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Full text of "Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst"

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Handbuch  der 


geschiente  der 
buchdrucker... 


Carl  Berendt  Lorck 


CARL  B.  LORCK 
HANDBUCH  DER  GESCHICHTE 

DER 

BUCHDRUCKERKUNST 


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0    HANDBUCH  DER  GESCHICHTE 


DER 

BUCHDRUCKERKUNST 

VON 

CARL  B.  LORCK. 

ZWEITER  TEIL 

WIEDERERWACHEN  UND  NEUE  BLÜTE  DER  KUNST 

1 75 1  — 1882. 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  J.  J.  WEBER 
MDCCCLXXXin. 


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^  y  ^  ff.  f2. 


JAN  7  im 


V  ORBEMERK  UN  G 

zu  dem  zweiten  Teil. 

Indern  ich  den  Schlussteil  meines  Handbuches  der 
Geschichte  der  Buchdrucker kunst  etwas  später  und  nicht 
unwesentlich  umfangreicher,  als  es  in  der  ur sprüng- 
lichen Absicht  lag,  der  Öffentlichkeit  übergebe,  geschieht  es, 
trotz  der  wohlwollenden  Aufnahme ,  welche  dem  ersten 
Bande  sowohl  seitens  der  Presse  als  des  Publikums  zuteil 
wurde,  nur  mit  vermehrter  Zagliaftigkeit. 

Seite  für  Seite  nähert  sich  die  Darstellung  einer 
Periode,  in  welcher  jeder  dem  Fach  angehörende  Leser 
nicht  nur  zu  den  Zuschauenden,  sondern,  durch  längere 
oder  kürzere  Zeit,  in  mehr  oder  weniger  hervorragender 
Weise  zu  den  Mitwirkenden  gehört.  Von  den  Leistungen 
dieser  Periode  wird  er  sich  selbst  ein  Bild  gemacht  haben 
und  eine  fertige  Afeinung  mitbringen.  Über  Einzelheiten 
wird  derselbe  nicht  seltm  genauer  unterrichtet  sein,  als 
der  Verfasser  des  Buches,  und  wird  deshalb  leicht  getteigt 
sein,  streng  über  letzteren  zu  Gericht  zu  sitzen,  der 
genötigt  war,  die  Leistungen  der  verschiedenen  Völker  auf 
dem  typographischen  Gebiete  als  Gesamtmasse  und  in 


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VI 


VORBEMERKUNG. 


ihrem  Verhältnis  zu  einander  auf  einem  massigen  Räume 
in  gedrängter  Übersicht  vorzuführen  und  dem  deshalb 
manches  weniger  bedeutend  erscheinen  konnte,  was  viel- 
leicht dem  Leser  von  einem  nationalen,  lokalen  oder  persön- 
lichen Standpunkte  von  grösserer  Bedeutung  vorkommt. 
So  kann  es  leicht  geschehen,  dass  der  Betreffende  sein 
Ideal  oder  seinen  Lieblings- „Meister"'  nicht  oder  nur  mit 
wenigeti  Worten  erwähnt  findet  oder  dass  über  einen 
Gegenstand,  welchen  die  Fachjournale  die  Pflicht  hatten, 
ausführlich  zu  erörtern,  nur  eine  kurze  Notiz  gegeben 
ist.  Diesen  Lesern  muss  ich  zu  bedenken  geben ,  einerseits, 
dass  der  vorliegende  Band  einen  Zeitraum  von  fast  andert- 
halb Jahrhunderten  des  mächtigsten  Fortschreitens  der 
Kunst  in  der  alten  und  neuen  Welt  umfasst,  anderer- 
seits, dass  ein  geschichtliches  Handbuch  weder  ein  tech- 
nisches Lehrbuch  noch  ein  geschäftliches  Adressbuch  oder 
ein  empfehlender  Preiscourant  für  Fabrikanten  sein  kann 
und  darf 

In  der  Innehaltung  der  richtigen  Grenze  des  zu 
Besprechenden  liegt  eben  die  Hauptschwierigkeit  eines 

geschichtlichen  Handbuches ,  welches  bis  auf  den  heutigen 
Tag  heranreicht.  Dass  indes  diese  Grmze  überall  richtig 

getroffeti  sein  sollte,  darf  ich  nicht  behaupten.  Missgriffe 
und  Fehler,  sowohl  hinsichtlich  des  Weggelassenen  als 
des  Besprochenen ,  können  bei  der  grossen  Reichhaltigkeit 
und  Vielseitigkeit  des  Stoffes  und  bei  der  Unmöglichkeit, 
überall  gleichmässig  orientiert  zu  sein,  wohl  vorkommen, 
nur  hoffe  ich,  dass  man  ein  tendenziöses  Hervorheben 
oder  Weglassen  mir  nirgmds  wird  nachsagen  können. 

Über  die  in  diesem  Bande  befolgte  Gruppeneinteilung 
habe  ich  mich  bereits  in  dem  Vorwort  zum  ersten  Bande 
ausgesprochen.  Wenn  ich  auch  bestrebt  gewesen  bin,  jedem 
der  maassgebenden  Hauptländer  sein  Recht  werden  zu 
lassen,  so  ist  es  doch  selbstverständlich,  dass  Deutschland 


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VORIiF.MUKKtW'C. 


vir 


den  Anspruch  auf  eine  etiuas  detailliertere  Behandlung 
als  England  und  Frankreich  hatte,  doch  hoffe  ich,  das 
erlaubte  Maass  zugunsten  Deutschlands  nicht  überschritten 
zu  haben. 

Obwohl  die  Bedeutung  einer  Offizin  für  die  Geschichte 
sich  keineswegs  immer  nach  Zahl  der  Pressen  oder  der 
beschäftigten  Arbeiter  messen  lässt  —  die  berühmte  Kunst- 
druckerei von  H.  Reiss  in  Wien  arbeitete  mit  „einer"  Hand- 
presse und  „einem"  Drucker  — ,  so  schien  es  doch  geboten, 
zur  Vervollständigung  eines  Gesamtbildes  des  grossartigen 
Wirkens  der  heutigen  Presse  dm  Umfang  der  grösseren 
Offizinen  anzudeuten,  obwohl  bei  der  Aufzählung  einer 
Reihe  von  Firmen  Monotonie  nicht  ganz  zu  umgehen  war. 
Dasselbe  gilt  von  den  statistischen  Angaben  über  ganze 
Länder  oder  einzelne  Städte.  Sie  sind  hauptsächlich  auf 
Mitteilungen  aus  den  Jahren  1880 — 1882  begründet, 
ohne  sich  durchweg  an  ein  und  dasselbe  Jahr  zu  Italien, 
was  für  den  Zweck  einer  allgemeinen  Übersicht  ohne 
Bedeutung  war. 

Hätte  ich  die  Geivissheit,  das  mir  gesteckte  Ziel,  über 
welches  ebenfalls  im  Vonuorte  zum  ersten  Bande  näheres 
gesagt  wurde,  erreicht  zti  haben:  „mit  dem  enormen  auf- 
gespeicherten Material  aufzuräumen,  das  Nutzlose  zu 
beseitigen  und  in  das  zurückbleibende  Wertvolle  einiger- 
m aussen  Ordnung  und  Übersichtlichkeit  zu  bringen",  so 
würde  ich  mit  grosser  Befriedigung  die  Feder  nach  voll- 
brachter, jahrelanger  mühsamer  Arbeit  weglegen;  jetzt 
kann  ich  es  nur  mit  dem  Bewusstsein  thun,  dass  ich 
ehrlich  bemüht  gewesm,  nicht  gar  zu  weit  hinter  der 
Aufgabe  zurückzubleiben. 

Leipzig,  den  24.  Oktober  1883. 

Carl  B.  Lorck. 


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INHALTS-VERZEICHNIS. 


Seite 

F  TN  T  .F.ITf  JNG 

DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE  ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 

Wiederbelebung  der  Buchdruckerkunst.  Das  geistige  und  das  physische 
Licht  Photographie,  Lithographie,  Chemigraphie.  —  Alois  Scne- 
felder  und  der  chemische  Druck,  Musiknoten-,  Landkarten-,  Ölbild- 
und  Aquarelldruck,  anastatischer  Druck.  Die  Daguerreotypie.  Die 
Silberphotographic,  die  Photographie  und  die  Druckkunst,  das 
Woodbury -Verfahren  ,  der  Lichtdruck,  die  Alberttypic,  der  photo- 
graphische Lichtdruck,  die  Photolithographie.  —  Verschiedene  Hoch- 
druckversuchc:  die  Chcmitypie,  die  Zinkhochatzung,  ihre  Vorzüge 
und  Mängel,  ihre  Zukunftsstellung   3 — 2Q 


ERSTES  RUCH. 

DIE  A N C  I, O -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 
EINFÜHRUNG  IN  DAS  ERSTE  BUCH  (23 — 28). 

I.  KAPITEL. 

SCHkin  GIESSEREI  UND  SETZMASCHINEN  DER  ANGLO- AM  ER  1 K,  A  X ISC  H  K  N 

GRUPPE. 

Die  Schriftgiesserei :  W.  Caslon  u.,  J.  Jackson,  D.  Bruce,  Mac  Kellar 
Smiths  &  Jordan  u.  a.  Die  Holztypen.  Der  Blindendruck.  Lord 
Stanhopes  Stereotypie.  Die  Giessmaschine:  Nicholson,  Elihu  White, 


X  INHALTS  -  VERZEICHNIS. 

Seite 

D.  &  G.  Bruce,  Johnson  und  Atkinson,  Westcotts  Giessmaschine.  

1  >if.  Setzmaschine,  frühere  Versuche  :  T.  AI  Jen,  W.  Mitchell,  A.  Fräser 
u.  .1.  Hattcrslcy,  Kastenbein,  Mackie.  Der  Matrix  rom/osiior  und 
ahnliche  Apparate   29 — 48 

IL  KAPITEL 

DIF.  DRUCK.  ITVn  Hftr.FSMASrHIWF.K  DFR  AKGI.O-AMF.R1K  ANISCHF.N 

GRUPPE. 

Die  Handpresse.  Lord  Stanhope  und  seine  Nachfolger:  Cogger, 
Clymer  u.  a.  Die  Auftragmaschine.  Die  Glatt-  und  Prägmaschine: 
Bramah.  Die  Schnellpresse  :  Friedrich  König  in  England,  Bensley, 
John  Walter,  der  29.  November  1814,  Kränkungen  Königs,  seine 
Abreise  von  London,  Walters  Eintreten  für  ihn.  Die  Nachfolger 
Königs:  Napier,  Applegath  &  Cowper,  Hoe  u.  a.  Die  Endlosen: 
W.  Bullock.  die  Walter-Maschine  u.  a.  Die  Mehrfarbe-Endlosc.  Die 
Treimaschine.  Die  Aufleger,  die  Anleger.  Du.  Sa t  in* i r rm a sc* n in r. 
Dil.  1'' V. l: C HT.MT A R, A T F..  DlK  ISRQNar.RMA^lllNK.  Du;  1*  AI.-'M \S'  H1NE. 
niVKRSF.  HÖI.FSMASCII1SF.N.  WAI.EKN  UND  FARBE.  DlE  MATERIALIEN- 
HANDl.l  N'C.l  V   4')  7- 

III.  KAPIPEL. 

PIK  TVPOr.RAPHIF.  I7ND  DAS  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 

Ent.land.  Aufblühen  der  Typographie:  J.  Baskerville,  Bowyer  Vater 
und  Sohn,  J.  Nichols,  Miller  -  Ritchie ,  \V.  Bidmer,  Th.  Benslcv, 
Hansard  \"ater  und  Sohn.  Die  Xvi.or.KAi'HlE :  Thom.  Howiek.  Der 
Farbendruck:  G.  Baxter,  W.  Savage,  W.  Congreve.  Oxford,  Cam- 
bridge, Edinburgh  u.  a.  Die  Zeitungspresse  :  Die  Times  und  die 
Familie  Walter;  Stempel;  telegraphischer  Verkehr;  Inseratenwesen; 
Statistisches.  Di  k  AccmENznRUCK.  Der  Buchhandel:  Die  illu- 
strierten Blatter,  Ch.  Kniidit.  Der  liibcldruck.  Die  Fiibliophilic : 
I.or<l  Spencer,  T.  F.  Pibdin.     Dil-,  Buc'llljlNDEKKt'NST. 

Asien:  Indien,  China,  Japan,  der  Indische  Archipel.  —  Australien, 

die  Südseeinseln.  —  Afrika  73—  'M 

IV.  KAPTTKI.. 

DIF.  TYPOGRAPHIE  UND  DAS  BUCHGFAYFRRE  NORDAMERIKAS. 

Wachstum  der  Fresst.  Dir  Zeitungen:  Statistisches,  der  Herald, 
Horace  Greelcy  und  die  Tribüne,  G.  Childs  und  der  Ledger,  die 
Familie  Harper,  Frank  Leslie  uml  die  illustrierte  Tresse.  Die  Holz- 
schneidekunst. Dif.  Bi-riinnurKFRVi  und  der  Buchhandel:  Die 

Staatsdruckerei  und  der  Accidenzdruck,  Organisation  des  Buch- 
handels.  Grosse  Druck-  und  Verlagsfinnen:  Appleton,  Lippincott, 


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INHALTS  -  VERZEICHNIS.  XI 

S--ir.- 

Houghton  u,  a. ,  Einfluss  des  deutschen  Elements,  Nachdruck 
deutscher  Werke,  deutsche  Buchhandlungen  und  Zeitungen.  Das 
Papier   HS—  H6 


ZWEITES  BUCH. 

IHK    ROMANISCHE  GKITPE. 
 ••»--  — 

EINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWEITE  BUCH  (  I  39  144). 

V  KAPITEL. 

DIE  SCHRIFTfilESSEREI  UND  DIE  MASCHINEN  IN  FRANKREICH. 

DlE  SCHRlfTGtESSEREI:  Das  Schriftsystem  Didots,  seine  Anglaise,  Mole\ 
Oricntalia.  Notendruck,  E.  Duver^-r,  Charles  Derriey  und  das  typo- 
graphische Ornament  Holzschnitt  und  Hochätzung.  Die  Stereo- 
typie: Pauli,  Gaveaux,  Tannin.  Die  Maschinen:  Marinoni,  Alauzet, 
Dutartre  u.  a.  Die  Utensilien.  Farbe.  Papierfabrikation.  Dir.  Buch» 
bindekunst    145 — 162 

VI.  KAPITEL. 

DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH.    DIE  SCHÖPFER 
DER  VFUFRN  TYPOC-R  AI'Hl  f. 

Der  Staat  und  die  Presse  unter  Ludwig  xvi.,  der  Revolution, 
Napoleon  i.,  der  Restauration,  dem  r.urgf rkonigtum,  Napoleon  Iii. 
Die  alteren  IUchpruckfrmen:  Die  Staatvdnickerei  und  die  Didot 
in  ihrem  Einthivse  auf  die  Typographie,  die  Familien  I'anckoticke, 
Harbou,  Lottin,  Treuttel  \  Wdrt/,  Rer^er-Levrault,  Dentu,  Crapclet  i6j--ioo 

VIT.  KAPITEL. 
DIE  modfrve  typohraihtf  Frankreichs  und  das 

BUCHGEWERBE. 

Das  Auflebf.n  des  Buchgewerbes.   Die  Prachtwerke.   Nene  Bahnen. 

Der  Cerele  de  la  Librairie.  Die  Fachliteratur.  Statistisches.  Die 

Journallitteratur.  DlF.  MODERNE  Tvror.R \rnir. :  A.  Maine  \  Co., 
H.  Fournier,  F.  Dupont,  J.  Claye,  N.  Chaix,  H.  Plön  u.  a.  Der 
ll.LfSTRlF.RTF.  Vf.ri.ac  :  Ch.  Furne,  J.  Pul'ochet,  J.  Paulin.  Du.  l.fXis- 
bücher:  L.  Curmer,  G.  Silbermann,  Engelmann  Vater  &  Sohn.  Die 

VERSCHIEDENEN  RICHTUNGEN  DES  BUCHHANDELS:    Baillere,  Masson, 

Hachctte  &  Co.  u.  a.  Der  archaistische  Druck:  L.  Perrin. 
D.Jouaust.  Die  Bibliographie:  Die  Buchhandlungen  für  das  Ausland. 
Statistisches  191—224 


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XII 


INHALTS  -  VERZEICHNIS. 


VIII.  KAPITEL. 

DIR  ZWEIGE  DI  R  ROMANISCH!  N  C.RUPPE. 

Die  Niederlande:  Zurückgehen  der  Kunst.  Der  Nachdruck.  Die 
neuere  Typographie  Hollands  und  Belgiens.  —  Italien:  G.  Bodoni. 
langsame  Fortschritte.  Venedig,  die  Mechitaristen.  Fanfilo  Castaldi. 
Der  Buchhandel ,  die  Familie  Pumba.  Rom,  die  Druckerei  der 
Propaganda.   Krfreuliche  Ansichten.  —  Spanien:  J.  Ibarra.  Madrid. 

Barcelona,    Pokti  gai,:  1  >ic  Staatsdruckerei.  Südamerika:  Buenos 

Aires,  Rio  de  Janeiro,  Lima,  Cuha,  Mexiko.  —  Nordafrika:  Algier, 
Ägypten.  TÜRKEI:  Aufblühen  und  Verfall  der  Kunst.  Jetzige  I  «ige  225 — 252 


DRITTES  RUCH 

DIE  G  KR  MANISCHE  GRUPPK. 
••• — 

EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH  (2g3 — 200). 

IX.  KAPITEL. 

ALLGEMEINER  ÜHERBUCK  ÜnF.R  DAS  DEUTSCHE  PRESsOEW  ERHE. 

Gedrückter  Zustand  des  Pressgewerbes.  Nachdruck  und  Presspolizei. 
Die  kaiserl.  Bücherkommission.  Die  Presse  in  den  einzelnen  Bundes. 
Staaten.  Die  nationale  I.itteratur,  Reform  des  Buchhandels.  Der 
Börsenverein.  Die  Bücherproduktion.  Der  Buchdrucker-Verband 
und  der  Prinzipal  »Verein.  Statistisches.  Die  Papierfabrikation. 
Die  Buchbinderkunst,  der  Masseneinband  und  die  Handarbeit  .     261 — 280 

X  KAPITEL. 

P1L  .SCHRIFT  UND  PIK  ILLUSTRATION  IN  DEUTSCH  LAND- 
ÖSTERREICH. 

Aufschwung  der  Schriftgiesserei.  Kd.  Hänel.  Die  deutsche  Druckschrift. 
Walbaum  Vater  und  Sohn.  Hamburg,  Berlin,  Leipzig,  Frankfurt  a.  M. 
Osterreich,  G.  Haase,  ("'.  Faulmann.  1  )ie  Stereu) ypie,  die  ( Galvano- 
plastik, die  Dynamo-Kiektrik.  Die  Giessmaschine.  Die  Illcstka  i  ion  : 
Verfall  im  xvm.  Jahrhundert.  Wiedererwachen  des  Holzschnittes. 
Die  Unger,  Gubitz,  Unzclmann.  Kretzschmar  u.  a.  Österreich: 
Prestel,  Höfel,  Knöfler  u.  a.  Die  Tlanotypie.  Die  Stigmatypie: 
Carl  Fasol  2S1  —  304 


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INHALTS  -  VEKZEICH  N  IS. 


XIII 


Seite 

XL  KAPITEL- 
iHK  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND. 

Fr.  König  und  die  Schnellpresse.  Die  Bedeutung  derselben.  Jugend- 
geschichte Königs.  Seine  Rückkehr  aus  England.  Etablissement 
König  »V  Hauer  in  Ober/eil.  Kampf  und  Sieg.  Die  Zweifarben- 
maschine.  Die  Endlose.  Die  Maschinenfabrik  Augsburg  und  andere 
Fabriken  Deutschlands.  Heibig  &  Müller  in  Wien  und  andere  Fabri» 
kauten  üstei  reich-,  Uje  lithographische  und  die  /  inkographi>chc 
Schnellpresse.  Die  Handpressen,  Die  Satinier-Schncllprcsse.  Die 
Farbenfabrikation  305 — 320 

XII.  KAPITEL. 

DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

J.  G.  I.  Breitkopf,  seine  Reformen,  der  Musiknolcndruck  vor  P.reitkopf 
und  dessen  Verbesserungen,  Breitkopf  &  Härtel.  G.  J.  Gbschen. 
Friedr.  Arnold  Brockhaus  und  seine  Nachfolger.  B.  G.  Teubner. 
Karl  Tauchnitz.  Fr.  Nies  und  seine  Nachfolger.  B.  Tauchnitz.  Das 
Jubelfest  1840.  Giesccke  &  Devrient.  Das  Bibliographische  Institut- 
Verschiedene  Offizinen  Leipzigs.  —  Dresden:  Meinhold  &  Söhne  u.  a. 
llaüe:  Waisenhausdruckerei,  Schwel  sclike  \  Snhn.  —  Weimar:  Hol- 
buchdruckerei.  —  Gotha:  Just.  Perthes.  —  Braunschweig:  Vicwcg& 
Sohn,  G.  Westermann,  Dr.  Heinrich  Meyer  und  das  Journal  für 
Buchdruckerkunst  331 — 356 

XTIT  KAPITEL. 

I'KK  NORDEN  DI  R  '  A  K M  A MSC II EN  C.  Kl'I'KE. 

Hi  ri.in  ;  Wachsende  Bedeutung.  I  »ie  Familie  Decker,  Unger  Vater  und 
Sohn,  Gebr.  Unger,  Familie  Spencr,  Reimer,  Mittler  u.  a.  Ed.  Hänel- 
Gronau.  Die  /eitungsdruckereien.  Die  Acciden/druckereicn.  Die 
lithographisclien  und  sonstigen  K uns-.anstaltcn.  Breslau.  Prank- 
furt a.  O.  Posen.  Königsberg.  Danzig.  Stettin.  Lübeck.  Hamburg. 
Bremen.    Hannover.    Köln:  Die  Offi/in  der  „Kölnischen  Zeitung"  337~"3^2 

XIV.  KAPITEL. 

DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

Emporwachsen  Stuttgarts:  Die  Familie  Cotta.  J.  B.  Mct/ler.  Die  illu- 
strierte Littcratur.  Ed.  Hallbergcr,  Gebr.  Kröner  u.  a.  Die  Xylo- 
graphie. Der  Buchhandel.  Statistisches.  Tübingen.  München: 
Aufschwung  aller  graphischen  Künste:  Kasp.  Braun,  Fr.  Hanfstängl, 
J.  Albert,  Fr.  Pruckmann  u.  a.  Nürnberg.  Regensburg.  Augsburg. 
Rheinische  Städte.    Frankfurt  a.  M.    Mainz  und  das  Einweihung*» 


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XIV  INHALTS  -VERZEICHNIS. 

fest.   Freiburg  i.  Br.   Dornach:  Ad.  Braun.  Strassburg:  Das  Gutcn- 
bcr^dcnkmal,  die  Bibliothek. 
DtE  Schweiz.    Lokale  Schwierigkeiten.    Basel:  Die  Familie  Haas. 
Zürich:  Orcll  Fussli  &  Co..  Kartographie.  St.  Gallen:  Chr.  Zollikofcr. 
Finsiedeln :  Gebr.  Benziger.   Bern  jSj — 412 

XV.  KAPITEL. 

DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRtTl'E. 

Presszustände  in  Österreich.  J.  T.  Trattncr.  J.  G.  Trassier.  J.  v.  Kuri- 
beck.  A.  Schmid.  Familie  Gerold.  J.V.Degen.  A.Auer.  Die  Hof- 
und  Stnatsdruekcrei.  W.  v.  Braumüller.  Das  Museum  und  die 
Gesellschaft  für  vervielfältigende  Kunst  Der  Buchdrucker-Verein. 
Neuere  Buch  Druckereien  Wiens.  Die  Druckereien  in  den  Provinzen. 
Ungarn.  Druckereien  in  Budapest  und  an  anderen  Orten.  Stati- 
stisches aus  Österreich-Ungarn  4'3 — 44° 

XVI.  KAPITEL. 

DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

I )  \NKM.\RK.  Fortschritte  der  Typographie:  It.  I.uno ,  Gebr.  Thiele, 
C.  Fcrslew  &  Co.  u.  a.  Die  Chemitypie:  C.  l'iil.  Die  Gicssmaschinc  : 
L.  Brandt.  Die  Setzmaschine:  C.  Sörensen.  Die  Schreibkugel: 
Mailing  Hansen.  Island.  Grönland.  Norwegen.  Geistiges  Leben. 
Schwi  PK.y    Norstedt  \  Soner,  Central  -Tryckerict  u.a.    Fl  NM,  AM  >. 

Russland  und  Polen.  Die  Staatsdruckerei  und  andere  Offizinen. 

Das   Zeitungswesen.     Die  Donauländer:    Serbien,  Rumänien, 
Bulgarien.    (  rRiK.cnr.sr.ANi>  441 — 464 


REGISTER. 

A.  Namen-  und  Sachregister   ,    ,  .     405 — 4S7 

B.  Nachweis  der  angeführten  Quellenschriften  4S8— 493 


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EINLEITUNG. 

AS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 
ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 


DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE  ALS  FÖRDERER 

DER  TYPOGRAPHIE. 

Wiederbelebung  der  Ruchdruckerkunst.  Das  geistige  und  das  physische  I.icht. 
Photographie,  Lithographie,  Chemigraphie.  —  Alois  Senefelder  und  der 
chemische  Druck,  Musiknoten-,  Landkarten-,  Ölbild-  und  Aquarclldruck, 
anastatischer  Druck.  Die  Daguerreotypic.  Die  Silbcrphotographie,  die 
Photographie  und  die  Druckkunst,  das  Woodbury -Verfahren,  der  Lichtdruck, 
die  Alberttypie,  der  photographische  Farbendruck,  die  Photolithographic.  — 
Verschiedene  Hochdruckversuche:  die  Chemitypie,  die  Zinkhochätzung,  ihre 
Vorzüge  und  Mängel,  ihre  Zukunftsstellung. 


LS  die  Grenze  des  allmählichen  Rückganges,  teilweise 
der  Erniedrigung  der  Buchdruckerkunst,  von  welcher  w^deriKicbung 
der  Leser  in  dem  ersten  Teil  der  Geschichte  bereits  ku.«t. 
Kenntnis  nahm,  zugleich  als  der  Ausgangspunkt 
einer  neuen  Entwicklung  zum  Hesseren  kann  das 
dritte  Jubeljahr  der  Erfindung  bezeichnet  werden. 
Nicht  lange  nach  diesem  Zeitpunkt  beginnt  eine,  fast  durch  mehr 
als  ein  Jahrhundert  sich  erstreckende  ununterbrochene  Kette  von 
Verbesserungen  und  neuen  Erfindungen  auf  dem  Gebiete  der 
Druckkunst,  so  dass  diese  um  die  Zeit  der  vierten  Jubelfeier, 
begünstigt  von  dem  überall  aufblühenden,  frischeren  geistigen, 
politischen  und  gewerblichen  Leben,  ihre  zweite  Glanzperiode  antritt, 
inmitten  welcher  wir  uns  jetzt  noch  befinden,  von  der  festen 
Zuversicht  durchdrungen,  dass  unsere  Nachkommen  von  einem 
abermaligen  Herabsteigen  von  der  erklommenen  Höhe  nicht  zu 
berichten  haben  werden. 


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4 


DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 


In  der  letzten  Hälfte  des  XVIII.  Jahrhunderts  knüpften  die 
Verbesserungen  und  Erfindungen  noch  behutsam  an  das  Bestehende 
an;  von  dem  Beginn  unseres  Jahrhunderts  an  ging  es  aber  mit 
Sturmschritten  auf  neuen  Bahnen  unaufhaltsam  vorwärts. 

„  Meister  Blutlos "  hatte  das  Scepter  in  die  Hand  genommen 
Di«  Maschinen,  und  je  mehr  wir  uns  unseren  Tagen  nähern,  um  so  uneingeschränkter 
wurde  die  Herrschaft  dieses  Meisters,  „der  aus  dem  Gedanken  des 
Menschen  Leben  trank  und  Nahrung  zog,  die  seinen  eisernen 
Gliedmassen  Kräfte  verlieh,  welche  der  Mensch  selbst  nicht  besitzt". 

Doch  nicht  genug  hiermit.  Der  graphischen  Kunst  entstanden 
neue  mächtige  Bundesgenossen  in  der  alles  belebenden  Sonne  und 
in  den  geheimen  Kräften  der  Natur,  in  deren  nimmer  rastende  Werk- 
stätte die  Chemie  uns  einen  belehrenden  Einblick  eröffnet  hatte. 

Indem  Gutenbergs  Kunst  der  Menschheit  zu  dem  geistigen 
Da*  Licht.  Licht  der  Kenntnisse  verhalf,  durch  welche  es  ihr  gelang,  sich  die 
Kräfte  des  physischen  Lichts  dienstbar  zu  machen,  erreichte  sie 
zugleich,  dass  das  letztere  nunmehr  seinerseits  eines  der  wichtigsten 
Mittel  zur  Verbreitung  der  geistigen  Erleuchtung  wurde:  die  Sonne 
selbst  zeigte  sich  als  eine  direkte  Förderin  der  Druckkunst,  wenn- 
auch  zugleich  als  eine  gefahrliche  Konkurrentin,  deren  Macht  zu 
weichen  jedoch  selbst  unserm  Altmeister  nicht  zur  Unehre  gereichen 
würde,  denn  in  der  Photographie  mit  den  vielen  in  ihr  wurzelnden 
Rcproduktionsverfahren  liegen  Kräfte ,  welche  denen  des  Hercules 
in  der  Wiege  gleichen.  Sie  zeigen  sich  jetzt  schon  als  ganz  ausser- 
ordentliche, obwohl  sie  sich  noch  in  den  ersten  Stadien  ihrer 
Entwickelung  befinden  und  erst  ahnen  lassen,  welche  Umwälzung 
sie  der  Druckkunst  in  der  Zukunft  bereiten  können. 

Eine  junge,  als  Förderin  der  graphischen  Kunst  jedoch  ältere 
Kraft  denn  die  ewige  Sonne,  wuchs  in  der  LITHOGRAPHIE  empor. 
Wennauch  diese  Kunst  heute  bereits  aufgehört  hat,  den  hervor- 
ragenden Platz  zu  behaupten,  den  sie  eine  Zeitlang  als  Produzentin 
künstlerischer  Schwarzdruckc  einnahm,  so  macht  sie  sich  um  so 
mehr  im  Farben-  und  Lichtdruck  um  Wissenschaft  und  Kunst, 
Industrie  und  Gewerbe  verdient;  hat  jedoch  schon  eine  neue,  nach 
a.tmigr;.phic.  mehreren  Richtungen  hin  glückliche  Mitbewerberin  um  die  Gunst 
des  Publikums  in  der  Chemigraphie  gefunden,  welcher,  wie  es 
scheint,  eine  grosse  Zukunft  bevorsteht. 


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ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE.  5 

So  sehen  wir  heute  eine  Reihe  von  graphischen  Verfahren  mit 
der  Typographie  zur  Herstellung  der  mannigfachsten  Druckwerke  Di«  iypoÄraPhi- 

sehen  Institute. 

je  nach  ihrer  Eigenart  einträchtig  zusammen  wirken.  Jedes  dieser 
Verfahren  kann  seine  eigentümlichen  Vorzüge  geltend  machen 
und  zugleich  die  Kräfte  der  anderen  benutzen.  Deshalb  pflegen 
auch  die  grösseren  typographischen  Institute  von  heute  gewöhnlich 
gleichzeitig  mehrere  Verfahren,  wodurch  sie  imstande  sind,  Arbeiten 
für  die  verschiedensten  Zwecke  der  Wissenschaft,  der  Bildung,  des 
Handels,  des  bürgerlichen  und  des  staatlichen  Lebens  in  einer 
Vollendung  zu  liefern,  wie  sie  durch  eine  einzelne  dieser  Künste 
nicht  zu  erreichen  gewesen  wäre. 

Jedoch,  je  mächtiger  die  Technik  vorwärts  schritt,  je  allgemeiner 
der  Dampf,  das  Licht  und  die  Chemie  das  Übergewicht  erlangten,  Zurücktreten  der 
um  so  mehr  musste  die  Biographie  aufhören,  als  Mittelpunkt  der 
Geschichtschreibung  zu  dienen,  während  sich  in  den  früheren 
Perioden  die  Teilnahme  vorzugsweise  auf  hervorragende  Männer 
richtete,  die  mit  dem  historischen,  zumteil  auch  mythischen  Nimbus 
umgeben  waren  und  deren  Stellung  in  der  Geschichte  der  Typo- 
graphie von  der  Öffentlichen  Meinung  längst  bestimmt  war. 

Heutzutage,  wo  die  Buchdruckerci  hauptsächlich,  wennauch 
im  besten  Sinne,  eine  auf  Grossbetrieb  angelegte  Fabrik  geworden, 
ist  die  Maschine  und  das  Fabrikat  in  den  Vordergrund  getreten. 
Der  Besitzer  einer  vortrefflichen  Buchdruckerei  ist  jetzt  nicht  immer 
ein  vortrefflicher  Buchdrucker,  dessen  Name  in  der  Geschichte 
fortleben  wird ,  sondern  oft  nur  ein  gut  rechnender  Kaufmann ,  der 
imstande  war,  das  beste  Material  anzuschaffen,  und  klug  genug,  um 
durch  einen  tüchtigen  Dirigenten  und  tüchtige  Arbeiter  das  zu 
ersetzen ,  was  ihm  selbst  fehlt.  Das  Individuum  tritt  somit  gegen 
die  Gesamtsumme  der  Tüchtigkeit  und  des  Unternehmungsgeistes 
eines  ganzen  Volkes  und  —  das  müssen  wir  allerdings  hinzusetzen 
~  gegen  die  Summe  von  dessen  Kapital  zurück. 

Doch  auch  ganze  Völker  verlieren  nach  und  nach  viele  ihrer 
Eigentümlichkeiten  und  selbstverständlich  sind  es  namentlich  die  Der  ititcrn.iiio- 
kleineren  unter  denselben,  oder  die  in  der  Kultur  zurückgebliebenen, 
die  sich  von  der  Anziehungskraft  der  grossen  Zentren  beeinflusst 
fühlen.  Wie  in  der  Politik,  der  Litteratur,  der  Kunst  und  dem 
Handel  der  Kirchturmsausblick  dem  kosmopolitischen  Fernblick 


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6 


DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 


Platz  machte,  so  auch  in  der  Typographie.  Je  leichter  der  Verkehr 
zwischen  den  Nachbarländern  sich  gestaltet,  um  so  leichter  und 
schneller  eignet  sich  ein  Volk  die  Vorzüge  und  Erfindungen  des 
anderen  an.  Diese  Leichtigkeit  geht  so  weit,  dass  es,  obgleich  es 
sich  oft  um  eine  uns  nahe  liegende  Vergangenheit  handelt,  nicht 
mehr  zu  konstatieren  ist,  wem  oder  welchem  Lande  diese  oder 
jene  Erfindung  gehört.  Der  Eine  wirft  einen  Gedanken  hin ;  der 
Andere  nimmt  ihn  auf  und  arbeitet  ihn  weiter  aus;  der  Dritte  macht 
einen  unpraktischen  Versuch  damit;  dem  Vierten  erst  gelingt  die 
Durchführung.  Oft  geschieht  diese  Aneignung  unwillkürlich,  oft 
entsteht  ein  Gedanke  gleichzeitig  bei  Mehreren;  die  Luft  ist 
sozusagen  mit  Erfindungsstofien  geschwängert. 

Unter  solchen  Verhältnissen  wird  es,  je  mehr  wir  uns  der  Jetzt- 
zeit nähern,  desto  schwieriger,  eine  streng  gesonderte  Behandlung 
der  typographischen  Geschichte  jedes  einzelnen  Volkes,  jeder  Stadt, 
jeder  Firma  beizubehalten,  denn  Eigentümlichkeiten  machen  sich 
hauptsächlich  nur  in  den  grösseren  Gruppen  bemerkbar. 

Von  solchen  bildeten  sich  im  Laufe  der  Zeit  drei :  die  Anglo 
Dic  r.rii].|>t:ii-  Amerikanische,  die  Romanische  und  die  Germanische.  Nicht 
immer  war  die  nationale  und  sprachliche  Verwandtschaft  der  Völker 
für  die  Gruppierung  allein  massgebend ;  öfters  wirkten  auch  poli- 
tische ,  merkantile  und  technische  Verhältnisse  sehr  stark  mit.  So 
sehen  wir,  wie  den  germanischen  nahe  verwandte  Länder,  wie  die 
Niederlande,  mehr  der  romanischen  Gruppe  in  der  Typographie 
sich  zuneigen,  während  die,  dem  Germanentum  nichts  weniger  als 
freundlich  gesinnten  slawischen  und  magyarischen  Völker  sich  in 
gewerblich-technischer  Hinsicht  der  germanischen  Gruppe  anreihen. 
Der  ferne  Osten  Asiens  und  Australien  unterliegen  der  Wucht  der 
Beherrscherin  des  Ozeans,  während  der  Einfluss  Frankreichs  sich  in 
den  Umländern  des  Mittelmeeres,  in  den  europäischen  sowohl  wie 
in  den  afrikanischen  und  asiatischen,  geltend  macht. 

Es  wird  unsere  Aufgabe  sein,  in  den  folgenden  Abschnitten  die 
eigentümliche  Entwickelung,  welche  jede  dieser  Gruppen,  trotz  der 
Amalgamierung  der  Völker  im  allgemeinen,  genommen  hat,  zu 
verfolgen.  Warum  wir  mit  der  Anglo  -  Amerikanischen  Gruppe 
anfangen,  daran  die  Romanische  reihen,  und  mit  der  Germanischen 
schliessen,  ergiebt  sich  aus  der  Geschichte. 


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ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 


7 


Bevor  wir  jedoch  an  diese  Gruppen  herantreten,  um  die 
Leistungen  der  einzelnen  zu  überschauen,  ist  es  nötig,  auf  das 
Entstehen  und  Fortschreiten  der  erwähnten  neuen  Schwesterkünstc 
der  Typographie,  des  Steindrucks,  des  Lichtdrucks  und  des 
Zinkdrucks,  in  ihrem  Zusammenhang  unter  einander  und  mit  der 
Typographie,  einen  Blick  zu  werfen1,  der  sich  allerdings  innerhalb 
der  engsten  Grenzen  zu  halten  haben  wird.  Die  Reihe  eröffnet  dem 
Altersrang  gemäss: 

DIE  LITHOGRAPHIE. 

„Ich  wünsche,  dass  die  Steindruckerei  bald  auf  der  ganzen 
Erde  verbreitet,  der  Menschheit  durch  viele  vortreffliche  Erzeugnisse  Alois  ScncfelUcr. 
vielfältigen  Nutzen  bringen  und  zu  ihrer  grösseren  Veredlung 
gereiche,  niemals  aber  zu  einem  bösen  Zweck  missbraucht  werden 
möge.  Dies  gebe  der  Allmächtige ;  dann  sei  gesegnet  die  Stunde, 
in  der  ich  sie  erfand.- 

So  spricht  —  nicht  unähnlich  seinem  grossen  Vorgänger 
Gutenberg  in  der  Nachschrift  zu  dem  Katholikon  (I,  s.  33)  —  der 
Erfinder  der  Lithographie  Alois  Senefeldkr  in  seinem  berühmten 
Werke*,  voll  des  Dankes  gegen  die  Vorsehung,  welche  ihn  als 
Werkzeug  benutzt  hatte ,  um  die  Menschheit  einer  grossen  Wohl- 
that  teilhaft  werden  zu  lassen. 

Sollte  nun  auch  die  Lithographie  so  wenig,  wie  die  Typographie, 
von  jedem  unedlen  Missbrauch  verschont  bleiben,  so  wiegen 
trotzdem  bei  beiden  der  „vielfältige  Nutzen"  und  die  erzielte 
„Veredlung  der  Menschheit"  so  schwer,  dass  der  Erfinder  wohl  ohne 
Bedenken  die  Stunde  der  Erfindung  segnen  mochte.  Jeder  Deutsche 
kann  aber  ausserdem  mit  Stolz  dieser  Stunde  gedenken,  denn  er 
zählt  den  Erfinder  auch  dieser,  nach  der  Typographie  wichtigsten 
der  lichtbringenden  Künste  zu  den  Seinigen. 

Dass  Senefelder  die  Ehre  nicht  streitig  gemacht  werden  konnte, 
wie  es  mit  Gutenberg  geschah,  dafür  hatte  der  letztere  gesorgt,  so 
dass  ersterer  selbst  in  der  Lage  war,  durch  sein  Werk  über  seine 

»  Die  wichtigeren  Erscheinungen  der  einschlägigen  reichen  Littcratur  sind 
am  Schlüsse  des  Handes  zu  finden. 

*  A.  Senefei.df.r,  Vollständiges  Lehrbuch  der  Steindruckerey.  Mit  einer 
Vorrede  von  Fr.  v.  Schlichtegroll.    München  1818. 


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DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 


Kunst  uns  zu  teilnehmenden  Begleitern  durch  sein  wechselvolles 
Leben  und  alle  Phasen  seiner  Kunst  zu  machen.  Er  konnte  selbst 
unwidersprechliches  Zeugnis  ablegen,  dass  es  kein  Verfahren  in  der 
Lithographie  giebt,  welches  von  ihm  ungeahnt,  ja  unversucht 
geblieben  wäre. 

Durch  diese  lange  Reihe  von  Versuchen  dem  Erfinder  zu  folgen, 
ist  hier  nicht  möglich;  es  sei  nur  erwähnt,  dass  Alois  Senefeldcr 
am  6.  November  1 771  zu  Prag  geboren  wurde,  sich  der  Jurisprudenz 
widmen  sollte,  jedoch,  von  unwiderstehlichem  Drang  geleitet,  in 
München  dem  Theater  als  Dichter  und  Darsteller  zugeführt  wurde ; 
dass  er,  zu  arm,  um  seine  Theaterstücke  drucken  zu  lassen,  nach 
vielen  Experimenten,  um  eine  billigere  Herstellung  zu  finden, 
schliesslich  durch  Zufall  auf  die  Entdeckung  der  Lithographie 
geführt  wurde. 

Das  Gravieren  in  Stein,  selbst  das  Atzen  eines  solchen,  so 
Wesen  der  dass  eine  Zeichnung  auf  demselben  erhaben  zurückblieb,  war  nichts 
ijraphj  j^eues>  unfj  dass  fj{e  Chinesen  ein  lithographisches  Druckverfahren 
hatten,  wurde  bereits  (I,  S.  4  und  282)  erwähnt.  Das  Charakteristische 
der  neuen  Erfindung  lag  in  der  Entdeckung,  dass  eine  mit  fetter 
Kreide  oder  fetter  Tinte  auf  einem  Stein  von  besonderer  Art 
gemachte  Zeichnung  von  über  ihn  gegossenem  Scheidewasser 
nicht  angegriffen  wird,  dass  ferner  die  auf  den  Stein  aufgetragene 
fette  Farbe  nur  auf  der  Zeichnung  haften  bleibt,  von  den  geätzten, 
gummierten  und  gefeuchteten  Steinflächen  jedoch  abgestossen  wird, 
schliesslich,  dass  es  möglich  war,  einen  Abdruck  mechanisch  auf 
einen  andern  Stein  zu  übertragen  und,  wie  in  der  Typographie  durch 
die  Stereotypie,  durch  Wiederholung  hiervon  neue  Druckplatten  in 
unbegrenzter  Zahl  herzustellen,  wodurch  es  der  Lithographie, 
namentlich  seit  Erfindung  der  lithographischen  Schnellpresse, 
möglich  geworden ,  der  Typographie  auf  einzelnen  Gebieten  erfolg- 
reiche Konkurrenz  zu  machen. 

Durch  die  neue  Kunst  konnte  eine  massenhafte  Verbreitung 
Nui/i..,iikcit  der  von  Nachbildungen  älterer  und  neuerer  Kunstwerke  in  einer 
Lithographie,  gj.j^ujgkgjj  uncj  Billigkeit  stattfinden,  wie  sie  durch  den  Grabstichel 

nicht  zu  erreichen  war,  was  ausserordentlich  zur  Popularisierung  der 
Kunst  beitrug.  Wissenschaftliche  und  technische  Werke  Hessen 
sich  durch  Beigabe  lithographischer  Tafeln  verständlicher  machen ; 


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ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 


9 


Nachbildungen  gaben  die  Miniaturen  des  Mittelalters  in  prachtvollem 
Gold-  und  Farbendruck  wieder;  die  Verkauf lichkeit  der  Zeitschriften 
und  der  Lieferungswerke  fand  durch  schwarze,  kolorierte,  später 
durch  bunt  gedruckte  Bilder  einen  gewaltigen  Vorschub. 

Vor  allem  bemächtigte  sich  die  Lithographie  des  musikalischen 
Notendruckes.  Es  war  dies  der  erste  Zweig,  der  von  Senefelder  Der  Notendruck, 
selbst  mit  Erfolg  betrieben  wurde  und  ein  vorteilhaftes  Überein- 
kommen mit  dem  bekannten  Musikalienhändler  Andre  in  OfTenbach 
herbeiführte,  das  jedoch  später  von  Senefelder  selbst,  wohl  ohne 
hinreichenden  Grund,  aufgehoben  wurde.  Der  musikalische  Typen- 
druck konnte  sich  von  jetzt  ab  nur  dann  bewähren,  wenn  der  Text 
einen  überwiegenden  Teil  bildete,  namentlich  also  bei  theoretischen 
Werken,  oder  wenn  die  Auflage,  was  bei  musikalischen  Werken 
nur  selten  vorkam,  eine  sehr  grosse  war.  Ausserdem  Hess  die 
Lithographie  eine  zum  Kaufen  anlockende  Ausschmückung  zu  und 
jeder  Walzer  oder  jedes  sentimentale  Lied  erhielt  ein  Titelblatt  mit 
schwungvoll  verzierten  Schriften,  wenn  nicht  gar  mit  einer  bildlichen 
Darstellung,  als  Helferin  beim  Absatz. 

Ein  Feld ,  welches  vom  Heginn  ab  ebenfalls  der  Lithographie 
zufiel,  war  die  Herstellung  von  F«andkarten  und  Plänen.  Dieser  Der  i.ai.dkartcu- 
Zweig  nahm  nach  und  nach  einen  ausserordentlichen  Aufschwung. 
Die  Methode,  durch  Anwendung  verschiedener  Schraffierungen  und 
Ätzungen  mit  wenigen  Farbensteinen  eine  grosse  Zahl  von  Farben- 
abstufungen hervorzubringen,  ist  zu  hoher  Vollkommenheit 
gediehen.  Die  Schichtlegung  ist  viel  methodischer  geworden  und 
es  gelang,  ein  naturgetreues,  fast  plastisches  Bild  zu  geben. 

Wer  es  mit  der  Xylographie  gut  meinte,  konnte  sich  nur  freuen, 
dass  sie  von  einem  Feld  abgedrängt  ward,  welches  sie  nie  mit  Erfolg 
und  nur  notgedrungen  bebaut  hatte.  Als  jedoch  die  Lithographie 
mit  ihrer  leichten  Herstellungsweisc  Miene  machte,  sich  des  ganzen 
Accidenzfaches  zu  bemächtigen ,  welches  die  Typographie  so  lange 
mit  Glück  betrieben  hatte,  da  erhob  sich  ein  heftiger  Widerstand, 
der  Veranlassung  zu  ganz  wesentlichen  Fortschritten  der  Typo- 
graphie gab.  So  kämpften  altes  und  neues  Verfahren  mit  einander, 
jenes  um  den  bis  jetzt  innegehabten  Platz  zu  behaupten ,  dieses  um 
dem  Gegner  neues  Terrain  abzugewinnen,  bis,  wie  es  so  oft  geschieht, 
wenn  tüchtige  Gegner  ihre  Kräfte  gemessen  und  schätzen  gelernt 


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10  DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 

haben,  zum  beiderseitigen  Vorteil  aus  den  Feinden  Verbündete 
wurden. 

Eine  besonders  eifrig  gepflegte  Art  des  lithographischen  Ver- 
r>cr  öii»ii«i  und  fahrens  ist  der  Farbendruck  in  den  beiden  Abzweigungen  ÖLBILD- 

Aqunrclldruck. 

und  Aquarelldruck. 

Das  Verfahren  bei  der  Herstellung  beider  ist  in  der  Hauptsache 
Die  Technik  des  dasselbe.  Zuerst  wird  eine  Pauszeichnung  gemacht,  auf  Stein  über- 

Uilderdrucks. 

tragen  und  so  oft  abgezogen  als  Farbensteine  notwendig  sind.  Auf 
jedem  der  Steine  werden  nun  die  Partien  eingezeichnet,  die  mit 
gleicher  Farbe  gedruckt  werden.  Für  manche  Platten  genügt  es, 
sie  mit  einer  Asphaltlagc  zu  überziehen,  auf  der  man  durch  Schaben 
und  Schleifen  Töne  in  so  gleichmässiger  Abstufung  erzielen  kann, 
als  wären  sie  mit  dem  Pinsel  gemacht.  Die  allgemeinen ,  leichten 
Töne  des  Bildes  werden  zuerst  eingedruckt,  dann  folgen  die  Steine 
mit  den  Lokalfarben  und  den  Formendetails,  schliesslich  wird  das 
Bild  mit  neutralen  Tönen  abgestimmt.  Da  eine  neue  Farbe  die 
vorherige  nicht  verbirgt,  sondern  mit  ihr  Mischung  eingeht,  so  ist  es 
klar,  einerseits,  dass  grosses  Verständnis,  grosse  Erfahrung  und 
ein  feines  künstlerisches  Gefühl  dazu  gehört,  die  richtige  Tiefe  der 
Töne  zu  treffen,  andererseits,  dass  Nüancierungen ,  die  nach 
hunderten  zählen,  durch  die  Verschiedenheit  der  über  einander 
gedruckten  Farben  und  die  detailliertere  oder  leichtere  Ausführung 
der  Zeichnungen  sich  erzielen  lassen. 

Um  den  Eindruck  des  pastosen  Pinselauftrags  und  der  rauhen 
Die  Torchon-  Malcrleinwand  oder  bei  den  Aquarellen  des  rauhen  Papieres,  dessen 
man  sich  für  die  Aquarell  -  Zeichnungen  bedient,  hervorzubringen, 
werden  die  Pinsclstriche  oder  Unebenheiten  in  einen  Stein  graviert 
oder  geätzt  und  das  fertige  Bild  mit  diesem  Stein,  selbstverständlich 
ohne  Farbenauftrag,  durch  die  Presse  gezogen,  so  dass  die  vertieften 
Stellen  in  dem  Stein  nunmehr  als  Erhabenheiten  auf  dem  Bilde 
erscheinen. 

Da  zu  einem  gut  ausgeführten  Bild  20  bis  30  Farbensteinc 
Karbciuu-inc.  gehören,  so  sind  die  Kosten  sehr  hoch  und  nur  die  grossen  Auflagen, 
welche  durch  die  Schnellpresse  sehr  erleichtert  sind,  machen  Preise 
möglich,  die  wenigstens  fünfundzwanzigmal  geringer  sind,  als  die 
für  eine  oft  mittelmässige  Kopie.  Wie  weit  die  Chromographic 
es  gebracht  hat,  beweist  die  Thatsache,  dass  die  artistischen 


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ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 


I  I 


Anstalten  es  auf  Ausstellungen  wagen  konnten,  Original  und  Druck 
neben  einander  aufzuhängen,  um  zu  beweisen,  dass  ein  Blick  des 
Kenners  dazu  gehört,  das  Original  vom  Druck  zu  unterscheiden,  ja, 
dass  sogar  für  diesen  bei  dem  Aquarelldruck  eine  Täuschung 
möglich  war.  Vortreffliche  Dienste  leistet  der  lithographische 
Farbendruck  bei  Herstellung  der  Bilder  für  den,  jetzt  auf  einer 
hohen  Stufe  stehenden  Anschauungsunterricht. 

Nicht  ohne  Wichtigkeit  ist  der  ANASTATISCHE  DRUCK  (von  dem 
griechischen  dvaoxaai; ,  Auferstehung) ,  namentlich  um  von  älteren  anämische 

Liruck. 

Drucken  vollkommene  Facsimiles  herzustellen. 

Nachdem  der  alte  Druck  mit  verdünnter  Salpetersäure  getränkt 
worden  ist ,  presst  man  ihn  an  einen  Stein  oder  eine  Metallplatte. 
Die  Säure  ätzt  die  Platte  mit  Ausnahme  der  mit  Schrift,  die  nun  ein 
wenig  erhaben  dasteht,  bedeckten  Stellen.  Hat  jedoch  der  alte 
Druck  nicht  mehr  Fettigkeit  genug,  um  die  Säure  abzustossen,  so 
kann  man  erstem  erneuern,  indem  man  das  Blatt  in  Weinsteinsäure 
legt.  Hierdurch  werden  alle  unbedruckten  Papierstellen  mit  kleinen 
Weinsteinsäure -Krystallen  überzogen,  welche,  wenn  man  mit  den 
Schwärzewalzcn  über  das  Papier  fährt,  die  Schwärze  abstossen, 
die  nur  von  der  alten  Schrift  angenommen  wird.  Das  Experiment 
ist  jedoch,  da  die  Möglichkeit  der  Vernichtung  des  Originals 
vorhanden  ist,  immer  bedenklich,  wenn  letzteres  wertvoll  oder  gar 
unersetzlich  ist. 

Das  Verfahren  wurde  von  einem  Schlcsicr  Rud.  Appel  erfunden 
und  von  Faraday  nutzbar  gemacht.  Da  eine  Verfälschung  von 
Wertpapieren  durch  dasselbe  leicht  möglich  war ,  stellten  Appel  & 
Glyne  ein  Patentpapier  her,  dessen  Zusätze  die  Benutzung  zum 
Umdruck  aus  chemischen  Gründen  unmöglich  machten. 

Eine  Kalamität  für  die  Lithographie  ist  der  beginnende  Mangel 
an  gutem  Steinmatcrial.  Die  Steine  bester  Qualität  sind  nur  in  Litho^nphic- 
den  Solnhofener  Brüchen  in  Bayern  zu  finden;  alle  anderen  Steine 
haben  sich  für  bessere  Arbeiten  bis  jetzt  nicht  bewährt,  obwohl  kein 
Jahr  vergeht,  ohne  dass  die  Nachricht  durch  die  Blätter  läuft,  jetzt 
seien  wirklich  gute  Steine,  bald  in  Polen,  bald  in  Algier,  dann 
in  Canada,  dann  bei  Marseille,  aufgefunden.  Ebensowenig  haben 
die  Versuche,  die  Steine  durch  eine  künstliche  Masse  zu  ersetzen, 
Erfolg  gehabt.  Unter  diesen  Verhältnissen  steht  dem  Zink,  welches 


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DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 


die  eigentümlichen  Eigenschaften  des  lithographischen  Steines 
besitzt,  dabei  billig  ist,  sich  leicht  aufheben  und  auf  einem  Cylinder 
zum  Druck  anbringen  lässt,  ganz  abgesehen  von  seiner  Verwendung 
in  der  Hochätzung,  eine  bedeutende  Zukunft  in  Aussicht. 

DIE  PHOTOGRAPHIE. 

Es  war  sehr  erklärlich,  dass  die  Camera  obscura,  welche  das 
Cameni  obuura.  Bild  der  Umgebung  im  kleinen  auf  das  getreueste  wiedergiebt,  den 
Gedanken,  ein  solches  Bild  durch  Lichtwirkung  zu  fixieren,  weckte. 
Bereits  im  Jahre  1802  hatte  der  bekannte  englische  Steingut- 
fabrikant Wedgwood  im  Verein  mit  dem  Chemiker  Davy  Experi- 
mente zur  Herstellung  von  Lichtbildern  auf  einem  mit  Höllenstein 
überstrichenen  Papier  gemacht  und  Fox  Talbot  verbesserte  das 
Verfahren.  In  Paris  hatte  Nicephore  Niepce  die  grosse  Licht- 
empfindlichkeit des  Asphalt  {Judenpech)  entdeckt.  Dieses  Erdharz 
hat  die  merkwürdige  Eigenschaft,  dass  es,  obwohl  für  gewöhnlich 
sehr  leicht  löslich,  dem  Lichte  ausgesetzt  unlöslich  wird.  Uberzieht 
man  nun  eine  Kupferplatte  damit  und  belichtet  sie  unter  einer 
Zeichnung  auf  Papier,  so  wird  der  Asphalt  auf  allen  Schattenstellen 
des  Bildes  löslich,  und  zwar  nur  dort;  wischt  man  nun  die  löslichen 
Stellen  weg  und  übergiesst  die  Platte  mit  Ätzsäure,  so  werden  nur 
die  blossgelegtcn  Stellen  angegriffen  und  es  entsteht  somit  eine 
druckbare  Platte.  Man  hatte  es  also  bereits  eigentlich  mit  der 
Heliographie  zuthun,  die,  wie  aus  Niepees  Hinterlassenschaft  hervor- 
geht, von  ihm  erkannt,  jedoch  nicht  praktisch  geübt  worden  war. 

Louis  Daguerre  in  Paris  hatte  mit  Niepce  langezeit  Versuche 
I..  l)agucrrc  gemacht,  um  auf  Silberplalten,  die  den  Dämpfen  des  schwarzen, 
t  \l  juü7'isSi.  leichtflüssigen  Jods  ausgesetzt  wurden,  durch  kurze  Belichtung 
Bilder  hervorzubringen ;  es  wollte  dies  jedoch  nicht  recht  gelingen. 
Da  führte  ein  reiner  Zufall  zu  der  Entdeckung ,  dass  die  auf  der 
Platte  hervorgebrachten  äusserst  schwachen  Bilder  in  dunklem 
Verschluss  durch  Quecksilberdämpfc  sich  kräftig  entwickeln. 
Hiermit  war  die  DAGUERREOTYPIE  erfunden  und  wurde  dieses 
Wunder  am  19.  August  1839  in  einer  Sitzung  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Paris  der  Welt  verkündet. 

Daguerres  Verbesserungen  ermöglichten  es ,  die  Aufnahmezeit 
von  zwanzig  Minuten  auf  eine  bis  zwei  zu  verkürzen.    Durch  die 


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ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 


13 


von  Professor  Petzval  in  Wien  erfundenen  und  von  Voigtländer 
ausgeführten  Portrait- Doppelobjektive  wurde  die  Zeit  auf  einige 
Sekunden  reduziert,  damit  kam  die  Portraitaufnahme  in  hohen  Flor 
und  die  Erfindung  machte  schnell  ihre  Weltreise. 

Ein  Übelstand  war  der  Spiegelglanz  der  Platten,  welcher  den 
Totaleindruck  sehr  beeinträchtigte.  Die  gar  zu  grosse  Treue,  mit 
welcher  jede  Runzel,  jeder  Fleck  und  alles  Nebensächliche  in  voller 
Stärke  wiedergegeben  wurde,  wirkte  ebenfalls  störend  und  eine 
Retouche  war  unmöglich.  Auch  verlangte  jedes  Exemplar  eine 
neue  Sitzung.  Die  Versuche  von  Talbot  und  Niepce  de  St.  Victor  Die  Papier- 
fiihrten  nun  dazu,  erst  ein  Negativbild  auf  lichtempfindlichem  Papier 
herzustellen,  welches  sich  leicht  fixieren  Hess,  und  dann  von  diesem 
durch  Lichtwirkung  wieder  ein  positives  Bild  hervorzubringen, 
welches  in  einer  beliebigen  Anzahl  von  Exemplaren  wiederholt  und 
retouchiert  werden  konnte.  Statt  des  Papieres  wurde  für  den 
Negativprozess  später  Glas  genommen,  welches  mit  einer  mit 
Jodkalium  versetzten  Firnislösung  überzogen  war,  bis  diese  durch 
Kollodium  ersetzt  wurde.  Hiermit  gelangte  die  Portraitphotographie 
zu  einer  enormen  Verbreitung.  Auch  Landschaftsbilder  wurden 
in  überraschender  Vorzüglichkeit  geliefert. 

Mit  ihren  immer  grossartigeren  Erfolgen  dient  die  Photographie 
nicht  allein  der  Kunst  durch  gctreueste  Wiedergabc  ihrer  Erzeug- 
nisse, sondern  auch  den  meisten  Wissenschaften:  der  Feldmess- 
kunst, der  Astronomie,  den  Naturwissenschaften  und  der  Medizin; 
selbst  das  gerichtliche  Verfahren  zieht  von  ihr  Nutzen.  Viele  Zweige 
der  Industrie  und  des  Kunstgewerbes ,  wie  z.  B.  die  Porzellan-  und 
die  Glasmanufaktur,  haben  in  ihr  eine  grosse  Förderin. 

Was  uns  jedoch  hier  am  meisten  interessiert  und  am  nächsten 
liegt,  ist  die  Ausführung  des  Gedankens,  die  Photographie  in  die  Photographie 
Reihe  der  eigentlichen  vervielfältigenden  Künste  einzuführen.  Das  ""' 
Verfahren:  ein  negatives  Bild  in  ein  positives  umzuändern,  nimmt 
Zeit  in  Anspruch,  und  die  Silberkopie,  deren  Haltbarkeit  immerhin 
auch  zweifelhaft  bleibt,  ist  zu  teuer,  wenn  es  sich  um  Massen- 
produktion handelt.  Man  suchte  deswegen  nach  Auswegen,  die 
in  verschiedener  Weise  gefunden  wurden. 

Fox  Talbot  entdeckte  im  Jahre  1852,  dass  der,  durch  eine 
chromsaure  Kali- Leimlösung  auf  einer  Stahlplattc  gebildete  Überzug 


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DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 


Tiefdruck-    im  trockenen  Zustande  eine  Schicht  bildet,  die,  vom  Lichte  getroffen. 

Plauen.  « 

unlöslich,  jedoch,  im  Dunkeln  aufbewahrt,  mit  Wasser  sich  auflösen 
lässt.  Er  belichtete  nun  eine  solche  Schicht  unter  einer  Zeichnung 
oder  einem  positiven  Glasbilde.  Hierdurch  wurden  die  vom 
Licht  getroffenen  Stellen  der  Schicht  unlöslich,  die  durch  die 
dunklen  Partien  der  übergelegten  Zeichnung  oder  Platte  geschützten 
Stellen  behielten  jedoch  ihre  Auflöslichkeit  Wurden  nun  letztere 
im  Dunkeln  abgewaschen,  so  blieben  erstere  als  eine  Zeichnung  auf 
bräunlichem  Grunde  zurück.  Diese  wurde  nun  geätzt  und  so 
entstand  ein  vertieftes  Bild,  wie  es  für  den  Stahl-  oder  Kupferdruck 
erforderlich  ist.  Ein  anderes  Verfahren  übte  G.  Scamoni,  ein 
Deutscher  aus  Würzburg  und  Angestellter  der  Staatsdruckerei  in 
St.  Petersburg,  aus.  Er  hatte  bemerkt,  dass  ein  photographisches 
Negativ  ein,  wennauch  sehr  schwaches  Relief  bildet,  in  welchem 
die  durchsichtigen  Stellen  (also  die  Schatten)  tief  erscheinen,  während 
die  undurchsichtigen  (die  Lichter)  hoch  sind.  Dieses  Relief  Hess  sich 
mittels  chemischer  Einwirkung  durch  Niederschläge  erhöhen.  Hier- 
durch gewann  man  ein  Relief,  fast  so  hoch,  wie  eine  Kupferdruck- 
platte tief  ist.  Über  dieses  Relief  wurde  galvanisch  eine  Tiefplatte 
niedergeschlagen  und  man  hatte  somit  eine  druckbare  Kupferplatte. 
Durch  die  Photographie  waren  beliebige  Vergrösserungen  oder 
Verkleinerungen  möglich  und  Scamoni  schaffte  namentlich  in  letzterer 
Weise  kleine  Wunderwerke,  die  bei  der  Wertpapier-Fabrikation 
unschätzbar  sind. 

Für  die  Typographie  musste  jedoch  die  Herstellung  von 
Hochdruck-  Hochdruckplatten  durch  die  Photographie  noch  von  unendlich 
grösserem  Werte  sein.  Gelang  es,  dieses  Problem  in  wirklich 
praktischer  Weise  zu  lösen ,  so  war  ein  unendliches  Feld  für  die 
Typographie  erworben. 

In  dieser  Richtung  ist  namentlich  Paul  Pretzsch  ,  ein  Öster- 
Faui  Prctisch.  reicher,  von  hoher  Bedeutung.  Durch  Belichtung  der  mit  .salpeter- 
saurem Silber,  Jodkali  und  doppeltchromsaurem  Kali  überzogenen 
Platte  wird  in  bereits  erwähnter  Weise  das  erhabene  Bild  hergestellt. 
Nachdem  es  die  genügende  Festigkeit  erlangt  hat,  wird  eine 
Guttapercha -Mater  darüber  gepresst  und  nun  ist  es  möglich, 
jenachdem  das  Bild  ein  negatives  oder  positives  war,  eine  Platte 
für  Tief-  oder  Hochdruck  zu  bilden.  Während  indes  die  vertieften 


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als  Förderer  der  Typographie. 


Platten  ihren  Zweck  vollständig  erfüllten,  waren  die  Resultate  der 
Hochplatten  nicht  vollkommen  genügend.  Die  Vertiefungen  waren, 
und  das  ist  die  Klippe  für  alle  bisher  gemachten  Versuche  in  dieser 
Richtung,  nicht  genügend,  um  zu  verhindern,  dass  die  Schwärze 
in  diese  drang  und  den  Druck  schädigte.  Eine  Hauptschwierigkeit 
ist  namentlich  das  Hervorbringen  der  Halbtöne. 

Ein  vortreffliches  Verfahren  zur  Herstellung  von  Tiefdruck- 
platten ist  der  nach  dem  Erfinder  genannte  Woodburydruck.  ua^woodbury- 
Nachdem  man  durch  Belichtung  'in  bereits  geschilderter  Weise  ein 
Gelatinerelief  nach  einem  Negativ  auf  einer  Stahlplatte  gebildet  hat, 
wird  es  mit  einer  Platte  von  einem  weichen  Metall  bedeckt.  Beide 
Platten  werden  dann  in  einer  hydraulischen  Presse  einem  starken 
Druck  ausgesetzt.  Hierdurch  gewinnt  man  eine  druckbare  Platte 
wie  bei  dem  Naturselbstdruck.  Der  Drucker  arbeitet  an  einem 
rotierenden  Tisch,  auf  welchem  sechs  kleine  Pressen,  in  der  Art 
der  Kopierpressen,  stehen.  Er  tröpfelt  eine  warmgemachte ,  halb 
durchsichtige  Gelatineschwärze  auf  die  Platte,  bedeckt  diese  mit 
dem  Papier  und  bringt  sie  unter  die  Presse.  Bis  er  mit  allen  sechs 
Pressen  durch  ist,  hat  sich  die  Farbe  in  der  ersten  zu  einem 
schwachen  Relief  erhärtet,  das  in  den  dünnen  Lagen  weniger  dunkel 
erscheint,  als  in  den  dicken.  Bei  den  in  der  Dicke  abnehmenden 
Stellen  der  Platte  entsteht  ein  Übergang  vom  Dunkleren  zum 
Helleren,  gleich  den  Halbtönen  in  der  Photographie,  und  somit 
ein  der  letzteren  in  der  Wirkung  ganz  ebenbürtiges,  dazu  vollständig 
unveränderliches  Bild. 

In  London  übte  die  Relief  Printing  Company  das  Verfahren. 
In  Frankreich  wurde  es  durch  Goupil  &  Co.  in  Asnieres  bei  Paris 
und  in  Deutschland  durch  Fr.  Bruckmann  in  München  zu  hoher 
Vollkommenheit  gebracht.  Da  auch  die  Herstellung  des  Bildes  auf 
Glas  möglich  ist,  so  lassen  sich  prächtige Transparentbildcr  schaffen; 
auch  ist  die  Verwendung  für  die  Stereoskopie  und  die  Laterna 
magica  von  Bedeutung. 

Verschieden  von  diesem  Verfahren  ist  der  eigentliche  LICHT- 
DRUCK. Die  Leimchromatschicht  hat  die  Eigenschaft,  dass  sie  in  Dcr  Uchtdruck. 
ihren  belichteten  Stellen  für  die  fette  Farbe  empfänglich  wird. 
Uberfährt  man  nun  mit  einem  nassen  Schwamm  einen  belichteten 
Leimchromatbogen,  so  saugt  er  das  Wasser  nur  an  den  nicht 


i6 


DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE 


belichteten  Stellen  auf.  Färbt  man  ihn  dann  mit  fetter  Schwärze  ein, 
so  bleibt  diese  nur  an  den  belichteten  Stellen  haften,  und  legt  man  das 
Papier  darauf,  so  erhält  man  einen  Abdruck  in  unveränderlicher  fetter 
Farbe.  Dieses  von  Poitevin  entdeckte  Verfahren  ist  namentlich  von 

Die  Aibemypic.J.  Albert  in  München  für  die  Praxis  zur  Vollkommenheit  gebracht. 

Albert  brachte  die  Gelatinelösung  auf  Glas  und  setzte  die  Rückseite 
für  einige  Augenblicke  der  Belichtung  aus,  wodurch  die  Masse  auf 
das  festeste  mit  dem  Glas  verbunden  wurde.  Von  der  Vorderseite 
wird  die  Schicht  mit  einem  Negativ  bedeckt  und  hierdurch  die 
Platte  in  schon  bekannter  Weise  hergestellt  Zum  Druck  bedient 
man  sich  der  Walzen,  und  eine  gut  behandelte  Platte  hält  bis  zu 
iooo  Abdrücke  aus. 

Die  ebenfalls  von  Albert  geübte  Farbenphotoüraphie  wird 

Der  photogra-  durch  drei  Aufnahmen,  die  eine  durch  rotes,  die  zweite  durch 

phischc  Karheu- 

druck.  blaues,  die  dritte  durch  gelbes  Glas,  auf  mit  verschiedentlichen 
Substanzen  behandelten  Platten  erzielt.  Alle  übrigen  Farben  erhält 
Albert  durch  Übereinanderdrucken  dieser  drei  Platten  mit  drei 
Lasurfarben,  deren  Wahl  den  reinen  Tönen  des  Sonnenspektrums 
genau  entsprechen  muss. 

Nächst  Albert  hat  sich  besonders  Obernetter  in  München 
um  den  Lichtdruck  verdient  gemacht.  Ganz  besonders  eignet  sich 
dieser  für  die  Wiedergabe  von  Bleistift-  und  Kreidezeichnungen. 
Will  man  den  Lichtdruck  an  Glanz  der  Silberphotographie  ähnlich 
machen,  so  wird  er  mit  Lack  überzogen.  Mit  einander  verglichen, 
hat  der  Woodburydruck  den  Vorzug  in  der  Wiedergabe  der  dunk- 
leren Partien,  der  Lichtdruck  in  derjenigen  der  helleren. 

Die  PHOTOLITHOGRAFHIE,  welche  ebenfalls  Poitevin  ihre 
Die  Phocoiuho-  Existenz  verdankt,  hat  mit  dem  Lichtdruck  manches  gemeinsame, 
aber  auch  von  diesem  wesentliche  Verschiedenheiten.  Poitevin 
überzog  einen  Stein  mit  der  bekannten  Lösung  und  stellte  nach 
dem  Negativ  ein  Chromobild  her,  das  nur  in  den  vom  Licht 
getroffenen  Stellen  die  Farbe  annahm.  Anfanglich  fehlte  es  an  den 
Halbtönen,  die  beim  Waschen  verlorengingen.  Asser  und  Osborne 
versuchten  es  mit  einem  Umdruckvcrfahren  von  auf  Papier  erzeugten 
Bildern;  die  Abdrücke  blieben  jedoch  auf  Grund  der  körnigen 
Beschaffenheit  des  Steines  sehr  hinter  der  Photographie  zurück, 
namentlich  in  den  Mitteltonen,  und  das  Verfahren  eignete  sich 


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ALS  FÖRDERER  DER  TYPOGRAPHIE. 


17 


deshalb  nicht  ganz  für  die  Wiedergabe  von  Kunstblättern.  Die 
Photozinkographie  bietet,  da  die  Zinkplatte  dieselben  Eigen- 
schaften besitzt  wie  der  lithographische  Stein,  nichts  Eigentümliches. 

Für  die  Kartographie  hat  die  Photolithographie  eine  ganz 
besondere  Wichtigkeit  auf  Grund  der  Schnelligkeit  in  der  Herstellung  Kartographie, 
und  der  Leichtigkeit,  die  Originale  zu  vergrössern  oder  zu  verkleinern. 
Eine  nützliche  Bereicherung  der  Kartographie  wurde  ebenfalls  durch 
die  Photolithographie  möglich,  indem  man  erst  Reliefkarten  in 
Gips  herstellte  und  diese  photographierte  resp.  photolithographierte. 
Die  in  dieser  Weise  hergestellten  Karten  wirkten  wie  Reliefs. 

DIE  ZINKOGRAPHIE. 

So  höchst  wertvoll  alle  diese  Verfahren  für  das  Buchgewerbe 
waren,  so  war  damit  doch  die  Hauptaufgabe,  Hochdruckplatten  Die  emcnHoch- 

.  druckplnttcn. 

zu  gewinnen,  die  sich  auf  der  Buchdruckpresse  mit  Text  zusammen 
leicht  drucken  lassen,  noch  nicht  ganz  erreicht.  Es  sollte  dies  in 
anderer  Weise  gelingen. 

Wenn  der  lithographische  Stein  geätzt  wird,  so  ist  das 
darauf  zurückbleibende  Bild  in  gewisser  Beziehung  ein  erhabenes, 
jedoch  ist  diese  Erhabenheit  nicht  genügend  für  den  Druck  auf  der 
Buchdruckerpresse  und  da  in  dieser  das  Feuchten  des  Steines 
ausserdem  nicht  thunlich,  würde  der  Stein  sich  vollschmieren.  Es 
wurden  deshalb  viele  Versuche  gemacht,  durch  weitere,  stärkere 
Ätzung  dem  Bilde  die  genügende  Höhe  zu  geben.  Bereits  Sencfelder 
hatte  solche  angestellt.  Schon  vor  Ablauf  des  XVIII.  Jahrhunderts 
brachten  Duplat  und  Susemihl  aus  Darmstadt  in  Paris  recht 
gelungene  Hochätzungen  in  Stein  sowohl,  als  in  Metall  zustande. 
Duplat  gab  in  dieser  Weise  181 2  Lafontaines  Fabeln  und  Gessners 
Idyllen  heraus.  1826  druckte  der  Kupferstecher  W.  Erhard 
eine  Broschüre  über  die  Hochätzung;  1827  nahmen  Didot  und 
Motte  ein  Patent,  ihr  Verfahren  kam  jedoch  nicht  zur  Ausführung. 
1832  hatte  Bauckeller  Hochätzungen  geliefert.  1834  wurde  der 
Metallhochschnitt  von  A.  Dembour  in  Metz  geübt,  der  1835  sein 
Verfahren,  Ektypographie,  in  einer  Broschüre  schilderte.  Das- 
selbe war  schon  in  Deutschland  bekannt  und  in  einem  Werke, 
,.Das  Thierreich*  von  Dr.  J.  J.  Kaupp,  verwendet.  Lithographischen 

Hochdruck  brachte  Jul.  Baumgärtner  in  Leipzig  zur  Ausführung 

2 


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18 


DAS  LICHT  UND  DIF.  CHEMIE 


und  nannte  ihn  seine  Erfindung,  worüber  sich  ein  heftiger  Federkrieg 
entspann,  denn  die  Kunst  war  schon  vor  mehreren  Jahren  von 
Girardet  in  Paris  geübt,  der  damit  einen  Preis  von  2000  Franken 
gewann.  Es  scheint  jedoch,  als  habe  Baumgärtner  in  gutem  Glauben 
gehandelt.  Alle  diese  Versuche,  sowie  die  bereits  oben  erwähnten 
von  Prctzsch  und  anderen  mit  erhabenen  Kupferplatten,  hatten 
jedoch  keinen  rechten  Erfolg  und  die  Praxis  ergab  so  viele 
Misstände,  dass  dem  grossen  Betrieb  nicht  mit  dem  Verfahren 
geholfen  war. 

Schliesslich  wurden  in  der  Chemitypie  und  der  Zinkhoch- 
Atzung  zwei  Verfahren  erfunden,  die,  wenn  sie  auch  in  vielen 
Fällen  den  Holzschnitt  nicht  ersetzen  können,  in  anderen  wieder 
vor  letzterem  Vorzüge  und  neben  demselben  jedenfalls  eine  grosse 
Zukunft  haben. 

Die  beiden  Verfahren  werden  oft  als  identisch  betrachtet,  sie 
Die  chemitypie  sind  es  jedoch  nicht.  Bei  der  Chemitypie,  von  dem  Dänen  C.  Pnu 
erfunden  und  in  Leipzig  zur  Ausführung  gebracht,  wird  eine  Zink- 
platte zuerst  mit  Deckgrund  überzogen  und  dann  die  Zeichnung  mit 
der  Nadel  gemacht  und  tiefergeätzt.  Die  vertiefte  Zeichnung  wird 
mit  einem  leicht  flüssigen  Metall  ausgegossen  und  mit  der  Ober- 
fläche der  Zinkplatte,  von  welcher  der  Deckgrund  entfernt  wurde, 
gleichgeschabt  oder  -geschliffen.  Hierauf  wird  die  ganze  Platte  einer 
Ätzung  unterworfen,  welche  nur  den  blossliegenden  Zink  angreift, 
aber  nicht  das  hineingegossene  Metall,  so  dass  das  Bild  nach  der 
Atzung  erhaben  dasteht  und  nun  eine  für  die  Buchdruckerpresse 
verwendbare  Platte  bildet.  Dieses  Verfahren  hat  namentlich  dir  die 
Kartographie  eine  ganz  ausserordentliche  Bedeutung  und  ermög- 
licht, unter  Zuhülfenahme  der  Mehrfarbenmaschine,  geographische 
Kartenwerke  zu  unglaublich  billigen  Preisen  zu  liefern. 

Die  Zinkhochätzung  eignet  sich  mehr  für  Feder-  und  Kreide- 
i>ic  zinkhoch-  Zeichnungen.  Auf  die  Zinkplatte  lässt  sich,  wie  auf  lithographischen 
Stein,  mit  präparierter  Kreide  oder  fetter  Tusche  leicht  zeichnen  oder 
malen.  Bringt  man  nun  eine  solche  Zeichnung  auf  eine  Zinkplatte 
oder  überträgt  man  den  mit  fetter  Farbe  gemachten  Abzug  einer 
bereits  vorhandenen  Zeichnung,  eines  Holzschnittes,  einer  Litho- 
graphie oder  eines  Kupferstiches  u.  dgl.  und  ätzt  die  Platte,  so 
wird  nur  die  biossliegende  Oberfläche  des  Metalls  angegriffen  und 


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ALS  FÖRDER  KR  DER  TYPOGRAPHIE. 


19 


die  Zeichnung  bleibt,  wie  bei  der  Lithographie,  stehen  und  tritt 
bei  fortgesetzter  Ätzung  so  weit  hervor,  dass  sie  sich  auf  der 
Buchdruckerpresse  drucken  lässt. 

Als  das  Hochätzungsverfahren  aufkam,  gab  es  Enthusiasten 
genug,  welche  meinten,  dass  es  von  nun  ab  mit  dem  Holzschnitt  Vorzüge  und 
vorbei  sei.  Andererseits  fehlte  es  nicht  an  warnenden  Stimmen  H«cha»uug 
prinzipieller  Gegner  des  Verfahrens,  die  von  demselben  nichts 
wissen  wollten,  weil  es  weder  den  Kupferstich,  noch  die  Radierung 
oder  den  Holzschnitt  vollständig  ersetzen  könne.  Wäre  die  Rede 
davon,  zwischen  Xylographie  und  Hochätzung  wählen  und  eine  davon 
ganz  fallenlassen  zu  müssen ,  so  würde  die  Entscheidung  kaum  eine 
schwierige  sein.  Jedoch  eine  solche  Entscheidung  ist  ja  nicht  zu 
treffen.  Fehlt  auch  der  Hochätzung  der  volle,  satte  Ton  und  die 
weiche  Modulation  des  Holzschnittdruckes,  so  bleibt  doch  dir  sie 
ein  sehr  reiches  Feld  der  Illustration  übrig ,  auf  welches  der  Holz- 
schnitt zumteil  gar  nicht  folgen  kann  Wo  es  sich  in  erster  Linie 
um  das  nützliche  handelt,  in  Mustervorlagen  aller  Art,  in  Schrift- 
arbeiten, Karten,  in  technischen  und  mathematischen  Figuren,  selbst 
in  solchen  künstlerischen  Nachbildungen,  die  in  Umrissen  oder  ohne 
bedeutende  Tonabstufungen  gehalten  sind,  wird  die  Hochätzung 
auf  Grund  der  Billigkeit  und  der  Schnelligkeit  sehr  oft  den  Vorzug 
verdienen.  Aber  kein  Verfahren  wird  der  durch  vier  Jahrhunderte  Vergleich  mit 

.  .  dem  HoUichniii 

bewährten  Xylographie  den  Vorrang  im  allgemeinen  streitig  machen 
können.  Neben  den  leichten,  rasch  verschwindenden  Arbeiten 
werden  die  Schöpfungen  der  xylographischen  Künstler  und  die 
Prachtwerke  bleiben.  Kein  anderes  Verfahren  giebt  dasselbe  Kolorit, 
die  Klarheit  und  Mannigfaltigkeit  in  der  Abstufung  der  Töne,  die 
Milde  mit  Kraft  gepaart,  wie  der  Holzschnitt.  Kein  Verfahren  ist 
imstande,  bei  guter  Ausführung  die  Zeichnung  des  Meisters  in  seinem 
Charakter  so  treu  wiederzugeben;  keins  hat  die  Fähigkeit,  den  Mängeln 
einer  weniger  guten  Zeichnung  so  geschickt  abzuhelfen.  So  wenig 
die  Zahl  der  Bücher  sich  durch  die  Zeitungen  vermindert,  so  wenig 
werden  die  xylographischen  Kunstwerke  durch  Zeitungsillustrationen 
in  den  Hintergrund  gedrängt  werden.  Wenn  Zeit  und  Kosten  nicht 
zu  scheuen  sind,  wird  man  immer  zum  Holzschnitt  greifen. 

In  einer  Beziehung  wird  aber  die  Hochätzung  die  Illustrations- 
methode der  Zukunft  werden,   nämlich,  sobald  die  Frage  der 

2* 


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DAS  LICHT  UND  DIE  CHEMIE  ETC. 


Die  Hocbätxung  illustrierten  Tagesblätter  ernstlich  auf  die  Tagesordnung  gestellt 

und  die  Tages- 
preise,     wird.  Da  schlagen  die  Schnelligkeit  der  Hochätzung  und  ihre  Billig- 


keit, wenn  sie  inzwischen  nicht  durch  neue  Erfindungen  verdrängt 
wird,  durch.  Eine  in  geeigneter  Weise  vom  Zeichner  behandelte 
Skizze,  die  z.  13.  zeitig  am  Nachmittage  der  Offizin  einer  illustrierten 
Zeitung  übergeben  wird,  kann  noch  abends  umgezeichnet  und 
in  eine  druckbare  Platte  verwandelt  gegen  Mitternacht  in  der  Presse 
sein,  um  dann,  mit  einer  Schnelligkeit  von  10 — 12000  Exemplaren 
in  der  Stunde  auf  der  Rotationsmaschine  gedruckt,  in  den  Früh- 
stunden in  den  Händen  des  Publikums  zu  sein.  Zugegeben  auch, 
dass  augenblicklich  eine  Stunde  oder  zwei  noch  zugelegt  werden 
müssten,  so  ist  das  Erwähnte  im  grossen  und  ganzen  kein  Phantasie- 
bild und  die  Möglichkeit  vorhanden,  innerhalb  der  kürzesten  Zeit 
eine  Illustration  für  ein  Tageblatt  herzustellen.  Allerdings  müssen 
dann  die  Zeichnungen  auch  der  Reproduktionsweise  angepasst 
sein,  es  muss  sozusagen  eine  Art  Stenographie  der  zeichnenden 
Kunst  entstehen.  Eine  besondere  Ausbildung  wird  notwendig  dazu 
sein,  Zeichner  für  ein  Tageblatt  zu  werden.  Die  Akademiker  werden 
vielleicht  die  Nase  rümpfen  über  einen  solchen  „Spezial -Artisten", 
wie  der  Gelehrte  über  „unsern  eignen  Korrespondenten".  Die  Kunst 
wird  für  diese  Richtung  ein  Kunstgewerbe  werden.  Aber  es  entstehen 
wichtige,  lohnende  und  ehrenvolle  Stellungen  für  talentvolle  Jüng- 
linge, von  denen  viele  als  Akademiker  verkümmern  würden.  Das 
wirkliche  Genie  wird  jedoch  durch  dieses  künstlerische  Reportertum 
ebensowenig  zugrunde  gehen,  wie  z.  B.  Charles  Dickens  durch 
seine  Reporterwirksamkeit  verhindert  wurde,  ein  Dichter  ersten 
Ranges  zu  werden. 

Die  Reproduktionsweisen  sind  da,  es  darf  den  Künstlern  nicht 
nachgesagt  werden,  dass  die  Räder  der  Presse  ihnen  zu  schnell 
gehen,  dass  die  Chemie  und  die  Sonnenstrahlen  sich  zu  zeitig  zu 
ihrer  Disposition  gestellt  hätten. 


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ERSTES  BUCH. 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  ERSTE  BUCH. 


ENN  die  Presse  in  dem  Zeitabschnitt  von  der  dritten 
bis  zur  vierten  Jubelfeier  der  Buchdruckerkunst  einen  Die  englische 
derartigen  Aufschwung  nahm,  dass  man  ihr  einen 
Platz  unter  den  Grossmächten  einräumte,  so  hat 
man  dies  ganz  besonders  ENGLAND  zu  verdanken. 
Nirgends  hat  man,  nachdem  schon  frühzeitig  der 
schwere,  jedoch  erfolgreiche  Befreiungskampf  der  Presse  gegen  ihre 
Feinde  geführt  war,  es  in  gleichem  Masse  verstanden,  die  Unab- 
hängigkeit derselben  von  aller  Despotie  von  oben  und  unten  zu 
schützen,  wie  dort.  Nirgends  ist  der  Einfluss  der  Presse  auf  die 
Öffentliche  Meinung  ein  grösserer  und  wohlthätigerer  gewesen; 
nirgends  ist  sie  in  gleicher  Weise  von  dem  Vertrauen  des  Publikums 
getragen  worden,  und  nirgends  hat  sie  sich  eines  solchen  Vertrauens 
durch  ihre  Festigkeit  und  ihr  Fernhalten  von  unreinen  Tendenzen 
würdiger  gezeigt,  als  in  England.  Kein  Volk  war  so,  wie  das 
englische,  von  dem  Bewusstsein  durchdrungen,  welch  ein  Palladium 
es  in  seiner  freien  Presse  besass,  ein  Bewusstsein,  welchem  der 
bekannte  Staatsmann  und  Dichter  Sheridan  in  den  stolzen  Worten 
Ausdruck  verlieh:  „Gebt  mir  meinetwegen  einen  Tyrannen  zum 
König,  ein  widerhaariges  Oberhaus  und  ein  demoralisiertes  Unter- 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  ERSTE  BUCH. 


haus,  lasst  mir  aber  die  Presse  und  ich  will  sie  alle  über  den  Haufen 
werfen". 

Kein  Wunder,  dass  die  Engländer,  als  einmal  dies  Bewusstsein 
Verdienste  der  VOn  der  Wichtigkeit  der  Presse  bei  ihnen  Wurzel  gefasst  hatte,  nun 

ELngländcr. 

auch  vor  allen  anderen  Völkern  es  sich  angelegen  sein  liessen,  der 
Buchdruckerkunst  ihre  Teilnahme  zu  bekunden  und  sie  derartig 
auszubilden,  dass  sie  die  ihr  zu  teil  gewordene  grosse  Aufgabe  auch 
vollständig  zu  erfüllen  imstande  war.  Während  in  dem  XVI.  Jahr- 
hundert druckende  und  zeichnende  Kunst  in  so  glänzender  Weise 
auf  dem  Kontinente  sich  verbunden  hatten,  leisteten  die  Engländer 
auch  nicht  annähernd  das,  was  Deutschland,  Italien,  Frankreich 
oder  selbst  die  Niederlande  schafften.  Als  jedoch  mit  dem 
XIX.  Jahrhundert  die  Aufgaben  der  Presse  für  das  politische  und 
praktische  Leben  immer  grössere  Dimensionen  annahmen,  da 
waren  es  die  Engländer,  die  mit  dem  ihnen  innewohnenden 
praktischen  Sinn,  verbunden  mit  ihrer  Energie,  allen  anderen  voran 
ihr  Augenmerk  auf  die  technische  Vervollkommnung  der  Kunst 
richteten,  so  dass  von  nun  an  der  Schwerpunkt  der  typogra- 
phischen Geschichte  mehr  in  der  Geschichte  der  mechanischen 
Erfindungen  als  in  der  der  ausübenden  Buchdrucker  liegt. 

Und  da  werden  wir  sehen ,  wie  fast  alle  Verbesserungen  und 
weitgehenden  Reformen  in  der  Technik  der  Druckkunst,  der  Schrift- 
giesserei,  der  Xylographie,  der  Farbenfabrikation,  der  Stereotypie 
und  des  Pressenbaues  aus  England  stammen.  Ja,  selbst  die  rasche 
Einführung  der  deutschen ,  alle  anderen  weit  hinter  sich  lassenden 
Erfindung  der  Schnellpresse  haben  wir,  nach  des  Erfinders  eigenen 
Worten,  nur  England  zu  verdanken,  nicht  minder  die  Dienstbar- 
machung  des  Dampfes  für  die  Zwecke  der  Typographie. 

NORDAMERIKA  gebührt  der  Ruhm,  neben  dem  Mutterlande 
Nordamerika,  sehr  vieles  zur  Vervollkommnung  des  typographischen  Apparats  bei- 
getragen zu  haben.  Hinsichtlich  des  Pressenbaues,  der  Stereotypie 
und  der  Schriftgiesserei  zahlte  es  seine  typographische  Schuld  mit 
Zins  vom  Zins  an  das  Mutterland  redlich  zurück,  und  nicht  selten 
hatten  die  Erfindungen,  welche  in  letzterem  geschäftlich  ausgebeutet 
wurden,  ihre  Heimat  jenseit  des  Ozeans,  nicht  selten  wurden  auch 
wieder  englische  Erfindungen  dort  der  Vollkommenheit  näher- 
gebracht. 


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Somit  ist  die  typographische  Geschichte  Amerikas  mit  der- 
jenigen Englands  so  eng  verknüpft,  dass  beide  sich  nicht  von 
einander  trennen  lassen ,  und  wollen  wir  nicht  Gefahr  laufen,  in  der 
Erzählung  vorzugreifen  und  Anachronismen  zu  begehen,  so  müssen 
wir  den  neuesten  Abschnitt  der  Geschichte  mit  der  anglo- amerika- 
nischen Gruppe  beginnen;  lässt  es  sich  doch  nicht  einmal  umgehen, 
die  Anfänge  der  Erfindung  Fr.  Königs  in  dem  dieser  Gruppe 
gewidmeten  Kapitel  zu  behandeln. 

Betrachten  wir  die  Erscheinungen  der  Typographie  der  Anglo- 
amerikanischen  Gruppe  und  zunächst  die  ENGLANDS  genauer,  SO  ÜieTypographie 

r  Englands. 

finden  wir,  dass  diese  denselben  Charakter  der  Solidität  an  sich 
tragen ,  der  überhaupt  den  englischen  Fabrikaten  eigen  ist.  Kein 
Land  hat  in  der  Typographie  der  Mode  geringere  Konzessionen 
gemacht,  als  England.  Es  behielt  seine  breiten,  etwas  plumpen, 
aber  sehr  leserlichen  Schriften  bei  und  war  selbst  im  Accidenzfache 
mit  der  Verwendung  aller  der  unzähligen  Zierschriften,  die  man 
gemeiniglich  in  Deutschland  für  nötig  hielt,  äusserst  sparsam.  Kann 
man  auch  nicht  behaupten ,  dass  sich  in  allen  englischen  Arbeiten 
ein  geläuterter  Geschmack  kundgiebt,  so  bringen  doch,  selbst  wo 
dieser  fehlen  sollte,  in  der  Regel  die  Vorzüglichkeit  des  Materials, 
die  Einfachheit,  die  Sauberkeit  und  die  Korrektheit  einen  so  befrie- 
digenden Gesamteindruck  hervor,  dass  man  nicht  zum  Reflektieren 
über  einen  etwaigen  Verstoss  gegen  den  feinen  Geschmack  kommt. 

Dass  England  in  INDIEN,  OST- ASIEN  und  AUSTRALIEN 
seinen  typographischen  Einfluss  geltend  gemacht  hat,  versteht  sich 
von  selbst,  ebenso,  dass  wir  nicht  berechtigt  sind,  aus  diesen  Erd- 
teilen jetzt  schon  Erzeugnisse,  die  einen  ganz  besonderen  typo- 
graphischen Wert  besitzen ,  zu  verlangen,  überall  zeigt  sich  jedoch 
ein  sehr  rüstiges  Vorwärtsschreiten,  an  welchem  selbst  der  äusserste 
Vorposten  der  Kultur,  JAPAN ,  sich  eifrigst  beteiligt. 

Die  Typographie  NORDAMERIKAS  kann  keineswegs  als 
blosser  Abklatsch  von  derjenigen  Englands  betrachtet  werden;  sie DicTypographic 

Amerikas. 

hat  sich  vielmehr  ihre  eigenen  Wege  gebahnt. 

In  der  Mannigfaltigkeit  der  Schriften  wetteifert  Amerika  mit 
Deutschland,  und  es  findet  auch  ein  reger  Verkehr  der  deutschen 
und  amerikanischen  Schriftgiessereien  statt,  der  sich  hauptsächlich 
auf  Tausch  von  Matrizen  gründet.   Überhaupt  geht  ein  gewisser 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  ERSTE  BUCH. 


germanischer  Duktus  durch  die  amerikanische  Typographie;  man 
liebt  nicht  die  presbyterianische  Einfachheit  des  englischen  Werk- 
druckes, und  ein  in  Deutschland  mit  Antiquaschrift  gedrucktes  Buch 
ähnelt  viel  mehr  einem  amerikanischen,  als  einem  englischen  oder 
französischen  Presserzeugnis. 

Fassen  wir  auch  die  englische  Xylographie,  welche  in  dieser 
Xylographie.  Periode  einen  enormen  Aufschwung  nahm,  ins  Auge1. 

Wie  das  gedruckte  Wort  den  Gedanken  eines  Autors  nicht  in 
allgemeinen  Grundzügen,  sondern  Wort  für  Wort,  Buchstabe  für 
Buchstabe,  wie  er  niedergeschrieben  wurde,  wiedergeben  soll,  so  ist 
es  auch  die  eigentliche  Aufgabe  des  Holzschneiders,  jeden  Strich 
wiederzugeben,  wie  der  Zeichner  ihn  auf  dem  Holze  gezeichnet 
hat.  Eine  andere  Aufgabe  hat  der  Kupferstecher.  Ihm  liegt 
ein  in  Farben  ausgeführtes  Bild  oder  eine  Zeichnung  vor,  die  in 
einer  ganz  anderen  Manier  behandelt  ist,  als  die,  in  welcher  er 
seinen  Stich  zu  geben  hat.  Der  Stecher  hat  seine  ganz  selbständige 
Technik.  Ist  er  auch  nicht  mit  dem  Autor  eines  Dichterwerkes  zu 
vergleichen,  so  doch  mit  einem  poetisch  begabten  Übersetzer,  dem 
es  nicht  gelingen  würde,  das  Gedicht  im  Geist  des  Originals  wieder- 
zugeben, wenn  er  nicht  selbst  von  dem  Geiste  beider  Sprachen,  der 
des  Originals  sowohl  als  der  der  Übersetzung,  durchdrungen  ist. 
Wenn  deshalb  der  Stecher  mit  wenigen  Ausnahmen  auch  dem 
Urheber  des  Bildes  nachsteht,  so  steht  er,  wenn  er  ein  Meister  seiner 
Kunst  ist,  doch  auf  einer  höheren  Kunststufc  als  der  Holzschneider, 
dessen  erste  Eigenschaft  grösstc  Gewissenhaftigkeit  ist. 

So  sollte  es  immer  sein ;  in  der  Praxis  stellt  sich  jedoch  die  Sache 
Eigentümlich-  nicht  selten  anders.  Denn  wie  es  Autoren  giebt,  deren  Gedanken  wohl 

keitea  der  engl. 

schule.  korrekt  und  verständlich  sind,  die  aber  dennoch  keinen  schönen  Stil 
besitzen ,  so  geht  es  oft  mit  dem  Zeichner,  der  für  den  Holzschnitt 
arbeitet.  Manchmal  würde  der  Holzschneider  dem  Zeichner  keinen 
Gefallen  erweisen,  wenn  er  genau  so  schneiden  würde,  wie  letzterer 
zeichnete.  Oft  begnügt  sich  der  Zeichner  sogar  mit  einer  estompierten 

*  J.  Jacksons  und  \V.  A.  ( 'Hattos:  ./  trtxüise  m  itfood  tngraving  enthält  in 
der  zweiten  Ausgabe  von  1S39  ein  Zusatz-Kapitel :  Arl'uts  aml  engravert  on  ~>oood  of 
th<  presettt  day  von  Iii  nry  <i.  Hohn.  Dasselbe  j^ieUi  eine  grosse  Auswahl  von 
Proben  «ler  Kunst  neuerer  englischer  Zeichner  und  Holzschneider,  jedoch  ohne 
Charakteristik  derselben  und  ohne  kritische  Würdigung  der  Leistungen. 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  ERSTE  BUCH. 


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Skizze,  wo  dann  dem  Holzschneider  die  gleiche  Aufgabe  obliegt, 
wie  sie  dem  Kupferstecher  zufällt,  wenn  dieser  die  Zeichnung  in  die 
Stichmanier  zu  übertragen  hat.  Und  hiermit  kommen  wir  auf  die 
nationalen  Eigentümlichkeiten  der  englischen  Holzschnitte.  In 
diesen  ist  der  Tonschnitt  ganz  vorherrschend;  für  den  englischen 
Holzschneider  existieren  kaum  Konturen,  viel  weniger  innere  Linien. 
Nachdem  er  sich  den  Ton  roh  vorgeschnitten  hat,  verfährt  er  ganz 
selbständig.  Ton  wird  auf  Ton  gelegt,  ohne  Scheidung  durch 
Konturen.  Er  gewinnt  in  dem  Technischen  eine  grosse  Fertigkeit 
und  kann  unter  Umständen,  wenn  er  seine  Sache  versteht,  aus  einer 
schlechten  Zeichnung  einen  anziehenden  Schnitt  zuwege  bringen ;  er 
kann  aber  auch  auf  das  gründlichste  eine  schöne  Zeichnung  verderben, 
die  vom  Künstler  darauf  berechnet  war,  in  jedem  Strich  ihre  Geltung 
zu  behalten.  Zeichnungen  nun  nach  einer  Richtung ,  wie  die  Jos. 
Führichs,  oder,  nach  einer  entgegengesetzten,  wie  die  Ad.  Menzels 
würden,  auf  englische  Manier  behandelt,  vollständig  charakterlos 
werden. 

Im  Landschaftlichen,  wo  alles  auf  die  Farbe  und  den  Ton 
ankommt,  wird  der  Engländer  Meister  sein;  in  Figuren,  überhaupt 
überall ,  wo  das  Hauptgewicht  auf  die  charakteristische  Linie  und 
den  individuellen  Ausdruck  des  Künstlers  fällt,  wird  er  in  der  Regel 
zurückbleiben.  Das  alles  ist  bei  der  Beurteilung  der  englischen 
xylographischen  Werke  ins  Auge  zu  fassen. 


Zusammenhängende  Darstellungen  der  neueren  Geschichte  der 
Buchdruckerkunst,  die  als  Stützpunkte  für  die  folgende  Schilderung  uk  Quellen, 
sowohl  der  anglo  -  amerikanischen  Gruppe  als  der  beiden  anderen 
Gruppen  dienen  könnten,  besitzen  wir  nicht.  Selbst  die  Werke 
bekannter  Autoren,  als  Falkcnstein,  Didot,  Dupont  u.  a.,  die  sich 
als  Geschichten  der  Buchdruckerkunst  im  allgemeinen  betiteln, 
begnügen  sich,  was  die  bei  ihrem  Erscheinen  „Neue"  Geschichte 
betrifft,  hauptsächlich  mit  Aufzählen  einer  Reihe  von  Namen,  auch 
ist  eine  lange  Zeit  seit  ihrer  Veröffentlichung  verflossen.  Somit 
waren  wir  hauptsachlich  auf  ein  Zusammensuchen  der,  sich  oft  voll- 
ständig widersprechenden  Nachrichten  aus  technischen  und  anderen 
Zeitschriften ;  auf  die  nicht  selten  sehr  stark  gefärbten  und  über- 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  ERSTE  BUCH. 


treibenden  Ausstellungsberichte;  auf  die  technischen  Lehrbücher 
einzelner  Branchen  oder  Memoiren  über  einzelne  Erfindungen ;  auf 
Nekrologe,  Denkschriften  u.  dgl.  und  scliliesslich  auf  die  eigenen 
Wahrnehmungen  angewiesen.  Zwar  ist  die  Fachzeitschriften- 
Litteratur  eine  ausnehmend  reiche,  sie  hat  jedoch  mit  der  einzigen 
Ausnahme  des  „Journals  für  Buchdruckerkunst"  erst  seit  den  sieben- 
ziger  Jahren  eine  eigentliche  Bedeutung1.  Diejenigen,  welche  für 
die  Geschichtschreibung  im  allgemeinen  die  grösste  Ausbeute  geben, 
finden  erst  am  Schluss  des  Bandes  Erwähnung,  um  sie  nicht  bei 
jedem  Abschnitt  zu  wiederholen.  Dasselbe  ist  der  Fall  mit  der 
grossen  Anzahl  von  offiziellen  Berichten,  zu  welchen  die  Welt- 
ausstellungen in  London  1851  und  1862;  in  Paris  1855,  ^67,  1878; 
in  Wien  1873,  und  in  Philadelphia  1876  Veranlassung  gaben. 

Die  Quellen  für  spezielle  Fälle  sind,  wie  im  ersten  Teil, 
jedesmal  an  der  betreffenden  Stelle  angegeben. 

»  I- Mohr  in  Strassburg,  der  sich  um  die  typographische  I.ittcratur  und 
die  Bereicherung  der  Bibliothek  des  deutschen  Buchhändler -Vereins  vielfach 
verdient  gemacht  hat,  lieferte,  unterstützt  von  VV.  Blades  in  London,  Chr.  Huber 
in  Paris  und  John  Faehr  in  Cincinnati,  in  den  „Annalen  der  Typographie", 
IX.  Bd.  Nr.  432  und  433,  ein  Verzeichnis  der  Erscheinungen  der  periodischen 
Fachpresse  älterer  und  neuerer  Zeit.  Ein  Separat  -  Abdruck  erschien  1879  in 
Strassburg. 


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I.  KAPITEL. 

SCHRIFTGIESSEREI  UND  SETZMASCHINEN 

DER  ANGLO  -AMERIKANISCHEN  GRUPPE. 

Die  Schriftoiesserei  :  W.  Casjon  iL,  J.  Jackson,  D.  Bruce,  Mac  Kellar,  Smiths  & 
Jordan  u.  a.  Die  Iloktypen.  Der  Blindendruck.  Lord  Stanhopes  Stereotypie. 
Die  Giessmasciune:  Nicholson,  PLlihu  White,  D.  &  G.  Bruce,  Johnson  und 
Atkinson,  Westcotts  Gicssmaschine.  Die  Setzmaschine,  frühere  Versuche: 
T.  Ahlen,  W.  Mitchell,  A.  Fräser  u.  a.  Hattersley,  Kastenbein,  Mackie.  Der 
.Ifatrix  compositor  und  ähnliche  Apparate. 


ILLIAM  Caslon  dem  altern,  dem  Begründer  der 
Selbständigkeit  der  englischen  SCHRIFTGIESSEREI, 
folgte  in  rühmlicher  Weise  der  schon  1742  als  Teil- 
nehmer in  das  väterliche  Geschäft  aufgenommene  Sohn 
William  Caslon  ii.  Dieser  hinterliess  als  Witwe  w.  c^ion  h. 
Elisabeth  Cartlich  und  zwei  Söhne  William  III.  und  Heinrich  l,  *  '7'  Aug* ,/7< 
welcher  letztere  1788  starb,  während  William  1793  aus  dem  Geschäft 
trat.  Die  Frau  Heinrichs,  Elisabeth  Row,  führte  für  ihren  und  ihres 
Sohnes  Heinrich  ii.  Anteil  das  Geschäft  bis  1795  in  Verbindung  mit 
ihrer  Schwiegermutter  fort,  nach  deren  Tode  allein.  Trotz  ihrer 
schwachen  Gesundheit  entwickelte  sie  eine  grosse  Umsicht.  Als  sie 
jedoch  merkte,  dass  trotz  aller  Anstrengungen  das  Renomm£  des 
Hauses  etwas  hinter  dem  jüngerer  Firmen  zurückblieb,  Hess  sie,  unter 
Mitwirkung  eines  tüchtigen  Künstlers,  John  Isaack  Drury,  sämtliche 
Schriften  neu  schneiden  und  nahm  Nathanael  Catherwood  zum 
Associe,  der  auch  allen  von  ihm  gehegten  Erwartungen  entsprach. 


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30 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


Später  associierte  sich  Heinrich  Caslon  zuerst  mit  Jacok  James 
Catherwood,  seit  1821  mit  Martin  William  Livermore.  Sie  führten 
eine  neue  Schreibschrift  ein  nach  dem  System  des  Franzosen  Boileau. 
Bei  William  Caslon  11.  hatte  Joseph  Jackson  gelernt.  Das 
jo*.  jnckson  Verfahren  bei  der  Herstellung  der  Stempel  wurde  sehr  geheini- 

•  |.  Scptbr.  1733. 

t  1,.  Jan.  it«)2.  gehalten  und  Caslon  vcrschloss  letztere  mit  grosser  Vorsicht,  wenn 
er  nicht  daran  arbeitete.  Jackson  bohrte  nun,  um  die  Arbeit  Caslons 
zu  beobachten,  ein  Loch  durch  die  Wand  und  sein  Vorhaben 
gelang  ihm  auch  auf  diese  Weise,  von  deren  nicht  ehrenhafter  Natur 
er  wohl  kaum  das  volle  Verständnis  hatte,  denn  mit  grossem  Stolz 
zeigte  er  dem  Meister  seine  Arbeit,  erhielt  jedoch  eine  sehr  strenge 
Zurechtweisung.  Seine  Mutter  kaufte  ihm  nun  das  nötige  Hand- 
werkzeug und  er  benutzte  jeden  freien  Augenblick,  um  zuhause  zu 
arbeiten.  Nach  vollendeter  Lehrzeit  blieb  er  bei  Caslon,  bis  er,  weil 
Teilnehmer  an  einer  Lohnbewegung,  zugleich  mit  seinem  Freunde 
Thomas  Cotterell  den  Abschied  erhielt.  Jackson  ging  zur  See 
und  arbeitete  dann  bei  Cotterell,  der  ein  tüchtiger  Schriftgicsser 
geworden  war,  und  versuchte  später  selbst  sein  Glück.  1 790  wurde 
seine  Giesserei  durch  Feuer  zerstört,  ein  Schlag,  von  dem  er  sich 
körperlich  und  geistig  nicht  erholen  konnte.  Unter  seinen  vielen 
vortrefflichen  Schriften  sind  besonders  hervorzuheben  die  Facsimile- 
Type  der  Schrift  fesDoomsdayBook,  seine  alexandrinisch-griechische 
Schrift,  sowie  die  Schrift  zu  der  von  Th.  Bensley  ausgeführten 
berühmten  Bibel  von  Maclin,  die  jedoch  in  einer  späteren  Ausgabe 
durch  Schriften  von  V.  Figgins  ersetzt  wurde. 

Bei  Jacksons  Tode  kaufte  der  aus  dem  väterlichen  Geschäft  aus- 
w.  c.i*ion  in.  getretene  William  Caslon  hl  dessen  Schriften.  Die  Giesserei  wurde 
sehr  erweitert  und  namentlich  mit  schönen  Ornamenten  vervoll- 
ständigt. Das  Probebuch  von  1785  war  das  schönste  aller  bis  jetzt 
erschienenen.  Caslon  übergab,  nachdem  er  noch  glücklich  von  einer 
längere  Zeit  andauernden  Blindheit  geheilt  war,  das  Geschäft  an 
seinen  Sohn  William  iv.,  der  es  1819  an  Blake,  Garnett  &  Co. 
(jetzt  Blake,  Stcphenson  &  Co.)  verkaufte. 

Von  Bedeutung  war  der  eben  erwähnte  Vincent  Figgins.  Er 
v.  Fmgin».    hatte  bei  Jackson  gelernt  und  blieb  bei  ihm  bis  zu  dessen  Tode.  So 
gern  er  es  gewollt,  konnte  er  doch  nicht  mit  Caslon  beim  Ankauf 
des  Geschäftes  konkurrieren.  Von  Joh.  Nichols  kräftig  unterstützt 


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I.  KAP. 


DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  SETZMASCHINEN. 


31 


ward  es  ihm  jedoch  möglich,  sich  selbständig  zu  machen.  Er 

schnitt  manche  schöne,  zumteil  seltene  Schriften.   Das  Geschäft 

besteht  noch  unter  der  Firma  V.&J.  Figgins  und  arbeitet  mit  70  durch 

Dampf  getriebenen  Giessmaschinen.  Dass  die  Offizin  imstande  war, 

einer  am  Sonnabend  vollständig  abgebrannten  Zeitungsdruckerei  am 

folgenden  Dienstag  das  Weiterarbeiten  mit  40  Setzern  möglich  zu 

machen,  mag  als  Probe  der  Leistungsfähigkeit  einer  modernen 

Schriftgicsserci  dienen.    Auch  William  Martin,  der  von  Bulmer 

gestützt  wurde,  lieferte  Vorzügliches. 

Als  Schöpfer  der  schottischen  Schriftgiesserei  wurde  bereits 

Alexander  Wilson  erwähnt  (I,  S.  266).    Er  war  in  St.  Andrews    a.  waSon 

_  _  <  •  1714. 

geboren,  hatte  viel  Sinn  für  Mechanik  und  Astronomie,  kam  jedoch 

1 737  nach  London  in  eine  Droguenhandlung.  Durch  Zufall  sah  er 
eine  Schriftgiesserei  und  fasste  sofort  den  Gedanken,  die  Herstellung 
der  Schriften  in  einfacherer  Weise  als  bisher  herbeizufuhren.  Zu 
diesem  Zwecke  verband  er  sich  mit  seinem  Freunde  Baine.  Der 
Aufenthalt  in  London  wurde  ihnen  jedoch  zu  teuer  und  sie  zogen 
nach  St.  Andrews.  Mit  der  Erfindung  kam  es  nicht  recht  vor- 
wärts, deshalb  schritten  die  Besitzer,  ohne  dass  sie  die  eigentlichen 
Kenntnisse  dazu  besassen,  1 742  zur  Einrichtung  einer  Schriftgiesserei 
in  üblicher  Weise.  Die  schottischen  Buchdrucker,  die  hauptsächlich 
in  Edinburgh  etabliert  waren ,  sahen  gern  die  neue  Giesserei  ent- 
stehen, und  unterstützten  sie,  da  die  Verbindung  mit  London  noch 
schwierig  war.  Als  Wilson  &  Baine,  um  mit  dem  grossen  Verkehr, 
namentlich  mit  Amerika  und  Irland,  leichtere  Fühlung  zu  behalten, 
nach  dem  Dorfe  CAMLACHIE  bei  Glasgow  gezogen  waren,  beschlossen 
sie  1747,  dass  einer  von  ihnen  nach  Irland  gehen  sollte;  wer?  das 
sollte  durchs  Los  entschieden  werden.  Dieses  traf  Baine.  Zwei  Jahre 
später  wurde  die  Verbindung  ganz  gelöst. 

Wilson  stand  in  engem  Verkehr  mit  der  Universität  Glasgow 
und  schnitt  für  diese  in  uneigennütziger  Weise  griechische  Schriften, 
für  welche  er  grosses  Lob  erntete.  1 760  wurde  er  von  der  Univer- 
sität mit  dem  Professorat  in  der  praktischen  Astronomie  beehrt  und 
die  Schriftgiesserei  nun  von  seinen  beiden  ältesten  Söhnen  fort- 
gesetzt. Auf  Grund  der  billigeren  Löhne  und  Materialien  konnten  sie 
sogar  in  London  mit  den  dortigen  Giessereien  konkurrieren.  Ein 
anderer  tüchtiger  schottischer  Giesser  war  Millar  in  Edinburgh. 


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32 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


Ungefähr  gleichzeitig  mit  Lord  Stanhopes  Auftreten  erhielt 
v\x.  Rushcr.  {1802;  Philipp  Rusher  in  Banbury,  Oxfordshire ,  ein  Patent  für 
verschiedene  Veränderungen  und  Verbesserungen  in  der  Form  der 
Typen ,  welche  die  Kosten  und  die  Arbeit  beim  Setzen  verringern 
und  die  Schönheit  und  Gleichmässigkeit  des  Satzes  vermehren  sollten. 
Rusher  druckte  mit  diesen  Typen  den  Rasselas,  lieferte  jedoch 
damit  alles  eher,  als  den  Beweis  für  die  obengenannten  Eigen- 
schaften der  neuen  Schrift. 

Von  englischen  Schriftgiessern  sind  ferner  zu  erwähnen:  Rob. 
Miitar.  Be&iey  Besley  &  Co.  (später  Reed  &  Fox),  Müller  &  Richard  u.  a.1.  Durch 
orientalische  Schriften  sind  bekannt:  Edm.  Fry,  W.  M.  Watts, 
Gilbert&Ri  vington  und  die  Giesserei  der  Clarendon- Press  in  Oxford. 
Grossen  Beifall  gewannen  die  von  Thorowgood  in  London  ein- 
geführten Schreibschriften.  Sie  konnten  wegen  der  Leichtigkeit 
des  Setzens,  da  jeder  der  190  Charaktere  wie  in  der  Cursivschrift 
selbständig  ist,  sich  neben  den  kunstvolleren,  aber  schwer  zu 
behandelnden  Schreibschriften  Didots  behaupten.  Als  die  Renais- 
sanceschriften in  Frankreich  aufkamen,  den  Spruch  bewahrheitend: 
//  riy  a  de  nouveau  en  ce  monde,  que  ce  qui  est  vieux ,  veranstaltete 
der  Buchdrucker  Wittingham  bei  Caslon  einen  Neuschnitt  der  17 16 
hergestellten  Elzevier  -  Antiqua ,  jedoch  mit  etwas  breiteren  und 
runderen  Buchstaben.  Diese  Medianuil  gefiel  ganz  ausserordent- 
lich und  hiermit  war  der  Weg  für  die  Renaissance  eröffnet,  die 
selbstverständlich  in  England  starke  Verbreitung  fand;  jedoch  hielt 
man  sich  von  Übertreibungen,  so  wie  auch  von  Ausschreitungen  in 
den  Titel-  und  Zierschriften  ziemlich  frei 

«  J.  M.  Powr.Li.  gab  1875 :  Sdeci  specimens  ofthe  best  faces  0/ ihe  british  Founders. 

*  Wie  würde  es  wohl  Th.  C.  Hansard  bei  dein  Anblick  der  heutigen  Extra- 
vaganzen fast  aller  Länder  zumute  geworden  sein,  wenn  er  sich  schon  bei  den 
damaligen  zaghaften  Überschreitungen  zu  dem  folgenden  Ausbruch  veranlasst 
fühlte:  „O,  ihr  geheiligten  Schatten  von  Moxon  und  van  Dyck,  von  Haskcrville  und 
Bodoni,  was  würdet  ihr  wohl  zu  den  typographischen  Monstruositätcn  heutiger 
Mode  gesagt  haben?  Und  die,  welche  uns  nach  ebensovielen  Jahren  folgen 
werden,  als  jene  uns  vorangegangen  sind,  in  welches  Zeitalter  werden  sie  die 
Erzeugnisse,  die  uns  hier  vorliegen,  versetzen?  Solchen  Ungeheuerlichkeiten 
gegenüber  wird  die  Nachwelt  sich  manche  sonderbare  Vorstellung  machen.  Es  ist 
keineswegs  unmöglich,  dass  die  jetzt  in  der  City  von  London  gedruckten  Erzeug- 
nisse in  späterer  Zeit  dem  Meistbietenden  als  echt  ägyptische  Seltenheiten 
antediluvianischen  Ursprungs  zugeschlagen  und  den  ausgesuchtesten  Teil  der 
Schätze  von  Sammlungen  der  Kenner  bilden  werden". 


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I.  KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  SETZMASCHINEN. 


33 


In  AMERIKA  lagen  die  Verhältnisse  anders  als  in  England. 
Man  hatte  mit  keiner  Tradition,  mit  keinem  bereits  ausgeprägten  Schriftgießerei 
Geschmack  oder  früherer  Gewohnheit  zu  rechnen ,  man  nahm  das 
Gute,  wo  es  sich  darbot,  und  erfand  nach  Herzenslust,  wo  etwas 
fehlte.  In  Ermangelung  einer  nationalen  Litteratur  hatte  die  Werk- 
druckerei noch  keine  grosse  Bedeutung,  man  war  auf  billige 
Nachdrucke  englischer  Werke  angewiesen.  Die  Anstrengungen  der 
amerikanischen  Giessereien  richteten  sich  deshalb  vornehmlich  auf 
die  Befriedigung  der  Bedürfnisse  der  Zeitungs-  und  Accidenz- 
druckereien.  Um  vielen  Stoff  in  den  Zeitungen  zu  häufen,  und  viele 
Zeilen  auf  die  Spalte  zu  bringen,  war  es  notwendig,  möglichst 
kleine  Schriftkegel  zu  wählen,  dafür  jedoch  das  Bild  der  Buch- 
staben so  gross,  wie  es  der  Kegel  nur  zuliess,  zu  schneiden,  wozu  es 
erforderlich  war,  die  herauf-  und  heruntersteigenden  Buchstaben  und 
die  Versalien  möglichst  kurz  zu  halten.  In  solchen  Schriften  wurde 
Vorzügliches  geschnitten  und  in  vortrefflichem  Metall  gegossen. 

In  jüngster  Zeit  erreichte  die  Zahl  der  Accidenzschriften  eine 
beträchtliche  Höhe.  Ausgezeichnet  sind  namentlich  die  Schreib- 
schriften. In  Titelschriften  wurde  vieles  Gute  unter  vielem  Unnützen 
produziert1.  Einfassungen  in  allen  möglichen  Geschmacks-  oder 
Ungeschmacks-Richtungcn,  sogar  in  japanischem  oder  chinesischem 
Stil,  vertragen  sich  brüderlich  mit  den  Antik-  und  Renaissance- 
Ornamenten. 

Trotz  der  sehr  bedeutenden  Produktion  ist  die  Zahl  der  mass- 
gebenden Giessereien  eine  beschränkte  (32).  Die  grossen  Schrift- 
gießereien Hessen  die  kleineren  mit  Originalproduktionen  nicht  auf- 
kommen, gewährten  ihnen  dagegen  einen  so  hohen  Rabatt,  dass  die 
Kleineren  ihren  Vorteil  dabei  fanden ,  die  Schriften  der  Grossen  in 
ihre  Proben  aufzunehmen  und  als  eigene  Arbeit  zu  verkaufen.  Dem 
typographischen  Publikum  entgingen  zwar  hierdurch  die  aus  einer 
lebhaften  Konkurrenz  entstehenden  Vorteile,  es  stand  sich  jedoch 
nicht  schlecht  dabei,  indem  die  grossen  Giessereien,  um  ihren  Platz 
auszufüllen,  sehr  bedeutende  Anstrengungen  machten. 

Um  das  Jahr  1 800  existierte  in  den  Vereinigten  Staaten  nur  die 
eine  Giesserei  von  Binnev  &  Rolandson  in  Philadelphia,  die  durch 

»  Sf*cimen  Book  von:  G.  Bruces  Son  &  Co.;  Farmer,  Fjttle  &  Co.;  James 
Conners  Sons;  Mac  Kiu.ar,  Smiths  &  Jordan. 

3 


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34 


DIE  ANGLO-AMERIK ANISCHE  GRUPPK. 


I.  KAP. 


Franklins  Unterstützung  gute  Giessinstrumente  aus  Frankreich 
erhielt  und  diese  noch  verbesserte. 

Eine  der  ältesten  und  bedeutendsten  Giessereien  ist  die  von 
David  Hruce  David  Bruce,  einem  Schottländer,  gegründete.  Nachdem  dieser 
1 15.  Marz'  \l7°7.  in  Edinburgh  die  Buchdruckerei  gelernt  hatte,  siedelte  er  1793  nach 
Amerika  über  und  begann  1806  im  Verein  mit  seinem  jüngeren 
Bruder  George  Bruce  (geb.  1 78 1 )  eine  Buchdruckerci.  Die  Wichtigkeit 
der  Stereotypie  hatte  er  ganz  begriffen  und  ging  deshalb  181 2  nach 
London,  um  unter  den  Auspicien  des  Lord  Stanhope  die  Stereotypie 
aus  dem  Fundament  zu  erlernen.  Das  Vorhaben  gelang  jedoch 
nicht  ganz,  so  dass  er  noch  den  Weg  der  eigenen  Erfahrungen 
einschlagen  musste.  Er  lieferte  die  erste  in  Amerika  stereotypierte 
Bibel  und  widmete  sich  nun  ausschliesslich  der  Schriftgiesserei  und 
der  Stereotypie.  Im  Jahre  1822  zog  er  sich  aus  dem  Geschäft  zurück, 
welches  sein  Sohn  David  n.  sehr  in  die  Höhe  brachte.  Die  grosse 
Schriftprobe  des  letzteren  aus  dem  Jahre  1 869,  bis  auf  den  heutigen 
Tag  durch  achtzehn  Supplemente  vervollständigt,  bietet  eine  un- 
ermessliche  Auswahl  von  Schriften  jeder  Art 

Als  Schriftgiesser  waren  ebenfalls  bedeutend  James  Conner, 
jam«  Conncr  dessen  Sohn  gleichen  Namens  zuerst  galvanische  Matern  lieferte, 

•        Aug.  17081  w  ... 

f  10.  Mai  ifoi.  und  Mac  Kellar,  Smiths  &  Jordan.  Der  Teilhaber  letzterer  Firma, 
Th.  Mac  Keiiar  Thomas  Mac  Kellar  ,  war  Verfasser  eines  sehr  guten  Handbuches 
der  Typographie:  The  Anurican  Printer  und  Herausgeber  des 
Typographical  Advcrtiser,  ein  Blatt,  welches  zwar  zunächst  den 
Interessen  der  Firma  dient,  jedoch  manches  allgemein  Beachtens- 
werte bringt.  Ahnliche  Blätter  werden  von  fast  allen  grossen 
amerikanischen  Giessereien  herausgegeben ,  sie  verbreiten  zugleich 


1  Als  ein  guter  Einfall  Bruces  nuiss  es  betrachtet  werden,  dass  er  zur 
Vorführung  seiner  Schriften  sich  nicht  sinnlos  zusammengestellter  Wörter  bedient, 
sondern  mit  jeder  neuen  Schrift  den  Titel  eines  Werkes  der  typographischen 
Litteratur  wiedersieht.  Um  einen  Buchdrucker  sattelfest  in  der  typographischen 
Bibliographie  zu  machen,  giebt  es  kaum  ein  besseres  mnemotechnisches  Mittel. 
Wenn  die  Schriftgiesser  statt  des  Quousqut  tandem  etc.  Sätze  wählten,  die  für  den 
Buchdrucker  ein  Interesse  darbieten,  so  würden  die  Proben  gewiss  manchmal 
aufmerksamer  ins  Auge  gefasst  werden  und  die  Schriften  sich  mehr  dem  Gedächt- 
nis einprägen.  Schliesslich  gab  Bruce  noch  als  Beilage  zu  seinen  IVobcn  eine 
Geschichte  der  Buchdruckerei,  164  Seiten  4,  mit  zahlreichen  Abbildungen,  mit 
seinen  verschiedenen  Werkschriften  gedruckt. 


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I.  KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSERKI  UND  DIE  SETZMASCHINEN.  35 

mit  den  Proben  der  neuen  Leistungen  ihrer  Geschäfte  mancherlei 
nützliche  Kenntnisse1. 

Eine  merkwürdige  Erscheinung  des  amerikanischen  Schriften- 
wesens ist  das  Cherokee- Alphabet  des  Indianers  Seijuoyah  oder  George  cuc«. 
George  Guess.  Durch  Umgang  mit  Weissen  kam  er  erst  auf  eine 
Bilder-,  dann  auf  eine  Silbenschrift  mit  68  Schriftzeichen,  für 
welche  er  sich  zumteil  der  Formen  der  lateinischen  Buchstaben 
bediente,  ohne  jedoch  von  dem  sprachlichen  Wert  derselben  eine 
Vorstellung  zu  haben.  Er  vollendete  seine  Arbeit ,  für  welche  ihn 
die  Cherokesen-Häuptlinge  durch  die  Prägung  einer  Medaille  ehrten, 
im  Jahre  182 1. 

Der  Plakatdruck  mit  seinen  grossen  Schriften  führte  auf  die 
geschäftsmässige  Fabrikation  der  Holztypen.  In  Amerika  begann  Die  Hoktypcn. 
diese  im  grösseren  Massstab  um  das  Jahr  1830  durch  Wanderburgh 
Wills  &  Co.  und  durch  Eow.  Allen,  der  sich  später  mit  der  Firma 
W.  H.  Page  &  Co.  verband.  Zur  Verwendung  kommt  fast  nur  Ahorn, 
mitunter  Mahagoni  oder  Buchsbaum.  Die  Klötze  werden  erst  in 
Querschnitte  gesägt,  mit  Dampf  behandelt  und  zwei  Jahre  lang  auf- 
gespeichert. Die  Oberfläche  poliert  man  wiederholt  mit  Schellack 
und  Sandpapier  und  teilt  die  Querschnitte  in  die  benötigten 
Grössen.  Die  Buchstabenbilder  werden  vermittelst  Maschinerie 
hergestellt 

Der  in  Frankreich  zuerst  geübte  BLINDENDRUCK  wurde 
in  England  wie  auch  Amerika  in  durchgreifender  Weise  verbessert.  Blindendruck. 
James  Göll  in  Edinburgh  wandte  1827  eckige  Zeichen  an;  der 
Amerikaner  Dr.  Howe  in  Boston  gab  den  gemeinen  Buchstaben  der 
Antiqua  ebenfalls  eckige  Formen ;  ein  ähnliches  Alphabet  von  Fry 
in  London  erhielt  1857  von  der  dortigen  Society  of  arts  einen  Preis. 
Das  in  England  am  meisten  verbreitete  und  unter  den  willkürlichen 
eines  der  zweckmässigsten  Alphabete  ist  das  von  T.  M.  Lucas  in 
Bristol  1 845  erfundene  Chiffre-Alphabet,  bestehend  aus  einem  Zirkel 
und  einem  Halbzirkel  in  zwei  Grössen ,  einer  grösseren  und  einer 
kleineren  Linie  und  einem  Punkt.  Hiermit  Hessen  sich  vierzig 
zweckmässige  Zeichen  kombinieren.  —  Der,  selbst  blinde,  Vorsteher 

«  Die  Firma  Scheiter  &  Giesecke  in  Leipzig  führte  diese  Sitte  in  Deutsch- 
land ein  (vgl.  ix.  Kap.). 

1  Ilistary  and  Miinufarture  of  IVoo.i  Type.  Tyfojriifhical  Messender  1869,  Nr.  4. 

3' 


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36 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


der  Blinden- Anstalt  in  Brighton,  Moon,  erfand  ein  Chiffre- Alphabet 
von  zehn  Zeichen  aus  gebogenem  Draht,  die  auf  Zinkplatten  gelötet 
wurden,  ein  Verfahren,  das  bereits  1839  von  Frere  geübt  war. 
Nach  Moons  System  wurden  heilige  Schriften  in  achtzig  Sprachen 
gedruckt.  Ausser  den  erwähnten  bestehen  jedoch  noch  viele 
Systeme. 

Ausserordentlich  zu  bedauern  bleibt  es,  dass  man  sich  nicht 
über  ein  einheitliches  System  der  Blindenschrift  hat  einigen  können; 
nirgends  wäre  wohl  eine  Einheitlichkeit  für  den  Lernenden  sowohl 
als  für  den  Lehrer  nützlicher,  und  wie  wäre  die  Bildung  von  Blinden- 
bibliotheken  hiermit  befördert  worden!  Aus  vielen  Gründen  dürfte 
eine  Einigkeit,  wenn  sie  überhaupt  möglich  ist,  nur  auf  Grundlage 
des  Antiqua-Alphabetes  stattfinden  können. 

Die  praktische  Durchführung  des  vielfach  versuchten  Verfahrens 
l>ie  Stereotypie,  der  Stereotypie  hat  man,  wie  so  manche  andere  Verbesserungen 
im  Druckwesen,  dem  edlen  Charles  Mahon,  Lord  Stanhope  zu 
verdanken.  Derselbe  war  erst  in  Eton  College,  später  unter  des 
bekannten  Lc  Sages  Anleitung  sorgfältigst  erzogen.  Mit  besonderer 
Vorliebe  wendete  er  seine  Aufmerksamkeit  der  Typographie  und 
der  Schriftgiesserei  zu,  und  fast  zu  gleicher  Zeit  traten  sein  Stereotyp- 
verfahren und  seine  eiserne  Presse  in  Wirksamkeit. 

W.  Ged  hatte  seine  Versuche  nicht  fortsetzen  können  (I,  S.  266), 
Müller  und  van  der  Mey  (I,  s.  251)  waren  ganz  in  Vergessenheit 
geraten.  Die  Wichtigkeit  der  Stereotypie  leuchtete  aber  mit  der 
Zunahme  der  schwierigen  Arbeiten  und  der  grossen  Auflagen  immer 
mehr  ein.  Fast  50  Jahre  nach  Ged  machte  Dr.  Tilloch  in  Glasgow, 
ohne  dessen  Erfindung  zu  kennen,  eine  ähnliche  und  übte  diese  in 
Verbindung  mit  dem  Universitätsbuchdrucker  Foui.ts.  Sie  brachten 
auch  einige  Bände  fertig,  gaben  jedoch  später  ihre  Arbeiten  auf. 
Lord  Stanhope  Hess  sich  von  Tilloch  und  Foulis  unterrichten  und 
brachte  es  in  Verbindung  mit  einem  bekannten  Londoner  Buch- 
drucker, Wilson,  nach  zweijähriger  Arbeit  zur  Vollkommenheit 
in  dem  Verfahren.  1804  konnte  letzterer  unter  Lord  Stanhopes 
Zustimmung  beantragen,  die  Bibeln  und  Gebetbücher  der  Universität 
Cambridge  mittels  des  neuen  Verfahrens  herstellen  zu  lassen. 
Es  fand  allgemeine  Anerkennung  und  schleunige  Verbreitung,  denn 


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I.  KAP. 


DIR  SCHR1FTGI  ESSEREI  UND  DIE  SETZMASCHINEN. 


37 


Lord  Stanhope  litt  durchaus  nicht,  dass  diese,  noch  eine  andere  seiner 
Erfindungen  Gegenstand  eines  Patentschutzes  wurde;  im  Gegenteil, 
er  Hess  jedesmal  ein  Caveat  in  dem  Pattnt -Office  einregistrieren, 
damit  kein  Unbefugter  sich  der  Erfindungen  bemächtigen  und  für 
sich  patentieren  lassen  konnte. 

Der  Stanhopesche  Prozess1  ist  folgender:  Feiner,  möglichst 
frischer  Gips  wird  mit  Boluswasser  zu  einem  flüssigen  Brei  angerührt  sunhope« 
und  die  Schriftform  oder  die  Holzschnittplatte,  welche  man  stereo- 
typieren will,  mit  der  Masse  erst  eingepinselt,  dann  übergössen. 
Nachdem  der  Gips  fest  geworden,  lässt  er  sich  leicht  von  der  Form 
abtrennen  und  man  hat  nun  eine  genaue  vertiefte  Kopie  (Matrize)  des 
zu  stereotypierenden  Gegenstandes.  Diese  wird  mit  grosser  Vor- 
sicht langsam  in  einem  dazu  eingerichteten  Ofen  getrocknet,  dann, 
mit  der  Bildseite  nach  unten,  in  eine  Pfanne  gelegt,  die  in  einen 
Kessel  mit  flüssigem  Schriftzeug  gesenkt  wird.  Letzterer  dringt 
durch  Offnungen  der  Pfanne  und  füllt  selbst  die  kleinsten  Ver- 
tiefungen der  Matrize  aus.  Nachdem  die  Pfanne  aus  dem  Kessel 
herausgenommen  und  die  Masse  erkaltet  ist,  lässt  sich  die  Mater 
von  der  Platte  ablösen,  erstere  geht  jedoch  dabei  verloren,  dafür 
hat  man  das  getreue  Abbild  des  stereotypierten  Gegenstandes  in 
Schriftmasse 1. 

Doch  nicht  alle  Druckarbeiten,  bei  welchen  das  Verfahren 
zweckmässig  gewesen  wäre,  konnten  stereotypiert  werden,  nament-  Da»  Sthriit- 

mcull. 

lieh  war  dasselbe  bei  Zeitungen  zu  langsam,  man  musste  deshalb 
die  Aufmerksamkeit  auf  Verbesserung  des  Schriftzeuges  richten. 
Während  der  drei  ersten  Jahrhunderte  der  Kunst  war  eine  grosse 
Auflage  eine  Seltenheit  gewesen  und  die  Schriften  hielten  sich 
oft  mehrere  Generationen  hindurch  brauchbar,  ausserdem  nahm 
man  es  damals  nicht  so  genau  wie  heute  mit  der  Schärfe  des 
Druckes.  Als  nun  die  vielen  Abzüge  die  Abnutzung,  also  auch  den 
Bedarf  vermehrten,  musste  ein  härteres  Schriftmetall  beschafft 
werden.  Der  Prozess  des  Schmelzens  und  die  Mischung  der  Metalle 

«  Thomas  IIon<;.soN  ,  An  essay  on  stereotyp*  frinting.  Newcastle  1820.  — 
J.  F.  Wilson,  Stereötyfmz  and  elcctrotyping.  London.  —  H.  MtVF.R,  Handbuch 
der  Stereotypie.  Hraunschweig  1838. 

a  Über  die  früheren  Versuche  und  die  neueren  Methoden  der  Franzosen 
vgl.  Kap.  v. 


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38 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


geschah  nicht  mehr  nach  Gutdünken,  sondern  nach  wissenschaft- 
lichen Regeln,  auch  nicht  in  der  Giesspfanne,  sondern  in  grösseren 
Quantitäten  in  zweckmässigen  Schmelzöfen.  J.R.Johnson  lieferte  den 
Zeug  so  hart ,  dass  man  seine  Typen  als  Stempel  in  gewöhnlichen 
Schriftzeug  eintreiben  konnte.  Auch  wurden  Matern  durch  Prägung 
mittels  hydraulischer  Pressen  in  Stahl,  anstatt  durch  Einschlagen 
in  Kupfer,  produziert,  und  Versuche  gemacht,  Typen  aus  Kupfer- 
stangen zu  pressen  oder  die  Schrift  zu  vernickeln  und  zu  verkupfern. 
Zu  diesem  Zweck  wurde  die  Newton  Coppertype  Company  in  New- 
York  etabliert,  welche  die  Schriften  für  etwa  18 — 20  Prozent  des 
Schriftwertes  verkupferte.  Ausschluss  wurde  von  Messing,  Zink 
und  Vulcanit  herzustellen  versucht. 

Allein  die  Verbesserung  des  Stoffes  genügte  noch  nicht,  man 
musste  auch  auf  Schnelligkeit  und  Billigkeit  in  der  Produktion  sehen, 
und  hier  konnte  nur  die  Maschine  Hülfe  schaffen. 

Über  den  ersten  Ursprung  der  Schriftgiessm aschine  ver- 
uic  sthrifigiew  lautet  nur,  dass  dem  Will.  Nicholson  in  London  im  Jahre  1790  ein 

maschinc. 

Patent  auf  eine  solche  für  „konisch"  gebildete  Typen  erteilt  wurde. 
Eine  konische  Form  mit  einer  grösseren  Bild-  und  einer  kleineren 
Grundfläche  hielt  Nicholson  für  nötig,  weil  er  die  Schriften  um  den 
Cylinder  einer  Schnellpresse  anbringen  wollte,  welch  letztere  er  sich 
ebenfalls  patentieren  Hess.  Er  hatte  das,  später  von  Didot  in  Paris 
versuchte,  polyamatype  Giessverfahren  vor  Augen,  nach  welchem 
viele  Buchstaben  auf  einmal  gegossen  werden  sollten.  Es  blieb, 
wie  mit  den  übrigen  Erfindungen  Nicholsons,  bei  dem  Patent- 
nehmen. 

Die  praktische  Durchführung  der  Giessmaschine  gehört 
Amerika  an.  Die  ersten  Patente  dort  wurden  1805  und  1807  dem 
Elihu  White  und  dem  William  Wing  in  Hartford  erteilt.  Auch 
hier  hatte  man  zuerst  das  polyamatype  Verfahren  im  Auge,  ja  man 
wollte  sogar  ganze  Alphabete  auf  einmal  giessen.  White  experi- 
mentierte zehn  Jahre  lang,  ohne  zu  einem  nennenswerten  Resultate 
zu  kommen.  Die  Schriftgiesser  Binney  &  Rolandson  hatten  ebenfalls 
viele  Versuche  gemacht  und  schienen  dem  Ziele  näher  als  White 
gerückt  zu  sein,  hielten  jedoch  ihre  Resultate  sehr  geheim.  White 
schmuggelte  in  wenig  ehrenhafter  Weise  einen  seiner  Arbeiter  bei 
Binney  ein,  damit  er  hinter  die  Geheimnisse  komme,  reüssierte  jedoch 


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I.  KAP. 


DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  SETZMASCHINEN. 


39 


dessenungeachtet  und  trotz  seiner  Verbindung  mit  dem  Mechaniker 
Will.  M.  Johnson  nicht. 

Einen  wirklichen  Erfolg  hatte  erst  David  Bruce  1838.  Es 
entspann  sich  jedoch  ein  bitterer  Streit  darüber,  ob  Bruce  ,  wie  er 
selbst  auf  das  bestimmteste  behauptete,  oder  einer  seiner  Arbeiter, 
der  dänische  Schlossergeselle  Lauritz  Brandt  (s.  Kap.  IX),  der 
eigentliche  Erfinder  sei.  Bruces  Maschine  wurde  von  Will.  M. 
Johnson  verbessert. 

Seit  1840  sind  SCHLEIFMASCHINEN  im  Gang,  haben  jedoch 
nicht  in  demselben  Umfange,  wie  die  Giessmaschinen,  Eingang  schleif, 
gefunden.  Selbst  in  Amerika,  wo  man  doch  sicherlich  etwas  von 
Arbeitsteilung  und  rationeller  Ausnutzung  der  Maschinen  versteht, 
wird  Schleifen  mittels  Handarbeit  jetzt  noch  vielfach  geübt.  Die 
Arbeiter  haben  sich  eine  solche  manuelle  Fertigkeit  erworben,  dass 
sie  fast  als  Maschinen  betrachtet  werden  können.  In  London  wurden 
die  Schleifapparate  namentlich  von  Figgins  gebaut. 

Eine  der  interessantesten  Maschinen  ist  die  kombinierte  auto- 
matische Giess-,  Schleif-  und  Fertigmach  -  Maschine  von  Johnson  &  Johnson  und 

Alkin&on. 

Atkinson,  die  ohne  menschliche  Beihülfe  die  Buchstaben  gegossen, 
geschliffen,  bestossen,  gehobelt  und  in  Reihen  aufgestellt  liefert*. 
Eine  allgemeine  Verbreitung  hat  diese  Maschine,  die  in  Deutsch- 
land durch  Flinsch,  Genzsch  &  Heyse  und  Meyer  &  Schleicher 
eingeführt  wurde,  jedoch  nicht  gefunden;  es  gehören  verschiedene 
Vorbedingungen  dazu,  wenn  ihre  Arbeit  genügend  nutzbringend  sein 
soll.  Das  Patent  von  1862  ging  auf  die  Patent  TypeFoundry  über,  die 
eine  Reihe  von  Jahren  von  P.  M.  Shank  geleitet  wurde  und  dann 
in  dessen  Besitz  überging.  Sein  Mitarbeiter  J.  M.  I  Iepburn  änderte 
die  Maschine  vollständig  um,  so  dass  sie  bei  vereinfachter  Kon- 
struktion nur  die  Hälfte  des  Raumes  der  älteren  einnimmt  und  die 
Typen  direkt  in  die  Setzkästen  oder  in  die  für  die  Setzmaschine 
bestimmten  Röhren  legt.  In  letzterer  Weise  erhalten  die  Times 
alltäglich  die  neue  Schrift  für  die  Nummer  des  kommenden  Tages 
und  der  Satz  der  vorigen  wandert  in  die  Giessmaschine;  denn 
abgelegt  wird  nicht. 

Noch  weiter  ging  die  amerikanische  kombinierte  Schriftgiess-, 
Schleif-,  Bestoss-  und  Setzmaschine  von  Westcott.    Ein  Setzer  w«tcou. 

»  Journ.  f.  Ii.  1872,  Nr. 42.  —  Print.  Reg.  iSS  1,  Okt.  —  Ann.  d. Typ.  IL iv,  Nr.  1 83. 


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4o 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


1.  KAP. 


spielt,  wie  bei  der  Setzmaschine,  von  der  unten  die  Rede  sein  wird, 
sein  Manuskript  auf  einer  Klaviatur  ab;  durch  Berührung  einer 
Tangente  rückt  die  gewünschte  Mater  vor  die  Öffnung  des  Schrift- 
giessinstrumentes  und  die  Buchstaben  werden  gegossen,  geschliffen, 
bestossen  und  gesetzt,  nicht  aber  abgelegt,  denn  die  Schrift 
wird  nach  Ausführung  des  Druckes  in  die  Giesspfanne  geworfen. 
Diese  Maschine  arbeitete  auf  der  Ausstellung  in  Philadelphia  voll- 
kommen korrekt,  aber  sehr  langsam  und  vermochte  nur  2000 
Buchstaben  in  der  Stunde  zu  giessen  und  zu  setzen  \ 

Es  konnte  nicht  anders  sein,  als  dass  die  grosse  Errungenschaft 
Die  seu-    der  Druckmaschine  die  Gedanken  der  Techniker  darauf  leiten  musste, 

m.Tschinc. 

ob  es  nicht  möglich  sei,  die  verhältnismässig  langsam  vorwärts- 
schreitende Arbeit  des  Setzens  durch  Mechanismus  überflüssig  zu 
machen  oder  wenigstens  zu  erleichtern.  Einmal  ausgesprochen, 
wird  auch  ein  solcher  Gedanke  selten  ad  acta  gelegt,  und  so  ist  es, 
trotz  der  unüberwindlich  scheinenden  Schwierigkeiten,  gelungen,  die 
Setzmaschine3,  wennauch  nicht  in  der  ausgedehnten  Weise  wie  die 
Schnellpresse,  in  das  praktische  Leben  einzuführen.  Wie  gross  der 
damit  zu  erzielende  Vorteil  sein  wird,  lässt  sich  noch  nicht  genau 
übersehen.  Fraglich  erscheint  es  namentlich,  ob  die  Schnelligkeit 
in  der  Herstellung  der  Zeitungen  wesentlich  gefördert  werden  wird. 
Gerade  bei  dem  Zeitungssatz  handelt  es  sich  um  die  angestrengteste 
Ausnutzung  der  Zeit  von  dem  Augenblicke  ab,  wo  das  letzte  Manu- 
skript in  die  Hände  der  Druckerei  gelangt,  und  gerade  da  wirken 
viele,  gleichzeitig  arbeitende,  tüchtige  und  möglichst  selbständige 
Kräfte  sicherer  und  rascher,  als  die  Setzmaschine.  Dass  diese  nichts- 
destoweniger eine  Zukunft  haben  wird,  kann  nicht  in  Abrede  gestellt 
werden,  es  liegt  aber  in  der  Natur  der  Sache,  dass  die  Thätigkeit 
des  denkenden  Setzers  nicht  ohne  weiteres  ersetzt  werden  kann.  Die 
Maschine  kann  ihm  zwar  einen  Teil  der  leichteren  Arbeit  abnehmen, 
ihn  aber  nicht  entbehrlich  machen.  Soll  die  Setzmaschine  für  das 
Setzen  dieselbe  Bedeutung  erlangen,  wie  die  Schnellpresse  für  das 
Drucken,  müssten  wir  alle  typographischen  Errungenschaften  von 

t  Oest.  IJ.-Ztg.  1S76,  Nr.  33. 

2  Th.  (ioF.KF.i.,   Die  Setzmaschinen  geschichtlich  und  technisch.  Wiecks 
lllustr.  Gewerbc-Ztg.  1877. 


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I.  KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  SETZMASCHINEN.  41 


vier  Jahrhunderten  über  Bord  werfen,  die  Typen  müssten  auf  gleich 
grosse  Körper  (Gevierte  oder  Halbgevierte)  gebracht  werden  und 
entweder  die  Versal-  oder  die  gemeinen  Buchstaben  wegfallen,  dann 
müsste  man  das  Recht  haben,  eine  Zeile  ohne  Rücksicht  auf  Silben- 
teilung zu  brechen  und  selbst  das  würde  nicht  ganz  genügen,  denn 
jede  Auszeichnung  wäre  in  Wegfall  zu  bringen.  So  weit  rückwärts 
wird  sich  wohl  die  Phantasie  selbst  des  grossten  Bewunderers  der 
Setzmaschine  kaum  versteigen.  Nehmen  wir  diese  für  jetzt  für  das, 
was  sie  ist,  eine  höchst  beachtenswerte  Hülfsmaschine,  nicht  aber 
für  einen,  das  ganze  Geschäft  umgestaltenden  Apparat,  wie  die 
Schnellpresse.  Wenn  bei  der  Setzmaschine  zumeist  weibliche  Kräfte 
in  Anspruch  genommen  werden,  so  sind  allerdings  die  Billigkeit 
und  die  Fingerfertigkeit  der  Frauen  mit  bestimmend  gewesen,  Schuld 
tragen  jedoch  auch  die  Setzer  selbst  daran  durch  die  feindliche 
Haltung,  welche  sie,  wie  seinerzeit  die  Drucker  zu  der  Schnellpresse, 
der  neuen  Erfindung  gegenüber  einnahmen. 

Von  wem  der  Gedanke  zuerst  ausgesprochen  wurde,  ist  schwer 
zu  entscheiden.  Friedrich  König  hat  bereits  im  Jahre  1 8 1 1  oder  Ä  Itcrc  Versuche 
1812  erfahren,  dass  ein  junger  Mann  in  Birmingham  sich  mit  der  maichme. 
Absicht  trug,  eine  Setzmaschine  zu  bauen.  König  &  Bauer  selbst 
hatten  ihre  Gedanken  auf  eine  solche  gerichtet,  Hessen  ihn  jedoch 
fallen.  Thatsache  ist,  dass  ihn  Dr.  Church  in  Birmingham  im  Jahre 
1822  dargelegt  hat.  Die  Zahl  der  Versuche  ist  Legion;  in  England 
allein  wurden  in  den  Jahren  1822 — 1860  57  Patente  erteilt.  Mit 
dem  Jahre  1840  gewinnen  die  Versuche  zwar  einen  realeren  Boden, 
doch  gehören  auch  sie  alle  jetzt  als  Überlebtes  der  Geschichte  an 
oder  sind  der  Vergessenheit  anheimgefallen.  In  dem  erwähnten 
Jahre  bildete  sich  in  Pressburg  eine  Gesellschaft,  um  eine  von 
Joseph  v.  Kliegel  erfundene  Setz-  und  Ablegemaschine  zu  erbauen, 
wozu  der  Franzose  Etienne  Robert  Gaubert  eine  Ablegemaschine 
lieferte.  In  demselben  Jahre  erhielten  der  Engländer  John  Clav  in 
Cottingham  und  der  Schwede  Fr.  Rosenborg  Patente,  im  Jahre  1841 
James  Haddf.n  Young,  Spinnereibesitzer,  und  Adrien  Delcambre, 
Fabrikbesitzer,  beide  in  Lille.  Zu  ihrer  1 844  ausgestellten  Maschine, 
welche  nur  auf  das  Setzen  eingerichtet  war,  baute  A.  N.  Chaix  eine 
Ablegemaschine;  beide  fanden  keinen  Eingang.  In  Wien  experi- 
mentierte, durch  Auer  unterstützt,  L.  Tschulik.    Er  lehnte  sich 


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42 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


zunächst  an  Rosenborg  an,  während  J.  X.  Wurm  viele  Verbesserungen 
an  seiner  Maschine  anbrachte.  Der  eigentliche  Schöpfer  der  lebens- 
fähigen Setzmaschine  war  der  Däne  Chr.  Sörensen  im  Jahre  185 1 l. 

Unter  den  älteren  englischen  und  amerikanischen  Setzmaschinen 
Tim.  Aide«   war  die  von  Timotheus  Alden  die  bedeutendste.  Von  1835 — 1846 
f  V'u"*n.,|I858.'  arbeitete  Alden  als  Setzer  und  sprach  bereits  in  seinem  neunzehnten 
Jahre,  1838,  die  Absicht  aus,  eine  Setzmaschine  zu  bauen.  Obwohl 
vielfach  ausgelacht,  ging  er  mit  aller  Energie  daran  und  konnte 
1856  die  letzte  Hand  an  sein  Werk  legen.  Er  hatte  sich  jedoch  dabei 
geistig  und  körperlich  aufgerieben.  Bei  seinem  Tode  1858  hinterliess 
er  seinem  Vetter  Henry  W.  Alden,  der  ihm  treu  geholfen  hatte,  sein 
Werk.  Die  Aldensche  Maschine  war  sehr  kompliziert  und  demnach 
kostspielig.  Henry  Alden  vereinfachte  sie  und  übergab  einer  Gesell- 
schaft die  Erfindung  zur  Ausbeutung,  sie  fand  jedoch  keine  grosse 
Verbreitung  und  die  Gesellschaft  löste  sich  1874  auf2. 

Eine  Maschine  von  William  H.  Mitchell  in  New -York  war 
schon  1861  in  Wirksamkeit  bei  dem  Satz  von  Appletons  Ency- 
clopacdia.  Alexander  Fräser,  Teilhaber  der  Firma  Neill  &  Co. 
in  Edinburgh,  wollte  erst  nur  eine  Ablegemaschine  für  Hattersleys 
Setzmaschine  konstruieren,  lieferte  jedoch  1862  eine  brauchbare  Setz- 
und  Ablegemaschine,  für  fünf  Schriftgrade  benutzbar2.  Ein  anderer 
Apparat  von  Henry  A.  Burr3,  von  welchem  acht  Stück  in  der 
Offizin  der  Nav-York  Tribüne  arbeiten,  ähnelt  Kastenbeins  System 
der  Ablegeapparat  erfordert  Typen  mit  vielfachen  Einschnitten. 
Von  einer  von  Adie  in  London  nach  dem  Fraserschen  System  in  der 
Behring  Manufacturing  Company  gebauten  Mäschine  arbeitet  eine 
grössere  Zahl  in  verschiedenen  Offizinen.  Ff.lts'  1861  gebaute 
Maschine  versprach  vieles,  ob  sie  es  gehalten,  haben  wir  nicht 
erfahren.  Die  von  Clowes'  Druckerei  eingeführte  und  nach  dem 
Besitzer  die  „Clowes -Maschine"  genannte  Erfindung  des  Setzers 
John  Hooker  s,  war  1874  in  London  ausgestellt,  sie  fand  jedoch  keine 
weitere  Verbreitung.  Es  wird  bei  derselben  die  elektro-magnetische 
Kraft  zur  Anwendung  gebracht.  Anstatt  Tasten  finden  sich  kleine 
Kupfcrplättchen  vor,  mit  leitenden  Drähten  an  deren  Rückseiten,  die 
in  Verbindung  mit  einem  Elektromagnete  stehen.  Lässt  nun  der 

'  Vgl.  Kap.  xill.  —  2  Journ.  f.  B.  1866,  Nr.  15,  17,  19,  24.  —  3  l'rint.  Reg. 
18S0.  —  \  Journ.  f.  B.  1876,  Nr.  38.  —  5  l'rint.  Keg.  1877,  Nov. 


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1.  KAP. 


DIE  SCHR1FTG1ESSEREI  UND  DIE  SETZMASCHINEN- 


43 


Setzer  den  mit  einem  Holzgriff  umgebenen ,  mit  dem  negativen  Pol 
der  Batterie  verbundenen  Leitdraht  eine  Kupferplatte  berühren,  so 
wird  die  galvanische  Kette  geschlossen  und  ein  Hebel  in  Bewegung 
gesetzt,  der  den  begehrten  Buchstaben  vorschiebt.  Das  Ablegen 
muss  durch  Handarbeit  besorgt  werden.  Ein  diesem  ähnliches 
Prinzip  lag  dem  1876  in  Philadelphia  ausgestellten  Apparat  von 
G.  P.  Drümmond  aus  Canada  zugrunde. 

Die  in  der  Caxton- Ausstellung  1 877  zur  Anschauung  gebrachte 
Setzmaschine  des  in  London  lebenden  Deutschen  M.  L.  Müller  1 
war  für  viele  Schriftarten  bestimmt  und  mit  200  Tangenten  in  sechs 
Reihen  über  einander  versehen.  J.  Ron.  Winder  1  in  Bolton  behauptet 
als  Vorzüge  für  sein  Fabrikat  die  gleichzeitige  Beförderung  mehrerer 
Buchstaben.  Die  in  gewissen  Verbindungen  sehr  oft  vorkommenden 
Buchstaben  sind  demgemäss  in  mehreren,  verschieden  gelegenen 
Rinnen  untergebracht.  Wick,  der  Besitzer  der  Glasgow  Niws, 
suchte  nach  ähnlichen  Prinzipien  den  Vorteil  in  kombinierten  Griffen, 
und  seine  Klaviatur  hat  sogar  eine  Anzahl  von  Tangenten  für 
Logotypen  der  üblichsten  Silben  -  Verbindungen  der  englischen 
Sprache'. 

Line  der  neuesten  Setz-  und  Ablege-Maschinen  ist  die  1880  in 
Düsseldorf  ausgestellt  gewesene  von  A.  von  Langen  und  C.  G. 
Fischer,  die,  was  den  Setz- Apparat  betrifft,  der  Kastenbeinschen 
Maschine  ähnelt,  deren  Ablege  -  Apparat  jedoch  den  des  letzt- 
genannten an  Brauchbarkeit  bedeutend  übertreffen  soll. 

Die  Doppelmaschine  Wcstcotts  für  Guss  und  Satz  wurde  bereits 
(S.  40)  erwähnt ;  als  Halbmaschinen  lassen  sich  die  von  Miliar  und 
Porter  bezeichnen.  Millars  1870  ausgestellte  Maschine  verwendet 
nur  die  gemeinen  Buchstaben,  die  Ausschliessungen  und  einige  der 
am  häufigsten  vorkommenden  Versalien;  die  anderen  Schrift  zeichen 
müssen  aus  einem  Kasten  durch  die  Hand  des  Setzers  hinzugefügt 
werden.  Wenn  nicht  vollkommen ,  ist  der  Apparat  wenigstens  sehr 
billig.  T.  J.  Porters  Apparat '  führt  auf  mechanischem  Wege  dem 
Setzer  die  Typen  zu,  welche  er  sonst  aus  den  Fächern  des  Setz- 
kastens nehmen  musste,  das  eigentliche  Setzen  jedoch  wird  mit 
der  Hand  vollzogen. 

«  Journ.  f.  II.  1875,  Nr.  7.  —   *  l'rint.  Reg.  1880,  De*.  —  3  Juurn.  f.  II. 
1880,  Nr.  13.    Print.  Reg.  1880,  März.  —  t  l'rint.  Reg.  1880,  Juni. 


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44 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUITE. 


I.  K.AP. 


Es  wäre  zwecklos,  der  obigen  Reihe  von  Erfindern  noch  einige 
Dutzend  Namen  anzuhängen.  Das  hier  bereits  Angeführte  mag 
hinreichend  dafür  sprechen,  dass  schwerwiegende  Hindernisse,  die 
oben  schon  angedeutet  wurden,  einem  vollkommenen  Setzapparat 
im  Wege  liegen.  Es  bleibt  nur  noch  übrig,  die  drei  Männer  zu 
erwähnen,  deren  Erfindungen  am  meisten  in  die  Praxis  gedrungen 
sind:  Hattersley,  Mackie  und  Kastenbein,  welch  letzterer  nach  der 
augenblicklichen  Sachlage  die  grösste  Aussicht  für  die  Zukunft  zu 
haben  scheint. 

Robert  Hattersley  in  Manchester  erhielt  1857  ein  Patent  auf 
Verbesserungen  an  den  Setz-  und  Ablegemaschinen.  Die  seinigen 
wurden  zuerst  1859  in  der  Buchdruckerei  von  Bradbury  &  Evans 
in  London  verwendet.  Über  eine  Klaviatur,  deren  Tasten  nach  dem 
Masse  des  Vorkommens  der  mit  ihnen  korrespondierenden  Typen 
geordnet  sind,  befindet  sich  ein  etwa  i'/*  Meter  hoher  Aufsatz  von 
Eisen,  an  welchem  sich  zwei  eiserne  horizontale  Tafeln  befinden,  auf 
welchen  die  Typen  in  Rinnen  gereiht  stehen.  Wird  eine  Taste  an- 
geschlagen, so  drückt  ein,  je  über  dem  letzten  Buchstaben  einer  Rinne 
befindliches  Stäbchen  diesen  heraus ,  worauf  letzteres  in  die  frühere 
Lage  durch  ein  sich  zusammenziehendes  Gummischnürchen  zurück- 
geschnellt wird.  Das  Nachrücken  der  Buchstaben  in  der  Rinne 
geschieht  ebenfalls  durch  Zusammenziehen  einer  Gummischnur, 
welche  mit  einem  Metallstück,  das  von  hinten  auf  die  Reihe  drückt, 
verbunden  ist,  über  diese  sich  hinzieht  und  vorn  nach  oben  fest- 
gemacht ist.  So  befindet  sich  stets  ein  Buchstabe  am  vordem  Rande 
der  Rinne. 

Die  herausgestossenen  Buchstaben  gleiten  durch  Rinnen,  die 
sich  in  einem  vertikalen  herzförmigen  Behälter  befinden,  dem  einzigen 
Mundstück  an  der  unteren  Spitze  des  Behälters  zu  und  stellen 
sich  einer  neben  dem  andern  in  den  Winkelhaken  auf.  Ist  eine  Zeile 
voll,  wird  eine  Setzlinie  auf  den  Satz  gelegt  und  dieser  in  das  unter 
dem  Winkelhaken  befindliche  Schiff  heruntergeschoben.  In  letztem 
wird  nunmehr  der  Satz  Zeile  für  Zeile  ausgeschlossen. 

Theoretisch  ist  die  Leistungsfähigkeit  7 — 8000  Buchstaben  pro 
Stunde,  in  der  Praxis  4—5000.  Eine  Zeitlang  schien  es ,  als  würde 
die  1  Iattersley  -  Maschine  einen  Platz  behaupten.  Zwei  Exemplare 
wurden  1874  in  der  Offizin  der  „Neuen  Freien  Presse"  in  W;ien 


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I.  KAP.  DIE  SCHRIFTCIESSEKEI  UND  DIE  SETZMASCHINEN.  45 

aufgestellt ;  seitdem  ist  es  jedoch  still  darüber  geworden.  Ein  grosser 
Übelstand  ist  die  Abhängigkeit  von  den  durch  die  Witterung  und 
Abnutzung  beeinflussten  Gummischnüren,  mit  denen  keine  bestimmte 
Rechnung  sich  machen  lässt.  Die  Leistungsfähigkeit  der  Ablege- 
maschine ist  ungefähr  die  Hälfte  der  Setzmaschine. 

C.  Kastenbein,  wohnhaft  in  Brüssel,  baute  1871  in  Paris  die 
erste  Maschine  für  die  Times- Druckerei  in  London.  1 872  arbeiteten 
dort  5  Setzmaschinen  und  8  Ablegemaschinen.  Die  Typen  liegen 
in  Rinnen  eines  hochaufsteigenden  Behälters.  Durch  Niederdrücken 
einer  Tangente  wird  ein  Hebel  in  Bewegung  gesetzt,  der  dem 
Buchstaben  an  der  Fussfläche  einen  Stoss  nach  vorn  giebt,  wodurch 
er  in  horizontaler  Lage  aus  der  Rinne  herausgestossen ,  jedoch 
durch  den  Bau  der  Rinne  während  des  Heruntergleitens  in  vertikale 
Lage  gebracht  wird.  Wie  bei  der  Hattersley-Maschine  befinden  sich 
die  Gleitrinnen  in  einem  herz-  oder  birnenförmigen  Behälter  und 
endigen  in  einem  gemeinschaftlichen  Mundstück.  Ein  Glasverschluss 
gestattet  dem  Setzenden,  jede  in  den  Rinnen  vorkommende  Unregel- 
mässigkeit zu  bemerken.  Die  Rinnen  für  die  schwersten  Typen 
mit  der  grössten  Fallgeschwindigkeit  sind  so  angebracht,  dass  diese 
Typen  den  weitesten  Weg  zurücklegen,  wodurch  die  erforderliche 
gleiche  Beförderungszeit  der  verschiedenen  Typen  erzielt  wird.  Die 
in  einem  langen  Winkelhaken  sich  aufreihenden  Buchstaben  werden 
nun  dem  Setzschiff  zugeführt,  das  seitwärts  auf  einem  schrägen  Pult- 
Gestell  ruht,  an  welchem  der  mit  dem  Umbrechen  der  Zeilen 
Betraute ,  das  Gesicht  dem  Setzenden  zugewendet ,  sitzt ,  und  den 
Satz  in  Empfang  nimmt,  davon  so  viel  für  eine  Zeile  notwendig 
ist  auf  das  Schiff  schiebt  und  ausschliesst.  Durch  Treten  eines 
Pedals  senkt  sich  darauf  das  Schiff  um  so  viel  als  notwendig  ist, 
damit  eine  neue  Zeile  hinübergeschoben  werden  kann.  Die  Leistungs- 
fähigkeit ist  in  der  Praxis  3 — 4000  Buchstaben ;  in  der  Ausstellung 
zu  Paris  1878  wurde  sie  jedoch  probeweise  bis  zu  10200  gesteigert. 
Die  Maschine  ist,  ausser  in  England,  in  Nordamerika,  Dänemark, 
Italien  vielfach  verwendet.  Die  Reichsdruckerei  in  Berlin  schaffte 
sie  1879  an. 

Seinen  ersten  Ablegeapparat  verwarf  Kastenbein  selbst  als  zu 
kompliziert  j  bei  dem  zweiten  werden  die  Buchstaben  förmlich  in 
einen  mit  Löchern  versehenen  Kasten,  wie  sonst  in  die  Fächer  des 


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46 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


Setzkastens  mit  der  Hand,  abgelegt.  Durch  Treten,  oder  durch 
Drehen  eines  Rades,  wird  ein  Mechanismus  in  Bewegung  gesetzt, 
welcher  Stösser  treibt,  die  die  Buchstaben  in  die  für  sie  bestimmten 
Reihen  der  Rinnen  treiben.  Man  sieht,  dass  auch  dieser  Apparat 
nicht  vollkommen  und  nur  teilweise  automatisch  ist.  Zu  zwei  Setz- 
maschinen gehören  etwa  drei  Ablegemaschinen. 

Ein  von  allen  anderen  abweichender  Weg  wurde  von  Dr. 
Alexander  Mackie1,  einem  praktischen  Buchdrucker  in  Warrington, 
eingeschlagen.  Das  Städtchen  liegt  halbwegs  zwischen  Manchester 
und  Liverpool,  ziemlich  im  Zentrum  eines  Kreises  kleinerer  auf- 
blühender Städte.  Mackie  fasste  den  Plan,  für  jede  derselben  eine 
eigene  Zeitung  zu  gründen,  die  den  leitenden  und  politischen 
Teil  mit  den  anderen  gemeinschaftlich,  dabei  jedoch  einen  lokalen 
selbständigen  Teil  besitzen  sollte.  So  entstand  eine  ganze  Familie 
von  Guardtans,  sieben  an  der  Zahl,  die  mit  dem  Manchester 
Guardian  1853  anfing.  Um  nun  den  gemeinschaftlichen  Teil  schnell 
für  jedes  der  Lokalblätter  herstellen  zu  können,  kam  Mackie  auf 
eine  Kombination  von  drei  verschiedenen  Maschinen ,  von  welchen 
die  eine,  wenn  man  so  sagen  darf,  die  Manuskriptmaschine,  die 
andere  die  Setz-,  die  dritte  die  Ablegemaschine  bildete.  Durch 
die  ersten  wird  beim  Anschlagen  einer  Taste  ein  Loch  in  einen 
Papierstreifen  gebohrt.  Die  Löcher  sind  so  rangiert,  dass,  wenn  ein 
perforierter  Streifen  der  Setzmaschine  übergeben  wird  und  ein  Loch 
in  diesem  ein  Loch  in  einer  Walze,  über  welche  der  Streifen  geführt 
wird,  gerade  deckt,  ein  Stift  hineinfallt,  der  bis  dahin  einen  Behälter, 
worin  die  benötigten  Buchstaben  sich  befinden,  zugeschlossen 
hielt.  Aus  dem  nunmehr  geöffneten  Behälter  fällt  die  Type  auf  eine 
schnell  rotierende  Glcitschiene  und  wird  dem  Winkelhaken  zugeführt. 
Selbstverständlich  beruht  alles  auf  der  richtigen  Lage  der,  durch  die 
mit  den  Tasten  verbundenen  Stifte  in  den  Streifen  gebohrten  Löcher. 
Es  ähnelt  diese  Manipulation  dem  W'irken  der  Stifte  auf  der  Walze 
einer  Spieldose,  welche  zur  rechten  Zeit  die,  den  richtigen  Ton  an- 
gebende Metallfeder  treffen  müssen.  Im  Prinzip  hat  Mackies  Maschine 
grosse  Vorzüge.  Sie  ist,  was  die  eigentliche  Setzmaschine  betrifft, 
vollständig  automatisch.  Das  perforierte  Manuskript  kann  gleichzeitig 
in  mehreren  Exemplaren  hergestellt  werden  und  somit  behufs  des 

»  lVint.  Reg.  1877,  Okt.    Ann.  d.  Typ.  I,  Nr.  24.  111,  Nr.  109. 


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r.  kap. 


DIE  SCHRIFTGIESSERE!  UND  DIE  SETZMASCHINEN. 


47 


Setzens  durch  eine  Maschine  nach  verschiedenen  Orten  gesandt 
werden.  Von  einer  grossen  Verbreitung  des  Apparates  verlautet 
indes  nichts,  dagegen  wird  berichtet,  dass  Mackie  sich  fortwährend 
mit  Verbesserungen  an  demselben,  namentlich  am  perforierenden 
Teil,  beschäftigt,  so  dass  anzunehmen  ist,  dass  ihn  die  Leistungen 
noch  nicht  ganz  befriedigen,  obwohl  er  jetzt  schon  3 50 oco  Buch- 
staben pro  Woche  garantiert. 

Dr.  Mackie  ist  ein  so  eigentümlicher  und  bedeutender  Repräsen- 
tant moderner  Arbeitsweise,  dass  es  wohl  geboten  ist,  seine  Wirk- 
samkeit etwas  näher  zu  betrachten.  Nachdem  er  Erfolge  erzielt 
hatte,  ging  er  noch  weiter  und  errichtete  im  Jahre  1877  in  einer 
kleinen  Stadt  Crewe,  gelegen  an  einem  Knotenpunkte  der  Londoner 
Nord- West-Bahn,  mit  25  000  Einwohnern,  von  denen  ein  bedeutender 
Teil  in  den  umfangreichen  dortigen  Werkstätten  der  Eisenbahn- 
gesellschaft beschäftigt  ist,  eine  grossartige  Druckoffizin.  In  gothi- 
schem  Stile  erbaut,  bildet  sie  eine  mächtige  Halle  von  150  Fuss 
Länge  und  30  Fuss  Breite,  in  welcher  14  Mackiesche  Setzmaschinen 
mit  den  nötigen  Hülfsmaschinen,  zwei  Atkinsonsche  Giessmaschinen 
und  die  erforderlichen  Schnellpressen  arbeiten.  Unter  den  nahe  an 
150  Beschäftigten  sind  nur  etwa  30  Männer.  Indem  Mackie  die 
Offizin  nach  Crewe  legte ,  rechnete  er  darauf,  dass  er  unter  den 
vielen  Töchtern  der  dortigen  Arbeiter  sehr  leicht  tüchtige  Hülfskräfte 
finden  würde.  Er,  oder  vielmehr  die  Kommandit  -  Gesellschaft 
Mackie,  Brf.wthal  &  Co.,  druckt  dort  verschiedene  Zeitschriften 
und  viele  Werke  für  Buchhändler  in  London*. 

Mit  dieser  Anstalt  hat  Mackie  in  jüngster  Zeit  auch  ein  Aus- 
bildungs- Institut  für  werdende  Berichterstatter,  Unterredakteure 
und  Zeitungsbesitzer  vereinigt.  Der  Betreffende  erhält  Unterweisung : 

1 )  im  praktischen  Setzen,  um  später  richtig  disponieren,  Manuskript 
berechnen  und  die  für  das  Setzen  nötige  Zeit  beurteilen  zu  können ; 

2)  im  Korrekturenlesen,  unter  Berücksichtigung,  wie  bei  der 
Korrektur  die  Zeit  des  Arbeiters  geschont  werden  kann;  3!  im 

»  Lines  der  frühesten  umfangreicheren  Hücher,  deren  Satz  mittels  der 
Setzmaschine  fertiggestellt  wurde,  ist:  Italy  and  France.  Jn  Editors  Iloliday  by 
Alex.  MnckU.  London  1874.  xvi  und  4 1 5  Seiten.  Der  Verfasser  schildert  darin  die 
Eindrücke  einer  im  Fluge  unternommenen  Ferienreise.  Leider  hält  er  sich 
nicht  so  lange  bei  der  Schilderung  der  typographischen  Etablissements  Korns 
und  Paris  auf,  als  dem  Leser  gewiss  lieb  gewesen  wäre. 


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48 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


I.  KAP. 


Berichterstatter!  und  der  Art ,  das  Manuskript  für  den  Satz  praktisch 
und  korrekt  abzufassen;  4;  in  der  Buchführung  für  Journalunter- 
nehmungen. Es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  dass  ein  solches 
Institut,  seitdem  die  journalistische  Thätigkeit  ein  wirklicher  Lebens- 
beruf so  Vieler  geworden  ist,  einen  grossen  Wert  hat  und  wohl 
Nachahmung  verdient. 

Zu  diesem  und  seinen  übrigen  Instituten  fügte  er  noch  im  Jahre 
1880  eine  neue  grossartige  Offizin  in  Warrington.  Das  prächtige 
Gebäude  von  200  Fuss  Länge  und  100  Fuss  Breite  im  gothischen 
Stil  hat  wie  das  in  Crewe  nur  ein  Stockwerk.  Der  grosse  Arbeits- 
saal von  126  Fuss  Länge  und  96  Fuss  Breite  wird  durch  zwei 
Reihen  von  eisernen  Säulen  in  drei  Längenschi ffe  geteilt. 

Das  Prinzip  der  Setzmaschinen:  durch  eine  Tastatur  Buch- 
staben in  Bewegung  zu  setzen ,  führte  zu  den  Versuchen  mit 
dem  sogenannten  Matrix  compositor  (Matrizen  -  Setzer)  des  John 
E.  Sweet  &  Daul  (Paris  1867)  und  deren  vielen  Nachfolger  als: 
D.  Timiriazeff  (London  1872),  Jos.  Liwtschack  in  Wilna  (1876), 
Peterson  in  Wien,  G.  Hambruch  in  Elbing  u.  a.  Sweets  Gedanke 
war  theoretisch  ein  sehr  hübscher.  Er  wollte,  indem  er  die  Stempel 
durch  die  Tastatur  in  eine  weiche  Masse  drückte,  Matrizen  auf  dem 
Setzwege  direkt  herstellen.  Dieselben  Schwierigkeiten  jedoch,  die 
hinderlich  waren,  um  einen  korrekt  ausgeschlossenen  Satz  durch  die 
Setzmaschine  zu  liefern ,  stehen  auch  diesem  Verfahren ,  und  zwar 
in  einem  noch  höheren  Grade,  entgegen.  Sweets  verschiedene 
Ausstellungsproben  —  und  über  diese  hinaus  scheint  er  nicht 
gekommen  zu  sein  —  waren  äusserst  wenig  empfehlend. 


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IL  KAPITEL. 

DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN 
DER  ANGLO -AMERIKANISCHEN  GRUPPE. 

Die  Handpresse.  Lord  Stanhope  und  seine  Nachfolger:  Coggcr,  Clymer  u.  a. 
Die  Auftragmaschine.  Die  Glatt- und  Prägmaschine:  IJramah.  DlK  SCHNELL- 
PRESSE :  Fricdr.  König  in  England,  Bensley,  John  Walter,  der  29.  November 
1814,  Kränkungen  Königs,  seine  Abreise  von  London,  Walters  Eintreten 
für  ihn.  Die  Nachfolger  Königs:  Napier,  Applegath  &  Cowper,  Hoe  u.  a.  Die 
Endlosen:  W.  Bullock,  die  Walter  -  Maschine  u.  a.  Die  Mehrfarbe- Endlose. 
Die  Tretmaschinen.  Die  Ausleger,  die  Anleger.  Die  Satiniermaschine.  Dik 
Feuchtapparate.    Die  Uronciermaschlne.    Die  Falzmaschine.  Diverse 

HÜLFSMASCHINEN.    W ALZEN  UND  FARBE.    DlE  M  ATERIAL1E  NHANDLINfiEN. 

EIT  dreihundertundfünfzig  Jahren  hatte  man  sich  zur 
Herstellung  selbst  der  vorzüglichsten  Druckwerke  Druckpresse, 
noch  immer  der  alten  hölzernen  Presse  bedient.  Nach 
den  Verbesserungen  an  dieser  in  den  ersten  fünfzig 
Jahren  der  Kunst  waren  im  ganzen  genommen  keine, 
das  eigentliche  Wesen  der  Presse  weiter  ändernden  eingetreten, 
namentlich  blieb  der  zweimalige  Zug,  einer  für  jede  Hälfte  der 
Druckform.  Erst  gegen  das  Ende  des  xvni.  Jahrhunderts  gelangten 
ernsthafte  Verbesserungsversuchc  zur  Ausführung,  um  den  Druck 
grösserer  Formate  mit  einmaligem  Zuge  zu  bewerkstelligen. 
Besonders  hierfür  thätig  waren  W.  Haas  in  Basel  (Kap.  XIV)  und 
F.  Didot  in  Paris  (Kap.  V). 

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DIE  ANGLO -AMERIKA  NISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Den  eigentlichen  Umschwung  kennzeichnet  erst  die  eiserne 
Lord  Stanhope»  Presse  Lord  Stanhopes.    Nach  vielen  kostspieligen  Versuchen 

Prcste. 

brachte  er,  mit  Hülfe  des  tüchtigen  Mechanikers  Walker,  diese  zu- 
stande und  das  erste  Exemplar  wurde  in  der  Offizin  Will.  Bulmers 
aufgestellt  und  beim  Druck  der  grossen  Prachtausgabe  von  Shake- 
speares Werken  verwendet  *. 

Wände,  Krone,  Ober-  und  Unterbalken  der  hölzernen  Presse 
wurden  jetzt  durch  ein  Stück  Gusseisen  ersetzt.  An  Stelle  der 
Schraube  mit  dem  Bengel  trat  ein  zusammengesetzter  Hebel,  der 
es  möglich  machte,  in  dem  Augenblick  des  Druckes  eine  fast 
unbegrenzte  Kraft  zu  entwickeln.  Die  Arbeiter,  die  früher  mit 
Aufgebot  aller  Gewalt  den  Bengel  an  sich  ziehen  mussten,  indem 
sie  mit  zurückgebogenem  Körper  den  Fuss  an  den  Antritt  stemmten, 
konnten  gar  nicht  begreifen,  dass  ein  gelindes  Anziehen  im 
letzten  Augenblick  genügend  sei,  um  einen  kräftigen  Abdruck  zu 
erzielen.  Das  Zurückgehen  des  Tiegels  wurde  durch  ein  Gegen- 
gewicht bewerkstelligt.  Nur  der  Fuss  blieb  anfänglich  noch  Holz, 
doch  auch  hiervon  kam  man  bald  ab  und  baute  auch  diesen  Teil 
aus  Eisen  *. 

Die  grossen  Handpressen  erforderten  auch  eine  raschere  Art 
Die  Druckwai*e.  der  Einfärbung.  Den  Gedanken,  die  Ballen  durch  Walzen  zu  ersetzen, 
hatte  schon  früher  der  französische  Holzschneider  Papillon  gehabt. 
Lord  Stanhope  Hess  viele  Versuche  machen,  um  einen  zweck- 
mässigeren  Überzug  derselben  fertig  zu  bringen,  gelangte  aber  nicht 
zum  Ziel.  Ein  geschickter  Drucker  in  Weybridge,  Forster,  kam, 
angeregt  durch  die  Verwendung  der  Leimmasse  in  einer  Töpferei  in 
StafTordshire,  auf  den  Gedanken,  eine  Masse  von  Leim  und  Syrup 
auf  grobes  Segeltuch  zu  giessen  und,  nach  der  Erkaltung,  die  Ballen 
damit  zu  überziehen.  Erst  später  wurden  hölzerne  Walzengestelle 
mit  Masse  umgössen.  Hiermit  war  ein  wesentlicher  Gewinn  an 
Arbeit  und  Zeit  erreicht,  der  namentlich  der  Schnellpresse  zugute- 
kommen sollte. 

»  Die  Sitte  in  England,  manchmal  eine  Offizin  als  Press  zu  bezeichnen, 
hat  in  Deutschland  öfters  zu  Missverständnissen  Anlass  gegeben.  So  stand 
in  einem  deutschen  Fachblatt,  dass  Lord  Stanhopes  eiserne  Presse  unter  der 
Bezeichnung  Shakespeare -Press  verbreitet  sei,  während  diese  Bezeichnung  die 
Firma  für  Bulmers  Offizin  war,  wo  die  Stanhope •  Presse  zuerst  arbeitete. 

i  Journ.  f.  B.  1834,  Nr.  10;  1835,  Nr-  24- 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


5* 


Als  einmal  das  Feld  für  den  Pressenbau  eröffnet  war,  entstanden 
eine  Menge  von  Pressen,  von  welchen  jede  besondere  Vorzüge  haben  Fortwahrende 

Verbesserungen 

sollte.  Neben  manchem  Unwesentlichen  kamen  auch  wirkliche  Ver- 
besserungen vor.  Doch  wie  die  hölzerne  Presse  schon  jetzt  ein 
Gegenstand  ist,  den  mancher  tüchtige  Buchdrucker  der  Gegenwart 
nur  von  Hörensagen  kennt,  so  wird  es  einst  mit  der  eisernen  Hand- 
presse gehen,  die  jetzt  schon  fast  der  Vergangenheit  angehört, 
so  dass  manche  grosse  Druckerei  nur  noch  zum  Abziehen  der 
Korrekturen  eine  invalide  Presse,  von  einem  Drucker -Invaliden 
bedient,  besitzt. 

Die  CoccERsche  Presse  entwickelte  eine  noch  grössere  Kraft, 
als  die  Stanhopesche.  Säulen  von  Schmiedeeisen  bildeten  die  Press-  J-  Coggcr. 
wände.  Ein  querarmiger  zusammengesetzter  Hebel  gab  die  Kraft, 
die  dicht  unter  dem  Oberbalkcn  in  ausgedehnter  Weise  wirkte. 
Durch  Federn  wurde  das  Zurückgehen  des  Tiegels  bewerkstelligt1. 
Einen  hohen  Ruf  durch  die  ganze  Welt  erwarb  sich  die 
Columbia  -  Presse"  John  Clymers.  Dieser  stammte  aus  einer  j.  ciymer. 
Schweizerfamilie,  die  nach  Amerika  ausgewandert  war.  Im  Alter 
von  sechzehn  Jahren  erfand  der  junge  Ciymer  bereits  einen  neuen 
Pflug  mit  so  besonderen  Vorzügen,  dass  er  die  Aufmerksamkeit 
der  Männer  der  Wissenschaft  auf  sich  zog.  Der  Zustand  der 
Druckerpresse  erweckte  seine  Erfinderlust  und  bereits  im  Jahre 
1797  begann  er  seine  Verbesserungen  an  der  Holzprcsse,  später  an 
der  eisernen,  bis  er  seine  berühmte  „Columbia- Presse"  zustande 
brachte,  die  er  1818  in  England  einführte,  wo  sie  allgemeine  Ver- 
breitung fand.  In  den  dreissiger  Jahren  beherrschte  sie  fast  alle 
Druckoffizinen,  auch  die  des  Kontinents.  In  dieser  Presse  wurde 
durch  eine  Kombination  von  Hebeln  bei  grosser  Gleichmässigkeit 
des  Druckes  eine  ausserordentliche  Kraft  geübt,  und  der  Abdruck 
erschien,  bei  wesentlicher  Schonung  der  Schrift,  in  grösster  Schärfe. 
Das  Zurückgehen  des  Tiegels  geschah  durch  ein,  auf  einem  langen 
Hebel  angebrachtes,  schweres  Gewicht,  meist  in  der  Gestalt  des 
auffliegenden  amerikanischen  Adlers.  Die  Presse  hatte  etwas 
Imposantes  und  konnte  für  sehr  grosses  Format  gebaut  werden a. 

»  Beschrieben  und  abgebildet  Journ.  f.  B.  1834,  S.  62. 
'  Über  die  von  J.  Ciymer  erfundene  Patent-Columbiapressc.  Braunschweig 
1828.  —  Journ.  f.  B.  1834,  S.  95. 

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DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Eine  weite  Verbreitung  fanden  ebenso  diejenigen  Pressen, 
w.Hagar.  welche  bei  geringer  Kraftanwendung  und  bei  elastischem  Zug 
durch  einen  Kniehebel  einen  starken  Druck  ausübten.  Der  Tiegel 
wurde  durch  Spiralfedern  getragen,  das  Einstellen  für  die  ver- 
schiedenen Schrifthöhen  geschah  sehr  leicht.  Diese  Pressen  wurden 
zuerst  von  dem  Amerikaner  Hagar  gebaut *.  Das  Prinzip  des  Knie- 
hebels war  bereits,  jedoch  nicht  in  glücklicher  Weise,  in  der  sehr 
komplizierten  „Strebepresse"  von  Hawkin3  angewendet  und  wurde 
später  bei  mehreren  englischen  Pressen  benutzt.  Sehr  verbreitet  war 
die  „Albionpresse"  von  Hopkinson^  und  die  „Imperialpresse u  von 
J.  Cope  *. 

Alle  die  Abarten  der  Handpresse,  die  keine  grosse  Rolle  gespielt 
).  Ruthven.  haben,  hier  zu  beschreiben,  wäre  eine  unfruchtbare  Arbeit ;  es  seien 
nur  noch  einige,  die  sich  durch  Originelles  in  der  Konstruktion  aus- 
zeichneten, kurz  erwähnt.  Bei  der  von  John  Ruthven  in  Edinburgh 
1813  erbauten  „Schottischen  Presse"  blieb  das  Fundament,  welches 
mit  Deckel,  Rähmchen  und  Punkturen  versehen  ist,  unbeweglich, 
während  der  Tiegel  in  Schienen  hin  und  her  ging  und  das  Fundament 
durch  einen  unter  demselben  angebrachten  Mechanismus  kräftig  an- 
gezogen wurde  s.  Sehr  originell  war  die  Konstruktion  der  1820  in 
d.  Trcadweii.  England  patentierten  „Tretpresse"  des  Amerikaners  Daniel  Tread- 
well.  Das  Fundament  war,  wie  bei  der  Ruthven -Presse,  fest.  Sie 
arbeitete  leicht,  nahm  aber  einen  grossen  Raum  ein  und  sah  sehr 
hässlich  aus,  fand  auch  nicht  Eingang6.  Nicht  besser  ging  es  der 
j.saxton.  „Hydrostatischen  Presse"  Jos.  Saxtons,  in  welcher  der  Tiegel  an 
das  Fundament  gedrückt  wurde  durch  die  Kraft  des  Wassers,  das 
sich  in  einem  hohlen,  elastischen,  in  der  Art  der  Ziehharmonika 
geformten  und  mit  dem  Tiegel  zusammenhängenden  Behälter  befand, 
während  beim  Abfluss  des  Wassers  aus  demselben  der  Tiegel  sich 
wieder  hob. 

Der  Gedanke,  die  Farbe  auf  mechanischem  Wege  aufzutragen, 
Die  Auf  trag-  lag  ziemlich  nahe  und  ist  auch  verschiedentlich,  jedoch  nie  in  ganz 

maschinc. 

befriedigender  Weise,  bei  der  Handpresse  zur  Ausführung  gebracht. 
Die  ersten  Versuche  geschahen  1820  durch  Thomas  Parkin.  Sein 
Apparat  nahm  jedoch  einen  sehr  grossen  Platz  ein  und  die  Drucker 

» Joum.  f.  B.  1836,  Nr.  42.  —  a  Jouni.  f.  B.  1835,  Nr.  33.  —  3  Journ.  f.  B.  1838, 
Nr.  33.  —  4 Journ.  f.  B.  1835,  Nr.  8 1.~  5journ.  f.  B.  1S35,  Nr.  4.  —  öj.  f.  B.  1834,  Nr.  62. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


53 


leisteten  gegen  denselben  passiven  Widerstand,  damit  nicht  der 
eine  der  bisher  nötigen  zwei  Drucker  ausser  Brot  kam. 

In  Amerika  erfand  1833  Fairlamb  in  Boston,  der  sich  mit  einem 
erfahrenen  Buchdrucker  und  Mechaniker  Namens  Gilpin  vereinigte, 
einen  solchen  Apparat,  von  welchem  viele  hunderte  gebaut  wurden. 
Das  Farbewerk  stand  mit  der  Kurbel  in  Verbindung  und  die  W  alzen 
gingen  zweimal  über  die  Form  weg.  Nach  der  Verbreitung  der 
Schnellpresse  verlor  jedoch  diese  Erfindung  fast  iliren  ganzen  Wert, 
da  Auflagen,  wo  Schnelligkeit  notwendig  war,  nicht  mehr  auf  der 
Handpresse  gedruckt  wurden. 

Dem  Bedürfnis  nach  einer  guten  Glätte  half  namentlich  Bramahs 
r  Hydraulische  Presse*  ab,  die  im  Vergleich  mit  der  Schraubenpresse  Rramahs  Glatte- 
den  grossen  Vorteil  hat,  dass  die  Reibung  nicht  mit  der  Zunahme  und  pr,spr"sc 
des  Druckes  wächst,  der  in  dem  letzten  Augenblick  eine  enorme 
Steigerung  erreichen  kann. 

Weitere  Verdienste  erwarb  sich  Bramah  durch  seine  Präg- 
und  Numerier -Maschinen,  von  welchen  eine  der  frühesten  1809 
bei  dem  Druck  der  Noten  der  englischen  Bank  Verwendung  fand. 
Vor  dieser  Zeit  mussten  die  Nummern  und  das  Datum  mit  der 
Hand  eingeschrieben  werden.  Es  dauerte  nicht  lange,  so  ver- 
wendete die  englische  Bank  40  Bramahsche  Maschinen«. 


So  wichtig  nun  auch  alle  die  erwähnten  Verbesserungen  und 
Erfindungen  waren,  so  verschwanden  sie  doch  gegen  die  grosse,  i>,c  schncii- 
am  28.  November  18 14  der  Welt  als  vollzogen  angekündigte  That, 
„dass  die  Times  auf  einer  durch  Dampf  betriebenen ,  ohne  Beihülfe 
von  Menschenhänden  arbeitenden  Schnellpresse  gedruckt  sei". 

Mit  besonderem  Stolz  blickt  Deutschland  auf  dieses  Ereignis, 
denn  der  Name  des  deutschen  Erfinders  Friedrich  König  wird  Fr.  Kunig. 
neben  dem  Gutenbergs  auf  ewige  Zeit  mit  Anerkennung  und  Dank- 
barkeit genannt  werden.  Ganz  ohne  Bitterkeit  bleibt  die  Freude 
hierüber  allerdings  nicht,  denn  die  Verhältnisse  lagen  damals  für 
Deutschland  so  schlimm,  dass  es,  wie  König  selbst  sagt,  nicht  mög- 
lich gewesen  wäre,  ohne  die  Beihülfe  Englands  die  Erfindung 
für  das  praktische  Leben  nutzbar  zu  machen.  Für  uns  erwächst 
hieraus  die  Notwendigkeit,  die  Anfange  der  Geschichte  der  deutschen 

'  Journ.  f.  H.  1835,  Nr.  55;  1836,  Nr.  122. 


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DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE.  II.  KAP. 


Erfindung  der  Schnellpresse  in  Verbindung  mit  der  typographischen 
Geschichte  Englands  zu  behandeln  \ 

Nachdem  Königs  Hoffnungen  in  Deutschland,  Österreich  und 
Russland  vollständig  gescheitert  waren,  kam  er  1806  nach  England 
und  fand  in  dem  folgenden  Jahre  in  dem  tüchtigen  Buchdrucker 

Th.  Bcnsicy.  Thomas  Bensley  einen  Mann,  der  die  nötigen  Geldmittel  zur 
Erlangung  eines  Patentes  und  zur  gemeinschaftlichen  Ausbeutung 
desselben  herzugeben  bereit  war.  Der  neue  Gutenberg  war  hier- 
durch, wie  der  Urvater  der  Typographie,  ebenfalls  an  einen  klug- 
berechnenden  und  eigensüchtigen  Fust  gefesselt,  hatte  jedoch  das 
Andr.  Fr.  uaucr.  Glück,  in  seinem  Peter  Schöner  —  Andreas  Friedrich  Bauer  — 
nicht  nur  einen  technisch  tüchtigen  Mitarbeiter,  sondern  auch  einen 
treuen  Freund  für  das  Leben  zu  besitzen,  und  in  seinem  Conrad 

john  Walter.  Humery  —  John  Waltlr  —  nicht  nur  den  wohlwollenden  und  ver- 
mögenden Beschützer,  sondern  den  mächtigen  direkten  Förderer 
seiner  Pläne  zu  finden. 

Zu  König  und  Bensley  traten  noch  Richard  Taylor  und 

r.  Taylor  und  G.  Woodfall  ,  bekannte  Buchdrucker  und  rechtliche  Männer.  Es 

G.  Woodlall. 

wurden  nach  und  nach  vier  Patente  für  verschiedene  Arten  von 
Druckmaschinen  in  England  genommen.  Das  erste  Patent:  „Für 
eine  Methode  mittels  Maschinen  zu  drucken",  wurde  Fr.  König 
cr«c Patent. am  io.  März  1810  erteilt;  die  Spezifikation  ist  am  27.  September 
eingetragen.  Alle  Verrichtungen  waren  auf  eine  wiederkehrende 
Bewegung  zurückgeführt,  so  dass  Betrieb  durch  Dampf  möglich 
war  und  die  Arbeiter  weiter  nichts  zu  thun  hatten,  als  die  Bogen 
auf  dem  Deckel  anzulegen  und  nach  dem  Druck  abzunehmen. 
Deckel  und  Rähmchen  waren  ungefähr  wie  bei  der  Handpresse, 
nur  mit  dem  Unterschied,  dass  das  Rähmchen  am  unteren,  statt  am 
oberen  Ende  des  Deckels  angebracht  war.  Beide  schlössen  und 
öffneten  sich  durch  einen  einfachen  Mechanismus.  Die  Druckfarbe 
wurde  aus  einem  Behälter  ausgepresst.  Die  Zerteilung  der  Farbe 
geschah  durch  rotierende,   zugleich  in  der  Längsrichtung  sich 

«  König  &  Hauer,  Die  ersten  Druckmaschinen  erbaut  in  lindem  bis  zu 
dem  Jahre  1818.  Mit  Abbildungen.  Leipzig  1851.  —  S.  Smiles,  Freier ick  A'imig, 
Inventor  of  the  steam  printing  machint.  MacMillans  Magazine,  Dzbr.  1869.  — 
Tu.  CioEBEL,  Kr.  König  und  die  Erfindung  der  Schnellpresse.  Hraunschweig 
1875.  —  Königs  Jugendgeschichte  und  die  spätere  Geschichte  des  Etablissements 
König  &  Hauer  in  Kloster  Oberzell  ist  in  Kap.  X  behandelt 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


55 


bewegende  Cylinder,  das  Auftragen  durch  Walzen,  welche  mit 
egalisiertem  Ballenleder  überzogen  waren.  181 1  im  April  war  diese 
ersteTiegeldruck- Schnellpresse  fertig  und  der  erste  Bogen,  der  darauf 
in  der  Bensleyschen  Druckerei  gedruckt  wurde,  war  der  Bogen  H  des 
Annual  Register  for  i$io  in  einer  Auflage  von  3000  Exemplaren. 

Das  zweite  Patent  -für  weitere  Verbesserungen  der  Methode 
mit  Maschinen  zu  drucken"  datiert  vom  30.  Oktober  181 1,  die  Zweites  Patent. 
Spezifikation  vom  29.  April  18 12.  In  diesem  Patent  wird  das  Prinzip 
fast  aller  folgenden  Schnellpressen  ausgesprochen.  Es  enthält  eine 
ausfuhrliche  Beschreibung  und  Abbildung  der  einfachen  Cylinder- 
Druckmaschine,  zugleich  wird  jedoch  erwähnt,  dass  durch  eine 
Kombination  einer  grösseren  Anzahl  derselben  Teile  oder  Prinzipien 
die  Wirkung  verdoppelt  und  vervierfacht  werden  könne  und  dass  über- 
haupt von  einer  Form  eine  grosse  Anzahl  von  Abzügen  in  kürzester 
Zeit  zu  erhalten  sei.  Dies  alles  wurde  durch  Zeichnungen  erläutert. 
Das  dritte  Patent,  vom  23.  Juli  1813,  mit  der  Spezifikation  vom 
22.  Juli  18 14,  bezieht  sich  „auf  additionelle  Verbcsserungen  der 
Methode  mit  Maschinen  zu  drucken,  namentlich  was  den  Farben- 
apparat, die  endlose  Bänderleitung,  die  Horn-  und  Segmenträder 
und  die  Verbindung  des  Druckcylinders  mit  dem  Karren  betrifft1*. 

Die  nach  dem  zweiten  Patent  zuerst  gebaute  einfache  Cylinder- 
maschine  wurde  im  Dezember  18 12  vollendet.  Die  ersten  Leistungen  Dritt«  Patent, 
dieser  ganz  cylindrischen  Presse  waren  die  Bogen  G  und  X  von 
Clarkson,  Life  0/  IV.  Penn.  Vol.  1 .  Die  Maschine  druckte  800  in  der 
Stunde.  Als  der  Eigentümer  der  Times,  J.  Walter,  die  Leistung 
gesehen,  war  er  in  wenigen  Minuten  entschlossen,  zwei  Doppel- 
maschinen zu  bestellen.  Diese  Maschinen  mit  doppeltem,  vorwärts 
und  rückwärts  wirkendem  Druckcylinder  lieferten  in  der  Stunde 
Ii OO  Abdrücke  in  einer  weit  besseren  Ausfuhrung,  als  man  bei 
Zeitungen  gewohnt  war.  Am  29.  November  18 14  ging  die  erste 
Nummer  der  Times,  mit  diesen  Maschinen  gedruckt,  aus  der  OfTizin 
im  Printinghouse-Squarc  hervor.  John  Walter  selbst  machte  dies 
dem  Publikum  in  einem  leitenden  Artikel  bekannt,  an  dessen  Schluss 
es  heisst: 

„Über  die  Person  des  Erfinders  haben  wir  wenig  hinzuzusetzen. 
Sir  Christophe  Wrcns 1  edelstes  Denkmal  ist  das  Gebäude,  welches 

'  Erbauer  der  Paulskirche  in  London. 


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56 


DIE  ANGLO-AMFRIK ANISCHE  GRUPPE. 


n.  KAI* 


er  errichtete;  ebenso  ist  die  beste  Lobpreisung,  welche  wir  dem 
Erfinder  der  Druckmaschine  darbringen  können,  diese  selbst,  deren 
Macht  und  Nützlichkeit  wir  in  schwachen  Worten  zu  schildern  ver- 
sucht haben.  Es  mag  genügen,  zu  sagen,  dass  der  Erfinder  von 
Geburt  ein  Sachse  ist,  dass  er  Friedrich  König  heisst  und  dass  die 
Erfindung  unter  der  Leitung  seines  Freundes  und  Landsmannes 
Bauer  zur  Ausfuhrung  gebracht  wurde." 

Das  vierte  Patent  Königs  „für  weitere  Verbesserungen  an  der 
v  iertes  Patcm.  Schnellpresse"  wurde  am  24.  Dezember  18 14,  die  Spezifikation  am 
22.  Juni  18 16  registriert.  Aus  den  Grundsätzen  derselben  gingen  die 
Schön  -  und  Widerdruckmaschine,  die  verbesserte  einfache  Druck- 
maschine und  die  verbesserte  Doppclmaschine  hervor.  Die  erste 
Komplettmaschine  wurde  im  Februar  18 16  in  der  Druckerei  von 
Bcnsley  &  Son  aufgestellt  und  lieferte  stündlich  900—1000  auf 
beiden  Seiten  bedruckte  Bogen.  Die  Literary  Gazette  war  das  erste 
Wochenblatt,  welches  von  18 18  ab  dort  auf  der  Schnellpresse 
gedruckt  wurde.  In  den  Nummern  vom  3.  und  10.  Januar  äusserte 
sich  Bcnsley  selbst  auf  das  günstigste  über  die  Leistungen  der 
Maschine.  Eine  verbesserte  Doppelmaschine,  welche  1500 — 2000 
Exemplare  pro  Stunde  lieferte,  wurde  in  der  Times- Offizin  aufge- 
stellt und  der  Eigentümer  sprach  sich  am  3.  Dezember  1824  in 
günstigster  Weise  über  sie  aus. 

Aus  den  Patent- Akten  geht  also  hervor,  dass  schon  damals  alle 
Hauptklasscn  von  Maschinen  nicht  allein  von  König  spezifiziert, 
sondern  mit  Ausnahme  der  achtfachen  auch  ausgeführt  wurden:  die 
einfache  Maschine  mit  Tiegeldruck,  die  einfache  Cylindermaschinc, 
die  Doppelmaschine  mit  abwechselnd  stillstehendem  Cylinder,  die 
vielfache  Maschine,  die  Schön-  und  Widerdruckmaschine,  die  ver- 
besserte einfache  Cylinderpresse,  die  verbesserte  Doppelmaschinc. 
Zur  Ausfuhrung  der  achtfachen  Maschine  wurde  König  und  Bauer 
die  Gelegenheit  nicht  gegeben.  So  lange  sie  in  England  verweilten, 
war  die  Notwendigkeit  einer  solchen  noch  nicht  eingetreten,  und  als 
sie  das  Land  verlassen  hatten,  war  es  natürlich,  dass  John  Walter 
lieber  mit  den  dortigen  Mechanikern  verkehrte,  so  dass  die  acht- 
fache Maschine  mit  vertikalen  Cylindern,  welche  man  bis  1860  als 
ein  Wunderwerk  in  der  7>'w/.r-Druckerei  anstaunte,  nach  Applegaths 
Konstruktion  ausgeführt  wurde. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLPSMASCHINEN. 


57 


Nach  diesen  praktischen  Resultaten  und  nach  den  Zeugnissen 
Walters  und  Bensleys  wäre  wohl  zu  erwarten  gewesen,  dass  über  Umtriebe  gegen 
die  Erfindung  der  Schnellpresse  kein  Zweifel  mehr  obwalten  konnte, 
und  dass  dem  Erfinder  auch  der  volle  materielle  Lohn  geworden 
wäre.  Das  war  jedoch  nicht  der  Fall.  Th.  Bensley  zeigte  sich  als 
ein  egoistischer  Teilhaber,  der  in  der  Sozietät  das  Übergewicht 
geltend  machte.  Ihm  war  es  mehr  darum  zu  thun,  die  Erfindung 
zur  Hebung  der  eigenen  Offizin  zu  benutzen,  als  darum,  Bestellungen 
von  seinen  Konkurrenten  zu  erzielen.  Statt  den  Vertrieb  zu  fördern, 
erschwerte  er  denselben  und  leitete,  wie  es  scheint,  die  Unterhand- 
lungen in  einer  der  Sache  wenig  förderlichen  Weise.  Selbst  die 
Ergebnisse  der  bereits  abgeschlossenen  Geschäfte  suchte  er  sowohl 
Fr.  König  als  auch  dem  anderen  Teilhaber  Taylor  zu  verkümmern. 
Ja  sogar  die  Ehre  der  Erfindung  sollte  nicht  unangetastet  bleiben. 

William  Nicholson,  ein  heller  Kopf  und  redlicher  Mann,  hatte 
sich  früher  mit  der  Idee  einer  Druckmaschine  umgetragen  und  wm.  NkhoUo». 
bereits  am  29.  April  1790  ein  Patent  genommen  „auf  eine  Maschine 
oder  ein  Instrument,  um  auf  Papier,  Leinwand,  Kattun,  Wollenzcug 
und  andere  Stofle  in  einer  netteren,  wohlfeileren  und  genaueren 
Manier  zu  drucken ,  als  durch  die  jetzt  gebräuchlichen  Instrumente 
möglich  istu  Seine  Zeichnungen  und  Erklärungen  sind  sehr  skizzen- 
haft. Es  wird  mehr  angegeben,  was  Nicholson  will,  als  „wie*  er  es 
zu  machen  gedenkt.  Nicholson  hat  seine  Ideen  nie  ausgeführt ;  sie 
waren  von  ihm  selbst  längst  beiseitegelegt  und  vergessen,  als  König 
und  Bensley  aus  des  Genannten  eigenem  Munde  davon  hörten,  als 
sie  ihn  in  ihrer  Patentangelegenheit  konsultierten;  denn  Nicholson 
übte  die  Vermittelung  in  solchen  Geschäften  als  Erwerb.  Bei  dieser 
Gelegenheit  äusserte  derselbe,  „er  habe  die  Sache  vor  17  Jahren 
versucht,  sie  gehe  aber  nicht".  Auch  hat  er,  selbst  als  König  öffent- 
lich mit  seiner  Erfindung  auftrat,  sich  ganz  still  verhalten. 

