr nicht nach
Düßeldorff? Weillen Euch pfaltzgraff Carl eingeladen, könt Ihr ja
47
woU hin. Wie Ihr mir dießen printzen beschreibt, bilde ich mir
ihn gantz galt ^in, mögte ihn derowegen kenen. Ich wolte, daß
der chnrfürst von Saxsen schon wider zu Dresen were; den es ist
mir bang vor I. L. , insonderheit aber vor seinen geweßenen hoff-
meister Haxsthanssen , der mein alter nndt gar gntter freündt ist.
Ich dancke Euch sehr, mitt mir über meines sohns ankunfft zu er-
freuen. Er ist noch etliche zeit kranck geweßen, seyder er aber
hir ist, hatt er sich mitt mail spiellen nndt jagen conrirt undt ist
nun, gott sey danck, in volkommener gesnndtheit. Ich glaube nicht,
daß einige arme6 jetzt waß weitters vornehmen kan. Freyllich hatt
man den marechal de Bouffier auch zu Paris gesungen; hir ist sein
liedt sur Tair de la joconde:
1.
Quoy Bouffier duc? on a grand tord,
c^est insulter la France;
Guilleaume roroit fait milord,
c'est sa vray recompense.
jl anroit mesme snpl4e
qu'on le fit grand d'Espagne,
ayant servie les allies
toutte cette campagne.
2.
Nous le verons Pannen qui vient
nous Commander en Flandre
et que nous perdrons avec soini
les places de la Sambre,
et si par vn rare bonheur
jl pert Tne bataille,
le roy Consultant son grand coeur
le fera connestable.
Da secht Ihr woU, daß man alles hir singt. Ihr werdt mir
einen großen gefahlen thun, mir waß lustiges zu schicken, so Ihr
waß findt, liebe Louisse! Mich wundert, daß Dupin, den ich doch
offt sehe, wen ich zu Paris bin, mir nicht gesagt, daß er zwey
bücher vor mich bekommen hatt. Ich will heütte noch nach Paris
schreiben, daß man ihn drumb fragen solle. Wie mir Caroline
letztmahl geschrieben, so scheyndt es, alß wen sie noch vor den
frieden in Teütschlandt wolle. Wir werden aber woll einander leyder
48
so baldt nicht zu sehen bekommen. Ihr redt mitt mir von Eweren
gesiebt, so Ihr altfranckisch heist, nndt denckt nicht, daß ich 10
jähr älter bin alß Ihr. Es kompt mir nicht zu, von gesiebtem
zu reden, auch werde ich mein leben niemandes haßen oder lieben
wegen der schönne oder heßlichkeit, allein wir müßen sagen wie
Jodelet: „Maistre valet, si nous estions artissans de nous mesme,
on ne veroit partout que des beautes extreme," weillen wirs aber
nicht sein, müßen wir so mitt durchlauffen, wie es gottes wille ge-
weßen, unß zu machen; allein waß mir allezeit ahn Euch gefallen
wirdt, ist Ewere tugeudt, liebe Louisse, undt guttes gemüthe. Da
sehe ich mehr nach, alß schöne gesiebter, welche doch nicht laug
schön bleiben. Die kleyder, so Euch Ewer seh wager, der duc de
Schonberg geschickt, seyndt es kleyder oder robe de chambre? Wie
ich sehe, auß waß Ihr mir hirauff sagt, mercke ich woll, daß man
verpichter alß nie in Teütschlandt auff der moden ist. In meinem
sin ist diß eine große thorheit. Ich wolte, daß es ahn dem were,
daß man wider commers in Franckreich hette undt ein gutter frie-
den were. Ich glaube nicht, daß der Spiegel wider her in Franck-
reich darff; er hatt etlich starcke schulden gemacht undt gar übel
bezahlt. Solte er herkommen, würde man ihn bey dem kopff krie*
gen, raht ihm, nicht herzukommen; den es würde mir unmöglich
sein, ihn auß der justice handt zu retten. Der könig ist auch per-
suadirt, daß er wunderliche comerse hir hatt, undt hatt mir vorm
jähr befohlen, Haxsthaussen deßwegen zu schreiben, damitt er hin-
tern möge, daß dießer cammerdinner nicht wider kommen möge;
also glaube ich nicht, daß er sich bey hoff wirdt weißen dörffen.
Solte seine mutter zu Franckfort sein, solt Ihr sie deßwegen war-
nen; den es were mirleydt, daß einem Pfaltzer Unglück hir begege-
nen solte. Hirmitt ist Ewer brieff beantwort undt weillen ich einen
starcken schnupen habe, werde ich vor dießmahl nichts mehr sagen,
alß daß ich Euch allezeit sehr lieb habe wie auch Amelise, welche
ich hirmitt ambrassire.
Elisabeth Charlotte.
28.
A mad. Louisse, raugräffin zu Ffaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 19 October 1695.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewer schreiben
49
vom 24 Sept. alten st. entpfaogen, werde aber nicht gar ordendtlich
darauff antwortten können; den wir werden gleich ahn taffei nndt
nach dem eßen mitt dem könig auff die schweinsjagt; nur dero-
wegen in eyll sagen, daß ich fro bin, daß Ihr jetzt so viel veren-
derung zuFranckfort habt, wünsche Euch alles vergn^en undt daß
Ihr Euch recht lustig machen möget. Hefitte übete8 tagen werden
wir hir weg undt ich in daß trawerige undt langwemige Paris, wo
wir 3 gantzer wochen bleiben werden. In dießem angenblick kompt
man mich zur taffei raffen , kan derowegen nichts mehr sagen , alß
daß ich Euch undt Amelisse von hertzen ambrassire undt Euch von
hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
29.
Paris den 30 October 1695.
Hertzliebe Louisse, ehe ich auff Ewer schreiben vom V" October
antworte, muß ich Euch erst vor die zwey Virgillius dancken, so
ich endtlich gestern entpfangen habe. Ob es zwar die nicht sein,
so ich einmahl geleßen undt ahn Garllutz wahren undt, wie schon
vor dießem gesagt, in ungereimbte vers sein, so seindt sie mir doch
ahngenehm, weillen sie von Ewer handt kommen, liebe Louisse,
undt werde sie leßen, umb mich in der teütschen sprach zu unter-
halten undt selbige nicht zu vergeßen; also werden mir doch die
Virgillius nicht unutz sein. Ich glaube undt bin persuadirt, daß
ma tante, die churfürstin, gar nicht übel nehmen wirdt, daß Ihr
I. L. mein paquet schickt; drumb schickts nur geraht hin undt nicht
mehr an frl. Offen! den ihr bruder, so jetzt hir ist, sagt selber,
daß sie gar faull ist. Weillen pfaltzgraff Gustave Euch keine adresse
gelaßen, were es ohnnöhtig, daß ich schriebe, welches mir eben
nicht leydt ist; den ich wüste nicht mehr, waß ich dem'gutten
printzen sagen solte, den ich kene I. L. nicht genung, umb eine gar
particullire correspondentz mitt ihm zu halten. Ich fürchte sehr, '^
es vattert sich ein wenig bey ihm; insonderheit glaube ich dießes
wegen der händel, so er mitt seinem edelman gehabt hatt. Wen
sein elster bruder auch so ist, wunderts mich nicht, daß sie nicht
zu recht kommen. Ich bin persuadirt, daß niemandes thun kan,
was er will, undt daß jedermanein verhencknuß oder destin^e hatt^
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^
50
80 er nieht flber8chreiUe& kan aadt welcher man absotatte folgen
muß, maa mag auch daiige[ge]n streuten, wie man wilL Ich glaube,
daß der landtgraff von Homburg erschrecklich betrübt sein muß, so
einen schönnen nndt wackem prinizen verlohren zn haben. Es mnß
Eflch doch j^tzt nngewont thni , nach so Wellen gethnnsEflch wider
in der großei^insambkeit za findea Ewer letzter brieff, ob er
zwar in eyll ^schrieben worden, war doch gar leßlich. Hirbey
schicke ich eine andtwort anff herr Fabritzius billiet, welches ich
recht artig gefunden. Daß herr Max wider beßer, erfrewet mich
von hertzen; wen es nach meinem wünsch ginge, würde er baldt in
Yolkommener gesnndtheit sein. Caroline habe ich anff meinem letz-
tem brieff die rechte überscbriefft ihres Standes gemäß nach gemacht,
wirdt also kein ambaras mehr geben, wen es nur dieße nrsacb ist;
solte aber eine andere vorhanden sein, so last michs recht herauß
wißen! so werde ich nicht mehr durch madeMazarin schreiben. Ihr
hatt vergeßen, die vers, so Ihr mir schicken wollen, in Ewer pa-
quet zn thun. Es war nichts drinnen alß monsr Fabritzius billiet
nndt habe vor dießmahl, liebe Louisse, keine mühe gehabt, die
vers zu leßen. Ich hoffe, daß wen Ihr verspüren werdt, daß Ihr
ne nicht ins paquet gethan, werdet Ihr mir sie noch widerschicken.
Hein söhn hatt heütte ein schön pressent von oncle bekommen,
nelymblich 10 schönne Issabellen kutzscheupferdt; die haben woll
eine hertzlich freüde bey meinem söhn verursacht. Es ist spät,
ich muß nüber ins apartement, werde derowegen vor dißmahl nicht
mehr sagen, alß daß ich Amelisie von hertzen ambrassire undtEüdi
beyde all mein leben sehr lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
P. 8.
Nach den festagen werde ich meine dochter vor Caroline mahlen
laßen, so ihr contrefait begehrt.
30.
A mad. Louisse ; raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Marly den 1 Decembre 1695.
HertzaßerHebe Louisse, idh habe zwar vergangenen samhstag
51
scbon Ewer lieben brieff vom Vi» Nbr entpfangen, aber ohn«
möglich sontagg drauff antwortten können; den wtiUen es der erste
sontag im advent war, habe ich in die predig gemüst; gleich nach
der predig ist der prince de Galle zu mir kommen nndt hatt mir
eine vissitte geben, habe also nur der zeit gehabt, etwaß nohtwen-
diges nach Paris undt ahn ma tante nndt onßer hertzogin von Han-
nover zu schreiben ; den mein brieff war so baldt nicht zupitschirt
undt daß paquet gemacht, so muste ich nach dem apartement.
Heütte aber hoffe ich, daß ich zeit genung haben werde, zu ant-
wortten; den zu allem glück so hatt die königin in Engellandt undt
ihr könig gestern ihre vissitten abgelegt undt hir zu nacht geßen,
werden also woll heütte nicht kommen undt sonsten ist es gar nicht
nöhtig, daß ich bey dem spiel seye, undt man ist woll gewont, daß
ich nachmittags ein stundt 4 oder 5 alleine bleibe. Es ist aber auch
woll einmahl zeit, daß ich auff Ewer schreiben andtwortte. Ob
zwar die Virgillius die nicht sein, so ich einmahl geleßen undt gerne
wider gesehen bette, so meritirt doch Ewere mühe, liebe Louisse,
so Ihr deß wegen genehmen, erkandtnuß nndt dancksagung. Waß
zu Heydelberg undt Friderichsburg geweßen, ist woll alles zu schän-
den gangen undt weder stumpff noch stiel davon geblieben ; also kein
wunder, daß monsr de Tesse Euch nichts rechts geschickt hatt.
Ich habe ein perfect gutt undt gleich contrefait von Carllutz in mei-
nem cabinet zu St Clou. Wen Ihr wolt, will ich Euch eine gutte
copie davon machen laßen undt schicken. Es ist gewiß, daß monsr
de Tesse einer von den hoffligsten menschen ist, so hir bey hoff
undt der ahm besten zu leben weiß. Ich estimire ihn sehr. Ihr
habt groß Acht, zu glauben, daß schencken undt widergeben, waß
einem zugehört, hir im landt etwaß so rares ist, daß es gar nicht
geschieht. Oncle hatt meinem söhn pferde geschenckt; den hir kricht
er gar keine pressenten von niemandes. Er undt ich beschencken
einander etlich mahl; vor 3 tagen hatt er mir gar ein gutt reitt-
pferdt geben, womitt ich vergangen dinstag den wolff gejagt habe.
Die jouwellen, so graff Jullius von Hohenlo seiner gemahlin verehrt,
müßen den änderst eingefast sein, alß man die edelgesteine hir tregt,
sonsten würde sie sie ja nicht unrecht ahnthun können. Ahn unßern
graffen von Nassaw werde ich gar nichts hirvon gedencken. Er ist
noch nicht wider bey hoff; bilde mir ein, daß er ein tour in Teütsch-
landt gethan, seine fr. mutter zu besuchen, welche eine gar estimable
4*
52
llame ist. Es ist desto beßer, daß wir nicht wißen, wo pfaltzgraff
Gustave; den daß kan mir immer zur entschuldigung dinnen, daß
ich nicht auf sein schreiben geantwort; bin recht fro drüber; den
ich wüste nicht, waß ich ihm sagen solte. Last die sach nur dabey
bleiben! Wen dieße zwey brüder deß vatters humor haben, wirdt
woU nie nichts rechts auß ihnen werden. Daß ich die vers ent-
pfangen, werdet Ihr auß meinem schreiben auß dem port royal er-
sehen haben. Waß da begangen, bedarff keiner entschuldigung undt
ist leicht zu verzeyen. Ich hoffe, daß herr Max biß es frieden
wirdt, seine perfecte gesundtheit wider erlangen wirdt, wünsche es
sehr undt würde sehr fro sein, ihn wider zu sehen undt von den
alten gutten zeitten zu sprechen. Daß ich herr Max wider sehe,
wirdt er geschehen können, alß herr Fabricins, ob er zwaa^ schreibt,
daß er gedencke, wens frieden were, zu St Clou zu spatziren. Ich
habe heütte der zeit nicht, anff sein billiet zu antworten; bitte, ihn
doch davor zu dancken undt zu sagen, daß ich fro sein würde, ihn
zu St Clou zu sehen. Unter unß geret aber, wen der gutte man
herkämme, müste er mich nicht altesse heyßen; der tittel ist nur
vor die prince du sang, wir aber undt unßere kinder heist man
altesse royale; außer les petits enfants de France führt niemandts
dießen titel. Vergangen montag habe ich ein schreiben von Carol-
line entpfangen, welches mir gar ahngenehm geweßen. Es war von
denselben datnm wie daß Ewerige, liebe Louisse, habt also viel-
leicht auß simpathie in einem tag undt stundt dießelbe occnpation
gehabt, eine wie die andere. Amelise arabrassire ich von hertzen
undt behalte sie undt Euch von hertzen lieb.
Elisabeth UMrlotte.
31.
A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 11 Deceihber 1695.
Hertzliebe Louisse, mich deucht, daß mein letztes schreiben
gar lang unterwegen geweßen ist, wie ich auß Ewerm vom "/ss Nbr
ersehen, so ich heütte entpfangen, welches, wie Ihr secht, dißmahl
auch nicht gar frisch ist; bilde mir ein, daß daß gethuns von der
princessin (jetzt hertzogin von Modene) beylager verursachet, daß
man Ewern brieff vielleicht eine post vergeßen hatte. Die vers, so
53
Ihr mir, liebe Lonisse, geschicket hattet, waren nicht schwer m rah-
ten, daß es ein pfarer müste gemacht haben; den sie seindt gar
devot. Dießen pfarer mögte ich gerne sehen; den ich habe viel von
ihm gehört. Ma tante von Tarante hilt all viel von geistlichen.
Monsieur hatte ein premier ansmonier, so esvesqae da Mans ist, so
auch sehr ma tante gatter freündt wäre. Es ist mir, anter anß
gerett, recht leydt, daß wir einmahl erfahren haben, wo pfaltzgraff
Gastave ist; den ich sehe woll, daß ich ihm werde antwortten müßen.
Heütte aber kan es noch ohnmöglich geschehen ; den ich habe kaam
der zeit, daß ich dießen brieff aaßschreibe; den gegen 5 maß ich in
die kirch andt nmb 3 virtel auff 7 ins apartement. Eweib undt
meine excusse ahn dießen printzen habt Ihr, liebe Lonisse, recht
woll gemacht, derowegen weitter nichts zu sagen. Wie ich dießen
gutten herren sehe, forchte ich, daß er nirgendts große fortune
machen wirdt. Die hahr tregt man nicht gar hoch hir, aber alle
da|S andere zeug ist noch hoch, doch nicht so sehr, wie es war;
den man tregt jetzt die coeffaren vorwertz gebogen andt nicht so
strack wie vor dießem. Daß man aber solle ein tax anff die coef-
faren gesetzt haben, ist nicht war; daß hatt jemandes anß poßen
erdacht. Ich bilde mir ein, daß Ihr jetzt wie hir müst coeffirt sein;
den man hatt mir gesagt, daß man in Engellandt über 2 finger
höher auffgesetzt seye, alß hir; dramb müst Ihr jetzt eben recht
sein. Von Spiegel habe ich noch nichts gehört, glaube also nicht,
daß er kommen ist. Ich finde, daß seine matter recht gesprochen,
undt halte es vor ein groß lob , wen man sagt , daß ich ein t^ütsch
hertz habe' undt mein vatterlandt liebe. Diß lob werde ich, ob gott
will, suchen biß ahn mein endt zu behalten. Ich habe nur gar zu
ein teütsch hertz; den ich kan mich noch nicht getrösten über
waß in der armen Pfaltz vorgangen; darff nicht dran dencken, son-
sten bin ich den gantzen tag trawerig. Biß sambstag werde ich
leyder wider in daß widerwertige Paris. Da werde ich erfahren, ob
der kauffman Perichon vom churfürsten von Saxsen ist bezahlt wor-
den oder nicht. Ihr schreibt mir woll von dem heüraht vom printzen
von Siegen undt wer er ist, aber nichts von pfaltzgraff Carls historie
mitt seinem freüllen von Hohenlo, wie dießer heüraht erstlich ge-
schloßen undt hernach gebrochen worden. Ich finde, daß Ihr recht
habt, liebe Louisse, eine kleine undt ahngenehme geselschafft einem
großen schwärm vorzuziehen. Wie Ihr mir, liebe Louisse^ den %^t^^
54
»rlioiien herr Mar beschreibt, fttrchte ich sehr, daG er es nicht lang
mehr machen wirdt; den allen apetit verlohren zu haben tmdt taglich
abznnehmen, seindt schlime zeichen zur geneßnng. Wen ich Euch be-
zettge, daß es mir leydt, Euch nicht za dinnen können, ist nicht zu sagen,
daß ich glaube, daß Ihr ahn meiner affection zweyffelt; den ich weiß,
daß genereasse gemühter nach kein interesse nicht fragen ; allein so
kan man mir doch nicht verdencken, daß ich meinen versicherangen
gerne einen gutten nachdmck geben mögte andt solches von hertzen
wünsche. In dießen angenblick ruft man mir, umb in die kirch zn
gehen. Za allem glflck ist Ewer brieff beantwort, werde dero wegen
nichts %)ehr sagen, alß daß ich Euch andt Amelisse von hertzen
ambrassire andt Eflch allezeit sehr lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
82.
Yersaille den 1 Janoari 1696.
Hertzliebe Loaisse, weillen ich Euch eben heütte schreibe, da
wir ein neues jähr ahnfangen, so wünsche ich Euch andt Amelisse
ein glttckselliges andt freudenreiches neues jähr sambt allem ver-
gnügen andt waß Ihr selber wünschen undt begehren möget. Gestern
abendts, ehe ich von Paris bin, habe ich Ewer schreiben vom V«» Decbr
1695 entpfangen. Ich piquire mich, sehr exact in andtworten za
sein; also deucht es mir billig, die ursach zu sagen, wen ich eine
post verseüme. Erster tagen werde ich ein brieff vor pfaltzgraf 6a-
stav schicken. Sein begehren ahn mir ist jetzt nichts änderst, alß
daß ich ihm za zeitten schreiben möge. Sein elster herr brader hatt
nicht von nohten, viel wort za machen, amb za sagen, daß ihm
seine soldatten darchgangen sein undt daß er sein bestes thun will,
sein regiement wider auff einen beßern standt zn setzen ; daß kan ja
ein jedtweder sagen. Lenor hatt mir schon pfaltzgraffs Johans Carl
gemahlin todt berichtet. Man sagt, ich hette sie vor dießem zu
Strasburg gesehen; ich erinere es mir aber gar nicht mehr. Von
dem comissari Lasalle habe ich gar nichts gehört; er hett mir ge-
fahlen gethan, wen er mir Ewere contrefait bracht hette. Ich will
mich informiren, wo der kerl hinkommen ist. Ich will Euch mein
contrefait schicken undt in jagtskleydt, weillen die mir beßer glei-
chen, oder, umb die warheit zu sagen, beßer geglichen haben
55
alß die andern; den seyder da& ich die kinderblattern^ gebab(t, lialM^
ich mich ni^ht mahlen laßen ondt bin noch viel abschettJieher worden.
Heütte habe ich noch ein groß planet [? paquet} mitt klagten von
den kauffleütten bekommen wegen deß Spiegels schulden, werde es
biß mittwoch ahn c. A. h. schicken, nmb zu sehen, ob man waß wirdt
bekommen können. Weillen aber Spiegel nicht herkommen, kan, so
schreibt mir, ahn wen man daß contrefait wie aiieh meiner kinder
ihre soll adressiren. In Östereich seindt die gräffinen nicht thewer,
also mag woU vielleicht deß charfOrsten von Saxsen maistresse nichts
gar besonders sein. Mich wundert, daß daß freülein Eönigsmarck
nicht jalous ist nndt noch gedenkt, ditßeu charfUrsten,, wes er
wider zu Dreßen sein wirdt, za divertiren, da er doch so unbe-
ständig gegen sie ist. Ich glaube, daß balet wirdt etwaß gar pos*
sirliches sein. Herr Max jammert mich von hertzen^ auff krückea
zu gehen; daß ist aber doch noch beßer, al& gar sterben. Der
gutte herir Fabritzius hatt sich nur verschrieben,^ da ist akht viel
ahn gelegen. Ich habe Euch gelernt, wie man Monsieur seine Inur
der tittelirt, damitt wen ihr einmahl rnitl Frantzossen reden mögt,
sie nicht drüber lachen mögen. Fraw von Schelm hätte ich ¥Qbi
meinetwegen wider zu grüßen undt ihr zu sagen, dai^ ihre niece, so
Jungfer bey mir ist, gar ein artig medgeik ist^ so fleißig auffwart.
Amelisse ahngedencken davor bitte ich auch zu dancken undt ver*
sichere Euch bey de , daß ich Eüx^h diß jähr so lieb alß^ daß ver*
gangene haben werde.
Elisabeth Chariotte.
33.
A mad. Louisse , raugraffin zn Pfaltz, a fVanckfort.
Versaille den 11 Februari 1696.
Hertzliebe Louisse, ich habe hetttte Ewer lieben brieff vom
*Vj8 Jan. zu recht entpfangen undt muß gleich drauff autwortten;
den morgen werde ich ohnmöglich der zeit haben; den den gantzen
nachmittag werden wir mitt dem könig auff die falckenjagt reitten undt
abendts wirdt apartement sein, habe also kein augenblick überig.
Weillen ich leyder jetzt keine beßere gelegenheit habe, Euch, liebe
louisse, undt Ewer geschwisterig meine amitie m beweißen, alß
56
durch fleißig schreiben ahn Efidi, so werde ich solches woll nidit
ermanglen laßen, hirin aber pretendire idi nichts, alß W/tme schd-
digkeit zn thnn, also nichts, so admiration wfirdig ist; den daß
käme schön beranß, daß mir Franckreich mein offenhertziges ondt
trew gemühte geendert hette. Nein, liebe Louisse, daß wirdt man,
ob gott wül, mein leben ahn mir nicht spüren. Ich bin recht fro,
daß Ihr meiner offt mitt den gntten Eberfiritzen, den jegermeister
Yeninger, gedenckt; bitte, wolt ihn doch wider von meinetwegen
grüßen ondt ihm sagen, daß seine niepce, so ich bey mir alß fireül-
len habe, ein artig medgen ist ondt daß wir alle hir große sorg
vor sie haben. Ich würde recht fro sein, den gntten Yeninger wider
zu sehen, aber gott weiß, wen es einmahl wider frieden wirdt.
Lenor hatt mir geschrieben gehabt, wie kranck ihre Schwester, die
Schelmin, seye; sie meinte, der man were aach so kranck. Ich
bitte, sagt doch der Oret, daß ich fro bin, daß sie dem todt ent-
loffen ist! Wir haben hir daß schönste weiter von der weit wie
im frühling. Ich mag mirs braff zu nutz nndt jage, so viel mir
möglich ist; daß erhelt mich auch bey gntter gesnndtheit. Ich finde,
daß pfaltzgraff Carl wohl thnt, von seiner doUen lieb abzustehen;
daß er sonst auch den heüraht scheuet, kan ich I. L. nicht ver-
dencken, wie sehr ich doch wünschen mögte, daß er unßer princes
Amalie bekommen mögte. Etlichmahl glücken heürahten, allein es
ist rar undt unter taußenden seindt nicht zwey, so waß deügen,
undt weillen es, wie ich gar gewiß weiß, so gar eine rare sache
ist undt die hertzogin von Parme schon glücklich in Itallien geweßen,
fürchte ich, daß es unßere hertzogin von Modena nicht sein wirdt.
Gutte heüraht seindt alß wie daß, so man vom phenix sagt, man
findt nur einen in einem seculo. Nichts ist unglücklicher in der
weit, alß königin in Spanien; ich weiß es durch unßer königin s.,
so mir von tag zu tag ihr leben beschrieben; Portugal soll noch
ärger sein. Da kan man woll daß teütsche Sprichwort zu sagen:
„Es ist nicht alles golt^ waß glentzt." Man spilt doch alß mitt
jüngere, alß man ist. Wie ich in Franckreich kam, muste ich alle
tag spilger mit monsr le Dauphin spülen, ob ich zwar 10 jähr alter
bin, alß I. L. Je lenger man lebt, je mehr art leben erfahrt man;
allein so einem frembden hoff zu Heydelberg undt Friderichs zu sehen,
muß doch schmertzhafft vorkonmien sein. E[we]r raisonement ist
raisonabel, gutt, auch woll gesagt, aber schwer ins werck zu stellen,
6T
liebe Louisse, ondt leiditer zu sagen, alß zu thun. Ich bin fro,
daß I. L. il0 landtgräffin von Homburg mitt mir zufrieden ist. Ihre
fraw mntter undt Schwester jammern mich woU von hertzen. Waß
ist daß vor eine graffin von Schonburg, so nun zu Franckfort ist?
Ist sie unßem Schonburgen verwandt? Wie ich sehe auß waß Ihr
mir von den teütschen jungen cavaliren sagt, so müßen sie gewor-
den sein, wie sie nun alle hir sein, da gar wenig rechts bey zu
finden ist. Ich glaube, der krig ist schuldig dran; der macht alle
junge leütte so ungehobelt, daß sie alle werden wie die gemeine
soldatten in der corps de garde. Es ist mir leydt, daß der gutte
herr Fabritzius auff den todt ligt. Hiemitt ist Ewer brieff völlig
beantwort, liebe Louisse, undt nichts mehr überig, alß Euch von
hertzen sambt Amelise zu ambrassiren undt zu versichern, daß ich
Euch allezeit lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
34.
Pour mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 8 Mertz 1696.
Hertzliebe Louisse, Ewern lieben brieff vom Vis Febr. habe
ich zwar schon vergangen sambstagentpfangen, ohnmöglich aber ver-
gangen sontag drauff antwortten können, weillen ich nach Paris
muste, Monsieur zu besuchen, welcher sich ein tag 8 dortten auff-
gehalten hatte. Monsieur le Dauphin kam auch ins palais royal
undt aß mitt unß zu mittag; nachmittags muste ich mitt I. L. ins
opera undt nach dem opera muste ich wider her; den ich hatte
I. M. dem könig versprochen, daß ich wider bey I. M. nachteßen
sein würde; also segt Ihr woll, liebe Louisse, daß mir gar keine
zeit zu schreiben überblieben ist. Ma tante hatt mir auch geschrie-
ben, daß Carl Moritz zu Hannover ist. Den wünsch, so Ihr vor
ma tante gesundtheit thut, liebe Louisse, da sage ich von hertzen
amen zu. Man schreibt mir doler historien von den schwedischen
princessinen. Es vattert sich greulich bey ihnen, welches zu erbar-
men ist. Ich hoffe, daß der cameval von Venedig printz Gustave
wirdt vergeßen machen, daß ich ihm nicht geantwort habe. Ich bin
recht fro, daß der gutte ehrliche her Max wider gehen kan. Ich
58
hoie, diß achönne sanfifte weiter wirdt ihn gantz wider zu kräfften
helfen. W^ Ihr aach ahn hem Ferdinant nach Yene^ schreibt,
bitte ich £üch, ihn Yon meinetwegen za grttßen. Es ist gar war,
daß die lofft viel bey der gesandtheit that; die Parisser lafft ist
mir gantz schädlich, kan keine 2 standen in Paris sein, ohne kopff-
wehe zu krigen. Mdn faß ist gar nicht verretnckt. Ich will hoffen,
daß der schmertzen, so mir ahm großen zehen kompt, nur ein flaß
andt kein podegra ist; allein es ist gar ein angemachlicher flaß.
Ich habe daß he. Fabridas todt in der hollandischen zeitung geleßen.
Es ist mir leydt amb den gatten mau; den erhatt gatten verstandt
gehabt andt war noch ein alter dinner von anßer papas s. Der
kaoffman hatt einen brieff vor Haxsthaassen von mir; wünsche, daß
es woll abgehen möge andt sie alle contentirt werden mögen, da-
mitt Spiegel wider in repatation mag kommen wegen seiner gatten
matter wegen. Man hatt eine abscheuliche mühe, von den mablers
hir za bekommen, waß man ihnen befiehlt, kan aläo die contrefait
noch nicht schicken; sie werden aber doch nicht gantz aaßbleiben.
Ma tante hatt mir aach eine von den schönnen braatmedaillen
geschickt. Unßere hertzogin von Hsuinover kan mir nicht genang
aaßsprechen, wie glücklich ihre fraw dochter zu Modene ist andt
wie magnific alles dortten ist. Gott gebe, daß es wehren möge!
Ich will den könig sondiren, wen es apropo kan kommen, ob er
Euch Ewerer gütter würde in der Pfaltz genießen laßen, andt Euch
darnach gleich die antwort berichten. Liebe Loaisse, bey mir soll
es nicht liegen andt würde mich eine rechte fretide machen, wen
ich Euch andt Ewere geschwister einigen dinst than könte; waß
mich aber ftlrchten macht, daß es der könig nicht erlaaben wirdt,
ist, weillen Carl Moritz in brandenbargischen dinsten ist; will dero-
wegen nar vor Euch andt Amelisse sprechen undt Euch dernach die
antwort berichten. Ich werde keinen menschen nichts davon sagen,
nar dem könig sprechen, alß wens von mir selber käme, daß ich eä
aaß vorsorg vor Euch gedacht bette; also com[prom]ettire ich Euch
in nichts. Ich schicke Euch keine antwort ahn die fürstin von Hom-
barg; den ihr schreiben ist nar eine dancksagang, daß ich ihr ge-
schrieben hatte. Ihr werdt nan baldt ihre fraw matter undt freullen
Schwester zu Franckfort sehen, so Euch viel von hir werden ver-
zehlen können; den sie seindt offt zu mir kommen. Hiemitt ist
£wer schreiben völlig beantwortet, liebe Loaisse, undt ich habe
59
nodi andere brieffe mtkat tu adureiben, miift derowegfta sdüeßan,
doch nidit ohne ventcherang, daß ich Eüeh von heriawD lieb habe
uDdt behalten werde. Ameliase ambrassire ich hirmitt.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich habe noch YergeGen, m sagen, daß ich noch den könig
nicht habe spredien können; den der könig hatt die gantze woche
nicht geflogen ondt aoßer dießer jagt sehe ich I. M. nur ahn taffei.
Morgen aber werden wir mitt den föglen nauß; da hoffe ich ge-
legenheit zu finden, mitt dem könig zu sprechen.
35.
Pour mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 25 Mertz 1696.
Hertzliebe Louisse, idi beklage Eflch sehr, daß Hu* mitt flüßen
auff den zänen geplagt seidt; den man sagt, es wehren abscheüUche
schmertzen. Ich habe, gott sey danck, mein leben kein zahnwehe
gehabt, weiß es also n^r von hören sagen. Daß ich Euch schreibe,
bedarf keine dancksagung. Es geschieht gur gerne. Ich wäre schon
zu alt, wie ich in Franckreich kämme, umb von gemühte zu endern;
mein grundt war schon gesetzt undt hiran ist gar nichts zu admi-
riren. liebe Louisse! aber ich were unerhört zu blamiren, wen ich
falsch were undt die nicht liebte, die ich zu lieben schuldig bin.
Daß Ewer hertz sich bewegt, wen Ihr meine brieffe lest, daß muß
daß geblüdt thun undt seindt wir einander ja nahe genung, umb
deßen regungen zu endtpfinden. Ihr habt recht, zu glauben, daß
ich schreibe, wie ich rede; den ich bin zu naturlich, umb änderst
zu schreiben, alß ich gedencke. Ma tante hatt die venitianische
gesandtschafft auch zu Hannover gehabt; junge lefitte, so erst auß <
dem nest kommen, scheinen allezeit einfaltig zu sein, aber man findt
wenig Italliener, so es in der that sein. Wie ich sehe, so habt Ihr
Ewere faßnacht all trawerig zugebracht. Ich habe meine fasten gar
trawerig ahngefangen. Die gutte ducbesse de Guisse, deß königs
undt Monsieur baß, feu Monsieurs dochter, ist unß hir in meiner
nachbarschafft in 5 tagen weggestorben; es hatt mich recht gejam-
mert. Es wäre eine rechte gutte undt gottefürchtige fOrstin. Wk
60
aßen alle tag mitt einander; meine antichambre war nnr zwischen
meiner cammer ondt ihr cabinet, habe sie also biß in ihr endt
gesehen. Sie hatt biß in dem letzten angenblick gesprochen, ist
gar ruhig undt ohne regret gestorben ahn einem starcken fieber,
brustwehe nndt seytenstechen. Sie hatte ihren todt vorhergesagt
nndt woU gewnst, daß sie in dießer zeit sterben würde, hatt aber
nicht gesagt, woher sie es wüste. Wie sie kranck wurde, war mein
söhn kräncker, alß sie, hatte ein starck continuirlich fieber mitt
redoublementen und brustwehe, wie auch starcken husten. Ich habe
aber nicht zugeben, daß man ihn viel medicamenten geben; den
weillen ich woU gesehen, daß seine krankheit nur von unordent-
lichen leben käme, so er den camaval übel zu Paris geführt, habe
ich ihn nur hübsch warm halten laßen undt braff zu eßen geben laßen
undt waßer drincken laßen, umb sich wider« zu erfrischen. So ist
mein söhn in 5 tagen wider gesundt worden. Die gutte mad. de
Guisse aber, so man 6 mahl in ihrer kranckheit zur ader gelaßen,
ist gestorben. Idi meinte, daß deß hertzog von Schonburg elster
bruder sich gantz mißheüraht hette undt eine frantzösche singerin
genehmen undt daß ihn deßwegen sein herr vatter nicht mehr hatt
sehen wollen undt endterbt hatt. Die muß den schon todt sein,
weillen er nun deß generals Span tochter hatt. Ich habe allezeit
gehört, daß dießer graff von Schoüburg seine zwey bruder nicht
geglichen hatt. Warumb wolt Ihr mir, liebe Louisse, keine große
brieffe schreiben? Ihr wist doch wohl, daß ich sie gerne habe undt
daß sie mir allezeit ahngenehm sein. Amelise ambrassire ich wider
von hertzen undt verbleibe biß in todt Euch beyden mitt wahrer
freündtschafft ergeben. ,
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich glaube , die gräffin von Leiningen mitt ihrer freüUen tochter
wirdt nun baldt bey Euch zu Franckfort sein. Es verlangt mir, zu
vernehmen, waß sie Euch werden verzehlt haben. Ich habe meine
tochter heütte braff außgefiltzt; sie hatt einen starcken husten, aber
nichts exträordinari dabey, weder fieber noch kopffwehe. Ich hab
sie heütte gefunden, daß sie die bittem treuen weint undt meint,
weillen mad. de Guisse gestorben, müste sie auch gleich sterben.
Ich habe sie braff mitt außgelacht, daß sie noch so kindisch ist.
61
36.
Pour mad. Louisse, raugrälBn zu Pfaltz, a Franekfort.
Versaflle den 8 Aprill 1696.
Hertzliebe Lonisse, ich habe wider meinen willen 2 posten
müßen verbeygehen laßen, ohne auff Eweren brieflf vom *V2o Mertz
zu antwortten, so ich vor 8 tagen entpfangen hatte; den ich habe
den abscheulichsten schnnpen gehabt, den man jemahlen gesehen, war
keine halbe stnndte ohne 6, auch offt 8 mahl ahn einem stück zu
nießen, nndt die äugen threnenten mir so abscheulichen, daß ich
nicht sehen konte, hatte anch hitze undt kopffwehe dabey, konte
also unmöglich schreiben. Mein doditer ist schnldt ahn dießem
schönnen schnnpen; sie hatte daß fieber starck mitt redoublementen
undt einen abscheulichen husten dabey. Ihr apartement ist gar weit
von dem meinen, muß durch die capel, umb zu ihr zu gehen. Ich
bliebe alß lang bey ihr; ihre cammer war warm; den in solchen
kranckheitten muß man sich warmb halten. Ich, die auch allezeit,
wen es kalt ist, mich gar warm kleyde, funde eine solche hitze, daß
ich schwitzte, muste hernach, umb mitt dem könig zu nacht eßen,
wider durch die abscheuliche kalte capel gehen undt durch alle den
marmel, so im großen apartement ist; daß hatt mir den schweiß in-
getrieben undt den abscheulichen schnnpen verursachet, deßen ich
nun, gott seye danck, gantz wider quit bin. Den vergangen don-
nerstag abendts ist mir meine zeit ahnkommen; daß hatt alles weg-
geführt. Macht mir keine complimenten übers schreiben, liebe
Louissei Ewere brieffe seindt mir gar lieb undt ahngenehm. Ich
beantworte sie gar gern, thue es auch, wen ichs kan; thue ichs
aber nicht, so seydt versichert, daß es mir ohnmöglich sein muß.
Caroline hatt groß recht, mir nicht in dießen troublen zu schreiben;
sie mögte sich händel dadurch machen. Schreibt ihr nur, daß sie
mir durch Euch mag zu wißen thun laßen, wie viel gelt sie vor
mir außgeben undt wem ichs zahlen solle hir; ambrassirt sie dar-
neben von meinetwegen! Es ist mir etwaß widerliches widerfahren.
Ich hatte mein contrefait vor sie machen laßen undt eines von mein
tochter von einem gutten mahler bestehlt. Dießer verspricht mir,
daß er es machen wolle. Wie ich meine, daß alles fertig ist undt
zu dem mahler schicke, lest er mir antworten, er bette es nicht
6S
gemacht; den er hette eines vor Monsieur gemacht, so er ihm nicht
gezahlt hette, undt weillen er glaube, ich zahle nicht beßer, hette
er daß contrefait nicht gemacht; muß also einen andern suchen
laßen, umb meiner dochter contrefait zu machen. Sie ist nun, gott
lob, leider in volkoBaiaeBer gesundtheit, aber noch gar mager undt
sieht noch gar ttbel auß. Sie ist zu St Clou, umb sich in ihrer
geburtslufft wider zu ersetzen. Die conspiration von Engellandt
wirdt starck hir geleugnet undt man gibt vor, könig Will sprewe
diß geschrey nur auß, beyde könige hir schwartz zu machen. Wen
ich meine meinung davon sagen sol, so glaube ich weder eins nochs
ander, sondern nur, daß die, so die coi\juration in £ngellandt ge-
than, die sach ohne der könige hir ihr wißen so heßlich gemacht
haben undt unter ihren nahmen außgebreit; den es ist gewiß, daß
der könig hir leütte 2 jähr im gefäncknuß gehalten hatt, so, ihm
nur die proposition gethan, könig Wilhelm zu ermorden, kan also
•
solch ordre nicht geben haben undt könig Jacob ist auch zu fromb
dazu; also muß es bloß von den conspiranten Engellandts herkom-
men sein. Es ist eine rechte fatalitet über daß fliegen kommen; den
daß ist die eintzige jagt, wo ich den könig von waß sprechen kan,
undt sayder einem monat her habe ich nur einmahl mitt dem könig
auff die jagt gekont undt eben selben tag hatt sich der könig selb
8 in die kutzsch gesetzt, habe also noch nicht mitt I. M. reden kön-
nen, aber mitt der zeit hoffe ich noch gelegenheit zu finden. Waß
ich I. M. sagen werde, wirdt mir gar keine ungelegenlieit zuwegen
bringen können, aber wen es auch schon were, würde ich solches
gar nicht schewen, wen es Euch raugräfflichen kindem zu nutz kom-
joaen könte, deß könt Ihr woU versichert sein; den nicht allein daß
geblüdt gibt mir einen natürlichen trieb zu Euch allen, sondern auch
ich werde mich all mein leben erinern, wie sehr mich I. G. der
churfürst, unßer herr vatter s., mich Euch alle recomandirt hatt, cüiß
ich zu Strasburg abscheydt nähme; also alles, waß in meinem ver-
mögen jemahlen wirdt kommen können, Euch meine affection zu
bezeugen, da werde ich nie ahn fehlen. Wir gehen in ein par
stunden nach Marly , alwo ich hoffe gelegenheit zu finden, mitt dem
libmg zu sprechen. Hir sehe ich I. M. nie, alß an taffei abendts,
aber dorten sieht man I. M. öfft^r, hoffe also ein gutt moment zu
finden, unßera sache vorzutragen, werde Euch gleich nachricht da-
von geben. Weillen Ihr mir nichts von herrn Maxs gesundtheit
63
BSigt, hoffe ich, daß er gaatz ynäer wohl ist, erirewe mich deß-
wegen. Den £berfritz mögte ich gern in eine beGere nndt fried-
fertigere occassion sehen , alß dardi gefangen werden. Seine Schwe-
ster, dk Kotzenheasserin, wirdt baldt wider hir sein. Seydt rer-
sichert, liebe Lonisse, daß Ihr mir nie besehweiüch nütt sciMreiben
fallen könt! Amelis ambrassire ich wider von hertzen undt yersichere
Euch beyde, daß ich £üch sehr lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
37.
Pour mad. Lonisse , raugrafiSn zu Pfaltz, a Franckfort.
Paris den 28 Aprill 1696.
Hertzliebe Lonisse, gesteni bin ich mitt Ewern schreiben vom
Vii Aprill erfrewet worden. Wefllen ich aber morgen ein abschiedt-
andientz ahn «nvoyes von Portugal geben muß nndt anch ahn ma
tante zu schreiben habe, alß förchte ich, daß ich keine zeit gennng
finden werde, auff Eweren brieff zn antwörtten. Drumb thue ich es
jetzt; den wen ich anff die andere post versdiieben solte, were ich
auch nicht sicher, wider sdireiben zn können; den biß donnerstag
werde ich zu Meudon sein, wo wir ohne zweyffel jagen werden;
also umb keine posten gar nicht zn versettmen, schreibe ich hefltte.
Es ist mir lieb, daß ich allzeit so sehr in Ewenn gedädhtnuß bin, wie
auch daß die gutte gräffin nndt freüUen von Leiningen so woU mitt
mir zufrieden sein undt I. L. der landtgrä£^ zeQgnnß geben, daß
ich mein bestes hir vor sie gethan habe. Franckreich wirdt mir woll
mein gemüht nicht endern, undt je mehr ich hir böße undt falsch«
gemühter sehe undt finde, je mehr will ich mich befleißichen, ihnen
nicht gleich zu sein; es kompt mir gar zu abscheulich Tor. Ich
bitte, liebe Lonisse, danckt doch die gräffinen sehr von meinet-
wegen Yor ihr ahndencken! Mein dochter ist nun, gott sey dandc,
wider in volkommener gesundtheit nndt denckt nicht mehr ahn ster-
ben. Gott gebe nur, daß wen sie wider zu Versaille sein wirdt, ihr
die angst nicht wider ahnkommen mag! den sie soll nun in mad. de
Guisse apartement logiren, weillen es so gar nahe bey mir ist undt
muß in eben derselben kammer schlaffen, wo dieße gutte fürstin
gestorben ist; also sehr zu besorgen, daß sich die forcht wider ein-
stellen wirdt. Herr Max jammert mich sehr , eines Ton seinen kin-
64
dern verlohren zu haben; nichts ist schmertzlicher. Ich bitte, klagt
ihm daß leydt von meinetwegen! Es ist mir lieb, daß diß unglück
ihm nicht ahn der gesnndtheit geschadt hatt nndt daß er nnn wider
anßfahren kan. Weillen man in der festen nichts gethan, aiß cartten
spiellen, mögte man woU die beüttel lehren nndt also singen kön-
nen, wie die haben zu Heydelberg thaten vom berg, wen sie den
Sommer nndt Winter herumb führten:
Nun sin wir in der fasten,
da lehren die bawern die kästen.
Wen die bawern die kästen lehren,
wolle unß gott ein gutt jähr beschehren !
Sti^ strü stro , der Sommer der ist do. *
Ich bin versichert, daß es Euch wandern wirdt, daß ich mich
noch dießer schönnen sach so woU erinere. Es hatt mir gestern
eine person in vertrawen gesagt, daß pfaltzgraff Carl printzes Amelie
von Hannover heürahten wirdt; weillen ma tante mir aber nichts
davon schreibt, kan ichs nicht glauben, wünsche es aber all vor leng-
sten nndt deucht mir gar eine sortable sach zu sein ; daß daß hohen-
loische freüllen lustig sein kan, da sie doch durch den korb gefah-
len, wundert mich gar nicht, den ich habe gehört, daß sie gar coquet
sein solle, undt die coquetten fragen nach nichts; wen sie nur viel
admirateurs haben, ist schon alles gutt. Es ist mir lieb, daß mein
grüß herr Ferdinandt von Degenfeit so ahngenehm geweßen. Scheuet
nie, mir meiner alten bekandten undt freunden ahndencken zu wißen
zu thuni den daß erfrewet mich recht, in ihrem gedechtnuß zu
bleiben, undt bitte Euch, liebe Louisse, alle die, so Euch conmiis-
sion vor mir geben, wider von meinetwegen zu grüßen. Sagt ahn
die Gret, daß ihr Schwester Lenor baldt hir bey mir sein mrdt.
Wie kompts, daß der oberjagermeister jetzt zu Franckfort undt
nicht bey Churpfaltz ist? Ich glaube, daß Ihr fro geweßen seydt,
die fraw von Brun wider zu sehen. Wo ist aber nun die fraw
von Wollmershaußen undt freüllen Charlotte? Adieu, hertzlieb
Louisse! Ich ambrassire Euch undt Amelisse von hertzen undt be-
halte Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
* Vergl. Ublands Scbiiften znr Geschiebte der DichtuDg nnd Sage. III.
Stattgart 1866. 8. S. 17. 40.
65
38.
Pour mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz.
Yersaille den 13 May 1696.
Hertzliebe Looisse, gestern bin ich mitt Ewer schreiben vom
"/24 April erfrewet worden. Seyder ich Etlch geschrieben, habe ich
eine reiße von 12 tagen nach Paris thun müßen, welches mir wie
ordinarie gar übel bekommen; den die Infft ist mir gar unerträglich.
Es hatt mich dortten ein Stägig fieber ahngestoßen. Im 3ten acces
bin ich dortten weg, undt nachdem ich wider anß der bößen Infft,
hab ich nur noch 3 acces bekommen; sie haben aber dermaßen ab-
genohmen, daß sie endtlich gar außgeblieben sein, undt 2 haben
mir schon gantz gefehlt, bin derowegen gestern wider auff die jagt
undt befinde mich nun gantz perfect wohl. Hirauß secht Ihr, liebe
Louisse, aber woll, daß der starcke schnupen undt husten die ge-
sundtheit nicht befestiget. Die fraw von Schelm hatt recht; in
meiner jugendt war ich immer gar kranck ahn husten undt schnupen.
Vor alle gutte wünsche zu meiner gesundtheit dancke ich Euch sehr.
Meine dochter ist. nun, gott sey danck, in volkommener gesundtheit,
' aber nicht sehr gewacksen noch fett. Daß wacksen hatt sie nicht
mehr von nöhten; sie ist groß genung, einen halben kopff lenger, alß
ich undt nicht übel geschaffen, hatt auch, unter unß gesagt, keine
boße minen. Mein söhn aber ist klein undt hatt gar keine gutte
minen, ob er zwar in seiner taille nicht übel geschaffen ist. Ich
habe nun einen andern mahler gefunden, hoffe also, daß ich Euch
mitt der zeit undt ahn Caroline auch die 3 contrefaitten werde
schicken können. Der mahler, so mir abgeschlagen, ist nicht plum-
per, alß ein anderer Frantzoß; plump sein ist die gröste mode
hir undt auch daß die grösten alles von den geringsten leyden
müßen. Hir ist in der that kein hoff, alß des königs seiner; der
unßer ist vor keinen hoff zu rechnen; den es seindt gantz andere
maniren, alß in Teütschlandt. Man kans sichs unmöglich einbilden,
man sehe es dan. Die contrefaitten vor Caroline undt Euch werden
woll kommen undt ohne mich zu incommodiren , aber es gehört zeit
dazu; den man kan hir wenig thun, waß man will. Es ist gar ge-
wiß, daß die könige hir den assassinat von könig Wilhelm nicht
befohlen hatten, sondern ist nur ein dessein von den conspirateurs
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 5
66
geweßen. Es scheindt woU, daß könig Wilhelm gar nicht crnel ist,
indem er selber sorg gehabt, daß sein schwiger herr vatter mitt
seiner gantzen famülien davon kommen ist. Ich bilde mir ein, daß
er dem duc de Barwick nichts übels gönte, weillen selbiger so sehr
ahn seine verstorbene gemahlin gleicht. Unßere königin vonEngel-
landt hir hatt ein contrefait von ihrer verstorbenen stieffdochter;
wie sie es mir wieße, meinte ich, es were der duc de Barwick, den
man in weibskleyder gemahlt hette ; sie seindt einander ja nahe ge-
nung geweßen, nmb einander zu gleichen. Daß könig Wilhelm hertz
genung [hat], weiß man jetzt gar zu woll hir undt daß ich groß
recht hatte, wen ichs bestritten. Ich glaube, Carolline würde beßer
thun, sich nur der gutten lufft zu bedinnen undt kein waßer zu
gebrauchen. Weillen, mit dem könig zu reden, so langsam zugeht,
secht Ihr woll, liebe Louisse, daß ich mich nicht übereylle undt
die zeit in acht nehme. Hir kan man, wie schon gesagt, nicht
reden, wie man gerne wolte; den man sieht den könig gar selten,
undt wen man ihm waß zu fragen hatt, muß man sehr die zeit in
acht nehmen, daß er von guttem humor ist, sonsten rieht man
nichts auß; drumb so seydt nur in keinen sorgen! Ich werde die
zeit woll in acht nehmen, daß mir nichts übels drauß enstehen
wirdt. Ich bin recht touchirt, daß Ihr mir so viel affection erweist,
liebe Louisse ! Kein glück in der weit wolte ich durch Ewer leben noch
einige kranckheit erkauffen, könte ich Euch aber einmahls dinnen
undt dadurch persuadiren, wie ich gegen Euch raugrafflichen kindern
gesinnet bin, würde ich es vor ein groß glück schätzen undt mehr
vergnügen alß Ihr selber dran haben. In dießem augenblick werde
ich in die kutzsch undt nach Marly, alvvo wir die gantze woche
bleiben werden. Ich bins fro, den die lufft ist niir auß der maßen
gesundt. Biß sambstag werden wir nach St Clou, alwo wir den
gantzen sommer zubringen werden. In welchem ort ich sein mag,
werde ich allezeit ahn Euch gedencken undt von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Soltet Ihr die fürstin von Homburg undt die graffin von Lei-
ningen zu sehen bekommen, so bitte ich Euch, macht ihnen meine
entschuldigung , daß ich ihnen noch so baldt nicht werde auff die
schreiben antwortten können, so mir der herr de Bar gestern brach-
te; den Marly verhinderts, wo man keine zeit zu schreiben hatt.
67
39.
St Clou den 11 Juni 1696.
Hertzliebe Louisse, wen ich nicht schon auß eines von ma tante
schreiben gesehen hette, daß Ihr in Hollandt gereist seydt, würde
ich sehr verwundert geworden sein, Ewer werthes schreiben auß dem
Haag datirt zu sehen. Meine gesundtheit ist nun, gott seye danck,
wider gar yolkommen undt ist meine kranckheit bei 6 kleinen ac-
cessen vom fieber blieben, habe es wie ordinari mitt jagen verjagt.
Daß Caroline sich so übel befindt, ist mir hertzlich leydt. Gott gebe,
daß Ihr sie in einen beßern standt finden möget, wen Ihr in Engel-
landt ahnkommen werdet! Ambrassirt sie doch hundert mahl von
meinetwegen undt sagt ihr, wie sehr ich wünsche, daß sie baldt wi-
der zur volkommenen gesundtheit kommen möge, ich dörffte ihr
aber nicht schreiben, sie berichte mich dan zuvor, daß es ihr keine
händel wirdt ahnmachen können. Es ist gewiß woU ein zeichen von
einer trewen schwesterlichen liebe, daß Amelisgen undt Ihr Euch
resolvirt, über die see zu gehen, Caroline zu besuchen; mir kompt
daß seereißen sehr abscheulich vor. Es were eine poßirliche sache,
wen wir auff dieße weiße zusammen kommen selten. Ihr könt woU
gedencken, daß wen ich wißen könte, daß man Euch auffgefischt
hette, daß ich keine ruhe haben würde, biß wir Euch hir haben
würde[n], da Ihr woU viel hören undt sehen soltet, so Euch woU son-
sten unglaublich vorkommen würde. In den ersten schlagten, so vor-
gangen sein, habe ich daß glück gehabt, etlichen gefangenen zu
dinnen undt zu helffen, wen sie hir ins landt kommen sein. Daß
mag woll andern die hoffnung geben haben, daß ich ihnen auch bey-
stehen würde. Ich vermag wenig, thue aber doch mein bestes, wen ich
landtsleütte finde, so meiner von nöhten haben. Wen man in sorgen
were, waß wir einander schrieben, mag man nur unßere brieffe auflf-
machen, wirdt man baldt sehen, daß es keine staadtssagen sein. Ich
erinere mich noch gar perfect vom Haag, finde dießen ort sehr ahn-
genehm, allein ich glaube, daß unßere pfältzische lufft viel gesunder
ist. Jederzeit ist alles gar thewer in Hollandt geweßen. König
Wilhelm ist nun nicht mehr zu Loo, sondern bey seiner armee.
Gott gebe nur, daß es auff keiner schlagt möge außgehenl den es
ist mir gar zu bang vor meinem söhn. Ich kene weder die gräffin
von Hörn noch die von Friß; von der ersten habe ich gehört, aber
nie von der letzten. Es were eine betrübte sache, wen nur allein
6*
68
die schönheitten in dießer weit, fortkommen könten undt daß ver-
standt undt tugendt nie ahngesehen würde. Ich wüste nicht, daß
Dangeau Schwestern in HoUandt hatte. Ich erinere mich noch gar
viel von allem, waß ich in meiner jugendt gehört undt gesehen
habe. Ich darff aber ahn die gnttePfaltz nicht gedencken; es macht
mich zu trawerig undt ich kan nichts helffen. In dießem augenblick
rafft man mir; viel letttte wollen mich besuchen, muß also schließen.
Ich wünsche Euch , liebe Louisse , eine glückliche reiße undt Ihr
werdt mir einen rechten gefahlen thun zu continuiren, mir fleißig
zu schreiben; den seydt versichert, daß ich Euch aUe von hertzen
lieb habe undt behalte 1
Elisabeth Charlotte.
40.
St Clou den 22 Julli 1696.
Hertzliebe Louisse undt Amelisse, gestern abendts habe ich
gantz ohngefehr, aber mitt nicht weniger bestürtzung auß der hol-
ländische gazetten gesehen, wie daß gott der allmächtige Caroline
zu sich gezogen hatt. Ich versichere Euch, daß ichs recht entpfinde,
beklage Euch auch daneben von grundt meiner seelen; den ich
leicht gedencken kan, waß Ihr beyde bey dießem trawrigen fall auß-
stehen müßet. Gott de'r allmächtige wolle Euch trösten undt dießes
hertzenleydt mitt taußendt freüden ersetzen! Ich weiß nicht, ob Ihr
inHollandt noch seydt, oder ob Ihr bei dießem trawerigen spectade
Euch in Engellandt gefunden habt, welches woU etwaß abscheuliches
noch were. Ich will Euch nicht lange mitt meinem schreiben auf-
halten, liebe Louisse undt Amelisse ! den ich woll gedencken kan, daß
Ihr in keinem standt jetzt seydt, [welcher] daß leßen vertragen kan;
derowegen bitte ich Euch nur, dießen beyliegenden brieff ahn dem
duc de Schomberg zu schicken, welchen ich auf frantzösch schreibe;
den ich weiß nicht, wie ich einen duc auff teütsch tractiren soll
undt waß vor einen tittel ich ihm geben könte. Adieu, liebe Louisse
undt Amelisse! Seydt versichert, daß ich Euch alle recht lieb habe,
woran Ihr woll nicht zweyfflen soltet, wen Ihr sehen köntet, wie
viel thronen mir Carline todt kost. Gott der allmächtige wolle Euch
erhalten! Macht doch auch meine condolentz ahn Carl Moritz von
meinetwegen undt ambrassirt ihn!
Elisabeth Charlotte.
69
41.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Einsington.
St Clou den 12 Angnsti 1696.
Hertzliebe Louisse, vorgestern abendts spät habe ich Ewer
schreiben vom V^? J^Ui entpfangen, aber nicht eher, alß heütte
drauff antwortten können, weillen ich gestern mitt monsr le Dauphin
auff die jagt gemüst habe. Ich hoffe', Ihr werdet nun mein schrei-
ben vom 22 Julli entpfangen haben undt darauß ersehen, wie es
mir so sehr zu hertzen gangen, daß Carolline gestorben, tindt wie
ich Euch undt Amelisse woll von grundt meiner schien bedawert
habe, dießen Unglück beyzuwohnen undt diß trawerige spectacle vor
Ewern äugen gesehen zu haben. Viel ungemach auff der see auß-
zustehen, umb ein soldi trawerig spectacle zu finden, ist woll waß
abscheuliches; ich kan ohne threnen nicht dran gedencken. Wie
kompts, daß die arme Caroline nicht eher auß der schädlichen lufft
undt nach HoUandt undt Teütschlandt ist gereist? Hirauß erscheindt
woll, wie in alles, waß in der weit geschieht, daß ein verhencknuß
ist, worüber niemandes schreitten kan. Die gutte Caroline s. hatt
woll ein schön endt genohmen undt ist ihre fermet6 zu admiriren.
Wen die leütte so auß dem naturel schlagen, ist es allezeit ein
bößes zeichen. Ich finde sehr löblich ahn dem duc de Chomberg,
daß er so touchirt ist. Er jammert mich auch von hertzen undt
seine liebe kinder. Gott der allmächtige wolle Euch alle trösten!
Sagt ihm von meinetwegen, daß ich mich vor glücklich schätzen
solte, wen ich ihm undt seine kinder durch eittige ahngenehme
dinste erweißen könte, daß ich ihn estimire undt die liebe kinder
ihrer mutter wegen sehr lieb habe, undt wen ich gleich Caroline nicht
so lieb gehabt hatte, alß ich in der that gethan, wehren mir doch
die kinder lieb, weillen sie ja meines berrn vattern s. enckel sein.
Also kan der duc de Chomberg woll versichert sein, daß ich ihnen
all mein leben woll gewogen sein werde undt es ihnen erweißen, wo
es in meinem vermögen wirdt stehen können. Adieu, hertzliebe
Louisse! Ich wünsche, daß Euch gott der allmächtige dießes leydt
undt schmertzen mitt taußendt freüden undt vergnügen ersetzen
werde. In deßen schütz befehle ich Euch undt seydt versichert,
70
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte undt Amelisse
auch!
Elisabeth Charlotte.
42.
A mad. Louisse , raugraffin zu Pfaltz , a Oxebridge.
Paris den 22 Augusti 1696.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer schreiben von
Oxbridge zu recht entpfangen undt noch mitt threnen geleßen.
Nichts ist abscheüllicher in der weit, alß die zu verliehren , so man
lieb hatt; in alles ander kan man noch radt finden, aber in dießes
ist nichts zu hoffen, undt ob zwar die ersten schraertzen vergehen,
geht es einem doch all sein leben nach. Derowegen beklage ich
Euch , Amelisse undt den duc de Schomberg woll von grundt mei-
ner Seelen. Daß ich Caroline s. vertust beweine, ist gar nichts
genereux, sondern gantz naturlich; wir seindt ja von einem ge-
blüdte undt über daß so habe ich ja die arme Caroline s. allezeit
lieb gehabt undt durch ihre letzte schreiben hatte sich, so zu sagen,
unßere freündtschafft wider verneüert. Es hatt mich also recht tou-
chirt, sie so auff einmahl zu verliehren, da ich mich doch eine
freüde gemacht hette, sie einsmahls hir zu ambrassiren, welches gar
leicht hette geschehen können; den ihr rang war gantz regullirt hir.
Aber es scheindt, daß mir gott der allmächtige in dießem leben wenig
freüde bestimbt hatt. Vor alle gutte wünsche, so Ihr undt Amelise mir
thut, sage ich Euch von hertzen danck. Niemandes ist vester persua-
dirt, alß ich, daß gott der allmächtige alle menschen ihr ziehl gesetzt
hatt undt daß niemandes in der weit solches überschreitten kan. Hette
sie geneßen sollen, hette sich alles dazu fertig befunden, sie auß der
bößen lufft zu bringen. Nun Caroline aber hatt sterben sollen, haben
sich so viel obstaclen gefunden. Den pasport hette ich ihr leicht zu-
wegen bringen können; aber wie Ihr gar woU sagt, gott hatt es änderst
geschickt. Es soulagirt mich doch, daß die gutte Caroline noch vor
ihrem todt den trost bekommen, Amelise undt Euch zu sehen undt
zu ambrassiren. Ich finde wie Ihr, liebe Louisse, daß Caroline endt
vor sich zu wünschen ist, finde, daß sie mitt rechter fermete ge-
storben ist. Wer einen festen glauben auff jenner weit haben kan,
ist woll glücklich; den in dießer ist wenig trost undt vergnügen
weder zu hoffen noch zu finden. Die seindt auch nicht die Unglück-
71
seeligsten, den [? die] ahm ersten fortgehen. Mich deucht, daß wir aHe,
80 I. G. deß churftirsten s. kinder sein, unß alle wenig vom zeitlichen
glück zu berühmen haben. Gott gebe, daß wir daß ewige finden
möge[n]! Ich nehme gar nicht übel, daß mir der duc de Ghonberg
noch nicht geantwortet hatt. Sagt ihm von meinetwegen, daß wen
er meinen solte, daß ahn mich zu schreiben ihm die geringste un-
gelegenheit oder soubgon bey könig Wilhelm verursachea solte, solle
er es unterwegen laßen! Wen er nur von meinen sentiement persua-
dirt ist , so ich über Garoline sehl. verlust gehabt undt die ich noch
vor ihn undt seine kinder behalte, bin ich schon zufrieden. Garl
Moritz wirdt diß jähr eben so wenig in der campagne gesehen
haben, alß seine compagnie; den es ist gar nichts vorgangen. Daß
geschrey geht starck hir, daß könig Wilhelm die churprintzes von
Brandenbourg heürahten wirdt. Wen dem also ist, werdet Ihr baldt
eine königin in Engellandt sehen. Nun Garl Moritz bey dießem
köuig alß volontaire ist undt die campagne nun aufhören wirdt,
bilde ich mir ein, er wirdt zu Euch in Engellandt kommen. Ich
wolte, daß ich so glücklich sein könte, ihm undt Euch allen einige
ahngenehme dinst zu thun können, würde mir eine rechte freüde
drauß machen; den seydt versichert, daß ich Euch alle sehr lieb
habe undt allezeit behalten werde!
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ihr werdt mir gefahlen thun, mir die strumpf undt steck-
nadellen zu schicken, so die gutte Garoline s. mir bestehlt hatte.
Schreibt mir auch, waß es kost! Ich bin Garoline s. auch noch ein
par strumpf schuldig; sie hatte mir nie geschrieben, waß es gekost
hatte. Drumb, liebe Louisse, schreibt mir alles, so werde ich es
mitt danck bezahlen. Ich kau leicht begreifen, wie daß der duc de
Chomberg nicht wider nach Eingsington mag. Solche örter geben
gar zu trawerige ermahnungen. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich am-
brassire Euch von hertzen. Ich bin nur hergefahren, eine von
meinen freündinen zu sehen; dießen abendt werde ich wider nach
St Clou.
43.
Versaille den 10 Dec. 1696.
Hertzliebe Louisse, ich glaube, Ihr werdt meinen, ich seye
72
toiLt, daß Ihr in so ewiger langer zeit keine brieffe von mir ent-
pfangen habt, will Euch aber hirmitt die rechte warheit sagen. Ich
entpfinge Ewer liebes schreiben vom 13 Oct. alten st zu Fontaine-
blean eben, wie die princes von Savoye, welche man nun hir gantz
kurtz la princesse nent, ahnkamme. Da war so ein gethuns, daß
ich ohnmöglich schreiben konte. Gleich über 2 tag hernach käm-
men wir hieher, den andern tag gingen wir nach Paris, alwo ich
nach meiner uhralten gewohnheit gleich einen abscheulichen husten,
schnupen undt kopffwehe bekäme, welches mir nie zu Paris man-
quirt, daß ich nicht auß den äugen sehen konte, dazu ein geschwer
ahn der naßen, habe also die 3 wocben über, so ich zu Paris ge-
weßen, ohnmöglich schreiben können. Seyder die 9 tag, daß wir-
wider hir sein, habe ich auch noch nicht zum schreiben gelangen
können; den erstlich so habe ich sontags undt freytags ahn ma
tante schreiben müßen nach Hannover undt die überige tage habe
ich so viel leütte gehabt, ins apartement gemüst, in die comedie,
jagen undt noch sonsten zu thun bekommen, daß ich außer heütte
ohnmöglich zum schreiben habe gelangen können. Seyder etlichen
tagen hatt mir madle de Malosse noch ein schreiben von Euch ge-
schickt, welches ich aber erst beantwortten werde, wen ich wider von
Marly werde kommen sein, wo wir übermorgen hin werde[n] undt
biß sambstag wider herkommen. Morgen muß ich der königin in
Engellandt eine vissitte geben, worauf der gantze tag gehen wirdt,
derowegen kan es morgen nicht geschehen. Ich komme aber auch
einmahl auff Ewer schreiben, habe darauß mitt freüden ersehen,
daß Amalisse undt Ihr so gerne von meinen brieffen habt undt daß
•
es Euch beyden zu einigem trost dint, wen Ihr sehen soltet, mitt
waß freüden ich Ewere schreiben entpfange, so köntet Ihr woU nicht
zweyfflen, daß sie mir gar ahngenehm sein. Ewere brieff bedörffen
eben keiner großen eloquentz nicht, umb mich zu persuadiren, daß
Ihr mich lieb habt; den wir seindt einander ja nahe genung dazu
undt Ihr wist woll, daß ich Euch raugräffliche alle allezeit lieb gehabt
habe; also kan ich mich auch woll mitt recht flatiren, daß Ihr
mich auch lieb habt. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir thut,
dancke ich Euch sehr undt versichere Euch, liebe Louisse, daß
wen Euch undt Ewere geschwister begegenen solte alles, waß ich
Euch wünsche, würdet Ihr gar gewiß nichts zu begehren haben.
Mein credit hir, unter unß gerett, ißt alß gangen, nachdem die
73
damen, so in faveur geweßen, mich gehast haben oder nicht; weft-
len die jetzige mir nicht holt, bin ich nicht in faveor, welches
mir nur leydt in dem ist, daß es mich verhindert, gatte freunde zu
dinnen; sonsten frage ich, unter nnß gerett, kein haar darnach.
Ich gebe mein gerahten weg fort undt habe mir, gott lob, nichts
vorzuwerffen. Mein parthie ist gantz gefast, es mag gehen, wie es
wolle. Eompt endemng, werde ichs mitt freüden ahnnehmen, kompt
keine, werde ich mich nicht zu todt grämen; kompt mir etwaß vor-
handen, meinen freündin zu dinnen, rechte [rede ?] ich gehertzt herauß
undt ohne scheu; thut mans, bin ich fro; thut mans nicht, so thun,
die mirs abschlagen, injustice, also desto schlimmer vor ihnen. Den
duc de Schomberg grüst freündtlich von meinetwegen undt ambras-
drt Amelisse! Ich habe brieff vop monsr Amyrault bekommen, wie
daß die schachte!, so Caroline s. bestehlt, ahnkommen im Haag; werde
ihm hirmitt berichten, wie es herzuschicken ist. Ihr schreibt mir
aber nicht, waß es Caroline gekost hatt, daroitt ich es bezahlen
möge; bitte, schreibt mirs doch! Ich wolte, daß könig Wilhelm mein
tochter bette undt daß wir dadurch einen gutten frieden bekämmen.
Adieu, hertzliebe Louisse! Es ist spät, ich muß schließen, ambras-
sire Euch von hertzen undt habe Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
44.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Londre.
Yersaille den 5 Januar! 1697.
Hertzliebe Louisse, ich zweyffle nicht, daß Ihr meinen brieff
nun schon werdet entpfangen haben, so ich ahn monsr Amyrault
adressirt habe. Seyder dem habe ich ohnmöglich wider zum schrei-
ben gelangen können, noch auff Ewern lieben brieff zu antworten,
so ich durch madle de Malose bekommen. Es were zu langweilig.
Euch alle Ursachen zu berichten, so mich ahn schreiben verhindert
haben, allein nur sagen, daß ich wider 11 tag zu Paris geweßen
undt dort krencker, alß nie geworden. Ehe ich auff Eweren brieff
antworte, liebe Louisse, kan ich nicht laßen, Euch nach guttem
alten teütschen brauch ein glttckseeliges friedt- undt freudenreiches
neues jähr zu wünschen undt daß Euch gott der allmächtige so viel
trost undt freüden iq dießem jähr beschehren möge, alß Ihr ver^
74
gingen jähr creütz undt hertzenleydt ahn Caroline s. todt bekommen
habt ondt daß Ihr noch viel jähr mitt gesundtheit uudt Zufriedenheit
zubringen möget. Amelisse wünsche ich daßelbe gleichen. Nun
komme ich auch endtlich auff Ewer schreiben. JIdadle de Malose
hatt hir allezeit vor so ein tugendtsam mensch passirt, daß ich ge-
dacht, das es Euch ahngenehm sein würde, eine solche kuntschafft
zu bekommen undt daß Ihr in der frembte fro würdet sein, jeman-
des rechtschaffnes zu haben, da Ihr mitt umbgehen könt. Wolte
gott, liebe Louisse, daß ich mich Ewer recht annehmen könte, wie
ich es wünschte! Alßden würdet Ihr erst verspüren, daß ich Euch
recht lieb habe, bin aber leyder in dem standt nicht, also seydtihr,
gutte kinder, nur gar zu gutt, meinen willen vor daß werck zu
nehmen. Dießen brieff werde ich durch madle de Malose wider
schicken; den ich werde ihr jetzt gleich auch schreiben. Made de
Gouverne ist auch gar eine gutte fraw, aber ihr qualitet undt madle
de Malose ihre seindt gar unterschieden. Die letzte ist von gar
guttem hauß. Mich wundert, daß die printzes in Denemarck lieber
in manteau dantzt, alß gantz gekleydt. Die großen rock pariren
viel mehr undt stehet fürstlicher. Spiegel ist hir undt ohne pasport
kommen. Ich habe ihn drüber außgefiltzt. Er sagte, seine Sachen
wereu nun gantz richtig. Danckt dem duc de Schomberg vor sein
ahudencken undt macht ihm mein compliment! Amelisse ambrassire
ich von hcrtzen uudt versichere Euch, liebe Louisse, daß ich Euch
all mein leben recht lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
45.
Pour mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Lenden.
Versaille den 22 Januari 1697.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich Eweren lieben
brieff vom 22 Decbr 96 zu recht entpfangen. Ich erinere mich
nicht, mein leben die madle de Pressenville gesehen zu haben; den
die Jungfern von duchessen kommen nie, wo wir sein, noch weniger
in der königin kammern; glaube, daß sie Euch nicht viel von dem
hoff wirdt (alß von hören sagen) verzehlen können. Mons. Amyrault
muß ein gutter ehrlicher man sein; den er ist recht sorgfältig vor
unßere brieffe. So ist man hir im lande nicht; wen kein interesse
76
bey eiaer sagen ist, hatt man vor nichts sorg und lest alles schlen-
dern. Ihr seydt gar zu demütig, liebe Louisse, nicht zn preten-
diren, daß ich Euch fleißig antworten sole auf Ewere schreiben;
aber seydt versichert, liebe Looisse, daß wen ich nicht so fleißig
schreibe, alß es billig, daß es mir recht leydt ist, undt offt ver-
hindern mich Sachen, so ich viel ungerner thoe, alß ahn Euch zu
schreiben, daß könt Ihr woU versichert sein. Der schnupen ist
nicht ungesnndt, aber ich kan nicht glauben, daß daß continuirliche
husten gutt zu etwaß ist. Ich bin zwar beßer, alß ich zu Paris
war, aber von dem letzten husten, so ich die letzte reiße dortten
auffgesapelt, noch nicht courirt; drumb hatt mich Monsieur vorge-
stern, da I. L. mitt meinen kindem nach Paris sein, nicht mittge-
nohmen. Sie werden noch biß sambstag über 8 tag dortten bleiben,
ich werde ihnen aber ein par vissitten geben uudt doch wider her
schlaffen kommen. Mich deucht, es seye noch nie keins von Eweren
brieffen verlohren gangen. Man hatt woll groß recht, sich bey
jetziger kälte warm zu halten. Ich bin fro, daß Amelise ihres
husten quit ist. Ich beklagen den duc de Ghomberg von hertzen,
sein kindt auch verlohren zu haben; bitte, wolt ihm doch daß leydt
von meinetwegen klagen, undt ich mache Euch mein compliment auch
drüber. Ihr sagt mir aber nicht, ob es ein medgen oder bub war.
Frey lieh seindt die kinder woll glückseelig, so so jung sterben;
den denen ist der himmd woll gewiß undt stehen nicht alles Un-
glück undt betrübtnuß auß, so denen woll nicht fehlt, so lang in
dießer weit bleiben. Daß man einen tag beßer sein unglück er-
tragen kan, alß den andern, ist gar gewiß undt war; ich verspüre
es auch, aber doch gewehnt man sich entlich dran, die sachen nicht
so gar mehr zu hertzen zu ziehen. Es ist eine verdrießliche sache,
daß die pfaffen machen, daß die Christen einander so zuwider sein
müßen. Die 3 christliche religionen, wen man meinen raht folgte,
selten sich vor eine halten undt sich nicht informiren, waß man
drinen glaubt, sondern nur ob man nach dem evangellion lebt, undt
dagegen predigen, wen man übel lebt, aber die Christen unter ein-
ander heürahten laßen undt in welche kirch gehen, alß sie wollen,
ohne es übel zu finden; so würde mehr einigkeU unter den Christen
sein, alß nun ist. Ich habe eine solche estime vor könig Wilhelm,
daß ich den viel lieber zum Schwiegersohn hette, alß den römischen
könig. Ich kan meiner tpchter da(i mitt warbeit nachsagen, 4ftß
76
sie gantz nndt gar keine pente zur ooqnetterie andt gallanterie hatt;
auf dießem article gibt sie mir gar keine mühe nndt glaube, daß
wer sie auch bekommen mag, hirin nichts wirdt zu fürchten haben.
Schön von gesicht ist meine dochter nicht, hatt aber eine schönne
taille, gutte minnen undt hübsche hantt undt ist ein gntt gemtthte.
Vor Ewerm gutten neüjahrs wünsch, liebe Louisse, dancke ich Euch
von hertzen, wünsche Euch hergegen alles, waß Ewer hertz wünscht
undt begehren mag, wie auch ahn Amelis undt duc de Schonberg,
welche ich Euch bitte sehr vor ihr ahndencken zu daucken, ambras-
sire Euch undt Amelis undt versichere, daß ich Euch beide von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Die strumpf undt stecknadelen haben wegen der frost noch
nicht überkommen können. Ich werde lang ahn die 8 par haben
undt allezeit ahn die arme Caroline s. undt Euch geJencken, wen
ich sie tragen werde. Ich glaube , daß Ihr jetzt mein brieff , so in
madle de Malauze paquet war, werdet entpfangen haben. Wen Ihr
madle de Malauze secht, so macht ihr doch mein compliment!
Heütte habe ich ein schreiben von I. L. ma tante, die chur-
fürstin, entpfangen. Die schreibt mir, daß Carl Moritz nun obrist-
leüttenandt geworden; deß bin ich fro, hoffe, daß er baldt ober-
ster werden wirdt. Ma tante sagt, daß er gantz klein geblieben
ist; daß ist mir leydt. Wen Ihr ahn Carl Moritz schreibt, so grüst
ihn von meinetwegen!
46.
Pour mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Londen.
Yersaille den 18 Februari 1697;
Hertzliebe Louisse, madle de Malose wirdt Euch sagen, waß
mich verhindert hatt, Euch eher alß nun zu antwortten. Ich wün-
sche, daß dießer brieff so geschwindt alß der letzte durch eben
dieße gelegenheit gehen möge. Es ist kein wunder, daß madle
de Malose adresse geschwinder geht, alß monsr ArajTault; den
diß geht geraht nach Engellaudt, da jenes erst in den Haag geht.
Auff Ewer letztes schreiben durch mr Am^rauU habe ich geant-^
77
wortet. In dießer weit, liebe Louisse, kan man nicht alles thon,
waß man gerne wolte, undt so ungern ich auch zu Paris bin, muß
ich doch biß sambstag wider hin undt daß noch, umb 12 gantzer
tag wider dortten zu bleiben. Es wirdt mir übel genung bekom-
men. Aber waß hilffts? Mein Schuldigkeit erfordert, daß ich hin-
gehen muß, also ohnnöhtig, ahn meine gesundtheit zu gedencken.
Ob meine affection Euch , liebe Louisse undt Amelise , zwar gar
sicher dießes jähr ist, so sehe ich doch leyder nicht, wozu es
Euch nutzen kan noch glück bringen. Ich glaube, daß es unß alle
papa s. kinder ahngebohren ist, entweder jung zu sterben, oder un-
glücklich zu leben ; den keines von unß allen ist es änderst gangen ;
aber wie Ihr gar recht sagt, so muß man sein bestes thun, sich
von. den betrübten zuschickungen nicht daß hertz zu viel ein-
nehmen zu laßen; auch thue ich mein bestes, kein schlaffkap zu
werden, welche fräse mich hatt lachen machen. Ich habe daß la-
chen hoch von nöhten, den bey dießen abscheulichen wetter kan
man kein exercitzien thun undt nicht jagen, also ist mein miltz in
einem bößeu standt. Die ängsten, so ich vor oncle habe, machen
mich auch gantz trawerig. Hette madle de Malose nicht so ein
gar guttes lob, hette ich sie nicht gebetten, freündtschafft mitt Euch
zu machen. Ihre nahe baß hatt mir nie gefahlen, hatt auch bey
weittem hir keine so gutte reputation gehabt alß dieße. Die Romy
(den die ists, glaube ich, von welcher Ihr sprecht) ist mir alß
noch dabey ein wenig spottisch undt hönisch vorkommen undt
solche leütte seindt ordinari falsch. Danckt made de 6ouvern6
sehr vor ihr abndencken undt offre! Dieße ist auch eine gutte
fraw, so allezeit eine gutte reputation behalten. Spiegel ist nun
vergangenen sambstag einmahl wider weg. Gottlob! Ich habe
ihm ein brieff ahn meines brudern gemah'lin mittgeben. Er hatt
zwar alles hir bezahlt, waß er schuldig war, aber vor noch ein-
mahl so viel wahren auffgenohmen ; hoffe, daß weillen er daß erste
hatt bezahlen können, daß er auch woll gelt zum letzten finden
wirdt. Ihr habt gar woll gethan, nicht zu der printzes von Dene-
marck zu gehen, weillen sie Euch nicht saluiren will ; sie hatt un-
recht, so hoffärtig zu sein; den ihre fraw mutter war viel weniger,
alß Ihr seydt. Es kan außerwerdts nicht übel lautten, daß Ihr
nichts gegen Ewere pretentionen in Engellandt gethan habt, finde
also, daß der duc de Schonberg Euch gar recht gerahten ^ä-U» Vw.
78
habt vergeßen, liebe Louisse, daß ich Euch schon offt gesagt habe,
daß ich gerne lange brieffe habe, indem Ihr mir entschuldigung
macht, daß Ewer schreiben zu lang ist. Verstehet Ihr daß eng-
lische genung, umb last in den comedien zu nehmen können? Die
frantzösche plenipotentier haben ihre pasports entpfangen, werden
nun baldt weg. Gott gebe, daß es baldt einen gntten frieden geben
möge! Den dnc de Schonberg grüst wider freündtlich von meinet-
wegen undt ambrassirt seine kinder nndt Amelissel Man spürt hir
nicht, daß man im camaval ist; den es ist kein entzig divertisse-
ment bey hoff. Monsr le Dauphin ist mitt der printzes de Conti,
die verwitibte, undt viel damens undt cavalier undt mein söhn nach
Meudon, sich dar lustig zu machen. Monsieur ist heütte nach
Paris, umb deßgleichen zu thun, ich aber sitze hir gantz allein
undt habe vor die lange weill manlaffen feil. Daß ist alles, waß
ich Euch, liebe Louisse, vor dießmahl sagen werde undt daß ich
allezeit Euch undt Ewere geschwisterig von hertzen lieb behalten
werde.
Elisabeth Charlotte.
47.
Paris den 4 Mertz 1697.
Hertzliebe Louisse, vor zwey tagen habe ich Ewern brieff vom
2 Februar st. v. zu recht entpfangen, andern tags aber eine zeitung
erfahren, so mir woU von grundt meiner seelen leydt ist, nehmblicb
daß der gutte ehrliche he. Max endtlich gestorben ist, undt weillen
ich nicht zweyffle, daß dießer todt Euch undt Amelisse auch sehr
zu hertzen gehen wirdt, alß versichere ich Euch bey den hiemitt,
wie sehr ich Euch hirüber beklage. Es scheinet, alß wen Ihr
schir nicht aufhören köntet, die zu verliehren, so Euch lieb undt
ahngenehm sein. Wen. daß unglück einem einmahl überfeit, klet-
terts ahn wie kletten, man wirdts nimmer loß; deßen habe ich
auch leyder nur zu lange probe gethan, kan also diejenigen desto
mehr betawern, so ich im selben standt sehe; weillen aber lenger
hiräuff zu morallisiren weder Euch zum trost dinnen kan noch
leyder nichts endern , so will ich weitter nichts hirvon sagen , son-
dern nur auff Ewern brieff antwortten. Dießen werde ich Euch
79
durch monsr Amirault schicken, Euch aher vorher noch bitten,
madle de Malauze meinetwegen fretindtlich zu grüßen undt Ihr zu
sagen, daß ihre stecknadellen einmahl ahnkommen sein. Ich habe
aber den zettel nicht dabey gefunden, waß sie kosten; bitte also,
sie wollen mir solches zu wißen thun, damitt ich es mitt danck be-
zahlen möge. Alles ist woU abscheulich schelmisch hir im landt
undt alles stielt; auff der doane haben* sie mir die helflFt von den
stecknadellen gestollen, haben jedes papier halb abgerißen, es ist
recht possirlich zu sehen. CaroUine s. paquet habe ich noch nicht
entpfangen; den monsr Amyrault hatt es nicht schicken können, so
lang alles gefroren geweßen. Ob ich schon dießen monsr Amyraut
nicht kene, so halte ich doch viel auff ihn wegen seiner großen
exactitude undt fleiß; er muß ein ehrlicher man Sein. Ihr habt
woU recht, liebe Louisse, zu sagen, daß es etwaß rares ist, je-
mandes zu finden in dießen zeitten, so nicht interessirt ist. Es ist
noch viel rarer in Franckreich, alß in keinem ort von der weit; den
wie sehr Tinterest hir regirt, ist nicht außzusprechen , aber es ist
der Frantzoßen naturel; der krieg hatt sie gar nicht hirin verdor-
ben. Es ist jetzt 11 tag, daß wir wider hir sein; kan mich also
gar nicht berühmen, gesundt zu sein; heütte ist es etwaß abscheu-
liches, wie ich huste; dran sterben werde ich woll nicht, aber man
leydt viel ungemach dabey. Morgen werden wir, gott lob, wider
weg undt nach Marly, wo mir die lufft gar gesundt ist, hoffe also,
baldt beßer zu werden. Betterthel kan man hir nicht drincken;
man hatt gar zu schlegt hier in Franckreich, es ist schlap undt so
sewer, daß mans nicht drincken kan; den vor dießem habe ichs
versuchen wollen. Ich erinerte mich noch gar woll, wie ich es zu
Heydelberg getruncken hatte, aber, wie schon gesagt, es lest sich
hir nicht trincken; zudem so ist mein husten kein rechter husten,
sondern nur eine gesaltzene pituitte, so mir hir continuirlich vom
haubt in den halß feit undt so husten macht. Man meint hir, daß
die viellen caminen schuldig dran sein undt daß der rauch die lufft
dick undt versaltzen macht. Hatt der duc de Schomberg den kein
hauß auffs landt, da Ihr Euch auffhalten könt, weillen Euch die
lufft von Londen zuwider ist? Habt acht, daß es Euch keine Im-
pression macht, wie die arme Caroline s. 1 Worumb sagt Ihr: «mitt
respect den schnupen> ? den nent man ja tiberall ohne fagon, wie
auch alle kranckheiten außer den durchlauff.. Der srhnupen, hoffe
80
ich, wirdt Euch daß haopt reinigen andt alles höße wegführen,
' wünsche es allezeit. Wie i<ih sehe, so hatt madle Pressenville gar
recht gesprochen , der arme adel wirdt gar ühel hir in Franckreich
gehalten; es jammert mich offt. Ihr sagt nicht, an welcher kranck-
heit Ewer kleiner neuvea gestorben ist. Die pfaffen können nie
ohne zanck bleiben; haben sie nicht gegen andere religioneq zu
streitten, so dispnttiren sie unter einander, wie ich alle tage hir
sehe. Ich halte es mitt dem, waß der gutte ehrliche oberster We-
benheim mir alß pflegt zu sagen: «Es ist nur eine gutte undt
rechte religion in der weit undt die kan sich in allerhandt religio-
nen undt sprachen finden, nehmblich die von den ehrlichen leütten;
den die seindt überall einer meinung undt weillen man nicht durch-
auß ehrlich leben kan, man lebe dan nach den precepten von
evangellion, also ist daß gar gewiß die rechte religion;« aber daß
heüfflein darvon ist gar klein. Ich bin gantz persuadirt, daß mein
tochter ein alt jungfergen bleiben wirdt, nach aller aparentz; Ewer
könig wirdt woU die princes von Denemarck bekomen, der romische
könig, bilde ich mir ein, die zweyte princes von Savoyen, der hert-
zog von Lotheringen, deß keyßers dochter, also ist nichts mehr
überig vor die meine. Die plenipotentiere seindt nun weg nach
HoUandt. Waß sie außrichten werden, wirdt sich baldt weißen. Ich
glaube nicht, daß mehr ein mensch in der weit kan gefunden [wer-
den], so nicht eine große estime vor könig Wilhelm hatt; ich vor
mein theil habe nie verhehlt, daß ich ihn estimire. Ich wünsche sehr,
daß Carl Moritz je mehr undt mehr avanciren möge. Die reflection,
so ihr über Ewer bruder gemacht, haben ma tante undt ich auch
woll schon gar offt gethan. Es were mir woU ein rechter trost
geweßen, wen der allmächtige mir undt unß allen unßern lieben
Carllutz bette leben laßen. Carl Edewart habe ich weniger geliebet,
weillen er nie kein vertrawen hatt zu mir haben wollen, haben die
wortten so zu sagen mitt gewalt außpreßen müßen, wen ich mitt ihm
gesprochen. Carllutz war woll nicht so, sondern hatt alß mitt.
lust undt recht offenhertzig mitt mir gelebt, regrettire ihn auch all
mein leben , kan nicht ohne threnen von im reden. Die andere
zwey habe ich mein leben nicht gesehen, aber sehr loben hören.
Wen Ihr ahn herr Ferdinand schreibt, bitte ich, ihü doch von
meinetwegen zu grüben undt ihm von meinetwegen daß leydt zu
klagen über den verlust von herr Max, wie auch ahn seine schwe-
81
Stern. Amelisse ambrassire ich undt behalte Euch beyden von
hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
48.
Versaille den 17 Mertz 1697.
Hertzliebe Louisse, dießmahl werdet Ihr eine frische antwort
bekommen; den hetltte morgen habe ich Ewern wehrten brieff
vom 23 Feb. st. v. zu recht in madle de Malauze paquet ent-
pfangen. Madie de Malauze habe ich nie hönisch noch spöttisch
gesehen; ihr bäßgen aber kan dießes braff, wo ich gar nichts von
halte. Die gutte madle de Malausse erzeigt mir eine solche freüde,
daß ich ihr schreibe undt freündtlich zuspreche, daß ich recht tou-
chirt davon bin. Auß meinem letzten brieff, so ich Euch durch
monsr Amirault geschrieben, werdet Ihr ersehen haben, daß ich
leyder deß gutten ehrlichen he. Max todt schon gewust habe, undt
versichere Euch, daß er mir threnen gekost hatt; kan also leicht
begreifen, wie es Euch muß zu hertzen gangen sein undt auch
Amelisse, daß er Euch noch vor seinem endt geschrieben undt von
Euch abscheydt genohmen; jammert mich von hertzen. Er ist doch
glücklich geweßen, zu glauben können, daß er die gutte baß Amelie
in jenner weit zu sehen bekommen könte; daß hatt ihm deß todes
bitterkeit versüst. Ma tante schriebe mir einmahl, he. Max heu-
rahte sich wider, weiUen er sich eingebildt, dieße zweyte gleiche
der erste frawen. Ewer reflection ist woll war, daß ein freündt
nach dem andern fortgeht. Wens einmahl ahngefangen hatt, kans
nicht mehr aufhören. Ich habe dieße experientz leyder auch nur
gar zu viel experimentirt undt gott weiß, waß ich noch täglich
drüber entpfinde. Wie könt es möglich sein, daß wir alle I. G.
deß churfürstens s. kinder änderst dencken können, alß daß wir
alle unglücklich sein, da ja keines glücklich geworden ist! WeiUen
unß gott so viel undt mancherley hertzenleydt zuschickt, so scheyndt
es woll klar, daß er unß nicht lustig haben will; den es ist gegen
der natur, unglücklich undt lustig zu sein. In der ersten jugendt
undt wen man noch nicht recht reflectieren kan, könnte es woll
geschehen, daß man noch in unglück lustig ist, wen man einen lu-
stigen humor gehabt hatt; allein wen man in meinem alter k<^\s^7i^\.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^
82
undt 80 viel außgestanden, den vergeht einem alle lust. Ander
leütte, 80 noch unglücklicher sein, alß wir, können nicht trösten;
den man kan noch förchten, auch in selbigen standt zu fallen.
Mich deucht, daß nicht selber schuldig ahn seinem Unglück zu sein,
ist desto schlegter trost, daß man noch, so zu sagen, eine Ungerech-
tigkeit außstehet; sich aber in den willen gottes ergeben, ist eine
andere sach undt die beste parthie. Ich habe gestern ein schreiben
von ma tante vom 5 dießes monats hießigen stiel erhalten. Mich
deucht, ma tante ist noch in sorgen vor oncle undt trawet dem
beßer werden nicht. Daß setzt mich in sorgen; den ich bin ver-
sichert, daß I. L. die sach gar genaw examiniren. Ich kan nicht
begreiffen, wie freüllen Offen von vatter undt mutter seytten
der fraw von Degenfeit stieffschwester sein kan. Explidrt mirs
doch! den ich verstehe es gar nicht. Wie ich sehe, so seindt die
großen herrn in Engellandt ebenso verquackelt, alß die hertzogen
hir, deren kaum zwey sein, so 4 äugen erweißen können. In heü-
rahten muß man sich selber examiniren, wie man meint, daß man
ahm glücklichsten sein kan. Ich kan mir nicht einbilden, wie man
Euch raugraffliche kinder vor reich halten kan, da man doch woll
weiß, wie die Pfaltz leyder ist zugericht worden. Daß Ihr Euch
nicht heürahten wolt, ohne offenhertzig herauß zu sagen, wie es
mitt alles bestelt ist, finde ich sehr löblich. Es ist keine so lustige
complexion, so nicht endtlich endert, wen daß unglück dawerhafft
ist; kan also dem gutten ehrlichen h. Max s. kein unrecht geben,
daß er trawerig geworden, noch Euch auch. Ich weiß nicht, ob Ihr
Euch noch erinern könt, wie lustig ich in meiner jugendt geweßen;
nun bin ichs gar nicht mehr, bin woll 6 wochen ohne lachen. Die
made de Gouverne jamert mich von hertzen, ihre dochter noch zu
beweinen; grüst sie von meinetwegen! Ich meinte nicht, daß musiq
(außer etliche geigen, die acten zu unterscheiden) in den englischen
commedien wehren. Die comedie ist, waß ich noch ahm liebsten
von zeitverdreib habe. I. G. unßer herr vatter s. pflegte zu sagen,
daß keine schönere comedien in der weit wehren, alß die eng-
lische; hoffte also, daß sie Euch ein wenig verenderung geben wür-
den. Die frantzösche plenipotentier seindt all lengst hir weg, aber
so lang die englische nicht dazu kommen, habe ich schlegte hoff-
nung vom frieden. Baldt wirdt man sehen, waß auß dießem allem
wehren wirdt. Auß waß ich Euch auß Paris geschrieben, werdet
83
Ihr, liebe Louisse, ersehen haben, daß mir Paris nicht beßer, alß
ordinari, bekommen ist. Nun aber bin ich, gott lob, wider in vol-
kommener gesundtheit; gehe morgen in eine lufft, welche mir gar
gesundt ist, nehmblich nach Marly. Wir werden biß auff zukünff-
tigen sambstag dort bleiben, den wider her;. biß donnerstag werden
wir nach St Clou rutzhen, also immer auff undt ab undt seindt
schir unßer leben keine 3 wochen ahn einem ort ; ist mir all eins,
wo ich bin, wens nur nicht zu Paris ist. Ich wolte Euch gQrne
noch lenger entreteniren , liebe Louisse, allein dieß ist schon der
5te brieff, so ich heütte schreibe, also schwindelt mir der kopff ein
wenig; den ich habe eine starcke vissitte von Jungfer Catherin
seyder 4 tagen, muß also wider meinen willen schließen; ambras-
sife Euch undt Amelisse von hertzen undt werde Euch biß ahn
mein endt lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
49.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a London.
St Clou den 15 May 1697.
Hertzliebe Louisse, vor 8 tagen habe ich zwey von Ewern lieben
brieffen auff einmahl entpfangen, vom 6 April st. v. undt vom ^Vae Mertz.
Ich hette gern eher geantwortet, ist mir aber durchauß ohnmöglich
gefahlen ; den ich entpfing Ewere schreiben eben, wie wir in kutzh
steygen wolten, umb herzufahren. Wie ich herkamme, wäre meine
schreibkist nicht ahnkommen, kämme so spät, daß ich nicht schrei-
ben konte. Donnerstags war es mein schreibtag nach Hannover, wo
ich so lange brieffe hin schreibe, daß ich hernach zu müde bin,
weitter zu schreiben. Freitag führe ich ins port royal, bliebe aber
nicht lang dortten ; den Monsieur , so im palais royal , hatte mir
rendevous ins opera geben, fuhren auch erst dort weg, wie es zum
endt war, kämmen umb halb 10 erst wider her. Sambstag fuhr
ich umb 8 morgendts hir weg, 5 meil von hir den wolff zu jagen,
kämme erst umb 5 wider; umb 6 aß ich zu nacht und fuhr her-
nach mitt Monsieur spatziren. Sontags wars wider die post von
Hannover undt muste auch in kirch, montags war die post von Sa-
voyen undt kämmen viel leütte zu mir, unter andern die ^q(L-
84
hertzogin von Florentz, daß hinterte mich wider; abendts bekam-
men wir zeittung, daß meines sohns tochtergen anff den todt lege,
seindt also gestern nach Paris ondt den gantzen tag dort geweßen.
Monsieur hatt ihr von den englischen tropffen geben laßen, seyder-
dem ist sie ein wenig wider beßer. Ich zweyffle noch, daß sie da-
von kommen kan; den daß arme kint ist in einem gar eilenden
standt, man hatt sie zu frühe endtwendt. Auß alles, waß ich Euch
hie yerzehle, segt Ihr woll, liebe Louisse, daß ich Euch ohnmöglich
eher, alß heütte, habe antwortten können; fange jetzt bey dem
frischsten von Ewern brieffen ahn. Ich wolt, daß Ihr mir ein* wenig
einen weittem bericht gethan bettet von der ceremoni, so Ihr zu
Windsor gesehen; den solche sachen, so indifferent sein, helffen
mir hir trefflich zur conversation , da ich offt große mühe habe,
waß hervor zu sappeln. Man hatt woll recht, daß man sagt, daß
man vor nichts schweren soUe, alß nahßen abbeyßen undt eUen-
bogen küßen; den wer hette woll jemallen gedencken können, daß
ich Euch auß Franckreich undt Ihr mir auß Engellandt schreiben
würdet? Freyllich geht es wunderlich in der weit her. Ich weiß
nicht, ob Ihr Euch noch der Jungfer Colbin erinert, so meine hoff-
meisterin war; die pflegte alß zu sagen: «Es geht nirgendts wun-
derlicher her, alß in der welt> undt hierin hatte sie groß recht.
Ich bin fro, liebe Louisse, daß mein warhafftes mittleyden über
den Verlust deß gutten ehrlichen herm Max Euch zu einigem trost
gedint hatt. Ich kan nicht begreiffen, wie es leütte finden kan, so
ihre gutte freunde nicht lieb behalten; den ich kan nie endern;
wen ich einmahl freund bin, ist es vor mein leben, es seye dan,
daß man gantz undt gar gege^ mir endere. Madie de Romy ist
eben nicht abgeschmackt, aber sie ist falsch; daß ist ärger, alß ab-
geschmackt. Madie de Malauze die ist auffrichtiger undt auch
tugendthaffter, habe also allezeit mehr estime vor sie gehabt, alß
vor ihre baß. ümb gottes willen, liebe Louisse, sagt mir doch nie,
daß Ihr furcht, mir mitt Ewern brieffen beschwehrlich zu fallen!
Den daß seindt complimenten, die mir unleydtlich sein. Ihr wist ja
woll, daß ich gantz naturlich bin. Wehren mir Ewere brieffe nicht
ahngenehm, so würde ich ja nicht sagen, daß sie mirs sein, würde
auch nicht exact drauff antwortten, wie ich thue. Schreibt man
dan nur ahn seine gutte freunde undt verwandten, umb etwaß ar-
tiges undt lustiges daher zu machen? Ich meine, es seye viel mehr,
85
nmb zu erweißen, daß man fleysig ahn sie denckt, nndt daß weil-
len man nicht mündtlidi mitt ihnen reden kan, so erweist man
doch den willen, sein yertrawen zu volführen, indem man änffs
papir setzt, waß der mundt nicht sagen kan; alßo ist man lustig,
müßen die brieffe lustig sein, ist man trawerig, deßgleichen, damitt
unßere freunde part nehmen können in alles, waß unß betrifft.
Wen Ihr wißen soltet, wie alles hir ist, solte es Euch gar kein
wunder nehmen, daß ich nicht mehr lustig bin. Ein andere in
meinem platz, so nicht so auß dem grundt lustig geweßen were,
würde vielleicht vor kummer lengst gestorben sein; ich aber werde
nur dick undt fett darvon. ^s ist nicht ohn, daß, wen ich daß
glück hette, bey ma tante zu sein, so glaube idi, daß ich noch
etlich mahl recht lustig würde sein können; aber hirzu sehe ich
leyder gar keine möglichkeit. Hir habe ich wenig comerce, lebe
gantz apart wie ein reichstättel, kan nicht sagen, daß ich über 4
freündinen in gantz Franckreich habe. Ma tante von Tarante hatte
ich zwar sehr lieb, aber nichts in der weit geht mir über ma tante,
die churfürstin. Oncle ist leyder noch nicht so woll, alß ich es
wünschen mögte, undt so lang der Schwindel wehrt, wer[d]e ich nicht
recht in ruhen vor I. L. gesundtheit sein. Diß compliment der
entschuldigung, liebe Louisse, daß Ewer brieff confus geschrieben,
war woll ohnnöhtig; den er war gar wöll geschrieben undt aprobire
alles, außer die überflüßige complimenten ; damitt, bitte ich, ver-
schondt meiner! den ich kan sie nicht vertragen; wen sie offt käm-
men, würde es mir den Schwindel geben wie onde hatt. Amelisse
undt den duc de Schonberg bitte ich vor ihr ahndencken zu danc-
ken undt sie wider gar freündtlich von meinetwegen zu grüßen.
Hirmitt ist Ewer letztes schreiben durchauß beantwort. Ich komme
jetzt auff daß erste. Vom gutten ehrlichen herr Max will ich nichts
mehr sagen, umb Eweren schmertzeu nicht zu verneüem. Alle
Ewere gedult im unglück ist sehr tugendtsam undt loblich, aber
schwer zu imittiren, liebe Louisse! Wolte gott, ich wüste waß, so
Euch trösten könte, zu sagen! Allein ich weiß nichts änderst, alß
part zu nehmen in alles, so Euch betrifft. Vor alle gutte wünsche,
so Ihr mir thut, sage ich großen danck, liebe Louisse! Wen wün-
schen waß helffen könte, würdet Ihr undt Ewere geschwisterig
glücklicher sein; den daran laß ich es nicht fehlen. Madie de Ma-
lose muß sich wegen der stecknadlen nicht chagriniren; den waß
86
kan sie davor, waß man zn Paris anff der doane thnt? Ich hoffe,
sie wirdt mir schreihen, waß sie gekost haben, wen sie mir die
goutte d'Engleterre schicken wirdt, wommb ich sie bitte. Ich weiß
nun, wo monsr Amyrauds stecknadelen hinkommen. Ich werde sie
baldt haben, ohne daß sie auff die doane gehen; werde Euch alß-
dan berichten, wie sie überkommen werden sein. Meine gesundt-
[heit] ist nun nur gar zu perfect; ich werde so dick wie ein kügel-
reütter undt gar keine menschliche figur schir mehr. Alleweill lest
mich Monsieur hoUen, umb spatziren zu fahren ; kan also ohnmoglich
dießen brieff so völlig wie den ersten beantwortten, diß nur noch
in eyll sagen, daß waß Ihr mir von armen Carl Edewart s. ge-
schrieben, mich dermaßen Vor ihn attandrirt undt gejamert hatt,
daß mir die threnen drüber in den äugen kommen sein. Ahn Carl-
lutz darff ich nicht dencken; den deßen todt habe ich noch nicht
verschmertz[t]. Adieu! Man treibt mich, umb zu schließen; kan mein
brieff nicht überleßen. Entschuldiget die fehler, liebe Louisse, undt
glaubt, daß ich Euch von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
50.
A mad. Louise y raugraffiu zu Pfaltz, a Londeu. *
St Clou den 21 Juni 1697.
Hertzliebe Louisse, vor ein tag oder 14 habe ich Ewern lieben
brieff vom "/21 May zu recht entpfangen, konte aber ohnmoglich
drauff antwortten; den ich wäre noch nicht fix genung, mitt der
lincken handt zu schreiben, undt dem freüUen von Rathsamshaussen
die brieffe zu dictiren, were ein wenig beschwerlich, den sie orto-
graffirt bludtsübel. Ihr werdet vieleicht gedencken, liebe Louisse,
das dießes freüUens handt nicht schwehrer zu leßen, alß meine
lincke würde gewest sein, undt das mag woU sein; allein ich denck,
das heßliche schrifft vor heßliche schrifft Ihr doch lieber die mühe
nehmen werdet, mein heßlich gekritzel zu erahten, alß eines andern
seines; will Euch derowegen selber alles verzehlen undt meinen
zustandt berichten. Es ist just heütte vier wochen, daß ich mitt
monsr le Dauphin den wolff jagen wolte. Es hatte gerechnet undt
* Dieser brief ist, jedoch durchaus nicht unleserlich, mit der linken
hand geschrieben.
87
war gar glat. Wir hatten 2 stundt lang einen wolff gesucht nndt
nichts gefunden, wolten derowegen in eine andere enceinte reitten,
da man meinte, das der wolff hinkommen were. Wir gingen den
gantz gemachen schrit, auff einmahl rent einer ongefehr bey mir,
daß gibt meinem pferdt lost, anch zu renen. Es erhebt sich ein
wenig undt mitt den hindern füßen kompt es auff daß naße graß;
da glitschen ihm die beyde hinderfaß auff einmahl auß undt feit
gantz gemach auff die rechte seitte, mein rechter ellenbogen findt
just einen stein, damitt ginge mir der große knochen vom arm auß
einander. Man suchte gleich deß königs balbirer, konte ihn aber
nicht finden. Er hatte ein huffeyßen verlohren undt war in ein
ander dorff geritten, sein pferdt beschlagen zu laßen. Ein bawer,
so eben da war, sagte, daß zwey meil von dar ein gar geschickter
balbirer were, so alle tag arm undt bein einrichtete. Wie ich
hörte, daß er eine so große experientz hatte, setzte ich mich in
calesch undt führe hin, litte große schmertzen unterwegens; so baldt
er mir aber den arm wider eingericht hatte, fühlte ich gar keine
schmertzen mehr, setzte mich derowegen wider in calesch undt führe
im vollem drab her. Andern tags kämmen Monsieur undt meine
balbirer die curiositet ahn, zu sehn, ob mein arm recht eingericht
war (ich glaube, es mischte sich auch ein wenig neidt mitt unter,
daß der bawer es so woU gemacht hatte), gehen undt machen dießen
armen man weiß, das, wen er nicht gleich nach meinem arm sieht,
könte der kalte brandt dazu schlagen. Der arme bawer lest sich
von den bößen balbirer überreden, macht mir den arm loß, so 9
tag hette sollen verbunden bleiben, bewegen mir den arm hin undt
her, verbinden mich so übel, daß man andern tags wider alles auff-
machen muß , welches mir eine solche abscheuliche geschwulst auff
die handt undt den arm gezogen, daß ich noch auff dieße stunde
die faust nicht zu thun kan, noch die handt zum mundt führen;
konte doch bey des thun, wie die verfluchte balbirer mir den ersten
apareil abgethan hatten. Seyder gestern nimbt die geschwulst ein
wenig ab, aber ahnstatt das, wen die balbirer meinen bawern betten
gewehren laßen, ich jetzt gantz courirt würde geweßen sein, werde
ich noch lenger, alß einen gantzen monat, in der verfluchten bal-
birer bände sein müßen. Außer aber dießer geschwulst, so ich
noch habe, bin ich im tiberigen in gar volkommener gesundtheit.
Hirmit, liebe Louisse, wist Ihr nw^^^ perfect meinen zustandt.
88
Ihr habt mir, liebe Lonisse, einen rechten gefallen gethan, zu be-
richten, waß Ihr in Engellandt gesehen. Über die wunderliche
commedie von Psiche habe ich recht lachen müßen. Schreibt mir,
ob Ihr diß gekritzel recht habt leßen können! Danckt den duc de
Schonberg von meinetwegen vor sein compliment, wie auch Amelisse,
undt ambrassirt dieße von meinetwegen! Mein arme lincke potte ist
müde, kan also nichts mehr sagen, liebe Louisse, alß daß in wel-
chem standt ich auch sein mag, so werde ich doch, so lang ich
lebe, Ettch von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Auß was ich Euch im endt meines Schreibens gesagt, werdet
Ihr, liebe Louisse, ersehen haben, das ich so woll Ewer schreiben
vom 25 May v. st. zu recht entpfangen, alß daß vom "/«« May; ist
mir recht leidt, das ich nicht völlig drauff andtwortten kan.
51.
A mad. Louisse, raugrävin zu Pfaltz.
St Clou den 19 Julli 1697.
Hertzliebe Louisse, vergangenen sontag abendts bin ich mitt.
zwey von Ewern lieben brieffen erfrewet worden vom "/«s Juni
undt vom 25 st. v., habe aber ohnmöglich eher, alß heütte, drauff
andtwortten können; den weillen ich noch gar große schmertzen
ahn meinem arm habe, kan ich ohnmöglich viel brieffe auff ein-
mahl schreiben. Vergangenen montag war die post von Savoyen,
dinstag kämme mein herr von Marly wider undt hatte den gantzen
tag vissitten, alle envoyes kämmen zu mir, mittwogen war die post
von Modene undt gestern die hannoverische, ist mir also kein tag
alß heütte zu schreiben überblieben. Umb nicht zweymahl von
einerley zu reden, will ich bey dem frischten brieff meine antwort
ahnfangen. Ich wüste woll, daß ich nicht hübsch mitt der lincken
handt schreiben konte; befliße mich also nur, es so zu madben,
daß es leßlich sein konte. Freylich were es beßer geweßen, wen
man den gutten bawem hette gewehren laßen, so were ich all
lengst courirt; nun aber werde ich vielleicht all mein leben lahm
89
bleiben; den die stärcke kompt nicht wieder undt fühle continnir-
liche schmertzen. Wie man mir daß erste mahl den arm so unö-
htiger weiß auffbundt, war der schmertzen so groß, daß, ob es zwar
selbigen tag gar nicht warm war, schwitzte ich doch gar starck vor
schmertzen; suma, die herren balbirer haben ihr mühtgen ahn mir
gekühlt undt ich were es noch gar lang entpfinden. Die umbstän-
den von meinem fall will ich Euch gar baldt sagen; wir waren 2
stundt gewest, ohne einen wolff zu finden, gingen den schrit, einen
andern zu suchen; einer zu pferdt rent ohngefehr bey mir vorbey,
daß gibt meinen pferdt ardeur, es will folgen; ich halte es ein, es
will sich cabriren, ich laßen zügel schießen undt threhe die handt,
umb weitter zu reitten. Mein pferdt war auff einer kleinen höhe
mitt den hindern flißen auff daß naße graß, die zwey hinderfüß
glitzschen dem pferdt auß, es feit sagte auff die rechte seytte, ich
finde just einen stein, worauff mein ellenbogen mitt der schpitze
kompt, daß verengt mir den großen knochen undt setzt mir ihn
mitten im arm. Man sucht deß königs balbirer, den arm wider
einzurichten; selbigen fnnde man nicht, den er hatte ein huffeißen
verlohren, war weit in ein dorff geritten, sein pferdt beschlagen zu
laßen. Ein bawer sagt mir, sie hetten in seinem dorff ein balbirer,
so die arm woll einrichte. Ich fuhr hin; in der that, dießer bawer
richtet mein arm gar woll ein undt were in 14 tagen geheyllet ge-
weßen, wen die hoffbalbirer ihre kunst nicht ahn mir versucht het-
ten, wovon ich glaube, daß ich lahm bleiben werde. Daß eintzig,
daß mich nur noch tröst, ist, daß ich die finger genung rühren
kan, umb die feder zu halten undt zu schreiben; habe also nicht
von nöhten, mich einiger andern handt zu gebrauchen. Weillen ich
glaube, daß Ihr nun in Hollandt sein werdet, so werde ich dießen
brieff ahn mr Amirault schicken. Mich wirdt sehr verlangen, zu
vernehmen, daß Ihr glücklich in Hollandt werdet ahngekommen
sein; den daß meer ist ein ellement, von welchem ich gar nichts
halte. Seekranck sein, geht woll hin; den wen man zu landt ist,
wirdt man nur desto gesundter hernach; aber stürm außzustehen
undt nicht sicher zu sein, mitt dem leben davon zu kommen, daß
ist etwaß heßliches. Ihr undt Amelisse, liebe Louisse, werdet alß
gereiste leütte viel verzehlen können, wen Ihr wider in Tetitsch-
landt sein werdet. Der printz undt die princes von Denemarck
reißen sie nach Ronebridge wegen ihre gesundtheit undt umb in
90
der that den sawerbranen zu drincken oder nur vor divertissement,
wie man in Teütschlandt thut? Daß Euch daß Teütschlandt noch
über andere länder geht, liebe Louisse, ist gar naturlich; waß man
gewohnt, gefeit einem immer beßer, alß waß frembt ist, undt daß
vatterlandt steht unß Teütschen allezeit ahm besten ahn. Amelisse
ambrassirt von meinetwegen! Hirmitt ist Ewer letztes schreiben
durchauß beantwortet, liebe Louisse ! ich komme jetzt auf daß erste
vom "/s8 Juni. Ich sage nichts mehr über daß Ihr Euch eingebildt,
eher von Londen zu ziehen, weillen ich schon weiß, daß es noch
nicht geschehen, alß Ihr mir den 25 st. v. geschrieben. Ich habe
schon gesagt auch, daß ich dießen brieff ahn monsr Amirault
adressiren wolle. So baldt Ihr mir von Franckfort auß werdet ge-
schrieben haben, wirdt meine antwort nach Hannover geschickt wer-
den, will aber auch mitt einem einen andern brieff ahn Euch
schreiben undt über geraden weg nach Franckfort schicken; wir wer-
den alßdan [sehen] , welcher von beyden brieffen ahn geschwinsten
ahnkommen wirdt, undt alßden dießen weg behalten. Von meinem
arm werde ich weitter nichts sagen ; den ich habe schon volligen
nachricht davon geben. Madie de Malauze deucht mir in ihren
brieffen recht betrübt zu sein , Ewere geselschafft zu verliehren. Es
ist mir recht lieb, daß Ihr so content von einander seydt undt ich
Euch also keine böße kundtschafft geben habe. Ich bin versichert, daß
es Euch gantz wirdt attandrirt l^aben, Ewere neuveus undt niesen
zu quittiren. Meledy Straffort kene ich gar wenig, habe sie nur
zwey oder 3 mahl gesehen, habe sie aber von die, so sie kenen,
sehr estimiren hören; solle gar gotsförchtig sein. So ein man, me
sie gehabt, were woU vor Euch andern zu wünschen. Es ist ein
schlim zeichen vor die lander, wo man fragt, ob die, so sie
heürahten können, reich sein; den daß weist, daß man w^nig
nach tugendt fragt. Ich glaube, daß Engellandt nicht der eintzige
ort ist, wo böße eben undt wunderliche männer sein; wer die nicht
finden will, müste die weit räumen, undt wer lust zu heürahten
hette, müste mich nicht consultiren; den ich bin nie vor den ehe-
standt. Ich wünsche, daß gott der allmachtige, liebe Louisse, vor
Euch undt Amellisse möge vorsehen haben, waß zu Ewer beyder-
seits volkommenen glück undt vergnügen gereichen möge; ich aber
werde jederzeit meine freündtschafft noch s^ection vor Euch be-
hüten, wie es so woU die estime, so ich vor Euch habe, alß auch
91
daß geblüdte erfordert; könt also, so lang ich lebe, auff meine
&eündtschafift bawen.
Elisabeth Charlotte.
52.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 4 September 1697.
Hertzliebe Louisse, vergangenen freitag zu Marly umb 9 abendts
habe ich Ewer schreiben vom Vit Augusti zu recht in ma tante pa-
quet entpfangen, aber ohnmöglich die sontagspost drauff antwortten
können, weillen ich selbigen tag einen gar großen [brief] ahn ma tante,
die fraw churftirstin, undt noch einen ahn ma tante, die fraw ab-
tißin von Maubisson, zu schreiben gehabt habe undt noch einen noht-
wendig nach Paris, undt wen ich zu viel mitt meiner rechten handt
schreibe, welche noch niatt ist, thut es mir hernach wehe im arm;
habe also ohnmöglich ahn Etlch schreiben können eher, alß nun. Ist
mir lieb, zu vernehmen, daß Ihr einmahl wider glücklich zu Franck-
fort ahngelangt sejdt Mons. Amyrault hatt mir geschrieben, wie
es mitt meinem paquet gangen ist. Ich kan mir leicht einbilden,
daß bey Ewer ahnkunfft alle Ewere gutte freunde zu Franckforlgn
nicht w;erden manquirt haben, zu Euch zu kommen. Es ist ml^'
leydt auff alle weiß, daß Ihr nicht lenger habt im Haag bleiben
können. Ich erinere mich deß Haags noch gar perfect undt habe
es allezeit einen gar^ ahngenehmen ort gefunden. Den vorwitz. Reis-
sewick mitt den plenipotentier zu sehen, bette ich auch woU gehabt.
Gott gebe, daß sie einen gutten undt beständigen frieden außwirc-
ken mögen! Ewere neuveus undt niege dauern mich recht, so be-
trübt bey Ewerm abschidt geweßen zu sein, undt noch viel mehr,
daß sie in eines so wunderlichen vatters handt verbleiben. Es
würde mir gar nicht beschwerlich gefallen sein, wen Ihr, liebe
Louisse, mir die umbständt berichtet bettet von Ewer dortiges
leben. Daß er gar wunderlich ist, weiß ich lengst; sein eigener
bruder, graff Carl s., hatt mir es gesagt. Ich meinte aber, daß dießes
nur seiner gemahlin, aber nicht seinen geschweyen ahngehen könte.
Es ist woU war, daß der ledige standt der beste ist, undt der
beste man deucht den teüffel nicht. Amelisse reflectionen habeq
92
mich von hertzen lachen machen undt die wehren woll gutt, wen e8
hey unß stünde, nicht geheüraht zu werden, undt Wir unßern freyen
willen hetten; allein ich bin persuadirt, daß alles destin ist undt
es gar nicht bey unß stehet, zu thun, waß man gerne wolte. Liebe
in den ehestandt ist die mode gar nicht mehr; die einander recht
lieb haben, passiren vor ridicuUe. Die catholischen hir laßen den
hettraht in ihrem cathegisemus vor ein sacrement passiren, in der
that aber leben sie mitt ihre weiber wie die, so nicht glauben, daß
es ein sacrement seye, undt noch waß ärger; nichts wirdt mehr
aprobirt, alß daß die mäner galanterien haben undt ihre weiber
verachten. Aber umb nicht zu weit in dießem text zu kommen, so
will ich lieber von meinem arm sprechen; meine handt ist noch
schwach undt leyde täglich schmertzen in der axsel, kan auch den
arm nicht auff den rucken legen noch herumb trehen, jedoch so
verspricht man mir, daß ich werde mitt der zeit courirt werden
undt nicht lahm bleiben; ich aber zweyffle dran undt furcht sehr,
daß ich all mein leben bleiben werde, wie ich nun bin. Solte auch
mein leben drauff bestehen, würde man mich woll nicht in ein badt
außer dießes königreich reißen laßen, undt über daß so seindt noch
viel bäder hir in Franckreich, so gutt sein; dgirff mich also gar
nicht flattiren, daß man mich in Teütschlandt reißen ließe. Barege
dt Bourbonne seindt die bäder, so man hir zu lande braucht,
fürchte, daß es sich schicken könte, daß ich woll madle de Ma-
lauze eher, alß Euch, zu sehen bekommen konte; zum exempel wen
durch den frieden geschloßen würde, daß freyheit der religion in
Franckreich were, würde alßden madle de Malauze nicht wider-
kommen, da ist woll nicht ahn zu zweyfflen; aber wie wir einander
einsmahl widersehen könten., were, wen mein dochter in Teütsch-
landt oder Lotheringen würde verheüraht werden undt ich sie be-
suchen solte; alßden könte ich Euch rendevous geben. Daß würde
mir ein rechte freüde undt trost sein, wen ich Euch undt Amelis
ambrassiren könte undt mündtlich versichern, daß ich Euch von
hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte,
^hi
93
53.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 9 October 1697.
Hertzliebe Louisse, vergangenen sontag habe ich Ei/ver schrei-
ben vom "/jT September in ma tante paquet gefunden, bedancke
Euch sehr vor daß mitleyden, so Ihr mir vor meinen boßen arm
bezeuget. Seyder ich ein öhl drauff schmire, so man mir auß Ital-
lien undt von Florentz geschickt, ist mein arm ohne vergleichung
beßer. Freylich hatte mich nichts änderst verdorben, alß die bal-
birer hir. Ich fange doch nun ahn, zu hoffen, daß ich nicht lahm
bleiben werde. (Jestem habe ich ein wenig versudien woUen, ob
ich daß reitten nicht vergeßen; es kämme aber ein so abscheulicher
regen, daß ich kaum eine halbe stundt zu pferdt sein konte. Daß
schreiben incommodirt mich gantz undt gar nicht ; den ich fdhle gar
keine schmertzen in der handt, sondern nur in der axel, wo ich
keinen schaden gehabt; kompt nur, daß die balbirer mir den arm
verkält haben; werde also selber auff Ewern lieben brieff antwortten.
So lang man lebt, muß man nicht verzweyfflen, einander widerzu-
sehen; den es kan sich hundertley zutragen, daß es geschehen
könte. Ich glaub, Ihr spottet meiner, wen Ihr von Ewerm alter
sprecht, liebe Louisse! Habt Ihr den vergeßen, daß ich 10 jähr
älter bin, alß Ihr? Seydt, also ein kint bey mir zu rechnen. Ich
würde allezeit eine große freüde haben, Euch zu sehen undt von
allem zufrieden seyn, wen Ihr nur, wen wir einander sehen solten,
mir keine complimenten machtet undt frey undt offenhertzig mitt
mir umbgeht; daß were alles, waß ich ahn Euch undt Amelise
wünsche, ünßer lieber ehrlicher Carllutz s. (welchen ich noch re-
gretire undt offt beweine) hatt es so mitt mir gemacht; drumb habe
ich ihn auch noch in seinem todt lieb. Mein glück in dießem leben
ist eben nicht so unermeßen, daß ich die unglücklichen vor abge-
schmackt halten solle; nein, liebe Louisse, nein, ich weiß, waß
Unglück ist, kan also mehr mittleyden mitt unglückliche haben, alß
ein anders, insonderheit wen sie mir so nahe zugehören wie Ihr.
Nichts stehet in unßer gewalt, wir seindt alle einem verhengnuß
unterworffen; also ist es zwar woll gethan, zu suchen, sich in Un-
glück zu faßen, allein es geschieht nur, waß gott der allmächtige
94
unß all lengst vorsehen hatt. Von hir kan ich nicht viel neues
sagen. Daß der frieden zwischen Engellandt, Holland! undt Spa-
nien geschloßen, werdet Ihr schon wißen. Man meint, daß der
mitt dem keyßer undt reich baldt folgen werde. Daß ist alles, waß
ich vor dißmahl sagen kan, undt daß ich Euch, liebe Louisse, undt
Ewere geschwisterig von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
m
54.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Paris den 10 November 1697.
Hertzallerliebe Louisse, vergangen freitag habe ich Ewern
lieben brieff in ma tante paquet gefunden, vom *Vs6 October.
Mein arm ist nun so weit wider woU, daß ich ihn zwar wider regen
kan undt threhen wie den andern, allein wo mir die balbirer den
arm so verkält haben, alß nehmblich oben in der axel, habe ich
noch einen wettercallender; insonderheit wen es regnen will, so
laßen sich noch ein wenig schmertzen entpfinden, aber sonsten thut
er mir gar nicht mehr wehe. Ich hoffe, daß das florentinische öhl,
so mir bißher so woU bekommen, mich femer couriren wirdt. Nun
es überal frieden ist, könt es sich gar woll zutragen, daß wir ein-
ander wider zu sehen bekommen könten. Man muß nie die hoffnung
verliehren. Wen in der that solte war wehren, waß vor ein par
monat in geschrey gangen, nehmblich daß mein tochter hertzogin
von Lotheringen werden solte, so könte es sich ja leicht zutragen,
daß wir einander rendevous zu Nancy geben könten; zweyffele gar
nicht, liebe Louisse, daß Ihr, Amellisse undt ich gar woll mitt ein-
ander zu recht kommen würden. Ihr werdet nun albereits erfahren
haben, wie daß der frieden mitt dem keyßer undt reich nun auch
geschloßen undt unterschrieben ist. Es muß ein sonderliche vermal-
ledeyung auff den generalfrieden sein, daß er schir nirgendts mitt
freüden ahngenohmen wirdt, ob er zwar schon so gar lang ist ge-
wtinschet worden; den der pöpel zu Paris hatt sich auch nicht drü-
ber erfrewen wollen, man hatt sie schir dazu zwingen müßen. So
baldt glaube ich nicht, daß der krieg wider ahngehen wirdt. In
Poln, glaube ich, wirdt auch kein großer krieg werden; den man
sagt, daß es nicht woll dortten vor unßem printz de Conti gehe,
95
I. L. mögten woU baldt wider herkommen, worin ich I. L. vor
glückseeliger sehatzen würde, alß wen er könig in Poln würde; den
es ist ein schmatzig nndt wildt landt nndt die große herren gar zu
interessirt. Wir haben den churfürsten von Saxsen zwey jähr lang
hir gehabt, kene also seine stärcke woU, allein es ist wunderlich,
daß man davon in den zeittungen spricht. Man könte nicht so viel
von printz de Conti sagen; den ob er zwar länger von person, alß
der churftirst ist, ist er doch gar schwach. Ich glaube nicht, daß es
dazu kommen wirdt, daß Carl Moritz in Poln muß; die sach wirdt
sich eher schlichten. Ich werde ordre ertheyllen wegen der contre-
faitten. Warumb habt Ihr mich nicht eher dran gemant? Ich ge-
stehe, daß ich es gantz undt gar vergeßen hatte. Nun es überall
frieden, wirdt keine difficultet mehr sein, wie ich glaube, die con-
trefaitten nach Franckfort zu bringen, wen es gleich nicht durch den
graffen von Hannaw ginge. Ich glaube auch, daß ich hinfüro meine
brieffe nur geraht nach Franckfort werde schicken können undt
daß sie geschwinder gehen werden. Versucht es undt schreibt mir
ein brieff auff die post! undt ich werde drauff andtwortten; alßden
werden wir sehen, ob es geschwinder gehen wirdt, alß über Han-
nover, undt werden unß darnach richten können. Wie ich sehe, so
liebt Ihr daß spiellen eben so wenig alß ich. Lombre ist sehr a la
mode hir; man spilt nichts alß landsknecht undt lombre hir im
landt. Daß dantzeh ist waß rarers; glaube aber, daß es wider
auffkommen wirdt; den die zukünfiftige duchesse de Bourgogne
dantzt über die maßen woll. Man kan woU bey dem bal sein ohne
dantzen. Schreibt mir doch, liebe Louisse, wie der hertzog von
Lotheringen außsicht undt waß vor einen humor er hatt! Ihr sagt
zwar, daß er viel gedantzt hatt, aber nicht, ob er woll dantzt undt
gutte minen hatt. Der cavalier, so die blinde kühe proponirt, bin
ich versichert, ist nicht der von der compagnie, so daß schlimbste
gemühte hatt, muß von unßem zeitten sein; den zu unßer zeit
spilte man lang spieiger. Etlich mahl seindt avanturen, so diver-
tiren, ob man schon die leütte nicht kent; drumb schreibt mir nur
fort, waß newes vorgeht! Die große mode hir nun ist, einen star-
cken husten zu haben; ich bin 8 tag hart dran fest geweßen, habe
nicht auß der cammer gekönt, Monsieur hatt es nun auch. Mir war
es kein wunder; den hir zu Paris kan ich nie gesundt sein, habe
daß exempel seyder 26 jähren. Aber man rufft mir in dießem au.-
96
genblick, vmb in die kirch zu gehen; den es ist sontag heütte.
Nach der Mrch werden wir monsienr le Dauphin hir haben, so mitt
unß zu mittag eßen kompt, wirdt hernach landsknecht spiellen undt
abendts werden wir alle mitt einander ins opera. Daß, so man jetzt
spilt, ist zwar nur ein balet, aber recht artig. Es heißt L'Europe
galante. Man erweist drin, wie die Frantzoßen, Spanier, Ittalliener
undt Turquen amour machen; der nationen humor ist aber so per-
fect drin observirt, daß es recht possirlich ist. Adieu, liebe
Louisse! Ich ambrassire Euch sambt Carl Moritz undt Amelisse von
hertzen undt versichere Euch, daß ich Euch von hertzen lieb be-
halte.
Elisabeth Charlotte.
55.
A mad. Louise, raugräfin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 5 Dezember 1697.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich in ma tante paquet Ewer
schreiben vom V»» November gefunden, aber waß mir ma tante
von ondes leyder so gar eilenden zustandt beriebt, macht mich
fürchten, daß I. L. noch nicht recht außer gefahr sein, undt daß
setzt mich in rechten sorgen. Zu Ewerm wünsch vor oncle undt
tante sage ich woU von grundt meiner seelen amen. Nach allem
ahnsehen wirdt der frieden nirgendts große freüde erwecken. Wen
wünschen waß helfen könte, würde alles woU änderst hergehen, alß
man nun sieht. Ich weiß nicht, ob es nicht beßer vor mich undt
vor meinem söhn were, daß er noch einige campagne thun könte;
den diß landt ist greulich verführisch vor junge leütte undt sie er-
werben mehr ehre im krieg, alß hir nichts zu thun, alß herumb zu
schlendern undt zu desbauchiren , wozu, unter unß gerett, mein
söhn nur gar zu viel inclination hatt, undt meint, weillen er nur
die weiber lieb hatt undt nicht von der andern desbauchen ist, so
jetzt gemeiner hir ist, alß in Ittallien, so meint er, man solle ihn
noch dazu loben undt danck wißen; mir aber steht sein leben gar
nicht ahn. So baldt ich Ewer schreiben gestern entpfangen, bin
ich gleich bey Monsieur zu raht gangen, umb zu sehen, ob nichts
bey S. M. dem könig zu erhalten seye. Er hatt mir aber leyder
blat herauß gesagt, daß es der könig nicht thun würde; den er
97
woU von kein dedomagement sprechen hören, hatt auch seinen am-
bassadeurs befohlen, ehe den frieden zu brechen, alß von einig de-
domagement «zu reden hören, darffe also jetzt nichts davon reden;
allein schickt mir ein frantzösch memoire mitt größerm detail, alß
diß teütsche ist, von Ewern pretentionen ! Daß will ich behalten undt
wen ich den könig einmabl in guttem humor finden werde, will ich ihm
in lachen sagen, er solte mir woll wider restutieren [? restituieren],
waß er meinen armen raugraffinen geschadt hette, undt ihm daß
memoire weißen. Wer weiß, ob daß nicht waß nutzen wirdt? Waß
Monsieur ahnbelangt, so habe ich ihm blat herauß [gesagt] , daß er
Euch noch schuldig seye. Er sagt, ich solle ihm ein memoire geben,
er wolle es examiniren; werde also ein extrait auß Ewerm zettel
ziehen undt solches I. L. geben undt es starck ahm cantzler undt
meines herm rähte recommandiren. Daß ist alles, liebe Louisse,
waß ich bey der sachen thun kan. Wolte gott, alles stünde bey
mir! so würdet Ihr baldt in alles ein völlig vergnügen haben; den
seydt versichert, daß ich nie meine Interesse Ewer freündtschafft
vorziehen werde! Die unßer armes vatterlandt so lange jähren ein-
gehabt, haben sich woll dabey befunden; drumb wollen sie nichts
wider davon geben von dem, so sie gezogen haben. Ich allezeit
habe keinen heller davon bekommen; waß Monsieur auch in mei-
nem nahmen bekommen, da werde ich auch wenig von zu sehen be-
kommen. So seindt die frantzösche heüraht; die mäner seindt alle-
zeit herr undt meister über alles, waß ihre weiber gehört; ich bins
gewahr worden. Daß memoire, so Ihr mir auff frantzösch schicken
werdt, muß sich ahn den könig adressiren undt gar respectueux
geschrieben sein, aber es muß expresse drin stehen, daß Ihr nichts
von dem Ewerigen genoßen, so lang der könig die Pfaltz gehabt
hatt. Schickt mir es, so baldt möglich sein wirdt! Mich deucht, es
were auch nicht übel gethan, die ambassadeurs im Haag drüber zu
sondiren, damitt die sach dem könig nicht zu neue vorkommen
möge, wen ich I. M. davon sprechen werde. Daß ist alles, waß ich
Euch vor dißmahl Sagen kan; ambrassire Carl Moritz undt Amelis
undt behalte Euch alle 3 allezeit sehr lieb.
Elisabeth Charlotte.
Briefe der Prinzetisin Elisabeth Charlotte.
98
56.
A mad. Loiiise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort
Marlj den 4 Februari 1698.
Hertzallerliebe Louisse, ich bitte Euch taußendtmahl umb ver-
zeyung, daß ich noch bißher auff keines von Ewern lieben andt
ahngenehmen schreiben geantwortet habe, ob ich zwar deren 4 nach
einander gar woU entpfangen andt gar richtig überkommen sein.
Es ist eben, alß wen der teüffel sein spiel mitt gehabt bette; den
keine woche ist vergangen, daß ich mich nicht sambstags undt mitt-
wogs (welches die tage sein, so man nach Franckfort schreibt) nie-
dergesetzt habe, umb Euch zu antwortten, ist mir aber allemahl
waß darzwischen kommen, so mich dran verhindert hatt; schäme
mich recht drüber. Ich habe eine zeit hero andt seyder daß meiner
dochter heüraht mitt dem hertzog von Lotheringen g^schloßen ist,
so viel leütte taglich gehabt, so gekommen, amb glück zu wün-
schen, daß ich schir gar keine augenblick vor mich selbsten habe
haben können. Nun aber alle diß gethuns vorbey, verspreche, hin-
füro viel fleißiger zu sein. Ihr könt woU gedencken, liebe Louisse,
daß es mir ohnmöglich feit, dießen abendt auf Ewere 4 liebe brieffe
zu antwortten; will nur vom nöhtigsten sprechen. Ahn Monsieur
habe ich, so baldt ich daß memorial entpfangen, I. L. überreichen
wollen; er hatt mir aber befohlen, solches zu verwahren, biß er
mitt seinen rähten raht halten würde, umb gleich eine decissive
antwort zu geben können. Der raht ist noch nicht gehalten wor-
den, drumb kan ich hirauff noch nichts antwortten. Waß daß kö-
nigs memorial ahnlangt , so will ich solches erst überreichen , wen
monsr Spanheim hir wirdt sein, weillen ma tante mir geschrieben,
daß selbiger ordre von seinem churfürsten hatt, vor Euch zu spre-
chen, undt daß ist gar gutt; den bir thut man nichts vor nie-
mandes auß generositet, sondern nur, wen jemandes vor einem
spricht, so sie hir von nöhten haben, undt weillen sie dem chur-
fürsten von Brandenburg nun von nöhten haben, so hofife ich viel
von seiner vorsprach vor Euch andern, will also in selbiger zeit
Ewer memorial dem könig pressentiren ; es ist nicht unrecht ge-
schrieben. Es wirdt nicht lang ahnstehen, daß Spanheim hir wirdt
sein; den man erwart ihn alle tage. Wen wünschen waß helffen
könte, würdet Ihr gar gewiß völlig contentement vom könig undt
99
Monsieur bekommen; den ich wünsche es von grnndt meiner seelen.
Es fehlt nichts in Monsr memoria!, alß ein r bey einem altesse,
umb altesse royale zu machen; aber seydt in keinen sorgen deß-
wegen! Ich will es schon dazu setzen. Seydt auch in keinen äng-
sten, daß der könig mich abschlagen! Undt wen er es schon thete,
so wäre doch diß so keine große sache; ich bin schon ahn alles ge-
wont hir undt nehme nichts mehr frembt. Aber könte es reussiren,
würde es mir gar eine große freüde sein, dazu geholffen zu haben;
werde also mein bestes dabey thun. Daß ist alles, waß ich auff
Ewer schreiben vom Vi« J&i^- sagen werde. Ich komme jetzt au£f
daß, so ich gestern abendts entpfangen vom 15 Jan. st. v. Der fraw
von Bernstein macht meine entschuldigung! Ich kan ihr ohnmöglich
dießen abendts antwortten; den ersten brieff aber, welchen ich
Euch, liebe Louisse, nach dießem schreiben werde, da wirdt ihre
antwort bey sein. Die glückwünschung vor meiner dochter heüraht
kompt gar apropo, bin Euch sehr davor verobligirt. Unter unß
gerett, weillen ich viel einen schlimmem heüraht vor mein tochter
zu förchten, keinen aber beßer zu hoffen hatte, so ist mir dießer
sehr ahn^enehm. Man hatt mir deß hertzogen humor sehr gelobt
undt mein tochter wirdt nicht so weit weg, daß ich nicht hoffen
könte, sie wider zu sehen, undt daß ist doch noch ein trost, wen
man sich scheyden muß. Ihr habt mir letztmahl einen rechten ge-
fallen gethan, die Franckforter gazet zu schicken. Ich bitte, liebe
Louisse, schickt mir sie doch alle woche! Es ist nun zeit, daß ich
nüber zu der geselschafft muß, wolte warhafftig lieber fortschreiben
undt auff Ewere andere beyde schreiben auch antwortten; den daß
spiellen sehen divertirt mich nicht; den ich liebe daß spiellen gar
nicht mehr, die spieler seindt verdrießlich. Adieu! Ich muß wider
meinen willen enden undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß
ich Euch, Louisse, Amelisse undt Carl Moritz hirmitt von hertzen
ambrassire undt Euch allezeit von hertzen lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
57.
A mad. Louisse , raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 12 Mertz 1698.
Hertzallerliebe Louisse, wie ich eben auß der predig kommen
100
andt mich hieher setzte, nmb Eficb zn schreiben, entpfange ich Ewer
liebes schreiben vom 22 Februar — 4 Mertz, werde also bey dießem
letztem meinen brieff ahnfangen. Es ist war, daß ich zu Paris gar
übel geweßen ahn einer miltzcoliq, welche gar starck wäre; monsr
Polier aber, den Ihr woll kent, hatt mir eine essence eingeben, so
mich unten undt über sich hatt gehen machen eine gantz grüne
galle; dadurch bin ich gantz geneßen. Zu Paris kan ich ohnmög-
lieh sein, ohne kranck werden. Zu allem glück habe ich dieße starcke
evacuation etlich tage bekommen, ehe ich die trawerige zeittung von
oncles absterben bekommen; ich glaube, daß, wen mich die betrübt-
nuß in der zeit bette ahngestoßen, so bette ich bersten müßen. So
lang alß ich zu Paris geweßen, habe ich immer gekränkelt; so baldt
ich aber wider dort weg, ist es mir wider woll worden undt bin
nun, gott sey danck, in gutter gesundtheit; sage Euch, liebe Louisse,
großen danck vor die vorsorg, so Ihr mir bezeugt. Die kälte ist
seyder ein tag 14 nicht mehr hir undt wir haben daß schönste
Wetter von der weit gehabt; habe es mir zu Marly sehr zu nutz
gemacht undt meine trawerige gedancken viel zu fuß undt zu pferdt
spatzirt, aber bin nie mitt dem könig außgefahren, alß gestern. Da
habe ich die zeit nicht manquirt undt vor Euch gesprochen, auch
Ewer memorial überreicht, aber keine andere antwort vom könig
bekommen, alß: «Je vaires.» Monsr Spauheim werde ich zu wißen
thun , daß daß memorial überreicht ist , damitt er auch jetzt vor
Euch spricht, wie er es ordre hatt. Waß Monsieur ahnbelangt, so
glaube, daß Ihr mehr contentement von dießer Sachen entpfangen
werdet, alß vom könig; ich habe ahn alle rahte vor Euch solicitirt,
der cantzeller ist schon gantz vor Euch undt Monsieur sehr woll
disponirt. ^ Ich werde suchen, die andern, alß den surindenten undt
secretari, auch auff unßere seydte zu bekommen; bey mir soll es
nicht liegen, daß Ewere sache nicht woll von statten gehe. Waß
ahnlangt, daß Ihr mir schreibt, daß jemandes zu Paris Euch offrirt
undt volmacht begehrt, Ewere sach zu solicittiren, so bitt ich Euch,
schreibt mir, wer es ist! Den man muß gar genaw acht nehmen,
wen ein Frantzos Tempresses macht; den unter unß gesagt, es
seindt gefahrlich leütte. Schreibt mir dan geschwindt, wer es ist!
60 will ich baldt sehen, ob es jemandes ist, dem Ihr trawen könt.
Unterdeßen aber seydt versichert, daß ich keine zeit in Ewere sache
verliehre, undt so baldt wir zu St Clou sein werden, wo wir ZQ künff-
101
tigen dinstag hin werden, alwo ich alle den gantzen raht wider bey-
sammen finden werde (den her kompt er nicht), so werde ich Euch
possitivement die conclussion berichten. Ewer compliment andt ent-
schnldignng, mir abermahlen von Ewer sach zu sprechen, ist ohn-
nohtig. Waß mich von ma tante zastandt angstert, ist, daß I. L.
nicht schlaffen können. Gott der allmächtige woll unß ma tante
gnedig erhalten! Diß nnglück, sie zu verliehren, were nicht außzu-
stehen. Daß die fürstin von Ostfrießlandt bey ma tante ist, er-
frewet mich; den die wirdt doch noch distraction geben. Vor die
überschickte zeittung dancke ich sehr; daß wirdt mich dießen
abendt im apartement amassiren. Dieß ist alles, waß ich Euch auff
dießen letzten brieff sagen werde. Ich komme jetzt anff die zwey
vom ^Vs Februar, dancke Euch sehr, liebe Looisse, daß Ihr mir
erweist, wie sehr Ihr part in meine leyder nur gar zu rechtmäßige
betrübtnuß genehmen über meines lieben oncles s. absterben; muß
gestehen, daß es mich woll von grundt der seelen betrübet hatt,
undt ob oncles ellendiges leben zwar trösten solte, daß I. L. auß
dießer quäl sein, so habe ich doch große mühe, mich drin zu er-
geben. Ich tuh, waß ich kan, mir dießes auß dem sin zu schlagen,
aber es ligt mir noch schwer auff dem hertzen. Vor alle gutte
wünsche, so Ihr mir, liebe Louisse, thut, dancke ich Euch sehr.
Ich mögte von hertzen gern ferners noch antwortten auff waß Ihr
mir in Ewer zweytes vom "/s schreibt, allein man rufft mich, umb
in daß träwerige apartement zu gehen; muß derowegen in großer
eyll wider meinen willen schließen undt nichts mehr sagen, alß das
ich Euch undt Amilisse von hertzen ambrassire undt Euch recht
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Entschuldigt die fehler von meinem brieff! den ich habe ohn-
moglich der zeit, in zu leßen undt zu corigiren. Ihr werdet, liebe
Louisse, woll bey nahem erahten, waß ich sagen will. Ich schicke
hirbey die antwort ahn die fraw von Bernstein.
58.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 26 Mertz 1698.
Vergangen moijtag habe ich Ewer liebes schreiben, hertzliebe
102
Lonisse, vom Vn Mertz zn recht entpfangen imdt in dießem äugen-
blick entpfange ich daß vom Vis, habe auß dem ersten mitt schrec-
ken gesehen, daß die arme Amelisse ahn den kinderblattern liegt;
beklage sie desto mehr, indem ich nur gar zu woll ¥^eiß, waß es
vor eine abscheuliche kranckheit ist. Weillen ich aber nun sehe, daß
sie sich nach dem 9ten tag beßer findt, so hoffe ich, ob gott will,
daß sie die gefahr wirdt tiberstanden haben nndt mitt dem leben
darvon kommen. Ich bitte Etich, liebe Looisse, sagt ihr doch von
meinetwegen, daß ich recht in sorgen vor sie geweßen! Ihr habt
auch gar woll gethan, mir baldt wider zu schreiben, wie es mitt
Amelisse stehet. Ich hoffe auch, daß, weillen Ihr in den neun tagen
dieße heßliche kranckheit nicht bekommen undt I. L. meine fraw
baß, die landgräffin. Euch ein preservatif geschickt hatt, daß Ihr
Etich davon salviren werdet; wünsche es von hertzen. Ich will dem
heßischen envoyes hir sagen , wie sehr Ihr Euch dießer landtgräffin
berühmbt. Ich hoffe, daß Ihr nunmehr mein schreiben vom 12
dießes monts werdet entpfangen haben. Es ist meine schuldt nicht,
daß Ihr mein undt meiner kinder contrefait noch nicht habt. Ich
hatte es dem surindenten befohlen, die contrefaitten mitt fleiß ma-
chen zu laßen, wolte sie aber nicht wegschicken, ohne sie zu sehen.
Wie man mir sie bringt, waren sie abschetiHch undt deüchten gar
nichts. Wie ich drtiber ztimte, gestehet mir Bechamel, sein söhn
bette ihn gebetten, die contrefait durch einen mahler zu copiren
laßen, so vor ihm arbeit, undt dießer mahler deucht durchauß
nichts. So geht es hir zu; habe ihm also meine meinung dichte
gesagt undt befohlen, andere machen zu laßen von einem beßern
mabler undt die sollen nun baldt fertig sein ; will sie Euch so baldt
schicken, alß sie fertig sein können, werden also baldt in Ewerer
cammer, liebe Louisse, mitt oncle s., tante undi der churftirstin von
Brandenburg figuriren können. Wir seindt jetzt in der osterwogen,
wo wir wenig letitte sehen, habe also nicht mitt monsr Spanheim
sprechen können, umb zu sehen, waß vor eine antwort er bekom-
men; ich höre noch von nichts. Wir werden biß sambstag nach
Paris, umb 11 tag dort zu bleiben; da werde ich fleißig vor Euch
sollicitiren, Etich auch von dortten auß berichten, waß endtlich daß
resuitat sein wirdt. Vor alle zeittungen dancke ich Etich sehr, liebe
Louisse! Es ist war, daß ich wider kranck bin zu Paris geweßen;
die lufft ist mir so zuwider, daß ich woll nicht werde dortten ge-
103
sandt sein könkien; werde woU wider einen Strauß dortten anßzn-
stehen haben, muß aber woU gedult nehmen, weillen es nicht än-
derst sein kan undt es meine Schuldigkeit erfordert, hin zu gehen.
Die gutte madle de Malausse schreibt mir sehr fleißig undt immer
die obligenteste brieffe von der weit; ich habe sie recht lieb. Sie
wirdt nun baldt mein contrefait in klein bekommen; ich habe es
einen von meinen leütten mittgeben, so mitt dem hießigeu ambas-
sadeur nach Englandt ist. Mich deucht, es gleicht mir nicht recht.
Man findt mich schwer zu mahlen; den ich kan die gedult nicht
haben, woU zu sitzen, umb mich mahlen zu laßen. Von hir kan ich
Euch wenig neues berichten ; den Ihr kent ja niemandes hir. Adieu,
hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt behalte
Euch undt Ewere geschwister allezeit recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
69.
St Clou den 10 May 1698.
Hertzliebe Louisse, wie ich gestern abendts umb 9 von Paris
kämme, entpfinge ich Ewer schreiben vom 23 April — 3 May, er-
frewe mich von hertzen, darauß zu ersehen, daß Ihr nun wider bey
voUkomener gesundtheit, gott sey danck, seydt. Ich weiß nur
gar zu woll, waß vor eine abscheuliche vpdt verfluchte kranckheit
die kinderblattern sein, bin dero wegen sehr in sorgen vor Euch
geweßen undt habe Euch sehr beklagt. Mich wundert gar nicht,
zu vernehmen, daß, Ihr so gar kranck dran geweßen seydt, daß Ihr
eben in Ewerer kranckheit nicht so fleysig ahn unßern herr gott
habt gedencken können, alßlhr gewünscht; were doch nicht gefehr-
lich geweßen, indem waß Ihr gefabelt, wider Ewern willen ge-
schehen, Ewer sonst tngendthafftes leben aber geschieht mitt Ewe-
rem willen ; also würde unßer herrgott, der gerecht ist, dießes alles
ohne zweyffel betracht haben undt Ihr nicht desto weniger seelig
geworden sein, wen Ihr gestorben weret, undt wie im Heydelberger
cathegismus stehet, wen wir nur wahre reue undt leydt über unßere
Sünde haben, mitt wahrem glauben daß leyden Christi ahnnehmen,
so werden alle unßere überige schwachheitten mitt dem leyden undt
sterben Christi bedeckt werden ; also hattet Ihr ja nichts zu fürch-
ten, liebe Louisse! Es ist aber doch beßer, spät alß frühe zu him-
104
melen; die weit deucht wenig, es ist war, aber sterben ist doch
auch waß abscheuliches nndt wir wißen leyder wenig, waß wir nach
dießer zeit sein werden. Ich bin fro, daß Ettch dieße heßliche
kranckheit nicht so übel wie mich zugericht hatt. Ich habe Arne-
lisse letztmahl gebetten, mir doch daß recept auff frantzösch zu
schicken, im fall, da gott für seye, meine dochter dieße leydige
kranckheit, so sie noch nicht gehabt, bekommen solte, daß ich ihr
es aach brauchen mögte. Ich kan nicht begreiffen, waß benjole
ist, wovon daß öhl gezogen wirdt. Der fra^ von Bernstein kan
ich ohnmöglich heütte wider aaffwartten; es wirdt ein andermahl
geschehen. Ich beklage sie, ihre Schwester, die gütte Helmstätterin,
verlohren zu haben. Die zwey Veningen bitte ich von meinetwegen
zu grüßen. Augustin hatt mir seinen söhn vor pagen ahngebotten,
er ist aber noch zu klein ; lest mich aber gott der allmächtige noch
etliche jähr erleben, so mögte es woll geschehen können. Ich bin
recht fro, daß meine brieffe Euch erfrewen undt ahngenehm sein;
deren werde ich Euch nicht manquiren laßen. Ma tante generositet
ist mir bekandt. Wolte gott, es stünde bey mir, Euch auch meine
affection zu bezeugen, wie ich gerne wolte! so würdet Ihr nicht
zweyfflen können, daß ich Euch geschwister von hertzen lieb habe
undt behalte.
Elisabeth Charlotte.
60.
St Clou den 17 Juni 1698.
Hertzliebe Louisse, seyder ich Ewer schreiben vom "/«» May
entpfangen, seindt mir so viel verhindernüße zugestoßen, daß ich
ohnmöglich eher, alß nun, habe antwortten können. Diß landt ist
den contretemps sehr unterworfen. Daß ich mittleyden mitt Euch,
liebe Louisse, gehabt habe, wie Ihr die kinderblattern gehabt, be-
darff woll kein danckens; den hiran habe ich nur gethan, waß
billig undt meiner Schuldigkeit gemäß, zu dem aber so ist dieße
kranckheit eine solche sache, daß wer sie gehabt, seinen eygenen
feindt bedaweren könte, will geschweygen personen, so man lieb
hatt undt vor welche man sich recht interessirt. Waß ich in mei-
ner jugendt guttes gehört, werde ich nicht vergeßen undt, ob gott
will, im hertzen bebalten. Es ist gar gewiß, daß man eher vergist,
105
waß man hört andt sieht, wen man erwaeksen ist, alß wen man
noch ein kindt ist. Zum sterben habe ich eben keinen gar großen
trost von nöhten. Ich wünsch den todt nicht nndt scheu ihn auch
nicht; ohne den heydelbergischen cathegisemus kan man woU lehr-
nen, sich nicht zu sehr ahn die weit za attachiren, insonderheit
hir im landt, da alles so voller falschheit, neydt nndt boßheit ist
und alle laster slo unerhört im schwang gehen; allein weillen ster-
ben gantz wider die natur ist, kan maus doch nicht wünschen, ob
man gleich die weit nicht liebt. Hir ahn dießem großen hoff habe
ich mich schir zum eynsidtler gemacht undt es seindt gar wenig
leütte hir im landt, mitt welchen ich offt umbgehe, bin auch gantze
lange tage gantz allein in meinem cabinet, worinen ich mich mitt
]eßen undt schreiben occupire; kompt jemandes, mich zu sehen,
sehe ich sie ein augenblick , rede vom wetter oder zeittungen , den
wider in meine einsambkeit. 4mahl die wog habe ich schreibtag,
montag in Savoyen, mittwog nach Moden e, donnerstag undt sontag
schreibe ich große machtige brieffe ahn ma tante nach Hannover,
von 6 biß 8 fahre ich mitt Monsieur undt unßern damen spatziren.
3mahl die woch fahre ich nach Paris undt alle tag schreibe ich ahn
meine freündinen , so dort sein ; ein oder 2mahl die woch jage ich.
So geht mein zeit hin. Ihr seydt woU lobenswehrt, Ewer Schwester
undt Ihr, daß Ihr Euch mitt wenigen vergnügen könt. Ahn he.
cantzeller Wießer habe ich Euch sehr recommandirt; er hatt mir
auch versprochen, sein bestes vor Euch zu thun. Alle die, so auß
Teütschlandt kommen, rühmen Euch beyde unerhört, wie tugendt-
sam Ihr lebet; daß höre ich mitt freüden. Was Ihr im überigen
pignoli heist, sehe ich woll, daß es ist, waß man auff frantzößch
de piguon heist. Danke Euch sehr, liebe Louisse, daß Ihr mir
die beschreibung davon gethan habt. Franckreich ist der ort von
der [weit], wo man ahm wenigsten gutte remedien hatt; die abtecken
deügen gar nichts, auß[er] clistirmedednen undt gar gemeine sirop
haben sie gar nichts undt wißen auch nichts rechts. Hettet Ihr mir
nicht geschrieben, daß man die pignoli in pastetten thut, hette ich
nicht gerahten, waß es ist; das hatt es mich errahten machen. Ist
es möglich, daß die pfarer so alber zu Franckfort sein, commedien
vor Sünde zu halten? Ihre ambition, über die menschen zu regiren
wollen, ist viel eine größere Sünde, alß ein unschuldig spectacle zu
sehen, so einem ein augenblick lachen macht; so poßen kan ich
106
allen pfaffen nicht verzeyen. Adieo, hertzliebe Lonisse! Ich habe
noch 3 brieff zu schreiben, muß derowegen schließen, versichere
Euch doch noch, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
61.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Marly den 4 JuUi 1698.
Hertzliebe Louisse, den abendt vorher, wie wir hieher kommen
sein, habe ich zwar Eweren lieben brieff vom ^V« Joni entpfangen,
ohnmöglich aber eher, alß heütte, antwortten können; den hir kan
man nicht alzeit thon, waß man gern wolte. Ich kan nicht begreif-
fen, wie es kommen maß, daß meine brieffe lenger unterwegens
sein , alß die Ewerige. Ewer schreiben ist just 10 tag unterwegens
geweßen. Heütte morgen habe ich eines von Louisse [?Amelisse] ent-
pfangen, so eben so lang unterwegen geweßen ; den es ist vom ^Vi4 Juni
undt ich entpfange es heütte. Mich deucht, ich habe etliche von
Euch undt Amelisse bekommen, so frischer geweßen mn. Die, so
sich die Sachen hir nicht so schwer einbilden, alß sie in der that
sein, meinen, der könig undt der hoff seyen noch, wie sie vor die-
ßem geweßen, aber alles ist leyder derniaßen geendert, daß wer
seyder der königin todt von hoff geweßen were undt nun wider her-
kämme, würde meinen, er komme in eine gantz andere weit; hir-
auff were noch viel zu sagen, aber es ist der feder nicht zu ver-
trawen; den alle brieffe werden geleßen undt wider zugepitschirt.
Ma tante pflegt zu sagen: «Einer ist des andern teüffel in dießer
weit» undt daß ist woll wahr. Wir wißen woU, daß alles von gott
kompt undt sein alimacht von ewigkeit resolvirt, wie die Sachen sein
sollen ; weillen der allmachtige unß aber nicht mitt ihm [? in] raht
genehmen, so lest er unß auch nicht wißen, warumb alles geschieht;
müßen unß also nur seinen he. willen ergeben. Ich zweyffle gar
nicht, daß Carl Moritz manche disputten mitt monsr Hehnont haben
wirdt zu Hannover. Ich wünsche Carl Moritz alles guts undt langes
leben, allein ich zweyffle, daß er mitt aller seiner gelehrtigkeit mir
jemahlen so lieb werden kan, alß mein lieber CarUutz s. mir wahr.
Ich kans Carl Moritz nicht verdencken, den krieg in Ungarn zu suchen
wollen. Ich hoffe zu ßwerm trost, daß der frieden mitt dem Türe-
107
ken möge gemacht werden. Ich bin woll Ewer meinnng, daß, ob
man zwar klarlich siebet, daß onß zeit undt stunde gesetzt sein,
daß man doch darauff nichts wagen solle. Nach Nancy werde ich
woll so baldt nicht kommen; den der gutte hertzog dortten hatt
woll nicht von nöhten, daß ich ihm einen solchen onkosten mache;
aber käme ich dort hin, könte Ewere reiße gar woll ahngehen; den
ich wolte schon woll mittel nndt weg finden, daß Ihr mich ohne
ambaras sehen köntet. Meiner dochter beylager wirdt vor deß endts
September nicht geschehen können; kntzscben, liberey undt waß sie
von nohten hatt, kan nicht eher fertig werden, also wirdt die
heimführung erst im October sein können. Jodelet sagt: «Si nous
estions artissans de nous meme, on ne veroit par tout que des
beautes extreme»; aber weillen wir es nicht sein, muß man woll
bleiben, wie uußer herrgott unß hatt werden laßen. Mir gebürts
nicht, nach andere leütte zu sehen, ob sie heßlich oder schön sein,
nachdem mich der almachtige so gar heßlich hatt sein laßen; aber
ich bin jetzt in einem alter, wo man* sichs desto leichter zu ge-
trösten haben kan, indem, wen ich schon schön geweßen were,
müste ich doch jetzt schon heßlich geworden sein, geht also mitt
einem hin; freylich halte ich mehr von innerlicher, alß ettserlicher
Schönheit. Ich habe Euch schon letztmahl meine meinung geschrie-
ben über die pfaren undt pfaffen , so die comedien verbietten , sage
also weyter nichts dranff, alß nur, daß, wen die herrn ein wenig
weitter, alß ihre naß, sehen weiten, würden sie begreiffen, <}aß der
gemeinen leütte gelt ahn den commedien nicht übel ahngelegt ist.
Erstlich seindt die comedianten arme teüffel, so ihr leben dadurch
gewinnen; zum andern so macht die comedie freüde, freüde gibt
gesundtheit, gesundtheit stärcke, stärcke macht beßer arbeyten; also
selten sie es mehr gebietten, alß verbietten. Ihr habt woll groß
recht, liebe Louisse, über solche bagatelien Euch kein gewißen zu
machen. Ich liebe die comedien sehr undt werde es nicht leicht
müde. Die hitze aber ist eine gutte ursach, umb sich nicht in
einen so warmen ort einzusperren. Spatziren gehen ist gesundt ;
mitt meiner dicken corpelentz gehe ich doch noch braff, aber daß
steygen kompt mir nun schwehr ahn. Von welchem hauß ist der
fürst von Siegen? Ich habe daß schlimbste gedechtnuß von der
weit, alles schon vergeßen. Die fraw von* Schelm bitte ich von
meinetwegen zu grüßen. Ich habe ^re Schwester, die Lenor, zu
108
St Cloa; sie ist lastiger, alß nie; ich admirire sie täglich, wie sie
noch so lustig sein kan. Es scheindt aber, wie Ihr mir von ihrer
Schwester Gret sprecht, daß sie es so de race haben, lustig zu
sein undt gutte einfäll zu haben. Ich glaube, Ihr habt kein un-
recht, erst zu sehen, wie es in der Pfaltz zugehen wirdt, ehe Ihr
wider hingehet. Hirmitt ist Ewer schreiben völlig beantwortet, bleibt
mir also nichts überig zu sagen, alß daß ich Euch von hertzen am-
brassire undt lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Vor Amelisse gebe ich keine comission; den ich werde ihr
gleich in dießem augenblick selber schreiben.
62.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 8 JuUi 1698.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewer wehrtes schreiben
vom 25 Juni — 5 Julli entpfangen, also frischer überkommen, alß
einiges, so ich noch von Euch entpfangen habe. Ihr werdet auß
meinem letzten schreiben ersehen haben, daß ich Amelisse brieff zu
Marly entpfangen habe undt gleich beantwortet. Ewere schreiben,
liebe Louisse, können mich nie importuniren. Vom Persius habe
ich noch nichts gehört, muß noch nicht ahnkommen sein. Es gibt
jetzt dolle edelleütte bey den hoffen, wie ich sehe. Zu meiner zeit
war Persius nur ein patricius undt die Fabricius docktorsleütte, nun
passirt daß alles vor . edelleütte. Deß Grootens bruder, den Ihr
zu Franckfort gesehen undt herkompt, ist schon lengst hir; sie
seindt zwilling. Er ist dießen gantzen morgen bey mir geweßen.
Wen sie waß schönnes zu Franckfort finden, mögen sie es nur woll
besehen; den hir werden sie wenig schönnes finden. Der Harenberg
ist vielleicht unßer Harenberg verwandt, so bey meines brudem
gemahlin cammerjungfer zu meiner zeit war undt hernach Clames-
busch geheüraht hatt. Vor dießem haben ich auch cavalier gekent,
80 Elß geheißen haben. Ich sage woll von grundt meiner seelen
amen zu dem gutten wünsch, so Ihr ma tante, der churfürstin, zu
I, Jjr gesuQdtheit thut. 2 mah) die wocl^e s^reibe ich nach Hau-;
109
nover undt bekomme brieffe. Der hoffcantzeller Wießer muß nun
all lengst wider bey Ghurpfaltz sein; den es ist schon gar lang, daß
er hir auffgebrocben ist; wünsche, daß Ewere forderung ahn Ghur-
pfaltz zu einem gutten endt gereichen möge; von bloß gotten wort-
ten ist man sich nicht satt. Ich erinere mich nicht mehr, wie die
kellerey zu Weinheim beschaffen ist, kan mir aber nicht einbilden,
daß man dortten woll logirt sein kan, insonderheit ein gantzer
churfürstlicher hoff. Ich bin Euch, liebe Louisse, sehr verobligirt
vor die offre, so Ihr mir thut, mir etwaß guts auß den Franckfor-
ter apotecken zu schicken. Wen ich waß werde von nöhten haben,
werde ich Euch drumb bitten; so lang ich mich woll befinde,
brauche ich nichts. Kirschenbrandenwein ist, waß man ahm besten
hir [? haben] kan, bedancke mich also davor, brauche es auch nicht ;
allein wen Ihr mir ein klein flascheigen von keyßers Carls kopffwaßer
schicken wolt undt dabey schreiben, waß es kost, werdet Ihr mir
einen großen gefahlen thun. Das ist einig, waß mich dießen winter
in Paris erhalten hatt, undt wen ich nein fahre, halte ichs unter
die naß, so verhttts mir daß starcke kopffwehe. Adieu, hertzliebe
Louisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt versichere Euch,
daß ich Euch allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
63.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 2 Augusti 1698.
Hertzliebe Louise, es ist schon etliche zeit, daß ich IS wer
lieben brieff vom 5 — 15 Julli entpfaugen habe, aber unmöglich eher,
alß nun, drauff antworten können. Es ist eben, alß wen der teüffel
sein spiel mitt hett; allemahl undt so offt ich mich niedergesetzt
habe, ahn Euch zu schreiben, bin ich geruffen worden, undt es
haben sich allezeit verhindernuße gefunden. Gott gebe, daß ich
hetttte einmahl völlig andtwortten möge! Es war gar nicht nöhtig,
liebe Louise, daß Ihr mich umb verzeyung bitt, daß Ihr einen brieff
vor die fraw von Ratzamhaussen von ihrer Schwester, der fraw von
Bernstein, in mein paquet eingeschloßen habt ; den ich bin der fraw
von Ratzsamhaussen ordinari secretarius undt bestehle [? bestelle]
alle ihre brieffe, zu dem so zancken wir nicht umb die besoldung.
110
Ich wüste woU, daß der Bernsteinen dochter bey meines bmdem s.
gemahlin ist; dieße junge Bernsteinin kan woll verstandt, tngendt,
an dt meritten haben, aber sie kan nicht hübsch sein, wen sie ihrem
guten ehrlichen vatter, meinem Bernstein, gleicht. Ich glanb, daß
es der Gret ant tbnn wirdt, wen sie Euch wirdt quittirt haben.
Ich kan nicht begreiffen, wo der gantze pföltzische hoff sich wirdt
zu Weinheim auffhalten können; den es ist ja ein kleiner ort. Waß
die pretentionen ahnbelangt, waß man noch vor den armen zu Hey-
delberg schuldig ist, so kan ich hirauff nichts ordoniren; den alles,
waß von der gantzen erbschafft kommen ist undt auch noch zu
hoffen ist, wirdt woll unter meinem nahmen gefordert; so lang
Monsieur aber lebt, bekomme ich nichts davon; den Monsieur alß
maistre de la comunaute, wie man es heist, ist, so lang I. L. leben,
herr undt meister über aber alles; ich kan von keinem heller or-
doniren noch disponiren, den mein heürahtscontract ist auff Paris-
ser brauch eingericht worden. Derowegen müßen alle die, so pre-
tentionen haben, sich ahn Monsieurs conseil adressiren. Ihr habt
gar recht geantwort, daß, wen es bey mir stünde^ die sach baldt
außgemacht sein würde. Waß Ewere sach ahnbelangt, so soUicitire
fleißig vor Euch. Es ist war, daß die Sachen mitt Churpfaltz zu
Franckfort sollen tractirt werden, undt man verspricht mir, daß
Euch dortten auch soll recht geschafft werden, undt man hatt mir
gar nicht gesagt, daß man Euch ahn Churpfaltz zu weißen gedencke;
contrarie sie haben gesagt, daß man nur gelt erwartten wolle.