Dagegen  tauchten  andere  auf,  die  es  sich  mit  dem  Fortbauen 
auf  den  gemachten  Erfahrungen  bequem  machten.  Wäre  hierzu  nur  f..  cowper. 
Nicholsons  geistige  Hinterlassenschaft  benutzt,  so  hätten  König  und 
Bauer  keine  Veranlassung  sich  zu  beschweren  gehabt;  es  wurden 
aber  ihre  Ideen  vollständig,  z.  B.  von  E.  Cowper  in  seiner  Schön- 
und  Widerdruckmaschine,  ausgebeutet.  Rechtsgclehrte  erklärten, 

«  Rrp<rtory  of  arls  vol.  I,  1796.  —  S  a  v  age,  DUtionaty  0/ the  art  oj  trinttng.  1841. 


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58 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


dass  ein  Einschreiten  seitens  Königs  von  Erfolg  sein  würde,  aber 
Bensley  stimmte  gegen  ein  solches  und  die  Klage  musste  demnach 
unterbleiben.  Ja,  es  scheint  sogar,  dass  Bensley  in  Überein- 
stimmung mit  Cowper  gehandelt  habe.  „Denn  letzterer  offerierte44  — 
so,  sagt  Savage,  sei  ihm  berichtet  worden  —  „als  einen  Akt  der 
Gerechtigkeit  und  in  Betracht  der  grossen  Kosten  von  mindestens 
16000  Pfd.  Sterl.,  welche  für  Bensley  bei  der  Durchführung  der 
Erfindung  der  Druckmaschine  entstanden  waren,  diesem  einen 
Anteil  an  seinem  Patent1,  was  von  Bensley  angenommen  wurde." 
Die  Freundschaft  der  beiden  scheint  jedoch  nicht  von  langer  Dauer 
gewesen  zu  sein,  denn  später  Hess  Bensley  König  ersuchen,  gegen 
Cowper  einzuschreiten,  was  jetzt  jedoch  König  seinerseits  ablehnte. 
Wie  es  Cowper  machte,  so  thaten  es  auch  andere;  man  nahm  von 
Nicholson  und  König,  was  passte,  und  fugte  einiges  Neue  hinzu. 
Ermüdet  von  allen  diesen  Verdriesslichkeiten  beschlossen  König 
Konig  geht  nach  und  Bauer  im  Jahre  18 17,  England  zu  verlassen  und  in  das  Vater- 

Deutschland. 

land  zurückzukehren,  dem  sie  fortan  mit  Ruhm  und  Erfolg  angehören 
sollten.  Das  Verlassen  Englands  unter  den  obwaltenden  Umständen 
war  selbstverständlich  gleich  einem  Aufgeben  der  Patentrechte  und 
der  daran  geknüpften  Aussichten.  Die  englische  Presse  vergass 
schnell  den  Namen  König.  Wenn  von  der  Erfindung  und  Ver- 
besserung der  Schnellpresse  die  Rede  war,  so  wurden  Nicholson, 
Cowper,  Applegath  und  andere  genannt;  König  existierte  nicht. 
Nur  die  Times  fuhr  fort,  eine  rühmliche  Ausnahme  zu  machen,  und 
stellte  noch  am  3.  Dezember  1824  König  das  ehrendste  Zeugnis  aus. 
Es  dürfte,  wenn  auch  König  keiner  Ehrenrettung  bedarf,  eine  Pflicht 
gegen  die  deutsche  Erfindung  sein,  die  hauptsächlichsten  Stellen 
daraus  wiederzugeben : 

„Bei  der  ersten  Einführung  der  Druckmaschinen  erregte  diese 
John  Walter  über  Erfindung  grosse  Teilnahme,  und  ihre  Originalität  wurde  nicht 
bestritten,  indem  niemand  einen  Beweis  für  die  frühere  Anwendung 
derselben  Grundsätze  anführen  konnte.  Schon  damals  waren  wir 
bemüht,  den  Ansprüchen  des  Erfinders,  Herrn  König,  Gerechtigkeit 
widerfahren  zu  lassen,  der  einige  Jahre  später  in  sein  Vaterland 
Deutschland  zurückkehrte,  jedoch  —  fürchten  wir  —  ohne  den  Lohn 

1  Cowpers  Maschine  ist  in  Monthly  Magazine  vom  I.Jan.  1819  beschrieben 
und  abgebildet. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSM ASCHINEN. 


59 


empfangen  zu  haben ,  der  seinem  Verdienste  fiir  seine  wunderbare 
Erfindung  und  deren  Ausübung  in  England  zukam."  Es  wird  nun 
der  ungerechten  Versuche  von  anderer  Seite,  sich  die  Erfindung 
anzueignen  und  die  Verdienste  Königs  entweder  ganz  zu  ignorieren 
oder  auf  ein  Minimum  zu  reduzieren,  gedacht  und  dann  fortgefahren : 
„Es  ist  ein  so  seltener  Fall,  dass  ein  Ausländer  in  England  eine 
Erfindung  zur  Ausführung  bringt;  es  giebt  hier  so  viele  eingeborene 
Talente  in  den  mechanischen  Künsten,  und  England  steht  in  dieser 
Beziehung  so  hoch,  dass  es  wohl  ausländischem  Verdienste  Gerech- 
tigkeit widerfahren  lassen  kann."  Dies  thut  nun  das  Blatt,  indem  es 
die  Ansprüche  des  Herrn  Bensley  auf  null,  die  des  Herrn  Nicholson 
auf  eine  fallengelassene  Idee  und  die  der  Nachfolger  Königs  auf  das 
facile  est  invcntis  addere  zurückführt.  „Wir  können  zum  Schluss 
nicht  umhin,  zu  bezeugen,  dass  wir  in  Herrn  König  nicht  nur  einen 
Mann  von  hoher  Bildung  und  feurigem  Geiste,  sondern  auch  von 
grösster  Ehrenhaftigkeit  und  lauterster  Rechtlichkeit  gefunden  haben. 
In  dem  kritischen  und  prüfungsreichen  Zeitraum,  wo  seine  Erfindung 
in  unserer  Offizin  zur  Ausfuhrung  gebracht  wurde,  standen  wir  in 
täglichem  Verkehr  mit  ihm,  so  dass  wir  volle  Kenntnis  von  seiner 
Art  und  Weise  und  von  seinem  Charakter  erlangten ;  die  Folge  ist 
gewesen,  dass  wir  für  ihn  innige  Freundschaft  und  hohe  Achtung 
fiir  immer  hegen." 

Ein  Zeugnis,  ehrend  für  König,  ehrend  für  Walter! 


Sehen  wir  von  dem  gegen  König  geübten  Unrecht  ab,  so 
können  wir  den  englischen  Erbauern  von  Schnellpressen  unmöglich  Verlierer  der 

Schnellpresse. 

die  Anerkennung  versagen,  diese  so  wesentlich  verbessert  zu 
haben,  dass  die  Leistungen  der  ersten  Schnellpressen  gegen  die 
heutigen  Rotationsmaschinen  sich  fast  eben  so  verhalten,  wie  die 
Leistungen  der  Handpressen  zu  denen  der  ersten  Schnellpressen. 
Nur  diese  Fortschritte  haben  es  der  englischen  und  amerikanischen 
Journalistik  möglich  gemacht,  ihren  hohen  Rang  zu  erkämpfen 
und  zu  behaupten. 

Unter  den  Verbesserern  der  Schnellpresse  sind  besonders  zu 
erwähnen :  Edw.  Cowpcr,  Aug.  Applegath,  D.  Napier,  Isaac  Adam, 
R.  Hoe  &  Co.  Noch  viele  andere  könnten  genannt  werden.  Napier  Napier. 
führte  zuerst  Greifer  ein  und  baute  Maschinen  mit  einem  sehr  grossen 


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DIK  ANGLO-AMKRIKA NISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Druckcylinder,  der  sich  in  fortwährender  Bewegung  befand  und  von 
welchem  nur  etwa  der  dritte  Teil  als  Druckcylinder  benutzt  wurde. 
Appicgath  &  Bekannt  sind  die  von  Applegath  &  Cowper  im  Jahre  1827  für  die 

Cowpcr. 

Times-  Druckerei  erbauten  viereylindrischen  Maschinen  mit  einer 
Leistungsfähigkeit  von  4 — 5000  Exemplaren Noch  renommierter 
wurde  jedoch  Applegaths  Rotationsmaschine  mit  vertikalen  Satz-  und 
Druckcylindern.  Der  Satz  war  auf  einem  Teil  des  mittleren  grossen 
Cylinders  angebracht,  dessen  übriger,  grösserer  Teil  als  Farbentisch 
zum  Verreiben  der  Farbe  diente.  Acht  vertikale  Druckcylinder  von 
je  40  englischen  Zoll  Durchmesser  waren  derart  um  den  Satzcylinder 
gruppiert,  dass  alle  bei  einmaliger  Umdrehung  des  letzteren  mit  dem 
Satz  in  Berührung  kamen,  so  dass  also  acht  Bogen  einseitig  gedruckt 
waren.  Durch  keilförmige  Spaltlinien  und  eben  solche  Kolumnen- 
stege wurde  fester  Anschluss  der  Typen  erzielt,  die  wie  Mauersteine 
beim  Bauen  eines  Bogens  zusammenhielten.  Jeder  der  Anleger 
führte  alle  vier  Sekunden  der  Maschine  einen  Bogen  zu ,  während 
acht  Abnehmer  die  gedruckten  Bogen  in  Empfang  nahmen.  Die 
Hauptschwierigkeit  in  der  Konstruktion  lag  in  dem  Bändersystem, 
welches  die  in  horizontaler  Lage  zugefuhrten  Papierbogen  in 
die  für  den  Druck  notwendige  vertikale  Lage  zu  bringen  hatte. 
Die  allergeringste  Zögerung  seitens  eines  Anlegers  machte  den 
Bogen  zu  Makulatur.  Ein  Vorzug  der  vertikalen  Cylinder  war,  dass 
der  abgehende  Papierstaub  nicht  auf  die  Satzform,  sondern  zur  Erde 
fiel.  Die  Maschine  lieferte  über  7000  Exemplare 3.  Applegath  erfand 
auch  eine  solche,  um  zu  gleicher  Zeit  mit  sechs  Farben  zu  drucken. 
Für  sein  System  unnachahmlicher  Banknoten  zahlte  ihm  die  eng- 
lische Bank  18000  £  Sterl.  Er  starb  in  Dartford  im  Jahre  1871  in 
einem  Alter  von  84  Jahren. 

Ein  Schwede,  C.  A.  Holm,  nahm  1840  in  London  Patent  auf 
c.  a.  Uoim.  seine,  „Skandinavia-Pressc"  genannte  Tiegeldruckmaschine.  Trotz 
ihres  schweren  Ganges  und  ihrer  geringen  Leistungsfähigkeit  von 
5 — 600  Exemplaren  war  sie  doch  in  England  sehr  verbreitet  und 
beliebt,  namentlich  zum  Druck  illustrierter  Werke,  die  man  damals 

«  //  description  of A.  Applegaths  Cowpers  horizontal  machine  and  of  Applegaths 
vertical  machine  for  printin»  the  Times.  I.xmdon  185 1 . 

2  Wenn  in  dem  Folgenden  von  I  Leistungen  der  Maschinen  ohne  eine 
Zeitbestimmung  gesprochen  wird,  ist  stets  damit  in  einer  Stunde  gemeint. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSM ASCHINEN. 


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noch  nicht  in  heutiger  Vollkommenheit  auf  der  Cylindermaschine 
lieferte x. 

Die  VVundermaschine  Applegaths  wurde  durch  die  von  Hoe 
übertreffen,  die  1860  in  der  7>>«*\r-Offizin  Aufstellung  fand.  Robert  Roh.  hoc 
Hoe  war  der  Begründer  der  berühmten  Anstalt  für  die  Fabrikation  *  '784'  *  '8J3' 
aller  Arten  von  typographischen  Maschinen  in  New- York.  Er  war  als 
Sohn  eines  Pächters  in  Leiccstershire  in  England  geboren  und  lernte 
als  Zimmermann.  Im  Jahre  1803  ging  er  nach  Amerika  und  heiratete 
dort,  erst  zwanzig  Jahre  alt.  Zwei  seiner  Schwäger,  Matthias  und 
Peter  Smith,  letzterer  Erfinder  einer  renommierten  Handpresse, 
hatten  ein  Geschäft  errichtet,  welches  nach  dem  Tode  der  Inhaber 
von  Hoe  1823  übernommen  wurde.  Es  war  damals  noch  klein,  hatte 
aber,  als  Robert  Hoe  1832  aus  demselben  trat,  einen  bedeutenden  Hoe  &  Co. 
Umfang  erreicht.  Sein  ältester  Sohn  Richard  M.  Hoe  und  dessen 
Vetter  Matthias  Smith,  welche  seit  1823  Teilhaber  des  Geschäfts 
gewesen  waren,  übernahmen  es  nun  ganz  für  sich.  Smith,  ein  Mann 
von  ungewöhnlichen  Fähigkeiten,  starb  1842  und  Robert  Hoe  jun. 
und  Peter  Smith  Hoe  nahmen  seine  Stelle  ein. 

Im  Jahre  1846  wurde  die  epochemachende  Maschine  mit  rotie- 
rendem Cylinder :  The  type  revolving  printing  oder  Lightning  Die  niiupmse. 
Press  (Blitzmaschinc)  gebaut.  Die  Schriftform  ist  auf  einem  grossen 
horizontalen  Cylinder  angebracht,  um  den  sich  4 — 10  Druckcylinder 
bewegen,  deren  Anordnung  je  nach  der  Zahl  derselben  sich  richtet. 
Bei  der  zehnfachen  Maschine,  wie  sie  in  den  Offizinen  der  Times 
und  der  Daily  News  arbeiteten,  sassen  die  Anleger  vier  Etagen  über 
einander.  Die  Bänderleitung  war  weniger  kompliziert,  als  bei  den 
Applegathschen  Maschinen,  weil  die  horizontal  eingelegten  Bogen 
in  dieser  Lage  verblieben.  Der  grosse  Cylinder  hatte  einen  Durch- 
messer von  4V2  Fuss  englisch.  Die  Länge  der  Maschine  war  3  5  Fuss, 
die  Breite  12  Fuss  und  die  Höhe  18  Fuss.  Die  Leistungsfähigkeit 
betrug  gegen  25000  Exemplare.  Der  Anblick  in  der  Offizin  der 
Daily  News,  wo  zwei  solche  Maschinen  gleichzeitig  arbeiteten ,  war 
wahrhaft  sinnverwirrend,  wenn  die  zwanzig  grossen  Bogen  auf  einmal 
in  der  Luft  herumschwirrten2. 

1  In  Deutschland  arbeitet  unseres  Wissens  nur  ein  Exemplar  in  der  Vieweg- 
schen Buchdruckerei  in  Braunschweig. 
*  Journ.  f.  B.  1860,  Nr.  30. 


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DIE  ANGLO -AMERIKAS ISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Der  Beifall,  welchen  diese  und  andere  ihrer  Maschinen  erhielten, 
spornte  Hoe  &  Co.  zu  noch  grösseren  Anstrengungen  an.  Nicht  zu- 
frieden mit  den  eigenen  Erfindungen  kauften  sie  auch  noch  von 
i»aak  Adam.  Isaak  Adam  aus  Boston  dessen  mehr  als  fünfzig  Patente  für  Hand- 
und  Schnellpressen.  Dieser  war  der  älteste  Pressenbauer  Amerikas, 
der  1830  die  Tiegeldruck  -  Maschine  gebaut  hatte,  welche  in 
Amerika  noch  viele  Freunde  besitzt.  1861  eröffneten  Hoc  &  Co. 
auch  ein  Etablissement  in  London,  namentlich  um  dort  bequemer 
die  Reparaturen  und  Verbesserungen  an  ihren  vielen  in  England 
verbreiteten  Maschinen  ausführen  zu  können.  Ein  zweites  Etablisse- 
ment in  New -York  wurde  1870  eingerichtet  und  Hocs  beschäftigten 
damals  bereits  1000  Arbeiter.  Ihr  Katalog  beweist  den  enormen 
Umfang  ihrer  Fabrikation,  unter  welchen  die  Billet-  und  Nummerier- 
maschinen  für  mehrfarbigen  Druck  einen  hohen  Rang  einnahmen1. 

Doch  auch  die  Wundermaschinen  Hoes  gehören  der  Ver- 
Dic  „Endlosen«,  gangenheit  an  und  wurden  durch  die  eigenen  späteren  Leistungen, 
zuerst  aber  durch  die  Rotationsmaschine  für  endloses  Papier 
des  Amerikaners  Bullock  in  Schatten  gestellt.  Es  wäre  zwar 
anzunehmen  gewesen,  dass  man  bei  der  erreichten  Arbeits- 
schnelligkeit Beruhigung  gefasst  habe.  Jedoch  weit  gefehlt,  denn 
man  betrachtete  das  Geleistete  nur  als  eine  Abschlagszahlung. 
Die  mit  der  Handhabung  der  grossen  Schriftformen  verbundene 
Gefahr  war  noch  eine  bedeutende  und  es  gehörten  immer  noch 
zur  Bedienung  einer  grossen  Hoeschen  Maschine  18  Personen.  Die 
Arbeiterbewegungen  hatten  aber  gezeigt,  wie  wünschenswert  es 
sei,  bei  Unternehmungen,  wo  Viertelstunden  entscheiden,  von 
menschlicher  Beihülfe  oder  Missgeschick  der  Arbeiter  unabhängig 
zu  sein.  Die  Aufmerksamkeit  richtete  sich  deshalb  auf  möglichste 
Selbsttätigkeit  der  Maschine,  die  schliesslich  in  der  „Endlosen"  *  in 
Verbindung  mit  der  Segment-Papierstereotypie  das  Ideal  erreichte. 
Zwanzig  Minuten  nach  Fertigstellung  der  letzten  Satzform  einer 
Zeitung  sind  die  segmentförmigen  Stereotypplatten  auf  dem  SaU- 
cy linder  befestigt.   Mit  einer  Schnelligkeit,  welche  die  Lieferung 

• 

«  R.  Hoc  &  Co.,  The  typographical  Masenger  1869. 

*  Diese  Bezeichnung  wurde  halb  im  Scherz  von  den  „Annalcn  der  Typo- 
graphie" gebraucht  und  dann  von  Anderen  aeeeptiert.  „Rotations-Maschine"  ohne 
nähere  Bezeichnung  deckt  den  Begriff  der  „Endlosen"  nicht  genau. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


63 


von  200  fertigen  Nuramern  in  der  Minute  ermöglicht,  wird  das 
endlose  Papier  von  der  Rolle  abgewickelt,  erst  durch  die  Feucht- 
walzen, dann  zwischen  die  Satz-  und  Druckcylindcr  geführt,  durch 
den  Schneideapparat  von  der  Rolle  in  einzelnen  Bogen  abgetrennt, 
dem  Falzapparat  übergeben  und  zum  Versenden  gefalzt;  that- 
sächlich  ohne  eine  weitere  menschliche  Beihülfe  als  die  der  Burschen, 
welche  die  zum  Versand  fertigen  Haufen  wegzuschaffen  haben. 

Bedenkt  man  nun,  dass  eine  Endlose,  wie  sie  in  der  Times- 
Offizin  gebaut  wird,  in  einer  Stunde  eine  Papierlänge  von  zwei 
deutschen  Meilen  auf  zwei  Seiten  druckt,  faktisch  also  4  Meilen 
Gedrucktes  in  der  Stunde  liefert,  man  demnach  mit  zwei  solchen 
Maschinen  und  einem  doppelten  Exemplare  von  Stereotypen  in 
wenigen  Stunden  100000  Exemplare  von  einer  grossen  Zeitung 
beschaffen  kann,  so  sollte  man  meinen,  ein  non  plus  ultra  erreicht  zu 
haben ;  doch  selbst  diese  Schnelligkeit  ist  bereits  übertroffen  worden. 

Wer  zuerst  eine  mehr  als  allgemeine  Idee  der  Endlosen  gefasst 
hat,  ist  schwer  zu  sagen.  Den  Gedanken  deutet  schon  der  Erfinder  Ursprünge  der 
der  Schnellpresse  selbst  an.  In  England  hat  man  früher  die  Priorität 
der  Erfindung  für  die  FirmaNELSON&SoNS  in  Edinburgh  in  Anspruch 
genommen,  ein  Modell  ihrer  projektierten  Maschine  befand  sich  auf 
der  Londoner  ersten  Weltausstellung  185 1.  Auf  der  Caxton -Aus- 
stellung 1877  waren  jedoch  Überreste  eines  Modells  zu  sehen, 
welches  der  berühmte  englische  General  -  Postmeister  Sir  Rowland  Rowiand  hui 
Hill  1835  hatte  anfertigen  lassen.  Seine  Maschine  war  darauf  f  %.  Aug.'  I»??' 
eingerichtet,  dass  keilförmige  Typen  oder  gebogene  Cliches  auf 
einem  Cylinder  angebracht  wurden  und  dass  ein  endloser  Bogen 
zwischen  den  Schrift-  und  den  Druckcylinder  geführt  wurde,  wie 
bei  den  jetzigen  Rotationsmaschinen.  Die  Maschine  ward  patentiert, 
in  Chancery  -Latte  aufgestellt  und  von  kompetenten  Richtern  sehr 
günstig  beurteilt.  Die  Regierung  gestattete  jedoch  nicht  den  Druck 
des  damals  noch  bestehenden  Stempels  bei  dem  Durchgang  des 
Bogens  mit  vorzunehmen,  und  die  Sache  unterblieb ;  ob  allein  aus 
diesem  Grunde,  wird  wohl  jetzt  schwer  zu  entscheiden  sein.  Was 
die  endlosen  Pressen  Auers  betrifft ,  so  verhielten  sie  sich  zu  den 
jetzigen  wie  chinesischer  Tafeldruck  zur  Typographie  Gutenbergs 
(vgl.  Kap.  XIV).  Die  Amerikaner  behaupten,  dass  schon  um  das 
Jahr  1 840  J.  B.  Wilkinson  eine  Endlose  erfunden  habe. 


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DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Auch  wenn  dies  nicht  wäre,  gebührt  jedenfalls  doch  einem 
wiii.  Buiiock  Amerikaner  William  Bullock  die  Ehre,  dem  Gedanken  zuerst  eine 
•  iöij.  1  1867.  prajctjscjie  Lösung  gegeben  zu  haben. 

Derselbe  war  zu  Greenville  geboren.  In  Philadelphia  lernte 
er  als  Eisengiesser  und  Maschinenbauer.  1849  gründete  er  dort 
eine  Zeitung  und  baute  1853  für  den  eigenen  Bedarf  eine  Holz- 
presse mit  einem  mechanischen  Zubringer  des  Papiers.  Schrittweise 
wurde  er  nun  zu  seiner  Erfindung  geführt,  aufweiche  er  am  14.  April 
1863  Patent  erhielt.  Seine  Maschine  ist  in  Amerika  sehr  geschätzt, 
hat  aber  in  England  keinen  besonderen  Beifall  gefunden  und  ist  auf 
dem  Kontinent  gar  nicht  eingeführt.  Er  verunglückte  bei  Prüfung 
einer  seiner  Maschinen. 

Die  eigentliche  Aera  der  Endlosen  datiert  von  der  Erbauung 
7w*-preHe.  der  „ Walter-Maschine" .  Es  war  eine  Wiederholung  der  Sccne  von 
18 14.  Bereits  lange  zirkulierten  mysteriöse  Gerüchte  von  einer 
neuen  Wundermaschine,  die  in  der  Times  -Offizin  gebaut  werde. 
Aber  es  gelang  niemand,  durch  den  dichten  Schleier  zu  dringen, 
mit  welchem  die  Vorbereitungen  bedeckt  waren.  Nicht  einmal  die 
ältesten  Maschinenmeister  oder  die  Vertrauensmänner  im  Geschäft 
bekamen  Erlaubnis,  den  streng  verschlossenen  Raum  zu  betreten, 
in  welchem  das  neue  Wunder  zusammengesetzt  wurde,  bis  der  Tag 
anbrach,  an  welchem  es  seine  Pflicht  zum  erstenmal  erfüllte.  Der 
Constructeur  war  der  erste  Ingenieur  der  Offizin  J.  C.  Macdonald, 
im  Verein  mit  J.  Calverley.  Die  Presse  erhielt,  dem  Besitzer  zu 
Ehren,  den  Namen  „Walter-Presse" 

Wenn  auch  die  Lage  der  Cylinder  und  die  Reihenfolge  der 
Prinzipdcr  „End- Funktionen  bei  den  verschiedenen  Systemen  eine  verschiedene  ist, 
so  bleibt  doch  das  Prinzip  dasselbe.  Das  Papier  wird  von  der  Fabrik 
auf  eine  Rolle  gewickelt  geliefert;  die  Zapfen  der  Rolle  drehen  sich 
leicht  in  den  Lagern,  in  welche  sie  eingelegt  werden,  so  dass  das 
Papier,  wenn  einmal  den  Cylindern  zugeführt,  durch  den  Zug  der 
sich  drehenden  Cylinder  von  der  Rolle  abgewickelt  wird.  Der 
Streifen  passiert  (wenn  das  Papier  nicht  durch  eine  besondere  Vor- 
richtung im  voraus  gefeuchtet  wurde)  einen  Feuchtapparat,  wird 

»  Eine  Reihe  von  Artikeln,  welche  die  englischen  und  amerikanischen 
Endlosen  beschreiben  und  abbilden,  sind  separat  erschienen  als  :  J.  F.  WILSON^ 
Typographie  lYinting  Machine  and  Mafhine  PrinAng.   London  1871. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK  -  UND  HÜLFSM ASCHINEN. 


65 


erst  auf  der  einen  Seite  gedruckt  und  dann  durch  eine  S- förmige 
Bewegung  auf  den  Widerdrucks -Cylinder  gefuhrt.  Während  des 
ferneren  Passierens  des  Papiers  zwischen  den  Schneidewalzen  hin- 
durch wird  es  derartig  perforiert,  dass  die  Löcher  sich  dicht  an 
einander  reihen,  so  dass  das  Stück,  welches  einen  Bogen  bildet, 
durch  den  Ruck,  welchen  Leitbänder,  die  mit  ungleicher  Schnellig- 
keit sich  bewegen,  hervorbringen,  von  der  Rolle  abgetrennt  wird. 
Der  fächerartige  Selbstausleger  legt  nun  die  Bogen  entweder  einzeln 
oder  mehrere  zusammen  auf  einen  Haufen,  oder  sie  werden,  wenn 
eine  Falzmaschine,  wie  es  gewöhnlich  der  Fall  ist,  zugleich  mit 
der  Druckmaschine  verbunden  ist,  dieser  zugeführt  und  fallen ,  wie 
Stroh  aus  der  Dreschmaschine,  fertig  zum  Versenden  in  einen 
Behälter.  Dabei  nimmt  eine  solche  Maschine  sehr  wenig  Raum  ein; 
eine  Walter-Maschine  erfordert  14  engl.  Fuss  Länge,  5  Fuss  Breite. 

Selbstverständlich  gehören  zu  dieser  Maschine  segmentförmige 
Cliches.  Boden  und  Decke  des  hierzu  erforderlichen  Giessinstru-  segmemrönnige 
mentes  liegen  wie  in  den  für  flache  Stereotypen  bestimmten, 
parallel,  jedoch  nicht  in  der  Ebene,  sondern  in  einer  Bogenform. 
Die  biegsamen  Papiermatern  schmiegen  sich  an  den  Boden  des 
gerundeten  Giessinstrumentes  an,  der  Deckel  wird  zugemacht  und 
die  Platte  in  üblicher  Weise  gegossen,  voll,  oder,  wenn  der  Deckel 
des  Giessinstrumentes  darauf  eingerichtet  ist,  nur  auf  Rippen  ruhend. 
Um  den  nötigen  Druck  beim  Eingiessen  des  flüssigen  Schriftmetalls 
auszuüben,  ist  ein  starker  Anguss  notwendig,  dessen  Beseitigung 
durch  eine  Kreissäge  jedoch  nur  Sache  eines  Augenblicks  ist.  Die 
Justierung  des  Cliches  geschieht  ebenfalls  in  einer  Minute  oder  weniger 
durch  eine  Hobelmaschine  und  die  Platte  ist  zum  Einsetzen  in  die 
schwalbenschwanzförmigen  Halter  des  Schriftcylinders  fertig.  Ein 
Nachteil  bei  der  Papier -Stereotypie  ist,  dass  die  Typen  beim 
Trocknen  der  Matern  heiss  werden  und  zusammenbacken.  Ryles  & 
Son  in  Bradford  haben  nun  eine  Methode  erfunden,  die  Mater, 
welche  im  feuchten  Zustande  von  der  Schrift  abgehoben  wird ,  in 
einem  besonders  konstruirten  Rahmen  festzuhalten  und  für  sich  ohne 
die  Schrift  zu  trocknen. 

Der  Walterpresse  folgte  die  „Victoriapresse"  1  von  Duncan  & 
Wilson  in  Liverpool.  Diese,  namentlich  in  der  Provinz  beliebte 

1  Ann.  d.  Typ.  I.  Bd.  Nr.  32 ;  v.  Bd.  Nr.  235. 

5 


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66 


DIE  ANGLO -AMERIK  A  NISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Verschiedene  Maschine  war  die  erste,  die  mit  Falzapparat  arbeitete;  dann  kam 

„Endlose".  - 

die  ^Prestonian*  der  Herren  Bond  &  Forster,  welche  sowohl  für 
Platten-  als  für  Schriftdruck  eingerichtet  ist;  die  „Northumbrian* 
von  Donnison  &  Son  in  Newcastle  u.  T. ;  die  „  Whitefriars "  des 
Jos.  Pardoe,  gebaut  von  A.  H.  Payne,  die  sowohl  für  Papier  in 
Bogen  als  für  endloses  sich  benutzen  lässt  und  namentlich  für 
illustrierte  Blätter  bestimmt  ist. 

In  Amerika  folgten  Hoe  &  Co.  und  überboten  an  Leistungs- 
fähigkeit ihrer  Maschinen  die  Engländer.  Die  Fabrikate  von  Andr. 
Campbell  sind  neueren  Datums  und  noch  nicht  recht  in  die  Praxis 
gedrungen. 

„Man  möchte  glauben,  dass  die  äusserste  Grenze  erreicht  sei, 
wenn  die  Erfahrung  nicht  den  Menschen  belehrte,  nie  das  Wagnis 
zu  unternehmen,  der  Vervollkommnung  eines  Menschenwerkes  und 
den  unerforschlichen  Absichten  der  Vorsehung  eine  Grenze  im  vor- 
aus zu  bestimmen44,  so  schrieb  Ambr.  Firmin-Didot,  als  er  185 1  die 
Leistungen  der  Applegathschen  Times-  Maschine  angesehen  hatte. 
Wie  sehr  er  Recht  gehabt,  zeigen  die  enormen  Leistungen  in  der 
Druckerkunst,  die  wir  seit  jener  Zeit  erlebt  haben.  Jedoch  trotz 
diesen,  wer  würde  es  heute  wagen,  zu  sagen:  „Nun  ist  die  Grenze 
wirklich  erreicht". 

Die  Verwendung  der  Endlosen  für  Illustrationsdruck  gelang 
Endlose  für  bis  jetzt  in  England  nicht  so  gut  wie  in  Deutschland.  Die  von 
"luck!**"  Thomas  Middleton  &  Co.  1 874  für  die  Offizin  der  Illustrated  London 
Nervs  gebaute,  und  dem  Gründer  des  Blattes  zu  Ehren  genannte 
„Ingram-Maschine"  wird  zum  Druck  eines  kleinen  Blattes  The  Penny 
Paper  benutzt.  Die  Konstruktion  der  Cylinder  ist  eine  eigentüm- 
liche. Der  vordere,  für  die  Bilderform  bestimmte  hat  einen  grossen 
Umfang  und  nimmt  drei  Exemplare  der  Platten  auf,  man  hat  damit 
erzielen  wollen ,  dass  die  Cliches  nur  wenig  gebogen  werden,  damit 
nicht  Verzerrungen  in  den  Bildern  entstehen.  Der  kleinere  Cylinder 
für  die  Schriftform  ist  nur  mit  zwei  Exemplaren  des  Textes  belegt, 
infolge  dessen  muss  sich  dieser  Cylinder  mit  ein  Drittel  grösserer 
Schnelligkeit  bewegen,  als  der  grosse.  Diese  Maschine  lieferte 
7000  Exemplare  und  ist,  da  die  Zurichtung  von  fünf  Formen  selbst- 
verständlich viel  Zeit  kostet,  nur  bei  sehr  grossen  Auflagen  zweck- 
entsprechend. 


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n.  kap. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


67 


Für  Farbendruck  bauten  Conisbee  &  Son  in  London  eine 
Endlose,  die  dreifarbigen  Druck  in  3000  Exemplaren  liefert,  ebenso 
D.  F.  Powell.  In  Chicago  fabrizierten  Suitterlin  Claussen  &  Co., 
in  Philadelphia  T.  O.  Ferree  Vielfarbemaschinen  \ 

Wie  die  Extreme  sich  so  oft  berühren,  so  geschah  es  auch  in 
dem  Druckpressenbau,  denn  neben  den  ganz  grossen  Zeitungs-  i>ic  Tretprewe. 
maschinen  waren  es  namentlich  die  ganz  kleinen,  welche  durch 
Treten  in  Bewegung  gesetzt  werden  können  und  nur  einen  Arbeiter, 
in  der  Regel  einen  Burschen,  zur  Bedienung  verlangen,  welche  die 
Aufmerksamkeit  der  Maschinenbauer  in  Anspruch  nahmen. 

Es  war  ganz  natürlich,  dass  man  besonders  in  den  Ländern, 
wo  der  Spruch  „Zeit  ist  Geld"  seine  volle  Gültigkeit  hatte,  und  wo 
die  Zahl  der  kleineren  Accidenzarbeiten  sich  ins  Kolossale  steigerte 
und  viele  Druckereien  sich  ausnahmslos  nur  mit  solchen  *7ob- 
Arbeiten"  beschäftigten  —  also  in  Amerika  und  England  — ,  an 
diese  kleinen  Maschinen  dachte.  Man  hatte  nicht,  wie  in  Deutsch- 
land, Zeit  abzuwarten,  bis  ein  Drucker  an  der  Handpresse  mit  seinen 
langwierigen  Vorbereitungen  fertig  war,  um  hundert  Visitenkarten 
zu  drucken,  auch  nicht  Lust,  deshalb  eine  5000  Mark  oder  mehr 
kostende  Maschine,  deren  Karren  einen  weiten  Weg  hin  und  zurück 
zu  machen  hatte,  in  Bewegung  zu  setzen.  So  entstand  in  England 
und  Amerika  eine  Legion  solcher  Tretpressen  unter  verführerischen 
Namen,  als:  Universal,  Nonpareille,  Minerva,  Non  plus  ultra, 
Franklin,  Excelsior,  Progress,  Lilliput,  Favorit,  Star  etc.  etc. 
Die  Bahn  hatten  zwei  Deutsche,  Degener  &  Weiler,  in  New- York 
mit  ihrer  Liberty -Press  gebrochen.  Die  auf  dem  Kontinent  ver- 
breitetsten  Tretpressen  dürften  jetzt  neben  den  Degener &Weilerschen 
die  „Gordon-Pressen"  sein.  Trotz  einiger,  diesen  kleinen  Maschinen 
anhaftenden  Mängel  haben  sie  doch  in  zweckmässigster  Weise  eine 
bedeutende  Lücke  im  Druckgewerbe  ausgefüllt.  Ein  Kabinettstück 
unter  den  kleinsten  Maschinen  ist  Mausel  Baylvs  Kombinations- 
presse. Der  Umstand,  dass  diese  kleinen  Pressen,  welche  ganz  die 
Handpressen  verdrängt  haben,  zum  Nachteil  des  geregelten  Druck- 
geschäfts in  die  Hände  der  sogenannten  Trittmüller  —  kleine 
Papierhändler,  Buchbinder  und  andere  Nichtbuchdrucker  —  gefallen 


«  Fr.  Noble,  The prineiples  and ptactice  of  colour printing.  London  1881. 

5* 


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68 


DIE  ANCLO- AMERIKANISCHE  GRUPPF. 


II.  KAP. 


sind,  hat  sie  in  einen  unverdienten  üblen  Ruf  gebracht.  Das  Prinzip 
der  Endlosen  ist  in  geistreicher  Weise  durch  Tiegeldruck  auf  diese 
kleinen  Maschinen  in  der  Kidder -Press  mit  feststehendem  Tiegel 
und  hin-  und  hergehender  Schriftform  zur  Anwendung  gebracht. 

Die  beim  Druck  von  Wertpapieren  so  notwendigen  Numerier- 
maschinen wurden  von  Bodel  so  konstruiert,  dass  sie  die  Nummern 
erhaben  pressen  und  von  beiden  Seiten  verschiedenartig  färben. 

Eine  wesentliche  Verbesserung  bei  den  gewöhnlichen  Schnell- 
Au«ieifer  und  pressen  waren  die  rechenfbrmigen  MECHANISCHEN  AUSLEGER ,  die 
mit  ihren,  sich  zwischen  den  Leitbändern  auf-  und  niederbewegenden 
Rechen  die  Bogen  von  den  Leitbändern  wegnehmen  und  auf  den 
Auslegetisch  niederdrücken.  Diese  Verbesserung  hat  allgemeinste 
Verbreitung  gefunden,  was  dagegen  weniger  mit  den  Mechanischen 
ANLEGERN  der  Fall  ist.  Die  Schnelligkeit  der  Hand  des  Anlegenden 
hat  eine  Grenze,  die  sich  nicht  überschreiten  lässt.  Man  suchte  des- 
halb nach  dem  Mittel ,  die  Hand  entbehrlich  zu  machen,  und  kam 
auf  den  Gedanken,  durch  luftleer  gemachte,  in  schwingender 
Bewegung  sich  befindende  Saugröhren  einen  Bogen  von  dem  Haufen 
ansaugen  zu  lassen,  den  man  dann,  wenn  die  Röhren  bei  ihrer 
Bewegung  sich  in  der  richtigen  Lage  über  dem  Anlegetisch  befinden, 
durch  Einführung  von  Luft  zum  Niederfallen  bringt.  Um  zu  ver- 
hindern, dass  die  Saugröhren  zu  gleicher  Zeit  zwei  an  einander 
anklebende  Bogen  von  dem  Haufen  aufheben,  wird  durch  einen 
zweiten  Apparat  Luft  zwischen  den  obersten  und  den  darauf 
folgenden  Bogen  eingelassen.  Der  erste  Erfinder  war  J.  F.  Ashley 
in  New  -  York. 


Bei  jedem  Maschinenpapier  ist  die  Seite,  welche  mit  dem  Draht- 
Satimcr-  gewebe ,  auf  welches  der  Lumpenbrei  ausfliesst,  in  Berührung 
gewesen,  rauher,  als  die  obere,  was  schon  bei  jeder  Druckarbeit 
eine  Unannehmlichkeit  war.  Noch  nachteiliger  wirkten  jedoch  die 
Unebenheiten  und  Unreinlichkeiten  im  Papier  auf  die  feineren 
Schriften,  namentlich  aber  auf  die  Holzschnitte.  Um  nun  dem 
Papier  eine  vollkommen  glatte  Oberfläche  zu  geben,  kam  man 
frühzeitig  auf  den  Gedanken ,  nach  dem  Feuchten ,  aber  vor  dem 
Druck,  jeden  Bogen  einzeln  zwischen  Zinkplatten  zu  legen  und  diese 
dann,  10—20  übercinandergclegt,  unter  starkem  Druck  zwischen 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


zwei  Hartgusswalzen  durchzudrehen.  Diese  Manipulation  mit  der 
Satiniermaschine  war  langwierig  und  teuer,  namentlich  weil 
die  Zinkplatten  (Satinierblcche)  sich  leicht  abnutzten  und  Nachlässig- 
keit der  Arbeiter  leicht  das  Papier  verdarb.  Die  Versuche  jedoch, 
die  Bogen  einzeln  zwischen  die  sich  drehenden  Cylinder  zu  führen, 
gelangen  erst  in  letzter  Zeit  (vgl.  Kap.  X). 

Um  nach  dem  Druck  ein  stärkeres  Glätten  als  durch  die  übliche 
Glättpresse  möglich  war,  zugleich  um  ein  schnelles  Trocknen  der 
feuchten  Bogen  zu  erzielen,  bauten  Furnival  &  Co.  in  Manchester 
nach  Gills  Patent  eine  Presse,  die  den  Bogen  zwischen  zwei, 
mittels  Dampfes  erhitzte  Stahlcylinder  führt.  Die  Gefahr,  welche 
durch  das  Abschmutzen  der  frisch  gedruckten  Bogen  auf  die  Walzen 
droht,  wird  durch  einen  vorzüglichen  Reinigungsapparat  beseitigt. 
Die  Ein-  und  Ausfuhr  der  Bogen  geschieht  auf  endlosen  Bändern. 

Das  heisse  Glätten  des  Papieres  soll  vor  neunzig  Jahren  durch 
Thomas  Turnbull  erfunden  sein,  der  an  einer  Presse  beschäftigt  war,    d«  h«uie 

Glatten 

in  welcher  Tuch  durch  heisse  Cylinder  gepresst  wurde.  Als  nach 
dem  Tode  des  Prinzipals  die  Witwe  ein  Zirkular  an  die  Kundschaft 
druckte,  missfiel  die  Rauheit  des  Druckes  Turnbull  und  er  glättete  die 
Bogen,  indem  er  sie  zwischen  glatte  Pappen  legte  und  durch  die 
Tuchwalzen  gehen  liess.  Die  Resultate  waren  so  befriedigend,  dass 
er  in  London  ein  Geschäft  eröffnete,  um  für  die  Buchdruckereien  die 
Arbeiten  zu  glätten.  Die  Frage,  ob  das  heisse  Glätten  im  ganzen 
von  Vorteil  ist,  kann  noch  nicht  als  entschieden  betrachtet  werden; 
ein  Nachteil  ist  jedenfalls ,  dass  jede  kleinste  Unreinlichkeit  in  dem 
Papier  durch  den  starken  Druck  breitgequetscht  und  das  Papier 
leicht  verunstaltet  wird. 

Eine  Trocken-  und  Glättpresse  von  J.  W.Jones  in  Harrisburg 
(Pennsylvanien)  trocknet,  glättet  und  falzt  von  der  Schnellpresse 
weg  6000  Bogen  in  der  Stunde. 

Die  gewöhnliche  Glättpresse  erhielt  durch  Boomer  &  Borchert 
in  London  eine  wesentliche  Verbesserung.  Ihre  Presse  ist  sehr  leicht 
zu  handhaben  und  soll  an  Wirkung  noch  die  hydraulische  Presse 
übertreffen. 

Das  Feuchten  des  Papiers  mit  der  Hand  war  bei  den  grossen 
Zeitungsbogen  und  den  grossen  Auflagen  fast  eine  Unmöglichkeit  F«»chuPParatc 
geworden.  Grössere  Druckereien  schafften  deshalb  MECHANISCHE 


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70 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


Feuchtapparate  (Hoe  &  Co.,  Harrild  &  Sons)  an,  die  das  Papier 
entweder  zwischen  nassen,  mit  Filz  überzogenen  Walzen  hindurch- 
gehen Hessen  oder  durch  einen  Sprühregen  benetzten.  Für  feinere 
Arbeiten  bleibt  das  Handfeuchten  vorzuziehen,  da  man  es,  je  nach 
der  Beschaffenheit  des  Papiers  und  den  sonstigen  Verhältnissen, 
mehr  in  seiner  Macht  behält,  das  Feuchten  rationeller  zu  betreiben. 
In  Amerika  wird  sehr  viel  auf  ungefeuchtetes  Papier  gedruckt,  was 
für  diejenigen,  welche  einen  Spiegclglanz  des  Papieres  lieben,  als 
ein  Vorteil  erscheinen  mag. 

Bei  einer  grossen  Anzahl  von  feinen  Accidenzarbeiten  kommt 
Die  Broncicr-  bekanntlich  das  Broncieren  in  Anwendung.  BRONCIERMASCHINEN 

m.uchiiic.  • 

erleichtern  diese  Arbeit  nicht  allein,  sondern  sie  verhindern  auch 
das  der  Gesundheit  so  nachteilige,  mitunter  sogar  tödlich  wirkende 
Einatmen  des  Broncestaubes.  Das  Prinzip  ist ,  die  ganze  Arbeit  in 
einem  verschlossenen  Behälter  durch  ein  System  von  Bürsten  und 
Wischern  vollziehen  zu  lassen,  so  dass  die  Arbeit  vollständig  fertig 
aus  dem  Behälter  herauskommt1.  Eine  ähnliche  Maschine  von 
E.  A.  Clowes  &John  Baley  verrichtet  das  der  Gesundheit  ebenfalls 
sehr  nachteilige  Einbürsten  der  zu  galvanisierenden  Matern  mit 
Graphitstaub. 

Die  bei  der  Schnellproduktion  so  wichtigen  Falzmaschinen 
nie  f*u-  fanden  namentlich  in  Amerika  Beachtung.  Sie  wurden  dort  von 
mwchme.  qykvs  Chamber  eingeführt,  der,  im  Verein  mit  seinem  Bruder 
Edwin,  1856  eine  Fabrik  in  Philadelphia  unter  der  Firma  Chambers 
Brothers  &  Co.  errichtete.  Nach  vielen  Versuchen  gelangten  sie  zu 
guten  Resultaten  und  bauten  im  Jahre  1870  nach  etwa  40  ver- 
schiedenen Systemen.  Eine  Maschine  z.  B.  falzt  einen  und  einen 
halben  Bogen  in  einander,  kleistert,  heftet  und  beschneidet  sie.  Sehr 
verbreitet  ist  seit  1863  die  Zeitungsfalzmaschine  von  S.  C.  Forsaith 
&  Co.  in  Manchester  in  den  Vereinigten  Staaten,  die  sich  für  ver- 
schiedene Formate  stellen  lässt. 

Weitere  Erleichterungen  gewähren  die  BUCHHEFTMASCHINEN 
Verschiedene  (Wheeler  &  Wilson)  und  die  ZUSAMMENTRAGEMASCHINE  (Howe). 

lulfsm.uchinen.  , 

Letztere  ist  in  der  Art  der  Kinder -Karussels  gebaut.  Auf  einem 
sich  drehenden  Tisch,  vor  dem  der  Komplettierer  steht,  liegen  die 

1  TapJcy.  Lenting  Ray  iS:  Lynede  in  Manchester.  L  Poirier  &  G.  Legrand  in 
Paris.  A.  Fichtner  (für  I  laufler  &  Schmutcrer)  in  Wien. 


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II.  KAP. 


DIE  DRUCK-  UND  HÜLFSMASCHINEN. 


Bogenhausen  der  Reihe  nach  und  werden  im  Vorbeipassieren  einer 
nach  dem  andern  von  dem  Komplettierer  ergriffen. 

Von  den  unendlich  vielen  Hülfsmaschinen  seien  nur  noch  erwähnt 

die  COUVERTMASCHINE  (G.  TlDCOMBE  &  SoN,  J. WlLKINSON ;  C.  GoDALL 

&  Son)  und  die  SCHNEIDEMASCHINE.  Spezialisten  für  letztere  sind 
Furnival  &  Co.  in  Manchester,  die  sie  in  grosser  Vollkommenheit 
bauen.  Das  Ingangsetzen  des  Messers,  der  Schnitt  eines  Ries 
Papiers  und  das  Zurückgehen  des  Messers  in  seine  erste  Lage  dauert 
nur  vier  Sekunden.  Überhaupt  ist  die  Fabrik  Furnival  berühmt 
wegen  der  Vortrefflichkeit  aller  ihrer  Hülfsmaschinen,  deren  Fabri- 
kation in  ausgedehntester  und  rationellster  Weise  betrieben  wird. 

Wie  aus  dem  obigen  hervorgeht,  fehlt  es  an  erleichternden 
Mitteln  nicht,  und  doch  war  es  nur  möglich,  das  Hauptsächlichste  Die  Utensilien, 
zu  erwähnen.  Sowohl  Hülfsmaschinen  als  Utensilien  werden  jährlich 
vermehrt  und  verbessert.  Nicht  wenig  erleichtert  ist  die  An- 
schaffung derselben  durch  die  UTENSILIEN -GESCHÄFTE,  welche 
alle  notwendigen  Gegenstände  von  der  Ahle  ab  und  bis  zu  der 
grossten  Schnellpresse  liefern,  ja  selbst  die  Einrichtung  vollständiger 
Druckereien  übernehmen,  so  dass  der  Besteller  nur  unter  Antrabe 
der  besonderen  Orts-  und  Geschäfts  -  Verhältnisse  den  Preis  bestimmt, 
alles  andere  dem  Lieferanten  überlassend 

So  bedeutend  auch  der  Fortschritt  von  dem  Ballen  und  der 
Lederwalze  zu  der  Massenwalze  war,  so  litt  die  letztere  doch  unter 
wesentlichen  Mängeln,  namentlich  war  ihre  Brauchbarkeit  sehr 
von  der  Temperatur  und  der  Witterung  beeinflusst.  Zu  Zeiten 
schwanden  die  Walzen,  dann  wurden  sie  hart  wie  Stein,  bald  nahmen 
sie,  wenn  sie  zu  feucht  waren,  die  Farbe  nicht  an,  bald  wurden  sie 
so  weich,  dass  sich  die  Form  mit  Walzenmasse  vollschmierte,  bald 
mussten  sie  am  Ofen  oder  mittels  brennender  Fidibusse  erwärmt, 
bald  mit  Sägespänen  abgerieben,  geschabt,  gewaschen,  schliesslich, 
unter  Ersatz  der  klumpig  gewordenen  Masse  durch  neue,  umgegossen 


«  Wer  die  unendlich  vielen  Gegenstände,  welche  ein  solches  Geschäft  ver- 
handelt, näher  durch  Beschreibung  und  Abbildungen  kennen  lernen  will,  dem  ist 
eine  Reihe  von  Artikeln  im  Journ.  f.  H.  1867,  Nr.  31,  32,  36,  37  zu  empfehlen. 
Nicht  weniger  Interesse  bieten  die  grossen  illustrierten  Kataloge,  die  fast  alle 
bedeutenden  Utensilienhandlungen  herausgeben. 


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DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


II.  KAP. 


werden.  Waren  die  lokalen  Verhältnisse  nicht  besonders  günstig, 
so  konnte  man  wohl  rechnen ,  dass  der  zehnte  Teil  der  Arbeitszeit 
durch  Pflege  der  Walzen  verlorenging. 

Diesen  Übelständcn  ist  durch  die  Englische  Walzenmasse, 
Englische  die  hauptsächlich  aus  Gelatine  und  Glycerin  besteht,  abgeholfen. 
*  "nm"SC"  Jede  Fabrik  solcher  behauptet,  im  Besitz  von  geheimen  Rezepten 
zu  sein;  das  hauptsächlichste  Geheimnis  besteht  wohl  darin,  das 
vorzüglichste  Material  zu  nehmen  und  alle  wässerigen  Teile  daraus  zu 
scheiden.  Ohne  solche  Walzen  würden  der  vollen  Ausnutzung  der 
Rotations- Maschinen  bei  der  starken  Reibung  und  dem  schnellen 
Gang  immer  noch  grosse  Schwierigkeiten  erwachsen. 

Eine  weitere  Verbesserung  sind  die  Lanham  -Walzen.  Waren 
sie  anfänglich  nur  für  lithographische  Schnellpressen  bestimmt ,  so 
liefert  der  Erfinder  jetzt  auch  ein  Fabrikat  für  typographische 
Maschinen,  das  sich  vorzüglich  bewährt.  In  der  Offizin  des  Daily 
Telegraph  druckt  jede  Hoesche  Maschine  stündlich  iooo  Exemplare 
mehr  seit  Verwendung  der  Lanham-Walzen.  Der  Hauptbestandteil 
derselben  ist  vulkanisierter  Kautschuk,  der  wieder  mit  einem  in 
besonderer  Weise  präparierten  Kautschuk-Überzug  versehen  ist. 

Nachdem  die  Druckereien  aufgehört  hatten,  ihre  Farbe  selbst 
Di«  Farben-  zu  fabrizieren,  entstanden  Etablissements,  die  sich  ausschliesslich 

fabrikation.         ...  .        i    /■  •  i  • 

mit  dieser  Fabrikation  beschäftigten,  deshalb  auch  imstande  waren, 
rationell  zu  fabrizieren  und  gute  Farben  billig  zu  liefern.  Auch  hier 
standen  die  englischen  Fabrikate  obenan,  und  es  gab  eine  Zeit,  bis 
um  das  Jahr  1840,  wo  in  Deutschland  kein  illustriertes,  oder  selbst 
ein  in  der  Ausstattung  nur  einigermassen  hervorragendes  Werk  mit 
anderer  Farbe  als  der  von  Parson  oder  Lawson  gedruckt  werden 
durfte.  Ist  die  englische  Farbe  auch  jetzt  ziemlich  vom  Kontinent 
verdrängt,  so  behauptet  sie  doch  ihren  guten  Ruf.  Sie  zeichnet 
sich  durch  ihren  tiefen,  etwas  ins  Bläuliche  spielenden  Ton  aus, 
der  ausserordentlich  schön  ist,  den  Illustrationen  jedoch  etwas 
Kaltes  giebt.  Die  bedeutendsten  Fabrikanten  sind  Parsons, 
Fletcher  &  Co.  in  London  und  A.  B.  Fleming  &  Co.  in  Leith,  wohl 
die  grösste  Farbenfabrik  der  Welt. 


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: 

: : 


III.  KAPITEL. 

DIE  TYPOGRAPHIE  UND  DAS  BUCHGEWERBE 

ENGLANDS. 

England.  Aufblühen  der  Typographie:  J.  Baskerville,  Bowyer  Vater  und  Sohn, 
J.  Nichols,  Miller-Kitchie,  \V.  Bulmer,  Th.  Benslcy,  Hansard  Vater  und  Sohn. 
DIE  Xylographie:  Thom.  Bcwick.  Der  Farbendruck:  G.  Baxter,  W.  Savage, 
W.  Congreve.  Oxford,  Cambridge,  Edinburgh  u.  a.  Die  Zeitungspresse:  Die 
Times  und  die  Familie  Walter;  Stempel;  Telegraphischer  Verkehr;  Inscraten- 
wesen;  Statistisches.  Der  Accidenzdruck.  Der  Buchhandel:  die  illustrierten 
Blätter,  Ch.  Knight.  Der  Bibeldruck.  Die  Bibliophilie:  Lord  Spencer,  T.  F. 
Dibdin.    Die  Buchbinderkunst. 

ASIEN:  Indien,  China,  Japan,  der  Indische  Archipel.  —  Australien,  die  Südsee- 
inseln. —  Afrika. 


LS  der  eigentliche  Schöpfer  der  neueren  englischen 
Typographie  gilt  John  Baskerville,  1706  in  Wolver-  j0hn  B*»kerviiie 
ley  in  Worcestershire  geboren.  Im  Jahre  1726  leitete  f  s.ju.  177$. 
er  eine  Schreibschule  in  Birmingham ;  1745  übernahm 
er  ein  Lackicrgeschäft,  durch  welches  er  viel  Geld 
verdiente.  Seine  Neigung  war  jedoch  der  Buchdruckerei  zugewandt. 
Von  der  Universität  Cambridge  erhielt  er  die  Erlaubnis,  eine  Bibel 
in  Folio  und  zwei  Ausgaben  des  Common  Praycr  Book  zu  drucken, 
gegen  Zahlung  einer  Abgabe  an  die  Universität  von  20  resp  12  C 
Stcrl.  für  je  1000  Exemplare  und  an  die  Stationers  Company  weitere 
12  l  Sterl.  für  die  Erlaubnis,  seinen  Ausgaben  die  Psalmen  anzu- 
fügen. Zu  seinen  berühmtesten  Druckwerken  gehören  die  Ausgaben 


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74 


DIE  ANGLO-AMERIK ANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


des  Virgil  in  40  und  in  12°,  sowie  sein  Horazvon  1762.  Baskervillc 
wendete  seinen  Arbeiten  eine  unausgesetzte  Aufmerksamkeit  zu. 
Er  bereitete  selbst  seine  Farben  und  baute  selbst  seine  Pressen. 
Namentlich  waren  seine  schönen  Buchschriften,  ganz  besonders 
seine  Cursivschriften,  berühmt.  Auch  dem  Papier  und  dessen  Behand- 
lung widmete  er  die  grösste  Sorgfalt,  die  gedruckten  Bogen  wurden 
einzeln  zwischen  zwei  erwärmten  Kupferplatten  gepresst.  Jetzt  ist 
jedoch  das  Aussehen  seiner  Drucke  keineswegs  schön,  mutmasslich 
hat  unrichtige  Behandlung  bei  der  warmen  Pressung  nachteiligen 
Einfluss  auf  das  Papier  geübt. 

Trotz  aller  Liebe  zur  Kunst  wurde  doch  Baskerville  derselben 
müde  und  erklärte,  er  bereue  es  bitter,  je  ihre  Ausübung  angefangen 
zu  haben.  Seinem  letzten  Willen  gemäss  wurde  er  in  seinem  Grund- 
stück in  ungeweihter  Erde  unter  einer  Windmühle  begraben. 

Nachkommen  hinterliess  Baskerville  nicht.  Seine  Witwe  hörte 
schon  1775  zu  drucken  auf,  setzte  aber  die  Schriftgiesserei  noch  bis 
1777  fort.  So  viele  Vorzüge  auch  Baskervilles  Schriften  besassen, 
so  fanden  sie  doch  nicht  allgemeinen  Beifall  bei  dem  englischen 
Publikum,  das  den  Schriften  Caslons  und  Jacksons  den  Vorzug 
gab.  Sie  lagen  nun  als  tote  Masse  da,  bis  der  bekannte  Beau- 
marchais in  Paris  sie  im  Jahre  1779  um  den  Preis  von  3700  £  Sterl. 
kaufte;  die  Universität  Cambridge  hatte  die  angebotene  Erwerbung 
abgelehnt. 

Ein  grosses  Ansehen  als  einer  der  gelehrtesten,  tüchtigsten  und 
\y.  n,0wy"  <i. ».  bravsten  Buchdrucker  erwarb  sich  William  Bowyer  d.  j.  Bereits 
sein  Vater  Will.  Bowyer  d.  ä.  besass  einen  höchst  geachteten 
Namen.  Er  hatte  1686  ein  Verlagsgeschäft,  1699  eine  Buchdruckerei 
begründet.  Wie  gross  die  Achtung  war,  die  er  genoss,  zeigte  sich, 
als  sein  Geschäft  in  der  Nacht  vom  29.  zum  30.  Januar  17 12  voll- 
ständig durch  Feuer  zerstört  wurde.  Durch  rasche  Subskription 
deckten  Freunde  und  Konkurrenten  mehr  als  die  Hälfte  des  ihm 
entstandenen  Schadens  von  5000  £  Sterl. 

Der  Sohn  William  Bowyer  d.  j.  studierte  in  Cambridge,  wo 
W.  Rowver  J.  j.er  von  17 16 — 1722  mit  litterarischen  Arbeiten  und  Korrekturen 

*  19.  iJcz.  1699. 

f  18.  Nov.  1777.  wissenschaftlicher  Werke  beschäftigt  war.  Dann  trat  er  in  das 
Geschäft  des  Vaters  und  fuhr  fort,  den  mehr  littcrarischen  Teil  des- 
selben zu  besorgen,  worin  ihn  seine  zweite  Frau,  Elizabeth  Bill, 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHTK  UND  BUCHGEW  FRBE  ENGL  AN  DR. 


75 


vortrefflich  unterstützte.    1729  wurden  Bowyer  die  Arbeiten  des 
Unterhauses  übertragen,  die  er  fast  50  Jahre  lang  lieferte1. 

Im  Jahre  1766  hatte  Bowyer  John  Nichols  zum  Teilhaber 
genommen.   Dieser  hatte  bei  Bowyer  gelernt  und  sich  so  gut  joh»  Nichoi* 

•  15«  Juli  1779. 

betragen ,  dass  Bowyer  die  Hälfte  des  Lehrgeldes  an  den  Vater  f  **<».  m.ü  1826. 
Nichols'  zurückzahlte.  Aus  dem  Lehrherrn  und  dem  Lehrling 
wurden  Freunde  und  Assocics.  Nach  Bowyers  Tod  behielt  Nichols 
das  Geschäft  allein.  Er  war  nicht  nur  Erbe  der  Tüchtigkeit  und 
Gelehrsamkeit  seiner  Vorgänger,  sondern  auch  von  deren  Unglück, 
denn  am  8.  Februar  1808  war  wieder  das  Feuer  Verheerer  alles 
dessen,  was  seit  fast  hundert  Jahren,  seit  dem  ersten  Brande,  an 
Verlag,  seltenen  Büchern,  Druckmaterial  u.  s.  w.  gesammelt  war. 
Nichols  war  jedoch  nicht  der  Mann,  den  Mut  zu  verlieren.  Mit 
seinem  Sohne  und  Associ£,  der  den  Zunamen  Bowyer  angenommen 
hatte,  richtete  er  alles  aufs  neue  ein.  1 804  war  er  Vorsteher  der 
Stationers  Company  geworden  und  hatte  damit  das  Ziel  seines 
geschäftlichen  Ehrgeizes  erreicht.  Seit  1806  beschäftigte  er  sich 
zumeist  mit  litterarischen  Arbeiten. 

William  Strahan  kaufte  einen  Teil  des  Patentes  eines  könig- 
lichen Buchdruckers,  erwarb  für  so  hohe  Honorare,  -  wie  sie  selten  wm.  strahan 
bezahlt  worden  waren,  die  Verlagsrechte  von  Arbeiten  der  hervor- 
ragendsten Autoren  seiner  Zeit  und  ward  1774  Vorsitzender  der 
Stationers  Company.  Er  stand  zu  einer  Reihe  von  bedeutenden  Per- 
sönlichkeiten in  naher  Beziehung,  unter  anderen  zu  Franklin,  mit 
dem  er  in  London  zusammen  gearbeitet  hatte.  Noch  in  einem  seiner 
letzten  Briefe  an  Strahan  bespricht  Franklin  in  von  der  Buchdrucker- 
kunst entlehnten  Allegorien  und  Ausdrücken  scherzhaft  die  Politik. 
Der  Sohn  Andrew  Strahan  trat  in  die  Fusstapfen  des  Vaters  und  Andr.  Strahan 
fand  in  Thomas  Spilbury  einen  würdigen  Nachfolger,  der  französische  i  hom.  spubury 
Klassiker  mit  solcher  Korrektheit  druckte,  dass  sie  selbst  in  Frank- 
reich  den  französischen  Ausgaben  vorgezogen  wurden. 

Die  Vervollkommnung  des  Werkdruckes,    in  welchem  die 
Engländer  so  bedeutendes  geleistet  haben,  hat  man  wesentlich 
Miller  Ritchie,  einem  geborenen  Schottländer,  zu  verdanken.  Er  Miner  Ritchie 
begann  seine  Laufbahn  1785  mit  einer  Royal-Oktav-Ausgabe  der*  *'  N"v  lM' 

«  Anecdotabiograpfucalan  ilttiraryof  IV.  liowyer.  London  1778. 


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76 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP 


englischen  Klassiker,  für  welche  zum  erstenmale  das  gelblich  gerippte 
Papier  Whatmans  benutzt  wurde.  Eine  Quartbibel  in  zwei  Bänden 
folgte.  Wie  Baskerville  hatte  er  schwer  mit  dem  alten  Schlendrian 
der  Arbeiter  zu  kämpfen  und  oft  musste  er  zu  den  Druckerballen 
greifen,  wenn  er  einen  ihn  befriedigenden  Druck  haben  wollte1.  Er 
fand  jedoch  zwei  mächtige  Bundesgenossen  für  seine  Bestrebungen 
in  dem  Papierfabrikanten  Whatman  und  dem  Farbefabrikanten 
Blackwell,  wie  überhaupt  das  vortreffliche  Papier  und  die  gute  eng- 
lische Farbe  ausserordentlich  viel  zu  dem  Übergewicht  englischer 
Werkdrucke  beigetragen  haben.  Trotz  seiner  Tüchtigkeit,  oder 
vielleicht  eben  weil  er  die  Vorzüglichkeit  der  Arbeit  höher  stellte  als 
den  Gewinn,  konnte  Miller  Ritchie  keine  unabhängige  Stellung 
behaupten. 

Als  ein  würdiger,  zugleich  glücklicherer  Nachfolger  in  denselben 
wiii.  Balm«  Bestrebungen  muss  William  Bulmer  genannt  werden,  dessen  Name 
«75i.  f  m-t  (Jem  schönsten  und  Korrektesten  verbunden  ist,  was  die  Buch- 
druckerkunst Englands,  die  durch  ihn  auf  die  höchste  Stufe  der 
Vollendung  gebracht  wurde,  aufzuweisen  hat.  Bulmer,  in  Newcastle 
geboren,  wurde  während  seiner  Lehre  dort  mit  dem  später  so 
berühmten  Holzschneider  Thomas  Bewick,  für  den  er  die  Probe- 
drucke besorgte,  bekannt  und  brachte  ihn  auf  den  Gedanken, 
die  Holzschnitte  abzuflachen,  so  dass  die  leichteren  und  verschwin- 
denden Stellen  tiefer  zu  liegen  kamen,  wodurch  der  Abdruck  eines 
Holzschnittes,  selbst  ohne  jede  Zurichtung,  sich  in  den  richtigen 
Abstufungen  der  Farbentöne  zeigt.  Durch  einen  Zufall  kam  er  in 
Verbindung  mit  dem  Buchhändler  George  Nicol,  der  eine  grosse 
Prachtausgabe  von  Shakespeares  Wrerkcn  vorbereitete,  die  in 
artistisch  -  typographischer  Hinsicht  alles  übertreffen  sollte,  was  bis 
dahin  geliefert  war.  Das  Werk,  9  Bände  Folio  und  ein  Band  Kupfer 
[1/94 — 1 801),  wurde  in  Bulmers  Offizin,  genannt  Shakespeare-Press, 
gedruckt  mit  Schriften,  die  von  William  Martin  in  Birmingham 
geschnitten  waren.    Der  Druck  des  Werkes,  das  im  Jahre  1794 

«  Der  bekannte  Thom.  Curson  Ilansard  behauptet  in  seiner  Typografhia, 
dass,  wenn  die  besten  Prachtwerke  Englands  nicht  ganz  die  besten  der  Franzosen 
und  Hodonis  erreichen  sollten,  dies  in  der  schwierigeren  Behandlung  der  Farben 
liege,  deren  Konsistenz  in  der  wechselnden  Temperatur  Englands  nicht  ganz 
gleichmässig  erhalten  werden  könne. 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 

begonnen  wurde  und  allein  wohl  mehr  Bogen  enthielt,  als  alle  Bodoni- 
schen Prachtausgaben  zusammen,  ist  von  unübertroffener  Gleich- 
mässigkeit;  der  letzte  Bogen  sieht  genau  aus  wie  der  erste.  Neben 
diesem  Werk  ist  die  grosse  Ausgabe  von  Milton,  3  Bände  Folio,  zu 
erwähnen,  die  typographisch  vielleicht  noch  höher  als  die  von 
Shakespeare  steht;  dann  die  Ausgabe  von  Goldsmith  und  Parnell. 
1 798- 1 803  wurde  das  prachtvolle  Museum  Worsleyanum,  zwei  Bände 
Folio,  gedruckt,  auf  v  elches  Richard  Worsley  27  000  £  Sterl.  ver- 
ausgabte und  das  nie  in  den  Handel  kam.  Aus  der  Reihe  der  gross- 
artigen Druckwerke  Bulmers  nennen  wir  noch  Dibdins  Typographi- 
calAntiquities  und  die  Bibliotfuca  Spenceriana,  wohl  das  brillanteste 
bibliographische  W erk,  das  existiert.  Ein  Meisterstück  der  Bulmer- 
schen  Pressen  ist  ferner  Dibdins  Bibliographical  Decameron  mit 
einer  grossen  Anzahl  von  Vignetten.  Er  druckte  auch  1808  Wilkins 
Sanskrit  Gramwar,  ein  Quartband  von  662  Seiten  in  prachtvoller 
Ausstattung.  18 19  zog  er  sich  ganz  vom  Geschäft  zurück,  das  auf 
Will.  Nicol,  den  Sohn  seines  Freundes,  überging.  Auch  Bulmer 
wurde  vortrefflich  durch  Whatman  und  ausserdem  durch  den  Holz- 
schneider Bewick  unterstützt.  Als  der  bedeutendste  Drucker  und 
Mitarbeiter  Bulmers  wird  Daniel  Grimsshaw  genannt.  Ein  Haupt- 
streben Bulmers  war  auf  eine  vorzügliche  Farbe  gerichtet.  Diese 
lieferte  erst  Rob.  Maitin  in  Newcastle;  bei  der  Unmöglichkeit  für 
diesen,  Bulmers  Bedarf  zu  decken,  fand  letzterer  sich  veranlasst, 
selbst  die  nötigen  Einrichtungen  zur  Gewinnung  eines  zufrieden- 
stellenden Fabrikates  zu  treffen. 

Ein  Rival  Bulmers,  dessen  Verhältnis  zu  König  und  Bauer 
schon  erwähnt  wurde,  war  Thomas  Benslev.    Als  jener  seinen  Th.  ßen«iey 
Shakespeare  druckte,  folgte  Bensley  mit  seiner  prachtvollen  Bibel 
von  Maclin  in  sieben  Bänden  in  Quarto.  Ganz  vorzüglich  war  auch 
die  Ausgabe  von  Thomsons  Jahreszeiten. 

Schöne  Drucke  lieferte  im  Beginn  dieses  Jahrhunderts  auch 
Charles  Whitaker.  Seine  Ausgabe  der  Magna  Charta,  ganz  ch. whiuker. 
in  Golddruck  von  hervorragender  Schönheit  mit  illuminierten 
Initialen,  ist  eine  grosse  Seltenheit.  Seinen  Golddruck  behandelte 
er  als  Geheimnis  und  schlug  das  Anerbieten  der  Gesellschaft  zur 
Förderung  der  Kunst  ab,  das  Verfahren  gegen  eine  öffentliche 
Belohnung  bekannt  zu  geben. 


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7  8  DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE.  III.  KAP. 

Zu  den  schönsten  englischen  Presserzeugnissen  gehört  das 
Gedicht  The  Press,  von  dem  Buchdrucker  John  M'Creery  im  Jahre 
1 803  gedichtet  und  gedruckt,  und  von  Holl  illustriert. 

Charles  Wiuttingham  war  in  Calledon  bei  Coventry  geboren. 
ch.whttti»gham  Im  Jahre  1792  etablierte  er  sich  in  London,  wo  er  bis  181 1  viele 
.  16.  j.im  iyo7.  scj1^ne  \Yerke  für  Londoner  Verleger  druckte.   Er  war  einer  der 
ersten,  welche  die  Zurichtung  der  Holzschnitte  zur  Vollkommenheit 
brachten.  Im  Jahre  1 8 1 1  überliess  er  seinem  Teilnehmer  Rowland 
die  Leitung  des  Londoner  Geschäfts  und  zog  nach  Chiswick.  Aus 
seiner  Chiswick-  Press  ging  unter  anderen  bedeutenden  Werken  in 
den  Jahren  18 19 — 1822  eine  vortreffliche,  nur  in  500  Exemplaren 
gedruckte  und  auf  einmal  herausgegebene  Oktav  -  Ausgabe  der 
englischen  Dichter  in  100  Bänden  hervor.    Das  Geschäft  ging  auf 
Whiitin^ham  it.  den  Neffen  Charles  Whittingham  über,  der  jedoch  daneben  eine 
»  j<        17)5  sen,st  begründete  Offizin  in  London  hatte,  wo  er,  mit  Peels 

Werken  beginnend,  eine  Reihe  von  schönen  Ausgaben  für  Will. 
Pickering  bis  zu  dessen  1854  erfolgtem  Tode  druckte.  Sein  Sohn 
Ch.  John  Whittingham  starb  am  21.  April  1876. 

Berühmt  wurden  auch  Hansard  Vater  und  Sohn.  Ersterer, 
Luke  Hansard  Luke  Hansard,  ist  namentlich  als  Parlamentsdrucker  bekannt.  Er 
\  SÄ.'föa.  lernte  in  seiner  Vaterstadt  Norwich  und  arbeitete  später  in  dem 
Geschäft  des  Parlamentsdruckers  John  Hughs.  Hansard  wurde  erst 
Dirigent  der  Buchdruckerei,  dann  Teilhaber  und  im  Jahre  1800 
Alleinbesitzer.  Sein  Ruf  wurde  durch  die  ungewöhnliche  Prompt- 
heit, mit  welcher  er  stets  die  Regierungsarbeiten  ausführte,  fest 
begründet.  Freilich  war  es  auch  lohnend,  für  die  Regierung  zu 
arbeiten.  Die  Rechnungen  Hansards  d.  j.  betrugen  1829  125772  £ 
Sterl.;  in  dem  Jahre  1830  wurde  für  86217  £  Sterl.  gedruckt. 
183 1  machten  die  Parlamentsakten  120  Foliobände  aus1.  Luke 
Hansard  starb,  77  Jahre  alt,  im  Besitz  des  allgemein  verbreiteten 
Rufes,  ein  seltener  Mensch  gewesen  zu  sein*. 

Thomas  Curson  Hansard,  der  Sohn  und  Nachfolger  Lukes,  ist 
Th.  c.  Hansard  namentlich  bekannt  als  Verfasser  der  Typographia,  des  renommier- 
Mai' isjj.  testen  englischen  Handbuches  der  Geschichte  und  Technik  der 

>  1S79  rechnete  man,  dass  jedes  Parlamentsmitglied  während  der  Dauer 
des  letzten  Parlaments  20  Zentner  an  Drucksachen  empfangen  habe. 
2  liiografhical  Mtmotr  0/  Luit  Hansard.    London  1829. 


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IIL  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  79 

Buchdruckerkunst,  welches  eine  Menge  schätzbares  Material  enthält, 
dessen  bessere  Sichtung  und  Durcharbeitung  jedoch  sehr  zu 
wünschen  gewesen  wäre. 

Gleichzeitig  mit  der  Wiedergeburt  der  Typographie  erhob  sich 
auch  die  Xylographie  aus  dem  Elend,  in  welches  sie  versunken  war,  Xylographie 
eine  Renaissance,  die  wir  ebenfalls  einem  Engländer  verdanken, 
was  um  so  mehr  überrascht ,  als  England  zu  einer  Zeit ,  wo  diese 
Kunst  in  Deutschland,  Frankreich  und  Italien  blühte,  noch  gar 
keine  Holzschneidekünstler  aufzuweisen  gehabt  hatte.  Auf  welcher 
Stufe  der  Unbedeutendheit  die  Xylographie  sich  befand,  geht  daraus 
hervor,  dass  zu  Anfang  des  XIX.  Jahrhunderts  London  nur  zwölf 
Holzschneider  zählte.  Man  kann  sonach,  was  England  betrifft,  fast 
richtiger  von  einer  Geburt  als  von  der  Wiedergeburt  der  Kunst 
durch  Thomas  Bewick  reden. 

Die  ersten  Übungen  seines  Zeichnertalentes  bestanden  in  dem 
mit  Kreide  Bemalen  fast  aller  Häuser  in  Cherry  -  Bum ,  seinem  ^  Th^Bewick 
Geburtsorte.   Mit  dem  14.  Jahre  kam  er  in  die  Lehre  bei  einem  + 
tüchtigen  Graveur  in  Ncwcastle:  Ralph  Beilby. 

Als  ein  Gelehrter,  Dr.  Hutton,  ein  grosses  Werk  über  die  Mess- 
kunst herausgab,  riet  ihm  Beilby,  statt  Kupferplatten  Holzschnitte 
für  die  Illustrationen  zu  wählen.  Hutton  ging  auf  diesen  Gedanken 
ein  und  die  Ausführung  der  Holzschnitte  wurde  Bewick  anvertraut, 
der  sich  seiner  Aufgabe  so  geschickt  entledigte,  dass  ihn  Beilby  auf- 
munterte ,  seine  gesamten  Kräfte  dieser  vernachlässigten  Kunst  zu 
widmen.  Nachdem  er  sich  eine  Zeitlang  in  London  und  in  Schottland 
aufgehalten  hatte,  kehrte  er  nach  Newcastle  zurück  und  wurde  in 
dem  Geschäft  seines  Lehrers  Teilhaber.  Er  bildete  nun  auch  seinen 
Bruder  John  für  die  Kunst  aus.  Eine  Ausgabe  von  Gays  Fabeln 
gab  den  Brüdern  Gelegenheit,  ihr  Talent  in  einer  höheren  Kunst- 
richtung zu  zeigen.  Ein  Holzschnitt  „Der  alte  Hund"  erhielt  im 
Jahre  1775  die  von  der  Gesellschaft  der  Kunst  ausgesetzte  Prämie 
für  den  besten  Holzschnitt.  Die  „Geschichte  der  Vierfüssler"  erschien 
1790;  das  berühmte  Werk  „Die  Geschichte  der  englischen  Vögel" 
folgte  1797.  Kühnheit  der  Zeichnung,  Lebendigkeit  und  Naturtreue 
in  den  Stellungen,  Korrektheit  und  Unterscheidung  des  Charakters, 
der  Lebensweise  und  der  Bewegung  in  allen  Figuren  sind  Vorzüge 


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8o 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE.  III.  KAP. 


der  Holzschnitte  Bewicks.  Der  Bruder  John  starb  bereits  am 
21.  Oktober  1795  in  seinem  25.  Jahre.  Er  kam  seinem  Bruder  an 
Talent  gleich,  lebte  aber  nicht  lange  genug,  um  einen  solchen  Ruf 
wie  dieser  zu  erlangen.  Die  Holzschnitte  des  Thomas  Bewick  sind 
zum  grossen  Teil  in  einem  im  Jahre  1870  erschienenen  Album 
vereinigt l. 

Seit  Bewicks  Zeit  hat  England  eine  sehr  grosse  Zahl  tüchtiger 
Xylographen  aufzuweisen,  und  es  gab  eine  Zeit,  wo  die  englischen 
Holzschneider  auch  auf  dem  Kontinent  massgebend  waren. 

Wie  England  sich  in  der  neueren  Xylographie  als  bahnbrechend 
ncr  Farben,  zeigte,  so  auch  in  dem  Farbendruck.  Zuerst  ist  William  Savage 

druck. 

w.  savage.  zu  nennen,  geboren  zu  Houdon  in  Yorkshire,  wo  er  sich  auch  mit 
seinem  Bruder  James  1 790  als  Drucker  und  Buchhändler  etablierte. 
William  ging  1797  nach  London,  und  wurde  dort  vorzüglicher 
Drucker  und  Verfasser  der  epochemachenden :  Hints  on  decorathe 
Printing  in  zwei  Teilen  (18 19 — 1832).  1840  folgte  sein  bekanntes 
Werk  Dictionary  of  the  Art  of  Printing.  Übertroffen  wurde  er  von 

George  Baxter.  .George  Baxter,  der  seine  ersten  Versuche  1835  machte  und  Patent 
auf  den  Druck  von  Bildern  mit  Ölfarben  nahm.  Baxter  druckte  den 
Untergrund  und  die  Umrisse  mit  Stahlplatten ,  dann  die  einzelnen 
Farben  von  Holzstöcken,  deren  Zahl  mitunter  zwanzig  überstieg. 
Seine  besten  Arbeiten  finden  sich  in  seinem  Pictorial  -  Album ,  das 
1837  bei  Chapman  &  Hall  erschien.  In  Landschaften  ist  er  nicht 
übertroffen  worden.  Von  einem  kleinen  Blatt  „Die  Dreieinigkeit" 
nach  Rafael  wurden  über  700  000  Exemplare  verkauft. 

Eine  weitere  Art  des  Farbendruckes,  welche  eine  Zeitlang  eine 
bedeutende  Rolle  spielte,  ist  diejenige  von  dem,  auch  durch  seine 
Tod  und  Verderben  schleudernden  Raketen  bekannten  Sir  William 

wiii.  congreve  Congrf.ve  erfundene.  Congreve  war  Zeuge  von  dem  mühsamen 
zweifarbigen  Druck  in  der  Applegathschen  Buchdruckerei  gewesen, 
und  da  die  englische  Regierung  einen  Preis  auf  die  Herstellung 
unnachahmlicher  Banknoten  gesetzt  hatte,  richtete  er  alle  seine 
Gedanken  auf  diesen  Punkt.  Er  erhielt  ein  vierzehnjähriges  Patent 

«  Tiiom.  Landseer,  Ltfe  and  letters  of  \V.  BavUk.  2  Bde.  London  1870. — 
J.  ("i.  Heu.,  A  descrifth/e  and  cntical  Catalogue  of  works  illustrated  by  T.  and  J.  Bewirk. 
—  Tu.  Uroo,  The  Bewick  ColUttor.  London  1866.  Supplement  1868.  —  Bewicks 
tooodculs,  ed.  by  TA.  Hugo.  London  1870. 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  8l 

auf  eine  von  Donkin  für  ihn  gebaute  Maschine.  Das  Prinzip 
des  Congreveschen  Druckes  beruht  darauf,  die  verschiedenen 
Teile  einer  Metallplattc,  insoweit  diese  mit  einer  und  derselben  Farbe 
gedruckt  werden  sollen,  knapp  aus  der  Platte  herauszusägen,  so  dass 
sie,  wieder  in  einander  gefügt,  ein  Ganzes  bilden.  Nach  einander 
werden  die  Teile,  welche  eine  und  dieselbe  Farbe  bekommen  sollen, 
durch  Unterlagen  hochgestellt  und  eingefärbt,  bis  schliesslich  das 
Ganze,  welches  nach  Entfernung  aller  Unterlagen  Eine  glatte  Ober- 
fläche bildet,  mit  einem  Zug  des  Bengels  abgedruckt  werden  kann. 
Im  Verein  mit  einem  Buchdrucker  Whiting  legte  Congreve  eine  Buch- 
druckerei an,  die  sich  hauptsächlich  mit  Druck  von  Etiquetten 
u.  dgl.  beschäftigte.  Durch  die  Fortschritte  der  Lithographie  und 
die  Erfindung  der  Mehrfarbenmaschinen  ist  Congreves  Methode  so 
gut  wie  verdrängt.  Die  Engländer  nennen  sie  Compound  Printvtg, 
die  Bezeichnung  „Congreve- Druck"  rührt  von  Ed.  Hänel  her,  der 
das  Verfahren  nach  Deutschland  brachte. 

Ausser  London  haben  als  Druckorte  in  England  nur  Oxford 
und  Cambridge,  in  Schottland  Edinburgh  eine  grössere  Bedeutung. 

Von  den  Buchdruckereien  der  beiden  englischen  Universitäten 
nimmt  die  in  OXFORD  den  bei  weitem  wichtigeren  Platz  ein.  Nachdem  Oxford, 
sie  von  1669 —  17 13  in  dem  Sheldonian  Theater  installiert  gewesen 
war,  wurde  sie  in  den  Clarendonbau  übergeführt  und  blieb  dort,  bis 
sie  1830  die  schöne  und  geräumige  Lokalität  bezog,  die  sie  jetzt  noch 
innehat.  Bei  der  Abgesondertheit  von  dem  grossen  Verkehr  war  es 
notwendig,  alle  Branchen,  sogar  Farbe-  und  Walzenfabrikation,  zu 
vereinigen.  Gebunden  wurden  die  Bücher  in  der  Universitätsbuch- 
binderei in  London.  Das  Papier  lieferte  eine  der  Universität  gehörende 
Fabrik  in  Wolvercote.  Eine  besonders  gepflegte  Spezialität  war 
neben  dem  Bibeldruck  die  Herstellung  orientalischer  Werke.  Die 
Druckerei  erhielt  seit  der  Clarendonschen  Stiftung  noch  öfters  wert- 
volle Dotationen,  so  z.  B.  17S5  eine  von  Lord  Godolphin  im 
Betrag  von  5000  £  Sterl. 

Die  Universitätsdruckerei  in  Cambridge,  Pitt-Press  genannt, 
befindet  sich  seit  1834,  gerade  drei  Jahrhunderte  nach  ihrer  Be-  c:anibrig<ic 
gründung,  in  einem  neuen ,  im  Stil  des  XV.  Jahrhunderts,  erbauten 
kirchenähnlichen  Gebäude,  das  1860  erweitert  wurde.  Die  Kosten 

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82 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


wurden  zumtcil  aus  den  Überschüssen  des  zu  einem  Denkmal  für 
William  Pitt  gesammelten  Fonds  bestritten.  Die  Offizin  kann  sich 
an  Bedeutung  für  die  Wissenschaft  zwar  nicht  mit  der  Clarendon 
Press  in  Oxford  messen,  hat  jedoch  in  neuerer  Zeit  einen  raschen 
Aufschwung  genommen,  welcher  namentlich  C.  J.  Gay,  seit  1856 
Direktor  und  Teilnehmer  sowohl  des  Cambridger  als  des  Londoner 
Geschäfts  der  Universität,  zuzuschreiben  ist. 

In  Edinburgh,  dem  „Neuen  Athen",  herrschte  zu  Beginn  des 
Edinburgh,  laufenden  Jahrhunderts  ein  sehr  bewegtes  litterarisches  und  typo- 
graphisch-bibliopolisches  Leben. 

Der  bekannteste  Buchdrucker  war  dort  James  Balantyne1. 
Jarnei  Balantyne  Nachdem  er  der  Jurisprudenz,  seinem  vorherigen  Berufe,  Lebewohl 

♦  1772,  f  10. Juni  ,  ,  ....  .  •       -r»  1 

gesagt  hatte,  etablierte  er  in  seiner  Vaterstadt  Kelso  eine  Bucn- 
druckerei.  Ein  Zufall  brachte  ihn  auf  einer  Reise  mit  seinem  früheren 
Schulkameraden  Walter  Scott  zusammen,  woraus  eine,  für  beide  erst 
glänzende,  dann  verhängnisvolle  Geschäfts- Verbindung  entstand.  Die 
von  Balantyne  gedruckte  Ausgabe  der  Balladen  Walter  Scotts  erregte 
durch  ihre  schöne  Ausstattung  solche  Aufmerksamkeit,  dass  man 
Balantyne  veranlasste,  nach  Edinburgh  überzusiedeln.  Seine  Offizin 
nannte  er  The  Border  ■  Press ,  nach  dem  Werke  Scotts  Afinstrelsy 
of  the  Scottish  Border.  Bis  1826  druckte  er  nun  alle  Werke 
Walter  Scotts,  der  Teilhaber  der  Druckerei  und  des  wöchentlich 
erscheinenden  Edinburgh  Journal  wurde.  Walter  Scott  sowohl  als 
sein  Drucker  erlitten  —  wie  es  kam,  ist  nicht  ganz  aufgeklärt  — 
einen  gemeinschaftlichen  finanziellen  Ruin.  Thatsache  ist,  dass  ihre 
Freundschaft  diesen  überlebte.  Balantyne  war  auch  ein  von  Walter 
Scott  gern  gehörter  Kritiker,  der  mit  grosser  Sorgfalt  und  vielem 
Verständnis  die  manchmal  flüchtigen  Manuskripte  des  Dichters 
verbesserte. 

Die  letzte  Veranlassung  zu  der  erwähnten  Katastrophe  gab  der 
plötzliche  Fall  des  Verlegers  Walter  Scotts  Archibald  Constable, 
der  zugleich  Verleger  der  Encycbpaedia  Britannica  geworden  und 
1802  das  Edinburgh  Review  begründet  hatte,  welche  Werke  später 
alle  auf  A.  Ch.  Black  übergingen. 

Der  Begründer  dieser  Firma  war  Adam  Black  im  Verein  mit 
seinem  Neffen  Charles  Black.    Das  Edinburgh  Review  erwarben 

>  litstoty  of  t/u  Balantyne  J'ress.  Edinburgh  1S71. 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS  83 

sie  1826  gemeinschaftlich  mit  Th.  N.  Longman,  allein  kauften  sie     a.  uiack 
die  Encyclopaedia  Britannien ,  die  eine  glänzende  Aufnahme  fand. 
Die  Kosten  der  1842  beendigten  siebenten  Auflage,  21  Bände  in 
Quarto,  betrugen  über  2»/a  Millionen  Mark;  1851  wurden  Blacks 
Besitzer  des  Verlagsrechtes  auf  Scotts  Romane. 

Ebenfalls  einen  bedeutenden  Ruf  hatten  die  Firmen  W.  Black- 
wood &  Sons  und  R.  &  W.  Chambers. 

Erstere  wurde  von  William   Blackwood  1804  begründet. 
Blackwood  trieb  erst  Antiquariatsgeschäfte;  181 1  fing  er  an  zu  ver-  uhekwood  <i.  u. 

t  »  Ö  .  20.  I«ci.  1776. 

legen.    Das  18 17  begonnene  Edinburgh  Monthly  Magazine  wollte  r  10.  Sept. 
nicht  „ziehen".  Nach  sechs  Nummern  erschien  als  Nr.  7 Blackivoods 
Magazine,  das  sofort  Beifall  fand.    1827  wurde  die  Edinburgh 
Cyclopaedia  in  18  Bänden  vollendet.  Der  Sohn  Will.  Blackwood,  bucU-oo«!  <i  j. 

y       r  «7.    1»C7.  lMt(t, 

der  von  1840— 1845  das  Londoner  Geschäft  der  Firma  verwaltet :  *»•  ukt.  1*7.,. 
hatte,  dann  aber  nach  Edinburgh  gezogen  war,  redigierte  das 
Magazin  bis  zu  seinem  Tode  mit  der  äussersten  Sorgfalt  \ 

Vor  etwa  sechzig  Jahren  gründeten  die  Brüder  William  und 
Robert  Chambers  erst  eine  Buchhandlung  und  dann  eine  Buch-  w.  Chamber« 
druckerei  mit  einem  Kapital  von  3  £  Stcrl.,  einem  halben  Zentner  Kok  Chambers 
Schrift  und  einer  elenden  Holzprcsse  in  der  Absicht,  gute  und  billige^  V  m.«  »«71! 
Bücher  zu  drucken.  Tüchtigkeit  und  Energie  brachten  das  Geschäft 
rasch  in  die  Höhe.    Am  4.  Februar  1832  wurde  das  heute  noch 
blühende  Chambers  Edinburgh  Journal,  das  sofort  50000  Abnehmer 
fand,  und  1845  deren  90000  zählte,  gegründet.  Dieses  Journal,  das 
vier  Wochen  vordem  P<  nny- Magazine  begann,  hat  sehr  viel  zu  der 
Bildung  des  englischen  Publikums  beigetragen.    1844  begann  Rob. 
Chambers  ein  höchst  verdienstliches  Werk:  Cyclopaedia  of  English 
Litterature ,  enthaltend  Biographien  und  kritische  Charakteristiken 
von  832  Autoren  nebst  Proben  ihrer  Werke.    130000  Exemplare 
davon  wurden  in  England  verbreitet,  eine  nicht  geringere  Anzahl  in 
Amerika 

Von  den  bedeutenden  Buchdruckern  Edinburghs  in  neuester 
Zeit  nennen  wir  Nelson  &  Co.  mit  ihrer  grossen,  sehr  praktisch 
eingerichteten  Offizin  und  W.  C.  Hlackie  &r  Co.,  namentlich  in 

«  k.  Lindau  setzte  «lein  Verstorbenen  ein  ehrendes  Denkmal  in  <ler  r<le^en- 
wart44,  abgedruckt  im  Horseiibl.  f.  d.  d.  11.  1S70,  Nr.  29.5. 

*  Aulobiography  and  Menmr  0/  K.  <>  IV.  Ctuunbtrs.  Philadelphia 

6' 


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*4 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Buchdrucker  in  Accidenzien  bedeutend.  Unter  den  Buchdruckern  der  Provinz 
zeichnet  sich  Stephan  Austin  in  Hereford  durch  seine  schönen 
orientalischen  Drucke  aus.  John  Heywood  in  Manchester  besitzt 
vier  Etablissements  von  grösster  Ausdehnung,  namentlich  für  die 
Stationcry.  Durch  ein  kleines  Werkchen:  The  bona  fide  Pocket 
Dictionary  hat  sich  John  Bellow  in  Gloucester  einen  Namen  unter 
den  Meistern  aller  Zeiten  erworben.  Die  zu  dem  Büchlein  ver- 
wendete Schrift,  nur  3  V«  typographische  Punkte  gross,  schnitten 
Mili.ar  &  Richard  in  Edinburgh  und  London. 

Am  staunenswertesten  ist  die  Entwickelung,  welche  die  Zeitungs- 
iüc  Zeiiung»  presse  trotz  des  erschwerenden  Zeitungsstempcls  nahm.  1761  wurde 
letzterer  auf  einen  Penny,  1776  auf  anderthalb.  1789  auf  zwei  Pcnce 
festgestellt;  1794  musste  der  ganze  Bogen  drittehalb,  1799  vierte- 
halb, schliesslich  gar  vier  Pence  zahlen.  Im  Jahre  1833  brachte  diese 
Steuer  dem  Staate  gegen  io'/a  Millionen  Mark  ein,  zu  welchen 
die  Times  allein  zeitweilig  über  zwei  beizutragen  hatten.  Für  jedes 
Inserat  musste  3  s/t  6d  Abgabe  gezahlt  werden ,  infolge  dessen 
die  kleinste  Bekanntmachung  mit  7  sh  berechnet  wurde.  Jede 
Zeitungsnummer  kostete  gewöhnlich  7  Pence. 

Es  ist  nicht  hier  die  Aufgabe ,  die  Entwickelung  des  Zeitungs- 
t)ic  Times.  Wesens  Schritt  für  Schritt  zu  verfolgen ,  geboten  scheint  es  jedoch, 
in  einem  Handbuch  der  Buchdruckerkunst  wenigstens  der  historisch 
gewordenen  Offizin  der  Times,  welche  für  alle  folgenden  gross- 
artigen Zeitungsoffizinen  als  Muster  galt,  einige  Worte  zu  widmen, 
um  so  mehr,  als  die  Besitzer  immer  voran  waren,  wenn  es  galt,  neue 
Erfindungen  zu  benutzen  oder  selbst  die  Initiative  zu  solchen  zu 
ergreifen. 

Der  Begründer  der  Times,  John  Walter  d.  ä.,  war  ein  bedeu- 
john  Walter  d.a  tcnder  Kohlenhändler.  Als  er  sich  vom  Geschäft  zurückgezogen 
hatte,  verlor  er  als  Beteiligter  bei  SchifTsassekuranzen  sein  ganzes 
Vermögen,  nicht  aber  den  Rufeines  braven  und  redlichen  Mannes. 
Zum  Glück  für  den  Journalismus  wurde  durch  einen  Ministerwechscl 
seine  Hoffnung  auf  eine  Staatsanstellung  zunichte.  Damals  führte 
ihn  der  Zufall  mit  einem  Setzer  Henry  Johnson,  einem  Schwärmer 
für  ein  ihm  patentiertes  Logotypsystem,  zusammen.  Walter  erwarb 
dessen  Patent,  modifizierte  das  System  jedoch  so  wesentlich,  dass 


III.  KAP. 


TYPOGRAPHfE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 


85 


man  es  wohl  als  „System  Walter"  bezeichnen  kann.  Die  Typen 
wurden  wie  andere,  jedoch  etwas  niedriger  als  üblich,  gegossen, 
durch  Untergiessen  von  Metall  verbunden  und  auf  die  richtige  Höhe 
gebracht.  Walter  etablierte  sich  nun  als  Logographic  Printer  und 
wurde  von  Benjamin  Franklin  und  Sir  Josuah  Banks,  Präsident  der 
Gesellschaft  der  Wissenschaften,  aufgemuntert.  Er  selbst  nährte 
die  ausschweifendsten  Hoffnungen  in  betreff  der  Erfolge  und  teilte  die 
Menschheit  in  zwei  Klassen,  Freunde  und  Feinde  der  Logotypen. 
In  jedem,  der  Zweifel  an  seinem  System  hegte,  erblickte  er  einen 
persönlichen  Feind,  so  in  dem  bisher  mit  ihm  eng  befreundeten 
Schriftgiesser  Caslon  und  dem  berühmten  Buchdrucker  John  Nicol. 
Der  gekränkte  Walter  wollte,  nachdem  er  es  bereits  mit  einem  Büch- 
lein :  Gabriel,  the  Outcast,  versucht  hatte,  nun  auch  der  Welt  zeigen, 
dass  man  Zeitungen  mit  Logotypen  zweckmässig  herstellen  könne. 
Am  i.Januar  1785  erschien  Nr.  i  des  Daily  Universal  Register.  Es 
fand  jedoch  keinen  grossen  Beifall  und  mit  dem  1.  Januar  1788 
wurde  der  Titel  in  Times  umgeändert,  deren  erste  Nummer  jedoch 
in  der  angefangenen  Reihenfolge  weiter  als  Nr.  940  erschien. 

So  war  der  Anfang  der  Times,  die  später  zwar  den  Besitzern 
reichen  Segen,  anfänglich  jedoch  schwere  Sorgen  brachten.  Das 
Logotypsystem  wurde  von  Walter  selbst  als  unpraktisch  über  Bord 
geworfen. 

Dem  alten  Walter  folgte  der  Sohn  John  Walter  ii.  Denselben 
klaren  Blick,  welcher  ihn  sofort  sich  der  Erfindung  Friedr.  Königs  johnWaitcm. 
bemächtigen  liess,  zeigte  er  auch  in  allen  anderen  Verhältnissen. 
Es  giebt  Zeitungen  mit  einer  weit  grösseren  Auflage,  als  die  Times 
sie  je  gehabt,  aber  kein  Blatt  hat  je  eine  bedeutsamere  Stellung 
eingenommen.  Sie  wurden  eine  förmliche  Macht,  auf  deren  Stimm- 
abgabe Behörden,  Richter,  die  Vertreter  des  Handels  und  der 
Industrie  spannten  und  mit  der  Regierungen  wie  mit  einer  gleich- 
berechtigten unterhandelten.  Jeder  Engländer  betrachtete  dieses 
Institut  wie  einen  Teil  seines  eigenen  Ichs  und  eine  Schädigung  des- 
selben wie  eine  ihm  selbst  zugefügte.  Kein  Fremder,  der  nach 
London  kam,  vergass,  wenn  er  die  Erlaubnis  zu  einem  Besuch  in 
der  Offizin  \n\  Printinghoust  -Square  erhielt,  einen  solchen  abzustatten. 

Doch  diese  historisch  berühmten  Räume  wurden  dem  Blatt 
nach  und  nach  zu  eng  und  mussten  durch  Neubauten  ersetzt  werden. 


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86 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Die  neue  nwa-Die  Hauptfacade  derselben,  in  einer  Länge  von  100  englischen  Fuss 
und  einer  Höhe  von  60  Fuss,  die  für  den  breiten  Giebelteil  auf 
80  Fuss  steigt,  liegt  nach  der  Victoriastrasse.  Das  Kellcrgcschoss 
bildet  einen  grossen,  16  Fuss  hohen  Raum  und  ist  ausschliesslich 
dem  Bau  der  „Waltermaschine u  gewidmet.  Das  Gebäude,  von 
roten  und  gelben  polierten  Ziegeln  aufgeführt,  enthält  ausserdem 
noch  ein  Parterre  und  vier  Stockwerke;  jede  Etage  hat  neun 
halbbogcnförmige  Fenster.  Der  Eingang,  architektonisch  reich 
geschmückt ,  in  gehauenen  Steinen  ausgeführt  und  mit  Bogen,  die 
aufpolierten  Granitsäulen  ruhen,  befindet  sich  an  dem  westlichen 
Ende.  Ein  vier  Fuss  hoher  Karnies  aus  gehauenen  Steinen  wird 
durch  den  Giebelbau,  der  fast  zweidrittel  der  Länge  einnimmt, 
unterbrochen.  Als  Ausschmückung  sind  auf  diesem  drei  grosse 
offene  Bücher,  von  reichem  Eichenlaub  mit  Eicheln  umgeben,  ange- 
bracht. Auf  dem  mittelsten  derselben  ist  mit  grossen  schwarzen 
Buchstaben  zu  lesen:  Tiim s;  auf  dem  links:  Fast  Times;  auf  dem 
rechts:  Futurc. 

Die  Times  haben  direkte  Drähte  von  Wien,  Berlin  und  Paris. 
Mit  den  Sälen  der  Parlamentshäuscr  stehen  sie  durch  telephonische 
Leitung  in  Verbindung.  Das  Endstück  in  der  Offizin  ist  mit  zwei 
Tuben  versehen,  welche  an  den  Ohren  des  an  der  Kastenbeinschen 
Setzmaschine  arbeitenden  Setzers  angebracht  sind.  Der  Reporter 
spricht  ihm  die  Verhandlungen  zu ,  der  Setzer  spielt  sie  auf  seinem 
Klavier  ab,  und  der  Satz  ist  fertig.  Man  hat  dabei  alle  die  Vorteile 
des  mündlichen  Verkehrs,  um  Nichtverstandenes  zu  wiederholen  und 
Missverstandenes  aufzuklären.  Gegen  die  bisherige  telegraphische 
Verständigung  bietet  die  telephonische  den  Vorteil,  dass  die  Wieder- 
gabe der  Berichte  über  die  in  der  Nacht  stattfindenden  Parlaments- 
Debatten  fast  um  eine  Stunde  weiter  reichen  kann,  als  früher  der 
Fall  war. 

Von  1 841  — 1879  leitete  John  Thaddeus  Dekane  das  Blatt  als 
john  Deianc.  Hauptrcdacteur  mit  grossem  Geschick  und  feinem  Takt,  ohne  jedoch 
bei  der  Herausgabe  litterarisch  thätig  einzugreifen.  Wenn  man  die 
Times  so  oft  als  das  „leitende  Blatt"  bezeichnet,  so  ist  dies  insofern 
vielleicht  nicht  ganz  korrekt,  als  sie  nicht  den  Anspruch  erheben, 
die  öffentliche  Meinung  zu  „machen".  Ihr  Hauptverdienst  ist, 
rasch  und  sicher  zu  fühlen,  was  die  öffentliche  Meinung  will,  und 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  87 

dies  dann  bestimmt  auszusprechen,  oft  ehe  sich  das  Publikum 
selbst  darüber  recht  klar  geworden  ist.  Ihre  Ansichten  gegen  den 
Strom  durchsetzen  wollen  die  Times  nicht,  und  deshalb  sind  oft 
Vorwürfe  gegen  dieselben  erhoben  worden,  als  hätten  sie  einen 
nachteiligen  Einfluss  auf  den  englischen  Volksgeist  und  die  eng- 
lische Politik  geübt.  Damit  haben  wir  es  jedoch  hier  nicht  zu  thun ; 
als  Institution  des  Buchgewerbes  muss  den  Times  unbedingte 
Bewunderung  ausgesprochen  werden  und  es  mögen  die  von  Sir  Ed. 
Lytton  Bulwer  im  Parlament  gesprochenen  Worte  noch  hier  stehen : 
„Wenn  ich  in  der  Lage  wäre,  ein  Denkmal  unserer  Civilisation  der 
späteren  Nachwelt  hinterlassen  zu  müssen,  so  würde  ich  nicht  in 
erster  Reihe  unsere  Docks,  unsere  Eisenbahnen,  nicht  unsere  öffent- 
lichen Gebäude,  selbst  nicht  den  Prachtbau,  in  welchem  wir  tagen; 
ich  würde  einen  Band  der  Times  wählen".  John  Walter  II.  speziell 
muss  jeder  Deutsche  seine  Achtung  zollen  wegen  der  Art  und  Weise, 
wie  er  für  Fricdr.  König  eintrat.  Ohne  den  festen  Rückhalt,  den 
letzterer  an  Walter  fand,  wäre  er  wahrscheinlich,  als  ein  zweiter 
Gutenberg,  in  den  Händen  kleinlicher  Geldmenschen,  verkümmert. 

Das  Sinken  der  fesselnden  Steuer  auf  Zeitungen  ging  rascher 
als  das  Steigen.  185 1  war  sie  ganz  abgeschafft,  1861  die  Papier-  n.«  Falten  der 

Stempelsteuer* 

Steuer.  Jetzt  stand  der  Entwicklung  einer  wohlfeileren  Zeitungspresse, 
dem  sogenannten  Monopol  der  Times  gegenüber,  nichts  im  Wege, 
und  man  verfehlte  nicht,  rasch  von  der  Lage  Gebrauch  zu  machen. 
Zwar  fehlte  es  nicht  an  ängstlichen  Gemütern,  welche  gerade  in  den 
Erleichterungen  einen  Ruin  der  „guten  Presse"  und  ein  Herauf- 
beschwören der  bösen  Geister  erblickten.  Diese  Stimmen  sind  durch 
die  mit  den  Times  um  den  Einfluss  kämpfenden  Penny  -  Blätter 
zum  Schweigen  gebracht  und  noch  jetzt  gelten  die  Worte  Macaulays : 
„Während  eines  Zeitraums  von  170  Jahren  ist  die  Freiheit  unserer 
Presse  immer  vollständiger  geworden  und  während  dieser  170  Jahre 
ist  die  Beschränkung,  welche  das  allgemeine  Urteil  der  Leser  den 
Schriftstellern  auferlegt,  immer  strenger  geworden.  Noch  heut- 
zutage sind  Fremde  vollständig  ausser  Stande,  zu  begreifen,  wie  es 
geschehen  kann,  dass  die  freieste  Presse  in  Europa  zugleich  die 
rücksichtsvollste  ist.4 


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8S 


DIE  ANCLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Was  die  Zahl  der  Organe  betrifft,  steht  die  englische  Zeitungs- 
si.ituiik.k-r  presse  nicht  nur  weit  hinter  Amerika,  sondern  selbst  gegen 
«tungspre  e.  Qeutsci.,|an(i  uncj  Frankreich  zurück,  ihre  Macht  ist  jedoch  nicht 

in  der  Zahl,  sondern  in  dem  Umfang,  der  Reichhaltigkeit  und  der 
starken  Verbreitung  der  Zeitungen  zu  suchen x. 

Im  Jahre  1881  hatte  Grossbritannien  1986  Zeitschriften,  von 
welchen  378  in  London,  1087  in  der  Provinz,  66  in  Wales,  181  in 
Schottland,  181  in  Irland  und  20  auf  den  Kanalinseln  erschienen. 
Unter  diesen  waren  nur  153  Tagesblätter,  von  welchen  18  London, 
94  der  Provinz,  3  Wales,  21  Schottland,  16  Irland,  1  den  Kanal- 
inseln gehörten.  69  derselben  kosteten  nur  7?  Penny,  70  1  Penny, 
die  übrigen  waren  im  Preise  verschieden  bis  zu  3  Pence.  Die  Post 
allein  versandte  im  Jahre  1880  131  Millionen  Zeitungsblätter,  was 
jedoch  nur  einen  Bruchteil  des  Konsums,  namentlich  der  Wochen- 
blätter, repräsentiert.  Der  Daily  Telegraph  druckte  eine  amtlich 
beglaubigte  Auflage  von  täglich  242215  Exemplaren  im  Durch- 
schnitt; der  Standard  versandte  209555  Exemplare.  Das  macht 
für  die  zwei  Blätter  jährlich  135  531  000  Nummern,  während  die 
Gesamtzahl  aller  Tageszeitungen  im  Jahre  185 1  nur  18  Millionen 
erreichte,  zu  welchen  die  Times  allein  etwa  zweidrittel  beitrugen. 
1821  brachten  es  alle  Zeitungen  und  Zeitschriften  zusammen  auf 
gegen  25  Millionen  Nummern,  heute  beträgt  die  Jahressumme  Einer 
Wochenschrift:  Lloyds  Weekly.  bei  einer  Durchschnitts-Auf  läge  von 
612902  Exemplaren,  32  Millionen. 

Und  dabei,  welchen  Umfang  haben  die  jetzigen  Zeitungen! 
An  einem  aufs  Geratewohl  gewählten  Tage,  dem  13.  Mai  1880, 
wiesen  Times  120  ihrer  Riesenspalten  auf.  davon  80  mit  Anzeigen. 
Daily  Telegraph  hatte  96  Spalten,  von  welchen  die  Inserate  62  in 
Anspruch  nahmen.  Daily  News  und  Standard  brachten  je  64  Spalten, 
erstere  36  Anzeigenspalten,  letzterer  28.  Eine  Nummer  eines 
Provinzialblattes,    The  Scottsmatt  in  Edinburgh,  bestand  aus  112 

>  < _'.  Mitciii  1.1.  \  Co.,  The  newspaper  press  directory  18S1.  London.  36.  Jahrg. 
K.  L  MAY  &  Co.,  Press^uide.  —  ,\.  Andki  ws,  The  history  0/ '  british  journedism  to 
1.S55.  2  Bde.  London  1S59.  —  J  amks  Ck am  ,  The  nrwspaper  Press.  3  Bde.  London 
1S71.  —  Jri„  Di'Bor,  Ceschiclitc  der  englischen  Presse.  Hannover  1873.  — 
K.  R.  Madden,  The  history  0/  Irish  periodical  Liltcrature.  landen  1867.  —  Zur 
Charakteristik  des  Journalismus  in  Lngland.  Deutsche  Vierteljahrsschrift  1853. — 
IL  Sampson,  A  history  af  Advertiiing.  London  1S74. 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  89 

Spalten  in  Folio  mit  33  000  Zeilen  und  über  2  Millionen  Buchstaben, 
etwa  doppelt  so  viel,  als  ein  dreibändiger  Roman  enthält. 

Das  Anzeigewesen  ist  sehr  praktisch  eingerichtet  und  man 
kennt  in  England  nicht  das  Übermass  von  Accidenzschriften, 
Abbildungen  u.  dgl.,  von  welchem  der  Inseratenteil  der  deutschen 
Zeitungen  strotzt.   Der  Preis  einer  Inseratzeile  ist  gewöhnlich  1  sh. 

Von  enormer  Bedeutung  ist  der  telegraphische  Verkehr  der 
Zeitungen.  Es  gab  eine  Zeit,  wo  die  Tagespresse  sich  rühmte,  i>er  telcgraphi- 
jetzt  nur  fünf  Monate  für  die  Herbeischaffung  von  Nachrichten  aus 
Gegenden  zu  gebrauchen,  wozu  früher  dreizehn  Monate  gehört 
hatten.  Am  I.  Oktober  1880  war  23  Minuten  nach  der  Eröffnung 
der  Welt -Ausstellung  in  Melbourne  die  Nachricht  davon  bereits 
von  Reuters  Bureau  in  London  gedruckt  ausgegeben,  obwohl  die 
Depesche  fast  durch  ein  Dutzend  Linien  hatte  gehen  müssen. 

Im  Jahre  1880  wurden  3 1 3  500000  Wörter  für  die  Zeitungen  in 
England  telegraphiert.  In  einer  Nacht  beförderte  das  Hauptamt  in 
London  oft  100000  Wörter,  wobei  der  bedeutende  Verkehr  der 
Privatleitungen  der  Zeitungen  nicht  gerechnet  ist. 

Grosse  Summen  werden  von  englischen  Blättern  auch  auf  die 
Spezialkorrespondenten  verwendet,  die  ebenfalls  mit  Telegrammen 
nicht  sparsam  sind.  So  erzählt  man  von  einem  Korrespondenten  in 
Paris,  dass  er,  um  für  eine  zu  erwartende  wichtige  Nachricht  sich 
die  Benutzung  des  Drahtes  vorher  zu  sichern,  stundenlang  ganze 
Kapitel  aus  der  Bibel  telegraphiert  habe. 

Die  Anzahl  der  Buchdruckcreicn  in  Grossbritannien  wird  auf 
4000  geschätzt.  England  besitzt  eine  verhältnismässig  kleinere  Zahl  Statistik  der 

t-   1       11  •  1      1       1      i-  r     •  .  r  1  •   t  Buchdrucker«. 

von  bchnellpressen,  was  sich  durch  die  grosse  Leistungsfähigkeit 
der  neuen  Rotationsmaschinen  erklärt.  Rechnet  man  die  graphi- 
schen Nebengeschäfte  mit,  so  ist  die  Zahl  der  direkt  und  indirekt 
dem  Pressgewerbc  angehörenden  eine  enorme.  London  allein  zählte 
im  Jahre  1881  871  Druckereien,  60  Schriftgiessercien,  Stereotyp- 
und  galvanische  Anstalten,  74  Maschinen-  und  Utensilien-Fabriken, 
32  Farbe-  und  Walzenfabriken,  231  lithographische  Anstalten, 
80  Kupferdruckereien ,  gegen  2000  Papierhandlungen ,  400  Buch- 
bindereien, 850  Sortimentshandlungcn ,  460  Buch-  und  Musikalien- 
verleger, 950  Zeitungshandlungen,  130  Inscratagenturen. 


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90 


DIE  ANGLO-AMERIK  ANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Da  viele  Geschäfte  300—  IOOO  Personen  beschäftigen,  so  ist 
das  Heer  der  Arbeiter  ein  mächtiges.  Im  Jahr  1882  betrug  die 
Zahl  der  Mitglieder  des  Londoner  Setzer -Vereins  4960 ;  die  Kin- 
nahme war  10000  £  Sterl.,  das  Einkommen  der  verschiedenen 
Gehülfen -Organisationen  bezifferte  sich  im  ganzen  auf  257439  £ 
Sterl.,  die  Fonds  betrugen  272413  £  Sterl. 

Die  Versuche,  Frauen  als  Setzerinnen  auszubilden,  haben  keine 
Die  Frauen  als  bedeutenden  Erfolge  gehabt.  Miss  Emilv  Faithfull,  die  Gründerin 
der  seit  1858  bestehenden  „Victoria- Druckerei",  gab  1 880  ihren 
Posten  auf.  Nur  bei  den  Setzmaschinen  finden  Frauen  in  grösserer 
Zahl  Beschäftigung. 

In  den  grossen  Buchdruckereien  werden  die  Arbeiten  in  fabel- 
Arbciuweise.  haft  kurzen  Fristen  ausgeführt  und  das  vorhandene  Material  ist  ein 
enormes.  Umfangreiche  Werke  in  mehreren  Bänden  bleiben  oft  in 
Formen  geschlossen  stehen,  bis  über  einen  etwaigen  Neudruck  ent- 
schieden wird.  Solche  Arbeiten  müssen  selbstverständlich  den 
Anforderungen  entsprechend  bezahlt  werden,  während  gewöhnliche, 
die  mit  Müsse  betrieben  werden  können,  billig  zu  haben  sind.  Hier- 
bei zeigt  sich  so  recht  der  geschäftliche  Vorteil,  der  darin  liegt, 
erstens  nur  eine  Druckschrift  nötig  zu  haben ,  und  dann  nicht  von 
dem  individuellen  Geschmack  eines  jeden  Bestellers  abhängig  zu 
sein,  wie  es  in  Deutschland  der  Fall  ist,  wo,  abgesehen  von  Fraktur 
oder  Antiqua,  bald  eine  breite,  dann  eine  schmale,  bald  eine  runde, 
dann  eine  eckige  Schrift  verlangt  wird,  stets  natürlich  zugleich 
eine  neue. 

Für  seine  wirkliche  Arbeit  wird  der  englische  Setzer  gut  bezahlt, 
den  „Speck"  der  deutschen  Buchdruckereien  kennt  er  nicht.  Die 
Setzer  teilen  sich  in  Establishment  hands  (oder  Stabhands),  die  den 
festen  Stamm  bilden  und  im  festen  Gelde  arbeiten;  Füll f ramers,  die 
nach  Stück  bezahlt  werden  und  in  der  Regel  auch  tüchtige  Arbeiter 
sind;  Suppers.  die  nur  volle  Arbeit  haben,  wenn  das  Geschäft  flott 
geht,  denen  jedoch  ein  Minimum  garantiert  wird;  und  Grasscutters, 
die  täglich  nachfragen,  ob  augenblicklich  Arbeit  vorhanden  ist. 

Die  Lokale  sind  in  der  Regel  nicht  besonders  bequem  ein- 
gerichtet, weil  der  Raum  ein  sehr  kostspieliger,  so  dass  in  dem  von 
einer  deutschen  Buchdruckerei  in  Anspruch  genommenen  eine 
englische  Druckerei  des  doppelten  Umfanges  Platz  finden  würde. 


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III.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEW  EBBE  ENGLANDS. 


91 


Eine  enorme  Quantität  von  Arbeiten  zu  einem  Betrage  von 
jährlich  etwa  10  Mill.  Mark  absorbiert  der  Staat.  Als  Beispiel  über-  Die  Accideiw- 

arbeiten. 

nahm  eine  Firma,  McCorquooale  &  Co.,  eine  Lieferung  von  2610 
verschiedenen  Regierungsaccidenzen,  in  Auflagen,  die  von  10  bis 
zu  300000  Exemplaren  variierten,  ausserdem  eine  von  40  Millionen 
Briefcouverts.  Die  Firma  beschäftigte  in  sechs  enormen  Offizinen  an 
verschiedenen  Orten  gegen  2000  Personen  und  etwa  550  Maschinen 
aller  Art  fast  nur  mit  Rcgierungs-  und  Eisenbahn -Arbeiten.  Eine 
andere  Firma,  Harrison  &  Co.,  erhielt  auf  einmal  eine  Bestellung  auf 
137  Millionen  Telegrammformulare.  Grosse  Summen  setzt  jedesmal 
eine  Parlamentswahl  in  Umlauf.  Die  beiden  Parlamentshäuser 
beanspruchen  für  ihre  jährlichen  Druckarbeiten  etwa  1  500  OOO  Mark. 
Die  Bank  von  England  druckte  im  Laufe  eines  Jahres  1 5  OOOOOO 
Noten  zu  einem  Geldwert  von  338  Millionen  £  Sterl.  Die  Druck- 
arbeiten der  Bank  mehren  sich  bedeutend  dadurch,  dass  sie  eine 
an  sie  zurückgekehrte  Banknote,  und  wenn  sie  nur  eine  Stunde  in 
Zirkulation  gewesen,  nie  wieder  ausgiebt.  Eine  solche  wird  ungiltig 
gemacht  und  fiinf  Jahre  aufgehoben.  In  dieser  Weise  liegen  bis 
gegen  100  Millionen  Noten  in  einer  Weise  geordnet,  dass  eine 
etwa  zur  Stelle  gewünschte  im  Augenblick  zu  finden  ist. 

In  welcher  hohen  Achtung  das  Pressgewerbe  in  England  steht, 
zeigte  unter  anderem  die  imposante  Caxtonfcicr  in  London  imjal  irC  Ansehen  des 

,  .  Pressgewerbes. 

1877  mit  ihrer  interessanten  Ausstellung1.  In  Ermangelung  eines 
Portraits  von  Caxton  beschloss  man,  von  einer  Statue  zu  seiner 
Erinnerung  abzusehen,  und  stiftete  in  der  Margarethenkirche  in 
Wcstminster,  nahe  dem  Schauplatz  seiner  Thätigkeit,  ein  gemaltes 
Fenster.  Als  ein  fernerer  Beweis  von  der  bedeutenden  Stellung  der 
Pressgewerbe  muss  auch  betrachtet  werden,  dass  schnell  hinter- 
einander drei  Ausüber  derselben:  der  Schriftgiesser  Beslev,  der 
Buchdrucker  Sidney  Waterlüw  und  der  Drucker  und  Stationer 
Francis  Truscott  das  angesehenste  bürgerliche  Ehrenamt  der 
Welt,  das  eines  Lord  Mayors  von  London,  bekleidet  haben;  es 
spricht  zugleich  für  den  Flor  des  Geschäfts,  denn  es  ist  ein  mit 
grossen  Ausgaben  verbundenes  Amt.  Den  Kostenanteil  für  ».seinen 
Tag"  muss  der  Lord  Mayor  auf  50000  Mark  anschlagen,  und  es 

1  G.  BULLEN,  Caxtou  Celebration.    Ixmdon  1S77.  —  Catahgue  cf  the  Loan 
Colledion  dt.   London  1877. 


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92 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


heisst,  Sir  Truscott  habe  für  die  Zeit  seiner  Amtsführung  eine 
Summe  von  ioooo  Mark  wöchentlich  als  Repräsentationskosten 
ausgeworfen. 

Der  Buchhandel,  ohne  welchen  die  Buchdruckerei  nicht  die 
Der  Buchhandel,  eigentliche  Blüte  erreichen  kann,  nahm  in  England,  besonders  in 
London,  mächtige  Dimensionen  an  und  weist  eine  Reihe  der 
intelligentesten  und  bedeutendsten  Verleger  auf.  Im  allgemeinen 
ist  der  Buchhandel  weit  einfacher  organisiert,  als  in  Deutschland. 
Der  Verlagsbuchhändler  beschäftigt  sich  selten  mit  Buchdruckerei 
und  anderen  Nebengeschäften  und  zersplittert  nicht  seine  Kräfte, 
behält  damit  den  freien  Blick  und  kann  jede  Konjunktur  rasch 
benutzen.  Kommissions-  und  Halbpartgeschäfte  kommen  oft  vor, 
während  berühmte  Autoren  grossartige  Honorare  beziehen.  Der 
Absatz  eines  Buches  ist  rasch  durch  die  mit  einem  splendiden 
Diner  verbundenen  Verlagsauktionen  und  die  Subskriptionen  der 
Zwischenhändler  und  grossen  Leihbibliotheken  entschieden.  Eine 
der  letzteren,  die  von  Muddie,  welche  die  grösste  ist,  nimmt  nicht 
selten  i  —2000  Exemplare  von  einem  hervorragenden  Werke.  Durch 
das  Alleinrecht  des  Verkaufs  auf  allen  Eisenbahnstationen  spinnt  die 
grosse  Zeitungsanstalt  und  Buchhandlung  von  Smith  &  Son  ihre 
Fäden  über  das  ganze  Land.  Mit  einer  Abonnementskarte  von  ihnen 
versehen,  kann  man  überall  auf  den  Stationen  Bücher  leihen  und  sie 
wieder  auf  jeder  beliebigen  Station  abgeben.  Die  sogenannten 
Wlwlesale-booksellers,  unter  welchen  Marshal&Co.  die  bedeutendsten 
sind,  versehen  die  eigentlichen  Sortimentshändler  {Rctaillers\  welche 
in  der  Regel  ihren  Bedarf  nur  aus  einer  Hand  beziehen.  Bedeutenden 
Anteil  an  dem  Absatz  haben  die  Stationers  (Schreibmaterialien- 
händler)  und  die  vielen  Secondhand-BookseUers.  Das  deutsche  System 
mit  seinen  Kommissionssendungen  kennt  man  nicht,  weshalb  auch 
die  Buchläden  in  den  kleineren  Städten  nicht  so  gut  assortiert  sind, 
wie  dies  in  Deutschland  der  Fall  ist. 

Im  Laufe  eines  Jahres  erscheinen  zwischen  5- — 6000  Werke 
(1881,  neue  Auflagen  ungerechnet,  5406},  darunter  eine  bedeutende 
Zahl  der  schönsten  illustrierten  Reisewerke,  Prachtausgaben  der 
englischen  Klassiker,  philologischen,  theologischen  und  Geschichts- 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  93 

werke  und  eine  grosse  Menge  von  Romanen.  Die  Zahl  ist,  wie 
bei  den  Zeitungen,  eine  viel  kleinere,  als  in  Deutschland;  aber  man 
muss,  wie  bei  diesen,  nicht  bloss  zählen,  sondern  auch  wägen, 
sowohl  was  Umfang,  als  was  Auflage  betrifft. 

Gegen  Nachdruck  schützt  die  Eintragung  in  die  Rolle  der 
Stationers  Company  und  die  Abgabe  von  5  Pflichtexemplaren.  Der  nie  Station™ 
Schutz  gilt  für  42  Jahre  —  jedenfalls  bis  zum  Tode  des  Verfassers  A  * 
und  7  Jahre  nach  demselben.  Vor  dem  Jahre  1709  ist  es  nicht  zu 
ermitteln ,  wie  viel  Bücher  jährlich  in  die  Rolle  der  Stationers  Hall 
eingetragen  wurden.  Von  1709— 1766  betrug  die  Durchschnitts- 
zahl ungefähr  50;  im  Jahre  1732  war  die  Zahl  auf  die  tiefste  Stufe, 
17,  gefallen.  Beim  Beginn  dieses  Jahrhunderts  hatte  sie  sich  wieder 
auf  3  -400  gehoben;  1814  auf  541;  181 5  auf  1244;  von  da  ab  und 
bis  1826  blieb  die  Durchschnittszahl  etwa  1000. 

Der  Absatz  des  Buchhandels  nach  dem  Ausland  übersteigt 
20  Millionen  Mark,  der  der  Stationär}'  -Artikel  wird  auf  etwa  Ausfuhr. 
14  Millionen,  des  Papiers  auf  etwa  16  Millionen  gerechnet.  Fügt 
man  noch  den  Umsatz  in  Druckfarbe  und  Druckmaschinen  hinzu, 
so  wird  die  Gesamtausfuhr  von  allen  zu  dem  Druckgewerbc 
gehörenden  Gegenständen  die  Summe  von  6b  Millionen  Mark  nicht 
unbedeutend  übersteigen. 

Unter  den  Blättern  der  Fachpresse,  die  sich  zunächst  mit  der 
Typographie  beschäftigen,  nehmen  namentlich  zwei  eine  bedeutende  Die  Fachpresse. 
Stellung  ein.  Joseph  Martin  Powell  gab  seit  dem  Jahre  1863,  unter  j.  m.  Powe» 

•  j.  Juni  \§12, 

dem  Titel  Printers  Register,  ein  Fachblatt  heraus,  welches  viele f  «7  Sej.t.  i871. 
Verdienste,  namentlich umdie  Fördcrungder Maschinen- Fabrikation, 
hat  und  oft  die  Maschinenbauer  zu  Erfindungen  anregte.  Das  Blatt 
wird  jetzt  von  Powells  ältestem  Sohne  Arthur  geleitet.  Eine 
mehr  ideelle  und  theoretische  Richtung  verfolgt  The  Printer  and 
the  Lithographei ,  welches  Blatt  die  Firma  Wvman  cS:  Son  verlegt 
und  mit  vielem  Geschick  und  Geschmack  redigiert.  Es  bringt 
hauptsächlich  sehr  ausführliche  belehrende  Artikel,  aus  welchen,  zu 
besonderen  Lehrbüchern  gesammelt,  bereits  manches  tüchtige  Werk 
entstanden  ist.  Auch  das  Printers  Register  lieferte  solche  Artikel - 
reihen.  Ein  Vorzug  der  englischen  Pressorgane  ist,  dass  sie  sich 
hauptsächlich  nur  mit  dem  Technischen  abgeben,  und  die  sozialen 
Verhältnisse  und  die  darin  einschlagenden  Kontroversen  nur  leise 


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94 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


berühren  und  alles  vermeiden ,  was  zu  einem  gehässigen  Federkrieg 
Veranlassung  geben  könnte. 

Im  Interesse  des  Buchhandels  erscheinen  das  vierzehntägige 
Publishers  Ciratlar  (gegründet  1837)  und  der  monatliche  The  Book- 
scller  (gegründet  1838),  seit  1 860  mit  dem,  1802  begonnenen,  Benis 
Literary  Advcrtiscr  vereinigt.  Der  von  Whitaker  herausgegebene 
Reference -Cataloguc  0/  current  Ltterature  giebt  in  der  Form  von 
Verlagskatalogen  eine  Übersicht  der  gangbarsten  litterarischen 
Erscheinungen  Englands. 

Eine  Episode  in  dem  englischen  Buchhandel  bildet  die  Heraus- 
Die  Anmmu.  gäbe  der  illustrierten  Annuais,  hervorgerufen  1822  durch  den  Kunst- 
r.  Ackermann  händler  Rudolph  Ackermann.  Geboren  zu  Stollberg,  kam  er  als 
\  M^u-/  iHjj!  einfacher  Sattlergehülfc  nach  London.  Erst  erwarb  er  durch  seine 
Zeichnungen  Aufmerksamkeit,  dann  wurde  er  Kunsthändler  und 
Verleger  bedeutender  Prachtwerke.  Die  später  so  beliebten  Taschen- 
bücher wurden  von  diesem  „Vater  der  Almanache"  mit  dem  Forget 
me  not  zuerst  in  Scene  gesetzt  und  eine  Reihe  von  Jahren  hindurch 
von  den  besten  künstlerischen  Kräften  Englands  unterstützt1.  Mit 
Heaths  Book  0/  Beauty  wurde  1833  eine  Reihe  von  poetischen 
Werken  von  Klassikern  und  neueren  Schriftstellern  mit  Illustrationen 
sowohl  in  Stahlstich  wie  in  Holzschnitt  begonnen,  denen  eine 
grosse  Anzahl  von  illustrierten  geographischen  und  ethnographi- 
schen Werken  folgte.  Als  Drucker  und  Herausgeber  solcher  machte 
sich  namentlich  Henry  Fischer  bekannt. 

Gereicht  schon  die  Herstellung  schöner  Luxuswerke  den  eng- 
lischen Buchhändlern  und  Buchdruckern  zur  Ehre,  so  gebührt  ihnen 
eine  noch  grössere  Anerkennung,  weil  sie  allen  anderen  Nationen 
vorangegangen  sind,  als  es  sich  darum  handelte,  die  Verbindung 
der  Xylographie  mit  der  Typographie  zur  Verbreitung  nützlicher 
Kenntnisse  und  allgemeiner  Bildung  selbst  in  Kreisen  der  nicht  mit 
Glücksgütern  Gesegneten  zu  benutzen.  Das  Penny  Magazine,  später 
die  IllustrateJ  London  Ncivs,  sind  massgebend  geworden  für  die 
ähnlichen  Erscheinungen  aller  anderen  Länder. 

Das  epochemachende  Ereignis  des  Erscheinens  der  ersten 
Penny  Magazine- Nummer  fand  am  1.  April  1832  statt.  Charles 

J  UOrsonbl.  f.  d.  d.  H.  1S34,  Nr.  17,  lS. 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 


95 


Knickt1,  der  bekannte  Buchhändler  und  Schriftsteller,  war  der    Das  Penny 

.  Magazine. 

geistige  Urheber  des  Unternehmens ,  welches  von  der  Society  for 
thc  diffusion  of  uscfull  knowledge  ausging;  gedruckt  wurde  das 
Blatt  bei  Clowes.  Von  den  Nummern  i  — 106  fanden  20  Millionen 
Exemplare  Verbreitung.  Die  gewöhnliche  Auflage  war  200000. 
Im  Jahre  1 780  schätzte  Edm.  Burke  die  Gesamtzahl  der  Leser  in 
England  auf  80000;  1833  zählte  das  Penny  Magazine  allein  jedoch 
deren  mehr  als  eine  Million2.  Zwei  Applegath-  und  Cowpersche 
Maschinen  verrichteten  in  zehn  Tagen  die  Arbeit ,  zu  welcher  zwei 
Drucker  an  der  Handpresse  ein  halbes  Jahr  nötig  gehabt  haben 
würden,  in  Clowes'  Buchdruckerei,  die  mit  18  Schnellpressen  und 
1 5  Handpressen  und  einem  wöchentlichen  Papierverbrauch  von  2000 
Ries,  neben  der  7////*\r-Druckerei,  geradezu  ein  Weltwunder  war. 

Ganz  abgesehen  von  dem  durch  das  Penny  Magazine  geübten 
Einfluss  erwarb  sich  Charles  Knight  grosse  Verdienste  durch  eine  Ch.  Knight. 
Reihe  von  ihm  veröffentlichter,  zumteil  von  ihm  geschriebener 
oder  herausgegebener  populärer  illustrierter  Unternehmungen, 
unter  welchen  The  Library  of  Jintertaining  Knowledge ,  43  Bde. ;  The 
Penny  Cycbpaedia,  1833-  1858,  30  Bde. ;  die  Shillings  Voltwies, 
1 86  Bde. ;  The  Englisk  Cycbpaedia,  23  Bde. ;  Populär  Iiistory  of 
England,  8  Bde.;  Pietorial Bible,  4  Bde.,  u.  a.  m.  hervorzuheben  sind. 

Waren  die  Herausgeber  des  Penny  Magazine  und  ähnlicher 
Blätter  hauptsachlich  bemüht ,    allgemein   nützliche  Kenntnisse  Die  illustrierten 

Zeitungen. 

unter  dem  Volke  zu  verbreiten ,  so  versuchten  als  Bahnbrecher  die 
Illustrated  London  Ncivs,  begründet  von  Cook  &  Ingram,  die 
Tagesgeschichte  in  den  Bereich  der  Illustration  zu  ziehen.  Mit  ihrer 
ersten  Nummer  vom  14.  Mai  1842  beginnt  eine  illustrierte  Geschichte 
der  Gegenwart  von  grossem  Wert,  der  mit  den  Jahren  noch  steigt. 
Die  gewöhnliche  Auflage  ist  etwa  100000  Exemplare.  Viele  Ver- 
suche wurden  gemacht,  dem  Blatte  Konkurrenz  zu  machen,  jedoch 
nur  The  Graphic  gelang  es  auf  die  Dauer ,  sich  neben  der  älteren 
Schwester  in  der  Gunst  des  Publikums  zu  halten.  Die  Weihnachts- 
nummern beider  Zeitschriften  werden  mit  einem  Kostenaufwande 

'  Ch.  Knight,  Tfu  old  Printt-r  and  the  modern  Press. 

1  Merkwürdigerweise'  war  das  „Börsenblatt  für  den  deutschen  Buchhandel" 
der  heftigste  Antagonist  der  ganzen  Richtung  und  wurde  nicht  müde,  «las  Pfennig- 
Magazin  auf  das  heftigste  anzugreifen. 


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1 


96  DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE  III.  KAP. 

von  je  300000  Mark  in  etwa  400000  Exemplaren  gedruckt. 
Grosse  Verbreitung  erreichten  auch  die  vielen  illustrierten  technischen 
und  Modeblätter.  In  der  humoristischen  Zeitungspresse  trug  der 
Holzschnitt  den  Sieg  über  die  Radierung,  deren  hauptsächlichster 
Vertreter  George  Cruikshank.  (geb.  1792,  gest.  1878)  war,  davon; 
der  Punch,  begründet  1841,  behielt  seine  Popularität  bis  auf  den 
heutigen  Tag. 

Den  hauptsächlichsten  Schauplatz  des  pressgewerblichen  Lebens 
und  Treibens  in  London  bildeten  von  der  ältesten  Zeit  bis  auf 
heute  Fleet- Street ,  St.  Pauls  Chureh-Yard,  Farriugdon-  Street, 
Printinghouse- Square  und  Paternoster- Rozv.  Letztere  wird  bereits 
1367  genannt,  kam  aber  namentlich  nach  dem  grossen  Brande  im 
Jahre  1666  in  Aufnahme  und  wurde  in  der  letzten  Hälfte  des  xvm. 
Jahrhunderts  besonders  fashionable  als  Sitz  der  grossen  Verlags- 
handlungen, während  Fleet  -Street  vorzugsweise  dem  Journalismus 
und  den  Buchdruckereien  Obdach  bot.  Hier  reihen  sich  als 
Glieder  einer  ununterbrochenen  Kette  an  einander  Druckoffizinen, 
Zeitungsbüreaus,  Telcgraphenstationen ,  Inseratagenturen,  Asso- 
ciationen der  Presse,  Sortiments-,  Zeitungs-,  Stationers  -  Laden  und 
andere  Geschäfte,  die  mehr  oder  weniger  mit  der  Typographie  in 
Verbindung  stehen.  Hier  hat  auch  der  Londoner  Setzer -Verein 
sein  Bureau,  und  je  nach  dem  grossen  oder  kleinen  Belagerungs- 
zustand, in  welchem  die  Zugänge  zu  diesem  sich  befinden,  kann 
man  mit  Sicherheit  auf  den  Gang  des  Londoner  Geschäfts  schliessen. 

Es  würde,  ohne  die  gesteckten  Grenzen  zu  sehr  zu  überschreiten, 
nicht  möglich  sein,  allegrossen  Druck-  und  Verlagsfirmen  aufzuführen1. 
Ausser  den  bereits  an  anderen  Orten  genannten  seien  nur  einige 
erwiihnt.  Eine  mächtige  Zahl  von  Zeitschriften  drucken  Spottis- 
woode  Co.;  Accidenzicn  Spottiswoode  &  Evre,  Harrison  &  Co. 
Als  Hersteller  von  Wertpapieren  und  kaufmännischen  Arbeiten  sind 
bedeutend  Wilkinson  &  Co.,  Wateklow  &  Sons2  und  Blades, 

»  Kei.i  v,  Dircrtory  of  Stationen,  /Vinters  etc.  of  England.  3.  Ausg.  London 
1SS0.  -  VViiitakek,  Re/erenft  Catalo^ue  0/  nurenl  Litternture  (periodisch).  — 
II.  Curvin,  A  history  of  bookseliers.  London  1874.  I .in  kritikloses,  aber  viele 
interessante  Details  enthaltendes  Uuch. 

2  Diese  grossartige  Offizin  wurde  ausführlieh  von  Tu.  (iOKHEL  im  Journ. 
f.  lt.  1S75,  Nr.  40  u.  f.  besehrieben. 


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III.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 


97 


East  und  Blades.  Der.  Senior  dieser  Firma  William  Blades  ist 
namentlich  durch  seine  typographisch-litterarischen  Arbeiten  bekannt, 
vorzugsweise  durch  seine  klassische  Biographic  Caxtons,  zu  dessen 
Popularität  in  England  Blades  viel  beigetragen  hat.  Sein  neuestes 
Werk  ist  eine  Medallic  History  of  Prutting  mit  vielen  Abbildungen', 
das  zuerst  in  den  Printing -Times  erschien.  Eine  der  jüngeren 
Offizinen,  die  in  kurzer  Zeit  riesenhafte  Dimensionen  angenommen 
hat,  ist  die  von  Cassell,  Petter  &  Co.  Der  Gründer  John  Cassell    )  t:a**eii 

J  t  •  jj.  jan.  t8t7. 

war  erst  Zimmermann  und  lernte  in  den  Werkstätten  die  geistigen  v  1  M«. 
Bedürfnisse  der  Arbeiter  kennen.  Als  The  Total  Aöstinancc-Be- 
wegung  1833  entstand,  war  er  erst  ein  begeisterter  Reise -Apostel 
derselben,  entschloss  sich  aber  dann  in  wirksamster  Weise  durch 
die  Presse  der  Mässigkeits  -  Sache  zu  dienen.  Zur  Herausgabe 
angemessener  Schriften  vereinigte  er  sich  mit  den  Besitzern  einer 
bis  dahin  nicht  bedeutenden  Druckerei,  Petter  &  Galpin.  Bald 
ging  man  aber  weiter  und  gab  illustrierte  Lieferungs werke  heraus. 
Das  Geschäft  erhielt  eine  solche  Ausdehnung,  dass  es  1880 
34  illustrierte  Werke  in  Lieferungen  auf  einmal  in  der  Presse  hatte. 
Das  bedeutendste  Verlagswerk  war  die  Family-Bible,  die,  mit  einem 
Aufwand  von  2  Millionen  Mark  hergestellt,  innerhalb  sechs  Jahren 
einen  Absatz  von  350000  Exemplaren  erzielte.  Bei  John  Cassells 
Tod  hatte  das  Personal  bereits  die  Zahl  von  500  erreicht ,  jetzt  ist 
diese  auf  1000  gestiegen. 

Sam.  Bagster  &  Sons  liefern  namentlich  polyglotte  Werke, 
Gilbert  Rivington  orientalische.  In  letzterer  Richtung  hat  jedoch 
Deutschland  ein  Übergewicht  und  viele  orientalische  Werke  werden 
für  englische  Rechnung  in  Deutschland  gedruckt. 

Von  den  grossen  Verlagsfirmen  haben  besonders  Longman, 
Green  &  Co.  und  John  Murray  Weltruf  erlangt. 

Der  Begründer  ersterer  Firma  Thomas  Longman  erwarb  1724 
den  Verlag  von  Will.  Taylor  und  damit  zugleich  zwei  Häuser:  Th  l  nKman 
„Der  schwarze  Schwan"  und  „Das  Schiff"  in  Paternoster- Ron*.  Er  ;  i< .  j«>m  1755 
ward  Mitbesitzer  von  Ephraim  Chambers  Cyclopacdia,  das  Vorbild 
der  vielen  in  und  ausserhalb  Englands  erscheinenden  Encyklopadien, 
ausserdem  auch  von  Johnsons  Dktionary  of  tltc  linglish  Language. 

»  Deutsch  bearbeitet  von  I-  Mohr  in  Stra^bur^'  (in  Waldows  Archiv), 
französisch  von  Leon  Decjeorue. 

7 


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98 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


HI.  KAP. 


Noch  folgten  in  drei  Generationen  Thomas  Longmans,  von  welchen 
Th.  Norton   Thomas  Norton  Longman  der  bedeutendste  war.  Welche  Grösse 

I^ingman  «177'.  .       ^       ,  ,  , 

f  a8.  Aug.  i&J4.das  Geschäft  erreicht  hatte,  sieht  man  daraus,  dass  der  Genannte 
ein  Vermögen  von  200000  £  Sterl.  hinterliess,  ein  Teilhaber  Green 
ebensoviel,  während  ein  dritter  Teilhaber  Brown  iooooo  £  Sterl.  in 
Legaten  aussetzen  konnte. 

Obwohl  Longmans  Verlag  ein  universeller  ist  und  auch  die 
Namen  der  berühmtesten  Dichter  Englands  (den  Verlag  von  Byrons 
Schriften  hatten  sie  abgelehnt)  ihren  Katalog  schmücken,  so  haben 
sie  doch  namentlich  ihren  vielen  encyklopädischen  Verlags- Artikeln, 
und  vor  allem  Macaulays  Geschichte  ihren  Ruhm  und  ihre  Stellung 
zu  verdanken.  Von  der  ersten  Auflage  des  III.  und  IV.  Teils  des 
letztern  Werkes  waren  25  000  Exemplare  gedruckt.  Diese  waren 
jedoch  bereits  am  Tage  der  Veröffentlichung,  17.  Dezember  1855, 
verkauft  und  1 1 000  Bestellungen  mussten  unexpediert  bleiben.  Von 
den  amerikanischen  Ausgaben  soll  ein  Buchhändler  in  zehn  Tagen 
73000  Bände  verkauft  haben.  Innerhalb  vier  Wochen  sollen  über- 
haupt mehr  als  180000  Exemplare  verbreitet  worden  sein. 

John  McMurray  gründete  1768  ein  Geschäft  und  erzielte 

john  McMwray  damit  gute  Erfolge.    Sein  Sohn  John  Murray  ist  namentlich  als 
•  1745. 

f  6.  n  v.  1793.  Verleger  und  Freund  Byrons  (1807 — 1823)  bekannt  und  wurde 
john  Miirray  h.  bei  seinem  Tode  wieder  von  einem  Sohn  John  gefolgt.  Grosse  Ver- 
f  27.  juni  1843.  breitung  fand  die  billige  Ihme  and  Colonial  Library  und  die  vielen 
bedeutenden  illustrierten  Reise-  und  naturwissenschaftlichen  Werke. 
Murrays  rote  Reisebücher  sind  jedem  bekannt,  und  wir  können  uns 
kaum  einen  reisenden  Engländer  ohne  ein  solches  in  der  Hand  oder 
unterm  Arm  denken. 

Unter  den  Verlegern  der  schönen  Litteratur  in  Prosa  sind 
h.  coibum    Colbum  und  Bentley  die  bekanntesten.  Henry  Colburn  verlegte 

f  16.  Ahr  1855-  TT        1  1  u  T  11   •  Ti  J 

eine  Unzahl  von  Romanen,  von  James  allem  225  Bande,  einer  wie 
der  andere  in  drei,  in  Leinwand  gebundenen,  Bänden,  jeder  ziemlich 
genau  300  Seiten  stark  und  einer  wie  der  andere  zum  Preise  von 
anderthalb  Guineen  (31  Mark  50  Pf.}.  Im  Jahre  18 19  gründete  er 
Colburns  Monthly ;  18 17  ward  die  Liierary  Gazette  begonnen.  1832 
r.  Bcmicy  verkaufte  er  sein  Geschäft  an  Richard  Bentley,  der  früher  sein 
hauptsächlichster  Buchdrucker  und  kurze  Zeit  sein  Associe"  gewesen 
war.  Colburn  verpflichtete  sich,  unter  bedeutender  Konventionalstrafe, 


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III.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 


99 


kein  Geschäft  innerhalb  20  englischer  Meilen  Entfernung  von 
London  zu  eröffnen.  Der  „Verlagsteufel"  licss  ihn  jedoch  nicht  auf 
seinen  Lorbeern  ruhen.  Erst  etablierte  er  sich  in  VVindsor,  dann 
zahlte  er  die  Konventionalstrafe  und  zog  wieder  nach  London. 
Bentley  gründete  1837  BentUys  Miscellany ,  dessen  erster  Heraus- 
geber Charles  Dickens  war. 

Als  Verleger  von  Shillings  -  Ausgaben  erwarben  Routledge 
&  Sons  einen  Ruf.  Die  Verbreitung  solcher  Ausgaben  war  eine  so 
grosse,  dass  die  Verleger  an  Hulwer  für  die  Erlaubnis,  billige  Ausgaben 
seiner  Werke  während  zehn  Jahren  drucken  zu  dürfen,  200  000  Mark 
Honorar  zahlten  und  dabei  einen  sehr  guten  Erfolg  für  sich  erzielten. 

Eine  wesentliche  Bedeutung  für  das  Druckgewerbe  hat  der 
Bibel-  und  Gebetbuchdruck,  der,  was  die  autorisierten  Ausgaben  Der  Bibeldruck, 
betrifft,  noch  ein  Privilegium  der  Universitätspressen  von  Oxford 
und  Cambridge  ist.  Eine  grosse  Bewegung  rief  die  neue  autorisierte 
Ausgabe  der  heiligen  Schrift  hervor,  welche  viele  Jahre  hindurch 
mit  grossem  Aufwand  theologischer  Arbeit  vorbereitet  war  und  am 
17.  Mai  1881  in  sechs  Ausgaben  dem  Publikum  übergeben  wurde. 
In  Oxford  allein  wurden  sofort  zwei  Millionen  Exemplare  bestellt, 
Amerika  verlangte  300 000,  druckte  jedoch,  unter  den  enormsten 
Anstrengungen  der  Konkurrenten,  sich  gegenseitig  den  Vorsprung 
abzugewinnen,  die  Ausgabe  nach.  Ein  typographisches  Kunststück 
ist  eine  Oxforder  Miniatur- Ausgabe  für  Lehrer,  die  mit  dem  Einbände 
nur  9oGramm  wiegt  und  auf  1 4 1 6  Seiten  2  430400  Buchstaben  enthält. 

Eine  grosse  Wirksamkeit  zeigte  The  British  and  Foreign  Biblc 
Society,  welche  mit  dem  Jahre  1804  unter  den  Auspicien  des  Herrn 
Granville  Sharpe  begann.  Bis  1881  hatte  die  Gesellschaft  mit  einem 
Aufwände  von  etwa  175  Millionen  Mark  nicht  weniger  als  93  953  000 
Exemplare  der  heiligen  Schrift  gedruckt  18S1  wurden  allein 
2  938  000  Exemplare  verbreitet.  The  Religious  Tract  Society 
verwendete  in  einem  Jahre  2lj,  Millionen  Mark  auf  Bücherdruck. 

Unter  den  Verlegern  in  der  theologischen  und  philologischen 
Richtung  ist  die  Firma  Rivington  hervorragend.  Der  Stammvater 
dieser  ältesten  der  noch  bestehenden  Verlagsfirmcn  Englands, 
Charles  Rivington,  gründete  171 1  sein  Geschäft  in  der  Paternoster- 
Row  in  der  „Bibel  und  Krone",  welche  Insignia  noch  heute  die 

7* 


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IOO 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Rivingtonschen  Verlagswerke  schmücken.  Bedeutenden  Ruf  haben 
ferner  die  beiden,  mit  der  Oxforder  resp.  Cambridger  Universitäts- 
buchdruckerei eng  verbundenen  Familien  Parker,  dann  James  Nisbet. 
Ganz  hervorragende  Verdienste  um  die  linguistische  Litteratur 
N.  Trubncr  erwarb  sich  ein  Deutscher,  Nikolaus  Trübner  aus  Heidelberg.  Durch 
Zufall  mit  Longman  bekannt  geworden ,  ging  er  1 843  als  Commis 
in  das  Longmansche  Geschäft  nach  London.  1852  etablierte  er  dort 
ein  eigenes  Geschäft  mit  der  Absicht,  in  der  Weltstadt  einen  bisher 
fehlenden  Zentralpunkt  für  die  litterarischen  Erzeugnisse  Amerikas 
und  Asiens  zu  scharfen.  Er  gab  einen  vortrefflichen  Bibliographical 
Guide  to  American  Literature  18 17 — 1857  heraus  und  gründete, 
um  seine  Zwecke  zu  fördern,  das  Monatsblatt  Triibners  American 
and  Oriental  Literary  Record  und  eine  Anzahl  von  Agenturen  in 
den  fernsten  Weltteilen.  Durch  das  Heranziehen  der  bisher  schwer 
zugänglichen  Länder  mit  ihren  litterarischen  Produkten  hat  Trübner 
sich  nicht  allein  um  die  Wissenschaft  hochverdient  gemacht,  sondern 
auch  sowohl  direkt  durch  seinen  grossen  linguistischen  Verlag,  als 
noch  mehr  indirekt  durch  die  Belebung  dieses  Verlagszwcigcs  dem 
graphischen  Gewerbe  Vorschub  geleistet. 

Steht  auch  das  ANTIQUARIATSGESCHÄFT  den  eigentlichen 
Zweigen  des  Buchgewerbes,  die  uns  hier  beschäftigen,  etwas  ferner, 
so  hat  dasselbe  doch  in  England  eine  solche  Weltbedeutung  gewonnen 
und  wirkt  auch  durch  Verbreitung  der  Liebe  zu  Büchern  auf  das 
ganze  Pressgewerbe  vielfach  so  belebend  ein,  dass  es  am  Platze  sein 
dürfte,  wenigstens  die  zwei  hervorragendsten  Vertreter  des  Anti- 
quariats zu  erwähnen,  was  um  so  lieber  geschieht,  als  der  eine,  jetzt 
noch  wirkende  ebenfalls,  wie  Tiiibner,  ein  Deutscher  ist. 

Der  Bahnbrecher  für  den  grossartigen  Betrieb  des  Antiquariats 
11.  c>.  Bohn  war  Henry  George  Bohn  aus  Richmond.  Sein  1 84 1  erschienener 
4  Ja"  ,/  >6  Guinea- Ca  fa/ogue  war  die  imposanteste  Ankündigung  eines  Bücher- 
lagers, welche  man  bis  dahin  kannte.  Derselbe  hatte  einen  Umfang 
von  1448  Seiten  und  verursachte  einen  Kostenaufwand  von  40  OOO 
Mark.  Bohn  wirkte  auch  als  Schriftsteller  und  Verleger;  seine 
nach  damaligen  englischen  Vorstellungen  ausserordentlich  billigen 
Standard  Volumcs  zu  5  sh.  6  d.  waren  allgemein  beliebt. 

Bernhard  Quaritch  aus  Worbis,  jetzt  ohne  Widerspruch  der 
bedeutendste  Antiquar  der  Welt,  lernte  in  Nordhausen  und  ging 


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10.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  IOI 

1842  nach  London.  1849  gründete  er  dort  mit  einem  Kapital  von  b.  Qiuntch 
200  Mark  ein  eigenes  Geschäft  zunächst  für  /V////y-Litteratur.  Durch  *  *J  Apnl 
Gewandtheit,  Fleiss  und  Ausdauer  brachte  er  bald  seinen  Handel 
in  die  Höhe,  so  dass  er  1860  noch  ein  zweites,  grösseres  Lokal  in 
Piccadilly  mieten  konnte.  Hier  sammelte  er  nun  einen  wahren 
Schatz  sowohl  von  bedeutenden  wissenschaftlichen  Werken,  als 
von  ausgesuchten  Seltenheiten  für  Bücherliebhaber.  Neben  seinen 
Spezial -Katalogen  gab  er  ab  und  zu  einen  General-Katalog  heraus. 
Unter  den  letzteren  übertrifft  der  von  1880  noch  Bohns  Guinea- 
Cataloguc,  kostet  aber  auch  2  Guineen.  Der  Band  ist  ö'/j  Zoll  stark 
und  enthält  auf  2166  Seiten  die  Titel  resp.  Beschreibungen  von 
28009  Werken.  Ein  Index  von  228  Seiten  giebt  etwa  55000  Nach- 
weise. Quaritchs  eigener  bedeutender  Verlag  besteht  sowohl  aus 
Werken,  wozu  er  selbst  die  Initiative  ergriffen,  als  auch  aus  solchen, 
die  er  von  anderen  Verlegern  an  sich  gebracht  hat1. 

Ein  mächtiger  Hebel  für  die  Entwicklung  der  Buchdruckerei 
war  es,  dass  hochgestellte  und  reiche  Männer  sich  nicht  nur,  wie  Lord  Die  Hibiiophiik. 
Stanhope,  für  die  technischen  Fortschritte  interessierten,  sondern 
•  auch  eine  Ehre  darein  setzten,  das  Schönste,  Beste  und  Seltenste 
in  ihren  Büchersammlungen  zu  vereinigen.  Als  Liebhaber  ersten 
Ranges  ist  John  Herzog  von  Roxburgh  zu  nennen.  Seine  Bibliothek 
brachte  bei  der  Versteigerung,  welche  in  den  Monaten  Mai  und 
Juni  18 12  stattfand,  einen  Erlös  von  mehr  als  einer  halben  Million 
Mark.  Die  Nummer  6292  des  Katalogs,  das  einzige  bekannte 
vollständige  Exemplar  von  //  Decamerone  -di  Boccaccio,  in  Folio, 
von  Christoph  Waldarfer  in  Venedig  im  Jahre  147 1  gedruckt,  wurde 
dem  Marquis  von  Blandford  für  die  Summe  von  über  45000  Mark 
zugeschlagen,  der  höchste  Preis,  der  je  für  ein  Buch  bezahlt  worden 
ist.  Zur  Erinnerung  an  dieses  bibliophilische  Ereignis  wurde  von 
31  der  bedeutendsten  Büchersammler  Englands,  unter  dem  Präsidium 
von  Lord  Spencer,  der  Roxburgh- Club  gegründet.  Zu  keiner  Zeit 
hatte  die  Bibliomanic  eine  solche  Höhe  erreicht  und  sie  sollte  auch 
nicht  lange  auf  derselben  bleiben,  so  dass  Lord  Spencer  wenige 
Jahre  später  den  Waldarfer  für  1 8  000  Mark  kaufen  konnte ,  also 

1  A.  Ulm,  Bernh.  Quanten,  N.  An/,  f.  Bibliogr. ;  ebenfalls  Körscnbl.  f.  d. 
Buchh.  1880,  Nr.  21. 


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102 


DIE  ANGLO- AMERIK  A  NISCHE  GRUPPK. 


III.  KAP. 


für  fast  nur  den  dritten  Teil  des  in  der  Roxburgh-Auktion  gezahlten 
Preises. 

Noch  grössere  Bedeutung  in  der  Geschichte  der  Bibliophilie 
Lord  Spencer,  als  der  Herzog  von  Roxburgh  hat  George  John,  Lord  Spencer  auf 
Althorpe.  Er  war  am  I.  September  1758  geboren  und  folgte  1783 
seinem  Vater  im  Besitz  von  dessen  Titeln  und  fürstlichem  Vermögen. 
Es  war  sein  Stolz,  die  Notabilitäten  der  Wissenschaft  und  der 
Litteratur  um  sich  zu  versammeln,  und  wo  er  konnte,  stand  er  deren 
Bestrebungen  in  liberalster  Weise  bei.  Von  gleicher  Gesinnung 
war  sein  Sohn  beseelt,  was  sich  durch  die  Caxton-Ausstellung  1877 
deutlich  zeigte,  zu  welcher  Lord  Spencer  eine  ganze  Sammlung  der 
seltensten  Inkunabeln  und  Prachtwerke  geliefert  hatte.  In  seiner 
in  der  Station  ary- Company  gehaltenen  Rede  sprach  er  es  auch  aus, 
eine  wie  grosse  Freude  es  ihm  gewähren  würde,  seine  Bibliothek 
recht  oft  von  Fachmännern  besucht  zu  sehen. 

Ein  wesentlicher  Förderer  des  Sammeleifers  sowohl  des  Lord 
1.  f.  Dibdin.  Spencer  als  auch  anderer  war  Thomas  Frognall  Dibdin.  Derselbe 
stammt  aus  Calcutta,  erhielt  jedoch,  nachdem  seine  Eltern  dort 
gestorben  waren,  in  England  eine  sorgfältige  Erziehung  und  wählte 
den  geistlichen  Beruf.  Von  Lord  Spencer  wurde  er  als  Pfarrer  nach 
Althorpe  berufen,  zugleich  um  als  Bibliothekar  des  Lords  zu  fungieren. 
In  den  Jahren  1814— 1815  erschien  die  Beschreibung  der  Sammlung 
als :  Bibliotheca  Spenceriana ;  von  1 8 1 0 —  1 8 1 9  Typographien/  Anti- 
quitics;  18 17  Bibliographical  Decameron  ;  1821  A  bibliographical, 
antiquarian  and  picturesque  tour  in  France  and  Gennany  (2.  Ausgabe 
1 827),  in  welchem  Werk  der  Verfasser  eine  in  Begleitung  des  Zeichners 
George  Lewis  im  Interesse  der  Spencerschen  Bibliothek  unter- 
nommene Reise  schildert.  1 838  folgte  A  bibliographical,  antiquarian 
and  picturesque  tour  in  t/ie  northern  countries  of  England  and 
Scottland. 

In  praktischer  Weise  interessierten  sich  andere  Edle  für  die 
Lord  Itr  .ugham.  Presse.  Henry  Lord  Brougham  war  die  Seele  der  schon  erwähnten 
Society  for  t he  Diffusion  of  usefull  Knowledge.  Francis  Egerton, 
Lord  Bridgewatfr  bestimmte  vor  seinem  Tode  im  April  1829  gegen 
120000  Mark  als  Honorar  für  den  Verfasser  eines  Wrerkes,  welches 
die  Weisheit,  Macht  und  Güte  Gottes,  wie  sie  sich  in  der  Schöpfung 
offenbaren,  zum  Gegenstand  haben  sollte.  Dies  gab  Veranlassung 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  IO3 

zu  den  sogenannten  Bridgewater- Büchern,  die  der  populärwissen- 
schaftlichen Litteratur  einen  mächtigen  Anstoss  gaben. 

Thomas  Howard,  Lord  Arundel  wirkte  wieder  auf  andere 
Weise.  Als  eifriger  Bewunderer  der  alten  christlichen  Kunst  gab  i.ord  Arundd. 
er  Veranlassung  zur  Begründung  der  Arundel  Society  (1848),  deren 
Hauptziel  es  ist,  die  leicht  vergänglichen,  dem  Verderben  besonders 
ausgesetzten  älteren,  namentlich  vorrafaelischen  Werke  der  Kunst 
wenigstens  in  vorzüglichen  Farbendrucken  der  Nachwelt  zu  erhalten. 
Die  Reproduktion  geschieht  hauptsächlich  unter  Beihülfe  von  den 
besten  Anstalten  des  Auslandes,  besonders  der  von  Storch  &  Kramer 
in  Berlin,  Hangard-Mauge  und  Engelmann  &  Graf  in  Paris. 

Dass  die  Bücherliebhaberei  auf  die  Buchbinderkunst  ungemein 
(ordernd  einwirken  musste,  ist  leicht  begreiflich.  Es  entstanden  für  Die  ßuehbinder- 

kunst. 

die  reichen  Privatsammlungen  Meisterstücke ,  die  zu  hohen  Preisen 
verkauft  wurden.  Dieselbe  Eigenschaft,  die  den  englischen  Bücher- 
druck auszeichnet:  die  Verwendung  der  vollendeten  Technik  auf  dem 
vorzüglichsten  Material,  findet  sich  in  der  englischen  Buchbindung 
wieder.  Die  Behandlung  des  Leders,  der  Pappen,  des  Schnittes,  des, 
das  gute  Aufschlagen  des  Buches  bedingenden  Rückens,  kurz  des 
ganzen  Körpers  des  Buches  ist  eine  so  überaus  sorgfältige,  dass 
man  leicht  eine  mitunter  nicht  ganz  kunstgerechte  Komposition  der 
Ornamentierung  übersieht. 

Merkwürdig  genug  ist  der  Umstand,  dass  ganz  besonders 
Deutsche  zu  den  ausgezeichnetsten  Meistern  in  England  gehören.  Berühmte  Buch- 
Unter  den  Eingeborenen  war  einer  der  berühmtesten  Buchbinder 
Roger  Payne  (gestorben  1797),  ein  eben  so  talentvoller,  wie  in  seinem 
Leben  unordentlicher  Mann Als  sein  Meisterwerk  gilt  ein  Aeschylos 
im  Besitz  des  Lord  Spencer.  In  seinen  Ornamenten,  die  er  selbst 
fertigte,  wird  er  mitunter  bizarr,  seine  Technik  bleibt  jedoch  immer 
unvergleichlich.  Schöne  Bände  von  ihm  wurden  mit  400  Mark  und 
mehr  bezahlt.  Ein  Einband  von  dem  Boydellschen  Shakespeare  in 
neun  Bänden  kostete  über  2500  Mark.  Eine  Zeitlang  arbeitete  er 
zusammen  mit  Richard  Wier,  auch  ein  höchst  geschickter  Mann, 
aber  eben  so  unordentlich  wie  Payne.  Die  Verbindung  artete  in 
einen  oft  mit  den  Fäusten  ausgekämpften  innern  Krieg  aus.  Wiers 

«  J.  A.  Arndt,  Bibliopegia.  I^ndon  183s. 


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104  DIE  ANGLO -  AMERIKANISCHE  GRUPPE.  III.  KAP. 

Frau  war  bekannt  als  unübertroffen  in  der  Restauration  alter  Bücher. 
Nächst  Payne  wurde  Charles  Lewis,  aus  Hannover  stammend, 
gelobt.  Seine  durch  Harmonie  und  Eleganz  sich  auszeichnenden 
Hände  werden  als  die  grössten  Zierden  der  Bibliotheken  reicher 
Sammler  betrachtet. 

Der  Buchbinder  Kalthöfer  hatte  einen  solchen  Ruf  erlangt, 
dass  die  Kaiserin  von  Russland  einen  besonderen  Abgeordneten 
sandte,  um  ihn  zu  bewegen,  nach  Russland  zu  kommen,  was  er 
jedoch,  trotz  der  glänzenden  Bedingungen,  ablehnte.  In  neuester 
Zeit  gilt  als  erster  Meister  nicht  nur  in  England  Josf.ph  W.  Zähnsdorf, 
ein  Böhme  von  Geburt,  der  auch  durch  Herausgabe  von  The  Art  of 
Bookbinding  theoretisch  wirkte,  ohne  damit  ganz  den  Erwartungen 
zu  entsprechen,  die  man  hegen  durfte,  wenn  ein  so  eminenter 
Praktiker  seine  Erfahrungen  zu  Papier  bringt. 


Die  Stationär}'- Artikel,  die  teils  auf  typographischem,  teils  auf 
stationär?-  chromolithographischem  Wege  hergestellt  werden ,  veranlassen  ein 
sehr  bedeutendes  Geschäft.  Die  Zahl  der  Neujahrskarten  allein 
berechnet  man  auf  mehr  als  12  Millionen  Stück.  Welchen  Wert  man 
auf  solche  Kleinigkeiten  legt,  geht  daraus  hervor,  dass  ein  Fabrikant 
14  Prämien,  zusammen  von  10000  Mark,  für  die  besten  Zeichnungen 
bestimmte.  Von  den  in  London  von  Weihnachten  bis  Neujahr 
versandten  8 — 9  Millionen  Couverts  wird  bei  weitem  die  grössere 
Zahl  eine  Neujahrskarte  mit  enthalten.  Ebenfalls  bedeutend  ist  der 
Verkehr  in  Osterkarten  und  VaLntims,  schöne,  manchmal  kostbar 
ausgestattete  Huldigungskarten  für  das  zarte  Geschlecht,  die  am 
St.  Valentinstag,  den  14.  Februar,  in  grosser  Zahl  anonym  versandt 
werden.  In  der  Regel  ist  der  Preis  einer  solchen  Karte  6  Pence  bis 
zu  1  Shilling,  es  kommen  aber  auch  nicht  selten  solche  vor,  die  10 
bis  20  Guineen  und  mehr  kosten. 

Da  jährlich  1200  Millionen  Briefe  versandt  werden,  so  erfordern 
diese  allein  eine  enorme  Anzahl  von  Couverts.  Diese  Fabrikations- 
Branchc  beschäftigt  gegen  3000  Menschen. 

Wie  bedeutend  der  Kalenderdruck  in  England  ist,  kann  man 
daraus  beurteilen,  dass  ein  Kalenderdrucker,  A.  Cooke  in  Leeds, 
allein  bei  einer  einzigen  Holzhandlung  1  700000  Stäbe  als  Halter 
für  Kalender  in  Bogen  bestellte. 


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III.  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 


I05 


Von  Spielkarten-Fabriken  hat  England  18,  die  etwa  1  200000 
Pack  liefern. 

Unter  den  Firmen,  die  besonders  für  die  Stationers  arbeiten, 
sind :  Marcus  Ward  ,  der  mit  60  Schnellpressen  namentlich  Weih- 
nachtskarten und  VaUntines  nebst  illustrierten  Kinderbüchern 
druckt;  de  la  Rue  &  Co.,  die  in  ähnlicher  und  Spielkarten -Fabri- 
kation, so  wie  mit  Herstellung  von  Luxuspapieren  1000  Personen 
beschäftigen;  Ch.  Goodall  &  Sons,  die  in  ihren  Camden-works 
mehr  als  600  Sorten  Spielkarten  liefern. 

Eins  der  bedeutendsten  Stationer}'- Geschäfte  in  London  ist  das 
der  Regierung,  von  welchem  etwa  250  öffentliche  Institute  ihren 
Bedarf  bezichen.  Der  jährliche  Umsatz  beträgt  etwa  13  Millionen 
Mark,  von  welchen  gegen  4  Millionen  auf  Indien  kommen.  Dass 
dabei  auch  Makulatur  vorkommt,  ergiebt  der  jährliche  Verkauf  von 
solcher  zu  einem  Betrag  von  ungefähr  320000  Mark,  die  einen 
ursprünglichen  Wert  von  etwa  1  600  000  Mark  repräsentieren. 

Da  der  Konsum  von  Papier  ein  ausserordentlich  grosser  ist 
und  billige  Preise  verlangt  werden,  so  konnte  es  nicht  anders  sein,  Da*  Papier, 
als  dass  die  Stoffmischungen  der  Neuzeit  in  der  Papierfabrikation, 
welche  für  die  Zukunft  der  Bücher  im  höchsten  Grade  gefahrdrohend 
geworden,  auch  in  England  nicht  ohne  Verwendung  blieben,  jedoch 
wird  dort  immer  noch  am  meisten  auf  ein  gutes  Papier  selbst  bei 
gewöhnlichen  Arbeiten  gehalten  Die  Fabrikation  des  Maschinen- 
papiers ist  zwar  keine  englische  Erfindung  (vgl.  Kap.  v),  aber,  wie 
die  Schnellpresse,  kam  auch  die  Papiermaschine  erst  in  England 
zur  praktischen  Geltung,  namentlich  durch  die  Bestrebungen 
Donkins.    Der  Name  Whatman  ist  typisch  geworden  für  das 

1  Einen  sehr  hübschen  Überblick  sowohl  über  die  zu  feineren  Accidcnz- 
arbeiten  zur  Verwendung  kommenden,  in  Qualität  und  Färbung  oft  ganz  vor- 
züglichen Papiere,  als  auch  über  die  englische  Art,  Accidvnzicn  zu  behandeln, 
giebt  das  bei  Field  &  Titer  in  London  jährlich  { 1SS2  zum  drittenmale)  erseheinende 
The  frinttrs  international  S/eeimen  Exchange  in  connedion  with  flu  Pa/er  and  Printint>- 
Trades-yournal .  Ks  beruht  das  Unternehmen,  das  nicht  in  den  Handel  kommt, 
auf  einem  eigentümlichen  internationalen  Umtausch  von  Accidenzien.  Wer  eine 
solche  in  angegebener  Weise  ausgestattete  in  der  notigen  Zahl  von  Exemplaren 
liefert,  erhält  ein  Exemplar  des  lhichcs  gegen  eine  massige  Vergütung  für  den 
Einband.  Die  Ausführung  ist  meistens  technisch  gut  und  zeugt  von  dem 
Streben,  etwas  mit  dem. Material  zu  machen.  Ob  Hansard  (vgl.  S.  16)  sich 
freuen  würde:  that  is  tke  quation! 


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106  DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE.  HI.  KAP. 

vorzügliche  Büttenpapier,  welches  bei  den  Ausgaben  für  Liebhaber 
verwendet  wird.  Whatman  selbst  zog  sich  vom  Geschäft  zurück 
aus  Verdruss,  weil  er  seinen  Arbeitern  nicht  denselben  Sinn  für 
Erreichung  der  höchsten  Ziele  einflössen  konnte,  der  ihn  selbst 
beseelte. 


ASIEN,  AUSTRALIEN  UND  SÜD -AFRIKA. 

An  die  typographische  Geschichte  Englands  schliesst  sich  eng 
diejenige  ASIENS,  AUSTRALIENS  und  SÜD -AFRIKAS. 

In  ihren  Anfängen  lernten  wir  bereits  die  Presse  in  Asien  kennen 
(I,  s.  282},  sie  sollte  rasch  an  Bedeutung  gewinnen. 

Calcutta,  die  Hauptstadt  Indiens  und  der  wichtigste  Sitz  des 
Indien,  Calcutla.  dortigen  Pressgewerbes,  erhielt  erst  im  Jahre  1778  durch  Charles 
VVilkins,  einen  berühmten  Sanskritforscher,  eine  Buchdruckerei  mit 
einer  Schriftgiesserei.  Hier  wurden  neben  den  Missionsschriften 
eine  Menge  wissenschaftliche  und  belehrende  Schriften  in  den 
Landesidiomen,  ausserdem  auch  englische  Bücher  und  Zeitschriften 
gedruckt.  In  dem  naheliegenden  SERAMPUR,  dem  wichtigsten  Platz 
der  Baptisten-Mission,  besass  Dr.  Carey  zu  Anfang  des  Jahrhunderts 
eine  Presse,  auf  welcher  er  1801  das  Neue  und  bald  nachher  das  Alte 
Testament  druckte.  Eine  Schriftgiesserei  und  eine  Papiermühle  Hessen 
nicht  lange  auf  sich  warten  und  eine  lebhafte  Thätigkeit  entwickelte 
sich,  um  die  heiligen  Schriften  in  verschiedenen  Sprachen  der  Ein- 
geborenen zu  veröffentlichen.  Die  Offizin  brannte  zwar  1 8 1 1  voll- 
ständig nieder,  da  jedoch  glücklicherweise  alle  Matern  gerettet 
waren,  konnte  man  bereits  nach  Verlauf  von  kaum  einem  Jahre 
wieder  heilige  Schriften  in  18  Sprachen  herausgeben.  Ein  18 18 
gedrucktes  Probebuch  enthält  das  Vaterunser  mit  5 1  verschiedenen 
Sorten  einheimischer  Typen  gesetzt. 

Benares,  die  heilige  Stadt  der  Hindus  am  Ganges,  wo  sich  eine 
Hcuarcs.  en  glisch  -  indische  Hochschule  zur  Ausbildung  der  Hindus  befand, 
besass  eine,  später  sehr  thätige,  Offizin.  In  Negapatnam  hatte  der 
aufgeklärte  Rajah  von  Tanjore  eine  von  Europäern  bediente  Presse 
im  Gang.  Die  Britische  Bibelgesellschaft  gründete  dort  ebenfalls 


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III  KAP.  TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS.  IO7 

eine  Buchdruckerei.  Auch  Madras,  die  zweitwichtigste  Stadt  an  Madras, 
der  Ostküste,  entwickelte  seit  1772  eine  rege  Thätigkeit. 

Aus  dem  Hauptorte  der  Westküste,  Bombay,  finden  sich 
Bücher  mit  der  Jahreszahl  1 792 ;  der  Aufschwung  der  dortigen  Presse  uomtuy. 
datiert  jedoch  erst  von  18 13.  In  COTYM,  auf  der  Malabarküste, 
versuchte  der  Missionär  Benj.  Baley  Typen  der  I^andesschrift  selbst 
zu  schneiden  und  zu  giessen,  um  damit  heilige  Schriften  zu  drucken ; 
1820  kam  ihm  die  Bibelgesellschaft  in  Calcutta  mit  einer  ordentlich 
eingerichteten  Buchdruckerei  zuhülfe. 

Am  18.  Mai  18 18  erschien  die  erste  Zeitung  in  einheimischer 
Sprache  „Spiegel  von  Serampur"  durch  den  Missionär  Marshman. 
In  demselben  Jahre  erhielt  Bombay  seine  Zeitung  in  der  Gujurati- 
Sprache. 

Der  Generalgouverneur  von  Indien,  Marquis  Wellesley  (1798 
bis  1805),  späterer  Lord  Wellington,  war  der  Presse  nicht  sehr  Die  einheimische 
zugethan ;  selbst  englische  Bücher  sah  er  nicht  gern  entstehen  und 
gestattete  nicht  die  Anlegung  von  Buchdruckereien  ausserhalb 
Calcuttas.  Ein  grösserer  Freund  der  Kunst  war  Wellesleys  Nach- 
folger, der  Marquis  Hastings,  welcher  den  „Spiegel  von  SerampurM 
zu  einem  halbamtlichen  Blatte  erhob.  Auch  Lord  Amherst  trat  der 
Presse  nicht  feindlich  entgegen,  doch  verblieb  sie  unter  sehr  strenger 
Aufsicht.  Zur  Errichtung  einer  Buchdruckerei  bedurfte  es  einer  Kon- 
zession und  zur  Begründung  einer  Zeitung  Stellung  von  Kaution.  Erst 
im  Jahre  1835  erhielt  Indien,  hauptsächlich  durch  die  Anstrengungen 
des  Lord  Th.  Macaulay,  den  Genuss  der  Pressfreiheit,  die  nun  mit 
Jugendfeuer  benutzt  wurde.  Man  griff  die  Massregeln  der  Regierung, 
namentlich  die  gegen  die  Weiberverbrennung  gerichteten,  rück- 
sichtslos an. 

Die  Zahl  der  Blätter  nahm  jedoch  nicht  in  dem  Masse  zu ,  wie 
man  hätte  vermuten  sollen,  und  steigerte  sich  wesentlich  erst  nach 
der  Verbreitung  der  Lithographie,  welche  sich  mit  weit  grösserer 
Leichtigkeit  dem  Geschmack  des  Publikums  anschmiegen  konnte, 
als  die  Typographie.  Da  viele  des  Lesens  unkundig  sind,  so  wird 
das  Vorlesen  für  grössere  Kreise  sehr  geübt  und  auf  mündlichem 
Wege  verbreiten  sich  dann  die  neuen  Nachrichten  schnell.  Die 
Thätigkeit  im  Buchhandel  ist  eine  sehr  bedeutende  und  Sanskrit- 
Werke  finden  unschwer  Verleger. 


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DIE  ANGLO- AMERIKA  NISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Nach  dem  Sipahi  -  Aufstande  1857  wurden  die  englischen 
Behörden  zur  Unterdrückung  jeder  Buchdruckerei  ermächtigt  und 
viele  der  letzteren  bei  dieser  Gelegenheit  auch  geschlossen.  Noch 
bis  vor  kurzem  befand  sich  die  einheimische  Presse  in  strengen 
Ausnahmezuständen,  jetzt  ist  jedoch  eine  Änderung  eingetreten 
und  der  Wunsch  der  Regierung  in  London,  allen  ihren  Unterthanen 
gleiche  Rechte  zu  gewähren,  erfüllt.  Eine  Presskommission  hat  alle 
Verhältnisse  der  Presse  mit  der  Regierung  zu  regulieren. 

Von  Zeitschriften  erscheinen  gegen  700,  davon  der  dritte  Teil 
Die  Pr«sc  (230)  in  Landessprachen.  Die  Auflagen  sind  durchweg  klein, 
gewöhnlich  350,  die  höchste  Auflage  ist  noch  nicht  2000.  Die 
Versendung  geschieht  unter  Kreuzband.  Der  Abonnementspreis 
für  Tagesblätter  beträgt  etwa  40  Mark,  für  Wochenblätter  etwa 
4  Mark.  Die  Einfuhr  von  Papier  ist  für  das  Mutterland  ein 
wichtiger  Gegenstand  und  erreichte  1879  einen  Wert  von  über 
2 Millionen  Mark. 

In  Bengalen  haben  die  einheimischen  Blätter  einen  schweren 
Stand  gegen  die  englischen.  Mehrere  der  letzteren  sind  jedoch  in 
Besitz  und  unter  geschickter  Leitung  von  Eingeborenen.  In  den 
nordwestlichen  Distrikten,  zwischen  Lucknow  und  Lahore,  er- 
scheinen in  der  Hindustani-  und  Urdusprache  gegen  einhundert, 
zumteil  sehr  gut  redigierte  Zeitschriften.  Ziemlich  eine  ähnliche 
Zahl ,  in  der  Maharati-  und  Gujurati-Sprache  geschrieben ,  werden 
in  Bombay  gedruckt.  Die  tamulische  und  Telegupresse  in  Madras 
ist  nicht  von  Belang. 

Die  Bücherproduktion,  unter  der  Führung  Bengalens,  ist  eine 
sehr  bedeutende  und  erreicht  an  Zahl  fast  die  Englands.  Im  Jahre 
1878  erschienen  4193  Bücher,  davon  576  in  europäischen,  3148  in 
einheimischen  Sprachen,  673  in  dem  klassischen  Idiom  Indiens. 
2495  Schriften  waren  originale  Neuheiten,  340  Ubersetzungen, 
die  übrigen  Bücher  neue  Auflagen.  Die  Theologie  erschien  mit  1 502 
Nummern;  die  Technik  mit  961,  die  Linguistik  mit  612;  Biographie, 
Länder-  und  Völkerkunde,  Politik  waren  nur  äusserst  spärlich  ver- 
treten. 

Auf  CEYLON  gingen  aus  der  bereits  vom  Freiherrn  von  Imhof 
Ceylon.     gegründeten  Druckerei  1,  S.  288)  im  Jahre  1 77 1  das  Neue  Testament 
in  cingalesischer  Sprache  und  später  manche,  zumteil  vorzüglich 


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III.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  ENGLANDS. 


109 


ausgestattete  wissenschaftliche  Werke  hervor.  Die  Pressthätigkeit 
in  der  Hauptstadt  CoLOMBO  ist  jetzt  eine  bedeutende  und  die  sehr 
gut  geleitete  Regierungsdruckerci  beschäftigt  über  150  Personen, 
unter  welchen  sich  nur  zwei  Europäer  befinden.  Sie  disponiert  über 
5  Schnellpressen,  10  Handpressen,  1  Eisenbahn- Billctdruck-Maschine 
und  5  Liniiermaschinen. 

Nach  Ranguhn  in  Hinterindien,  der  Hauptstadt  von  Birma, 
war  bereits  1808  eine  Presse  gekommen.  1814  erhielt  Dr.  Carey  in  iiintcrindien. 
Serampur  von  dem  Kaiser  von  Birma  den  Auftrag,  in  Ava  eine 
Druckerei  zu  errichten,  und  bereits  1822  war  das  Neue  Testament  in 
29  Sprachen  und  die  ganze  Bibel  in  6  Sprachen  gedruckt ,  darunter 
eine  mit  beweglichen  Typen  gesetzte  chinesische  Bibel.  Noch  viele 
wissenschaftliche  Werke  entsprangen  der  thätigen  Presse. 

In  Malacca  druckte  der  Missionär  Milne  anfänglich  nach 
chinesischer  Art.  Später  traf  eine  europäische  Druckeinrichtung  ein. 
Das  dort  errichtete  englisch-chinesische  Kollegium,  das  für  Religion 
und  Wissenschaft  gute  Früchte  getragen  hatte,  ward  später  nach 
Singapur  verlegt. 

Von  den  Inseln  des  Indischen  Archipels  erhielt  Java  eine,  1823 
von  dem  Missionär  Medhukst  in  B  ATA  VIA  eingerichtete  Offizin,  aus  i>ic  insdn. 
welcher  im  Jahre  1835  des  Genannten  Wörterbuch  der  chinesischen, 
japanischen  und  der  Korea  -  Sprache  hervorging.  Auf  Sumatra 
befanden  sich  um  1820  in  Benkui  en  und  dem  benachbarten  Fort 
Marlborough  Missionspressen. 

In  CHINA  war  einer  der  wichtigsten  Druckorte  Macao  bei 
Canton.  Dort  machte  im  Jahre  18 10  Morrison  Versuche,  das  Neue  China. 
Testament  von  Holztafeln  zu  drucken.  18 14  wurde  ihm  von  der 
Ostindischen  Handelsgesellschaft  eine  vollständige  Druckerei  unter 
der  Leitung  von  P.  Thoms  übersandt,  doch  gelang  es  erst  1822,  das 
englisch -chinesische  Wörterbuch  in  6  Quartbänden  zu  vollenden. 
In  diesem  Jahre  erschien  auch  die  erste  Nummer  einer  portugiesischen 
Zeitschrift  „Die  chinesische  Biene".  Medhursts  „Dictionary  of  the 
Hok-Kien  dialect  of theChiuesc  language,  containiug  1 2000c ha rac fers" 
konnte  erst  1832  ausgegeben  werden.  In  Canton  selbst  wurde 
ebenfalls  sehr  viel  gedruckt.  Die  grösste  Buchdruckerei  ist  die  der 
presbyterianischen  Mission  in  Shanghai,  mit  der  eine  Schrift- 
giesscrei  verbunden  ist.   Im  Jahre  1868  wurden  dort  25  Millionen 


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DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  ORUPfK. 


III.  KAP. 


Seiten  gedruckt,  1869  ein  illustriertes  Neues  Testament  und  ver- 
schiedene Andachtsbücher  mit  dort  angefertigten  Abbildungen  in 
vortrefflichen  Galvanos.  Hier  erschien  auch  das  grosse  japanische 
Lexikon  des  Dr.  Hepburn  in  Yokohama.  In  hohem  Grade  hemmend 
ist  bei  der  Anwendung  der  europäischen  Druckmethode  die  enorme 
Zahl  der  Fächer  (gegen  6000)  in  den  Setzkästen;  jeder  Setzer 
befindet  sich  förmlich  inmitten  eines  Amphitheaters  von  Kästen. 

In  Peking  erscheint  die  offizielle  Zeitung  King-Pao,  welche 
die  kaiserlichen  Dekrete  bringt  und  deren  Geschichte  bis  an  die 
Dynastie  Tang,  d.  h.  bis  an  das  siebente  bis  zehnte  Jahrhundert 
n.  Chr.,  reicht.  Jede  Nummer  bildet  ein  Heft  von  20,  wohl  auch 
von  40  Seiten  in  gelbem  Umschlag.  Die  Ausstattung  ist  eine  kläg- 
liche, der  jährliche  Preis  beträgt  27  Mark.  Die  Offizin  befindet  sich 
in  dem  kaiserlichen  Palast.  Seit  mehreren  Jahren  erscheint  eine 
Quintessenz  aus  der  Zeitung  in  englischer  Ubersetzung.  In  HONKONG 
wurde  die  erste  gedruckte  Zeitung  vor  etwa  25  Jahren  gegründet. 
In  SHANGHAI  werden  zwei  grosse  chinesische  Zeitungen  nach 
europäischem  Zuschnitt  gedruckt,  die  nicht  allein  den  Inhalt  der 
kaiserlichen  Zeitung  reproduzieren,  sondern  auch  Belehrendes  und 
Ankündigungen  bringen.  Die  eine,  „Shenpaoh ,  vertritt  europäische 
Interessen,  die  andere,  „Siiipao",  ist  Organ  europafeindlicher 
Mandarinen.  Die  Blätter  sind  gern  gelesen  und  das  eine  hat  gegen 
10000  Abnehmer.  Überhaupt  ist  das  Publikum  sehr  wissenslustig 
und  man  findet  in  Shanghai  fast  an  jeder  Thüre  eifrige  Leser. 

Kine  besondere  Bestimmung- über  das  literarische  Eigentum 
giebt  es  in  China  nicht,  es  ist  ein  Eigentum  wie  jedes  andere  und 
Nachdruck  wird  mit  100  Stockschlägen  und  Deportation  bestraft. 

In  der  Hauptstadt  von  JAPAN ,  YEDDO  (Tokio)  ,  wurde  seit 
japa«.  1785  in  europäischer  Weise  gedruckt  und  entwickelt  sich  dort 
eine  rege  Thätigkeit.  Jedenfalls  ist  Japan,  dieser  ferne  Kulturposten 
im  Osten,  bestimmt,  einen  hervorragenden  Platz  in  der  Geschichte 
der  Civilisation  einzunehmen.  Das  Tick -Tack  der  Typen  und  das 
Klappern  der  Pressen  haben  jedenfalls  dort  grössere  Eroberungen 
gemacht,  als  alle  Flotten  der  alten  und  der  neuen  Welt  mit  ihren 
Kanonen  und  Soldaten  fertiggebracht  haben  würden.  Die  japanische 
Druckindustrie  ist  in  fortwährender  Steigerung  begriffen  und  die 
Ausuber  sind  fast  alle  Eingeborene.  Noch  vor  15  Jahren  hatte  Japan 


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III.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  RUCHGKWKKBE  ENGLANDS. 


III 


kein  Journal  in  einheimischer  Sprache,  jetzt  zählen  die  Journale  nach 
hunderten,  unter  welchen  weder  Mode-,  Witz-  noch  illustrierte 
und  photographische  Blätter  fehlen.  Das  verbreitetste  Blatt  ist 
Yomiri  Schimbun  mit  20000  Exemplaren.  Nach  einzelnen  Zeitungs- 
nummern gerechnet,  erreichte  die  Produktion  jährlich  33  Millionen, 
von  welchen  ungefähr  der  dritte  Teil  durch  die  Post  befördert 
wurde.  Die  Redaktion  einer  Zeitung  ist  keine  ganz  gefahrlose 
Beschäftigung,  denn  ein  der  Regierung  missliebiger  Artikel  hat  Haft 
und  Geldstrafe  zur  Folge. 

Die  Produktion  von  Büchern  ist  eine  ausserordentlich  starke. 
Namentlich  werden  englische,  deutsche  und  italienische  Wörter- 
bücher, Grammatiken,  Parleure,  Übersetzungen  von  astronomischen, 
nationalökonomischen  und  namentlich  auch  medizinischen  Werken 
gedruckt '.  Der  Buchhandel  steht  unter  der  Aufsicht  der  Regierung, 
geniesst  jedoch  Abgabenfreiheit.  Der  Verkauf  der  Verlagsartikel 
findet  durch  Versteigerungen  dreimal  im  Jahre  statt,  zu  denen  die 
Sortimcntshändler  oder  vielmehr  die  Bücherverleiher  —  denn  das 
Verleihen  ist  ein  Hauptgeschäft  —  zuströmen,  um  die  Lücken  ihres 
Vorrates  auszufüllen.  Es  giebt  Leihbibliotheken  mit  25000  und 
mehr  Bänden.  Die  Romane,  die  sehr  gern  gelesen  werden,  sind 
sehr  bändereich.  Eine  deutsche  Buchhandlung  besteht  seit  1870 
und  viele  deutsche  Unterrichtsschriften  werden  nach  dort  versandt. 

Früher  Hess  Japan  sein  Papiergeld  bei  Naumann  und  Dondorf  in 
Frankfurt  a.  M.  drucken ;  jetzt  besitzt  es  in  Tokio  eine  Staats-  und 
Geldpapier-Fabrik.  Die  Gcbäulichkeiten ,  von  einem  französischen 
Architekten  in  Backsteinen  aufgeführt,  bestehen  in  einem  grossen 
Vordergebäude  mit  zwei  Flügeln  und  in  mehreren  Hintergebäuden. 
Das  Institut  ist  mit  dem  vorzüglichsten  Material  und  vortrefflichen 
Maschinen,  grösstenteils  von  König  &  Bauer,  ausgerüstet  und 
arbeitet  mit  einem  fast  ausschliesslich  einheimischen  Personal, 
von  Männern  sowohl  als  von  Frauen. 

»  Der  Buchhändler  Herr  \V.  v.  Brautnüller  in  Wien  erhielt  vom  Kaiser  von 
Japan  als  Geyengeschenk  für  eine,  der  deutschen  medizinischen  Schule  in  Tokio 
übersandte  Sammlung  der  hervorragendsten  Artikel  seines  wissenschaftlichen 
Verlages  eine  Auswahl  von  144  von  den  besten  und  seltensten  japanischen 
Werken  in  1408  Händen.  Herr  v.  Hrauinüller  Hess  ein  Verzeichnis  davon  als 
Biblwtheca  Japonica  drucken.  Die  Titel  sind  mit  deutscher  Übersetzung  versehen 
und  gewahren  einen  belehrenden  Einblick  in  die  Hücherproduktiun  Japans. 


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I  12 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUFPK 


UI.  KAP. 


Die  erste  mechanische  Papierfabrik  nach  europäischer  Art  wurde 
1875  in  Tokio  eingerichtet.  Das  Gebäude  ist  aus  Ziegelsteinen 
aufgeführt,  misst  225  englische  Fuss  in  der  Länge,  106  Fuss  in  der 
Breite.  Der  Maschinensaal  ist  130  Fuss  lang,  32  Fuss  breit,  die 
Maschine  selbst  nach  dem  System  Fourdrinier  hat  eine  Länge  von 
76  Fuss.  Durch  zwei  Zentrifugalpumpen  können  pro  Minute  bis  zu 
1600  Gallonen  Wasser  auf  einen  Turm  von  26  Fuss  Höhe,  wo  die 
Wasserreservoirs  der  Fabrik  sich  befinden,  hinaufgepumpt  werden. 
Die  Beleuchtung  geschieht  durch  selbstfabriziertes  Gas.  Es  werden 
seitens  der  japanesischen  Regierung  grosse  Anstrengungen  gemacht, 
um  den  Verkauf  des  Fabrikats  am  Londoner  Markt  zu  fordern, 
doch  findet  man  es  dort  zu  teuer. 

AUSTRALIEN  hat  den  Engländern  die  Bekanntschaft  mit  der 
Australien.  Kunst  Gutenbergs  zu  verdanken.  In  SlDNEY  entstand  1 802  die  erste 
Presse,  deren  Begründer  ein  Creole,  Gkorge  Howe,  war.  Der  Durst 
nach  politischen  Nachrichten  und  öffentlichen  Mitteilungen  rief  1803 
die  erste  Zeitung  hervor,  der  bald  andere  folgten.  Die  Zügellosigkeit 
der  Presse  veranlasste  ein  sehr  strenges  Pressgesetz  von  1827,  das 
jedoch  später  aufgehoben  wurde.  Hobarttown  auf  VanüIEMENS- 
LAND  (Tasmanien)  erhielt  18 18  eine  Druckwerkstätte. 

Seit  der  Zeit  haben  sich  die  Verhaltnisse  sehr  günstig  für  die 
Kunst  in  Australien  gestaltet.  In  dem  jungen  aufblühenden  Lande 
mit  einer  energischen,  vorwärtsstrebenden  Bevölkerung  eröffneten 
sich  für  die  Zeitungspressc  die  schönsten  Aussichten.  Sie  ist  denn 
auch  in  Australien  in  einem  gewaltigen  Vorwärtsschreiten  begriffen 
und  Zeitungen  wie  The  South  Australian  Register  in  Adelaide, 
Argus  und  Age  in  Melbourne,  Morning  -  Herald  in  Sidney  nehmen 
es  mit  grossen  englischen  und  amerikanischen  Zeitungen  auf,  selbst 
in  Bezug  auf  den  Umfang  der  telegraphischen  Korrespondenz. 
Jede  kleine  Stadt  besitzt  eine  Zeitung  oder  doch  ein  Wochenblatt. 
Bei  einer  Bevölkerung  von  nur  2  500000  Menschen  hatte  Australien 
478  Zeitungen,  davon  in  der  Kolonie  Victoria  151,  in  Neu-Süd- 
Wales  118,  in  Süd- Australien  46,  in  Queensland  48,  auf  Ncu-Seeland 
114,  auf  Tasmanien  12,  in  Westaustralien  3.  Sie  sind  fast  alle  in 
englischer  Sprache;  die  deutsche  ist  fast  gar  nicht  vertreten.  Die  Aus- 
stattung der  Druckereien  daselbst  ist  eine  entsprechende.  Die  Setzer 
sind  vorzugsweise  Europäer,  das  Lehrlingswesen  liegt  im  Argen. 


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III.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERWE  ENGLANDS. 


113 


Die  Fabrikation  für  die  Typographie  ist  noch  in  der  Kindheit 
und  das  Mutterland  hat  in  Australien  einen  sehr  guten  Kunden. 
Melbourne  allein  zahlt  für  Typen,  Papier  und  Statiouary-  Artikel 
jährlich  mehr  als  6  Millionen  Mark  an  England,  doch  schafft  jetzt 
die  amerikanische  Konkurrenz,  welche  fast  alle  Accidenzschriften 
liefert,  diesem  einen  schweren  Stand. 

Nach  den  Gesellschafts -Inseln  brachten  die  Missionäre 
18 18  die  Kunst.    Von  einer  auf  der  Missionspresse  gedruckten  nie  inwia  der 
Bibel  wurden  3000  Exemplare  in  wenigen  Tagen  verkauft.  Der 
Preis  für  ein  Exemplar  war  ein  Quantum  von  etwa  zehn  Kannen 
Kokosöl. 

Auf  den  Sandwichs-Inseln  wird  in  der  I  Iauptstadt  Honolulu 
seit  1821  gedruckt  und  1835  erschien  eine  Zeitung.  Der  König  gab 
dazu  seine  Erlaubnis  mit  den  folgenden  Worten :  „Ich  gebe  meine 
Einwilligung,  denn  es  freut  mich,  die  Werke  anderer  Länder  kennen 
zu  lernen,  sowie  Dinge  zu  hören,  die  neu  sind  und  die  ich  gern  sehen 
möchte,  wenn  ich  dort  wäre.  Ich  habe  zu  dem  Minister  gesagt: 
„„Mache  Druckerpressen" M.  Mein  Gedanke  ist  zu  Ende.  König 
Kanegeaguli".  Auch  der  König  Kalakaua  war  Redacteur  und 
fleissiger  Leitartikelschreiber.  —  Die  FIDSCHI -INSELN  haben  vier 
Druckereien. 


Der  Norden  AFRIKAS  wird  weiter  unten  ^Romanische  Gruppe'  Afrika. 
Erwähnung  finden. 

Über  die  frühzeitige  Verbreitung  der  Buchdruckerkunst  durch 
die  Portugiesen  in  Abessinien  und  auf  der  Westküste  von  Afrika 
liegen  keine  begründeten  historischen  Nachrichten  vor.  Erwiesen 
ist  nur,  dass  im  Jahre  1583  auf  der  Insel  TERCEIRA  gedruckt  und 
zwar  sehr  gut  gedruckt  wurde. 

In  FREETOWN  auf  der  Westküste  gründeten  Missionäre  Schulen 
und  Druckereien.  Die  Insel  St.  Helena  erhielt  aus  Veranlassung 
der  Gefangenschaft  Napoleons  eine  Buchdruckerei. 

In  der  seit  1 806  den  Engländern  gehörenden  Kapkolonie  blühte 

die  Presse  bald  empor.  Die  erste  eigentliche  Zeitung  erschien  1824. 

Seit  1830  werden  auch  im  Innern  des  Landes  Zeitungen  gedruckt. 

Der  Zcitungsstempel  wurde  1848  abgeschafft.  1854  wurde  die  erste 

mit  Dampf  betriebene  Schnellpresse  aufgestellt  und  1860  hatte  die 

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DIE  ANGL*)- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


III.  KAP. 


Kolonie  29  periodische  Schriften.  Bereits  damals  beschäftigte  die 
vorzügliche  Druckerei  von  Sai  l  Salomon  &  Co.  über  100  Arbeiter 
und  zwei  Dampfschnellpressen  und  lieferte  auch  eine  grosse  Zahl 
von  Accidenzarbeiten  in  bester  Ausführung.  1880  war  die  Zahl  der 
Zeitungen  52,  von  denen  43  in  englischer,  6  in  holländischer  Sprache, 
3  in  beiden  Sprachen  zugleich  erschienen. 

Recht  fröhlich  gedieh  die  Kunst  auf  Madagascak.  König 
Radäma  I.  gestorben  1828)  war  ein  aufgeklärter  Mann  und  Freund 
des  Christentums  und  der  Presse,  welche  von  Missionären  in  den 
zwanziger  Jahren  eingeführt  wurde.  Diese  brachten  erst  die  Sprache 
der  Eingeborenen  in  ein  orthographisches  System,  um  dieselbe 
geschrieben  und  gedruckt  wiedergeben  zu  können.  In  der  Hauptstadt 
Antananarivo  wurden  sechs  periodische  Schriften  herausgegeben, 
darunter  die  Monatshefte  „Gute  Worte"  in  einer  Auflage  von 
3000  Exemplaren  und  das  halbmonatlich  erscheinende  Blatt  „Reis 
mit  Honig  gemischt". 


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IV.  KAPITEL. 

DIE  TYPOGRAPHIE  UND  DAS  BUCHGEWERBE 

NORDAMERIKAS. 

Wachstom  der  Presse,  Die  Zeitungen:  Statistisches,  der// ralJ,  Horace Greeley 

und  die  Tribuns,  (i.  Childs  und  der  Isiiyr,  die  Familie  Harper,  Frank  Leslie 
und  die  illustrierte  Presse.  Die  Holzschneidekunst.  DlR  BüCHKRlK  KKRKI  imi 
UKR  BuCHIIANliEL:  die  Staats<lruckerei  und  der  Acciden/druck,  Organisation 
des  Muchhandels,  (irosse  Druck-  und  Verlaystinuen :  Appleton,  Lippincoii, 
floughton  u.  a.,  Einfluss  des  deutschen  Elements,  Nachdruck  deutscher 
Werke,  deutsche  Ihichhandlun^en  und  Zeitungen.    Das  Papier. 

ACHDKM  Amerika  seine  Unabhängigkeit  erkämpft 
hatte,  stieg  die  Macht  seiner  Presse  in  rapider  Weise,  spende  Macht 
Es  war  natürlich,  dass  von  einem  Zustand  gemüt- 
reicher litterarischer  Beschaulichkeit  noch  keine  Rede 
sein  konnte  und  dass  sich  die  geistigen  Kräfte  der 
Besten  des  Volkes  fast  ausschliesslich  dem  praktischen  und  dem 
politischen  Leben  zuwenden  mussten.  Die  litterarischen  Bedürfnisse 
liessen  sich  leicht  und  billig  durch  den  Nachdruck  der  geistigen 
Erzeugnisse  des  Mutterlandes  befriedigen  und  der  Nachdruck  war 
ja  nicht  verböten,  also  eine  ehrliche,  ja  lobenswerte  Sache. 

Vor  allem  hatte  man  ZEITUNGEN  notig;  aufdiese  konzentrierten 
sich  deshalb  die  Gedanken  und  Pläne  der  Verleger,  der  Buchdrucker,  i„,  Zeitung«*, 
der  Schriftgiesser  und  der  Maschinenbauer  und  bald  zeigte  sich  ein 
an  das  Wunderbare  grenzender  Aufschwung  dieses  Zweiges  des 
Buchgewerbes. 

%* 


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DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


Im  Jahre  1776  hatte  New-York  nur  4  Zeitungen,  Massachusetts 
7,  Pennsylvanien  gar  keine  aufzuweisen.  Zur  Zeit  der  Centennial- 
Feier  und  der  Weltausstellung  zu  Philadelphia  im  Jahre  1876 
erschienen  in  New-York  1088,  in  Massachusetts  346,  in  Pennsylvanien 
738  Zeitschriften.  Heute  beträgt  die  Gesamtzahl  der  periodischen 
Schriften  Nordamerikas  1 1 41 8,  darunter  täglich  erscheinende  Blätter 
982,  Wochenblätter  8725.  Von  der  Gesamtzahl  liefert  New-York 
1412,  Illinois  1032,  Missouri  531.  Illustrierte  Blätter  giebt  es  512, 
Zeitschriften  religiösen  Inhalts  572.  In  englischer  Sprache  wurden 
10619  Blätter  gedruckt,  605  in  deutscher,  35  in  französischer,  37  in 
schwedischer  und  dänischer  Sprache.  Beschäftigung  finden  bei  der 
Herstellung  72  000  Menschen  mit  einem  Lohnaufwande  von  1 1 5 
Millionen  Mark.  Der  Brutto  -  Ertrag  wird  auf  370  Millionen  Mark- 
geschätzt.  Die  tägliche  Zirkulation  der  Tagesblätter  ist  auf  3  637  000 
Nummern  —  dieselbe  ungefähr,  die  England  mit  seinen  135  Blättern 
erzielt  —  berechnet,  die  einmalige  der  Wochenblätter  auf  19450000, 
die  Gesamtsumme  aller  Zeitungen  und  Zeitschriften  jährlich  auf 
2077  650675  Nummern'. 

Es  hat  sich  jemand  die  Mühe  gegeben,  auszurechnen,  dass  mit 
einem  Gürtel  an  einander  gereihter  Bogen  eines  Jahrganges  der 
amerikanischen  Zeitungen  die  Erde  sich  47mal  umwickeln  lasse  und 
dass  der  Papierstreifen  fünf  Meilen  länger  sein  würde,  als  die 
Entfernung  der  Erde  von  dem  Monde.  Ein  anderer  giebt  an,  dass 
zu  einer  Nummer  sämtlicher  Zeitschriften  Nordamerikas  5000000 
Pfund  Schriften  oder  etwa  3  Milliarden  Typen  gehören.  Kontrolliert 
haben  wir  die  Rechnungen  nicht. 

Befinden  sich  unter  den  Zeitungen  auch  manche  unbedeutende, 
die  nur  dazu  dienen,  die  Zahl  auszufüllen,  so  begegnen  uns  anderer- 
seits viele  riesenhafte  Unternehmungen,  mit  denen  in  Europa 
ausser  den  Times  nur  noch  einige  wenige  sich  messen  können.  Das 
New -Yorker  Zeitungsviertel  umschliesst  die  Prachtgebäude  der 
Journale:  New -Yorker  Staatszeitung,  Daily  News,  Star,  Sun, 

»  E.  Steiger,  The  feriodical  litttrature  0/  the  United  Statei.  New-York  1873. 
—  G.  1\  KOWELI.,  The  man  xoho  advertise.  New-York  1870.  —  A.  MaveriK, 
H.  J.  Raymond  and  the  New-York  Press.  Hartford,  U.  S.,  1870.  —  M.  Cuchev.m- 
Clavjgny,  Flistoire  de  la  Presse  en  Angicterre  et  aux  £jats  Unis.  Paris  1857.  — 
Die  Angaben  über  den  heutigen  Bestand  sind  von  einem  erfahrenen  Yerleger 
Amerikas,  M.  North. 


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IV.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWKRRF.  NORDAMERIKAS. 


II/ 


Tribune,  Times,  Obs  erver,  World,  Evening  Mail,  Evening  Telegraph, 
Herald,  dazu  den  grossartigen  Bau  des  Zentral- Telegraphenamtes, 
die  kolossalen  Offizinen  von  Harper  Brothers  u.  a.  Mit  diesem 
bibliopolisch- typographischen  Viertel  kann  sich  selbst  Fleehstreet. 
Paternoster- row  und  Umgebung  in  London  nicht  messen. 

Das  grossartigste  Zeitungs- Institut  ist  wohl  das  des  Nezv-York 
Herald.  Die  Herausgeber  haben  sich  die  Mühe  gegeben ,  eine  Der  Herald. 
Nummer  des  Herald  mit  der  korrespondierenden  Nummer  der 
englischen  Times  zusammenzustellen.  Jede  enthält  120  Spalten; 
unter  diesen  hatte  der  Herald  80  Inseratenspalten  mit  3061  Anzeigen, 
Times  73  Spalten  mit  1846  Annoncen.  Dem  Stoff  nach  enthält  die 
//<Ttf/</-Nummer  auf  3 1  350  Zeilen  mit  etwa  2  800000  Typenstücken 
den  ungefähren  Stoff  von  fünf  gewöhnlichen  Romanbänden.  Die 
Ausgaben  für  einzelne  Telegramme  sind  enorm  und  waren  es  früher 
noch  mehr,  als  zehn  Wörter  400  Mark  kosteten.  Während  des 
englisch-abessinischen  Krieges  musste  die  englische  Regierung  ihre 
Nachrichten  aus  dem  Privatbureau  des  Herald  holen ,  denn  dieser 
empfing  seine  Telegramme  so  zeitig,  dass  die  englischen  Blätter  die 
aus  New-York  zurücktelegraphierten  Nachrichten  als  ihre  neuesten 
Nachrichten  bringen  mussten.  Zur  Zeit  des  deutsch  -  französischen 
Krieges  hatte  die  Tribüne  den  Herald  überholt.  Erstere  brachte 
mit  einem  Kostenaufwand  von  3000  Dollars  das  erste,  spaltenlange 
Telegramm  über  den  Kampf  bei  Gravelotte,  das  schon  Tage  lang 
in  New-York  gelesen  war,  als  man  in  Berlin  sich  noch  immer  mit 
dem  bekannten  kurzen  Telegramm  aus  dem  Hauptquartier  begnügen 
musste.  Das  machte  die  Tribüne  während  des  Krieges  sehr  populär. 
Als  Trumpf  hiergegen  spielte  nun  der  Herald  die  sehr  kostspielige 
afrikanische  Expedition  Stanleys  zum  Aufsuchen  Livingstones  aus. 

Überhaupt  erreichte  die  von  Horace  Greeley  im  Verein  mit 
gleichgesinnten  Mitarbeitern  1841  gegründete  Tribüne1  eine  hohe    h.  Greeley 

•  3.  Kcbr.  181 1, 

Bedeutung.    Horace  Greeley  war  Sohn  eines  armen  Bauers  in  .'■  *>•  Nov.  i87*. 
Amhorst.  Er  half  seinem  Vater  beim  Holzfällen ;  jedoch  seine  Liebe 
zu  den  Büchern  erweckte  den  Wunsch  in  ihm,  Setzer  zu  werden. 
Er  kam  auch  in  die  Lehre  nach  Pultney,  was  er  jedoch  dort  lernen 
konnte,  war  bald  gelernt.  Nach  verschiedenen  bösen  Erfahrungen 


1  Die  Offizin  ist  abgebildet  im  Journ.  f.  B.  1876,  Nr.  6. 


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n8 


DIE  ANGl.O- AMERIKANISCHE  GRUPPE- 


IV.  KAP. 


kam  er  am  1 8.  August  1 83 1  nach  New  -  York  mit  zehn  Dollars  in  der 
Tasche.  Trotz  seiner  Tüchtigkeit  ward  es  ihm  sehr  schwer,  eine 
Stelle  zu  finden.  Man  traute  ihm  nichts  ordentliches  zu,  namentlich 
weil  er  gar  zu  wenig  auf  sein  Äusseres  gab.  Endlich  fand  er  in  einer 
Druckerei  Stellung.  Es  wurde  ihm  die  schwerste  Aufgabe,  der  Satz 
eines  polyglotten  Neuen  Testaments,  aufgetragen.  Die  Arbeit  fiel 
vortrefflich  aus  und  Greeley  war  bei  derselben  mit  solchem  Fleiss,dass 
er  in  Misskredit  bei  seinen  von  ihm  ausgestochenen  Kollegen  kam. 
Ein  Dr.  Steppard,  ein  Mann  mit  vielen  Kenntnissen,  aber  ganz  ohne 
Vermögen,  wünschte  Teilnehmer  für  ein  Blatt,  die  „ Morgenpost u, 
und  veranlasste  Greeley  und  den  Faktor  der  Druckerei,  Story,  solche 
zu  werden.  Das  Blatt  schlug  fehl,  jedoch  die  angefangene  Druckerei 
kam  vorwärts;  Story  starb  und  Greeley  nahm  einen  anderen  Associc, 
Winchester.  Auch  eine  zweite  Zeitschrift,  der  „New -Yorker",  an 
dem  Greeley  gearbeitet  hatte,  ging  ein.  Dieser,  der  demnach  Schrift- 
steller geworden  war,  gründete  nun  selbst  1841  die  Tribüne.  Die 
Anfange  waren  klein.   Greeley  war  die  Seele  des  Ganzen,  bald 
am  Redaktionstisch  schreibend,  bald  am  Setzkasten  zugreifend, 
dann,  wenn  nötig,  bei  der  Presse  Hand  anlegend.  Das  Blatt  gewann 
rasch  einen  grossen  Aufschwung  und  die  etwa  zwanzig  Gründer,  die 
mit  ihrer  Arbeit  —  denn  über  ein  anderes  Kapital  hatten  sie  nicht 
zu  verfügen  gehabt  —  beteiligt  waren,  wurden  wohlhabende  Leute. 
Ausser  der  Tagesausgabe  druckte  man  eine  halbwöchentliche  und 
eine  wöchentliche,   zusammen  in  ungefähr  100000  Exemplaren. 
Horace  Greeley  schlug  standhaft  die  Übernahme  der  ehrenvollsten, 
selbst  Gesandten -Posten,  aus  und  meinte,  wenn  ein  Journalist  auf 
seinem  Posten  ist,  dann  kann  er  in  einem  I^ande  mit  einer  freien 
Presse  mehr  leisten,  als  alle  Gesandte  zusammen1.  Die  Setzer  der 
Vereinigten  Staaten  wollten  ihm  zuerst  ein  aus  Typen  gegossenes 
Monument  setzen,  errichteten  ihm  jedoch  später  auf  dem  Greenwood- 
Friedhofe  in  Brooklyn  ein  Denkmal,  bestehend  in  einer  Bronce- 
Kolossalbüste.    Die  vier  Seiten   des  Sockels  sind  mit  Reliefs 
geschmückt. 

Bedeutenden  Einfluss  übte  auch  The  Public  Ledger  George 
W.  Childs'.  Dieser,  in  Baltimore  geboren,  kam  als  vierzehnjähriger 


»  James  I'arton,  Tht  ///?  of  Horace  Greeuy.  New -York  1S55. 


IV.  KAP.       TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS. 


119 


Bursche  nach  New -York  in  eine  kleine  Buchhandlung,  erwarb  sich  <;.  w.  oüm, 
durch  grössten  Fleiss,  verbunden  mit  Sparsamkeit,  einige  hundert 
Dollars  und  fing  mit  diesen  in  einem  Winkel  des  Gebäudes  des 
Public  Lcdger  ein  kleines  Geschäft  an,  jedoch  mit  dem  Vorsatz: 
„das  muss  alles  einmal  mir  gehören".  Childs  wurde  Teilhaber  einer 
respektablen  Buchhändlerfirma  R.  E.  Peterson  &  Co.,  in  der,  unter 
seiner  Beteiligung,  viele  bedeutende  Werke  erschienen. 

Inzwischen  war  es  mit  dem  angesehenen  Ledger  rückwärts- 
gegangen. Es  bestand  als  Pcmijy-Blatt  seit  dem  Jahre  18 16  und  die 
Unternehmer  hatten  nicht  den  Mut,  diesen  Preis  zu  erhöhen,  obwohl 
er  unter  den  indes  eingetretenen  Valuta  -  Verhältnissen  ein  völlig 
unhaltbarer  geworden  war.  Trotz  der  grossen  Verbreitung  und  der 
massenhaften  Inserate  verlor  man,  wovon  das  Publikum  jedoch 
keine  Ahnung  hatte,  jährlich  an  150000  Dollars.  Unter  diesen 
Verhältnissen  kaufte  Childs  das  Blatt  für  eine  Summe,  welche  die 
eines  Jahresausfallcs  wenig  überschritt,  stellte  den  Preis  auf  zwei 
Pcnce  und  erhöhte  entsprechend  den  Inseratenpreis.  Anfänglich 
grosser  Krach  in  der  Zahl  der  Abonnenten,  dann  aber  das  Gefühl 
bei  denselben,  den  alten  bewährten  Freund  nicht  entbehren  zu 
können,  und  die  Sache  ging  wieder  vorwärts.  Nun  war  Childs 
ein  gemachter  Mann  und  der  Ledger1  eine  grosse  Macht,  von 
der  jedoch  der  Besitzer  immer  nur  den  edelsten  Gebrauch  gemacht 
hat.  Er  begriff,  dass  der  Mann,  welcher  eine  Druckerpresse 
besitzt  und  die  Feder  fuhrt,  ebensowenig  das  Recht  hat,  Schmäh- 
nachrichten zu  verbreiten  oder  die  Ehre  eines  anderen  anzutasten, 
als  derjenige,  der  eine  Uniform  und  ein  Schwert  trägt,  befugt  ist, 
nach  Belieben  zu  tödten  oder  zu  verwunden,  um  seinen  I^aunen 
oder  boshaften  Gesinnungen  zu  fröhnen.  Sogar  über  die  Anzeigen 
wachte  er  und  hatte  den  Mut,  von  dem  Prinzip  abzugehen ,  wonach 
der  Herausgeber  eines  Blattes  nicht  die  Verantwortlichkeit,  wenn- 
auch  nur  die  moralische,  für  die  Anzeigen  zu  tragen  habe.  Dass  er 
mit  diesem  Prinzip  zugleich  auf  grosse  Einnahmen  verzichtete,  ist 
leicht  zu  begreifen.  Childs  sorgte  auch  stets  in  grossartigstcr  Weise 
für  die  Gesundheit  und  das  Wohlbefinden  seiner  Mitarbeiter. 

"  Lu<;kn  Munday,  I/istoru-a!  sketch  of  tht public  Ltdger.  Philadelphia  1870.  - 
James  I'akton,  George  W.  Childs.  Philadelphia  1S70.  —  Die  Offizin  ist  abgebildet 
im  Jnurn.  f.  II.  1876,  Nr.  4. 


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120  DIE  ANGLO-AMERIKANISCHE  GRUPPE.  IV.  KAP. 

Es  ist  nicht  möglich,  die  bedeutenden  Zeitungsanstalten 
alle  näher  zu  charakterisieren  und  ihre  Offizinen  ausführlich  zu 
beschreiben,  die  auch  im  Westen  grossartige  Dimensionen  ange- 
nommen haben,  so  z.  B.  die  Offizin  der  Chicago  Times,  die  in  einem 
aus  weissen  Sandsteinen  erbauten,  palastähnlichen  Eckgebäude  mit 
zwei  Fronten  von  je  80  Fuss  ein  Erdgeschoss  und  fünf  Stockwerke 
einnimmt.  Überhaupt  würden  solche  Äusserlichkeiten  an  und 
für  sich  keine  Bedeutung  für  die  Geschichte  der  Buchdruckerkunst 
haben,  wenn  sie  nicht  mit  als  Beweis  dienten,  welche  kolossale 
Ausdehnung  und  hohe  Macht  die  Zeitungspresse  besitzt,  die  doch 
immer  nur  ein  Teil  der  Gesamtpresse  ist. 

Auch  unter  den  Wochenblättern  erheben  einige  stolz  ihre 
Häupter  über  das  Gewöhnliche.  Unter  den  Verlegern  und  Druckern, 
die  sich  um  diese  Litteratur,  doch  nicht  nur  um  diese,  verdient 
gemacht  haben,  steht  die  Familie  Harper  obenan1. 

Der  Gründer  derselben,  John  Harper,  stammt  aus  Newtown 
john  Harper  (Rhode  Island).  Sein  Bruder  James  und  er  waren  in  New -York  in 
f  »!  ApVi78775.  einer  Buchdruckerei  beschäftigt  und  zählten  mit  zu  den  tüchtigsten 
Arbeitern,  James  als  Drucker,  John  als  Setzer.  Im  Jahre  18 17 
gründeten  die  Brüder  eine  kleine  Buchdruckerei  unter  der  Firma 
J.  &  J.  Harper.  Durch  Promptheit  erwarben  sie  sich  einen  guten 
Ruf  und  ihre  eigenen  Verlagsunternehmungen  wurden  mit  Vertrauen 
empfangen.  1833  gesellten  sich  noch  zwei  Brüder,  Joseph  Wesley 
Harper  und  Fletcher  Harper,  als  Teilnehmer  dazu  und  die  Firma 
wurde  Harper  Brothers.  Die  vier  Brüder  waren  alle  sehr  ver- 
schiedenen Charakters,  ergänzten  sich  jedoch  ganz  vortrefflich. 
Frug  man:  wer  ist  Harper?  und  wer  sind  die  Brüder?  so  konnte 
man  nur  antworten  :  „irgend  einer  derselben  ist  Mr.  Harper  und  die 
anderen  sind  die  Brüder".  Gerade  in  diesem  innigen  Zusammen- 
wirken lag  das  Geheimnis  ihrer  Erfolge.  Im  Jahre  1850  begannen 
sie  Harpers  Monthly,  dessen  Aufnahme  eine  so  ausserordentlich 
günstige  war,  dass  sie  1857  Harpers  Weckly  und  1867  Harpers 
Basar  folgen  Hessen. 

Jeder  der  Brüder  hatte  sein  besonderes  Departement,  welches 
Harpen  neu«  er  selbständig  leitete.    Das  der  Finanzen  gehörte  John ,  zugleich 
die  Besorgung  der  Erwerbungen  an  Material  und  Maschinen.  Er 

'  Jac.  Abott,  The  Harper  Establishment.   New  York  1855. 


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IV.  KAP. 


TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGKWFRBE  NORDAMERIKAS. 


121 


war  ein  Mann  von  bestimmtem  Charakter,  rasch  im  Entschliessen, 
fest  in  der  Durchführung  der  Entschlüsse,  in  allen  Verhältnissen  ein 
Gentleman,  bei  aller  Lebhaftigkeit  stets  ruhig  und  besonnen,  nie  in 
Unruhe  oder  Hast. 

Als  das  grosse  Harpersche  Etablissement  in  Franklin -Square 
i8<;;  ein  Raub  der  Flammen  wurde,  stand  John  mit  seinen  Brüdern  Brand  de* 
ruhig  unter  der  aufgeregten  Menschenmasse  und  beobachtete  das 
Fortschreiten  des  verheerenden  Elements.  Seine  Uhr  aus  der  Tasche 
ziehend  bemerkte  er  gegen  die  Brüder,  dass  es  jetzt  Essenszeit  sei ; 
es  wäre  wohl  das  beste,  man  käme  nach  dem  Essen  zu  ihm,  dort 
könne  man  ruhig  überlegen ,  was  zu  thun !  Die  Brüder  fanden  sich 
ein  und  sassen  schweigend  in  Gedanken  vertieft.  Da  ergriff  John 
das  Wort:  „Unser  Geschäft  ist  zu  wertvoll,  um  es  fallen  zu  lassen 
oder  um  es  in  andere  Hände  zu  geben.  Wir  haben  alle  Söhne;  sie 
haben  uns  geholfen  und  sind  nun  bald  imstande,  unsere  Plätze 
einzunehmen.  Wir  wollen  ihnen  das  Geschäft  weiter  führen  und 
ihnen  zeigen,  dass  wir  noch  keine  alten  Schlafmützen  sind1*. 

Und  so  wards  beschlossen.  Noch  an  demselben  Abend  begann 
John  die  Pläne  für  den  Neubau  zu  entwerfen.  Die  Zeichnungen  von 
allen  den  inneren  Räumlichkeiten  und  Einrichtungen  wurden  unter 
Berücksichtigung  der  mannigfachen  Bedürfnisse  des  Geschäfts  in 
allen  Details  von  John  gemacht  und  dann  dem  Architekten  über- 
geben, dem  es  überlassen  wurde,  das  Äussere  dem  Innern  anzu- 
passen. Durch  Schaden  klug  geworden,  Hess  man  alles  aus  Stein 
oder  Eisen  aufführen.  Jedes  Stockwerk  ist  für  sich  ganz  abgeschlossen 
und  die  Kommunikation  mit  den  beiden  Geschäftshäusern  nur 
durch  die,  in  einem  freistehenden  Turm,  von  welchem  aus  Ver- 
bindungsbrücken nach  jedem  Stocke  der  beiden  Geschäftsgebäude 
führen,  befindliche  Treppe  unterhalten.  Es  dürfte  dieses  Etablisse- 
ment jetzt  eines  der  eigentümlichsten ,  zugleich  eine  der  am  besten 
gegen  Feuersgefahr  gesicherten  Druckereien  der  Welt  sein.  Ein 
eigentümlicher  Zug  von  John  Harper  war  es,  dass  er,  obwohl  er 
täglich  von  9 — 3  Uhr  im  Comptoir  arbeitete,  die  nach  seiner  eigenen 
Angabe  gebauten  Lokalitäten,  mit  Ausnahme  des  Maschinenraumes, 
nie  betrat.  Was  in  sein  Departement  nicht  gehörte,  überliess  er 
ganz  und  gar  seinen  Brüdern,  Söhnen  und  Neffen.  Der  Bruder 
James  starb  1869,  Wesley  1870,  John  selbst  1875  am  22.  April,  nur 


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122 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAI*. 


sein  Bruder  Fletcher  überlebte  ihn.  Bis  zum  Jahre  1878  hatten 
Harpcrs  3291  Werke  in  über  4000  Bänden  herausgegeben. 

Wennauch  Harpcrs  Monthly  die  grösste  Auflage  von  allen 

k.  senbner.  Monatsschriften  hat  —  160000  Exemplare  — ,  so  kommt  ihm  doch 
das  von  Karl  Scribner  gegründete  Serilmers  Monthly,  das  jetzt 
den  Titel  The  Century  angenommen  hat,  nahe.  Der  materielle  Wert 
eines  solchen  Unternehmens  ist  ein  sehr  bedeutender;  so  erhielten 
die  Söhne  Scribners  für  ihren  40prozentigcn  Anteil  die  Summe  von 
mehr  als  1  100000  Mark,  wonach  also  das  ganze  Unternehmen  den 
Wert  von  gegen  3  Millionen  Mark  repräsentierte. 

Unter  den  Herausgebern  illustrierter  Blätter  ist  Frank  Leslik 

Krank  Lesiic  besonders  zu  erwähnen.  Sein  eigentlicher  Name  war  Henry  Carter, 
t  1.  j^'iW  Erst  Holzschneider  und  Vorsteher  der  xylographischen  Anstalt  der 
lllustrated  London  News,  ging  er  im  Jahre  1 848  nach  Amerika  und 
unternahm  die  Gazette  of  Fashion,  dann  den  Chimney  Corner  und  das 
Ladys  Magazine.  Am  14.  Dezember  1855  erschien  Frank  Leslies 
lllustrated  Newspaper.  Zwar  erwarb  er  sich  damit  ein  sehr  grosses 
Vermögen;  bei  seiner  excessiven  Freigebigkeit  überstiegen  jedoch 
seine  Ausgaben  die  Einnahmen  und  er  musste  1877  sein  Geschäft 
an  J.  W.  England  abtreten,  wirkte  aber  für  dasselbe  fort.  Leslie 
war  der  erste,  welcher  die  grossen  Holzplatten  mit  den  darauf  sich 
befindenden  Zeichnungen  in  viele  Stücke  zersägen  Hess,  um  sie  nach 
Vollendung  des  Schnittes,  der  nun  gleichzeitig  von  einer  grossen 
Zahl  von  Holzschneidern,  also  sehr  schnell,  gearbeitet  werden 
konnte,  wieder  zusammen  zu  leimen  oder  durch  Rahmen  zusammen 
zu  pressen. 

Auch  Georg  Palmer  Putnam  erwarb  sich  einen  bedeutenden 
Georg  Pinna tn  Namen  als  Journal  -  Herausgeber.  1840  gründete  er  die  Firma 
t  Vo".  De/'  %V.  Wiley  &  Putnam.  In  London  legte  er  eine  Filiale  an.  weilte  dort 
sieben  Jahre  und  gab  von  1843  ab  The  American  Bookseiter  heraus. 
Putnam  war  der  erste,  der  regelmässig  Bücher  nach  England 
exportierte  und  umgekehrt  von  dort  importierte.  Nach  seiner 
Rückkehr  nach  New -York  wurde  1852  Putnains  Magazine  ge- 
gründet, welches  damals  in  Nordamerika  einzig  in  seiner  Art 
dastand. 

Amerika  hat  auch  zu  einer  täglich  erscheinenden  illustrierten 
Zeitung  den  ersten  Anlauf  genommen.    Seit  1873  erscheint  in 


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IV.  KAP.        TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS.  123 


New -York  The  Daily  Graphic,  jede  Nummer  mit  etwa  zwanzig  rn,  i>«iiy 
grosseren  oder  kleineren  Illustrationen.  Bei  einem  äusserst  massigen 
Preis  sind  Druck  und  Papier  sehr  gut.  Da  jedoch  die  Bilder  — 
Hochätzungen  von  verschiedenem  Wert  —  in  der  Mehrzahl  den 
unterhaltenden  Teil  illustrieren,  also  im  voraus  fertiggestellt  werden 
können,  so  ist  das  Problem  einer  wirklichen  illustrierten  Tageszeitung 
noch  nicht  als  voll  gelost  zu  betrachten. 

Die  Summe,  welche  die  Inserierenden  an  die  Zeitungs-Heraus- 
geber zu  zahlen  haben,  wird  auf  120  Millionen  Mark  geschätzt. 
Von  The  Sun  wurde  neulich  eine  der  350  Aktien  „ billig"  für 
18000  Mark  verkauft,  das  gäbe  nahe  an  sechs  und  eine  halbe 
Million  Mark.  Der  Redakteur  A.  Dana  bezieht  als  Salair  und 
Tantieme  jährlich  etwa  300  000  Mark.  Hiernach  kann  man  sich 
eine  Vorstellung  machen  von  dem  enormen  pekuniären  Wert  der 
amerikanischen  Zeitungen. 

Der  Schöpfer  der  amerikanischen  HOLZSCHNEIDEKUNST  war 
Alexander  Anderson.  Bereits  als  Schulknabe  schnitt  er  mit  einem  Xylographie 
Handmesser  kleine  Vignetten  in  Schriftmetall  und  verkaufte  sie  an  Ate*.  Anders 
Zeitungs- Herausgeber.  Später  wählte  er  die  Medizin  als  Brotstudium ;  r  W>  «» 
jedoch  die  Liebe  zur  Kunst  behielt  die  Oberhand  bei  ihm,  und  als 
er  erfuhr,  dass  Bewick  in  London  in  Buchsbaum  schnitt,  hing  er 
die  Medizin  an  den  Nagel  und  wurde  der  erste  Holzschneider  in 
Amerika.  Seine  letzte  Arbeit  in  Metall  war  „das  Abendmahl1*  nach 
Holbein  für  eine  Bibel  in  Quart.   Bis  in  sein  94.  Jahr  arbeitete  er 
unverdrossen.  Während  Amerika  1840  nur  etwa  40  Xylographen 
hatte,  betrug  die  Zahl  bei  Andersons  Tod  bereits  über  400. 

Um  den  Druck  der  Holzschnitte,  zugleich  um  diese  selbst  und 
die  galvanische  Vervielfältigung  derselben  hat  J.  Adams  wesentliche  j.  Adam*. 
Verdienste.  Nach  vielen  vergeblichen  Versuchen  gelang  es  ihm, 
mit  Harpers  ein  Übereinkommen  betreffs  des  Verlages  und  Druckes 
einer  illustrierten  Bibel  abzuschliesscn ,  wobei  er  die  Bedingung 
gestellt  hatte,  dass  der  Druck  vollständig  nach  seiner  Angabe 
geschehe.  Mit  unermüdlicher  Sorgfalt  wendete  er  das  noch  nicht 
bekannte  Verfahren  des  Unterlegens  an  und  nach  vierzehntägiger 
Arbeit  an  der  Adamsschen  Tiegeldruckpresse,  während  deren  er 
vieles  von  den  über  ihn  spottenden  Druckern  und  der  Bedenklichkeit 


124 


DIE  ANGLO- AM  ERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


der  Verleger  zu  leiden  hatte,  leistete  er  zum  Staunen  der  ersteren 
und  zur  Genugthuung  der  letzteren  mit  dem  ersten  Bogen  einen 
Druck,  wie  man  ihn  noch  nicht  kannte.  Das  Publikum  lohnte  der 
Verleger  Opferwilligkeit  durch  Abnahme  von  50000  Exemplaren. 

Unter  den  Druckanstalten  Amerikas  sowohl  als  unter  den 
Die  Refjieruiig»-  Staatsdruckereien  anderer  Länder  nimmt  die  Regif.rungsdruckere:  1 
der  Vereinigten  Staaten  einen  achtunggebietenden  Standpunkt  ein. 

Zuerst  wurden  die  Staatsarbeiten  an  die,  von  beiden  Häusern 
gewählten  Privatdruckereien  vergeben,  mit  denen  man  auf  Grund 
bestimmter  Preise  kontrahierte.  Später  beliebte  man  den  Zuschlag 
an  den  Mindestfordernden,  dann  wurde  zu  einer  Anstalt  geschritten, 
deren  Direktor  der  Präsident  erwählt.  Die  1861  bezogenen  Räum- 
lichkeiten sind  später  bedeutend  erweitert  worden. 

Vor  der  Rebellion  der  Südstaaten  genügten  23 ,  grösstenteils 
Adamssche,  Schnellpressen.  Durch  4  Accidenzpressen  und  einige 
Liniiermaschincn  wurden  die  kleineren  Arbeiten  erledigt.  Während 
des  Aufstandes  nötigte  jedoch  der  Bedarf  des  Kriegs-  und  Marine- 
departements zur  Verstärkung  der  Kräfte.  Obwohl  von  Liniier- 
maschinen  allein  16  fortwährend  beschäftigt  waren,  mussten  manche 
Arbeiten  Privaten  übertragen  werden.  Nachdem  jedoch  der  Kongress 
bestimmt  hatte,  dass  alle  Regierungsarbeiten  in  der  Staatsdruckerei 
besorgt  werden  sollten,  waren  grosse  Erweiterungen  vorzunehmen. 

Das  Druckhaus  ist  ein  vierstöckiges ,  nicht  besonders  schönes, 
jedoch  gut  belichtetes  und  zweckmässig  eingerichtetes  Gebäude  von 
300  Fuss  Länge  und  60 — 70  Fuss  Breite.  Der  Druckersaal  nimmt 
die  ganze  Tiefe  und  270  Fuss  Länge  ein.  Die  Zahl  der  Schnell- 
pressen beträgt  63 ,  die  der  Arbeiter  1 200.  Die  Jahresausgabe  für 
Löhne  und  Material  wird  auf  etwa  9  Millionen  Mark  veranschlagt. 
Die  Arbeiten  sind  in  drei  Klassen  geteilt:  Staatsakten,  gerichtliche 
und  laufende  Arbeiten.  Die  in  der  Anstalt  gedruckten  Werke  haben  oft 
einen  grossen  Umfang,  so  umfasst  das  Werk  über  den  Secessionskrieg 
96  Bände  in  Grossoktav.  Oft  ist  rasende  Eile  notwendig;  so  wurden 
die  Berichte  der  Halifax-Fischerei-Kommission  480  Seiten  in  Oktav 
in  48  Stunden  gesetzt,  korrigiert,  gedruckt,  gebunden  und  dem 
Kongress  übergeben.  Der  jährliche  landwirtschaftliche  Bericht  ist 


'  Joum.  f.  B.  1881,  Nr.  22.  —  Ann.  d.  Typ.  Ii,  Nr.  92. 


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IV.  KAP.       TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS. 


ein  Band  von  800  Oktavseiten  und  wird  in  225  ex»  Exemplaren 
gedruckt. 

Der  Banknotendruck  unterlag  durch  Jakob  Perkins,  der  die 
Herstellung  von  Stahlplatten  einführte,  einer  bedeutenden  Um-  Banknotendmck. 
änderung  und  Verbesserung.  1818  ging  Perkins  nach  London  und 
arbeitete  dort  mit  dem  vorzüglichen  Graveur  Heath  zusammen. 
Mehrere  Sicherheitsmassregeln  wurden  erfunden,  namentlich  das 
Hineinarbeiten  von  Fäden  oder  Haaren  in  das  Papier.  Die  Noten 
sind,  dem  Geschmack  der  Amerikaner  gemäss,  recht  bunt  und 
enthalten  vollständige  Bilder,  ja  sogar  Schlachtenscenen ,  in  Stahl- 
stich. Sie  werden  in  dem  Bureau  of  Engraving  and  Printing, 
einer  Abteilung  des  Schatzamtes,  und  bei  der  American  Banknote 
Company  ausgeführt. 

Die  Postkarten  liefert  laut  Vertrag  die  American  Phototype 
Company  in  Holyoke.  Der  Bogen  enthält  40  Postkarten.  Die  Pressen 
sind  mit  verschlossenen  Zählapparaten  versehen,  zu  welchen  nur 
Regierungsbeamte  den  Schlüssel  haben.  Zirkularschneidemaschinen 
teilen  den  Bogen  viermal  der  Länge  nach,  die  Längenschnitte 
werden  wieder  zehnmal  der  Quere  nach  geschnitten.  Täglich  wird 
durchschnittlich  1  Million  Stück  geliefert,  die  Produktion  kann  aber 
auf  1  700000  gesteigert  werden. 

Dass  die  Versendung  von  Drucksachen  durch  die  Post  eine 
sehr  grosse  ist,  begreift  sich  leicht;  sie  beträgt  neben  1100 — 1200 
Millionen  Briefen  jährlich  gegen  750  Millionen  Zeitungsnummern 
und  mehr  als  300  Millionen  andere  Drucksachen. 

Der  AcciDENZDRUCK  setzt  in  einem  Geschäftslande,  wie  es 
Amerika  ist,  enorme  Summen  in  Zirkulation.  Nach  Einführung  der  AcciclcDzdrtick. 
Tretmaschinen  ist  ein  grosser  Teil  der  Arbeiten  in  die  Hände  der 
Stationer  (Trittmüller)  übergegangen.  Bei  der  Sucht,  auffallig  zu 
sein,  laufen  allerdings  manche  sonderbare  Erzeugnisse  unter  den 
Accidenzcn  mit  unter,  aber  vieles  ist  auch  ausserordentlich  schön. 
Unter  den  Accidenzdruckern,  speziell  unter  den  Farbendruckern, 
steht  VV.  J.  Kelly  in  hohem  Ansehen.  Als  Herausgeber  einer 
Fachzeitschrift,  The  Model  Printer,  macht  er  zugleich  seine  Arbeiten 
der  Allgemeinheit  der  Buchdrucker  nutzbar.  Einen  würdigen  Kon- 
kurrenten hat  erin J.F. EARHARi  inColumbus.  Auch OscarH.  Harpel 
in  Cincinnati,  der  den  glucklichen  Gedanken  hatte,  etwa  700  von  ihm 


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126 


DIE  ANGLO-AMERIK  AN  ISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


o.  h  Mirpei  in  der  Praxis  ausgeführte  Accidenzen  in  einem  Band  Harpe Is 
~  jo/n"v.\ss'i.  Typograph  zu  sammeln,  genoss eines  verdienten  Ansehens.  Ausser 
seinem  praktischen  Musterbuch  gab  er  ein  mit  grossen  Kosten  ver- 
bundenes Werk  heraus:  Poets  and  Poetry  of  Printerdom.  Harpel 
war  eine  der  ideal  angelegten  Naturen,  die  in  ihrem  Streben  nach 
Vollkommenheit  nicht  genug  das  Praktische  berücksichtigen,  und 
er  erzielte  deshalb  nicht  die  Vorteile,  die  ihm  auf  Grund  seiner 
Tüchtigkeit  und  Liebe  zur  Kunst  sehr  zu  gönnen  gewesen  waren. 

Als  Beispiel,  welche  Summen  auf  Accidenzarbeiten  verwendet 
werden,  sei  angeführt,  dass  ein  Kurzwaren-Geschäft  in  New-Haven 
für  2000  Exemplare  eines  Muster -Katalogs  gegen  350000  Mark 
verausgabte.  Der  Folioband  von  290  Seiten  mit  etwa  700  in  der 
wirklichen  Grösse  und  in  den  natürlichen  Farben  ausgeführten 
Abbildungen  kostet  allein  zu  binden  65  Mark  für  jedes  Exemplar. 
Dabei  übersandten  die  Besteller  nach  Vollendung  des  Bandes  dem 
Drucker  mit  einem  sehr  verbindlichen  Schreiben  ein  äusserst 
kostbares  Chronometer,  ein  Zeichen  der  Anerkennung,  wie  sie  im 
Geschäftsleben  wohl  nicht  gar  zu  oft  vorkommt. 

Die  Durchschnittsqualität  des  Buchdruckes  ist  eine  gute.  Man 
fabriziert  in  Amerika  weniger  für  besondere  Klassen  von  Lesern, 
es  fehlt  deshalb  in  der  Regel  einerseits  das  höchste  Raffinement, 
andererseits  ein  ungeniertes  Sichgehenlassen.  Die  Schulbücher  sind, 
was  nicht  genug  gelobt  werden  kann ,  fast  ausnahmslos  vortrefflich 
ausgestattet.  Druckt  man  einmal  wirkliche  Prachtwerke,  so  können 
sie  auch  den  Vergleich  mit  den  besten  Erzeugnissen  der  alten  Welt 
aushalten,  z.  B.  Applctons  Picturesque  America  und  Picturesque 
Eurof>e. 

Über  die  Ausdehnung  des  BüCHHÄNDl.ERISCHKN  GESCHÄFTS 1 

Der  ij.ichhi,,  i-i.  ist  es  nicht  leicht,  eine  ganz  bestimmte  Übersicht  zu  gewinnen,  da 

keinerlei  Kontrolle  ausgeübt  wird.     Die  Zahl  der  eigentlichen 

Buchhändler  wird  auf  etwa  3000  angegeben ,  darunter  sind  gegen 

800  Verleger.   Neun  Zehnteile  des  Verlagsgeschäftes  sind  jedoch 

auf  höchstens  50  Firmen  verteilt.    Buchhändler,  welche  nicht  ein 

ausschliessliches  Geschäft  aus  dem  Handel  mit  Büchern  machen. 

giebt  es  über  IOOOO. 

«  Catafogite  of  the  Collect  &  Exhibit  of  the  Ameritan  />\wi  Trade.  Y:\x\-.  1S7S.  — 
Der  amerikanische  l!uchliaii<lel.    Auslait'l  I.S62,  Nr.  19. 


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IV.  KAP.        TYPOGRAPHIE  UNI)  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS.  127 

Hat  die  Blcherfroduktion  auch  nicht  eine  so  immense 
Steigerung  aufzuweisen  wie  die  Zeitungsproduktion,  so  ist  sie  doch  Bücher- 

Produktion, 

eine  sehr  bedeutende.  Die  amerikanische  Originallitteratur  bietet 
schon  jetzt  einen  bedeutenden  Stoff,  daneben  werden  mit  einer,  bei 
lohnenden  Aussichten  staunenswerten,  einer  besseren  Sache  zur 
grössten  Ehre  gereichenden  Energie  die  besten  Erzeugnisse  des 
Mutterlandes  nachgedruckt.  Ein  internationaler  Vertrag  mit  England 
lässt  immer  noch  auf  sich  warten,  und  obwohl  selbst  in  Amerika 
gewichtige  Stimmen  für  den  Schutz  gegen  Nachdruck  sich  erheben, 
ist  doch  kaum  anzunehmen,  dass  der  „praktische*  Amerikaner  sich 
dem  Zwange  sobald  fügen  wird,  es  wäre  denn,  dass  die  Zunge  der 
Interessen  wage  sich  zu  seinen  Gunsten  neigen  würde. 

Der  eigentliche  Ursprung  des  organisierten  Buchhandels  in 
Amerika  rührt  von  der  Begründung  der  Amerikanischen  Buch-  Organisation 

des  Buchhandels. 

handlungs-Gescllschaft  im  Jahre  1801  her.  Sie  errichtete  Comptoire 
in  New -York,  Philadelphia  und  Boston,  stellte  feste  Bedingungen 
für  den  Betrieb  und  war  bemüht,  durch  Preisausschreiben  die 
Fabrikation  des  Papiers  und  der  Druckerschwärze  zu  fördern.  Doch 
blieben  die  Fortschritte  des  Buchhandels  immer  noch  klein.  Die 
Auflagen  wurden  selten  höher  als  5 — 600  gemacht. 

Mit  dem  Jahre  1830  hatte  sich  dies  schon  sehr  geändert  und 
spater  erreichten  Werke  selbst  von  grösserem  Umfang  und  hohem 
Preis  grosse  Verbreitung.  Agassiz'  Naturgeschichte  Nordamerikas, 
die  über  600  Mark  kostete,  hatte  über  2500  Subskribenten;  von 
Kanes  Reise  nach  den  arktischen  Regionen  wurden  60  000  Exem- 
plare abgesetzt,  von  Murrays  geographischer  Encyklopädie  50000, 
von  Giambers  Kncycbptedia  of  Literature  über  100000.  1860  gab 
es  bereits  400  Verleger  und  der  Wert  der  produzierten  Bücher  — 
nicht  Zeitungen  — ,  der  1820  10  Millionen  Mark  betrug,  hatte  1860 
70  Millionen  Mark  überschritten.  Die  Zahl  der  Buchdruckereien  war 
1860  bis  auf  4000  gestiegen,  nachdem  sie  1776  40,  181 2  400 
betragen  hatte. 

Die  Organisation  des  Buchhandels  ist  nicht  so  geschlossen,  wie 
in  Deutschland,  doch  hat  die  American  Book  Trade  Association  einige 
Ähnlichkeit  mit  dem  Börsen -Verein  der  deutschen  Buchhändler. 
Die  Buchhändler  teilen  sich  in  Publislters  (Verleger),  Jobbers 
(Kommissionäre;  und  Rctailcrs  Sortimentshändler),  doch  sind  diese 


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128 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


drei  Branchen  oft  in  einer  Hand  vereinigt.  Eine  besondere  Klasse 
der  Verleger  bilden  die  sogenannten  Subscription  Publishers,  welche 
ihren  Verlag  nur  durch  Vermittelung  von  Agenten  vertreiben,  von 
welchen  jedem  ein  gewisses  Territorium  überlassen  bleibt,  innerhalb 
dessen  Grenzen  er  allein  den  Vertrieb  hat.  Der  Jobber  dient  als 
Mittelsmann  für  diejenigen  Sortimenter,  die  nicht  mit  den  einzelnen 
Verlegern  in  Rechnung  stehen  können  oder  wollen,  und  vorziehen, 
ihren  ganzen  Bücherbedarf  aus  einer  Hand  zu  nehmen.  Sie  kaufen 
oft  tausende  von  Exemplaren  von  den  Verlegern  und  verkaufen 
mit  einem  massigen  Nutzen. 

Einmal  im  Herbst  und  einmal  im  Frühjahr  findet  eine  grosse 
Bücherauktion  statt,  in  welcher  der  Sortimentshändler  sein  Lager 
versorgt.  Die  Produktion  des  Jahres  1 877  betrug  4476  Werke,  also 
ungefähr  dieselbe  Quantität,  die  England  produzierte.  Nur  einige 
grosse  Firmen  schlagen  eine  universelle  Richtung  ein,  gewöhnlich 
beschränkt  sich  eine  Firma  auf  einen  Zweig. 

Eine  für  Amerika  eigentümliche  Institution  ist  die  American 
News  Company.  Diese  Gesellschaft  konzentriert  in  ihren  Händen 
fast  den  ganzen  Betrieb  der  periodischen  Unternehmungen;  ihre 
Interessen  vertritt  The  American  Bookscüer.  Es  ist  eine  Anstalt,  mit 
der  die  Journal -Verleger  rechnen  müssen,  die  jedoch  ihre  Macht  in 
loyaler  Weise  gebraucht. 

Um  die  Förderung  der  buchhändlerischen  Organisation  und 
Fr.  LeiVidt.  des  Büchervertriebes  hat  sich  der  Deutsche  Friedr.  Leupoldt  aus  v 
Stuttgart  besonders  verdient  gemacht-  Wie  in  früherer  Zeit  Deutsche 
die  Buchdruckerkunst  durch  alle  Länder  verbreiteten,  so  sind  es  in 
späterer  Zeit  fast  überall  Deutsche,  die  sich  um  die  rationelle 
Einrichtung  der  buchhändlerischen  Institutionen  verdient  gemacht 
und,  durch  die  mühsamen  Arbeiten  der  Inventarisierung,  System 
in  den  Vertrieb  gebracht  haben.  Die  von  Leupoldt  ins  Leben 
gerufene  PublishersWeekly  ist  die  beste  bibliographische  Zeitschrift 
Amerikas.  Ebenfalls  vortrefflich  ist  sein  seit  1876  erscheinendes 
American  Library  Journal  und  sein  jüngstes  Werk  Cataloguc  and 
Finding  List  of  all  American  Books  in  Print  and  for  Sale.  18S1. 
Eine  grosse  Erleichterung  für  den  Vertrieb  bildet  schliesslich  die, 
ebenfalls  von  Leupoldt  in  Scene  gesetzte,  Uniform  Trade  List  Annual, 
eine  in  gleichförmigem  Äussern  durchgeführte  Sammlung  der 


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IV.  KAP.       TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS.  129 

Kataloge  der  Mehrzahl  der  Verlagshändler,  eine  Idee,  welche  in 
Europa  sofort  Nachahmung  fand,  auch  den  Anstoss  zu  dem  idealern, 
aber  vielleicht  weniger  praktischen  Russellschen  „ Gesamt -Verlags- 
katalog des  Deutschen  Buchhandels"  gegeben  hat. 

Einige  der  massgebenden  und  bahnbrechenden  Verleger  und 
Drucker  wurden  bereits  genannt;  es  mögen  zur  Charakterisierung  sowcr.  poiar 

&  Co. 

noch  einige  wenige  angeführt  werden  und  zwar  zuerst  das  älteste 
Druckgeschäft  Amerikas,  dessen  Geschichte  noch  weiter  zurückgeht, 
als  die  der  Vereinigten  Staaten  selbst  und  welches  zugleich  deutschen 
Ursprungs  ist.  Ein  Teilhaber  der  angesehenen  Firma  Sower, 
Potter  &  Co.  in  Philadelphia  ist  der  direkte  Nachkomme  in  fünfter 
Generation  von  Christoph  Saur  (I,  S.  274).  Wie  bereits  in  ihren 
ersten  Anfängen  beschäftigt  sich  die  Firma  noch  heute  hauptsächlich 
mit  dem  Druck  von  Erziehungs-  und  Erbauungsschriften. 

Letzterer  Zweig  ist  überhaupt  von  sehr  grosser  Bedeutung, 
namentlich  entwickeln  die  Bibel-  und  Missionsgcsellschaften  eine  u«  »■twicinu*. 
ausserordentliche  Thätigkeit.  Die  18 16  gestiftete  Amerikanische 
Bibelgesellschaft,  deren  Jahres-Einnahme  jetzt  etwa  zwei  und  eine 
halbe  Million  Mark  beträgt,  druckte  während  der  ersten  sechzig  Jahre 
ihres  Bestehens  über  33  Millionen  Bibeln  in  20  verschiedenen  Aus- 
gaben mit  einem  Aufwände  von  75  Millionen  Mark.  Die  Druckerei 
der  Gesellschaft  arbeitet  mit  1 2  Rotationsmaschinen ;  die  Zahl  ihrer 
Stereotypplatten  beträgt  65000.  Im  Jahre  1868  verbreitete  The 
American  Tract Society  807  ooo  Bände  und  9  493  000  Flugblätter.  Der 
Verein  für  Presbyterianischen  Verlag  weist  über  2000  Artikel 
auf.  Eine  ähnliche  Zahl  sind  aus  den  Pressen  der,  etwa  500  Personen 
und  30  Schnellpressen  beschäftigenden  Druckerei  der  Gesellschaft 
der  Methodisten,  die  über  ein  Kapital  von  ungefähr  3  500000  Mark 
disponiert,  hervorgegangen.  Über  hundert  Ausgaben  der  Bibel 
druckte  die  Firma  John  E.  Potter  &  Co.,  unter  deren  zahlreichen 
anderen  Verlagsartikeln  sich  die  Bible  Encyclopaedia  mit  ihren 
10000  Artikeln  und  über  3000  Abbildungen  befindet.  In  einer 
ähnlichen  Richtung  wie  die  obigen  Anstalten  wirken  The  American 
Sunday  Schoo/  Union,  The  Evangelical  Knowledge  Society,  der 
Nationale  Mässigkeits- Verein,  sowie  die  Firma  A.J.  Holman&Co. 
und  noch  viele  Gesellschaften  und  Verleger.  Für  die  Bedürfnisse  der 
Katholiken  sorgt  unter  anderen  die  Gesellschaft  zur  Verbreitung 

9 


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*30 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


der  Katholischen  Litteratur.  Auch  die  bekannte  Firma  Gebrüder 
Benziger  in  Einsiedeln  unterhält  zu  diesem  Zwecke  eine  Filiale  in 
New- York. 

Das  Geschäft,  welches  die  vielseitigste  Thätigkeit  entwickelt, 
Appicu-n&Co.  ist  D.  Appleton  &  Co.  in  New -York,  gegründet  1831.  Wie  bei 
Brockhaus  in  Leipzig  das  Konversations  -  Lexikon ,  so  bildet  bei 
Appletons  The  American  Encycbpaedia  mit  4000  Holzschnitten 
und  vielen  Karten  den  Mittelpunkt  des  Verlages.  Das  schönste 
illustrierte  Buch  in  Amerika  dürfte  ihr  Picturesque  America  mit 
850  Holzschnitten  und  48  Stahlstichen  sein,  dem  eine  Picturesque 
Europe  folgte.  Ein  wichtiger  Teil  des  Verlages  ist  der  den 
Bildungszwecken  gewidmete.  Auch  die  Anregung  zu  den  Inter- 
national Scientißques  Series,  die  gleichzeitig  auch  in  Deutschland, 
England,  Frankreich,  Italien  und  Russland  erscheinen,  ging  von 
Appletons  aus.  Ihr  North  American  Review  steht  in  grossem  Ansehen. 
Die  Offizinen  der  Firma  nehmen  einen  Raum  von  über  6b  000  engl. 
Quadratfuss  ein.  Mit  der  Buchdruckerei  von  etwa  50  Schnellpressen 
sind  die  verschiedenartigsten  graphischen  Anstalten  verbunden. 
Die  Werkstätten  von  J.  B.  Lippincott  &  Co.  in  Philadelphia 
J.  it.  Lippiocott  zählen  zu  den  grossartigsten.  Ihr  Katalog  führte  1879  weit  über 
2500  Werke  auf,  darunter  Worcesters  Dictionary  of  the  English 
Language,  das  mit  dem  Websterschen  um  den  Vorrang  kämpft  und 
einen  mächtigen  Band  von  1854  Quartseiten  mit  1000  Illustrationen 
bildet. 

Die  Firma  Houghton,  Osgood  &  Co.  besitzt  ausser  ihrem 
Houghton  &  Co.  Geschäft  in  Boston  ein  bedeutendes  Drucketablissemcnt  The riversiJe 
Press  in  Cambridge  in  unmittelbarer  Nähe  der  Harvard-Universität. 
Sie  vereinigen  in  ihrem  Verlagskataloge  die  bedeutendsten  Dichter 
und  Romanschriftsteller  Amerikas  und  Englands. 

Ivison  Blaki  man,  Taylor  &  Co.  in  New -York  und  Chicago, 
nbkeman  &  Co.  gegründet  1828,  widmen  sich  ausschliesslich  dem  Verlage  von 
Schulbüchern  und  verbreiteten  bereits  gegen  100  Millionen  Bände. 
Wie  bedeutend  der  Umfang  der  Geschäfte  in  Amerika  ist,  sieht 
man  daraus,  dass  eine  Sortimentshandlung  in  Chicago  an  einem 
Tage  186600  Bände  aus  dem  Verlage  der  Genannten  bestellte. 
Der  tägliche  Vertrieb  ist  gewöhnlich  15000  Bände.  Von  den 
vielen  Lesebüchern  von  Sander  werden  jährlich  etwa  zwei  Millionen 


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IV.  KAP.       TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS. 


131 


Bände  verbreitet.  Bei  dieser  Firma  erschien  auch  das  Webstersche 
Wörterbuch,  ein  Quartband  von  1 840  Seiten  mit  3000  Abbildungen. 

Für  die  medizinische  Litteratur  haben  Will.  Woods  &  Co.  in 
New -York  grosse  Bedeutung.  In  ihrem  Verlage  erschien  u.  a.  woo*  &  Co. 
Ziemssens  Encyklopädie  der  praktischen  Medizin,  17  Bände.  Die 
Orange  Judd  Company  pflegt  mit  grossem  Nachdruck  die  Land- 
wirtschaft un J  die  Architektur;  Boericke  &  Tafel  sind  speziell  Ver- 
leger homöopathischer  Werke. 

Es  war  natürlich,  dass  in  einem  Lande  mit  einem  grossen,  noch 
nicht  auf  der  höchsten  Stufe  der  Bildung  stehenden  Publikum  der 
Bilderdruck  ein  gutes  Feld  finden  musstc  und  Amerika  wurde  der 
stärkste  Konsument  der  einschlägigen  deutschen  Produkte.  Amerika 
selbst  besitzt  eine  hervorragende  chromolithographische  Anstalt, 
die  von  L.  Prang  &  Co.  in  Boston.  Ludwig  Prang  ist  ein  Deutscher    l.  Prang 

•  12.  Marz 

und  wurde  in  Breslau  geboren,  wo  sein  Vater  als  Formenschneider 
in  einer  Kattundruckerei  arbeitete.  Dieser  war  ein  in  vielen  Sachen 
unterrichteter  Mann  und  schwang  sich  zum  Teilnehmer  der  Fabrik 
empor.  Unter  seiner  Anleitung  erhielt  der  Sohn  die  ersten  künst- 
lerischen Anregungen.  Nach  fünf  wechselvollen  Ausbildungsjahren 
wurde  Prang  von  dem  Strudel  der  deutschen  Revolution  mit  fort- 
gerissen, musste  nach  der  Schweiz  flüchten  und  ging  von  dort  nach 
Nordamerika,  wo  er  sich  in  verschiedenen  Geschäften  ohne  Glück 
versuchte.  Schliesslich  warf  er  sich  mit  aller  Energie  auf  die  Holz- 
schneidekunst und  wurde  bald  einer  der  tüchtigsten  Xylographen 
Amerikas,  ruinierte  jedoch  seine  Gesundheit,  so  dass  er  einen  andern 
Beruf  wählen  musste. 

Prang  wendete  sich  nun  der  Lithographie  zu  und  etablierte  sich 
mit  einem  tüchtigen  Freunde,  der  aber  ebensowenig,  wie  er  selbst, 
Vermögen  besass.  Sie  setzten  jedoch  ihr  Vorhaben,  eine  Anstalt 
für  Farbendruck  zu  errichten,  durch  und  debütierten  mit  einem 
Rosenbouquet  in  vier  Farben,  das,  obwohl  keineswegs  vollendet, 
doch  sehr  gefiel.  Die  Assoziation  löste  sich  1860.  Durch  den 
Sezessionskrieg  wurde  Prang  vielfach  von  seinen  Plänen  abgelenkt, 
gewann  aber  durch  Kartenarbeiten  Mittel,  um  auf  jene  zurück- 
zukommen. Im  Jahre  1865  erschienen  die  ersten  Nachbildungen  von 
Gemälden,  zwei  amerikanische  Landschaften  nach  Beiker.  Der 
Erfolg  war  jedoch  kein  ermutigender  und  Prangs  Freunde  rieten  ihm, 

9* 


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DIK  A NGLO - A MERIK  AN I SCH E  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


sein  Vorhaben  aufzugeben.  Jedoch  ein  kleines  Bild  —  eben  aus  den 
Eiern  ausgekrochene  Küchlein  —  von  Tait  gab  den  Ausschlag.  Es 
wurde  nicht  nur  in  enormen  Massen  verkauft,  sondern  riss  auch  die 
liegengebliebenen  Landschaften  mit  fort,  und  öffnete  die  Wege  für 
die  Millionen  von  Chromos  —  diese  Bezeichnung  führte  Prang  ein  — , 
welche  in  Amerika  gedruckt  oder  von  Europa  importiert  wurden. 
Prangs  Erzeugnisse  machten  dagegen  die  Rundreise  in  Europa  und 
fanden  allgemeine  Anerkennung. 

In  Verbindung  mit  John  S.  Clark,  von  der  Firma  Osgood  &  Co., 
führte  Prang  eine  Reihe  von  Unternehmungen,  zu  Unterrichts-  und 
künstlerischen  Ausbildungszwecken  bestimmt,  durch  und  leistete 
hierin  vorzügliches. 

Den  Einfluss  des  Deutschen  Elements  auf  das  Bucii- 
Das  deutsche  GEWERBE  in  Nordamerika  zu  verfolgen  ist  von  ganz  besonderem 
Interesse'.  In  dem  Aufschwung  desselben,  welcher  sich  in  der 
vorigen  Periode  ,1,  S.  273)  kundgab,  sollte  bald  ein  Rückschlag 
eintreten.  Zur  Zeit  der  Befreiungskämpfe  Amerikas,  sowie  später 
der  französischen  Revolutionskriege  und  der  Gewaltherrschaft 
Napoleons,  1775  bis  181 5,  hatte  die  deutsche  Einwanderung  fast 
aufgehört,  und  als  sie  wieder  anfing,  bestand  der  Zufluss  fast  nur 
aus  Leuten,  die  des  fehlenden  täglichen  Brotes  wegen  die  Heimat 
verlassen  und  keiner  geistigen  Nahrung  bedurften,  viel  weniger 
selbstthätig  das  geistige  Element  kräftigen  konnten.  Die  wenigen 
begabten  Männer  unter  ihnen  schlössen  sich  mehr  dem  englischen 
Element  an. 

Unter  solchen  Verhältnissen  beschränkte  sich  die  deutsche 
Fr««  Krück-  Druckthätigkeit  auf  die  Herstellung  einiger  deutscher  Schul-  und 

.....  o  00 

th.iiiaskeu  der  .  _r 

L)elit^h<:.i.  Gebetbücher,  sowie  Kalender,  welche  man  immer  noch  hauptsäch- 
lich den  wenigen  deutschen  Pressen  Philadelphias  verdankte.  Dies 
änderte  sich  erst  mit  dem  politischen  Aufschwung  in  Deutschland 
in  den  dreissiger  Jahren  und  mit  der  darauf  folgenden  Sturm  -  und 

»  Fr.  Kapp,  Der  deutsch- amerikanische  Buchhandel.  Deutsche  Rundschau 
1S7S,  4.  lieft.  —  Fr.  Kapp,  Der  deutsch -amerikanische  Buchdruck  und  Buch- 
handel im  vorigen  Jahrhundert.  Archiv  d.  B.-V,  I.  Leipzig  187$.  —  E.  STEIDER, 
Der  Nachdruck  in  Nordamerika.  New-York  1866.  —  Die  deutsch-amerikanische 
Presse.  Ausland  1863,  Nr.  6. 


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IV.  KAP.       TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS.  I33 

Drangperiode  von  1S48  nebst  der  Zeit  der  Nachwehen  der  Reaktion. 
Unter  den  von  1830— 1870  aus  Deutschland  eingewanderten  zwei 
und  eine  halbe  Millionen  befand  sich  eine  nicht  geringe  Zahl  von 
Männern ,  die  den  gebildeten  Ständen  angehörten ,  welche  geistige 
Bedürfnisse  hatten,  zumteil  in  der  Lage  waren,  diejenigen  anderer 
zu  befriedigen.  Hiermit  begann  die  eigentliche  Entwickelung  des 
deutschen  Buchhandels  und  Druckgewerbes  in  dem  Emporium 
New -York. 

Der  erste,  der  dort  geschäftlich  kräftig  eingriff,  war  der  Deutsch- 
Amerikaner  Heinrich  Ludwig  (geb.  1804).  Er  etablierte  sich  1832, 
importierte  anfänglich  hauptsächlich  Schul-  und  Erbauungsbücher 
und  fing  1834  selbst  zu  drucken  an.  Erlebte  bis  1877,  hochgeachtet 
wennauch  geschäftlich  längst  durch  neuere  Etablissements  über- 
flügelt. 

Bereits  1835  wurde  die  deutsche  New -Yorker  Staatszeitung 
unter  sehr  bescheidenen  Verhältnissen  ins  Leben  gerufen,  sie  sollte  New -Yorker 
sich  aber  bald  zu  einer  der  bedeutendsten  Zeitungen  Amerikas  hinauf-  Suau",u,n* 
arbeiten.  Keine  Zeitung  Deutschlands  und  kaum  eine  Nordamerikas 
dürfte  fürstlicher  untergebracht  sein,  als  die  Staatszeitung  in  ihrem 
1873  im  Printinghouse- squarc  in  New -York  bezogenen  Palast. 
Derselbe  ist  mit  einem  Kostenaufwand  von  zwei  Millionen  Mark, 
nicht  gerechnet  eine  Million  für  Grund  und  Boden,  in  Renaissance- 
stil aufgeführt.  Der  Unterbau  und  der  erste  Stock  sind  aus 
schwarzem  Granit,  die  übrigen  Stockwerke  aus  hellem  Granit  Ein 
Mansardendach  von  entsprechender  Höhe  krönt  das  ganze.  Die 
eisernen  Dachbalken  sind  mit  eisernen  Platten  bedeckt;  die  Scheide- 
wände sind  ebenfalls  aus  Eisenplatten.  Die  Comptoirlokalitäten  in 
Renaissancestil  sind  reich  mit  Schnitzwerk  geschmückt  und  die 
Eleganz  der  Beleuchtungsapparate,  der  Marmortische  und  der 
Mosaikfussböden  entspricht  dem  übrigen.  Allerdings  Ausserlich- 
keiten,  aber  welche  Macht  hat  eine  solche  Zeitung  erlangt,  um  sich 
derartige  Ausserlichkeiten  schaffen  zu  können. 

Nach  und  nach  entstanden  viele  deutsche  Blätter,  welche,  obwohl 
anfanglich  schwach,  an  Mängeln  aller  Art  leidend  und  sich  christlich 
von  Raub  nährend,  doch  den  Boden  für  die  weitere  Pflege  der 
deutschen  Litteratur  bearbeiteten.  Im  Verlauf  der  letzten  30  Jahre 
hat  jedoch  die  deutsche  Zeitungspresse,  die  über  500  Organe  zählt, 


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134 


DIE  ANGLO -AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


sehr  an  Bedeutung  zugenommen  und  nicht  wenige  der  Blätter 
können  sich  mit  den  besten  deutschen  Zeitungen  messen. 

Einen  wesentlichen  Einfluss  auf  die  Verbreitung  der  deutschen 
Verschiedene  Litteratur  übte  der  Berliner  Wilhelm  Radde  (geb.  1800),  der  1834 
lädier.  "  eine  deutsche  Buchhandlung  in  New -York  gründete,  viele  Werke 
für  die  Bedürfnisse  der  Gelehrten  einführte  und  sich  daneben  auch 
in  billigen  Nachdrucks- Ausgaben  der  Klassiker  versuchte.  Jedoch 
waren  diese  noch  verfrüht  und  wollten  damals  noch  nicht  „ziehen". 
Ein  Buchhändler  schrieb  an  Radde:  „Ich  gebrauche  umgehend 
folgende  „echte"  Klassiker  gegen  bar:  100  Schinderhannes,  100 
heilige  Genoveva,  100  bayrische  Hiesei,  100  Eulenspiegel.  Grössere 
Bestellungen  werden  nachfolgen".  Radde  Hess  sich  dies  nicht  zwei- 
mal sagen,  er  veranlasste  jedoch  1853  die  Cottasche  Buchhandlung, 
namentlich  um  den  Nachdrucken  des  W.  Thomas  entgegenzutreten, 
von  ihren  „unechten"  Klassikern  sehr  gute  und  billige  Konkurrenz- 
Ausgaben  zu  veranstalten;  selbst  Werke  wie  Humboldts  „Kosmos" 
und  dessen  „Ansichten  der  Natur"  erschienen  in  solchen.  Andere  Ver- 
leger wollten  von  dieser  Konkurrenz  gegen  sich  selbst  nichts  wissen 
und  Campe  in  Hamburg  sah  z.  B.  ruhig  zu ,  wie  eine  Ausgabe  von 
Heine  nach  der  andern  dort  gedruckt  wurde.  In  dieser  Weise 
drangen  viele  tausend  Bände  der  besten  Werke  selbst  in  die  unter 
bescheidenen  Verhältnissen  lebenden  deutschen  Familien  und 
stärkten  die  geistige  Verbindung  mit  dem  Mutterlande. 

Im  Jahre  1 845  hatten  deutsche  Verleger  sich  mit  dem  Plane 
beschäftigt,  auf  Aktien  eine  bedeutende  deutsche  Buchhandlung  in 
Amerika  zu  errichten.  Rudolph  Garrigues,  ein  junger  gebildeter 
Buchhändler  aus  Kopenhagen,  wurde  nach  Amerika  entsendet,  um 
das  Terrain  zu  sondieren.  Garrigues'  klarer  Bericht  fand  allgemeinen 
Beifall,  als  es  indes  zum  Zeichnen  der  Aktien  kam,  schreckte  der 
deutsche  Buchhandel  vor  einem  mässigen  Kapital  von  30000  Thalern 
zurück.  Sonderinteressen  machten  sich,  wie  gewöhnlich,  geltend, 
und  die  Sache  verlief  im  Sande.  Garrigues  etablierte  sich  nun  selbst 
mit  einem  tüchtigen  deutschen  Buchhändler,  F.  W.  Christern. 
Später  folgten  Jul.  Hklmich,  L  W.  Schmidt,  G.  &  B.  (jetzt  W.  &  C.) 
Westermann  Brothers;  das  Bibliographische  Institut  in  Hildburg- 
hausen legte  eine  Filiale  in  New- York  an;  Fr.  Gerhard  druckte  ein 
sehr  gutes  deutsch-amerikanisches  Konversations-Lexikon;  Schäfer 


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IV.  KAP.       TYPOGRAPHIE  UND  BUCHGEWERBE  NORDAMERIKAS.  I35 

&  Koradi  in  Philadelphia  wurden  bedeutend  als  Sortimenter  wie  als 
Verleger.  Leupoldts  Verdienste  sind  schon  erwähnt. 

Gross  ist  die  Wirksamkeit  Ernst  Steigers  in  New -York,  als 
Sortimenter  sowohl,  wie  als  Verleger  und  Drucker,  gewesen.  Steiger,  e.  steig«, 
aus  Oschatz  in  Sachsen  gebürtig,  bildete  sich  als  Buchhändler  in 
Leipzig  aus  und  arbeitete  elf  Jahre  bei  Westermann  in  New -York. 
Er  erwarb  eine  kleine  deutsche  Buchhandlung  mit  Zeitungsgeschäft 
und  fing  dann  Buchdruckerei  und  Verlag  von  Schulbüchern  an, 
allerdings  zuerst  in  Nachdrucken.  Durch  ungemeines  Verbreiten 
seiner  zumteil  sehr  umfangreichen  Kataloge  wirkte  er  sowohl 
im  eigenen  Interesse,  wie  in  dem  der  deutschen  Verleger.  Eine 
verdienstliche  bibliographische  Leistung  ist  Steigers  The  Periodical 
Literature  of  the  United  States  of  America  with  Index  and  Appen- 
diees.  1873.  Auch  erwarb  sich  Steiger  das  Verdienst,  für  die 
Wiener  Weltausstellung  1873  eine  Probe -Kollektion  von  je  einer 
Nummer  von  6209  amerikanischen  Zeitungen  in  119  Foliobänden 
fertiggestellt  zu  haben,  die  er  nachher  der  Wiener  Hof-  und  Staats- 
bibliothek zum  Geschenk  machte.  Von  der  Bedeutung,  welche  der 
Absatz  in  Amerika  für  das  deutsche  Druckgewerbe  hat,  kann 
als  Beispiel  dienen,  dass  allein  Steiger  von  der  „Gartenlaube" 
12000,  von  der  „Illustrirten  Zeitung"  3800,  von  „Über  Land  und 
Meer"  4000,  von  der  „Romanzeitung"  3500,  von  „Daheim"  3000 
und  vom  „Bazar"  2500  Exemplare  im  Jahre  1871  verbreitete.  Auch 
im  Westen  und  Süden  der  Vereinigten  Staaten  entstanden  deutsche 
Buchhandlungen,  so  Theobald  &  Theuerkauf  in  Cincinnati,  L.  C. 
Witter  in  St.  Louis. 

Jetzt,  wo  die  deutschen  Klassiker  zu  fabelhaft  billigen  Preisen 
aus  Deutschland  eingeführt  weiden  können,  lohnt  der  Nachdruck  Der  Nachdruck, 
derselben  nicht  mehr  und  dieser  beschränkt  sich  fast  nur  auf 
Benutzung  der  Erzeugnisse  neuerer  Belletristen  für  die  Feuilletons. 
Konkurrenz  und  Sitte  haben  jedoch  zur  Folge  gehabt,  dass  jetzt 
hierfür  öfters  Honorare  gezahlt  werden.  Es  ist  vieles  über  den 
Nachteil  und  das  Unmoralische  des  amerikanischen  Nachdrucks 
geschrieben  worden,  jedoch  alle  mit  den  dortigen  Verhältnissen 
näher  bekannten  Sachverständigen  sind  der  Ansicht,  dass  „seiner- 
zeit" der  Nachdruck  eine  nötige  Stütze  des  deutschen  Elements 
und  ein  Mittel  für  die  jetzige  Verbreitung  deutscher  Originaldrucke 


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«36 


DIE  ANGLO- AMERIKANISCHE  GRUPPE. 


IV.  KAP. 


war.  „Es  ist",  so  sagt  z.  B.  Friedrich  Kapp,  „eine  mehr  als  naive 
Erwartung,  dass  eine  Bevölkerung,  die  von  der  Heimat  geschieden 
ist,  noch  jenseit  des  Ozeans  Gesetze  beobachten  soll,  welche  den 
Bildungsinteressen  der  Ausgewanderten  hemmend  in  den  Weg 
treten.  Sich  hier  dem  Monopole  deutscher  Buchhändler  unterwerfen, 
hiessc,  die  Mittel  der  geistigen  Fortbildung  und  Entwickelung  mut- 
willig von  sich  schleudern.14  Als  der  deutsche  Buchhandel  in  Amerika 
infolge  der  Bildungslust  festen  Fuss  gewann  und  die  Bücher  gleich 
zu  haben  waren,  kaufte  man  lieber  die  schöneren  und  korrekteren 
Originalausgaben  als  die  Nachdrucke,  die  vor  allem  der  Ungeneigt- 
heit  deutscher  Verleger,  billige  Ausgaben  für  den  amerikanischen 
Markt  zu  drucken  und  der  Unmöglichkeit,  die  Originale  schnell  zu 
erhalten,  ihr  Dasein  verdankten. 

Dass  unter  den  geschilderten  Druckverhältnissen  der  Papier- 


uic  Papicrfabri-  verbrauch  ein  kolossaler  sein  muss,  leuchtet  ein.  Die  Fabrikation1 


reicht  bis  auf  das  Jahr  1680  hinauf.  Die  eigentlichen  Fortschritte 
datieren  jedoch  erst  aus  diesem  Jahrhundert.  Zur  Verwendung 
kommt  fast  nur  Baumwolle.  1 860  hatte  Amerika  etwa  700  Fabriken, 
welche  gegen  3c»  Millionen  Pfund  zu  einem  Werte  von  etwa 
200  Millionen  Mark  produzierten.  Die  Zahl  der  Fabriken  beträgt 
jetzt  über  1000.  Während  im  Jahre  1869  der  Wert  der  Einfuhr 
527465  Dollars,  der  der  Ausfuhr  nur  3777  Dollars  betrug,  hat  sich 
das  Blatt  in  zehn  Jähren  vollständig  gewendet  und  Amerika  führte 
1880  für  1  018  318  Dollars  aus  und  nur  für  135  487  Dollars  ein. 

Die  Einfuhr  aller  zum  Pressgewerbe  gehörenden  Materialien 
und  Maschinen  ist  überhaupt  eine  durch  die  Zölle  so  schwer  belastete, 
dass  sie  nicht  von  Belang  sein  kann,  wahrend  sich  die  Ausfuhr  nach 
Europa  sowohl  als  auch  nach  Asien  und  Australien  in  einer  Weise 
vermehrt,  welche  der  englischen  Konkurrenz  Bedenken  einflösst. 
Der  Wert  der  nach  Amerika  eingeführten  deutschen  Bücher  und 
Kunstsachen  beträgt  etwa  vier  Millionen  Mark  jährlich. 

«  Directory  ofthe  paper  nnnufactures  in  the  United  States  and  Canada.  6.  Aufl. 
New -York  1880. 


kation. 


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ZWEITES  BUCH 

DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWEITE  BUCH. 

IE  Romanische  Gruppe,  an  deren  Spitze  Frank- 
reich, hat,  wie  die  Anglo  -  Amerikanische ,  vor  der 
Germanischen  den  grossen  Vorsprung  der  einheit- 
lichen Druckschrift  voraus.  Hat  dieser  Umstand 
auch  mitunter  eine  gewisse  Monotonie  in  seinem 
Gefolge,  so  wirkt  die  Einfachheit  und  die  Ruhe,  die 
über  die  Druckwerke  verbreitet  ist,  doch  ungemein  wohlthuend  und 
gewährt  in  dem  praktischen  Geschäftsbetrieb  und  in  der  Ausbildung 
eines  festen  Geschmackes  grosse  Vorteile. 

Trotz  aller  Beweglichkeit  des  französischen  Charakters  und 
dem  ewigen  Wechsel  der  in  Frankreich  geschaffenen  Moden  hat 
seine  Typographie  einen  weit  konservativeren  Charakter  als  die 
deutsche.  Der  durch  die  National-Druckerei  und  die  Didots  hervor- 
gerufene Typenduktus  ist  noch  immer  und  mit  Recht  der  herrschende 
geblieben.  Namentlich  haben  die  Didotschen  Schrift  en  von  ihrem 
ersten  Auftreten  ab  durch  die  strenge,  jedoch  anmutige  Zeichnung, 
den  regelmässigen  und  scharfen  Schnitt,  die  bewundernswürdig 
berechnete  Zurichtung  in  der  Weite  ihr  Ubergewicht  behauptet. 

Zwar  hat  das  Streben  nach  vorwärts  und  der  berechtigte 
Wunsch  eines  jeden  befähigten  Schriftschneidersund  Schriftgiessers, 


140 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWEITE  BUCH. 


den  Reichtum  zu  vermehren,  eine  Anzahl  von  Varianten  zur  Folge 
gehabt;  von  allen  diesen,  bald  mehr,  bald  weniger  glücklichen 
Neuerungen  kann  jedoch  keine  ihren  Ursprung  verleugnen  und  der 
ältere  Duktus  ist  geblieben.  Die  erwähnten  zwei  Druckereien,  des 
Staates  und  der  Didots,  sind  in  der  That  für  das  Druckgewerbe 
dermassen  bestimmend  gewesen ,  wie  ähnliches  in  keinem  anderen 
Lande  in  der  neueren  Periode  der  Druckkunst  vorkommt,  aus- 
genommen allenfalls  in  Österreich,  wo  die  Herrschaft  der  Staats- 
druckerei zwar  eine  mächtige,  jedoch  nicht  langdauernde  war. 

Neben  der  Einheitlichkeit  der  Schrift  war  für  die  französische 
Typographie  auch  die  Einheitlichkeit  des  Schriftsystems  ein 
förderndes  Moment,  deren  Wichtigkeit  kein  Fachmann,  der  unter 
der  Systemlosigkeit  in  Deutschland  gelitten  hat,  unterschätzen  wird. 

Schliesslich  ist  die  Betreibung  von  Spezialitäten  sowohl  in  der 
Schriftgiesserei  wie  in  der  Typographie  ein  gewaltiger  geschäftlicher 
Vorsprung  der  Franzosen.  Diese  Teilung  der  Arbeit  geht  in  der 
Schriftgiesserei  so  weit,  dass  es  Geschäfte  in  Paris  giebt,  die  sich 
nur  mit  Giessen  von  Ausschluss  und  Durchschuss  abgeben.  Auch 
verlangt  man  dort  nicht,  wie  in  Deutschland,  dass  jeder  Buchdrucker 
Virtuos  in  allen  Branchen  sein  solle,  auch  nicht,  dass  jede  Druckerei 
auf  alle  Arbeiten  gleichmässig  eingerichtet  sei ,  auch  ist  keine  Rede 
von  dem  Erschwernis  einer  deutschen  Buchdruckerei,  dass  sie  in 
zweierlei  Schriftarten  gleichmässig  gut  assortiert  sein  müsse. 

Das  gesagte  gilt  ebenso  für  die  Buchbinderei.  Nicht  nur, 
dass  die  verschiedenen  Arten  des  Einbandes  selten  in  einer  und 
derselben  Offizin  geübt  werden;  es  ist  nicht  einmal  üblich,  alle  zu 
einer  Art  von  Einband  gehörenden  Arbeiten  in  einer  Werkstätte  zu 
vollbringen,  sondern  es  giebt  besondere  Schnittvergolder,  Hand- 
vergolder,  Marmorierer  etc. ,  denen  man  die  Einzelarbeiten  zuweist 

Unter  solchen  Arbeitsverhältnissen  ist  es  selbstverständlich  viel 
leichter,  in  Frankreich  in  einem  einzelnen  Zweig  Virtuos  zu  werden 
und  praktische  Erfolge  zu  erzielen.  Dieses  darf  nicht  übersehen 
werden ,  wenn  man  das  Mass  der  Tüchtigkeit  und  Intelligenz  ver- 
gleichend beurteilen  will,  welches  in  Frankreich  und  Deutschland  in 
den  graphischen  Künsten  Verwendung  findet. 

Trotzdem  kann  Frankreich  weder,  was  Werk-  und  Accidenz- 
druck,  noch  weniger  was  Zeitungsdruck  betrifft,  im  allgemeinen  ein 


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KINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWKITK  RUCH. 


Ubergewicht  über  Deutschland  eingeräumt  werden.  Es  wird  im 
Gegenteil  vieles  dort  so  schlecht  gedruckt,  wie  es  in  Deutschland 
nicht  geschieht,  man  möchte  fast  sagen,  nicht  mehr  geschehen 
kann.  Eine  Überlegenheit  zeigt  die  französische  Typographie  erst 
dann,  wenn  es  sich  um  die  Verbindung  von  Geschmack,  Eleganz 
und  Geschick  zur  Herstellung  von  etwas  wirklich  Hervorragendem 
handelt.  Da  fehlt  es  eben  an  nichts,  dann  arbeiten  sich  alle 
Beteiligten  der  verschiedenen  graphischen  Gewerbe  einmütig  in  die 
Hände,  ohne  Jalousie  und  ohne  die  Prätensionen  des  Virtuosentums, 
das  sich  auf  Kosten  der  Gesamtwirkung  hervorzuthun  strebt. 
„Alle  Mitwirkende  fühlen  sich  dann  als  Glieder  einer  Kette,  wie  sie 
auch  wirklich  in  dem  Ccrcle  de  Li  Librairic  zu  einer  solchen  vereinigt 
sind.  Gerade  in  dieser  Vereinigung  „ Aller",  durch  welche  sich 
„Jeder"  als  Teil  des  Ganzen  fühlt,  aber  auch  rnur  als  Teil",  über 
dem  das  Ganze  steht,  liegt  sicherlich  ein  wesentlicher  Grund  zu  den 
Erfolgen,  welche  der  Buchhandel  und  die  Typographie  Frankreichs 
erzielen,  sobald  sie  geschlossen  auftreten1." 

Noch  ein ,  und  zwar  ein  sehr  wesentlicher  Faktor  wirkt  zu- 
gunsten der  französischen  Buchdrucker  und  Buchhändler  mit :  „das 
Publikum".  Ob  die  „Bildung"  und  „die  Leselust"  in  Deutschland 
nicht  grösser  sind,  als  in  Frankreich,  mag  hier  unerörtert  bleiben, 
unzweifelhaft  ist  es  jedoch,  dass  die  „Kauflust"  und  die  „Kauf- 
fahigkeit"  in  dem  letzteren  Lande  überwiegen.  Hierdurch  wird  die 
Herstellung  der  schönsten  Ausgaben  zu  verhältnismässig  sehr  billigen 
Preisen,  welche  sehr  grosse  Auflagen  voraussetzen,  möglich.  — 
Schliesslich  kommt  auch  die  grosse  Konzentration  der  wissenschaft- 
lichen und  technischen  Kapazitäten  in  Paris  dem  dortigen  und 
damit  fast  dem  ganzen  französischen  Buchgewerbe  ausserordentlich 
zustatten. 

«  Die  obigen  Worte  sind  der  von  dem  Verfasser  dieses  Handbuches  als 
Mitglied  der  Internationalen  Jury  für  die  Gruppe  xu  der  Wiener  Ausstellung  im 
Jahre  iS73und  Berichterstatter  derselben  abgefasstenMotivicrung  des  Antrages  der 
Jury  entnommen:  dem  Corde  de  la  Librairie  die  goldene  Khrenmedaillc  zu  erteilen. 
Überhaupt  kommen  in  dem  Versuch  der  Charakterisierung  der  modernen  Typo- 
graphie in  den  verschiedenen  Gruppen  öfters  Anführungen  vor  aus  der  im 
Auftrag  der  Kaiserlich  Deutschen  Ausstcllungs-Koinmission  abgefassten  Schrift: 
„Die  graphischen  Künste  auf  der  Weltausstellung  zu  Wien.  Offizieller  Mericht 
von  Carl  IJ.  I,orek.  Draunschweig  1S74".  Diese  Kntlehnung  aus  eigener  Arbeit 
wird  wohl  niemand  als  Plagiat  betrachten. 


142 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWEITE  BUCH. 


Wie  die  französische  Typographie  mitten  zwischen  der  eng- 
lischen und  der  deutschen  steht  und  in  ihren  besten  Erzeugnissen 
in  gewisser  Beziehung  die  guten  Eigenschaften  beider  vereinigt,  so 
auch  die  Xylographie.  Der  französische  Holzschneider  ist  im 
allgemeinen  weniger  ängstlich  in  der  Wahrung  der  Eigentümlich- 
keiten des  Zeichners  als  der  deutsche,  andererseits  nicht  so  unge- 
bunden in  der  technischen  Behandlung  wie  der  englische  und  zeigt 
fast  immer  Grazie  und  Anmut  in  der  Behandlung.  Er  ist  bestimmter 
in  der  Umgrenzung  als  der  englische,  zarter  in  den  Formen  als  der 
deutsche.  Aber  oft  geht  doch  dem  französischen  Holzschneider  die 
frappierende  Wirkung  über  die  innerliche  Wahrheit  und  die  ruhige 
Kraft. 

Was  den  „Druck"  der  Illustrationswerke  betrifft,  so  kann  der 
deutsche  sich  vollständig  mit  dem  französischen  messen,  doch  lässt 
es  sich  nicht  leugnen,  dass  die  französischen  Prachtwerke  trotzdem 
in  der  Regel  einen  vornehmeren  und  harmonischeren  Gesamt- 
eindruck hervorbringen;  die  Ursache  liegt  in  dem  schon  oben 
Angedeuteten. 

Im  Accidenzfache  haben  die  Franzosen  seit  ihrem  weltberühmten 
Derriey  keine  Fortschritte  gemacht.  Sie  legen  überhaupt  nicht  auf 
die  minutiöseste  Ausführung  der  Accidenzen  so  viel  Gewicht  wie  die 
Deutschen,  die  eher  geneigt  sind,  des  Guten  zu  viel  zu  thun. 

In  der  Erfindung  von  Druckmaschinen  umwälzender  Art  haben 
die  Franzosen  keine  hervorragenden  Verdienste.  Dagegen  ver- 
standen sie  es  vortrefflich,  mit  der  ihnen  angeborenen  Findigkeit 
und  unter  Berücksichtigung  ihrer  besonderen  Bedürfnisse ,  das  Dar- 
gebrachte in  geschicktester  Weise  zu  verbessern,  für  den  Betrieb 
nützlicher,  für  das  Ansehen  wohlgefälliger  und  in  der  Anschaffung 
billiger  herzustellen.  Von  ausländischen  Maschinen  wurden  nur 
wenige  in  Frankreich  eingeführt  und  die  Fabrikation  deckte  nicht 
nur  den  heimischen  Bedarf,  sondern  versorgte  auch  fast  den  ganzen 
ausserdeutschen  Kontinent,  bis  es  Deutschland  gelang,  mit  in  die 
Konkurrenz  zu  treten. 

Der  Vorwurf,  der  öfters  den  französischen  Maschinenbauern 
gemacht  wird,  dass  sie  die  Eleganz  auf  Kosten  der  Solidität  fördern, 
dürfte  in  der  Allgemeinheit  nicht  richtig  sein.  Man  geht  in  Frank- 
reich von  dem  Grundsatz  aus,  dass  die  gewerblich  -  technischen 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWEITE  BUCH. 


143 


Fortschritte  in  zehn  Jahren  bereits  so  enorm  sein  werden,  dass  man 
klüger  thut,  billige  Maschinen  zu  bauen,  um  ohne  zu  grosse  Kosten 
schneller  neue  Anschaffungen  machen  zu  können,  als  mit  für  die 
Ewigkeit  gebauten  Maschinen  festzusitzen.  Die  Billigkeit  wird 
übrigens  auch  dadurch  gefordert,  dass  man  fast  ausschliesslich  dem 
Prinzip  der  Tischfarbung  und  der  Eisenbahnbewegung  statt  der 
kostspieligen  Cylinderfärbung  und  Kreisbewegung  huldigt 

Bezeichnend  ist  in  Frankreich  der  grosse  Einfluss,  welchen 
die  Regierung  in  doppelter  Richtung,  teils  in  fördernder,  teils  in 
hemmender  Weise,  übte.  Was  sie  mit  der  einen  Hand  gab,  nahm  sie 
mit  der  andern.  Alle  Regierungen  dort  unterstützten  die  Fortschritte 
der  „Typographie"  in  ihrer  Unmündigkeitsperiode,  suchten  jedoch 
die  vormundschaftliche  Autorität  über  diese  hinaus  auszudehnen, 
und  hemmten  von  Beginn  ab  die  ruhige  und  freie  Entwicklung  der 
„Presse**.  Hierin  bildete  Frankreich  einen  vollständigen  Kontrast  zu 
England,  wo  Typographie  und  Presse,  sich  selbst  überlassen,  eine 
mächtige  Entwicklung  nahmen,  und  teilweise  zu  Deutschland,  wo 
man  die  fördernde  Teilnahme  von  oben  nie,  um  so  Öfter  jedoch  die 
hemmende,  kennen  lernte. 

Die  Dcpendenzen  der  französischen  Typographie  stehen  dieser 
nicht  gleich. 

BELGIEN  liefert  zwar  manches  gute,  jedoch  nicht  viel  hervor- 
ragendes. Es  giebt  sich  in  seiner  Typographie  eine  gewisse  Schwer- 
fälligkeit kund.  Die  Schrift  ist  zwar  französisch,  aber  die  leichte 
Eleganz  der  besseren  französischen  Presserzeugnisse  wird  selten 
erreicht.  Das  Material  ist  das  gleiche,  aber  die  in  der  Ausfuhrung 
damit  hervorgebrachte  Wirkung  eine  andere. 

In  Italien,  Spanien  und  Portugal  stehen  die  Leistungen 
im  ganzen  genommen  auf  einer  und  derselben  Stufe,  der  des  Mittel- 

•  Nachdem  dieser  Abschnitt  bereits  gesetzt  war,  geht  uns  ein  Artikel  des 
bekannten  Fachjournals  V Imprimeri<  zu,  in  welchem  einer  der  tüchtigsten  Typo- 
graphien Frankreichs,  Motteroz,  nicht  allein  das  obengesagte  zugiebl,  sondern 
noch  viel  weiter  geht  und  eine  Überlegenheit  Deutschlands  nicht  nur  in  der 
Typographie  und  der  Schriftgiesserei,  sondern  auch  in  der  Xylographie  und  der 
Papierfabrikation  anerkennt  und  für  die  Franzosen  nur  den  Vorzug  in  der 
Maschinenfabrikation  beansprucht.  Im  degensatz  zu  einer  öfters  vorkommenden 
Überhebung  seiner  Landsleute  scheint  Motteroz  fast  in  eine  Kleinmütigkeit  zu 
verfallen,  die  doch  wohl  zu  weit  geht,  wenn  er  schliesst:  „Noch  wäre  es  vielleicht 
Zeit,  sich  aufzuraffen,  besitzen  wir  aber  hierzu  die  notige  geistige  Kraft?" 


144 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  ZWEITE  BUCH. 


guten,  mitunter  auch  des  Mittelmässigen.  In  Bezug  auf  die  Erzeug- 
nisse der  Schriftgiesserei  und  des  Pressenbaues  befinden  sich  die 
genannten  Länder  fast  vollständig  im  Abhängigkeitsverhältnis  zu 
Frankreich.  Erst  in  neuester  Zeit  hat  Deutschland  hie  und  da  mit 
zu  konkurrieren  begonnen.  Politische  Verhältnisse,  fortwährende 
Unruhen  und  Fremdherrschaft  in  stetem  Wechsel  haben  eine  freie 
Entwicklung  auf  lange  Zeit  gehemmt.  Es  werden  aber  jetzt  ernste 
Anstrengungen  gemacht,  um  lange  Versäumtes  nachzuholen. 

Der  ORIENT  steht  zu  Frankreich  fast  in  demselben  Verhältnis, 
wie  Ostasien  zu  England  und  wie  die  slawischen  und  Donauländer  zu 
Deutschland-Österreich.  NuRDAFRlKA  unterliegt  selbstverständlich 
ganz  Frankreichs  Einfluss.  Die  TÜRKEI  und  ÄGYPTEN  liefern  einiges 
gute,  doch  darf  dies  weniger  als  nationale  Leistung  betrachtet 
werden ,  denn  die  Hersteller  sind  meistenteils  Franzosen ,  die  mit 
französischem  Material  arbeiten. 


V.  KAPITEL. 


DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  MASCHINEN 

IN  FRANKREICH. 

Die  SCHRIFTCIESSEREI:  Das  Schriftsystein  Didots,  seine  Anglaise,  Mole.  Orientalin 
Notendruck.  E.  Ditvergcr,  Charles  Derriey  und  das  typographische  Ornament. 
Holzschnitt  und  Hochätzung.  Die  Stereotypie:  Daule,  Gaveaux,  Jannin. 
Die  M\scminen:  Marinoni,  Alauzet,  Dutartre  u.  a.  Die  Utensilien.  Farbe, 
l'apierfabrikation.    Die  Ituchhindektinst. 


OURNIER  lk  jeu nf.  hatte  mit  seinen  Bemühungen 
für  die  Einführung  einer  gleichmässigen  Einteilung  der 
Schriftgrössen  (I,  S.  214)  kein  rechtes  Glück  gehabt. 
Erst  AMBROISE  Francois  Didot  war  es  beschieden, 
ein  von  Fourniers  Grundsätzen  etwas  abweichendes 
System  zur  rechten  Geltung  zu  bringen,  und  hiermit  nicht  der  Typo- 
graphie seines  Vaterlandes  allein  einen  unermesslichen  Dienst  zu 
erweisen,  dessen  Wert  allerdings  dem  Nichtfachmann  weniger  als 
die  äussere  Schönheit  seiner  Typen  und  seiner  Drucke  oder  der 
innere  Gehalt  seiner  Verlagswcrke  in  die  Augen  springt. 

In  seiner  Einteilung  ging  Didot  von  dem  damals  in  Frankreich 
geltenden  Massstab,  dem  J'/fd  du  Rot,  aus.  Eine  Linie  desselben 
teilte  er  in  sechs  typographische  Punkte  und  bestimmte  nach  solchen 
die  regelmässige  Abstufung  der  Schriftgrade.  Hieraus  erwuchs  indes 
eine  Differenz  mit  dem  F'ournierschen  System,  indem  1 1  Didotsche 
Punkte  gleich  12  Fournicrschen  sind. 

10 


I4<>  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  V.  KAP. 

Sicherlich  stände  das  Didotsciie  System  widerspruchslos  da, 
hätte  nicht  das  erst  später  in  Frankreich  und  anderen  Ländern 
gesetzlich  eingeführte,  wissenschaftlich  allein  stichhaltige  Metermass 
mit  Dezimaleinteilung  wieder  einen  Riss  hineingebracht,  indem  das 
Didotsche  System  sich  nicht  vollständig  rationell  auf  das  neue  Mass 
übertragen  lässt.  Die  Frage  des  einheitlichen  Welt -Schriftkegels 
kann  demnach  erst  in  der  Zukunft  ihre  volle  Lösung  finden'. 

Eine  Didotsche  Erfindung  ist  ebenfalls  die  berühmte  Schreib- 
Didoischc  schrift  Augiciist-.  Die  bisherigen  Schreibschriften  waren  eigentlich 
nur  Cursivschriften ;  jeder  Buchstabe  stand  für  sich,  ohne  Verbindung 
mit  seinen  Nachbarbuchstaben.  Didot  führte  die  der  Schriftlage 
folgende  schräge  Typenbildung  ein,  welche  die  Verbindung  der 
Schriftzüge  unter  einander  erleichterte.  Um  die  vollständige  Freiheit 
der  mit  der  Hand  hergestellten  Schrift  zu  erreichen ,  waren  jedoch 
grosse  technische  Schwierigkeiten  zu  überwinden.  Jenachdem  ein 
Buchstabe  zu  Anfang,  zu  Ende  oder  in  der  Mitte  eines  Wortes 
stand,  oder  die  Nachbarbuchstaben  herauf-  oder  heruntergehende 
waren  u.  dergl.,  war  eine  Variation  der  Verbindungsstriche  und 
somit  eine  grosse  Vermehrung  der  Typen  notwendig.  Manche 
derselben  enthielten  nicht  einmal  einen  vollständigen  Buchstaben, 
sondern  dieser  musste  aus  mehreren  Teilen  zusammengesetzt  werden. 
Hierin  und  in  der  Wahl  der  richtigen  Ansätze  liegen  die  Schwierig- 
keiten und  nicht  jeder  Setzer  wird  diese  zu  überwinden  verstehen. 
Ausserdem  erfordert  der  Druck  infolge  der  Zartheit  der  Haarstriche 
eine  ganz  besondere  Aufmerksamkeit,  denn  die  schöne  und  teure 
Schrift  kann  durch  Ungeschicktheit  des  Druckers  schon  bei  dem 
erstmaligen  Gebrauch  verdorben  werden.  Damit  die  schrägen 
Typenstücke  fester  an  einander  schliessen,  sind  sie  an  der  einen 
Seite  mit  einer  halbrunden  Vertiefung,  auf  der  andern  mit  einer 
ebensolchen  Erhöhung  versehen,  die  in  einander  greifen.  Dreiseitige 
Schlussstücke  stellen  die  für  die  Festigkeit  der  sonst  schrägstehenden 
Zeile  notwendige  rechtseitige  Gestalt  her. 

Einer  der  bedeutendsten  Schriftgiesser  Frankreichs  war  Joseph 
)a,     \i  ,ir.  Moi.it.    Bereits  als  Kind  befasste  er  sich  mit  Gravieren  und  als 
Achtzehnjähriger   hatte'  er   schon   manchen   Stempel  geliefert. 

i   H.  Smm.Mn,  I'r.-ikii-.elu-s  HaiuRuicli   für  Bucluirticker  im  Verkehr  mit 
Suhnfl-ieNsercien.   2.  Atitl.   Leipzig  1S77. 


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V.  KAP. 


DIE  SCHRIF1  GIESSEREI  UND  DIE  MASCHINEN- 


«47 


Während  seines  geschäftlichen  Wirkens  schnitt  er  eigenhändig  über 
200  komplette  Schriften.  Ihm  verdankt  man  auch  die  Einführung 
der  so  praktischen  Hohlstege. 

Auf  fremdländische  resp.  orientalische  Schriften  wurde  im 
ganzen  genommen  von  den  Schriftgiessereien  und  Buchdruckercien  orientalische 
nicht  grosses  Gewicht  gelegt.  Eine  Ausnahme  machte  jedoch  die,  ''^ScTrtfr^6 
während  eines  Jahrhunderts  siebzehnmal  den  Namen  wechselnde, 
jedoch  ihrem  Charakter  treu  bleibende  Staatsdruckerei.  Mit 
besonderer  Vorliebe  und  grosser  Ausdauer  wurden  dort  nicht 
weniger  als  sechs  Versuche  gemacht,  den  Chimborasso  der  Typo- 
graphie, die  Herstellung  chinesischer  Schrift,  zu  überschreiten. 

Die  erste,  für  Fourmonts  Grammatik  benutzte  Schrift  hatte  ein 
vollständig  barbarisches  Aussehen.  Auch  die  14000  Typen  für 
Desguignes  Lexikon  waren  noch  viel  zu  gross  und  hässlich.  Spätere 
12  000  Typen  von  Deshauterais  wurden  nie  benutzt  Remusat  Hess 
2000  Zeichen  schneiden,  deren  er  sich  für  seine  Grammatik  bediente. 
Die  von  M.  H.  Klaproth  veranlassten  Typen  machten  grosse 
Ansprüche,  elegant  zu  sein,  es  wurden  mit  denselben  jedoch  nur 
wenige  Seiten  gesetzt.  1 836  machte  der  Direktor  der  Staatsdruckerei, 
Marcelim  le  Grand,  unter  Leitung  des  Orientalisten  Pauthier  einen 
neuen  Versuch.  Als  Grundlage  diente  das  Wörterbuch  von  Kanghi, 
welches  43  496  Charaktere  enthält,  die  auf  gegen  30000  reduziert 
und  in  zwei  Klassen  geteilt  wurden,  die  der  nicht  zerlegbaren  {3581^ 
und  die  der  zerlegbaren  (26295)  Zeichen,  welche  sich  mittels 
4267  Stempel  herstellen  Hessen'. 

In  dem  Lande  der  Franzosen ,  die  nicht  in  dem  Grade  ein 
singendes  und  spielendes  Volk  sind,  wie  die  Deutschen,  war  auch  Der  Ni  >t--u<lruck. 
die  typographische  Herstellung  von  Noten  nicht  von  der  Wichtigkeit, 
wie  in  Deutschland;  doch  hatten,  abgesehen  von  den  älteren  Ver- 
suchen, Fournier  le  jelne  und  Gando  Noten  geliefert,  diev freilich  1  r nier  und 
keinen  Anspruch  auf  Originalität  machen  konnten  's.  Kap.  xil).  Die 
Genannten  bekämpften  sich  gegenseitig;  Gando  warf  Fournier  vor, 
er  habe  Breitkopfs  Noten  kopiert ;  Fournier  behauptete,  Gando  hätte 
überhaupt  keinen  Stempel  schneiden  können,  also  auch  keine  Noten. 

1   Über  die  fraruö^i>,chc  Schriftyics.scrci   vergleiche   noch  die  Ah-ciniiiu 
„Didot-  und  „Staatsdruckerei". 

lo* 


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148 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


V.  KAP. 


Der  Wunsch ,  den  Übelstand  der  Breitkopfschen  Noten :  dass 
die  Linienstücke  an  jeder  Note  hängen,  also  trotz  des  vorzüglichsten 
Gusses  die  Sichtbarkeit  der  Zusammenfugungen  kaum  zu  vermeiden 
ist,  musste  zu  Versuchen  führen,  Linien  und  Noten  unabhängig  von 
einander  herzustellen.  Doppelter  Druck,  der  der  Linien  für  sich  und 
der  der  Noten  für  sich,  ist  jetzt  noch,  war  aber  namentlich  mit  den 
damaligen  Druckapparaten  ein  schwieriges  Unternehmen  und  der 
Satz  der  Noten  allein  ohne  System  auch  ein  sehr  beschwerlicher. 
Duvergcr»  Eugen  Duvi.rger  suchte  diese  Übelstände  zu  überwinden.  Mussten 
Systeme,  die  Noten  auch  bei  seiner  Methode  für  sich  gesetzt  werden,  so 
war  der  Satz  doch  durch  ganz  zarte  Andeutungen  der  Linien 
erleichtert,  welche  an  die  Type  angegossen  waren  und  als  Richt- 
schnur bei  dem  Setzen  dienten.  Über  den  Notensatz  wurde  eine 
Gipsmater  geformt  und  in  diese  das  Liniensystem  mittels  einer 
Maschien  durch  kleine  Rollmesser  hineingeschnitten.  Da  die  System- 
linien kräftiger  waren  als  die  an  den  Typen  befindlichen  schwachen 
Linienandeutungen,  so  wurden  letztere  durch  erstere  vollständig 
gedeckt.  Um  die  Zahl  der  notwendigen  417  Stempel  in  der  Praxis 
zu  vermindern,  wurden  erst  die  komplizierteren  geschnitten  und  von 
diesen  die  Matern  angefertigt,  dann  durch  Wegschneiden  einzelner 
Teile  die  einfacheren  Stempel  gebildet.  Aus  diesem  Verfahren 
erwuchs  jedoch  der  Nachteil,  dass  man  sofort  von  den  komplizierteren 
Stempeln  so  viele  Matern  abschlagen  musste,  als  man  überhaupt 
für  alle  Zukunft  haben  wollte.  Die  Schleifungen  wurden  durch 
schwache  Kupfcrblättchcn  erzielt,  deren  Anfang  in  den  Typensatz 
eingelassen  wurde,  während  der  übrige  Teil  sich  nach  Belieben 
biegen  und  abschneiden  Hess'.  Duverger  stellte  auch  Karten  her 
durch  ein  System  kleiner  Kupferlinien,  welche  in  eine  Bleiplatte 
eingefügt  wurden,  ebenso  wurde  es  mit  den  Schriften  gehalten. 

Derrikys  Notensatz  bestand  in  einem  System  aus  fünf  ganzen 
Messinglinien,  an  deren  oberen  und  unteren  Seiten  die  aus  zwei 
Teilen  bestehenden  Notenköpfe  angesetzt  wurden.  Die  Köpfe 
waren  so  unterschnitten,  dass  der  Anschluss  an  die  Linie  ein  voll- 
kommener war.  So  sinnreich  auch  sowohl  seine  als  Duvergers 
Methode  waren,  so  springt  es  doch  dem  Fachmann  leicht  in  die 

1  E.  Duverukr,  Album  tyfegraphique.  Paris  1840.  Kin  Prachtwerk,  weicht  s 
Duverger  anlässlich  Her  Juln-lfcier  erscheinen  liess. 


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V.  KAP. 


DIE  SCHRIFTGIESSERF.I  UND  DIE  MASCHINEN. 


149 


Augen,  dass  für  die  Praxis  mancher  Mangel  mit  beiden,  mit  der 
Derrieyschen  noch  der  besondere  Ubelstand  der  Verwendung  von 
Messinglinicn  zusammen  mit  Noten  von  Schriftzeug,  verbunden  war. 

Die  Anwendung  der  Pyrostereotypie  (Planotypie,  vgl. 
Kap.  ix)  wurde  in  Frankreich  von  Wals  eingeführt  und  von  pyro»tcrcot>Pie. 
Carbonnier  verbessert;  zuerst  war  sie  1840  in  Irland  benutzt  worden. 

Was  die  Erzeugnisse  der  Schriftgiesserei  für  dekorative  Zwecke 
anbelangt,  hat  Frankreich  einen  bis  jetzt  nicht  übertroffenen  Meister  Ornamente  u«d 
in  dem  erwähnten  Charles  Derriey  aufzuweisen.   Sein  Schicksal 
entschied  sich  nicht  schnell.  In  einem  Alter  von  1 8  Jahren  verliess  Charles  Dcrnev 

•  17.  Aug.  18118. 

er  die  Offizin  Gauthier  in  Besancon,  wo  er  sich  etwas  mit  allem,  tu.  Kehr  ih77. 
was  zur  graphischen  Kunst  gehört,  beschäftigt  hatte.  Er  trat  nun 
in  das  Haus  Didot  ein,  wo  er  nacheinander  als  Setzer,  Drucker, 
Stereotypeur,  Schriftgiesser  und  Zeichner  arbeitete  und  schliesslich 
in  seinem  27.  Jahre  die  Gravierkunst  lernte.  Da  er  mit  angeborenem 
Kunstsinn  und  ernster  Willenskraft  viele  praktische  Kenntnisse  ver- 
band ,  trug  er  kein  Bedenken,  sich  selbständig  zu  machen.  Wollte 
man  ihm  von  Stufe  zu  Stufe  in  seinem  Schaffen  folgen,  so  müsste 
man  sein  berühmtes  Probebuch  *,  einen  Folianten  von  gegen  200 
grösstenteils  in  Farben  und  Gold  ausgeführten  Seiten,  Blatt  für 
Blatt  beschreiben.  Vignetten,  verzierte  Schriften,  Züge,  Eckstücke, 
Linien,  Einfassungen  u.  dgl.  finden  sich  darin  in  grosser  Vollkommen- 
heit und  reicher  Abwechselung.  Seine  Phantasie-Einfassungen  über- 
treffen durch  Neuheit,  Eleganz,  Genialität,  Akkuratesse  der  Arbeit 
und  ihre  endlosen  Kombinationen  alles  Dagewesene.  Derriey  mutet 
der  Schriftgiesserei  und  der  Typographie  nicht  wenig  zu,  kennt 
jedoch  genau  die  Grenze,  bis  wohin  er  sie  fuhren  darf.  Er  zeichnete 
und  schnitt  nicht  allein,  sondern  setzte  und  kombinierte  in  der 
geschicktesten  Weise.  Jedes  Stück  steht  an  seinem  rechten  Platz ; 
Licht  und  Schatten  versteht  er  meisterhaft  in  effektvollster  Weise 
wechseln  zu  lassen. 

Auch  als  Mechaniker  hatte  Derriey  grosse  Bedeutung.  Seine 
Giess-  und  Linieninstrumente  sind  Erfindungen  von  hohem  Werte. 
Ein  kleines  Wunderwerk  bleibt  namentlich  seine  Numeriermaschine 
für  Banknoten. 

«  J.  ('.  Derriey,  Splämm  Album,  l'ol.    Paris  l86^. 


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I  50  DIE  ROMANISCHE  CRUPPE.  V.  KAP. 

Derrieys  Erzeugnisse  fanden  nicht  weniger  Anerkennung  im 
Auslande  als  in  seinem  Vaterlande.  Leider  muss  hinzugefügt 
werden,  dass  er  durch  galvanische  Nachbildungen  in  arger  Weise 
um  die  Vorteile  seines  geistigen  Eigentums  gebracht  wurde.  Seine 
Giesserei  mit  allem  Zubehör  ging  nach  seinem  Tode  auf  A.  Turlot 
Gebr.  Virey)  über. 

In  Derrieys  Atelier  arbeiteten  auch  zwei  der  berühmtesten 
Kunstsetzer  in  Paris  Sixte  Albert  und  L.  Moulinet.  Beide  lieferten 
im  Figuren-  und  Portratsatz  mittels  Linienstücke  Unglaubliches; 
Albert  eine  viel  angestaunte  Laokoon-  Gruppe,  Moulinet  (f  1874) 
einen  Beranger  in  ganzer  Figur  und  eine  Amor  und  Psyche-Gruppe. 

Von  anderen  Künstlern  in  der  Richtung  der  ornamentierenden 
ücchamps  und  Schriftgicsserei  sind  zu  nennen  Dechamps  und  der  sehr  fruchtbare 

Petition.  t  , 

Petibon,  der  die  Kaleidoskop -Einfassungen  einführte,  die  zwar  sehr 
hübsch  waren ,  jedoch  zumeist  für  den  Buchdrucker  ein  totes  Kapital 
blieben,  weil  die  Setzer  das  Material  nicht  zu  behandeln  verstanden. 
Laurent  ,v  Laurent  &  Debernv  lieferten  schone  Züge,  Initialen  und  Plakat- 
schriften. Ihre  Polytypen  beliefen  sich  auf  mehr  als  6000,  mit 
denen  sie  alle  Länder  der  Romanischen  Gruppe  reich  versorgten. 
Fonderu etturuu  Eine  bedeutende  Anstalt  entstand  unter  der  Vxxm^Fonderie  generale 

u.  a. 

Laboulave  &  Co.,  später  Rene  &  Co.,  aus  der  Vereinigung  der 
Firmen  Didot,  Mole,  Crosmkr,  Everat,  Tarbe  &  Co.,  welche 
letztere  sich  durch  ihre  systematischen  Hohlstege  und  Stereotyp- 
Unterlagen  bekannt  gemacht  haben.  Auch  Lombardot,  Babenberg 
&  Majeur  lieferten  viele  Einfassungen,  sowie  Phantasie-  und  Titel- 
schriften. Renault  &  Robcis  zeichneten  sich  in  der  Spezialität  der 
Messinglinien,  der  Hohlstege  und  des  Durchschusses  aus.  In  neuester 
Zeit  machte  sich  Henry  J.  Tucker,  Filiale  der  Londoner  Giesserei 
Caslon,  sowohl  durch  die  Leistungen  des  von  ihm  vertretenen 
Instituts,  als  durch  die  vorzüglich  geleitete  Fachzeitschrift  Typologie- 
1  ucker  einen  Namen. 

Um  das  Jahr  1840  führte  Colson  eine  Zeugmischung  von  Eisen 
MetijKcrbesic  und  Schriftmetall  ein,  welche  die  Haltbarkeit  des  gewöhnlichen 
Zeuges  verdreifachte.  Die*  Versuche  Petyts,  Typen  aus  Kupfer- 
stangen durch  Pressung  in  eine  Stahlmater  zu  erzielen,  erreichten 
ebensowenig  ein  praktisches  Resultat,  wie  Cardons  Erfindung,  ein 
kupfernes  Buchstabenbild  auf  einen  Typenstiel  von  Schriftmetall 


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V.KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSKRF.I  UNI)  DIE  MASCHINKN.  I  5  I 

anzubringen.   Die  Herstellung  der  Typen  aus  Glas  blieb  ebenfalls 
ohne  wirkliche  Erfolge. 

Verdankte  man  auch  die  erste  praktische  Methode  der  Schrift- 
stereotypie und  der  Anfertigung  von  Cliches  England,  so  hatten  die  Die-  Stereotypie. 
Franzosen  sich  doch  schon  lange  mit  der  STEREOTYPIE  beschäftigt' 
und  durch  ihre  späteren  Verfahren  das  Stanhopesche  überflügelt; 
ja  es  scheint  fast,  als  wären  sie  auf  dem  Wege,  selbst  die  Verwendung 
der  Jacobischen  Galvanoplastik  für  die  Typographie  durch  die 
Celluloid- Cliches  zu  verdrängen. 

Bereits  vor  Beginn  des  XVIII.  Jahrhunderts  lieferte  ein  Pariser 
Gelehrter  und  Buchdrucker  Gabr.  Vallkyrf.  einen  Kalender  in  ct>r.  vjiieyrc. 
Mcssingplatten,  die  in  Matern  aus  Thon  oder  diesem  ähnlicher  Masse 
gegossen  waren.  Da  aber  diese  Matrizen  nicht  vollständig  gleich- 
mässig  vertieft  und  die  Platten  ausserdem  auf  der  Rückseite  nicht 
ganz,  glatt  waren,  so  fiel  der  Druck  nicht  gleichmässig  aus. 

Der  Akademiker  Darcet  hatte  1773  seine  Erfahrungen  über  das 
Legieren  leicht  schmelzbarer  Metalle  veröffentlicht.  Ein  Elsasser  Igt».  HofTmann. 
Franz  Ignaz  Joskph  IIoffmann  wurde  wahrscheinlich  hierdurch  ver- 
anlasst, Matern  aus  fetter,  mit  Gips  vermischter  Erde,  welcher  Syrup 
und  Kleister  zugesetzt  wurden,  zu  bilden  und  diese  in  erhitztem 
Zustandein  eine  Legierung  von  VVismuth,  Blei  und  Zinn  in  dem 
Augenblick  der  Erstarrung  der  Metalle  einzudrücken.  Die  so 
,  erhaltene  Platte  wurde  auf  Xussbaumholz  mit  feinen  Nägeln  fest- 
gemacht. 

Mit  solchen  Platten  druckte  Hoflmann  1787  ein  dreibändiges 
Werk  Rechen  he  s  historiques  sur  /es  Maure s  par  de  Chemin  pire. 
HofTmann  musste  seine  Druckerei  in  andere  Hände  geben  und 
ersann  nun  ein  anderes  Verfahren.  Er  liess  360  Stempel,  teils 
einzelne  Buchstaben,  teils  Logotypen,  anfertigen.  Durch  mecha- 
nische Vorrichtungen  wurden  diese  Stempel  senkrecht  in  die  oben 
beschriebene  Mctallmasse  gesenkt.  Die  gewonnene  Matrize  ward 
in  einer  Presse,  wie  ein  Petschaft  in  der  Stcmpclpresse,  angebracht 
und  durch  einen  Balancier  in  die  dem  Erstarren  nahe  Schriftmasse 
mit  einem  kräftigen  Schlage  eingetrieben.  Von  einer  praktischen 

1  A.  C.  (,'\Mrs,  Memoire  sur  Vki:t.  ete.  du po!ytypa:^e  et  de  la  Stereotypie.  Pari* 
1S02.  —  i»K  Porvy,  /Weis  sur  la  Stereotypie.  Paris  1S22.  —  H.  Mkyek,  Handbuch 
der  Stereotype.     Br.iun^chweij,'  1S3S. 


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I 


152  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  V.KAP. 

Verwendung  dieses  aus  vielen  Gründen  unzweckmässigen  Verfahrens 
verlautet  nichts.  Ebensowenig  wie  von  HofTmanns  Logotypen,  für 
welche  er  1792  ein  Patent  für  15  Jahre  erhielt. 

HofTmanns  erste  Proben  hatten  viele  Nachahmungen  hervor- 
j.  carc/.  gerufen,  unter  denen  die  von  Joseph  Carez,  Buchdrucker  in  Toul, 
besondere  Beachtung  verdienen.  Seine  Matrizen  litten  aber  sehr 
durch  die  Hitze  und  das  Zusammenbacken  mit  der  Schrift.  Bei 
einem  befreundeten  Münzsammler  hatte  er  jedoch  gesehen,  wie 
dieser  durch  einen  kurzen  trockenen  Schlag  Abdrücke  in  Zinn  von 
seinen  Münzen  nahm.  Carez  bediente  sich  nunmehr  eines  Fallklotzes, 
um  eine  Schriftseite  in  die  halbflüssige  Masse  einzuprägen  und  so 
eine  brauchbare  Mater  zu  erhalten.  1786  lieferte  er  ein  Kirchen- 
gesangbuch in  zwei  Grossoktav-  Bänden ,  jeder  von  1000  Seiten,  in 
dieser  Weise  hergestellt  und  später  viele  Werke,  darunter  eine 
Nonpareille-Bibel. 

Als  der  Assignatendruck  eine  rasche  Vervielfältigung  der 
ocnfjcmhrc  und  kleinen  Platten  notwendig  machte,  um  viele  solche  auf  einmal 
drucken  zu  können,  verbesserten  Gf.kgemdre  und  Heran  das  Ver- 
fahren mit  dem  Fallklotz,  welcher  in  Fugen  vertikal  und  parallel 
stehender  Säulen,  wie  in  einem  Rammbocke,  eingelassen  wurde.  Die 
Tischplatte,  auf  welcher  der  Behälter  mit  der  Schriftmasse  stand, 
übte  durch  starke  Federn  einen  elastischen  Gegendruck  aus  und 
man  erhielt  in  dieser  Weise  Platten  in  scharfer  Prägung,  deren 
Rückseiten  durch  Hobeln  egalisiert  wurden. 

Die  von  Didot  1795  herausgegebenen  Logarithmen  werden 
Peter  Didut  und  gewöhnlich  als  Stereotypen  bezeichnet,  sie  sind  jedoch  nur  von 
zusammengeschmolzenen  Schriftkolumnen  gedruckt.  1798  ver- 
einigte sich  jedoch  Peter  Firmin  Didot,  der  auch  ein  Patent  besass, 
mit  Heran  1  zu  dem  Zweck,  Stereotyp- Ausgaben  zu  veranstalten, 
um  nicht  nur  die  gedruckten  Exemplare,  sondern  auch  die  Platten 
zu  verkaufen.  Das  erste  nach  ihrem  Verfahren  hergestellte  Buch 
war  ein  Virgil  in  i8mo  von  etwa  400  Seiten.  Ein  Exemplar  kostete 
nur  1 5  Sous,  eine  Platte  drei  Franken. 

Heran  wollte  noch  reformieren  und  Hess  von  Stahlstempeln 
Matrizen  in  typenfbrmige  Kupferstückchen  treiben,  die  in  einem 
Winkelhaken  aufgesetzt  wurden.  Jedoch  musstc  der  Setzer  mit  dem 

«  So  schreibt  ihn  Didot,  nicht,  wie  üblich,  Herhan. 


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V.  KAP. 


DIE  SCHRIFTGIESSKREI  UND  DIE  MASCHINES. 


»53 


letzten  Worte  einer  Zeile  und  dem  letzten  Buchstaben  eines  Wortes 
anfangen  oder,  was  etwas  leichter  war,  wie  gewöhnlich  von  links 
nach  rechts  setzen  und  dann  den  Satz  der  Zeile  Buchstabe  für 
Buchstabe  umstellen.  Spatien  und  Quadraten  mussten  höher  sein 
als  die  Typen,  nicht  wie  sonst  niedriger,  weil  die  Zwischenräume  in 
der  Platte  tiefer  liegen  mussten.  Schön  in  der  Theorie  aussehend, 
war  das  Verfahren  in  der  Praxis  unzweckmässig  und  teuer,  Korrektur- 
Abzüge  konnten  vor  dem  Guss  nicht  gemacht  werden ,  so  dass  alle 
Änderungen  erst  in  den  Platten  vorgenommen  werden  mussten. 

Das  bis  dahin  einzig  praktische  Stereotyp -Verfahren ,  das 
Stanhopesche,  fand  natürlich  auch  in  Frankreich  Eingang.  Eine  da,m. 
namentlich  für  das  Giessen  von  Cliches  weit  bequemere  Methode 
erfand  der  Franzose  Daule,  der  nicht  die  Matrize  in  die  flüssige 
Schriftmasse  versenkte,  sondern  sie  zwischen  zwei  eiserne  Platten 
mit  erhöhten  Rändern  einlegte,  die  einen  flachen  Giesskasten 
bildeten,  in  welchen  der  Zeug  mittels  des  Giesslöffels  eingegossen 
wurde. 

Eine  sehr  grosse  Bedeutung  gewann  die  PAPIERSTEREOTYPIE 
des  Setzers  Genol'.  Anfanglich  mit  Misstrauen  empfangen ,  hat  sie  Genou»  Papier- 
sich  später  besonders  für  Schriftstereotypie  vortrefflich  bewährt  und 
ist  für  die  Einführung  der  Rotationsmaschinen  ein  unbedingtes 
Erfordernis  geworden. 

Die  Mater  wird  aus  einer  Anzahl  von  Blättern,  teils  Seiden-, 
teils  stärkeren  Papiers,  gebildet,  die  einzeln,  mit  einer  breiartigen 
Klebemasse  angestrichen,  aufeinandergelegt  werden,  bis  sie  die 
Stärke  eines  festen  Kartons  erreicht  haben.  Durch  Klopfen  mit 
einer  langstieligen  Bürste  wird  die  Schriftkolumne  in  die  weiche 
Papiermasse  eingeprägt  und  die  Mater  dann  unter  mässigem  Druck 
und  bei  gelinder  Wärme  in  der  Trockenpresse  getrocknet.  Der 
Guss  geschieht  in  einem  Apparat  wie  der  Daulesche. 

Der  Vorteil  bei  diesem  Verfahren  liegt  nicht  allein  in  der  Billig- 
keit und  der  Leichtigkeit  der  Herstellung,  sondern  gründet  sich  auch 
darauf,  dass  eine  und  dieselbe  Mater  für  den  Guss  mehrerer  Platten 
benutzt  werden  kann  und  dass  man  die  Matern  nach  dem  Guss,  oder 
ohne  überhaupt  einen  solchen  vorzunehmen,  für  den  späteren 
Gebrauch  mit  Leichtigkeit  aufheben  kann.  Auch  ist  ein  hoher 
Ausschluss  nicht  notwendig.  Der  ganze  Apparat  ist  ein  so  einfacher. 


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DIE  ROMANISCHK  GRUPPE. 


V.  KAP. 


dass  selbst  eine  kleine  Druckerei  mit  Vorteil  einen  solchen  anschaffen 
kann.  In  neuester  Zeit  ist  noch  ein  Verfahren  eingeführt,  um  die 
Matern  rasch  und  ohne  Ofenwärme  zu  trocknen,  was  für  die 
Schonung  der  Schrift,  mehr  noch  für  die  der  Holzschnitte,  von 
Bedeutung  ist. 

Von  einschneidender  Wichtigkeit  scheint  die  Erfindung  der 
jannin»     Celluloid  -  Cliches  zu  werden;  doch  ist  die  Methode  noch  zu 
neu,  um  ein  bestimmtes  Urteil ,  namentlich  über  die  Tragweite  des 
Nachteils  der  leichten  Entzündbarkeit,  dieser  Cliches  zu  lallen. 

Der  Bildhauer  Jannin  in  Paris  war  auf  den  Gedanken  gekommen, 
das  Celluloid,  eine  durch  chemische  Behandlung  von  Faserstoff 
hergestellte  Masse  von  ausserordentlicher  Härte,  ausserdem, 
nach  erfolgter  Erwärmung,  von  grosser  Biegsamkeit,  ausser  zu 
verschiedenen  plastischen  Arbeiten  zu  Cliches  für  typographische 
Zwecke  zu  benutzen. 

Um  dieses  zu  können,  war  es  jedoch  notwendig,  eine  ent- 
sprechende Masse  für  die  Mater  zu  schaffen,  die  den  bei  der 
Herstellung  des  Cclluloid-Cliches  notwendigen  Druck  unter  Erhitzung 
vertragen  konnte.  Eine  solche  Masse  wurde  in  einem  aus  Blei- 
glätte und  Glycerin  bestehenden  Knetstoff  gefunden.  Derselbe 
wird  in  halbflüssigem  Zustande  über  den  zu  clichierenden  Gegen- 
stand sorgsam  gestrichen,  in  derselben  Weise,  wie  der  Gips  bei 
der  gewöhnlichen  Stereotypie,  und  die  Lage  bis  zu  einer  Dicke 
von  3—  5  mm  verstärkt.  Ist  die  Mater  unter  einem  mässigen  Druck 
erhärtet,  was  bei  Holzschnitten  in  15—20  Minuten,  bei  Metall- 
Originalen,  wo  Erwärmung  anwendbar  ist,  in  drei  bis  vier  Minuten 
der  Fall  ist,  kann  sie  sofort  zur  Herstellung  eines  Cliches  verwendet 
werden,  zu  welchem  Behuf  sie  in  eine  hydraulische  Presse  gelegt 
und  mit  einer  durch  Erwärmung  schmiegsam  gemachten  Celluloid- 
Platte  bedeckt  wird.  Unter  Erhitzung  der  Presse,  der  Mater  und 
der  Platte  bis  auf  1 200  C.  wird  ein  Druck  von  1 20—  1 30  Atmosphären 
ausgeübt,  darauf  das  ganze  durch  einen  Strom  von  kaltem  Wasser 
abgekühlt.  Nach  vollständiger  Erkaltung  der  Platte  löst  sich  selbe, 
ohne  vorhergegangene  Einreibung  des  Originals  mit  Graphit  oder  Öl, 
mit  Leichtigkeit  ab  und  kann  sofort  zum  Druck  aufgenagelt  werden. 
Fehler  können,  wie  bei  Stereotyp-Platten,  durch  Einsetzung  eines 
Pflocks  von  Celluloid  und  Nacharbeiten  desselben  mit  dem  Stichel 


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V.  KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  MASCHINEN.  I  5  5 

ausgebessert  werden.  Da  die  Platte  durch  keine  Sauren  oder  Farben- 
zusammensetzungen angegriffen  wird,  so  ist  sie  ganz  besonders  zum 
Druck  von  bunten  Farben  geeignet. 

Um  den  Druck  für  Blinde  machte  sich  Valentin  Haye 
zuerst  verdient.  Zu  seinen  Versuchen  wurde  er  durch  den  Verkehr  v^Haj-c  und  der 
mit  einer  blinden  deutschen  Dame,  Fräulein  von  Paradies,  veranlasst. 
Er  Hess  hoch  geschnittene  scharfe  Typen  anfertigen,  die  in  die 
Rückseite  eines' starken  Papiers  eingeprägt  wurden,  so  dass  für  die 
Finger  bemerkbare  Erhabenheiten  auf  der  Vorderseite  entstanden. 
Mit  verschiedenen  Modifikationen  fand  das  Verfahren  fast  in  allen 
anderen  Ländern  Eingang1. 

Den  Versuchen,  den  Holzschnitt  durch  andere  Illustrations- 
verfahren zu  verdrängen ,  wurde  namentlich  in  Frankreich  Vorschub 
geleistet.  A.  Demboür  in  Metz  (1814)  stellte  durch  Ätzung  Platten 
in  Kupfer  für  die  Buchdruckerpresse  her.  Die  Zeichnung  wurde 
mittels  Pinsels  oder  Feder  auf  Metall  gemacht  und  die  nicht  bezeich- 
neten  Stellen  weggeätzt.  Dem  ähnlich  ist  die  Acrographie. 

Grosse  Bedeutung  hat  die  ZlNKHOCHÄTZUNG.  Dieses  Verfahren 
ist  in  Frankreich  ein  sehr  beliebtes  geworden,  weil  ganz  besonders  Zt 
für  die  leichten  Skizzen  geeignet,  mit  welcher  die  vielen  Witz-,  leider 
auch  vielen  Schmutzblätter  illustriert  werden,  zu  welchen  früher  die 
lithographischen  Kreide-  und  Federzeichnungen  verwendet  wurden. 
Doch  auch  in  der  ernsten  Zeitungspresse  fand  die  Methode  Eingang, 
und  es  werden  oft  Blätter  geliefert ,  die  nichts  zu  wünschen  übrig 
lassen.  Eine  grosse  Virtuosität  entwickelte  namentlich  Firmin 
Gillot,  der  1850  Patent  auf  sein  Verfahren  nahm,  welches  er 
Paniconografhie,  die  Franzosen  jedoch,  welche  Gillot  als  Erfinder 
der  Hochätzung  betrachteten,  Gillotagc  nannten.  Eine  mehr  der 
Chemitypie  sich  nähernde  Methode  ist  die  von  Dulos.  F>  macht 
die  Zeichnung  mit  lithographischer  Kreide  auf  eine  Kupferplatte  und 
lasst  diese  mit  einem  schwachen  Silberniedcrschlag  überziehen ,  der 
nur  auf  den  nicht  bezeichneten  Stellen  haftet.  Hierauf  wird  ein  mit 
Quecksilber  vermischtes,  leichtflüssiges  Metall  heiss  auf  die  Platte 
gegossen.  Das  Metall  verbindet  sich  fest  mit  den  versilberten  Teilen 
der  Platte,  während  die  Zeichnung  nun  so  vertieft  liegt,  dass  man 
sie  als  Mater  für  ein  galvanisches  Hochdruck-Clichc  benutzen  kann. 

'  Vcrgl.  Kap.  I  und  XV. 


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DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


V.  KAP. 


Ein  drittes,  sehr  rasches  Verfahren  ist  das  von  Comte,  welches 
besonders  für  die  Abbildungen  in  l' Art  pour  tous  verwendet  wird. 
Lehmann  &  Lourdel  und  Yves  &  Barrot  u.  a.  haben  es  darin  weit 
gebracht. 

Ein  ganz  eigentümliches  Verfahren,  um,  wie  der  Erfinder 
N«ue  Höh    glaubte,  Holzschnitte  billiger  und  besser  herzustellen  als  bisher, 

ichnittmethode. 

wendeten  Marne  &  Co.  in  Tours  an. 

Bekanntlich  sind  die  Kreuzschraffierungen  dem  Holzschneider 
stets  ein  Dorn  im  Auge  gewesen,  denn  das  Umschneiden  einer 
Linie  an  allen  vier  Seiten  ist  eine  zeitraubende  und  Tüchtigkeit 
erfordernde,  folglich  teure  Arbeit.  Der  Erfinder  der  neuen  Methode, 
Gusman,  lässt  nun  zwei  Holzblöcke  bezeichnen,  auf  dem  einen  alle 
von  rechts  nach  links  gehenden  Linien,  auf  den  andern  die  diese  von 
links  nach  rechts  kreuzenden.  Werden  diese  Platten  nach  einander 
auf  einem  Bogen  gedruckt,  so  zeigt  der  Abdruck  die  kompliziertesten 
Kreuzschraffierungen,  die  sich  an  Kühnheit  mit  denen  des  Kupfer- 
stiches messen  können.  So  sagt  die  Theorie,  die  Praxis  hat  aber 
viel  hineinzureden.  Abgesehen  davon,  dass  zwei  Holzstöcke,  zwei 
Zeichnungen,  zwei  Schnitte  und  doppelter  Druck  notwendig  sind,  die 
Ersparnisse  also  mehr  als  problematisch  werden,  so  ist  die  Wirkung 
im  voraus  seitens  des  Zeichners  kaum  zu  berechnen.  Die  beiden  sich 
kreuzenden  Linien  vereinigen  sich  nämlich  nicht  wie  in  der  Radierung, 
sondern  die  eine  Lage  liegt  sichtbar  „über"  der  andern  und  bringt 
dadurch  oft  eine  falsche  Wirkung  hervor1.  So  interessant  diese 
Versuche  sind,  so  verlautet  doch  von  den  praktischen  Erfolgen 
nichts. 

Das  beginnende  Fehlen  des  Buxbaumholzes  hat  zu  vielen  Ver- 
suchen geleitet,  dieses  zu  ersetzen.  1876  nahm  Bertin  Badoureau 
ein  Patent  auf  komprimierte  Birnbaumplatten.  Durch  Kochen, 
Pressen,  Gelatinieren  wird  das  Holz  unempfindlich  für  die  Einwirkung 
von  Temperatur  und  Witterung  und  fast  auf  die  Hälfte  des  ursprüng- 
lichen Umfanges  reduziert. 

Was  der  Name  König  &  Bauer  für  Deutschland,  ist  derjenige 

H.  Marmorn   Hippolyte  Marinonis  für  Frankreich.  Dieser  ward  in  Paris  geboren, 
•  1825. 

>  Auf  einem  grossen  Blatt:  „Die  (Jrablegung  Christi"  nach  Tizian  sieht 
/.  B.  das  nackte  Bein  eines  der  Knieenden  ganz  so  aus,  als  wäre  es  mit  einem 
Strumpf  bekleidet. 


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V.KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSEREl  UND  DIE  MASCHINEN.  I  57 

arbeitete  bei  Gaveaux  und  baute  später  im  Verein  mit  diesem  seine 
ersten  Maschinen.  Die  Pressen,  mit  welchen  Marinoni  seinen 
grössten  Ruhm  erwarb  und  mit  denen  er  der  Journalistik  in  Frank- 
reich einen  sehr  bedeutenden  Vorschub  leistete,  waren  seine 
Maschinen  a  Reaction,  in  welchen  —  im  Gegensatz  zu  den  Maschinen 
a  Rttiration  mit  mehreren  Cylindern  —  Druck  und  Widerdruck 
durch  einen  und  denselben  Cylinder  geübt  wird,  indem  ihm  der 
das  erste  mal  gedruckte  Bogen  über  Rollen  weg  nochmals  behufs  des 
Widerdrucks  zugeführt  wird.  Der  Nachteil  bei  diesen  die  Schnellig- 
keit sehr  fördernden  Maschinen  ist,  dass  auf  dem  Cylinder  keine 
Zurichtung  stattfinden  kann.  Während  nun  möglicherweise  der 
Schöndruck  aus  einer  kompressen  Form  besteht ,  bietet  der  Wider- 
druck vielleicht  eine  mit  grossen  Anzeige-Schriften  oder  dgl.  gefüllte, 
die  eine  ganz  andere  Behandlung  im  Unterlegen  verlangt.  Da  lässt 
sich  nur  durch  primitive  Unterlegung  unter  der  Schriftform  etwas 
nachhelfen;  alles  andere  muss,  wie  bei  den  alten  Holzpressen  ehe 
man  die  Zurichtung  im  Deckel  kannte,  durch  einen  sehr  starken,  oft 
zu  erneuernden  Filzüberzug  des  Cylinders  erzwungen  werden. 
Hiervon  rührt  zumteil  eine  Ausfuhrung  der  französischen  Zeitungen 
her,  welche  sehr  zu  ihren  Ungunsten  nicht  allein  gegen  die  der 
englischen,  sondern  auch  gegen  die  der  deutschen  Zeitungen  absticht, 
obwohl  letztere  nicht  gerade  stolz  auf  ihr  äusseres  Gewand  sein 
dürfen.  Jedoch  der  Billigkeit  und  der  Schnelligkeit  wurde  genügt; 
die  französischen  Abendblätter,  welche  erst  nach  Schluss  der  Börse, 
um  vier  Uhr,  fertiggestellt  werden  konnten,  wurden  schon  um  fünf 
Uhr  durch  ganz  Paris  verkauft. 

Bereits  1 847  hatte  Marinoni  seine  berühmte  vierfache  Maschine 
für  La  Presse ,  der  später  die  sechsfache  folgte,  geliefert.  Im  Jahre 
1867  baute  er  für  Le  Petit  Journal  eine  Maschine,  welche  stündlich 
36000  des  in  mehreren  Exemplaren  clichierten  Blattes  fertigstellte, 
so  dass  die  damalige  Auflage  von  350000  Exemplaren  durch  fünf 
Maschinen  in  zwei  Stunden  beschafft  werden  konnte.  Derartige 
Druckapparate,  in  Verbindung  mit  dem  verhältnismässig  geringen 
Umfang  der  französischen  Blätter,  der  typographischen  Genügsam- 
keit des  Zeitungspublikums  und  der  Unsicherheit  der  Presszustände 
verursachte,  dass  die  mächtigen  und  kostspieligen  Rotationsmaschinen 
bei  weitem  nicht  die  Bedeutung  für  Frankreich  wie  für  England  und 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


V.  KAP. 


Amerika  hatten.  Dass  Marinoni  jedoch  den  Bau  derselben  nicht 
unterlassen  würde,  verstand  sich  von  selbst,  und  er  besitzt  bereits 
siebzehn  Patente  auf  solche.  Seine  Rotationsmaschinen  unter- 
scheiden sich  von  den  anderen  hauptsächlich  durch  die  Lage  der 
Satz-  und  Druckcylinder,  die  über  einander  angebracht  sind Von 
seinen  kleineren  Maschinen  sind  namentlich  die  Univtrselle  ,1850 
und  die  Indispensable  (1853)  weit  verbreitet.  Bis  zum  Jahre  1S80 
hatte  er  6539  Maschinen  für  typographische  Zwecke  und  4 10  Dampf- 
maschinen gebaut.  In  Deutschland  ist  Marinoni  bald  hoch  belobt, 
bald  sehr  getadelt  worden ;  Thatsache  ist  wohl,  dass  er  einer  der 
genialsten  Constructeure  der  Jetztzeit  ist. 

Als  an  Tüchtigkeit  Marinoni  gleichkommend ,  in  Eleganz  und 
p.  Aiau/ct    Nettigkeit  selbst  in  den  unwesentlichen  Teilen  der  Arbeit  ihn  über- 

*  15.  Juni  iKi'j, 

f  32. Jan.  in«.,  treffend  ist  Pierre  Alaizet  zu  nennen.  In  Rodez  geboren,  war  er 
bis  zu  seinem  achtzehnten  Jahre  Landarbeiter  und  kam  ohne  die 
geringsten  mechanischen  Kenntnisse  bei  dem  Pariser  Pressenfabrikant 
Normand  in  Arbeit.  Nach  vollendetem  Tagewerk  besuchte  er  die 
Schule  und  holte  das  ihm  Fehlende  so  gut  nach,  dass  er  sich  1846 
etablieren  konnte.  Bekannt  sind  namentlich  seine  Schön-  und 
Widerdruckmaschinen  für  feine  Werk-  und  Illustrationsarbeiten, 
die  auch  in  dem  Süden  Deutschlands  Eingang  fanden.  Dem 
Abschmutzen  des  Schöndruckes  beim  Ü  bergang  auf  den  Wider- 
druckscylindcr  wird  mittels  Durchlassens  von  Schmutzbogen  be- 
gegnet. 

Von  seinen  2500  Schnellpressen  ist  fast  nicht  eine  ganz  wie  die 
andere  gebaut,  da  er  unermüdlich  bestrebt  war,  Verbesserungen 
anzubringen.  Für  die  Pctitc  Repiibliquc  Francaise  lieferte  er  eine 
Rotationsmaschine  für  zwei  Meter  breites  Papier,  welche  stündlich 
~o — Sooco  Exemplare  des  Blattes  druckt;  mit  der  für  Illustrations- 
druck bestimmten  hat  er  erst  nach  vielen  Versuchen  befriedigende 
Resultate  erzielt. 

A.  B.  Di'tartrl  und  andere  lieferten  Maschinen  mit  mouvcmcnl 
a.  Ii.  Duvimc  varic .  deren  Druckcylinder  wahrend  der  Zeit,  in  welcher  er  den 
Druck  übt,  sich  langsamer  bewegt  und  solche,  deren  Druckcylinder 
so  langezeit  ruht,  wie  das  Fundament  gebraucht,  um  zum  zweitenmal 
unter  dem  Farbenwerk  hin-  und  zurückzugehen,  damit  die  Einfarbung 

1  Journ.  f.  !>.  1S7S,  Nr.  75.  --  Ann.  iL  Typ.  iv.  R  1 S73,  Nr.  1S9. 


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V.  KAP. 


DIK  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  MASCHINEN. 


159 


verstärkt  werde  Seine  Zwcifarbcn-Maschinen  gewannen  allgemeine 
Anerkennung. 

Für  vier  Farben  bauten  Prldon  &  Co.  eine  Presse,  bei  welcher 
die  Formen  hinter  einander  liegen;  hierdurch  wurde  eine  Länge  von 
sieben  Metern  erforderlich,  die  den  Eingang  dieser  Maschinen 
hinderte. 

Als  Verfertiger  lithographischer  Maschinen  erwarb  Th.  JXtuv 
Ruf.    Marinoni  baute  ebenfalls  solche,  die  zugleich  für  typo-  Lithographische 

u.  Kupferdruck* 

graphischen  Druck  zu  verwenden  waren.  Sie  arbeiteten  zwar  sehr  ma^hinen. 
gut,  die  Umänderung  von  einer  Druckweise  zur  andern  erforderte 
jedoch  viel  Zeit  und  diejenigen  Offizinen,  welche  Lithographie  mit 
Typographie  verbanden,  waren  in  der  Regel  auch  in  der  Lage, 
besondere  Maschinen  für  die  verschiedenen  Zwecke  anzuschaffen. 

Jules  Derriev,  der  Bruder  des  genialen  Schriftgiessers  Charles, 
erwarb  sich  Verdienste  durch  seine  Zeitungsmaschinen  von  sehr 
einfacher  Konstruktion  mit  Cylinderfärbung  nach  deutscher  Art  und 
baute  auch  Rotationsmaschinen Bekannt  sind  weiter  für  Zeitungs- 
maschinen A.  Y.  Gaveaix,  für  einfache  Schnellpressen  H.  Voirin 
und  Mai  i.de  &  Vibart.  Auf  Laien  machte  auf  allen  Ausstellungen 
die  kleine,  sehr  niedliche  Visitenkartenpresse  von  G.  Li  boykr  grossen 
Eindruck  \ 

Noch  sei  eine  eigentümliche  Kupferdruckpressc  erwähnt,  welche 
Aug.  Godchaix  zum  Druck  seiner  kalligraphischen  Vorlagen 
benutzt.  Sie  ist  in  der  Art  der  Kattundruckpresse  eingerichtet  und 
druckt  von  endlosem  Papier  2 — 3000  Exemplare.  Nach  vollzogenem 
Druck  wird  der  Bogen  durch  Mechanismus  von  der  Papierrolle 
abgetrennt.  Ein  Apparat,  gleich  dem  Messer  eines  Farbewerks  der 
Schnellpresse,  hält  die  Kupferplatte  rein.  Für  den  Druck  von  Kunst- 
blättern genügt  die  Maschine  nicht. 

Die  Schriftgiessmaschine  wurde  von  Baudoin,  Laval,  Fouchkr 
u.  a.  sehr  verbessert.  Beifall  fanden  die  Maschinen  von  Seriere  & 
Bausa,  welche  mit  zwei  Giessinstrumenten  und  zwei  Pfannen,  die 
mit  Einem  Feuer  erhitzt  werden,  versehen  und  von  Einem  Arbeiter 
bedient,  täglich  gegen  50  000  Buchstaben  lieferten. 

Von  Arbeitserleichterungsmaschincn  sind  L.  Poiriers  und 
L.  Lkgrands  Bronciermaschincn,   Toi.mkrs  Feuchtapparate  und  ii„Hsma»chinei» 

und  Apparate. 

»  Jo-.vn.  f.  V,.  iS-d.  Nr.  24.  —  •  Journ.  f.  ]}.  1S7S,  Nr.  36  u. 


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1ÖO  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  V.KAP. 

P.  Ragueneals  autographische  Pressen  beachtenswert.  Als  Motor 
ist  die  Gasmaschine  Lenoirs  sehr  beliebt. 

Die  allgemeinste  Verbreitung  und  Nachahmung  fanden  die 
mechanischen  SCHUKSSSTEGE  von  Marinom  &  Chaudre,  die  in 
einfach-praktischer  Weise  einen  vortrefflichen  Ersatz  der  Schrauben- 
rahmen bildeten.  Eiserne  Stege,  an  denen  die  dem  Rahmen  zuge- 
kehrte Seite  schräg  geformt  und  gezahnt  ist,  werden  durch  kleine, 
zwischen  Steg  und  Rahmen  einzufügende  Rädchen,  in  deren  Ein- 
schnitte die  Zähne  des  Steges  eingreifen,  mittels  eines  Schrauben- 
schlüssels unter  sehr  geringer  Kraftanwendung  angezogen  und  so 
die  Form  ganz  fest  geschlossen.  Alcan  Lew  &  Lavater  traten  mit 
zerlegbarem  Schliessrahmen  auf,  Valet  &  Co.  in  Marseille  mit 
galvanischen  Hohlstegen. 

Die  Anschaffung  des  Materials  erleichterte  namentlich  das 
u:entiii«.>u8«r.  grosse  Utensilien  -  Geschäft  von  J.  E.  Boieldieu  &  Fils,  denen  auch 
manche  Verbesserung  zu  verdanken  ist.  Namentlich  sind  ihre 
Stereotyp -Apparate  vortrefflich.  Die  von  ihnen  gebaute  grosse 
Plakatpresse  besteht  in  einem  mit  Zahnstangen  versehenen  Funda- 
ment, in  welchem  ein  Cylinder  mit  Zähnen,  ähnlich  wie  in  den 
Korrekturpressen,  sich  bewegt.  Das  Durchsehen  des  reichhaltigen 
illustrierten  Katalogs 1  der  Firma  belehrt  in  leichter  Weise  über  die 
Unterschiede  des  deutschen  und  des  französischen  Materials.  Ein 
zweites  sehr  umfangreiches  Utensilien  -  Geschäft  sind  die,  durch 
Fusion  der  Firmen  Ch.  Bonnkt  &  Co.  aus  Genf  und  Chevalier  & 
Dreyfus  in  Paris  entstandenen  Usines  Gutenberg. 

Die  französische  Druckfarbe  ist  in  den  feineren  Qualitäten 
vorzüglich.  Als  Fabrikanten  stehen  obenan  Ch.  Lorilleux2,  denen 
Le  Franc  &  Co ,  Prudon  &  Co.,  Caudf.ron  &  Co.  für  bunte  Farben 
folgen.  Lemlrcier&Co.  liefern  vorzügliche  lithographische  Farben  \ 

1  Outilage  Typografhique  Ihieiduu.  Paris. 

*  Ch.  Isniltux  sur  la  l'abrieation  des  enerrs  <V Imprimet-ie.  Paris.  1S67.  Ixmlleux 
giebt  jährlich  einen  Abreiss- Kalender  mit  geschichtlichen  oder  technischen 
Notizen  heraus.    Der  Jahrgang  enthalt  eine  typographische  Bibliographie 

der  in  Frankreich  erschienenen  l'achwerke.  Jänccke  Ä:  Schneemann  in  Hannover 
folgten  dem  Heispiel. 

3  Didot  behauptet,  dass  die  Erfindung  der  K01npositionsw.1l/e  einem 
französischen  I.eimfabrikantcn  Carmal  gehöre  (vgl.  dagegen  S.  34). 


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V.  KAP.  DIE  SCHRIFTGIESSEREI  UND  DIE  MASCHINEN. 


161 


Das  französische  Papier  hat  einen  verdienten  Ruf  erworben 
und  Frankreich  gehört  die  Ehre  der  Erfindung  der  Papiermaschine.  Das  Papier. 
Auf  Anregung  Didots  liess  Pierre  Montgolfier  das  erste  ungerippte 
Velinpapier  anfertigen  und  adoptierte  das  holländische  System 
der  Zerfaserung  der  Lumpen  durch  Schneidecylinder  statt  durch 
Stampfen.  Die  erste  Idee  des  Papiers  ohne  Ende  hatte  der  Werk- 
führer Louis  Robert  in  der  Papiermühle  Didot- Saint -Legers  in 
Essonnes  gefasst.  Letzterer  erwarb  die  Rechte  Roberts  und  erhielt 
von  der  Regierung  8000  Livres  zu  seinen  Versuchen.  Infolge  der 
Revolution  begab  sich  Didot  nach  London,  wo  die  Papiermaschine 
durch  die  Talente  des  Ingenieurs  Donkin  und  die  Kühnheit  der 
Papierfabrikanten  Gebr.  Foidrinkr  ihre  Vervollkommnung  erhielt. 
Als  Didot  18 14  nach  Frankreich  zurückgekehrt  war,  wurde  nach 
seinen  Angaben  die  erste  Maschine  von  Berthe  in  Sorel  gebaut, 
es  folgten  solche  in  Saint  Jean-d'Heures  und  in  Mesnil.  Zu  gleicher 
Zeit  wurde  sie  durch  Canson  in  Annonay  errichtet. 

An  Papierfabriken  besitzt  Frankreich  524  mit  28656  Arbeitern 
und  mit  einer  Betriebskraft  von  2 1  000  Pferden.  Sie  produzieren 
jahrlich  Ware  zu  einem  Werte  von  104  Millionen  Franken.  Die 
wichtigsten  Produktionsorte  sind  Annonay,  Angouleme  und  das 
Departement  Isere.  Die  Papierstcuer  brachte  16  439  000  Franken. 

In  der  Kunst  des  Buchbindens  steht  Frankreich  obenan.  Von 
dem  Bücherleinen  hat  es  sich  im  ganzen  genommen  freigehalten.  Die  Buchbinder- 
Fastalle  neuen  Bücher  werden  im  broschierten  Zustand  in  den  Handel 
gebracht.  Ausgenommen  davon  ist  die  Litteratur  der  Andachts- 
bucher,  in  deren  Herstellung  zu  fabelhaft  billigen  Preisen  bei  reicher 
Ausstattung  Mame  «St  Co.  in  Tours  Bedeutendes  leisten.  Neben 
diesen  billigen  Einbänden  kommen  jedoch  auch  die  kostbarsten  aus 
Seide,  Sammet,  Leder  und  Elfenbein  mit  echten  Spangen  und 
Beschlägen  vor,  die  sich  in  die  höchsten  Preise  versteigen.  Die 
Handarbeit,  unterstützt  durch  Reichtum  und  Geschmack  einer 
bedeutenden  Zahl  von  Bücherfreunden,  hat  in  Frankreich  noch  einen 
grossen  Spielraum.  Sie  übertrifft  an  Geschmack  die  englische,  muss 
aber  dieser  den  Vorzug  in  der  Behandlung  des  Leders  einräumen. 
Verwendet  werden  gewöhnlich  Chagrin  und  Corduan.  Die  Mosaik- 
arbeiten der  Franzosen  sind  nicht  eigentlich  eingelegte  Arbeiten, 
sondern  die  betreffenden  Stellen  werden  ganz  dünn  geschabt,  das 


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IÖ2  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  V.  KAP. 

Die  Buchbinder-  andere  farbige  Leder  darauf  gelegt  und  die  Ränder  mit  Gold- 
kunst. 

Verzierungen  bedruckt. 

Auf  die  strenge  Einteilung  der  Arbeit  in  der  Buchbinderei 
wurde  schon  hingewiesen.  In  den  einzelnen  Offizinen  sind  wieder 
die  einzelnen  Beschäftigungen  gruppenweise  verteilt.  Viele  der 
Arbeiter,  die  in  ihrer  Spezialität  Vorzügliches  leisten,  würden  nicht 
imstande  sein,  allein  ein  Buch  leidlich  zu  binden.  Dieses  System  mag 
allerdings  der  allgemeinen  Ausbildung  des  einzelnen  Individuums 
hinderlich  sein ,  das  Publikum  erhält  jedoch  durch  dasselbe  billigere 
und  bessere  Bände. 

Neben  der  Anlehnung  an  die  goldene  Zeit  hat  sich  eine  selb- 
ständige moderne  Dekorationsweise  ausgebildet,  die  vieles  Hübsche 
liefert.  Die  Führerschaft  dürfte  Lortic  zukommen ,  der  sich  ganz 
besonders  durch  die  Wissenschaftlichkeit  seiner  Arbeiten  aus- 
zeichnet. Jeder  Einband  ist  in  dem  Geist  der  Zeit,  welcher  das 
Werk  angehört,  streng  durchgeführt;  für  die  jetzige  Zeit  hat  er  sich 
einen  eigenen  Stil  des  XIX.  Jahrhunderts  gebildet.  Bände  von  ihm 
werden  bis  mit  3000  Franken  bezahlt. 


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VI.  KAPITEL. 

DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH. 

DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE. 

Der  Staat  und  die  Presse  unter  Ludwig  XVL,  der  Revolution,  Napoleon  I., 
der  Restauration,  dem  Bürgerkönigtum,  Napoleon  in.  Die  ALTEREN  Buch- 
DRUCKEREIEN:  Die  Staatsdruckerei  und  die  Didot  in  ihrem  Einflüsse  auf  die 
Typographie,  die  Familien  Panckoucke,  Barbou,  Lottin,  Treuttel  &  Würtz, 
Berger- Lcvrault,  Dentu,  Crapelet. 


ÄTTE  die  Liebe  eines  Königs  für  die  Buchdrucker- 
kunst genügt,  um  diese  in  dessen  Lande  zum  grössten  nie  Presse  um« 

t^i  i    •  r<      i      •  i  Ludwig  xvi. 

I'lor  zu  bringen,  so  müsste  sie  m  Frankreich  unter 
Ludwig  XVL  goldene  Tage  gehabt  haben1.  Ludwig 
war  noch  als  Kind  durch  Martin  Lottin  in  der  Kunst 
unterrichtet  worden  und  druckte  als  Dauphin,  kaum  zwölf  Jahre  alt, 
1766  einen  kleinen  Band:  Maximes  tirees  de  Telemaque.  Auch  Karl 
v.  Artois,  später  Karl  X.,  besass  Vorliebe  für  die  Kunst  und  Hess 
1780— 1784  bei  dem  älteren  Didot  eine  Sammlung  von  französischen 
Schriftstellern  in  64  Bänden  in  18.  für  sich  drucken,  während 
Ludwig  XVL  später  die  Sammlung  ad  usum  delphini  (zum  Gebrauch 
für  den  Dauphin)  ausführen  liess.  Mehr  als  in  irgend  einem  andern 

1  P.  DuroNT,  Histoire  de  /' '/mpri/nerie,  vol.  l.  Paris  1S54.  —  A.  F.  Didot, 
Histoire  de  la  Typographie.  Paris  1SS2.  (Abdruck  aus  der  F.ncydopedie  moder/te.)  — 
Kdm.  Werdet,  De  la  Librairie  Francaise.  Paris  1860.  —  F.  A.  Duirat,  Histoire  de 
rimprmerie  Imperiale.  Paris  lS6i.  —  Ki>.  Werdet,  Histoire  du  Livre  eu  France. 
4  Bde.  Paris  1S61— 62. 

II' 


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IÖ4 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


Lande  hatten  die  Aristokraten  Frankreichs  sich  es  angelegen  sein 
lassen,  Privatdruckereien  zu  errichten.  Bereits  während  der  Regierung 
Heinrichs  IV.  besass  der  Kardinal  Duperron  eine  Druckerei  in  Bagnolet 
bei  Paris,  ebenso  später  Kardinal  Richelieu  auf  Schloss  Richelieu 
in  der  Touraine.  Der  Kanzler  d' Auguesseau ;  die  Marquise  von 
Pompadour;  die  Dauphine  Marie  Josephe,  Mutter  Ludwigs  XVI.;  der 
Herzog  von  Burgund,  Bruder  Ludwigs  XVI.,  und  manche  andere 
Grossen  waren  Besitzer  von  Privat-Offizinen. 

Im  Jahre  1777  erliess  Ludwig  xvi.  ein  Gesetz  zur  Regelung 
des  litterarischen  Eigentumsrechts,  nach  welchem  jedoch  alles  auf 
Privilegien  beruhte,  die,  wenn  einmal  den  Autoren  erteilt,  auch  auf 
die  Erben  derselben  übergingen,  jedoch,  wenn  in  Buchhändler- 
händen befindlich,  mit  dem  Tode  des  Verfassers  erloschen.  Wie  alle 
Privilegien  fielen  auch  diese  durch  Beschluss  der  konstituierenden 
Die  Revolution*-  Versammlung  vom  4.  August  1789,  nach  welcher  Zeit  nun  auch 
jeder,  der  einige  Zentner  Schriften  kaufte  oder  borgte  und  ein 
Patent  zahlte,  Buchdrucker  werden  konnte.  Selbst  diese  letzte 
Bedingung  hörte  1793  auf,  und  die  Zahl  der  Buchdruckereien  wuchs 
von  den  früheren  36  privilegierten  auf  700.  Die  Pressfreiheit  war 
bereits  durch  die  Verfassung  vom  14.  September  1791  garantier^:, 
nach  welcher  jeder  das  Recht  erlangte,  seine  Gedanken  ohne  vor- 
herige Zensur  schreiben,  drucken  und  veröffentlichen  zu  können. 
Unter  dem  Direktorium  wurde  wenigstens  festgestellt,  dass  der 
Buchdrucker  seinen  Namen  auf  alles,  was  er  druckte,  setzen,  auch 
auf  Aufforderung  den  Namen  des  Verlegers  nennen  musste. 

Broschüren  auf  rötlich-grauem  Papier  mit  Typen  gedruckt,  die 
mitunter  geradezu  unleserlich  waren,  sind  die  hauptsächlichsten 
Produkte  der  Revolutionszeit.  Eins  der  lohnendsten  Geschäfte  war 
der  Druck  von  Assignaten,  deren  erste  Emission  im  Betrage  von 
1200  Millionen  am  19.  Dezember  1789  dekretiert  wurde.  Der 
Direktor  der  Königlichen  Druckerei,  Anisson-Duperon,  wurde  mit 
der  Ausführung  betraut.  Die  späteren  Emissionen  beschäftigten 
Tag  und  Nacht  eine  grosse  Anzahl  von  Pressen.  Ende  1794  wurden 
auf  einmal  40  Milliarden  in  Auftrag  gegeben. 

Unter  den  Konsuln  wurde  1 797  die  politische  Tagespresse  auf 
Das  KonMii.it.  ein  Jahr  unter  Aufsicht  der  Polizei  gestellt  und  später  diese  Anord- 
nung prolongiert.    1 800  behielten  sich  die  Konsuln  das  Recht  der 


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VI.  KAP.  DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH.  l6$ 

Repressivmassregeln  gegen  diejenige  Zeitungspresse  vor ,  die  sich 
etwa  gegen  die  Gesellschaft,  die  Regierung  oder  die  Souveränität 
des  Volkes  versündigte.  Durch  ein  weiteres  Dekret  vom  Jahre  1 803 
wurde  bestimmt,  dass  ein  Exemplar  jedes  Buches  dem  Revisions- 
amte zur  Durchsicht  übergeben  werden  sollte  „zum  Schutze  der 
Freiheit  der  Presse"  (!). 

Die  Zeit  war  der  letzteren  nicht  gunstig.  Die  Zahl  der  Zeit- 
schriften verminderte  sich  und  die  1790  vorhandenen  700  Buch- 
druckereien waren  auf  340  zusammengeschmolzen.  Dafür  begannen 
nun  die  älteren,  gut  eingerichteten  Offizinen  an  die  alten  Traditionen 
wieder  anzuknüpfen. 

Nach  Begründung  des  Kaisertums  beschäftigte  sich  Napoleon 
sehr  mit  der  Organisation  des  Buchhandels  und  der  Buchdruckerei.  Das  Kaisertum. 
Ein  bekannter  Schriftsteller,  Fievee,  wurde  mit  dem  Plane  betraut. 
rDie  Buchdruckerei"  —  so  argumentierte  Napoleon  —  „ist  ein 
mit  gefährlichen  Waffen  gefülltes  Zeughaus,  das  man  ungern  in 
den  Händen  des  ersten  besten  lässt.  Die  Buchdruckerei  ist  kein 
Handelszweig ;  es  genügen  deshalb  einfache  Privilegien ,  um  sie  zu 
organisieren.  Es  handelt  sich  um  einen  Stand,  an  dessen  Gedeihen 
der  Staat  ein  Interesse  hat,  letzterer  muss  deshalb  die  Entscheidung 
in  den  Angelegenheiten  dieses  Standes  haben.  Der  Buchdrucker 
kann  ein  geschickter,  selbst  ein  gelehrter  Mann  sein,  er  ist  aber  kein 
Kaufmann  und  kein  Fabrikant.  [Eben  weil  der  Erfolg  nicht  von  ihm 
selbst,  sondern  von  der  Spekulation  anderer  abhängt,  kann  nur  eine 
gewisse  Zahl  von  Buchdruckern  existieren.  Beschränkt  der  Staat 
nicht  die  Zahl  und  leidet  infolge  davon  der  Buchdrucker  Not,  so 
kann  man  nicht  auf  dessen  rechtlichen  Charakter  zählen  und  die 
Druckkunst  ist  eine  zu  furchtbare  Waffe,  um  sie  in  den  Händen  von 
Notleidenden  zu  lassen.  Gut  situierte  Bürger  sind  weniger  geneigt, 
gegen  die  Gesetze  zu  handeln;  es  ist  deshalb  ebenso  human  als 
politisch  richtig,  die  Zahl  der  Buchdruckereien  zu  beschränken  und 
aus  demselben  Grunde  die  Zahl  der  Lehrlinge  zu  normieren." 

Am  5.  Februar  18 10  erschien  das  Dekret,  welches  eine  Direktion 
der  Buchdruckerei  und  des  Buchhandels  einrichtete.  Die  Zahl  der  Dirckuou  der 

IJuchi^ruckcxci. 

Buchdruckereien  wurde  in  Paris  auf  60  festgestellt,  die  unter  den 
3—400  bestehenden  gewählt  werden  sollten.  Die  bleibenden  hatten 
die  andern  zu  entschädigen  und  waren  verpflichtet,  das  Material  der 


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DIE  ROM  ANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


zu  löschenden  Finnen  anzukaufen.  4000  Franken,  für  die  eine  mehr, 
für  die  andere  weniger,  wurden  als  Durchschnittsentschädigung 
bestimmt.  Das  Brevet  war  eine  einfache  Autorisation  und  schloss 
nicht,  wie  dies  bis  zum  xvm.  Jahrhundert  der  Fall  gewesen  war, 
die  Garantie  der  geschäftlichen  Befähigung  des  Inhabers  in  sich. 
Strenge  Massregeln  in  betreff  der  zu  führenden  Geschäftsbücher 
wurden  getroffen. 

Ein  weiteres  Dekret  vom  11.  Februar  181 1  erhöhte  die  Zahl 
Privilegien,  der  Buchdruckereien  auf  80,  das  litterarische  Eigentumsrecht  wurde 
geregelt  und  die  Zensur  in  optima  forma  eingeführt.  Ein  dem 
Ministerium  der  Polizei  beigegebencs  Bureau  de  r  esprit  public  sollte 
für  Verbreitung  der  Regierungsansichten  und  die  Bearbeitung  der 
öffentlichen  Meinung  wirken.  Jedes  Departement  durfte  nur  ein 
Journal  haben,  für  jeden  Zeitungsbogen  zahlte  man  1  Centime 
Stempelgebühren. 

Im  Jahre  18 12  wurden  die  Privilegien  auch  für  den  Buchhandel 
eingeführt,  jedoch  die  Zahl  der  Buchhandlungen  nicht  beschränkt. 
Zensierte  Werke  konnten  nachträglich  konfisziert  werden,  jedoch 
mussten  die  Druckkosten  ersetzt  werden.  Diese  Bestimmung  kam 
nur  in  einem  einzigen  Fall  zur  Anwendung  und  zwar  anlässlich  des 
Werkes  De  V Allcmagiw  der  Frau  von  Stael. 

Dass  der  Buchhandel  und  die  Buchdruckerei  sich  unter  der 
Napoleons    Regierung  Napoleons  trotz  des  äusseren  Glanzes  nicht  recht  entwickeln 
Typographie!6  konnten,  wird  jeder  verstehen.  Unter  den  von  der  Regierung  selbst 
hervorgerufenen  Werken  steht  obenan  die  Description  de  Vligyptc, 
das  Resultat  der  Thätigkeit  der  gelehrten  Kolonie,  welche  Bonaparte 
mit  nach  Ägypten  geführt  hatte. 

I  Iätte  überhaupt  die  Typographie  keine  andere  Aufgabe  gehabt, 
als  der  Wissenschaft  zu  dienen ,  so  würde  sie  in  Napoleon  gewiss 
den  grössten  Freund  gefunden  haben,  denn  ein  Geist  wie  der  seinige 
konnte  den  Verkehr  mit  der  Presse  nicht  entbehren.  Selbst  im 
ärgsten  Kriegslärm  mochte  er  die  Wissenschaft  und  die  Litteratur 
nicht  missen. 

Bereits  1798  hatte  er  daran  gedacht,  eine  Feldbibliothek  her- 
Heabsichtigic  stellen  zu  lassen,  die  ihm  auf  seinen  Feldzligen  folgen  sollte,  und 

Peldhibliothek. 

1 808  den  Plan  w  ieder  in  Bayonne  aufgenommen.  Als  er  bei  seinem 
Aufenthalt  in  Schönbrunn  die  Werke,  die  er  mitzufuhren  gewünscht 


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VI.  KAP.  DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH.  167 

hatte,  die  aber  wegen  des  äusseren  Umfangs  zurückgeblieben 
waren,  sehr  vermisste,  kehrte  er  ernstlich  zu  der  Idee  einer  Feld- 
bibliothek zurück  und  diktierte  am  12.  Juni  1809  den  Plan  zu  einer 
solchen,  der  seinem  Bibliothekar  Barbier  als  Richtschnur  unter- 
breitet werden  sollte. 

Napoleon  wollte  eine  Sammlung  schön  gedruckter  und  gut 
gebundener  Werke  in  kleinem  Format  mit  kleinem  Rand.  ,.Er  sei 
reich  genug,  um  sich  diesen  Wunsch  erfüllen  zu  können."  Vorläufig 
wollte  er  3000  Bände  von  je  4 — 500  Seiten,  hauptsächlich  geschicht- 
lichen Inhalts,  die  Bibel  dürfe  nicht  fehlen;  wären  diese  3000  Bände 
fertig,  so  könnten  weitere  3000 :  Reisen,  Naturgeschichtlichcs,  Unter- 
haltendes, folgen.  Eine  Anzahl  gewiegter  Männer  der  Wissenschaft 
sollte  die  Redaktion  besorgen  und  allen  unnützen  Ballast  über  Bord 
werfen. 

Im  November  1809  stattete  Barbier  seinen  Bericht  ab.  Die 
Kosten  für  die  3000  Bände  waren  bei  einer  Auflage  von  fünfzig 
Exemplaren  auf  vier  und  eine  halbe  Million  Franken  berechnet. 
Würden  jedoch  300  Exemplare  gedruckt  und  verkaufte  man  den 
Band  zu  fünf  Franken,  so  entstände  eine  Einnahme  von  etwa  drei 
Millionen  Franken.  Man  glaubte,  täglich  einen  und  einen  halben 
Band  oder  jährlich  gegen  500  Bände  liefern  zu  können.  Die  Proben 
wurden  gemacht  —  und  hierbei  blieb  es. 

Ein  seltenes  Pracht-  und  Kunststück  führte  die  Kaiserliche 
Druckerei  aus,  als  Papst  Pius  VII.  anlässlich  der  Kaiserkrönung  1805  Kun*iic«tun^sn 
sich  in  Paris  aufhielt  und  die  erwähnte  Anstalt  besuchte.  Während  Druckerei, 
dieses  Besuches  druckten   150  Pressen  die  Üoraison  dominieale 
(das  Vater  unser)  in  1 50  Sprachen  und  der  Direktor  Marcel  über- 
reichte dem  Papste  das  Widmungsexemplar. 

Bei  Gelegenheit  der  Geburt  des  Königs  von  Rom  beschloss 
Napoleon  den  Druck  einer  Sammlung  in  der  Art  der  Ausgaben  ad 
usum  delphhti.  Mit  der  Aufstellung  des  Katalogs  war  jedoch  auch 
diese  Sache  zuende. 

Sozusagen  beim  Bivouac-Feuer  entwarf  Napoleon  den  Plan  zu 
einer  Fortsetzung  der  Histoirc  de  France  von  Velly,  durch  den 
Abbe"  Halma,  den  Bibliothekar  der  Kaiserin.  Schliesslich  darf  nicht 
das  wichtigste  Werk  der  ganzen  Zeitperiode,  das  dem  Kaiser 
so  viel  zu  verdanken  hatte,  der  Code  Napoleon,  vergessen  werden. 


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DIE  KOMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


Als  das  Unglück  über  den  Kaiser  hereinbrach,  konnte  es  nicht 
fehlen,  dass  die  Presse  im  geheimen  stark  gegen  ihn  arbeitete  und 
dass  die  Massregeln  gegen  dieselbe  noch  verschärft  wurden. 
Während  der  Hundert  Tage,  als  er  die  Presse  brauchte,  wollte  er 
die  von  Ludwig  xvm.  bereits  zugesagte  Pressfreiheit  gewähren  und 
ein  Dekret  vom  24.  März  18 15  hob  die  Zensur  auf.  Waterloo 
machte  das  Dekret  zu  einem  toten  Buchstaben. 

Das  erste  Kaiserreich  hatte  dem  Buchgewerbe  die  goldene 
DieReiuuraüon.  Zeit  nicht  gebracht.  Günstiger  waren  die  Auspizien  bei  Beginn  der 
Restauration.  Der  Artikel  VIII  der  Charte  sicherte  allgemeine 
Pressfreiheit  zu.  Es  dauerte  jedoch  kaum  einen  Monat,  als  die 
Repressionsmassregeln  wieder  begannen.  Unter  anderem  konnten 
die  Zeitschriften  nur  mit  Autorisation  des  Königs  erscheinen.  Bei 
Übertretungen  der  Gesetze  stand  das  Zurückziehen  des  Brevets  in 
Aussicht. 

W  ir  können  nicht  der  Geschichte  der  Massregelungen  gegen 
die  Presse  durch  alle  ihre  Phasen  Schritt  für  Schritt  folgen.  Zensur, 
Kautionen,  Suspensionen,  eine  etwas  grössere  oder  kleinere  Portion 
Pressfreiheit  folgten  in  schnellem  Wechsel  unter  der  Herrschaft 
Ludwigs  XVIII.  Die  Regierung  Carls  X.  fing  für  die  Presse  etwas 
milder  an,  aber  das  projektierte  Pressgesetz  vom  29.  Dezember  1826 
übertraf  an  Schärfe  alles  bisherige,  wurde  jedoch  von  der  Pairs- 
kammer  abgelehnt,  die  sich  diesmal  liberaler  als  die  Deputierten- 
kammer zeigte.  Nichtsdestoweniger  wurde  gegen  Buchdrucker, 
Buchhändler  und  Journalisten  mit  grosser  Strenge  verfahren.  Die 
Prozesse  häuften  sich;  nicht  allein  wirkliche  Pressvergehen,  sondern 
selbst  unbedeutende  Formfehler  wurden  unnachsichtlich  und  schwer 
bestraft.  Die  Massregeln  schlössen  mit  den  berüchtigten  Ordonnanzen 
juürcvoiuuon.  Polignacs  vom  25.  Juli  1830,  die  das  Ende  der  Regierung  Carls  X. 

herbeiführten.  Trotz  der  Verfolgungen  gegen  die  Presse  behielt 
doch  der  letzte  der  Bourbonen  seine  Liebe  für  die  Druckkunst  bei 
und  zeichnete  öfters  die  Vertreter  derselben  persönlich  aus,  liess 
auch  manche  grosse  Unternehmungen  durch  Subskription  der 
Ministerien  unterstützen. 

Leider  vergingen  die  blutigen  Julitage  nicht  ohne  grobe 
Unordnungen  seitens  der  typographischen  Arbeiter,  welche  in 
mehreren  Druckereien  die  Schnellpressen  zerstörten.  Jedoch  die 


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VI.  KAP.  DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH.  169 

Masse  der  Arbeiter  trat  gegen  die  Unruhestifter  auf  und  eine 
Proklamation  Firmin  Didots  an  die  Arbeiter  trug  sehr  viel  zur 
Beruhigung  derselben  bei. 

Die  neue  Charte  vom  14.  August  1830  brachte  wieder  Press- 
freiheit und  „ewige"  Aufhebung  der  Zensur.  Die  Lage  der  Buch-  Da»  Bürger- 

Königtum. 

drucker  und  Buchhändler  ward  durch  die  allgemeine  Krisis  eine  sehr 
schwierige  und  die  Folgen  der  Überproduktion  zeigten  sich  in 
trauriger  Weise.  Die  Regierung  that,  was  sie  konnte,  um  die 
Kalamität  zu  mildern  und  gewährte  Anleihen.  Benj.  Constants 
Antrag  auf  Freigebung  der  Buchdruckerei  und  des  Buchhandel- 
Gewerbes  scheiterte  zwar,  die  gesetzlichen  Bestimmungen  wurden 
jedoch  vielfach  umgangen ,  indem  man  Zessionen  an  Nicht fachleute 
zuliess  und  die  Gründung  von  Succursah  s  gestattete,  die  unter  Ver- 
antwortlichkeit von  Brevetinhabern  von  anderen  betrieben  wurden. 
Auch  entstanden  in  der  nächsten  Umgebung  von  Paris  Druckereien, 
die  recht  wohl  mit  den  brevetierten  konkurrieren  konnten.  Mehrere 
Druckereien  änderten  sich  in  Aktienunternehmungen  um  und  nahmen 
kolossale  Dimensionen  an. 

Die  Lage  der  Journale  war  sehr  erleichtert;  man  benutzte  aber 
keineswegs  die  Freiheit  mit  der  notwendigen  Mässigung,  so  dass 
ein  beschränkendes  Gesetz  am  9.  September  1835  erlassen  wurde, 
das  von  der  Regierung  jedoch  mit  Schonung  gehandhabt  wurde. 

Ludwig  Philipp  selbst  war,  wie  die  Bourbonen  es  gewesen,  ein 
Freund  der  Buchdruckerkunst.  Mag  er  auch  sonst  als  recht  sparsam 
gegolten  haben,  in  Bezug  auf  die  Erzeugnisse  der  Presse  zeigte  er  sich 
freigebig  und  liess  mehrere  grosse  Unternehmungen  auf  seine  Kosten 
drucken.  Die  Korrekturen  las  er  dann  selbst  und  las  sie  sehr  gut. 

Bekanntlich  nahm  das  Bürgerkönigtum  am  24.  Februar  1848 
ein  jähes  Ende.  Die  provisorische  Regierung  zählte  mehrere  Männer 
der  Wissenschaft  und  der  Presse  unter  ihren  Mitgliedern.    Ihre  Die  Revolution 

von  1*48. 

Freunde  fanden  Anstellung  in  der  Administration;  es  war  also 
natürlich,  dass  die  Presse  mit  Wohlwollen  behandelt  wurde.  Der 
Zeitungsstempel,  die  Kautionen  und  das  strenge  Pressgesetz  vom 
9.  September  1 835  wurden  aufgehoben.  Eine  Unmasse  von  Journalen 
entstand,  die  Vorteile  aus  dem  Druck  fielen  jedoch  nur  einigen 
wenigen  grossen  Zeitungsdruckereien  zu,  die  eigentlichen  Werk- 
und  Accidenzdruckereien  litten  Not  und  fast  der  dritte  Teil  der 


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170 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


Arbeiter  war  brotlos.  Während  der  Zeit  der  am  10.  November  1848 
begonnenen  Präsidentschaft  Louis  Napoleons  und  des  Kaiserreichs 
D.ki  /weite  Napoleons  III.  hob  sich  das  Druckgeschäft  wieder,  aber  es  traten 
selbstverständlich  strengere  Überwachungsmassregeln  ein.  Im  Jahre 
1852  wurde  die  Dircction  generale  de  V Imprimaie  et  de  la  Ltdraine 
ins  Leben  gerufen,  welche  Massregel  im  allgemeinen  mit  Befriedigung 
aufgenommen  wurde. 

Das  neue  Pressgesetz  vom  17.  Februar  1852  gab  der  am 
2.  Dezember  1852  eingesetzten  kaiserlichen  Regierung  eine  furcht- 
bare Waffe  in  die  Hände,  denn  es  hing  alles  von  der  Art  der  Aus- 
führung des  Gesetzes  ab.  Napoleon  Iii.  liebte  die  Buchdruckerkunst 
gleich  seinen  Vorgängern,  und  er  selbst  suchte,  wie  bekannt, 
schriftstellerischen  Ruhm.  Für  den  äusseren  Glanz  der  Typographie 
namentlich  durch  die  Weltausstellungen,  auf  welchen  das  französische 
Buchgewerbe  stets  in  würdigster  Weise  vertreten  war,  war  er  eifrigst 
besorgt. 

Jetzt  ist  die  Republik  im  Besitz  des  liberalen  Pressgesetzes 
vom  29.  Juli  i88T. 

Wie  die  französischen  Regierungen,  mögen  sie  Namen  geführt 
haben  wie  sie  wollten,  fortdauernd  und  mehr  als  gut  war  sich  mit 
der  Stellung  der  Presse  zum  Staate  beschäftigten,  so  setzten  sie 
auch  ihre  direkte  Beeinflussung  der  technisch-gewerblichen  Verhält- 
nisse der  Buchdruckerkunst  durch  die  Staatsdruckerei  fort,  welche 
jedoch  mehr  und  mehr  sich  von  ihrem  schönen  Ziel,  der  Veredelung 
der  Kunst,  entfernte,  um  in  die  Reihe  der  brotsuchenden  Anstalten 
zu  treten  und  den  Privatdruckereien  Konkurrenz  zu  machen. 

Die  Staatsdruckerei  2  stand  seit  dem  1723  erfolgten  Rücktritt 
staatsdruckerei  Claude  Rigauds  7 1  Jahre  lang  unter  der  Direktion  von  Mitgliedern 

»  Lot  sur  la  liberte  de  la  Presse,  29.  Juli  1881.  —  A.  Faivre,  Code  manud 
de  la  Presse  1881.  Paris.  —  Lot  de  iSSl  sur  la  Presse  avec  observatwns  par  H.  Cdliet 
et  CA.  le  Senne.  Paris  l88l. 

2  Vcrgl.  I,  S.  208  —  2U.  In  dem  Folgenden  ist,  bei  dem  fortwährenden 
Wechsel  der  offiziellen  Benennung  je  nach  dem  Wechsel  der  Regierungsform, 
die  Hczeichnung  „Staatsdruckerei"  angenommen.  —  Ausser  Dwrats  Werk 
(S.  163)  vgl.  A.  J.  Uernar»,  Avtiee  historique  sur  l  '  Imprimeiie  nationale.  Paris  1848. 

—  V.  C  iOL'i'Y,  Vlmprimtrie  nationale  et  sa  Colleetion  de  Types  otientales.  Paris  1874. 

—  A.  HERN  AR!»,  Iliftoire  de  Vlmprimene  Royale  du  Lnnre.    Paris  1867. 


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VI.  KAP.  DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH.  I  7  I 

der  Familie  Anisson.  Die  Ernennung  des  letzten  derselben,  Htienne 
Alex.  Jacq.  Anisson  Dupfron,  zum  Direktor  geschah  1789. 

Bedeutend  waren  die  Fortschritte  während  der  Regierungszeit 
Ludwigs  XV.  nicht.    Für  die  Summe  von  100000  Livres  erfolgte  Enterbungen 

t-  unter  Ludwig  xv. 

1773  die  Erwerbung  der  aus  15  Graden  bestehenden  neuen  Antiqua 

und  Cursiv,  welche  der  königliche  Graveur  Louis  Luce  in  den  Jahren     l.  Luce 

1773. 

1740 — 1770  geschnitten  hatte,  zugleich  seiner  gothischen  und 
Schreibschriften,  sowie  seiner  zahlreichen  Vignetten  und  Ornamente. 
Diese  neuen  Schriften  Luces  waren  ganz  anders  gehalten  als  die 
von  Ludwig  XIV.  veranlassten.  Luce  wollte,  wie  er  selbst  sagte, 
etwas  von  dem  Vorhandenen  ganz  Verschiedenes  schaffen,  was  ihm 
auch,  jedoch  nicht  zum  Vorteil  der  Sache,  gelang.  Die  Schriften 
sind  sehr  schmal  gehalten ,  es  fehlen  ihnen  die  besonderen  Kenn- 
zeichen I,  S.  210}  der  Schriften  der  Staatsdruckerei.  Sein  Nachfolger 
als  königlicher  Graveur  war  Fagnion. 

Eine  weitere  Acquisition  bestand  in  einer  Sammlung  der 
Vignetten  Jean  Papillons  (I,  S.  200).  Sie  hat,  wie  die  Sammlungen 
von  Luce,  zwar  den  Wert  des  historischen  Museums  der  Anstalt 
sehr  erhöht;  für  die  Praxis  waren  diese  Vermehrungen  bei  den 
Fortschritten  der  Kunst  ohne  Interesse. 

Ludwig  xvi.  begünstigte  ebenfalls  die  Staatsdruckerei  und  Hess 
die  kleinen  Offizinen  in  den  Tuilerien  und  in  Versailles  unter  die  Kinfiu** 

Ludwig»  xv  i. 

Direktion  derselben  stellen.  Das  Verhältnis  des  Direktors  zu  der 
Anstalt  war  ein  ziemlich  kompliziertes.  Er  war  nicht  ein  einfacher, 
fest  salarierter  Beamter,  sondern  zu  einem  wesentlichen  Teil  gingen 
die  Arbeiten  Mir  Rechnung  des  Direktors,  wurden  nach  der  Taxe 
bezahlt  und  mit  einem  dem  Direktor  selbst  gehörenden  Material 
ausgeführt.  Wie  bedeutend  dieses  war,  geht  aus  der  später  zu 
erwähnenden  Auseinandersetzung  mit  der  Witwe  Anisson  hervor, 
wobei  es  sich  um  eine  Summe  von  einer  halben  Million  Livr.  handelte. 
Staatseigentum  waren  hauptsächlich  nur  die  Stempel  und  Matern 
der  Schriften ,  ausserdem  vielleicht  10000  Pfund  Schrift  und  etwa 
ein  Dutzend  Pressen. 

Nach  dem  Ausbruch  der  Revolution  begann  eine  unerfreuliche 
Periode  für  die  Staatsdruckerei.    Die  wissenschaftlichen  und  die  Zuband« 

wahrend  der 

administrativen  Arbeiten  traten  in  den  Hintergrund,  die  Haupt-  Revolution, 
beschäftigung  war  der  Druck  der  vielen  Gesetze  und  Dekrete ,  der 


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1/2  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  VI.  KAP. 

ebenfalls  auf  Rechnung  des  Direktors  ging ,  welcher  die  Zahl  der 
Pressen  fast  auf  100  vermehren  und  bei  der  Unzulänglichkeit  der 
Lokalitäten  im  Louvre  zwei  Succursttles  errichten  musste. 

Zu  diesen  Arbeiten  kam  noch  die  Ausführung  von  1200000 
Der  Assignattn-  Stück  Assignaten'.    Doch  dies  war  nur  ein  Tropfen  ins  Meer. 

Druck. 

Bereits  am  30.  Sept.  1790  wurde  eine  neue  Emission  von  800  Millionen 
e.  a.  j.  Anmon  Livres,  bestehend  in  3060000  Stück,  beschlossen.  Anisson  verlangte 

f  «794-  .  _ 

für  die  Ausführung  100  000  Livres;  Didot  erklärte  sich  bereit,  die 
Lieferung  für  22  000  Livres  zu  übernehmen.  Dies  verursachte  grosse 
Misstimmung  gegen  Anisson.  Indes  sprach  manches  zu  dessen 
Rechtfertigung,  da  die  Ausführung,  welche  von  Didot  verlangt 
wurde,  eine  weit  einfachere  als  die  frühere  und  Didot  inzwischen  in 
Besitz  der  Stereotypie  gelangt  war  (s.  1 52).  Doch  kam  es  noch  nicht 
zum  Bruch  und  man  bewilligte  ihm  auf  seine  Vorstellungen  sogar 
einen  höheren  Tarif  als  den  bisherigen  für  seine  Arbeiten.  Es  war 
jedoch  nicht  angenehm,  Männer  wie  Marat  und  Petion  zu  persön- 
lichen Feinden  zu  haben.  Auf  Antrag  des  letzteren  ward  Anisson 
am  8.  Oktober  1792  verhaftet,  wozu  der,  angeblich  gegen  seine 
Instruktion  erfolgte  Druck  eines  Dekrets  als  plausibler  Vorwand 
dienen  musste.  Aus  seinem  Gefängnis  schlägt  er  dem  Sicherheits- 
Ausschuss  vor,  seine  Direktorstelle  aufzugeben  und  der  Öffentlichkeit 
sein  auf  499036  Livres  taxiertes  Material  käuflich  zu  überlassen. 
Dieser  Vorschlag  wurde  jedoch  nicht  angenommen.  Anisson  starb 
1794  auf  dem  Schafott.  Sein  Eigentum  ward  mit  Sequester  belegt 
und  erst  nach  langen  Verhandlungen  fand  ein  Vergleich  mit  der 
Witwe  statt. 

Als  ein  denkwürdiges  Ereignis  in  der  Geschichte  der  Staats- 
Die  Druckerei  druckerei  während  der  Republik  ist  die  bereits  oben  kurz  erwähnte 
mAg>pten.  Einführung  der  Druckerei  in  Ägypten  zu  verzeichnen.  Bereits  nach 
der  Eroberung  Italiens  hatte  Bonaparte  die  Errichtung  zweier 
Druckereien,  einer  griechischen  und  einer  arabischen,  auf  den 
Ionischen  Inseln  verlangt  und,  als  er  nach  Ägypten  gezogen  war, 
die  Einrichtung  einer  umfangreicheren  Buchdruckerei  dort  gefordert. 
Der  damalige  Direktor  der  Staatsdruckerei  Duboy  -Laverne  beauf- 
tragte den  Orientalisten  Langles  mit  der  Ausführung.  Die  Sache  ging 

»   Die  300-I.ivrc-Nuten  trafen        Jahreszahl  1090  statt  1790,  man  ging 
jedoch  «brillier  hinweg. 


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VI.  KAP.  DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IX  FRANKREICH.  I?3 


aber  Bonaparte  nicht  rasch  genug  und  er  beschuldigte  die  Genannten 
der  mutwilligen  Verzögerung.  Er  verlangte  Erlass  einer  Ordre,  „die 
griechischen  Schriften,  mit  welchen  der  Xenophon  gedruckt  werde, 
sofort  zu  verpacken.  Xenophon  könne  ohne  Schaden  drei  Monate 
warten,  bis  wieder  neue  Schriften  fertig  wären". 

An  die  Spitze  der  ägyptischen  Druckerei  wurde  ein  tüchtiger 
Arabist  J.  J.  Marcel,  später  Direktor  der  Staatsdruckerei,  gestellt.  J.  j.  Marc«i. 
Die  Offizin  wurde  in  dem  Hause  des  griechischen  Konsuls  in 
Alexandrien  eingerichtet,  dann  nach  Kairo  und  Gizeh  gebracht. 
Ausser  den  dienstlichen  Arbeiten  druckte  die  Anstalt  Lc  Courricr  de 
l'Egyptc  und  etwa  ein  Dutzend  belehrende  Schriften  in  arabischer 
Sprache.  Auch  in  Pondichery  auf  der  Küste  Koromandel  in  Ost- 
indien wurde  eine  französisch-persische  Druckerei  durch  Vermittelung 
der  Staatsdruckerei  angelegt. 

Nach  Rückkehr  der  Franzosen  aus  Ägypten  wurde  beschlossen, 
die  Arbeiten  der,  zugleich  mit  der  Armee  entsendeten  wissenschaft- 
lichen Expedition  herauszugeben.  Eine  Kommission  von  acht  an- 
gesehenen Gelehrten  wurde  ernannt,  um  die  Redaktion  zu  besorgen, 
und  es  entstand  in  der  Staatsdruckerei  eines  der  hervorragendsten 
Druckwerke  aller  Zeiten,  die  Description  de  VEgypte  in  neun  Folio- 
bänden mit  Text  und  vierzehn  mit  Kupfern  und  Karten ,  das  erst 
1809  vollendet  wurde.  Von  bedeutenden  Werken  der  Staatsdruckerei 
aus  der  Zeit  der  Republik  sind  noch  die  umfangreichen  Reisewerke 
von  La  Perouse,  Marchand ,  Vancouver,  Millins  Monumens  antiqius 
u.  a.  zu  nennen. 

Im  Jahre  1800  war  derBeschluss  gefasst  worden,  dass  von  den 
in  der  Staatsdruckerei  ausgeführten  Werken  200  Exemplare  dem 
Ministerium  des  Innern  zur  Disposition  gestellt  werden  sollten,  damit 
dieses  sie  im  Interesse  der  Wissenschaft  und  der  Aufklärung  zweck- 
mässig verteile. 

Die  orientalischen  Schriften  waren  in  Ordnung  gebracht, 
mehrere  neue  geschnitten  und  der  Raub  der  Schriften  der  Propa-  orienuti»c!ie 

*»  V  Schriften. 

ganda  in  Rom  hatte  diesen  Zweig  der  Typographie  ausserordentlich 
bereichert.  Das  Lokal  war  nach  dem  Hotel  Penthicvre  verlegt 
worden. 

Man  sieht  aus  dem  obigen,  dass  die  Zeit  der  Republik  in 
Waffen  doch  keine  ganz  verderbliche  für  die  Staatsdruckerei  gewesen 


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'74 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


war,  die  vieles  dem  1S01  verstorbenen  Direktor  Duboy -  Laverne 
zu  verdanken  hat. 

Der  Kaiser  widmete  der  Anstalt  noch  mehr  Aufmerksamkeit 
Un»ug.  als  der  Konsul.  Die  Administration  wurde  geordnet,  Pensionskassen 
eingerichtet  und  die  Arbeiten  nach  Tarifen  reguliert.  Ein  Umzug 
fand  1809  nach  dem  Hotel  Soubise mit  dessen  Annex  Palais  Cardinal 
(Ronan,  statt.  181 1  wurden  die  orientalischen  Schriften,  allerdings 
wieder  durch  Raub,  mit  den  Stempeln  und  Matern  der  Druckerei 
der  Medici  in  Florenz  vermehrt.  In  demselben  Jahre  erhielt  Didot 
den  Auftrag,  das  Schriftensystem  nach  dem  inzwischen  eingeführten 
Metermass  umzuändern  und  neue  Schriften  zu  schneiden,  doch 
wurde  dieses  Vorhaben  wegen  der  Kostspieligkeit  nicht  zuende- 
geführt.  Ein  grosses  Prachtwerk  Relation  des  cerimonies  du  sacre 
et  du  couronnement,  etc.  de  Napoleon  wurde  18 12  angefangen  und 
erst  während  der  Hundert  Tage  vollendet.  1 8 1 3  erteilte  der  berühmte 
Gelehrte  Silvestre  de  Sacy  den  Eleven  der  Anstalt  Unterricht  in 
orientalischen  Sprachen,  um  tüchtige  Setzer  zu  bilden. 

Ausser  den  erwähnten  sind  noch  unter  den  bedeutenden 
Erscheinungen  der  Staatsdruckerei  zu  nennen  die  Statistique  de  la 
France,  Fol.,  1804;  Recherches  asiatiques  1805  und  de  Guignes 
Dictionnaire  chinois,  Fol.,  18 13. 

Mit  alledem  waren  die  Kriegszeiten  doch  im  ganzen  keine 
nie  zeü  der  glücklichen  für  die  Entwickelung  der  Staatsdruckerci.  Am  1 5.  April 
Re^aurauü...  versc|lwand  der  kaiserliche  Adler  als  Insigne  und  mit  diesem 

auch  verschiedene  Schätze  der  Anstalt,  da,  nach  den  Bestimmungen 
des  Pariser  Friedens,  die  den  Offizinen  der  Propaganda  und  der 
Medici  geraubten  Stempel  zurückzugeben  waren.  Doch  geschah  dies 
nicht  vollständig,  und  von  den  Stempeln  behielt  man  Abschläge 
zurück,  sodass  die  Vollständigkeit  der  Anstalt  eigentlich  nicht  litt. 
Ludwig  XVIII.  bestimmte  durch  ein  Dekret  vom  28.  Dezember 
Reorjpiuiatinn  18 14,  dass  vom  1.  Januar  18 15  ab  die  Arbeiten  für  Rechnung  des 
Dupcron.     Staates  mit  ganz  wenigen  Ausnahmen  aufhören  sollten  und  dass  es 
den  verschiedenen  Ministerien  zu  überlassen  sei,  ihre  Arbeiten  nach 
bestem  Ermessen  auch  an  Privatdruckereien  zu  vergeben.  Das 
Inventar  sollte  dem  Direktor  zur  Disposition  gestellt  werden, 
Schriften  und  Abschlage  konnte  er  unter  festgesetzten  Bedingungen 
verkaufen.   Marcel  wurde  in  Ruhestand  versetzt  und  der  Sohn  des 


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VI.  KAP.  DER  STAAT  UND  DIE  PRESSE  IN  FRANKREICH.  I?5 

hingerichteten  Direktors  Anisson,  vielleicht  als  Ersatz  flir  die  seiner 
Familie  zugefügte  Unbill,  zum  Vorstand  gewählt.  Da  kamen  die 
Ereignisse  vom  20.  März  181 5  und  das  Kaiserreich  der  Hundert 
Tage  warf  alles  über  den  Haufen,  damit  es  nach  drei  Monaten  wieder 
eingeführt  werde.  Anisson  Hess  von  Jacquemin  neue  Schriften  nach 
englischen  Mustern  schneiden.  Dies  missfiel  der  Regierung  und 
da  überhaupt  die  neue  Einrichtung  sich  wenig  zuträglich  zeigte, 
versuchte  eine  Ordonnanz  vom  23.  Juli  1823  den  ungefähren  Stand- 
punkt des  kaiserlichen  Dekrets  von  1809  wiederherzustellen. 

Zum  Chef  des  Instituts  wurde  E.  de  Villebois  ernannt.  Er  führte 
wieder  Präzision  in  der  Administration  ein  und  liess  von  Marcelin  vaicbou. 
Legrand  16  Grade  Antiqua  und  Cursiv  mit  einem  Aufwände  von 
39200  Franken  schneiden.  Eine  gelehrte  Kommission  sollte  die 
Ausführung  der  Schriften  überwachen,  hatte  aber,  wie  es  mit 
Kommissionen  gewöhnlich  der  Fall  ist,  mehr  hemmend  als  fördernd 
gewirkt.  Das  erste  Werk ,  welches  mit  den  neuen  Typen  gedruckt 
wurde,  war  Raoul-Rochettes  Monumens  inedits  d'antiqtätc  figurec 
in  gross  Folio  1 828. 

Bereits  1824  hatte  Ludwig  xvm.  die  Herausgabe  der  seit  lange 
beabsichtigten  Sammlung  orientalischer  Werke  angeordnet,  die  Orientalische 
Anfange  konnten  jedoch  erst  1832  nach  der  Julirevolution  gemacht 
werden.  1828  fasste  man  auch  das  Herz,  Schnellpressen  einzuführen,  Neuerungen, 
wogegen  man  sich  lange  gesträubt  hatte.  Zumteil  beruhte  diese 
Zögerung  wohl  in  humanen  Gründen,  da  man  keinem  Arbeiter  den 
Abschied  geben  wollte;  teils  lag  vielleicht  auch  ein  gewisser  Stolz 
zugrunde;  man  wollte,  wie  es  scheint,  die  Maschine  nicht  als  der 
Handpresse  ebenbürtig  anerkennen.  Die  verschiedenen  Ministerien 
beschwerten  sich  über  die  teueren  Preise,  man  entschloss  sich  des- 
halb, zuerst  die  Preise  nur  so  zu  berechnen,  als  wären  die  Arbeiten 
auf  Maschinen  gedruckt.  Doch  es  half  nichts ,  man  musste  sich  den 
Forderungen  der  Zeit  fügen  und  im  Jahre  1 829  wurden  96000  Franken 
zur  Anschaffung  von  Schnellpressen  angewiesen,  die  jedoch  während 
der  Revolutionstage  1830  von  eindringenden  Arbeitern  teilweise 
demoliert  wurden. 

Villebois  hatte  das  Schicksal  seines  Gönners,  des  Ministers 
de  Peyronnet ,  und  wurde  entlassen.  Unter  den  Werken  aus  der 
Zeit  der  Restauration  sind  noch  zu  nennen:  Caillauds  Voyage  a 


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176 


DIE  ROMANISCHE  CRUPPE. 


VI.  KAP. 


l'oasis  de  Hubes,  Folio,  182 1 ;  Silvestre  de  Sacy,  Les  Seances  de 
Hariri,  1822;  Freycinet,  Voyage  autour  du  Monde •,  4",  1826,  und 
das  vorzügliche  Album  typographique  de  f  Imprimerie  Royale,  1 830. 
Am  15.  September  1 83 1  wurde  der  Posten  Villebois'  definitiv 

Pierre  Lebrun.  dem  Akademiker  Pierre  Lebrun  übertragen ,  nachdem  diese 
Stellung,  wie  man  sagt,  erst  Bcranger1,  dann  bestimmt  Ambroise 
Firmin  Didot  angeboten  worden  war.  Letzterer  erklärte  sich  bereit, 
die  Stelle  anzunehmen,  wenn  allein  diejenigen  Arbeiten,  deren  Aus- 
führung durch  den  Staat  sicherheitshalber  notwendig  war,  von 
der  Staatsdruckerei  übernommen,  alle  anderen  jedoch  der  Privat- 
konkurrenz überlassen  würden ;  wenn  man  die  seltenen  Schriften  an 
Buchdrucker  zu  billigen  Preisen  ablassen  wollte,  und  schliesslich, 
wenn  es  nicht  nötig  sei,  dass  er  Gehalt  annähme.  Die  Gründe, 
weshalb  man  darauf  nicht  eingehen  konnte,  lagen  klar  am  Tage  und 
es  war  wohl  auch  Didot  mehr  darum  zu  thun ,  die  Grundsätze  laut 
auszusprechen,  die  er  für  die  von  einer  Staatsanstalt  einzig  richtigen 
hielt,  als  den  Direktorposten  anzunehmen. 

Wennauch  kein  Fachkundiger,  suchte  Lebrun  doch  mit  Eifer 
sich  die  nötigen  Kenntnisse  zu  erwerben  und  der  Anstalt  nützlich 
zu  sein.  Von  der  erwähnten  orientalischen  Kollektion  wurden  drei 
Werke  in  Angriff"  genommen:  Raschid -Eddins  Geschichte  der 
Mongolen  in  Persien,  Bhägavata  IHirana  und  Firdusis  Buch  der 
Könige.  Die  Werke  wurden  streng  im  orientalischen  Stil  mit 
Ornamenten  in  Gold-  und  Farbendruck  ausgeführt.  Neue  orienta- 
lische Schriften  wurden  von  Marcelin  Legrand,  Delafond,  Ramö 
pere,  Loeulliet  unter  Aufsicht  berühmter  Orientalisten  geschnitten 
und  die  Didotschen  Schreibschriften  erworben.  Auch  bauliche  und 
technische  Verbesserungen  wurden  vorgenommen  und  die  Litho- 
graphie eingeführt,  durch  die  namentlich  vorzügliche  geologische 
Karten  geliefert  wurden. 

Die  Februarrevolution  hatte  manche  Unordnungen  zur  Folge, 

Die  Februar-  welche  Lebrun  veranlassten,  seine  Stelle  niederzulegen,  die  im  Jahre 

Revolution. 

1850  definitiv  Saint-Georges  übertragen  wurde.  Dieser  behauptete 

«  Tierre  Jean  de  Heranger  (»  17S0,  \  1S57)  lernte  die  Buchdrtickerei  bei 
l.aisnez  in  I'eronnc  und  arbeitete  dort  zwei  Jahre.  Während  dieser  erschienen 
seine  ersten  Gedichte,  die  mit  solchem  lleifall  aufgenommen  wurden,  dass  er 
den  Winkelhaken  beiseitelegen  konnte. 


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VI.  KAP.  DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE.  1 77 

die  Ehre  der  Anstalt  auf  verschiedenen  Weltausstellungen.  Für  die 
in  Paris  1855  abgehaltene  wurde  mit  allen  Raffinements  der 
graphischen  Künste  eine  Prachtausgabe  der  Nachfolge  Christi 
lateinisch  mit  der  poetischen  Paraphrase  Corneilles  gedruckt. 

Die  Staatsdruckerei  ist  zwar  bereits  seit  der  ersten  Revolution 
fortwährend  Gegenstand  der  Angriffe  gewesen,  es  haben  diese  Angriffe  geg« 

....  _  _       _  die  Sc.iats- 

jedoch  in  jüngster  Zeit  an  Heftigkeit  zugenommen.  Man  hält  die  Jruckcrei. 
Konkurrenz  der  Anstalt  mit  der  Privatindustrie  nicht  allein  für 
unnötig,  sondern  für  sehr  schädigend.  Zur  Hebung  der  Kunst  sind 
solche  Anstalten  nicht  mehr  nötig.  Was  Didot  aussprach,  denkt 
gewiss  Jeder:  Eine  Staatsanstalt  soll  nicht  den  Steuerzahlenden 
unnötige  Konkurrenz  machen.  Die  Typographie  ist  mündig 
geworden  und  bedarf  keines  öffentlichen  Mentors. 


Noch  in  einem  höheren  Grade  als  das  Wirken  der  Staats- 
druckerei war  in  dem  ganzen  Abschnitt  der  Buchdrucker-Geschichte   Die  Kamin* 

Didot. 

Frankreichs  von  1750  bis  auf  den  heutigen  Tag  das  Vorgehen  der 
Familie  Didot  massgebend1.  Während  die  Buchdruckerei  als  Kunst 
und  der  höhere  Buchhandel  in  der  Revolutionszeit  gänzlich  darnieder 
lagen,  waren  die  Didot  fast  die  einzigen,  die  unentwegt  und 
unbekümmert  um  den  ringsum  tosenden  Sturm  die  Flagge  Guten- 
bergs stolz  vom  hohen  Mast  wehen  Hessen. 

Das  ganze  Sein  dieser  Familie  ist  von  einem  so  edlen  Geist 
durchdrungen;  alles,  was  sie  geschaffen  hat,  trägt  so  sehr  den 
Stempel  der  Gediegenheit,  dass  der  Name  Didot  noch  langezeit 
als  Stern  erster  Grösse  glänzen  wird. 

Zudem  besitzen  alle  Unternehmungen  dieser  Firma  neben  den 
Vorzügen  des  französischen  Charakters  auch  das  Gepräge  einer 
echt  germanischen  Wissenschaftlichkeit  und  Gründlichkeit,  wie  auch 
manche  der  hervorragendsten  Werke  ihrer  Pressen  unter  Mitwirkung 
deutscher  Gelehrten  durchgeführt  wurden.  Schliesslich  ist  die  Ver- 
bindung dieses  Hauses  mit  Deutschland  seit  langen  Jahren  eine  weit 
innigere,  als  es  sonst  seitens  französischer  Firmen  der  Fall  zu  sein 
pflegt.  Das  alles  macht,  dass  der  deutsche  Gewerbsgenosse  sich 

«  G.  Brunet,  Firmin  Didot  et  sa  Familie.  Paris  1870.  —  K.  Pnou,  La  Familie 
!>uiot.  1856.  —  L.  Werdet,  ktudes  bibltographiques  1713—1864.  —  A.  F.  Diuot, 
Histoire  de  la  Typographie.  Paris  1882. 

»  12 


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DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


dieser  Familie  näher  stehend  fühlt  als  den  übrigen  hervorragenden 
Repräsentanten  der  graphischen  Gewerbe  in  Frankreich. 

Der  Stammvater  des  Hauses  war  Francois  Didot  aus  Paris 
(1713).  Schon  er  machte  sich  bekannt  durch  seine  vielen  wichtigen 
1 1.  Novbr.  1757  Unternehmungen,  darunter  die  Histoire  generale  des  Voyages  von 
Abbe  Prevost  in  20  Quartbänden  mit  einer  grossen  Anzahl  von 
Kupfern  und  Karten.  Francois  Didot  hatte  elf  Kinder,  von  welchen 
Francois  Ambroise  und  Pierre  Frangois  den  Beruf  des  Vaters 
ergriffen.  Zwei  seiner  Töchter  waren  an  berühmte  Buchhändler, 
Guillaume  de  Bure  und  Jacques  Barrois  in  Paris,  verheiratet.  Als 
Druckerzeichen  nahm  er  die  goldene  Bibel  an  und  sie  ist  es  auch 
bis  auf  heute  geblieben. 

Dem  Ambroise  Francois  verdankt  Frankreich  die  Einheitlich- 
Ambr.  f.  Didot  keit  seines  Schriftsystems  (s.  145),  die  Freiheit  und  Eleganz  seines 
t  (ö/jfuii  IL3»^!  Schriftschnittes,  daneben  die  Vervollkommnung  des  Velinpapieres 
und  die  Einfuhrung  der  Druckerpresse  mit  nur  einem  Zuge.  Unter 
seinen  Druckwerken  sind  hervorzuheben  die  früher  schon  erwähnte 
Collection  iVArtois,  eine  Sammlung  von  Romanen  in  64  Bänden, 
ferner  die  Sammlungen  von  französischen  Klassikern  in  i8n,  8°  und 
4",  welche,  wie  ebenfalls  erwähnt  wurde,  im  Auftrage  des  Königs 
Ludwig  xvi.  zum  Unterrichtszwecke  für  den  Dauphin  gedruckt 
wurden. 

Der  Bruder  Pierre  Francois  leistete  bedeutendes  als  Buch- 
PierrcE.  Didot  dmcker ,  Buchhändler,  Papierfabrikant  und  Schriftgiesser,  führte 
t :'.  ü«b.       viele  Verbesserungen  in  der  letzteren  Branche  ein  und  legte  die 
berühmte  Papierfabrik  in  Essonnes  an. 

Pierre,  der  älteste  Sohn  Ambr.  Frangois',  übernahm  1789  die 
i>.erre  Didot  Druckerei  des  Vaters  und  zeichnete  sich  so  aus ,  dass  seine  Offizin 
■;  \\'  D«.  »I53.'  im  Louvre  installiert  wurde.    Hier  druckte  er  mit  Schriften,  die 
sein  Bruder  Firmin  geschnitten  hatte,  die  prachtvollen  sog.  Louvre- 
Ausgaben:  den  Virgil  in  Folio  mit  23  Kupfern  (1798);  den  Horaz 
in  Folio  (1799);  den  Racine,  drei  Bände  in  Folio  mit  57  Stichen 
1801 — 5),  die  Fabeln  des  La  Fontaine.   Die  Jury  der  damaligen 
Ausstellung  in  Paris  erklärte  den  Racine  fiir  das  vollkommenste 
typographische  Erzeugnis  aller  Zeiten.  Noch  manche  andere  gross- 
artige Werke,  z.  B.  Viscontis  griechische  und  römische  Iconographie; 
Denons  Reise  in  Ägypten;  Ncdiers  malerische  Reise  im  alten 

• 


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V 


VI.  KAP.  DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE.  IJO, 

Krankreich,  und  die  berühmte  Oktav  -  Ausgabe  der  französischen 
Klassiker  „für  Freunde  der  Typographie",  die  dieser  Bezeichnung 
vollständig  w  ürdig  war,  gingen  aus  seinen  Pressen  hervor. 