Churpfaltz muß woll schulden machen; den sein hoff solle über die
i^USen magnifiq sein, des königs envoyes hatt mitt Verwunderung
davon geschrieben. Seydt in keinen sorgen, daß Ihr mir von dießen
schulden geschrieben! Den ich werde Euch woll keine händel mitt
machen undt ahn niemandts nichts davon sagen. Vor die getruckte
zeittungen dancke ich imer sehr, liebe Louissei Ich habe noch ge-
stern schreiben von der gutten hertzogin von Hannover auß Modene
entpfangen. I. L. sagen mir aber kein wort von dero fr. tochter
heüraht mitt dem romischen könig, fürchte also, daß es noch nicht
richtig ist. Daß die hertzogin von Modene mitt einem printzen nieder-
kommen ist, werdet Ihr nun schon woll wißen. Die complaissance,
so die princes von Ahnspach hatt, mitt ihrem her bruder auff die jagt
[zu gehen}, ist nicht schwer zu vohsiehen. In meinem sin, wie Ihr
mir dießen margraffen [schildert], so muß es schir ein art von humor
111
sein, ¥rle der alte hertzog von Lotherin^en, deß unßerigen groß-
oncle, weillen er verstandt hatt undt doch so viel possen ahnfangt.
Apropo von Lotheringen, meiner dochter heüraht ist noch ein par
Wochen verschoben worden. Vor Amelisse sage ich hirmitt nichts,
liebe Louisse! den ich werde ihr selber schreiben. Vor etlichen
tagen ist etwaß wunderliches undt neues hervorkommen: der printz
#
de Conti undt der grand prieur de Vandosme haben zu Meudou
handel bekommen, der grand prieur hatt den printz de Conti her-
auß fordern wollen ; sie haben sich aber so lautt gezanckt, daß man
dazwischen kommen; der könig hatt den grand prieur in die BastiUe
setzen laßen; wie laug er drioen bleiben wirdt, weiß man [? nicht].
Die quereile ist gekomen über spiellen, weillen grand prieur hatt
stechen laßen a lombre, wie der printz de Conti spilte undt codille
damitt gewonen hatt. Printz de Conti sagte, der grand prieur
spille mitt zu groß avantage; daß hatt dießem verdroßen undt an-
dern tags drauff den printzen herauß gefordert, weillen ihm gar
übel gelungen ist. Gestern (nein, ich betriege mich, es war vor-
gestern) hatt mir Jierr docktor Clöter Ewer schreiben vom 28 May
a. St. bracht. Ich habe ihm gleich ein recomandationschreiben
nach Metz einhändigen laßen, wie er es begehrt, undt in waß bey
mir steht, werde ich Euch, liebe Louisse, nichts abschlagen; den
ich habe Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
64.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 12 Augusti 1698.
In dießem augenblick, hertzliebe Louisse, komme ich von
Marly ahn, wo wir 8 tag geweßen, nachdem wir durch Versaille
seindt undt der duchesse de Bourgogne undt meines sohns gemah-
lin, so nicht zu Marly mitt geweßen, eine vissitte geben hab^n. Heütte
morgen, ehe ich von Marly weg, hatt [man] mir ein paquet mitt
zwey von Ewern lieben brieffen gebracht, ich kan aber ohnmoglich
vor dießmahl eine gar exacte antwort drauff machen; den es ist
schon zimblich spät. Vor daß keyßer Carls kopffwaßer bedancke
ich mich schon zum vorauß. Vergest nicht, dabey zu setzen, waß es
kost! werde es mitt danck bezahlen. Der postmeister von Franck-
112
fort muß ein gritlicher grober gesel sein, die brieffe liegen zu
laßen. Ich bin gewiß, daß wen Ihr mich jetzt sehen wQrdet, Ihr
micli (wo Ihr änderst Euch meiner noch erinern kOnt) mehr ver-
endert undt veralt, alß freüllen Anne Catherin, die gntte Wollmers-
hetkrin, finden. Ich weiß nicht mehr, von welchem hauß die itzige
landtgraffin von Darmstatt ist; bitte, mich solches za berichten.
Seindt doch nicht so voller ceremonien, liebe Loaisse, aiidt glaubt,
daß, weillen ich £üch einmahl gesagt, daß £were schreiben mir ahn-
genehm, daß es die pure warheit ist! Anff Ewer morallisch raisonne-
ment kan ich heütte ohnmoglicli andtwortten; es ist zu spätt. Ich
schreibe in gretQicher eyll, doch daß sagen, daß nicht alles golt
ist, waß glentzt, daß man ahn keinem ort in der weit weniger
thnn kan, waß man will, alß hir in Franckreich, wen man Ma-
dame ist; also werde ich woll schwerlich zn meiner dochter kom-
men, wen sie zn Nancy sein wirdt. Hiranff were noch viel zu sa-
gen, aber die brieffe gehen nicht richtig genung, sage derowegen
nur, daß ich Ettch undt Amelisse sehr lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
■
65.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 22 Augusti.*
Hertzallerliebe Amelisse, vergangen montag habe ich Ewer lie-
ben brieff vom V^s dießes monts zu recht entpfangen, aber ohnmög-
lich andern tags, ob es schon der posttag war, drauff antwortten
können. Ich hatte zu starck geweint gehabt; den vergangen mon-
tag ist zu Versaille auf einen stutz eine von meinen gar gutten
freündiuen ahm schlag gestorben, sie hieße la priucesse Despinois.
Es war ein dame, die große meritten hatte, gar gutten verstandt,
eine politesse, so über die maßen war, undt daß beste gemühte von
der weit; sie dachte ahn nichts, alß ihre freunde undt verwanten
zu dinnen; sie war von gar gutter geselschafft. Suma, es ist ein
rechter Verlust, daß die gutte princes gestorben, undt mir sehr zu
hertzen gangen. Wen ich nur weiß, daß Ihr beyde vergnügt undt
gesundt lebt, daß ist mir artig genung, liebe Amelisse 1 Die mühe
♦ TM
Die Jahrszahl fehlt.
113
ist nicht groß, vor Euch za solicittiren ; aher alles, worin ich mich
interessire, leüfft nicht allzeit ahm besten ab; bey mir solle es nicht
liegen, daß Ihr nicht ahm pfaltzischen hoff mögt ahngewießen
werden. Es ist schadt, daß Chnrpfaltz nicht viel einkommens hatt,
weilten I. L. so gern große despence machen. Es muß sich bey
der churfürstin vattem nndt mnttern; den keines von beyden liebt
die ohnnöbtige despence. Die gntte leütte za Weinheim jammern
mich recht, so große despence zu thun, ihren herrn zu entpfangen.
Waß ist aber die fraw Heinze vor eine? Sie muß vielleicht von
Dasseldorf sein ; den in der Pfaltz habe ich mein leben nicht von
dem nahmen gehört. Die Gret Veningen, jetzt Schelmin, muß die
vivacitet mitt den jähren gekommen sein ; den wie sie noch ledig
war, hatte sie keine vivacitet nicht. Lenor war allein die, so ahm
lustigsten war; sie ist lustiger alß nie, macht mich offt zu lachen
undt wirfft mir doch offt vor, daß ich zu serieuse geworden bin.
Woher ist aber daß stetige weinen der Bernsteinen ahnkommen?
Vor dießem mogte sie lieber cartten spiellen, alß weinen. Wen man
schon schön ist, wehrt es doch nicht, undt ein schön gesiebt endert
baldt, allein ein gutt gemüht ist zu allen zeitten gutt. Ihr müst
meiner sehr vergeßen haben, wen Ihr mich nicht mitt unter den
beßlichen rechnet; ich bin es all mein tag geweßen undt noch ärger
hir durch die blättern worden; zu dem so ist meine taille monstreuse
in dicke, ich bin so viereckt wie ein würffei, meine hautt ist rot-
lich, mitt gelb vermischt; ich fange ahn, graw zu werden, habe
gantz vermischte haar schon, meine stirn undt äugen seindt sehr
runtzelicht, meine naße ist ebenso scbeff, alß sie geweßen, aber
durch die kinderblattern sehr brodirt, so woll alß beyde backen;
ich habe die backen blat, große kinbacken, die zän verschlißen,
daß maul auch ein wenig verender t, indem es größer undt rontzel-
licber geworden; so ist meine schöne figur bestehlt, liebe Amelisse!
Ich glaube, sie werden mich endtlich närisch mitt den contrefetten
machen; ich kan sie nicht von den leütten bekommen, so sie haben.
Wovon kommen Euch die blöden äugen? Mich deucht, wie Ihr
kinder wahret, war es Caroline alleine, so blöde äugen hatte. Ich
muß lachen, daß Ihr sagt, daß ich beßere occupationen habe, alß
zu arbeitten. Wen Ihr meint, daß der himmel hir voller geigen
hengt, betriegt Ihr Euch sehr; die langeweill regirt so starck hir,
alß in keinem ort von der weit. Viel leütte hir drincken the undt
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^
114
caff6 nndt chocolat, aber ich nehme gar nichts von dießem zeug,
bilde mir ein, es seye nicht gesandt Ich spielle auch nie, sehe
nar etlichmahl zn, wen man abendts a lombre spielt. Ein spiel,
wobey man lachen undt reden kan, würde hir sehr veracht werden.
Unter dem grand prieur undt dem printz de Conti ist nie gar
große freündtschafft geweßen; den der printz de Conti nndt des grand
prieurs brnder, der duc de Vandosme, pretendiren jeder, monsieur
le Dauphins favorit zu sein. Ich habe letztmahl schon zum vorauß
vor keyßer Carls kopffwaßer gedanckt. Vergest nicht, den zettel
dabey zu schickien, von waß es kostl Ich weiß woll, daß man von
printzes Amelie vor den römischen könig spricht; es kompt aber
noch nichts gewißes hirvon. Mein dochter ist so persuadirt, daß
sie mitt dem hertzog von Lotheringen glücklich sein wirdt, daß ich
es gantz hoffe. Wen sie nur zufrieden ist, werde ich es auch sein;
bedancke mich sehr vor den part, so Ihr drinnen nehmen wolt, undt
erfrewet mich recht, Ewer affection zu verspüren. Seit versichert,
daß ich Euch kinder alle recht lieb habe! Von hir kan ich nicht
viel neues sagen. Madame de Chartre hatt unß wider ein metgen
daher gesetzt, biß dinstag solle es getaufft werden; monsieur le
Dauphin undt die duchesse de Bourgogne werden sie äuß der tauff
halten. Die eiste, so nun 3 jähr alt worden, ist froh, daß man sie
mademoiselle d'Orleans heist undt ihr schwestergen mademoiselle
de Chartre ist; die eiste wirdt all artlich. Adieu, hertzliebe Am-
lisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undtLouisse auch undt ver-
sicher Euch, daß ich Euch lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
»■
66.
A mad. Louisse, raugraflSbi zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 26 August 1698.
Hertzliebe Louisse, gestern abendts habe ich Ewer schreiben
vom Vi» dießes monts entpfangen. Es deticht mir, es seye ge-
schwinder kommen, alß die andern ordinari kommen. Lenor bildt
sich ein, daß ich ihr 300 francken erspare, indem ich ihr secre-
tarius bin. Mein leben habe ich nicht reimen können; wie ich aber
vergangen jähr den arm außeinander gefahlen hatte undt sonsten
nichts thun konte, ist mir daß liedermachen ahnkommen, habe
115
deren 3 oder 4 auff frantzosch, all schlim genung, gemacht undt
ahn ma tante, der churfürstin von Braunsweig, geschickt. Mitt dem
armwehe ist meine vaine poetique wider vergangen. Deß keyßer
Carl kopfPwaßer ist mir noch nicht zu händen kommen, dancke
Euch aber, liebe Louisse, vor die mühe, so Ihr Euch deßwegen ge-
ben habt. Daß, so ich so gutt finde undt mir madame Magercroon,
deß dänischen envoyes fraw, geben, ist gar nicht rohtlich, sondern
weiß wie brunenwaßer; es ist daß eintzige, welches mich zu Paris
erhelt, wo ich allezeit kopffwehe habe. Etwaß vor den schlagfluß
were hir woll von nöhten; den dieße kranckheit wirdt gar gemein
hir. Vor 9 tagen ist eine dame hir ahn Einem stutz dran gestorben,
welche ich woll von hertzen beweinet habe; den sie war gar meine
gutte freündin. Sie hieße la princesse Depinois undt war von
hauß de Rohan. Hir seindt die cavaliers nicht so verhiebt auff die
daraen, daß sie sie enleviren. Ich meinte, die Engellander wehren
auch wie die Frantzoßen. Dem trierischen residenten ist es mitt
seiner tochter gangen, wie daß holländisch Sprichwort raht und
sagt, man soll den pot scheümen oder er scheümbt sich selbst,
seine tochter trawen oder sie traut sich selbst. Es ist billig,
daß alle Pfältzer undt Pfaltzerinen so ihrem churfürsten gehen.
Waß pretendirt den dießer churfürst, mehr zu sein, alß mein herr
vatter war? Daß kompt mir possirlich vor. Man kan, glaube ich, in
jetzigen [zeiten] woll völlig außsprechen, wie der apostel Paulus sagt :
«Schicket euch in die zeit! den es ist böße zeit». Die churfürstin
zu Pfaltz gleicht ihrer fraw mutter nicht, wie ich sehe; den die
hatt gern, daß man lustig ist. Der fraw von Schelm raisonement
ist gar raisonabel. Ihr werdet mir einen gefahlen thun, eine rela-
tion von Ewer Weinheimer reiß zu thun. Heütte haben wir ein
greulich gethuns ; den man wirdt mademoiselle de Chartre, madame de
Chartre letztes dochtergen, hir tauffen ; monsieur le Dauphin undt die
duchesse de Bourgogne werden es auß der tauff heben; unßer kö-
nig, der könig undt die königin in Engellandt undt der gantze hoff
werden sich dabey befinden. Weillen es baldt ahngehen wirdt, werde
ich Euch vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch von
hertzen ambrassire undt Amelisse auch undt Euch allezeit lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
^*
116
67.*
Ich habe niemablen keinen alten margraffen von Ahnspacb
gekandt. Der, so meines bruders s. gar gutter freündt war, war
noch ein gantz janger herr; ich glaube nicht, daß er 30 jähr alt
war, wie er gestorben ist. Er wahr woll geschaffen, allein sein
verstandt stimbte nicht mitt seiner figur überein; den es war der
abgeschmackeste undt soteste herr, den ich mein leben gesehen
habe. Ich fürchte, sein söhn wirdt nicht mehr verstandt haben, alß
der herr vatter. Ich habe ihn noch nicht gesehen, allein ein sou-
verain macht schlime figure in Franckreich. Ihr thut woll, den
pfaltzischen hoff zu meyden, weillen man Euch so wenig distinguirt.
Ich habe schon meine meinung hirüber ahn Louisse geschrieben,
wie Ihr auß meinem letzten brieff werdet gesehen haben. Daß pau-
cken undt trompetten ist ein alter teütscher brauch; dieß finde ich
nicht übel eben. Bey dem alten hertzog August von Braunsweig
stundte der bauker in einer galerie vor deß hertzogs cammer undt
so baldt der hertzog auß seinem apartement ging, paukte man;
daß funde ich zu viel, aber im außfahren stehet es nicht übel. Daß
keine cadets von fürstlichen hetißern mitt dem churfürsten eßen,
finde ich recht unbillig. Mein gott, weß wegen habt Ihr doch miß-
gönners? Den Ihr steht ja niemandes in den weg. Ich habe der
churfürstin zu Pfaltz juwellen gesehen, auff papir gemahlt, darauff
scheinen sie über die maßen schön sein; man sagt aber, daß sie
nicht rein noch perfect sein. Ich bin fro Ewerthalben, liebe Ame-
lisse, daß man die comedien zu Franckfort erlaubt hatt; wünsche,
daß Ihr Euch woll in der meß divertiren möget. Ihr werdt mir
einen rechten gefahlen thun, mir zu berichten, wie es dort hergehen
wirdt. Ich habe gehört, der churfürstin zu Pfaltz liebe gegen ihrem
herren were so starck, daß es offt auff eine Jalousie außlaufft;
drurab folgt sie dem churfürsten gewiß so überall nach. Ich weiß
dem churfürsten danck, nicht mistrawisch zu sein undt einen refor-
mirten docktor zu haben. Waß sagen aber die herrn Jessuwitter
hirzu? Mein gott, liebe Amelisse, seydt doch nie in keinen sorgen,
wen Ihr mir naturlich schreibt! Daß kan man nie abgeschmackt
heißen, contrarie, daß ist woll geschrieben undt so habe ichs recht
gern. Da kommen viel leütte undt wollen mich sprechen, meine 2
* Diesem briefe fehlt wol der anfang.
117
vettern von Heßen, wie anch pfaltzgraff Christian, madame la princesse
undt zwey von I. L. dochtern, muß derowegen in großer eyll
schließen, habe nicht einmahl der zeit, mein gekritzel zu überleßen
undt zu corigiren. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch
undt Louisse von hertzen undt habe Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
St aou den 27 September 169a
68.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Fontainebleau den 10 Octobre.*
Hertzliebe Amelisse, vor etlich tagen habe ich Ewer schreiben
vom "Vso September zu recht entpfangen. Ich war eben zu Mon-
targie, von wo wir gestern wider kommen sein; haben den courir
hir gefunden mitt meiner dochter heürahtsdispence; also wirdt
ohnfehlbar daß beylager biß montag sein, gehen selben tag gleich
nach Paris undt zwey tag hernach wirdt sie weg. Ihr könt leicht
gedencken, liebe Amelisse, daß mir daß hertz jetzt schwer ist undt
daß ich näher bey dem weinen, alß bey dem lachen, bin; den mein
dochter undt ich haben einander nie quittirt, werden aber nun woll
vor langer zeit geschieden sein, welches dan ein wenig zu hertzen
geht; kan also vor dießmahl gar nichts lustiges sagen. Ich habe
die äugen alle augenblick voller threnen, muß es doch inmier ver-
beyßen, umb nicht außgelacht zu werden; den die seinige recht
lieb zu haben, verstehet man in dießem landt nicht. Ich weiß, das,
wen Ihr recht wißen soltet, wie mirs umb hertz ist, würde ich
Euch recht jammern. In welchem standt ich aber sein mag, so
werde ich doch Euch undt Ewer Schwester allezeit lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
69.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Fontainebleau den 18 October. "i""
Hertzliebe Amelisse, es ist schon 3 oder 4 tag, daß ich Eweren
lieben brieff sambt der commedie von Carl Moritz entpfangen habe,
* Die jahrszahl fehlt.
** Die Jahrszahl fehlt,
118
habe Euch aber ohnmöglich eher, alß nun, davor dancken können.
Ich habe sie gleich geleßen; sie endet waß kartz, allein es seindt
Sachen drinen, so nicht schlim sein, zum exempel der poet ist gutt,
der marquis ist auch nicht schlim, aber es ist kein recht endt dran.
Ich sehe woU, worauff Fagotin gem^fcht ist; daß ist auff Mezetin
gemacht, weillen ihn der könig in Poln zum tresorier de la
chambre gemacht hatt; die überigen personnage kan ich nicht so
woll alß dieße errahten. Wen die teütsche nicht schlimmer, alß
die frantzösche, ist, wirdt sie noch woll der mühe werdt sein, daß
man sie lest. Man schreibt mir, daß die reiß nach Preussen zu
Berlin gebrochen seye. Daß fretidt mich, daß sich weiber undt
Jungfern umb unßern printzen von Birckenfelt geschmißen haben ;
da will ich ihn braff mitt plagen, wen I. L. wider hir sein werden.
Waß wirdt aber Fanchon Moreau vom opera hirzu sagen, welche die-
ßes printzen heroine ist? Sie wirdt singen müßen, daß die Unbestän-
digkeit der männer ihr gemeines laster ist, aber a bon chat bon rat,
sie wirdt ihm nicht getrewer sein, alß er sie; den die dame hatt
gar eine mittelmäßige tugendt undt schlegt niemandt nichts ab. Ich
wolte, daß die teütsche ftlrstinen ihm die frantzösche öperatrice auß
dem kopff bringen mogten. Ich habe beyde fürstinen zu Hannaw
sehr rühmen hören. Die Ratzsamsheusserin wirdt mir baldt eine
relation von dießer fürstin thun. Ich wolt I. L. nicht rahten, nach
Paris zu kommen; die wohnung ist nicht avantageuse dort vor
teütsche fürstinen; den alle damens werden pretendiren, vor sie zu
gehen, sie mögen tittel haben oder nicht. Ich glaube, daß ihr
herr, so woll weiß, wie es hir ist, ihr dieße thorheit nicht wirdt
thun laßen. Ist dieße fürstin nicht schön, so muß sie ihren beyden
herrn brüder nicht gleichen; den sie seindt beyde recht schön. Es
ist mir leydt Ewerthalben, wen ich höre, daß alle geselschafPten so
von Franckfort weg reißen; den daß gibt Euch doch ein wenig
verenderung. Ich sehe daß kleine gi'äffgen von Leiningen sehr
selten, aber wen ich ihn sehe, caressire ich ihn doch sehr, filtz
ihn auch etlich mahl ein wenig. Graff Reus, so [er] bey ihm hatt,
feit nicht von verstandt, ist raisonabel. Sie seindt einmahl mitt mir
auff der jagt geweßen; selbige jagt war heßlich, wir verlohren sie.
Ich habe mitt meinen obren gehört, daß Monsieur seinem secretaire
des comandemant, deß abe de Thesut bruder, befohlen, vor Euch
ahn h. Obrecht zu schreiben. So baldt wir wider zu Paris sein wer-
119
den,. werde ich ahn die sach treiben. Ach, ich werde leyder biß
donnerstag wider in daß widerliche Paris ondt daß liebe Fontaine-
bleau quittiren, welches mir woU hertzlich leydt ist; mögt drüber
flenen. Hir bin ich hertzlich gern, befinde mich immer woU hir
undt divertire mich undt in dem yerfluchten Paris bin ich immer
kranck undt stehe bitter lange weill dort auß. Hertzog Christian
wirdt meinen, ich hette auß der schul geschwetzt undt Euch sein
leben beschrieben; den ich plag ihn auch immer mitt; den ich weiß
I. L. gantze historie. Sein herr bruder hette es woll bleiben kön-
nen laßen, so einen doUen heüraht zu thun. Die lieb, so hir weg
gejagt wirdt, hatt sich, wie ich sehe, nach Franckfort retirirt.
Man rufft mir alleweil; es ist zeit, in die comedie zu gehen, muß
also schließen. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von
hertzen undt behalte Euch undt Ewer geschwister recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
70.
A mad. Amelie Elisabeth y raugraffin zu Pfaltz y a Franckfort.
» Yersaille den 12 December 1698.
Hertzliebe Amelisse, ich habe alleweill ahn Louisse geschrieben
undt ihr außführlich alle Ursachen gesagt, weß wegen ich Euch bejden
in 2 monat nicht geschrieben habe, undt weillen Ihr einander Ewere
brieffe weist, will ichs hirmitt nicht widerhollen, sondern Euch nur
sagen, daß ich, seyder ich Euch nicht geschrieben, 3 liebe schreiben von
Euch entpfangen habe vom */** October, 1 November — 22 October undt
heütte morgen einen vom 24 November — 4 December, auff welchen
ich hirmitt antwortten werde. Auß dießem bericht werdet Ihr sehen,
ob ich alle Ewere brieffe entpfangen; Ich sage auch ahn Louisse die,
so ich von ihr entpfangen habe. Daß durch den jegermeister undt
herrn Wießer geschickt worden, ist gantz verlohren gangen; weder
Lenor noch ich haben keinen bustabei davon zu sehen bekommen.
Alle Ursachen meines langen stillschweygens habt Ihr, liebe Ame-
lisse, gar recht errahten. Abe de Thesseut ist gar ein ehrlicher
edelman, den ich sehr estimire; ich zweyffle nicht, daß er auff
mein gar starcke recomandation Ewere interesse sich ahnnehmen
nVirdt, in waß Monsieur vermag; allein bey dem könig, unter unß
gesagt, ist wenig zu hoffen; zu recompensiren , waß man durch den
120
krieg gelitten, da will er nichts von hören. Der könig hir.hatt
woU, wie man sagt, gar keine seyde bey dem krieg gespunden.
Solte der könig einen kleinen krieg (wie ich doch nicht hoffen
will) mitt Churpfaltz ahnfangen, wirdt es baldt zum ende gehen,
weillen im reißwigischen friedenstractat stehet, das, wen der könig
gleich feindtseeligkeitten gegen selbigen charfürsten verüben solte,
im fall dießer meinem herrn nicht bezahlte, waß er mitt ihm ist
eines worden, so soll dießes vor keine interuption deß generals-
frieden gehalten werden andt sich niemandes der sach ahnnehmen;
also könte selbiger krieg nicht lang wehren. Da segt Ihr woU, daß
ichs mage wie Jodelet. «Prince, j'ay response a tont, hors a qui va
la», sagte er; so mache ich es auch. Wir haben hir kein schönner
Wetter, alß Ihr andern zu Franckfort. Meinem miltz ist nicht
beßer dabey, daß ich so lang ohne jagen sein muß. Ich wüste
nicht, daß Ihr reißen kont. Liebe Amelisse, Ihr thut gar woU,
Euch mitt etwaß ahngenehmes zu occupiren. Ob ich zwar 3 mahl
die woch große brieffe von meiner dochter bekomme, so habe ich
doch zeit genuug, andere zu leßen, so mir auch lieb sein. Drumb
last Euch diß, liebe Amelisse, gar nicht zur entschuldignng dinnen!
undt ich verspreche, daß ich Euch hinfüro gar fleißig andtworten
werde. Wie es meiner dochter geht undt wie vergnügt die nun
lebt, werdet Ihr auß Louisse brieff außführlich sehen. Es fangt
ahn undt wirdt spät; ich furcht, daß, wen ich nicht aufhöre, zu
schreiben, daß mein brieff nicht zu rechter zeit noch auff die post
kommen möge, muß also wider meinen willen schließen; den ich
were noch woll im humor, zu blandem. Ich ftlrcht, daß Ihr dießen
brieff noch lange nicht bekommen werdt; den die geweßer seindt
so abscheüllig groß, daß alles überschwomen ist; die Courier haben
mühe, zu reitten. Meine vetterh, die printzen von Cassel, seindt,
so zu sagen, vom waßer belagert; sie können nicht von Paris, ob
sie zwar schon vor 10 tagen abschiedt genohmen haben. Adieu,
liebe Louisse! Ich ambrassire'Eüch von hertzen undt werde Euch
all mein leben lieb behalten.
Elisabeth Charlotte,
121
71.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Pranckfort.
Versaille den 80 Januari 1699.
Hertzliebe Amelise, auß Louisse brieff werdet Ihr ersehen, waß
mich abennahlen ahn schreiben verhindert hatt; allein ich kan mich
nicht resolviren, ob ich zwar heütte schon gar viel geschrieben, ahn
Louisse allein zu antwortten, ohne Ettch auch zu dancken vor alle
brieffe, so ich von Euch entpfangen, liebe Amelisse, Euch daneben
versichern, daß mir Ewere schreiben sehr ahngenehm sein. Auff
ein ander mahl will ich Euch lenger entreteniren , nun kan ichs
aber obnmoglich; den die bandt ist mir so müde, daß ich kaum
die feder halten kan; werde dero wegen vor dießmahl nichts mehr
sagen, alß daß ich Euch von hertzen ambrassire undt allezeit lieb
behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
72.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Marly den 6 Februari 1699.
Hertzliebe Amelise, ich habe mich von der geselschafft, so zu
sagen, weggestollen, umb auff Ewern lieben brieff vom "/a? Januar
zu antworten, so ich vorgestern entpfangen, ehe wir von Versaille
weg sein; den ich sehe woll durch waß mir schon etlichmahl be-
gegnet, daß, wen man einmahl ans auffschieben kompt, hatt man
große mühe, ehe man wider zum schreiben gelangen kan. Gott
gebe nur, daß ich dießmahl auch nicht wider möge verstöret wer-
den, welches leicht geschehen könte! Den der könig undt die kö-
nigin von Engellandt werden dießen abendt herkommen, den bal en
masque zu sehen; sie werden auch hir zu nacht eßen. Es ist aber
auch woll einmahl zeit, daß ich auff Ewer schreiben komme. Es
ist mir recht leidt, das der arme ab6 de Thesseut kranck ist. Ihr
habt recht woll bedacht, die brieffe so zu partagiren. Ewere brieffe
gefallen mir recht woll. Continuirt nur, imer natürlich undt ohne
fagon zu schreiben! Den complimenten kah ich gantz undt gar
nicht vertragen. Wolte gott, Ihr kontet mir waß schreiben, so
mich konte zu lachen machen! Den daß ^chen wir^t seyder etlichen
122
•
jähren her sehr rar bey mir, entwehne es schier gantz andt gantz
nndt mein miltz beüudt sich nicht beßer dabey. Glaabt nicht, liebe
Amelisse, daß der verstandt in complimenten bestehet! In meinem
sin erscbeindt er viel mehr, wen man woll undt naturlich schreibt,
wie Ihr thut. Die alberste leütte von der weit können ein compli-
ment behalten nndt schreiben, aber woll von alles zu reden undt
einen conlanten stiel haben, daß ist rarer, alß Ihr woll meint;
derowegen hatt Ewere große demutt unrecht. Euch glauben zu ma-
chen, daß Ihr nicht woll schreibt. Ich glaube nicht, daß die fraw
von Ratsamshanssen ihr versprechen wirdt halten können, nach
Franckfort zu gehen. Es ist ihr ein schaden ahm fuß undt knie
kommen von einem fall, so sie gethan, wie sie auß Lotheringen
kommen. Die fürstin von Hannaw wirdt ihren herrn vatter nicht
zu Strasburg gefunden haben; er ist noch zu Paris, sein printz
aber ist nach Strasburg. Niemandes würde Euch mehr von mei-
nem leben verzehlen können, alß eben die Rotzenheusserin; den sie
ist alle jähr 5 oder 6 monat bey mir undt quittirt mich nicht, biß
ich schlaffen gehe. Es frewet mich von hertzen, daß unßere gutte
landtsleütte so woll mitt mir zufrieden sein, allein ich habe doch
niemandes einigen dinst thun können. Monsieur Hunefelt ist gar ein
feiner mensch, ist, wie er gesagt, gar fleißig zu mir kommen mitt
monsieur Polie, welcher noch eben ist, wie Ihr ihn gesehen, gantz
undt gar nicht verendert, geht strack, hatt alle seine zahn, sieht
undt lest die reinste schriefft ohne brill, hört wohl undt hatt den
verstandt, wie er ihn all sein leben gehabt hatt, undt ist doch jetzt
78 jähr alt. Wen ich ihn wider sehen werde, will ich ihm sagen, daß
es Euch frewet, daß er noch bey leben ist. Mein dochter ist zwar
sehr content in ihrem ehestandt, allein sie ist nun schwanger undt
erschreklich kranck dabey mitt Ohnmächten undt übergeben. Wer
nicht im zwang leben will, muß Franckreich meyden. Wie Ihr mir
Ewer leben beschreibt, finde ich es recht ahngenehm. Hir gereüht
es einem baldt, wen man frey gesprochen hatt; drumb lebe ich so
einsam. Mich wundert, daß der keyßer dem romischen könig seine
leütte hatt selber wehlen [laßen] ; daß müste hir monsieur le Dauphin
nicht unterfangen, es ging nicht ahn. Es ist mir leydt, daß man der
romische königin eine intrigante fraw gegeben; daß wirdt ihr übel
zu pas kommen, welches mir sehr leydt were; den ich habe die
l^tte königin recht lieb, Die Fflugin wirdt aber 9'Uch genung zu
123
thnn bekommen. Den wie Ihr, liebe Amelisse, recht remarqoirt,
es ist keine geringe arbeit, freüllenhoffineisterin zu sein. Ab6
de Tbesseut ist von natur mager; glaube nicht, daß er sein leben
fett kan werden. Ich wolte ihm gern ein pfuudt 50 fett überlaßen,
ich hette noch genang ahm überigen. Es ist war, daß es gar ein
ehrlicher man ist; aber waß er vor mich außricht, da werde ich
woU wenig von genießen. Ob gott will, so wirdt Monsieur, so gar
gesundt, lenger leben, alß ich, undt so lang I. L. leben, habe
ich nichts von meinen gutt zu pretendiren, werde auch nichts be-
kommen. Alle abendt seindt hir bal im masquen; die sehe ich woll
mitt zu, divertiren mich aber nicht, schlaff schir drüber ein. Nun
rufft man mich; die königin kompt, ich muß I. M. entgegen. Adieu,
liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt habe Euch
recht lieb.'
Elisabeth Charlotte.
73.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Marly den 6 Mertz 1699.
Hertzliebe Louise, ich habe seyder ein tag 14 3 liebe brieff
von Euch bekommen, einen durch die post, ^Vss Januar, einen
durch monsieur Persius von Lohnsdorff undt vor 3 oder 4 tagen ei-
nes durch abe Thesut. Auff die ersten habe ich ohnmöglich dießen
carnaval über antwortten können, war gar zu viel gethuns. Ich
hette es auch heütte nicht thun können, wen unß daß schlimme
wetter nicht von der jagt abgehalten hette, undt ich will mich
dießen tag zu nutz machen, ahn Euch undt Amelisse zu schreiben.
Ihr könt aber woll gedencken, liebe Louisse, daß es mir ohnmög-
lich sein wirdt, auff alle 3 zu antwortten; nur dießes sagen, daß
ich monsieur Persius eben gefunden, wie Ihr mir ihn beschrieben habt,
daß mir alle Ewere schreiben sehr ahngenehm sein. Damitt ich
mich aber einsmahls wider recht ahns andtwortten gewöhnen möge
(den ich hoffe, daß ich in der fasten mehr zeit finden werde, zu
schreiben), so will ich Ewer letztes schreiben durchauß beantwortten,
so ich durch den ab6 de Thesut entpfangen habe. Ihn selber habe
ich zwar noch nicht gesehen; darff nicht zu mir kommen, biß er
erst mitt deß königs minister gesprochen. Wolte {[ott^ Jhx hett«^^
124
80 anff der post herkommen können! Bin versichert, daß Ihr Euch
nicht bey die königliche minister würdet aufgehalten haben. Hir
würde man nicht sehr verwundert sein, eine dame in chaisse de
poste reißen za sehen; den ich weiß ihrer viel, so nie änderst
reißen. Ich begreiffe leicht, wie fro ab6 de Thessnt sein mnß, von
Franckfort weg zu sein, da er kranck geweßen nndt die loft dort
nicht vertragen kan. Ich kans bey mir selber abmeßen undt nur
gedencken, wie fro ich immer bin, wen ich auß Paris wegfahre;
den dar bin ich auch immer kranck undt habe bitter lange weill
dortten. Ich werde aber leyder in ein tag 8 hin vor eben so lange
zeit schir. Es ist mir schon gantz schwer drüber, aber es kan
nicht änderst sein; den in der zeit wirdt der könig die duchesse
de Bourgogne herführen, wo niemandes bey sein darff alß ihre da-
mens undt die madame de Maintenon wehlet; weder monsieur le
Dauphin noch keine von deß königs naturliche döchter werden hir
sein dörffen. Monsieur le Dauphin wirdt mitt der printzes de Conti
nach Meudon, madame de Chartre wirdt Initt unß nach Paris, ma-
dame la duchesse mitt ihrem man undt seiner gantzen famillen auch
nach Paris ; wen der könig aber wider nach Versaille wirdt, werden
wir unß alle wider dort einfinden. Ich habe dem abe de Tbesut schon
wißeh laßen, daß Ihr seine geselscbafft regretirt. Ich halte ihn
auch vor einen ehrlichen menschen; er hatt aber einen bruder, so
gar nicht so woU zu trawen ist undt ein falscher gesel ist. Ihr
spot meiner, liebe Louise, zu sagen, daß man meine hohen quali-
tetten erkenen kan. Ich kene mich selber woll, weiß also nur gar
zu gewiß, daß ich keine hohe qualitetten habe, aber man muß sein,
wie unß unßer herrgott gemacht hatt; kan mich keiner qualitetten
piquiren, alß von hertzen auffrichtig zu sein. Es ist mir leydt, daß
unßer vatterlandt sich verdirbt undt die rechtschaffene leütte auch
dortten rare werden. Ihr bettet Euch nicht schämmen sollen, dem
ab6 zu sagen, daß der alte herr von Degenfeit die acten verlegt
hatte; in seinem alter ist es erlaubt, eben kein gar gutt gedacht-
nuß mehr zu haben. Ihr betriegt Euch sehr, wen Ihr meint, daß
ich groß Interesse in den pfaltzischen sachen habe. Mitt der zeit
kans meinen kindem zu gutt kommen, aber ich werde woll mein
leben keinen heller noch pfening davon zu sehen bekommen. Wie
mein heürahtscontract gemacht ist, ist Monsieur herr undt meister
VQn ^es undt es hatt schon woll geschienen ; im die 2 mahl hun-
125
dert taußendt tfaaller, so er schon auß der Pfaltz bekomen, hatt
er verthan, ohne mir einen heller davon zu geben; also würde es,
wen mehrers komen solte, nicht beßer gehen. Also fordert nur
frey, waß Ihr zu fordern habt! Mir geschieht gar kein tord dabey.
Vom könig werdet Ihr woll nichts bekommen, er will von kein de-
domagement hören. So offt ich nach Paris gehe, ist es sicher, daß
ich kranck werde, aber so baldt ich wider auß dießer bößen lufft
weg bin, wirdt es mir wider woll; den ich bin gar nicht krancklich
von natur. Ich muß gestehen, Paris ist mir unerhört zuwider.
Mein dochter ist ein wenig beßer, alß sie, seyder sie schwanger,
geweßen. Sie haben einen artige faßnacht gehalten von Turquen,
Moren, alten Teutschen undt Spanier, seindt in triomphwägen durch
die statt gefahren zu Nancy undt haben wägen mitt verklejrten
mussicanten bey sich gehabt. Die damen saßen in den wagen undt
die cavalier zu pferdt, jede quadrille umb ihre nation damen he-
rumb; die gantze statt hatt man mitt lichter vor den fenstern be-
leücht. Etwaß, daß mich noch hoffen macht, daß meine dochter
keine dochter bekommen wirdt, ist, daß ich noch kräncker, alß
sie, war, wie ich mitt meinen eisten söhn s. bin schwanger gangen.
Ihr habt woll recht, gottlob zu sagen, nicht in dem stände zu sein,
so etwaß zu erfahren durch eygene experientz. Ich dachte nicht,
daß die Engellander, so sonsten doUe köpff genung haben, so com-
mode vor ihre weiber wehren; ich estimire sie drüber. Es ist den
gutt, einen Engellander zu nehmen. Die hir im landt sein, seindt
eben nicht so docille, müßen schon von den Frantzosen verdorben
sein worden. Ihr habt mir einen rechten gefallen gethan, liebe
Louisse, mir deß jungen herrn von Degenfelts relation zu schicken;
finde sie sehr exact auffgesetzt vor einen so jungen menschen undt
woll geschrieben. Wer sich resolvirt, zu heürahten, muß sich zu
viel Unglück resolviren, undt je höher man ahm bret ist, je entpfind-
licher seindt die Unglück; den man hatt viel weniger trost, alß an-
dere leütte; ich förchte, die gutte römische königin wirdt es baldt
entpfinden. Wen man mir ihre jugendt, ihren standt undt noch
dazu tonen golt deß jahrs geben könte mitt dem beding, daß ich
so wie sie in stetten ceremonien leben solte, wolte ichs nicht ahn-
nehmen; den ich würde in 8 tagen vor lange weille sterben; gran-
deur halte ich vor bloße chimeren, wen keine große macht dabey
ist, undt konte mich gar nicht in daß leben schicken. Gott ^eh^., ^^
126
nnßere römische königin einen andern hnmor alß ich haben möge!
Die keißerin muß übel erzogen sein, überlautt ahns keyßers taffei
zu knotern. Es hat! mich recht sonlagirt, wie ich geleßen, daß
der verlohme demant widergefanden worden. Morgen wirdt es 8
tag sein, daß man hir die trawer vom chorprintz von Bayern ge-
nohmen; daß hatt aber ahn kein divertissement verhindert; alle, die
gedantzt, haben die trawer bey dem ball abgelegt. Der churfürst
von Bayren Liebten jammert mich woU von hertzen. Ich hette
nichts erfahren von waß zu Venedig bey der königin in Poln ein-
zug vorgangen, wen Ihr mir den gefallen nicht gethan bettet, mirs
zu schreiben. Sie hatt zwey ungezogene söhn; die mögen ihr woll
händel in Ittallien machen. Der könig in Poln, ihr herr, war eben
so karg, alß sie; darumb haben sie auch so viel bar gelt gesamblet.
Ma tante, die fraw churfürstin zu Braunsweig, schreibt immer recht
possirlich undt artlich. I. L. hatten mir auch geschrieben, daß ihre
fraw dochter, die churfürstin von Brandenburg, Carl Moritz so lieb
hatt. Schon kan ich mir ihn auch woll nicht einbilden, wen ich
gedencke, wie er war, wie er ein kindt war, undt wie sein aug ist;
aber ein gutt gemühte solle man doch über alles schätzen; die
Schönheit vergeht, daß gemüht aber bleibt. Ich meinte, ich würde
heütte noch ahn Amelisse auch schreiben können, es kan aber ohn-
moglich sein; bitte, macht ihr meine entscbuldigung! Ein andermabl
werde ich ihren brieff beantwortten. Ab6 de Theöut hatt mir ein
fläßgen in einer schachte! bracht; Ihr schreibt mir aber nicht, waß
es ist; bitte, schreibt mir doch, was es ist, undt auch dabey, wie
es zu gebrauchen ist! Dancke Euch gar sehr davor. Hiemitt ist
Ewer schreiben, liebe Louisse, völlig beantwortet. Amelisse BXf^-
brassire ich von hertzen undt werde vor dißmahl nichts mehr sa-
gen, alß daß ich Euch allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
74.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 14 Mertz 1699.
Hertzliebe Amelisse, ich hatte meine resolution fest gefast,
Euch zu Marly auch zu antworten vor 9 tagen, sowoll alß ahn
Louisse; weillen ich aber selbigen tag schon ohne daß gar viel ge-
127
schrieben hatte, wurde mir die handt zu müde, länger zu schreiben,
undt seyder dem habe ich nicht wider dazu gelangen können, undt
noch einen lieben brieff von Euch entpfangen vom 21 Februar —
3 Mertz, worinen Ihr mir alle fretidenfest beschreibt, welches mir
einen rechten gefahlen gethan; dancke sehr davor. Wir haben heütte
den gantzen tag den wolff gejagt undt auch gefangen. Es ist zu
spät, ordendtlich auff Ewere liebe brieffe zu antworten; habe doch
nicht lenger wartten wollen, zu schreiben. Hinföro will ich mein
bestes thun , Ewere brieff einen nach dem andern zu antwortten,
wo es mir möglidi sein wirdt; den wir werden biß montag leyder
nach Paris, die gantze woche dort zu bleiben. Ich gehe zwar in
volkommener gesundtheit hin, werde aber woll keine 24 stundt dort
sein, ohne kopffwehe zu bekommen. In welchem standt ich aber
auch sein mag, so werde ich doch Euch allezeit von hertzen lieb
behalten.
Elisabeth Charlotte.
75.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Fratickfort.
Port royal den 20 Mertz 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom
28 Februar — 9 Mertz entpfangen; will heütte gleich drauff antwor-
ten, damitt es mir nicht gehen möge wie schon unterschiedtliche
mahlen undt immer möge verhindert werden; drumb schreibe ich
Euch hir im closter. Letzt mahl hatte ich mir vorgenohmen, Ame-
lise einen großen brieff zu schreiben undt ordentlich auff ihre 3
schreiben zu andtworten; allein es kämmen mir so viel verhinder-
nüßen, daß ich nur mitt mühe ein klein brieffgen schreiben konte;
hir aber, da ich niemandes sehe, alß meine gutte freündin, die
comtesse de Beuveron, da kan ich schreiben, so lang ich will,
werde also gar exact auff Ewer schreiben antwortten. Durch meine
antwort werdet Ihr ersehen haben, liebe Louisse, wen abe de The-
sut hir ahnkommen. Alle abendts spilt er mitt damens hir vor mir
a lombre. Es ist kein wunder, daß Ihr bey dießem, so zu sagen,
wider gantz nagelneuen winter verschnupt seyt; den seyder 14 ta-
gen ist der winter undt die kälte stärcker eingefahlen, alß nie«
128
Amelisse hat gar exacte relation gethan von waß zu Franckfort bey
den freüdenfest vorgangen; daß hatt mich recht amussirt. Ich mnß
gestehen, daß es mich recht von hertzen erfrewet hatt, daß unßere
printzes Amelie, jetzt römische königin, so woll reussirt undt eine
so große passion bey ihrem könig verursachet hatt. Ich dachte
woll, daß, wen I. M. dero gemahlin tngendt undt verstandt ein-
mahls kenen würden, daß sie sie alßdan lieben undt estimiren
würden; aber daß ihre figure so eine passion verursachen würde,
daß, gestehe ich, habe ich mich gar nicht versehen. Gott gebe, daß
dieße passion lange jähren dauern möge! Wen wünschen waß dazu
thun könte, würde dieße königin gewiß nie unglücklich werden.
Wie Ihr undt Amelise mir Ewere assambl^en beschreibt, ist es gar
nicht langweillig; den ich sehe nicht, daß Ihr vill zwang dabey habt.
Ihr sagt nicht, welche spieiger man gespilt hatt; es wirdt ja nicht
blinde kuhe undt versteckeis geweßen sein, wo man frey undt
schwetzen undt lachen darff; da macht man sich viel lustiger bey,
alß wen man bey großen festen ist, wo man nicht lacht undt gar
stammig sein muß. Wie Ihr mir den landtgraffen von Rheinfels
beschreibt, unter unß gerett, so muß er ein wenig geschoßen sein.
Daß erfrewet die compagnien, wen sich etliche zancken, alß wie
dießer landtgraff undt die alte gräffin von Hohenloh. Wie kompts,
daß diß jähr alles stiller zu Düßeldorff hergangen ist? Die mes-
alliangen choquiren mich immer. Es ist schadt vor daß wittgen-
steinsche hauß, daß sie sich so mißheürahten; den sie seindt doch
gar gutte alte graffen. Man sichts dem Wießer woll ahn, daß er
undt seine fohrfahren mehr mitt der feder, alß mitt degen, gefoch-
ten haben, aber solche heüraht gerewen meistentheils. Es were
schadt, wen dieße mode in Teütschlandt aufkommen solte; den daß
haben die teütschen heüßer über andere nationen, daß daß geblütt
nobler undt purer ist. Von der saxsischen prophezeyung habe ich
nichts gehört, allein es wirdt keine geringe arbeyt sein, den Türeken
auß Grichenlandt zu jagen, umb keyßer dort zu werden. Die entre-
prisse ist rumblich, die sach aber, glaube ich, ist nicht leicht ins
werck zu stellen. Ich glaube, das die EönigsmarcMn sich eyllen
muß, wo sie noch gefahlen will; den sie ist nun die jüngste nicht
mehr. Vielleicht bringt sie dem könig seinen söhn in Poln in hoff-
nung, einen Amadis auß Grichenlandt auß ihm zu machen. Apropo
von Amadis de Grece, wir werden nun baldt ein opera bekommen,
129
so dießen nahmen fOhrt. Ich glanhe leicht, daß Ihr der König-
marekin gar nicht mißgönt, deß königs in Pohl maistresse zu sein.
Wo ist Carl Moritz nun? Ist er wider zu Berlin, oder noch zu
Wien? Wir hahen hir nun viel teütsche fürsten; vorgestern hatte
ich ein stück 6 umh mich herumh, pfaltzgraff Christian, den cardinal
von Fürstenberg, den hertzog von Mecklenburg, ein printz von
Sacksen Gotha, deßen fraw mutter, des fürsten von Waldecks doch-
ter, den kleinen printzen von Anspach undt ein printz von Würt-
tenberg, deß administrators söhn, 4 teütsche graffen undt sonsten
noch viel teütsche cavalliere; wir wahren 21 Teütschen in meiner
cammer undt wurde mehr teütsch, alß frantzösch, gesprochen, wie
Ihr woU gedencken könt. Morgen werde ich wider nach Versaille.
Daß ist alles, waß ich Euch vor dißmahl sagen werde. Amelisse
ambrassire ich von hertzen undt behalte Euch bejderseits sehr lieb.
Elisabeth Charlotte.
76.
A mad. Louisse, raügraffin zu Ffaltz, a Franckfort.
Versaille den 3 April 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewer schreiben vom
^Vsi Mertz zu recht entpfangen; wiU nicht lenger verschieben, drauff
zu antwortten, ob ich zwar jetzt mitt husten undt schnnpen so
sehr geplagt bin, daß ich nicht mitt Monsieur nach Paris gekönt
habe ins opera; allein ich habe wahrgenohmen , das, wen man mitt
dem schreiben einsmahls ins auffschieben kompt, hatt es kein endt
hernach undt kommen alß so viel verhindemüßen, daß man nie
recht auff die brieffe antwortten kap. Die jagt ist jetzt die Zeit-
vertreib nicht, so ich ahm meisten liebe, sondeili die comedien.
Auff der jagt gehe ich nunmehr nur wegen meiner gesundtheit; den
wen ich keine staxcke bewegung habe, so habe ich abscheuliche
miltzschmertzen. Ein wolff ist viel weniger, alß ein hirsch, zu förch-
ten; den wen sie gejagt, attaquiren sie die menschen nie. Ich weiß
woll, daß I. Gr. unßer herr vatter s. nie hatt leyden wollen, daß
man jagen solle undt reitten; daß habe ich auch erst hir gelernt.
Ich bin woU 4 oder 25 mahl gefallen, daß hatt mich aber gar
nicht abgeschreckt. Die Rotzenheusserin hatt ohnmoglich mitt den
graffen von Hannaw nach Franckfort gekönt; sie hatt sich in eüv&\s^.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^
130
fall mitt der kutzschen gar einen großen schaden alin einem bein
undt fuß gethan, wie sie auß Lotheringen kommen; es ist noch
nicht heill. Ich bin woU Ewer meinung, daß eine kleine compagnie
von gutten freunden hundert mahl ahngenehmer ist, alß der große
tumult; auch gantz undt gar allein zu sein, haß ich nicht, bring
schir mein leben so zu. So übel ich auch die frantzösche ordonance
in dem heüraht fundt, so muß ich doch woll folgen, waß sie mitt
sich bringen, indem man mich leyder auf Parisser brauch geheü-
rahtet hatt. Ich will Euch, liebe Looisse, noch woll waß ärgers
darvon sagen: es kan geschehen, daß, ob man mir zwar viel gutt
zuspricht, daß ich einsmahls bloß von deß königs gnaden werde
leben müßen; den verthut Monsieur sein gutt undt mein gutt undt
kompt vor mir zu sterben, so habe ich nirgendts nichts zu nehmen;
den daß apanage kan mir nicht kommen, indem, wen mein söhn
ohne söhn sterben solte, kompt es dem könig wider zu, wie mans-
lehen, bleibt mir also weder heller noch pfening überig undt daß
apanage kompt meinem söhn zu; da hab ich nichts ahn zu preten-
diren. Man muß ein wenig ein philosoph hir werden; sonsten müst
man in stedem angsten leben undt könte nie ruhig sein. Gutte
Worte zu geben, helffen hir "nichts, man gibt einem kein heller
mehr, alß einem verschrieben ist. Im testament kan kein man sei-
nem weib noch ein weib ihrem man waß geben. Die gesetze seindt
sehr hart vor die weiber hir im ehestandt; daß macht auch so viel
bößen eben hir im landt. Solte ich millionen erben können, könte
ich keine pistoUe davon disponiren. Die letzte reiß ist mir Paris
nicht so übel zugeschlagen wie ordinari. Ob Ewere feder zwar ein
wenig gröber geweßen, alß ordinari, so war doch Ewere schriefft
schön undt sauber undt meritirte keine entschuldigung. Ich förchte,
Ihr werdet meinen großen brieff von Marly nicht entpfangen haben,
worinen ich Euch hatte, mir zu schreiben, waß vor ein waßer Ihr
mir durch den abe de Thesut geschickt undt wie man -es brauchen
muß; den hirauff habt Ihr mir nicht geantwortet, liebe Louisset
Von hir kan ich Euch nicht viel neues sagen. Die jagt ist das eint-
zige divertissement, so wir nun haben; den daß apartement undt
die commedien haben aufigehört, werden zu Fontainebleau erst wi-
der ahnfangen. Adieu! Ambrassirt Amelisse von meinetwegen undt
seydt versichert, daß ich Euch beyde von hertzen lieb habe!
Elisabeth Charlotte.
131
77.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 14 April 1699.
Hertzliebe Louisse, vergangen donnerstag abendts habe ich Ewer
liebes schreiben vom "Vsi Mertz zu recht entpfangen, es war aber zu
spät, umb drauff zu antwortten. Freitags bin ich mitt monsieur le
Dauphin auff die wolffsjagt, nach der jagt seindt wir nach St Clou,
umb dort biß auff zukünfftigen sambstag zu bleiben, habe mich also
dort einrtlsten müßen; es war auch zu spät, umb zu schreiben.
Sambstag bin ich hieher undt habe ahn mein dochter geschrieben,
hernach wider nach St Clou. Vergangen sontag seindt wir morgendts
von halb 10 biß umb halb 1 in der kirch geweßen, nachmittags
habe ich wider nein gemüst; den es ist Palmensontag geweßen,
habe nur der zeit gehabt, ahn ma tante, die fraw churfOrstin, undt
madame de Beuveron zu schreiben. Gestern schrieb ich ahn mein
dochter, ahn die hertzogin von Savoyen, ahn pfaltzgraff Christian,
ein ordre ahn mein secretarius undt einen langen brieff ahn die
contesse de Beuveron. Die handt wurde mir zu mtlde, mehr zu
schreiben, habe es also auff hetltte verschieben müßen. Wen ich
kan, antworte ich gern exact; den mich deucht, es macht ein beßer
commerce, alß wen man nicht antwort, undt ist, alß wen man mitt
die, so man lieb hatt, spreche. Ihr undt Amelisse sejdt woll zu
beklagen, wen Ihr keine ahngenehmere Zeitvertreib habt,' alß meine
albere brieffe zu leßen. Von Amelisse habe ich gar lang keine
brieffe bekonmien. Daß man einen tantzmeister beym bal auffzicht,
wer nichts de consequence; wen der bal im masquen ist, thut mans
allezeit; den die machen die leütte beßer dantzen; aber ohne mas-
quen pratidrt sichs nicht, es seje den, daß eine dame einen dantz
dantzen wolte, so die cavalier vom dantz nicht wüsten. In dem
fall kan die dame, wer sie auch sein mag, woll einen dantzmeister
auffziehen; den das ist sans consequence; aber dem dantzmeister
ist nicht erlaubt, sich zu den cavalliren zu setzen, alß wen er zum
bal gehört, darff doch woll wider jemandes auffziehen, sich aber
hernach reteriren undt nicht pretendiren, daß man ihn ordentlich
wider nehmen solle. Carl Moritz hatt mir auch große complimenten
durch die fraw von Ratzsamshaussen entbietten laßen. Es verlauf
132
mich, zu vemehmen, ob er content von seiner strasborgischen reiß
ist. Ich bitte Euch, liebe Louisse, danckt doch Carl Moritz sehr
vor sein ahndencken undt sagt ihm, daß, ob ich zwar nicht von ihm
bekandt, daß ich ihn doch lieb habe undt daß er mir nahe genung
ist, umb mich allezeit vor ihm zu interessiren , undt daß es mir
leydt, daß ihn die curiossitet nicht gar hergeftlhrt hatt! Wie mir
ma tante, die fraw churfürstin, alß von Carl Moritz schreibt, so
sehe ich woU, daß sie ihn recht lieb hatt undt die churftlrstin von
Brandenburg auch. Apropo von ma tante, ich bin recht in sorgen
vor I. L.; den sie hatt zwey acces vom fieber gehabt mitt einem
rotlauffen; nach große trawerigkeitten kommen ordinari kranckheit-
ten undt unßere liebe churfürstin ist die jüngste nicht mehr. Ob
daß fieber I. L. zwar, gott sey danck, gantz verlaßen, werde ich
doch nicht in ruhen sein, biß ich erfahre, daß das rottlauffen undt
kopffschmertzen auch wider gantz verbey sein mögen. Ich habe
heütte zwey brieff auff einmahl von I. L. entpfangen, seindt doch
lustig bey dero kranckheit; will also hoffen, daß es, ob gott will,
woll ablauffen wirdt. Vom landtgraff Carl von Reinfels werde ich
nichts mehr sagen, alß daß es mir leydt ist, daß er von Franckfort
weg, weillen er Euch lachen machte undt divertirte. Carl Moritz
thut woll. Euch die haußsorg zu laßen; den ich glaube, daß Ihr es
beßer verstehet, alß er. Im krieg lernt man mehr verthun, alß
haußhalten. Der printz von Saxsen, so hir ist, hatt mir gesagt,
daß seine tante gestorben. Wie meine zwey vettern von Cassel hir
weg sein, haben sie mir schon gesagt, daß ihr elster herr bruder
herkommen würde; meinte, es würde eher, alß dießen sommer, ge-
schehen. Seyter etlichen tagen haben wir eine dolle histori hir:
ein conseiller de la grand chambre hatt einen von seinen gutten
freunden besucht undt weillen der freündt sein naher nachbar war,
wolte er zu fuß wider nach hauß. Ein großer kerl, weißgraw ge-
kleydt, trifft ihn. ahn, sieht ihn unter daß gesiebt, sagt zu ihm:
«Ah, c'est vous, monsieur Hiketl il y a longtemps que je vous at-
tants», schiest drauff mitt der pistol nach monsieur Hiket, die pistol
fahrt ihm durch die haar, rührt ihn aber nicht. Er meint, er thete
woll, sich ahnzustellen, alß wen er erschoßen were, rufft: «Ah, je
suis mort» undt wirfft sich auff den boden. Der den schuß gethan,
antwort: «Tu n'est pas mort, puis que tu parle», geht wider zu ihm
undt noch ein ander mitt ein grawbraun kleyd undt ziehen die de-
133
gen nndt geben dem armen man noch 26 stich, 4 aber seindt im
leib, die andern seindt nur in den kleydern. Die nachbam lieffen
herzu, man führte monsieur Hicket in seines freündts hauß. Man hofft,
daß er davon kommen solle. Man hatt ihn gefragt, wer seine feindt
sein; er sagt, er hette keine, alß seine fraw undt sein portner.
Vorgestern wurde der portner in verhafft genohmen. Der muß auff
die fraw bekendt haben; den gestern ist die fraw auch eingezogen
worden. Dieß ist die neuste historie, so wir hir haben. Weillen
Ihr gerne lange brieffe habet, habe ich Euch dieße begebenheit
geschrieben. Adieu! Ich ambrassire Euch sambt Carl Moritz undt
Amelisse von hertzen undt behalte Euch alle 3 von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
78.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Ffaltz, a Franckfort.
St Clou den 16 April 1699.
Hertzliebe Amelisse, ich entpfange jetzt eben Ewer lieben
brieff vom V«e April undt damitt es mir nicht gehen möge, wie
schon zu unterschiedenen mahlen geschehen, wod ich ein wenig
mitt schreiben auffgehalten, daß ich hernach nicht wider dazu habe
gelangen können, so will ich hirmitt gleich wider antwortten. Es
ist schon ein gantzer mont, daß ich wider von Paris weg bin, aber
die letzte reiße bin ich eben nicht so gar kranck dortten geweßen,
alß ordinarie, undt seyder eine zeit her bin ich, gott sey danck, in
gar volkommener gesundtheit. Wolte gott, ma tante, die fraw
churfürstin zu Braunsweig, were so gesundt alß ich! Sie ist es aber
leyder nicht, wie Ihr auß meinem brieff werdet ersehen haben, so
ich vergangenen dinstag ahn Louisse geschrieben habe. Es verlangt
mich woll von hertzen auff morgen, daß die post von Hannover
ahnkommen solle. Biß sambstag werde ich nach Paris, ein tag 12
dort zu bleiben. Seyder 14 tagen kan man sich deß schönnen
frühlingswetter hir gar nicht berühmen; den es frirt stärcker undt
ist viel kälter, alß es im januwari war, undt «olche scharffe durch-
dringende winde, das man sich nicht zu behelffen weiß. Große
stette liebe ich nicht, bin viel lieber auffm landt, beklage Euch
also sehr, liebe Amelisse, wen Ihr meinen sin hirin habt, daß Ihr
gezwungen seydt, in der statt zu bleiben; bin doch fro vor Euch
134
nndt Lonisse, daß Ihr wider geselscha£ft habt. Ihr nndt Looisse
thut mir einen rechten gefahlen, fleißig zu schreiben. Es wundert
mich, daß Carl Moritz noch nicht wider zu Franckfort ist; den er
ist doch all lengst wider von Strasburg weg. Ich hette wünschen
mögen, daß ihm eine lust ahnkommen were, einen randt herzu-
thun; dazu bedarff keine ahnstalt nicht; den man weiß woU, wen
man die post reidt, daß man nicht viel mittnehmen kan. Lenor ist
charmirt von seinem verstandt undt woll reden, sagt auch, das er
woll gekleydt seye, hette also gar woll konmien können. Es ist
kein wunder, daß unßer printz von Birckenfelt die blättern bekom-
men hatt; die junge leütte, wen sie zu Paris sein, erhitzen sich
sehr undt schlaffen wenig. Es nimbt mich sehr wunder, daß der
margraff von Ahnspach die churprintzes von Brandenburg bekompt;
den ich hatte gehört, daß selbige meinen vettern, den eisten printzen
von Cassel, haben würde. Daß der margraff mademoiselle d'Armag-
nac nicht gewolt hatt, daß kan ich nicht übel finden ; allein er hette
woll einen hohem heüraht thun können hir, alß obgedachte d*Ar-
magnac, undt zweyffle, daß er mitt der churprintzeß von Branden-
bourg bekommen wirdt, waß er mitt dießer hette haben können;
denn ich glaube nicht, daß ihm der churfürst 8 mahl 100 tausend
francken geben wirdt. Heüraht seindt wie der todt, stundt undt zeit
ist dazu bestimbt; daß kan man nicht entgehen; wie es von un-
ßerm herrgott verhengt ist, so muß es geschehen. Außer ahn Ewer
geschwister sagt ahn niemandes, waß ich Euch vom margraffen von
Anspach geschrieben habe! Dießer margraff hatt sich hir überall
beliebt gemacht undt eine große despence gethan. Es ist gar ein
schönner herr. Viel seindt hinter ihm her geweßen undt betten ihn
gern desbauchiren wollen, aber er hats recht artig gemacht; er hatt
ihnen blat herauß gesagt, diß laster were seine sache nicb^ undt
hette einen solchen abscheüen darvor, daß er nicht davon wolle re-
den hören, hatt sich bey allen ehrlichen leütten ein groß lob da-
durch zuwegen gebracht. Ihr thut Ewerem brieff groß unrecht, ihn
vor alber zu schelten ; den er ist es gar nicht. Ihr werdt mir einen
gefahlen thun, mir daß neue buch zu schicken (die allgemeine schau-
büne der weit) undt dabey zu setzen, waß es kost; werde es Euch
mitt danck bezahlen. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch
von hertzen undt behalte Euch allezeit sehr lieb.
Elisabeth Charlotte.
135
79.
Paris den 24 April 1699.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe Ewer schreiben vom
Vi 4 dießes monts zu recht entpfangen. Ihr werdet nun sehen, daß
ich mein parolle halte undt fleißig antworte. Ich habe jetzt keinen
rechten husten, aber dieße lufft schlegt mir wie ordinari gar übel
zu, bin keinen eintzigen tag ohne kopffwehe geweßen; hernach feit
es mir in den halß undt macht mich starck husten, aber daß
schreiben thut mir nichts. Ich war schon lengst von dem rechten
husten undt schnupen courirt undt bin in gar perfecter gesundtheit
herkommen, aber ich bin keine zwey stundt hir geweßen, so ist
mir gleich daß kopffwehe ahnkommen. Die fiüße undt halßwehe re-
giren jetzt starck hir undt gar viel leütte sterben dran zu Paris. Ihr
werdet schon auß einem [von] meinen brieffen ersehen haben, in waß
ängsten ich vor ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig, ge-
weßen bin. Gott sey danck, daß I. L. wider gesundt sein, undt
erhalte sie viel undt lange jähren! Ich wolte lieber selber sterben,
alß diß Unglück zu erleben, meine hertzliebe ma tante zu verlieh-
ren; den nichts in der weit ist mir lieber; sehe, daß Ihr hinnen
auch seydt wie ich undt eben denselben respect undt affection vor
I. L. habet. Wie ich nicht gewust, welch waßer es war, so abe
deXhesut mir geben, habe ichs noch nicht gerochen, werde es aber,
so baldt ich wider zu Versaillen sein werde, riehen undt Euch be-
richten, wie ich es fanden.
Paris den 26 April.
Wie ich gestern eben hir ahn war, muste ich in die statt
irgendts fahren ; wie ich widerkam, fandt ich meinen söhn, so wider
von Meudom kommen war undt hatte daß fieber. Es hatt ihm die
gantze nacht gewehrt undt hatt es noch, daß macht mich gantz leü-
nisch; komme wider auff Ewer schreiben, liebe Louisse, wo ich
gestern geblieben war. Den brieff von Amelisse , worinen sie mir
nachricht vom waßer gibt, habe ich nicht entpfangen. Ich habe
nicht in acht genohmen, ob Ewer pitschafft drauff ist, aber ich
zweyffle nicht dran; den der gutte abö hatt gar große sorg davor
getragen. Hette ich gewust, daß es keyßer Carls kopffwaßer seye,
136
hette ichs mitt hergenohmen; den hir habe ich es mehr alß nir-
gendts von nöhten; den so lang ich hir bin, habe ich keinen tag
verbey gangen, ohne kopffwehe zu haben, habe es noch in dießem
augenblick. Vor das knpfferstück von Czaar sage ich großen danck,
liebe Looisse! Ich werde es hübsch in meine cupfferstückbuch ein-
kerben; ich glaube, der czaar were all gutt von natur, ist aber
granßam anß gewohnheit seines landts. Ich habe vergeßen, wer die
fürstin von Itstein ist; den ich habe daß schlimbste gedachtnaß von
der weit; daß aber die meß zu Franckfort im Römer ist, erinere
ich mich noch gar woU. Ihr werdet auß meinem letzten schreiben
ersehen haben, wie die fraw von Ratzsamshaussen mir geschriben,
daß Carl Moritz zu Strasburg geweßen ist. Ich mögte Euch von
hertzen gern lenger entreteniren, allein der kopff ist mir zu dau-
mellicht dazu undt meines sohns kranckheit macht mich gar zu leü-
nisch; kan derowegen nidits mehr sagen, alß daß ich Euch bitte,
Carl Moritz undt Amelis von meinetwegen zu ambrassiren undt zu
glauben, daß ich Euch allezeit sehr lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
80.
A mad. Amelie Elisabeth^ raugräffin zu Ffaltz, a Franckfort.
Port royal den 1 May 1699.
Hertzliebe Amelisse, vorgestern habe ich Ewern lieben brieff
vom "/«< April zu recht entpfangen. Freylich müßen etliche von
Ewern brieffen verlohren gangen sein , den Louisse schriebe mir
neüllich, das Ihr mir berichtet bettet, wie deß keyßers Carls kopff-
waßer zu gebrauchen seye; dießen brieff habe ich auch nicht ent-
pfangen. Ich kan nicht begreiffen, wie es kompt, das ich Ewer
Schwester brieff richtiger entpfange, alß die Ewere, liebe Ame-
lisse! den ich glaube, daß Ihr sie beyde doch ahn einem post-
meister schickt. Jedoch so ist es gar walir, das ich keines von den
Ewern entpfangen habe, worauff ich nicht geantwortet habe, undt
gar lang geweßen, ohne von den Ewerigen zu entpfangen; habe
endtlich ahn Louisse die ursach deßwegen gefragt. Ihr habt woll
groß recht, liebe Amelisse, zu glauben, daß ich nicht ohne ursach
capabel bin, zu endem. Ihr seydt auch gar zu raisonabel, umb
mir waß zu schreiben, so iiiich verdrießen könte; i^ber wen es aucl^
137
gleich möglich geweßen were, so würde ich doch deßwegen nicht
anffgehört hahen, zu schreiben, sondern ich würde Euch gantz offen-
hertzig heranß gesagt haben, mir nicht davon zu schreiben; den
protzen ist meine manir gantz nndt gar nicht; also habt Ihr, liebe
Amelisse, groß unrecht gehabt, Euch zu quellen. Daß kompt aber
nur daher, daß Ihr Euch meiner nicht genung erinern könt undt
zu Ewerm glück gar zu jung wahret, wie ich auß der Pfaltz weg
bin, umb Euch meinen humor recht zu erinern ; den sonsten würdet
Ihr woll wißen, daß mir nichts beßer gefehlt, alß'wen die, so ich
lieb habe, frey undt offenhertzig mitt mir sprechen, wie Ihr thut,
liebe Amelisse! Drumb bitte ich Euch, last Euch doch hirin nie
irren undt glaubt nie, daß ich übel zufrieden mitt Euch bin, biß
ichs Euch selber schreibe! Freillich müßen Ewere brieffe in andere
bände gerahten sein, weillen ich sie nicht entpfangen habe. Wie
matsht es aber Louisse? den ihre brieffe werden nicht verlohren.
Fragt sie doch, wie sie es macht! Ma tante kranckheit hatte mich
auch in rechten sorgen gesetzt. Gott seye danck, daß es verbey
ist! Ohrensaußen kompt nicht allemahl vom alter, ist aber, gott sey
danck, nichts gefährliches. Ich weiß leütte, so es über die 20 jähr
gehabt haben. Gott der allmächtige yerley, daß I. L. ma tante, die
fraw churfürstin, es noch so lang haben mögen! I. L. haben Carl
Moritz recht lieb, wundert mich also gar nicht, daß sie ihn zu sich
wünschen. Lenor ist sehr von seinem verstandt charmirt. Lenor,
unter unß, hatt allezeit mehr verstandt gehabt, alß ihre Schwester,
die fraw von Schelm, aber sie ist ebenso naturlich undt nimbt, wie
man sagt, gar kein blat vors maul. Sie wirdt nun baldt wider zu
unß kommen. Ich werde sie vielleicht wider zurück begleidten; den
wens der könig erlaubt, wolte ich gern zu meiner dochter kintbett;
den die ist ein wenig neu in dießem handtwerck, mögte also gern
zu ihr. Ich glaube, daß die comedie, so Carl Moritz machen wirdt,
possirlich werden solle ; werdet mir also einen großen gefahlen thun,
selbige zu schicken. Wen daß buch, wovon Ihr mir geschrieben,
nicht außgeschrieben ist, so schickt mirs nicht! den daß erstickt
mich , wen ich ein buch leße , so nicht außgemacht ist. Ich habe
vor dießem einen Loudolff hir gesehen mitt einer rohten peruke,
ein gar magerer kerl; der war aber ein rechter außbündiger narr;
den wtlrde der könig von Poln nicht zum ressidenten genehmen ha-
ben. Jedojt^ waß Ihr mir von dießem sagt, ist eben auch nicht
1S8
zum gescheütsten, daß er heüschrecken vor Wachteln zn eßen gibt.
Hir haben wir nun gar nichts neues. Mein söhn hatt mir seyder
8 tagen her greuliche ängsten eingejagt; vor 8 tagen stieß ihm ein
fieber ahn, daß wurde fievre oontinüe avec 3 redonblements par jonr ;
daß kan ich nicht anff teütsch sagen, habe alle Teütschen, so hir
sein, gefragt, wie man es auff tetltsch sagt; niemandes hatt es mir
sagen können. Damitt ich aber wider aoff meinen söhn komme, so
habe ich nicht leyden wollen, daß man ihm weder zur ader laßen
möge, noch einig remediom geben, ist auch, gott lob, so wider
gantz geneßen. Junge leütte, insonderheit hir im landt, wollen alß
stärcker sein, alß sie in der that sein, divertiren sich zu viel nndt
matten sich ab, biß ihnen daß fieber drüber ahnkompt; lest man sie
zur ader, müßen sie sterben; braucht man ihnen andere remedien,
haben sie die stärcke nicht, es außzustehen; also gedult undt sie
außruhen laßen ist daß beste remedium. Mein söhn ist so woll
jetzt wider, ob es zwar nur 4 tag ist, daß ihn daß fieber quitirt,
alß wen er nicht kranck geweßen were. Wie ich sehe, so ist daß
dantzen noch gar im schwang in Teütschlandt. Ich zweyffle sehr,
daß es war ist, daß der graff von Waldeck die princes von Bireken-
feldt bekommen wirdt. Ihr herr vatter undt herr bruder seindt
meine gutte freunde; die haben mir nichts davon gesagt. Wo mu-
siquen in den kirchen sein außer bey hoff, da gehe ich nicht hin;
den es werdt zu lang. Ich halte vor lang, wen ich zwey stundt
in den kirchen bin; wo aber musiq ist in der carwochen, da wehrt
es 4 undt 5 stunden; daß ist meine sache gar nicht. Hir im landt
hatt man keine heylige gräber undt in Teütschlandt haben die ca-
tholischen viel albere possen, wo man hir nur über lacht. Carl
Moritz ambrassirt von meinetwegen undt danckt ihn vor sein ahn-
dencken! Er solte sich vor die geselschafften hütten, wo man sanf-
fen muß; daß macht eine schlimme gewohnheit undt bringt sein le-
ben nichts gutts mitt sich. Die mathematiquen stehen leütte von
qualitet woll ahn; bin fro, daß Carl Moritz sich drauff gelegt hatt.
Solte ich in Lotheringen dießen herbst gehen, so könte Carl Moritz
zu Bar zu mir kommen, weillen er sich doch scheut, in Franckreich
zu kommen. Sagt ihm dießes von meinetwegen! Hirmitt ist Ewer
brieff von wort zu wort beantwort, nur daß noch sagen, daß mich
Paris dieße reiße sehr übel tracktirt hatt, befinde mich recht übel;
)nor|y;en aber werde ich, wilß gott, wider weg, also wirdt es baldt
139
wider beßer mitt mir werden. Wünsche, daß Euch dießer brieff in
volkommener gesondtheit finden möge nndt daß Ihr persuadirt sein
möget, liebe Amelisse, daß ich Euch recht von hertzen lieb habe*
Elisabeth Charlotte.
81.
A mad. Louisse, raagraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 7 May 1699.
Hertzliebe Lonisse, gestern habe ich Ewer lieben brieff vom
"/s8 April zu recht entpfangen nnd weillen wir morgen nach St
Clou werden, wo man alß, wen man ahnkompt, viel zu thun hatt,
drumb schreibe ich heütte. Seyder ichs versprochen, bin ich nun
gar exact mitt antwortten, wie Ihr woll secht. Ich habe mich zu
geschwindt berümbt, daß Paris mir woll zugeschlagen; den dieße
letzte reiße bin ich gar übel dort tractirt worden. Mein söhn ist
noch kräncker geweßen, alß ich, aber nun wider gantz woll. Vor
alle gutte wünsche dancke ich Euch von hertzen, liebe Louisse!
aber außer ma tante, meiner kinder undt gutten freunde, worunter
ich Euch undt Ewere geschwister auch rechne, langes leben undt
Vergnügung wünsche ich nichts in der weit. Ich war woll von hert-
zen in sorgen vor ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig.
Gott seye danck, daß sie wider gesundt sein! Es ist nicht möglich,
daß I. L. nichts entpfinden solten von aller mühe, sorgen, wachen
undt betrübtnuß, so ihnen oncles kranckheit undt leyder zu ge-
schwinder todt verursachet hatt, hoffe aber doch, daß daß saußen
in den obren mitt der zeit vergehen wirdt. Ma tante ist, gott sey
danck, von starcker gesunder natur, hoffe also, daß gott der all-
mächtige unßer hertzliche wünsch undt betten erhören wirdt undt
I. L. noch lange jähren erhalten. Ich habe hir unterschiedtliche
personnen gekent, so über 80 gelebt haben. Es wundert mich
nicht, daß daß landt I. L. lieb- hatt; alle, die sie kennen, lieben sie.
Daß Carl Moritz exact ist, sein parolle zu halten, aprobire ich sehr.
Ich würde gar fro geweßen sein, wen ich ihn bette sehen können.
Schreibt ihm dießes undt ambrassirt ihn daneben! Daß er gern
spricht, darin gleicht er mir nicht; den ich rede nicht gern. Ich
habe noch keine zeit recht gefunden, den ab6 de Thesut zu entre-
teniren, hatt mir alsp nichts von der gräffin Friß verzehlt. DJQ
140
donna haben ordinär! verstandt nndt vivacitet, aber nicht allemahl
viel jugeraent. Sie thun woU zu Franckfort, sich auffs best zn di-
vertiren. Daß steht beßer in meinem sin, wen mehr manner alß
weiber in einer compagnie sein. Der graff von Waldeck, so hir
geweßen, sieht sturisch drein; es wundert mich gar nicht, das er
der printzes von Birckenfelt gar nicht gefeit. Ich glaube nicht, daß
ihr herr vatter sie zwingen wirdt, dießen graffen zu nehmen, wen
er gleich reich werden solte, wen sie ihn nicht will. Ich muß
schließen; den ich will alles vor morgen vor mir zu recht laßen ma-
chen, waß ich mitt nach St Clou nehmen will, undt weillen Ewer
brieff beantwort , will ich vor dießmahl nichts mehr sagen , alß daß
ich Euch undt Amelisse von hertzen ambrassire undt Euch recht
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
82.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 19 May 1699.
Hertzliebe Amelisse, vor 3 tagen habe ich Ewer schreiben vom
25 April — 5 May entpfangen, aber nicht eher, alß nun, beantwortten
können; den wir haben alle tage gar viel leütte gehabt, so unß
complimenten gemacht undt glück gewünscht wegen der gebührt des
printzen von Savoyen, haben auch gar viel brieffe dorthin schreiben
müßen. Gestern fuhr ich nach Paris, also keinen tag überig zum
schreiben gehabt, alß heütte. Es ist war, daß ich nie zu Paris
sein kan, ohne mich übel zu finden, fahre auch nie von hir hin,
ohne kopffwehe zu bekommen. Mein söhn ist, gott sey danck, wi-
der in volkommener gesundtheit, hoffe also, daß es nach dem eng-
lischen Sprichwort königlich ablauffen wirdt, sage Euch sehr großen
danck, liebe Amelisse, vor Ewere gutte wünsche hirzu. Mein söhn
wirdt erst nach Pfingsten in Lotheringen zu seiner Schwester. Es
ist mir recht unglücklich mit dem keyßers Carls kopffwaßer gangen;
ich wolte es riehen undt auß dem schranck herauß nehmen, wie
ichs aber lange, wurde ich nicht gewahr, daß eine andere boutteille
von Reine d'Hongrie mir an dem ermel hencken bleibt, undt wie ich
heraußziehe, schlegt eine bouteille ahn die ander undt brechen
beyde so geschwindt, daß mir nur der oberth^il in der bandt
141
bleibt; halt mir also za Paris nicbt nutzen können. Ab6 deThessut
ist gar gewiß nichts übelles zozutrawen; er hatt es gar woll gelief-
fert. Der könig (unter unß gerett) will nicht, daß Monsieur sach
durch seine leütte solle fortgeführt werden, sondern durch deß kö-
nigs seine; also wirdt ab6 de Thesut nicht wider nach Franckfort.
Er selber hatte gemeint, widerzukommen, undt Monsieur war es
auch willens; des königs befehl hatt es aber geendert undt deß
königs bruder hir im landt hatt keinen andern willen, alß des kö-
nigs seinen. Waß ist es, liebe Amelisse, wovon Ihr melden wolt
undt es nicht sagt? Schreibt mirs nur recht herauß undt seydt ver-
sichert, daß alles, waß auß freündtschafft gesagt wirdt, mir nie-
mahlen mißfahlen kanl Monsieur dlberville kene ich nicht, glaube
nicht, daß ich ihn mein leben mehr, alß einmahl, gesehen habe, kan
Euch also gar nichts von ihm sagen. Wen Ihr daßelbige wetter zu
Franckfort hettet, alß wir dießen gantzen frühling durch außer ge-
stern undt heütte hir gehabt haben, so würdet Ihr nicht haben
spatziren fahren können; den wir haben nichts alß windt undt re-
gen gehabt undt war dabey recht kalt wie zu endt deß herbst.
Daß carttenspil undt insonderheit daß landtsknecht rieht doUe
handel hir ahn; seyder dießen winter seindt 4 wackere offecirer in
einer solchen verzweyflFlung geratten, daß sie sich selber umb leben
gebracht haben. Der letzte, so sich mitt seiner eygenen pistol er-
schoßen, war ein Lotheringer, hieß monsieur de Permilliac, schiene
ein gescheyder mensch zu sein, hatt mir vor 6 wochen brieff von
meiner dochter gebracht, war cammerjunker bey dem hertzog.
Dieße 4 officirer betten beßer gethan, sich bey den teütschen Zeit-
vertreib zu halten undt spieiger zu spiellen undt milch zu trincken,
so wehren sie nicht in die verzweyfiflnng gerahten, sich selber zu
erschießen undt zu vergiften, wie dieße gethan haben. Ma tante,
die fraw chnrfürstin, hatt mir geschrieben, daß Carl Moritz nun
bey I. L. ist. Ean der kleine churprintz von Brandenburg schon
brieffe schreiben? Daß nimbt mich wunder, er ist doch ja noch gar
ein kindt. Man sagt hir, der könig in Schweden wolle die chur-
printzes von Brandenburg nehmen; wen dem so ist, glaube ich,
daß der churftlrst, ihr herr vatter, lieber eine königin, alß mar-
graffin, auß I. L. machen wirdt. Ich kan nicht glauben , daB könig
Wilhelm sich sein leben wider verheürahten wirdt;' hatt genung
mitt seinem parlement zu thun, ohne sich noch mitt einer gemahlin
142
zu. beschwehren. Die englische nation ist widerlich mitt ihrer gro-
ßen falschheit undt onbestandigkeit. König von Engellandt jammert
mich, in solchen bänden gefahlen zu sein; den wen er mitt seinem
verstandt könig von einem andern volck geworden were, glaube ich,
daß er eine glückliche regirung würde gehabt haben. Ich kan
nicht begreiffen, liebe Amelisse, wo Ewere andere brieffe müßen
hingekommen sein; den ich habe sie noch nicht entpfangen. Der
junge graff von Nassau ist noch nicht hir ahnkommen. Ich erinere
mich nicht mehr, den graffen von Nassaw undt unßern graffen von
Sarbrucken hir gesehen zu haben; es ist aber kein wunder; den
ich habe daß schlimbste gedachtnuß von der weit. Daß unßer graff
von Sarbrucken geheüraht ist, habe ich gar nicht gewust, erst
durch Ewern brieff erfahren. Ich glaub, er furcht, ich werde ihn
außlachen; den er hatt alß sehr versichert, daß er sich nicht beü-
rahten würde. Es verdriest mich recht, wen ich höre, daß die
mißheürahten in Teütschlandt einreißen, insonderheit wen es in so
vornehme heüßer einreist wie die graffen von Wittgenstein. Ich
glaube, in ein tag 14 werden wir die Rotzenheüsserin wider hir
haben. Unßer teütsche graffen undt graffinen thun gar dolle heü-
rahten, wie ich sehe; da konte man auff singen, wie in den teüt-
sehen possenspiel: «0 Pfudian, hinauß, hinauß mitt dir, pfui,
pfui, 0 Pfudian hinauß undt all, die solche sein!» Es wirdt recht
woU ahngewendt sein, wen es allen den interesheürahten übel
gehen wirdt. Last Eüchs nie gerewen, liebe Amelisse, lange brieff
zu schreiben! den ich habe sie recht gern so. Wen Ihr meint, daß
ich importanten affairen habe, betriegt Ihr Euch woU sehr, liebe
Amelisse! Niemandes in der weit hatt deren weniger, alß ich. Noch
eine sach, die mir nicht gefeit, ist, wen die uhralten graffen sich
zu fürsten laßen machen; daß ärgert mich auch. Last Euch nicht
bang sein! Ich werde dem graffen von Nassau nichts sagen, so
Euch wirdt handel können machen ; den ich piquire mich von dis-
cretion. Hirmitt ist Ewer liebes schreiben durchauß beantwortet.
Ich werde noch ein par wordt ahn madame de Beuveron schreiben,
hernach ein wenig spatziren gehen; den es ist heütte zimblich fein
Wetter. Adieu den, hertzlieb Amelisse! Ich ambrassire Euch undt
Louisse auch undt versichere Euch , daß ich Euch von hertzen lieb
habe undt all mein leben behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
143
83.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 22 May 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern bin ich mitt Ewerm lieben brieff
vom */ij May erfrewet worden. Wie mir Amelisse schreibt, so muß
sie mehr alß einen brieff geschrieben haben, so ich nicht ent-
pfangen. In kleinen andt großen Sachen sieht man nur gar zu
woll, daß alles ein sort oder verhengnuß hatt. Amelisse ist glück-
lich, keine brieffe von gar großer importantz zu schreiben zu ha-
ben, sonsten würde ihr manch anglük zustoßen, weillen sie so
unglücklich mitt ist.
Sambstag den 23 May 1699.
Wie ich gestern biß hirher geschrieben hatte, kämme der hol-
ländische abgesante undt sonsten noch viell leütte, daß ich ohn-
möglich fortschreiben konte. Vor halber 9 konte ich nicht wider
in mein cabinet kommen undt hernach war es zu spät, mein paquet
auff die post nach Paris zu schicken. Gott gebe, daß mir ferner
keine hinternuß zustoßen möge undt daß ich heütte außschreiben mag !
St Clou, montag den 25 May, umb halb 11 morgendts.
Mein wünsch wurde vorgestern gar nicht volzogen; den in sel-
bigen augenblick, wie ich ahn dem letzten wort von «mag» wäre,
kämme Monsieur hir ins cabinet undt rieff mich, umb mitt I. L.
spatziren zu fahren. Die promenade wehrte biß umb halb 9, konte
also ohnmöglich außschreiben. Gestern führe ich nach Paris ins
Port royal undt schriebe dort ahn ma tante, die fraw churförstin,
undt weillen ich I. L. alß alles schreibe, waß hir vorgeht, wurde
mein brieff von 5 bogen, konte hernach ohnmöglich mehr schreiben;
den die Parisser lufft stieg mir im kopff undt mein kopffwehe hatt
biß umb 11 abendts gewehrt, da mir etliche tropffen bludt auß der
naß gangen sein; damitt hatt mein kopffwehe auffgehört. Heütte
habe ich zwey postage, alß nehmblich den von Savoyen undt von
Lotheringen, bin aber ein halb stündtgen eher auffgestanden, alß
ordinari, damitt ich dießen morgen dießen brieff einsmahl auß-
schreiben möge. Ehe ich aber wider auff Euerm brieff komme, liebe
144
Loaisse, so maß ich Euch sagen, daß die graffen von Nassaw zu
Paris ahnkommen sein an dt haben mir gestern durch Jeme daß
große buch undt Eweren lieben brieff vom 5 May — 25 April ge-
schickt. Ihr schreibt mir aber nicht, waß daß buch kost; bitte,
mir es doch mitt der ersten post zu berichten, werde es mitt
danck bezahlen. Die junge graffen von Weilburg werden morgen zu
mir kommen. Heütte ist ihr hoffmeister zu mir kommen; dem habe
ich schon gesagt, wie sehr Ihr Euch der freündtschafft berümbt,
so der graffen fraw mutter undt tante Euch erwießen. Ich habe dem
hoffmeister monsieur Meüvius schon gesagt, wie ein ellendt undt
gotslasterliches leben die jugendt hir führt undt wie er woU acht
haben muß, daß seine zwey junge herrn hir nicht verführt werden ;
den die bursch seindt greulich über junge artig leütte .verpicht ;
undt weillen sie so Ewere gutte freunde sein, will ich mein bestes
thun, sie hir vor alles übel zu wahrnen; auch alles, waß zu sehen
kan sein, da will ich ihnen zu helffen, alß landtsleütten undt auch
weillen sie Ewer undt Amelis recomandation haben. Im überigen
so wirdt mich deß herrn Ludolfs buch sehr amussiren, finde die
kupfferstück hübsch. Wer hatt sie aber gestochen? So baldt daß
zweyte buch undt 3 buch in truck kommen werden, bitte ich, liebe
Louisse, mir sie auch zu schicken. Daß ist alles, waß ich Euch
auff den brieff mitt den graffen von Nassau- Weilburg sagen kan.
Ich komme jetzt wider auff Ewer erstes schreiben. Amelisse, glaube
ich, wirdt es recht piquiren, so unglücklich mitt ihren brieffen zu
sein; den wen ich in ihrem platz were, verdroß es mich recht.
Man kan aber doch das lachen nicht drüber halten, wen so etwaß
wunderliches geschieht. Aber thut es ihr vielleicht jemandes von
ihren gutten freunden zum poßen? Ma tante hatt mir gleich ge-
schrieben, wie Carl Moritz zu Herrenhaußen ahnkommen. Sie ha-
ben ihn in eine Turquin verkleydt, sagen, er sehe viel beßer so,
alß in manskleyder, auß undt alß in seine eygene kleyder. Sie hatt
ihn recht lieb undt die churfürstin von Brandenburg auch. Ich
sage von hertzen amen zu alle gutte wünsche, so Ihr vor ma tante
gesundtheit thut. Wen meine reiße nach Bar (wo meine dochter
ins kindtbett kommen solle) gewiß were, so würde ich Euch mitt
freüden rendevous dorthin geben. Es ist aber noch gar nicht si-
cher; den man ist sehr dificulteus hir undt man hatt seinen freyen
willen nie; were es aber sicher, daß ich hin könte, so würdet Ihr
145
ohne fagon incognito hinkommen können, aber wie schon gesagt, ich
bin gar nicht sicher von meiner reiß. Einen tag sagt man, es könne
woU sein, andern tags finden sich hundert difficulteten ; den sagt
man, es were noch zu frühe, die sach zu resolviren; den weillen
ich ja in 3 tagen hin könte, were es genung, die sach 3 tag zuvor
zu resolviren; suma nichts ist noch sicher, also will ich Euch auff
nichts ungewißes bescheyden. Gehe ich hin undt bleibe etliche zeit
da, den wirdt es .zeit genung sein. Euch berichten, zu kommen,
aber gantz incognito. Mein söhn ist, gott sey danck, in gantz per-
fecter gesundtheit; were ein hitzig fieber drauß worden, würde ich
ihm gleich daß meledy-Kent-pulver geben haben. Die Parisser
lufft kan ich weniger, alß nie, vertragen. Morgen werde ich die
zwey junge graffen von Nassau sehen. Tregt der herr Ludolf seine
rotte peruque noch, die er unten knüpfft? Ich glaube, ich bin
nicht in seinen gnaden ; den ob er zwar zimblich lang in Franckreich
geweßen, ist er doch nur einmahl zu mir kommen. Es ist ein
wunderliche sache, daß die gar gelehrten so narische maniren ahn
sich haben undt nicht wie ander leütte sein können. Es ist etwaß
rares, jemandt zu finden, wie Ihr den schwedischen gouverneur be-
schreibt. Ich bin fro, daß Ihr so eine ahngenehme societet habt
undt keine langeweille. Vor daß contrefait von Churpfaltz dancke
ich Euch sehr. Ob I. L. zwar, wie ich sehe, ein wenig veralt
sein, so hette ich ihn doch sehr woU gekendt, undt das kupffer-
stück gleicht über die maßen woU; werde es in mein buch kleben,
finde es "woll gestochen. Wen noch mehr dergleichen kupffer undt
andere conterfaitten zu Franckfort wehren, würdet Ihr mir, liebe
Louisse, einen großen gefahlen thun, selbige zu schicken. Wie der
graff von Wittgenstein von seinem hieiüraht spricht, so mögte ihm
die sach gerewen; würde nicht übel thun, selbigen zu brechen.
. Man rufft mich alleweill , umb in die kirch zu gehen, muß also
schließen. Nun seindt auch Ewere brieff durchauß beantwortet,
undt die großhertzogin kompt herein, weiß also schir nicht mehr,
waß ich sage. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Euch von
hertzen undt habe Euch von hertzeu lieb undt Amellisse auch.
Elisabeth Charlotte.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^ ^^
144
Louisse, so muß ich Euch sagen, daß die graffen von Nassaw zu
Paris ahnkommen sein undt haben mir gestern durch Jeme daß
große buch undt Eweren lieben brieff vom 5 May — 25 April ge-
schickt. Ihr schreibt mir aber nicht, waß daß buch kost; bitte,
mir es doch mitt der ersten post zu berichten, werde es mitt
danck bezahlen. Die junge graffen von Weilburg werden morgen zu
mir kommen. Heütte ist ihr hoffmeister zu mir kommen; dem habe
ich schon gesagt, wie sehr Ihr Euch der freündtschafft berümbt,
so der graffen fraw mutter undt tante Euch erwießen. Ich habe dem
hoffmeister monsieur Meüvius schon gesagt, wie ein ellendt undt
gotslasterliches leben die jugendt hir führt undt wie er woU acht
haben muß, daß seine zwey junge herrn hir nicht verführt werden ;
den die bursch seindt greulich über junge artig leütte verpicht;
undt weillen sie so Ewere gutte freunde sein, will ich mein bestes
thun, sie hir vor alles übel zu wahrnen; auch alles, waß zu sehen
kan sein, da will ich ihnen zu helffen, alß landtsleütten undt auch
weillen sie Ewer undt Amelis recomandation haben. Im überigen
so wirdt mich deß herrn Ludolfs buch sehr amussiren, finde die
kupfferstück hübsch. Wer hatt sie aber gestochen? So baldt daß
zweyte buch undt 3 buch in truck kommen werden, bitte ich, liebe
Louisse, mir sie auch zu schicken. Daß ist alles, waß ich Euch
auff den brieff mitt den graffen von Nassau- Weilburg sagen kan.
Ich komme jetzt wider auff Ewer erstes schreiben. Amelisse, glaube
ich, wirdt es recht piquiren, so unglücklich mitt ihren brieffen zu
sein; den wen ich in ihrem platz were, verdroß es mich recht.
Man kan aber doch das lachen nicht drüber halten, wen so etwaß
wunderliches geschieht. Aber thut es ihr vielleicht jemandes von
ihren gutten freunden zum poßen? Ma tante hatt mir gleich ge-
schrieben, wie Carl Moritz zu Herrenhaußen ahnkommen. Sie ha-
ben ihn in eine Turquin verkleydt, sagen, er sehe viel beßer so,
alß in manskleyder, auß undt alß in seine eygene kleyder. Sie hatt
ihn recht lieb undt die churfürstin von Brandenburg auch. Ich
sage von hertzen amen zu alle gutte wünsche, so Ihr vor ma tante
gesundtheit thut. Wen meine reiße nach Bar (wo meine dochter
ins kindtbett kommen solle) gewiß were, so würde ich Euch mitt
freüden rendevous dorthin geben. Es ist aber noch gar nicht si-
cher; den man ist sehr dificulteus hir undt man hatt seinen freyen
willen nie; were es aber sicher, daß ich hin könte, so würdet Ihr
145
ohne fagon incognito hinkommen können, aber wie schon gesagt, ich
bin gar nicht sicher von meiner reiß. Einen tag sagt man, es könne
woU sein, andern tags finden sich hundert difficulteten ; den sagt
man, es were noch zu frühe, die sach zu resolviren; den weillen
ich ja in 3 tagen hin könte, were es genung, die sach 3 tag zuvor
zu resolviren; suma nichts ist noch sicher, also will ich Euch auff
nichts ungewißes bescheyden. Gehe ich hin undt bleibe etliche zeit
da, den wirdt es .zeit genung sein, Euch berichten, zu kommen,
aber gantz incognito. Mein söhn ist, gott sey danck, in gantz per-
fecter gesundtheit; were ein hitzig fieber drauß worden, würde ich
ihm gleich daß meledy-Kent-pulver geben haben. Die Parisser
lufft kan ich weniger, alß nie, vertragen. Morgen werde ich die
zwey junge graffen von Nassau sehen. Tregt der herr Ludolf seine
rotte peruque noch, die er unten knüpfft? Ich glaube, ich bin
nicht in seinen gnaden ; den ob er zwar zimblich lang in Franckreich
geweßen, ist er doch nur einmahl zu mir kommen. Es ist ein
wunderliche sache, daß die gar gelehrten so narische maniren ahn
sich haben undt nicht wie ander leütte sein können. Es ist etwaß
rares, jemandt zu finden, wie Ihr den schwedischen gouverneur be-
schreibt. Ich bin fro, daß Ihr so eine ahngenehme societet habt
undt keine langeweille. Vor daß contrefait von Churpfaltz dancke
ich Euch sehr. Ob I. L. zwar, wie ich sehe, ein wenig veralt
sein, so hette ich ihn doch sehr woll gekendt, undt das kupffer-
stück gleicht über die maßen woll; werde es in mein buch kleben,
finde es "woll gestochen. Wen noch mehr dergleichen kupffer undt
andere conterfaitten zu Franckfort wehren, würdet Ihr mir, liebe
Louisse, einen großen gefahlen thun, selbige zu schicken. Wie der
graff von Wittgenstein von seinem heiüraht spricht, so mögte ihm
die sach gerewen; würde nicht übel thun, selbigen zu brechen.
Man rufft mich alleweill, umb in die kirch zu gehen, muß also
schließen. Nun seindt auch Ewere brieff durchauß beantwortet,
undt die großhertzogin kompt herein, weiß also schir nicht mehr,
waß ich sage. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Euch von
hertzen undt habe Euch von hertzeu lieb undt Amellisse auch.
Elisabeth Charlotte.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ( ^^
146
84.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, aFranckfort.
St Clou den 28 May 1699.
Hertzliebe Amelisse, gestern abendts habe ich Ewern lieben
brieff vom Vi9 dießes monts zu recht erhalten. Meine reguUaritet
im schreiben ist kein danckens wehrt, thue hierin nichts, alß waß
billig ist. Ich lebe hir, gott lob, in gar volkommener gesundtheit,
lufft undt waßer bekommen mir woll hir undt allezeit übel zu Pa;ris.
Die jungen graffen von Nassau Weillburg haben mir versprochen,
daß sie Euch berichten wollen, wie es hir zu St Clou ist; den ich
habe sie überall herumb gezodelt undt daß gantze hauß gewießen.
In dießer jahrszeit, deucht mir, ist es viel beßer auff dem landt,
alß in der stadt zu sein, aber nur vor ein par stunden hinzufa}iren,
ist nicht genung. Daß schönne teütsche compliment (daß man
einem zu einer kalten milch ladt undt waß der löffel noch mehres
geben wirdt) muß erfunden sein worden, seyder ich auß Teütsch-
landt weg bin; den zu meiner zeit habe ich es nie gehört. Ihr
seydt woll glücklich, noch lachen zu können; mir ist es gantz ver-
gangen, ob ich zwar vor dießem mehr alß jemandts gelacht habe.
Wer daß lachen vertreiben will, mag sich nur in Franckreich heü-
rahten, es wirdt einem baldt genung vergehen." Die fraw von
Schelm muß sehr verendert sein ; den wie sie noch gantz jung war,
wäre sie bey weittem nicht so poßirlich alß ihre Schwester Lenor ;
nun aber wie ich sehe auß waß Ihr undt Louisse mir von ihr sagt,
muß sie auff den schlag geworden sein. "Wen ihr bruder, der
Eberfritz, nicht so brutal were, so were er ein feiner mensch.
Der Augustin, so nun woll der oberstleüttenant ist, hatt allezeit
einen sanfftern humor gehabt. Lenor hatt mir doch geschrieben,
daß ihr elster bruder sehr verendert seye undt nicht mehr so em-
portirt wie vor dießem. Ich halte viel auff sie alle,, weill sie noch
von unßerm hoff sein; bitte, grüst beyde bruder von meinetwegen
undt die Gret undt ihren man auch ! Ihr habt woll recht, zu sa-
gen, liebe Amelisse, daß man mitt seiner negsten schwachheitten
gedult haben muß , wen nur der grundt gutt ist undt rechtschaffen
Bein. Es ist nur zu war, daß niemandes in dießer weit ohne fehl
147
ist. Wie mir die graffen von Nassau Carl Moritz beschreiben, so
ist er viel kleiner, alß ich, undt kan doch nicht mehr wacksen;
den er ist ja nun woll 29 jähr alt. Ich glaube , daß er so klein
blieben, weillen er so eine alte seügamme gesetigt hatt; ich erinere
mich ihrer noch woll, sie hatte keine zän mehr im maul. Ich
bilde mir ein, daß seine commedie possirlich sein wirdt. Ihr seydt
recht? lobenswerdt, liebe Louisse, raillerie zu verstehen; hir im
lande lacht man die leütte braff auß, man raillirt aber selten. Ich
habe I. G. den churfürsten offt daß Sprichwort sagen hören , so Ihr
Euch noch erinert; I. G. sagte, er hette es in einem alten stam-
buch gefunden. Alle die, so Euch undt Louissen kenen, bezeugen,
daß Ihr I. G. lehren woll behalten undt auch praticirt. Ihr seydt
gar zu obligent, liebe Amelisse, zu glauben, daß Ihr betrübter sein
würdet, wen Ihr mich mehr gekendt bettet, ehe ich von hauß weg
bin; so hatte ichs aber nicht gemeint, wie ich Euch gesagt habe,
daß Ihr glücklich seit. Euch der zeitten nicht recht zu erinem
können, indem dießes ein zeichen ist, daß Ihr 11 oder 12 gutter
jähr jünger seydt, alß ich; den das alter ist eine verdrießliche
Sache undt es geht mir wie mutter Anecken im possenspiel, daß
liebe alter kompt mir mitt manche gebrechen ahn. Ihr müst ein
gutt gedachtnuß haben. Euch noch zu erinem können, wie ich Euch
ins closter Neüburg geführt habe. Ich thafe es gare ungern, I. G.
der churfürst, unßer herr vatter, wolte es aber durchauß haben.
Ich sehe auß Ewern brieffen, daß Euch nun vivacitet kommen ist;
daß hattet Ihr nicht in Ewerer kindtheit, müst also viel zu Ewer
avantage verendert sein. Ich muß Euch gestehen, daß ich recht
verwundert geweßen, alß Ihr mir- daß erste mahl geschrieben, zu
sehen., daß Ihr so einen coulanten undt gutten stiehl schreibt,
dachte gleich in meinem sin: «Amelis muß mitt den jähren viel zu-
genohraen haben undt verständiger worden sein». Ich, sage Euch
hir gantz natürlich meine meinung, undt änderst, alß ich eine sach
gedencke, kan ich nicht reden. In dießem augenblick rufft man
mir; den monsieur le Dauphin kompt ahn, muß also schließen undt
vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch von hertzen
ambrassire undt gar lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
10*
148
85.
A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort
Port royal den 9 Juni 1699:
Hertzliebe Lonisse, dießmahl habe ich nicht so geschwindt
andt^orten können, alß ich gerne gewohlt; den es seindt mir hun-
dert undt hundert hinderniißen vorgefahlen, hir aber hoffe ich,
nicht interompirt zu werden. Wie ich letztmahl hir war, war mein
Intention,, zu schreiben, nehmblich vergangen donnerstag ; allein
nachdem ich ahn ma tante,'die fraw churfürstin von Braansweig,
geschrieben hatte, kämme mir von der hießigen lufft ein solch ab-
scheulich kopffwehe ahn, daß ich ohnmöglich mehr schreiben konte,
war auch den gantzen abendt recht kranck; wie" ich aber wider
nach St Clou kämme, spatzirte ich so lang in der gallerie herumb,
biß mir endtlich inein kopffwehe verging. Die überige tage habe
ich auch nicht wider zum schreiben gelangen können wegen der
Pfingstfest, habe also biß heütte verschieben müßen. Nun aber
will ich, liebe Looisse, ortendtlich anff Ewerem lieben brieff vom
*•/«» May antwortten. Ich versichere Euch, daß Ihr mir nicht mitt
größern freüden [briefe] schreiben könt, alß ich sie entpfange, undt
Ewere affection touchirt mich recht, auch sein wir einander ja nahe
genung, umb unß lieb zu haben ; auch schreib ich Euch ja nicht, umb
neue zeittung za haben, sondern nur amb zu erfohren, wie es mitt
Euch undt Ewer geschwister stehet; derohalben seydt in keinen sorgen,
ob Ihr mir zwar nichts neues berichten könt! Es ist doch löblich
von den hohenlohischen freüUens, daß sie zu hauß bleiben , da ihre
mutter kranck ist, halten doch also doch noch einen decorum. Ihr
thut woU , liebe Lonisse , offt spatziren zu fahren ; den die stattlnfft
kan im sommer nicht gesundt sein. Wan es ahns geben lege, Carl*
lutz wider lebendig zu machen, so würde er es baldt sein; den ich
würde nichts dran sparen undt ich werde ihn woU mein leben re-
grettiren; den ich ihn woll hertzlich lieb gehabt habe undt kan
nicht lang ahn ihm ohne threnen gedencken. Ihr sagt woll, daß
Carllutz seines oberstleüttenants fraw eine adelliche dame aaß der
Pfaltz ist, aber Ihr, sagt nicht, von waß vor einem geschlegt sie
149
ist: Wen sie Euch vom türinischen hoff gesprochen, so wirdt sie
Euch ohne zweyffel auch verzehlt haben, waß vor eine tugendtsame
fürstin unßere hertzogin von Savoyen ist. Ich habe sie so lieb, alß'
wen sie mein eygen kindt were, habe mich also recht erfrewet, wie
ich vernohmen, daß sie eines printzen geneßen; dancke Euch sehr,
daß Ihr Euch mitt mir drüber erfrewet, undt vor den gutten
wünsch, so Ihr meiner dochtet* thut. Ich gestehe, daß ich gern
hette, daß sie anß auch einen söhn gebe. Die hertzogin von Sa-^
voyen ist nicht kräncker ahn ihrem printzen, alß ahn ihren print-
zessinen, geweßen, wie I. L. mir geschrieben haben; alles ist so
glücklich abgeloffen, daß meiner dochter nichts beßers zu wünschen
ist. Ich mögte wißen, ob die hertzogin von Holstein Gothdorff ihrer
•
fraw Schwester, meines brudern s. gemahlin, gleicht. Hir ist es
diß jähr die mode auch sehr geweßen, ins badt undt sauerbrunen
zu ziehen; monsieur le duc undt madame la duchesse seindt nach
Bourbon, wie auch die geheürahte princes de Conti, undt sehr viel
leütte vom hoff undt von qualitet seindt auch etliche nach Bourbon,
andere nach Vichi, etliche nach Bourbonne, so nahe bey Lothe-
ringen ist, andere nach St Amand. Ich habe schon von viellen die
fraw landtgräffin von Cassel sehr loben hören*, aber apropo det-
eiste *printz, so her kommen solte, kompt ja nicht. Woran ligts
dan? Ich bin fro, daß Ihr zu ihnen ins badt werdet; den daß
wirdt Euch doch ein wenig verenderung geben; wünsche, daß Ihr
Euch recht lustig dort machen möget. Bitte tßüqh, macht mein
compliment ahn meinen vettern, den herrn landtgraffen, undt auch
ahn die fraw landtgräfQn ', wie ' auch ahn printz. Carl undt printz
Wilhelm, wofern sie dort sein! Mein söhn undt Ich seindt nun,
gott sey danck, in gar volkommener gesundtheit .undt Euch sehr
verobligirt von Ewere gutte wünsche. Ich bin .versichert, daß. Ihr
ma tante so woU aJß ich von hertzen werdet beklaget haben, den
chagrin gehabt zu haben, die gutte fürstin von Ostfrießlandt , ihre
gutte freündin, so zu sterben sehen zu Bruckhaussen. Es ist mir
noch desto leyder umb dieße fürstin , weillen sie immer waß er-
dencken konte, ma tante lustig zu machen undt dero melancoley zu
vertreyben. Nichts ist verdrießlichers in der weit,* alß die zu ver-
Hehren, so man lieb hatt. Hirvon habe ich leyder einQ lange undt
nur gar zu offt widerholte experientz; biß aber die reye auch ahn
mir kompt, fort 2U wandern, könt Ihr,' liebe .Louisse, sambt
150
Amellisse woll versichert sein, daß ich Euch recht lieb behalten
werde.
Elisabeth Charlotte.
86.
A mad. Amelie Elisabeth, raiigräfGbi zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 12 Juni.
Hertzliebe Amelisse, gestern abendts habe ich Eweren lieben
brieff. vom 23 May — 2 Juni zu recht entpfangen, «ndt ob es zwar
schrecklich heiß heütte ist undt noch kein stundt, daß ich von St
•
Clou hir ahnkommen bin, so werde ich Euch doch gleich andtwört-
ten. Wie ich sehe, so kommen meine schreiben viel geschwinder
über, alß die Ewerigen; den nach meiner rechnung so müst Ihr
meinen brieff 'vom 19 donnerstag den 28 entpfangen haben, also
just den 9 tag '-anterwegens geweßen. Ich glaube, die greuliche
hitze macht mich* '-extravagiren ; den ich h^be nicht betracht, daß
Ewer .liebes, schreiben vom 2 Juni auch ist undt 'nicht allein' vom
.^3 May, also eben so woll in 9 tagen überkonnmen ist alß das
meinige. Alles ist verhengnuß in dießer weit, also kein wunder,
daß es nicht einem geht, wie dem hindern. Ich muß aber lachen,
daß Ihr die fortune so delicat außsprecht undt nur fordune
heist: wen di'eße ^fordune dan .Euch nur in andern Sachen fa-
vorabel ist, werdt' Ihr Euch woll endtlich getrösten können, daß
Ewere brieffe. tibeller, alß Louisse ' ihrer , bestehlt werden. Ich .
glaube, liebe Amellisse, daß Ihr vel'suchen wolt, ob ich noch filtzen
kan, daß'Ihr ipir so was abgeschmacktes dahersagt, nehmblich
4aß. Ewere brieffe mir zu offt kommen undt daß sie mich importu-
niren; den wen die, so ich lieb habe, mir riiitt solchen discoursen
hervorkommen, so zürne ich recht. Last Euch diß vor dießmahl
zur wahrnung ^nnen, liebe Amelisse, undt kompt mir nicht mehr
damitt äuffgezogen! sonsten werde ich zörnen! Ich glaube, daß Ihr
daß frantzosch sehr delicat außsprecht; den schir überall, wo tnan
ordinarie ein t setzt,' setzt Ihr ein d, alß bonne fordune, indention,
imporduniren ; deä-hir'im landt sagt man fortune, Intention, impor-
tuner; es muß also* sehr delicat heraußkommen, mögte es gerne
hören. Ich höre gärne neue zeittungen, allein ob schon keine in
151
Eweren brieffen, werden sie mir doch nicht desto weniger abnge-
nehm sein; den Ihr undt Ewere geschwister seydt gar gewiß, liebe
Amelisse, wo ich mich ahm meisten vor interessire. Ich pretendire
Euch nicht Ewer frantzosch umbsonst alß zu torigiren, corigire es
mitt dem beding, daß Ihr mir meine teütsche frassen, im fall ich
etwaß mögte vergeßen haben, auch CQrigiren mögt; den wie Ihr
secht, so bin ich sehr interessirt. Die auffs landt ziehen, haben
woll groß recht.; den bey dießem schönnen undt warmen wetter ist
es nicht gutt noch ahngenehm, in einer Stadt verspert zu sein.
Der sawerbrnnen ist hir im landt auch sehr a la mode geweßen.
Man kompt aier nun schon wieder; gestern undt vorgestern käm-
men I. L. monsieur le duc undt madame la duchesse. Hatt man aber
mäner feil in den teütschen sawerbrunen, daß daß Sprichwort
sagt, daß mah deßwegen in sawerbrnnen zieht? Kinder bekommen
ist ein trawerig handtwerck. Wie ich aber von mein fraw baß, der
fraw landtgräffin Libden, vernehme, so wirdt die ursach, umb kin-
der zu krigen, sie* nicht in. den sawerbrunen führen; den sie hatt
deren' genjing. Ich bin fro, daß Ihr undt Louisse ins Schlangenbadt
geht; daß wirdt Euch ein wenig verenderung geben. Ich kan mir
nicht einbilden, waß monsieur d'Iberville so offt zu Cassel thun muß.
Ich bin ihm sehr verobligirt, guts von mir zu reden; den es bloß
sein gutter wille sein muß; den ich erinere mich nicht, mein leben
ein wordt jnitt ihm gesprochen zu haben. Wen es jemandes were,
mitt wem ich bekandt, könt Ihr woll gedencken, daß ijch ihn würde
gebetten haben, offt zu Euch zu kommen. Daß misrgen von dem
tug erinere ich nrich gar nicht, mein leben gehört zu haben; diß
landt macht einem manch mergen vergeßen. Ich habe all mein le-
ben die commedien sehr geliebt undt liebe sie noch; ist also kein
wunder, daß mir daß possenspiel im gedächtnuß blieben ist. Es
'ist nur seyder meinen kinderblattern, daß ich mein gedächtnuß ge-
schwächt finde. So baldt ich einen ameishauffen finden werde,
werde ich daß remedium versuchen, welches ahngenehm ist; den es
rieht wie eßig undt ich riebe gerne eßig. Hir im landt seindt die
ameisshauffen nicht in den wießen, sondern nur in den Wäldern,
aber so offt ich deren finden werde, will ich es thun; dancke EüCh,
liebe Amelisse, zum vorauß davor. Ich bin alle tag, die gott gibt,
3 stundt in der lufft. Seydör etlichen jähren her bin ich sehr me»
lapcolisch worden, liebe nichts mehrers, alß die einsamkeit, ündt
152
gestehe, daß ich allezeit die geselschafft fliehe. Man wirfft mirs offt
genung vor, ich kans aber nicht endern. Ich finde- mich selber so
langweillig, daß ich förchte, die geselschafft zu ennyren; bin dero-
wegen lieber allein, bringe alle tag 5 gantzer stunden allein zn.
Deß envoyes von Denemarck fraw, die fraw von Magercroon, hatt
mir keyßer Carls kopffwaßer versprochen; gebt Euch also die mühe
nicht, solches vor mich zn machen ! Es ist warlich meine schnldt nicht,
sondern monsiear de Bechamel, Monsieur surintendenten, schuldt,
daß Ihr die contrefait noch nicht habt; er hatt mir schon zwey-
mahl so abscheuliche contrefait machen laßen, daß. ich sie nicht
habe schicken dörffen. Ich versprech Euch aber, c|iß ich wider
auffs neue dran treiben werde. Daß vertrawen, so Ihr mir erweist,
touchirt mich recht, liebe Amelisse, undt habe eine rechte reco-
noissance davor. Ich bin Euch auch sehr verojbligirt, daß Ihr
wünscht, zu meinem vergnügen zu helffen, allein mein lauff ist
baldt zum endt; ich fange ahn undt werde sehr alt; verzweyffelt
noch verzagt bin ich nicht, aber durch manche -gar traWerige ex-
perientzen der weit sehr satt undt müde. Ich lebe, ohne. nichts zu
fürchten noch zu wünschen; außer meine kinder, ma tante. Euch
undt noch etliche gutte freunde, sonsten nehme ich in nichts part,
waß auch in der weit vorgehen mag. Vor mir -selber wünsche ich
nichts, alß gesundtheit, undt hirin erhört mich gott der allmächtige
woU; den ich bin gar gesundt, gott lob! Cal*l Moritz solte die
milchchur brauchen, daß würde ihn erfrischen undt den greulichen
durst benehmen. Der könig kan daß landtknechtspiel nicht ver-
bietten, so lang sein eintziger söhn undt bruder, "alß monsieur le
Dauphin undt Monsieur, nichts änderst spillen wollen. Viel leütte
seindt doch Ewerer meinüng. Es ist mir immer bang darbey, wen
ich kinder so witzig vor dem rechten alter sehe; den es ist ein
zeichen, daß sie nicht lange leben, ist mir also bang vor dem^
kleinen churprintzen von Brandenburg. Ich erinere mich deß
obersten Degenfelts gesiebt noch gar woU ; er hatte ein kurtz vier-
eckelt gesiebt, aber nicht schmahl. Wie haben die damen Carl
Moritz nicht ahn seinem aug ^ekendt ? Daß kan doch der jetzigen
damen coeffure nicht verbergen. Ihr, liebe Amelisse, müst sehr
seyder Ewer kindtheit geendert sein, wen Euch der manshabit nun
woU stehet; den wie Ihr ein kindt wahret, sähet Ihr einer damen
viel toehr, alß einem cavalier, gleich; Ihr glichet unßerer verstor-
153 •
•
benen königin s. Oourage ist nur eine gewobnheit; wen man bey
leütten ist, so nicbt furchtsam sein, lernt mans auch. Unßer berr
vatter s. pflegte mir zu sagen, er wolle micb nicbt reitten laßen,
weillen I. G. nicht wüsten, ob der man, den ich bekommen würde,
gerne bette, daß seine gemablin reitten möge; allein vor criminel
hatt er mirs nie passiren machen. Den hnmor, wie ich den duc
de Chomberg kene, hette ich nie gedacht, daß er Euch daß schie-
ßen undt reitten proponiren würde. Mich deucht, es seindt jetzt
so wenig lutterische princessinen vorhanden , daß die lutterische
könige sich woU mitt den reformirteri werden behelffen müßen.
König in Engellandt glaube ich nicht sehr pressirt, zu heürahten.
Dießer könig ist gewiß durch seine meritteü einer von den grösten
königen, so jemahlen gecrönt worden, aber uAter unß will ich Euch
woU gesteben, daß, wen ich ledig were oder witwe undt er mir die
gnade thete, meiner zu begehren, so wolte ich lieber ledig bleiben,
alß die gröste königin von der weit werden undt einen man haben;
da(^ heürahten ist mir abscheulich verleydt, dancke doch vor den
wünsch, welcher, allen andern außer mir gefahlen würde. Auß
dießem discours secht Ihr woll, daß ich Euch sehr woU verstanden
habe. Ich' estimire den könig von Engellandt sehr, ich erkene seine
merittep; ich wolte, daß er mein tocht^rman hette können werden,
dazu bette ich ihn' lieber^ gehabt. Ewer brieff war gar leßlich undt
auch nicht langweillig. Ihr secht woll, daft ich ihn gar woll geleßen,
indem ich gar ^xact drauff geantwortet habe, undt weillen die ant-
wort.zum eödt, bleibt mir nichts mehr überig, alß Euch zu bittign,
liebe Amelisse, persuadirt zu sein, daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
■ * - •
Elisabeth Charlotte.
,87.
>
A mad.' Louisse^ raugraffin' zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den '23 Juni.
• • «
Hertzliebe Louisse, vergangen donnerstag habe ich Eweren
lieben brieff vom 9 Juni — 30 May zu recht entpfangen, aber ohn-
möglich. eher,* alß nun, beantworten können; den freitag war ich
den gantzen tag auff der jagt, sambstag schrieb ich ahn mein toch-
• 154
ter, hatte aadientz vpm envoyes von Savoye, mäste io kirch; den
maQ ist in der octave vom st sacrement, wie mans hir heist, da
muß man alle abendt in kirch; hernach bin ich mitt Monsieur
spatziren gefahren, habe also nur ahn mein tochter undt madame de
Beuveron schreiben können; sqntag bin ich nach Paris, habe dort
ahn ma tante, die.fraw churfürstin von Braunsweig, geschrieben,
hernach in kirch undt wider her, also auch kein zeit gefanden.
Gestern mugte ich nach Savoyen undt Lothering«n schreiben, 2 brie'ff
nach Turin, zwey nach Nancie; die handt war mir hernach zu
müdcj umb mehr zu schreiben, habe es also auff heütte verschoben.
Euch undt Amelisse zu schreiben, incomodirt mich gar nicht; den
wie Ihr secht, so nehme ich m6ine zeit dazu. Dieß bedarf aber
keiner dancksagung; den 'es erstlich recht billig ist, zutn andern
aber so habe IchEödh beydeauch li^b, ist mir also selber ein ver-
gnügen, schriftlich mitt Euch zu sprechen, weillen ich es leyder
nicht mündtlich thun kan. Die grafen von Nassau scheinen gutte
kinder zu 'sein ; ich hof e, sie werden nichts übels hir lehrnen. Ich
wejß unßern gutten ehrlichen Teütschen recht danek, nicht in daß
abscheuliche lauter zu fallei;), so hir so sehr im schwang geht, daß
es gantz ofendtlich ist; man vexirt' die juoge kerls hit, daß dießer
ündt jener verliebt von ihm' ist, eben wie man in Teütschlandt*eihe
ungeheürahte Jungfer vexirt. Waß noch m^ehr ist; 4ie weibsleütte
sein in einander verliebt, v^elches mich noch mehr.eckelt« alß alles.
Man kan wpll von hif im landt sagen, wie in der 'he^lligen schriefft
stehet: «Alles fleisch hatt sich verkehret». Es ist mir alß bang,
daß man -mitt den moden die laster von hir auch wirdt in tmßer.
vatterlandt bringen ; den. wen "die Frantzoßen einen hübschen Teüt-
schen sehen, laufen sie ihnen so lang nach,' alß sie können,, uinb
sie zu ertappen. Ich weiß ihrer viel, so sich nicht haben persna-
diren laßen undt mitt ehren davon kommön sein, andere aber
seindt ärger worden, alß die Frantzosen selber, undt haben eiii
solch gotslästerliches leben geführt, daß es nicht 'anßzusprechen
ist. Ich muß lachen, daß Ihr glaubt, daß mansleü.tte sein, so gar
keine desbauche haben; daß müßen phenix sein, undt glaube idi,
daß die , so* Ihr beschuldiget, keine galanterie ^u haben , es Euch'
mehr undanck ^ißen würden, ^Iß die, so Ihr beschuldiget, des"
bauchirt zu sein , oder die Teütschen müßen sehr dif erent von den
Frantzoßen sein; den sie halten sichs vor eine rechte «1»:; desbaut
155
•
chirt zu sein; andt wer sich piqniren solte, seine fraw allein zu
lieben, würde vor ein sot passiren undt würde von jederman ver-
spot ondt veracht werden; so ist es hir beschaffen. Ich dancke
Euch sehr, liebe XiOaisse, vor die gntte wünsche, so Ihr meiner
dochter thnt. Meine reiß nach Bar ist gar ansicher; den man fengt
ahn, zu sagen, daß es viel kosten würde undt nnnöhtige kosten
sein; zweiffle also sehr, daß man mich hin wirdt laßen, ob ich es
zwar sehr wünschte.. Vergangenen freitag bekamme ich ein schrei-
ben von nixßerer hertzögin von Hannover von Modene. I. L. sag^
ten jnair aber nicht, daß ihre fraw tocht^r niederkommen seye, kan
es also schwerlich glauben. Wie man mir der römischen königin
. • • •
ihr schwangersein beschreibt, sO' ist große aparentz«, daß I. M.
einen printzen bekommen werden. Ich. glaube nicht , wie ich *Eüch
schon gesagt, liebe Louisse, das Ihr vernehmen werdet, daß ich zu
Bar werde sein; den meine reiße ist gar unsicher. Waß Ihr mir
sagt, worumb Ihr fro'seit, wen ich Euch nicht sehen werde, daß
heist man auff gutt frantzösch «vne fausse humilit^»; den ich sehe
woll auß Ewere brieffe, daß Ihr verstandt habt undt nicht abge-
schmackt seydt.- Waß ' aber ahiibelangt, daß es Euch schmertzen
' solte, mich wider za verlaßen, so deucht mich aber, daß, wen man
einander wider ^ipht undt dadurch keine Unmöglichkeit findt, ein-
ander, zu sehen, so kan man getröster von einander scheyden, w&ill
•die hoffnung^ einander wider zu sehen, die trawerigkeit mindert.
Es ist woll war, daiß wenig freüden in der weit völkommen
sein, die Unglücke aberseindt gar völkommen. Ma tante ihr Un-
glück, ihre gutte freündin, die fürstin von Ostfrießlandt, verlohren
zu haben, habe ich gleich 8 tag hernach erfahren undt bin recht
drüber erschrocken;, den' ich mir leicht einbilden kan, wie dißer
todt all I. L. Unglück undt bQtrübtnuß wirdt vernewet haben. Die
hert/ogin' von Eyßenach ist woll zu beklagen, aber wen man ein-
mahl ins trawern kpmpt, kan man nicht wider herauß kommen;
ich habe .es leyder nur zu sehr experimentirt. Nichts in der .weit
endert mehr den humor undt inacht melancolischer; man wirdt nie
trawerig, umb etwaß damitt außzurichten, sondern nur, weillen
man es nicht endern kan; daß man selber sterblich ist, ist gar
nicht tröstlich. Ich habe vor etliche jähren eine alte dame hir ge-
kent, so madamede Fienehieß, die war gar natürlich. Einnfahl
starb jemandes von ibrfer kuudtschafft, madame de Fiene weinte bit-
156
lieb. Jemandes sagte zn sie: «n n'a pas parn, qne yoqs ayes tant
aimes cette per sonne, qni vient de moarir, pandant sa vi6, poar la
tant plenrer presseptement, qu'elle est morte». Madame de Fiene
andtwortete: «Mon dien, que tu est sot, de creire, qne je plenre
cette personne ! Ce n'est pas eile que je plenre, mais bien moy mes-
me, puls qu'il fant, que je meure anssi bien qu^elle, et sa mort
m'en fait souvenir.» Hiranß secbt Ibr woll, liebe Lonisse, daß
wenig leütte den todt vor einen ti;ost halten können. Mich deucht,
es were beßer, daß ich Euch jetzt deß herm Ladolff.bncb zahlte
undt hernach die überigen auch zu ihrer zeit. Es wandert mich,
daß man sein contrefait nicht hatt in sein buch eingebunden; den
• • •
das were billig. Wir haben nun nichts neues hir. Man spricht
jetzt "voq nichts, alß von deß conseilliers fraw, so ihr man hatt
assassiniren lassen , wie standthafftig die den todt außgestanden,
aber jämmerlich ist gerichtet worden; den der hencker hatt ihr 5
oder 6 mahl in den kopff gehawen, ehe er ihr den kopff hatt ab-
bringen können; es ist eine solche menge leütte geweßen, so die
execution haben sehen wollen, daß man die fenster 50 Louis d'or
geheure t hatt Sie hieß madame Ticket; sie hatte sich ihre ge-
hurt stellen laßen undt man hatte ihr gesagt undt geprophezeyet,
daß, wen sie sich nur vor eine manshandt hüttetei,. so ihr eygenen
nahmen 'führt, so würde sie unerhört lang leben undt glücklich
sein; &ie hieße mitt ihrem zunahmen Carlier undt es findt sich*
just, daß' der hencker, so sie gericht, denselben nahmen hatt; daß.
• • • ••
ist doch etwaß remarquables. Man rufft mich zur taffei.* Adieu,
liebe Louisse! Ich werde vor dreßmahl nicht mehr sagen, alß daß
ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
68.
A liiad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Fränckfort.
St Clou den 26 Juni 1699.
Hörtzliebe Amelise, vorgestern abendts alß ich von^ Paris weg
fuhr, entpfinge ich Ewern lieben brieff vom •/" dießeS monts; habe
von' hertzen lachen müßen, daß Ihr so rühmblich findt, daß ich
ordendtlicb auff Ewere brieffe antworte, Ihr hß-bt gar woll gethan,
157
dem tropffig sein, auffznsagen; den daß firantzöscbe Sprichwort
sagt: «Qui ce fait brebis, Je loup le mange». Carllutz batte Eücb
den nabmen von Albertingen auffgebracbt. Es ist woll war undt nur
zu war, daß die weit so schlim ist, daß, wen man sie einmahl kent,
hatt man mühe, bey der gütte zu bleiben, undt wen mau noch so
viel äugen undt obren bette, alß man hatt, wehren deren noch nicht ge-
nung, umb alles zu lehren undt in acht zunehmen, waß man nohtwen-
dig wißen soll. Wen man ahnfangt, waß zu wißen, ist daß halbe leben
fort, also ein ellendt sach umb unß arme menschen. Aber daß zeüg-
nuß kan ich Euch mitt warheit geben, daß ich mein leben nicht
gedacht hette, daß Euch so viel vivacitet kommen solte, alß ichs in
Ewern brieffen verspüre; müst also sehr zu Ewer avantage geendert^
sein. Die jungen graffen von Nassau haben mir vorgestern au Port
royal eine vissitte geben, ich habe sie aber nur ein augenblick ge-
sehen, den ich hatte den tag viel zu schreiben nach Nancie undt
nach Modene. Ich habe aber doch gleich gehoffmeisterirt, welches
dem hoffmeister sehr einen großen gefahlen gethan ; den die junge
bursch hatten ihm nicht glauben wollen, waren gantz penau; es
war nur eine bagatelle,sie wollten stock tragen; daß stehet jungen
leütten übel, die macht ich weg thun. Ich bin fro, daß ihre fraw
mutter so woll jzufrieden mitt mir ist. Wolte gott, liebe Amelisse,
ich konte so glücklich sein. Euch undt Ewere geschwister in etwaß
zu dinnen, so danckens werdt sein könte! So glücklich aber bin ich
leyder bißher noch nicht geweßen. Ewer inemorial habe ich schon
ahn cantzler Scradt recomandirt. Ewer erster bogen ist all serieux^
aber deßwegen nicht abgeschmackt. Ich muß nun, waß serieux ist,
nicht mehr blasmiren; den ich bins unerhört geworden, man lernt
hir braff sein. Die fraw von Ratzamshaussen ist zu Nancie, wirdt
in 8 tagen hir sein. Mein dochter hatt sie nicht ehr von sich
laßen wollen; den sie hatt sie sehr lieb. Ihr habt ja Lenor hun-
dert undt hundert mahl gesehen. Wie kent ihr sie den nicht?
•Augustin Weriinger thut woll, nicht mehr zu sauffen; den nichts
ist abscheulicher. Ich' höre nie Manheim neuen ohne seüfftzen.
Mein gott, wie hatt mich der ort gejammert! Ich kans dem
jetzigen churfürsten nicht gutt heißen, so einfaltig in der religion
zu sein undt die Juden den Christen vorzuziehen. Die werden woll.
thun, nachts zu stehlen, waß sie tags geben. Hirmitt ist Ewer
158
liebes schreiben beantwort. Es ist auch jetzt spatziren zeit. Adiea
dan, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von hertzen.
Elisabeth Charlotte.
89. ^
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St aou den 10 Jolli 1699.
Hertzliebe Amelisse, vorgestern habe ich Ewern lieben brieff
vom 'Vso Juni zu recht entpfangen; würde gestern gleich drauff ge-
antwortet haben, wen ich nicht ein klein reißgen? frantzöscher
meillen von hir gethan hette nach Maubisson, ma tante, die fraw
abtißin, dorten zu besuchen, welche ich, gott seye danck, in vol-
•
kommener gesundtheit gefunden habe. I. L. gleichen sehr I. G.
onßerm herrn vattern s., bin also recht gern bey ihnen undt were
es nicht so weit von hir, ginge ich öffter hin. Sie sprechen noch
gutt teütsch, können perfect teütsch, frantzösch, englisch undt
holländisch; Ich habe lachen müßen, daß Ihr Louisse ihren tag
habt verseümen laßen undt hernach den £werigen nicht sediren
wollen; bin Euch darvor verobligirt, liebe Amelisse! den daß er-
weist mir, wie lieb Ihr mich habt. Es ist kein wunder, daß ich
das Frantzösche corecter weiß nach 28 jähren , daß ich in Franck-
reich bin, alß Ihr, die nie in Franckreich geweßen. Im Teütschen
habe ich Euch aber in keinem eintzigen brieff fehlen sehen. Ihr
tröst mich sehr, liebe Amelisse, mir zu sagen, das ich mein Teütsch
noch nicht vergeßen habe undt noch corect schreibe; den in weh-
rendem krieg habe ich wenig teütsch gesprochen*, würde also gar
kein wunder sein, wen ich etliche frassen vergeßen hette. Zu
meiner zeit war es schon der brauch, daß man frantzösche Wörter
mitt den teütschen mischte; thue es auch etlichmahl, den man muß
woU hirinen den brauch folgen; allein waß mich verdrießen kan,
ist, wen es auß affectation geschieht. Diß wort könt ich auch*
ohnmöglich änderst auff teütsch sagen, glaube auch nicht, daß ein
ander wort auff teütsch dazu ist. Ich gestehe auch ^rn, das mir.
alle complimenten bludtszuwider sein; ich kan sie nicht außstehen.
Alle, die meine gutte [freunde] sein, dönen verbiette ich die complimen-
ten, also wen Lenor mir in ihre lange brieffe complimenten schreiben
wolte*, würde ich braff zürnen; es ist hir der brauch auch gar
159
nicht, in frantzösch^ brieffen macht man keine complimenten nicht.
Herr Obrecht ist gar ein ehrlicher verständiger man; Ihr thnt woU,
ihm Ewere sach zu recommandiren. Monsieur sagte mir letztmahlen,
der könig wolle sich der sach nun gar ernstlich annehmen; wie es
abgehen wirdt^ wirdt die zeit lehren. Die gutten Politzer seindt
böße visionomisten, daß sie den monseigneur vor auffrichtig teütsch
ahngesehen haben^ Freündtlich undt höfflich ist er woll, wen er
will, allein nicht exact gennng in waß er . verspricht undt unter-
schreibt; den es ist den armen Heidelberger undt Manheimern
übel nach. seinem überschreiben gangen, aber nicht, ohne daß ich
ihm meine meinung . dichte drübar gesagt habe. .Ich muß lachen,
daß Ihr monssigneur le Dauphin vor monseigneur le Dauphin g,e-
schrieben habt; wir haben auch offt über die gutte ehrliche undt
liebe madame laDauphine s. gelacht undt sie geplagt;. den sie sagte
auch immer monsigneur. Monseigneur ist seyder 11 jähren sehr
verendert von gesiebt; wie er jünger 'war, gliche er der königin,
seiner fraw.mutter, undt da mochte er nicht der churfürstin zu
Pfaltz, soijdem der ersten churfürstin von Bayren geglichen haben;
den die gliche perfect ahn unßere königin; ab^r ahn die churfürstin
zu Pfaltz habe ich nicht gehört, daß er jemahlen geglichen hatt. Es
könnte doch woll sein ; den si6 seindt einander verwandt.undt ander
geschwisterkindt mitt einander; den die großhertzogin ist -leiblich ge-
schwisterkindt vom könig, so ja ihre fraw mutter ist. Mein gott, wie
.müst Ihr, liebe Aroelisse, verendert sein, wofern Ihr nun I. G. dem
churfürsten, unßerm herm vattern, gleicht! den wie ich Euch ge-
seheq, war kein eintzig liniament in Ewerm gantzen gesiebt, so
dazu die geringste aparentz hatte. Caroline s. aber gliche I. 6.
viel, Sie hatt allezeit verstandt gehabt, wundert mich also nicht,
daß sie es biß in ihren todt gehabt hatt. Man kän sagen wie in
der commedie von Jodelet: .«Si nous estions artissans* de nous
mesme, on ne. veroit par tout que des beaut^s extremes*^ Weillen
es aber nicht beyunß stehet,, müßen wir woll sein, wie unß gott.
der allmächtige geschaffen hatt, 'undt unß welttei* nicht drumb
bekümern. Ich g.estehe, daß ich nicht lang von denen reden kan,
deren todt mich betrübt hatt, ohne wi.der aaff neue trawerig zu
werden. Gutte cbnversationeü seindt gar waß rares hir. Es ist
die mode nicht, zu conversiren,. noch zu raiSQniren, .man' lacht
einem mitt aüß undt daß spülen mag ich nicht leyden<; drumb
160
bin ich lieber allein. Die fraw von Ratbsamshanssen wirdt erst
dießen abendt hir sein; den der hertzog von Lotheringen helt so
viel von sie, daß er sie 3 wochen zu Nancie behalten undt nicht
hatt weg wollen laßen; mein tochter hatt sie auch gar lieb. Ich
dancke Euch von hertzen , so viel gutte wünsche vor meine con-
servation zu thun, allein ich bin zu nichts nicht nutz in dießer
weit, were also gar kein verlust, wen ich drauff gehen solte.
Gutte wünsche halte ich vor kein compliment noch ceremonie, son-
dern vor freündtschafft, aDer weillen ich niemandes dinnen kan,
sehe ich nicht, womit ich jemandes trösten könte. Mitt halben
wortten verstehen , daß lernt man hir über die maßen woll undt
hijrauff, deucht mir, bin ich gelehrt genung. Ich wünsche, daß Ihr
undt Louisse Euch woll im Schwalbacher ^ brunen bey I. L. der
fraw landtgräffin divertiren mögt. Aber wie Ihr undt Louisse mir
von Ev^erem humor sprecht, glaube ich nicht, daß Ihr, umb ein
Hansel außzusuchen undt sein Gredel zu werden, nach Schwal-
bach zieht. Schwalbach ist ein artiger undt glücklicher ort, wen
man dort frey leben kan, ohne daß man dort übel findt, waß man
thut. Solchen ort kan man hir in Franckreich nicht finden. Die
frantzösche damens last über Ewere inocente lust lachen, wie sie
wollen! Siei.habe keine so warhaffte freüde nicht; man mag sie nur
bey ihrem spiel von 24 stunden sehen, umb davon, zu judiciren;
wie verzweyffelt sie außsehen! eine weint die bittern threnen, die
ander ist fewerrodt undt gehen ihr die äugen -im kopff , alß wen
sie in die gichter fallen wolt, die 3te ist bleich wie der todt undt
wie halb ohnmächtige undt mäner undt weiber sehen auß wie be-
ßeßene, können niemandes bey noch umb sich leyden. Das seindt
hießige freüden, aber warlich nicht die. meinen; wolte lieber mitt
gutten freunden im grünen graß bey einem brunen eßen, wie Ihr
undt Louisse, die fraw von Degenfeit undt Schelm gethan habt.
Diß landt, hat noch über dem englischen, das alle- desbauchirten
mäner undt weiber politisch sein undt dem boff gefahlen wollen,
welches manche üntrew undt veräliterrey gibt, aber in welchen
landt es auch sein mag, so muß man, wen man geheüraht ist, die
Jalousie auß dem hertzen banissiren; den daß kan nie kein gutt
thun. Seine händt in unschuldt wascHen gibt woll vor sioh selber
ein ruhig gewißen,. allein es gibt kein ahngenehm comerse undt
mitt einem ruhigen gewißen* kan einem doch ' die zeit bitter lang
161
fallen undt manche sehr langweillige standen hahen. Ich heküm-
mere mich nicht über der weit weßen, aber es macht mich die
weit genung verachten, umb. wenig last zu nehmen, in geselschafift
zu sein. Man hört von nichts, alß tragiqnen avanturen; baldt wer-
den 5 weiber noch gericht werden, so ihre mäner umbs leben ge-
bracht haben, noch etliche haben sich selber umbs leben gebracht;
sonsten geschehen auch viel unglück. Ihr werdet vielleicht die
contesse de Roye in Engellandt gesehen haben. Deßen elster söhn,
der conte de Rouey, wolte zu Meudon vor etlichen tagen, wo er
bey dem monseigneur war, eine kleine calesch führen, fürte aber
so übel, daß er mitt dem fordersten raht ahn eine große wurtzel
vom bäum so gewaltig ahnstieß, daß er selber, so gantz geraht in
dem kleinen wagen stundt, zwischen die pferde fiel, undt die leidt-
seyller wickelten sich dermaßen umb in herumb, daß, wie er wi-
der auffstundt , zog er die pferdt so starck ahn sich , daß sie
kurtz threheten undt ihn gegen einen bäum wurffen. Daß bludt
schoß ihm gleich auß der naßen. Man hatt ihn 4mahl zur ader
gelaßen, er hatt aber das gedächtnuß verlohren undt weiß nicht,
waß ihm widerfahren ist; man weiß noch nicht, ob er davon kom-
men wirdt. Daß ist alles, waß wir hir neues haben. Adieu, liebe
Amelisse! Ambrassirt Louisse von meinetwegen undt seydt ver-
sichert, daß ich Euch beyde sehr lieb habe !
Elisabeth Charlotte.
<
90.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 17 Juli 1699.
Hertzliebe Louisse, vor 2 tagen habe ich Ewer schreiben vom
27 Juni — 7 JuUi zu recht entpfangen. Amelisse hatt mir letztmahl
geschrieben, wie es zugangen, daß Ihr nicht eher auff meinen
letzten brieff geantwortet habt; bin fro, daß Ihr beyde, Ewer
Schwester undt Ihr, liebe Louisse, so woU zufrieden mitt mir
seydt über meinen fleißigem schreiben. Wen Ihr wißen köntet,
waß vor ein stättiges gethun hir ist undt wie viel .ich sonst zu
schreiben habe, so würdet Ihr mirs noch mehr danck wißen, wen
Ihr von meinen schreiben entpfangt. Weillen die Sünde so gemein
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. ^^^
162
bey den heyden, ja gar bey den ersten menschen wsur, so jetzt bir
im lande im schwang geht, so ist es sich wenig zn yerwandern, daß
es noch so ist; den gewiß seyder dem die menschen nicht beßer
geworden nndt seyder die ersten Christen ondt martirer sehen
wir wenig unterscheydt leyder zwischen der heyden andt unßem
zeitten. Wie es zu Augustns zeitten bey den hoffen zuging, so
geht es hir auch, nndt nichts ist rarer in Franckreich, alß der
christlich glaub. Ich weiß nicht, ob etlich leütte ihre laster noch
vor Sünden halten; allein vor keine schände wirdt kein laster mehr
gehalten. Wen Ihr herr von einem landt wehret, würdet Ihr
ebenso ambarassirt sein, die laster außzureütten, alß ein anderer;
wehren sie nicht so gemein, könnte es ahngehen, aber weiUen es
so gar gemein, waß will man thnn? Solte der kOnig alle die ab-
straffen nach verdinst, so lasterhafft sein, würde er ohne fürsten,
edelleütte nndt bedinten bleiben, ja kein hauß in Franckreich
würde ohne trawer sein. Wo ich ahm ersten erfahren, daß wei-
ber einander unzüchtiger weiß können lieb haben, daß war, wie
ich von Iburg widerkam undt die alte abtißin von Herford gestor-
ben war, so viel ahn eine von ihren Jungfern, ein Donep von ge-
schlegt, gelaßen hatte. Da wolte sich I. G. unßer herr vatter s.
halb kranck lachen undt sagte so doUe Sachen von dem dinst, so
die Donnepen dießer abtißin geleist, in welcher platz ma tante»
die printzes Lisbet, kommen war, daß ich woU merckte, daß waß
Unrechts dahinder sein müste; hatt mich also kein wunder geneh-
men, wie ich wider davon gehört. Der duc de Chonberg hatte
recht; diß laster ist sehr gemein in Franckreich, aber in Teütsch-
landt hört man doch, gott lob, selten von dergleichen wustereyen.
Ich kan leicht begreiffen, waß eine solche wißenschafft in einem
soubgoneussen undt argwohnischen menschen, wie Ewer schwager
ist, muß zu wegen gebracht haben. Diß laster ist noch viel ge-
meiner in der Türekey, alß hir; da seyndt die weiber im serail so
verhiebt auff einander, daß sie gar nichts nach den mänern fra-
gen. . So seindt sie hir nicht; den alle, die von dem humor, lie-
ben auch die mäner; aber in der Türekey haben sie solche Jalou-
sien von einander, daß sie sich unter einander poignardiren. Ich
gestehe, daß ich diß laster durchauß nicht begreiffen kan; ein
weibsmensch kompt mir noch taußendtmahl eckelhaffter vor, alß
ein mansmensch. Waß Ihr aber sagt, ist woll war, daß einem
163
die mansleütte beschul digen , daß man die weiber liebt, wen man
nach ihnen nichts fragt. Die mode von den weibern wirdt so
baldt nicht in Teütschlandt kommen, alß die mänerlieb; den daß
lernen die jungen bursch hir in den coligium undt accademien mitt
andern kindern; die teütsche medger kommen aber nicht inFranck-
reich, undt in Teütschlandt ist dieße inclination nicht, seindt also
sicher. Ihr seydt mir ja lieb undt nahe genung, umb daß mir
Ewere recomandationen mögen ahngelegen sein; hirüber ist weder
zu dancken noch sich zu verwundern. Solte der gutte fürst von
üssingen noch zu Franckfort sein, wen Ihr dießen brieff entpfangen
werdet, so bitte ich, macht ihm doch mein compliment undt sagt
ihm, daß ich woll sehe, daß er seine alte freunde gantz vergist,
weillen er mir nichts durch Euch entbotten, daß ich aber nicht so
seye, sondern allewege, wo ich weiß, daß meine gutte freunde
seyen, sie grüßen laße! Von graff Lutz bin ich sehr content; den
bitte ich wider von meinetwegen zu grüßen undt zu sagen, daß ich
gantz verwundert bin, zu vernehmen, daß er in den h. ehestandt
getretten; bitte, er solle mir doch wißen laßen, wie er sich da-
bey befindt, undt daß ichs ihm recht danck weiß, daß er keine
Frantzößin genohmen hatt. Wen hatt er aber genehmen? Daß
mögte ich gern wißen. Ich habe dießen graffen in allen ehren
recht lieb. Es ist ein recht gutter ehrlicher herr. Er wirdt Euch
viel von dießem hoff verzehlen können; den er kent undt weiß
alles woll, wie es hir zugeht. Ich glaube, daß es ohngefehr ge-
schehen, das er nicht zu Euch kommen; den er ist zu raisonabel,
umb zu meinen, daß man in die leütte verliebt müste werden, so
man sieht. Ich habe lachen müßen, daß Ihr sagt, daß unter dem
besten hudt ein naumb sitzt; daß ist warlich woll war. Hettet Ihr
mir aber daß naumb nicht außgelegt, bette ichs nicht recht ver-
standen. Ich weiß Sachen von dießem graff Lutz, so admirabel
sein, aber zu lang zu verzehlen wehren. Es seindt wenig leütte
so, wie er; er hatt viel undt manche gutte qualitetten ahn sich,
wirdt hir von jederman estimirt, undt waß man hir lobt, kan man
glauben; den man redt eher bößes, alß guttes, von seinen negsten.
Worumb nembt Ihr daß gelt nicht, so Ihr von dem alten Malthes-
ser comenter gewint? Er verliehrt nichts von den seinen. Waß er
hatt, gehört dem orden, undt der orden ist ja reich genung. Auff
mein wort, habt hirin gar kein scrupul! undt weillen Ihr mirs ge-
164
belebt, gib ich Euch gantz undt gar die absolution drüber, könts
auff mein wort thun. Die wüste pfaffen seindt reich geüung. Wir
haben nun gar nichts neues hir undt Ewer brieff ist beantwortet,
liebe Louissei Schließlich versichere ich Euch nur, daß ich Euch
undt Ewere geschwisterig von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
91.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 24 Jolli 1699.
Hertzliebe Amelisse, gestern habe ich auff dem Port royal
Ewer liebes schreiben vom "/ss Julli zu recht entpfangen, ich fuhr
eben nach dem Port royal, sehe auß Euerem schreiben, das Ihr
nun zu Homburg seydt. Wie kompts aber, daß die eiste princes-
sin von dar nicht bey ihrer fraw mutter, sondern bey I. L. der
fraw landtgräffin von Cassel ordinarie ist? Daß Schlangenbaadt
muß dießer landtgräffin nicht woU bekommen sein, weillen I. L. so
sehr wider davon weg eyllen. Ich wüste woll, daß der fürst von
Ussingen ein freüllen von Leüenstein geheürahtet hatte; madame
Dangeau hatt mirs gesagt Die arme madame Dangeau ist übel
dran; man furcht, sie bekomme einen krebs ahn einer brüst. Ich
hatte Louisse letztmahl gebetten, den fürsten von Ussingen zu re-
prochiren, daß er mir nichts entbotten hatt, da ich doch seine
alte freündin bin. Ich finde die fürstliche personnen zu Homburg
glücklich , ahn nichts alß dantzen undt springen zu gedencken ; sie
müßen kein chagrin haben; hoffe, daß dieße reiße Euch undt
Louisse ein wenig verenderung geben wirdt. Es ist nicht gar
schlim, ein wenig gezwungen sein, zu raßen; den daß schüdelt
daß miltz, macht schwitzen undt vertreibt dadurch die bößen hu-
moren undt verhindert, kranck zu werden. Caningen nacht da er-
hitzt man sich nicht bey. Die thierger, so die caninger fangen,
seindt keine wießelger; man heist sie. fürets in frantzosch; sie
seindt größer, alß die wießelger, haben die mäuller noch spitziger
undt seindt viel bräuner. Ich kan keine caninger eßen. Sonsten
eße ich viel lieber auff englisch, alß auff frantzosch ; ich habe mich
daß frantzosch eßen gar nicht ahngewehnen können, kan keinen
eintzigen ragoust eßen undt ich eße gar kein fleischbrühe noch
165
supe, kan also gar wenig hir eßen, eße auch nichts, alß hammel*
Schlegel, gehrattene hüner, nierenbratten , rindtfleisch undt salat.
In Hollandt habe ich auch kiwitzeyer geßen; ich aße aber so viel,
daß ich mich übergeben muste; seyder dem habe ich keine mehr
eßen }i[önDen. Es geschieht gar offt, das man gott danckt, daß
ein heüraht, so hette geschehen sollen, nicht geschehen ist, undt
offter, alß daß man gott danckt, daß man geheüraht ist. Die ar-
muht ist eine böße qualitet zum ehestandt; den wie Molli^re sagt,
so lebt man wenig d'un «ma vi6» et man ist nicht von «mon
amour». Man hatt viel mehr exempel, daß man sich arm, alß
reich mitt dem goltmachen gemacht hatt. Mich deucht, die windt
undt gestirn zu erkenen, kompt eher einem mathematicus zu, alß
einem man von qualitet undt einem reichsgraffen ; den die haben
ordinari die zeit nicht, so auß dem fundament zu studieren, wie die,
deren handtwerck es ist.- Ordinari wißen die gelehrten nicht zu
leben undt ob sie zwar gescheydt in ihren künsten sein, sein sie
doch wie gecken unter die leütte; also der personnen von große
qualitet sache nicht, so erschrecklich gelehrt zu sein; den es ist
ihnen hoch nöhtig, die weit zu kenen undt wie sie mitt jedermandt
leben müßen undt sollen, welches man nur durch experientz undt
nicht in den büchem lernt. Ihr thut mir einen rechten gefahlen,
liebe Amelisse, mir alß zu verzehlen, waß vorgeht. Ich muß la-
chen, daß ich erstlich ein wordt hir in Ewerm brieff übel ge-
leßen; Ihr hattet Franckfort in abreg6 geschrieben, daß nahm ich
nicht recht in acht undt laße, daß Ihr mein antwordtschreiben
zu pferdt bettet entpfangen. Wie aber hernach stehet, daß Ihr
nicht eher, alß von Hpmburg, bettet schreiben können, da habe ich
woll gesehen , daß ich übel geleßen undt daß eß Ffort seye in ab-
rege. Ich bitte Euch, liebe Amellisse , danckt doch der fraw landt-
gräffin Liebten undt die gräffin, ihre Schwester, vor dero compli-
menten! Der ritz hatt gar nichts auff sich; bettet Ihr nicht davon
geschrieben, hette ich nicht einmahl wahrgenohmen. Wir haben
jetzt gantz undt gar nichts neues hir, weder bey hoff noch in der
statt, muß derowegen schließen. Adieu den, liebe Amellisse! Ich
ambrassire Euch von hertzen undt habe Euch allezeit vonhertzen
lieb.
Elisabeth Charlotte.
166
92.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 31 Julli 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern alß ich wider von Maubisson käm-
me, wurde ich mitt Ewerm lieben brieff vom "/»^ J^lü erfreuet. Ihr
secht nun woll, daß ich mein versprechen halte undt fleißig antworte;
bin Etlch, liebe Louisse, sehr verobligirt, Euch so vor meine ge-
sundtheit zu iuteressiren. Ich bin fro, daß meiner ammen dochter,
die gutte Nanon, wider gesundt ist; es ist ein gutt, trew, ehrlich
mensch, so verstandt hatt. Es ist mir leydt, daß sie nicht halt
bey mir bleiben können. Ihr habt sie gar gewiß offt zu Manheim
bey mir gesehen so woll, alß Suzon, ihre Schwester; dieße ist
noch bey mir undt dint mir woll. Ich könts Nanon nicht verdenc-
ken, wen sie fro were, auß Franckreich zu sein; den die Verfol-
gung ist abscheulich, so man den armen reformirten hir ahnthut,
jammern mich von hertzen. Die arme Nanon wirdt ambarassirt
sein, den hoff nicht zu Cassel zu finden. Ich glaube nicht, daß
L L. die fraw landtgräffin woll gethan, den sawerbrunen mitt dem
fieber zu drincken. Wen man vor die gesundtheit ahn einem ort
geht, ist es nicht nöhtig, sich zu informiren, ob andere damens
dort sein oder nicht; wolte also ahn Ewerm platz den brnnen lie-
ber gedruncken haben, wo er einem ahm besten bekompt. Der
junge graff von Leiningen ist noch nicht hir; wen er aber sich bey
mir wirdt ahnmelden, werde ich nicht unterlaßen, ihm meinen raht
trewlich mittzutheillen. Daß bitte ich Euch I. L. der fraw
landtgräffin von Homburg sambt viellen complimenteu zu versi-
chern. Sie* bette ihm keine severer hoffmeisterin geben können,
alß mich; den ich laße den jungen leütteu, vor welche ich mich
interessire, nicht vorbey gehen. Es ist war, daß ich sehr viel auff
seinen (ich will sagen des jungen graff von Leiningen) h. vatter
gehalten haben, würde derowegen sorg vor den jungen graffen ge-
tragen habe; wen man mir ihn gleich nicht recomandirt hette,
will geschweygen den nun, daß seine fraw mutter Liebten daß ver-
trawen zu mir hatt, ihren söhn zu recommandiren. Ich werde alle-
zeit fro sein, wen ich ehrlichen Teütschen werde in etwaß dinnen
167
können nndt gntt hir sein. Von meinen Warnungen kan ich woU
versprechen, allein denen ich sie gebe, müßen sie auch folgen wol*
len. Ich beklage den armen monsieur Bar, so betrogen nndt be-
stollen geworden zu sein. Knechten ist wenig zu trawen. Monsieur
Legrand hir hatte einen cammerdinner, so ihm 20 jähr trew ge-
dinnet hatt undt doch hernach abscheulich bestoUen. Diebe hatt es
allezeit geben, aber so gar wunderliche historien nicht, alß man hir
hört von weibern; daß deucht mir nicht so gemein zu sein in an-
dern örtern, wie hir. thr habt woU groß recht, nicht gerne richten
zu sehen; es ist etwas abscheuliches. Ich bin fro, wen ich ver-
nehme, daß viel frembden gräfliche undt fürstliche personnen zu
Franckfort sein; den ich hoffe, das es Euch verenderung geben
wirdt undt divertiren. Es muß der fürstin von Nassau Itzstein er-
stes kint sein, womitt sie schwanger geht, weillen sie meint, daß
sie dran sterben wirdt; weillen sie aber so woU außsicht, ist zu
hoffen, daß es woll ablauffen wirdt. Ich begreiffe woU, daß man
nicht gern außgehet, wen die erste jugendt vorbey ist, es seye
den auß nohtwendigkeit; allein Amelisse undt Ihr seydt doch noch
jung genung, umb keinen reiße zu scheuen. Wir reißen hir, so
zu sagen, continuirlich, seindt keine 8 tag ahn einem ort. Wir
haben nun nichts neues hir, alß viel, so gestorben; weillen sie
Euch aber unbekandt sein, drumb sage ich nichts davon. In ei-
nem augenblick werde ich ins palais royal fahren, umb mitt Mon-
sieur ins opera zu gehen. Ich finde mich aber heütte so abscheu-
lich schläfferich, daß ich glaube, daß ich daß gantze opera durch
schlaffen werde, wie mir schon mehrmal geschehen ist. Ich furcht,
Ihr werdet dießen brieff nicht leßen können, allein ich habe so
schlimme federn hir, daß es mir ohnmöglich ist, sauberer zu
schreiben. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Euch von
hertzen undt werde Euch all mein leben lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
93.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Biarly den 7 Augusti 1699.
Hertzliebe Amelise, vorgestern, wie ich eben in kutzsch saß,
umb herzukommen, entpfunge ich Ewer schreiben vom 'Vso JuUi.
168
Gestern fuhr ich mitt dem könig auff einer revetie von seiner leib-
quard, heütte stehle ich, so zu sagen, eine stundt, omh zu schrei-
ben; den ich bin schon zu St Germain geweßen, habe dort von
den englischen königlichen personnen abschiedt genehmen; den
mein reiß nach Bar, welche so offt ahngefangen undt wider einge-
fitelt worden, wirdt endtlich einmahl volzogen werden, es sey dan,
daß seyder jetzt undt biß sontag über 8 tag noch eine verhinder-
naß dazwischen kommen möge, so man jetzt nicht vorsehen kan.
Ich werde den 16 aufifbrechen nndt hoffe, den 18 zn Bar zu sein;
den ich gehe mitt viel relais. Monsieur wirdt mich hernach dort
abheilen kommen. Ich fürchte, daß ich Euch nicht eher wider werde
schreiben können, noch ahn Louisse, biß ich wider von meiner
reiße werde kommen sein; werde alßden wider einbringen, waß
ich auff meiner reiße werde verseümbt haben. Seyder meiner reiße,
wovon ich Euch geschrieben hatte, die ich nach Maubisson gethan,
habe ich I. L. ma tante, der fraw abtißin, noch eine vissitte ge-
ben undt, gott seye danck, I. L. noch frischer undt lustiger ge-
funden, alß die andere reiße. Sie ist lustiger, hatt mehr vivacitet,
sieht, hört undt geht beßer, alß ich, undt all ebenwoll ist sie just
30 jähr älter, alß ich; den den 11 April seindt I. L. 77 jähr alt
worden; ich hoffe also, das sie noch lang leben wirdt. Sie mahlt
jetzt ein schön stück vor ihre fraw Schwester, unßere liebe chur-
fürstin zu Braunsweig ; es ist daß gegoßene kalb, nach dem Poussin.
Sie wirdt ahngebett in ihrem closter, führt gar ein streng, aber doch
ruhig leben , ist nie kein fleisch , sie seye dan gar kranck ; sie ligt
auff harte matrassen wie ein stein, hatt nur strostuhl in ihrer
cammer, steht umb mitternacht auff, umb zu betten. Vor dießem
gliche ma tahte, die fraw churfürstin, gar nicht ahm churfürsten
8.; wundert mich, daß sie ihm nun gleicht. Mein gott, liebe Ame-
lisse, Ihr müst Euch selber gar nicht mehr gleichen, wie Ihr ein
kindt wahret, wen Ihr der königin, unßer groß fraw mutter,
gleicht. Ich erinere mich ihrer noch, alß wen ich sie heütte ge-
sehen bette; allein sie hatte ein gantz ander gesiebt, alß Ihr, wie
Ihr ein kindt wäret ; den da hattet Ihr blunde haar, ein breit gesiebt
undt schonne färben; die königin in Böhmen aber hatte schwartze
haar, ein lang gesiebt, stracke naß, suma, gantz ein ander art
von gesiebt Der churfürst, unßer herr vatter s., gliche der köni-
gin, seiner fraw mutter, viel Wen man geschwindt schreibt, setzt
169
man leicht ein wort vors ander, allein daß ist nicht fibel geschrie-
ben. Waß vor Frantzößin kent Ihr den, wo Ihr ahn schreibt,
lieb Amelisse? Den außer die gutte mademoiselle de Malauze dachte
ich nicht, daß Ihr frantzosche leütte kent. Gezwungenheit ist con-
trainte undt nicht affectation, aber daß rechte wort hirvon auff
teütsch weiß ich nicht. Habt Ihr niemandes von der fruchtbrin-
genden geselschafft zu Franckfort, dem mans fragen könte? Es
kan auch nicht steiffigkeit sein; den viel affectirte leütte halten
sich nicht steiff, sondern threhen sich undt wispeln den gantzen
leib ohne auffhören. Ich kan nicht begreiffen, wie es möglich sein
kan, mehr alß eine sprach zu reden undt neben seiner muttersprach
zu behalten. Ma tante von Maubisson kan leichter englisch, alß
teütsch, behalten; den alle tag kommen Englender zu I. L.; sie
hatte auch englische nonen im closter. Die gräffin von Traun ist
zu beklagen; were sie hir, sagte man, sie hette vapeurs. Ich
wüste nicht, das der graff von Benebourg geistlich ist. Die Jes-
suwitter haben ordinär! verstandt. Die zu große devotion macht
manche zu nähren; ich glaube nicht, daß ich jemahlen hirvon
närisch werde. Der Jessuwit hatt recht, nicht zu leyden, daß die
gräffin Traun ihren dement vor ein gemähls gebe. Die keyßerin
hatt vielleicht ihr wacksen heylligbildt ins fewer geworffen, wie sie
gesehen, das es von sich selber auffhörte zu brenen. Der conte
de Rouy ist wider heill. Ich halte auch viel von milord Fevers-
ham, ist der beste von seinen brüdern. Mademoiselle de Malausse
hatt mir auch madame de Mazarin todt beschrieben, sie ist mitt
großer fermete, aber schlechten glauben gestorben. St Evremont
solle hertzlich betrübt sein. Er wirdt sie woU baldt folgen; den er
solle nahe, wo nicht gar über die 90 jähr alt sein. Das sauffen
ist gar gemein bey die weiber hir in Franckreich undt madame de
Mazarin hatt eine dochter hinterlaßen, so es auch meisterlich kan,
die marquisse de Richelieu. Hirmitt ist Ewer schreiben durchauß
beantwortet, undt weillen ich heütte schon außer dießem 4 große
brieff geschrieben, ist mir die handt ein wenig müde, muß dero-
wegen schließen. Ambrassirt Lcfuisse von meinetwegen undt seydt
versichert, daß ich Euch alle beyde recht lieb habe!
Elisabeth Charlotte.
170
94.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 18 Augosti 1699.
Hertzliebe Louisse, ich habe Ewern lieben brieff vom 25 Jalli
— 4 August schon vor etlichen tagen entpfangen, aber ohnmöglich
eher, alß heütte, drauff antworten können; den ich war gar zu
betrübt, daß meine reiße nach Bar entlich gantz zurückgangen.
Ob mir zwar diß landt woU genung bekandt undt leyder nur gar
zu woU weiß, daß man sich hir auff nichts, so einem ahngenehm
sein kan, spitzen muß, so muß ich doch gestehen, daß ich gemeint,
dieße reiße konte nicht mehr fehlen, indem der erste relais von
kutzschenpferden schon weg war geschickt worden; der teüffel aber,
so nie ruhet, wen er einem kan ungedultig machen, hatt unß eine
verfluchte ceremonie in den weg gebracht, so meine reiße leyder
gantz gebrochen. Aber last unß nicht mehr hirvon reden! den
es macht mich nur trawerig. Ich komme ,auff Ewer schreiben. Ich
dancke Euch, liebe Louisse, vor die mühe, so Ihr genohmen, nach
HoUandt durch die Wollmersheüsserin ahn graff von Ussingen zu
berichten, waß ich Euch gebetten, ihm zu sagen. Graff Lutz
werde ich meinen grüß baldt selber sagen können, weiUen er her-
rein in Franckreich kompt. Er hatt recht, mehr im heürahten
auff ein gutt gemühte gesehen zu haben, alß auff Schönheit; dießes
letzte vergeht baldt, ein gutt gemüht wehrt aber, so lang man lebt.
Ahngenehm undt ein gutt gemühte ist im heürahten der Schönheit
weit vorzuziehen in meinem sin. Es geschieht offt, daß Schwester
undt bruder einander in gar nichts gleichen; nimbt mir also kein
wmider, daß die gräffin von Hohenlo undt der graff von Castel
einander nicht gleichen, ob sie zwar brüder undt Schwestern sein.
Ich habe alzeit hören sagen, waß Ihr mich hirmitt bestättiget,
nehmblich daß graff Castel ein falscher interessirter herr seye.
Unßer graff von Nassau undt die hohenloische graffen seindt den
dopelt verschwägert. Ist graff Lutz fraw mutter nicht auch eine
gräffin von Hohenlo? Mich deucht, wo mir recht ist, so ist sie.es
auch. Graff Lutz wirdt estimirt von alle die, so ihn kenen. Es
war zeit, daß der kleine krieg zwischen dem graffen von Nassau
Weilburg undt dem landtgraffen von Darmstadt zu endt ging; den
171
oft ein klein fewer einen großen brandt verorsachet. Ich habe der
Lenor in Ewerm brieff gewießen, wie ihr brader, der Angnstin,
schir versoffen were. Ich weiß schir nicht, waß ich sage; den
seyder ich dießen bogen papir außschreibe, hatt man mich schon
4 mahl interompirt; daß erste mahl war es Monsieur, daß zweyte
mahl cardinals undt ertzbischoffe, daß 3te mahl die envoyes von
Lotheringeri undt alleweill geht der envoyes von Modene auß mei-
ner cammer undt ein ittallienscher graff, so mir brieff von unßer
hertzogin von Hannover gebracht hatt. Damitt ich aber wider auff
Ewerm brieff komme, liebe Louisse, so muß ich sagen, das es
mir leydt ist, daß mein fraw baß, die landtgraffin von Gassei, so
kranck ist. Wie gehts aber unßem gutten lieben printzen , alß
printz Carl undt printz Wilhelm? Die consomption ist eine schlim-
me kranckheit, wo man selten von kompt. Dießer tag ist recht
verdrießlich mitt allen den überlauffen; man rufft mich abermahlen,
muß also schließen. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich kau meinen
brieff nicht überleßen, muß in eyll schließen undt vor dießmahl
nichts mehr sagen, alß daß ich Euch allezeit von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
95.
A mad. Ämelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Fontainebleau den 1 October 1699.
Hertzliebe Amellisse, ich habe alleweill ahn Louisse die Ursa-
chen geschrieben, weß wegen ich so gar lang geweßen, ohne auff
Ewere liebe schreiben zu antwortten. Sie wirdt Etlch vielleicht
meinen brieff weißen; derowegen, umb nicht zwey mahl einerley zu
sagen, widerhoUe ich es nicht, sondern will nur gedencken, auff
Ewere zwey liebe schreiben noch vor der comedie zu antwortten,
so umb halb 8 ahnfangen wirdt. Ewer erstes schreiben ist vom
29 August — 8 September. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir
undt meinem enckel thut, bedancke ich mich sehr, gestehe aber,
daß der verdruß, daß meine reiße zurückgangen, größer geweßen,
alß die freüde über meiner dochter sohngens gehurt; den ich hatte
noch regret, nicht dabey zu sein haben können, umb mich mitt
172
yatter nndt matter über die ahnknnfft dießes so gar jungen cava-
liers zu erfreuen. Ich schreibe ahn Louisse die rechte gründtliche
nrsach, weß wegen die reiße zurück. Last es Euch weißen! undt
dadurch werdet Ihr woli ersehen, daß es die ursach nicht war, so
man zu Franckfort gesagt hatte. Die fraw von Ratzamshaussen ist
vor 4 Wochen wider nach hauß. Sie hatt es auff einen fuß gesetzt,
alle jähr herzukommen; bin recht fro, wen sie kompt; den sie hatt
gar einen lustigen hunior, jederman mag sie woll leyden. Ich
wolte, daß ich Carl Moritz hette sprechen können; mich deucht,
ich wolte ^ ihn einen solchen abscheü vors sauffen gemacht haben,
daß er sich vielleicht davon würde corigirt haben; den ich ver-
nehme leyder, daß er zu Berlin alle tag voll ist undt den gar
dolle Sachen solle vorbringen. Er thete beßer, nur commedien zu
machen. Ma tante ist, gott seye danck, wider in volkommener
gesundtheit, I. L. gutt temperament hatt sie erett. Der allmächtige
verleye, daß in langen jähren keine Unpäßlichkeit mehr kommen
möge! Alles, waß man vor mir gibt, kan ich nicht bekommen; den
wie die heürahtscontracten hir gemacht werden, so ist der man
herr über alles, gibt nur, waß er gutt findt; also hatt man mir
eine schuldt von 2 taußendt pistollen bezahlt undt meine menus
plaisir vermehrt. Ihr wirdt vielleicht nicht [wißen], waß menus plaisir
ist; es ist, waß man bey unß spielgelt heist; also habe ich doch ein
wenig von der sach profitirt. Ich habe Ewere sach starck . ahn
Monsieur recomandirt; der hatt befohlen, daß man herrn Obrecht
davon schreiben solle, welches geschehen. Ich weiß nicht, ob die
königin in Portugal zu beklagen ist; den ich glaube, sie ist glück-
licher, todt zu sein, alß königin in dem landt undt bey dem könig
geblieben zu sein, undt ich glaube, daß ihr die lust in Portugal
woll vergangen wirdt seiin vor ihrem todt. Vorgestern hatt man
hir die trawer vor dieße königin genohmen. Der könig in Portu-
gal solle gar ein bößer herr sein, hatt seine gemahlin vielleicht so
gezercht, daß sie endtlich auch böß geworden ist. Man meint hir,
dieße königin hette so woll alß ihre forfahrerin von ihrem könig
met verlöff die Frantzosen bekommen undt were dran gestor-
ben; den der geringeste ritz macht sterben, wen man die kranck-
heit recht hatt. Die keyßerliche printzessin, so in Portugal muß,
ist woll zu bedawern. Ich kan leicht glauben, daß es der hoffmei-
sterin weder in Spanien noch in Portugal gefallen batt, glaube
173
nicht, daß die princes von Parma (undt nicht Barma, wie Ihr
schreibt) glücklicher ist, alß ihre fraw Schwestern. Die von Spa-
nien schreibt mir etlich mahl gar hoffliche brieffe, ist mir also
recht leydt, daß die gutte königin so unglücklich ist. Wen man
die leütte so unerhört quält, so werden sie endtlich böß. Es were
ein glück vor gantz Europa, wen die königin in Spanien ein kindt
bekommen könte, bub oder medgen, alleß were gutt, wens nur ein
kindt were undt leben blieb. Man muß kein prophet sein, umb zu
sehen, daß es krieg geben muß, wen der könig in Spanien ohne
erben sterben solte; den man weiß ja woll, daß alle hohe häubter,
so dieße sucession pretendiren, keiner dem andern cediren wirdt,
also woll durch den krieg wirdt müßen außgemacht werden. Hir-
mitt ist Ewer erster brieff völlig beantworttet. Ich komme jetzt
auflf den vom "/aa September, so ich gestern abendts entpfangen,
alß ich von der hirschjagt kämme. Meine gesundtheit ist, gott
lob, gar perfect. Wen mirs möglich ist, bin ich fleißig in schrei-
ben, wie Ihr woll secht, liebe Amelisse, wen ich zu Paris, Ver-
saille oder St Clou bin; hir aber hatt man wenig zeit wegen
der jagten undt comedien, wie auch weillen wir die englische könig-
liche personnen 18 tag hir gehabt haben. Nun sie aber wider weg
sein, hoffe ich, hinfüro mehr zeit zu haben. Ich weiß woll, daß
ma taute, gott seye danck, wider woll ist; den ich habe alle woche
zwey mahl gnädige schreiben von I. L. Gott erhalte sie lange jäh-
ren! Mich deucht, je mehr man vor sich geht, je schwächer wer-
den die jungen leütte, kan die ursach deßwegen nicht errahten.
In den alten gemähls sieht man, daß man den kopff noch mehr
verdeckt hatt, alß nun; haben doch lang gelebt. Die moden ist
geendert, seyder man hir ist; man tregt die rayons viel niederiger
undt die junge leütte tragen gar keine mehr, nur bandt breydt
undt nompareille dazwischen undt die haar gar hoch frißirt. Ich
habe nicht gehört, daß die fürstin von Hanaw nur alß eine gräffiu
solle im Elsaß getracktirt werden, aber die rechte warheit zu sa-
gen, so wißen die Frantzoßen wenig, waß fürsten oder graffeu
sein. Sicht sie die fraw von Ratzenhaussen, so wirdt sie mir woll
davon schreiben. Die churfürstin zu Pfaltz hatt woll daß schießen
nicht in Ittallien gelernt, sie muß es in der Pfaltz gelernt haben.
Ich gönne es den gutten Pfältzern woll, daß sie einen gutten herbst
haben. In dießem augenblick kompt jemandes auß Lotteringen;
174
ich muß ein wenig hören, wie es dort zugeht, kan ich also vor
dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch allezeit von hertzen
lieb behalte. Ich kan mein brieff nicht überleßen. Entschuldigt
die fehler !
Elisabeth Charlotte.
96.
A mad. Louissey raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
FoHtainebleau den 1 October 1699.
Hertzliebe Louisse, dießer ort hir ist der, wo ich ahm wenig-
sten zum schreiben gelangen kan wegen der viellen jagten, com-
medien undt apartements. Zu dem so haben wir den englischen
königlichen hoff 18 tag hir gehabt, habe also offt zur königin ge-
mtLst, also ohnmöglich eher, alß nun, auf Ewere zwey schreiben
vom *•/«» August undt Vis September zu antworten können. Ich
würde es heütte auch noch nicht gekönt haben, wen der englische
hoff nicht hetltte morgen umb 10 verreist were. Es ist aber auch
einmahl zeit, daß ich auff Euere schreiben komme. Von meiner
trawerigen reiße, so ich nach Bar habe thun sollen undt welche
zurückgangen, will ich nichts mehr sagen, alß daß ich Euch, liebe
Louisse, sehr verobligirt bin, so sehr part drinnen genohmen zu
haben. Weillen der könig nicht hatt erlauben wollen, daß man
ein mittel finden möge, der ceremonie zu entgehen, so darin be-
stundt, daß der hertzog von Lotteringen pretendirt, eine chaisse a
bras vor Monsieur undt mir zu haben, weillen der keyßer ihm
selbigen gibt; der könig aber antwort hirauff, das der keyßer
einen cermonial habe undt der könig einen andern, alß zum exem-
pel der keyßer gibt den cardinals chaissen a bras, die dörffen hir
nie vor den könig sitzen. Der könig hatt deß hertzogs vorfahren
zum exempel ahngezogen, so hir geweßen undt nie kein chaisse a
bras pretendirt haben; ob der alte hertzog von Lotheringen zwar
feü Monsieur sein leiblicher schwager war, hatt er doch weder vor
Monsieur noch seyner leiblichen Schwester nie nichts, alß ein ta-
bouret, gehabt. Monsieur will woU eine chaisse a dos geben undt
der könig consentirt drin, aber der hertzog pretendirt, wie ein
churfürst tractirt zu werden , undt daß will der könig nicht zuge-
175
bei). Monsieur hatte proponirt, daß mans machen solte, wie bej
dem könig von Engellandt; der pretendirt, unß keine chaisse zu
geben, wir aber pretendiren, eine vor ihm zu haben; derowegen
setzt er sich nur, wen wir dar sein, auff ein tabouret. So wolten
wir es auch machen; daß hatt aber der könig durchauß nicht ley-
den wollen undt wir haben nicht nach Bar gewolt, umb de hautte
lutte unßerm hertzog ein affront ahnzuthun, also die reiße gebro-
chen worden. Da wist Ihr nun recht den grundt von der sachen.
Ich würde fro gewest sein, wen ich Carl Moritz gesehen hette.
Wen er es aber gemacht hette, wie ich höre, daß er es nun zu
Berlin macht, wtLrden wir nicht lang gutt freündt geblieben sein
undt ich würde braff gezürnt haben; den wie man mir bericht, so
seüfft er sich alle tag blindt voll undt bringt den ein häufen toll
zeug bey I. L. der churfürstin von Brandenburg vor; daß ist doch
eine rechte schände. Wen ich glauben könte, daß ein ernstlicher
verweiß in corigiren könte, wolte ich ihm schreiben. Daß macht
mich meinen lieben Carllutz noch mehr regrettiren; den der stehlte
so nichts ungereimbts ahn. Von wem hatt er daß sauffen? Den
papa s. trunck ja sein leben nicht. Es verdriest, das der eintzige
söhn, so von meinem h. vatter s. überbleibt, ein volseüffer sein
solle. Umb gottes willen, thut doch Ewer best, Carl Moritz zu
corigiren! Wen ich zeit habe, mache ich mir eine rechte freüde,
ahn Euch undt Amelisse zu schreiben. Ich werde wider fleißiger
sein, wen wir wider zu Paris undt Versallien sein werde, hir aber
kan ichs nicht versprechen ; den wie schon gesagt, wir haben [keine]
zeit zu schreiben undt die zeit, so mir überig bleibt, wende ich ahn,
ma tante , mein tochter undt die hertzogin von Savoye zu schreiben.
Jedoch seydt versichert, daß, wo es mir möglich wirdt sein können,
werde ich auch ahn Euch undt Amelisse schreiben ! Waß muß dan
die arme landtgräffin von Cassel vor einen eilenden zustandt haben,
daß die gelehrsten docktoren sich nicht drein finden? Ich weiß
es danck ahn dem docktor Bruner, seine unwißenheit gestanden zu
haben; den ordinari stellen sich die herrn docktoren, alß wen sie
die kranckheitten recht kenten, geben remedien undt wißen doch
nicht, waß es ist, undt schicken manchen so in jener weit. Der
erbprintz von Cassel hatt all lengst herkommen sollen, weiß nicht,
warumb es nicht geschieht. Der graff von Hannaw hatt mir ge-
schrieben undt part von seinem hetLraht geben; ich habe ihm aber
176
noch nicht antwortten [können], hahe lieber dießen tag ahnwenden
wollen, ahn Euch undt, wo ich kan, ahn Amelisse zu antwortten.
Es ist die groß fraw mntter von der printzes von Anspach, so dießen
heüraht gemacht hatt. Es stehet in den hollandischen gazetten,
daß man wider zn Heydelberg bawet. Ich mögte wißen, ob es
war ist. Ihr habt groß recht, nicht nach hoff zu gehen, wen man
Euch dortten nicht tractirt wie billig. Hirmitt ist Ewer erstes
schreiben völlig beantwortet. Ich komme jetzt auff daß vom Vi8
September, bedancke mich gar sehr vor alle gutte wünsche, so Ihr
meinen kindem undt kindeskindt in Lotheringen thut. Recht le-
bendig zweyffle ich sehr mein enckel zu sehen, aber mein dochter
wirdt mir ihn in waxs possirt schicken; er solle schon so groß
undt starck sein wie ein kindt von 6 mont. Ich weiß all lengst,
daß ma tante, gott seye danck, wider gesundt ist; den I. L. thun
mir die gnade undt schreiben mir alle woche 2 mahl. Umb die
warheit zu sagen, so war mir auch nicht woll bey der sach, wie
I. L. kranck wahren; allein, gott sey danck, daß temperament ist
gutt, also woll abgeloffen. Gott der allmächtige stehe ferner beyl
Ich weiß nicht, ob meines brudern gemahlin sehr betrübt wirdt
sein über des königs in Denemarck todt; sie hatten einander lang *
nicht gesehen undt mich deucht, die vertrawlichkeit war nicht son-
derlich groß zwischen beyde geschwister. Es steht noch dahin, ob
ich umb dießen könig trawern werde; den man nimbt die trawer.
nicht, man gibt einem erst part, undt es stehet noch dahin, ob
man unß part geben wirdt; den dießer itzige könig in Denemarck
will sein ceremonial endern, dem könig hir änderst schreiben, alß
sein herr vatter undt groß herr vatter gethan; der könig will den
brieff nicht ahnnehmen, also kan der envoy6 kein audientz haben,
stehet also noch dahin, ob wir trawern werden oder nicht. Vor 3
tagen haben wir die trawer vor die königin in Portugal ahngelegt.
Der wünsch, so Ihr mir thut, daß mir nichts nähers absterben
möge, ist woll gutt; bin Euch, liebe Louisse, sehr davor verobli-
girt. Ich gestehe, daß ich gar nicht fro geweßen were, daß mein
dochter nach Portugal gemüst hette. Mein dochter ist gar glück-
lich mitt ihrem hertzog; er thut ihr, waß er ihr ahn den äugen
ahnsehen kan, sie haben einander beyde von grundt ihrer schien
lieb. Ich kan die thorheit nicht begreifen, so die leütte haben, nach
Bom zu ziehen. Den w^ß vor eine lust kan es sein, ein hauffen
177
pfaffcn in den kirchen hemmb zu lauffen sehen? Deßwegen ginge ich
nicht von meinem tisch zum fenster, will geschweygen nach Rom.
Die Holländer thun woll, sich nach landts brauch zu richten. Ihr
habt recht, liebe Louisse, man rechnet hir die Holländer offt unter
die Tetitschen. Ich meinte, in Engellandt lebe ein jeder, wie es
wolle. Hatt vielleicht Ewer schwager Euch wegen seines jaloussen
humor weiß gemacht, daß man mitt niemandts reden darff? Hir-
mitt seindt Ewere beyde schreiben, liebe Louisse, völlig beantwor-
tet undt bleibt mir nichts mehr überig, alß Euch von hertzen zu
ambrassiren undt zu versichern, daß ich Euch allezeit von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
97.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 14 October 1699.
Hertzliebe Louisse, es seindt schon etliche tage verfloßen, daß
ich Ewern lieben brieflf sambt den schönnen kupfferstücken zu recht
entpfangen habe, aber nicht eher, alß nun, davor dancken können
\^egen der viellen jagten undt commedien ; sie werden aber mein buch
sehr ziehren, bin Euch, liebe Louisse, recht davor verobligirt; den
ich habe die kupfferstück recht gern, vertreiben mir manche zeit.
Es ist war, daß unßere churfürstin von Brandenburg nicht woll
gleicht; daß vom selbigen churfürsten ist gantz perfect wie daß
contrefait, so ich von L L. habe undt welches, [wie] mir monsieur
Spanheim versichert, gar gleich ist. Ich habe auch ein contrefait
lebenslang vom römischen könig gesehen; dem gleicht daß kupffer-
stück wenig, daß contrefait aber viel ahn den letzt verstorbenen chur-
fürst zu Pfaltz, wie ich ihn noch [als] hertzog von Neüburg gesehen,
welches kein wunder, weillen er deß königs groß herr vatter war.
Den könig in Poln habe ich lang hir gesehen, ist zwey jähr zu
Paris geweßen; man sieht woll im kupfferstück, daß er es ist, aber
man macht ihm daß gesiebt zu klein. Der kirschnerin ihr söhn
Spiegel hatt mir, wie er zu Paris war, contrefaitten vom könig
undt der königin gewißen, wo ich woll sehe, daß die kupfferstück
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 12
178
nach gemacht sein werden. Daß houqnet muß schön sein von
60000 thaller sein, glaube nicht, daß man schönnere blamen in
der Hesperiden ga-rten gefunden hatt. Seine zwey maistressen, alß
die Eönigmarckin undt gräffin Isterle können singen alß wie Andro-
mede undt Merope im opera von Persee:
Ynissons nos regrets! Le mesme amour nous lie.
Qu^mporte, a qui de nous Persäe ofi&e de voeux?
KouB l'allons perdre touttes deux; .
Son peril nous reconcillie.
Man sagt, die Eönigmarckin solle sehr divertissant sein, aller-
handt lust undt allezeit waß neues erdencken können; damitt hatt
sie gewiß ihren könig charmirt. Wie kompts, daß so wenig letitte
auf der Franckforter meß sein? ünßer graff von Hannaw ist gar
ein gutter ehrlicher mensch; ich glaube aber nicht, daß er sehr
capable ist, eine compagnie zu divertiren; er hatt eine doUe sprach,
ich plag ihn immer mitt. ünßer printz von Birckenfelt, wofern den
die kinderblattern nicht verdorben haben, ist er ein hübscher woll-
gestalter herr, aber ein wenig blödt, wen I. L. bey leütte sein,
so sie nicht kenen. Pfaltzgraff Christian ist gar ein gutter herr;
er hatt recht j wir schreiben einander zimblich oflft. Ich finde nicht,
daß dießer alte pfaltzgraff endert; deucht mir, er ist, wie ich
I. L. all mein leben gesehen habe. Es ist war, daß der printz
gern undt woll dantzt. Ich kan nicht begreiffen, wie die printzes
von Anspach lieber den graffen von Hannaw, alß printz von Birc-
kenfelt, genohmen hatt. Der graff ist reicher, daß ist gewiß, aber
die personnen seindt sehr unterschiedtlich , undt ob graff von Han-
naw zwar von guttem hauß, so ist der printz doch noch vom
beßerm. Sie hatt daß hollendische Sprichwort gefolgt: «Liefften ist
liefften, maer kacken gat vor all». Die princes von Anspach muß
ihrem herrn bruder nicht von gesiebt gleichen; den es seindt wenig
damens, so so schön gebildt sein, alß I. L. Man kan kein schön-
ner gesiebt nicht mahlen, alß dießer marggraff hatt, undt eine
schönne taille dabey. Ich weiß aber nicht, ob der humor gar gutt
ist undt ohne caprissen; da wolt ich meine handt nicht vor ins
fewer legen. Mir hatt er einen dollen tour gethan. Man hatte
mich gebetten, ihm ein heüraht vorzuschlagen; wie ich ihm die
sach proponire, sagt er ja, es stehe ihm nicht übel ahn, hatte
179
mich, ich solle ihm doch schreiben, ob die sach ahngehen könte
undt ob gewiße personnen drin consentiren würden. So baldt ich
erfahren, wie es mitt der Sachen beschaffen, schreibe ich ihm. Er
hatte mir versprochen, mir gleich zu antwortten. Es ist 9 monat,
daß ich I. L. geschrieben habe; habe hoch kein antwort, daher
judicire ich, daß etwaß überzwergs im hirnkasten sein muß. Nichts
ist beßer, umb die conversation zu meyden, alß daß spülen, wer
es kan; den ich könte es ohnmöglich. Der gutte pfaltzgraff von
Birckenfelt muß woU seine fr. dochter geben ahn wen sie nehmen
will; den der gutte herr ist eben in keinem standt, zu wehlen.
Ich finde, daß die printzes kein groß unrecht hatt, den graffen
von Waldeck nicht gern zu nehmen- er ist gar. nicht ahngenehm.
Ihr werdet auß meinem letzten ersehen haben, daß ich gar nicht
übel zufrieden mitt Eweren schreiben geweßen bin undt daß mich
nur daß hiesiche gethuns ahn schreiben verhindert hatt. Ich habe
Ewere sache noch starck ahn Monsieur recomandirt, welcher auch
ahn herrn Obrecht vor Euch hatt schreiben laßen. Ihr habt woll
groß recht, gridtlich zu sein, mitt protzessachen umbzugehen.
Aber woruipb hatt Ewer Schwager nicht jemandes expresse, so
seine Sachen führt? worumb müst Ihr eben mitt geplagt sein? Ihr
thut Ewern brieffen, liebe Louisse, groß unrecht, sie vor confus
zu halten; sie seindts gar nicht, sondern recht woll geschrieben.
Ewer brieff ist hirmitt ordentlich beantwortet undt ich muß heütte
noch 3 brieff schreiben, kan Euch derowegen nichts mehr sagen,
alß daß ich Amelisse undt Euch hirmitt von hertzen ambrassire
undt Euch beyde allezeit von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich weiß nicht, ob ich letzmahl die zeit gehabt habe, zu be-
richten, daß wir landtgraff Carl von Reinfels mitt seinen zweyen
printzen hir gehabt haben. Er lobt Euch undt Amelisse über die
maßen, Carl Moritz aber gibt er schlegt lob, sagt, er seye ein
crackeller, foUseüffer undt lache alle menschen auß; daß seindt 3
schlime qualitetten, thete woll, sich davon zu corigiren. Der durch-
lauff hatt den landtgraffen hir weg gejagt, also seine reiß, met
verlöff, mitt einem dreck besigelt worden. Sein klein printzgen ist
180
ein schön kint, aber bitter übel erzogen; es ist schadt vor daß
kint. Der eiste scheindt ein gutter herr zu sein, aber ist auch
der durchdribenste nicht , wie mir deucht. Der alte herr beklagt
sich hir unerhört tlber seinem herrn bruder undt verzehlt seine
Uneinigkeit mitt seinem herrn bruder ahn jederman. Daß lag mir
schwer ahn, undt ob sie zwar meine nahe vettern sein, bin ich
doch froh, daß sie wider weg sein.
98.
Paris den 7 Nouember 1699.
Hertzliebe Louisse, ich habe, seyder wir hir sein, zwey liebe
schreiben von Euch entpfangen vom V" 'indt ^Vs« October undt
eines von Amelisse, aber ohnmöglich drauflf antwortten können;
den Paris tractirt mich so übel undt die lufft nach der schlimmen
gewohnheit schlegt mir so bitter übel zu, daß ich noch keinen
eintzigen tag geweßen bin, ohne starck kopffwehe zu haben, undt
wen ich zwey brieff geschrieben, kan ich schier ohnmöglich mehr
schreiben, undt heütte ist diß doch der 4 brieff, so ich schreib.
Der kopff der entpfindts auch starck genung; bitte dero wegen,
macht doch meine entschuldigung ahn Amelisse, daß ich ihr heütte
noch nicht andtworte! Es ist mir aber nicht möglich; erster tagen
werde ich es thun. Ich kan auch vor dießmahl nicht ordendtlich
auff Ewere schreiben antworten, den der kopff ist mir gar in einem
zu eilenden standt; nur daß sagen, daß ich Euch bitte, mir zu
berichten, waß Carl Moritz auff meine lange predig wirdt gesagt
haben. Ich weiß nicht, ob er davon profittiren wirdt, allein ich
spreche gar offenhertzig undt nehme, wie man sagt, kein blat vors
maul. Es ist mir recht leydt, daß ich Euch nicht lenger entre-
teniren kan, aber mein armer kopff kans nicht mehr außstehen;
ich sehe kaum mein papir. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire
Euch von hertzen undt habe Euch undt Amelisse von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
99.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Paris den 13 November 1699.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet auß waß ich vor zwey tagen
181
1
ahn Lonisse geschrieben, ersehen haben, waß mieh bißher von
schreiben abgehalten hatte. Selbigen tag, da ieh ahn Ewer bruder
undt Schwester geantwortet, war mir ohnmöglicB, Euch, liebe Ame-
lisse, auch zu schreiben; den Louisse ihr brieff war der 6te, so
ich den tag geschrieben hatte, undt Monsieur ließ mich gleich her-
nach hellen, umb in daß ^langweillige apartement zu gehen. Carl
Moritz habe ich gar exact geantwortet undt starck gepredigt. Gott
gebe, daß er davon profitiren möge! Er wirdt vielleicht finden^
daß ich ihm zu hart zugesprochen, allein ich habe es gethan, damitt
es desto mehr impression geben undt er von dem heßlichen laster
ablaßen möge; den daß sauffen ist etwaß unleydtliches. Waß die
teütsche commedie ahnbelangt, hatt sie keine eyll. Ich bin gewiß,
daß ich die frantzösche errahten habe. Daß ist doch eine dolle
fantesey von den herrn zu Franckfort, daß sie keine commedien
leyden wollen. Waß könte ihnen doch daß schaden? Die fraw von
Rotzenhaussen sagt, daß der herr Obrecht von gar gutter gesel-
schafft ist, wen er will. Ich wünsche, daß alle Ewere affairen
nach wünsch außschlagen mögen, undt niemandt interessirt sich
mehr in alles, waß Euch ahugeht, alß ich. Wen der schwedische
envoyes auch von so gutter geselschafft ist, alß wie der herr Obrecht,
so werdet Ihr doch Eweren winter nicht so gar übel zubringen.
Der herrn geistlichen conversation , glaube ich^ wirdt die langweil-
ligste sein. Ich wüste nicht, daß der herr Fabritzius geheüraht
geweßen; mich deucht, er wäre es nicht, wie ich noch zu Heydel-
berg war, sondern nur sein bruder war geheüraht. Ist es viel-
leicht deßen witwe, die Ihr besuchen wolt? Mitt wen habt Ihr
comerse, umb zeittung von allen orten her zu haben? Wie lustig
man sich in der Leibziger meß gemacht, habe ich auß relationen
gesehen, so mir ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig,
geschickt. Aber wie es auß dießen relationen lautt, so hatt der
printz vott Bereit die printzes von Weissenfelt nur auß purer lieb
undt nicht auff ahngeben seiner fraw Schwester genehmen. Die
polnische dame jammert mich, mitt gekommen zu sein, umb so
einen großen affront außzustehen. Vor zwey tagen habe brieff
von pfaltzgraff Christian entpfangen. I. L. sagen, Teütschlandt
were seinem herrn söhn gar woU zugeschlagen, fürchte aber, die
hießige lufft würde alles wider verderben. Ich bin versichert, daß
der printz von Birckenfelt sich braff hatt in Teütschlandt auß-
182
lachen machen , der Fanchon contrefait im sack zu tragen; alle
rechtschaffene letttte lachen ihn hir auch genung mitt auß, seine
heroine voti einer dfmreassen zn machen. Ich hahe ihm auch meine
meiuung gar dichte drüher gesagt; es hilfft aher nichts, die junge
leütte müßen außraßen. Dieße leichtfertige stücker kosten mehr,
alß etwaß recht. Fanchon ihr preiß ist gemacht, sie kost üher
taußendt pistollen; den der grand prieur de Yandosme erhelt sie
undt ist jalons von ihr, undt wen er etwaß erfährt, soll er sie
preüglen; also müßen die andern woU die puffe hezahlen; jedoch
so hatt sie der printz von Birckenfelt viel wollfeiler, alß andere;
den sie hatt eine starcke inclination vor ihm. Weillen Franckreich
gar voll von coquetten weibern ist, hette der printz beßer gethan,
eine zu nehmen, so ihn braff gelt geben könte, alß eine, so er
thewer bezahlen muß. Carl Moritz thut woll, solchen Sachen müßig
zu gehen. Ambrassirt ihn von meinetwegen, wie auch Louisse!
Hirmitt ist Ewer letztes schreiben vom 26 October — 5 November,
so ich gestern entpfangen, durchauß beantwortet. Ich komme jetzt
auff daß erste vom "/a* October, Ich weiß keine ander ursach,
warumb Eflch landtgraff Carl von Keinfeltz so gelobt, alß das
I. L. vielleicht selbigen tag im humor waren, die warheit zu sagen.
Ich meinte, daß waßer zu Fontainebleau hette ihm den tribsdrill
geben; aber weillen es sein ordinarie ist, so hatt daß waßer keine
schuldt. Auff alle article, so man mir gesagt, welche nicht zum
besten bey Carl Moritz sein, habe ich ihm starck gepredigt undt
nicht verhelt, waß man davon sagt, daneben auch geschrieben,
waß man mir guts von ihm gesagt, damitt er sieht, daß ich eins
undts ander weiß. Aber weillen Carl Moritz doch gutte qualitetten
hatt undt willens ist, die bößen zu corigiren, werde ich ihn nie
haßen. Weillen ich glaube, daß ich ihm kein beßer noch entpfindt-
licher exempel vor die äugen stellen kan, alß I. G. unßer herrn
vatter s. sobrietet, so stelle ihm dießes ein par mahl in meinem
brieff vor, aber ich glaube, . er wirdt Euch undt Louisse meinen
brieff gewfeßen haben. Die freüllen von Zettern haben mir weiß
gemacht, sie betten Processen mitt leütten, so mir gantz unbekandt.
Hirauff habe ich sie dem könig pressentirt, wie ich alle teütsche
leütte von qualitet thue; hette ich aber gewust, daß ihr proces
gegen Ewerem schwager undt neuveux ist, were ich gautz gegen
ihnen geweßen. Es ist war, daß dieße freüllen sich gar zu bundt
183
vor ihr alter kleyden; sie seindt glitte medger sonst. Schreibt mir,
wo der proces hir von Ewerm seh wager ist! so will ich vor ihn
solicittiren laßen; das ist etlich mahl nicht ohnnöhtig. Ich furcht,
unßer printz von Birckenfelt spart die warheit, wen er sagt, daß
Teütschlandt ihm beßer, alß Franokreich, gefeit; den er hatte sich
sehr hir gefrancisirt. Wolte gott, er were, wie er sagt! Mich
deucht, es were beßer, daß der marckgraff von Anspach eine vom
königlichen hauß hir nehme, so catholisch undt gar reich, alß
sich gar nicht zu heürahten. Sein artig brüdergen, so hir ist undt
nach Ittallien gesolt hatt, hatt nun die kinderblattern, ist doch
außer gefahr. Ich hoffe, daß Carl Moritz noch bey Euch wirdt
geweßen sein, wen mein brieff vor ihm wirdt ahnkommen sein.
Ich werde Euch nun in 3 wochen nicht schreiben können, noch
ahn Louisse auch nicht; den morgen werden wir nach Versaille
undt weillen wir lang nicht dort geweßen, werde ich viel letitte
sehen müßen. Biß mitwoch werden wir wider Weher, freitag her-
nach fahren wir meiner dochter undt ihrem herrn entgegen undt
so lang die bey unß sein werden, werde ich ohnmöglich zeit, zu
schreiben, finden können; so baldt sie aber wider weg sein werden,
werde ich schreiben. Adieu, liebe Amelissel Seydt versichert, daß
ich Euch undt Ewere geschwister von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
100.
A mad. Amelie Elisabeth , raugräffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Versaille den 12 Januar 1700.
Hertzliebe Amellisse, ich habe alleweill ahn Carl Moritz undt
Louisse geschrieben, undt ob mir die handt zwar schon waß müde
von schreiben ist, so will doch, daß Ihr Ewern brieff auch haben
sollet. Ihr seydt vielleicht verwundert, daß ich Euch in so langer
zeit nicht geschrieben habe; aber wen Ihr wißen soltet, waß ich
seyder der zeit außgestanden , so woll wegen meiner dochter kranck-
heit, alß auch daß ich mich selber wegen der Parisser lufft gar
übel gefunden, so würde es Euch woll kein wunder genohmen ha-
ben. über daß seindt noch hundert undt hundert verhindernüßen
dazu geschlagen täglich, eben wie in der commedie des facheux. *
* Von Moliöre,
184
Nun aber will ich mich wider fleißig einstellen nndt hinfüro aaff
alle Ewere schreiben, ob gott will, gar ortontlich andtwortten.
Von hir kan ich Euch nicht viel neues berichten, weillen Ihr die
leütte nicht kent. Ich nehme die freyheit undt gebe. Carl Moritz
noch einen kleinen advis en passant, weillen er mir geschrieben,
daß er wünschte, engelrein zu sein; sage drauff, daß ich nichts
ohnmöglich von ihm fordere, sondern nur, waß bey ihm steht,
nehmblich seinen verstandt zum gutten zn threhen. Ich forchte,
es wirdt ihn verdrießen, allein waß ich ihm sage, ist gutt ge-
meint undt nicht, umb ihn zu plagen. Ich habe heütte den wolff
gerent undt diß ist schon der 4te brieff, so ich schreibe, habe
doch noch nohtwendig einen zu schreiben, muß also dießen schlie-
ßen; wünsche nur noch zum neuen jähr, daß Euch gott der all-
mächtige alles geben möge, waß zu Ewerem besten undt volkom-
menen vergnügen gereichen kan, worunder eine gutte gesundtheit
mitt begriffen ist; ohne dießelbe kan man kein vergnügen haben.
Adieu, liebe Amellisse! Seydt versichert, daß ich Euch recht lieb
habe undt behalte!
Elisabeth Charlotte.
101.
Versaille den 12 Januar 1700.
Hertzliebe Louisse, Ihr habt groß recht, zu glauben, wie Ihr
in Ewerm lieben brieff vom "/a« December ahnfangt, daß ich nicht
übel finde, daß Ihr mir schreibet, undt ich sage mehr, Ewer
undt Amellisse schreiben erfrewen mich, aber es ist mir ohnmöglich
geweßen, zu schreiben; den die 4 wochen, so ich mitt meiner
dochter bin eingespert geweßen, habe ich so viel zu thun gehabt,
daß ich ohnmöglich habe zum schreiben gelangen können. Kaum
habe ich der zeit gefunden, ahn I. L. die churfürstin, meine liebe
tante, zu schreiben. Nachdem sie gantz courirt, seindt wir von
vissitten geben undt nehmen accablirt worden, undt seyder sie wi-
der zu Nancy undt ich hir, seindt mir hundert undt hundert ver-
hindernüßen zugestoßen undt seyder 2 tagen kommen wir erst
wider von Marly, Heütte habe ich aber nicht lenger auffschieben
wollen, hette doch dazu noch woll eine gutte ursach gehabt; den
185
ich habe hentte 3 standt den wolff gejagt, nndt weillen ich eben
nicht in athem bin (den es ist zwey gantzer monat, daß ich nicht
gejagt habe), so bin ich müde genung; jedoch so will ich heütte
ahn Euch, liebe Louisse, undt Ewere geschwisterig schreiben. Ich
habe es Euch, liebe Louisse, zu danckeii, daß meine dochter keine
mahler bekommen; den ich habe Ewer recept mitt dem pinonohl
ahn sie versucht, welches gar woU gerahten, dancke Euch von
hertzen davor. Ich bin zu keinen freüden geboren, also kein wun-
der, daß meiner dochter reiße hir so gar trawerig abgeloffen ist.
So baldt es meiner dochter möglich geweßen, ist sie wider nach
Nancy zu ihrem herrn. Ich hoffe, die römische königin wirdt es
machen, wie I. M. fraw Schwester, so mitt einer princessen ahn-
gefangen, aber das jähr hernach einen printzen bekommen; den
ich wünsche der lieben königin alles guts. Der ertzhertzog solle
nun die kinderblattern haben, so gar starck auch zu Wien regie-
ren; solte dießer ertzhertzog zu sterben kommen, würden die Oste-
reicher noch mehr entpfindeu', daß kein ertzhertzog geboren wor-
den. Mein dochter hatt auch daß glück, sehr von ihrem herrn
geliebt zu werden undt ihn tiberauß zu lieben; ich hette es nicht
gemeindt, wen ichs nicht bey nahem, gesehen hette. Schickt mir
ein memorial vor Ewers Schwagers Interesse, so sich ahm könig
adressirtel so werde ich es tiberreichen undt die sach apuiren;
den der könig würde die gedult nicht haben, daß ich ihm mündt-
lich davon spräche undt die sach explicirte. Wie Ihr mir geschrie-
ben, mitt dem hertzog von Lotheringen Ewers Schwagers gütter
wegen zu reden, da war ich schon eingespert undt konte unßern
hertzog nicht mehr sein.* Schickt mir auch ein memoire! so will
ichs ihm schicken undt sehr bitten, Ewerm schwager favorabel zu
sein. Bin fro, zu vernehmen, daß madame Brun, freüllen Charlotte
undt die gutte fraw von Wollraershaussen noch gesundt sein; bitte,
sie von meinetwegen zu grüßen. Es ist hir eine gar machtige
dame, so madame Brun gleicht undt mich viel ahn sie gemandt
Vor Eweren gutten neüjahrswünsch dancke ich Euch von hertzen,
liebe Louisse, undt wünsche Euch hergegen alles, waß Ewer hertz
begehrt. Ich will noch ahn Amelisse undt madame de Beuveron
heütte schreiben; derowegen kan ich Euch vor dießmahl nichts
* ? sehen.
186
mehr sagen, alß daß ich Euch so woU in dießem neuen jähr, alß
in den vergangenen jähren, recht lieh hahe undt hehalte.
Elisaheth Charlotte.
102.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Marly den 21 Januari 1700.
Hertzliehe Amelisse, oh ich zwar hir wenig zeit zu schreihen
hahe, so will ich doch heütte auff Ewern liehen hrieff vom 20 De-
cembris 1699 — 10 Januar 1700 andtwortten; den wen man ein-
mahl ins aaffschiehen kompt, kan man nicht mehr zum schreiben
gelangen undt kompt alß etwaß darzwischen. Baldt werdet Ihr
nicht mehr den alten stiehl datiren; den wie ich vernehme, so
wirdt gantz Teütschlandt den netten den 1 Mertz ahnnehmen. Ewer
Schwester neüjahrshrieff hahe ich nicht entpfangen, dancke Euch
aber sehr vor alles gnts, so Ihr mir wünscht. Wen man ahnfängt,
so alt zu werden, wie ich nun hin, findt man wenig vergnügen
mehr in der weit. Der schnee zu Franckfort ist ohnhofflich, nicht
liegen bleiben zu sein, damitt man im Schlitten hette fahren kön-
nen. Ich weiß nicht, ob mein brieff ahn Ewerm hmder wirdt ahn-
kommen sein, ehe er vereist ist. Ma tante hatt Carl Moritz
recht lieh, wirdt fro sein, ihn hey sich zu haben. Nichts, alß
Ewer recept, habe ich meiner dochter gebraucht zu ihren blättern ;
es hatt, gott lob, sehr woll geglückt, mein dochter behelt keine
eintzige narve. Ich hin Euch woll recht verobligirt, mir daß re-
cept geschickt zu haben. Meiner dochter hatit ist eben, wie sie
vor, undt daß ist, waß sie ahm besten im gantzen gesiebt hatt. Es
schcindt nicht ahn madame Brun ihr haut, daß sie jemahlen die
kinderblattern gehabt hette; djß ohl muß sie auch salvirt haben.
Ich war immer bey meiner dochter nacht undt tag, hatt sich also
nicht kratzen dorffen. Mein dochter ist wider frisch undt gesundt
bey ihrem herrn zuNancie undt die lieb auff beyden seyten . größer,
alß nie. Mein lieber duc de Bery ist noch ^u jung, umh zu heü-
rahten; dem duc d'Anjou aber könte es heßer gelten. Es ist gar
kein mergen, daß der könig von Maroc die printzes de Conti zur
königin begehrt, aber der könig hatt es rundt abgeschlagen. Die
187
printzes de Conti ist gar schön geweßen , ehe sie die blättern ge-
habt, seyder aber ist sie verendert, doch noch eine perfect schönne
taille nndt gar hohe minen, tantzt überanß woll. Ich habe kein eint-
zig kupfferstück von der printzes de Conti gesehen, so ihr gleicht.
Daß man nach Rom geht, antiquitetten zu sehen, wie mein vetter,
der landtgraff von Cassel, daß kan ich woll begreiffen, aber nicht,
daß man alle daß pfaffenwerck sehen will; nichts ist langweilliger ;
viel seindt vielleicht auch hin, die 30000 galande damen zu sehen,
aber wer von dem zetg curieusitet hatt, mag nur nach Franckreich
kommen, da wirdt er eben so viel finden. Wer seine stinde recht
bere wen will, hatt nicht nohtig, nach Kom zu renen; in der cam-
mer ist die rewe eben so gutt. In Franckreich fragt man nicht
viel nach Kom noch nach dem papst; man ist persuadirt, daß,
wie auch war, man woll ohne ihm seelig werden kan. AUeweill
bringt man mir einen brieff von Paris, so ich nohtwendig beant-
wortten muß; kan dero wegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
daß ich Euch von hertzen ambrassire, wie auch Louisse, undt
Euch allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
103.
A mad. Auaelie Elisabeth , raugräfin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 23 April 1700.
Hertzliebe Amelisse, Ihr habt groß recht, in Ewerm letztem
schreiben vom 11 dießes monts zu sagen, daß es eine gerauine zeit
ist, daß ich Euch nicht geschrieben habe. Wen ich ahn geister
glauben könte, würde ich mir einbilden, daß ein poltergeist oder
esprit folet expreße aufflawert, wen ich Euch schreiben will, umb
mir verhindernüße zu schicken; den es ist unglaublich alles, waß
mir hirinen begegnet ist. Ich weiß nicht, ob ich alle Ewere schrei-
ben entpfangen habe, allein seyder ich nicht geschrieben, seindt
mir 4 von Louisse undt 4 von Euch, liebe Amelisse, zu bänden
kommen; die von Louisse seindt vom "/«s Januar, 4 Februar, Vis
Februar undt 11 Mertz; die Ewerigen vom 10 Januar, "/27 Januar,
18 Mertz undt 11 April, sonsten habe ich keine. Die andern
seindt zu alt, umb jetzt beantwortet zu werden; auch müste ich
ein buch undt kein brieff schreiben, wen ich die 4 brieff beant-
188
Worten wolte, halte mich derowegen nnr ahm letzten. Ich bin
Euch undt Louisse recht verobligirt, mir nnahngesehen meines
stilschweygen zn schreiben; habt mir einen rechten gefallen dran
gethan. Ihr betriegt Euch sehr, liebe Amelise, wen Ihr nndt
Louisse meint, daß Ewere schreiben mir alber vorkommen; con-
trarie, ich finde, daß Ihr beyde sehr woU schreibt; glaubt auch,
daß wir hir nichts beßers haben, alß Ihr mir bericht! War mon-
sieur Muller nicht hoffmeister bey jemandes junges hir? Ich erinere
mich gar woll, ihn hir gesehen zu haben, aber ich erinere mich
nicht mehr, bey wem er ho£fmeister war; den ich habe daß
schlimbste gedachtnuß von der weit; eins aber weiß ich woll,
nehmblich, daß er viel beßer tantzte, alß sein pupil. Ich bin fro,
daß er so content von meiner dochter ist, welche nun woll hertzlich
betrübt über den Verlust ihres söhngens ist. Ich schreibe ahn
Louisse, wie er gestorben ist. Sie hatt auch sonst noch dieße
woche ein trawerig spectacle gehabt. Ihr herr schwigervatter hatt
in seinem testament ahn seinen söhnen begehrt, daß, so baldt sie
wider possession vom hertzogthuro Lotteringen bekommen mögten,
seinen cörper hellen zu laßen undt zu Nancie zu begraben; daß
hatt mein schwigersohn Libden gethan; großvatter undt enckel
werden also mitt einander begraben, welches ein trawerig spectacle
ist. Mein arme dochter ist woll zu beklagen. Daß erweist woll, daß
man in dießem leben nicht ,volkommen glückseelig sein kan; den
im überigen ist sie, gott sey danck, das glückseeligste undt ver-
gnügste mensch von der weit. Mein dochter hatt gar nichts von
mir, bin aber monsieur Müller obligirt, mir zuzumeßen wollen, waß
ahm besten ahn mein dochter ist. Die kleine Rotzenhaussen ist
all artlich, aber keine große Schönheit; sie hatt keine schönne
taille, ist klein von person undt hatt waß hohe axellen, allein
eine schönne haut, färben, äugen undt zahn, singt undt tantzt
woll undt ist ein gutt ehrlich metgen. Die gräffin von Fürstenberg
ist possirlich mitt ihrem schmincken; sie hats keine scheu, sagt
blat herauß, daß sie die kinderblattern so verdorben betten, daß,
wen sie ihr gesiebt nicht mitt schminck reparirte, würde jederman
bang vor sie werden undt weglauffen. Rotzenhaussen ihre fai*ben
seindt gantz naturlich. Ich bitt Euch, sagt mir doch, ob deß Ve-
ningers söhn seiner mutter, dem Evegen, gleicht! Freillich wirdt
deß Jägermeisters söhn beßer zu Straßburg, alß zu Rorbach sein.
189
Vor dießem war deß herrn Woltzogen hauß zu Rorbach nicht
schön; wen Veningers seines nicht schönner wirdt, so wirdt er
nicht gemachlich logirt sein. Wen sein söhn herkompt, will ich
mein best thun seiner vatter undt mutter wegen , ihm gutten raht
zu geben. Wie ich eben Ewer schreiben, liebe Amelisse, zu Paris
laße, stundt der printz von Birckenfelt bey mir, könte also woU
nicht zu Franckfort sein. Ich glaube nicht, daß es zu Franckfort
stiller her kan gehen, alß hir. Hatt Euch mein vetter, der landt-
graff von Cassel, nicht gesagt, ob er content von seiner römischen
reiß ist? Es were, deucht mir, beßer, daß die liebe zwischen dem
printz von Cassel undt der churprinces von Brandenburg später
ahnfing undt lang wehren mögte, alß jetzt ahnfangen undt viel-
leicht, wie offt geschieht, nach der jouissance enden. Wie solte
der nordischen königen krieg den heüraht hindern können? Waß
haben sie damitt zu thun? Ich kan nicht glauben, daß dießer krig,
so hefftig er auch ahnfengt, dawern mag; den wie ich gehört, so
will die polnische republick gar nicht leyden, daß ihr könig den
krig lenger gegen Schweden führt. Wie Ihr mir von landtgraff
Carl von Rheinfels sprecht, so were es woU kein schadt geweßen,
wen der durchlauf, so er hir gehabt, ihn in jene weit geführt
hette; er muß endtlich gar narisch werden. Der landtgraff von
Cassel solte auß charitet seine princessinen zu sich nehmen. Solche
leütte, wie landtgraff Carl ist, solt man einsperen. Hirmit ist
Ewer brieff beantwortet. Adieu, liebe Amelise! Ich ambrassire
Euch von hertzen.
Elisabeth Charlotte.
104.
Versaille den 23 Aprill 1700.
Hertzliebe Louisse, ich will mein leben nicht mehr auffschieben,
ahn Euch undt Amelisse zu schreiben; den ich hatte es gethan,
weillen Ihr mir berichtet hattet, daß Ihr nach Coblentz geht, undt
seyder dem habe ich ohnmöglich wider zum schreiben gelangen
können undt allemahl, wen ich mich niedergesetzt, umb zu schrei-
ben, seindt mir verhindemüßen darzwischen kommen; will aber
nun eine feste resolution nehmen, einen eigenen tag in der wochen
ahn Euch undt Ewere Schwester zu schreiben. So, hoffe ich.^ vR^tda
190
ich nicht so offt verhindert werden; wir wollen sehen, waß drauß
werden wirdt. Ewer seh wager, der duc de Chonburg, hatt mir
geschrieben; ich erwarte nur sein homme d'affaire, so die papiren
hatt, umb dem könig davon za sprechen, werde Euch undt ihm
hernach andtwortten, waß der könig mir gesagt. Ich werde woll
gar gewiß mein bestes ^abey thnn, allein ich kan nicht hoffen, daß
mein vorsprach viel guts wircken wirdt; den, unter unß, die
alte dame, so so sehr in gnaden ist, hast mich wie den teüffel
undt ist mir in alles entgegen; also kan ich mir nichts guttes von
meiner vorsprach hoffen. Zu dem ist dieß weih ein ertzfeindin
aller reformirten; fürchte also, daß sie dieße ursach dem könig
noch vorwenden wirdt undt dadurch verhindern, daß mir der könig
vor dem duc de Chonburg accordirt undt warumb ich ahnhalten
werde. Gott gebe, das ich mich betriegei Monsieur de la Rongere
will ich gar ernstlich zusprechen, sich nicht in die sach zu mi-
schen; er ist mein Chevalier d'honneur. Es wirdt ihm leicht ahn-
kommen, sich nicht in die sach zu mischen; den er hatt selber
jetzt so viel Processen , seyder seine fraw todt ist , das er sich
nicht in andern sachen wirdt mischen; daß verhindert ihn, hir bey
mir zu sein. Im überigen so habe ich noch fest bey Bech3ineil
getrieben, umb die contrefaitten zu haben, so ich ihm schon seyder
6 jähr her ahnbefohlen undt schir alle reißen widerholle. ünßer
disput kompt, daß er seinen mahler brauchen will, so nichts nutz
ist undt welchen ich alle jähr abschlage, undt er hatt mühe, sich ^
zu resolviren, einen beßern arbeitten zu machen, aber ich glaube
doch, daß ich endtlich die sach gewinen werde. Daß ist, liebe
Louisse, alles, waß ich Euch vor dißmahl sagen kan. Schließlich
versichere ich Euch, daß ich Euch alß recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich glaube, daß Ihr nun woll werdet erfahren haben, wie daß
unßer herrgott mein enckel, den printzen von Lotheringen, leyder
schon zu sich genohmen hatt. Des hertzogs docktor hatt daß kindt
umbs leben bracht. Es war ein groß starck kindt, bekamme die
gichter, weillen 4 zähnger ihm auff einmahl durchbrechen wolten;
der docktor gab ihm in 12 stunden zeit 4 clistir chicorewaßer mitt
191
rubarbe, ein pulver gegen die gicht, gar viel vom starcken mellissen-
waßer undt englische tropffen; daß maß daß armie kindt erstickt
haben; ist woll schadt, es war ein überauß schön kindt. Mein
dochter ist schwanger. Gott gebe, daß der verlast wider ersetzt
möge werden!
105.
A mad. Amelie Elisabeth; raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St aou den 18 Juni 1700.
Hertzliebe Amelisse, wie ich eben aaff Ewerem lieben brieff
vom 5 dießes monts antworten woHe, entpfange ich einen von
Louisse, welche mir sagt, daß Ihr wider ambgeschlagen seydt
undt Euch wider übel befindt, welches mir von hertzen leydt ist;
wünsche von hertzen, baldt zu vernehmen, daß Ihr wider woU sein
möget. Auß meinem letzten werdet Ihr ersehen haben, wie daß
ich Ewern vorigen brieff gar woU habe leßen können, waß Ihr mir
geschrieben, auch gar woU verstanden. Ihr habt gar woU gethan,
zu wartten, biß der landtgraff wider zu Cassel sein wirdt undt den
erst von den demanten sprechen, so ma tante von Tarante ihren
herrn söhnen hinterlaßen hatt. Dieß ist eygendtlich keine schuldt,
sondern nur zwey demanten, so ein kauffman unter banden
hatt undt ohne deß landtgraffen urlaub nicht auß bänden laßen
will. Es ist mir lieb, daß mein junger vetter so einen gutten
hetiraht gethan hatt. Gott gebe nur, daß das ordinari Sprichwort
sich nicht bey ihnen erfülle! Den man sagt ihmer, daß, wen ge-
schwisterkindt einander heürahten, das es unglück bringt. Gott
gebe, daß daß contrario sich bey ihnen einfinden möge! Keichthumb
ist nicht allezeit, waß ahm meisten vergnügen gibt; humoren, so
sich zusammenschicken, machen glücklicher. Wen die devotion nur
nicht in bigotterie außschlegt, so ist sie sehr löblich, allein daß
rechte mittel ist schwer zu treffen. Ich hoffe, daß Ihr undt Louisse
zu der heimführung nach Cassel werdt; den daß wirdt Euch doch
waß verenderung geben. Monsieur Polier kämme gestern zu mir.
Ob er zwar schon 80 jähr alt, so endert er doch gar nicht, geht
noch eben so strack wie vor dießem undt hört undt sieht woll,
hatt auch alle seine zahn undt geht woll. Ich habe ihm gesagt,
daß sein freündt Hunefelt sich geheüraht hatt. Ihr sagt nicht,
wie der commandant von Manheim geheißen, deßen dochter mon-
192
sieur Hunefelt genohmen. Zu meiner zeit war kein anderer com-
mandant zu Manheim, alß der oberste Wilder; der kan aber keine
so junge docbter binderlaßen baben, es seye dan von seiner sob-
nen kindern eins. leb wünscbe, daß Ibr Eücb bey der boebzeit
woll divertiren möget. Daß ist eine wunderlicbe mode, daß man
niebt eßen darff, waß man auff seinen tbeller batt. Wir baben bir
seyder 10 oder 12 tagen ein abscbeülicb wetter, regendt alle tag,
ist feücbt undt ungesundt. leb solte jetzt aueb scbon zu Marly
sein, babe aber niebt bingekönt* wegen eines floß, so mir den
lincken backen abscbeülicb batt gescbwellen macben; beütte aber
werde icb bin, den icb bin wider beßer. Der sawerbrunen muß
Eücb, liebe Amelisse, übel bekommen sein, weillen Ibr, unabnge-
seben, daß Ibr ibn gebraucbt, wider übel geworden seydt. Zu
meiner zeit war die fraw Scbelm niebt so poßirlicb, alß ibr scbwe-
ster Lenor; daß muß ibr den aucb gekommen sein. Über zeben
tagen boffe icb, daß wir Lenor bir baben werden; sie ist scbon
zu Nancie bey meiner docbter. Icb glaube, daß es beßer ist, den
brunen bey der quel zu braueben; den die spritus, so in dem
waßer sein undt allein krafft geben können, verliebren sieb niebt,
alß wen daß waßer gefübrt wirdt, nacbdem es gescböpfft worden.
Baden ist gar gewiß gutt vor daß grieß; die königin in Engellandt
bir braucht nicbts änderst. Wen Ibr seben soltet, wie die damen
bir von Ewerm alter sieb vor jung balten, so würdet Ibr Eücb
woll keine alte scbacbtel neuen. Icb bin woll Ewerer opinion, liebe
Amellisse, daß man niebt artzneyen soll, man babe es den bocb von
nöbten, allein wen man kranck ist, muß man bülff sucben. Icb
habe beütte daß bertz gantz schwer, die gutte madame la prin-
cesse, meine baß, batt ibr liebstes kindt, raademoiselle de Conde,
so auff den todt ligt. Sie ist so erschrecklich betrübt, daß mein
Wendt, den icb beütte hingeschickt habe, umb zu wißen, wie es
mitt mademoiselle de Cond6 ist, in vollen threnen widerkommen,
nur mademoiselle la princesse in den eilenden standt gesehen zu
baben, worinen I. L. sein. Sie jamert mich woll von grundt meiner
Seelen. Icb habe aucb noch eine gutte freündin gestern verlohren;
daß macht mich gantz trawerig, kan also vor dießmabl nichts mehr
sagen, alß daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
193
106.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal, dinstag den 13 Julli 1700.
Hertzliebe Amelisse, vorgestern habe ich Eweren lieben brieff
von 4 dießes monts zu recht entpfangeu, eben wie man mir einen
elexir brachte, so ich vor Euch hatte machen laßen, welcher viel-
len über die maßen woU bekommen, so daß grieß gehabt. Nun
ich aber sehe, daß Ihr, gott lob, daß grieß nicht habt, werde ichs
jemandes änderst zu gutt kommen laßen. Ich hoffe, daß schönne
Wetter wirdt Euch wider zu kräfften helffen. Führen jetzt die da-
niens die braute? Daß geschähe zu meiner zeit nicht. Deß herrn
von Hunefelts propossition- hatt mich also recht wunder genohmen.
In welchem laudt ist daß Schlaugenbadt? Da habe ich mein leben
nicht von gehört. Eine hochzeit wehrt ja nur einen eintzigen tag,
also deucht mir, Ihr köutet den gutten leütten, so es so hertzlich
verlangen, woll dießen gefahlen thun, bey ihrer hochzeit zu sein.
Ich erinere mich nicht, ahn unßerm hoff jemandes gesehen zu ha-
ben, so Heyliger geheyßen. Er muß wie viel andere erst nach
meiner abreiß nach Heydelberg kommen sein. Mich deucht, die
teütsche edelletitt sehen nicht viel mehr auff die angen. Vor mei-
nem alter habe ich die äugen noch gar gutt, gott sey danck! leße
noch alle morgen in der kleinen handtbibel, so so reine schriefften
haben. Es muß etwaß extraordinarie sein, so Euch dip äugen ver-
dorben; den sonsten ordinari weiß man in Ewerm alter noch nicht,
waß böße äugen sein. Die herrn docktorn zu Franckfort müßen
eben so schlijn sein, wie hir, daß sie eine kranckheit vor die an-
der nehmen undt draiiff ihre remedien geben. Ich versichere Euch,
liebe Amelisse, daß ich recht in sorgen vor Euch geweßen bin.
Daß unbeständige wetter, so wir ein zeit lang gehabt, ist, wie ich
glaube, ursach geweßen, daß ich so einen starcken husten bekom-
men habe. Ich schreibe ahn Louisse, wie bedutelt baron Willich
geweßen, nachdem er seinen proces verlohreu; die wirdts Euch
sagen können. Ich würde fro sein, wen ich Ewern neuveu einsmahls
ambrassiren könte. Wie Ihr sagt, daß daß artige kint den groß-
papa nachschlegt, hoffte ich, es würde etwaß von papas s. haben;
Briefe der Prinzessin EUsabeth Charlotte. IS
194
den daß es dem alten Schonberg nachscblegt, frage ich nichts nach.
Der duc de Schonberg solte allen seinen kindcrn teütsch undt frant-
zösch lehren laßen. Ich höre recht gern von Carline kinder re-
den, dörfft also deßwegen gar keine entschnldigang zu machen,
undt es ist loblich ahn Euch, Ewere schwesterkinder zu lieben.
Waß vor ein spaß kan der duc de Schonberg haben, mitt seinen
eygen kinder lombre zu spiellen? Daß ist, alß wen man mitt der
rechten handt gegen der lincken spilt, bludtslangweyllig. Der
alten marechalle demoisselle habe ich nie gekandt; solche leütte
kommen nicht, wo wir sein. Zu meiner zeit war die Helmstatterin
Jungfer bey Ewer fraw mutter undt die St Pol war Ewere hoff-
meisterin. Oberstern Sparr habe ich gar woU gekendt; er ist ambt-
man zu Bretten geweßen zu meiner zeit. Ich habe seinen vatter
undt Schwester auch gekandt zu Hannover; die Schwester war
frettUen bey ma tante, sein vatter war auch oberster. Ich wün-
sche, daß Ettch daß badt woll bekommen möge. Vor die mühe,
so Ihr nehmbt vor meiner vettern demanten, dancke ich Euch sehr.
Hirmitt ist Ewer brieff exact beantwort, bleibt mir nichts über,
alß Euch zu versichern, das ich Euch von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
107.
A mad. Louise ^ raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal deil 13 Julli 1700.
Hertzliebe Louisse, vergangen donnerstag habe ich Ewer liebes
schreiben von 1 dießes monts zu recht entpfangen undt hette gleich
freitags drauff geantwortet, allein ich käme selbigen tag her
undt hatte nur der zeit, ein wordt ahn pfaltzgraff Christian zu ant-
worten; den ich muste gleich hernach ins palais royal, umb mitt
Monsieur ins opera zu gehen. Sambstag war die lotheringische
post, hatte ahn meiner dochter undt ihrem herru zu schreiben,
sontag nach Hannover, montag nach Turin undt Lotheringen, ist
mir also dießer augenblick allein überblieben; den ich muß baldt
wider ins palais royal, Monsieur will wider ins opera. Es ist et-
waß rares, daß die eine gutte zeitung so geschwindt ahnkompt;
den ordinär! seindts nur die bößen, so so gar geschwindt gehen;
bin von hertzen fro, daß ich Euch dadurch so eine große freüde
195
geben. Waß Ich dabey gethan, ist nicht danckens werht; den es
ja meine Schuldigkeit ist, vor Carline kinder zu sorgen undt Ihnen
zu dinnen, wo es mir möglich sein kan. üntrew schlegt seinen
eigenen herrn, wie daß Sprichwort sagt; so ist es baron Willich
auch mitt dem proces gangen. Er wolte sich nun gern accommö-
diren, wie Ihr, liebe Louisse, auß meinem letztem schreiben werdet
ersehen haben. Ich weiß nicht, wer vor baron Willich solicitirt
hatt; ich habe hir nichts davon gehört. Ich habe mein leben nie-
mandts so descontenancirt gesehen, alß baron Willich war, wie er
letzt zu mir käme undt ich zu ihm sagte: «Warumb.lest der herr
Urlaub fodern, zu mir zu kommen? Ich scheue ihn gar nicht; den
ich habe erhalten, waß ich gewolt habe, bin also sehr woU zufrie-
den». Ich sagte diß mitt lachen, der baron wurde fewerrodt undt
descontenancirt, daß er eine zeit war, ohne die sprach zu finden.
Er wolte doch endtlich die sach in plaissanterie threhen, sagte, ich
hette die sach auff meinem gewißen. Ich andtworte: «Ich glaube,
daß Ewer gewißen Euch mehr vorwerfen wirdt, nicht zu helffen,
daß zwey brüder einig werden, alß ich mir, daß ich vor eine ge-
rechte sach gesolicitirt habe». Da würde er noch beschamb-
ter, sagte: «Es ist meine schuldt nicht. Wen die raugräffin
Louisse will, so werden die brüder verglichen werden. I. L. haben
die charitet undt schreiben ihr, daß sie sich vergleicht!» Ich
sagte: «Louisse wünscht nichts mehr, alß einen gutten vertrag. Ich
will ihr also woU deßwegen schreiben, allein, baron Willich, es
muß auffrichtig zugehen». Er wirdt gemeint haben, ich wüste
schon, waß sein advocat zu Wetzelar gethan hatt. Mich verlangt,
zu erfahren, waß er nun ahnfangen wirdt. Ich glaube, er wirdt
forchten, daß daß exempel zu Paris ihm ungltick zu Wetzelar brin-
gen mögte, undt jetzt ernstlicher ahn dem accomodement gedenc-
ken. Last Euch nicht gerewen, daß die sach vor mir kommen!
den ich bin fro geweßen, gelegenheit zu finden. Euch zu gefahlen
undt Eweren neuveux undt niep^en zu dinnen. Wie ich schon ge-
sagt, ich glaube, daß daß truckene reden le sort de nostre sang
ist; den ich kans auch braff. Ich begehre nichts, alß waß gut
undt vortheilhafft vor Ewerm schwager undt seinen kindern sein
kan. Liebe Louisse, umb die warheit zu bekenen, so verstehe ich
die procedurensachen gantz undt gar nicht, kompt mir vor, wie
eine frembte sprach. Alle die papiren habe ich eüt^^^xi^'Oi., ^^js«Ä^.
196
aber nicht mehr nöhtig, weillen nichts mehr hir zu thon ist.
Schreibt mir, ob ich sie. Euch wider schicken solle! Ich bin viel
beßer von meineui husten, ist doch noch nicht gantz vorbey. Es
frewet mich recht in grundt meines hertzen, daß Ihr, liebe Looisse,
80 content von mir seydt; hofife, daß, waß ich vor deß dacs de
Schomberg kinder gethan. Euch andt Amellisse persnadiren wirdt,
daß ich Euch recht lieb habe andt allezeit lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
108.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 27 JuUi 1700.
Hertzliebe Louisse, es ist schon länger alß 14 tag, das ich
Ewern lieben brieflf vom 10 Julli entpfangen habe. Es war mir
aber unmöglich, eher, alß nun, drauff zu antwortten; den es seindt
mir hundertley verhindernnßen zugestoßen, bin auch ein wenig
kranck geweßen, ein art von colera iftorbus gehabt, so mich hatt
ober undt unter sich gehen machen. Man sagt, daß es mir eine
beßere gesundtheit hernach machen wirdt. Seyder Ewer schreiben
vom 10 von Schwalbach habe ich keine brieffe weder von Euch,
noch von Amellisse bekommen; das macht mich forchten, daß der
sawerbruuen Amelisse nicht woll zugeschlagen ist. Ich glaube nicht,
daß Ihr, liebe Louisse, woll thut, den sawerbrunen auch zu trinc-
ken; den wen man gesundt ist, solle mau keine remedien brauchen,
den daß macht kranck. Ich habe den fürsten von Ostfrislandt ge-
sehen, wie er noch gantz jung war undt hir zu Paris; sähe da-
mahls sehr gesundt auß, solle aber nun gar ellendt geworden sein.
Den jungen hertzog von Wolffenbüttel habe ich auch hir gesehen;
war ein heßlich schätzgcn undt erschrecklich desbauchirt, wurde
verliebt von Carllutz s., der entpfing ihn aber übel, hette ihn schir
den halß gebrochen. Alle andere ftirstliche personuen kenne ich gar
nicht, so zu Schwalbach sein. Den herr von Stein glaube ich
nicht, daß ich jemahlen gesehen habe, aber die fraw von Stein
estimire ich sehr; sie hatt verstandt undt meritten. Solte Ihr sie
noch sehen, wen Ihr dießen brieff entpfangen werdet, bitte ich
Euch, liebe Louisse, sie doch von meinetwegen freündtlich zu
197
grüßen. Ich kan nicht hegreiffen, warumb Amelisse wegen schwä-
che der fuße nicht zu den fürstlichen personnen wirdt; sitzt Ihr
andern den nicht bey ihnen in Ewern vissitten ? Ich habe vergeßen,
wer die fürstin von Itstein ist. Mich deticht, das gemeine undt
qrdinari fieber steckt nie ahn. Schwalbach ist jederzeit in reputa-
tion geweßen, daß man sich woU dort divertirt hatt. Es ist leicht
zu errahten, warumb baron Willich von bößem.humor ist; er
meinte vestiglich, seinen proces hir zu gewinen, undt er hatt ihn
verlohren. Mich deucht, es ist beßer vor dem duc de Schomberg,
daß baron Willich propossitionen thut, so desraisonabel sein, alß
wen sie raisonabel wehren; den dadurch wirdt er desto eher seinen
proces zum zweyten mahl verliehren; dießer baron ist ein rechter
chicaneur, ich wünsche, daß er nicht glücklicher mitt seinem teüt-
schen, alß frantzoschen proces sein möge. Ich bin recht fro, daß
Ihr undt Ewer Schwager, liebe Louisse, so woll mitt mir zufrieden
seydt; wünschte sehr, daß waß hir vorgangen, in Teütschlandt nut-
zen möge. Er ist all lengst wider nach hauß, wie Ihr auß meinem
letzten brieff werdet ersehen haben; werde also nichts mehr von
dießem baron sagen. Wir haben hir vergangene woche eine ab-
scheülliche sache gehabt: die duchesse d'üssay ist von den, met ver-
löff, met verlöff, Frantzoßen verfault gestorben. Sie war des prince de
Monaco tochter, eine tugendtsame ehrliche gutte dame; ihr wüster
man, den sie adorirte, hatt sie so zugericht. Ich kan nicht he-
greiffen, wie j^iß mensch ihren man hatt lieb haben können; er ist
abscheulich heßlich, stinckt wie ein bock, ist alle tage voll undt
seüfft mitt laquayen undt thut noch waß ärgers mitt ihnen, da er
ohne zweyffel dieße wüsterey auffgefischt hatte; jedoch so hatt in
seine gemahlin so lieb undt wehrt gehabt, daß sie im sterben solle
gesagt haben, sie stürbe content, wen sie ihn nur noch einmahl
sehen könte. Sie war schwanger undt von den remedien ist sie im
8ten mont niederkommen; ihr söhn ist eine halbe stundt nach der
gehurt gestorben undt sie 4 tag nach der niederkunfft. Ihr herr
vatter jammert mich von hertzen, wirdt erschrecklich betrübt sein.
Morgen werden wir nach Marly, umb 10 tag dort zu bleiben; her-
nach werden wir wider nach St Clou. Ich wolte, daß die zeit
schon umb; den ich bin hertzlich gern zu St Clou. Ambrassirt
Amelisse von • meintwegen undt seydt versichert, daß ich Euch
beyde recht Heb behalte !
Elisabetk GVl;^xV^\X>^.
198
I
P. s.
Weillen ich nicht weiß, ob Ihr noch im Schwalbach seydt,
werde ich dießen brieff nach Franckfort adressiren.
109.
Marly den 29 JulH 1700.
Hertzliebe Amelisse, ich entpfange in dießem augenblick Ewer
werdtes schreiben vom 17 dießes monts von Schwalbach. Meine
sorge vor Ewere gesundtheit ist kein danckens werdt, es ist ja
meine Schuldigkeit; bin recht fro, zu vernehmen, daß Euch die cur
so woU zuschlegt; den die sawerbrunen haben daß, entwetter thun
sie viel gutts oder viel übels, also woll gott zu dancken, wen es
woU zuschlegt. Ihr seydt noch zu jung, liebe Amellisse, lang wehe
in den schencklen zu haben; daß ist gutt vor alte mütter, wie ich
jetzt bin. Ich muß lachen, daß Ihr sagt, Ihr bettet in der cammer
sitzen müßen wie eine heydex. Wie ist Euch daß eingefallen? den
nichts leüflft ja geschwinder, alß eine heydex. Printz Carl von
Rheinfels, deucht mir, ist mehr capabel, wie mich deucht, einem
ungedultig zu machen, alß jemandes zu erfrewen undt lachen zu
machen. Monsieur le duc de la Trimouille ist in der auffwarttung
undt hir, werde ihm dießen abendt sagen, wie woll Ihr in seiner
sach reussirt, wovor er Euch sehr verobligirt wirdt'sein. Ich er-
inere mich nicht, außer von dießer sach einigen zettel geschickt zu
haben. Ihr thut woll. Euch Ewer gemächlichkeit zu bedinnen, so
viel Ihr könt, liebe Amelisse l ZuHeydelberg hatten wir die bergen
auch nahe genung. Schwalbach muß ein enger ort sein, wofern
die berg noch näher sein, alß dortten. Ich rahte Euch, nicht zu
leyden, daß Euch ein berg auff die naße sitzt; es würde Euch gar
nicht woll ins gesicht stehen. Mich wundert, daß ahn einem ort,
da so viel leütte versamblet sein, wie zu Schwalbach, es so gar
wenig neues gibt. Man sagt hir eine große zeittung heütte (wen
sie war ist, wirdt manches mitt einer langen naßen davon ziehen),
nehmblich, daß die königin von Spanien schwanger von 2 monat
ist. Von der abtißin von Herford, so eine princes von Churlandt
ist, habe ich freylich woll gehört, solle eine doUen capriceussen
kopff haben undt sehr coquet sein; wundert mich also gar nicht,
daß Ihr ihrer gern müßig geht. Die hitze schläffert mich gantz
199
ein, muß derowegen schließen; der kopff ist mir schon zweymaU
aaffs papir genickt, muß also vor dießmahl schließen. Ewer brieff
ist doch dnrchanß beantwortet. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambras-
sire Euch von hertzen undt habe Euch nndt Looisse allezeit recht
lieb.
Elisabeth Charlotte.
HO.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort
Marly den 6 Aagosti 1700.,
Hertzliebe Louisse, seyder etlichen tagen habe ich zwey schrei-
ben von Euch entpfangen, von 20 undt 29 Julli, werde sie beyde
hirmitt auff einmahl beantworten, den ich habe ohnmöglich der
zeit gehabt, eher, alß nun, zu schreiben; will bey dem frischten
ahnfangen, umb daß offte widerhohlen zu verhütten. Es ist schon
gar lang, daß baron Willich von Paris weg ist, solte also billig
nun all langst zu hauß sein. Wie er mitt mir sprach, wolte er
lachen undt konte nicht, machte gar ein descontenancirt gesiebt.
Ihr könt woll gedencken, liebe Louisse, daß ich gantz auff Ewer
undt Ewers schwager seyte bin undt nichts begehre, alß waß zu
Ewern neuväs besten sein kan in dießer sache; also möcht Ihr es
noch machen, wie Ihr wist, daß es ahm besten sein wirdt. Es
were recht possirlich, wen baron Willich seinen proces auch in
Tetitschlandt verliehren solte. Ich habe mein bestes bey der hie-
ßigen sach gethan undt es hatt mir, gott lob, geglückt. Hir sehe
ich Monsieur nie, ahn taffei sitzen wir nicht beysamen, den gant-
zen tag spillen I.L. undt nachts ist jedes in seiner canmier. Mon-
sieur hatt die Schwachheit, zu glauben, daß man ihm unglück
bringt, darff also nie bey I. L. spil sein; aber zu St Clou werde
ich Ewere dancksagung ablegen, den da spilt er daß große landts-
knecht nur zwey mahl die woch. Monsieur hatt unß hir einen
schrecken eingejagt, hatt zwey acces vom 4tagigen fieber bekom-
men; heütte ist sein tag, hatt aber, gott lob, noch nichts undt
spilt drüben im salon. Gott gebe, daß sich dießen abendt nichts
ahnmelt! Wo mir recht ist, so kenne ich keinen . eintzigen pfaltz-
graff von Sultzbach, erinere mich gar nicht, dieße pfaltzgraffen
200
gesehen zu haben. Hir in Franckreich ist man nicht scrnpnlens,
die mansleütte, insonderheit wens große herrn seindt, zu besuchen.
Wen man geschafften hatt, kan man nicht ahn divertiren gedencken;
wundert mich also nicht, daß Ihr die gutte geselschafft zu Schwal-
bach verlaßen habt. Die princes von Homburg muß die weit noch
nicht recht kenen, weillen sie so gern unter den leütten ist; wer
aber der weit falschheit versucht hatt, kan man nichts alß die
einsamkeit lieben. Ihr seydt doch, liebe Louisse, nicht alt, umb
ein chaperon zu agiren, aber Ewere erbarkeit kan Euch zum grand
chapron machen. Es ist doch artig ahn der princes, nicht haben
außgehen wollen, ohne jemandts raisonabels bey sich zu haben, so
von ihrer conduitte rechenschafft geben könte. Ich muß lachen,
daß Ihr sagt, daß die 4 fürsten nicht gefährlich wahren, weillen
sie geheüraht; daß were hir kein obstacle, gallant zu sein. Wen
der junge graff Castel her solte kommen , würde er woll leütte fin-
den, so über ihn lachen würden, aber auch viel, so seines gleichen
sein würden undt affectirt undt geschminkt sein. Spilt er braff, so
wirdt man hir eine merveille auß ihm machen ; den daß [ist] eine von
den grösten perfectionen itziger zeitten. Mich wundert, daß ma
tante , die fraw churfürstin , mir nichts von Carl Moritz zustandt
berichtet hatt. Es ist gutt, daß Ihr es erst nach der sauerbrunen-
cur erfahren; den sonsten hette es Euch schaden können, liebe
Louisse! Im werenden krieg sprechen sie doch immer von frieden;
der könig in Denemarck ist nicht glücklich im krieg, solte also
woll frieden machen. Ich bitte Euch, liebe Louisse, wen Ihr ahn
Carl Moritz schreibt, so sagt ihm doch von . meinetwegen . daß ich
recht fro bin, daß er wider geneßen ist, wünsche, daß es vor lang
mag sein. Hirmitt ist Ewer letztes schreiben durchauß beantwortet.
Ich komme jetzt auff daß erste, sage nichts mehr vom proces zu
Wetzelar; den wir haben genung davon gesprochen schon. Ich
wünsche, daß Ihr mir baldt schreiben möget, daß Ewer proces ge-
wunen ist. Ihr habt woll groß recht, die Processen zu haßen; den
es deucht mir eine verdrießliche sache zu sein. Ich höre hir so
sehr über die Processen klagen, daß ich glaube, daß sie eben so
verdrießlich, alß in Tetitschlandt, sein. Warheit in itzigen zeitten
hatt leyder wenig die oberhandt. Ich glaube, baron Willich, der
Euch so offt mitt Franckreich getrewet hatt, wirdt nun beschambt
sein, wen er Euch wider sehen wirdt, daß all sein trewen zu waßer
201
worden ist. Ich habe noch einen großen brieff heütte za schreiben
wegen ein affaire, worumb man mich gebetten, werde Euch also
vor dißmahl nichts mehr sagen, alß daß wir gar schönne jagten
hir gehabt haben undt daß ich Euch allezeit von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Bin recht fro, daß Amelisse wider woU ist, ambrassire sie von
hertzen hirmitt.
111.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 20 Augnsti 1700.
Hertzliebe Amelisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom
12 dießes monts zu recht entpfangen. Ewere entschuldignng , mir
nicht anff meine zwey brieff geantwortet zu haben, ist nur gar zu
gültig. Ich habe noch alß den elexir von monsieur Beloti vor daß
grieß; gebt mir "nur gelegenheit, wie ichs Euch schicken könte,
undt nent mir jemandes, dem ichs geben könte! so werde ichs
Euch schicken. Es solle über die maßen trefflich sein undt hatt
hir viel viel leütten geholffen; wünsche von hertzen, daß es Euch
auch couriren möge. Es solle gar nicht zu starck sein; allein wen
Ihr es haben werdt, so last es erst ahn andere probiren! so wer-
det Ihr just den effect darvon sehn. Es ist doch ein zeichen von
einem gutten grundt, daß Ihr Euch so baldt wider erhollen könt
undt daß die parthie noble nicht ahngegrieffen sein. Meine incom-
moditet hatt mir zur größern gesundtheit gereicht, bin nun, gott
lob, sehr gesundt, wolte, daß Monsieur sich so woll befinden thete,
alß ich; er hatt aber daß potagram so starck, daß I. L. nicht auß
der stelle gehen können ; kämme ihm vergangen sontag auff einen
stutz in der kirch ahn, hatte es vorher sein leben nicht verspürt.
Es muß ein astrologue sein, so Ewere gehurt muß gestelt haben,
so Euch versichert, daß Ewere kranckheit von der sonnenfinsternnß
kompt; den die sonne muste sich just in Ewer s. hauß gefunden
haben. Mich deucht aber, ordinari seindt die docktoren keine
astrologuen. Die weiber sollen die mutterkranckheiten woll kenen;
den es seindt vielle mitt behafft; grieß undt bößer magen gehen
offt zusamen. Ich wünsche von hertzen, daß Ihr nun gantz courirt
202
mögt sein ondt keiner remedien mehr Ton nöbten haben. Wem solt
Ihr von Ewerer gesondthelt reden, liebe Amdisse, so sich mehr
davor interessirt, alß eben ich? Ich ivolte, daß Ihr zo St Clon
seiü köntet; dorten wQrdet Ihr anßsicht genong haben ondt gar
nicht Ton den bergen incommodirt sein. Ihr verantwortet EOch gar
woll, liebe Amelisse, eine h^ydex vor einen dax gesagt zu haben.
Ich bin verwundert, wie Ihr jetzt so mager sein könt, da Ihr doch
so fett wahret, wie ich EQch ein kindt gesehen. Ich wäre damah-
len sehr mager nndt nnn bin ich nur gar zu dick nndt fett, recht
monstreux, welches mir leyd gennng ist, aber ich kan sagen wie
Jodellet: «Si noas estions artissans de nons mesme, on ne veroit
par tont qne des beantes extreme»; weillen idi aber sein muß, wie
gott will, nndt nicht, wie ich will, so mnß ich so monstrenx blei-
ben. Ich wönsche, daß daß opera von Strasburg Euch woU diver-
tiren möge ; ich vor mein theil liebe die commedien mehr. Die
herrn geistlichen haben unrecht, sich gegen Sachen zu widersetzen,
so nicht sOnde sein; den daß erweist, daß sie nidit so sehr unßers
herrgotts Interesse ahnsehen, alß daß sie selber regiren wollen
uudt nicht leydon wollen, daß man waß ohne ihr consens thut.
Wen die operaen undt comedien endem, deficht ohnedem nichts;
den, wie in der h. schriefft stehet, den reinen ist alles rein; also
förcbt ich gar nic^, daß die operaen Euch schaden werden. Von
monsieur de la Trimoüille stein werde idi nichts mehr sagen, Efich
nur hirmitt versichern, daß ich Ettch von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
112.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Port royal den 20 Augnsti 1700.
Hertzliebe Louisse, ich habe Ewer lieben brieff vom 5 August
schon vor etlichen tag entpfangen, aber obnmoglich eher, alß nun,
beantworten können; den wir haben alle tag zu viel leütte zu St
Clou gehabt, den könig einmahl, 2 mahl monseigneur undt die
duchesse de Bourgogne; den Monsieur, so sein tag deß lebens
keinen ahnstoß vom üeber gehabt hatt, hatts vergangenen sontag
auff einmahl so unerhört starck bekommen, daß er keinen faß vor
203
den andern setzen kan. Er kan zwar hefltte noch nicht gehen, es
ist doch viel beßer mitt I. L. Gestern habe ich ein schreiben von
Amelisse bekommen, werde also nichts mehr von ihrer kranckheit
sagen, sondern ihr selber antworten; nur daß nur, daß ich nicht
weiß, woher der docktor judicirt, daß sie daß grieß hatt, da doch
kein sandt von ihr geht. Ich wolte, sie hette daß grieß; den ich
habe eine elixir, so ein ittallienischer docktor hir macht, welcher
viel leütten, so daß grieß haben, miracle gethan hatt undt gantz cou-
rirt. Es solle auch gutt vor den machen [sein]. Hette ich nur eine
gelegenheit, wolte ichs ihr schicken. Ich will ihr schreiben, daß
sie mir eine ahnweißen solle. Abricosen können sie nicht kranck
gemacht haben; obst ist mehr gesundt, alß ungesundt, wen man
es reiff undt nicht zu viel ist. Daß macht mich glauben, daßAme-
lise den stein oder auffs wenigst daß grieß haben muß, weillen sie
daß fahren nicht vertragen kan undt sich übel davon befindt. Der
Bar ist er den noch immer bey dem freüllen von Leiningen? Die
medissance wolte, daß sie ihn zum mary de consience genohmen
hette. Ich kene ihn woU, habe ihn hir bey dem cardinal von
Fürstenberg in dinsten gesehen. Er ist in dem sehr loblich, wie
sehr er sich der gräffin von Leiningen ahngenohmen hatt. Wa-
rumb, liebe Louisse, macht Ihr die fagon, mir eine große excusse
daher zu machen, daß Ihr mir von Amelisse zustandt sprecht?
Daß were gutt vor frembte personnen, aber vor mich dettcht daß
nicht, den Amelis ist mir ja nahe genung, umb mich vor sie zu
interessiren; also wist Ihr ja selber woll, daß ich in sorgen vor
sie geweßen undt daß Ihr mir also einen gefahlen thut, mir exac-
tement zu verzehlen, wie sie sich befindt; undt zum andern so wist
Ihr auch woll, daß complimenten mein sach durchauß nicht sein,
also war dieße entschuldigung undt excusse gantz ohnnöhtig. Ich
bin fro, daß Carl Moritz auch wider beßer ist. Ich glaube, daß
es jetzt schir überall die nioden, ohne zeittuhgen zu sein; hir ha-
ben wir auch nichts; man redt aber viel von dem schleunigen todt
deß jungen hertzogs von Glocester. Meins brudeni s. gemahlin ist
unglücklich in neuveux; 4 von ihre neuveux krigen gegen einander
undt der 5te stirbt I. L, gar weg. Ich kene den herrn Tolnern
nicht, bitte aber doch, ihn zu dancken, daß er mir sein buch
schicken will, welches mir ahngenehm wirdt sein, wen ich es werde
leßen können. Ist es aber in Latein, werde ich nichts davon be*
204
greiffen, er habe den die charitet, mir es zu verteütschen; den ich
verstehe keine eintzige sprach, alß teütsch andt frantzösch. Eönte
ich die pfaltzische historie leßen, were es mir gar ein ahngenehm
pressent, mir daß buch zu schicken. Adieu, hertzliebe Louisse!
Vor dießmahl werde ich Euch nichts mehr sagen, alß daß ich Euch
undt Ewere geschwisterig allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
113.
A mad. Louisse , raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St aou den 31 August 1700.
Hertzliebe Louisse, vergangen donnerstag habe ich Ewern lieben
brieff von 19 August zu recht entpfangen, bette auch gleich freitags
drauff geantwortet, wen ich selbigen tag nicht mitt Monsieur zu
Paris ins opera gemüst bette, habe es also biß nun verschieben
müßen. Den sambstag muste ich niitt Monsieur, nachdem wir ahn
mein dochter geschrieben hatten, in ein closter, wo ein fest war,
weillen es sanct Augustinus tag war; von dar seindt wir hir ahm
endt deß dorffs ein gar schön hauß gehen sehen, wo wir den gant-
zen abendt spatzirt. Sontags war die post von Hannover undt
muste auch in kirch. Gestern fuhr ich nach Paris au Port royal,
alwo ich ahn die hertzogin vonSavoyen undt mein dochter schriebe,
undt besuchte hernach madame la princesse undt ihre fraw dochter,
mademoiselle de Cond^; sie seindt b^yde kranck, madame la prin-
cesse aber nicht wie ihre dochter; den I. L. haben nur ein colera
morbus gehabt undt deßwegen gestern medecin genohmen, made-
moiselle de Gonde aber ist so übel, daß ich nicht glaube, daß sie
davon kau kommen; sie hatt ein art von schwindt- undt lungensucht,
sie sieht erbärmlich auß,- ich glaube nicht, daß sie noch 2 monat zu le-
ben hatt. Nachdem ich dieße vissitte abgelegt, fuhr ich wider her.
Auß dießem allem secht Ihr woll, liebe Louisse, daß ich nicht
eher, alß heütte, habe schreiben können. Es ist mir von grundt
meiner seelen leydt, zu vernehmen, daß Amelisse wider umbge-
schlagen undt übel ist. Ihre excusse ist nur gar zu gültig. Ich
mögte ihr gern waß schicken, so gar gutt vors grieß ist undt viel-
len hir geholfen, allein ich weiß keine gelegenheit nicht; den so
205.
eine bouttaille kan man nicht auff der post schicken. Sacht den
einige gelegenheit undt last mirs wißen, liebe Louisse! Wen Ihr
einige gelegenheit werdet gefunden haben, so werde ich es schicken
mitt sambt der beschreibung vom ittallienschen docktor, wie man
es brauchen muß. Meine gesundtheit ist, gott sey dank, gar per-
fect nun, außer daß mir daß mutz etlich mahl geschwelt, welches
aber nichts gefahrliches ist, gott lob! Vor alle gutte wünsche, so
Ihr vor meine gesundtheit thut, dancke ich Euch sehr. £s wundert
mich nicht, daß Amelisse trawerig ist; nichts in der weit ist ver-
drießlicher, alß kranck sein undt schmertzen leyden; sie jammert
mich von hertzen. Ich bitte Euch, liebe Louisse, ambrassirt sie
doch von meinetwegen undt sagt ihr, wie leydt es mir ist, daß sie
so schmertzlich kiauck ist! Es ist mir lieb, zu vernehmen, daß
Carl Moritz wider woll ist. Pfaltzgraffs Philips von Sultzbach vis-
Sitte ist in dem alter, wo I. L. sein, sans scandalle. Alle die
frembdten fürsten, so nach Franckfort kommen, sollen doch den
ort lebendiger machen. Der herr von Vicedom ist noch nicht hir
erschienen. Vom bayrische hoff habe ich hir unterschiedtliche ca-
vallier gesehen, so weiß undt rodt ahnhatten undt dazu noch ge-
machte augbrauen, aber sonsten sieht [man] wenig dergleichen leütte.
Es ist hir eine fürstin von Nassau. Ich habe sie nicht sehen können ;
den der könig hatt nicht erlauben wollen, daß ich sie alß eine
fürstin tractirt. Daß ist gemachlich vor Euch, daß Ihr niemandts
zu fliehen habt undt bey geselschafft sein könt. Den krancken
undt schwachen personnen, wie Amelisse, solte es doch woll erlaubt
sein, ohne reverentzen ihre vissitten abzulegen. Diß laster, so der
hertzog von Wolffenbüttel hatt undt welches nun so gar unerhört
gemein hir im landt ist, davon corigiren sich die leütte niemahlen,
wundert mich also gar nicht, daß dießer hertzog noch so ist. Gott
verzeye mirs! aber ich finde, daß verliebt von seiner Schwester zu
sein, noch etwaß abscheülichers ist. Mich deucht, die weit wirdt
je lenger je ärger, jedoch so kan solche lieb auch unschuldig sein.
Von madame d'üsses werde ich nichts mehr sagen, alß nur, daß
sie gar nicht von verstandt gefehlt hatt, aber von denen gutten
leütten, die alles entschuldigen. Ihr man hatt gar kein verstandt,
ist heßlich undt stinckendt dabey. Maner nehmen hir im landt ist
gar eine gewagte sach, die rewe folgt baldt. Ewere raisonementen
seindt mir gar nicht verdrießlich, glaube auch vielmehr, daß Ihr
206
müde vom schreiben wahret, alß geglaubt habet, daß Ewor schrei-
ben mir bescbwehiiich. Ma tante, die fraw churfürstin, hatt mir
schon bericht, daß der nordische frieden anterschrieben ist. Hir
haben wir vor dießmahl gar nichts neues. Vor 14 tagen bekamme
Monsieur vor daß erste mahl daß potagram. Wir haben unß alle
drüber erfrewet; den es solle ein zeichen von langen leben sein,
wen sich daß potagram so spät ahnmelt. Adiea, hertzliebe Louisse!
Ich ambrassire Euch undt Ewere geschwisterig von hertzen andt
behalte Euch allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
114.
A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort
Port royal den 21 September 1700.
Hertzliebe Louisse, ich habe seyder eine zeit her 3 liebe brieffe
von Euch bekommen vom 28 August, 4 undt 12 September, aber
ohnmöglich beantwortten können; den wen man so nahe bey einer
abreiße ist, finden sich alß gar viel Verhinderungen. Morgen wer-
den wir von hir auffbrechen undt ins Chevalier de Loraine gutt
schlaffen geben undt den andern tag nach Fontainebleau ; habe doch
nicht von hir gewohlt, ohne Euch, liebe Louisse, zu schreiben.
Es ist mir recht leydt, daß Amilisse noch alß kranck ist undt sich
nicht wider recht erholt. Ab6 de Theseut werde ich vor Euch beyde
eine kleine St Oiouer kirbe laßen, so er Euch schicken wirdt,
worinen Ihr eine alte dicke bagode werdet gemahlet finden, welche
über die maßen gleich ist; bin versichert, daß Ihr es niemandes
werdet weißen können, so es nicht gleich kennen wirdt. Ernst-
licher davon zu reden, so hatt man mich nie gleicher gemahlt, alß
Ihr mich in den schächteigen finden werdet, so Euch abe de Thes-
seu schicken wirdt, nachdem ich hir weg werde sein; auffs wenigst
hoffe ich, daß alles morgen fertig sein wirdt. Wist mirs danck,
daß ich vor Euch beyde die gedult gehabt habe, mich mahlen zu
laßen 1 den ich thue nichts ungerners; aber weillen ich weiß, daß
Ihr mein contrefait so verlangt undt monsieur de Bechameil die
großen nicht außmachen lest, so habe ich doch dieße kleine machen
laßen, so beßer, alß kein großes, gleicht; wünsche sehr, daß dieße
kleine kirbe Euch ahngenehm sein möge undt ahn Amelisse auch.
207
Ich wolte Euch von hertzen gern lenger entreteniren, allein ich
habe heütte noch, weillen wir morgen weg, gar viel brieff zu
schreiben; diß nur noch sagen, daß es mir auch leydt ist, daß
Carl Moritz so augenwehe hatt. Ich kan nicht bcgreiffen, waß ihm
ahn den angen muß gekommen sein, daß man ihm fleisch weg
ätzen muß; da habe ich mein leben nichts von gehört, förchte, daß
er gar blindt werden wirdt; er jammert mich recht. Ich bitte
Euch, liebe Louisse, schreibt ihm doch, wie sehr ich ihn beklage!
Adieu, hertzliebe Louisse! Ambrassirt Amelisse von meinetwegen!
Ich wünsche von hertzen, daß dießer brieff. sie wider in volkom-
mener gesundtheit finden möge. Seydt versichert, daß ich Euch
allebeyde recht lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
115.
, Fontainebleau den 30 September 1700.
Hertzliebe Amelisse, gestern habe ich Ewer schreiben vom 23
dießes monts zu recht entpfangen, will heütte gleich drauff ant-
worten; den morgen wirdt es mir ohnmöglich sein, den ich werde
morgen auff die wolffsjagt, nach der jagt, wils gott, ahn mein
dochter ondt auch ahn ma tante schreiben nndt abendts werde ich
in die commedie gehen. Es ist zwar mein ordinari schreibtag mor-
gen nicht von hir ahn ma tante, die fraw churfürstin, allein weil-
len ich übermorgen mitt Monsieur vereyßen werde undt 11 meil
von hir mitt relayen werden undt dortten die post nicht geht, alß
muß ich woU morgen abendts schreiben. Ihr habt mich gar nicht
umb Vergebung zu bitten, liebe Amelisse, daß Ihr mir nicht ge-
schrieben; den es ist ja Ewer schuldt nicht, daß Ihr kranck ge-
worden seidt undt so viel heßliche sachen habt einnehmen müßen.
Es ist mir leydt, daß Ihr daß opera nicht habt sehen können; den
daß freüUen von Fürstenberg, daß zu Nancy ist, undt die Ratzen-
haussen, der Lenor dochter, welche vor dießem bey mir geweßen
undt nun bey meiner dochter ist, haben diß opera zu Metz gesehen
undt finden es nicht uneben, es muß also nicht schlim sein; den
sie seindt ja ahn den operaen von Paris gewont, wißen also woU,
waß gutt ist. Waß daß schmincken ahnbelangt, so findt man hir
wenig weiber, es seye auff den theatrum oder bey hoff, so es nicht
208
sein; den UDtzern solle maiis wenig ahnsehen, wen ihnen eiwaß im
gesiebt fehlt; den sie haben ja allezeit masqaen ahn. Ich hatte
schon boren sagen, daß sich die kaofifkfitte zn Franckfort sehr
bescfiwebrt hatten, daG sie keine keOffer finden in der meß; idi
glanbs, daß kompt, weiUen alle leQtte weniger gelt haben, alß vor
dicßem. Apropo Ton kirben, ich hatte Lonisse letzmahl geschrieben,
daß ich £Qch ondt ihr eine St Clouer kirbe schicken wolte nndt
solches ahn abe de Thessat geben laßen, aber der goltschmidt hatt
es so gar fiberzwerg gemadit gehabt, daß ich es ohnmöglich so
habe schicken können. Nach onßer reiß Yon Montargis wirdt man
mirs herschicken, werde es, wo es recht, ahn abe Thessut erst
geben laßen; es ist eine indianische Imitation. Sagt ahn Lonisse,
daß der baron Willich einen rechten impertinenten brieff ahn dem
abe de St Piere, meinem premier anmonier, geschrieben hatt, nmb
mich zn persoadireu, Ewers schwagers, des dncs de Schonberg,
Interesse zu abandoniren. Ich schicke Euch hirbej, waß idi anff
dießen scbönnen brieff habe antworten laßen. Er schreibt, auch
graff Friderich wolle herkommen , nmb den proces wider ahnzn-
faiigen. Ich glaube aber, daß [er], wen er meine andtwort sehen
wirdt, mehr alß 'einmahl die sach betrachten wirdt. Es ist mir
leydt, liebe Amellisse, daß Ihr Euch nicht mitt allen den fürst-
lichen uudt gräfflichen leütteu habt lustig können machen. Wie
ich auß ma tante, der fraw churfürstin, schreiben sehe, so divertirt
sie sich gar woll auff dero reiße mitt dero fraw tochter; sie haben
schön auff ihrer reiße. Hir haben wir auch gar schön wetter; ich
mags mir auch braff zu nutz, einen tag jage ich, den andern gehe
ich Spatziren. Wir haben auch umb den andern tag commedie;
die comedianten spiellen gar woll. Wie ich sehe, so ist die erb-
printzes von Cassel noch in ihrem brautschmück; mich deucht aber,
daß sich diß nicht zu dem inconito reißen schickt. Ich finde die
glücklich, so hin dorffeu reißen, wo sie wollen. Es ist woll löblich,
daß die pfaltzgraffen so hofflich sein. Der churfürst zu Pfaltz
wirdt sein meßgelt ahngewendt haben, die pressenten ahm keyßer-
lichen hofi" außzutheillen , wirdt also, wie ich glaube, nicht mehr,
alß andere, kauffen zu Franckfort. Ihr habt groß recht, liebe Ame-
lisse, daß es Euch verdriest, gelt ahn docktoren undt balbirer
Ewer gelt zu geben. Waß ich Euch vor daß grieß habe schielten
wollen, wirdt, wie. ich glaube, mademoiselle de Malose zu nutz
209
kommen; den sie ist sehr damitt geplagt, batt neulich 2 stein von
sich geben. Ich wünsche sehr, daß dießer brieff Euch bey gut-
ter gesundtheit ahntreffen möge, liebe Amelisse, undt daß Ihr viel
jähr lang gesandt bleiben möget. Daß elexir, so ich habe machen
laßen, gibt mir gar kein incommodit nicht; es kost mir nichts undt
ich habe lachen mtißen, daß Ihr mich deßwegen umb verzeyung
bitt. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
behalte Euch allezeit sehr lieb.
Elisabeth Charlotte.
116.
Fontainebleau den 1 Octobre.
Hertzliebe Louisse undt Amellisse, hirbey kompt meine kirbe;
man bringt mir die schachtelger. Ich kan nichts mehr sagen in
■
eyll, alß daß ich Euch beyde bitte. Euch meiner zu erinern undt
mich alß lieb zu behalten undt, wen Ihr mich ansecht, zu glauben,
daß ich Euch auch recht lieb habe allebeyde.
Elisabeth Charlotte.
117.
Fontainebleau den 7 November 1700 umb 3 viertel auff 7 abendt8.
Hertzliebe Amelisse, ich bitte Euch, lest, waß ich ahn Louisse
geschrieben! Da werdt Ihr die Ursachen meines langen stillschwey-
gen sehen, repetire es also hir nicht wider, sage nur, daß ich von
hertzen fro bin, daß Ihr wider gesundt seydt undt meine dorffkirbe
Euch ahngenehm geweßen. Aber ich schämme mich, daß Louisse
undt Ihr so viel wercks davon macht, den es ja nur eine bagatelle
undt mehr, umb drüber zu lachen, alß vor ein pressent zu halten;
habe Euch nur weißen [wollen], wie man hir arbeit, undt mitt einem
auch mein beren-katzen-affengesicht schicken, umb zu sehen, ob Ihr es
noch kenen würdet, undt auch umb mich in Ewern sack zu tragen,
damitt Ihr desto fleißiger ahn mich allebeyde dencken möget. Carl
Moritz hatt mir geschrieben undt ein groß compliment gemacht,
daß ich nach ihm gefragt undt vor ihm in sorgen geweßen. Ich
habe ihm geantwort, werde aber den brieff ahn monsieur Span-
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. W
210
heim schicken, wirdt also geschwinder nach Berlin kommen, alß
wen ich es ahn Euch nach Franckfort schickte. Ich habe heütte
noch 3 brieff nach Lotteriugen zu schreiben. Mein tochter ist ein
klein accident geschehen; im schlaff hatt sie sich die brast auff ein
holtz gelegt, so ihr eine böße brnst geben, ist doch, gott lob, wider
gantz woll. Adien! Ein ander mahl werde ich mehr sagen, jetzt
Euch, liebe Amelisse, aber nur bitten, zn glauben, daß ich Euch
sehr lieb habe undt allezeit behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich habe in so erschrecklicher eyll geschrieben, daß ich selber
schir nicht weiß, was ich sage, werde es ein ander mahl beßer
machen.
118.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Berlin.
A Fontainebleau ce 7 de Nouembre 1700.
•
Mon eher rangraff, jl y a deja quelque temps, que j'ay regeüe
vostre lettre du 16 d'octobre, jl y a bien 8 jours, mais jl m'a estes
impossible de vous faire plus tost responce que dans ce moment;
car on est fort occupes dans ce pais cy par les frequendes chasses
et commedies. Ainsi je vous advoue, que le peu de temps, qui
me reste, je l'occnpe a escrire deux fois la semaine a ma taute,
madame Telectrice, a ma fille 3 fois la semaine et vne fois a la
dnchesse de Savoye et vne a la dnchesse de Hannover, a Modene,
sans ce que j'ay a escrire a Paris. Vous voyes, qu'on ne demeure
pas oysif, mais pour aujourdhuy je remets quelqu^nes de mes
lettres pour vous respondre. II est vray, que j'ay est^s fort en
peine de vous et de vostre sante, mais cela ne me doit pas estre
cout^s pour generosite; car vous m'estes asses proche, pour que je
m'interesse pour vous sur toutte sorte de chapittre, mais a vous voir
8i touch^s de ce que je prend part a vostre sante, me marque bien
vostre hon naturel, dont ma tante, madame de Telectrice, m'a
souvend parles. Si vous aves de Tamitie pour moy, ce ne peust
estre que le sang, qui vous le donne, ne me conoissant pas. U
n'en est pas de mesme de moy; je vous connois, sans que vons me
211
conoissies, poar ainsi dire, car je vons ay veüe naistre. Je vons
ay veüe tendrement aimes de monsiear Telectenr, nostre pere, et
cela me suffit, pour avoir toutte ma vie de Tamitiö pour vous.
Contes donc la desus, mon eher rangraf, et soyes persaades, que
vostre ainiti6 me fait plaisirl Continues la moy et contes tonsjoars
8ur la miene!
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Vous ne parles pas de vostre sant6; mandes moy, si vostre
oeüile est gueris et coment vous vous portes!
119.
A mad. Louissei raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 7 November 1700.
Hertzliebe Louisse, ich weiß nicht, wie der teüffel abermahl
sein spiel gehabt hatt, aber seyder 5 wochen habe ich weder hir,
noch zu Paris ein augenblick finden können, auff Ewere liebe
brieffe zu andtwortten, alß nun. Erstlich, wie wir hieher kämmen,
kam der englische hoff auch her, undt wen der hir ist, kan man
ohnmoglich schreiben; zu dem haben wir in der zeit eine reiße nach
Montargis gethan. Wie wir wider kämmen, war der englische hoff
noch hir. Nachdem er weg, seindt wir just 2 tag hernach nach
Paris, alwo wir meinten nur 2 oder 3 tag zu sein undt daß
madame de Ghartre ins kindtbett komen würde; allein wir sein
11 gantzer tag dorten geweßen undt erst 8 tag nach unßer ahn-
kunfft hatt sie unß nur ein großes dickes metgen daher gesetzt.
Hernach haben wir ein traweriges spectacle gehabt. Madame la
princesse hatt daß liebste von allen ihren kindern verlohren, nehmb-
lich mademoiselle de Cond6. Waß daß vor eine betrübtnuß ist, ist
nicht außzusprechen; i£h glaube nicht, daß es sich madame la
princesse ihr leben wirdt getrösten können. Seyder wir wider hir
sein, habe ich gedacht, ich würde endtlich einmahl schreiben kön-
nen, aber ich habe ebensowenig zeit gefunden, alß zu Paris. Gantz
Franckreich ist unß kommen complimenten machen auff meine zwey
enckelger gehurt. Mein dochter ist ein tag vor madame de Chartre
ins kindtbett kommen, hatt es aber nicht beßer gemacht, sondern
212
auch ein medgen bekommen. Dießes alles sambt den jagten halt
mich bißher ahn schreiben verhindert. Ich weiß nicht, bey welchem
von Ewern schreiben ich ahnfangen solle zu andtwortten; den ich
kan sie ohnmoglich ordentlich beantworten, den es ist heutte noch
der lotteringische posttage, undt weillen ich nie keinen versaumbt,
würde mein dochter meinen, ich were todt, wen sie eine post were,
ohne ihr zu schreiben; maß derowegen nur in aller eyll sagen, daß
ich recht fro bin, daß mein bawernkirbe Euch undt Amelisse so
ahngenehm geweßen. Es wundert mich, daß Ihr mein beren-kat-
zen-affengesicht noch habt erkenen können; den ich bin doch uner-
hört verendert undt nicht kenbar mehr. Die freöde, so Euch dieße
bagatelle geben, erweist mir Ewere affection, wovor ich Euch recht
verobligirt bin; wolte gott, ich bette eine rechte gelegenheit, Euch
die meine zu persuadiren können! Daß Ewere sach mitt baron
Willig noch nicht außgemacht ist, wandert mich nicht. Es ist der
wunderlichste kopff von der weit; fürchte, er wirdt Euch noch
lang zu schaffen geben. Ich wolte Euch von hertzen gern noch
lenger entreteniren , ' allein es ist nahe bey 7 uhren undt ich will
noch ein par wort auch ahn Amelisse schreiben undt hernach muß
ich in Lotteringeu noch 3 brieff schreiben undt alles muß vor 10
fertig sein, kan also in eyll nichts mehr sagen, alß daß ich Euch
von hertzen ambrassire undt allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
120.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Hannover.
Paris den 30 December 1700.
Hertzlieb Carl Moritz, es war so viel zu thun bey deß königs
in Spanien abreiß, daß ich ohnmoglich ein augenblick habe finden
können, auff Ewer schreiben zu andtwortÄn. Ihr habt mir nicht
umb verzeyung zu bitten, daß Ihr mir letztmahl frantzösch geschrie-
ben; den es ist mir all eins. Ich bin fro, daß ma tante, die fraw
churfürstin, mich versichert, daß Ewer auch nicht solle geschnitten
werden; den da war, würde mir recht bang vor Euch. Mir kompt
nicht argers vor, alä blindt werden; wolt lieber sterben; undt wer
nur ein aug batt, kan leicht blindt werden; kan nicht begreiffen,
213
wie Ihr es so wenig acht. Worumb meint Ihr, lieb Carl Moritz, daß
Ihr mich nie sehen werdt? Daß könte doch noch woll einmahl ge-
schehen ohne miracle. Ich wünsche von hertzen, daß Ihr perfect
couriren mögt nndt alles, waß Euch nutz, lieb undt . ahngenehm ist,
undt versichere, daß ich Euch undt Ewer Schwestern allezeit lieb
behalte,
Elisabeth Charlotte.
121.
A mesd. Louisse et Amelisse^ raugraffinen zu Pfaltz^ a Franckfort.
Versaille den 21 Januari 1701.
Hertzliebe Louisse undt Amellisse, hetitte ist es mir unmög-
lich, daß ich ahn jede von Euch beyden a part schreibe; den ich
bin noch zu mat von meiner kranckheit, umb viel zu schreiben
können. So lang der könig in Spanien hir geweßen, habe ich ohn-
möglich schreiben können. Nach dem seindt wir nach Paris, alwo
ich einen gar starcken husten gleich selbigen abendts bekommen,
so mir die gantze zeit gewehrt. Hernach ist mir ein schmertzen
in der lincken seyte undt ein starck lendenwehe ahnkommen mitt
solchen schmertzen, daß ich offt gedacht, ohnmachtig zu werden.
Endtlich hatt mich daß fieber mitt frost ahngestoßen, habe es
zimblich starck 7 tage gehabt; man hatt mir 2 clistir geben undt
mich 2 mahl purgirt, also ist daß fieber endtlich just vor 8 tagen
außgeblieben. Ich bin aber noch unerhört matt, den es ist nun über
4 Wochen, daß ich continuirliche leyde undt recht übel bin. Ich
habe accessen von 12 stunden gehabt undt 2 stundt frost. Ich
hoffe, daß es nunmehr zu endt sein wirdt, bin heütte zum ersten
mahl wider in die kirch gangen. Ich hoffe, ^Ifät ich allegemach
wider zu kräfften kommen werde, alßden fleißigef^schreiben. Wie
ich ahn Carl Moritz schriebe, dachte ich, Euch auch zu schreiben,
konte aber nicht dazu gelangen. Ich bin &o, daß er woll von den
rottlen kommen undt sein aug auch heilleo >wirdt, Ohne geschnitten
zu werden. In welchem standt ich auch sein mag, werde ich Euch
alle allezeit recht lieb haben.
Elisabeth Charlotte.
214
122.
A monsr le raugraf zu Pfaltz a Hannover.
VersaiUe den 30 Jannari 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, es ist schon etliche zeit, daß ich Ewer
schreiben vom 14 dießes monts entpfangen habe. Ich habe aber
nicht drauff antwortten [können], weillen ich kranck geweßen undt
7 tag nach einander alle tag daß fieber gehabt habe. Seyder 17
tagen hatt mich daß fieber verlaßen, habe aber medecinen brauchen
müßen; so mir daß schreiben verwehret; vorgestern habe ich die
letzte, gott lob, genohmen. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir
zu dießem neuen secalo thut, dancke ich Euch sehr, lieber rangrafif!
Es ist schwer, in dießem leben gar vergnügt zu leben, undt viel-
leicht noch schwerer ahn dießem hoff, alß ahn andere orter. Ich
würde mich glückseelig schätzen, wen ich betrübte bey konte undt
nnglückscelige helffen, allein unßer beüttel ist ordinari nicht ahm
besten gespickt, welches viel Vergnügung benimbt. Deß jungen kö-
nigs in Schweden victorie hatt einen großen esclat geben. Er hatt
sich einen unsterblichen rühm erworben; ist mir lieb-, weill er von
unßerm hauß ist. Ihr sagt mir kein wort, wie es mitt Ewerm aug
stehet undt wie Ihr Euch nun nach den rodtlen befindt. Ich bitte
Euch, schreibt mirs! Ich habe auß ma tante brieff ersehen, daß
I. L. wider von Zelle gekommen sein. Ihr habt groß unrecht, mich
omb verzeyung zu bitten, mir zeittungen zu schreiben; den daß
habe ich gern. Mitt complimenten ist mir durchauß nicht gedint.
Schreibt mir den nur, waß Ihr neues wist, wie Ewere Schwestern
thun, undt seydt versichert, daß ich Euch alle von bertzen lieb
habet
Elisabeth Charlotte.
123.
Ä mad. LouiBaei rangraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Paris den 22 Februari 1701*
Hertzliebe Louise, ich glaube, es ist ein sonderlich esprit folet,
215
so sich divertirt, mir allemahl verhindernüßen zu schicken, wen ich
ahn Euch oder Amelisse andtworten will; den es ist gewiß, daß,
so offt ich mich [in] der intention niedergesetzt, nmb ahn Euch
beyde zu schreiben, ist mir alß eine verhindemuß dazwischen kom-
men. So baldt ich wider gantz gesandt worden, seindt wir nach
Marly, alwo ich ohnmöglich zum schreiben habe gelangen können,
ob wir zwar sieben tag dort geweßen. Den sontag, alß wir hin
sein, ging man nach dem eßen in die predig, hernach schriebe ich
ahn ma tante, die fraw churfürstin zu Braunsweig, fuhr hernach
nach Marly, gegen 8 war bal. Andern tag, alß montags, schriebe
ich ahn mein dochter undt die hertzogin von Savoyen biß gegen 6,
da kämmen die königliche personnen von St Germain, umb 8 war
bal, umb halb 11 aß man zu nacht. Dinstags wolte ich schreiben,
aber es kämmen so viel leütte zu mir, daß ichs nicht konte, undt
muste abendts mit monsieur le Dauphin in die mnßiq, so biß zum
nachteßen wehrte. Mitwogs schriebe ich ahn mein dochter undt
die hertzogin von Hannover undt muste auch noch nach Paris
schreiben, also ging der tag vorbey. Donnerstags schriebe ich ahn
ma tante, die churfürstin, undt fuhr hernach nach St Germain;
den ich hatte den könig undt die königin von Engellandt noch
nicht gedanckt, so fleißig in meiner kranckheit vor mich gesorgt
zu haben. Wie ich wider kam, war es zeit, zu der mussiq zu
gehen, damitt ging der tag auch hin. Freitags jagten wir den
gantzen tag ein dänhirsch mitt deß comte de ThouUousse hunden;
die jagt war nicht schön, aber daß wetter war gar sanfft. Abendts
war wider musiq. Sambstag gingen wir auff die hirschjagt, die war
gar schön; abendts fuhren wir wider nach Versaille. Sontag schrie-
be ich wider nach Hannover undt muste auch in die predig undt es
war auch salut. Montag kämmen wir hiefier undt muste gleich ahn
die hertzogin von Savoye undt mein dochter schreiben, hernach ins
apartement Dinstags fuhr ich au Port royal; hernach, alß ich
wider kam, bin ich mitt Monsieur Libden ins opera. Mitwogs war
wider der schreibtag von Lotheringen undt Modene, donerstag nach
Hannover, opera undt apartement. Freitags war Port royal, alwo
viel leütte zu mir kämmen, hernach wider opera undt apartement.
Sambstag schrieb ich ahn mein dochter, fuhr hernach ins große
Garmelittenkloster ; abendts war, wie alle tag, apartement. Sontags
, fuhr ich in die kirch, schriebe hernach ahn ma tante, die churfür-
208
seiD; den tantzern solle mans wenig ahnsehen, wen ihnen etwaß im
gesicht fehlt; den sie haben ja allezeit masquen ahn. Ich hatte
schon hören sagen, daß sich die kauffleütte zu Frauckfort sehr
bescHwehrt hatten, daß sie keine keüffer finden in der meß; ich
glaubs, daß kompt, weillen alle leütte weniger gelt haben, alß vor
dicßem. Apropo von kirben, ich hatte Louisse letzmahl geschrieben,
daß ich Euch undt ihr eine St Clouer kirbe schicken wolte undt
solches ahn abe de Thessut geben laßen, aber der goltschmidt hatt
es so gar überzwerg gemacht gehabt, daß ich es ohnmöglich so
habe schicken können. Nach unßer reiß von Montargis wirdt man
mirs herschicken, werde es, wo es recht, ahn abe Thessut erst
geben laßen; es ist eine indianische Imitation. Sagt ahn Louisse,
daß der baron Willich einen rechten impertinenten brieff ahn dem
abe de St Piere, meinem premier aumonier, geschrieben hatt, umb
mich zu persuadiren, Ewers Schwagers, des ducs de Schonberg,
Interesse zu abandoniren. Ich schicke Euch hirbey, waß ich auff
dießen schönnen brieff habe antworten laßen. Er schreibt, auch
graff Friderich wolle herkommen , umb den proces wider ahnzu-
fangen. Ich glaube aber, daß [er], wen er meine andtwort sehen
wirdt, mehr alß 'einmahl die sach. betrachten wirdt. Es ist mir
leydt , liebe Amellisse , daß Ihr Euch nicht mitt allen den fürst-
lichen undt gr äff liehen leütten habt lustig können machen. Wie
ich auß ma tante, der fraw churfürstin, schreiben sehe, so divertirt
sie sich gar woU auff dero reiße mitt dero fraw tochter; sie haben
schön auff ihrer reiße. Hir haben wir auch gar schön wetter; ich
m.ags mir ^uch braff zu nutz, einen tag jage ich, den andern gehe
ich spatziren. Wir haben auch umb den andern tag commedie;
die comedianten spiellen gar woU. Wie ich sehe, so ist die erb-
printzes von Cassel noch in ihrem brautschmück; mich deucht aber,
daß sich diß nicht zu dem inconito reißen schickt. Ich finde die
glücklich, so hin dorffeu reißen, wo sie wollen. Es ist woll löblich,
daß die pfaltzgraffen so hofflich sein. Der churfürst zu Pfaltz
wirdt sein meßgelt ahngewendt haben, die pressenten ahm keyßer-
lichen hoff außzutheillen , wirdt also, wie ich glaube, nicht mehr,
alß andere, kauffen zu Franckfort. Ihr habt groß recht, liebe Ame-
lisse, daß es Euch verdriest, gelt ahn docktoren undt balbirer
Ewer gelt zu geben. Waß ich Euch vor daß grieß habe schielten
wollen, wirdt, wie. ich glaube, mademoiselle de Malose zu nutz
209
kommen; den sie ist sehr damitt geplagt, liatt neulich 2 stein von
sich geben. Ich wünsche sehr, daß dießer brieff Euch bey gut-
ter gesundtheit ahntreffen möge, liebe Amelisse, undt daß Ihr viel
jähr lang gesundt bleiben möget. Daß elexir, so ich habe machen
laßen, gibt mir gar kein incommodit nicht; es kost mir nichts undt
ich habe lachen müßen, daß Ihr mich deßwegen umb verzeyung
bitt. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
behalte Euch allezeit sehr lieb.
Elisabeth Charlotte.
116.
Fontainebleau den 1 Octobre.
Hertzliebe Louisse undt Amellisse, hirbey kompt meine kirbe;
man bringt mir die schachtelger. Ich kan nichts mehr sagen in
eyll, alß daß ich Euch beyde bitte. Euch meiner zu erinern undt
mich alß lieb zu behalten undt, wen Ihr mich ansecht, zu glauben,
daß ich Euch auch recht lieb habe allebeyde.
Elisabeth Charlotte.
117.
Fontainebleau den 7 November 1700 umb 3 viertel auff 7 abendts.
Hertzliebe Amelisse, ich bitte Euch, lest, waß ich ahn Louisse
geschrieben! Da werdt Ihr die Ursachen meines langen stillschwey-
gen sehen, repetire es also hir nicht wider, sage nur, daß ich von
hertzen fro bin, daß Ihr wider gesundt seydt undt meine dorffkirbe
Euch ahngenehm geweßen. Aber ich schämme mich, daß Louisse
undt Ihr so viel wercks davon macht, den es ja nur eine bagatelle
undt mehr, umb drüber zu lachen, alß vor ein pressent zu halten;
habe Euch nur weißen [wollen], wie man hir arbeit, undt mitt einem
auch mein beren-katzen-affengesicht schicken, umb zu sehen, ob Ihr es
noch kenen würdet, undt auch umb mich in Ewern sack zu tragen,
damitt Ihr desto fleißiger ahn mich allebeyde dencken möget. Carl
Moritz hatt mir geschrieben undt ein groß compliment gemacht,
daß ich nach ihm gefragt undt vor ihm in sorgen geweßen. Ich
habe ihm geantwort, werde aber den brieff ahn monsieur Span-
Briefe der Prinzessin Eliflftbeth Charlotte. 14
210
heim schicken, wirdt also geschwinder nach Berlin kommen, alß
wen ich es ahn Euch nach Franckfort schickte. Ich habe heütte
noch 3 brieff nach Lotteriugen zu schreiben. Mein tochter ist ein
klein accident geschehen; im schlafif hatt sie sich die brast aufif ein
holtz gelegt, so ihr eine böße brast geben, ist doch, gott lob, wider
gantz woU. Adieu! Ein ander mahl werde ich mehr sagen, jetzt
Euch, liebe Amelisse, aber nur bitten, zu glauben, daß ich Euch
sehr lieb habe undt allezeit behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich habe in so erschrecklicher eyll geschrieben, daß ich selber
Bchir nicht weiß, was ich sage, werde es ein ander mahl beßer
machen.
118.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Berlin.
A Fontainebleau ce 7 de Kouembre 1700.
•
Mon eher raugraff, jl y a deja quelque temps, que j'ay regeüe
vostre lettre du 16 d'octobre, jl y a bien 8 jours, mais jl m'a estes
impossible de vous faire plus tost responce que dans ce moment;
car on est fort occupes dans ce pais cy par les frequendes chasses
et commedies. Ainsi je vous advoue, que le peu de temps, qui
me reste, je Toccupe a escrire deux fois la semaine a ma taute,
madame l'electrice, a ma fille 3 fois la semaine et vne fois a la
duchesse de Savoye et vne a la duchesse de Hannover, a Modene,
Sans ce que j'ay a escrire a Paris. Vous voyes, qu'on ne demeure
pas oysif, mais pour aujourdhuy je remets quelqu^nes de mes
lettres pour vous respondre. II est vray, que j'ay estes fort en
peine de vous et de vostre sante, mais cela ne me doit pas estre
cont^s pour generosite; car vous m'estes asäes proche, pour que je
m'interesse pour vous sur toutte sorte de chapittre, mais a vous voir
8i touch6s de ce que je prend part a vostre sante, me marqne bien
vostre hon naturel, dont ma tante, madame de l'electrice, m'a
souvend parles. Si vous aves de l'amiti^ pour moy, ce ne peust
estre que le sang, qui vous le donne, ne me conoissant pas. II
n'en est pas de mesme de moy; je vous connois, sans que voos me
211
conoissies, ponr ainsi dire, car je vons ay veüe naistre. Je vons
ay veüe tendrement aimes de monsieor relectenr, nostre pere, et
cela me snfifit, poar avoir toutte ma vie de Tamitiö ponr vous.
Contes doDc la desus, mon eher rangraf, et soyes persuades, qae
vostre ainiti6 me fait plaisir! Continues la moy et contes toasjonrs
8Qr la miene!
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Vous ne parles pas de vostre sant6; mandes moy, si vostre
oeüile est gueris et coment vous vous portes!
119.
A mad. LouissOi raugräffin zu Ffaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 7 November 1700.
Hertzliebe Louisse, ich weiß nicht, wie der teüffel abermahl
sein spiel gehabt hatt, aber seyder 5 wochen habe ich weder hir,
noch zu Paris ein augenblick finden können, aufif Ewere liebe
brieffe zu andtwortten, alß nun. Erstlich, wie wir hieher kämmen,
kam der englische hoflf auch her, undt wen der hir ist, kan man
ohnmoglich schreiben; zu dem haben wir in der zeit eine reiße nach
Montargis gethan. Wie wir wider kämmen, war der englische hoflf
noch hir. Nachdem er weg, seindt wir just 2 tag hernach nach
Paris, alwo wir meinten nur 2 oder 3 tag zu sein undt daß
madame de Chartre ins Mndtbett komen würde; allein wir sein
11 gantzer tag dorten geweßen undt erst 8 tag nach unßer ahn-
kunfft hatt sie unß nur ein großes dickes metgen daher gesetzt.
Hernach haben wir ein traweriges spectacle gehabt. Madame la
princesse hatt daß liebste von allen ihren kindern verlohren, nehmb-
lich mademoiselle de Cond^. Waß daß vor eine betrübtnuß ist, ist
nicht außzusprechen; i£h glaube nicht, daß es sich madame la
princesse ihr leben wirdt getrösten können. Seyder wir wider hir
sein, habe ich gedacht, ich würde endtlich einmahl schreiben kön-
nen, aber ich habe ebensowenig zeit gefunden, alß zu Paris. Gantz
Franckreich ist unß kommen complimenten machen auflf meine zwey
enckelger gehurt. Mein dochter ist ein tag vor madame de Chartre
ins kindtbett kommen, hatt es aber nicht beßer gemacht, sondern
212
auch ein medgen bekommen. Dießes alles sambt den jagten halt
mich bißher ahn schreiben verhindert. Ich weiß nicht, bey welchem
von Ewern schreiben ich ahnfangen solle zu andtwortten; den ich
kan sie ohnmoglich ordentlich beantworten, den es ist heutte noch
der lotteringische posttage, nndt weillen ich nie keinen versaumbt,
würde mein dochter meinen, ich were todt, wen sie eine post were,
ohne ihr zu schreiben; muß derowegen nur in aller eyll sagen, daß
ich recht fro bin, daß mein bawernkirbe Euch undt Amelisse so
ahngenehm geweßen. Es wundert mich, daß Ihr mein beren-kat-
zen-affengesicht noch habt erkenen können; den ich bin doch uner-
hört verendert undt nicht kenbar mehr. Die freüde, so Euch dieße
bagatelle geben, erweist mir Ewere affection, wovor ich Euch recht
verobligirt bin; wolte gott, ich bette eine rechte gelegenheit. Euch
die meine zu persuadiren können! Daß Ewere sach mitt baron
Willig noch nicht außgemacht ist, wundert mich nicht. Es ist der
wunderlichste kopflf von der weit; fürchte, er wirdt Euch noch
lang zu schaffen geben. Ich wolte Euch von hertzen gern noch
lenger entreteniren , * allein es ist nahe bey 7 uhren undt ich will
noch ein par wort auch ahn Amelisse schreiben undt hernach muß
ich in Lotteringeu noch 3 brieff schreiben undt alles muß vor 10
fertig sein, kan also in eyll nichts mehr sagen, alß daß ich Euch
von hertzen ambrassire undt allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
120.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Hannover.
Paris den 30 December 1700.
Hertzlieb Carl Moritz, es war so viel zu thun bey deß königs
in Spanien abreiß, daß ich ohnmoglich ein augenblick habe finden
können, auff Ewer schreiben zu andtwort£n. Ihr habt mir nicht
umb verzeyung zu bitten, daß Ihr mir letztmahl frantzösch geschrie-
ben; den es ist mir all eins. Ich bin fro, daß ma tante, die fraw
churfürstin, mich versichert, daß Ewer auch nicht solle geschnitten
werden; den da war, würde mir recht bang vor Euch. Mir kompt
nicht argers vor, ali blindt werden; wolt lieber sterben; undt wer
nur ein aug hatt, kan leicht blindt werden; kan nicht begreifen,
213
wie Ihr es so wenig acht. Wonimb meint Ihr, lieb Carl Moritz, daß
Ihr mich nie sehen werdt? Daß könte doch noch woll einmahl ge-
schehen ohne miracle. Ich wünsche von hertzen, daß Ihr perfect
couriren mögt undt alles, waß Euch nutz, lieb undt . ahngenehm ist,
undt versichere, daß ich Euch undt Ewer Schwestern allezeit lieb
behalte,
Elisabeth Charlotte.
121.
A mesd. Louisse et Amelisse^ raugrafSnen zu Pfaltz^ a Franckfort
Versaille den 21 Januari 1701.
Hertzliebe Louisse undt Amellisse, heütte ist es mir unmög-
lich, daß ich ahn jede von Euch beyden a part schreibe; den ich
bin noch zu mat von meiner kranckheit, umb viel zu schreiben
können. So lang der könig in Spanien hir geweßen, habe ich ohn-
möglich schreiben können. Nach dem seindt wir nach Paris, alwo
ich einen gar starcken husten gleich selbigen abendts bekommen,
so mir die gantze zeit gewehrt. Hernach ist mir ein schmertzen
in der lincken seyte undt ein starck lendenwehe ahnkommen mitt
solchen schmertzen, daß ich offt gedacht, ohnmachtig zu werden.
Endtlich hatt mich daß fieber mitt frost ahngestoßen, habe es
zimblich starck 7 tage gehabt; man hatt mir 2 clistir geben undt
mich 2 mahl purgirt, also ist daß fieber endtlich just vor 8 tagen
außgeblieben. Ich bin aber noch unerhört matt, den es ist nun über
4 wochen, daß ich continuirliche leyde undt recht übel bin. Ich
habe accessen von 12 stunden gehabt undt 2 stundt frost. Ich
hoffe, daß es nunmehr zn endt sein wirdt, bin heütte zum ersten
mahl wider in die kirch gangen. Ich hoffe, dM^ ich allegemach
wider zu kräfften kommen werde, alßden fleißigepä* schreiben. Wie
ich ahn Carl Moritz schriebe, dachte ich, Ettch auch zu schreiben,
konte aber nicht dazu gelangen. Ich bin J^o, daß er woll von den
rottlen kommen undt sein aug auch heillen -wirdt, ohne geschnitten
zu werden. In welchem standt ich auch sein mag, werde ich Euch
alle allezeit recht lieb haben.
Elisabeth Charlotte.
2U
122.
A monsr le raugraf zu Pfaltz a Hannover.
Versaille den 30 Januari 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, es ist schon etliche zeit, daß ich Ewer
schreiben vom 14 dießes monts entpfangen habe. Ich habe aber
nicht drauflf antwortten [können], weillen ich kranck geweßen undt
7 tag nach einander alle tag daß fieber gehabt habe. Seyder 17
tagen hatt mich daß fieber verlaßen, habe aber medecinen brauchen
müßen; so mir daß schreiben verwehret; vorgestern habe ich die
letzte, gott lob, genohraen. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir
zu dießem neuen seculo thut, dancke ich Euch Sehr, lieber raugraff!
Es ist schwer, in dießem leben gar vergnügt zu leben, undt viel-
leicht noch schwerer ahn dießem hoff, alß ahn andere orter. Ich
würde mich glückseelig schätzen, wen ich betrübte bey konte undt
unglückseelige helffen, allein unßer beüttel ist ordinari nicht ahm
besten gespickt, welches viel Vergnügung benimbt. Deß jungen kö-
nigs in Schweden victorie hatt einen großen esclat geben. Er hatt
sich einen unsterblichen rühm erworben; ist mir lieb-, weill er von
unßerm hauß ist. Ihr sagt mir kein wort, wie es mitt Ewerm aug
stehet undt wie Ihr Euch nun nach den rodtlen befindt. Ich bitte
Euch, schreibt mirs! Ich habe auß ma tante brieff ersehen, daß
I.L. wider von Zelle gekommen sein. Ihr habt groß unrecht, mich
umb verzeyung zu bitten, mir zeittungen zu schreiben; den daß
habe ich gern. Mitt complimenten ist mir durchauß nicht gedint.
Schreibt mir den nur, waß Ihr neues wist, wie Ewere Schwestern
thun, undt seydt versichert, daß ich Euch alle von hertzen lieb
Label
Elisabeth Charlotte.
123.
A mad. Louiasei raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Paris den 22 Februari 1701,
Hertzliebe Louise, ich glaube, es ist ein sonderlich esprit folet,
215
so sich divertirt, mir allemahl yerhindernfißen zu schicken, wen ich
ahn Euch oder Amelisse andtworten will; den es ist gewiß, daß,
so offt ich mich [in] der intention niedergesetzt, nmb ahn Euch
beyde zn schreiben, ist mir alß eine verhindemuß dazwischen kom-
men. So baldt ich wider gantz gesundt worden, seindt wir nach
Marly, alwo ich ohnmöglich zam schreiben habe gelangen können,
ob wir zwar sieben tag dort geweßen. Den sontag, alß wir hin
sein, ging man nach dem eßen in die predig, hernach schriebe ich
ahn ma tante, die fraw churfürstin zu Braunsweig, fuhr hernach
nach Marly, gegen 8 war bal. Andern tag, alß montags, schriebe
ich ahn mein dochter undt die hertzogin von Savoyen biß gegen 6,
da kämmen die königliche personnen von St Germain, umb 8 war
bal, umb halb 11 aß man zu nacht. Dinstags wolte ich schreiben,
aber es kämmen so viel leütte zu mir, daß ichs nicht konte, undt
muste abendts mit monsieur le Dauphin in die mußiq, so biß zum
nachteßen wehrte. Mitwogs schriebe ich ahn mein dochter undt
die hertzogin von Hannover undt muste auch noch nach Paris
schreiben, also ging der tag vorbey. Donnerstags schriebe ich ahn
ma tante, die churfürstin, undt fuhr hernach nach St Germain;
den ich hatte den könig undt die königin von Engellandt noch
nicht gedanckt, so fleißig in meiner kranckheit vor mich gesorgt
zu haben. Wie ich wider kam, war es zeit, zu der mussiq zu
gehen, damitt ging der tag auch hin. Freitags jagten wir den
gantzen tag ein dänhirsch mitt deß comte de ThouUousse hunden;
die jagt war nicht schön, aber daß wetter war gar sanfift. Abendts
war wider musiq. Sambstag gingen wir auff die hirschjagt, die war
gar schön; abendts fuhren wir wider nach Versaille. Sontag schrie-
be ich wider nach Hannover undt muste auch in die predig undt es
war auch salut. Montag kämmen wir hie&er undt muste gleich ahn
die hertzogin von Savoye undt mein dochter schreiben, hernach ins
apartement Dinstags fuhr ich au Port royal; hernach, alß ich
wider kam, bin ich mitt Monsieur Libden ins opera. Mitwogs war
wider der schreibtag von Lotheringen undtModene, donerstag nach
Hannover, opera undt apartement. Freitags war Port royal, alwo
viel leütte zu mir kämmen, hernach wider opera undt apartement.
Sambstag schrieb ich ahn mein dochter, fuhr hernach ins große
Carmelittenkloster ; abendts war, wie alle tag, apartement. Sontags
fuhr ich in die kirch, schriebe hernach ahn ma tante, die churfür-
216
Sun, nndt ma tante, die firaw abtißin Ton Manbisson, ging hernach ins
opera. Gestern, alß moDtag, fobr ich nach dem Port royal, schrieb
dort ahn mein dochter ondt die hertzogin von Savoyen, hernach
moste ich zu madame la princesse, welche kranck ist. Wie ich
wider kämme, ginge man eben ins apartement Also secht Ihr
woll, liebe Looisse, daß mir kein anderer tag zum schreiben fiber-
geblieben, alß eben dießer; ah, da findt sich schon wider eine Ver-
hinderung, man melt mir die printzes von Zwejbrücken ahn. Nach
dem opera werde ich dleßen brieff außschreiben.
Donnerstag den 24 Febmari.
Es kämmen vorgestern nach dem opera so viel leütte, daß ich
ohnmöglich dießen briefif außschreiben konte. Gestern schrieb ich
wider in Lotheringen undt nach Modene, hernach fuhren wir au
iaubourg St Germain, die seildantzer dort zu sehen; daß werte
von 5 biß umb 8, konte also wider nicht schreiben. Ich bin hefitte
nach dem Sten acten auß dem opera gangen, umb dießen brieff auß-
zuschreiben. Ein ander mahl werde ich ahn Amelisse schreiben,
heütte ist es ohnmöglich. Ewer schwager hatt mir geschrieben
undt geklagt, daß er gar übel mitt seiner niece zu&ieden ist,
fQrcht, mehr Processen, alß nie, zu bekommen. Ich meinte, alles
würde mitt seines brudern todt auffhören. Man rufft mir, ins
apartement zu gehen, muß schließen undt Vor dießmahl nichts
mehr sagen, alß daß ich Amellisse undt Euch, liebe Louisse, von
hertzen ambrassire undt Euch allezeit sehr lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
124.
A monsr le raugrafif zu Pfaltz a Hannover.
Versaille den 27 Februari 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, letzte post konte ich nicht auf Ewer
schreiben vom 11 Februari oder onzieme de Fevrier andtworten,
wie Ihr geschrieben hattet, weillen ich zu Paris so viel leütte alß
habe, daß man die helffte nicht thun kan, waß man will. Ihr
werdet von I. L. die fraw churfürstin vernohmen haben, daß ich
217
all lengst wider in volkommener gesundtheit, gott lob, bin; dancke
Euch, lieb Carl Moritz, Euch *deß wegen zu erfrewen. Wie ich
höre, so werdt Ihr woll geneßen können, wen Ihr nur selber sorg
vor Euch tragt, undt daß aug wirdt schon truckenen, wen Ihr nur
die gargel nicht so offt feucht. Ich habe schon ahn ma tante die
andere post geschrieben, wie sehr Ihr Euch ihrer undt I. L. deß
churfürsten gnaden berümbt; aber umb Euch derselben würdig zu
machen, so gehorcht ihren befehlen undt thut nicht, waß ihnen
mißfahlen undt Euch schädlich sein kan! Ich kan nicht begreiffen,
wie Ewere truckerey muß beschaffen sein; den ma tante sagt, Ihr
konte es im sack tragen; es muß eine neue invention sein. Daß
Ihr so gern bey unßerer lieben churfürstin seydt, gefält mir woll;
dan daß erweist Ewer gutt gemtihte. Ich mißgönne Euch nichts,
alß dießes glück, welches ich woll von hertzen wünschen mögte.
I. L. haben mir alle beschreibungen von der crönung Eweres kö-
nigs undt königin geschickt. Ich habe noch zwey oder 3 große
brieffe heütte zu schreiben, den morgen werde ich mitt dem könig
auff die jagt reitten, kan also vor dießmahl nichts mehr sagen,
lieb Carl Moritz, alß daß ich Euch von hertzen ambrassire.
Elisabeth Charlotte.
125.
Versaille den 8 Hertz 1701.
Hertzliebe Amelisse, so fest ich mir auch vorgenohmen hatte.
Euch gleich einen tag hernach zu schreiben, wie ich ahn Louisse
geschrieben hatte, so habe ich doch ohnmöglich dazu gelangen kön-
nen undt die 14 tag haben sich noch verfloßen, ehe ich dazu
habe gelangen können. Wir seindt vergangen sambstag 8 tag wi-
der herkommen. Den sontag war predig undt mnste ahn ma tante,
die fraw churfürstin zu Brauns weig, schreiben, welche brieff alle-
zeit gar lang sein. Montag fuhr ich mitt monsieur le Dauphin auff
die wolffsjagt, funden aber nichts, ob wir zwar lang suchten.
Dinstag renten wir den danhirsch zu St Germain, damitt ging der
tag vorbey undt abendts war commedie. Mitwogen schriebe ich
nach Lotheringen undt Modene undt ginge in die predig, donners-
tags wider auff die wol^agt; die wehrte 4 gantzer stunden undt
218
mehr, aber ich fuhr nach 4 standen nach hanO, hatte nnr der zeit,
abendts ma tante brieff, so ich frfihe morgendts ahngefangen hatte,
außzQSchreiben. Freitag war wider predig undt hatte den gantzen
tag affairen; den mein premier escayer ist gestorben. Seine witwe
hatt ein brevet de retenüe; also wer ahn deß verstorbenen platz
den dinst haben will, maß der witwe die Charge abkaaffen, so von
42000 thaller ist. Daß macht viel gethans, daramb habe ich coa-
rir über coarir bekommen andt wider andtworten müßen; damitt
ist mein tag hingangen. Sambstags fahren wir wider aaff die
wolffjagt. Wie ich wider kam, schriebe ich ahn mein dochter;
abendts war comedie wider. Sontags schribe ich nach Hannover
andt ginge in die predig, welche gar lang wehrte, schriebe auch
nach Paris. Montag, alß gestern, schriebe ich ahn mein dochter
andt in Savoyen; daß führte mich, biß ies wider zeit war, in die
commedie za gehen, welches die letzte is( biß aufif Fontainebleaa ;
es war la Mort de Pompee et le Medecin malgre lay. Also secht
Ihr woll, liebe Amelisse, daß mir kein zeit alß heütte überblieben,
za schreiben. Es würde za lang fallen, aaff alle Ewere liebe brieffe
za antworten, unterfange also nar den letzten, vom 27 Febraari.
Meine gesandtheit ist, gott seye danck, nun gar perfect; daß jagen
ist mir über die maßen woll bekommen. Es ist gewiß, daß, wen
man ein wenig kranck geweßen, lernt man kenen, waß gatt oder
Bchädtlich za der gesandtheit ist ; also wirdt man ein halber docktor
mitt. Ich lachte woll hertzlich gestern abendts in der commedie;
den der comediant, so der vatter von Lacinde spilte, wolte aaff
einmahl raffen, wie er den thun solle: «Ah, ma fille parle». Ich
weiß aber nicht, waß ihm im maal kam, schriebe ahnstatt parle:
«A, ma fille pette»; daß gab ein praff gelächter. Carl Moritz ja-
mert mich recht amb waß er ahn seinem aug aaßstehet; den es
that mir nar wehe, zo gedencken, daß man etwaß in ein aag
schneyden maß; den kein gliedt deß menschen ist entpfindtlicher.
Ich fürchte, er drinckt zaviel, andt daß ist den aagen sehr schädt-
lich. Ich habe ma tante geschrieben, wie sehr Carl Moritz sich
der gnaden rümbt, so er von I. L. andt dem charfürsten von
Braansweig entpfängt. Ich hoffe, ma tante wirdts machen wie ihre
fraw Schwester, die fraw abtißin von Maubaisson, welche den 11
April in ihr 80 jähr tretten wirdt andt sieht die kleinste schriefften
ohne brill, hatt noch ihre zän, zwar verschließen, aber doch noch
219
alle im mundt nndt geht beßer, alß ich, ist immer lustig nndt recht
possirlich so auflF den schlag, wie I. G. unßer herr vatter, der
churfürst s., war, wen I. G. s. von gutten humor wahren. Die
zwey pfältzische damen von Walbruu haben woll ungleiche heürah-
ten gethan. Man kan hiraufif sagen, daß der hertzog von Saxsen
undt seine geschwey beyde nicht recht gescheydt sein müßen, sich
so zu mißbeürahten. Aber deß hertzogs braut glaube ich nicht,
daß sie jemablen wirdt glückseelig sein können, ihren versprochen
edelman vor den hertzog auß ambition zu verlaßen. Daß man den
menschen hatt assassiniren wollen, ist etwaß abscheülicheis. Zu
meiner zeit war man nicht so boßhafft in Teütschlandt undt man
mißheürahte sich auch nicht so leicht; kan die neuen moden im
vatterlandt gar nicht gutt heißen, noch aprobiren. Der marschalck
von Homburg, monsieur von Baer, hatt mir gestern ein brieff von
Louisse gebracht, kan ihn aber ohnmöglich heütte beantworten.
Macht ihr meine entschuldigung uudt ambrassirt sie von meinet-
wegen undt seydt beyde versichert, daß ich Euch recht lieb habe!
Elisabeth Charlotte.
126.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfordt
Marly den 15 Mertz 1701.
Hertzliebe Amellisse, ob es zwar noch kein 8 tag ist, daß ich
Euch einen großen briefif geschrieben habe, so kan ich doch den
ab6 de Thesseut nicht weg ziehen laßen, ohne Euch zu schreiben.
Ich weiß aber nicht viel zu sagen. Daß man meint, daß der könig
in Engelland t, so zu St Germain ist, zwey attaquen von dem schlag
gehabt undt baldt nach Bourbon wirdt, daß waßer dort zu drinc-
ken, da fragt Ihr wenig nach; daß wir heütte den hirsch gejagt
undt nicht gefangen, da ist Euch auch wenig ahn gelegen, undt
sonsten weiß ich nichts; den abe de, Thesseut wirdt Euch schon
verzehlen, wie alles hir ist. Man spricht von nichts alß krieg undt
kriegsgeschrey nun, welches gar nichts ahngenehmes -ist. Adieu,
liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt versichere
Euch, daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte,
220
P. S.
Louisse brieff ist größerer, alß der Ewere, weillen ich auflf 3
von ihren brieffen andtworte.
127.
A mad. Louise^ raugräffin zu Pfaltz, a Franckfordt.
Marly den 15 Mertz 1701.
Hertzliebe Louisse, weillen Fab^ de Thesseut nun morgen wider
nach Franckfort wir dt, alß habe ich ihn nicht weg wollen laßen,
ohne ahn Euch undt Amelisse zu schreiben. Ich habe ihm Ewere
interesse sehr ahnbefohlen undt wünsche, daß er Euch nützlich sein
möge. Ich habe seyder kurtzer zeit 3 liebe brieff von Euch zu
recht erhalten, einen vom 20 Februar durch monsieur von Baar
undt zwey durch die post, einen von gleichem datum undt den
andern vom 6 Mertz. Es ist woll war, daß die mäner viel glück-
licher, alß die weiber, sein undt nicht nöhtig haben, so im zwang
zu leben, sondern hinreißen können, wo sie wollen. Aber von
Ewerem alter, liebe Louisse, könt Ihr nicht reden, ohne mich de-
crepit zu machen; den ich bin über 9 jähr alter alß Ihr, auch
kene ich hir leütte von Ewerm alter, so noch gantz vor jung pas-
siren wollen, voller bunde bandl sein, haben rodt weiß mouchen
undt allerhandt schönne Sachen ahn undt pretendiren , sehr char-
mant zu sein; die bleiben warlich nicht hinter den offen; also secht
Ihr ja woll, liebe Louisse, daß Ihr groß unrecht habt, über Ewer
alter zu klagen. Ich habe der zeit noch nicht gehabt , lang mitt
dem marchalck von Homburg zu sprechen können; daß wirdt sich
aber noch woll finden. Daß ist alles, waß ich auff dießen brieff
sagen werde, kome jetzt auff selbigem von gleichem datum. Ich bin
nun, gott seye danck, all lengsten in gar volkommener gesundtheit,
dancke Euch sehr vor den gutten wünsch, daß es bestandt mög
haben. Ich kan ohnmöglich evittiren, nach Paris zu gehen, weil-
len Monsieur den ort so sehr liebt, muß also nur gedult haben.
Alle die, so ihre freyheit zu Paris haben, können den ort woll
lieben, allein ich nicht; den ich lebe dort gar gezwungen undt
langweillig. Mich deucht, Churpfaltz hatt einen dollen ahnstalt,
221
keine schulden zu zahlen undt einen so gar großen hoffstatt zu
halten. Es hatt mir nicht geschienen, alß wen ab6 de Thesseut
einen so gar großen Widerwillen hette, nach Franckfort zu reißen.
Den envoyes von Gotha habe ich schon 2mahl gesehen , aber seine
fraw nicht. Ich weiß nicht, ob er sie wirdt nach hoff laßen; den
die weiber von envoyes werden schlegt bey hoff tractirt. Wen da-
men von qualitet herkommen, können sie mitt unß eßen undt in
kutzschen fahren; so baldt sie aber envoyes- weiber sein, so könne
sie es nicht mehr pretendiren; daß macht, daß gar wenige nach
hoff kommen. Von staadtssachen höre ich nichts, alß waß in den
gazetten stehet, undt misch mich auch in nichts, gehe überall mei-
nen geraden weg fort. Es ist kein hermit, so einsamer lebt, alß
ich, wie Euch abe Thesseut wirdt sagen können. Von 1 biß 8
uhr bin ich allezeit muttersallein in meiner cammer undt die zeit
wirdt mir gar nicht lang, finde alß etwaß zu thun. Nach allem
ahnsehen nach wirdt es nun baldt krieg werden undt glaube nicht,
daß, wen diß fewer einmahl wider ahngebrent sein, daß man es
wider wirdt leschen können, glaube nicht, daß meiner kindtskinder
kinder den frieden wider sehen werden. Ich komme jetzt auff Ewer
liebes schreiben von 6 Mertz undt werde solches gleich mitt einem
filtz beantwordten. Daß Ihr, liebe Louisse, Euch einbildet, daß
Ihr mir zu offt schreiben könt, daß seindt quinten; den weillen
Ihr ja woll wist, daß ich Euch lieb habe, also müst Ihr ja ge-
dencken, daß ich gern von Euch höre undt brieff von Euch habe
Meint Ihr dan, daß dießer hoff hir nichts, alß lust undt freüden
ist? 0 weit gefehlt, liebe Louisse! Wer alles lust hir im landt
ohne boßheit undt falschheit, würde ich mein leben nicht einsam
zubringen, wie ich thue; aber genung von dießem trawerigen text.
Ich weiß all lengst, daß man sagt, daß der von Baar der freüllen
von Leiningen mary de conscience ist; sie haben mir bey de einmahl
davon gesprochen undt gesagt, daß Ihre feinde daß geschrey auß-
breitten, ambarassirten mich recht mitt. Es ist löblich ahn der
landtgräffin, so charitabel zu sein. Es ist lenger, als 6 monat, daß
ich den kleinen graffen von Leiningen nicht habe zu sehen bekom-
men. Er scheut mich; den wen er es zu grob macht, filtz ich ihn
braff auß. Die graffen von Nassau brauchen keine filz, seindt gar
artig. Dem eisten ist ein groß Unglück widerfahren; sie seindt
mitt der kutzhen umbgeworffen worden undt dießer eiste graff von
222
Nassau halt sich den arm gebrochen nndt anßeinander gefahlen,
nndt die andere handt da seindt ihm die gebrochene gläßer von der
kutzh nein kommen, leydt sehr ahn einem finger. Die historie vom
könig in Poln ist recht possirlicb. So lang Carl Moritz aug nicht
gantz heill sein wirdt, wirdt mir immer bang vor ihm sein, daß er
daß aug verliehren möge; den ein aag ist eine delicatte sache. Es
wundert mich, daß Ihr meinen briefif noch nicht entpfangen habt,
so ich Euch von Paris anß geschrieben habe. Hirmitt seindt alle
Ewere briefife exact beantwortet Ich will jetzt ahn Amelisse schrei-
ben nndt sie nndt Euch versichern, liebe Louisse, daß ich Euch
beyde allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
128.
A monsr le raugraff za Pfaltz a Hannover.
St aou den 24 Mertz 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, weillen meine briefife Euch ahngenehm
sein, werde ich Euch alß fleißig andtworten. Bißher ist Ewer
wünsch erhöret; den ich bin, gott sey danck, in gar volkommener
gesandtheit. Ich glaube nicht, daß, wofern es krieg wirdt, daß es
aufif die teütsche freyheit wirdt ahngehen, noch deß wegen krieg
werden, sondern nur wegen daß hauß Östereich, so daß königreich
Spanien pretendirt. Wegen deß frantzöschen datums war nicht
nöhtig umb verzeyung zu bitten; den daß ist all eins, habe nur
drüber lachen müßen, daß unßere Teütschen die sprach so gern
mischen. Ich gestehe, daß ein jeder seinen fehler hatt, aber ein
jeder ist obligirt, sein bests zu thun, seine fehler zu corigiren, in-
sonderheit wen sie der gesundtheit schaden können. Es were mir
woU leydt, lieb Carl Moritz, wen Ihr Ewer leben vor mir aufifopfifern
soltet; wolte lieber, daß ich Euch helfifen könte, lang undt ver-
gnügt zu leben undt persuadiren, daß ich Euch undt Ewere Schwe-
stern allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
223
129.
\
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Hannover.
Versaille den 17 April 1701.
Hertzlieb Carl Moritz , gestern morgen habe ich Ewer schreiben
vom 8 dießes monts zu recht entpfangen. Ich hatte all lengst hir
vernohmen, daß ma tante zur sacession von der cron Engellandt
beruffen ist, andt hatt es I. L. geschrieben, bin recht fro drüber.
König Wilhelm ist kräncklich undt die princes Anne nicht gesandt;
sie solle, wie man sagt, zu viel hitzige wein trincken, hoffe also,
daß I. L. unßere churfürstin nicht lang mehr wartten werden, umb
auff dero groß herr vatters thron zu sitzen, alwo ihr gott der all-
mächtig glück undt seegen verleyen wolle! Ich hoffe, ob gott will,
daß alle preperatorien zum krieg ambsonst sein mögen. Deß könig
in Preussen eintzug solle gar magnifiq sein; ich hoffe, daß Breton
mir eine relation davon schicken wirdt. Ewere Schwestern haben
mir gar ein ahngenehm pressent geschickt, etliche medaillen von
dem könig in Preussen, unter andern eine, so über die maßen woU
geprägt ist. Helfft mir ihnen dancken! Ich habe es gestern ent-
pfangen. Ihr sagt mir nichts von Ewerem aug. Ma tante schriebe
mir letztmahl, daß es noch nicht gutt mitt ist, welches mir sehr
leydt; wünsche, das es beßer werden möge, undt versichere Euch,
lieb Carl Moritz, daß ich Euch undt Ewere Schwestern sehr lieb
habe undt allezeit behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
130.
A mad. Louise^ raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 19 April 1701.
Hertzliebe Louisse, vor ein par tagen habe ich in deß abe de
Thesut paquet daß Ewerige gefunden mitt den schönnen medaillen,
wovor ich Euch von hertzen dancke; ist ein recht ahngenehm
pressent; den ich habe ein requeüil von den neuen medaiUen,
bettet mir also nichts ahngenehmers schicken können. Daß kleine
224
vom könig in Preussen ist über die maßen woU geprächt, die anti-
quen seindt nicht schönner. Der arme ab6 Thessut jammert mich,
so wenig geselschafft zu Franckfort zu haben ; den eine, conversation
mitt dolmetscher kan nicht lang bestandt haben. Ich admirire alle-
zeit die leütte, so von großer conversation sein; den ich kan nie
nichts rechts zu sagen finden in der conversation undt kan auch
nicht spülen; den ich liebe daß spiellen gar nicht mehr. Mich
deucht, im lombre wirdt man alß gefiltzt wegen übel spillen; daß
möchte Euch auch woll widerfahren sein, weillen Ihr es so vergeßen'
hattet. Wen man keine -inclination zum spillen hatt, spilt man
allezeit übel. Ich kan nicht begreiffeii, wie man in den statten
dawern kan; auff dem landt findt man viel eher waß, so einem
amussiren kan, es seye dan, daß man gutte geselschafft im hauß
hatt, da man frey mitt ist, wie Ihr andern mitt der fraw von De-
genfeit. Daß kompt mir possirlich vor, daß die fraw von Wolmers-
haussen schon eine geheürahte dochter hatt. Mein gott, wie geht
die zeit vorbeyl Wie nahe ist die junge Riedtin der Rieden ver-
wandt, da mein brnder s. so viel von gehalten? Man hatt mir die
historie von dem keißerlichen obersten, so graff Evergenie solle ge-
heyßen haben, auch von Strasburg geschickt etliche tag vorher, ehe
ich Ewer schreiben endtpfangen; aber umb die warheit zu bekenen,
so habe ichs gantz undt gar nicht geglaubt. In den getruckten
zeittungen habe ichs nicht gesehen. In jener weit werden wir viel-
leicht wißen, waß der teüffel thun kan, in dießer aber verspürt
man nur die boßheit von boßen menschen. Ich habe gehört, umb
es auff gutt teütsch zu sagen, daß die churfürstin zu Pfaltz sehr
jalous von ihrem herrn sein solle, aber damitt rieht man wenig auß.
Monsieur Jordan, der polnische gesandte, war heütte morgen bey
mir; der will nicht gestehen, daß seine königin solle ohnmachtig
geworden sein, alß sie die zeittung vom verbrandem schloß vernoh-
men. Den churprintz hatt man gleich in den gartten getragen, wie
man den brandt verspürt. Waß wunderlich ist, ist, daß es oben
ahm tach ahngangen ist. Ich habe noch mehr undt unterschiedt-
lich brieffe von Euch, liebe Louisse, undt von Amelisse entpfan-
gen , aber phnmöglich beaptwortten können ; den ich habe eine
kurtze zeit her sehr viel gejagt. Ambrassirt Amelisse von meinet-
wegen undt sagt Ihr, daß, so baldt es mir möglich sein wirdt,
werde ich ihr auch schreiben 1 Diß ist heütte schon der 6te brieff,
225
den ich schreibe, habe also die handt waß müde undt werde yof
dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch beyde von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
131.
A mad. Louisse^ raugraffin zu Pfaltz^ a Franckfort
Port royal den 15 May 1701.
Hertzliebe Louisse, ich habe zwar seyder eine kurtze zeit 2
liebe brieff von Euch entpfangen, aber ohnmöglich eher, alß nun^
andtwortten können. Daß erste vom 23 April habe ich durch die
post entpfangen undt daß. vom 28 hatt mir der abb6 de Thesseut
vergangen sontag überlieffert. Ich werde hiemitt auff beyde zu-
gleich andtwortten, aber in großer eyll; den in ein stundt muß ich
au palais royal fahren, umb ein kindt dort mitt meinem söhn zu
halten, ein söhngen von einer dame, so von meinen freüUen ge-
weßen; zu unßern zeitten hette man Jungfer gesagt, aber alles en-
dert sich in dießer weit. Aber hirauß segt Ihr woU, daß ich nicht
änderst alß in großer eyll werde schreiben können. Es ist war,
daß ich seyder kurtzer zeit gar oft gejagt habe mitt dem könig.
Der frühling kompt hir auch gar spät ahn undt alle gar alte leütte
sagen, daß sie ihr leben so kein jähr gesehen, wie dießes ist, da
alles so gar spät grün wirdt. Zu St Clou seindt nur die maronier
undt Palisaden grün, die große buchen, eychen undt birckenbaum
seindt es noch gar nicht. Ahn die Pfalte^darff ich nicht gedencken,
so sehr jammert sie mich. Ich weiß nun schon, daß die Sachen,
so in meinem nahmen zu Franckfort sein tractirt worden, nach Eom
gewießen sein. Der herr Binder hett seinen aydt sparen können;
den ich glaube, daß er nur nach seine ordre vom keyßer judicirt
hatt, auffs wenigst wie man mir versichert; den ich verstehe die
affairen gar nicht. Zu Ewerm wünsch hette ich von hertzen con-
sentirt; den es mir aU mein leben leydt geweßen, ein weibsmensch
zu sein, undt churfürst zu sein, wehre mir, die Wahrheit zu sagen,
beßer ahngestanden, alß Madame zu sein; aber weillen es gottes
willen nicht geweßen, ist es ohnnöhtig, dran zu gedencken. Daß
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 1^^
226
landt hette ich nicht geschunden, wie dießer churfürst thut, nndt
alle religionen woll in ruhen gelaGen. Ich wolte lieher churfürst,
alß könig in Englandt, sein. Der Engländer humor undt ihr parle-
ment stehet mir gar nicht ahn, gönne es ma tante heßer, alß mir;
die wirdt auch heßer mitt ihnen umbzugehen wißen, alß ich y^ürde
gethan haben. Ich finde gar kein difficultet, daß Ihr die offre
ahnnehmen soltet, so ma tante, die fraw churfürstin. Euch thut. Es
ist weniger schandt vor Euch, liebe Louisse, dieße churfürstin, so
Euch so nahe ist, zu dinnen, alß die keyßerin selber. Gott gehe
nur, daß Ihr es lang sein möget undt unßere liebe churfürstin noch
mehr alß 30 jähr leben möge undt Ihr uudt Amelisse bey ihr sein
bleiben! Ich werde Euch woll vor glücklich schätzen, bey I. L. zu
sein können. Die churfürstin von Bayren solle gar einen wunder-
lichen humor haben; wundert mich also nicht, daß sie sich nicht
hatt sehen laßen im vorbeyreißen. Hiemitt ist Ewer erstes schrei-
ben völlig' beantwortet, ich komme auff daß zweyte. Ich verstehe
die Sachen, so man in meinem nahmen vor Monsieur macht, eben
so wenig undt noch weniger, alß Ihr, liebe Louisse! Ihr verstehet
noch, waß Processen sein, ich aber gar nicht, mögte aber sehr
wünschen, daß etwaß dem vatterlaudt zum besten gesehen könte.
Es ist mir leydt, daß meine recomandation Euch nichts hatt nutzen
können; habt doch meinen gutten willen gesehen. Abbe Thesseut
hatt schlime opinion von Ewerer sache. Mein bruder s. war ein
gutter mensch, bin woll versichert, daß man ihm Ewer sach übel
muß vorgebracht haben, wofern Euch tort geschehen. Ich wolte von
hertzen, daß ich Euch dinnen [könnte], wolte es gern thun. Daß macht
mich unerhört alt, der fraw von Wollmershaußen gtoße enckel zu wi-
ßen. Wollmerhaußen kan auch nicht gar jung mehr sein, sölte also
woll nicht ahn widerheürahten gedencken , wen gleich seine fraw zu
sterben kommen solte, welches mir leydt were; den ich halte noch
allezeit viel auff sie. Wolte gott, der hertzog von Zelle hette sein leben
so keinen ungleichen heüraht gethan, so alles unglück ins hauß Brauns-
weig geführt hatt! So Sachen glücken nie. Hette mein söhn so viel
taußendt thaller, alß ihm sein heüraht gerewet, so were er steinreich.
Gott auffrichtig zu dinnen, ist überall loblich. Ich glaube, daß ein
jeder sein destin hatt, daß er nicht übergehen kan. Ich wolte gerne
noch lenger blandem, allein es ist lang, daß ich nicht ahn Ame-
lisse geschrieben ; will ihr doch auch ein par wort sagen, muß dero«
227
wegen vor dießmahl schließen undt nichts mehr sagen, alß daß
ich Euch von hertzen amhrassire undt sehr lieh habe.
Elisaheth Charlotte.
P. S.
Ich mögte wißen, ob es war ist, daß mein baß, die printzes
von Cassel, deß königs in Preussen fraw dochter, todt ist, wie man
hir sagt. Last michs wißen undt wovon sie gestorben 1
132.
Port royal den 15 May 1701.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet gedencken, daß ich mein wordt
wie ein anderer schelm gehalten habe, indem ich Euch schon lengst
versprochen, zu schreiben, undt es doch nicht gethan; aber ich habe
ohnmöglich gekönt, werde h^titte auff zwey [schreiben] auff ein-
mahl andtwortten, alß nehmblich auff daß vom 29 April, so ich
vergangen sontag durch abb6 de Thessut entpfangen, undt eines
durch die post vom 20 Aprill; werde bey dem frischten ahnfangen.
Ich verzehle Euch nicht alle verhindernüßen, so mir zugestoßen
seindt, daß würde Euch nur langweillig fahlen undt viel zeit neh-
men; den heütte muß ich auch noch in großer eyll schreiben; den
wie Ihr auß Louisse brieff, so ich ihr schreibe, sehen werdet, so
muß ich heütte noch mitt meinem söhn ein kindt auß der tauff
heben, undt wir werden hernach mitt einander ins opera, muß also
nur in großer eyll schreiben. Ihr habt groß recht, zu glauben,
liebe Amelisse, daß complimenten gar meine sache nicht sein, finde
nichts langweilligers. Abb6 Thesseut sagt, daß es zu Franckfort gar
langweillig seye. Vielle hir glauben den frieden, ohnahngesehen
alles zum krig bereydt wirdt. Gott gebe es! Mich deucht, man
verstehet die sach nicht recht in Teütschlandt undt alle haubter
seindt nicht einig genung, umb die freyheit recht zu mainteniren;
aber ich glaube nicht, daß man sie zu stewern begehrt; den mich
deucht, daß man ahn allen orten den frieden wünscht undt hir
mehr, alß nirgendts. Daß Louisse mir von ma tante, die fraw
churfürstin, propossition geschrieben, aprobire ich sehr. Ihr werdt
in ihrem brieff sehen, waß ich drauff andtworte. Ich muß lachen,
daß Ihr sagt, daß Ihr Ettch zu keiner hoffnärin schicken könt; da-
228
Za begehrt Euch auch ma tante woU nicht, aber man könte es ma-
chen, alß wie in Franckreich, da man survivancen gibt, undt so
können beyde eine Charge haben; also könte Louisse hoffmeisterin
werden undt Ihr die survivance haben undt ihre stelle allezeit be-
tretten, wen sie entweder kranck oder abweßendt ist. Nie kan man
schände haben, diejenigen zu bedinnen, so unß so nahe sein undt
so viel meritten haben, wie unßere liebe churfürstin von Braunsweig
ist. Ich bin verwundert, wen Ihr mir sagt, daß Ihr jetzt mager
seydt; den wie Ihr ein kindt wahret, da wahret Ihr ja recht fett; daß
macht mich glauben, daß Ihr es noch einmahl werden werdet. Ich
bin erst nach 41 jähr fett worden; also mögte es Euch auch noch
woU geschehen, liebe Amellisse! Ich apropire sehr, daß Ihr nach
Hannover geht; bey der churfürstin zu sein, kan Euch nie änderst
alß repetirlich sein. Mich deucht, es braucht nicht viel gentillesse,
bey hoff zu sein; man ist natürlicher bey hoff, alß in den provintzen
undt Stätten, undt wen man so raissonabel ist, alß Louisse undt Ihr,
liebe Amellisse, seydt, kan man sich überal durchbringen. Ewer
brieff ist gar nicht alber. Ewer vertrawen touchirt mich recht,
undt umb zu reden, [wie] man hir sagt, so ist es recht mein foible;
drumb last Eüchs ja nicht gerewen! Hirmitt ist Ewer letzter brieff
exact beantwortet. Ich komme jetzt auf den ersten durch ab^
Thessut oder bloß auß der post, ist all eins, alle brieffe werde
geöffnet, so in Franckreich kommen undt dort weg gehen. Ich
weiß es gar woll, frag aber nichts darnach, schreibe doch alles,
waß mir im kopff kompt. Der krieg kan unßer comerce nicht auff-
heben. Waß geht unß der krieg [an]? Weder Ihr noch ich seindt
nicht mitt in dem geheimen raht undt die stadtsachen gehen unß
nicht ahn. Wir können also sans consequence sagen alles, waß
wir wollen. Ich habe dem eisten graffen von Nassau Weillburch
heütte ein ohl gebracht, welches mir über die maßen woll bekom-
men, wie ich den arm auß einander gefahlen hatte; es sterckt die
nerven undt ädern undt senen; ich hoffe, daß es ihn baldt wider
seinen arm zu recht bringen wirdt. Es ist nicht nöhtig, zu spre-
chen vor dieße 2 junge graffen; sie können zu Paris sein, so lang
sie wollen. Dießer eiste graff ist in volkommener gesundt[heit] undt
wirdt nicht lahm werden. Sie sagten mir vorgestern, daß sie baldt
weg würden. Lenor ist noch nicht hir, wirdt aber nun baldt kom-
men. Die mißheüraht verdrießen mich immer, ist nnßeru Teütschen
229
recht scbimpfflich; den sie hatten daß über andere nationen, ihre
heüßer pur zu behalten, undt, gott verzeye mirs, ich glaube, ich
vergebe einer damen er 10 galants, alß einen mißheüraht. Hir-
mitt ist Ewer zweytes schreiben auch völlig beantwortet undt die
zeit kompt heran, daß ich weg muß, kan derowegen nichts mehr
sagen, alß daß ich Euch ambrassire undt recht lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
133.