Sein  Sohn  Jules  spielte  eine  Zeitlang  eine  glänzende  Rolle,  die 
jedoch  keinen  Bestand  hatte.  Mit  grossen  Kosten  hatte  er  eine  juie*  Didot 
bedeutende  Offizin  in  Brüssel  gegründet,  die  nicht  gedeihen  wollte  •?•  V  n&  \™\ 
und  von  der  Regierung  als  Grundlage  einer  Staatsdruckerei  erworben 
wurde.  Nach  Paris  zurückgekehrt,  errichtete  Jules  Didot  ein  aus- 
gedehntes Etablissement,  in  w  elchem  er  eine  grosse  Zahl  vorzüglich 
schöner  Ausgaben  alter  und  neuer  Schriftsteller  für  verschiedene 
Pariser  Verleger  druckte.  Im  Jahre  1823  erhielt  er  auf  Grund  einer 
Prachtausgabe  von  Phädrus'  Fabeln,  in  Folio  auf  Seide  gedruckt, 
und  anderer  schöner  Arbeiten  die  goldene  Medaille.  Geschäftliche 
Misserfolge  zerstörten  jedoch  vollständig  seine  bereits  geschwächten 
Geisteskräfte. 

Firmin  Didot,  der  zweite  Sohn  Ambroise  Frangois',  hielt  als 
Buchdrucker  und  namentlich  als  Schriftgiesser  und  Schriftschneider  Fümin  dm  a 
den  berühmten  Namen  des  Vaters  in  Ehren.  Seine  Schreibschriften  II  am  i^Ji 
(1806  Hessen  alles  Dagewesene  weit  hinter  sich,  und  seine  Antiqua- 
schriften, mit  welchen  sein  Bruder  Pierre  die  erwähnten  Louvre- 
Ausyaben  druckte,  gelten  als  die  musterhaftesten.  Er  verbesserte 
(1795  ganz  wesentlich  die  Stereotypie  und  stereotypierte  fast  alle 
französischen,  italienischen  und  englischen  Klassiker  in  i8°- Ausgaben, 
die  durch  ihre  Korrektheit  und  Billigkeit  bekannt  wurden.  Der 
Virgil,  fehlerfrei  und  mit  Vignetten  illustriert,  kostete  15  Sous. 
Später  aeeeptierte  er  die  vorzügliche  Stanhopesche  Methode. 
Ausserdem  druckte  er  eine  grosse  Anzahl  Prachtausgaben,  darunter 
;  18 1 7)  die  Lusiaden  und  die  Henriade.  Er  ward  Mitglied  der 
Akademie  und  des  Instituts  und  1834  königlicher  Buchdrucker. 
Das  Geschäft  Didots  war  ein  Sammelplatz  von  Notabilitäten  Frank- 
reichs und  des  Auslandes.  Im  Jahre  18 14  besuchte  Kaiser  Alexander 
seine  Offizin  und  Hess  zwei  junge  Russen  zurück,  um  bei  ihm  zu 
lernen.  Sein  Haus  war  überhaupt  eine  Bildungsschule  der  Typo- 
graphie, aus  welcher  Renouard,  Paul  Dupont,  Claye,  Rignoux,  Brun 
und  andere,  später  berühmte  französische  Buchdrucker  hervorgingen, 
ebenso  die  drei  ersten  Buchdrucker  Griechenlands :  Coromllas,  Dobras. 
Apostolides,  sowie  viele  Missionsbuchdrucker.  Um  sich  ganz  dem 

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DIE  ROMANISCHE  GRUPPE 


VI.  KAP. 


öffentlichen  Leben  zu  widmen,  überliess  er  im  Jahre  1827  seinen 
Söhnen  das  Geschäft.  Auch  als  tüchtiger  Schriftsteller  war  Firmin 

1 

Didot  bekannt. 

Eine  der  Töchter  Pierre  Frangois'  heiratete  Bernardin  de  Saint- 
Pierre,  welcher  eine  Zeitlang  bei  der  Papierfabrik  in  Essonnes  beteiligt 
war,  wo  er  Paul  et  Virginie  schrieb.  Von  seinen  drei  Söhnen  sind 
namentlich  Henry  und  Didot  Saint-Lcger  zu  erwähnen. 

Henry  Didot  that  sich  als  Schriftschneider,  Schriftgiesser  und 
Henrj  Did .,t  Mechaniker  rühmlichst  hervor.   Noch  in  einem  Alter  von  66  Jahren 

*  *5t  isij.1'03"  schnitt  er  für  seine  „mikroskopischen"  Ausgaben,  z.  B.  von  Horaz, 

Rochefoucauld  u.  a.,  seine  nec plus  ultra  -  Schrift.  Um  dieselbe  giessen 
zu  können,  musste  ein  neues  Giessinstrument  erfunden  werden, 
welches  Henry  Didot  polyamatype  nannte,  in  welchem  160  Buch- 
staben auf  einmal  gegossen  wurden. 

Der  Bruder  Henrys,  bekannt  unter  dem  Namen  Didot  Saixt- 
Didot  st.. L^gcr.  Leger  ,  dirigierte  die  Papierfabrik  in  Essonnes.  Seiner  Verdienste 
um  die  Papierfabrikation  wurde  bereits  (s.  161)  gedacht. 

Firmin  Didot  hatte  drei  Söhne :  Ambroise  Firmin ,  Hyacinthe 
und  Firmin  Fr^deric  (gest.  1836]. 

Ambroise  Firmin  genoss  eine  ausgezeichnete  Erziehung  und 
Ambr.  f.  Didot  legte  sich  mit  besonderem  Eifer  auf  griechische  Sprache  und 

•  an.  Dez.  T790.     **  " 

t  a4.  Kehr.  t876.  Litteratur.  Er  machte  Reisen  in  Kleinasien,  Syrien,  Palästina  und 
Ägypten  und  war  eine  Zeitlang  Attache  bei  der  französischen 
Gesandtschaft  in  Konstantinopcl.  Nach  der  Erhebung  Griechen- 
lands zeichnete  er  sich  als  einer  der  eifrigsten  Förderer  der  griechi- 
schen Sache  aus.  Er  schenkte  unter  anderem  Griechenland  die 
erste  Buchdruckerci.  Die  Bürgerschaft  von  Athen  hat  in  dankbarer 
Erinnerung  der  Verdienste  Didots  noch  in  letzter  Zeit  einer  Strasse 
in  Athen  den  Namen  Didot-Strassc  beigelegt. 

Im  Verein  mit  seinem  Bruder  Hyacinthe  druckte  und  verlegte 
er  eine  Reihe  bedeutender  Werke,  z.  B.  die  Reisen  Champollions  d.  j. 
in  Ägypten,  dessen  Ägyptische  Grammatik  und  Wörterbuch;  Texiers 
Reisen  in  Kleinasien  und  Armenien,  fünf  Bände,  Folio;  das  Glossa- 
rium nndiae  et  infimac  latinitatis  von  Du  Cange ;  in  sechster  Auflage 
das  Wörterbuch  der  Akademie,  1835,  welches  in  erster  Auflage 
bereits  1694  erschienen  war,  und  eine  grosse  Anzahl  anderer  Wörter- 
bücher; die  lincyclopcdu  moderne,  39  Bände  mit  einem  Atlas  in  fünf 


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VI.  KAP.  DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE.  l8l 


Bänden;  das  Dic/ionnaire  de  la  conversation ,  2 1  Bände;  die  Encyclo-  \mbr.  f.  Didou 
pcdie  d'histoire  naturelle,  22  Bände  mit  neun  Bänden  Atlas;  die 
No/a'elle  Biographie  generale,  46  Bde. ;  die  Biographie  universelle  des 
musiciens  von  Fetis,  acht  Bände ;  J.  C.  Bruneis :  Manuel  de  la  librairie; 
die  Bibliotluque  grecque  in  mehr  als  6b  Bänden ;  die  Bibliothcque 
latinc-francaise,  2J  Bände;  die  Bibliotheque  francaise ;  das  Univers 
pittoresque ,  67  Bände  mit  4000  Stahlstichen.  Wenn  die  Bändezahl 
dieser  Kollektionen  schon  imponiert,  so  ist  noch  zu  erwägen,  dass 
es  sich  hierbei  grösstenteils  um  Bände  in  grossem  Oktav,  in 
gespaltenem  Satz  mit  kleiner  Schrift  gedruckt,  handelt,  so  dass  in 
der  Regel  ein  Band  den  Stoff  von  sechs  bis  acht  gewöhnlichen 
Oktavbänden  enthält. 

Als  ein  Hauptwerk  Didots,  zugleich  für  Deutschland  doppelt 
interessant,  weil  es  hauptsächlich  durch  gelehrte  Kräfte  Deutsch- 
lands durchgeführt  wurde,  ist  der  Thesaurus  graecae  linguae  zu 
nennen.  Diese  unerschöpfliche,  von  Heinrich  Stephanus  stammende 
(I,  s.  207;  Fundgrube  griechischer  Lexikographie  wurde  unter 
Zusammenwirken  einer  grossen  Anzahl  Gelehrter  Frankreichs  und 
Deutschlands  nach  300  Jahren  neu  herausgegeben  und  damit  der 
Wissenschaft  ein  Denkmal  hergestellt,  das  seinesgleichen  sucht.  Die 
Redaktion  übernahmen  die  Professoren  Hase,  Wilhelm  und  Ludwig 
Dindorf.   Das  Werk  bildet  neun  Bände  in  Folio. 

In  jüngerer  Zeit  haben  Didots  sich  auch  mit  Vorliebe  den 
neueren  Illustrationsmethoden  zugewendet.  Racinets  Uornement 
polychrome  und  Mantz'  Les  chefs-d'auvre  de  la  peinture  italienne 
mit  den  Chromolithographien  Kellerhovens  müssen  als  Prachtwerke 
erster  Klasse  genannt  werden.  Höchst  anziehend  ist  auch  eine  Reihe 
von  reich  mit  Holzschnitten  und  Chromolithographien  geschmückter 
Werke,  welche  namentlich  Leben,  Sitte  und  Kunst  früherer  Jahr- 
hunderte illustriert  und  sich  trotz  der  musterhaftesten  Ausstattung 
durch  einen  sehr  billigen  Preis  auszeichnet.  Fast  als  ein  Saulus  unter 
den  Propheten  erschien  1 860  in  dem  Didotschen  Verlage  nach  dem 
Muster  des  „Bazar"  das  Journal  La  Mode  illustrie ,  welches  an 
100000  Abonnenten  zählte. 

Ein  anstaunenswertes  Unternehmen  bleibt  in  seiner  Art  auch: 
Annuaire  -Almanach  du  Commerce,  von  welchem  mehr  als  Sojahr- 
gänge vorliegen.  Das  Unternehmen  ist  jetzt  in  den  Händen  einer 


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DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


Ambr.  f.  Didot.  Gesellschaft,  die  es  mit  einem  Kapital  von  71/.-  Millionen  Franken 
ausbeutet. 

Mit  Obigem  haben  wir  nur  einen  Teil  der  grossartigen  Wirk- 
samkeit der  Weltfirma  andeuten  können.  Der  bescheiden  aus- 
gestattete Vcrlagskatalog  lässt  kaum  auf  den  hohen  Wert  der 
verzeichneten  Unternehmungen  schliessen ,  der  schwerlich  von  dem 
irgend  eines  Verlagskataloges  übertreffen  werden  dürfte. 

Wenn  wir  noch  sehen,  welche  bedeutende  littcrarischcThätigkeit 
Ambroise  Firmin  mit  seiner  geschäftlichen  zu  verbinden  wusste,  so 
muss  unsere  Achtung  und  Bewunderung  für  diesen  Mann  sich  noch 
steigern. 

Seine  Mitwirkung  bei  dem  Thesaurus  wie  bei  vielen  der  ency- 
klopädischen  Unternehmungen  des  Hauses  zeugen  schon  von  seiner 
gelehrten  und  wissenschaftlichen  Bedeutung,  jedoch  lieferte  er  ausser- 
dem noch  eine  Reihe  selbständiger  Schriften.  Wir  können  hier  nur 
die  bedeutendsten  derjenigen  erwähnen ,  die  sich  auf  das  graphische 
Gewerbe  beziehen.  Als  Mitglied  der  Ausstellungs-Jury  schrieb  er 
IJimprimerie ,  la  librairie ,  la  papetirie  a  l\ xposition  /»?f  /  a  Lomir  es 
\2.  Auflage  1854;.  Sein  1863  erschienener  Essai  typographique  et 
bibliographique  sur  t'fiistoire  de  la  gravure  sur  bois  ist  ein  vortreff- 
liches WTerk,  das  nur  den  einen  Fehler  hat,  dass  es  mit  ganz  ausser- 
ordentlich kleiner  Schrift  gedruckt  ist'.  Sein  letztes  umfangreiches 
Buch  ist  das  1875  erschienene  Aide  Manuce  et  T hellenisme  a  Venise. 
Uber  die  Frage  der  Orthographie  und  des  litterarischen  Eigentums- 
rechtes gab  er  verschiedene  wertvolle  Schriften  heraus.  Unter  seinen 
Monographien  erwähnen  wir :  Ltude  sur  les  wttvres  de  Jean  Sire  de 
Joinville,  zwei  Bände,  fünfte  Auflage,  1870;  Missel de  Juvenal des 
i  'rsins.  ein  kostbares  Manuskript,  welches  Didot  für  23  000  Franken 
erworben,  jedoch  der  Bibliothek  des  Hotel  de  Ville  cediert  hatte, 
bei  dessen  Brande  es  vernichtet  wurde;  htude  sur  Jean  Cousin,  1872. 
Didot  besass  eine  Bibliothek  typographischer  Seltenheiten  ersten 
Ranges,  die  nach  Millionen  von  Franken  geschätzt  w  urde  und  auch 

■  Seine  1SS2  in  einem  zweiten,  unveränderten  Abdruck  erschienene  Histäre 
de  la  Tyf  oxrafhie  entspricht  nicht  dem,  was  man  nach  dem  Titel  erwarten  könnte. 
Ks  ist  ein  Abdruck  eines  grossen,  vor  langen  Jahren  erschienenen  Artikels  in 
der  Encydopidie  madertte  und  enthält  nur  chronologisch  an  einander  gereihte 
Notizen,  fast  ausnahmslos  über  franzosische  Buchdrucker,  namentlich  über 
Mitglieder  der  Familie  Didot,  und  schliesst  mit  dein  Jahre  185 1. 


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VI.  KAP. 


DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE. 


i«3 


bei  der  Versteigerung  nach  Didots  Tode  wirklich  enorme  Summen  Ambr.  k.  u.dot 
einbrachte.  Diese  Sammlung  hatte  Didot  Veranlassung  zu  dem 
Werke:  Catalogue  raisonne  des  livres  de  la  Bibliotlieque  de 
A.  F.  Didot,  I.  i  :  Livres  a  figures  sur  bois,  Solennites,  Romans 
de  chevaUrUt  392  zweispaltige  Seiten,  gegeben.  Als  Supplemente 
hierzu  erschienen:  Les  apocalypses  figurees  und  Essai  de  Classi- 
fication des  Romans  de  chevalerie.  Sein  Bibliothekzimmer  war 
Didots  liebster  Aufenthalt,  und  hier  musste  oft  sein  Diener  den  in 
die  Arbeit  Vertieften  an  die  vorgerückte  Nachtstunde  erinnern. 

Das  Geschäft  beschränkte  sich  nicht  allein  auf  bibliopolisch- 
typographische  Unternehmungen,  sondern  umfasste  auch  die 
bedeutende  Papierfabrikation  in  Mesnil  und  Sorel.  Dagegen  sah  sich 
Didot  veranlasst,  .die  Schriftgiesserei  als  selbständiges  Geschäft 
aufzugeben ;  sie  wurde  der  grossen  Gesellschaft  Fonderie  generale 
einverleibt.  Als  die  Einrichtung  der  Papiermaschinen  viele  bei  der 
Fabrikation  beschäftigt  gewesene  Mädchen  in  Mesnil  arbeitslos 
machte,  richtete  Didot  eine  bedeutende  Druckerei  für  Frauen  ein, 
sorgte  für  tüchtige  Anleitung  und  etablierte  Schulen.  Diese  Anstalt 
war  namentlich  ein  Werk  Hvacinthe  Didots,  des  treuen  Mitarbeiters  HyacimhcDuiot 
des  Ambroise  durch  eine  lange  Reihe  von  Jahren.  Sie  stand  unter  der  f  7 .Vu^itwt. 
Leitung  des  Theotiste  Lefevre,  und  wurde  nachträglich  noch  Th.  Lefevre 

•  17.  Sept.  tyqS. 

durch  eine  Abteilung  für  taubstumme  Mädchen  erweitert.  Der  jetzt 
84jährige  Th.  Lefevre,  bekannt  durch  sein  Handbuch  für  Setzer1, 
arbeitet  seit  46  Jahren  in  dem  Hause  Didots. 

Dass  es  Ambroise  Firmin  Didot  an  äusseren  Ehren  der  ver- 
schiedensten Art  nicht  fehlte,  ist  begreiflich.  In  den  letzten  Jahren 
seines  Lebens  genoss  er  noch  die  Auszeichnung,  Mitglied  des  Instituts 
von  Frankreich  zu  werden.  Die  höchste  Ehre  war  es  ihm  jedoch, 
die  unbegrenzte  Achtung  und  Liebe  seiner  Mitbürger  und  Unter- 
gebenen zu  besitzen  und  der  Vater  seiner  Arbeiter  zu  sein,  was  er 
im  vollen  Sinne  des  Wortes  war,  bis  ihn  der  Tod  ihnen  raubte. 

Das  Haus  Didot  steht  jetzt  unter  der  Leitung  des  Sohnes  des 
Ambroise  Alfred  Firmin  Didot  ;geboren  1828)  und  des  Sohnes  des  Alfred  und  Paul 
Hyacinthe  Paul  Firmin  Didot  (geboren  1826;.   Die  Druckerei  in 
Paris  ging  in  den  Besitz  von  G.  Chamerot  über. 


1  Gtv.Jt pratiqtte  du  compcsüettr  dyimprtmerie.   i'aris  1S55.  Vol.  11.  1S72. 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


Trotzdem  dass  die  Firma,  wie  auch  aus  dem  Obigen  hervor- 
geht, in  mancher  Hinsicht  ihre  Thätigkeit  beschränkte,  wird  sie 
sicherlich  noch  lange  den  berühmten  Namen  mit  Ehren  behaupten. 
Für  Frankreichs  Typographie  hat  die  Familie  Didot  eine  Bedeutung, 
welche  die  der  Familie  Stephanus  noch  überragt. 

Neben  dem  Geschlecht  der  Didot  besass  Frankreich  noch  eine 
Andere  aiierc  Anzahl  bedeutender  Druckerfamilien,  die,  aus  dem  XVin.  in  das 

Familien. 

XIX.  Jahrhundert  herüberreichend,  die  verbindenden  Glieder  in  der 
grossen  Kette  bilden,  in  welcher  sich  die  modernen  vortrefflichen 
Typographen  an  die  alten  Meister  anreihen. 

Unter  diesen  Familien  nahm  die  der  Panckoucke,  wennauch 
nur  auf  kürzere  Zeit,  eine  sehr  glänzende  Stellung  ein. 

Joseph  Panckoucke,  geboren  zu  Lille,  war  ein  tüchtiger 
J.  Panckoucke  Mathematiker  und  bereitete  sich  für  den  Beruf  eines  Dozenten  vor, 

*  *7j6»  ***  1709- 

etablierte  sich  jedoch  zuerst  als  Buchhändler,  dann  1774  als 
Buchdrucker.  Eine  der  ersten  seiner  Unternehmungen  sollte  eine 
Gesamtausgabe  von  Voltaires  Werken  sein,  für  deren  Durchsicht 
und  Emendation  er  den  berühmten  Verfasser  selbst  gewonnen  hatte. 
Die  Kaiserin  von  Russland  war  ersucht  worden,  die  Widmung 
anzunehmen,  da  jedoch  nach  Ablauf  von  sieben  Monaten  die 
Erlaubnis  zur  Dedikation  noch  nicht  eingegangen  war,  betrachtete 
Panckoucke  die  Sache  als  gescheitert  und  verkaufte  seine  Rechte 
P.  Beaumarchais  an  den  bekannten  Schriftsteller  P.  Beaumarchais,  der  die  Absicht 
f  i9  .  ,1  i7w.  katte^  etwas  nocjl  j^irt  Dagewesenes  von  einer  Prachtausgabe  zu 

liefern.  Am  Tage  nach  dem  Abschluss  kam  —  zu  spät!  —  die 
Erlaubnis  der  Kaiserin,  begleitet  von  einer  Anweisung  auf  150000 
Livres. 

Beaumarchais  Hess  in  Kehl,  Strassburg  gegenüber,  eine  Offizin 
errichten  und  Arbeiter  aus  Deutschland  und  der  Schweiz  kommen. 
Seine  Abgesandten  nach  Holland  studierten  die  dortige  Papier- 
fabrikation und  errichteten  danach  Fabriken  in  den  Vogesen.  Die 
Stempel  und  Matern  Baskervilles  wurden  erworben  (s.  74).  Der 
Hauptherausgeber  war  Condorcet;  die  typographische  Redaktion 
besorgten  Decroix  und  Letellier.  In  fünf  Jahren  (1784—89)  ver- 
ausgabte man  mehr  als  drei  Millionen  auf  eine  Oktavausgabe  in 
70  Bänden  und  eine  Duodezausgabc  in  92  Bänden.    Um  allen 


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VI.  KAP. 


DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE. 


I85 


Ansprüchen  gerecht  zu  werden,  wurden  von  beiden  Ausgaben 
Exemplare  auf  fünf  Sorten  Papier  gedruckt  in  einer  Gesamtauflage 
von  28  000  Exemplaren.  Zu  dem  grossen  Aufwand  stimmte  nicht 
recht  die  nachlässige  Korrektur.  Pekuniär  war  das  Unternehmen 
ein  vollständiger  Misserfolg  und  kostete  Beaumarchais  für  seinen 
Anteil  eine  Million. 

Von  Panckoucke  stammt  auch  der  Gedanke  des  Moniteur. 
Nachdem  er  in  England  den  Wert  und  die  Macht  der  periodischen  Der  Mauittur. 
Presse  kennen  gelernt  hatte,  wollte  er  ein  solches  Institut,  das  auch 
äusserlich  mit  einem  der  grossen  englischen  wetteifern  konnte ,  in 
Frankreich  gründen.  Der  erste  Redacteur  war  Maret,  später  Herzog 
von  Bassano.  Das  Blatt  erreichte  die  damals  ganz  ausserordent- 
liche Auflage  von  1 5  000  Exemplaren  und  wurde  ein  Quellenwerk 
für  die  Geschichte,  das  an  Interesse  wenige  Konkurrenten  hat. 

Als  Verleger  war  Panckoucke  äusserst  splendid  und  bei  Hofe 
sehr  angesehen.  Er  druckte  Buffons  sämtliche  Werke;  die  erste 
grosse  Sammlung  von  Reisewerken  und  begann  auch  die  Encyclo- 
pidie  uicthodique ,  welche  166  Bände  in  (Juart  und  $1  Teile  mit 
6429  Kupfertafeln  umfasste,  deren  Herstellung  ein  halbes  Jahrhundert 
in  Anspruch  nahm.  Der  Erfolg  war  anfänglich  ein  ganz  ausser- 
ordentlicher. Ein  einziger  Madrider  Buchhändler,  Sancha,  hatte 
Subskriptionen  bis  zu  einem  Betrage  von  anderthalb  Millionen  Livres 
gesammelt.  Die  lange  Reihe  von  Jahren ,  welche  das  Unternehmen 
bis  zu  seiner  Vollendung  erforderte,  schmälerte  jedoch  sehr  den 
Ertrag,  da  wenige  Unterzeichner  das  Ende  des  Werkes  erlebten. 

Panckoucke  selbst  war  als  Schriftsteller  sehr  thätig  und  lieferte 
ausser  selbständigen  Werken  und  Übersetzungen  noch  zahlreiche 
Artikel  zu  den  periodischen  und  cncyklopädischen  Werken  seines 
Verlages. 

Sein  Sohn  Charles  Louis  Panckoucke  vertauschte  die  als  Beruf 
ergriffene  Rechtswissenschaft  mit  der  Buchdruckerei  und  dem  Buch-  c.l. P-mckom-kc 

•  j-^,  l»cz.  178", 

handel.  Er  vollendete  die  Encyelopedie  und  druckte  unter  Mitwirkung  \-  u.  juii  nie- 
der besten  wissenschaftlichen  Kräfte  das  Dictionnaire  des  sciences 
nu duales,  die  Flore  medicale ,  die  Biographie  medicale.  W  ährend 
des  Rückganges  des  nationalen  Glanzes  in  den  Jahren  18 14 — 15 
begann  er  die  Herausgabe  der  l'ictoires  et  Comjuefes ,  welche  einen 
ausserordentlichen  Erfolg  hatten.  Weiter  veranstaltete  er  eine  neue 


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186 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VI.  KAP. 


Ausgabe  der  Expedition  d'ßgypte.  Auch  er  war  als  Schriftsteller 
mehrseitig  thätig.  Sein  Sohn  Charles  Louis  Ernest  (geboren  1806} 
verliess  den  Buchhandel,  behielt  jedoch  die  Buchdruckerei  und  den 
Druck  des  Moniteurs. 

Der  Ursprung  der  Familie  Barbou  ist  in  Lyon  um  die  Mitte 
Familie  Barbou.  des  XVI.  Jahrhunderts  zu  suchen.  Eins  der  Mitglieder  derselben, 
Jean  Joseph  Barbou,  etablierte  sich  17 17  als  Buchhändler,  1723  als 
Buchdrucker  in  Paris.  Der  Sohn  Joseph  Gerard  Barbou  machte  sich 
einen  Übeln  Namen  durch  die  Art  und  Weise,  wie  er  einberufene 
deutsche  Arbeiter  behandelte.  Sein  Neffe  Joseph  Gerard  d.  j.  begann 
eine  schöne  Kollektion  lateinischer  Klassiker  in  76  Bänden  mit 
Vignetten,  die  1808  auf  J.  A  Delalain  überging,  der  das  Geschäft 
erst  allein,  seit  1836  mit  seinem  Sohne  A.  H.  J.  Delalain  führte. 
Diese  Firma  druckte  mehrere  tausend  Klassiker  -  Ausgaben  und 
Unterrichtswerke;  derselben  verdankt  man  auch  das  Annuaire  de la 
librairie  et  de  Nmprimerie  und  mehrere  Fachschriften.  Die  Familie 
gehört  zu  den  geachtetsten  ihres  Faches  in  Frankreich. 

Philipp  Nicolas  Lottin  etablierte  1724  eine  Druckerei.  Sein 
p.  n.  Lo»in  SohnAuG.MARTiNwardcrtypographischeLehrmeisterLudwigsXVI., 
der  damals,  ein  glücklicher  Knabe  von  zwölf  Jahren,  mit  der  Presse 
spielen  konnte,  die  ihn  später  aufs  Schafott  bringen  sollte.  Lottin 
ist  der  Verfasser  eines  jetzt  sehr  selten  gewordenen  Werkes: 
Catalogue  chronologique  des  libraires  et  imprimeurs  de  Paris  depuis 
i47o—,78p. 

Das  Geschäft  Treuttel  &  Würtz  wurde  1770  in  Strassburg, 
j.  g.  Treuttci  1795  in  Paris,  18 17  in  London  errichtet.  J.  G.  Treuttel  war  in 
*  j.7G.'w,,m    Strassburg  geboren,  ebenso  sein  Schwiegersohn  J.  G.  Würtz;  ein 
.  !,<*.  +  18+1.  zweiter  Schwiegersohn  E.  Jung  trat  nach  Treuttels  Tod  als  Teilhaber 
in  das  noch  in  der  Familie  unter  der  Firma  Jung-Treuttel  fort- 
wirkende Geschäft.  Unter  den  vielen  bedeutenden  Arbeiten  des- 
selben nennen  wir  nur  einige:  d'Agincourts  Lhistoire  de  l\irt  par 
/es  momimens,  die  Werke  der  Frau  von  Stall,  17  Bände;  Les 
archives  des  decouvertes,  31  Bände;  die  bedeutendsten  Werke 
Sismondis ;  die  Bipontiner  (Zweibrücker)  Ausgaben  der  Klassiker  in 
1 1 5  Bänden ;  die  Encyclopedie  des  getis  du  tnonde. 

Eines  der  bekanntesten  Häuser  Frankreichs  ist  das  Strassburg 
ebenfalls  angehörende  Berger  -  Levrault  ,  welches  seit  mehr  als 


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VI.  KAP. 


DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE. 


i»7 


200  Jahren  in  einer  Familie  fortgerührt  wurde1.   Der  Gründer  des-  Familie  Hergcr- 
selben  war  Friedr.  Wilh.  Schmuck  um  1675;  die  Druckerei  entstand 
1685.  Der  Sohn  Friedrich  Schmuck  und  dann  sein  Bruder  Wii.h.    Kr.  ^Ltimuck 
Schmuck  folgten,  letzterer  wurde  Buchdrucker  des  Königs  und  der  wüh.  schmuck 
Universität.  Nach  Fr.  Schmucks  Tode  ging  das  Geschäft  auf  seinen    '     '  '  5' 
Schwiegersohn  Joh.  Rod.  Christmann  aus  Kempten  und  dann  auf  j.r  .  Christinann 
dessen  ältesten  Sohn  Franz  Robert  Adrian  über,  der  als  Teil-  k.  R. Christmann 
nehmer  seinen  Schwager  Franz  Georg  Levrault  aufnahm,  worauf 
die  Firma  Christmann  &  Levrault,  dann  nach  Christmanns  Tode 
Georg  Levrault  wurde  und  bis  1858  fortbestand.    Von  den  vier 
Söhnen  Georgs,  die  sich  alle  der  Druckerei  widmeten,  wurde  der 
älteste  Franz  Laurent  Xavier,  welcher  in  der  Schreckenszeit  auf  v.  L.  X.  Levrault 
Grund  seiner  royalistischen  Gesinnungen  hatte  fliehen  müssen,  Chef  f  t" 
des  Hauses.    Unter  ihm  fand  ein  bedeutender  Aufschwung  des 
Geschäfts  statt.  Ein  grosser  Teil  des  Exports  französischer  Bücher 
nach  Deutschland  und  Russland  ging  durch  seine  Hände  und  seine 
Pressen  brachten  zahlreiche  Verlagsartikel  hervor.  Eine  Spezialität 
des  Hauses  bildete  die  Lieferung  von  Militärformularen,  die  sogar 
der  grossen  Armee  nach  Russland  nachgesendet  wurden.  Levrault 
war  ein  Mann  von  ungewöhnlicher  geistiger  Begabung  und  Arbeits- 
kraft, die  er  nicht  nur  dem  Geschäfte,   sondern  auch  seinen 
Mitbürgern,  unter  denen  er  im  höchsten  Ansehen  stand,  widmete. 
Eine  treue  und  tüchtige  Gehülfin  hatte  er  in  seiner  Frau ,  welche, 
als  Überanstrengungen  1S21  seinen  Tod  herbeiführten,  sich  beherzt 
an  die  Spitze  des  Hauses  stellte  und  während  29  Jahren  das  Erbe  Witwe  Levrault 
der  Familie  mit  sicherer  Hand  erhielt  und  forderte.   Von  1825 
bis  1837  wurde  sie  durch  einen  Schwiegersohn  Friedr.  Berger 
kräftig  unterstützt,  ein  anderer  Schwiegersohn  C.  Pitris  leitete  das 
in  Paris  gegründete  Haus.  Nach  Bergers  Tode  übernahm  dessen 
Witwe  die  Führung  der  Druckerei,  während  die  Witwe  Levrault  bis  Wi:ue  licrccr- 

Lcvrault 

zu  ihrem  Tode  der  Buchhandlung  vorstand.    Die  Witwe  Berger  7    Mai  .k79. 
nahm  nun  ihren  Sohn  Oscar  Berger- Levrault  zum  Teilnehmer, 
wodurch  die  Firma  sich  in  Berger- Levrault  Sohn  änderte.  Unter 
der  Leitung  Jul.  Norbergs  nahmen  die  Geschäfte  einen  immer 
grösseren  Umfang  an.-  Mit  gewaltigen  Anstrengungen  siegte  man 

'  l„  Mohr,  Das  Haus  Heryer-I.cvrauh.  Strasshurj;  1S76.  —  Llmprimerie  Je 
Herger- Levrault  &  Co.    Nancy  1S78.  —  Ann.  d.  Typ.  B.  \  in.  1876,  Nr.  352. 


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188  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  VI.  KAP. 

Bcrgcr-i.cvra..it.  in  dem  Kampf  gegen  Konkurrenten  um  Behauptung  der  administra- 
tiven Arbeiten.  Bedeutende  Erfolge  belohnten  die  Thätigkeit  und 
ein  grossartiges  Geschäftshaus  wurde  erbaut.  Kaum  war  der  Umzug 
bewerkstelligt,  da  brach  der  Krieg  aus.  Die  Schwierigkeit  resp. 
Unmöglichkeit,  während  desselben  und  der  darauf  folgenden 
Friedensverhandlungen  die  administrativen  Arbeiten  auszufuhren, 
waren  ausserordentlich;  nach  der  Abtretung  des  Elsass  an  Deutsch- 
land musste  das  Haus  mit  diesen  Arbeiten  nach  Frankreich 
auswandern  und  1873  fand  die  Übersiedelung  nach  Nancy  statt. 
Bereits  am  20.  Mai  1876  ward  das  dortige  äusserst  zweckmässig 
eingerichtete  Etablissement  ein  Raub  der  Flammen,  es  wurde  jedoch 
mit  einer  fabelhaften  Energie  und  mit  noch  besseren  Einrichtungen 
als  vorher  neu  aufgeführt. 

Das  Strassburger  Etablissement,  welches  jetzt  nach  200  Jahren 
wieder  zu  den  deutschen  zählt,  besteht  unter  alleiniger  Leitung  des 
Herrn  Run.  Schultz  als  Kommandit- Gesellschaft  unter  der  Firma 
R.  Schultz  &  Co.  (Berger-Levrault  Nachfolger). 

Der  Gründer  der  Firma  Dentu,  Jean  Gabriel  Dentu,  etablierte 
j.  g.  Dem«,  um  179$  eine  Buchdruckerei  und  später  eine  Buchhandlung  in  Paris. 
'  Sein  Journal  des  Dantes  hatte  einen  ausserordentlichen  Erfolg.  Er 
gab  eine  grosse  Reihe  von  Reisewerken  sowie  Schriften  natur- 
wissenschaftlichen Inhalts  heraus  und  druckte  und  verlegte  nach 
der  zweiten  Restauration  fast  alle  legitimistischen  Broschüren.  Der 

c.  Dentu d.j.  Sohn  Gabriel  Dentu,  der  1826  das  Geschäft  übernahm,  blieb  den 
•  1700.  -f- 1849.      .  t  t  ■  • 

politischen  Traditionen  der  Firma  treu,  wurde  dadurch  nach  der 

Julirevolution  1830  in  27  Pressprozessc  verwickelt  und  musste 
ausser  zahlreichen  Geldstrafen  neun  Monat  Gefängnis  aushalten. 
Einer  seiner  Söhne  Ed.  Dentu  folgte  ihm  als  Buchhändler;  die 
Buchdruckerei  wurde  verkauft. 

Als  Verleger  einer  Reihe  reizender  und  koketter  Ausgaben 
H.  M.  Catiit  in  180  mit  schönen  Illustrationen  und  allerliebsten  Ornamenten  der 
f  j.  Okt.  i,  ,5.  jjesten  Künstier  jst  Hubert  Martin  Cazin  bekannt. 

Mit  grosser  und  wohlbcgründeter  Pietät  nennen  die  französischen 
Fachgenossen  den  Namen  Crapelet. 

Charles  Crapelet  war  in  Bourmont  geboren.  Seine  Erziehung 
war  sehr  vernachlässigt,  er  versuchte  jedoch  durch  unermüdliche 
Arbeit  das  Fehlende  zu  ersetzen.  Erst  17  Jahre  alt  übernahm  er 


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VI.  KAP. 


DIE  SCHÖPFER  DER  NEUERN  TYPOGRAPHIE. 


I89 


die  Leitung  des  bedeutenden  Geschäfts  des  Buchdruckers  Stoupe.  Charte*  Crapeiet 
Er  beteiligte  sich  auf  das  lebhafteste  bei  den  Bestrebungen,  die  Typo-  ••■  «9  oi«,  tk*?! 
graphie  durch  Geschmack  und  Eleganz  zu  heben,  und  war  zugleich 
einer  der  vorzüglichsten  Korrektoren.  Als  Beweis  seines  Pflicht- 
eifers wird  erzählt,  wie  er  sich  von  dem  Festschmause  am  Abend 
seines  Hochzeitstages  gegen  Mitternacht  heimlich  entfernte.  Als  er 
nicht  wiederkam,  geriet  die  Gesellschaft  in  Verlegenheit,  die  junge 
Frau  in  die  grosste  Unruhe.  Nachdem  der  anwesende  Prinzipal 
Stoupe  sich  eine  Zeitlang  an  dieser  Situation  ergötzt  hatte,  machte 
er  schliesslich  dem  Entsetzen  ein  Ende  durch  die  Erklärung, 
Crapeiet  sei  in  die  Druckerei  gegangen,  um  die  Korrektur  einiger 
Bogen  zu  erledigen,  die  man  morgen  drucken  müsse.  Der  Vermisste 
erschien  dann  endlich  auch  früh  gegen  drei  Uhr. 

Im  Jahre  1789  wurde  er  der  Nachfolger  Stoupes.  Nach  dem 
Beispiele  Baskervilles  suchte  er  Einfachheit  mit  Eleganz  zu  ver- 
binden und  übertraf  sein  Vorbild  durch  die  Gleichmässigkeit  und 
die  grosse  Korrektheit  seiner  Drucke.  Seine  Ausgaben  werden  von 
allen  Bücherfreunden  in  Ehren  gehalten  und  seine  Pergamentdruckc 
und  die  Golddruck-Exemplare  von  Audiberts  Histoirc  des  colibris 
sind  typographische  Seltenheiten. 

Vom  Glück  war  Crapeiet  nicht  begünstigt  und  Missbrauch  seines 
Vertrauens  brachte  ihm  ausserdem  schwere  Verluste.  Um  diese  zu 
ersetzen ,  arbeitete  er  über  seine  Kräfte.  Ein  Druckfehler  in  dem 
ersten  Bogen  seiner  Ausgaben  des  Telcmaque,  wo,  statt  Penchpc, 
PHcnope  gedruckt  war,  versetzte  ihn  in  eine  solche  Aufregung,  dass 
nur  die  ernsthaftesten  Vorstellungen  seiner  Freunde  ihn  von  seinem 
Entschluss,  die  Buchdruckerei  aufzugeben,  abzubringen  vermochten. 
Leider  zu  seinem  Schaden,  denn  er  starb,  erst  49  Jahre  alt,  durch 
geistige  und  körperliche  Anstrengungen  aufgerieben,  als  Märtyrer 
seines  Berufs.  Unter  den  vielen  Werken  aus  seinen  Pressen  seien 
die  schönen  Ausgaben  der  französischen  Klassiker  und  Audiberts 
Histoire  naturelle  des  oiseaux  c/iautans,  Folio,  1805,  genannt. 

Notgedrungen  musste  der  Sohn  Georg  August  Crapelet, 

kaum  20  Jahre  alt,  das  Geschäft  übernehmen.  In  seinen  Leistungen  <:.  a.  Crapci* 

,  1780« 

übertraf  er  noch  den  Vater,  war  ausserdem  ein  bedeutender  Fach- 
schriftsteller und  Archäolog.  Seine  Ausgaben  französischer  Klassiker 
sind  berühmt  und  die  Grosspapier-Exemplare  davon  sind  als  Pracht- 


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\cjO 


DIE  ROMANISCHE  GRIPPE. 


VI.  KAP. 


drucke  gesucht.  Crapelet  der  Sohn  gehörte,  wie  der  Vater,  zu 
denjenigen  Buchdruckern,  die  mehr  zur  Ehre  der  Kunst  als  zum 
eigenen  Vorteil  den  alten  Traditionen  treu  blieben.  Seine  Fach- 
werke sind  sehr  geschätzt.  Von  den  Iitudes  pratiques  et  littirains 
sur  la  typographie,  Paris  1837,  wurde  leider  nur  der  erste  Teil 
veröffentlicht,  den  Abschluss  des  Werkes  verhinderte  des  Verfassers 
Tod.   1840  erschien  De  la  profession  d'uu  imprimeur. 

Den  Grund  zu  den  bedeutenden  bibliographischen  Arbeiten 
De  Bure.  Frankreichs  legte  Wilhelm  Franz  de  Bire,  einer  bereits  seit 
1660  bestehenden  Buchhändler- Familie  angehörend.  Er  verfasste 
1753  das  Museum  typographicum  und  1785  seine  Bibliographie 
instruetivt  ,  sowie  mehrere  von  den  Bibliographen  sehr  geschätzte 
Kataloge,  unter  andern  die  über  die  Bibliothek  des  Herzogs  von 
la  Valliere,  in  damaliger  Zeit  die  bedeutendste  Privatbibliothek 
Frankreichs. 


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VII.  KAPITEL. 

DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS 
UND  DAS  BUCHGEWERBE. 

Das  Aufi.eüen  des  Buchgewerbes.  Die  Prachtwerke.  Neue  15ahnen.  Der 
Ccrcle  de  la  Librairie.  Die  Fachliteratur.  Statistisches.  Die  Journallitteratur. 
Die  moderne  Typographie:  A.  Marne  &  Co.,  H.  Fournier,  P.  Dupont,  J.  Claye, 
N.  Chaix,  II.  Plön  u.  a.  Der  illustrierte  Verla«;:  Ch.  Furne,  J.  Dubochet, 
J.  Paulin.  Die  LüXUSBÜCHER :  I-  Curmer,  Cr.  Silbermann ,  Engelmann  Vater 
«:  Sohn.  Die  verschiedenen  RICHTUNGEN  des  Buchhandels:  Baillere, 
Masson,  Hachettc  &  Co.  u.  a.  Der  archaistische  Druck:  I>.  Perrin,  D.  Jonast 
Die  BIBLIOGRAPHIE:  Die  Buchhandlungen  für  das  Ausland. 


CHWKRE  Zeiten  hatten  in  der  Shirmperiode  Frank- 
reichs auf  der  Buchdruckerei  und  dem  Buchhandel  Aufatmen  des 

Buchhandels. 

gelastet  und  nur  wenigen  Auserwählten  der  alten 
Garde  war  es,  wie  wir  gesehen,  vergönnt  gewesen, 
aus  der  Krisis  ungeschädigt  hervorzugehen.  Als  nun 
das  Buchgewerbe  wieder  aufzuatmen  begann,  war  es,  da  die  neue 
Litteraturperiode  noch  nicht  angebrochen  war,  natürlich,  dass  die 
Schaffenslust  sich  zuerst  der  Herstellung  von  schönen  Ausgaben  der 
vorhandenen  Schriftsteller,  die  zu  den  französischen  Klassikern 
gezählt  wurden,  zuwendete. 

Theodor  Dksoer  war  der  erste,  der  eine  solche  Prachtausgabe: 
einen  zwölfbändigen  Voltaire,  herausgab,  die  alle  Welt  in  Erstaunen   Th.  üe*>er. 
versetzte,  welche  die  Frage  lebhaft  diskutierte,  ob  der  Verleger  bald 


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192 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


ein  reicher  oder  ein  bankerotter  Mann  werden  würde.  Jean  Jacques 
J.  J.  Lefevre.  Lefevre  wollte  Ausgaben  bringen,  die  selbst  die  Didotschen  über- 
treffen sollten.  In  den  Jahren  1 826—  1 829  gab  er  zuerst  in  73  Bänden 
in  Oktav  die  französischen  Klassik  ermit  reichhaltigen  Kommentaren 
heraus,  dann  die  ohne  Rivalen  gebliebenen  Sammlungen  älterer  und 
neuerer  Klassiker  aller  Länder  in  32  °.  Gleichzeitig  veröffentlichte 
L.  Janet  seine  luxuriösen  Ausgaben  der  geistlichen  Schriftsteller. 

Eine  Prachtausgabe  jagte  nun  die  andere.  Von  Voltaire  allein 
Prachtausgaben,  erschienen  nicht  weniger  als  vierzig  Ausgaben  in  den  verschiedensten 
Formaten  und  zu  den  verschiedenartigsten  Preisen.  In  ununter- 
brochener Reihe  folgten  Buffon,  Madame  de  SeVigne,  Boileau, 
Bossuet  und  viele  andere  ältere  Schriftsteller  mit  prachtvollen 
Stichen,  unter  Mitwirkung  von  Künstlern  wie  Descnne,  Deveria, 
Henriquel-Dupont,  Calamatta,  Lecomte,  Girardet,  Lorichon  u.  a. 
Daneben  behaupteten  jedoch  auch  die  älteren  Ausgaben  ihren  Wert 
bei  den  vielen  Bücherliebhabern.  Zu  zahlreichen  Werken  mit  und 
ohne  Illustrationen  gaben  die  Thaten  Napoleons  und  der  grossen 
Armee  Anlass.  Die  arbeitenden  1500  Pressen,  davon  800  in  Paris, 
reichten  öfters  nicht  aus,  um  dem  Andrängen  der  Verleger  zu 
genügen.  Im  Jahre  181 1  erreichten  die  gedruckten  Bogen  die  Zahl 
von  neunzehn  Millionen,  1826  war  sie  auf  145  Millionen  gestiegen, 
nicht  gerechnet  die  enorme  Zahl  der  politischen  Broschüren,  der 
Zeitungen  und  der  Revues. 

Trotz  der  Schönheit  der  Klassiker- Ausgaben  traten  diese  mit 
der  Zunahme  der  modernen  Schriftsteller  von  Bedeutung  wie  Benj. 
Constant,  Chateaubriand,  Lamartine,  Cas.  Dclavigne  und  viele 
andere  in  den  Hintergrund.  Was  Lefevre  für  die  alten  Verfasser 
c.  Ladvocai.  gewesen ,  wollte  nun  Chaki.es  Ladvocat  für  die  lebenden  sein. 

Er  war  der  richtige  Typus  eines  modernen  Buchhändlers,  kühn, 
unermüdlich,  freigebig,  von  Liebe  zu  seinem  Geschäft  beseelt.  Er 
verstand  jedoch  nicht,  dabei  klug  haushälterisch  zu  sein.  Er  gab 
zwar  der  Littcratur  einen  mächtigen  Stoss  nach  vorwärts,  sollte 
aber  so  wenig  wie  Lefevre  die  Früchte  des  regen  Schaffens  gemessen , 
und  beide  starben  arm. 

Dem  Roman  war  es  beschieden,  einen  mächtigen  Einfluss  auf 
Der  Roman,  das  Druckgewerbe  zu  üben.  Am  Tage  der  Herausgabe  eines  neuen 
Romans  von  Victor  Hugo,  Jules  Janin,  Ch.  Nodier,  H.  de  Balzac, 


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VII.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


193 


Paul  Lacroix,  Leon  Gozlan,  Eug.  Suc,  Alf.  Karr  u.  a.  waren  die 
Buchhandlungen  förmlich  belagert.  Die  höchsten  Honorare  wurden 
befahlt,  oft  für  Bücher,  von  denen  noch  keine  Zeile  geschrieben  war. 

Doch  hiermit  sollte  es  nicht  genug  sein.  Emil  Girardin  öffnete 
dem  Roman  noch  neue  Bahnen.  Er  hatte  den  Gedanken  gefasst,  d.<s  Feuilleton, 
ein  Journal  von  dem  Umfange  der  grossen  Blätter,  aber  nur  zu 
vierzig  statt  zu  achtzig  Franken,  herauszugeben.  Das  wirkte  in  der 
Journalistik  gleich  einer  Revolution  im  Staate.  Im  Jahre  1835  erschien 
Girardins  La  Presse  :  Le  Siede  war  die  erste  Konkurrenz.  Das 
Publikum  sollte  namentlich  durch  das  Feuilleton  angelockt  werden 
und  es  entstand  eine  wahre  Hetzjagd  nach  Romanen  für  dasselbe 
und  selbst  die  ernsthaftesten  Journale  mussten  dem  Strom  folgen. 
Soulies  Memoires  du  diakle  und  Sues  Mysteres  de  Paris  in  dem 
Journal  des  Debals  wurden  geradezu  verschlungen.  Die  Männer 
des  Romans  genügten  nicht  und  es  entstand  eine  ganze  Legion  von 
romanliefernden  Blaustrümpfen.  War  der  Roman  im  Feuilleton 
beendigt,  so  kam  eine  Nachlese  für  Autor,  Verleger  und  Drucker 
durch  Herausgabe  als  Buch. 

Die  Kunst  des  Zeilenmachens 1  wurde  im  grossen  Stil  geübt, 
als  besonderer  Virtuos  zeigte  sich  hierin  Victor  Hugo.  Da  nach 
den  Zeilen  bezahlt  wurde,  so  waren  Zeilen  wie  Ja"  —  „Nein"  — 
„Er  ging"  —  „Sie  lächelte"  etc.  sehr  profitabel. 

Doch  das  Romanfieber  Hess  nach  und  es  machte  sich  nun, 
unterstützt  durch  die  Fortschritte  der  Holzschneidekunst  und  das 
vortreffliche  Material  an  Schrift,  Papier  und  Pressen,  die  Sucht 
geltend,  alles  mit  Holzschnitten  zu  illustrieren. 

So  prachtvoll  die  Stahlstiche  auch  gewesen,  man  sehnte  sich 
doch  nach  einfacherer  Kost.  Der  Holzschneider  Porret  war  einer  Der  Uoi«chniu. 
der  ersten,  der  auf  Antrieb  Achille  Dcvcrias  zur  Reorganisation 
der  Xylographie  die  Initiative  ergriff.  Die  talentvollen  Zeichner 
eigneten  sich  mit  Eifer  die  Methode  für  den  Holzschnitt  zu  zeichnen 
an.  Desenne,  Deveria,  Alfr.  und  Tony  Johannot,  Jul.  David,  Raffet, 
Charlet,  J.  J.  Grandville,  Horace  Vcrnet,  Vict.  Adam,  Ary  Scheffer, 
Gavarni  und  andere  Künstler  ersten  Ranges  erschienen  auf  dem 
Kampfplatz.  Da  gab  es  ein  lustiges  Turnier.  Alle  Klassiker,  fremde  Die  illu>tricrleii 

Klassiker. 

und  einheimische,  wurden  mit  Holzschnitten  illustriert;  geschichtliche, 

'  El'.;.  DE  MlRECOt  RT,  labrique  de  romxns.  Paris  1845. 

'3 


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194 


DIE  KOMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


ethnographische  und  naturwissenschaftliche  Werke  folgten  in  bunter 
Reihe,  daneben  die  illustrierten  Blätter.  Schliesslich  kamen  die 
illustrierten  Romane  zu  20  Cent,  für  die  Lieferung  an  die  Reihe  und 
auch  die  Jugendschriften  nahmen  ein  anderes  Gesicht  an.  Der  Sieg 
des  Holzschnittes  über  den  Stahlstich  war  ein  vollständiger. 

Gegen  das  Ende  des  Bürgerkönigtums  hatte  das  Geschäft 
wenigstens  anscheinend  eine  hohe  Blüte  erlangt.  In  der  Zeit  von 
1830 — 1848  betrug  die  Zahl  der  erschienenen  Werke  105  000  und 
sie  hat  sich  mit  stellenweisen  Unterbrechungen  durch  die  politischen 
Wandlungen  auf  einer  hohen  Stufe  erhalten. 

Zu  dem  Ansehen  des  französischen  Pressgewerbes  hat,  wie 
Der  Ctrclt  dt  Li  bereits  in  der  „Einführung"  angedeutet  wurde,  der  Cercle  de  la 
librairic,  de  Vimprtmerie,  de  la  musig ue  et  des  estampes 1  vieles  bei- 
getragen. Aus  dem  angeführten  Titel  geht  schon  hervor,  dass  der 
Cercle  als  Sammelplatz  für  alle  die  mannigfachen  Kräfte  dient, 
welche  bei  den  graphischen  Künsten  im  weitesten  Sinne  beschäftigt 
sind.  Nicht  nur  in  allen  Verhältnissen  der  Regierung  gegenüber, 
sondern  auch  bei  allen  Weltausstellungen  hat  der  Cercle  die 
Interessen  des  Buchgewerbes  mit  Energie,  Geschick  und  Glück 
vertreten.  Er  wacht  mit  Eifersucht  dem  Auslande  gegenüber,  jedoch 
ohne  Eifersüchtelei  unter  den  Mitgliedern  des  Vereins,  über  die 
Behauptung  der  hervorragenden  Stellung  des  französischen  Druck- 
gewerbes, wenn  dieses  auf  dem  Weltmarkt  sich  zeigt. 

Der  am  5.  Mai  1847  unter  dem  Vorsitz  von  Ambr.- Firmin 
Didot  gegründete,  1853  reorganisierte  Verein  erwarb  1856  das 
Eigentumsrecht  auf  die  seit  dem  Jahre  181 1,  damals  im  Besitz  der 
Familie  Pillet,  erscheinende  Bibliographie  de  la  France.  Das  1858 
unternommene  LAnnuaire  de  la  librairie  wird  nicht  regelmässig  fort- 
gesetzt und  hat  für  den  Buchhandel  Frankreichs  nicht  die  Bedeutung 
wie  in  Deutschland  O.  A.  Schulz'  Adressbuch.  1863  wurde  das 
Comite  judiciaire  des  Cercle  eingerichtet.  Am  12.  Juni  1878  wurde 
der  Grundstein  zu  einem  prachtvollen  Versammlungshaus,  Ecke  der 
Rue  Gregoire  -  de -Tours  und  des  Boulevard  St. -Germain,  gelegt 
und  dasselbe  am  4.  Dezember  1879  feierlich  eingeweiht.  Es  werden 
seit  der  Zeit  höchst  interessante  Ausstellungen  dort  abgehalten. 
Im  Jahre  1880  war  die  Zahl  der  wirklichen  Mitglieder  317,  darunter 

1  Le  Cercle  de  la  librairie.  Xoture  tust.  Paris  1 88 1.  —  J.B.  BaILLERE,  Le  Cercle,  etc. 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


195 


119  Buchhändler,  40  Buchdrucker,  26  Lithographen,  55  Papier- 
fabrikanten, 1 1  Buchbinder,  8  Maschinen fabrikanten  etc.  Ausserdem 
hatte  der  Cercle  21  Ehrenmitglieder  und  145  korrespondierende 
Mitglieder.  Das  Vereinsvermögen  betrug  350000  Franken. 

Als  Organ  der  Typographie  besteht  seit  1864  das  durch  Gabr. 
Charavay  geleitete  L  Imprimerie ,  Journal  de  la  typographie  et  v .-«.-himeratur. 
de  la  UtJiographie.  Eis  beschäftigt  sich  namentlich  mit  den  Ver-f-*  •  m»>  »a?s. 
hältnissen  der  Buchdrucker  zum  Staate  und  mit  den  gewerblichen 
Interessen,  ist  in  technischer  Beziehung  jedoch  nicht  so  reichhaltig 
wie  die  leitenden  englischen  Journale.  Letzteren  nachzukommen  ist 
das  seit  1873  begonnene  Journal  La  Typologie  Tucker  mit  Glück 
bemüht.  Es  bringt  wertvolle  Artikel,  so  wurden  z.  B.  die  bekannten 
iMtres  d'un  bibliophile  von  R.  R.  Madden  zuerst  hier  mitgeteilt. 
Von  den  übrigen  Fachjournalen  sei  noch  erwähnt  das  durch  Fusion 
von  drei  typographischen  Blättern  1882  entstandene  Bulletin  de 
P imprimerie  et  de  la  librairie,  redigiert  von  Leon  Degeorge.  Was 
von  den  englischen  Fachjournalen  gesagt  wurde,  dass  sie  sich  von 
allen  personlichen  Gehässigkeiten  und  Reibungen  freihalten,  gilt 
auch  von  den  französischen,  obwohl  sie  zum  grossen  Teil  direkt  im 
Interesse  einzelner  grossen  Fabrikanten  herausgegeben  werden. 

Nachdem  wir  in  dem  vorhergehenden  Kapitel  die  Wirksamkeit 
und  Bedeutung  der  Bahnbrecher  der  neueren  Periode  haben  kennen 
lernen ,  wenden  wir  uns  den  bedeutenderen  der  modernen  Anstalten 
zu,  welche  dazu  beigetragen,  Frankreichs  typographischen  Ruhm 
in  neuester  Zeit  zu  fordern. 

Es  könnte  anscheinend  ein  Widerspruch  darin  gefunden  werden, 
dass  die  Reihe  mit  einem  Institut  angefangen  wird,  welches  bereits 
zuende  des  vorigen  Jahrhunderts  gegründet  wurde.  Dasselbe  ist 
jedoch  seiner  ganzen  Organisation  und  Arbeitsweise  nach  so  innig 
mit  der  neuen  Zeit  verknüpft  und  übt  auf  diese  seinen  Einfluss  in 
einer  so  hervorragenden  Wreise,  dass  es  wohl  nicht  mit  Unrecht 
gerade  hier  an  der  Spitze  steht,  als  Prototyp  einer  im  besten  Sinne 
modernen  Buchdruckerei:  es  ist  das  Druckinstitut  von  A.  Mame 
&  Co.  in  Tours. 

Der  Gründer  desselben  war  (1798)  Armand  Mame,  ein  junger  und 
energischer  Mann.  1 830  assoziierte  er  sich  mit  seinem  Schwiegersohne 

«3* 


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196 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


Alfred  Mamc  und  Neffen  Ernest  Mame.  1833  traten  seine  zwei  Söhne  Alfred 
Henri  Armand  und  Ernest  als  Teilnehmer  ein.  Nach  dem  Tode 
des  Vaters  übernahm  Alfred  Mame  das  Geschäft  allein  und  von  da 
ab  datiert  sich  der  enorme  Aufschwung  desselben.  Die  Ateliers 
wurden  den  Forderungen  der  Zeit  entsprechend  eingerichtet  und 
Neubauten  vorgenommen.  Auch  der  Buchbinderei  widmete  Mame 
besondere  Sorgfalt.  Seit  1859  ist  der  Sohn  Paul  Teilhaber.  Schon 
damals  beschäftigte  das  Institut  über  1000  Leute  und  produzierte 
täglich  gegen  1 5  000  Bände.  Der  Verlag  besteht  hauptsächlich  in 
Schriften  pädagogischen  und  religiösen  Inhalts,  welche,  mit  einem 
Preise  von  60  Cent,  für  ein  schön  gebundenes  Bändchen  beginnend, 
bis  zu  den  höchsten  Preisen  geliefert  werden.  Mamcs  grösster  Vorzug 
ist  eine  für  alle  Arbeiten,  die  billigsten  ebensogut  wie  die  teuersten, 
sich  gleichbleibende  Sorgfalt.  Seine  glänzenden  typographischen 
Siege  errang  er  hauptsächlich  durch  seinen  Schwarzdruck;  bunte 
Farben,  Gold  und  die  Hülfsmittel  der  Schwesterkünste  der  Buch- 
druckerkunst  wurden  von  ihm  nur  als  notwendige  Konzessionen 
an  den  Geschmack  des  Publikums  betrachtet.  Er  ist  ein  echter 
Schwarzkünstler. 

Unter  seinen  Prachtwerken  sind  ausser  seinem  herrlichen  MissaU 
in  Folio,  das  mit  allem  Raffinement  ausgestattet  ist,  besonders  zu 
erwähnen  die  illustrierten  Prachtwerke  La  Touraine  mit  Zeichnungen 
von  Francais,  K.  Girardet  und  Catenacci,  das  schon  1855  von  der 
Jury  der  Weltausstellung  als  ein  Meisterwerk  ersten  Ranges  anerkannt 
wurde,  und  die  Bibel  mit  den  epochemachenden  Illustrationen  Gustav 
Dores,  die  mittels  Cliches  Eigentum  fast  aller  Länder  geworden  sind. 
Zu  den  neueren  Prachtwerken ,  bei  welchen  Künstler  wie  Foulquier, 
Giacomelli  und  Hallez  mitwirken,  gehören  die  Chefs -d'&uvre  de 
In  langue  francaise.  Von  allen  von  ihm  herausgegebenen  Werken 
lässt  Mame  ein  Exemplar  auf  Pergament  drucken,  eine  typo- 
graphische Sammlung  von  grossem  Wert.  Auf  allen  Welt- 
ausstellungen erreichte  Mame  das  höchste  Mass  der  Auszeichnungen 
und  es  ist  wohl  kaum  eine  Stimme  dagegen  laut  geworden'. 

'  Behufs  Verteilung  bei  Ausstellungen  gab  Mame  einen  illustrierten  Bericht 
über  sein  Etablissement  heraus.  In  dem  Jahrgang  1865  des  Journ.  f.  B.  Nr.  6  ff. 
findet  sich  eine  deutsche  Bearbeitung  mit  den  Abbildungen  des  Originals.  Bei 
späteren  Ausstellungen  erschienen  neue  Auflagen  des  Berichts. 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS.  197 

Die  Leitung  der  Mameschen  Buchdruckerei  lag  in  den  Händen 
Henri  Fourniers.  Derselbe  arbeitete  1812  bei  Didot,  wo  er  für  n.  Pourmer 
den  tüchtigsten  Setzer  galt.  1824  gründete  er  selbst  in  Paris  eine 
Buchdruckerei,  die  später  durch  Kauf  in  die  Hände  Jules  Clayes 
überging.  Fournier  druckte  und  verlegte  eine  Anzahl  kompakter 
Ausgaben  der  französischen  Klassiker  und  verschiedene  illustrierte 
Werke:  Les  petits  Misere s  de  la  vie  humainc,  La  Chine  ouverte, 
die  von  einem  feinen  Geschmack  und  grosser  Tüchtigkeit  zeugten. 
Er  zog  nach  dem  Verkauf  seines  Geschäfts  wieder  nach  seiner 
Vaterstadt  Tours.  Auf  Grund  der  typographischen  Ausführung 
von  La  Touraine  wurde  er  zum  Ritter  der  Ehrenlegion  ernannt. 
Allgemein  bekannt  auch  in  Deutschland  ist  Fournier  durch  seinen 
Tratte  de  la  typographie ,  das  einzige  die  Kunst  des  Setzers  mit 
Geschmack  behandelnde  Lehrbuch. 

Für  den  Accidenzdruck  haben  Paul  Dupont  und  seine  Impri- 
merie  administrative  et  des  chemins  de  fer  Bedeutung1.  Seinem  p.  Dupont 
ganzen  Wesen  nach  ist  das  Institut  eins  der  modernsten  und  umfasst  f  t^.  d«c.  iwa 
Buchdruckerei  und  lithographische  Anstalt  mit  mehr  als  50  Schnell- 
pressen, 25  Handpressen  und  1 200  Arbeitern.  Ein  merkwürdiges 
Unternehmen  Duponts  sind  die  Archives  parlementaires  der  ver- 
schiedenen Repräsentationen  Frankreichs  von  1787 — 186b:  General- 
staaten, Direktorium,  Konsulat,  Kaiserreich,  Restauration,  Hundert 
Tage,  zweite  Restauration,  Juli-Regierung,  zweite  Republik,  zweites 
Kaiserreich;  kann  man  eine  grössere  Abwechselung  verlangen? 
Dupont  hat  sich  Ruf  durch  seine  praktischen  Beiträge  zur  Lösung 
der  Arbeiterfrage  durch  Beteiligung  der  Arbeiter  erworben  und  hat 
in  seinen  Bestrebungen  unter  den  französischen  Industriellen  viele 
Gleichgesinnte  und  Nachfolger  gefunden,  z.  B.  Laurent  &  Debcrny, 
Schriftgiesscrei,  seit  1848,  Chaix  &  Co.  und  Godchaux  Är  Co.  seit 
1871,  Marne  und  Masson  seit  1877. 

Anlässlich  der  Pariser  Ausstellung  1867  gab  Dupont  ein  Pracht- 
werk heraus,  enthaltend  eine  für  den  Laien  interessante  Schilderung 
seiner  Anstalt;  freilich  nicht  ohne  eine  gewisse  Ostentation  und 
kräftige  Hervorhebung  der  Lichtseiten.  Ferner  schrieb  er  eine  Histoire 
de  Vimprimerie,  zwei  Bände,  1854,  jedoch  mehr  eine  Sammlung  von 

«  Notice  atr  les  itablissements  <A-  I\  D.  1867.  —  P.  D.  et  ses  ouvritrs  assoe.  — 
Joiim.  f.  V>.  1865,  Nr.  35  —  37-  —  I'-  Dwont,  Une  Imfrimerie  en  1S67.  Paris  1867. 


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198 


DIK  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAI'. 


Material  als  eine  durchgearbeitete  Geschichte'  und,  abgesehen  von 
der  Erfindungsgeschichte,  fast  ausschliesslich  sich  mit  Frankreich 
beschäftigend. 

Von  den  vielen  grossen  Offizinen  nennen  wir  nur  diejenigen, 
die  irgend  eine  charakteristische  Seite  aufzuweisen  haben. 

Jules  Claye  (ursprünglich  H.  Fournier}  ist  eine  bedeutende 
juits  ciaye.  Buchdruckerei ,  aus  welcher  eine  grosse  Anzahl  von  Prachtwerken 
Pariser  Verleger  hervorging,  darunter  die  grossartigste  Erscheinung 
der  jüngeren  Typographie ,  Hachettes  Les  Evangiles.  Wenn  wir 
gleich  daneben  ein  kleines  Kunststückchen  Clayes,  seinen  Katalog 
der  Ausstellung  des  Cercle  de  la  librairie  in  Wien  1873  nennen,  so 
geschieht  es  nur,  weil  das  Büchlein  zu  den  Gegenständen  gehört, 
bei  deren  Betrachtung  man  sich  sagen  muss ,  es  giebt  ein  gewisses 
Etwas  in  der  französischen  Typographie ,  in  welchem  man  ihr  nicht 
nachkommt,  nicht  weil  man  es  technisch  nicht  ebenso  gut  machen 
könnte,  nachdem  es  einmal  vorliegt,  sondern  weil  man  einfach  nicht 
auf  den  Gedanken  kommt,  es  so  zu  machen.  Clayes  Nachfolger  im 
Geschäft  ist  A.  Quantin.  Aus  der  Schule  Mames  hervorgegangen, 
gilt  dieser  als  einer  der  vorzüglichsten  und  geschmackreichsten 
Drucker.  Die  Histoirc  de  Joseph  wird  als  ein  würdiges  Seitenstück 
zu  I*es  Evangiles  bei  Hachette  betrachtet. 

Zu  Claye  steht  A.  Chaix  &  Co.  ungefähr  in  demselben  Verhältnis' 
a.  cha.v  wie  Dupont  zu  Marne.  Die  Firma,  jetzt  wie  dieDuponts  in  den  Händen 
einer  Kommandit- Gesellschaft,  ist  Imprimerie  et  librairie  centrales 
des  chemins  de  /er2.  Wie  schon  aus  der  Bezeichnung  hervorgeht, 
legte  sich  Chaix  besonders  auf  Arbeiten  für  Eisenbahnen  und  zwar 
zu  einer  Zeit,  als  viele  Eisenbahnbauten  in  Angriff  genommen  wurden. 
Ausserdem  druckte  er  viele  Wertpapiere.  Selbst  das  für  so  manchen 
ruinöse  Jahr  1848  brachte  Chaix'  Etablissement  Vorteil  durch  die 
vielen  dort  ausgeführten  Zeitungen  und  politischen  Broschüren,  denn 
seine  Druckerei  war  der  Sammelplatz  der  neuen  politischen  Grössen, 
wo  auch  der  nachmalige  Kaiser  fast  täglich  verkehrte.  1878 
beschäftigte  er  48  Schnellpressen  und  gegen  700  Personen.  Das 
Lokal  gewährt  das  Bild  einer  grossen  Eisenbahnhalle,  mit  Oberlicht 
versehen  und  von  Galerien  umgeben.   In  der  Mitte  arbeiten  die 

t  Die  18S1  erschienene  neue  Ausgabe  ist  <lic  alte  mit  einem  neuen  Titel. 
3  Ilist.Hre  der  imprimerie  ftntmle,  rtc.  Paris  1S7S. 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


199 


Setzer ;  ringsherum  stehen  die  Maschinen.  Jeden  Monat  wird  ein 
neuer  Orientierungsplan  ausgegeben,  um  die  Hersteller  der  ver- 
schiedenen Arbeiten  leicht  auffinden  zu  können.  Das  grosse  Tarif- 
buch im  stehenden  Satz  enthält  36  Millionen  Nonpareil -Typen. 
Für  die  mehrfarbigen  Plakate,  öfters  von  mehr  als  zwei  Meter 
Höhe  und  anderthalb  Meter  Breite,  sind  die  schon  oben  erwähnten 
besonderen  Maschinen  in  Gang.  Die  Buchhandlung  beschäftigt  sich 
fast  ausschliesslich  mit  Eisenbahnlitteratur.  Chaix  sorgt  sowohl 
durch  Beteiligungssystem  und  Kassen,  die  jetzt  über  ein  Kapital 
von  300  000  Franken  verfugen,  als  durch  zweckmässige  Ein- 
richtungen in  dem  Lokal  und  eine  billige  Arbeiterküche  (ur  das 
W  ohl  der  Gehülfen.  Für  die  Ausbildung  der  Lehrlinge  errichtete 
er  eine  Schule  mit  vier  Klassen  unter  Berücksichtigung  der  vier 
Lehrjahre  der  Zöglinge.  Nicht  allein,  dass  der  Unterricht  frei  ist, 
sondern  den  Lehrlingen  werden  Marken  verabreicht,  die  sie  beim 
Beginn  der  Stunden  abzugeben  haben.  Für  jede  Marke,  die  also 
als  Zeichen  der  Anwesenheit  in  der  Schule  gilt,  wird  dem  Lehrling 
ein  kleiner  Geldbetrag  gutgeschrieben.  Für  die  Schüler  schrieb 
Chaix  selbst  ein  Handbuch  der  Buchdruckerkunst,  gab  auch  anlässlich 
der  Ausstellung  1878  einen  338  Seiten  starken  Bericht  über  seine 
Anstalt  heraus. 

Ist  Chaix'  Druckerei  als  typisch  für  eine  Druckerei  des  Augen- 
blicks zu  betrachten ,  so  kann  die  am  Place  de  la  bourse  gelegene  A^enct  u<™u. 
Offizin  der  Agence  Havas,  der  politischen  Korrespondenz  Frank- 
reichs, als  das  Bild  einer  Zukunftsdruckerei  gelten.  Es  werden  hier 
nur  Setzmaschinen  verwendet,  und  zwar  Kastcnbcinsche,  die 
durchweg  von  Frauen  bedient  werden.  Diese  Druckerei  liefert  für 
die  Provinzblätter  stereotypierte  Satzspalten,  die,  in  Stücke  zersägt, 
sich  mit  dem  eigenen  Satz  der  Blätter  zusammen  verwenden  lassen. 

Einen  bedeutenden  Namen  als  Werkdrucker  erwarb  Ph.  H. 
Plön  \  Er  war  Setzer  in  der  Offizin  Bethunes,  bei  dem  das  Diction-    p-  h.  pion 

•  I0O5. 

naire  de  la  conversation  in  52  Bänden  erschien.  Bei  der  Herausgabe 
zeigte  PJon  eine  grosse  Thätigkeit  und  wurde  Teilnehmer  des 
Geschäfts.  Als  auf  Grund  entstandener  Verlegenheiten  B^thune  sich 
zurückzog,  übernahm  Plön  allein  das  Geschäft,  welches  sich  äusserst 
rasch  hob  und  Luxus-  und  Farbendrucke  von  Bedeutung  lieferte, 

«  Quelques  mots  sur  la  maison  Henri  Plön.  —  Henri  Plön.  Paris  1S73. 


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200 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


besonders  aber  gute  Werkdrucke.  1854  wurde  Plön  Buchdrucker 
Napoleons  III.  und  druckte  und  verlegte  dessen  Leben  Caesars. 
Sein  wissenschaftlich  und  künstlerisch  ausgebildeter  Sohn  übernahm 
nach  dem  Tode  des  Vaters  das  Geschäft. 

Den  Farbendruck  hat  die  Firma  so  gut  wie  fallen  lassen.  Ohne 
gerade  als  Meisterstücke  hervortreten  zu  wollen,  zeichnen  sich,  wie 
die  älteren,  so  auch  die  neueren  Verlagserzeugnisse  Plöns,  als: 
Collection  des  classiques  francais  in  32  ";  Les  Chartes  et  /es  archives 
nationales  in  40;  die  Bibliotheque  historique  in  mehr  als  300  Bänden 
in  8°;  die  Bibliotlieque  des  voyages  und  die  Bibliotlieque  des  romans 
durch  Tüchtigkeit  in  der  Ausführung  aus. 

Die  Firma  Lacrampe  &  Co.  wurde  1837  als  Assoziations- 
druckerei  von  19  Arbeitern,  alles  tüchtige,  arbeitsame  und  Aar  ihren 
Beruf  enthusiasmierte  Männer,  begründet.  Sie  wählten  ihren  Chef 
und  wirtschafteten  gemeinschaftlich.  Das  Resultat  war  trotz  der 
redlichsten  Anstrengungen  und  zahlreichen  Aufträge  kein  günstiges. 
Nicht  besser  ging  es  der  unter  der  Firma  Francois  &  Co.  gegründeten 
Assoziationsbuchdruckerci,  gewöhnlich  „die  Zehn"  genannt. 

Ckete  Fils  ist  zwar  in  Corbeil  ansässig,  gehört  jedoch 
Cracfiu.  thatsächlich  zu  den  Pariser  Buchdruckereien,  da  das  kolossale 
Etablissement  nur  für  Pariser  Verleger  beschäftigt  ist ;  Crete  kon- 
kurriert würdig  mit  Claye  in  der  Herstellung  illustrierter  Werke, 
namentlich  für  Hachettes  Verlag,  und  wird  hinsichtlich  einer  sich 
stets  gleichbleibenden  Güte  und  Gleichmässigkeit  des  Schriftdrucks 
kaum  übertreffen. 

Gauthier  -Villahs  macht  eine  Spezialität  aus  solchen  Arbeiten, 
Gauihki-viibr>  die  andere  am  liebsten  von  sich  weisen  möchten;  bei  ihm  heisst  es 
aber,  je  schwieriger,  desto  besser.  Seine  für  die  wissenschaftlichen 
Institute  und  Akademien  gelieferten  Tabellen-,  arithmetischen  und 
mathematischen  Arbeiten,  unter  welchen  sich  die  Werke  des 
de  Laplace  und  Lagrange  befinden,  sind  mit  grossem  Fleisse 
und  mit  typographischem  Verständnis  ausgeführt,  würden  jedoch  in 
Deutschland  nicht  für  so  epochemachend  gehalten  werden,  wie  es  in 
Frankreich  der  Fall  war.  Als  Schöpfer  des  modernen  mathematischen 
Satzes  muss  der  bis  in  sein  78.  Jahr  bei  Gauthier -Villars  arbeitende 
Uaiiieui     Setzer  Bailleul  betrachtet  werden,  der  zuerst  bei  Crapclct  aus- 
f  j .  .ijh80.  g^jj^  war  unj       cjem  Schriftgicsscr  Ch.  Laboulaye  in  seinen 


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VII.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


20 1 


Bemühungen  Unterstützung  fand.  Kr  wurde  zum  Ritter  der  Ehren- 
legion ernannt.  Es  sei  dies  als  Zeichen  eines  anerkennenswerten 
Vorgehens  der  französischen  Regierung  angeführt,  dass  sie  den 
hochverdienten  Arbeiter  ganz  in  derselben  Weise  wie  den  ersten 
Bürger  ehrt,  und  andererseits  ist  es  von  den  französischen  Buch- 
druckern zu  loben,  dass  sie  neidlos  die  Verdienste  ihrer  Kollegen  und 
Gehülfen  in  ein  helles  Licht  zu  setzen  suchen,  damit  die  Regierung  sie 
kennen  und  schätzen  lernt. 

Unter  den  tüchtigen  Firmen  seien  noch  wenigstens  kurz 
erwähnt:  C.  Motteroz,  der  sich  auch  schriftstellerisch  durch  sein  VcmcW.ichc 

Pariser  Ol  ti/inci 

Werk  über  die  chemischen  Illustrations- Verfahren*  verdient  gemacht 
hat  und  unter  Zuhülfenahme  aller  graphischen  Künste  viele  Accidenz- 
arbeiten  für  die  grossen  Magazine  in  Paris  ausführt;  Emile  Maktinet, 
bekannt  durch  sein  seit  1 872  bestehendes  Internat  für  Setzerinnen 
in  Puteaux;  Georges  Chamerot,  Nachfolger  von  Firmin  Didot,  der 
schöne  illustrierte  Ausgaben  lieferte;  Wittersheim  &  Co.,  deren 
Zeitungsdruckerei  von  der  Regierung  angekauft  wurde;  Lahure, 
der  mit  40  Schnellpressen  und  18  Handpressen  viele  illustrierte 
Werke  druckt;  Dumaine,  der  die  Arbeiten  des  Kriegs-  und  des 
Marineministeriums  liefert  und  selbst  einen  grossen  Verlag  von 
Militaria,  Rang-,  Quartierlisten  etc.  hat;  die  Societe  de publications 
periodiques ,  welche,  von  Panckoucke  unter  der  Firma  Societe  du 
Moniteur  et  de  I '  Encycfopedie  methodique  gegründet,  unter  der 
Direktion  von  Paul  Dalloz  einen  bedeutenden  Aufschwung 
genommen  hat  und  eine  grosse  Zahl  von  Zeitungen  druckt. 

Unter  den  Offizinen  ausserhalb  Paris  finden  sich,  abgesehen  von 
den  schon  erwähnten  von  Marne  und  Berger-Levrault,  noch  manche  ofrmncn  der 
von  Bedeutung.  Ganz  besonders  hervorzuheben  sind  die  Firmen 
L.  Danel  in  Lille  und  F.  C.  Oberthur  in  Rennes.  Erstere,  seit  dem 
Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  bestehend,  arbeitet  mit  33  Maschinen, 
26  Handpressen  und  450  Arbeitern,  alle  graphischen  Nebengewerbe 
in  ihren  Räumen  vereinigend,  die,  nach  einem  totalen  Brand  1871, 
höchst  zweckmässig  neu  aufgeführt  wurden.  Der  Hauptzweig  ist 
Congrevedruck  und  die  Firma  liefert  für  den  Handel  und  die  Fabri- 
kation eine  enorme  Zahl  von  Accidenzien.  Um  seine  Tüchtigkeit  im 
chromographischen  Druck  zu  zeigen,  hatte  Danel  zur  Ausstellung 

»  Essü  sur  Iti  gravuret  ckimiques.  Paris  1S71.   2.  Aull.  Paris  1S79. 


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202 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


1878  ein  Werk  Voyage  dans  un  grcnier  geliefert.  Oberthurs  Offizin 
hat  ungefähr  dieselbe  Ausdehnung  wie  die  Daneis  und  ist  1874 
neu  aufgebaut;  sie  versorgt  Frankreich  namentlich  mit  Agenden, 
Kalendern  und  ähnlichem. 

Zu  erwähnen  sind  unter  anderen  noch  Oudin  Freres  in  PoiTlERS 
mit  umfangreichen  Vcrlagswerken  als:  Historiens  des  Gaules  und 
Les  Chateaux  liistoriques  de  France  mit  in  den  Text  gedruckten 
Radierungen ;  Allier  Peke  &  Fils  in  Gkenoble  mit  dem  Annorial 
et  nobiliaire  de  fanden  dache  de  Savoie;  Capoulaud  Freres  (seit 
1607)  in  LlMOGES,  welche  kleinere  Stadt  in  der  Bücherproduktion 
mit  466  Werken  in  einem  Jahre  gleich  nach  Paris  mit  2286  kommt, 
während  das  einst  graphisch  so  bedeutende  LYON  nur  134  Werke, 
Bordeaux  nur  49  aufwies.  In  Toulouse  sind  J.  M.  Sikvf.x  und 
P.  Privat,  in  Caen  F.  Leblanc- Hardel,  in  Mans  Moxkoyek 
bemerkenswert. 


Unter  den  Herstellern  der  ausserordentlich  zahlreichen  illustrier- 
DruckcrundVcr-ten  Werke,  die  in  Paris  erschienen  sind,  Verlegern  sowohl  als 
1  3  wirke! r"  r  Buchdruckern,  befinden  sich  hervorragende  Männer.  Wie  das  Press- 
gewerbe sich  gestaltet  hat,  ist  es  oft  schwer  zu  sagen,  wem  der 
Ruhm  für  die  schöne  Ausstattung  am  meisten  gebührt,  dem  Ver- 
leger, der  die  Herstellung  in  allen  Details  mit  Sachkenntnis  und 
Geschmack  anordnet,  oder  demjenigen,  der  den  Druck  übernimmt. 
Nicht  selten  sind  die  Fälle,  dass  der  Verleger  erst  den  Ruf  eines 
Druckers  macht,  der  anfanglich  nur  unwillig  sich  von  dem  Schlendrian 
und  dem  Alltäglichen  abbringen  lässt,  vielleicht  gar  den  Verleger 
verwünscht,  der  ihn  zwingt,  ein  guter  Drucker  zu  werden.  Oft 
teilen  sich  beide,  Verleger  und  Drucker,  in  die  Ehre,  und  so  sollte 
es  immer  sein,  wenn  nicht  Verleger  und  Drucker  in  einer  Person 
vereinigt  sind. 

Noch  produktiver  als  der  obenerwähnte  Fournier  war  Charles 
ch.  Kurne.  Furxe,  erst  Angestellter  im  Zollfach,  dann  seiner  Leidenschaft  dir 
schöne  Bücher  nachgebend,  ein  unternehmender  Bücherproduzent. 
Den  Text  zu  dem  von  ihm  verlegten  Don  Quixote  hatte  er  selbst 
übersetzt.  Wie  es  in  Paris  so  oft  der  Fall  war,  ging  das  Geschäft 
1836  in  eine  Aktiengesellschaft  über,  deren  Direktor  Furne  wurde. 
Eine  der  vorzüglichsten  Leistungen  der  jetzigen  Firma  Furnk, 


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VII.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


203 


Jouvet  &  Co.  ist  Michauds  Histoire  des  Croisades,  illustriert  von 

G.  Dore,  in  Folio. 

E.  Bourdin  brachte  J.Janins  L'Ane  mort,  Sternes  Voyage  senti- 
mentale, La  Normandie  et  la  Bretagne,  Memorial  de  Saint -Helene    h.  Uour«UB. 
von  Las-Cases,  illustriert  von  Charlet,  das  grosse  Reisewerk  des 
Fürsten  DemidofT  und  andere  Prachtwerke. 

Jules  Hetzel,  selbst  ein  geachteter  Schriftsteller  (Pseudonym 
P.  J.  Stahl),  lieferte  Grandviiles  Scenes  de  la  vie  publique  et  privee    J.  Hc«ici. 
des  anivtaux  und  dessen  Les  Animaux  peints  par  ettx-memes. 

H.  Delloye  veröffentlichte  Balzacs  La  Peau  de  chagrin,  La  France 
piltoresque,  La  France  monumentale ,  La  France  militaire.  Ein 
grossartiges,  jedoch  nicht  illustriertes  Verlagswerk  war  Nap.  Landais' 
Dictionnaire  de  la  langue  francaise.  Durch  politische  V erhältnissc 
gezwungen  siedelte  Hetzel  185 1  nach  Brüssel  über,  kehrte  jedoch 
1859  nach  Erlass  der  Amnestie  zurück  und  gründete  die  Librairie 
d'education  et  de  recreation.  1 864  begann  er  das  Magasin  illustre 
d'education  et  de  recreation,  eine  Sammlung  tüchtiger  Werke  für  die 
Jugend. 

Epoche  machte  die  bei  J.  J.  Dubochet  erschienene  Histoire  de 
Kapoleon,  illustriert  von  Horace  Vemet.  Ein  allerliebstes  Werk  j.j.  i>«»'ochet. 
war  Töpffers  Voyage  en  zigzag.  Von  Dubochets  nichtillustrierten 
Werken  sind  zu  erwähnen  eine  vortreffliche  Kollektion  von  älteren 
Klassikern  in  Übersetzungen  von  Nisard,  27  Bände  Oktav,  und  die 
Million  defaits.  Mit  ihm  gleichzeitig  wirkte  J.  B.  A.  Paulin,  erst  j.  p.mim  .1793. 
Mann  der  Wissenschaft  und  Advokat,  dann  Verleger,  der  zusammen 
mit  Dubochet  L  Illustration  (1843)  gründete.  Diese  Zeitschrift  ging 
später  in  die  Hände  von  A.  Marc  S:  Co.  über.  Sie  nimmt  einen 
ehrenwerten  Platz  unter  den  illustrierten  Blättern  ein ,  ohne  jedoch 
ihr  Vorbild,  die  IUustrated  London  News,  zu  erreichen,  hat  auch  nur 
eine  Verbreitung  von  18  OCX)  Exemplaren.  Paulin  gab  auch  eine 
prachtvolle  Ausgabe  von  Thiers'  Histoire  du  Consulat  et  de  V Empire 
in  17  Bänden  heraus.  Das  frühere  Werk  U Histoire  de  la  Revolution 
francaise  von  dem  damals  unbekannten  Advokaten  erschien  bei 
Lecointe  &  Pugin  und  auf  dem  Titel  wurde  der  Name  Felix  Bodin 
als  Deckung  vor  den  Namen  Ad.  Thiers  eingeschmuggelt.  Der 
Erfolg  war  ein  solcher,  dass  Thiers  ferner  keine  schützende  Flagge 
für  seinen  Namen  und  seine  Werke  gebrauchte. 


204 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


Vli.  KAP. 


Unter  den  illustrierten  kleineren  Blättern ,  die  in  Nachahmung 
des  Penny  Magazine  erschienen,  ist  das  Magasin  pittorcsquc  das 
hervorragendste  und  das  am  schönsten  ausgeführte  nicht  allein  in 
Frankreich.  Ein  Phänomen  ist  es,  dass  nicht  allein  der  Redacteur 
Charton  und  die  Xylographie  von  Andrew  Best  &  Lei.oir,  sondern 
auch  die  Direktion  der  Setzer  und  Drucker  von  1833  bis  auf 
die  jüngste  Zeit  dieselben  geblieben  sind.  Der  Unternehmer  hiess 
Lachevardiere;  die  Ehre  gebührt  jedoch  Charton  und  Best 
(7  2.  Oktober  1879),  M artinet  lieferte  den  vortrefflichen  Druck. 
Zu  demselben  wurde  die  erste  Schnellpresse  in  Frankreich  ein- 
geführt, die  von  Applegath  &  Cowper  in  London  gebaut  war. 
Neben  dem  genannten  Blatt  nahm  namentlich  Le  Musce  des  faviiües 
einen  respektablen  Platz  ein.  Boukwllat,  der  auch  die  Oeuvres  de 
Gavarni  herausgab,  gründete  Le  Monde  illustre,  Hachette  das  sehr 
verbreitete  Journal  pour  tous.  Ein  xylographischer  Künstler  von 
grossem  Ruf  war  L.  H.  Breviere1. 

Der  Bahnbrecher  für  die  eigentlichen  Luxusbücher,  die  unter 
.  i^'dc]'™^  1  ^enutzunS  der  Chromoxylographie  und  der  Chromolithographie 
entstanden,  war  Leon  Cirmer  (1834).  Er  gehörte  einer  alten 
irländischen  Adelsfamilie  an,  war  aber  in  Paris  geboren.  Wenige 
Verleger  haben  in  dem  Grade  ihre  Zeit  begriffen,  wie  er  sie  verstand, 
und  wenige  haben  in  gleicher  Weise,  wie  er  es  that,  auf  die  Aus- 
bildung des  Kunstdrucks  gewirkt  ohne  selbst  die  Kunst  zu  üben. 
Stets  wusste  er  eine  Anregung,  eine  neue  Idee  zu  bringen.  Wie 
reich  er  an  Initiative  war  zeigt  jeder  seiner  Verlagsartikel.  Er  verstand 
es,  sich  mit  Künstlern  zu  umgeben,  die  ganz  auf  seine  Intentionen 
eingingen,  und  so  entstanden  seine  Werke  aus  einem  Gusse.  Eine 
seiner  bewunderten  Unternehmungen  war  Paul  et  Virginie,  illustriert 
mit  Holzschnitten  von  Tony  Johannot  und  Meissonier,  und  auf  das 
vortrefflichste  von  Everat  gedruckt.  Es  folgten  dann  Le  Jardin 
des  plantes,  La  Greee  pittoresque ,  IJIrlande  pittoresque ,  Les 
Anglais  und  Les  Francais  peints  par  eux- meines,  Les  Beaux-Arts, 
Les  Contes  des  fees  von  Perrault  und  andere  Werke.  Prachtvoll 
waren  seine  religiösen  Bücher  mit  Randleisten  in  Farbendruck 
und  anderem  Schmuck.  Alle  überragt  Limitation  de  Jesu- Christ 

«  [.  Ai>].I.I\F,  1..  H.  I'.rcvicre.  Ronen  1S70. 


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Vit.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


205 


mit  einer  grossen  Anzahl  Nachbildungen  von  Miniaturen  und  Ein- 
fassungen in  Farben  und  Golddruck ,  ebenso  Le  Livre  (Tlicurcs  de 
la  Reine  Anne  de  Bretagne. 

Sowohl  in  dem  chromoxylographischen  als  in  dem  chromo- 
lithographischen Druck  besass  Frankreich  Meister  ersten  Ranges,  so 
für  ersteren  G.  Silbermann  und  E.  Meyer,  für  letzteren  Engelmann 
Vater  und  Sohn. 

Kaum  giebt  es  unter  den  neueren  Typographen  einen  Namen, 
ausser  dem  Didotschen,  der  überall  einen  so  guten  Klang  hat  wie  der  t  ..  siibcrmann 
Gustav  Silbermanns  in  Strassburg1.  Die  Anfänge  des  Hauses  sind  t  23".  Juni '1876. 
in  einer  dortigen  kleinen  Buchdruckerei  des  Andreas  Ulrich  zu 
suchen,  welche  die  Grossmutter  Silbermanns  179S  ankaufte.  Letzterer 
lernte  bei  Didot  und  ging  dann  zu  seiner  Ausbildung  nach  England 
und  Deutschland.  Als  1840  Engelmann,  ebenfalls  ein  Elsässer,  mit 
seinen  Chromolithographien  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  erregte, 
gründete  Silbermann  1 846  ein  Etablissement  in  Parts,  zur  Herstellung 
chromoxylographischer  Drucke,  gab  dies  jedoch  bald  in  die  Hände 
seines  Mitarbeiters,  Ernst  Meyer,  der  trotz  seiner  Tüchtigkeit  nicht 
recht  prosperierte  und  1863  das  Etablissement  an  Marc  verkaufte. 
Silbermann  war  nach  Strassburg  zurückgekehrt  und  vervollkommnete 
fortwährend  den  Buntdruck.  Eine  seiner  ersten  Arbeiten  dort  war 
eine  Ausgabe  von  FfefTels  Fabeln  mit  bunten  Einfassungen.  Für  die 
englischen  Modezeitungen  lieferte  Silbermann  in  grossen  Auflagen 
farbige  Stickmuster.  Einer  seiner  bedeutendsten  Drucke  ist  die 
Nachbildung  des  Banners  der  Stadt  Strassburg,  ein  Blatt  von 
60x50  Centimeter.  Da  das  Banner  selbst  1793,  das  Bild,  nach 
welchem  es  angefertigt  war,  1870  zugrunde  ging,  so  hat  das  Blatt 
einen  um  so  grösseren  Wert.  Als  eifriger  französischer  Patriot 
verliess  Silbermann  nach  dem  Kriege  Strassburg  und  verkaufte  sein 
Geschäft  an  M.  Schauenburg  in  Lahr,  envarb  es  jedoch  1872  wieder, 
um  es  in  die  Hände  seines  früheren  Schülers  und  durch  35  Jahre 
treuen  Mitarbeiters  Fischbach  zu  geben  \ 

»  Ann.  d.  Typ.  Nr.  361.  VIII.  Hand. 

2  1840  erschien  anlässlich  der  Einweihung  der  Cutenbcrgstatuc  in  Strassburg 
ein  Album  typographique  von  Silbermann,  um  die  Fortschritte  der  Kunst  zu  ver- 
anschaulichen. 1 872  sammelte  er  unter  dem  Titel  Album  dimfressions  tylop-afhiquts 
m  cüuleur  eine  Anzahl  Blätter  seiner  Drucke,  die  von  seinen  Leistungen  eine,  wenn- 
auch  nicht  ganz  genügende,  Vorstellung  geben. 


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206 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


War  auch  die  lithographische  Kunst  dem  Worte  nach  durch 
den  Grafen  Lasteyrie  1814  nach  Frankreich  gebracht  worden,  so 

•  17.  Aug.  17*$,  » »  1 

+  25.  A].nt  fiyt.  ist  dem  Sinne  nach  Gottfried  Engelmann  1  aus  Mülhausen  der 
eigentliche  Einführer.  Im  Jahre  18 16  etablierte  Engelmann  ein 
Atelier  in  Paris,  1 820  brachte  er  die  Lithographie  nach  Spanien,  1 826 
gründete  er  ein  Haus  in  London.  Er  muss  als  der  bedeutendste 
Förderer  der  Kunst  Senefelders  bezeichnet  werden  und  steht  zu  dieser 
etwa  in  dem  Verhältnis  wie  Schofler  zu  der  Erfindung  Gutenbergs. 
Engelmann  ist  der  eigentliche  Schöpfer  der  Chromolithographie. 
1837  ward  ihm  für  seine  Erfindungen  ein  zehnjähriges  Patent  erteilt 
und  1838  erhielt  er  den  Preis  der  Gesellschaft  zur  Aufmunterung 
der  Künste. 

Den  Ruhm  des  Vaters  behauptete  der  Sohn  Johann  Engelmann. 
joh.  Kiwitt. .um  Seine  im  Verein  mit  Aug.  Graf  betriebene  Chromolithographie  blieb 

•}■  z$.  Juli  1*75. 

lange  die  einzige  in  Paris.  Ganz  besonders  widmete  sich  diese  der 
Reproduktion  von  Glasgemälden  und  Miniaturen  älterer  Manuskripte. 
Das  erste  Livre  t? /teures  in  Chromolithographie  ging  nach  drei- 
jähriger Arbeit  aus  dem  Atelier  hervor.  Ein  Meisterwerk  sind 
auch  die  Statuts  de  l*  ordre  du  Saint -Esprit  1853. 

Ganz  vorzüglich  sind  die  sogenannten  Diaphanie-Bilder  von 
Engelmann  und  Graf,  welche  in  transparenter  Chromolithographie 
die  Glasmalerei  täuschend  nachahmen.  Mit  acht  bis  höchstens  neun 
Farben,  —  mehr  dürfen  der  Durchsichtigkeit  wegen  nicht  verwendet 
werden,  —  brachten  sie,  nachdem  die  Bilder  mit  Firnis  getränkt 
waren,  die  vortrefflichsten  Effekte  hervor. 

Ein  bedeutender  Künstler  in  jeder  Branche  der  Lithographie 

Lemer..Kr.  ist  A.  Lemercier.  In  den  polychromen  Unternehmungen  fast  aller 
Pariser  Verleger  finden  sich  die  Erzeugnisse  seiner  Thätigkeit  vor. 
Sein  grosses  Musterbuch  ist  eine  so  lehrreiche  Geschichte  der  Litho- 
graphie, wie  man  sie  nur  wünschen  kann.   Auch  die  Anstalt  von 

a.  Raoinct.    Didot  unter  des  verdienten  A.  Racinets  künstlerischer  Leitung 
nimmt  in  dem  Chromodruck  eine  höchst  bedeutende  Stellung  ein 
Weltruf  hat  des  letzteren  V  Ornemcnt polychrome  erworben. 

Im  Bilderdruck  leistete  Frankreich  im  Verhältnis  zu  Deutsch- 
land wenig;  die  besten  Leistungen  sind  die  von  Jehenne,  Hangard- 

«  Ann.  d.  Typ.  Vit.  Bd.  1875,  Nr.  32g. 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS.  20/ 

Macge,  J.  F.  Dupuy,  Omer -Henry.   Dagegen  ist  es  Deutschland 
quantitativ  und  qualitativ  voraus  in  der  Verwendung  des  Farben- Lithographisch« 
druckes  zu  illustrativen  Zwecken.  Es  entstand  in  dieser  Weise  eine  um 
Reihe  unvergleichlich  schöner  Werke,  namentlich  über  Architektur, 
Kunstindustrie,  Kulturgeschichte,  ja  selbst  über  Kochkunst,  welche 
Meisterstücke  sind  sowohl  hinsichtlich  der  korrekten  Zeichnung  als 
auch  der  technischen  Durchführung  und  Naturtreue  des  Kolorits  und 
dabei  zu  ungewöhnlich  billigen  Preisen  geliefert  werden.  Auch  in 
der  Verwendung  des  Farbendruckes  für  die  unzähligen  Gegenstände 
der  Papeterie  behaupteten  die  Franzosen  lange  Zeit  den  Vorsprung. 
In  dieser  Branche  zeichneten  sich  Testu  &  Massin  (jetzt  Champenois 
Sr  Co.)  und  F.  A.  Appel  aus.    Letzterer  lieferte  Vorzügliches  im 
Miniaturdruck  und  ist  zugleich  Spezialist  im  Plakatdruck  auf  Zink, 
dessen  eigentlicher  Erfinder  Max  Cremmtz  ist.  Ebenfalls  im  Plakat- 
druck erzielt  J.  Chkvkt  grossen  Effekt  mit  wenigen  Farben;  für 
Arbeiten  zu  wissenschaftlichen  Zwecken  ist  Beruft  &  Fils  bekannt. 
Etikettendruck  betreiben  in  grossem  Umfang  Pichot  &:  Co.  Als 
ein  seltener  Fall  ist  noch  das  gute  Gelingen  der  Assoziations- 
Anstalt  unter  der  Firma  Romanet  &  Co.  zu  erwähnen.    Im  Zink- 
druck steht  Monroq  obenan.    Die  hervorragendste  Erscheinung 
in  der  Photochromie  ist  Vidal  und  seine  Tresor  artistique  de  la 
France  und  Histoire  generale  de  la  tapisserie  sind  nicht  übertreffen ; 
doch  dürfte  seine  Methode,  als  zu  teuer  und  umständlich,  nicht 
rasch  in  die  Praxis  dringen. 

Als  Kunstdrucker  für  Stiche  ist  Chardon  hervorragend.  Im 
Stichverlage  dürfte  wohl  Goupil  mit  den  Filialen  in  London,  New- 
York,  Brüssel,  Haag,  Berlin  und  Wien  die  erste  Weltfirma  sein.  In 
ihren  grossartigen  Ateliers  in  ASNIERES  bei  Paris,  unter  der  künst- 
lerischen Leitung  von  Rousselon,  wird  der  photographische  Licht- 
druck, hauptsächlich  jedoch  der  Woodburydruck  und  die  helio- 
graphischen Methoden  in  vortrefflichster  Weise  geübt. 

Im  Kartendruck  erwarb  sich  Erhard  Schieble  (gen.  Erhard) 
aus  Forchheim  in  Baden  einen  bedeutenden  Namen.  Er  verwendete  e.  scWebie 

•  i8»j. 

alle  Erfindungen  der  Neuzeit  und  brachte  durch  pastosen  Auftrag  der  t  aj.  Okt.  is*». 
Farben  vortreffliche  reliefartige  Wirkungen  hervor.  Die  schönsten 
Karten  der  Regierung  sowohl  als  der  privaten  Verleger  stammen 
aus  seiner  Offizin. 


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2<*8  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  VII.  KAP. 

Erwähnt  sei  hier  noch  die  von  Achill  Collas,  geübte  Methode, 
a.  <  <  ih>  erhabene  Medaillons  u.  dgl.  mittels  des  Storchschnabels  zu  gravieren 
(Glypthotik),  in  welcher  die  mehr  oder  weniger  anschwellenden  Linien 
vollständig  den  Eindruck  von  Reliefs  gewähren.  Le  Tresor  de  mwiis- 
matique  in  dieser  Weise  durchgeführt  giebt  einen  glänzenden  Beleg 
für  den  Wert  der  Glypthotik.  Die  ersten  Versuche  dieser  Kunst 
hatte  schon  ein  Deutscher  Christ.  Gobrecht  in  Philadelphia  1817 
gemacht.  18 19  kam  die  Maschine  nach  London  und  wurde  von 
Türk el  «Ü:  Saxton  verbessert.  Für  die  Bank  zu  London  konstruierte 
1829  Bäte  eine  die  früheren  weit  übertreffende  Maschine,  die  jedoch 
immer  noch  gegen  die  von  Collas  sehr  zurückstand. 

Joseph  Gavard  lieferte  mittels  des  von  ihm  erfundenen  Dia- 
j.Givrmi  graphen,  unterstützt  von  Calamatta  und  Mercuri,  in  drei  verschie- 
denen Ausgaben  die  Galerie  historique  de  Versailles  in  13  Bänden 
mit  3  Supplemcntbänden  (1837 — 1847)  mit  1550  Stahlstichen. 

Von  den  Werken  der  Kupferstichkunst  sei  noch  als  eines  der 
bedeutendsten  das  Mitsee  francais  von  Robillard  -  Pcron  ville  mit 
344  Kupfertafeln  der  bedeutendsten  Stecher  Frankreichs  erwähnt, 
während  die  Lithographie  zur  Ausschmückung  des  grossartigen 
Werkes  Voyages  de  la  commission  scieniifique  du  Nord ,  29  Bände, 
mit  762  Tafeln  in  gr.  Folio,  in  hervorragender  Weise  diente. 

Was  Curmer  für  die  Luxusbücher  war,  ist  die  Firma  Yeuvk 
Mord  &  Co.  A.  Morel  &  Co.  in  Benutzung  des  Chromodruckcs  für  die  Zwecke  des 
praktischen  Lebens.  Im  Fache  der  Architektur  ist  sie  unerreicht 
und  die  Zahl  der  Prachtwerke  in  dieser  Richtung,  die  mit  Aufgebot 
allen  Raffinements  in  der  künstlerischsten  Ausführung  von  dieser 
Firma  geliefert  wurde,  ist  eine  so  grosse,  dass  es  kaum  möglich  ist 
besondere  Gründe  zu  finden,  um  eins  oder  das  andere  aus  der  Reihe 
hervorzuheben.  Bei  Morel  (jetziger  Inhaber  der  Graf  des  Fosez; 
erscheint  auch  das  weitverbreitete  Journal  VArt pour  tous. 

In  ähnlicher  Richtung  wirkten  mit  Umsicht  und  Erfolg,  ohne 
j.  Bamiry.  jedoch  den  I  Iöhepunkt  Morels  in  der  Ausstattung  zu  erreichen, 
Ducher  &  Co.,  Dunod  und  J.  B  aui »r y.  Des  letzteren,  1S34  gegründete, 
IJbraitie  polytechnique  in  Paris  und  Lüttich  legte  sich  seit  1863  ganz 
besonders  auf  die  Fächer  der  Berg-  und  Hütten  Wissenschaft,  der 
Eisenbahn  und  Wegebautechnik  und  förderte  eine  bedeutende 
Anzahl  grosser  Tafelwerke  an  das  Licht.  Auch  Dunod  kultiviert 


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VII.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


diese  Spezialität.  Unter  den  Prachtwerken  von  Ducher  &  Co. 
befinden  sich:  Architecture  privee  au  XIX  stiele;  Le  nottvel  Opern 
von  Charles  Garnier. 

Für  die  Popularisierung  der  technischen  und  naturwissenschaft- 
lichen Litteratur  wirkte  Roret  durch  seine,  1824  begonnene  Eucy-  Rom 
clopedie  des  sciences  et  des  arts,  besser  bekannt  unter  dem  Namen 
Manuels  Roret.  Er  brachte  auch  eine  neue  vollständige  Ausgabe 
von  den  Werken  BufTons  mit  den  Suites  de  Bujfon,  gegen  100  Bände 
mit  unzahligen  Abbildungen. 

Für  die  Medizin  und  die  Naturwissenschaften  sind  die  leitenden 
Firmen  J.  B.  Baillere,  Germer -Baillere,  V.  Masson  und  Vvc  A. 
Delahaye  &  Co.  Die  Kataloge  dieser  Firmen  sind  getreue  Zeugen 
der  wissenschaftlichen  Bewegung  nicht  nur  in  Frankreich,  sondern 
auch  in  England  und  Deutschland,  denn  es  erschien  im  Ausland 
kaum  ein  einschlägiges  Werk,  das  nicht  von  einer  dieser  Verlags- 
handlungen in  tüchtigster  Bearbeitung  herausgegeben  wurde. 

J.  B.  Baillere«  (seit  18 18)  machte  grosse  Unternehmungen, 
darunter  Cruveilher,  Anatomie pathologique  1830 — 42;  Hippokrates'  j.  b.  Baiiierc 
Werke,  griechisch  und  französisch,  1839 — 50 ;  Iconographie  ophthal- 
mobgique  1852.  Im  Jahre  1840  wurde  eine  Filiale  in  London, 
1848  eine  in  New -York  errichtet  und  heute  sind  die  Seitenzweige 
dieser  Familie  über  alle  Erdteile,  Australien  nicht  ausgenommen, 
verbreitet.  Germer-B  aillere  druckt  ausser  naturwissenschaftlichen 
auch  viele  philosophische  Werke  und  mehrere  Journale. 

Victor  Masson,  einer  der  hervorragendsten  Buchhändler,  geb. 
zu  Beaume,  trat  1838  als  Teilhaber  in  das  Geschäft  Chrochard,  Victor  Mavion 
das  1846  in  Massons  alleinigen  Besitz  überging.   1847  wurde  die  f  ij.  iiZ'1879. 
Bibliotheque  polytechnique  angefangen,  der  eine  grosse  Anzahl  von 
technischen,  medizinischen  und  naturwissenschaftlichen  Werken 
folgte,  darunter  Cuvier,  Le  Regne  animal;  Bonamy  et  Beau,  Atlas 
d>anatomie2\  der  grosse  Dictionnaire  encyclopcdique  des  sciences 
medicales  u.  v.  a.  Nach  3  5  jähriger  rastloser  Thätigkeit  überliess 
Masson  seinem  Sohne  Georges  das  Geschäft,  das  dieser  in  derselben   c.  M»»n. 
grossartigen,  französische  und  deutsche  Vorzüge  vereinigenden 

»  J.  B.  BULLÄRK,  La  cinquantaine  {Tun  libraire.    Paris  1862. 
*  V.  Masson,  Xotitf  nterologique.   Paris  1879.  —  Börscnbl.  f.  d.  d.  B.  1879. 
Nr.  130. 

14 


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2IO 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE- 


VII.  KAP. 


Weise  glänzend  fortfuhrt.  Die  Firma  verlegt  nicht  weniger  als 
17  periodische  Fachzeitschriften  und  ist  die  Buchhandlung  für  die 
bedeutendsten  Akademieen  und  Gesellschaften.  Trotz  des  vorwiegend 
wissenschaftlichen  Charakters  des  Verlags  ist  der  Verleger  bestrebt, 
demselben  auch  eine  anziehende  äussere  Form  zu  geben.  Als  Vor- 
sitzender des  Cerclc  hat  Masson  sich  bedeutende  Verdienste  um 
das  Ausstellungswesen  desselben,  namentlich  bei  der  Weltausstellung 
in  Wien  1873,  erworben. 

Delahaye  hält  sich  streng  an  Medizin  und  Chirurgie  und  ver- 
legt mehrere  Journale  und  viele  bedeutende  Werke,  unter  welchen 
der  Tratte  d%  Anatomie  descriptive  von  Sappey  als  ein  hervorragendes 
Monument  gilt. 

Spezialfirmen  sind  für  Landwirtschaft  J.  A.  Bixio;  für  Mathe- 
matik A.  L.  J.  Bachelier;  für  Militärwissenschaft  J.  Dumaine  und 
Correard  jei  ne;  für  Geschichte  und  Staatswissenschaften  G.  Guil- 
laumin,  P.  F.  Amyot,  A.  Bal  douin;  für  Kalenderverlag  Pagnerre. 

Charles  Hingray,  erst  Militär,  dann  Buchhändler,  wurde  durch 
ch.  HinKray  seinen  juristischen  und  sprachlichen  Verlag  bekannt,  in  Deutschland 
namentlich  durch  das  vortreffliche  Wörterbuch  von  Schuster  und 
Regnier.  Das  Werk  eines  enormen  Fleisses  ist  der  Dictionnaire  dt 
la  langue  francaise  von  Littre.  Das  Manuskript  umfasste  415  636 
Blätter.  Der  Satz  dauerte,  mit  einer  durch  den  Krieg  1870  herbei- 
geführten Unterbrechung,  13  Jahre.  In  einer  Spalte  gesetzt  würde 
das  Buch  eine  Länge  von  37  525  Meter  haben. 

Der  Druck  orientalischer  Werke  ist  keine  Lieblingsaufgabe  der 
Maisonneuvc  französischen  Buchdrucker.  Als  Verlagshandlung  in  dieser  Richtung 
haben  Maisonneuve  &  Co.  den  Vorrang.  Im  Jahre  185 1  kaufte 
Maisonneuve,  früher  Associe  von  Cormon  &  Blanc  in  Lyon,  von 
Theophile  Barrois  eine  Anzahl  orientalischer  Verlagswerke,  die  er 
später  mit  vielen  neuen  vermehrte.  Der  Verlag  enthält  eine  grosse 
Anzahl  grammatikalischer  und  lexikalischer  Werke  der  orientalischen 
Sprachen  und  die  Namen  der  bedeutendsten  Orientalisten  als  Eug. 
und  Emile  Burnouf,  Eichhoff,  Abbe  Favre,  G.  de  Tassy,  Stan.  Julien, 
J.  Oppert,  Abel  Remusat,  L.  de  Rosny  u.  a.  sind  mit  der  Firma 
Maisonneuve  &  Co.  verknüpft.  —  Unter  den  wenigen  Buchdruckern 
in  der  Provinz,  die  in  der  Herstellung  orientalischer  Werke  etwas 
leisten,  ist  Dejussieu  in  Chälons  zu  nennen. 


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VII.  KAI'. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


211 


Eine  merkwürdige  Erscheinung  ist  der  Abbe  J.  P.  Micne.  Er 
wurde  1824  Priester,  nahm  jedoch  anlässlich  einer  Differenz  mit  dem  j.  p.  Mi«u* 
Erzbischof  seiner  Diözese  seine  Endassung  und  ging  nach  Paris, 
wo  er  das  Journal  L  Univers  gründete,  welches  er  1836  verkaufte.  In 
Petit- Monirouge  vor  den  Thoren  von  Paris  gründete  er  eine  Buch- 
druckerei ,  um  katholische  Werke  zu  drucken.  Die  Anstalt  gewann 
eine  grosse  Ausdehnung  und  umschloss  vom  Schriftsteller  ab  bis 
zum  Buchbinder  alle  Persönlichkeiten  und  alle  technischen  Apparate, 
die  zur  Herstellung  des  Verlags  des  Instituts  notwendig  waren.  Die 
Sammlungen  der  Kirchenväter  und  anderer  älterer  theologischen 
Schriftsteller  zählen  nach  hunderten  von  Bänden. 

In  ähnlicher  Richtung  wie  Migne  wirkten  Gaume  Fkeres. 

Im  Unterrichtsfache  weist  der  Buchdrucker  und  Verleger  Eugene 
Belin  mehr  als  1000  Werke  auf.  Armand  Collin  &Co.,  eine  Firma  Eue.  Beim, 
neueren  Datums  (1870),  liefert  Schulatlanten  in  Farbendruck  zu 
sehr  billigen  Preisen.  Ch.  Delaorave  hat,  unter  Mitwirkung 
bedeutender  Fachmänner,  das  Institut  giographique  de  Paris 
gegründet,  aus  welchem  Brues  Atlas  universet,  von  E.  Levasseur 
revidiert,  hervorging.  Er  verlegte  ferner  viele  biographische  und 
technische,  reich  illustrierte  Dictionnaire,  grosse  Wand-  und  Relief- 
karten, Globen  etc. 

P.  Ducro<>  (1836)  war  einer  der  ersten,  die  für  Bildungswerke 
die  Illustration  mittels  Stahlstichs  im  Verein  mit  Holzschnitten 
einführten.  Seine  Bibliotheque  des  Jamiltes  in  Bänden  zu  2  Franken 
ist  sehr  beliebt.  Delarue  giebt  gute  Klassiker- Ausgaben  zu  billigen 
Preisen  heraus. 

Eine  Spezialität  aus  liturgischen  und  archäologischen  Werken 
macht  die  Societe  generale  de  librairie  catholique  und  sie  sucht  die 
belgische  Produktion  nach  dieser  Richtung  hin  aus  dem  Felde  zu 
schlagen.  In  ihrem  Verlag  erscheint  auch  eine  Ausgabe  der  Acta 
sanetorum  der  Bollandisten ;  ferner  der  Recueil  des  historiens  des 
Gaules  et  de  la  France;  die,  1626  begonnene,  Gallia  christiana, 
auch  Werke  im  alten  Stil  mit  kunstreichen  Einfassungen,  als:  Notre- 
Dame  de  Lourdes  und  Christoph  Colombe,  werden  dort  gedruckt. 

Unter  den  grossen  Nachschlagewerken  müssen  genannt  werden : 
Die  liiographie  universelle  1S1O  von  J.  und  L.  G.  Michaud, 
84  Bände;  W.  Ducketts  Dictionnaire  de  la  conitrsation,  68  Bände 

14' 


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212 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


(1812 — 1814-;  ein  ähnliches  Werk  erschien  in  52  Bänden  bei  Belin- 
Mandar.  Als  ein  seltenes  Beispiel  der  grossen  Verbreitung  eines 
gelehrten  Werkes  steht  die  bei  diesem  Verleger  (1838)  erschienene 
Konkordanz  von  Dutripont  da,  lateinisch  geschrieben,  ein  in  28  000 
Expl.  verkaufter  Quartband  von  200  Bogen  in  dreispaltigem  Satz. 

Ein  Sammelwerk  von  grossem  Umfang  war  ColUction  Baudry, 
zahllose  deutsche,  italienische,  spanische  und  andere  schön  wissen- 
schaftliche Werke,  leider  allerdings  lauter  Nachdrucke,  enthaltend. 
Als  die  Franzosen  so  heftig  über  die  Brüsseler  Nachdrucker  herfielen, 
hätten  sie  nicht  vergessen  sollen,  dass  sie  es  selbst  nicht  besser 
gemacht  haben.  Dass  die  grossen  Ausgaben  der  deutschen  Klassiker, 
die  bei  Tetot  erschienen,  keinen  Erfolg  hatten,  beweist  nicht  den 
Mangel  an  gutem  Willen  zu  schädigen. 

Durch  den  Buchdrucker  Henri  Delloye  unternahm  G.  Char- 

g.  cturpenticr  pentier  eine  Sammlung  französischer  Werke  in  dem  nach  ihm 
•  1805. 

benannten  und  oft  zur  Verwendung  gekommenen  hübschen  Format 
in  180.  Diese  elegant  und  kompakt  gedruckten  Bände,  von  denen 
in  wenigen  Jahren  über  400  erschienen,  fanden  durch  ihre  Eleganz 
und  den  damals  wohlfeilen  Preis  von  yj2  Franken  grossen  Beifall. 

Unter  den  Herausgebern  von  Werken  der  schönen  Litteratur 
ist  Ch.  A.  Perrotin,  der  Verleger  Berangers,  zu  nennen.  Er  erwarb 
des  letzteren  Gedichte  gegen  Zahlung  einer  Jahresrente,  die  er 
freiwillig  bedeutend  erhöhte,  und  blieb  Börangers  Freund  bis  an 
dessen  Ende  und  nachher  sein  Testamentsvollstrecker.  Pourrat 
Freres  druckten  eine  sehr  schöne  Ausgabe  von  Chateaubriands 
Werken  in  36  Bänden.  Bekannt  waren  auch  Gustave  Barba  ,  Vater 
und  Sohn,  welche  den  Roman  in  Heften  zu  20  Cent,  einführten. 
Mit  immensem  Erfolg  lieferte  Charles  Gosselin  die  Werke  W.  Scotts, 
Coopers ,  Lamarttnes  u.  a. 

Die  bedeutendsten  Romanverleger  waren  jedoch  Michel  Lew 
Freres  ( 1 836),  jetzt  Calm an  Lew  ,  deren  jährliche  Produktion  etwa 
1V4  Millionen  Bände  beträgt,  in  etwa  200  neuen  Werken  und  650 
neuen  Abdrücken.  Sie  gaben  eine  grosse  Zahl  der  Werke  Scribes, 
Dumas'  u.  v.  a.  heraus  und  führten  die  billigen  Ausgaben  in  Bänden 
zu  1  Frank  (jetzt  1  Frank  25  Cent.)  ein,  deren  Zahl  mehr  als 
1500  beträgt,  während  die  Zahl  der  Theaterstücke  an  6000  heran- 
reicht. Sie  gründeten  auch  V  Univers  illustre. 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS.  213 

Wir  wenden  uns  jetzt  einer  Firma  zu,  welche  sich  in  keine 
Klasse  einordnen  lässt,  fast  einzig  in  ihrer  Art  dasteht  und, 
obwohl  zu  den  jüngeren  gehörend,  alle  anderen  überflügelt  hat: 
L.  Hachette  &  Co. 

„Sollte  jemand  dem  Verleger  die  Eigenschaft  als  Produzent 
streitig  machen,  und  ihn  zu  einem  einfachen  Händler  stempeln L.Hache»e&Co. 
wollen,  der  nichts  zu  thun  hat,  als  das  Manuskript  in  die  Druckerei 
zu  tragen  und  dann  das  zurückempfangene  Druckwerk  einfach  zu 
verkaufen ,  so  möchten  wir  ihm  die  Leistungen  der  Firma  Hachette 
entgegensetzen" 1 ,  sagt  ein  Bericht  über  die  Wiener  Ausstellung 
1873  und  diese  Worte  müssen  sich  unwillkürlich  dem  aufdrängen, 
welcher  das  Entstehen  und  das  Wachstum  dieses  Hauses 3  ins  Auge 
fasst.  Sein  Begründer  Louis  Hachette,  geboren  in  Rethel,  lag  erst 
den  Studien  ob  und  begründete  dann,  1836,  eine  pädagogische 
Buchhandlung  unter  der  Devise:  Sic  quoque  docebo.  1837  erhielt 
er  auch  Brevet  als  Buchdrucker,  die  Firma  übte  jedoch  dies  Geschäft 
nicht.  Im  Jahre  1859  traten  seine  Schwiegersöhne  L.  Breton  und 
A.  Templier  dem  damals  bereits  bedeutenden  Geschäfte  als  Teil- 
haber bei.  Unverrückt  wurde  von  der  Begründung  ab  die  Thätig- 
keit  auf  alles  gewendet,  was  für  die  Erziehung  des  Kindes,  die 
Belehrung  und  Veredlung  des  Jünglings  oder  der  Jungfrau,  die 
Fortbildung  des  Mannes  oder  der  Frau  dient,  und  mit  Stolz  kann 
die  Firma  auf  ihren,  eine  ganze  und  grosse  Bibliothek  bildenden 
Verlag  zurückblicken  und  mit  dem  Bewusstsein,  nie  die  edelste 
der  Künste  anders  als  in  würdiger  Weise  verwendet  zu  haben. 
Und  dies  bezieht  sich  nicht  allein  auf  das  Innere  der  Bücher, 
sondern  auch  äusserlich  ist  alles  in  der  besten  Ausstattung  her- 
gestellt, manchmal  zu  erstaunlich  billigen  Preisen.  Dieses  kon- 
sequente, nie  nachlassende  Streben  hat  auch  seinen  äusseren  Lohn 
gefunden  und  das  Haus  Hachette  steht  durch  seine  Grösse  und 
die  vortreffliche  Organisation  wohl  unübertroffen  da.  Die  mit 
300  Angestellten  arbeitende  Anstalt  unter  Leitung  der  Teilhaber 
G.  Hachette,  Breton,  K.  und  A.  Templier  und  R.  Fouret  versendet 
monatlich  gegen  18000  Kolli  und  hat  einen  jährlichen  Umsatz  von 
etwa  1 5  Millionen  Franken.  Wie  Marne  widmen  sie  dem  billigsten 

t  (;.  Massox,  Raffort  sur  /es  arts  ^rafhiques,  Vientie  IS73.    r.iri<»  1S73. 
-  Xotiee  sur  la  vie  de  L.  Hachette.    I'ari>  1S64. 


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DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


Buche  dieselbe  Sorgfalt  wie  dem  teuersten,  und  was  dies  sagen  will 
begreift  sich,  da  die  Verlagswerke  der  Zahl  5000  nahekommen. 
Aus  dieser  Masse  Einzelnes  herauszugreifen  hat  seine  Schwierig- 
keiten, es  seien  nur  kurz  erwähnt  die  bändereichen  Kollektionen 
Bibliotluque  t  arier ;  Bibliotlieque  des  chemins  de  /er;  die  Guide 
itin  erat  res ;  die  Bibliotheque  rose  illustre  e;  der  Dictionnaire  des  con~ 
temporains  von  G.  Vaperau;  das  in  mehr  als  1 50  oco  Exemplaren 
gedruckte  illustrierte  Journal pour  tous,  schliesslich  ein  monumen- 
tales Druckwerk  für  Jahrhunderte:  die  Prachtausgabe  der  vier 
Us  &a*giifs.  Evangelien,  zwei  Bande  im  grössten  Folioformat.  Bida  lieferte 
hierzu  im  Format  des  Werkes  128  Zeichnungen,  die  von  fünfzehn 
der  besten  Künstler  radiert  wurden.  Die  Zeichnung  zu  der  von  der 
/onderie  generale  geschnittenen  Schrift  rührt  von  Ch.  Rossigneux 
her,  der  ebenso  290  Zeichnungen  zu  den  in  Stahl  gestochenen 
Anfangs  -  und  Schlussvignetten,  sowie  zu  den  Initialen,  unter  Ver- 
meidung der  Anwendung  jeder  menschlichen  Figur,  komponierte. 
Jules  Claye  führte  den  typographischen  Druck  aus.  Rote,  quer  über 
das  ganze  Format  gehende  Linien  umgeben  den  Text.  Die  Anwen- 
dung der  verschiedenen  Druckweisen,  Kupfer-  und  Bücherdruck, 
und  der  rote  Druck,  verlangten,  dass  jeder  Bogen  32  mal  durch  die 
Hände  der  Arbeiter  ging,  ehe  er  als  fertig  bezeichnet  werden  konnte. 
Elf  Jahre  wurden  unausgesetzt  auf  die  Arbeit  verwendet. 


Wie  Frankreichs  Fürsten  ausnahmslos  die  Typographie  liebten, 
Die  Bibliophile,  wenn  sie  auch  die  Tresse  hassten ,  so  erhielt  sich  im  Volke  fort- 
während  eine  Liebe  für  schöne  Bücher,  und  der  Wunsch,  solche  zu 
besitzen.  Es  war  weniger  eine  Bibliophilie  oder  Bibliomanie  im 
Sinne  der  englischen  Sammler,  die  enorme  Summen  für  ein  mangel- 
haftes Produkt  zahlten,  nur  weil  es  alt  und  selten  war;  man  fand  in 
Frankreich  Lust  an  dem  Besitz  „  schöner  *  Ausgaben  auf  Extra- 
Papier und  in  feinen  und  kostbaren  Einbänden  mit  Stichen  in  ersten 
Abdrücken.  Es  wurden,  um  dieser  Liebhaberei  zu  genügen ,  sehr 
viele  Bücher  in  Frankreich  gedruckt  und  gekauft  nur  der  Ausstattung 
halber,  und  ein  Bücherliebhaber  erwarb  unter  Umständen  zehn 
Exemplare  eines  und  desselben  Werkes,  wenn  es  in  zehn  schönen 
Ausgaben  zu  haben  war. 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS.  21 5 

Natürlich  war  es  demnach  auch,  dass  das  Zurückgreifen  auf 
die  Renaissance  vornehmlich  von  Frankreich  ausging  und  dort  uiearchaistüche 

Druckrichiung. 

Nahrung  fand.  Unter  den  französischen  Buchdruckern  dieser  Rich- 
tung zeichnen  sich  besonders  zwei  aus,  Louis  Perrin  und  D.  Jouaust. 
Louis  Benedict  Perrin,  in  Lyon  geboren,  war  mit  bedeutendem     l.  Pen™ 

•  u.  Mai  171». 

Sinn  für  Kunst  begabt.  23  Jahre  alt  etablierte  er  sich  mit  Durand. 
Perrin  war  von  dem  Gedanken  beseelt,  die  Druckerei  zu  regenerieren. 
Das  Mechanische  sei  zwar  vollendeter  geworden ,  jedoch  die  Kunst 
in  der  Schriftgiesserei  fehle.  Ein  tüchtiger  Maler  Pierre  Revoil 
bestärkte  Perrin  in  seinen  Ansichten,  dass  man  zu  den  Formen 
zurückkehren  müsse,  deren  sich  Vascosan,  de  Tournes  und  andere 
bedient  hatten.  Perrin  war  nicht  in  der  Lage,  seine  Ideeen  ohne 
Rücksicht  auf  die  Kosten  durchsetzen  zu  können,  und  in  Frankreich 
war  es  einem  Provinzialbuchdrucker  doppelt  schwierig,  durch- 
zudringen. Gegen  das  Jahr  1846  liess  er  eine  Sammlung  von  schönen 
Kapitalschriften  aus  der  Zeit  des  Kaisers  Augustus  schneiden.  Die 
damit  gedruckten  Inscriptions  antiques  de  Lyon  1854,  ein  grosser 
Quartband  mit  über  400  Inschriften,  machte  grosses  Aufsehen  und 
Didot  erklärte  das  Buch  für  ein  Meisterwerk  ersten  Ranges.  1854 
konnte  Perrin  das  erste  Werk  mit  der  von  ihm  nach  Mustern  des 
XVI.  Jahrhunderts  veranlassten  Antiqua  und  Cursiv  drucken:  Luigi 
Cibarios  Delle  Artillerie ,  welches  er  auch  mit  Vignetten  im 
Renaissancestil  schmücken  liess. 

In  seinen  Bestrebungen  war  ihm  auch  der  Zufall  günstig.  Beim 
Durchsuchen  der  Nachlassenschaft  des  alten  Hauses  Rey  in  Lyon 
fand  er  eine  vollständige  Sammlung  von  Matern  aus  dem  Ende 
des  XVI.  Jahrhunderts  oder  aus  dem  Anfang  des  xvii.  Jahrhunderts, 
so  dass  er  imstande  war,  eine  Ausgabe  von  Rabelais  mit  denselben 
Typen  zu  drucken,  die  seinerzeit  Francois  Just  und  Etienne  Dolet 
verwendeten.  Unter  seinen  Drucken  gelten  für  besonders  schön 
Le  Theätre  du  Moliirc  mit  Vignetten  von  Hillcmachcr;  die  Genea- 
logie de  la  maison  de  Savoye;  Parfüms,  cliants  et  couleurs.  Der 
Sohn  setzte  das  Geschäft  mit  Marinet  fort. 

Als  sein  Rival  ist  D.  Jouaust*  zu  nennen,  welcher  namentlich 
die  Werke  der  Acadcmie  des  bibliophiles,  den  Verlag  des  Heraus- 

1  fmprimerU  Jouaust.  Catalo^ue  descriftif  et  raisonne.  Paris  1867.  —  Ann.  d. 
Tyjxjgr.  11.  Bd.  1870.  Nr.  66.  —  vil.  Bd.  1S75,  Nr.  304. 


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DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


D.jouau«.  gebers  der  Bibliotheque  Elzeviriemie ,  P.  Janet,  später  Paul  DafnV, 
sowie  des  A.  Lemerre  druckte.  Seine  Ausgabe  des  Dichters  Regnier 
gilt  als  eine  Musterleistung.  Der  Druck  solcher  Ausgaben  erfordert 
je  nach  der  Verschiedenheit  des  Papiers  eine  andere  Behandlung 
und  bedingt  eine  fortwährende  Aufmerksamkeit.  Das  Papier  What- 
man,  von  einer  feinen,  festen  und  durchsichtigen  Masse,  zeichnet 
sich  durch  eine  blendende  Weisse  aus,  welche  nicht  das  Resultat 
irgend  eines  chemischen  Prozesses  ist,  sondern  nur  von  der  Vor- 
züglichkeit des  verwendeten  Materials  herrührt.  Das  chinesische 
Papier,  in  welches  die  Schwärze  leichter  eindringt,  giebt  einen 
Druck  von  milderer  und  gleichmässigerer  Färbung  und  ist  nament- 
lich für  Bücher  mit  Vignetten  geeignet.  Das  Pergament  zeigt  sich 
dagegen  widerspenstig  in  der  Annahme  der  Farbe  und  verlangt 
die  allergrösste  Sorgfalt  in  der  Behandlung. 

Derjenige  Verleger,  der  sich  am  meisten  um  die  Verbreitung 
der  Ausgaben  für  Bücherliebhaber  und  die  archaistische  Richtung 
in  der  Druckerei  bemüht  hat,  ist  Pierre  Janet,  aus  Bordeaux 
gebürtig.  Seine  Elzevierbibliothek  alter  und  klassischer  französischer 
Autoren  des  XVI.  und  xvii.  Jahrhunderts  umfasst  mehr  als  100  Bände 
und  wurde  von  Paul  Daffis  fortgesetzt.  Daneben  beschäftigte  sich 
Janet  eifrigst  mit  der  Verbesserung  der  Zeichen  für  die  chinesische 
Sprache,  welche  er  sich  selbst  zu  eigen  gemacht  hatte. 

Unterstützung  fanden  solche  Bestrebungen  nicht  minder  bei 
Bachelin-  Deflorenne  durch  dessen  Bibliophile  francais  illustre] 
Album  de  Relicures ;  Annoriol  du  Bibliophile  und  seine  Collcction 
des  bibliophiles  francais.  Leon  Techener  Fils  ist  Herausgeber  von 
Bulletin  du  bibliophile  und  Bulletin  universcl  de  la  Bibliographie. 

Liegt  nun  der  Reiz  der  Renaissance-Schriften  nur  in  dem  Alter 
Fortschritt  oder  oder  haben  sie  wirkliche  Vorzüge  ?  Letzteres  muss  unbedingt  bejaht 

Rückschritt? 

werden.  Dass  grosse  Fortschritte  in  der  Schriftschneiderei  gemacht 
•  sind,  setzt  keineswegs  voraus,  dass  alle  älteren  Schriften  geringer 

oder  weniger  geschmackvoll  gewesen  sind  als  die  heutigen,  auch 
nicht,  dass  solche  Schriften  älteren  Datums  nur  in  Rücksicht 
auf  die  Zeit  ihres  Entstehens  Anerkennung  verdienen.  Würde  es 
jemand  einfallen,  ein  bedeutendes  Kunstwerk  der  Glanzzeit  der 
Malerei  oder  ein  bewundernswertes  Hausgerät  aus  der  besten  Periode 
der  Renaissance  nur  in  Anbetracht  seines  Alters  erträglich  zu  finden? 


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VII.  KAP.  DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


217 


Nicht  besser  ist  es  aber,  wenn  man  in  Bezug  auf  die  Meisterwerke 
aus  der  Blütezeit  der  Typographie  Stimmen  hört,  wie:  „Es  ist  zwar 
alles  mögliche,  wenn  man  bedenkt,  wie  alt  die  Bücher  sind!"  Als 
ob  nicht  diese  Schriften  an  und  für  sich  mustergiltig  wären  und  uns 
als  Vorbilder  dienen  könnten.  Sie  bedürfen  nicht  einer  schonenden 
Beurteilung  „des  Alters  wegen";  letzteres  sagt  uns  aber,  dass  sie 
zu  einer  Zeit  entstanden  sind,  in  der  die  Liebe  zur  typographischen 
Kunst,  der  individuelle  Charakter,  der  geläuterte  Geschmack  und 
das  ästhetische  Gefühl  sich  weit  stärker  geltend  machten,  als  es  jetzt 
der  Fall  ist,  wo  die  meisten  fertig  zu  sein  glauben,  wenn  sie  nur  neue 
Schriften,  feines  Papier  und  teure  Schwärze  zur  Verwendung  bringen, 
dagegen  um  Stil  und  Charakter  eines  Druckwerkes  sich  gar  nicht 
bekümmern. 

Es  dürfte  sehr  fraglich  sein,  ob  die  Schriften  neueren  Schnittes 
mit  den  grossen  Unterschieden  zwischen  Grund-  und  Haarstrichen, 
welche  letztere  wegen  ihrer  Feinheit  oft  kaum  zu  bemerken  sind, 
eine  wirkliche  Verbesserung  seien  und  ob  der  Leser  verpflichtet  ist, 
jedes  Produkt  der  I^une  des  Schriftgiessers,  mit  welchem  er  seinen 
Konkurrenten  den  Rang  abzugewinnen  sucht,  schön  zu  finden,  oder 
ob  wirklich  ein  Mensch  alles  guten  Geschmackes  bar  ist ,  weil  ihm 
die  Renaissance -Schriften  mit  ihrer  dem  Auge  so  wohlthuenden 
Ruhe  sympathisch  sind. 

Schliesslich  sei  noch  bemerkt,  dass  die  Bezeichnung  Elzevier- 
Schriften  eine  ungerechtfertigte  ist,  denn  die  Originale  bestanden 
schon  ein  Jahrhundert  vor  den  Elzevieren,  zutreffender  wenigstens  ist 
die  Bezeichnung  Aldinsche  Schriften. 

Unter  den  Männcm,  die,  waren  sie  auch  nicht  selbst  ausübende 
Typographien ,  doch  einen  ehrenvollen  Platz  in  der  Geschichte  der  Die 
Typographie  verdienen  wegen  ihres  Einflusses  auf  das  Buchgewerbe, 
sind  namentlich  Brunet  und  Renouard  zu  nennen. 

Jacques-Charles  Brunet,  Sohn  eines  kleinen  Buchhändlers  in 
Paris,  widmete  sich  dem  Beruf  des  Vaters.  Er  war  der  eigentliche  J  ch.  Brut.« 
Gründer  des  antiquarischen  Buchhandels  in  Frankreich;  seine 
Berühmtheit  verdankt  er  aber  seinem  Werke  Manuel  du  librain, 
von  dem  18 10  die  erste,  1865  die  fünfte  Auflage  erschien.  Die 
Vervollkommnung  dieses  Werkes  war  seine  Lebensaufgabe  Er 


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218  DIE  ROMANISCHE  GRUPPE.  VII.  KAP. 


nahm  keinen  Titel  auf,  wenn  er  das  Werk  nicht  selbst  in  den  Händen 
gehabt  hatte.  Von  Firmin  Didot  Freres  &  Co.  für  die  Abtretung 
des  Eigentumsrechtes  an  das  Manuel  eine  Leibrente  geniessend 
verbrachte  er  sein  Leben  still  und  rüstig  arbeitend. 

Antoine- Augustin  Renouard,  der  in  hervorragender  Weise  die 
a.  a.  Renouard  Eigenschaften  des  Buchhändlers,  Sammlers  und  Schriftstellers  in 
sich  vereinigte,  wurde  1765  in  Paris  geboren.  Schon  frühzeitig  ward 
er  von  Bewunderung  für  die  Familie  des  Aldus  Manutius  in  Venedig 
erfüllt  und  von  dem  Wunsche  beseelt,  ihre  Geschichte  zu  schreiben. 
Dazu  sammelte  er  erst  die  Ausgaben  dieser  berühmten  Drucker  in 
einer  an  Vollständigkeit  grenzenden  Weise  und  schrieb  nun  seine 
Amiales  de  Vimprimerie  des  Aldes  1803.  2  Bde.  Die  3.  Auflage, 
welche  das  letzte  Wort  der  Bibliographie  in  Bezug  auf  die  Aldi 
spricht,  erschien  1834.  Kaum  mit  diesem  Werke  fertig,  lenkte  er 
seine  Studien  auf  die  Familie  Stephanus  und  1 837  erschienen  seine 
Annales  de  Vimprimerie  des  Htiemu-,  von  welchen  1 843  die  zweite 
Auflage  folgte.  Das  Werk  hat  ebenfalls  seine  bedeutenden  Verdienste, 
wenn  es  auch  nicht  die  Arbeit  über  die  Aldi  erreicht.  Von  seiner 
eigenen  vorzüglichen  Bibliothek  Hess  er  1 8 1 S  den  Catalogue  de  la 
bibliothique  d'uu  amateur  in  4  Bänden  erscheinen,  in  welchem  ein 
Schatz  von  interessanten  Notizen  niedergelegt  ist.  Sein  Sohn  Jules 
Renouard  im  Verein  mit  Jules  Tardieu  lieferte  viele  tüchtige 
Verlagswerke,  darunter  Galeric  des  peintres. 

An  den  obigen  schliesst  sich  nicht  unwürdig  an  Louis  Catherin 
l.  c.  siivesirc  Silvestre,  dessen  Auktionsinstitut  Weltberühmtheit  erlangte.  Eine 
Spezialität  von  ihm  waren  die  Buchdruckermarken  und  er  liess ,  als 
Fortsetzung  der  Werke  Roth-Scholtz',  seine  Marques  typographiques 
mit  1237  Abbildungen  von  Druckerzeichen  erscheinen.  Silvestre 
hatte  in  Pierre  Janet  einen  würdigen  Nachfolger. 

Die  neuere  französische  Bibliographie  ist  in  den  besten  Händen 
und  zwar  in  denen  zweier  Deutschen :  C.  Reinwald  &  Co.,  welche  den 
Catalogue  annuel de  la  librairiefrancaise  herausgiebt  und  O.  Lorenz, 
der  den  Catalogue  de  la  librairie  francaise  seit  1 840  erscheinen  lässt. 

Für  die  Verbreitung  der  Erzeugnisse  der  französischen  Litteratur 
m.  Bossmgc  im  Auslande  hatten  Martin  Bossange  P&re  1  und  dessen  Sohn 
Hector  Bossange  grosse  Verdienste.    Nach  dem  Frieden  mit 

«  J.  M.  Qukrard,  Quelques  mots  sur  M.  Bossange  phe.  Paris  1863. 


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VII.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


219 


England  etablierte  Bossange  ein  grosses  Haus  in  London,  später 
auch  in  Leipzig.  Der  Sohn  Hector  Bossange  setzte  das  Werk  des  h.  Bo»*ange, 
Vaters  fort,  gründete  Buchhandlungen  in  Montreal  in  Canada,  in 
Quebeck,  New -York,  Rio  de  Janeiro,  Odessa.  Sein  grosser  Katalog 
vom  Jahre  1845  von  gegen  31000  Werken  galt  als  ein  Muster- 
katalog. 

Die  französische  Bücherproduktion  hält  ungefähr  mit  der 
deutschen  Schritt.  An  Drucksachen  erschienen  im  Jahre  1879: 
Bücher  und  Broschüren:  14  122,  Musikstücke  2424,  Kupferstiche, 
Lithographien  etc.  4661. 

So  bedeutend  die  Bücherausfuhr  aus  Frankreich  sich  gestaltet, 
so  wenig  konkurrieren  die  französischen  Buchdrucker  mit  dem  Aus- 
lande, während  Belgien,  England  und  Deutschland  in  der  Lage  sind, 
Druckarbeiten  für  das  Ausland  zu  übernehmen.  Mehr  als  die  Arbeits- 
verhältnisse trägt  wohl  dazu  bei,  dass  die  französischen  Buch- 
druckereien nicht  so  gut  auf  schwierige  Arbeiten  eingerichtet  sind, 
wie  namentlich  die  deutschen. 

In  Paris  absorbiert  die  Journalistik  fast  alle  tüchtigen  Setzer- 
kräfte, trotzdem  ist  es  auf  Grund  der  Eigentümlichkeiten  der 
französischen  typographischen  Art  und  Weise  dem  fremden  Arbeiter 
schwer,  in  Paris  fortzukommen*.  Viele  Bücher,  bei  welchen  über- 
triebene Schnelligkeit  nicht  notwendig  ist,  werden  jetzt  ausserhalb 
Paris  gedruckt;  besonders  gilt  dies  von  Neudrucken  älterer  Werke, 
sodass  den  grossen  Pariser  Werkdruckereien  namentlich  diejenigen 
Werke  verbleiben,  bei  welchen,  zudem  unter  gedrückten  Preisen, 
grosse  Ansprüche  an  Material  und  Schnelligkeit  gestellt  werden. 
Unter  solchen  Verhältnissen  verlieren  diese  die  Lust  an  der  Lohn- 
druckerei und  legen  sich  selbst  auf  das  Verlegen.  Die  Typographie 
in  Paris  steht  auf  einem  Vulkan;  selbst  kurz  vor  der  Weltausstellung 
1878,  wo  es  galt,  alle  Kräfte  zusammenzunehmen,  trug  die  Societi- 
typographique  kein  Bedenken ,  einen  sehr  kostspieligen  und  wenig 
erfolgreichen  Strike  in  Scene  zu  setzen.  Die  Lokale  der  eigentlichen 
Werkdruckereien  liegen  meist  zwischen  Häusermassen  eingeklemmt 

»  Auf  Sitte  und  Arbeitsweise  der  Pariser  Setzer  wirft  ein  Werkehen  Eugene 
Itoutmys:  I^s  type^retphes  paruiens,  suivi  dun  prtit  dietionnaire  de  la  langte  verte  typo- 
graphique,  Paris  1S74,  interessante  Schlaglichter. 


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220 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


und  haben  sich  erst  nach  und  nach  mit  dem  wachsenden  Geschäft 
erweitert,  sodass  ihnen  meist  die  ersten  Erfordernisse:  Raum,  Licht 
und  Luft,  fehlen.  Alle  diese  Verhältnisse  fangen  an,  den  Provinz- 
druckereien zugute  zu  kommen.  Dringen  auch  die  Fortschritte 
etwas  langsamer  in  diese  ein,  so  haben  sie  dafür  ein  festeres, 
anhänglicheres  und  gut  geschultes  Personal.  Zweckmässige  Lokal- 
einrichtungen sind  weniger  kostspielig  als  in  Paris  und  manche 
Provinzdruckerei  kann  sich  schon  mit  tüchtigen  Pariser  Offizinen 
messen.  Einen  wesentlichen  Vorschub  leisten  die  vielen  lokalen 
Gesellschaften  für  Kunst  und  Wissenschaft,  namentlich  Archäologie, 
welche  viele  Werke  mit  Aufwand  hinsichtlich  Ausstattung,  Illustra- 
tion und  Beigabe  von  Kunstblättern  für  ihre  Rechnung  drucken. 
Auch  fangen  die  Provinzbuchdrucker  an,  selbst  zu  verlegen  und 
Depots  in  Paris  zu  errichten.  Kurz,  wenn  auch  die  Zentralisation 
noch  eine  bedeutende  ist,  so  bereitet  sich  offenbar  eine  Dezentrali- 
sation im  Sinne  des  detitschen  Buchgewerbes  vor  und  man  fängt  mit 
Versuchen  an,  sich  von  dem  allmählich  überwältigend  gewordenen 
Einfluss  des  Pariser  Geschäfts  zu  emanzipieren. 

Mit  Ausnahme  der  administrativen  Arbeiten,  welche  in  grosser 
Zahl  und  mit  grossem  Geschick  ausgeführt  werden,  haben  die 
Accidenzien  weder  in  Quantität  noch  Qualität  eine  solche  Bedeutung, 
wie  in  Deutschland.  Im  allgemeinen  werden,  und  wohl  nicht  ganz  mit 
Unrecht,  dort  nicht  eine  solche  Sorgfalt  und  solche  Kosten  wie  hier 
auf  diese  sehr  schnell  dem  Papierkorb  verfallenden  Drucksachen 
verwendet;  diese  lässt  man  lieber  den  Werken  selbst  zukommen. 

Ein  ziemlich  klares  Bild  von  dem  Zustand  des  Accidenzdruckes 
in  Frankreich,  soweit  dieser  dem  Buchgewerbe  dienstbar  ist,  liefern 
die  Kataloge  zu  den  Fachausstellungen,  die  in  dem  Hause  des 
Cercle  in  den  letzten  Jahren  abgehalten  wurden.  Diese  Kataloge 
sind  durch  die  vereinten  Kräfte  einer  Anzahl  der  bedeutendsten 
Buchdruckereien  hergestellt,  von  welchen  jede  einen  halben  oder 
einen  ganzen  Bogen  geliefert  hat,  ohne  dass  eine  andere  Grenze 
auferlegt  war,  als  die  Innehaltung  des  Papierformats.  Man  darf 
also  annehmen,  dass  das  möglichst  Beste  geliefert  wurde.  Es  geht 
aus  diesen  Katalogen  hervor,  dass  man  seit  dem  vortrefflichen 
Derriey  fast  stehen  geblieben  ist. 


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VII.  K  A  I'. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


221 


Die  Zcitungslitteratur  hatte  in  Frankreich  mit  manchen  Hinder- 
nissen zu  kämpfen,  die  nun  durch  das  Pressgesetz  von  1 88 1 
beseitigt  sind.  Die  grossen  Journale  haben  fast  alle  denselben  äusseren 
Umfang,  vier  Seiten  in  gross  Folio.  Die  Franzosen,  im  ganzen 
mässig,  mögen  auch  nicht  täglich  eine  solche  Masse  von  geistiger 
Kost  geniessen,  wie  sie  ein  englischer  Lesermagen  verträgt.  Versuche 
mit  Blättern  nach  letzterem  Mass  eingerichtet  sind  vollständig  fehl- 
geschlagen. Durch  ihre,  den  nationalen  Eigentümlichkeiten  ganz 
Rechnung  tragende  Organisation  darauf  berechnet,  das,  worauf  es 
ankommt,  mit  Leichtigkeit  ins  Fleisch  und  Blut  dringen  zu  lassen, 
üben  jedoch  die  französischen  Journale  einen  ausserordentlichen 
Einfluss  auf  die  Partei,  deren  Interessen  sie  verfechten.  Des  grossen 
Anlagekapitals,  wie  ein  solches  in  England  notwendig  ist,  bedarf 
ein  neues  französisches  Journal  nicht;  es  genügt  eine  massige  Summe, 
wenn  sich  mit  dieser  die  genügende  Intelligenz  und  journalistische 
Routine  des  wirklichen  Leiters  verbindet.  Ist  dieser  ein  beliebter 
Schriftsteller  oder  eine  politische  Grösse,  so  stellt  sich  das  Publikum 
rasch  ein. 

Die  kleinen  Zeitungen  erscheinen  gewöhnlich  in  einem  Format, 
halb  so  gross,  als  das  ihrer  grossen  Schwestern,  ihr  Einfluss  und 
ihre  Verbreitung  sind  jedoch  bedeutend.  Das  Petit  Journal 1  wurde 
Ende  1880  in  598  309  Exemplaren  gedruckt  und  ergab  einen  Gewinn 
von  drei  Millionen  Franken.  La  petite  re publique  hatte  eine  Auflage 
von  196372,  die  Lanterne  von  150 531,  Le  petit  monileur  von 
ic»  476  Exemplaren.  Die  tägliche  Gesamtproduktion  der  Journal- 
nummern erreichte  die  Ziffer  1  984521,  von  welcher  dreiviertel  auf 
die  republikanische  Presse  kam. 

Zum  Beginn  des  Jahres  1869  erschienen2  in  Frankreich  2110 
Journale  aller  Art,  jetzt  3135.  Von  diesen  kamen  im  Jahre  1869  auf 
Paris  816,  auf  die  Provinz  1294;  jetzt  resp.  1355  und  1780.  In 
Paris  fand  demnach  ein  Wachstum  von  539  Journalen  statt,  in  der 
Provinz  von  425.  Letzteres  trifft,  namentlich  die  kleineren  Städte, 

»  F.  Maillard,  Le  petit  Journal  1850—1860. 

2  Ed.  TEXIER,  Hist.  des  journaux.  Paris  185 1.  —  K.  IlATtN,  //ist.  du  Journal 
en  France  1631  — 1853.  —  F.  MA1LLARD,  Hist.  aneedotique  et  critique  de  150  journaux 
und  dessen  Hist.  de  la  presse  pansienne.  Paris  1859.  —  ALFR.  Siryen,  Journaux 
et  Joumalistes.  Paris  1S65.  —  A.  Gagnere,  Hü/,  de  la  presse  sous  la  Commune. 
Paris  1881. 


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222 


DIE  ROMANISCHE  GRUPi'E. 


VII.  KAI1. 


besonders  solche,  die  früher  kein  Journal  aufzuweisen  hatten,  während 
die  Grösseren  Städte  stabiler  geblieben.  Unter  den  Pariser  Blättern 
waren  75  politische  Tagesblätter,  168  Journale  politischen  Inhaltes. 

Am  10.  September  1870  waren  die  gesetzlichen  Bestimmungen, 
welche  hemmend  auf  die  Errichtung  graphischer  Etablissements 
wirkten,  gefallen  und  der  erste  Paragraph  des  Pressgesetzes  von 

1881  bestätigt  dieses  durch  die  Bestimmung:  „Die  Buchdruckerei 
und  der  Buchhandel  sind  frei".  Vergleicht  man  den  Stand  der 
graphischen  Gewerbe  vor  dem  Kriege  mit  dem  heutigen,  so  begegnet 
einem  selbstverständlich  besonders  eine  grosse  Vermehrung  der 
Buchdruckereien  in  Paris,  wo  die  Zahl  der  Brevets  früher  auf  80 
beschränkt  war.  Doch  muss  man  diese  Zahl  nicht  ganz  buchstäblich 
nehmen,  sie  betrug  thatsächlich  wenigstens  150,  indem  manche 
Buchdrucker  auf  Brevets  von  Kollegen  arbeiteten. 

Für  den  Buchhandel  hatte  die  erlangte  Freiheit  nicht  die 
Bedeutung  wie  für  die  Buchdruckerei,  denn  wenn  ein  Brevet  auch 
für  den  Buchhändler  erforderlich  war,  so  hielt  es  doch,  da  die  Zahl 
nicht  beschränkt  war,  nicht  schwer,  ein  solches  zu  erlangen.  Es 
fand  sogar  in  dieser  Branche  ein  Rückgang  statt.  In  den  übrigen 
graphischen  Gewerben  zeigt  sich,  wenn  man  die  Jahre  1868  und 

1882  mit  einander  vergleicht,  einigermassen  ein  Stillstand.  Doch 
dürfen,  wenn  man  daraufhin  Schlüsse  ziehen  will,  die  schweren 
Jahre  für  das  Land  und  auch  der  Umstand  nicht  übersehen  werden, 
dass  durch  die  Abtretung  von  Elsass- Lothringen  sich  der  Bestand 
plötzlich  um  259  Buchhandlungen,  35  Buchdruckereien  und  59  litho- 
graphische Anstalten,  sowie  um  drei  Städte  von  50000  Einwohnern 
verminderte,  die  bei  einem  Vergleich  mit  dem  Wachsen  der 
graphischen  Anstalten  in  Deutschland  dann  doppelt  wirken 

1  Da  ein  solcher  Vergleich  der  graphischen  Machtstellung  Frankreichs 
und  des  Deutschen  Reiches,  welche  jetzt  an  Umfang  und  Einwohnerzahl  sich 
ziemlich  gleichstellen  und  nicht  unter  so  grundverschiedenen  Verhältnissen,  wie 
sie  sich  bei  einem  Vergleich  mit  England  üder  Amerika  darbieten,  arbeiten, 
nicht  nur  von  Interesse,  sondern  auch  von  Wichtigkeit  ist,  so  bedarf  es  wohl 
kaum  einer  Entschuldigung,  wenn  die  Statistik  Frankreichs  und  des  Deutschen 
Reiches  in  diesem  I landbuche  etwas  ausführlicher  behandelt  wird,  als  die  der 
anderen  Lander.  Als  Grundlage  für  die  Notizen  über  Frankreich  dienten  nament- 
lich die  Angaben  des  Annuairt  de  la  lü'rairie  von  1S6S  und  1882.  Vergl.  auch 
CUAIX,  Stak sttque  de  Vitnprimtrie  en  France.  Paris  1S74. 


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VII.  KAP. 


DIE  MODERNE  TYPOGRAPHIE  FRANKREICHS. 


223 


Die  beifolgende  Tabelle  zeigt  den  Stand  der  verschiedenen 
Pressgewerbe  in  den  Jahren  1868  und  1882. 


1S68 

1094 

1549 
244 

6001 

423 
245 

«3 
436 
16b 
1649 
119 
126 

42 

15 
167 

64 

25 

43 

20 

87 
992 

348 
40 
42 

101 1 
1197 
4352 
4i3 


Frankreich  zählte : 


Buchdruckereien  

Lithographische  Anstalten  

Kupfer-  und  Stahldruckereien  

Buchhandlungen  

Musikalienhandlungen  

Kunsthandlungen   

Von  diesen  kommen  auf  Taris: 

Buchdruckereien  

Lithographische  Anstalten  

Kupfer  -  und  Stahldruckereien  

Buchhandlungen  

Musikalienhandlungen  

Kunsthandlungen   

Ausserdem  in  l'aris  andere  graphische  Gewerbe: 

Schriftgiessereien  und  Stempelschneidereien 
Stereotypien  und  galvanoplastische  Anstalten 
Gravieranstalten  für  Metall  und  Stein    .  .  . 

Xylographische  Anstalten  

Buchdruckerei-Utensilienhandlungen  .  .  . 
Maschinen-  und  Pressenfabrikanten  .... 

Farbefabriken  

Papierhandlungen  en  gros  

Papierhandlungen  en  detail  

Buchbindereien  und  Broschieranstalten  .  .  . 
Kolorier-  und  Vergolder- Anstalten  .... 
Inseraten  -  Bureaus  

Ausserhalb  Paris  stellen  sich  die  Zahlen: 

Buchdruckereien  

Lithographische  Anstalten  

Buchhandlungen  

Musikalien-  und  Kunsthandlungen  


: 


i 


1882 

1722 
1692 
169 

6134 
536 
288 

244 

495 

92 

1072 
105 

98 

52 

17 
156 

102 

44 

56 
29 
74 
906 

343 
49 
35 

1478 
1274 
5062 
621 


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224 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII.  KAP. 


Die  pressgewerblichen  Verhältnisse  der  Städte  aufwärts  von 
50000  Einwohnern  (die  Hunderte  in  abgerundeten  Zahlen)  sind 
folgende: 


Städte 

Einwohner- 

Buch- 

Lithogr. 

Buch- 

Zeit- 

zahl 

drucker. 

Anstalten 

hand]. 

1 

Schriften 

Lyon  

324  OOO 

—  

32 

52 

IOO 



Marseille  .... 

300  000 

36 

33 

45 

66 

Bordeaux  .... 

197  500 

31 

7i 

91 

54 

Lille  

178  OOO 

32 

40 

66 

34 

Toulouse    ....     1 27  000 

19 

28 

56 

5i 

Nantes 

122  SOO 

IO 

13 

49 

29 

Saint -Kticnne   .  . 

1 1 1  OOO 

'3 

21 

16 

13 

Rouen  

102  500 

10 

13 

35 

20 

Havre        .  . 

IOO  OOO 

19 

9 

35 

Roubaix  .... 

84000 

6 

5 

15 

Reims  

82  000 

8 

12 

30 

12 

Toulon  

77  000 

6 

4 

11 

1 

Nancy  

72000 

10 

9 

37 

23 

Brest  

67  000 

3 

4 

15 

4 

Amiens  

61  000 
60000 

9 

6 

23 

13 

Besangon  .... 

9 

9 

13 

23 

Limoges  .... 

60000 

10 

8 

23 

<s 

Nimes  

Angers  

60000 

7 

8 

21 

21 

58  500 

9 

7  23 
10  26 

20 

Montpellier   .  .  . 

55500 

19 

16 

Nizza  

53  5oo 

10 

4 

23 

22 

Grenoble    .  .  .  . 

51  000 

8 

7 

29 

16 

Le  Mans  .... 

50000 

8 

3 

25  1 

15 

Orleans  

50000 

7 

4 

49  | 

29 

Rennes  

50000 

7 

7 

20 

1/ 

Versailles  .... 

1 

50000  | 

5 

3 

32 

25 

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VIII.  KAPITEL. 

DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE. 

Dik  NIEDERLANDE:  Zurückgehen  der  Kunst.  Der  Nachdruck.  Die  neuere  Typo- 
graphie Hollands  und  Belgiens.  —  Italien:  (1.  Ilodoni.  Langsame  Fortschritte. 
Venedig,  die  Mcchitarislen.  Panfilo  Castaldi.  Der  Bachhandel,  die  Familie 
Pomha.  Rom,  die  Druckerei  iler  Propaganda.  Erfreuliche  Aussichten.  — 
Spanien:  J.  Iharra.  Madrid,  üarcelona.  PORTUGAL:  Die  Staatsdruckcrci. 
Südamerika:  Huenos  Aires,  Rio  de  Janeiro,  Lima,  Cttba,  Mexiko.  —  Nord- 
airika:  Algier,  Ägypten.  Türkei:  Aufl)lühcn  und  Verfall  der  Kunst. 
Jetzige  Lage. 

DIE  NIEDERLANDE. 

IE  typographische  Glanzperiode  der  Niederlande  war 
dahin.  Auf  die  Zeit  der  blutigen  Knechtschaft  durch 
Spanien  folgte  im  Süden  die  Periode  der  österreichi- 
schen Herrschaft.  Darf  auch  letztere  mit  der  ersteren 
kaum  in  einem  Atemzuge  genannt  werden,  so  war 
sie  doch  nicht  geeignet,  eine  neue  Blüte  der  Typographie  hervor- 
zurufen, noch  weniger  war  eine  solche  nach  der  Einverleibung  in 
Frankreich  zu  erwarten. 

Auch  der  Norden  lernte  erst  seit  1 795  als  Batavische  Republik 
unter  Frankreichs  „Schutz",  dann  von  1806  ab  als  Königreich  unter  iMiaad. 
einem  Napoleoniden ,  bis  auch  dieser  Selbständigkeitsschein  18 10 
aufhörte,  die  Segnungen  französischer  Presszuständc  kennen. 

15 


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226 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Der  Pariser  Friede  1814  löste  die  Lander  aus  der  eisernen 
Umarmung  Frankreichs,  um  sie  7.u  einem  Königreiche  der  Nieder- 
lande zu  vereinigen.  Diese,  dem  Zusammengicsscn  von  Essig  und 
Öl  nicht  unähnliche  Verschmelzung  des  protestantischen,  germa- 
nischen Nordens  mit  dem  katholischen,  zum  grossen  Teil  französischen 
Süden  wurde  durch  die  Revolution  in  Brüssel  1830  faktisch,  durch 
den  Frieden  1839  definitiv  und  rechtlich  aufgelöst. 

Seit  dieser  Zeit  entwickelte  sich  ein  freieres  geistiges  Leben  in 
Belgien  sowohl  als  in  Holland.  Zwar  ist  der  alte  Ruhm  des  nieder- 
ländischen Pressgewerbes  nicht  wieder  erreicht,  jedoch  steht  das- 
selbe auf  einem  achtbaren  Standpunkte  und  lässt  weitere  Fort- 
schritte erwarten. 


In  HOLLAND  verursachten  die  freieren  Pressverhältnisse  vor 
Kreiere  Pr«<   dem  Ausbruch  der  französischen  Revolution,  dass  viele  französische 

Verhältnisse 

Autoren  und  Verleger  ihre  Artikel  dort,  namentlich  in  Amsterdam 
und  dem  Haag,  drucken  Hessen.  Hierin  liegt  wohl  zumteil  der 
Keim  zu  dem  später  gewerbsmässig  betriebenen  holländisch- 
belgischen Nachdruck,  welcher  jedoch  anfänglich  keine  grosse 
Bedeutung  hatte  und  von  selbst  aufhörte,  solange  die  Niederlande 
der  französischen  Herrschaft  unterlagen. 

Die  holländische  Typographie  hält  fest  an  dem  einmal 
H..ii.iu.iiMi>c  angenommenen  Typenduktus  mit  seinen  langen,  schmalen  und  eng 
i>(  v.r.iphic.  Zllgerjc|1^e|-en  Scliriften,  die  insofern  praktisch  sind,  als  mit  ihnen 
sich  viel  Stoff  auf  einen  kleinen  Raum,  allerdings  auf  Kosten  eines 
gefälligen  Eindrucks,  zusammendrängen  lässt.  Unter  den  Formaten 
ist  ein  Gross-Median-Oktav  das  beliebteste  und  selbst  Romane  und 
Gedichte  werden  in  demselben  gedruckt. 

Durch  seine  Kolonien  in  Hinterindien  und  auf  den  Inseln  des 
indischen  Ozeans  ist  die  Schriftgiesserei  Hollands  auf  die  Pflege  der 
Schriften  der  dortigen  Eingeborenen  angewiesen.  Unter  Aufsicht 
von  T.Roorda  wurden  von  J.  Enschedk  &  Zoonen  in  Hanrlcm  java- 
nische Lettern  angefertigt.  Ein  bedeutendes  Renommee  in  dieser 
Richtung  erwarb  sich  N.  Tetterode  in  Rotterdam,  welcher  Manda- 
lingisch,  Batakisch,  Manarisch  und  Boeginesisch  lieferte.  Unter  der 
Direktion  von  J.  HofTmann  Hess  die  holländische  Regierung  auch 
chinesische  Typen  schneiden,  die  später  in  den  Besitz  von  E.  J.  Brill 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE. 


227 


in  Lcyden  übergingen1.    Als  Schriftgiesser  wirkten  ferner  in 
Groningen  Omkkns,  van  Baskenes  und  Damste. 

Im  Jahre  1 882  hatte  I  lolland  in  1 28  Städten  428  Buchdruckereien 
(1840  besass  es  nur  146),  183  lithographische  Anstalten,  700  sutuns.  hc* 
Buchhandlungen.  Die  Huchdruckereicn  arbeiteten  mit  740  Schnell- 
pressen und  650  Handpressen.  Die  Zahl  der  lithographischen 
Schnellpressen  war  125,  die  der  Handpressen  700.  Die  zur  Ver- 
wendung kommenden  Maschinen  verschiedener  Art  stammen 
namentlich  aus  französischen  Fabriken.  An  Tageblättern  gab  es 
29,  an  Wochenblättern  und  an  anderen  periodischen  Schriften  397. 

In  Amsterdam  liefert  die  Königliche  Buchdruckerei  Acci- 
denzien  für  den  Staat.  Eine  bedeutende  Anstalt  ist  die  von  Roelc >fkzen 
&  Hühner  in  Amsterdam  mit  drei  Rotations-  und  sieben  gewöhn- 
lichen Schnellpressen;  sie  druckt  die  in  20000  Exemplaren  täglich 
in  einem  Umfange  von  8 — 16  Seiten  erscheinende  llct  Nrws  van 
den  Dag  mit  ihrem  Sonntagsblatt.  C.  A.  Spinn  &  Zoon  bringen 
sehr  kunstreiche  Accidenzarbeiten.  Zu  erwähnen  sind  ebenfalls 
J.  van  Oostkrzee,  G.  L.  A.  Amand,  Metzi.kr  &  Barting  und  Gkhr. 
Bing  kr. 

In  I  Iaarlem  blüht  noch  das  Geschlecht  der  Enschede  (I,  s.  25 1) 
und  zeigt,  dass  es  nicht  auf  seinen  Lorbern  auszuruhen  gedenkt. 
Das  Geschäft  arbeitet  mit  1 1  I  landpressen,  1 1  Schnellpressen  und 
25  Gicssöfcn  und  zeichnet  sich  durch  Druck  von  Reproduktionen, 
Bibeln  und  Wertpapieren  aus.  Van  Aspekn  van  der  Velde  liefert 
namentlich  Illustrationsdruck. 

Die  Interessen  des  holländischen  Buchgewerbes  werden  seit 
18 16  von  der  Vcrecnigung  tcr  BcvortUring  van  de  Belangt  n  des 
Bockhandcls  vertreten2.  Dieselbe  hatte  im  Jahre  1881  in  der  Art 
des  Pariser  Ccrcle  eine  Ausstellung  von  den  Erzeugnissen  der 

«  J.  Hoffmann,  Catahgm  van  chinesische  ATatrijzen  en  tiruldtttert  1860, 
1864,  1876. 

*  Reglement  wer  de  vereeni^tng  /er  bevordenng  etc.  Amsterdam  184 1.  — 
Refalin^en  antrefft  den  loekhandcl.  —  I-  D.  I^tit,  Pn<ei>e  einer  Cesehiedenis  der 
Verecnigung  etc.  Amsterdam  1875.  —  Otto  Mi'iiimikf.cht,  Der  holländische 
Buchhandel  seit  Cosler.  Leipzig  1867.  —  CUNNK,  Flüchtige  Ccdankcn  über 
den  Hiuhhaudel  in  Holland.  —  C.  I_  HkinkMA.ss,  Alphab.  S'aumlijst  tun  fahlen 
1850  1875.  —  F.  L  IIoffmxnn.  Om-niges  <onc.  i'fusto re  de  /'ini/rinierie  en  /ie/^u/ue 
et  cn  Ifolhnde.    Krüssel  1S59. 

'5* 


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228 


DIK  ROMANISCHE  ORUri'E. 


VIII.  KAP. 


Hülfsgewerbe  des  Ruchhandels  veranstaltet  und  auch  in  derselben 
Weise  wie  der  Cerclc  einen  reichen  Katalog  erscheinen  lassen zu 
welchem  28  Buchdruckerfirmen  jede  eine  Abteilung  und  verschiedene 
Papierfabrikanten  Papier  geliefert  haben.  Dieser  Katalog  zeigt,  dass 
die  holländischen  Accidenzbuchdrucker  bemüht  sind,  ihren  Kollegen 
in  anderen  Ländern  nachzukommen.  Die  Arbeiten  sind  sauber  und 
akkurat ,  wenn  auch  von  einer  Einschlagung  neuer  Bahnen  keine 
Rede  ist. 

Als  lithographische  Farbendrucker  haben  Tresling  &  Co.  in 
Amsterdam  und  Emrik  &  Binger  in  Haarlem  Verdienste.  Das 
Tomographische  Institut  liefert  nach  dem  Ecksteinschen  Verfahren 
der  Schi'chtlegung  durch  die  verschiedenartige  Behandlung  der 
Schraffierungen  und  die  dadurch  entstehende  Abstufung  der  Töne 
vortreffliche  Karten  in  Farbendruck. 

Das  holländische  Papier  ist  seit  alters  her  berühmt  und  von 
bester  Qualität.  Weltruf  hat  das  Büttenpapier  von  van  Gelder  & 
Zoonen  in  Amsterdam.  Um  die  Farbefabrikation  machte  sich 
seinerzeit  der  Major  E.  W.  J.  Bagelakr  ( 1 8 17)  verdient;  jetzt  wird 
der  Markt  ganz  von  dem  Pariser  Fabrikat  beherrscht. 

Die  litterarische  Produktion  ist  eine  bedeutende  und  jährlich 
erscheint  eine  stattliche  Reihe  von  wertvollen  Werken  auf  allen 
Gebieten,  mit  Ausnahme  dessen  der  Phantasie.  An  poetischen  und 
illustrierten  Werken  ist  die  Ausbeute  keine  grosse  und  die  Lese- 
und  Schaulust  des  Publikums  wird  namentlich  durch  Übersetzungen 
und  Bearbeitungen  deutscher  Schöpfungen  befriedigt. 

Unter  den  holländischen  Verlegern  seien  erwähnt :  Kemink  & 
Zoon,  P.  W.  van  de  Weyer  in  Utrecht,  J.  B.  Wolters  in  Groningen, 
A.W.  Svthoff  und  E.J.  Brill  in  Leyden,  welche  beide  letzteren 
einen  reichen  Verlag  orientalischer  Werke  haben.  Das  japanisch- 
holländisch-englische Wörterbuch  in  Brills  Verlag  ist  eine  bedeutende 
Leistung.  Überhaupt  ist  LEYDEN  ein  wichtiger  Verlagsplatz,  nament- 
lich für  medizinische  und  naturwissenschaftliche  Littcratur,  während 
UTRECHT  die  Fächer  der  Philologie  und  Geschichte  kultiviert. 
Bedeutende  Druckplätze  sind  noch  Haag  und  ROTTERDAM ;  am 
letzteren  Orte  sind  J.  Würthkim  &  Zoon,  welche  namentlich  Artikel 
für  den  Export  liefern,  bedeutend. 

•   TtntoonsteUing  van  hulptniddtlett  voor  dir»  Roekhande!.  Amsterdam  iSSl. 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE. 


229 


Einen  hochangesehenen  Namen  in  der  Geschichte  des  hollän- 
dischen Buchhandels  der  neueren  Zeit  erwarb  Frederik  Müller  Fr.  müh« 
auf  Grund  seiner  Bestrebungen,  System  in  den  Betrieb  des  Handels  "  " *" 
und  in  die  holländische  Bibliographie  zu  bringen.  Müller  hatte  eine 
vorzügliche  Ausbildung  in  dem  Etablissement  von  Johannes  Müller, 
welches  aus  dem  Geschäft  von  Friedr.  Arnold  Brockhaus  entstanden 
war  (s.  Kap.  XII),  erhalten.  Im  Jahre  1843  etablierte  er  sich  in 
Amsterdam  auf  dem  Rockin  in  einem  Keller,  der  bald  ein  Sammel- 
punkt der  angesehensten  Gelehrten  wurde.  Eine  mit  grossem 
Geschick  ausgeführte  Bücherbcstcllung  des  Vorstandes  der  Stern- 
warte zu  Pulkowa  bei  St.  Petersburg  brachte  ihn  in  eine  wichtige 
Verbindung  mit  der  St.  Petersburger  kaiserlichen  Bibliothek  und 
gab  Veranlassung  zu  der  Herausgabe  einer  Bibliographie  ncerlando- 
russc  1859,  welcher  verschiedene  bibliographische  Arbeiten  folgten. 

Der  Nachdruck  hatte  in  Müller,  trotz  dem  Widerstande  seiner 
Kollegen,  den  eifrigsten  Bekämpfer,  überhaupt  nahm  er  den 
lebhaftesten  Anteil  an  allen  den  Buchhandel  betreffenden  Fragen. 
Zwei  Aufgaben  seines  Lebens  musste  er  unvollendet  lassen:  die 
Abfassung  einer  allgemeinen  niederländischen  Bibliographie  und 
die  Geschichte  des  niederländischen  Buchhandels,  zu  welcher  das 
Material  zum  grössten  Teil  in  der  Bibliothek  des  niederländischen 
Buchhändler -Vereins  deponiert  wurde1. 

Der  Name  BELGIENS  ist  in  der  Geschichte  der  neueren  Typo- 
graphie von  dem  Pariser  Frieden  ab  und  bis  zu  dem  Vertrage  mit  Belgien. 
Frankreich  vom  1.  Mai  1861  hauptsächlich  durch  die  masslose 
Ausübung  des  zwar  damals  nicht  verbotenen,  doch  wenig  ehren- 
vollen Geschäfts  des  Nachdruckes  bekannt 

Da  in  den  belgischen  Provinzen  die  französische  Gesetzgebung 
auch  nach  der  Trennung  von  Frankreich  massgebend  blieb,  so  Der  Nachdruck, 
waren  es  selbstverständlich  zuerst  die  besten  Werke  der  französischen 
Jurisprudenz,  welche,  da  der  Vorteil  ein  sicherer  war,  den  Nach- 
druckern anheimfielen.  Ein  Fortschritt  der  belgischen  Typographie 
war  dabei  nicht  bemerkbar;  Papier  und  Druck  blieben  mangelhaft 
und  im  Jahre  18 18  hatte  Brüssel  erst  18  Druckerpressen. 

«  Otto  IIarrassowitz,  Kr.  Müller.  Börsenbl.  f.  <1.  d.  Ii.  188t,  Nr.  5. 


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230 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Der  König  Wilhelm,  der  wohl  einsah,  dass  aus  dem  Druck- 
gewerbe nur  dann  ein  eigentlicher  Vorteil  für  das  I-and  zu  erwarten 
sei,  wenn  die  Erzeugnisse  technisch  besser  ausgeführt  würden,  unter- 
stützte die  Papierfabrikanten  und  Buchdrucker  und  forderte  die 
Einberufung  französischer  Arbeiter.  Schon  mit  dem  Jahre  1820  trat 
eine  Besserung  in  der  Produktion  ein ,  doch  blieb  der  Umfang  des 
Druckgewerbes  noch  bis  zur  Revolution  ein  massiger;  der  Nach- 
druck beschränkte  sich  damals  hauptsächlich  auf  Werke  für  den 
inländischen  Bedarf  und  nahm  erst  nach  dem  Jahre  1830  gross- 
artigere Dimensionen  an. 

Während  im  Jahre  1 8 1 5  die  littcrarischc  Produktion  nur  fünf 
rru>tuktiou.  Millionen  Bogen  betrug,  war  sie  1838  auf  über  32  Millionen  Bogen 
gestiegen.  1815  war  die  Zahl  der  Buchdruckereien  in  den  belgischen 
Provinzen  20  mit  27  Pressen,  1838  aber  53  mit  429  Pressen  oder, 
wenn  man  die  vorhandenen  Schnellpressen  der  üblichen  Leistungs- 
fähigkeit nach  auf  I  landpressen  überträgt,  519  Handpressen. 

Von  der  Gesamtproduktion  kamen  etwa  acht  Millionen  Bogen, 
c.r^scr  umj.ni>;  hauptsächlich  in  Duodezformat,  welches  Quantum  6 — 700000  der 

ilo  Nat.lidriick'». 

damals  üblichen  Romanbände  gleichkam ,  auf  die  französischen 
Nachdrucke,  deren  Umsatz  sich  auf  etwa  3 '/.  Millionen  Franken  belief. 
Die  bedeutendsten  Nachdruckerfirmen  Wahlen  &  Co.,  Louis  Hau- 
mann &  Co.,  Meline  Cans  &  Co.  gingen  an  Aktien -Gesellschaften 
über,  die  mit  einem  Kapital  von  insgesamt  etwa  fünf  Millionen 
Franken  arbeiteten.  Diese  Gesellschaften  machten  jedoch  keine 
guten  Geschäfte,  da  der  kostspielige  und  komplizierte  Admini- 
strations  -  Apparat  den  Vorteil  absorbierte,  zudem  die  kleineren 
Nachdrucker  mit  ihrem  einfachen  Geschäftsbetrieb  die  Preise  ausser- 
ordentlich gedrückt  halten. 

Von  der  Bedeutung  des  Nachdrucks  mögen  einige  Thatsachen 
sprechen :  Berangcrs  Gedichte  wurden  in  etwa  30  000  Exemplaren 
gedruckt;  Thiers' Revolution  in  15000;  Lamennais'  Paroks  d'uu 
croyant  in  60000  Exemplaren.  Die  kostbarsten  Werke,  z.  B.  die 
mit  grossen  Opfern  durch  Didot  ins  Leben  gerufene  neue  Bearbeitung 
des  Dictionuaire  de  V  Aeademic,  fielen  den  Nachdruckern  anheim,  ja 
selbst  mit  den  besten  Zeitschriften  als  der  Revue  des  deux  mondes 
und  der  Revue  britauuiquc  war  es  der  Fall.  Es  kam  sogar  so  weit, 
dass  man  eine  eigene  Zeitschrift  Revue  des  Revues  gründete,  welche 


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Vill.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE.  23 1 

eine  Quintessenz  der  verschiedensten  periodischen  Schriften  von 
Wert  brachte,  wahrend  die  politischen  Zeitungen  Belgiens  den 
Romanhunger  des  Publikums  mit  Nachdrucken  französischer  Feuille- 
tons stillten.  Die  Brüsseler  Buchhandlungen  unterhielten  Comptoire 
in  London,  Leipzig  und  anderen  Orten ;  in  vielen  Grenzorten  Frank- 
reichs errichteten  sie  Depots  behufs  des  Schmuggels,  ja  selbst  in 
Algier  existierte  ein  solches,  um  die  heimliche  Einfuhr  nach  Frank- 
reich zu  betreiben. 

Diesem  Unfug  wurde,  zum  wahren  Vorteil  Belgiens,  durch  den 
Vertrag  mit  Frankreich  ein  Ende  gemacht  und  Belgien  war  nun  Aufhören  .1« 
genötigt  und  auch  mit  Erfolg  bemüht,  sich  auf  dem  Litteratur- 
markt  selbständig  geltend  zu  machen.  Auch  das  Druckgewerbe 
hatte  von  der  Änderung  einen  Vorteil;  denn,  waren  auch  die 
Nachdrucke  meist  sauber  ausgestattet,  so  hielten  sich  doch  alle 
Erscheinungen  auf  demselben  Niveau  des  einfach  mittelguten  Werk- 
drucks und  von  einem  höheren  Aufschwung  der  Kunst  war  keine 
Rede'. 

Der  Import  an  Büchern  aus  Frankreich  ist  jetzt  begreiflicher- 
weise ein  bedeutenderer  geworden  und  beträgt  etwa  drei  Millionen 
Franken  an  Wert,  während  der  Export  nach  Frankreich  nur  etwa 
eine  halbe  Million  Franken  erreicht. 

Ein  Zweig  des  Pressgewerbes  von  grosser  Bedeutung  ist  der 
Druck  liturgischer  und  überhaupt  Andachtsbüchcr.  Selbst  die  v<.r»chi«ienc 
französischen  Pressen  haben  in  dieser  Richtung  schwer  mit  der 
belgischen  Konkurrenz  zu  kämpfen.  Unter  denjenigen  Offizinen, 
die  sich  in  dieser  Produktion  auszeichnen  und  eine  grosse  Ausfuhr 
nach  allen  Weltteilen  haben,  sind  M.  H.  Dessain  und  Hank.»  in 
Mücheln,  mit  welchen  Wesmael-Charlier,  Legkos  in  Namuk 
und  Grkuse  in  BRÜSSEL,  welch  letzterer  auch  die  umfangreiche 
venetianischc  Ausgabe  der  Bolandisten  fortsetzt,  konkurrieren. 
Hebräische  und  chaldäische  Werke  liefern  van  Linhout  und  van 
der  Zande  in  LüWEN.  J.  S.  van  Dooselakre  in  GENT'  ist  ein, 
seinem  Fache  mit  grosser  Liebe  zugethancr  Jünger  Gutenbergs. 

«  Memoire  sttr  ta  Situation  aduelle  de  la  eontre/a^on  ett  Beigique.  Paris  1841. 
—  C.  Muqimrdt,  De  Li  contrefacon.  Hriisscl  1S44.  —  Over  den  Nadruk  in  Belgien. 
Ave.  Schnei-,  Trente  ans  de  la  litterature  bet$e  1830—1860.    Brüssel  1861. 

*  J.  S.  van  Doosei.aekk,  Aperen.  Ix>ndon  1851. 


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232 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Ein  von  ihm  gedruckter  Reauil  descriptif  des  antiquitis  ist  ein 
typographisches  Kunststück,  indem  der  Text  die  äussere  Form 
der  beschriebenen  kunstgewerblichen  Gegenstände  nachbildet. 
E.  Vanderhaegen,  ebenfalls  in  Gent,  machte  sich  durch  seine  Biblio- 
graphie  gantoise,  7  Bände,  1858—1869,  einen  Namen.  Henri 
Castermann  &  Co.  in  ToURNAi  vereinigen  mit  der  Buchdruckerei 
auch  die  verwandten  Geschäftszweige  und  den  Vcrlagshandel.  Allen 
ihren  Arbeiten  sind  Nettigkeit  und  Eleganz  nachzurühmen. 

In  Brüssel  zeichnet  sich  Ad.  Mertens  durch  gute  Illustrations- 
drucke und  Luxusarbeiten  aus.  F.  GuyotFkeres  1  sind  bedeutend  im 
Accidenzfache  und  liefern  viele  Wertpapiere  und  Regierungsarbeiten, 
in  welchen  auch  F.  Havkz  Beachtenswertes  produziert.  Bruylant- 
Ciiristoi'ME  zeigt  im  Werk-  und  Buntdruck  technische  Tüchtigkeit 
Adolf  Wahlen  veranstaltete  mit  A.  Delpierres  Leben  der  Maria  von 
Burgund  ein  vorzügliches  Druckwerk.  Ein  glücklicher  Zufall  hatte 
ein  auf  das  feinste  verziertes,  nachweislich  von  der  eigenen  Hand 
der  kunstsinnigen  Prinzessin  Marie  herrührendes  Alphabet  Initiale 
vor  dem  Untergange  bewahrt,  welches  nun  mit  grosstcr  Sorgfalt 
für  das  erwähnte  Werk  nachgebildet  wurde.  Auch  auf  den  Satz 
verwendete  man  die  grösste  Mühe ,  so  dass  in  dem  ganzen  Werk 
kein  geteiltes  Wort  vorkommt,  oline  dass  deshalb  die  Regclmässig- 
keit  des  Ausschlusses  irgendwie  gestört  wäre. 

Der  Schatz,  welchen  Antwerpen  in  dem  Plantin-Museum  besitzt, 
durch  welches  diese  Stadt  ein  typographisches  Mekka  geworden, 
ist  bereits  (I,  S.  225)  ausführlicher  besprochen2. 

Die  Zahl  der  Buchdruckereien  in  Belgien  beträgt  639;  davon 
sutntischc*.  kommen  auf  Brüssel  101,  Antwerpen  51,  Lüttich  37,  Gent  34, 
Brügge  21.  Unter  den  Schriftgiesscrcien  zeichnen  sich  Vander- 
uorght  und  Mei.ine  Cans  &  Co.  aus.  Die  Zeitungspresse i  Belgiens 
teilt  sich  in  zwei,  einander  gegenüberstehende  Lager,  das  katholische 
und  das  liberale.  Im  Jahre  1840  hatte  Belgien  nur  75  Journale, 
darunter  39  vlämische.    1880  war  die  Zahl  auf  388  gestiegen, 

»  Imprimerit  E.  Guyot.  Hrüssel  1880. 

2  Wer  nicht  Gelegenheit  oder  l.ust  hat,  die  I,  S.  225  zitierten  Werke  ein- 
zusehen,  findet  in  Westermanns  Monatsheften  1883,  Heft  319  eine  ausführliche 
Üeschreihung  des  l'lantin-  Museums. 

3  J.  Mallou,  Notke  statistique  tttr  Us  jourtuaux  Betges.  ISrüssel  1843. 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DEK  ROMANISCHEN  GKUPPE. 


233 


darunter  143  in  vlämischer  Sprache.  54  Zeitungen  erscheinen 
taglich.  Die  älteste  derselben  ist  das  1764  gegründete  Journal  de 
Lilge.  Unter  den  Fachblättern  sind  zu  nennen  die  Annaks  de 
l'imprimerie. 

ITALIEN. 

ITALIKN  seufzte  in  der  vorliegenden  Periode  unter  dem  Druck 
der  Fremdherrschaft  bald  österreichischer,  bald  spanischer  und  luhc«. 
französischer  Machthaber.  Jede  freiere  Geistesregung  war  ver- 
schwunden und  infolge  davon  vegetierte  auch  die  einst  so  blühende 
Typographie  nur  in  kümmerlichster  Weise  fort.  Der  kleinen  Stadt 
Parma  allein  war  es  beschieden ,  durch  den  einzigen  bedeutenden 
Meister  dieser  Zeit  einen  grossen,  jedoch  nur  kurz  andauernden 
Ruf  zu  gewinnen. 

Dieser  Meister,  Johann  Baptist  Bodoni  * ,  ward  in  Saluzzo  von 
einfachen  aber  respektablen  Eltern  geboren.  Die  Anfänge  der  j.  u.  Bodoni 
Kunst  lernte  er  bei  dem  Vater  und  bereits  frühzeitig  entwickelte  er|  j».  Nov.  ibxj. 
ein  nicht  gewöhnliches  Zeichentalent  und  schnitt  in  seinen  Frei- 
stunden Vignetten  in  Holz,  die  später,  nachdem  der  unbekannte 
Holzschneider  ein  berühmter  Buchdrucker  geworden  war,  von 
Sammlern  sehr  gesucht  wurden. 

Achtzehn  Jahre  alt  begab  er  sich  mit  einem  Freunde  nach 
Rom,  wo  der  letztere  einen  Onkel  hatte,  von  welchem  die  Wanderer  w**«*  ,»  der 
Unterstützung  erwarteten.  Die  kleine  Barschaft  war  unterwegs  bald 
aufgezehrt,  da  half  Bodoni  durch  Verkauf  von  Holzschnittvignetten 
an  Buchdrucker.  Den  nach  Rom  Gekommenen  erklärte  der  Onkel 
nicht  helfen  zu  können.  Bodoni  war  zur  Rückkehr  entschlossen, 
wollte  jedoch  wenigstens  der  berühmten  Offizin  der  Propaganda 
einen  Besuch  abstatten.  Bei  diesem  erregte  die  Lebhaftigkeit  und 
das  gefällige  Wesen  Bodonis  die  Aufmerksamkeit  des  Direktors, 
Abbö  Ruggicri ,  und  er  wurde  engagiert.  Auf  Veranlassung  der 
obersten  Spitze  der  Anstalt,  des  Kardinals  Spinelli,  der  Bodonis 
Streben  wohlgefällig  bemerkte,  nahm  dieser  an  einem  Kursus 

*  Lama,  Vita  M  cavaiisre  G.  /ioJoni,  1816,  2  IMc,  von  welchen  der  letztere 
ein  analytisches  Verzeichnis  seiner  Druckwerke  enthält.  --  J.  Kkknakm,  Vita 
di  G.  Bodoni.   Saluzz»  1872. 


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234 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VII«.  KAP. 


der  orientalischen  Sprachen  Anteil  und  lernte  auch  Arabisch  und 
1  iebräisch  lesen.  Mit  der  typographischen  Ausfuhrung  eines  arabisch- 
koptischen Missalc  und  des  Alphabcticum  Tibet anum  des  Paters 
Georgi  betraut,  entledigte  er  sich  der  Aufgaben  in  so  befriedigender 
Weise,  dass  Ruggieri  dem  Schlüsse  des  Werkes  den  Vermerk: 
„Roma,  exeudebatj.  B.Bodoni,  Salutivnsis  1762"  aufdrucken  liess. 

Bei  der  Ordnung  der  orientalischen  Schriftenvorrätc  der  Anstalt 
war  die  Lust  bei  Bodoni  entstanden,  selbst  Schriftschneider  zu 
werden  und  er  griff  diesen  Gedanken  mit  einem  solchen  Eifer  auf,  dass 
er  in  kurzer  Zeit  ein  sehr  tüchtiger  Stempelschneidcr  wurde.  Wahr- 
scheinlicherweise wäre  sein  Schicksal  für  stets  mit  der  Propaganda 
verknüpft  geblieben ,  wenn  nicht  der  freiwillige  Tod  seines  Gönners 
Ruggieri  ihm  den  dortigen  Aufenthalt  verleidet  hatte.  Er  nahm 
einen  Ruf  nach  England  an,  wollte  jedoch  vor  seiner  Abreise  noch- 
mals seine  Eltern  in  Saluzzo  sehen.  Dort  erkrankte  er  in  so 
bedenklicher  Weise,  dass  seine  Abreise  verschoben  werden  musste, 
und  als  der  Marquis  Telino  ihm  das  Anerbieten  machte,  an  die 
Spitze  einer,  der  Königlichen  Buchdruckerei  in  Paris  ähnlichen 
Anstalt,  die  man  in  Parma  errichten  wollte,  zu  treten,  gab  Bodoni 
das  Engagement  nach  England  ganz  auf  und  siedelte  nach  Parma 
über. 

Hier  begann  nun  für  ihn  eine  Zeit  des  strengsten  Arbeitens, 
B.,ch>imckcr  in  auch  war  er  anfänglich  keineswegs  pekuniär  günstig  gestellt.  Im 
Jahre  1771  legte  er  durch  seine  Saggio  tipographico  di  fregi  et 
majuscola  Proben  seiner  Kunst  als  Stempelschneider  ab.  1774 
folgten  Iscrisioiii  esotiche  von  de  Rossi  und  1775  bei  Gelegenheit 
der  Vermählung  des  Fürsten  von  Piemont  mit  der  Prinzessin  Clotilde 
von  Frankreich,  die  in  25  verschiedenen  Sprachen,  orientalischen 
und  europäischen,  gedruckten  lipithalamia  exoticis  Unguis  reddita. 
Das  letztere  Werk  richtete  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf 
Bodoni.  Kein  Reisender  von  Bedeutung  unterliess  es,  dessen 
Druckanstalt  zu  besuchen.  Karl  III.  von  Spanien  ernannte  ihn  zu 
seinem  Hofbuchdrucker;  Gustav  IM.  von  Schweden  und  Ferdinand  IV. 
von  Neapel  erteilten  ihm  Auszeichnungen.  Alle  waren  einig,  dass 
Bodonis  Erzeugnisse  in  Bezug  auf  Eleganz  und  Gleichförmigkeit 
nicht  über  troffen  seien. 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GkUPPK. 


235 


Im  Jahre  1788  wurde  ihm  von  dem  Ritter  d'Azara,  dem 
sj>anischen  Gesandten  in  Rom,  das  Anerbieten  gemacht,  in  dessen 
Palast  eine  Druckerei  für  die  1  lerausgabe  griechischer,  lateinischer 
und  italienischer  Klassiker  einzurichten.  Unwillig  darüber,  dass 
jemand  ihm  eine  solche  typographische  Kapazität  rauben  wolle, 
gestattete  der  I  Ierzog  von  Parma,  dass  Bodoni  eine  ähnliche  Offizin, 
wie  die  in  Rom  beabsichtigte,  in  dem  herzoglichen  Schlosse  ein- 
richtete, aus  welcher  dann  einige  der  schönsten  Klassiker-Ausgaben, 
darunter  der  Virgil  von  1793  und  Tassos  Gcmsalanmc  libcrata  in 
drei  Foliobänden  (1794),  hervorgingen. 

Die  kostbarste  aller  seiner  Prachtausgaben  war  jedoch  der 
Homer  (1808),  den  er  dem  Kaiser  Napoleon  dedizierte,  von  p»chtw«ike. 
welchem  er  in  der  Zeit  der  Franzosenherrschaft  in  jeder  Weise 
begünstigt  wurde.  Bei  der  Überreichung  des  Dedikationsexcmplares 
erhielt  Hodoni  eine  Pension  von  3000  Franken.  Der  Vizekönig  von 
Italien,  Eugen  Bcauharnais,  wollte  ihn  gern  nach  Mailand,  Murat 
nach  Neapel  ziehen.  Bodoni  wünschte  jedoch  nicht  Parma  zu  ver- 
lassen und  schützte  Alter  und  Kränklichkeit  vor.  Er  hasste  über- 
haupt  das  Franzosentum,  verstand  es  aber  ganz  wohl,  sich  in  die 
Verhältnisse  zu  schicken  und  diese  sich  nutzbar  zu  machen. 

Im  Jahre  181 1  wurde  er  von  Murat  dekoriert.  Letzterer  hatte 
die  Absicht,  für  den  jungen  Murat  eine  Reihe  von  Klassikern  drucken 
zu  lassen.  Der  Anfang  wurde  181 2  mit  Tclimaque  gemacht,  dem 
1813  Racine  folgte;  erst  18 14,  nach  Bodonis  Tod,  erschienen  Lafon- 
taine und  Boileau.  Auf  Grund  dieser  französischen  Klassiker- 
Ausgaben  erteilte  Napoleon  dem  Bodoni  kurz  vor  dessen  Tode  das 
Kreuz  der  Ehrenlegion  in  Begleitung  eines  Ehrengeschenkes  von 
18000  Franken. 

Unter  Bodonis  Arbeiten  müssen  noch  zwei  erwähnt  werden, 
die  für  den  Typographcn  von  Fach  ein  ganz  besonderes  Interesse 
haben :  seine  Oratio  dominka  und  sein  Manuale  tipographko. 

Als  der  Papst  Pius  VII.  im  Jahre  1805  auf  seiner  Rückreise  von 
Paris,  wo  ihm  in  der  Staatsdruckerei  die  Oratio  dominka  durch  Orot»  jemm*«. 
Marcel  überreicht  worden  war,  durch  Parma  kam,  forderte  er  Bodoni 
auf,  zu  zeigen,  dass  Italien  ein  ähnliches  Werk  liefern  könne. 
Bodoni  wollte  nun  die  Pariser  Ausgabe  noch  ubertreffen  und  lieferte 
auch,  und  zwar  in  sehr  kurzer  Zeit,  die  scinige  in  155  Sprachen; 


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236 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


51  asiatischen,  82  europäischen,  12  afrikanischen  und  20  amerika- 
nischen, allerdings  nur,  indem  die  Propaganda  ihn  mit  ihren  Vorräten 
unterstützte. 

Das  Manuale  tipographico  del  Cavaliere  Giambattista  Bodoni, 
.\t,t>tn,de  tipn.  zwei  Bände  in  kleinem  Folio,  wurde  erst  1818  von  seiner  Witwe 
herausgegeben.  Es  enthält  auf  87  Seiten  eine  Einleitung  der  Witwe 
und  267  Seiten  Proben.  Die  erste  Serie  bringt  auf  144  Blatt  die 
Caratlcri  latini  tondi  e  corsivi,  eine  Sammlung  von  Antiqua  -  und 
Cursivschriftcn,  wie  sie  in  solcher  Vollständigkeit,  Vollendung  und 
einheitlichen  Durchführung  sonst  wohl  selten  oder  nie  gefunden  wird. 
Bodoni  schnitt  folgende  22  Grade:  Parmigianina,  Nonpariglia,  Mig- 
noua,  Testino,  Garamoncino ,  Garamune ,  Filosofia,  Lettura,  Sibio, 
Soprasilvio,  Testo,  Parangone,  Ascendouica,  Palest ina,  Caiioucino, 
Sopracanon,  Canone,  Corale,  Ducale t  Reale,  Imperiale,  Papale. 
Darauf  folgen  85  Blatt  Versalien,  Antiqua-,  Cursiv-  und  Schreib- 
schriften. Der  zweite  Band  enthält  59  Blätter  Griechisch,  33  Blätter 
Orientalia,  darauf,  zwischen  Malabarisch  und  Russisch,  zwei  Blatter 
Caratteri  tedesclii,  in  einer  Ausführung,  die  allerdings  nahe  ans 
Malabarische  grenzt.  Die  russischen  Schriften  sind  auf  82  Blättern 
sehr  reich  und  schön  vertreten.  Den  Schluss  machen  91  Blatt  Frcgi 
(Einfassungen),  Linien  und  Diverse,  die  ohne  Bedeutung  sind. 

Das  Ganze  bildet  ein  Druckwerk  ersten  Ranges.  Der  tief- 
schwarze  und  doch  mit  wenig  Farbe  erzielte  Druck,  die  Schärfe  der 
Schrift ,  die  Einfachheit  und  das  Ebenmass  des  Ganzen,  das  schöne 
milchweisse  Velinpapier,  ohne  den  schädigenden  Glanz  der  Satinage, 
haben  ein  Kunstwerk  zuwegegebracht,  welches  das  Studium  jedes 
Gutenberg-Jüngers  verdient. 

Bodonis  Schriften  wurden  nicht  allein  in  Italien  überall  ver- 
breitet, sondern  fanden  auch  Eingang  in  Berlin  durch  Decker  und 
Unger,  in  Leipzig  durch  Breitkopf,  in  der  Schweiz  durch  Gessncr, 
in  London  durch  Nicholls,  in  Kopenhagen  und  an  andern  Orten. 

Bodoni  war  von  der  Natur  kräftig ,  schadete  sich  aber  durch 
Kr.inkln-it  und  übermässiges  Arbeiten.  Er  bezeichnete  sich  selbst  als  einen  Galeeren- 
sklaven  und  war  in  der  That  an  die  Druckerei  wie  angeschmiedet. 
Seit  Jahren  an  Podagra  leidend,  Hess  er  sich  durch  Schmerz  und 
Ungeduld  verleiten,  als  Kur  innerhalb  je  12  Stunden  36  Pfund  heisses 
Wasser  zu  trinken ,  und  er  würde  dies  noch  weitergetrieben  haben, 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  KOM ANISCHF.N  GRUPPE. 


237 


wäre  er  nicht  durch  Ohnmächten  daran  gehindert  worden.  Die 
Folge  war  eine  Schwächung  des  Magens,  die  nicht  wieder  gehoben 
werden  konnte.  Am  30.  November  181 3  unterlag  er,  und  am 
2.  Dezember  rief  die  grosse  Glocke  des  Domes  die  Bürger  Parmas 
zu  der  feierlichen  Beerdigung  ihres  hochverdienten  Mitbürgers. 

Bodonis  Denkmal  in  Saluzzo  wurde  am  20.  Oktober  1872  ein- 
geweiht. Es  stellt  ihn  in  ganzer  Figur  vor,  umgeben  von  den 
Werkzeugen  seiner  Kunst. 

Bodoni  leistete  vieles  ganz  ausserordentlich  Schöne,  doch 
entstanden  die  Produkte  seiner  Pressen  zumteil  mehr  aus  typo-  verdicke, 
graphischem  Ehrgeiz  als  aus  dem  Wunsch,  höheren,  veredelnden 
Zwecken  zu  dienen ,  wie  dies  in  der  Vergangenheit  das  Ziel  seines 
grossen  Landsmannes  Aldus  gewesen  oder  in  seiner  Zeit  das  der 
Didots  war.  Er  huldigte  öfters  zu  sehr  dem  Luxusdruck  ohne 
eigentlichen  Zweck.  Sein  Wirken  erhellte  deshalb  zwar  eine  Zeitlang 
den  typographischen  Himmel  Italiens,  es  war  jedoch  nicht  mit  dem 
erwärmenden,  fruchtbringenden  Licht  der  Sonne  zu  vergleichen, 
sondern  mehr  mit  der  prachtvollen,  die  Augen  entzückenden 
Erscheinung  eines  glänzenden  Meteors,  welches  ebenso  unvermutet 
zum  Vorschein  kommt,  als  es  rasch  verschwindet. 

So  finden  wir  bis  um  die  Mitte  unseres  Jahrhunderts  die  Typo- 
graphie und  das  Buchgewerbe  Italiens  in  einem  wenig  erfreulichen  HieTypournphie 

111  llali'-ii. 

Zustande.  Die  Zensur  war  eine  ausserordentlich  strenge  und  die 
Bücher,  die  in  einem  Teil  des  Landes  gedruckt  waren,  konnten 
nicht  unbehindert  in  einem  anderen  vertrieben  werden.  In  Neapel 
existierten  Zölle,  die  gleich  einem  Verbot  wirkten;  dabei  florierte 
der  Nachdruck  und  der  Verkehr  mit  dem  Auslande  bot  die  grössten 
Schwierigkeiten. 

Im  Jahre  1 833  gab  es  464  Buchdruckcrcicn  und  Buchhandlungen ; 
1835  wurden  2819  Werke  in  4295  Bänden  herausgegeben.    1836  si.nuii«:he%. 
zählte  man,  einschliesslich  der  offiziellen  Zeitungen  der  verschiedenen 
Staaten,  nur  185  Zeitschriften,  davon  26  in  Neapel,  19  in  Mailand, 
je  10  in  Rom  und  Turin,  je  8  in  Palermo  und  Florenz. 

Die  1848  in  Picmont  eingeführte  Pressfreiheit  trug  zwar  bald 
Früchte,  jedoch  datiert  der  eigentliche  Fortschritt  erst  von  der 
Einigung  Italiens.  1859  gab  es  gegen  600  Buchdruckereien  mit 
etwa  2000  Pressen.  Turin  hatte  780  Setzer,  164  Handpressen  und 


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238  DIE  ROMANISCHE  GRUPPfc.  VIII.  KAP. 

47  Schnellpressen,  bei  deren  Kinführung  man  nicht  daraufdrucken 
wollte,  bevor  die  Macht  des  Satans  über  sie  durch  Bcsprcngung 
derselben  mit  geweihtem  Wasser  seitens  eines  Geistlichen  beseitigt 
war.  1872  bestanden  bereits  91 1  Buchdruckereien,  in  welchen  745 
Schnellpressen,  2691  Handpressen  und  nahe  an  11  000  Personen 
beschäftigt  wurden.  Unter  den  1083  Buchhandlungen  verdienten 
allerdings  eine  ziemliche  Anzahl  kaum  diesen  Namen.  Viele,  selbst 
bekannte  Schriftsteller  mussten  ihre  Werke  auf  eigene  Kosten 
drucken  lassen. 

Die  buchhändlcrischc  Produktion,  welche  1863  4243  Werke 
betragen  hatte,  war  1872  auf  6798  neue  Werke  gestiegen.  6509 
Fortsetzungen  waren  noch  im  Gange,  wozu  noch  2666  Gesetze, 
Statuten  etc.  kamen,  so  dass  die  ganze  Produktion  1 5  973  Nummern 
betrug«. 

Im  Jahre  1869  war  die  Zahl  der  Zeitschriften  auf  450  ange- 
wachsen. Damals  zeigte  sich  die  grösstc  journalistische  Thätigkcit 
in  dem  Norden,  dem  eigentlichen  Herde  der  Freiheit  Italiens. 
Turin  zahlte  derzeit  über  100  Zeitschriften,  Mailand  80,  Florenz  51, 
Genua  37.  Zwei  Drittel  derselben  waren  politischen  Inhalts;  75 
erschienen  täglich ,  65  zwei- bis  dreimal,  179  einmal  wöchentlich. 
1872  war  die  Zahl  schon  723.  Obenan  stand  damals  Florenz  mit 
10 1,  während  Turin  auf  75  gesunken  war.  Im  Jahre  1873,  mit  1 126 
Zeitschriften,  hatte  Mailand  mit  seinen  137  den  Vorsprung  über 
Florenz  und  Turin  gewonnen,  Rom  zählte  109;  ihm  folgte  Florenz 
mit  107  auf  dem  Fussc,  dann  Turin  mit  85,  Neapel  mit  81,  Genua 
mit  51,  Palermo  mit  48,  Venedig  mit  38,  Bologna  mit  36.  Die 
Gesamtauflage  einer  Nummer  aller  Zeitschriften  betrug  i*>/,  Millionen 
Stück.  Die  Post  versandte  jahrlich  gegen  100  Millionen  einzelne 
Nummern.  Zeitungen  mit  einer  allgemeinen  giossen  Verbreitung 
gab  es  in  Italien  nicht;  jedes  Städtchen  hängt  an  seinem  Lokal- 
blättchen. 

>  Diese  Angaben  sind  ().  (  Vn  iNos,  /m  st,tmf«i  / w'rv//<w,  il  tommerco  Jti  Ubri 
t  la  tipokTafia  in  Italia,  Mailand  1875,  entnommen.  Das  P.uch  enthalt  eine  sehr 
sorgfältige  Zusammenstellung  der  periodischen  Presse,  die  zuerst  anlässlich  der 
Wiener  Ausstellung  l S73  ausgearbeitet  war,  und  muss  zugleich  als  eine  ganz 
vorzügliche  typographische  l.ei-lung  galten.  Vvrgl.  auch  „Zur  (beschichte  der 
Presse  in  Italien",  Prut/'  Museum,  Leipzig;  Paulo  I.iov,  „Über  die  geistige 
Nahrung  des  italienischen  Volkes"  in  C.  I  lillebrands  Ittlia,  IM.  111,  S.  90. 