A mad. LouissOi raugraffin zu Pfaltz^ a Franckfort.
Versaille den 15 Jolli 1701.
Hertzliebe Louisse heütte ist es erst 8 tag, daß mich daß
lieber quittirt hatt; habe nach meinem Unglück noch 18 acces vom
üeber bekommen, hoffte schir, daß mein eilendes leben einmahl
endigen würde. Es ist aber gottes wille nicht geweßen, bin ohne
remedien courirt. Es ist mir aber, noch eine gar große mattigkeit
geblieben undt Schwachheit in den schencklen, welches mir gar
spanisch vorkompt; den niemandts ahm hoff ist, so beßer gehen
konte, alß ich; aber nun wirdts woU mitt auß sein; den in meinem
alter kompt man selten wider zu kräfften. Meine letzte kranckheit
ist schuldig, daß ich Euch, liebe Louisse, nicht eher auff Euere
schreiben geantwortet habe. Wen man 8 wochen kranck ist undt
28 acces vom fieber gehabt hatt, ist man unerhört schwach, 14 ac-
cessen von Stagigen, 7 vom continuirlichen fieber undt 7 alle
tag. Waß ich glaube, daß mir noch so wehe in den schencke-
len thut, ist, daß der abscheuliche schrecken, so mir Monsieur s.
so schleuniger todtesfall verursachet, in den schenckeln gefallen,
welche mir 24 stundt gezittert haben, alß wen man im stärcksten
frost vom fieber ligt. Man kont auch nichts erschrecklichers sehen;
umb 9 abendts geht Monsieur in voller gesundtheit lustig undt la-
cheudt auß meiner cammer, umb halb 10 rufft man mir, da finde
ich I. L. s. schon ohne sprach, kandte [mich] doch noch undt sagte
etlich wort mitt großer mühe. Die gantze nacht biß andern morgen
umb 6 bracht ich da zu, biß gar kein hoffnung mehr wahr; da
wurde ich wie ohnmächtig undt man trug mich weg. Ich bin Euch
230
sehr verobligirt, liebe Louisse, vor allen part, so Ihr in mein
Unglück genohmen, welches woll abscheulich ist, undt dancke auch
vor alle gutte wünsche. Ich bitte Euch, last doch I. M. der ver-
witibten königin von Denemarck wißen, daß ich sehr touchirt bin,
daß I. M. mir die gnade gethan, meiner in meinem unglück zu ge-
dencken! sage auch demütigen danck davor undt wünsche von hert-
zen, daß I. M. allezeit vor allem unglück undt betrübtnuß mögen
befreyet bleiben. Die königin hatt Euch tractirt, wie Ihr es überall
soltet sein, undt es ist ridicul von der churfürstin zu Pfaltz, daß
sie es nicht thut. Ich glaube, mein großer schrecken hatt mir vor
4 tagen daß fieber auflFgehalten ; den nach dem ist es ärger kom-
men, alß vorhin. Ich glaube, liebe Louisse, daß Ihr mich woll
lieb genung habt, umb mir einen großen dinst zu erweißen, welcher
were, Euch unter der handt zu erkundigen, wem Moras seine des-
charge geben von waß er vor mich in der Pfaltz entpfangen, undt
selbigem menschen zu bitten. Euch eine copie davon zu geben, undt
mir es zu schicken; den daß wirdt mir sehr nöhtig sein in meinen
affairen mitt meinem söhn. Der könig thut mir viel gnaden seyder
meinem unglück; von seinen gnaden werde ich hinfüro bloß leben
müßen undt ist Amelisse woll übel bericht geweßen, daß ich so
woll versorgt solle sein; weillen aber lamantiren meine sach gantz
undt gar nicht ist, so will ich hirvon schweygen, nur daß sagen,
daß es mir deß jahrs ahn 80000 francken fehlen wirdt, daß mein
hauß nicht haben kan, waß nöhtig, will geschweygen daß, waß zu
meiner lust oder vergnügen überbleiben solte. Daher secht Ihr, wie
glücklich ich hinfüro sein werde, aber genung hirmitt von dießen
verdrießlichen Sachen; den davon zu reden macht nur trawerig
undt hilft zu nichts. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Euch
von hertzen undt werde Euch allezeit von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
134.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 15 Julli 1701.
Hertzlieb Amellisse, ich habe Ewere zwey schreiben vom 3
Julli undt 23 Juni zugleich entpfangen vor etlichen tagen, sage
231
Euch großen danck vor daß mittleyden, so Ihr mir üher meinem
Unglück bezeugt. Ich weiß nicht, ob es nicht beßer geweßen wehre,
daß ich undt nicht Monsieur gestorben wehre; den I. L. s. betten
glücklich undt vergnügt noch lang leben können, ich aber werde
deßgleichen nicht thun können. Monsieur Obrecht ist übel informirt,
wen er sagt, daß ich so ein groß wittumb habe; den die warheit
ist, daß ich nur von deß königs gnaden werde zu leben haben.
Ich weiß nicht, wer der monsieur de Sperville ist, habe den nah-
men mein leben [nicht] gehört; allein er hatt keine gutte corespon-
dentz hir im landt undt wirdt tlbel bericht; den denselben tag, alß
Monsieur s. starb, setzt ich mich in kutzh undt fuhr hieher undt
bin nicht seyderdem auß dießem schloß kommen, habe nie gedacht,
in ein closter zu gehen; den daß closterleben ist gar nicht mein
sach. Wie es mitt meiner gesundtheit stehet, kont Ihr, liebe Ame-
lisse, auß Louisse brieff sehen, der ich einen volligen bericht davon
ertheylle. In der Pfaltz werden wir einander woll nie wider sehen;
den meine bißen zu schmahl sein , umb zu reißen können ; zu dem
so darff ich nicht auß dem königreich. Hiemitt ist £wer erstes
schreiben völlig beantwortet; ich komme jetzt auff daß zwoitte. Es
ist war, liebe Amelisse, daß ich unerhört viel schreiben auff mein
Unglück bekomme. Ich bin fro, daß Euch die königin in Dene-
marck so woll entpfangen. I. M. seindt woll glücklich, bey die
ihrigen einmahl wider zu sein können. Die königin hatt Euch trac-
tirt, wie es sein solte, aber die churfürstin zu Pfaltz ist ridiculle,
es nicht auch so zu thun. Ich bin gantz verwundert, daß herr
Obrecht so übel von meinen affairen instruirt ist, zu glauben, daß
ich ein gntt wittumb habe. Er weiß vielleicht nicht, wie viel zu
meinem hoffstadt gehört, oder glaubt vielleicht den holländischen
gazetten, so schon braff hirauff gelogen haben, undt umb die rechte
warheit zu bekenen, so versehe ich mich in dießem leben keines
großen glucks; den wer von puren gnaden lebt, kan kein gar groß
glück zu hoffen haben. Wir seindt alle der verenderungen zu sehr
unterworffen in dießer weit, umb allezeit auff gnaden zu vertrawen
können, aber bißher habe ich mich deß königs gnaden sehr zu
rühmen sowoll vor mich, alß meinen söhn, welchen I. M. zu einem
großen herrn gemacht haben. Von meinem söhn bin ich sehr con-
tent. I. L. leben gar woll mitt mir; er ist ein gutter buh undt
hatt ein gutt gemühte. Hirmitt seindt Ewere beyde schreiben
232
durchanß beantwortet. Es ist jetzt eßenzeit, muß also schließen.
Adieu den, liebe Amellisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
habe Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
135.
Marly den 29 JulU 1701.
Hertzliebe Louisse, gestern abendts habe ich Ewern lieben
brieff vom 21 zu recht entpfangen, will geschwindt drauff andtwor-
ten; den schiebt man nur einen tag auff, so kommen hernach tau-
ßendt Verhinderungen dazwischen, undt habe mir fest vorgenbhmen,
fleißiger zu schreiben, nun ich, gott lob, wider vom fieber befreyet
undt gantz gesundt bin. Es war einmahl zeit, wider gesundt zu
werden nach 28 accessen. Ich habe meine gewohnliche stärcke
undt kräfften noch nicht, allein ich werde doch taglich beßer. Ich
habe alllengst auff daß schreiben geantwordtet, worinen Ihr mir der
königin mutter in Denemarck compliment gemacht, undt gebetten,
meine demütigste dancksagung abzulegen; wundert mich, daß Ihr
den brieff nicht entpfangen habt; habe so baldt geschrieben, alß es
mir nur immer möglich geweßen; den ich bin nach meinem ungltlck
noch 4 gantzer wochen kranck geweßen, sonsten bette ich gleich
geantwortet. Den ich bin recht touchirt, daß I. M. die königin
meiner so gnädig gedacht haben, undt würde mir recht leydt [sein],
wen die königin meinen konte, daß ich nicht alle schuldigste er-
kandtnuß davor habe; kan nicht begreiffen, wo meine brieffe müßen
hinkommen; den ich hatte ahn Euch, liebe Louisse, undt auch ahn
Amellisse geschrieben, ahn jede apart. Es ist mir recht lieb, daß
die königin Euch so woU tractirt hatt undt der churfürstin zu
Pfaltz daß exempel geben, wie man mitt Euch umbgehen solle.
Mein gott, wie finde ich die königin in Denemarck so glücklich, die
lieben ihrige noch zu haben undt bey ihnen zu sein können! Ich
hette hoch von nöhten in meinem betrübten standt, waß zu finden,
so mich divertiren konte; außer daß spatziren gehen ist mir jetzt
nichts erlaubt. Mein gröster trost stehet in deß königs gnaden,
welche noch continuiren. I. M. seindt mir entgegen kommen undt
haben mich mitt sich spatziren geführt. Ich bin erst seyder sontag
hir, .der könig aber war schon seyder mittwogen hir. Ich habe
233
nicht eher her gedorfft,, weillen leyder vergangen sambstag Monsiear
s. begrabnuß war, welcher tag, ob ich zwar nicht dabey, [mich]
doch hatt hertzlich weinen machen, wie leicht za erachten ist.
Man rafft mich alleweill, weillen viel damen mich sprechen wollen;
muß derowegen schließen andt nichts mehr sagen, alß daß ich
Euch bitte, Amelisse von meinetwegen [zu] ambrassiren andt per-
suadirt zu sein, daß ich Euch beyde allezeit sehr lieb behalten
werde.
* Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich bitte, sagt mir doch, wie kompts, daß Carl Moritz mir
nicht daß leydt geklagt hatt! den ich habe kein schreiben von ihm
bekommen. .
136.
Marly den 11 Augusti 1701.
Hfrtzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich Eweren lieben
brieff vom 28 Julli zu recht entpfangen. Meine gesundtheit ist nun
wider gutt, habe nur ein wenig husten, so mehr eine scharpffe pi-
tuitte, alß rechter husten, ist; wolte lieber einen rechten husten
haben, wehre er zu couriren; jedoch so hoffe ich, daß dieß auch
nicht gar lang mehr wehren wirdt. Meine kräfften seindt wider-
kommen, aber mein miltz plagt mich noch offt. Ma tante, die fraw
churfürstin, ist, gott sey danck, viel gesunder undt stärcker, alß
ich bin; glaube nicht, daß ich in ihrem alter kommen werde. Ich
brauche gantz undt gar nichts mehr. Daß englische pulver ist mir
sehr woU bekommen, habe es offtermahlen in meinem fieber ge-
braucht; kein gerstenschleim konte ich drincken, daß were mir ohn-
möglich; fasten aber kan ich braff. Es seindt gar viel leütte jetzt
kranck. Die duchesse de Bourgogne were gestern schir gestorben
undt hatt man ihres endts erwahrt, ist aber nun, gott lob, außer
gefahr. Sie hatt ein continuirlich fieber sehr starck mitt redouble-
menten sey der vergangen sontag. Dinstags abendts, dinstags alß
vorgestern, ließ man I. L. zum ersten mahl von ihrem leben zur
ader; gleich drauff kämme I. L. wie eine schlaffsucht ahn, undt
wen man sie erweckte, schlug sie umb sich undt kente [keinen]
334
menschen mehr. Daß hatt so die gantze nacht gewehrt, daß man
nur ihr endt erwahrt; morgen dts hatt man ihr2mahl nach einander
Temetiqae geben, da ist sie wider zu sich selber kommen nndt
hatt unß alle wider gekent. Daß r^onblement ist nicht gekommen,
ist also nan außer gefahr; hatt doch noch ein wenig daß fieber.
Ihr herr, der duc de Bourgogne, wolte verzweyfflen, wie sie so
übel war; hatt mich woU von hertzen gejammert, habe braff mitt
ihm geweint; den daß hatt mich meines Unglücks wider gantz er-
inert. Ich weiß nicht, wo her Obrecht die falsche zeittung von mei-
nem wittumb auffgefischt hatt. Hatt der gntte man vielleicht ge-
fabelt, wie er es geschrieben? Den er ist auch todtkranck, welches
mir sehr leydt ist. Ich habe mir nie einbilden können, daß ich
eine wittib werden solte; den Monsieur s. war viel starcker undt
gesunder, alß ich, habe also nie daß gebett gethan, so Ihr thut
undt welches mir doch hoch nöhtig geweßen were; bin Euch sehr
verobligirt, liebe Louisse, daß Ihr vor mich betten wolt, halte viel
auff ehrlicher leütte gebett. Freuden kan ich wenig in dießer weit
genießen^ würde content sein, wen nur keine neue plagen kommen
selten. Ich bin fro, daß I. M. die königin in Denemarck meine
demütige dancksagung noch vor dero ruckreiße endtpfangen. Mein
gott, wie glücklich finde ich dieße königin, ihren herrn bruder
noch zu haben undt ihn undt seine gantze famille zu sehen können !
Die descharge von Moras muß woll ein art von inventary sein.
Ab6 Thesut war vielleicht schon nach Rom vereyst, wie Ewer
schreiben ahn ihm hir ahnkommen, hatt also nicht andtwortten
können. Ihr habt woU gethan, keinen expressen weg zu schicken;
den daß hette Euch Unkosten gemacht undt die sach pressirt eben
nicht so gar sehr. So offt ich bey Monsieur s. lebzeitten ein in-
ventarium begehrt von waß monsieur de Moras mittgebracht, hatt
man mirs allezeit abgeschlagen. Ich sehe auch nun nur gar zu woll,
warumb es geschehen. Ich bin fro, zu vernehmen, daß herr Fer-
dinant von Degenfeit noch in gutter gesundtheit ist undt sich mei-
ner noch erinert, auch mittleyden mitt mir gehabt hatt; bitte, Ihr
wollet ihm doch von meinetwegen sehr dancken vor sein christliches
mittleyden. Freylich hette ich trewe leütte von nöhten, allein bey
mir steht es nicht, leütte ahnzunehmen; den der könig hatt mir
auß seinem raht einen man geben, so vor mich sorgen soll. Der
frantzösche gesante wirdt den Beyer in der Schweitz nicht examl-
2S5
niren, der könig befehls in den, undt in solchem detail kan sich
der könig nicht einlaßen. Baron Bar hatt nie nichts sagen wollen.
Abbe Thessat hatt sein bests dabey gethan , aber nie nichts anß
ihm kriegen können; daß weist woll, daß Churpfaltz nicht will, daß
er sprechen soll. Der abb6 hatt Euch vielleicht nicht auff dießen
text geantwortet, weillen er die sach schon unverichter sachen pro-
pirt hatt. Sonsten schreibt Ihr gutt genung auff frantzösch; den
ich habe von Eweren brieffen gesehen. Wie man Euch gesagt, daß
die orleanische gelder geliefert wahren, hatt man sie blat abge-
schlagen; seyder dem man aber gesehen, daß der könig die sach
in ernst niembt undt exequiren will, hatt mans hergeben. Ich werde
aber nicht reicher davon werden; den es nur helffen wirdt, just
mein hauß undt staadt zu erhalten, aber in meinen bänden wirdt
nichts davon kommen. Hirmitt habe ich gar exact auff Ewer
schreiben geantwortet, liebe Louisse, undt weillen wir itzunder
den englischen hoff hir erwartten, werde ich Euch vor dißmahl
nichts mehr sagen, alß daß ich Euch allezeit von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
137.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, aFranckfort.
Marly den 18 Augusti 1701.
Hertzlieb Amelisse, es ist 10 tag, daß ich [mich] alle tag
daher setze, umb Euch zu schreiben, ist mir aber allemahl eine
Verhinderung dazwischen kommen; heütte aber hoffe ich, einmahl
dazu gelangen. Der gutte herr Obrecht hatt nun weder recht noch
unrecht; den er ist nun todt, wie Ihr schon werdet erfahren haben.
Waß mich ahnlangt, so verlaß ich mich auff den lieben gott undt
deß königs gnaden undt schlendere so meinen weg fort. Ich bin
noch zimblich gesandt, habe aber seyder vergangenen sontag ein
wenig den durcblauff, welches die große mode zu Marly ist. Vor
alle gutte wünsche dancke ich Euch von hertzen, liebe Amelisse!
Ah, monsieur dlberville da habe ich woll von gehört Ihr hattet
erst Sperville geschrieben undt den nahmen kente ich nicht. Daß
ordre, so er tregt, wirdt nur daß von St Louis sein, womitt mau
286
gar nicht geistlich ist, sondern wirdt denen nar gegeben, so dem
könig 20 jähr im krieg gedint haben. Iberville mag woll von den
Parisser stadtleütte sein, die schnadern so lautt, wie Ihr dießem
beschreibt ; wollen alß JFom hoff reden nndt wißen nichts darvon.
So närisch bin ich nicht, mich in ein closter zn speren; daß ist
mein sach gar nicht. Der himmel kan über mich nichts änderst
vorsehen haben, alß mein leben algemach hir hinzubringen nndt
hernach zu sterben. Ich kene die weit zn woll, bin anch zu alt,
umb große deseins za haben; nur in ruhen mein leben hinzubringen
ist meine eintzige ambition; also wen ich nur ruhig bin, wirdt Ewer
gutter Wunsch ahn mir erfühlt sein; den alßden werde ich vergnügt
leben. Die Pfaltz werde ich woll mein leben nicht mehr zu sehen
bekommen, noch außer Franckreich reißen. Hir im landt fragen
die kinder gar wenig nach den eitern. Es ist etwaß gar rares,
wen man einen findt, so seine mutter lieb hatt undt sie nicht ver-
acht nach seines vatters todt; mein söhn hatt also hirin mehr
meritten, alß man woll meint. Es ist nun zeit, ahn taffei zu
gehn; nach dem eßen werde ich dießen brieff außschreiben.
Nun komme ich von der taffei undt werde folendts auff Ewer
schreiben andtwortten, liebe Amelisse! Wir wahren zuvor ahn mei-
nem söhn geblieben. Glaubt mir, daß es viel ist, daß mein söhn
mich lieb hatt! den dazu ist er wahrlich gar nicht erzogen worden;
den man hatt von seiner zarten jugendt ahn mitt fleiß gearbeytet,
ihn von mir abzuziehen; jedoch so hatt sein gutt naturel die ober-
handt genehmen, aber hirvon wer noch viel zu sagen, derowegen
beßer, zu schweygen. Gott gebe, daß die keyßerliche envoyes alles
nach ma tante contentement außmachen mögen wegen deß 9ten
churfürstenthum! Ma tante hatt mir geschrieben, daß der graff Eck
unßers baron Ecks bruder seye. Mitt dem graff Rabach undt sei-
ner gemahlin ist ma tante, die fraw churfürstin, sehr woll zufrie-
den, sehe also, daß sie alle gar woll mitt einander zufrieden sein.
Ich bin fro , daß ma tante so woll außsicht ; den daß macht mich
hoffen, daß I. L. noch lang leben werden. In meinem sin finde ich
ma tante viel glücklicher, alß wen I. L. königin weren; den die
Engländer haben unbeständige undt doUe köpff. Ewer Schwester
war nicht übel bericht; den man lest meine gelder erfolgen, undt
thun woll , den sonsten wer ihnen der könig teüffelsdings über den
halß gefahlen. Ich habe gestern brieff von Rom bekommen. Meine
237
sach ist dort ahngefangen, dancke Euch sehr vor die gntte wün-
sche, so Ihr dazu thut; hett es hoch von nöhten, daß es woU ab-
laufen möge. Adieu, liebe Amelisse! Ambrassirt Louisse von mei-
netwegen undt sagt ihr, daß ich alleweill ihren lieben brieff vom
11 Augusti entpfange! kan aber ohnmöglich heütte andtworten, son-
dern nur Euch beyde versichern, daß ich Euch allezeit recht lieb
behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
138.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Hannover.
Yersaille den 4 September 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, gestern habe ich Ewer schreiben vom
24 August zu recht entpfangen. Es ist gar nicht gegen dem re-
spect, zu erweißen, daß man sich vor die interessirt undt part
nimbt in waß denen begegnet, so unß nahe sein undt keine
schandt ahnthun. Im überigen kan ich von Ewerem brieff sagen,
alß wie Sosie in der commedie vom Amphitrion : «Le seigneur Ju-
pitter sait derer la piluUe». * Aber Ihr kendt mich nicht genung,
lieb Carl Moritz , umb zu wißen , ob ich großmühtig bin oder nicht,
habe also von hertzen über Ewere entschuldigung lachen müßen.
Ahn eine sach könt Ihr nicht zweyfflen, nehmblich daß ich natur-
lich bin undt frey herauß sage, waß ich dencke, wie Ihr auß allen
meinen brieffen werdet ersehen haben. Vor alle gutte wünsche, so
Ihr mir thut, dancke ich Euch sehr undt hoffe, daß Ihr, wen
Ewere gutte wünsche werden volzogen werden, auffs wenigst part
ahn meinem glück werdet nehmen, weillen Ihr es doch nicht ahn
meinem unglück habt nehmen wollen. Adieu , lieb Carl Moritz !
Wir werden nicht desto weniger gutte freunde bleiben.
Elisabeth Charlotte.
139.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Hannover.
Fontainebleau den 28 September 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, in der nachricht, so man Euch von dießem
^ Molidre, Amphitryon, acte Ili, sc^oe 11.
238
hoff geben, muß man Euch gesagt haben, daß man die fiatterie
liebet; den ich kan daß frantzösche Sprichwort sagen: «Yous m'en
donnes et tont da long de leaolne». Darin bestehet zwar eine
große politesse ondt were sehr apropo ahn alle andere meines-
gleichen, die Euch, lieb Carl Moritz, nicht so nahe wehren, alß
ich Euch bin, aber mitt mir müst Ihr natürlicher sprechen. Ich
bin (hette schir leyder gesagt) von denen leütteu, da man weder
viel guts, noch viel bößes von sagen kan, nndt der mühe nicht wehrt,
daß man viel von mir spricht. Ich zweiffle gar nicht, daß, waß Ihr
mir sagt, nicht gutt gemeint ist; allein, wie schon gesagt, so müst
Ihr naturlicher undt ungezwungener mitt mir sprechen, wie Ewere
Schwestern thun undt Carllutz s. gethan hatt; den wie ich Euch, lieb
Carl Moritz, gern lieb wolt haben, so will ich Euch auch instrui-
ren, wie Ihr mitt mir leben solt, damitt ich Euch lieb behalten
möge. Meint Ihr, daß ich den gautzen Stadt hir regire, daß Ihr
mich umb verzeyung bitt, daß Ihr mir bagatellen schreibt? Daß
hatt mich lachen machen. Bagatellen kommen mir gar woll zu;
schreibt mir nur deren undt alles, waß Euch im kopff komptl Ich
kene der ittallieuischen commedianten maniren gar woll, allerhandt
sprachen so durcheinander zu reden; haben mich offt mitt lachen
machen. Es ist lang, daß ich nicht von hertzen gelacht habe; den
wir haben lautter trawerige scenen hir gesehen seyder 4 mont;
hette hoch von nöhten, wider waß guts undt lustigs zu sehen.
Adieu, lieb Carl Moritz! Seydt versichert, daß ich Euch lieb habet
Sonsten würde ich Euch, waß ich gedencke, nicht so teütsch her-
auß sagen; aber ich bin Euch zu nahe verwandt, umb nicht offen-
hertzig mitt Euch zu reden.
Elisabeth Charlotte.
140.
Fontainebleau den 12 October 1701.
Hertzliebe Amellisse, wie ich vor etlichen tagen ahnXouisse
schriebe, war mein ernstlicher vorsatz. Euch gleich andern tags
zu schreiben, habe aber ohnmöglich dazu gelangen können; bin
allemahl dran verstöret worden, entweder daß mich der könig mitt
sich auff die jagt in seiner calesch geführt, oder vissitten, oder meine
affairen, allezeit ist waß dazwischen kommen, welches mir recht
239
leydt geweßen. Ich habe Ewere wehrte schreiben hlr vom 4 andt
22 September zu recht entpfangen. Meine gesondtheit ist nun, gott
lob, sehr volkommen, undt damitt sie so bleiben möge, fahr ich so
offt anß, alß mir möglich ist, nndt es ist auch, amb sie zu erhal-
ten, daß mich der könig anff die jagt führt etlich mahl, wen mein
miltz zu starck rast. Alles, waß hir ist, geht alle tag anff die
jagt andt zweymahl die woch in die commedie, außer ich, wie Ihr
leicht gedencken könt. Ich mnß gestehen, anter anß gerett, daß
es mir nicht eine kleine mortification ist, dießer beyden divertisse-
menten zn entberen müßen. Zu fuß gehe ich gar offt spatziren
andt jedesmahl eine gntte frantzösche meill durch den waldt durch;
daß vertreibt die melancoley, welche sonsten hart nachsetzt, inson-
derheit wen ich von affairen reden hören, da ich mein leben vor
dießem nichts von gehört. £s were mir hoch von nöhten, daßT ich
die Sachen so woU alß Louisse verstehen könte. Wen ich dan von
Sachen höre, so ich nicht recht begreiffen kan (den im 50ten jähr
zu lernen, ist waß spat), den werde ich bludtsleünisch undt krit-
lich wie eine wandtlauß. Apropo von wandtleüße, sie hetten schir
die königin in Spanien, die junge, in den spanische gall^en gefres-
sen; man hatt sie gantze nachte bewachen müßen. Sie ist vor et-
lich tagen zu Tonllon ahnkommen, wirdt von dar zu landt nach
Barcelonne. I. M. können nicht lenger auff der sehe daweren, wie
sie mir geschrieben haben. Ich mögte nicht in dießer königin platz
sein. Königin sein ist überall beschwerlich, aber königin in Spa-
nien ist noch ärger, alß alles. Mich deucht, ma tante, die fraw
churfürstin, würde sich beßer dazu schicken können, alß ich. Kö-
nig Wilhelm endert offt von favoritten, solle jetz, wie man sagt,
wider einen neuen ahn Albermale platz haben. Daß die königin,
seine gemahlin, bey ihren lebenszeitten keine rivalle bekommen, ist
nicht zu verwundern. Die von könig Wilhelms inclination sein,
fragen nach keine weiber nichts. In dießer sach bin ich so gelehrt
hir in Franckreich worden, daß ich bücher davon schreiben könte.
Ibr habt mir, liebe Amelisse, einen rechten gefallen gethan, mir
alles zu schreiben, waß Ihr in der meß gesehen ; daß gibt mir ver-
enderung undt vertreibt die melancolische gedancken. Mich deucht,
der kleine graff von unßers graff Hans Lutz söhngen hatt keinen
dicken buch; der muß ihm den erst auff der reiße gekommen sein,
sehe auch nicht, daß es hir die mode ist, wie monsieur Bar gesagt
240
halt. In dießem angenblick bringt man mir Eweren lieben brieff
vom 6 dießes monts, woranff icb gleicfi andwortten werde. Die
kleine princes, pfaltzgraff Carls dochtergen, wirdt woll jetzt ihr
mnttergutt haben; dnimb maß sie ohne zweyffel so viel leütte bey
sich haben. Dießes pfaltzgraffen zweyter heüraht steht mir nicht
ahn; den es seindt nur princessinen in id^en in Poln, in der that
aber nur gutte edelleütte; finde also, daß der pfaltzgraff sich mes*
allirt. Ich bin alß verwundert, daß man bey jetzigen zeitten keine
rechte kinder mehr sieht; den kinder von 9 jähren wißen nun zu
reden undt zu leben wie menschen von 30 jähren. Daß war artig
undt recht conform, wie der burgemeister daß kleine printzesgen
getracktirt hatt; bin gewiß, daß I. L. es ihm ihr leben werden
danck wißen. Ich habe hoch von nöhten, daß man mir ein wenig
disttaction gibt, wie Ihr thut, liebe Looissel Den ich habe seriensse
Sachen genong im kopff undt bins so satt, wie die gutte fraw von
Harling alß pflegt zu sagen, alß wen ichs mitt löfflen gefreßen
bette. Ich maß gestehen, daß mir könig Jacobs todt alle trawerig-
keit wider in kopff gebracht. Die königin ist in einem standt, so
einem stein erbarmen mögte. Der gutte könig Jacob ist mitt einer
solchen st£|,ndthafftigkeit gestorben, die nicht zu beschreiben, ganz
ruhig, alß wie einer einschläfft. Den tag vorher, ehe er starb,
rieff er lautt: «Ich verzeye von grundt meiner sehlen meiner toch-
ter alles, waß sie mir übels gethan hatt, undt bitte gott, daß er
ihr es auch vergeben möge , wie imgleichen dem printzen von Ora-
nien undt allen meinen feinden». Der fraw von Brun todt hatt
mich recht gejammert. Ich mögte gern wißen, wie alt sie gewor-
den ist. Wie ich sehe, so bettet Ihr gern, daß Ewer tauten geist
auff Euch ruhen mögte, wie der geist deß prophetten Elias auff
den prophetten Eliss6e. Ich weiß nicht, ob Ihr Euch noch deß
alten Gapten erinert, so meines brudern s. Silberdinner war, wie er
noch churprintz war. Der sagte immer zu den pagen: «Wiltu nicht
alt werden, so laß dich jung hencken!» Daß frantzösche Sprich-
wort aber sagt: «L'home proposse et dieu disposse». Drumb muß
man ihn gewehren laßen, wie Ihr gar recht sagt, liebe Amelissel
In deßen schütz befehle ich Euch auch undt verbleibe gewiß die
person von der weit, so Euch undt Louisse ahm liebsten hatt.
Elisabeth Charlotte.
241
P. S.
Ich muß doch noch sagen, daß, wen Carl Moritz mir schreibt,
macht er mir alß complimenten a perte de veüe. Ich habe aber
dagen protestirt undt gebetten, er möcht mich damitt verschonen
ondt nur wie Ihr undt Louisse schreiben.
Ul.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckford.
Fontainebleau den 13 October 1701.
Hertzliebe Louisse, vor ein par tagen habe ich Ewer schreiben
von 1 dießes monts zu recht entpfangen, undt ist mir recht von
hertzen leydt geweßen, darauß zu ersehen, daß die gutte fraw von
Brun gestorben; bitte, wolt doch ahn die fraw von Weldten undt
die von Wollmershaußen mein leydt hirüber bezeugen undt ihnen
mein compliment über ihrer Schwester verlust machen. Die gutte
fraw von Brun muß alt geweßen sein; den so lang, alß mir ge-
denckt, habe ich sie ein "gestanden mensch gesehen. Wo ist Amlis*
hagen? Von dem ort habe ich mein leben nichts gehört Die freül-
len Charlotte bette ich woU nicht ahn den nahmen von fraw von
Welten erkandt; den ich wüste nicht, daß sie geheüraht worden;
glaube nicht, daß sie viel kinder bekommen. Es ist nichts betrüb-
ters in der weit, alß gutte freunde zu verliehren. König Jacob
wahre nicht zu bejammern; den I. M. haben mitt freüden dero le-
ben geendiget; aber wer zu beklagen ist undt mich recht betrübt
halt, daß war die gutte königin. Die ist in einem standt, daß es
einen stein erbarmen mögte, kan sich deß königs todt nicht ge-
trösten, ob sie zwar ihr leydt gar christlich nimbt. Vor Ewere
gutte wünsche, liebe Louisse, dancke ich Euch von hertzen. Ich
wüste nicht, daß die cron Denemarck hülff in Ittallien schickt; sie
habens dort nicht von nöhten, es geht nur gar zu woU vor die
keyßerlichen dort. Ich weiß der königin mutter in Denemarck
recht danck, daß sie so viel von Euch helt. Ich glaube, daß I. M.
nun wider bey dem könig, ihren herrn söhn, sein. Ich kan mir
leicht einbilden, wie betrübt der abschidt von dießer königin undt
ihrem herrn brudern Liebten geweßen. Man weiß woll, wen man
sich quittirt, aber nicht, wen man sich wider sieht. Von hir kan
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. V^
242
ich Euch gar nichts neues sagen. Ich gehe spatziren, leße undt
schreibe nndt eilich mahl fi(lhrt mich der könig auf die jagt in
seiner calesch. Alle tag jagt jemandes hir; sontags jagt mein söhn
nndt auch mittwogen, montag nndt donnerstag deß könig hnnde,
dinstag nndt sambstag jagt monsienr le Dauphin den wolff, freitag
nndt dinstag jagt der monsienr le Comte die rehethier, montags
monsienr le dnc du Maine, sein herr hruder, den hirsch nndt din-
stag monsienr le duc den hirsch. Man sagt, daß, wen man alle
esqnipagen znsamen führen solte, würde man 900 hunde auff ein-
mahl sehen, wo nicht gar tanßendt. Daß ist alles, waß ich von
hir sagen kan. Zweymahl die woche ist commedie, aber Ihr könt
woll gedencken, daß ich nicht nein gehe, welches mich genung
mortificirt; den ich gestehe, daß die commedien noch der gröste
spaß ist, so ich in dießer weit habe, nndt die eintzige last, so mir
nicht verleydt ist. Es fengt ahn seyder 2 tagen zu regnen; fürchte
sehr, daß es gar lang wehren wirdt nndt daß die schönne zeit, so
so lang gewehrt, nun gantz vorbey sein wirdt. Adieu, liebe Louisse!
Ich ambrassire Euch von hertzen undt versichere Euch, daß ich
Euch allezeit lieb behalte.
a
. Elisabeth Charlotte.
T. S.
Ich weiß nicht, liebe Louisse, ob Ihr meinen ersten brieff ent-
pfaugen habt, so ich Euch den 26 September geschrieben habe.
Ich habe noch keine antwort drauff bekommen.
142.
A monsr le raugra.ff palatin a Hannover.
Fontainebleati den 29 October 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, wie ich ahnfangs daß historgen laße, so
Ihr mir schreibt, umb zu beweyßen, wie die complimenten zu nichts
deügen, meinte ich, es were Ewere eygene historie, wie mir I. L.
ma tante, die fraw churfürstin, vor ein par mont verzehlt, daß es
Euch, lieb Carl Moritz, ergangen, wie Ihr den könig von Preussen
habt unterwegen sehen wollen undt mitt einem blawen aug wider
nach Hannover kämmet, weyllen Ihr die stiege herunder gefahlen
243
wahret, indem Euch ein gutter freündt auf die stiege ambrassiren
wolte, aber zu endt sehe ich doch, daß es dieße historie nicht ist.
Ich bin recht content von Ewerm jetzigen brieff; den ich habe
gern, daß die, so mir nahe sein ondt ich lieb haben will, ohne
fagon nndt lustig ahn mir schreiben, wie es ihnen im kopff kompt.
Diß jähr haben wir gar keine starcke wetter hir im lande gehabt;
vor ein par jähren aber kämme eines undt rassirte ein artig mensch,
daß kein balbirer es bette so schön machen können, war vielleicht
ein butzen vor deß schwartzen Cäsperles hochzeit. Ben perucken-
macher kene ich woU, so wider zu Hannover ist ahnkommen; er
ist fleißig zu mir kommen, wie er hir war. Wer seine eygen haare
tragen kan, den desaprobire ich sehr, daß er frantzösche perucken
tregt, aber wer keine haar hatt, thut woll, frantzösche perucken
zu tragen; den man macht sie gewiß beßer hir, alß ahn andern
örtern. Wir haben jetzt hir eben so wenig neues, alß Ihr andern
zu Hannover. Brumb sage ich Euch vor dießmahl nur schließlich,
daß ich Euch allezeit lieb behalte. Wolte gott, wir könten gewiß
sein, daß wir nach unßern todt lieben oder haßen könten! so solte
einem daß sterben leichter ahnkommen. Dem seye aber, wie ihm
wolle, so kan ich Euch nur versprechen, so lang ich lebe, Euch
lieb zu haben.
Elisabeth Charlotte.
143.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 8 November 1701.
Hertzliebe Louise, ich bin gantz beschambt, daß, nachdem ich
Euch so sehr versprochen, .daß ich fleißig schreiben wolte, doch
abermahl aüff zwey von Ewern lieben brieffen zu andtworten habe,
alß nehmblich auff das vom 8 undt vom 22 October; fange bey dem
ersten ahn, dancke Euch sehr vor waß Ihr mir geschickt, will aber
weitter nichts darauff sagen; den dießer text ist gar zu trawerig
undt betrübt, umb ohne große nohtwendigkeit davon zu sprechen. Vom
könig Jacob werde ich auch nicht viel mehr sagen; der gutte könig
ist seines eilendes quit undt hatt sein unglück mitt solcher gedult
außgestanden, daß ich nicht zweyffele, daß er nun im himmel ist.
Die Parisser gehen weitter undt bilden sich ein, er thue miracle,
16*
244
aber so weit erstreckt sich mein glaab nicht. Ich habe woll gleich
gedacht, daß die erklärnng deß printzen von Wallis vor könig den
krieg nach sich ziehen würde; allein wen war ist, waß man hir
sagt, mögte die sach sich noch woll endern, nehmblich daß der
arme könig Wilhelm anch anff den todt liegen solle. Wen die
Engelländer eine nation were wie andere leütte, so were zn hoffen,
daß sie fest in der resolntion vor ma tante nndt ihre kinder blei-
ben würde, allein es ist eine ontrewe nndt falsche nation, woranff
man nie bawen kan. Ich weiß nicht, ob Ewere gedancken der
fraw von Ratsamshaassen ihre sein; wen es aber die sein, kan ich
nur dranff antwortten, daß ich zu alt bin, umb ahn waß änderst
zu gedenken, alß meine tage in ruhen zu schließen. Niemandts
denckt ahn mich undt ich kan woll einen thewem eydt thun, daß
ich eben so wenig ahn waß gedencke, außer waß ich alleweill ge-
sagt habe; bin Euch doch, liebe Louisse, verobligirt, mir zu wün-
schen, waß Ihr meint, daß gutt seye. Ich werde mein leben nicht
können boß werden, daß Ihr g^legenheit sucht, mir zu schreiben,
es mag auch mitt wem sein, alß es wolle. In Franckreich ist man
nicht so scrupullos auff der mansleütte leben; wen sie nur nicht
stehlen noch falsch zeugnuß geben, alles ander lest man passiren
undt geht nicht desto weniger mitt ihnen umb, ob sie gleich mitt
männer oder weiber desbauchirt sein. Ich habe, ich muß gestehen,
glat vergeßen, deß graffen von Brockdorff söhne ahn mein dochter
zu recomandiren , bitte Euch deßwegen umb verzeyung, werde es
aber ohnfehlhar morgen thun. Es ist noch nichts verlohren dran;
den bißher ist mein tochter nicht zu Nancy, sondern zu Bar gewe-
ßen, erst letztvergangen sambstag von Bar weg, thut aber gar kleine
tagreißen undt wirdt auch, weillen sie so grob schwanger undt auch
weill ihr herr zu StMiel jagen will, sich etlich tag dort auffhalten.
Mein brieff wirdt also eben ahnkommen, wen sie nach Nancie kom-
men wirdt, also noch zu rechter zeit. Ihr sprecht mir von dem
Wollmershaussen , alß weti ich ihn nicht kente. Ich habe ihn offt
gesehen, aber selten nüchtern; hirauß werdet Ihr woll sehen, daß
ich ihn kene. Ich bin nun woll mitt Carl Moritz zufrieden. Er
hatt mir einmahl einen natürlichen undt ungezwungenen brieff ge-
schrieben. Es ist woll ein unglück undt schade, daß Carl Moritz
in der Gregu bänden gerahten undt hernach in der heßlichen acca-
demie zu Wolffenbüttel. Ich habe ahn ma tante geschrieben, daß
245
I. L. Carl Moritz verderben, so hertzlich zu lachen, wen er voll
ist; den daß macht ihm glauben, daß es artig ist, undt alle tag
sauffen. Sauffen ist ahngenehmer, alß kranck sein, wundert mich
also gar nicht, daß Carl Moritz daß erste erwehlt hatt; allein zu
seinem eygen besten hette er daß letzte wehlen sollen undt Ewern
raht folgen. Hir im landt haben die weiber eben so große fehler
alß die mäner; dan eben alle laster, so die mäner haben, folgen
sie mitt weniger scheu, alß die mäner. Hirmitt ist Ewer erstes
schreiben völlig beantwort; ich komme auff daß zweyte. Ich mögte
von hertzen wünschen, daß mein mittleyden freüllen Charlotte undt
insonderheit freüllen Anna Catherine trösten möge. Die gutte fraw
von Brun hatt zu Amlishagen woll eine betrübte vissitte abge-
legt. Ihr sagt aber nicht, wovon sie gestorben, obs vom schlag
oder sonst ein accident geweßen. Es ist mehr zu verzeyen, daß
der fraw von Wolmershaussen dochter einen braffen undt reichen
soldatten genehmen, alß wens ein gelehrter geweßen were; den ein
generalmajor macht doch schon eine figur in der weit, kans ihr
also eben nicht sehr verdencken. Durch freüllen Charlotte sieht
man woll , daß man sein verhengnuß nicht entgehen kan , weillen
sie so fest resolvirt war, nicht zu heürahten, undt doch dazu ge-
kommen ist; aber waß, under unß gesagt, mich noch mehr wun-
der nimbt, ist, daß man so verliebt hatt von ihr sein können. Ihr
leben ist wie ein kleiner roman. Ich kan aber nicht glauben, daß
sie mitt dem alter hübscher geworden ist. Daß rechte mittel, sich
nicht zu heürahten, ist, keine resolution zu faßen, sich nicht zu
heürahten; den fast alle Jungfern, so die resolution nehmen, heü-
rahten sich endtlich. Wir haben hir die schönste tage von der
weit; ich mache es mir braff zu nutz, spatzire alle tag ein par
stundt im walt. Die menge von hirschen ist gar groß hir. Ich
liebe die hunde so sehr, daß keine menge hunde, so groß sie auch
sein mag, mich erschrecken kan. Ich fürchte, ich werde auch
endtlich vor dicke nicht mehr gehen können. Von affairen werde
ich vor dießmahl nicht sprechen, gestehe, daß mich diß alles be-
trübte gedancken macht, undt die habe ich nicht nohfig zu suchen,
kommen mir ohne daß genung. Ich hoffe, unßern Frantzoßen wirdt
daß hertz einmahl wider in Ittallien kommen; den sie haben zwey
partheyen gethan, so die keyßerliche geschlagen. Es ist schwer zu
glauben, daß krancke soldatten sich haben schlagen können; da
246
gehört woll ein zetteigen zu, wie stein Callenfels alß pflegt zu
sagen. Ich bin woll Ewerer meinong ondt finde, daß der krieg
eine heßliche sach ist. Wen man meinen raht folgen wolte, würde
man imer frieden halten. Hiemitt seindt Ewere beyde schreiben
völlig beantwortet. Ich bitt, ambrassirt Amelis von meinetwegen!
Morgen werde ich anff ihr schreiben andtworten, dießen abendt
aber kan ich ohnmöglich mehr schreiben, sondern nur noch sagen,
daß ich Each allezeit lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich kan ohnmöglich dießen brieff überleßen, bitte, die fehler,
60 sich drin finden werden, zu entschuldigen.
144.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Fontainebleau den 4 Novembris 1701.
Hertzliebe Amelise, gestern habe ich auff Louisse brieff geant-
wordet undt heütte werde ich anff die Ewere antwordten, so vom
15 undt 28 October sein. Es ist war, daß ich ein zeithero von
gar ernstlichen undt recht langweilligen sachen mitt Louise habe
sprechen müßen, welches mir leydt genung. Ich habe hoch von
nöhten, daß man mich lachen macht; den diß wirdt sehr rar bey
mir. Ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig, hatt mir, es
ist noch nicht lang, eine von den pasquilles geschickt auff den it-
tallienischen krieg, welche mich hatt lachen machen; den es ist
so perfect geschrieben, wie die Frantzosen alle teütsch reden, daß
maus nicht ohne lachen leßen kan. Den jungen vettern, so Ihr in
Ittallien alß volontaire habt, ist er des obersten Degenfelts söhn,
oder deß baron Hanibals? Den ich glaube, daß dießer auch geheü-
raht worden. Kompt herr Ferdinand den gar nicht mehr iuTeütsch-
landt? Er muß doch auch jetzt nicht gar jung mehr sein. Ich bitt,
wen Ihr ihm schreibt, so grüst ihn doch von meinetwegen undt
klagt ihm auch daß leydt wegen seiner Schwester, die fraw von
Brun, welche mich warlich recht gejammert hatt! Ich fürchte, zu
kunfftig jähr werdet Ihr den krieg näher haben, alß in Ittallien.
247
Wer in dießem landt nicht spilt, muß all sein leben die parthey
nehmen, nicht hinter dem offen zu sitzen (den es seindt keine offen
hir im landt), aber woll camin; dahinter sitzt man, gantz einsam
undt allein, undt wer es noch waß, wen man artige rätzelger hören
könte. Bißher haben wir hir daß schönste wetter von der weit
gehabt; ich habe es mir auch braff zu nutz gemacht, bin alle tag
im walt spatziren gangen. Weillen ich nicht weiß, waß man alß
im herbst thut, noch wie man sich dort divertirt, so kan ich nicht
sagen, ob es mir gefallen könte oder nicht. Viel trauben eßen
gereütt man etlich mahl, wen man einen braffen tribsdrill bekompt,
welches schir allemahl geschieht, wen man zu viel trauben frist.
Biß jähr ist dieße kranckheit sehr gefährlich undt wirdt leicht eine
rotte rühr drauß; es seindt unerhört viel leütte ahn der rühr diß
jähr hir in Franckreich gestorben. Hiemitt ist Ewer erstes schrei-
ben, liebe Amelisse, vollich beantwortet; ich komme jetzt auff daß
zweyte vom 28 October. Ich bin Euch sehr verobligirt, liebe Amel-
lisse. Euch so sehr über meine, gott seye danck, perfecte gesundt-
heit zu erfrewen. Der könig continuirt, mir große gnadt zu er-
weißen. Den gutten wünsch, so Ihr thut, daß gott deß königs
hertz regiren möge, damitt ich noch ferner* vergnügt leben möge,
meritirt noch eine absonderliche dancksagung. Wen man so alt ist,
alß ich bin, vergeht alle lust von sich selber; den man wirdt alles
müht, aber gridtlich zu sein, kan man sich woll endtwehren. Es
ist woll gewiß, daß große trawerigkeit sterben macht; hirin hatt
der könig Salomon groß recht. Meint Ihr, liebe Amelisse, daß ich
die bibel nicht mehr leße, weillen ich hir bin? Ich leße alle morgen
3 capittel. Ihr müst nicht meinen, daß die frantzösche catholischen
so alber sein wie die teütschen catholischen; es ist gantz eine an-
dere sach mitt, schir alß wens eine andere religion were. Es lest
hir die heylige schriefft, wer will; man ist auch nicht obligirt, ahn
bagatellen undt abgeschmackte miracle zu glauben. Man helt hir
den papst nicht vor unfehlbar; wie er monsieur de Lavardin zu
Rom excomunicirte , hatt man hir nur drüber gelacht. Man bett
ihn nicht ahn, man helt nichts auff wallfahrten undt hundert der-
gleichen, worinen man im landt gantz different von den teütschen
catholischen ist, wie auch von den Spaniern undt Ittallienern. Ich
komme aber wider auff waß Ihr von der melancoley siigt. Es ist
nur gar zu war, daß die trawerigkeit zu nichts nutz ist; allein es
248
stehet nicht allezeit hey anß, lustig oder trawerig m sein, andt es
ist schwer, lastig zu sein, wen man sein leben einsam zubringen
muß, nichts hatt, so einem eygendtlich erfrewen kan, undt in der
that manche trawerige Sachen auf dem hals hatt. Die last runtzelt
eben so sehr, alß der chagrin, undt wen man offt in die son undt in
den windt geht, runtzelt man ohnfehlbar; daß lachen runtzelt eben
so sehr, alß daß weinen. Ich finde die glücklich, so affairen ver-
stehen können; mir seindts lautter spanische dörffer. Die menage
begreif ich auch gar übel, komme spät dazu, etwaß zu lernen,
doch werde ich es so gutt machen, alß ich kan. Ewer hauß wirdt
eher in richtigkeit gebracht werden, alß daß meine; den Ihr gar
gewiß weniger leütte zu versorgen habt, alß ich; aber genung hir-
nütt von dießen verdrießlichen Sachen; den alle affairen, wie sie
auch sein mögen, kommen mir verdrießlich undt langweillig vor.
Ich versichere Euch, liebe Amelisse, daß ich gantz undt gar keine
ambition habe undt nichts weniger wünschte, alß königin zu sein.
Je höher man ist, je gezwungener muß man leben, undt wehre die
stelle von Madame eine Charge, so man verkauffen könte, hette ich
es lengst gar wollfeill weg geben, will geschweygen den, daß ich
eine königin zu sein -wünschen solte. Die princes von Savoye
kompt nicht unschuldig zum königreich; sie ist ja von dem rechten
Stoff, da man die königinen von macht, undt von vatter- undt
mutterseytten nichts ahn ihr zu tadlen. Sie ist Monsieur s. enckel,
aber die meine nicht, wie Ihr woU wist; aber daß gutte kindt
schreibt mir mitt solcher amiti^, alß wen sie in der that mein
enckel were. Daß kompt, weillen ihr fraw mutter kaum zwey jähr
alt war, wie ich in Franckreich kämme, wüste also nichts von ihre
eygene ft-aw mutter, hatt mich also so lieb bekomme, alß wen sie
mein leiblich kindt wehre. Ich habe die gutte hertzogin auch von
hertzen lieb undt mache keinen großen unter schiedt unter meinen kin-
dern undt I. L. Die hatt ihrer fraw dochter, der königin, dießes ein-
gepregt, daß sie mich lieb haben solle« Die wir hir haben, ist zu
jung von ihrer fraw mutter kommen, hatt also ihre sentiementen
nicht. Die junge königin thut ihr reiße zu landt. Der könig in
Spanien undt seine gemahlin seindt freylich junge eheleütte, sie
machen nur 31 jähr zusamen; den der könig wirdt dießen December
18 jähr alt werden undt die königin ist 13 jähr alt seyder dem
September. Daß zwey bruderzwey Schwestern nehmen, ist nirgendts
249
verbotten, aber woU, daß man zwey bruder oder zwey Schwestern
nach einander nimbt. Engellandt ist gar nicht ihr weg, weder znwaßer
noch zu landt, geweßen. Man sagt hir, könig Wilhelm bette die
waßersucht nndt seye todtkranck; ich werde es aber nicht glauben,
biß ichs anderwerts her erfahre. Es were schadt, daß so ein ver-
standiger könig so wenig leben solte. Waß man ihm aber be-
schuldiget, ist nur gar zu war. Alle junge Engelländer, so mitt
mylord Portlandt ambassade herkammen, alß sie sahen, daß es zu
Paris eben zugeht wie bey ihrem hoff, haben sie keine scheu gehabt,
alles gantz natürlich zu verzehlen, wie es hergeht. Solle von dem
Albemarle verliebt gewest sein wie von einer damen undt ihm die
händt vor alle menschen geküst haben. Daß große zeichen noch,
daß dießer könig verliebt von jungen mänern ist, ist, daß er nichts
nach weiber firagt; den glaubt mir, liebe Amelisse ! die mäner seindt
so, sie müßen eines oder daß andere lieben. König Carl s. hatt
allein die weiber geliebt. Es seindt aber noch vielle, die bey de
lieben; deren findt man hir gar viel undt mehr, alß von denen, so
nur von eine inclination sein. König Carl ist nicht verliebt von
madame Mazariu geweßen, sondern von madame de Portsmuth undt
von einer commediantin. Die mäner glauben, die weiber können
nicht sein, ohne waß zu lieben, weillen sie selber so sein; drumb
muß man ihnen dieße fragen zu gutt halten. Ich glaube, daß lieben
oder nicht lieben nicht allerdings bey unß stehet, aber die haben
gott zu dancken, denen er hirinen einen ruhigen sinn gibt undt vor
solch Unglück bewahrt, so taußendt andere unglfick nach sich zieht.
Drumb muß man mittleyden mitt denen haben, welche gott in solch
Unglück fallen lest, nndt ihn fleißig bitten, unß davor gnädig zu be-
wahren. Ewer art von schreiben, liebe Amelisse, gefehlt mir recht
woll undt bin gar content darvon. Carl Moritz machts nun auch
beßer, alß er ahnfangs gethan, bin woll mitt seinem letztem brieff
zufrieden geweßen. Complimenten seindt gutt vor leütte, so man
nicht kenen will undt welchen man nicht lieb haben will undt also
nichts änderst zu sagen hatt; die speist man mitt einem compliment
ab, aber die man lieb hatt, denen sagt man, waß man denckt, wie
wir jetzt thun. Ma tante hatt mir von Carl Moritz reverentzen ge-
schrieben. Glaubt nicht, liebe Amelisse, daß Ihr mir nie zu frey
schreiben könt ! Wir seindt einander ja zu nahe , umb die fagon zu
machen. Wir haben gar nichts neues hir, werden in 10 tagen wi-*
250
der nach Yersaille, sage Euch also adiem von Fontainehlean. Ich
maß heütte noch ahn mein dochter nndt sonsten ahn jemandes von
meinem leütten nach Paris schreiben, kan Euch dero wegen nichts
mehr sage, alß daß ich Eflch nndt Ewere geschwister von hertzen
lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
145.
A monsr le raugraff zu Pfaltz a Hemhaussen.
Fontaineblean den 5 November 1701.
Hertzlieb Carl Moritz, Ihr mflst Euere briefife 8 tag vor ma
tante ihre schreiben ; den I. L. der fraw chorfflrstin ihre seindt vom
28 October ondt der Ewerige ist vom 21. Ich hatte schon von
I. L. ma tante vernohmen, wie Ihr einen pfarer geärgert habt mitt
der vergleichnng der religionen mitt Ewern banden. Mich hatt es
gar nicht geärgert; den weiUen mau onßem herm Christas woll
hatt dem lewen aaß Jada vergleichen können, so solle sich die
christlichen kirchen ondt religionen nicht verdrießen laßen, hübschen
hündtger verglichen za werden; ein handt ist woll so gutt alß ein
lewe, bin also in Ewer dispat vor Euch. Wir haben hir auch
nichts neues, versichere Euch also nar, daß ich Euch recht lieb
habe.
Elisabeth Charlotte.
146.
Fontaineblean den 13 Novembris 1701.
Hertzliebe Louisse, ich dancke Eflch sehr vor daß abcopirte
testament, so Ihr mir sambt herr Ferdinants von Degenfeit brieff
geschickt. So baldt ich zu Versaillen werden, werde ich sie gegen
die andere confrintiren laßen, wie auch mitt dem, so Bourgois hatt.
So viel ich ingnorent von der sagen judiciren kan, so wirdt alles
woll auff die lange banck kommen, wie man im Sprichwort sagt.
Alles ist recht verdrießlich hirinen, aber dazu bin ich, so zu sagen,
gebohren, mehr von verdrießlichen, alß ahngenehmen sachen zu hö-
ren. Vor dießem ondt zu Monsieur lebzeitten fragte ich lüchts
251
nach dießen affairen auß (in meinem sin) sehr raisönablen nrsachen,
erstlich weillen ich kein heller noch pfening davon zn sehen be-
kämme, undt zum andern weillen Monsienr absolute nicht haben
wolle, daß ich mich drin mischen solte. Jetzt aber hatt es eine
andere beschaffenheit; ich maß es haben, omb mein leben nndt
standt zu erhalten können; daß macht aufsehen. Es were mir sehr
nohtig, liebe Louisse, daß ich Ewern verstandt in affairen hette;
ich glaube aber, ich fange zu spat ahn, umb gelehrt drinnen zu
werden; den im 50 jähr ist man zu alt, waß recht zu lehrnen, wovon
man sein leben zuvor nichts gehört hatt. Ich werde thun, so gutt
ich kan, im überigen den lieben gott walten laßen. Es wirdt mir
doch nichts geschehen, alß waß von ewigkeit verordnet ist. Ich
kan nicht begreiffen, [daß] Carl Moritz, so doch gutten verstandt
hatt, sein laster nicht so abscheulich findt, alß es in der that ist.
Ich glaube, daß, weillen ma tante, die fraw churfürstin, über seine
possen lacht, macht es ihm glauben, daß es nichts auff sich hatt,
wen er gesoffen hatt, undt bildt sich ein, er werde artlich davon.
Er hatt woU viel verlohren, daß I. G. der churfürst, unßer herr
vatter, nicht lenger gelebt hatt; der würde ihm daß sauffen braff
verdrieben haben. Waß ich in Engelandt vor Ewrem neuveu
fürchte, ist, daß, wen er unter die leütte kommen wirdt, daß er
nicht in daß laster falle, so in Engellandt ebenso gemein alß
hir undt in Ittallien ist, nehmblich mitt mansleütten zu thun zu
haben; den der duc de Schomberg, sein herr vatter, so dießem
laster nicht zugethan, wirdt es nicht mercken, wen man seinen
söhn desbauchiren wirdt. Es ist mir leydt, daß Ewere niepce die
kinderblattern gehabt hatt; den ob sie zwar nicht zeichnen, endern
sie doch die hautt undt die phisionomie. Der söhn muß verstandt
[haben], so artig zu antwortten. Ich bin fro Ewertwegen, daß der
graff von Löwenstein, der keißerliche gesante, wider zu Franckfort
ist; den ich hoffe, daß es Euch mehr verenderung geben wirdt. Ich
beklage den armen graffen von Solms, einen proces wider willen zu
bekommen; sein lustiger herr bruder muß ihn trösten. Ewer schrei-
ben, liebe Louisse, ist mir weder alber noch zu lang vorkommen;
Ihr sechts ja woll, indem ich hirmitt gar exact drauff geantworttet
habe. Im überigen so habe ich einen großen brieff von dem notary
Zweyffel bekommen mitt ein hauffen rechnungen; pretentirt, ich
seye ihm viel schuldig, undt begehrt, ich möge Euch meine resolu«
252
tion hiranff berichten, welches ich hinnitt leicht than werde. Zweyf-
fei maß die frantzösche affairen darchanß nicht verstehen, daß er
mir gelt fordert. Erstlich so weiß ich nicht, ob mans ihm schuldig
ist, indeip er selber gestehet, den 3ten theil von seiner pretention
entpfangen zu haben, andt daß der raht Beyer ihm daß überige
abgesprochen, da maß selbiger raht Beyer seine arsachen za
gehabt haben. Wofern er, nehmblich Zweyffel, waß dargegen ein-
zuwenden gehabt bette, solte er es damahls gleich gethan haben
undt nicht jetzt. Dem seye nan aber, wie ihm wolle, so kan mich
die/ sach darchauß nichts ahngehen, indem, so lang Monsieur s. ge-
lebt, alles, waß man auch in meinem nahmen gethan, allein auff
I. L. kommen alß maistre de la comuneaut^, undt weillen ^eine
schuldt zu Monsieur lebzeitten gemacht worden, habe ich darchauß
nichts dran zu bezahlen, muß sich derowegen ahn monsienr de
Moras ahnmelden, damitt, wo selbiger gestehet, daß man obgemel-
tem Zweyffel waß schuldig, solches, wie er weiß, daß sichs gebührt,
ahn gehörigen orter vorzubringen. Waß sein nnglück ahnbelangt,
daß seine gütter seindt verbrendt worden, so ist es mir leydt, aber
ich bin nicht schuldig, zu ersetzen, waß der krieg undt deß königs
armeen vor nnglück nach sich gezogen. Ich müste reicher, alß
Cresas, sein, wen ich diß alles bezahlen müste. Ich bin auch leyder
in keinen standt, pressenten zu geben. Meine affairen undt they-
lung mitt meinem söhn ist noch nicht regllrt. Man muß erst sehen,
wie man sich nach seinem standt erhalten kan, ehe man sich auff
generositet undt pressenten legt. Also wirdt mich herr Zweyffel vor
dießmahl vor entschuldigt halten, schicke ihm hirbey alle seine, mir
ohnnöhtige, paprassen wider. Er bette sich erst der frantzöschen
maniren undt rechten informiren sollen, ehe er mir seine papir ge-
schickt, die mich gar nicht ahugehen, undt die propossition bey
itzigen zeitten ist weder aprop noch höfflich. Daß ist alles, waß
ich ihm andtwortten kan; bitte, wolts ihm doch deüttlich berichten,
liebe Louisse, undt ihm alle seine papir wider zuschicken. Wir
haben nichts nettes hir. Es frirt abscheulich; ich fürchte, wir wer-
den eben so einen kalten winter haben, alß wir einen heißen som-
mer gehabt haben, welches mir gar nicht ahnstehen solte; den ich
fürchte die kälte unerhört. Morgen werden wir nach Seaux, so
dem duc du Maine zukompt, undt biß mittwog werden wir nach
Versaille; wo ich aber auch sein mag, so werde ich fleißig ahn
253
Euch gedencken andt Euch nndt Ewere geschwister allezeit von
hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Amelisse ambrassirt von meinetwegen, andt wen Ihr ahn herr
Ferdinant schreibt, so grüst ihn sehr von meinetwegen 1
147.
A mad. Louisse , raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 10 Decembris 1701.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich einen lieben
brieff von Euch entpfangen vom 19 November, aber ohnmöglich
eher, alß heütte, drauff andtwortten können; den wegen der ver-
drießlichen sach zu Rom habe ich dieße woche so viel zu thun andt
zu schreiben gehabt andt auch noch die vergangene woche, daß ich
Euch ohnmöglich habe schreiben können, noch ahn Amelisse, aber
ich hoffe, daß ich nun baldt ahn Euch beyde werde andtwortten
können, fange bey Euch, alß die älste, ahn; umb alles in der ort-
nung zu verichten, fange bey Ewerm ersten ahn. Ich glaube, ich
kan gar leicht errahten, waß Ihr gedacht, so eben nicht just das-
selbige ist, waß Lenor gedacht meinetwegen. Ihr werdet, liebe
Louisse, auß meiner andtwort sehen, ob ich recht gerahten habe
oder nicht, waß ich gedencke, daß Ihr änderst denkt alß Lenor
undt doch auff eines ahnkompt. Darauff sage ich, daß, wen ich
dießes jemahlen im sin gehabt hette, so würde ich jetzt von dießen
gedancken abstehen, weillen sie ma tante schädtlich sein könten,
deren ich alles in der weit schuldig bin. Waß aber den wünsch
ahnbelangt, daß gott mir schicken möge, waß meine zeitliche undt
ewige Wohlfahrt ahnbelangt, so bin ich Euch gar sehr davor ver-
obligirt, aber in dießer weldt erwarte ich gar keiner wolfahrt mehr,
bin zu alt, etwaß zu genießen können; waß die ewige ahnbelangt,
so hoffe ich, daß, weillen ich gott trewlich ahnruffe, mein bestes
thue, nach seinen gebotten zu leben undt ihn ohne aberglauben
zu dinnen, daß nach viellen trübsaablen, so er mir in dießem leben
zugeschickt, meine sünde genung hatt büßen machen undt daß
vertrawen, so ich habe auff den verdinst unßers herrn Jesu Christi,
254
mich nach dießem leben in himmel bringen wirdt, bin also weder
vor dießer noch jener weldt in sorgen. Mylord Oastack kene ich
gar woll; er hatte hier viel conquetten, mans- undt weibspersonnen
gefiel er gar woll, es seindt schon etliche davon todt. Mademoiselle
de Malauze hatt mir auch geschrieben, daß könig Wilhelm gantz
gesandt wider ist. Millord Oastack habe ich gar ein artig barschen
gefunden; wen er nur daß grimassiren laßen könte! Ich weiß nicht,
ob er es seyder dem abgewohnt hatt. Man hatte mir gesagt, er
were, seyder er hir geweßen, gantz taub geworden, welches woll
schadt vor den artigen Jungen menschen were. Ich bin fro vors
vatterlandt, daß es mylord Oustack in Teütschlandt woll gefahlen,
da er doch schon Franckreich, Engellandt undt Hollandt gesehen.
Hir hatt er nicht viel last in geselschafft gesehen. Alles geht
gar stämig hir her, mäner undt weiber begreifen keine lust, alß
gar ernstlich groß spiel zu spiellen, aber umb lustig sein undt
nur spiellen, umb zu lachen, daß können sie nicht begreiffen. Der
graff von Solms, so so lustig ist, muß ein gutter artiger herr «ein.
Es ist, wie ich glaube, le sort de nostre sang, unglücklich im
spiellen zu sein; wen ich spielle, welches mir woll selten geschieht,
verliehre ich allezeit. Nahe freündt undt verwandten thun allezeit
woll, sich zu accordiren undt keine proces zu haben. Wen baron
Willig sich nicht in seiner Schwester sach mehr mischen wirdt,
hoffe ich, daß Ewer proces zum endt gehen wirdt undt Ihr Euch
werdet accordiren können. Dießer baron hatt hier viel papras-
sen ahn den comte de Gesseau geschickt, umb den proces wi-
der ahnzufangen; weillen er aber dießen comte Gesseau schon offt
selber betrogen undt umb daß seinige gebracht, hatt dießer gar
nichts mehr mitt seinen affairen wollen zu thun haben. Ihr habt
groß recht, liebe Louisse, die sach zum endt zu bringen wollen,
damitt Ihr nicht mehr mitt mögt gequelt sein. Der baron von
Wylich ist in ein mansperson, wie die contesse de Pembesch, Or-
besch etc. in der commedie des Plaideurs eine weibsperson ist, weil-
len er seine gröste freüde in Processen sucht. Ewere brieffe ge-
fahlen mir allezeit, liebe Louisse, wen Ihr mir natürlich sprecht,
wie Ihr thut. Wen man sich gar woll divertiren will, geht man
in eine commedie; wen man aber mitt freunden undt verwanten
spricht, sagt man, waß man weiß undt einem ahngeht; mitt fremb-
ten aber macht man complimenten, welches aber langweillig ist,
265
nndt nichts abngenehfner, alß wen man natürlich spricht in mei-
nem sin allezeit. Solche humoren, wie der graff von Solms ist, ge-
fahlen allezeit. Hette er keinen verstandt, konte er nicht so pos-
sirlich sein; er muß den gutten humor von seiner fraw mutter her
haben. Meine dochter hatte mir deß graffen von Brockdorfs avan-
tare geschrieben; ist zn beklagen. Daß testament von mein herr
vatter s. ist mir gar woll zu paß kommen; es solle, wie man mir
versichert, mir gar nöhtig geweßen [sein], dancke Euch also noch-
mahlcn von hertzen davor. Vom Zweyffel werde ich nichts mehr
sagen; Ihr wist nun woll, wie alles gangen. Ohne eydt undt
schwnr kan nndt will ich Euch, lieb Lonisse, woll glauben, daß
Ihr nicht gern bettelt. Herr Jesus, wo soltet Ihr daß gelernt ha-
ben? Hiemitt ist Ewer erstes schreiben völlig beantwortet; ich
komme jetzt auff daß zweyte. Ich habe woll gedacht, daß Euch
Zweyffels propossitionen undt mitt einem wordt bettelleyen nicht
gefahlen würden. Mein heürahtscontract hatt man so ellendt auf-
gesetzt, alß wen ich ein burgersdochter were; kan nicht begreif-
fen, wie I. G. der churfürst s. mich selbigen hatt unterschreiben
machen. Aber mein hauß ist so groß, daß, ob der könig mir zwar
250 taußendt francken pension giebt undt man mein heürahtsguht
undt alles dabey regnet, so fehlt es noch ahn noch einmahl so
viel, alß der könig mir gibt, umb mich nach meinem standt gemeß
zu unterhalten, undt daß, weillen auff alle Chargen gerechtigkeitten
seindt, alle erkaufit sein undt ich also nicht retranchiren kan, auch
hir im landt so thewer undt außer preiß ist. Es ist also gar weit
gefehlt, daß ich die pfaltzische gelter frey undt zu spielgelt, so zu
sagen, haben solte; ich muß sie haben, meinen standt zu erhalten,
undt werde nichts davon apart zu legen haben. Were es, wie Ihr
es gemeindt, würde ich gar gewiß vergnügt leben, aber ich bin
leyder weit davon. Wen die Sachen woll gehen, ist es ein spaß,
davon zu reden, aber wen sie übel gehen, ist es warlich gar keine
lust, sondern macht recht gridtlich. Die docktoren in recht ma-
chens den eben auch, wie ich sehe, alß die von der medecin. Ich
kan leicht gedencken, wie Ihr wünscht, von dießen leütten befreyet
zu sein. Ich bin fro, daß mein compliment der fraw von Wol-
merhaußen ahngenehme geweßen. Es ist mir leydt, daß die gutte
fraw so alt wirdt; sie ist doch, wie ich glaube, nur 84 alt; es
were mir recht leydt, wen sie sterben solte. Ich wüste schon durch
256
ma tante, die fraw churfürstiD, daß mein neuveo, der junge landtgraff,
wider zu Cassel ahnkommen. Alleweill entpfangt Susson auch die
zeittung von ihrer Schwester todt; unßer herrgott hatt ihr woll ge-
than. Ich hin fro, daß deß graffen von Brockdorf kinder mitt mein
dochter zufrieden sein, undt Ihr secht, daß ich Ewere comission
woil vericht. Mein dochter undt ihr herr seindt rechte kälber; es
ist eine schandt, daß sie so kindisch sein. Mein dochter hatt sich
bleßirt, weillen sie mitt ihrem herren gespilt, so ihr die arm ver-
threhet, ist den 4ten tag drauff ins kindtbett kommen. Vor alle
gutte wünsche dancke ich Euch von hertzen, liebe Louisse! Ich miß-
gönne Euch zwar die gnade nicht, so Ihr haben werdet, ma tante
auffzuwartten, ich mögte es aber auch gern thun. Man rufft mich;
es ist zeit, nüber zum könig zu gehen. Ich kan ohnmoglich dießen
briefif überleßen; bitte, entschuldigt die fehler, liebe Louisse, undt
glaubt, daß ich Euch undt Amelisse allezeit von hertzen lieb
behalte!
Elisabeth Ciharlotte.
148.
Yersaille den 18 December 1701.
Hertzliebe Amelisse, es mögte mir heütte woll gehen, alß ver-
gangenen sambstag, wie ich ahn Louisse schriebe undt so offt in-
terompirt wurde, daß ich zuletzt selber nicht mehr wüste, waß ich
sagte. Ich glaube nicht, daß sie meinen briefif wirdt haben leßen
undt noch weniger begreififen können, aber sie wirdt doch meinen
gutten willen gesehen haben undt wie ich im sin gehabt, exact aufif
ihr schreiben zu antwortten, wie Ihr jetzt auch thun müst, so doli
es auch heraußkommen mag. Ich will bey dem frischten ahnfangen,
umb nicht zu offt einerley zu sagen; es ist vom 26 November dat-
tirt undt eine andtwort auff daß meine vom 4 ist. Ich halte es
allezeit vor ein gutt werck, wen ich die entretenire, so ich lieb
habe, aber nicht von denen wercken, welche gott mir vergelten
solle; bin von hertzen fro, daß meine schreiben Euch so ahnge-
nehm sein; daß wirdt mich Euch desto fleißiger schreiben machen.
Von Louisse habe ich schon andtwort erhalten auff meinem brieff,
worinen ich deß Zweyffel ohnhöffliches begehren geschickt, werde
also nichts mehr hirauff sagen. Ihr habt recht, liebe Amelisse,
257
Ewern tag nicht zu cediren. Der junge herr von Degenfeit ist just
deß herrn Degenfelts söhn, den wir den obersten Degenfeit hießen;
den er hieß Ghristofifel, hatt waß ahn einem aug. Ich habe ihn gar
woll gekendt, er war immer in meiner cammer; den er war ein
wenig charmirt von die Woltzogin, daß efifel, daß hernach den
Eberfritz, den Veninger, bekommen; diß seindt aber alte geschieh-
ten. Herr Ferdinant muß nun woll nicht weit von daß 70 jähr
sein; den ich glaube, daß er woll 20 jähr älter ist, alß ich. Ich
habe ihn allezeit recht estimirt undt viel von ihm gehalten; es
deuchte mir auch, daß er mich nicht haste. Er ist all sein leben
ein wenig dick geweßen; drumb solte er reißen, umb ein wenig
magerer zu werden. Man sagt, daß in Ittallien in den operaen die
stimmen undt die decorationen beßer sein, alß hir; allein daß or-
questre, die simphonien, kleyder undt täntze sollen zu Paris beßer
sein, alß in Ittallien. Mylord Oustack ist schön, wen er nicht gri-
massirt, aber mitt dem grimassiren verdirbt er sich ofift, daß er
gantz änderst außsicht. Hir hatt er viel conquetten gehabt, unter
ander eine große dame, so nun todt ist, welche ihn hertzlich gern
gesehen uudt die bittere threnenbey seinem abschidt vergoße. ümb
gefahr bey den mausleütten außzustehen, hatt er nicht nöhten, in
Ittallien zu gehen; in Engellandt wirdt er es genung außstehen.
Mylord Albermare sach will ich Euch leicht begreiffen machen; den
könig hatt mylord Albermale lieb umb sein gelt undt faveur, die
dame aber umb ihre person. Von könig Wilhelm ist nur gar zu
wahr, waß man von ihm sagt, aber alle heros wahren auch sehr,
HercuUes, Thessee, Allexandre, Gezar; dieße alle wahren so undt
hatten ihre favoritten. Die von dem laster seindt undt die h.
schriebt glauben, bilden sich ein, daß es nur sünde geweßen, wie
noch wenig leütte in der weit wahren undt waß sie thetten den
menschlichen geschlegt schaden konte, indem es verhindert, mehr
menschen zu werden; aber nun, daß die weit gantz peupürt ist, hal-
ten sie es nur vor ein divertissement, halten es aber heimlich, so
viel sie können, den gemeinen man nicht dadurch zu ärgern, aber
unter leütte von qualitet reden sie öffendtlich davon, halten es
vor eine gentillesse, wißen auch woll zu sagen, daß seyder Sodom
undt Gomora unßer herrgott niemandt drumb gestrafft hatt. Ihr
werdet mich gelehrt finden in dießem text; etlich mahl habe ich
davon reden hören, seyder ich in Franckreich bin. Wer gott in
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. VI
258
der warheit undt nach seinem wordt dinnen will, muß woll alle
tag die heylige schrifiFt leßen, sonsten würden wir in finsternuß
sein. Ich bin persuadirt, daß die rechte religion die ist, so ein
Christ in seinem hertzen hatt undt auff gottes wort gegründet ist;
daß üherige seindt nur pfaffen-geschwetz. In welcher religion es
auch sein mag, man kan allein durch die wercke von rechten glau-
ben judiciren; wehr woll thut, liebt gott undt seinen negsten, daß
seindt die gesetz undt prophetten, wie unßer herr Christus unß
lehrt. Alle abergläubische meßen werden hir dermaßen gestrafft,
daß ein priester, so vor meüße die meß hir leßen würde, gebn^nt
würde werden wie ein zauberer. Carl Moritz wundert mich, ge-
schmehlt zu haben, daß Ihr mir frey schreibt. Ean er den glauben,
daß ewige complimenten ahngenehme brieffe machen könnte undt
daß es ein spaß sein kan, mitt leütte, so man lieb hatt undt denen
man so nahe ist, alß im zwang zu reden? Daß wundert mich vor
einem menschen, wie er ist, so verstandt hatt. Er hatt sich doch
selber jetzt gecourigirt, schreibt aber gar selten. Ich dachte woll,
daß Ihr es änderst mitt der jungen königin in Spanien müstet
gemeint haben, alß es gelaudt hatte. Der churfürst von Bayern
hatt seine maistresse nicht mehr bey sich, die contesse d'Arcot;
sie ist jetzt zu Turin. Daß teütsche Sprichwort schickt sich nicht
hieher, aber stille hirvon! Es ist mir recht leydt, daß es krieg
wirdt; ich mögte friede zu unßem zeitten sehen. Die gottloßen
seindt nicht gezeichnet; gibt es krieg, so trifft es gutte undt böße.
Es ist kein wunder, daß der churfürst von Cöln vor seinem leib-
lichen neuveu, den könig in Spanien, ist. Wie ich sehe, so macht
Ihr es nicht wie ich, weill Ihr die predigen behalt; ich kans aber
nicht laßen, ich schlaffe sie von einem endt zum andern auß. Hir-
mitt ist Ewer letztes undt liebes schreiben durchauß beantwortet;
ich komme jetzt auff daß vom 12 November. Wir haben jetzt hir
auch gar heßlich wetter; es nebelt continuirlich, ist aber nicht kalt.
Wie ich sehe, so seydt Ihr undt Louisse nicht glücklicher im spiel-
len, alß ich. Es ist gar gewiß, daß die, so daß spiellen nicht
lieben, offter verliehren, alß andere. Daß würde man Euch hir
nicht erlauben, bey dem spiel zu discouriren. Bätzeiger auffgeben
ist all artig; da amussire ich mich etlichmahl mitt, ehe ich schlaf-
fen gehe. Ich wolte, daß Ihr mich mitt nach Hannover nehmen
könte. Daß ist daß eintzige, so ich erdancken kan, so mich in
259
dießer weit noch freüde geben könte; weillen es aber leyder nicht
geschehen kan, so wünsch ich Euch ein glückliche reiß ondt lüsti-
gen carnaval. Ihr müst unerhört geendert sein, Amelisse, wen Ihr
jetzt ein schmahl gesicht nndt dicke naße habt; den wie Ihr ein
kindt wahret, hattet Ihr ein zimblich breydt gesicht undt schmahles
näßgen. Man erlaubt in Franckreich nicht, daß man anß dem 1^
nigreich geht. Ich bin nicht Carllutz meinung; ich will woU waß
schlimes haben, wen nur waß guts dabey ist, undt allezeit, wens
bey mir stehet, die sehen, so ich lieb habe. Ich kan nicht ahn
Carllutz gedencken, ohne daß mir die threnen in den äugen kom-
men; den ich habe ihn woU hertzlich lieb gehabt. Den tordt wolte
ich ma taute nicht thun, mich in einem standt zu setzen, ohne ge-
heüraht königin in Engellandt zu sein können. Ihr secht woll, daß
ich Euch gar woU verstanden habe, bin Euch doch verobligirt vor
den gutten wünsch. Ich dencke ahn nichts mehr, alß mein leben
so ruhig alß möglich zuzubringen, biß ich sterbe, welches woll
baldt geschehen mögte; den ich werde sehr alt. Ich wünsche, noch
fürchte den todt nicht; so lang ich aber leben werde, werde ich
Euch undt Ewere geschwister recht lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
149.
Yersaille den 23 December 1701.
Hertzliebe Amelisse, vor etlichen tagen habe ich Ewern lieben
brieff vom 10 December zu recht entpfangen, will hiemitt geschwindt
drauff antwortten, damitt es mir nicht gehen möge wie schon gar
offt undt daß ich auff zwey schreiben zugleich antwortten müße.
Ich hoffe, Ihr werdet nunmehr mein letztes erhalten haben, welches
von der taille war, wie Ihr sie gern habt, welche Euch meinen
zustandt berichten werden. Ich lebe all dmblich vergnügt, allein
ursach, content zu sein, helt viel in sich, welches allezeit nicht so
genau zu examiniren ist. Monsieur de Saint Morice undt nicht Si-
moris, wie Ihr ihn heist, wirdt Euch gar wenig von mir haben
sagen können; den er sieht mich gar selten. Ich muß auch noch
den nahmen von dem ort corigiren, wo er hin wirdt, welches nicht
Turinge heist, wie Ihr sagt, liebe Amelisse, sondern Turin. Daß
gemandt mich ahn eine commedie von Molliere, wo einer allezeit
260
Turin vor Tunis sagt *, hatt mich also lachen machen. Eines hatt
St Maurice recht gesagt, nehmblich das mir der könig viel gnade
erweist. Waß meine gutte fireündin ahnbelangt, so konte ich sie
schon vor meines herrn todt sehen, wen ich wolte; in meiner weh-
render kranckheit käme sie nach St Clou undt besuchte mich undt
sähe Monsieur auch, also ist diß nichts nettes. Sie hüte sich auch
nie in einem closter au£f, aber wen ich gesundt war, sähe ich sie
offt im closter vom Port royal, weillen ich gewondt war, sie dort
zu sehen. St Maurice hette Euch mehr zeittung von deß hertzog
von Savoyen fraw mutter verzehlen können, alß von mir;.mitt de-
ren ist er vor dießem sehr woll gestanden. Ich glaube nicht, daß,
wen unßer könig waß zu negociren hette, daß er dießen Savoyer
dazu gebrauchen würden, den I. M. wenig kenen; thut er etwaß,
so muß es vor seinen landtsfürsten sein. Die contesse d'Auvergne
ist noch nicht todt, aber sie ist noch. gar übel; solle nun die Was-
sersucht haben undt man will ihr daß waßer außzepffen; wie diß
ablauffen wirdt, werden wir sehen. Sie solle gar gallant im Haag
geweßen [sein], hir aber helt sie sich sehr modest. Die warheit zu
bekenen, so glaubt jederman, daß es ihr sehr gerewet, den comte
d'Auvergne geheüraht zu haben. Wie sie noch gesundt war, ginge er
nie ein schritt von ihr. Die, so St Morice kenen, sagen alle, daß
er ein großer schwetzer ist; solle auch nicht von vanitet fehlen;
ich kene ihn wenig. Mademoiselle Spanheim ist gar ein artig med-
gen, sowoll von gesicht, alß von taille. Er hatt recht, sie wäre
sehr a la mode, ging auch mitt großen schmertzen weg. Ich ver-
sichere, liebe Louisse, daß diß junge medgen sich gar woll bey
alles, waß in Engellandt artig ist, wirdt weißen dörffen. Ihr em-
brouillirt die marquisse de Bichelieu mitt der duchesse; die du-
chesse ist lengst todt, aber die marquisse ist auff allerhandt weiß
abscheulich desbauchirt, legte sich einsmahls hir in monsieur le
Dauphins bett, ohne daß er sie drumb gebetten, umb bey ihm zu
schlaffen. Wie er in sein cammer kam, sagten die cammerdin-
ner: «Monseigneur , vne dame est dans vostre lit, qui vous at-
tand; eile n'a pas voulu ce nomer». Er ging hin, sach wer es
war; wie er sähe, daß es die marquisse de Richelieu war, schlieff
er bey ihr, sagte es aber andern tags ahn alle menschen. Dieße
* Möllere, L'^toordi, acte IV, scdne 8.
261
marqoisse ist jetzt in einem closter bey ihrer Schwester an Lis nahe
bey Fontainebleau. Solte die gräffin von Sintzendorff eine galan-
terie gehabt haben mitt St Morice, kan es nur sein, umb ihren
man zu bezahlen vor alle untrewe, so er ihr hir erwießen; den er
solle mitt mans- ondt weibspersonnen zu thun gehabt haben; aber
ich bin woll Ewerer meinuDg, daß man den St Maurice ohnmöglich
lieb kan haben. Von allerhandt so zu sprechen, ist gar nicht ver-
drießlich uDdt macht nicht müde. Wir haben wenig neues hir
itzunder hir bey hoff, aber von Paris hört man gar wunderliche
geschichten. Ein burgersmättgen , so zimblich reich war undt von
14 Jahren, wurde von einem jungen menschen ahngeführt undt
wurde schwanger. Sie war schlaue genuug, die sach zu verhehlen
undt heimblich niederzukommen, bekam einen söhn; den trug sie
gleich aux enfants trouves, alß wens ihr kindt nicht wer, zeichnete
es aber, umb es mitt der zeit wider zu kenen können. Ein par
jähr hatte sie große sorg vor daß kindt undt gab ihm alles, waß
ihm nöhtig war. In der zeit wirdt ein reicher kauffman von Paris
verliebt von diß mensch undt heüraht sie. Sie, die, wie schon ge-
sagt, schlau war, dachte, daß, wen sie aux enfants trouves gehen
solte, daß es ihrem man einen argwöhn geben mögte, insonderheit
wen sie gelt hintrüge, resolvirt sich auff einen stutz, nicht mehr
hinzugehen. Sie lebt so 20 jähr mitt ihrem man, welcher ihr all
sein gutt gibt undt stirbt. Sie hatte eine große inclination vor
ihres mans erster ladenknecht; er hatte sie auch lieb; sie heüraht
ihn dießen sommer. Wie ihr man außgezogen bey ihr war, wirdt
sie auff einmahl gewahr, daß er daß zeichen ahm leib hatt, so sie
ihrem söhn gemacht. Sie erschrickt, lest sich aber nichts mercken,
leüfft aux enfant trouves undt fragt, wo der jung hinkommen seye,
so sie zu ihnen gethan. Sie sagen, er hette inclination gehabt, wie
er ahnfangen, groß zu werden, umb ein kauffman zu werden; er
hette daß weßen gelehrnt undt were in dem laden von einen rei-
chen kauffman gangen, nenten ihr darauff ihren ersten man. Da
konte die fraw nicht mehr zweyfflen, daß ihr zweyter man nicht
ihr söhn were. Sie lieff gleich zu ihrem beichtsvatter uudt gestundt
ihm den gantzen handel. Der beichtsvatter sagte, sie solte die sach
heimblich halten, nicht mehr bey ihrem man schlaffen , biß die sach
in der Sorbonne vorgetragen würde sein. Man weiß noch eygendt-
lich nicht, waß die Sorbonne drüber ordonirt hatt; erfahre ich es,
262
werde ichs Euch [schreiben]. Es sein dt vor 8 tagen noch 2 dolle
historien zu Paris vorgangen. Ein jalousser man hatt sein weib
auffgepast, nndt wie sie mitt ihrem galand ahn taffei war, ist der
man kommen undt hatt erstlich sein weih erstechen wollen; sein
degen ist aber in die kohlpfan kommen, so vor ihr stundt nndt
zerbrochen; den amant aber undt confidenten hatt er mitt einem
poignart erstochen. Die 3te historie were zu lang zu beschreiben.
Adieu , liebe Amelisse ! Ich ambrassire Euch undt Louisse von hert-
zen undt behalte Euch allezeit recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
150.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 28 December 1701.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen tagen habe ich Ewern lieben
brieff vom 17 dießes monts zu recht entpfangen. Ich bins nicht
geweßen, so schir im bett verbrent were; ich leße nie im bett,
gehe nur zu bett, umb zu schlaffen. Der duchesse de Bourgogne
ist es auch nicht begegnet, sondern madame d'Orleans, meines
sohns gemahlin. In Franckreich heist man mich nicht Madame la
duchesse d^Orleans, sondern nur gantz kurtz Madame undt in den
acten undt affairen Madame, duchesse d^Orleans, aber nicht la du-
chesse d'Orleans , die Teütschen aber , die dießen unterschiedt nicht
wißen, nehmen offt eins vors ander. Ich l)in, gott seye danck, in
volkommener gesundtheit. Es geschieht selten, daß ein heüraht so
woU sortirt wirdt, alß der vom ftirsten von Naßaw Siegen undt die
princessin Francisca von Heßen Homburg. Dießer fürst muß endt-
wetter eine ungemächlichkeit haben, so nicht zum hetirahten taug-
lich ist, oder ein Phenix sein ; den ich glaube nicht, daß ein junger
mansmen^ch in der weit sein kan, ohne inclination vor desbauche
zu haben, es seye vor mäner oder weiber, aber etliche seindt
schamhafftiger, alß andere, undt können ihr spiel beßer verbergen,
alß andere, seindt auch offt die gefährlichsten undt bey welchen
die laster ahm lengsten kleben bleiben. Die fürstin von Nassaw,
so hir zu Paris geweßen, habe ich nicht zu sehen bekommen. Man
hatt woU von dießer fürstin gesagt, daß sie gar große vivacitet
hette; man hatt ihr sonsten nichts Übels nachgesagt, contrarie, sie
263
hatt jederman hir gar woll gefahlen, aber ihr herr hatt ahn nie-
mandts gefahlen. Daß macht ihn vielleicht jetzt so wunderlich; den
die warheit zu sagen, so hatt man ihn, wie man mir yerzehlt,
hir zimblich verracht; er hatt mich schir drüber gejammert. Wer
einmahl unglücklich geboren ist, wirdt selten glücklich; so geht es
dießem fürsten auch. War dießes fürsten stieffmutter den keine
gräffin oder fürstin, daß dießer fürst seine halbbrüder nur vor
edelleütte will passiren machen ? Wen er dieße herrn, seine brtider,
selbst alß printzen tractirt, wirdt er gar gewiß seinen proces ver-
liehren; den daß zeuget von sich selbsten gegen ihm. Seydt Ihr
klein, liebe Louisse? Ich meinte, Ihr werdet gar groß. Alle, so
Euch sehen, finden, daß Ihr ahn Carllutz s. gleicht; so würde ich
Euch nicht heßlich finden. Es bekompt einem recht woll, waß man
einem in der jugendt vorwirfft, daß man nicht hübsch ist; den daß
macht, daß man sein parthie baldt nimbt undt nichts mehr darnach
fragt; so ist es mir auch gangen. Ich sehe, liebe Louisse, daß
Ihr greulich in der moralitet begriffen seydt; Ihr köntet nicht mehr
morallisiren, alß Ihr thut, wen Ihr auch gleich in der einsambkeit
undt von allen freüden entfernt leben soltet, wie ich thue. Ich
höre alle tage: «Heütte ist ein neu opera, morgen wirdt eine neue
commedie sein>. Diß jähr, welches noch nie geschehen, hatt man
6 neue comedien undt 3 neue operaen. Ich glaube, der teüffel
thuts mitt fleiß, umb mich in meiner einsambkeit ungedultig zu
machen, aber ich bin der sach zu gewont, umb recht ungedultig zu
werden. Wir haben jetzt wenig neues hir; zum wenigsten, ist waß
neues, so weiß ich es nicht. Weillen diß der letzte brieff in die-
ßem jähr ist, so ich Euch schreibe, so kan ich nicht laßen, Euch,
liebe Louisse, ein glückseeliges neues jähr mitt gesundtheit undt
allem vergnügen zu wünschen undt waß Ewer eygen hertz wünscht
undt begehrt, undt ich werde Euch nic'ht weniger lieb im 1702ten
jähr haben, alß jetzt Behalt mich auch lieb!
Elisabeth Charlotte.
151.
Yersaille den 8 Januari 1702.
Hertzliebe Amelisse, gestern abendts, alß ich wider von Marly
kommen, hatt man mir Ewer schreiben vom letztem December ge*
2C4
bracht, worauff ich hiemitt gleich andtwortten werde undt Euch
meine meinung recht von hertzengmndt sagen. Im hefirabten,
deucht mir, müßen erstlich 2 hauptpunckten betracht werden; der
erste, ob der man in einem standt ist andt mittel genung hatt,
nach seinem standt zu leben, znm andern, ob die person einem
nicht gantz zuwider ist andt man, wen die mittel da sein, vergnügt
mitt einen menschen leben kan. Gegen den standt habe ich nichts
zu sagen. Ich weiß, wer die graffen von Wittgenstein sein, finde
also dießes sehr sortable, aber noch eine refiection ist zu machen,
nehmblich ob Ihr Euch anch resolviren könt , die gedult zu haben,
so man im heüraht haben muß, undt Euch einem man so zu soa-
mettiren, daß man mitt allen seinen schwachheitten gedult haben
kan undt sie mitt. gedult ertragen, ohne welches nie kein glück im
ehestandt sein kan. Wen Ihr dieße resolutionen faßen könt, liebe
Amelisse, so will ich Euch rahten, zu heürahten. Ich lobe Euch,
die Sache nicht acceptirt gehabt zu haben , so lang deß graffen ei-
tern gelebt undt keine Charge gehabt hatt; aber nun sie todt sein,
er herr von seinen guttern ist undt eine seines standts gemäß
Charge hat, sehe ich nicht mehr, wie Ihr die sach abschlagen könt.
Ich gestehe zwar, daß ich woU glaube, daß ein lediger standt nicht
widerlich ist undt vielleicht glücklicher; allein wen man alt wirdt,
fält doch so eine Verachtung auff die alten Jungfern, daß sie selber
ihren standt nicht mehr ertragen können undt den mäner suchen,
wen es nicht mehr zeit ist, undt werden darnach nur außgelacht;
ist also beßer, noch jung heürahten. Ihr werdet zu Berlin ahn
einem ahngenehmen hoff sein, welches beßer ist, alß gantz allein
zu Franckfort haußhalten. Ich bin recht touchirt von Ewer ver-
trawen, liebe Amelisse! Ich sage Euch auch meine gedancken recht
von hertzengrundt , wie ich es dencke. Ihr secht auch woU, daß
ma tänte meinung wie die meine ist. Überwegt alles, waß ich
Euch hir geschrieben, undt nembt Ewer parthey hirauff! Ich bitte
gott den allmächtigen von grundt der seelen, daß er Euch eingeben
möge, waß zu Ewer glück undt avantage gereichen kan. Die heü-
raht, so auß raison geschehen, seindt offt viel glücklicher, alß die
auß amour undt liebe geschehen; den liebe (ich verstehe verliebt
sein) undt hymen sein undt bleiben selten beysammen. Heürahten,
wen alle gutte raisons sich dabey befinden, ist keine naredey. Ma
tant hatt mir gar nichts von der sach geschriben. Ich habe auch
265
nichts davon gesagt undt nicht gethan, alß wen ichs wüste. Wen
glückwfinschen zu waß helfen könte, so würdet Ihr gewiß gar
glücklich werden; den ich versichere Euch, liebe Amelisse, daß ich
Euch ein volkommen vergnügen wünsche; dancke Euch sehr vor
Ewern neüjahrswunsch undt versichere Euch, daß, in welchem
standt Ihr auch sein möget, so werde ich allezeit eine rechte trewe
freündtschafft undt liebe zu Euch tragen, wie es daß geblüdt in unß
erfordert.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Es verlangt mich recht, zu wißen, welche parthey Ihr werdet
genohmen haben.
152.
A mad. Louise, raugräffinzu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 1 Februari 1702.
Hertzliebe Louisse, die Überbringerin dießes brieffs ist eine von
meinen cammerweyber, eine witwe. Ihr man hieß du Fresne, sie
aber ist meiner ammen döchter undt die, so ich allezeit Suzon hieße.
Sie geht nach Cassel wegen ihrer Schwester erbschafft. I. L. der
landtgraff hatt durch repressaille seinem secretarie der Nanon Ber-
teaut erbschafft geben; aber ich hoffe, daß, wen I. L. erfahren wer-
den, daß erstlich der secretarius in dem stück gelogen, daß seiner
frawen gutter gar nicht seindt confisquirt worden, undt zum andern,
daß weillen Suzon eine Pföltzerin undt nicht zu Metz gebohren,
so wirdt er ihr recht schaffen, wie sie es mitt mehren umbständen
erweißen wirdt; bitte Euch derowegen. Euch ihrer ein wenig ahn-
zunehmen undt sie zu Cassel zu recommandiren , damitt sie audientz
haben möge. Sie ist gar eine gutte fraw undt dint mir sehr flei-
ßig, allein sie hatt eine gar dolle sprach, sowoll in teütsch, alß in
frantzösch. Lenor, die fraw von Rotzenhaussen , hört sie recht gern
reden undt sie allein kan ihre art von reden behalten, macht mich
offt von hertzen drüber lachen. Sie wirdt Euch viel von hir verzeh-
len können, wen Ihr sie verstehen könt. Ich glaube, daß sie lang
9
unterwegen sein wirdt undt sich noch ein wenig zu Metz auffhalten ;
derowegen werde ich vor dießmahl nichts mehr sagen, [als] daß ich
266
Euch bitte, ihr glauben zu geben, wen sie Euch versichern wirdt,
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
153.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Versaille den 1 Februari 1702.
Hertzliebe Amelisse, ich habe Suzon, meiner amen dochter, so
eine witwe ist undt madame du Fresne heist, nicht weg wollen laßen,
ohne ihr auch ein brieff ahn Euch sowoll, alß ahn Louisse mittzu-
geben; bitte, Ihr wolt sie doch auch zu Cassel recommandiren; den
es ist eine rechte Ungerechtigkeit, so deß landtgraffen secretari ihr
thun will. Den erstlich so ist sie keine Metzerin, sondern in der
Pfaltz geboren, zum andern so ist es nicht war, daß man deß
secretarie frawen gütter cpnfisquirt hatt; also kan er ja nichts ahn
Suzon ihrer erbschafft pretendiren, so allein ihr undt ihrem bruder
gehört. Sie wirdt Euch viel von hir verzehlen können, den sie ist
allezeit bey mir undt dint mir gar fleysich; sie ist gar eine gutte
fraw. Ich bin gewiß, daß sie Euch mitt ihrer wunderlichen sprach
sowoll in teütsch alß in frantzösch wirdt lachen machen; den ich
glaube nicht, daß Ihr Ewer leben eine solche gehört. Sie könte
weder in der frantzöschen accademie noch teütschen fruchtbaaren
geselschafft kommen, hatt eine rechte rare sprach, wie Ihr hören
werdet; sie ist gewont, daß man drüber lacht. Lenor, die Rotzen-
heusserin, kan perfect reden wie sie; wen sie mitt ihr spricht,
spricht sie imer ihre sprach, macht mich offt recht lachen. Adieu!
Seydt versichert, daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
154.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Meudon den 16 Februar! 1702.
Hertzliebe Louisse, es ist schon lang, daß ich Ewer schreiben
vom 14 Januar entpfangen habe, aber ohnmöglich eher, alß nun,
drauff antworten können; den ich bin 14 tag lang recht accablirt
267
mitt affairen geweßen. Erstlich die mitt meinem söhn, welche,
gott lob, nan beynahe zum endt sein; darnach auch habe ich viel
zu thun gehabt, mich nach der hießigen moden zu richten undt
meine freüllen abzuschaffen undt ihnen, weillen sie die letzten seindt,
so mir aufFgewahrt, Pensionen zu geben. Ich bin fro, daß Ihr Euch
zu Homburg so lustig gemacht habt undt woll seydt endtpfangen
worden. Die hochzeitten ohne ceremonien da kan man sich doch
woll lustig bey machen. Amelisse hatt woll gethan, braff mitt he-
rumbzuspringen. Wen Ihr, liebe Louisse, nun schon den freüden
absagen wolt undt Euch vor alt halten, waß werdet Ihr den erst
thun, wen Ihr von meinem alter sein werdet? Ich bin verwundert,
daß noch ein ledig freüllen von Lewenstein ist; ich meinte, sie
wehren alle geheüraht. So viel gutte eben, alß Ihr mir da schreibt,
wirdt man , wie ich glaube, nicht in gantz Franckreich finden. Daß
man einander von hertzen lieb hatt, wen man geheüraht ist, daß
aprobire ich sehr, aber nicht, daß man sich vor die letitte cares-
sirt; daß choquirte mich sehr, wen ichs sehen solte. Ich habe vor
dießen alß ein Sprichwort hören sagen, so Euch die bewunderung
benehmen solte, daß man heßliche personnen lieb kan haben; man
sagt: «Die liebe ist wie der thau; sie feit so baldt auff einen kühe-
fladen, alß auff ein roßenbladt». Die leütte, so die jagt lieben,
fragen wenig nach butzen. Wen mein bett schon wie madame
d'Orleans ihres gebrent hette, so soltet Ihr doch nicht wegen mei-
nes schrecken in sorgen gewest [sein]; den ich erschrecke gar sel-
ten. Ich bin gar woll mitt Madame ohne weittem tittel zufrieden;
den ich führe ihn allein. Die fürstin von Siegen hatt gar woll zu
Paris gefallen. Wen Ihr wie die fraw raugräffin seidt, so müst Ihr
gar groß sein; den sie wäre es. Baß Amelie war nicht klein; seydt
Ihr großer, alß sie, so müst Ihr groß sein. Ich bin klein, trag
aber die schuhe gantz blat. Ich bin fro, daß Amelise wider so ge*
sundt ist. Ich dancke Euch sehr vor Ewerm neüjahrswunsch undt
wünsche Euch alleß, waß Ewer hertz begehrt. Ich werde meine
brieff ahn Euch undt Amelisse in ma tante paquet thun, wünsche,
daß Ihr Euch woll zu Hannover divertiren moget dießen carnaval.
Meiner amen dochter, die Suzon, ist nach Cassel; ich habe ihr
brieff vor Euch beyden mittgeben, allein sie wirdt Euch, wie ich
glaube, nicht zu Franckfort finden. Es ist ein geringer Verlust,
daß Ihr die brieffe nicht bekompt, die Elüch doch sowoll, alß dieße
268
versichern solle, daß ich Euch, liehe Loaisse, allezeit lieh he-
halte.
Elisaheth Charlotte.
155.
A mad. Amelie Elisabeth ; raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Meadon den 16 Febmari 1702.
Hertzliebe Amelise, ein frantzösch Sprichwort sagt: «II veaat
mieux tard que jamais». Also schreibe ich jetzt. In Loaisse briefif
werdet Ihr sehen, waß mich bißher ahn schreiben verhindert hatt,
aber umb nicht zweymahl einerley zu repetittiren , so sage ich es
hirmitt nicht. Wolte gott, liebe Amelisse, meine glückwunsch könte
reussiren! Den ich es woll von gantzen hertzen thae. Ich aprobire
allezeit alles, waß raisonable ist. Heürahten ist keine ahngenehme
sach. Aber waß will man ahnfangen? Sich nicht zu heürahten, ist
nicht viel beßer. Alle stände in dießer weit seindt viellem Verdruß
unterworffen; daß ist die weit Jedoch ist es beßer, in einem
standt zu sein, da man einem beklagt undt nicht außlacht, alß in
einem zu bleiben, da man nicht viel glücklicher ist undt noch dabey
außgelacht wirdt, undt man hatt doch dem trost im heürahten, daß
man ander leütte raht gefolgt hatt, so es gutt mitt unß meinen.
Daß der graff ein gutt gemühte hatt, ist gutt; den da ist man
ordinarie raisonabel bey. Es ist ein glück, daß deß graffen bru-
der ein pietist geworden, nur zu fürchten, daß man ihn desabus-
siren möge. Mitt einem wort, liebe Amelisse, es ist ein recht ver-
hengnuß im heürahten; die es sein sollen, werden es, sie mögen
es wollen oder nicht. Ich glaube, der könig in Preussen, dem Ihr
ja nahe genung seydt, wirdt lieber haben wollen, daß dießer graflf
Euch nimbt, alß ein andere ; ich hoflfe es allezeit. Mich verlangt,
zu hören, waß drauß werden wirdt. Ich bin nicht Ewerer mei-
nung, daß Ihr Euch eher in Stauffeneck einsperren solt, allß in der
weit eine alte Jungfer zu leben. Nein , wen man die resolution ge-
fast, nicht zu heürahten, so muß maus vor keine schände halten
undt gerade vor sich weg leben. Wer weiß, ob es Louisse destein
nicht auch ist, einmahl zu heürahten? Den müst Ihr sie wider
außlachen. Hir hört man von keine hochzeitten, sondern nichts,
alß von sterben undt umbkommen. Ich bitte, schreibt mir doch
269
baldt, wie es mitt Ewerm heüraht stehet, andt seydt versichert,
liebe Amelisse, daß sich niemandts mehr in Ewer glück interessirt,
alß ichl den ich habe Euch recht lieb.
156.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Marly den 2 Mertz 1702.
Hertzliebe Amelisse, vergangenen sontag war es mir ohnmög-
lich, aufif Ewerm lieben briefif vom 18 Februar zu andtworten; den
ich hatte selben tag nohtwendig 7 große briefif zu schreiben. Ich
vernehme mitt freüden, daß Ihr ma tante, die fraw churfürstin, in
einem so gar gutten standt gefunden. Gott der allmachtige erhalte
I. L. viel undt lange jähre dabey, wie auch die liebe königin in
Preussen! Daß carnaval ist hir zum endt, ich verliehre nichts da-
bey; den ich war nicht von den divertissementen. Ihr könt nicht
beßer thun, alß bey ma tante zu bleiben; wen sie Euch behalten
will, werdt Ihr nicht incommodiren. Waß ist den dem grafiF von
Warttenberg vor eine quint ahnkommen, daß er dem graffen von
Wittgenstein daß heürahten verbiehten will? Er ist ja weder sein
bruder noch sein vatter noch sein vormundt. Ich hofife, die liebe
königin wirdt die sach schon wider zu recht bringen undt ma tante
auch. Adieu, liebe Amelise! Ambrassirt Ewern bruder undt
Schwester von meinetwegen undt seydt versichert, daß ich Euch
allezeit recht lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
157.
A mad. LouissOi raugraffin zu Pfaltz^ a Hannover.
Yersaille den 9 Mertz 1702.
Hertzliebe Louisse, ich habe zwar Ewer liebes schreiben vom
24 Februar schon vergangene post entpfangen, aber selbigen tag
so unerhört viel zu thun gehabt, daß ich ohnmoglich eher, alß nun,
aufif Ewer schreiben habe antworten können. Ich bin noch nicht
gantz von den afihiren befreyet, alle tag gibt es waß neues undt
selten waß gnts. Ich glaube, solche Sachen können nie kein endt
nehmen; freylich ist es gar nicht divertissant. Ich schreibe ahn
270
Carl Moritz den eintzigen last, so ich dießen carnaval gehabt habe,
drumb repetire ich es hir nicht. Ihr könt es in seinem brieflf sehen.
Ich bin recht fro, daß Ihr mir confirmirt, waß Amelisse mir schon
geschrieben, nehmblich daß raa taute, die fraw churfürstin, so in voller
gesundtheit ist. Gott der allmächtige erhalte I. L. noch viel undt
lange jähren dabcy! Man rufft mich in die kirch, nach der kirch
werde ich dießen brieff außschreiben. Ich komme jetzt wider auß
der kirch. Ich kan bey mir Selbsten leicht ermeßen, waß vor eine
frewde es Euch sein muß, bey ma tante zu sein; mich deucht, wen
ich diß glück nur noch einmahl haben könte, würde ich hernach
getröster sterben können. Ewers Schwagers affairen können ja
nicht ewig wehren undt müßen einmahl zum endt gehen undt ich
glaube, daß ma tante Euch woll erlauben wirdt, solche außzuma-
eben. Weder ahn königin noch keyßeiin bette ich Euch nicht ge-
rahten, Euch zu engagiren, aber mitt ma tante hatt es gantz eine
andere beschaffenheit; dem können wir andern I. G. deß churfür-
sten s. kinder nie nichts abschlagen, den v\dr haben ihr all zu große
Obligation. Ma tante schreibt mir selber alle divertissementen , so
sie dortten haben. Ich habe heütte kopffwehe undt habe doch schon
5 briefif ohne dießen geschrieben undt habe noch 2 zu schreiben,
muß derowegen nur ahn schließen dencken. Suzon wirdt Euch woll
meine brieffe schicken. Es ist gewiß kein platz im schloß zu Hau-
nover, daß man Euch in die statt logirt hatt; wen die frembten
weg sein werden, wirdt man Euch woll wider ins schloß nehmen,
hoffe ich. Ich kan ohnmoglich mehr schreiben. Adieu, liebe Louisse!
Seydt versichert, daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
158.
Versaille den 9 Mertz 1702.
Hertzliebe Amelisse, ob ich zwar heütte ein starck kopffwehe
habe, so kan ich Euch doch nicht allein zurück laßen, da ich ahn
Ewer bruder undt Schwester geschrieben. Der ahnfang von Ewerm
brieff hatt mich ahnfangs erschreckt, aber hernach habe ich woll
gesehen, jdaß Ihr Euch verschrieben habt; den Ihr sagt: «Ich habe
vergangen so sehr geheildt»; so meinte ich, es were gewed&dt, habe
aber hernaeh woll gesehen, daß es «geeyllet> hatt heißen sollen.
271
Ich * habt recht, zu glauben, daß ma taute mir alles geschrie-
ben, waß in den redoutten vorgangen. Ma [tante] hatt mir auch
jetzt von Ewerer sach geschrieben, davon I. L. bißher nichts.
Weillen sie mir nichts davon gesagt hatten, habe ich auch gethan,
alß wen ichs nicht wüste. Der graff von Warttenberg vergist sich
abscheulich undt weiß nicht mehr, wer er ist, aber er solte gedenc-
ken ahn daß alte Sprichwort, daß hofifart allezeit vor den fall
kompt, mag sich also woll in acht nehmen. Er solte gedencken,
daß seine Schwester Euch nie nichts disputirt hatt undt doch von
beßerer qualitet war, alß seine fraw. Solche sachen machen mich
allezeit ungedultig, wen sich die leütte so vergeßen. Wie können
andere die gnaden begehren, so ma tante Euch thut, undt drüber
eyffern? den sie seindt ja ma tante nicht so nahe, alß Ihr undt
Louisse. Ich bin Euch, liebe Amelisse, recht verobligirt vor Ewer
vertrawen; nichts ist mir ahngenehmer undt erweist mehr, daß Ihr
mich lieb habt; daß habe ich taußendt mahl lieber, alß compli-
menten; wolte nur, daß ich Euch trösten könte. Louisse ist, glaube
ich, so müde von Ewers Schwagers affairen, daß sie furcht, noch
mehr zu thun zu bekommen , wen sie sich hetirahten solte. Alles
wirdt geschehen, wie es unßer hergott von allen zeitten verbeugt.
Er gebe Euch beyden alles , waß Euch nutz undt seelig sein mag !
Die frantzösche Wörter können mir nicht frembt vorkommen ; den Ihr
könt ohne hexerey leicht gedencken, daß ich deren ein wenig hir
deß tages höre, sie also gar woll verstehe. Wen ich nur mein Teütsch
nicht vergäße! den ich rede es gar wenig nun. Fehle ich im Teüt-
schen, 80 corigirt mich! Ich werde Euch deßgleichen im Frantzöschen
thun. Adieu, liebe Amelisse! Ich habe Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich kan ohnmoglich mein brieff überleßen undt corigiren ; den
ich muß noch 2 brieff schreiben.
159.
A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 12 Mertz 1702.
>
Hertzlieb Louise, wie kompts, daß Ihr madame de Segure
* ? Ihr.
272
Monbron madame de Leare nent? So heist sie ja gar nicht. Die
gutte fraw scheindt alt undt ist es auch in der that; den sie ist
viel älter , alß ich. Sie war schon eine gestandene Jungfer , wie
ihr bruder, der Stubeuvoll, haußhoffmeister wardt, undt ich war
ein recht kindt. Sie muß aufifs wenigst nach meiner rechnung
ein jähr 8 oder 9 älter sein, alß ich, undt wie Ihr woU wist,
so werde ich im Mayen 50 jähr alt werden. Sie bezeugt mir in
ihrem schreiben eine große freflde, Euch beyden zu sehen. Der
gutten fraw von Harling todt ist mir recht zu hertzen gangen.
£s macht mich gäntz trawerig, undt ob der gutten frawen zwar
woll geschehen, indem sie niemahlen recht hette geneßen kön-
nen undt nur gelitten hette, so ist es doch allezeit betrübt, gutte
freunde zu verliehren. Ich glaube, daß es I. M. der königin in
Preussen auch wirdt leydt geweßen sein; den die gutte fraw hatte
sie auch sowoll alß mich erzogen. Die umbständen von der gutten
frawen todt weiß ich nicht. Ich bitte, sagt mirs doch! Ich sage von
hertzen amen aufif den gutten wünsch, so Ihr, liebe Louisse, vor
ma tante conservation thut. Wolte gott, ich könte durch meinen
todt ma tante unsterblich machen! ich würde ohne mühe gleich
sterben. Es ist offt sehr gefährlich, den hülsten zu negligiren; ich
habe leütte dran sterben sehen. Es ist ein glück, einen gutten hu-
mor zu haben; den daß stehet nicht allezeit bey unß. Ich erinere
mich deß spils a la guere nicht mehr; gar zu hart zu schlagen in
spieiger, da ist doch kein spas bey undt macht leicht händel unter
die cavalirs. Hettet Ihr, lieb Louisse , nicht gesagt , daß ein feh-
ler in Ewerm brieff, ich were es nicht war geworden. Die ver-
fluchte pfaffen zu Born haben mir meinen proces gantz verliehren
machen, aber die sentens ist, gott lob, so doli auffgesetzt, daß man
versichert, daß man sie vor nul kan passiren machen; also helt
man hir die sach noch nicht zum endt, ich aber werde daß endt
von dem proces woll mein leben nicht sehen. In gottes nahmen!
wens meinen kindern nur zu gutt kompt, bin ich schon zufrieden.
Ich muß heutte noch zwey oder 3 brieffe schreiben, kan Euch also
vor dießmahl nichts mehr sagen, liebe Louisse, alß daß ich [Euch]
allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
273
160.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Marly den 16 MerU 1702.
Hertzliebe Amellisse, Ewere schreiben können mir nie anabn-
genehm sein, undt je mehr ich von Euch allen höre, je lieber es
mir ist; habt also gar woU gethan, Ewer erste gedancken nicht
zu folgen undt mir Ewern brieflf zu entziehen. Ich wolte gern, daß
Ihr undt Louisse noch eine zeit lang nach der königin in Preussen
abzug bey ma tante bleiben möget, damitt I. L. nicht gleich so gar
allein sein mögen; den daß gibt gar trawerige gedancken, wen man
daß alleinsein nicht gewohnt ist. Die gutte fraw von Harling s.
hatt ihre stelle zu ihrer zeit gar woU vertretten undt dar ist
gar nicht über zu lachen. I. L. der churfürst von Braunsweig hatt
daß, daß er unleydtlich drucken undt kalt ist in seinen reden oder
redt gar nicht; aber umb ihn zu attrapiren, muß man seinen raht
folgen undt thun, waß Euch in der that vergnügt. Ich fürchte, daß
die Separation von der königin in Preussen sehr hart bey ma tante
halten wirdt, furcht mich drauflf; ma tante verbeyst allezeit, wen
Ihr etwaß leydt thut, undt daß ist bitter ungesundt. Ich glaube
nicht, daß die weldt jemahlen doller undt verkehrter geweßen, alß
nun, undt daß ahn allen orten. Wendt Monsiner weiß nicht, waß
er sagt; er schreibt mir sehr selten. Aber Ihr seydt woU demütig,
daß Ihr meint, daß meines pagen briefif mir ahngenehmer, alß die
Ewerigen, sein wtlrden. Hirmitt ist Ewer schreiben völlig beant-
wortet, liebe Amelisse! Schließlich will ich nur noch sagen, daß
ich Euch alles wünsche undt ahn Louisse, waß Euch vortheilhafft
nutz undt ahngenehm sein mag, undt so lang ich lebe, werde ich
Euch allezeit von hertzen lieb haben.
, Elisabeth Charlotte.
161.
A mad. Louise ^ raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 19 Mertz 1702.
Hertzliebe Louisse, ich will jetzt noch auff Ewer liebes schrei-
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. VA
274
ben vom 10 Mertz andtworten durch die Hannover -post; den nach
meiner rechnung wirdt Euch mein brieflf noch dort ahntreffen, undt
in allem fall, soltet Ihr verreist sein, wirdt Euch ma tante mein
brieff woll nachschicken. Ewer neuen muß Euch woll v^obligirt
sein, liebe Louisse, daß Ihr so viel mühe vor ihn nembt, Euch so
sehr mitt seinen affairen zu 5)lagen. Ich kan nichts von Ewer sach
sagen, weillen ich die dificulteten nicht weiß, so sich dabey finden
können. Ich hoffe, daß diß jetzige sanfftes undt schön wetter ma
tante gantz von ihrem husten couriren wirdt; auffs wenigst wünsche
ich es von grundt meiner seelen, Monsieur Polier pretendirt, daß
der husten gar gesundt ist undt daß sich die natur dadurch purgirt
von allen boßen humoren. Ich bin gewiß, daß, wen Ihr monsieur
Polier sehen soltet, würdet Ihr ihn sehr wenig verendert finden,
geht, noch so geschwindt undt strack, alß ipr sein leben gangen ist,
hatt noch seine zahn, ob zwar gar schwartz wegen daß vielle ta-
packdrincken, sieht ohne brill undt den verstandt gantz wie ordi-
narie, ist all eben woll nun 82 jähr alt. Ich hoff, ma tante, die
fraw churfürstin, wirdt auch so in dem alter sein. Ihre fraw Schwe-
ster, die fraw abtißen von Maubisson Libdeu, kan reinere schrifft
ohne brill leßen alß ich, hatt den verstandt gutt undt lustig undt
lebhafft, allein sie bückt sich sehr. Ich glaube, daß daß späte eßen
undt schlaffen gehen nur eine gewohnheit ist. Wen unß unßer her-
gott nicht schön macht, muß man sich woll getrösten; den man
were noch heßlicher, wen man sich drumb hencken solte. Den
trost hatt [man], daß die schönnen mitt der zeit auch heßlich sein
werden. Die gesundtheit ist ahm besten. Wir haben hir nichts
neues, werde Euch, liebe Louisse, also vor dießraahl nichts mehr
sagen, alß daß ich Euch undt Amelisse undt Carl Moritz allezeit
recht lieb behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
162.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräf£n zu Pfaltz, a Franckfort.
Menden den 8 April 1702.
Hertzliebe Amelisse , vor ein tag oder 10 habe ich Ewer liebes
schreiben vom 19 Mertz zu recht entpfangen ; erfrewet mich, darauß
275
zu sehen, daß meine schreiben Euch ahngenehm geweßen. Ich
glaube, Ihr werdet meine caminerfraw, die madaroe du Fresne, so
ich allezeit noch Sason heiße, noch zu Gassei finden, undt wehrt
mir einen rechten gefahlen thun, sie ahn I. L. meinen herrn vet-
tern, dem laiidtgraffen , zu recomandiren. Ich fürchte, daß, weillen
Ewer Schwager die naredey begangen, sich wider zu heürahten, daß
alle die mühe, so Louisse vor seinen proces genohmen, andern kin-
dern, alß Ewerer Schwester kinder, zu nutz kommen wirdt. Ich glaube,
daß Ihr nicht übel thun werdet, eine reiße in Engellandt, umb zu
sehen , ob Ihr dießen armen kindern waß werdet salviren könnep.
Dieße arme kinder jammern mich recht. Ich glaube, daß er sichs
baldt gerewen wirdt, eine so junge fraw genohmen zu haben; den
dazu schickt sein jalousser humor gar nicht. Zu meiner zeit war
der adel zu Hannover nicht so stoltz undt gaben den reichsgrafifen
alle die ehre, so ihnen gebührt. Seyder wan hätt sich den daß
geendert? Sagt [man] jetzt im Teütschen hoffenhertzig, wie Ihr es
schreibt? Zu meiner zeit sagte man offenhertzig. Ihr tröst mich
recht, mich zu versichern, daß ich mein Teütsch noch nicht gantz
vergeßen habe. Ich rede aber jetzt so selten , daß ich förchte, daß
ichs baldt vergeßen werde; jedoch so hoffe ich noch auff die fraw
von Rotzenhaussen, so nun baldt herkommen wirdt undt mitt wel-
cher ich allezeit teütsch spreche. Ich kene madame de Bellemont
woU; es ist war, daß sie eine rechte gutte fraw. Hette ich nicht
so fest auff ihr sachen gedrungen, betten sie Monsieur s. letttte
umb daß ihrige gebracht. Ich habe ihren söhn nie gesehen. War
er artig? Die äugen zu undt den mundt auff zu halten, steht gar
nicht woll. Ihr soltet auch schir sagen, wie die gutte Jungfer Col-
bin pflegt zu thun: «Nirgendts geht es wunderlicher zu, alß in der
welt>. Ich werde gar kein überiges gelt herauß bekommen von
der papstlichen sententz; den man muß abschlagen, waß ich ent-
pfangen, welches hoher kompt, alß die 3 mahl hundert taußendt
thaller. Die verfluchte pfaffen haben sich durch den großhertzog
mitt gelt bestechen laßen; ich habe aber mein parthey gefast undt
bin der sachen gantz getrost. Monsieur hatt wider meinen willen
den proces nach Rom geschickt. Ich wolte, daß die reichsfürsten es
judiciren selten; daß wolte Monsieur nicht. Man hofft noch hir, daß
mein sohns einsmahls wider zu dießen pretentionen gelangen wirdt
können; daß geht mich aber nicht ahn, werde alßden lengst ver-
f 18^
276
fault sein, bekümere mich also weitter nicht hirtlber. Es ist seyder
4 tagen ein so abscheulicher kalter windt ondt frost hir eingefallen,
daß man sich nicht zu behelffen weiß. Dieße nacht sollen alle
wingerten ondt obst erfroren sein. Ich frir, daß ich kaum die feder
halten kan. Ewer brieff, liebe Amilisse, ist beantwordet andt ich
weiß nichts netles. König Wilhelms todt ist nun schon waß altes,
sage derowegen nichts mehr, alß wie, daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
163.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort«
Menden den 8 Aprill 1702.
Hertzliebe Louisse, es ist zwar schon über 14 tagen, daß ich
Ewer liebes schreiben von Zelle vom 16 Mertz zu recht entpfangen
habe; es ist mir aber ohnmöglich geweßen, eher, alß nun, draufif zu
antwortten. Worumb meint Ihr, liebe Louisse, daß Ihr mir zu offt
mitt Ewerem schreiben kompt? Den ich bin allezeit fro, wen ich
zeittung von Euch undt Amellisse habe, dürft also gar nicht fürch-
ten, zu offt zu schreiben. Gestern entpfunge ich einen brieff von
ma tante. I. L. halten den 31 noch den husten, welches mir sehr
mißfehlt ; den ich sorge, daß, weillen daß wetter bißher zu Hannover
eben wie hir geweßen, daß jetzt die grimmiche kälte dortten wie
hir wirdt eingefallen sein, so seyder 4 tagen ist. Alle weingartten
sollen erfroren sein undt alles obst zu schänden gangen sein. Es
kombt einem nun desto unahngenehmer vor, weillen wir lenger alß
14 tag daß schönste frühlingswetter von der weit gehabt haben,
recht warm, wie zu endt deß Mayen; undt auff einen stutz kompt
ein rauer windt; der bringt eine solche kälte mitt sich, daß man
nicht dawern kan, undt es hagelt undt schneyet alle augenblick;
fürchte also sehr, daß dieß böße wetter ma tante, der fraw chur-
fürstin, husten vermehren undt leuger wirdt dawern machen. Ma
tante scheindt sehr touchirt zu sein von deß königs in Engellandt
todt, welcher jederman mehr verwundert hatt; allein mich deucht,
es ist mehr zu verwundern, daß er so lang hatt leben können, so
krancklich, wie I. M. s. wahren. Der gutte hertzog von Zelle wirdt
auch woU betrübt über dießen todtsfall sein; den er hatte dießen
277
könig hertzlicfa lieb. Beym hertzog von Zelle nndt ma tante kan
man sagen, wie im alten Sprichwort: «Alte liebe rostet nicht».
Dießer hertzog ist woU der beste herr von der weit. Ich habe ihn
recht lieb, aber seine gemahlin kan ich nicht estimiren. Es ist immer
schadt, daß der herr so mißheüraht, nndt ich kan [nicht] leyden,
daß ein solcher hertzog eine gemahlin hatt, die sich glücklich hir
geschätzt bette nndt allen ihren möglichsten fleiß ahngewendt hatte,
umb einen von Monsieur s. ersten cammerdinnem za heürahten, des-
sen söhn noch in meinen dinsten ist. Es ist ein zeichen von der
königin in Prenssen gutt natnrel, daß sie die hohen ihrigen so un-
gern quittirt hatt. Wie ich auch von ihrem hoff höre, muß es doli
dort hergehen. Ich bin fro, daß dieße königin Euch undt Amelisse
so gnädig ist. Es ist leicht zu glauben, daß daß tantzen auffge-
hört hatt, wie die königin weg ist. In meinem sin hatt Ewer Schwa-
ger auff alle weiße eine große thorheit gethan, sich ahn ein jung
metgen von 17 jähren zu heürahten; ich glaube, es wirdt beyden
gerewen. Caroline kinder jammern mich recht deßwegen; den daß
wirdt die arme kinder unglücklich machen; den es ist nicht zu glau-
ben, daß dießen armen kindern kein tord geschehen wirdt, undt
ich fürchte, daß alle Processen, so Euch so viel kosten, frembten
kindern zu nutz werden können undt Ewerer Schwester kinder nicht.
Drumb wen Ewer schwager will, daß Ihr Euch der sachen weytter
ahnnehmen solt, so soltet Ihr ihn persuadiren, daß er dießen armen
ersten kindern waß gewißes versichert undt Ihr also gewiß sein
möget, daß Ewere mühe woU ahngewendt ist. Wir haben jetzt
nichts neues hir, schließe also nur mitt meiner ordinarie Versiche-
rung, daß ich Euch von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
164.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 22 April 1702.
Hertzliebe Louisse, es seindt schon etliche tage verfloßen, daß
ich Ewer schreiben vom 6 April zu recht entpfangen, habe aber
ohnmöglich eher, alßnun, drauff antworten können wegen der oster-
fest, alwo man hir den gantzen tag in den kirchen sein muß, undt
die tage nach den festagen gestehe ich , daß ich , umb mich der
278
langen weill ein wenig za ersetzen, so ich in den kirchen außge-
Btanden mitt allem dem (anter nnß gesagt) lateinischem gepler, so
habe ich mich deß schönnen wetters ein wenig zu nutz gemacht
undt bin nach Trianon spatziren gefahren, welches woU der schön-
ste gartten ist, so man mitt äugen sehen kan. Wen Ihr nur mein
'schreiben Tom 12 Mertz entpfangen, liebe Lonisse, so fehlt EOch
so eins von den meinen; den 8 dießes monts habe ich Euch wider
geschrieben. Der neue proces wirdt mich woll nichts ahngehen,
sondern meinen söhn. Der abb^ Thessat ist viel betrübter, alß ich;
den mein parthey hirin ist lengst gefast geweßen. Ich verstehe die
Sachen gantz andt gar nicht; waß mich aber glaaben macht, daß
mein recht nicht schlim war, ist, daß man meine comissarias 50000
thaller geben hatt, mir meinen proces verliehren za machen; also,
bette ich kein recht gehabt, deucht mir, daß die sach wolfeyller
hette können aaßgesprochen werden. Cardinal Janson hatt die
brieffe in original, so erweißen, daß diß gelt ist gegeben worden.
Were es mir zugesprochen worden, hette es anß der könig nicht
genohmen, oder doch, wen er es genohmen hette, so wOrde es anß
hir mitt andern gfittern ersetzt sein worden andt es hette mich gar
in einem gatten standt gesetzt, ahnstatt daß ich itzander nur gar
genaw vor meinem standt za leben habe; andt wie man hir im
landt gar interessirt ist andt die leütte nar ahnsicht, nachdem man
ihrer nöhtig haben kan, also, hette viel einkommen gehabt, würde
mich jederman considerirt haben, welches nun, da man nichts zu
hoffen hatt, eben nicht so sein wirdt; aber in dießem allem ist
mein parthey gefast. Die Sttibenvoll hatt mir geschrieben, ihr man
hieße Segure Monbran , welches ein geschlegt , so bey hoff bekandt
ist. Von dem andern nahmen, nehmblich de Leare, hatt sie mir
kein wort gesagt; es mag woll der nahmen von einem gatt sein;
den nichts ist gemeiner hir in Franckreich, alß daß man seinen
nahmen vor ein gutsnahmen fahren lest. Die gatte madame de
Leare kan woll nicht jung sein; den wie ich ein kindt war, war
sie schon eine alte Jungfer, andt ich werde ja jetzt zu künfftigen
May 50 jähr alt werden, welches gar keine jugendt noch kinder-
werck ist. Ich glaube, daß sie nicht weit von 70 jähr ist, mag
also woll alter, alß ma tante, die fraw churfürstin, scheinen; den
es offt geschieht, daß die, so nur 2 jähr alter sein, ahm jüngsten
scheinen. Zu dem wünsch, so Ihr thut, liebe Louisse, daß gott der
279
allmachtige ma taDte erhalten möge, sage ich woll von hertzen
amen. Nichts in der weit geht einem mehr zu hertzen, alß die-
jenigen zu quittiren, so man ehret undt liebet. Mir ist bang, wie
ich Euch schon letztmahl geschrieben, daß, ahnstatt vor Eweren
neuveux zu arbeitten, Ihr alle die mühe vor andere kinder nembt,
wen es ja war ist, daß Ewer schwager wider verheüraht ist mitt
ein metgen von 17 jähren. Die herren rechtsgelehrten seindt fro,
daß ein proces langsahm gehet; daß spickt ihnen ihre küche undt
kelLsr. Ich wünsche, daß die sach baldt möge zum endt gehen.
Nun der könig in Preussen mitt dem graffen undt die gräffin von
Warttenberg zu Hannover geweßen, mogte ma tante vielleicht waß
vor Amelisse bey ihnen außgerichtet haben; so konte sich den alles
schicken. Es ist recht impertinent von den adellichen damen zu
Hannover, daß sie den reichsgraflfinen disputtiren wollen; daß ist
ja nicht erhört worden. Ich weiß nicht, wo der churfürst von
Braunsweig ahn deiickt, daß er solche sachen leydt. Er mag es
auch threhen, wie er will, so seydt Ihr doch geschwisterkindt mitt
ihm. Man kan glücklich geheüraht sein, man kan glücklich ledig
sein undt auch unglücklich in bey den ständen; alles ist, wie die
Sachen sich threhen, undt es threhet sich, nachdem es über unß
vorsehen ist; aber ordinaire, wen man von sich allein zu dependiren
hatt, ist es ein glück. Ich hoffe, es wirdt Euch undt Amelisse
nicht so gehen; den Ihr seydt beyde zu raisonabel dazu; allein man
pretendirt, daß ordinarie den alten Jungfern eine rewe ahnkompt,
welches sie hernach trawerig undt gridlich macht. Die arme Suzon
jammert mich; den ich fürchte, sie wirdt ihre reiße umbsonst ge-
than haben, weillen Euch mein vetter, der landtgraff Liebten, nichts
geantwort hatt; den lob auf mein woll schreiben pretendirte ich gar
nicht, sondern nur, daß der armen Suzon oder madame du Fraine
recht möge geschehen. Wie ich von I. L. der landtgräffin höre, so
muß sie gar eine raisonable undt gutte fürstin sein. Ich bin I. L.
sehr verobligirt, sich der armen du Fraine ahngenohmen zu haben ;
bitte, wolt doch bey I. L. meine dinstliche daucksagung deßwegen
erstatten. König Wilhelms todt hatt mich recht gejammert. Lenor
hatt mir einen augsburgischen callender geschickt vergangen herbst,
so auf diß jähr gericht ist; darin stehet dar dießes königs todt
mitt dießen wortten NBqffiO den 20 Mertz 1702:
280
„Ein potentat reist in daß grab,
deß thun sich andere frewen;
so gehts, wen einer danket ab
undt machet platz dem neuen. **
Ich kan leicht gedencken, wie alle allirten sich über könig Wil-
helms todt werden betrübet haben. Mich verlangt, zu erfahren,
waß Ewer Schwager wirdt geantwort haben auff seinen heüraht. Es
were ridiculle, wen er den heüraht gethan hette, ohne Euch ein
wordt davon zu sagen, da Ihr Euch so viel mühe vor seine Proces-
sen gebt, hette er den heüraht gethan. Von dem humor, wie er
ist, konte man woll sagen, daß er sich eine ruhte auff den hindern
gebunden hette. Man stirbt ordinarie, wie man gelebt; so wirdts,
fürchte ich, dem duc de Chomberg auch gehen. Wir haben nichts
neues hir. Man hört von nichts alß krieg undt kriegsgeschrey.
Der duc de Bourgogne wirdt zu künfftigen dinstag zu feit ziehen.
Man sieht überal leütte, so abscheydt nehmen. Der hoff wirdt
baldt sehr lehr sein; daß ist aber meine geringste bekümmernuß,
den es geht mir keine geselschafft dran ab, den ich bin den gant-
zen langen tag allein in meinem cabinet undt die zeit wirdt mir
nicht lang, findte die tage zu kurtz, habe viel blumen vor meinem
fenster, viel hündtger, so ich recht lieb habe, gegrabene steinger,
viel bücher; damitt kan ich mich gar woll amussiren undt damitt
geschieht weeder gott noch der weit Verdruß. Eine von meinen
schönsten hündinen ist im kindtbett hir in meinem cabinet. Adieu,
liebe Louisse! Ich will auch ahn Araelisse schreiben, von welcher
ich gestern ein schreiben entpfangen, ambrassire Euch also nur hir-
mitt undt versichere Euch, daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
165.
Versaille den 22 April 1702.
Hertzlieb Amelisse, ob ich zwar alleweill erst einen großen
machtigen brieff ahn Louisse geschrieben, so will ich doch dieße post
nicht vorbey gehen laßen, ohne auch ahn Euch [zu] schreiben undt
auff Ewer lieben brieff vom 13 zu antworten, mitt welchem ich ges-
tern bin erfrewet worden; den ich bin recht content von Euch,
liebe Amelisse, daß Ihr mir so offenhertzig schreibt. Ich bin fro,
281
daß Ihr noch 14 tag bey ma tante nach der königin abreiße gewe-
ßen seydt undt I. L. in der trawerigen zeit nicht allein geblieben
seyndt. Es ist eine abgeschmackte sach mitt den Processen undt
ich fürchte noch dazu, daß es Ewerer Schwester kinder nicht zu
nutz kommen wirdt, alle mühe, so Louise sich umb deß ducs de
Chönburg processen gibt, wen es war ist, daß er sich ahn ein jung
medgen von 17 jähren geheüraht hatt, so ihm gantzß cammern voll
kindern daher setzen wirdt. Ich weiß kein glück, so dießem bey-
kommen kan, bey ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig,
zu sein können. Ich habe woll gedacht, daß eine solche ursach,
alß wie die von deß churfürsten zu Braunsweig metres allein ur-
sach sein könne, daß man Euch nicht wie billig zu Hannover trac-
tiren wollen. Daß der churfürst ein struckener störiger herr ist,
habe ich gar woll ahn I. L. verspürt, wie sie hir wahren; den so
viel amiti6 ich ihm auch erwießen, hatt er doch nie kein vertrawen
in mir faßen wollen, noch mitt mir reden, habe ihm alle Wörter
außpreßen müßen, welches eine gar ohnahngenehme sach ist. Wo-
rin en er aber daß groste unrecht hatt, ist, mitt seiner fraw mutter
so zu leben, deren er doch all^n respect schuldig ist. Mißtrawen,
hochrauht undt kargheit machen dießen churfürsten, wie er ist.
Sorgt nicht, daß ich Euch händel ahnmachen werde! Ich werde
mein leben nicht nachsagen, waß Ihr mir geschriben habt. Ich
mercke es offt auß ma tante schreiben, ob sie schon nichts sagt,
daß sie übel zufrieden ist. Daß schlimbste ist, daß dießer chur-
fürst kein gutt naturel hatt, welches man woll ahn dem verspürt,
wie er auch mitt seinen herrn brüdern umbgeht. Es ist mir leydt,
daß der churfürst Carl Moritz so verdirbt ; den daß sauffen kan
kein gutt auff die lenge thun, er wirdt sich mitt umbs leben brin-
gen undt vorher noch daß hirn schwechen, daß er all seinen ver-
standt drüber verliehren wirdt. Ihr habt doch recht woll gethan,
liebe Amelisse, ihn davon zu rahten; den daß ist ein recht zeichen,
daß man seine verwandten lieb hatt, wen man sie corigirt. Ich
wolte, daß daß hauß Wolffenbüdcl mitt den hannoverischen ver-
eyniget were; den es bringt kein glück, wen man gegen sein eygen
hauß krig führt. Ich zweyflFle nicht, daß alle hohe verwanten undt
allireten von könig Wilhelm sehr bestürtzt undt betrübt über seinen
todt geweßen sein; mich hatt er auch gejammert, ünßere königin
in Engellandt hir hatt in dießem fall sich recht genereuse undt
282
christlich erzeigt. Viel Engelländer, alß sie die zeittnng von könig
Wilhelms todt erfahren, weiten freüdcnfewer machen; allein die Kö-
nigin ließ es außleschen undt überal verbietten, daß uieroandts
freüdenzeichen über dießes königs todt geben solte; sie selbsten
auch sprach davon ohne einige annimositet. Ich habe sie recht
drüber admirirt. Es ist gewiß, daß dieße arme königin ihr anglück
nicht meritirt undt recht tagendtsam ist. Ich bin persuadirt, daß
ma tante jetzt glücklicher ist, alß sie sein würden, wen sie königin
in Engellandt sein werden; den die Engellander seindt falsche undt
wunderliche köpffe. Wolte gott, ma tante könte wie die ertzvätter
leben! so würde 72 jähr nur eine jugendt sein. Ich dancke Euch
sehr, liebe Amelisse, Euch vor die armeSuzon, madame du Fraine,
bemühet zu haben. Sie spricht eben so doli frantzösch alßr teütsch,
sie macht mich lachen, wen sie spricht; aber waß ahm possirlich-
sten ist, ist, wen die Lenor, die fraw von Rathsamshaussen , mitt
ihr spricht; die kan eben reden, wie sie; man kan sich deß lachen
ohnmöglich enthalten. Die arme fraw, die du Fraine, wirdt mühe
haben, wider durch zu kommen; den alles ist voller troupen nun.
Man hört von nichts alß krieg undt kriegsgeschrey undt leütte, so
abschiedt nehmen; aber wie ich schon ahn Louisse gesagt, so geht
mir gar keine geselschafft dran ab; den ich bin von 2 uhr nach-
mittags biß 9 abendts allein in meinem cabinet undt die zeit feit
mir gar nicht lang, findt alß etwaß zu thun, so mich amussirt;
aber wens schön wetter ist, fahre ich spatziren. Ewer schreiben
ist völlig beantwortet, liebe Amelisse, undt ich weiß gar nichts
neues; derowegen will ich ahn schließen gedencken undt vor dieß-
mahl nichts mehr sagen . alß daß ich Euch von* hertzen ambrassire
undt all mein leben recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Louisse wirdt Euch sagen können, wie ich einen callender von
Augsburg habe , so könig Wilhelms todt prophezeyet hatt.
166.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Marly den 29 April 1702.
ßertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer liebes schreiben
283
tom 20 April zu recht entpfangen. Ma tante hatt mir selber ge-
schrieben, daß ihr husten, gott lob, vorbey ist. Ich komme alle-
weill von St Germain. Die kOnigin in Engellandt ist sehr kranck
ahm hnsten; man hatt I. M. heütte deßwegen zur ader gelaßen.
Die armme konigin sieht so bitter übel anß undt hatt so ein starc-
kes hertzklopffen, daß ich fürchte, daß sie ihrem könig baldt folgen
wirdt. Daß ma tante der apetit wider kommen, ist ein gntt zeichen.
Viel leütte seindt persuadirt, daß der hasten gar gesundt ist, wen
er nicht zu lang wehrt, noch auff die brüst feit. Ich bin in rech«
ten sorgen wegen den conseillier d'estat, so mir der könig geben,
umb sorg vor meine affairen zu haben. Es ist ein gar ehrlicher
man undt der über die maßen viel verstandt hatt undt recht ahn-
geuebm in der conversation ist. Es ist ihm ein fluß auff die brüst
durch einen starken husten gefahlen, er speyt bludt undt ist ein
alter man; furcht unerhört, er mögte drauff gehen, welches ein
recht Unglück vor mich were ; den meines sohns raht ist gar nicht
woll vor mich intentionirt. Es seindt lautter leütte, die bey Mon-
sieur s. zeitten ihre bände braff gefült haben; fürchten nun, mein
söhn mögte ihre conduitte examiniren undt ihnen rechenschafft fo-
dem, wollen derowegen sich auff alle weiße einschleichen, wen er
auch zu kurtz kommen möge. Dießer man aber, monsieur de Po-
mereu, lest nichts verbey gehen undt examinirt alles genau, waß
mich betrifft, bin also recht bang, daß er sterben niögte. Gott be-
hütte mich davor! den trewe leütte, so es auffrichtig mitt einem
meinen, seindt rar hir zu landt. Ma tante hatt groß recht, nicht gern
zu hören, daß man von diet spricht, den es ist recht langweillig.
Saladt ist nicht so ungesundt, alß man meint; es erfrischt. Hert*
zog Gorg Wilhelm habe ich auch recht lieb, vernehme also von
hertzen gern, daß I. L. noch so gesundt sein. Meine meinung ist,
daß man sich selber im eßen examiniren muß, laßen, waß man findt,
daß einem schaadt, undt sich nicht zwingen in dem, wo man die
experientz von hatt, daß es einem keinen schaden thun; den ge-
iieralreguln können so woll schaden alß nutzen. Der menschen na-
turen seindt eben so different, alß die gesiebter. Es ist ein groß
Unglück nfiitt den mißheürahten, es wirdt nie nichts guts drauß.
I, L. meines vettern, des churfürsten von Braunsweigs, heüraht hatt
viel liiehr bößes, alß guttes, zu wegen [gebracht] undt auff alle weiße
eine ewige schände. Die hertzogin hatt mehr ursach, alß niemandts,
284
betrübt über ibrer docbter unglück zu sein; den bette sie sie nicbt
in ihrer erster jngendt zu der coqnetterie nndt gallanterie erzogen,
so were sie nicbt in daß unglück gefablen, worinen sie nun
steckt. Es seindt leütte bir, so nicbt sagen, daß sie nicbt cri-
minelle geweßen, undt ein jong menscb, wie sie war, so sich küßen
nndt begreifen lest, thut woll alles überige auch. Ihr habt ihr gar
recht geantwortet, es were woll zu wünschen, daß nicht geschehen
were, tn aß geschehen ist. Dieße hertzogin ist von gar geringer ber-
kunfft undt es were ihr eine ehre geweßen, Monsieur premier valet
de chambre zu beürahten. Denckt nun, wie sich daß zu einem
hertzog von Braunsweig schicken kan! undt waß ihr geschehen, ist
freylich vor ein groß glück zu reebenen; insonderheit ist es rar,
daß ein verstandiger herr, wie hertzog Georg Wilhelm ist, ein
mensch beüraht, mitt welcher er so viel jähr ohne beüraht gehaust
batt. Daß der fürst von Anhalt seine apoteckers- dochter vor eine
fürstin gern wolte passiren machen, kan ich woll glauben. Aber
seindt woll andere fürsten närisch genung, die sach passiren zu
laßen undt eine solche creatur vor eine fürstin zu erkennen? Daß
were ja gar zu abgeschmackt. Der hertzog von Holstein ist noch
raisonabeller. Die arme du Fresne wirdt mühe haben, durch zu
kommen können; den der krieg fengt starck undt gefährlich ahn.
Die du Fresne oder Suzon, wie ich sie alß heiße, ist in dem fall
possirlicb, daß sie keine spräche recht kan undt also nie recht weiß,
waß sie sagt. Ich werde meiner dochter zu wißen thun, wie con«
tent die graffen von Borckdorff von ihr sein. Der hertzog von
Lotheringen undt mein dochter dencken ahn nichts, alß sich woll
zu divertiren. Ich erfrewe mich Ewertwegen, daß es nun zuFranck-
fort wider lustig zugehen wirdt. Hir ist es nun gar still undt
trawerig; man sieht lautter trawerig leütte, deren mener, kinder,
verwantten oder freunde in den krieg gezogen sein; der krieg ist
leyder nur gar zu rechter ernst. Brieffe gehen alzeit ihren weg
undt ich boife, Euch allezeit zu versichern können, daß ich Euch
recht von hertzen lieb hab^.
Elisabeth Charlotte,
285
167.
Marly, sambstag den 6 May 1702.
Hertzliebe Ameiisse, gestern habe ich Euer schreiben vom 27
April zu recht entpfangen, will noch drauff antwortten, ehe ich
wider nach Versaille fahre; den hetitte gehen wir alle wider hin.
Dieße reiße sein wir lang hir geweßen; den es war vergangenen
mitwog 8 tag, daß wir herkommen sein. Gestern, wie ich Ewer
schreiben entpfonge, käme ich eben von der jagt mitt I. M. dem
könig. Die jacht war perfect schön. Der könig hatt kleine calesche
nndt kleine pferdtger; die renen aber so starck, daß man allezeit
bey den banden ist undt die jagt schir nie verliehrt, eben alß
wen man zu pferdt were. Die jagt wehrte nur anderthalb stuudte
undt die hunde ersoffen den hirsch alleruegst hirbey in einem weyer.
Es war recht schön, alle die hunde mitt dem hirsch ins waßer zu
sehen, alle die leütte, maguifiek gekleydt, so drumb herumb wahren,
undt alle die jager, so auff den jagtshörner sehr woll blaßen. £s
war ein recht specktackel, aber genung hirvon! Ich komme auff
Ewer liebes schreiben. Suzon ist noch nicht hir ahnkommen; ich
habe aber zeittung von Nancie gehabt, daß sie dortten ist. Die
fraw von Rathsamshaussen ist auch dort, glaube, daß sie mitt ein-
ander kommen werden. Die fraw von Bathsamshaussen ist gar
kranck zu Nancie geweßen, hatt also nicht eher kommen können.
Ich habe, wie Ihr den woll secht, liebe Ameiisse, Ewer schreiben
noch nicht entpfangen. Man versichert mich aller ortten her, daß
der romische könig gar gewiß auff dem Rhein kommen, habe aber
nicht gehört, daß I. M. biß auff Franckfort werden, sondern man
hatt mir gesagt, er würde zu Heydelberg bleiben. Die königin,
wie man mir versichert, solle gar gewiß nicht mittkommen; also
wirdt Franckfort nicht so sehr im glantz sein. Daß man sich zum
krieg preparirt, ist kein wunder; den es ist ein außgemachte sach,
undt glaube nicht, zu sehen, wie der krieg ahufengt, daß meine
kindtskinder nie den generalfrieden wider sehen werden. Louise
hatt mir schon geschi'ieben , wie content die graffen von Brockdorf
vom lotteringischen hoff sein. Ich habe es meiner dochter auch
geschriben. Die kleine Rotzenhaussen ist all artig, aber kein
große Schönheit; sie gleicht ihrem vatter sehr undt schlegt viel
mehr ins rotzenhetlssisch alß veningerisch geschlegt. Es wundert
286
mich nicht, daß der fraw von Schelm ihre kinder nicht schön sein;
den Schelm ist all heßlich nndt die Gret nicht schön. Wo solten
den die kinder die Schönheit her nehmen? Sie müßen übel erzogen
nndt brutal sein, wen sie so geschwindt mitt den wörttern herauß
wischen. Worumb verwundern sich die leütte, daß Ihr der Schel-
min kinder undt sie selber vor freunde halt, da Ihr doch alle
landtsleütte seydt undt von jugendt auff mitt der mutter bekandt
seydt? Wir haben gar nichts neues hir, kan Euch also, liebe Ame-
lisse, nichts änderst sagen, alß daß ich Euch allezeit recht lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
m
%
168.
A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
Yersaüle den 12 May 1702.
Hertzliebe Louise, heütte morgen bin ich mitt Ewerm lieben
brieff vom 4 dießes monts erfrewet worden. Ich bin fro, daß alle
meine brieffe zu recht ahnkommen sein undt nicht verlohren wor-
den. Ich habe auch auff Ewere undt Amelisse schreiben eine zeit
her sehr fleißig geantwortet. Ich muß lachen, daß es Euch frewet,
daß ich von dem lateinischen geplär nicht eingenohmen bin. Außer
bludtseinfältige leütte sonsten lest sich niemandes davon einnehmen;
man geht nur ahn solchen orten, den pöpel nicht zu scandalisiren,
aber sonsten macht niemandes groß werck drauß. Von dem zeügs
aber gar befreyet zu sein, ist ohnmöglich; mein beruff undt kindt-
licber gehorsam haben mich her gebracht; hir muß ich leben undt
sterben undt mein verhengnuß völlige erfüllen. Meinem gott dinne
ich, wie ichs kan undt verstehe, laß ihn im überigen walten.. Sey-
der 8 tagen haben wir gar schön wetter gehabt, ich habe michs
auch braff zu nutz gemacht undt bin alle tag außgangen undt zu
fuß spatzirt. Heütte aber ist es wider recht heßlich, windt undt
regen. Die 8 tag her bin ich außer morgendts undt nachts ohne
fewer; nun aber wirdt man woll wider fewer machen müßen. Ich
fürchte, zu sehen, wie wenig die schönne tagen daweru, daß wir
deren dießen frühling gar wenig haben werden; der krieg aber, wie
ich glaube, thut wenig darzu. Überall ist mehr krieg, alß gelt.
287
Eeyßerswehrt helt sich noch zimblich; die zeit wirdt lehren, waß
drauß werden wirdt. Ich habe woll gehört, [daß] die keyßerlichen
bey Landaw sein, aber noch nicht, daß man es ein soll haben;
bitte, berichtet mich doch alles, waß Ihr neues [hört]! Hir erfahrt
man woll die zeittungen, wen sie gutt sein, aber selten, wen sie
böß sein, undt ich mögte doch gern alles wißen. Ma tante, die
fraw churfürstin, glaubt nicht, daß die römische königin nach Hey-
delberg kommen wirdt, aber woll der römische könig. Seyder ges-
tern geht daß geschrey zu Paris, der römische könig werde nicht
zu feit gehen; in kurtzem wirdt man sehen, waß drauß werden
wirdt. Man hatt mir gesagt, die cammerherrn, dern 12 sollen sein,
so mitt dem römischen könig ziehen sollen, betten zwar eine große
despence thun wollen, allein der keyßer hette es ihnen verbotten
undt ihren train limittirt. Der krieg kan nirgendts nichts guts auß-
richten. Die comissarie, so zu Rom meinen proces unter banden
gehabt, haben fünfftzig daußendt thaller bekommen. Abbe Thessut
hatt die quittancen in original gesehen ; wie ers dem papst sagte,
andtwortete der papst: «Beklagt mich, daß ich mitt solchen gott-
loßen undt falschen bößen leütten umbzugehen habe, die daß recht
umb gelt beygen !» Aber daß unrecht zu ersetzen , da sprach er
nicht von. Der abbe de Thessut ist viel betrübter umb die sach, alß
ich; den so baldt ich gesehen, daß Monsieur die sach nach Rom
geschickt, habe ich sie vor verlohren gehalten, also mein parthie so
woll gefast, daß ich gar nicht drüber erschrocken, wie die zeittung
ahngekommen ist. Ist dan keines von Ewern neuveux oder niepce
raisonabel gennng, umb Euch zu schreiben können, ob ihr herr
vatter geheüraht ist oder nicht? Den eswere ja einerechte verdrieß-
liche Sache, vor andere kinder alß Ewerer Schwester ihre zu arbeitten
undt mühe zu geben. Die faulle Schreiber seindt recht verdrießliche
leütte ; meiner dochter herr ist auch so. Solte der duc de Schonburg
geheüraht sein , werdet Ihr ihn schwerlich persuadiren können, seine
teütsche gütter Caroline kinder zu laßen ; den die, so ihn heürahten
wirdt, wirdt auch waß vor ihre kinder haben wollen undt ihren accord
im heüraht machen. Wie ich sehe, so geht Ewer proces gar langsam.
Ich gestehe, es hatt mich auch recht gefrewet vor zwey jähren, daß
auff meine solicittation der krumbfüßige Willich seinen proces ver-
lohren hatt. Es ist leicht zu gedencken, daß, so baldt der krieg
mitt Eugellandt ahngehen wirdt, daß Ewer Schwager wenig von
288
Loubert genießen wirdt. Ich habe nicht gehört, daß der fürst von
Nassaw Siegen herkommen seye, aber woll, daß er im Haag, dem
könig in Preussen seine erbschafft zu dispattiren. Hir seindt noch
mehr, alß der printz de Conti, so ahn Orauien pretendiren; der
dac de Yilleroy, messieurs de Matignon undt der duc de Lesdi-
guiere pretendirens auch. Gott weiß, wem es endtlich bleiben wirdt.
Daß der könig in Preussen den tittel genohmen, hatte mir ma tante
schon geschrieben. Ich meinte, der graff von Warttenberg würde
ma tante nicht abschlagen dorffcn, wen sie von dem heüraht von
Amclise gesprochen hette, man kan nicht ahntragen heyßen, weil-
len der graff von Wittgenstein die sach erst selber gewünscht undt
begehrt hatt. Es were nur die obstaclen aplaniren gewest, welches
sehr different ist. Ich glaube nicht, daß es bey unß menschen
stehet, unß glücklich zu machen. Denen, die unßer herrgott zum
glück vorsehen hatt, den wirdt nichts in ihrem standt schwer vor-
kommen; die aber, so unglücklich sollen sein, wirdt nichts in ihrem
standt gefallen können; so gehts hier, liebe Louisse! Ich dancke
Euch sehr vor die vers, so Ihr mir geschickt habt. Ich findte es
artig undt nicht so schlim, wie Ihr es findt; contrarie, es ist pos-
sirlich gegeben. Soltet Ihr noch mehr dergleichen pasquillen be-
kommen, bitte ich, sie mir zu schicken. Hir haben wir nun gantz
undt gar nichts neues undt, umb wie die Hinderson zu sprechen,
kan man sagen, daß alles nun gar schlapies ist. Morgen hoffe ich
die Lenor bey mir zu haben; die wirdt mir woll waß neues mitt-
bringen. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Euch undt
Ewere geschwister allezeit lieb behalten werde!
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich weiß nicht, ob Ihr die hunde lieb habt undt woll werdt
begreiffen können einen rechten chagrin, so ich just den tag gehabt,
alß Ihr mir geschrieben; den mein liebtes hündtgeu von allen, so
Mione hieße, ist mir gestorben.
169.
Madame, eß haben ihro königliche hobelten mir alergenethigst
befohlen, Ihro genathen in dero nahmen zu berichten, wie daß eß
ihnen for dieseß mahl vnmöglich fale, seibesten Dero schreiben zu
289
beantworten, indeme ein starckeß dreidagenteß fieber ihro könig-
liche hoheit iberfalen, so daß sie hart seint angekrifen werten, man
ale augenblick geförchtet, eß kent gar ein hitzigeß fieber darauß
werten; in suma ich kan Ihro genathen wohl mit Wahrheit sagen,
daß ich ihro königliche jhoheit noch nie so gefehrlich ynd schwach
gesehen, hofe aber zum lieben got, durch fleisige forsorge eß wirt
sich fon dage zn dage böseren. Indesen seint ihro königliche ho-
heit deglich so mit artzney geblagt vnd haben anch ather gelasen,
welcheß sie sehr geschwecht, daß sie for dieseß mahl ohnmöglich
seibesten schreiben könen, aber so halt alß sie sich witerum werten
ein wenig starcker vnd frei fon artzney befinten, werten sie Ihro
genathen witer schreiben. Beneben befehlen ihro königliche hoheit,
Ihr genathen zu berichten, daß sie gar nicht rathsam befinten for
dißmahl, daß die heren krafen fon Bruckdorf alhero komen, indeme
eß gar schwer seie, einen baß zu erhalten, welcheß aleß zu berich-
ten auß genethigestem befelch ihro königliche hoheit zu berichten
in vnderthenigkeit Ihro genathen nicht vnderlasen wolen, diesel-
ben in schütz gots zu befehlen, vnd ferbleie mit alem ersinlichem
resbegt Ihro genathen
Fersalien den 26 Maij 1702.
gantz schultigeste vnderthenigeste magt
Leonor von Rathsamhausen.
' Daß fiber hatt mich erst gestern verlaßen. Man hatt mir vor-
gestern zur ader gelaßen undt heütte medecin geben, se mich gar
sehr abgematt, kan ohnmöglich weder ahn Euch, liebe Louisse,
noch ahn Amellisse andtwortten, nur hirmitt versichern, daß ich
Euch allezeit lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
170.
Hochgebohrne genethige krefin, Dero genethigest antwortschrei-
ben fom 8 Juny habe ich mit höchsten freiten in vnderthenigkeit
erhalten, vnd weillen Ihto genaden so genethig seint vnd mir
erlauben , witer -zu schreiben , so due ichß mit kroser freiten vnd
berichte, daß, dem lieben got seie danck, ihro königliche hoheit
witer felich fom fieber genesen. Wolte got, daß die gemitsgesunt-
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. V^
290
heit so gut bei ihnen wehre alß die leibßgesnntheit, welcheß daß
fürnemhste bei meiner königlichen hoheit ist! Dan die draurich-
keit, die sie haben, die schwecht gar fihl, doch aleß hat, wo
man ist, seine vrsach. Mit artzney vnd docktern lasen sie sich
gar nicht fihl ein, got lob^ welcheß mich noch dresten dut; dan
beten seine königliche hoheiten den docktern gefolget, so beten sie
la meticke genomen, weiches ohnfehlbar wer ibel abgelofen; aber,
got lob, sie haben eß nicht gethan. Vnd aber daß ather lasen
spiret man' gar kreit, daß eß ihnen die kreften, zu gehen, ge-
schwecht; dan beten sie nach der hiesigen moten blut gelasen, so
wer eß noch ibeler abgelofen. Aber ihro königliche hoheit haben so
fihl gelasen, alß ihnen genug geteicht, vnd seint sie keiner dockter
schlaf, wiß hir der gebrauch ist. Ich due aleß, waß ich kan, ihro
königliche hoheit aufzumuntern, aber eß will bißweillen fast nichts
helfen. Got erhalte ia nur die gar zu gute nature ihro königliche
hoheit! so wirts aleß wohl gehen. Daß ist dero ansieht. Ich
winsche wohl noch, for mein ente die grose genathe zu haben, Ihr
genaden einmahl die hent zu kisen ; aber der böse krig, der hats
aleß bißhero verhintert, sonsten bete ich einmahl diese reise mit
meim kint, so zu Nansie ist, gethan vnd bete wie in vnderthenig-
keit aufgewart. Ich bin wohl vnklicklich, daß ich meineß lieben fa-
terlants so muß beraubet sein, ia fihl mehr, nur nicht ein eintzigeß
kint darin zu haben, sehe auch kein hofnung mehr darzu; dan
weter briter mir nie darzu haben helfen wolßn vnd der alte bunt
der beiset mich anfangen so, daß ich noch hofnung mehr, lang zu
leben, fihl weniger fihl reisen wert könen. Wen nur mein got mir
so fihl genathe dut, daß ich zu meiner alergenethigesten könig-
lichen hoheit reisen kan, so ferlange ich nichts mehr in dieser
weit. Sie seint gar zu genethig, daß sie fihl guts von meiner
dochter zu Nansie klauben. Wolt got, sie könt einmahl die ge-
nathe haben , in vnderthenigkeit aufzuwarten ! Meine schwester
Schälmin hat daß krose klick, nahe bei ihnen zu sein. Ich hab
mich vnterfangen, ein brief an Ihro genaden zu schreiben, in dem
der her fon Schelm mir ein dik brief zugeschriben , wegen seineß
ferstorbenen eltesten sohneß, bite derentwegen gantz vnderthenig
vm fergebung; dan durch Heitelberg gehen keine hosten mehr her
vnd sehe also nichts fon alen den meinichen; bite, Ihro genaden
wolten mein langeß schreiben nicht in ibel aufnem, sontern
291
klauben, daß eß geschieht auß höchst vnderthenigestem reßbegt vnd
daß ich leben vnd sterben werte Ihro hoch genathen
Fersalien den 16 Juny 1702.
alerschultigeste vnderthenigeste magt
Leonor.
171.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 17 Juni 1702.
Hertzliebe Amelisse, seyder eine zeit bin ich sehr unfleißig
im schreiben geweßen; es war aber meine schuldt nicht, wie Ihr
nun woll wist. Ich bin noch gar schwach. Die letze reiße habe
ich woll nicht gejagt, aber daß fieber hatt mich gar starck gejagt.
Alles wer woll hingangen, wer ich nur nicht so geck geweßen undt
hette mich zur ader gelaßen; seyder dem kan ich nicht wider zu
kräfften kommen undt bin gantz languissant, welches mir mitt meiner
dicken corpelentz sehr übel stehet. Ahn die Pfaltz darff ich nicht
gedencken, es jammert mich zu sehr. Der oberjagermeister Venin-
ger wirdt ohnen zweyffel daß jägerregiemendt commandiren. Ich kene
monsieur de Varene gar woll, aber er hatt keine Schwester in
Teütschlandt geheüraht, noch hatt keinen bruder, alßo kan der
graff von Vehlen sein schwager nicht sein. Von den Casque habe
ich mein leben nicht gehört. La Varene ist ein hofflicher wackerer
man. Eine von seinen baßen ist meine dame d'atour, die ich sehr
lieb habe. Man thete woll, die gefangene officirer von den Frant-
zosen woll zu tractiren ; den man hatt die tetitsche officirer hir ahm
hoff sehr woll tractirt, wie Euch der graff von der Lippe undt
monsieur Zebel, so in heßen-casselische dinsten, wirdt sagen, wo-
fern sie noch leben. Keyßerswehrt helt sich noch braff; monsieur
de Blainville hatt recht ehre von seiner deffence. Es jammert mich,
daß so viel ehrliche leütte auff beyden seytten dort bleiben. Ich
beklage die, so freündt undt verwanten im krieg verliehren. Ich
kan weder freündt oder verwandten im krieg verliehren; den ich
habe keine drinen. Ich glaube leicht, wie sehr es Euch schmertzen
wirdt, wen Ihr nach Heydelberg werdet, die römische königin auff-
zuwaHten; den daß wirdt Euch ahn die gutten zeitten erinern, so
leyder so sehr geendert sein. Ich mögte von hertzen wünschen,
292
daß es sich schicken konte, daß wir einander wider sehen mögten,
würde Euch von hertzen ambrassiren nndt mnndtlich versichern,
daß ich Euch von hertzen lieb habe undt behalte.
Elisabeth Charlotte.
172.
Yersaille den 17 Juni 1702.
Hertzliebe Loaisse, es wirdt mir ohnmöglich fallen, heütte auff
alle Ewere liebe brieffe zu antworten, so ich in meiner wehrenden
kranckheit entpfangen undt noch seyderdem; den ich bin zwar ge-
sundt, aber noch unerhört matt. Seyder meiner aderlaß kan ich
mich nicht erhollen; wen ich nur ein par hundert schridt gehe,
muß ich mich gleich setzen undt bin matt undt müde; wen ich 4
oder 5 bogen schreib, werde ich auch matt, werde also nur auff
Ewer letzten lieben brieff andtwortten von 8 dießes monts, aber
hinfort fleißig schreiben. Meine kranckheit ist kurtz geweßen, ich
habe aber viel dabey gelitten. Daß 3tagige fieber ist hir sehr a la
mode. Monsieur le Dauphin hatt auch 3 acces gehabt undt ist da-
bey geblieben; er hatt sich durch daß quinquina courirt Noch
viel andere personneu mehr habens auch bekommen, alß mademöi-
selle de Lislebonne, monsieur de Duras undt noch andere mehr,
deren nahmen Ihr nicht kent. Die duchesse de Bourgogne hats
auch, aber nur ein acces gehabt, undt madame la duchesse d'Or-
leans zwey, wie maus in den gazetten gesetzt hatt, undt Ihr habt
gar recht gedacht. Es gerewet mich recht, die complaisance ge-
habt zu haben, ader zu laßen; den die 23 acces vom fieber, so ich
vergangen jähr gehabt habe, haben mich nicht so sehr abgematt,
alß dieße aderlaß dieß jähr. Ich kan nicht wider zu kräfften kom-
men. Gott weiß, wens wider kommen wirdt, undt mein leben hatt
mir nichts mehr gerewet, alß die complaisance vor dem docktor
gehabt zu haben. Mitt schaden wirdt man weiß ; man wirdt mich
woU nicht mehr ertapen. Weillen ich kein fieber mehr habe,
habe ich daß meledy-Eendt-pulver nicht mehr von nöhten. Der
hunger ist mir gar nicht nach dem fieber kommen, eße weniger
alß niemandts in Frauckreich undt werde durch zu viel eßen nie
kranck werden. Eonte ich mein miltz so woll vor melancolie be-
wahren, alß mein magen von zu yiellen speyßen, würde ich gesunder
293 .
sein, alß ich bin. Vor alle gntte wünsche dancke ich Euch von
hertzen. Man sagt, der schnnpen seye gar gesandt. Ich wünsche,
daß Ihr es verspüren möget, liebe Louisse! Die Frantzoßen haben
mich, weillen sie bey Euch wahren, auß politesse gelobt, nmb Euch
einen gefahlen dran zu thnn, weillen Ihr mich lieb habt; der leütte
hir im landt ihrer liebe aber habe' ich mich nichts sonders zu be-
rühmen. Ich schicke Euch zwar ein schreiben von Lenor, allein
hinftiro werde ich fleißig auff Ewere schreiben andtwortten undt
nicht nöhtig haben, daß jemandes änderst vor mich schreibt. Gutte
nacht, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Euch allezeit recht
lieb habe!