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VIII.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE.  239 

» 

Wie  rasch  Italien  sich  unter  seinen  neuen  Verhältnissen  ent- 
wickelt, geht  schon  daraus  hervor,  dass  1881  die  Zeitschriften  auf 
1854  gestiegen  waren,  unter  welchen  159  Tageszeitungen. 

Werfen  wir  noch  einen  Blick  auf  die  Pressthätigkeit  der  einzelnen 
Städte. 

VENEDIGS  hoher  typographischer  Ruhm  war  wie  sein  politischer 
zu  Grabe  getragen,  wennauch  einzelne  bedeutendere  Erscheinungen  vcn.d.c; 
sich  sporadisch  zeigten,  zu  welchen  Amsopous  vortreffliches 
Prachtwerk  Lc  fabbriche  pik  cospicue  di  Vttttzia,  zwei  Bände  in 
Folio,  gehörte.  Aus  alter  Zeit  hat  sich  nur  die  armenische  Offizin 
der  Mechitaristen  auf  der  Insel  S.  Lazaro  (I,  s.  1X6)  erhalten.  Das  M«iiiumi. •.. 
Kloster  entging  auf  Grund  seiner  wissenschaftlichen  Bestrebungen 
der  Aufhebung  unter  napoleonischer  Herrschaft  und  wurde  zu 
einer  armenischen  Akademie  erhoben ,  die  noch  existiert  und  für 
welche  die  Offizin  eine  Monatsschrift  Pastitavcb  (der  Polyhistor) 
druckt,  von  welcher  dreissig  Bände  erschienen.  Die  Akademie 
erwählte  auch  auswärtige  Mitglieder,  zu  welchen  Lord  Byron 
zählte,  der  oft  und  gern  dort  verkehrte  und  armenische  Studien  trieb. 
Zu  ihren  bedeutenderen  Leistungen  aus  neuerer  Periode  gehören 
der  Thesauriis  lingmic  armemeae  und  die  Chronik  des  Plusebius 
in  armenischer,  lateinischer  und  griechischer  Sprache,  sowie  das 
Dizionano  armcr.o-  Uttcralc.  Als  Probe  ihrer  Produktionsfähigkeit 
Hessen  die  Brüder -Typographcn  1837  die  Preces  saneti  Ntrcctis 
in  24  Sprachen  erscheinen  *. 

In  Udine  erschien  bei  den  Brüdern  Matiiuz/i  eine  schöne 
Ausgabe  von  Vitrwsii  Pollionis  Architecfura,  vier  Bände  in  Quart, 
1825. 

Ein  sonderbares  Schauspiel  vollzog  sich  am  25.  September 
1868  in  dem  Städtchen  Feltre,  an  welchem  Tage  unter  grossen  Pamhi.iCasuMi. 
Festlichkeiten  ein  Monument  des  Erfinders  der  Buchdruckerkunst 
—  selbstverständlich  nicht  Gutenbergs,  sondern  des  Italicners 
Pamkilo  Castaldi  —  enthüllt  wurde. 

Der  Prätor  Antonio  Cambruzzi  schrieb  um  1556  in  seiner 
Geschichte  der  Stadt  Feltre:  „Um  diese  Zeit  (1456)  lebte  Pamfiüo 
Castaldio,   Doktor  der  Rechte  und  Dichter,   in  Feltre,  der  die 

«  /Vinters  Rt&ster  1S74,  Dezl>r.  -  -Das  Jmirn.  f.  P..  1SS0  enthält  in  Nr.  2  im<l  j 
ilie  Schilderung  eines  Hesuches  Th.  (loehcls  in  dieser  Druckerei. 


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240 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Erfindung  (!)  der  Buchdruckerkunst  entdeckte  {!!).  Der  Burggraf 
Faust  lernte  von  ihm  diese  Kunst,  als  er  in  seinem  Hause  zu  Feltre 
wohnte,  um  die  italienische  Sprache  zu  studieren.  Er  führte  die 
Druckkunst  nach  Deutschland,  übte  sie  in  Mainz  und  bekam  nachher 
von  Einigen  den  Titel  des  ersten  Erfinders.  Andere  haben  diese 
Erfindung  einem  Deutschen  namens  Cuttembcrgo  aus  der  Stadt 
Strassburg  zugeschrieben,  allein  der  erste  Erfinder  ist,  „„wie  aus 
den  Chroniken  von  Feltre  erhellt4'",  Pamphilio  Castaldio  gewesen". 

Recht  schade  ist  es,  dass  diese  „erhellenden  Chroniken"  nicht 
existieren.  Indes  dies  geniert  die  „späteren  Zeugen44,  die  auf 
Cambruzzi  fussen  und  ihn  sogar  fälschen,  nicht,  wie  es  auch  Guten- 
bergs Manen  nicht  genieren  wird,  dass  seinen  Konkurrenten  in 
Feltre  und  Haarlem  Statuen  errichtet  wurden.  Fast  möchte  man 
aber  glauben,  dass  es  Italien  besser  angestanden  hätte,  der  Zierde 
der  italienischen  Typographie,  dem  Aldus  Manutius,  ein  würdiges 
Monument  zu  setzen,  statt  einer  mythischen  Person  zu  huldigen,  zu 
einer  Zeit,  wo  der  Nebel,  welcher  die  Geschichte  der  Erfindung 
bisher  umhüllte,  wenigstens  so  weit  zerstreut  ist,  dass  man  nicht 
Erfindern  h  la  Castaldi  und  Costcr  Denkmäler  errichten  sollte. 

In  jüngster  Zeit  hat  der  Vorsteher  des  Staatsarchives  zu 
Mailand,  Cesar  Cantu,  zwei  Urkunden  entdeckt,  nach  welchen  sich 
ergiebt,  dass  Castaldi  im  Jahre  1472  in  seinem  74.  Lebensjahre  als 
Lehrer  der  Buchdruckerkunst  von  dem  Herzog  Galeazzo  Maria 
Sforza  in  Mailand  nach  dort  berufen  und  dass  ihm  das  Recht  erteilt 
wurde,  eine  Druckerei  zu  eröffnen.  Wie  damit  eine  Erfindung  seitens 
des  Castaldi  bewiesen  werden  soll,  ist  nicht  leicht  ersichtlich'. 

Padua  beansprucht  den  etwas  zweifelhaften  Ruhm ,  in  seinem 
Padua.  sogenannten  Dantino  das  mit  der  kleinsten  Schrift  gedruckte  Buch 
hervorgebracht  zu  haben.  Im  Jahre  1834  hatte  bereits  Antonio 
Farina  eine  Schrift,  die  er  Occhio  di  viosca  (Fliegenauge)  nannte, 
geschnitten.  In  demselben  Jahre  trat  Claudio  Wilmant  mit  einer 
noch  kleineren,  Milanina,  hervor.  Nach  vielem  Herumirren  der- 
selben schloss  der  letzte  Besitzer  dieser  Schrift,  Giovanni  Gnocchi, 
1873  einen  Vertrag  mit  den  Gebrüdern  Sai.min  in  Padua  über  den 

»  A.  ]>KRMiARni-ZlNOIll-:i  UM  FT  \  Yalskcciii,  Intorno  a  P.  Gutaldi.  Mailand 
1S66.  —  A.  IU  I.  Como,  Mein,  deiht  ci/ta  ,/i  Fdtre.  Venedig  1710.  —  A.  v.  n.  Linuk, 
Miltenberg.  Stuttgart  1S78. 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DLR  ROMANISCHEN  GRUPPE. 


241 


Druck  einer  Ausgabe  von  Dantes  göttlicher  Komödie  ab  und  nach 
fünf  Jahren  erschien  dieselbe. 

Mailand  trug  durch  P.  E.  Giustis  Ausgabe  der  Famiglie 
celebri  di  Italia  des  Grafen  Pompco  Litta  zur  Ehre  der  Kunst  bei.  Mu.i  .nJ. 
Dort  wirkt  die  Anstalt  von  En.  Sonzogno  (gegr.  1861}  mit 
30  Schnellpressen  und  500  Personen  für  die  Herstellung  des  eigenen 
Verlags  der  Firma,  darunter  15  Zeitschriften.  Civelli  (1840)  hat 
Druckereien  in  Mailand,  Turin,  Verona,  Ancona  und  Rom ,  ausser- 
dem zwei  Papierfabriken  und  verlegt  fünf  Zeitschriften.  Er  druckt 
fast  alle  Arbeiten  für  die  italienischen  Eisenbahnen.  Ein  Riesenwerk 
ist  das  Vocabulario  universale  della  lingua  italiatia,  acht  Bände 
in  Quart. 

Was  den  lithographischen  Widerdruck  betrifft,  hat  Maitand 
zwei  vortreffliche  Repräsentanten  aufzuweisen,  Ulysses  Borzino  und 
seine  Frau,  die  beide  selbst  tüchtige  Künstler  sind. 

Was  Bodoni  für  die  Typographie  Italiens  gewesen,  war  die 
Familie  Pomua  in  Turin  für  den  Vcrlagshandel.  Die  von  derselben  F:..mii.  p...ni... 
J  8 1 S  begonnene  Collect  one  da  classici  Latini in  108  Banden  wurde 
1 83  5  beendigt.  Ihre  Biblioteca populäre  di  classici  autori,  1 00  Bände, 
in  16.  (1829)  gab  den  ersten  Impuls  in  Italien  zur  Verbreitung  guter 
Bücher  zu  den  billigsten  Preisen.  Nach  dem  Vorbilde  der  Penny 
Cyclopacdia  wurde  1842 — 1849  die  Encycbpedia  populäre,  zwölf 
Bande  in  Quart,  herausgegeben.  Glänzenden  Erfolg  erzielte  Cesar 
Cantus  S/oria  universale,  die  in  sehr  kurzer  Zeit  zwei  teuere  Auf- 
lagen und  eine  billige  erlebte.  Die  Firma  Pomua  &  Co.  unternahm 
die  Biblioteca  deW  Economista,  26  Bände,  und  ein  kolossales  Werk, 
Istituzioni  di  agricoltura. 

Am  1.  Februar  1855  ging  das  Pombaschc  Geschäft  mit  noch 
einigen  anderen,  kleineren  Geschäften  in  den  Besitz  der  Vnione 
tipografico-editrice  über,  die  unter  der  Direktion  Luigi  Pomp.as  eine 
grosse  Wirksamkeit,  namentlich  in  enzyklopädischer  Richtung, 
entwickelte  und  Filialen  in  Rom,  Neapel  und  Pisa  gründete.  Neue 
grossartige  Werke  der  Firma  waren  das  Wörterbuch  von  Nie. 
Tommaseo,  acht  Bände  in  Quart;  die  Encycbpedia  di  chimica, 
zehn  Bände  in  Quart,  und  die  Prachtausgal>e  von  A.  Palladios 
Eabbriche  etc.,  fünf  Bände  in  Fol.,  ferner  die  italienischen  illustrierten 
Ausgaben  der  Werke  Brehms,  Darwins  u.  a. 


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242 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Ausser  durch  die  eigene  Vcrlagsthätigkcit  zeichnete  sich  Jon. 
Pomba  durch  seine  allerdings  ohne  Erfolg  gebliebenen  Bestrebungen, 
den  italienischen  Buchhandel  nach  Art  des  deutschen  zu  organisieren, 
aus.  Um  sich  naher  mit  dem  Betrieb  des  letzteren  bekannt  zu 
machen,  besuchte  Pomba  die  Leipziger  Messe  und  licss  1869  eine 
Broschüre  Informasionc  dclla  fiera  di  Lipsia  erscheinen. 

Grosse  Anstrengungen  machte  die  königliche  Druckerei  in 
Turin  in  den  Händen  der  Firma  Paravia  (Vigliardi),  die  auch 
Filialen  in  Mailand,  Florenz  und  Rom  errichtete.  Schöne  Arbeiten 
lieferten  in  Turin  ebenfalls  Bona,  sowie  Chikio  &  Mina.  Unter  den 
Arbeiten  der  letzteren  ragt  die  Geschichte  des  Klosters  Alfa  Comba 
in  Folio  mit  Kinfassungen  in  Golddruck  im  Geschmack  des  XV.  Jahr- 
hunderts hervor. 

In  Fl.OKHNZ,  das  durch  Verbindung  vieler  Eigenschaften 
Hören/  (geographische  Lage,  allgemeine  Bildung,  Reinheit  der  Sprache, 
Tüchtigkeit  der  Setzer}  geeignet  wäre,  ein  Leipzig  Italiens  zu 
werden,  lieferte  1825  Molini  eines  der  schönsten  Druckwerke 
Italiens,  die  vom  Grossherzog  von  Toscana  veranstaltete  Pracht- 
ausgabe der  Opcrc  di  Lorcnzo  de  Media' ,  vier  Bände  in  Gross- 
Ouart.  Markingh  ,  erst  in  Florenz,  dann  in  Tricst,  zeigte  in  Tassos 
Gcrusalcmtnc  libcrata,  zwei  Bände  in  Gross-Folio,  1820,  und  in  den 
Mouuuicns  stpulcraux  de  Toscam',  1821,  feinen  Geschmack  und 
grosses  Geschick.  Eines  der  bedeutendsten  Werke  der  letzten  Zeit 
ist  das  in  der  Tipografia  Cknniniana  auf  1648  zweispaltige  Seiten 
gedruckte  Vocabulario  Italiano  von  P.  Fanfani,  Rigutini  und 
F.  Corridi.  Als  Drucker  und  Verleger  bedeutend  ist  G.  Bariikra;  er 
ist  durch  seine  Diamant- Ausgaben  italienischer  Klassiker  bekannt. 

Florenz  hat  einen  Cercolo  tipograftco ,  in  dem  Prinzipale  und 
Gehülfen  zwanglos  verkehren.  Hier  erscheint  auch  seit  1869  das  in 
würdiger  Weise  von  Sai.v.  Lanih  geleitete  und  typographisch  sehr 
gut  ausgestattete  Journal  VAitc  dclla  stampa.  Als  Organ  der 
Gehülfen  dient  //  tipografo  (Turin <.  Scncßldcr  ist  der  Titel  einer 
in  Turin  in  italienischer  und  französischer  Sprache  erscheinenden 
lithographischen  Monatsschrift. 

R<  )M  hatte  zwar  nie  einen  ersten  Platz  in  der  typographischen 
Geschichte  eingenommen,  sank  jetloch  in  der  Periode  von  1750  ab 
tiefer  als  man  hatte  erwarten  sollen.  Das  einzige  Institut  von  einiger 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  RRUPPE. 


243 


Bedeutung  war  die  Druckerei  der  Propaganda  (I,  s.  186) Ihren 
Flor  verdankt  sie  dem  gelehrten  Prälaten  Leo  Allacci  (Allatius), 
den  Kardinalen  Antonclli,  Ruggieri,  Spinelli,  Consalvi  und  Zurla, 
sowie  den  Monsignoren  Ricci,  Amaducci  und  Borgia.  Eine  solche 
Stellung  jedoch,  wie  dies  Institut  hätte  einnehmen  können  und  sollen, 
wurde  nicht  erreicht.  Nicht  nur  andere  Staatsanstalten,  sondern 
auch  Privatdruckcrcien  anderer  Lander  überflügelten  weit  die 
Propaganda.  1812  ward  sie  zeitweilig  ganz  unterdrückt,  hob  sich 
jedoch  spater  wieder.  Die  von  Napoleon  geraubten  Schriften  kamen 
wieder  nach  Rom  zurück.  Besonders  der  Papst  Pius  IX.  nahm  sich 
der  Anstalt  an  und  ernannte  1865  den  verdienten  Ritter  Marietti 
zum  Direktor,  der  1872  seine  Stelle  niederlegte  und  von  Federioo 
Meeandri  gefolgt  wurde.  Unter  den  seit  1865  entstandenen  Werken 
tlcr  Offizin  sind  zu  erwähnen  der  Bibliorwn  Sacrorum  Codex 
Vaticanus,  mit  den  Typen  des  Tischendorfschen  Codex  Sinai ticus 
gedruckt,  und  eine  Oratio  dominica  in  250  Sprachen,  die  trotz  der 
Schriftcnmannigfaltigkcit  zeigt,  dass  die  Anstalt  nicht  auf  der  Höhe 
der  Jetztzeit  steht2. 

Eine  I  Iofbuchdruckerci  Stamperia  camcrale  wurde  1834  sehr 
hübsch  in  dem  Palast  Cornaro  eingerichtet.  Im  Jahre  1 88 1  gab  es 
in  Rom  53  Buchdruckereien  mit  172  Schnellpressen  und  129  Hand- 
pressen. Die  Zahl  der  Gehülfen  war  722,  der  Lehrlinge  268.  Die 
grösste  Zahl  der  Schnellpressen,  31,  und  ebenso  viele  Handpressen 
beschäftigte  die  „Aktienbuchdruckerei".  Bedeutend  sind  ferner: 
Civeli.i,  Botta-s  Nachfolger,  mit  11  Schnellpressen  und  81  Setzer; 
die  Druckerei  der  Nationalbank  mit  8  Schnellpressen  und  1 1  Hand- 
pressen; Moeina  mit  16  resp.  8. 

NEAPEL J  sucht  in  seinen  Leistungen  nicht  zurückzubleiben. 
Anceli  &  Sohn  liefern  viele  Accidenzicn.    Dort  gelangte  eines 

1  Propaganda,  Spermien  charaderum.  Rom  1S43.  —  Ca/.  til*rorum  qui  ex 
typo^r.  S.  Congr.  etc.  prmüerunt.  Rom  1 773. 

1  A.Mackik's  ftafy and France  bringt  in  dem  iMterxww  und  dem  Appendix  A 
die  Schilderung  eines  Besuchs  des  bekannten  englischen  Zcitungsdruckcrs  in  der 
Propaganda.  Eine  Äusserung  von  ihn»  wird  in  Deutschland  interessieren:  „Ich 
bemerkte  nicht  eine  einzige  Maschine  englischen  Ursprungs.  Bereits  in  England 
war  mir  gesagt  worden,  dass  die  englischen  Maschinen  überflügelt  seien. 
Deutschland  hatte  hier  alles  geliefert,  selbst  eine  kleine  I'alzmaschinc". 

3  (ilt  STIMANl,  Sat^io  sulla  lipo^rafia  dti  reyio  di  Na\>oli.    Neapel  1791. 

16* 


244 


DIE  ROM  ANISi  HR  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Neapel.  der  prachtvollsten  Sticliwerke  der  Neuzeit  zur  Ausführung,  das 
von  Piranesi  Vater  und  Sohn  herausgegebene:  Antike  Denkmäler 
Roms.  In  der  Kunst,  die  Monumente  und  Ruinen  darzustellen, 
sind  die  beiden  Meister  nicht  ubertroflen.  Der  Vater  Jon.  Baiti st 
j.  p.  pirancM  Piranesi  aus  Venedig  lieferte  die  ersten  1 6  Bande  und  der  Sohn 
Franz  Piranesi  setzte  das  Werk  fort.  Nach  verschiedenen  Schick- 
salen liess  sich  letzterer  in  Paris  nieder.  Na|x>leon  begünstigte  ihn 
sehr  und  es  wurde  der  Beschluss  gefasst,  von  Staatswegen  das 
Werk  für  300  ooo  Franken  und  ein  Jahresgehalt  an  Pcranesi  von 
1 2  000  Franken  zu  erwerben.  Das  Unglück  in  Moskau  verhinderte 
die  Vollziehung  des  betreffenden  Dekretes,  jedoch  erwarben  die 
Didots  das  grossartige  Unternehmen  von  29  Bänden  mit  über  2000 
Kupferstichen  im  grössten  Atlanten-Format. 

SPANIEN.    PORTUGAL.  SÜDAMERIKA. 

SlWNJKN  hat  wie  Italien  in  der  Periode  von  1750  ab  einen 
Spanien.  einzigen  hervorragenden  Namen  aufzuweisen,  während  seine  typo- 
graphische Geschichte  wenig  von  Bedeutung  verzeichnen  kann 

Der  Kammerdrucker  des  Königs,  Joachim  Ibarra  aus  Sara- 
j.  ii»arr.i.  gossa ,  war  der  Mann,  der  die  Buchdruckerkunst  in  Spanien  zu 
einer  dort  noch  nicht  gekannten  Höhe  erhob  und  einen  Wetteifer 
der  Buchdrucker  hervorrief,  der  sie  weiter  trieb,  als  200  Jahre  es 
vermocht  hatten.  Ibarras  Prachtwerke  zeichnen  sich  gleich  sehr 
durch  die  Schönheit  des  Druckes,  der  Typen  und  der  Illustrationen, 
sowie  durch  die  Glätte  des  Papiers,  und  durch  die  Korrektheit  aus. 

Unter  seinen  Druckwerken  sind  besonders  zu  nennen  die 
spanische  Übersetzung  des  Sallust  durch  den  Infanten  Don  Gabriel, 
mit  Illustrationen,  Folio,  1772;  eine  Dissertation  des  Fr.  Pcrez 
Bayer  über  die  phönizischc  Sprache,  Folio,  1772;  die  Pracht- 
ausgabe des  Don  Quixote,  vier  reich  illustrierte  Bände  in  Quart, 
1780;  Marianas  Geschichte  Spaniens,  zwei  Bände,  Folio,  1780. 
Ibarras  Witwe  setzte  das  Geschäft  in  rühmlichster  Weise  fort;  eine 
vorzügliche  Leistung  von  ihr  ist  das  Diccionario  de  la  lengua 
Ca  Stella  na,  Folio,  1803. 

«  ]•'.  Mf.ndkz,  Tipogrnfia  F.sp,mota.  Madrid  1861.  —  J.  K.  KquizabaI.,  //ist. 
de  la  IrjishitUvi  esfxwol.i  1480—  1873.  Madrid  1S79.  —  Attnuario  de/  eotnereio. 
Madrid 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE. 


245 


Für  die  Achtung,  welche  die  Spanier  ihrem  grossen  Dichter 
Cervantes  zollen,  spricht  der  Umstand,  dass  eine  Facsimile- 
Reproduktion  der  ersten  Ausgabe  der  Werke  desselben  (I,  s.  190), 
von  Francisco  Quijano  in  1500  Exemplaren  veranstaltet,  sofort 
vergriffen  war. 

Unter  den  neueren  Druckern  Madrids  werden  mit  Ruhm 
genannt:  Gaspar  &  Roix,  Callkja  Millado,  Man.  Rivadaneika  Madrid, 
(jetzt  Abelardo  de  Carlos  und  Sohn),  Juan  Aguado,  Ducazal, 
Joachim  Fontanet,  Gabriel  Albamra  u.  a.  Im  Jahre  1 88 1  hatte 
die  Stadt  104  Buchdruckercien,  110  Buchhandlungen,  64  litho- 
graphische Anstalten.  Die  Schriftgiessereien  sind  schwach  vertreten,  J-  *f™f° 
die  bedeutendste  darunter  ist  die  von  Juan  Aguado,  der  auch  die 
Fachzeitschrift  Bulletin  tipografico  herausgiebt.  Ein  zweites  Fach- 
blatt ist  die  Cronica  de  la  imprenta.  Von  Zeitschriften  erschienen 
206  (darunter  60  politische,  von  welchen  die  Correspondencia  die 
grösste  Auflage  [über  50000J  hat).  Die  spanische  illustrierte  Zeitung 
ist  eine  tüchtige  Leistung  A.  de  Carlos'  und  enthält  viele  gute 
Original-Illustrationen,  ebenso  El  musco  universal. 

Nächst  Madrid  ist  Barcelona  der  bedeutendste  Druckort. 
Die  dort  bestehende  Banknotendruckerei  unter  Direktion  von  Barcelona. 
Zaragozano  &  Jaime  ist  ganz  mit  französischem  Material  aus- 
gerüstet und  beschäftigt  über  60  Personen.  Früher  wurde  das 
spanische  Papiergeld  in  England  gedruckt.  In  Barcelona  erscheint 
auch  ein  Fachblatt  El  correo  tipolitografico  von  Cepherino  Gorchs. 
Die  Stadt  besass  1881  42  Buchdruckereien,  davon  6  mit  Dampf- 
und 10  mit  Gasbetrieb.  919  Personen,  95  Schnellpressen  (darunter 
81  französische),  6b  Handpressen  (darunter  nur  zwei  deutsche) 
waren  beschäftigt.  Ausserdem  zählte  man  dort  5 1  lithographische 
Anstalten,  57  Buchhandlungen  und  63  Journale. 

Das  in  Valencia  erschienene  Uayeri  opus  de  nummis  Hebrae- 
Samarithanis,  zwei  Bände  in  Quart,  1781  und  1790,  ist  ein  Werk,  Valencia, 
welches  eine  Vorstellung  giebt  von  dem,  was  die  Buchdruckerkunst 
in  Spanien  hätte  werden  können,  wenn  sie  genügende  Unterstützung 
gefunden  hätte  und  nicht  zugleich  mit  der  Entwickclung  der  allge- 
meinen Bildung  unter  unglücklichen  inneren  Verhältnissen  so  sehr 
gehemmt  worden  wäre. 


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24O 


IHK  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Wennauch  die  Typographie  in  PORTUGAL',  gleichwie  in 
i'oru.^ai.  Spanien,  im  allgemeinen  keine  besonders  hohe  Stufe  erklommen 
hat,  so  besitzt  das  Land  doch  eine  Anstalt,  die,  vortrefflich  geleitet, 
/„,/>,, ganz  Vorzügliches  leistet:  die  Imprcnza  National.  Sie  ist  durch 
Marquis  Pombai ,  den  bekannten  Staatsreformator  Portugals  unter 
der  Regierung  Josephs  I.,  ins  Leben  gerufen,  mit  der  Absicht,  eine 
Anstalt  wie  die  Pariser  königliche  Druckerei  zu  schaffen,  welche 
eine  Pflanzstatte  der  Kunst  werden,  zugleich  auch  billige  Unter- 
richtsbücher drucken  sollte. 

Das  Dekret,  welches  die  Iniptenza  Regia  anordnete,  datiert 
vom  24.  Dezember  1768.  Ein  Regierungspalast  wurde  ihr  ein- 
geräumt und  bereits  in  den  ersten  Tagen  des  Jahres  1 769  konnte 
sie  zu  arbeiten  beginnen.  Die  Leitung  ward  Miguel  Manescal  da 
Costa  ubertragen,  einem  vorzüglichen  Typographen,  dessen  Buch- 
druckerei,  sowie  die  Schriftgiesserei  des  J0Ä0  de  Vili>neuve  als 
Grundlagen  für  die  Staatsanstalt  angekauft  waren.  Einer  damit 
verbundenen  Gravierschulc  stand  der  geschickte  Joaouim  Carneiro 
da  Silva  vor.  Eine  Spiel  karten  fabrik  war  die  Melkkuh  des 
Instituts. 

Von  1769 — 1801  wurden  unter  da  Costäs  Direktion  1230 
Hände  gedruckt,  unter  welchen  viele  bedeutende  Erscheinungen. 
Nach  dessen  Tode  wurde  eine  Junta  administrativa  ernannt,  mit 
dem  gewöhnlichen  Erfolg  kollegialischer  Behandlung  technischer 
Geschäfte.  Im  Jahre  1810  schritt  man  zur  Ernennung  eines  General- 
Administrators  in  der  Person  Joaouim  da  Costas,  der  mit  einer 
kurzen  Unterbrechung  die  Leitung  der  Anstalt  bis  1833  behielt. 
Mit  dem  Sturze  der  Regierung  Dom  Miguels  wurde  die  Staats- 
druckerei dem  Ministerium  des  Innern  direkt  untergeordnet. 

Mit  der  1838  erfolgten  Wahl  des  Jose  Frederico  Pereika 

l  p  m;„«c«».  Marcecos  zum  Administrator  begann  die  Glanzzeit  der  Anstalt. 

Marcecos  bereiste  England,  Frankreich  und  Belgien  und  brachte 
die  Erzeugnisse  der  neuesten  Erfindungen  mit  nach  Hause.  Nach 
seinem  frühen  Tode,  1844,  wurde  die  Stelle  seinem  Bruder  Firmo 

r  \  M..r.  .  Augusto  Marcecos  anvertraut,  welcher  fortfuhr,  alle  Verbesserungen 
der  Neuzeit  einzuführen,  daneben  Lehrlingsschulen,  Hülfskassen 
u.  dgl.  errichtete.   Vom  Staate  erhält  die  Anstalt  keinen  Zuschuss, 

•  J.  Ku<;KLM  ANN,  llutoire  de  V/m^t im.ru  cn  Porttt^il.     Paris  1867. 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUi'PE. 


247 


sie  hatte  im  Gegenteil  bis  zum  Jahre  1873  an  diesen  drei  Millionen 
Franken  abgeliefert  und  beschäftigte  in  dem  genannten  Jahre  über 
300  Personen.  Zwei  Deutsche  haben  viel  zur  Hebung  der  Anstalt 
beigetragen:  Joseph  Leipolu,  der  Direktor  der  galvanoplastischen 
Abteilung,  und  Ignaz  Laukk,  Leiter  der  Schriftgiesserei.  Seit  1878 
ist  der  Vorsteher  Dr.  Venancio  Deslandes 

Die  zur  Weltausstellung  in  Wien  1873  gesandten  portu- 
giesischen, spanischen  und  englischen  Wörterbücher,  die  rot  und 
schwarz  gedruckten  Missale  und  Breviarum  Romanum,  die  Caria 
constitutional,  die  Werke  Camocns'  in  sechs  Banden,  vorzugsweise 
eine  in  zwölf  Sprachen  gedruckte  Episode  daraus,  Inez  de  Castro, 
waren  alle  in  dem  besten  Stil  und  vortrefflich  gedruckt. 

Auch  die  Wertpapiere  verdienten  alles  Lob,  jedoch  ergreift 
die  Anstalt  nicht,  wie  die  St.  Petersburger,  die  Initiative,  sondern 
benutzt  nur  geschickt  das  Vorhandene,  namentlich  die  Erzeugnisse 
Derrieys. 

Nicht  ganz  aufdersclbcn  Stufe  stehen  die  Gebrüder  Lau.emant-, 
sie  liefern  aber  sehr  beachtenswerte  Arbeiten,  ebenso  die  Gebrüder  oebr.  Laiitui..iit. 
Jose  de  Castro. 

Im  Jahre  1878  hatte  Portugal  118  Zeitungen,  darunter  66 
politischen  Inhalts;  die  älteste,  Revulucao  de  September %  existiert 
33  Jahre.  Die  Journale  sind  nicht  von  grosser  Bedeutung  und  nicht 
geeignet,  grosse  Erwartungen  von  dem  Standpunkte  der  Typo- 
graphie dort  zu  erwecken.    Seit  1 8S2  erscheint  Iii  Gntenberg. 

LISSAHON  hatte  1881  23  Buchdruckereien,  26  Buchhand- 
lungen, 56  Zeitschriften ;  Coimbra  10  Buchdruckereien;  Opokto 
56  Journale. 

SÜDAMERIKA.  Ein  grösserer  typographischer  Kontrast  als 
zwischen  Nord-  und  Südamerika  ist  kaum  denkbar.  Fort  währende  Südamerika. 
Revolutionen  und  Kriege,  der  Einfluss  einer  unwissenden  Geistlich- 
keit und  die  Indolenz  der  Volker  haben  ein  intellektuelles  Leben, 
infolge  davon  auch  ein  Gedeihen  der  Buchdruckerkunst  nicht 
aufkommen  lassen. 

>  Hcricht  über  die  Nation.ddruckcrei  in  Lissabon.  1S73.  Ik'utsch  und 
Fran/.ösisch.  —  A.  M.  AbkANClIKS  l»K  Kikuo,  Calal^o  des  olmts  htift;  de  J.  A.  de 
Muedo.  Lissabon  IN49.  —  Caracteres  de  la  imfrenza  Real  01  1 793- 

2  Inioo,  I.aUemant  fr'eres. 


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248 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Buenos  Aires,  welches  53  Buchdruckereien,  59  Buchhand- 
Uh.ji.-js  Airvs.  lungen,  24  lithographische  Anstalten  und  27  Zeitschriften  aufweist, 
feierte  am  9.  Juli  1876  die  hundertjährige  Betreibung  der  Buch- 
druckerkunst. Es  wurde  beschlossen,  Gutenberg  und  dem  Einfiihrer 
seiner  Kunst  Don  Juan  Jose  Vertiz  ein  Denkmal ,  in  einem  Obelisk 
bestehend,  zu  errichten  und  einen  Preis  für  die  beste  Bearbeitung  der 
Geschichte  der  Buchdruckerkunst  in  der  Argentinischen  Republik 
auszustellen.  1872  erhielt  Buenos  Aires  eine  illustrierte  Zeitung: 
El  Plata  iüustrado '. 

In  Rio  DE  Janeiro  wurde  ebenfalls  das  hundertjährige  Jubel- 
k.u  <k  j.inciro.  fest  am  9.  Juli  1 880  abgehalten.  Ausser  in  Rio  sind  nicht  viele 
Buchdruckereien  in  Brasilien  inThatigkcit.  Manche  der  Arbeiter,  die 
im  ganzen  genommen  schlecht  bezahlt  werden  und  für  Extraarbeit 
keine  Entschädigung  erhalten,  sind  Sklaven.  Schlaffheit  herrscht 
von  oben  bis  herab  auf  den  Laufburschen.  Die  Zahl  der  Zeitungen 
war  1878  297.  Südamerika  hat  im  ganzen  17  deutsche  Zeitungen, 
von  welchen  11  auf  Brasilien,  4  auf  die  argentinische  Republik,  je 
eine  auf  Uruguay  und  Chile  kommen. 

Lima  besitzt  21  Buchdruckereien,  11  Buchhandlungen,  11  litho- 
graphische Anstalten  und  13  Zeitschriften.  St.  Jago  DI  Cmi.E 
hat  11  Buchdruckereien,  Valparaiso  7. 

Auf  Cuba  befanden  sich  52  Offizinen,  50  Buchhandlungen, 
10  lithographische  Anstalten  und  47  Zeitschriften  erschienen  dort. 
MEXICO  hat  zwischen  50 — 60  Offizinen,  davon  23  in  der  Stadt 
Mexico,  daneben  1 1  lithographische  Anstalten,  16  Buchhandlungen. 
PüEBLA  weist  8  Buchdruckcrcien  auf. 

NORDAFRIKA.    DER  ORIENT. 

NORDAFRIKA  hatte  bereits  wahrend  des  ägyptischen  Fcld- 
Noriufhka.  zugs  Bonapartes  eine  typographische  Werkstatte  (S.  172)  und 
durch  die  Besitzergreifung  von  ALGERIEN  ist  diese  Provinz  eine 
Pflanzstätte  der  Kultur  in  Afrika  geworden.  Es  besitzt  heute  schon 
29  Buchdruckereien,  18  lithographische  Anstalten  und  54  Buch- 
handlungen, davon  sind  in  der  Stadt  ALGIER  9  Buchdruckereien, 
8  lithographische  Anstalten,  10  Buchhandlungen;  in  CoNSTANTINE 

'  f.  M.  Orri  ii.mi.z,  PtHiojr.  de  hi  prim.  imprenta  de  Iiuen*s  Aires.  1*66. 


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VIII.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  ROMANISCHEN  GRUPPE. 


249 


rcsp.  3,  2,  5;  in  Oran  rcsp.  3,  3,  10.  Von  Zeitschriften  erscheinen 
35  in  12  Städten,  davon  in  Algier  18,  unter  welchen  das  offizielle 
Journal  Mobachcr  in  arabischer  und  französischer  Sprache.  Der 
Buchhändler  Bastide  hat  sehr  zur  Verbreitung  der  Litteratur  bei- 
getragen. 

In  AGYPTKN  wurde  von  Mehemed  Ali  eine  Buchdruckerei 
in  Boulak  errichtet,  man  hatte  aber  sehr  mit  der  Abneigung  der  Ägyi.^n. 
Muselmänner  gegen  gedruckte  Bücher  zu  kämpfen.  In  den  letzten 
50  Jahren  sind  etwa  250  Werke  aus  den  dortigen  Pressen  hervor- 
gegangen. Von  Privatpressen  entstanden  verschiedene,  unter 
welchen  die  von  Mustapha  Wahahi  nennenswert  ist. 

Die  Lithographie  wurde  1834  eingeführt.  Da  die  verschiedenen 
graphischen  Anstalten  in  den  Händen  von  Franzosen  sind  und 
die  Arbeiten  durch  Franzosen  ausgeführt  werden,  so  kann  die 
mitunter  sehr  hübsche  Produktion  eigentlich  nicht  von  nationaler 
Bedeutung  sein. 

Von  Zeitungen  erscheinen  etwa  25  in  arabischer,  französischer, 
griechischer,  italienischer  und  englischer  Sprache.  Sie  stehen  unter 
Zensur  und  nach  erfolgter  Warnung  kann  Unterdrückung  statt- 
finden. 

Im  Jahre  1878  hatte  der  Bei  von  Tunis  ein  Druckerei  errichtet 
und  der  Kaiser  von  Marokko  beabsichtigte  ebenfalls  in  Fez  eine 
solche  anzulegen.  Von  zwei  wöchentlichen  Zeitungen  erscheint  eine 
in  Ccuta,  eine  in  Tanger. 

Der  Buchhandel  in  Kairo  ist  ziemlich  lebhaft.  Die  Buchhändler 
sind  meist  Gelehrte  und  nicht  so  fanatisch ,  wie  z.  B.  in  Damaskus,  Buciih.ui.id. 
wo  sie  nur  ungern  Bücher  an  Christen  verkaufen.  Es  ist  dies 
namentlich  mit  den  Koran -Ausgaben  der  Fall,  welche  abgesondert 
oder  unter  besonderem  Verschluss  aufbewahrt  sind.  Die  Bücher 
liegen  übereinandergeschichtet.  Der  Einband  ist  von  Leder  oder 
gewöhnlicher  Pappe,  der  Titel  wird  auf  den  Schnitt  oder  auf  ein 
auf  den  Umschlag  geklebtes  Blatt  geschrieben.  Zwischen  alten  und 
neuen  Exemplaren  wird  nicht  der  strenge  Unterschied  gemacht, 
wie  in  dem  europäischen  Buchhandel.  Einige  Buchhändler  debitieren 
nur  die  von  ihnen  verlegten  Bücher,  andere  sind  Sortimentshändlcr 
nach  unseren  Begriffen.  Ein  fester  Ladenpreis  existiert  nicht  und 
die  Schwankungen  sind  oft  bedeutend. 


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250 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


EUROPÄISCHE  TÜRKEI.  Die  nach  dem  Tode  des  verdienten 
i  i.r-p.iM.in:  Forderers  der  Typographie  Ibrahim  Efkenih  (I,  s.  2S1)  in  der 
Entwickelung  derselben  eingetretene  Stockung  fand  erst  unter  der 
Regierung  Abdul  Hamids  eine  Unterbrechung.  Reschid  Effendi, 
der  Schatzkanzler,  und  Achmed  Wassif  Effendi,  der  Reichshistorio- 
graph,  erhielten  Auftrag,  nach  dem  Verbleib  der  in  Stillstand 
geratenen  Buchdruckerei  Said  EfTendis  Untersuchungen  anstellen 
zu  lassen.  Der  grösste  Teil  derselben  wurde  auch  glücklich  auf- 
gefunden, restauriert  und  dann  die  Pressen  in  Skutari  wieder  in 
Gang  gesetzt.  Zu  Direktoren  dieser  neu  entstandenen  Reichs- 
druckerei ernannte  der  Sultan  Mustafa  und  Adam  Encndi,  ersterer 
Rechtsgclehrter ,  letzterer  Geistlicher.  Heide  nahmen  sich  ihres 
Amtes  mit  Eifer  an  und  viele  Werke,  die  sich  durch  gute  Aus- 
stattung auszeichneten ,  gingen  aus  der  Anstalt  hervor.  Eines  der 
schönsten  Erzeugnisse  der  orientalischen  Druckkunst  ist  Makkisada 
Mustafa  EfTendis  Kommentar  zur  Burda,  einem  Lobgedicht  auf 
den  Propheten,  in  einem  Quartb  ind  von  621  Seiten.  Eine  weitere 
lange  Liste  fremdartiger  Titel  hier  folgen  zu  lassen  dürfte  keinen 
Zweck  haben. 

Nach  einer  kurzen  Blüte  folgte  wieder  Stillstand  unter  der 
kmk^  .n«  u.i.i  Regierung  Sclims  III.  und  wahrend  des  Anfangs  der  Regierung 

neu-  r  Aul- 

Mahmuds  des  Grossen.  Nachdem  jedoch  durch  Ausrottung  der 
Janitscharen  Ruhe  im  Innern  hergestellt  war  und  Mahmud  sich  den 
Werken  des  Friedens  widmen  konnte,  kam  die  Reihe  auch  bald  an 
die  Staatsdruckerei.  Im  Jahre  1831  wurde  dieselbe  von  Skutari 
wieder  nach  Stambul  übergeführt  und  erhielt  dort  eine  grosse 
Lokalität.  Neue  Pressen  wurden  aus  London,  neue  Typen  aus 
Venedig  eingeführt  und  Arbeiter  namentlich  aus  Deutschland 
herbeigeschafft. 

Min  rascher  Aufschwung  machte  sich  bemerkbar.  Die  überall 
versteckten  Schatze  der  türkischen  Litteratur  wurden  gesammelt, 
um  in  guten  und  billigen  Ausgaben  dem  Volke  zugänglich  gemacht 
zu  werden.  Man  veröffentlichte  die  Werke  der  Reichsgeschichts- 
schreiber und  liess  viele  tüchtige  Fachwerke,  namentlich  militärische 
und  medizinische,  aus  europäischen  Sprachen  übersetzen. 

Nach  einer  Glanzperiode  von  etwa  zwanzig  Jahren  trat  unter 
Abdul  Aziz  und  unter  unglücklichen  politischen  und  finanziellen 


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VIII.  KAP.  DIE  ZWEIGE  I>EK  ROMANISCHEN  CKUPPi:.  25 1 

Konjunkturen  ein  Rückgang  ein,  der  erst  unter  Abdul  Mcdschid 
aufhörte. 

Konstantinopel  besitzt  vier  kaiserliche  Druckereien,  zwei 
unter  Leitung  des  Ministeriums  des  Innern,  von  welchen  die  eine  ict/.-.r/nM.m.i. 
sich  mit  der  Herstellung  von  allen  offiziellen  Aktenstücken,  die 
andere  sich  mit  Bücherdruck  beschäftigt.  Die  dritte,  unter  das 
Kriegsministcrium  ressortierende  Druckerei  dient  nur  militärischen 
Zwecken;  die  vierte,  mit  welcher  eine  lithographische  Anstalt  für 
die  Arbeiten  des  Gencralstabes  verbunden  ist,  befindet  sich  in  dem 
Palast  Dolma-Bagdsche  und  steht  unter  der  unmittelbaren  Leitung 
des  Palastmarschalls.  Die  Ausführung  der  öffentlichen  Arbeiten 
ist  eine  durchweg  gute. 

Von  Privatdruckereien  waren  1880  etwa  25  vorhanden,  unter 
welchen  sich  die  Offizinen  des  armenischen  und  des  griechischen 
Patriarchen,  sowie  die  des  Gross- Rabbi  befinden.  Von  litho- 
graphischen Anstalten  gab  es  ebensoviele.  Die  Zahl  der  Schnell- 
pressen war  gegen  70,  der  Tret-  und  Handpressen  120,  beschäftigt 
waren  gegen  500  Personen.  In  den  nationalen  Sprachen  erschienen 
etwa  200  Werke. 

Das  Zeitungswesen  entstand  erst  spät.  Im  Jahre  1852  erschien 
in  Smyrna  der  Spcctateitr  de  V  Orient,  1831  wurde  der  Monitcur 
ottoman  [Wckaje)  gegründet,  der  später  auch  türkisch  gedruckt 
wurde.  Nach  den  offiziellen  Angaben  aus  dem  Jahre  1X78  erschienen 
in  Konstantinopel  72  Zeitungen  und  Zeitschriften,  unter  welchen 
30  Tagesblätter.  Von  den  Zeitschriften  sind  16  in  türkischer,  20  in 
französischer,  1 2  in  griechischer,  1 3  in  armenischer  Sprache.  Line 
Verordnung  von  1879  verbot,  vor  6  Uhr  türkischer  Tageseinteilung 
(ungefähr  unsere  Mittagsstunde)  die  Zeitungen  auszugeben,  was 
für  diese,  deren  Verteilung  sonst  um  6  Uhr  früh  stattfand,  ein 
grosser  Schlag  war.  Eine  illustrierte  Zeitung  Afttsstwcri  Tnrkvstan 
(Illustrierte  Türkei),  herausgegeben  von  der  Gesellschaft  der  Freunde 
des  Vaterlandes,  erscheint  wöchentlich. 

In  Smyrna  gehörten  die  ersten  Pressen  (seit  1658)  den  Juden; 
dann  folgten  die  Christen  und  schliesslich  die  Türken.  Line  erfolg-  A»»t.  n.ru.. 
reiche  Thätigkeit  entwickelte  mit  sehr  geringen  Mitteln  das  Kloster 
M  \r-1  I  anna  auf  einem  steilen  Abhänge  des  Berges  Kesroan  gelegen. 
Die  dortige  Druckerei  ist  1732  von  dem  Priester  Abdallah  Ben 


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252 


DIE  ROMANISCHE  GRUPPE. 


VIII.  KAP. 


Zacher  gegründet,  welcher  selbst  das  nötige  I  landwerkszeug  fertigte, 
Typen  schnitt  und  goss,  dann  abwechselnd  als  Setzer  und  Drucker 
arbeitete.  Noch  vor  dem  Jahre  1794  erschienen  dort  gegen 
40  Werke.  In  SAFAD,  am  westlichen  Ufer  des  Sees  Tiberias,  war 
eine  hohe  Schule  fiir  arabische  und  hebräische  Gelehrsamkeit, 
welche  eine  Druckerei  besass,  die  jedoch  im  Jahre  1759  durch 
ein  Erdbeben  zerstört  wurde.  Berühmt  durch  ihre  vortrefflichen 
arabischen  Drucke  ist  die  Offizin  der  amerikanischen  Missions- 
gesellschaft in  Beirut. 

Cypcrn.  Auf  der  Insel  C\TERN  erscheinen  jetzt  drei  englische  und  zwei 

griechische  Zeitschriften. 

Nach  PERSIEN  kam  die  Buchdruckerkunst  1S20  und  zwar  nach 

Pcr«c».  TEHERAN  und  Tamms.  Über  die  weiteren  Fortschritte  verlautet  so 
gut  wie  nichts.  Bei  seiner  Anwesenheit  in  Wien  anlässlich  der 
Ausstellung  1873  beabsichtigte  der  Schah  Nasser -Eddin  die  erste 
Schnellpresse  zu  bestellen.  Seit  1872  erscheint  in  Teheran  eine 
Zeitung  fürPersicn,  zu  welcher  der  Schall  selbst  Beiträge  liefert, 
zumeist  Schilderungen  seiner  Jagdabenteuer. 

Eine  grosse  Schwierigkeit  für  die  Verbreitung  der  Typographie 
in  Persien  bildet  das  hohe  Ansehen,  in  welchem  die  Schönschreibe- 
kunst steht,  und  der  hohe  Grad  von  Vollkommenheit,  welchen  sie 
erreicht  hat.  Wird  einmal  zur  mechanischen  Vervielfältigung 
gegriffen,  so  ist  die  Lithographie  viel  leichter  als  die  Typographie 
imstande,  die  wunderbaren,  mit  Gold  und  Farben  geschmückten 
Schriftzüge  wiederzugeben.  Auf  eine  schnelle  Verbreitung  von 
Gutenbergs  Kunst  in  Persien  ist  deshalb  nicht  zu  rechnen. 


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DRITTES  BUCH. 

DIE  G  Ii  R  MANISCHE  GRUPPE. 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH. 


U  der  GkkmanISCIIEN  Gruitk,  mit  welcher  dieser 
geschichtliche  Überblick  schliesst,  gehören  in  erster 
Reihe  die  zu  einer  bibliopolisch  -  typographischen 
Einheit  verbundenen  zwei  Kaiserstaaten  DEUTSCH- 
LAND und  ÖSTERREICH -UNGARN,  sowie  die 
SCHWEIZ;  in  zweiter  Linie  die  stammverwandten 
skandinavischen  Reiche:  DÄNEMARK,  SCHWEDEN  und  NOR- 
WEGEN. An  obige  schlicssen  sich  in  dritter  Reihe  die,  wennauch 
der  Gruppe  national  fremd,  zumteil  sogar  feindlich  gegenüber 
stehenden  SLAWISCHEN  und  MAGYARISCHEN  LÄNDER,  welche 
nicht  nur  ihr  typographisches  Material,  sondern  auch  die  arbeitenden 
Kräfte  hauptsächlich  Deutschland  entnehmen  oder  wenigstens  bis 
vor  kurzem  entnahmen. 

Eine  Eigentümlichkeit  dieser  Gruppe,  soweit  ihre  Angehörigen 
germanischen  Ursprungs  sind,  ist  die  Verwendung  der  von  den  zwei 
anderen  Gruppen  fast  ganz  ausgeschlossenen  Frakturschrift.  Trotz- 
dem ist  diese,  wie  bekannt,  nicht  die  alleinheirschende  geblieben. 
Von  der  Fraktur  „will",  von  der  Antiqua  „kann"  man  nicht 
lassen.    So  hat  sich  ein  geschäftlicher  Usus  eingebürgert,  dem- 


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256 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH. 


zufolge  den  beiden  Schriften  in  dem  eigentlichen  Büchcrdruck  fast 
ahnliche  Stellungen  zugewiesen  werden,  wie  sie  im  Altertum  die 
hieratischen  und  demotischen  Schriften  Ägyptens  innehatten,  sodass 
die  Antiqua  mehr  die  Schrift  der  Eingeweihten  blieb,  während  die 
Fraktur  mehr  die  Volksschrift  wurde.  Zu  den  Werken  der  strengeren 
Wissenschaften  und  zu  Prachtausgaben  verwendet  man  vorzugs- 
weise die  aristokratischere  Antiqua,  zu  den  Erscheinungen  der 
schönwisscnschaftlichen  und  populären  Litteratur,  zu  Unterrichts- 
und Andachtsbüchern  dient  hauptsächlich  die  populärere  Fraktur1. 
Die  Accidenzien  fallen  in  ganz  überwiegender  Weise  der 

o  o 

Antiqua  zu ,  dagegen  die  Zeitungen  fast  ausnahmslos  der  Fraktur. 
Und  so  wird  es  wahrscheinlich  noch  lange  Zeit  bleiben*. 

Diese  Doppelheit  in  der  Schrift  trägt  allerdings  eine  grössere 
Vielseitigkeit  zur  Schau,  hat  jedoch  für  die  deutschen  Buch- 
druckereien  den  Nachteil  gehabt,  dass  diese  gleichmässig  reich  mit 
Antiqua-  und  Frakturschriften  ausgestattet  sein  müssen.  Somit 
schliesst  jede  Offizin  eigentlich  zwei  Druckereien  in  sich:  eine  für 
Arbeiten  in  Fraktur,  eine  zweite  für  die  in  Antiqua,  so  dass 
bei  einem  gleichen  Quantum  von  Schrift  eine  französische  oder 
englische  Offizin,  weil  nur  nach  einer  Richtung  hin  ausgestattet, 
quantitativ  fast  eine  doppelt  so  grosse  Leistungsfähigkeit  als  eine 
deutsche  besitzt. 

«  Zwei  wertvolle  neuere  Einlagen  in  der  Streitfrage  „Antiqua  oder  Fraktur" 
sind:  1'.  Soi.NNk.CKi  n,  Das  deutsche  Schriftwescn  und  die  Notwendigkeit  setner 
Reform,  Nonn  tSSi,  und  Dr.  Johann  Kki.i.k,  Die  deutsche  »nd  die  lateinische 
Schrift,  Separatabdrtick  aus  der  Kundschau  1SS2. 

*  Um  zu  einiger  Klarheit  über  das  Verhältnis  der  Antiqua  /.u  der  Fraktur 
in  der  deutschen  Typographie  zu  kommen,  hat  der  Verfasser  dieses  Üuches 
eine  Zählung  der  littelarischen  Kr/cugiiisse  des  Jahres  1S81  nach  dein  I Iinrich^- 
schen  Katalog  unternommen.  Von  14  320  Nummern  sind  8894  mit  Fraktur, 
5426  mit  Antiqua  gedruckt  (gleich  62  zu  38  l'roz.).  In  zwei  grosse  Gruppen 
nach  den  obigen  Andeutungen  der  praktischen  Verwendung  geteilt,  giebt  die 
„wissenschaftliche  Gruppe"  7142  Werk«,  davon  2896  mit  Fraktur,  4246  mit 
Antiqua  (gleich  40  zu  60  Proz.);  die  zweite  Gruppe,  die  „populäre  l.iltcraturL, 
weist  717S  Werke  auf,  davon  5908  mit  Fraktur,  1 1S0  mit  Antiqua  (gleich  S3  i/j 
zu  Proz.).    Zeitungen  >ind  hierbei  nicht  mitgezählt,  wohl  aber  Wochen- 

und  Monatsschriften.  Wie  fibcmicgcnd  die  Antiqua  in  dem  Acciden/faclic 
verwendet  wird,  zci^l  z.  15.  eine  genaue  Aufstellung  der  C  G.  Naumannschen 
Aecidenzdruckerei  in  Leipzig,  nach  welcher  von  9447  Aufträgen  in  dem  Jahre 
187S  nur  i6t  in  Fraktni schrift  bestellt  waren. 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH. 


257 


Was  den  deutschen  Arbeiter  betrifft,  so  vereinigt  er  in  sich 
vielleicht  mehr  als  der  irgend  eines  anderen  Landes  die  mancherlei 
Eigenschaften ,  die  dem  Typographen  eigen  sein  müssen.  Er  ist 
selbständiger  im  Arbeiten  und  leistet  aus  eigenem  Antrieb  in  der 
Regel  mehr,  als  ein  anderer,  weshalb  man  auch  fast  nie  „schlechte" 
Arbeiten  aus  Deutschland  sieht.  Seine  Fähigkeiten  sind  vielseitiger; 
er  bringt  es  aber  selten  zur  Virtuosität  in  einem  einzelnen  Fach 
und  es  ist  schwer,  ihn  zur  Überschreitung  der  Grenzen  des  ihm 
„Gut  genug"  scheinenden  zu  bringen.  Das  mag  wohl  auch  darin 
liegen,  dass  es  in  vielen  Fällen  nicht  anders  mit  den  Prinzipalen, 
den  Verlegern,  den  zeichnenden  Künstlern  und  den  sonst  Beteiligten 
steht.  So  selten  das  wirklich  Schlechte  ist,  dem  man  in  der 
französischen  Typographie  täglich  begegnet,  so  selten  trifft  man 
auf  vollendete,  stilvoll  durchgeführte  Leistungen  in  Deutschland. 
Viel  Schuld  dabei  trägt  die  Verwendung  der  Antiqua  und  der 
Fraktur  nicht  nur  „neben",  sondern  geradezu  „unter"  einander. 
Die  richtige  Behandlung  der  beiden  Schriftarten  beruht  jedoch  auf 
abweichenden  Grundsätzen;  es  kommt  deshalb  trotz  sonstiger  Vor- 
züge der  Arbeiter  selten  zu  einem  fest  ausgebildeten  Geschmacke. 

Was  in  Bezug  auf  Deutschland  gesagt  wurde,  gilt  auch  von 
Österreich,  welches  namentlich  im  Accidenzfachc  hinter  Deutsch- 
land nicht  zurücksteht,  in  dem  xylographischen  Farbendruck  es 
sogar  übertroffen  hat.  Auch  UNGARN  nimmt  an  den  Bestrebungen 
teil.  Die  Schweiz  und  die  Skandinavischen  Länder,  die,  was 
Material,  Schriften  u.  dgl.  betrifft,  hauptsächlich  von  Deutschland 
abhängig  waren,  schlössen  sich  ganz  der  deutschen  Schule  an  und 
liefern  jetzt,  wennauch  nicht  gerade  viel  Hervorragendes,  so  doch 
sehr  viel  Beachtenswertes.  Die  SLAWISCHEN  LÄNDER  machten 
wesentliche  Fortschritte  und  leisten  zumteil  Gutes,  jedoch  stehen 
im  allgemeinen  die  Erzeugnisse  dieser  Länder  etwas  zurück  und  es 
wird  wohl  aus  leicht  begreiflichen  Gründen  auch  noch  einige  Zeit 
darüber  vergehen,  ehe  sie  eine,  derjenigen  der  grossen  Kulturländer 
ebenbürtige  Stellung  einnehmen  werden. 

Die  Pressvcrhältnisse,  die  Technik  und  die  Industrie  in  Deutsch- 
land waren  zur  Zeit  des  allgemeinen  Aufblühens  der  Typographie 
zu  Beginn  des  XIX. Jahrhunderts  nicht  derart,  dass  die  Notwendig- 
keit des  Maschinenbetriebes  so  wie  in  England  und  Amerika  sich 

'7 


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258  EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH. 

von  selbst  aufgedrängt  hätte.  Es  kann  deshalb  Deutschland  nicht 
so  sehr  zur  Last  fallen,  dass  es  die  erste  Ausbeutung  der,  die  Typo- 
graphie umgestaltenden  deutschen  Erfindung  der  Schnellpresse, 
sowie  die  ersten  Verbesserungen  und  die  spätere  Vervollkommnung 
derselben  dem  Auslande  überliess,  so  dass  die  Erfindung  sozusagen 
erst  wieder  aus  dem  Auslande  importiert  werden  musste.  Sobald 
die  Verhältnisse  sich  jedoch  einigermassen  besser  gestalteten ,  hat 
es  gezeigt,  dass  es  in  der  Technik  und  Mechanik  nicht  allein  nicht 
zurückgeblieben,  sondern  auf  dem  besten  Wege  ist,  sich  den  Welt- 
markt zu  erobern. 

Wie  in  der  Typographie  macht  sich  auch  in  der  XYLOGRAPHIE 
eine  doppelte  Strömung  geltend.  Der  echte  deutsche  Holzschnitt 
der  Gegenwart  lehnt  sich  an  die  Arbeiten  der  Meister  aus  der 
Renaissancezeit  an  und  seine  Technik  ist  geradezu  ein  Gegenstück 
zu  dem  englischen.  Der  „tüchtige"  deutsche  Xylograph  unterordnet 
sich  vollständig  dem  Zeichner  und  entsagt  dem  Ruhm,  auf  Kosten 
des  Urhebers  der  Zeichnung  ein  schaffender  Künstler  zu  sein.  Er 
ist  bestrebt,  jeden  Strich  genau  so  wiederzugeben,  wie  er  in  der 
Zeichnung  dasteht.  Er  lässt  nichts  weg,  setzt  nichts  hinzu.  Der 
deutsche  Holzschnitt  steht  deshalb  öfters  gegen  den  englischen  in 
der  glänzenden  Technik  zurück,  aber  er  hat  den  Vorzug,  die 
Zeichnung  in  ihrem  eigentümlichen  Charakter  wiederzugeben  und 
er  verdient  deshalb  die  lebhafteste  Unterstützung  der  Künstler. 

Während  die  Geschichte  der  Buchdruckerkunst  in  Frankreich 
und  England  ziemlich  mit  der  Schilderung  der  typographischen 
Wirksamkeit  der  beiden  Metropolen  Paris  und  London  zusammen- 
fiel, lagen  die  Verhältnisse  in  Deutschland  etwas  anders. 

Zwar  besitzt  das  deutsche  bibliopolisch- typographische  Reich 
in  LEIPZIG  einen  Mittelpunkt  des  Verkehrs,  der  in  mehrfacher 
Hinsicht  einzig  in  seiner  Art  dasteht;  zwar  haben  sich  in  Leipzig, 
einer  Provinzialstadt  mittleren  Umfanges,  durch  die  eigene  Kraft 
und  Thätigkcit  bei  kluger  Benutzung  günstiger  Umstände  nicht 
allein  der  ganze  Kommissionsbuchhandel,  sondern  auch  eine 
grossartige  Verlags-  und  typographische  Wirksamkeit  entwickelt, 
und  die  Stadt  gilt  noch  heute  mit  Recht  als  das  Zentrum  der 
bibliopolisch-graphischen  Thätigkcit  Deutschland-Österreichs.  Es 


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EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH. 


259 


war  jedoch  in  den  Verhältnissen  begründet,  dass  Berlin  mit  der 
zunehmenden  Wichtigkeit  der  Machtstellung  Prcusscns  mehr  und 
mehr  ein  Sammelpunkt  wissenschaftlicher,  künstlerischer  und 
journalistischer  Kräfte  werden  und  damit  für  den  Buchhandel 
und  die  Typographie  eine  hohe,  sich  namentlich  über  den  Norden 
erstreckende  Bedeutung  gewinnen  musste.  Dass  dies  in  einem 
noch  weit  höheren  Masse  von  der  jetzigen  Reichshaupt-  und 
Millionenstadt  gilt,  bedarf  kaum  der  Erwähnung. 

Andererseits  entwickelte  sich  in  dem  Süden  ein  in  mancher 
Beziehung  schon  aus  religiösen  Gründen  von  dem  nordisch- 
protestantischen  abweichendes  Geistesleben ,  das  in  seiner  Sonder- 
richtung zumteil  von  divergierenden  politischen  Neigungen  genährt 
wurde.  München,  das  durch  seine  Stellung  in  Kunst  und  Wissen- 
schaft und  durch  seine  Bedeutung  als  Hauptstadt  des  zweitgrössten 
Staates  Deutschlands  zur  Führung  des  Südens  berechtigt  war, 
wusste  nicht  diese  Berechtigung  geltend  zu  machen.  Wie  im 
Zentrum,  so  gelang  es  auch  im  Süden  einer  Mittelstadt  durch 
günstige  Verhältnisse,  Rührigkeit  und  Intelligenz  den  ersten  Platz 
einzunehmen  und  es  wurde  STUTTGART  möglich,  wennauch  nicht 
Leipzigs  Bedeutung  für  das  Ganze,  so  doch  eine  bevorzugte  Stellung 
für  den  süddeutschen  Buchhandel  zu  erreichen  und  letzterem  eine 
gewisse  Selbständigkeit  in  dem  deutschen  bibliopolisch -typogra- 
phischen Reich  zu  erwerben. 

Eine  ausschliessliche  Konzentration  fand  mit  alledem  nicht  in 
den  drei  erwähnten  Emporien  statt.  In  Nürnberg,  Augsburg  und 
Frankfurt  a.  M.  lebten  die  alten  Traditionen  noch  lange  fort;  die 
freien  Ifansastädte  waren  nicht  Provinzialstädte  im  englisch- 
französischen Sinne  geworden,  und  in  mancher  der  kleinen 
Residenzen  spross  öfters  ein  unabhängiges  reiches  Kulturleben 
hervor.  Während  in  Frankreich  z.  B.  ein  in  Nantes  oder  Bordeaux, 
in  England  ein  in  Liverpool  oder  Manchester  erschienenes  Verlags- 
werk, welches  sich  Geltung  zu  verschaffen  wusste,  ein  Phänomen 
blieb,  war  es,  um  in  Deutschland  mit  einem  Werke  durchzudringen, 
nicht  notwendig,  dies  in  Leipzig,  Berlin  oder  Stuttgart  erscheinen 
zu  lassen,  wenn  dies  auch  seine  geschäftlichen  Vorteile  hatte.  Ein 
Verleger  in  Braunschweig,  Gotha,  Altcnburg  oder  in  jeder  anderen 
kleinen  Druckstadt  konnte,  wenn  er  der  rechte  Mann  und  seine 

'7* 


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26o 


EINFÜHRUNG  IN  DAS  DRITTE  BUCH. 


Artikel  gute  waren,  diese  zur  Geltung  bringen.  Infolge  davon 
verbreiteten  sich  auch  die  typographischen  Anstalten  gleichmassiger 
über  das  ganze  Reich. 

Dies  war  der  Segen  der  eigentümlichen  Organisation  des 
deutschen  Buchhandels,  der  in  der  Zeit  der  nationalen  Drangsale 
Deutschlands  fast  das  einzige  Band  war,  welches  das  politisch 
zersplitterte  Reich  zusammenhielt. 

Solange  der  politische  Druck  auf  Österreich  und  seiner  Haupt- 
stadt lastete,  war  es  mit  dem  Press-  und  Buchgewerbe  dort  nur 
kümmerlich  bestellt.  Es  konnte  jedoch  nicht  fehlen,  dass  mit  dem 
Fallen  der  Fesseln  dies  anders  werden  musste.  Es  war  nicht  denkbar, 
dass  Wien,  damals  im  Range  die  dritte  der  Weltstädte,  sich  einer 
Provinzialstadt  Mitteldeutschlands  bibliopolisch  und  typographisch 
unterordnen  sollte.  In  rapider  Weise  entwickelte  sich  dort  der 
Verlag  und  die  Buchdruckerkunst  und  um  die  Kaiserstadt  herum 
gruppierten  sich  nun  wieder  die  Provinzialstädte  des  Reiches,  die 
früher  vollständig  isoliert  gestanden  hatten. 

So  sehen  wir  nunmehr  das  deutsche  Pressgewerbe,  unter 
Beibehaltung  seines  eigentümlichen  Wesens,  namentlich  in  vier 
Emporicn  repräsentiert:  Lf.IPZIC.  im  Zentrum,  BERLIN  im  Norden, 
Stuttgart  im  Süden,  Wien  im  Osten,  während  die  übrigen  Teile 
und  Städte  Deutschland  -  Österreichs  sowohl  als  der  von  diesem 
geschäftlich  abhängigen  Umländer,  je  nach  Lage,  Sympathien  oder 
nach  der  politischen  oder  geschäftlichen  Attraktionskraft  der  Mittel- 
punkte,  sich  um  diese  gruppieren. 

Von  einer  scharfen  Abgrenzung  kann  dabei  selbstverständlich 
nicht  die  Rede  sein.  Da  es  jedoch  die  Übersicht  sehr  erleichtert, 
den  massenhaften  Stoff  nach  den  natürlichen  Kreisen  zu  scheiden, 
so  ist  diese  Vierteilung  für  die  folgenden  Kapitel  beibehalten,  jedoch 
unter  Voranstellung  einer  Gesamt -Übersicht  der  Schriftgießerei, 
der  Xylographie,  der  Maschinenfabrikation  und  sonstiger  für  die 
Gesamtheit  gleichen  Verhältnisse. 


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IX.  KAPITEL. 

ALLGEMEINER  ÜBERBLICK 

ÜBER  DAS  DEUTSCHE  PRESSGEWERBE. 

<!edriickter  Zustand  des  Pressgewerbes.  Nachdruck  und  Presspolizei.  Die 
kaiserl.  Bucherkoinmission.  Die  Presse  in  den  ein/einen  Bundesstaaten.  Die 
nationale  I.ittcratur.  Reform  des  Buchhandels.  Der  Börsenverein.  Die 
Bücherproduktion.  Der  Buchdrucker- Verband  und  der  Prinzipal  -Verein. 
Statistisches.  Die  Papierfabrikation.  Die  Buchbinderkunst,  der  Massen- 
einband und  die  Handarbeit. 


ER  gedrückte  Zustand,  in  welchem  wir  das  deutsche 
Pressgewerbe  zum  Schluss  der  früheren  Periode  ver-  Gedruckter  Zu- 

,.  /T  ^»n,  ...        .  |  .  ...  .       sland  de*  Prcsi- 

ltcssen  (1,  S.  ioö),  sollte  sich  noch  weit  über  den  gewerbe*. 
Schluss  des  achtzehnten  Jahrhunderts  ausdehnen. 
Der  siebenjährige  Krieg ,  die  Revolutionskriege ,  die 
Zwingherrschaft  Napoleons,  die  verkümmerten  national  -  ökono- 
mischen Verhältnisse  lasteten  schwer  auf  dem  ganzen  Volk  und 
auf  allen  gewerblichen  Verhältnissen,  begreiflicherweise  nicht  in 
letzter  Reihe  auf  Buchhandel  und  Bücherdruck.  Diese  hatten, 
ausser  mit  den  allgemeinen,  noch  mit  ihren  besonderen  Plagen, 
Nachdruck  und  Presspolizei ,  zu  kämpfen.  Ersterer  erhob  in  Der  Nachdruck, 
schamlosester  Weise  sein  Haupt  und  brachte  den  Verlagshandel 
um  die  Früchte  seiner  Opfer  und  seiner  Thatigkeit.  Unter  solchen 
Verhältnissen  konnten  keine  angemessenen  Honorare  gewährt 


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2Ö2 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


IX.  KAP. 


werden  und  die  schlecht  bezahlten  Autoren  versuchten  zumteil  ihr 
Heil  in  dem  Selbstverlage  ihrer  Werke  auf  Subskription  oder  durch 
Vereinigungen  zu  den  sogenannten  „gelehrten  Buchhandlungen", 
die  gewöhnlich  ein  trübes  Ende  nahmen  und  den  Verlagsbuchhandel 
noch  mehr  diskreditierten. 

Doch  nicht  allein  die  Nachdrucker,  sondern  auch  die  Polizei- 
L»ic  poii/ci    willkür  betrachtete  ein  Presserzeugnis  als  ein  herrenloses  Gut  und 

u  illkur 

die  Erzeuger  als  ausserhalb  des  Schutzes  der  Gesetze  stehend.  Es 
ist  nicht  gerade  notwendig,  den  extremsten  Kall ,  die  Erschiessung 
Palms  in  Braunau  am  26.  August  1806  durch  Napoleon,  herauf- 
zubeschwören, das  Dasein  der  der  Presse  Dienenden  war  ein 
Zustand  von  Hangen  und  Bangen,  der,  wennauch  nicht  das  Leben, 
so  doch  oft  Opfer  an  Gut  und  Freiheit  kostete. 

Mit  der  Verlegung  des  Schwerpunktes  der  Pressgewerbe  nach 
l>ic  Ljukcrlif.be  Leipzig  war  rechtlich  keine  Änderung  in  den  presspolizeilichen 
Mon  m>d  die  Verhältnissen  eingetreten.  Ein  kaiserliches  Edikt  vom  10.  Februar 
1746  beschäftigte  sich  sehr  eingehend  mit  der  Bücherzensur  im 
heiligen  römischen  Reich  und  spricht  „seine  sonderbare  Befremdimg" 
über  die  bisherige  Nichtachtung  der  Kcichsgesetze  aus.  Über  alle 
Einzelheiten  im  Buchhandel  und  Buchdruck,  selbst  über  Papier  und 
Schriften  wurden  Bestimmungen  getroffen.  Dieser  Standpunkt 
wiederholt  sich  in  den  Wahlkapitulationen  bis  1792.  Wie  die 
Keichsregierung  jedoch  selbst  klagt,  es  blieb  meist  bei  den  leeren 
Worten  und  die  kaiserliche  Bücherkommission  war  faktisch  seit 
Verlegung  der  Messe  nach  Leipzig  so  gut  wie  von  der  Bühne 
verschwunden.  Sie  wusste,  dass  sie  keinen  Gehorsam  finden  würde 
und  hielt  sich  deshalb  möglichst  hinter  den  Kulissen.  Somit  war 
die  Presse  fast  lediglich  von  der  Gesetzgebung  der  einzelnen  Staaten 
und  deren  Politik  abhängig;  von  einer  Einheitlichkeit  der  Press- 
gesetzgebung, der  Zensur  und  der  Presspolizei  war  keine  Rede'. 

Preussen  genoss  schon  vor  Friedrich  dem  Grossen  eine  gewisse 
Freiheit  und  letzterer  gewährte  den  Zeitungen  einen  noch  grösseren 
Spielraum  und  bediente  sich  sogar  derselben,  um  seine  Massregeln 

«  I.i'i".  IIohmann,  (beschichte  »ler  lUichcrzensur.  Merlin  1879.  —  I)k- 
Prcu>sischc  Prcssgcsctzgchiing  unter  Kricilr.  Wilhelm  III.  Leipzig  1S81. —  Kk.  Kait, 
Aktenstücke  zur  (Jcsch.  der  Prctiss.  Zensur  etc.  (Archiv  il.  P...15.-V.  iv).  Leipzig 
1S79.  —  k.L.Ptu  i/,Zur  (beschichte  <1.  l're.^c  in  Preussen  (Deutsch. Mus.  1857,  1 1). 


PrvusM.-». 


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IX.  KAP.         ÜBERBLICK  ÜBfcR  ÜAS  DEUTSCHE  PRESSGEWERBE.  263 


vorzubereiten  oder  zu  verteidigen.  „Die  Gazetten,  wenn  sie  inter- 
essant sein  sollen,  müssen  nicht  geniert  werden."  Doch  darf  man 
dieses  Wort  nicht  zu  genau  nach  dem  Buchstaben  nehmen.  Über 
Angriffe  auf  seine  Person  dachte  der  König  allerdings  sehr  liberal, 
dagegen  konnte  er  bei  Einmischung  in  seine  Verwaltung  unduldsam 
werden.  Die  Zensur  der  Schriften,  welche  das  Öffentliche  Recht 
behandelten,  übertrug  er  dem  Kabinettsministerium.  Im  Jahre  1747 
wurde  die  Berliner  Akademie  mit  der  Zensur  aller  Schriften  betraut. 
1749  erschien  ein  etwas  verschärftes  Zensuredikt,  welches  bis  zum 
Tode  Friedrichs  in  Kraft  blieb,  jedoch  mild  gehandhabt  wurde,  wie 
der  König  überhaupt  die  Presse  mit  mehr  Achtung  behandelte,  als 
man  damals  gewohnt  war. 

Nach  dem  Tode  Friedrichs  nahm  die  Lage  in  Preusscn  eine 
andere  Gestalt  an.  In  dem  Jahre  1788  erschienen  das  berüchtigte 
Religionsedikt  und  das  diesem  geistesverwandte  Zensuredikt  vom 
19.  Dezember  desselben  Jahres.  Natürlich  „wollte  man  den  Unter- 
thanen  alle  erlaubte  Freiheit  gern  akkordieren"  —  aber  „zugleich 
Ordnung  im  Lande  haben". 

Die  französische  Revolution  und  Napoleons  eiserner  Druck 
auf  Deutschland  hemmten  den  Fortschritt  gewaltig,  wennauch  sein 
Dekret  vom  5.  Februar  18 10,  durch  welches  die  Angelegenheiten 
der  Presse,  des  Buchhandels  und  der  Buchdruckerei  geordnet 
werden  sollten,  auf  Grund  der  Schwerfälligkeit  des  gesamten 
Apparates  in  seinen  Folgen  nicht  so  schlimm  wurde,  als  man  hätte 
befürchten  müssen'. 

In  den  nichtprcussischcn  Teilen  des  deutschen  Reiches  sah  es 
bald  besser,  bald  schlimmer  aus,  je  nach  dem  Vorgehen  der  Einzel- 
regierungen, denn  die  Reichsgesetze  hatte  man  entweder  im  stillen 
beseitigt  oder  sie  waren  gar,  wie  in  Holstein,  wo  die  danische 
Pressfreiheit  eingeführt  war,  offiziell  abgeschafft.  Auch  in  Mecklen- 
burg, Braunschweig,  Weimar,  Hessen -Darmstadt,  Nassau  bestand 
faktisch  Pressfreiheit,  ohne  dass  sie  rechtlich  garantiert  war.  In 
Hannover  waren  wenigstens  die  Werke  der  Professoren  der  Univer- 
sität Göttingen  zensurfrei.  In  Baden,  Dessau  und  den  freien  Reichs- 
städten, namentlich  in  Hamburg,  fand  die  Tagespresse  in  der  Regel 

1  K.ISikdkrmann,  Deutschland  iin  xvm. Jahrhundert.    I.  Bd.  2.Aufl.  Leipzig 
1880.  —  I  riedr.  Perthes'  Leben.  0.  Aull.  (Jotha  1872. 


264 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


IX.  KAP 


u..ycrn.     eine  sichere  Zufluchtsstätte.  Am  traurigsten  sah  es  in  Bayern  aus. 

Nach  einem  kurzen  Lichtblick  unter  der  Regierung  des  Kurfürsten 
Maximilian  III.  Joseph  war  ein  ganz  massloser  Druck  eingetreten, 
Württemberg,  und  auch  in  Württemberg  wurde  grosse  Härte  und  Willkür  geübt. 

Es  kam  dort  zu  Vorgängen  —  wie  gegen  den  Dichter  Schubart  — , 
die  sich  denen  der  Säbelherrschaft  Napoleons  nicht  unwürdig 
anreihen. 

In  den  geistlichen  Staaten  unterlagen  die  Presserzeugnisse 
Die  geistlichen  neben  der  weltlichen  Zensur  auch  noch  der  des  römischen  Stuhles 

Staaten. 

und  es  kamen  öfters  Fälle  vor,  dass  Schriften  auf  Befehl  Roms  nach- 
träglich konfisziert  wurden ,  nachdem  sie  bereits  die  Landeszensur 
passiert  hatten. 

Sachsen,  obwohl  der  Hauptsitz  des  Buchhandels,  war  nicht, 
s,ch&cn.  wie  man  es  wohl  hätte  erwarten  können,  geneigt,  zu  freisinnigen 
Prcssinstitutioncn  die  Initiative  zu  ergreifen,  um  damit  Leipzig  auch 
zum  Zentrum  der  wissenschaftlichen  Bewegung  und  der  Tagespresse 
zu  machen,  wie  es  der  Mittelpunkt  des  bibliopolischen  Verkehrs 
geworden  war.  Es  fehlte  sowohl  bei  der  Regierung  wie  bei  dem 
Volke  der  eigentliche  Schwung.  Schon  die  Religionsverschicdenheit 
der  Herrscher  und  des  Volkes  legte  der  freien  Behandlung  religiöser 
Fragen  Hindernisse  in  den  Weg.  War  man  jedoch  auch  nicht  frei- 
sinnig in  der  Gesetzgebung,  so  war  man  doch  in  der  Praxis  mild  und 
suchte  den  Buchhandel  auf  Grund  von  Leipzigs  Stellung  zu  dem- 
selben möglichst  zu  schonen*.  Die  Bücherkommission,  zu  welcher 
die  Regierung  Mitglieder  der  Universität,  des  Rats  und  später  des 
Buchhandels  ernannte,  verfuhr  mit  grösster  Schonung,  nur  über 
einen,  den  strengen  Zensor  Bei,  war  man  sehr  missgestimmt;  ja  es 
kam  so  weit,  dass  man  von  dem  Wegbleiben  der  Auswärtigen  von 
der  Messe  sprach. 

Mit  dem  Beginn  der  vorliegenden  Periode  beginnt  auch  das 
nie  11.iuon.tic  Aufblühen  der  nationalen  Litteratur,  die  zu  Ende  des  XV III.  und  zu 
Beginn  des  XIX.  Jahrhunderts  ihre  schönsten  Blüten  trieb.    Zu  der 
Zeitungslitteratur,  welche  sich  mit  Besprechung  oder  Kritik  der 
Zeits. rhriften.  öffentlichen  Zustände  beschäftigte,  gab  erst  A.  L.  v.  Schlözer  in 
Göttingen,  dem  K.  F.  v.  Moser  nacheiferte,  den  Anstoss.  Schlözers 

»   C.  15.  I.ORCK,  (»cscliichtc  des  Vereins  der  Buchhändler  ru  Leipzig. 
Leipzig  1883. 


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IX.  KAP.        ÜBERBLICK  ÜBER  DAS  DEUTSCHE  PRRSSGEWERBE. 


265 


Staatsanzeigen  1782— 1793  hatten  zurzeit  4000  Abnehmer  und  waren 
selbst  in  den  höchsten  Kreisen  beachtet.  Von  da  ab  wurden  alle 
Verhältnisse  in  den  Wochen-  und  namentlich  in  den  Monatsschriften  DcrBuchhuuki. 
erörtert  und  um  1785  gab  es  400 — 500  Zeitschriften.  Die  politische 
Tagesschriftstellerei  war  damals  noch  nicht  ein  förmliches  Gewerbe, 
die  Unternehmer  waren  meist  Professoren  und  Gelehrte,  die  Bücher- 
käufer bestanden  hauptsächlich  nur  aus  Gelehrten,  Bibliotheken  und 
Beamten,  deren  begrenzte  Mittel  sie  jedoch  gewöhnlich  zwangen, 
sich  auf  das  Nötigste  zu  beschränken.  Das  übrige  Publikum  begnügte 
sich  nicht  selten  mit  fader  Untcrhaltungslitteratur.  Ein  direktes 
Eingreifen  des  Buchhandels,  um  neue  litterarische  Erscheinungen 
hervorzurufen,  war  nur  selten  bemerkbar,  der  buchhändlerischc 
Unternehmungsgeist  war  noch  nicht  erwacht. 

Erst  mit  Erikdr.  Arnold  Brockhaus  beginnt  das  eigentliche 
tendenziöse  Eingreifen  der  Verleger,  welche  die  Verbreitung  wirk- 
licher allgemeiner  und  politischer  Bildung  ins  Auge  fassten.  Aber 
welche  Quelle  der  Sorgen  und  Plagen  sollten  ihm  und  seinen 
Gesinnungsgenossen  aus  solchem  Beginnen  erwachsen1! 

Eine  Reform  des  buchhändlei  ischen  Geschäftsbetriebes  war 
schon  in  der  letzten  I  Iälfte  des  xvm.  Jahrhunderts  versucht  worden,    r«*..™  «j™ 

UiKjlih.niikU. 

namentlich  richteten  sich  die  Bestrebungen  auf  die  Unterdrückung 
des  Nachdrucks  und  auf  Gleichmässigkeit  und  Ordnung  in  den 
Rechnungsverhältnissen.  Ph.  E.  Reich  in  Leipzig  gelang  es  1765, 
den  ersten  Buchhändler -Verein  zustande  zu  bringen,  doch  war  die 
Wirksamkeit  desselben  keine  grosse  und  er  verschwand  bald  ganz. 
1792  versuchte  P.  G.  Kummer  in  Leipzig  wieder  einen  solchen  zu 
begründen,  jedoch  erst  der  durch  C.  C.  Hurvati  1  aus  Potsdam 
hervorgerufene  Börsenverein 2  war  von  Dauer  und  aus  ihm  entstand 
1824  erst  der  wirkliche,  jetzt  noch  bestehende  Börsenverein  der 
Deutschen  Buchhändler,  dem  es  namentlich  durch  die  unermüdlichen 
Anstrengungen  des  1833  am  25.  Februar  gegründeten  Leipziger 
Buchhändler -Vereins  und  durch  die  liberale  Unterstützung  der 


"  II.  Ii.  HkOi'KHAt's,  Kricdricli  Arnold  lirockhaus.  Sein  Leben  und  Wirken. 
3  Ilde.    Ixnp/.ii;  1872. 

-  Kr.  1'  ROM  Mann  ,  (Jeschichte  des  Mörsenvereins.  —  Der  Horscnbau 
(Kap.  11  in  Ix>RCKS  (leseh.  d.  Vereins  d.  Muchh.  zu  Lcip/.iy).  —  Statut  des  Mörsen- 
Vereins  vom  25.  April  1880. 


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266 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


IX  KAP. 


Sächsischen  Regierung  gelang,  am  l.  Mai  1836  sich  in  dem  eigenen 
stattlichen  Börsengebäude  versammeln  zu  können. 

Seit  der  Zeit  ist  der  Verein  ruhig  fortgeschritten  und  zählte 
ii(.r«nv«;rcin.  i882  1480  Mitglieder.  Sein  Maus  besitzt  er  seit  1869  vollständig 
schuldenfrei;  ausserdem  eine  höchst  wertvolle,  in  ihrer  Art  einzig 
dastehende  Fachbibliothek  und  reiche  Sammlungen  für  die  Geschichte 
der  graphischen  Künste einen  Verlag  fachgeschichtlicher  Schriften, 
ein  wohlgeordnetes  Finanzwesen  und  ein  Vermögen  von  nahe  an 
400000  Mark. 

Ein  wesentlicher  Einfluss  auf  die  Gesetzgebung  über  das 
litterarische  Eigentumsrecht  und  auf  die  Ordnung  der  Verhältnisse 
der  Presse  ist  dem  Verein  durch  das  Vertrauen  der  Regierungen 
zugefallen.  Einige  in  letzter  Zeit  in  seinem  Schosse  entstandene 
Differenzen,  die  aus  den  Versuchen  entsprangen,  dem  Verein 
Machtbefugnisse  beizulegen ,  die  ihn  berechtigt  haben  würden ,  in 
geschäftliche  Verhältnisse  des  Einzelnen  einzugreifen,  waren  nicht 
derart,  um  für  den  so  fest  begründeten  nützlichen  Verein  Gefahren 
zu  bereiten. 

Das  Vereinsorgan  ist  das  1S34  gegründete,  seit  1867  täglich 
erscheinende  „Börsenblatt  für  den  deutschen  Buchhandel"'';  dieses 
im  Verein  mit  dem  „Naumburgschcn  Wahlzettel14,  „Schulz'  Adress- 
buch für  den  deutschen  Buchhandel"  und  dem  „Hinrichsschen 
Bücherverzeichnisse"  sind  geschäftliche  Hülfsmittel  von  grossem 
Werte,  wie  sie  in  dieser  Ausdehnung  keine  andere  buchhändlerische 
Organisation  besitzt  '. 

Fast  gleichzeitig  mit  der  Gründung  des  Börsenvereins  und  des 
Auf^iiwunj  .«er  Leipziger  Buchhändler -Vereins  war  die  grosse  politische  Bewegung 
infolge  der  Julirevolution  in  Baris  1830  und  die  bedeutenden 
technischen  Verbesserungen  der  Typographie  eingetreten.  Die 
Produktion  kam  nun  rasch  in  Fluss  und  trat  in  mancher  Beziehung 
in  andere  Bahnen  ein.    War  der  Buchhändler  früher  weniger  ein 

«  Katalog  der  Uibl.  des  Börsen-Vereins.   I*cip/.ig  1S69.   Nachtrag  1870. 

-  hin  Jahrgang  des  Börsenblattes  bildet  jetzt  vier  Quartbände,  zusammen 
in  einem  Umfange  von  gegen  6000  Seiten.  Suit  1856  wurde  es  von  Jul.  Krauss 
redigiert. 

»  l„  1!kk<:i:r,  Die  Anfänge  der  period.  Littcratur  des  Buchhandel»  (Puhl,  d. 
B.-B.A  .  11).  Leipzig  1S75. 


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IX.  KAP.         ÜBtKlXICK  OltEK  DAS  DEUTSCHK  PKES5GEWERBE.  267 


Spekulant  gewesen,  so  wurde  er  jetzt  vielfach  ein  Bücherfabrikant 
und  unterlag  als  solcher  mehr  als  sonst  den  Schwankungen  der 
Zeitverhältnisse '. 

Die  ZEITSCHRIFTEN,  selbst  die  belletristischen,  schlugen  unter 
Fuhrung  des  jungen  Deutschlands  mehr  oder  weniger  eine  tendenziös-  i>ic  iiiu>tn«ricu 
politische  Richtung  ein.  Daneben  wucherte  die  Broschürenlittcratur 
in  üppigster  Fülle. 

Geradezu  umwälzend  wirkte  1832  das  Krschcincn  des  Pcnny 
mngaaiiie  (s.  94)  auf  die  deutsche  Joumallitteratur.  Ks  entstanden 
die  verschiedensten  Nachahmungen  und  selbst  die  Verleger  der 
nichtillustrierten  Blätter  waren  wenigstens  bemüht,  diese  durch 
Bilderprämien,  zuerst  Stahlstiche  und  schwarze  Lithographien, 
später  Chromolithographien,  unter  Zuhülfenahme  der  Colportage 
„bis  in  die  Hütten"  zu  verbreiten.  Den  Pfennigblättern  folgte  1843 
die  „Illustrierte  Zeitung".  Auch  der  Humor  machte  unter  Vortritt 
der  „Fliegenden  Blätter"  (1845)  seine  Rechte  in  einer  Reihe  von 
periodischen  Schriften  geltend ,  in  welchen  hauptsächlich  die  litho- 
graphische Federzeichnung,  bei  welcher  der  Künstler  ohne  die 
Dazwischenkunft  eines  Anderen  seiner  Laune  die  Zügel  schiessen 
lassen  konnte,  Verwendung  fand. 

Im  Gefolge  der  illustrierten  Blätter  und  unterstützt  durch  die 
grossen  Fortschritte  der  Holzschneidekunst  stellten  sich  die  zahl-  n.c  Kalender 
reichen  Volkse  AI. EN  DER  ein,  von  denen  der  von  Fr.  W.  Gubitz 
(1S33;  herausgegebene  der  reichste  an  Inhalt  sowie  an  Illustrationen, 
zugleich  der  am  weitesten  verbreitete  war.  Leider  wurde  dieser 
volkstümlichsten  und  bei  ehrlichem  Streben  sehr  beachtenswerten 
Gattung  von  Presserzeugnissen  nicht  allein  durch  die  Höhe  der 
daraufgelegten  Stempelsteuer,  sondern  noch  mehr  durch  die  mit 
der  Erhebung  derselben  in  der  Zeit  der  Vielstaaterei  und  der 

«  <_».  A.Si  HCl  ./..Her  Uuchhandel  (Schiede*  IL-mdclslexikon).  —  A.  SciiOkm  \nn, 
Der  Uuchhandel  (Picrcrs  l  nivcrsallcxikun).  K.  Ui'oimr,  Schriftsteller  um! 
Verleger  vor  100  Jahren.  — •  Dr.  A.  Klkc'liilOI  I- ,  I.illei.ilur  und  Uuchhandel  am 
Sellins*  des  XVIII.  Jahrh.  —  J.  II.  Mi  vi.k,  Die  genossenschaftlichen  buch- 
handlun^cn  des  X\ III.  Jahrh.  (Archiv  d.  D.  IJ.-II.-V.  n).  Leipzig  1S79.  —  A.  Pkin/., 
Der  Uuchhandel  von  1815  bis  /um  Jahre  1S63.  7  Teile.  Altona  1855 — 186}. 
E.  Hkrgkr,  Aus  dem  Uuchhandel  vor  50  Jahren  (Puhl.  d.  U.-U.-V.  n).  l*-i|i/.ig  1S75.  — 
Derselbe,  Der  deutsche  Uuchhandel  in  d.  J.  1S15— 1867  (Arch.  d.  U.  -U.-V.  Ii). 
Leipzig  1879.  —  K.  UlXIlNEK,  beitrage  zur  Gesch.  d.  buchhandcls. 


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268 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


IX.  KAP. 


ausgebildetsten  Zollplackerei  verbundenen  Schwierigkeiten  sehr 
gehemmt  und  den  Verlegern  eine  Quelle  des  fortwährenden  Ver- 
drusses und  Nachteils  eröffnet. 

Die  Illustration  bemächtigte  sich  jedoch  nicht  nur  der  Journal- 

Dic  illustrierten 

litteratur,  sondern  es  entstanden  auch  illustrierte  Lieferungswerke 
in  grosser  Zahl,  welche  bei  der  Erscheinungsweise  in  Heften  zu 
5  oder  höchstens  10  Groschen  leicht  Eingang  fanden,  bis  Miss- 
brauch der  Geduld  und  der  Kasse  des  Publikums  sie  in  Misskredit 
brachte. 

Den  Reigen  begannen  Werke  mit  lithographischen,  zumteil 
kolorierten  Bildern,  dann  folgten  solche  mit  Stahlstichen,  Holz- 
schnitten und  Chromolithographien.  Leipzig  und  Stuttgart  gaben 
den  Ton  an.  Österreich  blieb  in  der  Produktion  zurück,  bildete 
aber  das  vorzüglichste  Absatzgebiet.  Für  Holzschnittwerke  wurden 
zuerst  namentlich  französische  Clichcs  benutzt;  bald  aber  konnte 
Deutschland  Originale  genug  liefern  und  gab  bereits  im  Jahre  der 
Jubelfeier  von  Gutenbergs  Kunst  vollgültige  Beweise  seines  selb- 
ständigen Schaffens.  Die  Stahlstichwerke  wurden  hauptsächlich 
mit  englischen  Produkten  illustriert;  dann  wagte  man  sich  daran, 
unter  Beihülfe  englischer  Künstler,  von  denen  viele  sich  in  Deutsch- 
land etablierten,  die  Stiche  selbst  zu  liefern. 

An  die  Stelle  der  Taschenbücher  in  bescheidenem  Format 
traten  nach  englischen  Mustern  die  GROSSEN  ALBUMS  und  JAHR- 
BÜCHER, die  sich  jedoch  eben  so  wenig  in  Deutschland  wie  in 
England  hielten  und  den  illustrierten  Dichterwerken  Platz  machten. 

Ebenfalls  eine  andere  von  England  nach  Deutschland  ver- 
i>,c  Ki.u.üUr-  pflanzte,  jedoch  sehr  schnell  verschwindende  Mode  war  die  der 
Ausg.uVu.    KLASSIKER -Ausuahen  m  ejnem  Bande  grossen  Formats  mit 

gespaltenen  Kolumnen.  Dahingegen  fanden  die  sogenannten 
Schiller-Ausgaben  (von  1845  a°)  'n  einem  kleinen  breiten  Sedez 
eine  grosse  Verbreitung  und  andauernden  Beifall.  Jeder  Verleger 
spürte  in  seinem  Verlagskataloge  eifrigst  nach,  ob  er  nicht  einen 
von  ihm  übersehenen  „Klassiker"  im  Verlage  habe  und  mancher 
wunderbare  Klassiker  -  Heilige  zeigte  sich  mit  der  Schillerkutte 
angethan.  Selbst  umfangreichere  wissenschaftliche  Werke  fielen 
der  Schillerformat  -  Manie  anheim.  Für  die  epochemachende 
Tauchnitz-Collcction  war  dies  Format  bereits  1842  angenommen. 


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ix.  kap.      Oberblick  Ober  das  deutschk  pressgewerrk.  269 


Die  Bedürfnisse  nach  allgemeinen  encyklopädischen  Kennt- 
nissen fanden  reiche  Nahrung  durch  die  grosse  Zahl  von  Kon-  Konvcrsation*- 

°  0  lexika. 

VERSATIONSLEXIKA  mit  oder  ohne  Illustrationen,  die  alle  mehr 
oder  weniger  in  Brockhaus'  Kielwasser  mit  einer  von  ihm  in 
billigster  Weise  entlehnten  Ladung  segelten.  Sogar  die  Damen 
erhielten  ein  solches  Lexikon  und  es  fehlte  auch  nicht  einmal  eins 
für  Kinder. 

Die  Zensurplackereien  in  den  Jahren  1830— 1848  überschritten 
alle  Grenzen.  Zwar  waren  Schriften  über  20  Bogen  zensurfrei 
geworden,  jedoch  musste  24  Stunden  vor  der  Herausgabe  ein 
Exemplar  der  Polizei  überreicht  werden,  und  diese  Zeit  genügte 
für  die  provisorische  Beschlagnahme,  die  in  ihren  Wirkungen  für 
den  Verleger  einer  definitiven  ziemlich  gleichkam.  Für  die  POI.I-  i>iy>oiiiische 
TISCHE  Poesie  und  den  politischen  und  sozialen  Roman  lag  hierin 
ein  Vorschub,  da  diesen  Erzeugnissen  nicht  so  leicht  beizukommen 
war  als  denjenigen  eines  klar  ausgesprochenen  politischen  Inhalts. 
Der  Unterdrückte  wird  durch  strenge  Massregeln  seiner  überwacher 
nur  erfinderischer  in  der  Auswahl  seiner  Mittel,  diese  zu  umgehen, 
und  die  erwähnten  Litteraturzweige  blühten. 

So  hatte  es  lange  unter  der  Asche  geglimmt,  bevor  der  Brand  Prcssfrciheit. 
infolge  der  Pariser  Februar- Revolution  1848  in  Deutschland  in 
hellen  Flammen  sich  Luft  machte.  Eine  Folge  war  die  endliche 
Gewährung  der  seit  mehr  als  30  Jahren  verheissenen  Pressfreiheit 
und  die  unbehelligte  Einfuhr  der  Bücher  in  Österreich,  bei  welcher 
jedoch  der  Buchhandel  pekuniär  vorläufig  wenig  gewann,  da  der 
Reiz  des  Besitzes  des  Verbotenen  nunmehr  aufhörte. 

Für  die  erste  Zeit  nahmen  ZEITUNGEN  und  BROSCHÜREN '  d  IC  I>ic  Zeitungen 
Aufmerksamkeit  des  Publikums  ausschliesslich  in  Anspruch.  Viele  um 
Kontinuationswerkc  kamen  ins  Stocken ;  der  Kredit  des  Buchhandels 
wurde  beschnitten.  Nur  in  der  Zeitungslitteratur  herrschte  frisches 
Leben,  aber  auch  eine  grosse  Zersplitterung  der  Kräfte,  unter 
welcher  die  Erzielung  grosser  Resultate  sehr  schwer  war.  Jede 

»  R.  E.  Prutz,  Oeschichlc  des  deutschen  Journalismus.  Hannover  1S45.  — 
Derselbe,  Fortschrilte  der  Zeitungsprcs.se  (Deutsch.  Museum  1S5S  Nvlir.).  — 
J.  Kuranda,  Deutsche  Zeitungen  und  Zeitschriften.  —  II.  Wi'l'TKK,  Die  deutschen 
Zeitschriften.  2.  Aufl.  Leipzig  1S75.  —  Einen  Einblick  in  die  Herstellung  einer 
Zeitung  gewährt:  J.  II.  Wkiii.k,  Die  Zeitung.   2.  Aufl.   Wien  i8Sj. 


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270 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE- 


IX.  KAP. 


Parteischatticrung,  jede  Stadt,  jedes  Städtchen  wollte  ein  Blatt 
oder  Blättchen  für  sich  haben. 

Während  die  politischen  Zeitungen  mit  ihren  reichhaltigen 
litterarischen  und  schönwissenschaftlichen  Feuilletons  die  eigentliche 
Unterhaltungslitteratur  und  auch  die  litterarischen  Blätter  ganz 
zurückdrängten,  gediehen  die  illustrierten,  halb  unterhaltenden, 
halb  belehrenden  Wochenblätter,  für  welche  die  „Gartenlaube" 
die  Bahnbrecherin  gewesen  war,  vortrefflich. 

Als  ein  bedeutendes  Element  trat  die  MODE  hinzu.  Die  grossen 

Mrxk/eiumgon.  Mnstcr-  und  Modezeitungen,  welchen  zurseite  die  Frauen  standen, 
die  zum  Schrecken  der  Männer  alles  Mögliche  und  Unmögliche 
behäkelten  oder  bestickten  und  in  „Schnitten"  das  Unglaublichste 
leisteten,  fanden  eine  mitunter  kolossale  Verbreitung  und  wurden 
selbst  in  Paris  massgebend. 

Auch  die  politisch -soziale  Satire  hatte  ihren  Tummelplatz, 
auf  welchem  der  „Kladderadatsch"  sich  als  Vorturner  auszeichnete. 
Nachdem  die  Regierungen  nach  der  Sturmperiode  sich  von 

Die  Reaktion,  ihrem  Schrecken  erholt  und  wieder  festeren  Boden  unter  sich 
fühlten,  begann  die  Reaktion  erst  im  stillen,  dann  offen  ihr  Spiel 
zu  treiben  und  die  Verfolgungen  gegen  Schriftsteller,  Verleger  und 
Drucker  gehörten  zur  Tagesordnung.  Von  allen  Seiten  trat  die 
Politikmüdigkeit  ein,  dagegen  stieg  die  Lust  an  Büchern  in  demselben 
Verhältnis  wie  die  Unlust  an  Zeitungen.  Die  Konkurrenz  im  Buch- 
handel erhob  sich  wieder  mächtig.  Sprach  jemand  einen  Gedanken 
aus,  so  fiel  gleich  ein  halbes  oder  ganzes  Dutzend  Verleger  über 
denselben  her  und  zeigte  sich  bereit,  an  der  Abhülfe  eines  längst 

Die  Kollektiv-  gefühlten  Bedürfnisses  mitzuwirken.    Die  KOLLEKTIV -UNTKR- 

Unicmchmen. 

NKHMUN^EN  aller  Art  schössen  wie  Pilze  aus  der  Erde  und  fanden 
guten  Absatz,  mit  Ausnahme  der  Romansammlungen,  denn  trotz 
der  Billigkeit  und  der  zumteil  guten  Auswahl  derselben  zog  das 
Publikum  doch  vor,  sich  mit  der  schönen  Litteratur  durch  die 
Zahlung  von  fünf  Pfennigen  oder  einem  Groschen  Leihgebühren 
pro  Band  abzufinden. 

Durch  die  Eisenbahnen  war  die  Welt  in  eine  fortwährende 
Bewegung  gekommen.  Es  musste  also  auch  für  die  Bedürfnisse 
des  reisenden  Publikums  gesorgt  werden,  was  in  ergiebigster  Weise 
durch  Reisehandbücher  und  Reiseallanten,  Parleurs  etc.  geschah. 


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ix.  kap.      Oberblick  Ober  das  deutsche  pressgewerbe.  271 


Ein  Tag  von  grosser  Bedeutung  in  der  Geschichte  des  Buch- 
gewerbes war  der  9.  November  1867,  an  welchem  die  Verlagsrcchte  Dero.  November 
an  die  Werke  der  seit  30  Jahren  oder  länger  verstorbenen  Autoren 
Gemeingut  wurden.  Merkwürdigerweise  hatten  die  hauptsäch- 
lichsten Verleger  der  Werke,  die  von  der  Bestimmung  getroffen 
wurden,  nicht  versucht,  der  Gefahr  beizeiten  energisch  zu  begegnen, 
und  überliessen  den  Konkurrierenden  eine  Zeitlang  das  Feld.  Diese 
hatten  aber  um  so  vorsorglicher  gehandelt  und  sich  zumteil  vor 
Ablauf  des  Termins  mit  einigen  Verlegern  geeinigt,  sodass  sie  noch 
vor  dem  9.  November  ihre  Kollektionen  zu  den  wohlfeilsten  Preisen 
beginnen  konnten.  Fast  noch  einschneidender  als  im  Buchhandel 
wirkte  dieser  Tag  in  dem  Musikalienhandcl. 

Neben  den  besseren  Erzeugnissen  der  Untcrhaltungs-Litteratur 
florierte  die  Schmarotzer- Pflanze  des  Coi.PORTAGE  -  Romans  und  Der  Colporiagc- 
tötete  teilweise  den  Sinn  für  ernstere  Lektüre,  brachte  auch 
nebenbei  durch  Beigabe  grösstenteils  mittelmässiger  Prämicnbildcr 
die  jugendlich  frisch  aufblühende  Kunst  des  Farbendruckes  in 
Misskredit. 

Die  grossen  Fortschritte  der  Typographie,  der  Xylographie 
und  der  Chromolithographie  in  Verbindung  mit  der  Photographie  n\c  Praein- 
und  den  verschiedenen  Lichtdruckverfahren  hatten  den  Geschmack 
fiir  schöne  Bücher  mächtig  gefordert  und  riefen  architektonische 
und  technische  Werke  von  grossem  Werte,  sowie  Muster- 
sammlungen der  besseren  Rrzeugnisse  alter,  mittlerer  und  neuerer 
Zeit  hervor.  Ks  folgten  prachtvolle  ethnographische  Werke.  Schliess- 
lich entstand  eine  wahre  Sintflut  von  Al.UUMS,  hauptsächlich  mit 
photographischen  Illustrationen  zu  Gedichten,  Romanen,  Opern 
u.  dgl. 

Als  jüngste  Phase  des  Buchhandels,  deren  Resultate  noch 
nicht  vorliegen  können,  müssen  die  Markwruotijeken  bezeichnet  1^  „M^k- 
werden,  in  welchen  ein  hübsch  gebundener  Band  für  eine  Mark 
geliefert  wird.  Diese  Kollektionen  beschränken  sich  nicht  auf 
die  Unterhalttings-Litteratur,  sondern  dehnen  sich  auch  auf  die 
wissenschaftliche  aus. 

Zum  Schluss  sei  noch  die  LANDKARTEN-PRODUKTION  erwähnt. 
Diese  erhielt  durch  Hülfe  der  Chemitypie  und  der  Zinkographie,  uic  1  .amiknrten- 

,,  Ali  Produktion. 

sowie  der  Vielfarben -Druckmaschine  eine  gewaltige  Ausdehnung 


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I 


272  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  IX.  KAP. 

und  die  Billigkeit  der  Erzeugnisse  bei  schöner  Ausführung  grenzt 
an  das  Wunderbare.  Da  diese  Branche  der  Aufklärung  ohne  jeden 
bitteren  Beigeschmack  dient,  so  kann  die  Freude  hierüber  eine 
ungetrübte  sein. 


Unter  den  Errungenschaften  des  Jahres  1848  war  auch  das 
Rucliilrtickcr-  Associationsrecht.  Ks  war  selbstverständlich,  dass  die  Buchdrucker- 
bnni.  gehülfen  dasselbe  benutzten,  um  sich  in  Vereine  zu  sammeln  behufs 
Vertretung  ihrer  Interessen  mit  gemeinsamen  Kräften.  Dass  sie 
mässiger  in  der  Benutzung  ihrer  Freiheiten  hätten  sein  sollen  als 
alle  anderen  Klassen,  war  nicht  zu  verlangen.  Die  alte  „patriarcha- 
lische" Zeit  hatte  ihnen  durch  willkürliche  Berechnungs-  und 
unregelmässige  Zahlungsweisc  manche  Unbill  gebracht,  für  welche 
sie  jetzt  Revanche  nahmen,  dabei  die  Berechnung  der  Zinsen  nicht 
vergessend. 

Eine  erste  allgemeine  Versammlung  der  Gehülfen  aus  ganz 
Deutschland  fand  in  den  Tagen  vom  n.  bis  14.  Juni  1848  in  Mainz 
statt.  Die  dort  gefassten  Beschlüsse  hatten  zwar  einen  Protest  von 
gegen  200  Prinzipalen  zur  Folge,  dabei  blieb  es  jedoch  und  man  Hess 
den  Verband  der  Buchdrucker-  und  Schriftgiesser-Gchülfen,  welcher 
die  lebhafteste  Beteiligung  fand,  ruhig  gewähren. 

Erst  nachdem  der  Verband  fast  unumschränkter  Herr  in  den 
Der  Prinzipat-  Druckereien  geworden,  dachten  die  Prinzipale  daran,  sich  auch  an 
einander  zu  schliessen  und  versammelten  sich  am  15.  August  1869 
ebenfalls  in  Mainz.  Der  dort  konstituierte  Verein  wollte  nicht  nur 
Front  gegen  den  Gehülfen -Verein  machen  und  die  persönlichen 
Beziehungen  fördern  und  kräftigen ,  sondern  auch  in  der  Art  des 
Börsenvereins  der  deutschen  Buchhändler  die  Interessen  des 
Geschäfts  in  allen  Lagen  vertreten.  Zum  Vorort  wurde  Leipzig 
bestimmt  und  ein  Vorstand  von  neun  Mitgliedern  gewählt.  1872 
zählte  der  Prinzipal -Verein  mehr  als  700  Mitglieder;  der  Gehülfen- 
Verband  das  Zehnfache  (7295).  Die  Gesamtzahl  der  Gehülfen 
mochte  gegen  1 1  000  betragen.  Von  den  etwa  4000  Nichtverbands- 
mitgliedern  hielt  sich  eine  ziemliche  Anzahl  nur  als  „Schlaumeier0 
von  den  Verbandsbestrebungen  zurück;  im  Herzen  gönnten  sie 
selbstverständlich,  wenn  sie  auch  nicht  immer  das  Vorgehen  des 
Verbandes  im  einzelnen  billigten,  wohl  so  ziemlich  alle  dem  Verband 


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ix.  kap.      Oberblick  Ober  das  deutsche  pressgewerbc  273 

die  grösstmöglichsten  Vorteile,  denn  auch  sie  genossen  ja  in  ihrer 
gedeckten  Position  die  errungenen  Vorteile  mit. 

Nach  einer  langen  Reihe  von  Differenzen  und  nach  zahlreichen 
Übergriffen  seitens  des  Verbandes  fand  zu  Anfang  des  Jahres  1873  Differenzen 

•  "       11  •       tr-      f  ,      01.1/  •  •      T-»  •      •      1  «wischen  l'rin- 

eme  allgemeine  KundiirunLr  der  (jchulten  seitens  der  Prinzipale  statt,   «ii»uut  und 

C.chiilfenichafe. 

Da  jedoch  nicht  alle  Druckereien  dem  Verein  angehörten,  denn 
auch  unter  den  Prinzipalen  gab  es  viele  „Schlaumeier",  und  ein 
grosser  Teil  der  Mitglieder  den  gefassten  Beschlüssen  nicht  treu 
blieb,  kam  es  nach  vielen  Verhandlungen  zwischen  den  beiden 
Vereinen  am  12.  Januar  1874  zu  einem  Abkommen,  das  mit  einem 
allgemein  einzuführenden  Tarif  und  dem  Einsetzen  eines  Einigungs- 
amtes in  Differenzfallen  endigte. 

Der  Prinzipal -Verein  hat  seinen  Zweck  bis  jetzt  nur  im 
beschränkten  Masse  erreicht,  weil  er  zu  viel  in  einer  zu  kurzen 
Zeit  erreichen  wollte  und  weil  manche  seiner  Mitglieder  direkte 
Hülfe  in  ihren  besonderen  Angelegenheiten  vom  Verein  erwarteten, 
während  dieser  nur  für  eine  Anbahnung  besserer  Zustände  im 
allgemeinen  wirksam  sein  konnte.  Jetzt,  wo  er  seiner  Thätigkeit 
engere  Grenzen  gesteckt  hat,  ist  auch  zu  erwarten,  dass  er, 
wennauch  nur  Schritt  für  Schritt,  zum  Ziel  gelangen  wird,  um  so 
mehr,  als  die  Gehülfen  ihre  prinzipielle  Opposition  gegen  ihn  auf- 
gegeben haben'. 

Die  offenbar  zu  grossen  Einräumungen  der  Prinzipale  im  Jahre 
1874  sind  durch  die  Praxis  gemildert,  denn  auch  die  Gehülfen  haben 
einsehen  gelernt,  dass  es  im  Geschäft  gewisse  Grenzen  giebt,  die 
man  ohne  sich  selbst  zu  schädigen  nicht  überschreiten  kann. 

So  hat  die  beste  Lehrmeisterin,  die  Erfahrung,  am  meisten 
dazu  beigetragen,  das  Verhältnis  im  allgemeinen  befriedigender  zu  ru 
gestalten.  Die  Versuche  der  Gehülfen,  kooperative  Druckereien  zu 
begründen,  haben  aus  den  jedem  Geschäftsmann  leicht  erklärlichen 
Gründen  fast  nur  Misserfolge  gehabt.  Diese  Thatsache  hat  ebenfalls 

'  Die  Geschichte  des  Deutschen  Buchdrucker -Vereins  von  1S69 — 1S76 
isl  in  <lcn  Annalen  der  Typographie  1S70,  Nr.  341 — 390  im  Zusammenhang 
ausfuhrlich  behandelt.  Die  „Annalen"  waren  von  der  Begründung  des  Vereins 
bis  1876  Organ  desselben  und  wurden  von  dessen  Sekretär  Carl  11.  I-orck 
herausgegeben.  Jetzt  giebt  der  Verein  selbst  in  unregelmäßigen  Zwischen- 
räumen die  „Mitteilungen  aus  dein  Deutschen  Buchdrucker -Verein"  heraus. 

18 


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274  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  IX.  KAP. 

gedient,  die  Gehülfen  darüber  aufzuklären,  dass  auch  im  Geschäft 
nicht  alles  Gold  ist,  was  glänzt,  und  sie  mit  dem  Los  der 
Abhängigkeit  zu  versöhnen.  Somit  steht  zu  hoffen,  dass  künftig 
ein  innigeres  Zusammenwirken  von  Prinzipalität  und  Gehülfenschaft 
dazu  beitragen  wird,  Gutenbergs  Kunst  stets  mehr  und  mehr  zu 
Ehren  zu  bringen. 

Das  bedeutendste  Organ  der  Gehülfenschaft  ist  der,  jetzt  drei- 
Die  Organe  der  mal  wöchentlich  erscheinende,  1862  gegründete  „Correspondcnt 

Gehülfenschaft.  ,, 

für  Deutschlands  Buchdrucker  und  Schriftgiesser*.  Früher  fast  nur 
und  oft  in  massloser  Weise  polemisch  wirkend,  ist  das  Blatt  mit 
den  Verhältnissen  auch  ruhiger  geworden,  bringt  jetzt  manche 
technische  und  belehrende  Artikel  und  hat  namentlich  um  statistische 
Aufnahmen  Verdienste.  Der  Leiter  ist  seit  einer  langen  Reihe  von 
Jahren  Richard  Härtel,  der,  früher  zugleich  Präsident  des  Ver- 
bandes, mit  Klugheit  und  Geschick  die  Interessen  desselben  wahr- 
genommen hat.  Das  Organ  der  österreichischen  Gehülfen  ist 
„Vorwärts"  in  Wien. 


Es  erübrigt  noch,  einen  kurzen  Überblick  über  die  Kräfte, 
stai«ti*ch«.  welche  bei  der  graphischen  Produktion  in  Deutschland  wirken,  und 
über  die  Produktion  selbst  zu  geben. 

Das  Deutsche  Reich  hatte  1881  in  147 1  Städten  3389  Buch- 
Huch-  u.  Stein-  druckereien  und  1994  Steindruckereicn».   In  diesen  Offizinen  sind 

druckercien. 

96  Rotationsmaschinen,  581 1  typographische,  1 369  lithographische 
Schnellpressen,  244  Tretmaschinen,  2463  typographische  und 
6687  lithographische  Handpressen  vorhanden.  Jedoch  darf  nicht 
übersehen  werden,  dass  der  grösste  Teil  der  typographischen  Hand- 
pressen entweder  nur  als  Korrekturpressen  dienen  oder  auch  ein 
vollständiges  Stillleben  führen.  Beschäftigung  fanden  (1875)  52000 
männliche,  11 600  weibliche  Mitarbeiter  und  8400  Lehrlinge,  in 
Summa  also  71  000  Arbeiter. 

1  Die  etwa  700  Offizinen,  welche  Buchdruckerei  und  Steindruckerei 
vereinigen,  sind  doppelt  angeführt 

Das  Deutsche  Reich,  Österreich  und  die  Schweiz  als  graphische  Einheit 
betrachtet  ergiebt  die  Zahl  von  6993  graphischen  Anstalten  mit  9378  Schnell- 
pressen und  etwa  l3  50oTrct-  und  Handpressen.  Die  Details  über  Österreich 
und  die  Schweiz  finden  sich  S.  406  und  S.  436. 


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IX.  KAP.         ÜBERBLICK  ÜBER  DAS  DEUTSCHE  PRESSGEWERBE.  275 


Von  Schriftgiessereien  waren  342  mit  2588  Arbeitern,  von 
Schriftschneidereien  und  xylographischen  Anstalten  371  mit  2353 
Personen  vorhanden.  Von  66  Spielkartenfabriken  wurden  jährlich 
gegen  4500000  Pakete  geliefert,  auf  denen  Abgaben  von  etwa 
1  200000  Mark  ruhten. 

Von  Buch  -  und  Kunsthandlungen  gab  es  in  987  Städten  4376 
mit  10  590  Mitarbeitern.  1 1  25 1  Buchbindereien  beschäftigten  3 1 624  Buch-  u.  Kun«- 

handlungeu. 

Personen  (darunter  7055  weibliche).  Leihbibliotheken  gab  es  455, 
Zeitungs-  und  Annoncen-Expeditionen  326,  Öldruck-  und  Globen- 
Anstalten  342. 

Im  Jahre  1882  lieferten  1432  Städte  4998  Zeitschriften,  von 
denen  76  in  nichtdeutscher  Sprache.  Unter  diesen  vielen  Zeitungen  Zeitschriften, 
wurzeln  bloss  9  in  dem  XVII.,  89  in  dem  xvni.  Jahrhundert.  Über 
4000  entstanden  seit  1830,  von  denen  wieder  über  2000  in  den 
letzten  zehn  Jahren  verschwanden,  um  wieder  anderen  Raum  zu 
gewähren.  Von  den  Zeitschriften  kamen  2435  auf  Preussen,  515 
auf  Bayern,  504  auf  Sachsen ,  2 16  auf  Württemberg.  Der  Haupt- 
vertrieb fallt  der  Post  zu.  Die  Versendung  betrug  im  Jahre  1880 
gegen  300  Millionen  Nummern. 

Die  Bücherproduktion  des  gesamten  deutschen  Buchhandels 
(also  nicht  nur  des  Deutschen  Reiches)  betrug  1879  14  179  Nummern,    Die  B«cher 

Produktion. 

1880  14  941  Nummern,  188 1  15  191  Nummern,  und  findet  in  ähn- 
licher Weise  seit  langer  Zeit  eine  fortwährende  Steigerung  statt. 
In  betreff  der  Ausfuhr  deutscher  Bücher  ist  Nordamerika  für  diese 
der  bedeutendste  Markt,  auf  welchem  jährlich  etwa  für  zwei  Millionen 
Mark  abgesetzt  wird. 

Zum  Vergleich  mit  dem  (s.  224}  gegebenen  Verzeichnis,  aus 
welchem  hervorgeht,  dass  26  Städte  Frankreichs  von  mehr  als  je 
50000  Einwohnern  zusammen  eine  Bevölkerung  von  2594100 
Seelen,  343  Buchdruckereien,  390  lithographische  Anstalten, 
908  Buchhandlungen  und  640  Zeitschriften  haben,  folgt  umstehend 
eine  ähnliche  Aufs  eilung  aus  dem  Deutschen  Reiche. 

Das  Deutsche  Reich  hat  demnach  in  42  Städten  mit  über  je 

50000  Einwohnern  und  einer  Gesamteinwohnerzahl  von  4  176  000 

Seelen   966   Buchdruckereien,    888   lithographische  Anstalten, 

1737  Buchhandlungen,  1 153  Zeitschriften.   Nehmen  wir  zu  einem 

näheren  Vergleich  die  26  ersten  Städte  des  Deutschen  Reichs  (von 

18* 


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276 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


IX.  KAP. 


Berlin  abgesehen)  und  stellen  sie  gegen  die  26  Städte  Frankreichs, 
so  finden  wir,  dass  erstere  3286000  Einwohner,  769  Buch- 
druckereien,  730  lithographische  Anstalten,  1478  Buchhandlungen, 
961  Zeitschriften  haben;  also  gegen  letztere  ein  Mehr  von  692000 
Einwohnern,  426  Buchdruckereien,  340  lithographischen  Anstalten, 
470  Buchhandlungen,  32 1  Zeitschriften  aufweisen  \ 


Einwohner-       Buch-      Ijthogr.      Buch-  Zeit- 
zahl drucken    Anstalten     handl.  Schriften 


Mamburg  .... 

290000 

100 

1   

114 

125 

1 

59 

Breslau  

273  000 

30 

53 

33 

München  .... 

230000 

49 

38 

95 

i 

7i 

Dresden  

220  000 

43 

52 

126 

61 

Leipzig  

149  000 

91 

69 

400 

248 

Köln  

145  000 

43 

32 

47 

27 

Königsberg    .  .  . 

141  OOO 

14 

12 

25 

25 

Frankfurt  a.  M.  .  . 

137000 

58 

45 

7i 

59 

Hannover  .... 

123  000 

32 

«9 

48 

38 
98 
19 

Stuttgart  .... 

117000 

38 

30 

107 

Bremen  

1 13  000 

22 

30 

26 

Danzig  

109000 

1 1 

8 

21 

21 

Strassburg  .... 

105  000 

15 

16 

26 

32 

iMirnucrj^  .... 

1  DD  DDD 

JX) 

*  * 

45 

40 

Magdeburg    .  .  . 

98  OOO 

30 

18 

38 

19 

Barmen  

96OOO 

IO 

3i 

9 

Düsseldorf .... 

95  500 

20 

15 

30 

11 

Chemnitz  .... 

95  000 

14 

10 

33 

10 

Elberfeld  .... 

93  500 

16 

19 

18 

7 

Stettin  

92  000 

22 

20 

18 

17 

Altona  

91  000 

17 

16 

14 

5 

Aachen  

85  500 

14 

13 

17 

15 

Braunschweig    .  . 

75  000 

16 

12 

3i 

18 

Krefeld  

74000 

II 

21 

10 

4 

Halle  

71  500 

15 

10 

35 

17 

Dortmund  .... 

67  000 

IO 

5 

12 

12 

Transport  j 

3  286000 

1 

769  | 

730 

1478 

961 

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IX.  KAP.         ÜBERBLICK  ÜBER  DAS  DEUTSCHE  PRESSGEWERBE.  2"JJ 


Städte 

Einwohner- 
zahl 

Buch- 
drucken 

I-ithogr. 
Anstalten 

'  Buch- 
han dl. 

Zeit- 
schriften 

Transport 

3  286  ooo 

769 

1 

73° 

1478 

1 

96l 

Posen  

7  c  ooo 

12 

8 

20 

I  e 

Mühlhausen  .  .  . 

64  000 

7 

12 

4 

A 

Augsburg  .... 

61  500 

7 

23 

10 

Mainz  

61  000 

22 

25 

24 

17 

Kassel  

58  5CO 

IQ 

14  25 

14 

Kssen  

c  7  OOO 

O 

5    1  9 

6 

Krfurt  

ti  cm 

6 

9 

12 

I A 

Metz  

C  2  OOO 

8 

7 

15 

Q 

Mannheim  .... 

C  1  OOO 

1 1 
*  * 

7 

8 

I  I 

Würzburg  .... 
t>  .... 

51  OOO 

1  \ 

7 

14 

I  3 

Lübeck  

51  000 

1 1 

9 

10 

6 

Frankfurt  a.  O.  .  . 

51  000 

2 

5 

8 

4 

Wiesbaden    .  .  . 

50  500 

16 

9 

27 

22 

Görlitz  

50  500 

1 1 

4 

13 

8 

Karlsruhe  .... 

50000 

1/ 

14 

21 

15 

Darmstadt  .... 

50000 

20 

16 

26 

15 

Summa 1 

4176500 

966 

■ 

888 

1737 

"53 

Die  Bedeutung  von  Paris  für  die  graphischen  Gewerbe  Frank- 
reichs ist  bekanntlich  eine  weit  tiefer  eingreifende  als  die  der  Reichs- 
hauptstadt für  Deutschland.  Sollte  der  graphische  Vergleich  auf  die 
Metropole  ausgedehnt  werden,  so  müsste  man,  der  Deutschland 
eigentümlichen  Organisation  gemäss,  Berlin  und  Leipzig  zusammen 
Paris  gegenüberstellen,  um  cinigermassen  zu  einem  richtigen  Resultat 


1  Die  Angaben  hier  können  zwar  keinen  Anspruch  auf  absolute  Gcnauig- 
keit  erheben,  kommen  jedoch  der  Wahrheil  so  nahe,  dass  sie  genügen,  um 
sich  ein  richtiges  Bild  zu  machen,  lur  die  Angaben  der  Bevölkerung  wurde 
Neumanns  „Geographisches  Lexikon",  Leipzig  1883,  mit  Abrundung  der  Ein- 
wohnerzahl auf  500  benutzt;  für  die  der  Buchdruckcreicn  und  der  litho- 
graphischen Anstalten  „Klinisch'  Adressbuch  der  Buch-  und  Stcindruckcreicn", 
Frankfurt  a.  M.  1880;  für  die  Buchhandlungen  „Schulz'  Adressbuch  für  den 
deutschen  Buchhandel",  Ixipzig  1882,  für  die  Zeitschriften  R.  Mosses  „Zeitungs- 
katalog", 1882;  die  in  diesem  fehlenden  Zeitschriften  sind  ohne  liinfluss  auf 
das  Gewerbe. 


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278 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


JX.  KAP. 


zu  gelangen.  In  diesem  Falle  würde  dann  Leipzig  ausfallen  und 
Posen  als  26.  Stadt  einrücken  und  damit  das  Mehr  der  22  deutschen 
Städte  wesentlich  beschränkt  werden,  nämlich  auf :  61 8000 Einwohner, 
346  Buchdruckereien,  279  lithographische  Anstalten,  190  Buch- 
handlungen und  88  Zeitschriften. 

Die  Papierfabkikation  Deutschlands  ist  eine  sehr  bedeutende 
Die  Papierfabn-  und  beträgt  nahe  an  250  Millionen  Kilogramm.  Zur  Herstellung 

kalion.  _ 

sind  785  Papiermaschinen  und  185  Bütten  und  die  Arbeit  von  etwa 
80  000  Menschen  notwendig.  Ausserdem  wirkten  noch  260  Holz- 
schleifereien, 45  Rohstoffiabriken  und  2oCellulosefabriken,  zusammen 
mit  etwa  7500  Arbeitern.  Rechnet  man  hinzu  etwa  40000  Menschen, 
die  mit  Hadernsammeln  und  Nebenarbeiten  beschäftigt  sind,  so 
giebt  das  ein  Arbeiterkontingent  von  rund  128000  Köpfen.  Um 
den  Umfang  dieser  einen  Branche  richtig  zu  beurteilen,  wären  noch 
alle  diejenigen  mitzuzählen,  die  sich  mit  dem  Papierhandel  und  der 
Fabrikation  von  Brief-  und  Luxuspapieren,  Pergamentpapier, 
Couverts,  Tapeten,  Handlungsbüchern,  Papienväsche  etc.  etc. 
beschäftigen1. 

Die  Buchbinderkunst*  stand,  als  nach  der  Mitte  unseres 
Jahrhunderts  die  Buchdruckerkunst  auf  ihrem  Höhepunkt  angelangt 
war,  noch  beträchtlich  zurück  und  es  dauerte  auch  noch  eine  Zeit- 
lang, ehe  sie  einen  frischen  Anlauf  nahm. 

Der  Leinwand -„Einband"  dominierte  vollständig.  Man  be- 
1  ier  Leinwand-  gnügte  sich  nicht  wie  in  England  mit  diesem  als  einer  provisorischen 
Hülle,  sondern  die  Leinwanddecke  war  in  Deutschland  das  definitive 
Kleid  des  Buches  für  Jahrhunderte  (?).  In  der  Verzierung  solcher 
Bände  ging  man  noch  weiter  als  in  England  und  verwendete  neben 
den  Gold  Verzierungen  oft  die  Hochprägung,  bei  welcher  Medaillon- 
Porträts,  Büsten,  allegorische  Figuren,  Lyras,  Palmenzweige,  sogar 
Landkarten  zur  Verwendung  kamen.    Die  Hautrcliefs  wurden 

1  J.  Cur.  Schäfer,  Sämtliche  Papierversuche.  Regensburg  1 772.  —  L.  Müller, 
Die  Fabrikation  des  Papiers.  4.  Aufl.  Berlin  1877.  —  Lenormano,  Handbuch  der 
gesamten  Papierfabrikationen.   3.  Aufl.  Weimar  188t. 

2  R.  Stfohk,  Zur  Geschichte  des  Bucheinbandes  (Archiv  d.  P.  B.-B.-V. 
Bd.  1).  I^ipzig  1878.  —  G.  l-RtTZs«  he,  Moderne  Bucheinbände.  Leipzig  1878.— 
C.  Bauer,  Handbuch  der  Buchbinderei.  Weimar  1881.  —  K  Brahe,  Illustriertes 
Buchbinderbuch.   Halle  1881. 


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IX.  KAP.         ÜBERBLICK  ÜBER  DAS  DEUTSCHE  PRESSGEWERBE.  279 


bald  flach  gedrückt.  Man  gewöhnte  sich,  den  Einbanddeckel  als 
etwas  zu  betrachten,  was  er  nicht  ist  und  nicht  sein  soll:  ein 
illustrierter  Titel  oder  ein  Frontispice,  um  den  Inhalt  des  Buches 
zu  erläutern. 

Der  Betrieb  des  deutschen  Buchhandels  und  die  deutschen 
Verhältnisse  waren  dieser  Verwendung  des  Leinwandbandes  günstig.  Die  Mw»- 

binde. 

Die  Verleger  Uessen  ganze  Auflagen  in  Leinwand  binden  und  unter 
dem  Publikum  verbreiten.  Ausser  den  Verlegern  waren  es  noch  die 
„Grosssortimenter",  welche  dem  Leinwandband  Vorschub  leisteten. 
Die  Genannten  kaufen  von  den  Verlegern  grosse  Partien  gangbarer 
riücher,  lassen  dazu  „stilvolle"  Platten  anfertigen  und  verkaufen  nun 
die  gebundenen  Bücher  an  die  eigentlichen  Sortimentshändler  zu 
Bedingungen,  die  es  den  letzteren  noch  möglich  machen,  dem 
Publikum  so  wohlfeile  Preise  zu  stellen,  wie  sie  ein  einzelner  Privat- 
besteiler beim  Buchbinder  auch  nicht  annähernd  erzielen  kann. 

Im  Prinzip  ist  diese  Einrichtung  gewiss  eine  höchst  praktische, 
aber  die  Preise  werden  der  Konkurrenz  halber  dem  Buchbinder 
gegenüber  so  heruntergedrückt,  dass  Pfennige  den  Ausschlag  geben, 
wodurch  es  dem  Buchbinder  fast  unmöglich  wird,  auf  Falzen,  Heften 
und  auf  die  Zuthaten  an  Pappe,  Vorsetzblättern  u.  dgl.  die  nötige 
Sorgfalt  und  Ausgabe  zu  wenden. 

Hinsichtlich  der  Dekoration  des  Leinwandbandes  sind  in 
jüngster  Zeit  ganz  wesentliche  Fortschritte  gemacht  worden.  Die  i  ortschritte  im 
schreienden  Farben  der  Leinwand  haben  den  zarteren  Modefarben  ücschmack- 
und  der  Pergament-Imitation  Platz  machen  müssen1.  Das  „Bemalen" 
oder  „Ausmeissein"  der  Bände  durch  Figurales,  Landschaftliches  etc. 
hat  mehr  und  mehr  aufgehört  und  wird  durch  Flachornamente  ersetzt, 
für  welche  man  die  vielen  trefflichen  Vorbilder  früherer  Zeit  benutzt 
oder  tüchtige  Künstler  gewinnt.  Ein  Fehler  ist  noch  ziemlich  ver- 
breitet: der  übergrosse  Reichtum  der  Ornamentierung  und  Uber- 
ladung mit  Silber,  Gold  und  Mosaik  imitierenden  Farben.  Je  mehr 
man  sich  gewöhnen  wird,  die  körnige  Chagrin  -  Imitation  und 
einfache  Ornamentierung  zu  verwenden,  um  so  mehr  wird  das 
Leder -Surrogat,  welches  wir  nun  einmal  nicht  werden  entbehren 
können,  seinen  Platz  in  zweckmässiger  Weise  ausfüllen. 

1  Im  Deutschen  Reiche  giebt  es  nur  eine  Fabrik  „englischer  Leinen", 
die  von  Schultze  &  Niemann  in  Eutritzsch  bei  Leipzig. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


IX.  KAI'. 


Die  Handarbeit,  namentlich  den  Halbfranz,  lernt  man  in  der 
Die  Handarbeit,  letzten  Zeit  in  Deutschland  wieder  schätzen  und  es  sind  hierin 
tüchtige  Fortschritte  gemacht  worden.  Von  Lederbänden  wird 
nicht  viel  die  Rede  sein  können,  solange  die  Kreise  der  wohl- 
habenden Kaufleute  und  Fabrikanten,  sogar  Magnaten  keine 
gewählte  Bibliothek  besitzen.  Die  Sammler  sind  meist  unter  den 
Gelehrten,  Beamten,  selbst  unter  den  weniger  gut  dotierten  Land- 
geistlichen zu  suchen.  Deshalb  haben  die  Buchbinder,  falls  es  ihnen 
wirklich  um  die  Förderung  ihrer  Kunst  Ernst  ist,  sich  vor  der  Klippe 
zu  hüten,  als  Revanche  für  den  Druck,  den  sie  durch  die  Verleger 
und  Grosssortimenter  zu  erleiden  hatten,  das  Publikum  zu  über- 
teuern und  zu  glauben,  dass  jeder,  der  gern  ein  Buch  hübsch 
binden  lassen  will,  ein  reicher  Büchernarr  sei,  dem  man  jeden 
Preis  abverlangen  könne.  Begnügt  sich  der  Buchbinder  bei  reeller 
Bedienung  mit  einem  massigen  Vorteil ,  so  wird  er  immer  noch  in 
Deutschland  ein  kaufendes  Publikum  finden. 

In  Bezug  auf  ein  solches  ist  der  Buchbinder  in  Osterreich  schon 
Die  n.i.  hbinder-  besser  situiert  und  die  Buchbindung  hat  demzufolge  auch  schon 
kun"ci"h W  beträchtliche  Fortschritte  gemacht.  Doch  betreffen  diese  im  allge- 
meinen noch  mehr  die  Album-  und  Portefeuille -Fabrikation  als 
die  eigentliche  Buchbinderei.  Kine  mächtige  Einwirkung  auf  den 
Geschmack  hat  das  Kunstgewerbe -Museum  in  Wien  geübt.  Man 
schliesst  sich  mehr  der  Art  der  Franzosen  an  und  übertrifft  diese  in 
der  Ledermosaik,  die  eine  wirklich  eingelegte  Arbeit  ist. 

Was  den  Betrieb  der  Buchbinderei  betrifft,  so  hat  dieser  einen 
Die  Vorteile  der  sehr  wichtigen  Anteil  an  den  Vorteilen  gehabt,  welche  das  Maschinen- 
wesen  jedem  Geschäft  gebracht  hat  (vgl.  Kap.  XI).  Die  Maschinen 
besorgen  das  Falzen  der  Bogen,  das  Walzen  des  gefalzten  Bogens, 
das  Heften  desselben  mit  Faden  oder  Draht,  das  Beschneiden  und 
Pressen  des  Buches,  das  Abrunden  des  Rückens,  das  Einfassen, 
die  Anbringung  der  Kapitale,  das  Schneiden  und  Abschrägen  der 
Pappen,  das  Pressen  und  Vergolden  der  Deckel.  Für  die  sonstigen 
Arbeiten  der  Buchbinder  sind  die  Couvert-  und  Klebemaschinen, 
Liniier-  und  noch  viele  andere  Maschinen  da. 


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X.  KAPITEL. 

DIE  SCHRIFT  UNI)  DIE  ILLUSTRATION 

IN  DEUTSCHLAND  -  ÖSTERREICH. 

Aufschwung  der  Schriftgiesserei.  Ed.  Hänel.  Die  deutsche  Druckschrift.  Walbaum 
Vater  und  Sohn.  Hamburg,  Berlin,  Leipzig,  Krankfurt  a.  M.  Österreich. 
C.  Haase,  C  Faulmann.  Die  Stereotypie,  die  Galvanoplastik,  die  Dynamo- 
Klektrik.  Die  (Jiessmaschinc.  DlK  ILLUSTRATION:  Verfall  im  Xvm.  Jahr- 
hundert, WicdcrLTwachen  des  Holzschnitts.  Die  Unger,  Gubitx,  Un/elmann, 
Krctzschmar  u.  a.  Österreich:  l'rcstcl,  Höfel,  Knöfler  u.a.  Die  l'lanotypie. 
Die  Stigmatypic:  Carl  KasoL 

ANGSAMER  als  in  England  und  Frankreich  ent- 
wickelte sich  die  Schriftgiesserei  in  Deutschland.  Erst  Auf«hwung  der 
aus  den  dreissiger  Jahren  datiert  der  eigentliche  Auf-  SffiSdl 
Schwung  des  reineren  Geschmacks  in  den  Produktionen 
derselben  und  an  Einfluss  in  dieser  Richtung  kam 
niemand  Eduard  Hänei.  gleich.  Er  führte  die  neuesten  und 
schönsten  französischen  und  englischen  Antiquaschriften  ein,  Hess 
die  geradestehende  griechische,  Kanzlei,  fette  und  halbfette, 
gothische  und  andere  Zier-  und  Auszeichnungsschriften  schneiden 
oder  erwarb  aus  dem  Auslande  die  besten  Matern  zu  denselben. 

Im  Accidcnzdruck  brachte  Hänel  eine  vollständige  Umwälzung 
hervor  und  aus  seiner  Magdeburger  Offizin,  und  nach  dem  Brande 
derselben  im  Jahre  1838  aus  seinem  Berliner  Institut  gingen  vor- 


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DIK  GERM  ANISCH K  GRUPPE. 


X.  KAP. 


zügliche  Druckarbeiten  hervor.  Er  war  der  erste,  der  den  Compound- 
Druck  (s.  80),  den  er  Congreve- Druck  nannte,  nach  Deutschland 
brachte.  Mit  seinen  Guillochen-  und  Unterdruckplatten,  namentlich 
seinen  Spitzenmustern  enthusiasmierte  er  das  deutsche  Publikum. 
Fast  kein  Umschlag,  ja  kaum  ein  Rechnungsformular  konnte  damals 
ohne  Guillochen  und  Buntdruck  hergestellt  werden.  Bereits  1837 
hatten  seine  Zierstücke  die  Zahl  von  2813  erreicht. 

Der  Kampf  mit  der  Lithographie  ward  damals  mutig  von  den 
Buchdruckern  aufgenommen.  Viele  der  letzteren  warfen  sich  mit 
Eifer  auf  das  Accidenzfach  und  andere  Schriftgiesser  folgten  dem 
Beispiel  Hänels.  Es  war  eine  Zeit  des  regsten,  lustigsten  Schaffens, 
vom  Guten,  Halbguten  und  Geschmacklosen,  vom  Praktischen  und 
Unpraktischen  unter  einander. 

Noch  vor  Hänel  hatten  F.  W.  Gubitz  in  Berlin  und  der 
f.  w.  Gubiu.  Kammergerichtsassessor  W.  Pfnorr  in  Darmstadt  manche  Beiträge 
w.  pfnorr.  jm  Ornamentfache  geliefert,  unter  welchen  die  Einfassungen  mit 
Säulen,  umwunden  von  Epheu-  und  Blumenguirlanden  oder  mit 
vollständigen  schweren  architektonischen  Aufbauten  einen  wichtigen 
Platz  einnehmen.  Auch  viele  Polytypen  stammen  von  Gubitz,  der 
im  Jahre  1836  bereits  1668  solcher  geschnitten  hatte.  Nach  Hänels 
Vorangehen  trat  nun  auch  ein  besserer  Geschmack  in  den  Ein- 
fassungen und  eine  grössere  Leichtigkeit  in  der  Ausführung  ein. 
Vielen  Beifall  fanden  die  sogenannten  Kaleidoskop- Einfassungen, 
aus  sehr  kleinen  systematischen  Stückchen  bestehend,  die  sich  in 
die  mannigfaltigsten  Formen  zusammenfügen  Hessen  und  congreve- 
artig  in  verschiedenen  Farben  gedruckt  manchmal  eine  recht  hübsche 
Wirkung  hervorbringen  konnten.  Auch  zu  Kapitel  -  Anfangs  -  und 
-Schlussvignetten  wurden  sie  zusammengesetzt,  in  Gestalt  von 
Schmetterlingen,  Vasen,  Kronen  etc.  Man  näherte  sich  jedoch 
damit  den  zeitraubenden,  wenig  wahre  Befriedigung  erzielenden 
Arbeiten  der  Stigmatypie  (S.  304)  und  sie  verschwanden  bald  von 
der  typographischen  Bühne. 

Die  deutsche  Druckschrift,  die  sogenannte  Fraktur,  nahm  um 
Die  deuuehe  die  Mitte  des  xvni.  Jahrhunderts  eine  sehr  niedrige  Stufe  ein.  Die 

Druckschrift 

männliche  Kraft  und  das  Urwüchsige  der  gothischen  Schrift,  Eigen- 
schaften, welche  die  Schwabacher  Schrift  wenigstens  noch  teilweise 
besass,  waren  ganz  verloren  gegangen,  ohne  dass  die  Fraktur  durch 


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X.  KAP. 


DIK  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


283 


Eleganz  das  ersetzte,  was  ihr  an  Kraft  gebrach.  Nachdem  J.  G.J. 
Breitkopf,  wie  es  scheint,  lange  geschwankt  hatte,  ob  er  nicht  seine 
reformatorischen  Absichten  der  Verbesserung  der  Antiqua  zuwenden 
sollte,  folgte  er  schliesslich  doch  der  Tradition  und  versuchte  der 
Fraktur  eine  kunstgerechtere  Haltung  zu  geben  (s.  365).  Etwas 
Mustergültiges  vermochte  jedoch  auch  Breitkopf  nicht  zu  schaffen , 
noch  weniger  J.  F.  Ungf.r  in  Berlin. 

Erst  Erich  VValbaum  in  Weimar  und  namentlich  seinem  Sohne 
Theodor  Walbaum  gelang  es,  eine  Frakturschrift  herzustellen,  die  Erich  w.ibaum. 
auf  längere  Zeit  und  allgemein  sich  Geltung  erwarb.  Der  Vater  tTJi  jJutSJo. 
war  anfänglich  Konditor,  zeigte  jedoch  einen  solchen  Geschmack 
im  Ornamentieren,  dass  er  von  Sachverständigen  veranlasst  wurde, 
sich  der  Stempelschneiderei  zu  widmen.  Der  Sohn  Theodor 
arbeitete  erst  als  Gewehrgraveur  wie  der  berühmte  englische  Schrift- 
giesser  Caslon  (I,  S.  268),  wurde  jedoch  später  von  seinem  Vater 
als  Stempelschneider  ausgebildet. 

Die  Vorzüge  der  Walbaumschen  Frakturschriften  liegen 
namentlich  in  dem  Ebenmass  aller  Buchstaben  durch  alle  Grade 
hindurch  von  dem  kleinsten  bis  zu  dem  grössten.  Form  und 
Zurichtung  sind  gleich  gut;  die  Stärke  ist  gerade  die  rechte;  Leser- 
lichkeit geht  mit  Dauerhaftigkeit  Hand  in  Hand.  In  der  Fraktur 
nimmt  die  Walbaumsche  Schrift  fast  die  Stelle  ein,  wie  in  der 
Antiqua  die  Didotsche,  und  würde  noch  heute,  neu  mit  den  Hülfs- 
mitteln  der  neuesten  Technik  zweckmässig  durchgeführt,  immer  eine 
klassische  Fraktur  bleiben ,  wenn  wir  diese  Bezeichnung  überhaupt 
für  eine  Schrift  modernen  Ursprungs  und,  man  sage  für  ihre  nationale 
Berechtigung  und  ihre  Zweckmässigkeit  für  das  Volk  was  man  will, 
nicht  in  dem  Besitz  derjenigen  Schönheit,  welche  wir  von  dem, 
was  wir  klassisch  nennen,  verlangen,  gebrauchen  dürften. 

Theodor  Walbaum  starb,  als  Künstler  und  Mensch  gleich 
geachtet,  in  dem  Bade  Berka  bei  Weimar  und  wurde  von  seinem 
Vater  überlebt.  Das  Walbaumsche  Geschäft  erwarb  F.  A.  Brock- 
haus in  Leipzig,  welcher  es  im  Jahre  1843  nach  dort  verlegte. 

Seit  Walbaum  hat  Deutschland  eine  grosse  Zahl  von  Fraktur- 
schriften aufzuweisen,  bald  magerere,  bald  fettere:  bald  eckigere,  d»*  neueren 

'  S  '  «  Fmlaurechriftcn. 

bald  rundere;  vielen  derselben  ist  die  Korrektheit  nachzurühmen. 
Oft  sind  sie  sich  selbstverständlich  so  ähnlich,  dass  nur  ein  sehr 


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284 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


X.  KAP. 


geübtes  Auge  einen  Unterschied  bemerkt  Leider  haben  sehr  viele 
Druckereien  die  üble  Gewohnheit,  einzelne  Grade  aus  den  Garnituren 
verschiedener  Giessereien  untereinander  anzuschaffen,  indem  sie 
bald  den  Launen  der  Besteller  nachgeben,  bald  nur  dem  eigenen 
Antrieb  folgen,  nicht  berechnend,  dass  selbst  die  weniger  schönen 
Schriften  konsequent  durch  alle  Grade  durchgeführt  ein  weit 
gelungeneres  Ganzes  hervorbringen,  als  Schriften  sogar  des 
schönsten  Schnittes,  wenn  sie  unter  einander  gemengt  sind. 

Im  Jahre  1838  hatten  Deutschland,  Österreich  und  die  Schweiz 
bereits  gegen  100  Giessereien,  die  beständigen  Zuwachs  erhielten. 
Im  Norden  Deutschlands  waren  die  bedeutendsten  derselben 
J.  I).  Trenuert.  J.  D.  Trennert  in  ALTONA  und  Genzsch  &  Heyse  in  HAMBURG, 
G  HcyCj£.&    welche  hauptsächlich  die  Bedürfnisse  des  skandinavischen  Nordens 
und  Russlands  deckten.  Der  Gründer  der  letztgenannten  Firma, 
j.  a. Genzsch  J.  A.  Genzsch  aus  Audigast  in  Sachsen,  ward  1827  erster  Faktor 
V*i- J""i  «W*  bei  F"r.  Dresler  &  Rost-Fingerlin,  als  diese  in  Frankfurt  a.  M.  eine 
Schriftgiesserei  etablierten.  Im  Jahre  1833  assoziierten  sich  Genzsch 
und  J.  G.  Heyse  aus  Bremen  und  führten  die  Thorowgoodschen 
Schreibschriften  in  Deutschland  ein.  Die  Firma,  seit  1866  im  Besitz 
von  Emil  Julius  Genzsch,  dem  Sohne  des  Gründers,  erwarb  sich 
besondere  Verdienste  um  die  Einführung  der  Renaissance -Antiqua 
mit  entsprechenden  Kopfleisten,  Vignetten  und  Initialen,  sowie  um 
die  Umgestaltung  der  Schwabacher  Schriften.  Da  man  für  letztere 
nicht  so  wie  für  die  Antiqua  ältere  mustergültige  Vorbilder  hatte, 
weil  die  Stempelschneidcrei  Deutschlands  zur  Zeit  der  Einführung 
der  Schwabacher  (I,  S.  41)  auf  keiner  hohen  Stufe  stand,  so  musste 
der  Versuch  gemacht  werden ,  etwas  Neues  zu  schaffen,  und  es  ist 
in  der  That  Genzsch  &  Heyse  gelungen,  sehr  ansprechende  moderne 
Schwabacher  Schriften  in  allen  Grössen  herzustellen.   In  jüngster 
Zeit  etablierten  Genzsch  &  Heyse  eine  Schriftgiesserei  in  München 
durch  Ankauf  zweier  dortigen  Firmen'. 

In   Bkaunschweig  wirkten   als  Schriftgiesser  namentlich 
Fr.  \vwejj    Fr.  Vieweg  &  Sohn,  allerdings  nur  für  den  eigenen  Bedarf  schaffend, 
aber  sehr  für  Verbreitung  des  guten  Geschmacks  wirkend. 

«  Zu  dem  50jährigen  Jubiläum  am  28.  Februar  1883  erschien  „Chronik 
der  Schriftgiesserei  Genzsch  &  Heyse". 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRITT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


285 


Die  Hanelsche  Offizin  in  Berlin  ging  nach  verschiedenem 
Wechsel  in  die  Hände  W.  Gronaus  über  und  behauptete  sich  unter  Berlin, 
dessen  kräftiger  und  einsichtsvoller  Leitung  als  eine  der  vorzüg-  Hanel  r'r0IWU- 
lichsten  Anstalten  Deutschlands.  Im  Hänelschen  Geiste  wurden 
Ornamente,  Zier-  und  Brotschriften  in  reicher  Fülle  geschaffen, 
zugleich  der  Schnitt  griechischer  und  russischer  Schriften  gepflegt. 
Auch  als  Druckerei  behielt  die  Offizin  einen  ehrenvollen  Platz. 
Hier  wirkte  als  Faktor  J.  H.  F.  Bachmann  aus  Stralsund.    Achtj.n  F.Bacbmann 

•  8.  Juli  t$it, 

Jahre  verbrachte  dieser  in  Kiew  als  Leiter  erst  der  Universitäts-  f  »7-  J»u  '»70. 
buchdruckerei,  später  der  Regierungsdruckerei.  Nach  Deutschland 
zurückgekehrt,  weilte  er  1850 — 1860  bei  J.  H.  Meyer  in  Braun- 
schweig, wo  er  den  Grund  zu  seiner  ziemlich  umfangreichen  fach- 
schriftstellerischen Thätigkeit  legte.  Sein  letztes  Werk  war  das 
1875  in  Weimar  erschienene  ausfuhrliche  „Handbuch  der  Buch- 
druckerkunstu. 

Eine  bedeutende  Thätigkeit  entwickelten  Trowitzsch  &  Sohn, 
auch  als  Kalenderverleger  bekannt.  Die  von  Df.ckersche  Giesserei  Tro*iusch  & 

Sonn. 

schaffte  in  erster  Richtung  hauptsächlich  für  den  eigenen  Bedarf,    v.  Deck«. 

Ihre  Frakturschriften  von  einer  etwas  eigentümlichen  Form  sind 

korrekt  und  tüchtig  durchgeführt,  konnten  jedoch  nicht  allgemein 

gefallen.  Es  hat  fast  den  Anschein,  als  wäre  die  Absicht  vorhanden 

gewesen,  nach  dem  Beispiel  der  Nationaldruckerei  in  Paris  etwas 

Absonderliches  für  sich  allein  zu  haben,  ohne  Rücksicht  darauf,  ob 

es  zugleich  etwas  Schönes  sei.  Im  Jahre  1873  zur  Zeit  der  Wiener 

Ausstellung  betrug  die  Zahl  der  Stempel  und  Matrizen  über  100000. 

Deckers  lieferten  auch  orientalische  Schriften,  die  unter  der  Aufsicht 

der  Akademie  dcrWisscnschaften  geschnitten  wurden,  welche  letztere 

sich  überhaupt  um  diesen  Zweig  der  Schriftgicsserei  verdient  machte. 

Als  Stempelschneider  in  dieser  Richtung  erwarb  sich  Beyerhauss  Heyerhau«. 

einen  Ruf.  Unter  anderem  lieferte  er  für  die  amerikanische  Mission 

in  New -York  4000  chinesische  Stempel,  mit  welchen  22000  der 

am  häufigsten  vorkommenden  Kombinationen  herzustellen  waren. 

F.  Theinhardt  lieferte  Hieroglyphen  nach  der  Anleitung  des  f.  Reinhardt. 

Professors  C.  R.  Lepsius,  die  sich  von  den  Niesschen  dadurch 

unterscheiden,  dass  sie  kein  schwarzes  Typenbild,  sondern  nur 

wie  mit  der  Feder  gezeichnete  Umrisse  bilden.    Die  Zahl  der 

geschnittenen  Charaktere  beläuft  sich  auf  über  1300.  Auch  Thein- 


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2  86 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


X.  KAP. 


hardts  sonstige  fremdländische  Schriften  und  andere  Leistungen 
sind  vorzüglich  *. 

Treffliche  Einfassungen  und  Ornamente  lieferte  Heinr.  Ehlert. 
h.  Ehlen.    Rastlos  schaffte  im  Accidenzfach  Wilh.  Woellmer,  und  namentlich 

w.  w oeiimcr.  g^^j^  sejne  Züge,  Einfassungen  und  Schreibschriften, 
besonders  die  Rundschriften2,  grosse  Beliebtheit,  wozu  seine  von 
W.  Büxenstein  in  Berlin  genial  arrangierten  und  meisterhaft 
gedruckten  Proben  das  ihrige  beitrugen. 

Je  grössere  Dimensionen  das  Geschäft  im  allgemeinen  annahm, 
um  so  vorteilhafter  war  es,  wenn  sich  Spezialitäten  vom  Stamm 
abzweigten  und  besondere  Geschäfte  bildeten.  Als  eine  solche 
Spezialität,  welche  eine  ganz  besondere  Pflege  nötig  hatte,  ist  die 
Fabrikation  von  Messinglinien,  galvanoplastischen  Arbeiten  u.  dgl. 

h.  Benhoid.  zu  bezeichnen.  In  der  Fabrikation  der  ersteren  hat  es  H.  Ber thold 
in  Berlin  zu  einer  grossen  Virtuosität  gebracht.  Besonderen  Dank 
seitens  seiner  Berufsgenossen  erwarb  er  sich  durch  seine  Bemühungen 
für  die  Einheitlichkeit  des  Schriftkegels  und  die  Herstellung  eines 
Normal typometers.  Unter  Beihülfe  wissenschaftlicher  Kräfte  ersten 
Ranges,  darunter  des  Direktors  des  Observatoriums  in  Berlin, 
Professor  Dr.  Förster,  stellte  er  nach  achtzehnmonatlicher  Arbeit 
ein  solches  Typometer  in  einer  Länge  von  30  cm  =  133  Nonpa- 
reil  -=  798  Punkte  her  \  Leider  ist  auch  bei  diesem  neuen  verdienst- 
lichen Versuche  nicht  das  Metermass  nach  seinen  Einheiten  genau 
zugrundegelegt.  Man  sieht  hier,  wie  bei  den  orthographischen 
Verbesserungsplänen,  wie  schwer  es  ist,  eine  wissenschaftliche  Reform 
durchzusetzen,  wenn  nicht  ein  Gebot  des  Staates  dahintersteht.  Bei 
dem  enormen  vorhandenen  Setzmaterial  und  den  übergrossen 
Schwierigkeiten,  dieses  schrittweise  nach  einem  neuen  System  zu 
vervollständigen  oder  umzumodeln,  ist  auch  nicht  abzusehen,  wann 
eine  Einheitlichkeit  durchgeführt  sein  kann,  denn  solche  Radikalkuren 

«  C.  R.  I.EPSIUS,  Standard-Alphabet.  Ii.  Ed.  London  1863. —  Fr.  Ballhorn, 
Alphabete  orientalischer  und  occidcntalischer  Sprachen.  12.  Aufl.  Nürnberg  1880. 
—  F.  Tmeinmardt,  Liste  hieroglyphischer  Typen.  Berlin  1875.  —  II.  Brugsch, 
Memoire  sur  In  rff  roJuction  imprimie  da  caraet'eres  äimottques.  Berlin  1868. 

»  F.  Soennf.ckkn,  I »as  deutsche  Schriftwesen.  Bonn  1881. —  II.  SmaliaN, 
Praktisches  Handbuch  für  Buchdrucker  im  Verkehr  mit  Schriftgiesscrcien.  2.  Aufl. 
Leipzig  1877.  —  J.  H.  Bachmann,  Die  Schriftgießerei.   Leipzig  1S68. 

3  Journ.  f.  B.  1879,  Nr.  29. 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


287 


anzuwenden,  wie  die  Reichsdruckerei  es  that,  indem  sie  ihre 
gesamten  Schriftenvorräte  ins  Zeug  warf  und  umgoss,  sind  nicht 
jedermanns  Sache. 

In  Jena  schnitt  C.  Hanemann  nach  Angaben  des  Professors 
W.  Lagus  eine  arabische  Schrift  für  die  Frenckellsche  Offizin  in  c.  Hanemann. 
Helsingfors. 

LEIPZIG  nahm  in  der  Schriftgiesserei  nicht  eine  so  bedeutende 
Stelle  ein,  wie  man  es  hätte  vermuten  sollen.   F.  A.  Brockhaus,  Leipziger 


Breitkopf  &  Härtel,  Karl  Tauchnitz,  F.  Nies  und  dessen  Nachfolger 
C.  B.  Lorck  und  W.  Drugulin  u.  a.,  welche  hauptsächlich  nur  im 
Interesse  der  eigenen  Druckoffizinen  arbeiteten,  finden  Erwähnung 
bei  der  Besprechung  der  Wirksamkeit  dieser  (Kap.  XII).  Gustav 
Schelter  zeichnete  sich  namentlich  durch  seine  Musiknoten  aus. 
Der  talentvolle,  leider  zu  früh  aus  dem  Leben  geschiedene  Ernst 
Otto  war  ganz  besonders  um  die  Verbesserung  des  Schriftmetalls 
bemüht.  Die  einzige  bedeutende  Schriftgiesserei  war  langezeit 
hindurch  die  von  J.  G.  Schelter  &  Giesecke,  die  einen  ganz  j.  o.  schwer 

&  Giwecke. 

besonders  regen  Verkehr  mit  dem  Norden  unterhielt  und  eine 
Filiale  in  Wien  (jetzt  Meyer  &  Schleicher)  errichtete.  Die  Leipziger 
Anstalt  ist  in  jüngster  Zeit  ganz  nach  amerikanischen  Grundsätzen 
umgebildet  und  gehört  durch  ihren  Umfang  und  die  ausgedehnteste 
Anwendung  von  Hülfsmaschincn,  welche  sie  selbst  baut,  zu  den 
bedeutendsten  Schriftgiessereien  der  Jetztzeit,  liefert  zugleich  kleine 
Druckmaschinen  und  alles,  was  zum  Arbeitsmatcrial  gehört.  In 
jüngster  Zeit  haben  Schelter  &  Giesecke  sich  besonders  um  das 
Schaffen  schöner  Ornamente  und  Einfassungen  verdient  gemacht'. 

Die  als  Schriftgiesserei  noch  junge  Firma  Julius  Klinkhardt,  j.  Künkh*r<it. 
früher  schon  als  Verlagshandlung  und  Buchdruckerei  bekannt, 
entwickelt  eine  grosse  Thätigkeit.  Der  Gründer  der  Firma,  Julius 
Klinkhardt,  kaufte  1 864  die  gut  eingerichtete  Buchdruckerei  von 
Lüders  &  Umlauf,  1871  die  bekannte  lithographische  Anstalt  von 
J.  G.  Bach  und  die  Schriftgiesserei  von  Gust.  Schelter.  Unter  der 
Beteiligung  der  Söhne  Robert  und  Bruno  Klinkhardt  nahm  das 

»  Die  in  zwanglosen  Zwischenräumen  erscheinenden  „Typographischen 
Mitteilungen  von  J.  G.  Schelter  &  Giesecke"  dienen  ihrem  Geschäft  als  Organ, 
enthalten  aber  auch  Nachrichten  und  Belehrungen  von  allgemeinem  Interesse. 


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288  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  X.  KAP. 

Geschäft  einen  ungemein  raschen  Aufschwung;  in  Wien  wurde 
1877  eine  Filiale  errichtet.  Die  Anstalt  machte  namentlich  in  betreff 
der  Musiknoten  und  der  dekorativen  Typographie  bedeutende 
Anstrengungen1. 

Als  Galvanoplastiker  erwarb  sich  in  Leipzig  C.  A.  Kloberg, 
GaivanopiMtiker  als  Graveur  R.  Gerhold  Ruf.  In  Magdeburg  zeichnete  sich  in  diesem 
Fache  Feodor  Schmitt  (früher  Falckenberg  &  Co.)  aus,  dessen 
Spezialitäten  Numerierwerke  und  alle  Messingarbeiten  für  Buch- 
binder sind. 

Frankfurt  a.  M.  behielt,  mit  dem  benachbarten  Offenbach, 
Frankfurt  a.  M.  selbst  nachdem  der  Hauptsitz  der  Typographie  und  des  Buchhandels 
nach  Leipzig  verlegt  war,  die  Superiorität  als  Sitz  der  Schrift- 
giesserei.  Ein  verdientes  Ansehen  genoss  dort  schon  lange  die 
J.  Amlrcae.  Schriftgiesserei  vonj.  Andrkae  (I,  s.  131),  die  einen  wesentlichen 
Kinfluss  auf  die  Ausbildung  des  guten  Geschmacks  geübt  hat.  Sie 
verbesserte  das  Konkordanzsystem  und  war  eifrig  für  die  Einführung 
des  einheitlichen  Kegel-  und  Höhesystems  (I,  S.  16b)  thätig.  Im 
Jahre  1838  ging  das  Geschäft  auf  Benj.  Krebs  über,  der  auch  die 
ersten  guten  deutschen  Schreibschriften  lieferte,  deren  Zeichen  zwar, 
wie  die  der  Anglaisc,  auf  schrägem  Kegel  geschnitten,  jedoch  nicht 
wie  die  letztere  aus  verschiedenen  Stücken  zusammengesetzt  werden 
mussten.  Jedes  Typenstück  ist  zugleich  ein  vollständiger  Buchstabe, 
nur  existieren,  wie  in  der  Rondr,  von  manchen  Buchstaben  Varianten 
i^bis  zu  fünf)  unter  Berücksichtigung  der  Anschlüsse  an  die  Nachbar- 
buchstaben. Krebs  hat  auch  durch  sein  für  die  damalige  Zeit  (1827) 
vortreffliches  und  heute  noch  nicht  übertroffenes  „Handbuch  der 
Buchdruckerkunst"  sehr  wohlthätig  gewirkt.  Die  Firma  lieferte  auch 
vorzügliche  hebräische,  und  in  jüngerer  Zeit  auch  Frakturschriften, 
die  zu  den  besten  gehören;  seit  1870  ist  H.  Poppemiaum  alleiniger 
Besitzer  der  Firma. 

Im  Jahre  1827  gründete  Friedr.  Dresler  mit  Rost-Fingerlin 
f.  Dn-sier.    in  Frankfurt  eine  Schriftgiesserei,  die  bald  einen  weiten  Ruf  erlangte. 

Die  Dreslerschen  gothischen  Schriften  wurden  allgemein  nach- 
geahmt und  seine  Fraktur  fand  sogar  Eingang  in  die  National- 
druckerei in  Paris.   Dresler  schnitt  auch  Musiknoten  ohne  Linien- 

»  Das  „l'rol.enalbum  der  Buchdruckerei  Julius  Klinkhardt '  1882  ist  eine 
Musterleistung  moderner  Ausstattung,  namentlich  neuerer  Ornamentierung. 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


289 


ansätze,  welche  für  sich  gesetzt  und  dann  einer,  die  Linien  enthaltende 
Druckform  aufgedruckt  wurden.  Doch  hat  dieses  Verfahren  trotz 
des  durch  die  Zweifarbenmaschinc  erleichterten  Doppeldruckcs  sich 
nie  einbürgern  können.  Die  Verwendung  von  zweierlei  Metall, 
Messing  für  die  Linien  und  Schriftzeug  für  die  Noten ,  bietet  schon 
wesentliche  Nachteile,  da  die  Abnutzung  eine  verschiedene  ist,  der 
Druck  demnach  nie  ein  recht  gleichmässigcr  sein  wird.  Dreslcrs 
tüchtiger  Nachfolger  Carl  Mkyer  verfolgte,  unterstützt  von  Ferd.  c.  Mcy«. 
Michael,  die  begonnenen  Pläne  weiter  und  II.  Flinsch,  in  dessen  n.i-wth. 
Besitz  das  Geschäft  1859  überging,  vollendete  sie. 

Unter  Flinsch  ist  die  Anstalt  zu  der  grössten  Deutschlands,  zu 
einer  der  grössten  der  Welt  herangewachsen.  Im  Jahre  1882  waren 
vorhanden :  92  Giessmaschinen,  welche  täglich  ca.  2  Millionen  Typen 
liefern  können,  ausserdem  26  Schleif-  und  viele  Hülfsmaschinen. 
Die  Zahl  der  Arbeiter  betrug  über  200.  An  Stempeln  besass  die 
Offizin  106000,  an  Matrizen  198200.  Flinsch  war  der  erste  in 
Deutschland,  der  die  Johnson- Atkinsonsche  Giessmaschine  einführte 
und  Matrizen  von  Stahl  und  Neusilber  verwendete,  auch  für  die 
Güte  und  I  lärte  des  Zeugs  wurden  grosse  Anstrengungen  gemacht. 

Als  Schriftschncider  erwarb  sich  Joh.  Chr.  Bauer  aus  Hanau 
ein  grosses  Ansehen.  Nachdem  er  sich  in  England  ausgebildet  hatte,  j.  c  ib.,rr 
begann  er  1828  seine  schönen  Frakturschriften  auszuführen,  von  '  u*v 
welchen  die  ersten  1852  erschienen.  Nach  und  nach  folgten  andere 
und  Bauer  schnitt  über  10000  Stempel.  Seine  Nachfolger  wirken 
in  gleicher  Richtung.  Sic  haben  das  Patent  auf  die  Hepburnsche 
Giessmaschine  erworben  (s.  295),  deren  Frfinder  seine  Thätigkeit 
dem  Frankfurter  Hause  widmet. 

Cosman  Damian  May  gehört  halb  Frankfurt,  halb  London  an. 
Geboren  in  erstercr  Stadt,  ging  er  1828  nach  England  und  war  bis  c.  1»  m  .v. 
1845  Teilnehmer  der  Schriftgiesserei  Miller  &  Richard.  1852  kam 
er  wieder  nach  Frankfurt,  kehrte  jedoch  1865  abermals  nach  London 
zurück.  Er  schnitt  Frakturschriften  sowohl  in  einer  abgerundeteren 
Form  (Midolinc),  als  auch  in  der  üblichen  eckigen.  Bekannter  sind 
seine  Antiquaschriften  geworden,  deren  treffliche  Ausführung  alles 
Lob  verdient. 

Die  Firma  J.  C11.  D.  Nies  wurde  1834  gegründet.  C.J.  Ludwig, 
aus  der  Flinschschen  Schule  hervorgegangen,  hat  sich  seit  1 876  für 


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2QO  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  X.  KAP. 

j.oi,  d.  Nim.  seine  junge  Firma  bereits  einen  guten  Ruf  erworben.  In  dem 
cf  j.Hi'.iSwVg.  benachbarten  Offenbach  zeichnete  sich  J.  M.  Huck  &  Co.  und 
J.  H.  Rust,  letzterer  namentlich  durch  seine  eleganten  Ornamente 
und  Einfassungen,  aus. 

Stuttgart  hat  in  der  Schriftgiesserei  keine  grosse  Bedeutung 
gehabt.  In  neuester  Zeit  machte  sich  Otto  Wf.isert  durch  seine 
Zierstücke,  Stofflkr  &  Backe  durch  Holzschriften  bemerkbar. 
Solche  fabrizierten  namentlich  Sachs  &  Schumacher  in  Mannheim, 
Nachtigall  &  Dohle  in  Aachen. 

In  ÖSTERREICH  stand  die  Schriftgiesserei  lange  auf  einem 
überreich,  ziemlich  untergeordneten  Standpunkte.  Eine  Änderung  hat  man 
Andr.  Haasc  erst  Gottlieb  Haase  in  Prag  zu  verdanken,  der  in  Österreich  unge- 
f  .5.J«»i  »W  fahr  dieselbe  Stellung  einnahm,  wie  Ilänel  in  Deutschland. 

Der  Begründer  der  Firma  war  1798  nach  Prag  eingewandert. 
Sein  rasch  aufgeblühtes  Geschäft  arbeitete  mit  18  Pressen  und  war 
mit  einer  Schriftgiesserei  verbunden.  Der  Sohn  Andreas  widmete 
sich  nach  einer  sorgfaltigen  Erziehung  der  Buchdruckerkunst  und 
übernahm,  kaum  zwanzig  Jahre  alt,  nach  dem  Tode  des  Vaters  im 
Verein  mit  seinen  beiden  jüngeren  Brüdern  Gottlieb  und  Rudolph 
das  Geschäft,  das  bald  eins  der  bedeutendsten  in  Österreich  wurde. 
Im  Jahre  1836  disponierte  es  bereits  über  eine  Doppelmaschine,  drei 
einfache  Schnellpressen,  zwölf  Stanhope-  und  vierzehn  ältere  Hand- 
pressen, nebst  zwei  hydraulischen  Glättpressen.  Die  Schriftgiesserei 
zählte  45  Arbeiter  und  versah  ganz  Österreich  und  die  Donauländer. 
Eine  Maschinenfabrik  wurde  in  Wran  angelegt.  Nach  dem  Tode 
Andreas'  übernahm  Gottlieb  als  Chef  die  Leitung  der  Buchdruckerei. 
Ihm  zur  Seite  stand  als  Dirigent  der  Schriftgiesserei  sein  Neffe 
Guido;  Rudolph  leitete  die  Buchhandlung.  Im  Jahre  1871  ging  das 
Geschäft  in  die  Aktiengesellschaft  Bohemia  auf,  bis  es  Andreas 
Haase  später  wieder  übernahm. 

Der  sehr  bedeutende  Aufschwung,  welchen  die  Wiener  Schrift- 
sd„iftg;ic«CTei  giesserei  in  neuester  Zeit  genommen  hat,  entstammt  zumteil  den 
Bestrebungen  Auers,  zumteil  den  bei  der  günstigen  Wendung  der 
Pressverhältnisse  nach  Wien  eingewanderten  deutschen  Geschäften. 
Die  jetzt  bedeutendste  Schriftgiesserei  Meyer  &  Schleicher,  welche 
ihre  Verbindungen  selbst  bis  Japan  ausdehnt,  wurde,  wie  bereits 
erwähnt,  als  Filiale  von  Schelter  &  Giesecke  in  Leipzig  gegründet. 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


291 


Sie  führte  die  Atkinsonsche  Giessmaschine  in  Wien  ein.  J.  H.  Rust 
aus  Ottenbach  etablierte  1856  ein  Geschäft.  Aus  einer  Filiale  von 
Krf.bs  in  Frankfurt  a.  M.  ward  die  Firma  Poppelbaum  &  Bossow,  jetzt 
Poppelbaum.  In  jüngster  Zeit  folgte  Jul.  Klinkhardt  aus  Leipzig. 

Ausser  der  Staatsdruckerei  verbanden  auch  andere  Druck- 
anstalten mit  ihren  Druckoffizinen  Schriftgiessercien ,  so  v.  Wald- 
heim, Zamarski,  Fromme.  Letzterer  verkaufte  jedoch  die  Giesserei  an 
Brendlkr  &  G.  Harler.  Carl  Brendler  schnitt  vortreffliche  orien- 
talische Schriften  und  die  stenographischen  Typen  für  Faulmann. 

Carl  Faulmann,  erst  Setzer,  dann  Stenograph  und  Linguist, 
Verfasser  mehrerer  Werke   über  Schrifttum  und  Typographie',  c.  Fattlm.inn  und 

dicStcoographic. 

hat  sich  ganz  besondere  Verdienste  in  betreff  der  Lösung  der 
schwierigen  Aufgabe,  die  Stenographie  in  die  Typographie  ein- 
zuordnen, erworben.  Die  ersten  Versuche  hatte  bereits  1854 
Gustav  Schelter  mit  Typen  nach  Gabelsbergers  System  gemacht, 
sie  fielen  jedoch  nicht  genügend  aus.  Die  Staatsdruckerei  Hess  von 
Joseph  Leipold  und  Christian  Plesse  Typen  nach  Stolzes  System 
herstellen,  die  1854  in  München  ausgestellt,  für  den  praktischen 
Gebrauch  jedoch  zu  gross  befunden  wurden.  1859  zeichnete  Faul- 
mann für  die  Staatsdruckerei  neue  Typen  nach  Gabelsbergers  System, 
die,  von  Leipold  geschnitten,  sich  als  zweckmässig  bewährten.  1864 
erschienen  wieder  neue  Typen  von  Faulmann,  die  er  auf  seine 
Rechnung  von  Brendler  schneiden  Hess  und  die  später  von  der 
Staatsdruckerei  angekauft  wurden.  Diese  neuesten  Typen  reihen 
sich  ohne  Verbindungsstücke  an  einander  an,  wie  gewöhnliche 
Typen.  Allerdings  ist  die  Zahl  derselben,  trotz  einer  grossen 
Reduktion  der  früheren  1 300  Stücke,  noch  eine  bedeutende,  800,  so 
dass  ein  Kasten  sie  nicht  alle  fassen  kann ,  auch  laufen  die  über- 
hängenden Buchstaben  beim  Drucken  leicht  Gefahr,  beschädigt  zu 
werden.  Liegt  es  nun  auch  in  der  Natur  der  Sache,  dass  die 
Geschwindschrift  nie  Gegenstand  eines  Geschwindsatzes  werden 
kann,  so  ist  doch  das  Problem  des  stenographischen  Satzes  als 
glücklich  durch  Faulmann  gelöst  zu  betrachten 3. 

F  1  Illustrierte  Geschichte  der  Schrift.  Wien  tS8o.  —  Das  Buch  der  Schrift. 
Wien  1878.  —  Illustrierte  Geschichte  der  Buchdruckerkunst.    Wien  1882.  — 
Illustrierte  Kulturgeschichte.  Wien.  —  Stenographische  Unterrichtsbriefe.  Wien. 
2  Österr.  Buchdr.-Ztg.  1873,  Nr.  29.  —  Journ.  f.  B.  1874,  Nr.  16  u.  18. 

19* 


292 


DIE  Gl -.RM ANISCHE  GRUPPE- 


X.  KAP. 


Betrachten  wir  den  grossen  Reichtum  an  Material,  welchen 
Rschniunan  Schriftgiessereien  für  Einfassungen,  Ornamente,  Titel-,  Schreib- 
schriften u.  dgl.  den  Setzern  in  die  I  lande  liefern,  so  können  letztere 
nicht  darüber  klagen,  dass  es  ihnen  an  Mitteln  gebricht,  ihre 
Kunstfertigkeit  zu  zeigen.  Eher  verleitet  sie  der  Reichtum  zur 
Verschwendung  und  unter  den  hunderten  von  Schriften  wird  mehr 
gewühlt  als  gewählt  und  sinnlose  Zusammenstellungen  gemacht. 
Erfreulich  ist  es  zu  sehen,  wie  jetzt  das  Ausland,  das  fast  nur  von 
den  Derrieyschen  Einfassungen  zehrte,  jetzt  die  deutschen  Produkte 
vielfach  benutzt,  die  selbst  in  Frankreich  Eingang  fanden. 

Übersättigung  fuhrt  zur  Einfachheit  und  so  haben  in  den  letzten 
Jahren  die  einfache  typographische  Linie  und  der  Punkt  (S.  304) 
eine  bedeutende  Rolle  gespielt  und  oft  werden  mit  diesen  kleinen 
Mitteln  wirkliche  Meisterstücke  ausgeführt,  in  welchen  namentlich 
W.  Büxenstkin  in  Berlin,  Jul.  Klinkhakdt  in  Leipzig  und  die 
Pierersche  Hofbuchdruckerei  in  Altcnburg  excelliercn,  der  in 
letzterer  arbeitende  taubstumme  Watzulik.  ist  ein  ausserordentliches 
Setzer -Genie'. 

Das  Stereotyp-Verfahren*  wird  in  ausgedehnter  Weise 
sitreotypie.  in  Deutschland  geübt ,  ohne  dass  dieses  selbst  bedeutende  eigene 
Verdienste  um  dasselbe  erworben  hätte,  wenn  sich  auch  Spuren 
älterer  Versuche  zeigen. 

Ein  Steingutfabrikant,  Schmidt  in  Durlach,  fand  auf  einem 
Aller«  Vertuche.  Schutthaufen  seiner  Fabrik  das  Bruchstück  einer  Schriftplatte  in 
Porzellan,  welche  den  Schluss  einer  Dcdikation  oder  eines  Gesuches 
an  den  Grossherzog  Karl  von  Baden  seitens  eines  Müller  d.  ä., 
datiert  Paris  den  1.  August  1787,  enthält,  des  Inhalts: 

„Diese  Erfindung  ist  in  Teutschland  schlechterdings  unbekannt. 
Sie  gehört  dem  Amtmann  Hoflmann,  welcher  aus  einer  alten  Familie 
aus  den  Markgräflich  -  Badcnschcn  Landen  herstammt  Ich  werde 
mich  glücklich  schätzen,  wenn  sie  unter  der  Protektion  Ew.  Hoch- 
fürstlichen Durchlaucht,  durch  mich,  durch  Errichtung  einer 
Polytypie  eingeführt,  und  alle  Kirchen-  und  Schulbücher  meines 

1  Eine  „Anleitung  zum  Accidenzsatz"  von  Hiinr.  Fischer.  Leipzig  1877. 
versucht  ein  System  für  den  tilclfmmigen  Satz  aufzustellen. 

-  H.  Mkyi.k,  Handbuch  der  Stereotypie,    liraunschweig  1838. 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


293 


gnädigsten  Privilegii,  zuerst  in  Teutschland  polytypiert,  von  mir 
können  abgedruckt  werden.  Ein  Unternehmen,  das  der  glorreichen 
Regierung  meines  gnädigsten  Fürsten  ein  ewiges  Denkmal  stiften 
und  den  wärmsten  Dank  aller  edlen  Seelen  verdienen  wird;  denn 
das  Werk  ist  eines  Fürsten  würdig. 
Ich  ersterbe  ehrfurchtsvoll 

Ew.  Hochfürstlichen  Durchlaucht 

unterthänigster  treu-gehorsamer  Knecht 
Müller  älter." 

Im  Jahre  1805  machte  Vincenz  von  Pallhausen  in  München, 
unterstützt  von  dem  Xylographen  Th.  Neuer,  einen  Versuch  zu  v.  v.  p.iiih.uu 
stereotypieren.  Ehe  dieser  einigermassen  gelang,  verunglückten 
verschiedene  Platten.  Von  den  hiervon  noch  übrig  gebliebenen, 
deren  Inhalt  ein  Gedicht  auf  Gutenberg  bildet,  veranstaltete  Prögel 
in  München  1836  einen  Abdruck  in  einem  Büchlein:  „Denkmal  in 
Stereotypen  den  Manen  Gutenbergs  1805  gewidmet  von  Vincenz 
von  Pallhausen". 

Polytypen,  Plakat-  und  grössere  Titelschriften  waren  längst 
mit  der  Hand  clichiert  worden.  Die  Clichiermaschine  von  Pfnorr  in 
Darmstadt  erleichterte  sehr  das  Verfahren 

Die  ersten,  welche  das  Stanhopesche  Verfahren  in  Deutschland 
erwarben  und  ausbeuteten,  waren  v.  Decker  und  K.  Tauchnitz;  sunhope* 
1819  kam  es  nach  Österreich.  Die  Stereotypendrehbank 2  verein-  Stcrio'>p,c 
fachte  die  Arbeit.  Eine  grosse  Förderung  gewährte  die  Papier- 
stcreotypie  (s.  153;.  In  Deutschland  war  Georg  Jaquet  in  München 
der  erste,  der  das  Verfahren  1834  erwarb.  Für  die  weitere  Ver- 
breitung wirkten  namentlich  Tu.  Archimowitz  und  J.  Isermann  in 
Hamburg  K 

Versuche  mit  Stereotypen  in  Eisen  wurden  schon  1805  auf 
Veranlassung  des  Buchhändlers  Gädickk  in  Berlin  gemacht.    Auf  stereotyp  in 
den  Rübeländer  Eisenwerken  im  Harz  brachte  Zieglkr  nach  jahre- 
langem Arbeiten  eine  vollständige  Bibel  in  dieser  Weise  zustande. 


'  Journ.  f.  B.  18 J5,  Nr.  5;  1838,  Nr.  1. 
■t  Juurn.  f.  B.  1837,  Nr.  5. 

3  Tu.  Archimowitz,  Die  Papierstereotypic.  Karlsruhe  1S62.  —  A.  vos 
Fi. vmmknstern,  Stereotypie  in  Österreich.    Wien  1S22. 


294  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  X.  KAP. 

So  vorteilhaft  die  Stereotypie  ist,  namentlich  zur  Herstellung 
der  Cliches  von  Abbildungen,  ohne  welche  die  illustrierte  Litteratur 
nie  eine  so  enorme  Ausdehnung  hätte  erreichen  können ,  so  wurde 
sie  doch  bedeutend  durch  die  Herstellung  von  Cliches  auf  galvano- 
plastischem Wege  übertreffen. 

Die  Galvanoplastik 1  ist  eine  Erfindung  des  Deutschen  Moritz 
r.aiv.inopiasuk.  Hermann  Jacobi  aus  Potsdam.  1835  erhielt  dieser  einen  Ruf  nach 
.  .'iVsopt'0'»»!.  Dorpat,  1837  nach  St.  Petersburg.  Bereits  in  diesem  Jahre  erfand 
f  10  Mur/i«7t.  ^  ^  Verfahren,  auf  chemischem  Wege  Kupfer  abzulagern,  und, 
abgesehen  von  den  sonstigen  hochwichtigen  Verwendungen,  druck- 
bare Kupferplatten  sowohl  flir  den  Tiefdruck  auf  der  Kupferdruck- 
presse als  für  den  Hochdruck  auf  der  Buchdruckpresse,  je  nach  dem 
Original,  zu  erzielen.  Das  Verfahren  kaufte  die  russische  Regierung, 
die  mit  einer  höchst  anerkennenswerten  Liberalität  es  der  Allge- 
meinheit preisgab.  Die  erste  Veröffentlichung  geschah  in  dem 
Bulletin  der  Akademie  zu  St.  Petersburg  vom  5.  Oktober  1838. 
Die  Galvanoplastik  ward  jedoch  für  das  Geschäft  zu  einer  zwei- 
MUsbrauch  «icr  schneidigen  Waffe.  Die  Möglichkeit,  durch  ihre  Hülfe  von  einem 
(Jichc  oder  einer  1  ype  eine  getreue  Mater  herzustellen,  somit  ohne 
Kosten  und  Mühe  sich  die  Arbeit  des  Stempelschneiders  oder 
I  lolzschneiders  anzueignen ,  wurde  stark  gemissbraucht.  Nicht  nur 
über  die  Produkte  des  Auslands  fiel  man  her,  sondern  auch  die 
Kollegen  im  Inlande  wurden  nicht  geschont  und  ein  Gesetz  verbot 
diese  kollcgialische  Beraubung  nicht.  Hier  konnte  nur  Sclbsthülfc 
wirken  und  am  15.  Mai  1857  konstituierte  sich  auch  ein  deutscher 
Schriftgiesser -Verein,  jedoch  erstens  waren  nicht  alle  Schrift- 
giessereien  Mitglieder  des  Vereins  und  zweitens  konnte  dieser  weiter 
keine  Strafe  diktieren,  als  öffentliche  Bekanntmachung  von  Kontra- 
ventionen, und  diese  genügte  nicht  immer.  Erst  der  Erlass  des 
Reichsgesetzes  zum  Schutze  der  Muster  vom  1.  Juli  1873  konnte 
dem  Übel  steuern. 

Ein  grosser  Fortschritt  in  der  Galvanoplastik  ist  die  Gewinnung 
von  Cliches  durch  die  dynamo  -  elektrische  Maschine,  welche  als 

«  A.  11  kr  im;,  Die  Galvanoplastik  und  ihre  Anwendung  in  der  Kuchdnickcr- 
kun>t.  7.  Ausg. —  1'.  von  Kosixkur,  Handbuch  der  Galvanoplastik.  Deutsche 
Obers.  Stuttgart.  —  Dr.  G.  Sixi.horst,  Katechismus  der  Galvanoplastik.  2.  Aufl. 
Leipzig. 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


295 


Ersatz  für  die  galvanischen  Elemente  eintritt  und  einen  kraftigen  Die  liynamu- 
elektrischen  Strom  durch  Verbindung  eines  mit  Kupferdraht  M«d.inc? 
umwickelten,  sich  rasch  drehenden  Eisenringes  und  eines  Elektro- 
magneten hervorbringt,  welcher  stark  genug  ist,  um  damit  in 
wenigen  Stunden  ein  Clichö  zu  erzielen.  Diese,  namentlich  von 
Sigm.  Schuckert  in  Nürnberg  und  Siemens  &  Halske  in  Berlin 
erbauten  Maschinen  sind,  wo  Dampfbetrieb  einmal  vorhanden  ist, 
mit  einem  geringen  Kostenaufwande  zweckmässigst  zu  benutzen'. 

Zu  erwähnen  bleibt  noch  die  Vernickelung  der  Typen,  eine 
Erfindung  des  Prof.  Bötticher  in  Frankfurt  a.  M.,  die  jedoch,  da  sie  in  v\rmtk«iUOg. 
Deutschland  keinen  Anklang  fand ,  nach  Amerika  auswanderte,  um 
dann  von  dort  als  Neuheit  nach  Deutschland  importiert  zu  werden. 

Die  GIESSMASCHINE  ist  keine  deutsche  Erfindung,  sie  gelangte 
aber  in  Deutschland  zur  grossen  Verwendung.  E.  Hänel  war  der  Die  schnftgi«*»- 
erste,  der  sie  hier  baute,  nachdem  er  das  Patent  Lauritz  Brandts 
(Kap.  XVI)  erworben  hatte.  Ein  Schüler  Brandts,  Corfitz  Möller  aus 
Kopenhagen,  baute  Giessmaschinen  bei  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig, 
Gursch  &  Klemm  und  C.  Kisch  in  Berlin,  Steiner  in  München  und 
Rob.  Köhnau  in  Leipzig  waren  bestrebt,  sie  zu  verbessern.  Grosse 
Verbreitung  fanden  die  amerikanischen  Apparate.  Auf  die  neue 
Ilepburnsche  Maschine  (S.  39)  hat,  wie  schon  erwähnt,  die  Bauer- 
sche  Giesserei  in  Frankfurt  das  Patentrecht. 

Das  anfängliche  Misstrauen  gegen  die  Giessmaschinen,  hervor- 
gerufen durch  die,  wegen  der  eingeschlossenen  Luft  verursachten 
Hohlheiten  im  Guss  sowie  die  Unmöglichkeit  der  Verwendung 
von  Hartmetall,  ist  nach  Beseitigung  dieser  Übclstände  durch  ver- 
besserte Konstruktion  verstummt  und  die  Giessmaschinc  steht  jetzt 
in  der  Schriftgiesscrci  ebenbürtig  der  Schnellpresse  in  der  Buch- 
druckerei zur  Seite. 

Die  Setzmaschine  2  (S.40)  bahnt  sich  in  Deutschland  langsam 
den  Weg  und  hat  auch  hier  wenige  praktische  Verbcsserungen  Du  seu. 
gefunden.  Erst  in  neuester  Zeit  nehmen  die  Erfindungen  von 
Prascii  in  Wien,  von  A.  v.  Langen  in  Düsseldorf  im  Verein  mit 
C.  G.  Fischer  auf  Schloss  I  lolte  in  Westfalen 3,  sowie  von  E.  W. 
Brackelsberg  in  Hagen*  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  in  Anspruch, 

»  Journ.  f.  H.  1877,  Nr.  38.  —     I.illcr.ttur  der  Setzmaschine  s.  S.  40  u.  ff.  — 
J  Juurn.  f.  H.  1881,  Nr.  33  u.  34.  —  4  Östcrr.  B.-Zlg.  1882,  Nr.  34;   1883,  Nr.  2. 


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296 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPK. 


X.  KAP. 


namentlich  wird  die  Ablegemaschine  der  letzteren  allgemein  gelobt, 
jedoch  sind  diese  Erfindungen  noch  zu  neu,  um  ihnen  in  der 
Geschichte  der  Typographie  jetzt  schon  einen  bestimmten  Platz 
anweisen  zu  können. 


DIE  ILLUSTRATION. 

Die  grosse  Ausdehnung  der  Illustration  in  dem  XVI.  Jahr- 
J>i.j  lllustrMH.il  hundert  lernten  wir  bereits  kennen  (I,  S.  105).  Die  Holzschnitte 
im  Nwujjirh.  ^  Stiche  Dürers  hatten  überall  Eingang  gefunden.  Die  Gegen- 
stände  aus  dem  profanen  Leben  waren  jedem  verständlich  und  auch 
die  Darstellungen  aus  der  heiligen  Schrift  in  ihrer  Naivetät  ganz 
dem  Fassungsvermögen  des  Publikums  angemessen.  Nicht  so  rasch 
gestaltete  sich  die  Verallgemeinerung  der  Renaissance.  Es  fehlte 
dem  grösseren  Publikum  der  Sinn  für  die  Schöpfungen  derselben, 
der  Zusammenhang  mit  dem  Altertum  war  nicht  wie  in  Italien 
vorhanden,  und  unter  den  Leiden  des  dreissigjährigen  Krieges  ging 
vollends  der  Geschmack  an  edleren  Genüssen  verloren.  Die  später 
eindringende  französische  Malerei  diente  namentlich  zur  Verherr- 
lichung der  Machthaber  und  stand  dem  Volke  fern.  Das  Bedürfnis 
nach  Schmuck  im  kleinen  war  aber  doch  nicht  untergegangen  und 
zeigte  sich  auch  in  der  zweiten  Hälfte  durch  einen  Aufschwung  in 
der  Bücher-Ornamentierung  und  der  Illustration. 

Die  Holzschneidekunst  war  inzwischen  so  gut  wie  abhanden- 
gekommen  und  man  nahm  deshalb  Zuflucht  zu  dem  Kupfer.  Kaum 
i  i'Ji.r.  ein  Buch  erschien,  welches  nicht  wenigstens  eine  Titelvignettc, 
einige  Kapitel -Anfangs-  und  Schlussvignctten  aufwies.  Von  dem 
Ornament  ging  man  zur  wirklichen  Illustration  über  und  diesmal 
kam  der  Anstoss  von  Frankreich,  wo  die  Illustration  jedoch  einen 
mehr  aristokratischen  Anflug  hatte,  während  sie  in  Deutschland, 
wie  in  früherer  Zeit,  den  volkstümlichen  Charakter  annahm  und 
namentlich  eine  Begleiterin  der  vielverbreitcten  Kalender  wurde. 

Einer  der  grössten  Meister  in  dieser  illustrierenden  Kleinkunst 
war  Danikl  Chodowikcki,  geboren  in  dem  damals  noch  zu  Polen 
gehörenden  Danzig.  Da  der  Vater  frühzeitig  starb,  musstc  Daniel  ein 
I  landwerk  ergreifen,  spater  konnte  er  jedoch  seiner  Neigung  folgen 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


297 


und  bildete  sich  unter  der  Leitung  des  Malers  Haid  mit  Erfolg  für 
die  Kunst  aus.  Mit  dem  Jahre  1764  traten  seine  Arbeiten  mit  der 
Radiernadel  in  den  Vordergrund;  1769  lieferte  er  die  ersten  zwölf 
Blätter  Illustrationen  zu  Lessings  „Minna  von  Barnhclma.  Von  nun 
an  häuften  sich  die  Auftrage  der  Buchhändler  derart,  dass  seine 
ganze  Arbeitskraft  dazu  gehörte,  um  sie  zu  bewältigen,  und  es  giebt 
kaum  einen  bedeutenden  Schriftsteller  damaliger  Zeit,  dessen  Werke 
er  nicht  illustriert  hätte. 

Der  Holzschnitt  trat  jedoch  nicht  gleich  die  Erbschaft  an  und 
es  dauerte  noch  eine  Zeit,  ehe  man  an  diesem  wieder  Geschmack  Der  ituioihmu. 
fand;  wesentlichen  Anteil  an  der  Erweckung  desselben  haben  die 
beiden  Unger,  Vater  und  Sohn1. 

Johann  Georg  Unger,  der  Vater,  stammt  aus  Pirna  bei  Dresden. 
Erst  Schriftsetzer,  widmete  er  sich  seit  1757  ganz  dem  Holzschnitt,  j  <;.ungin«  ... 
Zu  seinen  besten  Arbeiten  gehören  „Fünf  geschnittene  Figuren,  '  ,7'5'  '7Ö*' 
gezeichnet  von  O.  Meilu. 

Jon.  Friedr.  Unger,  der  Sohn,  war  in  Berlin  geboren.  Auch 
er  begann  als  Buchdrucker,  erwarb  jedoch  als  Holzschneider  einen  j.  f.  u»«<r.j.  j 
noch  grösseren  Ruf  als  sein  Vater.  Bekannt  sind  seine  „Sechs 
Figuren  für  Liebhaber  der  schönen  Künste"  (1779)  und  von  Vignetten 
lieferte  er  eine  grosse  Zahl.  Als  Schriftsteller  versuchte  er  durch 
mehrere  Fachbroschüren  zu  wirken ;  seine  Bemühungen  für  die 
Verbesserung  der  Frakturschrift  hatten  keinen  Erfolg.  Im  Jahre 
1800  wurde  er  Professor  der  Holzschneidekunst. 

Derjenige  Holzschneider  neuerer  Zeit,  der  zunächst  als  der 
geistige  Erbe  Chodowieckis  angeschen  werden  kann  und  am 
meisten  dazu  beigetragen  hat,  den  Holzschnitt  aufs  neue  populär  zu 
machen,  ist  Friedr.  VVii.h.  Guuitz.  Im  Alter  von  1 5  Jahren  stellte  i-  w.cub.u 
er  auf  der  Berliner  Kunstausstellung  sieben  Vignetten  aus,  die  ihm  f  l  J"»'  •«;<•• 
Ehre  und  Geld  einbrachten.  18 12  wurde  er  Professor  der  Holz- 
schneidekunst. 1835  begann  er  seinen  Volkskalender,  der  mit  seinen 
zahlreichen  Illustrationen  rasch  eine  grosse  Popularität  erlangte. 
Für  Buchdrucker  lieferte  er  eine  enorme  Anzahl  von  Polytypen, 
darunter  auch  eine  Serie  fürDidot  in  Paris.  Sein  in  Farben  gedruckter 
Heiland  nach  Lucas  Cranach,  das  Bildnis  der  Gräfin  Voss,  seine 
Blätter  in  Tuschmanier  gehören  zu  den  besten  Arbeiten  ihrer  Art. 

»  M\X  Sciiasler,  Die  Schule  der  Holzschneidekunst.    Leipzig  1866. 


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298  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  X.  KAP. 

Gubitz  gehörte  noch  ganz  der  alten  Schule  an,  welche  in  dem 
Holzschnitt  mit  dem  Kupferstich  konkurrieren  wollte.  Er  schnitt 
immer  noch  in  Langholz.  Eine  eigentliche  Schule  bildete  er  nicht 
und  sein  talentvollster  Schüler  Unzelmann  war  in  der  Manier  das 
gerade  Gegenstück  zu  Gubitz. 

Zu  nennen  sind  noch  J.  Ritschl  von  Hartenuach,  der  sich 
R.«*chiv.  jedoch  nicht  bis  zur  Meisterschaft  erhob;  der  Kammersekretär 
"iTv?y  Wilh.  Pfnorr  in  Darmstadt,  ein  Dilettant,  der  aber  Tüchtiges 
owVogddia.  namentlich  in  ornamentalem  Schmuck  lieferte,  und  Daniel  Vogel, 
der  Vater,  in  Berlin. 

Der  erste  bedeutende  Repräsentant  der  neuen  Richtung  der 
Holzschneidekunst  ist  Friedrich  Unzf.lmann  aus  Berlin.  Seine 
•       i  t»si-  künst|crjsc]ie  Ausbildung  erhielt  er  auf  der  königlichen  Akademie. 

Bis  1827  arbeitete  er  für  Gubitz.  Nach  seiner  Trennung  von  diesem 
zeigte  er  sofort  eine  freiere  Handhabung  der  Technik.  Bis  jetzt 
hatte  er,  wie  Gubitz,  nur  mit  dem  Messer  in  Langholz  gearbeitet, 
jetzt  griff  er  zum  Stichel  und  zu  dem  Hirnholze. 

Unzclmann  stellte  sich  die  Aufgabe,  die  ja  auch  die  einzig 
wahre  des  Holzschneiders  ist,  wenn  eine  für  den  I  Iolzschnitt  korrekt 
gezeichnete  Vorlage  vorhanden  ist,  die  Zeichnung  vollständig 
faesimile  wiederzugeben.  Er  lieferte  viele  Blätter  zu  den  damals 
erscheinenden  illustrierten  Werken,  namentlich  A.Menzels  „Friedrich 
der  Grosse44,  und  zu  den  auf  Rechnung  des  Königs  von  Preussen 
herausgegebenen  Werken  seines  grossen  Vorfahren.  Ein  Jubelblatt 
aus  dem  Jahre  1840,  Gutenberg  und  Fust  an  der  ersten  Presse,  ist 
in  dem  Archiv  des  Berliner  Kupferstichkabinetts  deponiert,  um 
1 940  aufs  neue  gedruckt  zu  werden.  Im  Jahre  1 843  wurde  Unzelmann 
Mitglied  der  Akademie,  1844  Professor. 

Der  bedeutendste  Schüler  Unzelmanns,  vielleicht  an  Genialität 
F.d.  KrcUn.ltm.tr  ihm  nicht  ganz  gleichkommend,  aber  von  noch  grösserem  Ein- 
•}■  .»ss!*'7'  fluss  auf  die  Förderung  der  deutschen  Xylographie,  war  Eduard 
Kretzschmak,  aus  Oschatz  gebürtig. 

Schon  frühzeitig  äusserte  sich  seine  Neigung  für  die  zeichnenden 
Künste;  Armut  zwang  ihn  jedoch,  als  Laufbursche  in  der  Brock  - 
hausschen  Buchdruckerei  zu  dienen.  Später  wurde  er  Konditor- 
lehrling, übte  dieses  Geschäft  elf  Jahre  und  zeigte  sein  plastisches 
Talent,  indem  er  Formen  für  Kuchenverzierungen  schnitt.   Als  im 


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X.  KAP. 


DI  K  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


299 


Jahre  1833  das  Pfennigmagazin  erschien,  wagte  er  sich  an  einen 
Holzschnitt,  den  er  mit  einem  Federmesser  in  Birnbaumholz  aus- 
führte. 1836  ging  er  nach  Jfcrlin  und  arbeitete  unter  Unzelmanns 
Leitung.  Die  erwähnte  illustrierte  „Geschichte  Friedrichs  des 
Grossen"  von  Menzel  war  das  erste  Werk,  durch  das  Kretzschmar 
eigentlich  Gelegenheit  bekam,  sein  Talent  zu  entfalten  und  das 
zugleich  ihm  Veranlassung  wurde,  ein  xylographisches  Institut  in 
Leipzig  zu  gründen ,  um  genügend  tüchtige  Kräfte  heranzubilden, 
welche  selbst  die  Anforderungen  eines  Menzel,  dieses  Schreckbildes 
der  Holzschneider,  befriedigen  sollten,  ein  Vorhaben,  das  dem  mit 
allen  Eigenschaften  eines  guten  Lehrers  Ausgerüsteten  auch  vor- 
trefflich  gelang. 

Als  1843  die  „Illustrirtc  Zeitung"  erschien,  waren  die  zu 
überwindenden  Schwierigkeiten  gross.  Anfänglich  musste  natürlich 
das  Ausland  zum  wesentlichen  Teil  mit  Clichcs  aushelfen,  doch 
dauerte  diese  Abhängigkeit  nicht  lange.  Kretzschmar  erweiterte 
sein  Atelier  und  richtete  es  fast  ganz  auf  die  Bedürfnisse  der 
„Illustrirtcn  Zeitung"  ein.  Bei  seinem  Tode  ging  es  in  die  Hände  der 
Kxpcdition  der  „Illustrirtcn  Zeitung"  über.  Die  von  Kretzschmar 
meist  zum  Experimentieren  angelegte  vortreffliche  kleine  Kunst- 
druckerei erwarb  Pn.  Grumbach. 

Die  Brüder  Albert  und  Oito  Vogel  in  Berlin  traten  ganz  in 
Unzelmanns  Fussstapfen.  Beide  konnten  auf  Grund  ihrer  Verhält-    Aih.  Vogei 
nissc  nicht  ihrer  Neigung  folgen,  die  Albert  zum  Kupferstechen  und   uuo  Voßei 
zur  Malerei,  Otto  zur  Skulptur  hinzog.  Beide  lieferten  Vortreffliches, 
doch  ist  Otto  der  bedeutendste  und  seine  Schnitte  nach  Menzels 
Zeichnungen  sind  wahre  Meisterstücke. 

Eine  besondere  Bedeutung  hat  Caspar  Braun  aus  Aschaffen- 
burg *,  der  den  Holzschnitt  in  München  heimisch  machte  und  durch  Caspar  »raun 
die  „Fliegenden  Blätter"  einen  weitverbreiteten  Namen  erwarb. 
Erst  ging  er  nach  München,  um  sich  in  der  Malerei  auszubilden,  und 
dann  nach  Paris,  wo  er  zwei  Jahre  bei  Breviere  arbeitete.  Nach 
seiner  Rückkehr  gründete  er  mit  v.  Dcssaucr  ein  Holzschneideatelier 
und  arbeitete  namentlich  für  die  Cottaschen  illustrierten  Ausgaben, 
bis  er  sich  mit  Friedr.  Schneider  zur  Herausgabc  der  „Fliegenden 
Blätter"  verband. 

»  Ann.  d.  Typ.  1877,  Nr.  425. 


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300 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


X.  KAP. 


Hugo  Bürckner  aus  Dessau  war  erst  Bereiter,  wandte  sich  aber 
litis»  p.ntkncr  bald  dem  Zeichnen  und  Malen  zu  und  ging  1837  nach  Düsseldorf. 
G.«..«.  Ein  Zufall  veranlasste  ihn,  sich  für  die  Holzschneidekunst  als  Beruf 
zu  entscheiden.  Im  Jahre  1840  folgte  er  dem  nach  Dresden  über- 
gesiedelten Maler  Hübner,  nachdem  er  erst  einen  kurzen  Unter- 
richt bei  Unzclmann  genossen  hatte.  Seine  Thätigkeit  widmete  er 
namentlich  den  im  strengeren  künstlerischen  Stil  gehaltenen  buch- 
händlerischen Unternehmungen  G.  Wigands  und  T.  O.  Weigels.  In 
ahnlicher  Richtung  zeichnete  sich  Gaber  in  Dresden  aus. 

Von  Bedeutung  sowohl  als  Kupferstecher  wie  als  Holzschneider 
Hcinr.  i..jiici  ist  Heinr.  Lüdel  aus  Hameln.  Er  lernte  die  Buchbinderei,  ging 
nach  Göttingen  und  versuchte  sich  dort  im  Schneiden  von  Ver- 
goldestempcln  und  Vignetten,  schliesslich  im  Kupferstechen.  Durch 
einen  Holbeinschcn  Totentanz  erwachte  seine  Neigung  für  den 
Holzschnitt,  in  welchem  er  sich  besonders  durch  getreue  Repro- 
duktionen älterer  Meisterwerke  auszeichnete. 

Die  Bestrebungen  J.  G.  Flegels  in  Leipzig  waren  stets  auf 
j.  g.  KkKd  Vervollkommnung  seiner  Kunst  gerichtet.  Seine  mikroskopischen, 
naturwissenschaftlichen  und  anatomischen  Arbeiten  sind  nicht  über- 
trofien  und  nur  durch  Betrachtung  durch  die  Lupe  ganz  zu 
würdigen.  Vorzüglich  sind  auch  seine  Nachbildungen  Rcmbrandt- 
scher  Radierungen.  Viele  seiner  besten  Arbeiten  finden  sich  in  den 
Verlagswerken  Willi.  Engelmanns  verstreut.  Besonders  in  tech- 
nischen Illustrationen  zeichnen  sich  Klitzsch  &  Rochlitzer  aus. 

In  neuerer  Zeit  hat  Stuttgart  sich  in  der  Xylographie  nament- 
lich durch  das  Institut  von  Ai».  Closs  ein  hohes  Ansehen  erworben. 
Ks  wird  Gelegenheit  sein,  hierauf  in  dem  folgenden  zurückzu- 
kommen (Kap.  XIV).  Kine  hervorragende  Stufe  nimmt  die  Anstalt 
von  R.  Brend'amour  &  Co.  in  Düsseldorf  mit  Zwciganstaltcn  in 
Düsseldorf,  Berlin,  Leipzig  und  Stuttgart  ein. 