Elisabeth Charlotte.
173.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 3 Julli 1702.
' Hertzliebe Amelise, gestern habe ich durch ein schreiben von
ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig, wie auch durch
eines von Ewer Schwester leyder erfahren, daß der arme Carl Mo-
ritz gestorben, welches mir von hertzen leydt ist, undt beklage
Euch von grundt meiner seelen; den ich mir leicht einbilden kan,
wie Euch diß ungltick zu hertzen gehen wirdt, Ewern lieben bruder
verlohren zu haben; undt ich bin versichert, daß Euch dießes noch
ahn alle die andern erinern wirdt, so Ihr verlohren. Ich habe es
nicht so baldt gehört, so ist mir gleich mein bruder seelig undt
mein lieber Carllutz dabey eingefahlen, welche bey mir noch gar
rieht vergeßen sein. Gott der allmächtige, so allein in solchen
fällen trösten kan, wolle Euch, lieb Amelis, auch trost verleyen
undt daß hertzenleydt mitt taußendt freüden ersetzen! Ich will aber
nichts mehr von dem Unglück sagen, alß nur, wen er mich undt
Euch geglaubt bette undt nicht so viel gedruncken, glaube ich, daß
er lenger gelebt bette. Jetzt komme ich auff Ewer schreiben vom
15 Juni, so ich vor ein tag oder 10 entpfangen habe. Hette ich
Euch aber damahlen geschrieben, hette ich Euch gar keine gutte
zeittung von meiner gesundtheit geben können; den ich habe 5
starcke acces vom fieber gehabt mitt einem gar starcken undt truc-
. 294
kenen husten. Es finge doli ahn. Ich wüste schir nicht, waß ich
darvon dencken solte. Ich hahe nichts gebraucht undt bin doch so
von mir selber wider courirt. Ich hatte die fraw von Ratzsams-
haussen gebetten, Euch meinen zustandt zu berichten, welches sie,
wie ich glaube, gethan halt. Daß kalte wetter hatt mir geschadt,
daß heyße wetter hatt mich wider zu recht gebracht. Daß zittern,
so Ewer armer bruder in den gliedern gehabt, käme gewiß von
viellem weindrincken. Ihr habt woll gethan. Euch zu Ewerm Un-
glück zu bereit ten; allein ich bin versichert, so bereydt Ihr auch
mögt geweßen sein, so wirdt es Euch doch unerhört geschmertzt
haben; den welche resolution man auch nehmen mag, so kan ein
gutt gemühte solche Unglück nicht mitt indifferentz ahnsehen, daß
geblüdt regt sich in unß undt lest sich fohlen. Die Lutzenburgin,
so Ihr gesehen, ist der madame des Alleure ihre Schwester. Es ist
war, daß sie ein doli leben zu Strasburg geführt hatt undt also
kein wunder, daß sie die mansleütte cavallierement tractiren. Man
kompt mir aUeweill sagen, daß meine kutschen kommen sein. Ich
werde ein wenig spatziren fahren; daß ist die eintzige artzeney, so
ich brauche, undt ich befinde mich gar woll darbey. Biß mitwog
werde ich nach Marly, alwo der hoff seyder vergangen mitwog ist.
Adieu, liebe Amelisse! Seydt versichert, daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
174.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Versaille den 3 Jolli 1702.
Hertzliebe Louise, gestern abendts habe ich Ewern lieben brieff
vom 22 Juni zu recht [empfangen], worinen Ihr mir leyder Carl
Moritz todt berichtet, welches mir von hertzen leydt, undt beklage
Euch undt Amelise von grundt meiner seelen deßwegen. Ich wüste
es schon, alß ich Ewer schreiben entpfungen; den morgendts hatte
ich brieffe von ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig
Liebten, entpfangen, so mir es bericht, welcher dießer fall auch
sehr zu hertzen gangen. In solchen unglück ist nichts zu sagen.
295
Gott nndt die zeit können allein trösten, in deßen schätz ich Euch
befehle undt bitte, daß Euch gott der allmächtige, dem alles mög-
lich ist, dieße betrübtnuß durch taußendt freüden ersetzen mögen,
undt umb Euch Ewer leyd nicht wider zu verneüen, will ich weit-
ter nichts mehr vom armen Carl Moritz sagen, alß nur, daß ich
glaube, daß er lenger gelebt hette, wen er weniger getruncken
hette; aber es war sein verhengnuß so, auff dieße weiße zu sterben.
Ich bin noch seyder meinem 3tagigen fieber recht kranck geweßen
undt 5 acces vom fieber auff allerhandt art; weillen ich aber nicht
weiß, wie man solche fieber auff tetitsch weiß; den wie Ihr woU
wist, liebe Louisse, so bin ich selten in Teütschlandt kranck ge-
weßen, habe mich also wenig bekümert, wie die kranckheitten
heißen; hir heist man aber, waß ich gehabt, acces de double quarte
tierce et double tierce, sambt einen gar truckenen husten undt
durchauß die stim verlohren. Ich habe gar nicht gebraucht, alles
ist von sich selber vergangen; ich huste zwar noch undt rede gar
heyßer , allein ich huste nicht mehr 'trocken undt werffe braff auß,
hoffe also, daß ich baldt wider in volkommener gesundtheit sein
werde, insonderheit weillen ich gar kein fieber mehr habe. Biß
mitwog werde ich nach Marly. Der fraw von Batsamshaussen hatte
ich in meiner kranckheit ahnbefohlen. Euch von allem nachricht zu
geben, welches sie auch, wie ich glaube, gethan wirdt haben. Es
ist woll gar nicht zu blamiren, daß Ihr betrübt über den todt Eweres
eintzig tiberbliebenen bruder seydt undt solchen beweindt; daß er-
weist Ewer gutt naturel, welches etwaß rares bey itzigen zeitten
ist , da man schir nirgendts kein gutt naturel mehr findt. Gott der
allmächtige wolle Euch trost verleyen! Waß eine solche betrübtnuß
noch Übels hatt, ist, daß es einem alles wider verneüert, waß man
in seinem gantzeu leben vor betrübte zufalle gehabt hatt, alß wens
derselbe augenblick wider were. Ich weiß nur gar zu woll, wie
einem zu muhte ist, beklage Euch desto mehr undt wünsche, daß
es gott der allmächtige beystehen möge, in deßen schütz ich Euch
befehle, undt behalte Euch, liebe Louise, allezeit von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
296
175.
A mad. Amelie Elisabeth^ raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
Marly den 12 JulU 1702.
Hertzliebe Amelise, vorgestern habe ich Ewer schreiben vom
1 dießes monts zu recht entpfangen. Ich bin Euch sehr verobligirt,
daß Ihr Euch über meiner beßerong erfrewet habt, allein wie Ihr
anß meinem letztem schreiben werdet ersehen haben, so bin ich wider
ambgeschlagen; seyderdem ich aber vom letztem üeber wider loß bin,
habe ich mich, gott lob, all zimblich woU befanden. Ein zeichen,
daß mir die aderläß gar nicht woU bekommen, ist, daß mir daß
fieber wider kommen ist nach aller meiner mattigkeit. Mich wan-
dert, daß Ihr der fraw von Rotzenhaussen letzten brieff noch nicht
entpfangen habt, den sie Each in wehrendem meinem fieber geschrie-
ben hatt. Da sitzt sie bey mir andt spindt seyden; den die damen,
so arbeitten, macht man sitzen, ob sie schon den tabouret nicht
haben; waß die damen spinen, daß haßpelle ich. Ich habe Euch
schon letztmahl daß leydt geklagt wegen Carl Moritz todt. Ich kan
leicht begreifen, wie man deß lebens satt kan werden. Ich wün-
sche mir zwar den todt nicht, allein wens ahns sterben gehen wirdt,
werde ich baldt meine parthey nehmen können andt ohne nichts in
dießer weldt sonderlich za regretiren. Wie konte aber Carl Moritz
daß hoffleben so beschwerlich sein, da er doch allezeit so gar las-
tig dabey wahre? Madame Grega hatt ihn umbs leben gebracht,
ihn so ahn den wein gewondt za haben in seiner kindtheit. Ich
weiß, daß er wie ein rechter philosoph mitt großer fermete gestor-
ben ist. Die ein gatt leben führen, ist es all eins, ob sie aaff ein
bett sterben oder niedergeschoßen werden. Ich mochte wißen, ob
es der eiste oder jüngste von den graff Güldenlowen ist, so in It-
tallien erschoßen worden; ich kene beyde brader. Ihr setzt da ein
neu wordt, so ich mein leben noch nicht gehört hatte, nemblich
wen Ihr sagt, liebe Amelisse : «Er war ein großer despochant». Waß
heist daß? Ist es desbauchirt, wie man zu meiner zeit sagte? Wens
daß ist, so mag es woll der eiste sein; den er war sehr desbau-
chirt, wie er hir war, auff allerhandt gattung. Er hatte einen hoff-
meister, der hatt ihn mitt fleiß dazu ahngeleydt. Von welch hauß
ist seine gemahlin? Weillen er so doli lebte, wirdt sie leicht zu
297
trösten sein; den ordinarie die desbanchirte männer leben gar übel
mitt ihre weiber. Landaw wirdt leicht können genohmen werden,
weillen man es nicht deffendirt. Wen man den wüsten Melac ein
wenig den buben batzen mögte, were es mir gar nicht leydt; ich
kan ihn nicht leyden, weillen er so gar barbarisch nndt cruel ist.
Wie man mir auß Lotheringen schreibt, so wirdt monsienr de Va-
rene baldt loß werden. Er ist dem zu Berlin gar nicht verwandt;
ich weiß deßen historie; den ma tante, die fraw churfürstin von
Braunsweig, hatt mirs geschrieben, wie es geschehen; allein, unter
unß gerett, ich glaube nicht, waß auch die herrn geistlichen sagen
mögen, daß sein zweyter heüraht recht sein kan. Nettanconr kene
ich nicht, es seye den vielleicht madame de Lenonconr, meiner
dochter dame d'atour bruder. Apropo von meiner dochter, sie flat-
tirt sich, daß Ihr undt Louise auff den camaval zu ihr kommen
werdet; sie sagt, sie bette Euch beyde dazu eingeladen. Wir ha-
ben gar nichts neues hir, alß daß eine abscheuliche conspiration
ist gegen unßerm jungen könig in Spanien endtteckt worden, gott
sey danck! Die Ittallienner seindt falsche undt schlime leütte, inson-
derheit die Napolitaner. Ich wolte, daß dießer gutte könig auß der
Ittalliener handt weg were; ich trawe ihnen kein bahr. Gott be-
wahre daß arme kindt! Adieu, liebe Louisse! Ich kan Euch vor
dißmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich [Euch] allezeit von hert-
zen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
176.
A mad. Louise, raugraffin zu Ffaltz, a Franckfort.
Marly den 14 JuUi 1702.
Hertzliebe Louise, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom
6 dießes monts zu recht erhalten, bin Euch sehr verobligirt, liebe
Louise, Euch so sehr vor meine gesundtheit zu interessiren, daß
es Euch zu einigem trost hatt in Ewerer betrtibtnuß dinnen können;
daß ich wider woU bin. Meine kräfften seindt mir zwar all zimb-
lich wider kommen, allein ich huste noch undt der gantz halß bin-
den schlegt mir auß, wie ein art rodtlauffen, hoffe, daß alles Übels
dadurch fortgehen wirdt; allein wen man in meinen alter ist, muß
298
es woll ahnfangen, überall ein wenig zn hapern. Bißher habe ich
mir meiner aderläß gar nicht zu rühmen gehabt; die mattigkeit
hatt über einem mont gewehrt. Seyder ich auß der Pfaltz weg, ist
mir der apetit gantz vergangen ; ich habe nicht vier mahl deß jahrs
banger, undt waß gar rar ist, ist, daß, da ich viel aß ondt 3 mahl oder
gar vier mahl deß tags aß, da war ich mager wie ein stück holtz,
undt nun, da ich gar wenig undt nur zwey mahl deß tags eße, bin
ich so fett, daß ich mich nicht zu behelffen weiß. Daß macht mich
glauben, daß es kein recht gesundt fett ist. Waß auch noch gar
wunderlich ist, ist, daß, ob ich schon daß fieber starck gehabt
habe, zur ader gelaßen, purgirt, so nehme ich doch nicht ab undt
werde nicht mager davon; diß alles aber setzt mich in gantz kei-
nen sorgen, ich werde gedultig erwartten, waß gottes will sein
wirdt. Alle woche bekomme ich gar richtig zwey gnadige schreiben
von ma tante, die fraw churfürstln zu Braunsweig Liebten, weiß
also, wie es mitt der königin in Preussen stehet. Sie ist, gott
lob, courirt, drumb hatt Euch ma tante nichts mehr davon gesagt.
Den fehler, so der arme Carl Moritz s. gehabt, hatt ihm leyder daß
leben gekost; den ich bin versichert, daß er sich mitt dem vielem
weintrincken die leber verbrent hatt; aber ein jedes hatt sein ver-
hengnuß, undt waß vorsehen ist, daß muß geschehen. Es ist nicht
zu zweyffelen , daß ihm sein fehler nicht solle leydt geweßen sein,
also woll zu hoffen, daß er der ewigen freüden jetzt theilhafftig
sein kan; die gelehrten aber, wie er war, haben ordinarie nicht
die stärcksten glauben. Daß er deß lebens müde war, war ein
zeichen von ungesundtheit ; daß macht daß leben sadt undt müde.
Daß miltz schlegt sich allezeit zu allerhandt kranckheitten, da kan
ich auch woll von sprechen; den ich leyde viel ahm miltz, gibt mir
aber nie keine disperate gedancken undt begehre gar nicht, zu ster-
ben; aber wen es ahn dem kommen wirdt, daß ich doch werde
sterben müßen, werde ich gar woll meine parthey faßen können
undt auff gottes barmhertzigkeit mich verlaßen, getrost in jene
weldt reißen. Mich deucht, daß nie kein jähr geweßen, alwo ahn
3 ortten krieg undt armeen sein, wo man weniger neues erfahren,
alß nun. Nach dem fieber bin ich nicht schwehrmüttiger, alß vor-
hin. Es ist lengst, daß meine lust, wie man sagt, in brunen ge-
fahlen undt vorbey ist. Ich glaube, ich stecke die fraw von Rat-
samshaussen ahn; den mich deucht, sie ist diß jähr nicht so von
299
hertzen lustig, alß die andere jähr. Daß sie verobligirt ist, all ihr
vieh zu verkauffen, weillen die armee ihr all ihr körn undt heü ab-
gemehet hatt, mag auch woU ursach dran sein, undt sie ist auch
noch in ängsten, daß ihr scblößel mögte abgebrent werden. Es ist
leyder leicht zu errahten, liebe Louise, wie Ihr noch nicht lustig
sein könt. Der soldat, so wider zurticlcgeloffen kommen, hette auch
woll gesagt, wie der von der historie, so die fraw von Wollmers-
haußen alß verzehlte, so bang war undt alß zu seinem captein
sagte: «A, mon capitaine, vn pourpoint de toille double, de toille!
a, qu'il y fait grand froid!» Er zitterte aber nicht vor kälte, son-
dern vor angst. Man hatt zu Paris zwey tag gesagt, printz Louis
were vor Landaw erschoßen worden; hernach haben sie gesagt, es
were ein printz von Baaden Durlach; aber weillen nichts davon in
den gazetten stehet, so Ihr mir geschickt undt wovor ich sehr
dancke, glaube ichs nicht. Ich glaube, daß es Euch graust, daß
schießen von Landaw zu hören; den man dencken kan, daß es
.leütte umbbringt. Es schlegt zwölffe, ich muß in kirch. Adieu,
liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Euch allezeit recht lieb
behalte !
Elisabeth Charlotte.
177.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaüle den 22 JulU 1702.
Hertzliebe Amelise, von meiner gehabten kranckheit will ich
gar nichts weitter sagen; den ich bin, gott lob, nun in volkomme-
ner gesundtheit undt habe vorgestern Ewern lieben brieff vom 13
dießes monts zu recht entpfangen. Daß mir Carl Moritz todt zu
hertzen gangen undt leydt geweßen, wie auch daß ich Euch undt
Louisse von hertzen drüber beklagt, davor merittire ich gantz undt
gar keine dancksagung; es ist nur meine Schuldigkeit. Ihr thut gar
christlich undt woll. Euch in den willen gottes zu ergeben; den
sich viel dawider zu speren, hilfft zu nichts, alß sich selber kranck
zu machen. Daß weibsleütte, so ordinarie all zimblich unglücklich,
nichts nach dem sterben fragen, wundert mich nicht; aber daß
Carl- Moritz so gern gestorben, nimbt mich wunder. Wen Carl
Moritz s. den wein nicht so sehr geliebt hette, were er ein perfec-
300
ter philosophe geweßen. Er hats aber thewer gennng bezahlt; den
ich bin sicher, daß daß sanffen sein leben verkürtzt hatt. Daß er
nicht ohne drincken sein konte, erwieße, wie seine leber verhitzt
undt yerbrendt war. Ich wolte, daß er mir sein gatt gedachtnuß
hette vermachen können; daß hette ich hir hoch von nöhten. Ich
weiß woll, warumb man Carl Edewart nicht so woll hatt leyden
können undt lieb haben, alß Carl Moritz. Er war zu tockmaußisch
undt wolte sein leben seine meinung über nichts sagen; ich habe
mein leben nicht auß ihm krigen können, waß er hast oder liebte,
waß ihm gefeit oder mißfeit. Ich sagte ihm taußendtmahl: «Sagt
mir, waß Qir gern thut, waß ihr gern habt!» Da machte er nur
ein reverentz, lachte verhont, aber sonst konte ich nichts auß
ihm kriegen; daß ist langweillig undt macht ungedultig anff die
lenge, habe ihn also bey weitem nicht so lieb Haben können alß
Carllutz. Ahn den kan ich nicht gedencken, ohne daß mir die
threnen noch in den äugen kommen. Man mag sich auch zu Un-
glück prepariren, wie man will, so entpfindt maus doch, wens
kompt; insonderheit wan man so gar nahe verwanten verliehrt, so
rührt sich daß geblüdt. Es ist gewiß, daß man hoch von noblen
hatt, von gutten freunden zugesprochen zu werden in solchen fallen;
bin fro, daß clJe Ewerigen ihre Schuldigkeit vericht. Lenor werde
ich die mühe nicht geben, zu schreiben; den nun ich wider gesundt
bin, werde ich es selber fleißig thun. Mein dochter macht sich
eine große freüde, hofft, daß Ihr anff daß carnaval zu ihr kommen
werdet; aber gott weiß, wo sie undt ihr herr in der zeit sein wer-
den; den nach aller aparentz wirdt daß arme landt daß theatrum
vom krieg werden. Gott gebe, daß ich mich in meiner meinung
betriege! Ma tante hatt mir geschrieben, daß, wen die römische
königin nach Franckfort kommen würde, wolle sie auch hin. Ich
glaube aber nicht, daß I. L. sich resolviren werden können, nach
Heydelberg zu ziehen. Waß Melac sagt, hatt mich lachen machen;
mich deucht, ich sehe ihn mitt seinem rodten gesiebt. Man hatt
hir gesagt, printz Louis were todt, hernach, es wer ein margraff
von Durlach umbkommen undt nicht .der printz Louis; weillen aber
nichts davon in den teütschen Zeitungen stehet, so Ihr mir ge-
schickt, so glaube ich es nicht. Monsieur de Varene weiß gar woll
zu leben undt ist ein feiner man. Netancour kene ich gar nicht,
ist, glaube ich , vom lotheringischen hoff undt nicht von dießem hoff.
301
ob er zwar ins königs dinsten. Monsieur de Yarenes piqnirt sich
nicht, galand zu sein. Der graff von Brockdorf wirdt eine rechte
thorheit thun, seine kinder her zu schicken, nach dem ichs ihm
widerrahten; er könte keine schlimmere zeit dazu finden, alß eben
nun, auß hundert Ursachen ; widerrahts ihm doch noch! Daß sie
herrein kommen in Franckreich, ist leicht, aber nicht, wider herauß
zu kommen; den man gibt gar keine pasport mehr seyder 14 tagen,
da die declaration von krieg geschehen. Were der frantzösche hoff
noch wie vor dießem, da man hir zu leben konte lehrnen! aber
nun aber, da niemandes mehr weiß, waß polites ist, außer der kö^
nig undt monseigneur, da alle junge leütte ahn nichts alß pure ab^
scheüliche desbauchen gedencken, da man die ahm artigsten findt,
so ahm plumbsten sein, da wolte ich niemandts rahten, seine kinder
bey zu schicken; den ahnstatt daß sie waß guts solten lehrnen,
werden [sie] lautter untugendten lehrnen; also habt Ihr woll groß
recht, übel zu finden, daß die Teütschen ihre kinder itzunder in
Franckreich schicken wollen. Dieseindt gewiß allezeit zu estimiren,
die ihr gutt undt bludt vors vatterlandt geben, undt bin ich auch
hirin Ewer meinung. Ich wolte, daß wir bey de mansleütte wehren
undt im krieg; aber diß ist woll ein ohnnohtiger wünsch, man kans
aber öfft nicht laßen. Wen der römische könig den 13 zu Wehrt-
hem geweßen, muß er all lengst vor Landau sein. Wir haben hir
gar nichts neues, will derowegen schließen. Louisse ambrassire ich
von hertzen undt versichere Euch, liebe Amelisse, daß ich Euch
allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
178.
Marly den 27 JulH 1702.
Hertzliebe Louisse, gestern wie ich eben von Versaille weg bin,
habe ich Ewer schreiben vom 20 dießs monts zu recht entpfangen.
Es were woll etwaß frembts, wen ich nicht part in den Verlust von
Carl Moritz genohmen bette, der mir ja nahe genung war, umb
mich seines Verlust zu hertzen gehen laßen, undt darnach auch so
ist es mir leydt umb Euch undt Amellise geweßen. Carl Moritz
war desto beßer zu entschuldigen über der Schwachheit, so er ge-
habt, so ihm sein leben gekost, daß es seine schuldt nicht war
302
undt die abgeschmackte Gregu, so ihn erzogen, ihn in diß onglück
gestürtzt hatt undt er selber nicht; kan doch leicht begreiffen, wie
es Euch zu hertzen gangen ist; den ob ich ihn zwar nie nicht ge-
sehen noch gekendt, so ist es mir doch zu hertzen gangen, daß er
bey dem churfürsten von Braunsweig nichts gethan, alß sich vol
sauffen undt bouffoniren, welches einen graffen von seiner gehurt
gar nicht zukam. Solche Sachen, so auß keiner boßheit geschehen,
vergibt unßer herrgott ehr, alß die weit; habt also groß recht ge-
habt, Ewer bestes gethan zu 'haben, im dießes abzugewehnen. Ich
habe ihm auch etlichmahl meine meinung teütsch herauß geschrie-
ben, wie Ihr woU wist, aber es war so geschrieben, daß dießes
sein todt sein solte; also muste es sein, daß er nichts nach unßem
predigen fragen solte. Weillen er sich selber die mühe nicht geben
wolte, vor seine affaire zu sorgen, konte er nicht beßer thun, alß
Euch solche zu übergeben, weillen Ihr doch solches woU verstehet.
Marly, donnerstag den 2 Augusti.
Es ist just 8 tag heütte, daß ich, wie Ihr, liebe Louisse, segt,
dießen brieff ahngefangen, ohne ihn außzuschreiben können. Ich
wardt donnerstag durch vissitten interompirt, freytag führte mich
der könig auff die hirschjagt, kamen zu spat von der jagt, umb zu
schreiben. Den wie ich mich nun viel zu alt finde, umb den gant-
zen tag im justaucorp undt peruque zu bleiben, mich also von
haubt zu fußen wider änderst ahnkleyde undt ich ordinarie sehr
schwitze, so muß ich gar lange zeit haben, mich wider ahnzukley-
den; daß nimbt die zeit zu schreiben weg. Sambstag besuchte ich
die königin in Engellandt zu St Germain, käme auch zu spät wider,
umb zu schreiben. Sontags wars die Hannover- undt lotteringische
post, alwo ich genung zu schreiben habe; montag schrieb ich in
Spanien ahn unßere liebe königin undt ahn I. M. fraw mutter, die
hertzogin von Savoyen; wir schreiben einander ordinarie sehr lange
brieffe. Dinstag hatte ich einen gar betrübten tag; den ich fuhr
nach St Clou, die großhertzogin, mein söhn undt seine gemahlin zu
besuchen undt meine enckel. Ich war noch nicht wider in dieß
hauß gekommen seyder meinem Unglück. Es hatt mich also alles
wider dran gemandt undt bitterlich weinen machen, hatte abendts
so ein starck kopffwehe deßwegen bekommen, daß ich nur ein par
wort ahn mein dochter schreiben konte. Gestern habe ich nohtwen-
303
diger weiß müßen 5 große brieffe schreiben, also ist mir nar der
heutige tag überig blieben, ahn Euch zu schreiben; komme nnn
wider, wo ich geblieben war. Es ist leyder nur alzu wahr, daß
Ewere bruder wenige jähren gelebt haben. Carllutz macht mich noch
die princes von Allen haßen; den bette die ihn nicht so mitt ihrer
verfluchten coquetery verfolgt, were er zu Hannover blieben undt
nicht umbkommen. Ich habe in meinem leben so manche verlust
gethan, so mir zu hertzen gangen, daß ich nur gar zu woU weiß,
wie es einem dabey ist. Man meint alß, es seye unßer raisone-
ment, so unß wider zu recht bringt, undt es ist änderst nichts, alß
die zeit. Wen man trawerig ist, ist es gar nicht vor den spaß;
den wen man es endern könte, thete maus gleich. Es ist etwaß
gaf abscheulich, gewacksene ^kinder zu verliehren. Die fraw von
Schelm jamert mich recht. Meine dochter macht sich eine rechte
freüde in der hoffnung, daß Ihr auff den carnaval zu ihr werdet,
sagt, sie wolle Euch so woli entpfangen, daß Ihr content von ihr
sein werdet. Itzunder würde es sich nicht schicken, aber im car-
naval wirdt Ewere große trawer vorbey sein, den konte es gar
woU geschehen. Mein dochter undt ihr herr seindt noch so kin-
disch undt kalberisch, daß mir alzeit bang, wen sie schwanger
ist. Gott gebe, daß sie unß dießmahl einen hüben geben magt
Ich bin nun, gott seye danck, in gar volkommener gesundtheit. Ich
gönne es ma tante, der fraw churfürstin zu Braunsweig, so wohl
vergnügt zu Lützenburg zu leben. Mich deucht, es geht sehr lang-
sam vor Landau her, dörfften nicht so in sorgen sein, zu baldt
fertig zu werden. Man rufft mich zur taffei. Nach der jagt werde
ich dießen brieff außschreiben.
Marly, mitwog den 9 Augusti.
Es ist ein frantzösch Sprichwort, so sagt: «Lliomme proposse
et dieu disposse». So ist es mir auch gangen. Ich bin abermahl
die gantze woche geweßen, ohne zum schreiben gelangen können.
Ob ich zwar willens geweßen, nach der jagt vergangenen donners-
tag meinen brieff außzuschreiben , so habe ich ohnmöglich dazu ge-
langen können; die jagt wehrte mehr, alß 2 gantzer stunden, es
war halb 7, wie wir widerkammen."" Ich habe schon gesagt, wie ich
*
* Im original sind hier vier seilen dnrebgeBtricben.
304
mich wider ahnkleyden muß. Mein boß gedachtnnß hatte es mir
vergeßen machen, habe es also hir gantz aaßgewischt. Gott weiß,
ob Ihre werdt leßen können. Würde erst umb 8 fertig, da muste
ich ahn ma tante anßschreiben undt auch ahn mein söhn die gntte
zeittung, wie monsieor de Vandosme 3000 von des generals Hani-
bal Visconti troupen geschlagen, welchen man nnn hier Pannimal
Yisconte heist, weillen er sich so braff hatte bntzen laßen. So baldt
. ich anßgeschrieben, kämmen viel damens zn mir, konte also ferner
nichts schreiben. Freitags ginge ich mitt dem könig spatziren undt
abendts war die lotheringische post. Sambstag jagten wir den
hirsch wider nndt die jagt wehrte noch eine halbe stondt lenger,
alß letztmahl, war gar schön, benahme mir auch wider die zeit, zu
schreiben. Sontags-post schriebe ich 20 bogen (seyten will ich sa-
gen) papir ahn ma tante, die fraw churfürstin, 10 in Lotheringen,
10 wegen ein affaire, 12 ahn meine gutte freündin, war so müde
hernach, daß ich nimer schreiben konte. Montag muste ich auff 4
bogen, anff alle seytten geschrieben, ahn madame de Savoye andt-
worten, ich bekamme vissitten, muste also noch mitt Ewerm brieff
einhalten. Gestern wahren wir vor undt nach dem eßen drunten
im gartten mitt dem könig, gar schönne statuen placiren zu sehen;
sie kosten 100000 francken die beyde. Eine ist die Renom^e, die
sitzt auff ein geflügelt pferdt, alles ist von einem eintzigen stück
weißen marber; daß ander ist ein Mercurius, der sitzt auch auff
einem pferdt, man kan nichts schönners sehen. Ich glaube nicht,
daß man in der weit einen schönnern garten finden kan, alß dießer
hir ist. Ich komme aber auch einmahl wider auff Ewer schreiben,
liebe Louisse! Es ist mir leydt, daß unßer hanoverische printzen
vor Landaw sein; daß wirdt ma tante lust troubliren undt I. L. in
sorgen setzen. Den graff von Vehlen kene ich gar woll ; wen seine
Schwester ihm gleicht, kan sie woll gutt, aber nicht schön sein.
Ich bilde mir ein, daß der printz von Saxsen Weißenfelß, so Ihr
zu Franckfort gesehen, der ist, so wir lang hir gehabt haben; hatt
ein rundt gesiebt, blatten lefftzen undt ist gar blundt. Ich wünsche,
daß daß Schlangenbaadt Amelise woll bekommen möge. Ich glaube,
es wirdt ihr andt thun, ohne Euch zu sein, den Ihr separirt Euch
selten von einander, wie mich deucht. Ich kan jetzt den nahmen
nicht finden von dem man, so Ewers schwager affairen hir in bän-
den hatt; der hatt gleich coupert außgebetten, mir aber durch seine
306
fraw Versicherung gethan, daß er es nur Ewerm schwager zum
besten außgebetten hatt. Die fraw ist artig, weiß gar woll zu leben
undt hatt verstandt. Wegen Caroline kinder bin ich fro, daß Ewer
Schwager nicht geheüraht ist; den wen er auch beürahten mögte,
kan es doch seinen kinder nicht vortheilhafftig sein. Man sagt, die
königin Anne ist nun gar gesundt, also nicht, weiß wegen der
Engländer humor nicht, ob ich 'sagen soll zu hoffen, oder zu fürch-
ten ist, daß ma tante baldt in Englandt komme. Wen man woll
undt content, thut man woll, keinen andern standt ahnzunehmen.
Hette der gutte könig in Poln dieße maxime gefolgt, stocke er nicht
in dem unglück, worinen I. M. nun sein; den man hatt hir zeittüng
bekommen, daß der könig in Schweden mit 12000 man deß königs
in Poln armee im grundt geschlagen, so noch eiumahl so starck
war. Der könig in Poln solle verwundt undt darneben verlohren
sein, daß man nicht weiß, wo I. M. hinkommen sein. Were er
hübsch churfürst von Saxsen geblieben, so were ihm diß nicht wi-
derfahren. Lenor sagt hirauff: «Wens der geiß zu woll ist, geht
sie auf eyß undt bricht ein bein». Hirmitt ist eiumahl Ewer erstes
schreiben völlig beantwortet. Ich komme jetzt auff daß vom 27 Julli,
worauß ich sehen, daß Ihr meine schreiben entpfangen habt. Es
ist ohnnöhtig, zu gedencken, welch baadt oder sawerbrunen mir
gutt thun könte; den ich bin nicht in einem standt, hin zu gehen
können. Mein halß ist nun überall außgeschlagen , ahm nicken
auch, biß auff die brüst; aber es muß so seinen weg fortgehen
lindt drauß wehren, waß gott will. Sonsten bin ich doch, gott lob,
gesundt undt ist mir nirgendt wehe. Ordinari eßen die magern
mehr, alß die fetten. Es ist war, daß gar junge leütte alzeit ape-
tit haben. Chagrin macht nicht allezeit -mager, sonst müste ich
wie ein spönhöltzel sein. Wen man hertzenleydt undt wider trost
dabey hatt, so ersetzt man sich leycht: Glaubt mir, liebe Louissei
wen wir keine andere betrübtnuß betten, alß unßere sünde, wehren
wir gar lustig. Wist Ihr, waß unß betrübt? Wen unßer verheng-
nuß unß ein unglück über daß ander schickt undt unßer tempere-
ment miltzsüchtig ist, so zieht man sich alleß zu hertzen undt wirdt
melancolisch. Aber bey unß selber stehts wenig, lustig oder trawe-
rig zu sein. Zum exempel der Lenor temperement ist lustig, dabey
hefft die trawerigkeit nicht; die hecks, wen sie zu hauß ist, kan
sich auch mitt ihren gutten freunden lustig machen, wen sie wiU,
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. "^^
306
undt [wenn] sie bir auß freündtschafft vor mich lange weill aaß-
stehet, kans sie es doch wider den winter zu hauß ersetzen. Da
sitzt sie nndt spindt seyden undt lacht über alles, waß ich schreibe.
Sie will auch gutt davor sein, daß Ihr keine sünde habt, worüber
Ihr £üch jemahlen betrüben mögt, es seye den, sagt sie, daß Ihr
ein wenig von dem darmstättischen hoff von der pietisterey mögt
ahngesteckt geworden sein. Auß dießer plaissanterie werdt Ihr sie
woll erkenen. Ich habe lachen müßen, daß Ihr sagt, daß der rö-
mische könig nachmittags nmb 4 die meß gehört; daß kan nicht
sein, den man sagt keine nachmittags; es muß daß salut gewest
sein. Man sieht woll, daß Ihr die catholische kirch engebrauch
nicht wist. Ich habe noch nicht gehört, daß Landaw über seye;
jedoch so ist es über 14 tag, daß es über sein solte. Wie kan
daß arme Heydelberg der römischen königin nun gefahlen in dem
standt, wie es nun ist? Ich kam nicht ohne schmertzen dran denc-
ken. In allen armeen giebt es deserteurs; in Ittallien kommen die
deserteurs auß den dänischen troupen mitt fumfftzigen undt hundert.
Melac ist gar nicht blessirt worden; er ist ein braver undt gntter
Soldat, aber greulich cruel. Mich deucht, wie ich schon gesagt,
daß die Teütschen ihre belägerungen gar langsam führen. Die
Lotheringer seindt ordinarie nicht gar woll gezogene leütte,- wun-
dert mich also gar nicht, daß der Nettancourt Euch nicht gefeit.
Varene weiß beßer zu leben undt ist von einem alter , wo er noch
die politesse bey hoff gesehen, also nicht wie die junge leütte. Ist
man bey rechten königlichen hoffen, kan man ohnmöglichen , ohne
respect zu manquiren, in manteaus erscheinen, wundert mich also,
daß es die königin in Denemarq gelitten. Sie undt ihre damen
konten woÜ so sein, weillen sie reißetten; aber andere, so nicht
reißen, solte nicht so erscheinen. Wen man zu Versaille, welches
vor die residentz passirt, so ist jederman, so vor den könig undt
unß erscheindt, alß in grand habit; aber hir zu Marly nndt zu
Menden undt St Clou ist man allezeit en manteau, auch auff den
reißen. Ich finde le grand habit viel gemächlicher, alß die man-
teaus; die kan ich nicht leyden, den es ist ein dopelte kleydung,
undt haße die cornetten, wo gar nichts ahngenehmes ahn ist; sie
hencken überall ahn. Hirmitt ist Ewer letzter brieff, liebe Louisse,
auch gantz völlig beantwort. Ich habe heütte noch 5 große brieff
zu schreiben, will Euch derowegeu nichts mehr sagen, alß daß ich
307
Euch bitte, Amellisse meinetwegen zu ambrassiren, undt seydt beyde
versichert, daß ich EQch allezeit lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
179.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, aFranckfort.
Versaille den 18 August 1702.
Hertzliebe Amelise, durch den letzten brieff, so ich ahn
Louisse geschrieben, werdt Ihr, wo sie ihn Euch gewießen, ersehen,
wie schwerlich man zum schreiben hir gelangen kan; deßwegen
habe ich auch nicht eher auff Ewer schreiben vom 3 andtworten
können. Es ist kein wunder, wen man selten frantzösch spricht,
daß man etlich mahl einen bustaben vor den andern setzt. Ich
halte mein versprechen, Euch Ewer Frantzösch zu corigiren, aber
Ihr undt Louisse corigirt meine teütsche fraßen nicht, welche doch,
wie ich glaube, der corection offt von nöhten haben; den ich rede
selten teütsch undt verspüre woll, daß es mir nicht mehr so leicht
ahnkompt wie vor dießem; also wen man mir nicht hilft, werde
Ichs gewiß vergeßen. Den ob ich zwar alle tage in der teütschen
bibel leße, einem psalm undt ein capittel im alten undt eines im
neuen testament, so thut es doch nicht, alß wen man taglich
spricht. Bey der Rotzenheüssern kan ich auch nicht recht reden
lehrnen, den sie redt selber bitter tlbel teütsch ; ich lerns ihrs eher,
alß sies mir. Es ist sich nicht zu schämmen, daß man eine frembte
spräche nicht recht kan; die muß man gehertz reden, umb corigirt
zu werden, so lernt maus desto beßer. Mich wundert, da jetzt in
Teütschlandt jederman frantzösch reden undt schreiben will, daß
nicht beßer die ortograffe in acht nehmen. Wie kompts, daß Ihr
ein frantzösch freüllen habt? Den daß seindt«ordinarie gar schlegte
edelleütte, so gar nicht mitt unßerm teütschen adel zu vergleichen
sein; den wen hir ein burger ein Charge de secretaire de roy
kaufft, passirt er gleich vor ein gentilhome, undt zudem so nehmen
sie nie die mißheürahten in acht, sondern heürahten allerhandt
burgersmetger, auch woll gar bawerinen, wen sie nur gelt haben,
seindt also offt mitt allerhandt handtwercksleütte verschwägert; die
gemeine noblesse ist hir selber gar wenig geacht.
20*
SÖ8
Sontag den 20 August.
Ich hatte dießen hrieff schon vergangen freitag ahnfangen;
es seindt mir aher so viel verhindernüße dazu gestoßen, daß ich
ihn ohnmoglich habe außschreiben können. Gott gebe, daß es nun
geschehen mag! Coquetten weiber seindt nichts rares, ich glaube,
man findt deren Qberal. Aber seyder wan ist man in Teütschlandt
so gednltig geworden? Den die eitern zu meiner zeit betten ihrer
dochter in ihrer gegenwart so nichts gelitten. Ich erinere mich
noch, wie man den vicekantzler Mieg anßgelacht hatt, daß er sei-
ner dochter Amelie alles gelitten hatt. Ich weiß nicht, ob der
obermarschalck, deß churfürst von Maintz bruder, dern herrn Schem-
born vatter ist, deren wir 3 hir gesehen haben, recht feine leütte
tmdt die recht wollzu leben wißen; sie wahren thumherrn zu Maintz.
Die seiltantzerin , so Ihr gesehen , heist sie nicht Sqninquinelle ?
Vor 2 Jahren habe ich eine gesehen, so so heist undt gar woU
tantzt. Landtgraff Carl von Reinfels schwürmbt den alß herumb,
wie ich sehe. Die Dingenheim hiesen wir vor dießem alß Manisch;
sie ist bey der printzes von Gassei. Ich glaube, daß die Dingenheim
nndtEwer freüllein ihre angen gleich werden beweißen können. Ich
biü von hertzen fro, daß Euch daß Schlangenbaadt so woU bekom-
men. Ich habe nun keine remedien von nöhten, bin, gott lob, in
gar gutter gesundtheit; aber wen ich auch ein baadt von nöhten
hette, würde es mir nicht erlaubt sein, ins Schlangenbaadt zu
ziehen. Mein dochter erwahrt Euch undt Ewer Schwester nicht
eher, alß auff zukomenden carnaval, habt also noch zeit, Euch
drauff zu bedencken. Es ist kein eintzig contrefait von meiner
dochter, daß gleicht; vom hertzog von Lotheringen seindt auch
keine gar gutte, aber noch beßer, alß von meiner dochter. Hir-
mitt ist Ewer schreiben einmahl völlig beantwort, mir also nichts
mehr überig, alß Euch undt Louisse von hertzen zu ambrassiren undt
Euch zu versichern, daß ich [Euch] allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
180.
Fontaineblean den 29 Septembris 1702.
Hertzliebe Louisse, ich glaube, daß Lutzifer expresse teüffelger
309
bestehlt, ahn schreiben zn verhindern, nmb die letttte braff doli zu
machen; den bißher ist es mir dnrchauß ohnmöglich geweßen, ahn
Euch noch ahn Amelisse zu schreiben, noch anff Ewere zwey liebe
brieffe vom 2 September undt 10 Augnst zu andtworten. Heütte
aber habe ich mir fest vorgenohmen, daß mich nichts dran hindern
solle, undt umb Euch zu erweißen, wie fest ich es vorgenohmen
habe, so schreibe ich Euch nun; ob zwar eine duchesse kommen,
mich zu besuchen, so schreib ich doch immer fort, umb den wehr-
teüffel auch einmahl doli zu machen. Ich komme auff Ewere schrei-
ben. Ihr embrouillirt immer meines sohns gemahlin mitt mich we-
gen den nahmen, so sie nun führt, von duchesse d'Orleans. Ich
bins nur, wen man Madame sagt. Die duchesse d'Orleans ist alle-
zeit meines söhn gemahlin, dieße ist zu St Clou bey 3 wochen ge-
weßen mitt ihrem herrn, mitt der großhertzogin undt sonst noch
viellen damen. Ich habe sie nur einen nachmittag besucht; es er-
neuerte mir aber so erschrecklich daß abscheuliche spectacle, so
ich dortten vorm jähr gesehen, daß ich ohnmöglich dort bleiben
könte. Seyder meiner letzten kranckheit, die ich Euch berichtet,
bin ich nicht kranck geweßen. Von monsieur de Varene werde ich
nichts sagen. Ich glaube, daß er daß Teütsche wunderlich auß-
spricht; den unter hundert Frantzoßen findt man kaum einen, so
man auff tetitsch verstehen kan, undt meinen alle, sie könnens per-
fect. Von Landau sage ich nichts mehr; daß ist. Nettancour ist
es woll bekommen, daß sein regiement in Landau geweßen; den
sie haben ihn nehmblich ihren obersten loß gebetten. Die römische
königin hatt noch ursach, in neuen sorgen zu sein, weillen der rö-
mische könig, wie man sagt, dem churfßrsten von Bayren endt-
gegen geht. Weillen ma tante, die fraw churfürstin, nichts mehr
von ihrer reiß spricht, glaube ich nicht, daß I. L. nach Heydelberg
werden. Weillen Ihr von Ewern leben noch in Ewern 2ten brieff
sprecht, will ich es biß da versparen. Wie ich zuvor ahn dießem
ort von meinem brieff wäre, kämme man mir sagen, daß die kutz-
schen kommen wahren, habe im waldt spatziren fahren wollen, wie
ich allezeit thue. Wir seindt aber kaum nauß gekommen, so hatt
unß der kutzscher über undt über geworffen. Eine von meinen da-
mens ist daß gebrochene glaß in die axel kommen undt hatt ihr
die axel in 2 orten ein fingersbreydt auffgeschnitten, sie hatt auch
einen kleinen schnit in den backen. Ich hatte 7 hundt in der kutz-
310
sehen, keinen eintzigen ist nicht daß geringst leydt widerfahren.
Ich komme jetzt auff Ewer schreiben vom 2 dießes monts. Ich
fürchte, liebe Louisse, daß der leydige krieg alles wider verderben
wir dt, waß Ewere bawern seyder 15 jähren wider gutt gemacht
haben; den die dorchmarchen können nie nichts ^ts thun. Ihr
macht mir gar ein avantageux portrait vom jungen herrn von De-
genfeit; den Carllatz war gar nicht heßlich, undt hübschr, alß er,
muß gar waß hübsches sein. Amelisse schreibt mir in ihrem letz-
tem brieff, daß sie hoffnong hatt, daß Ihr Ewer leben widerbekom-
men werdet. Ich glaube, daß daß teüffelgen, wovon ich zuvor ge-
sprochen, unß hatt umbwerffen machen; den seyder ich wider habe
fortschreiben wollen, ist der könig zu mir konunen, weillen er ver-
nohmen, waß unß begegnet ist, hernach die duchesse de Bonrgogne,
hernach princesse de Conti undt ein par hauffen damen; es ist wie
eine procession, muß dero wegen wider meinen willen schließen undt
vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich [Euch] allezeit lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
181.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort
Fontainebleau den 12 October 1702.
Hertzliebe Amelisse, weillen ich noch ein stündtgen habe," ehe
ich in die commedie gehe, so will ich es ahnwenden, umb ahn Euch
zu schreiben. Gott weiß, wen ich wider so viel zeit finden werde.
Ich habe zwey von Ewere ahngenehme schreiben schon zu Yersaüle
entpfangen, ehe wir hir weg sein, aber ohnmoglich beantwortten
können, ob sie mir zwar sehr Heb geweßen. Ich glaube auch nicht,
daß ich jetzt mehr zeit haben werde, alß nur daß letzte zu beant-
worten, so vom 28 September ist undt ich vergangene woch ent-
pfangen. Ich habe woU gedacht, daß Ihr wider zu Franckfort sein
würdet; den ich habe meinen letzten brieff ahn Louisse dorthin
adressirt. Ich bin fro, daß jetzt so gutte geselschafft zu Franckfort;
die Ihr aber vor fürsten anßgebt, kan man sagen, wie daß hießige
Sprichwort ist: «Ils sont des princes a gros grain». Deß landtgraff
von Darmstat gemahlin ist gar keine princes. Ich kene ihre fraw
mutter gar woll, sie ist deß dnc Pavres dochter. Es seindt leütte
Sil
Yon qualitet, aber (anter unß gerett) es ist gar nichts fürstliches in
ihrem hanß, seindt nicht mehr, alß alle hießige ducs auch sein,
undt glaubt mir! der landtgraff ist gantz verquackelt mitt dießem
heüraht. Ihr mutter ist gar übel geschaffen, hatt aber gar großen
verstandt. Ich habe ihren vatter auch gekendt, war ein wackerer
man. Ich muß lachen, wo man daß fürstenthnm von Gosaea anßge-
fischt hatt. Es heist nicht pat a Foeuil, waß die weiber en desa-
bill6 tragen; sondern battant Poeuil, weillen es auff die äugen
schlagt. Es seindt hir damen, die gar gutte minen haben, ich weiß
aber nicht, ob sie zu Brüssel so sein. Der fürst Taxis daß ist
auch wider ein doli fürst enthum; wen Ihr daß vor fürsten zehlen
wolt, werdet Ihr woU bey dutzenden finden. Die Lockowitz seindt
gar neue fürsten; vor 4 jähren wahren 2 brüder hir, hatten aber
den rang nicht. Die sich so geschwindt wider heürahten, wollen
die weldt wider ersetzen in waß der krig umbbringt. Ich hoffte,
daß die römische königin die * Heydelberg bleiben solte undt
dortten einen pfaltzischen ertzhertzog machen, weillen I. M. ja
schwanger sein. Ob wir pfaltzgräffinen zwar die grösten heübter
von der weit, so zu sagen, gemacht haben, so will man hir kaum
glauben, daß wir von guttem hauß, undt kompt ein pfaltzgraff her,
wirdt ihm ein lumpener duc den rang disputtiren. Daß kan mich
offt so doli machen, daß ich auß der hautt mögt fahren; mein
sohns gemahlin aber findt, daß sie groß recht haben. Ich habe
manche disputte schon mitt ihr drüber gehabt. Ich verliehre schir
die hoffnung, ma tante, die fraw churfürstin, königin in Englandt
zu sehen; den die königin Anne solle sich nun woU befinden. Mich
wundert, daß man der römischen königin daß reißen erlaubt; obs
zwar en chaisse geschieht, so kan ein träger leicht fallen. Die rö-
mische königin wirdt leicht roht, ist all ihr leben so gewest. Lest
man sie dantzen, da sie schwanger ist, daß deucht auch nicht. Nun
der dicke thurn nicht mehr zu Heydelberg leyder ist, kan ich mir
nicht einbilden, wo man daß opera spülen wirdt, es sey dan im
keyßerssahl unten im Otto-Henrichs-bau. Ich bitt Euch, liebe Amel-
lisse, schreibt mir, wo die römische königin zu Heydelberg logirt
hatt! Unter unß gerett, der churfürst zu Pfaltz bette beßer gethan,
die 20000 thaller ahnzuwenden, daß arme schloß wider zu bawen,
• in.
312
alß vor ein opera; daß ist gar nicht apropo in jetziger zeit. Ich
habe jetzt nar 9 hondtger in meiner cammer; daß ich aber ahm
liebsten gehabt, ist dießen sommer gestorben. Die mobsger seindt
ordinarie gar trew, ich habe aber die espaniealger lieber; alle
meine hunde seindt espanieniger nndt von einem geschlegt. Ewere
liebe brieffe, liebe Amellisse, seindt mir nie zu lang, leße sie recht
gem. Von der römische königin höre ich gern viel; den ich habe
sie recht lieb. Hette ich nicht so starck ahn ihrer wegreiße ge-
triben, wehren I. M. jetzt nicht römische königin. Ich mnß lachen,
daß Ihr so possirlich sagt, daß die herrn von Franckfort forchten,
daß es ihnen wie denen von Ulm gehen mögte. Da kompt mein söhn
herein undt sagt, es seye zeit, in die commedie zn gehen, muß
also schließen wider meinen willen; den ich bin noch woll im ha-
mor, zu blandem, hette gern noch eine stündgen geblau ttert. Ich
habe aber nicht einmahl der zeit, mein brieff zu überleßen. Endt-
schuldigt die fehler, liebe Amelisse, undt seydt versichert, daß ich
Euch von hertzen lieb habe!
Elisabeth Charlotte.
182.
A mad. LouissC; raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 81 December 1702.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich ein paquet von ma tante
bekommen, worinen ich ein schreiben von Euch entpfangen vom 12
dießes monts. Es ist nahe bey 3 monat, daß ich nichts weder
von Euch, noch von Amelisse, entpfangen; daß hatte mich glauben
machen, daß Ihr mir nicht mehr schreiben dörfft; drumb anß
forcht, Euch in verdacht zu bringen oder händel zu machen, habe
ich auch nicht schreiben dorffen. Wen Ihr mir seyder 3 monat ge-
schrieben, müßen alle meine brieffe auffgefischt sein worden; den
es ist gewiß, daß ich keinen eintzigen seyder der zeit entpfangen
habe. Durch ma tante, die fraw churfftrstin, gehen die brieff si-
cher, wie Ihr segt; können einander also noch durch dieße gelegen-
heit sehreiben. Es ist doch eine abgeschmackte sach, daß man
nicht leyden will, daß wir einander schreiben; den wir wißen ja
die secretten vom stadt nicht undt mischen unß in keine staadts-
bändel. Waß ist dem keyßer dran gelegen, daß wir einander sa*
815
gen, daß wir nnß lieb haben, ob ein hettraht oder kindttanff ist,
ob eine commedie woU oder übel gespilt wirdt undt dergleichen,
welches ja weder demkeyßer noch dem reich nichts ahngeht? noch
wer lebendig oder todt ist, können wir einander anch noch sagen,
ohne niemandes zu oSendiren. Hir verbiedt mans nicht, in Teütsch-
landt zu schreiben. Worumb verbiedt man den in Teütschlandt,
nach Franckreich zu schreiben? Aber waß ich anch sagen mag,
wirdt es doch nicht endern, will derowegen nur mitt Euch der
gantzen christenheydt zum besten wünschen, daß es baldt frieden
möge werden. Die officirer stehlen sich ahn, alß wen sie den frie-
den nicht wünschen, aber ich glaube es nicht; den bey dem krieg
kommen sie umb, weren blindt undt lahm. Es ist nicht naturlich,
daß man daß wünscht. Von Monsieur de Oasqu6 habe ich mein
leben nichts gehört, es muß nichts besunders sein. Varene aber
kene ich gar woU. Der graff von Hohenloh ist zu bedawern. Der
krieg wirdt noch manche witwe machen. Ich finde nicht, daß es
ein glück vor die graffin von Hohenloh geweßen , bey ihrem herrn
biß ahn sein, endt geweßen zu sein; den daß spectacle wirdt sie
nur noch mehr betrübt haben. Ich bitte Euch, liebe Louisse, danckt
doch hertzog Christian dinstlich meinetwegen vor die ehr, so I. L.
mir thun, sich meiner noch zu erinem, undt versichert I. L. , daß
ich gar fleißig ahn sie gedencke! Die grösten fest seindt nicht, wo
man sich ahm lustigsten macht; wo man mitt gutten freündin ist,
denen man trawen kan, da macht man sich viel lustiger mitt, alß
in den großen geselschafften; also kan ich leicht glauben, daß hert-
zog Christian gern bey Euch ist. Er ist doch auch ein Heydel-
berger, erinere mich seiner gehurt, alß wens heütte wehre. Hert-
zog Max muß daß geraß mehr lieben, wo er nicht bey Euch an-
dern bleiben kan. Hirmitt ist Ewer lieber brieff völlig beantwortet,
liebe Louise! Weillen wir aber nun gantz zum endt von dießem
jähr sein, so kan ich nicht schließen, ohne Euch undt Amelisse
ein glückseeliges neues j^hr zu wünschen, daß Euch gott der all-
machtige bey gesundtheit erhalten undt alles geben, waß Euch ahn
leib undt sehl nutz undt seelig mag sein, auch alles, waß Ewer
hertz wünschen undt begehren mag. Adieu! Ich ambrassire Euch
von hertzen, wie auch Amelisse, undt versichere Euch beyden, daß
ich Euch allezeit sehr lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
314
183.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz^ a Hannover.
Versaille den 7 Januari [1703].
Hertzliebe Amelisse, mein wollsein ist eben nicht, wie Ibr woll
meint, undt werdet nun woll schon erfahren haben, wie ich beynahe
4 Wochen einen so schlimmen fall gethan,daß ich, weillen ich einen
fuß gantz verstancht, noch die cammer hütten muß undt nicht mitt
dem hoff nachMarly geköndt; bin hir in einer gar großen einsamb-
keit. Es wirdt aber nicht lang wehren; den biß sambstag kommen
sie alle wieder her. Vor Ewern gutten neüjahrswunsch, liebe Ame-
lise, dancke ich Euch sehr. Ich glaube, daß alles, waß in der
weit ist, unßerm herrgott zukompt ündt alles, so gering es auch
sein mag, nicht zu verrachten ist, wen es ein gutte Intention hatt
undt so auff tugendt gericht ist. Der abscheü von den comedien
kompt nicht von wie sie nun sein, sondern wie sie geweßen vor
dießem, da allerhandt Unzucht drinen getrieben wardt. Weren sie
geweßen, wie jetzundt, würde man es eher befohlen, alß verbotten
haben, weillen sie, wen man es nimbt, wie man es nehmen solle,
es mehr guts, alß bößes, zuwegen bringen kan undt', ich sage es
noch, es mehr capable ist, die tugendt zu animiren, alß eine
schlechte predig. «Wie schickt sich Christus mitt Bellial?» ist
baldt gesagt. Es ist aber schwer zu expliciren. Der alte Adam
muß sich finden in waß böß ist, aber waß zum gutten leyten kan,
da verspürt sich der alte Adam nicht. Augen undt obren kitzeln
ist nicht schlim, wens nur, wie schon gesagt, zum gutten führt.
Die Prediger bestraffen die commedien, weillen sie vor dießem
seindt bestrafft worden, da sie straffens würdig wahren. Es ist
aber ein zeichen von ihrer ingnorentz, daß sie nicht examiniren, ob
sie noch straffens würdig sein. Man wendt allzeit sein serieux zu
gottes ehr, wen es die tugendt zum grundt hatt. Waß woll gereti
undt schön ist, braucht kein lachen, sondern nur, waß ridiculle ist,
undt kan ich nicht begreiffen, worumb mich etwaß ridiculles mehr
vergnügen solle, alß etwaß serieux, so mir den weltlauff erweist,
deßen man in dießer weldt woll zu studiren hatt. Aber in dießem
allem liegt viel, wie man erzogen ist worden. Daß starcke lachen,
insonderheit wen es ohne ursach geschieht, kompt vom miltz eben
315
so woU, alß weineD. Ich höre viel tod der Philosophie, die weldt
vor Dichts zu schätzen; aher in der pratica findts sichs n^enig nndt
ich habe offt gesehen, daß, die sichs ahm meisten bernmbt, offt die
schwächsten in der noht gefandcD. Ich gestehe meine Schwachheit;
geht mirs nach meinem gefallen, bin ich lustig; kommen mir Ver-
drießlichkeit, bin ich unlustig, biß es vorbey ist. Ich strebe nicht
wider dem allerhögsten , ich verzage nicht; ich dencke aber, daß er
mich züchtigt, damit ich es entpfinden mag, bin also nach seinem
willen lustig oder trawerig, nachdem es gottes wille ist; daß hin-
dert weder seine Vorsehung noch barmhertzigkeit noch daß ver-
trawen, so man dazu haben solle. Unßer humoren gehen auch,
nachdem es unßer herrgott verbeugt hatt, also muß einer woll
mitt dem andern gedult haben ; zudem so begreifft ein jeder nach
dem verstandt, so ihm gott geben hatt. Ich muß lachen, daß Ihr
sagt, damitt die damen auch plaisir haben mögen, so bey Ettch zu
gast wahren, so bettet Ihr 3 messieurs dazu gebetten undt von 3
diferenten nationen. Ich wolte, daß die ministre d*estat mittel fin-
den könten^ dieße 3 nationen so woll zu vergleichen, alß Ibr ge-
than, so würden wir baldt einen gutten frieden haben. Da kompt
meines sohns gemahlin mitt ihrer eisten dochter herrein, muß also
schließen undt vor dißmahl nichts mehr -sagen, alß wie ich Euch
allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
184.
Yersaille den 18 Januari 1703.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet auß waß ich vergangen ahn
Louisse geschrieben, ersehen haben, warumb ich Euch nicht mehr
durch die Franckforter post geschrieben habe. Daß könt Ihr woll
versichert sein, liebe Amelise, daß, ob ich Euch zwar nicht
schreiben könte, daß ich Euch doch allezeit würde lieb behalten
haben. Den daß man wegen deß kriegs daß schreiben verbiet, waß
geht unß daß ahn? Worumb selten wir einander deßwegen haßen?
Daß kan nicht endern, daß wir einander sollen so nahe sein, noch
daß wir einander sein, noch daß wir einander guts gönnen. Waß
haben wir mitt stadtsachen zu thun? Durch Hannover werden wir
doch continuiren können, einander zu schreiben, undt ob die brieff
816
zwar anff dieße weiße nicfat so frisch sein, so ist es doch beßer so,
alß gar keine zu haben. Freylieb macht der leydige krieg nirgendts
nichts guts, aber in brieffen ist nicht gntt dranff zu raisoniren.
Ich vernehme gern, daß Ihr ruhig lebt undt Euch mitt unßere ha-
noverische hertzogen lustig macht. Hertzog Max ist der eintzige
von meinen hanoverischen vettern, den ich die ehre nicht habe zu
kenen. Hertzog Christian aber, bitte ich, macht mein compliment!
Ihr seydt dießen hertzogen nahe genung, ohne niemandts zu scan-
dalisiren, mitt ihnen zu eßen können. Wolt Ihr die zwey hertzogen
ahn die königin in Engellandt geben, damitt wirdt sie woU versorgt
sein. Ich habe heütte die handt ein wenig müde; den ich habe
ma tante ein brieff von 23 seytten geschrieben, wie dieße sein, kan
Euch, liebe Amelisse, also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
daß ich Euch sehr vor Ewern gutten nefljahrswunsch dancke undt
Euch hergegen wünsche alles, waß Ewer hertz wünscht undt be-
gehrt, undt werde Euch so woU in dießen jähr alß im vergangen
von hertzen lieb haben.
Elisabeth Charlotte.
P. 8.
Ich muß noch sagen, daß Ihr mir in postscriptum schreibt
mitt dießen wortten: «Enpfehl sich underthänig undt widerholt auch
mein wünsch in tiffen respect». Ihr setzt aber nicht dabey, wer
es thut; dancke also, weiß aber nicht, wem. Muß auch noch sa-
gen, daß die posten so bitter übel hir gehen, daß es eine schandt
ist. Ich bin 12 tag geweßen, ohne brieff von ma tante zu bekom-
men, undt heütte schickt man mir 3 paquet auff einmahl; darumb
antworte ich so spät auff Eweren brieff.
185.
VersaiUe den 4 Mertz 1703.
Hertzlieb Louisse, vor 8 tagen habe ich Ewer lieben brieff
vom 10 Februari zu recht entpfangen, aber ohnmoglich drauff andt-
wortten können; den morgendts kamen so viel leütte zu mir, daß
ich nicht zum schreiben gelangen koute, undt nachmittags muste ich
in die predig, konte erst hernach ahn ma tante, die fraw chur-
fttrstin, mein dochter undt ma tante, die fraw abtißin von Mau-
317
buisson, welche gar kranck geweßen, schreiben, welches biß zum
nacbteßen wehrte, nndt vergangen donnerstag, da ich Euch eben
schreiben wolte, wurde ich gantz interompirt, habe also biß auff
heütte verschieben mäßen, welches mir recht leydt. Ich schreibe
Euch heütte, ob ich zwar schon 3 große brieffe geschrieben nndt
noch 4 zu schreiben habe undt den nachlaß zu ersetzen. Wens mir
möglich sein kan, werde ich heütte noch ahnAmelisse auch schrei-
ben, weillen meine brieffe Euch beyden noch immer ahngenehm sein.
Der krieg ist eine widerliche sache, alle corespondentzen zu hin-
dern. Deß keyßerlichen abgesanten undt seiner gemahlin exactitude
kompt mir abgeschmackt vor ; den waß haben ihrer dochter brieff
mitt den krieg undt staadtweßen zu thun? Mich deucht, es ist ein
exes drinen; wen der keyßer wißen solte, waß wir einander alß
schreiben, ich bin gewiß, daß er nicht ttbel nehmen konte, daß
wir unßer comers behalten; den waß
•
186.
A mad. Louisse , raugraffin. zu Pfaltz, a Franckfort.
händel mitt ahn. Die kleine
geselschafften seindt offt nichts die schlimbsten. Ich habe weder
große noch kleine, alß meine hündtger, lebe vor mich gantz allein,
wie ein reichsstättel, wie daß tetttsche sprichwordt sagt. Die kleine
Spanheim ist ein schön medgen undt woU geschaffen, allein glaubt
mir! last Ewere niepce nicht viel particulier mitt ihr haben! den
sie hatt hir Sachen gelernt, welche nicht nöhtig sein, daß Ewere
niece wißen mag. Vor den neveu ist sie gutt, der mag woll mitt
ihr umbgehen. Madame Spanheim ist nie so artig geweßen, alß
ihre dochter. Meine wünsche vor Euch undt Amelisse seindt woll
sincere. Ihr müst Euch wundern, daß ich noch die teütsche neü-
jahrs wünsche weiß; den ich erinere mich viel beßer, waß ich in
meiner jugendt gehört undt gesehen habe, alß waß ich vor 10 jäh-
ren gehört undt gesehen. Es ist so mitt mir kommen, daß ich
schir nichts vor mir selber wünsche, bin Euch undt Amelisse doch
sehr verobligirt, mir so viel guttes zu wünschen. Ich will ihr ein
par wort schreiben. Adieu, liebe Louissei Ich ambrassire Euch
von hertzen undt behalte Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
318
187.
VersaiUe den 4 Mertz 1703.
Hertzliebe Amellisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff von
17 Februari in ma tante paquet gefunden. Ich hoffe, daß wir
durch dieße gelegenheit unßer comerce fortführen können. Wie ich
sehe, so macht maus nicht in Teütschlandt wie hir in Franckreich,
da alle brieffe auffgemacht uudt geleßen werden. Ihr solt Euch,
liebe Amelisse, nicht schämen, Euch ein wenig verschrieben zu
haben; daß geschieht jederman, insonderheit die so geschwindt
schreiben. Da ist nur ttber zu lachen; hette ich gedacht, daß es
Euch beschämen würde, hette ichs Euch nicht gesagt. Ich schreibe
auch immer gar geschwindt undt man verspürts woll in meinen
brieffe, ohne daß ich es sage. Hertzogs Christian ahndencken ist
mir allemahl sehr ahngenehm. Ich bin fro, daß I. L. zu Franckfort
bleiben; den daß ist eine gutte geselschafft vor Louisse undt Euch.
Man muß endtwetter sterben oder alt werden, aber daß solt Ihr
Euch noch nicht beschwehren; da last mich vor sorgen, so nun
baldt 51 jähr alt werde sein! Louisse hatte mir nichts von ihre re-
solution geschrieben. Mich deucht f Louisse ist all gesundt undt
fatiguen seindt nicht ungesundt; daß dissipirt die bößen humoren
undt ist gesunder, alß ein ruhigers leben; zudem so ists Louissen
repetirlicher, in ma tante dinsten zu sein, alß bey der römischen
köuigin, auch gar der keyßerin. Ihr undt Louisse sagt der weit
zu geschwindt ab, seydt noch zu jung dazu; daß ist gutt vor ein
alt müttergen, wie ich bin. Solte sich Ewer seh wager wider hefl-
rahten, kämme ihm eine Portugaillen beßer, alß keine andere; den
die seindt ahn jaloussen humoren gewont, wie auch eingespert zu
sein. Worumb wolt Ihr nicht lieber Ewere niece in Teütschlandt
zu Euch nehmen, alß zu ihr in Engellandt zu ziehen? Ach, mein
gott, es ist zu wünschen, daß Louisse lange bey ma tante möge
bleiben undt I. L. so lang leben mögten, alß ich es wünsche, allein
sie seindt nicht jung mehr. Ewer schreiben ist ortendtlich beant-
wortet. Dießes ist schon der 5 brieff, den ich heütte schreibe, undt
ich habe noch 4 zu schreiben, kan dero wegen nichts sagen, alß
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
319
188.
A mad. Louise^ raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.
VersaiUe den 18 Mertz 1703.
Hertzliebe Louisse, hetitte morgen habe ich Ewern lieben brieff
vom 9 dießes monts in ma tante , der fraw churfürstin, paquet ge-
funden, bin von hertzen fro, daß Ihr nun bey I. L. seydt; den ich
bin versichert, daß Ihr sorg vor sie tragen werdt undt daß ich durch
Euch I. L. zfustandt recht eygendtlich werde erfahren. Waß ich
seyder 14 tagen außgestanden , da ich keine brieffe gehabt, seyder
ich erfahren, daß ma tante daß 3tagige fieber bekommen, ist nicht
außzusprechen. Nun bin ich, gott lob, wider ruhiger. Ich hoffe,
daß der husten die überige böße humoren, so daß fieber verursa-
chet hatten, verzehren wirdt undt ma tante also wider eine vol-
kommene gesundtheit erlangen wirdt. Daß gebe gott der allmäch-
tige! Ihr habt recht woll gethan, ohne weitter ordre zu erwartten,
nach Hannover gereist zu sein; den es hatt ma tante recht er-
frewet, daß Ihr zu ihr kommen seydt. Es wundert mich nicht, daß
Ihr mühe gehabt habt; den die wege seindt überall abscheulich
nun. Daß ma tante husten wie 3tagig ist, wundert mich gar nicht;
ich bin nie änderst, weh ich den husten habe. Wen man desgoustirt
ist, muß man eßen, waß man kan. Ma tante ist nicht allein daß
lüstre vor dero hoff, sondern von allen hoffen. Wo findt man je-
mandts, so so viel verstandt undt tugenden hatt, alß unßere liebe
churfürstin? WeiUen Ihr wider nach Franckfort werdt, wen ma
tante in volkommener gesundtheit sein wird, so wünsche ich, baldt
zu erfahren, daß Ihr wider weg seidt. Ewer seh wager solle Euch
woll verobligirt sein undt seine kinder, so fleisich vor ihre affairen
zu sorgen. Ich kan leicht begreiffen, wie es Amelise so andt nach
Euch, liebe Louisse, thun muß, indem Ihr all Ewer leben beysa-
men gewest seydt. Daß ist woll etwaß rares, daß Euch mein herr
Vetter, der churfürst, woll entpfangen hatt; den der wirdt unßerm
herrgott keine rechenschafft geben über seine überflüßige Wörter.
Ma tante bezeugt mir eine rechte freüde über Ewere ahnkunfft,
zweyffle also nicht, daß sie es Euch auch wirdt erwießen haben.
Ewer schreiben ist beantwort undt ich habe noch 3 große brieffe
320
zu schreiben nach Lotheringen nndt auch nach Paris, kan Euch
derowegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch
allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
N
I
189.
A mad. Louise^ raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille, den gründonnerstag 5 April 1703.
Hertzliebe Lonisse , vergangen sontag entpfing ich zwar - Ewer
liebes schreiben vom 19 Mertz in ma tante paquet, konte aber ohn-
möglich drauff andtwortten; den wir musten, weillen es palmen-
sontag war, lang vor- undt nachmittags in der kirchen sein nndt
hernach hatte ich ahn ma tante zu andtworten, ahn mein dochter^
ahn die königin in Spanien undt ahn ma tante von Maubaisson,
schriebe auch noch 3 andere brieff nohtwendig nach Paris, konte
also ohnmöglich Eweren lieben brieff eher, alß dieße post, beant-
worten. Da ich mitt noch einen von Ewern lieben brieffen bin er-
frewet von Zelle vom 26 Mertz, werde sie hiemitt beyde auff ein-
mahl beantworten. Ma tante große brieff seindt mir ein große^
trost. Ich habe nicht so baldt einen beantwortet, daß ich den an-
dern gleich mit großen verlangen wider erwarte, überleße aach
dero gnädige schreiben mehr alß einmahl; den . ahngenehmer kan
man woll nicht schreiben, alß 1. L. thun. Gott sey danck, daß die
lieb churfürstin wider in so perfecter gesundtheit ist! Ma tante, die
fraw abtißin, ist auch, gott sey danck, wider gantz woll. Dieße
fürstinen haben, gott lob, starcke naturen, hoffe, daß sie es weit
bringen werden. Die hertzogin von Zel kene ich nicht, aber des
hertzogs gutte ist mir lengst bekandt. Ich habe den herrn recht
von hertzen lieb. Der nähme de la Roche ist sehr gemein in
Franckreich, kan also nicht wißen, wer die ist, so bey der hertzo-
gin von Zelle ist. Wie Ihr mir die hertzogin von Zelle beschreibt,
muß sie gar nicht mehr schön sein. Ich habe all lengst gehört,
daß sie ihre zahn verlohren; daß veralt sehr. Dieße hertzogin kan
woll alt außsehen , den sie ists ; aber die königin in Engellandt , so
noch kein 40 jähr alt ist, daß ist etwaß wunderliches , daß die alt
außsehen kan. Mylordt Wustock habe ich nie dantzen sehen, allein
321
•
durch seinen gang solle ich woU jadiciren, daß er nicht woll dantzt.
Ihr spot meiner, lieben Louissen, mir zu dancken wollen, daß ich
Euch amiti^s mache; daß ist ja gantz natürlich, also kein compli-
ment drüber za machen. Hirmitt ist Ewer letztes schreiben völlig
beantwortet, ich komme auff daß erste. Von ma tante kranckheitt
will ich nichts mehr sagen, weillen sie, gott lob, vorbey ist, nar
wünschen, daß I. L. gesundtheit lang dawern möge. Wen ich den
husten habe, eße ich gar offt salat, daß seübert den halß inewen-
dig; aber bücking ist ärger, den daß gesaltzen macht, ohne verkält
zu sein, husten. Wen die Engländer nicht so ohnbestandig wehren,
were woll waß von ihrer affection. So lang ihre fürsten nicht kö-
nige sein, haben sie sie lieb; so baldt sie auff den thron steigen,
werden sie ihnen feindt. Daß mißfeit mir ahn ihnen, undt so gnä-
dig ma tante ihnen auch sein mag, fürchte ich doch, daß, wen es
ahn dem konmien solte, daß sie nicht mehr so viel affection finden
würde. Ich bin fro, daß Euch I. L. der churfürst von Braunsweig
gern bey seiner fraw mutter sieht undt es Euch selber versichert,
wünsche, daß Ihr allezeit vergnügt leben möget, undt seydt versi-
chert, liebe Louisse, daß ich mich allezeit in alles interessiren
werde, waß Euch begegnen kan! den ich Euch von hertzen lieb
habe uaidt allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
190.
Versaille, Ostertag den 8 April 1703.
Hertzliebe Amelisse , gestern habe ich in Louisse paquet Ewern
lieben brieff entpfangen. Waß gehens unß die kriegstroublen ahn?
Wir disputiren nicht gegen einander wegen der cron Spanien. Ewer
man wirdt baldt wider zu Euch kommen, wirdt Euch aber hernach
lenger witwen laßen. Es bedorffte keine außlegung, daß Ewer
Schwester Ewer man ist; den daß verstehe ich woll. Ihr thut gar
woll. Euch die zeit nicht lang zu laßen werden. Ich bin I. L.
hertzog Christian woll verobligirt, daß I. L. so fleißig ahn mich
gedencken; bitte, Ihr wollet ihn doch gar dinstlich davor dancken.
Es ist nichts betrübters, alß gutte freunde weg zu ziehen sehen.
Waß ist daß vor ein tittel der reichs-schuldtheis? Da habe ich
Briefe der Prinzefsin Eliiabeth Charlotte. ^V
322
■
mein [leben] nicht von gehört nndt weiß auch nicht, wer es ist.
Ewer leben, wie ich sehe, ist nicht so solitaire, wie daß meine;
den ich bringe ordinarie meine zeit gantz allein mitt leßen nndt
schreiben zn. Ihr soltet einen zeiter nehmen nndt zum chorftlrsten
von Bayron reitten nndt ihm sagen, daß ein braver ritter die freül-
len beschützt nndt ihnen kein leydt thnt, wie die damen im Amadis;
aber nein, raillerie apart, Ihr soltet ein brieff ernstlicher weiß ahn
I. L. dem chnrfürsten schreiben, damitt er Euch Ewer schloß nicht
brenen möge. Wo habt Ihr den den churfttrsten von Bayren ge-
sehen? ist er zu Ffanckfort geweßen? Den Ihr seydt, wie ich
glaube, nie zu München noch Brüssel geweßen. Ich glaube leicht,
daß dießes churfürstens freündlichkeit in allen ehren herr Johanes
geweßen ist. Der leydige krieg macht alles übels. Ein gutter
frieden were woll zu wünschen, es ist aber noch schlechter ahnstalt
dazu. Ich bin fro, daß Euch mein gekritzel nicht mißfeblt, ist mir
alß bang, ich könne daß Teütsche nicht recht mehr. Ihr soltet
woll die charitet haben, liebe Amelisse, daß, wen ich darinen fehlen
solte, mich wider ia recht zu helfen undt corigiren. Ich habe
Jetzt niemandts mehr, mitt wem ich teütsch reden; mein Wendt
hats gantz vergeßen. Ich leße fleißig in der luneburgische bibel,
alle tag ein capittel auß dem alten testament, ein psalm undt ein
capittel im neuem; daß erhelt mich noch, daß ich es nicht ver-
geße. Hirraitt ist Ewer liebes brieffgen völlig beantwortet; hernach
werde ich ahn Louisse auch schreiben. Ich habe schon ahn ma
tante undt ahn die königin in Spanien geschrieben, muß noch'
heütte, ehe wir zum nachteßen werden, 5 brieffe schreiben, werde
Ettch also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch von
hertzen ambrassire undt recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
191.
Versaille den 8 Aprill 1703.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewer paquet in ma tante,
der fraw churfürstin, ihres gefunden, wie auch Amelisse brieff, auff
welches ich Euch hirbey meine andtwort schicke. Ich wünsche, daß
Euch dießer brieff noch zu Hannover finden möge. Es ist billig,
daß Ihr Eweres Schwagers Sachen endigt; den Ihr kont ja nidit
323
immer sein intendent sein. Gott sey danck, daß ma tante Y^ider
so woll ist, andt erhalte I. L. lange jähre bey volkommener ge-
sandtheit undt zufridenheit ! Lastig sein macht lang leben. Zu
Ewerm gntten wünsch vor ma tante sage ich von hertzen amen.
Ma tante von Maubuisson ist nun wider woll. Ich schicke I. L. der
churfürstin ein brieff, so die fraw abtißin Liebdten mitt eygener
handt geschrieben; sie werden also nicht mehr in sorgen vor sie
sein. Der krieg muß die pfältzische lufft geendert haben undt daß
vielle brenen; den zu meiner zeit wahren unterschiedtliche letttte zu
Heydelberg, zu Manheim, auch im gebirg hinter closter Neüburg,
so über 100 jähr alt wahren. Ich fandt ein man bey dem closter
Neüburg, so noch ins holtz ging undt hundert undt 10 jähr alt
war; zu Manheim war ein man von 102 jähr undt sein fraw war
hundert jähr alt ; bey Meyßenheim, hatt mein bruder mir gesagt, daß
er einen bawer gesehen, so 124 jähr alt war; also segt Ihr woll,
daß man vor dießem viel dergleichen exempel gehabt hatt, wie Ihr
nun zu Zel segt. Sich umb nichts zu bekümern, wie der Jäger
Marcus sagt, ist leicht zu rahten, aber schwer ins werck zu stellen.
Ihr thut mir einen rechten gefallen, liebe Louisse, mir so eygendt-
lieh zu verzehlen, wie ma tante die zeit zubringt. Ich wüste nicht,
daß I. L. der churfürst auch mitt von der zellischen reiß war. Ich
wolte Euch, liebe Louisse, von hertzen gern lenger entreteniren,
allein ich habe heütte gar zu viel zu schreiben noch undt es ist
schon 7 abendts; den wir seindt lang in der kirch geweßen, noch
dießen nachmittag 2 gutter stundt; die predig hatt ein stundt ge-
wehrt undt die vesper ein stundt. Adieu! Ich ambrassire Euch von
hertzen undt behalte Euch allezeit recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Excussirt die fehler von dießem brieff! Ich kan es ohnmoglich
überleßen.
192.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Marly den 26 April 1703.
Hertzliebe Louisse, ma tante, der fraw churfürstin, paquet ist
324
mir erst gestern zu bänden kommen sambt Ewerm lieben brieff
vom 11 April. Es ist mir leydt, daß Ibr nicbt lenger bey ma
tante babt bleiben können; den sie batt wenig geselscbafft nnn,
dmmb ist es mir desto leyder, andt batt Eficb gern bey sieb.
Spatziren kan I. L. nichts sebaden; es were viel ungesunder, wen
sie nicbt exercitzien tbeten. leb sagen von bertzen amen zu dem
wunscb, so Dir tbnt, I. L. wider in ein par monat in volkommener
gesnndtbeit zu finden. Ibr werdt woU tbun, Eficb braff zu eyllen,
umb desto geschwinder wider zu kommen. Ich glaube, daß esAme-
lisse eine große frefide sein wirdt, Eficb die par mondt wider bey
sieb zu baben. Ich bin fro, daß man Eficb zu Hannover so lieb
batt. Hiemitt ist Ewer brieff in eyll beantwordet. leb muß nfiber
in den salon, wo man die englische königliche personnen entpfangen
wirdt, kan derowegen vor dißmabl nichts mehr sagen, alß daß
ich Eficb undt Amelisse von hertzen ambrassire nndt Eficb recht
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
193.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz , a Franckfort
Yersaille den 10 May 1703.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewern lieben brieff
vom 24 April in ma tante paquet gefunden, worauß ich sehe, daß
Ihr meine zwey schreiben auff einmahl entpfangen habt; weiß nichts
me es kompt,.es seye dan^/daß ma tante eine post vergeßen,
meine brieffe weg zu [schicken], oder daß, wie offt geschieht, L L.
vielleicht meine zwey brieff, wo die Ewerige in wahren, auff ein-
mahl entpfangen batt. Vor 9 tagen bin ich zu Manbuisson geweßen
undt habe dort mitt ma tante, der fraw abtißin, zu mittag geßen,
habe I. L. in recht gutten standt undt gantz lustig gefunden , seindt
auch nicht mehr so mager, alß sie wahren. Es ist recht zu ver-
wundern, wie sie sich wider erholt haben; ist doch den 28 Aprill
81 jähr alt worden! Noch jemandts, so zu verwundem ist, wie er
sich bey seinem 83 jähr befindt, daß ist monsieur Polier. Außer
daß seine augbrawen graw geworden, sonsten ist er gantz undt gar
nicht verendert; den er geht noch so strack wie allezeit undt list
325
ohne brill, hört auch noch woU, ist in allem, wie wir ihn all nnßer
leben gesehen haben. Gott gebe, daß anßere 2 tanten es ttber die
hundert jähr bringen mögen! Da gehört bey mir kein eydt za, wen
man mir sagt, daß man gern bey ma tante, die fraw chnrfürstin,
ist; den daß ich so leicht glanben, daß ich schir allen, so bey
I. L. sein, diß gltlck andt die gnade mißgönne. Der hannoverische
hoff maß sehr geendert sein; zu meiner [zeit] hette man sich drumb
geschlagen, nmb bey der lieben churfürstin zu sein; aber wie ich
jetzt von Teütschlandt reden höre, so muß sich alles ttberall ge-
endert haben, seyder ich in Franckreich bin. Daß glaube ich auch
leicht, daß Ihr Euch auß affection undt nicht auß Interesse engagirt
habt; den Ewere reputation ist woU establirt, daß Ihr, liebe
Louisse, genereus seydt. Abb6 de Thesseut hatt viel hir davon
gesprochen. Ich bin versichert, daß es Amelisse sehr andt nach
Euch thun wirdt; aber wen Ihr die handt gutt zum heürahten habt,
soltet Ihr Ewerer Schwester so woll einen man schaffen, alß Ewerer
niepce, ich will sagen Ewers Schwagers niepce. Wie kompts, daß
Franckfort nun gantz ohne geselschafft? Da müßen die sawerbru-
nencouren schuldig ahn sein; den es nun die rechte zeit darvon
wirdt. Es wirdt jetzt von Nürnberg nicht gar sicher reißen sein,
nun Ohurbaym undt der marechal de Yillar zusamen gestoßen
sein. Der graff undt die gräffin von Letiwenstein werden schwer-
lich wider nach Franckfort komen. Mich wundert, daß hertzog
Christian noch nicht in der armee ist. Dem neuen englischen resi-
denten wirdt bey der einsambkeit zu Franckfort die zeit gar lang
werden. Ich mogte mehr wünschen wegen ma tante, daß man in
Braunsweig lenger lebt, alß in der Pfaltz; aber dem vatterlandt zu
ehren habe ich doch sagen müßen, waß ich selber gesehen. Ich
bin persuadirt, daß der wein gesunder, alß daß hier ist; den nembt
war! leütte, so allezeit hier drincken, stincken eher, alß die, so
wein undt waßer drincken. Die fraw im posthauß macht kein lust,
zu leben wünschen, weillen sie immer weindt. Ich muß heütte noch
2 oder 3 große brieffe schreiben undt ich habe schon- 9 blatter ahn
ma tante gantz über undt über geschrieben ; muß derowegen schlie-
ßen. Ewer brieff, liebe Louisse, ist völlig beantwortet; werde, so
viel mir möglich wirdt sein können, fleißig sein mitt schreiben.
Wir haben hir nichts neues, alß daß die duchesse de Bourgogne
ßich blessirt batt undt umbs kindt kpmmen. Sie war nur 8 tag
826
aber ihre zeit, dachte also nicht, schwanger za sein; sie hatt sich
blessirt, sie weiß selber nicht, wie; den sie ist weder gestolbert
noch gefallen. Ich bilde mir ein, es seye vom starcken fahren; den
die letzte reiß zu Marly haben I. L. in caleschen gar starck ge-
rent undt den hirsch gejagt. Den 9ten tag drauff hatt sie sich
Übel befanden nndt groß lendenwehe gehabt nndt den 11 ist sie
niederkommen. Adien, liebe Lonisse! Ambrassirt Amelise von mei-
netwegen undt seydt versichert, daß ich Euch allezeit sehr lieb
behalte !
Elisabeth Charlotte.
Ich habe der zeit nicht, dießen brieff za fiberleßen. Entschul-
digt die fehler!
194.
A mad. Amelie Elisabeth, raagraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 27 May 1703.
Hertzliebe Amelise, wir kommen jetzt eben auß der predig
undt vesper, alwo eine solche abscheuliche hitze war, daß wir schir
alle verschmoltzen sein. Ich glaube, es wirdt baldt ein wetter kom*
men; den es ist schwul warm. Unahngesehen der hitze will ich
Euch doch andtwortten, liebe Amelisse, auff Ewer schreiben vom
13 May, so ich gestern entpfangen. Louisse hatt mir schon Ton
Franckfort auß geschrieben undt auch, wie sie von Hannover weg
ist, weiß also ihre reiße. Ob sie zwar wider nach hoff eylt, so liegt
Ihr ihr doch sehr ahm hertzen, wie ich auß ihrem letztem schrei-
ben gesehen , undt quitirt Euch gar ungern. Von sich selber undt
von sein hauß herr undt meister zu sein, ist eben kein nnglttck.
Mich deucht, daß Ihr nun gar offt östereichsche geselschafften habt;
ist doch gutt, wen die geselschafften, wo man mitt umbzugehen hatt,
ahngenehm sein. Solte hertzog Christian noch bey Euch sein, wen
Ihr dießen brieff entpfangen werdet, so bitte ich, Ihr woldt I. L.
doch gar dinstlich dancken vor dero ahndencken, welches mich
allezeit recht erfrewet. Ich weiß nicht, ob der hertzog von Mei-
ningen, welchen Ihr zu Franckfort habt, derjenige ist, welchen wir
vor etlichen jähren hir gehabt haben ; ist mittelmäßiger lenge, mehr
fett, alß mager, eine blande peruque, einen gar blatten mundt,
327
dmlich dick andt rnndt gesiebt, woll manirt, aber ein wenig m
complimentiscb alzeit vor micb. Die princes von Abnspacb jammert
mich von hertzen. Ihr herr bruder s. war der abngenehmbste herr,
den man sehen mögt, schön wie ein engel von haubt biß zu fußen.
Ich glaabe, daß der jetzige margraff, welchen ich auch woll kene
undt lang hir geweßen undt gar ein gntt kindt ist, woll nichts wirdt
gegen dem chorfürsten von Bayrn thun undt fro sein, daß sein
laudt verschondt mag bleiben. Nun bin ich völlig instruirt, waß
ein reichs-schultes ist. Hertzog Christian ist woll in der that ein
hertzog von Braunsweig, allein er ist auch ein Pfältzer, weillen
I. L. ja zu Heydelberg im Otto-Henriches-bau gebohren sein. Ich
wolte lieber mitt leütte zu thun haben, so mir gutte metwürst,
knackwtlrst undt breühan machten, alß mitt naßenweißen, wie man
hir hatt, denen man nichts zu recht sagen kan. Von hir kan ich
Euch nichts nettes sagen, alß daß der duc de Bourgognien morgen
auffbrechen wirdt, umb nach Strasbourg zu reißen, wo I. L. zu feit
gehen werden. Waß es weitter geben wirdt, soll die zeit lehren,
Louisse ambrassire ich hirmitt so woll, alß Euch, liebe Amelise,
undt versichere, daß ich Euch aÜQ beyde allezeit sehr lieb behal-
ten werde.
Elisabeth Charlotte.
195.
A mad. Amelie Elisabeth , raagräffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Versaille den 17 August! 1703.
Hertzliebe Amelise, vor zwey tagen erst habe icb Ewern lieben
brieff in ma tante paquet entpfangen. Die posten gehen nun so
unrichtig undt langsam, daß es ein recht ellendt ist, undt ich
werde je lenger, je verdroßener auff dem leydigen krieg; aber über
wem ich wpU recht böß bin, ist über die keyßerlichen minister, so
all comerce haben verbietten machen; denen, ich muß gestehen,
wünsch ich alles übels von der weldt. Ich weiß nicht, ob meine
brieff nicht ahn Euch undt Louisse gelangt sein; allein ich kan
Euch, liebe Amelisse, mitt warheit versichern, daß ich kein eint-
ziges von Ewern schreiben habe unbeantwortet gelaßen undt nur
auffgehört, alß ich keihe schreiben mehr von Euch beyden bekom-
828
men; habe gedacht, daß Ihr nicht mehr schreiben dörfft nndt daß
ich Euch händel machen solte, wen ich femer schriebe; aber wen
Ihr schreiben dorfft, werde ich fleißig andtworden. Meine gesandt-
heit ist, gott lob, gar gntt, starck andt dick; wünsche, daß Louisse
nndt Ihr Euch so woU befinden möget alß ich. Wie die zwey graf-
fen von Nassau hir wahren, war der eiste beßer geschaffen, alß
der jüngst; allein der jüngste ist lebhaffter andt spricht mehr, alß
sein herr brader; bin fro, daß sie content von mir sein. Louisse
wirdt nun baldt wider zu unßer lieben churfürstin, wie I. L. mir
schreiben, umb mitt nach Berlin zu gehen. Gott gebe, daß die
reiße glücklich möge abgehen ! Ich werde heütte ein tour nach Paris
thun, aber abendts wider herkommen, muß also noch ahn mein
dochter schreiben, undt weiUen auch Ewer brieff, liebe Amellisse,
völlig beantwortet ist, werde ich vor dießmahl nichts mehr sagen,
alß wie daß ich [Euch] allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
196.
Yersaille den 7 September 1703.
Hertzliebe Louisse, ich bin zwey mahl auff den todt gelegen.
Man sagt, daß ich dem todt nun entgangen bin. Es ist doch
heütte 22 tag, daß mich daß fieber kein augenblick verlaßen, undt
habe alle abendts umb ,5 ein redoublement; aber mein halßschmert-
zen ist vorbey, mein durchlauf hatt aufgehört undt geht kein bludt
mehr von mir; habe mitt aderläß undt sonsten bludt, so durch den
nachtstuhl gangen, 28 paletten verlohren, daß matt mich sehr ab.
Ich kan weder wein noch fleisch eßen, noch trincken, habe, einen
Widerwillen zu allen speißen außer brodt, wovon ich lebe. Man
sagt doch, daß ich außer lebensgefahr bin, aber genung hirvon.
Wie mich hertzog Christian todt zu hertzen gangen, kau ich nicht
außsprechen; aber ma tante setzt mich in erschreckliche sorgen,
den ich kenne sie woll; sie lest sich die helfft nicht mercken, waß
sie schmertzt, undt darnach bricht es durch Ohnmacht auß. Umb
gottes willen, liebe Louisse, continuirt, mir fleißig ihren zustandt
zu berichten! Den meine angst vor I. L. ist unaußsprechlich.
Meine schwachheitt erlaubt mir nicht, mehr zu sa^en. Adieu, liebe
329
Loaisse! Ich ambrassire Ettch von hertzen ondt werde Eflch biß
ahn mein letzt ende lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
197.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Luxeburg.
Versaille den 16 September 1703.
Hertzliebe Lonisse, ich habe einen großen brieff ahn ma tante,
die fraw churfarstin, geschrieben, werde Euch also nicht lang en-
treniren* können; den mein kopff ist noch schwach von den 80
ontzen bludt, so ich verlohren, daß mir daß hirn gleich schwindelt,
wen ich nur ein wenig letttte sehe undt reden höre. Gott seye
danck, daß ma tante sich noch woU befindt, nndt erhalte dießelbe
viel nndt lange jähren in gesundtheit ! Daß sie einige stnnden oder
tagen traweriger sein, ist gewiß, wen I. L. zeit haben, ahn dero
Unglück mehr zu gedencken. Gott der almächtige wolle I. L. starc-
ken undt beystehen! Adieu! Ich kan nichts mehr sagen, mein kopff
thut mir wehe. Ich behalte Euch allezeit von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
198.
Versaille den 13 November 1708.
Hertzliebe Louisse, seyder ich von Fontainebleau kommen,
habe ich 4 schreiben von Euch entpfangen vom 1 undt 18 Septem-
ber, 8 undt 13 October, alß zwey undt zwey auff einmahl; ich
habe aber ohnmöglich drauff andtworten [können], hatte kaum der
zeit, ahn ma tante zu andtworten. Den wie ich die 8 ersten sambt
Eweren bekamme, war just daß fest von allerheylligen, alwo man
hir lang in der kirch muß sein. Den 2 tag nach dem fest seindt
wir nach Marly, wo lustigere Ursachen mich ahm schreiben verhindert,
nehmblich die jagt undt die mussiq, habe auch ein reißgen nachMau-
buisson gethan. Die königliche personnen von Engellandt seindt nach
Marly emen tag kommen. Ich habe auch einen andern tag nach
* entretenir^n.
330
St Germain gemflst, also in den 9 tagen, so wir zuMarly geweßen,
ohnmöglich schreiben könen. Wir seindt nun sey[der] vergangen samb-
8tag abendts wider hir, bin aber alß interompirt worden an dt habe
ohnmöglich eher, alü nun, zum schreiben gelangen können; heütte
aber hoffe ich, aaffs wenigst aaff ein par von Ewern schreiben zu
andtwortten, fange bey dem frischten ahn vom 13 October. Ich
weiß nicht, liebe Looisse, ob Ihr alle meine brieffe entpfangen
habt; allein ich habe nicht manqoirt andt aaff alle Ewere schrei-
ben gar exact geantwortet. Ihr habt gar recht errahten, liebe
Loaisse! den ich bin nan, gott seye danck, wider in gar volkom-
mener gesondtheit ondt den 13 October hatte ich za Fontainebleaa
schon wider braff gejagt andt gar kein fieber noch einige kranok-
heit mehr gespflrt, were aach vergnügt dort geweßen, wen ich nur
zeittang von ma tante, die fraw charfürstin, hette haben können.
Daß ich aber nur einen eintzigen brieff andt schir gantz zaletzt
dortten entpfangen, hatt mir alles dort verlait andt gemacht, daß
ich keine rechte freüde in nichts habe nehmen können; den ich war
za sehr in sorgen vor I. L. Gott sey danck, daß der unmaht I. L.
nicht, wie ich farcht hatte, kranck gemacht hatt! Ich habe eine
gatte natur, weillen ich mich nie mitt za viellen aderläßen andt me-
decinen geschwächt habe; ich kan braff kranckheitten aaßsteheiL
habe deren schon viel hir gehabt; der übelle halß war mein gr(P^
ter schmertzen. Ihr habt gar wqII gethan, liebe Loaisse, ma tante
za persaadiren , daß es kein gefahr mitt mir hatte ; den I. L. seindt
mir so gnädig, daß ich versichert bin, daß es ihnen sehr würde
gejammert haben, wen sie mich so übel gewast betten, alß ich in
der that geweßen bin. Es ist woU war, daß in dießer weit nidblM
beßers ist, alß die gesundtheit, wie Ihr es gar recht sagt; sie stehet aber
nicht bey anß, sie za behalten, so lang wir es wünschen mögten. Es
seindt wenig leüttediß jähr gestorben ahn kranckheitten; hir wahrem
2500 krancken za Versaillen, von dießen allen seindt gar wenig ge-
storben. Grott sey danck, daß sich unßere liebe charfQrstin so woU
befindt, andt erhalte I. L. lange jähren dabey ! Vor den gatten wanscfa,
daß anßer herrgott ma tante ferner vor anglück bewahren möge,
sage ich von hertzen amen. Es ist mir lieb, daß hertzog Max so
glücklich von der letzten gekommen ist; seine zeit war nicht kom-
men, wie deß gatten hertzogs Christian seine. Waß gott za allen
jseitten vorsehen hatt, maß woU geschehen, es sey zam leben oder
d3i
todt. Es ist war, daß ma tante eine rechter trost nndt erqniclning
vor mir sein. Ich glaabe, daß der general Fleming, hey welchem
Ihr zu mittag geßen mitt allen den hofffreüllen, deß Flemings vat-
ter ist, den wir lang hir gehabt haben undt welcher gar ein gutter
mensch ist. Er ist auch, wo mir recht ist, ins königs vonPreussen
dinsten, werdt ihn also woll ohnen zweyffel bey seinem vatter ge-
sehen haben. Carttenspiellen wer mein sache nicht; es ist mir gantz
verlait, spille nie, ob es zwar hir im landt so sehr der brauch ist,
daß, wen man nicht spilt, sagt man einem ins gesiebt, daß man zu
nichts nutz ist. Daß ich Euch, liebe Louisse, in meiner wehrenden
kranckheit geschrieben, daß meritirt keine dancksagung; den weillen
ich persuadirt bin, daß Ihr mich so lieb habt, alß ich Euch habe,
war es ja billig, daß ich Euch berichte, wie es umb mich stunde.
Hiemitt ist Ewer letztes schreiben völlig beantwortet, ich komme
Jetzt auff daß vom 8 Octobris. Ich bin lengst außer gefahr, werde
also hirvon nichts mehr sagen. Man kan in keiner beßern undt
volkommener gesundtheit sein, alß ich, gott dem allmächtigen seye
danck, nun bin. Vor den gutten wünsch, so Ihr mir thut, liebe
Louisse, daß es möge bestandt haben, dancke ich Euch sehr. Ich
verfluche taglich woll von hertzen die, so ursach sein, daß die pos-
ten gebrochen sein worden, undt es ist mir recht unleydtlich, nach-
dem ich gewondt geweßen, daß die brieffe von ma tante undt die
Ewerigen, so vor dießem nur 7 tag alt wahren, jetzt gantze monaten
alt sein, undt noch dazu bekompt man sie nicht. Man muß die
gedult nehmen, wie papa s. alß pflegt zu sagen, nehmblich jl faut
prendre patiance en enragent. • Die fraw von Rotzenhaussen hatt
dieße reiße nicht her kommen können; sie ist zweymahl selber auff
den todt gelegen, hatt all ihr bludt verlohren durch pirlen, welches
zu starck undt sie schir umb leben gebracht bette. Es ist war,
daß ihre dochter, so bey mir geweßen, mitt einer gräffin von
Nassaw nach Franckfort geweßen; nun ist sie wider zu Luneville
bey meiner dochter. Durch Lotheringen werde ich Amelisse brieffe
eher bekommen; wie ich glaube, kan es ahngehen. Ob ma tante
mir zwar schreibt, waß zu Lützenbourg vorgeht, so werdet Ihr mir,
liebe Louisse, doch einen gefahlen thun, mir auch eine relation
davon zu machen; den die Ewerige seindt alzeit gar exact undt ich
entpfange gern große brieffe. Solch ein ruhig gemüht zu haben,
wie ma tante, daß ist nicht leicht zu thun undt ist eiue rechte gab^
3S2
gottes. Hiemitt ist Ewer zwejtes sehreiben aoß völlig beantwortet,
liebe Loaisse! bleibt mir also nichts mehr überig, alß Euch zu
versichern, daß ich Euch all mein leben von hertzen lieb behalten
werde.
Elisabeth Charlotte.
199.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 23 Novembris 1703.
Hertzliebe Lonisse, vergangenen dinstag habe ich Ewern lieben
brieff vom 30 Octobris in ma tante paqnet gefdnden. Ich bette aach
gleich draaff geantwortet, allein deß marechals de Tallards söhn
kämme eben ahn nndt brachte die zeittnng, wie Landau capitnlirte
undt sein h. vatter eine schlagt gegen meinen vettern, dem erb-
printzen von Gassei, gewonnen; aber es seindt anff beyden seytten
sehr viel leütte nmbkommen. Des marechals dac de Noaille dochter
ist wittwe nndt noch nicht 17 jähr alt Ob der jange landtgraff,
mein vetter, zwar die schlagt verlohren, so gesteht man doch, daß
es nnr seye, weillen anff dieüer seytten viel mehr tronpen wahren;
aber sie loben unerhört dießen printzen, sagen, man könne nicht
mehr hert^ erweißen, alß er erwießen hatt, sie machen einen rech-
ten heros aaß ihm. Daß solte ihn doch in seinem nnglück trösten,
daß er seine feinde obligirt hatt , sein lob . fiberall aaßzubreitten ;
der könig hatt ihn selber gelobt. Damitt ich aber wider anff daß
komme, welches ich erst habe sagen .wollen, so hatt mich alles. daß
gethons ahn schreiben verhindert, habe es biß heütte versparen
müßen; nnn aber will ich schreiben, so lang es mir möglich; den
es ist schon nahe bey 9. Ich habe heütte schon 4 große briefie
geschrieben, dießes ist der 5te. Von meiner kranckheit werde ich
nichts mehr sagen, den daß ist all lengst vorbey. Ob ich schon 28
Paletten bludt verlohren, bin ich doch zu Fontainebleau, alwo mir
die lufft alß gar woll zuschlegt , gar geschwindt wider zu kräfften
kommen; ich hatte in allem nur 2 fischbein breit abgenohmen. Es
ist ein ellendt, wie die brieffe gehen; wen nur dieße ursach were,
solte man deß kriegs mfide sein; ich sehe aber leyder noch gar
keinen ahnstalt zum frieden. Wie mir ma tante schreibt, so ist die
printzes von Churlandt nicht sehr von ibrein breutigam cbarmirt,
333
Es ist ein schlegt exempel vor die(k princes, zn sehen, daß dießer
herr schon 2 mahl verliebt gevveßen; mögte ihr auch woll nnbe-
standig vverden nach dem beylagier undt wen sie vielleicht ahnfan-
gen wirdt, ihn lieb zn bekommen. Daß gntte gemühte, so dießer
margraff hatt, wirdt ihn doch allezeit woll mitt seiner gemahlin
leben machen. Ich höre recht gern, wen man sich lustig macht;
daß kan ich mich nie berühmen, den mittags eße ich gantz allein
undt abendts bey dem könig, wo es stiller hergeht, alß in einem
closter. Weillen ma tante ja versichert ist, daß die liebe köi^igin
dießen camftval wider bey I. L. wirdt sein, also die Separation
nicht lang wehren, deucht mich, daß sie sich woll ohne threnen
scheyden solte. Wolte gott, liebe Louisse, ich könte sehen, wie
ma tante undt die liebe königin einander begegenen! Aber zn sol-
chem erwünschten glück bin ich leyder nicht gebohren. Ich bin
fro, liebe Louisse, daß Ihr so content lebt. Teütschlandt muß un-
erhört geendert sein seyder meiner abreiße; aber machen sie mehr
ceremonien, so wirdt die teütsche vertreülichkeit auffhören undt
sich selber in zwang setzen. Man kompt mir sagen, daß es zeit
nüber zu gehen ist. Es ist mir leydt, den ich war im laun, noch
braff zu blandem; muß wider meinen willen schließen undt ein
ander mahl auff Ewere zwey überige schreiben vom 7 September
andtwortten. Nun aber ambrassire ich Euch nur von hertzen, liebe
Louisse, undt versichere Euch, daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
200.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
VersaiUe den 25 Novembris 1703.
Hertzliebe Amelise, vergangen freitag habe ich Ewern lieben
brieff vom 6 November gar woll entpfangen in der Rotzenhaussen
paquet, bin fro, daß Ihr so woll mitt dießem freüUen zufrieden
seydt; den ich interessire mich noch alß vor sie, weillen sie bey
mir geweßen undt auch wegen ihrer mutter, die, wie Ihr woll
wist, meine gutte freündin allezeit geweßen ist Ewere brieff kom-
334
men frischer Aber darch die Rotzenhaassen, alß über Hannover.
Es ist war, daß ich einen mont lang erschrecklich kranck gelegen
ondt anff den todt gelegen bin, allein ich bin dem todt all lengst
wider entloffen undt bin nun, gott seye danck, all lengsten wider
in volkommener gesnndtheit. Vor Eweren galten wünsch zu meiner
gesondtheit dancke ich Euch sehr, liebe Amelise! Dem armen
Rotzenheasserle habe ich leyder keinen gefahlen thnn können, hette
es sonsten woll gern gethan. Wolte f^ott, liebe Amelisse, wir kon-
ten. einander einmahl wider sehen! Daß würde mir eine große freü-
de sein. Ich sehe aber leyder wenig aparentz dazu. * Der leydige
krieg ist weil eine abscheulich sach. Ihr werdet non schon wißen,
wie erschrecklich mein vetter, der erbprindtz von Cassel, ist ge-
schlagen worden; hatt aber darneben ein großes lob erwehren nndt
alle Frantzosen loben ihn so unerhört, daß es nicht zu sagen ist.
Man sagt auch, daß einer von dießes printzen herrn brüder umb-
[kommen]. Es ist mir bitter bang, daß es printz Wilhelm ist, wel-
ches mir woll recht von hertzen leydt sein würde; den ich habe
den artigen printzen recht lieb. Ich bitte, schreibt mir doch, wel-
cher es ist, so umbkommen! Ich bin versichert, daß Ihr auch woll
hertzlich betrübt umb hertzog Christian werdet geweßen sein. Ich
habe I. L. s. auch woll von hertzen beweint. Im überigen, hertzlieb
Amelisse, so ist es mir von hertzen leydt, daß ich Euch die brieffe
vor monsieur de Yerth undt Fomeront noch heütte nicht schicken
kan; allein ich kan solche brieffe nicht mitt eygener handt ahn sol-
chen leütten schreiben undt es ist meinem secretarius ein fluß auffs
aug gefallen, daß er wie halb blindt seyder ein par monat ist. Es
wirdt doch taglich beßer mitt ihm. So baldt er wirdt schreiben
können, will ich die brieffe machen laßen, welches nur auff ein par
tag außleüfft; so werde ich sie Euch schicken. Gott gebe nur, daß
es Euch nützlich sein mag! Undt worinen ich Euch werde dinnen
können, werde ich es nie vor einige beschwerliche sach ahnnehmen,
sondern es mitt freüden thun. Die fürstin von Ussingen ist, wo
mir recht ist, ein freüUen von Lowenstein, also madame de Dan-
geau Schwester. Die Tauische famillie kene ich nicht; wen sie Euch
nur woll divertiren, bin ich schon mitt ihnen zufrieden. Daß Ewer
brieff ein wenig geknikt ist, daß schadt nicht; ich formalissire
mich nicht so leicht. Hirmitt ist Ewer liebes schreiben ordentlich
beantwortet; bleibt mir nichts mehr überig, alß Euch V09 hertzen
335
za ambrassiren andt versichern, daß ich Euch, liebe Amelisse, alle-
zeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
201.
Versaille den 28 December 1703.
Hertzliebe Amelisse, ich bin recht fro, daß anßere corespon-
dentz Dan eingericht ist. Ich habe schon vor lenger, alß 8 tagen,
Ewern lieben brieff entpfangen, aber wegen hundert verhindernüßen
nicht zam schreiben gelangen können. Daß heßliche nebelichte
Wetter hatt mir ein wenig den husten verursacht, aber es gebt doch
noch woll hin; bin doch sonsten, gott lob, gar gesundt. Mein se-
cretarius fengt wider ahn, zu sehen; also habe ich ihm die reco-
mandationschreiben sehr ahnbefohlen ahn monsieur de Vert et de
Fomeront. Der graff von Nassau Weillburg hatt schlegte ehre ein-
gelegt, hergegen erschalt meines vettern, deß erbprintzens von
Hessen, lob allerseits. Ich glaube, der printz von Homburg, so
geblieben, war der, so einmahl so eine kurtze reiße hieher that
undt welchen ich einmahl gesehen. Daß arme gi^äffgen von Nassau
jammert mich recht. Sein herr vatter hatt ihn schändtlich vfer-
laßen undt ist der erste durchgangen. Sein söhn rieff ihm, er solte
ihm helffen; er ließ aber den söhn im stich undt ging durch, muß
ein schlechter krieger sein. Graff von Frissen hatt sich über die
maßen woll gehalten. Ich bin woll Ewerer meinung, daß nichts in
der weldt geschieht, alß waß vorher verbeugt ist. Ich wüste woll,
daß der fUrst von Vssingen ein frewen von Lowenstein geheüraht
hatte, aber nicht, daß es eben dieße sey, so jetzt zu Franckfort
ist. Gebt ihrer Schwester, so hir ist, viel einen größern nahmen,
alß den, so sie fahrt. D'Anjou daß seindt deß königs brüder oder
enckeln, die dame aber heißt Dangeau, also gar ein großer unter-
schiedt; den dießer ist gar kein färst, sondern nur ein edelman.
Ich kene den jungen fürsten von Ussingen gar woll, er ist hir zu
Paris geweßen. Es ist ein gutt kindt, aber nicht artig, sondern
ohne einige vivacitet, ist, wie man alß vor dießem in Tetttschlandt
sagt, ein gutter frommer herr. Es wirdt aber seine schuldt nicht
sein, wo der friden nicht gemacht, wie eine gräffin von Greiffenstein
388
alß pflegt za sagen, wen sie jemandts sähe, so eben nicht viel geist
hatte. Ich muß lachen über die vergleichnaü, so Ihr macht von
denen, so aaß der arm^e kommen, ahn daß alte Sprichwort: «Wo
kompt ihr her? Von der hochzeit». Daß mnß langsam gesagt wer-
den andt «za der hochzeit» geschwindt Die vers anff St Evremont
seindt nicht jast; den wolte er nur die weit undt künsten kenen, so
hatt er gott nicht gesacht, wäre also nicht a Pescole poar cognoistre
dien. Ich habe St Evremont nie gesehen, aber woU sein contrefait,
daß, aaßgenohmen die loape andt gewecks, so er im gesiebt ge-
habt, viel ahn Cheyrean gleicht. Ich glaabe, in dem alter, wo-
rinen dießer man war, hatt ihn madame Mazarin woll ohne scan-
dalle aaff ihren halß können liegen laßen. Wer der allein draaff
gelegen, bette man nicht so übel von ihr gerett. Vom lieben hert-
zog Christian s. will ich nichts mehr sagen, es ist za betrübt. Es
ist woll leyder schlegte aparentz,daß wir einander wider sehen, alß
im thal Josaphat. Wen man einander so nahe ist, wie wir ein-
ander sein, so betracht man sich nicht amb die Schönheit, sondern
nar, weillen man sich lieb hatt. Ma tante, die fraw charfürstin
von Braansweig Liebten, entpfangt so selten brieffe von mir, alß
will ich versuchen, ob sie dießen eher darch Franckfort bekommen
möge; bitte Euch, lieb Amelisse, ihn fleißig za bestellen. Adiea,
liebe Loaisse! Ich glaabe, Ihr werdt all wißen, daß Charbayren
Aagsbarg bekommen; daß ist alles, waß ich weiß. Adiea! Seydt
versichert, daß ich Euch allezeit lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
202.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 30 December 1703.
Hertzliebe Loaisse, ich habe Ewern lieben brieff vom 5 dießes
monts zwar schon seyder 8 tagen entpfangen, aber ohnmöglich eher,
alß nan, beantworten können; hundert verdrießliche verhindernttße
seindt mir zukommen, unter andern auch einen braffen husten,
welchen ich vergangen freytag 8 tag zu Paris auffgefischt habe.
Ich schewe der mühe nicht, zu schreiben, wen ich nur der zeit
habe; die zeit fehlt mir offt, aber nicht der gutte wille. Gott seye
337
danck, daß ma tante wider woU ist! So geschwer im mondt thnn
etlich mahl sehr wehe ; hin fro, daß es bey ma tante ohne schmert-
zen Zugängen. Ich mache es wie I. L.; muß sehr kranck sein, wen
ich die kammer hütte. Ich bin auch persuadirt, daß man ehr cou-
rirt, wen man sich weniger schondt. Ma tante hatt, gott lob, eine
gutte starcke natur. Gott erhalte I. L. noch lange jähren darbey !
Sie seindt mir zu gnädig, sich über meine brieffe zu erfrewen, so
nun woU gar alber wehren; den ich lebe je mehr je einsamer, kan
also weder waß neues noch artiges vorbringen. Es seye dan, daß
man den carnaval zu Hannover erlengert, sonsten wirdt er diß jähr
sehr kurtz werden undt die fasten nahe vor der thür sein. Gott
gebe, daß ma tante ihn mitt freüden undt vergnügen zubringen
möge undt Ihr auch, liebe Louisse! Der könig hatt mir selber ge-
sagt, daß printz Philip von Homburg geblieben ist. Den alsten
graffen von Nassau beklage ich recht; den es war ein recht gutt
kindt. Wer solte die hunde nicht lieben nach dem exempel von
landtgraff Philips hundt von Homburg? Heütte morgen umb 4 hatt
eine von meinen hundinen 7 jungen bekommen. Ich komme aber
wider auff Ewer schreiben. Der krieg ist woll eine abscheuliche
sach; man kans nicht müder sein, alß ich es bin. Ich habe ahn
den Intendanten vom Elsaß geschrieben wegen Ewere gütter undt
bin versichert, daß er sein bestes thun wirdt; den es ist ein
gutter ehrlicher man, der mir allezeit gefahlen thut, wie er kan.
Er hatt über alles zu Landau undt im gantzen Elsaß zu befehlen;
hoffe also, daß es Euch nützlich sein wirdt. Ich wolte gern noch
viel blandem, ich habe aber noch zwey große brieff in Lotheringen
zu schreiben; werde dero wegen nur in eyll sagen, daß die princes
von Homburg, so ihren herrn bruder, den sie so sehr geliebt,
verlohren, mich schrecklich jammert. Es ist mir auch leydt,
daß der gutt Eberfritz verwundt ist. Ich werde nun baldt seine
Schwester Lenor wider hir bey mir haben. Adieu, liebe Louisse!
Ich ambrassire Euch von hertzen undt werde Euch allezeit lieb
behalten.
Elisabeth Charlotte.
Brief» der Prinxesain Elisabeth Charlotte. ^
338
202.
Marly den 8 Januari 1704.
Hertzliebe Amilise, vor 3 tagen habe ich Ewer wehrtes schrei-
ben vom 20 December 1703 zu recht entpfangen. Ihr werdet aaß
meinen andtwortten ersehen haben, daß ich alle die Ewerige zu
recht entpfangen habe durch die kleine Rotzenhaussen. Apropo
von sie, ihr vetter, der Bernstein, ist hir in der accademie undt
bekompt kein eintzig schreiben von seinen verwanten, noch von sei-
ner matter, er ist in todtesängsten vor seine zwey brüder. Ich
bitte Euch, informirt Euch doch bey die fraw von Schelm, wie es
ihnen gangen, ob sie davon kommen oder geblieben sein! Grüst
anch die fraw von Schelm von meinetwegen! Ihr werdet hirbey ein
schreiben vor ma tante wider finden, welches ich Euch bitte, so
baldt möglich, weg zu schicken; den die brieffe seindt so lang on-
terwegen, daß es ein ellendt ist. Waß närische leütte seindt doch
die, so nicht wollen, daß wir einander schreiben sollen! Meinen sie
dan, daß Ihr undt ich staadtssachen tracktiren werden? Waß geht
unß der krieg ahn? Ich haß den krieg wie den teüffel undt wolte,
daß schon frieden were. Waß kan den Teütschen undt keyßer-
liehen, noch den Hollandern, noch den Englandern schaden, daß wir
einander sagen, ob wir kranck oder gesundt sein? Weillen monsieor
de Verth undt Fomeront unter dem intendanten von gantzen Elsaß,
monsieur de la Houssaye, stehen, habe ich gemeint, es were ge-
nung, daß ich dem Ewere sache recommandirt ; den ich kenne ihn
woU undt thut mir gern gefahlen. Schreibt mir, ob keine erleich-
terung erfolgt! Undt wen daß ist, will ich noch ahn die andern
schreiben undt in alles, waß bey mir stehet, will ich Euch, liebe
Amelisse, alß gern erweißen, daß ich Euch undt Louisse recht von
hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Macht mein complimeut wider ahn meine zwey vetem, die
printzen von Gassei, undt bezeugt ihnen, daß ich von hertzen fro
bin, daß sie so woU davon gekommen sein undt so viel lob er-
worben haben!
839
203.
Versaille den 20 Januari 1704.
Hertzliebe Louisse, vergangen mitwog habe ich Ewer lieben
brieff vom 29 December zu recht entpfangen; donnerstags konte
ich nicht drauff andtworten, hatte kaum zeit genung, ein par wort
ahn ma tante zu schreiben, fuhr hernach nach Paris, meine encke-
len zu sehen, undt bliebe im opera. Freitags hatten wir commedie,
habe es also biß auff heütte verschieben müßen. Glaubt nicht, liebe
Louisse, daß Ihr mir jemahlen importun sein könnet! undt habe
lieber, daß Ihr mir schreibt, alß still schweygt; den ich interessire
mich ja genung in alles, waß Euch betrifft, umb gern zeittung von
Euch zu wißen undt wie Ihr lebt undt es Euch geht, liebe Louise!
Ma tante hatt mir auch, von dem schönnen Engländer geschrieben,
so auß Denemarck kommen ist. Es ist eine dolle sache, waß der
könig in Denemarck ahügefangen. Mich wundert, daß seine pfar-
hern es leyden undt sich nicht gegen ein solch scandal gesetzt ha-
ben. Wen die königin betrachten wolte, daß sie doch die rechte
königin ist undt bleibt undt nur einen heßlichen herrn weniger im
bett haben wirdt, deucht mir, daß sie woll ursach, sich zu trösten,
haben könte. Jungfer Colb, so meine hoffmeisterin war, wie Ihr
Euch noch woll werdet erinern können, pflegte alß zu sagen: «Ihr
kinder, es geht nirgendts wunderlicher her, alß in der weit». Hirin
hatte sie kein unrecht, wie Ihr secht. Ich dancke Euch sehr, liebe
Louisse, vor Ewerm gutten neüjahrswunsch undt wünsche Euch her-
gegen sambt volkommener gesundtheit alles wolergehen undt vol-
kommen vergnügen, so Ihr Euch selbsten wünschen undt begehren
moget, undt seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Euch nicht
allein dießes neue jähr, sondern alle die, so gott der allmächtige
mich wirdt leben laßen. Euch werde von hertzen lieb behalten! Es
ist mir nur leydt, daß ich Euch solches nicht beßer persuadiren
kan, alß mitt bloßen wordten, mögte Euch von hertzen gern zu waß
nutz sein.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich schicke Euch hirbey die andtwort vom intendenten vom
340
Elsaß, worauß Ihr sehen werdet, daß ich Euere sach, lieb Louisse,
ihm sehr recomandirt habe.
204.
Versaille den 17 Febmari 1704.
Hertzliebe Amelisse, ich habe schon vor 6 tagen Ewern lieben
brieff vom 31 Janaari entpfangen, aber mitt fleiß nicht eher, alß
nun, beantwortet, weillen, wen ich eher, alß nun, geschrieben
hette, mein brieff zn Luneville hette müßen liegen bleiben; wirdt
also jetzt frischer überkommen. Die arsach, warumb ma tante nicht
durch Euch geantwortet hatt, ist, daß mein brieff, weillen er zu
Luneville liegen blieben , alter ist worden , alß der , so über die
Schweitz geht. Drumb schicke ich jetzt dießen zu rechter zeit, damitt
ma tante sehen mag, daß die über Franckfort noch geschwinder
gehen; bitte Euch, liebe Amelise, derowegen dießen beyliegenden
brieff so baldt zu überschicken, alß möglich sein wirdt. Waß albere
possen seindt doch daß, daß man zu Franckfort soubgoneus ist über
waß Ihr mir schreibt? Vertrawen sie Euch den alle stadtssachen,
daß sie meinen , daß Ihr sie verrahten werdet ? Sie mögen ja nur
unßere brieffe sehen, so werden [sie] woll finden, daß man von
keinen staadtssachen spricht; also mögen sie woll unßere brieffe
lauffen laßen. Ich gestehe, daß ich offt verwunder bin, zu hören,
wie es in Teütschlandt nun zugeht; alles muß in den 32 jähren, so
ich hir bin, erschrecklich geendert sein. Mich wundert, da doch
so viel leütte zu Franckfort sein, wie man sich nicht beßer dort in
dem letzt verwichenen carnaval divertirt hatt. Zu Hannover macht
man sich bräff lustig. Gott gebe, daß es lange weren möge
undt erhalte sie alle bey gutter gesundtheit! Ich bin woll Ewerer
meinung, liebe Amellisse, daß man der divertissementen woll ent-
beren kan , wen man nur seine zeit ohne verdruß undt ruhig pas-
siren kan; allein in dießer weldt gehts nicht so gladt ab, der Ver-
druß kompt undt findt sich offter undt eher, alß die freüde. Ihr
würdet einen gutten prediger sein, liebe Amelisse! Den alles, waß
Ihr da sagt , ist eben so gutt alß eine fastenpredig, undt da schlaff
ich nicht bey, wie bey alle andere predigen hir; den man geht hir
eine halbe stundt nach dem eßen in die predig, kan mich also
ohumöglich deß schlaffens enthalten, undt es ist keine eintzige
341
predig, wo ich nicht Id schlaffe ; heütte noch hahe ich so geschlaf-
fen, daß mir [der] kopff davon schwindelt. Hir findt man gar we-
nig weibsleütte, so nicht von natur coquet sein, nndt ist es recht
rar, wen man eine findt, so es nicht ist. Vor gott mag es woU
schlim sein, aber vor der weldt ist es lustiger, daß ist gewiß. Die
coqaetten flattiren sich, weillen man in der heylligen schriefft findt,
daß unßer herr Christus so viellen von ihren gattungen gnädig ge-
weßen, daß er sich ihrer Schwachheit auch erbarmen wirdt, alß
nehmblich der Marie Magdelaine, der Samaritin, dem weih, so im
ehebruch begriffen war; daß flatirte sie. Ihr meindt, Ihr wtlrdet
der coquetterie baldt müde werden; allein ich habe ahn viellen
hören sagen, daß wer einmahl verliebt geweßen ist, kan sonst kein
spaß mehr ohne den leyden undt daß mans nie mtlde wirdt. Wie
ich sehe, so ist Ewer humor jalous, liebe Amelisse! Wolte Euch
also nicht rahten, coquet zu sein; Ihr müstet zu große quäl auß-
stehen. Der gutte Bernstein ist gantz wider getrost. Ich kene den
hertzog von Saxsen-Meiningen woU. Er hatt sich eine Zeitlang hir
auffgehalten, er gefiel mir nicht, er war zu complimentisch; Ich
muß heütte noch 4 brieff schreiben ahn dem könig undt die königin
in Spanien, ahn mein dochter undt ahn die kleine Rotzenhaussen^
damitt sie dießes paquet woll bestehlt. Es ist jetzt eine große
freüdt in Lotheringen, daß mein dochter, gott seye lob undt danck,
einen printzen bekommen; bin versichert, daß Ihr Euch auch deß-
wegen mitt mir erfrewet. Adieu, liebe Amellisse! Seydt versichert,
daß ich Euch biß ahn mein endt wie auch Louisse recht lieb be-
halte!
Elisabeth Charlotte.
205.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Versaille den 17 Febmari.
Hertzliebe Amelise, vergangen dinstag habe ich Ewel'n lieben
brieff vom 6 entpfangen ; ich glaube aber , daß Ihr Euch ein wenig
im datum verschrieben habt; den es kam mitt nnßerer lieben chur-
fürstin schreiben ahn, so nur vom 4 dadirt war; aber daß schadt
nichts. Der printz von Moeursburg ist es nicht der, den könig
Augustus hatt wollen zum naren machen ? Wens der ist, so ist es
342
kein wunder, daß er nicht gar ging ist; aber Hannover ist ein
gatter ort, zu deniaissiren. Taschenspillen sehen amussirt. Ich bin
fro vor Euch, daß Ihr mitt ma tante nach Braunsweig geht; daß
gibt Euch ehr nndt plaisir. Ich hoffe, Ihr werdet mir eine schönne
relation davpn machen. Wirdt der churprintz seinem herrn Schwa-
ger woll erlauben, seine fraw Schwester im kindtbett zu sehen? Da
wolt ich nicht vor schweren, so wunderlich alß der churprintz ist.
Meindt der churprintz, man werde seinen printzen freßen, wen man
ihn sehen solte? Es ist etwaß wunderliches in deß churprintzens
hirnkasten. Da braucht kein schwur zu, daß Ihr woll ohne ungedult
wartten könt, biß der churprintz erlaubt, daß Ihr seinen neügebor-
nen printzen sieht. Wolte gott, es were so leicht, daß wir ein-
ander wider sehen könten! Würde Euch undt Louise woll von
hertzen ambrassiren; aber allen ahnsehen nach werden wir einander
erst in thal Josaphat wider sehen. Ich glaube, Ihr würdet mich
jetzt eben so wenig kenen, alß dortten; den ich gleich mich selber
gar nicht mehr, so sehr bin ich geendert; aber wie ich auch sein
mag, so behalte ich Euch von hertzen lieb.
Elisabeth €harlotte.
206.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz , a Hannover.
Yersaille den 6 Mertz 1704.
Hertzliebe Louisse, vergangen sontag habe ich Ewern lieben
brieff vom 8 Februari entpfangen, aber ich glaube, Ihr must Euch
verschrieben haben; den ich habe auch einen von ma tante bekom-
men , so vom 18 war. Es ist mir >oll zu paß kommen, daß ich so
viel brieff nach einander von ma tante bekommen, umb mich auß
den abscheulichen ängsten zu ziehen, worinen mich die verfluchte
Pariser gazette gesetzt hatte, welche im article von Brüssel vom
14 Februari geschrieben, daß ma tante gefahrlich kranck were. Ich
habe gleich zu dem gazettier geschickt, so sie so trucken lest, umb
mich zu erkundigen, wo er die zeittung her hette; hatt er geant-
wortet, er hette einen corespondenten in Lotheringen, der hette es
ihm mitt dießen umbständen berücht, daß die königiu in Preussen
bey ma tante wehre undt ihrer fraw mutter große Forge undt dinst
leistete. Ich bin in dießen ängsten vom sambstag biß dinstag ge-
343
stocken, konte weder eßen noch schlaffen, biß endtlich der gutta
ehrliche monsieur Cronstrom, der schwedische envoyes, mich wider
zu recht gebracht, indem er mir versichert, daß er brieff von Han-
nover vom 16 entpfangen undt daß ma tante, gott sey danck, nicht
kranck geweßen were. Ich wurde so erfrewet, daß ich ihn schir
ambrassirt hette. Ich glaube warlich, man hatt mirs zu leydt in
die gazette setzen laßen; den es gibt gutte leütte hir, wie Ihr auß
dießer avanture judiciren köut. Ihr secht auch woll hirauß, wie
hoch nöhtig es ist, daß Ihr fortfahren raöget, mir zu schreiben.
Liebe Louisse, Ihr thut gar nicht woll. Euch vor der zeit alt zu
machen undt schon der lust abzusagen; den glaubt mir! daß alter,
wanß kompt, ist ahn sich selber langweillig genung; last Euch also
die lust noch nicht vergehen, so lang Ihr jung seydt! Wen Ihr
Euch jetzt so alt macht, waß werdet Ihr den thun, wen Ihr in
meinem alter sein werdet? Die lust macht leben, die langeweille
veralten, kranck werden undt sterben. Habt acht auff alle die, so
ein groß alter erreichen! Sie werden alle einen lustigen humor ha-
ben. Spätt eßen thue ich auch nicht gern, jedoch ist man spät hir
undt ist offt halb 11, wen man zum nachteßen geht. Alles, waß
ma tante, die fraw churfürstin, da gethan, ist I. L. gesunder, alß
ruhig sein undt langeweill haben undt ahn trawerige Sachen ge-
deucken. Die königin in Preussen ist daß leben gewohnt, so sie
führt, undt die gewohnheit ist eine zweyte natur; schadet I. M.
also nichts. Ma tante hatte mir nicht geschrieben, daß die liebe
königin, dero fraw dochter, wie ein träum masquirt geweßen ; also
secht Ihr woll, daß I. L. Euch noch waß zu schreiben überlaßen.
Hir haben wir diß jähr gar keine masquen zu sehen bekommen,
weillen L L. die hertzogin von Bourgogne schwanger sein. Daß ich
ahn den inten [danjten vor Ewere gütter geschrieben, bedarff nicht
so viel danckens, liebe Louise! Ich thue nur meine Schuldigkeit,
wen ich mein bestes thue. Euch beyden zu dinnen. Ich habs Ame-
lise selber geschrieben. Durch Lotheringen schreibe ich ihr auch
etlich mahl. Wir haben nun gar nichts neues hir, werden baldt in
den (gott Verzey mirs!) verdrießlichen woche kommen, wo man hir
so unerhört lang in den kirchen stecken muß, umb nichts alß latei-
nisch zu singen hören, welches, unter unß gerett, eine langweillige
Sache ist; aber genung hirvon. Waß solle ich Euch nun weitter
guts sagen? Ewer brieff ist ordentlich beantwort undt ich weiß gar
344
nichts nefles, will also vor dieGmahl schließen nndt nichts mehr
sagen, alß Euch bitten, liebe Louise, zn glauben, daß ich Eflch
allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
207.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Yersaille den 30 Mertz 1704.
Hertzliebe Amelisse, ich habe zwar vergangen woche zwarEwer
liebes schreiben vom 1 Mertz zu recht entpfangen, aber nicht drauflF
[geantwortet]; den ob ich zwar drauff geantwortet hette, würdet Ihr
meinen brieff nicht eher, alß dießen, entpfangen haben; den er
were zu Luneville liegen blieben. In dem augenblick bekomme ich
noch eins von Ewern lieben brieffen , werde auff beyde heütte zu-
gleich andtwortten undt ahn daß frischte ahnfangen. Ma tante hatt
nicht auff daß schreiben geantwortet, so Ihr ihr, liebe Louisse, von
mir geschickt, weillen I. L. es nicht frischer gefunden, alß daß, so
sie von mir über die Schweitz bekommen. Es bedarff keine danck-
sagung, daß ich ahn den intendenten la Houssaye vor Euch ge-
schrieben; den daß ist meine Schuldigkeit, daß ich Euch in alles
dine, so in meiner macht stehet. Ich habe daß gutte werck, die
fasten zu halten, nicht gethan; ich kan daß fisch eßen nicht ver-
tragen undt bin ich gar woU persuadirt, daß man beßere wercke
thun kan, alß seinen magen verderben mitt zu viel fisch eßen. Waß
kans schaden, daß ich weiß oder nicht weiß, wer in deß Franck»
forter meß ist? Man ist woll scrupulos zu Franckfort, wen man daß
übel finden kan. Weillen ich die ehre habe, den könig in Pöbln
zn kenen, jammert er mich; aber daß kan niemandts leugnen, daß
er eine große thorheit gethan, sich zum könig in Poln zu machen;
da kont man woll mitt warheit sagen: «Hoffart kompt vor dem
fall». Ich habe keine mühe, eine liste zu leß[en], die Ihr mir nicht
schickt; allein wen Ihr zu fürchten habt, daß es Euch handel ahn-
macht, thut woll, die sach nicht zu wagen; den es were mir gar
zu leydt, wen ich schuldig were, daß Ihr ungelegenheit bekämbt
umb meinetwiDen. Hirmitt ist Ewer letztes schreiben völlig beant-
wortet. Ich komme auff daß erste. Pießer erste ist nicht so frisch
345
ahnkommen, alß der zweyte; den entweder habt Ihr Euch ver-
schrieben, oder er muß nnr 10 tagen nnterwegen gewest sein. Daß
freüllen von Rotzenhaussen bestehlt Ewere brieff gar fleißig. Ihre
matter ist nun hir seyder 8 tagen undt lustiger undt vom beßern
humor, alß nie. Wen die zu Franckfort so wenig secret mitt ihren
affairen sein, so wollen sie woU, daß jederman ihre rahtschläg
wißen solle. Warumb solle man dan secreter sein, alß sie selber?
Aber umb die warheit zu bekenen, so deucht mich, daß es nun
so doli in Teütschlandt zugeht, alß wen die Teütschen keine Teüt-
schen mehr wehren, undt wie ich davon höre, kene ich nichts mehr
undt alles muß unerhört geendert sein. Ihr sprecht woU von der
coquetten ihre quäl, aber nicht von ihrer lust. Man leydt mehr
umb die menschen, alß vor die seeligkeit,' weillen menschen lieben
sich zu unßere Schwachheit schickt, die seeligkeit aber eine solche
unbegreiffliche sache ist, daß es schwerlich ins menschen hertz
kommen kan. Ich bin nicht coquet von meiner natur, daß kan
man mir woU zettgnuß geben; aber ich begreiff, waß die mensch-
liche Schwachheit vermag, undt beklag die, so in solch Unglück
fahlen mehr, alß ich sie condamnire. Die prediger sagen auff den
cantzlen, waß sie sagen müßen, aber nicht allemahl, waß sie denc-
ken oder wißen. Ich gestehe^ daß daß zeitlich nicht viel wehrt ist,
aber daß ewige undt himellische ist schwer zu verstehen undt
halte ich es vor eine pure gnade gottes, wen der almachtige er-
leOcht, daß himmelische zu verstehen undt die seeligkeit dazu zu
erlangen. Ich glaube, man muß gott fleißig drumb bitten, hernach
aber auch sich nicht viel quellen, waß andere thun. Ein jeder hatt
in dießer weit seine plag. Gott weiß allein, warumb er alles ver-
ortnet hatt undt wie er jedem seine zeit undt stunden gesetzt hatt;
dem ergieb ich alles. Ich dancke Euch sehr, liebe Amelisse, Euch
mitt mir wegen meines zweytten enckels gehurt zu erfrewen. Lenor
sagt, daß alle meine kindtskinder nicht heßlich sein. Warumb
*
schreibt Euch daß Wilhelmel frantzösch? Ihr seydt doch beyde
Teütschen. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Euch von hertzen
undt bitte Euch, zu glauben, daß ich Euch allezeit von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
346
208.
Versaille den 17 April 1704.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer liebes schreiben
vom 30 Mertz entpfangen. Von meinem gehabten schrecken wegen
der falschen zeittung will ich nichts mehr sagen. Gott seye danck,
daß es nicht war geweßen, ondt erhalte ma tante noch lange jäh-
ren in volkomener gesundtheit! £s ist woll ein ellendt, daß die
brieffe so gar langsam gehen. Es mag woll sein, daß der ge-
schwinde todt von der hertzogin von Wolffenbttttel den mißverstandt
verursacht hatt. Wen daß wetter nicht schönner zu Herrnhanßen
ist, alß hir, so werden 1. L. nicht viel spatziren können. Hir ist
es recht kalt nun undt frirt alle nachte. Ich glaube, ma tante geht
nun beßer, alß ich; den ich bin so schwer undt dick, daß ich
kaum mehr gehen kan. Hertzog Jörg Wilhelm ist so gar ein gutter
herr, daß ich also leicht glauben kan, daß es zu Zelle ahngenehm
sein muß. Ist es möglich, liebe Louisse, daß Ihr lieber schreibt,
alß in die commedie geht ? Ich bin über 9 jähr älter, alß Ihr seydt,
undt mögte doch nicht gern eine comedie verseümen. Die proces
weren lang, wie ich sehe. Gestern habe ich dießen brieff entpfangen,
den Ihr hirbey findt. Schreibt doch ahn Ewerm ambtman, daß er
es so macht, daß die catholischen sich nicht so sehr über ihn wer-
den zu beschwehren haben! Sonsten würde ich den armen einwoh-
nern zu Altorf nicht so wol helffen können, alß ich es wünschte;
den Ihr könt woll gedencken, liebe Louisse, daß ich Euch allezeit
gern mitt freüden dinne; aber waß mitt baron W^illich vorgangen,
ist nun eine alte historie. Ich will mich informiren, wie es mm
mitt Coubert stehet, undt es Euch berichten ; aber ich zweyffele nicht,
daß es in frieden wider Ewern neueus werden wirdt; den ich habe
alß gesehen, daß in frieden alles den rechten herrn wider zu theil
•
geworden ist. Es ist woll war, liebe Louisse, daß es seyder eine
zeit her gar doli in der weit hergeht mitt allen doppelten königen.
Dem in Poln ist seine ambition übel gelungen. In Spanien wirdt
man nicht acht haben, welcher von beyden pretendanten ahn der
cron ahnziglich ist- oder nicht ; der dem andern die beste stoß gibt,
wirdt woll könig bleiben. Ich habe noch 5 brieff heütte zu schrei-
ben, muß derowegen wider meinen [willen] schließen undt nichts
347
mehr sagen, alG daß ich Euch, liehe Lonisse, allezeit von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
209.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu PfaltZ; a Franckfort
Versaille den 29 April 1704.
Hertzliebe Amelisse, vergangen sontag hatte ich zwar Ewern
lieben brieff vom 17 April zn recht entpfangen, allein ich habe
selbigen tag so viel zu thun gehabt mitt dem kirchengehen undt
sonsten viellem schreiben, daß ich ohnmöglich daß Ewerige habe
beantwortten können. Sejdt Ihr den so einfältig, daß Ihr meint, daß
[die] catholischen keinen rechten grundt des christenthnms haben?
Glaubt mir, liebe Amelisel der Christen grundt ist bey allen
christlichen religionen derselbe. Waß den unterschiedt ahnlangt, ist
nur pfaffengezäng, so die ehrliche leütte nie ahngeht; aber waß
unß ahngeht, ist, woU und christlich zu leben, barmhertzig sein
undt unß der charitet undt tugendt befleißen. Darauf solten sich
die herrn prediger befleißen, dießes den Christen einzuprägen undt
nicht nachzugrübeilen auff alle punckten, wie sie verstanden wer-
den ; aber daß würde dem herrn autoritet mindern. Drumb legen
sie sich nur auff dießes undt nicht auffs vornehmbste undt nohtwen-
digste. Ihr folgt, liebe Amelise, den rechten grundt, also solt Ihr
Euch nichts weiß machen laßen vom überigen. Ich muß lachen,
daß Ihr Euch scheütt, frantzösche wortter in Ewere brieffe zu set-
zen, da ich ja mein Teütsch schir selber vergeße. Daß kompt mir
alber vor, daß unßere gutte Teütschen alß frantzösch schreiben
wollen, alß wen man nicht auff Teütsch schreiben könte. Ich
fürchte, daß Teütsche wirdt sich endtlich so verliehren, daß es
keine spräche mehr sein wirdt. Daß Euch daß freüllen von Rat-
zamshaussen letzt nicht geschrieben, wundert mich nicht; den sie
ist kranck, hatt wie ein geschwer im kopff, butzt bludt undt materie
undt hatt solche abscheuliche kopffschmertzen, daß sie weder leßen,
schreiben, noch nichts thun kan, wie mir mein dochter schreibt;
den sie, die Ratzamshaussen, hatt mir auch nicht geschrieben, noch
schreiben können. Ich kan mich nicht genung [wundern], wie alles
348
in Teütschlandt geendert ist. Mich deucht, es war alles beßer re-
gnllirt za meiner zeit. Ich würde gar altfranckisch sein, wen ich
in Teütschlandt kommen; den die neue art von reden würde ich
mühe haben zu lernen. Daß sauffen ist nur gar zu sehr in der
mode unter den jungen weibspersonnen undt von der besten qua-
litet, aber genung hirvon. Ich glaube nicht, daß Franckfort gefahr
leydt; allein erdapt man Euch dortten, so last Euch gleich her-
führen! Ich verspreche Euch gutt quartir. Ich habe vor wenig ta-
gen Ewere sache auff neue ahn den intendenten vom Elßaß reco-
mandirt. Ich werde nicht weit logiren von meinem apartement; den
ich komme in daß, so mein herr s. gehabt hatt, welches größer ist,
alß daß meine, welches vor der duchesse de Bourgogne kinder pre-
parirt wirdt werden. Ich bin fro, daß, die von lotheringischen hoff
kommen, mitt meinen kindem dort zufrieden sein. Die Lenor ist
da bey mir undt bitt mich, ich solle Euch, liebe Amelis, sagen, sie
bitt Euch, nicht zu andachtig zu sein; den sie wolle mitt Euch
auff einen wagen nach himmel fahren. Auß dießen text secht Ihr
woU, daß ihr humor nicht geendert ist. Gutte nacht 1 Ich muß
ahn mein tochter schreiben, nachdem ich Euch versichert, daß ich
Euch, liebe Amelisse, allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
210.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 10 Juni 1704.
Hertzliebe Louisse, es ist mir von hertzen leydt, daß Ihr
kranck seydt; wünsche von grundt meiner seelen, baldt zu verneh-
men, daß Ihr wider woU sein möget. Aber wünschen hilfft leyder
zu nichts, undt weillen ich glaube, daß ein langer brieff Euch im
itzigen standt nur beschwerlich sein würde, sage derowegen vor
dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
211.
Versaille den 29 Juni 1704.
Hertzliebe Amelise, ich habe Ewer lieben brieff schon vor 8
\
349
tagen entpfangen; die post kam aber so spät ahn, daß ich ohnmög-
lich antwortten konte. Es were . ohnnohtig geweßen, Euch eher, alß
heütte, zu schreiben; den mein brieff were nur zu Luneville liegen
blieben. Der comandant von Landau, deßen geraahlin Ihr besucht,
hatt große ehre eingelegt; man estimirt ihn sehr hir. Man spricht
nun änderst, alß zu meiner zeit; den da hette man gemeint, ein
forsten zu offendiren, wen man ihm seine kriegschargen zum tittel
gebe, wie ich sehe, daß Ihr dem margraffen von Baden thut. Wie
ich sehe, so liebt Ihr die kinder eben nicht sonderlich, weillen es
Euch frembt vorkompt, daß die fraw margraffin von Baden Liebten
so occupirt mitt den ihrigen ist. Ach, lieb Amelise, wen Ihr mich
nur in Teütschlandt sehen wolt, werden wir einander woll unßer
leben nicht mehr sehen; den auß dießem landt kah ich nicht weg,
so ist mein verhengnuß. Man muß nie vor kein landt kein antipa-
thie nehmen; den wir wißen nicht, wo unß gott der almachtige hin
vorsehen hatt. Von der religion gebührt mir nicht zu reden. Ich
bin nicht gelehrt genung zum predigen; ich lebe meines glaubens
undt laß ein jeden den seinen leben. Ihr dorfft nicht forchten, mir
scrupul zu geben; die nehme ich gar nicht. Lenor geht meinen
undt nicht Ewern weg; liebe Amelise, wir werden woll beynahe
ahn einem ort kommen. Wen wir die sach zu decidiren betten,
were es gutt, ernstlich zu sein; aber, liebe Amelisse, waß drauß
werden wirdt, da wirdt man weder Euch noch mich drumb fragen.
Hirbey schicke ich Euch eine andtwort vor die fraw von Bernstein.
Lenor recomandirt sich Euch auch gar schön undt ich bitte Euch,
die Bernsteinen von meinetwegen zu grüßen undt ihr sagen, daß ihr
söhn, welchen ich hir habe, sich gar woll, redtlich undt ehrlich
helt undt daß ich gar woll mitt ihm zufrieden bin. Grüst auch die
Gret von meinetwegen ! Ma tante hatt mir Louisse reiß geschrieben ;
sie meint aber, sie gehe ehe weg, Euch wider zu sehen, alß we-
gen ihre gesundtheit. Nun ist Ewer schreiben völlig beantwortet.
Ambrassirt Louisse von meinetwegen! Den ich glaube, daß Ihr nun
besamen seydt. Adieu! Seydt versichert, daß ich Euch allezeit recht
lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
850
212.
A mad. Louisse, raugrafin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 3 Jolli 1704.
Hertzliebe Louisse, biß sontag werde ich gar exact auffEweren
lieben brieff andtwortten, aber nun nur in großer eyll sagen, daß
es mir von hertzen leydt ist, daß Ihr noch kranck seydt; wünsche,
daß dießer kleinre brieff Euch in gesundtheit ahntreffen möge, undt
versichere, daß ich Eflch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
213.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 6 JuUi 1704.
Hertzliebe Louisse, ich werde hirmitt mein wordt halten undt
auff Ewern lieben brieff vom 15 Juni andtworten, wie ich Euch
vergangenen donnerstag versprochen. Ich beklage Euch woU von
hertzen, daß dreytagige fieber zu haben. Ich weiß nur gar zu
woU, wie es thut; den ich habe es 3 jähr nach einander gehabt
Aber nein, ich sehe jetzt, wie ich Ewern brieff wider überleße,
daß es ist, waß man hir double tierce heist, nehmblich wens alle
tag kompt undt den 3ten tag stärcker. Meine accessen wahren
lenger; den ich hatte von 20 stunden. Ihr seydt, gott lob, noch
jung undt starck undt in dießer jahrszeit seindt die fieber nicht ge-
fahrlich wie im herbst undt dawern nicht so lang; wünsche, daß
Ihr es machen mögt wie ich vor 2 jähren; da aß ich mir mein
fieber mitt kirschen weg. Es ist ein rotlauffen, waß ma tante, die
fraw churfürstin zu Herrnhaussen, im gesiebt gehabt hatt, seindt
aber nun wider woll, wie sie mir gnädigst geschriben. Daß eyß-
drincken thut mir gar keinen schaden, ich drincke es sommer undt
Winter; ich habe also mühe, zu glauben, daß Euch daß daß fieber
hatt geben können, liebe Louise! Es ist war, liebe Louise, daß
ma tante mir viel von den Lappländer verzehlt; werde, wie ich
glaube, ihn hir zu sehen bekommen; den er solle her kommen wol-
len undt hatt recomandationschreiben vor hir. Ihr beschuldigt Ewern
351
brieff mitt unrecht, fibel geschrieben zu sein ; ich wolte, daß ich so
woU alß Ihr schreiben könte. Hirmitt ist Ewer schreiben völlig be-
antwortet undt bleibt mir nichts mehr über, zu sagen, alß daß ich
JSüch, liebe Lonisse, allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
214.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Yersaille den 16 August! 1704.
Hertzliebe Louisse, ich bette gerne ehe auff Ewer schreiben
vom 24 JuUi geantwortet; allein wir seindt so umbher geschwebt,
daß ich ohnmöglich eher, alß heütte, dazu habe gelangen können.
Ich bin fro, daß Ihr meine andtwortten entpfangen habt undt nun
wider gesundt seydt. Es ist eine eilende sach mitt dem Stagigen
fieber; ich hab es 3 jähr nach einander gehabt, bin also nur gar zu
gelehrt in dießem stück. Ihr wer[det] nun woll wißen, daß der
churfürst zu Braunsweig Ewer kranckheit auch bekommen, seyder
Ihr weg seydt. Eine kreütterbrühe könte ich ohnmöglich nehmen.
Ich weiß nicht, ob Ihr Euch noch erinern könt, daß ich gar kein
bouillon noch einige fleischbrühe nehmen kan, ohne mich biß auffs
bludt zu tibergeben. Habt acht, daß Ihr den magen auch nicht gar
zu sehr verkühlt! den daß ist auch gefehrlich. Ma taute, die fraw
churfürstin , hatt, gott seye danck, eine gutte undt starcke natur.
Der allmachtige erhalte I. L. noch lange jähren dabeyl Ich kan
mir leicht einbilden, wie ich den churfürsten zu Hannover kene,
daß ohne ma tante der hoff nicht ahngenehm sein könte. Man
sagt hir, Ewer schwager bette sich nicht mitt den andern general-
len in Portugal vergleichen können, seye also wider nach Engel-
landt geschickt worden. Ich glaube, daß, wie sein humor ist, so
würden seine Sachen woll nie außgemacht werden, wen Ihr, liebe
Louisse, Euch nicht drin mischte. Mich wundert, daß Ihr Ewere
Schwester nicht bey Euch bey hoff haben könt; alle hoffmeisterinen
ahn allen hoffen undt die bey weittem Eweres standts nicht sein, ist
es erlaubt, von ihren verwanten bey sich zu habeil. Ewer rang ist
den der nicht alß reichsgräffinen reglirt? Waß kans dan vor diffi-
cultetten mitt den ceremouien geben? Es deucht mir, daß es repe-
852
tirlicher were, daß Amelisse bey Euch logirte. Die Teütschen ha-
ben keinen großen gewin noclf vortheil dabey gehabt, die retrancbe-
menten in Bayrnzn forciren, den viell hohe undt rechtschaffene
leütte geblieben; anff dießer seytten ist kein eintziger mensch vqn
qaalitet nmbkommen. Ich glaube, es geht mitt dießem krieg, wie
daß frantzösche sprich wordt sagt: «Bien rira, qui rira le dernier».
£s geht ein geschrey, alß wen man von einem 20jährigen stilstandt
spräche. Gott gebe, daß es geschehen mögel Den unter der zeit
werde ich woll meinen lauff vollendet haben, also keinen krieg mehr
zu sehen bekommen. Man lebt hir wie im vollen frieden, man
denckt nur, die duchesse de Bourgogne zu erfrewen mitt colationen,
pressenten, fewerwerck undt dergleichen. Ich habe ma tante, die
fraw churfflrstin, eine relation davon gethan. Ich muß noch ahn
Amelisse andtwortten undt es ist spätt, will derowegen nur noch
sagen, daß ich nun einmahl wider Teütschen hir gesehen habe,
einen jungen graffen von Wied, so schön wie eine dame ist, ein
oberstleüttenandt , so Salmuth heist (die sein in den pfaltzischen
troupen bei Speyger gefangen worden) , undt einen Hattenbach von
Cassel. Monsieur Hattenbach ist ein rechter gutter feiner mensch;
ich mag ihn recht woll leyden. Er scheindt noch auff den rechten
alten teütschen schlag zu sein, wie die leütte, so gutt wahren, zu
meiner zeit sein geweßen. Adieu, liebe Louisse! Ich muß schließen
undt kan nichts mehr sagen, alß daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte*
215.
• >■
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffiu zu Pfaltz , a Franckfort.
Versaille den 16 August 1704.
Hertzliebe Amelisse, ich kan Euch nicht änderst, alß durch
die sontagspost, schreiben; den sonsten blieben meine brieffe zu
Lüneville liegen. Also habe ich so spät müßen ahnfangen; den die
andere zwey sambstagen undt sontagen seindt mir so viel hinder-
nussen zugestoßen, daß ich ohnmöglich habe zum schreiben ge-
langen können, habe also biß nun wartten müßen. Entweder müst
Ihr Euch verschrieben haben oder Ewer Schwester; den Ewer brieff
ist vom 19 dattirt undt Louisse ihrer ist vom 24 Julli; also secht
353
Ihr ja woll, daß eines von beyden nicht recht sein kan. Ich hatte
mein leben nie von der cur der grünen brühe gehört, daß könte
ich nicht nehmen. Louisse ist ja nicht alt. Waß kan ihr dan daß
l^HPIeben schaden? Daß Ihr mitt ihr geht, wandert mich nicht, aber
woll , daß Ihr in der statt logiren solt. Daß Ihr ein haüß in der
statt habt, wundert mich nicht; den man muß woll ein hauß haben
vor seine leütte undt auch, wen man kranck solte werden; aber
mich deucht, es were ridiculle, daß der churfürst Euch nicht bey
Ewerer Schwester logirt, wie vor dießem geschehen. Ihr habt recht,
daß es Euch spanisch vorkompt. Ich kan es nicht begreifen, waß
daß bedeütt. Ma tante hatt mir kein wordt davon geschrieben; ich
hette I. L. sonsten woll gesagt, wie frembt es mich vorkompt. Die
kleine Eotzenhaussen hatt eben kein unrecht mitt madame Sande-
witzsch. Sie ist mir [nicht] alß eine person von qualitet pressentirt
worden, sondern nur alß .eine englische dame, so ich en passant
gesehen. Sie hatt mir nie keine vissitte en forme geben undt ist -nie
ahngezogen zu mir kommen, noch mitt mir geßen, wie alle andere
damen, hatt nur apart in mein sohns apartement sans consequence
mitt ihnl geßen. Ich habe nie mitt ihr gerett undt nie keine famil-
liaritet mitt ihr gehabt, aber Monsieurs, hatt sie offt gesehen, wen
ich nicht zu hauß war. Hir hatt dieße dame passirt vor eine, so
viel verstandt hatt, aber gar leichtfertig ist undt ihr sexe lieber,
alß mäner, sieht.
Sontag den 17 Augostii
Wie ich gestern ahn dießem letztem wordt war, käme man mir
sagen, daß es zeit were, zu deß königs nachteßen zu gehen, habe
also geschwindt abbrechen müßen undt biß auff heütte verschieben.
Ich habe Euch gestern von madame de Sandewitzsch [geschrieben].
Die fraw von Rotzenhaussen kent dieße dame gar nicht; den wie
ich Euch schon gestern gesagt, so habe ich sie nur ein eintzig mahl
en passant gesehen, wie ich alle leütte sehe, so nur daß hauß sehen
kommen. Ist Manheim jetzt wider woll genung gebawet, daß man
drinen wohnen kan? Daß ist mir lieb zu vernehmen; den weillen
monsieur Schelm undt sein fraw nach Manheim sein, muß man ja
woll dort wohnen können. Die fraw von Bernstein wirdt nun baldt
die freüde haben, ihren söhn wider zu sehen; den wen wir nach
Fontainebleau werden, wirdt er mitt seiner tauten wider weg. Es
Briefe der Prinsessiii Elisabeth Cliarlotte. ^^
354
ist ein rechter ehrlicher feiner mensch, so sich hir überall beliebt
gemacht hatt andt über die maßen woll gehalten. In dießem angen-
blick entpfange ich ein schreiben von ma tante, der fraw chnrfür-
6tin, welches ich gleich beantwortten werde; derowegen yor di|(-
mahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Ghariotte.
216.
Fontaineblean den 14 September 1704.
Hertzliebe Amelise, es ist schon woll ein tag 14, daß ich
Ewern brieff vom 10 Augnst entpfangen, aber ohnmOglich drauff
habe andtwortten können; den wir seindt wenig ahn einem ort ge-
blieben, seindt etliche tag zn Menden geweßen; von dar bin ich
nach Paris undt St Clou; hernach seindt wir wider nach Yersaille;
von dar habe ich ma tante, der fraw abtißin, eine vissitte geben
zu Maabuisson. Ein andern tag bin ich zn den unglücklichen könig-
lichen personnen von St Germain, also so viel zu thun, daß ich.
Euch unmöglich habe schreiben können. Ich habe der fraw von
Bernstein durch ihren söhn geantwort, welcher ein rechter ehrlicher
gutter mensch ist. Dißmahl hatt die kleine Rotzenhaussen meine
brieffe nicht liegen laßen. Ich habe mitt freüden gehört, daß Louise
alle tag beßer wirdt; hoffe, daß daß Schlangenbaadt sie gantz cou-
riren wirdt. Ich glaube, daß diß baadt auch machen wirdt, daß
Euch dießer brieff noch zu Franckfort ahntreffen wirdt; drumb
schicke ich ihn noch ahn daß freüUen von Rotzenhaussen. Ich
zwejffle sehr, daß es baldt frieden wirdt werden. Gestern kam
eine zeitung, so unß trost über waß mitt Tallar vorgangen; der
admiral, meines sohns gemahlin herr bruder, hatt eine große schlagt
auff der see gewunen; es ist abscheulich hart auff beyden sejtten
abgangen. Man rufft mich, umb in kirch zu gehen; den es ist
sontag heütte; muß schließen. Adieu, liebe Amelissel Ambrassirt
Louisse von meinetwegen undt sejdt versichert, daß ich Euch alle-
zeit lieb behalte !
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Wie ich ahn der kirchthür war, hatt man mir ein paqnet von
355
meiner dochter bracht, worinen ich ein schreiben von Lodsse ent-
pfangen. Ich kani ihr aber ohnmöglich andtwortten, den es ist
schon nahe bey 7 uhr nndt ich habe noch 3 große mächtige brieffe
zu schreiben. Über 8 tagen, wilß gott, werde ich ihr ohnfehlbar
andtworten. Eher were es ohnnöhtig; den die brieffe würden zu
Luneville liegen bleiben, indem die post nur alle frejtag dort nach
Luneville geht. Sagt ihr diß meinetwegen 1
217.
Fontainebleaa den 21 September 1704.
Hertzliebe Louisse, seyder etlichen tagen seindt wir wider hir,
alwo wir unßer ordinarie leben führen, nehmblich 3 mahl die woch
commedie undt jagten. Vor etlichen" tagen habe ich Ewer schreiben
vom 4 dießes monts zu recht entpfangen, aber nicht eher, alß nnn,
beantworten können. Weillen ma tante, die fraw churfürstin, nichts
mehr vom churfürsten, ihren herrn söhn, sagt, habe ich woll ge-
dacht, daß I. L. wider gesandt sein würden. Alle menschen, so ma
tante sehen, sagen wie Ihr, liebe Louisse, daß I. L. dero alter gar
nicht scheinen. Zu Ewerem wünsch, daß sie der almachtige noch
lange jähren bey gesundtheit erhalten mögen, sag ich von hertzens-
grundt amen; den es woll mein groster wünsch ist. Daß seindt
dolle moden, daß man kinderhoffmeisterinen den reichsgraflßnen
vorzihet; da ist kein rime noch raison bey. Ich kene die Lamotten
gar woll, sie seindt unßers herr vatter oberstalmeister Lamot
niece. Eine ist Jungfer (freüllen solt ich sagen) bey der churfürstin,
meiner fraw mutter, geweßen. Die ander ist bey ma tante, der
princes von Taraute, geweßen, hernach zu ma tante kommen. Wen
ahn den churfürstlichen hoffen man die hoffmeisterin so hoch brin-
gen will, selten sie den lautter reichsgraffinen zu hoffmeisterinen
nehmen, so thate man keine ungerichtigkeit. Amelise hatt groß
recht, alle ceremonien zu hütten undt sich nicht dabey zu finden,
da es so bestelt ist. Ich finde auch, daß Ihr woll todt, ''^ Ewer
hauß zu Franckfort zu behalten, im fall es nicht zu Hannover ge-
fahlen solte, dieße retraite zu haben. Ich bin alß verwundert, wie
Ihr die affairen undt processachen habt lehrenen können, welches
mir gar schwer vorkompt. Ewer schwager passirt vor ein we-
nig gritlich undt incompatible, solle sich dero wegen wider auß
* ? thnt.
356
I^ortngal gezogen haben. Ruffignie tuht woU übel, gegen seinen
könig ZQ krigen, von welchem er so manche gnaden erlangt halt,
anch noch seyder er hir weg undt inEnglandt. Der könig hatt ihm
seine gnade nie entzogen, biß er gegen ihm gedint hatt; finde also
gar abscheulich, daß er sich daza resolvirt. Ob er schon einen
andern nahmen genohmen undt mylord Galoway heist, so ist er
doch derselbe Euffiguie, den der könig vor so vielle andere distin-
giret hatt; solte also mehr erkandtnuß haben. Wofern Ewer
Schwager in Portugal geblieben, hatt er ehre davon; den es geht
nun beßer dort, alß im ahnfang. Daß die letzte schlagt bey Hoch-
städt gewohnen, daß ist war; aber ich glaube, daß, wen man er-
fahren wirdt, wie es auff der see zugangen undt unßer grand ad-
miral die große victorie erhalten, wirdt daß die freüde bey den
Englendem undt Holländern sehr vermindern. Den conte de Mon-
fort, der zu Franckfort ist, kene ich gar nicht, aber monsieur de
Pri6 kene ich woll; der ist von qualitet undt der marechalle deLa-
motte neueu. Ich habe den zettel von den gefangenen verlohren, so
Amelisse mir geschickt; mich deucht aber, es war nur noch ein
bekandter auff dem zettel. Ich gebe Euch keine commission vor
Amelisse; den ich werde ihr gleich selber andtworten, nachdem ich
Euch werde ambrassiret undt versichert haben, daß ich Euch von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
218.
A mad. Amelie Elizabeth^ raugraffin zu Pfaltz , a Franckfort.
Fontainebleau den 21 September 1704.
Hertzliebe Amilise, ich habe Ewer Schwester brieff undt den
Ewern in zwey posten entpfangen zwey tage nach einander. Ewer
schreiben beyderseydts seindt mir nie beschwerlich zu leßen, leße
sie mitt lust. Ich glaube, der englische resident (weillen er so viel
von madame de Sangvitsch helt) wirdt finden, daß ich gar zu na-
turlich andt Worte, waß man mir fragt; aber waß ich geschrieben,
ist die pure warheit. Die Engländer können woll nicht intriganter,
alß die Frantzoßen, sein. Ich bin aber nicht politischer, alß Ihr,
liebe Amelise, wie Ihr woll auß meinen schreiben verspüren könt;
ich nehme selten ein bladt vors maul, wie man bey unß sagt. Ich
357
habe die liste verlohren, so Ihr mir geschickt; aber so viel ich
mich deren erinern kan, so kene ich nur zwey von allen denen, so
dranff stehen; die andern sein, wie ich glaube, nicht viel besnnders.
Monsieur de Pri6 ist von qualitet. Ich kene ihn woll, war vorm
jähr aide de camps vom duc de Bourgogne undt ist der marechalle
de Lamotte naher vetter; madame de Yantadonr ist also auch
seine baß. Dieße dame ist mein dame d'honneur geweßen. Sie ist
die erste duchesse von Franckreich ; also kan sie keine dame d'atour
sein. Sie ist nun sambt ihrer mutter kinderhoffmeisterin des en-
fants de France; daß ist gar eine große Charge bey hoff; aber ich
sehe woll, daß Ihr wenig von dem handel hir wist. Es seindt we-
nig leütte bey hoff, so ihre haar tragen; es ist aber war, daß
monsieur de Prie seine noch hatt. Wen sie gemeint, sie könten
nicht geschlagen werden, so solten sie sich beßer gewehrt undt
nicht ergeben haben, wie sie gethan. Der könig hatt die hart ab-
straffen laßen, so sich so übel gehalten haben. Die Engländer,
deucht mir, seindt ordinarie ahn schönsten; milord Malbourug war
vor dießem schön undt woll geschaffen. Man rufft mich; ich muß
in kirch. Dießen abendt werde ich Ewern lieben brieff ferner be-
antworten, nun aber betten gehen.
ümb 6 abendts.
Ich komme jetzt eben auß der kirch undt halte mein voriges
versprechen. Es ist kein wunder, daß man den Frantzoßen ihr qua-
litet nicht ahnsicht; es seindt gar gemischte wahren. Monsieur de Prie
ist der eintzigste, so hir von hoff ist; also kein wunder, daß er manir-
licher, alß die andern, ist. Man hatt die fürstin vonHannaw schon todt
gesagt;. sehe doch, daß sie es noch nicht ist. Solte sie zu sterben
kommen, were ihr herr ein gutte parthey; den man hatt recht, ihn
einen fetten brocken zu heißen; den er ist gar reich, hatt auch ver-
standt, aber die person ist nicht gar ahngenehm. Jedoch, wen Ihr ihn
bekommen könt, wolte ich Euch nicht rahten, ihn außzuschlagen ;
den die parthie ist gutt undt sortable ; aber waß ihm bestimbt ist,
wirdt er bekommen. Es ist woll war, daß, wer sich in seinen
standt vergnügen kan, beßer ledig, alß geheüraht, ist; aber wer
sich heürahten will, thut woll, einen reichen man zu nehmen. Hie-
mitt ist Ewer schreiben völlig beantwortet, wünsche Euch eine
glückliche undt vergnügte reiße nach Hannover undt werde Efich
allezeit lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
358
Wie ich eben mein paqnet machen wolle, entpfange ich Ewer
schreiben von 11 dieües monts, will gleich dranff andtwortten.
Ihr tuht mir einen rechten gefahlen, fleißig zu schreiben. Ich habe
alleweil] Ewere liste geleüen; dieüe alle seindt leütte von qnalitet
nndt vom hoff. Damitt Ihr aber beßer noch wißen mögt, waß sie
sein, so schicke ich eine andtwort anff Ewere liste. Wen Ihr mitt
Yalsem^ sprechen wolt, werdet Ihr ihn vor keinen Frantzosen hal-
ten; er kan nndt redt beßer teütsch, alß ich. Grüst ihn von mei-
netwegen! Er ist mein gutter freündt nndt ein ehrlich mängen. Er
ist der eintzige Frantzos, so recht gatt teütsch kan, im palais
royal erzogen. Sagt ahn Valsem6, daß ich Euch gebetten, ihn za
distinckiren alß mein gntter frefludt! Es ist war, daß viel hir ge-
schminckt sein; es seindt aber auch viel, so es nicht sein. Die
mäner lachen über schminck, nichts gefehlt ihnen doch beßer. Ich
will madame de Yantadour sagen, daß ihr vetter, monsienr de
Pri6, so zu Franckfort brillirt. Daß wirdt ihr wnnder nehmen;
den hir brillirt er nicht so sehr. Hirmitt ist Ewer letzter brieff
völlig beantwort , werde jetzt ahn mein tochter schreiben.
Marechal de Tallart, monsienr de Monperonx, monsienr de
Blanzac (ist contesse de Roye ihr söhn), monsienr de Valsem^,
monsienr deLass^, dieße alle seindt von gutten heüßern, Sassenage
gntter edelman, aber nicht von so großen hauß, alß obgemelte.
Monsienr de Sessac kene ich nicht Chevalier de Croissy ist des
ministers brnder. Leone ist des verstorbenen minister söhn. La-
valliere ist geschwisterkindt mitt der printzes de Conti nndt deß
marechal dncs de Noailles dochterman. Sepeville ist deßen brnder,
so abgesanter vom könig zn Wien geweßen, ein edelman. Ich
glaube , daß Ihr Sessac vor Jassac geschrieben ; ist madame d'Or-
leans, alß sie noch mademoiselle de Bleis war, ihrer hoffmeisterin
söhn. Den Ihr Hauteville heist, mag woll Hanttefeüille sein, ist
auch von condition; sein oncle war abgesanter von malteyschen
ordre zu Paris. Mich deucht, ich sehe Tallart allein sprechen; daß
hatt er all sein leben gethan nndt macht darbey abscheuliche gri-
massen.
359
219.
Versaille den 15 November 1704.
Hertzliebe Louise, vor 3 wocbeD, jast den dinstag, wie wir
den donnerstag bernacb von Fontaineblean anffgebrochen , habe ich
abendts nmb 9 ein schreiben von Euch vom 9 October entpfangen
nndt auch eines von Amelise, beyde von einem datnm. Dem mit-
wog konte ich ohnmöglich andtwortten; den wir thaten noch eine
hirschjagt nndt abendts mäste ich packen, weillen man andern tags
weg warde. Donnerstag fahren wir nach Sean, da blieben wir
freytags; sambstag abendts kämmen wir her. Sontag mnste ich ahn
ma tante, ahn die königin in Spanien undt mein dochter schreiben,
auch in kirch gehen, konte also noch nicht andtwortten. Montags
kämmen mir sonsten viel verhindernüß, dinstag fahr ich nach Paris
za meinen enckeln andt blieb im opera. Mittwog bekäme ich brieff
von meinem intendenten, so za Montargis war, wegen meiner wal*
der andt mein holtz za verkaaffen, aach sonsten viel sachen zu
schlichten, war gantzen tag in affairen. Donnerstag schrieb ich ahn
ma tante andt hatte vissitten, anter andern die priuces d'Harcoar,
60 mir 6 oder 7 brieff brachte, die sie wolte, daß ich leßen, ließ
mir aach keine rahe, biß es geschehen; den man hatte sie beschul-
diget, ihrem söhn kein gelt geschickt zu haben; darumb wolte sie
sich bey mir justificiren; daß werde biß zum nachteßen nicht ohne
sehr lange weill. Freitags wahren wir den gantzen tag in der kirch
andt abendts zur beicht. Sambstag ging ich zum h. abendtmahl
undt wahren wider gar laug in der kirch. Sontag muste ich wider
den gantzen tag schreiben, auch wider in kirch. Montag fahren
wir nach Marly, alwo wir biß auff heutigen tag geweßen. Einen
tag habe ich zur königin in Engeliandt nach St Germain gemttst;
dießer hoff ist auch ein tag nach Marly kommen. 4 mahl haben
wir den hirsch gejagt, 6 mahl maßick gehabt, habe also ohnmOg-
lich auffEwere wehrte schreiben andtwortten können eher, alß nun.
Ich muß auch noch sagen, daß den donnerstag morgendts, alß ich
von Fontaineblean auffgebrochen, habe ich Ewer liebes schreiben
vom 2ten October entpfangen. Wo daß aber so lang mag gesto-
chen haben, mag mein gott wißen. Dießes ist nun zu aldt zu be-
antworten, komme also nur auff daß vom 9 October. Unßere brieffe
360
geben gar langsam, da ist der leydige krieg ahn schuldig, welcher
noch mehr unheill ahnricht. Ich habe heütte ein schreiben von ma
tante, der fraw churfürstin, vom 4ten bekommen. I. L. sagen, daß
sie den montag hernach von Lutzenburg wider anffbrechen undt in
3 tagen nach der Ghör zn hertzog Görg Wilhelm werden. Es ist
mir alß bang, wen ma tante, die fraw charfürstin, die königin, ihre
fr. dochter, qnittirt; den daß helt hart. Der heüraht mitt der
printzes von Ahnspach wirdt woll nicht vor sich gehen; den die
printzes kan sich nicht resolviren, catholisch zu werden. Ich habe
alleweill Ewer schreiben vom 2ten überleßen. Es maß mir noch
eins von den Ewerigen fehlen; den Ihr sagt, ich würde auß Ewerm
letzten ersehen haben, daß ma tante zu Lutzenburg ist undt die
princes von Ahnspach, von welcher Ihr mir kein wort geschrieben
habt; also muß daß verlohren sein. Vor seeschlagt danck ich Euch
sehr, die unßere lautt änderst. Ich bin Ewer meinung, daß nichts
ist auff ein noch ander seytt verlohren worden, alß viel tapffere
leütte. Es ist wahr, daß monsieur de Seppeville sehr fleißig zu
mir kompt undt einer von meinen älsten bekanten ist; er ist pos-
sirlich, wen er will. Hirmitt ist Ewer schreiben durchauß beantr
wort, nur noch sagen, daß ich Euch allezeit von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
- P. S.
Sontag den 16 Nouember 1704. .
Ich hatte gestern gehofft, auch noch ahn Amelise zu schreiben
können, allein die zeit ist mir zu kurtz gefahlen; es kan ohnmog-
lich dißmahl sein. Ambrassirt sie doch meinetwegen, liebe Louisse!
Ich habe auch noch vergeßen, auff monsieur Salmuth zu andtwort-
ten. Er mag nur machen, daß man monsieur de Refuges dochter-
man herschickt, so bin ich versichert, daß man ihn dießer seytten
■
wirdt vor frey halten undt die mühe nicht geben, wider herzu-
kommen.
220.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 20 November 1704.
Bertzliebe Louisse, ich habe Euch zwar vergangen sontag über
361
Laneville einen großen brieff nach Franckfort geschriben, fürchte
aber, daß Ihr ihn noch in langer zeit nicht bekommen werdet, beu-
len Ihr schon weg sein werdet, wen er ahnkomen wirdt. Seyder
dem habe ich einen von Ewereu lieben brieffen durch den printzen
de Maubeck entpfangen, der sehr rtimbt, wie höfflich Ihr ihn ent-
pfangen, undt seine fraw mutter hatt mich sehr gebetten, ihre
dancksagung davon bey Euch abzulegen, welches ich den hiemitt
thue. Heist Ihr offt schreiben, liebe Louisse, wen ich in 5 wochen
3 brieff von Euch entpfange? Ewer schreiben vom 24 October ist
eben nicht so gar frisch ahnkommen; den der prince de Maubeck
hatt sich in Lotheringen auffgehalten sowoll bey hoff, alß bey sei-
nem herr vätter, den prince d'Harcourt. Weillen ich glaube, daß
Ihr nun schon zuHanover seydt, thue ich dieße brieffe in ma tante
paquet. Ma tante thut woll, zum hertzog von Zel nach der Ghör
gereist zu sein; den daß wirdt ein wenig distraction geben undt die
trawerige gedancken vertreiben, so der abschidt von der lieben kö-
nigin wirdt verursacht haben. Ich kan leicht begreiffen, daß, wen
man lang sein eygen meister geweßen undt gantz nach sein sin ge-
lebt hatt, daß daß hofflebeu mühe kosten muß, alwo man allezeit
nach anderer leütte sin leben muß; aber bey ma tante, der fraw
churfürstin, zu sein, ist ein großes vergnügen, so woll viel unge-
mach versüßen kan. Der prince de Maubeck ist woll ein printz von
Lotheringen, aber nicht der printz von Lotheringen. Dießer tittel
gehört meinem euckel allein. Junge leütte von deß prince de Mau-
beck alter salviren sich eher von wunden, alß die, so älter sein.
Seine fraw mutter stelt sich gar fro , ihn wider zu sehen ; allein
die medissance will, daß' sie wenig nach ihre kinder fragt; ob es
war ist, laß ich dahin gestelt sein. Ich bin fro, daß monsieur
Hattebach mitt mir zufrieden ist; den ich halte recht viel von ihm
undt estimire ihn; scheindt ein rechter ehrlicher auffrichtiger cava-
lier zu [sein] undt noch ein Teütscher von der vielle röche. Daß
ohl, so ihm so woll zu seinem arm bekommen, ist eben daßselbe,/
womitt ich den armen graffen von Nassaw auch geheylt. Ihr habt
den menschen gesehen, so es gemacht hatt; es ist der gutte erliche
Altoviti. Ich weiß nicht, ob Ihr Euch seiner noch erinert; aber er
ist lang zu Heydelberg zu meiner zeit geweßen. Dießer lebt nun
wie ein heylliger, er hält sich bey Florentz auff undt denckt nur,
den armen guts zu thun. Er undt einer seiner vettern haben diß
862
ohl erdacht, midt wie ich den arm aaßeiiiander gebhlen hatte»
schickte er mir diß ohl, daß mir sehr wohl bekommen ist; hatt«
noch etliche boateillen dar?0D, welche monsienr d*Hattebach auch
woll bekommen sein. Hiemitt ist Ewer schreiben Tollig beantwor-
tet, bleibt mir nor flberig, zn versichern, daß ich Eflch, liebe
Lonise, allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
221.
A mad. Amelie Elisabeth, raagräflSn zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 20 November 1704.
Hertzliebe Amelisse, vergangen sontag habe ich ein brieff in
meiner dochter paqaet vor Lonisse gethan; ich dachte, ahn Eflch
auch zn audtwortten, aber die zeit warde mir zn knrtz. Seyder
dem habe ich noch ein schreiben von Euch dnrch den prince de
Maabeck, deß prince d'Harcour söhn, entpfangen, woranß ich sehe,
daß Ihr nun woll anffs wenigst in der zeit, wen mein paqaet za
Hannover ahnkommen, anch dort sein könnet; derowegen thne ick
dießen brieff in ma tante paqaet, welcher, wie ich glanbe, eher
fiberkommen wirdt, alß der, so in meiner dochter brieff ist ahn
Lonisse. Ich werde hirmitt aaff zwey Ewer schreiben andtwortten,
fange bey dem frischten ahn. Deß printz d*Harcoar söhn ist zwar
ein fürst vom lotheringischen haaß, fflhrt aber den namen von
prince de Loraine nicht ; dießer nahmen gehört allein meinem enckel,
deß hertzogs printzgen von Lotheringen. *Dießer heist, wie schon
gesagt, le prince de Maabeck. Seine zwey eiste brflder heist man
Tabbe d'Harconrt andt le prince de Monlor. Dießer jüngste rümbt
über die maßen, wie hofflich Ihr ihn tractirt habt. Seine fraw
matter hatt mich sehr gebetten. Euch nndt Lonise ihretwegen
aaffs best za dancken. Ein jedes hatt sein ziehl gesetzt nndt ehe
die Stande kommen, stirbt man nicht, wie es ahn dießem printzen
dar erscheindt. Ich glanbe festiglich, daß diß jähr ein camaval za
Hannover sein wirdt; den ma tante ist expres nach Lntzenbarg, aaff
daß die kOnigin, ihre fraw dochter, aaff den camaval nach Han-
nover darff; also zweyffele ich nicht, daß man sachen wirdt, die
königin woll za divertiren. Ich weiß nicht, wie es kompt, daß
363
meine brieffe über Ltmeville so alt werden ; den ich «chicke sie, wie
man mir gesagt, daß ich sie schicken maß, nmb baldt überzakom-
men. Hiemitt ist Ewer schreiben mitt dem printzen de Maubeck
durchauß beaiitwordtet. Ich komme jetzt auff daß vom 9 October,
so ich zwar den tag vorher entpfangen, alß wir von Fontainebleau
aufgebrochen, aber ohnmoglich eher, alß nun, beantworten können.
Valseme war eben bey mir, wie ich Ewern brieff bekamme. Mein
gott, wie ist der mensch geendert! Hatt vor 2 jähren noch, ehe
seine zahn außgefahlen, ein schön gesicht gehabt, daß sieht man
ihm woll nicht mehr ahn. Die lufft in Ittallien hatt ihn so znge-
richt. Vielle, so ihn woll kenen, seindt bey ihm vorbey gangen,
ohne ihn zu kenen. Er sagt, sie wehren alle gar ungern von
Franckfort gangen. Alle, die deß königs ungnadt beförgt, haben
gnaden entpfangen, Tallar ein schon gouvernement , Valsem^ ein
ordre, so im mehr alß 2000 thaller eintregt, andere haben sonst
waß bekomen; also secht Ihr woll, daß sie keiner vorsprach von
nöhten haben. Ich bin fro, daß unßere Pfaltzcr mitt mir zuMeden
sein. Ich erinere beßer meiner jungen jahrn undt der Pfaltz, alß
waß vor 10 jähren hir passirt. Wie ich den Salmuth gesehen, hatte
er den degen ahn der seytte; aber daß ist war, daß sie nicht hin
dorffen, wo sie wollen. Hirmitt ist Ewer altes schreiben auch be-
antwortet; werde jetzt ahn Louise audtwortten, nachdem ich Euch,
liebe Amelise, versichert, daß ich Ewere trewe freündin bin undt
bleibe.
Elisabeth Charlotte.
222.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 13 December 1704.
Hertzliebe Louise, vergangen donnerstag war es mir ohnmog-
lich, auff Ewer liebes schreiben vom 28 November zu antwortten,
so ich den vorigen tag entpfangen, ein augeriblick vorher, ehe ich
von Versaille weg fuhr,umb her zu kommen. Damitt es mir morgen
aber nicht wider wie donnerstag gehen mag, so will ich heütte
schreiben ; den morgen muß ich ahn ma tante, ahn die königin in
Spanien undt ahn mein dochter antwortten, welches zeit genung
nimbt, ohne noch etliche brieffe, so ich nach Paris schreiben muß;
will also jetzt ordentlich andtworten, mein paqnet aber erst morgen
364
machen, im fall waß neues vorgehen möge, Euch solches noch zn
berichten können. Ich fürchte, daß der brieff, so ich Euch über
Lotheringen geschrieben, verlohren gehen wirdt; den weillen ich ihn
in der kleinen Rotzenhaussen paquet gethan, hatt mein dochter ge-
meint, sie müste es ihr nach Strasburg schicken, undt hatt es auch
gethan; den die Rotzenhaussen war schon mitt dem freOllen von
Furstenberg nach Strasburg gereist. Gott weiß, wo der brieff noch
herumb zottlen wirdt; doch hoffe ich, daß, wen es nach Franck-
fort kompt, daß mans Euch schicken wirdt. Ich weiß schon lengst,
daß Landau über ist. Ich habe es durch mein dochter eher er-
fahren, alß unßer könig selber, aber nicht sagen mögen; den ich
breitte nicht gern die bößen zeittungen auß. Es ist ein großer
trost, eine Schwester zu lieben undt bey sich zu haben. Ich kan
nicht begreiffen, wie ein regulirter rang, alß der Ewerige sein solle,
zn Hannover fehlen kan. Es ist ein gutt zeichen, daß ma tante
fetter geworden ist; den in I. L. alter nimbt man mehr ab, alß zu,
also ein zeichen, daß alles noch woll stehet; hoffe, ob gott will,
daß I. L. gar alt werden. Mylord Malbouroug muß geendert [sein];
vor 24 Jahren war er einer von den schönsten mänern, so man mitt
äugen sehen mag. Amelisse andtwort auff mein schreiben habe ich
heütte zu recht entpfangen, werde noch drauff andtwortten. Die
princes d'Harcour hatt eine neue betrübtnuß; ihr zweyter söhn, der
prince de Monlor, ist durchgangen zu den Holländern. Der gleicht
seinem herr vatter wie zwey tropffen, monsieur de Maubeck aber
der rautter undt seinem groß vatter auff der fraw mutter seytten.
Es war meine schuldt nicht, daß monsieur Hattenbach so spätt
nach Gassei. Ich habe gar offt vor ihn solicitirt. Er gefeit mir
recht woll, ist wie die leütte, so wir alß gutt hießen, ein rechter
ehrlicher mensch noch von den rechten alte röche von den Teüt-
schen undt von denen, so noch auff den schlag, wie zu unßern
zeitten. Sonsten solle nun alles in Teütschlandt geendert sein, man
wirdt sich aber nicht beßer dabey befinden , alles geendert zu ha-
ben; den waß gutt ist, solle man laßen, wie es' ist. Ich sehe woll,
daß Dir Euch deß gutten ehrlichen Altovitis noch gar woll erinert.
Ich muß noch ahn Amelisse vor der mußiq andtwortten undt es
schlegt 8, kan also nichts mehr sagen, liebe Louise, alß daß ich'
Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
365
223.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 13 December 1704.
Hertzliebe Amelise, vergangen mitwog habe ich Ewern lieben
brieff vom 26 November entpfangen undt heütte daß vom 2 De-
cember, werde auff beyde heütte andtworten, wo mirs möglich ist;
den es ist schon 8 uhr geschlagen undt umb V« ^^^ ^ muß ich in
die musiq , muß mich also sehr eyllen, damitt mirs nicht geht wie
vergangen donnerstag. Ich fange bey dem frischten ahn. Die andt-
wört auff mein schreiben hatte keine eyll, konte woll biß auff die
andere post verschoben werden. Ich habe von hertzen gelacht, daß
Ihr, liebe Amelise, sagt, daß Ihr dem prince de Maubeck nichts
extra gethan habt. Waß weitet Ihr ihm den extra thun? Ich weiß
nicht, ob seine fraw mutter ihn wirdt weg laßen können; den sie
hatt ein groß hertzenleydt , ihr zweyter söhn ist durchgangen nach
Mastricht zu den Hollandern. Daß ist nicht polie von meinem vet-
tern, dem churfürsten, daß er hofflicher ahn mansleütten, alß vor
die damen, ist. Ma tante hatt mir selber bericht, wie es mitt my-
lord Malbouroug undt dem cronprintzen von Preussen hergangen.
Ich kenne madame Bellemont woll, habe sie hir gesehen. Sie redt
possirlich frantzösch, Monsieur s. wolte sich alß kranck über ihr
gesprach lachen; man darff nicht nachsagen, den sie sagt nicht
zwey wort, ohne eine große wtisterey hervorzubringen. Valsem6
scheindt gar content von Euch zu sein. Hirmitt ist Ewer letztes
schreiben völlig beantwortet. Ich komme jetzt auff daß zweyte, so
daß erste ist, von 26 November. Es ist mir recht lieb, daß ma
tante nicht geendert ist. Louisse schreibt, I. L. wehren starcker
worden, welches auch gar ein gutt zeichen ist. Daß ist ja woll
billich, daß man Euch woll tracktirt undt vissitten gibt. Man kan
so hofflich nicht gegen die sein, so man taglich sieht, alß wen man
neu ahnkompt. Were ich in Ewerm platz, hette ich lieber keine
vissitten, alß so viel; den es ist .doch ungemach darbey. Es heist
im krig: «Chacun a son tour»; die Frantzoßen haben lang die Eng-
lander undt Hollander geschlagen, nun sindts sie es auch einmahl.
Die zeit wirdt woll widerkommen, daß sie wider schlagen werden.
366
Adieu! Man rafft mich, in die musiq zu gehen; kan nur sagen,
daß ich Euch, liebe Amelise, lieb behalt.
Elisabeth Charlotte.
224.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 24 Januari 1705.
Hertzallerliebe Louise, ich bin recht beschambt, daß ich hefltte
erst auff Ewer liebes schreiben vom 23 December 1704 andtworte,
aber ich habe ohnmoglich eher dazu gelangen können; den in dießem
mont ist man mehr geplagt, alß nie, mitt brieffen undt auch leütte.
Wegen deß neue jähr habe [ich] auch im hauß mehr zu thun; den
man muß in dießer zeit alles vemeüen, die rechnungen sehen, or-
denancen undterschreiben , suma, man hatt in dießem monat mehr
zu thun, alß sonst daß gantze jähr. Ich komme aber auff Ewer
schreiben, liebe Louisse! Bin fro, daß mein brieff nicht verlohren
gangen. In dießem augenblick bekomme ich ein gnädig schreiben
von ma tante von 16, worauß ich sehe, daß I. M. die königin in
Preussen den selbigen abendt zu Hannover sein solle, welches woÜ
eine große freüde sein wirdt; hoffe, daß Ihr undt Amellisse mir
eygendtlich alle divertissementen berichten werdet, so man im car-
naval haben wirdt, insonderheit wie die liebe königin sich mas-
quiren wirdt. Man meint, daß der princes d'Harcourt zwejrtter
söhn geraht nach Wien ist. Er beschwehrt, daß sein herr vatter
undt fraw mutter ihn haben wider seinen willen geistlich machen.
Von Trarbach werde ich nichts «agen, daß ist zu alt. Ich
glaube, die liebe königin ist eher kommen, alß man I. M. erwahrt.
Gott gebe, daß daß carnaval mitt lautter lust, freüden undt ver-
gnügen möge volbracht werden! Ich höre gern, daß man sich lustig
macht; bin fro, daß es Eflch so ergangen ist bey dem herrn Fris-
sendorf, hoffe, daß es eben so woll bey dem englischen envoyes mag
abgangen sein. Englische cavallier so woll alß frantzosche sehen
offt lieber maus-, alß weibsletttte^, undt seindt nicht desto erbarer.
Vor den gutten neüjabrswuusch dancke ich Euch von hertzen , liebe
Louisse, undt wünsche Euch hergegeu im zeitlichen undt ewigen
alles, waß Ewer bertz wünscht undt begehrt, undt versichere Euch,
367
hertzliebe Louisse, daß ich Euch all mein leben von hertzen lieb
behalten werde.
Elisabeth Charlotte.
225.
A mad. Amelie Elisabeth^ raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 28 Januar 1705.
Hertzliebe Amelise, es mnß mir gangen sein wie monsieur
Jonrdain , so unwißendt presse macht * , wofern ich einen philoso-
phischen brieff geschrieben habe. Madame de Bregie, so viel ver-
standt hatte andt vor 13 jähren gestorben, pflegte alß zu sagen:
«Noas vainqaons ce qui est plus foible que nons, mais ce quUl y
a de plus fort, nous snrmonte», nndt sonsten, sagte sie, hete sie nichts
gesehen, aber die eygenlieb macht die menschen glauben, sie betten
über affecten undt passionen triomphirt. Ich sehe woll, Ihr [wollet]
gottes ahngesicht schawen, w^illen Ihr so demütig seydt undt glau-
ben woldt machen, daß Ihr viel schwachheytten habt. Über andere
leütte zu lachen, ist oft sehr apropo; man gibts einem aber dichte
wider. Weilien Ihr aber findt, daß alles in der weit außlachens
wehrt ist, ist Ewere Philosophie von Democritte secte. Ich bin
woll Ewerer meinung, liebe Amelise, daß alles, waß zu gottes ehre
geschehen soll, serieux muß sein; aber alles in der weldt ist zu
gottes ehere, auff unßer weiß zu reden; den nach tler gottheit zu
nehmen, so kan man gott nicht ehren; den die menschen seindt zu
schwach undt gering gegen gott, umb ihn ehm zu können; aber
nach unßere art zu reden, müßen wir unßerm herrgott woll men-
schentugendten geben. Also kan man sagen, daß alles, guttes undt
bößes, zu gottes ehre gereicht; den wie er die bößen strafft, so
gegen ihm stlndigen, darauß enstehet seine gerechtigkeit; waß gutts
geschieht, kompt von ihm undt erweist seine gütte; also geschieht
nichts, alß zur ehre gottes. Wer kan mitt lust lachen,^ thut woll,
zu lachen; aber es muß nicht gezwungen sein, sonst stehts übel.
Waß Ihr vom camaval cittirt, habe ich geleßen; ich wüste aber
*
* MolUre, Le bonrgeois (eutilhomwe, acte 11, scdne 6 gegen den schloß.
368
nicht mehr, wo ich es geleßen hatte; den ich habe gar ein schlecht
gedächtnaß. Hir were man nicht so difficille undt die cavalier
trunken so woU mitt der canrmermagt, alß ihrem freüllen, wen sie
nur coquet ist. Saufen haben sie auch gern; aber die warheit zu
bekenen, so seindt es nicht mägte, so sich hir voll sauffen, sondern
leütte von gar großer qualitet. Daß zigen undt zehren ist all zimb-
lieh der masquen art, drumb habe ich dießen spaß nie sonderlich
geliebt. Mich deucht , daß^ madame de Bellemont in einem alter
ist, worineu sie die masqueraden woll cntberen könte. Mitt dem
heüraht habe ich gehört, bette oncle Rupert sie betrogen; da hatt
er nicht woll ahn gethan, solle einen camerdiher wie einen pfarher
gekleydt haben undt sie so geheüraht haben. Sie war gar jung,
wie sie so ahngeführt worden ; oncle Rupert logirte in 4hres vatters
hauß. Engländer haben mirs so verzehlt; aber die zeit kompt, daß
ich in die mußiq muß; werde also vor dißmahl nichts mehr sagen,
alß daß ich Euch, liebe Amelise, allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
226.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den U Februar! 1705.
Hertzliebe Louise, wie unerhört ich erschrocken bin^ auß ma
tante undt Elfterem schreiben vom 3 dießes monts, so ich heütte
morgen entpfangen habe, zu vernehmen, welch ein abscheuliche
Verlust wir alle ahn der lieben s. königin in Preüssen gethan, kan
ich Euch nicht außsprechen. Liebe Louise, es betrübt mich woll
von grundt meiner seelen undt setzt mich in solchen erschrecklichen
sorgen wegen ma tante, die fraw churfürstin, daß ich weder rast
noch ruhe haben kan. Die äugen thun mir so wehe, daß ich sie
nicht mehr auffthun kan, undt der kopff auch; den seyder heütte
morgen uftib ein viertel auff 12 biß nun, da es nahe bey Ö ist,
habe ich nicht aufgehört zu weinen. Ich kan ahn ma tante ihren
standt ohne graußen nicht gedencken undt sie erbarmbt mich so
erschrecklich, daß es mir schir daß hertz bricht, undt bin noch
darzu in continuirlichen sorgen. Gott der allmächtige wolle unß
bejstehen undt ma tante trost verschaffen undt I. L. diß unglück
369
helffen überstehen UDclt sie erhalten! Ach, mein gott, die liebe kö-
nigin s. hatt mir in allen occassionen so viel gnadt undt freündt-
schafft erwießen, daß ich sie recht von grundt meiner seelen lieb
hatte undt regrettire. Sie ist nicht unglücklich, ruhig undt seelig
gestorben zu sein ; aber wen sich nur ma tante trösten könte ! Wen>
ich ahn dero großen verstandt undt fermet6 gedencke, so hoffe ich,
daß I. L. diß abscheuliche Unglück überstehen werden ; wen ich aber
gedencke, daß mitt dießem todt alle ihre freüde dahin ist undt
welche eine unaußsprechliche tendresse sie vor die seelige königin
gehabt, so förchte ich, daß ihr hertz es nicht würde außstehen
können. Gott wolle unß gnädig davor bewahren I Ich wolte lieber
gleich in dießem augenblick sterben, alß dießes Unglück zu erleben.
Ewer brieff war gar nicht confüs geschrieben, ob Ihr zwar so viel
zu thun habt, wie ich leicht gedencken kan. Ich bitte Euch, liebe
Louisse, wen Ihr I. L. den churfürsten von Braunsweig wider
sehet, macht ihm doch mein compliment undt sagt I. L., wie hertz«
lieh ich mitt part in dießem abscheulichen unglück nehme, wie auch
ahn patte undt hertzog Ernst August! Es ist, so zu sagen, ein
glück, daß ma tante nicht bey dießem trawerigen spectacle gewe-
ßen; sie hette es ohne sterben nicht außstehen können; zudem so
würde es der sterbenden königin auch zu nahe gangen sein, undt
glaube nicht, daß sie ihre fermet^ gegen ma tante threnen hette
halten können. Ach, liebe Louisse, ich acceptire die offre gern,
daß Ihr mir fleißig schreiben mögt.. Man helt mir meine brieffe
auff hir; daß, so ich gestern hette haben sollen, ist noch nicht
ahnkomen undt die, so ich heute entpfangen, hette ich schon ver-
gangen montag oder dinstag haben sollen. Ewere schreiben, liebe
Louisse, seindt so exact, daß man gantz in ruhen ist undt woU
sieht, daß man recht erfahrt, wie die Sachen stehen; also wirdt es
mir ein rechter trost sein, brieffe von Euch zu bekommen. Mein
gott, warumb hatt gott der almächtige mich. nicht eher, alß dieße
liebe königin, genohmen, woran ma tante noch lang trost undt
freüde hette haben können? Undt ich bin ja zu nichts nicht nutz
undt habe lang genung gelebt. Aber man muß woll wollen , waß
gott will, undt sich in seinem h. willen ergeben, in deßen schütz
ich Euch hirmitt befehle undt versichere Euch, liebe Louisse, daß
ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
Briefe der Friiuessin EUeabeth Charlotte. «2A^
370
P. S.
Ich sage nichts aaff Ewer schreiben vom 30 Jannari, so ich
vergangen sontag entpfangen; den es ist leyder nichts mehr dar-
anff zu sagen.
227.
A mad. Amelie Elisabeth; raugrafin zu Pfaltz, a Hannover.
Vers&ille den 14 Februar 1705.
Hertzliebe Amelisse, ob ich zwar so betrübt undt erschrocken
bin über der betrübten zeittung von dem unvermuhten undt schleu-
nigen todtsfall der seeligen kOnigin in Preüssen, so ich heütte mor-
gen durch ein brieff von ma taute. undt Ewer Schwester erfahren,
daß ich schir nicht weiß, waß ich thue oder sage, so will ich doch
auff Ewer liebes schreiben vom 30 Januar andtwortten. Mein gott,
welch ein carnava! ist dießes undt wie bin ich in sorgen vor ma
tante, die fraw churfürstin! Also könt Ihr woll gedencken, liebe
Amelisse, daß ich ohnmöglich auff comedien undt alle lustige sagen
andtwortten kan. Alieweill spilt man drunten commedie, aber Ihr
könt woll gedencken, daß ich nicht lust habe, hin zu gehen; habe
ohnmöglich eßen können zu mittag , bin recht von grundt der See-
len betrübt undt in sorgen, kan Euch also vor dießmabl nichts
mehr sagen, alß wie ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
228.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz^ a Hannover.
Marly den 19 Februari 1705.
Hertzliebe Louisse, vergangen dinstag habe ich erst Ewer lie-
bes schreiben vom 6 dießes monts entpfangen. Es ist ein ellendt,
wie man mitt den brieffen umbgeht. Zu monsieur de Louvois zeit-
ten laße man alle brieffe sowoll alß nun, aber man liefferte sie
doch zu rechter zeit. Nun aber daß cröttel der Torcy die post
hatt, zergt es einem unerhört mitt den brieffen undt ich habe mein
leben keine größere ungedult gehabt, brieffe von Hannover zu ha-
beD, alB nun; den es ist mir gar zu bitter angst vor ma tante,
371
die fraw churfürstin, in dießem Unglück, so I. L. begegnet ist. Es
ist woll kein wunder, daß dero miltz geschwollen ist; wie könte
daß änderst sein bey einer so erschrecklichen - betrübtnuß ! Gott
seye danck nur, daß daß fieber außgef)lieben ! Den kein härterer
stoß hette in der weldt kommen können. Zu Ewereu gutten wünsch,
liebe Louisse, zu ma tante gesundtheit sage ich von hertzen amen,
undt gott wolle unß gnädig erhören undt I. L. noch lange jähren
erhalten] Es ist leicht zu begreifen, daß der könig in Preüssen
betrübt über seiner gemahlin Verlust ist; sie meritirte es woll.
Wen die printzes von Anspach in ihrer kranckheit diß unglück
vernimbt, mögte der schrecken hirüber woll den garauß machen.
Gott gebe, daß Ewer erster brieff mir bericht, daß ma tante wider
beßer ist! Bitte, schreibt mir alß fleißig undt seydt versichert, daß
ich Euch von hertzen lieb behalte !
Elisabeth Charlotte.
229.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 22 Februari 1705.
Hertzliebe Louisse, ich kan Euch nicht genung dancken, mir
so fleyßig zu schreiben; den ma tante, die fraw churfürstin, spricht
selten von I. L. gesundtheit. Es ist woll kein wunder, daß ma
tante mattigkeit verspürt. So lang der husten gewehrt, glaube ich,
daß I. L. woll gethan, keinen wein zu trincken; nun der husten
gantz vorbey, wirdt der wein I. L. beßer bekommen.^ Clistir seindt
gutt vor daß miltz; Ihr sagt aber nicht, womitt man ma tante ge-
schmirt hatt. Nichts in der weldt ist ungesunder, alß die betrüb-
[nis]; deßwegen bin ich auch so sehr in sorgen von I. L. Nichts
ist touchanter, alß eine rechtmäßige betrübtnuß zu sehen; kan also
leicht begreiffen, wie es Euch zu muhte geweßen, ma tante so el-
lendt thun zu sehen. Listige leütte von natur jamern noch mehr ;
den da sieht man so gerade den zwang, so die betrübtnuß der na-
tur ahnthut, undt waß schmertzen man entpfinden muß. -Mich wun-
dert, daß I. L. der churfürst ma tante nicht anderwerts hinge-
führt hatt nach der königiu todt ; den in demselben hauß zu bleiben,
wo der todten cörper ist, muß all augeiiblick die betrübnuß ver-
24*
372
netten; den man muß allezeit etwaß hören oder sehen, so dieße
trawerige sach betrifft. Patte hatt groß recht, zu wollen, daß ma
tante nach Zelle solle. I. L. seindt woll der beste herr von der weit.
Es ist mir lieb, za vernehmen, liebe Loaisse, daß Ihr Euch so woll
von Ewerm bößen halß courirt habt; hir klagens auch viell leütte.
Wen aber der königin s. kranckheit von ihrem fall kommen von
vorm jähr, so war da kein mittel zu. Der schnupen ist nicht nn-
gesundt, wirdt Euch eine kranckheit salviren. Es ist mir auch
lieb, daß Amelisse auß gefahr ist; bitte, woldt es ihr sagen undt
sie von meinetwegen ambrassiren. Von kleinen mittein halte ich
mehr, alß vom purgiren undt aderlaßen, aber mitt allen den reme-
dien entgeht man der stunde nicht, die einem der allmächtige be-
stimbt hatt. Sich in die Schickung des allerhögsten zu ergeben, ist
daß beste, in deßen schütz, liebe Louisse, ich Euch auch befehle,
undt so lang ich lebe, seydt versichert, daß ich Euch recht lieb be-
halten werde!
Elisabeth Charlotte.
230.
A mad. Louise ^ raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 26 Februar! 1705.
Hertzliebe Louise, gott dem allmächtigen seye ewig lob undt
danck, daß es sich so woll mitt ma tante, der fraw chnrfllrstin,
wider beßert! Es ist gewiß, daß, wen man gutte mittel apropo
braucht, daß sie woll bekommen können. Ma tante ist von einem
so gar guttem temperament undt haben ihr leben so wenig ge-
braucht, noch zu brauchen nöhtig gehabt, also alleß, waß ihnen
gutt ist, gleich operiren kan; fange also ahn, wider trost zu faßen
undt mich nicht mehr nacht undt tag zu angstigen wegen I. L., wie
ich im ahnfang gethan. Ich wolte, daß mau zu Hannover gethan
hette, wie es hir im landt der brauch ist; da, so jemandts stirbt,
bleiben keine verwanten im hauß, man fährt gleich weg. Wolte,
daß man ma tante auch gleich weg geführt hette undt nicht wider
ins hauß gebracht, biß die leiche weg ist. Ich förchte die entre-
veüe vod cronprintzen von Prettssen. Es ist woll ein zeichen von
einem gutten gemüht, daß dießer printz so touchirt ist über seiner
fraw mutter; junge leütte von dem alter seindt ordinari nicht so
373
entpfiodtlich. Ich kan nicht wißen, wo meine brieffe bleiben; den
ich manquire keine eintzige post, za schreiben; aber, liebe Louisse,
meine brieffe können nicht auffmuntem. Wan mans recht bedenckt,
weiß man gar nicht, waß aaß einem wirdt nach dießem leben, undt
(den glauben apart) so ist es gar kein trost, sicher zu wißen, daß
man baldt wie die sein wirdt, so man todt vor sich sieht; contrarie,
es ist betrübt. Raisoniren hiifft nichts bey den betrübten; man
muß gott undt die zeit walten laßen, nur suchen, offt von andern
Sachen zu reden undt die betrübte gedancken zu interumpiren; daß
ist, waß man ahm besten thun kan. Ich muß mich aber eyllen;
den ich habe dießen abendt noch 4 große brieff zu schreiben undt
es schlegt alleweill 7 uhr. Der könig hatt heütte gar spät zu mit-
tag geßen; es war 2 uhr geschlagen, wie I. M. sich ahn taffei ge-
setzt. Sie haben den hirsch dießen morgen gejagt, die jagt war
lang undt nicht hübsch undt der windt sehr kalt. Adieu! Ich am-
brassire Euch, liebe Louisse, undt Amelisse auch undt behalte Ej!kch
beyden von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
231.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Versaille den 5 Mertz 1705.
Hertzliebe Amelise, vergangenen dinstag, wie ich zu Paris bey
meinen kindtskindern wäre, habe ich Ewer schreiben vom 26 Fe-
bruari zu recht entpfangen. Louise hatte mir geschrieben, daß Ihr
nach dem s. absterben der lieben undt schönnen königin in Preüssen
auch kranck geweßen seydt. Daß, meinte ich, bette Euch ahn
schreiben abgehalten; bin fro, daß Ihr wider gesundt seydt. Mein
leben hatt mich nach Monsieur s. todt nichts mehr erschreckt undt
bestürtzt, alß dießer schönnen königin so geschwinder todt, welchen
ich woll von grundt meiner seelen beweint habe. Es ist woU war,
liebe Amelise, daß dießes sehr moralisiren macht. Waß Euch da-
bey eingefallen, gemandt mich ahn daß lutherische todtenliedt, daß
ich offt gesungen, wie ich zu Hannover war.
Heütt seindt wir schön, gesundt und starck^
Morgen todt und ligen im sarck»
374
HeQtt blühen wir wie die roßen rot,
Baldt kranck undt todt.
Ist allenthalben müh undt noht.
Ich kan nicht begreiffen, warumb man ma tante nicht gleich
anß dem hauß geführt hatt, so baldt sie ihr nnglück erfahren; den
in demselben hauß zu sein, wo der todten corper ist, daß ist et-
waß abscheuliches, so die betrübtnuß stündtlich verneüern muß.
Ich bin lenger, alß 10 nachte, geweßen, daß ich nicht habe schlaf-
fen können auß ängsten vor ma tante, die fraw churfttrstin, biß ich
vernohmen, daß es, gott lob, beßer wirdt. Es ist beßer, liebe
Amelisse, daß ma tante sich nicht zwingt undt ihre threnen fließen
lest, alß wen I. L. sich verhalten solte, welches gar ungesundt
were. Ach, hette ich die wähl können haben, würde ich auch woll
vor dieße liebe köuigin gestorben sein; den die königin hette ma
tante über mich trösten können, ich kan I. L. aber nicht über
dieße ahngenehme königin trösten, leyder; aber gott der allmach-
tige hatt es so vorsehen, dem man woll still halten muß undt sich
in seinem h. willen ergeben. Es graust einem, wen man ahn die-
ßem carnaval gedenckt. Es ist keine albertet, nichts lustiges vor-
zubringen, liebe Amelisse, wo nichts alß trawerige sujetten vor-
handen sein. Es wäre unmenschlich, solch unglück nicht zu ent-
pfindten. Adieu, liebe Amellisse! Seydt versichert, daß ich Euch
recht lieb behalte werde! Aml)rassirt Louise von meinetwegen!
Elisabeth Charlotte.
232.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille, sambstag den 7 Mertz.
Hertzliebe Louise, heütte morgen habe ich zwey von Eweren
lieben schreiben auff einmahl bekommen, daß vom 24 undt 27 Fe-
bruar! ; werde heütte auff daß frischte andtwortten. Finde ich, wen
meine andtwort fertig wirdt sein undt ich auch ahn Amelisse werde
geschrieben haben undt mir noch zeit überig bleibt, werde ich daß
erste auch beantwortten, wo nicht, so werde ich es vor zukünfftigen
donnerstag sparen. Ihr macht mich gantz stoltz, daß Ihr mir sagt,
liebe Louisse, daß mein woUmeinendt compliment, so ich Euch ge*
875
betten, ahn I. L. den cbnrfttrsten nndt hertzog Ernst Angnst zn
machen, so gar güttig ist auffgenohmen worden. Es ist war, daß
hertzog Ernst August sich überall sehr beliebt macht; hir hatt man
auch mehr von I. L. gehalten, alß vom churfürsten; sein herr bru-
der. Es ist woU kein wunder, daß er über die königin, seine fraw
Schwester, betrübt geweßen. Wen es auch nur daß spectacle ge-
weßen were, ein schön jung mensch so in 3 tagen gesundt undt
todt zu sehen, so solte es einem zu hertzen gangen sein, will ge-
schweygen dan eine geliebte Schwester. Ich bin froh, daß der chur-
fürst undt dießer hertzog sich wider erholt haben; den also werden
sie desto fähiger sein, ma tante, der fraw churfürstin, trost einzu-
sprechen. Die Posten gehen bitter übel, man kan sich gar nicht
drauff verlaßen. Daß tröst recht, daß Ihr mich versichert, daß
ich nun ruhiger sein kan. Ich wolte aber gern, daß ma tante nicht
zu Hannover im hauß were, wen die betrübte ceremonie vorgehen
wirdt, daß man den königlichen cörper hohlen wirdt. Ich bin fro,
daß ma tante wider unter die leütte kompt; den sie ist der ein-
sambkeit nicht gewont undt einsam sein erhelt die trawerigkeit.
Sagt man nun die audientzcammer? Zu meiner zeit sagte man die
pressentz; oder ist es noch etwaß änderst? Gott bewahre unß
gnädig vor ferrierm unglücklichen fall ! Ich forchte abscheulich vor
ma tante die trawerige ahnkunfft vom marchalck von Berlin undt
man hatt groß recht, ma tante zu persuadiren, nach Zel zu gehen.
Ich hoffe, Hamerstein wirdt mich nicht vergeßen bey seinem herrn;
den ich bin ja von seiner allerälsten kundtschafft undt habe ihn offt,
wie er noch ein kindt war, herumbgeschlept zu Iburg undt zu Os-
sen. Amelisse brieff ist fertig, aber morgen hoffe ich auff Ewer
erstes liebes brieffgen zu andtwortten nach der predig; den heütte
ist es zu spat, ich muß nüber zu nachteßen bey dem könig.
Sontag den 8 Mertz umb 6 abendts.
Ich habe alleweill mein brieff ahn ma tante, die fraw churfür-
stin, außgeschrieben.- Nun will ich mein versprechen halten undt
auff Ewer schreiben vom 24 Februar andtwortten, liebe Louise!
daß nur noch sagen, daß ich heütte auch noch einen großen briöff
ahn die königin in Spanien geschrieben habe. Wie konte es änderst
möglich sein, liebe Louisse, alß daß ich große ängsten vor ma
tante außstehe, I.L. in einen so gar erschrecklichen undt erbarmb^
376
liehen standt zu wißen, welches gar gefahrlich ist? den nichts ist
dem menschen schadtlicher vor die gesundtheit, alß übermäßige
[betrübnis]. Zudem so war mirs auch recht leydt vor die köni-
gin 8. selber; I. M. hatten mir in allen occassionen große freündt*
schafft erwießen. Zudem so ist es genung, daß sie oncles undt
mein hertzlieb ma tante tochter war, umb sie herzlich lieb zu ha-
ben. Es ist woll eine große gnade, so unß gott der allmächtige
gethan, unßere liebe tante, die fraw charfürstin, zu erhalten. Gott
stehe unß ferner bey ! Det nahmen von Sybourg ist mir nicht unbe-
kandt, ich mag ihn vielleicht gesehen haben. Ich bin in einer un-
gedult, daß ichs schir nicht außstehen kan, alle die trawerige cere-
monien zum endt zu wißen, undt wolte gern, daß ma tante eine
reiße nach Zel thäte. Ich kan leicht begreiffen, wie Dir alle mitt
ma tante geweint habt; von dem recit sein dt mir gleich die äugen
übergangen, will geschweygen den, wen ich es selber gesehen hette.
Ich bin doch fro, daß mav tante sich resolvirt, wider leütte zu
sehen undt pressentz zu halten. Ma tante ist der elnsambkeit
nicht gewont, weren gewiß kranck vor melancoley geworden, wen
sie daß betten gewohnen wollen. Es stundt in Ewerm letzten brieff
vom 27 Februar, daß ma tante beßer were. Ihr thut gar woll,
I. L. nie allein zu laßen ; den es ist gar gewiß, daß sich die trawe*
rigkeit mitt der einsambkeit vermehret; leßen ist nicht so gutt, alß
sprechen. Ich dancke Euch, liebe Louise, meine commission bey
I. L. den churfürsten undt hertzog Ernst August abgelegt zu haben;
bin fro, daß es Euch ein freündtlicher gesiebt vom churfürsten zu
wegen gebracht hatt. Ich habe I. L. nun lieber, ^Iß ich sie gehabt,
habe. Weillen er so viel sorg undt freündtschafft ahn seine fraw
mutter erweist, muß der herr doch ein gutt gemühte haben; bin
also fro, daß er wider woll ist. Verstandt hatt der churfürst, d^ß
ist gewiß; er ist aber trucken undt mißtreüisch undt daß zieht die
leütte nicht ahn sich. Ihr habt woll recht, zufrieden zu sein, daß
der churfürst keinen Widerwillen gegen Euch hatt. Gar vergnügt
wirdt ma tante nach dero Verlust nicht leben können. Wen sie
gott nur gesundt erhelt undt daß sie nicht melancolische werden!
Li«be Louise, ich führe so ein stilles traweriges leben, daß ich es
ohne regret quittiren könte; insonderheit wen es ma tante nutzen
könte, würde ich warlich mitt freüden sterben, undt die liebe s.
königin würde schon mittel gefunden haben , ttber miph zu trösten,
377
wie vor 2 jähren über hertzog Christian ; aber ich kan leyder ma
tante mitt nichts trösten. Es ist war, daß ich gar einen knrtzen
athem bekomme; daß macht meine unerhörte fettigkeit. Ich erwart,
wie es der allmächtige mitt mir schicken will. Ich hoffe, ob gott
will, ohne mühe zu sterben, nndt habe auch keine [lust], zu leben.
Ich bin Euch näher, alß die s. königin Euch war, liebe Louise!
also billig, daß Ihr mich ungerner verliehrt, aber die s. königin war
ma tante naher, alß ich ihr bin. Jedoch glaube ich, daß sie sie
[nicht] mehr geehret undt respectiret hatt, alß ich thue undt all
mein leben thun werde. Euch habe ich von hertzen lieb, sage Ettch
großen danck vor E.were gutte wünsche. Gesundt kan ich woll hir
leben, aber vergnügt ist eine andere sach; aber man muß woll
allezeit mitt dem standt zufrieden sein, wo unß gott der allmäch-
tige in setzt. Ich bin der trawerigkeit so gewondt, daß sie mir
weniger schadet, alß ahn andere leütten; es ist mir damitt gangen
wie Mytridatte mitt dem gifft, es kan mich nicht mehr umbs leben
bringen. Aber Ihr, liebe Louisse, die nicht so sehr dran gewont
seydt, schondt Euch beßerl Alles ist von ewigkeit her von gott
ordinirt, waß unß menschen geschehen solle. Gutte tage zu haben
oder nicht, stehet nicht bey unß, sondern wie unßer herrgott es
über unß vorsehen hatt, in deßen schuts ich Euch befehle, liebe
Louise, undt so lang ich in dießec eilenden weit leben werde, werde
ich Euch von hertzen lieb .behalten.
Elisabeth Charlotte.
233.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 7 Mertz 1705.
•
Hertzliebe Amelise, heütte morgen habe ich Ewern lieben
brieff vom 27 Februar zu recht entpfangen. Es ist woll waß rares,
wen man mir die brieffe so baldt überliffert. Mein gott, wie gern
wolte ich, daß man der lieben s. königin cörper schon mitt allen ihren
leütten weg geführt hette undt daß ma tante nichts mehr davon
sehen mögte! Auch wolte ich, daß ma tante auß dem hauß sein
könte, wen die letzte ceremonie vorgehen wirdt; den daß, fürchte
378
ich abscheulich, wirdt alle trawerigkeit wider vernettern. Man muß
nichts gegen der trawerigkeit sagen; den daß hilft zu nichts, alß
nur die betrübten oDgedaltig zn machen. Man muß ihnen von
gantz waß änderst vorsprechen, damitt man sie nnvermerckter weiß
von den trawerigen gedancken abzieht. Aber waß madame de Lon-
geOil gesagt, konte woll war sein; allein es ist doch hart zn sagen,
deucht mir. Die hertzogin von Hannover hatte keine große nrsaeh
gehabt, betrübt über ihren herrn zn sein; er hatt übel mitt I. L.
gelebt. Daß die königin s. gern lastig mitt ihren herrn bmder
war, daß ist ja billig geweßen. Alles hatte seine zeitt nndt sie
hatte ja auch die ihrige , bey ihrer fraw mutter zu sein. Es jam-
mert mich, daß der könig in Prenssen so betrübt ist. Ich zweyffle
sehr, daß der könig in Preüssen noch zwey söhn bekommen solle,
wie ich von dießem könig habe reden hören. Reich nndt könig
wirdt mehr gewünscht, alß eine schönne taille; den von gesiebt ist
der könig in Prenssen nicht heßlich, ich habe sein contrefait. Ich
glaube wie Ihr, daß er sich wider heürahten wirdt, undt mögte
woll die witwe von Schweden nehmen. Alles, waß Ihr mir sagt,
liebe Amelise, ist gar nicht doppelt. Ewer Schwester hatt mir kein
wordt davon gesagt undt Ihr thut mir den grösten gefallen von der
weit, frey zu reden, bin Euch davor verobligirt; den daß halte ich
vor ein vertrawen, so Ihr zu mir« habt, welches mich Euch noch
lieber macht haben. Drumb bitte ich Euch, liebe Amelise, last
Euchs nicht gerewen undt continuirt, so zu schreiben! Ich gestehe,
daß dießer königin todt mir recht zu hertzen gangen ; nun ich aber
sehe, daß ma tante, gott sey danck, wider woll wirdt, gebe ich
mich auch wider zufrieden undt in den willen gottes. Es muß ein
gelehrter man geweßen sein, der der königin in Prenssen oroscope
gestelt hatt; aber ich wolte, daß, weillen diß unglück ja hatt sein
sollen, daß es zu Berlin geschehen were. Ich bin fro, daß#Ihr
Ewers bößen halß quit seydt; man hatt ja so viel gutts gurgel-
waßer, daß soltet Ihr brauchen, liebe Louisse! Hiemitt ist Ewer
schreiben durchauß beantwordt; hoffe undt wünsche, daß mein
brieffEüch in gutter undt volkommener gesundtheit ahntreffen möge,
undt seydt versichert, daß ich Euch von hertzen lieb behalte undt
apabrassire !
Elisabeth Charlotte,
879
234.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 15 Mertz 1705.
Hertzliebe Louise, Ihr tuht mir einen rechten gefallen, fort zu
fahren zu schreiben undt mir ma tante standt undt gesundtheit zu
berichten. Daß I. L. noch taglich weinen, ängstet mich; den ob sie
schon nun nicht kranck sein, kan es doch auff die lenge kein gutt
thun; den es ist gantz gegen ma tante natur, trawerig zu sein.
Miltzsüchtigen , wie ich bin, denen kans nicht so viel schaden; den
es feit in ihre natur; aber die, so von natur gar lustig sein, greifit
es viel harter ahn. Ich wolte, daß sie von ort endern könten undt
irgendts hingehen, wo sie die liebe königin nie gesehen. Ich zittere
vor ängsten, wen ich dencke, wie der abzug von der königlichen
leiche alles wider verneüern wirdt. Mich verlangt unerhört, wie
daß wirdt abgelpffen [sein]. Ich bitte, liebe Louise, schreibt mirs
doch, so baldt möglich sein wirdt! Nichts in der weldt endert den
humor, alß große Verlust undt betrübtnuß. Seyder ich I. G. den
churfürsten, mein herr vatter s., wie auch meinen armen bruder
undt fraw mutter, verlohren, finde ich woll in mir selber, daß ich
nicht mehr bin, wie ich vorher geweßen. Mein söhn, so ich ver-
lohren, ginge mir auch abscheulich zu hertzen. Zu alle wünsche,
so Ihr, liebe Louise, vor ma tante thut, sage ich von hertzen
amen. Ich bin Euch auch sehr verobligirt, mir so viel guts zu
wünschen. Gott behtitte mich nur vor ferner betrübtnuß! ahn freü-
den dencke ich nicht mehr. So lange ich aber leben werde, seydt
versichert, daß ich Euch sehr lieb behalten werde!
Elisabeth Charlotte.
235.
A mad. Louise , nraugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 19 Merte 1705.
Hertzliebe Louise, die posten gehen doller, alß nie. Gestern
habe ich Ewern lieben brieff ^n 3 erst entpfangen, nachdem ichi
880
schon auff daß vom 6 vergangen sontag geantwortet habe; aber
weillen es nicht zu endern stehet, will ich weytter nichts davon sa-
gen. Seydt versichert, liebe Louise, daß, wen es mir möglich sein
wirdt, werde ich allezeit fleißig auff Ewere schreiben andtwortten!
Amelise brieff habe ich lengst beantwortet. Ich werde Euch aber
heütte nicht lang entreteniren können; den es ist schon 2 tag, daß
ich die cammer halte, habe einen abscheulichen husten, schlaffe
keine 2 stundt deß nachts, huste abscheulich; daß wirdt aber woll
baldt wider vergehen. Oott erhalte unß nur unßere liebe churfür-
stin undt gebe I. L. wider trost! Alles, waßihr auff den trost sagt,
so man alß Christen nehmen solle, ist gar woll gerett, aber schwer
zu praticiren. Mich verlangt unerhört, zu vernehmen, wie es mitt
der trawerigen ceremonie, so den 9ten hatt geschehen sollen, wirdt
abgeloffen sein; aber gott weiß, wen man mir dieße brieffe wirdt
zukommen laßen; den es ist ein ellendt, wie man mich mitt der
post zercht^ Ich wolte gern mehr schreiben, aber mein husten plagt
mich so erschrecklich, daß ich vor dißmahl ohnmöglich mehr sagen
kan, alß wie daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte. Wen
ich wider beßer sein werde, will ich mehr schreiben. Amelise am^
brassirt von meinetwegen 1
Elisabeth Charlotte.
236«
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
<ä
VersaiUe den 26 Mertz 1705.
Hertzliebe Louise, wen Ihr die ursach wißen wolt, warumb ich
Euch vergangen sontag nicht auff Ewern lieben brieff vom 10, so
ich selbigen tag entpfangen, geantwortet habe, so lest den ahn-
fang von Amelise brieff! so werdet Ihr es erfahren. Gott dem all-
mächtigen seye lob undt danck, ma tante in dero Unglück so bey-
gestanden zu sein i^ndt I. L. wider zu dero gesundtheit geholffen
zu haben, wobey er I. L. lange jähre erhalten möge! Ich gestehe,
ich bin nun ruhiger, nun ich weiß, daß alle die betrübte undt
trawerige objetten einmahl weg sein. Ich weiß nicht, wer bedacht
batt, dieße gelehrte m&ner zu ma tante m führen, unterdeßen da(^
381
die trawerige ceremonie vorgangen; allein es war recht woll be-
dacht. Ihr habt daß gröste recht von der weldt, keinen adtlichen
zu cediren wollen. Mich deucht, zn meiner zeit wahren die rangs
beßer reglirt, nndt da dachte keine adliche dame den reichsgräf-
finen zu dispattiren. Seyder wan ist dan dieße mode gekommen ?
Ihr seydt ja dem chnrfürsten von Braunsweig nahe gennng ver-
wandt, nmb Euch zu souteniren, wobey er Selbsten gewinen würde;
den es gibt ihm selbsten mehr respect. Wir haben nichts neOes
hir, alß viel tragiquen avanturen, so ich alle ahn ma tante schrei-
be, I. L. dadurch za amussiren nndt ahn waß änderst, alß dero
betrObtnnß, gedencken zn machen. Der prince de Maabeck, der
printzes d'Harconr söhn, den Ihr zu Franckfort unter den gefange-
nen gesehen, ist dieße nacht auff einmahl todtkranck worden; man
meint, er wirdt die kinderblattern bekommen, welches seinem näß-
gen nicht schönner stehen wirdt. Man hört im überigen nichts, alß
von schleunige todtsfäll; die leütte gehen frisch undt gesundt zu
bett, andern tag findt man sie todt. So lang ich mich nicht in
dießer reye befinden werde, könt Ihr, liebe Louise, versichert sein,
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
237.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 26 Mertz 1705.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich zwar Ewern
lieben brieff entpfangen, aber ohnmoglich drauff antworten können,
indem ich gar zu viel zu schreiben gehabt habe; den ich muste
ahn ma tante, die fraw churfürstin, andtwortten, ahn ma tante, die
fraw abtißin, schreiben, umb ihr ihrer fraw Schwester brieff zu
schicken, auff zwey große brieffe von der königin in Spanien andt-
wortten. Es geschähe mir noch etwaß verdrießliches mitt dießem
brieff; wie ich schon 4 bogen geschrieben hatte undt den 5ten ahn-
fing, wurde ich gewahr, daß ich den respect vergeßen hatte undt
zu hoch ahngefangen zu schreiben, muste also gantz von neuem
wider ahnfangen undt die 4 bogen abcopirt. Dißes undt die pre-
382
dig hatt mir alle meine zeit 1>enohmen. Ich mnste auch nohtwendig
noch 2 brieff nach Paris schreiben, habe also Louise nndt Ewer
schreiben biß heutte sparen müßen. Nun aber werdet Ihr eine
ordentliche andtwort bekommen. Ich weiß noch alle lutherische
lieder undt reformirte psalmen, so ich gewust habe, nndt singe sie
noch offt. Ich leße auch' alle tag in meiner teütschen bibel ein
psalm, ein capittel im alten nndt eines im netten testament, bin
also bibelfest genung. Die frantzösche catholische seindt bey weit-
tem nicht wie die Teütsche, Spanier, Portugaisen nndt Ittalliener.
Erstlich so kan man sie nicht vor papisten schelten; den sie fra-
gen dem papst gar nichts nach undt halten ihn nicht vor unfehl-
bar, sondern nnr vor daß haubt der geistlichen. Man list fleißig
die h. schriefft bir undt es ist gar nicht verbotten. Der poper hatt
aberglauben, aber die ehrliche leütte undt leütte von condition gar
nicht. Daß habe ich Euch en passant sagen wollen; den ich sehe
woll, daß Ihr meint, daß man hir ahn nichts rechts denckt. Es ist
^ar, daß Ewer papir eine wunderliche form hatt; solte gemeint
haben, wen Ihr nicht davon gesprochen bettet, daß Ihr Ewer Schwes-
ter procespapir genohmen bettet, umb meinen brieff drauff za
schreiben. Man hatt recht woll gethan, die 3 gelehrte mäner zu
ma tante zu schicken, I. L. waß vorzuschwetzen, so sie von den
gedancken der abscheulichen ceremoni in abfUhrung deß cörpers
der seeligen königin in Preussen hatt abziehen mögen. Daß spie-
len ist auch gutt; den daß vertreibt auch die trawerige ge-
dancken. Zu meiner zeit spilten I. L. nie im vorgemach, sondern
allezeit in der pressentz. Ich hoffe, ob gott will, daß es nun über-
wunden ist. Unkraut seydt Ihr ja warlich nicht, liebe Amelise!
Aber niemandts stirbt, alß wen die zeit da ist. Daß endt von
Ewerm brieff daß heist man hir vne belle cheutte de fin. Ohne
vexiren, es ist elegant. Ich bin nicht so geschickt, werde also nur
bladt herrauß sagen, daß ich Euch von hertzen ambrassire undt
allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
38a
238.
A mad. Louise, raugräffin zu Ffaltz, a Hannover.
Marly den 2 April 1705.
Hertzallerliebe Louise , vergangen sontag habe ich nicht können
auff Ewerm lieben brieff vom 17 Mertz andtworten , so ich den tag
vorher zu- Paris entpfangen hatte, weillen eben dieße kleine reiße,
so ich dahin gethan hatte, mich verhindert, einige brieffe, so ich
sontags fortschicken muß, zum vorauß za schreiben. Es vergeht
kein sontag, daß ich nicht auffs allerwenigst 6 brieff zu schreiben
habe; darnach muß man ja auch in kirch. Ich weiß nicht, ob ich
heütte auch ahn Amelisse werde andtwortten können; den gleich
nach dem eßen werde ich auff die hirschjagt undt abendts haben
wir mussiq hir; man wirdt zwey acten von Proserpine singen, wo-
bey ich auch sein muß; daß despendirt von dem, wie lange die
jagt wehren wirdt. Die posten gehen übel. Man helt mir immer
ma tante paquet auff undt bekomme sambstags zwey auff einmahl,
aber eins wirdt alß zurück gehalten. ^Waß ragous man hirin findt,
weiß ich warlich nicht. Daß ich Euch schreibe, liebe Louisse, ist
kein dancken werdt, sondern gar zu billig. Gott sey danck, daß
ma tante, unßer liebe churfürstin, wider bey gutter gesundtheit ist,
undt erhalte unß dießelb& noch viel undt lange jähren! Es ist kein
wunder, [daß^ie] mager geworden ; es ist viel mehr zu bewundern, daß
sie noch gesundt sein können nach einer solchen erschrecklichen be-
wegung undt betrübtnuß. Es ist hir nun wider kalt wie im winter;
aber wen daß samffte frühlingswetter widerkommen wirdt, wolte ich,
daß I. L. nach Hernhaussen gingen; den daß spatziren undt gutte
lufft erhelt die gesundtheit. Ich glaube, daß alle die betrübte
leütte, so die königliche leiche folgen, nicht viel werden geßen
haben; den wen man betrübt ist, mag man auch die besten speißen
vor sich haben, man kan nicht eßen. Ich habe woll von ebulution
deß gebltidts gebort, aber nie von keiner ömulution, wie Ihr es
heist; weiß also nicht, ob es daßelbe ist, so die churprintzes von
Braunsweig gehabt hatt. Im frühling undt herbst hatt man offt
solch zeug. Die princes muß ein gutt gemühte haben, ma tante so
suchen zu gefahlen; sie muß verstandt haben, sich so suchen be-
liebt zu machen.
584
Donnerstag den 2 April umb 6 abendis.
Wie ich heOtte morgen dieß letzte linie oben schriebe, käme
die princes de Conti undt sonst viel damen herein; darnach ging
man zum eßen undt gleich nach dem eßen auff die hirschjagt.
Es ist eine standt, daß ich wider kommen bin; habe mich von
kopff zu fußen änderst ahngethan, werde erst fertig. Ich bin fro,
daß der chnrprintz einen Instigen hamor hatt; hoffe, daß er ma
tante divertiren wirdt. Hiemitt ist Ewer lieber briff völlig beant-
wortet. Ich habe noch gar viel zu schreiben, kan also nicht mehr
sagen, alß daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
239.
A mad. Amelie Elisabeth , raugräffin zu Pfaltz j a Hannover.
Marly den 2 April 1705.
Hertzliebe Amelise, vergangen sambstag habe ich Ewer schrei«-
ben vom 13 Mertz zu recht entpfangen, aber gleich sontags nicht
drauff geantwortet auß eben den Ursachen, so ich Euch vor 8 ta*
gen gemelt Nun muß ich auch in gar großer eyll schreiben; den
es ist schon 6 geschlagen, umb halb 9 muß ich zur mussiq undt in
dieß anderhalb stunden muß ich ohne dießem noch 4zimblich große
brieffe schreiben. Von der s. königin will ich nichts mehr sagen
undt sie in ihrer ewigen ruhe laßen. Gott wolle ma tant trost
verschaffen! Die historie, so Ihr mir von dem astrologue verzehlt, ist
woU wunderlich, aber nicht ohne exempel. Ich sage alß, es seyei
woU eine ohnnohtige sach, daß oroscope zu stellen laßen; den ist
nnßer verhengnuß so, daß maus nicht endern kan, so ist es ohn-
nöhtig zu wißen; den man kan kein unglück endtgehen. Ist aber
ein oroscope falsch, so ist es die groste laperey von der weit, also
allezeit zu nichts nutz. Diß ist nur gutt, ohne glauben sich damitt
wie ein spiel zu amussiren; den es divertirt recht, wen man die
naß drin steckt. Wir haben unßern hirsch gefangen, aber weder
die jagt noch daß wetter war schön. Adieu, liebe Amelise I Seydt
versichert, daß ich Euch allezeit lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
385
240.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 8 April 1705 umb 9 abendts.
Hertzliebe Louisse, es ist mir bang, daß wegen der so gar
langen devotionen, so wir morgen vor- undt nachmittags haben, ich
keine zeit werde finden können, auff Ewern lieben brieff von 27
Mertz zu andtwortten können ; den vergangen sontag viel mir die
zeit zu kurtz. Die neßelsucht ist keine kinderkranckheit; ich habe
sie vor 4 jähren gehabt, aber nichts änderst dazu gethan, alß eine
gutte prisse von meledie-Kendt-pulver einzunehmen, braff zu schwit-
zen ; andern tags war ich wider frisch undt gesundt. Bin fro, liebe
Louise, daß Ihr auch wider courirt seydt, undt gott der allmäch-
tige erhalte Euch lang bey volkommener gesundtheit! Es seindt
etlichmahl jähren, da dieße kranckheit sehr im schwang geht undt
a la mode ist. Es preservirt aber von nichts; den selbiges jähr
hatte ich noch 2 mont daß 3tagige fieber; wünsche, daß es Euch
beßer preservirep mag. Daß so gar unbeständige wetter macht, daß
alle husten verneüern; bey mir ist es eben kein rechter husten,
sondern nur eine gesaltzene pituitte, wie man es hir heist, so mich,
ohne recht den husten zu haben, husten macht, wen ichs mich ahm
wenigsten versehe. Ich mag aber nichts brauchen, meine kranck-
heitten müßen weg, wie sie kommen sein; den ich kan nichts brau-
chen noch mich dockteriren laßen; bin fro, daß die kleine mittel
ma tante courirt haben. Ich kan gar nichts süßes leyden; man
raht mir viel, ich höre alles ahn, brauche aber gar nichts, alß
waßer drincken ohne safft. Ich betrübe alß meinen docktor recht,
daß ich nie nichts brauchen will, befinde mich aber nicht übel
dabey. Zu solche unglück, wie ma tante leyder hatt, ist die zeit
allein, so die betrübtnuß moderiren kan. Gott seye danck, daß sie
doch wider gesundt sein! den es war mir woll erschrecklich bang
bey der sach. Zu die gutte wünsche, so Ihr vor unßere liebe chur-
fürstin thut, sage ich von hertzen amen. Wofern graff Carl von
Nassau Weilburg noch zu Hannover, bitt ich Euch, Ihr wolt ihn
doch vor sein compliment dancken. Er ist lebhafter, alß sein herr
bruder war;' er dantzt gar woll. Ich habe auch schon gehört, daß
nicht viel besonders ahm vatter ist. Es ist 3 virtel auff 10, ich
Briefe der Prinzessin EHsabeth Charlotte. ^^
ä86
muß nüber zum Dachteßen, kan also vor dießmahl nichts mehr sa*
gen, alß daß ich Euch all mein leben von hertzen lieb behalten
werde.
Elisabeth Charlotte.
241.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz , a Hannover.
Marly den 16 April 1705.
Hertzliebe Louise, vergangen sontag, alß ich Ewer schreiben
von 3 dießes, mont entpfangen, habe ich woll nicht gedacht, idaß
ich es hir beantwortten würde; den wir solten erst zu kttnfftigen
mitwog herkommen. Waß unß aber vergangen dinstag hergeführt
hatt, ist der unerwarte todt von dem kleinen duc de Bretagne, wel-
chen, unter unß gerett, die herrn docktoren, wie ich allezeit glau-
be, umbs leben gebracht haben. Er hatte nur den husten undt
zahnwehe; montags stießen ihm die gicht dabey ahn, da gaben sie
ihm gleich 2 prissen emetique umb 11, umb 1 ließ man ihm zur
ader undt umb 3 viertel auff 7 starb daß arme kindt, welches
überal eine große betrübtnuß verursachet. Umb die trawerige ge-r
dancken zu vertreiben, jagt man braff hir. Heütte haben wir 2
hirsch gefangen mitt deß königs hunden, morgen jagen mir mit
monsieur le comte seine undt übermorgen mitt deß duc du Maine
seine, montag wider mitt deß königs hunden. Es ist aber auch ein-
mahl zeit, daß ich auff Ewer schreiben komme, liebe Louisse! Pfui,
Louise, waß seindt daß vor fagon, daß Ihr mir nicht mehr so flei-
ßig schreiben wolt, weillen ich mitt eygener handt andtwort! Mein
secretarius kan weder Teütsch leßen noch schreiben, aber gesetzt,
er koute es, meint Ihr, liebe Louisse, daß ich mich seiner handt
vor Euch oder Ewere Schwester gebrauchen wolte? Daß wer schön«
Nein, liebe Louisse, die leütte, so ich lieb habe, denen schreibe
ich nie durch secretarie handt. Es ist ein gutt zeichen, wen ich
nichts von meiner gesundtheit sage; den daß bedeüt, daß sie per-
fect ist; den wen ich kranck bin, sage ichs denen, so sich vjor
mich interessiren. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir thut, dancke
ich Euch von hertzen. Gott seye danck, daß unßer hertzliebe chur-
fürstin wider woll ist, undt erhalte sie unß noch lange jähre undt
387
gebe I. L. wider waß, so dero hertz erfrewen mag! Were der mahler
gntt gewest, hette ich gebetten, mir auch ein contrefait [zu machen];
weillen er aber nicht gutt ist, habe ich geschwigen. Der printz de
Maubeck hatt nur die angst nndt aparentz von den kioderblattern
gehabt, ist wider gantz frisch undt gesundt. Die schleunige tödt
seindt nicht allein hir a la mode, sondern auch in Spanien; den
die königin schreibt mir, man höre von nichts änderst zu Madrit.
Monsieur Schleünitz fraw habe ich nie gesehen, aber ihn oft. Mich
deucht, er sähe nicht so unglücklich auß, alß sein endt geweßen; seine
historie ist abscheulich. Wer ich so nahe, alß der bischoff von
Osnabrück, würde man mich offter zu Hannover sehen. So alt ich
auch bin, hette ich ma tante hoffmeisteriren noch hoch von nöhten.
Ich kan nicht leyden, daß unßer Teütschlandt so in übel geendert
ist. Ein herr müste woU desraisonabel sein, wen er übel fünde,
daß reichsgräffinen nicht hinter adliche gehen wollen. Wo landt-
graff Carl auch stecken mag, da wirdt nichts gescheydts sein. £r
ist warlich recht närisch; ob er zwar mein naher vetter ist, kan
ich es nicht leugnen. Hiemitt, liebe Louisse, ist Ewer brieff völlig
beantwort; bleibt mir nichts mehr überig, alß nur, Euch zu bitten,
Amelise zu ambrassiren undt persuadirt zu sein, daß ich Euch alle-
zeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
242.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 18 April 1705.
Hertzliebe Amellisse, heütte morgen habe ich Ewer wehrtes
schreiben vom 7 dießes monts zu recht entpfangen, will gleich wi-
der drauff andtwortten; den morgen mOgte ich woll der zeit nicht
haben; den alle sontag habe ich 6 große brieff zu schreiben, ahn
ma tante, die fraw churfürstin, ahn die königin in Spanien, ahn
mein dochter, ahn eine von ihren damens undt zwey brieff nach
Paris ahn 2 von meinen gutten freündinen dort; also ist es ahm
sichersten, bettle zu schreiben, da ich sonsten weniger zu schrei-
ben habe. Ihr werdet, liebe Amellisse« schon wen dießer brieff
ahnkommen wirdt, von ma tante erfahren haben, warumb wir nun
25 •
388
hir zu Marly sein an dt wie der arme kleine dnc de Bretagne ver-
gangenen uiontag gestorben ist. Ich glaube vestiglich, die dock-
m
toren haben daß arme printzien mitt ihrem emetique undt aderläß
umß leben bracht. Daß will man aber hir nicht glauben, drumb
laß ich jederman in seine meinnng undt bleibe bey der meine. Es
ist aber auch einmahl zeit, daß ich aufif Ewer schreiben komme.
0 nein, liebe Amelisse , Ewer letzt papir war nicht von einer extra-
ordinari form, contrarie, es ist gar recht; bin Euch sehr verobli-
girt, daß Ihr Euch erfrewet undt gott dancket, daß ich wider ge-
snndt bin. In der bibel zu leßen, da feie ich nie ahn, laße gestern
den 54 undt 55 psalm, daß 14 undt 15 capittel in sanct Matheus
undt daß 3 undt 4te capittl in sanct Johanes; den ich müste vor
heütte undt morgen leßen, den heütte hette ichs nicht gekönt; den
wir haben morgendts den hirsch gejagt. Daß man die reformirten
hir im landt übel tractirt hatt, apropire ich nicht, allein man sieht
woU, daß die politic allein schuldig dran ist. Aber dießes alles
seindt materien, die gutt teste a teste sein, aber in postbrieffen
deucht es nichts; will derowegen Ewerm gutten exempel folgen undt
von waß änderst reden. Der printz de Maubec hatt nur die angst
vor die blättern gehabt, es ist aber nichts drauß worden undt ist
wider frisch undt gesundt. Waß ihm weitter geschehen wirdt, solle
die zeit lehren. Die generals undt ofificirer fangen auch ahn, hir
weg zu ziehen. Der duc de Yandosme hatt nun Yerüe einbekom-
men, hatt sich auif discretion ergeben. Ich muß lachen über daß
jiedt, so Ihr cittirt. Wer kan Euch daß gelernt haben? Daß ju-
billee hatt noch nicht alle abbes bekehrt; man mögte zu Paris
noch woU ettliche finden, so sich vor den damen schicken. Daß
habe ich mein leben nicht begreiffen können , wie man verliebt von
geistlichen leütten sein kan. Weder Ewer Schwester noch Ihr habt
gar die reputation nicht, coquet zu sein. Daß Ihr nicht dissimal-
liren könt, liebe Amellisse, da könte ich woll sagen : «Je reconois
mon sang». Daß habe ich auch nie lehrnen können, ob es mir
zwar woll hoch nohtig gewest were in dießem landt, da man gar
wenig sinceritet findt. Waß mich hir ahn freündtschafft zu machen
verhindert, ist, daß man schir keine mitt jemandts hir haben [kann],
daß man nicht gleich sage, man seye verliebt in Euch oder Ihr seydt
verliebt in jemandts. Daß hatt mich alle conmierce brechen ma*
chen undt habe gar keine freunde mehr, bringe mein leben ein-
389
sabm, zimblich langweillig, aber docb in ruben zu. leb sebe, daß
Ibr von der opinion seydt, wie man im opera von Alceste singt:
Je n^ay ppint de choix a faire.
Songeons a aimer et a plaire
et vivons toujours en paix !
L^hymen destruit la tendresse,
il rend Pamour sans attraix.
Youlles vous aimer sans cesse,
amants, n^espousses jamais!
Youles vous aimer sans cesse,
amants, amants, n'espousses jamais!
Undt ein cavalier, so vor ein jabr gestorben, sagte alß: «Qnel
amour qu'on pnisse avoir, dais qn*on entre au lit d*bimen, Tamonr
sort du coeur». Da segt Ibr, liebe Amelise, daß Ihr nicbt allein
von Ewer opiliion seydt. leb weiß nur gar zu woU, wie silaneieux
mein vetter, der cburförst von Braunsweig, ist; den ieb babe die
experientz davon, babe I. L. nie niebts außpreßen können, sprach
mitt niemandts bir, alß immer mitt monsieur Wey. leb werde
nieht manquiren, morgen ahn ma tante zu rühmen, wie eontent Ihr
vom ehurfürsten, ihren herrn söhn, seydt. Es muß aber Ewfer
selbst wegen sein, daß dießer herr mitt Euch gesprochen; den mitt
mir selber hatt er ja nie sprechen wollen, wie I. L. bir wahren.
Es ist kein wunder, daß ich Euch undt Amelisse lieber babe, alß
der churfürst Etlch hatt; Ihr seydt mir näher undt über daß so
seydt Ibr ja in Ewern kindtsjabren bey mir erzogen, daß macht
auch noch viel dazu. Seydt versichert, daß ich Euch undt Louisse
recht lieb habe! undt ambrassire Euch beyde von bertzen.
Elisabeth Charlotte.
243.
Marly den 25 April 1705.
Hertzallerliebe Louise, ich will dießen abendt ahnfangen, auff
Ewerm lieben brieflf vom 14 April zu andtwortten, so ich beütte
morgen entpfangen; den morgen werde ich es gewiß nicht ^hun
können, da ich ahn ma tante, unßere liebe churförstin, ahn die
königin in Spanien, ahn n^ein dpchter und noeb ahn 3 personnen
390
za Paris zu schreiben habe. Mein husten ist, gott lob, lengst vof-
bey. Mir ist nichts gesonders in der weit, alG die bewegung; bin
aber ein wenig faul geworden; den es kost mühe, so einen dicken
bauch zu schlepen, wie der meine ist. Wir haben etlich tage
schön Wetter gehabt, nun aber regnets wider. Wir haben hir don-
nerstags, freytags, sambstag undt montag gejagt; seyderdem aber
ist dem könig daß pottagram so starck ahnkommen, daß sie daß
bett hütten müßen, also die jagt zum endt. Wir haben heütte wider
nach Yersaille, die reiße ist aber vor 8 tag aufgeschoben. Gott
gebe nur, daß der könig tlber 8 tag fort kan! Wen ma tante daß
Wetter von jener woche hatt, hoffe ich, daß sie sich mitt spatziren
werden zu nutze machen. Es erfrewet mich recht von hertzen, daß
ma tante wider gelacht hatt undt sich woU befindt. Gott wolle
ferner helffen! Burnet hatt ma tante allezeit divertirt. Daß freflllen
von der fürstin von Hohenzoldern erweist, daß die heüraht in dem
himmel gemacht sein; alles ist verhengnuß, liebe Louisse! Es ist
kein wunder, daß der admiral Laeque Pointi geschlaß^n. * Pointi
hatte nur 12 schiff, davon 8 vom wind separirt wahren; hatt sich
mitt 5 schiff gegen 35 wehren müßen. Dießer schönnen knnst hatt
sich Lacke nicht hoch zu berühmen; daß könte woll ein onge-
Bchickter, alß er, thun. Es ist woll war, daß der krieg eine heß-
liche Sache ist. Die keyßerliche haben noch alle die spanische gra-
vitet, können also nicht so geschwiudt undt hurtig sein, wie die
Engländer. Die diejhrige verliehren, jammerQ mich allezeit, auif
welche seydt es auch sein mag. Es ist artig von herrn Max sohn-
gen, daß es so jung in den krig will; ist mir leydt, daß der herr
Max ahm meisten gleicht, nicht auch dieße inclination hatt. Ich
habe herr Max s. recht lieb gehabt, werde mich also allezeit vor
seine kinder interessiren , auch weillen sie Euch so nahe seindt.
Hiemitt ist Ewer schreiben voUig beantwortet; werde auch ahnAme-
lisse schreiben, nachdem ich Euch versichert, daß ich Euch rechtt
lieb habe.
Elisabeth Charlotte,
*
* ? geschlagen.
391
244.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Marly den 26 April 1705.
Hertzallerliebe Amelisse, alleweill habe ichLouisse geantwortet,
Duu will ich Euch auch entreteniren. Ich mögte wißen, welch liedt
man in der lutherischen kirch gesungen, wie Ihr nein seydt gangen.
Ich weiß nicht, ob ma tanteEüch gesagt, daß mein söhn gefunden, daß
die melodey «Von gott will ich nicht laßen» ein entr^e von balet ge-
weßen ist, von Gharle 7 ist. Es ist lenger, alß 4 jähr, daß ich nicht mehr
zu pferdt jage, sondern fahre, wie der könig, in kleinen caleschen
mitt 4 pferdten, die gar geschwindt renen; man sieht oder hört die
jagt immer; es schudelt daß miltz braff. Ich habe keine fasten ge-
halten; den ich kan es ohnmöglich außstehen. Hir seindt pfaffen
nicht so gehertzt, den teüffel zu den damen zu schicken; die damen
seindt zu sehr gedeniessirt hir undt wenige fürchten den teüffel.
Man kont von dem dragoner mitt recht sagen, daß man einen ar-
men tetlffel arestirt hatte; den pfaffen solte maus vor die schönne
invention schencken. Ich bin fro, daß ma tante nach Zel geht; den
daß reißen bekompt I. L. woU, werden auch mehr verenderung dort
haben, alß in dem jetzt trawerigen Hannover. Es ist etwaß rares,
daß pirlen wider kompt„ aber zeichen von einem großen alter, wel-
ches gott der almachtige bey ma tante wolle wahr machen. Adieu!
Ich muß mich erkundigen, wie es mitt unßerm könig stehet, so
daß pottagram ahn beyden fttßen hatt; will Euch doch versichern,
liebe Amelisse, daß ich Ettch von hertzen lieb habe undt allezeit
behaltten werde.
Elisabeth Charlotte.
245.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 2 May 1705.
Hertzliebe Louise, heütte morgen habe ich Ewern lieben brieff
vom 21 April zu recht entpfangen, hette ihn schon vergangenen
392
dinstag haben sollen. Ich andtwortte heütte; den morgen wirdt es
mir zu schwer fallen; den ohne den Ewerigen, liebe Louisse, muß
ich morgen 7 brieffe schreiben, undt damitt ich die morgende post
nicht yerseümen möge, schreib ich heütte; den Ihr seydt nicht
cnrieux genung, nmb zu wißen, waß hir geht. Zudem so werde ich
auch erst mein paquet morgen machen, also im fall waß rares vor-
gehen solte, so ich doch nicht glaube, könte ich es noch hinzu-
setzen. Letzte post habe ich Ewer undt Ewer Schwester briff zu-
gleich bekommen, auch beyde vor 8 tagen beantwortet. Mein
husten ist weg gangen, wie ichs gedacht hatte. Ich bekümere
mich wenig umb der docktoren ungedult. Wie ich den meinen ge-
wehlt, habe ichs ihm zum vorauß gesagt, daß er keinen blinden
gehorsam von mir zu fordern bette, daß ich ihm zwar erlaube, seine
meinung zu sagen, sich aber nicht zu ärgern, wen ich sie nicht
allemahl folge, daß meine gesundtheit undt mein leib mein seye,
wolle ihn also gouverniren, wie ichs selber apropo finde. Die dock-
toren mtlßen woU waß daher sagen von ihrer kunst, umb sich nölh-
tig zu machen; ich finde aber nichts gelehrters, alß die natur, laße
also selbige walten; wen sie fehlt, alßden hatt sie hülff von nohten
undt noch zeit genung, daß man sich mitt quackleyen plagt.. Die
docktor können kaum kranckheytten heyllen; wie weiten sie den
selbige vorkommen! Wen man sich ahn daß docktoriren gewohnt,
wirdt die natur faul undt man findt sich gezwungen, alle jähr wi-
der daßelbe zu thun, welches ein eilendes leben macht. Alle artze-
heyen seindt mir so zuwider , daß , wen ich eine medecin nehmen
muß, kau ich die gantze nacht nicht schlaffen, undt wen ich sie
genehmen, bin ich gritlich wie eine wandtlauß. Ich abrobire, daß.
man waß braucht, wen man kranck ist; aber ehe ich kranck bin,
bringt man mich nicht dazu. Daß aderlaßen kan ich nicht ver-.
tragen, es benimbt mir gleich alle kräfften; ich muß gar kranck
sein, wen ich zur ader laß. Mich deucht, in ma tante alter lest
man nicht mehr ohne große nohtwendigkeit zur ader. Gott gebe,
daß die zelische reiße glücklich undt woll ablauffen möge! Die
frische lufft wirdt ma tante eher die hauptschraertzen benehmen,
alß hundert aderläß. Eine contesse de Fiesque, so über 80 jähr
alt geworden ist, hatt ihre zeit gehabt, wie ma tante, die fraw
churfürstin. Ich estimire den hanoverischen hoffdocktor, ma tante
frey herauß zu sagen, daß sie die aderläß nicht von nöhten haben;
393
den soDst die docktoren seindt so h'O, wen sie waß zu ordonnireü
bekommen, daß sie es woll nicht auß der bandt schlagen. Es ist
keine kranckheit, die ma tante den schlaff verwehrt; es ist leyder
noch die betrübtnuß, daß kan allein die zeit wider bringen. Vom
graff von Nassau- Weilburg sage ich nichts mehr; es ist eine rechte
ungemachliche sache mitt der neßelsucht. Ich bin fro, daß Ihr ein
wenig verenderung gehabt habt, bey dem englischen envoyes zu
eßen. In meinem sin undt nach meinem schmack richten die eng-
lische koche beßer zu, alß die frantzösche. Man macht sich offt
lustiger in eine kleine, alß große geselschafft. Ich muß lachen, daß
Ihr Euch in meine protextion recommandirt ; es ist etwaß gar vor-
theilhafftiges. Ich kan mich nicht dran gewohnen, daß reichsgräf-
finen ihren rang nicht mehr in Teütschlandt [haben]; daß is.t
recht ridicule. Hiemitt ist Ewer brieff, liebe Louise, gar exact be-
antwortet ; bleibt mir nur Überig, Euch zu versichern, daß ich Euch
allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
246.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 10 May 1706.
Hertzliebe Louise, gestern habe ich Ewern lieben brieff von
Zel vom 25 April entpfangen. Ey, liebe Louisse, umb gotteswillen,
macht mir nicht so viel complimenten! Wir seyndt einander zu
nahe, umb so sehr zu complimentiren. Daß were schön, wen ich
Euch undt Ewere Schwester nicht beständig lieb bette. Ihr habt
mir beyde Ewer leben nichts zuwider gethan; ich habe Euch von
Ewer kindtheit ahn lieb gehabt undt wie solte ich Euch den jetzt
nicht lieb haben, da Ihr Euch beyde durch Ewere tugendt von alle
estimiren macht, so Euch nichts ahngehen, wie viel mehr von mir,
die ich Ettch ja, wie schon gesagt, so nahe bin undt nichts alß
zeichen einer wahren freündtschafft von Euch beyden entpfange!
Mitt wem fährt den I. L. der churfürst von Braunsweig nach Zel,
daß I. L. nicht in dero fraw mutter kutsch sein? Ich glaube, daß
es nicht gemächlich ist, in der Ipitsch cartten zu spillen; den die
cartten fallen leicht, Es ist mir bang vor dem hertzog von Zel
394
Libten; den wen die leütte von seinem alter ahnÜEingen za endern,
ist es gar ein schlim zeichen. Gharprintz nndt printzes thon woll,
sich lustig zu machen. Ich habe daß lachen gantz verlernt, ist
gantz anß der moden hir. Schachspiel ist ein recht spil vor dem
chiirfürsten von Brannsweig; den da denckt man nur andt spricht
nicht. Daß kompt mir wunderlich vor, daß die hertzogin Zel den
nachmittags bett Ich bin fro, daß mein compliment patte nicht
unahugcnebm geweßeu; den ich habe den gutten herrn von hertzen
lieb. Deß duc de Bretanien aderläß hatt übel zugeschlagen. Hir
laßen sie kindem von 3 mont zur ader. Der duc undt die duchesse
de Bourgogne seindt so jung, daß sie allem ahnsehen nach viel
kinder bekommen werden. Ich dancke Euch sehr vor Ewerm gut-
ten wünsch, undt nachdem Ewer lieber brieff durchauß beantwortet
ist, sage ich nichts mehr, alß wie ich Euch allezeit von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Chaiiotte.
247.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Marly den 16 May 1705.
Hertzliebe Amelise, heütte morgen habe ich Ewer liebes schrei-
ben von 5 dießes monts zu recht entpfangen. Es ist ma tante gar
woll erlaubt, uußer secretten zu leßen. Ich weiß nicht, waß eia
breytiegel ist, undt habe nie davon gehört. Es ist nicht ohn, daß
es eine betrübte sache ist, andere weg zu reyßen sehen, wo man
gern bey ist, undt allein zu hauß zu bleiben. Jedoch so sehe.ieh,
daß Ihr Euch in der abweßenheit vom hofif zimblich lustig gemacht
habt, welches ich Euch von hertzen gönne. Daß [kann] ich mich
hir nie berühmen, mich mitt gutten freunden lustig gemacht m
haben; den daß geschieht mir nie, undt ob wir zwar hir 14, 15,
16, ja 17 personnen ahn einer taffei eßen, geht 6s stiller her, alß
in einem nonenrefectoir. Ein jedes ist vor sich weg undt wirdt
kein wordt gesprochen, noch ahn kein lachen gedacht. Der Wandt,
so mitt Euch geßen, war es mein Wendt oder ein Wein, so ma
t^nte page geweßen? Wens der meine ist, mögt ich wißen, ob ^r
395
sein Tetttsch wider gelernt hatt; den hir hatte er es gantz ver-
geßen, verstundt kein eintzig wordt mehr. Monsieur Ortance ist
noch von meiner kondtschafft. Wie ich zu Hanover war, hatte ich
ein waschmagt, die hieß Felitz; da wurde signeur Ortence sehr
verlieht von. Daß Sprichwort: «Es ^seindt keine poßen, wen alte
weiher tantzen», hatte ich noch nie gehört, hatt mich lachen ma-
chen; daß geschieht mir nicht offt. Ich weiß nicht, ob monsieur
Frissendorf die cittatiou vom opera von Alceste vor gültig helt. Es
wer eine große kunst, wen Ihr I. L. den churftirsten zahm machen
kontet. Ihr seydt dem churfürsten undt churprintzen ja nahe ge-
nung, umb Euch zu besuchen können. Zudem so war seine fraw
mutter, die printzes von Allen, ja wie Ihr auch; hatte sie ein
beßer glück gehabt, so hatt sie es doch nicht so woll meritirt alß
Louisse undt Ihr. Soubliciren ist ein nagelneu wordt, hir sagt man
solicittiren. Waß ist der licent? Daß verstehe ich gar nicht, liebe
Amelise! Waß mögt Ihr den woll zu Hannover geben müßen? ist
es kopfifgelt, wie hir vielleicht? Ich weiß nicht, wie Ihr nun seydt;
aber wie Ihr ein kind wahret, wäret Ihr gar nicht heßlich; weiß
nicht, wie Ihr geworden seydt. Es ist etwaß rares in dießem
siecle, sich zu berühmen können, daß man viel gutte freündte
[habe]. Weret Ihr hir, würde Euch daß zahnbleckeu greulich
vergehen; den alles ist bludtsserieux undt daß lachen gar nicht
mehr a la mode. Daß Ihr Euch nichts ahnfechten laßet, da thut
Ihr gar woll ahn; nichts ist gesunder. Ich habe Eweren brieff,
liebe Amelisse, gar nicht zu lang gefunden undt habe recht gern,
daß Ihr naturlich undt ungezwungen mitt mir sprecht. Außer der
kirch bett ich nie in einen buch, mache alle meine gebetter selber.
Ich wolte doch daß buch woll sehen; den es muß eine große ar-
beydt sein. Es ist kein Garteyßer, so ein stiller undt einsamer le-
ben führt, alß ich. Ich glaube, ich werde endtlich daß reden ver-
lehrnen, jedoch werde ich nun hinfüro ein wenig mehr reden; die
fraw von Botzenhaussen kompt heütte abendts oder morgen ahn,
mitt der überlege ich noch woll die alten geschichten unßerer ju-
gendt. Ich will Euch woll mein leben hir sagen. Alle tag, außer
sontag undt donnerstags stehe ich umb 9 auff, hernach knie ich
nieder undt verichte mein gebett undt leße mein psalm undt capit-
tel in der bibel. Hernach waß ich mich, so sauber ich kan;
nach dem schelle ich, den kommen meine cammerweiber undt zielten
S96
mich ahn, amb V4 anff 11 bin ich ahngethan; den leße ich oder
schreib. Umb 12 gehe ich in die meß, welche keine halbe stunde
wehrt; nach der meß rede ich mitt meinen oder andern dameii.
Uinb 1 precis geht man zur taffei. Gleich von der taffei gehe ich
in mein cammer ein viertelstundt auff undt ab, darnach setze ich
mich ahn meine taffei andt schreibe. Biß amb halb 7 laß ich
meine damen hollen, gehe eine stnndt oder anderthalb spatziren,
den wider in mein cammer biß zum nachteßen. Ist daß nicht eine
rechte einsidelley? Etlich mahl fahr ich auff die jagt, daß wehrt
eine stundt, 2 auff bögst, den wider in meine cammer. Auff der
jagt bin ich gantz allein in einer caleschen, schlaff offt ein, wen
die jagt nicht zam besten geht. Man ist umb 10 zu nacht, umb
V« auff 11 geht man von [der] taffei ; den zihe ich meine uhren auff,
thue mein sackzettg in einem korb, ziehe mich auß. ümb 12 gehe
ich wider, wo ich morgendts hingehe, leße dort undt den zu bett. -
Daß ist mein gantz leben, welches eben nicht gar lustig ist. So
lang es wehren wirdt, werde ich Euch allezeit recht lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
248.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hanorer.
Marly den 16 May 1705.
Hertzliebe Louisse, hetttte morgen habe ich Ewer undt Amel*
lisse brieff zugleich entpfangen. Mich wundert, daß Ihr so regnigt
Wetter habt; den hir haben wir seyder 14 tagen daß schönste Wet-
ter von der weldt. Ich leße alß mitt freüden, wen ma tante -auß-
fahrt; den die lufft dissipirt die trawerige gedancken. Es were
mir leydt, wen ma tante in Hemhaussen wohnen solte, ehe daß
gebäu drocken wehre; den in der weldt ist nichts ungesundets. E9
ist ein graff Brockdorff hir geweßen unter den gefangen. Der
hatt mir gesagt, Ihr bettet mir Tor ihm undt seinen bruder ge-
schrieben; er were page bey der churfürstin zu Pfaltz geweßen.
Dießer graff ist gar nicht klein, ein langer raner mensch. Er sagt,
seine fraw rautter were der Leschenbrandt Schwester geweßen. Ich
bin fro, daß es der Schlennnitz nicht geweßen, so ich gekandt, so
so eine abscheuliche that gethän hatt. Wen mich die fraw von
Pegenfelt kenen solte, würde es Ihr woll kein wunder nehmen^ daft
397
ich mich interessire in waß herr Max s. ahngehen kan, den ich
allezeit vor meinen gutten freündt gehalten. Ich glaube, daß der
armen fraw von Degenfeit greulich an dt nach Euch undt Amelis
thun muß. Alles zerstrewet sich zu Franckfort, wie ich sehe.
Ich finde, daß es ein rechter trost ist, zu gedenken, daß alles
verhengt ist undt daß man nicht selber schuldig an sein unglttck
ist, sondern unß alles von einer allmächtigen handt herkompt, daß
wir also nichts zu thun haben, alß unß in seinem willen zu erge-
ben, in deßen schütz ich Euch befehle. Wen Ihr mein gantz leben
wißen woldt, so lest mein brieff ahn Amelisse! Adieu, liebe Louise!
Seydt versichert, daß ich Euch von hertz lieb habe!
Elisabeth Charlotte.
249.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Paris. *
Versaille den 23 May 1705.
Hertzliebe Amelise, ehe ich von Marly weg bin, habe ich
Ewern lieben brieflf vom 15 dießes monts entpfangen, will gleich
drauff antwortten; den morgen werde ich so viel zu schreiben ha-
ben, daß ich nicht weiß, ob ich zeit würde finden können, Ewern
lieben brieff zu beantwortten ; derowegen werde ich es dießen abendt
thun. Ich hoffe, daß der starcke schnupen, so Ihr gehabt. Euch
eine größere kranckheit verhütten wirdt; den daß nimbt viel Übels
weg. Ich meinte, man singe zu Hannover nur noch alß die alten
geistliche lieder, so in dem hannoverischen gesangbuch sein undt
deren ich noch viel weiß. Ich admirire, wie Ihr eine predig ohne
schlaffen hören könt; daß were mir durchauß ohnmöglich. Ich
glaube undt zweyffle nicht, daß ich eine seele habe; allein ich
weiß nicht, wen sie lustig oder trawerig ist, aber müht von der
weit sein, daß weiß ich gar perfect, aber ich wünschte eben nicht,
zu sterben, sondern nur, daß^^ man, waß tibels in der weit ist,
endern möge. Wen unßer könig deß keyßers kranckheit hette,
solte ihm billig bang sein; aber der keyßer hatte daß pottagram
nicht undt der könig keinen stein, also nichts zu fürchten, ünßer
könig ist zwey jähr älter, alß der keyßer ist. Die itzige keyßerin
♦ ünDQoyer.
398
habe ich recht lieb; bin fro, daß sie Euch auch gatt ist. Ach, ich
wolte lieber, daß I. G. meines herr vatters bludt in der Pfaltz
noch regieren könte; aber ich göute es doch ma tante woll, köni-
gin zu sein; den sie es mehr, alß niemandts in der weldt, meritirt.
Allein ich habe doch ein Interesse, so den wünsch, ma tante köni-
gin zu sehen, balancirt; ich furcht, man würde mir alßden nicht
mehr erlauben, briefif mitt I. L. zu wexlen, nndt daß ist mein
gröster, undt kan mitt warheit sagen, eintzige trost ondt freüde in
dießer weldt. Daß die jetzige keyßerin großen yerstandt hatt, daß
ist gar gewiß. Ich habe gehört, der itzige keyßer schiäfft nicht
mehr bey seiner gemahlin; so kan sie ja keinen söhn bekommen.
Offt geschichts, daß die so gar desbauchirte männer wenig kinder
bekommen. Ein docktor hir sagte einmahl, alß man ihn fragte,
warumb der königin ihre kinder nicht gesundt weren, wie gemeine
kinder, andtwortete er: «G'est que le roy n'aporte que la rinsure
de ces veres a la reine». So mögte mitt dem römischen könig
auch woll gehen. Es ist nichts heimbliches, daß der itzige keyßer
galant a onttrance ist; die gantze weldt redt davon, aber Ihr könt
woll sicher sein, daß ich nicht sagen werde, daß Ihr, liebe Ame-
lisse, davon gesprochen habt. Ich sehe nicht, waß zu lachen, daß
eine printzes hoffiich war undt viel reverentzen machte. Man ist
genung ahn denen gerochen, so so mal apropo lachen, indem sie
ihre impertinentz völlig erweißen undt also sich selber ridicuUer
machen, alß die, so sie außlachen wollen. Frey lieh finde ich, daß
die römische königin meritirt, keyßerin zu sein. Daß ist auch war^
liebe Amelisse, daß ich der keyßerin fraw mutter, unßer hertzogin,
kein rast noch ruhe gelaßen habe, biß ich sie von hir weg ge-
bracht habe; den es war mir alß vor, daß es ihr glück sein würde.*
Wie Ihr Euch verhalt, liebe Amelisse, kan nichts raisonablers sein.
Daß Sprichwort: «Traw! schaw, wem!» ist nur gar zu nöhtig; aber
waß gantz ohnnohtig war, ist Ewer compliment, so Ihr mir macht
Yertraweu zu einem zu haben, ist gar zu obligent, alß daß man
hernach eine entschuldiguug drüber machen solte. Also last EOchs
nicht gerewen, diß compliment nicht eher gemacht zu haben! Hie-
mitt ist Ewer briff, liebe Louisse, völlig beantwort undt werde
nichts mehr sagen, alß daß ich Euch, liebe Louisse, von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
3d9
250.
A mad. Amelie Elisabeth , raugrafiSn zu Pfaltz , a Hannover.
i
Versaille den 11 Juni 1705.
Hertzliebe Amelisse, daß buch, so Ihr mir schicken wolt, muß
nicht groß sein, weillen es auff der post kommen kan. Ich werde
Euch sagen, wie ich es finde, wen ich es gesehen werde haben.
Nun begreiflf ich woU, waß der licent ist. Ich habe nicht in acht
genohmen, daß Ihr Veiut geschrieben hattet; meinte, es were
Wendt geweßen. Es ist kein wunder, daß signeur Ortance in seinem
alter nicht mehr verliebt ist; da hatt er zu gutten venstandt dazu.
Daß alter bringt leicht Verdruß undt trawerigkeit mitt, ich spüre es
nur zu woU. Monsieur Frissendorf frawen oncle ist gar ein ehr-
licher gutter man, er heist monsieur Cronstrom. Ich halte recht
viel von ihm, hatt verstandt undt ist recht dinstbar, thut einem
allen gefahlen, so er nur kan undt mag. Ihr seydt glücklich, .mitt
menschen umbzugehen können undt Euch lustig machen; «J^en cog-
nois de plus misserable» , wie in versen stehet. Daß wetter ist
eben nicht gar heßlich hir, aber es ist so kalt, daß alles die nachte
erfrirt. Von dem spiel, daß man in ein eck pfeifift, habe ich mein
leben nichts gehört. Liebe Amelisse, rechnet Ihr die freyheit, zu
thun, waß man will, vor nichts, undt in keinen sorgen zu stehn,
ob man woU oder übel thut? daß thut doch viel. Von ordenung
halte ich auch viel, wen sie gutt ist. Lachen ist eine gewohnheit;
man gewehnt sichs ab, wie man sichs ahngewendt hatt. Die fraw
von Rotzenhaussen thut ihr best, aber die gewohnheit vom lachen
ist bey mir vorbey. Meine gesundtheit ist seyder acht tagen nicht
zum besten geweßen, bin nicht außgangen, habe einen starcken
husten gehabt; daß thut daß unbeständige wetter. Die gottloßen
betten, glaube ich, auß gewohnheit undt leben übel, weillen sie
ein böses naturel haben; aber ich bette eben nicht mitt dem eyffer,
so ich betten solte, bin in allem ein wenig indollent. Hofflich sein
ist allezeit gutt; freündtlich sein ist nicht so nöhtig. Niemandts
leydts thun, ist löblich. Ihr hettet nicht nöhtig, gutts von Euch
zu sagen; den andere leütte sagens gennng. Die churprintzes zu
Hannover thut woll, sich recht lustig zu machen. Chevallie de St
400
Vill kene ich nicht, undt wen er auch bey hoff were, wüste ich
nicht, ob er lustig oder trawerig; den ich gehe mitt niemandts
mehr umb. Meine gesundtheit drincken wirdt mir den husten ver-
jagen. Adieu, liebe Aroelisse! Ich habe Etlch recht lieb.
Elisabeth Chariotte.
251.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 11 Juni 1705.
Hertzliebe Louisse, es war mir vergangen sontag ohnmOglich,
auff Ewern lieben brieff zu antwortten, erstlich weillen ich zu viel
zu schreiben hatte, undt darnach auch weillen ich einen abschefi-
liehen husten mitt kopffwehe hatte, welcher nun, gott lob, wider
viel beßer ist. Deß monsieur Burnets brieff hatt mich von hertz^n
lachen machen, er war recht artig. Ja, liebe Louise, legt Ihr
Euch auffs complimentiren , so erwahrt keine andtwortl den compli-
mentiren kan ich durchauß nicht. Ich bin persuadirt, daß Ihr mich
lieb habt, Ihr glaubt es auch von mir; waß bedarffs weitter viel
umbschweiff? Ich fürchte, ma tante wirdt sich mitt ihrem aderlaßen
schwächen; den mich deucht, daß es in I. L. alter gutt ist, sein
bludt zu behalten. Gott gebe, daß es woU ablauffen möge! Ich
muß lachen, daß der churfürst von Braunsweig lieber allein mitt
monsieur Wey fährt, alß mitt seiner fraw mutter. ümb Euch
nicht zu ärgern , will ich nicht sagen , waß ich davon gedencke. - £9
ist kein wunder, daß bey dem gar kalten wetter (den es frirt alle
nacht) der husten sich wider mercken [läßt]. Der meine vergeht, ohne
daß ich waß änderst dazu thue, alß nachts waßer drincken undt
ein wenig von dem indianische cachou, so mademoiselle de Ma-
lauze mir geschickt, unter die zunge lege. Daß warm hier, wo-
von Ihr sprecht, ist es nicht bederdeel, wie wir alß abendts zu
Heydelberg druncken? Ich glaube, daß, wan ein mittel getroffen
würde zwischen den alzustarcken serieux von den hannoverschen
damen undt daß wilde leben vom lotheringischen hoff, solte es waß
gar rechts sein. Ich versichere Euch, liebe Louisse, daß ich mitt
leütte gesprochen, so gar nicht partialisch gegen die Gamissaren
sein; die haben mir geschworen, daß es etwaß abscheuliches seye,
401
wie die Gamisaren mitt den letttten ambgangen sein/ Es ist mir
verbotten, auf nichts von religionsachen zu raisonniren; nur daß sa-
gen, daß die dem jungen keyßer rahten werden, sich mitt den
revoltirten zu vergleichen, werden I. K. M. keinen schlechten dinst
thun. Daß Sprichwort sagt alß: «Es kompt selten ein beßer her-
nach» ; aber wen er nur mitt seiner keyßerin woll lebt , werde ich
schon von ihm zufrieden sein. Meine protextion, liebe Louisse, ist
eine schlegte sach; aber seydt versichert, daß ich Euch allezeit
von hertzen lieb behalten werde!
Elisabeth Charlotte.
254.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 17 Jörn 1705.
Hertzliebe Louisse , vergangenen sontag war es mir ohnmöglich,
auffEwerm lieben brieff zu andtwortten, so ich sambstags entpfangen
hatte; habe es biß auff nun versparen müßen. Amelisse brieff habe
ich auch zugleich entpfangen ; den man bringt mir diß jähr alß die zwey
posten zugleich. Daß incommodirt mich doch nicht, liebe Louisse! den
ich weiß woll, daß Ihr nicht übel nembt, wen ich nur nach gelegen-
heit schreibe. Weitter weiß ich nichts vom graffen Brpckdorf, so
wir hir gehabt haben, alß waß ich Euch schon davon geschrieben
habe. Meines brudern s. gemahlin hatt mir deß armen Leschen-
brandtels todt geschrieben; sie ist ahm schlag gestorben, gar sanfft;
meines brudern gemahlin ist recht betrübt umb sie. Ich habe recht
gern, wen ma tante außfahrt; den daß ist gutt vor I. L. gesundt-
heit. Mich verlangt, zu vernehmen, waiß daß oracle von der für-
stin von Zollern geweßen; hoffe, daß Ihr mirs erste post berichten
werdet. Der regen ist nun hir eingefahlen , es regnet schon 3 tag
ohne auffhören. Den husten kan man diß jähr nicht quit werden,
ich habe ihn schon zum 5 mahl diß jähr bekommen. Es hatt hir
ein mont lang alle nachte eyß gefrohren. So ein doli wetter, wie
es diß jähr ist, habe ich mein leben nicht gesehen. Hiemitt ist
Ewer lieber brieff beantwortet, werde auch ahn Amelisse andtwort-
ten; den morgen habe ich der zeit nicht, es ist ein festag> man
muß in kirch undt abendts wirdt man nach Trianon, wo wir etliche
Briefe der Prinxessin EÜMbeth Oharlotto. 26
402
tage bleiben, welches mir leydt genang ist, den ich bin lieber hir,
wo ich gar woll logirt nndt alle meine gemachlichkeit habe; aber
dem könig auffzuwartten , weill es I. L. beliebt, daß ich hin soll,
werde ich hin. Adien, liebe Louissel Ich ambrassire Euch von
hertzen andt versichere, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
255.
Versaille den 18 Juni 1705.
Hertzliebe Amelise, Ihr thut gar woll, mir fleysig zu schreiben.
Es ist nicht allezeit nöhtig, waß neues noch artiges zu sagen; wen
es kompt, ist es desto beßer; aber wen ich nnr weiß, daß Ihr ge-
sandt-sey dt nndt wie Ihr lebt, bin ich schon zufrieden. Man hatt
mich nie geflitzt, in der kirch zu schlaffen; habe mirs also so
starck ahngewont, daß ich es nicht wider abgewehnen kan. Wen
man morgendts predig, schlaffe ich nicht, aber nachmittags kan ich
es ohnmöglich laßen. In den commedien schlaff ich nie, aber gar
offt im opera. Ich glaube, daß der teüffel wenig dran denckt, ob
ich in der kirch schlaff oder nicht; den schlaffen ist eine indifferente
sach, welche keine Sünde, sondern nur eine menschliche Schwach-
heit ist. Wir sehen wenig prediger, so die kunst haben, unßere
passionen zu demffen; seindt sie starck, so werden sie unßer mei-
ster; seindt sie schwach, werden wir meister. Aber die herm pre-
dicanten thun nichts davon, noch darzu, sie seindt menschen eben
wie wir undt haben genung mitt sich selber zu thun. Wen Ihr
predigen wolt, versprech* ich Euch versprechen, in Ewer predig
nicht zu schlaffen, undt weillen Ihr ein lustige Christin seydt, so
hoffte ich, Ihr wurdtet auch den himmelsweg mitt geigen beheno
ken. Dießes gebett ist nicht schlim, von einen frolligen geist ent-
halten zu sein. Man sieht in dießem landt so viel lustige alß trawe-
rige boßhafftig, also darauff gar nicht zu bawen ist. Unßer herr-
gott gibt daß temperament, umb lustig undt trawerig zu sein, aber
hernach so thut die zeit undt daß alter auch viel dazu. Ich bin
viel lustiger geweßen, wie ich jung war, alß nun. Nun bin ich
schir alles müht. Wen die fraw Kilmanseck ihrer matter koch
* ? will. *
403
hatt, Werdt Ihr woU bey ihr eßen; den sie sollen gutt sein. Grüßt
sie von meinetwegen! Es hatt ein mont lang hir ahn einem stück
gefrohren undt seyder 3 tag regnets continuirlich. *
256.
A mad. Louissey raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Trianon den 1 Julli 1705.
Hertzliebe Lonisse, seydt Ihr nicht mitt I. L. der churfürstin
von Braunsweig zu Zel geweßen? Den mich deucht, Ihr sprecht
nur von Amelise , daß sie dort geweßen mitt ma tante. Seyder 14
tag ist daß wetter gar nicht unbeständig hir, sondern abscheulich
warm. Ich bin fro, daß ma tante Libten zu Hemhaussen ist bey
dießem schönnen wetter; den ich hoffe, daß es I. L. woll zu dero
gesundtheit thun wirdt undt die trawerigkeit ein wenig dissipiren.
Weillen ma tante in ein kammer schlafft, wo kein frisch kalck noch
gibs ist, kan es I. L. nicht schaden ; ^ wen einem der gerucb von
färb nicht zuwider, schadet es nichts. Ich habe zu Paris zwey jähr
in einer cammer geschlaffen, wo es nach färb gerochen, daß kein
mensch hatt drinen dawern können, aber mich hatts gar nicht ge-
schadt; hoffe also, daß es unßer lieben churfürstin, so kein Wider-
willen dargegen hatt, auch nicht schaden wirdt. Ich glaube, daß
die princes betrübt wirdt geweßen sein, wider allein nach Hannover
zu gehen; den in den jähren betrübt nichts mehrers. Daß es so
gutt u^dt höfflich zu Zel hergeht, wundert mich nicht. Ich kene
den hertzog woll, der ist woll der beste herr von der weit; seine
gemahlin kene ich nicht undt finde sie nicht gar estimable, daß
heist maußdreck under dem pfeffer. Ach, ich hatte daß ende von
Ewerm briff, liebe Louisse, nicht recht in acht genohmen, sehe, daß
Ihr auch zu Zel geweßen seydt undt daß Euch die iseit dort nicht
lang gefahlen ist, welches mir sehr lieb. Die zeit geht zwar ge-
schwindt vorbey, es gibt aber offt gar lange stunden, insonderheit
hir im landt. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Euch
allezeit lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
*
* Der Schluß fehlt.
404
257.
A mad. Amelie Elisabeth , raugräffin zu Pfaltz , a Hannover.
Marly den 9 JuUi 1705.
Hertzliebe Amellisse, ich habe zwar Ewer liebes schreiben vom
24 Juni vergangen sambstag entpfangen, aber sontags kan ich ohn-
möglich ahntwortten ; den selbigen tag habe ich nohtwendig 6 brieffe
zu schreiben, einen ahn ma tante, einen ahn die königin in Spanien,
einen ahn mein dochter nndt 3 nach Paris. Zudem so bin ich letzten
sontag wider von Yersaille nach Trianon, habe Euch also nicht eher,
alß dieße post, andtwortten können. Es ist war, daß Lonisse mir
schon geschrieben gehabt, wie Ihr mitt zu Zell geweßen undt beyde gar
content von Ewerer reiße seydt. Wie ich sehe, waß Ihr mir von die
junge leütte schreibt, daß sie eben jetzt so unahngenehm in Teütsch-
landt sein alß hir. Hertzog Jörg Wilhelm ist noch , wie I. L. alle
ihre tage geweßen sein. Die hertzogin thnt nicht zu viel, zu Euch zu
kommen; den ich bin versichert, daß Ewer Jungfer von beßerm
hauß ist, alß sie. Wie sie in Franckreich war, war alle ihr am-
bition, einen ersten cammerdinner von Monsieur zu heürahten, der
sie nicht gutt genung vor sich fandt. Ich schäme mich recht, wen
ich davon reden höre. Wie ist es möglich, daß Ihr alle* tag ein
bouillon nehmen könt? Daß verdirbt den magen, wie ich glaube.
Daß Wetter muß zu Zell nicht sein wie hir; den seyder 3 wochen
•haben wir daß schönste wetter von der weit undt haben eine ab-
scheuliche hitze anßgestanden ; seyder gestern aber, da es gerech-
net, ist daß wetter gantz abgekühlt. Hett ich gewüst, daß Ihr bey
dem marchalck Bulau eßen würdet, wolte ich Euch, liebe Amelisse,
gebetten haben, dießen meinen alten gutten freündt zu grüßen. Ich
heiß ihn noch alß Jochem Henderich, wie in unßern jungen jähren,
die leyder nun lengst verbey sein. Solche art leütte, wie monsiear
de Laissecour, deren Schwestern siebt man nie hir ahm hoff. DaiS
verstehen die Frantzoßen auff ein endt, auff einem stutz artige lieder
zu machen. Ich meinte, monsieur Bornet blaudert immer ins ge-
lach hinnein. Seine avanture ist eben wie in der commedie von
George Dandin ; es fehlt nur dran, daß er gesagt : «Que la est doax !
U me semble manger des confitm'es». * Der nähme von Canstein ist
*
* Moli^re, George Dandin, acte III, scdneS: „Qa« cela est doux! U me
ßemble que je mange des cunfitures.''
405
mir nicht unbekandt. Ich bilde mich ein, daß, nun I. L. der
chnrfürst zu Brannsweig mitt seinem train n^ch Pirmont ist,
daß ma tante Euch so woll, alß die printzes wirdt nach Hem-
haussen hoUen laßen, nmb dort zu bleiben. Hiemitt ist Ewer lieber
brieff völlig beantwortet. Nach dem eßen werde ich Euch nicht
schreiben; den wir fahren gleich an£f die hirschjagt; Wir mögten
woll ein wenig getauft werden; den die wolcken ziehen sich undt-
es geht ein starcker windt. Adieu, liebe Amelisse! Seydt versi-
chert, daß ich Ettch allezeit von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Oharlotte.
258.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Trianon den 23 Julli 1705.
Hertzliebe Amelise, auß Louisse brieff werdet Ihr ersehen kön-
nen, warumb ich so lange nicht auff Ewern lieben brieff von 5
dießes monts geantwortet habe. Ich habe woll gedacht, daß Ihr
auch nach Hernhaussen würdet. Wie Ihr mir ma tante gehen be-
schreibt, so würde ich I. L. nicht mehr folgen können mitt meinem
schwehren wanst. Versaille ist ein überauß schonner [ort]; die-
ßer aber hier giebt Versaille nichts nach. Wolte gott, ma tante
könte hir spatziren! Wie ich sehe, so lieben I. L. daß spatziren
mehr, alß nie, weillen sie so allein im gartten gehen; hir vergehen
einem die reflectionen, den man darff nicht raisoniren. Ich wolte
lieber, daß es möglich sein konte, daß ich Euch zu Hernhaussen
oder Hannover sehen konte, alß hir im landt; man kan daß wün-
schen nicht laßen, ob schon die Sachen ohnmöglich scheinen. Von
madame Eilmansec will ich nichts mehr sagen. Daß buch hatt aber
kein große eyll. Daß ist alles, waß ich auff Ewern ersten schrei-
ben sagen werde; jetz komme ich auff daß zweytte vom 10 Julli.
Ich weiß nicht, wie ich Ewer buch mitt der postkutschen bekom-
men werde, den es geht keine postkutsch von Paris nach Hannover.
Daß ma tante in perfecter gesundtheit ist, ist woll die beste zeit-
tung, 80 man mir sagen kan, undt die ahngenembste. Groben spey-
ßen seindt nicht ungesundt undt geben gutte nahrung undt beßer,
alß viel bouillongeschlegs. Ich wünsche, daß die occupation, Herrn*
406
haussen zu ziehren, I. L. die trawerige gedancken benehmen möge.
Wie gern mogte ich alle die contrefaitten sehen 1 Diß bringt mich wider
anff meine vorige wünsche. Hirmitt ist Ewer schreiben auch völlig
beantwortet. Ich muß mich heütte erschrecklich eyllen; den in ein
par stunden werden wir den englischen hoff hir haben , werden hir
zu nacht eßen. Ich muß vorher noch 3 große brieff schreiben, kan
also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Euch von hertzen
lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
259.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Trianon den 28 Julli 1706.
Hertzliebe Louisse, es ist schon 12 tag, daß ich Ewer liebes
schreiben vom 30 Juni entpfangen, aber ohnmöglich drauff andt-
wortten können; den zu Marly, wo ich es entpfangen, war gar zu
viel gethuns dißmabl mitt jagten undt musiq, habe auch in der zeit
ein reißgen nach Maubuisson gethan, auch ein tag nach St 0er-
main, also ohnmöglich schreiben können Ich habe nichts Übels
mehr, bin, gott sey danck, in gar volkommener gesundtheit nun.
LungensQchtig bin ich gar nicht undt auch kein brustwehe; sie ist
zu breydt, nmb schaden zu leyden können. Daß wetter ist unbe-
ständiger, alß nie; zu Marly war die gröste hitze undt nun seyder
sontag ist es so kalt undt wehet so ein starcker nordwindt, daß
man woU ein fewer im camin leyden könte. Gott seye danck, daß
ma tante rothlauffen so woU abgeloffen, undt erhalte I. L. ferner
noch viel undt lange jähren! Es ist gewiß, daß I. L. ein gutt tem-
perament haben. Ich mache es wie ma tante, klage nicht, wen ich
kranck bin; habe auch bitter ungern, daß man, nicht gern, daß man
mich fragt*, wie mirs ist; den daß macht bludtsungedultig. Mich
wundert, daß man** tante nicht lieber mitt dem meledy-Kendt-
pulver geschwitz hatt, alß mitt einem andern; daß erhitzt nicht,
wie andere sachen auß den apotecken, undt nimbt alles böße vom
hertzen. Ich glaube, daß es ma tante nicht leydt wurde gewest
sein, zu wißen, daß der chnrfürst, I. L. herr söhn, die sorge vor
* ? bitter OD^ern, daj> man mich fra^. ** ? ma»
iÄriL^'^i
407
Bie gehabt, seinen docktoren von Pirmont za schicken ^ so baldt er
erfahren, daß I.L. unpäßlich wahren. Were solches mir geschehen,
würde ich braff gefiltz [haben], nicht, weill man den docktoren
hollen lest, sondern weiilen es heimblich geschehen nndt wie eine
kleine betriegerey, welche ich nicht vertragen könte. Daß Eüdi
bang be}' der sach geweßen, kan ich leicht glauben; were mir auch
so geweßen, wen Ichs gewust bette; den nichts in dießer weldt ist
mir lieber, alß ma tante; meine kinder undt kindtskinder kommen
da nicht bey. Ich hoffe, daß die gutte lufft nndt schönne wetter
ma tante woU bekommen wirdt zu Herrnhanßen. Ich kan mir
leicht einbilden, wie die princes von Hannover lieber zu Hemhaus-
sen bey ma tante ist, alß allein zu Hannover. Ma tante bekompt
die princes sehr; sie muß verstandt haben, sich so ahn ma tante
zu attachiren; daß ist ihre beste seydt, auch wo sie ahm meisten
ehre von hatt. Hirmitt habe ich Ewer schreiben, liebe Louisse,
exact beantwortet; bleibt mir nichts mehr tiberig, alß Euch zu ver-
sichern, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Oharlotte.
260.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 80 Julli 1705.
Hcrtzliebe Louisse, keinen sontag kan ich ohnmöglich auff"
Ewere liebe brieff andtwortten ; den die tage habe ich gar zu viel
zu schreiben; muß es alß, wie Ihr secht, auff die sontagspost spa-
ren. Ich glaube, daß sich die princes getrost bette, wen ihr herr
vatter lenger außblieben undt sie noch lenger bey ma tante zu
Herrnhaussen bette bleiben können. Ist es ein rohtlauffen, so Ihr
ahn den backen habt, daß Ihr waß davor braucht, liebe Louisse?
Gott seye danck, daß ma tante undt alle ihre kinder so frisch undt
gesundt sein, undt erhalte sie lange jähren dabey ! Wahrens mario-
netten daß oracle, so die fdrstin von Soldenen gemacht hatte? Sie
muß gutt hertz haben, ahn divertissementen zu gedencken in dem
Unglück, wo sie steckt. Ihre dochter soll schön sein; ist zu be-
klagen undt desto mehr, daß man ihr recht unrecht thut; den ich
bin versichert, daß sie kein commerse in Franckreich hatt. Daß
die von Nassau-Sigen von ihrem herrn ist, nimbt mich nicht won-
410
gewogen ist. Wirdt den daß beylager nicht zuAnspach geschehen?
Alle alte brauche kommen den in Tetttschlandt ab, wie ich sehe,
weillen die princes vor dem beylager nach Hannover solle. Es ist
kein wunder, daß ma tante oft kopffwehe halt; sie seindt deO wei-
nen gar nicht gewont undt weinen jetzt alle tag undt nichts in der
weit macht mehr kopffwehe undt zieht mehr flüße nach sich. Ma
tante hatt all ihr leben die geselschafft undt daß gethuns geliebt;
den schadt daß geraß weniger, alß denen, die,, wie ich, gern allein
sein. Mich wundert, daß ma tante sich resc^vBrt, waß einzunehmen;
da brächt Ihr mich nicht zu. Hirmitt ist £wer erstes schreiben,
liebe Louisse, so gutt beantwortet, alß es mir daß abschettltche
heiße wetter erlaubt; komme jetzt auff den zweytten vom 31 Julli.
Gott seye danck, gott seye danck, daß ma tante wider woU ist!
Es war weniger gefahrlich, daß unßere liebe chnrfürstin in der
hitze mitt dem dicken backen gangen, alß in der kühle; den die
hitze dissipirt die flttße. Mich defleht, es stehet nicht fflrstlich,
sich in manteau wie alle burgersletltte undt cammermagt zu heütten,
undt ich finde ein manteau viel ungemächlicher, alß ein grand ha-
bit; insonderheit seindt mir die cornetten unleydtlich. Ach, liebe
Louisse, ich muß auffhören, ich schwitz gar zu unerhört; werde
derowegen nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eflch im sommer,
windter, herbst undt frflhling, so lang ich lebe, allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
263*
A mad. Louise, raügraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 20 August!.
Hertzliebe Louisse, Ewer liebes schreiben vom 4 habe ich ver-
gangen sambstag in ma tante paquet zu recht entpfangen just auff
halb weg Paris in ein dorff, so Seve* heist. Ich fuhr nach Paris,
weillen mein söhn seyder donnerstag sehr kranck war; hatt es nnß
aber erst umb 10 nachts wißen laßen. Ich dachte, daß er die
kinderblattern bekommen würde; er hatte alle die zeichen davon,
kopffwehe, halßwehe, naßeblutten , übergeben, ein gar starck fieber
mitt redoublementen (ich weiß nicht, wie man diß auff Teütsdi
sagt), die äugen so dick, daß er sie kaum auffthun konte. Maa
♦ ? SÄvre.
411
hatt ihm nicht gebraucht, alO zwey clistier undt eine aderläße; da-
mitt hatt alles, gott lob, auffgehört Gestern hatt er medecin ge-
nöhmen undt morgen abendts wirdt er herkommen. Gott sey ewig
danck, daß ma tante wider gesundt ist, undt erhalte I. L. lange
Jahren dabey! Die betrügerey ist nur eine kleine betrügerey, aber
ich konte es nicht vertragen. Daß Ihr aber dem churfürsten ma
tante zustandt bericht, kan, wie ich glaube, L L. nicht verdrießen;
den daß ist billig; auch versichere ich Ettch, liebe Louisse, daß
ich Euch deß wegen nicht vor betrigerisch halten werde; den ich
weiß woll, daß man bey kindern undt krancken allezeit so thut,
undt bin sehr persuadirt, daß Ihr in alles gar den geraden weg
gehet. Amelise andtwort habe ich schon entpfangen. Braune flec-
ken auff den halß zu bekommen, ist nichts ungesundtes; daß ist
naturlich undt wirdt durch baaden der princes nicht vergehen. Ich
admirire, wie die docktoren, wen man sie gewehren lest, allezeit
waß zu thun undt zu brauchen haben wollen. Ich habe im sin, daß,
wen der junge margraff von Anspach ahnkommen wirdt sein , daß
vielleicht woll eine doppelte alliance werden wirdt. Adieu, liebe
Louisse! Ewer liebes schreiben ist völlig beantwortet. Ich werde
nun zur taffei undt nach dem eßen werden wir im parq den hirsch
jagen. Er wirdt sehr schön jagen sein; den es hatt gestern ge-
nung geregnet, umb den staub auffzuhoren machen, undt daß wetter
ist abgekühlet. Sey dt versichert, daß ich Euch allezeit lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
264.
Idarly den 20 August 1705.
Hertzliebe Amelise, es seindt hir viel leütte, so I. L. die prin-
ces von Anspach gesehen, undt loben sie alle sehr. Ich will hoffen,
deß churprintzens heüraht wirdt glücklich, weillen es so lustig ahn-
fengt. Freyllich muß so ein hettraht den hoff auffmuntem. Alles
hatt seine zeit, wie der könig Salomon sagt, traweren undt freüden;
daß trawern hatt lang gewehrt, nun ist es auch zeit, daß die freflde
widerkompt. Es ist ein groß glack, wen ein hettraht mitt jeder-
mans vergnügen geschieht; den 'daß geschieht nicht allemahl, wie
ich nur zu woll erfahren; wünsche sehr, daß dießer heüraht alle-
zeit glücklich sein möge. Mein söhn hatt mir einen braffen schrec»
412
ken eingejagt, hatt sich mitt seinem doUen leben kranck gemacht,
mitt ballen spülen, baaden nndt seine metres zu offt zu besuchen;
es fing starck ahn, hatt aber doch baldt aufgehört, gott lob! den
er ist, gott lob, nun wider gantz gesundt. Der churprintz undt die
princes seindt eben nicht so gar jung, umb zu heürabten; den sie
seindt beyde 22 jähr alt, wie iü der durchleüchtigsten weit stehet.
Im selbigen buch macht man die princes 7 mont älter, alß ihren
bretttigam. Ihr herr bruder keneich woll; er ist gar ein gutt kindt.
Es kam ihm hir wie ein heimwehe ahn nach den kinderblattem.
Ich bilde mir ein, wen er zu Hanover sein wirdt, mogte woll ein
doppelter heüraht geschehen. Der verstorbene margraff war schön
wie ein enckel * von kopff biß zu füßen ; er hatte mehr verstandt,
alß sein herr vatter gehabt hatte, eben keine große vivacitet; waß
er aber sagte, war de bon sens, undt hatte mehr verstandt, alß
der itzige margraff ^ ^ sein herr bruder. Man rafft mich , in kirch
zu gehen; muß schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
wie ich bin undt bleibe, wie ich Ettch schon offt versprochen,
nehmblich Euch, liebe Amelise, recht lieb zu behalten.
Elisabeth Charlotte.
265.
A mad. Louise, raugräfSn zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Marly den 27 Augusti 1706.
Hertzallerliebe Louise, ich habe zwar Ewern lieben brieff ver-
gangen sambstag entpfangen, aber wegen woll bewusten Ursachen
sbntag nicht drauff antwortten können. Ewere brieffe kommen mir
nie abgeschmackt vor, Ihr schreibt recht schön, auff alle weiß,
Bchönne handt undt stiel; aber Ihr habt mir einen rechten gefahlen
gethan, mir zu berichten, liebe Louisse, waß ma tante, die fraw
churfürstin, taglich zu Hannover thut undt wie I. L. dero zeit zu-
bringen. Ihr seydt noch jung, nur die gemächlichkeit zu lieben;
last dießes unß alten leütten, den es beßer, alß den jungen letttten,
zukompt, undt wie im opera stehet: «Les plaisirs les plus doux
sont faits pour la jeunesse>. Ich hoffe, daß die princes von An-
spach alles wirdt ahn Eweren hoff wider munter machen undt auch
die trawerigkeit auß ma tante sin vertreiben. Es ist mir aber nur
*
♦ ? engel.
413
bang vor eine sache, nehmblich daß, weillen I. L. dieße princes
nie ohne die liebe königin s. gesehen, daß es gar eine zu starcke
erinnerang wirdt im ahnfang geben, so alteration verursachen mogte.
Gott gebe, daß es änderst mag hergehen! Mich deucht, zu meiner
zeit wehrte die taffei nicht so lang undt man war nicht lenger, alß
eine stundt, ahn taffei. Ich habe ma tante ein korbgen gemacht,
ihre seyde drin zu thun; den schwere arbeydt, wo man geschickt
bey sein muß, kan ich nicht machen. Es ist auch in der ordre,
daß die solitairen körb machen. Ob hir zwar nur die princessinen
undt duchessen den tabouret haben, so macht man doch jederman
beym spiellen undt wen sie arbeytten, sitzen. Die Rotzenheüssererin,
so spint, sitzt iilso den gantzen tag bey mir. In der promenade
ist es doch ein rechter hoff. Man weiß nicht, waß nun hir ist;
scheindt, alß wen unterschidtliche particulirs in einem hauß wohn-
ten, da eines dort, daß andere dahin geht undt nichts mitt ein-
ander zu schaffen haben. Gott erhalte ma tante l^nge jähren bey
dero gutte gesundtheit! Es ist mir bang vor die fürstin von Mau-
buisson. Ich besuchte L L. gestern; sie nehmen so erschrecklich
ab undt werden so dttr wie ein scheydt; fürchte sehr, es wirdt
baldt habern. Wir haben hir gar nichts neues und ich muß in
kirch; werde also vor dieß mahl nichts mehr sagen, alß wie ich
Euch recht von hertzen lieb behalte, liebe Louisse!
Elisabeth Charlotte.
266.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Yersaille den 6 September .1705.
Hertzliebe Louisse, ich kan heütte kein exacte andtwort auff
Ewern lieben brieff vom 28 August machen; den ich habe heütte
gar zu viel zu schreiben; werde nur in eyll sagen, daß Ihr mir
einen rechten gefahlen thut, mir so exact zu schreiben; bitte, zu
continuiren ; den ich bin gar in sorgen vor ma tante, die fraw chur-
fttrstin. Bitte, auch mein compliment ahn I. L. den churfürsten
undt hertzog Ernst August über dießen trawerigen todtsfall von
hertzog von Gel zu machen, welcher mich woU recht betrübt; den
ich habe dießen herrn von hertzen lieb gehabt. Ich muß jetzt gleich
ahn mein dochter undt ihren herrn schreiben. Ihr schwager, printz
414
Joseph, ist ahn seinen wanden gestorben, ist verwahrloßet worden.
Adieu, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
267.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz.
Marly den 17 September 1705.
Hertzallerliebe Louise, Ihr habt mir einen rechten gefahlen
gethan, zu schreiben, obs zwar ahn -Ewer Schwester zu schreiben
war; den ich muß gestehen, daß ich recht in sorgen war, wie es
mitt ma tante würde sein, wen L L. die zeittung von deß gutten
hertzogs von Zel todt erfahren würden haben. Gott seye lob undt
danck, daß es so woU abgangen ist! Were ich dabey geweßen, wie
die ministren deß gutten hertzogs todt verzehlt, bette ich braff
mittgeweint; den ich regrettire dießen gutten herrn recht von hert-
zen. Der churprintz, wie ich sehe, tröst sich über seinen groß
herr vatter, wie der Isaack über seiner mutter; den Euch devotten
muß man biblische exempel geben. Ahn weniger devotten bette ich
die Serenade von Chambor'*' cittirt, worinen stehet: «Quand deux
coeurs s'aiment bien, tout le reste, tout le reste n'est rien». Ewer
schreiben ist völlig beantwortet undt ich weiß nichts neues; versi-
chere Euch nur, liebe Louisse, daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Oharlotte.
268-
A ma4. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 17 September 1705.
Hertzliebe Amelisse, mir nent Ihr den hertzog von Zel woU
recht ; den er war mir recht lieb undt es ist mir von hertzen leydt,
daß er todt ist. Nach seiner gemahlin frag ich nichts; da hatt
man mehr unehr, alß ehre, von gehabt, will also nichts von ihr
sagen. 3 tag freüde, wen sie warhafftig ist, finde ich viel; den in
dießer weit deucht mir die freüde rar zu sein undt daß leydt ist
gemeiner. Weillen der churfürst von seinem oncle erbt, muß die
*
* ? Cbampfort.
415
trawer woll ein jähr werden. Aber es schlegt alleweill 12, ich mnß
in kirch, werde Ettch aber vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
daß ich biß dinstag von hir mitt dem hoffe anffbreche nndt nach
Seaux werde nndt von dar nach Fontainebleaa. Wo ich aber auch
sein werde, so werde ich Euch von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
269.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 20 September 1705.
Hertzliebe Lonisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom
8 zu recht erhalten; bin fro, daranß zu sehen, daß unßer commerse
so richtig geht. Waß mich doch ahn deß ghurprintzen heüraht
frewet, ist, daß, ob woll ma tante mehr ahn ihr onglück gedenckt,
so habe sie 4och anch freüde dabey. Ihr bettet mir keinen Ver-
druß gethan, liebe Lonisse, wen Ihr mir auch eine relation vom
beylager geschrieben bettet; den Ihr seydt gar exact in Ewern be-
schreibung, undt bin gewiß, daß Ihr mir circonstantien würdet be-
richt haben, so ma tante nicht gesagt hatt. Daß bundt ^ehen hatt
ma tante doch ein wenig verenderung geben, gott lob! Es were gar
zu trawerig, ein schwartze hochzeit zu halten; daß bette unglttck
bracht Ich bin fro, daß die churprintzes Euch lieb hatt. Ich halte
es vor ein verlust, daß man Euch, liebe Louise, verhindert hatt,
mir mehr zu schreiben. Ewer brieff ist beantwort undt ich muß in
kirch; ambrassire Euch also nur von hertzen undt versichere, daß
ich Euch recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
270.
A mad. Amelie^ Elisabeth , raugräffin zu Pfaltz ^ a Hannover.
Fontainebleau den 30 Septembris 1705.'
Hertzliebe Amelise, vergangenen sambstag habe ich Ewern lie-
ben brieff vom 18 zu recht entpfengen. Sontag, msi Ihr woll, kan
ich ohnmoglich andtworten. Die sontagpost ist hir den sambstag;
den die brieff mtßen nach Paris. Ich bin fro, daß meine schreiben
80 richtig gehen. Daß bettbuch laße ich einbinden. Ich gehe wenig
416
mitt nonen omb nndt bin mein leben nicht bey denen von St Cire
geweßen. Eine von meinen cammerweiber hatt mir die körbger
machen lernen. Ich kan nicht leugnen, daß man nicht woll von
den Jessuwittercolegiam spricht; allein dortten wie anderwerdts, wer
selber nicht desbanchirt ist, leydt keine gefahr, nndt printz Tal-
mont hatt mehr angst, alß gefahr, anßgestanden. Nichts ist aber
ordinarier in Engellandt, alß dießes laster, wie ich von Englander
selber weiß. Anch alle die, so mitt mylord Portlandt nach Paris
kamen, haben ein abscheulich leben mitt eben den desbauchen zu
Paris geführt. Mylord Westmerland, mylord Raby undt noch 3
oder 4 andern haben sich hir nicht gescheut, zu sagen, waß vor
inclinationen sie hatten, wie man mir verzehlt. Wen Ihr Euch vor
den leütten grawen wolt, liebe Amelisse, müst Ihr mitt wenig leüt-
ten nmbgehen. Bibel leßen thnt dazu gar nichts. Ruffigny, der
ein elster von der kirch von Gharanton war, ist einer von den ärg-
sten von dießem handtwerck, nndt sein brader, la Caillemotte,
welche reformirt wahren nndt die bibel immer laßen, wahren ärger,
alß keine, so hir sein, undt verstanden gar woll raillerie, wen man
sie mitt vexirt. La Caillemotte sagte : «II fant bien quQ j'aime les
hommes; car je suis trop lait pour estre aismes des dames>. In
Teütschlandt seindt auch viel, so ahn dießem laster hangen. Der
graff von Sintzendorf, so envoyes vom keyßer hir geweßen, wen er
einen wolgeschaffenen pagen sähe, endert er von färb undt war so
außer sich selber, daß es eine schandt zu sehen war. Ihr fragt,
warumb sie so verbottene freüden nehmen wollen; aber seyderAdam
ist es so, daß die menschen lieber verbottene, alß erlaubte, speyßen
genießen mögen, undt glaubt mir! in allen landen seindt solche
Benjametter. Wir kommen alleweille von der hirschjagt undt werden
gleich in die commedie vom Tartuffe. Adieu, liebe Amelisse! Seydt
versichert, daß ich Euch recht lieb habe undt allezeit behalte
werde so woll alß auch Louisse!
Elisabeth Charlotte.
271.
A mad. Amelie Elisabeth^ raugraffin zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Fontainebleau den 7 Öctober 1705. '
Hertzliebe Amelise, ich bin fro, daß Ihr so ungern die post
417
yerseümbt. Es ist nicht nöhtig, allemabl waß artigs zu schreiben;
ich bin schon zufriden, wen ich nur weiß, wie es Ettch nndt
Louisse geht. Gott gebe, daß die einigkeit zwischen beyden jungen
fürstlichen eheleütten imer wehren mag! Ich wünsch es mehr, alß
ich es hoffen darff; den die weit ist so beschaffen, daß, waß gntt
ist, selten lang wehrt. Ich admiri^e in Euch, liebe Amelisse, der
menschen prevantion undt daß Ihr vor so gar übel haltet, [welche]
vielle vor so gutt halten. Ich bin in der sache neutral. Ich laße je-
derman seine fantesien undt halte weder guts noch böß davon. Ich
sehe, daß es ein alter glaub ist; bin verwundert, daß so viel leütte
daß vertrawen drauff setzen können; aber ich bin nicht so verwun-
dert über diß alles wie Ihr; den ich bin persuadirt, daß ein starc-
ker glaub undt jmagination viel zu wegen bringen kan , wie man
ahn den schwangern weibern sieht. Wir armen menschen wißen
wenig, wie alles zu [geht]. Ich bin aber woU Ewerer meinung, daß
es beßer were, spitäller zu bawen, alß reliquien zu ziehren; glaube
auch, daß es den heylligen selber beßer gefallen solte. Aber wen
der papst I. L. dem churfürsten die reliquien gar thewer abkauffen
solte, finde ich, daß I. L. gar woll thetten, sie nach Rom zu
schicken. Thun die pfaffen naredeyen mitt, ists vor sie; daß geht
dem churfürsten gar nicht ahn. Adieu, liebe Amelise! Seydt ver-
sichert, daß ich Euch von hertzen lieb behaltet
Elisabeth Charlotte.
272.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Fontainebleau den 14 Oetober 1706.
Hertzliebe Louisse, last Euch nicht gerewen, mir deß bertzogs
Jerg Wilhelms todt natürlicher weiß gesägt zu haben! Ich kan nicht
leyden, daß man umb den pot herumb fahrt; habe lieber, daß man
eine sache recht herauß sagt. Nie ist eine hochzeit mehr zu pas
kommen, alß die vom churprintz. Etlich mahl ein wenig zu raßen,
ist gesundt, vertreibt daß blähen deß miltz. Es ist schon Ö ge-
schlagen undt umb halb 7 muß ich in die comedie, muß unter-
deßen noch 2 brieff schreiben, einen ahn ma taute, die fraw ab-
dißin von Maubuisson, schreiben undt ahn eine dame zu Paris; kan
Briefe der Prinzessiii EUiabeth Charlotte. 37
418
derowegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich einen ab-
scheulichen hasten habe ; hoffe, ihn zu verjagen. In welchem standt
ich auch sein mag, werde ich Euch allezeit bestendig lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
273.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Fontainebleau den 24 October 1705.
Hertzliebe Louisse, vergangen dinstag habe ich zwey von Ewern
lieben schreiben auff einmahl entpfangen sambt der relation, so ich
recht woll geschrieben gefunden, habe Euch aber ohnmoglich eher,
alß nnn, davor dancken können wegen jagten undt comedien. Nun
hatt die freüde ein endt; den übermorgen werden wir wider von
hir weg undt in 3 tagen nach Yersaille. Montag schlaffen wir zu
Villeroy, dinstag zu Seau undt mitwogen zu Yersaille. Ich muß
lachen, daß Ihr sagt, daß die letttte sagen, sie sehen woll, daß sie
ungelegenheit nrachen, undt bleiben doch sitzen. Man muß solchen
leütten weiß machen, daß sie gar zu sehr Ewere gutte freunde is^in,
umb sich vor sie zu contraigniren, undt immer fort schreiben. Dafi
ist, waß ich auff Eweren ersten brieff sagen kan. Ich komme auff
den zweytten von 6ten dießes monts. Ewer erstes schreiben konte
singen wie Aleide im opera von Alceste: «J'ores beau me presser,
je partires trop tard». Ewere relation konte ich hir ahn nie-
mandts weißen, niemandt kan teütsch. Die Rotzenheusserin ist
wider nach Strasbourg; ich glaube aber, sie wirdt baldt wider
kommen. Es hatt mich woll von hertzen erfrewet, daß ma tante
alle laperejen, so ich geschickt, so gnädig ahngenohmen haben.
Daß schörtzgen war so schlegt, weillen es mitt dem manteau figu-
riren muste. Wie ich sehe, so schenckt I. L. der churfürst seiner
fraw dochter wenig. Außer leütte, so man von hertzen lieb hatt,
deucht mir, hatt man nicht gern geschencke. Hir schenckt man
nichts, alß obst. Ich wolte gern noch lang blauttern, aber es
ist mir ohnmoglich ; den wir seindt erst nach 7 von der jagt kom-
men, es ist über 8ten nun undt ich muß noch zwey brieffe schrei-
ben; kan derowegen ohnmoglich mehr sagen, alß daß ich Euch von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
419
274.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz y a Hannover.
Marly den 5 November 1705.
Hertzliebe Amelise, mich deucht, unß[er] commers ist nun gar
reglirt; Ihr enpfangt gar just meine bfieffe undt ich die Ewere.
Meine andtwort kompt aber waß langsam, weillen ich ohnmöglich
sontags andtwortten [kann], undt ma tante paquetten kommen diß jähr
nur sambstags ahn. Es geht doch noch geschwinder her, alß wie Ihr
noch zu Franckfort wahret. Ich muß lachen, daß Ihr so über der
manßleütte leben verwundert seydt. Wen man Euch hir so ver-
wundert drüber sehen soltet, würde man Euch [sagen]: «Vous
n'aves donc veüe le monde que par le trou d'une bouteill€>. Den
die weit ist allezeit so gewest zu allen zeiten undt wirdt auch woll
so bleiben biß ahns endt. Heyden öder Christen, wo menner seindt,
da ist desbauche. Wer ohne man leben kan, ist nicht die unglück-
lichste. Ma tante mag alß eine' witwe vielleicht nicht so viel ha-
ben, eine graffin zu erhalten können, aber es were eben I. L. dem
churftirsten eben keine sündt im h. geist, wen er eine reichsgräffin,
wie Ihr seydt, undt sein geschwisterkindt ernehrte undt ahn sei-
nem hoff desfrairte; da könte er keine schandt von haben, ist auch
jetzt reich genung dazu. Schenckeii ist gutt undt genereux, es muß
aber mitt maß geschehen undt wie daß alte Sprichwort lautt, so in
meinem teütsch schreibbuch stundt: «Es muß sich ein jeder strec-
ken nach seiner decken». Es ist eine rechte schandt, daß Euch
Churpfaltz nicht bezahlt. Gott gebe baldt einen gutten friden, daß
I. L. kein pretext mehr haben mögen. Euch daß Ewerige auffzu-
halten! Ich habe nie gedacht, [daß Ihr] auff nia tante Unkosten lebt.
MoUiere hatt viel artige commedie gemacht, ich glaube aber wie Ihr,
daß Tartuffe die beste ist. Le missantrope ist auch gutt undt Les
fammes savantes. Pourceauniac undt monsieur Jourdain da muß man
diß landt beßer kenen, umb es artig zu finden, insonderheit Paris.
Hirmitt ist Ewer brieff völlig beantwort. Seydt versichert, liebe
Amelise, daß ich Euch allezeit lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
37 •
420
275.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 6 November 1705.
Hertzliebe Louise, Ihr wist all lengst die ursach, warumb ich
Euch nicht sontags schreiben kan, werde es a.lso nicht widerhollen.
Ich meinte, der margraff von Anspach würde umb die printzes von
Hannover ahngehalten haben; ich wünschte sie aber lieber dem
könig in Schweden. Worumb will die churprintzes nicht glaaben,
daß ihr herr bruder die princes von Darmstat heürahten wirdt?
Der printzessinen heüraht wirdt selten auß liebe geschehen, son-
dern nur durch raison, undt dazu that Schönheit nichts; tugendt
undt verstandt seindt gutt genung dazu. Daß werdt lenger, alß die
Schönheit, welche vergänglich ist undt baldt verschliest, wie wir
noch neulich ahn die schönne Moscowittin gesehen, so nun zu Paris
ist. In Saxsen, habe ich gehört, seindt noch gar schönne printzes-
sinen. Ich weiß, wie die curprintzes ein pressent von ihrer groß
schwiger fraw matter bekommen hatt. Es ist war, liebe Louisse,
daß ma tante mir kein wordt von ihrem fall geschriben; weillen
sie aber den von Glef so woll überstanden undt der kopff nicht
blessirt worden, hoffe undt wünsche ich, daß es keine böße. nach-
folg haben wirdt; bitte aber, liebe Louise, mir doch fleißig I. L.
znstandt zu berichten. Vor daß sie erschrocken mögen sein, ist
mir nicht [bang]. Ich kene ma tante, sie hatt hertz wie ein mansch-
mensch '", so coarage hatt ; nichts erschreckt sie leicht. Ich habe sie
einmahl zu Klopenbarg aaß einem brandt im nachtsrock salviren
sehen, da die flam schon alle seytten in die cammer schlag; sie
wahren grob schwanger undt erschraeken gar nicht, lachten nur.
Noch ein ander mahl hatten wir neue pferdt ahn einer calesch, die
gingen mitt uuß durch undt rederten den kutscher; oncle sprang
von der calesch undt hilt die pferdt, ma' tante war auch damahlen
nicht erschrocken, ob schon große gefahr vorhanden; bin also si-
cher, daß der fall I. L. gar nicht erschreckt. Aber wie dießer fall
doch eine commotion verursachen können, betten I. L. nicht übel
gethan, ein par tag folltranck zu trincken, weillen sie^waß im
rücken gefühlt. Der serein ist in Teütschlandt nicht gefährlich, wie
^ *
* ? mansmenscb.
421
hir im landt, zn dem so ist es ma tante gewohnt andt die gewohn-
heit thut viel bey solchen Sachen. Ich habe nicht gern vernohmen,
daß der königin in Preassen freüllen wider zu Hannover sein; den
daß gibt ma tante, der fraw churfQrstin, gar zu betrübte erinne--
rangen. Es wandert mich nicht, daß daß freüllen Schwartz krank
aaß betrübtnnß geworden, daß ihre seh wester gantz raßendt worden;
nichts ist betrübter in der weit andt ärger, alß wen sie gestorben
were. Ey, liebe Loai^se, glaubt nicht, allemahl die, so viel von
devotion andt gotsfurcht sprechen, seindt die devotesten! In itzigen
zeitten dint es offt nur zu einem deckmantel, viel boßheitten zu
verbergen, undt wie ich Euch sehe, würdet Ihr hir im landt offt
betrogen werden. Von devotion reden ist nicht nöhtig, wen man
nur christlich lebt. Zu dem so ist die wahre devotion eine gnade
von gott, die er nicht alle menschen gibt; man muß also die mehr
beklagen, alß condemniren, so es nicht haben. Auch kan man gar
woll devot sein andt nicht* serieax von seine devotion sprechen; die
wahre devotion sieht man auß den christlichen wercken mehr, alß
auß den wortten. Die freüllen Schwartz, so so betrübt über ihrer
Schwester ungltick ist, solte suchen, sich von ihrer betrtibtnuß zu
distrairen, damitt es ihr nicht wie ihrer Schwester gehen mag. Ich
erinere mich deß barons von Heberstein nicht mehr. Mich deticht,^
Carl Edewart kam alß gantz allein zu [mir] undt zu meinen kin-
dern, mitt welchen er den gantzen tag spilte. Adieu, liebe Louisse!
Seindt versichert , daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte i
Elisabeth Charlotte.
276.
Marly den 12 November 1705;
Hertzliebe Amelisse, ich hatte gehofft, heütte eine exacte andt-
wordt auff Ewern lieben brieff zu schreiben können vom 30 October,
so ich vergangen sambstag entpfongen hatte; allein wir haben
heütte so unerhört spät geßen, erst umb 3 ahn taffei, undt nach
dem eßen , muß ich gestehen , bin ich ein wenig entschlaffen , habe
also gar spät ahii ma tante geantwort, werde Euch also nur in
großer eyll schreiben können. Mein husten ist lengst verbey, gott
sey danck! Aber wen die grimiche kälte so fortfährt, wie sie
seyder acht tagen hir ahngefangen, wirdt es woll wider neue hasten
422
geben. Ich drinck all mein leben über eyß, aber nicht gar er-
schrecklich kalt. Der churprintz ist ja noch in keinem alter, se-
rienx zu sein. Wen ein sach so gar starck ahnfangt, hatt man
wenig exempel, daß es dawerhafft ist. Gott gebe, daß meine mei-
nong hirauff nicht war werde«! Es ist groß aparentz, daß die chur-
printzes schwanger ist, weillen I. L. bey dem eßen übel werden;
Werdens woll baldt gewahr werden. Madame Haaw gefehlt unßerer
churfftrstin recht woll. Sie ist woll raisonabel, nichts nach butzen
zn fragen, weillen sie nicht schön ist. Mein gott, wie gehen die
Sachen in dießer weldtl Die hertzogin von Zel war gebohren, Ame-
lise ondt Euch auffzuwartten können; nun wahrt Amelisse ihr auff.
Hirmitt ist Ewer liebes brieffgen doch völlig beantwort. Ich bitte,
liebe Lonisse, last mich doch wißen, ob es nicht möglich were, ein
par schachteln mitt nürnbergisch pflaster za bekomen nndt mir auff
der post zu schicken! Suzon, madame Leclair, meiner amen doch-
ter, hatt viel leütte hir mitt geholfen, sie hatt aber keins mehr;
dmmb hatt man mich sehr gebetten, mehr hollen zu laßen. Schreibt
mir auch, waß es kost! werde es bezahlen. Adieu, liebe Louisse!
Seydt versichert, daß ich Euch recht liebe behalte!
Elisabeth Charlotte.
277.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille, mitwog den 18 November 1705.
Ich werde morgen früh eßen, hertzallerliebe Louisse, undt den
nach Paris fahren, habe dort ein wenig zn thun undt werde auch
ins opera; also will ich dießen abendt noch auff Ewern lieben
brieff vom 6 November andtwortten. Es were meine undt nicht
Ewere schuldt geweßen, wen mich Ewere relation nicht gefahlen
bette; den sie war recht woll geschrieben. Wir hatten so schön
Wetter zu unßer reiß, daß sie gar nicht unahngenehm war. Ich
haße daß reißen gar nicht, liebe Louisse! Bey dießem hoff schi-
melt man nicht, man reist immer von einem ort zum andern. Die
blätter seindt wegen der große hitze , so den sommer geweßen, eher
abgefallen, alß die ander jähre. Ma tante, die fraw churfürstin,
423
mag die gräffin zu Backebarg sehr woll leyden. Aber sagt mir
'doch, ich bitt, waü ist geschehen, daß ma tante gesteht, daß sie
gritlidi ist? Daß kompt nicht vom temperement; furcht also, es
seye etwaß widerliches geschehen, oder ist es vielleicht auch, daß
freüllen Pelnitz zu viel trawerige erinerungen thut. Daß würde
betrübt undt nicht gridtlich machen. Die einbildang thut viel bey
den kranckheitten ; steckt sich freülen Pelnitz daß sterben im kopffj
möchte sie woll drauff gehen. Amelisse hatt mir ihre reiße von
Zel beschrieben. Ich weiß bey mir selber, wen man von natar ein
wenig trucken za sein gewont ist, kompt einem daß freündtlich sein
ohne freündtschafift sawer ahn. Hiemitt ist Ewer schreiben völlig
beantwortet; bleibt mir nur überig, zu sagen, daß ich Euch, liebe
Louisse, von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
278.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
VersaiUe den 26 November 1705.
Hertzliebe Louise, weillen ich so woll weiß, daß ma tante
nichts erschrickt, also habe ich woll gleich gehofft, da ich erfahren,
daß der kopff nicht auffs pflaster gerührt hatte, daß es, ob gott
will, woll ablauffen würde undt keine gefahr. Gott seye ewig danck,
daß ich nicht in meiner hoffnung bin betrogen worden! I. L. seindt
der lufft so gewohnt, daß ihnen die nie wirdt schaden können ;
contrarie, daß dint zur gesundtheit, braff zu spatziren. Waß man
mitt großen apetit ist, schadt selten. Ma tante hatte groß recht.
Euch wider zurück zu schicken; den zu einem steyffen ha[l]ß ist
der kalte windt schadtlich. Monsieur Benise undt Galli seindt
nicht von meiner zeit bey ma tante, kene sie nicht; aber ich bin
alß fro, wen gatten leütten waß guts geschieht. Freüllen Pelnitz,
wie Ihr mir sie beschreibt, muß viel vivacitet haben. Wen dieß
freüllen nicht devotion genung hette, umb seelig zu werden, were
sie zu beklagen. Aber ich sehe nicht, daß man sie destoweniger
lieben solte; den daß ist ja ihre sache undt die unßerige gar nicht.
Unßere sach ist, daß die, wo man mitt umbzugehen hatt, weder
424
falsch noch nntrew sein. Man spricht offt gegen waß, nmb es
beßer zu erfahrn; aber glaubt mir, liebe Lonissei denen ist nicht
ahm besten zu trawen, so so offt von der devotion sprechen; den
devotion ist ein gefahrlicher deckmantel, ich werde es hir täglich
gewahr. Ich gestehe, daß es beßer were, daß man allezeit roitt
respect von der christlichen religion spreche, aber die seindt die
schlimbsten nicht, so vexiren; die ärgsten seindt die heüchler undt
hypocritten. Unter dießen vorwandt geschieht ahm meisten ttbels;
die verzeyen nie, seindt inplaöable feinde undt in dem verwandt,
daß sie ihre negsten corigiren wollen, declariren'sie alle medissan-
cen undt halten sie vor war. Die wahre devotion bestehet, glaube
ich, in gott lieben undt charitet vor den negsten haben. Gott aber
lieben ist über unßer vermögen, weillen wir eine zu verderbte na-
tur haben, undt können allein gott lieben durch seine gnadt; also
glaube ich, daß man die nicht blasmiren solle, so gott dieße gnadt
nicht geben, sondern viel mehr mittleyden mitt ihnen haben, umb
auff wenigst den zweyten punckten zu exerciren, uehmblich die
charitet. Ich bin gantz Ewere meinung, liebe Louisse, daß mon-
sieur Brauns unrecht hatt undt nicht ehrlich gethan, daß arme
freüUen Schwartz in einen so gar eilenden standt zu setzen; es
wirdt Unglück bringen. Adieu, liebe Louisse! Ich behalte Euch
allezeit von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
279.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 26 November 1705..^
Hertzliebe Amelise, vergangen sambstag habe ich Ewer schrei-
ben zu recht entpfangen, aber wie Ihr woll wist, so kan ich nie alß
donnerstags antwortten, weillen ich den sontag alß gar zu viel zu
schreiben habe. Es passirt hir nicht viel mehr neues, alß zu Han-
nover, undt mein leben haben ich dießen hoff [nicht] stiller ge-
sehen , alß er nun ist. Ob Ihr mir zwar nichts neues schreibt,
seindt mir Ewere schreiben doch ahngenehm; den wen ich vernehme,
425
daß es Efich woll geht nndt gesandt seydt nndt mich noch lieb
habt, bin ich schon zufrieden. Ich muß lachen, daß Ihr Ettch in
meine protection recomandirt. Daß ist eine schlegte sach undt ich
bin, wie man hir im Sprichwort sagt, «de ces saints qni ne gue-
rissent de den», nndt die nichts, alß bloße wünsche, vor die than
kan, da sie sich vor interessiren. Dieße gantze woche, umb vom
Wetter zu reden, ist es warm undt feucht geweßen; nun heütte
hatt es gehagelt undt gereifft undt scheindt, alß wens friren wolte.
Daß die Eillmanseck verstandt hatt, habe ich woll auß ihren brief-
fen gesehen. Wie man mir aber die freüllen Pelnitz beschreibt,
hatt dieße noch mehr vivacitet, alß die erste. Es seindt wenig
leütte gantz ohne religion, aber ein jeder hatt die seine auff seinen
schlag undt wie er glauben oder begreiffen kan. Unßer herrgoü
lest alle menschen mitt so unterschiedtlichen humoren geboren wer-
den, daß es ohnmöglich ist, daß eines wie das ander dencken kan.
Dem er eine pure devotion ohne heücheley verleyet, daß halte ich
vor gnaden gottes, so über deß menschen macht gehen; den es
steht nicht bey unß, zu thun, was wir wolten, oder selten, sondern
nur denen gott die gnade gibt; daß wünschen stehet nur bey unß.
Aber, liebe Amelisse, ich kan mich nicht genung verwundern, daß
Ihr undt Louisse so chocquirt seydt, wen jemandts vexirt undt sich
nicht devot stelt. Unßer hoff zu Heydelberg muß sehr nach meinem
abzug verendert sein; den unßer papa s. hatt ja allezeit vexirt mitt
allen religionen, nur in schertz, umb sich zu divertiren, wie unßere
liebe churfürstin auch thut. Ich bilde mir ein, daß freüllen Pelnitz
bey hoff logirt alß domestique von der s. königin in Preüssen. Von
hir kan ich nichts neues sagen; den Ihr kendt die leütte [nicht].
Wir haben jetzt schlegte lufft hir. Es sterben unerhört viel leütte
ahn den kinderblattern undt fleckfieber, welches ordinarie zusamen
kompt undt die leütte in jene weldt führt. Daß ist alles, so ich
vor dießmahl sagen werde undt daß ich Euch allezeit recht lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
426
280.
A mad. Amelie Elisabeth, raugrafBn zu Pfaltz, a Paris.*
Versaille den 8 December 1706.
Hertzliebe Amelisse, vergangen sambstag habe ich Ewer schrei-
ben vom 19 November zu recht entpfangen, aber wie Ihr woll wist,
60 kan ich ohnmöglich gleich sontags dranff andtwortten. Sagt man
jetzt in Tetttschlandt ein bar tagen? Zn meiner zeit sagte man ein
par tagen. Ich bin Ettch sehr verobligirt, vor meine gesundtheit zu
sorgen. Ich bin, gott lob, gar nicht krancklich undt glaube, daß
ich meine gesundtheit erhalte, weillen ich nie nichts brauche undt
weder durch precantion aderlaße noch pnrgire, wie andere thun, so
nicht gesunder sein, alß ich. Ich halte, daß nun, da die churprint-
zes wider beßer undt daß wetter so gar abscheüllich ist, daß der
hoff nun woll wider zu Hannover sein wirdt. Wo seydt Ihr undt
Louisse den gestocken, daß Ihr die weldt so wenig kendt? Mich
dettcht, man bedarff eben nicht lang ahn hoff sein, ohne sie baldt
zu kenen; aber wer alle die haßen woldt, so die junge kerls lieben,
würde hir kein 6 menschen lieben können oder auffs wenigst nicht
haßen. Es seindt deren allerhandt gattungen; es seindt, die die
weiber wie den todt haßen undt nichts alß mansleütte lieben kön-
nen ; andere lieben mäner undt weiber, von denen ist mylord Raby ;
andere lieben nur kinder von 10, 11 jähren, andere junge kerls
von 17 biß 25 jähren undt deren seindt ahm meisten; andere des-
bauchirten sein, so weder mäner noch weiber lieben undt sich allein
divertiren, deren ist die menge nicht so groß, alß der andern. Es
seindt auch, so mitt allerhandt desbauchiren , vieh undt menschen,
waß ibnen vorkompt. Ich kene einen menschen hir, so sich be-
rümbt batt, mitt alles zu thun gehabt haben, biß auff krotten;
seyder ich es weiß, kan ich den kerl ohne abscheü nicht ahnsehen.
Er war in meines herrn s. dinsfen undt ein rechter boßer mensch,
hatte gar keinen verstandt. Da segt Ihr, liebe Amelisse, daß die
weldt noch schlimmer ist, alß Ihr nie gemeint habt. Ich muß über
der fretillen Pelnitz einfal doch lachen; den hir seindt wir zu sehr
ahn solche Sachen zu hören gewont, umb drüber zu erschrecken;
man lacht nur über solche Sachen hir, wie man ordinarie lacht,
*
* ? Hannover.
- 42T
wen man von etwaß eckelhafftigs spricht. Ich habe von hertzen
gelacht, daß Ihr, liebe Amelisse, sagt, daß Ihr noch lieber hett-
rahten wolt, alß sonsten waß begehen. Nach gottes gesetzt ist es
freylich viel beßer, allein menschlich davon zu gedencken, wie viel
andere thun, so gibt der heüraht mehr ambaras; den es ist vor
sein leben, daß man sich heüraht, die coquetten aber, wen sie
einen müht sein, so nehmen sie einen andern, daß ist ihnen leich-
ter. Aber wer die tugendt im hertzen hatt, wie Ihr, liebe Ame-
lisse, kan daß übel nicht begreiffen, welches eine gnade gottes ist.
Adieu! Ich behalte Euch allezeit von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
281.
Versaille den 9 December 1706.
V
Hertzliebe Amelise, ich glaube, daß Ihr fro seydt, daß der
hoff wider zu Hannover ist; den bey itzigem wetter ist kein spaß,
offt hin uudt her zu fahren. Wens unglück nur attff die coeffure
feit, gehts woU hin; man könte aber auch bey dem schlimen feuch-
ten wetter woU einen scheffen kopff oder gesiebt durch flüße be-
kommen. La mort de Pomp^e"*" ist ein schön stück undt baron de
la Crasse** recht artig; deß königs leves, wie man es hir heist, ist
woU recht naturlich beschrieben, wie es dort hergeht. In den se-
rieussen commedien kan ich Ewere meinung gar nicht sein. Die
commedianten übel recittiren, wen sie sprechen, wie man list.
Einerley posturen sollen sie auch nicht machen, sondern die mouve-
menten agiren, wie man die passionen fühlt. Wen man die pas-
sionen regiren solte, wie sie in den serieussen commedien von Cor-
neille regirt werden, wehren sie mehr zu loben, alß zu schelten.
In der kirch lehrt maus unahngenehm, aber in den commedien
wirdt es ahngenehm vorgestelt, wie die tugendt belohnt undt laster
gestrafft werden. Einen kerl, den man nie widersprechen darff,
eine gantze stundt allein zu hören ruffen , mag woU gutt sein , aber
gar nicht ahngenehm. Wen man blandem will, hatt man nicht
nohtig, in commedien zu gehen; den wen man blaudert, hört man
nichts, undt also unnöhtig, in der commedie zu sein. Einfähl zu
hören, gerewet einem offter, alß commedien zu hören. Es ist woll
*
* Tragödie von Pierre Corneille. ** Kom5die von Polseon.
428
war, daß niemandt größere vivacitet in der weldt batt, alß ma
tante, die fraw churfttrstin. Bier trincken thnt dazu nichts; daß
seindt gebortsstück , daß gibt sieb niebt andt nimbt sieb nicbt, alß
darcb todtiicbe kranckheitten. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben
völlig beantwortet; bleibt mir nichts überig, alßEttch zu yersichem,
daß ich Ettch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
282.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Yersaille den 9 December 1705, um Sten abendts.