Österreich  hat  in  der  Xylographie,  ganz  besonders  in  dem 
j  »  .iv».,!  Clairobscur-  und  dem  Polychromdruck,  bedeutende  Namen  auf- 
f  1**.  7uwcjsen  Tjnter  den  wenigen  Leistungen  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
xviii.  Jahrhunderts  sind  die  Clairobscur-  Blatter  von  Joh.  Gottl. 
I'kestel  ruhmlichst  zu  erwähnen,  namentlich  eine  Kreuzabnahme 
nach  Raphael.  Auch  Karl  Frieur.  I  Ioltzmann  (1740— 181 1)  lieferte 
Tüchtiges  in  dieser  Richtung.  Die  vorzüglichsten  seiner  Arbeiten 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


30I 


erschienen  gesammelt  als  „Abdrücke  in  Helldunkel  nach  ver- 
schiedenen Meistern".  Er  wandte,  wie  schon  altere  Künstler  es 
gethan  hatten,  Kupferstich  in  Verbindung  mit  Holzschnitt  an  und 
druckte  mit  zwei  bis  zu  sechs  Platten.  Auch  von  Karl  Ruprecht 
(1799 — 1831)  existieren  gute  C/airofccur -Blätter. 

In  seiner  Arbeitsweise  mit  Gubitz  verwandt,  jedoch  als  Künstler 
weit  bedeutender  ist  Blasius  Höfkl.  Er  war  in  Wien  geboren  und     n.  n  .fd 

•  •  27.  Mai  17g?, 

zeigte  frühzeitig  ein  ungewöhnliches  Zeichentalent.  Nach  vielen  i-  >7-s«n" 
Schwierigkeiten  gelang  es  ihm,  einen  Platz  in  der  Akademie  der 
bildenden  Künste  zu  erlangen.  Um  dort  am  Tage  studieren 
und  arbeiten  zu  können,  musstc  er  in  den  Nachtstunden  seinen 
armlichen  Lebensunterhalt  durch  Illuminieren  von  Bildern  erwerben. 
Anfangs  widmete  er  sich  mit  Erfolg  der  Malerei ,  ging  jedoch  bald 
zum  Kupferstich  über  und  lieferte  eine  grosse  Anzahl  von  Blattern, 
allein  120  Porträts  für  Artaria.  Im  Jahre  1820  erhielt  Höfel  die 
Professur  des  freien  Handzeichnens  an  der  Militär- Akademie  in 
Wiener-Neustadt. 

Auf  einer  Reise  in  Deutschland  im  Jahre  1829  lernte  er  Gubitz 
und  Unzelmann  kennen  und  sofort  die  Wichtigkeit  der  neuerwachten 
Holzschneidekunst  begreifend,  warf  er  sich  mit  Eifer  auf  dieses 
Verfahren.  Eine  seiner  ersten  Arbeiten:  -Betende  Alte"  nach 
Waldmüller  wurde  in  1 27  000  Exemplaren  verkauft.  Die  Aufmerk- 
samkeit des  Fürsten  Metternich  ward  auf  Höfel  gelenkt,  auf  dessen 
Anregung  erfasstc  er  die  von  Collas  erfundene  Reliefmanier  und 
lieferte  treuliche  Platten  zu  dem  „Ehrentempel  Österreichs".  Eben 
im  Begriff  nach  Paris  zu  gehen,  verlor  Höfel  Haus  und  Habe  durch 
einen  grossen  Brand,  welcher  633  Häuser  in  Wiener- Neustadt  am 
8.  September  1834  in  Asche  legte,  und  er  musste  nun  von  neuem 
anfangen.  Eine  Verbindung  mit  der  Nationalbank  führte  nicht  zu 
einer  dauernden  Anstellung  und  infolge  einer  Reorganisation  der 
Militär- Akademie  in  Neustadt  wurde  Höfel  pensioniert.  Er  verband 
sich  nun,  um  seine  Erfindungen  auszubeuten,  mit  dem  Buchdrucker 
Sollinger.  Letzterer  erhielt  bei  der  Industrie  -  Ausstellung  in 
Berlin  1840  die  goldene  Medaille.  Höfel  ging  leer  aus.  Bei  seinem 
nun  folgenden  Versuch  mit  einer  eigenen  Buchdruckerei  geriet  er 
in  Konflikt  mit  dem  Gremium  der  Buchdrucker  und  Buchhändler, 
woraus  ihm  viel  Vcrdruss  und  viele  Verluste  entstanden. 


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302 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


X.  KAP. 


Im  Jahre  1845  stellte  er  eine  Anzahl  der  schönsten  Farben- 
drucke aus,  darunter  eine  Madonna  nach  Führich  in  25  Platten  auf 
Goldgrund.  Die  Verhältnisse  des  Jahres  1848  zwangen  Höfel,  sein 
Geschäft  um  jeden  Preis  zu  verkaufen.  Er  ging  nun  nach  Salzburg 
und  baute  sich  in  dem  am  Fusse  des  Gaisberges  reizend  gelegenen 
Dorfe  Aigen  einen  Meierhof,  wo  er  den  Rest  seiner  Tage,  mit  der 
Ausführung  verschiedener  grosser  Stahlplatten  beschäftigt,  ver- 
brachte. 

Auf  Aufforderung  von  G.  Haase  Söhne  lieferte  er  für  die  Aus- 
stellung in  München  einen  lebensgrossen  Christuskopf  nach  Hübner 
in  der  Baxterschen  Manier,  22  Platten  Farbe  auf  Farbe  ohne  Kon- 
turen gedruckt.  Das  Bild  erschien  in  vier  Auflagen.  Trotz  seines 
schweren  Kampfes  mit  dem  Leben  behielt  Höfel  noch  im  Greisen- 
alter seine  jugendliche  Geistesfrischc  und  seinen  Unternehmungs- 
geist, bis  eine  Lungenlähmung  seinem  vielbewegten  Leben  ein 
Ende  machte. 

Friedrich  von  Exter,   ein  Schüler  Höfels  und  einer  der 
f.  v.  Exter    geschicktesten  Holzschneider  der  Anstalt  von  Braun  &  Schneider 

•  7.  Marz  i8io,  #  i-i 

I  v7. juni  1B60.  in  München,  wurde  1846  von  Auer  als  Leiter  der  xylographischen 
Abteilung  der  Staatsdruckerei  nach  Wien  berufen.  Zu  seinen  besten 
Leistungen  gehören  „  Kaiser  Joseph  an  der  Buchdruckerpresse4  und 
„Karl  V.  im  Kloster  St.  Just".  Zu  den  Peiutures  de  Polygnote  a 
Delphe  der  Gebr.  Riepenhausen  lieferte  Exter  die  ersten  zwölf 
Tafeln  in  Chromoxylographie,  die  späteren  Platten  wurden  litho- 
graphisch ausgeführt. 

Heinrich  Knöfler  aus  Schmölln  im  Altenburgischen  brachte 
h.  Knofier  es  von  einem  einfachen  Tischlcrgesellen  zu  einem  hervorragenden 
xylographischen  Künstler  und  Kunstdrucker.  Prof.  von  Berger  in 
Wien  war  der  erste,  welcher  auf  sein  ausserordentliches  Talent 
aufmerksam  wurde.  Den  Unterricht  in  der  Xylographie  erhielt  er 
von  Bader,  der  von  Stuttgart  nach  Wien  übergesiedelt  war.  Ein 
Holzschnitt  Knöflers,  „Der  Stephansturm",  wurde  sehr  bewundert 
und  verschaffte  ihm  eine  Anstellung  in  der  Staatsdruckerei,  welche 
er  später  mit  einer  solchen  bei  Zamarski  vertauschte,  bei  dem  er 
sich  viel  mit  dem  Chromodruck  beschäftigte. 

Seinen  hauptsächlichsten  Ruf  erwarb  sich  Knöfler  durch  seine 
Miniaturen  zu  dem  bei  Reiss  erscheinenden  Missale  und  durch  seine 


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X.  KAP. 


DIE  SCHRIFT  UND  DIE  ILLUSTRATION. 


303 


Illustrationen  zu  den  liturgischen  Werken  Pustets  in  Regensburg. 
Eine  ihm  von  Didot  angebotene  ehrenvolle  und  vorteilhafte  Stellung 
lehnte  er  ab.  Knöfler  ist  namentlich  ein  Meister  in  der  Behandlung 
der  Köpfe  seiner  kleinen  Figuren.  Eine  seiner  bedeutendsten 
Leistungen  ist  die  Nachbildung  des  Marien  fensters  des  Prof.  Trenk- 
wald  in  der  Votivkirche  zu  Wien.  Ferner  sind  die  Illustrationen  zu 
dem  „Ägyptischen  Joseph"  und  zu  Führichs  „Geistliche  Rose"  zu 
nennen. 

Ein  ehemaliger  Schüler  und  Mitarbeiter  Knöflers,  Hermann 
Paar  ,  arbeitete  mit  Biberhofer  zusammen.  Die  Aufmerksamkeit 
wurde  auf  ihn  durch  den  Druck  der  von  Bader  geschnittenen 
Trachtcnbilder  Albr.  Dürers  gelenkt.  Sein  Bildnis  eines  Unbe- 
kannten nach  Jan  van  Eyck  ist  eine  vollendete  Leistung,  ebenso 
sein  Kegelschieber  nach  Ostade.  Ein  Xylograph  ersten  Ranges 
ist  der  mehrerwähnte  Bader.  Sein  Panorama  von  Wien  im  Jahre 
1873  hat  bei  einer  Höhe  von  77  cm  eine  Länge  von  122  cm. 

In  Verbindung  mit  der  Xylographie  müssen  wir  noch  zwei 
Verfahren  nennen,  die,  wennauch  ihr  praktischer  Wert  kein  ausser- 
ordentlicher ist,  doch  dem  Fachmann  von  Interesse  sind. 

Die  erste  ist  die  Planotypie  '.  Eine  Zeichnung  in  Linien  wird 
auf  Lindenholz  getragen.  Mittels  einer  durch  eine  Stichflamme  Die  punot)P.c 
glühend  gemachten  Stanze  wird  die  Zeichnung  Strich  für  Strich  in 
das  Holz  vertieft  eingebrannt  und  so  eine  Matrize  gebildet,  in 
welche  eine  leicht  flüssige  Metalllegierung  gegossen  wird.  So  wird 
ein  erhabenes  Cliche  erzielt,  mit  welchem  man,  nachdem  die  Ober- 
fläche vollständig  egalisiert  worden  ist,  drucken  kann.  Das  Ver- 
fahren wurde  zuerst  von  Lepel,  früher  in  Berlin,  dann  in  Dresden, 
verwendet,  namentlich  für  die  sehr  grossen  Musterbogen  der  Moden- 
zeitungen, aufweichen  die  verschiedenen  Muster  für  das  Zuschneiden 
auf  einer  Platte  sich  kreuzen. 

Mit  vielem  Geschick  ist  diese  Methode  zur  Illustrierung  eines 
umfangreichen  Werkes  „Trachten  der  Völker  in  Bild  und  Schnitt" 
(Dresden,  bei  Müller,  Klemm  und  Schmidt)  verwendet,  über  1000 
Figurenbilder  sind  in  dieser  Weise  in  Umrissen  wirksam  und 
cliaraktcristisch  hergestellt. 

•  II.  Klimm,  l)ic  ltanotypic.    Dresden  1S71. 


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304 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


X.  KAP. 


Ein  anderes  Verfahren  oder  vielmehr  eine  besondere  Ver- 


siigm.iiypic  von  wendung  der  einfachsten  typographischen  Figur,  des  Punktes,  zur 


malerischen  Typographie,  die  STIGMATYP1E,  fand  besonders  in 
Wien  durch  Carl  Fasol  Pflege. 

Mit  fünf  Graden  von  Punkten  liefert  derselbe  nicht  allein  die 
kompliziertesten  Ornamente,  sondern  auch  förmliche  bildliche  Dar- 
stellungen: Porträts,  Architektonisches,  landschaftliches,  Blumen- 
und  Fruchtstücke  mit  Licht-  und  Schatteneffekten,  die,  wenn  man 
des  benutzten  Materials  eingedenk  bleibt,  geradezu  wunderbar  sind. 
Die  Zeichnung  wird  auf  karriertes  Papier  ubertragen  und  zur 
Erleichterung  beim  Setzen  die  Stärke  der  zu  wählenden  Punkte 
durch  Farbennuancierungcn  kenntlich  gemacht.  Um  die  unendliche 
Muhe  einer  solchen  stigmatypischen  Arbeit  zu  beurteilen,  mag  die 
Erwähnung  des  Umstandes  geniigen ,  dass  zu  einem  Fruchtstück  in 
der  Grösse  von  11x13  Zoll  etwa  «So 000  Punkte  gehörten.  Man 
muss  dem  bedeutenden  Talent  und  der  grenzenlosen  Ausdauer  des 
Künstlers  seine  Achtung  zollen,  jedoch  nicht  ohne  eine  herbe 
Heimischung  von  Bedauern,  dass  doch  nur  bedingungsweise  Ge- 
lungenes zustande  gebracht  werden  kann,  was  man  mit  weniger 
Muhe  und  Aufwand  in  anderer  Weise  besser  und  leichter  hätte 
erzielen  können.  Doch  bleiben  diese  stigmatypi sehen  Arbeiten  eine 
Anspornung  für  den  Typographen,  sein  Material  gut  zu  benutzen, 
wenn  er  sieht,  mit  wie  wenigen  Mitteln  sich  etwas  1  Iübschcs  schaflen 
lässt  und  deshalb  verdienen  die  von  Fasol  herausgegebenen  Proben 
(„ Album  der  Buchdruckerkunst",  fünf  Hefte  in  Folio,  1S68— 1SS1) 
einen  Platz  in  jeder  grösseren  Druckanstalt  und  in  jeder  typo- 
graphischen Gesellschaft. 


1 


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XI.  KAPITEL. 

DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN 

IN  DEUTSCHLAND. 

Fr.  König  und  die  Schnellpresse.  Pie  Bedeutung  derselben.  Tugcndgcschichtc 
Königs.  Seine  Rückkehr  aus  England.  Etablissement  König  &  Hauer  in 
Oberzell.  Kampf  und  Sieg.  Die  Zueifarbenmaschine.  Die  Kndlose.  Die 
Maschinenfabrik  Augsburg  und  andere  Fabriken  Deutschlands.  Heibig  & 
Möller  in  Wien  und  andere  Fabrikanten  Österreichs.  Die  lithographische 
und  die  zinkographische  Schnellpresse.  Die  Handpressen.  Die  Satinicr- 
Schncllpresse.    Die  Farbenfabrikation. 


M  17.  April  1874  waren  hundert  Jahre  vergangen 
seit  dem  Tage,  an  welchem  Friedrich  König,  der Fr.  Kä  »»rund  die 

Schnellpres«-. 

I u  finder  der  Schnellpresse,  in  Eisleben  das  Licht  der 
Welt  erblickt  hatte'.  „Eine  kleine  Stadt  war  sein 
Geburtsort,  aber  ihr  Name  hatte  Weltruf  erlangt, 
denn  in  Eisleben  stand  die  Wiege  des  grossen  Reformators,  Luther, 
den  hunderte,  über  das  ganze  Erdenrund  verbreitete  Millionen  als 
den  Befreier  von  dem  auf  dem  Geiste  lastenden  Druck  verehren ; 
dessen  Name  jeder  gebildete  Deutsche,  der  Genuss  und  Belehrung 

•  

*  Die  folgenden  Zeilen  sind  einem  Glückwunschschreiben  entnommen, 
welches  der  Herausgeber  dieses  Buches  als  Sekretär  des  Deutschen  Nuchdrucker- 
Vercins  an  die  Söhne  Friedrich  Königs  zum  17.  April  1S75  abzufassen  hatte 
(vgl.  Annalcn  d.  Typ.  Nr.  301).  Dieses  Schreiben  sowohl  wie  der  Jubelartikel 
in  dem  Journ.  f.  B.  1875,  Nr.  15fr.  kamen  jedoch,  wie  nach  späterer  Fest- 
stellung des  Geburtsjahres  Königs  hervorgeht,  um  ein  Jahr  zu  spät. 

20 


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3o6 


DIE  GI-'K MANISCHE  GRUPPE. 


XI.  KAP. 


in  den  Werken  sucht,  welche  die  Heroen  der  deutschen  Litteratur 
und  Wissenschaft  schufen,  als  den  des  Reformators  der  Mutter- 
sprache hoch  hält,  selbst  wenn  er  dem  Träger  desselben  auch  nicht 
als  Reformator  in  Glaubenssachen  huldigt." 

„Wie  wäre  jedoch  die  weltbewegende  Wirksamkeit  Luthers 
Kulttirhiitor.  gehemmt  gewesen,  wenn  er  nur  auf  das  gesprochene  Wort  und  auf 
'Üfiodungder  die  Verbreitung  desselben  durch  Niederschrift  angewiesen  gewesen 
wäre,  wenn  ihm  nicht  die  thätigen  Pressen  Wittenbergs  und  Leipzigs 
fordernd  zur  Seite  gestanden  hätten.  Glücklich  müssen  wir  uns 
preisen,  dass  die  deutsche  Erfindung  Gutenbergs  es  ihm  möglich 
machte,  seine  zündenden  Blitze  nach  überall  hinzuschleudern." 

„Und  doch,  wie  unvollkommen  und  langsam  war  die  damalige 
I  Iülfe  der  Presse,  wenn  wir  sie  mit  derjenigen  vergleichen,  welche  sie 
uns  heute  leistet.  Vergegenwärtigen  wir  uns,  wie  viel  durchgreifender 
und  wie  unendlich  schneller  die  Erfolge  der  reformatorischen  Thätig- 
keit  Luthers  hätten  sein  müssen ,  wenn  man  derzeit  über  diejenigen 
mechanischen  Hülfsmittel  zu  verfugen  gehabt  hätte,  die  uns  jetzt 
zu  Gebote  stehen ;  wenn  die  Schnellpresse  damals  dienend  zur 
Seite  gestanden  hätte;  wenn  diejenige  Reform  im  Druckwesen, 
welche  die  Times  vom  29.  November  18 14  den  staunenden  Lesern 
verkündete,  gleichzeitig  mit  der  Reform  des  Glaubens  und  der 
deutschen  Sprache  ins  Leben  getreten  wäre." 

„Doch  verlieren  wir  uns  nicht  in  Phantasien  über  das,  was  hätte 
werden  können ,  und  halten  wir  uns  an  die  grosse  Errungenschaft, 
wie  wir  sie  wirklich  jetzt  besitzen.  Die  Schnellpresse  gehört 
unserer  Zeit.  Sie  ist  ein  Kind  des  XI  X.Jahrhunderts  und  hat  wieder 
so  unendlich  viel  dazu  beigetragen,  dieses  zu  einem  der  denk- 
würdigsten in  der  Geschichte  der  Entwicklung  der  Menschheit  zu 
machen.  Sic  hat  die  Presse  zu  der  sechsten,  oder  wenn  wir  wollen, 
zu  der  ersten  Grossmacht  herangebildet,  sie  hat  der  öffentlichen 
Meinung,  verkörpert  in  dem  Journalismus,  eine  Macht  verliehen,  vor 
der  sich  selbst  die  Mächtigsten  der  Erde  beugen,  sie  trägt  die 
Bildung  bis  in  die  Hütte  und  macht  es  dem  Ärmsten  möglich,  an 
den  geistigen  Genüssen,  welche  gottbegabte  Männer  uns  bereiteten, 
teilzunehmen,  sie  hat,  wie  die  Grabschrift  des  Erfinders  sagt,  „der 
Presse  Elügel  verliehen,  ohne  welche  sie  ihr  zehnfaches  Tagewerk 
nicht  genügend  würde  erfüllen  können." 


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XL  KAP.     DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND. 


307 


Der  Vater  Königs  war  ein  schlichter  Ackerbauer,  die  Mutter 
eine  vortreffliche  Frau,  die  dir  einen  guten  Unterricht  des  Sohnes  Komc*  juCci>.j 

^  geichithtc. 

Sorge  trug.  Zu  Johanni  1790  kam  Friedrich  in  die  Buchdrucker- 
lehrc  bei  J.  G.  J.  Breitkopf  und  wurde  Michaeli  1794  losgesprochen. 
Jede  freie  Stunde  verwendet  er  auf  seine  Ausbildung,  hörte  später 
Vorlesungen  und  beschäftigte  sich  wahrscheinlich  schon  frühzeitig 
mit  Plänen  zur  Verbesserung  der  Holzpresse  und  mit  dem  Gedanken, 
Stempel  in  Platten  einzudrücken,  um  in  letztere  Stereotypplatten  zu 
giessen.  In  betreff  der  Konstruktion  einer  Tiegeldruck-Schnellpressc 
war  er  schon  im  Jahre  1805  mit  sich  ins  Reine  gekommen,  denn 
in  diesem  Jahre  wendete  er  sich  von  Wien  aus  an  den  Kaiser  von 
Kussland  und  bietet  ihm  die  Erfindung  an.  Die  Pläne  wurden  nach 
St.  Petersburg  gesandt;  er  selbst  folgte  am  1 2.  Mai  iSoö.  Anfänglich 
gestalteten  sich  die  Aussichten  vortrefflich  und  König  schrieb  an 
seine  Mutter,  mit  der  er  auch  später  sich  schriftlich  in  kindlicher 
Liebe  unterhält,  Berichte  voll  der  schönsten  Hoffnungen.  Bald 
sollten  jedoch  diese  vernichtet  werden  und  noch  in  dem  erwähnten 
Jahre  ist  König  in  London,  um  dort  seine  Pläne  durchzusetzen. 

Wie  dies  geschah  ist  bereits  erzählt  (s.  53}.  König  kehrte  Ende 
August  18 17  nach  Deutschland  zurück,  wo  es  ihm  gelungen  war,  k..,,^  &  n^-r 
das  reizend  gelegene  frühere  Benediktiner- Kloster  Oberzell,  eine 
halbe  Meile  von  Würzburg,  zu  erwerben.  Erst  später,  im  Mai 
18  iS,  kam  der  treue  Freund  Bauer  nach  Oberzell.  Dieser,  1783  in 
Stuttgart  geboren,  war  ein  sehr  tüchtiger  Mechaniker  und  hatte  durch 
sieben  Jahre  treu  alle  Arbeiten  und  Sorgen  mit  König  geteilt,  ohne 
dass  ein  festes  Geschäfts- Verhältnis  zwischen  beiden  stattgefunden 
hatte.  Erst  wenige  Tage  vor  Königs  Abreise  von  London  wurde, 
am  9.  August  1817,  der  erste  Vertrag  zwischen  beiden  abgeschlossen. 
Nach  demselben  sollte  König  als  Erfinder  und  als  Ersatz  für  seine 
bisherigen  Opfer  zwei  Anteile  am  Gewinn  haben,  während  ein  Anteil 

«  Tu.  (lor.r.F.i.,  Friedrich  König  und  die  F.rfindung  der  Schnellpresse, 
liraunschweig  1875.  Kino  von  demselben  verfasste  umfangreiche  Ccschichtc  der 
Krfindung,  zugleich  der  Firma  Konig  Jw  linier,  war  hei  dem  Salz  dieser  Bogen 
und  hei  dem  bereits  erfolgten  I>ruck  der  Bogen  4  und  5  noch  nicht  ausgegeben, 
konnte  demnach  nicht  für  die  Darstellung  hier  benutzt  werden.  J.  II.  l»\cn\t\N\", 
„Die  ersten  Schnellpressen  in  Deutschland";  eine  Reihe  von  Artikeln  in  dem 
Journ.  f.  U.  iSbS,  Nr.  38—48,  1S60,  Nr.  2  17  enthalt  die  ausführliche  Ceschichte 
des  Haues  von  vier  Schnellpressen  Tür  Spcner  und  Decker  in  Herlin. 

20  * 


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308 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XI.  KAP. 


Bauer  zufallen  sollte;  auch  würde  Oberzell  Königs  Eigentum  bleiben. 
Im  Jahre  182 1  wurde  der  Vertrag  dahin  abgeändert,  dass  eine 
gleichmässige  Teilung  des  Gewinns  stattfand. 

Uber  Bauers  Anteil  an  der  Erfindung  und  an  der  Fortbildung 
König  i.ber  derselben  tliun  wir  am  besten ,  uns  an  Königs  eigene  Worte  zu 
halten,  welche  in  wenigen  Zeilen  das  Verhältnis  so  trefflich  und 
schön  charakterisieren:  „Wenn  zwei  Männer  gemeinschaftlich  und 
im  höchsten  Vertrauen  zu  einander  einen  Zweck  verfolgen,  so  dürfte 
es  schwer  sein ,  den  Anteil  zu  bestimmen,  den  ein  Freund  gehabt 
hat,  der  bei  allem  zu  Rate  gezogen,  mit  dem  jede  Angelegenheit 
des  Geschäfts  überlegt  worden  ist  und  wir  haben  uns  selbst  nie 
Rechenschaft  darüber  abgelegt  oder  abgefordert". 

Man  hatte  nun  nicht  nur  ein  Dach  über  dem  Kopfe,  sondern 
war,  was  Lokalität  anbetrifft,  eingerichtet,  wie  es  nicht  besser  sein 
konnte,  aber  es  galt  jetzt,  alles  aus  nichts  zu  schaffen,  nicht  nur 
Werkzeug  und  Hülfsmaschinen,  sondern  auch  Arbeiter,  denn  die 
Verhältnisse  lagen  nicht  wie  in  England:  aus  rohen  Bauern  waren 
erst  tüchtige  Gehülfen  auszubilden. 

Dann  mussten  Bestellungen  herbeigeführt  werden.  Cotta,  an 
Erste  Ucstciiung.  den  man  sich  zuerst  wandte,  konnte  „Staatsgeschäfte  halber"  vorläufig 
sich  nicht  mit  dem  Maschinenwesen  befassen.  Dagegen  fanden 
Königs  Vorstellungen  offene  Ohren  bei  Georg  Jacob  Decker  in 
Berlin  und  dessen  Schwager  K.  Spener.  Bereits  während  Königs 
Aufenthalt  in  England  waren  nähere  Unterhandlungen  mit  Decker 
angeknüpft,  die  jedoch  durch  Königs  Absicht,  England  zu  ver- 
lassen, unterbrochen  wurden.  Am  15.  Oktober  18 17  kam  es  mit 
den  Genannten  zu  dem  Abschluss  eines  Kontraktes  über  die 
Lieferung  von  zwei  Schnellpressen,  die  innerhalb  zwei  und  einem 
halben  Jahre  fertig  zu  stellen  waren.  Die  Abnehmer  sollten 
7000  Thaler  zahlen,  ausserdem  alle  Spesen  tragen  und,  anstatt  der 
von  König  anfänglich  geforderten  jährlichen  Abgabe,  ein  für  allemal 
ein  Prämium  von  10000  Thalern  gewähren.  Man  sieht  aus  dem 
obigen,  dass  es  den  Bestellern  nicht  an  Opferfreudigkeit  und  Zu- 
trauen zu  den  Ideen  Königs  fehlte. 

Die  Ausführung  gestaltete  sich  für  beide  Teile  zu  einer  langen 
Leidensgeschichte.  Nicht  nur  die  oben  erwähnten  Schwierigkeiten  der 
Arbeiterverhältnisse,  sondern  auch  der  Mangel  an  Fonds  machten 


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XI.  KAP.     DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND. 


309 


sich  in  quälender  Weise  für  König  &  Bauer  geltend.  Zwar  erhielten  sie  sch»  icriKk<ritcn 
ein  zinsfreies  Darlehen  von  20  000  fl. ,  jedoch  zunächst  um  eine  Papier- 
fabrik in  Gang  zu  bringen.  Die  ersten  10000  fl.  waren  bereits  absor- 
biert, ohne  dass  die  Arbeiten,  an  welche  die  Auszahlung  der  zweiten 
ioooofl.  geknüpft  waren,  ihr  Ende  erreicht  hatten.  John  Walter,  für 
welchen  König  noch  Arbeiten  auszuführen  hatte,  ward  unwillig,  weil 
er  sich  unmöglich  die  Jämmerlichkeit  der  deutschen  Arbeiterverhält- 
nisse vorstellen  konnte.  Das  langsame  Vorwärtsschreiten  machte 
Decker  und  Spener  ärgerlich,  trotzdem  untcrliessen  sie  nicht,  der 
Fabrik  allen  möglichen  Vorschub  zu  leisten.  Erst  im  Juli  1822 
konnte  der  erste  Probedruck  in  Oberzell  gemacht  werden.  Am 
15.  November  1822,  also  erst  fünf  Jahre  nach  der  Bestellung, 
waren  die  durch  Nachbestellung  auf  vier  vermehrten  Maschinen  zum 
Versandt  fertig.  Im  Januar  1823  befanden  sie  sich  zwar  im  Gange 
und  das  erste  Produkt  war  die  Nr.  1 1  der  Spenerschen  Zeitung 
vom  25.  Januar  1823;  es  dauerte  jedoch  fast  ein  Jahr,  bevor  die 
Leistungen  zufriedenstellend  ausfielen.  Mit  allen  dazu  gehörigen 
Einrichtungen  kamen  die  Kosten  für  die  Besteller  auf  etwa  30000 
Thaler  zu  stehen,  dazu  im  Jahre  1827  noch  5  500  Thaler  für  Umbau. 

Es  war  eine  schwere  und  aufreibende  Zeit  gewesen.  Mit  der 
Papierfabrik  wollte  es  nicht  vorwärts.  Im  Herbst  1823  musste  König  vielfache  i  ia»e. 
selbst  nach  London  gehen,  um  von  den  neuesten  Erfindungen  und 
Verbesserungen  der  Papierfabrikation  Kenntnis  zu  nehmen.  Die 
Geldsorgen  endigten  vorläufig  durch  den  Beitritt  Cottas  zu  diesem 
Geschäft;  1831  übernahmen  jedoch  König  &  Bauer  dessen  Anteil 
wieder.  Obwohl  das  Unternehmen  somit  schliesslich  festen  Boden 
gewann,  so  war  die  Zersplitterung  der  Kräfte  doch  kaum  als  ein  Glück 
für  das  Schnellpressen  -  Etablissement  zu  betrachten,  dessen  rasche 
Förderung  noch  nicht  gelingen  wollte,  sie  gewährte  aber  eine  fort- 
währende Beschäftigung  für  Königs  regen  Geist.  Er  brachte  an  den 
Times  -Maschinen  Verbesserungen  an,  beschäftigte  sich  mit  dem 
Gedanken  einer  Roundabout-Yressz  mit  zehn  Druckcylindern,  welche 
stündlich  5000  Exemplare  liefern  sollte,  und  mit  dem  bereits 
erwähnten  Verfahren,  geschlagene  Matern  herzustellen.  Selbst  die 
Setzmaschine  spielte  eine  Rolle  in  seinen  damaligen  Plänen. 

Am  12.  Juli  1S24  erhielt  Cotta  eine  Schnellpresse  für  die 
Allgemeine  Zeitung  in  Augsburg.   König  selbst  leitete  die  Auf- 


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3K> 


DIE  GERMANISCHE  GRUI'PF.. 


XI.  KAP. 


vcruciiuns der  Stellung  im  Verein  mit  seinem  Neffen  Fritz  Reichenbach,  der  bei 
Decker  gelernt  hatte  und  den  König  von  Herlin  mitgenommen 
hatte,  um  ihn  als  Maschinenbauer  auszubilden;  ein  zweiter  Neffe, 
Friedrich  Heibig,  zeichnete  sich  später  in  Wien  aus. 

Um  die  Anbringung  der  Maschinen  zu  erleichtern,  wollte 
König  solche  auf  eigenes  Risiko  bauen  und  sie  auf  Gewinn  -  Anteil 
ausleihen.  König  litt  jedoch  unter  demselben  Mangel  an  Betriebs- 
kapital, der  die  Buchdrucker  selbst  drückte,  und  der  Plan  Hess 
sich  nicht  durchfuhren.  Er  musste  nun  darauf  bedacht  sein,  kleinere 
und  billigere  Maschinen  zu  bauen,  die  sich  durch  Menschen- 
hände bewegen  Hessen  und  von  denen  er  gleichzeitig  mehrere 
Exemplare  bauen  könnte,  wodurch  die  Herstellung  wesentlich 
billiger  zu  stehen  kommen  würde.  Der  Erfolg  bewies,  dass  die 
Rechnung  eine  richtige  gewesen.  1 826  wurden  elf  Maschinen  fertig- 
gestellt, darunter  die  ersten  für  Stuttgart  ij.  B.  Metzler)  und  Leipzig 
(F.  A.  Brockhaus).  Schon  Fr.  Arn.  Brockhaus  hatte  an  Anschaffung 
einer  Schnellpresse  gedacht,  schreibt  jedoch  18 19  an  König,  dass 
ihm  der  Mut  fehle  (Kap.  xil).  Nach  Paris  wurde  die  erste  Maschine 
an  A.  Guyot  &  Scribe,  die  zweite  an  E.  Pochard  geliefert;  für 
Enchcde  &  Sohn  in  Harlcm  waren  bereits  zwei  solche  abgesandt. 
Somit  schien  alles  im  besten  Gange  zu  sein,  da  kam  diejulirevo- 
Ruckgang  und  lution.  Die  Drucker  zerschlugen  die  Schnellpressen,  die  Bestellungen 

dann  neue  ,  ,  4  .  , 

Erfolge.  sowohl  aus  Frankreich  wie  aus  Deutschland  blieben  aus;  niemand 
hatte  Lust,  Kapitalien  in  Maschinen,  welche  der  Zerstörung  aus- 
gesetzt waren,  anzulegen,  und  als  Ruhe  und  Vertrauen  wieder- 
kehrten, konnte  Frankreich  seinen  Bedarf  selbst  decken.  Die  Fabrik 
in  Oberzell,  die  über  hundert  Arbeiter  beschäftigt  hatte,  behalf  sich 
jetzt  mit  vierzehn.  Die  Teilhaber  verloren  jedoch  den  Mut  nicht 
und  machten  alle  Anstrengungen,  um  die  Buchdrucker  für  die 
Maschinen  zu  interessieren.  In  einem  diesbezüglichen  Zirkular 
finden  sich  merkwürdige  Äusserungen.  Die  Firma  erklärt,  vierfache 
Maschinen  bauen  zu  können,  die  wenigstens  4000  Exemplare  in  der 
Stunde  liefern,  glaubt  jedoch,  „dass  es  nirgends  Verhältnisse  giebt, 
in  welchen  eine  so  grosse  Geschwindigkeit  besondere  Vorteile 
gewähren  würde",  und  fahrt  dann  fort:  „Wir  halten  noch  andere 
seltsamere  Kombinationen  —  mit  endlosem  Papier  —  nicht  nur  für 
möglich,  sondern  auch  für  leicht  ausführbar.   Allein,  obgleich  man 


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XI.  KAP.     DIU  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND.  3  I  I 

damit  ein  ungeheures  Resultat  erhalten  würde,  so  treten  doch, 
nach  unserer  Meinung,  so  viel  praktische  Hindernisse,  die  in  der 
Beschränktheit  des  Bedarfs  und  den  bestehenden  Formen  und 
Gewohnheiten  ihren  Grund  haben,  ein,  dass  wir  uns  nie  zu  einem 
Versuche  entschliessen  könnten,  wiewohl  wir  dazu  alle  Mittel  zur 
Hand  haben.  Zum  wohlfeilen  und  schnellen  Druck  ist  genug 
geschehen,  zum  besseren  Druck  bleibt  noch  viel  zu  thun  übrig". 

Im  Jahre  1825  heiratete  der  50jährige  König  eine  1 8jährige 
junge  Dame  aus  Suhl.  Sie  schenkte  König  drei  Kinder,  zwei  Söhne  K,.niR*  Vcri.ei- 

ratung  und  J  od« 

und  eine  Tochter.  König  fühlte  sich  sehr  glücklich ,  sollte  jedoch 
leider  nicht  lange  sein  Glück  gemessen.  Die  Entbehrungen  in  den 
jüngeren  Jahren,  die  fortwährenden  Anstrengungen  und  aufreibenden 
Sorgen  hatten  seine  Gesundheit  untergraben.  Er  starb  nach  einem 
Schlaganfall  am  17.  Januar  1833.  Seine  treue  Gefahrtin  lebte  bis 
zum  1.  April  1X82.  Sein  Freund  Bauer  überlebte  ihn  fast  30  Jahre 
und  ruht  seit  1 86b  an  seiner  Seite.  Die  Söhne  Wilhelm  (geb.  am  Kum«»  Nach 

folucr. 

9.  Dezember  1826)  und  Friedrich  (geb.  am  29.  Januar  1829)  über- 
nahmen das  Geschäft.  König  und  Bauer,  aus  einem  ganz  ver- 
schiedenen Stoff  gebildet,  ergänzten  sich  vortrefflich.  Der  erste 
hochstrebend,  weitblickend,  rasch  schaffend;  Bauer  bedächtig 
überlegend,  minutiös  im  Arbeiten  und  genau  rechnend.  Nur  ein- 
mal in  dem  schweren  Jahre  1824  trat  eine  vorübergehende  Miss- 
stimmung zwischen  Beiden  ein ,  die  sich  jedoch  schnell  ausglich. 

Bei  Königs  Tod  waren  im  ganzen  etwa  6b  Schnellpressen  aus- 
geführt. Es  ging  aber  nun  so  rasch  vorwärts,  dass  im  Jahre  1865  w.«!.«™  .ie* 
die  tausendste,  am  6.  September  1873  die  zweitausendste  Maschine 
fertiggestellt  wurde,  bei  welcher  Gelegenheit  die  beiden  Brüder  den 
Orden  des  heiligen  Michael  erhielten  und  damit  in  den  Adelstand 
erhoben  wurden.  Für  das  erste  1000  waren  50  Jahre  nötig  gewesen, 
während  das  zweite  1000  nur  acht  Jahre  brauchte.  Von  den  2000 
Maschinen  blieben  1243  m  Deutschland.  Leipzig  erhielt  davon 
265,  Stuttgart  117;  392  gingen  nach  Kussland  (208  nach  St.  Peters- 
burg). Die  stärksten  Abnehmer  waren  Brockhaus  und  Teubner  in 
Leipzig,  die  Staatsdruckerei  in  St.  Petersburg  mit  je  33  Stück, 
Cotta  mit  32*.  Das  dritte  Tausend  wurde  1882  voll. 

'  Komi;  &  l.At  KR,  Verzeichnis  der  ersten  2000  Schnellpressen.  1873. 


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312 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XI.  KAP. 


Die  Schnellpressen  König  &  Bauers  zeichneten  sich  stets  durch 
verbieiiun« der  die  grosse  Akkuratesse  der  Arbeit  und  durch  Solidität  aus.  Die  mit 

Kn.iiijsch'-ii 

schnellerem...  Kreisbewegung  und  Cylinderfärbung  versehenen  Maschinen  erwarben 
in  Deutschland  wegen  ihres  ruhigen  Ganges  und  der  Vorzüglichkeit 
des  Farbewerkes  ihre  Beliebtheit,  obwohl  sie  schwerer  zu  bewegen 
und  teurer  sind,  als  die  mit  Eisenbahnbewegung  und  Tischfärbung. 
Welches  Ansehen  die  Schnellpressen  König  &  Bauers  genossen, 
beweisen  z.  B.  Bestellungen  von  24  Stück  auf  einmal,  darunter 
acht  Zweifarbe -Maschinen,  zum  Banknotendruck  nach  Rom  und 
von  20  Stück  für  die  Bank  von  Frankreich.  Die  Banknoten- 
druckerei von  St.  Petersburg  beschäftigt  vorzugsweise  König  & 
Bauerschen  Tiegeldruckmaschinen,  welche  für  die  feinsten  Arbeiten 
allen  anderen  vorgezogen  werden ,  obgleich  sie  einen  sehr  grossen 
Raum  einnehmen,  langsam  arbeiten  und  sehr  teuer  sind.  Eine 
Eigentümlichkeit  der  Tiegeldruckmaschine  sind  die  zwei  Fundamente, 
von  welchen  man  nach  Belieben  beide  oder  nur  eins  von  beiden 
benutzen  kann.  Die  Färbung,  eine  Kombination  von  Cylinder-  und 
Tischfärbung,  ist  eine  höchst  vollkommene. 

Vorzüglich  sind  ebenfalls  die  Zweifarbe -Maschinen  König  & 

Die  zweifarbe..-  Bauers.  Wenn  sie  auch  nicht  dieselben  in  die  Praxis  zuerst  einführten, 

■11.u1.hiuc. 

so  gebührt  ihnen  der  Ruhm,  sie  zuerst  zur  Vollkommenheit  gebracht 
zu  haben.  Diese  Maschinen  müssen  als  eine  besonders  wertvolle 
Bereicherung  des  Materials  der  modernen  Typographie  betrachtet 
werden  und  fanden  rasch  eine  grosse  Verbreitung.  Durch  sie  hat 
die  ebenfalls  neue  Erfindung  der  Hochätzung  erst  ihren  vollen  Wert 
erhalten,  indem  es  durch  sie  möglich  geworden  ist,  farbige  Land- 
karten zu  einem  solchen  Preis  zu  liefern,  dass  sie  überall  Eingang 
finden  können.  Auch  für  die  Accidcnzarbeiten  ist  der  Nutzen  ein 
hervorragender  und  die  harte  Not  des  richtigen  Registers  beim 
Doppeldruck  hat  nun  in  manchen  Fällen  aufgehört. 

In  neuester  Zeit  bauten  König  &  Bauer  nach  dem  ursprüng- 
lichen Patent  von  A.  H.  Payne  in  Leipzig  eine  Dreifarben-Maschine, 
welche  jedoch  nach  der  Erwerbung  seitens  der  Fabrik  in  Oberzell 
umkonstruiert  worden  ist.  Die  gebogenen  Galvanos  werden 
auf  einem  grossen  Cylinder  angebracht,  der  den  dreimaligen 
Umfang  eines  der  Druckcylinder  hat.  Die  Maschine  liefert  in  der 
Stunde  sieben  bis  achthundert  Drucke  in  drei  Farben,  lässt  sich 


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XI.  KAP.     DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND.  3  I  3 

auch  Tür  eine  grössere  Anzahl  von  Farben  bauen  und  wurde  bereits 
für  fünf  nach  Frankreich  angefertigt 1 . 

Als  die  „Endlosen*4  aufkamen,  verhielten  König  &  Bauer  sich 
eine  ziemlich  lange  Zeit  abwartend  und  Hessen  der  Fabrik  „Augs-  König*  Einiio.c. 
bürg"  den  Vorsprung.  Erst  als  sie,  ohne  ihre  Anstalt  wesentlich 
zu  schädigen,  nicht  zurückbleiben  konnten,  gingen  sie  ans  Werk, 
dann  aber  auch  mit  der  hergebrachten  Energie.  Sie  hielten  sich 
zunächst  an  die  Konstruktion  der  /  'ktory-Press,  deren  Cylindcr  alle 
in  der  Ebene  liegen.  Ihre  derartigen  Maschinen  für  die  Kölnische 
Zeitung  wurden  nach  den  Angaben  des  Obermaschinenmeisters 
E.  Bragard  hergestellt2. 

Nach  der  Anstalt  von  König  &  Bauer  hat  die  Maschinenfabrik 
Augsburg  die  grösste  Ausdehnung  für  den  Schnellpressenbau  in  Maschinenfabrik 
Deutschland  gewonnen.  Sie  wurde  von  dem  erwähnten  Neffen  Aus*,>ur* 
Fr.  Königs,  Fritz  Reichenbach,  gegründet  und  ging  dann  später  yr.  Rcichcnb.<.h 
in  die  Hände  einer  Aktiengesellschaft  über.  Die  Anstalt  baute  *Ju"1  ***J' 
namentlich  Maschinen  mit  Eisenbahnbewegung;  grosse  Verbreitung 
fanden  ihre  Zweifarben-Maschinen;  sie  war  auch  die  erste,  welche 
in  Deutsclüand  die  Rotationsmaschine  für  endloses  Papier  baute 
und  nahm  sich  namentlich  die  Walter- Presse  als  Vorbild.  Das  erste 
Exemplar  wurde  in  der  Spaarmannschcn  Offizin  in  Oberhausen 
aufgestellt.  Bis  1880  hatte  die  Augsburger  Fabrik  65  Rotations- 
maschinen in  38  Formaten  und  nach  21  verschiedenen  Konstruk- 
tionen gebaut,  von  denen  46  im  eigentlichen  Deutschland,  14  in 
Österreich- Ungarn  blieben,  eine  nach  Batavia  ging.  Ihr  gelang  es 
auch  (1S79)  zuerst  in  zufriedenstellender  Weise  diese  Maschinen  für 
den  Illustrationsdruck  herzustellen.  Auf  dreien  derselben,  welche 
je  4000  Exemplare  stündlich  liefern ,  werden  die  Hallbergerschen 
illustrierten  Blätter  mit  bestem  technischen  Erfolg  gedruckt.  Die 
Rotationsmaschine  hat  im  allgemeinen  in  Deutschland  eine  viel 
schwierigere  Aufgabe  als  in  England.  Teils  ist  das  deutsche  Papier 
für  gewöhnlich  geringer  und  schwächer,  als  das  englische,  reisst 
daher  leichter  und  legt  sich  schwerer  aus,  dann  aber  vertragen  die 
abwechselnden  Schriften,  namentlich  die  vielen  Auszeichnungs- 
schriften untermischt  mit  Illustrationen,  welche  die  Inseratenseiten 
deutscher  Blätter  füllen,  viel  weniger  den  Mangel  an  Zurichtung  als 

»  Journ.  f.  15.  1881,  Nr.  32.  —  -  Journ.  f.  Ii.  1880.  Nr.  17. 


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314 


DIE  GERMANISCHE  GRUl'PE. 


XI.  KAP. 


die  englischen  und  amerikanischen  Zeitungen  mit  ihren  kompakten, 
den  Kegel  fast  füllenden  Antiquaschriften. 

Bereits  im  Jahre  1S59  war  mit  „Endlosen"  in  Wien  durch  Auer 
l»k : i-.n.iiuiv in  experimentiert  worden,   doch  können  diese  Versuche  nicht  als 

Wich. 

gelungen  bezeichnet  werden  (vgl.  Kap.  XV}.  Nach  Wien  kamen  die 
ersten  zwei  englischen  Walterschen  Rotationsmaschinen,  durch  Ludw. 
Lott,  den  Direktor  der  Druckerei  der  „Presse",  eingeführt,  zunächst 
um  den  Ausstellungskatalog  1873  zu  drucken.  Ebenfalls  zur  Aus- 
stellung liess  die  Druckerei  der  „Neuen  Freien  Presse"  eine  ihrer 
grossen  Marinoni- Maschinen  nach  des  Direktors  Reisser  Angaben 
zu  einer  Endlosen  umarbeiten,  die  in  dem  Pavillon  der  „Neuen  Freien 
Presse"  in  dem  Prater  die  Ausstellungszeitung  druckte  und  taglich, 
wenn  das  grosse  Geräusch  den  Anfang  der  Arbeit  verriet,  eine  grosse 
Masse  Wissbegieriger  sammelte,  um  von  ihrem  Wirken  Zeugen  zu 
sein.  Die  Presse  konnte  nicht  mit  den  englischen  Maschinen  hin- 
sichtlich der  Leistungsfähigkeit  konkurrieren.  Überhaupt  hat  Wien 
mit  dem  Bau  der  „Endlosen"  bis  jetzt  kein  grosses  Glück  gehabt. 

Auch  C.  Hummel  in  Berlin  baute  „Endlose"  und  will  das  Patent 
Aiukrc  Kot  ,  von  G.  A.  Horn  auf  eine  Doppelrotationsmaschine  mit  zwei  von 
einander  ganz  unabhängigen  Systemen  ausbeuten1.  Jeder  der 
Schriftcy linder  wird  von  seinem  Papierzubringer  gespeist  und  ist 
mit  zwei  Farbewerken  versehen.  Stellt  man  eins  der  Drucksysteme 
ab  und  arbeitet  nur  mit  dem  andern ,  so  wird  dies  von  vier  Farbe  - 
werken  bedient,  und  eignet  sich  dann  um  so  besser  für  die  Lieferung 
feinerer  Arbeiten.  Die  Bogen  werden  nach  beiden  Seiten  der  Maschine 
ausgeführt.  Es  muss  sich  ergeben,  ob  die  Praxis  hier  mit  der  Theorie 
Hand  in  Hand  gehen  wird.  Die  bekanntesten  Maschinen  Hümmels 
waren  die  nach  den  Angaben  des  Obermaschinenmeisters  Eugen 
Bragard  für  den  Druck  der  Kölnischen  Zeitung  mit  Vor-  und  Rück- 
wärtsbewegung gebauten,  die  stündlich  6000  Exemplare  druckten. 

Von  anderen  Maschinenbauanstalten  sind  zu  nennen:  G.  Sigl 
Vcrv_tue<lenc  III  Berlin,  der  schon  1865  etwa  1000  Schnellpressen  geliefert  hatte; 

j!  1  -öist  Aichelk  &  Bachmann  in  Berlin.  Die  Firma  Klein,  Forst  &  Bohn 
i  i  i.  Kbr.  ih  0.  jn  j0]iannjsberg  a.  Rh.,  begründet  1846  von  Johannes  Forst  und  Joh. 

Klein,  hatte  am  30.  Januar  1875  die  IOOO.  Maschine  vollendet.  Sie 
liefert  auch  Schnellpressen  mit  dem  von  E.  C.  Brunn  in  Münster 

»  Abgebildet  und  beschrieben  im  Jotirn.  f.  B.  1879,  Nr.  36. 


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XI.  KAP.     DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND.  $  I  5 


konstruierten  Querlinien-Druckapparat.  Albert  &  Hamm  in  Franken- 
thal hatten  1879  300  Maschinen  in  die  Welt  gesandt.  In  Würzburg 
arbeitet  die  Firma  Bohn,  Fassbknder  &  Heruer,  in  Worms  die 
Maschinenfabrik  Worms.  In  Leipzig  sind  die  bekanntesten  Firmen 
Ph.Swiderski,  dessen  kleine  Maschine  „Lipsia"  vielen  Heifall  rindet; 
Schmiers,  Werner  &  Stein,  die  viele  grosse  Maschinen  bauen. 
Tretmaschinen  fabrizieren  A.  Hogenforst  und  Schelter  &  Giesecke. 
Eine  Fünffarben  -  Rotationsmaschine  konstruierte  A.  H.  Schumann 
in  Leipzig,  welche  in  zelin  Stunden  8000  fertige  Bogen,  also 
40000  Druck,  liefern  soll.  Zurichtung  ist  nur  unter  den  Platten 
möglich 

In  Österreich  waren  Hklbig  &  Müller  die  ersten  Schnellpresscn- 
fabrikanten.  Fr.  Hklbig,  ein  Sohn  aus  erster  Ehe  der  Schwester  i>.  11,11.1« 
Fr.  Königs,  Marie  Rosine,  mit  einem  Bergmann  I  Ielbig  in  Eislebcn, 
hatte  bei  König  gelernt.  Leo  MOllek  war  in  Rieglern  in  dem  uo  müh« 
Vorarlbcrgschen  Walserthale  geboren.  Sein  Vater  war  dort  Bauer  *  '  "* 
und  der  Sohn  genoss  nur  den  dürftigen  Unterricht  der  Dorfschule. 
Seine  Lust  an  Mechanik  trieb  ihn,  1 8  Jahre  alt,  das  Handwerk  eines 
Schreiners  zu  ergreifen  und  als  solcher  kam  er  nach  Oberzell  zu 
König  &  Bauer  und  wurde  bald  Leiter  der  Modellabteilung.  Sein 
Wunsch,  Teilhaber  der  Anstalt  zu  werden,  konnte  nicht  erfüllt 
werden,  weshalb  er  nun  nach  Österreich  zurückging  und  seinen  ersten 
Versuch  im  Schnellpressenbau  in  Imbach  im  Innthale  für  Rechnung 
von  Rauch  &  Wagner  in  Innsbruck  machte.  Er  führte  viele 
Verbcsserungen  bei  der  Schnellpresse  ein,  zu  denen  namentlich  der 
Doppel -Excenter  behufs  Erzielung  des  Stillstandes  des  Druck- 
cylinders  beim  Rückgange  der  Form  gehört,  der  Cylinder  wurde 
freier  gelegt,  die  Bänder  beseitigt  und  durch  Greifer  ersetzt,  auch 
verwendete  er  zuerst  die  Eisenbahnbewegung.  Gerade  eine  Differenz 
mit  Heibig  in  Patcntangelcgcnheiten  gab  Veranlassung  zu  einer 
Verbindung  beider  (um  1S36).  Sic  bauten  nun  sowohl  einfache  wie 
doppelte  Maschinen  und  auch  solche  für  zwei  Farben ;  die  Idee  der 
letzteren  war  jedoch  keine  neue  und  König  &  Bauer  hatten  sich 
schon  1826  Erhard  in  Stuttgart  gegenüber  erboten,  solche  anzu- 
fertigen, was  wegen  der  Kosten  jedoch  unterblieb 2. 

»  Journ.  f.  B.  1879,  Nr.  8.  —  *  Österr.  Buchdr.-Ztg.  1880. 


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3l6  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  XI.  KAP. 

Als  tüchtige  Maschinenbauer  sind  Sigi.,  Ludw.  Kaiser  und 
Andere  i-abri-  J.  Angf.r  bekannt.    Als  Fabrikant  von  kleinen  typographischen 

k  i nun  in  Ostcr- 

nicii.      Maschinen  hat  G.  Bernhardt  Ruf  und  er  baute  bereits  mehrere 
hundert  solcher,  deren  System  sehr  gelobt  wird.    Auch  die  Tret- 
maschinen von  O.  0.  Fuchs  und  Jeanrenaud  &  Co.  finden  Beifall. 
Die  Lithographie  hat  durch  die  Erfindung  der  lithographischen 
i-LiiK^ruphische  Schnellpresse  eine  enorme  Ausdehnung  erreicht  und  der  Buch- 

Schuvllprcsa«ii.  .  . 

druckerei  ein  bedeutendes  Feld  abgewonnen.  Es  gab  dabei  manche 
Schwierigkeit  mehr  als  bei  der  typographischen  Schnellpresse  zu  über- 
winden. Die  lithographischen  Steine  haben  nicht,  wie  die  Schrift, 
eine  gleiche  Höhe,  die  Maschinen  mussten  deshalb  jedesmal  nach 
der  Stärke  des  Steines  eingerichtet  werden.  Der  Druck  musste  ein 
sehr  kräftiger,  zugleich  ein  sehr  elastischer  sein ,  wenn  der  Stein 
nicht  springen  sollte.  Neu  hinzuzufügen  war  der  Anfeuchteapparat, 
durch  welchen  der  Stein  bei  dem  jedesmaligen  Druck  abgewischt 
und  angefeuchtet  wurde.  Massenwalzen  konnten  nicht  verwendet 
werden,  man  musste  deshalb  Walzen  von  feinem  Leder  benutzen, 
bis  es  in  England  gelang  brauchbare  Kompositionswalzen  herzustellen. 
Die  erste  lithographische  Schnellpresse  wurde  im  Jahre  1850  in  der 
Maschinenfabrik  von  G.  Sigl  in  Wien  durch  Hoppes  für  H.  Engels 
Institut  gebaut'.  1855  erschien  die  lithographische  Schnellpresse 
auf  der  Pariser  Weltausstellung.  In  Frankreich  begann  Marinoni  1 864 
den  Bau  und  führte  wesentliche  Verbesserungen  ein.  Die  Pariser 
Ausstellung  von  1867  brachte  eine  Menge  von  Varianten  durch 
Marinoni,  Dupuy,  Moulde&Vibart,  Voirin,  Alauzet  u.  a.  In  Deutsch- 
land bauen  sie  namentlich  G.  Sigl  in  Wien  und  Berlin ;  König  &  Bauer ; 
Swiderski;  Schmiers,  Werner  &  Stein;  Klein,  Forst  &  Bohn. 

Für  den  zinkographischen  Druck  hat  Ferdinand  Schlotke  in 
Fcr.i.  schioikc.  Hamburg  eine  Maschine  erfunden,  durch  welche  mittels  zweier  je 
ziükJruckpreMe.  um  dne  Stahlwalze  gelegter  Platten  der  Bogen  auf  zwei  Seiten 

gleichzeitig  bedruckt  wird,  und  zwar  mit  der  Schnelligkeit  von  1000 
Exemplaren  in  der  Stunde 2. 

Die  eiserne  Handpresse  wurde  in  Deutschland  vielfach  nach- 
gebaut  und  auch  verbessert.  Die  Stanhopepresse  lieferte  namentlich 
Chr.  Dinglkr  in  Zweibrücken.  Die  Columbiapresse  wurde  von 
Fk.  Vif.weg  eingeführt  und  im  Jahre  1825  in  dem  Hüttenwerk  Zorge 

1  Üsterr.  Buchdr.-Ztg.  18S0,  Nr.  2.  —  s  Journ.  f.  IJ.  1882.  Nr.  32. 


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XI.  KAP.     DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND.  3  I  7 

am  Harz  gebaut.  Ein  Nachteil  bei  diesen  Tressen  war  das  öftere 
Springen  der  Seitenwände.  C.  Hoffmann  in  Leipzig  baute  die 
Coggersche  Presse  nach,  und  seine  Konstruktion  wurde  von  Vielen 
der  der  Originalpressen  vorgezogen,  weil  das  Heben  des  Tiegels 
durch  Kugelgewichte  auf  langen  Hebeln  und  nicht  durch  Federn 
geschah.  Die  Presse  von  Koch  in  Magdeburg  fand,  weil  sehr  billig 
und  leicht,  vielen  Beifall ;  auch  war  sie  insofern  sehr  zweckmässig, 
als  sie  über  den  Tiegel  hinaus  keinen  Oberbau  hatte,  so  dass  die 
Form  voll  belichtet  war.  Sehr  verbreitet  waren  die  Hagar- Pressen, 
die  in  vorzüglicher  Qualität  von  Chr.  Dingler  in  Zweibrücken  fabri- 
ziert wurden.  Dingler  verstärkte  noch  die  Kraft  und  die  Sicherheit 
der  Original-Konstruktion,  indem  er  statt  Hagars  einfachen  Knie- 
hebels vier  schrägstehende  Knieteile  verwendete,  die,  wenn  der 
Tiegel  sich  in  der  Höhe  befindet,  die  Form  eines  Andreaskreuzes 
bilden,  während  sie,  wenn  er  angezogen  ist,  zu  zwei  und  zwei  senkrecht 
aufeinander,  wie  Säulen,  stehen1.  Die  Pressen  sind  jetzt  fast  die 
einzigen  im  Gebrauch  befindlichen ,  wenn  man  eine  Anzahl  unver- 
wüstlicher Stanhopepressen  nicht  rechnet,  die  noch  das  Gnadenbrot 
als  Korrekturpressen  gemessen2. 

Mit  einer  Farbeauftrag-Maschine  hatten  schon  B.  Strauss  in 
Wien,  Hermsoorf  in  Mannheim  und  Schuhmacher  in  Hamburg  FarheauftraK- 
experimentiert.  Georgi  in  Bonn,  im  Verein  mit  dem  Faktor  der 
Brönnerschen  Offizin  in  Frankfurt  a.  M.,  R.  Gerhard,  führte  eine 
solche  in  brauchbarer  Weise  aus.  Eine  kombinierte  Buch  -,  Stein- 
und  Kupferdruckpresse  baute  Georg  Jontzen  in  Bremen.  Ein 
Mittelding  zwischen  Schnell-  und  Handpresse  war  die  von  Sf.i.ligue. 
Tiegel  und  Fundament  stehen  fest,  nur  das  Rähmchcn  mit  dem 
Papierbogen  ist  beweglich.  Während  ein  Drucker  von  der  einen 
Seite  den  Bogen  einlegt,  hebt  ihn  ein  zweiter  von  der  andern  Seite 
ab.  Für  Brockhaus  in  Leipzig  baute  der  Schlosser  Kallmkyer  in 
Osterode  einen  ähnlichen  Apparat. 

Von  kleineren  Maschinen  sind  zu  erwähnen  die  Falzniaschinen 
von  Sulzberger  &  Graf  in  Frauenfeld  in  der  Schweiz,  später  von  nivcrse 
König  &  Bauer,  Isermanns  Hobelmaschine,  Brockhaus'  ZirTern- 

«  Journ.  f.  R  1866,  Nr.  21  u.  22. 

3  Fast  alle  hier  erwähnten  Handpressen  sind  in  dem  Journ.  f.  B.  1S34 — 36 
abgebildet  und  beschrieben.    Näheres  verg).  S.  51 — 53. 


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3i8 


DIK  GKR MANISCH!"  GRUPPK. 


XI.  KAP. 


druckmaschine  und  Farbereibmaschine,  H.  Zimmermanns  und 
F.  G.  Wagnf.rs  und  B.  Auerbachs  Numeriermaschine,  A.  Fomms  und 
Kart.  Krauses  Schneidemaschinen,  Brendler  cS:  Harlkrs  Perforier- 
maschine, Hansens  mechanischer  Ausleger  u.  v.  a.  J.  F.  Klfin  in 
München  liefert  eine  Kontrolle-Billetmaschine,  die  von  endlosen 
Streifen  1 50  Stück  in  der  Minute  druckt  und  numeriert.  Eisenbahn- 
billetmaschinen  lieferten  ferner  Karig  in  Wien  und  G.  Göbel  in 
Darmstadt.  Solche  Maschinen  schneiden  das  Papier,  drucken  den 
Text,  die  laufende  Nummer,  zählen  die  Exemplare  und  drucken 
schliesslich  das  Datum  darauf.  Albert  &  Co.  in  Frankenth.il  bauten 
Signiermaschinen,  A.  Fichtner  in  Wien  Broncicrmaschinen, 
A.  Mever  &  Schleicher  Graphiteinreibungsmaschinen,  B.  Dondorf 
in  Frankfurt  a.  M.,  Fr.  Heim  &  Co.  in  Orlenbach  und  noch  viele 
andere  stellten  Liniiermaschinen  etc.  her. 

Die  Satiniermaschine  mit  zwei  Stahlwalzen,  zwischen 
Di  -  s.ninicr  welche  Zinkplatten  mit  je  einem  zwischen  zwei  Platten  gelegten 
Bogen  unter  starkem  Druck  gezogen  wurden,  hielt  sich  trotz  aller 
Inkonvenienzcn  lange.  Erst  in  letzterer  Zeit  wurde  sie  durch 
Satinierwerke  mit  zwei  Hartgusswalzen  und  zwei  äusserst  harten 
und  sehr  glatt  gedrehten  Papiermassewalzen,  welche  durch  den 
stärksten  hydraulischen  Druck  eine  völlig  harte  Masse  geworden, 
abgelöst.  Das  Papier  geht  einen  S-förmigen  Weg  und  kommt  somit 
von  beiden  Seiten  mit  den  Stahlwalzen  in  Berührung.  Schaber  und 
Wischer  halten  die  Walzen  rein  und  stählerne  Abstreifer  verhindern 
das  Ankleben  des  Bogens  an  die  Walzen.  Zuerst  wurden  sie  nur 
mit  einer  Stahl-  und  einer  Papierwalze  gebaut,  da  jedoch  die  Seite 
des  Papiers,  welche  mit  der  Papierwalze  in  Berührung  kam,  weniger 
glatt  wurde,  so  musste  das  Papier  zweimal  umschlagen  und  nochmals 
eingelegt  werden;  was  nun  durch  das  doppelte  Walzenpaar  unnötig 
geworden  ist. 

Obwohl  die  Papierwalzen  ausserordentlich  hart  sind ,  so  hinter- 
lassen doch  die  kleinen  Knoten  und  Unreinheiten  des  Papiers  nach 
und  nach  Eindrücke,  die  von  Zeit  zu  Zeit  durch  Lecrlaufenlassen 
der  Massen  walze  an  die  Stahlwalze  oder  durch  Abdrehen  beseitigt 
worden  müssen  Diese  Satinierwerke  werden  namentlich  von  W.F. 
Heim  &  Co.  in  Offenbach  1  und  C.  G.  IIauhold  in  Chemnitz  gebaut; 

'  Juurn.  f.  lt.  1S77,  Nr.  I ;,. 


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XI.  KAP.     DIE  TYPOGRAPHISCHEN  MASCHINEN  IN  DEUTSCHLAND.  3  1 O 


Karl  Krause  in  Leipzig  liefert  sie  auch  mit  sechs  Cylindern,  zwei 
von  Stahl  und  vier  von  Papier.  Auch  F.  Schlotke  machte  sich  durch 
Anfertigung  von  Satiniermaschinen  bekannt.  W.  Schroeder  &  Co. 
in  Leipzig  fertigen  Satinierwerke,  bei  welchen  die  Massenwalzen  mit 
einem  Stahlblech  umzogen  werden,  wodurch  die  vollkommene 
Glattheit  der  Stahlwalze  sich  mit  der  Elastizität  der  Massenwalze 
verbindet*.  Die  Werke  von  W.  R.  Schökmann  in  Düsseldorf  haben 
zwei  Hartgusswalzen ,  die  nicht  ganz  cylindrisch  geschliffen  sind, 
damit  der  ausgeübte  Druck  sich  ganz  gleichmässig  verteilt2. 

Für  das  heisse  Satinieren  nach  dem  Drucke  lieferten  C.  G. 
Haubold  jun.  in  Chemnitz  und  VV.  F.  Heim  in  Ottenbach  Werke, 
die  mit  günstigem  Erfolg  iooo— 1600  Exemplare  in  der  Stunde 
satinieren  und  nur  zwei  Personen  zur  Bedienung  gebrauchen  \ 

Unter  den  Utensilienfabrikanten  nehmen  Schelter  &  Gieskckk, 
A.  Hoc.f.nforst  und  Alex.  Waldow  in  Leipzig  einen  bedeutenden 
Platz  ein.  Ki.imsch  Är  Co.  in  Frankfurt  a.  M.  haben  durch  ihr 
.Adressbuch  für  Buch-  und  Steindruckcrcien"  und  durch  ihren 
„Allgemeinen  Anzeiger  für  Druckereien"  Verdienste  um  die 
Erleichterung  des  Verkehrs  und  berücksichtigen  mit  ihrem  Utensilien- 
Geschäft  namentlich  Steindruckereien,  ebenso  G.  E.  Baumann  in 
Berlin;  Gursch  &  Klemm  in  Berlin  liefern  Giesserei -Werkzeuge.  In 
Stuttgart  wirken  Stöffler  &  Backe. 

Nachdem  die  Buchdruckereien  aufgehört  hatten,  selbst  ihre    i>ie  Färb*. 

I.ilmk.ni'.u. 

rarbe  zu  bereiten,  und  grössere  Anforderungen  an  den  Druck- 
gestellt  wurden,  war  Deutschland,  was  die  feinere,  namentlich  die 
Illustrationsfarbe  betraf,  dem  Ausland,  vorzüglich  England,  tribut- 
pflichtig geworden,  und  noch  bis  in  die  vierziger  Jahre  hinein  waren 
Parson,  Lawson  u.  a.  die  Hauptlieferanten  für  den  deutschen  Markt. 
Um  diese  Zeit  fingen  jedoch  namentlich  Jui..  Hostmann  in  Celle  und 
Gkbr.  Jänecke  &  Frikdr.  Schneemann  in  Hannover  an,  ihre  Fabri- 
kation durch  rationellen  Betrieb  in  die  Höhe  zu  bringen.  Kostete 
es  anfanglich  auch  grosse  Mühe,  durchzudringen,  so  kam  es  doch 
so  weit,  dass  der  deutsche  Fabrikant  nicht  allein  auf  dem  deutschen 
Markte  siegreich  blieb,  sondern  auch  im  Auslande  sich  geltend 

1  Journ.  f.  B.  iSSl,  Nr.  3.  —  *  Journ.  f.  15.  1SS1,  Nr.  45.  —  j  Journ.  f.  B. 
>S79,  Nr.  .9. 


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320 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XI.  KAP. 


machte.  Nicht  ohne  grosse  Bedeutung  ist  es,  dass  auf  der  Welt- 
ausstellung in  Melbourne  die  letztgenannte  deutsche  Fabrik  die 
goldene  Medaille  erhielt,  während  der  berühmten  Firma  A.  B. 
Fleming  &  Co.  in  Leith  (S.  72)  nur  der  dritte  Preis  zufiel. 

Von  älteren  und  jüngeren  Fabriken  sind  zu  nennen :  Fischer, 
Naumann  &:  Co.  in  Ilmenau,  J.  Brünner  in  Frankfurt  a.  M.,  Käst  8c 
Eiiinger  in  Feuerbach  bei  Stuttgart,  Robert  Gysae  in  Oberlössnitz 
bei  Dresden,  J.  E.  Breidt  in  Hammerling  in  Nieder- Osterreich, 
Friedr.  Wüste  in  Pfaffenstetten,  Frey  &  Sening  in  Leipzig.  Letztere 


rehfarben,    brachten  auch  die  sogenannten  Teigfarben  in  Aufnahme,  die  sich 


jahrelang  geschmeidig  erhalten  und  vor  der  Verwendung  nur  eines 
leichten  Anreibens  unter  Zusatz  der  nötigen  Quantität  von  Firnis 
bedürfen ;  es  ist  dies  eine  sehr  beachtenswerte  Neuerung  für  Buch- 
druckercien,  die  nicht  regelmässig  mit  bunten  Farben  arbeiten. 

Nicht  unwichtig  war  die  Einführung  der  Kopierfarbe,  denn  diese 


Di«  Kopierfarbe,  macht  es  möglich,  die  mit  solcher  Farbe  vorgedruckten  Blanketts 


zusammen  mit  dem  mittels  Kopiertinte  Hineingeschriebenen  später 
zu  kopieren,  was  besonders  in  dem  ganzen  Frachtverkehr  von 
grossem  Werte  ist. 

Versuche,  Farbe  aus  billigeren  Stoffen,  z.  B.  aus  dem  Satura- 


surrojcaic.    tionsschlamm  der  Zuckerfabriken,  aus  den  tanninschwarzhaltigcn 


Lederabfällen  zu  bereiten,  sowie,  eine  abwischbarc  Farbe  her- 
zustellen, so  dass  Makulatur  wieder  in  weisses  Papier  umzuändern 
wäre,  haben  alle  für  die  Praxis  keinen  Wert  gehabt.  Mit  der  Farbe- 
fabrikation ist  öfters  die  der  sogenannten  englischen  Walzenmasse 
(S.  71)  verbunden. 


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XII.  KAPITEL. 

DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

J.(».  I.  Breitkopf,  seine  Reformen,  der  Musiknotendruck  vor  Breitkopf  and  «Jessen 
Verbesserungen,  Breitkopf  &  Härtel.  Ct.],  (löschen.  Friedr.  Arnold  Hrockhaus 
und  seine  Nachfolger,  15.  (i.  Tenbncr.  Karl  Tauchnitz.  Fr.  Nies  und  seine 
Nachfolger.  B.  Tauchnitz.  Das  Jubelfest  1S40.  Gicscckc  &  Devrient.  Das 
Bibliographische  Institut.  Verschiedene  Offizinen  Leipzigs.  —  Dresden: 
Meinhold  &  Sohne  u.  a.  —  Halle :  Waisenhausdrttckcrei,  SchwetschkcÄ:  Sohn.  — 
Weimar:  Hofbuchdruckerei.  — Gotha: Just.  Perthes.  —  Braunschweig:  Vieweg  & 
Sohn,  C.  Wcstcrinann,  Dr.  Heinrich  Meyer  und  das  Journal  für  Bachdrucker« 
kunst. 


IEMLICH  gleichzeitig  mit  dem  Begründer  der  natio- 
nalen Grösse  Deutschlands,  Friedrich  II.,  und  mit  dcnj.r..i.Brriiko,.» 
Bahnbrechern  des  nationalen  Kultur-  und  Kunstlebens: 
Lessing,  Klopstock,  Geliert,  Kant,  Just.  Moser  und 
Winckclmann  wurde  der  Reformator  der  deutschen 
TypographieJoHANN  Goitloh  Immanuei.Bkeitkopf  am  23.  November 
17 19  in  Leipzig  geboren,  welches  nunmehr  unter  der  Führung  Breit- 
kopfs und  anderer  tüchtiger  Gesinnungsgenossen  die  Stellung  als 
Vorort  der  deutschen  Typographie  behaupten  sollte1. 

Breitkopf  war  ein  Sohn  des  rühmlichst  bekannten  Bernh. 
Christoph  Breitkopf  (I,  S.  149).  Von  Natur  sehr  aufgeweckt  und 
geistig  begabt,  hatte  er  keine  Neigung,  dem  Wunsche  des  Vaters 
gemäss,  sich  der  Buchdruckerei  zu  widmen,  dagegen  zog  es  ihn 

•  K.  G.  IlAt  sitts,  Biographie  J.C.  I.  Breitkopfs.  Leipzig  1 794.  —  Dr.  O.  HASE, 
Breitkopf  &  Härtel,  1SS3. 

21 


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322 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


unwiderstehlich  zu  den  Studien  hin.  Der  Kampf  zwischen  dem  Vater 
und  dem  Sohne  schloss  mit  einem  Kompromiss,  wozu  beide,  und 
Gutenbergs  Kunst  dazu,  sich  nur  Glück  wünschen  konnten :  Johann 
Immanuel  sollte  sich  sowohl  den  Studien,  als  dem  Geschäft  widmen. 
Er  legte  sich  nun  mit  grossem  Eifer  auf  die  Wissenschaften 
Seine  Au*-  und  versuchte  sich  auch  schriftstellerisch.  Grossen  Einfluss  auf  seine 
Ausbildung  übte  Gottsched.  Erst  in  späterer  Jugend  machte  sich 
die  Lust  an  der  Mathematik,  der  er  später  einen  grossen  Teil  seines 
Ruhmes  verdanken  sollte,  bei  ihm  geltend.  Das  Werk  Albrecht 
Dürers  „Unterweysung  der  Messung  mit  dem  Zirkel  u.  s.  w.u  fiel  ihm 
in  die  Hände.  Die  mathematische  Berechnung  der  Schriftverhältnisse 
interessierte  ihn,  und  nun  war  er  für  die  Typographie  gewonnen.  Fr 
ging  an  das  Vergleichen  mit  den  alten  Drucken  und  fand ,  wie  die 
sich  immer  mehr  verschlechternde  Form  mit  dem  Verfall  der 
Schönschreiberei  in  Verbindung  stand.  Mit  grossem  Eifer  fing  er  an 
die  Buchstaben  mathematisch  zu  berechnen.  Er  sammelte  emsig  alle 
Musterschriften  und  Werke  über  Schriftenkunde  und  begann  nun 
seine  Reformen,  namentlich  arbeitete  er  unablässig  für  die  Ver- 
ürciikopfunddiebesserung  und  Verschönerung  der  Frakturschrift.  Die  Gründe,  die 
ihn  bewogen  an  dieser  festzuhalten  und  seine  Anstrengungen  der 
Regeneration  derselben  zu  widmen,  hat  er  spater  in  einer  Schrift: 
„Über  Bibliographie  und  Bibliophilie"  (1793)  entwickelt.  Seiner 
Ansicht  nach  wäre  die  deutsche  Schrift  der  lateinischen  unbedingt 
vorzuziehen;  sie  eigne  sich  selbst  für  Transkription  fremdländischer 
Werke,  als  hebräischer  und  arabischer,  besser  als  die  Antiqua. 
Nur  die  Verachtung,  welche  die  Gelehrten  der  deutschen  Schrift 
bewiesen,  trage  die  Schuld,  dass  dieselbe  nicht  eben  st)  verbessert 
und  verschönert  worden  sei,  wie  die  allgemein  beliebte  lateinische 
Es  bedürfe  aber  nur  der  Aufmunterung,  um  die  Künstler  zu  ver- 
anlassen, unter  Zugrundelegung  der  Schöfferschcn  Muster,  oder  der 
1  heuerdank -Type  eine  Frakturschrift  zu  schaffen,  welche  der 
schönsten  Antiquaschrift  die  Wage  halte. 

So  lautete  der  Ausspruch  Breitkopfs  und  erging  nun  auch  daran, 
seiner  Ansicht  praktische  Geltung  durch  eine  verbesserte  Fraktur- 
schrift zu  verschaffen,  welche  zuerst  in:  r Einige  Lieder  für  Lebens- 
freuden" angewendet  wurde,  während  die  neue  Antiqua  zuerst  in 
Forbigcrs  Ausgabe  des  „Catull"  zum  Abdruck  gelangte. 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  323 


Wäre  Breitkopf  der  Fraktur  abhold  und  ein  eifriger  Freund  der 
Antiqua  gewesen  und  hätte  er  letztere  zu  einer  Zeit,  wo  man  anfing 
sich  nach  schön  gedruckten  Büchern  zu  sehnen,  zum  Gegenstand 
seiner  reformatorischen  Plane  gemacht,  so  hätte  möglicherweise  die 
Frage:  „Antiqua  oder  Fraktur"  unter  seiner  Autorität  längst  eine 
Entscheidung  im  Sinne  der  Vertreter  der  Antiqua  gefunden.  Denn 
damals  lag  die  Angelegenheit  weit  einfacher  als  heute,  wo  sie  bei 
der  Mehrzahl  der  Gegner  der  Antiqua  weit  eher  eine  nationale 
Gefühlssache  als  eine  Frage  der  Zweckmässigkeit  und  der  Schönheit 
geworden  ist. 

Einen  ganz  wesentlichen  Anteil  an  dem  Weltruhm  Breitkopfs 
haben  seine  Verbesserungen  des  typographischen  Musiknotendrucks.  Der  MusiWnotcn- 
Der  Umstand ,  dass  die  Buchdruckerkunst  gleich  bei  ihren  ersten 
Erzeugnissen  auf  die  Bedürfnisse  der  Kirche  geführt  wurde,  musste 
die  Gedanken  auf  den  Notendruck  richten;  doch  war  die  Technik 
damals  nicht  so  weit  vorgeschritten,  dass  man  an  die  Überwindung 
der  durch  die  Verbindung  des  Druckes  der  horizontalen  Linien  und 
der  vertikalen  Notenzeichen  entstehenden  Schwierigkeiten  denken 
konnte.  Man  musste  deshalb  beim  Drucken  des  Textes  Raum  lassen, 
für  die  nachträglich  einzuschreibenden  Noten.  Später  wurden 
Linien  und  Text  rot  gedruckt,  die  Choralnotcnköpfe  eingezeichnet, 
teilweise  auch  mit  der  Hand  durch  Stempel  einzeln  aufgedruckt 
oder  das  Ganze  in  Holz  geschnitten.  Das  erste  mit  I  lolzschnitt- 
Choralnoten  gedruckte  Buch  ist  das  bei  1  lans  Froschauer  in  Augsburg 
erschienene  Lilium  Musiau  plana?  des  Michael  Kiensbeck  aus  dem 
Jahre  1473.  Die  ersten  Proben  von  Figuralmusik  in  Holzschnitt 
kommen  in  einem  Werke  des  Nie.  Burtius  vor,  gedruckt  von  Hugo 
de  Rugeriis  in  Bologna  1487. 

Solche  in  Holz  geschnittene  Noten  wurden  noch  benutzt, 
nachdem  das  Verfahren  mittels  beweglicher  Choral notentypen  ZU  N'oton  in  Holt- 
drucken  erfunden  war,  z.  B.  in  den  Liederbüchern  Luthers.  Wann 
und  wo  der  Versuch  mit  letzteren  zuerst  geschah  ist  nicht  zuermitteln, 
denn  das  Verfahren  wurde  ziemlich  gleichzeitig  an  vielen  voneinander 
sehr  entfernten  Orten,  z.  B.  um  das  Jahr  1488  in  Basel,  geübt. 

Hat  es  nun  auch  Choralnotcntypcn  vor  der  Erfindung  des 

typographischen  Druckes  der  Figuralmusik  gegeben,  so  ist  es oct.de. »'mm u. 

doch  unzweifelhaft,  dass  letzterer  eine  Erfindung  des  Octaviano  dei 

2i- 


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324 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Petrucci  aus  Fossombrone  war1.  Dieser,  von  edlen  jedoch  armen 
Eltern  geboren,  kam  als  Buchdrucker  nach  Venedig.  Im  Jahre  1 498 
erhielt  er  seitens  des  Senates  ein  Patent  auf  Druck  von  mehrstimmiger 
Musik  ftir  „Gesang  und  Laute",  dem  später  ein  ähnliches  des  Papstes 
Leo  X.,  datiert  1 513,  folgte.  Sein  erster  Notendruck  war  harmonier 
musices  Odheeaton  1501.  Er  entwickelte  eine  so  grosse  Thätigkeit, 
dass  er  bereits  in  den  Jahren  1 501 — 1 507  zwanzig  verschiedene  Werke 
gedruckt  hatte.  Unvermögenheit  veranlasste  ihn  den  Betrieb  seiner 
Druckerei  den  thätigen  Buchhändlern  Amad.  Scotti  und  Nie.  da 
Raphael  zu  überlassen. 

Petruccis  System  war  auf  Doppeldruck  gegründet.  Die  Linien 
petruecusystem.  bestanden  aus  Stücken  in  der  Grösse  der  Formatbreite.  Die  Noten 
wurden  für  sich  gesetzt  und  auf  die  Linien  gedruckt.  Die  Genauigkeit 
der  Typen  ist  eine  grosse  und  der  Druck,  besonders  der  Linien,  ein 
vorzüglicher.  In  allen  Ausgaben  Petruccis  sowie  seiner  Nachfolger 
für  lange  Zeit  wurden  die  einzelnen  Stimmen  für  sich  meist  neben- 
einander gedruckt,  für  den  Druck  von  Partitur -Ausgaben  war  man 
damals  technisch  noch  nicht  weit  genug  fortgeschritten. 

Den  Druck  mit  Typen,  in  welchen  jedes  der  Notenzeichen 
Ainlere  Noten-  zugleich  mit  einem  Stück  des  Liniensystems  verbunden  war,  so  dass 
nur  ein  Druck  notwendig  und  die  Schwierigkeit  des  Passens  der 
Formen  umgangen  ward,  führte  Erhard  Oegun  in  Augsburg  zum 
erstcnmale  vor  in:  Mrlopoiar  sive  Harmoniar  tetracentieae  1507. 
Peter  Schöner  in  Mainz  übte  das  Verfahren  15 11. 

In  Frankreich  schnitt  der  Graveur  und  Drucker  Pierre  Hutin 
Piene  ii.ni.i.  1 527  die  ersten  derartigen  Noten,  mit  welchen  Pierre  Attaignant  in 
Paris  und  Tvi.man  Susato  in  Antwerpen  druckten.  Bei  allen  diesen 
Versuchen  waren  die  Notenköpfe  noch  eckig.  Von  diesen  wurde 
zum  crstenmale  in  den  Werken  des  päpstlichen  Kapellmeisters 
Kleazak  Gf.net  genannt  Carpentkas  abgewichen.  Als  der  genannte 
in  seinen  alten  Tagen  in  Avignon  seine  Kompositionen  drucken  lassen 
wollte,  veranlassteer  Stephan  Briakh  aus  Bar-lc-duc,  Typen,  welche 
die  Handschrift  nachahmte,  zu  schneiden.    Jean  de  Channav  in 


i  1*'r.  Chrvsanki.r,  Aliriss  einer  deschiclitc  des  Musikdruckes  vom  xv.  bis 
zum  XIX.  Jahrhundert.  In  der  All^.  Musik,  /.t^.,  1S79.  N<>.  1 1  u.  ff.  —  Amt.  SctlMin, 
Ottaviano  dei  Petrucci  da  Fos>omlirono.   Wien,  1S45. 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


325 


Avignon  druckte  damit  1 532  das  erste  Werk  Uber primus Missarum 
Caipcnttas.  Die  Neuerung  fand  jedoch  keine  Folge. 

Venedig  blieb  lange  Zeit  das  Zentrum  für  den  Musiknotendruck 
und  den  Musikalienvcrlag.  Die  bedeutendste  Firma  war  die  der 
Familie  Gardano,  die  von  1536  ab  bis  tief  in  das  xvm.  Jahrhundert 
blühte  und  die  Werke  Palästrinas  verlegte. 

In  Deutschland  wurden  nicht  nur  Originale  gedruckt,  sondern 
auch  alles  „Gangbare"  des  Auslandes  nachgedruckt.   Hieronymus  Notendruck  in 

_  DciiUlllUlid. 

Formschneider  schnitt  gute  Notentypen.  Der  bedeutendste  Noten- 
drucker des  xvi.  Jahrh.  war  Adam  Berg  in  München,  Verleger  der 
Werke  Orlando  Lassos.  Fast  alle  seine  Drucke,  bei  denen  er  die 
Unterstützung  des  musikliebenden  Herzogs  von  Bayern  genoss,  sind 
Prachtausgaben  in  Folio.  Sein  Hauptwerk  ist  das:  Patrocinium 
ntusices  aus  1573.  Als  das  bedeutendste  Werk  aus  dem  XVI.  Jahr- 
hundert  muss  das  von  Nie  Heinrich  in  München  gedruckte  Magium 
opus  niusicitin  genannt  werden.  In  dem  xvii.  Jahrhundert  war 
namentlich  Gimkl  Bkrgkn  in  Dresden  thätig. 

In  Frankreich  lieferte Guillal  me  le  Bee  um  1 550  vollkommenere 
Noten  als  die  Hutins,  deren  sich  Rod.  Baixakd  und  dessen  Schwager  Frankreich. 
Adrian  le  Roy  bedienten.  Die  Familie  Ballard,  welche  die  Noten 
le  Bces  für  die  hohe  Summe  von  50000  Livres  erwarb,  war  die 
bedeutendste  Musikfirma  nicht  nur  in  Frankreich  und  erwarb  sich 
namentlich  durch  die  Herausgabc  der  Werke  Lullys  Weltruf.  Sic 
druckte  die  Partituren  fast  aller  französischen  Opern  und  hielt  sich 
beinahe  200  Jahre  in  Ansehen. 

Englands  Anteil  an  dem  Musiktypendruck  war  kein  bedeutender. 
John  Day  wandte  um  1560  die  verbesserte  Methode  an.  Thomas 
Este  (um  1600)  brachte  sehr  elegante  Drucke. 

Um  1725  war  der  musikalische  Typendruck,  dessen  Wesen 
überhaupt  seit  Petrucci  wenig  fortgeschritten  war,  ganz  in  Verfall  v«ui.i.* 

Notendrucks- 

geraten  und  der  Kupferdruck  hatte  dessen  Platz  eingenommen. 
Als  letzte  bedeutende  Erscheinung  können  die  in  Venedig  bei 
Domenico  Lov  isa  in  acht,  mit  allem,  damals  zugebote  stehenden  Luxus 
ausgeführten  Foliobänden  gedruckten  Fünfzig  Psalmen  von  Bene- 
detto  Marcello  bezeichnet  werden.  — 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  dass  es  unrichtig  ist,  wenn 
Breitkopf,  wie  es  gewöhnlich  geschieht,  als  Erfinder  des  typo- 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


graphischen  Notendruckes  genannt  wird,  dagegen  bleibt  ihm,  was 
ihm  wieder  von  verschiedenen  Seiten  streitig  gemacht  worden  ist, 
die  Ehre,  dem  typographischen  Notendruck  eine  solche  Gestaltung 
gegeben  zu  haben,  wie  er  sie  noch  heute  hat.  Die  Bedeutung  dieser 
That  würde  eine  noch  grössere  Tragweite  haben,  wenn  nicht  die 
Erfindung  der  Lithographie  und  der  lithographischen  Schnellpresse 
in  dem  Notendruck  und  dem  Musikalienverlag  eine  gewaltige  Um- 
wälzung zur  Folge  gehabt  hätte. 

Am  allcrticfsten  fast  stand  vor  Breitkopf  der  Notendruck  in 
Leipzig;  selbst  die  Arbeiten  sonst  verdienter  Männer  als  Wolfg. 
Stöckel  und  Abr.  Lamberg  sind  äusserst  mangelhaft.  Die  Kolumnen 
sahen  mit  ihren  unendlich  vielen,  jämmerlich  zusammengesetzten 
Linienstücken  vollständig  gequirlt  aus. 

Da  erschien  im  Jahre  1755  bei  Breitkopf  ^Sonnet  auf  das  Pastoreil 
//  trionfo  dclla  fcdelta* ,  ein  Versuch,  der  bereits  wenig  zu  wünschen 
übrig  liess,  doch  ist  die  umfangreiche  (283  S.  in  qu.  fol.  umfassende) 
Tondichtung  der  Kurfürstin  Marie  Antonie  von  Sachsen  //  trionfo 
dclla  fedelta  selbst  noch  geeigneter,  die  Vorzüge  von  Breitkopfs 
Leistungen  ins  helle  Licht  zu  setzen.  In  der  Schlussschrift  heisst  es: 
„Stampato  in  Lipsia ;  nella  stamperia  di  Giov.  Gottlob  Immanuel 
Breitkopf,  Inventore  di  questa  nuoia  manicra  di  stampar  la  Musica 
coli  Carratteri  separabili  e  mutabili.  E  questo  Dramma  Pastorale 
la  prima  opera  stampata  di  questa  nuova  guisa ;  comminciata  m  l 
Ah  se  di  Luglio  1755,  e  terminata  nel  nu  se  efAprile  1756"'. 

Der  bewegliche  Geist  Breitkopfs  liess  ihn  jedoch  nicht  bei 
solchem  Siege  Beruhigung  fassen,  sondern  trieb  ihn  ein  Feld  zu 
bebauen,  wobei  man  zwar  volle  Gelegenheit  hat,  seine  Fähigkeiten 
zu  bewundern,  jedoch  nicht  ohne  eine  Beimischung  des  Bedauerns, 
dass  dieselbe  so  unfruchtbaren  Arbeiten  zugewendet  wurden. 

Zuerst  wollte  er  die  Herstellung  iler  Landkarten  der  Buch- 
Lamikartcn^t*.  druckerei  zuweisen.  Die  Berechnung  aller  der  wellenförmigen  Linien 
der  verschiedensten  Art  für  Terrainzeichnung;  die  Notwendigkeit, 
die  Schrift  kreuz  und  quer  nach  allen  Richtungen  hin  zu  setzen;  kurz, 
alle  die  Schwierigkeiten,  die  eine  Kartenzeichnung  darbietet,  machen 

1  Über  diesen  sowie  über  die  sonstigen  Mu.sikdnickc  Ureitkopfs  vcrgl. 
Ix)RCK  ,  „Der  Buchhandel  und  die  graphischen  Künste  auf  der  Kunstgewerbe- 
Ausstellung  zu  Leipzig  1S79".  Sep.  Abdr.  au.s  dem  ltürscnbl.  f.  d.  d.  Ii. 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


327 


die  typographische  Ausführung,  wennauch  nicht  geradezu  unmöglich, 
doch  so  schwer,  dass  die  Kosten  sich  nicht  in  der  Praxis  erschwingen 
lassen.  Dies  fühlte  wohl  Breitkopf  bald  selbst,  wie  aus  seiner  1777 
herausgegebenen  Broschüre:  „Über  den  Druck  der  geographischen 
Karten"  hervorgeht,  und  die  darin  enthaltenen  Proben  würden 
überhaupt  kaum  an  das  Tageslicht  getreten  sein,  wenn  er  sich  nicht 
von  dem  sein  Ehrgefühl  verletzenden  Verdacht  hätte  reinigen  wollen, 
dass  er  mit  seiner  Erfindung  später  als  Haas  in  Basel  mit  der  seinigen 
gekommen  sei. 

Diesem  Verdacht  tritt  er  mit  Entrüstung  entgegen  und  kritisiert 
streng  den  Haasschen  Versuch,  den  er  „mehr  ein  opus  musivum  als  sat*  hgiiriicUr 
typographicum"  nennt,  „mit  Thon  und  gekautem  Papier  nachgeholfen,  'cscn* 
wie  man  dergleichen  schon  längst  in  der  Druckerei  kennt"  (vgl. 
Kap.Xiv).  In  demselben  Jahre  folgte  noch  „Die  Beschreibung  des 
Reichs  der  Liebe"  mit  einer  Karte;  1799  „Der  Quell  der  Wünsche** 
ebenfalls  mit  einer  Karte,  die  beide  als  eine  glückliche  Lösung 
seiner  Aufgabe  nicht  betrachtet  werden  können.  Immerhin  ist 
Breitkopfs  typographischer  Scharfsinn  doch  sehr  zu  bewundern,  und 
seine  kartographischen  Versuche  bleiben  typographische  Reliquien 
von  hohem  Wert.  Der  Satz,  der  noch  heute  erhalten  ist,  beseitigt 
jeden  Verdacht,  als  sei  durch  Feile,  Messer,  unregelmässigen  Aus- 
schluss oder  in  anderer  Weise  nachgeholfen;  alle  Stiicke  sind  streng 
systematisch  und  einfach,  wie  in  jedem  anderen  Satz,  an  einander 
gereiht. 

Obgleich  Breitkopfs  klarer  Verstand  ihm  sagte,  dass  er  auf  diesem 
Wege  keine  grossen  praktischen  Erfolge  erzielen  würde,  so  veranlasste  am«.-««.»!«: 
ihn  doch  sein  etwas  hartnäckiger  Charakter,  sogar  noch  weiter  zu 
gehen:  er  wollte  es  noch  möglich  machen,  Porträts  mit  Typen 
herzustellen.  Die  Strichlagen  des  Kupferstechers  licssen  ihn  glauben, 
durch  parallel  laufende  Linienstücke  das  Ziel  erreichen  zu  können. 
Seine  Proben  hat  er  nicht  veröffentlicht,  wer  aber  die  neuesten 
Arbeiten  Moulinets  und  anderer  Meister  in  diesem  Genre  kennt, 
kann  sich  leicht  von  dem,  was  erreicht  werden  konnte,  ein  ungefähres 
Bild  machen.  Zwar  gehören  alle  solche  Versuche  den  Gebieten  des 
an  und  für  sich  Unpraktischen  an,  wir  können  sie  dennoch  so  wenig 
wie  die  späteren  Stigmatypien  Fasols  als  wertlos  für  die  Fort- 
bildung der  Typographie  bezeichnen. 


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328 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Die  Beschaffung  des  chinesischen  Satzes  mit  beweglichen  Lettern 
war  eine  der  Aufgaben,  die  sich  die  Typographie  gestellt  hatte. 
Sowohl  die  französische  als  die  päpstliche  Regierung  hatten  darauf 
viel  Geld  unnütz  verwendet.  Die  grosse  Anzahl  der  Schriftzeichen 
machte  die  Anfertigung  der  Typen  kostspielig  und  die  Ähnlichkeit 
der  Charaktere  unter  einander  den  Satz  zu  einem  äusserst  schwierigen. 
Indes,  Breitkopf  löste  seine  Aufgabe  und  sandte  sofort  eine  allerdings 
nicht  sehr  ansprechende,  imj.  1789  der  Öffentlichkeit  übergebene 
Probe  an  den  Papst,  der  ihm  durch  den  Kardinal  Borgia  in  sehr 
schmeichelhaften  Ausdrücken  danken  liess.  Aber  auch  bei  dieser 
Erfindung  unterblieb  die  praktische  Ausbeutung.  Ein  holländischer 
Verleger  unterhandelte  zwar  mit  Breitkopf  über  das  Setzen  eines 
chinesischen  Textes  in  Leipzig,  die  Verhandlungen  führten  aber 
nicht  zu  einem  Resultate. 

Nun  wollte  Breitkopf  auch  mathematische  Figuren  mit  beweg- 
-■i-y,.OBraphi»che  liehen  Typen  setzen,  ein  Gedanke,  der  bei  der  Billigkeit  des  einfachen 
Ornamentik.  j^Qj^^j^g  j<ejnc  grossen  Erfolge  in  Aussicht  stellen  konnte  und 
auch  nicht  zur  Verwendung  kam. 

Schliesslich  wendete  er  seine  Aufmerksamkeit  darauf,  die  Ver- 
st.hntigicMcrci.  zierungen,  die  nach  und  nach  den  höchsten  Grad  von  Ungcschmack 
erreicht  hatten,  durch  geschmackvollere  zu  ersetzen.  Zu  diesem  Zweck- 
Hess  er  gute  ältere  Vorbilder  nachahmen  und  in  Holz  schneiden. 

Auch  dasGiesscn  und  das  Drucken  haben  ihm  Verbesserungen 
zu  verdanken.  Seine  Giesserei  war  wegen  der  VortrciTlichkcit  der 
Metall- Legierung  berühmt.  Einen  Beweis  für  die  Güte  liefert  die  Rein- 
heit  der  Abdrücke,  die  nach  Verlauf  von  hundert  Jahren  von  dem  vor- 
handenen Landkartensatze  gemacht  wurden.  Die  Giesserei  arbeitete 
mit  vierzig  Leuten  und  zwölf  Öfen  und  sandte  ihre  Schriften  nach 
allen  Ländern  der  Welt.  Dagegen  misslangen  eine  von  ihm  an- 
gefangene Spielkartenfabrik  und  eine  Tapetenfabrik,  obwohl  die 
Muster  von  dem  besten  Geschmack  zeugen.  Breitkopf  war  eben  ein 
Erfinder,  nicht  aber  in  gleichem  Masse  für  die  pekuniäre  Ausbeutung 
der  Erfindungen  geschaffen. 

Einem  so  feingebildctcn  Mann  wie  Breitkopf  konnten  die 
sinu.hc     handwerksmässigen  Roheiten,  die  mit  der  Lossprechung  eines 

Kctvrmcii. 

Lehrlings  verbunden  waren  (I,  165],  selbstverständlich  nicht  zusagen. 
Er  schaffte  deshalb  die  bei  solchen  Gelegenheiten  üblichen  scenischen 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  329 

Aufführungen  ab  und  beschrankte  sich  darauf,  den  symbolischen  Sinn 
der  Marterwerkzeuge  erklären  zu  lassen  und  in  einer  sinnigen  Rede 
den  Losgesprochenen  über  seine  Rechte  und  Pflichten  zu  belehren. 
Solche  Änderungen  und  Neuerungen,  die  auf  das  Beschränken  der 
Völlerei  und  des  Feierabendmachens  abgesehen  waren,  fanden 
jedoch  begreiflicherweise  keine  Gnade  bei  den  Gehülfen,  und  man 
ging  anfänglich  so  weit,  die  bei  Breitkopf  Ausgelernten  nicht  für 
voll  anerkennen  zu  wollen,  doch  bahnten  sich  Vernunft  und  Sitte 
schliesslich  ihren  Weg. 

Wie  viele  seiner  technischen  Pläne  und  Experimente,  so 
blieben  auch  manche  seiner  schriftstellerischen  Arbeiten  nur  Ent-  sdw.fi 

stcllcrikihc 

würfe.  Um  seinen  Hauptplan,  eine  grossartig  angelegte  Geschichte  Aru-ncn. 
der  Buchdruckerei  gründlich  durchführen  zu  können,  hatte  er  mit 
vieler  Sorgfalt  und  mit  grossen  Kosten  eine  Bibliothek  von  Werken 
über  Buchdruckerkunst  und  Proben  von  den  Leistungen  derselben 
gesammelt.  Durch  eine  Reihe  von  Jahren  legte  er  Kollektanecn  an, 
hatte  auch  einige  Partien  des  Werkes  ausführlicher  ausgearbeitet. 
1779  erschien  seine  Broschüre  „Über  die  Geschichte  der  Erfindung 
der  Buchdruckerkunst4*,  welche  den  breit  angelegten  Plan  seines 
Werkes  entwickelte.  Es  folgte  dann  I784einer  der  durchgearbeiteten 
Abschnitte:  „Versuch  über  den  Ursprung  der  Spielkarten".  Erster 
Teil.  Der  zweite  Teil  wurde  nach  Breitkopfs  Tode  von  J.  C.  F.  Roch 
1801  herausgegeben,  welcher  in  der  Vorrede  darüber  klagt,  dass 
die  hinterlassenen  Notizen  Breitkopfs  nicht  derart  beschaffen  seien, 
dass  eine  grössere  Ausbeute  daraus  erwachse.  Breitkopfs  reger 
Geist  führte  ihn  während  der  Arbeit  immer  weiter;  die  Noten 
uberwuchern  den  Text.  Er  wollte  alles,  was  ihn  interessierte,  auch 
ausfuhrlicher  bearbeiten,  und  so  haben  wir  zu  bedauern,  dass  wir 
nur  einige,  wenn  auch  sehr  wertvolle  Bruchstücke  erhielten,  statt 
einer  vollständigen,  noch  heute  nicht  vorhandenen  Geschichte  der 
Buchdruckerkunst,  die  zu  schreiben  er,  wie  kaum  ein  zweiter,  fähig 
gewesen  wäre,  wenn  er  nur  die  Kunst,  sich  zu  beschränken ,  besser 
verstanden  hätte. 

Breitkopf  starb  am  28.  Jan.  1794  und  hinterlicss  seine  Buch- 
druckerei als  eine  der  am  reichsten  ausgestatteten  wenn  nicht  gar  BrctU],^  1  o  1. 
als  die  reichste  der  Welt.    Sie  besass  gegen  400  verschiedene 
Schriftgattungen,  16  Sorten  Noten,  einen  grossen  Vorrat  von 


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330  DIR  GERMANISCHE  GRUPPE.  XU.  KAP. 

Vignetten  und  beschäftigte  120  Arbeiter.  Das  Geschäft  wurde  von 
dem  Sohne  Christoph  Gottlob  fortgeführt,  der  sich  im  Jahre  1796 
mit  Gotifried  Christoph  Härtel  assoziierte.    Die  jetzige  Firma 
ur..tku,,f&   Breitkopf  &  Härtel  datiert  aus  dem  Jahre  1798.  Härtel  war  zwar 
kein  gelernter  Buchdrucker,  stand  jedoch  dem  Geschäft  in  vortreff- 
lichster Weise  vor.  Er  Hess  durch  Schelter  griechische  Typen  nach 
Bodoni  und  Antiquaschriften  nach  Levrault  schneiden  und  gründete 
auch  eine  Steindruckerei  (1805).    Nach  dem  Tode  Härtels  (am 
r.  H  irtel    25.  Juli  1827)  trat  zuerst  der  jüngere  Sohn  Raymund  Härtel,  später 
Dr.  h.  li.iriei  ( 1 83  5)  der  ältere  Dr.  jur.  H  kr  mann  Härtel  in  das  Geschäft.  Sic 
* 5    s    75  brachten  dasselbe,  das  während  ihrer  Minderjährigkeit  etwas  zurück- 
gegangen war,  bald  wieder  zur  alten  Blüte. 

Der  etwas  altersgrau  gewordene  rgoldene  Bär"  wurde  1867 
verlassen  und  ein  neues  immenses  Geschäftshaus  bezogen,  woes  jedoch 
auch  bald  zu  eng  geworden  wäre,  hätte  die  Firma  nicht  ihre  Piano- 
fortefabrikation aufgegeben.  Am  27.  Januar  1869  beging  das  ver- 
jüngte Geschäft  die  Feier  seines  1 50jährigen  ruhmvollen  Bestehens. 
Es  arbeitet  mit  30  typographischen  und  lithographischen  Schnell- 
pressen, 18  Handpressen  und  gegen  400  Arbeitern. 

Als  Musikverleger  hält  das  Haus  den  alten  Ruhm  aufrecht. 
Das  bis  Ende  1 878  ergänzte  Musikverzeichnis  umfasst  in  mehr  als 
15000  Werken  das  gesamte  Gebiet  der  Musik,  wie  auch  deren 
Littcratur  und  Pädagogik  nach  allen  Seiten  hin  vertreten  ist.  Nach 
dem  Ausscheiden  Raymund  Härtels  im  Jahre  1879  smd  seine  Neffen 
W.  Volkmann  und  Dr.  O.  Hase  die  Chefs  des  Hauses. 

Auf  der  Grenze  des  xvni.  und  XIX.  Jahrhunderts  wirkte  Geokg 
g  j.  Göttien  Joachim  Göschen  aus  Bremen  gebürtig.  Seine  Jugend  verbrachteer 
in  ärmlichen  Verhältnissen.  Drei  Jahre  lebte  er  in  einer  Pension  bei 
einem  Schullehrer  in  Arbergen,  einem  Dorfe  bei  Bremen,  wo  der 
Vater  des  bekannten  Gelehrten  Hcinr.  Ludw.  Heeren  Pastor  war 
und  Göschen  zugleich  mit  seinem  eigenen  Sohne  Unterricht  erteilte. 
Nach  überstandener  Lehre  erhielt  er  eine  Stelle  in  Leipzig  in  der 
Crusiusschen  Buchhandlung,  die  er  13  Jahre  mit  Erfolg  bekleidete. 
Dann  ging  er  nach  Dessau,  wo  in  ihm  der  Entschluss  reifte,  sich  in 
Leipzig  zu  etablieren.  Das  Glück  war  dem  strebsamen  Manne  hold, 

»  Chr.  G.  Loki  Nz,  Zur  Kiinncrung  an  G.  J.  (löschen.  4.  Grimma  1S61. 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


331 


er  trat  nach  und  nach  in  Verbindung  mit  den  besten  Autoren  und 
verschaffte  sich  rasch  einen  angesehenen  Namen. 

Um  eine  Prachtausgabe  von  Wielands  Werken  mit  lateinischen 
Lettern  zu  drucken,  fasste  Göschen  den  Plan,  selbst  eine  Buch- 
druckerei zu  errichten,  da  die  vorhandenen  Druckereien  seine 
Korderungen  nicht  erfüllen  konnten.  Das  war  aber  in  der  damaligen 
Blüte  des  Innungswesens  keine  leichte  Sache,  da  Göschen  nicht 
gelernter  Buchdrucker  war.  Er  musste  in  seinem  Konzessionsgesuche, 
welches  am  4.  Mai  1793  bewilligt  wurde,  geltend  machen,  dass  er 
nur  „mit  lateinischen  Lettern  nach  Didot"  drucken  wolle,  dass 
jedoch  diese  in  Leipzig  nicht  vorhanden  wären,  und  dass  seine 
Typen  noch  schöner  seien  als  die  von  Unger  in  Berlin,  wodurch 
Leipzigs  Buchdruckerruhm  steigen  würde;  ausserdem  wolle  er  nur 
für  sich  drucken  und  sogar  nur  solche  Artikel  seines  Verlages,  die 
Andere  nicht  ausführen  könnten.  Nichtsdestoweniger  wurde  von 
seiten  der  Innung  mit  allen  Kräften  gegen  ihn  gearbeitet;  man  hatte 
wohl  das  Gefühl,  dass  ein  Mann  von  Göschens  Geist,  wenn  er  einmal 
sich  der  Typographie  gewidmet  hatte,  nicht  bei  den  „lateinischen 
Typen  nach  Didot-  stehen  bleiben  würde. 

Er  schritt  nun  an  sein  grosses  Vorhaben ,  eine  Gesamtausgabe 
von  Wielands  Werken  zu  licfern.'die  etwas  noch  nicht  dagewesenes  i'r  .chui.^abei.. 
sein  und  in  vier  Gestalten  erscheinen  sollte.  Von  der  Prachtausgabe 
in  42  Banden  in  4°,  mit  Antiqua  gedruckt  und  mit  36  Kupfern 
geschmückt,  kostete  ein  Exemplar  250  Thlr.  Den  1794  in  Leipzig 
anwesenden  Wieland  Hess  Göschen  unter  festlichem  Gepränge  den 
ersten  Band  von  jungen,  Genien  vorstellenden  Damen  überreichen, 
während  die  Muse  Wielands  Haupt  mit  einem  Lorberkranze 
schmückte.  Auch  von  Klopstocks  Werken  wollte  Göschen  eine 
ähnliche  Ausgabe  veranstalten;  sie  blieb  jedoch  unvollendet. 
Bedeutende  Leistungen  seiner  Buchdruckerei  sind  die,  ebenfalls  nicht 
vollständig  gewordenen  Prachtausgaben  des  Wolfschcn  Homer, 
sowie  die  Griesbachschc  Ausgabe  des  Neuen  Testamentes.  Die 
Ausstattung  aller  dieser  Werke  ist  die  prachtvollste  und  sorgfältigste, 
ohne  jedoch  einen  recht  befriedigenden  Eindruck  zu  machen.  Die 
Antiquaschriften  trafen  den  Geschmack  des  Publikums  nicht  und 
auch  die  griechischen  Schriften  sind  charakterlos,  der  Satz  des 
Homer  ausserdem  unschön  weitläufig. 


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332 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Um  den  erwähnten  Beschränkungen  in  seinem  Geschäftsbetrieb 
7.u  entgehen,  hatte  Göschen  seine  Buchdruckerei  nach  Grimma  verlegt, 
in  dessen  Nähe  er  das  Gut  Hohnstädt  besass,  auf  welchem  er,  75  Jahre 
alt,  am  5.  April  1828  starb.  Er  hatte  bis  in  sein  hohes  Alter  seine 
volle  Geistesfrische  erhalten  und  sie  durch  seine  grosse  Wirksamkeit 
als  Verleger  bethätigt. 

Von  hervorragender  Bedeutung  für  das  Buchgewerbe  im  all- 
i  r  A.iirockh.m* gemeinen,  wenn  auch  weniger  für  die  Typographie  war  Friedrich 
f  20.' Aug.  ta/j.  Arnold  Brockhaus. 

Sohn  eines  Kaufmanns  in  Dortmund,  lernte  er  die  Handlung 
in  dem  väterlichen  Geschäfte  und  lag  später  den  Studien  ein  Jahr 
lang  in  Leipzig  ob.  Im  Jahre  1798  eröffnete  er  in  Verbindung  mit 
zwei  Genossen  ein  englisches  Manufakturwarengeschaft  in  Dort- 
Kuhiuscmcm  in  mund,  welches  er  nach  Trennung  von  seinen  Teilhabern,  von  welchen 
der  eine  einen  traurigen  Einfluss  auf  die  ganze  Zukunft  Brockhaus' 
üben  sollte,  1802  nach  Amsterdam  verlegte  und  1805  aufgab,  um  sich 
einem  buchhändlerischcn  Geschäft  unter  der  Firma  Rohloff  &  Co. 
zu  widmen,  welche  Firma  18 10  in  Kunst-  und  Industrie  -  Comptoir 
geändert  wurde  und  erst  18 14  in  F.  A.  Brockhaus  überging. 

Bei  einem  Besuche  der  Leipziger  Michaclismcsse  im  Jahre  1808 
erwarb  er  das  begonnene  aber  ins  Stocken  geratene  Konversations- 
Lexikon,  ein  Unternehmen,  welches  bestimmend  für  seine  ganze 
geschäftliche  Zukunft  werden  sollte. 

Veranlasst  durch  den  Tod  seiner  geliebten  Frau  und  durch  die 
Alteiibur-ji  und  Franzosenherrschaft  in  Holland  siedelte  Brockhaus  im  Jahre  1810 
nach  Altenburg  über  und  verkaufte  181 1  das  Amsterdamer  Geschäft 
an  Johannes  Müller.  In  Altenburg  weilte  er  bis  18 17,  um  dann, 
nachdem  er  zwischen  Ürcsden  und  Leipzig  geschwankt  hatte,  am 
letzteren  Orte  sich  bleibend  niederzulassen  und  das  in  Altenburg 
bereits  nach  grossen  Dimensionen  betriebene  Verlagsgeschäft  in 
noch  grössere  Bahnen  zu  lenken. 

Seinen  Scharfblick  für  die  Bedürfnisse  der  Zeit,  verbunden  mit 
„    !>••>       einer  thatkräftigen  patriotischen  Gesinnung  bekundete  er  durch  viele 
LvMko».     Unternehmungen.  Der  Eckstein  des  ganzen  grossen  Gebäudes  blieb 
jedoch  das  Konversations-Lexikon.  Der  Anfang  hierzu  war  bereits 
um  das  Jahr  1793  von  Dr.  Renatus  Gotthelf  Löbel  gemacht.  Dieser 
verband  sich  mit  einem  Advokaten  Chr.  Wilh.  Franke  zu  der  Heraus- 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


333 


gäbe;  für  die  buchhändlerische  Durchführung  wurde  Aug.  Leupold 
ausersehen.  Das  Werk  hatte  jedoch  keinen  grossen  Erfolg  und  die 
Unternehmer  verkauften  es  an  Leupold.  Nach  vielen  Schicksalen 
kam  es  noch  vor  dem  Erscheinen  des  sechsten  (Schluss-)  Bandes  an 
Brockhaus,  der  nun  mit  seiner  gewohnten  Energie  an  die  Vollendung 
und  Umarbeitung  ging*. 

Mehr  und  mehr  fühlte  Brockhaus  das  Bedürfnis  über  eine  eigene 
Druckerei  disponieren  zu  können  und  hatte  zuerst  den  Gedanken,  Druckerei, 
diese  in  Altenburg  zu  errichten,  wovon  er  jedoch  zurückkam.  Anfang 
des  Jahres  1818  eröffnete  er  nun  eine  Offizin  mit  drei  hölzernen 
Pressen,  zu  welchen  bald  noch  weitere  vier  kamen.  Die  Innung  legte 
Protest  ein,  weil  Brockhaus  kein  gelernter  Buchdrucker  sei.  Da 
musste  sein  Freund  Teubner  aushelfen  und  durch  Verkauf,  Rück- 
kaufsvertrag etc.  etc.  wurde  es  Brockhaus  möglich,  faktisch  seinen 
Willen  durch  die  Errichtung  einer  „zweiten  Teubnerschen  Buch- 
druckerei** durchzusetzen,  bis  der  Sohn  Friedrich,  der  bei  Vieweg 
in  Braunschweig  gelernt  hatte,  am  21.  Okt.  1820  die  Konzession 
als  Buchdrucker  erhielt. 

Merkwürdig  genug,  dass  ein  Mann,  begabt  mit  dem  weiten 
Blick  Brockhaus'  und  so  gewohnt,  pekuniäre  Schwierigkeiten  zu  .  Die 

Schnellpresse 

überwinden,  sich  die  Ehre  nehmen  liess,  als  erster  die  Schnellpresse 
in  Deutschland  zur  Anwendung  zu  bringen;  dies  um  so  mehr,  als 
er  die  Sache  scharf  ins  Auge  genommen  hatte  und  die  Wichtigkeit  der 
Schnellpresse  vollständig  erfasst  hatte,  wie  aus  einer  Korrespondenz 
zwischen  ihm  und  König  &  Bauer,  die  auch  ein  interessantes  Streiflicht 
auf  Königs  weiten  Geschäftsblick  wirft,  hervorgeht Bereits  am 
7.  November  18 18  wandte  er  sich  an  König  &  Bauer,  um  Näheres 
über  die  Leistungsfähigkeit  der  Schnellpresse  zu  erfahren,  indem  er 
betonte,  dass  25  Handpressen  nicht  imstande  gewesen,  die  Hälfte 
des  Lexikons,  fünf  Bände  in  12000  Auflage,  innerhalb  fast  eines 
Jahres  zu  liefern,  und  dass  die  Arbeiter  bei  der  Einförmigkeit  der 
Arbeit  ermüdeten  und  zuletzthin  nur  schlechte  Arbeit  lieferten.  König 
&  Bauer  beleuchten  in  ihrer  Antwort,  dass  2 — 3  Schnellpressen 
genügen  würden,  um  25  Handpressen  zu  ersetzen,  und  dass  trotz 

'  Hl  km.  Kkanckx.,  Das  Konvers.nions-Lcxikon  und  seine  (minder.  UursenUI. 
f.  d.  d.  1!.    1873.    No.  23. 

*  II.  K.  Ukockhaiis,  Friedrich  Arnold  Ur.ickh.ius.  Leipzig  1S72.  II.  R  vi.  K. 


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DIK.  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


des  Anlagekapitals  von  1 5  000  Gulden  für  jede  Schnellpresse  grosse 
Ersparnisse  eintreten  müssten.  Sie  machten  dabei  Brockhaus  einen 
eigentümlichen  Vorschlag,  dass  er  seine  Druckerei  nach  Oberzell 
verlegen  sollte.  Sie  hätten  noch  Raum  genug  für  eine  Druckerei 
von  70  bis  80  Setzern  und  die  nötigen  Maschinen,  welche  durch 
Wasser  betrieben  werden  könnten,  auch  enorme  Trockenböden 
ständen  zur  Disposition.  Da  das  Papier  aus  Bayern  und  Franken 
bezogen  werden  würde,  könnten  die  Transportkosten  demnach  zum 
grossen  Teil  gespart  werden,  ja,  sie  selbst  gingen  mit  der  Idee  um, 
eine  englische  Papiermaschine  zu  bauen,  um  gutes  Papier  zu 
liefern,  „das  deutsche  Papier4,  heisst  es,  „ist  doch  ein  Schand- 
artikel, womit  kein  englischer  Buchhändler  vor  das  Publikum 
zu  kommen  sich  unterstehen  dürfte".  Der  Brief  schliesst:  „Was 
sagen  Sie  zu  dieser  seltenen  Vereinigung  von  Mitteln  für  grosse 
litterarische  Unternehmungen,  in  einen  kleinen  Raum  zusammen- 
gedrängt? Vielleicht  licssc  sich  zwischen  unseren  und  Ihren  Plänen, 
unseren  und  Ihren  Mitteln  eine  Verbindung  ausmitteln ,  die  beiden 
Parteien  vorteilhaft  wäre". 

Hätte  dieser  Vorschlag  einige  Jahre  früher  gemacht  werden 
können,  wer  weiss  wozu  das  geführt  haben  würde.  Jetzt  antwortete 
Brockhaus  und  zwar  erst  nach  einem  halben  Jahre,  ablehnend,  er 
wollte  die  Ausführung  seiner  Gedanken  die  Schnellpresse  anzu- 
schaffen seinem  Sohne  überlassen. 

König  licss  trotzdem  die  Sache  nicht  fallen  und  machte  im 
Juni  18 19  den  Vorschlag,  „zu  dessen  Annehmen  offenbar  viel  weniger 
Mut  gehört,  als  Sie  Ihren  übrigen  Unternehmungen  nach  zu 
urteilen  besitzen",  auf  ihre  Kosten  zwei  Schnellpressen  in  Leipzig 
zu  Brockhaus'  ausschliesslichem  Gebrauch  aufzustellen,  in  Betrieb 
zu  halten  und  nach  10  Jahren  an  Brockhaus  unentgeltlich  zu  über- 
lassen, wenn  er  auf  10  Jahre  hinlängliche  Beschäftigung  garantieren 
wollte  und  zwar  gegen  um  25%  wohlfeilere  Druckpreise,  als 
sie  ihm  in  seiner  eigenen  Druckerei  zu  stehen  kämen.  Aber  auch 
diesen  Antrag  lehnte  Brockhaus  ab,  obwohl  er  nach  seiner  Angabc 
über  fünfzig  eigene  und  fremde  Pressen  beschäftigte.  So  kam  es 
denn,  dass  Brockhaus'  Offizin  und  Leipzig  überhaupt  erst  1826,  drei 
Jahre  nach  Friedrich  Arnolds  Tod,  in  Besitz  einer  Schnellpresse  kam, 
welche  von  den  Arbeitern  mit  Demolierung  bedroht  wurde,  die  in 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  335 

Leipzig,  wie  anderswo,  noch  nicht  einsehen  gelernt  hatten,  dass  sie 
hiermit  nur  gegen  ihr  eigenes  Fleisch  und  Blut  wüteten. 

Neben  dem  Konversations- Lexikon  pflegte  Brockhaus  mit 
besonderer  Vorliebe  den  journalistischen  Verlag,  repräsentiert  durch  «er  Verla«. 
Okens  „Isis",  „Zeitgenossen",  „Leipziger  Kunstblatt",  „Hermes" 
und  „Litterarisches  Wochenblatt" ,  die  alle,  mit  Ausnahme  des 
letzteren,  welches  noch  als  „Blätter  für  litterarische  Unterhaltung" 
besteht,  kein  langes  Leben  hatten.  Auf  seinen  reichhaltigen  sonstigen 
Verlag  kann  hier  nicht  näher  eingegangen  werden. 

Die  angestrengteste  Geschäftstätigkeit,  die  damit  verbundenen 
Sorgen,  zu  welchen  sich  der  bereits  angedeutete  ärgerliche,  immer  Tod  Fr  Ar... 
wieder  auftauchende  Streit  von  Dortmund  her  kam;  seine  fort- 
währenden Zensurkämpfe  namentlich  mit  der  preussischen  Regierung ; 
verdriessliche  littcrarischc  Händel,  die  durch  sein  heftiges  Temper- 
ament genährt  wurden ;  die  Not,  welche  ihm  Konkurrenz  und  Nach- 
druck des  Lexikons  verursachten,  rieben  seine  Kräfte  vor  der  Zeit 
auf,  und  brachten  ihn  um  den  ruhigen  Gcnuss  seines  unermüdlichen 
Schaffens.  Seine  Gesundheit  war  untergraben.  Obwohl  im  November 
1822  dem  Tode  nahe  und  bereits  allgemein  totgesagt,  erholte  er  sich 
wieder,  unterlag  jedoch  einem  neuen  Anfall  am  20.  Aug.  1823'. 

Das  umfangreiche  verwickelte  Geschäft  wurde  von  den  jungen 
Söhnen  Friedrich  und  Heinrich  Brockhaus  fortgesetzt.  Friedrich  Fr.  Brockten» 
hatte,  wie  schon  erwähnt,  die  Leitung  der  Buchdruckerci  übernommen,  *  '5  Ax>K' 1865 
welche  1823  ioHolzprcssen  beschäftigte.  Im  Jahre  1833  wurde  eine 
Stereotypie  eingerichtet,  1836  die  Walbaumsche  Schriftgiesserci 
erworben  (S.  283).  Friedrich  war  eifrig  bemüht,  der  Buchdruckerei 
die  Superiorität  in  dem  in  den  vierziger  Jahren  aufblühenden 
Illustrationsdruck  zu  sichern,  und  scheute  keine  Opfer,  um  den  Ver- 
gleich mit  dem  Auslände  aushalten  zu  können.  Die  ersten  epoche- 
machenden illustrierten  Werke:  Vemcts  „Napoleon",  Menzels 
-Friedrich  der  Grosse",  die  „Illustrirtc  Zeitung"  wurden  unter  der 

1  Sein  Enkel  Dr.  Kd.  Ikockhaus  setzte  ihm  in  dem  Werke  „Friedrich 
Arnold  JJrockhaus,  sein  Leben  und  Wirken".  3  Ilde.  Leipzig  1872—1881  ein 
würdiges  Denkmal.  Neben  der  interessanten  und  lehrreichen  Darstellung  hat 
das  P.uch  das,  bei  einem  so  entstandenen  Werke  gewiss  seltene  Verdienst  der 
grössten  Offenheit  und  einer  fast  bis  /um  Aussersten  gehenden  Unparteilichkeit, 
die  auch  nicht  den  geringsten  Versuch  zulässt,  die  Schwächen  und  Fehler  des 
bedeutenden  Mannes  zu  bemänteln. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Leitung  Friedr.  Brockhaus'  gedruckt,  der  sich  am  i.  Januar  1850 
von  dem  Geschäft  zurückzog. 

Heinrich  Brockhaus  leitete  die  Buchhandlung.    Er  war  ein 
11.  iwkhaus  mit  einer  ausserordentlichen  Arbeitskraft  und  grossem  Organisations- 

»  ,|.  Kt.-I»r.  18(114, 

f  15  N.,vi»r.i«7,.  talent  begabter  Mann  von  unabhängiger  Gesinnung.  Am  4.Mai  1 872 
konnte  er  mit  Genugthuung  den  hundertjährigen  Geburtstag  des 
Gründers  begehen,  denn  das  Etablissement  war  in  seiner  Art  eines 
der  vielseitigsten  der  Welt  und  in  Wahrheit  ein  Universalgeschäft 
geworden,  das  mehr  als  600  Personen  beschäftigte.  Der  mit  grösster 
Sorgfalt  von  Heinrich  Brockhaus  herausgegebene,  1148  Seiten 
starke  Verlagskatalog  verzeichnete  damals  bereits  2552  Artikel  in 
585 1  Bänden.  Als  Teilnehmer  waren  die  Söhne  Heinrichs,  Dr.  Eduard 
und  Rudolf  Brockhaus,  eingetreten.  Heinrich  Brockhaus,  von  der 
Universität  Jena  zum  Ehrendoktor,  von  der  Stadt  Leipzig  zum 
Ehrenbürger  ernannt,  starb  am  15.  November  1874'. 

Das  Konversations- Lexikon  bildet  immer  noch  den  Mittelpunkt, 
des  grossen  Verlags  und  der  Einfluss,  welchen  dieses  jetzt  in  der 
13.  Auflage  erschienene  Werk  auf  die  allgemeine  Bildung  geübt  hat, 
ist  ein  grosser.  Der  Bilderatlas  zum  Konversations-Lexikon,  2.  Aufl., 
ist  ein  Werk,  wie  es  nur  in  einem  Universalgeschäft,  das  über  alle 
Arten  der  technischen  Herstellungsmethoden  gebietet,  in  solcher 
Weise  durchgeführt  werden  konnte. 

Bknedictus  Gotthelf  Teubner,  zu  Grosskraussnigk  in  der 
». <;.  r.ubncr  Niederlausitz  geboren,  hatte  noch  vor  Brockhaus  sein  später  so 

•  16.  J 11  m  1784.  1 

f  ;i.  j.m.  1H50.  bedeutendes  Etablissement  181 1  mit  zwei  Holzprcssen  angefangen. 

Bereits  1823  verband  er  mit  seiner  Buchdruckerci  eineBuchhandlung, 
die  sich  durch  ihren  philologischen  Verlag  und  korrekte  Klassiker- 
Ausgaben  einen  grossen  Ruf  erwarb.  Teubner  war  eifrigst  für  einen 
sorgsamen  Druck  bemüht,  und  hat  in  dieser  Hinsicht  wesentliche 
Verdienste  um  die  Kunst,  auch  richtete  er  sein  Streben  auf  eine,  für 
damalige  Zeit  nicht  gerade  übliche,  Eleganz  in  allen  Accidcnzarbeiten 
unter  Verwendung  des  Guilloche-  und  Farbendruckes.  Die  von  ihm 
herausgegebene  Jubclschrift  des  Dr.  K.  Falkcnstcin  zeigt ,  was  das 
Geschäft  auf  den  verschiedenen  Feldern  des  graphischen  Gebietes 

«  Seine  Erlolmis^c  auf  einer  grossen  Keise  in  <len  Jahren  1S67 — 1S6S 
.-chiklertc  l!rockli:uis  in  der  ihn  ch.irnkteri-iercnilen  schlichten  Weise  in  seinem 
„Uciseliiu'cbuch".   2  Hde.  1S73. 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DKR  GERMANISCHEN  GRLPPE.  337 


zu  leisten  vermochte.  Sind  diese  Leistungen  auch  durch  die  der 
jüngeren  Zeit  überflügelt,  so  waren  sie  doch  damals  bedeutend  und 
die  Buchdruckerei  Teubners  gehörte  mit  zu  den  in  der  neuern 
Richtung  tonangebenden.  Bei  seinem  Tode  waren  sieben  Schnell- 
pressen in  Gang,  auch  hatte  er  in  Dresden  eine  Filiale  gegründet. 
Die  Nachfolger,  seine  Schwiegersöhne  Ad.  Rossbach  und  Ai.hin 
Ackermann,  verliessen  die  früher  eingeschlagene  Kultivierung  des 
Accidenzdruckes  und  zeichneten  sich  durch  ihren  vortrefflichen 
Werk-  und  namentlich  durch  ihren  Zeitungs-Illustrationsdruck  aus. 
Der  grossartige  philologische  Verlag,  aus  gegen  2000  Werken  in 
über  3000  Bänden  bestehend ,  wurde  unter  besonderer  Leitung  des 
jetzigen  Geschäftsteilhabers  Dr.  Aug.  Schmitt  in  kräftigster  Weise 
fortgeführt.  Ohne  irgend  eine  typographische  Prätension  zu  erheben 
sind  unter  diesen  Werken  unübertroffene  und  unübertreffliche 
Drucke,  um  einen  unter  vielen  als  Beispiel  zu  nennen  Ilaodiani 
il  liquide  in  geradstehender  griechischer  Schrift.  Die  Offizin  ist  eine 
der  am  besten  eingerichteten  und  grössten  Deutschlands,  sie 
arbeitet  mit  35  Schnellpressen  und  gegen  400  Arbeitern,  und  druckt 
1 8  Zeitschriften. 

In  die  Reihe  derjenigen  verdienten  Männer,  die  als  Bahnbrecher  K:.rrr..uci..i.i, 
der  deutschen  Typographie  zu  bezeichnen  sind,  gehört  als  einer  der  t  n.  jm.  is, 
ersten  Karl  Christoph  Traugott  Tauchnitz. 

Tauchnitz  war  in  Grossbardau  bei  Grimma  geboren.  Da  er 
seiner  Armut  wegen  nicht  studieren  konnte,  ward  er  1777  Buch- 
druckerlehrling und  arbeitete  später  bei  Ungcr  in  Berlin.  1792  kehrte 
er  nach  Leipzig  zurück.  Im  Jahre  1797  gelang  ihm  der  Ankauf  einer 
kleinen  Buchdruckcrci.  Das  Geschäft  gewann  durch  Tauchnitz'  Flciss 
und  Akkuratesse  an  Ausdehnung.  Bereits  1S00  konnte  er  eine  Schrift - 
giesscrei  und  eine  Buchhandlung  mit  der  Buchdruckerci  vereinigen. 
Seine  Wirksamkeit  muss  namentlich  von  dem  Standpunkte  der 
Verbindung  dieser  Geschäfte  zu  einem  ganz  bestimmten  Ziel 
beurteilt  werden.  Dies  Ziel  war  die  I  lerausgabe  der  griechischen 
und  romischen  Klassiker  in  guter  Ausstattung,  grosster  Korrektheit 
und  zu  den  billigsten  Preisen. 

Im  Jahre  1S0S  machte  er  damit  den  Anfang.  Jedoch  ohne  das 
von  Lord  Stanhope  eingeführte  Stereotypverfahren,  welches  er 

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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Die  Klassiker,  durch  den  Engländer  Watts  gelernt  hatte,  wären  die  oben  erwähnten 
Erfordernisse  der  Kollektion  schwer  zu  erreichen  gewesen. 

In  seinen  Bemühungen  um  die  Verbesserung  der  Antiqua,  der 
griechischen  und  der  orientalischen  Schriften  wurde  er  durch  die 
Schriftgiesser  J.  G.  Schelter  und  Matthes  unterstützt. 

Seine  Leistungen  beschränkten  sich  jedoch  nicht  auf  brauchbare 
Pr.icht«<-,kc  billige  Ausgaben;  er  lieferte  auch  Prachtdrucke  ersten  Ranges  und 
wissenschaftliche  Werke  bedeutenden  Umfanges.  Zu  den  ersteren 
gehören  sein  Theokrit  in  Folio  (1821);  das  Carmen  Arabicum 
Szauirddini  Hclcnsis  (18 16),  dessen  Originaltext  im  orientalischen 
Stil  in  Gold  und  bunten  Farben  gedruckt  ist;  die  Kuhnsche Hymne 
an  König  Friedr.  August  von  Sachsen.  Zu  seinen  bedeutendsten 
typographischen  Leistungen  zählen  noch  die  arabische  Ausgabe  des 
Korans  durch  Flügel;  die  Fürstsche  Bearbeitung  der  Buxtorffschen 
„Concordanz",  die  stereotypierten  hebräischen  Bibeln  von  Hahn  u.a. 

Mitten  unter  Plänen  zu  neuen  wichtigen  Unternehmungen  rief 
K.cii.Tm«  hi.iu.  ihn  der  Tod  plötzlich  ab.  Sein  Sohn  Karl  Christian  Philipp,  der 
eine  ausgezeichnete  Bildung  genossen  hatte,  setzte  das  Geschäft, 
ohne  demselben  mit  der  vollen  Neigung  des  Vaters  zugethan  zu  sein, 
doch  ganz  im  Sinne  des  Verstorbenen  fort.  Auf  Veranlassung  der 
Amerikanischen  Mission  in  Syrien  wurde  eine  neue  arabische  Schrift 
geschnitten ,  die  sich  dem  Geschmack  der  Orientalen  gut  anpasst, 
jedoch  im  Satz  grössere  Schwierigkeiten  bietet,  als  die  ältere,  mit 
welcher  der  Koran  gedruckt  wurde.  Die  Firma  erlosch  durch  Ver- 
kauf der  verschiedenen  Geschäftsbranchen. 

In  dem  Streben  für  die  Herstellung  orientalischer  Werke  war 
Kr.  Ni<  >  Fr.  Nies  aus  Offenbach  mit  Karl  Tauchnitz  verwandt,  wenn  auch 
;  k,  ju.,.  1.-7...  der  letztere  von  wissenschaftlichem  sowohl  als  typographischem 
Standpunkte  aus  Idealeres  anstrebte  Angeregt  namentlich  durch 
den  genialen  Verleger  W.  A.  Barth,  den  Professor  M.  G.  Schwartzc 
und  den  Palaographen  E.  F.  F.  Beer,  später  auch  durch  Professor 
Seyfarth  unterstützt,  unternahm  Nies  das  Wagnis,  hieroglyphische 
Typen  in  seiner,  1 83 1  angelegten  Schriftgiesserei  herzustellen.  Die 
hieroglyphischc  Schrift  bestand  aus  etwa  1 500  Stücken.  Diese  in 
verschiedenen  Grössenabstufungen  sowohl  nach  links  als  nach  rechts 
gewendet  ausgeführten ,  oft  einander  sehr  ähnlichen  Figuren  in  ein 
richtiges  Typensystem  zu  bringen  war  für  damals  wirklich  eine  That; 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


339 


sie  gelang  und  viele  Werke,  darunter  das  Riesenwerk  des  Dr.  M.  G. 
Schwartze  „Das  alte  Ägypten" l,  zeigen ,  dass  die  Offizin  nach 
damaligen  Verhältnissen  Bedeutendes  leistete.  Nies  konnte  mit 
seinen  selbstgcgossenen  Schriften  in  gegen  300  Sprachen  drucken, 
vermochte  jedoch  nicht,  sich  mit  dem  Gedanken  zu  befreunden,  heute 
das  rückhaltlos  zu  verwerfen,  was  gestern  gut  gewesen  war,  und 
ermüdete  deshalb  unter  den  erhöhten  Ansprüchen  der  fortschreitenden 
Wissenschaft  und  Technik  in  seinen  Anstrengungen.  Das  sonst  so 
blühende  Geschäft  verödete  nach  und  nach.  Im  Jahre  1856  übernahm 
es  Carl  B.  Lorck,  der  erst  sich  mit  J.  J.  Weber  zur  Ausführung  der 
unter  dieser  Firma  in  den  Jahren  1837 — ^45  erschienenen  grössten- 
teils illustrierten  Werke  und  Zeitschriften  vereinigt  hatte.  Die 
Druckerei  und  Schriftgiesserei  wurde  zeitgemäss  reorganisiert  und 
vervollständigt.  Eine  bedeutende  Zahl  von  orientalischen  Werken, 
besonders  für  das  Ausland  gedruckt,  verliess  in  den  Jahren  1856  bis 
1S68  die  Pressen  der  Offizin.  In  letztcrem  Jahre  übernahm  sie 
\V.  Drugulin,  welcher  die  bis  dahin  fortgeführte  Firma  Fr.  Niessche  W.  Drugulin 
Ruchdruckcrci  in  W.  Drugulin  änderte.  Lorck  gab  die  r  Annalcn  ] -^A^ilS'i 
der  Typographie"  (1869 — 1877)  und  mehrere  Fachschriften  heraus3. 
Drugulin  setzte  das  begonnene  Werk  im  bisherigen  Sinne  fort. 
Hatte  die  Jury  der  Pariser  Weltausstellung  von  1867  bereits  erklärt, 
dass  in  Frankreich  nur  die  kaiserliche  Druckerei  ähnliches  prästieren 
könne,  wie  diese  Privatoffizin  in  Leipzig,  so  wurde  nun  in  der  That 
durch  Drugulins  Erwerbungen,  unter  welchen  sämtliche  Stempel 
und  Matern  der  früheren  Karl  Tauchnitzschen  orientalischen,  älteren 
Renaissance-  und  holländisch  gothischen  Schriften  sich  befanden, 
ein  Komplex  geschaffen,  wie  er  ausser  in  den  Staatsanstalten  zu 
Wien  und  Paris  sich  nicht  wieder  vorfindet.  Drugulins  ausser- 
gcwöhnlichen  Kunst-  und  antiquarischen  Kenntnisse  kamen  ihm 


»  Den  Satz  dieses  Werkes  von  gegen  2200  Seiten  in  Quart  übernahmen, 
nachdem  verschiedenen  Setzern  die  Geduld  ausgegangen  war,  ohne  vorher 
ein  orientalisches  Wort  gesetzt  zu  haben,  zwei  Setzerlehrlinge  F.  Kssigkc  und 
H.  Kauxdorf,  deren  der  Verfasser,  ein  gewiss  seltener  Fall,  in  der  Vorrede  in 
der  ehrendsten  Weise  gedenkt. 

*  Als:  Die  Herstellung  der  Druckwerke.  4.  Aufl.  1883.  —  Die  graphischen 
Künste  auf  der  Wiener  Austeilung  1873;  amtlicher  Bericht.  —  Die  Druckkunst 
und  der  Buchhandel  in  Leipzig.  1879.  —  Geschichte  des  Vereins  der  Buch- 
händler in  Leipzig;  Jubelschrift.  1883. 

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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


bei  seinen  vielen  Reproduktionen  und  Imitationen  von  Drucken 
älteren  Stils  vortrefflich  zu  statten.  Namentlich  ist  das  grossartige 
Werk:  „Die  Chronik  des  Sächsischen  Königshauses  und  seiner 
Residenzstadt",  ein  Geschenk  der  Stadt  Dresden  zur  Feier  der 
silbernen  Hochzeit  des  Königs  Albert  und  der  Königin  Carola,  ein 
Meisterstück  dieser  Gattung.  Es  war  jedoch  Drugulin  nicht 
beschieden,  den  Schluss  des  Werkes  zu  erleben. 

Die  von  Nies  eingeführten  hieroglyphischen  Typen  wurden 
Hieroglyphen-  zumteil  durch  die  früher  erwähnten  eleganteren  und  kleineren  Typen 

druck.         .TT  ,  .  . 

in  Unirissen  verdrängt  (s.  285),  teils  hat  es  in  jüngster  Zeit  den 
Anschein,  als  wollte  die  Lithographie  und  speziell  die  Autographie 
der  Typographie  das  Terrain  der  Ägyptologie  streitig  machen. 
Der  bedeutende  Verlag  der  J.  C.  Hinrichsschen  Buchhandlung  in 
Leipzig  auf  diesem  Felde  ist  fast  durchweg  in  Autographie  her- 
gestellt, z.  B.  das  hieroglyphisch  -  demotische  Wörterbuch  von 
H.  Brugsch-Bey ,  das  1728  Seiten  in  kl.  Folio  umfasst  Voraus- 
gesetzt, dass  der  Verfasser  es  versteht,  hieroglyphischc  Umrisse 
korrekt  wiederzugeben  und  sonst  leicht  leserlich  schreibt,  ist  die 
autographischc  Wiedergabe  eine  ganz  zweckmässige.  Wenn  mit 
Typen  gesetzt,  würden  die  Kosten  für  ein  Werk  wie  das  genannte, 
dessen  Absatz  begreiflicherweise  nur  ein  beschränkter  sein  kann, 
allerdings  kaum  erschwinglich  sein;  im  Interesse  der  Wissenschaft 
muss  man  deshalb  die  Besiegung  der  Typographie  durch  die  Litho- 
graphie auf  diesem  Gebiete  mit  Ruhe  hinnehmen. 

Die  Offizin  des  Neffen  des  K.  Tauchnitz,  Bernhard  Tauchnitz, 
i!.  Tauckutx.  erneute  den  Weltruf  des  Namens  ebenfalls  hauptsächlich  durch  die 
konsequente  und  grossartige  Durchfuhrung  eines  einzigen  Unter- 
nehmens, bei  welchem  jedoch  weniger  die  typographische  als  die 
bibliopolische  Bedeutung  hervortritt.  Wrcr  kennt  nicht  die  Tauchniiz 
Collcction,  die  Sammlung  von  Werken  englischer  und  amerikanischer 
Autoren,  deren  Bändezahl  jetzt  2000  übersteigt,  die  in  über  600000 
Stereotypplatten  vorhanden  sind?  \YTie  die  Karl  Tauchnitzsche 
Kollektion  auf  die  altklassische  Bildung,  so  hat  das  B.  Tauchnitzsche 
Unternehmen  ganz  ausserordentlich  zur  Verbreitung  der  englischen 
Littcratur  und  Sprache  auf  dem  Kontinent,  daneben  auch  zur 
Mehrung  des  Ansehens  des  deutschen  Buchhandels  in  Kngland  bei- 
getragen. Der  Umstand,  dass  der  Unternehmer  den  Autoren  resp. 


XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  34 1 

den  Verlegern  zu  einer  Zeit  Honorar  zahlte,  wo  dies  noch  nicht 
durch  gesetzliche  Bestimmungen  geboten  war,  erwarb  ihm  sofort 
die  Gunst  der  genannten,  die  er  sich  zu  erhalten  verstanden  hat. 

Ausser  der  Sammlung  lieferte  die  Offizin  für  den  Verlag  des 
Besitzers  —  für  Andere  arbeitet  sie  nicht  —  eine  Reihe  von  ebenso 
gut  ausgestatteten  wie  durch  ihre  Korrektheit  bekannten  bedeuten- 
den Werke,  besonders  in  juristischer  und  linguistischer  Richtung, 
unter  welchen  beispielsweise  die  fehlerfreien  Logarithmen  von 
Köhler  genannt  sein  mögen. 

Ausser  B.  G.  Teubner  hatten  bereits  G.  H.  Maret,  Wim. 
Haack  und  namentlich  C.  L.  Hirschi  eld  in  allen  Accidcnzarbeiten  Andere  Firmen 
einen  sehr  guten  Geschmack  gezeigt.  Letzterer,  durch  einen  längeren 
Aufenthalt  in  Paris  tüchtig  ausgebildet,  verband  Stereotypie  und 
Gravicranstalt  mit  seiner  Buchdruckerei.  Im  Bunt-  und  Golddruck 
leistete  er  Bedeutendes  und  das  von  ihm  1840  herausgegebene 
Tableau  in  etwa  zwanzig  Farbenplatten,  Typographia  jubilans,  ist 
eins  der  bedeutendsten  Erzeugnisse  der  Jubelpresse. 

Ks  dürfte  hier,  che  wir  zur  jüngsten  Gestaltung  des  graphischen 
Geschäfts  in  Leipzig  übergehen,  der  Ort  sein ,  mit  einigen  Worten  Da*  JuMftit 
des  Jubelfestes  1840  zu  gedenken,  das  sich  nicht  zu  einer  Lokal- 
feier, sondern  zu  einem  grossen  nationalen  Feste  gestaltete,  welches 
in  der  Geschichte  der  Buchdruckerkunst  einen  Platz  verdient. 

Wahrend  im  Jahre  1640  fünf  Buchdruckcreibcsitzer  mit 
14  Gehülfen,  im  Jahre  1740  achtzehn  Offizinen  mit  138  Gehülfen 
dem  Feste  beiwohnten,  zeigt  die  Liste  der  Beteiligten  im  Jahre 
1 840  24  Buchdruckereien  mit  232  Handpressen,  11  Schnellpressen 
und  672  Gehülfen,  dazu  noch  7  Schriftgießereien  mit  62  Gehülfen, 
schliesslich  108  Buchhandlungen  mit  121  Gehülfen.  Das  Kontingent, 
welches  allein  das  Brockhaussche  Geschäft  stellte,  betrug  mehr  als 
die  Gesamtzahl  der  das  Fest  von  1740  Feiernden. 

Die  Sammlungen  der  Buchdrucker  zu  einem  Festfond  begannen 
bereits  1837.  Die  Buchhändler  traten  1839  hinzu  und  die  Stadt 
bewilligte  3000  Thaler.  Das  unter  den  günstigsten  Auspizien  vor- 
bereitete Fest  nahm  den  würdigsten  Verlauf. 

Bereits  am  Nachmittag  des  23.  Juni  hatte  die  ganze  Stadt  sich 
festlich  geschmückt.  Die  Häuser  waren  mit  Guirlanden  und  Kränzen 
behängt,  Fahnen  wehten  und  Triumphbogen  waren  errichtet. 


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DIE  GERMAXISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Früh  am  24.  durchzog  eine  grosse  Reveille  die  Stadt.  Uni  8  Uhr 
Dasjubcifcsi  versammelten  sich  die  anwesenden  Kammermitglicder,  die  könig- 
lichen und  städtischen  Behörden,  die  Konsuln,  dää  Offiziercorps, 
die  Geistlichkeit,  die  Schulrektoren,  die  Spitzen  der  Universität  und 
die  Professoren ,  die  Handlungsabgeordneten ,  die  Obermeister  und 
Beisitzer  der  Innungen,  schliesslich  die  Festgeber:  Buchdrucker, 
Schriftgiesser  und  Buchhändler,  an  verschiedenen  Orten.  Von 
Deputierten  des  Festcomites  geleitet  begaben  sich  die  einzelnen 
Züge  nach  der  Thomaskirche  zu  dem,  vom  Superintendenten 
Dr.  Grossmann  abgehaltenen  Festgottesdienste.  Als  Text  war 
gewählt:  „Es  ward  ein  Mann  von  Gott  gesandt,  der  hicss  Johannes ; 
derselbe  kam  und  zeugte  von  dem  Licht". 

Um  10  Uhr  begann  der  grosse  Festzug  von  dem  Gewandhause 
aus  nach  der  Buchhändlerbörsc,  wo  die  von  den  Frauen  gestiftete 
Fahne  den  Buchdruckern  übergeben  wurde.  Von  da  ab  ging  der 
Zug  nach  dem  Marktplatze,  dessen  dritten  Teil  die  amphitheatra- 
lische  Zuschauer-  und  Musiker-Tribüne  einnahm.  Nach  Absingung 
der  von  Felix  Mendelssohn  -Bartholdy  komponierten  Festkantate 
hielt  Raymund  Härtel  eine  begeisterte  und  zündende  Festrede,  die 
mit  den  Worten  schloss: 

„Du  Allmächtiger,  der  du  jedem  Volke  seine  Bestimmung 
zugeteilt  hast,  lass  unser  Jubelfest  der  Buchdruckerkunst  dir  ein 
Dankfest  sein  für  die  hohe  Gabe  und  hilf  du  selber,  dass  sie  forthin 
durch  menschliche  Willkür  weder  gemissbraucht,  noch  verkümmert 
werde.  Ein  Jubelfest  ist  auch  ein  Ausruhen  von  hundertjähriger 
Arbeit,  und  das  ernste  Geschäft  des  Lebens  verklärt  sich  zum 
heiteren  Festspiele :  Darum  öffne  sich  die  Werkstatt  und  der  alte 
Meister  erscheine  mitten  unter  seinem  Feste!"  Als  dann  die  Hülle 
sank,  welche  bis  jetzt  die  im  Mittelpunkte  des  Marktes  befindliche 
Festoffizin  mit  den  arbeitenden  Gicssern,  Setzern  und  Druckern, 
weit  überragt  von  dem  kolossalen  Gipsabguss  der  Mainzer  Guten- 
bcrg-Statue  Thorwaldsens,  den  Blicken  der  Menge  entzogen  hatte, 
entstand  ein  unbeschreiblicher  Jubel.  Es  war  ein  unvergesslicher 
Augenblick,  der,  im  jugendlichen  Alter  erlebt,  noch  dem  Greise  in 
späten  Jahren  so  lebhaft  in  der  Erinnerung  vorschwebt,  als  handle 
es  sich  um  ein  Ereignis  von  gestern,  und  den  miterlebt  zu  haben  als 
eine  Gunst  des  Schicksals  betrachtet  werden  muss. 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  343 


Um  3  Uhr  fand  in  der  Halle  am  Augustusplatze  ein  Festessen 
statt,  an  welchem  etwa  3000  Personen  teilnahmen.  Bei  Eintritt  der  Da*  jnuifc»! 
Dunkelheit  bekundete  eine  glänzende  Erleuchtung  der  Stadt  die 
allgemeine  Teilnahme  aller  Behörden  und  Bürger  an  dem  Feste. 

Am  25.  vormittags  fand  eine  Versammlung  fremder  und  ein- 
heimischer Gelehrter,  Künstler  und  Buchhändler  in  der  Festhalle 
statt.  Gleichzeitig  wurde  in  der  Buchhändlerbörse  eine  interessante 
Ausstellung  älterer  und  neuerer  Druckwerke,  Xylographien  u.  a. 
eröffnet.  Um  3  Uhr  füllte  die  Aufführung  des  von  Mendelssohn  für 
das  Fest  komponierten  Lobgesanges,  die  unter  Leitung  des  Kom- 
ponisten und  unter  Beihülfe  von  über  500  Sängern  und  Musikern 
stattfand,  die  Thomaskirche.  Abends  war  grosser  Ball  von  über 
4000  Personen  in  der  Festhalte.  Die  Familien  der  Beamten, 
Professoren,  Prinzipale  und  Gehülfen  verkehrten  im  fröhlichsten 
Durcheinander  und  selbst  der  eindringende  Gewitterregen  musste 
dazu  beitragen,  die  Heiterkeit  zu  erhöhen. 

Am  26.  vormittags  war  eine  interessante  Fcstvorstellung  im 
Schauspielhause  veranstaltet:  Theaterschau  von  der  Erfindung  der 
Buchdruckerkunst  bis  auf  die  neueste  Zeit.  Um  1  Uhr  begannen  die 
Festzüge  der  Innungen,  sich  nach  dem  Exerzierplatz  am  Rosenthal, 
wo  ein  echtes  Volksfest  abgehalten  werden  sollte,  in  Bewegung  zu 
setzen.  Der  mit  Zelten  in  grosser  Zahl,  Fahnen,  Buden,  Carousscls, 
Tribünen  etc.  geschmückte,  dicht  an  den  Wald  sich  lehnende  Platz 
bot  mit  den  etwa  60000  Anwesenden  ein  höchst  belebtes  und 
anmutiges  Bild.  Am  Abend  ward  noch  ein  glänzendes  Feuerwerk 
abgebrannt.  Dann  zogen  die  Innungen  nach  und  nach  wieder  mit 
klingendem  Spiel  und  fliegenden  Fahnen  nach  der  Stadt.  Den 
Beschluss  machte  der  grosse  Zug  der  Festgeber  mit  1000  Fackeln, 
die  unter  Gesang  und  Jubel  auf  dem  Marktplatze  zusammengeworfen 
wurden. 

Nicht  ein  Misston  hatte  das  herrliche  Fest  gestört,  welches 
Leipzig  mit  dankbaren  und  stolzen  Gefühlen  hatte  begehen  können, 
denn  es  war  zugleich  ein  Huldigungsfest  Leipzigs  als  Führerin  auf 
dem  Gebiete  der  Buchdruckerei  und  des  Buchhandels  im  Vaterlande 
Gutenbergs  geworden.  Dass  Leipzig  willens  ist,  seine  ehrenvolle 
Stellung  zu  behaupten,  wird  ein  Blick  auf  die  jüngste  Vergangen- 
heit und  auf  den  Augenblick  zeigen. 


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344 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Eine   eigentliche  Umgestaltung   des   Geschmacks  für  das 
Gie.ccu.-t    Accidenzfach ,  das  heutzutage  einen  so  wichtigen  Platz  einnimmt, 

Ucvricnt. 

ging  erst  von  der  Firma  Giksfcke  &  Devrient  aus.  Diese,  jung  an 
Jaliren,  reich  an  Ehren,  zeigte,  dass  eine  Staatsdruckerei  nicht 
notwendig  ist,  um  das  zu  leisten,  was  man  von  Staatsanstaltun 
verlangt  und  mit  Recht  verlangen  kann,  weil  diese  in  erster  Reihe 
zu  Ehren  der  Kunst  und  nicht  um  eine  Existenz  zu  begründen 
arbeiten. 

Die  Firma  wurde  von  Hermann  Giesecke  und  Alphünse 
Devrient  am  i .  Juni  1852  begründet,  zu  einer  Zeit,  wo  der  typo- 
graphische Geschmack  und  der  Sinn  für  schöne  Accidenzarbeiten 
namentlich  durch  Hanel  einen  wesentlichen  Aufschwung  genommen 
hatte  (s.  281).  Die  genannten  waren  Manner,  wie  sie  die  Zeit  eben 
verlangte,  um  dem  Geschmack  eine  bestimmte  Richtung  zu  geben. 
Sie  haben  hierin  bedeutende  Verdienste  und  waren  stets  redlich 
bemuht,  das  1  laibgute  durch  das  wirklich  Gute  zu  ersetzen. 

Nach  und  nach  entstand  in  ihrem  Hause  eine  Reihe  von 
graphischen  Spezialanstalten,  die  namentlich  zur  Herstellung  der 
unendlich  vielen  Wertzeichen  nötig  waren,  mit  deren  Anfertigung 
die  Firma  nicht  nur  von  den  verschiedenen  Regierungen  und  Geld- 
instituten Deutschlands  betraut  wurde,  sondern  die  ihnen  auch  aus 
der  Schweiz,  Italien,  Holland,  Schweden,  Finnland,  Rumänien  und 
Amerika  zuflössen.  Es  war  die  glänzendste  Zeit  der  Gründungen, 
des  Aktien-  und  Papiergelddruckes,  welcher  erst  der  Krach,  dann 
die  Gründung  der  Reichsbank  eine  Grenze  setzte. 

Aber  der  Ruhm  der  Firma  war  nicht  allein  von  diesem  höheren 
Accidenzdruck  abhängig,  sondern  wurde  noch  durch  hervorragende 
Werkdrucke  gesteigert.  Unter  diesen  muss  einer  erwähnt  werden, 
welcher,  wenn  auch  von  kaiserlicher  Munifizenz  getragen,  als 
eine  der  hervorragendsten  Leistungen  intelligenter  Typographen 
dasteht:  die  Reproduktion  des  von  Const.  Tischendorf  entdeckten 
Cu</i  X  litbliorum  Sinaiticus,  welche  für  Rechnung  der  Besitzerin 
dieses  Schatzes,  der  russischen  Regierung,  ausgeführt  wurde.  Zuerst 
wurden  photographische  Facsimilcs  derjenigen  unter  den  einzelnen 
Buchstaben,  welche  dem  Herausgeber  den  Charakter  der  Handschrift 
am  besten  auszudrücken  schienen,  veranstaltet,  und  hiervon  zwei 
Gattungen,  eine  grössere  für  den  Text  und  eine  für  dieiVoten, 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  345 


dazu  später  noch  eine  dritte  geschnitten.  Als  es  sich  jedoch  ergab, 
dass  die  Abstände  zwischen  den  einzelnen  Buchstaben  in  dem 
Original  manchmal  in  einem  anderen  Verhältnis  zu  einander  standen 
als  in  dem  Satz,  mussten  verschiedenartige  Güsse  gemacht  oder 
durch  Unterschneiden  der  einzelnen  Buchstaben  nachgeholfen 
werden.  Der  Raum  der  einzelnen  Buchstaben  wurde  durch  Tischen- 
dorf nach  Millimetern  ausgerechnet  und  die  Zahl  solcher  an  jeder 
einzelnen  Stelle  im  Manuskript  verzeichnet.  Nachdem  Tischen- 
dorf ferner  entdeckt  hatte,  dass  vier  verschiedene  Kalligraphen 
bei  dem  Codex  thätig  gewesen  waren,  mussten  eine  Menge 
Ergänzungstypen  geschaffen  werden,  um  die  Eigentümlichkeiten 
der  verschiedenen  Schreiber  wiederzugeben.  So  hatte  z.  B.  das 
Omega  sieben  Varianten.  Auch  die  getreue  Wiedergabe  der  Zusätze 
zwischen  den  Zeilen  des  Manuskripts  musste  statthaben,  ja  selbst 
die  Abweichungen  der  alten  Kalligraphen  von  der  üblichen  Regel 
waren  getreulich  nachzuahmen.  So  entstand  ein  Werk  ohne  Rivalen. 

Ebenfalls  als  eine  höchst  gelungene  Facsimile-Ausirabc  ist  der 
durch  Lithographie  im  Verein  mit  der  Typographie  hergestellte  /;,//»w  a*«-« 
Papyrus  Ubers  (bei  Wilh.  Engelmann  in  Leipzig)  zu  bezeichnen 
Die  Nachahmung  der  Färbung  der  Schrift  und  der  Pflanzentextur 
des  Papyrus  ist  so  vollkommen  gelungen,  dass  man  auf  Carton 
aufgezogene  Papyrosblätter  vor  sich  zu  haben  glaubt.  Während  die 
lithographische  Nachbildung  aus  der  Offizin  von  Giesccke  &  Devrient 
stammt,  ist  der  textliche  Teil  mit  den  hieroglyphischen  Typen  des 
F.  Thcinhardt  von  Breitkopf  &  I  Iärtel  gedruckt. 

Alphon.sk  Dkvrii  n  i  ,  der  berühmten  Künstlerfamilie  Devrient 
angehörend,  starb  frühzeitig  auf  einer  Erholungsreise  nach  Berlin  aij*.  ivvri,m 
am  Ostermorgcn  1878.  Er  hatte  bei  Fr.  Nies  gelernt  und  arbeitete  *  '  t^s;'*'**'* 
vier  Jahre  in  der  Impriiiurh  royalc  in  Paris  in  der  sogenannten 
Chambre  arabc  unter  der  strengen ,  jedoch  wohlwollenden  Leitung 
Lud.  Rousseaus  und  des  gelehrten  Orientalisten  Jul.  Muhl  und  ging 
dann  nach  England.  Er  war  einer  der  tüchtigsten  Typographen 
seiner  Zeit.  Der  überlebende  Chef  Herm.  Gilseckk  entstammt  dem 
bekannten  Hause  Schelter  &  Giesccke,  als  Sohn  des  C.  F.  Giesecke. 

Eine  aus  kleinen  Anfangen  rasch  zu  einem  Weltgeschäft 
angewachsene  Druck-  und  Verlagsanstalt  ist  das  Bibliographische 
Insthut. 


gle  I 


346 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Im  Jahre  1826  gründete  Joseph  Meyer  in  seiner  Vaterstadt 
Jos.  Mtycr    Gotha  das  Institut,  welches  1828  nach  I  lildburehausen  verlegt 

•  i.  Mai  l;ty.. 

t^  Ju»i«8j6.  wurde.  Das  mit  Stahlstichen  illustrierte  „Universum"  erreichte  eine 
für  damalige  Zeit  ganz  enorme  Auflage  von  80000  Exemplaren. 
Es  folgten  verschiedene  Klassiker- Bibliotheken,  deren  Rechtmässig- 
keit bestritten  wurde,  die  aber  durch  eine  bisher  ungekannte  Billigkeit 
die  Kauf-  und  Leselust  anregten  und  eine  weite  Verbreitung  fanden. 
Dann  kam  das  grosse  Kon versations- Lexikon  in  52  starken  Bänden. 
J.  Meyer  war  ein  Mann  von  ausgebreiteten  Kenntnissen  mit  einer 
staunenswerten  Arbeitskraft,  die  er  jedoch  über  alles  Mass  anstrengte, 
indem  er  neben  der  bibliopolisch  -  typographischen  Wirksamkeit 
noch  grossartige  industrielle  Pläne  verfolgte. 

Sein  Sohn  Hermann  Julius  Meyer  zog  mit  dem  Institut  1874 
hj. Meyer,  nach  Leipzig'.  Jetzt  steht  dasselbe  als  eines  der  grossartigsten  und 
am  besten  geleiteten  nicht  nur  in  Deutschland  da.  So  imponierend 
auch  schon  die  äusseren  Einrichtungen  wirken,  so  ist  es  doch 
namentlich  die  innere  Organisation  dieser  mit  zwei  Rotations- 
maschinen  und  31  Schnellpressen  arbeitenden  Anstalt,  welche 
Bewunderung  erregt.  Das  Geschäft  sucht  und  findet  seine  Kraft 
in  der  Konzentration  und  in  der  Erreichung  möglichster  Voll- 
kommenheit innerhalb  der  selbstgesteckten  Grenzen  für  seine 
Wirksamkeit.  Von  der  dritten  Auflage  des  grossen  Konversations- 
Lexikons  wurden  über  100000  Exemplare  abgesetzt,  daneben 
erlangte  das  kleine  Lexikon  in  zwei  Bänden  eine  grosse  Popularität. 
Ein  Werk  von  hohem  Wert  ist  A.  E.  Brehms  „Tierleben"  in  zehn 
prachtvoll  illustrierten  Bänden. 

Ein  Geschäft,  welches  ebenfalls  in  verhältnismässig  kurzer  Zeit 
j.  Kimkh.udi.  eine  grosse  Entwicklung  und  Ausdehnung  gewann,  ist  das  bereits 
(s.  287)  erwähnte  von  J.  Klinkhardt,  welches  mit  21  Schnellpressen, 
22  I  landpressen  und  35  Giessmaschinen  über  400  Personen  beschäf- 
tigt und  vortreffliche  Arbeiten  im  modernen  Stil  liefert. 

Dass  diese  und  die  sonst  genannten  Offizinen  dem  Illustrations- 
druck alle  erdenkliche  Sorgfalt  widmen,  ist  selbstverständlich, 
ausser  denselben  besitzt  Leipzig  jedoch  noch  eine  Reihe  von 

»  Das  Etablissement,  durch  Pläne  illustriert,  ist  iinjoum.  f.  ]$.  1876,  Nr.  27 
ausführlich  beschrieben. 


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XU.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


347 


Druckereien ,  die  sich  vorzugsweise  mit  Illustrationsdruck  beschäf-  Verschiedene 
tigen.  Des  von  Ed.  Kretzschmar  begründeten  Geschäfts  (jetzt 
C.  Grumbach)  wurde  bereits  (S.  298)  gedacht.  Vieles  zur  Bildung 
einer  tüchtigen  Schule  von  I  Iolzschnittdruckern  trug  Kretzschmars 
erster  Gehülfe  Joh.  Chr.  Benedict  bei.  A.  II.  Payne  druckt  mit 
Rotationsmaschine  und  18  Schnellpressen  für  den  eigenen  Verlag 
eine  grosse  Anzahl  von  illustrierten  Blättern  und  Werken.  Alex. 
Edelmann  und  O  ito  Dürr  wirkten  erst  zusammen ,  dann  getrennt 
und  lieferten  mehrere  der  grossen  Berliner  Modezeitungen  und 
viele  Prachtwerke  für  Alf.  Dürr,  während  A.  Hundertstund  & 
A.  Pries  namentlich  den  Scemannschen  Kunstverlag  druckten. 
Alex.  Wiede  beschäftigt  18  Schnellpressen  fast  nur  mit  der  Her- 
stellung der  „Gartenlaube".  Aus  den  Pressen  der  Firma  Fischer  & 
Wittig  stammen  sehr  viele  der  schönsten  illustrierten  Prachtwerke 
neuerer  Zeit  sowohl  aus  dem  Verlag  von  Leipziger  als  auswärtigen 
Buchhändlern. 

Mit  wissenschaftlichen  Werken  beschäftigten  sich  vorzugsweise 
Metzger  &  Wittig,  A.Th.  Engelhardt,  C.  I  Iirschield,  Otto  Wigand 
und'BÄR  &  Hermann,  welche  letztere  den  Druck  russischer  Werke  als 
Spezialität  pflegen;  Ph.  Reclam  jun.  liefert  mit  22  Schnellpressen 
fast  ausschliesslich  Zwanzigpfennigbände  seiner  Universalbibliothek; 
Otto  Spamer  druckt  seine  zahlreichen  illustrierten  Jugendschriften 
und  populären  Werke;  C.  G.  Naumann  hat  seine  umfangreiche 
Offizin  nur  für  Accidenzicn  eingerichtet;  Alex.  Waldow  verwendet 
die  seinige  nur  für  den  Druck  des  „Archiv  der  Buchdruckerkunst* 
und  anderer  in  seinem  Verlage  erscheinender,  zumteil  von  ihm 
verfasster  typographischer  Fachschriften l. 

An  Tagesblättern  ist  Leipzig  geradezu  arm  und  manche 
Provinzialstädtc  Deutschlands  von  30—50000  Einwohnern  haben 
eine  weit  reichere  Zeitungslitteratur  aufzuweisen.  Das  umfänglichste 
Journal,  namentlich  zur  Zeit  der  Messen,  ist  das  „Leipziger  Tage- 
blatt". Der  Verleger  E.  Polz  beschäftigt  für  den  Druck  desselben 
und  ausserdem  hauptsächlich  für  den  des  C.  F.  Winterschen  Verlags 
drei  Rotationsmaschinen  und  elf  Schnellpressen. 

1  Darunter:  Die  Buchdruckerkunst  in  ihrem  technischen  und  kaufmännischen 
Betriebe.  2  Bde.  4.  1874 —  1S77.  —  Illustrierte  Encyklopädic  der  graphischen 
Künste.  1SS0-1883. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Nicht  alle  graphischen  Firmen  Leipzigs,  die  tüchtiges  liefern, 
können  wir  hier  aufzahlen.  Die  Zahl  der  Buchdruckereien  Leipzigs 
vincl.der  Vororte;  betragt  92  mit  7  Rotationsmaschinen,  437  Schnell- 
pressen und  292  Tret-  und  Handpressen.  Die  69  lithographischen 
Anstalten  beschäftigen  146  Schnellpressen,  517  Handpressen.  In 
beiden  Branchen  sind  gegen  6200  Personen  thätig. 

Den  enormen  Aufschwung,  welchen  das  Musikaliengeschäft  in 
c\ <;. R^icr.  Leipzig  nahm,  veranlasste  ein  Institut  für  Notendruck ,  das  seines- 
gleichen sucht.  C.  G.  Röder  gründete  mit  kleinsten  Mitteln  1S46 
seine  Notendruckanstalt,  welche  jetzt  mit  34  Schnellpressen, 
25  Handpressen  und  einem  Personale  von  400  Köpfen  arbeitet  und 
namentlich  die  äusserst  umfangreiche  Edition  Peters  im  Verlage 
des  Hurcciu  de  musique  druckt.  An  eigentlichen  lithographischen 
Kunstinstituten  hat  Leipzig  keinen  Überfluss,  dagegen  ist  die 
Anstalt  für  Phantasieartikcl  und  Luxuspapierc  von  Meissner  & 
Buch,  die  mit  15  Schnellpressen,  30  Handpressen  und  46  Präg- 
und  anderen  Maschinen  arbeitet,  von  grosser  Bedeutung;  auch  die 
Offizin  von  Wetzel  &  Naumann  hat  einen  enormen  Aufschwung 
genommen  und  arbeitet  hauptsächlich  für  den  Export  mit  32  Schnell- 
pressen, 27  Handpressen  und  450  Arbeitern.  H.Waünkr  &  E.  Heues 
beschäftigen  sich  ausschliesslich  mit  kartographischen  Arbeiten. 
Als  Lichtdrucker  leisten  A.  Naumann  &  Schröder  vorzügliches. 
Die  Zahl  der  xylographischen  und  chemigraphischen  Anstalten  ist 
eine  beträchtliche. 

Es  würde  zu  weit  fuhren,  alle  die  Verleger  aufzuzählen,  die, 
1  'k-  •  1  i <j  Tyi»M  ohne  eigene  Druckereien  zu  besitzen,  doch  auf  die  Typographie 
.R-n  Vcrk^cr  einen  grossen  Linfluss  übten.  Den  Buchdruck  für  w  issenschaftliche 
Zwecke  förderten  u.  a.  namentlich  J.  A.  Barth,  W.  Kngei.mann, 
Sal.  Hirzel,  L.Voss,  die  J.  C.  IIinkichsscuk  Buchhandlung,  F.  C.W. 
Vogel',  T.  O.  Weigkl  (I,  s.  6),  Ruu.  Weigee  (I,  S.  103',  Ü.  Wigand 
und  C.  F.  Winters  Verlag. 

Für  den  illustrierten  Verlag  waren  J.  J.  Weber  und  Georg 
Wigand  in  den  dreissiger  J, ihren  bahnbrechend.  J.  J.  Weder  führte 


1  I  nihcr  hatte  die-e  Finna  eine  1S11  eingerichtete,  namentlich  mit 
orientalischen  Schriften  gut  ausgestattete  l>ruckerci,  die  1858  auf  (I.  Krcysin^ 
überging. 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


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1832  das  „Pfennig-Magazin"  und  18.13  die  „Wustrirte  Zeitung"  ein. 
Die  von  Ad.  Menzel  illustrierte  Geschichte  Friedrichs  des  Grossen 
wurde  noch  während  der  Zeit  der  ersten  Neuentwickelung  des 
Holzschnittes  in  Deutschland  (s.  297)  unternommen,  überhaupt 
wirkte  geschmackvolle  Ausstattung  aller  Webcrschcn  Artikel  sehr 
anregend  sowohl  auf  die  Blichdruckereien  wie  auf  die  Verleger. 

Gleichzeitig  mit  Weber  wirkte  Georg  Wigand  ,  dessen  im 
Verein  mit  seinem  Bruder  Otto  Wigand  1840  unternommene  Aus- 
gabe von  dem  Nibelungenlied ,  illustriert  von  1  lübner  und  Bcndc- 
mann,  eine  schöne  Jubelerinnerung  bildet.  Sowohl  durch  eigene 
Neigung  als  namentlich  durch  seine  innige  Verbindung  mit  Loda, 
Richter  und  Schnorr  von  Carolsfeld  w  urde  er  auf  die  mehr  ursprüng- 
liche echt  deutsche  Art  des  Holzschnitts  geführt,  von  welchem 
Schnorrs  Bibel  in  Bildern  ein  monumentales  Denkmal  bleibt. 

In  neuerer  Zeit  waren  es  namentlich  E.  A.  Seemann  und  Alf. 
Dürr,  welche  den  illustrierten  Verlag  förderten.  Seemann  lieferte 
eine  grosse  Reihe  von  Werken  über  die  verschiedenen  Zweige  der 
Kunst  und  der  Kunstgewerbe,  Alf.  Dürr  pflegte  namentlich  die 
strengere  Richtung  der  illustrierenden  Kunst  in  den  Werken  von 
J.  Führich,  Preller  u.  a.,  daneben  lieferte  er  eine  Reihe  von  Jugend- 
schriften in  höchst  anziehender  Weise  durch  Ose.  PIctsch  illustriert. 
Auch  Fr.  Brandstetter,  J.  A.  Baumgärtner,  E.  Keil,  Velhagen  & 
Klasing,  K.  Bädeker,  Schmidt  &  Günther  u.  a.  leisteten  durch 
ihren  Verlag  den  Illustrationsdruckcrn  grossen  Vorschub. 

Unter  den  sonstigen  Städten  des  Königreichs  Sachsen  hat  die 
Residenzstadt  Drksdkn  allein  einen  bedeutenden  Platz  und  unter  Dreh... 
den  47  Buchdruckereien  und  54  lithographischen  Anstalten,  die  mit 
209  Schnellpressen  und  251  Tret-  und  Handpressen  arbeiten,  nimmt 
wieder  die  Firma  C.  C.  .Meinhold  &  Sühne  die  hervorragendste  l  am.i.- 
Stellung  ein.  Der  Begründer  derselben,  Carl  Christian  Meinhold, 
Sohn  eines  Bergmannes  aus  Marienberg,  erwarb  die  Ilofbuch- 
druckerci,  welche  ihren  Ursprung  dem  Herzog  Georg  dem  Bärtigen 
verdankt,  der  1524  den  Buchdrucker  Woi.ig.  Stöckel  aus  Leipzig 
nach  Dresden  berief,  um  reformatorische  Schriften  zu  drucken. 
Stöckels  Geschäft  kam  1590  an  die  Familie  Bi  rgen,  in  welcher  es 


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35° 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


blieb,  bis  Meinhold  es  1778  übernahm  und  bald  zu  einer  grösseren 
Blüte  brachte.  Er  druckte  die  sächsischen  und  polnischen  Kassen- 
billets  und  Staatspapiere  und  machte  auch  glückliche  Verlags- 
spekulationcn.  Im  Jahre  18 16  übergab  er  die  Geschäftsleitung  seinen 
i\  1,  M  inh  i  i  Söhnen,  von  welchen  Christian  Immanuel  Meinhoi.d  es  nach  dem 
Tode  des  Vaters  allein  übernahm.  Zu  der  Buchdruckerci  fügte  er 
Schrift-  und  Stereotypengiesserei.  Seine  Söhne  Julius  und  Theodor 
wurden  1855  Teilnehmer  und  von  1S75  führte  Julius  das  Geschäft 
allein  fort  und  feierte  am  2S.  Januar  1878  das  hundertjährige  Jubi- 
läum der  Firma. 

Zu  erwähnen  sind  noch  namentlich  B.  G.  Teubners  Filiale  des 
An.kr«-  Ofn  Leipziger  Geschäfts  (6  Schp.),  E.  Blochmann  &  Sohn  (2  Rotm., 
5  Schp.),  der  von  Leipzig  übersiedelte  W.  Baensch  (8  Schp.),  R.  H. 
Dietrich  (S  Schp.;,  Gleissner  (Rotm.  und  7  Schp.),  C.  Heinrich 
;  i2  Schp.\  H.  G.  Münchmeyer  (9  Schp.),  Likpsch  &  Reichhardt 
(Rotm.,  4  Schp.),  J.  Passler  (7  Schp.),  An.  Wolf  (7  Schp.).  Von 
den  lithographischen  Anstalten  waren  früher  besonders  angesehen: 
II.  Hanfstängl  und  Fürstenau,  ersterer  auf  Grund  seines  Galerie- 
werkes, letzterer  wegen  seiner  brillanten  Accidenzarbeiten;  jetzt 
sind  die  grössten  Institute  W.  Brückner  &  Co.  (8  Schp.,  6  Hdp.), 
R.  Bürger  (6  Schp.,  5  Hdp.),  R.  Friedländer  (7  Schp.,  7  Hdp  ). 
Als  Lichtdrucker  haben  Rummler  &  Jonas  (7  Schp.)  bereits  lange 
einen  Namen.  W.  Hoffmann  arbeitet  mit  8  Lichtdruckschnell- 
pressen.  Als  Verlagsort  hat  Dresden  Bedeutung  durch  seine  Kunst- 
vcrlegcr,  als:  E.  Arnold,  A.  Gutbier,  Hanfstängl,  F.  &  O. 
Brockmann  Nachfolger,  G.  Gilbers,  H.  Krone  u.  a. 

In  der  Fabrikstadt  CHEMNITZ  beschäftigen  sich  die  Buch- 
druckereien  wesentlich  nur  mit  Zeitungs-  und  Accidenzdruck. 
Einen  ungewöhnlichen  Umfang  erreichte  das  Geschäft  von  Picken- 
haiin  &  Sohn  (i  Rotm.,  20  Schp.  und  150  Arb.).  Unter  den  litho- 
graphischen Anstalten  ist  R.  Oschatz  ;8  Schp.,  16  Hdp.)  die  grösste. 
Bautzen  hat  eine  sehr  leistungsfähige  Steindr uckerei  und  Luxus- 
papierfabrik, Gebr.  Wf.igang  (23  Schp.,  12  Hdp.);  in  dem  Fabrikort 
Buch  HOLZ  liefert  G.  Adler  tüchtige  Accidenzarbeiten  für  seine 
eigene  bedeutende  Cartonnagenfabrik.  In  PLAUEN  wirkt  ebenfalls 
für  den  Bedarf  der  Fabriken  Mor.  Wiepkecht  [6  Schp.\  in  MEISSEN 
C.  E.  Klinkicht  &  Sohn  {4  Schp.). 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


Durch  die  Eisenbahnverbindung  kann  AetenbuRO  fast  als 
eine  Vorstadt  des  typographischen  Leipzig  betrachtet  werden. 
Wohlfeilere  Lebensverhältnisse  setzten  in  der  tariflosen  Zeit  die 
dortigen  Buchdrucker  in  den  Stand,  vorteilhaft  mit  den  Leipzigern 
konkurrieren  zu  können.  Diese  Verhältnisse  verstanden  erst  H.  A. 
Pier  kr  ,  welcher  1832  das  von  dem  Vater  Joh.  Pierer  erworbene 
Druckgeschäft  übernommen  hatte,  und  dann  dessen  Söhne  Eugen 
und  Alfred  mit  Geschick  zu  benutzen,  so  dass  das  gut  und  mit 
genügenden  Mitteln  geleitete  Geschäft  den  Leipziger  Druckereien 
öfters  eine  schwer  zu  bestehende  Konkurrenz  bereitete.  Das  in 
Picrers  Verlag  erschienene  „Universal-Lexikon"  besass  neben  dem 
Brockhausschcn  Konversations-Lexikon  ein  grosses  Ansehen,  wenn 
auch  die  Verbreitung  sich  innerhalb  massiger  Grenzen  hielt'. 

Am  I.  Januar  1872  ging  die  Druckerei  in  die  Hände  eines 
Leipziger  Konsortiums  über,  unter  Leitung  des  Mitbesitzers  Steph. 
Gkibel.  Die  Offizin  wuchs  rasch  {19  Schp.)  und  hat  sich  namentlich 
einen  Ruf  durch  ihre  Accidenzarbeiten  erworben  (S.  292). 

Thüringen  hat  viele  gut  eingerichtete  aber  keine  besonders 
hervorragenden  Druckanstalten  aufzuweisen.  In  Gera  lieferte 
Issleib  &  Rietschels  Hofbuchdruckerei  (6  Schp.)  Beachtenswertes, 
namentlich  im  chemigraphischen  Landkartendruck.  HlEDP.URG- 
IIAUSEN  hatte  früher  durch  das  Bibliographische  Institut  .S.  346) 
Bedeutung;  eine  tüchtige  Druckanstalt  daselbst  ist  noch  die  von 
Gadow  &  Sohn  (5  Schp.).  Die  Hofbuchdruckerei  in  WEIMAR  datiert 
aus  dem  Jahre  1624,  als  der  an  allen  Kulturbestrebungcn  regen  Anteil 
nehmende  Herzog  Friedrich  Wilhelm  von  Sachsen  in  seinem  Schloss 
eine  Offizin  errichten  Hess,  in  welcher  er  selbst  und  seine  Gemahlin 
an  dem  Satz  Lutherschcr  Werke  arbeiteten.  Die  Hauptstücke  der 
christlichen  Lehre  fasste  er  als  Enchiridion  für  den  Unterricht  seiner 
beiden  Töchter  zusammen. 

Nach  manchen  Wandlungen  durch  zwei  Jahrhunderte  kam  die 
Offizin  in  den  Besitz  Hermann  Bühlaus2,  in  welchem  sie  sowohl 


«  l'bcr  Pierers  Verhältnis  zu  Hrockhaus  und  dessen  Knnversations-Eexiknn. 
sowie  über  das  Entstellen  des  UnivcrsabEcxikons  enthält  das  bereits  erwähnte 
Werk  des  Dr.  Ed.  Prockhaus  sehr  interessante  Details. 

2  II.  Hölil.Af,  Zur  Geschichte  der  Ilufbuchdriickerei  in  Weimar.  Einleitung 
tm  seinem  Verlagskatalog. 


352 


DIE  GERMANISCHE  GRUPP!  . 


XII.  KAP. 


durch  Arbeiten  für  den  eigenen  Verlag,  wie  für  fremde  Rechnung 
einen  raschen  Aufschwung  genommen  hat. 

Eine  rastlose  Thätigkeit  entwickelte  die  Weimarer  Druck- 
und  Verlagsfirma  B.  F.  Voigt.  Verfolgt  sie  auch  keine  idealen 
Zwecke,  so  hat  sie  doch  durch  ihren  grossen  technischen  Verlag 
(gegen  1 500  Artikel  und  20  Zeitschriften) ,  namentlich  durch  ihren 
„Schauplatz  der  Künste  und  Handwerke"  in  etwa  300  Werken,  von 
welchen  mehr  als  die  Hälfte  neue  Auflagen  (öfters  sechs  bis  acht) 
erlebten,  vieles  zur  Verallgemeinerung  technischer  Kenntnisse  bei- 
getragen. Die  Natur  des  Verlages  lässt  keine  Prachtwerke  zu,  doch 
sorgt  die  Firma  für  gute  Ausführung  der  Werke  sowohl  als  der 
vielen  lithographischen  Heilagen. 

In  GOTHA  gehört  die  Engelhard-Rheyersche  Hofbuchdruckerei 
jusu.s  pcnh.  s  zu  den  besten  Anstalten  Deutschlands.  Der  Besitzer  Fr.  Engelhard 
f  i  Vii  I«?o.'  hat  sich  ausserdem  um  die  Organisation  der  Krankenkassen  der 
Gehülfen  sehr  verdient  gemacht.   P2inen  Weltruf  hat  das  geogra- 
phische Institut  von  Justus  Perthes  erlangt.    Der  Gründer  war 
Joh.  Georg  Justus  Perthes  aus  Rudolstadt;  die  ausschliesslich 
geographische  Richtung  erhielt  das  Geschäft  erst  durch  den  Sohn 
Wilh.  Perthes,  der  auch  den  Gothaischen  Hofkalender  und  den 
Alma  nach  de  Gotha  erwarb.  Sticlers  Handatlas  eröffnete  die  Reihe 
des  bedeutenden  kartographischen  Verlags ,  bei  welchem  H.  Berg- 
haus, v.  Stülpnagel,  v.  Spruner  u.  a.  mitwirkten.   Die  grosste  Blüte 
Tkrnh.  Pcnh.s  erlangte  die  Anstalt  unter  der  Direktion  des  Bernhard  Perthes, 
'  '  kf  i8v  die  noch  während  der  Lebenszeit  des  Vaters  begann,  leider 
aber  bereits  vier  Jahre  nach  des  letzteren  Tod  ihre  Endschaft 
erreichte. 

Unter  der  wissenschaftlichen  Leitung  des  Dr.  August  Peter- 
a.i-.  p.-urm.inn  mann-  bildete  sich  das  Geschäft,  unterstützt  durch  die  seit  1855 

..Mi 

monatlich  erscheinenden  r  Mitteilungen  aus  Justus  Perthes  gengra- 
phischer Anstalt*,  zu  einem  Mittel-  und  Einigungspunkte  der 
Bestrebungen  für  die  gesamte  Erdkunde  aus. 

Perthes'  Absichten  in  technischer  Beziehung  gingen  nicht 
darauf,  alle  graphischen  Künste  in  ein  äusserlich  grosses  Etablisse- 
ment zu  vereinigen,  sondern  er  verteilte  die  Arbeiten  auf  etwa 
dreissig  selbständige  Unternehmer,  welche  nahe  an  400  Arbeitern 
den  Unterhalt  brachten. 


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XII.  KAP.  DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  353 

In  ERKURT  geben  die  vielen  Gärtnereien  und  die  Eisenbahn- 
direktion zu  einem  lebhaften  Accidenzgcschäft  Veranlassung.  Die 
bedeutenderen  Offizinen  sind  die  von  Ohlenroth  (6  Schp.),  Fr.  Bar- 
tholomäus und  G.  A.  König.  H.  C.  Bestkhorn  in  ASCHERSLEBEN 
beschäftigt  8  Schnellpressen  und  viele  Arbeiter  mit  Luxuspapier- 
fabrikation. Th.  Müller  in  NokdhaUSEN  liefert  mit  8  Schnellpressen 
Etiquctten,  Geschäftspapiere  u.  dgl. 

In  Halle  berindet  sich  die  altehrwürdige  Waisenhausbuch- 
handlung und  Buchdruckerei  nebst  der  damit  verbundenen  v.  Can- 
sTEiNschcn  Bidelanstalt.  Die  erstere  wurde  1697  durch  den 
Pfarrer  I  Ieinr.  Jul.  Ei.ers  alsTcil  derFranckeschcn  philanthropischen 
Stiftungen  begründet'.  Für  eine  Buchdruckerei  wurde  wenige  Jahre 
nachher  ein  Privilegium  erteilt.    Die  Cansteinsche  Bibelanstalt  ist  uieCan*teh>schc 

ibclaustalt. 

durch  die  Anstrengungen  des  Barons  Carl  Hildehrandt  von  Can- 
stkin  durch  gesammelte  Beiträge  gegründet.  Bereits  17 12  konnte 
das  Neue  Testament,  17 13  die  ganze  Bibel  gedruckt  werden. 
v.Canstein  starb  am  19.  Juli  17 19,  worauf  Francke  die  Anstalt  über- 
nahm, die  im  Jahre  17 13  ebenfalls  eine  eigene  Buchdruckerei  erhielt. 

Eine  neue  Epoche  für  dieselbe  begann  mit  der  Gründung  der 
Britischen  Bibelanstalt  1804  (S.  99)  und  der  deutschen  Hauptbibel- 
gcsellschaft.  Im  Jahre  1830  konnte  die  erste  Schnellpresse  auf- 
gestellt und  1 839  eine  Stereotypie  eingerichtet  werden.  Die  Zahl 
der  von  17 12 — 1872  gedruckten  Bibeln  und  Neuen  Testamente 
betrug  nahe  an  sechs  Millionen.  Seit  dem  Jahre  1860  sind  die 
beiden  Druckereien  derFranckeschcn  Stiftungen  imBetrieb  vereinigt 
(12  Schp.)  unter  der  sicheren  Leitung  des  tüchtigen  Buchdruckers 
C.  Bobard.  Einen  besonderen  Aufschwung  nahm  die  Buchhandlung 
seit  1858  unter  der  umsichtigen  Direktion  von  Osw.  Bertram,  der  o.  Bertram 
sich  auch  um  den  Deutschen  Buchdrucker -Verein  sehr  verdient*'  A'  1870 
gemacht  hat.  Sein  Nachfolger  ist  der  durch  seine  höchst  verdienst- 
lichen bibliopolischen  Schriften  bekannte  Aug.  Schürmann2. 


1  Osw.  Kkrtram,  Geschichte  der  Cansteinschen  Hibclnnstalt  in  Halle. 
1S63.  —  Die  Stiftungen  A.  H.  l*ranckes.  Halle  1863.  —  G.  Kramkr,  A.  H.  Francke. 
Halle  t88a  —  Ann.  d.  Typ.  1873,  Nr.  204  u.  205. 

2  Die  Usancen  des  deutschen  Buchhandels.  2.  Aufl.  Leipzig  1867.  — 
Magazin  für  den  deutschen  Ituchhandel  1874 — 1876  u.  a. 

23 


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354 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XII.  KAP. 


Ein  angesehenes  Geschäft  ist  das  Gebauer- Schwetschkcsche. 
Carl  August   Carl  August  Schwetschke  aus  Glauchau  kam  1 783  als  Faktor  in 
•  29.  Sept.  1756.  die  Buchhandlung  der  Witwe  Hemmerde,  welche  ihn  1788  als  Mit- 
besitzer aufnahm.  Die  Firma  wurde  nun  Hemmerde  &  Schwetschke 
und,  als  des  letzteren  Sohn  Carl  Ferdinand  im  Jahre  1828  eintrat, 
Schwetschke  &  Sohn.    Im  Jahre  1820  war  ihm  die  Gebauersche 
Buchhandlung  und  Buchdruckerei  zugefallen,  die  er  als  besonderes 
Dr.  Carl  Gii»i.  Geschäft  seit  1828  mit  seinem  jüngeren  Sohne  Dr.  Carl  Gustav 

Schwctuchlce  , 

.  5.  Aprii  i8o*.  Schwei       e  fortführte. 

f  5.  Okt. 

Bereits  am  30.  September  1878  konnte  die  Familie  eine  drei- 
fache Jubelfeier  begehen,  die  des  hundertjährigen  Bestehens  des 
Geschäfts,  die  fünfzigjährige  der  geschäftlichen  Wirksamkeit 
Dr.  Gustavs  und  die  fünfundzwanzigjährige  derjenigen  seines  Sohnes 
Carl  Ferdinand.  Zu  den  bedeutenden  Unternehmungen  der  Firma 
gehören:  Suidac  Lexicou  graecc  et  latine  und  Freytagii  Lcxicon 
arabico  latinunt.  Dr.  G.  Schwetschke  erwarb  sich  einen  bekannten 
und  beliebten  Namen  durch  seine  litterarischen  Arbeiten 

Die  frühere  Bedeutung  MAGDEBURGS  als  Druckplatz  ging  bald 
verloren.  Erst  durch  Kd.  Hänel  {s.  28 1 },  dessen  Etablissement  noch 
heute  besteht,  gewann  es  wieder  einen  Namen.  Zu  nennen  sind 
besonders  das  Etablissement  von  E.  Baensch  jun.  (10  Schp.}  und 
die  Druckerei  der  Brüder  Alexander  und  Robert  Faber,  welche 
die  in  ihrem  Verlage  erscheinende  „Magdeburgische  Zeitung",  die 
eine  einflussreiche  Stellung  und  eine  grosse  Verbreitung  erreicht 
hat,  mit  3  Rotationsmaschinen  und  5  Schnellpressen  druckt. 

BRAUNSCHWKIG  hat,  obwohl  nicht  durch  besondere  örtliche 
Verhältnisse  begünstigt,  eine  ziemlich  bedeutende  Rolle  in  der 
deutschen  Typographie  gespielt.  Hier  wirkte  die  Firma  Vieweg  & 
Fr.  View«*  Sohn,  welche  durch  ihr  Beispiel  grossen  Einfluss  auf  die  Fortschritte 
in  der  deutschen  Bücherausstattung  geübt  hat.  Der  Begründer  des 
Geschäfts  war  Fr.  Vieweg  (1799),  den  Höhepunkt  erreichte  dasselbe 
e.j.  vieweg  nach  dem  Beitritt  des  Sohnes  Hans  Heinrich  Eduard  Vieweg  im 
f  r'ucc.Vst^.  Jahre  1825.   Er  war  zu  Berlin  geboren  und  hatte  sich  für  seinen 

1  Vorakadeinischc  Buchdnukergeschichte  von  Halle.  1S40.  —  Codex 
nundmarius  Cermaniae  literatae  hisecularis  1850.  —  In  weiteren  Kreisen  fanden 
grossen  Beifall  seine  prosaischen  und  poetischen  Schriften  in  korrumpiertem 
Latein,  darunter  .VW  epistolae  obsatrnrrim  vlrorum. 


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XII.  KAP. 


DAS  ZENTRUM  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


355 


Beruf  in  Frankreich  ausgebildet.  In  Paris  schloss  er  eine  für  das 
Leben  dauernde  Freundschaft  mit  dem  berühmten  Chemiker  Justus 
v.  Liebig,  die  für  Viewegs  geschäftliche  Wirksamkeit  von  grösstem 
Einfluss  wurde.  Aus  England  brachte  er  die  erste  Columbiapresse 
nach  Deutschland  und  unternahm  es,  auf  der  Zorger  Eisenhütte  im 
Harz  dergleichen  Pressen  bauen  zu  lassen  (s.  316). 

Vicwcg  wurde  ein  Bahnbrecher  für  den  guten  typographischen 
Geschmack.  Durch  die  Verwendung  des  instruktiven  Holzschnittes  Ei»fln« 
in  einem  Maasse,  wie  früher  nicht  gekannt  war,  hat  er  ganz  ausser- 
ordentlich zu  der  wahren  Popularisierung  der  Wissenschaft,  welche 
nicht  mit  dem  oberflächlichen  Naschen  durch  Hülfe  zusammen- 
geschriebener, sogenannter  populärer  Litteratur  verwechselt  werden 
darf,  beigetragen.  Seine  Druckwerke,  zu  denen  die  eigenen  Werk- 
stätten die  Schriften,  die  Holzschnitte  und  das  Papier  lieferten, 
waren  ein  Spiegelbild  seiner  eigenen  Persönlichkeit.  Alles  durch 
und  durch  gcnlUmanlike ;  gediegenes  Inncrc  in  einfach  nobler  Hülle. 
Das  ganze  Viewegsche  Institut  erinnert  an  die  besten  Werkstätten 
der  früheren  Blütezeit  der  Typographie  mit  ihren  begeisterten,  nach 
einem  festen  Ziele  strebenden  Leitern.  Für  das  allgemeine  Interesse 
des  Buchgewerbes  trat  Vieweg  stets  mit  Energie  ein.  Er  unterlag 
in  seinem  73.  Jahre  langen  und  schweren  Leiden.  Das  Geschäft 
blüht  fort  und  beschäftigt  14  Schnellpressen  und  10  Handpressen. 

In  ähnlicher  Weise  wie  Vicwcg  wirkte  George  Westermann, 
welcher  mit  seiner  1838  gegründeten  Buchhandlung  1845  eine  WeMermn.™ 
Buchdruckerei  vereinigte.  Beide  Geschäftszweige  gelangten  zur  VV  »ept*  in'*)! 
vollen  Blüte  und  die  Westermannschen  Leistungen  sind  ebenso 
vorzüglich  wie  seine  Offizin  (15  Schp.)  eine  schön  eingerichtete  ist. 
Unter  seinen  Verlagsunternehmungen  sind  am  bekanntesten  seine 
nach  amerikanischem  Muster  angelegten  illustrierten  „Westermanns 
Monatshefte"  (seit  1856).  Durch  E.  Gäblcr  errichtete  er  in  Leipzig 
eine  chemitypische  Anstalt,  in  welcher  er  seine  äusserst  billigen 
Kartenwerke  herstellte.  Von  Langes  Schulatlas  ist  bereits  mehr 
als  eine  Million  Exemplare  verbreitet. 

Unter  den  Druckanstalten  Braunschweigs  nimmt  auch  die  von 
Julius  Krampe  (i  Rotm.,  8  Schp.)  einen  angesehenen  Platz  ein. 
Die  lithographische  Anstalt  der  Firma  H.  Litoi.ef  {8  Schp  ,  5  Hdp.) 
druckt  den  bedeutenden  Musikalien -Verlag  der  Firma. 

»3" 


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356 


DIE  GERMANISCHE  GRUPrE. 


XII.  KAP. 


An  Braunschweig  und  die  Firma  Joh.  Heinr.  Meyer  knüpft  sich 
Dr.  h.  Meyer,  noch  die  Erinnerung  an  einen  Mann,  der  von  den  deutschen  Typo- 
graphen  stets  hoch  in  Ehren  gehalten  zu  werden  verdient.  Wie 
Vieweg  auf  dem  praktischen  Wege  bahnbrechend  wirkte,  so 
Dr.  Heinrich  Mevkr  auf  dem  theoretischen  durch  sein  Journal  für 
Buchdruckerkunst".  Dasselbe  wurde  1834  begründet,  zu  einer 
Zeit  des  regsten  Schaffens  auf  allen  graphischen  Gebieten.  Kaum 
eine  Woche  verging,  welche  nicht  eine  Verbesserung,  eine  neue 
Schrift,  eine  neue  Maschine  u.  dgl.  brachte.  Das  Verdienst,  alle 
diese  Neuheiten  nicht  nur  gewissenhaft  registriert,  beschrieben  und 
abgebildet,  sondern  auch  ihrem  wahren  Werte  nach  unparteiisch 
und  nüchtern  beurteilt  zu  haben,  gehört  Meyer.  Fast  immer  war 
sein  Urteil  zutreffend  und  die  Zukunft  lehrte  gewöhnlich,  wie  recht 
er  gehabt  hatte.  In  seiner  Selbstlosigkeit  war  ihm  die  Sache  alles; 
nie  Hess  er  sich  von  persönlichen  Sympathien  bestechen  oder  von 
Antipathien  zu  Ungerechtigkeiten  hinreissen;  sein  Blatt  blieb  frei 
von  allem  Kotericwesen.  In  seinem  Urteil  war  er  mild,  konnte 
jedoch  auch,  wenn  es  sein  musste,  gegen  anmassende  Dummheit 
derb,  jedoch  nie  gehässig  werden. 

Dr.  Meyer  starb  am  4.  November  1863,  schwerlich  Feinde 
hinterlassend,  wohl  aber  viele  Freunde,  die  seinen  Hingang  als 
einen  schweren  Verlust  für  die  deutsche  Typographie  betrauerten. 

Nach  seinem  Tode  litt  das  Blatt  unter  einem  langen  Schwanken 
in- den  redaktionellen  Verhaltnissen,  bis  im  Herbst  1872  Theodor 
Goebf.i. ,  an  Kenntnissen  und  Sammelfleiss  Meyer  ebenbürtig,  die 
Redaktion  antrat  und  bis  zum  Herbst  1879  fortführte.  Namentlich 
seine  vielen  ausführlichen  und  sachkundigen  Ausstcllungsbcrichte 
bieten  wichtige  Beitrage  zur  Kunde  der  Fortschritte  auf  allen 
graphischen  Gebieten.  Nach  Goebels  Rücktritt  folgte  wieder  eine 
Periode  der  Unsicherheit,  bis  das  Blatt  im  Herbst  1 881  in  den  Verlag 
und  in  die  Redaktion  von  Ferd.  Schlotke  in  Hamburg  überging. 

Das  Journal  Tür  Buchdruckerkunst"  wird  bald  sein  fünfzig- 
jähriges Bestehen  feiern  können.  Es  bleibt  die  wichtigste  Quelle 
für  die  Geschichte  der  typographischen  Entwickclung  in  dem  letzten 
halben  Säkulum,  in  dessen  Gewirr  es  einer  späteren  Generation 
schwer  werden  würde,  sich  ohne  seine  Hülfe  zurechtzufinden. 


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XIII.  KAPITEL. 

DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

Ukri.in:  wachsende  Bedeutung.  Die  Familie  Decker,  Ungcr  Vater  und  Sohn, 
Gebr.  Unger,  Familie  Spencr,  Keimer,  Mittler  u.  a.  Ed.  Ilinel* Gronau. 
Die  Zc itungs  druck ereien.  Die  A.ccidenzdruckereien.  Die  lithographischen 
und  sonstigen  Kunstanstalten.  Breslau.  Frankfurt  a.  O.  Tosen.  Königsberg. 
Danng.  Stettin.  Lübeck.  Hamburg.  Bremen.  Hannover.  Köln:  Die  Offizin 
der  „Kölnischen  Zeitung". 


ERLIN  hatte,  als  die  neue  Periode  der  Buchdrucker- 
kunst anfing,  noch  keine  Bedeutung  als  Druckstadt;  Allmähliche 
dieselbe  zeigte  sich  erst  nach  und  nach  unter  der 
Regierung  des  grossen  Königs,  hielt  jedoch  immer 
noch  nicht  Schritt  mit  der  zunehmenden  Bedeutung 
der  Residenz  eines  mächtig  emporblühenden  Landes. 

Im  Jahre  1757  wurde  Christ.  Eriedr.  Henning  zum  zweiten 
deutschen  I  Iofbuchdrucker  ernannt  mit  der  Aussicht,  die  Stelle  des  Die  HofWh- 
ersten,  Chr.  Alb.  Gäbkrts,  nach  dessen  Tode  zu  erhalten.  Neben 
den  „deutschen  Hofbuchdruckern u  gab  es  auch  „franzosische".  Den 
Titel  eines  solchen  hatte  bereits  1696  Robert  Roger  aus  Amster- 
dam. In  dem  Jahre  17 18  ging  Rogers  Offizin  in  die  I  lande  J.  G. 
Michaelis  über.  Er  sowohl  als  Henning  waren  sehr  tüchtige  Buch- 
drucker, die  einen  wesentlichen  Anteil  an  der  Hebung  des  typo- 
graphischen Geschmacks  in  Berlin  hatten. 


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35» 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


Die  berühmtesten  Hofbuchdrucker  gehörten  jedoch  der  Familie 
v%  .KkmUe   Becker  an»  ^er  enlc  so  glänzende  Rolle  zufiel,  wie  wenigen  in 
Deutschland 

Die  Familie  stammt  aus  Eisfeld  im  Thüringschcn.  Der  am 
23.  April  1 596  geborne  Georg  Decker  siedelte  nach  Basel  über  und 
erwarb  1635  durch  Heirat  mit  der  Witwe  des  Buchdruckers  Johann 
Schröter  dessen  Offizin,  die  er  so  rasch  zur  Blüte  brachte,  dass  er 
bereits  1636  zum  Universitätsbuchdrucker  ernannt  wurde.  Sein 
joh.jac.i  Decker  Sohn  und  Nachfolger  Johann  Jacob  i  zog  1680  mit  einem  Teile  der 
Druckerei  nach  Neu-Breisach,  um  Drucker  des  dortigen  französischen 
Gerichtshofes  zu  werden. 

Von  dessen  beiden  Söhnen  Johann  Jacob  ii  und  Heinrich  i 
ji.hjac.il  Decker  führte  der  erste,  als  der  Vater  nach  Breisach  übersiedelte,  das 
Geschäft  in  Basel  fort  und  behielt  nach  dessen  Tode  im  Interesse  der 
Familie  die  Leitung,  erwarb  jedoch  ausserdem  die  dortige  Ludinsche, 
j.  Miiar  1 1  Kckcr  früher  1  fenric  Petrische  Offizin.  Der  Bruder  Joh.  Heinrich  I  gründete 
-?-    Dcf.  i7v.  in  Colmar,  welches  durch  den  Ryswicker  Frieden  1697  franzosisch 
geworden  war,  eine  Offizin,  um  Regierungsarbeiten  zu  drucken. 
Der  kinderlose  Joh.  Jacob  ii  vermachte  sein  Geschäft  dem  Jon. 
j«.h  Hcinr.  11  Heinrich  ii,  Sohn  des  Heinrich  I,  welcher  ausserdem  mit  Erfolg  das 

Decker. 

Colmarer  Geschäft  fortsetzte.  Leider  wurde  er  durch  einen  Ver- 
wandten zur  Gründung  einer  Papierfabrik  veranlasst,  welche  ihn  in 
Verlegenheiten  und  Vcrdricsslichkeiten  verwickelte,  die  ihn  so 
erschütterten,  dass  er  in  einen  Zustand  von  Geistesschwäche  verfiel, 
unter  welchem  das  Geschäft  fast  zugrundeging. 

Johann  Heinrieh  11  hatte  zwölf  Kinder,  unter  diesen  Gtcmo 
(..j...  1  Decker  Jac«»b  i.  Derselbe  lernte  die  Buchdruckerei,  studierte  dann  in 
f  17.  Nov  i;  >n.  Strassburg,  wo  er  im  Hause  seines  Oheims,  des  bekannten 
Geschichtschreibers  der  Typographie,  Joh.  Schöpf lin,  gute  Auf- 
nahme und  Nahrung  für  seine  Liebe  zur  Typographie  fand.  Im 
Jahre  1750  ging  Georg  Jacob  auf  Reisen  und  kam,  nachdem  er 
vergeblich  Aufnahme  in  der  Breitkopfschcn  Offizin  in  Leipzig 
gesucht  hatte,  nach  Berlin,  wo  er  sechs  Monate  in  der  Henningschen 
Druckerei  arbeitete. 


>   \i      I'on  msi  ,   Hie  Abstammung  Her  Familie  Hocker.  Berlin  ISÖJ.  - 
BörscnW.  f.  tl  .1.  B.  Januar  1S77.  —  Ann.  <1.  Typ.  1 S77,  Nr.  3S8. 