Hertzliebe Lonisse, ich schreibe Euch heütte, ob es zwar erst
morgen mein schreibtag ist. Allein weillen mich mein miltz bey
dem schlimen wetter ein wenig plagt undt mir ordinarie keine ruhe
lest, biß ich es braff geschudelt, alß werde ich morgen ein tour
nach Paris thnn, meine enckelen besuchen undt daß opera sehen
undt nach dem opera wider her. Ich kan also morgen ohnmöglich
ahn Euch schreiben. Ich dancke Euch, liebe Louise, vor daß
pflaster von Nürnberg, so Ihr mir geschickt; es solle daß rechte
sein. Ich bette gern getrucktes, wozu es alß gutt ist. Ihr schreibt
mir nicht, waß es kost. Man bitt mich noch umb mehr; werdt
mir also gefahlen thun, mehr zu schicken undt vom besten. Exer-
citzien ist ma tante allezeit woU bekomen. Die comedien gefahlen
mir woll oder übel (wen sie ahn sich selber gutt sein), wie sie ge-
spilt werden; werden sie woll gespilt, sehe ich gern eine serieusse,
so mich touchirt, undt darnach habe ich auch gern waß zu lachen
wieder. Nach die kleyder sehe ich nie nicht, weiß nie, wie sie
gekleydt, es seye den etwaß ridicuUes. Die serieussen Sachen in
der weldt werden nicht so ahngenehm vorgebracht, alß in den com-
medien. In den historien seindt mehr lügen, alß in den commedien;
den da raisonirt man undt gibt Ursachen von den evenements, woran
kein mensch nie gedacht hatt. Die commedien seindt, wie die weldt
geht. La mort de Pompee ist ein recht schön sttlck. Solche noble
sentiementen nehren die seel undt thun mehr guts, alß eine predig;
den man meint, der prediger seye davor bezahlt, über die laster
zu schmehlen; aber durch exempel zu sehen, waß lob die tugendt
erwirbt undt waß Verachtung daß laster nach sich zieht, daß tou-
429
chirt mich mehr. Ihr betrigt Ettch woll, wen Ihr meint, daß kein
Zusatz in den historien ist; nichts ist partialler. Mich verlangt auff
die zukünfftige post , umb zu erfahren , ob ma tante vapeur za kei-
nen fieber geworden sein. Die vapears möchten woU kommen, daß
ma tante etliche trawerige erinerungen verschlackt, so Hannover
I. L. geben hatt. Waß mich diß glauben macht, war die rohte
naß undt äugen, so Ihr sagt, liebe Louisse, daß I. L. gehabt hat-
ten, daß sie also woU threnen mag verbißen haben, welches sehr
ungesundt ist. Gott sey danck, daß sie sich andern tags beßer
befunden haben undt wider woll wahren ! Daß gibt mir wider hoff-
nung, daß nichts übels folgen wirdt. Daß Amelis undt Ihr zugleich
schreibt, bedarff gar keine entschuldigung ; denEwere beyde brieffe
seindt mir allezeit ahugenehm. Adieu, liebe Louisse! Seydt ver-
sichert, daß ich Ettch allezeit recht lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
Ich bitte Euch, schickt doch hir beyligenden brieff ahn mon-
sieur Harling !
283.
A mad. Louise*, raugräf&n zu Pfaltz, a Hanover.
Yersaille den 17 December 1705.
Hertzliebe Amelise, Ewer Schwester schreiben habe ich 8 tag
nach daß Ewerige entpfangen, andtworte auff beyde heütte. Alles,
waß unßern herrgott betrifft, daß lest sich nicht vexiren; waß aber
seine dinner betriefft, die menschen seindt wie wir undt etlich mahl
noch mehr Schwachheiten haben, alß andere, da, glaube ich, ist
woll erlaubt über zu lachen, wen es auch nur were, sie von ihre
fehler zu corigiren. Ich mache mich nie kein gewißen über waß
mich; den deucht es nichts, so ist es deren schuldt, so es sagen,
undt nicht die meine; ist es indifferent, so gibt es keine rewe. Die
herrn prediger seindt ordinari nicht sehr zeitvertreiblich. Mich
deucht, man verliehrt den respect vor die geistlichen, wen man sie
so nahe undt offt sieht; aber es ist gewiß, daß es leütte wie an-
dere sein. Gott gebe, liebe Amelisse, daß ich in der gnade gottes
stehen möge! Ich fürchte aber, ich sey von den lauen leutten, so
* ? Amelie Elisabeth.
430
gott außspeyen will; den ich tbae weder guts noch böß. Unßer
herr vatter hatt alles woll gethan, waß einen regenten zukompt;
aber sie liebten die predigen bey weittem nicht so sehr, alß Ihr
nndt Louisse. Ich" gestehe , daß es billiger undt beßer ist , nie alß
mitt respect nndt soumission von religion undt himmel zu reden;
allein ich glanbe, wen nur auß lustigem hnmor undt nicht anß boß-
heit oder Verachtung der religion einem einige vexirerey entfahret,
daß es eben keine todtsundt ist undt daß es schir übeller gethan
ist, medissance von seinem negsten zu sagen, alß mitt religions-
sachen possen zu treiben; den wen man mitt religionsachen possen
treibt, macht maus zu grob, ist es nur schlim vor sich selber; waß
aber den negsten betrifft, daß gibt inpression, man glaubts undt
benimbt dem negsten die ehre, welches doch in allen religionen so
hoch verbotten ist undt daß zweyte große gebott in sich helt. Aber
ich glaube, daß in allen sachen ein unterschiedt muß gemacht wer-
den, daß man über den negsten lachen kan, wen es nicht gegen
die ehre geht. Le malade imaginaire ist nicht von Moliere com-
medien, so ich ahm liebsten sehe; Tartuffe gefehlt mir beßer. Daß
ist sehr ordinarie, daß schwangere weiber kein fleisch riehen kön-
nen ohne übel werden. So war ich auch. Man ist gern, was man
in seiner jugendt zu eßen gewohnt ist. Es ist nun 34 jähr , daß
ich in Franckreich bin undt habe mich noch nicht ahn daß eßen
hir im landt gewohnen können , es mein leben kein ragoust. Ewer
brieff, liebe Amelise, war gar nicht übel geschrieben, bedörfft keine
entschuldigung. Louisse wirdt £üch sagen, wie daß ich jetzt ein
wenig lahm bin; aber in welchem standt ich auch sein mag, so
werde Ich Euch doch allezeit lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
284.
A mad. Amelie Elisabeth *y raugraffin zu Pfaltz^ a Hannover.
Versaille den 17 December 1705.
Hertzallerliebe Louisse, Ihr habt groß recht, zu glauben, daß
mich verlangen würde, zu vernehmen, wie es mitt ma tante, der
fraw churfürstin, gesundtheit stehet. Ihr habt woll gerahten, daß
* ? Louise.
431
es ein rohtlauffen werden würde. Gott lob, daß es woll abgeloffen
nndt I. L. sich woll davon befinden! Umb sich warm zu halten,
bedarff man eben nicht, im bett zu sein ; wen man nur einen watten
nachtsrock ahntuht undt nicht, anß der cammer geht, hatt man
warm; aber umb zu schwitzen, muß man zu bett liegen. Ich kan
woll begreiflfen, wie man daß bett nicht leyden [mag] ; den mitt dem
continuirlichen fieber muß ich auff sein; bin nur im bett, so lang
ich schwitz, sonsten immer auß dem bett; den daß bett, wen ich
nicht schlaffe, kan ich nicht drin dawern; gesundt oder kranck,
wen ich nicht schlaffe, muß ich herauß; den es gibt mir sonst ab-
scheulich kopffwehe. Ich klage mich auch nicht, wen ich. kranck
bin; den daß ist nur widerlich vor sich selber undt vor andere
undt dint zu nichts. Ich bin auch gantz von ma tante opinion, daß
man sich mitt keine docktoren plagen solle, wen man sein ordinarie
remede hatt. Wen die leütte so gutten verstandt haben, wie ma
tante, kan man selber judiciren , waß gutt oder böß ist. Bey LG.
unßern herr vatter s. habt Ihr daß vertrawen zu den docktoren
nicht gelehrnt. Wo ist es Euch den ahnkommen? Zu meiner zeit
wäre ma tante garderobe gantz nahe bey dero cammer; gestehe,
daß ich es auch vor gefahrlich halte, daß die cammerweiber so
weit sein. Ich schlaffe zwar allein in meiner cammer, aber die
erste cammerfraw schlafft im cabinet undt ein camerknecht in der
Vorkammer; also wen man waß von nöhten hatt, kan maus leicht
bekommen. Nichts in der weldt ist ungemächlicher, alß jemandts
in der cammer zu schfaffen haben; aber nahe dabey incomodirt
nicht. Ma tante zweyffelt nicht ahn Ewern zele vor dero gesundt-
heit, haben aber nicht gern die fagon von einer kranken; auch ist
es woll nicht ahngenehm. Der gantz hoff ist seyder montag zu
Marly. Ich habe allein hir bleiben müßen; den vergangen sontag
habe ich mir einen fuß vertretten undt so einen braffen burtzel-
baum Qiuffs knie gethan, daß ich montags weder auff einen noch
andern fuß habe tretten können; so sehr war mein recht knie undt
lincker fuß geschwollen. Es wirdt doch nun täglich beßer; hoffe,
baldt wider gehen zu können. Daß man die feformirte kirch ein-
geweyet hatt, ist ein rechtes ahngenehmes fest vor Euch uudtAme-
lisse geweßen, weillen 4 predigen wahren, die Ihr so gern alle
beyde hört. Alles ist nun so trawerig in der weldt, daß man der
lustigen leütte, wie die freüllen Peluitz ist, hoch nöhtig hatt. Vor
482
dießem war hertzog Ernst Aagast sehr lebhaft nndt lustig, solle
aber nun gar philosophisch geworden sein. Ich hoffe aber, nun er
die gastereyen wider ahnfengt, daß I. L. wider lastig werden werden.
Adieu, liebe Louissei Seydt versichert, daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
285.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
' Versaille, donnerstag den 24 December 1705.
Hertzliebe Louise, yergangenen sontag habe ich Ewer schreiben
von 10 December zu recht entpfangen. Es bedorffte keine entschul-
digung, daß Ihr mir nicht gleich wider geantwortet haben; ich
weiß, wie es ist, wen frembte bey hoff sein.' Ich kene den mylord
Marlbouroug, war vor dießem gar ein schönner mensch von taille
undt von gesiebt, solle sich aber nun sehr geendert haben. Es ist
gewiß, daß er gutte qualiteten [hat]; er hatt aber auch böße undt
seinen herm verrahten zu haben, dem er die groste Obligation von
der weldt hatte, deßen favorit er war, daß kan ich ihm gar nicht
loben noch gutt heißen. Wen mylord Sunderlandt der ist, so hir
abgesanter geweßen, so könne ich ihn auch. Die sach vom mon-
sieur Brauns mag ma tante woll gritlich gemacht haben; so sagen
verdrießen etlich mahl mehr, alß etwaß rechts. Ich weiß nicht,
wie man dem menschen die sach gutt heißen kan. Were es zu
Heydelberg geschehen, bette der cavalier fort gemüst. Wie Ihr mir
den monsieur Braun beschreibt, kan man woll von ihm daß Sprich-
wort sagen: «Die liebe ist wie der thaw, feit so halt auff einem
kühtreck alß einem rosenbladt». Adieu, liebe! Ich habe noch ein
par brieff zu schreiben, hernach werde ich mich auff morgen pre-
pariren, umb zum h. abendtmahl. Die mitternachtsmeß ist mein
sach nicht, ich schlaff drüber ein. Geht die post recht, so ent-
pfangt Ihr dießen brieff den neüjahrstag; wünsche Euch derowegen
langes leben, gesundtheit, vergnügen undt waß Euch ahn leib uudt
seellenntz undt seelig mag sein, und behalte Euch von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
4dS
286.
A mad. Louise ^ raugräffin zu Pfaltz , a Paris. *
Yersaille den 31 December 1705.
Hertzliebe Louise, vergangen sontag babe icb Ewern lieben
brieff vom 18 entpfangen, aber ehe ich drauff antworte, muß ich
Euch sagen, daß ich seyder weinnachten gantz wie lahm bin. Ich
glaube, ich bin zu viel mitt tineinem verstauchten faß gangen; den
er ist so abscheulich geschwollen, daß ich gar nicht mehr gehen
kan undt die kammer gantz hütten muß, welches eine verdrießlich
Sache vor mir ist. Ich fürchte, daß ich noch lang mitt werde zu
thun haben undt dieße zukünfftige reiße wider nicht nach Marly
können. Außer lahm zu sein , befinde ich mich woU ; aber es ist
doch trawerig, so eingespert zu sein müßen. Ich dancke Ettch,
liebe Louisse, mein brieff ahn monsieur Harling so^woÜ bestelt zu
haben. Er jammert mich , so ellendt ahm potegram zu sein. Mein
miltz entpfindts woll, daß ich kein exercitzien thun kan; mitt dem
schlimen wetter rast es, alß wens unsinig were. Man hatt hir vor
dießem capernohl auff miltz geschmirt, hatt mir aber nichts geholf-
fen; die bewegung allein bekompt mir woll. Es ist gewiß, daß wen
daß miltz rast, daß man alßden alles betrübter findt. Die Ursachen
machen woll betrübt, aber wen daß miltz nicht tournirt, findt man
trost ; tournirt' es aber , so kompt einem alles verzweyffelt vor. Es
ist woll war, daß es schwer ist, lustig zu sein, wen man rechte
ursach hatt, übel zufrieden zu sein. Daß die humoren endern, weiß
ich nur gar zu woll durch eygene experientz; aber wen man waß
findt, daß von hertzen lachen macht, so findt sich doch daß milt^
erleichtert. Gott gebe, daß es Euch offt geschehen möge, ursach
zu finden, von hertzen zu lachen! Ihr thut mir gefallen, liebe
Louisse, historger zu verzehlen; man hatt offt solche distraction
von nöhten. Adieu, liebe Louisse! Da bringt man mir 4 brieffe, so
ich noch heütte beantworten muß; kan derowegen nichts mehr sa-
gen, alß daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
*
♦ ? Hannover.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 2B
4B4
287.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den letzten December 1705.
Hertzliebe Amelisse, ich kan mich meiner gesnndtheit nicht so
well nun rühmen, alß letztmahl; den mein verstauchter fuß ist gar
schlim worden, darff nicht mehr gehen; glaube, daß ich noch lang
mitt werde zu thun haben, fange morgen mein nefijahr betrübt ahn-
fangen ohne außgehen. Vor Ewern gutten wünsch vor meine ge-
sundtheit dancke ich Euch sehr, wünsche Euch hergegen alles, waß
Ewer hertz begehrt. Ey, liebe Amelisse, glaubt mir! wems heü-
rahten so gar zuwider ist, hatt nichts im kopff ; wem aber der kopff
einmahl eingenohmen ist, der findt nichts schweres mehr. Es ist
war, daß ma tante, die fraw churfftrstin, gern sieht, daß man heü-
raht. Mich dettcht aber, daß, wen man zu einem heüraht raht,
bekompt man nur undanck von beyden seytten; rahte also mein
leben zu keinem heüraht. Wen es im himmel geschrieben ist, daß
man soll geheüraht werden, wirdt es sich schon schicken ohne mei-
nen raht. Ein Englander ist Euch vielleicht beschert, weillen Ihr
mehr inclination vor dieße nation habt, alß vor ein andere. Daß
laster, daß Ihr so sehr scheut, ist jetzt dermaßen gemein in der
weldt, daß Ihr wenig leütte werdet finden, so nicht mitt behafft sindt,
ündt wen man alle die brenen solte, so von dießer seöten sein,
würde die weldt zu lehr werden. Euch, die Ihr ein mensch seydt,
kan vor etwaß grawen, aber die gottheit hatt keine menschliche
affecten, kan also vor nichts grawen; aber er kan straffen. Es ist
war, daß deß abb^ de Thessut bruder ein falscher bößer mensch
ist undt auch von deren gattung, aber nun gar kranck. Der abbe
geht immer seinen schlenderian fort, ist zimblich gesnndt nun. In
gantz Paris geht es im carnaval zu wie in der redoutte, ist nie
meine lust gewest. Die apartements seindt hir all vor etlich jähren
abgeschafft; die ersten wahren all ai'tig, hernach aber würde es
sehr langweillig. Ich admirire unßere liebe churfürstin , allezeit so
lustig undt von guttem humor zu bleiben undt in alles lust zu neh-
men können. Gott- erhalte I. L. noch lange jähren dabeyl Adieu,
435
liebe Amellisse! Ich habe Euch in dem zukünfftigen jähr nicht we-
niger lieb, alß in dießem, so wir schließen.
Elisabeth Charlotte.
288.
A mad. Louise; raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 14 Januari 1706.
Hertzliebe Louisse, ich weiß, wie viel die große fest zu thun
ist bey hoff; nimbt mich also nicht wunder, daß Ihr mich nicht
habt schreiben können. Mein fuß, den ich vertretten hatte, ist
noch nicht heill; er geschwilt noch gar starck des abendts undt
thut mir noch ein wenig wehe. Daß rechte knie auff der andern
seytte ist auch noch nicht heill, thut mir aber nur im knien wehe,
sonst nicht. Es ist war, liebe Louise, daß sich mein miltz gar
nicht woll von dem stetten sitzen befindt undt mich zimblich nach-
denckisch macht. Kopffschmertzen habe ich selten, aber gar offt
miltzwehe. Vor etlichen tagen war mein miltz so dick, daß man
meinen solte, ich bette ein kindtskopff in der seytte; hatt mich
ahm schlaff gehindert. Wie der churfürst undt hertzog Ernst
August mir beschrieben worden sein, glaube ich nicht, daß ma
tante, die fraw churftirstin, mehr geselschafft hatt, wen sie dar
sein, alß wen sie nicht zu hauß sein. Mein vetter, der landtgraff,
hatt mir durch seinen agenten hir part geben laßen von der erb-
printzessin todt. Der könig in Preüssen hatt sein jähr übel ahn-
gefangen undt übel geendt. Mein vetter, der witwer, muß sich
durch einen andern heüraht trösten. Ich glaube nicht, unter unß
gerett, daß der könig in Preüssen zugeben wirdt, daß die printzes
den chronprintz bekompt ; den so groß auch I. L. meritten ist , so
schlegt seindt die angen auff der mutter seydt, undt der könig in
Preüssen ist hochmüttig, wirdt seinen söhn nicht mißheürahten
wollen. Ich heiß mißhettraht, seine angen nicht zu machen kön-
nen. Ich dancke Euch sehr vor Ewern neüjahrswunsch undt wün-
sche Euch auch alles, waß Ewer hertz begehrt. Ich habe mein
jähr übel geendt undt übel ahngefangen; wie es weytter gehen
wirdt, mag gott wißen. Aber waß Ihr, liebe Louise, woU sicher
28*
436
sein kont, ist, daß, es mag mir geben, wie es will, so werde ich
Euch von bertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
289.
A mad. Aniilie Elisabeth , raugräffin zu Pfaltz , a Hannover.
Yersaille den 21 Januari 1706.
Hertzliebe Amelise, meine geschwnlst ahm faß wehrt noch;
dancke Euch sehr, daß Ihr Euch es leydt sein laßet. Ich branche
daß Nornberger pflaster nicht; weillen es zieht, fürchte ich, daß,
wen ich es anff meinen geschwollen faß thete, mögte es ein ge-
schwer zigen. Man weiß hir nicht, waß froschley-pflaster ist. Ich
glaub, daß daß ej mitt frische batter gutt ist, wen mans gleich
aaff den vertrettenen undt verstanchten faß thut, aber 6 wochen
hernach, glaube ich, daß es zu spät ist; .den biß sontag wirdt es
just 6 wochen sein, daß ich gefallen bin. Wen man alt wirdt, en-
dert man von natur; wie ich noch jung undt in Ewerm alter war,
liebe Amelise, heilte ich geschwinder, alß jemandts; nun aber gehts
langsam her. Es seindt offt geringe mittel, so beßer helfen, alß
all der balbir ihr geschmier. In dießer weldt, liebe Amelise, ist
es nicht zu rechnen, daß man ein volkomen vergnügen haben könte;
wen nur nicht alles übels geschieht, so geschehen könte, hatt man
woU gott zu dancken; bin Euch nicht desto weniger sehr verobli-
girt, mir so viel guts zu wünschen. Ich wüste, daß Ihr so ein
gutter docktor seydt. Ich gehe ein wenig beßer nun, aber ich kan
noch nicht woU stejgen. Ich habe die masqueraden hir auch nicht
geliebt, bin doch wider meinen willen bey manche geweßen. Gott
gebe, daß diß carnavai lustiger abgehen möge, alß daß vom vergan-
genen jähr ! Ich habe von [herzen] gelacht über waß Ihr mir von deß
Schusters fraw verzehlet habt, die sich einbildt, man vissitire die
leütte auß der redoutte. Ihr thut woU, nur hin zu gehen, wo
Euch gefehlt. Waß divertissementen betrifft, muß [man] ja den
freyen willen haben. Adieu, liebe Ameiisse! Ich ambrassire Euch
von hertzen undt behalte Euch allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
437
290.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 21 Janaari 1706.
Hertzliebe Louise, ich zweyffle, daß ich Euch heütte eine exacte
andtwort werde schreiben können; den ich habe heütte noch gar
viel zu schreiben undt muß, ehe wir in die comedie gehen, gegen
halb 8 außer dießen brieff noch 5 andere fertig haben ; muß mich
also sehr eyllen. Ihr werdt zu viel zu thun haben, wen Ihr, liebe
Louisse, allezeit vor meine brieffe dancken wolt; ich schreibe ja
jetzt zu fleißig dazu; aber vor alles gutts, so Ihr mir wünscht,
habe ich woll zu dancken. Man mag nur der Englander historien
leßen, umb zu sehen, wie unbeständig sie sein. Wie ich den chur-
printz beschreiben höre, weiß ich nicht, ob assambl^en undt hals
I. L. gefahlen, seyder sie eine gemahlin haben. Ich glaube, sie
betten woll so gern , daß die gemahlin bey ihm zu hauß bliebe.
Vor die schachteln vom nurnbergischen pflaster dancke ich Euch
sehr, liebe Louisse! 4 schachteln seindt genung vor mich. Ich habe
es ahn mein fuß nicht wagen wollen; den wie er sehr geschwollen
ist, fürchte ich, diß pflaster mögte zu sehr ziehen undt mir einen
offenen fuß machen, welches mir nicht ahnstehet, ob man zwar
sagt, daß es lang leben macht. Ey, pfui, liebe Louisse! Waß fas-
sen macht Ihr doch undt complimenten, ein paquet in mein paquet
gethan zu haben! Daß kan mich ja in gar nichts schaden. Ich
kene zwar den cavalier nicht; aber wie alle teütschen reformirten
undt Lutteraner alle sontag bey den envoyes vonDenemarck in die
predig gehen, also wirdt dießer auch woll hin; habe es also ahn
monsieur Mayercroon geschickt, so es fleißig bestellen wirdt, wie
ich ihn drumb gebetten habe. Es ist gemachlich, schranck zu ha-
ben; flndt also, daß ma tante wohl gethan, Euch einen zu geben.
Ich bin eben' so verwundert , alß Ihr , liebe Louisse , daß der chur-
fürst nichts änderst, den camaval zu passiren, erdacht, alß die re-
doutte, so ihn doch selber trawerige erinderungen geben solte.
Adieu, hertzliebe Louisse! In eyll kan ich nichts mehr sagen, alß
daß ich Euch allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
438
P. S.
Ich habe vergeßeD, zu sagen, daß ich Ewer paquet vom Ö erst
vergangen montag entpfangen.
291.
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 81 Januari 1706.
Hertzliebe Louisse, ich hatte schon willens, Euch vergangenen
donnerstag auf Eweren lieben brieff von 12 dießes monts zu andt-
wortten. Allein wie ich nngefehr erst ahn Amelisse geschriben hatte
undt eben die feder wider nähme, ahn Euch auch zu schreiben,
ließ mich monsieur le Dauphin in die mussiq hollen, hatte also
nicht mehr zeit, alß meine paquetten zu machen, habe es also biß
heütte auffschieben müßen; werde also heütte auff zwey von Ewere
lieben schreiben auff einmahl beantworten. Ich dancke Euch vor
die 4 letzte schachteln von Nürnberger pflaster. Ihr schreibt mir
aber nicht, waß es kost. Ich laße es nicht vor mich kommen; den
ich brauche selten pflaster, noch andere remedien; aber viel leütte
haben mich drumb gebetten. Ahn meinen fuß habe ich es nicht
wagen wollen, weillen es zieht, undt mich deucht, wen man so
übermäßig fett ist, alß ich bin, solle man keine humoren auff die
beine zig^n, es mogte etwaß übels drauß werden. Mein fuß will
noch nicht heyllen, ist noch alle abendt sehr geschwollen. Ich
brauche daß italienisch wurmöhl, welches mir so woU ahn meineiü
verrenckten arm bekommen ist. Ich befinde mich auch sonsten
nicht zum besten, habe einen abscheulichen husten mitt von Marly
bracht, aber daß wir dt schon wider vergehen. Ich sage von hertzen
amen auff den wünsch, so Ihr, liebe Louisse, thut, daß ma taute
lange jähren in gesundtheit möge erhalten werden. Die masque-
raden werde ich baldt müdt, wen nichts possirliches dabey ist. Es
war ein bal en masque vergangenen freytag nach dem nachteßen
zu Marly, aber ich sähe ihn nicht, ging hübsch nach bett. Von
commedien halte ich mehr, war auch gestern hir in Rodogune undt
le Soldat habile, so sie zimblich woll spilten. Ma tante hatt ge-
schriben, wie dem gutten baron in gartners kleydt. gefrorn; dem
wirdt auch woll der husten nicht gefehlt haben. So seindt die
439
plaisir ahngenehm, wen sie gantz ohne zwang sein. Le 13 habe
ich vor dicßem gespilt. Ich weiß nicht, wer der alte oberst Ha-
merstein ist. Ist es vielleicht der, den wir alß Fräntzgen hießen
nndt cammerjancker bey meins brndern gemahlin geweßen? In
meine sin ist eine kleine geselschafft, wo man frey mitt ist, ahn-
genehmer, alß ein großer schwärm, wobey man gezwangen sein
maß. Le treise kene ich woU, habs vor dießem gespilt. Man kompt
mir alleweill sagen, daß es 8 geschlagen. Ich maß ahn ibein
dochter schreiben undt noch 2 andere brieff nach Paris, kan also
noch dießmahl meine Intention nicht volführen, aaff Ewere beyde
brieff za andtworten ; werde den vom 19, so ich gestern entpfangen,
biß aaff donnerstag sparen ; ambrassire Euch von hertzen nndt ver-
sichere Euch, liebe Loaisse, daß ich Euch allezeit von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
292.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannoyer.
Versaille den 4 Februari 1706.
Hertzliebe Amelise, Ihr habt gar recht errahten, daß kalte
Wetter, der frost nndt schnee, so nan regieren, laßen sich sehr
ahn meinem verstangten bein undt knie fühlen; glaube nicht, daß
ich vor dem frühling couriren weredt.* Ich dachte nicht, daß wildt-
bratt angesandt were; ich meinte, zahm Schweinen fleisch were
schlimmer. War es pirlen, daß Euch so lang gewehrt hatt, oder
ein durchlauff? Ich glaube, in der kalte zu gehen, wen man nur
warm gekleydt ist, ist nicht ungesundt; den man entpfindt die kalt
weniger, wen man starck gehet, alß wen man still sitzt. Man hatt
exempel, daß letltte in kutzschen erfrohren sein. Ma tante schreibt
mir, sie habe ein wenig husten andt schnapen, aber daß haben
alle menschen jetzt. Ich bin Ewere meinang in alles, waß Ihr von
der redoatte sagt; die comedie ist auch mehr mein sach. Man kan
über ein mergen gar woll weinen; den alle tendre sentiementen
attandriren die gatte gemtlther. Wen ihnen dergleichen sentiemen-
ten zu Ohren kommen, stelt man sich in selben platz undt denckt,
wie einen in solchen fall zu muhte; finde also nicht, daß es lacher-
*
♦ ? werde.
440
lieh ist, die weinen za sehen, so sich anff ein so iendre objet, alß
eine matter ist, so ihre dochter opffern wirdt sehen, zu attan-
driren. Daß hatt nichts ridicuUes nndt ich bin versichert, daß deß
noble Venitianers pfaff, so durch ein solch specktacle ist touchirt
worden, kein böß gemOht hatt; also kan man ihm dieße Schwachheit
durch ein gutt motif entschuldigen; |den Iphig^nie ist ein gar tou-
chant stück, hatt mich offt weinen gemacht, undt wen ich in die
commedien mich nicht attendrirte undt touchirt fände, würde ich
keine lust davon haben. Adieu, liebe Amelise! Hiemitt ist Ewer
lieber brieff völlig beantwortet; habe noch 4 große brieff zu schrei-
ben vor dem nachteßen, werde Euch also vor dießmahl nichts mehr
sagen, alß wie daß ich Euch allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
293.
A mad. Louise , raugreffin zu Pfaltz, a Paris. *
YersaiUe den 4 Februari 1706.
Hertzliebe Louise, hirmitt komme ich mein wordt halten undt
auf Ewer wehrtes schreiben vom 19 Januari andtwortten, wie ichs
Euch vergangenen sontag versprochen habe. Vor die schachteln
mitt dem Nürnberger pflaster habe ich schon gedanckt. Ich habe
nun genung undt vor lange zeit, kan viel leütten mitt gefahlen
thun; ich aber brauche es selber nicht. Ich habe Euch letzte post
die ursach deß wegen gesagt, derowegen widerhoUe ich es nicht.
Daß schlime wetter will mir meinen fuß nicht couriren laßen. Er
ist noch gantz nicht belli, er geschwilt noch alle abendt starck undt
thut mir offt wehe, mein knie auch. Es frirt undt schneyet heütte
sehr starck undt bey solchem wetter lest sich mein gantzer fall
braff fühlen; dazu ist mir (pour surcroit d'agrement) noch, ein
praffer husten kommen. Ewer liebe schreiben, liebe Louisse, diver-
tiren mich allezeit; den ich höre gern, wie es Euch gehet. Mein
gott, 21 punckten zu beantworten, muß ein unerhört langer brieff
undt lenger, alß den ich alleweill ahn ma tante geschrieben, so
doch 24 seytten hatt. Die Engländer seindt sauber in eßen undt
ihr eßen ist mehr nach meinem schmack, alß der Frantzoßen ihres.
Es ist nun 34 jähr, daß ich in Franckreich bin, undt habe mich
* ? Hannover.
441
noch ahn kein eintzigen frantzöschen ragoast gewehnen können,
und! wen Ihr Euch meiner noch erinern könt, so wist Ihr woll,
daß ich mein lehen kein supen nicht eße. Ma tante halt groß recht,
Euch den frejen willen zu laßen, in die redontte zu gehen, oder
nicht; den wen die divertissementen gezwangen sein, deügen sie
den teüffel nicht. Die kälte ist granßam jetznnder. Es wandert
mich, daß daß anßgehen ma tante nicht incommodirt. Die com-
medien können nicht incommodireu , da ist es warm. Sie haben
schon den hasten, aber alle menschen habens jetzt. Wen I. L. der
margraff von Anspach wirdt ahnkommen sein, bitte ich Euch, liebe
Louise, I.vL. mein compliment za machen. Ich glaube, ich habe
die Ittalliener hir gesehen, so Ihr nan za Hannover habt undt
welche nach Dusseldorf werden. Es wirdt spat. Ich habe hetttte
noch 5 brieff zu schreiben, werde also vor dießmahl nichts mehr
sagen, alß wie daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
294.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 11 Februari 1706.
Hertzliebe Lonise, worumb dörfft Ihr mir nicht gleich andt-
wortten, wcns ahn Amelise zu schreiben ist? Es kan ja gar nichts
schaden, wen Ihr mir gleich beyde zugleich schreibt. Ich glaube,
daß etliche ädern ahn meinem fuß verrenckt sein oder gar gebro-
chen; den es thut mir noch wehe undt geschwilt alle abendt. Die
gelenck seindt nicht auß einander; den wen daß were, könte ich
nicht so fest auff den fuß tretten, alß ich thue. Waß mich ahm
wehesten thut, ist wie ein circle just umb den fuß herumb hinter
den hacken undt oben, wo man den schue zumacht, so gantz rings
herumb. Es thut mir nicht weher im gehen, alß wan ich nicht
gehe. Morgendts, wen ich aufstehe, ist mein fuß undt bein schir
wie daß ander, aber alle abendt geschwildt es sehr; je mehr ich
gehe, je ärger es wirdt; es ist wunderlich. Ma tante, die fraw
churfttrstin, hatt mir dißmahl gar exact ihren zustandt bericht undt
wie sie übel über taffei worden sein. Ihr thut mir aber doch, liebe
440
lieh ist, die weinen za sehen, so sich anff ein so tendre objet, alß
eine matter ist, so ihre dochter opffern wirdt sehen, zu attan-
driren. Daß hatt nichts ridicnlles nndt ich bin versichert, daß deß
noble Yenitianers pfaff, so durch ein solch specktacle ist touchirt
worden, kein böß gemOht hatt; also kan man ihm dieße Schwachheit
durch ein gutt motif entschuldigen; [den Iphig^nie ist ein gar tou-
chant stück, hatt mich offt weinen gemacht, undt wen ich in die
commedien mich nicht attendrirte undt touchirt fände, würde ich
keine last davon haben. Adieu, liebe Amelise! Hiemitt ist Ewer
lieber brieff völlig beantwortet; habe noch 4 große brieff zu schrei-
ben vor dem nacbteßen, werde Euch also vor dießmahl nichts mehr
sagen, alß wie daß ich Euch allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
293.
A mad. Louise , raugreffin zu Pfaltz, a Paris. *
Versaille den 4 Februari 1706.
Hertzliebe Louise, hirmitt komme ich mein wordt halten undt
auf Ewer wehrtes schreiben vom 19 Januar! andtwortten, wie ichs
Euch vergangenen sontag versprochen habe. Vor die schachteln
mitt dem Nürnberger pflaster habe ich schon gedanckt. Ich habe
nun genung undt vor lange zeit, kan viel leütten mitt gefahlen
thun ; ich aber brauche es selber nicht. Ich habe Euch letzte post
die ursach deßwegen gesagt, derowegen wider)iolle ich es nicht.
Daß schlime wetter will mir meinen fuß nicht couriren laßen. Er
ist noch gantz nicht belli, er geschwilt noch alle abendt starck undt
thut mir offt wehe, mein knie auch. Es frirt undt schneyet heütte
sehr starck undt bey solchetti wetter lest sich 'mein gantzer fall
braff fühlen ; dazu ist mir (pour surcroit d'agrement) noch . ein
praffer husten kommen. Ewer liebe schreiben, liebe Louisse, diver-
tiren mich allezeit; den ich höre gern, wie es Euch gehet. Mein
gott, 21 punckten zu beantworten, muß ein unerhört langer brieff
undt lenger, alß den ich alleweill ahn ma tante geschrieben, so
doch 24 seytten hatt. Die Engländer seindt sauber in eßen undt
ihr eßen ist mehr nach meinem schmack, alß der Frantzoßeu ihres.
Es ist nun 34 jähr, daß ich in Franckreich bin, undt habe mich
4
* ? Hannover.
441
noch ahn kein eintzigen frantzöschen ragoust gewehnen können,
und! wen Ihr Euch meiner noch erinern könt, so wist Ihr woU,
daß ich mein lehen kein snpen nicht eße. Ma tante halt groß recht,
Euch den freyen willen zu laßen, in die redoutte zu gehen, oder
nicht; den wen die divertissementen gezwangen sein, deügen sie
den teüffel nicht. Die kälte ist granßam jetznnder. Es wundert
mich, daß daß außgehen ma tante nicht incommodirt. Die com-
medien können nicht incommodireu , da ist es warm. Sie haben
schon den husten, aber alle menschen habens jetzt. Wen I. L. der
margraff von Anspach wirdt ahnkommen sein, bitte ich Euch, liebe
Louise, I.vL. mein compliment zu machen. Ich glaube, ich habe
die Ittalliener hir gesehen, so Ihr nun zu Hannover habt undt
welche nach Dusseldorf werden. Es wirdt spat. Ich habe hetttte
noch Ö brieff zu schreiben, werde also vor dießmahl nichts mehr
sagen, alß wie daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
294.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Yersaille den 11 Februari 1706.
Hertzliebe Louise, worumb dörfft Ihr mir nicht gleich andt-
wortten, wens ahn Amelise zu schreiben ist? Es kan ja gar nichts
schaden, wen Ihr mir gleich beyde zugleich schreibt. Ich glaube,
daß etliche ädern ahn meinem fuß verrenckt sein oder gar gebro-
chen; den es thut mir noch wehe undt geschwilt alle abendt. Die
gelenck seindt nicht auß einander; den wen daß were, könte ich
nicht so fest auff den fuß tretten, alß ich thue. Waß mich ahm
wehesten thut, ist wie ein circle just umb den fuß herumb hinter
den hacken undt oben, wo man den sehne zumacht, so gantz rings
herumb. Es thut mir nicht weher im gehen, alß wan ich nicht
gehe. Morgendts, wen ich auffstehe, ist mein fuß undt bein schir
wie daß ander, aber alle abendt geschwildt es sehr; je mehr ich
gehe, je ärger es wirdt; es ist wunderlich. Ma tante, die fraw
churfttrstin, hatt mir dißmahl gar exact ihren zustandt bericht undt
wie sie übel über taffei worden sein, Ihr thut mir aber doch, liebe
442
Looisse, einen rechten gefahlen, mirs anch zn schreiben; damitt
sehe ich doch, daß es nicht schlimmer ist, alß I. L. mirs sagen. Ich
hoffe, daß, weillen ma tante so braff außgespeihet, daß dießer
hasten undt schnapen zu dero gesundtheit dinnen wirdt. Gott gebe
es! Sr Ortance bitte ich, liebe Lonisse, sehr zu dancken, daß er
noch ahn mir denckt. Fragt ihm von meinetwegen, ob er seine
Lissette jetzt so lieb<hatt, alß er zu meiner zeitFelitz gehabt hatt,
nmb welcher willen er mir zu Hannover offt vissitten geben hatt!
Leütte, so so viel verstandt haben, alß er, können alles woU
threhen. Wen ich ihn sehen solt, würden wir offt von nnßern
hflndtger sprechen; den ich liebe sie so sehr alß er; ^iner von
ihnen, so Titti heist, ligt immer auff meiner taffei, wen ich schreibe.
In ein par standen werden wir nach Marly, werde dero wegen
schließen; den ehe ich weg fahre, maß ich noch 6 brieff schreiben.
Adiea den, liebe Looissel Seydt versichert, daß ich Ettch allezeit
lieb behalte!
Elisabeth Qharlotte.
295.
A mad, Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfältz, a Hannover.
Marly den 14 Februari 1706.
Hertzlieb Amelise, ob ich zwar heütte gar viel zu schreiben
habe, so kan ich doch noch woU auf Ewern brieff vom 2 Februar,
so ich gestern entpfangen, antworten; den er ist gar kurtz. Mein
fuß ist noch einmahl wider umbgeschlagen undt übel worden; sey-
der ich aber hir bin, wirdt es täglich beßer; glaube, daß ich baldt
gar keine remedien (mittel wolte ich sagen) werde von nöhten ha-
ben. Ich kene den margraffen von Ahnspach woll. Es ist daß
beste kindt von der weldt; ich habe ihn auch lieb. Ich bin ver-
wundert, daß man nicht mehr hofflich zu Hannover ist; den zu
oncle uudt hertzog Gorg Wilhelms zeitten war man es sehr; man
kan in der weldt nicht hofflicher sein, alß die zwey herrn wahren.
Meine vettern werden sich gar nicht beliebt machen, wen sie ihres
herrn vattern undt onclen s. exempel nicht folgen. Ma tante käme
mir nicht so lastig in ihrem letztem schreiben vor alß ordinarie;
443
daß ist mir leydt. Ich furcht, daß die erinerung, so ihr die re*
doutte von der s. königin, ihrer fraw dochter, gibt, sie innerlich
quelt. Ich bin schir fro, daß die faßnacht verbey geht, deß wegen.
Adieu, liebe Amelise! Seydt versichert, daß ich Euch von hertzen
lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
296.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz y a HannoTcr.
Marly den 18 Februar! 1706, umb 7 abendts.
Hertzliebe Louisse, die posten gehen wunderlich. Vergangen
dinstag habe ich erst ma tante paquet sarobt Ewer liebes * schrei-
ben vom 2 bekommen undt sambstag hatte ich daß vom 5 undt
daß ich naturlicher weiß montags haben solte,helt man mir zurück.
Amelise schreiben habe ich im letzten paquet fanden, war auch
vom 2 datirt; es muß ligen blieben sein worden. Ihr habt groß
recht, zu glauben, liebe Louisse, daß Ihr mir großen gefallen thut,
fleißig zu schreiben undt ma tante zustandt zu berichten. Ich thue
nichts mehr auff meinen fuß, alß von den florentinischen erdtwurm-
ohl. Die redoutte ist pun zum endt; den wir sein in der fasten.
Ich war willens, gar eygendtlich auff Ewer liebes brieffgen zu andt-
worten; aber man kompt mir sagen, daß musiq ist, undt ich habe
noch 3 brieff zu schreiben undt es ist schon ein virtel auff 6.
Wir haben umb 3 zu mittag geßen; den man hatt den gantzen
morgen gejagt; muß wider willen enden undt nur sagen, daß ich
Euch von hertzen lieb habe..
Elisabeth Charlotte.
297.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Yersaille den 25 Februar! 1706.
Hertzliebe Louisse, vergangenen dinstag habe ich Ewer liebes
schreiben vom 12 dießes monts zu recht entpfangen ; bin fro , daß
meine schreiben so woll überkommen uudt Euch in so gutter gesel-
444
schafft gefanden haben. Ihr habt woll gethan, liebe Looisse, EOch
ein wenig rahe zu schaffen ; taglich andt stündtlich lefltte zu ha-
ben, ambarassirt unerhört; 2 tag dieße quäl in der woch zu haben,
ist woll genang. Zu meiner zeit war man nicht so delicat zu Han-
nover, contrari, man lebte frey undt formalisirte sich nicht; alles
muß sehr geendert sein, so woll alß daß schloß, welches ich nicht
mehr würde keneti können. Ich habe einen Englander hir gekandt,
so auch Lincon hir.'*' Ich weiß nicht, ob es derselbe ist, so nun
zu Hannover. Er kam gar offt zu mir. Wendt fragt ihn einmahl:
«Estes vous catholique?» ««Non, monsieur!>» sagte Linien. «Luthe-
rien?» ««Encore moins»», antwortete er. «Vous estes dont re-
form^», sagte Wendt. ««Point du tout, monsieur!» sagte Lincon.
«Mais qu'estes vous donc?» sagte Wendt. ««Je m'en vay vous
dire, monsir, j'ay vn petit religion apart moy, qui n*est rien de
tout^cela»>, wolte aber seinen glauben nicht kundt thun. Umb wie
hir zu sprechen, konte man selbigen tag zu Euch sagen: «Madame,
vous aves vne grosse cour>. Daß cafö ist nicht so nöhtig vor pfa-
rer, alß catholische prister, so nicht heürahten dorffen; den es
solle keusch machen. Mich deucht, die reformirte pfarherrn brin-
gen nicht viel zu lachen, seindt gar stämich. Die geschwulst hatt sehr
von meinem fuß abgenohmen, allein ich kan die stiege noch weder
auff noch ab gehen undt es ist mir noch, wen ich eine stige herun-
der gehen will, alß wen ich spereyßen ahn hette; den es drückt
mich hinder die hacke undt in beyden knocheln deß fuß. Mein
husten ist, gott sey danck, lenkst verbey. Ich thue alle tag von
monsieur d'Altovitis ohl ahn meinem fuß; daß sterckt zwar, es kan
aber die verenckte ader nicht wider ahn den rechten platz setzen.
Ich findt die feldtscherer nicht so geschickt, alß man mir gesagt,
daß sie wehrn. Alles, waß ich gebraucht, ist nichts gefahrliches,
alß zum exempel de pomade d'Iverne, warmen wein, worin
rotte roßen gekocht undt etliche kreütter, saltz mitt waßer undt
nun diß ohl; daß ist alles, waß man mir gebraucht hatt. Gott
seye danck, daß unßere liebe churfürstin weder zahn- noch kopff-
wehe mehr hatt, undt erhalte I. L. lange jähren gesundt! Ich kan
weder caffe, th6 noch chocolatte drincken. Ich bin auch fro, daß
Ihr, liebe Louisse, wider woll sey dt. Daß ist ma tante waß neues,
* ? hieß.
445
schlafferig zu sein; daß habe ich nie gesehen, we're mir auch angst
dabey worden. Gott sey danck, daß es woll abgegangen ist! Mon-
sieur Imhoff kene ich woll, habe ich hir gesehen, wo er envoyes
von seinen hertzog war; käme mir sehr fein fohr. Die zwey heüßer
konten nicht beßer thun, alß sich mitt einander wider zu verglei-
chen. Ich habe noch 5 große brieff zu schreiben undt es schlecht
6, muß also enden undt nichts mehr sagen, alß daß ich Euch
allezeit recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
298.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
y ersaille den 25 Februar 1706. .
Hertzliebe Amelise, ich habe zwar Ewern lieben brieff vom
9 dießes monts schon vergangenen sambstag entpfangen, allein wie
ich schon etlich mahl gesagt, die sontags-post kan ich schwerlich
andtworten. Ich schreibe alß große brieff ahn ma tante undt habe
3 ordinarie posten selbigen tag, alß nehmblich Hannover, Madrit
undt Luneville ohne waß ich sonst nach Paris zu schreiben habe;
den alle tag muß ich 4 brieff nach Paris schreiben. Donnerstags
aber habe ich zwey brieff weniger zu schreiben; den den tag geht
die post weder in Spanien noch Lotteringen; kan also selbige post
allezeit ahn^Eüch undt ahn Louisse schreiben, wie ich auch ordi-
när! thue undt heütte wider thun werde. Ihr seydt gar zu obli-
gent, waß ahn mir zu rühmen wollen; allein ich kene mich selber
gar zu woll undt weiß, wie wenig rühmenswürdig in mir ist; dero-
wegen lieber von waß änderst sprechen, alß nur zu hören, wie ich
sein solte undt nicht bin. Ewer liebes sehreiben ist zu eloquent
vor mich. Unßer carnaval ist nun verbey, habe mich den letzten
tag auch masquiren müßen in meinen alten tagen. Alle meine mas-
querade war ein grüner taffet; den habe ich auff einen stock mitt
einer gabel binden laßen, eine große roß von couleur-de-rose-bandt
drauff, der taffet war offen vom kopff ahn biß unter dem magen.
In dießen taffet bin ich nein geschloffen mitt meinen kleydern, habe
es umb den^ halß zugebunden undt den stock in die handt genoh-
men. Man sieht keine figur nicht undt wegen der hohe scheint ich
schmahl, es hatt mich also kein mensch kenen können. Den könig
446
machte idi gantE nngedaltig; den allemahl, so baldt er mich ahn-
Rahe, beugte ich den stock; daß schiene, alß wen man ihm eine
rererentz machte. Der könig wurde endtlich gantz nngedaltig undt
sagte der dachesse de Boargogne: «Mais qui est donc ce grand
masqne, qai me salae a toat moment?» Sie lachte andt sagte ihm
endtlich: «G*est Madame». Ich meine, der könig würde sich kranck
Aber meiner masqnerade lachen. Ich that ihm aber wider einen
poßen. Man nahm mich anff, zu dantzen, ich nahm den könig anff.
Der dac de Bery hatte sich possirlich masqairt mitt 3 andern, le
Yidame, monsiear de Chevreasse söhn, der printz de Rohan, ma-
dame de Vantadour dochterman, nndt der junge Seignlay ; sie wah-
ren mitt goltstück, goltene masquen, silberne scharpffen, eben
wie die goltgeschnitzte geridons sein; hatten lustre auff den haüb-
ten undt stelten sich in die 4 ecken vom salon. Monsieur le Dau-
phin wahr recht *possirlich; er war wie eine dame en cornette et
andriene, man konte ihn nicht ohne lachen ahnsehen. Es ist eine
verdrießlich sach, nahe bey einem bal zu schlaffen; ich weiß, waß
es ist. Ich reterirte mich umb 12, wie ordinarie nach bett zu
geben; allein umb 4, wie der bal zum endt ging, biß alles fort
war, welches 2 gutter stundt werdt, konte ich ohnmöglich schlaf-
fen. Divertissementen können ma tante, der fraw churfürstin,
nichts schaden; den daß hindert, ahn trawerige gedancken zu ge-
dencken, welche I. L. viel gefahrlicher undt schadtlicher sein. Waß
schlaffen gehn betriefft, thut die gewohnheit viel dazu. Die sich so
sehr zärtlcQ undt delicattiren, leben nicht langer. Wer mich obli-
girte, daß bett zu hütten, würde mir gleich kopffwehe undt fieber
geben. Viel meinen, es seye artig, sich so delicat zu stellen, undt
ich finde es abgeschmackt. Adieu! Ich muß [schließen]; den ich
habe noch 6 brieff zu schreiben. Seydt versichert, daß ich Euch
allzeit recht lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
299.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Versaille den 4 Mertz 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangenen sambstag habe ich Ewer liebes
schreiben vom 19 Februar zu recht entpfangen, aber wegen deß
447
sontage vielle schreiben, wie schon offt gemelt, nicht andtwortten
können. Ma tante, die fraw chnrfürstin, hatt mir anch geschrie-
ben, wie der königen Anne von Engellandt geburtstag ist celebrirt
worden. Ich kan nicht begreiffen\ waß gala heist; den es ist kein
teütsch wordt. Ich kan nicht errahten, warumb der churfürst von
Braunsweig nicht bey dem fest geweßen. Ma tante findt die. frettl-
len von Degenfeit schon, welches leicht zu glauben; sie seindt von
schonner race. Tantzt man gar nicht mehr teütsche dantz in
Teütschlandt, daß man jetzt drüber lacht? Ich finde keine thorheit
im lustig machen; den daß ist gesundt. Die thorheit ist in trawe-
rig sein; den daß macht krank undt ist zu nichts nutz. Mein fuß
ist noch nicht recht heyll, lest sich noch fühlen. Ich liebe daß
frantzosche dantzen gar nicht; ein ewig menuet ist mir unleydtlich,
habe also mein carnaval zugebracht wie den carfreytag, mitt
schreiben, leßen undt corbmachen. Commedien aler sehe ich gern,
dem habe ich kein eintzige verfehlt; etliche wahren gutt, ander
schlim. Man hört von nichts, alß plötzliche tödt. Vergangen son-
tag sprach ich umb 4 abendts mitt einem man, so deß haußschney-
ders oncle war; montag abendts fnndt man ihn todt im garten. EiQ
cammerknecht von hertzog von Bourgogne geht auß seiner cammer,
wirdt gleich von schlag gerührt. Ahn allen enden hört man von
geschwinde todtsfall. Biß die reyeahn mir kompt, werde ich Euch,
liebe Amelise, von hertzen lieb behalten.
Elisabeth Charlotte.
300.
A mad. Louise ^ räugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 11 Mertz 1706.
Hertzliebe Louise, vergangenen sambstag habe ich Ewern lieben
brieff vom 23 Februar sambt dem von Amilise von 26 zugleich
entpfangen. Die posten gehen nun gar doli undt seindt gar nicht
eingericht; daß beste ist doch, daß keine brieffe verlohren werden.
Gott seye danck, daß unßere liebe churfürstin den carnaval so woU
außgestanden, undt gebe ihr noch manche so I. L. erfrewen möge!
Ich hoffe, daß sie bey dem jetzigen so gar schönnen wetter wider
zunehmen werden. Madame hatt woU groß recht, deß churprintzen
448
eztravagansen nicht zn hertzen za ziehen. Daß roarqnisisch frant^
zosch geblfldt lest sich in ihm spflren, daß, wen er woU thet,
grefilich verhehlen solte; den es gibt ihm gar keine eher. Man
thnt dem printzen daß groste unrecht von der weit, ihm seine so-
tissen zn verbergen undt es seinem hcrrn vatter nicht zu sagen;
den er ist noch Jung genung, corigirt zu werden, undt bleibt er,
wie er ist, wirdt er kein lob erwerben. Brutalitet steht jederman
Abel, aber großen herrn noch mehr. Sein herr vatter solte sich
selber informiren, ob er mitt seiner groß fraw mutter lebt, wie er
solle, undt ihm solches expresse einbringen; den der churprintz
thut sich selber tord, wo er nicht den grosten respect vor ma taute
hatt. Die princes hatt vielleicht den verstandt, exempel ahn ihrem
herrn bruder zu nehmen undt sich dadurch zu corigiren. Ich glaube
nicht, daß signeur Ortance seine Lissette lieber hatt, alß ich meine
hfindtger. Mein fuß ist noch nicht wider gantz heyll, doch viell
beßer. Ich habe aber einen abscheulichen husten, so mir komen,
weillen ich eine wattedecke abgethan undt im schlaff gar kalt be-
kommen. Adieu, liebe Louissei Seydt versichert, daß ich Euch
recht lieb behalte 1
Elisabeth Charlotte.
301.
Versaille, mitwog den 17 Mertz 1706.
Hertzliebe Amelisse, Ihr werdet von Louise vernehmen können,
worumb ich Euch heütte ein tag eher schreibe, alß ordinari;
drumb widerholle ich es nicht. Mitt meinem fuß gehet es nun
zimblich woll, gott lob! Ihr habt recht, Le grondeur monsieur Gri-
chart* artig zu finden; den er ist es in der that. ümb gutt zu sein,
muß es aber woll gespilt werden. Daß original von dießera stück
war ein docktor, so monsieur Lebel hieße undt welchen ich vor
dießem gehabt habe. Ewer scb wager ist gritlich, daß es war recht
incompatible. Es ist kein marquis, sondern ein conte de, der nun
zu Hannover ist. Ich kene ihn woll undt alle seine verwanten, so
er hir hatt. Seines brudern gemahlin ist erst kurtzlich gestorben,
war deß duc de Rohans dochter. Die gräffin von Furstenberg, seine
fraw mutter, wondt auff ihre gütter, so sie hiiT'hatt. Sie hatt nun
*
* KomSdie von Braeys und Palaprat.
449
keine galanterie mehr, [ist] aber sehr galandt geweßen. Ich glaube',
es were ihr schwer, ihrer kinder vätter zu nehnen. Der eiste
gleicht viel mehr ahm cardinal, alß der jüngste graff, so nun zu
Hannover. Seinen humor kene ich nicht, kene viel mehr seine zwey
älste brüder, deren einer todt ist; hatte einen dollen heüraht ge-
than, ehe er gestorben. Daß der jüngst einen duel gehabt undt
deß wegen auß dem landt gemüst, daß ist war. Ich glaube, daß
mein söhn der einig junge mensch in der weldt ist, dem sein eygen
haar übel stehet; man kan ihn nicht mitt leyden. Nachdem die
gesiebter sein, stehet die peruque woll oder übel; aber ordinarie
gehts, wie Ihr, liebe Amelise, gar recht sagt, daß sie die alten
leütte jünger undt junge leütte älter macht. Adieu, liebe Amelisse!
Diß ist der 6te brieff, den ich heütte schreibe; die handt ist mir
müde, sage derowegen nichts mehr, alß daß ich Euch von hertzen
lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
302.
A mad. Louise , raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 17 Mertz 1706.
Hertzliebe Louisse, ich schreibe Euch heütte; den ich förchte,
daß ich morgen nicht der zeit dazu finden werde, weillen wir mor-
geü die letzte commedie haben werde, welche früher, alß ordinarie,
ahngehen wirdt, undt ich morgen auch noch Tor übermorgen
schreiben muß. Den übermorgen fahr ich nach Paris, wo ich et-
liche wenige geschafften 'habe; werde im opera bleiben, erst gegen
11 abendts wider her kommen, undt weillen ich doch die post nicht
verseümen will, ahn Euch undt Amelise zu antwortten, so thue ich
es dießen abendt. Ich weiß gar woll, wie es kompt, daß ich meine
brieffe so unrichtig entpfangen undt die meinen auch so doli. Es
ist der postmeister schuldt nicht, sondern deß ministre; der ober-
postmeister ist schuldt, der will allezeit alle meine brieffe leßeu,
umb den könig davon ahnzutragen, waß ihm beliebt. Er kan nicht
viel teütsch, man muß ihm unßere brieffe übersetzen, deßwegen
gehen sie so unrichtig; den er lest sie nur nach seiner gelegenheit
wider zu machen undt lieffern; dadurch aber erlangt er meinen se-
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 2ld
450
gen nicht. Gk)tt verzey mirs! aber ich verflache diß mantgen offt.
Ich glaube, es hatt ihm anglttck bracht; den er ist nun kranck.
Ich versichere Eflch, liebe Louise, daß deß gutten ehrlichen nionsiear
d^Altoviti wannohl trefflich ist undt hatt mir die schmertzen vom fuß
benohroen. Erinert Ihr Euch deß Altovitis nicht mehr? Ihr habt
ihn so lang zu Heydelberg gesehen, ein gutter ehrlicher [mann],
aber gar heßlich, ein lang schmahl gesiebt, gar große naße, die
angen klein undt nahe bey der naße undt dane lefftzen, schwartze
augbrawen undt sehr mager, trug eine blunde peruque. Waß mir
noch gar woll ahn meinem fuß gethan, ist ein fußbadt, so mein
dockter mir verortnet, waßer, wein undt von den braunrohte roßeo
sambt allerhandt kreütter, alß rossemarin, lavendel, thimian, salbey,
camillen; ich weiß nicht, waß noch mehr drin ist. Daß bekombt
mir recht woll undt ^terckt mir den fuß. Oott seye danck, daß ma
tante, die fraw churfttrstin, sich so woll befindt, da nun überall
alles voller husten undt schnupen ist! Gott erhalte I. L. lange bey
gutter undt volkommener gesundtheit! Daß geschieht mir auch offt,
daß mir die brüst pfeyfft; es seindt windt, daß vergebt baldt wi-
der. Ich habe seyder 10 tagen ein braffen husten gehabt, fengt
nun ahn, wider zu vergehen. Ich habe nichts davor gebraucht, im
ahnfang nur ein par schallen waßer gedrunken, undt wen der hu-
sten ahm starcksten , ein wenig von dem indianischen cachou ge-
eßen; dadurch ist er verfault, werff braff auß. 'Le grondeur ist
baldt gespilt, hatt nur 3 acten ; man spilt es hir zum poßenspiel.
Wen man zamen sprechen will, ist nicht nohtig, in die commedie
zu gehen. Ich kan nicht leyden, daß man in der commedie relit,
mache alß alles umb mich herumb schweygen. Wie Ihr mir von
der fraw von Degenfeit sprecht, muß sie recht gutt sein undt
ein recht gutt gemühte. Euch zu besuchen kommen sein. Ihre
zwey töchter sollen recht schön sein. Es ist noch beßer, daß
scheyden wehe thut undt man die sieht, so man lieb hatt, alß nie
nicht. Freyllich höre ich gern von h. Max kinder reden; den er
war ja mein gar gutter freündt. Hirmitt ist Ewer schreiben, liebe
Louisse, völlig beantwortet; bleibt mir nichts mehr überig, alß
Euch zu versichern, daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
' Elisabeth Charlotte.
451
303.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
V^rsaille den 25 Mertz 1706.
Hertzliebe Louisse, vergangen sambstag habe ich ma tante,
der fraw churfürstin, undt Ewere schreiben auflf eine manir ent-
pfangen, alß wen man eine probe geben wolte, waß ich Euch letzt-
mahl davon geschrieben, nehmblich, daß sie alle geleßen werden;
den man bracht mir mein paquet gantz zerißen undt mitt einer
kleinen cordel oder bindtsfaden zusamen gebenden. Ich müste drü-
ber lachen, ob es mir gleich nicht gar woll gefiel. Daß so gar
schlimme wetter macht mir meinen fuß noch fühlen undt geschwilt
noch gegen abendt; ich gehe doch gar woll ohne hincken; ist es
aber schön wetter, fühle ich nichts. Ich finde es so gemachlich,
sich die stiege auff undt ab zu tragen . laßen , daß ich mich noch
nicht habe resolviren können, auflf undt ab zu steigen ^ndt meinen
fuß undt knie zu exerciern. Wens warmer wirdt werden, will ichs
beßer machen. Wen der mylor Lincoln seine nahmen geprononcirt
hette, wie Ihr ihn, lieb Louisse, schreibt, so würde einsmahls ein
leibguarde von Monsieur zu St Clou nicht geantwort haben, wie er that.
Es war.umb* sommer umb halb 10 abendt, wir wahren ahm fenster,
Monsieur undt ich, undt wartten, daß man ahngericht hatte, umb zu
nacht zu eßen. Auff einen stutz sehen wir eine kutzsch mitt 6 pferden
daherkommen undt einen man außsteygen. Monsieur rieff: «Qui est ce
cela, qui arive?* Ein guarde andtwortet: «Ma foy, Monsieur, je
n'ose le dire a V.A. royale». Monsieur sagte: «Quelle sotisse! Je
veux savoir, qui s'est». Der guarde sagte: «He bien, Monsieur,
puisque vous le voulles savoir, son nom est vne sotisse; car il y a
du con en son nom». Ich meinte, Monsieur würde sich todt la-
chen. In dem kompt , der monsieur Lincoln, so übel frantzösch
sprach, in den salon undt fengt ahn: «Monser, vostre atesse reale
trouve, que moy vient tard, mais ce que moy a cheval neuff, qui
prende mortaudent, c'est enfuy; moy ly cherches dans sti bois di
Boulogne et moy pences mourir cent fois ; enfin mon chival tröuves,
moy suis venus rendres respect». Ihr kont woll glauben, daß daß
lachen mitt dießem schonnen discours nicht auflfhorte. Es kan der
*
* ? im.
29*
452
Dicht sein, von welchem Ihr sprecht, weillen der ein junger mensch
ist. Er * betrigt Euch nicht in waß Ihr vom conte de Lamarq
glaubt, den von seiner zartten jugendt ahn hatt er vor malicieux
passirt undt von seiner eygen matter übel gerett. Er war in seiner
ersten jugendt sehr heßlich; weiß nicht, wie er nun ist. Sein
bruder klagt, daß er zu viel spilt. Er konte woll zehlen; den sein
herr bruder hatt mir gesagt, er habe ihm kürtzlich 4000 thaller
geschickt; kan also seine 300 ducatten woll bezahlen. Es ist be-
trübt, gutte üudt trewe freunden adieu zu Sachen, wen man nicht
weiß, wen man einander wider sehen wirdt; kan also leicht be-
greifen, wie schwer es Euch sein muß, liebe Louise, die fraw
von Degeufelt mitt ihren tochtern weg zu ziehen sehen. Wer von
natur tendre ist, kan nicht indifferent werden, undt wen maus
schon konte, wolte man sich doch nicht endern, weillen es von
einem gutten gemühte herkdmpt. Ma tante hatte mir schon die
andere post alles verzehU, wie es mitt dem brandt zugangen. Ich
bin fro, daß I. L. nicht gewust, in welche gefahr printz Ernst
August geweßen. Gott seye danck, daß I. L. so glücklich davon
komen sein! Daß würde ma tante geängstiget haben, wehren nachts
auffgestanden undt daß hette vielleicht ahn dero gesundtheit geschadt.
Ich fürchte, daß der churprintzes kindt den schrecken woll etitpfinden
wirdt. Wens nur mitt keine gichter auff die weldt kompt! Es fehlt
nie in solchen fällen, es kompt alß etwaß possirliches dabey, so la-
chen macht. Ihr habt daß jugement, wie ich sehe, nicht in der
gefahr verlohren, daß Ihr Ewere sachen gepackt undt in die statt
geschickt habt. Meines bruders gemahlin hatt mir der Bernstein
heüraht schreiben laßen. Bonicau ist der Leßschenbrand ihr neuen.
Ich habe 3 Bonicau hir gesehen, weiß aber nicht, ob dießer, den
die Bernstein geheüraht, einer von denen ist. Adieu, liebe Louisse!
Ich will ahn Amelisse andtwortten, nachdem ich Euch versichert,
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
♦ ? Ihr.
453
304.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 31 Mertz 1706.
Hertzliebe Amelise , ich muß heütte abendt auff Ewern lieben
brieff andtwortten; morgen kan ich ohnmoglich, wir mtißen zu lang
in der kirch sein. Waß die comedien ahnbelangt, so spilt man sie
bey hoff undt zu Paris biß in der wochen vor der heylligen; alß
zum exerapel vor 8 tagen haben alle comedien undt spectacle auff-
gehört, fangen zu Paris den montag nach Quasimodo wider ahn,
aber bey hoff erst zu Fontainebleau im herbst. Seyder ich so gar
dick geworden, sehe ich lieber comedien, alß daß ich spatziren
gehe; wen man/ so schwer undt alt wirdt, wirdt man faull. Ich
wünsche, daß hertzog Anthon Ulrich sich woll genung befinden mag,
umb nach Hannover zu kommen können, undt daß ma tante mitt
gesundtheit nach Wolffenbüdel , wirdt. Mich deucht, daß die
starcken husten weniger dauern j alß die kleine; die experientz habe
ich bey mir selber. Ihr segt durch meine 2 brieff, daß ich fleißig
andtworte. Mein husten ist lengst weg; mein fuß wirdt beßer,
seyder ich mehr gehe. Ich halte die fasten nicht, ich kan die fisch
nicht vertragen. Wer sonst mortification haben will, kan genung
hir finden, ohne sie zu suchen. Ich admire Ew^re forsichtigkeit
undt prüdentz; den es ist leichter, gar zu schweygen, alß vorsichtig
zu sprechen. Hirmitt ist Ewer schreiben beantwortet.' Adieu, liebe
Amelise ! Seydt versichert , daß ich Euch lieb behalte I
Elisabeth Charlotte.
305.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 11 April 1706.
Hertzliebe Amelise, gott sey danck, daß ma tante husten so
geschwindt undt baldt geendet hatt ! Seyder 14 tagen haben wir daß
schönste wetter von der weldt hir, mache es mir so viel zu nutz,
alß ich kan. Mein fuß thut mir nich gar wehe; ich gehe auch
454
woll eine gatte standt mitt spatziren, abendts aber geschwilt er
noch. Ihr seydt sehr devot, den sontag nicht außzugehen; aber ich
halte eine vissitte gefahrlicher, alß eine comedie; den es ist schwer,
nicht in vissitten von seinem negsten zu reden, welches eine größere
Sünde, alß ein spectacle zuzusehen. Ich wurde nicht aprobiren, daß
man den sontag in die comedie ginge, ahnstatt in kirch; aber wen
man seine Schuldigkeit bey gott abgelegt, finde ich, wie schon gesagt,
daß ein spectacle weniger gefahrlich vor daß gewißen ist, alß die
conversation. Louisse nieindt, daß graff Brockdorf 25 jähr alt ist;
daß wer 10 jähr alter, alß seine braudt. Ich habe nicht gewust,
daß er verliebt von dem Wilhelmel geweßen. Es ist doch ein gutt
vertrawen, so der graff zu Euch tregt, daß er Euch bitt, seine
fraw zu ziehen ; also werdt Ihr ihr Ewer gutten raht nicht versagen
können. In dem alter hatt man raht von nöhten; daß kan ohne
zwang geschehen; den wen man daß seine gesagt hatt undt maiT
Eweren raht nicht folgt, seydt Ihr nicht mehr schuldig, weitter zu
rahten. Man rufft mich, umb in die kirch zu gehen; muß also
enden vndt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Euch
allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
306.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 11 Aprü 1706.
Hertzliebe Louisse, vergangen donnerstag schriebe ich einen so
unerhörten langen brieff ahn I. L. die churfürstin, daß ich ohnmög-
lich ahn Euch noch ahn Amelisse andtwortten konte; werde es
derowegen heütte thun. Die posten gehen abscheulich unrichtig,
machen mich recht ungedultig. Mein husten ist, gott sey danck,
lang weg; habe ihn mitt nichts, alß waßer drincken, courirt. Ich
kan keine milch vertragen , drumb kan ich kein posset drincken ;
die milch wirdt mir gleich zu käß im magen. Seyder 14 tagen ha-
ben wir hir daß schönste frühlingswetter von der weit; man macht
kein fewer mehr im camin undt die fenster bleiben offen biß umb
11 uhren nachts; es ist recht warm, daß man schwitzt. Daß kan
nicht so dawern; ich forchte sehr, es solle noch ein frost kommen;
455
•
were woll schadt, den alles ist grün undt alle hecken in blüdt;
man sagt auch, die nachtigalle laß sich schon hören. Man meint
hir im landt, daß, wen pirlen sich bey einer schwangern frawen
ahnmelt undt sie dabey schwanger bleibt, wie es mitt der chur-
printzes von Hannover gangen, daß sie ohufehlbar mitt einem söhn
schwanger geht. Es ist viel, daß der churprintz sein unrecht er-
kendt, undt es ist woU loblich ahn ihm, sich zu corigiren. Mein
gott, wo kompt dießes printzen hochmuht her? Mag nur ahn seine
mutter gedencken, wie auch ahn seine großmutter von mutter seyt-
ten, so wirdt er ursach genung zur demutt finden. Ihr sagt woll,
daß graff Brockdorf sich heüraht, aber nicht, wen er nimbt. Ist
es vielleicht auch ein mißheüraht, so in Teütschlandt jetzt auch so
gemein werden? Wir werden nun baldt eine princes de Tarante hir
sehen, so deren, so Ihr gekandt habt, in nichts gleichen kan. Ihre
großmutter ist schlegte camermagt gewest bey einer simplen
dame. Ich habe meinem vettern de Latrimouille meine meinung
tetttsch herauß drüber gesagt. Er andtwort aber, es seye ja in
Franckreich der brauch, nach keine ahngen zu sehen, undt er
hette große schulden, also reichtum von nöhten undt mademoiselle
de Lafayete were gar reich. Wie ich gesehen, daß es nicht mehr
zu endern stehet, habe ich nichts mehr dagegen gesagt. Ich finde
die glücklich, so reißen dorffen undt hingehen können, wo sie wol-
len. Were es mir erlaubt, wie den graffen von Bruckdorf, würde
ich baldt in Lotheringen undt von dar nach Hannover. Aber daß
kan leyder nicht geschehen, muß mich also nur contentiren, Euch
die woch einmahl zu versichern, daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte.
307.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 15 Apriliis 1706.
Hertzliebe Louisse, vergangen dinstag habe ich erst Ewer
liebes schreiben vom 31 Mertz entpfangen; die posten gehen uner-
hört übel. Ich bin so ahn alles verdrießliche hir gewohnt, daß ich
picht eiumfthl dran gedenck, daß man meine brieffe list; auch co-
456
mantaire draaff weiß ich gar woll, aber ich dencke alß ahn waß
in meinem schreibbuch stundt undt ich so manchmahl abschreiben
mflßen, wie ich noch jnng war:
Waß nicht za endern stehet,
Laß gehen, wie es gehet!
Aber wen man mir ma tante paqnet zu lang auffhelt, werde ich
doch böß undt sage die warheit dichte. Ich habe nie gefragt, ob
schreiben erlaubt oder verbotten ist, immer hin geschriben. Altoviti
ist gar heßlich, daß ist war; er ist aber so gar ein gutter ehr-
licher mensch, daß sein gattes gemühte ihn ahngenehm macht. Er
hatt sich in Flandern geheüraht, lebt nun in seiner famille zu Flo-
rentz, hatt sich von hoflf retirirt undt lebt in einer großen gotts-
furcht, gibt, waß er hatt, den armen. Mein fuß geschwilt noch
alle nacht, jedoch so thut er mir nicht mehr wehe undt gehe wie
ordinarie. Es ist nie kein rohtlauffen dazu kommen, daß hab ich
mein leben nicht gehabt. Ich habe, gott lob, schon lengst keinen
husten mehr. Man hüdt die kammer nirgendts, umb heyßer zu
sprechen. Ich weiß nicht, ob der samet hir leichter ist, alß in
Teütschlandt; allein. den ich getragen, der war nicht schwerer, alß
ein drap de St Maur. Wir haben 15 tag das schönste wetter von
der weldt gehabt, nun aber wirdts wider kalt. Ich habe meine
winterkleyder noch nicht abgelegt undt bekompt mir woll. Es geht
mir wie unßere liebe churfürstin, ich kan keine schwere kleyder
tragen. Ich glaube, daß ma taute nicht übel gefunden, das Ihr
vor sie in die kirch seydt; aber es schlegt alleweill 5 undt Ewer
lieber briff ist beantwortet. Ich habe noch 3 große brieff zu be-
antworten; werde derowegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
308.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 22 April 1706.
Hertzliebe Louisse, die posten gehen so unrichtig, daß ich
nicht habe verspüren können, ob Ihr mir die fest über geschrieben
habt oder nicht; den bettet Ihr mirs nicht selber gesagt, würde
457
ich es auß obgemelter nrsach nicht gespürt haben. Wen man hir
jemandts schaden will, ist es nicht genung, nichts in den briffen zu
finden, man legt einem seine eygene worter änderst anß undt
macht doli commantaire; den lügen kost hir nichts. Von mylord
Lincoln haben wir genung gesprochen. Die historie von deß herrn
von Degenfelts camerdinner Harsch ist bößirlich. Daß erinert
mich, waß meinem söhn einmahl begegenet ist. Es geht ihm, wie
allen Frantzoßen, so nie recht teütsch lehrnen. Ich hatte ihm
einen teütschen sprachmeister geben laßen. Nachdem er 4 gantzer
jähr gelehrnt, sagt ich zu meinem söhn: «ümb eine sprach zu lehr-
nen, so muß man sprechen; drnmb redt etlichmahl mitt mir!»
Einsmahl waren wir in der gallerie. Ich weiß nicht, waß wunder-
liches dort .vorging, so wolte mein söhn daß teütsche Sprichwort
cittiren «Art lest nicht von art», kompt mitt ein amphase daher
undt prononcirt wie eine sententz: «Arsch lest nicht von arsch.»
Ich erschrack, meinte, er wolte mir etwaß wüst sagen. Ich rieff:
«Bub, schweig still!» examinirte, waß er sagen wolte; meinte in
der that, wie es dan hir gar gemein ist, er hette etwaß abscheu-
liches gesehen. Nachdem er mir aber in frantzösch explicirt, waß
er hette sagen wollen, lernt ich ihm den unterschiedt. Er wolte
sich kranck lachen, sagte aber doch, er sehe woll, daß er daß
Teutsch nicht lehrnen könte; hatt es auch gantz negligirt seyder
dem. Wo ist de? alte herr von Degenfeit nun? Ich bitte, wen Ihr
ihn schreibt, so grüst ihn doch von meinetwegen! Er muß nun
auch nicht jung mehr sein. Carllutz s. hatt mir dolle historgcr
von der madame Bar verzehlt, wie sie noch hofffreüllen war. Graff
de Lamarck, so Ihr zu Hannover gesehen, da ist wenig besunders
ahn; sein elster bruder aber ist fein undt ein ehrlicher man. Hir-
mitt ist Ewer schreiben völlig beantwort; werde noch vor der jagt
ein par wort ahn Amellisse schreiben, nachdem ich Euch werde
versicheirt haben, daß ich Euch von hertzen lieb habe, lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
309.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Versaille den 29 April 1706.
Hertzliebe Amelise, es geschieht wenig gar artiges in dicßen
458
zeitten; wer nicht schreiben wolle, biß man etwaß gar artiges
fünde, mQste lang ohne schreiben sein. Der nahm von Hosiander
ist mir gar nicht nnbekandt, ich erinere mich aber der person gar
nicht mehr; man sieht so viel leütte, daß man sie nicht behalten
kan. Mich deucht, daß ohne böß sein thut man nichts a lombre,
alß zancken, undt mein leben habe ich diß spiel nicht ohne zanck
spülen sehen. Die böße spieller können nicht woU leyden, daß
man lacht. Ich bin so ungeschickt' undt habe lombre nie recht
lernen können; ich kan es genang, umb es spillen zu sehen, aber
nicht genung, umb selber zu spillen können. Madame de Longettil,
wo hatt die den papa s. gesehen? Sie muß den gar alt [sein], wo
sie ihn hir im landt gesehen undt sich seiner erinem kan; den es
muß woll 60 jähr sein, daß ]^ 0. s. in Franckreich ge?;veßen; den
es war, ehe sie die Pfaltz wider hatten. Wen ich die freüde hette.
Euch zu sehen, wolte ich Euch woll baldt sagen, ob Ihr I. G.
unßem herr vatter gleicht oder nicht; den I. 6. id^e werde ich
woll mein leben nicht verliehren. Es ist woll etwaß rares, so
einen betrübten witwer zu sehen, wie der landtgraff von Darm-
stat ist. Ich glaube, daß es nicht gar rar ist, daß der chur-
fürst mitt freüUen Schallenberg spilt. Ich habe einen von ihren
brüdern gekandt, der ein schön gesiebt hatte; wen 'die Schwester
ihm gleicht, ist es der mühe woll werdt. Er war hir mitt einem
hertzog von Holstein , so in Turquey mitt der keyßerlichen ambas-
sade geweßen war. Ich glaube, sie hattens in Turquey gelehrnt,
allezeit beysamen zu sehen. Selbiger herr hatt hernach eine print-
zes von Wolffenbüttel geheüraht, ist nun schon todt. Adieu, liebe
Amelisse! Hiemitt ist Ewer schreiben beantwort. Ich muß dießen
abendt noch 4 brieff schreiben; kan Euch derowegen nichts mehr
sagen, alß wie daß ich biß ahn mein endt bin undt bleibe, wie ich
Euch alß versprochen, nehmblich daß ich Euch von hertzen lieb
behalte.
Elisabeth Charlotte,
459
310.
A mad. Louise , raugrafin zu Pfaltz, a Hannover.
Meadon den 6 May 1706.
Hertzliebe Louisse, von meinem husten ist nichts mehr zu sa-
gen. Die temperamenten seindt unter den menschen so unterschiedt-
lich, wie die gesichter. Daß wetter ist seyder ein par tagen sehr
unbeständig, baldt regnets, baldt ist es schön. Warm werden im
spatziren geschieht mir gat leicht. Ich erinere mich noch perfect,
wie schönne frühling wir zu Manheim undt zu Schwetzingen gehabt
haben. Ihr werdt mir einen großen gefallen thun, mir eygendtlich
zu berichten, waß alß zu Braunsweig vorgangen undt wie man
unßere liebe churfürtin dort divertirt halt. Ich habe noch eine bitt
ahn Euch. Ich erinere mich, daß man zu Bacherach tabletten von
schifferstein mach, so gar gemachlich sein; man sagt, man verkaufft
auch derselben zu Franckfort. Also bitt ich Euch, liebe Louisse,
last mir doch ein par kleine dablettger kauffen undt schickt mirs
durch die post undt den zettel dabey, waß es kost! will es mitt
danck bezahlen. Bitte, fest zu glauben, daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
311.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 18 May 1700.
Hertzliebe Amelisse, Louisse hatt mir geschrieben gehabt, daß
Ihr mitt von der braunsweigische reiß geweßen seydt; drumb hatt
es mich nicht frembt genehmen, kein schreiben letzte post von
Euch zu bekommen. In engen kutschen ist nichts ungemächlichcr»
alß ein estrapontin. Ich sehe, daß Ihrs in reißen macht wie ich,
nehmblich braff in der kutsch zu schlaffen; daß kan ich unmöglich
laßen; matante schiäfft selten in kutsch. Wer saß den gegenüber ma
tante, daß Ihr auff dem estrapontin wahret? Hertzen* An thon Ulrich
ist der beste herr von der weit undt hatt ma tante, die fraw chur-
fürstin, allezeit hertzlich lieb gehabt; wundert mich alfto nicht, daß
* ? Herzog,
460
I. L. fro geweßen, ma tante nach 15 jähren wider zu sehen.
Drnmb habe ich den gntten hertzog lieb, weillen er so viel affection
Yor ma taute hatt. Es kan leicht sein, daß dießer hertzog viel
frantzöß silbergeschir hatt ; den er ist lang gatt frantzösch geweßen,
da mag er woll viel pressenten bekommen haben. Ma tante ist
auch sehr content von alles, waß sie im Salsthal gesehen. Unßers
kOnigs contrefait, wo es gleicht, werdet Ihr gntte minen gesehen
haben, welches onßer könig noch Ober alle menschen hatt. Der
ertzhertzog muß erst anß Barcelonne sein, ehe I. L. die schonne
princes bekommen. Vor jenner weldt, wer woll lebt, hatt hoffnung,
seelig zu sterben; aber in dießer weldt, wer nichts hatt, muß hun-
gers sterben, undt daß ist keine gutte sach. Ich habe allezeit ge-
hört, daß man gar höfflich ahm' wolffenbüttelischen hoff ist. Zu
oncle s. zeitten war man es auch zu Hannover undt dadurch haben
sich die herrn bey gantzer weldt beliebt gemacht. Ich höre aber
nicht, daß der itzige churfürst noch hertzog Ernst August in dieß
fnstapffen tretten; es wir dt ihnen mitt der zeit gerewen. Ihr habt
gar woll gethan, dem adel nicht zu cediren. Der churfürst thut
sich selber -tord, wen er Euch den adel vorzieht; den wie er es
auch macht, so kan er doch nicht hindern, daß Ihr nicht geschwis-
terkindt mitt ihm seydt; also beschimpfft er sich selber, wen er
Euch beschimpfft, undt man wirdt sehen, daß er sich von adlichen
personnen gouverniren lest, wen er den reichsgraffen ihr recht
nicht gibt. Es ist leyder nur alzu war, daß meines brudern s.
gemahlin gestorben. Ich habe L L. woll von hertzen beweindt. So
lang ich in Franckreich, haben wir einander allezeit geschrieben,
aber mitt dem churfürsten von Braunsweig habe ich kein com-
merse. Aber der churfürst wirdt woll schon sehen, waß ich Euch
schreibe undt Ihr mir; den ich bin persuadirt, daß man unßere
brieffe zu Hannover lest wie hir. Ich glaube, ich werde mein le-
ben nicht auß trawer kommen; den da bin ich ja nun wider vor 6
mont in trawer. So baldt es apropo kan kommen, werde ich woll
ahn ma tante waß von Ewern rang melden; aber wie schon gesagt,
so wirdts der churfürst schon in dießem brieff gesehen haben. Wie
kan eine Pfältz^rin so frech sein undt begehren, vor Euch undt
Louisse zu gehen ? Daß nimbt mich frembt. Haben sie den ver-
geßen, wer Ihr seydt undt wer I. G. unßer herr vatter geweßen?
Haben sie den schon den respect vergeßen, so sie ihrem landts-
461
herren schuldig sein? Daß seindt keine albertetten, sondern raiso-
nable Sachen. Adieu, hertzliebe Amelise! Seydt versichert, daß
ich Euch von hertzen lieb [behalte]!
Elisabeth Charlotte. '
312.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 20 May 1706.
Hertzlieb AmeJisse, es were woU ohnnohtig zu schreiben, wen
kein post geht. Ich müste den kopfif kurtz auffgesetzt haben, wen
ich böß solte werden, wen man eine post ist, ohne mir zu schrei-
ben. Ihr wolt, wie ich sehe, liebe Amelisse, den himmel durch
demulit gewinnen, daß Ihr Euch eine nichts würtige scheldt. Der
landtgraff jammert mich, so untrostbar über seine gemahlin zu sein;
daß ist etwaß rars. Ist es möglich, daß Ihr glaubt, daß unßer
junger könig in Engellandt ein falsch kindt undt nicht der königin
söhn ist? Da wolt ich woU mein kopff zu pfandt vor setzen, daß er
daß rechte kindt ist. Erstlich so gleicht er" seiner fraw mutter,
der königin, wie zwey tropffen waßer; zum andern so ist eine
dame bey. seiner gehurt geweßen, die der königin gar nicht gutt
ist, aber umb der bloßen warheit hatt sie mir verzehlt, daß sie
expresse da geweßen, umb alles woll in acht zu nehmen, hatt daß
kindt ahn der nabelschnur gehefft gesehen undt kan nicht zweyff-
len, daß es nicht der königin söhn ist. Die Engländer gehen doli
genung mitt ihre könige umb, umb nicht frembt zu nehmen sollen,
daß man kein empressement genung hatt, ihr könig zu werden.
Ma tante hatt groß recht, zu glauben, daß diß kindt der rechte
erb ist. Es were eben so ein groß übel, einen rechtmäßigen erben
vor ein vertauscht kindt zu halten wollen auß partialitet, alß wen
man ein kindt vertauscht bette; den eines undt anders übel be-
stehet nur in der Ungerechtigkeit, die geschieht. Pfaffen seindt
leütte wie andere menschen, worunter viel gutte undt viel boße
sein. Wen der keyßer die keyßerin recht lieb hette, wirdt er
schon hütten, daß I. E. M. nichts übels geschieht. Niemandts kan
beßer wißen, obs war ist, daß die frantzosche hebame die keyßerin
die mutter versehret hatt, alß die keyßerin selber; aber ich habe^
462
all mein leben sagen hören, daß man mitt einer Versehrten mutter
nicht leben kan; sie were all lengst todt, wen daß were. Daß alle
unßere brieff geleßen werden , daß ist gar sicher ; aber ein jedes
sagt, waß es denckt. In Lotteringen hat( man auch eine wurst.
Hir ist man zu grayitetisch , es ging nicht ahn. Etwetter halt
man hir, daß alles dranter andt drttber ohne messure geht, oder
eine steiffe gravitet Adieu, hertzliebe Amelise! Seydt versichert,
daß ich Eflch allezeit lieb behalte! '
Elisabeth Charlotte.
313.
Marly den 20 May 1706.
Hertzliebe Louise, vor meine andtwortten dörfift Ihr mich gar
nicht dancken; den ich schreibe Euch von hertzen gern. So lang
der krieg wehrt, wirdt man nichts gutts von der post zu hoffen
haben. Es war nicht Monsieur s., so so doli tetttsch gesprochen,
sondern mein söhn, den man den duc d'Orleans undt nicht Mon-
sieur heist; dießer nahmen gehöret allein der könige brüder undt
enfants de France zu. Der Frantzoßen Tetttsch finde ich gar nicht
artig, sie reden widerlich in meinem sin; es ist ein ick undt ack,
daß ich nicht leyden kan, eben so wenig undt noch weniger, alß
wen jemandts übel frantzösch spricht. Madame Bellemont ihr reden
finde ich possirlich; die fraw von Rathsamshaussen redt auch gar
possirlich. Ich habe einmahl ein frantzösch dialogue zu St Clou
zwischen dieße beyde gehört, das war nicht schlim. Seyder 13
tagen ist die Rotzenheusserin wider hir undt allzeit lustig, da sitzt
sie undt arbeyt; den die, so kein tabouret haben, dorffen sitzen,
wen sie arbeytten. Waß dieße beyde damen gutt haben, ist, daß
man über ihr schlim reden lachen darf, so viel man will; sie wer-
den nicht böß drüber, sondern lachen mitt. Es ist mir lieb, daß Ihr
meint, daß mein grüß undt ahndencken dem herrn Ferdinant von Degen-
feit ahngenehm sein. Wen er wegen dicke nicht reißen kan, muß
er unbeholffener seiii, alß ich. Es ist woll gewiß, daß ihr dießen
oncle nicht sehen werdt, wo er zu Venedig bleibt; den da werdt
Ihr woll nicht hin. Meines bruders gemuhlin todt ist mir recht zu
hertzen gangen. Sie hatt gar einen saufften todt gehabt, wie mir
monsieur Yos geschrieben, der mir auff befehl der churfürstin von
463
Saxsen eine gantze relation davon gethan. Ich glaube festig-
lieb, daß, waß die arme cburfürstin zu Pfaltz umbs leben gebracht
hatt, ist, daß I. L. s. sich nicht genung bewegung geben haben.
Es ist war, daß sie recht gern gestorben ist. Daß, wens ahns ster-
ben kompt, man sein parthie nimbt undt sich eben nicht närisch im
sterben stelt, kan ich woll begreiffen; aber fro zu sein, zu sterben,
daß begreiffe ich nicht woll, jenne weldt ist mir zu unbekandt da-
zu. Ich bin von hertzen fro, daß dießer todtsfal ma tante nicht
sehr zu hertzen gangen; den nichts ist schadtlicher vor die ge-
sundtheit, alß betrübtnuß. Vor Ewern gutten wünsch danck ich
Euch sehr. Er ist doch ein wenig interessirt; den wofern mir
gott behütt, waß mir nahe ahngehört, werdt Ihr auch bewahrt.
Adieu! Seydt versichert, liebe Louise, daß ich Euch allezeit lieb
behalte 1
Elisabeth Charlotte.
314.
A n;iad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 3 Juni 1706.
Hertzliebe Louisse, ich werde heütte auff zwey von Ewern
lieben schreiben auff einmahl andtworten; den wie Ihr schon lengst
wist, so kan ich Euch ohnmöglich deß sontags antworten; also alle
schreiben, so ich deß sambstags entpfange, können erst deß don-
nerstags beantwortet werden. Ich weiß woll, wie es ist, wen man
sich so auff der jagt von der sonnen verbrendt; den daß ist mir
gar offt geschehen, daß ich von morgendts umb 5 biß abendts umb
9 in der sonnen geweßen, daß ich wider roht wie ein krebs nach
hauß kommen undt daß gesiebt gantz verbrendt hatte; drumb habe
ich auch jetzt so eine braune raue hautt. Hir haben wir kein gar
kalt wetter gehabt. Man fährt hir nicht auff der wurst, aber in
Lotteringen fahren sie drauff. Vor den staub sorgt man hir nie;
ich habe in reißen gesehen, daß so ein staub war, daß man sich
gar nicht in der kutschen sehen konte, undt der könig befahl doch
nicht, daß man nicht neben der kutschen reytten solte. Zu Ha-
nover denckt man noch ahn, sich lustig zu machen, undt man thut
woll, den daß erhelt daß leben; aber hir ist dieße mode gantz
464
verbey. Nachts in der lafFt zu sein, schadt gar nichts; zn Marly
gehe ich offt im monschein spatziren. Wen man gedolt hatt, heilt
man offt eher, alß mitt viellen reroedien. Alle, die viel brauchen,
seindt bey weyttem nicht so gesundt, alß die, so nichts brauchen,
uudt ich sehe, daß die den docktom glauben, allezeit waß brau-
chen müßen; drumb brauche ich nichts, ich seye den recht kranck,
undt laß den docktor predigen, so lang er will. Wen der envoyes
kommen wirdt sein, mylord Allifax, so wirdt der hanoverische hoff
woll noch mehr Engländer bekommen. Wen sie alle so reich seyn,
wie der, so Euch recomandirt worden, werden sich die damens zu
spitzen haben; aber sie müßen nicht versprochen sein, wie der, so
deß duc d'Ormonts dochter heürahten solle. Es ist schwer, in pä-
stel geliehen zu machen. Hiemitt ist Ewer erstes liebes schreiben
völlig beantwortet, so ich aber daß letzte entpfangen. Ich komme
jetzt auff daß vom 21 May , so ich erst entpfangen mitt den zwey
tabletten, wovor ich sehr dancke; mögte aber gern noch ein par
haben, den hir kan man gar keine bekommen, wen man ahnstatt
einen halben gülten taußendt gebe. Sie schönner zu faßen, war gar
nicht nöhtig, sie [sind] gar gemächlich so. Zu * hatte ich schönne, so
von Bacherach kämmen, roht vergült mitt vergülten schlößer; daß
ist aber hir nicht nöhtig, vor waß ich sie brauchen will. Es ist
in meine bücherschrank zu thun; den waß ich bücher verlohren,
kan man nicht außrechen. Nun schreib ich auff, waß ich lehne;
bringt man mirs wider, lesch ichs auß. Ich dancke Euch auch,
mir deß hertzogs vom Weysenfels standt geschickt zu haben; hatt
mich von hertzen lachen machen. Es wundert mich, daß ma tante
mir nichts vom graffen von Rossenberg geschrieben hatt; den solche
art leütte divertiren L L. Wie ich sehe, so hatt er Ewere gunst
nicht erworben. Hir hört man von nichts, alß trawerige Sachen,
Stätte, SO sich dem feindt ergeben, leütte, so die ihrige beweinen,
SO in der Schlacht umbkommen, andere, so trawerig philosophiren,
suma, gar nichts zeitvertreibliches. Drumb will ich schließen undt
vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
* 7 Zu Heidelberg.
465
315.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 17 Juni 1706.
Hertzliebe Amelise, ob die pitzschire zwar unversehrt scheinen,
so seindt die brieffe nicht desto sicherer ; den man kan sie gar
woll auff undt wider zu machen; ich ,weiß die kunst, mein söhn hatt
mirs gelehrnt. Ahn allen hoffen ist man mißträwisch undt list die
brieffe, es seye dan, daß ein expresser sie in eygenen bänden
überlieffert. Alle künsten wißen sie hir auch. Ich habe alle böße
bücher undt historien geleßen; nichts ist alberer, den sie stecken
letitte zusamen, so ihr leben lang nicht mitt einander gesprochen.
Patter Petters buch ist so falsch, daß es gantz ungedultig macht,
undt andere mehr, so so übel gemacht, daß man kein eintzig" au-
genblick muß bey dießem hoff gewest sein, daß man nicht gleich
sieht, daß kein eintzig wordt war dran sein kan. Uir im landt
können solche bücher gar nicht schaden; den man sieht gleich, daß
es jemandts geschrieben, so keine seele hir kent. Ma tante hatt
mir woll geschrieben, daß der könig in Preüssen nach Hannover
mitt seinem cronprintz kommen werde, aber kein wordt vom heü-
raht; so habe ich auch gethan, alß wen ich nichts davon wüste.
Ich hoffe, liebe Amelisse, Ihr werdet mir ferner berichten, wie es
abgehen, wen der könig in Preüssen dort sein wirdt. Mylord Ha-
lifax ceremoniel wirdt I. L. dem churfürsten nicht gefahlen; den
daß wirdt kosten. Hirmitt ist Ewer liebes schreiben beantwortet,
undt weillen ich dicßen abendt noch zwey, ja gar 3 zu schreiben
habe, kan ich vor dießmahl nichts mehr sagen, alß das ich Euch,
liebe Amelise, allezeit von hertzeb lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
316.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 17 Juni 1706.
Hertzliebe Louise, vergangen sambstag habe ich Ewer schrei-
ben vom 4 dießes monts zu recht entpfangen, aber Ihr wist woll,
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 30
466
daß die antwortten alß auff den donnerstag müßen verschoben wer-
den. Heütte hette es schir gefehlt; den ich habe zwey extraordi-
narie brieffe bekommen undt beantworten müßen, einen ahn meine
dochter darch einen expressen coorir undt einen von dem residen-
ten vom landgraffen von Cassel, so mir meines vettern todt notifi-
cirt; aber daß ist hiemitt geschehen. Es ist mir lieb, daß Ihr
meine brieffe so richtig entpfangt. Nichts ist ungesunder, alß nie
zn gehen; davon werden die fraw von Rotzenhanssen undt ich hir
nicht kranck werden; den wir spatziren alle abendt 5 viertelstundt.
Dem eisten herrn von Degenfeit ist es woll zn verzeyen, nicht
starck zn gehen; den es ist keine Inst, zu gehen, wen man nicht
sieht; aber die andern zwey betten woll gehen können. Gar dick
sein undt hündtger lieben daß gleicht mir wie zwey dropffen wa-
ßer. Lenor ist gar naturlich undt nicht gezwungen; es wundert
mich offt, wie sie noch so von hertzen lachen kan. Melancolisch
bin* ich nicht, aber ich kan ni<jht mehr so von hertzen lachen, wie
ich vor dießem gethan, undt die occassionen, von hertzen zu la-
chen, seindt rar hir; alles ist gar serieux. Ma tante rOmbt den
mylord Halifax sehr. Von mylord Dorset sagen I. L., er were
rohe, hette von nohten, daß die son ihn reiif macht. Ich finde,
daß der graff Rosenberg kein unrecht hatt, lieber zu Hannover zu
sein , alß auff der universitet zu Utrecht. Ich beklage die allezeit
auff beyden seyden, so die ihrige verliehren. 4 printzen in Hessen
were genung, wen sie nur leben blieben. Ich habe noch heütte 3
große brieffe zu schreiben undt habe schon 4 geschrieben; werde
Euch also, liebe Louisse, vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß
ich recht fro würde sein, wen ich Euch persuadiren konte, daß ich
Euch von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
317.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Paris.*
Marly den 24 Juni 1706.
Hertzliebe Louisse, eines von den schreibtäffelger habe ich zu
recht entpfangen , dancke sehr davor ; sie kommen mir gar woll zu
paß. Es wundert mich, daß Ihr Euch papa s. tabletten nicht mehr
^ *
* ? Hannover.
467
erinert, die allezeit auff der hohen taffei lagen, wo I. 6. s. anff-
schrieben, gantz stehent. Wen ichs im sack tragen wolte, würde
ich es so zu recht machen laßen, wie jene; aber in den schräncken
ist es nicht nöhtig. Mein ruhiges leben wirdt nun l)aldt in großen
sorgen verwandelt werden; den mein söhn geht über 8 tagen nach
Ittallien, alwo er die arm^e comandiren wirdt. Monsieur de Van-
dosme wirdt die Flanderische comandiren unter Churbayem, mein
söhn wirdt den marechal de Villars unter sich haben. I. L. der
churfürst muß sparsam sein undt die Unkosten scheuen, daß er
nichts lustigs ahnstehlt wegen der victorie, so man Ewerer seydt
erhalten. Wie kompts, daß man die ceremonie von englischen
ordre auff zwey unterschiedliche tage hält? Es konte ja woU in
einem geschehen. Ma tante hatt mir den mylord Halifax auch über
die maßen gelobt. Ich bin fro, daß mein grüß dem eisten herrn
von Degenfeit nicht unahngenehm geweßen. Es ist hetitte so eine
abscheuliche hitze, daß einer schmeltzen mögt; es ist mir so heiß,
daß ich im wehrenden schreiben entschlaffen bin. Ich glaub, es
wirdt ein wetter kommen. Adieu, liebe Louissei Ich muß bey
dießem wetter noch 4 brieff schreiben, kan Euch also vor dießmahl
nichts mehr sagen, hertzliebe Louise, alß daß ich Euch allezeit von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
318.
A mad. Louise ^ raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 8 Julli 1706.
Hertzliebe Louise, vergangen sambstag, ehe ich von Marly,
habe ich Eweren lieben brieff von 22 Juni entpfangen. Es ist
zwar war, daß ma tante, die fraw churfdrstin, mir von der verlob-
nuß geschrieben; allein ich höre so gern von dieß alles, daß es
mir gar nicht leydt sein kan, daß Ihr mir auch davon sprecht; den
waß eines von den umbständen vergist, behält daß ander. Ich
höre viel gutts von brautt undt breüdigam. Gestern habe ich der
princes contrefait entpfangen; finde, daß I. L. viel ahn dero herrn
vattern gleichen, wie I. L. der churfürst vor den kinderblattern
wahren, undt die churprintzes gleicht viel ahn ihren artigen oncle s.,
30*
468
den printzen von Eyßennacb. Es ist woll naturlich, daß Ihr
Eflch über der printzes glück frendt, weillen Ihr I. L. lieb habt.
Alles, waß mir ma tante von ihrem enckel, dem cronprintz, ver-
zehlt, gefeit mir recht woll. Wolte gott, ihr ander enckel were
auch so raisonabel undt von guttem gemüht 1 Ma tante schreibt
mir auch gar viel guts von generalmajor Funck. Graff Gaunitz
kene ich gar woll; er hatt gutten verstandt undt weiß woll zu le-
ben. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt
behalte Euch allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
319.
A mad. Amelie Elisabeth , rangraffin zuPfaltz, a Hannover.
Versaille den 16 Julli 1706.
Hertzliebe Amelisse, eben, wo man ahn einem hoff mißtrawisch
ist, da macht man auch die brieffe auff. Glaubt daß sicherlich!
Daß ist eine dolle mode, daß freüUen mitt dem churfürsten herumb
reißen, v^ßn ihre churfürstin nicht dabey ist. Mein gott, wie wer-
den der churprintz undt die churprintzeß einander so müdt werden,
allezeit so beysamen zu stecken! Ich glaube, sie hette gern, daß er
eine metres hette, umb ihn vom halß zu bekommen; drumb helt
sie den discours; aber es ist doch nichts dabey zu gewinen. Alles
hatt seine zeit. Man muß hoffen, daß unßers königs glück wider
kommen wirdt undt der Marlbouroug wider wirdt gebutzt werden.
Solte unßerm könig unglück durch weiber zukommen, ist es nicht
die königin Anna. Ich weiß woll, wer; es heist aber: «Stille,
monckes!» Last unß alle den frieden wünschen! Adieu, liebe Ame-
lise! Ich habe noch 3 brieff zu schreiben undt schon 24 bogen ahn
ma tante geschrieben, muß also enden; behalte Euch allezeit lieb.
Elisabeth Charlotte.
320.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaüle den 15 Julli 1706.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewern lieben brieff
46&
vom 6 dießes monts zu recbt entpfangen. Mein söhn ist nun bey
seiner arm6e, also fangen meine sorgen ahn. Meinem söhn ist es
recht leydt geweßen, alß er vemohmen, daß unßer vetter, der erb-
printz, auch in Ittallien geht. Mein söhn, wie alle menschen, esti-
mirt I. L. recht. Die fraw landtgraffin hatt schon so viel nnglück
ahn ihre printzen erlebt, daß sie recht zu beklagen sein, dießen
wackern herrn auch wider weg zu ziehen sehen. Gott verleye
baldt frieden! Es ist zeit. Es wer mir leydt, wen die zeittung.von
könig in Poln wahr sein solte. Es ist eine große charitet von ma
tante, die hertzogin von Zelle zu besuchen, undt ein rechte genero-
sitet; den sie hatt es nicht ahn ma tante verdint. In kutschen
starck fahren undt die frische lufft nehmen ist ma tante gesundt;
daß wirdt I. L. mehr starcke geben, alß benehmen. Frantzösche
weiber seindt nie so kräncklich, alß sie sich ahnstellen. Daß dint
zur conversation , sich zu klagen; ich sehe es taglich hir. Adieu,
liebe Louisse! Ich ambrassire Euch von hertzen undt behalte Euch
lieb.
Elisabeth Charlotte.
321.
Marly den 29 JuUi 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich zwar Ewer
schreiben vom 13 entpfangen; aber Ihr wist woll, daß es mir nicht
möglich ist, selbigen tag zu andtwortten, undt daß ich es alß auff
donnerstag versparen muß. Wie ich sehe, so preparirt Ihr Euch
recht meine ambassadrice agiren. Wie ich auß ma tante gnädiges
schreiben vergangen sontag gesehen, so ist der hoflf undt churfürst
mitt seiner sequelle nun wider zu Hannover. Es ist mir bang vor
den chronprintzen ; den es geschieht offt, daß die die arm^e sehen
gehen, waß übels davon tragen. Der könig in Preössen sucht
alles herfor, waß möglich, umb mehr ceremonien zu haben. Daß
kan ich woll nicht begreiffen; den wie Ihr woll \yist, so bin ich
der ceremonien erbfein dt. Daß ist aber kein wunder, daß man bey
ein königlich beylager en robe sein wirdt ; es were recht ridicuUe
änderst undt solte man meinen, es wehren nur cammermagte, so
sich heürahten, Den der churfürst oder ma tante herschicken wollen, ^
470
ist noch nicht ahnkommeQ. Ich habe ma tante anterdeßen einen
Unterrock gewehlt, so nicht heßlich ist, natürliche blummen mitt
gölte feston auff einen schwartzen grondt. Die teütschen figuren
seindt nicht änderst, alß die frantzoschen ; den man^tregt ja keine
andere tracht in Teütschlandt , alß hir. Ich muß lachen, daß Ihr
meinen söhn noch den duc de Chartre heist; so heist man jetzt
seinen söhn, meinen enckel, undt mein söhn heist le duc d'Orleans.
Dancke Euch, liebe Amelisse, mir glück zu wünschen, wie auch
Tor alles guts, so Ihr ihm wünscht, welches gott der aimächtige
erhören wolle. Es war meinem söhn recht leydt, wie er vernoh-
men, daß mein vetter, der junge landtgraff, auch inittallien würde.
Es ist possirlich, daß die Heßen Ittallien so fürchten; aber in
Teütschlandt seindt die catholischen viel abergläubischer, alß in
Ittallien selber. Ich fürchte, liebe Amelisse, daß wir einander nir-
gendts mehr sehen werden, alß im thal Josaphat; die abweßenheit
wirdt aber nicht verhindern, daß ich Euch irecht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
P. S.
Ich habe ein brieff von Lonisse dießen abendt bekomen, kan
ihn aber heütte nicht beantworten; den ich muß zur königin in
Engellandt, so her kompt.
322.
A mad. Louise ^ raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
^ Versaille den 5 August! 1706.
Hertzliebe Louisse, ich habe heütte auff zwey von Ewere liebe
schreiben zu antwortten , aber ich werde es ohumöglich gar regulirt
thun können; den es ist mir heütte gangen wie in der commedie
des Facheux, ich bin woU hundert mahl im schreiben interompirt
worden. Es ist allezeit lustiger auff dem landt, alß in den statten,
nach meinem sin allezeit. Ihr werdt mir einen rechten gefallen
thun, liebe Louisse, mir eine exacte relation vom beylager zu thun.
Ma tante hatt allezeit großer lust, zu geben, alß andere, zu neh-
men; finde magnifiq alles, waß sie vor pressenten geben; bin fro,
daß Ihr auch Ewer part davon habt. Gott gebe glück zu dem
471
artigen heüraht! Es ist mir recht bang, daß der cronprintz im
krieg ist; ein unglück ist baldt geschehen. Gott behütte davor!
Daß ist alles, waß ich in eyll auff Ewer erstes liebes schreiben
sagen vom 20 Julli. Ich kome auff daß vom 27. Wo mirs mög-
lich, werdt ich hetitte auff Amelise ihren brieff andtworten.
Mein söhn ist zimblich beliebt; hoffe, daß nicht mehr so viel durch-
gehen werden. Sein armee ist nun versamblet, er campirt zu St
Benedetto. Ich wünsche, wie Ihr leicht dencken kont, den frieden
mehr, alß nie. Die hertzogin von Zel ist zu loben, ihre Schuldig-
keit bey ma tante abzulegen; den sie würde sehr blasmirt werden,
änderst zu thun. Es ist auch woU billig, daß sie ihr enckel waß
schenckt. Frantzösche weiber klagen immer. Vergangen frühling
war ein solch wetter, wie daß Ihr mir beschreibt, zu Montargie;
hatt mir vor 200 gülden fenster eingeschlagen. Angst zu sein, hatt
man unß zu Heydelberg nicht geiehrnt. Adieu, liebe Louisse! Ich
habe schon 4 große brieffe geschrieben undt noch 3 zu schreiben,
muß also endigen; ambrassire Euch von hertzen undt versichere,
daß ich Euch recht lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
323.
A mad. Louise, rangräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Yersaille den 12 Augusti 1706.
Hertzliebe Louisse, ob ich zwar ein brieff von 18 seydten ahn
ma tante geschrieben, will ich doch auff Ewer wertes schreiben
vom 3 dießes montß, so ich gestern entpfangen, andtworten undt
hernach noch 3 frantzösche brieffe schreiben. Es ist, gott lob,
nicht war, daß es so gar übel mitt ma tante, die fraw abdißin
von Maubuisson, ist. Ich schickte I. L. gestern den brieff von
unßer lieben churfürstin. Mein valet de pied fandt I. L. in ihrem
gartten. Sie seindt beßer, alß sie wahren, wie ich letzt dort war.
I. L. haben ein groß alter; den seyder dem April seindt sie in ihr
85 jähr getretten. Sie sehen noch ohne brill, haben daß gehör
gutte undt den verstandt auch; aber wen der mont im abnehmen
ist, haben sie mühe, zu reden, undt stameln sehr, auch mühe, zu
gehen; den ein schenckel ist schwach; aber sie eßen woll, schlaffen
472
woU ondt sein lustig; hoffe also, ob gott will, daß es noch so
baldt nicht zu einem endt kommen wirdt. Wer alter ondt yiel
frischer ist, alßl.L., daß ist der gatte ehrliche monsienr de Polier.
Wen er die augbrawen schwärtzen wolte, würde er sein, wie vor
50 Jahren. £r ist woll , geht so strack , alß nie , hatt seine zahn
noch, list ohne brill nndt ist, wie Ihr ihn all Ewer leben gesehen
habt, geht doch jetzt in sein 87 jähr; wen man ihn sieht, kan man
kein scheu vor dem großen alter haben. In dießer zeit ist der
dnrchlauff nicht ungesundt, wen kein rohte rur drauß wirdt. Nichts
macht übeller anßsehen, alß der durchlauff. Ma tante hatt, gott
seje danck, eine gatte natur. Morgen werde ich expres nach
Paris, mitt dem monsiear Schultes die Stoffen vor der printzes
brautkleyder zu wehlen. Adieu, liebe Louise! Seydt versichert, daß
ich Euch allezeit lieb behalte !
Elisabeth Charlotte.
324.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz , a Hannover.
Marly den 19 August! 1706.
Hertzliebe Amelise, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom
9 August entpfangen. Ihr habt unrecht, zu wartten mitt dem
schreiben; den wen Ewere brieff mir ungemach, wolte ich Euch
recht teütsch herauß gestehen; den ich weiß ja woll, daß Ihr mir
deß wegen nicht schreibt. Ich dancke Euch, liebe Amelise, vor die
getruckte vers; sie haben mich lachen machen undt werdt mir ge-
fahlen thun, mir dergleichen possen mehr zu schicken. Ich bitte,
sagt doch ahn Louisen, daß es mir recht leydt ist, daß sie kranck,
undt schreibt mir doch alle posten, wie es mitt ihr ist! Viel leütte
werden nun kranck. Die arme fraw von Rotzenhaussen hatt auch
seyder sontag ein starck fieber : mitt halßwehe bekommen ; montag
hatt man ihr zur ader gelaßen, nun ist sie wider beßer undt ist
da wieder bey mir. Ich dachte nicht, daß der churfürst vonBraun-
sweig so lustig sein könte. Ich habe offt war genehmen, daß, wen
alte leütte, wie madame Bellemont, ins raßen undt in die lust kom-
men, seindt sie ärger, alß junge leütte. Deß envoycs von Engel-
landts fraw ist niadame Bellemonts stiefftochter , selten also gutt
478.
freQndt mitt einander sein; die Engellander aber können einander
nie leyden, daß sehn yfir ahn dem englischen hoff zu St Germain,
da seindt sie alle wie die hundt nndt katzen gegen einander. Ma
tante wirdt sehr parirt scheinen, in so langer zeit kein golt getra-
gen zu haben, alß nun bey dießem beylager. Gott gebe, daß sie
noch bey dießer printzes kinder hochzeit sein mag! Es muß le sort
de nostre sang sein , allezeit scheff coeffirt zu sein ; den unter
hundert tagen bin ich 99 scheff undt frag eben so wenig darnach,
alß Ihr, ob ich zwar nicht so gottsfürchtig bin. Hiemitt ist Ewer
schreiben völlig beantwort; sage derowegen nichts mehr, alß daß
ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
325.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 26 August! 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich Ewern lieben
brieff vom 13 August zu recht eutpfangen; aber Ihr wist, woll,
daß ich sontags nicht andtwortten [kann] undt letzten sontag weniger,
alß nie; den wir hatten den gantzen englischen hoff zu Marly, mitt
welchen wir spatziren gehen musten, undt sie aßen auch zu Marly
zu nacht; hatte also wenig zeit vor mich. Ich bin recht fro, daß
Louise daß fieber nicht mehr hatt; wünsche, daß sie baldt wider
in volkommener gesundtheit sein mögen. Dar ist nicht vor zu sor-
gen, Ewere schreiben können mir keinen schaden bringen. Es ist
viel gewohnheit im schreiben; wen maus einmahl gewohnt ist, kan
man viel schreiben, ohne ungelegenheit davon zu haben; große
mühe habe ich eben nicht; den ich schreibe nie nichts, so schwer
ist undt viel nachsinnens braucht. Ma tante hatt einen so lebhaff-
ten geist, daß I. L. alles leicht vorkompt; solche vivacitet da
komme ich bey weittem nicht bey. Im bett könte ich ohnmoglich
schreiben, ich schlieff gleich drüber ein. Ich habe nie von dem
Philosophen Spinosa gehört. War es ein Spanier? Den mich deucht,
der nahm ist spanisch. Daß ist woU gewiß, daß der churfürst
von Braunsweig selten freündtlich ist; wundert mich recht, daß
I. L. Louisen^ besucht haben. Er ^will sigh vielleicht corigiren, wcIt.
474
ches woll gethan were. Es ist meiDe scholdt Dicht, daß die Bachen
von Paris nicht za rechter zeit undt zu spät nach Hannover kom-
men werden. Schuttes ist zu spat komen, derselbe ist ein grober
gesel; man sieht ahn seinen maniren woll, daß er ein laqnay ge-
weßen. Er hatt eine cousturiere, so eine von den besten von Paris
ist undt welcher ich gesagt, daß sie zu ihm gehen solte, die man-
teaux zu machen, bey den axellen auß seinem hauß gejagt, undt
wie sie ihm gesagt, sie käme auß mein ordre, hatt er geantwortet:
«Je n'ay point d'ordre a recevoir ici ny a obeir a personne». Ich
habe ma tante den brieff geschickt von der cousturiere ihre klagen.
Ich hette gern, daß ma tante nach Braunsweig ginge in die meß;
den daß wtlrde I. L. divertiren; allein ma tante schreibt mir, daß
der hertzog von Braunsweig ins Schlangen badt reißen wirdt; daß
mögte dieße lust verhindern. Adieu, liebe Amelisel Ambrassirt
Louisse meinetwegen undt seidt versichert, daß ich Euch beyde von
hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
826.
A 9iad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 2 September 1706.
Hertzliebe Louise, wen ich Euch nicht schreibe, könt Ihr woll
gedencken, daß es mir absolut ohnmöglich geweßen. Heütte über 8 tag
werde ich Euch rechte zeittung von ma tante, der fraw abtißin, be-
richteü können; den biß montag, ob gott will, werde ich mitt I. L.
zu mittag eßen. Es ist zu hoffen, daß gott der allmächtige unßere
liebe churfürstin noch lange jähre erhalten ; wünsche es woll von grundt
meiner seelen. So wunderlich durch einander zu eßen, koute ich auch
nicht außstehen. Wie ich vor drey jähren kranck wurde, habe ich
mir eiugebildt , ' daß der wein von Piedmont mir daß fieber geben
hatt. Melonen seindt eben nicht gar gesundt; sie geben mir aber eher
den durchlauf, alß daß fieber. Bey dem döbelten tertianfieber fabelt
man ordinari braff undt hatt starcke kopffschmertzen dabey. Ma
tante, unßere liebe churfürstin, schreibt mir auch, daß Ihr gar bleich
außsecht; aber daß kompt baldt wider, wen man nur ohne fieber
ist. Man wirdt itzunder geschafftig zu Hannover sein, nun alle
frembdefi dort sein. Man sagt im sprichwordt hir: «A quelque cbose
475
malheur est bon»; also wirdtEüch Ewere kranckheit manche mühe
ersparen. Ich werde dem gutten ehrlichen monsieur Polier heütte
Ewern brieff schicken; den wirdt ihn von hertzen frewen, daß Ihr
Euch seiner noch erinert. Womitt er sich ahm meisten erhelt, ist
mitt dem tabackrauchen ; alle tag nimbt er etliche pfeyffen taback.
Vor ma tante war nicht zu fürchten; den die älter sein, erben sel-
ten eine kranckheit von einer Jüngern person. Louisse hette es
eher bekommen können. Es ist kein wordt war, daß mein söhn
die armee nicht hatt ahnnehmen wollen. Er ist leyder nun yor
Turin undt ich fürchte sehr, der printz Eugene, so ihm folgt, undt
er werden einander teüffelsdings in die haar kommen; bin in rech-
ten ängsten deßwegen undt dieße zeittung, so gestern ahnkommen,
hatt mich mehr, alß einmahl, dieße nacht geweckt. Adieu, liebe
Louisse! Ich wünsche, daß, wen Ihr dießen brieff entpfangen wer-
det, daß Ihr wider in volkommener gesundtheit sein mögt undt
Ewere gutte naturliche färb wider haben. Seydt versichert, liebe
Louisse, daß ich Euch allezeit lieb behaltet
Elisabeth Charlotte.
327.
A mad. Amelie Elisabeth, raugra£Sn zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 9 September 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich Ewern lieben
brieff vom 27 August zu recht entpfangen ; aber wie ich Euch schon
offt gesagt, sontags kan ich ohnmöglich schreiben, weillen ich sel-
bigen tage sonsten zu viel zu schreiben habe undt auch in kirch
gehen muß; schiebe es also allezeit auff den donnerstag auff. Louise
hatt mir seyder ihrer kranckheit wider geschrieben. Wen daß
Wetter zu Hannover ist undt zu Hernhaussen wie hir, fürchte ich,
daß sie es entpfinden wirdt; den nach der greulichen hitze ist es
auff einmahl so erschrecklich kalt worden, daß ich nun bey dem
fewer sitze. Es geht ein gar durchtringender scharpffer kalter
windt undt regendt alle augenblick, ein recht feucht ungesundt
Wetter. Man hört von nichts, alß krancken; meine fraw baß, ma-
dame la princesse, ist auch kranck. Ich werde morgen nach Paris,
J. L. zu besuchen. Man sagt im sprich wordt hir: «A quelque chos^
476
malheor est bon», so geht es Louissen auch; den daß sie kranck
geweßen, wirdt ibr alle die fatigoen salviren, so sie bey dem bey-
lager würde gehabt haben. Die fraw von Eotzenhaossen ist wider
frisch undt gesandt. Sie hatte vor 8 tagen weg gesolt; weillen
wir aber nicht nach Fontainbleau sein, habe ich sie hir behalten,
biß wir wider ernstlich hin werden. Den wirdt sie nach Luneville
ZQ meiner dochter andt von dar nach Strasburg biß aaff den früh-
ling; den wirdt sie wider her, wilß gott. Mein dochter verliehrt
keine zeit, kinder zu bekommen; es wirdt nun 8 jähr, daß sie ge-
hettraht ist, undt sie geht mitt dem 8ten kindt schwanger. Vor--
gestern dachte ich noch an Eflch, liebe Amelise! Den alle meine
leütte kämmen alle undt zopfften ahn meinem auffgesetz; den es
war gantz scheff. Es geschieht mir offt, wen ich einmahl gerade
aufgesetzt bin, macht man mir complimenten drttber, aber es ist
rar. Ich muß lachen, ob ich zwar wenig lust dazu habe, daß Ihr
ampasade vor ambassade geschrieben. Ampassade heist man hir
einen sergenten, welches schön were, umb die churprintzes abzn«^
fordern. Der braudtrock undt alles ander gerähte wirdt woll baldt
von hir weg. Ich werde ihn aber nicht vor seiner abreiße sehen;
•
den der Schuites ist so impertinent mitt mir umbgangen, daß ich
nichts mehr von dem flegel hören will. Wie heist der cammerpre-
sidendt, zu welchem Ihr zu gast gefahren seydt? Liebe Amelisse,
Ihr habt in Ewer verzehlung von den pressenten ein bouquet ver-
geßen mitt einem rubinenring, so ma taute mir schreibt, daß der
könig in Preüssen ahn seines herrn sohns braudt geben. Mich
deucht, laq undt porcelaine seindt zu saubere Sachen, umb vor ein
kackstuhl zu dinen, es müste den ein schauscheiß sein, wie man
in den gastereyen vor dießem schaueßen hatte in Teütschlandt. Ich
bin gantz unlustig; den erstlich so bin ich in rechten ängsten undt
sorgen vor meinem söhn, der biß über den obren in der belage-
rung von Turin steckt undt sich so wagt, daß es ein wunder, daß
ernoch beym leben ist, undt zum andern so hatte ich mich heütte
auff brieff von ma tante gespitzt undt habe keine entpfangen. Daß
macht mich so leünisch undt ich vor dießmahl nichts mehr sagen,
alß daß ich Euch recht lieb behalte, liebe Amelisse!
Elisabeth Charlotte. »
477
528.
A mad. Louise , raugraffin zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Yersaille den 16 September 1706.
Hertzliebe Louisse, freyllich hatt mir Amelise geschriben, waß
ihr der könig in Preussen geantwortet hatt. Sie war damahlen
gar lustig; den sie hatt mir damahlen viel vexirerey geschrieben,
wo ich eine andere zeit auff selbigen thun * würde geantwortet ha-
ben; aber •Beyder vorgestern habe ich alle last zu lachen undt
vexiren verlohren, indem ich die betrübte zeittung bekommen, daß
man meines sohns raht nicht hatt folgen wollen undt haben sich in
den linien forciren laßen. Mein söhn hatt zwey große wunden
davon getragen, eine ins dicke fleisch an den hüfften undt ein
andern musquettenschuß in dem lincken arm biß auff den knochen;
doch ohne denselben zu zerschmettern. Der balbirer versichert,
daß gar keine gefahr dabey ist. Gott gebe es! Ich dancke Euch,
liebe Louisse, mein compliment bey I. L. dem cronprintz abgelegt
zu haben. Alle , die dießen printzen sehen , loben I. L. über die
maßen. Es ist mir recht lieb, daß Ihr wider gesundt seydt;
glaube, daß Ihr beßer thun werdt, liebe Louisse, außzugehen, alß
der cammer zu hütten. Die kräfften komen ehr wider, wen man
in die lufft geht, alß wen man einsitzt. Ich habe ahn ma tante
geschrieben, worumb Schultes so plump geweßen undt wie man ihn
erdapt hatt. Niemandts weiß beßer zu leben undt hatt mehr poli-
tesse, alß monsieur Göritz; glaube also, daß er Schultes plumbe
maniren nicht aprobiren wirdt. Waß mich ahm meisten dran ver-
drist, ist, daß ich der braut nicht habe nach ma tante befehl din-
nen können. Hette er gebracht, waß ich geschickt, were sie gewiß
beßer gebutzt geweßen. Ich kan nicht vertragen, daß der könig
in Poln so vindicatif ist undt seinem so nahen vettern nicht ver-
zeyen will. Ma tante schreibt, die churfürstin von Saxsen werde
nach Magdeburg gezogen, die königin aber in Saxsen blieben.
Adieu, liebe Louisse! Ich werde ahn Amelisse schreiben undt auff
zwey von ihren brieffen andtworten, habe noch über daß 4 brieff
zu schreiben; den man accablirt mich mitt brieffen wegen meines
♦ ? ton.
478
sohns UDglflck. Adien, Hebe Lonisse! Ich aihbrassire Euch von
hertzen andt in leydt so woll 9\& in lust behalte behalte ich £üch
von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
329.
Yersaille den 16 September 1706.
Hertzliebe Amelise , ich werde hetitte aufiF Ewere zwey schrei-
ben andtworten, ob ich zwar ein wenig mühe [habe], z|i schreiben;
den ich habe zwey tage lang nichts gethan, alß weinen über meins
sohns Unglück nndt wanden; den ob man mir zwar sehr versichert,
daß kein lebensgefahr dabey ist, so schmertzen mich doch seine
schmertzen. Ich habe die angen so roht nndt dick, daß ich schir
nicht drauß sehen kan, wie leicht zn glauben ist. Ihr secht woll,
liebe Amelisse, daß ich in dem standt, wo ich nun bin, daß ich
nicht vexiren kan, wie Ihr. Were mir Ewer briefiF in einer [an-
dern] zeit kommen, würde ich brafiF draufiF geantwortet haben; aber
heütte kan [es] nicht sein, daß hertz ist mir zu schwer. Ich schicke
Euch aber meine andtwort aufifs königs von Preussen compliment
aufif ein bladt apart, wie Ihr es begehrt. Daß ist alles, waß ich
Euch auff Ewer erstes schreiben sagen kan. Ich komme aufif daß
zweyte vom 7 dießes. Meint Ihr dan, liebe Amelisse, daß ich
keine vexirerey verstehe, daß Ihr in sorgen vorEwerm ersten briefiF
seydt? Ach ja, undt wen ich in guttem humor, vexire ich gern;
aber wen ich trawerig bin, wie nun, kan es nicht rutschen. Im
thal Josaphat werden wir einander wider sehen, aber in dießer
weldt ist wenig aparentz dazu. VomSchultes werde ich nichts mehr
sagen. Er wirdt baldt weg, werde ihn vergeßen, alß wen ich ihn
mein leben nicht gesehen bette. Die Westpfälinger seindt ordinari
nicht so plumb. Ihr habt woll gethan, nichts durch ihn hoUen zu
laßen. Er bette es überzwerg gebracht; den er seüfift sich so voll
mitt die kaufiFleutte, daß es ihm schir daß leben gekost hette; den
er ist erschrecklich gefahlen, so daß man ihn hatt müßen zur ader
laßen. Jederman lobt den cronprintz, aber der churprintz wirdt nicht
so sehr gelobt. Ich bin nicht wie der chronprintz, ich rahte selten
zum hetiraht; den es sindt wenig, die gelingen. Alleweille schlagt
es 8te; ich muß also schließen, umb mein paquet noch nach Paris
479
bey zeit m schicken; kan also nichts mehr sagen, alß daß ich
Euch, liebe Amelise, allezeit lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
330.
A mad. Louise^ raugräffin zu Pfaltz^ a Hanover.
Yersaille den 30 September 1706.
Hertzliebe Lonisse, wie Ihr mir Amellisse bein beschreibt,
mögte es woll ein wenig potagram sein. Solte es aber die rose
sein, maß ich Euch sagen, daß monsieur de Polier meine geweßene
hoffmeisterin von dießer kranckheit courirt mitt nichts, alß ihr viel
gläßer waßer zu drincken geben. Sagt ihr doch, daß mir ihr
kranckheit leydt istl Ich wolte, daß ich anch bey der gatten gesel-
schafift bette sein können, so Amelisse besucht. Meinem armen
söhn hette die belagerang von Turin undt deßen entsatz schir daß
leben gekost, ist abscheulich verwandt, doch hofft man, daß er
seyder dem 24sten außer gefahr ist; wirdt aber zwey finger lahm
bekommen. Diß alleß macht mich woll nach dem frieden seüfftzen.
Ich bin 3 tag so anruhig undt in sorgen geweßen, daß ich glaube,
ich were von sinnen kommen, wens lenger gewehrt hette. Ich habe
schon 5 große brieff geschrieben undt werde noch 3 schreiben ;
kan derowegen nichts mehr sagen, alß daß ich Euch vor alle gutte
wünsche sehr verobligirt bin undt Euch von hertzen lieb habe.
Elisabeth Charlotte.
331.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.
Yersaille den 7 October 1706.
Hertzlieb Amelisse, ich habe seyder vergangen sontag 2 liebe
brieff von Euch entpfangen, vom 23 undt 28 October, will bey
dem frischten ahnfangen. Es wäre nicht nöhtig, umb verzeyung zu
bitten; den ich war gar nicht offendirt über waß Ihr mir geschrie-
ben; contrarie, Ihr habt mir hirin mehr ehre gethan, alß ich me-
ritire, undt ich habe Ewer motif zu woll gesehen, liebe Amelisse,
480
amb böß drüber zu werden; contrarie, ich bin Ettch davor oblig^rt.
Meines sohns wunde ist so gefährlich geweßen, daß er beym haar
dran gestorben wehre. Er wirdt nicht wider kommen, sondern so
baldt möglich wider zn feit gehen nndt in Ittallien einbrechen. Ey,
liebe Amelisse, worumb sagt Ihr «mitt urlaub, die föße»? Daß sa-
gen nur die burgersieütte. Ich were eben nicht sonderlich verwun-
dert, wen Ihr daß potegram bettet; den viel gar erbare personnen
habens hir; die dame d^honneur von der duchesse de Bourgogne
hatt es so starck, daß sie nicht auß der cammer gehen kan; also
segt Ihr woU, daß, wan Ihr es bettet, daß es keine entschuldigung
bedarfif. Madame de Guisse hatte es auch, die gar eine gotsfürch-
tige frome fftrstin war; wünsche, daß Ihr Euch woll aufif dem bey-
lager divertiren mögt. Ma tante habe ich außführlich bericht, wie
höfiflich sich Schultes bey mir gestehlt. Er leügt abscheulich, wen
er sagt, daß man ihm alte stoff hatt aufifdringen wollen. Glaubt
mir! es ist kein wordt dran war. Nichts hatt mich dran verdro-
ßen , alß der braudt nicht nach ma tante befehl zu dinnen ; den
den flegel habe meine meinung gesagt, wie er es meritirt. Meines
sohns wunde in der seydt ist klein, aber die ahm arm ist großer,
alß eine handt, undt wirdt ahn zwey finger lahm bleiben. Mein
söhn kompt leyder nicht wieder. Mein vetter, der landtgraff, hatt
auch groß lob in seinem unglück erworben. Hiemitt seindt Ewere
beyde brieff beantwort; bleibt mir nichts mehr überig zu sagen,
alß daß ich Euch, liebe Amelise, von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
332.
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 7 October 1706.
Hertzliebe Louise, vergangen sontag habe ich Ewer liebes
schreiben vom 24 September zu recht entpfangen. Den schwangern
weibern verhehlt man nur ihr unglück, damitt sie sich nicht bles-
siren; aber raisonablen leütten die müßen ja woll wißen, waß ihnen
zukompt, undt denen verhelt man nichts. Ich habe es auch gar
nicht gern, daß man mir waß verhehlt. Es setzt mir noch einmahl
so sehr in sorgen; den ich glaube nichts mehr, waß man mir
481
hernach sagt, uudt mein alß, man verhehlt mir noch waß. Ich
dancke Euch sehr, vor meinem söhn erschrocken zu sein. Die
wandt an der seydt war nichts gefahrliches, ahm arm were mein
armer söhn aber bey einem haar gestorben; den er hatt sich zu
wenig geschondt, hatt geritten ondt ist dabey so betrübt geweßen,
daß er nacht noch tag keine ruhe gehabt; also ist der kalte brandt
in die wunde kommen. Man hatt es so apropo abgeschnitten, daß,
gott lob, nichts Übels drauß entstanden. Er [hat], gott lob, gar
einen gatten docktor undt feltscherer. Mein söhn bleibt bey seiner
arm^e undt wirdt dießen winter nicht wider kommen. Mein söhn
hatt, gott lob, daß glück, daß man woll weiß, daß, wen sein raht
gefolgt were worden, so bette der könig Tarin andt der feindt
were geschlagen. Ich glaab, daß, wen mein söhn gewust, wie es
mitt der ittallienschen armee beschaffen, bette er sie nicht ahn-
genohmen; aber da die sach geschehen, hatt er nicht zurück ge-
wohlt. Ich habe. noch heütte 4 brieff zu schreiben undt habe schon
28 bogen ahn ma tante geschrieben; kan dero wegen nichts mehr
vor dieß sagen, liebe Louisse, alß daß ich Euch allezeit recht von
hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
333.
A mad. Louise ^ raugraffin zu Pfaltz ^ a Paris. *
Yersaille den 14 October 1706 umb 9 abendts.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe dießen nachmittag Ewern
lieben brieff vom 5 zu recht entpfangen. In dießem augenblick be-
komme ich auch brieff von meinem söhn , von seinem docktor , bal-
birer undt geweßenen precepter. Er ist, gott seye ewig danck,
so woll, daß er kein pflaster mehr in der seytten tregt, undt seine
finger ahn der bößen handt fengt er wider ahn zu rühren, ist in
völkommener gesundtheit, ist woll, schlefft woll undt geht alle tag
2 stundt spatziren. Ich finde, daß er nur gar zu woll ist; den so baldt
er wider wirdt reytteu können, wirdt er wider zur arm^e undt zu
feit gehen. Gott weiß, waß ihm weitter begegenen wirdt. Daß setzt
kein gutt geblütt bey mir. Ich weiß woll, daß man ihn schon
*
* ? HannoTer.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 31
482
fiberall todt gesagt; za Paris ging daß verflachte geschrey anch;
ich erfahrs, wie ich schon briefif hatte, hatt mich also nicht er-
schreckt. Ich bin Euch nndt Amelisse recht verobligirt, meinen
sehn beweint za haben. Mein söhn hatt nichts von seinem esqai-
page verlohren; ob er bar gelt verlohren, weiß ich nicht. Daß der
kOnig viel gelt verlohren, ist gewiß. Mein söhn that die gantze
campagne aaff seinen kosten, niemandt gibt ihm keinen heller daza.
Fretülen Pelnitz wirdt sie ihre Charge widerbekommen andt bey
der cronprintzessin sein? kompt deßwegen vielleicht nach Hannover?
Ich kene mylord Raby; aber wie ich hir von ihm gehört, so wirdt
er sich woU seiner metres antrefl mitt dem ersten pagen, den er
hfibsch finden wirdt, trösten. Adiea, hertzliebe Loaisse! Seydt ver-
sichert, daß ich Efich von hertzen lieb behalte!
Elisabeth Charlotte.
334.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hemhaussen.
Versaille den 28 October 1706.
Hertzliebe Louise, waramb ich alß gern alles wißen will undt
nicht leyden kan, daß man mir waß verhehlt, ob ich zwar denen
nicht helffen kan, vor welchen ich in sorgen mag kommen, so kan
ich doch nicht leyden, daß man einen wie einen naren daher lest
gehen andt lastig sein andt lachen, wen man recht arsach hatt, traue-
rig za sein ; jederman sieht einem ahn andt man wirdt jederman zum
Schauspiel; daß ist mein sach gantz andt gar nicht. Daß sprichwordt
«Waß ich nicht weiß, macht mich nicht heiß» kompt er auff die Jalousie.
Dießen chagrin solte man mänern undt weibern verhehlen, so viel
möglich ist; aber waß seinen kindern begegnet, meine ich, daß man
allezeit wißen muß. Von meines sohns unglück werdt ich nichts
mehr sagen. Es ist, gott lob, verbey undt er ist frisch undt ge-
sundt; allein wie Ihr auß Amelise briefif, so ich ihr schreibe, er-
sehen werdet, so were ihm beynahe wider ein groß Unglück begeg-
net, indem er mitt dem pferdt gefahlen in seiner reiß nach Grenoble.
Mein söhn meint , es seye einem man eine schandte , wen er sich
nicht hart stelt; hatt also wider alles einrehten reitten wollen undt
dieße reißo von Piguerol nach Briancon bette ihm schir daß leben
483
gekost. Noch eine andere sotise batt mein söhn gethan, so ihm
sehr ahn der wunden geschadtet hatt, nehmblich eßen zu wollen.
Bin Euch sehr verobligirt, hertzliebe Louisse, so part in meine
schmertzen genohmen zu haben. Wo es möglich ist, werden meine
angsten wider ahngehen; den .mein söhn pretendirt, wider in Ittal-
lien einzufallen. Er ist diß jähr so erschrecklich unglücklich, daß
woU alles zu fürchten ist. Ich habe lengst gesagt, daß man die
zwey spanische könige mitt einander solte schlagen laßen; unßer
bette vortheil, den er ist starck, hatt greuliche fäust Ich würde
christlicher finden, daß die zwey könige sich umb ihr königreich
schlügen, alß so viel Christenbludt vergießen zu machen. Die fürs-
tin von Frantzhagen hatt woU ursach gehabt, ma tante lieb zu
haben, die ihr allein ehre erwießen. Ihre printzen müßen ihr nicht
nachschlagen, weillen sie so alber sein undt kein verstandt haben.
Die armuht macht schmutzig. Die printzen müßen übel erzogen sein
worden. Ich weiß nicht, waß sie zu Hannover gesucht haben. Es
ist eine rechte schandt von Churpfaltz, Euch nicht zu zahlen; könte
es nun beßer, alß vorhin, da er ja meines brudern gemahlin nichts
mehr zu geben hatt. Wir haben eben so schön wetter hir, alß
Ihr zu Hernhaussen; jedoch so scheindts heütte, alß wens endem
wolte; der baromettre ist 7 staffeln höher, alß er geweßen. In
dießem augenblick kompt ein Courier von meiner dochter; muß
wider andt Worten, kan also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß
daß ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
335.
A mad. Amelie Elisabeth , raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 28 October 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich zwar Ewern
lieben briefiF vom 12 zu recht entpfangen, aber ohnmöglich drauff
andtworten können; den es war ein courir von mein söhn hir,
mustc also ahn ihn undt seine leütte schreiben, dazu noch ahn ma
tante, «ahn die königin in Spanien, ahn mein dochter undt 3 briif
nach Paris, wäre also zu müde, umb mehr zu schreiben, habe es
biß aufif dieße post verschieben müßen. Mein söhn ist, gott seye
danck, nun wider woU von seinen wunden. Es ist ihm aber wider
31*
484
ein nefl anglück zugestoßen. In seiner reiße von Briangou nach
Qrenoble ist sein pferdt mitt ihm gefallen undt hatt sich wehe ahm
fuß gethan; den im anfifstehen ist daß pfördt ihm anfif den fuß
nndt banch getretten; doch ein groß glück, daß er nicht anff dem
arm gefahlen, wo die wandt ist, noch daß das pferdt nicht drauff
getretten hatt. Von der suma gelts, davon Ihr sprecht, habe ich
nichts gehört. Der könig mag woll, wie ofift geschieht, gelt vor
die troapen geschickt haben ; aber ich bin gewiß, daß meinem söhn
kein gelt ist geschickt worden. Langwirige kriege machen allezeit
daß gelt rar. Frieden were vor jederman zu wünschen. Hette die
generallen meinem söhn folgen wollen, wer gantz Ittallien deß kö-
nigs; aber es war änderst im himmel beschloßen, undt wen daß ist,
muß sich alles dazu schicken. Mein söhn ist glücklich, daß man
ihm doch die justice thut, zu sagen, daß es seine schuldt nicht ist.
Ich bin Euch, liebe Amelise, sehr verobligirt, daß Ihr mich zu
trösten sucht Nun mein söhn wider woll, bin ich schon getrost.
Gott bewahr nur vor ferner Unglück! Den mein söhn ist recht
unglücklich diß jähr. Solte er also wider in campagne gehen, wie
leicht geschehen könte, würde mir wider recht bang vor ihm wer-
den. Gott wolle unß beystehen! Adieu, hertzliebe Amelisse! Ich
ambrassire Euch von hei*tzen undt versichere, daß ich Euch allezeit
von hertzen lieb behalte.
i
Elisabeth Charlotte.
336.
A mad. Amelie Elisabeth^ raugraffin zu Pfaltz, a Paris. *
Marly den 4 November 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen montag habe ich Ewer liebes
schreiben vom 22 October zu recht entpfangen. Die posten gehen
arger, alß nie, wie Ihr secht; den ich hette ma tante paquet schon
den freitag haben sollen. Heütte habe ich daß vom 22 October ent-
pfangen, es war aber nichts drin, weder von Ewer Schwester noch
von Euch ; bilde mir ein, daß daß beylager Euch beyde zu geschäftig
macht. Ich habe vor einige zeit ein i^chreiben von Euch, liebe
* ? HannoTer. ? Herrenbausen.
485
Amelisse, vom 24 August durch Lavigne bekommen. Er ist ver-
gangenen montag wider weg, ich habe aber nur der zeit gehabt,
ahn ma tante zu andtwortten durch ihn; den es wahr allerheyl-
igenfest, muste in kirch. Lavigne hatt woll gethan, seinen nah-
men hir in Weinberg zu vertrehen; den sonsten bette er vielleicht
keinen pasport bekommen, wie er ihn nun hatt; ich habe ihm daß
secret gehalten. Ich komme jetzt aufif Ewer liebes schreiben vom
22 October. Mein söhn ist nun nicht allein gantz außer gefahr,
sondern auch in volkommener gesundtheit, gott lob, undt wirdt
zukünfftige woge wider hir sein. Er wirdt gar nicht lahm bleiben.
Es bette übeller ablaufifen können; den mein söhn schondt sich
nicht. Ich wünsche woll von hertzen mitt Euch, liebe Amelise^ daß
daß heßliche kriegsweßen einmahl ein endt nehmen möge; ich sehe
aber leyder gar schlegten ahnstahlt dazu. Waß mich glauben
macht, daß man kein unrecht hatt, zu glauben, daß Schweden gutt
freündt mitt Franckreich ist, ist daß unerhörte lob, so man dießem
jungen könig hir gibt. Lobenswehrt ist er, daß ist woll wahr;
allein man lobt hir nicht, wen man nicht auif dieße seydt glaubt.
Ma tante, die fraw churfürstin, schreibt mir, daß die churfürstin
von Saxsen gar einen artigen cavalier nach Hannover geschickt
bette. Keine reverentz zu machen, ist ein bawernstoltz , damitt
man sich selber mehr dort ahnthut, alß ahn andere; den je hoher
[man] ist, je hofflicher muß man sein, damitt andere ein exempel
[nehmen]. In der weldt kau man nicht hofflicher sein, alß unßer
könig ist; aber seine kinder undt kindtskinder seindt es nicht.
Eönte ich mitt ehren nach Teütschlandt, würdet Ihr mich baldt
sehen. Teütschlandt war mir lieber undt finde es nach meinem sin
viel ahngenehmer, wie es weniger pracht undt mehr auffrichtigkeit
hatte; nach pracht frag ich nichts, nur nach rßdtlichkeit, auffrich-
tigkeit undt warheit. Es schickt sich leyder nicht, daß ich wider
in Teütschlandt soll. Man hatt mich, unter unß gerett, wider mei-
nen gutten willen hieher gesteckt; hir muß ich leben undt auch
sterben, ich mag woll oder übel sein, undt woll kein aparentz, daß
wir einander in dießem leben wider sehen. Waß in jenem ge-
schieht, weiß gott allein. Ich bin Euch doch recht verobligirt,
solches zu wünschen, undt werde Euch allezeit von hertzen lieb
behalten,
Elisabeth Charlotte»
486
337.
A mad. Louise, raugrafi&n zu Pfaltz, a Hannover.
Yersallle den 11 NoTember 1706.
Hertzallerliebste Louise, ich kan Euch nun sichere zeittungen
von meinem söhn sagen; den vergangen montag umb 3 ahr käme
er gantz unvermuhten anff der post hir ahn. Er ist, gott lob, nnn
gesandt; aber er wirdt all sein leben lahm bleiben, er kan nur
den daumen undt ersten finger regen , die 3 andern seindt ein-
wardts gebogen, wirdt sie sein leben nicht strecken können. Aber
es ist viel, daß er noch bey leben ist; den hette er kein hämisch
ahngehabt, hette er 15 todtlich wanden bekommen. Mein söhn
hatt gar nichts von sein esqaipage verlohren. Ich wünsche den
frieden woll von grandt meiner seelen, wie leicht zu erachten ist.
Man sieht hir die verenderang deß glucks; aber weillen daß glück
anff einer kagel oder raht stehet, so maß man hoffen, daß es wi-
der vor hir auch threhien wirdt. Ich finde, daß freüllen Pelnitz za
loben ist, niemandts mehr nach ihrer königin za dinnen, weillen
sie zu leben hatt. Sie machts auch, wie St Paulus sagt: «Wer
heüraht, thut woll; wer nicht hetlraht, thut beßer». Daß were auch
woll mein sin geweßen, wen es sich hette schicken können; aber
es ist mein destin nicht geweßen. Buben zu lieben, vergeht selten
bey den mansleütten; aber wie mylord Raby verstandt hatt, helt er
die sach gewiß heimtich. Wen man jung ist undt verstandt hatt,
lernt man alles baldt, also wirdt monsieur Poltney baldt in alles
schicken zu Berlin. Ich habe ahn Amelise vergangen woche ge-
schrieben, war in sorgen vor Euch; den Ewere regullaritet ist
mir gar zu bekandt, umb nicht zu fürchten, daß ihr übel aufif
seydt, wens ahn Euch zu schreiben ist, liebe Louise, undt daß ich
kein schreiben von Euch entpfange. Danckt ma tante demütigst
voT die gazette, welche recht curios zu leßen war! Ihr werdt mir
einen gefahlen thun, wen Ihr mir die schicken woldt, so Amelise
alle woch bekompt. Ich erfrewe mich mitt Euch, daß die königin
mutter in Deneniarck Euch ein schön contrefait geschickt; allein
sie hette Euch woll selber dabey schreiben können. Hirmitt ist
Ewer schreiben völlig beantwortet, undt wir haben nichts neues hir;
487
werde also nichts mehr sagen, alß wie daß ich Euch, liebe Louisse,
vo^ hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
338.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 18 November 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sambstag habe ich zwar Ewern
lieben briefiF vom 2 November zu recht entpfangen, aber sontag
nicht draufif andtwortten können, weillen ich selbige tage gar zu viel
briefife zu schreiben habe, wie ich Euch, wie ich glaube, schon
mehrmahlen zu wißen gethan. Niemandts hatt Schultes bößere
ofiFice geleist, alß er selber durch sein plumpes verfahren; aber ich
bin so müde, darvon zu reden. Ich muß von hertzen lachen, liebe
Amelise, daß Ihr findt, daß ich in meinem contrefait, so ich ma
tante geschickt, schon undt woll außsehe. Wen ein groß dick ge-
siebt, plat maul undt kleine enge äugen waß schons sein, so bin
ichs gar gewiß undt werde noch alle tag schönner; den ich werde
noch alle tag dicker. Hertzliebe Amelise, jein jeder muß sein ver-
hengnuß folgen; daß meine hatt mich in Franckreich geführt, da
habe ich gelebt, da muß ich auch woll sterben. Teütschlandt ist
mir noch allezeit lieb undt ich bin so wenig propre vor Franck-
reich, daß ich mein gantz leben mitten im hofif in einer großen
einsamkeit zubringe. Weillen ich aber woll sehe, daß es gottes
will ist, daß ich hir sein undt bleiben solle, habe ich mich drin
ergeben, bin Euch aber sehr verobligirt, nach mir zu verlangen;
daß muß daß gutte gemühte undt geblüdte in Euch verursachen.
Es seindt viel Sachen in der weldt, so man verlangen solte, aber
durch die umstanden unmoghch werden; so ist es mitt mir auch.
Es ist nichts verdrießlichers , alß wen man einem den kopfif voll
schwetzt, wen man schreiben will. Es ist eine thprheit, zu glau-
ben, daß man nichts hübsches, noch magnifiques, alß in Franck-
reich, machen könne. Es seindt mitt den vertriebenen reformirten
schir die besten arbeydtsleütte auß Franckreich gangen; also leicht
zu glauben, daß man jetzt in Teütschlandt eben so schönne Stoffen
undt allerhandt zeug wirdt haben könnet}, alß man hir hatt. Man
sieht nicht mitt einem schmutzigen maul zum fenster nauß, man
488
habe den einen reichen witwer geheflraht; vielleicht wirdt Eflch
dießes begegenen. Es kan Euch, liebe Amelise, nie so viel glttck
nndt vergnügen zukommen, alß ich Eflch von gnindt der schien
wünsche; den ich habe Euch nndt Looisse von hertzen lieb.
Elisabeth Charlotte.
339.
A mad. Louise ^ raugrafBn zu PfaltZ| a Hannover.
VersalUe den 2 December 1706.
Hertzliebe Louisse, dießen nachmittag habe ich Ewern lieben
brieff vom 23 November zu recht entpfangen nndt vergangenen
montag den vom 19 November, werde heütte auf beyde zugleich
andtwortten, fange bey den frischten ahn. Ich dancke Euch sehr,
Eflch mitt mir wegen meines sohns ahnknnfft zu erfrewen. Seyder
er ins balhans spillen geht, ist seine handt so viel beßer worden,
daß er nnn wider alle finger regen kan nndt auff der flotten spiel-
ten; hofife also, daß, wen er daß badt von Bourbone wirdt ge-
braucht haben, wie dießen frflhling geschehen solle, das alßden
alle kräfiften wider kommen werden undt mein söhn nicht lahm blei-
ben. Aber wen auch gleich ein finger lahm bleiben solte, ist es
doch schir vor nichts zu rechnen, waß sonst hette geschehen ki^n-
nen. Wen mein söhn gleich nicht wider in Ittallien geht, ist doch
woU zu vermuhten, daß, so lang der leydige krieg werden wirdt,
er woll nicht zu hauß bleiben wirdt; wflnsche also den frieden
recht von hertzen. Ich bin fro, daß ma tante jemandts hatt,
so L L. divertirt; den wie sie von der freflUen Pelnitz spricht,
muß sie sehr amussant sein. Vor dießem, defleht mir, hatte ma
tante die graffin Platten lieber, alß die Eielmanseck. Ich habe
vor dießem einen herrn von Ketteier gekendt, so eine wackere
artige fraw hatte. Ich weiß nicht, ob es der ist, so nun marchalck
zu Cassel, ein klein mäntien voller kinderblatternmähler. Es ist
mitt dem churfflrstenthum von Braunsweig gangen, wie daß sprich-
wordt sagt: «Tout vient a point qui peust attandre». Morgen werde
ich durch mein dochter erfahren, ob der margraff von Baden todt
oder lebendig. Vorgestern bekam ich ein brieff von mein tochter;
die schrieb mir, daß sie ein schreiben von dem freüllen von Fflrs-
489
tenberg bekomen, so nun zu Rastat ist, weilten printz Louis sie
hatt hollen laßen, umb sie noch . einmahl vor seinem endt zu sehen.
Die sagt, daß dießer herr ohnmöglich davon kommen kan; war
doch ein wenig wider beßer. Zu Paris hatt man ihn todt gesagt,
er war es aber nicht. Ich will glauben, daß man ihm unrecht ge-
than hatt. Wir haben ein Schwester undt niege hir vom graff
Frieß; die niepce ist ein schön mensch undt die mutter hatt ver-
standt, brilliren sehr hir. Ma tante undt Ihr beschreibet mir die
princes mitt solchen meritten, daß es kein wunder ist, [wenn] man
sie regretirt zu Hannover. Gott gebe, daß' sie lenger, alß ihre
tante, die konigin s., leben möge! Es ist recht verdrießlich, wen
man im schreiben gehindert wirdt; daß geschieht mir offt auch,
Monsieur Oberg kene ich woU, er war mitt dem lieben printz
Carl s. hir. Ich habe in meinem sin mein leben von nichts ab-
scheülichers gehört, alß den frieden, so könig Augustus gemacht.
Er muß voll undt doli geweßen sein, wie er die articlen eingangen
ist; vor so ehrvergeßen hette ich ihn mein leben nicht gehalten.
Ich schäme mich vor unßer nation, daß ein tefltscher könig so un-
ehrlich ist. Ihr werdet mit der zeit noch ein contrefait von ma
tante bekommen. Es ist gewiß, daß die contrefait keine freüde
geben, wen sie nicht gleichen. Daß ist alles, waß ich aufif Ewern
letzen brieff sagen werde; ich komme jetzt auff den vom 19. Ihr
habt gar woll gethan, der madame de Sasstot nicht nach zu gehen,
insonderheit weillen sie den graffinen zu Berlin cediren wirdt. Wie
hatt man Euch daß zumuhten können? Ich habe woll gedacht, daß
ma tante Ewere conduitte apropiren würde. Es war doch hofflich
ahn madame de Sastot, Euch compliment zu machen; daß gibt mir
gutte opinion von dießer damen. Es ist auch recht artig von der
cronprintzes, mitt aller gewalt Euch adieu zu sagen wollen; sie
muß meritten haben. Ich finde keine Schwachheit, zu weinen, wen
man ursach dazu hatt. Hiemitt seindt Ewere beyde schreiben be-
antwortet; bleibt mir nur überig. Euch zu bitten, die fehler dießes
brieff zu endtschuldigen ; den ich kan ihn nicht überleßen , habe
noch 3 große brieff zu schreiben undt es ist schon 8, kan also
nichts mehr sagen, alß daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte,
490
340.
A mad. Amelie Elisabeth, raagra£Sn zu Pfaltz, a Hannover.
Venaille den 2 December 1706.
Hertzliebe Amelisse, vergangen montag habe ich Ewern lieben
brieff vom 16 Novembris zu recht entpfangen, dancke Euch sehr
vor die relation vom beylager. Von hir kan ich Euch nichts schon-
ner; man hört von nichts, alß^kinderblattern undt fleckfieber, wel-
ches gar nichts artiges^ ist. Ich finde possirlich , daß sich die statt«
undt hoflfdamen so gestoßen haben. Die daß freüllen Schullenburg
so hart gestoßen, maß sich nicht pickiren, politiqae za sein. Solche
art von predigen, wie man bey solchen occassionen macht, kommen
schir allezeit alber hervor. Es hatt mich gefrewet, zu sehen, daß
man noch nach alten teütschen brauch mitt fackeln gedantzt hatt.
Ich wünsche Euch glück dazu, liebe Amelisse, die cron bekommen
zu haben. Ma tante hatt mir zwar auch eine relation geschrieben,
aber gar in einem kurtzen begrieff. Adieu, hertzliebe Amelisse!
Ich ambrassire Euch von hertzen undt behalte Euch recht lieb.
Elisabeth Charlotte.
341.
A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 9 Decembris 1706.
Hertzliebe Amelise, ich bitte Euch, nembt nicht mehr so gar
weiße dinten! den nun ich alt geworden, habe ich mühe, so weiße
tinten zu leßen. Ihr halt Ewere ordenung gar richtig, jedoch so
habe ich heütte nichts von Louisse entpfangen. Weinberg wirdt
nun wöll wider bey Euch sein. Ihr könt woll gedencken, liebe
Amelise, daß ich allezeit mein bestes vor die thun werde, so Ihr
mir recommandirt. Ich dancke vor die gedruckte zeittung; dadurch
sehe ich, wie es in Teütschlandt zugeht, ob es zwar nichts neues
mehr ist; es ist noch beßer, waß altes zu wißen, alß gar nichts.
Ich habe auch schon dran gedacht, daß der könig [in] Schweden
viel von meinem armen bruder s. hatt. Seyder könig Augustes so
einen liederlichen undt leichtfertigen frieden gemacht, kan ich ihn
nicht mehr leyden, Daß ist woll ein großer irtum, wen man
491
meindt, die gantze weldt zu corigiren; man hatt ja mtthe, sich
selber zu corigiren nndt zu beßern, will geschweygen andere, undt
wie Ihr gar woll sagt, daß kompt gott allein zu. Ewere tinten ist
so weiß, daß man daß gekletter nicht sehen kan, undt meritirte
nicht, wider abgeschrieben zu werden. Nun Louise sieht, wie
lustig die cronprintzes ist, solte sie sich ihrer abweßenheit trösten.
Adieu, liebe Amelise! Ich habe schon 22 bogen ahn ma tante ge-
schrieben, muß noch ahn die von Maubuison schreiben undt 2
brieff nach Paris; kan dero wegen nichts mehr sagen, alß wie daß
ich Euch allezeit von hertzen lieb behalte.
Elisabeth Charlotte.
342.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 16 December 1706.
Hertzliebe Louise, dießen nachmittag umb 4 habe ich Ewern
lieben brieff zu recht entpfangen, dancke vor die dabey ligende zeit-
tung, wie auch die copie von^ der königin in Denemarck brieff. L M.
schreiben woll undt reden gutt mitt Euch; scheindt woll, daß sie
Euch recht lieb hatt, undt daß ist mir lieb. Wen daß wetter zu
Hannover undt dort herumb ist, wie hir, werden L L. der chur-
fürst nicht schön zu jagen haben; wir haben nichts, alß nebel undt
regen. Der churprintz muß die jagt nicht lieben, weillen I. L. zu
Hanover geblieben sein. Mein gott, wie wirdt der churprintz undt
die churprintzes einander so müde werden, allezeit so beysamen zu
stecken! Ihr seydt gar zu demtttig, liebe Louisse, zu sagen, daß
Ihr der königin in Denemarck schreiben nicht wehrt sein ; leütte
von Ewer gehurt undt tugendt seindt alles werdt. Adieu! Es wirdt
spät undt ich habe noch dießen abendt 4 brieff zu schreiben, es
ist schon 7 geschlagen. Ich ambrassire Euch von hertzen undt be-
halte Euch allezeit lieb, liebe Louisse!
Elisabeth Charlotte.
492
343.
A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 28 December 1706.
Hertzliebe Amelise, dießen nachibittag habe ich Ewern lieben
brieff sambt der zeitnng nndt daß pietist-büchelgen zu recht ent-
pfangen; dancke vor beydes, habe aber noch der zeit nicht gehabt,
eines noch anders zu leßen, habe nur Ewern briff geleßen. Ich
sehe gern so waß neaes, wirdt mich also divertiren. Ich glaube,
Ihr habt Euch ein wenig in Ewerm datnm betrogen ; den Ihr datirt
vom 14 undt ma tante brieff ist nur vom 12 dadirt undt I. L. ha-
ben die gewohnheit nicht, 2 tag vor der post zu schreiben; glaube
also, daß Ihr Euch ein wenig verschrieben habt. Mich deucht, daß
die trenung vom hannoverischen hoff gar oftt geschieht. Es ist keine
unahngenehme ursach , so den churfürsten nach Zel führt. Alle
hanerey müßen dem pietisten eine pension machen, weillen er so
sehr gegen den ehebruch schreydt. Wen ihm auch nur ein jeder
einen thaller geben solte, würde er baldt gar reich werden wegen
der menge. Daß er aber gegen dem könig in Preussen geschriben,
meritirte woll corection. Der hoff hir ist gar still, doch haben
wir vorgestern comedie gehabt, Les Horaces undt L'escole des fa-
mes; wegen der fest aber werden keine mehr gespilt werden, alß
nach weinachten. Hir ist auch ein art pietisten, so man quietisten
heist; sie seindt nicht so schlim, wie die ordinarie pietisten, so in
Tetltschlandt sein; man hört nicht, daß sie desbeanchirt sein. Der
pfarher, so sich so mitt dem nierenbratten nK)rtificirt hatt, meint
woll, waß schönnes gethan zu haben, nndt ich finde, daß es eine
thorheit ist; hette beßer gethan, davon zu eßen undt seiner frawen
danck zu wißen, daß sie vor ihm sorgt, undt sie also erfreüdt, daß
sie waß gethan, so ihm ahngenehm geweßen; aber wie man im
sprich wordt sagt: <So viel köpff, so viel sin». Der verstorbene
könig von Siam, alß unßer könig ihm sagen ließ, er bette ihn, die
christliche catholische religion ahnzuuehmcD, andtwortete er, er
glaube, daß man in allen religionen könte seelig werden, undt gott
liebe nichts mehr, alß die verenderung; drumb gleiche sich nichts
in der weit, jede grüne blätter wehrn different undt daß also
493
anßer herr aaff anterschiedliche maniren wolle ahngebett sein;
dramb mäste anßer könig fortfahren, gott dem allmachtigen aaff
seine weiß, wie er es gelehrnt, za dinnen, er aber wolle gott aaff
seine manir loben ondt dinnen, andt wen es gottes wille sein
solte, daß er ihm änderst dinnen solte, würde er es ihm schon ins
hertz geben. Ich finde, daß er hirin nicht anrecht hatte. Hiemitt
ist Ewer lieber brieff völlig beantwortet. Ich glaabe, daß noch
eine gatte zeit dahin ist, ehe der jüngste tag kommen; wir haben
den Antechrist noch nicht gesehen. Ehe er kompt, werde ich Euch
noch offt versichern könen, daß ich Euch recht lieb habe, liebe
Amelise !
Elisabeth Charlotte.
494
NACHWORT DES HEßAUSGEBERS.
Die briefe der herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans
an ihre halbgeschwister die raugrafen Karl Ludwig , Karl
Moriz und die raugräfinnen Luise und Amalie Elisabeth er-
scheinen hier in zweiter ausgäbe , welche jedoch kein bloßer
Wiederabdruck der ersten Sammlung ist, wie sie Wolfgang
Menzel im jähre 1 843 für den litterarischen verein veranstaltet
hat. Es haben mir vielmehr durch die gewogenheit der herren
grafen von Degenfeld, welche hierin mit nicht genug zu rüh-
mender liberalität einem ihnen von dem Präsidenten des littera-
rischen Vereins ausgesprochenen wünsche entgegengekommen,
die im gräflich degenfeldischen familienarchive verwahrten ori-
ginalhandschriftcn der seltenen frau selbst vorgelegen und
mein verfahren bei der herausgäbe ist ein anderes geweseo, als
dasjenige, welches von meinem Vorgänger befolgt worden
ist. Ich habe die aufforderung erhalten, die schreiben der
herzogin vollständig zu veröffentlichen, während die so über-
aus verdienstliche erste Sammlung sich auf auszüger aus dem
reichhaltigen briefwechsel in der art beschränkt, daß sie für
die von mir auf einunddreißig bogen mitgetheilten briefe
aus den jähren 1676 bis 1706 nicht ganz acht bogen in an-
spruch nimmt. Wie hinsichtlich des inhaltes weicht meine
ausgäbe auch in der behandlung des textes von der früheren
publication ab ; ich habe mich der mühe unterzogen, den briefen,
in welchen nur ausnahmsweise einmal ein Unterscheidungs-
zeichen steht, eine sorgfältige interpunction angedeihen zu
495
laßen. Die Orthographie habe ich, da mir mehr nicht erlaubt
schien ; wenigstens in dem einen puncte regeln zu sollen ge-
glaubt, daß ich den großen buchstab nur fiir eigennamen
und den satzanfang gestattete, während er in den mit fester
hand in deutscher schrift geschriebenen originalien bei jeder
Wortgattung willkürlich gesetzt ist, wobei übrigens doch der
kleine anfangsbuchstab vorherrschend bleibt. Fehlende Wör-
ter habe ich öfters in eckigen klammem ergänzt, für un-
richtig scheinende hin und wieder unter dem texte eine
beßemde vermuthung vorgeschlagen. Erläuterungen von ein-
zelheiten habe ich in anmerkungen, häufiger noch in dem
register gegeben, welches den vorliegenden band beschließt
und das ich, um die auffindung von Wörtern und sachen
zu erleichtern, so ausführlich wie möglich, als einen index
locupletissimus angelegt habe. Neben den deutschen habe
ich hier auch französische Wörter aufgenommen, um in
einem allgemeinen überblicke das maaß erkennen zu laßen,
in welchem die in Frankreich lebende deutsche frau von der
fremden spräche gebrauch gemacht hat. Eine hauptaufgabe
bildete sodann für das register die richtigstellung der zahl-
reichen namen , welche von der herzogin in mehr oder minder
falscher Schreibung angeführt werden. Daß ich, wenn nicht
alle, so doch die meisten in ihrer gehörigen form eintragen
konnte, dafür bin ich hauptsächlich einem französischen werke
verpflichtet , das unter folgendem titel herausgegeben worden
ist : »Journal du marquis de Dangeau , publik en entier pour
la premifere fois par mm. SouliÄ, Dussieux, de Chenneviferes,
Mantz, de Montaiglon, avec les additions inädites du duc de
Saint-Simon, publikes par m. Feuillet, de Conches.« Paris
1854 ff. 8. Von ganz besonderem werthe ist fiir mich na-
mentlich der im jähre 1860 veröffentlichte, eine »table gin^rale
alphab^tique« enthaltende neunzehnte und letzte band dieser
wichtigen Sammlung gewesen.
Was Elisabeth Charlotte in den vorliegenden briefen über
sich selbst äußert, sowie die urtheile, welche sie über das
496
verschiedenartigste ausspricht , habe ich in der nachfolgenden
Übersicht zusammengestellt:
über ihren titel 62. 262. 267. 80d.
ihr bUdnU 54. 55. 103. 206. 487.
lüßt sich ungerne malen 206.
mnß sechs Jahre lang anf die anfertignng Ton bildnissen warten 190.
Tergl. 8. 58.
über ihr nnschSnes äußere 48. 107. 118. legt sich ein „beren-katzen-
affengesicht'' bei 209. 212. 263. 487.
hat eine branne rauhe hant; denn sie ist oft auf der Jagd von mor-
gens um ffinf bis in den abend in der sonne gewesen und roth wie ein krebs
nach hause gekommen 463.
ist Ton den kinderblattern übel zugerichtet worden 55. 104. 118.
über ihre beleibtheit 85. 86. 107. 128. 202. 438. nennt sich „eine
alte dicke bagode*" 206. 228. 245. 291. über ihre trotz ihrer mü^igkeit ein-
getretene beleibtheit 298. vergl. s. 305. ihre beleibtheit hindert sie am gehen
846. 390. 405. 458. 462. 466. 487, verursacht ihr einen gar kurzen athem 377.
war früher mager wie ein stück holz 298.
ist klein, trägt aber die schuhe ganz platt 267.
gleicht sich selber gar nicht mehr, so sehr ist sie geändert 342.
nennt sich ein alt mütterchen 318.
ihre kleidung 80. 806. 456; justaucorps, perücke 302.
über das perückentragen 248. 449.
ist unter hundert tagen neunundneunzig schief coiffiert, fragt aber nichts
darnach 478. Tergl. s« 476.
bestellt Strümpfe und Stecknadeln in England 71. 73. 76. 79. 85. 86.
hat ein kupferstichbuch 186. 145. 177, eine Sammlung der neuen
medaiUen 223, viele blumen, gegrabene steine, viele bücher 280.
hat durch ausleihen eine menge bücher verloren, schreibt nun auf
Schiefertafeln die geliehenen auf 464. vergl. s. 466. 467.
hat alle böse bücher und historien gelesen 465.
hat einen Widerwillen gegen unvollendete bücher 187.
läßt sich Zeitungen schicken 110. 299. 486. 490. 491. 492.
über ihre lebensweise 105. 242.
gibt eine genaue nachweisung ihrer lebensweise und zeiteintheilung
vom morgen bis in die nacht 395. 896.
hat einen deutschen koch 89.
konnte sich an die französische küche nicht gewöhnen 164. 480. 440.
441. ihre kost 165. vergl. s. 474.
^ieht die englische küche der französischen vor 393. 440.
ist außerordentlich mäßig im eßen, seit sie aus der Pfalz weg ist,
292. 29o.
el>enszeit um mittag 896.
ißt mittags ganz allein und abends bei dem könig, wo es stiller her-
geht, als in einem kloster und in einem nonnenr^fectoire 333. 894.
497
sieht in Yeisailles den könig nur abends an der tafel 62. 66.
über die eßenszeit am hofe 843. 873. 385. 386. 421.
über die wähl der speisen 283.
grobe speisen sind nicht nngesnnd und geben gute nahrang nnd beßer,
als viel bonillougeschlecks 405.
ißt nie suppe 441.
trinkt keinen thee, keinen kaffee , keine chocolade 113. 114. 444.
kann gar kein bouillon, keine fleischbrühe nehmen 351. 853.
kann keine milch und keine biermolken ertragen 454.
trinkt sommer und winter eis 350.
hat von jeher eis getrunken, aber nicht gar erschrecklich kalt 422.
über den vorzug des weines vor dem biere 325.
schlaft allein in ihrer kammer, hat aber dienerschaft in der nähe 431.
hütet auch in krankheiten das bett nicht, in welchem sie nur dauern
kann, wenn sie schläft 431. 446.
liest nie im bette 262.
schläft in der kutsche 459.
hat keine importante aftären 142. 238.
über ihre wechselnde Stellung am hofe 72. 73.
klagt über anfeindung 15. 21. 22. 85.
hat sich der liebe der Franzosen nichts sonders zu befühmen 293.
ist gehaßt von madame de Maiutenon 190.
über ihre unfreie Stellung in Frankreich 112.
darf das königreich nicht verlaßen 231. 236. 259. B49. 455. 485.
darf in kein deutsches bad reisen 92. 305. 308. darf nicht nach ihrem-
wünsche ihre tochter in Lothringen besuchen 144. 145. 170 — 175.
darf keine diener annehmen 234.
hat einen stets wechselnden aufenthalt 83. 167. 854. 422.
ist viel allein 51. 130. 151. 152. 159. 160. 161.. 221. weiß sich aber
wol zu beschäftigen, wovon sie eine ansprechende Schilderung gibt 280.282.
317. 322. 388.
' ist sehr vereinsamt 337. 399. 487.
hat nicht über vier freundinnen in ganz Frankreich 85. 105. 122.
kein Carthäuser führt ein stilleres und einsameres leben, als sie, und
so glaubt sie, sie werde endlich das reden verlernen 395.
geht mit niemand mehr um 400.
weiß, was unglück ist 93.
das Jahr 1681 war eines der schlimmsten, die £. Ch. verlebt 21.
ist unerhört ernst geworden 21. 157.
hat die heiterkeit ihrer Jugend verloren 82. 85. 121. 122. 402. ihre
lust ist längst in den brnnnen gefallen 298.
ist des lachens ungewohnt geworden 121. 122.
hat das lachen verlernt 146. 238. 246. 895.
lachen ist eine gewohnheit, bei ihr ist sie vorbei 399.
ist nicht melancholisch , kann aber niclit mehr so von herzen lachen,
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte. 32
498
wie sie TOT diesem gethen 466.
hat wenig freode in diesem leben 70. 71. 77. 81. 105. 121. 122. 185.
186. 221. 250. 876. 377. 379. vergl. 259. 298.
denlct nur daran, ihre tage in rulie zu schlieiSen 244; wOnscht nicht,
kSnigin von England zn sein 248. 253. 259.
ist des lebens mflde 23. 152. 229. 376. 377 ; ist von der weit mOde
397. 402.
hat lang genng gelebt 369.
nennt sich zu nichts nutz 23. 369.
Hebt kleine gesellschaft 53. 130. 160, die einsamkeit 200. 410.
liebt das spiel nicht 33. 95. 99. 114. 159. 160. 179. 224; muß des-
halb allein hinter dem camin sitzen 247. 331. vergl. 439. hat lombre nie
recht lernen können 458.
ist onglflcklich im spielen 254. 258.
verabscheut den krieg 38. 43. 246. 256. 284. 310. ansprechender
eiiifall hinsichtlich des friedens 315. 322. 334. 337. 338. 352. 468. 469.
471. 479. 484. 485. 488.
fOrchtet , daß der drohende krieg von langer dauer sein werde
221. 285.
äußert sich sehr bescheiden über sich selbst 446.
erinnert sich gar vieler dinge ans der Jugendzeit 64. 104, beßer, als
dessen, was sie vor zehen jähren gehört und gesehen 317. 363. vergl. 323.
419. 457. 459.
klagt über schlechtes gedächtnis 38. 107. 136. 142. 151. 188. 300.
304. 368.
ist von natur ein wenig trocken 423.
redet nicht gern 139. vergl. 395.
ist nicht gewandt in der conversation 224.
erschrickt gar selten 267.
angst zu sein, bat man sie zu Heidelberg nicht gelehrt 471.
klagen ist ihres thuns nicht 24.
bleibt sich in der freundschaft gleich 64.
ist discret 142.
breitet nicht gern die bösen zekungen aus 364.
findet stete ceremonien unerträglich 125.
ist der ceremonien erbfeind 469.
ist natürlich 59. 84. 237. 238.
über sich selbst, ihre aufrichtigkeit 124. 160. 238.
liebt freien und offenherzigen verkehr 56. 137. 237. 243. 249. 254.
878. 395.
nimmt selten ein blatt vors maul 356.
hat nicht dissimulieren lernen können . ob es ihr zwar wol hoch nöthig
gewesen wäre in Frankreich 388.
kann nicht ertragen, daß etwas hinter ihrem rücken geschieht 407. 411.
hat es gar nicht gern , daß man ihr etwas verhehlt. Es setzt sie noch
499
einmal so sehr iu sorgen ; denn sie glanbt nichts mehr, was man ihr hernach
sagt, und meint als, man verhehle ihr noch was 480. 481. 482.
formalisiert sich nicht so leicht 834.
ist nicht coqnet von natur nnd beklagt die coqnetten mehr, als sie
sie vernrtheilt 345.
fragt nichts nach pracht, nur nach redlichkeit , aufrichtigkeit und Wahr-
heit 485.
glaubt nicht an geister 187.
hält viel von Ordnung, wenn sie gut ist 399.
versteht die manage nicht 248.
über das haushalten 41.
fürchtet die kälte unerhört 252.
hat kein gefallen an Paris 49. 53. 119. 124. 125. 220.
kann die Pariser luft nicht ertragen 58. 65. 72. 73. 75. 77. 79. 82. 83.
95. 100.102.103; gebraucht gegen dieselbe kaiser Karls kopfwaßer 109. 115.
119. 124. 125. 127. 130.133. 135. 136. 138. 140. 143. 145. 148. 180. 183.
hat ohne schaden zu Pari? zwei jähre in einem zimmer geschlafen, wo
es nach färbe gerochen 403.
zieht den landaufenthalt großen Städten vor 133. 224. 470.
liebt den aufenthalt in Marly 11. 66. 79. 83, in Fontainebleau 119.
332 , in St Gloud 197.
ist nicht kränklich von natur 125. 426. 488.
hat eine gute natur nnd kann gut Krankheiten ausstehen 830.
war iu der jagend häufig krank 65. vergl. indessen 295.
leidet an der milz 33. 84. 35. 77. 100. 120. 122. 129. 205. 238. 239.
292. 298. 379. 428. 433. 436, an kopfwehe 270, vergl. 435, an der
neßelsucht 385.
leidet am fleber' 65. 67. 218. 214. 229. 230. 289. 291. 292. nach-
theilige Wirkung einer aderläße dabei 289 bis 292. 296. 298. weiß die deutschen
benennungen der fleberanfälle nicht und führt deshalb die französischen an
295. ist am fleber auf den tod gelegen 328, erfährt dabei großen blntverlust
329. 332. 334. 350. 351. 385.
leidet am husten 380. 885.392.399.400.401.418.438.440.448. 450.
muß sehr krank sein, wenn sie das zimmer hütet 337.
vermeidet den gebrauch von arzueien 385. 464. 426. 438.
klagt nicht, wenn sie krank ist 431.
hat auch bitter ungern, daß man sie fragt, wie es ihr ist 406.
ist gar nicht lungensüchtig, hat eine breite brüst 406.
bat nie an zahn wehe gelitten 59.
Verhältnis zu ihrem arzte , äußerungen gegen denselben , über die
ärzte überhaupt, die arzneien , die hilfe der natur 392. 398. 410. 411. 431. 436.
ist keines arztes Sklavin 290. 385.
über die doctoren 175.
über die schlechten apotheken in Frankreich 105.
über den gebrauch von arzneien 192.
32*
500
über die durch das alter herbeigeführte abnähme der heilkraft der
natnr 436.
findet es abgeschmackt, sich so delicat za stellen 446.
ist nach dem verlnste ihrer eitern nnd ihres bruders nicht mehr , wie
sie vorher gewesen; auch der verlust ihres sohnes Alexandre Loois d'Or-
l^ans, dac de Yalois, geb. zu St Gload 2 Jnni 1678, gest. zu Paris in der
nacht vom 15 auf den 16 Merz 1676, gieng ihr abscheulich zu herzen 379.
über ihren vater 425. 430. 431.
über den tod ihres vaters 14. vergl. 20.
ihre achtnng vor ihm 32.
verliert nie die idee ihres vaters 458.
über ihren heirathscontract 255.
hat bei lebzeiten ihres gatten nichts von ihrem gute anzusprechen 123.
124. 125. 130; muß nach dem tode ihres gatten vielleicht bloß von des k9-
nigs gnaden leben 130. 230.
sieht in Marly ihren gemahl nie 199.
über den tod ihres gemahls 229. 230. 281. ihr leben nach diesem
ereignisse 232. 233. 239. 242. 267. 269. 270. 278. über die dadurch herbei-
geführte beschrankung ihrer einkünfte 230. 231. vergl. auch 285. 250. 251.
252. erwidert Karl Moriz spitzig auf seine verspätete beileidsbezeugung 237.
ihr erster besuch in St Cloud nach dem tode ihres gemahls und ihr erneuerter
schmerz 302. 309. empfindet es sehr, während der tranerzeit den neuen ko-
mödien und opern nicht anwohnen zu können 239. 263. besucht die komödie
wieder 310.
bezieht das zimmer ihres gemahls 848.
rühmt die gnade des konigs nach dem tode ihres gemahls 230. 231.
232. 285. 247. 26a über die pension, die ihr der könig gibt 255.
über monsieur de Pomereu, den ehrlichen conseiller d'^tat, welchen
ihr der könig nach dem tode ihres gemahls gegeben 283.
. über den aufwand , den ihr haushält in anspruch nimmt 255.
> schafft nach dem tode ihres gemahls ihre . fräulein ab und gibt ihnen
Pensionen 267.
verliert ihren process in Rom und gibt den pfaffen die schuld 272.
275. 278. äoßerung des papstes hierüber 287.
über den lebenswandel ihres sohnes 96.
rühmt das benehmen ihres sohnes gegen sie 231. 236.
ist aufs tiefste bekümmert über die Verwundung ihres sohnes vor
Turin 478. 479.
wünscht, daß könig Wilhelm von England ihre techter hätte 73. 75.
153, möchte ihn aber nicht selbst heirathen 153.
über ihre tochter Elisabeth Charlotte 60. 61. 62. 63. 65. 75. 76. 80.
107. 114; über die trennung von ihr 117. 122. 125. 144. 145; über eine
krankheit derselben 183. 184. 186. 188, einen Unfall derselben 210. 211.
212. 303 ; ihre vielen kinder 476.
über die verheirathung ihrer tochter Elisabeth Charlotte mit dem herzog
501
Leopold Ton Lothringen 99. 107. 111. 114. 117.122.176.186.187.266.303.
über die bildnisse ihrer toohter and deren gemahls,- des herzogs von
Lothringen 308.
fiber den durch unrichtige ärztliche behandlong herbeigeführten tod
eines enkels, des prinzen von Lothringen 190.
Ober eine enkelin 84.
fiber den tod ihres oncles 100. 101. yergl. 442.
fiber ihren brnder 226. 293.
beweint den tod der gemahlin ihres seligen brnders , mit der sie alle-
zeit brieflichen verkehr nnterhalten 460. 462.
verwendet sich ffir Carllotz bei ihrem bmder nnd ihrer matter 12.
13. 15. 16. ■—'.
erhalt vom konig ein nenjahrsgeschenk , womit sie Garllatz nnterstfitzt
13. 14. 16.
kann den tod von Carllotz nicht verschmerzen 86. 93. 148. 176.
259. 293. 300.
hat Karl Moriz anf die weit kommen sehen , er aber kennt die Schwes-
ter nicht 32. 210. 211. vergl. dagegen 302.
tadelt die falsche demuth von Lnise 40. 165.
bemfiht sich beim konige zn gansten von Luise and Amalie 68. 62.
96. 97. 98. 100. 101.
ist empOrt fiber die nichtbeachtang des ranges von Amalie and Laise
za Hannover 460. 461. vergl. 489, s. auch reichsgräfln.
nimmt sich der neffen and nichten von Laise in einem processe an
194. 196. 199.
berichtet ein gesprach mit baron Willich 196.
nichts in der weit geht ihr fiber ihre tante, die karffirstin Sophie von
Hannover 85. 135. 407. vergl. 258. 259. 270. 272. 281. 282. 325. 328 bis
331. 342. 343. 361. 368. 369. 374. 375. 376. 377. 379. 380. 386. so alt
sie auch ist, hätte sie ihrer tante hofmeisterieren noch hoch von nSthen 387.
briefe mit der karffirstin za wechseln, ist E. Oh. gr5ster and, wie sie mit
Wahrheit sagen kann, einziger trost nnd flreade in dieser weit 398.
spricht ihrer tante, der karffirstin, tausend mal mehr vivacitSt und
verstand zu , als sie selber besitze 29.
kann keine schwere arbeit machen, wobei man geschickt sein muß,
macht aber der karffirstin ein körbchen, ihre seide drein za than 413. vergl.
416. 418.
haspelt, was die damen spinnen 296. vergl. 306.
besorgt ffir ihre tante, die karffirstin, einen Unterrock, so nicht häß-
lich ist; natfirliche blumen mit goldenen festons auf einem schwarzen grnnd 470.
wählt zu Paris stofTe ffir die brautkleider der princessin Sophie Doro-
thea von Hannover 472. 474. vergl." 476. 477. 480.
fiber den tod ihrer erzieherin , der frau von Harling 272.
liebt die komfidien 82. 107. 129. 151; zieht dieselben den opern
vor 202. 242. "
\
502
behält einseloe Btollen ans den opern sehr gut im gedäehtnis, wotoü
sie denn auch im verfolge manche beispiele gibt 17.
zieht die komödien den redonten vor 439.
möchte nicht gern eine kom5die versäumen 346. 447.
schläft in den komödien nie, aber gar oft im opera 402.
vertheidigt die komödien gegen die geistlichen 105.106. 107.202. 314.
* Qber den besuch der komödien am sonntag, den vorzug der komödien
vor Visiten nnd conversationen 454.
über den sittlichen werth der komödien ; vergleichnng mit den pre-
digten 427. 428, mit den historien 428.
erklärnng des abscheoes vor den komödien, lob nnd empfehlnng der-
selben 814.
über die anfgabe der komödianten 427. £. Gh. achtet auf gutes oder
schlechtes spiel, sieht aber nie nach den kleidern 428, vergl. 30; sieht gerne
eine s^rieuse komödie, welche sie tonchiert, und darnach hat sie auch gerne
was zu lachen wieder 428.
über die rührung durch mährchen und komödien 489. 440. E. Gh.
wird durch Iphig^nie zu thränen gerührt 440.
äußert sich über mehrere komödien von Molidre und gibt dem Tartuffe
den Vorzug 419. 430, über stücke von Pierre Gorneille und Poisson 427.
428, von Brueys und Palaprat 448, über Iphig^nie 440.
über die Spielzeit der komödien zu Paris und Fontainebleau 453, zu
Versailles 492.
in den komödien soll man nicht plaudern 427. 450.
über die historien 428. 429.
hat gefallen an rätbseln 247. 258.
über Statuen im garten von Marly 804.
hat kein gefallen an maskenbällen 123. 368. 436. 438.
muß sich in ihren alten tagen maskieren; ergetzliche Schilderung da-
von» sowie anderer masken; dauer des balles; bemerkung über die Verdrieß-
lichkeit, in der nähe eines balles zu schlafen 445. 446.
liebt das französische tanzen gar nicht; ein ewig menuet ist ihr un-
leidlich 447.
gibt audienz an gesandte von Portugal 63.
hat jagen und reiten erst in Frankreich gelernt und hat sich durch
häufiges fallen nicht abschrecken laßen 129. 153.
befleißigt sich des reitens 98. 100.
geht auf die jagd wegen ihrer gesundheit 129. 289.
reitet auf die falkeojagd 55.
geht auf die jagd 5. 82. 83. 34. 56. 65. 215. 219. 224; jagt mit dem
Dauphin 69. 217 , mit dem könig 217. 225. 288. 239. 242. 285. 302. 808. 804.
jagt zu pferde den wolf 51. 207.
jagt zu pferde mit dem Dauphin den wolf 86. 87. 89. 131.
jagt den wolf 83. 127. 184. 185.218; jagt einen tag um den andern 208.
fällt bei der Wolfsjagd den großen knochen des armes aus einander, der
503
ihr sofort von einem baoern eingerichtet wird 87. 89. yergl. 861. 862.
438. 448. 444.
fürchtet, an einem arme lahm zu werden 92.
geht anf die hirschjagd 383. 384. 386. 888. 890.
jagt länger, als vier jähre, nicht mehr zn pferde, sondern fShrt, wie
der konig, in kleinen caleschen mit vier pferden 891. 396. 411.
liebt die hüodchen sehr 245. 280. 288. 817. 837. 448. 466.
hat bei einer Spazierfahrt im walde von Fontainebleau , anf welcher sie
umgeworfen wird, sieben hunde in der kutsche 809. 810.
eines ihrer hündchen liegt immer anf ihrer tafel, wenn sie schreibt 442.
hat nur nenn hündchen im zimmer 312.
niemand am hof kann beßer gehen, als sie 229. 239.
ist täglich drei stunden In der Inft 151.
spaziert alle tage ein paar stunden im wald 245. 247. 286.
fährt im walde von Fontainebleau spazieren 809.
über den günstigen einfluß von anstrengnngen auf die gesundheit 818.
über die nothwendigkeit der bewegung ; E. Oh. spaziert mit frau von
Rotzenhausen alle abend fünf Viertelstunden 466.
geht zu Marly oft im mondschein spazieren 464.
hat einen schlimmen fall gethan und ist in einer gar großen einsam-
keit zu Versailles 814.
vertritt sich den fuß 431. 438. 436. 486. 437. 438. 440. 441. 442. 444. 450.
läßt sich nach einem Unfälle am fuße die stiege auf und ab tragen 451.
über die bedeutung des brieflichen Verkehrs 84. 85. 181.
schreibt, wie sie redet 59.
ihre briefe machen ihr eben keine große mühe 478.
über ihre handschrift 41 ; schreibt, immer gar geschwind 818.
schreibt einmal mit der linken band 86.
bedient sich unter umständen für ihre briefe eines secretärs, der übri-
gens weder Deutsch lesen noch schreiben kann 884. 335. 886.
schreibt viele briefe 87. 83. 88. 91. 105. 181. 179. 180. 181. 184. 194
204. 207. 210. 212. 215. 216. 217. 224. 270. 271. 272. 802. 308. 804. 306
816. 817. 318. 319. 320. 822. 325. 332. 841. 845. 855. 363.378.381.382
hat Jeden sonntag aufs allerwenigste sechs briefe zu schreiben 388. 884. 404
887. 389. 390. 392. 406. 408. 409. 488. 437. 439. 440. 441. 442. 448. 445 ;
abermals über die vielen sonntagsbriefe 445; ihre schreibtage nach Frankfurt
sind mittwoch und samßtag98, donnerstag ist der tag für die briefe an Ama-
lie und Luise 445. 446. 449. 456. 465. 466. 467. 468. 469. 471. 475. 477.
479. 481. 483. 489. 491.
schreibt lange briefe nach Hannover 88. 91. 105. 108. 109. 148.
217. 804. 816. 408, einen brief von 24 selten 440. 454, abermals einen
brief von 24 bogen (? selten) 468, einen brief von 18 selten 471, einen brief
von 28 bogen (? selten) 481, einen brief von 22 bogen (? Seiten) 491,
sehr lange briefe an die herzogin von Savoien, die mutter der kSnigin von
Spanien 302. 304.
504
sehreibt einen fransSsischen brief an Karl Moria 210. 211.
liebt lange briefe 36. 37. 142. 312. 331.
ist ezact im beantworten der briefe 54. 131 ; liebt das anfscbieben
nicht 121. 129. 133. 186. 189. 232; Udelt die faulen Schreiber 287.
hat häoflg nicht die zeit, ihre briefe za fiberlesen 86. 101. 117. 171.
174. 246. 256. 271. 312. 323. 326. 489.
spottet über das Französisch ¥on Amalie mit dem beding, dafi diese
der herzogin DeuUch corrigiere 150. 151. 159. vergl. auch 173. 259. 270.
271. 275. 296. 307. 311. 322 347. 883. 395. 426. 476.
verbittet sich complimente 41. 84. 85. 93. 112. 116. 121. 122. 150.
158. 159. 203. 214. 227. 241. 271. 827. 393. 398. 400. 408. 437. von
complimenten überhaupt 249. 254. 255. 258. 841. verbittet sich Schmeiche-
leien 238.
hat in Fontaineblean keine zeit zum schreiben 178. 174. 175.
empfangt drei mal in der woche große briefe von ihrer tochter 120,
zweimal in der woche von ihrer tante, der knrfürstin zu Braunschweig 173.
176. 298 ; über die ausführlichen briefe der kurfürstin, die E. Ch. ein großer
trost sind und die sie mehrmals liest 320.
darf in briefen nicht von religionssachen sprechen 401.
über die Verletzung des briefgebeimnisses 449. 451. 455. 456. 457.
460. 462. 465. 468.
lißt sich durch die Verletzung des briefgebeimnisses in ihren mitthei-
lungen nicht beengen 228. 456. 460. 462 , ebensowenig durch den krieg 228.
über die abgeschmackte beeintr&chtigung , die wfihrend des krieges ihr
brieflicher verkehr in Deutschland erfährt 312. 318. 315. vergl. 317. 327.
381. 338. 340. 344.
mischt sich nicht in Staatsaachen 221. 228. 238. 338.
mischt sich in keine staatsh&ndel und weiß die Staatsgeheimnisse nicht
812. vergl. 323.
vergißt bei einem schreiben an die königin von Spanien den respect,
indem sie zu hoch anfängt, und schreibt deshalb vier bogen nochmals ab 381.
besorgt die briefe der frau von Bathsamshausen 109. 114.
scherzt über teufelchen, die am schreiben hindern 309. 310.
könnte im bett unmöglich schreiben, schliefe gleich drüber ein 473.
Umwege, welche die briefe nehmen 340. 344.
ist wider ihren guten Tillen nach Frankreich gesteckt worden 485.
vergl. 286. 487.
hätte lieber nicht gebeirathet, wenn es sich hätte schicken können 486.
über die heirathen der princessinnen 420.
wäre lieber kurfürst, als Madame 225.
möchte ein mann sein und im krieg 301.
hält es für ein groß lob, wenn man sagt, daß sie ein deutsch herz
habe und ihr Vaterland liebe 53.
ist nicht propre für Frankreich. Schöne äußerung über ihre verliebe
für Peutschland und ihre daraus hervorgehende Vereinsamung mitten im fran*
605
xSsiscben hofe 487.
das Vaterland 6teht den Deutschen allezeit am bebten an 90.
Frankreich hat ihr offenherziges und treues gemüth Ihr nicht ge&ndert
66. 69.
bleibt sich in Frankreich gleich 56. 59. 63.
spricht selten Deutsch 29. 271. 275. 322; verspürt wol, daß es ihr
nieht mehr so leicht ankommt wfe vor diesem 307. 347.
will das Deutsche nicht vergeßen 49. 158. 271. 275. 307. vergl. 322:
kann kein Englisch 32 ; versteht Oberhaupt nur Deutsch und Franzö-
sisch 204. vergl. auch 169. 271.
macht französische linder 114. 115.
liest einen deutschen Yirgilius 49. 51.
hört recht gerne von Deutschland 42.
sieht viele deutsche färsten bei sich 129.
tadelt die modesucht der Deutschen 48.
tadelt die Deutschen, welche Französisch schreiben-, fürchtet, das
Deutsche werde sich endlich so verlieren, daß es keine spräche mehr sein
wird 347.
tadelt die uralten grafen, die sich zu fürsten machen laßen 142,
vergl. 33. 38.
über das erlernen fremder sprachen 307, über die schlechte birtho^
graphie der französisch schreibenden Deutschen ebendas. »
über die einmischung französischer Wörter ins Deutsche 158. 222.
über die thorheit, zu glauben, daß man nichts hü^bsches, noch mag-
niflques , als in Frankreich, machen könne 487.
über die einreißende Verderbnis in Deutschland 124. 219. 416.
über die misachtnng deutscher Fürstinnen in Paris 118. 205, insbe-
sondere der pfalzgrafen und pfalzgräflnnen , unwille E. Gh. darüber 311.
kann sich nicht trösten über die vorHUle in der Pfalz 58. 68. 157.
225. 291. 306. vergl. 311. 312.
freut sich des andenkens der Pfälzer 33. 38. 64. 122. vergl. 363.
hat von den französischen erwerbungen in der Pfalz nichts bekommen
97. 110. 124. 125. vergl. 230. 234. 250. 251. über anspräche, die in folge
der Verheerungen durch den krieg an sie erhoben werden 252.
versteht die sachen nicht, die man in ihrem namen für Monsieur
macht 226.
versteht die procedurensachen ganz und gar nicht 195. 226. 355.
versteht nichts von aifären 248. 261. 278.
nimmt sich der landsleute an 67. 166.
möchte gerne unglücklichen helfen, aber es fehlt ihr an geld 214.
vergl. 25. 33. 41.
über die englische nation 142. 226. 244. 236. 321. 437. 461. 473,
ihre sittenlosigkeit 251. 257. 282* 366. 416.
über die sittenlosigkeit am englischen hofe 249.
die Engländer sind ordinarie am schönsten 357*
506
Ober das benehm»ii der Englinder gegen ihre fraoen 12K.
bÖM eben and wonderlicbe minner in England 90.
ortheil Ober die Franiosen 28. 51. 65. 79. 100. 115.
Franzosen sind intrlgnant 856, falsch 388.
eigennatz der Franzosen 74. 75. 98. 278; treoe leote darunter ßlnd
rar 283.
Aber den mangel herzlicher heiterkeit im geselligen leben der Fran-
zosen 254.
Ober die Französinnen, die sich der conversation halber gerne krinlc-
lich anstellen 469. 471.
über die coqaetterie der Französinnen 841, ihre trostgrfinde ebendas.
über die französischen eben 92. 180, die Seltenheit guter eben in
Frankreich 267, benachtheiligang der firauen durch die gesetze 130. 172.
über das benehmen der kinder gegen die eitern in Frankreich 236.
über die sittenlosigkelt in Frankreich 144. 154. 155. 160. 161. 162.
257. 366. 409. 426. 427; befOrchtong, daß sie nach Deutschland Terpflanzt
werde 163. 244. 245. 88a
über das sanfen unter den Jungen Weibspersonen und von der besten
qMliat 848. 36a
über die französischen weiber, die nach leichtfertiger Jugend im alter
de^ot werden 40a 409.
über die verinderung, welche der königliche hof seit dem tode der
könlgiu erfahren 106.
über den am firanzösischen hofe herrsohendeu ton, der Ton einem ex-
trem ins andere fillt 462. 468. 464. 466.
über den französischen hof, Terschwinden der politesse an demselben,
überhandnehmen der sittenlosigkelt, über die thorheit, dai& Deutsche ihre
kioder nach Frankreich schicken 801.
über die langeweile am hofe 118.
über den niederen französischen adel, der mit dem deutsehen adel gar
nicht zu Tergleichen ist, misachtung des ersteren in Frankreich 307.
über Deutsch redende Franzosen 246. 809, vergl. 457 ; hübsche bemerknng
über solche 462.
Franzosen geben den eigenen namen auf und nehmen den eines
gutes an 278.
fertigkeit der Franzosen, artige lieder zu machen 404.
urtheil über M^lac 297. 806.
über die Italianer 59. 297 , ihre sittenlosigkeit 251. 257.
über die Lothringer 306.
religiöses 40. 76. 80. 103. 106. 251. 271. 286. 288. 302. 314. 315.
330. 331. 385. 345. 349. 367. 377. 890. 897. 421. 429. 430. 434.484.487.
über unsere Schuldigkeit gegen gott 40.
ihre gottergebenheit 369. 372. 374. 877.
ihr gottvertrauen 845. 397.
über daa beten 40.
507
betet nicht mit dem eifer, mit dem sie BoUte, ist in allem elD wenig
indolent 399. vergl. 429. 430.
betet außer der ki^che nie in einem baob, macht alle ihre gebete
selber 895.
hält viel auf ehrlicher lente gebet 234.
über die ehrftircht vor gott nnd . der religion , über den scherz in
religionssachen , verglichen mit der Verleumdung 429. 430.
führt ans, daß alles in der weit zn gottes ehre ist 37« 367.
die gottheit hat keine menschlichen affecte, Jcann also vor nichts grauen,
aber er kann strafen 434.
über ihre hoffiiung auf das ewige leben 258. 254.
über disseits and jenseits 460.
über die Seligkeit 845.
über den rechten grund des christenthums 347.
über die rechte religion 80. 258.
über devotion 191.
über die erheuchelte und die wahre devotion 421. 424. 425.
wird nicht närrisch aus zu großer devotion 169.
über den großen irrthum, die ganze weit zu corrigieren wollen, was
gott allein zukommt 490. 491.
über die nothwendigkeit, täglich die h. schrift zu lesen 257. 258.
liest alle morgen in der kleinen handbibel 193.
liest alle morgen drei capitel in der deutschen bibel 247, einen psalm
und ein capitel im alten und eines, im neuen testament 307. 822. 382. 868. 395.
weiß noch alle lutherischen lieder und reformierten psalmen, die sie
gewust hat, und singt sie noch oft 382.. vergl. auch 891. 397.
liebt es nicht, viele stunden in der kirche zn sein 138. 343.
ist lange in der kirohe 131. 277. 820. 328. 329. 359.
schläft während der predigten, die eine halbe stunde nach dem eßen
stattfinden 258. 840. 341. 397. .402; wenn man morgens predigt, schläft sie
nicht 402; reflexion über ihr schlafen in der kirche 402; steht wegen des
lateinischen geplärrs langeweile aus in den kirchen 278. 286.
über die prediger 345. 847. 429.
über die reformierten pfarrherren 444.
über die Seltenheit der prediger , welche die kunst haben, unsere pas-
sionen zu dämpfen; über die prediger überhaupt 402. vergl. 867.
hält die fasten nicht, äußerung darüber 344. 391. 453.
das klosterleben ist gar nicht ihre sache 231. 236.
geht wenig mit nennen um und ist ihr leben nicht bei denen von
St Gyr gewesen 415. 416.
ihre religiöse duldsamkeit 349. 492. 493.
über die drei christlichen religiooen 75.
über deutsche, spanische, portagiesisohe, italiänische und französische
Katholiken 188. 247. 882. 470.
über die geringe achtung des papstes in Frankreich 187. 247. 882.
508
über die Romfahrten 176. 177. 187.
aber die reliqoieD; E. Gh. ist der meinong, et wire beOer, spitller
in btnen, tlt reliqoien zn zieren 417.
billigt nicht die allein dnrch die polItik herbeigeführte üble behtnd-«
Inng der Reformierten in Frankreich 888.
über die mehrheit der religionen 492. 493.
über die yerglelchnng der religionen mit hnnden 250.
über der gelehrten mtngel an glanben 298.
über die zwecklotigkeit , das horotkop stellen zn laßen 884.
lebensansichten 28.82. 35. 37.49. 50. 69. 70. 76. 82.92.93.94.107.
148. 150. 165. 157. 226. 245. 263. 298. 802. 805. 840. 845. 849. 890.
422. 487.
über weltverachtnng in theorie nnd praxis 815. vergl. 828.
lebensregeln 899.
über die wähl beim nmgange 428. 424.
höflich sein ist nöthiger, alt frenndlich sein 899. rergl. 486.
über brntalit&t, die Jedermann übel tteht, aber großen herrn noch
mehr 448; Je höher man ist, Je höflicher mnO man sein, damit andere ein
exempel nehmen 485.
über die falschheit tpöttischer nnd höhnischer lente 77.
über tchweigen nnd Torsichtig sprechen 458.
Tom lachen 867.
über diejenigen, welche mal k propos lachen 898.
vom lachen über den nichsten 429- 480.
über das weinen 489.
über lastif nnd tranrig sein 28. 247. 248. 808; über den einflnO der
zeit anf mindemng der betrübnis 808. 305; „wen wir keine andere betrübt-
nnü betten, alß nnßere sflnde, wehren wir gar Instig" 806. 816. lastig sein
ist gesund, traurig sein macht krank 447. 468. lastig sein yerlangert das
leben 348. nachtheiligkeit der betrübnis 371. 876.
über die behandlung betrübter 873. 376. 378. 882. 885.
das leben bietet mehr yerdruß, als freude 340. 397. 402. 414. 436.
über Vorbereitung anf nnglück 800, Über die dabei nöthige theilnahme
von freunden ebendas.
über den werth der freunde 86.
Über das anhalten des einmal eingerißenen angifickes 78.
über possierliches bei Unglücksfällen 452.
über abschied nehmen 241. 279. 821. 394. 450. 452.
über den verlnst derer, die man lieb hat 70. 149. 241.
über die traaer um tbeure verstorbene 28.
über den ledigen stand und die männer 91. 249. 262. 264. 268.
279. 419. 486.
über das heirathen 56. 82. 90. 125. 184. 158. 165. 205. 246, über
die hauptpuncte dabei 264. 268. 279. 357. 389. 890. 411. 420. 434.
über armuth im ehestand 165, über liebe im ehestand 264. 267. 889,
509
über caressiereD vor den leuten 267.
tadelt die mIsheiratheD 128, bedauert ihr aufkommen in Deatscbland
142. 219. 228. 229. 277. 288. 284. 307. 455 , begriff der misbeirath 436.
über das anglüclLlicbe loß der frauen 299.
über lieben und nicht lieben 249.
über äußere Schönheit 48. 67. 68. 107. 113. 126. 170. 274. 336. 420.
über die coquetterfe 345.
über coquette weiber 308. 341. 427.
über große feste und Icleine und große gesellschaften 813. 817. 898. 489.
über die betheiligung von männern und frauen an der gesellschaft 140.
findet, daß man am hofe natürlicher ist, als In den provinzen und
Städten 228.
über das hofleben 361.
über grandeur ohne große macht 125.
über die hoffahrt von leuten, die sich in posten finden, die ihnen
nicht zukommen 409.
hält die mathematik für ein passendes Studium für lente von qualität 188.
über die rechtsgelehrten 279.
über die belästigung durch allzu häufige besuche 444.
über die behandlung störender besuche 418.
über geschenke; sie sind in Frankreich nicht üblich 418- 419.
über die seefahrt 89.
über das alter 343. 399.
wollte lieber sterben, als blind werden 212.
über das sterben 104. 105. 243. 259. 296. 298. 299. 862. 372. 378.
877. 382. 397. 468.
Über die lebensverhältnisse der erlauchten frau, deren
briefe ich mittheile, darf ich mich hier wol auf eine ganz
kurze notiz beschränken.
Elisabeth Charlotte wurde als tochter des kurförsten
Karl Ludwig von der Pfalz und seiner gemahlin Charlotte
von Heßen-Cassel 17/27 Mai> 1652 zu Heidelberg geboren.
Im jähre 1671 wurde sie gegen ihren willen mit dem herzöge
Philipp von Orleans, dem bruder Ludwigs XIV, zu Chälons
vermählt. Aus dieser ehe giengen drei kinder hervor, Ale-
xandre Louis d'Orlöans, herzog von Valois, geboren 1673,
gestorben 1676, Philipp, herzog von Orleans, der nachma-
Uge übel berüchtigte prinz regent von Frankreich, und Eli-
sabeth Charlotte, die wir später als gemaUin deis herzogä
510
Leopold von Lothringen finden *. Unsere herzogin Elisabeth
Charlotte von Orleans starb am 8 Oetober 1722. Über ihre
weiteren verwandtschaftlichen beziehungen, über die Schick-
sale ihrer nachkommen, durch welche Elisabeth Charlotte
mit so vielen ftirstenhäusem in Verbindung steht, sehe man
den lehrreichen „Vorbericht", mit welchem W. Menzel seine
ausgäbe geschmückt hat.
Eine biographie unserer herzogin hat Fr. Karl Jul. Schütz
geliefert in seinem „Leben und charakter der Elisabeth
Charlotte, herzogin von Orleans, nebst einem auszuge des
denkwürdigsten aus ihren briefen; ein beitrag zur Charak-
teristik des französischen hofes Ludwigs XTV. Leipzig 1820.
8. Eine wesentlich auf Menzels ausgäbe unserer briefe be-
ruhende, äußerst ansprechende Charakterschilderung der her-
zogin Elisabeth Charlotte hat Ludwig Häusser entworfen in
seiner „Geschichte der rheinischen Pfalz nach ihren politi-
schen, kirchlichen und literarischen Verhältnissen.'^ II. Heidel-
berg 1845. 8. s. 712 bis 734. Man vergleiche auch Ludwig
Ölsner, „Elisabeth Charlotte , herzogin von Orleans", in Fr.
von Raumer „Historischem taschenbuch", vierte folge, fünfter
Jahrgang, Leipzig 1864. 8. s. 105 bis 162.
Das bildnis der herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans
haben Charles Simonneau 1714 und Maria Magdalena Horte-
mels in demselben jähre nach einem gemälde des berühmten
Hyacinthe Rigaud gestochen **. Eine copie des porträts der
herzogin ist in das sechste heft der von C. M. freiherm von
Aretin veröffentlichten „Alterthümer und kunstdenkmale des
bayerischen herrscherhauses. Herausgegeben auf befehl Sr
Majestät des königs Maximilian II, fortgesetzt auf befehl Sr
Majestät des königs Ludwig II." München 1865. folio. auf-
genommen worden.
* Yergl. Histoire g^n^alogique et chronologique de la maison royale
de France u. s. w. par le p. Amselme u. s. w. I. Paris 1712. fol. s. 95.
** Yergl. 6. E. Nagler, Neues aUgemeines künstierlexikon VI. Mün-
chen 1838. 8. 8. 315. 316. XVI. Manchen 1846. 8. s. 442. 443.
511
Die halbgeschwister, an welche die gegenwärtigen Briefe
der herzogin gerichtet sind, entstammen dem zweiten ehe-
bündnisse, in welches ihr vater, nachdem er sich von seiner
ersten gemahlin getrennt, zu Frankenthal am 6 Januar 1658
mit dem fräulein Luise von Degenfeld getreten ist. Ich habe
im register über diese halbgeschwister einige bemerkungen
gegeben und verweise im übrigen auf Häusser a. a. o. H,
s. 684. 685 imd ganz insbesondere auf ,,Luise, raugräfin
zu Pfalz, geborne freiherrin von Degenfeld. Von dem ver-
faßer des lebens Friedrichs von Schomberg" [J. F. A. Eazner].
II. Leipzig 1798. 8.
Vollständig scheinen die briefe der herzogin an ihre halb-
geschwister nicht mehr erhalten zu sein , da auf ein schreiben
vom 18 Juli 1683 sogleich ein solches vom 22 December 1691
folgt, während noch Eazner a. a. o. III, s. 98 bis 102 einen
von ihr an Luise und Amalie gerichteten brief d. d. Versailles
d. 17 JuU 1685 und a. a. o. II, s. 143. 144 die vom 12
Januar 1700 datierte Zuschrift an Karl Moriz geben konnte,
deren in unserer numer 100 erwähnung geschieht.
Über die anderweitig gedruckten und die sonst noch
handschriftlich übrigen briefe von Elisabeth Charlotte hat
Menzel in seinem „Vorbericht^ s. IX bis XI auskunft gegeben.
Demjenigen, was dort verzeichnet ist, habe ich noch hinzu-
zufügen, daß Leopold von Ranke im fünften bände seiner
„Französischen geschichte, vornehmlich im sechzehnten und
siebzehnten Jahrhundert", Stuttgart und Tübingen 1861. 8.
s. 282 bis 442 einen theil der briefe der herzogin an die
kurfürstin Sophie von Hannover dem publicum dargebracht
hat. Auch eine Übersetzung habe ich zu nennen , die „Corre-
spondance compl^te [?] de Madame, duchesse d'Orl^ans, näe
princesse palatine , m^re du r^gent. Trad. par m. Q-. Brunei.
Accompagn^e d'une annotation historique, biographique et
littäraire du traducteur." 2 vol. Paris 1857.
In neuester zeit wurde unsere herzogin zur heldin eines
512
dramas erwählt. Ich meine ^yEUsabeth Charlotte. Schaaspiel
in fünf acten von Paul Heyse." Berlin 1864. 8.
Es sei mir gestattet, mit einigen der sätze za schließen,
durch welche Licopold von Ranke seine mittheilungen aus
der correspondenz der herzogin eingeleitet hati Er sagt
a. a. o. s. 280:
»Mit dem bruder Ludwigs XTV, herzog Philipp von
Orleans vermählt fühlte sich die herzogin Elisabeth Charlotte
an dem französischen hofe doch niemals eigentlich zu hause;
auch den fremden gesandten fiel ihre einsame und exceptio-
nelle Stellung an demselben auf. Um so lebendiger war die
theilnahme und Zuneigung, die sie ihren deutschen freunden
und verwandten bewahrte ; in unzähligen mittheilungen erhielt
sie sich mit denselben in vertraulichem verkehr. Darin be-
steht der Charakter und fiir uns Deutsche der reiz ihres brief-
wechsels, daß. sie in sich selbst vollkommen mit denen lebt,
an die sie schreibt/ während ihr die demente des äußern
lebens, in deren kreißen sie sich bewegt, allezeit fremd und
selbst widerwärtig bleiben. Sie ist nicht ohne alles Verständ-
nis filr dieselben, aber die Unvereinbarkeit des deutschen und
französischen geistes in dieser epoche hat sich nirgends so
prägnant ausgedrückt, wie in ihren briefen.«
Und so möge denn meine arbeit, die ich auf den wünsch
des Präsidenten und des ausschußes des litterarischen Vereins
unternommen habe, dem wolwoUen und der nachsieht der
leser bestens empfohlen seini
Tübingen 3 Mai 1867.
WILHELM LUDWIG HOLLAND.
513
BEMERKUNGEN.
Brief nr 7 ist, wie sieb erst später ergeben hat, die fortsetzung Ton
brief nr £8.
S. 93 lies: Seydt also statt Seydt, also.
„ 183 am sclilaße von brief 99 lies: behalte! statt behalte.
„ 200 nach genesen ist sollte! stehen.
„ 208 nach abandoniren sollte! stehen.
„ 210, z. 4 V. u. lies: dont ma tante, madame relectrice.
0 221, z. 15 V. u. fehlt das pnnct nach habe.
„ 230, z. 12 V. u. ist vielleicht zu lesen : will geschweygen, daA wafiu
„ 246, z. 1 ist vielleicht zu lesen: Stein.
„ 297 lies: dame d'atonr, brnder.
y, 308 statt Manisch ist vielleicht zn lesen : ^manisch.
„ 312, z. 4 V. n. lies: schreiben statt sehreiben.
„ 416, z. 3 V. 0. heilet es in der handschrift ohne zweifei: nicht
doli von.
8. 417, z. 7 V. 0. ist wol zu lesen: haltet, [was].
„ 437, z. 4 V. 0. sollte das komma vielleicht nach 8, statt nach
gehen stehen.
Briefe der Prinzessin £lisabeth Charlotte. ^"^
5U
REGISTER.
AbHB sind nicht alle dorch das Ja-
biläum bekehrt 888.
Abendmahl, h. 359. 482.
Aberglauben; in Frankreich hat nnr
der pöpel aberglauben , aber die
ehrlichen lente nnd lente Ton con-
dition gar nicht 382.
Ablaufen, praet. abgeloffen 380. 406.
481.
Abscheulich 11. 368. 369. 882.
Acces 30. 89. 43. 292. 298. 295. 350.
Adam, der alte 314.
Adel, der arme, in Frankreich 80,
der niedere 307.
Aderlaß 292. 296. 828. 830.372. 386.
888. 892. In Frankreich laßen sie
kindern von drei monaten zur ader
394. 400. 411. 426.
Änderung der gewohnhoiten bei be-
jahrten ein schlimmes zeichen 394.
Affeetation, das deutsche wort dafür,
158. 169.
Ahnziglich 346.
Akademie, die franzosische 266.
Albemarle, mylord 239. 249. 257.
Alber 17. 134. 138. 188. 228. 247.
251. 337. 340. 347. 465. 483. 490.
Albertet 374. 461.
Albertingen, Scherzname 157.
Alceste, oper, stelle daraus 389.
395. 418.
Alcide 418.
Alexander 257.
Allebenwol 4. 5. 29.
Allifax s. Halifax.
Allen (? Ahlden) , prinzessin von, ver-
folgt Carllutz mit ihrer roqnetterle
808. 395. Es ist wol Sophia Doro-
thea gemeint, die tochter des her-
zöge Georg Wilhelm von Zelle, die
am 18 November 1726 auf dem
schloße zu Ahlden gestorbene un-
glückliche gemablin des kurprinzen
Georg Ludwig, des nachmaligen ko-
niges Georg I von England. Vgl.
W. Havemann , Geschichte der lande
Braunschweig und Lüneburg III.
Gottingen 1857. 8. s. 354. 502.
Alt, sehr alte leute 323.
Altesse 52, altesse royale 52 ; vgl. s. 55.
Altfränkisch 48. 348.
Altorf 346.
Altoviti 13; hocbgerühmt, verfertigt
ein heilsames ol 361. 362. 364.
438. 443. 444. 450. 456.
Amadis, roman von 14. 322. Vergl.
Amadis, erstes buch, nach der ältes-
ten deutschen bearbeitung heraus-
gegeben von A. von Keller. Stutt-
gart 1857. 8. Bibliothek des litter.
Vereins b. XL.
Amadis de Gr^ce 128.
515
Amadis de Gr^ce, op^ra 128. 129. Die
miisik dieser oper ist tod Destouches
(Daogeau , Jonrnal VIT, s. 54).
Ambotten, ein Eurländer 45.
AmbrassiereD , am schluße der briefe.
Ameishanfen 151.
Amelie, Amelisse, d. 1. Amalie Elisa-
beth , rangräfln . halbschwester von
£. Ch. 81 ; ist eine lastige Christin
402 ; hat eine yorliebe für die Eng-
länder 484; ihr aussehen in der
kindbeit 168. 259; heirathsplan mit
dem grafen von Wittgenstein 264.
265. 268. 288 ; scherz über ihre from-
migkeit 348. 367.461.473. Amalie
Elisabeth wurde 22 Merz/ 1' April
1663 zu Heidelberg geboren und
starb ebendaselbst 13 Juli 1709.
Amelie , prinzessin, d. i. Wilhelmine
Amalie, tochter des herzogs Johann
Friedrich zu Braunschweig-Hanno-
ver, seit dem jähre 1699 gemahlin
des späteren kaisers Josef I, 56.64.
114. 125. 126. 128.
Amen sagen 57. 438.
Amiishagen (pfarrdorf mit einem alter-
thtimlichen ritterschaftlichen schloße
im heutigen wirtembergischen ober-
amte Gerabronn) 241. 245.
Amour und liebe 264.
Ampassade 476.
Amphitryon, komodie von Moli^re 237.
Amüsieren (durch mittheilung von tra-
giqnen aventuren) 381.
Amyranlt, monsieur 73. 74. 76. 79.
81. 86. 89. 90. 91.
And thun 319. 325. 397.
Andrienne 446.
Audrom^de 178.
Anecken, mutter, komodie 3. 147.
Angen = ahnen 808. 485. 455.
Angst, adj. 471.
Anhalt Dessau , Leopold , fQrst von
(der alte Dessaner), seine, übrigens
glückliche, heirath mit der apo-
thekerstochter Anna Lnise F5hse ge-
tadelt. Vgl. Menzels ausg. b. 70, anm.
Anjon, d* 335.
Anjon, duc d* 186.
Anklettern 78.
Anmachen, händel, 344.
Anna, kSnigiu von England 805. 311,
sieht alt aus 820. 447. 468.
Anna, prinzessin 223.
Anna Katharina, fräulein 245 ; b. Woll-
mershausen.
Anschnnrren 3.
Anspach 410.
Anspach, markgraf von 110. 111. 116.
134. 183. 327.412.420, der junge
411. 412. 441. 442.
Anspach , prinz von 129, durch Schön-
heit ausgezeichnet 327.
Anspach, Karoline, prinzessin von (die
nachmalige prinzessin von Wales,
mit der E. Ch. in späteren jähren
so viele briefe wechselte. Menzels
ausgäbe s. 92, anm.) 110. 176.
178. 327. 860. 409. 411. 412.
Anstoß vom fleber 202.
Anstoßen, vom fleber 39. 65. 100.
213, von den gichtern 886.
Antechrist 493.
Antichambre 60.
Anton Ulrich , herzog von Brann-
schweig-Wolfenbüttel 453, ist der
beste herr von der weit 459. 460.
Antragen 449.
Appartement 50. 51. 58. 55. 61. 72.
101. 130. 174. 181. 215. 216, ab-
geschafft 434. „On disait qn'il y
avait appartement lorsque le roi
recevait le soir (de 6 h. ä 10) toute
la cour dans son grand appartement;
alors le roi jonait an billard en
public, il y avait musique, jeux
de toutes sortes, et rafratchisse-
ments; Tappartement se terminait
quelquefois par un bal. Of. Mer-
cure galant, d^cembre 1682, etc.
516
Relation des assemblees faites k Ver-
sailles dans le grand appartement
da roi pendaut le caroaval de 1683
et des divertissements que Sa Ma-
Jest^ y avait ordoDn^s. Paris, 1683,
1 Tol. in 12; St Simon, t. 1,
p. 45 et 46, ^dit. in 12." Dan-
gean, Journal I, s. 56, anmerkang.
Arco, gr&fln von, maitresse des kur-
fQrsten von Baiem 258.
Armagnac, mademoiselle d' 134
Armnth macht schmutzig 483.
Arsch 457.
Artlich 33. 38. 40.
Arzt &ußert sich über die Ursache der
kränklichkeit der kinder der k5-
nigin 398.
Arzte 892.
Astrolog 201. 384.
Attraction , beispiele der 246. 247. 298.
Vergl. J. Grimm, Ober einige fälle
der attraction , in Kleinere Schriften
III, Berlin 1866. 8. s. 312 bis 348.
Andienzkammer 375.
Auffischen 312. 336.
Aufgesetz 476.
Aufnehmen 446. -
Aufsapeln 75.
Aufsetzen 53. 476.
Aufsetzen (den köpf kurz aufgesetzt
haben) 461.
Augsburg 336.
Augustin Veninger 104. 146. 157. 171.
Augustinus , San et 204.
Augustus 162.
Augustus, konig 841. 489. 490.
Aumont, duc d' 7.
Ausfllzen =r schelten 60. 74. 221.
Ausfischen 811.
Ausquälen 23.
Ausspeien 480.
Auster 4. 9.
Austern 9.
Auszäpfen , einer waßersüchtigea das
waOer 260.
Auvergne, comtesse d' 260.
Bacherach a/Rh. (die dort gefertigten
tabletten von schieferstein) 459. 464.
Baden , prinz Louis von 27. 299.
300. 489.
Baden-Durlach , markgraf Karl von
349. 488, markgräfln von 349.
Baden-Durlach, prinz von 299. 300.
Baer, herr von, marschalk von Hom-
burg 219. 220. 221. 239.
Bären 7.
Bären-katzen-affengeslcht 209. 212.
Baiern, knrfurst von 258. 309. 322.
327. 836. 467.
Baiern, kurfQrstin von 226.
Baiern, kurprinz von, die trauer um ihn
verhindert kein divertissement 126.
Baireuth, prinz von 181.
Balafre 6.
Balbirer 87. 89. 93. 208. 243. 436.
477. 481.
Ballen spielen 412.
Ballhaus 488.
Ballet 96.
Bank, die lange 250.
Bar, de 11. 66. 167. 203. 235.
Bar, madame 457.
Bar, in Lothringen 138. 144. 155.
168. 170. 174. 175. 244.
Barcelona 289. 460.
Bardge, bad 92.
Barometer 488.
Baron de la Crasse, le, komodie von
Poisson 427.
Basel 81. 44.
Bastille 7. 111.
Battant l'oeuil 811.
Bauerokirbe 212.
Bauernstolz 485.
Beaumont 6.
B^chamel , surintendaut von Monsieur
102. 152. 190. 206.
Bederdeel , wurde abends zu Heidel-
berg getrunken 400.
Bedutelt 193.
517
Begebenheit, wunderliche, wie die
deutschen komSdianten als pflegen
zu sagen 40.
Begriff 490.
Beichtsvater 261.
Beispiele ans dem neuen testament
341 , aus dem alten testament 414.
Belial 814.
Bellefonds, mar^chal de 6.
Belmont, madamede275, redet pos-
sierlich franzosisch 865. 368. 462.
472.
Beloti, monsieur, ein italiäuischer
arzt , verfertigt ein elixir gegen das
grieß 201. 203. 204. 205.
Benedetto, San 471.
Benise, monsienr 423.
Benjametter 416.
Benjole 104.
Berlin 32. 172. 175. 210. 264. 297.
328. 375. 486. 489.
Bernstein 338. 341.
Bernstein, fran von, schwester der
frau von Rathsamshausen 99. 101.
104. 109. 118.349. 363. 354, ihre
tochter 110. 452, ihr sehn 349.
353, sehr gelobt 854.
Berry, Charles de France, duc de,
dritter söhn des Dauphin 186. 446.
Berteaut, Nanon 265.
Berwick, duc de 66.
Betbuch 415.
Betterthel 79.
BeuvroD , Chevalier de 23.
Benvron, comtesse de 127.131.142.
154. 185.
Bibel, die lOneburgische 322.
Bibel . in Frankreich Ton Jedermann
gelesen 247. 882.
Bibelfest 382.
Bibelsprüche 154. 202.240.247.314.
411. 468. 486.
Bier in Frankreich 79, weniger ge-
sund , als wein 825.
Bier, warmes 400.
Bigotterle 191.
Binder, herr 225.
Bindfaden 451.
Birkenfeld, Christian, pfalzgraf von
178. 179.
Birkenfeld, prinz von 118. 134. 178.
181. 182. 183. 189, prinzessin von
188. 140.
Bißen, schmale 231.
Blainville, monsienr de 291.
Blansac, monsienr de 858.
Blattern 80. 186. 888.
Blind, sich, voll saufen 175.
Blinde kuh spielen 95. 128.
Blois, mademoiselle de, Fran^oise
Marie de Bourbon, duchesse de
Chartres, nachher d'Orl^ans 858.
Blotsangst .13.
Blntsbang 7.
Blntseinfältig 286.
Blutslangweilig 194.
BlutsIeQnisch 239.
Blutss^rieux 395.
Blutsnngedultig 406.
Blntsübel 86.
Bockenheim 23.
Böhmen, k5nigin von 168.
Boinebnrg 169.
Boisfranc 9.
Bonican 452.
Botzheim, captein 18.
Bouffiers, mar^chal de, spottlied auf
denselben 47.
Bonffonnieren 802.
Bouillon , verdirbt den magen 404. 405.
Bouillon, madame de 46.
Boulogne, bois de 451.
Bouquet mit einem rnbinenring 476.
Bourbon, Sauerbrunnen von 7, 149. 219.
Bourbonne, bad 92. 149. 488.
Bourgeois 250.
Bourgeois gentilhomme, le, komödie
von Moli^re 867. 419.
Bourgogne, Louis de France, duc de
234. 280. 327. 857. 394. 447.
518
Bonrgogne, Marie Adelaide de Saroie,
dachesse de 114. 115. 124. 233.
234. 262. 292. 310. 325. 826. 843.
84a 352. 394. 446. 480.
Bracciano s. Brachane.
Braohane, dacbesse de 43. Unter
Brachane, wie aachDangeau, Jour-
nal Vi, 8. 337 schreibt, ist Bcac-
ciano gemeint
Brandenbarg, Karl, prinz von 40.
„Karl Philipp, ein jüngerer söhn
des großen karfQrsten Friedrich
Wilhelm, verliebte sich zu Turin
in die schöne gr&fln Solmeur und
heirathete sie heimlich. Sein bruder,
könig Friedrich I von Preußen, ließ
sie gewaltsam trennen, wobei sich
Karl ritterlich wehrte un^ verwun-
det wurde. Bald darauf starb er
aus gram. Die gräfln wurde aus
dem kloster, wohin man sie ge-
bracht, wieder entlaßen und hei-
rathete den sächsischen marschall
grafen von Wackerbarth ^. Menzels
ausgäbe s. 9, anm. Dangeaa,
Journal V, s. 219, ndnnt des prin-
zen „pr^tendue femme ou maitresse^
„la comtesse de Salmour^.
Brandenburg, kurfQrst von 98. 177.
Brandenburg, kurfQrstin von 126. 144.
175. 177.
Brandenburg, kurprinz von 141, ist
vor dem rechten alter witzig , wird
also nicht lange leben 152.
Brandenburg, kurprinzessin von 71.
134. 141. 189. 383.
Brauns, monsieur 424. 432.
Braunschweig 342. 459; die messe
daselbst 474.
Braunschweig, herzog von 474.
Braunschweig , kurfurstenthum von
488.
Brautmedaille 58.
Brautreck 476.
Br^gis, madame de (ein dictum von
ihr -über die macht der leidenfchaf-
ten) 367; vergl. s. 402.
Breitiegel 394.
Brennkolben, schwitzen wie in einem
409.
Bret, hoch am, sein 125.
Bretagne, dnc de, der kleine, söhn
des duc de Bourgogne, sein tod in
folge unrichtiger ärztlicher behand-
lung 386. 388. 394.
Bretten 194.
Breton 223.
Brevet de retenue 218.
Brian^on 482. 484.
Briefgeheimnis wird nicht geachtet
106. 228. 318. 370. 388. 449. 451.
455. 456 , in Deutschland nicht ver-
letzt 318, in Hannover nicht ge-
wahrt nach der Überzeugung von
E. Oh. 460. 462. 465. 468.
Brockdorf, graf von 244. 255. 256.
284. 285. 289. 300. 396. 401. 454.
455.
Brocken, ein fetter 357.
Br^bahn 327.
Brackhausen 149.
Brneys, dichter 448.
Brun, frau von 64. 185. 186. 240.
241. 245. 246.
Bruner, doctor 175.
Brunnen, in den, fallen (sprich-
wortliche redensart) 298.
Brutalität 448.
Brüssel 311. 322.
Buben, den, putzen 297.
Buch , auf der post geschickt 399.405.
Bücherschrank 464.
Bückeburg, gräfln zu 423.
Bücking 321.
Bülow, Jochem Henderich, marschalk
404.
Bunt gehen 415.
Burnet 390. 400. 404.
Butzen, verb. 304. blut und materie
347.
519
Batzen 243. 267. 422.
Cabinet 51. 60.
CachoQ, iodianiscber 400. 450.
Caesar 257.
Gäsperle , des schwarzen , hochzeft
243.
Caf^, seine Wirkung 444.
Caillemotte , La, sein sittenloser Wan-
del 416.
Calescbe 420.
Callenfels 246.
Camisarden 400. 401.
Canstein , ?on 404.
Cantenac 2.
Capernöl , auf die milz gescbmiert 433.
Capten 240.
Carlier 156.
Carnaval, 267, das 269. 300. 303.
308. 340, zQ Hannover 362. 366.
^370, zu Paris 434. 436. 437. 445.
447.
Carnaval, kein divertissement bei hof
während desselben 78.
Carmeliterkloster 215.
Casale 40.
Gasq[a^, inousieur de 291. 313.
Cassel 265. 266. 267. 488.
Gassei , landgraf von 187. 189. 191.
256. 265. 279.
Gassei, landgraf Cajl von 387. 435.
466.
Gassei, landgräfln von 149.171.173.
279. 469.
Gassei, prinzen von 120. 132. 149.
171. 338.
Gassei, Wilhelm, prinz von 334.
Gasse! , Friedrich , erbprinz von He-
iden-Gassei, der spätere konig von
Schweden 175. 189, seine verm&h-
Inng mit Ulrike Eleonore, der
Schwester Karls XII von Schweden
191 ; geschlagen bei Speyerbach von
marscball Tallard, aber um seiner
tapferkeit willen als held gefeiert
332. 334. 335, geht nach Italien
469. 470.
Gassei, erbprinzessin von 208. 227.
308, ihr tod 435.
Gastel , graf von 170. 200.
Gavaliere, Junge dentsche, orthetl
über sie 57.
Geremoniell 174. 175. 176.
Geremouien nehmen in Deatscbltnd
überhand 333.
Ghagrin macht nicht allezeit mager
305.
Ghaise (zum tragen) , reisen en chaise
311.
Ghaise k bras 174.
Ghaise k dos 174.
Ghälons 10.
Ghambrelnche , wol = fanfreluche 30.
Ghampfort, stelle aus einem seiner
gedichte 414.
Gharenton 416.
Gharität 424.
Gharlotte, kurförstin von der Pfalz,
die matter von E. Gh. 12. 16. 17.
19. 20. 35.
Gharlotte, fräulein 64. 185.241.246,
ihr leben ist wie ein kleiner roman
245; t. Weldten.
Ghartres, dnc de, enkel von E. Gh.
470.
Ghartres, madame de 114. 115. 124.
211.
Ghartres, mademoiselle de 114. 115.
Ghateaathiers , mademoiselle de 10.
Ghevreau 336.
Ghevreuse, monsieur de 446, sein
söhn ebendas.
Ghiverny, monsieur de 9.
Gholera morbus 196. 204.
Christian, herzog von Braunschweig
40. 119. 313. 316. 318. 321.325.
326. 327, sein tod 328. 330.334.
336. 377.
Ghristian, pfalzgraf 117. 129. 131.
178. 181. 194.
Christus 250. 253. 314. 341.
520
Chnte de fln, une belle 382.
Circle 441.
Glamesbüsch 108.
Gl^rembaalt , mar^challe de 23.
GlermoDt 9.
Cleve 420.
Clistier 371. 411.
Cldter, doctor 111.
Goadjutorin 45.
Goblenz 189.
Golffare 53. 427.
Golbin, Jungfer, bofmeisterin von £.
Gh., ein dictum von ihr 84. 275. 339.
Gommerce 13. 48. 415. 419.
Gommotion 420.
Gommanaut^ , maltre de la 252.
Gomplimeote 122.
CompIimeDtisch 341.
Gond^, madamela prineesse, frao von
Henri Joles de Bourbon 117. 192.
211. 216. 475; ihre tochter 204,
stirbt 211.
Gonsomption , krankheit 171.
Gonspiration yon England 62. 65.
Gonte, mousieur le 242. 386.
Gontrefait 33. 46. 50. 51. 54. 55.
308. 336. 387. 406. 460. 486.
487. 489.
Gonty, prinz von, hat keine erfolge
in Polen 94. 95; hat einen streit-
handel mit Philippe de VendCme,
grand prienr de France 111; prs-
teudirt an Oranien 288.
Gonty, Prinzessin von 10. 22. 78.
124. 186. 187. 310. 358. 384.
Goppestein 8. 20. 22. 23.
Goquet 341. 427.
Gordel 451.
Gorneille, P. 218. 427. 428. 438. 492.
Gornette 306. 410. 446.
Gosaea, fürstentham von 311.
Goubert (soll wol heißen Loubert) 346.
Gourage ist nnr eine gewohnheit 153.
Gouturi^re 474.
Cr^gut s. Qregu.
Groissy, Chevalier de 358.
Cronstrom , gesandter des kSnigs von
Schweden 343. 399.
Grnel 306.
Gor der grünen brühe 353.
Gzaar, der 136.
Dachs 202.
Dtcbtel 6.
Dinemark, k5nig von 176. 200. 339,
die verwitwete kSnigin von 230.
231. 232. 234. 241. 306, die kö-
nigin matter 486. 491.
Dänemark, prinz von 89.
D&nemark , prinzessin von 74. 77. 80.
89.
Dänemark schickt hilfe nach Italien
241.
Dänemark , envoye von (alle deutsche
Beformierte und Lutheraner gehen
alle Sonntage bei ihm in die pre-
digt) 437; s. Meyercroon.
Dame d'atour 291. 297.
Dame d'honneur 357. 480.
Damens, plur. 30. 464.
Damhirsch 215. 217.
Dangeau , Philippe de Gonrcillon, mar*
quis de, geboren 21 September 1638,
gestorben 9 September 1720, 9. 68.
164.
Dangeau, madame de, eine geborene
gräfln Sophie von Loweustein, seit
ende Merz 1686 die zweite gemah-
lin des marquis de Dangeau 164.
334. 335. Vergl. Notice surlavie
de Dangeau et sur sa famille , in
Journal du marquis de Dangeau I,
Paris 1854. 8.
Darmstadt, landgraf von 170. 458. 461.
Darmstadt, landgräfln von 112. 310,
ihre miitter 310. 311.
Darmstadt, prinzessin von 420.
Darmstädtischer hof pietistisrlu 306.
Dauern 35.
Daumellicht 136.
Dauphin , monsienr le 56. 78. 96. 114.
521
115 , darf seine lente nicht selber
w&hlen 122. 124. 215. 260; leidet
am fleber 292. 438; auf dem mas-
kenballe 446.
Dauselieht 42.
Davres , duc 310.
Decorom 148.
Degenfeld, herr Ferdinand von 58.
64. 80. 124. 152. 234. 246.
250. 253. 267. 457, ißt zu Ve-
nedig, kann wegen • dicke nicht
reisen 462. 466. 467. Über die-
sen ausgezeichneten mann vergl.
[Eazner, ] Luise, raogräfln zu Pfalz,
III. Leipzig 1798. 8.
Degenfeld, Christoffel (Christoph Mar-
tin), der junge herr von, der söhn
des obersten Degenfeld 125. 257.
310, gefangen 409.
Degenfeld , herren von 466.
Degenfeld, frau von 82. 224. 396.
397. 409. 450. 452; fräulein von,
sind von schöner race 447. 450.
452.
Delioat 444. 446.
Delicatieren 446.
Demokritos 367.
Desalleurs, madame 294. Von ihrem
gatten, dem capitaine aux gardes
Desalleurs, sagt Dangeau, Journal
V, s. 374 unter dem 3 Merz 1696:
„II s'est mari^ depuis qnelque
temps h, Strasbourg; il a ^pous^
par inclination mademoiselle de
Losboorg, Alle de coudition , mais
qui ue lui a rien apport^ en ma-
riage". Vergl. Lutzenburgin.
Deserteurs 306.
Despochant 296.
Deutsch, am hofe kann niemand
deutsch 418.
Deutsche führen ihre belagerungen gar
langsam 306.
Deutschland, alles daselbst ge&ndert,
seit £. Ch. in Frankreich 88. 325.
833. 340. 346. 347. 348. 349. 364.
387. 393. 410; war E. Ch. lieber,
wie es weniger pracht und mehr
aufrichtigkeit hatte 485. 487.
Devot 53. 409. 414. 421. 425. 454.
Devotion 191. 385. 421. 423. 424.
425.
Diät 283.
Diamant 169. 191.
Dicht 102. 159. 182. 367. 456.
Dienstlich danken 313. 321. 326.
Dingenheim 308.
Dinte, indianische 28.
Docturen 392.
Doctoren im recht 256.
Doctorieren 385. 392.
Donep 162.
Dorfkirbe 209.
Durset, mylord 466.
Douaue, die Pariser 86.
Double tierce 350.
Doudou 7. 8.
Dreck 179.
Dresden 47. 55.
Druckerei, die man in der tasche
tragen kann 217.
Duc, gering geschätzt von R. Ch. 311.
Dürr wie ein holz 10.
Düßeldorf 46. 113. 128. 441.
Duell, der; ein graf von Fürstenberg
^landesflüchtig wegen eines solchen
449.
Dufresne, madame 265. 266 ; s. Suzon.
Dupin 47.
Duras, monsieur de 292.
Durchlauf 179. 189. 235. 328. 439.
472. 474.
Durchleuchtigste weit, die 412. (Die
Durchlauchtige Welt, Oder Kurtz-
gefaßtQ^ Genealogische , Historische
und Politische Beschreibung, meist
aller jetztlebendeu Durchlauchtigen
Hohen Personen, sonderlich in Eu-
ropa, Als Käyser, Konige, Chur-
und Fürsten, Ertz - Bischöfe , Bi-
522
Bchdfe, Äbte vnd Äbtißinnen, wie
aach Grafen dea HeiL R5m. Reichs,
nebst den vornehmsten und be-
kandtesten Regenten im übrigen
Tbeilen der Welt . . . abgefasset
▼011 einem der solche Wissenschaff-
ten Sehr Hoch Sch&tzet . . . Ham-
burg, bey Benjamin Schillern, Buch-
händlern im Dohm, 1699.
Der Dnrchl. Welt, Anderer Theil.
Oder Kurtzgefaßte Geuealogiache,
Historische und Politische Beschrei-
bung, sämtlicher Grafen des Heil.
R5m. Reichs . . . Hamburg ....
1699.)
Durchtrieben 180.
Eberfritz Veuinger, bruder der frau
▼on Schelm 31. 56. 63. 146. 257,
verwundet 337.
äbuUition des geblüts 383.
£coIe des femmes , 1* , 4Eom5die von
Moli^re 492.
Edelgestein 51.
Effel (äff! ein) 257.
Ehebruch, häuflgkeit desselben 492.
Ehrlich 33. 35. 36. 54. 57. 343. 354.
361. 364. 382. 399. 450. 456. 472.
475.
Ehrliche lente 291. 347.
Eifersüchtiger mann ersticht den ge-
liebten seiner frau und den confl-
denten 262.
Eigentlich 366. 443. 459.
Einbringen 448.
Einkerben 136.
Einrüsten 13l.
Einsitzen 477.
Eistrinken 350.
Eck , graf 236.
Ehebrecherin , die im neuen testa-
ment 341.
Ehehinderuis 248. 249.
Einladung, deutsche zum ei^en 146.
Eisenach, herzogin von 155, prinz
von 468.
Eleonore Magdalena Theresia, kaiserin,
dritte gemahlin Leopolds I, tocbter
des kurfürsten Philipp Wilhelm zo
Pfalz und der Elisabeth Amalia, der
tochter des landgrafen Georg II zo
Heßen- Darmstadt 126.
Elias, prophet 240.
Elisa, prophet 240.
Elixir 193. 201. ^03. 209.
ElsaiS 178. 337. 338. 340. 348.
ElO 108.
^metique 290. 386. 388.
Enfants de France 462.
Enfants, petita, de France 52.
Enfants trouv^s 261.
England , könig und königin von, Ja-
kob II und seine gemahlin Marie
Beatrix Eleonore von Este 51. 72.
115. 121. 174. 192. 215.219; der
konigin benehmen beim tode von
könig Wilhelm 281. 282, die kö-
nigin erkrankt 283. 302. 470. S.
auch St Germain.
England, der junge könig von, Karl
Eduard, der söhn Jakobs II, ist
nicht untergeschoben 461.
Englische tropfen 84. 191.
Englisches pulver 233.
Entlaufen, prset entloffen 56.
Envoy^s, frauen von, werden bei
hof schlecht tractiert 221.
^pinoy , princesse d', ihr vortrefflicher
Charakter, stirbt am schlag 112.115.
Erben (die älter sind, erben selten
eine krankheit von einer Jüngern
person) 475.
Erdwurmol, flerentinisches 443. Yergl.
Altoviti.
Ermahnung =: erinnerung 71.
Ersaufen 285.
Ersetzen = erholen 62. 278. 305.
Ersticken 137. 191.
Erzväter 282.
Eßen, Sitte dabei 192.
Espanieulger (huude) 312.
523
Esprit folet 187. 214.
Estrapontin 459.
^tourdi, r, komödie von Moliöre
260.
EageD, prinz von Savoien 475.
Earope galante, \\ ballet 96. „G'est
un ballet compos^ de cinq entr^es,
dont la premi^re entre Y^nos et la
Discorde seit de prologue. La
Motte est Taateur des paroles , et
Campra celui. de la musiqu«. G'est
la premier op^ra de ce deinier, et
le piemier qui eüt para depais
Lully.*^ (Dictionnaire des Th^ätres,
par de L^ris.) Dangeau , Journal
VI, 8. 217 anm. -
Evegen 188.
Evergenie, graf, kaiserlicher oberst
224.
Exempt 7.
Fabeln 474.
Fackel, tanzen mit fackeln, alter
deutscher brauch 490.
Fabricios, .T. L., herr 43. 44.50.52.
55. 57; sein tod 68. 108. 181.
Fl^cheux , les , com^die - ballet von
Moliöre 183. 470.
Fagotin 118.
Faible 228.
Falkenjagd 55.
Falltrank 420.
Fana 4. 10. 14. 17. 18. 19. 22.
Fanchon s. Moreau.
Faßnacht 59. 443.
Faßnacbtaufzug in Nancy 125.
Fastenpredigt 340,
Fehleu 38. 364.
Feldsoherer 444. 481.
Felitz 396. 442.
Femmes savantes, les, komödie von
Molidre 419.
Fermet^ 296. 369.
Fert^, duc de la 15.
Fest 27.
Fett 438.
Feuchten, die gurgel 217.
Feuerwerk 352.
Feversham de Dnras , mylord 169.
Fichu 80.
Fieber 17. 30. 39. 60. 199. 202. 213,
dreitägiges 8. 16. 43. 292. 350.
351. 385. 472. 474.
Fiennes, madame de 8. 155. 156.
Fiesque, comtesse de 392.
Filz 221.
Filzen 118. 150. 224. 402. 407.
Fischbein 332.
Flecken, braune auf dem hals 411.
Fleckfleber 425. 490.
Flegel 476. 480.
Fleming, deutscher general 331.
Flennen 20. 21.
Fliegen =: mit den falken auf die
jagd gehen (das franz. voler) 69. 62.
Florensac 9.
Florenz 361.
Fluß 58. 69.
Fomeront, monsieur de 334. 335. 338.
Fontainebleau 206 , tagereisen von da
nach Versailles 418; Spielzeit der
komodien daselbst 453.
Fourneaux, des 7.
Francisca, prinzessin von Heßen-Hoin-
burg 262.
Frankfurt 27. 108. 189. 205. 220. 221.
224. 227. 264. 285. 300. 310. 318.
319. 825 840. 348. 858, die herren
von 312.
Frankfurt, apotheken daselbst 109,
die messe 178 208.
Frankfurt, doctoren daselbst 198.
Frankfurt, der postmeister von 111.
112.
Franzhagen, fürstin von 483; ihre
prinzen ebendas.
Franzosen, die, krankheit 172. 197.
Französinnen, dem trunke ergeben 169.
Fräulein 56.
Fräulein statt Jungfer 37. 38. 225. 355.
Fräulein , von E. Gh. abgeschafft 267.
524
FriDlelnboftneisterln 128.
Freiheit 227.
Fremd 460. 461.
Frey, »potheker zu Basel 44.
Friederich , gnif 208.
Fried er! ch August 86.
Friederichsburg 51. 66.
Frieß, graf, seine Schwester und
nichte 489.
Friß, grSflo von 67. 139.
Frissen, graf von 885.
Fdssendorf, herr 366. 895. 899.
Froschlei-pflaster 486.
Frachtbare gesellschaft 266.
Fruchtbringende gesellschaft 169.
Frühling, später, im jähre 1701 225.
Fürsten, deutsche, reden nicht viel 29.
Fflrstenberg, cardinal 129. 208. 449.
Fflrstenberg, fräulein von 207. 864.
488. 489.
Fürstenberg, grafen von 448. 449.
Fürstenberg, gräfln von 188, ihr leicht-
fertiger wandel 448. 449.
Fürstenbrief Sa Vergl. 88.
Funck, generalmajor 468.
Faß, auf einen, setzen 172.
Fuß, offener, macht lang leben 437.
Faßbad (aus waßer, wein und aller-
hand kräutem) 450.
Gala (ein E. Ch. unverständliches wort)
447.
Galles, prince de 61.
Galli, monsieur 428.
Galloway, mylord 856; s. Ruvigny.
Gazetier 342.
Gazette, die Frankfurter 99.
Gazette, die verfluchte Pariser 43.
342. 486.
Gazette , holländische 58. 68. 176- 231.
Gazetten 32. 43. 221. 292. 299.
Geblüt 26. 30. 32. 59. 294. 800. 481.
Geburtsstück 428.
Geck 165. 291.
Gedeniaisiert 391.
Geige, den bimmelsweg mit geigen
behenken 402.
Geistliche, ihre conversation 181.
Gelehrte , drei , • müßen der karfür-«
stin zu Braunschweig zu abziehang
ihrer gedanken etwas vorschwatzen
882.
Gelehrte haben nicht die stärksten
glauben 298.
Gelehrte, ihre närrischen manieren 145.
Gelehrte wißen nicht zu leben 165.
Gelehrtigkeit 106.
Gemachlich 487. 451. 459. 464.
Generalmajor einem gelehrten vorge-
zogen 245.
Gehertz 307.
Gekletter 491.
Gekritzel 322.
Generaladjutant 35.
Gentilhomme 307,
Gentillesse 228.
Georg Wilhelm, herzog von Braun-
schweig-Zelle , großvater des knr-
prinzen 288. 284. 846. 860. 861.
404. 408. 417, durch höfllchkeit
ausgezeichnet 442. S. auch Zelle.
George Dandin, komödie von Mö-
llere 404.
Geplärr, lateinisches in den kirchen
278. 286. Vergl. 848.
Geras 313. 410.
Geridon 446.
Gerstenschleim 283.
Gesangbuch, das hannoverische 897.
Geschenke 418.
Geschichte, eine gar wunderliche 261.
Geschoßen 128.
Gescboßener, ein 18.
Geschwei 91. 219.
Geschwellen 435. 440. 441. 451.
454. 456.
Geschwisterkinder sollen einander
nicht heirathen 191.
Gesseau , conte de 254.
Gesundheit geht über alles 830.
Gethuns 13. 16. 42. 50. 52. 72. 98.
625
116. 123. 161. 179. 218. 332.
406. 410.
Ghör, die (schloß zur Göbrde) 860". 31.
Gichter, die 190. 386. 452.
Gießen, über einen in der nähe ge-
wachsenen halm mit elf ähren 39.
Gleichen, wie zwei tropfen waßer
461. 466.
Glocester, der junge herzog von, sein
schleuniger tod 203.
Glück , das, steht auf einer kugel oder
rad 486.
GSritz, monsieur 477.-
Goldmachen 165.
Goutte d'Engleterre 86.
Gomorrha 257.
Gotha, envoy^ von 221.
Gouvernet, madame de 74. 77. 82.
Gouverneur, der schwedische 145.
Grain, des princes k gros 310.
Qramont, duc de 6.
Gravität 462.
Gredel 160.
Gredine 4. 9.
Gregu, madame 244, hat Karl Moriz
an den wein gewohnt in seiner kind-
heit 296. 302. Vgl. [Kazncr,] Luise,
rangräfln zu Pfalz, II, s. 46 bis 48.
Die erzieherin von Karl Moriz war
hiernach die frau eines pfarrers der
franzosischen gemeinde zu Heidel-
berg namens Gr^gut.
Greifenstein , gräfin ^on, eine redens-
art von ihr über leute, so eben
nicht viel geist haben 335. 336.
Grenoble 482. 484.
Gret, frau von Schelm, 37. 40. 56.
64. 108. 110. 113. 146. 286. 349.
S. auch Schelm.
Grieß , das 192. Das baden ein mit-
tel dagegen ebendas. 193. 201. 203.
204. 208.
Grignan , Chevalier de 9.
Grob schwanger 244. 420.
Grondeur, le, komddie von Brueys
and Palaprat, näheres über dieselbe
448. 450.
Groot 108.
Groß frau mutter 168. 176. 448.
Groß herr vater 176. 177. 223. 414.
Groß schwieger firau mutter 420.
Guerre, k la, spiel 272«
Guise, J^lisabeth d'Orleans, duchesse
de 59. 60. 63. 480.
Gurgelwaßer 378.
Gustav, pfalzgraf 36. 37. 44.49. 62.
63. äi. 57.
Güldenlowen,graf, in Italien erschoßen
296.
Guter frommer herr, in Deutschland
vordem übliche bezeichnung 335.
Haag 76. 260. 288. Lobendes urtheil
über diese Stadt 67. 91.
Habit, grand 30. 306. 410.
Hacke, des fußes 441. 444.
Hansel 160.
Hahnrei 492 , scherz über solche
ebendas.
Halifax , mylord 464. 465. 466. 467.
Halten, die kammer 380.
Hanau, fürstin zu 118. 122. 173.357.
Hanau^ graf von 95. 129. 175. ,178.
Hannibal, baron 246.
Hammersteiu 375 ; der alte oberst 439.
Hannover, Ernst August, herzog von
369. 375. 376. 413. 432. 436. 460,
Hannover, prinz 452.
Hannover , Sophie , kurfürstin von,
gemahlin Ernst Augusts von Han-
nover, schreibt alle wochen zweimal
an E. Oh. 29. 35. 36; kr^inkheit 132.
133. 135. 137. 139.144.168.181;
E. Gh. briefe an die kurfürstin 217.
223. 228. 233. 236. 253. 269. 270.
273. 282. 293. 294. 295. 297. 300.
303. 304. 306. 309.311. 318; lei-
det am dreitägigen fleber 319; ist das
lüstre von allen hofen wegen ihres
Verstandes und ihrer tugendeu 319 ;
ihre briefe 126. 298. 320. 321. 350.
526
851.360. 861. 862. 864.365. 368.
369.371. 372. 374. 376.376.377.
878. 879. 880. 381 ; gelehrte, zur zer-
streoQDg bei ihr eingefOhrt 380. 332.
883. 390. 896. 398. 403. 405. 406.
407. 409. 410. 412.413.414.416;
hat einen fall gethan 420; nichts
erschreckt sie leicht, beispiele dafDr
420. 428. 425. 428.480.431.432.
484. 435. 441. 442. 448.444.445.
446. 447. 452. 459. 460. 463. 464.
465. 466. 467. 468. 469 ; gibt präch-
tlge präsente 470; bat eine gate
nator 472; hat einen so lebhaften
geist , daß ibr alles leicht vorkommt ;
solcber vivacität kommt E. Ch. bei
weitem nicht bei 473. 474. 485.
488. 489. 490. 492.
Hannover, Georg, knrfOrst von, der
nachmalige könig Georg I von
England, ist unleidlich trocken
und kalt in seinen reden oder redet
g|ir nicht 273. 279. 281. 819.
821. 351.369. 375. 376.381. 889.
393. 394. 395. 400. 405. 406. 407.
413. 414.418.419. 435. 437. 447.
458. 460. 465. 467. 468. 469. 472.
473. 474. 491. 492; seine mis-
heiratb 288. 448. 455 ; E. Gh. hat
kein commerce mit ihm 460.
Hannover, kurprinz Georg Augnst,nach-
mals konig Georg II von England, ist
wunderlich 342 ; seine heirath mit der
Prinzessin von Anspach 409. 411.
412. 415. 422. 437. 447. 448. 478;
hat einen lustigen humor 384, 395 ;
tröstet sich über den tod seines
großvaters , wie Isaak über den
seiner mutter 414.
Hannover , kurprinz und kurprinzessin
von 394. 399. 420. 422. 448. 452.
455. 467. 468. 476. 489. 491.
Hannover, Max, herzog von 24. 33.
86. 38. 40. 44. 45. 46. 50. 62. 54. 55.
67.62. 63. 78. 80.81.82.313; E.
Gh. kennt ihn nicht persönlich 316.
330. 397. 450; einer seiner sOhne
890.
Hannover, herzogin von 378.
Hannover, prinzen von, vor Landau
304.
Hannover, prinzessin von 407. 420.
Hannover 13. 29. 80. 210. 228. 267.
270. 279. 475. 488; stolzer adel
daselbst 275. 279. 819. 840. 881.
460; carnaval daselbst 862. 866;
das allzu starke s^rieux der da-
men daselbst 400; verschwinden
der hoflichkeit daselbst 442. 460 ;
änderung, die das leben daselbst
überhaupt erfahren 444; lustiges
leben daselbst 463.
Hans Lutz , graf 239.
Hapern 46. 298. 413.
Uarcourt, abb^ d' 362.
Harcourt, monsieur 15.
Harcourt, prince d' 861.
Harcourt, priuc«sse d* 859.861.362^
364. 366. 381.
Harenberg 108.
Harling , monsieur 429 , leidet am
Podagra 438.
Harling, frau von, erzieberin von £.
Gh. und der königin von Preußen
240. 273, ihr tod 272.
Harnisch 486.
Harsch , kammerdiener des herrn von
Degenl'eld 457.
Hattenbach , von Gassei, scheint noch
auf den rechten alten deutschen
schlag 352. 361. 362. 364.
Uausschneider 447.
Haut, aus der, fahren 311.
Hautefeuille , monsieur de 858.
Hauteville 858.
Hauw, madame 422.
Haxthausen 23. 47. 48. 58.
Heberstein, baron von 421.
Hechse 305.
Heidelberg 51. 56. 64.79. 110. 176.
527
181. 198. 198. 285. 287. 291. 800.
806. 309. 811 ; der dicke tarm und
der kaisersaal im Otto-Heinrichsbau
811; über hundert jähre alte leute
daselbst 828. Vergl. 825. 861. 425.
482. 450. 471.
Heiligen, die 417.
Heinze, fran 118.
Heirath , der 85. 58. 56. 269. 280.
287. 288. 411. 420.427.485.449.
465. 471 ; E. Gh. räth nie za einem
heirath 484, räth selten znm heirath
478 ; über die nicht häufigen guten
heirathen 56.
Heirathen sind in dem himmel ge-
macht 890. 484.
Heiser 456.
Helfen, danken 228.
Helmont 106.
Helmstädterin 104. 194.
Heraußer 8.
Hercules 257.
Herford, äbtissin von 45. 162. 198.
Hernacher 29.
Herrenhausen 144. 250. 846. 850.
888. 396. 403. 405. 407. 475. 488.
Herumbzodeln 146. 864.
Hervorsappeln 84.
Hesperiden, garten der 178.
HeOen, landgräfln yon 102.
Heßen, prinzen von 466.
Hel&en-Homburg , prinzessin Francisca
von 262.
Heßen fürchten Italien 470.
Heuchler 424.
Heulen 20.
Heuren 156.
Heut seind wir schön, gesund und
stark 873. 374. Vergl, 382. 391.
Heydex 198. 202.
Heyliger 198.
Hiket B. Tiquet.
Himmeln 108. ^
Himmelsweg, den, mit geigen be-
henken 402.
Hinderson 9. 288.
Hirnlcasten 179. 342.
Hirsche in menge im walde von Fon-
tainebleau 245.
Hirschjagd 383. 884.
Historie 428. 429. 465.
Historien spielen 27.
Hitze im sommer 1705 408. 409.
410. 422; im sommer 1706 467.
476.
Hobeln 80.
Hochzeit , darauf bezügliche redensart
886.
Hochzeit, schwarze, bringt unglück 415.
Hochstädt, Schlacht bei 856.
Hoflich 865.
Hofbalbirer 89.
Hofdoctor 392.
Hofmeisterieren 387.
Hofmeisterin 228. 351. 365. 358. 479.
Hofnärrin 227.
Hohenlohe , fränlein von 53. 64. 148.
Hohenlohe, graf Julius von 51.
Hohenlohe, graf von 818.
Hohenlohe, gräfln von 46. 128. 170.
313.
Hohenzoliern ,. fQrstln von 390; Ihr
fräulein 390.
Holland 67; theures leben daselbst
67. 68. 89.
Holländer werden in Frankreich oft
unter die Deutschen gerechnet 177.
Holländerin, eine Schweizerin 41. 43.
Holstein, herzog von 284. 458. '
Holstein-Gottorf, herzogin von 149.
Homburg 86. 164. 165. 267.
Homburg, landgraf von 50.
Homburg, landgraf Philipp von 337.
Homburg, landgräfln von 34. 85.
42. 57. 166.
Homburg, prinz von, trepaniert 45.
Homburg, prinz Philipp von 835. 887.
Homburg, prinzessin von 200. 887.
Homburg, Heßen-, fürstin von 11.
58. 66.
528
Hongrie, Reine d* 140.
Horaces, les, tragödie tod Corneille
492.
Hörn, grSflu von 67.
Horoskop 378. 384.
Hosiauder 458.
Houssaye, monsieur de la, intendant
vom ganzen Elsaß 337. 338. 339.
340. 343. 344. 348.
Humor 15. 16. 27. 28. 40. 45. 52.
191. 226. 255. 272. 274, jalooser
275. 280. 315. 319.341.343.379.
384. 430. 433. 434. 438. 478.
Hund, der alte = das alter 290,
hu od und katzen 473.
Hunde, neunhundert bis tausend bei
den Jagden 242.
Hunefelt 122. 191. 192. 193.
Husten darf nicht negligiert werden 272,
ist gesund 274. 283. 319. 321.
Hymen 264.
Hypokriten 424.
Iberville, monsieur d' 141.151.231.
235. 236.
Iburg, schloß zu 162. 375.
Idstein, fürstin ^n 136. 197.
Imhof, freiherrvon, envoy^ des her-
zogs von Wolfenböttel 445.
Indianisch 28. 208. 450.
Iphig^nie, tragödie 440.
Isaak 414.
Isabellenpferde 50.
Isterle, grfifin 178.
Italiäner, urtheil über dieselben 59,
insbesondere über die Neapolitaner
297; sitteulosigkeit 251. 257.
Jakob II, könig von England', em-
pfindet den tod seiner tochter Marie,
der gemahlin Wilhelms III von
Oranien , gar nicht 80. 62 ; sein tod
240. 241. 243. 244; die Pariser
bilden sich ein, er thue miracle 243 ;
seine gemahlin 241.
Jagd, Schilderung einer solchen 2S5.
jAgden 242.
Jagdhabit 35.
Jagdkleid 30. 54.
Jalousie, ihr wesen 27. 482.
Janson, cardlnal de 278.
Jarnac, mademoiselle de 24.
Jasmin 15. 16. 19.
Jeme 33. 44. 144.
Jesuiten 116. 169.
Jesuitencollegium , übel beleumundet
416.
Jodelet, maitre valet, komödie von
Scarron 47. 107. 120. 159. 202.
Der diener Jodelet hat sein
eigenes porträt statt dessen seines
herrn Dom Juan d'Alvarade an
des letzteren geliebte Isabelle ge-
schickt. Darüber entspinnt sich acte
I, sc^ne 1 folgendes Zwiegespräch :
Dom Juan.
Et qn'aura-t-elle dit de ta face eomu87
Chien, qa'aora-t-elle dit de ton ne> de blereaa?
Infame!
Jodelet.
Elle aara dit, que tous n'estea paa bean,
Et qne si nons eation« artiaana de nous-mesmea,
On ne verroit par tontqae dea beautea extrdmes,
Qn'an chacon se feroit le nes effemini,
Et que Tous Payes tel que dien youa Ta donn4.
Le Jodelet, ou le maistre valet,
com^die de monsieur Scarron. A
Paris, chez Qoillaume de Luyne,
libraire Jur^, au Palais, en la gal-
lerie des merciers, ä la Justice.
1684. Avec privilftge du roy. 12.
Seite 7.
Johann |>fa]zgraf 54, seine gemah-
lin 54.
Johann Frlderich, herzog 13.
Johannes, herr 322.
Josaphat, thal, sich wiedersehen im
336. 342. 470. 478. Vergl. Joel,
cap. 8, V. 7.
Josef, erzherzog von Österreich , rö-
mischer konig , der nachmalige kai-
ser Josef I. S. könig , der römische,
kaiser, der römische.
Josef, prinz ▼on Lothringen, stirbt
an seinen wunden, wurde verwahr-
529
lost 413. 414.
Jooissance 189.
Joardain , monsienr, in Molidres Bour-
geois gentilbomme 867.
Joardain, Monsieer, d. h. Le bour-
geois gentilhomme , komSdie von
Moliöre 419.
Jourdan, polnischer gesandter 224.
Jungfer 25. 55 , nicht mehr gebräuch-
liche bezeichnnng 37.88.225.355.
Jungfern, alte, verachtet 264. 268.
279; gestandene 272.
Jussac, monsienr de 858.
Justaucorps 302.
Kackstuhl 476.
Kälber 256.
Kälte, in der kälte zu gehen, ist
nicht ungesund 489; im jähre 1695
31, späte im jähre 1702 276.286,
im jähre 1705 401. 403. 406.
Kaiser, der römische, Leopold I,
hatte den stein 397.
Kaiser, der römische, Josef I 398.
401.
Kaiserin, die, Cleonora Magdalena
Theresia, dritte gemahlin Leo-
polds 1, ihre schlechte erziehung
126.
Kaiserin , die. Wilhelmine Amalie von
Hannover, gemahlin Josefs I, 398.
401.
Kaiserliche haben noch alle die spa-
nische gravität 390.
Kaiserswert 287. 291.
Kalender, der neue, in Deutschland
angenommen 186.
Kalherisch 803.
Kamin 247. 406. 454.
Kamine , ihre Wirkung auf die luft
von Paris 79.
Kammer =: zimmer 33. 60. 74. 9^. 102.
129. 198. 199. 221. 257. 260. 281.
312. 387. 380. 396.403.420.431.
433. 447. 456. 480.
Kammerdiener 48. 457.
Kammerfrau 275. 481.
Kammerherren 287.
Kammerknecht 481. 447.
Kämmermagd 368. 410. 455. 469.
Kammerpräsident 476.
Kammerweib 265. 395. 416. 431.
Kaninchen 164.
Karfreitag 447.
Karl, konig 249.
Karl XII von Schweden 485. 490.
Karl, erzherzog, der nachmalige kaiser
Karl VI 488.
Karl, prinz von Brandenburg 40; s.
Brandenburg.
Karl, prinz 33. 36.
Karl, prinz von Neuburg 42.
Karl von Neuburg, pfalzgraf 32.
Karl , pfalzgraf 48. 46, seine gemah-
lin 46.
Kari, pfalzgraf 53. 56. 64. 240, sein
tochterchen 240.
Karl von Heßen-Rheinfels, landgraf
808.
Karl August, raugraf, Elisabeth Char-
lottens halbbruder 25. „Er fiel (Sept.
1691) als neunzehnjähriger jQngling
im französischen kriege.^ Häusser
II, s. 684.
Karl Casimir, raugräf, Elisabeth Ohar-
lotteus halbbruder 25. „Karl Casimir
(geb. 1675), der jQngste der fQnf söhne
Karl Lodwigs, kam auf der ritter-
akademie zu Wolfenbuttel in einem
unglOcklichen Zweikampf um, ehe
er das siechzehnte jähr vollendet
hatte. "" Häusser II, s. 6S4.
Karl Eduard, raugraf, Elisabeth Char-
lottens halbbruder 80. 86 , sein ver-
schloßenes wesen 800. 421. „Karl
Eduard starb als zweiundzwanzig-
jäbriger jflngling (Januar 1690) im
Türkenkrieg den soldatentod.** Häus-
ser II, 8. 684.
Karl Eduard, Jakobs II söhn, der
junge könig von England 461.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte.
E4
530
Karl Ludwig, karfQrtt von der Pfalz,
der vater Elisabeth Gharlottent 41.
219. 251. sein aufenthalt in Frank-i
reich 458.
Karllutz, d. i. Karl Ludwig, raugraf
zu Pfalz , halbbruder von E. Gh. 25.
80. 86. 106. 148. 157. 175. 196.
238. 263. 293. 800. 303; sein blld-
nis 51 , war gar nicht häßlich 310.
457. ^Karl Ludwig (geb. 1658),
dem vater ihnllch und deshalb von
ihm vielfach vorgezogen , starb nach
einem bewegten leben und in ehren-
vollen kriegsdiensten als general-
major (1G88).'' L. Häusser, Ge-
schichte der rheinischen Pfalz II,
s. 684.
Karl Moriz, raugraf zu Pfalz, halb-
bruder von E Gh. 28. 32. 35. 41. 57.
58. 68. 71, wird obristlieutenant;
ist ganz klein geblieben 76. 80. 95,
will in den krieg nach Ungarn 106,
eine komodie von ihm 117. 118.
126. 129. 131.132.134. 136. 137.
147, vor dem saufen gewarnt 138.
139. 141. 144. 147. 152. 172. 175.
179. 180. 181. 182. 183. 184. 186.
200. 203. 205. 207. 209. 213. 218.
222. 233. 241. 244.245. 249.251.
258. 281 , sein tod 293. 294. 295.
296. 298. 299. 300. 801. 302.
„Karl Moriz, der dritte von den
überlebenden söhnen Karl Lud^vigs
(geb. Dec. 1670), war durch geist,
keuntnisse und lebenssitte ausge-
zeichnet, aber eine schlimme lei-
denschaft des trunks zerstörte schon
im 32sten jähre das leben des kräf-
tigen mannes." Häusser II, s.684.
Karoline, raugräfln, balbschwester von
£. Gh. (geb. Dec. 1659, gest. 7 Juli
1696 und den 11 Juli in der West-
minsterabtei beigesetzt) , vermählt
mit dem herzog Meinhard, dem söhne
des marschalls und herzöge Fried-
Hrh von Schomberg 19. 26. 27. 28.
30. 31. 32. 47. 50. 52.61.66. 66.
67. 68. 69. 70. 71. 74. 76. 194.
195. 287.
Kartenspiel 141. 331.
Katechismus, der heidelbergische 105.
Katherin, Jungfer 83.
Kannitz, graf 468.
Keller, herr 81.
Kensington 69. 71.
Kent, mylady, pulver 145. 292.
3S5. 406.
Kerles 2. 7.
Ketteier , herr von , und seine fr«u488.
Kibitzeier 165.
Kielmansegge, frau von 402. 405*
425. 488.
Kindbett, falsches 16.
Kindbett, von einer hündin gebraucht
280.
Kinder, frühreife 240.
Kinderblattern 55. 102. 103. 104. 178.
183. 185. 186. 188. 251. 381. 387,
die zeichen davon 410. 412. 425.
467. 490.
Kinderblattemmäler 488.
Kinderhofmeisterin 356.
Kinderhofmeisterin des enfants de
France 357.
Kirbe 206. 208. 209.
Kirche , reformierte , einweihung einer
solchen 431.
Kirschenbrauntwein 109.
Kleider 48.
Klenck, frau von 43.
Kluppenburg 420.
Knackwurst 327.
Knoterii 126.
Köln, kurförst von 258.
Konig, der romische, der nachmalige
kaiser Josef I, 80. 110. 122. 177.
2S5. 287. 301. 306. 309. 398 ;
s. Josef.
Konigin, die römische, Wilhelmine
Amalie von Hannover, gemahlin
531
Josefs I, 122. 125. 126. 128. 185.
285.287. 291. 300. 306.309.311.
£. Gh. verdienst nm ihr glück
812. 398.
Könige, doppelte 346.
Königsmark, Mnlein Aurora yon, 56.
128. 129. 178.
Körbchen 413. 416.
Kommen zu sterben 130. 185. 226.
357.
Komödie von Karl Moriz 117. 118.
181.
Komödie von Psyche 88.
Komödien, englische, musik in den-
selben 82.
Komödien, Spielzeit 171. 208. 217.
218. 417, die letzte 449. 453,
drei mal in der woche 355; sechs
neue komödien und drei neue opern
in einem jähre als etwas unerhörtes
bezeichnet 263. 312. 339 ; in den
komödien ist es warm 44h
Komödien werden von den pfarrern
in Frankfurt für süude gehalten 105.
107. 181 , werden dort erlaubt 116;
ihr sittlicher werth 427.
Komödianten, deutsche^40, italiSni-
sche 238 , aufgäbe der komödianten
427.
Kopfgeld 395.
Kopfputz 173.
Kopfwaßer, kaiser Karls 109. 111.
114. 115. 135. 136. 140. 152.
Korb 418.
Korbmachen 447.
Krakeeler 179.
Kräuterbrfihe 351. 853.
Kraut, der Pfälzer 85.
Krebs, rotb wie ein 463.
Krieg und kriegsgeschrei 219. 280.
282.
Kriegschargen als titel eines fürsten
349.
Krittlich 5. 15. 179. 247. 255. 279.
855. 423. 432. 448, wie eine
wandlaus 21. 239. 892.
Krösus 522.
Krücken 55.
Kügelreiter, dick wie ein 86.
Kurbaiern 325.
Kurland , Prinzessin von 198.332.338.
Kutsche 6. 7. 11. 294. 393; karten
spielen in der kutsche ebendas.,
erfrieren darin 439; mit sechs
Pferden 451. 459. 463. 469.
Lachen über andere leute 367. 398.
Lacherei 6.
Lack 476.
Lacke, englischer admiral (das ist
Leak) 390.
Ladenknecht 261.
Lafayette, mademoiselle de, 455.
Laissecour, monsieur 404; seine
Schwestern ebend.
Lamarck, comte de, 452. 457; sein
bruder 457.
Lamot, Oberstallmeister von £. Gh.
vater 355.
Lamotte, mar^challe de 7. 356. 357.
Landau 287. 297. 299.301.303.304.
306. 309. 364 , capituliert 332. 837,
der commandant von 849.
Landsknecht spielen 33. 95. 96. 141.
152. 199.
Lappen 408.
Lapperei 418.
Lappländer, ein 850.
Lasalle, commissaire, 54.
Lassay, monsieur de 358.
Laster, jetzt gemein in der weit 434.
Lau 429.
Laun, der 333.
Lavall^e 6.
Lavalli^re 358.
Lavardiu, marquis de, vom papste
excommuniciert 247. Vgl. L. Rauke,
Französische geschichte , zweite
aufläge, lY, s. 25.
Lavigne 485, ändert seinen namen in
Weinberg, um einen pass zu erhal-
34*
532
ten, ebend. 490.
Leak, eoglischer admiral 890.
Lebel, eio arzt von £. Cb., das ori-
ginal yon „Le grondear^ tod Brueys
Dnd Palaprat 448.
Leclair, madame 422.
Lefze 304. 450.
Lrgrand 6. 8. 167.
Leid, das, klagen 233. 246. 296.
Leiningen , grafvon 35. 118. 166. 221.
Leiningen, gr<Au Ton 11. 60. 63.
66. 203. 221.
Leipzig, die messe daselbst 181.
Leuoucoart, madame de 297.
Lenor, scbwester des oberjägermeis-
ters Yeuinger 83. 64.
L^on 858.
Leonore von Rathsamshansen , der
frau Schelm Schwester 31. 87. 38.
40. 66. 107. 113. 114. 184. 137.
146. 171. 192. 207. 228. 263. 265.
266. 293. 300. 305, ihr tempera-
ment 306. 306. 387. 346. 848.
349. 466.
Leopold I, römischer kaiser] s. Kaiser,
der romische.
Le^chenbrand 396. 452.
Leschenbrandel 401.
Lesdigui^res, duc de 288.
LeQnisch 136. 136. 476.
Leure, madame de 272. 278.
Leute, Junge, jetzt ebenso unange-
nehm in Deutschland, als in Frank-
reich 404.
Lever des königs 427.
Licent, der 396. 399.
Lieder, lutherische 373. 382. 391.
Lincoln, mylord, eine von ihm Ober
seine religion mit Wendt geführte
Unterhaltung 444, eine ihn betref-
fende unsaubere anekdote 451 ; E.
Ch. ahmt sein schlechtes Franzosisch
vortrefflich nach 451. 457.
Lippe, graf von der 291.
Lisbeth, Prinzessin, tante von £.Ch.l62.
Liselotte 22.
Lisette 442. 448.
Lislebonoe, mademoiselle de 292.
Lobkowitz, forsten von 311 ; sind gar
neue fOrsten ebend.
Löffel , mit löffeln gefre Aen haben 240.
Löwenstein, graf von, kaiserlicher ge-
sandter 261 , graf und grafla von
825.
Löwenstein, friulein von 24. 164. 267.
334. 335.
Lohnsdorf 123.
Lombrespielen 95.111. 114. 127. 194.
224; immer findet zank dabei
statt 458.
Londen 90. 79.
Longueuil, madame de 878. 468.
Loo 67.
Lorraiue, Chevalier de 6. 208.
Lothringen, herzog von 80. 96. 98.
111. 174. 175. 176.166.303, her-
zog und herzogin 284.
Lothringen , große freude daselbst über
die geburt eines priuzen 341.
Lothringen , der prinz von 861.
862.
Lothringen , das wilde leben des hofes
daselbst 400.
Lothringen, s. Josef.
Lothringer, urtheil über sie 806.
Loubert 288, vielleicht auch 346.
Louis, prinz von Baden 299. 300.
Louise, raugräfln, halbschwester von
E. Ch. (geboren den 16/26 Januar
1661, gestorben zu Frankfurt 6 Fe-
bruar 1733), ihr äuüeres 263. 267,
ein wenig pietistisch 306, vgl.
414; über die außerordentliche
ehre, die ihr durch den dienst bei
der kurfürstin von Braunschweig
widerfahrt 318; sorgt für ihres
Schwagers und seiner kiuder affären
319. 322. 323, geliebt zu Hannover
324, löbliche eigenschaft 326, ist
neun jähre Jünger, als £• Ch. 846,
533
schreibt schSne hand und schSnen
Stil 412.
Loupe 836.
LoQTois, moDsieur de 370.
Lucifer 308.
Lodolf, yerfaßei der Allgfmeinen
BohaDbrihne der weit, geboren zu
Erfurt 15 Juni 1624, gestorben 8
April 1704 zu Frankfurt a. M., gibt
heuscbrecken für wachtein zu eßen
186. 137. 144 145. 156.
LQtzenburg 303. 331. 360. 362.
Lumpen , adj. (ein lumpener duc) 311.
Ludwig XIV 62, will Ton keiner ent-
schädigung der Pfalzer hören 96.
97. 119. 120. 125; weiß, was po-
litesse ist 301 ; besucht E. Gh.. nach
einem Unfälle 310; sein schönes
äußere 460. 468; in der weit kann
man nicht hoflicher sein, als er,
aber seine kinder und kindskinder
sind es nicht 485; fordert den k5-
nig von Slam auf, die christliche
katholische religion anzunehmen,
was dieser ablehnt 492. 493.
Lustig sein macht lang leben 323. 843.
Luneville 331. 340. 344. 349. 852.
355. 361. 363. 445. 476.
Lutheraner 437.
Lutz, graf 163. 170.
Lutzenburgin (mademoiselle de Lutzel-
bourg), Bchwester der madame Des-
alleurs 294; s. Desalleurs.
Mädel 8.
Mährchen 151. 439.
Männer, in Frankreich ohne anstand
besucht 200.
Madame 262. 267. 809, die stelle
von 248.
Madame, duchesse d'OrMans (E. Oh.)
262.
Madame la duchesse d'OiMans 292;
vergl. 262.
Madame d'OrMans , gemahlin des Soh-
nes von £. Ch. 262. 267.
Madrid 387. 445.
Magdeburg 477.
Magercroon, s. Meyercroon.
Mailspielen 47.
Maine, Louis Augnste de BonrboD,
duc du 242. 252. 386.
Maintenon , Frangoise d*Aubign^, mar-
quise de 124. 190. 468.
Mainz, Lothar Franz SchSnborn, knr-
fürst von 808.
Makresse 468. 482.
Malade imaginaire, le, komödie von
Moli^re 430.
Malause, mademoiselle de 72.73.74.
76. 77. 79. 81. 84. 85. 90. 92.
103. 169. 208. 254.
Maler laßen lange auf ansfOhrung der
bestellungen warten 56. 61. 62.
Malteser comthur 163.
Malteser ordeu 358.
Maman 5. 14.
Manisch 808.
Mannheim 8. 157. 166. 191 ; über hun-
dert jähre alte leute daselbst 822.
353. 459.
Mannsmensch 420.
Manquieren 43, an dem respect 8.
Mauteau 30. 74; Ist am hofe gegen
den respect 306. 410. 418. 474.
Marcus, der Jäger 323.
Mari de conscience 203. 221.
Maria Magdalena 341.
Marie , königin, tochter Jakobs II und
gemahlin Wilhelms III von Ora*
nien 30.
Marionetten 407.
Marlburough, mylord, seine Schönheit
857. 364. 365. 482. 468.
Marly 192. 215. 285. 294. 295; der
garten daselbst 304. 829.330.359.
431. 433. 438. 442. 464. 467. 473.
Marocco , könlg von, begehrt die prin-
zessiu von Conty zur gemahlin 186.
Marronnier 225.
Marsal 28.
534
Marsillae, monsiear de 6.
Masken 208.
Maskenbälle 121. 123.
Mastricht 365.
Matbematiqoen , die, stehen lenten
Ton qualitit wol an 138.
MatignoD, messieors de 288.
Maubeck, prince de, söhn des prince
d'Harcoart 361. 362. 363. 364. 365.
381. 387. 388.
Maubuisson 158. 166. 168. 406. Die
ibtißsin von, Looise Hollandine
von Baiern, Schwester der karfür-
stin Sophia von Braonschweig 158.
168. 169. 216. 218. 219. 274. 316.
.317. 320. 323. 324. 329.354.381,
wird so dürr wie ein sebeit 413;
Schilderung ihres alters, einfluß des
mondes auf ihr befinden 471. 472.
474 (vergl. Hayemann III, s. 241,
aum. 1).
Maul , mit einem schmutEigen maul
zum fenster hinaussehen, Sprich-
wort darüber 487. 488.
Maulaffen feil haben 78.
Mausdreck unter dem pfeffer 403.
Mazarin, madame de 46. 50. 249.
ihr tod 169 , übler ruf 336.
Mecklenburg, herzog von 129.
M^decin malgr^ loi, le 218. Unge-
schick eines der Schauspieler bei
derauffuhrung dieses Stückes ebend.
Medicamente 190. 191.
M^disance 430.
Meiuingen, herzog von 326.
Meisenheim , ein bauer von 124 jähren
daselbst 323.
M^lac, der wüste, urtheil über ihn
297. 306; sein rotbes gesiebt 300.
Melonen sind eben nicht gar ge-
sund 474.
Meusrh, neutr., aber nicht yerächtlich
42. 74. 188. 197. 241. 243. 261.
375. 489.
Meuus plaisirs = Spielgeld 172.
Mercnrins , statae Im garten Ton Marlj
304.
Meriten 196. 228. 236. 435.
M^rope 178.
Messe 306.
Messen, abergläubische 258, für
mause 258.
Mettwurst 327.
Metz 207. 265.
Meubles 38.
Meudon 63. 78. 111. 124. 185. 161.
306. 354.
Meüvius, monsieur, hofmeister der
grafen von Weilburg 144.
Meyercroon , monsieur de, envoy^ yon
Dänemark 437; a. Dänemark, en-
voy^ von.
Meyercroon, madame de, frau des
envoy^ von Dänemark 115. 152.
Mezetin 118.
Mieg, vioekanzler 308, seine tochter
Amalie ebend.
Milchcur 152.
Milz, das, 35. 371. 391. 417. 433.
435.
Milzschmerzen 33.
^ilzsüchtig 379.
Milzwehe 435.
Minen 37.
Mione, ein hündchen 288.
Miracles, in Frankreich kein glau-
bensartikel 247.
Misanthrope, le, komSdie von Mo-
li^re 419.
Misheirath 435; in Frankreich nicht
selten 455.
Misbeirathen 435.
Mithridates, seine gewohnung an das
gift 377.
Mitternachtsmesse 432.
Moden 53.
Modena, herzogin von 52. 56. 58.
110. 210.
Modest 260.
Moeursburg, prinz von 341.
535
Moliire 165. 183. 218. 218. 237. 259.
260. 367. 404. 416. 419. 430.
470. 492.
Monaco, prince de 197.
Monckes 468.
Mon]or, prince de, zweiter söhn des
prince d'Harconrt 362; geht darch
zu den Holländern 364. 365. 366.
Monseigneur, d. 1. Louis de France,
Dauphin, söhn Ludwigs XIY,
159. 301.
Monsieur, Ober diesen titel 462.
Monsieur 22. 23. 55. 57. 141, sein
närrischer aberglaube, daß ihm seine
gemahlin beim spiel Unglück bringe
199. 215. 451 ; liebt Paris 220. 226 ;
schickt einen process gegen £. Gh.
willen nach Rom 275. 287; hat
zweimalhunderttausend thaler aus
der Pfalz erhalten und yertban 124.
125. 234. 250. 251. 252; sein tod
229. 353. 365.
Montargis 117. 208. 211. 359, ein
Wetter schlägt hier £. Ch. für zwei-
hundert gülden fenster ein 471.
Montfort, comte de 356.
Montpeiroux, monsieur de 358.
Mops (hnnd), pl. mobsger, ordiuarie
gar treu 312»
Moras, monsieur de 230. 234. 252.
Moreau, Fanchon, sangerin 118.182.
' Sie gieug nach Dangeau, Journal
YIU, s. 391 später in ein kloster.
Morgue 9.
Mort de Pomp^e, la, tragodie Ton
Corneille 218. 427. 428.
Mortlficatiun 239. 453.
Mortiflcieren 242. 492.
Moscowittiu, die schone 420.
Mouche 220.
Müller, monsieur 188.
Manchen 322.
Musik 215. 364. 365. 368. 408.
438. 443.
Mutter heiratet, ohne es zu willen,
ihren söhn 261.
Mutter 461. 462.
Muttern 113.
Muttersallein 221.
Nachdenkisch 435.
Nachteßen des konigs 57.
Nachtigall 455.
Nachtrock 30. 420. 431.
Nähren, die seele 428.
Namur 40. 42. 43. 45.
Nancy 94. 107. 112. 125. 160. 184.
185. 186. 188. 192. 207. 244.
285. 290.
Nangis, marquis de 15.
Nanon 166.
Nase, die, in etwas stecken 384.
Nasen abbeißen und ellenbogen kOs-
sen 84.
Nassau, fürst von , in Paris ziemlieh
verachtet 263.
Nassau, graf von 33. 38. 51. 142.
144. 170. 861.
Nassau, grafen von 154. 157. 221.
222. 228. 328.
Nassau, fürstin von 205. 262; griftn
von 331.
Nassao-Idstein , fürstin von 167.
Nassau-Siegen, fürst von 262. 408.
fürstin von 267.288; verläßt ihren
gemahl 407. 408; s. Siegen.
Nassau-Usingen 38.
Nassau- Weil bürg, graf von 38. 144.
146. 170.228; legt schlechte ehre
ein 335; sein söhn, vom vater in
der Schlacht verlaßen 335. 337;
graf Karl von 885. 393.
Naturel, aus dem, schlagen, ein bö-
ses zeichen 69.
Naturel, gutes, sehr selten 295.
Naumb 163.
Neapolitaner, nrtheil über dieselben
297.
Nfßelsucht 385. 398.
Nettanconrt, monsiear de 297. 300.
301. 306. 309.
636
Neabvrg, herzog tod 177.
Neobarg, kloster 147; ein hondert
und zehn Jahre alter maDn da^
selbst 823.
Neujahr, die dadurch yeraDlaßten ge-
sch&fte 866.
Neujahrswunsch 21. 54. 73. 184. 268.
266. 267. 318. 814. 816.817.839.
866. 432. 435.
Nicken, der 805.
Nierenbraten 492.
Noailles, mar^chal de 882. 868, seine
tochter 832, sein tochtermann 858.
Nonpareille 178.
Nothinge 44.
NOrnberg 325. 428.
Nanibergisch 422. 486. 487. 438. 440.
' Oberf?, monsieur 489.
Oberpostmeister 449.
Obrecht 118. 159f. 172. 179. 181.
231. 284. 285. Dangean, Journal
VI, s. 299. 300 nennt ihn „M.
Obreicht, prdteur royal de Stras-
bourg".
Obst 418.
Oder 28. 274. 298.
Öl, Florentiner 98. 94.
Öl , heilsames 361. 862. 438. 448. 444.
Österreich macht anspniche auf das
konigreich Spanien 222.
Österreich , gräflnnen sind dort nicht
theuer 55.
Ofen, hinter dem, bleiben 220.247.
Offen, frSulein 49. 82.
Offlcien 12. 20.
Offlcirer 88 , stellen sich an, als wenn
sie den frieden nicht wQnschten,
was E. Gh. nicht glaubt 813.
Ofüciere, gefangene, liste derselben
358.
Ohrensausen 187.
Ohsen, schloß 375.
Olimpe 8. 17.
Op^ra 22. 57. 88. 96. 129. 167. 194.
202. 204. 207.215.216.227. Ver-
gleiehnng der opem in Italien und
derer zu Paris 257. 263; in Heidel-
berg 311. 389. 402; stelle ans
einer oper 412. 418. 422. 449.
Oracle 401. 407.
Oianien 288.
Oranlen, prinz Ton 26. 240.
Orltfanische gelder 285.
Orleans, duc d*, Ober diesen titel
462. 470.
OrMans, madame d', 858; s. Blois.
Or]<^ans, madame d', (duchesse d*Or->
l^ans) die gemahlin des sohnes Ton
£. Gh., beinahe im bette verbrannt
262. 267. 309.
Orleans, mademoiselle d* 114.
Ormond, duc d* 464; seine toohter
ebendas.
Ortauce , monsieur 895. 899. 442. 448.
Osnabrück, bischof von 887.
Ostfriesland, ffirst von 196; fflrstin
von 101. 149. 155.
Otto-Heinrichsbau in Heidelberg 811.
827.
Oustack, mylord 254. 257.
Oxebridge 70.
Page 104. 278. 896.
Pagode 206.
Palais royal 57. 83. 167. 194. 225.
Palaprat, dichter 448.
Palette 828 882.
Paperasse 252. 254.
Papist 882.
Papst, eine äußerung desselben Ober
die gottlosen leute in seiner nähe
287.
Papst, der, seine geltung in Frank-
reich 382.
Paris, das traurige und langweilige
49; das widerwärtige 58.
Paris, der carnaval daselbst 434.
Pariser stadtleute 286.
Parma, herzogin von 56, prinzessin
von 173.
Pasquille 246. 288.
637
PMf»-port SOli 485.
Pastell, Schwierigkeit, ähnliche bild-
nisse damit herzastelleo 464.
Fat i Toeuil 811.
Patte 369. 372. 894.
Pankeu und trompeten, ein alter deut-
scher brauch 116.
Paulus der apostel 115. 486.
Perichon, ein kanfmann 53.
Permillac, monsienr de 141.
Pers^tf, op^ra 178.
Persius 108. 123.
Perficke 6. 243. 802, am hofe sehr
allgemein 857. 449.
Peter, pater, ein buch von Ihm ge-
tadelt 465.
Pfaffen sind schuld an der Uneinig-
keit der Christen 75. 80; schicken
den teofel nicht zu den damen
891. 417; sind leute wie andere
menschen 461.
Pfaffen, die verfluchten, zu Rom
272. 275.
Pfaffengeschwätz 258.
Pfaffengezank 347.
Pfalz 25. 236.
Pfalz, Karl Ludwig, kurfürst von der,
E. Ch. vater 8. 4. 9. 11. 14. 20.
26. 27. 82. 38. 41. 48. 58. 168.
460. 466. 467.
Pfalz, Karl, kurfQrst zu 12. 18. 15.
16. 19. 20.
Pfalz, Johann Wilhelm, kurfQrst zu
64. 145^ wegen aufwandes getadelt
46. 118.115, vergl. 110.220.221.
811. 812; hat einen reformierten
doctor 116; zieht die Juden den
Christen vor 157; auf der Frank-
furter messe 208; schindet das
land 226. 285. 419. 488.
Pfalz, knrförstin zu 12. 16. 17. 19.
20. 23. 24. 116. 178. 224. 280.
281. 282. 896; ist recht gertie ge-
storben; mangel an bewegung Ur-
sache ihres todes 468.
Pfalzgraf, der schwedische 29. 38; 34,
Pfalzgräflnnen haben, so zu sagen,
die grSsten häupter von der weit
gemacht 311.
Pfälzische gelder 255.
Pfalzische luft geändert, Ursache da-
von 823.
Pfarrherr, der sich mit dem nieren-
braten mortiflciert hat 492.
Pfarrherren, reformierte 444.
Pfeife taback, eine, nehmen 475.
Pfeifen (von der brüst) 450.
Pflaster, ufirnbergisches 422. 428.
436. 437. 438. 440.
Pflngin 122. 123.
Pfudian 142.
Philippe, dnc d*Orl^ans, der söhn
von Elisabeth Charlotte, geht zur
arm^e 34; wird krank 36. 88. 39.
60; gibt seiner mutter ein gar gu-
tes reitpferd 51 ; bei der belagerung
von Neuport 39, liebt den krieg
43. 47; sein äniVeres 65, sein le-
benswandel 96; leidet am fleber
135. 188. 140; bereut seine heirath
226; sehr krank durch sein tolles
leben 410. 411. 412; sein eigen
haar steht ihm übel 449; lernt
trotz vierjährigen unterrichte das
Deutsche nicht, derbe anekdote
hierüber 457. 462; geht nach Ita-
lien, die arm^e zu commaudieren
467. 469. 470; E. Ch. hofft, daß
um seiner beliebtheit willen nicht
mehr so viele durchgehen werden
471 ; camplert zu San Benedetto
ebendas., ist vor Turin 475, steckt
bis über die obren in der belage-
rung von Turin 476, wird verwun-
det 477. 480. 481. 485. 486. E.
Ch. hat zwei tage lang nichts ge-
than , als weinen über ihres sohnes
Unglück 478. 479. Philippe thut
die ganze campagne auf seine kos-
ten 482. 484; fällt mit dem pferde
538
anf tetner r«lte nach Greooble 482.
463.464; die lohold seiner nieder-
lage vor Turin durch prinz Eugen
wird nicht ihm beigemei>en 484 ;
geht ins ballhans und spielt auf
der flOte 488.
Philipp y, konig von Spanien 483.
Philipp, landgraf von Homburg 337.
Philipp, pfalzgraf von Sulzbach 205.
Pliöuix 66. 164. 262.
Piemont, wein von 474.
Piennes, mademoiselle de 14.
Pietist 268 492.
Pietist-büchelchen 492.
Pietisterei 306.
Pignerol 482.
Pignoli 105.
Piiionol 165.
Pirlen 331. 891. 489. 456.
Pltschaft 135.
Pitschier (die kunst, trotz derselben
die briefe zn lesen) 466.
Pitnite 233. 385.
Plaideurs, les, komCdie von Racine
264.
Platen, frau von 46, grafln 488.
Podagra 68 ; Ludwig XIV leidet am
390. 391. 397. 433. S. auch potagram.
Polnitz, fräulein 423. 425.426. 431.
482. 486. 486.
Poigoard 262.
Puintilleux 406.
Pointis 390.
Poisson, dichter 427.
Pulen, urtheil Ober land und lente
95. 240.
Polen, Friedrich August I, knrfürst
von Sachsen, könig von 126. 177.
222. 305. 344. 846. 469. 477; ent-
rüstet» äußerungeti Aber den ehr-
vergcßenen Altranstadter frieden,
den er gemacht 489. 490; seine
gemahlin 126, bei der nachrirht
vom schloßbrande 224. 477 ; seine
zwei söhne 126.
Polier, abb4 de, Tertranter rath Ton
£. Ch. und von früher Jagend an
ihr viterlicher freond 16. 100,
über sein kräftiges alter 122. 191.
274. 324. 325. 472; erhilt steh
am meisten mit dem tabackranchen,
alle tage nimmt er etliche pfeifen
taback 475. 479.
Politesse 301. 306.
Poltergeist 167.
Poltney, monsienr 486.
Pomereo, monsienr de, c-onaeiller
d*etat von E. Gh. naeh dem tod«
ihres gemahls 283.
Pommade d*Iverne 444.
Porcelaine 476.
Port royal 89. 52. 83. 127. 143. 148.
150. 157. 164. 196.202.204.215.
216. 260.
Portland , mylord 26. 249. 416.
Portsmonth, madame de 249.
Portugal, könig von 172, königin
von 176.
Portugal, das loß der königin da-
selbst nicht beneidenswerth 56.
172.
Portugal, envoy^s von 63.
Portugiesinnen sind an eifersucht nnd
eingesperrt werden gewöhnt 318.
Possenspiel, deutsches 142.
Posset 454.
Possierlich 10. 2a 45. 55. 452.457.
462. 470. 490.
Pot , um den pot hernmb fahren 417.
PoUgram 201. 479, ist ein zeichen
von lADgem leben, wenn es sich
spät anmeldet 206. 433, haben
viel gar ehrbare personen 480. 6.
auch podagra.
Potte = band 88.
Pourceangnac , monsienr de, fcomödie
von Möllere 419.
Poussin, der maier 168.
Praceptor 481.
Präsenz 375. 376. 382.
539
Prast 23.
PredicaDt 402.
Prediger 345. 347. 402, got, aber
gar nicht angeDehm 427. 428.429.
Predigt 51.217.218. 340.430. 431. 490.
Pressenyille , mademoiselle de 74.60.
Preußen , Friedrich I, kdnig von 223.
224. 227. 242.268. 279. 288.331.
- 371. 376 , ist hocbmüthig 435. 465.
469. 476. 477. 478. 492.
Preußen, Sophie Charlotte, kSnigin
Tou, tochter der knrffirstin Sophie
▼on Hannover 269. 272. 273. 277.
296. 333. 342. 343; wie ein träum
maskiert 343. 360. 361. 362. 366.
413 ; ihr plötzlicher tod 368, £. Gh. ist
untröstlich dar&ber 368. 869. 370.
373. 376. 377. 378. 380. 382. 384.
Preußen, kronprinz von, der nach-
malige könig Friedrich Wilhelm I,
365. 372. 435. 465; seine Verlo-
bung mit Sophie IXorothee, der
tochter des kurftirsten Georg von
Hannover, des sohnes der knrfür-
stin Sophie (ma taute) 467. 468.
469. 471. 477. 478.
Pri^, monsieur de 356. 357. 358.
Princes k gros grain 310.
Princes du sang 52.
Princesse, madame la; s. Condä.
Processe 200.
Processpapier 382.
Propre 487.
Proserpine, op^ra 22. 383.
Protection , die , von E. Gh. ist etwas
gar vortheilhaftiges 398, ist eine
schlechte sach 401, hübsche äuße-
rung hierüber 425.
Protzen 137.
Psalmen, reformierte 382.
Psyche, komödie von 88. Es ist
wol „Psycho, trap^die - ballet en
cinq actes" von Moliftre gemeint,
der übrigens bei diesem stücke die
mitarbeiterschaft von Qainault und
Pierre Corneille in ansprach ge-
nommen.
Purgieren 372. 426.
Purzelbaum 3. 431.
Patzen (gepatzt werden =r geschlagen
werden im kriege) 468.
Patzen, den buben 297.
Pyrmont 405. 407.
Quacklei 392.
Quietisten 492.
Quinte 27. 221. 269.
Quinquina 39. 43. 292.
Rabach, graf 236.
Raby, mylord (Strafford], sein sitten-
loser wandel 416. 426. 482. 466.
Racine, Jean, der dichter 254.
Räthsel 247. 256.
Ragout 383. 430. 441.
Raillerie 322.
Rambures, mademoiselle de 24.
Ran 396.
Randt 134.
Rasen 417, etlich mal ein wenig zu
rasen, ist gesund ebendas.; wenn
alte lente ins rasen und in die
last kommen j seind sie ärger, als
junge leute -172.
Rasen (tou der milz gebraucht) 433.
Rastatt 489.
Rathsamshausen , frau von, Schwester ,
der frau von Schelm 37. 109. 118.
122. 131. 136. 157. 160. 172. 244.
282. 285, schreibt im namen von
E. Gh. während deren krankheit 288
bis 291. 294. 295. 298; ist wäh-
rend des krieges in sorgen um ihr
Schlößchen 299; redet possierlich
französisch 462; s. Leonore und
Rotzenhäuserin.
Rathsamshausen, fränlein von 86,
ortbographiert blutsübel ebendas.
207. 347.
Ratzenbausen, frau von 173.
Rayons 173.
Rechtsgelehrte sind froh über dM
540
langsam gehen einfs processes 279.
Redoublement 138. 283. 234. 328.
E. Gh. kennt das deatoche wort
dafür nicht 410.
Redoute 434. 436. 437. 439. 441.
443.
Reformierte in Franl^reich 388. 437.
in Franicreich verfolgt 166, arbeiti-
leote, schier die besten, vertrie-
ben 487.
Reformierte pfarrherren 444.
Refuge, monsienr de 360, sein toch-
termann ebend.
Reichsgraf 275. 460, reichsgrSfln 279.
351. 355. 381. 387. 893. 419.
Reichsschultheiß 321. 327.
ReichsstSdtchen, ganz apart leben
wie ein 85. 317.
Reine d*Hongrie 140.
Reisen in postchaise^ 124.
Religionen, mit hunden verglichen 250.
Reliquien 417.
Remedien 308.
Renommee, statne im garten von
Mariy 804.
RepublilE, die polnische 183.
Resident, der trierische 115.
Retrancbements in Baiern, von den
Deutschen forciert 352.
Rens, graf 118.
Reverenz, keine, zn machen, ist ein
bauernstolz 485.
Reyer, rath 234. 252.
Rhein 285.
Rhein fels , Heßen-, landgraf Karl vbn
128. 132. 179. 182. 189. 198. 30a
Richelieu, duchesse de 260.
Richelieu, marquise de 169, ihr nn«
sittlicher wandet 260.
Ried in 224.
Rijswijk 91, der dort geschloßene
friede erweckt nirgends große freude
94. 96, eine bestimmung dessel-
ben 120.
Ritterzeog, verSchtlich 22f
Rittmeister 85.
Robe (festliche kleidnng) 469.
Robe de chambre 30. 48.
Roche, de la 820.
Roche, la vieille 861. 864.
Ruohe-snr-Ton , prince de la 15.
Rodogone , tragödie (von P. Corneille
438.
Römer, der, in Frankfurt, die messe
daselbst 136.
Röthein (rottlen), krankhaft 213. 214.
Rohan, hans Ton 115; dnc de 448,
seine tochter ebendaselbst; prince
de 446.
Rom 236. 253. 272. 275. 417.
Roman 10.
Romy, mademoiselle de 77. 84.
Ronebridge 89.
Rong^re, monsienr de la, Chevalier
d'honneur von £. Ch. 190.
Rorbach 188. 189.
Rose, die, dorch waßertrinken cn-
riert 479.
Rosenberg, graf von 464. 466.
Rothlaufen 132. 297. 350. 406. 407.
431. 456
Rotzenhausen , frau von, frenndin von
£. Ch. 181. 265. 275. 296, ist
zweimal auf den tod gelegen 331.
338. 884. 845. 853. 895. 466. 472.
476; die kleine Wilhelmine 188.
285. 331. 833. 338.841.845.858.
854. 864.
Rotzenhäuserin, die 68. 122. 129.
142 , redet bitter übel deutsch 807.
418. 418, redet possierlich fran-
zösisch 462; 6. Rathsamshausen.
Rotzen hiuserle 334.
Roney, conte de 161. 169.
Roye, contesse de 161. 358.
Ruffigny (? Ruvigny), sein sittenloser
wandel 416.
Ruhr , rothe 247. 472.
Runzeln, Ursachen desselben 248.
Ruprecht, pfalzgraf, bnidex des kur-
541
forsten Karl Ludwig , general Karls I
YOD £uglaDd gegen Cromwell . seine
betrügliche heirath 368.
Ratschen 478.
Rovigny, monsienr de 356 ; s. Galloway.
Saarbröcken 38, graf von 142.
Sachsen, herzog von 219.
Sachsen, kurfilrst von 47. 53. 55.
seine stärke 95.
Sachsen , kurfurstin von 462. 463.
477. 485.
Sachsen Gotha, prinz von 129. 132.
Sachsen Meiningen, herzog von 341.
Sachsen Weißenfels, prinz von 304.
Sackzeug 396.
Saint Amand 149.
Saint Ghamans 14. 17.
Saint Cload 11. 302. 306. 309.
Saint Cyr 416.
Saint J^vremond, m. de, 169, verse auf
ihn 336, sein äußeres ebendas.
Saint Germain , faubourg 216.
Saint Germain 168. 215.217. 219. 302.
330. 354. 359. 406. An dem eng-
lischen hof zu St Germain da sind
sie alle wie die hond and katzen
gegen einander 473.
Saint Louis, ordre de 235. 236.
Saint Maar, drap de 456.
Saint Maurice, monsieur de, ein Sa-
voier 259. 260. 261.
Saint Miel 244.
Saint Pierre, abb^ de, premier au-
m6nier von E. Ch. 208.
Saint Pol 194.
Saint Till, Chevalier de 399. 400.
Salat ist nicht ungesand 283, gesund
beim hasten 321.
Salmuth, Oberstlieutenant 352. 360,
hat in der gefangenschaft den de-
gen an der seite, darf aber nicht
hingehen, wohin er will 363.
Saiomon, könig 247. 411.
Salon 324.
Salsthal (? Salzdalum) 460.
Salut 215. 306.
Samariterin, die 341.
Sammet 456.
Sandewitzsch , madame de, sehr ver-
ständig, aber gar leichtfertig 353.
356.
Sang (je reconnois mon sang), s.
Molidre, George Dandin, acte U,
sc^ne 11) 388.
Sassenage, monsieur de 358.
Sastot, madame de 489.
Säugamme, alte, hin dernis des Wach-
sens 147.
Sauerbrunnen 7. 90. 149. 151, wird
bfßer bei der quelle gebraucht 192.
196. 198. 200. 305.
Sauerbrnnnencuren 325.
Saufen 245. 281.
Savoien, herzogin von 131. 149.
210. 302.
Savoye, madame de, Anne Marie
d'Orl^ans, gemahlin des Victor Ama-
deas 11, herzogs von Savoien and
nachmaligen konigs von Sardinien,
Stieftochter von £. Gh., 40. 260.
304.
Savoien, prinz von, gebart dessel-
ben 140.
Savoien, prinzessin von 72. 80.248.
Scarron, s. Jodelet.
Sceaux, gehört dem duc da Maine
252. 359. 415. 418.
Schachspiel 394.
Schachtel, alte 192.
Schätzchen 33.
Schallenberg, fräulein 458; s. Schn-
lenburg.
SchaubQhue, die allgemeine, der weit,
von Ludolf 134.
SchaueßfU 476.
Schaasoheiß 476.
Scheir 113. 427. 473. 476.
Scheiden thut wehe 450.
Scheinen 355.
Schellen, von den ehren 44.
542
Schelm, dionsieur 87. 286. 290.
353.
Schelm, fraa von, Schwester der fran
von Rathsamshansen 81. 55. 66.
65. 107. 137. 146. 192. 286. 290.
803. 338. 853; s. auch Qret.
Schimmeln 422.
Scblafkappe 77.
Schlagen , es ist schon sechs geschla-
gen 884. 417. 491.
Schlag, der rechte alte deotsche852.
864.
Schlag 447.
Schlagfluß 115.
Schlangenbad 151. 164. 193. 804.
808. 854. 474.
Schleinitz, herr und frao 887. 896.
Schlendrian 434.
Schmack 398. 440.
Schminken 188. 200. 207. 208.
858.
Schlapies 288.
Schloßel 299.
Schmeißen 118.
Schnadern 86.
Schnupen 16. 29. 48. 61. 72. 75. 79.
80. 129. 185. 450, ist gesund 29.
66. 75. 298. 372. 897. 442.
Schonborn, obermarschalk 306, drei
jüngere, domherreu zu Mainz 808.
Schomberg, Meinhard, herzog von,
gemahl der raugräfln Karoline, der
halbschwester von £. Gh. 27. 28.
48. 60. 68. 69. 70. 71. 73. 76.
76. 77. 78. 79. 85. 88. 91. 168.
190. 194. 196. 197. 208. 261, seine
absieht, sich wieder za helrathen,
getadelt 275. 277. 279. 280. 281.
287; unterbleiben der zweiten ehe
305; seine eifersucht 818; konnte
sich nicht mit den andern genera-
len in Portugal vergleichen 851, ist
ein wenig krittlich und incompatible
855. Herzog Meinhard ▼. Schomberg
starb zu Hillington im jähre 1719.
Die filtere seiner beiden tCchter,
Friederica , vermählte herzog Mein-
hard von Schomberg an den eng-
lischen staatsminister lord Holder-
ness, die jQngere, Marie, an den
grafen Christoph Martin von Degen-
feld. Über herzog Meinhard von
Schomberg vergl. J. F. A. Kazner,
Leben Friedericha von Schomberg,
oder SchSnburg. I. Mannheim 1789.
8. s. 363 bis 371.
Schomberg, gräfln von 26. 67.
Schrank (schränke za haben, ist ge-
mächlich) 487.
Schreibbach 419. 456.
Schreibkist 83.
Scbuckschuck 10.
SchOrzchen 418. .
Schulenborg, fräulein von der, mat-
tresse des fcorfOrsten Georg 458.
490. W. Havemann III, s. 844. 488.
Scholtes , monsieur 472 , ist ein gro-
ber gesell 474, einflegel 476.477.
478. 480. 487.
Sehwalbach 160. 196. 197. 198. 200.
Schwarz, fräulein 421, eine Schwester
von ihr wird rasend ; dieses nn-
glQek sei Irger, als wenn sie ge-
storben wäre 421. 424.
Schwarzköpfel 1.
Schublade 46.
Schweden, der k5nig von 141. 214.
420, der envoy^ von 181.
Schweden, die witwe von 878.
Schweden , der junge konig von,
Karl XII 485, hat viel von dem
seligen bruder von £. Ch. 490.
Schwedische Prinzessinnen 67.
Schweinefleisch ist ungesund 489.
Schweiusjagd 49.
Schwetzingen 459.
Schwiger herr vatter 66.
Spectacle 68. 69.
Scradt, kanzler 157.
Scrupel in religiösen dingen 349.
543
Sebbeville, monslenr de 858. 360.
S^gur Montberon, madame de 271.
272. 278.
Seignelay, monsienr de, der joDge 446.
Seiltänzer 216, seiltäozeriD 308.
Sein mit accus, construiert 340.
Seltz, baron von 44.
S^qoelle 469.
Serein 420.
SessaC| monsienr de 358.
Seve (? Sövre) 410.
Siam , der verstorbene kunig von, lehnt
es ab, die christliche katholische
religion anzunehmen, und äußert
sich über die Verschiedenheit der
religionen, welche gott wolgefallig
sei 492. 493.
Sibourg, monsieur de 376.
Sickiugen , fran von 83.
Siegen , först von Nassau- 107. 408 ;
s. Nassau.
Siegen , fürstin von Nassau- 267. 408.
Siegen, prinz von Nassau- 53.
Silberdiener 240.
Simoris 259; s. Saint Maurice.
Sintemalen 12.
Sodom 257.
Soldat, dictum eines ängstlichen 299.
Soldat habile, le, komödie 488.
Soldenen , fürstin von , ihr oracle ;
ihre tochter 407; s. Zollern.
Solitaire 322. 418.
Sollicitieren 395.
Solms, graf von 251. 254. 255.
Sommer, in Heidelberg herumgeführt;
gesang dabei 64.
Sonnenfinsternis Ursache einer krank*
heit 201.
Sorbonne 261.
Sortable 264. 857.
Sosie 237.
Span, general 60.
Spanheim, gesandter des kurfürsten
von Brandenburg 98. 100. 102. 177.
209. 210.
Spauheim, fran von 88. 817, made»
moiselle 260. 817.
Spanien, könig von 212. 218. 248.
258, der junge, conspiration gegen
denselben entdeckt 297.
Spanien, die beiden thronprätenden-
ten in 846. „Ich habe lengst ge-
sagt, daß man die zwey spanische
kouige [erzherzog Karl, den nach-
maligen kaiser Karl YI, und den
französischen Philipp, "den nach-
maligen konig Philipp Y von Spa-
nien] mitt einander solte schlagen
laßen; unßer bette vortheil, den er
ist starck, hatt greuliche faust. Ich
würde christlicher finden , daß die
zwey konige sich umb ihr könig-
reich schlügen, alß so viel Ghris-
tenbludt vergießen zu machen".
483.
Spanien, königin von, Marie Luise,
tochter des herzogs Philipp von
OrMans aus erster ehe, also die
Stieftochter von E. Gh., seit 1679
gemahlin (die erste) Karls II von
Spanien 14.
Spanien, königin von 173. 19S. 248,
die junge , beinahe von wandläusen
gefreßen 239. 258.
Spanien , unglückliche läge der köni-
gin daselbst 56. 239.
Spanisch vorkommen 853. 229.
Spanische dorfer 248.
Sparr, oberst, früher amtmann zu
Bretten 194.
Sparren 408.
Sperreisen 444.
Sperville, monsienr de 281. 235; s.
Iberville.
Speyer 352.
Spicken 279.
Spiegel, kammerdiener 48. 58. 55.
68. 74. 77. 177. ^'
Spiel, wobei man in ein eck pfeift
899.
544
Spielen 88. 114. 200. 254; es darf
nicht dabei diecoariert werden 258,
Unsitte dabei 272, sehr fiblich in
FraulEreich 381.
Spieler, ihr anssehen 160.
Spielgeld 172. 255.
Spinoxa, der philosoph 473.
Spitzen, sich 464, sich anf 170.
476.
Spouholzel 805.
Spottlieder 45. 47.
Sprichwörter nnd sprichwörtliche re-
densarten , deutsche , ft'anzösische,
holländische 26. 35. 56. 85. 106.
109. 112. 113. 115. 118. 119. 120.
125. 137. 140. 157. 171. 178. 180.
191. 195. 238. 24a 241.246.250.
258. 267. 268. 271. 277. 280. 292.
297. 298. 303. 305.310.311.817.
331. 385. 336. 344.352.355.356.
364. 365. 390. 895. 898. 402. 403.
417. 419. 425. 432. 457. 473. 474.
475. 476. 482. 487. 488. 492.
Sprichwörter spielen 27.
Sqniuquinelle, Seiltänzerin 308.
Samich 444. 254.
Staffeln des barometers 488.
Staffet, ein Elisabeth Charlotte unbe-
kanntes wort 43.
Stand 464.
Statnen im garten von Marly 804.
Staub 408; für den staub wird bei
reisen nicht gesorgt 463.
Staufeneck 268.
Stecken, in köpf 5. 7 ; prät. gestocken
342. 843. 359. 426.
Stein 397.
Stein, herr und frau tou 196.
Stein Callenfels 246.
SterbensYerliebt 10.
Stocke tragen steht jungen leuten
Übel 157.
Stirig 281.
Stoff, wovon man königinnen macht
248.
Strafford, mylady 90.
Straßborg 20. 21 ; gasthof zum ochseo
daselbst 20. 188. 202. 327. 864.
418. 476.
Strucken 281.
StubenyoU,' haushofmeister , bmdei
der madame de S^ur Montberoo
272, seine Schwester 278.
Stumpf und stiel 51.
Stunden, gar lange 408.
Sturisch 140.
Stutz 115. 201. 261. 276. 404
451.
Sulzbach, pfalzgraf von 199. 20Q.
Sunderland, mylord 432.
Survivance 228.
Sozon, madame Dufresne, kammer-
frau von E. Ch. , die tochter ihrer
amme 166. 256. 265, kann nicht
deutsch und nicht französisch eben-
daselbst, 266. 267. 270. 275.279.
282. 284. 285. 422.
Sympathie 52.
Taback 475.
Tabackrauchen 475.
Tabacktrinken 274.
Tabletten von sohieferstein 459. 464.
466.
Tabouret 174. 175. 296. 413.
462.
Tanze , deutsche 447 , französische
27. 447.
Tänzer haben masken an 208i
Tafel 11. 38.
Tag, der jfingste, noch ferne 498.
Tallard, mar^chal de 832. 854. 358,
spricht för sich und macht dabei
abscheuliche grimassen 358. 363;
sein söhn 332.
Talmond, prince de 416.
Tanzen , abgekommen am französischen
hofe 95, im schwang in Deutsch-
land 138.
Tanzen aus der mode 33.
Tanzen mit fackeln, alter deutscher
545
brauch 490.
TaDzmeister beim balle 131.
Tarente, ma Uote von 25. 27. 85.
53. 85. 191. 355 ; princesse de
455.
Tartnffe, le, komSdle von Molidre
416. 419. 430.
Taschenspielen 342.
Tauiscbe familie 334.
Taufen , getauft werden Yom regen
405.
Taxis, fürst 311; ein doli ffirsten-
thum ebend.
Temperament 469.
Tendre 452.'
Tertianfleber, doppeltes 474.
Teseu, abb^ de 119. 121. 123. 124.
126. 127. 130. 135.139. 141.206.
208. 219. 220. 221.223.224.225.
226. 227. 228. 234.235.278.287.
325. 434.
Teseu, secr^taire des commandements
du duc d'OrMans 118, ein falscher
gesell 124, ein falscher böser mensch
434.
Tess^, monsieur de 51.
Testament 130, des yaters von E. Gh.
250. 255.
Teufel 170. 211. 224.263.338; we-
nige dameu fürchten den teufel
391. 402.
Teufel, falsche 15.
Teufels, plur. 21.
Teufelcben, die am schreiben ver-
hindern 308. 309. 310.
Teufelsdings 236. 475.
Theatrum 207, vom krieg 25. 300.
Theobon 10. 23.
Theseus 257.
Th^sut s. Teseu.
Tborigny , m. de 9.
Thumfaßel 24.
Tilladet, Chevalier de 7.
Tiquet, conseiller du parlement, an-
schlag auf sein leben 132. 133. 156;
vergl. Dangeau, Journal VII, s.
61. 94.
Titti, name eines hündchens 442.
Tockmaosisch 300.
Todtenlied, lutherisches, vers daraus
373. 374.
Todt, plural 447.
Tüll 294.
Tolner 203. Es ist Karl Tolner ge-
meint, geb. 1660 zu Kreuznach,
gest. 3 Oct. 1715, verfaßer einer
Historia palatina.
Torcy, monsieur de, „daß cröttel",
hat die post 370.
Toulon 239.
Toulouse, Louis Alexandre de Bour-
bon, comte de, grand amiral de
France 215.
Toutine , prinzessin 24. 25.
Trarbach 366.
Trauben eßen 247.
Trauerzeit, dauer derselben 414. 415.
Trauu , gräfin von 169.
Treize, le, spiel 439.
Tr^mouille, duc de la 198. 202.
455.
Trepan 45.
Trianon 401. 402. 404, gibt Versailles
nichts nach 405, der herrliche gar-
ten daselbst 278. 408.
Tripoli, konig von 30.
Trippstrill 182. 247.
Tropfig 157.
Trotteln 24.
Truckenen 217.
Türkei, unsittlichkeit daselbst 162.
Türken , ihre verjagung aus Griechen-
land 128.
Tunis 260.
Turin 194. 259. 260. 475. 479.
481.
Turinge 259; s. Turin. .
Turnieren (von der milz gebratiätt)
433.
Überzwerg 10. 179. 208. 478.
Briefe der Prinzessin Elisabeth Charlotte.
^^
546
Ulm, die berreü von 312«
Umherschwebon 351.
Umschlagen 46*
Ungehobelt 57.
Uugemachlich 68.
Unkraut 382.
Unterrock 470.
Urlaub^ „mit nrlaub, die fQße*' das
sagen nur die burgersleute 4€0.
Usingen, graf von Nassau- 38. 170,
fürst von 163. 164. 834. 335.
Utrecht, die Universität zu 466.
Uzds, duchesse d' 197.205, ihr sit-
tenloser gemahl ebendas.
Überwegen =: Qberlegen 264.
Yaine poetique 45.
Yalbel 5.
Yalet de pied 471.
Yalseme, monsieur de, der einzige
Franzos, der recht gut deutsch
kann 358; die Veränderung, die
sein äußeres erfahren; eine gnade,
die er vom kouig erhalten 363.
865.
Yanität 260.
Yapeurs 169. 429.
Yarenne, monsieur de la 291. 297.
300. 306. 309. 313.
Yattern 49. 57. 113.
Yaudemont , prince de 38.
Yelen, graf von 291. 804, seine
Schwester ebend.
Yeindt 399.
YendCme, Philippe de, grand prieur
de France, 6. 114. 304. 467;
hat einen Streithandel mit d^m
prinzeu von Conty 111. 114. 182.
388.
Yenedig, carnaval von 57. 68. 462.
Yenetiauische ambassadrice , ceremo-
uiöse audieuz an dieselbe 42.
43. 59.
Ydlinger , oberjägermeister 33. 38. 56.
64. 188. 189. 291.
Yeninger, Augustin ; 104; s. Augus-
tin und Eberfritz.
Yentadour, duo de 7, duchesse de
357. 358. 446.
Yeränderung 27. 34. 49. 149. 151.
164. 167. 191. 239. 251. 391.
393. 415.
Yeralten ^ alt machen 320, die
zahne verlieren veraltet ebend. 343.
Yeraltet 145.
Yerbeißen 273. 429.
Yerfaulen (vom husten gebraucht) 450.
Yerhitzt 300.
Yerhont 300.
YerkOhlen 351.
Yerjagen = durch jagen vertreiben
418.
Yerlüff 172. 179. 197.
Yerquackelt 82. 311.
Yersailles 250. 252. 285, gilt für die
residenz 306, sehr große zahl von
kranken daselbst 330. E. Gh. ist
dort gar wol logiert und hat alle
ihre gemächlichkeit 401. 402. Yer-
sailles ist ein überaus schöner
ort 405. 418.
Yerschließen 420.
Yerschnupt 127.
Yerstauchen, den fuß 314. 433.434.
436. 439.
Yersteckels 128.
Yerth, monsieur de 334. '335. 838.
Yertreten 431. 435. 436.
Yerue 388.
Yerwandte bleiben in Frankreich nach
einem todesfalle nicht im hause 372.
YerzÄhien 4. 6. 7. 14. 28. 42. 68.
323. 860. 384. 414. 416. 433.
436. 452. 457. 461.
Yerzähluug 476.
Yetterle, das 38.
Vexieren 30. 382. 424. 425. 429.
477. 478.
Yexiererei 430. 477. 478.
Yicedom (? Vizthum), herr von 205.
Yichy 149.
I
547
Yidame, le 446.
Yiereckelt 152.
Yillars, marquis de, später herzog
und mar^chal de France 325. 467.
Yillars , duchesse de 8.
Yillecotteres 10.
Villeroy, duc de 7. 45. 288; mar^-
chal de 38.
Yilleroy, schloß von 418.
Yindicatif 477.
Yirgilius, deutsch, 49. 51.
Yisconti, Annibale, befehlshaber der
kaiserlichen truppen 304 ; Wortspiel
mit seinem namen ebend.
Yisite 51. 365. 408. 442. 454.
Yivacität 29. 168. 262. 335. 412.
423. 425. 428. 473.
Yolkslied, deutsches, beim herum-
führendes Sommers und Winters 64.
Yoll und toll 489.
Vollsäufer 175. 179.
„Yon gott will ich nicht laßen", über
die melndie dieses lieded 391.
Yorgemach 382,
Yorkaramer 431.
Yorwenden 190.
Yos, moiisienr, berichtet auf befehl
der kurfürstin von Sachsen an E.
Ch. den tod der gemahlin ihres
seligen bruders 462. 463.
Wäclitelle 14.
Walbrun, fräulein von 219.
Walderk, graf von 138. 140 179.
Wandlaus 21. 233; wandläuse haben
die junge königin von Spanien bei-
nahe gefreßen ebend. 239. 392.
Waldeck, desfdrsten von, tochterl29.
Wales, prinz von 244.
Walraht (Volradus), graf von Nassau
Usingen 38.
Wanst 405.
Warteuberg, graf von 269. 271.279.
288, gräfln von 279.
„Was ich nicht weiß, macht mir nicht
beiß** bezieht sich eher auf die Ja-
lousie 482.
Was nicht zu ändern stehet, laß gehen,
wie es gehet 1 456.
Wattedecke 448.
Watten 431.
Webenheim, oberst 13. 19. 80.
Wechsel 16.
Wechselbriefchen 13.
Wehrteufel 309.
Weibsmensch , nicht in yerächtlichem
sinne 225.
Wftilburg, grafen von 144.
Wein gesünder, als hier 325.
Wein, früher page bei der kurfürstin
zu Braunschweig 394.
Weinberg s. Lavigne.
Weinheim 109. 110. 113. 115.
Weisen, sich 48.
Weißenfels, herzog von 464, Prin-
zessin von 181.
Weldten, frau von 241; s. Charlotte.
Welt, ganze (ganze weit = tont le
monde) 460.
Wendt 4. 21. 192. 273. 394; hatte
sein Deutsch ganz vergeßen 395.
399; eine Unterhaltung von ihm
mit Lincoln über dessen religion
444.
Werk machen 209. 286.
Werk, ins, stellen 323.
Wertheim 301.
Westmoreland , mylord, sein sitten-
loser wandel 416.
Westfälinger, die 478.
Wetter = gewitter 467. 471.
Wetterkalender 94.
Wetzlar 195. 200.
Wey, monsieur 389. 400.
Wied , graf von, schon wie eine dame
352.
Wien 185. 366.
Wießer, kanzler 105. 109.119. 128.
Wildbrät ist ungesund 439.
Wilder, oberst, commaudant von
Mannheim 192.
35*
548
Wilhelm, knoig tod England 27.28.
30. 31. 32.62; anschlage auf sein
leben verhindert 62. 65. 66. 67. 71.
73. 75. 80. 141. 142. 153. 223. 239.
244; sein unsittlicher wandel 249.
254. 257; sein tod 276, Prophe-
zeiung desselben im augsburgischen
kalender 279, 280. 281; 282.
Wilhelm , prlnz von Gassei 334.
Wilhelmel, das (? Wilhelmine tou
Rathsamshausen) 345. 454.
Wiihelmine s. Amalie.
Willich, baron 193. 195. 197. 199.
200. 208. 212. 254, der krumm-
fußige 287. 346.
Windsor 84.
Winter, in Heidelberg herumgeführt;
gesang dabei 64.
Wirtemberg, Karl Alexander, geb.
24 Januar 1684, gestorben 12 Merz
1737, prinz von, des administra-
toTs, herzogs Friedrich Karl, lohn
129.
Wispeln 169.
Wittgenstein, graf 81. 146. 264.
269. 288.
Wittgenstein, fräuleln von 42.
Wittgensteinisches haus 128. 142.
Wolf ist weniger zu fürchten, als ein
hirsch 129.
Wolfeubüttel , herzog von 205, der
junge herzog von , Aognst Wilhelm,
sein sittenloser wandel 196 ; herzogin
von 346, Prinzessin von 458; die
häßliche akademie zu 244.
Wolfenbüttel 458, der dortige hof
durch feine sitte ausgezeichnet
460.
Wolfenbüttel, das haus 281.
Wollmershausen 226. 244 ; frau von
64. 185. 224. 226. 241. 245. 255.
299.
Wollmersheu[se]rin, fräuleln Anna
Katharina 112. 170. 245; s. Anna
Katharina.
Wolzogen, herr 189.
Wolzogin 8 , frau von Eberfritz Ve-
ninger 257.
Woodstock, mylord 320. 821.
Wünsche und voeux 29.
Wüsterey 162. 197. 365.
Wurmol, iUliänisrhes 438.450; vgl.
Altoviti.
Wurst (wurstwagen) , in Lothringen
bräuchlich, am franzQsiscben hofe
seiner gravitat halber nicht gestattet
462. 463.
Zärtlen, sich 446.
Zahnblecken 395.
Zebel , monsieur, in heßencasselischen
diensten 291.
Zeitung 5. 6. a 9. 26. 30. 87. 40.
224, die holländische 58.
Zelle 214. 276. 320, alte leute da-
selbst 323. 346. 372. 375. 376.
403. 492; herzog von 226. 276,
hoch belobt 277. 283. 820. 346.
893. 394. 403, sein tod 418.414.
B. auch Georg Wilhelm; seine ge-
mahlln , Eleonore d'Olbreuse, gest.
5 Febr. 1722 (vgl. über sie Have-
mann III, s. 252 f. 287 f. 505 f.),
nicht estimiert von E. Gh. 277.
283. 284. 320. 394. 403. 404. 409.
414. 422. 469. 471 ; ihre tochter
Sophie Dorothee, geb. im herbste
1666, mit dem kurfürsten Georg
von Hannover vermählt, wegen ei-
nes ihr schuld gegebenen liebes-
verständnisses mit dem grafen von
Köiiigsmark lebenslänglich einge-
sperrt 284 ; vergl. W. Havemaun,
Geschichte der lande Braunschweig
und Lüneburg 111, s. 287. 842
bis 354.
Zelter 322.
Zerchen 172. 370. 880.
Zettelchen 246.
Zettern, die fräulein von 182.
Zinzendorf I graf von, kaiserlicher ge-
549
sandter, sein unsittlicher wandel Zopitsohieren 51.
261. 416, gräfin von 261. Zweibrücken , prinzessija von 216.
Zollern, fnrstin von, ihr orakel 401; Zweyfel, notar, erhebt ansprOche an
8. Soldenen. E. Gh. 251. 252. 255. 256.
Zöpfen 476. Zwillinge bleiben nicht am leben 40.
550
BERICHTIGUNG.
Als todestag der herzogin Elisabeth Charlotte habe ich s. 510
den 8 October 1722 bezeichnet, wie Schütz in seinem oben ange-
ftihrten buche s. 145 and, wahrscheinlich diesem folgend, anch
Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz II, s. 733 angegeben
haben.
Dieses datum ist indessen unrichtig. Elisabeth Charlotte starb
am 8 December 1722, nachdem sie noch kurz zuvor, am 3 De-
cember, in Saint Cloud ihren letzten brief an die raugräfin Luise
geschrieben.
Über den tod unserer herzogin findet sich im «Mercure histori-
que et politique . . . Mois de D^cembre 1722. Tome LXXIII.
Ä la Haye 1722.» 12. s. 686 bis 688 folgende meidung:
«Madame la duchesse douairi^re d^Orl^ans, apres une indispo-
sition de plusieurs jours, et apres avoir regu tous ses sacremens
le 5 de ce mois, jour auquel le roi lui alla reudre visite, mourut
le 8 ä 3 heures du matin ä Saint Cloud, agee de 71 ans. Mon-
seigneur le regent qui avoit passe deux nuits aupres de sa personne
et'qui lui a rendu tous les devoirs d'un bon fils, aussi bien que
madame la duchesse d'Orleans, et monsieur le duc de Chartres,
retourna ä Versailles quelques heures avant sa mort, par le con-
seil des medecins, qui lui dirent qu'elle n'avoit plus que quelques
momens ä vivre. S. A. R. a senti vivement cette perte et a pass6
24 heures sans voir personne. Cette princesse a quitte cette vie
avec toute la fermet6, la resignation et la constance possible. Elle
parla fort long tems avec monseigneur le r^geut la veille de sa
551
mort, et Ton dit qne son disconrs fut des plas tendres et des plus
co^enables ä son ^tat. Comme eile avoit ordonn^ que son corps
ne fut point embaum^ et qu'on lui fit un convoi sans c§r6monie,
eile fut transportee le 10 au soir ä, Saint Cloud, pour y ^tre ia-
humee dans la chapelle d'Orleans aupres de feu Monsieur, son
6poux, fr^re unique de Louis XIV. Le 13 la cour devoit prendre
le deuil pour 4 mois et demi. On a fix^ par un arr^t du ^ conseil
d'etat le prix des plus beaux draps noirs ä 29 livres Taune et les
autres draps et Stoffes ä proportion.»
Wie der Mercure historique gibt auch der herzog von Saint
Simon als den todestag von Elisabeth Charlotte den 8 December
1722 an.
Dieser merkwürdige autor hat überdiß in seinen bericht ein
Charakterbild der herzogin verwoben, welches das interesse vorzüg-
lich in anspruch nimmt. Einer beurtheilung dieser Schilderung darf
ich mich um so mehr enthalten, als die leser in den offenherzigen
briefen unserer fürstin, in der, wie Ranke sagt, kein falsch ist,
den besten maßstab selbst besitzen, um zu entscheiden, ob Saint
Simon in seinem gemälde licht und schatten richtig angebracht hat.
Des herzogs erzählung, die indessen vollständig mit dem Mercure hi-
storique nicht allenthalben übereinstimmt, lautet folgendermaßen:*.
<Madame fut d'autant plus touch^e de la perte de cette an-
cienne et intime amie [la marechale de Clerembault] qu'elle savait
que les petits points ** avaient toujours predit qu'elle la survivrait,
mais que ce serait de fort peu. En effet, eile la suivit de fort
* M^moires complets et aathentiqnes dn duc de Saint Simon sur le
siicle de Loois XIV et la r^gencQ, pobli^s pour la premi^re fois sor le
manuscrit original, enti^rement ^crit de lamain de Taatear, par m. le mar-
qais de Saint Simon, pair de France. Tome vingti^me. Paris 1829. 8.
s. 841 bis 343. Über diese denkwurdigkeiten von Saint Simon vergleiche
man Leopold von Ranke, Franzosische geschiebte V, s. 443 bis 469.
** Saint Simon bemerkt hierüber s. 339: La mar^cbale de Glerembanlt
croyait avoir une grande connaissance de Tavenir par Tart des petits points;
et comme, Dien merci, je ne sais ce que c'est, je n'expliquerai point cette
Operation, en laquelle Madame avait aussi beaacouj) de conflance. Eile cou-
sulta donc la marechale sur le vnyage de Reims, qui lui r^pondit fermement:
„Partez, Madame, en toute süret^I je me porte bien." C*est qu*elle pr^-
tendait avoir vu par ces petits points qu'elle mourralt avaut Madame, qui
sur cette conflance alla ä Reims.
552
pr^s. L'hydropisie , qni se d^clara tard, fit en tr^s pea de joars
un tel progr^s qu'elle se prepara ä la mort avec beaacoup de fermetö
ei de pi6t6. Elle voulut presque toujours avoir auprös d'elle Tan-
cien 6v4que de Troyes, fr^re de la mar Schale de Clerembault, et
lui dit: «Monsieur de Troyes, Yo'ilk une etrange partie que nous
avons faite la mar^chale et moi.» Le roi la vint voir, et eile
regut tous les sacremens. Elle monrut ä Saint Cloud le 8 de D6-
cembre, ä quatre heures da matin, ä pres de soixante et onze ans.
Elle ne voulut point ^tre ouverte, ni de pompe ä Saint Cload.
Ainsi des le 10 du m^me mois, eile fut portee ä Saint Denis dans
an carrosse sans aucun appareil de deuil, le carrosse pr^c^dö, en-
vironn^ et suivi des pages des deux §curies da roi, des gardes et
des Suisses de M. le dac d'Orleans, et de ses valets de pied avec
des flambeaux. Mademoiselle de Charolois et les duchesses d'Ha-
mi^res et de Tallard accompagnaient dans un autre carrosse, oü
^tait madame d^ Chäteaathiers , dame d'atour de Madame, avec
mesdames de Tavamies et de Flamarens. Madame tenait en toat
beaacoup plus de Thomme que de la femme. Elle etait forte, cou-
rageuse, allemande au dernier point, franche, droite, bonne et
bienfaisante, noble et grande en toutes ses manieres, et petite aa
dernier point sur tout ce qui regardait ce qui lui etait du. Elle
6tait sauvage, toujours enfermee ä ecrire, hors les courts temps de
cour chez eile; du reste, seale avec ses dames; dure, rüde, se pre-
nant aisement d'aversion, et redoutable par les sorties qu^elle fai-
sait quelquefois, et sur quiconque; nulle complaisance; nul tour
dans Tesprit, quoiqu'elle ne manquät pas d'esprit; nulle flexibilit^,
jalouse, comme on Ta dit, jusqu'ä la derniere petitesse, de tout ce
qui lui etait du; la figure et le rustre d'un Suisse, capable avec
cela d'une amitie tendre et inviolable. M. le duc d'Orleans Taimait •
et la respeetait fort. II ne la quitta point pendant sa maladie, et
lui avait toujours rendu de grands devoirs, mais il ne se conduisit
jamais par eile. II en fut fort afflige. Je passai le lendemain de
cette mort plusieurs heures seul avec lui ä Versailles, et je le vis
pleurer amerement.
Les ambassadeurs et la cour se presenterent devant le roi en
manteaux longs et en mantes, ainsi que les princes et les princesses
du sang, et pareillement chez M. et madame la duchesse d'Orleans,
qui les regut de m^me, et madame la duchesse d'Orleans au lit,