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XIII.  KAP.  OER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  359 


Ein  französischer  Emigrant  Arnold  Dussarrat  hatte  1713 
Konzession  für  eine  französische  Buchdruckerei  erhalten,  welche  joh. Grynau*. 
sich  1721  in  den  Händen  des  Johann  Grynäus  aus  Basel  befand. 
Letzterer  kam,  obwohl  ein  tüchtiger  Mann,  nicht  vorwärts,  und  die 
Druckerei  befand  sich  bei  seinem  Tode  1740  in  misslicher  Lage. 
Als  Helfer  trat  nun  Georg  Jacob  heran,  der  mit  der  Tochter  des 
Grynäus,  Louise  Dorothea,  einen  Bund  des  Herzens  geschlossen 
hatte.  Nachdem  er  erst  Ordnung  in  die  verwickelten  Angelegen- 
heiten des  väterlichen  Geschäfts  in  Basel  gebracht  hatte,  infolge 
welcher  das  Colmarer  Haus  auf  den  Bruder  Johann  Heinrich  Iii 
überging,  dessen  Nachkommen  noch  in  Besitz  des  dortigen  ange- 
sehenen Geschäfts  sind,  übernahm  Georg  Jacob  die  alleinige  Leitung 
der  Grynäusschen  Offizin  und  wurde  1756  Mitbesitzer,  wodurch 
sich  die  Firma  in  Grynäus  &  Decker  änderte. 

Der  nun  folgende  rasche  Aufschwung  konnte  nicht  einmal 
durch  den  siebenjährigen  Krieg  gehemmt  werden ,  da  die  grosse    Grynau»  & 

iJeckcr* 

Zahl  von  Flugschriften  und  Neuigkeitsblattern  eine  lebendige 
geschäftliche  Bewegung  veranlasste.  Nach  dem  Einzug  der  Russen 
in  Berlin  hielt  der  verschiedentlich  kompromittierte  Decker  es  jedoch 
für  geraten,  zeitweilig  die  Stadt  zu  verlassen. 

Im  Jahre  1763  wurde  er  alleiniger  Inhaber  des  Geschäfts  und 
von  nun  war  sein  Gluck  in  stetem  Wachsen.  Er  erhielt  das  Direkto- 
riat  der  für  das  Lotto  errichteten  königlichen  Druckerei  mit  einem 
Gehalt  von  300  Thalern  und  nach  erfolgtem  günstigen  Urteil  der 
Akademie  der  Wissenschaften  den  Titel  eines  Hofbuchdruckers 
mit  der  Anwartschaft  auf  die  klingenden  Vorteile  eines  solchen. 
Die  Versuche  Deckers,  diese  Stellung  sich  erblich  zu  sichern, 
strandeten  damals,  ohne  dass  er  deshalb  den  Gedanken  daran  aufgab. 

Mit  der  Schriftgiesserei  in  Preussen  war  es  noch  schlecht 
bestellt.  Seit  Thurneyssers  Anlauf  (I,  S.  152;  war  Berlin  bis  1743  SchriflgicMcrci 
ohne  Schriftgiesserei,  und  spätere  Versuche  waren  nicht  günstig 
abgelaufen.  Das  war  für  Decker  ein  günstiger  Moment.  Er  kaufte 
die  besten  Baskervil  leschen  und  Fournierschen  Matern  und  Hess 
einen  gut  geschulten  Faktor  kommen,  versprach  auf  seine  Kosten 
eine  tüchtige  Schriftgiesserei  einzurichten  und  „alle  französischen 
Bücher  von  Wert  nachzudrucken,  wodurch  viel  Geld  dem  Lande 
erhalten  werden  würde".    Dies  schlug  bei  dem  Konig,  dem  der 


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3<5o 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


necker  *x\>\ic\\<T  nervus  räum  stets  wichtig  war,  durch,  und  am  4.  Januar  1769  erhielt 
"  Decker  die  erbliche  Würde  eines  Hofbuchdruckers,  ausserdem  ein 
Privilegium  für  die  nachzudruckenden  Bücher.  Der  König  blieb 
Decker  stets  gewogen  und  gehörte  als  Schriftsteller  zu  dessen 
Kunden;  eine  solche  war  auch  die  Königin  Klisabeth  Christine,  die 
sich  mit  der  Herausgabe  frommer  Bücher  beschäftigte. 

Das  frischere  geistige  Leben,  welches  seit  dem  Hubertusburger 
Aufblühen  Frieden  1 763  in  Berlin  pulsierte,  unterlicss  nicht,  seinen  Einfluss  auf 
gSe*cha(£s  das  Deckersche  Geschäft  zu  üben.  Georg  Jacob  trat  in  Verbindung 
mit  den  vielen  schriftstellerischen  Berühmtheiten  und  fing  nun  1769 
selbst  an  zu  verlegen,  und  zwar  mit  einem  solchen  Eifer,  dass  die 
Zahl  seiner  Verlagsartikel  bald  an  400  betrug.  Damals  begann 
auch  allgemein  eine  bessere  Ausstattung  der  Bücher;  selten  erschien 
ein  solches  ohne  Zuthat  bildlichen  Schmuckes  namentlich  unter  der 
Mitwirkung  Chodowieckis.  Die  Druckerei  war  hierdurch  und  durch 
fremde  Arbeiten  so  stark  beschäftigt,  dass  Decker  viele  Aufträge 
auswärts  ausführen  lassen  musste.  Als  Verleger  ging  er  jährlich 
zweimal  zur  Messe  nach  Leipzig,  wo  er  in  freundschaftlichem, 
zugleich  geschäftlichem  Verkehr  mit  Bernhard  Breitkopf,  später 
mit  dessen  Sohn  Immanuel,  stand.  Das  Baseler  Geschäft  wurde 
von  ihm  und  dem  Bruder  in  Colmar  der  Direktion  eines  Geschäfts- 
führers überlassen. 

Nach  dem  Tode  Friedrichs  11.  1786  bestätigte  der  König 
Gunst  r  riedrkli  Friedrich  Wilhelm  II.  nicht  allein  die  Privilegien  Deckers,  sondern 
er  hatte  ausserdem  Decker  und  der  Vossschen  Buchhandlung  das 
Recht  gewährt,  französische  und  ins  Deutsche  übersetzte  Werke 
Friedrich  des  Grossen  zu  drucken  unter  der  Bedingung,  dass  sie  in 
einer  besonderen,  im  königlichen  Schlosse  zu  Potsdam  dazu  ange- 
wiesenen Lokalität  hergestellt  wurden.  Decker  stellte  schleunigst 
zehn  und  dann  noch  weitere  zehn  Pressen  auf  und  schon  im  Früh- 
jahr 1789  waren  die  25  Bände  der  Werke  gedruckt.  Der  König 
war  mit  der  raschen  Ausführung  so  zufrieden,  dass  er  Decker,  als 
besonderen  Beweis  seiner  Gnade,  für  sich  und  seine  Erben  für  alle 
Zeiten  zum  Geheimen  Ober- Hofbuchdrucker  ernannte.  Die  Aus- 
gabe genügte  jedoch  nicht  in  derselben  Weise  den  Anforderungen 
der  Kritik.    Die  Redaktion  war  eine  des  grossen  Autors  ganz 


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XIII.  KAP.  DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  36 1 

unwürdige.  Hierdurch  und  auf  Grund  von  Nachdrucken  wurde  das 
Unternehmen  Pur  die  Verleger  ein  verfehltes. 

Das  Ziel  von  Deckers  Ehrgeiz  war  erreicht.  Das  Glück  hatte 
ihn  im  Geschäft  und  in  der  Familie  begünstigt.  Vier  Tochter  ver-   uutc  .i  .hrc 

•  •  r-  ■  G.  Jacob»  1. 

heirateten  sich  mit  Männern  von  Fach,  den  «rudern  Christ.  Spener 
und  Joh.  Carl  Spener,  dem  Buchhändler  H.  A.  Rottmann  und  dem 
berühmten  Schriftgiesser  Wilh.  Haas  d.  ä.  in  Basel.  Der  Mann  der 
fünften  Tochter,  Ph.  Rasenstiel,  war  zwar  Oberfinanzrat,  spielte 
jedoch  auch  in  der  geschäftlichen  Geschichte  der  Familie  eine  Rolle. 

Beim  Eintritt  in  sein  60.  Jahr  am  25.  Juni  1792  überliess  Georg 
Jacob  I  seinem  Sohne  Georg  Jacob  11  sein  Geschäft  käuflich  und 
führte  im  Kreise  der  Seinigen  sowie  von  Künstlern  und  Männern 
der  Wissenschaft  ein,  wennauch  mit  körperlichen  Leiden  verbundenes 
so  doch  heiteres  Leben,  bis  der  Tod  den  Achtundsechzigjährigen 
am  17.  November  1799  abrief. 

Der  Sohn  Georg  Jacob  II  hatte  die  Buchdruckerci  im  väter- 
lichen Hause  und  bei  H.  G.  EfFenbart  in  Stettin,  den  Buchhandel  GcorC i.coi.n 
bei  Treuttel  &  Würtz  in  Strassburg  gelernt  und  sich  auf  längeren  Y*.  Äug."  'miy. 
Reisen  weiter  ausgebildet.  Teilhaber  des  Geschäfts  war  er  bereits 
1788  geworden. 

Ihm  sollte  das  Leben  nicht  ohne  schwere  Sorgen  und  harte 
Prüfungen  verlaufen.  Ein  Hemmnis  für  die  Verlagsthätigkeit  Deckers  z«.-Miir*.;h»-ic- 
wie  für  den  ganzen  Buchhandel  wurden  die  schon  im  Jahre  seines 
Eintritts  in  das  Geschäft  1788  erfolgenden  Edikte  des  Ministers 
Wöllner,  die  besonders  empfindlich  die  Zeitungen  trafen,  von 
welchen  eine  nach  der  andern  einging.  Die  Vcrlagshandlung 
wurde  von  der  Druckerei  getrennt  und  in  die  Hände  Kottmanns, 
unter  dessen  Firma,  gelegt,  dafür  wurde  aller  Fleiss  und  jede  Mühe 
auf  die  Verbesserung  der  Buchdruckerei  und  der  Schriftgiesserei 
seitens  Georg  Jacob  d.  j.  verwendet.  Er  schaffte  Matern  von 
Bodoni,  W.  Haas  und  Didot  an,  sowie  das  beste  Material  für  die 
Typen  und  die  Farbe. 

Die  Regierung  wünschte  in  dem  durch  die  zweite  Teilung 
Polens  ihm  zugefallenen  Posen  die  Anlage  einer  Druckerei.  Decker  i>»  ro>o.cr 
kam  den  vertraulichen  Aufforderungen  nach.   Das  Unternehmen 
machte  ihm  jedoch  viele  Sorgen  und  ging  1819  in  die  Hände  des 
Schwagers  Dcckcrs,  Rosenstiel,  für  dessen  Sohn  über. 


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3Ö2  DIE  GERMANISCH K  GRUPPE.  XIII.  KAP. 

Noch  grössere  Sorgen  sollte  ihm  das  Baseler  Geschäft  bereiten. 
Kaiamiuten   In  dieses  hatte  er  einen  sehr  talentvollen,  jedoch  extravaganten 

de*  Uikclcr  *  ° 

Gcschufi*.  Mann,  Maximilian  Schoell,  erst  als  Disponent,  dann  als  Teilhaber 
aufgenommen,  der,  nicht  zufrieden  mit  der  buchhändlerischen  Wirk- 
samkeit, Decker  in  Banquierunternehmungen  verwickelte  und  ihn 
in  ein  seine  Existenz  bedrohendes  Meer  von  Sorgen  stürzte,  so  dass 
dieser  noch  froh  sein  musste,  das  Baseler  Geschäft  mit  einem 
Verlust  von  180000  Livres  an  den  dortigen  Buchdrucker  und 
Verleger  Thurneisen  übergeben  zu  können. 

Auch  in  Berlin  sollten  schwere  Schläge  nicht  ausbleiben.  Die 
Die  Notjahre  fortwährende  Ausdehnung  des  dortigen  Geschäfts  hatte  den  Krwerb 

Prcmsen».  ^  °  ° 

eines  schönen  Grundstückes  in  der  Wilhelmstrasse  veranlasst.  Die 
Notjahre  Preussens  konnten  jedoch  nicht  spurlos  an  Decker  vor- 
übergehen. Keine  Schwierigkeiten  vermochten  indessen  seine 
Energie  und  Anstrengungen  für  die  technischen  Fortschritte  in  der 
Druckerei  zu  schwächen.  So  war  er  der  erste  in  Berlin,  der  die 
grossen  Erfindungen  der  Neuzeit,  die  Lithographie,  die  eiserne 
Presse,  die  Stereotypie  einführte,  mit  seinem  Schwager  Spener  der 
erste  in  Deutschland,  der  eine  Schnellpresse  erwarb.  Die  Freude, 
letztere  in  Gang  zu  sehen,  als  Lohn  für  seine  dabei  bewiesene 
Üpferwilligkeit,  war  ihm  nicht  beschieden. 

So  überstand  Decker  rüstig  und  mutvoll  kämpfend  die  schweren 
Jahre,  obwohl  er  während  der  französischen  Okkupation  an  80  000 
Thaler  Lasten  und  Verluste  zu  tragen  hatte.  Vom  Jahre  181 3  aber 
trat  wieder  eine  so  starke  Beschäftigung  ein ,  dass  er  sich  für  die 
Tod  c.  jacoi»  11  gehabte  Not  reichlich  entschädigt  sah.  Nach  langen  Leiden  entschlief 
er  am  26.  August  18 19. 

Über  acht  Jahre  lang  wurde  das  Geschäft  unter  Vormundschaft 
vortrefflich  weiter  geleitet,  bis  am  31.  Januar  1828  der  jüngste  Sohn 
Rudolf  Ludwig  nach  erreichter  Volljährigkeit  mit  dem  älteren 
Bruder  Carl  Gustav  (der  älteste  der  Brüder  war  bereits  gestorben) 
das  Geschäft  übernahm,  w  elches  nach  dem  bereits  1829  erfolgenden 
Tode  Carl  Gustavs  dem  Rudolf  allein  zufiel. 

Rudolk  Deukkr  war  durch  eine  vorzügliche  technische  und 
Ru  i  .if  Deck«  wissenschaftliche  Ausbildung  auf  das  beste  für  seinen  Beruf  vor- 
t  w.j..n.  ik7?!  bereitet  und  widmete  sich  mit  vollem  Eifer  demselben.  Durch  ihn 
erreichte  der  Ruf  des  Hauses  seinen  Höhepunkt. 


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XUl.  KAP.  DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  363 

Seine  Aufmerksamkeit  war  namentlich  der  Schriftgiesserei 
gewidmet,  in  welcher  er  sich  sowohl  im  väterlichen  Hause,  wie  in 
der  Schriftgiesserei  Mole  in  Paris  tüchtige  Kenntnisse  erworben 
hatte.  Mit  besonderer  Vorliebe  pflegte  er  die  Fraktur  (s.  285).  Die 
Bestrebungen  der  Schriftgiesserei  fanden  Ausdruck  in  der  grossen 
für  die  erste  Londoner  Ausstellung  185 1  angefertigten  und  später 
vervollständigten  Schriftprobe.  Die  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Berlin  übertrug  Decker  den  Schnitt  ihrer  koptischen,  arabischen, 
Sanskrit-  und  anderen  orientalischen  Schriften,  die  in  fast  allen 
Universitätsbuchdruckereien  eingeführt  wurden.  Für  diese  Arbeiten 
wirkten  die  Schriftschneider  Beyerhaus,  J.  Schilling,  Wotze,  Schultz, 
Krumwiede  u.  a. 

Die  Druckerei  blieb  nicht  zurück,  und  lieferte  Werke,  die  für 
alle  Zeiten  ihren  Rang  behaupten  werden.  Anlässlich  der  Gutenberg-  Prachtwerke, 
feier  1840  wurde  das  Prachtwerk  „Zwanzig  alte  Lieder  von  den 
Nibelungen"  herausgegeben  von  Prof.  Carl  Lachmann  mit  eigens 
dazu  in  Annäherung  an  die  gothische  Schrift  geschnittenen  Typen 
gedruckt.  Eine  wahre  Zierde  der  deutschen  Druckkunst  und  Xylo- 
graphie ist  die  Jubelausgabe  der  Oeuvres  de  Frederic  le  Grand,    ow*t  <u 

Ö,  ,.,  FriJirUU  Grand. 

30  Bände  Quart,  durch  welche  die  redaktionellen  Fehler  der  ersten 
Ausgabe  in  gelungenster  Weise  gutgemacht  wurden.  Die  Redaktion 
leitete  auf  Veranlassung  des  Königs  Friedrich  Wilhelm  IV.  Professor 
Preuss.  Das  Werk,  mit  den  trefflichsten  Holzschnitten  von  Unzel- 
mann und  den  Brüdern  Vogel  nach  den  genialen  Zeichnungen 
Menzels  geschmückt,  wurde  in  200  Exemplaren  gedruckt,  die  nur 
zum  Verschenken  bestimmt  waren.  Nichts  wurde  an  Arbeit, 
Material  und  Kosten  verabsäumt,  um  ein  wahres  Meisterwerk  zu 
schaflfen,  welches,  1844  begonnen,  erst  nach  dem  Tode  des  könig- 
lichen Förderers  1860  vollendet  wurde 

Ein  Druckwerk   ersten   Ranges  ist  ebenfalls  das  nur  in 
80  Exemplaren  für  die  Londoner  Ausstellung  ausgeführte  „Neue  Das  nw  t«u- 
Testament"  nach  Luther  in  gr.  Folio  mit  bildlichem  Schmuck  von 
Cornelius  und  Kaulbach.   Als  eine  „grosse"  Leistung  in  den  ver- 

1  Durch  eine  mit  allerhöchster  Erlaubnis  dem  Buchhändler  Kud.  Wagner 
in  Berlin  gestaltete  Ausgabe  dir  Holzschnitte,  welche  ganz  vorzüglich  in  der 
Staatsdruckerei  ausgeführt  wurde,  sind  diese  glänzenden  Schöpfungen  Menzels 
dem  Publikum  seit  dem  Jahre  18S2  zugänglicher  geworden. 


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3^4 


DIE  GERMANISCH  K  GkUPI'E. 


XIII.  KAP. 


Das  Kro.uu.gs-  schiedciicn  Bedeutungen  des  Wortes  ist  die  Krönung  I.  M.  des 
Königs  Wilhelm  und  der  Königin  Augusta  am  18.  Oktober  1861 
zu  nennen.  Das  Buch  hat  eine  Höhe  von  74  an  und  eine  Breite 
von  53  cm;  aufgeschlagen  bedeckt  es  eine  Tischflächc  von 
7844  dem.  Die  135  Blätter  des  Buches  sind  einzeln  gedruckt  und 
auf  Falz  geklebt.  Typographisch  konnte  das  Werk  nicht  besser 
ausgeführt  sein,  als  geschehen.  Die  edle  Einfachheit  verdient  volles 
Lob.  Von  den  genealogischen  Tafeln  misst  die  eine  in  der  Lange 
416  cm.  Kopf-  und  Schlussvignetten  sind  dem  einfachen  Stil  des 
Werkes  angepasst.  Das  Buch  hat  eine  besonders  interessante 
Geschichte.  Zweimal  wurde  der  Druck  durch  Kriege  unterbrochen 
und  als  es  im  Sommer  1872  erschien,  konnte  der  Bericht  über  die 
Krönung  des  preussischen  Königs  Wilhelm  dem  deutschen  Kaiser 
Wilhelm  dediziert  werden. 

Rudolf  von  Deckers  —  denn  er  war  anlässlich  des  hundert- 
Uedcr  <ie*  jährigen  Bestehens  des  Hauses  in  den  Adelsstand  erhoben  —  letzte 
typographische  That  war  die  Jubelausgabe  der  „Lieder  des  Mirza 
SchafTy* ,  ein  Prachtwerk,  in  welchem  die  Leistungen  der  Typo- 
graphie und  der  Chromolithographie  sich  den  Rang  streitig  machen. 

Doch  nicht  nur  die  Prachtwerke,  sondern  jede  auch  die  gewöhn- 
lichste Arbeit  wurde  mit  der  grössten  Sorgfalt  behandelt.  So  waren 
das  Coursbuch  und  nicht  minder  die  demselben  beigegebene  typo- 
graphisch ausgeführte  Kiscnbahnkarte,  eine  Arbeit  des  späteren 
Frankfurter  Buchdruckers  A.  Mahlau,  ganz  vorzügliche  Leistungen. 
Zu  dem  umfangreichen  Geschäft  erwarb  R.  Decker  im  Jahre  1852 
noch  die  Papierfabrik  Eichberg  in  Schlesien. 

Wennauch  das  Verhältnis  zu  der  Regierung  dem  Deckerschcn 
Geschäft  ausserordentliche  Vorteile  brachte,  so  lässt  es  sich  anderer- 
seits nicht  in  Abrede  stellen ,  dass  die  Reihe  der  Besitzer  ernstlich 
bemüht  war,  ihre  Anstalt  auf  eine  Stufe,  die  einer  solchen  bevor- 
zugten Stellung  entsprach,  zu  bringen  und  auf  einer  solchen  zu 
erhalten1. 

Unter  den  älteren  Buchdruckereien  Berlins  aus  dieser  Periode 
I  nger   werden  mit  besonderer  Achtung  Unger  Vater  und  Sohn  genannt. 
+  is  \ 's.       Ersterer,  Johann  Gkokg  Unokr,  bei  Pirna  geboren,  kam  1740  als 
Drucker  nach  Berlin.  Er  etablierte  sich  hier  als  Formenschneider 

"  I >ic  let/.le  Wandlung  der  Anstalt  wird  weiter  unten  zu  behandeln  bcin. 


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XIII.  KAP. 


DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


und  starb  als  angesehener  Künstler1.  Der  Sohn  Johann  Friedrich  j.  f.  Ungcr 
Unger  erfreute  sich  ebenfalls  eines  guten  Rufes  als  Formenschneider,  t»6.  De^W,. 
erwarb  1780  eine  Buchdruckerei  und  legte  1791  eine  Schriftgiesserei 
an,  namentlich  um  die  Didotschen  Schriften  allgemein  einzuführen, 
welche  damals  so  sehr  beliebt  waren,  dass  die  Fraktur  Gefahr  lief, 
von  ihnen  verdrängt  zu  werden  (s.  283).  Später  wendete  sich 
jedoch  Unger,  wie  früher  Breitkopf,  der  Fraktur  zu,  suchte  aber  das 
Heil  für  diese  auf  einem  Irrwege  durch  Annäherung  ihrer  Formen 
an  die  runde  Antiqua.  In  dieser  Weise  schuf  er  die  sogenannten 
Ungerschen  Lettern  und  Hess  diese  durch  Joh.  Chr.  Gubitz,  den  er 
aus  der  Breitkopfschen  Offizin  in  Leipzig  engagiert  hatte,  schneiden, 
welche  Schriften  sich  jedoch  nicht  einbürgern  wollten2.  Im  Jahre 
1800  wurde  Unger  zum  Professor  ernannt.  Nach  seinem  Tode 
konnte  die  Witwe  trotz  all  ihrer  Tüchtigkeit  und  Arbeitsamkeit 
doch  nicht  das  weitverzweigte  Geschäft  in  dem  bisherigen  Schwung 
erhalten.  Während  der  Drangsale  der  Kriegsjahre  verfiel  es  nach 
und  nach  und  gelangte  182 1  zum  grossen  Teil  in  den  Besitz  von 
Trowitzsch  &:  Sohn,  die  den  grössten  Kalenderverlag  haben  und 
mit  der  umfangreichen  Buchdruckerci  (9  Schp.)  eine  bedeutende 
Schriftgiesserei  verbinden. 

Mit  der  genannten  Familie  Unger  stehen  die  Gründer  der 
Firma  Gebr.  Unger  in  keiner  verwandtschaftlichen  Beziehung.  Ol  10  c.ebr.  UngCr. 
Ludwig  Unger  1  und  Ji  1,.  Ferd.  Unger  erwarben  1824  die  von 

F.  W.  Maas  gegründete  Buchdruckerei.  Der  Sohn  des  Julius, 
Carl  Joh.  Friedr.  Unger,  ward  1856  Hofbuchdrucker.  Die  an 
orientalischen  Schriften  reiche  Offizin  lieferte  viele  vorzügliche 
Werkdruckc. 

Die  von  Chr.  S.  Spener  1773  erworbene  Buchdruckerei  ging 
bei  dessen  Tod  1813  auf  seinen  Bruder  J.  K.  Ph.  Spener  über,  der 
mit  derselben  181 5  die,  1785  gegründete,  vorzügliche  Offizin  von 

G.  H.  Wegner  vereinigte.    Wie  erwähnt,  führte  er  zugleich  mit 

«  J.  Fr.  Ungkr,  Dcnkinnl  eines  Berlinischen  Künstlers  un<I  braven  Mannes, 
von  seinem  Sohne.   Berlin  l  7S9. 

2  J.  I*'r.  Unger,  Probe  einer  neuen  Art  deutscher  Lettern.  Berlin  '793-  — 
Die  zweite  Probe  erschien  unter  der  Form:  „Die  neue  Cacilia",  1 794.  Unger 
schrieb  ferner:  r Etwas  über  die  Hol/-  und  Foriiischncidckunst". 

3  Schrieb  flüchtige  Rücke  auf  die  letzten  40  Jahre  der  Buchdruckcrkunst. 
Herl  in  1S40. 


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366 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


Decker  die  Schnellpresse  in  Berlin  ein  (s.  308).  1826  gingen  das 
Geschäft  und  die  „Berlinischen  Nachrichten  von  Staats-  und 
gelehrten  Sachen"  in  den  Besitz  des  Bibliothekars  Dr.  S.  H.  Spiker 
über. 

G.  A.  Reimer   aus  Greifswalde  war  eine  der  Zierden  des 
g.  a.  Reimer  deutschen  Buchhandels,  ebenso  bekannt  durch  seine  patriotische 
•j  .6.  Ä|.ni  i*4».  Gesinnung  als  seine  geschäftliche  Tüchtigkeit.  Im  Jahre  1817  legte 
er  eine  Buchdruckerei  für  seinen  eigenen  Bedarf  an.    Zu  seinem 
bedeutenden  Verlag  erwarb  er  noch  die  Weidmannschc  Buch- 
handlung in  Leipzig  und  gehörte  somit  sowohl  Berlin  als  Leipzig 
an.   Der  Wcidmannsche  Verlag  ging  1830  auf  den  ältesten  Sohn 
c.  K.imcr    Carl  Reimer  über,  der  ihn,  zuerst  im  Verein  mit  seinem  Schwager 
•j  Jf). juh  1*50.  gajomon  jjjrzei    (jann  allein  fortsetzte.    Im  Jahre  1855  verlegte 

C.  Reimer  das  Geschäft  nach  Berlin. 

E.  S.  Mittler  aus  Halle  war  einer  der  tüchtigsten  und  belicb- 
r.  s.  Minier  testen  der  deutschen  Buchhändler.  Im  Jahre  1816  übernahm  er, 
'  *  '  erst  als  Leiter,  dann  als  Besitzer,  die  Buchdruckerei  seines  Schwieger- 
vaters Wilhelm  Dieterici  und  druckte  seinen  eigenen  meist  aus 
Militaria  bestehenden  Verlag.  Im  Jahre  1 S62  nahm  er  seinen  Enkel 
Dr.  Th.  Töciie  als  Teilnehmer  auf,  der  nach  Mittlers  Tode  das 
Geschäft  mit  aller  Energie  fortsetzt. 

Die  Druckerei  der  Akademie  der  Wissenschaften  jetzt  unter 
Leitung  von  G.  Vogt)  ist  an  Umfang  nicht  bedeutend,  jedoch  reich 
an  seltenen  Schriften,  mit  welchen  die  Werke  der  Akademie 
gedruckt  wurden,  darunter  Schotts  chinesische  Grammatik. 

Auf  die  Verdienste  Ed.  Hänels  ist  bereits  oben  (S.  281}  hin- 

E.i  Hand    gewiesen.  Er  war  in  Magdeburg  geboren,  wo  sein  Vater  C.  J  Hänel 
•  1804. 

f  16.  Aug.  i85<,.  königl.  Hofbuchdrucker  war,  hatte  sich  in  England  tüchtig  aus- 
gebildet und  ging  später  nach  Paris  und  Belgien.  1835  druckte  er 
die  preussischen  Kassenanweisungen,  zu  welchem  Zweck  er  eine 
Zweiganstalt  in  Berlin  etablierte.  Nachdem  das  Magdeburger 
Geschäft  durch  Feuer  verheert  worden  war,  zog  er  ganz  nach 
Berlin  und  überliess  seinem  Bruder  Alhert  das  Magdeburger 
Etablissement.  Das  Berliner  Geschäft,  welches  er  1852  an  Carl 
David  verkauft  hatte,  kam  nach  einigen  Wandlungen  1864  in  die 
festen  Hände  Wilh.  Gronaus,  der  es  im  Hänelschen  Geiste  fortführt 
und  namentlich  der  Schriftgiesserei  seine  Thätigkeit  zuwendet. 


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XIII.  KAP.  DER  NORDEN  DFR  GERMANISCHEN  GRUPPE.  367 

Im  Jahre  1835  kaufte  Jul.  Sittenfeld  eine  kleine  Buchdruckerei, 
die  er  schnell  in  die  Höhe  brachte.  Die  Offizin  war  im  Hebräischen  j.  smcnfdd 
besonders  leistungsfähig;  unter  anderen  druckte  er  den  Talmud  in 
acht  Foliobänden.    Der  jetzige  Besitzer  {Dr.  O.  Löwenstein)  hat 
das  Geschäft  bedeutend  erweitert  (15  Schp.,  200  Arb.).   Die  Buch- 
druckerei von  C.  F.  Amelang  ging  durch  Kauf  auf  Carl  Schultze  caH  schult«, 
über.    Er  richtete  dieselbe  besonders  auf  den  Druck  schwieriger  *  301  Jul"82'- 
wissenschaftlicher,  namentlich  orientalischer  Schriften  ein. 

Ein  sehr  bedeutender  Teil  der  Druckkräfte  Berlins  wird  durch 
das  Zeitungsgeschäft  in  Anspruch  genommen,  indessen  haben  die  Der  Zeitung»- 
einzelnen  Blätter  nicht  solchen  Umfang  und  Verbreitung,  dass 
man  dort  Zeitungsdruckereien  wie  in  England  und  Amerika  auf- 
weisen könnte,  selbst  Blätter  von  dem  Umfang  und  dem  Einfluss 
wie  die  „Kölnische  Zeitung"  und  die  „Neue  Freie  Presse-  besitzt 
Berlin  nicht.  Im  allgemeinen  lassen  Druck,  Papier  und  Korrektheit  der 
Zeitungen  viel  zu  wünschen  übrig.  Das  verbreitetste  Blatt  war  1880 
das  „Berliner  Tageblatt"  mit  70000  Abnehmern.  Diesem  kamen 
am  nächsten  „Berliner  Zeitung",  „Volkszeitung u,  „Vossische 
Zeitung"  mit  zwischen  20  —  30000  Exemplaren;  dann  folgten 
„Staatsbürger -Zeitung",  „Berliner  Börsenzeitung",  „National- 
Zeitung"  in  15  —  20000  Auflage.  Von  Rotationsmaschinen  besitzt 
Berlin  19.  Die  Zahl  der  Journale  beträgt  etwa  478,  darunter 
43  amtliche,  66  politische.  Der  Zeitungsdebit  durch  die  Post 
bezifferte  sich  1880  auf  etwa  80  Millionen  Nummern. 

Zu  den  bedeutendsten  Zeitungsdruckereien  gehört  die  von 
Lessing  („Vossische  Zeitung")  mit  2  Rotations-,  4 Doppelmaschinen, 
nebst  5  Stereotyp  -  Apparaten ;  Ed.  Krause  (15  Schp.  „National- 
zeitung",  -Bank  -  und  Handelszeitung",  rKladdcradatsch",  „Wolfis 
Depeschen"  u.  a.};  Norddeutsche  Buchdruckerei  und  Verlags- 
anstalt (12  Schp.  -Norddeutsche  Allgemeine  Zeitung",  „Reichs- 
anzeiger" u.  a.);  R.  Müsse  (18  Schp.  -Berliner  Tageblatt"  etc.); 
Büxenstein  (3  Rotm.  und  21  Schp.  „Börsen -Courier",  „Gerichts- 
zeitung", „Neue  Volkszeitung");  Adam  Wilh. Hayns  Erben  (9  Schp. 
„Berliner  Intelligcnzblatt") ;  die  Buchdruckerei  der  „Berliner  Börsen- 
zeitung" (10  Schp.). 

Der  Illustrationsdruck  war  bis  jetzt  nicht  die  starke  Seite  der 
Berliner  Offizinen,  doch  dürfte  bei  dem  Umstand,  dass  mehrere  der 


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DIE  GERMANISCH*:  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


grossen  Berliner  illustrierten  Blätter  in  Leipzig  gedruckt  werden, 
neben  dem  guten  Druck  noch  andere  geschäftliche  Verhältnisse  mit- 
reden. Die  verbreitetsten  sind:  der  von  L.  Schaefcr  gegründete 
„Bazar",  jetzt  im  Besitz  einer  Aktiengesellschaft;  F.  Lipperheides 
„Modenwelt";  »Das  Berliner  Modenblatt*,  die  „Illustrierte  Frauen- 
zeitung". Von  den  politischen  Witzblättern  fand  der  „Kladderadatsch 4 
eine  grosse  Verbreitung. 

Auch  das  Accidenzfach  war  bis  vor  nicht  langer  Zeit  in  Berlin 
I  Kr  Accidenz-  etwas  vernachlässigt  und  ausser  Hänels  Druckerei  hatte  keine  einen 
besonderen  Ruf  auf  Grund  von  Accidenzarbeiten.  In  jüngster  Zeit 
ist  dies  vielfach  anders  geworden.  Ein  grosses  Ansehen  genicsst 
W.  Büxenstein  (S.  286',  dessen  neu  eingerichtete  mit  Lithographie 
verbundene  Buchdruckerei  vorzügliches  im  Accidenz-  und  Illustra- 
tionsdruck liefert.  In  letzterer  Richtung  erwarb  sich  \Y.  Moser 
(13  Schp.)  einen  sehr  guten  Namen.  Auch  Gebr.  Grunert  lieferten 
höchst  beachtenswertes  im  Accidenz-  und  Luxusdruck.  Ein  eigen- 
tümliches Accidenzgeschäft  ist  das  der  Gkbr.  Litfass,  welches 
sich  namentlich  dem  Plakatdruck  widmet  und  das  Monopol  der 
Anschlagesäulen  besitzt.  Während  der  Kriegszeit  1870  befand  sich 
das  r Depeschenhaus"  im  andauernden  Belagerungszustand,  denn 
von  Litfass'  Offizin  aus  gingen  die  lakonischen  aber  inhaltsschweren 
Telegramme  „aus  dem  Hauptquartier"  in  das  Publikum. 

Wollten  wir  alle  grösseren  Druckereien  Berlins  nennen,  würden 
Der  Nievern.,,  wir  Seiten  damit  füllen,  hier  sei  nur  noch  erwähnt  die  Aktiengesell- 
schaft Letteverein,  welche  unter  der  Direktion  von  C.  Janke  dessen 
frühere  Offizin  als  Frauendruckerei  seit  1875  im  Gang  erhält;  sie 
beschäftigt  45  weibliche,  20  männliche  Arbeiter  und  7  Schnell- 
pressen. 

Zuletzt  ist  noch  die  im  Range  erste  Druckerei  Deutschlands 
zu  erwähnen. 

Seit  dem  1.  April  1879  ist  das  Reich  im  Besitz  einer  Reichs- 
i>.< •  Preußische  Druckerei,  entstanden  aus  einer  Verschmelzung  der  Dcckerschen 

St.int'drm  kerei  .  /-.«««  « 

.inj  .ii.-  Rcidi»-  geheimen  Oberhofbuchdruckerei  mit  der  königlich  preussischen 
Staatsdruckerei. 

Letztere,  verhältnismässig  junge  Druckanstalt  hatte  sich  einen 
sehr  guten  Ruf  erworben.  Früher  wurden  die  preussischen  Bank- 
noten und  Kassascheine,  wie  erwähnt,  bei  Ed.  Hänel  und  auch 


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XIII.  KAP. 


DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


369 


in  der  Deckerschen  Offizin  ausgeführt.  Eine  Zentralisation  der  Kgi.  Preu«. 
Regierungsarbeiten  wurde  jedoch  als  notwendig  erachtet  und  durch 
Kabinettsordre  vom  30.  August  185 1  die  Königliche  Staats- 
druckerf.i  für  Anfertigung  von  Wertpapieren  ins  Leben  gerufen. 
Nach  Auflösung  des  Königlichen  Lithographischen  Instituts  fiel 
der  Staatsdruckerei  auch  die  Herstellung  der  Generalstabskarten  zu. 

Im  Jahre  1877  am  1.  Juli  wurden  die  Deckerschen  Grundstücke 
und  die  Oberhofbuchdruckerei  für  die  Summe  von  6780000  Mark  Reichsdruckerei, 
vom  Reich  angekauft.  Von  dieser  Summe  kamen  auf  die  letztere 
1  780000  Mark.  1879  am  1.  April  beschloss  der  Reichstag,  die 
Königlich  Preussische  Staatsdruckerei  für  die  Summe  von  3  573  000 
Mark  für  das  Reich  zu  erwerben  und  mit  der  Deckerschen  Offizin 
zu  einer  Reichsdruckerei  zu  vereinigen.  Die  Lokalitäten  der  Staats- 
druckerei in  der  Oranienstrasse  wurden  in  zweckmässiger,  auch 
äusserlich  imponierender  Weise  umgebaut  und  beide  Druckereien 
im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  verschmolzen,  denn  die  ganzen 
Schriftenvorräte  von  333  000  Kilo  wurden  ins  Zeug  geworfen  und 
umgegossen,  weil  die  Systeme  der  beiden  Offizinen  nicht  mit  ein- 
ander stimmten,  zugleich  wohl  auch,  weil  vieles  veraltet  war.  Auch 
neue  Maschinen  wurden  angeschafft,  so  dass  die  Reichsdruckerei 
augenblicklich  mit  einem  Werte  von  etwa  sieben  Millionen  Mark 
angesetzt  wird.  Ob,  wenn  einmal  das  Reich  eine  eigene  Druckerei 
haben  musste,  eine  solche  nicht  von  neuem  viel  zweckmässiger  und 
viel  billiger  hätte  hergestellt  werden  können,  ist  nunmehr  allerdings 
eine  müssige  Frage.  Jetzt  bleibt  mehr  zu  wünschen,  als  zu  hoffen, 
dass  diese  Anstalt  sich  streng  auf  diejenigen  Arbeiten  beschränken 
werde,  welche  wirklich  nur  die  Bedürfnisse  der  Reichsregierung 
befriedigen.  Nach  manchen  Zeichen  zu  urteilen,  beabsichtigt  man 
jedoch,  aus  der  Reichsdruckerei  eine  Art  von  Vorbild  für  die 
deutsche  Typographie  zu  schaffen,  wie  es  seinerzeit  die  Wiener 
Staatsdruckerei  für  Österreich  war,  wobei  man  jedoch  vollständig 
vergisst,  dass  erstere  seit  lange  mündig  geworden.  Selbst  die  Her- 
stellung der  schwierigsten  orientalischen  Werke,  diese  Ausstellungs- 
Paradepferde  der  Staatsanstalten,  mit  Ausnahme  der  vortrefflichen 
St.  Petersburger  Wertpapierdruckerei,  hat  sich  in  den  Privat- 
druckereien Deutschlands  in  einer  Weise  ausgebildet,  dass  es  nur 
als  eine  Schädigung  der  ohnehin  durch  die  starke  gegenseitige 

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370  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  XIII  KAP. 

Reichsdruckerei.  Konkurrenz  bedrohten  Privatinteressen  betrachtet  werden  müsste, 
wenn  der  Staat  ihnen  Konkurrenz  bereiten  sollte. 

Die  Anstalt  beschäftigt  700  Personen,  besitzt  55  Schnellpressen, 
18  Handpressen  und  über  200  Hülfsmaschinen.  In  runder  Summe 
werden  jährlich  100  Millionen  Bogen  gedruckt  und  über  800  Millionen 
Poststempel  und  andere  Wertzeichen  zu  einer  Gesamtsumme  von 
etwa  123  Millionen  Mark,  ferner  etwa  3'/.  Millionen  Stück  Reichs- 
banknoten, Kassenscheine  und  andere  Papiere,  die  einen  Wert  von 
nahe  an  einer  Milliarde  für  die  Besitzer  repräsentieren. 

Das  Budget  von  1881 — 82  ergab  eine  Einnahme  von  3  240 OOO 
Mark,  eine  Ausgabe  von  2221980  Mark,  doch  da  hiervon  über 
700  000  Mark  Zinsen  und  Abschreibungen  abgehen  und  die  Stellung 
der  Preise  bei  Mangel  an  Konkurrenz  keine  geschäftliche  Bedeutung 
hat,  so  ist  es  schwer  zu  sagen,  wie  es  mit  der  Rentabilität,  wenn 
mit  den  Leistungen  von  Privatdruckereien  verglichen ,  sich  verhält, 

Die  Reichsanstalt  ist  unter  der  bisherigen  vorzüglichen  Leitung 
der  Königlich  Preussischcn  Staatsdruckerei  geblieben,  die  Direktion 
hat  somit  Herr  Geheimrat  Busse,  die  technische  Führung  Herr 
E.  Ringer.  Die  neuesten,  künstlerisch  wenig  befriedigenden  Produk- 
tionen, die  Fünfzig-,  Zwanzig-  und  Fünfmarkscheine,  sind  auf  Papier 
gedruckt,  in  dessen  Masse,  nach  dem  in  Amerika  angewendeten 
Verfahren,  farbige  Fasern  strichweise  hineingearbeitet  sind.  Das 
Papier  wurde  unter  Aufsicht  von  Beamten  der  Reichsdruckerei  von 
Gebr.  Ebart  in  Spechthausen  bei  Eberswalde  angefertigt.  Über  die 
Untrüglichkeit  des  Systems  wird  gestritten. 

Berlin  ist  der  Hauptsitz  für  den  lithographischen  Farbendruck 
Lithographie,  geworden  in  seinen  verschiedenen  Zweigen,  welche  sowohl  der 
Herstellung  von  Oldruckbildern  als  der  Zeitschriften-  und  Bücher- 
Illustrationen,  sowie  den  vielen  Bedürfnissen  des  Papeteriegeschäfts 
dienen.  Die  eigentliche  Bedeutung  erhielt  der  lithographische 
Farbendruck  durch  die  Bemühungen  Schinkels  und  Beuths,  unter- 
stützt durch  das  Wohlwollen,  welches  der  nachmalige  König 
Friedrich  Wilhelm  IV.  schon  als  Kronprinz  dem  neuen  Kunstzweig 
entgegentrug.  Den  Wert  desselben  bezeugte  in  glänzender  Weise 
das  grosse  Werk  Prof.  Zahns  über  pompejanische  Altertümer. 

Guten  Ruf  erlangte  die  Anstalt  J.  Winckelmanns,  der  zuerst  18 16 
in  Verbindung  mit  Heinr.  Arnz  das  bekannte  Institut  Arnz  &  Co. 


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XIII.  KAP. 


DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


371 


in  Düsseldorf  begründet  hatte.  Die  Leitung  desselben  lag  eine  zeit-  Kunsunstaiten. 
lang  in  den  Händen  von  J.  Storch,  der  später  sich  mit  C.  Kramer 
verband  und  tüchtiges  im  Landschaftsfache  lieferte.  Ganz  vortreff- 
lich sind  Storch  &:  Kramers  für  die  Arundel- Society  in  London  aus- 
geführte Reproduktionen  der  Freskogemälde  altitalienischer  Maler 
(s.  103).  Als  Meister  im  architektonischen  und  landschaftlichen 
Aquarelldruck  zeichneten  sich  Loeillot  und  R.  Steinbock  aus, 
bekannt  sind  unter  anderen  Hildebrandts  „Reise  um  die  Welt" 
und  Köhlers  polychrome  Meisterwerke.  Mit  dem  eigentlichen 
Olbilderdruck  beschäftigten  sich  mit  mehr  oder  weniger  Glück  eine 
nicht  kleine  Anzahl  von  Firmen  und  es  bleibt  nur  zu  bedauern,  dass 
neben  dem  Guten  so  vieles  Geschmacklose,  zumteil  elendes  Mach- 
werk hervorgebracht  wurde,  welches  eine  Kunst  für  den  Augenblick 
in  Misskredit  gebracht  hat,  die  ein  besseres  Schicksal  verdient  hatte, 
und  nun  neue  Wege  suchen  muss,  um  sich  die  verscherzte  Gunst 
wieder  zu  erwerben.  Unter  den  Firmen,  die  ausser  den  erwähnten 
tüchtiges  leisteten,  sind  zu  nennen  Carl  Gerold,  Otto  Troitzsch, 
Böhme  &  Frankel. 

Einen  bedeutenden  Einfluss  auf  die  Verwendung  des  Farben- 
druckes übten  die  GROPiussche  Buchhandlung  (später  Ernst  &  Korn) 
durch  ihre  grossartigen  architektonischen  Unternehmungen,  Rud. 
Wagner  durch  die  erwähnte  Hildebrandts  „Reise  um  die  Welt"  und 
ähnliche  Aquarell- Albums,  Alex.  Duncker  durch  eine  Reihe  von 
Prachtwerken  aus. 

In  neuerer  Zeit  hat  die  Verwendung  der  Chromolithographie 
zu  gewerblichen  Zwecken  eine  enorme  Ausdehnung  gewonnen. 
Die  Anfuhrung  einiger  der  bedeutendsten  Firmen  wird  einen  Begriff 
von  dem  Umfang  solcher  Etablissements  geben. 

W.  Hagelberg  beschäftigt  38  Schnellpressen,  29  Handpressen, 
94  H ulfsmaschinen  und  700  Arbeiter;  Carl  Hkllriegel  9  Schnell- 
pressen, 42  Handpressen,  450  Arbeiter;  Schäfer  &  Scheibe,  deren 
hauptsächlichste  Produktion  in  Neujahrs-  und  Gratulationskarten 
besteht,  9  Schnellpressen,  50  Handpressen,  350  Arbeiter;  A.  Kauf- 
mann &  Co.  23  Schnellpressen,  16  Handpressen  und  250  Arbeiter. 
Umfangreich  sind  ferner  Albrecht  &  Mkister,  die  Berliner  Luxus- 
Papierfabrik,  Kutzner  &  Berger  und  noch  manche  andere.  Man 
findet  hierin  die  Bestätigung,  wie  sehr  in  dem  Druckgewerbe  der 

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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


Kunmnsuiten.  Zeitungs  -  und  der  Accidenzdruck  dem  eigentlichen  Bücherdruck 
über  den  Kopf  wächst. 

Als  Verleger  von  Karten  und  Globen  wurden  namentlich 
Dietrich  Reimer,  E.  Schotte  &  Co.  und  das  Berliner  Litho- 
graphische Institut  massgebend. 

Als  Herausgeber  von  Werken  unter  Zuhülfenahme  des  Licht- 
druckes entwickelte  E.  Wassmlth  eine  enorme  Thätigkeit,  auch 
Paul  Bette  war  in  dieser  Richtung  sehr  rührig.  Die  Photo- 
graphische Gesellschaft  besitzt  einen  ausserordentlich  grossen 
Fond  von  photographischen  Blättern,  auch  G.  Schauer  lieferte 
viele  Blätter  und  Albums.  Den  eigentlichen  Kunstverlag  pflegten 
E.  H.  Schröder  (R.  Schuster),  Sachse  &  Co.,  Amsler  &:  Ruthardt, 
Goupil  &  Co.  (Filiale  von  Paris).  Unter  den  Verlegern,  die  einen 
besonderen  Einfluss  auf  das  Druckgewerbe  übten,  sind  noch  zu 
nennen:  G.  Grote,  Dunckrr  &  Humbi.ot,  Veit  &  Co.  (beide  jetzt 
in  Leipzig),  Jul.  Springer,  Gebr.  Paetel,  P.  Parey,  Dümmlers 
Verlag,  A.  Hirschwald,  G.  Langenscheidt  (selbst  Buchdrucker), 
A.  Asher  &  Co.,  Wiegan  dt  &  Grieben. 


In  der  drittgrössten  Stadt  des  Deutschen  Reiches  Breslau  '  hat 
Breslau,  die  Druckerei  im  Verhältnis  zur  Grösse  der  Stadt  keine  Rolle 
gespielt,  so  wenig  wie  in  den  anderen  grossen  Städten  des  Nordens 
Königsberg,  Danzig,  Hamburg,  Magdeburg  und  Köln. 

Im  Jahre  1748  übernahm  Carl  Wilh.  Grass  die  Stadtbuch- 
Grass.  Barth  druckerei  in  Breslau  von  den  Baumannschen  Erben  (I,  S.  145),  dem 

&  Co.  _  _ 

sein  Bruder  Friedr.  Sigm.  Grass  folgte.  Nach  dessen  Tode  erwarb 
Joh.  Aug.  Barth  das  Geschäft  und  vermehrte  es  durch  die  Druckerei 
der  katholischen  Landes  -  Universität.  Ein  schönes  Denkmal  der 
Leistungsfähigkeit  der  Offizin  ist  das  18 18  erschienene  Paris  annis 
1 8 14  et  1 8 1 5  foederatis  annis  restitutae  momunentum  in  Gross-Folio, 
welches  Jubelgedichte  in  42  grösstenteils  fremdländischen  euro- 
päischen und  orientalischen  Sprachen  enthält.  Die  Firma  wurde 
Grass,  Barth  &  Co.,  sie  verbindet  jetzt  Typographie  mit  Litho- 
graphie und  arbeitet  mit  14  Schnellpressen. 

1   Geschichte  der  seit  300  Jahren   in  Breslau  befindlichen  Stadtbuch- 
druckerei. 1804. 


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XI1L  KAP.  DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  373 

Einen  grossen  Umfang  erreichte  die  Verlagshandlung  und 
Buchdruckerei  von  W.  G.  Korn,  welche  am  13.  Januar  1882  ihr  w.g.  K«m. 
1 5qjähriges  Jubiläum  beging.  Joh.  Jos.  Korn  eröffnete  an  diesem 
Tage  1732  sein  Geschäft  und  erhielt  174 1  Privilegium  zur  Heraus- 
gabe der  „Schlcsischen  Zeitung".  Sein  Sohn  Joh.  Gottlieb  Korn 
trat  1828  die  Buchhandlung,  1836  die  „Schlesische  Zeitung"*  an 
seine  beiden  Söhne  ab.  Im  Jahre  185 1  übernahm  Heinr.  Korn  das 
Etablissement.  Anlässlich  des  Jubiläums  errichtete  er,  abgesehen 
von  manchen  anderen  Schenkungen,  dir  seine  Mitarbeiter  eine 
Stiftung  mit  einem  Kapital  von  100  000  Mark  und  wurde  in  den 
Adelsstand  erhoben.  Das  Geschäft  arbeitet  mit  1 5  grossen  Maschinen 
und  etwa  1 50  Arbeitern,  besitzt  auch  bedeutende  Papierfabriken. 

S.  Schottländer  hat  einen  reichhaltigen  Verlag  und  arbeitet 
mit  1 5  Schnellpressen.  Von  grossen  Verlagshandlungen  sind  noch 
zu  nennen  Max  &  Co.,  Ferd.  Hirt  und  E.  Trewendt. 

Einen  bedeutenden  Umfang  erreichte  das  Geschäft  von  Carl 
Flemming  in  GLOGAV,  welches  sich  namentlich  der  Produktion  c.  Fiemming 
von  I^andkarten  widmet  und  damit  n  typographische  und  litho-  f  i?No?!  !•;«! 
graphische  Schnellpressen  beschäftigt. 

In  Posen  wurde,  wie  erwähnt,  von  G.  J.  Decker  ein  Etablisse- 
ment errichtet,  das  jetzt  als  W.  Deckkk  &  Co.  typographisch  und  Posen, 
lithographisch  mit  7  Schnellpressen  arbeitet.  FRANKFURT  A.  O.,  die 
erste  Stadt  Preusscns,  in  welcher  die  Druckerei  eingeführt  wurde,  hat 
so  wenig  wie  andere  Städte  des  östlichen  Preussens  eine  besondere 
Stellung  in  der  Typographie  erworben.  Die  bedeutendste  Druck- 
anstalt dort  ist  Trowitzsch  &  Sohn  (gegr.  1779}  mit  6  Schnellpressen. 

Selbst  die  Königs-  und  Universitätsstadt  KÖNIGSBERG  misst 
sich  kaum  mit  mancher  Stadt  von  20— 30 000  Einwohnern  hinsieht-  Königsberg, 
lieh  graphischer  Produktion.  Erst  1523  war  die  Druckerei  dort 
durch  Hans  Weynreich  eingeführt,  dessen  Offizin  nach  vielen 
Wandlungen  zur  Zeit  des  dritten  Jubelfestes  in  den  Händen  Joh.  Fr. 
Reussners  war. 

Das  bedeutendste  Geschäft  ist  das  von  Jon.  Heinr.  Härtung, 
durch  Übernahme  der  J.  S TELTESchen  Buchdruckerei  1732  gegründet.  J.  H.  Härtung 
Durch  Umsicht  und  Unermiidlichkeit  erwarb  sich  Härtung  allge-  r  y 

M.if  175'j. 

meines  Ansehen.  Die  Stände  von  Livland  und  Kurland  übertrugen 
ihm  den  Druck  der  lettischen  Bibel  und  der  cyrillischen  Postille; 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


für  erstere  erhielt  er  7000  Thaler.  Neben  seiner  Buchdruckerei 
trieb  er  bedeutenden  Verlags-  und  Sortimentshandel  und  sein  1746 
erschienener  Sortimentskatalog  war  über  400  Seiten  stark.  In 
Leipzig  hatte  er  während  der  Messe  offenes  Gewölbe.  Zu  seinem 
grossen  Geschäft  erwarb  er  noch  die  erwähnte  Reussnersche  Hof- 
und  akademische  Buchdruckerei.  Er  verschied  in  Leipzig  1756 
während  der  Ostermesse. 

Nachdem  sein  ältester  Sohn  bereits  1759  gestorben  war,  über- 
Goitl.  Härtung  nahm  1763  der  jüngere  Gottlie»  Leberecht  Härtung  das  Geschäft, 
f  Ig.  Nov'.  I;9;!  nach  dessen  Tode  dirigierte  es  seine  Witwe  Sophie  Charlotte  mit 
Mut  und  Ausdauer,  bis  sie  es  18 17  ihrem  Sohne  Georg  Friedrich 
Härtung  übertragen  konnte.  Die  von  Härtung  herausgegebene 
„ Königsberger  Zeitung"  ist  eine  der  ältesten  Deutschlands  und 
ihre  Geschichte  lässt  sich  bis  auf  das  Jahr  1640  verfolgen.  Vom 
6.  Februar  1758  bis  1 .  Juli  1762  und  dann  vom  19.  Juli  bis  10.  August 
1 762  musste  der  ihre  Kopfzeile  schmückende  preussische  Adler  mit 
dem  russischen  vertauscht  werden.  In  den  Jahren  1807  und  1808 
hatte  die  Zeitung  eine  grössere  Bedeutung  erreicht,  da  der  Krieg  in 
der  Nähe  um  Königsberg  geführt  wurde,  wodurch  indes  Härtung 
verschiedenen  Gefahren  ausgesetzt  wurde. 

Wie  wenig  bedeutend  der  Umfang  des  Druckgewerbes  in 
Königsberg  war,  geht  aus  den  Aufzeichnungen  über  die  vierte  Jubel- 
feier hervor.  Dieselben  weisen  nur  7  Druckereien  mit  45  Gehülfen 
und  28  Lehrlingen  auf;  da  die  Hartungsche  Druckerei  20  Gehülfen 
und  7  Lehrlinge  beschäftigte,  so  kommen  auf  sechs  Druckereien 
25  Gehülfen  und  21  Lehrlinge*.  Jetzt  arbeitet  die  Hartungsche 
Buchdruckerei  mit  sechs  Schnellpressen  und  etwa  100  Personen. 

Von  Königsberg  aus  wurde,  als  Friedrich  der  Grosse  bei  der 
Mahenwcrdcr.  ersten  Teilung  Polens  Westpreussen  erhielt,  der  Buchdrucker 
R.  Kanter  nach  MARIENWERDER  als  Hofbuchdrucker  berufen,  um 
die  königlichen  Arbeiten  zu  liefern;  die  Offizin  besteht  noch  heute 
Lunzig,  mit  5  Schnellpressen.  In  Danzig  sind  die  bedeutendsten  Druck- 
anstalten die  von  Jul.  Sauer  und  von  A.  W.  Kafemann,  letztere  ist 
Stettin  zugleich  mit  Schriftgiesserei  verbunden.  STETTIN  hat  nur  Bedeutung 
im  Accidenz-  und  Zeitungsdruck;  die  dortige  Firma  H.  G.  Effenbart 
beging  1 879  ihr  3<x>jähriges  Jubiläum.   Noch  um  zwei  Jahre  älter 

»  Geschichte  der  Hucluli uckerkunst  in  Königsberg.  1840, 


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Xin.  KAP.  DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  375 

ist  die,  jetzt  mit  S  Schnellpressen  arbeitende,  Firma  H.  Hessknland. 
R.  Grassmann,  zugleich  Schriftgiesserei ,  beschäftigt  elf  Schnell- 
pressen und  gegen  100  Arbeiter. 

In  Rostock  besteht  die  Offizin  von  Adlers  Erben  {6  Schp.) 
seit  1635.  Ausser  in  Rostock  hat  D.  C.  Hinstorff,  bekannt  als  der  Mecklenburg. 
Verleger  und  Drucker  von  Fritz  Reuters  Werken,  noch  Geschäfte 
in  Wismar  (5  Schp.)  und  LUDWIGSIXST.    Die  grösste  Druckerei 
Schwerins  ist  die  von  W.  Sandmeyer  ;8  Schp.}. 

Neuruppix  kann  Armeen  aus  der  Presse  stampfen.  Die  Firma 
Gustav  Kühn  arbeitet  mit  Rotationsmaschine,  11  Schnellpressen 
und  einer  grossen  Zahl  von  Hülfsmaschinen,  welche  von  gegen 
400  Arbeitern  bedient  werden.  Oehmigke  &  Riemschneider  be- 
schäftigen 6  Schnellpressen  und  200  Arbeiter  hauptsächlich  mit 
den  bekannten  Bilderbogen. 

LÜBECK  verlor  seine  Bedeutung,  die  es  in  der  früheren  Periode 
eine  Zeitlang  hatte,  und  auch  Hamburg  nimmt  nicht  eine  solche  Lübeck. 
Stellung  ein,  wie  man  es  von  dem  ersten  Handelsplatze  und  der,  der  Hamburg- 
Bevölkerung  nach,  zweiten  Stadt  des  Reiches  erwarten  könnte. 
Vielleicht  wären  seinerzeit  die  Bemühungen  des  Friedr.  Andreas 
Perthes,  Hamburg  zu  einem  Emporium  des  buchhändlerischen  Ver- 
kehrs mit  dem  Auslande  zu  erheben,  gelungen,  wenn  nicht  die 
schwere  Zeit  des  Napoleonischen  Druckes  auf  Deutschland  im 
allgemeinen  und  Hamburg  im  besonderen  hemmend  gelastet  hätte'. 
Nur  für  den  Zeitungsverlag  hatte  Hamburg  einige  Bedeutung  und 
erst  in  neuerer  Zeit  ist  es  Sitz  einiger  grösserer  Verlagshandlungen 
geworden. 

Selbst  der  Accidenzdruck  hat  keinen  rechten  Aufschwung 
genommen.  Der  solide  Hamburger  Kaufmannssinn  giebt  wenig  auf 
Eleganz  der  Druckarbeiten. 

Inzwischen  sollte  doch  das  wenig  poetische  Hamburg  einen 
grossen  Dichter  Deutschlands  unter  seinen  Buchdruckern  zählen.  Lewing  au 
Eine  Zeitlang  war  nämlich  Lessing  Associc  des  Buchdruckerei-  nuch,irucker- 
besitzers  Joh.  Joach.  Christ.  Bodk.  Ostern  1767  hatte  letzterer 
auf  dem  Holzdamm  eine  Buchdruckerei  angelegt  und  Lessing  trat 
gleich  nach  seiner  Ankunft  in  Hamburg  als  Sozius  ein.  Die 
„Hamburgische  Dramaturgie",  die  „  Antiquarischen  Briefe-  und  die 

»  Ct.EMfcNs  Tu.  Pkrtiiks  Friclr.  Perthes'  Leben.  6.  Aufl.  Gotha  1872. 


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376 


DIE  GERMANISCH E  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


Abhandlung  »Wie  die  Alten  den  Tod  gebildet44  sind  von  den 
eigenen  Pressen  Lessings  gedruckt,  und  das  Projekt,  die  Werke  der 
bedeutendsten  Gelehrten  mit  lohnenderem  Ertrage  für  Verfasser 
und  Verleger  zu  veröffentlichen ,  erregte  in  den  beteiligten  Kreisen 
so  grosse  Aufmerksamkeit,  dass  Klopstock  schon  im  Sommer  1767 
versprach,  für  das  geplante  „Deutsche  Museum44  seine  „Hermanns 
Schlacht14  und  Gerstenbergs  „Ugolino44  herzugeben.  Die  Publi- 
kationen dieser  Druckerei  und  Verlagsfirma  erhielten  ein  seltsames 
Kleinquart -Format;  zum  Druck  wurde  ein  fein  gestreiftes  resp. 
geripptes  italienisches  Papier  verwendet,  so  dass  der  eigentümliche 
Geschmack  Bodes  und  Lessings  vielfach  Spottreden  hervorrief.  Die 
junge  Firma  wurde  schon  1768  unter  bedeutenden  Verlusten  für 
Lessing  aufgelöst,  dessen  finanzielle  Bedrängnisse,  welche  seinen 
Abgang  von  Hamburg  bis  zum  Jahre  1770  verzögerten,  jedenfalls 
zum  grössten  Teil  diesem  Misserfolg  zuzuschreiben  sind. 

Das  grösste  der  heutigen  Etablissements  ist  das  von  J.  F.  Richter 
Hamburger   (2  Rotm.,  14  Schp.,  1 5  Hdp.,  1 50  Arb.).  Als  Zeitungsdruckereien 

Offizinen. 

sind  zu  nennen  die  Aktiengesellschaft  Neue  Börsenhalle,  welche 
die  „Börsenhalle44  und  den  „Correspondent44  druckt,  Hermanns 
Erben  (i  Rotm.,  6  Schp.},  Diederich  &  Co.  (i  Rotm.,  5  Schp.}. 
C.  Adler  verbindet  mit  Buchdruckeret  und  lithographischer  Anstalt 
9  Schp.,  8  Hdp.)  ein  ausgedehntes  Geschäft  mit  Lehrmitteln. 
F.  Schlotke  wurde  schon  in  dem  Kapitel  über  Maschinen  erwähnt, 
ist  ausserdem  durch  seine  litterarische  Wirksamkeit  bekannt  und 
jetzt  Besitzer,  Redacteur  und  Drucker  des  «Journal  für  Buchdrucker- 
kunst- ;s.  356). 

Das  holsteinische  Städtchen  Itzehoe  besitzt  die  bedeutende 
Buchdruckerei  von  G.  J.  Pfingsten,  dessen  weitverbreitete  „Itzehoer 
Nachrichten"  namentlich  vor  und  während  der  dänischen  Kriege 
einen  grossen  Einfluss  übten. 

In  dem  als  eine  Vorstadt  von  Hamburg  zu  betrachtenden 
Wandsbeck.  WANDSBECK  hat  die  bedeutendste  chromolithographische  Anstalt 
c.  w.  sciu  Deutschlands  ihren  Sitz  aufgeschlagen.  Gustav  W.  Seitz  lernte 
erst  als  Setzer,  versuchte  sich  dann  ohne  jedwede  Anleitung  als 
Holzschneider,  bis  er  später  in  München  seine  weitere  Ausbildung 
erhielt.  Dann  wagte  er  sich  in  Hamburg  an  den  Verlag.  Durch 
Zufall  mit  dem  lithographischen  Farbendruck  bekannt  geworden, 


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xni.  KAP. 


DER  NORDEN  DER  GERMANISCH  EN  GRUPPE. 


377 


erblickte  er  in  diesem  die  Illustrationsmethode  der  Zukunft.  Nach 
Überwindung  unendlicher  Schwierigkeiten  gelang  es  Seitz,  zwanzig 
Handpressen  zu  beschäftigen,  bis  der  Krieg  1 866  wieder  Stockungen 
brachte.  Trotzdem  beschloss  er,  sich  ein  Domizil  zu  bauen  und 
zwar  in  dem  äussersten  Ende  von  Wandsbeck.  Ein  kleines  humo- 
ristisches Bild  von  Süs,  „Der  erste  Gedanke*,  wurde  in  18000 
Exemplaren  verkauft.  Trotz  der  Abmahnungen  des  Künstlers 
selbst  wagte  er  sich  nun  an  Carl  Werners  Nilbilder  in  Aquarelldruck 
und  errang  einen  vollständigen  Sieg.  Unter  seinen  vielen  Blättern 
ist  der  grosse  Aquarelldruck  „Auroras  Triumphzug"  nach  Guido 
Reni  eine  ausserordentlich  gelungene  Leistung. 

Besondere  Verdienste  hat  Seitz  durch  die  Vervollkommnung 
des  Reduktionsapparates.  Schon  im  Jahre  1860  tauchte  die  englische 
Erfindung  auf,  ein  Bild  auf  eine  Gummihaut,  die  in  einem  Rahmen 
von  vier  durch  Schrauben  verstellbaren  Stäben  angebracht  war, 
durch  stärkere  Anspannung  resp.  durch  Lockerung  der  Spannung 
der  Haut  zu  vergrössern  oder  zu  verkleinern.  In  dieser  veränderten 
Gestalt  wurde  dann  das  Bild  auf  einen  Stein  übertragen,  so  dass 
man  Kopien  in  verschiedenen  Grössen  ohne  eine  neue  Zeichnung 
erhalten  konnte.  Alles  kommt  natürlich  auf  die  ganz  verhältnis- 
massig richtige  Vergrösserung  oder  Verkleinerung  nach  Höhe  und 
Breite  an.  Seitz  ist  es  gelungen,  die  Apparate  so  fein  zu  vervoll- 
kommnen, dass  Bilder  von  zwanzig  und  mehr  Farben,  zu  welchen 
ebenso  viele  Steine  gehören ,  im  vollkommensten  Passen  der  Um- 
ränderungen hergestellt  werden  können. 

In  Wandsbeck  übte  um  1875  Otto  Radde  (durch  MOhl- 
me ister  &  Johler  dort,  später  in  Hamburg,1  ein  eigentümliches  Ver-  stenochromie. 
fahren,  um  Oldruckbilder  herzustellen.  In  der  Art,  wie  die  einzelnen 
Glas-  oder  Steinstückchen  zu  einem  Mosaikbild  gefugt  werden,  setzte 
Radde  die  aus  festen  Teichfarben  mittels  Blechschablonen  in  die 
nötigen  Formen  gebildeten  Blöcke  in  einem  Rahmen  zu  einer  Bilder- 
form zusammen.  Wurde  nun  ein  mit  Terpentin  gefeuchteter  Bogen 
darauf  gelegt  und  Form  und  Bogen  in  einer  Presse  einem  gelinden 
Druck  ausgesetzt,  so  erhielt  man  ein  Oldruckbild,  das  jedoch 
nur  als  eine  Untermalung  zu  betrachten  war,  welche  erst  durch 
Aufdruck  mehrerer  lithographischer  Farbenplatten  Ausdruck  und 
Schattierung  erhielt.  Das  Verfahren  war  nicht  neu.  Bereits  Senefelder 


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378 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPK. 


XIII.  KAP. 


hatte  in  seinem  Werke  daran  gedacht  und  der  Maler  Liepmann  in 
Berlin  lieferte  1842  einige  recht  hübsche  Bilder  in  dieser  Weise. 
1873  zeigte  sich  Jul.  Greth  aus  Charlottenburg  damit  auf  der 
Wiener  Weltausstellung.  Auch  ein  Engländer,  J.  M.  Johnson,  hatte 
es  geübt,  um  Landkarten  zu  illuminieren,  sowie  um  Tapeten  und 
andere  Arbeiten  herzustellen,  wo  die  Farben  sich  bestimmt 
abgrenzen  und  nicht  in  einander  übergehen  müssen.  Von  dem  mit 
grossem  Eclat  in  Scene  gesetzten  Verfahren  (Stenochromie)  ist  es 
ganz  still  geworden. 

Die  Handelsstadt  Bremen  ist  so  wenig  wie  Hamburg  ein 
ürcmen.  bedeutender  Verlagsplatz  geworden,  deshalb  beschränkten  sich 
die  Buchdruckereien  hauptsächlich  auf  Zeitungs-  und  Accidenz- 
arbeiten.  Die  grössten  Offizinen  sind  die  von  C.  Schünemann 
■9  Schp. ,  120  Arb.},  welche  die  „Bremer  Nachrichten-4  und  die 
„Weser-Zeitung"  druckt,  und  Gebr.  Hauschild,  die  hauptsächlich 
Accidenzarbeiten  liefern. 

In  Oldenburg  sind  G.  Stalling  und  die  ScnuLZEsche  Hof- 
oidenburg.  buchdruckerei,  je  mit  4  Schnellpressen,  thätig.  In  dem  kleinen 
Detmold  besteht  seit  1570  die  MeverscIic  Hofbuchdruckerei, 
welche,  jetzt  mit  Steindruckerei  verbunden,  8  Schnellpressen  und 
9  Handpressen  in  Gang  hält. 

In  HANNOVER  findet  eine  rege  Druckthätigkeit  hauptsächlich 
Haunover.  für  Zeitungs  -  und  Accidenzdruck  statt;  namentlich  ist  dasselbe  ein 
Hauptplatz  für  die  Herstellung  von  Handlungsbüchern  geworden. 
Obenan  in  letzterer  Richtung  stehen  J.  C.  König  &  Ebhardt  mit 
29  Schnellpressen,  darunter  14  für  mehrere  Farben,  16  Liniier- 
maschinen,  30  Buchbinderpressen,  12  Papierschneidemaschinen 
nebst  zahlreichen  sonstigen  Hülfsmaschinen  und  einem  Personal 
von  350  Köpfen.  Auch  Euler  &  Krische  (10  Schp.,  200  Pers.) 
und  die  Hannoversche  Geschäftsbücherkabrik  arbeiten  in  ähnlicher 
Richtung,  während  R.  Leunis  &  Chapman  die  Handeltreibenden 
mit  Tüten  und  ähnlichem  versorgen  und  damit  ein  grosses  Personal 
beschäftigen. 

Die  Gebr.  Janecke  (als  Farbenfabrik  Jänecke  &  Schneemann 
s.  3 19'  gaben  ihrem  Druckgeschäft  eine  grosse  Ausdehnung  ( 10  Schp., 
11  Hdp.!,  sowohl  als  Zeitungsdruckerei  '„Hannöverscher  Courier") 
wie  als  Werk  und  Accidenzdruckcrei.  Von  Bedeutung  sind  ferner 


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XIII.  KAP. 


DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


379 


Klindworths  Hofbuchdruckerei  (10  Schp.,  9  Hdp.)  und  die 
ScHi.üTERsche  Buchdruckerei  (2  Rotm.,  7  Schp.}.  In  der  Zeit  der 
Privilegien  hatte  die  HAHNsche  Hofbuchhandlung  fast  den  ganzen 
Sortimentshandel  des  Königreichs  in  den  Händen.  Ihr  bedeutender 
Verlag  hat  seinen  Sitz  in  Leipzig.  —  Die  Universitätsstadt  Göttingen 
hat  als  Druckplatz  nie  eine  grosse  Bedeutung  gehabt. 

MUNSTER ,  in  der  Zeit  der  Humanisten  ein  so  wichtiger  Platz 
(I,  s.  5 1  ,  macht  sich  wie  Paderborn  und  Trier  (Fr.  Lintz,  7  Schp.)  Westfalen  und 

Rheinlaad. 

hauptsächlich  nur  durch  seinen  streng  katholischen  Verlag  bemerk- 
bar. OBERHAUSEN  verdient  Erwähnung  als  der  erste  Platz  in 
Deutschland,  wo  die  Rotationsmaschine  (durch  A.  Spaarmann) 
eingeführt  und  zum  Bücherdruck  verwandt  wurde.  In  MINDEN 
liefert  E.  C.  Brunn  6  Schp.  namentlich  Post-  und  merkantile 
Arbeiten. 

G.  D.  Bädeker  in  ESSEN  beschäftigt  150  Arbeiter  und  zehn 
Schnellpressen,  die  BÄDEKERSche  Buchdruckerei  in  ELBERFELD  Vermiedene 

Sladte. 

6  Schnellpressen  namentlich  mit  Eisenbahnarbeiten;  daselbst  drucken 
auch  S.  Lucas  mit  14,  R.  L.  Friderichs  mit  10  Schnellpressen. 

L.  Schwann  übersiedelte  von  Neuss  nach  DÜSSELDORF  und 
errichtete  dort  eine  grosse  Offizin  {10  Schp.,  120  Arb.\  welche 
namentlich  bedeutende  Accidenzien  in  Chromoxylographie  liefert. 
Dass  Düsseldorf  als  Sitz  der  berühmten  Kunstschule  sich  auch  im 
Kunstverlag  auszeichnet,  ist  fast  selbstverständlich.  Als  Kunst- 
druckerei hat  L.  Baumann,  früher  Arnz  &  Co.,  einen  Ruf;  die 
„Düsseldorfer  Monatshefte"  waren  weltbekannt.  A.  Bagel,  früher 
in  Wesel,  hat  eine  sehr  bedeutende  typographisch -lithographische 
Anstalt  {21  Schp.,  150  Pers.,  Papierfabrik)  und  liefert  namentlich 
Arbeiten  für  Schulen,  Bilderbücher  u.  dgl. 

Bonn  gehört  zu  denjenigen  Universitätsstädten,  wo  namentlich 
der  orientalische  Druck  gepflegt  wird,  besonders  durch  die  Druckerei 
von  C.  H.  Georgi. 

Köln,  im  frühen  Mittelalter  die  berühmte  hohe  Schule  der 
Wissenschaft  und  der  Typographie,  von  wo  aus  das  Licht  Guten-  Kuin. 
bergs  über  die  Niederlande  und  den  Norden  ausgegangen  war, 
lieferte  später  nur  ultramontane  Schriften  und  musste  sogar  seinen 
berühmten  Namen  zur  Einschmuggelung  verbotener  oder  gar 
schmutziger  Bücher  hergeben,   die  überall  hin  mit  der  Firma 


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38o 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPK. 


XIII.  KAP. 


„Peter  Hammer"  oder  „Pierre  Marteau*  und  Druckort  Köln  ver- 
breitet wurden. 

Von  den  Offizinen  hat  die  der  Verlagshandlung  J.  P.  Bachem 
in  der  katholischen  Welt  eine  grosse  Bedeutung  und  druckt  mit 
ihren  9  Schnellpressen  mehrere  Zeitschriften  und  Zeitungen  mit 
katholischer  Richtung.  Die  LANGENsche  Buchdruckerei  beschäftigt 
16  Schnellpressen,  die  von  W.  Hassel  10. 

Am  öftesten  wird  jedoch  in  der  neuern  typographischen 
Geschichte  Köln  auf  Grund  der  Offizin  der  Kölnischen  Zeitung 
genannt,  mit  der  auf  dem  Kontinent  nur  die  der  Wiener  „Neuen 
Freien  Presse"  in  den  technischen  und  redaktionellen  Einrichtungen 
wetteifern  kann. 

Bereits  165 1  gab  es  zu  Köln  eine  Zeitung,  die  als  Stammmutter 
Du  Mom-Schau- der  jetzigen  „Kölnischen  Zeitung"  zu  betrachten  ist:  die  im  Besitz 
hKoYng.  z"iluilg".  von  Franz  Köntgen  erscheinende  „Postamts -Zeitung",  welcher  er 
den  Namen  „Kölnische  Zeitung*1  gab.  Sie  wurde  bei  Schaubergs 
Erben  gedruckt,  eine  Offizin,  die  von  Gereon  Arnold  Schauberg 
bereits  anfangs  des  Will.  Jahrhunderts  gegründet  war'. 

Als  Schauberg  das  Blatt  von  Köntgen  erwarb,  hatte  es  eine 
Auflage  von  250  Exemplaren.  Der  frühere  Besitzer  erhielt  eine 
Rente  von  monatlich  zwei  Kronenthalern ;  stiege  die  Zahl  der 
Abonnenten  auf  400,  so  sollte  monatlich  ein  halber  Thaler  zugelegt 
werden. 

Am  10.  Juni  1805  gingen  sowohl  die  Schaubergsche  Offizin 
als  die  „Kölnische  Zeitung*  auf  Marcus  Du  Mont  über,  welcher  sich 
in  demselben  Jahre  mit  Catharine  Schauberg  verheiratete.  Köln 
schmachtete  damals  wie  das  ganze  linke  Rheinufer  unter  der  Herr- 
schaft Napoleons  und  da  in  jedem  Departement  nur  ein  Regierungs- 
blatt geduldet  wurde,  so  musste  die  „Kölnische  Zeitung*  1809 
einfach  zu  erscheinen  aufhören.    Der  Kaiser  entschädigte  jedoch 

1  Geschichte  «'er  „Kölnischen  Zeitimg"  und  ihrer  Druckerei.  Diese  wahr- 
haft  prächtige  Gclegcnheitsschrift  erschien  anlässlich  der  Gewerbe-Ausstellung 
in  Düsseldorf  1880,  wo  M.  Du  Mont-Schauberg  eine  komplette  Zeitungsdruckerei 
mit  Kotationsmaschine  ausgestellt  hatte.  Das  Werk  enthält  höchst  interessante 
lleiträge  zur  Geschichte  der  Zeitungen,  zeichnet  >ich  daneben  durch  eine  fast 
beklagenswerte  Abwesenheit  alles  und  jeden  Hcrvorhcbens  der  leitenden  Persön- 
lichkeiten aus. 


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XIII.  KAP.  DER  NORDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


381 


den  Verleger  durch  eine  Jahresrente  von  4000  Franken.  18 14  ist  Kz°Jint'u*he 
das  Jahr  der  Wiedergeburt  des  Blattes  und  1822,  wo  der  Zeitungs- 
stempel in  Preussen  eingeführt  wurde,  hatte  es  bereits  über  2000 
Abonnenten.  Die  Ereignisse  von  1830,  1848  und  namentlich  die 
Kriegsjahre  1866  und  1870  trugen  wesentlich  zur  Hebung  und 
Verbreitung  des  Journals  bei.  Riesig  waren  die  Opfer,  welche 
dasselbe  durch  Errichtung  eigener  Telegraphenlinien,  und  Ent- 
sendung eigener  Korrespondenten  brachte,  allein  diese  Aussaat  ist 
auf  guten  Boden  gefallen,  die  „Kölnische  Zeitung"  ist  heute  ein 
Weltblatt  und  druckt  täglich  eine  Auflage  von  30  bis  40  tausend 
Exemplaren. 

Unter  solchen  Verhältnissen  wurden  die  Lokalitäten  mehrmals 
zu  enge  und  im  Jahre  1 846  entstand  mit  einem  Aufwände  von  über 
300000  Mark  in  der  Breitenstrassc  ein  höchst  zweckmässiger  Neu- 
bau, der  am  26.  September  1847  bezogen  und  im  Jahre  187 1  durch 
Neubauten  vergrössert  wurde.  Das  erste  Telegramm  der  Zeitung 
erschien  am  5.  Oktober  1849.  Am  1.  Januar  1858  nahm  sie  das 
Format  an,  in  welchem  sie  noch  heute  erscheint. 

Am  1.  Januar  1845  hatten  bereits  die  Brüder  Joseph  und 
Michael  Du  Mont  das  Geschäft  im  alleinigen  Besitz  und  zwar 
übernahm  Michael  die  Buchhandlung,  Joseph  behielt  die  Zeitung. 
Leider  starb  dieser  bereits  am  3.  März  1861  und  hinterliess  seiner 
Witwe  und  seinen  vier  Kindern  sowie  seinem  treuen  Freunde  und 
Associe  Wilhelm  Ferdinand  Schultze  aus  Magdeburg,  welcher 
1844  'n  das  Geschäft  getreten  war,  das  umfangreiche  Institut.  Am 
3 1 .  Juli  1874  erhielt  sie  ihre  eigene  Drahtleitung  von  Berlin,  nachdem 
bereits  früher  der  Telegraph  in  grossartiger  Weise  benutzt  worden 
war.  In  den  Prozessen  Kullmann  und  Graf  Arnim  betrugen  die  Kosten 
für  Telegramme  25000  M.  und  öfters  wurden  mehr  als  20000  Worte 
hintereinander  depeschiert.  Eine  Wochenausgabe  der  Zeitung  hatte 
bereits  im  Jahre  1866  am  5.  Oktober  begonnen. 

Nachdem  die  „Kölnische  Zeitung"  mehrmals  ihre  Pressen  durch 
neue  verbesserter  Konstruktion  ersetzt  hatte,  wurden  1877  Rota- 
tionsmaschinen, und  zwar  von  König  &  Bauer  gebaute,  angeschafft. 
Die  drei  vorhandenen  Exemplare  liefern  stündlich  je  16200  komplette 
Bogen.  Als  Motoren  für  diese  und  noch  für  10  Schnellpressen 
dienen  vier  Gasmaschinen.    1880  betrug  die  Zahl  der  Angestellten 


1 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIII.  KAP. 


155,  ausserdem  waren  78  Knaben  beschäftigt.  Reich  dotierte 
Kranken-  und  Unterstützungskassen  sind  mit  der  Offizin  verbunden. 

Kurz  nach  dem  Tode  Ludwigs,  des  ältesten  Sohnes  Josephs, 
starb  am  30.  November  1881  der  mit  den  reichsten  Gaben  des 
Verstandes  und  des  Herzens  ausgerüstete  "W.  F.  Schultze,  der 
ausserordentlich  viel  dazu  beigetragen  hat,  dass  die  Zeitung  heute 
eine  so  hohe  Stufe  einnimmt,  dabei  war  er  von  einer  so  grossen 
Bescheidenheit,  dass  nicht  einmal  sein  Name  in  der  erwähnten 
aus  seiner  Feder  stammenden  Festschrift  genannt  wird. 

Es  ist  begreiflich,  dass  kaum  ein  Reisender,  der  die  Aufgabe 
der  Presse  zu  würdigen  versteht,  bei  einem  Aufenthalt  in  Köln  die 
Offizin  der  „Kölnischen  Zeitung*  unbesucht  lässt.  So  erschien 
eines  Nachmittags  im  Herbst  1877  der  Feldmarschall  Graf  Moltke. 
Rasch  entwarf  einer  der  Redacteure,  Hermann  Grieben,  einige 
begrüssende  Zeilen,  die,  in  wenigen  Minuten  gesetzt  und  in  der 
Presse  abgezogen,  dem  berühmten  Besucher  überreicht  wurden ;  sie 
mögen  hier  einen  Platz  finden : 

Heil  und  Dank  Dir,  Schlachtenleiter,  dass  Du  auch  hei  uns  erschienst, 
Und  auch  unsre  wackren  Streiter  inspizierst  in  ihrem  Dienst. 
Ja  die  kleinen  Hleisoldaten  sind,  verhunderttausendfacht, 
Wohlgeführt  und  wohlberaten  eine  respektable  Macht. 
Täglich  rückt  ihr  Kriegsgeschwader  tapfer  aus  zum  Geisterstreit, 
Ihre  grossen  Hinterlader  schiessen  tausend  Meilen  weit.  — 
Sieh  im  Ka-ten  hier  die  Letter!    Einzeln  ist  sie  nur  ein  Zwerg, 
Doch  im  Chor  ein  Siegsgesehmetter:  „Freiheit,  Licht  und  Gutenberg". 


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XIV.  KAPITEL. 

DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

Emporwachsen  Stuttgarts:  Die  Familie  Cotta.  J.  B.  Metzler.  Die  illustrierte 
I-ittcratur.  Ed.  Hallberger,  Gebr.  Kröncr  u.  a.  Die  Xylographie.  Der  Buch- 
handel. Statistisches.  Tübingen.  München:  Aufschwung  aller  graphischen 
Künste,  Kasp.  Braun,  Er.  Hanfstängl,  J.  Albert,  Er.  Bruckmann  u.  a.  Nürn- 
berg. Regensburg.  Augsburg.  Rheinische  Städte.  Erankfurt  a.  M.  Mainz 
und  das  Einwcihungsfest.  Ereiburg  i.  Br.  Dornach:  Ad.  Braun.  Strassburg: 
Das  Gutcnbergdcnkinal,  die  Bibliothek. 

Die  Schweiz.  Lokale  Schwierigkeiten.  Basel:  Die  Eamilie  Haas.  Zürich: 
Orell  Füssli  &  Co.,  Kartographie.  St.  Gallen:  Chr.  Zollikofer.  Einsiedeln: 
Gebr.  Benziger.  Bern. 


v-f^SM?"^  OCI I  vor  Ablauf  der  vergangenen  Periode  halten  der 
' '  Westen  und  der  Süden  Deutschlands  ihr  typographi- 
sches Übergewicht  verloren.  Die  blühenden  Hauptsitze 
der  Buchdruckerei  und  des  Buchhandels,  Nürnberg  und 
|  Augsburg,  waren  von  ihrer  Höhe  zurückgegangen  und 
wurden  zu  Anfang  unseres  Jahrhunderts  bayrische  Provinzialstädte, 
während  die  Hauptstadt  Bayerns  keine  Anstrengungen  machte,  um 
ein  Emporium  des  Bücherverkehrs  in  Süddcutschland  zu  werden,  wie 
es  wohl  möglich  gewesen,  wenn  Gutenbergs  Kunst  von  oben  dieselbe 
Unterstützung  und  Förderung  gefunden  hätte,  wie  die  bildende 
Kunst.  Der  hohe  Glanz  Basels  war  hinfällig  geworden;  es  blieb 
zwar  eine  sehr  respektable  schweizerische  Universität,  der  europäische 
Ruf  war  jedoch  dahin.  Strassburg  zählte  seit  seiner  Überrumpelung 
durch  die  Franzosen  im  Jahre  1681  nicht  mehr  zu  Deutschland  und 


Sinken  der 
Bedeutung  de 
Südens. 


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384  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  XIV.  KAP. 

galt  in  jüngster  Zeit  mehr  als  Festung  denn  als  Sitz  der  Wissenschaft 
und  Kunst.  Frankfurt  am  Main  hatte  als  Bücheremporium  längst 
Leipzig  den  Platz  räumen  müssen,  war  auch  nicht  bestrebt,  wenigstens 
als  Verlagsort,  ein  bedeutendes  Gewicht  in  die  Wagschale  zu  legen, 
und  die  Heimat  der  Druckkunst,  Mainz,  hatte  es  nie  versucht,  die 
günstigen  Antezedentien  zu  benutzen  und  die  Erbschaft  Gutenbergs 
im  Geiste  des  Erfinders  anzutreten. 

Unter  diesen  Verhältnissen  gelang  es  einer  bis  1750  in  der 
Emporbiühen  Geschichte  der  Typographie  kaum  genannten  Stadt,  die  noch  tief 

Stuttgarts. 

in  unser  Jahrhundert  herein  hauptsächlich  nur  als  Sitz  der  Cottaschen 
Verlagshandlung  und  des  Nachdruckes  in  der  graphischen  Welt 
bekannt  war,  in  der  Zeit  von  knapp  einem  Menschenalter  sich  zum 
dritten  typographisch  -  bibliopolischen  Hauptplatz  des  Deutschen 
Reiches  emporzuschwingen,  und  zwar  hauptsächlich  nur  durch  die 
Energie  der  Gewerbtreibenden  selbst,  verbunden  mit  Tüchtigkeit, 
kaufmännischer  Klugheit  und  dem  nötigen  Mut  „ins  Zeug  zu 
gehen-4  gepaart. 

Seinen  ersten  Ruhm  verdankt  Stuttgart,  wie  erwähnt,  der 

joh.  Fr.  Cotta  Familie  Cotta.  Johann  Friedrich  Cotta,  ein  Urenkel  des  Begründers 
1 39.  Dcz.'iVjjV  des  Cottaschen  Geschäfts  in  Tübingen  (L,  S.  134),  Enkel  des  Kanzlers 
der  Universität,  war  in  Stuttgart  geboren.  Sein  Vater  hatte  im  öster- 
reichischen Reiterdienst  gestanden  und  auch  er  fühlte  Neigung  für 
den  Militärdienst  und  widmete  sich  namentlich  dem  Studium  der 
Mathematik,  ergriff  jedoch  als  Brotstudium  die  Rechtswissenschaft 
und  trat  1785  in  Tübingen  als  Hofgerichtspraktikant  ein.  Die  seinem 
Onkel  gehörende  Buchhandlung  in  Tübingen  war  in  Verfall  geraten 
und  Johann  Friedrich  musste,  um  sie  der  Familie  zu  erhalten,  sich 
entschliessen,  die  buchhändlerische  Carriere  zu  ergreifen.  Er  trat 
am  1 .  Dezember  1 787  unter  unendlichen  Sorgen  und  Mühen  in  Besitz 
des  Tübinger  Geschäfts  und  verband  sich  zuerst  mit  einem  redlichen, 
aber  für  den  Buchhandel  nicht  geeigneten  Mann,  Dr.  Zahn.  Dieses 
Geschäftsverhältnis  wurde  jedoch  nach  wenigen  Jahren  gelöst. 

Bekannt  ist  Cotta  namentlich  durch  sein  intimes  Verhältnis  zu 
cotus      Goethe  und  Schiller,  ein  Verhältnis  so  schön,  wie  es  zwischen  Autor 

sch?ii«nund"  und  Verleger  nur  gedacht  werden  kann.  Cotta  hatte  den  Plan  zu 

tlocthe.  . 

einer  deutschen  Zeitung  gefasst,  die  von  Schiller  redigiert  werden 
sollte,  jedoch  Goethes  Pläne  führten  zur  Herausgabe  der  Hören  ( 1 795 ). 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


385 


Nun  verständigte  sich  Cotta  mit  Dr.  Posselt  über  die  Herausgabe  der 
„Allgemeinen  Weltkunde",  aus  der  dann  die  „Allgemeine  Zeitung"  Aiigcm.  Zeitung, 
entstand.  Posselt  erkannte  jedoch  selbst,  dass  er  sich  zur  Heraus- 
gabe einer  Tageszeitung  nicht  eigne.  Nach  mehrmaligem  Redactions- 
wechsel  wurde  die  Zeitung  1798  nach  Augsburg  verlegt  und  ging 
nunmehr  gewöhnlich  unter  der  Bezeichnung  „die  Augsburgerin". 


Thätigkeit 
Cotta«. 


Cotta  siedelte  1810  nach  Stuttgart  über:  der  alte  Adel  wurde  Übersiedeln  . 

nach  Stuttgart. 

wieder  aufgenommen  und  Cotta  Freiherr  von  Cottendorf. 

Es  gelang  Cottas  Thätigkeit,  Umsicht  und  Liberalität,  nach  und 
nach  alle  deutsche  Dichter  von  Bedeutung  und  viele  andere  hervor- 
ragende Schriftsteller  an  seinen  Verlag  zu  fesseln.  Für  ein  auf- 
kommendes Talent  wog  der  Umstand,  sein  Werk  im  Cottaschen 
Verlag  erscheinen  zu  sehen,  mehr  als  alle  sonstigen  Empfehlungen. 
Bezeichnend  für  Cotta  und  seine  Handlungsweise  sind  seine  Worte 
an  Schiller:  „Ich  wünsche,  Sie  bestimmten  das  Honorar  für  die 
Sammlung  Ihrer  theatralischen  Schriften.  Sie  werden  dabei  finden, 
dass  Sie  es  mit  einem  Manne  zu  thun  haben,  der  neben  der 
Überzeugung,  dass  bei  Schriftstellern,  wie  Sie,  das  Honorar  nie  ein 
Äquivalent  für  die  Arbeit  sein  könne,  und  dass  mithin  ein  Akkord 
nie  die  Verbindlichkeiten  des  Buchhändlers  in  einem  solchen  Falle 
erschöpfe,  sobald  der  Erfolg  ihm  noch  mehr  zu  thun  erlaubt,  auch 
Ihre  Freundschaft  zu  schätzen  weissa. 

Im  Jahre  18 1 5  ging  Cotta  im  Auftrag  mehrerer  der  geachtetsten 
Buchhändler  Deutschlands  nach  Wien,  um  bei  dem  Kongress  die 
Interessen  des  Buchhandels  zu  wahren.  Eine  seiner  erfolgreichen 
Unternehmungen  aus  damaliger  Zeit  war  Dinglers  „Polytechnisches 
Journal"1.  Von  seiner  Liebe  zur  Kunst  geleitet  gründete  er  in  München 
eine  grossartige  Anstalt  für  Kupferstecherei  und  Lithographie,  ver- 
bunden mit  einer  Kunst-  und  Landkarten-Handlung.  Dort  erfolgte 
nun  die  Herausgabe  vieler  grösserer  die  Kunst  fördernder  Werke : 
Gaus'  Prachtwerk  über  „Nubien";  Platners  topographisches  Werk 
über  „Rom",  das  jedoch  nicht  zur  Vollendung  gelangte;  Bröndsteds 
„Reise  in  Griechenland u ;  die  Werke  von  Moritz  Retzsch,  Eugen 
Neureuther,  Weitbrecht  u.  a. 

Johann  Friedrich  starb  am  29.  Dezember  1832.  Seine  Thätigkeit 
im  Dienste  des  Vaterlandes  und  seine  Vorzüge  als  Landwirt  gehen 
über  den  Rahmen  dieses  I  landbuches  hinaus. 

*5 


Münchener 

Unter- 
nehmungen. 


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! 


386  DIE  GERMAXISCHE  GRUPPE.  XIV.  KAP. 

Sein  Sohn  Georg  von  Cotta  fand  ein  zwar  hochberühmtes, 
g.  y.  coua  aber  auch  auf  Grund  der  Vielseitigkeit  der  Unternehmungen  stärk- 
te x\9Feblr.  Vi*},  belastetes  Geschäft  vor.  Es  gelang  ihm  aber  durch  seine  grosse 
Energie,  alle  Schwierigkeiten  zu  beseitigen,  dabei  doch  vollständig 
im  Geiste  des  Vaters  fortwirkend.  Im  Jahre  1839  erwarb  er  das 
Göschensche  Geschäft  in  Leipzig,  wodurch  er  so  ziemlich  der  Allein- 
verleger der  deutschen  Klassiker  wurde.  Im  Jahre  1845  kaufte  er 
noch  die  Vogelsche  Verlagshandlung  in  München  und  brachte  die 
litterarisch-artistische  Anstalt  dort  in  lebhaften  Schwung.  Er  ver- 
anstaltete zahlreiche  neue  Ausgaben  der  Klassiker.  Gegen  die 
Autoren  war  er  äusserst  liberal,  weniger  gegen  den  Sortiments- 
handel, auch  wurde  nicht  immer  die  nötige  Sorgfalt  auf  die  Korrekt- 
heit und  gute  Ausstattung  der  Ausgaben  verwendet.  Unter  den  von 
ihm  ins  Leben  gerufenen  Zeitschriften  hat  die  „Deutsche  Viertel- 
jahrsschrift" besondere  Bedeutung. 

Cotta  war,  der  politischen  Gesinnung  nach,  ein  ausgeprägter 
Grossdeutscher  und  in  diesem  Sinne  wurde  auch  die  „  Augsburger 
Allgemeine"  geleitet,  bis  die  Ereignisse  auch  dieser  einen  anderen 
Stempel  aufdrückten  (s.  398).  Im  Jahre  1882  siedelte  die  Zeitung 
nach  München  über. 

Mit  dem  Tode  Georg  Cottas  1863  ging  das  Geschäft  in  den 
Änderungen  im  gemeinschaftlichen  Besitz  der  Familie  über.  Die  Firma  Cotta  war 
selbstverständlich  diejenige,  welche  die  grösste  Einbusse  durch  den 
Bundesbeschluss:  vom  6.  November  1867  ab  alle  Privilegien  zu 
gunsten  des  Schutzes  der  Schriften  einzelner  Autoren  nicht  zu 
erneuern,  erlitt.  Im  Jahre  1S69  wurde  die  Literar.- Artistische  Anstalt 
in  München  verkauft. 

1879  übergaben  Cottas  ihre  Buchdruckerei  für  zehn  Jahre  in 
Pacht  an  Gebrüder  Kröner.  So  ganz  ausserordentlich  gross  die 
Verdienste  der  Firma  um  die  Litteratur  sind,  so  lässt  es  sich  nicht 
leugnen,  dass  die  Typographie  nicht  in  derselben  Weise  von  ihr 
begünstigt  wurde.  Erst  in  späterer  Zeit  schloss  sich  die  Cottasche 
Druckerei  den  besten  Deutschlands  an  und  lieferte  Prachtwerke  von 
Bedeutung,  z.  B.  Goethes  Faust,  illustriert  von  G.  Seibertz ;  Reineke 
Fuchs  in  Goethes  Übersetzung,  illustriert  von  W.  v.  Kaulbach; 
Herders  Cid,  illustriert  von  E.  Neureuther;  die  Jubelausgabe  von 
Schillers  Gedichten  u.  a. 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMAXISCHEN  GRUPPE. 


387 


Ihre  früheren,  selbst  die  Prachtausgaben  der  deutschen  Klassiker 
leiden  an  wesentlichen  Mängeln.  So  sehr  auch  ihre  sogenannten 
Schillerausgaben  zur  weitesten  Verbreitung  der  besten  Werke  noch 
vor  Ablauf  der  diesen  gewährten  Schutzfrist  beigetragen  haben ,  so 
wenig  dienten  sie,  den  Geschmack  für  hübsche  Buchausstattung  zu 
wecken.  Dagegen  muss  in  die  Wagschale  gelegt  werden,  dass  nie 
ein  Buch  aus  ihren  Pressen  hervorging,  bei  welchem  die  Spekulation 
über  die  Ehre  der  Litteratur  ging. 

Eine  alte  ehrenwerte  Firma  Stuttgarts  ist  die  1681  gegründete 
J.  B.  McrzLERSche,  die,  was  ein  seltener  Fall  ist,  sich  in  letzter  Zeit  J.  b.  Meuier. 
vollständig  verjüngt  hat  und  kühn  den  Kampf  mit  den  jungen  frisch 
aufblühenden  Firmen  aufnehmen  konnte.  Im  Jahre  1876  trennten 
sich  die  Besitzer  Ad.  Bonz  und  L.  Werlitz.  Letzterer  setzte  das 
Stammgeschäft  fort,  welches  1881  sein  zweihundertjähriges  Jubelfest 
feiern  konnte. 

Adolf  Bonz  ist  als  der  eigentliche  Stifter  des  Deutschen  Buch- 
drucker -Vereins  zu  betrachten.  Schon  jahrelang  vor  dem  Entstehen  a.  Bonz 
desselben  hatte  er  für  das  Zustandekommen  gewirkt.  Seine  grosse  4*  1 
geschäftliche  Erfahrung,  sein  reiches  positives  Wissen  als  studierter 
Mann  und  Jurist,  verbunden  mit  einer  grossen  Klarheit  und  einer 
unerschütterlichen  Ruhe,  befähigten  ihn  ganz  besonders  zur  Leitung 
grösserer  Versammlungen,  und  er  hatte  gute  Gelegenheit,  dieses 
Talent  bei  zwei  der  schwierigsten  Verhandlungen  in  dem  Vereins- 
leben, dem  Eisenacher  Buchdruckertage  am  10.  März  1872  und  der 
ausserordentlichen  Generalversammlung  zur  Statuten  -  Revision  in 
Frankfurt  am  Main  am  14.  und  15.  September  1874,  zu  bewähren. 
Er  war  bei  dem  schweren  Kampfe,  um  Stuttgart  dem  Vereine  treu 
zu  erhalten,  stets  das  vermittelnde  und  versöhnende  Prinzip1. 

Für  den  Aufschwung  der  Metzlerschen  Buchdruckerei  inter- 
essierte er  sich  lebhaft  und  es  entstanden  unter  seiner  Leitung  mehrere 
schöne  Illustrationswerke,  als  Scheffels  „Trompeter  von  Säkkingen"; 
Scheffels  „ Bergpsalmen"1  sowie  dessen  .. Gaudeamus"  und  „Juni- 
perus-4. Die  nach  dem  Tode  von  A.  Bonz  entstandene  neue  Firma 
A.  Bonz  Erben  strebt  in  ähnlicher  Richtung  und  gehört  zu  denen, 
die  allen  ihren  Druckwerken  grosse  Sorgfalt  widmen  und  diese  auf 
die  ganze  Einrichtung  und  die  Behandlung  des  Formats  ausdehnen. 

1  Antialcn  d.  Tvp.  1872,  Nr.  172,  und  1874,  Nr.  273.  274. 

*5* 


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388 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


Eine  ebenfalls  auf  eine  lange  Vergangenheit  zurückschauende 
Gebr.  Krön«.  Buchdruckerfirma  ist  die  der  Gebrüder  Mäntler,  jetzt  Gebrüder 
Kröner.  Durch  ihre  Illustrationsdrucke  glänzt  diese  Firma  als 
ein  Stern  erster  Grösse,  und  kein  Jahr  vergeht,  in  welchem  nicht 
Prachtwerke  von  Bedeutung,  teils  dem  eigenen  Verlage  zugehörend, 
teils  für  fremde  Rechnung  gedruckt,  ihre  Pressen  verlassen.  Es 
seien  darunter  einige  aus  dem  eigenen  Verlage  Kröners  genannt: 
„Unser  Vaterland"  in  den  verschiedenen  Abteilungen :  das  bayrische 
Gebirge,  Tirol,  Steiermark,  Nord-  und  Ostsee,  Rheinfahrt ;  Jägers 
Wanderungen  durch  die  Tierwelt.  Eines  der  weniger  bekannten  und 
umfangreichen,  „Hugdietrichs  Brautfahrt",  dürfte  in  konsequenter 
und  korrekter  Durchführung  als  eine  typographische  Musterleistung 
bezeichnet  werden. 

Im  Jahre  1879  nahmen  Kröners  die  Cottasche  Offizin  mit 
27  Schnellpressen  auf  zehn  Jahre  in  Pacht.  Nachdem  die  ehemalige 
Mäntlersche  Buchdruckerei  in  das  Cottasche  Lokal  übergesiedelt 
war,  bietet  sich  das  für  den  Typographen  interessante  Schauspiel 
zweier,  nach  verschiedenen  Systemen  eingerichteter  und  vollständig 
getrennt  in  einem  Raum  arbeitender  Druckereien ;  doch  wird  wohl 
auch  die  Zeit  kommen,  wo  diese  beiden  Druckereien  wie  die 
Preussische  Staatsdruckerei  und  die  Geheime  Oberhof  buchdruckerei 
v.  Deckers  in  eine  „zusammengeschmolzen"  werden. 

Doch  die  genannten  Firmen  sind  nur  einige  der  Anstalten,  die 
Beginn     dazu  beigetragen  haben,  Stuttgarts  Ruhm  als  Verlags-  und  Druck  - 

det  illtutrierten  »-»,,«•■ 

Druckes,  ort  zu  begründen.  Derselbe  datiert  von  dem  Ende  der  dreissiger 
und  dem  Beginn  der  vierziger  Jahre.  Als  in  Paris  um  diese  Zeit  die 
illustrierten  Unternehmungen  sich  geradezu  überstürzten,  erwachte 
auch  der  Unternehmungsgeist  in  Stuttgart  und  die  rührigen  Ver- 
leger und  Drucker  dort  fanden,  ganz  im  Gegensatz  zu  den  Verhält- 
nissen in  Leipzig,  bereitwillige  Unterstützung  bei  den  dortigen 
Geldmännern.  Unter  denjenigen,  welche  die  Mittel  in  Bewegung 
f.  g.  Franckh.  zu  setzen  wussten,  stand  obenan  F.  G.  Franckh.  Unter  der  Firma 
„Verlag  der  Klassiker"  in  Pforzheim,  der  1839  in  den  Besitz  von 
Dennig,  Finck  &  Co.  überging  und  nach  Stuttgart  übersiedelte, 
erschien  eine  Reihe  von  Unternehmungen,  die  hauptsächlich  mit 
französischen  Cliches  illustriert  wurden.  Doch  wagte  man  sich  bald 
daran,  Eigenes  zu  produzieren.    So  waren  die  Illustrationen  zu 


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XIV.  KAP.  DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  389 

„  1001  Nacht u  deutsche  Originale,  dienten  jedoch  zur  Ausschmückung 
einer  französischen  Ausgabe.  J.  Scheible  brachte  ein  kleines 
^Universum",  C.  Krabbe  die  Übersetzung  von  Swifts  „Gullivers 
Reisen"  u.  s.  w. 

Derjenige,  welcher  die  grössten  und  andauerndsten  Erfolge  in 
dieser  Stuttgart  charakterisierenden  Richtung  erringen  sollte,  war  Ed.  Haiiberger 
Eduard  Hallberger,  eine  der  bedeutendsten  Erscheinungen  des  f  V-Auj.isäo! 
modernen  Buchhandels  und  der  neuen  Typographie. 

Hallberger  trat  zuerst  in  das  väterliche  Geschäft,  gründete  jedoch 
1848  eine  eigene  Firma  und  übernahm  1850  die  mit  drei  Schnell- 
pressen arbeitende  Buchdruckerei  des  Vaters.  1853  gründete  er  die 
Zeitschrift  „Illustrierte  Welt";  1858  fasste  er  den  Plan  zu  einem 
grossen  illustrierten  Unterhaltungsblatt  „Über  Land  und  Meer"',  »über 

to  ö  Land  und  Meer." 

Hackländers  Name  als  Redacteur  war  ein  tüchtiges  Zugmittel; 
1862  wagte  Hallberger  den  Sprung  von  acht  Thalern  auf  vier  Thaler 
Abonnementspreis  und  hiermit  war  sein  Erfolg  entschieden.  Holz- 
schnitte und  Zeichnungen  sind  durchweg  vortrefflich  und  haben 
einen  grossen  Einfluss  auf  die  Xylographie  in  Stuttgart  geübt. 

Unter  den  Druckwerken  Hallbergers  nimmt  die  Heilige  Schrift, 
illustriert  von  Gustav  Dore,  in  zwei  Ausgaben,  für  Lutheraner  und  Doris  Bibel. 
Katholiken,  einen  hohen  Platz  ein.  Sein  Meisterstück  ist  jedoch 
„  Ägypten  in  Wort  und  Bild  "  mit  mehr  als  700  Illustrationen  und  „Eber*- 
mit  Text  von  Georg  Ebers.  Alles  ist  hier  deutschen  Ursprungs 
und  bildet  ein  hervorragendes  Monument  der  graphischen  Künste 
Deutschlands  im  XIX.  Jahrhundert.  Würdig  schliesst  sich  an  dieses 
an,  wenn  es  dasselbe  auch  nicht  ganz  erreicht:  „Palästina",  zu  „Palästina." 
welchem  Werk  England  einen  Teil  des  künstlerischen  Schmuckes 
lieferte.  Auch  die  grossen  Ausgaben  von  Shakespeare,  Goethe  und 
Schiller  zusammen  mit  gegen  2400  Holzschnitt -Illustrationen  sind 
bedeutende  Erscheinungen,  die  von  vielen  geringeren  Umfanges 
gefolgt  wurden.  Ein  wichtiges  Werk  sind  die  „Klassiker  der  Musik", 
herausgegeben  von  J.  Moschcles.  Der  Romanverlag ,  dessen  Perlen 
die  ägyptischen  Romane  von  G.  Ebers  sind,  ist  daneben  ein  sehr 
ausgedehnter. 

Hallbergers  Druckerei  kann  als  eine  Musteranstalt  betrachtet 
werden.  Früher  wurden  seine  illustrierten  Blätter  auf  Alauzetschen 

1  Die  Nummer  looo  von  „Über  Land  und  Meer"  ist  Xr.  12  des  Jahrg.  1878. 


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390 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


Haiibergen   Komplettmaschinen  vorzüglich  gedruckt,  jetzt  verrichten  drei  Rota- 

Offizin.  , 

tionsmaschinen  der  Augsburger  Fabrik  die  Arbeit  und  Hallberger 
selbst  hat  wesentlichen  Anteil  an  der  glücklichen  Durchführung 
der  Aufgabe  dieser  Maschinen ;  ausserdem  sind  27  Schnellpressen 
in  Thatigkeit.  Die  Zahl  der  Arbeiter  war  etwa  400,  dazu  beschäftigt 
die  Buchbinderei  jetzt  24  Maschinen  und  etwa  400  Personen;  grosse 
Papierfabriken  gehören  der  Anstalt. 

Allgemein  betrauert  starb  Hallberger  auf  seinem  schönen  Land- 
sitz Tutzing  am  Starnberger  See Er  besass  eine  grosse  und  ideal 
angelegte  Natur,  die  sich  in  seinen  Unternehmungen  ausprägt,  wes- 
halb diese  auch  sympathisch  wirken.  Dasselbe  gilt  auch  von  seinen 
Bestrebungen  zur  Gründung  einer  allgemeinen  deutschen  Pensions- 
und Invalidenkasse  für  Typographen,  die  vielleicht  von  Hallbergers 
Seite  zu  viel  Idealismus  enthielten  und  an  dem  zu  wenig  dieser  Eigen- 
schaft bei  seinen  Kollegen  strandeten.  Für  seine  eigenen  Arbeiter  hat 
er  in  mehrfacher  Hinsicht  vortrefflich  gesorgt.  In  seinen  Arbeiten 
wurde  er  treu  von  seinem  Bruder  Karl  Hallberger  unterstützt. 

Aus  dem  Geschäft  wurde  eine  Aktiengesellschaft  Deutsche 
Verlags- Anstalt  unter  Karl  Hallbergers  Direktion.  Eine  Expedition 
in  Leipzig  war  bereits  1871  gegründet. 

Eine  umfangreiche  Druckanstalt  ist  die  von  H.  Schönlein 
verschiedene  (24  Schp.),  in  welcher  dessen  weit  verbreitete  illustrierte  Blätter 

Druckereien.  •  , 

gedruckt  werden. 

Von  Druckereien  seien  noch  erwähnt:  Greiner  &  Pfeiffer,  die 
(mit  14  Schp.)  namentlich  Accidenzien  und  illustrierte  Werke  drucken. 
Die  von  Gehülfen  gegründete  Verf.insdruckerei  liefert  sehr  gute 
Accidenz-,  besonders  Farbendrucke.  J.  F.  Steinkopf  druckt  vor- 
wiegend die  religiösen  Werke  seines  Verlags;  C.  Grüninger  ist  der 
einzige  Buchdrucker  Stuttgarts,  der  sich  auf  orientalische  Druck- 
arbeiten legt  und  namentlich  russische  Bücher  liefert.  C.  Hoffmann 
druckt  mit  7  Schnellpressen  hauptsächlich  die  Verlagsartikel  von 
K.  Thienemann. 

Die  Stuttgarter  Xylographie  hat  begreiflicher  Weise  eine  hohe 
Xylographie.  Bedeutung.  Die  Anstalt  von  A.  Closs  ist  eine  so  vorzügliche,  wie 
wenige,  und  ist  fast  ausnahmslos  in  jedem  Stuttgarter  Prachtdrucke 

1  Biographische  Skizzen  lieferte  Paul  Lindau  in  der  „Gegenwart",  Theod. 
Göbel  in  dem  ,Journ.  f.  Buchdrk.",  1SS0,  Nr.  36. 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


39i 


vertreten.  Die  Stuttgarter  Holzschnitte  verbinden  so  sehr  fran- 
zösische Eleganz  mit  den  deutschen  Vorzügen,  dass  vor  dem  Kriege 
viele  Holzschnitte  nach  Paris  geliefert  wurden. 

Ausser  der  Xylographie  hat  auch  der  Lichtdruck  eine  grosse 
Verbreitung.  Die  Anstalt  von  Martin  Rommel  &  Co.  liefert  vor-  Lichtdruck, 
treffliches  und  finden  ihre  Erzeugnisse  namentlich  ihren  Platz  in  den 
Prachtwerken  von  Paul  Xeff.  Auch  in  der  Chromolithographie  hat 
Stuttgart  Tüchtiges  aufzuweisen  durch  die  Anstalten  von  Emil  Hoch- 
danz,  Max  Seeger,  Gustav  Weise.  Die  Leistungen  finden  haupt- 
sächlich Verwendung  in  den  Jugendschriften  von  W.  Nitzschke, 
Schmidt  &  Spring,  Lew  &  Müller,  F.  Loewe,  K.  Thienemann 
und  Gustav  Weise.  Eine  Spezialität  des  letzteren  sind  die,  in 
grossen  Massen  verbreiteten  „Bilder  für  Jung  und  Alf.  K.  Thiene- 
mann lieferte  auch  eine  Reihe  naturwissenschaftlicher  illustrierter 
Werke. 

Die  SCHRIFTGIESSEREI  hat  erst  in  neuester  Zeit  begonnen,  einen 
Aufschwung  in  Stuttgart  zu  nehmen  (s.  290).  Der  Verlagsrichtung  schriftgie*«««. 
gemäss  findet  vorzugsweise  die  Produktion  zu  dekorativen  Zwecken 
Beachtung  und  ist  in  dieser  Richtung  namentlich  Otto  Weisert 
thätig.  Im  Jahre  1882  siedelte  der  bekannte  Schriftschneider  Bauer 
sex.  von  Frankfurt  nach  Stuttgart  über.  Als  Farbenfabrikanten  sind 
Kast  &  Ehinger  von  Bedeutung,  namentlich  in  bunten  Farben. 

„Das  eigenste,  was  Stuttgart  besitzt,  gehört  nicht  der  schaffenden 
idealen  Kunst,  sondern  der  schmückenden,  dekorierenden,  vorab  dem  Kunauteiiung 
Kunstgewerbe.  Wer  die  Kunst  beobachten  will,  der  begebe  sich  vor 
allem  in  die  Werkstätte  der  Holzschneider,  Lithographen,  Zeichner, 
Buchbinder,  der  Holz-  und  Metallarbeiter,  der  Bauhandwerker.  Die 
schwäbisch-industrielle  Regsamkeit  hat  sich  da  mit  einem  Geschmack 
verbunden,  der  in  Stuttgart,  als  einer  Hauptstadt  der  deutschen 
Litteratur  und  des  Buchhandels,  von  den  verschiedensten  Seiten 
angeregt  wurde.  Hierbei  ist  der  unmittelbare  Einfluss  der  Bücher- 
Illustration  auf  die  Stuttgarter  Kunstgewerbe  durchaus  nicht  zu 
unterschätzen1.* 

Unter  den  Werken,  die  einen  ganz  wesentlichen  Einfluss  in  der 
angedeuteten  Richtung  geübt  haben,  steht  obenan  die  „Gewerbe-  Stuttgarter 

Verleger. 

halle"  von  J.  Engelhorn.  Die  ersten  Künstler  und  die  besten  Schrift- 

«  Riehl,  Deutsche  Kunststädte.    Augsb.  Allg.  Ztg.  1870. 


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392 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


Stuttgarter    steller  unterstützen  diese,  1863  begonnene  Zeitschrift.  Ausser  der 
Verleger.  verDreiteten  deutschen  Ausgabe  existieren  Ausgaben  in 

Amerika,  England,  Italien,  Frankreich,  Böhmen,  Spanien  und 
Holland.  Die  „Gewerbehalle"  kann  demnach  als  ein  Weltblatt 
bezeichnet  werden. 

Ausserdem  Hess  Engelhorn  eine  Anzahl  der  vorzüglichsten 
illustrierten  Werke  erscheinen :  „Italien"  mit  etwa  400  Illustrationen, 
das  r Schweizerland"  von  Kaden  mit  450  Illustrationen,  die  „Kunst- 
schätze Italiens"  von  Karl  v.  Lützow,  r  Unser  Jahrhundert"  von  Otto 
von  Leixner. 

Ebner  &  Selbert  gaben  eine  Reihe  von  wertvollen,  prachtvoll 
geschmückten  Werken  über  Kunst  von  Lübke,  Burckhardt,  Weiss 
Schnaase,  Kugler  heraus.  C.  Witwer  wendete  seine  Thätigkeit  den 
Werken  der  Architektur  zu. 

Paul  Neff  benutzt  für  seinen  grossartigen  Verlag  vorzugsweise 
•  den  Lichtdruck  als  Illustrationsmittel.  Obenan  stehen  „Die  goldene 
Bibel*4  und  die  „Klassiker  der  Malerei".  Sowohl  hinsichtlich  der  Aus- 
dehnung als  was  Ausführung  betrifft,  höchst  bedeutende  Werke  sind : 
Ludw.  Weisers  „Bilderatlas  zur  Weltgeschichte",  welcher  auf  146 
Grossfolio -Tafeln  über  5000  Darstellungen  bringt;  die  „Denkmäler 
der  Kunst-  mit  gegen  200  Tafeln  in  Stahlstich;  M.  v.  Schwinds  „Die 
schöne  Melusine"  und  „Die  sieben  Raben";  A.  Racinets  „Das  poly- 
chrome Ornament",  100  Tafeln  in  Gold-  und  Farbendruck;  „Die 
Kunst  für  alle"  von  Gutekunst:  das  sind  einige  der  Publikationen 
von  Neff ;  alle  anzuführen  würde  zu  weit  gehen. 

Eine  der  jüngsten  und  jetzt  bereits  eine  der  umfangreichsten 
w.  spemann.  Verlagshandlungen  ist  die,  1 873  vonW.SpEMANN  gegründete.  Grossen 
Erfolg  hatte  Johannes  Scherns  „Germania";  Jakob  von  Falkes  „Hellas 
und  Rom";  Bruno  Buchers  „Geschichte  der  technischen  Künste";  die 

< 

illustrierten  Werke  von  Friedrich  v.  Hellwald  u.  a.  Die  „Kollektion 
Spemann"  eröffnete  den  Reigen  der  Mark  -  Kollektionen  und  in 
Kürschners  „Deutscher  National -Litteratur"  unterbot  der  Verleger 
sich  selbst  durch  Lieferungen  zu  50  Pf.  Die  Monatsschrift  „Vom 
Fels  zum  Meer"  hat  eine  sehr  bedeutende  Verbreitung.  Um  das 
typographische  Publikum  machte  sich  Spemann  verdient  durch  die 
Herausgabe  des  epochemachenden  Werkes  „Gutenberg"  von 
Dr.  A.  v.  d.  Linde  in  Wiesbaden. 


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XIV.  KAP. 


DKR  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


393 


Die  übrigen  Verleger  Stuttgarts,  die  weniger  Einfluss  auf  die 
graphischen  Gewerbe  übten,  müssen  hier  unerwähnt  bleiben. 

TÜBINGEN  verlor  sehr  an  Bedeutung  durch  Übersiedelung  Cottas 
nach  Stuttgart.  In  ESSLINGEN  liefert  J.  F.  Schreiber  (6Schp.,  8  Hdp.)  Tübingen. 
Bilderbücher  und  Vorlagen.  In  Ulm  druckt  J.  Ebner  (9  Schp.). 

Einen  üblen  Ruf  erwarb  sich  Reutlingen  als  hauptsächlichster 
Sitz  der  grössten  Nachdruckfirmen :  Mäcken,  Ensslin  und  Fleisch-  Reutlingen  und 


hauer,  welche  ihr  böses  Handwerk  natürlich  nur  im  „Interesse  der 
Litteratur"*  mit  aller  Kraft  betrieben  und  schliesslich  gar  als  Wohl- 
thäter  der  Menschheit  womöglich  ein  Ehrendenkmal  verdient  zu 
haben  glaubten. 

Württemberg  besitzt  im  ganzen  173  Buchdruckereien  und 
71  lithographische  Anstalten  mit  398  Schnell-,  35oTret-  und  Hand- 
pressen. Die  Druckereien  verteilen  sich  auf  76  Städte;  Stuttgart 
allein  hat  68  Buchdruckereien  mit  191  Schnellpressen  und  32  litho- 
graphische Anstalten  mit  43  Schnell-  und  104  Handpressen.  Im 
Jahre  1840  besass  Stuttgart  zwar  bereits  24  Buchdruckereien,  diese 
hatten  jedoch  zusammen  nur  30  Schnellpressen,  also  nicht  mehr 
als  eine  der  grossen  jetzigen  Druckanstalten ,  ganz  abgesehen  von 
der  Leistungsfähigkeit  der  Maschinen  von  heute  gegen  die  damaligen. 
1882  betrug  die  Bücherausfuhr  Württembergs  31 10  301  Kilo  zu 
einem  Werte  von  wenigstens  6  Millionen  Mark. 

MÜNCHEN  erlangte,  wie  bereits  erwähnt  wurde,  bei  weitem  nicht 
die  Bedeutung  für  den  Buchhandel  und  die  Buchdruckerei  wie  für  München, 
die  Kunst,  doch  ist  es  in  jüngster  Zeit  eifrig  bemüht  das  Versäumte 
nachzuholen.  Der  wissenschaftliche  Verlag  hatte  keine  grosse  Aus- 
dehnung und  die  wichtige  Branche  der  Unterrichtslitteratur  befand 
sich  ganz  in  den  Händen  der  Regierung,  welche  durch  den  sogen. 
„Schulbücher- Verlag"  dafür  sorgte,  rdass  kein  Gift  der  Jugend  ver-    Der  Schui- 

bucher  Verla) 

abreicht  wurde4*.  Durch  Reskript  vom  12.  Oktober  1785  wurde  das 
Privilegium,  welches  der  Buchbinder  G.  Ruprecht  und  dann  J.  B.  Oettl 
auf  planmässige  Schulbücher  innegehabt  hatten,  zu  gunsten  des 
„Deutschen  Schulfonds"  erneuert  und  letzterem  der  Verlag  „aller 
verlegender  Schulbücher  auch  anderer  zur  Erziehung  dienlicher 
Schriften4*  vorbehalten. 

Durch  spätere  Reskripte  wurde  dieses  Privilegium  noch  erweitert. 
Die  verschiedentlichen  Remonstrationen  der  Buchhändler  blieben. 


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394 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


trotz  der  ihnen  zur  Seite  stehenden  Rechts-  und  Vernunftgründe, 
unbeachtet.  Dass  die  allgemeine  Bildung  und  der  Verlagshandel 
darunter  leiden  mussten,  ist  begreiflich;  aber  auch  der  Sortiments- 
handel wurde  geschädigt,  da  der  Schulfond,  unter  Umgehung  der 
Sortimenter,  den  Vertrieb  durch  eigene  Zwischenhändler  und  durch 
Lehrer  besorgen  Hess,  die  billiger  verkauften,  als  die  Buchhändler 
einkaufen  konnten 

E.  Mühlthaler  (seit  1867)  war  der  erste  in  München,  der  sich 
e.  Muhithaicr.  im  illustrierten  Prachtdruck  versuchte,  und  zwar  mit  den  im  Bruck- 
mannschen  Verlag  erscheinenden  „Die  Schweiz**  von  Gsell-Fels  und 
„Rhododendron".  Bei  unverkennbarer  Tüchtigkeit  und  anerkennens- 
wertester Sorgfalt  erreichten  diese  Ausgaben  doch  nicht  ähnliche 
Stuttgarter  Leistungen.  Seit  1875  druckt  Mühlthaler  die  Münchener 
„Fliegende  Blätter u  und  entwickelt  auch  seine  Intelligenz  in  mer- 
kantilen Accidenzarbeiten.  Er  beschäftigt  bereits  1 5  Schnellpressen. 

Eine  der  angesehensten  Firmen  ist  die  von  Knorr  &  Hirth, 
Knorr  &  Hirth.  die  mit  zwei  Rotationsmaschinen,  zwei  vierfachen  und  verschiedenen 
einfachen  Schnellpressen  arbeitet.  Dr.  Hirth  ist  bekannt  durch  seine 
Bestrebungen  zur  Erweckung  des  Sinnes  für  die  Renaissance,  worauf 
namentlich  die  in  seinem  Verlag  erscheinenden  Werke:  Formen- 
schatz der  Renaissance;  Butsch,  Bücherornamente  u.  a.  hinzielen. 
Nebenbei  liefert  die  Offizin  hübsche  Accidenzarbeiten  und  druckt 
die  „Münchener  Nachrichtenu  in  33000  Exemplaren.  Noch  weiter 
als  Knorr  &  Hirth  greift  in  seiner  Geschmacksrichtung  in  der  Zeit 
m.  Huttier,  zurück  Dr.  M.  Huttler  aus  Augsburg,  welcher  eine  Filiale  in 
München  errichtet  hat.  Seinen  Verlag  von  Erbauungsbüchern 
druckt  er  in  gothischer  oder  Schwabacher  Schrift  in  streng  durch- 
geführter Imitation  älterer  Drucke. 

Die  „Akademische  Buchdruckerei u  von  F.  Straub  beschränkt 
f.  straub,    sich  namentlich  auf  gelehrte  Arbeiten  und  amtliche  Drucke,  ebenso 

J.G.Weiis. 

die  Universitätsbuchdruckerei  von  J.  G.  Weiss. 

Unter  den  neueren  Offizinen  zeichnet  sich  die  von  R.  Olden- 
r.  oidenbourg.  bourg  (i3Schp.)  sowohl  durch  ihre  vortrefflichen  Einrichtungen 
als  durch  ihre  Arbeiten  aus.   Im  Jahre  1874  übernahm  Oldenbourg 


»  C.  WoLKF,  Über  den  gegenwärtigen  Zustand  des  Buchhandels  in  Bayern. 
München  1827. 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


395 


von  Pustet  in  Regensburg  den  Zentral-Schulbücherverlag,  ausserdem 
erscheinen  bei  ihm  sechs  Zeitschriften ;  dagegen  werden  Accidenz- 
arbeiten  weniger  gepflegt. 

Zu  erwähnen  sind  noch  folgende  Offizinen :  C.  Wolff  &  Sohn 
(8  Schp.);  F.  Wild  (7  Schp.);  J.  Deschler  (8  Schp.);  E.  Huber  Verschiedene 

Druckereien 

(6  Schp.),  dessen  Spezialität  hebräische  Bücher  sind ;  W.  Weifen- 
ijach,  welcher  feine  Accidenzarbciten  liefert.  Die  CoTTAsche  Buch- 
handlung verlegte  die  Druckerei  der  „  Allgemeinen  Zeitung*  nach 
München  (1  Rotm.  und  4  Schp.). 

Unter  den  Münchener  xylographischen  Anstalten  erwarb  sich 
die  von  Braun  &  Schneider  einen  weit  verbreiteten  Ruf.  Kaspar  DieXyiojraphie. 
Braun  aus  Aschaflenburg  hatte  sich  als  Künstler  in  mehreren  Katp.  Braun 
Techniken  versucht;  durch  den  Anblick  von  Grandvilles  Illustrationen  t  'i  ok&.lojj. 
zu  Lafontaines  Fabeln  wurde  der  Gedanke  in  ihm  fest,  den  Holz- 
schnitt in  Deutschland  zu  dem  alten  Ansehen  zu  bringen.  Rasch 
führte  er  den  Entschluss  aus  nach  Paris  zu  gehen,  um  sich,  unter  des 
trefflichen  Breviere  Anleitung,  im  Holzschnitt  auszubilden.  Das 
beste  Zeugnis  für  Braun  dürfte  es  sein,  dass  Breviere  seinerseits 
später  seinen  Sohn  in  die  Lehre  zu  Braun  gab.  Zuerst  gründete  er 
mit  v.  Dessauer  eine  xylographische  Anstalt,  dann  vereinigte  er 
sich  mit  Friedrich  Schneider  aus  Leipzig  zu  einem  ebenso  innigen  Fr.  Schneider 
als  erfolgreichen  Zusammenwirken.    Die  „Fliegende  Blätter4  be-  1 9.  Apr!iSi964. 
haupten  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  in  der  unveränderten  Gunst 
des  Publikums  und  kaum  wird  eine  ähnliche  Sammlung  von  Gaben  des 
köstlichen  Humors  sich  zusammenfinden,  wie  in  den  2000  Nummern 
dieses  Blattes,  aus  welchem  wieder  die  -Münchencr  Bilderbogen" 
entstanden.  Brauns  typische  Figuren  als :  Eisele  und  Beisele,  Wühl- 
huber,  Heulmeier  sind  jedem  bekannt.  Durch  Schneiders  Tod  erlitt 
Braun  und  sein  Humor  einen  nicht  zu  verwindenden  Stoss.  Sein 
70.  Geburtstag  brachte  ihm  noch  Ehren  und  Freude,  dann  folgte  er 
seinem  vorausgegangenen  Freunde. 

In  jüngster  Zeit  haben  die  grossen  Verlagsunternehmungen  von 
Frik.dr.  Bruckmann  und  Th.  Stroeff.r  einen  bedeutenden  Einfluss 
auf  die  Münchener  Xylographie  geübt,  einen  besonderen  Namen 
erwarben  sich :  Hecht,  Th.  Knesing,  J.  Walle  u.  a. 

Als  München  am  28.  Juni  1882  das  400jährige  Jubiläum  der 
Einführung  der  Buchdruckerkunst  feierte,  hatte  dasselbe  49  Buch-  juiiiaum. 


396 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


druckereien,  38  lithographische  Anstalten  mit  5  Rotationsmaschinen, 
148  Schnellpressen  und  229  Tret-  und  Handpressen.  Zu  Ehren  des 
Einfuhrers  der  Buchdruckerkunst,  Hans  Schauer,  dessen  ersten 
Druck  mirabiliä  urbis  Romae  man  in  dem  Kloster  Tegernsee 
aufgefunden  hat,  wurde  eine  Denktafel  an  seinem  Druckhause  in 
der  Rosenstrasse  Nr.  10  angebracht.  Die  älteste  der  noch  existie- 
renden Druckereien  Münchens  ist  die  aus  dem  Jahre  herstammende 

F.  S.  HÜBSCHMANNSChe. 

Dass  die  lithographische  Kunst  sich  in  München ,  der  Wiege 
Die       derselben  (s.  7),  weiter  entwickelte  und  in  den  dortigen  reichen 

Urographie.  .         J?  . 

Sammlungen  Stoff  zu  Vervielfältigungen  fand  zu  einer  Zeit,  wo  die 
Lithographie  den  Kunstsammlungen  gegenüber  fast  die  Stellung 
einnahm,  wie  jetzt  die  Photographie,  ist  natürlich. 

In  beiden  Kunstzweigen  erwarb  sich  Franz  Hanfstängl  grossen 

Fr.  Hauftiangl  Ruhm.  Er  war,  als  Sohn  wenig  bemittelter  Bauern,  in  Tölz  geboren. 

1 16.  Aphi  1877.  Obwohl  für  die  Laufbahn  eines  Malers  bestimmt,  machte  der  Zufall 
es,  dass  er  sich  der  Lithographie  widmete.  Gleich  gewandt  als 
Zeichner  und  als  Lithograph,  etablierte  er  1830  eine  lithographierte 
Anstalt,  ging  jedoch  1834  nach  Paris,  um  sich  bei  Lemercier  noch 
mehr  auszubilden.  Schnell  erwarb  er  sich  neben  Strixner,  Pilotv 
und  Bodmer  einen  Namen ,  besonders  durch  seine  genialen  Portrait- 
aufnahmen.  Als  die  kgl.  sächsische  Regierung  den  Plan  gefasst 
hatte,  die  Meisterwerke  der  Dresdner  Galerie  durch  Steindruck  zu 
veröffentlichen,  ward  Hanfstängl  ausersehen,  die  Ausfuhrung  zu 
übernehmen;  ihm  gefiel  jedoch  die  Abhängigkeit  nicht  und  das 
Unternehmen  geschah  auf  seine  Kosten.  Seine  Wirksamkeit  in 
Dresden  war  an  Ehren  reich.  Inzwischen  hatte  die  Photographie 
Boden  gewonnen.  Hanfstängl  fühlte  die  Wichtigkeit  der  neuen 
Kunst  sofort  heraus  und  warf  sich  mit  aller  Kraft  auf  dieselbe.  Als 
es  sich  um  Herausgabe  der  bedeutendsten  Bilder  der  alten  Pinakothek 
handelte,  blieb  er  unter  22  Konkurrenten  Sieger,  und  lieferte  eine 
Sammlung,  die  in  ihrer  Art  ebenso  hervorragend  ist  wie  die  in 
Dresden  veranstaltete. 

Einen  bedeutenden  Namen  erwarb  sich  gleichfalls  Jos.  Albert, 
j.  Alben,     besonders  durch  seine  Lichtdrucke  (Albertotypic)  und  seine  Photo- 
graphien in  Farben.  Als  der  eigentliche  Erfinder  des  Lichtdruckes, 
der  jedoch  das  Verfahren  nicht  zuerst  praktisch  in  Anwendung 


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XIV.  KAI'. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


397 


brachte,  gilt  J.  B.  Obernetter.  Die  Arbeiten  desselben  stehen  in 

hohem  Ansehen,  darunter  die  Facsimile- Ausgabe  der  „Meister  von 

1440 — 1694";  die  „Kunstschätze  aus  dem  bayrischen  National- 

museum"  u.  s.  w.  Ein  Portrait  des  Kaisers  wurde  in  einer  Auflage 

von  einer  Million  gedruckt.  Auch  Jul.  Allgeyer  und  C.  Bolhoevener 

zeichneten  sich  in  ihrem  photochemischen  Verfahren  aus.  In  neuester 

Zeit  erregte  die  Autotypie  des  Ingenieurs  G.  Meisenbach  Aufsehen.  Die  Autotypie. 

Ein  Mangel  bei  der  Zinkhochätzung  war  die  Notwendigkeit,  eine 

Vorlage  in  scharfen  Linien  oder  mit  lithographischem  Korn  versehen 

zu  haben ;  eine  getuschte  Zeichnung,  sowie  eine  Aufnahme  nach  der 

Natur  oder  einem  Ölgemälde  war  nicht  zu  benutzen.  Dem  will  die 

Autotypie  abhelfen.  Die  Aufnahme  des  Bildes  für  die  Hochätzung 

findet  durch  ein  System  von  Linien  statt,  wodurch  der  notwendige 

Halt  für  die  Reproduktion  in  Zinkographie  geschaffen  wird. 

Die  berühmte  Bruckmannsche  Kunstanstalt,  jetzt  eine  Aktien- 
gesellschaft, wurde  1865  gegründet.  Im  Jahre  1869  erwarb  Friedr.  Fr.  BrucUmaoo. 
Bruckmann  das  durch  Patent  geschützte  Woodbury- Verfahren; 
1875  nahm  er  den  Lichtdruck  auf;  1882  die  Photogravüre,  die  sich 
namentlich  zur  Reproduktion  von  Ölgemälden  eignet*.  Bruckmann 
lieferte  eine  grosse  Anzahl  Galerien  zu  den  vielen  deutschen  Dichtern 
und  unter  Zuhilfenahme  der  Xylographie  grossartige  Prachtwerke, 
z.  B.  Krelings  „Faust"  und  die  „Geschichte  der  Hohenzollern",  die 
zu  den  bedeutendsten  Erzeugnissen  der  neuen  Zeit  gehören. 

Die  Chromolithographie  wird  in  ziemlichem  Umfange  in  München 
betrieben.  Bekannt  sind  die  Anstalten  von  Gebr.  Obpacher,  Der 
Lehmann  &  Wentzel,  W.  Forndran,  F.  Gypen,  Th.  König,  Mey  & 
Widmayer,  sie  arbeiten  hauptsächlich  für  das  Papeteriegeschäft  oder 
beschäftigen  sich  mit  der  Herstellung  religiöser  Bilder.  Als  Kunst- 
verleger sind  thatig  A.  Ackermann,  F.  Finsterlin,  E.  A. Fleischmann, 
G.  Franz,  P.  Kaeser  u.  a. 

NÜRNBERG  erhielt  in  neuerer  Zeit  wieder  eine  erhöhte  Bedeutung 
durch  das  Germanische  Museum  und  seine  Kunstgewerbeschulc,  Nürnberg, 
welche  beide  direkt  und  indirekt,  auch  durch  Ausstellungen,  auf  das 
graphische  Gewerbe  fördernd  wirken.  Die  Stadt  ist  auch  der  Sitz 

»  Hin  sehr  interessantes  Probenbuch  der  Firma  aus  dem  Jahre  1SS2  giebt 
eine  Übersicht  der  vielen  verschiedenen  photographischen  Verfahren. 


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39» 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPK. 


XIV.  KAP. 


verschiedener  Fabrikationen,  die  mit  den  graphischen  Gewerben  in 
naher  Verbindung  stehen,  z.  B.  Bronce,  Farbe,  Zeichenmaterial. 
Auch  die  Zahl  der  eigentlichen  graphischen  Anstalten  ist  noch  eine 
bedeutende,  namentlich  für  den  lithographischen  sowie  für  den 
Kupfer-  und  Stahldruck.  Die  Zahl  der  Buchdruckereien  ist  26  mit 
49  Schnellpressen,  darunter  G.  B.  J.  Bieling  (5  Schp.),  U.  E.  Sebald 
(7  Schp.).  Die  älteste  Druckerei  ist  die  von  VV.  Tömmel,  seit  Ende 
des  XVI.  Jahrhunderts  bestehend,  welche  mit  2  Rotationsmaschinen 
den  „Fränkischen  Kurier"  druckt.  Unter  den  46  lithographischen 
und  Kupferdruck- Anstalten,  welche  mit  79  Schnellpressen  und 
gegen  300  Handpressen  arbeiten,  sind  zu  nennen:  G.  Brunner, 
hauptsächlich  Phantasieartikel  liefernd  (15  Schp.,  24  Hdp.);  Karl 
Mayer  für  Farbendruck,  Luxuspapier  und  Kupferdruck  (5  Schp  , 
30  Hdp.);  C.  A.  Pocher  (16  Schp.,  35  Hdp.);  C.  Schimpf  (5  Schp., 
18  Hdp.);  Franz  Schemm;  H.  Serz  &  Co.;  J.  G.  Martin  (4  Schp., 
22  Hdp.);  E.  Nisler  (12  Schp.,  14  Hdp.).  Man  sieht  aus  diesen 
Angaben,  dass  der  Export  Nürnbergs  immer  noch  ein  bedeutender 
ist.  In  dem  benachbarten  FURTH  arbeiten  J.  Hesse  (5  Schp., 
15  Hdp.)  und  G.  Löwensohn  (5  Schp.,  5  Hdp.). 

Regensburg  ist  berühmt  durch  die  liturgischen  Druck-  und 
Regeiuburg.   Verlagswerke  von  Fr.  Pustet  (17  Schp.)  und  J.  G.  Manz  (9  Schp.). 

Fr  Puttct 

Einzelne  mit  Aquarellen  geschmückte  Bände  erreichen  einen  Preis 
von  1000  fl.  und  mehr.  Viele  der  Ausgaben  sind  mit  vortrefflichen 
Miniaturen  in  xylographischem  Farbendruck  von  Knöfler  in  Wien 
geschmückt.  Von  den  Pustetschen  Drucken  seien  erwähnt:  das 
Missalf  in  Gross-Folio  von  1863;  das  Graduale  in  zwei  mächtigen 
Folianten;  die  musica  sacra  des  Kanonikus  C.  Proske,  6  Bände  in 
Quart ;  das  Missale  Romanum  mit  Einfassungen  und  Illustrationen 
von  Prof.  Klein  in  Wien.  Dass  neben  dem  wirklich  Schönen  auch 
mancher  Flitterstaat  vorkommt,  lässt  sich  bei  Werken  dieser  Art 
j.  g.  Man«,  kaum  vermeiden.  Manz  wendet  in  seinem  Verlag  mehr  den  Stahl- 
stich an,  hat  ausserdem  noch  einen  bedeutenden  katholisch-wissen- 

Kempten.  schaftlichen  Verlag.  In  Kempten  verfolgt  Jos.  Kösf.l  ebenfalls  den 
liturgischen  Verlag,  ohne  sich  mit  dem  Regensburger  messen  zu 
können.  Dort  wirkt  auch  Tod.  Dannheimer. 

AUGSBURG  wurde  o(t  genannt  als  Druckort  der  „  Allgemeinen 

Augsburg.    Zeitung-1.  Eine  lange  Reihe  von  Jahren  war  diese  das  einflussreichste 


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XIV.  KAP.  DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  399 

Journal  Deutschlands,  namentlich  auf  Grund  der  besonderen  Frei- 
heiten, welche  das  Blatt  in  Österreich  genoss,  und  ihrer  intimen 
Beziehungen  in  den  höchsten  Wiener  Regionen.  Berühmt  waren 
ihre  wissenschaftlichen  Betlagen,  welche,  dank  den  weitverzweigten 
literarischen  Verbindungen  der  Firma  Cotta,  die  vortrefflichsten 
Artikel  in  Bezug  auf  Kultur-,  IJtteratur-  und  Kunstzustände  enthielten. 
Von  den  13  Druckereien  Augsburgs  sind  noch  anzuführen  J.  P. 
Himmer  (7  Schp.)  und  Gebr.  Reichel  (7  Schp.).  Des  Dr.  Huttler 
wurde  bereits  gedacht  (S.  394).  Dasselbe  ist  der  Fall  mit  der 
grossen  Maschinenfabrik  Augsburg  (s.  3 1 3). 

Von  anderen  Städten  Bayerns  sind  zu  erwähnen:  WÜRZBURG 
mit  der  B.  STAHELschen  (4 Schp.),  der  BoNiTAs-BAUERschen  (5  Schp.)  wünburg  u. ». 

.  ,  .  Städte. 

und  THEiNschen  Offizin  (6  Schp.),  sowie  mit  der  Maschinenbau- 
anstalt von  König  &  Bauer  im  Kloster  Oberzell;  LANDSHUT  mit 
der  J.  THOMANNschen  Buchdruckerei  (6  Schp.);  Ansbach,  wo 
C.  Brügel  &  Sohn  (6  Schp  )  drucken.  Auf  Grund  seiner  vortreff- 
lichen Accidenzarbeiten  verdient  J.  B.  Dorn  in  KAUFBEUREN  genannt 
zu  werden. 

Hatte  Frankfurt  a.  M.  auch  seine  frühere  Bedeutung  als 
Emporium  des  Buchhandels  verloren,  so  behauptete  es  wenigstens,  Frankfurt ».  m. 
wie  schon  früher  erwähnt,  seine  Suprematie  in  der  Stempelschneiderei 
und  der  Schriftgiesserei,  zeichnete  sich  daneben  auch  in  der  Ver- 
wendung der  verschiedenen  graphischen  Künste  für  den  Accidenz- 
druck  aus.  Ganz  besonders  traten  hervor  die  Firmen  C.  Naumann  Acciden*- 

druckcrejen* 

(14  Schp.,  23  Hdp.)  und  B.  Dondorf  (9  Schp.,  12  Hdp.),  mit  Bunt- 
und  Congrevedruck,  pantographischen  Arbeiten,  Reliefdruck  und 
dergleichen,  sowohl  jeder  für  sich,  als  wenn  sie  zu  einzelnen  Zwecken 
zusammentraten.  Bedeutendes  in  technischer  und  quantitativer 
Hinsicht  wurde  von  ihnen  bei  der  Anfertigung  des  italienischen 
und  japanischen  Papiergeldes  geleistet,  bis  auch  diese  Länder  soweit 
fortgeschritten  waren,  dass  sie  ihren  „Bedarf *  in  diesem  wichtigen 
Artikel  selbst  decken  konnten. 

In  neuester  Zeit  hat  A.  Osterrieth  sein  Geschäft  zu  einem, 
alle  graphischen  Zweige  umfassenden  (18  Schp.,  12  Hdp.,  150  Arb.)  verschiedene 

Druckanstalten. 

ausgebildet.  Albkrt  Mahlau,  Inhaber  der  Firma  Mahlau  &  Wald- 
schmidt, wurde  bereits  (S.  364)  erwähnt.  Bedeutend  ist  die  Stein- 
druckerei E.  G.  May  Söhnf  (10  Schp.,  12  Hdp.).  Die  C.  KNATzsche 


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400 


DIE  G  KR  MANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


Anstalt  liefert  in  Etiquetten  und  dergleichen  mannigfach  Gutes. 
K.  Klimsch  verbindet  Buch-  und  Steindruckerei  (s.  319)'. 

Auf  dem  Rossmarkte  steht  das  Gutenberg-Monument  (I,  S.  36) ; 
hätten  doch  im  Leben  Gutenberg,  Fust  und  Schöffer  so  fest  zu 
einander  gestanden  wie  hier  auf  dem  Bildwerke  des  Freiherrn 
v.  d.  Launitz. 

In  Darmstadt,  das  auch  durch  die  Firmen  Jongh aus  &  Venator, 
Darmuadt.  F.  L.ANGE  und  W.  Lkske  für  den  Kunsthandel  eine  gewisse  Bedeutung 
hatte,  drucken  C.  F.  Winter  und  L.  C.  Wittich  ;  in  Wiesbaden  die 
L.  Sch ELLENBERGsche  Hof  buchdruckerei ;  in  CASSEL  Gebr.  Gotthelft 
und  die  Hof-  und  Waisenhausbuchdruckerei,  je  mit  5  Schnell- 
pressen. In  letzterer  Stadt  liefert  Th.  Fischer  zu  seiner  Palaeonto- 
graphica  (ein  Exemplar  kostet  über  2000  Mark)  und  anderen  W  erken 
tüchtige  Abbildungen  in  lithographischem  Farbendruck.  Noch  sei 
das  Städtchen  AllendüRF  a.  d.  Werra  genannt,  mit  der  Offizin 
Bodenheim  &  Co.,  die  mit  10  Schnellpressen  und  150  Arbeitern 
hauptsächlich  Schreibhefte,  Kapseln  und  dergleichen  liefert. 

Kein  Jünger  Gutenbergs  hört  den  Namen  Mainz  nennen  ohne 
Main*.  den  Gedanken  an  dessen  frühere  Herrlichkeit  für  die  Buckdrucker- 
kunst. Dass  die  Erfindung  in  Mainz  geschah,  war  in  Zufälligkeiten 
begründet  und  für  die  Entwickelung  einer  Kunst  oder  eines  Gewerbes 
sind  Verhältnisse  mitwirkend,  die  zu  regeln  und  zu  ändern  nicht  in 
der  Macht  des  Einzelnen  liegt.  Deshalb  lässt  sich,  wenn  das  goldene 
Mainz  nicht  eine  Gutenbergsche  Hochschule  geworden,  darüber  mit 
den  Mainzern  nicht  rechten,  wohl  aber  dürfte  sie  der  Vorwurf  treffen, 
dass  sie  nicht  beizeiten  an  die  Gründung  eines  Gutenberg-Museums 
gedacht  und  dass  sie  noch  leichteren  Kaufes,  als  die,  allerdings 
sehr  ungünstigen,  Verhältnisse  es  notwendig  machten,  ihre  typo- 
graphischen Schätze  dahingcgeben  haben,  die  jetzt  hauptsächlich 
Zierden  der  Nationalbibliothek  in  Paris  sind.  Trotzdem  wird  Mainz 
ein  Wallfahrtsort  der  Jünger  Gutenbergs  bleiben,  um  wenigstens  das 

1  Klimsch'  „Adressbuch  der  Buch-  und  Steindruckereien"  ist  eine  gros.se 
Zahl  von  statistischen  Einzelheiten  zu  verdanken.  Das  Huch  will  für  das  Druck- 
gewerbe das  werden,  was  O.  A.  Schulz'  „Adressbuch"  bereits  lange  für  den 
Buchhandel  ist.  Da  die  Angaben  von  den  Buchdruckerei-Besitzern  selbst  her- 
rühren, kann  der  Herausgeber  des  Adressbuches  nicht  für  die  Richtigkeit  jeder 
Zahl  verantwortlich  gemacht  werden;  der  auf  die  Zusammenstellung  verwendete 
Heiss  ist  ein  ausserordentlicher. 


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XIV.  KAP.  DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  4O I 

Standbild  des  Meisters  zu  schauen,  das  seit  dem  1 4.  August  1 837  den  du 

EinweihungsFest 

Gutenbergsplatz  schmückt.  Die  Einweihung  desselben  gestaltete  de*  Monumen». 
sich  zu  einem  glänzenden  Feste.  Ein  grossartiger  Festzug  von  den 
aus  allen  Gauen  Deutschlands,  ja  selbst  aus  fremden  Ländern 
zusammengeströmten  Gästen  begab  sich  erst  nach  dem  Dom,  wo 
der  Bischof  einen  feierlichen  Gottesdienst  abhielt  und  wo  ein  TeDeum 
von  Sigm.  Neukomm  gesungen  wurde.  Von  dort  bewegte  sich  der 
Zug  nach  dem  Festplatze,  wo  der  Vorsitzende  des  Gutenberg- Vereins 
die  Ubergabe-Rede  hielt,  worauf  die  Enthüllung  der  Statue  Thor- 
waldsens vollzogen  wurde.  Am  zweiten  Tag  ward  ein  Volksfest, 
auf  dem  Rhein  ein  Fischerstechen,  abends  ein  glänzender  Fackelzug 
und  im  Schauspielhause  ein  Ball  abgehalten.  Am  dritten  Festtage 
fand  eine  Versammlung  der  Fachgenossen  statt,  um  über  die 
Säkularfeier  zu  beraten,  deren  Abhaltung  für  den  24.  Juni  1840  end- 
gültig bestimmt  wurde.  Thorwaldsen  ward  zum  Ehrenbürger  der 
Stadt  erwählt  und  ihm  ein  kunstvolles  Diplom  in  silberner  Decke 
übersandt1. 

Offenbach  a.  M.  hat  eine  Bedeutung  in  der  Geschichte  der 
Lithographie  durch  die  Verbindung  Senefelders  mit  Joh.  Andre,  der  Offenbach  a.  M. 
die  Erfindung  erwarb,  um  sie  für  die  Herstellung  seines  Musikalien- 
verlags nutzbar  zu  machen.  Mannheim  hat  12  Buchdruckereien,  Mannheim, 
darunter  M.  Hahn  &  Co.  (7  Schp.)  und  die  Mannheimer  Vereinsbuch- 
druckerei (5  Schp.).  In  dem  gegenüberliegenden  Ludwigshafen 
befindet  sich  die  BAURSche  Buchdruckerei  (4  Schp.).  In  KARLS- 
RUHE mit  17  Offizinen  ist  die  grösste  die  Ch.  F.  MüLLERSche  Karlsruhe. 
Hofbuchdruckerei  und  lithographische  Anstalt  (8  Schp.,  Iii  Idp.). 
Tüchtiges  liefern  die  G.  BRAUNsche  Hof  buchdruckerei  und  C.  &  G. 
Macklot.    Hier  wirkte  auch  Friedr.  Wilhelm  Hasper,  bekannt  f.  w.  Hasper 

•  31.  Juli  1796, 

durch  sein  „Handbuch  der  Buchdruckerkunst*  1835,  das  jedoch  +  «.  Juni  167t. 
nicht  ganz  den  gehegten  Erwartungen  entsprach.  Karlsruhe  hatte 
zu  der  Zeit,  wo  die  Stahlstich -Illustration  florierte,  eine  ziemliche 
Anzahl  von  Kunstinstituten  aufzuweisen,  als  W.  Creuzbauer, 
F.  Gutsch,  T.  B.  Veit,  J.  Velten.  Obwohl  Universitätsstadt  hat 
HEIDELBERG  keinen  bedeutenden  Platz  in  der  Geschichte  der  Buch- 
druckerkunst ;  A.  Emmerling  &  Sohn  beschäftigen  4  Schnellpressen. 

«   Teil  I,  S.  36  ist  durch  einen  Schreibfehler  der  erste  Festtag  als  der 
17.  August  statt  14.  August  angegeben. 

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402 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP 


Nach  erfolgter  Einführung  nahm  die  Buchdruckerkunst  in  Frei- 
Freitmrg  i.  Rr.  bürg  einen  ziemlichen  Aufschwung,  verfiel  jedoch  unter  der  Öster- 
reichischen Zensur  und  Jesuitenherrschaft.  Erst  mit  Maria  Theresia 
und  Joseph  Ii.  begannen  freundlichere  Tage  für  die  Presse.  1840 
zählte  Freiburg  7  Buchdruckereien  und  6  Kupfer-  und  Stein- 
druckereien. Besondere  Bedeutung  hat  die  HERDERsche,  1801 
gegründete  Anstalt.  Herder  war  der  erste,  der  einen  Bilderatlas 
zu  dem  Konversations-Lexikon,  unter  der  Leitung  des  Geographen 
Heck,  versuchte.  Seine  geographischen  Verlagsartikel,  namentlich 
die  grossen  Arbeiten  Wörls;  Kausslers  „Schlachtenatlas";  J.  Löwen- 
bergs „Historisch -geographischer  Atlas"  sind  von  Wichtigkeit. 
Auch  Rottecks  Weltgeschichte,  die  seinerzeit  eine  sehr  grosse 
Verbreitung  fand,  erschien  bei  Herder,  der  ausserdem  den  katho- 
lischen Verlag  sehr  pflegte. 

In  Lahr  hatte  seit  1800  J.  H.  Geiger,  jetzt  M.  Schauenburg,  ein 
umfangreiches  Etablissement  (iQSchp.,  Ii  Hdp.,  isoArb.).  Allge- 
mein bekannt  ist  der  „Lahrer  hinkende  Bote". 

Metz  besitzt  neun  Buchdruckereien  und  sieben  lithographische 
EU«.-     Anstalten;  die  bedeutendste  Offizin  (5  Schp.)  ist  die  nach  dem 

Lothringen. 

Kriege  von  Gebr.  Lang  begründete.  In  MÜLHAUSEN  arbeiteten 
für  die  dortigen  Fabriken  sieben  Buchdruckereien  und  zwölf  litho- 
graphische Anstalten,  darunter  W.  Baader  &  Co.  (6  Schp.,  12  Hdp.). 
Das  Strassburg  gegenüber  liegende  Kehl  war  für  eine  kurze  Zeit 
bekannt  durch  die  BeaumarchaisscIic  Druckerei  (s.  184).  WTelt- 
Ad.  Braun,  berühmt  ist  die  von  Ad.  Braun  1858  in  Dörnach  gegründete  photo- 
graphische Anstalt.  Braun  begann  seine  Laufbahn  als  Musterzeichner 
in  einer  Kattundruckerei.  Berühmt  wurden  seine  Schweizer  Land- 
schaften; auch  Hess  er  später  ganz  Mitteleuropa  bereisen,  um  Auf- 
nahmen zu  machen,  welche  1862  bereits  die  Zahl  1 5  000  erreicht 
hatten.  Seit  1866  trieb  er  den  Pigmentdruck  im  grossen  Stil.  Sämt- 
liche Museen  Europas  wurden  bereist  und  eine  grosse  Zahl  der 
berühmtesten  Handzeichnungen  grosser  Meister  als  treue  Facsimiles 
reproduziert,  ebenso  die  interessantesten  Gemälde  fast  aller  Galerien. 
Die  Anstalt,  welche  in  eine  Aktiengesellschaft  umgestaltet  wurde, 
besass  bei  Brauns  Tod  1877  mehr  als  60000  Negativplatten.  In 
Colmar  besteht  noch  das  von  Decker  gegründete  Geschäft  unter 
der  Firma  C.  Decker  Witwe  (S.  358). 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN*  GRUPPE. 


403 


Mit  hoher  Befriedigung  wird  jeder  Deutsche  in  StraSSBURG, 
der  „ersten  Wiege"  der  Druckkunst,  welche  injuria  Umporum  Strasburg. 
Deutschland,  wie  es  fast  den  Anschein  hatte  für  immer,  verloren 
gegangen  war,  einkehren,  da  er  jetzt  nicht  nötig  hat,  deshalb  die 
Grenzen  des  Reichs  zu  überschreiten.  Wird  auch  der  Politiker  und 
Kriegsführer  Metz  mit  derselben  Freude  als  deutsch  begrüssen ,  das 
Herz  des  Volkes  und  der  Fachgenossen  besonders  hängt  doch  mehr 
an  Strassburg. 

Mag  das  Denkmal  Gutenbergs  (  I,  s.  $6)  von  Franzosen  errichtet 
sein,  mag  das  Buch,  welches  der  Meister  in  der  Hand  hält,  immer-  Gutenbcrg- 
hin  die  französische  Inschrift  Et  In  lumiere  füt  tragen,  hoffent- 
lich wird  nie  der,  in  einem  Augenblicke  hoher  Aufregung  aus- 
gesprochene, Gedanke,  das  Monument,  oder  wenigstens  die  Inschrift, 
zu  entfernen,  wieder  entstehen.  Ist  doch  die  Huldigung,  dem 
deutschen  Manne  von  einem  grossen  Volke  dargebracht,  keine 
Schande  für  ihn,  der  für  alle  Völker  segensreich  gewirkt  hat,  wie 
es  auch  das  Relief  des  Denkmals  versinnlicht,  wo  sich  Repräsen- 
tanten aller  Völker  sammeln,  um  dem  Meister  enthusiastische 
Huldigung  darzubringen.  Das  Denkmal  steht,  wo  es  hingehört,  auf 
deutschem  Grund  und  Boden,  da  mag  es  mit  französischer  Auf- 
schrift stehen. 

Mit  dem  Übergang  Strassburgs  in  die  Hände  der  Franzosen 
erlosch  nach  und  nach  das  frische  deutsche  Kultur-  und  Kunstleben,  Strasburg  unter 

Frankreich. 

das  nicht  durch  eine  französische  Akademie  ersetzt  werden  konnte. 
Doch  hatte  Strassburg  in  der  Geschichte  der  graphischen  Künste 
gute  Namen  zu  verzeichnen:  Berger-Levrault  (S.  187),  Treuttel& 
Würtz  (s.  186),  Gustav  Silbermann  (S.  205),  zu  denen  Engelmann 
Vater  und  Sohn  aus  Mülhausen  sich  gesellen  (S.  206).  Jetzt  zählt 
Strassburg  15  Buchdruckereien  und  16  lithographische  Anstalten 
mit  64  Schnellpressen  und  98  Tret-  und  Handpressen.  Die  hervor- 
ragendste Druckanstalt  bleibt  die  wennauch  geteilte  Offizin  Berger- 
Levrault  (S.  186),  jetzt  eine  Kommanditgesellschaft  unter  der  Firma 
R.  Schultz  &  Co.  mit  22  Schnellpressen,  18  Handpressen  und 
250  Arbeitern.  Die  berühmte  Silbermannsche  Anstalt  ging  erst  auf 
M.  Schauenburg  in  Lahr,  dann  auf  Silbermanns  früheren  Geschäfts- 
führer R.  Fischbach  über  (9  Schp.,  7  Hdp.),  ausserdem  ist  die 

Universitätsbuchdruckerei  von  J.  H.  E.  Heitz  (4  Schp.)  zu  nennen. 

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404 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


Einen  gewichtigen  Namen  in  der  Geschichte  der  typographi- 
j.  d.  Schöpflin  sehen  und  geistigen  Interessen  Strassburgs  hat  der  gelehrte 
t«.  aX"  177«'  Joh.  Dan.  Schöpflin.   Er  schrieb  die  bekannten  Vindiciae  typo- 
graphicae  (1760)  und  überliess  1765  der  Stadt  gegen  eine  massige 
Leibrente  seine  historischen  Sammlungen  und  seine  bedeutende 
Bibliothek,  fuhr  jedoch  fort,[diese  auch  nach  der  Abtretung  zu  ver- 
Die  Bibliothek,  mehren.    Durch  die  Einziehung  der  Klöster  und  durch  jährliche 
Erwerbungen  war  die  Sammlung  auf  gegen  12  000  Handschriften 
und  gegen  180  000  gedruckte  Bücher  angewachsen,  darunter  gegen 
2000  Inkunabeln  zumteil  der  seltensten  Art.   Als  ein  Kleinod  der 
Sammlung  galt  das  Manuskript  der  Äbtissin  Herrade  von  Lands- 
berg, Hortus  deliciarum,  aus  dem  xn.  Jahrhundert,  in  Gross-Folio, 
mit  den  kostbarsten  Miniaturen  fast  auf  jedem  Blatt.  Auch  eines 
der  wichtigsten  Dokumente  aus  der  Erfindungsgeschichte  der  Buch- 
di  uckerei,  die  Zeugenaussage  in  dem  Prozess  zwischen  Gutenberg 
und  den  Brüdern  des  Andr.  Dritzehn  aus  dem  Jahre  1439  (I,  S.  25), 
befand  sich  unter  den  Schätzen,  welche  seit  jdem  Jahre  1805  in  die 
neue  evangelische  Kirche  verlegt  wurden,  wo  bereits  eine  andere 
wichtige  Sammlung,  die  Universitätsbibliothek,  untergebracht  war. 

Einige  leider  zu  gut  gezielte  Bomben  haben  das  alles  vernichtet 
und  die  Opferfreudigkeit,  mit  welcher  die  Strassburger  Bibliothek 
neu  und  grossartig  errichtet  wurde,  konnte  den  unersetzlichen  Teil 
nicht  vviederschaffen1. 

»  Die  r  Annalen  der  Typographie",  welche,  nebenbei  gesagt,  die  erste  öffent- 
liche Aufforderung  zur  Wiedererrichtung  der  Strassburger  Bibliothek  bereits  in 
ihrer  Nr.  65  vom  8.  Oktober  1870  enthielten,  sagen  in  Nr.  62  desselben  Jahres 
bei  Gelegenheit  eines  Rückblickes  auf  die  Geschichte  der  Bibliothek,  deren  end- 
liches Schicksal  damals  noch  nicht  genau  bekannt  war: 

„Eine  solche  Sammlung  von  Schätzen  sollte  rettungslos  verloren  gegangen 
sein!?  Das  glauben  wir  nun  und  nimmermehr  auf  die  vagen  Äusserungen  (des 
Bibliothekars  Zeller  in  Paris)  hin.  Die  brennende  Bibliothek  hat  ja  nicht  urplötzlich 
die  Einwohner  aus  tiefem  Schlafe  geweckt.  Wochenlang  war  vorauszusehen, 
was  kommen  würde.  Und  da  sollte  nicht  ein  verdienstvoller  Bibliothekar,  der 
über  seine  Bücherschätze  ängstlich  wacht,  wie  der  Vater  über  seine  Kinder, 
nicht  ein  um  das  Eigentum  der  Stadt  besorgter  Beamter  daran  gedacht  haben, 
wenigstens  das  Unersetzlichste  in  Sicherheit  zu  bringen?  Die  Wechselfälle, 
denen  eine  belagerte  Stadt  ausgesetzt  ist,  sind  doch  nicht  unbekannt,  selbst 
wenn  die  Belagerer  nicht  aus  „Attilas  Horden"  beständen.  Da  sollte  nicht 
Zeit  gefunden  worden  sein,  ein  halbes  Dutzend  Kisten  mit  den  grössten  Selten- 
heiten beiseite  zu  schaffen?   Das  halten  wir  trotz  aller  Kopflosigkeit,  trotz  aller 


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XIV.  KAP.  DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  40$ 

Hoffen  wir,  dass  materielle  und  nationale  Wunden  mit  der  Zeit 
vernarben ,  dass  das  alte  Strassburg  wieder  als  eine  der  hauptsäch- 
lichsten deutschen  Kulturstätten  erstehe  und  neuen  typographischen 
Ruhm  erwerbe,  dass  zum  nächsten  Jubelfeste  die  Angehörigen  der 
verschiedenen  Nationalitäten  sich  um  das  Abbild  des  Meisters 
brüderlich  die  Hand  reichen.  Gutenbergs  Kunst  kann  zwar  schwere 
Wunden  schlagen,  aber  sie  heilt  auch  solche! 

DIE  SCHWEIZ. 

Als  einige  Geistliche  in  Cellarina  im  Ober-Engadin  den 
Gedanken  gefasst  hatten,  eine  Druckerei  anzulegen,  Hessen  sie  einen  örtliche 
Setzer  und  einen  Drucker  aus  Bergamo  kommen,  welche  die  kleine 
Letternanschaffung  in  ihrem  Ranzen  auf  dem  Rücken  trugen.  Eine 
abgenutzte  Holzpresse  wurde  auf  einen  Esel  gepackt,  weil  noch 
kein  Fahrweg  vorhanden  war.  Ein  Zimmermann  schlug  auf  dem 
Boden  eines  Heustalles  Regale  auf  und  zimmerte  Setzkasten. 
Als  Gespan  des  Druckers  fungierte  ein  Bauernbursche,  welcher 
auch  die  Abwartung  des  im  unteren  Stock  einlogierten  Esels  zu 
besorgen  hatte.  Wenn  der  Winter  herannahte,  ging  das  Personal 
nach  Bergamo  heim  und  kam  mit  dem  Frühjahr  wieder  zurück. 
Durch  dessen  Arbeit  entstand  eine  Sammlung  geistlicher  Lieder, 
welche  noch  nach  dem  Jahre  1840  das  allgemeine  Kirchengesang- 
buch des  Engadin  bildete. 

Wenn  nun  auch  dieses  kleine  typographische  Genrebild,  selbst 
in  der  Schweiz,  wohl  nicht  viele  Pendants  hat,  so  kann  es  doch  als 
eine  hübsche  wennauch  drastische  Illustration  der  Schwierigkeiten 
dienen,  welche  der  raschen  Verbreitung  der  Typographie  in  einem 
Berglande  mit  zerstreuter  Bevölkerung,  kleinen  Städten  und  einem 
schwierigen  Verkehr  entgegenstanden.  Diese  Verhältnisse  müssen  Erfreuliche« 

Emporbluhen 

die  Achtung  für  die  Schweizer  Typographen  steigern,  die,  obwohl 
die  Litteraturen  des  mehrsprachigen  Landes  sich  denen  der  grossen 
Nachbarvölker  anschliessen  müssen,  gewusst  haben,  ihre  gewerbliche 

Zuversicht  der  Franzosen  zu  den  eigenen  Waffen  und  der  souveränen  Verachtung 
gegen  den  „I.andsturm"  nicht  für  möglich."  —  Noch  heute  rauss  es  jedem 
unbegreiflich  erscheinen,  wenn  nichts  gerettet  sein  sollte.  Dann  wäre  die 
Barbarei  Deutschlands,  „das  seine  Gelehrsamkeit  nur  im  Verwüsten  zeigt", 
wie  der  Bibliothekar  Zeller  sagt,  doch  durch  die  passive  Barbarei  des  der 
Verwüstung  ruhig  Zusehenden  übertroffen. 


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406 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


Selbständigkeit  zu  wahren  und,  allerdings  kräftigst  durch  eine  wenn- 
auch  kleine  so  doch  hochgebildete  und  hochpatriotische  Bevölkerung 
unterstützt,  eine  bedeutende  Produktion  zu  erzielen. 

So  bildet  die  schweizerische  Typographie  das  Bild  einer 
allmählichen,  ruhigen,  den  Verhältnissen  angemessenen  Fortent- 
wickelung. Man  ist  eifrig  bemüht  gewesen,  nicht  zurückzubleiben, 
strebt  aber  andererseits  nicht  danach,  eine  der  Sachlage  nicht 
angemessene  blendende  Stellung  einzunehmen. 

Die  Schweiz  besitzt  in  164  Städten,  Städtchen,  Flecken  und 
statisch«.  Dörfern  325  Buchdruckereien  und  184  lithographische  Anstalten 
mit  zusammen  534  Schnellpressen  und  812  Tret-  und  Handpressen, 
von  w  elchen  die  Tretpressen  verhältnismässig  sehr  stark  repräsen- 
tiert sind.  In  dem  Druckgewerbe  werden  überhaupt  gegen  5000 
männliche  und  1000  weibliche  Arbeiter  beschäftigt. 

Wenn  die  Schweiz  vorzugsweise  reich  an  Zeitschriften  ist  — 
Zeitschriften-  es  giebt  eine  solche  auf  je  fünfhundert  Einwohner  — ,  so  liegt  dies 
an  der  Zersplitterung  der  Interessen  durch  die  kantonale  und 
kommunale  Kleinregierung,  an  den  verschiedenen  Nationalitäten 
und  an  der  örtlichen  Lage.  Deshalb  hat  die  Schweiz  keine  Blätter 
von  grosser  Verbreitung  und  allgemeiner  Bedeutung  und  die  Auf- 
lagen sind  oft  winzig  klein.  Die  Zahl  der  in  158  Druckorten 
erscheinenden  Journale  politischen  oder  lokalen  Inhalts  beträgt  307, 
darunter  60  täglich,  161  zwei-  oder  dreimal  wöchentlich  erschei- 
nende; 222  davon  in  deutscher,  75  in  französischer,  7  in  italienischer, 
2  in  romanischer,  1  in  englischer  Sprache.  Von  nichtpolitischen 
Zeitungen  giebt  es  253;  darunter  166  deutsche,  78  französische, 
7  italienische  und  2  romanische.  Bei  weitem  die  meisten  dieser 
Blätter  sind  sauber  gedruckt.  Die  Zahl  der  jährlich  erscheinenden 
Bücher  beträgt  etwa  1200. 

Basel  mit  seinen  grossen  Traditionen  war  nicht  in  der  Lage, 
B^»ei.  unter  veränderten  Verhältnissen  seinen  hohen  typographischen  Ruhm 
aufrecht  zu  erhalten.  Doch  hat  es  zum  Beginne  der  neuen  Periode 
eine  Druckerfamilie  von  europäischer  Bedeutung  aufzuweisen'. 

«  P.  WOOKUN),  Die  Familie  Haas  (im  Baseler  Taschenbuch  1855).  — 
W.  Haas,  Beschreibung  und  Abriss  einer  neuen  Buchdruckerpresse,  erfunden 
in  Basel  1772.  1790.  —  A.  G.  Precschen,  Grundriss  der  tjpometrischen 
Geschichte.    Basel  177s. 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


407 


Wilhelm  Haas  war  in  mancher  Beziehung  ein  ebenbürtiger 
Zeitgenosse  J.  G.  I.  Breitkopfs.    Sein  Vater  war  ein  geschickter    Die  Familie 
Schriftschneider  und  Schriftgiesser  aus  Nürnberg,  der  das  Bürger- 
recht in  Basel  erworben  hatte.   Der  Sohn  W  ilhelm  Haas  zeigte  w.  Haas  d.  a. 

•  2  t.  Aug-.  1741, 

schon  in  seiner  Jugend  ein  entschiedenes  Talent  für  den  Beruf  des  t  »•  J«»"  »fr«. 
Vaters  und  wurde  gründlich  von  Daniel  Bernoulli  in  Mathematik 
und  Mechanik  unterrichtet.  Er  übernahm  das  Geschäft  des  Vaters 
und  brachte  es  bald  dahin,  dass  seine  Schriftgiesserei  als  eine  der 
vorzüglichsten  Deutschlands  angesehen  wurde.  Die  Frakturschriften  Seine  Typen, 
betrachtete  man  in  Bezug  auf  Regelmässigkeit  und  Klarheit  als 
mustergültig.  Für  seine  Antiqua  nahm  er  Baskerville  zum  Vorbild; 
sie  ist  z.  B.  in  der  bei  Thurneysen  erschienenen  Ausgabe  von  Voltaires 
Werken  verwendet,  auch  schnitt  er  eine  nicht  unbeträchtliche  Zahl 
von  orientalischen  Schriften.  Zu  seinen  Verbesserungen  gehört  sein 
System  der  Spatien  und  der  Stücklinien,  worüber  er  sich  in  einer 
besonderen  Schrift  (1772)  aussprach. 

Sein  Hauptaugenmerk  galt  jedoch  der  Verbesserung  der  Druck- 
presse, die  seit  dem  Jahre  1500  so  ziemlich  ungeändert  geblieben  verbesserte 
war.  Haas  lebte  aber  noch  in  der  Blütezeit  des  Innungszopfes.  Er 
war  kein  kunstgemäss  gelernter  Buchdrucker  und  seine  freundlichst 
gesinnte  Kollegenschaft  brachte  es  glücklich  so  weit,  dass  er  nicht 
mit  der  von  ihm  konstruierten  Presse  arbeiten  durfte,  die  er  deshalb  an 
Schweighauser  verkaufte.  Er  selbst  musste  sich  mit  der  Herausgabe 
einer  deutschen  und  einer  französischen  Beschreibung  begnügen.  Die 
Hauptbestandteile  seiner  Presse  waren  aus  Eisen  und  ruhten  auf 
einem  Steinblock;  der  Tiegel  hatte  die  Grösse  des  Fundaments,  so 
dass  für  den  Druck  einer  Form  nunmehr  nicht  zwei  Züge  notwendig 
waren.  Der  Bengel  wurde  an  dem  Kopfende  der  Spindel  angebracht 
und  der  Hebel  mit  einer  Schwingkugel  versehen. 

In  das  Jahr  1775  fallen  Haas' Versuche,  Landkarten  und  Musik- 
noten mit  Typen  herzustellen.  Den  ersten  Gedanken  zu  dem  Land-  Landkartens.it/. 
kartensatz  fasste  der  Hofdiakon  A.  G.  Preuschen  in  Karlsruhe,  der  a.g  .  Preuseheu. 
sich  an  Haas  mit  dem  Vorschlag  wandte,  mit  ihm  in  eine  Association 
für  diese  neue  Kunst,  die  „Typometrie",  zu  treten.  Haas  ging  mit 
Energie  und  Überzeugung  auf  den  Gedanken  ein.  Als  erstes  Probe- 
stückchen erschien  zu  Anfang  des  Jahres  1776  in  Basel  ein  Blättchen 
mit  einer  Waldung  und  dem  Lauf  eines  Flusses;  das  zweite  griff 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


schon  weiter  und  wurde  der  Kaiserl.  Akademie  zu  St.  Petersburg 
und  dem  berühmten  Geographen  Büsching  vorgelegt,  der  Feuer 
und  Flamme  für  die  Erfindung  wurde. 

Nun  trat  Breitkopf  hervor  und  erklärte,  er  habe  sich  schon 
zwölf  Jahre  mit  denselben  Versuchen  beschäftigt,  und  versandte 
seine  Proben.  Im  Oktober  1776  gab  Haas  eine  Karte  des  Kantons 
Basel  in  Quart  heraus,  von  welcher  1777  eine  neue  Ausgabe  im 
üblichen  Landkartenformat  erschien,  der  eine  Nachbildung  der  Karte 
von  Sicilien  von  Hubert  Jaillot  aus  dem  Jahre  1736  folgte.  Sie 
wurde  dem  König  Ferdinand  IV.  von  Neapel  dediziert  und  erschien 
auch  in  einer  französischen  Ausgabe.  Wilh.  Haas  gab  noch  etwa 
ein  Dutzend  solcher  Karten  heraus.  Nach  den  neueren  Erfindungen 
hat  die  Typometrie  jedes  praktische  Interesse  verloren ,  das  nie  ein 
nennenswertes  gewesen,  und  nur  das  historische  ist  geblieben. 

Im  Jahre  1780  errichtete  Haas  im  Verein  mit  dem  talentvollen 

Haa$  und  Thum- Buchdrucker  und  Buchhändler  Joh.  Jak.  Thurneysen  ein  Geschäft, 
das  sehr  elegante  Arbeiten  lieferte.  Die  Verbindung  hörte  jedoch 
nach  sechs  Jahren  auf  und  Haas  der  Sohn  übernahm  die  Leitung 
der  Buchdruckerei  und  führte  sie  nach  dem  Tode  seines  Vaters, 
der  zugleich  Brigade -Chef  und  General  -  Inspektor  der  helvetischen 
Artillerie  war  und  auf  einer  artilleristischen  Inspektionsreise  zum 
allgemeinen  Bedauern  starb,  fort. 

W.  Haas  d.  j.  hatte  eine  sehr  sorgfältige  Erziehung  genossen 

.T'jlnlfa«  66  unc*  ze*&e  frühzeitig  ein  entschiedenes  Talent  für  die  Typographie. 

+  «.  Mai 

Als  achtjähriger  Knabe  setzte  er  ein  Frag-  und  Antwortspiel  aus 
Nonpareil  mit  einer  Einfassung  und  druckte  es  in  zwei  Farben.  Als 
sechzehnjähriger  Gehülfe  stellte  er.  unter  Benutzung  der  systema- 
tischen Stücklinien  des  Vaters,  die  grosse  Karte  der  Weltgeschichte 
von  F.  K.  Fulda  (Augsburg,  Stagesche  Buchhandlung)  fertig,  die  aus 
zwölf  grossen  Formen  besteht,  welche  zusammen  ein  Tableau  von 
5  Fuss  Höhe  und  6  Fuss  Breite  bilden. 

Nach  der  oben  erwähnten  Übernahme  des  Geschäfts  im  Jahre 
Weitere  1 786,  welches  die  Firma  Wilhelm  Haas  der  söhn  annahm,  heiratete 
er  1788  die  Tochter  Georg  Jacob  Deckers  (S.  36 1).  An  der  Druck- 
presse brachte  er  noch  weitere  Verbesserungen  an  und  vervoll- 
kommnete den  Satz  der  Landkarten ,  von  welchen  viele  Blätter  bei 
ihm  erschienen.  Nach  dem  Beispiel  Baskervilles  fertigte  er  nach 


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XIV.  KAP.  DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  4O9 


seiner  eigenen  und  des  Vaters  Idee  eine  Satiniermaschine,  die  er 
jedoch,  als  er  die  von  Bodoni  konstruierte  gesehen  hatte,  verwarf. 
Seine  Musiknoten  sind  elegant.  Er  druckte  auch  verschiedene 
hebräische  Werke,  darunter  eine  Bibel  in  vier  Bänden,  Grossoktav. 
Auch  den  Accidenzarbeiten  wurde  grosse  Sorgfalt  gewidmet. 

Zu  der  im  Jahre  1830  in  Basel  stattgehabten  Kunst-  und 
Industrie. Ausstellung  hatte  Haas  „Das  Gebet  des  Herrn*  in  hundert  wuheim  und 

Eduard  Haas. 

Sprachen,  wie  er  bemerkt:  die  vierzigste  derartige  Sammlung,  aus- 
gestellt. Das  Geschäft  überliess  er  seinen  Söhnen  Wilhelm  und 
Eduard,  von  denen  letzterer  sich  bei  Didot  als  Stempelschneider 
ausgebildet  hatte,  und  erlebte  in  Zurückgezogenheit  noch  sein 
77.  Jahr.  Das  Geschäft  besteht  noch  heute  als  geachtete  Schrift- 
giesserei. 

Eine  bekannte  Baseler  Druckerfamilie  war  die  THURNEYSENSche, 
die  ihre  Aufmerksamkeit  namentlich  dem  Bibeldruck  zuwendete. 
In  jüngster  Zeit  hat  die  Sch weich AUSERsche  Offizin  durch  Benno 
Schwabe  mehrere  vorzügliche  Arbeiten,  namentlich  im  Renaissance- 
stil, geliefert,  welche  den  besten  aus  der  Glanzzeit  Basels  eben- 
bürtig sind. 

Wenn  Bern  auch  die  Hauptstadt  der  Schweiz  ist,  so  bleibt 
doch  ZÜRICH,  sowohl  was  Einwohnerzahl  betrifft,  als  auch  in  Zand». 
Beziehung  auf  Kultur,  Litteratur  und  Druckgewerbe,  die  erste  Stadt 
der  Schweiz.  Sie  besitzt  22  Buchdruckereien  und  18  lithographische 
Anstalten,  die  55  Schnellpressen,  136  Tret-  und  Handpressen 
beschäftigen.  Der  Kanton  Zürich  hat  40  Buchdruckereien,  30  litho- 
graphische Anstalten  mit  97  Schnellpressen,  190  Handpressen  und 
800  Arbeitern  und  überragt  weit  jeden  anderen  der  Kantone. 
Berühmt  war  Zürich  schon  in  der  älteren  Druckgeschichte  als  Sitz 
des  Geschäfts  Christ  Froschauers,  als  dessen  würdige  Nachfolgerin 
die  Firma  Orell  Füssli  &  Co.  noch  heute  sich  zeigt  (I,  S.  140).  oreiiFü«ii&co. 
Die  Offizin  würde  auch  in  Deutschland  zu  den  bedeutenderen  zählen 
(10  Schp.,  15  Hdp.);  sie  vereinigt  alle  Branchen  der  graphischen 
Künste  und  liefert  in  allen  Vorzügliches.  Das  am  25.  August  1881 
bezogene  neue  Haus  .Zum  Bären-  ist  ein  höchst  stattlicher  Bau. 
Einen  eigentümlichen  äusseren  Schmuck  desselben  bildet  ein,  eine 
ganze  Wand  des  vierstöckigen  Hauses  einnehmender,  Bär.  Die 
frühere  Lokalität  war  durch  105  Jahre  von  der  Firma  benutzt 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


gewesen.  Ein  grosses  Geschäft  ist  die  Firma  Zürcher  &  Firrer 
(6  Schp.). 

Zürich  besitzt  mehrere  bedeutende  lithographische  Anstalten. 
Die  Lithographische  Genossenschaft  (4  Schp.,  7  Hdp.),  ebenso 
J.  J.  Hofer  &  A.  Burger  liefern  sehr  gute  Chromodrucke.  Berühmt  ist 
Kartographie,  die  Anstalt  von  Wurster,  Randegger  &  Co.  durch  ihre  kartographi- 
schen Arbeiten,  in  welcher  Richtung  H.  Mühlhaupt  &  Sohn  sowie 
R.  Lf.uzinger  in  Bern  und  H.  Furrer  in  Neuenburg  sich  ebenfalls 
einen  Namen  erwarben.  Uberhaupt  geniesst  die  Schweiz  hinsichtlich 
ihrer  kartographischen  Arbeiten  eines  grossen  Rufes.  Die  geringe 
Ausdehnung  des  Landes  bei  den  interessanten  Bodenformationen 
und  den  komplizierten  hydrographischen  Verhältnissen  luden  ganz 
besonders  zur  Anfertigung  detaillierter,  malerisch  ausgeführter 
Terrainkarten  ein.  Den  mächtigsten  Anstoss  gab  der  General 
Dufour,  dessen  Generalkarte  der  Schweiz  noch  heute  als  das 
bedeutendste  Meisterwerk  kartographischer  Darstellungskunst  gilt. 
In  Winter  THÜR  befindet  sich  die  ziemlich  bedeutende  Offizin 
winterthur.  von  Bleuler,  Hausheer  &  Co.  (4  Schp.).  J.  Westpheling  liefert 
sehr  gute  Arbeiten  und  introduzierte  sich  in  sehr  empfehlender 
Weise  in  grösseren  Kreisen  durch  seinen  Schweizer- Ausstellungs- 
Katalog  (Wien  1873),  der  denselben  Beifall  fand,  wie  die  ganze 
Kollektiv -Ausstellung  der  Schweiz. 

St.  Gallen  umschliesst  eine  der  besten  Offizinen  der  Schweiz, 
st.  Gallen.    Dieselbe  wurde  von  Joh.  Zollikofer,  aus  einer  alten,  vom  Kaiser 

joh.  zoiukofcr.  Rucjolf  1 578  geadelten  Familie  stammend,  im  Jahre  1789  gegründet. 

Durch  Ankauf  erwarb  er  1792  noch  eine  zweite  kleine  Buchdruckerei 
und  blieb  bis  1802  der  alleinige  Buchdrucker  in  St.  Gallen.  Im 

Chr.  Zollikofer.  Jahre  1834  wurde  der  Sohn  Christoph  Associe.  Durch  Eintritt 
C.  P.  Scheu  lins  ward  die  Firma  in  Scheitlin  &  Zollikofer  umgeändert 
und  ein  bedeutender  Verlag  gegründet,  der  später  auf  den  Schwager 
Christoph  Zollikofers,  Iwan  v.  Tschudi,  überging,  während  der  erst- 

Emii  zollikofer.  genannte  die  Druckerei  behielt.  Der  Sohn  Emil  Zollikofer  wurde 
1867  Teilnehmer.  Durch  längeren  Aufenthalt  im  Auslande  aus- 
gebildet, reformierte  er  die  Buchdruckerei  übereinstimmend  mit  den 
Forderungen  der  Zeit.  Ein  neuer  stattlicher  Bau  ward  1868  aus- 
geführt, fiel  jedoch  bereits  am  17.  Juli  1880  den  Flammen  zum  Opfer. 
Ein  zweiter  Neubau  wurde  mit  fabelhafter  Energie  betrieben  und 


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XIV.  KAP. 


DER  SÜDEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


4II 


vier  Monate  nach  dem  Brande  stand  ein  Prachtbau,  hauptsächlich 
aus  Glas  und  Eisen,  fertig  da.  Christoph  Zollikofer  war,  von  seinen 
Mitbürgern  hochangesehen,  bereits  Anfang  September  1870  ver- 
storben. 

Unter  den  schweizerischen  graphischen  Anstalten  giebt  es  nur 
eine,  die  für  den  Weltmarkt  arbeitet  und  auch  einen  Weltruf  sich 
erworben  hat.  Der  Bergflecken  EINSIEDELN  mit  70c»  Einwohnern, 
berühmt  durch  sein  Benediktiner- Kloster  mit  dem  wunderthätigen 
Muttergottesbilde  und  deshalb  jährlich  von  hunderttausenden  von 
Wallfahrern  besucht,  ist  in  der  typographischen  Geschichte  durch 
die  grossartige  Anstalt  der  Gebr.  Benziger  merkwürdig  geworden.  <;ebr.  Bender. 
Das  Geschäft,  welches  nur  auf  die  Bedürfnisse  strenggläubiger  Katho- 
liken berechnet  ist,  wurde  von  dem  Landamman  Josef  Karl  Benziger 
1 805  gegründet  und  ging  von  ihm  auf  seine  Söhne  Karl  und  Niko- 
laus (letzterer  vom  Papst  in  den  Grafenstand  erhoben)  über.  In 
allen  Erzeugnissen  der  Anstalt,  auch  den  billigsten,  ist  das  Streben 
sichtbar,  nur  Gutes  zu  liefern.  Die  Erzeugnisse  der  Phototypie 
sowohl  in  VergrÖsserungen  als  Verkleinerungen  gehören  zu  den 
besten  Leistungen  in  dieser  Richtung.  Die  Anstalt  verfügt  über 
27  Schnellpressen  und  eine  grosse  Anzahl  von  Buchbinderei-  und 
anderen  Maschinen  und  soll  7c» — 1 000  Menschen,  Erwachsene  und 
Kinder,  beschäftigen.  In  New-York,  Cincinnati  und  St.  Louis  besitzt 
die  Firma  Filialen'. 

Um  den  Leistungen  dieser  Anstalt  vollkommen  gerecht  zu  sein, 
muss  man  der  örtlichen  Lage  derselben  eingedenk  bleiben.  Dieselbe 
machte  die  Fürsorge  für  die  Arbeiter  durch  Kosthäuser,  Kassen  und 
andere  humanitäre  Einrichtungen,  die  nach  vielen  verschiedenen 
Richtungen  hin  vorhanden  sind,  noch  notwendiger,  als  bei  gewöhn- 
lichen Verhältnissen. 

Die  Hauptstadt  Bern  zählt,  was  Bevölkerung  betrifft,  erst  als 
die  fünfte  Stadt  der  Schweiz  und  bietet  in  graphischer  Hinsicht  Bern, 
nichts  Bemerkenswertes  dar.  Die  bedeutendsten  Offizinen  sind  die 
STÄMPFUsche  mit  7  Schnellpressen,  Rieder  &  Simmen,  Jent  & 
Reinert,  K.J.Wyss  und  B.  F.  Haller.  Dieser  war  der  erste,  der 

«  Phototypie  Renziger,  Reproduktionen  von  Hol/schnitten,  Lithographien, 
Stahlstichen,  Handzcichnunjjen ,  auf  Metallplattcn ,  hochgeätzt  für  Buchdruck. 


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412 


DIE  GERMAXISCHE  GRUPPE. 


XIV.  KAP. 


eine  eiserne  Presse  in  der  Schweiz  einführte ;  die  erste  Schnellpresse 
erhielten  Orell  Füssli  &  Co.  im  Jahre  1832. 

In  der  französischen  Schweiz  ist  Genf  durch  das  rege 
Genf,  wissenschaftliche  und  litterarische  Leben  bekannt.  Die  Stadt  hat 
18  Buchdruckereien  und  17  lithographische  Anstalten,  doch  kein 
Geschäft  von  bedeutendem  Umfang.  Die  grössten  derselben  sind 
Chr.  Schuchardt  und  J.  Lang  mit  je  4  Schnellpressen.  Auch  in 
Lausanne  ist  ein  regeres  geschäftliches  Leben.  Unter  den  17  typo- 
graphischen und  lithographischen  Anstalten  daselbst  ist  zu  nennen 
die  von  G.  Bridel  (4  Schp.),  die  gute  Werk-  und  Accidenzdrucke 
liefert. 


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XV.  KAPITEL. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

Presszustände  in  Österreich.  J.  T.  Trattner.  J.  G.  Trassier.  J.  v.  Kurzbeck. 
A.  Schmid.  Familie  Gerold.  J.  V.  Degen.  A.  Auer.  Die  Hof-  und  Staats- 
druckerei. W.  v.  Braumüller.  Das  Museum  und  die  Gesellschaft  für  verviel- 
fältigende Kunst.  Der  Buchdrucker-Verein.  Neuere  Buchdruckereien  Wiens. 
Die  Druckereien  in  den  Provinzen.  Ungarn.  Druckereien  in  Budapest  und 
an  anderen  Orten.  Statistisches  aus  Österreich -Ungarn. 


U  derselben  Zeit ,  wo  die  Presse  in  Preussen  beinahe 
einer  uneingeschränkten  Freiheit  sich  erfreute,  hatte  sie  Gedrückt» 

•j  .  f  i  r  Zuiünde  de 

in  Österreich  mit  dem  schwersten  Druck  zu  kämpfen.  Prc**e. 
Unter  dem  Kaiser  Karl  VI.  wurde  noch  glimpflich 
verfahren,  unter  Maria  Theresia  trat  jedoch  grössere 
Strenge  ein.  Ein  Patent  vom  12.  Juli  1752  befahl  den  Unterthanen, 
alle  geistlichen  Bücher  ihren  Seelsorgern  zur  Prüfung  zu  übergeben, 
diese  hatten  die  irrlehrigen  an  sich  zu  nehmen,  die  unverdächtigen, 
nachdem  sie  mit  Siegel  versehen  waren,  zurückzustellen.  Selbst  die 
Buchbinder  waren  verpflichtet,  die  ihnen  zum  Binden  übergebenen 
Bücher  den  Geistlichen  vorzulegen.  Politische  und  staatswissen- 
schaftliche Schriften  wurden  mit  ähnlichem  Argwohn  behandelt  und 
diejesuiten  hatten  sich  ganz  der  Zensur  bemächtigt.  In  Ermangelung 
von  gedruckten  Zeitungen  wurden  geschriebene  „ Gassenblätter M 
regelmässig  versandt.  Zeitungsschreibern,  welche  falsche  Nachrichten 


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414 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


verbreiteten,  wurde  mit  Auspeitschung  und  Landesverweisung 
gedroht  und  Angebern  100  Dukaten  Belohnung  zugesagt.  Die 
einzige  in  Wien  erscheinende  Zeitung,  das  im  Jahre  1703  gegründete 
^Diarium"*,  durfte  nur  solche  inländische  Nachrichten  verbreiten, 
die  ihr  von  der  Hofstelle  zukamen.  Ausländische  privilegierte 
Zeitungen  konnten  eingeführt  werden,  sie  unterlagen  jedoch  einer 
Revision  und  wurden  nur  durch  die  kaiserlichen  Postämter  ver- 
trieben. Damals  entstanden  auch  die  verschiedenen  Stufen  des  Ver- 
botes und  der  Zulassung.  1765  erschien  das  erste  Verzeichnis  der 
verbotenen  Bücher,  welches  schliesslich  selbst  verboten  wurde,  damit 
man  nicht  die  Titel  der  „  schlechten  *  Bücher  kennen  lernte. 

Dem  unhaltbaren  Zustand  setzte  die  Thronbesteigung  Josephs  U. 
Freiere     O780)  eine  Grenze.  Er  hob  die  geistliche  Zensur  ganz  auf  und 

BtfweguDg  unter 

Joseph  11.  bildete  eine  Zensurkommission  aus  aufgeklärten  und  unabhängigen 
Männern.  Das  Pressgesetz  von  1 781  war  in  seinen  Grundlagen 
nach  den  eigenen  Bestimmungen  des  Kaisers  entworfen.  Das  Ver- 
zeichnis der  verbotenen  Bücher  wurde  revidiert  und  mehr  als  2500 
derselben  wieder  erlaubt.  Nur  gegen  schmutzige  Bücher  wurde  mit 
aller  Strenge  verfahren.  Im  Jahre  1787  wurde  es  gestattet,  anstatt 
der  Manuskripte  die  bereits  gedruckten  Werke  der  Zensurbehörde 
vorzulegen.  Es  ward  dem  Kaiser  nicht  leicht,  bei  diesen  Reformen 
den  passiven  Widerstand  der  Beamten  zu  überwinden.  In  der  letzten 
Zeit  seiner  Regierung  ward  er  auch  selbst  weniger  freisinnig  und  die 
zuletzt  erwähnte  Massregel  wenige  Wochen  vor  seinem  Tode  durch 
eine  Verordnung  vom  2 1 .  Januar  1 790  zurückgenommen. 

Kaiser  Leopold  II.,  eingeschüchtert  durch  die  französische 

Neue  b  -    Revolution,  ergriff  strengere  Massregeln  gegen  die  Presse,  und  sein 

schrankungen.  e 

Nachfolger,  Franz  II.,  verschärfte  diese  noch  mehr.  1801  ward  die 
Zensur  der  Polizeihofstelle  übergeben;  1803  begann  eine  Rezensur- 
kommission  ihre  Thätigkeit  und  setzte  wieder  tausende  von  früher 
freigegebenen  Büchern  auf  den  Index.  Während  der  Besitznahme 
Wiens  durch  Napoleon  fand  1809  eine  temporäre  Erleichterung 
statt  und  die  Druckereien  waren  nicht  imstande,  alle  ihnen  ange- 
botenen Aufträge  auszuführen.  Dieser  Zustand  nahm  jedoch  mit 
Patent  vom  dem  Patente  vom  1.  November  18 10  zur  Regelung  der  Pressverhält- 
Nov.  1810.  n.sge  ^  sckncucs  Enfje>  „Kein  Lichtstrahl,  er  komme,  woher  er 

wolle,  soll  künftig  unbeachtet  oder  unbekannt  in  der  Monarchie 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRI  PPE. 


415 


bleiben-,  so  hiess  es  und  die  Geschichte  lehrt  die  Wahrheit  dieser 
Worte  des  Programms  kennen ,  wennauch  nicht  in  der  vermuteten 
Auslegung;  es  blieb  in  der  That  kein  Lichtstrahl  unbeachtet  — 
seitens  der  Polizei.  Übertretungen  der  Zensurmassregeln  wurden 
streng  geahndet.  Das  Recht,  Buchhandel  und  Buchdruckerei  zu 
betreiben,  beruhte  natürlicherweise  auf  Privilegien.  Die  Abstufungen  Abstufung  der 

Uucherverboie, 

der  Zulässigkeit  der  Werke  wurden  genau  reguliert.  Professoren 
und  Gelehrten  von  Fach  sollte  nur  in  besonderen  Ausnahmefällen 
ein  Buch  verweigert  werden.  Einige  Bücher  erhielten  admittitur, 
d.  h.  sie  waren  ganz  freigegeben;  andere,  denen  das  transcat  zu  teil 
geworden,  durften  verkauft,  jedoch  nicht  öffentlich  angekündigt 
werden.  Um  andere  beziehen  zu  können  war  wieder  eine  besondere 
Erlaubnis  notwendig  (erga  Schedam).  Inländische  Verlagsartikel 
erhielten  das  imprimatur  entweder  ohne  Beschränkung  oder  nach 
Weglassungen  resp.  Änderungen,  andere  fielen  dem  damnatur 
anheim.  Es  ist  bekannt  genug,  wie  die  Bestimmungen  über  die 
Einfuhr  der  Bücher  vielfach  umgangen  wurden  und  wie  wöchentlich 
ganze  Ballen  nichterlaubter  Bücher  von  Leipzig  nach  Wien  gesandt 
wurden.  Dort  waren  Bestechungen  selbstverständlich  an  der  Tages- 
ordnung; das  Geschäft  wurde  demoralisiert,  aber  im  Sortiments- 
handel viel  Geld  verdient,  während  der  Verlagshandel  und  die 
Buchdruckerei  darnieder  lagen.  Kein  Autor  von  Bedeutung  mochte 
sein  Werk  in  Osterreich  verlegt  oder  gedruckt  sehen  und  ein  in 
Österreich  gedrucktes  Buch  war  fast  gleichbedeutend  mit  einem 
schlecht  gedruckten. 

Der  Festredner  bei  dem  vierhundertjährigen  Jubelfest  (1882) 
der  Einführung  der  Buchdruckerkunst  in  Wien  Karl  v.  Scherzer,  im  zmund 

der  graphUchei 

Jahre  1 846  noch  ein  enthusiastischer  Jünger  Gutenbergs ,  schrieb  Gewerbe, 
damals:  „Es  ist  in  dem  Volke  noch  nicht  das  Bedürfnis  zu  lesen 
erwacht ;  es  begnügt  sich,  die  .Wiener  Zeitung'  durchzublicken  und 
alle  Jahre  die  renommiertesten  französischen  Schauerromane  in 
deutscher  Übersetzung  durchzublättern.  Es  fehlt  uns  hier  auch  an 
nichts  weniger  als  an  allem,  um  selbst  die  geringste  littera- 
rische Unternehmung  mit  Ehren  ins  Leben  rufen  zu  können.  Kein 
genialer  Zeichner,  kein  fähiger  Holzschneider,  kein  tüchtiger  Drucker 
und  so  fort  bis  zum  Farbenjungen.  Während  das  Ausland  seit  Jahren 
uns  mit  illustrierten  Ausgaben  überflutet,  haben  wir  hier  kaum  den 


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416  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  XV.  KAP. 

Mut  gefasst,  ein  einziges  grosses  Werk  mit  Holzschnitten  zu  ver- 
zieren; selbst  die  , Theaterzeitung'  hat  ihr  illustriertes  Gewand  seit 
dem  neuen  Jahre  wieder  abgelegt  und  noch  bei  dem  neuesten 
illustrierten  Werk  .Erzherzog  Karl  von  Österreich'  mussten,  durch 
unübersteigbare  Hindernisse  dazu  gezwungen,  die  beabsichtigten 
Holzschnitt-Illustrationen  den  in  den  Text  gedruckten  Lithographien 
weichen"'. 

Mit  den  Accidenzien  ging  es  nicht  besser,  als  mit  dem  Werk- 
druck. Die  Privilegien  der  „Wiener  Zeitung"  verursachten  ausser- 
dem, dass  Accidenzien  im  Interesse  des  Handels  und  der  Gewerbe 
fast  gar  nicht  vorkamen. 

Mit  der  Zeitungslitteratur  war  es  gar  schlecht  bestellt;  nur  die 
zeituogi-    verflachenden,  witzelnden  und  pikanten  Theater-,  Kunst-,  Litteratur- 

Utteratur.  .  , 

und  Modeblätter  erfreuten  sich  eines  bedeutenden  Absatzes.  Alle 
Zeitungen,  mit  Ausnahme  der  „Wiener  Zeitung"  und  des  „Oster- 
reichischen Beobachters",  unterlagen  einer  Vorzensur  und  kamen 
dann  erst  in  die  Hände  des  bekannten  Grafen  v.  Sedlnitzky  und 
erfolgten  aus  diesen  gewöhnlich  in  einem  Zustande  zurück,  von  dem 
man  sich  heute  schwer  eine  Vorstellung  wird  machen  können.  Die 
willkürlichsten  Änderungen  wurden  getroffen,  die  sich  nicht  bloss 
auf  Politik  und  ernstere  Interessen  bezogen ;  es  konnte  auch  einem 
Theaterkritiker,  welcher  erzählt  hatte,  wie  sehr  Fräulein  X.  miss- 
fallen,  passieren,  dass  er  in  seiner  Zeitung  las,  wie  ausnehmend  sie 
gefallen.  Adlige  Bösewichte  gab  es  in  Romanen  und  Theater- 
stücken gar  nicht;  sie  mussten  vorher  ins  Bürgerliche  übersetzt 
werden. 

Unter  solchen  Verhältnissen  ist  es  immer  noch  zu  verwundern, 
dass  Wien  einige  bedeutende  Männer  unter  den  Ausübern  der  Druck- 
j.  t.  Trattner  kunst  aufzuweisen  hat.  Die  populärste  Erscheinung  aus  dieser 
f  »79&-  Periode  des  Rückgangs  ist  Johann  Thomas  Trattner.  Er  gehört 
nicht  zu  denjenigen  Koryphäen  der  Druckkunst,  zu  denen  wir  mit 
Ehrerbietung  emporblicken.  Seine  Hauptthätigkeit  war  eine,  welche 
der  Staat  zwar  zuliess,  die  öffentliche  Meinung  und  das  Rechts- 
bewusstsein  aber  verurteilten:  Trattner  war  ein  Nachdrucker  ersten 
Ranges 

»  Juurn.  f.  Ii.  1846. 

2  J.  T.  v.  Trattner,  Der  gerechtfertigte  Nachdrucker.   Wien  1778. 


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XV.  KAP.  DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  417 

Er  war  als  Sohn  eines  armen  Pulvermüllers  zu  Jahrmannsdorf 
unweit  Güns  geboren  und  frühzeitig  verwaist.  In  seinem  1 8.  Jahre 
kam  er  in  die  Lehre.  Als  Drucker  erwarb  er  sich  in  der  Offizin 
Johann  von  Gehlens  (I.,  S.  144)  etwas  Geld  und  einige  vermögende 
Gönner,  die  bereit  waren,  den  jungen  strebsamen  Mann  zu  unter- 
stützen. Seine  Bemühungen,  eine  Konzession  sich  zu  verschaffen, 
blieben  jedoch  vergeblich.  Da  fasste  er  den  kühnen  Entschluss, 
sich  persönlich  an  die  Kaiserin  Maria  Theresia  zu  wenden,  die  ihn 
gnädig  beschied.  Nun  kaufte  Trattner  am  12.  Marz  1748  die  im 
Laufe  der  Zeit  sehr  herabgekommene  Buchdruckerei  der  Frau  Eva 
Schelgin.  Den  Ertrag  seiner  ersten  Arbeit,  ein  vom  Abte  des 
Stiftes  Molk  verfasstes  Gebet,  widmete  er  den  Armen,  wodurch 
er  sich  das  Wohlwollen  der  Jesuiten  erwarb,  die  nun  alle  ihre 
Arbeiten  bei  ihm  drucken  Hessen,  so  dass  er  zeitweilig  sechzehn 
Pressen  beschäftigen  konnte;  sie  aber  regelmässig  im  Gange  zu 
halten  war  eine  schwere  Aufgabe.  Trattner  legte  sich  deshalb  auf 
das  Nachdrucken  der  Werke  der  besten  deutschen  Autoren  und 
machte  sich  hiermit  eben  so  verhasst  in  Deutschland  wie  beliebt  in 
Österreich,  wo  man  den  Nutzen  der  guten  und  billigen  Bücher 
hatte.  Es  ging  ganz  wie  in  neuerer  Zeit  in  Nordamerika:  der 
durch  den  Nachdruck  gebildete  Geschmack  des  Publikums  kam 
wenigstens  später  den  einheimischen  Autoren  und  Verlegern  zu 
gute,  welche  den  Boden  vorbereitet  fanden. 

Eine  grosse  Erweiterung  seines  Geschäfts  (bis  auf  34  Pressen) 
entstand,  als  ihm  bei  der  Studienregelung  im  Jahre  1752  der  Druck  Der  Tratmerhof. 
der  sämtlichen  Schul-  und  Lehrbücher  übertragen  wurde.  Er  legte 
Filialen  seiner  Druckerei  in  Pest,  Triest,  Innsbruck,  Linz  und  Agram 
an,  erwarb  zwei  Papierfabriken,  gründete  eine  Schriftgiesserei,  alle 
Arten  von  artistischen  Anstalten  und  unterhielt  23  Bücherlager. 
Am  „Graben"  erbaute  er  den  schönen  Trattnerhof,  welcher  seinen 
Wahlspruch  „Labore  et favore"  trug.  Seine  Bücher  stattete  er  mit 
grosser  Sorgfalt  aus,  so  dass  es  von  einem  guten  Druck  hiess:  „Der 
ist  wie  von  Trattnern Bis  in  sein  78.  Jahr  war  er  der  alleinige 
Leiter  des  Geschäfts  und  erlebte  1798  noch  sein  goldenes  Jubiläum. 
Von  zwei  Frauen  hatte  er  2 1  Kinder,  von  denen  jedoch  nur  zwei 
am  Leben  blieben.  Vom  Kaiser  Franz  war  er  1764  in  den  Adelstand 

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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV,  KAP 


erhoben.  Das  Geschäft  wurde  nach  Trattners  Tod  geteilt  und  ging 
auf  verschiedene  Personen  über. 

Neben  Trattner  nahm  Josef  Georg  Trassler  aus  Wien  eine 
i  c.  Trailer  bedeutende  Stelle  ein.  Im  Jahre  1 779  erwarb  er  eine  Buchdruckerei 
in  Troppau,  die  bereits  1785  mit  25  Pressen  arbeitete.  Eine  zweite 
Buchdruckerei  errichtete  er  1786  in  Brünn;  diese  beschäftigte  bis 
60  Pressen.  Eine  dritte  Offizin  etablierte  er  1795  in  Krakau,  die 
jedoch  1 809  von  den  Polen  demoliert  wurde.  Ausserdem  hatte  er 
noch  verschiedene  graphische  Geschäfte  und  eine  Buchhandlung. 

Seine  Erfolge  verdankte  er  zum  nicht  geringen  Teil  den  Frei- 
maurern und  den  mit  diesen  in  Verbindung  stehenden  Gesellschaften, 
welche  letztere  zur  Bildung  des  Volkes  unzählige  Nachdrucke  mit 
der  Bezeichnung  „Gedruckt  bei  Josef  Georg  Trassier  und  im  Verlage 
der  Compagnie"  verbreiteten.  Ausserdem  besass  Trassier  selbst 
einen  grossen  Verlag  zumteil  bedeutender  Werke,  darunter  A.  F. 
Büschings  grosse  Erdbeschreibung  in  30  Bänden;  die  34  Bände 
starke  Sammlung  der  besten  Reisebeschreibungen;  die  „Allgemeine 
Weltgeschichte",  88  Bände;  Krünitz'  „Encyklopädie^,  129  Bände. 
Die  bedeutendste  Leistung  war  jedoch  J.  C.  Adelungs  berühmtes 
Wörterbuch  in  vier  starken  Bänden  in  Grossquart  von  zusammen 
7587  Seiten*. 

Obwohl  der  Verlag  nach  Trassiere  Tod  noch  vermehrt  wurde, 
ging  das  Geschäft  in  den  Händen  der  Kinder  doch  zurück.  Der 
zweite  Sohn,  Adolf,  zog  mit  dem  übrig  gebliebenen  Teile  des- 
selben nach  Troppau,  wo  es  wieder  emporblühte  und  seit  1879  im 
Besitz  Alfreds,  des  Sohnes  von  Adolf,  gedieh. 

Ein  sehr  verdienter  Buchdrucker  war  Josef  Kurzbeck.  Nach 
jo^fv.Kurxbecic  vollendeten  Studien  widmete  er  sich  der  Buchdruckerei  und  über- 

»  4t.  Nov.  1736.     ...  ...  .  n 

nahm  die  väterliche,  nur  mit  zwei  Pressen  arbeitende  Offizin,  die 
nunmehr  bald  15  Pressen  beschäftigte.  Im  Jahre  1770  richtete  er 
sich  für  den  Druck  des  Illyrischen,  Walachischen  und  Russischen 


»  Während  Trassier  noch  als  Faktor  bei  Trattner  arbeitete,  hatte  letzterer 
für  den  nachmaligen  Kaiser  Josef  n.  eine  kleine  Buchdruckerei  eingerichtet. 
Ein  grosser  vortrefflicher  Holzschnitt  von  F.  v.  Exter  (S.  302)  hat  eine  Szene  aus 
dieser  Druckerei  verewigt,  wo  der  Prinz  an  dem  Bengel  zieht,  Trassier  die 
Ballen  einschwärzt  und  Trattner  gute  Lehren  erteilt.  Die  Presse  selbst  befindet 
sich  in  dem  Museum  der  K.  K.  Staatsdruckerei. 


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XV.  KAP.  DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  419 


ein ,  später  schaffte  er  noch  verschiedene  orientalische  Schriften  an. 
Da  es  sehr  an  Setzern  dir  fremdländische  Sprachen  fehlte  und  es 
schwierig  war,  solche  in  dem  Geschäft  selbst  auszubilden,  ersuchte 
Kurzbeck  den  Kaiser  Joseph  IL,  die  Ausbildung  einiger  seiner  Zög- 
linge an  der  K.  K.  Orientalischen  Akademie  zu  gestatten,  was  auch 
gewährt  wurde.  Hierzu  wurden  die  späteren  Buchdruckereibesitzer 
Anton  Schmid,  Josef  della  Torre  und  M.  Santner  bestimmt.  Kurz- 
beck liess  die  als  Mannsfeldsche  bekannten  Schriften  schneiden, 
verschaffte  sich  die  besten  Amsterdamer  Matern  und  druckte  dann 
mehrere  umfangreiche  hebräische  Werke,  als  den  Talmud,  Mischna- 
joth  und  Machsorim,  welche  allgemeine  Anerkennung  fanden.  In 
Kurzbecks  Offizin  erschien  auch  1775  das  von  Kaiser  Maximilian  I. 
15 14  beabsichtigt  gewesene  Prachtwerk  „Weisskunig"  (I,  S.III)  von 
Treitzsauer  v.  Erentreitz  mit  237  grossen  Holzschnitten  von  Hans 
Burgkmair.  Durch  den  Tod  des  Kaisers  geriet  dieses  Werk  wie 
mehrere  von  seinen  litterarisch  -  artistischen  Unternehmungen  ins 
Stocken,  die  Holzschnitte  waren  jedoch  in  Graz  glücklicherweise 
erhalten  geblieben.  Als  der  Druck  Kurzbecks  veranstaltet  wurde, 
hatte  man  leider  kein  Verständnis  für  die  Reproduktion  eines  Werkes 
älteren  Stils,  so  dass  die  Ausführung  nicht  eine  würdige  wurde  (S.  429). 

Kurzbeck  erzielte  durch  sein  Wirken  sowohl  Gewinn  als  Ehre ; 
im  Jahre  1773  verlieh  ihm  die  Kaiserin  Maria  Theresia  eine  goldene 
Kette  und  erhob  ihn  in  den  Adelsstand. 

Unter  den  Schülern  Kurzbecks  befand  sich,  wie  erwähnt,  Anton 
Schmid,  später  der  hebräische  Schmid  genannt.  Der  Abt  des  Klosters  Anton  v.  schmid 
der  Zisterzienser  zu  Zwetl,  wo  Schmid  geboren  war,  liess  ihn  im  t^jÄiss. 
Lateinischen  unterrichten.  Seine  an  der  Universität  begonnenen 
Studien  musste  er  auf  Grund  seiner  Armut  unterbrechen  und  trat 
in  seinem  zwanzigsten  Jahre  bei  Kurzbeck  in  die  Lehre,  wo  er  später 
die  Leitung  des  Druckes  der  hebräischen  Bücher  übertragen  erhielt. 
Er  bewog  den  kränklichen  Kurzbeck,  der  keine  rechte  Freude  mehr 
am  Geschäft  fand,  ihm  seine  hebräischen  Schriften  zu  überlassen, 
um  damit  ein  selbständiges  Geschäft  zu  beginnen.  Kurzbeck  ging 
auf  den  Gedanken  ein,  Schmid  wurde  jedoch  mit  seinem  Konzessions- 
Gesuch  abgewiesen,  bis  der  Kaiser  direkt  zu  seinen  Gunsten  ein- 
schritt. Nun  ging  er  mit  aller  Kraft  auf  sein  Ziel  los.  Seine  Offizin 

wurde  reich  mit  syrischen,  persischen  und  arabischen  Schriften 

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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


ausgestattet  und  alle  Lehrbücher  in  diesen  Sprachen  für  die  theo- 
logischen Anstalten  wurden  bei  Schmid  gedruckt.  Seine  Bücher 
waren  vorzüglich  ausgestattet  und  sein  Ruf  drang  in  fremde  Länder. 

1839  übergab  Anton  Schmid,  der  1825  in  den  Adelsstand 
erhoben  war,  seinem  Sohne  Franz  Edlen  von  Schmid  sein 
Geschäft.  Ein  der  Hof  bibliothek  geschenktes  Exemplar  der  Schmid- 
schen  orientalischen  Druckwerke  umfasst  148  Werke  im  Gesamt- 
umfange von  12447  Bogen.  Vor  allen  zu  nennen  ist  die  1795  in 
mehreren,  rasch  aufeinanderfolgenden,  Ausgaben  veranstaltete  voll- 
ständige hebräische  Bibel  mit  Übersetzung  von  Mendelssohn  und 
einem  Kommentar  in  hebräischer  Sprache ,  an  welchem  eine  Reihe 
der  berühmtesten  Gelehrten  mitgewirkt  hat.  Die  Druckerei  ging 
auf  Adalbert  della  Torre  über. 

Unter  den  älteren  Buchdruckereien  Wiens,  die  bis  auf  den 
Familie  Gerold,  heutigen  Tag  ihre  Bedeutung  behalten  haben,  ist  diejenige,  welche 
Josef  Gerold  1775  von  J.  Kalliwoda  erwarb.  Der  erstgenannte 
Karl  Gerold  sowohl  wie  sein  Sohn  Karl  Gerold  erweiterten  das  Geschäft 

+  23.  Sept.  1854. 

bedeutend.  Durch  den  Druck  mehrerer  mathematischer  und  tech- 
nischer Werke  für  das  unter  Prechtls  Direktion  gestellte  Polytech- 
nische Institut  erwarb  Gerold  sich  einen  so  guten  Ruf,  dass  Cotta 
ihm  den  Druck  der  20  Bände  starken  Prechtlschen  Encyklopädie 
übertrug.  Die  gedrückten  Pressverhältnisse  veranlassten  Gerold, 
sich  weniger  dem  Verlag  als  dem  Sortiment  zu  widmen.  Aus  den 
1 S48  geänderten  Zuständen  zog  jedoch  auch  die  Geroldsche  Offizin 
Nutzen  und  das  Geschäft  erweiterte  sich  in  dem  Besitz  der  in  den 
Adelsstand  erhobenen  Söhne  Karls:  Friedrich  und  Moriz  von 
Gerold  ausserordentlich1. 

Die  PiCHLERsche  Buchdruckerei  wurde  durch  den  Druck  der 
Pichleriche    Werke  Karoline  Pichlers  in  Fachkreisen  bekannt,  jedoch  mehr  durch 

Luchdruckeiei.  _  , 

denDruck  der  1838  in  vier  Blättern  dreifarbig  ausgeführten,  in  Typen 
gesetzten  Post-  und  Reisekarte  der  österreichischen  Monarchie  von 
F.  Raffelsbergcr 1 .  Die  Arbeiten  derselben  stehen  weit  über  denen  von 
Breitkopf  und  Haas,  sind  jedoch,  wie  diese,  mehr  auf  Grund  der  müh- 
samen Arbeit  bewundernswert  als  für  die  Praxis  nutzbringend. 

'  Annalen  d.  Typ.  1875,  Nr.  327.  —  „Zur  hundertjährigen  Gründungs- 
feier*' etc.  Wien  1S15. 

*  Kranz  Rawelsderger,  Proben  der  ersten  graphischen  Typen.  Wien  1S3S. 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


421 


Ein  tüchtiger  Buchdrucker  war  Anton  Strauss,  der  aus  geringen 
Anfängen  die  Zahl  seiner  Pressen  auf  20  brachte.  Nach  seinem  Tode  Anton  strau» 
ging  das  Geschäft  auf  Leopold  Sommer  über,  der  grossen  Schwung 
hineinbrachte  und  1848  an  Zeitungen  und  Zeitschriften  allein  zwanzig  l.  Sommer, 
druckte.  Er  war  auch  der  erste,  der  in  Österreich  eine  politische 
Zeitung  gründete,  welche  wirklich  diesen  Namen  verdiente,  die 
unter  E.  v.  Schwarzers  Leitung  unternommene  „Österreichische 
Zeitung4. 

Matthäus  Salzer,  Sohn  des  Kaspar  Salzer,  der  zu  den  Zeiten 

Josephs  II.  Buchhändler  und  Buchdrucker  war,  lernte  erst  als  Sattler,     m.  s»u« 

•  1799, 

trat  aber  bald  in  das  Papiergeschäft  seines  Bruders  Franz  und  wurde  +  *  »878 
später  Leiter  der  Papierhandlung  seines  verstorbenen  zweiten  Bruders 
Jakob,  dann  durch  Verheiratung  mit  dessen  Witwe  Besitzer  des 
Geschäfts.  Nach  und  nach  erwarb  er  die  Papiermühlen  in  Wiener- 
Neustadt,  Ebenfurth  und  Stettersdorf.  1866  kaufte  er  die  Über- 
reuth ERSche  Buchdruckerei  und  beschäftigte  1 1  Schnellpressen  und 
150  Arbeiter,  namentlich  mit  Aufträgen  seitens  der  Eisenbahnen 
und  ähnlicher  Anstalten.  Im  Jahre  1874  feierte  Salzer  sein  goldenes 
Geschäftsjubiläum. 

Als  ein  Stern  in  der  langen  Nacht  der  österreichischen  Typo- 
graphie leuchtet  Josef  Vincenz  Degen  aus  Graz.  Er  studierte  dort  J.  v.  Degen 
und  in  Wien,  widmete  sich  dann  dem  Buchhandel,  kaufte  1800  die  f  5.  Okt.  1827/ 
vorzüglich  eingerichtete  ALBERTische  Buchdruckerei  und  errichtete 
zugleich  eine  Schriftgiesserei.  Durch  die  Tüchtigkeit  seiner  Leistungen 
erwarb  er  sich  bald  ein  bedeutendes  Renomme.  Im  Jahre  1804 
richtete  er  die  K.  K.  Hof-  und  Staats  -  Aerial  -  Druckerei  ein  und 
brachte  sie  auf  einen  blühenden  Stand.  Vertragsmässig  arbeitete  diese 
Anstalt  nur  für  Behörden.  Eigentum  des  Staates  wurde  sie  erst  im 
Jahre  18 14.  Degen,  der  in  den  Adelsstand  als  Edler  von  Elsenau 
erhoben  worden  war,  wurde  zum  Direktor  der  nunmehrigen  Staats- 
druckerei ernannt,  die  sich  durch  ihre  Arbeiten  in  vorteilhaftester 
Weise  auszeichnete. 

Anders  ward  es  nach  Degens  Tod  unter  der  Direktion  J.  A. 
von  Wohlfarths.  Aus  übertriebener  Sparsamkeit  liess  man  die  staaudruckerci. 
Anstalt  verfallen  und  als  Wohlfarth  1840  in  den  Ruhestand  versetzt 
wurde,  war  es  so  weit  gekommen,  dass  die  Staatsbehörden  sich  mit 
ihren  Aufträgen  an  Privatdruckereien  wandten. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


Wie  es  in  der  Staatsdruckerei  aussah,  so  war  es  auch  in  den 
anderen  Offizinen  mit  Ausnahme  der  einzelnen  erwähnten  und  viel- 
leicht noch  einiger  weniger  anderen. 

Der  BUCHHANDEL,  der  sich  unter  Maria  Theresia  sehr  ent- 
Der  Buchhandel,  wickelt  hatte,  verfiel  unter  Joseph  II.  trotz  der  milden  Zensur.  Man 
zersplitterte  die  Kräfte  meist  in  Broschürenlitteratur,  durch  welche 
sich  eine  Reihe  von  Winkeldruckereien,  die  jedoch  wieder  mit  dem 
Tode  des  Kaisers  verschwanden,  nährte.  Von  den  bedeutendsten 
Werken  dieser  Periode  seien  noch  erwähnt:  Jacquins  Histcria  stir- 
pium  americanarum  \  Hortus  Vindebonensis\  Observationes  botanica 
mit  150  Kupfern;  Icones  plant arum  rariorum  mit  649  Kupfern; 
Flora  austriaca  mit  500  kolorierten  Kupfern,  Herrgotts  Monu- 
menta  Aug.  Austriaca  in  Grossfolio  mit  vielen  Tafeln,  die  von  den 
Geistlichen  des  Stiftes  St.  Blasien  gedruckt  wurden;  Maninskys 
grossartiges  „Orientalisches  Wörterbuch"  u.  a. 

Als  der  Regenerator  der  österreichischen  Buchdruckerei,  die 
in  der  jüngeren  Zeit  so  enorme  Fortschritte  gemacht  hat,  muss  Auer 
betrachtet  werden. 

Alois  Auer  war  zu  Wels  in  Österreich  als  der  Sohn  eines  armen 
AI.  Auer  Traunflössers  am  11.  Mai  18 13  geboren.  Da  es  ihm  unmöglich  war, 
t  lo.juulSöJ:  seinem  Drang  zum  Studieren  nachzugehen,  trat  er  im  Beginn  des 
Jahres  1825  als  Setzer  in  die  Lehre  bei  dem  Buchdrucker  Michael 
Haas  in  Wels.  Nach  vollendeter  Tagesarbeit  benutzte  er  die  späten 
Abendstunden,  um  sich  gründliche  Kenntnisse  der  Muttersprache 
anzueignen.  Nach  Beendigung  seiner  fünfjährigen  Lehrzeit  begann 
er  mit  Energie  die  Sprachkunde  zu  treiben,  da  er  eingesehen  hatte, 
von  wie  grossem  Nutzen  dieselbe  für  den  Typographen  ist.  Seine 
Mussestunden  benutzte  er  nun  zur  Erlernung  der  französischen, 
italienischen,  englischen,  spanischen  und  portugiesischen  Sprache, 
so  dass  er  sich  schon  im  Oktober  1835  einer  Prüfung  in  der  franzö- 
sischen und  englischen,  im  Mai  1836  einer  in  der  italienischen  Sprache 
an  der  Universität  zu  Wien  mit  günstigem  Resultat  unterwerfen 
konnte.  Gleichzeitig  bestand  er  die  Prüfung  in  der  Erziehungskunde. 
Sein  guter  Ruf  verschaffte  ihm  bald  eine  öffentliche  Anstellung  in 
Linz  als  Lehrer  der  italienischen  Sprache.  Auer  begann  nun  eine 
Schriften-  und  Vaterunser- Sammlung  anzulegen,  die  hinsichtlich 
ihrer  Vollständigkeit  fast  allen  Ansprüchen  genügte,  und  benutzte 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


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diese  Sammlung,  um  die  Raumverhältnisse  aller  Schriftarten  genau 
zu  berechnen l.  Auf  diese  Art  entstand  sein  „typometrisches  System" , 
über  dessen  praktischen  Wert  sich  allerdings  nicht  viel  sagen  lässt. 

Danach  machte  er  sich  an  die  Ausarbeitung  verschiedener 
Sprachlehren,  zunächst  der  französischen  und  italienischen  Sprache, 
und  indem  er  nach  gleicher  Methode  alle  Sprachen  der  Erde  dar- 
zustellen beabsichtigte,  keimte  in  ihm  die  Idee  auf,  einen  Sprachen- 
Atlas  zu  entwerfen.  Eine  solche  Aufgabe  zu  lösen  reichten  aber 
die  Kräfte  eines  einzigen  Menschen  nicht  aus.  Es  gelang  ihm  indes  Metternich  und 

«...••  Auer. 

den  zu  jener  Zeit  in  Osterreich  noch  allmächtigen  Fürsten  Metternich 
für  seine  Sache  zu  gewinnen. 

Nach  Verlauf  von  einem  Monat  überreichte  ihm  Auer  in  Wien 
einen  Plan  zur  Gründung  eines  Polygraphischen  Instituts  als  Vor- 
bereitung einer  P Zentral -Verlagsstätte  Deutschlands  in  Wien*4. 
Während  dieser  Plan  die  verschiedenen  Staatsbehörden  durch- 
wanderte, bereiste  Auer  1839  England,  Frankreich  und  die  Schweiz, 
um  die  typographischen  Anstalten  des  Auslandes  kennen  zu  lernen, 
fand  jedoch  nirgends  ein  Institut,  wie  es  seiner  Phantasie  vorschwebte. 

Im  Jahre  1841  wurde  nun  Auer  zum  Leiter  der  Staatsdruckerei 
ernannt.  Mit  jugendlicher  Kraft  ging  er  an  sein  reformatorisches 
Werk  zur  Verwirklichung  seiner  Lieblingsidee.  Vorerst  mussten 
die  Personalverhältnisse  und  der  Geschäftsgang  der  Anstalt  geregelt 
werden;  die  alten  Schriften  wurden  eingeschmolzen  und  andere 
nach  dem  neuen  typometrischen  System  gegossen,  veraltete  Pressen 
durch  zweckmässigere  ersetzt.  Dann  wurde  eine  Stempelschneide- 
Anstalt  eingerichtet,  fremde  Schriften  geschnitten,  Matrizen  ge- 
schlagen und  Lettern  gegossen,  und  um  der  Staatsdruckerei  in  der 
That  den  Charakter  einer  polygraphischen  Anstalt  zu  geben,  wurden 
in  ihr  Offizinen  für  Lithographie,  Stereotypengiesserei,  Kupferdruck, 
Galvanoplastik,  Photographie,  Chemitypie  und  später  ftir  Natur- 
selbstdruck errichtet.  Die  Anstalt  selbst  wurde  mit  einer  Dampf- 
maschine zur  Bewegung  der  Schnellpressen  und  zur  Heizung  sämt- 
licher Lokale,  mit  Gasbeleuchtung  und  mit  anderen  Verbesserungen 
der  Neuzeit  versehen.  Ferner  gründete  Auer  unter  dem  Personal 
eine  Kranken-  und  Unterstützungskasse,  ordnete  das  Lehrlings- 
wesen und  führte  einen  Unterricht  für  die  Zöglinge  in  den  Abend- 

>  A.  AUER,  Über  das  RaumverhältnU  der  Buchstaben.   Wien  1848. 


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DIE  GERMANISCHE  GRIPPE, 


XV.  KAP. 


stunden  ein,  sodass  diese  Technik,  Sprachen  (Lateinisch,  Griechisch, 
Französisch,  Englisch,  Italienisch,  Sanskrit,  Persisch),  Geographie, 
Geschichte,  Stil  u.  s.  w.  unentgeltlich  lernen  konnten. 

Schnell  mehrten  sich  die  Arbeiten  der  neuorganisierten  Anstalt. 
1860  beschäftigte  sie  schon  über  1000  Arbeiter  und  besass48  Schnell- 
pressen, 50  Handpressen,  3olithographische,  24  Kupferdruckpressen, 
21 000  Stahlstempel,  80000  Matrizen,  6000  Zentner  Lettern.  Die 
Ausstellungen  von  London  und  Paris1  verbreiteten  den  Ruhm  der 
Anstalt,  welche  der  höchsten  Auszeichnungen  teilhaftig  wurde.  Aber 
auch  Auer  ging  nicht  leer  aus.  Er  wurde  in  den  Adelsstand  als 
Ritter  Auer  von  Welsbach  erhoben  und  24  Orden  zeugen  dafür, 
dass  er  die  Kunst,  sich  Anerkennung  zu  verschaffen,  nicht  übel 
verstanden  hat. 

Mit  seinen  vielbesprochenen  Erfindungen,  die  öfters,  und  wohl 
Die  Erfindung«»  nicht  mit  Unrecht,  ihm  nicht  für  voll  angerechnet  wurden,  hatte  er 
in  der  Praxis  kein  rechtes  Glück.  Diejenige,  die  am  meisten  von 
sich  reden  machte,  war  der  Naturselbstdruck  (Auto -Typographie). 
Dieser  bestand  darin,  von  einer  Pflanze,  einem  Gewebe  u.  dgl.  nach 
dem  Einlegen  zwischen  einer  Stahlplatte  und  einer  anderen  von 
weichem  Metall  durch  eine  starke  hydraulische  Pressung  eine  ver- 
tiefte Druckplatte  zu  gewinnen,  die  mittels  Galvanisierung  in  eine 
Hochdruckplatte  verwandelt,  werden  konnte.  Ein  grossartiges,  von 
Konstantin  v.  Ettinghausen  herausgegebenes  Werk,  Physiotypia 
plantarutH,  wurde  in  Angriff  genommen  und  auf  den  Ausstellungen 
sehr  bewundert*.  Das  Verfahren  wurde  durch  kaiserlichen  Beschluss 
der  Allgemeinheit  preisgegeben ,  hat  jedoch  für  die  Praxis  keinen 
grossen  Wert. 

Eine  zweite  „Erfindung4  war  der  Druck  vom  endlosen  Papier. 
Die  „Endio**".  Der  Gedanke,  den  Papierbrei  der  Papiermaschine  an  dessen  oberen 
Ende  zuzuführen  und  von  dem  anderen  Ende  in  die  Schnellpresse  zu 
leiten,  so  dass  er  aus  dieser  als  gedruckter  Bogen  herauskam,  musste 

«  A.  Auer,  Geschichte  und  Ileschreibung  der  K.  K.  Hof-  und  Staat- 
druckerci.  1851.  —  Der  polygraphische  Apparat,  1851.  —  Album  der  K.  K.  Hof- 
und  Staatsdruckerei.  1853.  —  Die  K.  K.  Hof-  und  Staatsdruckerei  auf  <fcr 
Pariser  Ausstellung.  1855. 

-  A.  Auer,  Die  Entdeckung  des  Naturselbstdrucke«.  1853.  —  K.  v.  ErriNC- 
11  At'SEN  und  A.  Pokorny,  Die  wissenschaftliche  Anwendung  des  Naturselb»:- 
druckes.  Wien  1856. 


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XV.  KAP.  DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  425 

für  einen  so  elastischen  Geist  wie  Auer  grosse  Anziehungskraft 
haben.  Er  brachte  ihn  auch  in  seiner  Weise,  d.  h.  blendend,  zur 
Ausfuhrung;  für  die  Praxis  war  der  Nutzen  ein  geringer.  Das  Papier 
wurde  in  eine  gewöhnliche  Schnellpresse  geführt,  nach  dem  Schön- 
druck durch  Mechanismus  zerschnitten  und  die  Bogen  durch  den 
Hansenschen  Ausleger  ausgeführt.  Der  staunende  Beschauer  ahnte 
in  den  seltensten  Fällen,  dass  der  Widerdruck  auf  gewöhnliche  Weise, 
auf  einer  anderen  Schnellpresse  besorgt  werden  musste,  und  konnte 
nicht  wissen,  dass  der  Lohn  eines  Anlegers  oder  einer  Anlegerin 
das  einzige  war,  was  hätte  gespart  werden  können,  wenn  nicht  dieser 
Gewinn  durch  die  Kosten  des  ganzen  Apparates  weit  überwogen 
worden  wäre. 

Ebensowenig  Glück  sollte  Auer  mit  seiner  Maispapierfabrikation 
haben x.  Er  brachte  zwar  eine  Ausstellung  zustande,  in  welcher  nicht  Maijpapier. 
allein  verschiedene  Sorten  Papier,  sondern  auch  manche  der  Gegen- 
stände zu  sehen  waren,  welche  Chinesen  und  Japanesen  aus  Papier- 
stoff fabrizieren.  Damit  blieb  aber  auch  diese  Sache  ruhen. 

Selbst  mit  dem  orientalischen  Druckapparat,  dem  Stolz  der 
Staatsdruckerei,  hatte  es  mitunter  einen  Haken.  Viele  Schriften 
figurierten  in  den  prachtvollen  Proben ;  in  der  Wirklichkeit  sah  es 
mit  deren  Bestand  öfters  schwach  genug  aus. 

Auers  Hauptfehler  war,  sich  nicht  mit  dem  Schaffen  von 
Tüchtigem  zu  begnügen,  sondern  auch  blenden  zu  wollen,  und 
dafür  war  ihm  kein  Preis  —  auf  Kosten  des  Staates  —  zu  hoch. 
Seine  Eitelkeit  war  noch  grösser  als  seine  Tüchtigkeit. 

Es  konnte  an  Angriffen  —  begründeten,  unbegründeten,  durch 
Neid  hervorgerufenen  u.  a.  —  nicht  fehlen,  v.  Plener,  des  genialen  Auer.  Feinde. 
Bruck  Nachfolger  als  Finanzminister,  war  nicht  so  geneigt  wie  letz- 
terer, über  die  Finanzfrage  leicht  hinwegzugehen.  Auer  wurde  am 
2.  März  1866,  nach  verschiedenen  Misshelligkeiten,  in  Anerkennung 
seines  25  jährigen  verdienstlichen  Wirkens  mit  seinem  vollen  Gehalt 
definitiv  in  den  Ruhestand  versetzt. 

Auer  war  nicht  geschaffen,  männlich  den  Schlag,  die  mit  diesem 
verbundene  Unthätigkeit  und  das  Vergessensein  zu  überwinden.   Auers  Tod. 
Sein  Gemütszustand  wurde  ein  immer  reizbarerer  und  die  Kräfte 
aufreibender;  er  starb  bereits  am  10.  Juli  1869  in  Hietzing. 

1  J.  Arenstein,  Österreich  auf  der  internationalen  Ausstellung  1862. 


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I J I E  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


Hat  nun  Auer  auch  dem  Glänze  zu  viel  geopfert  und  nach 
Auer»  EinAuM  Alchymistenart  öfters  Thaler  zu  Groschen  destilliert,  so  muss  sein 
Typographie.  Einfluss  auf  die  Typographie  im  allgemeinen  und  auf  die  öster- 
reichische insbesondere  doch  sehr  hoch  angeschlagen  werden.  Vor 
seiner  Zeit  war,  wie  erwähnt,  ein  in  Österreich  gedrucktes  Buch 
ziemlich  gleichbedeutend  mit  einem  schlecht  gedruckten ;  dass  dies 
so  ganz  anders  geworden  ist,  dazu  hat  Auer  direkt  und  indirekt 
wesentlich  beigetragen;  selbst  „draussen  im  Reich"  wurde  sein 
Einfluss  gespürt.  Die  ganze  deutsche  Typographie  hat  aus  der  Welt- 
berühmtheit der  Wiener  Staatsdruckerei  ihren  Teil  an  Ehre  und 
Vorteil  gehabt ;  sie  ist  verpflichtet,  Auers  Namen  in  Ehren  zu  halten. 
Seit  Auers  Tod  steht  die  Staatsdruckerei  unter  der  Direktion 
Staudrücken  eines  nicht  fachmännischen  Staatsbeamten,  Hofrat  Dr.  Beck,  der 

unter  Beck. 

sie  in  angemessenster  Weise  auf  einer  achtunggebietenden  Stufe 
erhält,  während  nicht  prätendiert  wird,  die  Führung  der  jetzt 
mündig  gewordenen  Österreichischen  Typographie  fortzusetzen. 
Ein  Hindernis  für  die  rechte  Entfaltung  der  Anstalt  ist  die  voll- 
ständig ungenügende  Räumlichkeit. 

Neben  dem  Geld-  und  Wertpapierendruck  wird  unter  Mitwirkung 
Blindendruck,  des  Direktors  der  Blindenanstalt  in  Ober-Döbling,  Fr.  Entlicher, 
in  anerkennenswerter  Weise  besonderes  Gewicht  auf  den  Druck 
für  Blinde  gelegt.  Bei  diesem  Druck  wird  der  Pressendeckel  mit 
einem  Überzug  von  Gutta -Percha  versehen  und  darin  ein  scharfer 
Abzug  von  den  Typen  gemacht.  Ist  der  Gutta -Percha -Überzug 
vollständig  erhärtet,  in  welchem  Zustand  er  2  —  3000  Abzüge 
aushält,  so  wird  die  Schrift  mit  dem  Papierbogen  bedeckt,  welcher, 
um  eine  grössere  Zähigkeit  zu  erzielen,  in  einem  mit  Glycerin  und 
Alaun  versetzten  Wasserbade  gefeuchtet  ist,  in  die  vertiefte  Gutta- 
Percha- Masse  geprägt.  Unter  den  verschiedenen  Leistungen  im 
Blindendruck  befinden  sich  auch  hebräische  Lesebücher  und  durch 
erhabene  Figuren  illustrierte  naturgeschichtliche  Lehrbücher1. 

Auch  die  Chromolithographie  wird  mit  Glück  von  der  Staats- 
druckerei geübt.  Eine  ausgezeichnete  Leistung  ist  z.  B.  das  Pracht- 
werk über  die  Votivkirche  in  Wien  1 879.  Die  Reproduktion  des 

«  Jos.  Trf.ntsenskv,  Krreugung  von  Schriften  m  haut-relitf  für  Blinde. 
Wien  1836.  —  FrmsaL'FF  v.  Nf.idegg,  Die  Ektypographie  für  Blinde.  Wien  1837. 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN*  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


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Marienfensters  (S.  303)  übertrifft  bei  weitem  ähnliche  Arbeiten 
Silbermänns. 

Das  Budget  der  Staatsdruckerei  zeigt  bei  einer  Einnahme  von 
etwa  zwei  Millionen  Mark  einen  Uberschuss  von  etwa  200000  Mark,  Budget, 
bei  Staatsanstalten  ohne  Konkurrenz  Ziffern  ohne  grosse  Bedeutung. 
Die  Schriftenmasse  beträgt  500000  Kilo  in  etwa  1 500  verschiedenen 
Arten  von  Typen,  darunter  gegen  350  fremdländische1.  Die  Zahl 
der  Schnellpressen  beträgt  57,  der  Handpressen  54,  ausserdem 
sind  etwa  80  Hülfsmaschinen  vorhanden.  Die  Schriftgiesserei 
arbeitet  mit  14  Giessmaschinen  und  besitzt  etwa  30000  Stempel 
und  200  000  Matern.   Die  Gesamtzahl  der  Arbeiter  ist  gegen  900. 

Haben  wir  die  Verdienste  Auers  und  der  Staatsdruckerei 
gebührend  anerkannt,  so  ist  es  Pflicht,  einen  Mann  zu  erwähnen,  w.v.Braumüiier. 
der,  obwohl  nicht  Buchdrucker,  einen  ganz  eminenten  Einfluss  auf 
die  Buchdruckerkunst  in  Österreich  gehabt  hat;  es  ist  der  Buch- 
händler Wilhelm  Ritter  von  Braumüller.  Früher  bekannt  als  einer 
der  bedeutendsten  Sortimenter  Wiens,  die  mit  ihren  vollen  Börsen 
oder  Portefeuilles  und  ihrem  jovialen  Wesen  vorzugsweise  gern 
gesehene  Gäste  zur  Leipziger  Messe  waren,  widmete  sich  Brau- 
müller erst  seit  dem  Jahre  1840  dem  Verlag  und  zwar  mit  ebenso 
grossem  Geschick  und  Energie  als  Glück. 

„Von  dem  Streben  geleitet,  die  wissenschaftliche  Litteratur 
Österreichs  dem  Auslande  gegenüber  zur  vollen  Geltung  und  An- 
erkennung zu  bringen,  hat  meine  Handlung  einen  Verlag  geschaffen, 
welcher  sowohl  nach  seinem  Werte  als  der  Ausdehnung  und  Aus- 
stattung nach  den  ersten  Rang  einnimmt,  und  welcher  dadurch  noch 
eine  ganz  besondere  Bedeutung  gewinnt,  dass,  hauptsächlich  durch 
die  geschmackvolle  typographische  Ausstattung  angezogen,  eine 
grosse  Zahl  litterarischer  Notabilitäten  fremder  Universitäten  durch 
gediegene  Werke  dabei  vertreten  ist.  Vor  allen  ragt  quantitativ 
und  qualitativ  die  Medizin  hervor,  und  die  dominierende  Stellung, 
weiche  Österreich  durch  seine  medizinischen  Celebritäten  in  der 
wissenschaftlichen  Welt  Deutschlands  einnimmt,  spiegelt  sich  auch 
in  diesem  Verlagszweige  wieder.  Eine  Reihe  veterinärwissenschaft- 
licher Werke,  durch  die  Professoren  des  K.  K.  Tierarznei-Institutes 
würdig  repräsentiert,  schliesst  sich  demselben  an.    Die  land-  und 

1  1876  erschien  die  zweite  Auflage  der  Alphabete  des  gesamten  Erdkreises. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP 


forstwirtschaftliche  Litteratur,  bis  dahin  in  Österreich  gar  nicht 
gepflegt,  ist  jetzt  ausschliesslich  in  meinem  Verlage  vereinigt, 
und  durch  die  Werke  der  Professoren  an  den  berühmten  Fach- 
schulen in  Mariabrunn ,  Ung.- Altenburg,  Eulenberg,  Hohenheim, 
Eisenach  etc.  würdig  repräsentiert.  Die  vortreffliche  Ausstattung, 
welche  ich  allen  Werken  mit  der  grössten  Sorgfalt  gewidmet,  hat 
ohne  Zweifel  wesentlich  zu  einer  allgemeinen  besseren  und  würdi- 
geren Ausstattung  der  litterarischen  Erzeugnisse  in  Österreich  bei- 
getragen und  auf  die  Entwickelung  anderer  Industriezweige,  die 
Papier-Fabrikation,  Buchdruckerei,  Holzschneidekunst,  welchen  die 
obenangeführten  Summen  zugeflossen,  einen  nicht  zu  unterschätzen- 
den Einfluss  geübt1. u 

Äusserte  sich  der  Einfluss  von  Braumüller  zunächst  auf  den 
Werkdruck  zu  wissenschaftlichen  Zwecken,  so  hat  Wien  das  Glück, 
zwei  ebenso  bedeutende  Förderer  der  Verbindung  der  graphischen 
Museum  iur    illustrierenden  Künste  mit  der  Typographie  zu  besitzen:  das  Museum 

Kunst . 

Gesellschaft  für  FÜR  KUNST  UND  INDUSTRIE  und  die  GESELLSCHAFT  FÜR  VERVIELFÄLTI- 

vervieif.  Kunst.  CFNDE  Kyjjgj^  Wenn  es  in  Wien  möglich  geworden  ist,  Werke  zu 
schaffen,  in  welchen  Radierung,  Xylographie,  Hochätzung,  Farben- 
und  Lichtdruck  in  glücklichster  Weise  zusammenwirken  und  öfters 
nahe  an  die  Vollkommenheit  reichen,  so  haben  die  beiden  erwähnten 
Anstalten  durch  die  von  ihnen  ausgehenden  Anregungen  und  Druck- 
werke den  Vorwärts-Bestrebungen  Wiens  einen  mächtigen  Vorschub 
geleistet 2. 

Unter  den  Erscheinungen  des  Museums  behaupten  Teirichs 
Prachtw«ke.  „Blätter  für  Kunstgewerbe*4  einen  hervorragenden  Platz.  Die 
Gesellschaft  für  vervielfältigende  Kunst  brachte  eine  Reihe  brillanter 
Publikationen ;  den  grössten  Einfluss  übt  sie  jedoch  durch  ihre  Zeit- 
schrift „Die  graphischen  Künste4,  welche  nicht  nur  durch  ihren 
Inhalt,  sondern  auch  durch  ihre  vorzügliche  technisch -artistische 
Ausführung  belehrend  und  fördernd  wirkt. 

1  Die  obigen  nicht  wenig  zuversichtlichen  Worte  gehören  dem  Herrn 
v.  Hraumüllcr  selbst  und  sind  dein  Vorwort  zu  seinem  Jubelkatalog  entnommen. 
Es  ist  eine  eigene  Sache,  in  einem  geschichtlichen  Buch  jemand  sein  eigenes 
Kob  aussprechen  zu  lassen;  wenn  man  jedoch  mit  gutem  Gewissen  jedes  Wort 
unterschreiben  kann,  weshalb  dann  nicht?  —  C.  Bf.YER,  Wilh.  v.  Braumüller  und 
Ileinr.  v.  Cotta. 

2  Eitelhf.r<;kr,  Die  Kunstbewe^uing  in  Österreich.  1S78. 


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XV.  KAP.  DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  429 

Unter  der  Ägide  des  Vorstandes  der  K.  K.  Kämmerei,  des 
kunstsinnigen  Grafen  v.  Crenneville,  erschien  ebenfalls  eine  Anzahl 
der  schönsten  Prachtwerke.  „Die  Kunstwerke  der  Schatzkammer 
des  österreichischen  Kaiserhauses "  (1870 — 1873),  „Schloss  Schön- 
brunn" (1875),  „Der  kaiserliche  Thiergarten"  (1876),  „Laxenburg" 
(1877).  In  neuester  Zeit  kommt  zu  diesen  Erscheinungen  das 
Jahrbuch  der  künstlerischen  Sammlungen  des  allerhöchsten  Kaiser- 
hauses", zu  welchem  als  Beilagen  der  „Frydal",  der  „Theuerdank", 
der  „Weisskunig",  der  „Triumph",  die  „Ehrenpforte",  die  „Heiligen 
aus  der  Familie  des  Kaisers"  gegeben  werden,  alles  Werke,  die 
von  dem  Kaiser  Maximilian  veranlasst  oder  vorbereitet  waren  und 
zu  welchen  die  Originale  der  grossen  Zeichenkünstler  von  damals 
noch  vorhanden  sind. 

Aber  auch  die  Buchdrucker  selbst  haben  als  Korporation  die 
Hände  nicht  in  den  Schoss  gelegt.  Der  unter  vielen  Opfern  im  Buchdrucker- 

Verein 

Jahre  1874  gegründete  Buchdrucker- Verein  hatte  zwar  zunächst  die 
materiellen  und  sozialen  Verhältnisse  des  Geschäfts  vor  Augen,  Hess 
jedoch  die  Fachzeitschrift  „Osterreichische  Buchdrucker- Zeitung" 
erscheinen,  die  bestrebt  war,  nicht  nur  für  die  obgedachten  Inter- 
essen, sondern  auch  für  die  technische  Bildung  zu  wirken.  Der 
Verein  löste  sich  zwar  im  Jahre  1880  wieder  auf,  die  Zeitung  besteht 
jedoch  fort  im  Besitz  des  „Graphischen  Klubs",  der  ausserdem  durch 
Vorträge,  Ausstellungen  und  technische  Diskussionen  anzuregen 
sucht.  Auch  das  Gehülfenblatt  „Vorwärts"  folgt  dem  Beispiel  des 
„Correspondent"  und  widmet  seine  Aufmerksamkeit  jetzt  nicht  nur 
den  sozialen  Interessen,  sondern  auch  der  Technik  und  der  Geschichte. 

Durch  die  Bemühungen  des  Vereins  ist  auch  seit  1874  eine 
Fachschule  errichtet,  von  der  gute  Erfolge  zu  erwarten  sind.  Die 
Seele  dieser  Vereinsbestrebungen  ist  namentlich  G.  Gistel  gewesen,  g.  ci«ei 
Auch  um  den  Unterstützungs  -Verein  der  Buchdrucker  und  Schrift-  +  ».  m£  ml 
giesser  Niederösterreichs  und  die  Pensionskasse  für  Faktoren  und 
deren  Witwen  hatte  Gistel  grosse  Verdienste,  war  auch  bei  allen 
Tarifverhandlungen,  bei  der  Säkularfeier,  kurz  bei  jeder  Gelegenheit, 
wo  die  Buchdrucker  vereinigt  auftraten,  bereit,  seine  Kräfte  dem 
Allgemeinen  rückhaltslos  zu  opfern. 

An  Bedeutung  der  Staatsdruckerei  am  nächsten  stehend  ist  die 
Offizin  L.  C.  Zamarski  (früher  H.  Engel  &  Sohn  und  L.  C.  Zamarski), 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


l  c.  Zamartki.  die  namentlich  in  der  Gründerperiode  eine  erstaunliche  Masse  von 
Wertpapieren  druckte.  Die  Anstalt,  welche  unter  der  Leitung  von 
A.  Pietzsch  sich  vortrefflich  bewährt  hat,  wurde  1881  an  die  Papier- 
fabrik SteyermOhl  um  800000  Gulden  verkauft  und  mit  einem 
Kapital  von  3  700000  Gulden  in  eine  Aktiengesellschaft  umgeformt. 
Es  werden  in  der  Anstalt  die  „Neue  Illustrirte  Zeitung",  das  „Wiener 
Tageblatt",  die  „Vorstadt -Zeitung"  und  die  „Deutsche  Zeitung"* 
gedruckt.  Vorzüglich  sind  ihre ,  unter  Leitung  von  A.  Frantz  her- 
gestellten Heliographien.  Die  Offizin  arbeitet  mit  28  Schnellpressen 
und  beschäftigt  gegen  350  Personen.  Engels  Erben  befassen  sich 
namentlich  mit  lithographischen  Arbeiten;  sie  lieferten  u.a.  die 
japanischen  Postmarken. 

Ein  vielseitiges,  grosses  Institut  ist  ebenfalls  die  Verlagsbuch- 

r.  y. Waidheim,  handlung  und  Artistische  Anstalt  von  R.  v.  Waldheim  (22  Schp., 
25  Hdp.  und  gegen  250  Arbeiter),  die  eine  bedeutende  Zahl  von 
illustrierten  Werken  namentlich  technischen  Inhalts  herausgiebt  und 
vielen  technischen,  kriegswissenschaftlichen  oder  in  das  Eisenbahn- 
wesen einschlagenden  Zeitschriften,  wir  nennen  nur  Teirichs  „Blätter 
für  das  Kunstgewerbe"  und  die  „Allgemeine  Bauzeitung",  druckt, 
verlegt  oder  debitiert,  auch  viele  Accidenzien  liefert. 

Carl  Fromme  zeichnet  sich  besonders  durch  seine  geschmack- 
c.  Fromme,  vollen  und  korrekten  Accidenzarbeiten  aus.  Eine  Spezialität,  die  er 
mit  Virtuosität  betreibt,  ist  der  Kalenderdruck.  Typographische 
Kraftstücke  Frommes  sind  die  Bilderreihe  der  Regenten  Österreichs 
und  die  Stammtafel  der  Zisterzienser  -  Klöster.  Diese  zehn  Meter 
lange  Tafel  besteht  aus  108  Formen,  in  zwei  Farben  ausgeführt. 
DerDruckund  die  Zurichtung  sind  so  vorzüglich,  dass  die  Zusammen- 
setzung dem  Auge  vollständig  unbemerkbar  ist. 

Die  Arbeiten  von  Rollinger  &  Mössner  sowohl  im  Accidenz- 
Roiunger  &  als  im  Werkdruck  gehören  mit  zu  den  vollendetsten  der  neueren 
Typographie.  Die  Genannten  zählen  unter  die  nicht  zu  zahlreichen 
Buchdrucker,  welche  nichts  für  unbedeutend  halten  und  eben 
deshalb  Mustergiltiges  liefern,  z.B.  die  „Geschichtsquellen  der  Stadt 
Wien".  Zu  derselben  Klasse,  jedoch  meist  in  anderer  Richtung 

a.  Hoiihauien.  arbeitend ,  gehört  Adolf  Holzhausen  ,  dessen  Offizin  an  orien- 
talischen Schriften  sehr  reich  ist  und  dessen  Drucke  denen  der 
Staatsdruckerei  vollkommen  ebenbürtig  sind.  Er  lieferte  den  Druck 


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XV.  KAP.  DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  43  I 

des  oben  erwähnten  Jahrbuchs  der  kaiserlichen  Sammlungen  und 
Albrecht  Dürer  würde  gewiss  den  „Ansichten  aus  der  Presse"  von 
seinen  und  der  gleichzeitigen  Meister  Arbeiten  sein  Imprimatur 
nicht  verweigert  haben.  Zu  den  strebsamen  Buchdruckern  der 
jüngsten  Zeit  gehören  der  erwähnte  G.  Gistel  und  Fr.  Jasper,  g.  cutci. 
Letzterer  druckte  die  Festgabe  zu  dem  400jährigen  Jubiläum,  und  Fr  Ja*per 
liefert  sehr  gute  Illustrationsdrucke. 

Einen  ganz  besonderen  Ruf  hat  sich  Wien  durch  seinen  xylo- 
graphischen  Farbendruck  erworben.  Der  erste,  der  sich  durch  diesen  h.  r«m 
auszeichnete,  war  Heinrich  Reiss,  aus  einer  Familie,  die  von  alters- 
her  eine  Buchdruckerei  besass,  welche  er,  nachdem  er  erst  ver- 
schiedene Reisen  gemacht  hatte,  1828  übernahm.  1850  folgte  er 
jedoch  einem  Rufe  der  Staatsdruckerei,  leitete  später  die  Buch- 
druckerei von  Zamarski  und  gab  sich  seit  1857  Sanz  der  Kunst- 
druckerei hin.  Seine  Hauptarbeit,  an  der  er  23  Jahre  lang  gearbeitet 
hatte,  ist  das  Missale  Romanum  mit  etwa  90  Miniaturen  von  H .  Knöf  ler. 
Zu  der  Herstellung  eines  Bildes  wurden  bis  zu  1 5  Platten  verwendet. 
Vorzüglich  sind  die  zwei  grossen  Titelblätter,  das  Abendmahl  und 
Christus  am  Kreuze.  Der  Text  bildet  einen  Folioband  von  mehr 
als  700  zweispaltigen  Seiten.  Die  Grundschrift  ist  eine  fette  Gothisch, 
zu  der  besondere  Initialen  geschnitten  wurden.  Das  Papier,  ein 
geripptes  Büttenpapier,  ist  jedoch,  wie  auch  der  Textdruck,  von 
sehr  ungleicher,  mitunter  sogar  geringer  Qualität.  Aus  diesem 
Grunde  fehlt,  trotz  der  ausserordentlichen  Aufopferung  seitens  Reiss' 
und  der  Vorzüglichkeit  des  Bilderdruckes,  dem  Werk,  als  Ganzes 
betrachtet,  doch  gar  vieles,  um  als  ein  typographisches  Denkmal 
ersten  Ranges  zu  gelten.  Derartige  Werke  dürfen  nicht  Not  leiden 
und  müssen  in  Händen  eines  Herausgebers  sein,  dem  es  möglich 
ist,  bis  ans  Ende  ruhig  auszuhalten.  Deshalb  aber  nicht  weniger 
Ehre  dem  Andenken  eines  echten  Jüngers  Gutenbergs.  Sein  Geschäft 
übernahm  Ludw.  Lott,  vorher  als  technischer  Leiter  der  „Alten 
Presse"  und  als  Einführer  der  „Endlosen"  auf  dem  Kontinent 
bekannt.  Er  wirkte  im  Geiste  seines  Vorgängers  fort  und  seine 
Arbeiten  fanden  in  England  und  Amerika  allgemeine  Bewunderung. 
Seine  Drucke  auf  Blech  sind  ebenfalls  vortrefflich. 

Eine  ziemlich  bedeutende  Thätigkeit  entwickeln  in  PRAG 
33  Buchdruckereien  und  30  lithographische  Anstalten  mit  ihren 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


Prag.  1 14  typographischen  und  25  lithographischen  Schnellpressen.  Die 
bedeutendste  Offizin  ist  die  von  A.  Haase  (S.  290)  mit  2 1  Schnell- 
pressen und  18  Handpressen.  Ign.  Fuchs  (i  i  Schp.,  19 Tr.-  u.  Hdp.i 
liefert  sehr  gute  lithographische  Arbeiten,  auch  J.  Farsky  bringt 
Tüchtiges  in  dieser  Richtung.  Dr.  Ed.  Gregrs  Offizin  arbeitet  mit 
Rotationsmaschine  und  5  Schnellpressen.  H.  Mercy  (9  Schp.)  druckt 
namentlich  Werke.  Die  Buchdruckerei  der  K.  K.  Statthalterei 
beschäftigt  7,  die  Buchdruckerei  für  Politik  8,  J.  Otto  7,  B.  Stvblo6, 
C.  Bellmann  7  Schnellpressen. 

Die  Fabrikstadt  REICHENBERG  besitzt  eine  grossartige  gra- 
Röhenberg,  phische  Anstalt,  die  der  Gebr.  Stiepel,  welche  durch  13  Schnell- 
pressen und  20  Tret-  und  Handpressen  die  zahlreichen  Fabriken 
mit  Etiketten,  Geschäftskarten,  Rechnungsformularen  etc.  versieht. 
Tauchen.    Das  kleine  TETSCHEN  an  der  Elbe  hat  auch  eine  bedeutende  Druck- 
anstalt aufzuweisen,  die  von  F.  W.  Stopp,  welche  (mit  7  Schp., 
7  Hdp.)  hauptsächlich  für  lithographische  Arbeiten  eingerichtet 
Teschcn.     ist.  In  TESCHEN  in  Österr.  Schlesien  befindet  sich  die  Offizin  von 
K.  Prochaska  (10  Schp.),  eine  der  besten  Provinzdruckereien 
Österreichs.   Sie  wurde  1806  von  Thomas  Prochaska  gegründet. 

In  Brünn  arbeiten  hauptsächlich  für  Lokalbedürfnisse  \V.  Bur- 

Brünn.       KART   (7  Schp.) ,    BuSCHAK  &  IRRGANG   (4   Schp.),    CARL  WlXlKER 

(5  Schp.),  R.  M.  Rohrer  (6  Schp.).  Galiziek  bietet  nur  wenig 
von  Interesse.  In  Krakau,  einst  von  Bedeutung  in  der  typographi- 
schen Geschichte,  druckt  die  Offizin  des  Cz as  (5  Schp.)  und  die 
Buchdruckerei  der  Akademie  der  Wissenschaften  H.  Llsicki  S:  Co., 
Lemberg.    in  Lemberg  E.  Winiarz  (4  Schp.). 

Unter  den  Offizinen  des  südlichen  Österreichs  ist  die  Akten- 
Graz,  druckerei  Leyk  am -Josefsthal  (15  Schp.,  16  Tr.-  u.  Hdp.)  in  Graz 
eine  weit  verzweigte  graphische  Anstalt,  die  manches  Gute  geliefert 
hat.  Die  Grazer  „Post"  wurde  1882  an  eine  zweite  Gesellschaft 
Leykam  für  gegen  1 100000  M.  verkauft.  Die  Gesellschaft  Styria 
und  die  Gutenberg- Druckerei  in  Graz  beschäftigen  je  5  Schnell- 
pressen. In  INNSBRUCK  verfolgt  die  WAGNERsche  Buchdruckerei 
eine  wissenschaftliche  Richtung.  In  LINZ  wirken  A.  Eurich  und 
J.  Wimmer.  Die  älteste  Druckerei  Österreichs  besitzt  KlagentURT. 
Hier  etablierte  sich  Fkrd.  v.  Kleinmayr  1548.  Sein  Nachfolger 
gründete  1777  die  „Klagenfurter  Zeitung".  In  Laibach  feierte  die 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


433 


Offizin  von  J.  v.  Kleinmayr  &  F.  Bamberg  (4  Schp.)  1882  ihr 
loojähriges  Jubiläum.  In  Triest  hat  sich  die  Buchdruckerei  des  Tn«t. 
Österr.- Ungar.  Lloyd  als  eine  tüchtige  Vertreterin  der  Kunst 
bewiesen  und  wirkte  auch  früher  als  bedeutende  Verlegerin  illu- 
strierter Werke. 

Von  der  Holzschneidekunst  in  Wien  und  den  Meistern,  welche 
diese  förderten  J.  G.  Prestel,  Blasius  Höfel,  Friedr.  v.  Exter, 
H.  Knöfler  u.  a.,  wurde  bereits  (S.  300)  berichtet,  auch  fanden  die 
wichtigen  Erfindungen  von  Paul  Pretzsch  (S.  14)  Erwähnung.  Je  Paul  Pretztch 
weniger  das  verdienstvolle  Wirken  dieses  Mannes  vom  Glück  +  a8.*Aug.'i87J. 
begünstigt  war  und  je  Öfter  der  Versuch  gemacht  wurde,  seine 
Erfinderehre  zu  schädigen ,  namentlich  seitens  englischer  Erfinder, 
um  so  mehr  gebietet  es  die  Pflicht,  hier  seiner  mit  einigen  Worten 
noch  zu  gedenken. 

Pretzsch  war  als  Sohn  eines  Goldarbeiters  in  Wien  geboren, 
lernte  dort  die  Buchdruckerkunst  und  trat  nach  längerem  Aufenthalt 
im  Auslande  in  den  Dienst  der  K.  K.  Hof-  und  Staatsdruckerei, 
welche  er  1851  auf  der  Londoner  Weltausstellung  vertrat.  Dort 
erhielt  er  auf  Grund  der  von  ihm  ausgestellten  Photographien  eine 
Prämie  und  nun  entstand  in  ihm  der  Gedanke,  Photographien  druck- 
bar zu  machen,  weshalb  er  sein  Engagement  bei  der  Staatsdruckerei 
aufgab,  1854  wieder  nach  London  ging  und  dort  neun  Jahre  blieb, 
um  seine  Pläne  zur  Ausführung  zu  bringen.  Seine  Erfindung ,  Tief- 
druckplatten von  Photographien  herzustellen,  nannte  er  Photo- 
GALVANOGRAPHlE  und  sie  wurde  einer  Patent  -  Photo  -  Galvano- 
graphic -Society  zur  Ausbeutung  übergeben,  welche  1856  fünf  Hefte 
eines  Werkes  in  Grossfolio  unter  dem  Titel  Photographie  Art 
Treasures  herausgab.  Nach  etwa  zweijährigem  Bestehen  löste  sich 
jedoch  die  Gesellschaft  auf  und  Pretzsch  war  wieder  auf  sich  selbst 
angewiesen,  während  Fox  Talbot,  der  die  Erfindung  gemacht  hatte, 
durch  Atzung  Photographien  druckbar  zu  machen,  ihn  auf  Grund 
seines  Patentes  verfolgte,  wennauch  ohne  Resultat,  da  Pretzschs 
Verfahren  sich  nicht  auf  Atzen  gründete. 

Nach  der  Weltausstellung  1862  kehrte  Pretzsch  nach  Wien 

zurück  und  war  längere  Zeit  schwer  leidend,  so  dass  er  erst  1864 

seine  Thäigkeit  wieder  aufnehmen  konnte.  Diese  richtete  sich  nun 

vornehmlich  auf  Herstellung  von  Hochdruckplatten   und  nach 

28 


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434 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP 


mannigfachen,  mühsamen  und  kostspieligen  Versuchen  gelang  ihm 
auch  die  Fertigstellung  solcher,  von  welchen  Proben  1873  in  Wien 
ausgestellt  waren. 

Hiermit  war  das  wichtigste  Problem  der  Illustration  der  Zukunft 
zwar  Wirklichkeit  geworden,  jedoch  noch  nicht  in  zufriedenstellender 
Weise;  denn  die  Platten  besasscn  nicht  Tiefe  genug,  um  mit  Leichtig- 
keit in  der  Buchdruckerpresse  behandelt  zu  werden.  In  Berück- 
sichtigung der  hohen  Bedeutung,  welche  die  Erfindung  möglicher- 
weise würde  erreichen  können,  erhielt  Pretzsch  eine  Staatsunter- 
stützung, um  seine  Versuche  weiterzuführen,  und  noch  wenige 
Stunden  vor  seinem  Tode  war  er  mit  diesen  beschäftigt. 

In  der  Zeit  der  Blüte  der  Schwarzlithographie  erreichte 
Kriehuber  im  Porträtfache  eine  bis  dahin  unbekannte  Meisterschaft. 
Die  Chromolithographie  fand  einen  günstigen  Boden,  der  zuerst 
von  der  K.  K.  Staatsdruckerei  bebaut  wurde.  Das  erste  \YTerk  von 
Bedeutung  waren  die  Aquarellbilder  nach  niederösterreichischen 
Bauwerken  von  Conr.  Grefe,  welcher  Künstler  überhaupt  besondere 
Verdienste  um  den  Buntdruck  hat.  Ed.  Holzel  lieferte  namentlich 
viele  gute  Landschaftsbilder;  sein  bestes  Blatt  und  eines  der  besten 
der  Oldruckbilder  überhaupt  dürfte  „Die  beiden  Brüder**,  nach 
v.  Defregger  sein.  Seine  instruktiven,  geographischen  und  natur- 
wissenschaftlichen Blätter  und  die  architektonischen  Bilder  nach 
J.  Langl,  in  Sepiamanier  gedruckt,  sind  höchst  wertvolle  Er- 
scheinungen. Reifenstein  und  Rösch  (jetzt  G.  Reifenstein),  Haupt  & 
Czeiger,  A.  Hartinger  &  Sohn,  Fr.  Paterno  lieferten  gutes,  die 
ersteren  beiden  Firmen  im  figürlichen,  die  beiden  letzteren  im  natur- 
wissenschaftlichen und  geschichtlichen  Unterrichtsfache. 

Im  lithographischen  Accidenzfache  zeichnete  sich  Ed.  Sieger 
^Ed  sieg«  ^  aus.   Seine  Riesenplakate  wurden  angestaunt  und  seine  Erfindung 
t«. jan.  xö76.  des  Ivoirit,  einer  täuschenden  Imitation  des  Elfenbeins,  brachte,  in 
Bücherbänden  oder  in  Ebenholz-Kassetten  und  Möbeln  eingelegt, 
eine  frappante  Wirkung  hervor. 

Die  Zinkhochätzung  fand  tüchtige  Vertreter,  unter  welchen 
C.  Angerer  &  Göschl  ihr  Verfahren  zur  ganz  besonderen  Voll- 
kommenheit brachten.  Auch  C.  Haack  erwarb  sich  einen  Namen, 
Moritz  und  Max  Jaffe  traten  mit  der  JafT&ypie  auf.  Die  Kupfer- 
stecherkunst, welche  sehr  zurückgegangen  war  und  wesentlich  nur 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN'  GRUPPE. 


435 


in  den  Prämienblättern  und  den  Nieten  der  Kunstlotterien  fort- 
vegetierte, trat  durch  die  Ernennung  Louis  Jacobys  (jetzt  in  Berlin) 
zum  Professor  dieser  Kunst  in  ein  neues  Stadium  des  Fortschrittes. 
Die  Radierung  kam  besonders  durch  W.  Unger  zu  Ehren.  Die 
Photographie,  namentlich  die  Porträtphotographie,  wurde  mit  viel 
Glück  in  Wien  geübt. 

In  der  Verwendung  aller  graphischen  Kunstzweige,  namentlich 
der  in  der  Photographie  wurzelnden,  ist  das  Militär-geographische 
Institut  berühmt  geworden.  Es  entstand  1839  durch  Vereinigung 
der  topographisch-lithographischen  Anstalt  des  K.  K.  Generalstabes 
in  Wien  mit  dem  zu  Mailand  bestandenen  Deposito  della  Guerra. 
Die  Anstalt  kultiviert  die  Kartographie  in  ausgedehntester  Weise  unter 
Verwendung  aller  neueren  Verfahren.  Unternehmungen  wie  die 
Karte  der  Umgebungen  Wiens  in  48  Blättern ;  die  Spezialkarte  der 
Österreich-Ungarischen  Monarchie  in  720  Blättern ,  die  Generalkarte 
von  Zentral-Europa  in  192  Blättern,  und  viele  andere  gehören  zu 
den  Meisterwerken  der  Kartographie. 

Die  Buchbinderkunst  steht  in  Wien  schon  seit  langer  Zeit  im 
Ansehen,  wird  jedoch  noch  mehr  in  den  sogenannten  Galanterie- 
Arbeiten  als  in  der  eigentlichen  Buchbindung  geübt.  Vortrefflich 
sind  in  letzterer  Richtung  die  Mosaikbände  mit  wirklichen  Leder- 
einlagen ,  nicht  nach  französischer  Art  mit  nur  aufgelegtem  dünn 
geschabten  Leder.  Namen  wie  A.  Klein,  Leop.  Groner,  Conr.  Berg 
u.  a.  haben  den  besten  Klang. 

Unter  solchen  Verhältnissen  wie  den  obengeschilderten  konnte 
Wien,  wo  die  Zustände  im  Jahre  1840  den  Gedanken  an  ein  fröh- 
liches Gutenbergfest,  wie  das  in  Leipzig,  nicht  aufkommen  Hessen, 
sich  mit  Befriedigung  zur  Begehung  des  vierhundertjährigen  Festes 
der  Einfuhrung  der  Kunst  in  Wien  (I,  S.  49)  rüsten.  Schon  Jahre 
vorher  waren  die  Vorbereitungen  getroffen,  namentlich  für  die  Heraus- 
gabe einer  bedeutenden  Festschrift,  einer  Geschichte  der  Kunst  in 
Wien  seit  vier  Jahrhunderten,  welche  zugleich  Proben  der  Leistungs- 
fähigkeit der  graphischen  Anstalten  vorführen  sollte Das  Fest  fand 
am  24.— 25.  Juni  1882  statt  und  wurde  durch  einen  Aktus,  verbunden 

1  Das  Werk  gewann  einen  grösseren  Umfang,  als  anfänglich  vorgesehen 
war.  Bis  jetzt  erschien  der  erste  Band,  gedruckt  bei  Fr.  Jasper,  mit  vielen 
Beilagen. 

28* 


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436 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


mit  einer  durch  v.  Eitelberger  arrangierten  historischen  Ausstellung, 
eröffnet.  Die  eigentliche  Festrede  hielt  der  österreichische  General- 
konsul in  Leipzig,  Karl  v.  Scherzer,  wie  bereits  erwähnt  ein  früherer 
Gutenbergsjünger.  Ein  allgemeines  Fest  fand  am  25.  Juni  in  Hietzing 
in  der  „Neuen  Welt*  statt,  wo  gegen  1 4  000  Festgenossen  sich  ver- 
sammelt hatten  und  wo  Karl  Höger  als  Festredner  auftrat. 

In  UNGARN  steht  die  Buchdruckerei  im  allgemeinen  nicht  auf 
Ungarn.  einem  sehr  hohen  Standpunkte.  Buda-Pest  ist  selbstverständlich 
Buda-p«t.  ^  Sammelpunkt  der  bedeutendsten  Offizinen.  Im  Jahre  185 1 
waren  dort  S  Druckereien  vorhanden  mit  22  Schnellpressen;  1870 
bereits  50  mit  140  Schnellpressen;  1882  48  Buchdruckereien  und 
23  lithographische  Anstalten  mit  130  Schnellpressen  und  20oTret- 
und  Handpressen. 

Die  Staatsdruckerei  Ungarns  besteht  in  ihrem  jetzigen  Um- 
staaudruckerci.  fange  (16  Schp.,  18  Hdp.,  2 50  Arbeiter)  erst  seit  der  Trennung  der 
Verwaltung  Ungarns  und  Österreichs  und  befand  sich  früher  in 
Temesvar  als  Filiale  der  Staatsdruckerei  in  Wien.  Sie  liefert  sehr 
viele  Accidenzarbeiten  und  Wertpapiere,  die  nicht  auf  der  Höhe 
der  Vollkommenheit  stehen.  Neben  Gutem  findet  sich  unter  ihren 
Arbeiten  manches  Mittelgute.  Die,  unter  ausgedehnter  Anwendung 
der  Galvanoplastik,  gelieferten  Kartenwerke  haben  einen  grossen 
Umfang. 

Einen  bedeutenden  Aufschwung  hat  die  Pester  Buchdruckerf.i- 
Druckereien in  Akuen-Gesellschaft,  geleitet  von  Siegm.  v.  Falk,  genommen;  sie 

Budapest» 

arbeitet  in  gedeihlicher  Weise  mit  1 5  Schnellpressen.  8  Handpressen 
und  200  Personen.  Die  Aktiengesellschaft  Athenäum  (12  Schp., 
1 2  Giessm.,  2  50  Arb.)  druckt  nicht  weniger  als  zwanzig  periodische 
Schriften.  Die  Offizin  der  Aktiengesellschaft  Franklin -Verein 
(Rotm.,  11  Schp.,  über  200  Arb.)  hat  sowohl  als  Werk-  wie  als 
Accidenzdruckerei  einen  guten  Ruf.  Im  Jahre  1873  erwarb  der  Verein 
den  bedeutenden  Verlag  von  Gustav  Heckenast,  der  einen  wesent- 
lichen Anteil  an  dem  Aufblühen  des  Buchhandels  in  Ungarn  gehabt 
hat.  Er  kam  als  Apotheker  nach  Pest,  übernahm  aber,  als  der 
dort  etablierte  Otto  Wigand  aus  Göttingen  auf  Grund  politischer 
Verhältnisse  Ungarn  schleunigst  verlassen  musste,  dessen  Geschäft 
und  verband  sich  1840  mit  dem  Buchdrucker  Landerer.  Mit  seinen 


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XV.  KAP.  DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  437 

nationalen  Verlagsunternehmungen  hatte  Heckenast  viel  Glück,  • 
namentlich  mit  dem  von  Kossuth  redigierten  Pesti  Hirlaß.  Später 
gab  er  die  illustrierte  „ Sonntags  -Zeitung"  heraus. 

Die  von  der  Gesellschaft  Hungaria  1869  gegründete,  schön 
eingerichtete,  Buchdruckerci  (verbunden  mit  Verlagsgeschäft)  druckt 
mit  Rotationsmaschine  das  „Neue  Pester  Journal"  und  das  „Volks- 
blatt *  und  beschäftigt  170  Arbeiter.  Das  grosse  Geschäft  von 
Gebr.  Legrady  liefert  namentlich  zahlreiche  Jugendschriften,  Victor 
Hornyansky  viele  sehr  gut  gedruckte  Bibeln  in  verschiedenen 
Sprachen.  Ausserdem  sind  zu  erwähnen  die  Universitäts- 
Buchdruckkrei  (7  Schp.)  und  die  bedeutenden  Zeitungsdruckereien: 
Khok  &  Wein  ,  welche  das  „Illustrirte  Tageblatt"  auf  Augsburger 
Rotationsmaschine  drucken,  Ph.  Wodianer,  M.  Deutsch  (10  Schp.). 
VortrefTliche  Arbeiten  im  kaufmännischen  Accidenzfach  gehen  aus 
den  Pressen  der  typo  -  lithographischen  Anstalt  von  C.  L.  Posner 
(7  Schp.,  1 1  Hdp.)  hervor. 

Mor.  Rath  gab  als  Verleger  zwar  eine  Reihe  von  vorzüglich 
ausgestatteten  Prachtwerken  heraus,  da  er  jedoch  die  Mehrzahl  in 
Wien  drucken  Hess,  so  kann  man  aus  denselben  sich  kein  Bild  der 
Leistungsfähigkeit  der  Pester  Typographie  machen. 

Hervorragende  Druckanstalten  besitzt  Transleithanien  sonst 
nicht.  In  Agram  befindet  sich  die  wohleingerichtete  Druckerei  und 
lithographische  Anstalt  von  C.  Albrecht  mit  6  Schnellpressen  und 
die  der  Landesregierung  gehörende  Offizin  des  Narodne  Noviny 
(4  Schp.).  Gutes  leisten  in  Raab  Sandor  Czeh;  in  Temesvar 
Gebr.  Magyar;  in  Szegedin  Burger  &:  Co.;  in  Neusatz  befindet 
sich  die  Druckerei  des  Serbischen  National -Vereins.  Das  „okku- 
pierte" Bosnien  hat  eine  nach  neuestem  Zuschnitt  gut  eingerichtete 
K.  K.  Landesbuchdruckerei  in  Serajewo. 


Während  in  dem  Jahre  1856  der  österreichische  Gesamtstaat 
(die  italienischen  Provinzen  nicht  mitgerechnet)  kaum  200  Druck- 
offizinen aufwies,  besassen  die  eis-  und  transleithanischen  Länder 
1882  in  372  Städten  756  Buchdruckereien,  345  lithographische 
Anstalten,  29  Schriftgiessereien  und  1183  Buchhandlungen.  Die 
Zahl  der  vorhandenen  Schnellpressen  betrug  1568,  die  der  Hand- 
und  Tretpressen  2250.   Beschäftigung  fanden  gegen  I5  000  männ- 


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433 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


liehe,  3500  weibliche  Arbeiter  und  2000  Lehrlinge.  38  Gehülfen- 
Vereine  hatten  4162  Mitglieder  und,  darin  eingerechnet  das  Ver- 
mögen des  Wiener  Unterstützungs- Vereins  von  etwa  300  000  Mark, 
ein  Gesamtkapital  von  über  eine  Million  Mark. 

Vergleichen  wir  die  Österreichisch -Ungarische  Monarchie  mit 
dem  Deutschen  Reiche,  so  geht  hervor,  dass  erstere  bei  einem 
Umfange  von  11  300  □  Meilen  und  einer  Bevölkerung  von  etwa 
37  500  000  Menschen  m  der  graphischen  Produktion  sehr  gegen 
letzteres  zurückbleibt.  Scheiden  wir  die  österreichische  Monarchie 
in  vier  graphische  Gruppen,  so  erhalten  wir  als  Resultat  folgende 
Zahlen : 


Buch- 
druck. 

T ...        :  ~  Litho« 
Lühogr.  :  Typogr.  h 

Anstalten  Schnellpr.  Schp. 

I.  Die  nördliche  Gruppe: 

1 
1 

1 

> 

Schlesien,  Böhmen,  Mähren, 

Galizien,  Bukowina    .    .  . 

251 

143 

442 

75 

Ii.  Die  mittlere  Gruppe: 

Nieder-  und  Oberösterreich, 

190 

III 

450 

79 

III.  Die  südliche  Gruppe: 

Tirol,  Steiermark,  Kärnthen, 

Krain,  die  Küstenländer  .  . 

73 

133 

34 

IV.  Die  östliche  Gruppe  : 

Ungarn,  Siebenbürgen,  Sla- 

wonien, Kroatien,  Bosnien  . 

242 

r  r 

344 

11 

756 

345 

1369 

199 

Die  rein  deutsche  Gruppe  II,  mit  der  Kaiserstadt,  in  welcher 
fast  alle  bedeutenden  graphischen  Anstalten  ihren  Sitz  haben,  und 
in  der  über  eine  Million  Menschen  lebt,  ist  mehr  als  anderthalbmal 
so  gross  an  Umfang  als  das  Königreich  Sachsen  und  zählt  nur  etwa 
200  000  Einwohner  mehr.  Nichtsdestoweniger  beträgt  in  Sachsen 
die  Zahl  der  Buchdruckereien  1 36,  der  lithographischen  Anstalten 
101  und  der  Schnellpressen  663  mehr  als  in  der  österreichischen 
Gruppe  II. 


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XV.  KAP. 


DER  OSTEN  DER  GERMANISCHEN  GRUPrE. 


439 


Das  Deutsche  Reich,  einen  Umfang  von  etwa  2000  □  Meilen 
weniger  als  Österreich-Ungarn  besitzend  und  etwas  über  5  Millionen 
Einwohner  mehr  zählend,  hat  2633  Buchdruckereien,  1649  litho- 
graphische Anstalten,  5708  Schnellpressen  und  etwa  3000  Buch- 
handlungen mehr.  Bei  einer  solchen  Zusammenstellung  darf  jedoch 
nicht  übersehen  werden,  dass  in  den  eis-  und  transleithanischen 
Ländern  die  Zahl  der  Deutschsprechenden  nicht  viel  mehr  als  den 
vierten  Teil  der  Einwohner  beträgt. 

1  Ebenso  ungünstig  stellt  sich  das  Verhältnis,  wenn  wir  die 
österreichisch- ungarischen  Städte  mit  50000  Einwohnern  und  mehr 
mit  den  deutschen  (s.  276)  zusammenstellen.  Es  giebt  in  Österreich 
deren  nur  zehn,  nämlich : 


Städte 

Einwohner- 

Buch- 

Lithogr. 

Buch- 

Zeit- 

zahl 

druck. 

An  st. 

hand). 

schrift 

Buda-Pest  .    .  . 

1 

365OOO 

49 

24 

57 

83 

Prag  

IQOOOO 

33 

30 

83 

84 

10 

4 

12 

6 

Lemberg 

IO4OOO 

15 

4  22 

33 

7 

9 

26 

17 

12 

6 

15 

24 

Szegedin     .    .  . 

760OO 

4 

1 

4 

2 

6 

1  2 

15 

8 

Debreczin    .    .  . 

52000 

3 

1 

2 

2 

Pressburg    .    .  . 

50000 

6 

1 

3 

4 

2 

Die  Bücherproduktion  Österreichs  lässt  sich  nicht  wohl  aus  der 
des  ganzen  deutschen  Litteraturgebietes  ausscheiden.  Die  Bücher- 
einfuhr in  Österreich  betrug  27620  Meterzentner,  die  Ausfuhr 
9378 ;  da  von  letzterer  jedoch  die  Remittenden  der  in  Kommission 
versandten  Artikel  abgehen,  so  kann  die  wirkliche  Ausfuhr  kaum 
auf  4000  Meterzentner  geschätzt  werden.  Merkwürdigerweise  stellt 
sich  das  Verhältnis  bei  Musikalien  noch  ungünstiger,  da  bei  einer 
Einfuhr  von  937  Meterzentner  nur  66  Zentner  ausgeführt  wurden. 
Trotz  der  geringen  Ziffern  hat  sich  die  Einfuhr  seit  1860  zwei  und 
einhalbmal,  die  Ausfuhr  einmal  erhöht. 


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440 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XV.  KAP. 


Die  Zahl  der  Journale  war  zum  Beginne  des  Jahres  18S0  in 
den  im  Reichsrate  vertretenen  Kronländern  1074,  darunter  340 
politische  Tages-  und  Wochenblätter.  Von  der  Gesamtzahl 
erschienen  79  täglich,  80  mehrmals  wöchentlich,  310  wöchentlich, 
2 1 1  vierzehntägig,  226  monatlich.  728  Journale  waren  in  deutscher, 
73  in  polnischer,  1 3 1  in  tschechischer  Sprache.  Wien  beteiligte  sich 
mit  483  Zeitschriften.  1872  hatte  ein  Rückgang  in  der  politischen 
Zeitungspresse  stattgefunden  und  es  erschienen  19  Tagesblätter 
weniger  als  1871. 

UNGARN  lieferte  damals  558  Zeitungen,  davon  356  in  magya- 
rischer, 120  in  deutscher,  56  in  slawischer  und  21  in  rumänischer 
Sprache.  Die  Zahl  der  magyarischen  Blätter  hat  seit  der  Zeit  um 
70  zugenommen,  in  Buda-Pest  erschienen  168;  in  den  übrigen 
Sprachen  ist  die  Zahl  ziemlich  unverändert  geblieben. 


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XVI.  KAPITEL 

DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 

DÄNEMARK,  Fortschritte  der  Typographie:  B.  I.uno,  Gebr.  Thiele,  C.  Ferslcw  &  Co. 
IL  a.  Die  Chemitypie:  ('.  Piil.  Die  Giessniaschine :  I~  Brandt.  Die  Setz- 
maschine: C.  Sörensen.  Die  Schreibkugel:  Mailing  Hansen.  Island,  Grön- 
land. Norwegen.  Geistiges  Leben.  Schweden.  Norstedt  &  Söner,  Central- 
Tryckeriet  u.  a.  Finnland.  Ki  ssi.and  und  Polen.  Die  Staatsdruckerei  und 
andere  Offizinen.  Das  Zeittingswesen.  Die  Do n a t* l X N der :  Serbien,  Rumänien, 
P.ulgarien.  Griechenland. 

DÄNEMARK  UND  NORWEGEN. 

EGEN  das  Ende  des  XVm.  Jahrhunderte  ergriff  die 
politische  und  geistige  Gährung  auch  DÄNEMARK  Die  Preue  in 
und  übte  ihre  Wirkung  auf  die  Presse  aus.  Unter  ' 
dem  allmächtigen  Ministerium  Struensee  wurde  1770 
am  14.  September  die  schrankenloseste  Pressfreiheit 
eingeführt,  was  nicht  ohne  gröbliche  Ausartungen  abging.  Wie 
gewöhnlich  trat  dann  als  Gegensatz  eine  weit  über  das  Ziel 
schiessende  Reaktion  ein,  deren  Schlussstein  die  Verordnung  vom 
27.  September  1799  war,  durch  welche  die  Zensur  wieder  eingeführt 
wurde  und  die  Verfolgungen  gegen  die  Presse  ihren  freien  Lauf 
nahmen.  Ausserdem  begann  das  XIX.  Jahrhundert  sehr  unglücklich 
für  Dänemark,  welches  die  damals  herrschende  Politik  mit  dem 


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442  DIB  GERMANISCHE  GRUPPE.  XVI.  KAP. 

Bombardement  von  Kopenhagen,  dem  Verlust  seiner  glänzenden 
Flotte  und  der  Abtretung  Norwegens  bezahlen  musste 

Unter  diesen  Verhältnissen  konnte  die  Typographie  Däne- 
marks in  der  ersten  Hälfte  der  Periode  und  noch  länger  keine 
grossen  Fortschritte  machen.  Es  herrschte  kein  guter  Geschmack 
und  die  Produktionen  gingen  nur  selten  über  das  Mittelgute  hinaus. 
Als  bedeutendere  Erscheinungen  sind  zu  nennen:  Den  danske 
Vitnrvius,  2  Bände,  Folio;  Langebecks  Scriptores  rerum  datticarum, 
8  Bände,  Folio;  Beskrivelsc  over  danskc  Monier  og  Medailler, 
3  Bände,  Folio;  Flora  Danica,  ein  sehr  bedeutendes  und  umfang- 
reiches Werk. 

Die  Buchdruckereien  in  Kopenhagen  beherrschten,  durch 
pieTypo^raphie Innungsverhältnisse  begünstigt,  die  Buchdruckereien  der  Provinz, 
m  Kopen  ageu.       ^utoren  gu^^  t      fer  Buchhandel  nicht  gut  organisiert  war, 

zumteil  Verleger  im  Auslande. 

Carl  Heinrich  Berling,  Sohn  des  eingewanderten  E.  H. 
e.  h.  B«riing  Berling  (I,  S.  1 56),  erwarb  das  Privilegium  der  Posttidender,  welche 
i6«9.  f  >/59-  Xitel  Statstidende ,  später  Berlingske  Tidende  annahm,  unter 
welchem  Namen  sie  noch  heute  besteht.  Viele  Jahre  hindurch  waren 
dieses  und  ein  anderes,  ungefähr  auf  derselben  Stufe  der  Mittel« 
mässigkeit  stehendes  Blatt,  Dagen,  die  einzigen  Quellen  tages- 
geschichtlicher Weisheit. 

Das  Volk  verfiel  in  ein  durch  Geistesspielereien  gewürztes 
weichliches  Wohlleben,  aus  welchem  der  Nationalgeist  erst  durch 
die  Dichtungen  Adam  Oehlenschlägers  erwachen  sollte.  Allmählich 
fielen  die  Schranken  der  Presse  wieder  und  es  erblühte  ein  überaus 
reges  geistiges  Leben,  das  ebenfalls  die  Entwicklung  der  Buch- 
druckerei und  des  Buchhandels  im  Gefolge  hatte. 

Im  Jahre  1825  kam  die  erste  Schnellpresse  nach  Dänemark. 
BuncoLuno  Der  eigentliche  Schöpfer  des  guten  Geschmacks  und  der  Typo- 
f  tT Aug.  185V.  graphie  im  Sinne  der  Neuzeit  war  Bianco  Luno*,  der  sich,  nach  viel- 
fachen Wanderungen  in  Italien,  Ungarn  und  Deutschland,  1831  in 
Kopenhagen  etablierte.     Die  Ausstattung  und  Ordnung  seiner 

«  Ca.m.  Nyrop,  Bidrag  tü  den  danske  Boghattdels  JfhtorU.  2  Teile.  Kopen- 
hagen 1870.  —  KLEIN,  Adressbog  for  dm  danske  norskt  og  Jvtnske  Boghandel.  — 
NvKROr  in  Lösendes  Aarbog  for  jSoi. 

■  C.  Nyrop,  Biatuo  Luno  og  den  dansle  Bogtrykket kottst.   Kopenhagen  1881. 


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XVL  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  443 

Druckerei  war  eine  noch  nicht  in  Dänemark  bekannte  und  würde 
selbst  im  Auslande  als  eine  mustergültige  gegolten  haben.  Er 
lieferte  namentlich  in  Werk-  und  tabellarischen  Arbeiten  vortreff- 
liches. Die  Druckerei  arbeitet  jetzt  mit  9  in  Kopenhagen  von 
Eickhoff  gebauten  Schnellpressen. 

In  feineren  Accidenz-  und  illustrierten  Drucken  sind  die  Brüder 
Just  und  Andreas  Thiele,  Nachkommen  eines  1770  aus  Lemgo  Gebr.  Thiele, 
eingewanderten  Buchdruckers  Joh.  Rud.  Thiele,  in  Dänemark  j.  r.  Thiele 
unübertroffen.  Sie  erhielten  ihre  Ausbildung  in  der  Brockhausschen 
Offizin  in  Leipzig  und  können  sich  mit  den  besten  Illustrations- 
druckern Deutschlands  messen.  Als  Beispiele  ihrer  Leistungen  seien 
erwähnt:  Illtistreret  Tidende,  The  old  twrthern  Runic  monuments 
und  Queen  Dagmars  Cross  in  Farbendruck.  Die  Offizin  ist  die 
grosste  in  Dänemark  und  arbeitet  mit  17  König  &  Bauerschen 
Schnellpressen.  Die  Gebrüder  Thiele  drucken  auch  die  Noten  der 
Bank,  die  Postmarken  und  fast  alle  dänischen  Wertpapiere. 

Als  Zeitungsdruckerei  steht  die  Offizin  C.  Ferslew  &  Co. 
obenan.  Sie  verbindet  Typographie  mit  Lithographie  und  Papier-  c.  Feniew. 
fabrikation.  Ferslew  druckte  zuerst  mit  einer  „ Victoria-Endlosen". 
Drei  grosse  Tageszeitungen  werden  in  der  Offizin  hergestellt,  in 
welcher  9  Kastenbeinsche  Setzmaschinen  und  1 1  Ablegemaschinen 
arbeiten,  wohl  mehr  als  für  den  Augenblick  im  ganzen  Deutschen 
Reich.  Bei  der  Bedienung  sind  mehr  als  dreissig  Mädchen  unter 
Leitung  einer  Directrice  beschäftigt.  Um  den  Satz  zu  beschleunigen, 
werden  schlecht  geschriebene  Manuskripte  erst  mittels  der  Mailing 
Hansenschen  Schreibkugel  (S.  446)  umgeschrieben  und  dann  dem 
Setzer  übergeben,  wodurch  es  möglich  wird,  den  Hauptteil  einer 
grossen  Zeitung  in  zwei  Stunden  herzustellen.  Die  als  eine  Neuheit 
von  Beschke  in  Deutschland  eingeführten  Wetterkarten  werden 
schon  seit  fünf  Jahren  bei  Ferslew  hergestellt. 

Das  Beispiel  Lunos  und  Thieles  hat  sehr  befruchtend  gewirkt 
und  der  dänische  Druck  nimmt  im  ganzen  eine  sehr  respektable 
Stellung  ein.  Die  Offizin  von  Berling,  welche  jetzt  nur  die 
Berlingske  Tidende  mit  Rotationsmaschine  aus  der  Fabrik  Eickhoff 
in  Kopenhagen  druckt,  hat  sich  durch  Einführung  der  technischen 
Verbesserungen  und  Erfindungen  des  Auslandes  verdient  gemacht 
Der  letzte  männliche  Besitzer  der  Firma  Carl  Berling  spielte  als 


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444 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


xvi.  k Ar. 


Kammerherr,  Reisemarschall  und  Günstling  des  Königs  Friedrich  VII. 
eine  Rolle.  Er  starb  auf  einer  Reise  in  Ägypten  am  30.  Marz  1871. 
Geachtete  Namen  erwarben  sich  unter  anderen  Andreas  Seidelin 
und  die  von  J.  F.  Schultz  begründete  Hof  buchdruckerei,  jetzige 
Universitätsbuchdruckerei  von  J.  H.  Schultz,  welche  mit  12  Schnell- 
pressen namentlich  Regierungs-,  Universitäts  -  und  Kommunal- 
arbeiten liefert.  In  der  Provinz  ist  zu  nennen  die  über  1 10  Jahre 
bestehende  Fyens  Stifts -Buchdruckerei  in  ODENSE,  wo  die 
Wiege  der  dänischen  Buchdruckerei  stand  (I,  S.  74). 

Zur  Zeit  hat  Dänemark  175  Buchdruckereien  (davon  71  in 
suü*ii»chei.  Kopenhagen)  mit  einem  Arbeitspersonal  von  1438  Köpfen,  darunter 
746  Setzergehülfen,  3 54 Setzerlehrlinge;  69 Setzerinnen,  namentlich 
bei  den  Setzmaschinen  thätig;  176  Drucker,  82  Druckerlehrlinge. 
Die  Zahl  der  Schnellpressen  ist  294 ,  der  Tretpressen  36  (davon  in 
Kopenhagen  151  Schnellpressen,  35  Tretpressen}.  90  Handpressen 
werden  wohl,  wie  überall,  fast  nur  als  Korrekturpressen  dienen1. 

Die  litterarische  Produktion  ist  nicht  so  genau  wie  in  Deutsch- 
land anzugeben,  da  die  einzige  Kontrolle  in  der  angeordneten 
Ablieferung  eines  Exemplars  jeden  Druckwerkes  an  die  königliche 
Bibliothek  besteht.    Eingereicht  wurden  im  Jahre  1880  349  Zeit- 
schriften, 1806  Bücher  und  Broschüren.  In  Kopenhagen  erscheinen 
14  Tageblätter  zumeist  im  Format  der  grossen  Pariser  Zeitungen; 
in  den  Provinzen  50.  Kopenhagen  hat  14  illustrierte  Wochenblätter, 
unter  welchen  die  humoristischen  eine  grosse  Verbreitung  haben. 
Die  Xylographie,  früher  hauptsächlich  durch  Deutsche  geübt, 
Xylographie  leistet  sehr  anerkennenswertes;  die  bedeutendsten  Anstalten  sind 
ad Lhcn»!yp»c.  ^  ^  Mustreret  Tidentie,  H.  P.  Hansen,  F.  Hkndrikson  und  J.  J. 

Rosenstand.  Die  Chemitypie  verdankt  dem  Dänen  Chr.  Pul  *  ihr 
Dasein  und  ist  in  Dänemark  sehr  beliebt  geworden.  Öfters  wird  sie 
mit  der  Zinkhochätzung  verwechselt,  jedoch  beruht  sie  auf  anderen 
Grundsätzen  (s.  18;.  Piil  brachte  seine  Erfindung  nach  Leipzig  und 
übte  sie  dort  in  Verbindung  mit  dem  Buchhändler  H.  Friedlein. 
Auch  die  Zinkographie  fand  sehr  geschickte  Ausüber  in  Dänemark. 

Auf  Grund  des  kleinen  Geschäftsgebietes  konnte  die  Schrift - 
GiESSEREl  nicht  mit  der  deutschen  Schritt  halten.  Schriften  wurden 

>  M.  Tri-klsln,  Stalititsi  Oz-t-r/tjt  nerTypojraphim  i  Danmark.  Kopcnh.  1S81. 
-  C.  Pill.,  Die  Chemitypie-.   Leipzig  1846. 


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XVI.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


445 


hauptsächlich  von  Trennert  in  Altona  und  Genzsch  &  Heyse  in  Schrifegi«.«-«. 
Hamburg,  dann  auch  von  Berlin  und  Leipzig  bezogen.  Gute 
Arbeiten  liefert  H.  A.  F.  Fries  in  Kopenhagen. 

In  Deutschland  gilt  VS.  295)  der  Däne  Lauritz  Brandt  allgemein 
als  Erfinder  der  Schriftgiessmaschine.  Er  stammte  aus  Faaborg  auf  Die  SchriftgieM- 
der  Insel  Fühnen.  Als  Schlossergeselle  ging  er  nach  St.  Petersburg,  L  Brand; 
wo  er  allerlei  mechanische  Instrumente  anfertigte,  reiste  kreuz  und  *  6  SeP,  l8°7 
quer  durch  Deutschland,  verheiratete  sich  dort  und  segelte  dann 
nach  Amerika.  Hier  führte  er  den  Gedanken,  die  Giessmaschine  zu 
konstruieren,  aus  und  baute  diese  in  dem  Hause  der  bekannten 
Schriftgiesserei  David  Bruce  jun.  in  New -York.  1844  g>ng  er  nac» 
Deutschland  und  verkaufte  sein  Patent  an  Eduard  Hänel  in  Berlin. 
Brandt  erntete  hieraus  weder  grosse  pekuniäre  Vorteile  noch  Ehre, 
denn  Hänel  verschwieg  seinen  Namen,  sodass  bald  dieser  selbst, 
bald  Steiner  in  München  als  Erfinder  galt.  Brandt  verliess  Deutsch- 
land und  ging  nach  Dänemark,  wo  er  mehrere  Maschinen  für  die 
Schriftgiesserei  Fries  baute,  die  noch  heute  in  Wirksamkeit  sind. 
In  Schweden  erwarb  L.  Hierta  das  Patent,  welches  später  auf  die 
Firma  Norstedt  &  Söner  überging.  Nach  einem  etwa  vierjährigen 
Aufenthalt  in  Europa  ging  Brandt  nach  New -York  zurück  und 
gründete  dort  ein  Etablissement,  aus  dem  eine  grosse  Anzahl 
Maschinen  hervorging.  1859  zog  er  sich  ins  Privatleben  zurück 
und  übergab  sein  Etablissement  an  N.  Erlandsen,  der,  ebenfalls  ein 
Däne,  als  armer  Junge  von  seinen  Eltern  aufgenommen  worden 
war.  Gegen  Brandts  Ansprüche  machte  David  Bruce  sein  Erfindungs- 
recht geltend  (S.  39). 

Wennauch  mit  Setzmaschinen  verschiedentlich  experimentiert 
worden  war,  so  muss  doch  Christian  Sörensen  1  in  Kopenhagen    Die  seu- 

maschine. 

als  der  Erfinder  betrachtet  werden,  denn  er  war  der  erste,  der  eine  Chr.  Soren«n 
wirklich  lebensfähige  Maschine  herstellte,  die  auf  den  Prinzipien  f  jo.  Jan  1861. 
beruhte,  welche  von  allen  späteren  Erfindern,  mit  Ausnahme  von 
Mackie,  angenommen  wurde. 

Sörensen  war  von  ganz  armen  Eltern  geboren  und  musste  schon 
als  Kind  zum  Verdienst  mit  beitragen  durch  Arbeit  bei  einem  Leine- 
weber, und  konnte  nur  in  den  Abendstunden  einen  notdürftigen 
Unterricht  geniessen.  Durch  einen  Zufall  kam  er  später  in  Setzerlchre. 

»  C.  Nyrop,  Christian  Süren.sen.  Et  Industribillcde.  Kopenhagen  1869. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


Er  war  ein  mechanisches  Genie.  In  seinem  zwanzigsten  Jahre 
entstand  bei  ihm  der  Gedanke,  eine  Setzmaschine  zu  schaffen.  Von 
den  vor  ihm  gemachten  Versuchen  hatte  er  keine  Ahnung.  Am 
29.  April  1846  erhielt  er  ein  Patent  für  eine  Setz-  und  Ablege- 
maschine und  eine  Unterstützung  zur  Ausfuhrung  eines  Modells. 
Während  Sörensen  hiermit  noch  beschäftigt  war,  ergingen  die 
Einladungen  zur  ersten  Weltausstellung  in  London.  Gelang  es, 
dort  mit  der  Setzmaschine  zu  erscheinen ,  so  war  das  Ziel  erreicht ! 
Das  Erscheinen  gelang  ihm  zwar,  aber  —  die  Maschine  erhielt  nicht 
einmal  eine  ehrenvolle  Erwähnung. 

Das  war  ein  harter  Schlag  für  Sörensen,  und  seine  Gönner 
fingen  nun  an,  sich  von  ihm  zurückzuziehen.  Da  erschien  als  Retter 
in  der  Not  der  Publizist  J.  F.  Gjödwad,  Herausgeber  der  Zeitung 
Fädrelandet,  und  bestellte  eine  Maschine  und,  als  sie  gut  ausfiel, 
noch  eine  zweite.  Ehe  diese  zur  Vollendung  kam,  trat  die  Pariser 
Ausstellung  von  1855  ins  Leben.  Der  Besteller  war  liberal  genug, 
Erfolg« iD Par.$.  zu  gestatten,  dass  sie  erst  in  Paris  ausgestellt  würde.  Hier  erregte 
sie  allgemeines  Staunen  und  wurde  einstimmig  von  dem  Jury- 
Kollegium  der  höchsten  Belohnung  würdig  befunden,  welche  für 
diejenigen  Männer  bestimmt  war,  „die  sich  um  die  Gesellschaft 
besonders  verdient  gemacht"  hatten. 

Die  Maschine  war  eine  doppelte,  eine  Setz-  und  eine  Ablege- 
maschine, und  wurde  erst  durch  eine  Giessmaschine  vervollständigt, 
die  auch  sehr  schwieriger  Natur  war,  da  viele  (bis  auf  6}  kompli- 
zierte Signaturen  notwendig  waren ;  doch  gelang  alles  nach  Wunsch. 

Der  pekuniäre  Vorteil  des  Pariser  Erfolges  blieb  jedoch  für 
Not.  soijc  und  Sörensen  aus.  Er  fiel  in  Paris  Schwindlern  in  die  Hände  und  nach 
vielen  vergeblichen  Anstrengungen  für  die  Einführung  der  Maschine 
in  Frankreich,  Deutschland  und  Österreich  kehrte  er  krank  und 
gebeugt  nach  Dänemark  zurück.  Hier  fand  er  wieder  Beistand  und 
Aufmunterung  bei  seinem  alten  Gönner  Gjödwad.  Zwar  geschahen 
auch  von  anderer  Seite  Schritte,  die  Sörensens  Zukunft  wenigstens 
sorgenfreier  gestalteten,  aber  Kummer  und  frühere  Nahrungssorgen 
hatten  seinen  Lebensfaden  durchschnitten  und  er  erlag  seinen  Leiden 
am  30.  Januar  1S61. 

Mit  der  Setzmaschine  verwandt  ist  die  Schreibmaschine  oder 
Schreibkugel.  Der  erste,  der  mit  einer  solchen  wirkliche  Erfolge 


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XVI.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


447 


erzielte,  war  der  Direktor  der  königlichen  Taubstummenanstalt  in  Die  schreib- 
Kopenhagen,  R.  Malung  Hansen.   Durch  sein  Nachsinnen  über    r.  Mam'n» 

Hansen 

die  Mittel  zu  einer  leichteren  Verständigung  zwischen  Taubstummen 
und  Blinden  kam  er  auf  den  erwähnten  Apparat,  den  er  nach  und 
nach  sehr  vervollkommnet  hat. 

Durch  die  Oberfläche  einer  hohlen  metallenen  Halbkugel  geht 
eine  Anzahl  von  Stahlstiften,  die  wie  Radien  eines  Kreises  nach 
dem  Mittelpunkte  zusammenlaufen,  was  durch  künstliches  Unter- 
schneiden der  Stifte  ermöglicht  wird.  Auf  dem  unteren  Ende  eines 
jeden  derselben  ist  ein  Antiqua- Versalbuchstabe  erhaben  geschnitten, 
wie  jeder  Typenstempel.  Unter  dem  Mittelpunkte,  wo  alle  Buch- 
staben zusammentreffen,  liegt  das  Schreibpapier  mit  einem  Farbe- 
papier bedeckt.  Durch  den  Druck  mit  dem  Finger  auf  den  Knopf 
eines  Stempels  wird  dieser  nach  dem  Zentrum  geführt  und  übt  einen 
Druck  auf  das  Farbepapier,  wodurch  der  Buchstabe  auf  das  weisse 
Papier  abgefärbt  wird.  Nach  jedem  Druck  bewegt  sich  das  Papier 
soweit  seitwärts  zurück,  dass  der  nächste  Buchstabe  in  die  richtige 
Entfernung  von  dem  vorhergehenden  zu  stehen  kommt.  Ist  die 
Zeile  voll,  schiebt  sich  das  Papier  so  weit  nach  oben,  dass  es  in  die 
richtige  Lage  kommt,  um  die  folgende  Zeile  aufzunehmen.  Eine 
Schnelligkeit  von  20  000  Buchstaben  in  der  Stunde  ist  noch  keine 
übertriebene.  Durch  Übereinanderlegen  von  bis  zu  zehn  Schreib- 
und Farbeblättern  ist  es  möglich,  eine  ebenso  grosse  Anzahl  Drucke 
gleichzeitig  zu  schaffen,  die  wieder  durch  elektrische  Verbindung 
mehrerer  Apparate  nach  Belieben  gesteigert  werden  kann. 

Die  erste  eiserne  Handpresse  in  Dänemark  wurde  1836  von 
Hüttemeyer,  die  erste  Schnellpresse  1847  von  J.  G.  A.  Eickhoff  Die  Maschinen- 
aUS  Wittenförden  in  Mecklenburg  -  Schwerin  nach  dem  System  j.  G.A.Eickhoff 
König  &  Bauer  hergestellt.  Seine  200.  Maschine  folgte  1874.  Uber  t 
1 25  davon  gingen  nach  dem  Auslande,  namentlich  nach  Schweden 
und  Russland.  Eickhoff  baut  auch  Rotationsmaschinen. 

Die  Papierfabrikation  ist  besonders  durch  die  Familie  Drewsen 
in  die  Höhe  gebracht.  Das  dänische  Fabrikat  ist  in  den  Mittel- 
sorten ein  sehr  brauchbares.  Die  Buchbinderei  nahm  stets  einen 
respektablen,  wennauch  keinen  hervorragenden  Platz  ein. 

Die  Lithographie  wurde  durch  C.  C.  Lose  von  einem 
Deutschen  Heinrich  Wenzler  181  i  eingeführt  und  hauptsächlich 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


Lithographie,  für  den  Notendruck  benutzt.  Der  Kunstsinn,  welcher,  durch  die  von 
Thorwaldsen  gegebene  Anregung  in  allen  Schichten  der  Bevölkerung 
geweckt,  einen  mächtigen  Einfluss  auf  das  Kunstgewerbe  geübt  hat, 
wirkte  auch  auf  die  Lithographie.  Es  entstanden  nicht  nur  vorzüg- 
liche Kartenarbeiten,  sondern  auch  wirkliche  Kunstblätter,  letztere 
namentlich  durch  Emil  Bärentzen  &  Co.,  jetzt  Hoffensberg  & 
Trap,  welche  auch  vorzügliche  Chromos  liefern.  Neben  diesen 
verdienen  J.  W.  Tegner  &  Kittendokf  genannt  zu  werden. 

Der  Buchhandel  in  Dänemark  ist  nach  deutschem  System  gut 
organisiert.  Das  offizielle  Organ  des  skandinavischen  Buchhandels 
ist  das  seit  30  Jahren  von  O.  H.  Delbanco  herausgegebene  Xordisk 
BoghandUrtidende. 

Auf  der  Insel  ISLAND  blieb  stets  der  Sinn  für  die  Litteratur 
uund.  herrschend.  Es  bestehen  dort  5  Druckereien  mit  7  Pressen  und 
4  Journale  erscheinen  daselbst.  Die  Offizinen  von  EinarThordarsox 
und  Björn  Jönsson  besitzen  je  eine  Schnellpresse.  Im  Jahre  1799  kam 
die  Isländische  Litterarische  Gesellschaft1  in  den  Besitz  einer  kleinen 
Druckerei,  in  der  bereits  1840  über  100  Werke  gedruckt  waren. 
Auch  die  FäRINSELN  besitzen  eine  Offizin  und  ein  Blatt.  Selbst 
Grönland  ist  nicht  zurückgeblieben.  Unter  den  in  den  dänischen 
Kolonien  wohnenden  12000  Eingeborenen  ist  die  Fertigkeit  im 
Lesen  und  Schreiben  so  verbreitet,  wie  irgend  in  Europa.  In  den 
Jahren  1857—61  machte  der  Inspektor  von  Süd-Grönland,  nachdem 
ihm  auf  Rechnung  der  Grönländischen  Handelsdirektion  eine  Buch- 
druckpresse gesendet  war,  einen  Versuch,  einen  Eingeborenen, 
Lars  Möller,  im  Setzen  und  Drucken  und  einen  andern  im  Holz- 
schneiden zu  unterrichten.  1861—62  hielt  sich  ersterer  in  Kopen- 
hagen auf  und  wurde  dort  ordentlich  im  Buch-  und  Steindruck 
unterrichtet.  Nach  seiner  Rückkehr  Hess  der  Inspektor  ein  kleines 
Gebäude  aufführen  und  als  Buch-  und  Steindruckerei  einrichten. 
Ausser  einigen  kleinen  erzählenden  Schriften  gingen  zwei  periodische 
Unternehmungen  aus  dieser  Offizin  hervor:  Atuagagdliutit  (Unter- 
haltungslektürej ,  worin  auch  Beiträge  von  Eingeborenen  und  viele 
Abbildungen  enthalten  sind ;  das  andere  enthält  die  Jahresberichte 
der  Ortsvorsteher  mit  lithographierten  Tafeln.    In  der  Kolonie 

1  Dd  isUuuiske  Literairt  SAikabt  Lcvt.  Kopenhagen  185 1.  —  Nyerop,  Lasm.ia 
Aar  bog  for  /SOI. 


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XVI.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


449 


Godthaab  (Gute  Hoffnung}  befindet  sich  eine  zweite  Herrnhutische 
Missionspresse,  aus  der  eine  Anzahl  von  Erbauungs-  und  Unter- 
richtsbüchern hervorgingen.  Das  erste  dort  gedruckte  Buch  war  eine 
Legendensammlung  Kalladtit  Okalluktua  allia'it  mit  zwölf  von 
Eingeborenen  gezeichneten  und  geschnittenen  Holzstöcken  und  acht 
Liedern  mit  Musiknoten. 

In  NORWEGEN*  kann  man,  sieht  man  von  der  altehrwürdigen 
Litteratur  der  Eddas  und  des  reichen  Sagenschatzes  in  der  Norröna-  Norwegen. 
Zunge  ab  (I,  s.  1 56) ,  eigentlich  erst  seit  etwa  70  Jahren  von  einer 
Nationallitteratur  reden. 

In  Christiania  wurde  die  zweite  Druckerei  erst  im  Jahre  1807 
angelegt.  Nachdem  die  politische  und  die  damit  verbundene  Press-  Christum*, 
freiheit  im  Jahre  1814  urplötzlich  und  in  einem  Maasse,  wie  es  in  der 
Geschichte  nicht  oft  vorkommt,  errungen  war,  begann  auch  eine 
grosse  Regsamkeit  in  der  Litteratur.  Man  machte  bedeutende, 
mitunter  etwas  krampfhafte  Anstrengungen,  um  eine  nationale 
norwegische  Litteratur  zu  schaffen,  und  damit  fing  auch  die  Buch- 
druckerkunst an,  einen  bedeutenderen  Platz  einzunehmen. 

In  einem  Lande,  wo  die  grosse  räumliche  Ausdehnung,  die 
kleine,  weit  zerstreute  Bevölkerung  und  die  Naturschwierigkeiten  Zeiiungiwe*«o. 
einen  schnellen  Paketverkehr  notwendig  machten ,  war  die  Journal- 
presse von  grosser  Wichtigkeit  und  oft  die  einzige  Quelle  der 
Belehrung  und  Unterhaltung.  Die  Spuren  derselben  reichen  bis  auf 
das  Jahr  1760  zurück.  Die  erste  eigentliche  Zeitung  waren  die  1763 
begonnenen  Norske  Intelligenz/edler.  Die  Zeitungen  unterlagen, 
wie  in  Dänemark,  der  Zensur  und  zwar  einer  sehr  strengen.  Zur 
Empfangnahme  von  Zeitungen  durch  die  Post  gehörte  eine 
besondere  Erlaubnis.  Im  Jahre  18 14  war  die  Zahl  der  periodischen 
Schriften  nur  fünf.  18 15  wurde  das  erste  täglich  erscheinende 
Morgenbladct  gegründet.  Die  wissenschaftliche  Journalistik  ist  nicht 
ohne  Wichtigkeit.  Unter  den  85  Journalen  Norwegens  befinden  sich 
auch  mehrere  illustrierte. 

Auch  die  Bücherproduktion  wurde  eine  regere.  Im  Jahre  1868 
konnten  bereits  650  Autoren  bezeichnet  werden.  Zum  Betrieb  des 

»  Paui.  Botten-Hanskn,  La  iVoivtge  littirairt.  Christiania  18OS.  —  Berrtnmg 
om  Säcularfatm  i  Christiania  1840. 

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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


Bücher-     Buchhandels  nach  deutschem  Zuschnitt  gab  der  Däne  Johann  Dahl 

Produktion. 

den  Anstoss  und  Norwegen  hat  seitdem  eine  Reihe  von  tüchtigen 
statiiiische».  Buchhändlern  und  Buchdruckern  aufzuweisen.  1840  zählte  man 
dort  schon  33  Buchdruckereien,  von  welchen  Christiania  15  mit 
35  Pressen  und  95  Arbeitern  aufwies.  1879  war  die  Zahl  der 
Buchdruckereien  auf  126  gestiegen,  davon  29  in  Christiania  mit 
72  Schnellpressen  und  483  Personen.  Die  GröndahlscIic  Buch- 
druckerei dort  hat  das  Verdienst,  1830  die  erste  eiserne  Presse, 
1840  die  erste  Schnellpresse,  1854  den  Dampfbetrieb  eingeführt 
zu  haben.  Von  ihr  stammt  auch  die  Annahme  des  Didotschen 
Kegelsystems.  Bis  vor  kurzem  hatte  die  Fraktur  entschieden  das 
Übergewicht,  sie  weicht  aber  Schritt  für  Schritt  der  Antiqua.  BERGEN 
hatte  8  Offizinen  und  9  Schnellpressen. 

Zur  Papierfabrikation  trägt  Norwegen  indirekt  durch  eine  starke 
Ausfuhr  von  Holzstoff  bei ,  deren  Wert  1879  nahe  an  Millionen 
Mark  betrug. 

SCHWEDEN  UND  FINNLAND. 

In  SCHWEDEN,  dessen  Einwohner  so  oft  die  Franzosen  des 
Schweden.  Nordens  genannt  werden,  zeigte  sich  eine  besondere  Vorliebe  für 
französische  Litteratur  und  französisches  Wesen.  Vielleicht  hat  dies 
mit  dazu  beigetragen,  dass  die  Schweden  rascher  und  allgemeiner 
als  die  Dänen  und  Norweger  die  Antiquaschrift  als  übliche  Buch- 
und  Zeitungsschrift  annahmen ,  so  dass  thatsächlich  die  Fraktur  nur 
für  kirchliche  oder  wirklich  nur  für  das  Volk  bestimmte  Litteratur 
beibehalten  wurde.  Es  dürften  überhaupt  in  den  drei  skandi- 
navischen Ländern  die  Tage  der  Fraktur  gezählt  sein. 

In  betreff  des  Bezuges  von  Schriften,  Druckmaterial  und 
Utensilien  ist  Schweden  noch  mehr  als  Dänemark  auf  das  Ausland, 
namentlich  Deutschland,  angewiesen,  und  stand  auch  im  allgemeinen 
etwas  hinter  Dänemark  in  der  Typographie  zurück. 

Einer  der  bedeutendsten  Buchdrucker  war  Peter  Momma 
Typographe«.  l772  ■  >  ein  Rechtsgelehrter ,  der  auf  seinen  Reisen  die  Buch- 
druckerei in  Holland  lernte.  Er  war  auch  der  erste,  der  eine 
Schriftgicsserei  in  Schweden  errichtete.  J.  S.  Ekmansson  führte 
1796  die  Didotschen  Schriften  ein.  In  Lu.ND  erwarb  der  Däne 
G  Gustav  Behling  1745  eine  Offizin,  welche  Bedeutung  erlangte 


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XVI.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


451 


und  mit  der  eine,  hauptsächlich  den  akademischen  Bedürfnissen 
gewidmete  Schriftgiesserei  verbunden  wurde.  Sie  blüht  noch  in  den 
Händen  der  Familie  Beding. 

Den  bedeutendsten  Platz  unter  den  typographischen  Anstalten 
Schwedens  nimmt  die  von  P.  A.  Norstedt  in  Stockholm  gegründete  p.  a.  Nor«edt. 
ein.  Er  kaufte  182 1  die  Offizin  von  J.  P.  Lindh,  nahm  seine  beiden 
Söhne  Adolf  und  Carl  zu  Teilnehmern  und  firmierte  seit  1823 
P.  A.  Norstedt  &  Söner.  Im  Jahre  1862  ging  das  Geschäft  auf  die 
Verwandten  Norstedts  Gustav  Laurin  und  Albert  Laurin  über, 
beide  starben  jedoch  zum  allgemeinen  Bedauern  zeitig.  Das  jetzt 
noch  blühende  Geschäft  hat  Werke  geliefert,  welche  mit  den  besten 
des  Auslandes  konkurrieren  können.  1869  begannen  Norstedts  die 
Nordisk  Bogtryckcrtidcnde,  welche  leider  1875  wieder  zu  erscheinen 
aufhörte  x. 

Im  Jahre  1874  gründete  eine  Aktiengesellschaft  ein  grosses 
graphisches  Institut,  Central -Tryckeriet y  unter  der  Direktion  von 
Hans  Forsell,  welches  im  Jahre  1875  lS  periodische  Schriften, 
darunter  1 1  illustrierte  Blätter,  druckte.  In  der  Nacht  vom  20.  zum 
21.  Dezember  desselben  Jahres  brannte  die  Anstalt  teilweise  ab, 
bei  welcher  Gelegenheit  der  verdiente  Dirigent  der  lithographischen 
Abteilung,  der  Deutsche  A.  Seedorf,  einen  jämmerlichen  Tod  in 
den  Flammen  fand. 

Selbst  die  Hauptstadt  des  schwedischen  Lapplands,  Hapa- 
RANDA,  dicht  an  der  Grenze  des  russischen  Finnlands,  hat  eine 
Druckerei  und  zwar  mit  einem  adeligen  Besitzer,  G.  C.  von  Klkrcker, 
und  ein  Wochenblatt  Nyastc  Riksgränsat. 

»  Einer  der  neuesten  Verlagsartikel  der  Firma  ist  J.  G.  Nordins  Ifandbok 
i  Boktryekare  kernten ,  ein  so  vorzügliches,  nebenbei  gesagt  typographisch  so 
vortrefflich  ausgestattetes  Lehrbuch  der  Kunst,  wie  es  Deutschland  nicht 
besitzt.  Am  l.  April  1883  begann  ein  neues  Fachjourn.il :  Nordisk  Tyfojraf- 
Ttditinz.  Am  I.  Juli  1883  und  den  folgenden  Tagen  feierte  Schweden  die 
400jährige  Einführung  der  Kunst,  bei  welcher  Gelegenheit  eine  Festschrift 
des  erwähnten  J.  G.  Nordin  im  Verein  mit  dem  um  die  Bibliographie  Schwedens 
verdienten  Bibliothekar  G.  E.  Klemming:  Svensk  Bogtryckeri-lhstoria  1483 — iSSj, 
I.  Teil ,  erschien.  Der  Teil  reicht  leider  nur  bis  zu  dem  erwähnten  Momma 
(etwa  bis  1770).  Aus  demselben  geht  jedoch  hervor,  dass  nunmehr  die  That- 
sache  feststeht,  dass  gleichzeitig  mit  Joh.  Snell  (I,  s.  75)  ein  zweiter  deutscher 
Buchdrucker,  Nie.  Gothan,  der  früher  schon  in  Magdeburg  eine  Offizin  hatte, 
1483  in  Stockholm  ein  Buch,  Vita  St.  Kathenne,  druckte. 

29* 


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452  DIE  GERMANISCHE  GRUPPE.  XVI.  KAP. 

Die  periodische  Litteratur  weist  321  Nummern  auf.  91  Journale 
Zeitungen,    erscheinen  in  Stockholm,  18  in  Gothenburg,  10  in  Malmö,  7  in 
Lund.   14  Blätter  erscheinen  täglich,  davon  4  in  doppelten  Aus- 
gaben ;  Stockholm  hat  deren  6,  Gothenburg,  Heisingborg,  MalmÖ 
je  zwei. 

Durch  die  Bestrebungen  der  eingewanderten  Dänen  C.  \V. 
Gleerup  in  Lund  und  Ad.  Bonnier  in  Stockholm  ist  der  schwedische 
Buchhandel  ganz  in  der  Art  des  deutschen  organisiert.  Die  Zahl 
der  Buchhandlungen  beträgt  26 1 . 

Der  Schwede  liebt  das  Bunte  und  neben  einer  grossen  Anzahl 
von  geschichtlichen  Werken  und  Romanen  werden  auch  viele 
illustrierte,  namentlich  ethnographische  Prachtwerke  mit  Chromo- 
lithographien gedruckt,  doch  werden  sie  auch  zumteil  in  Deutsch- 
land ausgeführt.  Die  Lithographie  kam  18 18  nach  Schweden.  Eine 
Anstalt  vonBedeutung  ist  Lithographiska  Aktie  Bolagct  iNorrköping, 
welche  namentlich  vortreffliche  Landkarten  geliefert  hat. 

Die  Papierfabrikation  Schwedens  hat  eine  grosse  Bedeutung 
Die  Papierfabri-  und  die  Zahl  der  Fabriken  beträgt  etwa  60.  Es  wird  sehr  gutes 
Papier  fabriziert,  wennauch  für  gewöhnlich  ein  recht  mittelmässigcs 
Fabrikat  zur  Verwendung  kommt.  Schweden  mit  seinem  grossen 
Reichtum  an  Holz  und  Wasserkraft  liat  die  Fabrikation  des  Holz- 
stoffes mit  Eifer  ergriffen  und  führt  bedeutende  Quantitäten  aus. 
Seine  erste  Farbenfabrik  erhielt  es  erst  vor  wenigen  Jahren  durch 
O.  Marin  in  Söderköping. 

FINNLAND,  politisch  mit  Russland  vereinigt,  im  Besitz  seiner 
ttnnbnd.  nationalen  Sprache  und  einer,  wennauch  nicht  bedeutenden,  natio- 
nalen Litteratur,  in  dem  höheren  litterarischen  Verkehr  sich  der 
schwedischen  Sprache  bedienend,  ist  in  betreff  des  Buchgewerbes 
mehr  zu  Schweden  als  zu  Russland  gehörend  zu  betrachten. 

Die  bedeutendste  typographische  Familie  ist  die  Frcnckellsche. 

Typographen.  Statt  der  nach  Stockholm  verlegten  Druckerei  (I,  S.  158)  erhielt 

■1 

Abo  1772  eine  neue  Offizin,  die  im  Jahre  1750  in  die  Hände  von 
J.  C.  Frenckell  kam,  welcher  1755  zum  akademischen  Buchdrucker 
ernannt  wurde,  und  1802  noch  eine  Druckerei  in  HelsinüForS, 

o 

wohin  1829  die  Universität  von  Abo  verlegt  wurde,  gründete,  die 
noch  kräftig  blüht. 


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XVI.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  453 

Im  Jahre  177 1  erschien  die  erste  schwedische  Zeitung  in  Äbo; 
1776  die  erste  in  finnischer  Sprache.  Unter  der  strengen  Zensur  zehungen. 
konnte  die  Zeitungslitteratur  nur  einen  sehr  langsamen  Fortgang 
nehmen ,  erst  in  den  sechziger  Jahren  unseres  Jahrhunderts  trat  ein 
erheblicher  Umschwung  ein,  so  dass  im  Jahre  1878  24  Zeitungen  in 
schwedischer,  30  in  finnischer  Sprache  erschienen.  187 1  hatte 
Finnland  20  Buchdruckereien,  die  sich  auf  12  Städte  verteilten, 
davon  kamen  7  auf  Helsingfors.  Die  Zahl  der  Gehülfen  betrug 
118,  der  Lehrlinge  99.  Schnellpressen  gab  es  12,  Handpressen 
45.  Jetzt  hat  Finnland  40  Buchdruckereien. 

Die  von  Tilgmann  aus  Helsingfors  erfundene  Tiegeldruck- 
•.Endlose"  Mia  hat  wohl  nicht  den  in  Deutschland  gehegten 
Erwartungen  ganz  entsprochen 

RUSSLAND  UND  POLEN. 

Dass  die  Typographie  in  Russland  und  Polen  nicht  in  der  Weise 
blühen  konnte,  wie  in  Ländern,  wo  die  politische  Freiheit  eine  frische  Langsame  em- 
litterarische  Bewegung  und  eine  lebhafte  Wechselwirkung  mit  den  Typographie, 
bedeutendsten  Kulturvölkern  hervorrief,  ist  selbstverständlich. 
Hierzu  kommt  noch  als  erschwerendes  Moment  die  grosse  räum- 
liche Ausdehnung  des  Reiches.  Wie  (s.  257)  bereits  erwähnt 
wurde,  erhielt  Russland  nicht  nur  sein  typographisches  Material 
aus  Deutschland ,  sondern  auch  die  Ausüber  der  Buchdruckerkunst 
sowohl  als  des  Buchhandels  waren  grösstenteils  Deutsche.  Diese 
haben  erst  Ordnung  und  System  in  das  graphische  Geschäft 
gebracht.  Der  national  -  russische  Buchhandel  war  noch  1840  in 
einem  desolaten  Zustande.  Smirdin  in  St.  Petersburg  und  Simin  in 
Moskau  gehörten  zu  den  wenigen,  welche  das  Geschäft  kaufmännisch 
regelrecht  betrieben. 

Die  Buchdruckereien  verbreiteten  sich  langsam;  1874  war  die 
Zahl  derselben  in  St.  Petersburg  107,  die  der  lithographischen 
Anstalten  105,  der  Schriftgiessereien  Ii,  der  Buchhandlungen  mit 
offenem  Laden  77.  Den  Bemühungen  eines  Deutschen,  R.Schneider, 
ist  die  Errichtung  einer  typographischen  Lehrlingsschule  zu  ver- 
danken.   Derselbe  gab  auch  1867 — 1869  ein  typographisches 

t    Journ.  f.  B.  1878,  Nr.  7. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


Journal  in  russischer  und  deutscher,  später  nur  in  russischer  Sprache 
heraus,  das  auf  Ed.  Hoppe  überging.  Schneider  verliess  1882 
Russland  und  ging  nach  der  Schweiz. 

Eine  eben  so  eigentümliche  wie  vortreffliche  Anstalt  ist  die 
Die  suais-   kaiserliche  Staatsdruckerei  oder,  wie  die  offizielle  Bezeichnung 

druckerei.  ° 

lautet:  „die  Kaiserlich  Russische  Expedition  zur  Anfertigung  der 
Staatspapiere",  ein  Institut,  das  jedes,  selbst  das  in  den  graphischen 
Künsten  am  weitesten  fortgeschrittene  Land  mit  Stolz  das  seinige 
nennen  würde.  Durch  ihre  wahrhaft  eminenten  Leistungen  in 
photographischen  Hoch-  und  Tiefdruckplatten,  durch  die  geistreiche 
Kombination  von  Heliographie  und  Galvanoplastik  und  durch  die 
vielfachen  wichtigen  Anwendungen  der  verschiedenen  graphischen 
Künste  zur  Herstellung  von  Staats  -  und  Wertpapieren  hat  sie  tief 
eingreifende  Erfolge  erzielt.  Die  Fabrikation  von  Papier  mit 
Wasserzeichen  in  unvergleichlicher  Klarheit  und  Zartheit,  sowie  von 
geschöpftem  Handpapier  mit  allen  den  Eigenschaften,  die  man  von 
einem  für  Wertzeichen  bestimmten  Papier  verlangt,  wird  in  gross- 
artigem Maassstabe  betrieben.  Die  Festigkeit  ist  namentlich  dem 
vorzüglichen  russischen  Hanf  zuzuschreiben.  Die  Kontrolle  beginnt 
mit  der  Feststellung  des  Gewichts  des  abgelieferten  Papiers  und 
lässt  sich  für  jeden  Bogen  auf  seiner  Wanderung  durch  die  Anstalt 
verfolgen.  Die  Fabrik  arbeitet  mit  sechs  grossen  Maschinen  und 
vierzehn  Bütten  \ 

Stempel  und  Matrizen,  Cliches  in  Kupfer  und  namentlich  in 
Eisen,  eine  Spezialität  der  Anstalt,  die  gerade  für  die  Herstellung 
des  farbigen  Druckes  in  grossen  Auflagen  sowohl  der  Dauerhaftig- 
keit, als  der  Unangreifbarkeit  durch  Farben  wegen  von  wesentlich 
praktischem  Werte  sind,  werden  in  vorzüglichster  Qualität  geliefert. 
Buch-  und  Holzschnittdruck,  Kupferdruck,  Lithographie,  Auto- 
graphie,  Chromographie,  Photogalvanographie ,  Heliographie, 
Elektrotransformatypic ,  ein  Verfahren  zur  Herstellung  einer  Platte 
mit  Bildstellung  beliebig  nach  rechts  und  links,  kurz,  jeder  nennbare 
graphische  Prozess  wird  dort  zur  Vollkommenheit  gebracht.  Eben- 
falls vorzüglich  sind  die  durch  Georg  v.  Scamoni  photographisch 
erzielten  mikroskopischen  Schriften.    Derselbe,   aus  Würzburg 

•  Das  Journ.  f.  K.  1872  bringt  eine  sehr  detaillierte  Beschreibung  de> 
Instituts,  von  Tu.  Oof.bei.. 


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XVI.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN'  GRUPPE.  455 


gebürtig,  hat  einen  grossen  Anteil  an  den  Erfolgen  der  Anstalt  in 
allen  heliographischen  Verfahrungsweisen1. 

Die  Anstalt  wurde  1 8 1 S  unter  Leitung  von  Theod.  Schneider 
aus  Mannheim  gegründet  und  besteht  seit  1866  als  selbständiges 
Geschäft,  das  seine  Überschüsse  an  die  Staatskasse  abliefert.  Der 
Chef  ist  seit  1861  der  Staatsrath  Theod.  von  Wixberg.  Bereits  im 
Jahre  1873  hatte  die  Anstalt  17  Dampfmaschinen  mit  362  Pferde- 
kraft zur  Disposition.  Die  Druckerei  arbeitete  mit  58  Schnell- 
pressen, darunter  35  aus  der  Fabrik  von  König  &  Bauer,  60  Hand- 
pressen, eine  ausserordentliche  Zahl  von  Hülfsmaschincn  und 
beschäftigte  im  Hause  1400 — 1800,  ausser  dem  Hause  300—1200 
Arbeiter. 

Eine  eigentümliche  Einrichtung  ist  die  Beteiligung  des  ganzen 
Personals  bis  zum  jüngsten  Arbeiter  herunter  an  dem  Gewinn  der 
Anstalt,  derein  bedeutender,  zwischen  3 — 400000  Rubel  jährlich, 
sein  soll.  Die  eine  Hälfte  derselben  fliesst  in  die  Staatskasse,  die 
andere  wird  unter  das  Personal  in  der  Weise  verteilt,  dass  jeder 
Arbeiter  mindestens  einen  Monatslohn  als  Anteil  empfängt. 

Die  baulichen  Anlagen  der  Anstalt,  welche  in  dem  südlichen, 
nicht  sehr  bebauten  Stadtteil  sich  befinden,  bedecken  einen  grossen, 
an  drei  Seiten  von  Strassen  begrenzten  Flächenraum,  auf  welchem 
ausser  der  eigentlichen  Druckerei  auch  die  Papierfabrik  und  die 
Wohnungen  der  Beamten  sich  befinden. 

Zum  Schutze  der  Anstalt  hält  eine  Wache  von  36  Mann  die 
verschiedenen  Zugänge  bei  Tag  und  Nacht  besetzt.  Die  Gebäude 
sind  durchweg  massiv  und  feuersicher,  fast  nur  von  Stein  und  Eisen. 
An  der  Spitze  der  Anstalt,  welche  dem  Finanzministerium  unter- 
stellt ist,  steht  ein  technisch  gebildeter  Direktor.  Als  Vorsteher  der 
einzelnen  Abteilungen,  sowie  zur  Wahrnehmung  der  Kassen-  und 
Rechnungsgeschäfte  und  der  Kontrolle  sind  160  Beamte  und 
280  Meister  und  Meistergehülfen  angestellt.  Sehr  zu  loben  ist,  dass 
die  mächtige  Anstalt  nur  auf  die  Bedürfnisse  des  Staats  beschränkt 
bleibt,  obwohl  es  in  Russland  eher  als  in  anderen  Ländern  zu 
entschuldigen  wäre,  wenn  sie  Privaten  Konkurrenz  machte. 


«  Seine  Erfahrungen  hat  er  in  .seinem  „Handbuch  der  Heliographie"  mit 
Atlas,  Berlin  1872,  niedergelegt. 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


Die  Universitätsbuchdruckerei  wurde  1755  gegründet.  187 1 
verschiedene  beschäftigte  sie  16  Schnell-  und  viele  Handpressen  und  ist  reich 
mit  orientalischen  Schriften  versehen;  das  Vaterunser  konnte  in 
325  Sprachen  gesetzt  werden.  Eine  zweite  orientalische  Buch- 
druckerei, namentlich  für  armenischen  Druck  bestimmt,  errichtete 
1836  Joachim  Lazareff.  Unter  den  älteren  Buchdruckereien  nimmt 
die  von  J.  J.  Glasanow  (Oberbürgermeister,  wirklicher  Staatsrat, 
Excellenz),  welche  bereits  ihr  hundertjähriges  Bestehen  feierte, 
einen  bedeutenden  Platz  ein,  während  unter  den  jüngeren  die  von 
B.  M.  Wolff  hervorragend  ist.  Der  kürzlich  verstorbene  Wolff 
verband  Veriagshandel  mit  Buchdruckerei  und  hat  Verdienste  um 
die  Verschönerung  der  russischen  Schrift  und  der  Anpassung  der 
Renaissance-Antiqua  an  diese.  Eine  bedeutende  Accidenzdruckerei 
ist  die  von  Golowin.  Alex.  Bencke  liefert  ebenfalls  viele  Accidenz- 
arbeiten  und  beschäftigt  nur  Nationalrussen.  Hermann  Hoppe  giebt 
das  illustrierte  Journal,  von  Ed.  Hoppe  gedruckt,  heraus.  Die 
Gesellschaft  Allgemeiner  Nutzen  ist  ein  ausgedehntes  Etablisse- 
ment, besonders  für  Herausgabe  illustrierter  Blätter.  Bedeutende 
Schriftgiessereien  sind  die  Filiale  von  Flinsch  in  Frankfurt  a.  M. 
(Franz  Mark),  Revillon  &  Co.  und  O.  J.  Lehmann.  Die  litho- 
graphische Anstalt  von  A.  Iljin  liefert  gute  Landkarten. 

In  MOSKAU  wird  die  graphische  Kunst  in  ziemlich  umfang- 
Dic  Prorimcn.  reicher  Weise  geübt.  Im  Jahre  1881  bestanden  237  Offizinen,  in 
welchen  mit  202  Buchdruck-,  147  Steindruck  -  Schnellpressen  und 
712  Tret-  und  Handpressen  gearbeitet  wurde.  Die  Schrift- 
giessereien, unter  welchen  Seliwanowski  bedeutend  ist,  arbeiteten 
mit  47  Giessmaschinen.  Die  bekannte  Synodalbuchdruckerei 
(I,  S.  279)  erhielt  eine  neue  und  zweckmässige  Einrichtung.  Mor. 
Neubinger  druckt  namentlich  Wertpapiere. 

Dorpat  hatte  schon  1624  eine  Offizin,  Mitau  1774,  ODESSA 
1825.  Charkow  mit  seiner  1 804  gegründeten  Universität  erhielt 
1 820  eine  Druckerei.  In  Warschau  sind  namentlich  H.  &  M.  Orgel- 
brand durch  ihre  hebräischen  Drucke  bekannt. 

In  den  baltischen  Provinzen  erschienen  1871  22  deutsche, 
7  esthnische  und  6  litauische  Zeitungen  und  nur  eine  russische. 

Die  armenische  Typographie  wurde  namentlich  in  dem  berühm- 
ten Kloster  Etzschmiazin  bei  Eriwan,  der  Hauptstadt  Armeniens, 


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XVI.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


457 


gepflegt.  Ein  zweiter  Druckort  ist  Nachitschewan,  wo  1794 
unter  anderem  eine  Übersetzung  von  Fenelons  Telemaque  erschien. 
TiFLis  hat  mehrere  Offizinen.  In  der  Herrnhuter-Kolonie  Sarepta 
befand  sich  seit  dem  Jahre  1763  eine  unbedeutende  Missionsdruckerei. 
Astrachan  erhielt  zu  Anfang  des  Jahrhunderts,  Kasan  18 15 
Offizinen. 

In  den  Gouvernementsstädten  SIBIRIENS  finden  sich  zwar 
Buchdruckereien,  jedoch  primitivster  Einrichtung,  nurjEKATERlNEN- 
BURG  und  IRKUTSK  haben  gut  versehene  Offizinen.  Die  einzige 
offizielle  Zeitung  Sibiriens,  welche  in  Irkutsk  erschien,  wurde  1880 
verboten.  In  Selenginsk  wurde  auf  Veranlassung  der  Londoner 
Missionsgesellschaft  die  ganze  Bibel  1834  in  mongolischer  Sprache 
gedruckt. 

Die  russischen  Papierfabrikanten  beschweren  sich  sehr  über 
Mangel  an  Lumpen,  die  namentlich  nach  England  ausgeführt  werden. 
Die  Kartenfabrikation  ist  ein  Monopol  der  Regierung;  die  einzige 
Fabrik  liefert  jährlich  etwa  sieben  Millionen  Spiele. 

Im  Jahre  1874  hatte  Russland  322  Buchhandlungen  und  die 
Zahl  der  erschienenen  Bücher  betrug  2589.  1870  war  der  Wert  der  statistisches. 
Büchereinfuhr  1  153082  Rubel,  von  welcher  Summe  die  Million 
auf  Deutschland  fiel,  die  Ausfuhr  bezifferte  sich  auf  83  714  Rubel. 

Die  Zahl  der  Zeitschriften  ist  eine  verhältnismässig  sehr  geringe 
und  betrug  188 1  nur  776,  davon  80  in  polnischer,  43  in  finnischer, 
39  in  schwedischer,  36  in  deutscher,  13  in  lettischer,  10  in  esthnischer 
Sprache  und  26  in  verschiedenen  Idiomen.  Es  erscheinen  von  diesen 
Zeitschriften  197  in  St.  Petersburg,  75  in  Moskau,  79  in  Warschau, 
36  in  Helsingfors,  23  in  Riga,  21  in  Tiflis,  20  in  Kiew,  19  in  Odessa. 

Die  verbreitetste  Zeitung  (71  000  Auflage)  war  der  nGolosu  (die 
Stimme)',  sie  hatte  so  wenig  wie  die  Times  eine  bestimmte  Tendenz,  Zeitungswesen. 
aber  ein  ebenso  feines  Gehör  für  das,  was  kommen  würde.  «Die  neue 
Zeit",  ein  chauvinistisches  Slawenblatt  (30000  Auflage)  hatte  etwas 
an  Verbreitung  eingebüsst.  Im  Hetzen  gegen  Deutschland  hatte  es 
fast  den  Sieg  über  die  russische  St  Petersburger  Zeitung  davon- 
getragen, wogegen  die  „Russische  Wahrheit"  einen  gebildeten  Ton 
anschlug.  Auch  das  „  Gerücht"4  hielt  sich  von  Chauvinismus  frei. 

»  Die  folgenden  Angaben  beziehen  sich  auf  das  Jahr  1879.  „dolos" 
ist  seitdem  eingegangen. 


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458 


PfE  GERMANISCHE  GRUrPF. 


xvr.  KAP. 


Die  „Moskauer  Zeitung"  hatte  namentlich  in  Moskau  selbst  und  in 
dem  Lande  südlich  und  östlich  von  Moskau  Geltung. 

Die  Regierung  besass  nur  ein  offizielles  Organ,  „DerRegierungs- 
boteM.  Als  offiziös  konnten  das  yournal  de  St.  Petersbourg  und  die 
Agence  generale  russe  und  im  Auslande  der  Brüsseler  Le  Nord, 
allenfalls  auch  der  „Russische  Invalide"  gerechnet  werden.  Neben 
der  russischen  St.  Petersburger  Zeitung  existiert  auch  eine  deutsche; 
beide  gehören  der  Akademie  der  Wissenschaften,  welche  sie  ver- 
pachtet, und  haben  bereits  1877  ihr  1 5ojähriges  Jubiläum  gefeiert. 

Die  grossen  Petersburger  Zeitungen  stehen  zwar  nicht  unter 
Präventiv-Zensur,  müssen  aber  5000  Rubel  Kaution  stellen.  Sobald 
sie  ausschreiten ,  werden  sie  verwarnt  und  nochmaliges  Verwarnen 
zieht  zeitweiliges  oder  auch  vollständiges  Verbot  nach  sich.  In 
ausländischen  Angelegenheiten  haben  die  grossen  Blätter  ziemlich 
freien  Spielraum,  und  sind  selbst  hinsichtlich  der  inneren  bei  weitem 
nicht  so  beengt,  wie  man  gewöhnlich  annimmt.  Der  Ton  gegen 
Deutschland  ist  bekanntlich  im  allgemeinen  voller  Hass  und  zur 
Schau  getragener  Verachtung. 

Manche  Städte  von  10000  und  mehr  Einwohnern  haben  keine 
Zeitung,  so  dass  oft  ein  grosser  Kreis  oder  ein  Gouvernement  ohne 
Organ  ist.  Mit  welchen  Schwierigkeiten  ein  Zeitungsherausgeber 
oft  zu  kämpfen  hat,  mag  daraus  erhellen,  dass  z.  B.  aus  Neu- 
Tscherkask  erst  das  Manuskript,  dann  die  Korrektur  eines  Blattes 
nach  Moskau  gesendet  werden  muss,  womit  zehn  Tage  verloren 
gehen ,  dazu  noch  die  Zeit  für  Satz  und  Druck. 

DIE  DONAULÄNDER. 

Wir  wenden  uns  jetzt  den  jüngsten  selbständig  gewordenen 
Di<=  jungten  Mitgliedern  des  europäischen  Staatenbundes  zu,  deren  Bedeutung 
für  die  Presse  erst  der  Zukunft  gehört.  Mit  der  Erlangung  des 
politischen  Selbstbestimmungsrechtes  eines  Volkes  ist  ja  auch  stets 
das  Aufblühen  des  geistigen  Lebens  verbunden  gewesen,  und  ist 
die  erste  Gährung  überstanden,  so  ist  es  bei  der  Bildungsfähigkeit 
der  betreffenden  Völker  auch  zu  erwarten,  dass  sie  eine  angemessene 
Stellung  auf  dem  Gebiete  der  Presse  einnehmen  werden.  Zu  hoffen 
und  zu  wünschen  bleibt,  dass  es  nicht  deutschfeindlichen  Einflüssen 
gelingen  möge,  nationale  und  geistige  Antipathien  gegen  germa- 


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XVI.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


459 


nische  Kultur  zu  erregen,  wodurch  die  Völker  selbst  am  meisten 
gegen  ihre  Unabhängigkeit  und  ihr  geistiges  Interesse  handeln 
würden. 

SERBIEN  *.    Als  die  neue  Ära  in  unserem  Jahrhundert  für 
Serbien  begann,  standen  das  Volk,  welches  belehrt  werden  musste,  Serbien, 
und  die  Geistlichkeit,  welche  belehren  sollte,  ziemlich  auf  derselben 
Stufe  des  Wissens  oder  vielmehr  der  Unwissenheit. 

Das  erste  Buch,  welches  in  Serbien  erschien,  ist  eine  von  dem 
Woiwoden  von  Celat,  Georg  Cernojevic,  1493— 1495  veranstaltete, 
mit  cyrillischen  Lettern  gedruckte  Ausgabe  des  Psalters,  welche 
Schafarik  den  schönsten  slawischen  Druck  nennt,  wie  überhaupt 
die  Erzeugnisse  der  südslawischen  Pressen  an  innerem  und  äusserem 
Wert  die  ihnen  um  einige  Jahre  vorausgegangenen  Krakauer  cyrilli- 
schen Drucke  übertrafen. 

Doch  dauerte  dieser  Glanz  nicht  lange  und  erlosch  bereits  im 
XVI.  Jahrhundert  in  den  Kämpfen  mit  dem  Halbmond.  Von  da  ab 
versorgte  Russland  die  südslawischen  Länder  mit  Kirchenbüchern, 
bis  die  eigene  Staatsdruckerei  die  Lieferung  derselben  übernehmen 
konnte.  Ferner  that  die  englische  Bibelgesellschaft  manches  für 
die  Verbreitung  des  Neuen  Testaments,  welches  sie  von  dem 
bekannten  Gelehrten  Vuk  übersetzen  und  mit  cyrillischen  Lettern 
drucken  liess.  Auch  andere  Werke,  namentlich  Übersetzungen, 
wurden  in  Österreich  und  Deutschland  gedruckt. 

Die  Grundlage  zu  der  Staatsdruckerei  war  durch  ein  Geschenk 
des  Kaisers  Nikolaus,  bestehend  in  zwei  Druckerpressen,  1830  nie  staat*. 
gelegt.  Dieselben  wurden  zuerst  in  Kracujevac  aufgestellt,  um  ru° 
unter  der  Leitung  Berrmanns  aus  Wien  erst  nur  liturgische  Bücher 
mit  russischen  Lettern  zu  drucken.  Im  Jahre  1831  wurde  die 
Druckerei  vom  Fürsten  Milosch  nach  Belgrad  verlegt  und  mit 
noch  drei  Handpressen,  später  mit  zwei  König  &  Bauerschen 
Schnellpressen  ausgestattet.  Die  Schriftgiesserei  wurde  von  dem 
Stuttgarter  Ockenfuss  eingerichtet.  Um  den  Typenschnitt  machten 
sich  zwei  andere  Deutsche,  Schröpel  (7  1864)  und  dessen  Faktor 
Walter  aus  Frankfurt,  verdient.  Nach  1864  traten  zwei  junge  in 
Deutschland  ausgebildete  Serben  an  die  Spitze  der  Anstalt.  Die 
alt-  und  neuslawischen  Typengattungen  sind  gut  vertreten,  auch 

«  F.  K,\MTZ,  Serbien.   Leipzig  186S. 


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46o 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


Musiknoten  sind  vorhanden  und  xylographische,  galvanoplastische 
und  Stereotypie  -  Anstalten  wurden  eingerichtet.  Im  Jahre  1870 
waren  mehr  als  50  Setzer  und  Lehrlinge  beschäftigt  und  zahlreiche 
Arbeiten  wurden  sowohl  für  den  Staat  wie  für  Private  ausgeführt, 
ausserdem  die  Landeszeitung  und  mehrere  andere  Journale  dort 
gedruckt. 

Um  1850  wurde  auch  die  LITHOGRAPHIE  durch  einen 
Deutschen,  Braumann,  eingeführt.  Karten,  Pläne  und  andere 
chromographische  Arbeiten  wurden  in  guter  Ausstattung  geliefert, 
auch  die  serbischen  Postmarken  sind  sehr  gut  gedruckt. 

Die  serbische  Sprache,  die  auch  seit  1830  von  den  Kroaten  als 
uicerbischc  Schriftsprache  adoptiert  wurde,  wird  von  Kennern  als  reich,  kurz, 

Sprache. 

energisch  und  melodiös  geschildert.  Der  Linguist  Vuk  fuhrt  in  seinem 
Wörterbuch  mehr  als  62  000  Wörter  auf.  Bis  jetzt  beschäftigte 
sich  die  serbische  Presse  meist  mit  dem  Druck  von  Lehrbüchern 
und  mit  Übersetzungen,  doch  hat  die  Originallitteratur  schon 
bedeutende  Anfänge  aufzuweisen.  Das  1838  vom  Fürsten  Mtlosch 
gegründete  Lyceum  wurde  1863  Universität.  1841  gründete  Fürst 
Michael  die  „Gesellschaft  für  serbische  Litteratur",  die  ein  Mittel- 
punkt der  geistigen  Bestrebungen  wurde  und  durch  ihr  Jahrbuch 
(Glasnik)  viel  wirkte. 

Als  Gründer  der  politischen  Presse  im  europäischen  Stil  ist 
z<iiuagcn.  Milos  Popovic  zu  betrachten,  der  von  1841  — 1861  fast  ununter- 
brochen die  offizielle  Zeitung  redigierte  und  dann  im  Verein  mit 
Dr.  Rosen  eine  quasi  offiziöse  Zeitung  gründete.  Da  diese  die 
gelesenste  von  allen  war  und  trotzdem  nur  in  750  Exemplaren 
gedruckt  wurde,  so  lässt  sich  ein  Schluss  auf  die  Grösse  des  Lese- 
publikums der  übrigen  im  Jahre  1866  in  Belgrad  erschienenen 
Blätter  ziehen.  Mit  dem  Buchhandel  ist  es  auch  noch  nicht  sonder- 
lich bestellt. 

Auf  dem  Gebiete  der  vervielfältigenden  Künste  haben  sich 
Graphische  einige  Persönlichkeiten  vorteilhaft  bekannt  gemacht.  Natal,  Boni- 
facij  und  Martin  Rota-Kolunic  wirkten  als  Kupferstecher  bereits 
im  XVI.  Jahrhundert  in  Rom.  Unter  den  zahlreichen  Stichen  des 
letzteren  ist  namentlich  „Das  jüngste  Gericht"  bekannt.  Zu  Anfang 
unseres  Jahrhunderts  gab  Joseph  Milowuk  Bildnisse  berühmter 
Serben  in  Kupferstich  heraus.    Sein  Sohn  machte  einen  Versuch 


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XVI.  KAP.  DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE.  461 

mit  einer  illustrierten  Zeitung  in  Belgrad  und  suchte  somit  für  den 
Holzschnitt  in  Serbien  Bahn  zu  brechen;  doch  war  der  Erfolg  kein 
bedeutender. 

Um  die  Lithographie  und  die  Photographie  in  Serbien  erwarb 
sich  die  meisten  Verdienste  Nastas  Jovanovic.  Vom  Fürsten 
Milosch  nach  Wien  gesandt,  um  dort  die  Kupferstecherkunst  zu 
lernen,  gründete  er  später  einen  nationalen  Kunstverlag,  in  welchem 
sich  zahlreiche  Blätter  mit  historischen  Vorwürfen  befanden.  In 
seinen  Unternehmungen  ward  er  von  Wiener  Künstlern,  namentlich 
von  Vincenz  Katzler,  unterstützt. 

RUMÄNIEN.  Das  Rumänische  ist  die  Muttersprache  von  über 
zehn  Millionen  Menschen,  hat  also  für  die  Typographie  der  Zukunft  Rumänien, 
eine  nicht  geringe  Bedeutung.  Es  wird  nicht  allein  in  Rumänien 
gesprochen,  sondern  ist  auch  in  den  östlichen  Teilen  Ungarns,  im 
Banat  und  in  Siebenbürgen,  in  Bessarabien,  Podolien  und  in  der 
Bukowina  verbreitet.  Von  manchem  wird  die  rumänische  Sprache 
irrtümlich  für  eine  slawische  gehalten ;  sie  stammt  jedoch  aus  dem 
Lateinischen  und  schliesst  sich  ziemlich  eng  an  das  Italienische  an, 
erscheint  deshalb  auch  den  Bewohnern  der  eigentlichen  Kultur- 
lander Europas  nicht  so  fremdartig  als  die  slawischen  Idiome. 

Die  dortige  Typographie  befindet  sich  schon  im  raschen  Auf- 
blühen. Bereits  in  der  Mitte  der  siebenziger  Jahre  unseres  Jahr- 
hunderts befanden  sich  in  Rumänien  in  zwölf  Städten  verteilt 
34  Buchdruckereien  mit  217  Gehülfen  und  1 17  Lehrlingen.  Von 
diesen  kamen  auf  Bukarest  zwölf  Druckereien  mit  138  Gehülfen, 
108  Lehrlingen,  27  Maschinen  und  1 1  Handpressen.  Die  Regierung 
ist  sehr  um  die  Einfuhrung  der  Papierfabrikation  bemüht.  Für  das 
Interesse,  welches  in  diesem  jungen,  der  Kultur  zugeführten  Staat 
für  die  Typographie  herrscht,  spricht  das  Erscheinen  zweier  Fach- 
zeitschriften. 

BULGARIEN.  Diese  jüngste  Staatenschöpfung  in  Europa  hat 
begreiflicherweise  noch  zu  sehr  mit  den  notwendigen  Existenzfragen  Bulgarien, 
zu  kämpfen,  um  auf  dem  Gebiete  der  Presse  schon  wesentliches 
leisten  zu  können.  Erst  kommen,  wie  überall,  die  Zeitschriften  und 
die  Unterrichtsbücher.    Seit  1824  Hessen  bulgarische  Emigranten 


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DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


zahlreiche  Schul-  und  kirchliche  Bücher  im  Auslande  drucken  und 
Druckereien  wurden  1 870  in  Salonik  und  Smyrna  zu  diesem  Zwecke 
begründet.  Ein  Journal  Ljuboslovic  erschien  bereits  in  den  Jahren 
1844 — 1846  in  Smyrna.  Die  erste  in  Bulgarien  in  der  Landes- 
sprache erschienene  Zeitung  war  1849  Czarigradskij  Vcstnik,  sie 
fand  jedoch  keine  grosse  Verbreitung  und  ging  1861  ein.  Ein  in 
Odessa  herausgegebenes  Blatt  Mirozretiie  wurde,  obwohl  politisch 
ganz  harmlos,  verboten.  1879  erschienen  in  Konstantinopel  und 
Rumänien  14  bulgarische  Zeitschriften. 

Sofia  hat  jetzt  sechs  Zeitungen  aufzuweisen,  unter  welchen 
das  wöchentlich  erscheinende  Regierungsblatt.  Die  in  deutscher 
Sprache  erscheinende  „Bulgarische  Korrespondenz"  ist  zur  Auf- 
klärung des  Auslandes  bestimmt.  Unter  den  Zeitungen  befindet  sich 
auch  eine  illustrierte,  Bolgarskaya  Illyicstratsiya.  RüSTSCHUCK 
hat  zwei  Journale,  unter  welchen  das  oppositionelle  Bolgarin  die 
stärkste  Verbreitung  hat.  In  SlSTOWA,  TlRNOWA,  PHILIPPOPEL 
und  Sliwnia  giebt  es  je  eine  Zeitung. 

GRIECHENLAND. 

Griechenland  war  eines  der  letzten  Länder,  nicht  nur  in  Europa, 
Griechenland,  in  welchem  die  Buchdruckerkunst  ein  festes  Heim  fand. 

Unter  der  Herrschaft  der  Türken  hatte  sich  nur  ab  und  zu  eine 
wandernde  Druckerei  eingefunden,  um  rasch  wieder  zu  verschwinden, 
eine  bleibende  Stätte  für  die  Typographie  gab  es  nicht.  Die  not- 
wendigsten liturgischen,  daneben  einige  wenige  Unterrichtsbücher 
wurden  bei  Nikolas  Glyky  in  Venedig,  einige  auch  in  Wien  und 
Paris  gedruckt. 

Der  Errichtung  zweier  Offizinen  auf  den  jonischen  Inseln  durch 
General  Bonaparte  wurde  bereits  (S.  172)  gedacht.  Zu  Anfang  des 
Jahrhunderts  fanden  schwache  Versuche  zur  Gründung  griechischer 
Zeitungen  in  Konstantinopcl,  Smyrna  und  Bukarest  statt.  Auszüge 
aus  der  heiligen  Schrift  in  neugriechischer  Sprache  Hess  18 17  der 
Missionär  Wilson  auf  Corfu  drucken.  1818  folgte  dort  eine  politische 
Zeitschrift  in  italienischer  und  neugriechischer  Sprache.  Bereits 
früher  hatte  der  Missionär  Lowndes  eine  albanesische  Bibel,  wahr- 
scheinlich das  erste  gedruckte  Buch  in  albanesischer  Sprache,  dort 
ausfuhren  lassen. 


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XVI.  KAP. 


DIE  ZWEIGE  DER  GERMANISCHEN  GRUPPE. 


463 


Als  182 1  der  Freiheitskampf  der  Griechen  überall  in  Europa 
die  grösste  Teilnahme  erweckte,  und  die  Bildung  der  philhellenischen  Der  Freiheit»-' 

kampf. 

Vereine  veranlasste,  fassten  letztere  auch  die  Beschaffung  einer 
griechischen  Druckoffizin  ins  Auge.  Firmin  Ambroise  Didot,  ein 
eifriger  Griechenfreund,  schenkte  Griechenland  eine  vollständige 
Druckerei-Einrichtung  (s.  180;,  die  in  Nauplia  ihre  Stätte  fand. 
MisSOLUNGHl  erhielt  eine  Offizin  durch  Lord  Byron,  und  Lord 
Stanhope  brachte  eine  solche  nach  ATHEN;  ausserdem  erhielten 
Korinth,  Patras,  Hydra,  Chios  und  Aegina  Pressen.  Auf 
Aegina  erschien  während  der  Präsidentschaft  des  Grafen  Capo  d'Istria 
das  Regierungsblatt  „Ephemeriden" ;  auf  Hydra  „Der  Freund  des 
Gesetzes",  in  Missolunghi  die  „Hellenische  Chronik",  in  Korinth  die 
„Trompete  von  Hellas". 

Als  König  Otto  1833  nach  Griechenland  kam,  war  der  Zustand 
der  Druckereien,  zu  denen  inzwischen  noch  einige  lithographische  Regierung 
Anstalten  gekommen  waren,  ein  so  kläglicher,  dass  es  nicht  einmal  K°ms  °"°s 
möglich  war,  die  notwendigsten  Regierungsarbeiten  alle  im  Lande 
auszuführen.  Unter  den  mit  dem  Könige  angekommenen  bayrischen 
Soldaten  befanden  sich  11  Buchdrucker,  7  Lithographen  und 
13  Papiermacher,  die  nun  bessere  Dienste  leisten  konnten,  als  die 
Muskete  tragen;  von  G.  Jacquet  in  München  war  auch  noch  eine 
Druckerei-Einrichtung  gesandt  worden.  In  Athen  wurde  das,  noch 
1870  dreimal  wöchentlich  erscheinende  Jahrhundert"  gegründet. 
„Der  Erlöser-  erschien  zweimal  wöchentlich  in  italienischer  und  neu- 
griechischer Sprache.  1834  gründete  die  Amerikanisch-Englische 
Gesellschaft  zur  Verbreitung  religiöser  Ansichten  eine  gut  ein- 
gerichtete Buchdruckerei,  die  viele  Schulbücher,  an  welchen  Griechen- 
land noch  sehr  arm  war,  lieferte 

Ein  organisierter  Buchhandel 1  existierte  natürlich  noch  nicht. 
Auch  hier  waren  es,  wie  an  so  manchen  Orten,  Deutsche,  denen  die 
Aufgabe  zufiel,  in  diesen  Ordnung  zu  bringen,  in  welcher  Hinsicht 
der  am  27.  Juli  1882  verstorbene  Buchhändler  und  deutsche  Konsul 
Karl  Wilberg  durch  seine  seit  1827  bestehende,  vortrefflich  organi- 
sierte Buchhandlung  sich  besondere  Verdienste  erwarb.  Die  deutsche 
wissenschaftliche  Litteratur  hat  Wilberg  viel  zu  verdanken,  denn  er 

1  Cokomilas,  Dr.M.,  Catalogue  tlts  Ihres  publtis  en  Grcce.  U  Exposition  Vtenne 


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464 


DIE  GERMANISCHE  GRUPPE. 


XVI.  KAP. 


trug  nicht  allein  zur  Verbreitung  ihrer  Erzeugnisse  ausserordentlich 
bei,  sondern  stand  auch  den  in  Griechenland  reisenden  Forschern 
mit  Rat  und  That  zur  Seite. 

Bis  1837  &aD  es  kein  Pressgesetz.  1843  wurde  durch  die  Ver- 


1850  sehr  beschränkt,  bis  die  Presse  nach  der  Thronbesteigung 
König  Georgs  1863  wieder  ganz  frei  wurde.  1873  erschienen 
1 52  Journale,  davon  74  in  Athen,  und  das  litterarische  Leben  ist  in 
raschem  Aufblühen  begriffen.  Eine  illustrierte  griechische  Zeitung 
Hcsperos,  herausgegeben  von  Dr.  J.  Pervanoglou ,  wird  in  Leipzig 
(bei  VV.  Drugulin)  gedruckt. 

Bevor  in  Griechenland  das  Licht  der  Kultur,  welches  einst  über 
dessen  glückliche  Gefilde  so  herrlich  leuchtete,  vollständig  erlosch, 
um  einer  tiefen,  wie  es  schien  ewigen,  Finsternis  Platz  zu  machen, 
hatte  es  jedoch  den  „Barbaren"  seine  unvergleichlichen  Geistes- 
werke hinterlassen,  die  so  vieles  dazu  beitrugen,  bei  letzteren  die  Auf- 
klärung zu  verbreiten  und  der  Buchdruckerkunst  den  Weg  zu  ebnen. 

Der  „Barbar"  Gutenberg  glich  die  Rechnung  mit  Griechenland 
aus,  indem  er  ihm  seine  äusserlich  unscheinbare,  aber  in  ihren 
Wirkungen  unvergängliche  und  unvergleichliche  Erfindung  als 
Entgelt  brachte.  Mit  dieser  erhielt  Griechenland,  wie  jedes  Land 
des  Erdkreises,  für  immer  die  Gewähr,  dass  es  nicht  zum  zweitenmal 
der  geistigen  Verkümmerung  und  Finsternis  anheimfallen  könne. 
Und  so  mögen  die  folgenden,  dem  Denkmal  im  Hofe  „Zum  Guten- 
berg" entlehnten  Zeilen  hier  statt  eines  Kolophons  stehen. 

Was  einst  Pallas  Athene  dem  griechischen  J-orscher  verhüllte, 

Fand  der  denkende  Fleiss  deines  Gehörnen,  o  Maint! 
Völker  sprechen  zu  Völkern ,  sie  tat/sehen  die  Schütte  des  II  'tssens; 

Mütterlich  sorgsam  baoahrt,  mehrt  sie  die  göttliche  Kunst; 
Sterblich  war  einst  der  Ruhm;  SIE  gab  ihm  unendliche  Dauer, 

Trägt  ihn  von  Pol  tu  Pole,  lockend  durch  Thaten  sur  That; 
Nimmer  verdunkelt  der  Trug  die  neige  Sonne  der  Wahrheit, 

Schirmend  scfnvd>t  ihr  die  Kunst,  Wolken  verscheuchend,  voran. 
I  Vandrer,  hier  segne  den  Edlen,  dem  so  viel  Grosses  gelungen, 

Jedes  nüttliehe  Werk  ist  ihm  ein  Denkmal  des  Ruhms. 


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A.  NAMEN-  UND  SACHREGISTER. 


Abo  S.  452. 

Accidenzdruck  in  Amerika  125. 

—  in  Berlin  368. 

—  in  England  gj_.  105. 
Ackermann,  A.,  337. 
Ackermann,  Rud.,  24. 
Adam,  Isaak,  (lz* 
Adams,  Jos.,  123. 
Adelaide  1 1 
Adler,  C,  32^ 
Adler,  G.,  350. 
Adlers  Erben  375. 
Adrian,  F.  R.,  1  s 7. 
Ägina  463- 

Ägypten,  das  alte,  339. 
„  Ägypten"  von  Ebers  389. 
Ägypten,  Felddruckerei  in,  1 7  2. 
Ägyptologie,  die,  340- 
Afrika  113. 
Age  112. 

Agencc  Havas  1 99. 
d'Agincourt,  Vhist.  de  l'art  186. 
Agram  43  7- 
Aguado,  Juan,  245. 
Aichele  &  Bachmann  314. 
Akademische  Buchdr.,  Berlin  366. 
Akadem.  Buchdr.  in  München  394. 
Alauzet,  R,  1,58. 
Albamra,  G.,  245. 
Albert,  J.,  306. 
Albert  &  Hamm  3  16. 
Albertotypie,  die,  liL  396. 


Albrecht,  C, 
Albrecht  &  Meister  371. 
j  Album  typogr.  de Pimpr.  Royale  1 76. 
Alden,  Thim.,  und  iL  W.,  ±2. 
Algier  248. 
Allen,  Ed.,  35. 
Allendorf  a.  d.  Werra  400. 
..Allgemeiner  Nutzen"  456. 
Allgeyer,  Jul.,  397. 
Allier  Pere  &  fils  zuz^ 
Alphabetkum  Tibetanum  234. 
Altenburg  in  S.-A.  350. 
Amand,  G.  L.  A.,  227. 
Amelang,  C.  F.,  367. 
Amherst,  Lord,  107. 
Amsler  &  Ruthardt  372. 
Amsterdam  227. 
Amyot,  P.  F.,  1 10  • 
Anastatischer  Druck 
Anderson,  Alex.,  123. 
Andres,  J.,  288. 
Andre,  Joh.,  401. 
Andrew  Best  &  Leloir  204. 
Angeli  und  Sohn  243. 
Anger,  J.,  3 16. 
Angerer  &  Güschl  434, 
Anglaise  146. 

Anison-Duperon,  E.  A.  J.,  171-172. 
Anleger,  mechanischer,  £S_. 
Annual  Register  5^ 
Annuaire  Almanach  du  C  omm.  1 8 1 . 
Ansbach  399. 

30 


466 


REGISTER. 


Antananarivo  113. 

Antiqua u.  Fraktur L Deutschi.  255. 

—  in  Skandinavien  450. 
Antiquariatsgeschäft  LLondon  100. 
Antwerpen  232. 

Appel,  F.  A.,  207. 
Appel,  R.,  i_l  1 
Applegath  &  Cowper  üsl 
Appleton,  D.,  &  Co.,  130. 
Aquarelldruck  lq. 
Arbeitsweise,  deutsche,  257. 

—  englische,  rjch 

—  französische,  140. 
Archimowitz,  Th.,  293. 
Archives  des  decouvertes  186. 
Argus  112. 

Arnold,  E.,  350. 
Arnz  &  Co.  379. 
L'art pour  tous  156.  208. 
Arundel,  Lord  Th.         1 03. 
Arundd  Society  371. 
Aschersleben  353. 
Asher  &  Co.  372. 
Ashley,  J.  F.,  6& 
Asnieres  207. 

Aspern  van  der  Velde  227. 
Asser  liL 

Assignatendruck  in  Frankreich  172. 
Astrachan  457. 
Athen  463. 
Athenäuni  436. 
Attaignant,  P.,  324- 
Auer,  Alois,  422. 
Auers  .Endlose14  424. 
Augsburg  398. 

Augsb.  „Allgemeine  Zeitung"  398. 
„  Augsburg '^Maschinenfabrik,  3 13. 
Auroras  Triumphzug  377. 
Ausleger,  mechanischer,  GfL 
Austin,  Stephan,  84. 
Australiern  Register  1 1  2. 
Australien  112. 
Autotypie  397. 
Ava  1QQ. 

Baader  &  Co.  402. 
Bachelin  -  Deflorenne  1 1  f> 
Bachelier,  A.  L.  J.,  2  1  q. 


Bachem,  J.  P.,  380. 
!  Bachmann,  J.  H.  F.,  285. 
!  Badoureau,  B.,  i  g  6. 
j  Bädeker,  Familie,  329.  379. 
!  Baensch  jun.,  E.,  354. 

Bär  &  Hermann  347. 

Bärentzen  &  Co.  448. 

Bagel,  A.,  320- 

Bagelaer,  E.  \V.  J.,  2_2_JL 

Bagster,  Sam,  &  Sons  qji 

Baillere,  J.  B.,  209« 

Bailleul  zaa. 

Baily,  M.,  62. 

Balantyne,  John,  fii. 

Baley,  Benj.,  107. 

Ballard,  Rob.,  325. 

Banknotendruck  in  Amerika  1 25. 

—  Deutschland  370. 

—  England  91. 

—  Russland  454. 
Barba,  G.,  212. 
Barbera,  G.,  242. 
Barbou,  Familie,  186. 
Barcelona  24«;. 
Barth,  J.  Aug.,  372. 
Barth,  Joh.  Ambr.,  348. 
Barth,  W.  A.,  338. 
Bartholomäus,  Fr,  353. 
Basel  406. 

Baskerville,  John,  7^. 
Bastide  249. 
Batavia  109. 
Bäte 

Batenberg  &  Majeur  150. 
Baudoin,  A.,  2 10- 
Baudoin  159. 
Baudry,  ].,  20S. 
Baudry  Collection,  2  1 2. 
Bauer,  A.  F.,  54.  308. 
Bauer,  Bonitas-,  399. 
Bauer,  J.  C,  2S9. 
Baumann,  G.  E.,  3  1 9. 
Baumann,  L.,  379. 
Baumgärtner,  J.,  12.  349. 
Baurkeller  i_t_. 
Bautzen  350. 
Baxter,  George,  8_£, 
Beaumarchais,  P.,  i±  184.  402. 


REGISTER. 


467 


Beck,  Hofrat,  426. 

Behring  Manufacturing  Comp.  ±2^ 

Belgrad  459. 

Belin,  Eug.,  211. 

Belin-Mandar  2x2^ 

Bellmann,  C,  432. 

Bellow,  John,  84. 

Benares  106. 

Bencke,  Alex.,  456. 

Benedict,  J.  C,  ,347. 

Benkulen  109. 

Bensley,  Th.,  54.  7_L 

Bentley,  Richard,  g8. 

ßents  Advertiscr  24. 

Benziger,  Gebr.,  130.  411. 

Bequet  &  fils  207. 

Beranger,  P.  J.,  176. 

Berg,  Adam,  3^5. 

Bergen,  G.,  349- 

Berger- Levrault,  Familie,  L&L403. 

Berlin  357. 

Beding,  C.  G.,  450. 

Berling,  Familie,  443. 

Bern  411- 

Bernhardt,  G.,  316. 

Berrmann  459. 

Berthold,  2M. 

Bertram,  0.,  35  3- 

Besley,  R.,  &  Co.,  32. 

Bestehorn,  iL  B.,  353. 

Bette,  Paul,  372. 

Bewick,  Th.  und  J.,  7_£. 

Beyerhaus  285. 

Bhägavata  Pürana  1  76. 

Bibeldruck  in  Amerika  129. 

—  in  England  29_. 

—  in  Halle  353. 
BibU  Eneyclepcedia  1  2<). 
Bible pictorial  95. 
Bibliographie  de  la  France  194. 
Bibliophilie  jjjl  214. 
Bibliotheca  Japanica  11 1. 
Bibliotheque  Elzevirienne  2_iiL 
Bibliotheque  grecque  181. 
Bibliotheque  latine-francaise  181. 
Bieling,  G.,  398. 

Binger,  Gebr.,  227. 

Binney  &  Rolandson  3^.  38. 


Biographie  generale  1 S  i. 

Biographie  medicale  1 S  5 . 

Bixio,  J.  A.,  21Q- 

Black,  Familie,  8_2_ 

Blackie,  VV,  C,  &  Co.  83^ 

Blackwood,  Familie,  83. 

Blackwood- Magazine  83. 

Blades,  William,  o_7. 

Blades,  East  &  Blades  ijj^ 

Blätter,  Fliegende,  299. 

Blätter, illustrierte, inDeutschl.  267. 

Blake,  Stephenson  &  Co.  30. 

Bleuler,  Hausheer  &  Co.  410. 

Blindendruck  155.  426. 

Blochmann,  E.,  &  Sohn  350. 

Bobard,  C,  353. 

Bode,  J.  J.  C,  3  75- 

Bodenheim  &  Co.  400. 

Bodmer  396. 

Bodoni,  J.  B.,  233. 

Bodoni,  Manuale  tipograßco  236. 

Bodoni,  Schriften  236. 

Böhlau,  FLj  351. 

Böhme  &'  Frankel  371. 

Börsenhalle,  Neue,  376. 

Börsenverein  266. 

Bohemia  290. 

Bohn,  tL  G.,  lq£l 

Bohns  Guinea  Catalogue  lüil 

Bohn,  Fassbender  &  Herber  315. 

Boieldieu  &  Fils  160. 

Bolhövener,  C,  397. 

Bombay  107. 

Bona  242- 

Bona  jide  Dictionary  84. 

Bond  &  Forster 

Bonifacij,  N.,  460. 

Bonn  379. 

Bonnet  &  Co.,  160. 

Bonnier,  Ad.,  452. 

Bonz,  Ad.,  387. 

Booksei ler,  American,  m. 

Book  Trade  Association,  Americ,  127. 

Boomer  &  Borchert  69. 

Border -Press  8_2_, 

Borzino,  Ulysses,  241. 

Bosnien  437. 

Bossange,  Familie,  2 18. 

3°* 


4Ö8 


REGISTER. 


Botta  Nachfolger  243. 
Bourdillat  204. 
Bourdin,  E.,  203. 
Bowyer,  Vater  und  Sohn  74. 
Brackelsberg,  E.  W.,  295. 
Bramahs  Hydr.  Presse  £3_. 
Brandt,  L.,  3^  295. 
Braumüller,  W.  v.,  1 1 1 . 
Braun,  Ad.,  402. 
Braun,  Kaspar,  299.  39g. 
Braunsche  Hofbuchdr.  401. 
Braun  &:  Schneider  395. 
Braunschweig  354. 
Breidt,  J.  E.,  320. 
Breitkopf,  J.  G.  L 
Geburt  321 . 

Breitkopf  und  die  Fraktur  322. 

Der  Musiknotendruck  323. 

Landkartendruck  326. 

Satz  figürl.  Gegenstände  327. 

Chinesische  Schrift  327. 

Schriftgiesserei  328. 

Sittliche  Reformen  328. 

Schriftstellerische  Arbeiten  3  29. 

Tod  329. 
Breitkopf  &  Härtel  330. 
Bremen  378. 
Brend'amour,  R.,  300. 
Brendler  &  Harler  291. 
Breslau  372. 
Breton,  E.,  213. 
Breviere  204. 
Briard,  St.,  324. 
Bridel,  G.}  412. 
Bridgewater,  Lord  F.  E.,  102. 
Brill,  E.  J.,  Leyden  226.  228. 
British  andforeign  Bible Society  99. 
Brockhaus,  Familie. 

Fr.  Arn.  Brockhaus  332. 

Etablissement  in  Holland  332. 

Altenburg  332. 

Konversations- Lexikon  332. 

Druckerei  333. 

Die  Schnellpresse  333. 

Verlag  ^5. 

Tod  3^5. 

Brockhaus,  Fr.,  335. 
—  Heinr.,  335. 


Brockhaus,  Eduard  u.  Rudolf,  336. 
Brockmann,  F.  O.,  350. 
Bronciermaschine  £0. 
Brougham,  Lord  Henry,  10? 
Bruce,  Familie,  34.  3^. 
Bruckmann,  Fr.,  15.  397. 
Brückner,  W.,  &  Co.  350. 
Brügel  &  Sohn  399. 
Brüssel  232. 

Brunei,  Jacq.  Charles,  217. 
Brunn,  E.  C,  314.  379. 
Brünn  432. 
Brunner,  G.,  398. 
1  Bruylant- Christoph  232. 
Buchbinderkunst,  Deutschi.  278. 

—  in  England  103. 

—  in  Frankreich  1 6 1 . 
Buchdruckerei  für  Politik  432. 

I  Buchdrucker-Organei.Dtschl.  274. 

Buchdrucker- Verein, Deutsch., 2  72. 
I  Buchdrucker-Verein  in  Wien  429. 
|  Bücher-Kommission,  Kaiserl.,  26:. 

Bucherproduktion  in  Amerika  izj^ 

—  in  Belgien  230. 

—  in  Deutschland  275. 

—  in  England  qi. 

—  in  Frankreich  2  19. 

—  in  Japan  ill 

—  in  Indien 

1  Bücherverbote  in  Österreich  414. 
;  Buchhandel  in  Amerika 

—  in  Deutschld.  um  1750  265. 

—  in  England  52. 

—  in  Berlin  370. 
Buchheftmaschine  70. 
Buchholz  350. 
Buda-Pest  436. 
Buenos  Aires  248. 
Bureau  0/ etigraving  125. 
Bürckner,  Hugo,  300. 
Bürger,  R.,  350. 
Büxenstein,  W.,  292.  367.  368. 
Bulgarien,  Zeitungswesen  462. 
Bulmer,  William,  76. 
Bullock,  Will.,  6^ 

Bure,  Fr.  de,  1 90. 
Burger,  G.  &  Co.,  437. 
Burkart,  \V.,  432. 


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REGISTER. 


469 


Buir,  iL  A.,  42. 
Buschak  &  Irrgang  432. 
Busse  370. 

Caen  2^2^ 

Caillaud,  Voyage  ä  Thebes,  176. 
Calcutta  106. 
Calverley,  J.,  64^ 
Cambridge  8 1 . 
Camera  obscura  12. 
Camlachie  31. 
Campbell,  Andr.,  dlL 
Canstein,  C.  IL  v.,  353. 
Canton  109. 
Capkolonie  113. 
Capoulaud  freres  202. 
Cardon  150. 
Carey,  Dr.,  lqJL 
Carey,  J.,  ±12. 
Carez,  J.,  152. 
Carlos,  A.  de,  245. 
Carmen  Arabicum  33s. 
Cartlich,  Elisabeth,  2^. 
Caslon,  Familie,  25. 
Cassel  400. 

Cassell,  Petter  &  Co.  yji 
Castaldi,  Pamfilo,  239. 
Castermann,  IL,  &  Co.  23  2. 
Catherwood,  J.  J.,  30. 
Catherwood,  N.,  23. 
Cauderon  &  Co.  160. 
Caxtonfeier  9_i_. 
Cazin,  Martin,  iSS. 
Cellarina  405. 
Celluloid-Chches  154. 
Cettiniana,  Typograßa  242. 
Central-Buchdr.  in  Stockholm  45  l 

Central-Schulb.-Verl.  München,^ 
Cercle  de  la  librairie  141.  194.  2  20. 
Ceylon 

Chaix,  A.  N.,  4_i_.  198. 
Chambers  Brothers  &  Co.  £0. 
Chambers,  W.  und  R.,  83. 
Chambers  Journal  83_. 
Chamerot,  G.,  183.  201. 
Channay,  J.  de,  324. 
Chardon  207. 
Charkow  456. 


Charpentier,  G.,  2_i_i. 
Charton  204. 
Chemitypie  i_8_.  444. 
Chemnitz  350. 
Cherokesen- Schrift  35« 
Chevalier  &  Dreyfus  1 60. 
Chevet,  J.f  207. 
Chicago  Times  120, 
Child,  G.  W., 
China  109. 

Chinesische  Schrift  327. 

Chios  463. 

Chirio  &  Mina  242. 

Chiswick  Press  78. 

Christern,  F.  W.,  134. 

Christiania  449. 

Chodowiecki,  D ,  296. 

Christmann,  J.  R.,  187. 

Chromolithographie  i.  Amerika  132. 

—  in  Berlin  370. 

—  in  Frankreich  2_oiL 

—  in  Hamburg -Wandsb.  376. 

—  in  München  397. 

—  in  Wien  434. 

„Chronik  d.  sächs.  Königsh."  340. 

Church  ^ 

Civelli  241.  243. 

Clarendon- Press  3^.  Si, 

Garkson  Life  0/  IV.  Penn  5^. 

Clay,  C.  J., 

Clay,  John,  41. 

Claye,  Jul.,  1 98. 

Cliches,  segmentförmige,  6^. 

Closs,  Ad.,  300.  390. 

Clowes  25. 

Clowes ,  E.  A. ,  &  John  Baley,  £o. 

Clymer,  John,  51. 

Codex  Bibliorum  Sinaiticus  345. 

Cogger,  J.,  $1. 

Colburn,  Henry,  98. 

Collas,  Achille,  208. 

Collection  d'Artois  178. 

Collection  0/  British  Authors  540. 

Collin,  A.,  &  Co.  211. 

Colmar  358.  402. 

Colombo  109. 

Colportageromane  271. 

Common  Prayer  book  £3_. 


470 


REGISTER. 


Compound  Priitling  .So. 
Concordanz  v.  Fürst  338. 
Congreve,  Will.,  8jl 
Congrevedruck  Sn, 
Conner,  J.  3^ 
Cook  &  Ingram  oj^ 
Conisbee  &  Son  6t_. 
Constable,  Arch.  8^ 
Constanlinopel  250. 
Cope,  J.  52. 
Copier- Farbe  320. 
Correard  jeune  2_i_sl 
McCorquodale  &  Co.  o_i_. 
Costa,  da,  Familie  246. 
Cotta,  Familie. 

Jon.  Fr.  Cotta  384. 

Übersiedlung  ru  Stuttgart  3S5. 

Cottas  Thätigkeit  385. 

Lit.  Art.  Anst.  in  München  386. 

Georg  von  Cotta  386. 

Änderungen  im  Geschäft  386. 

Prachtausgaben  387. 

Cotta-Kröner-Druckerei  388. 

Cotta-Druckerei i. München  391. 
Cotterell,  T.,  3_o. 
Cotym  107. 

Courricr  de  F  Egypte  173. 
Couvertmaschine  71. 
Cowper,  E.,  §ji 
Crapelet,  Charles  188. 
Crapelet,  G.  A.,  189. 
Cremnitz,  M.  207. 
Crete  fils  200. 
Creuzbauer,  W.,  401. 
Crewe  42. 
Crosmer  1 50. 
Cruikshank,  George,  9_6. 
Cuba  248. 
Curmer,  Leon,  204. 
Cyclopiedia,  t/ie  Penny  9^. 

—  of  Englis/i  litterature  8^. 
Cypern  25  1. 
Czas- Offizin  432. 
Czeh,  S.,  437. 

Uaguerre,  Louis. 
Daguerreot)  pie  i_2- 
Dahl,  Johann,  449. 


Daily  Graphic  123. 
1  Daily- News-Otf\7xci  61. 
Daily  Universal  Register  85. 
Dalloz,  Pv  zsLLt 
Danel,  L.,  2üi. 
Dannheimer,  Tob.,  398. 
Dantino  240. 
Danzig  374. 
Darmstadt  400. 
Daule  1 53. 
David,  C,  366. 
Davy  12* 
Dechamps  150. 
Decker,  Familie. 

Joh.  Jakob  L  Decker  358. 

Heinrich  L  Decker  358. 

Joh.  Jakob  iL  Decker  358. 

Heinrich  iL  Decker,  35  s. 

Georg  Jakob  l  Decker  358. 

Georg  Jakob  11.  Decker  361. 

Carl  Gustav  Decker  362. 

Rudolf  Decker  .162. 

Schriftgiesserei  285. 

Einführung d.  Schnellpresse  30S. 

Die  Reichsdruckerei  369. 

Decker,  v.,  in  Posen.  361. 

Decker,  Witwe,  in  Colmar  402. 
Degen,  J.  V.,  4J.L 
Degener  &  Weiler  67^ 
Dejussieu  210. 
Delafond  1 76. 
Delagrave,  Ch.,  2_ii. 
Delahaye,  L.,  zisl. 
Delalain,  J.  A.  u.  A.  LLj  186. 
Delane,  J.  A.,  8JL 
Delbanco,  O.  H_,  -u-s- 
Delcambre,  A.,  aj^ 
Delloye,  H^  203. 
Dembour,  A.,  155. 
Dennig,  Fink  &  Co.  ,388. 
Denons  Voyage  en  Egypte  1 78. 
Dentu,  J.  G.  und  G.,  188. 
Derriey,  Charles,  148. 
Derriey,  J..  xj^ 
Deschler,  J.,  395. 
Description  de  l  Egypte  1 73. 
Deslandes,  V.,  247. 
Desoer,  Th..  191. 


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REGISTER 


471 


Dessain,  M.  H.,  231. 
Dessauer,  v.,  395. 
Detmold  378. 
Deutsch,  M.,  437. 
Deutsches  Element  in  Amerika  132. 
Devrient.  Alfonse.  346. 
Dibdin,  Thom.  Frognail,  102. 
Dibdins  Prachtwerke  77. 
Dictionn.  de  la  convcrsation  181. 
Dictimn.  des  scienees  midicalcs  185. 
Didot,  Familie. 

Francois  Didot  178. 

Ambr.  Francois  Didot  178. 

Pierre  Francois  Didot  178. 

Pierre  Didot  152.  178. 

Jules  Didot  179. 

Firmin  Didot  152.  179. 

Henry  Didot  180. 

Didot  Saint-Leger  180. 

Ambroise Firmin  Didot  145.  180. 

Hyacinthe  Didot  180. 

Alfred  Firmin  Didot  183. 

Paul  Firmin  Didot  183. 
Didots  polyamatype  Giesserei  180. 
Diederich  &  Co.  376. 
Dietrich,  R.  H.,  350. 
Dingler,  Chr.,  316. 
Direkt.  d.Buchdr.i.  Frankreich  165. 
Dondorf,  B.,  399. 
Donnison  &  Son  66. 
Doomsday  Hook  3  2 . 
Dooselaere.  I.  S.  van,  231. 
Dore,  Gustav,  Die  Bibel  196. 
Dorn,  J.  B.,  399. 
Dornach  402. 
Dorpat  456. 
Dresden  349. 
„Dresdner  Galerie"  396. 
Dresler  &  Rostfingerlin  288. 
Drewsen,  Familie,  447. 
Druckerviertel,  das,  in  London  96. 
Drugulin,  W.,  339. 
Drury,  J.  J.,  29. 
Dubochet,  J.  J.,  203. 
Duboy-Laverne  172. 
Ducher  &  Co.  208. 
Duckett,  W.,  Dict.  dela  convers.  211. 
Ducroq,  P.,  211. 


'  Dufours  Generalk.  d.  Schweiz  \\o. 

j  Dulos  155. 

i  Dumaine  201.  210. 

I  Dümmlers  Verlag  372. 

Du  Mont-Schauberg,  Familie,  38c. 

Dürr,  Alf.,  349. 

Dürr,  O.,  347. 
,  Düsseldorf  379. 

Duncan  &  Wilson  65. 
.  Duncker,  Alex.,  371. 

Duncker  &  Humblot  372. 

Dunod  208. 

Dupont,  Paul,  197. 

Dupuy,  J.  F.,  207. 

Dupuy,  Th.,  159. 

Dussarat,  A.,  359. 

Dutartre,  A.  B.,  158. 

Duverger,  Eugen,  148. 

Earhart,  J.  F.,  125. 
Ebner,  J.,  393. 
Ebner  &  Seubert  392. 
Eckmansson,  J.  S.,  450. 
Edelmann,  Alex.,  347. 
Edinburgh  82. 
Edinburgh  Cyelopadia  83. 
Edition  Peters  348. 
Edler  &  Krische  378. 
Effenbart,  H.  G.,  374. 
Ehlert,  H.,  2S6. 
Eickhoff,  J.  G.  A.,  447. 
Einsiedeln  411. 


Eisenbahnbuchhandlunt 


92. 


Ektypographie  17. 
Elberfeld  379. 
Elers,  H.  J.,  353. 
A.  Emmerling  &  Sohn  401. 
Encycloptcdia  Americana  130. 
Encyclopicdia  Britannica  82. 
Eneyelopedie  des  gens  du  monde  \  86. 
Encyelop.  hist.  naturelle  181. 
Encyclopidie  methodique  185. 
Encyclpedie  moderne  180. 
Endlose" 

Wer  ist  der  Erfinder?  63. 

Bullock,  W.,  64. 

Walter  64. 

Victoria  65. 


472 


REGISTER. 


rEndlose"  (Fortsetzung) 

Prestonian  6fL 

Northumbrian  6fL 

Whitefriars  6iL 

Campbell  6iL 

Ingram  66_, 

Farbendruck  6^. 

König  &  Bauer  $13, 

Augsburg  313. 

Hummel  3  14. 

Auersche  Versuche  424. 
Engel,       &  Sohn  429. 
Engelhardt,  A.  Th.,  347. 
Engelhardt-Rheyer  352. 
Engelhorn,  J.,  391. 
Engelmann,  G.  und  J.,  206. 
Engelmann,  W.,  348. 
England,  L  W.,  122. 
Enschede,  L,  &  Zoonen  2_2.iL  227. 
Entlicher,  Fr.,  426. 
Epithalmia  cxot.  Unguis  redd.  234. 
Erfurt  35.V 
Erhard,  \V\,  1 7. 
Erhard  (Schieble)  207. 
Ernst  &  Korn  371. 
Essen  379. 
Esslingen  393. 

Ettinghausen,  Physiotyp. plant.  424. 
Etzschmiazin  4«;  6. 
Eurich,  A.,  433. 
Evang.  Knowledge  Society  129. 
Evangites,  les  (Hachette)  2 1 4. 
Everat  igo.  204. 
Expedition  en  Egypte  186. 
Exter,  Fr.  v.,  302. 

Faber,  Gebr.,  354. 
Farinseln  448. 
Fairlamb  53^ 
Faithfull,  Emily,  50 
Falk,  S.  v.,  436. 
Falkenberg  &  Co.  288. 
Falzinaschinen  70. 
Farbeauftragmasbhinen  317. 
Farbendruck,  photographischer  liL 
Farbenfabrikation  in  England  7_2. 

—  in  Frankreich  160. 

—  in  Deutschland  3  1 9. 


Farbensteine  lo. 
Farbensurrogate  320. 
Farsky,  J.,  432. 
Fasol,  G,  304. 
Faulmann,  Carl,  291. 
Feldbibliothek  Napoleons  165 
Feit  4_2_ 
Feltre  239. 
Ferslew  &  Co.  443. 
Felis,  Biogr.  univ.  des  musiciens  iiL^ 
Feuchtapparate,  mechanische  jo. 
Fidschi-Inseln  1 13. 
Figins,  V.,  Familie  jo. 
Firdusi,  livre  des  rois  176. 
Fischbach,  G.,  403. 
Fischer,  C.  G.,  43.  295. 
Fischer,  Th.,  400. 
Fischer,  Naumann  &  Co.  320. 
Fischer  &  Wittig  347. 
Fisher,  Henry,  94. 
Flegel,  J.  G.,  300- 
Fleming  &  Co.  7  2 . 
Flemming,  C,  373. 
,  Flinsch,  IL  289. 
Flore  medicale  1 85. 
Florenz  242. 

Fonder ie  generale  150.  183. 
Fontanet,  J.,  245. 
Forget  me  not  94. 
Forsaith,  S.  C,  &  Co.  70. 
Forster  50. 
Foucher  159. 
Fourei,  R.,  213. 
Fournier  le  jeune  147. 
Fournier,  Henri,  197. 
Fraktur  u.  Antiqua  2_8_2_  283.  322. 
Franckh,  F.  G.,  388. 
Frankfurt  a.  M.  399. 
Frankfurt  a.  d.  O.  3 73. 
Franklin-Gesellschaft  436. 
Fräser,  A.,  4^. 
Frauenarbeit  qo.  368. 
Freetown  1 13. 
Freiburg  L  Br.  402. 
Frenckell,  J.  C,  452. 
!  Frey  &  Sening  320. 
Freycinet,  Voyage  1  76. 
Friderichs,  R.  L.,  379. 


REGISTER. 


473 


Friedländer,  R.,  350. 
Fries,  H.  A.  F.,  445. 
Fromme,  C,  430. 
Fry,  Edm.,  32. 
Fuchs,  O.  O.,  3 16. 
Fuchs,  Ign.,  432. 
Furne,  Ch.,  z&i*. 
Furnival  &  Co.  6^.  i±. 
Furrer,  410. 
Fürstenau  350. 
Fürth  398. 

Fyens  Stiftsbuchdruckerei  444. 

Gaber  300. 
Gabriel,  the  Outcast  85. 
Gadow  &  Sohn  35 1. 
Gädicke  293. 

Galerie  historique  de  Versailles  2_o8. 

St.  Gallen  410. 

Galvanoplastik  294. 

Gando  147- 

Gardano,  Familie,  325. 

Garrigues,  R.,  134. 

Gaspar  &  Roy  245. 

Gavard,  J.,  208. 

Gaubert,  E.  R.,  4_k 

Gaume  freres  211. 

Gauthier-Villars  Z£l£l 

Gaveaux,  A.  Y.,  159. 

Gebauersche  Buchdr.  354. 

Gehülfen -Verein  273. 

Geibel,  Steph.,  35 1. 

Geiger,  J.  PL,  402. 

Gelder,  van,  &  Zoonen  12JL 

Genet,  E.,  324. 

Genf  412. 

Gengembre  153. 

Genossenschaft,  Lith.,  410. 

Genou  153. 

Genzsch  &  Heyse  284. 
Georgi,  C.  379. 
Gera  351. 
Gerhard,  Fr ,  134. 
Gerhard,  R.,  317. 
Gerold,  Familie,  420. 
Gerold,  Carl,  371. 
Gesellschaft  f.  vervielf.  Kunst  428 
—  photographische,  372. 


Gesellschaftsinseln  1 13. 
Gewerbehalle,  die,  392. 
Giesecke  &  Devrient. 

Wachsen  des  Etablissements  344. 

Codex  Sinaiticus  344. 

Giesecke,  Hermann,  344. 

Papyros  Ebers  345. 

A.  Devrients  Tod  345. 
Gilbers,  G.,  35°- 
Gilbert  &  Rivington  £2. 
Gills  Patent  65. 
Gillot,  F.,  1^ 
Gillotage  155. 
Girardet  tiL 
Gisch,  K.,  295. 
I  Gistel,  G.,  429. 
Glätten,  heisses,  69. 
Glasanow  456. 
Gleerup,  C.  W.,  452. 
;  Gleissner  350. 
Glogau  373. 
Gloucester  84. 
Glycky,  Nik.,  462. 
,  Gobrecht,  Chr.,  20S. 
Godchaux,  Aug.,  159. 
Godolphin,  Lord,  8_l. 
Godthaab  448. 
Goebel,  Th.,  356. 
'  Göschen,  J.  G.,  330. 
Göttingen  379. 
Golowin  456. 
Goodall  &  Sons  105. 
Gordon  6j. 
Gosselin,  Ch.,  2 1 2. 
Goupil  &  Co.  1^.  207-  372. 
Gotha  352. 
Gotthelft,  Gebr.,  ±10 
Graphic,  The,  9^. 
Grass,  Familie,  372. 
Grass,  Barth  &  Co.  372. 
Grassmann,  R.,  375« 
Graz  432. 

Greeley,  Horace,  1 1  7. 
Grefe,  C,  434. 
Gregr,  Ed.,  43 2- 
Greiner  &  Pfeiffer  300. 
Grenohle  2Q2- 
,  Greth,  Jul.,  ^78. 


xJ  by  Goq<jl< 


474 


REO  ISTER. 


Griechenland  Einführung  462. 
Griechenland  Presse  463. 
Grimsshaw,  D.,  77. 
Gründahl  450. 
Grönland  44s. 
Gronau,  W.,  285. 
Gropius'  Buchhdlg.  371. 
Grote,  G.,  372. 
Grüninger,  C,  390. 
Grumbach,  E.  C.  V.,  347. 
Grunert,  Gebr.,  36S. 
Gruppen,  typographische, 
Grynaeus,  J.,  3S9- 
Gubitz,  F.  VV.,  2_8_i.  297. 
Guess,  G.,  3^ 

de  Guignes,  Dictionn.  CMnois  1 74. 
Guillaumin,  G.,  2  m. 
Gursch  &  Klemm  295. 
Gusraans  neue  Xylographie  1 56. 
Gutbier,  A.,  350. 
rGute  Worte"  113- 
Gutenbergsdenkmal  in 

Frankfurt  a.  M.  400. 

Mainz  400. 

Strassburg  403. 
Gutsch,  F.,  401. 
Guyot,  Y.,frbres  232- 
Gysae,  Rob.,  320- 

Haack,  C,  434. 
Haack,  W.,  44 1 . 
Haarlem  227. 
Haas,  Familie,  407- 
Haase,  Gottl.  &  Söhne  290. 
Hachette,  L.  &  Co.,  2 13. 
Hagelberg,  W.,  371. 
Hagar  ^2. 
Hahn  &  Co.  401. 
Hahns  Hofb.  379. 
Hallberger,  Ed.,  389. 
Hallberger,  Carl,  390. 
Halle 

Haller,  B.  F.,  411. 
Harnbruch,  G.,  4JL 
Hamburg  375. 
Hammer,  Peter,  3 So. 
Handpressen  in  Deutschland  3j6. 
—  von  Haas  407. 


Handpresse  siehe  Presse. 
Hänel,  C.  J.,  366. 
Hänel,  Ed.,  281.  285. 
Hanemann,  C,  287. 
Hanfstängl,  Franz,  396. 
Hanfstängl,  H^  350. 
Hangard-Maugc  207. 
Haniq  23 

Hannöv.  Geschäftsbücherfabr.  3  7  S. 
Hannover  378. 
Hansard,  Familie,  78. 
Haparanda  45 1. 
Harpel,  O.  H^  125. 


Harper,  Familie,  L2a. 
I  Harrild  &  Sons  ^o. 
|  Harrison  &  Co.  o_i.  qö. 

Härtel,  G.  C,  330. 
j  Härtel,  H^  330. 
I  Härtel,  R.,  330- 
I  Hartenbach,  J.  Ritsehl  v.,  298. 
J  Hartinger  &  Sohn  434. 

Härtung,  Familie,  373. 

Haase,  A.,  432. 

Hase,  O.,  330. 

Hasper,  W.,  401. 

Hassel,  W.,  380. 

Hastings,  Marquis,  107. 

Hattersley,  R.,  44. 

Haubold,  C.  G.,  318. 

Haumann,  L.,  &  Co.  230. 

Haupt  &  Czeiger  434- 

Hauschild,  Gebr.,  378. 

Hawkin  5^. 

Haye,  V.,  155. 

Hayez,  F.,  232. 

Hayn,  A.  W.,  367. 

Heut hs  Book  0/  Beauty  94. 

Hecht  395. 

Heckenast,  G.,  436. 

Heftwerke,  illust.,  in  Deutschi.  ?6K. 

Heidelberg  401. 

Heim,  F.  W.,  &  Co.  31S. 

Heinrich,  C,  350. 

Heinrich,  N.,  325. 

Heitz,  J.  IL  J.,  403. 

Heibig  &  Müller  315. 

St.  Helena  l  13. 

Hellriegel,  C,  37  1. 


REGISTER. 


475 


Helmich,  Jul.,  134. 

Helsingfors  452. 

Henning,  C.  F.,  35  7. 

Hepburn,  J.  M.,  39. 

Hepburn,  Dr.,  ils. 

Herald,  Nerv •  York,  117. 

Heran  152. 

Herder  402. 

Hereford  84 

Hermanns  Erben  376. 

Hermsdorf  317. 

Herodiani  reliquiae  337. 

Hesse,  J.,  398. 

Hessenland,  H^  375. 

Hetzel,  Jul.,  203. 

Heywood,  John,  84. 

Hildburghausen  351. 

Hill,  Rowland,  6^. 

Himmer,  J.  P.,  399. 

Hingray,  Ch.,  üq- 

Hinrichs,  J.  C.,  34S- 

HinstorfF,  D.  C,  375. 

Hints  on  decorative  Printing 

Hirschfeld,  C.  L.,  341. 

Hirschfeld,  C,  347. 

Hirschwald,  A.,  372. 

Hirt,  F.,  373. 

Hirths  Werke  394. 

Hirzel,  Sal.,  348. 

Histoire  des  colibris  189. 

Hist.  ttat.  desoiseaux  ehantantes  1  £3. 

Hobartown  1 12. 

Hochdanz,  E.,  391. 

Hochdruckplatten,  lithograph.  i_7_. 

Hochlithographie  12. 

Hoif,  Familie,  70. 

Höfel,  Blasius,  301. 

Hölzel  434 

Hofbuchdruckerei  in  Cassel  400. 
Hof  buchdruckerei  in  Weimar  317. 
Hofer  &  Burger  410- 
Hoffenberg  &  Trap  448. 
Hoffmann,  C,  317. 
Hoffmann,  C,  390. 
Hoffmann,  Fr.  J.  Ignaz,  151. 
Hoffmann,  W.,  350. 
Hogenforst,  A.,  319. 
Holland,  Pressverhältnisse  in,  226. 


Holm,  C.  A.,  fia, 
Holtzmann,  K.  F.,  300. 
Holyoke  1 25. 
Holzhausen,  A.,  430. 
Holztypen  in  Amerika  35. 
Hongkong  1 10. 
Honolulu  1 13. 
Hooker,  J.,  42. 
Hopkinson  5^ 
Hoppe,  H.  und  E.,  454.  456. 
Horaz  (Baskerville)  7_a_. 
Horn,  G.  A.,  314. 
Hornyansky,  V.,  437. 
Hostmann,  J.,  319. 
Houghton,  Osgood.  &  Co.  130. 
Howe  70. 
Huber,  E.,  395. 
Huck  &  Co.  2(jo. 
Hiibschmann,  F.  S.,  396. 
Hüttemeyer  447. 
Hummel,  C,  314. 
Hundertstund  &  Pries  347. 
Hungaria  427- 
Hutin,  P.,  324. 
Huttier,  M.,  $$4.  399- 
Hydra  463. 

Ibarra  244. 

Il)rahim  Effendi  250. 

lljin,  A.,  4.S6. 

lllustrated  London  News  95. 
V  Illustration  203. 
»Illustrirte  Zeitung"  34S. 
Illustrationsdruck 

—  in  Amerika  i_2_2, 

—  in  Berlin  367. 

—  in  Deutschland  296. 

—  in  England  7^. 

—  in  Frankreich  142.  193. 

—  in  Leipzig  346. 

—  in  Wien  428. 

Institut,  milit.-geogr.,  in  Wien  435. 
Imhof,  Freiherr  von,  108. 
Imprenza  Naeional  246. 
Innsbruck  432. 

Institut,  Bibliographisches,  345- 
Institut,  topogr.,  Amsterdam,  228. 
Irkutsk  457. 


47  6 


REGISTER. 


Iscrizioni  esotiche  234. 
Isermann,  A.,  293. 
Island  448. 

Issleib  &  Rietschel  351. 
Itzehoe  376. 

Ivison,Blakeman,Taylor&Co.  130. 

Jacobi,  M.  IL,  294. 
Jacoby,  L.,  434- 
Jackson,  J.,  jo. 
Jaffö,  M.  &  M.,  434- 
Jänecke,  Gebr.,  378. 
Jänecke  &  Schneemann  319.  378. 
Janet,  P.,  215, 
Jannin  154. 
Japan  1 iq. 
Jasper,  Fr.,  431. 
Java  109. 

Jeanrenaud  &  Co.  316. 
Jeddo  (Tokio) 
Jehenne  206. 
Jekaterinenburg  457. 
Jent  &  Reinert  411. 
Johnson,  W.  M.,  3j^ 
Johnson  &  Atkinson  39. 
Johnsons  Dictionary  97^ 
Johnson,  Henry,  84. 
Johnson,  J.  M.,  378. 
Jones,  J.  W.,  63. 
Jonghaus  &  Venator  400- 
Jonische  Inseln  462. 
Jönsson,  B.,  448. 
Jontzen,  G.,  3  *  7- 
Joseph  iL  als  Buchdrucker  418. 
Jouaust,  D.,  215. 
„Journ.  f.  Buchdruckerkunst"  3  5  6 . 
Journal,  U  petita  22_l 
Journal  pour  tous  204. 
Jubelfest  1840  in  Leipzig  341. 
Jubiläum  1883  in  München  396. 

—  in  Wien  435. 
Jung,  E.,  186 

Kafemann  A.  W.,  374. 
Kairo  24g. 
Kaiser,  Ludw.  316. 
Kalakaua,  König  113. 
Kalenderlitter.  in  Deutschland  267 


Kalenderdruck  in  England  104. 
I  Kallmeyer  317. 
Kalthöfer  104. 
Kanegeaguli,  König,  113. 
Kanter,  R.,  374. 
Karlsruhe  401. 
Kartographie  17. 
i  Kartographie  L  d.  Schweiz  410. 
Kasan  45  7. 
Kastenbein,  C,  45. 
I  Kast  &  Ehinger  320.  391. 
[Kaufbeuren  399. 
!  Kaufmann,  A.,  &  Co.  371. 
Kaupp,  „Das  Thierreich"  12. 
Kegel,  französischer,  1 45. 
Kehl  402. 
i  Kelly,  W.  J.,  125. 
:Kelso  82. 
!  Kempten  398. 
1  Khör  &  Wein  437. 
Kidder- Press  diL 
King-Pao  110. 
Klagenfurt  432. 
Klassikerausgaben  2JÜL 
Klein,  Forst  &  Bohn  314. 
Kleinmayr,  F.  v.,  432. 
Kleinmayr  &  Bamberger  433. 
Klercker,  G.  C.  v.,  451. 
Klimsch  &  Co.  319.  400. 
Klindworthsche  Hofbuchdr.  37$. 
Klinkhardt,  Jul.,  287.  291.  346. 
Kloberg,  C.  A., 

KlopstocksWerke,Prachtausg.  331- 
Knatz,  C,  399. 
Knesing,  Th.,  395. 
.  K night,  Charles,  95. 
Knöfler,  Heinr.,  302. 
Knorr  6:  Hirth  394. 
Köln  379. 

Kölnische  Zeitung  380. 
König,  Friedrich. 

König  in  England  54. 
Königs  verschiedene  Patente  55. 
J.  Walter  über  F.  König  58. 
Rückkehr  nach  Deutschland  58. 
Jugendgeschichte  305. 
König  &  Bauer  in  Oberzell  307. 
Erste  Bestellungen  308. 


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REGISTER. 


477 


König,  Friedrich  (Fortsetzung). 

Verbreitung  d.  Schnellpresse3 1 

Königs  Tod  311. 

König  &  Bauer  307. 
König,  G.  A.,  353- 
König  &  Ebhardt  37S. 
Königsberg  3  73- 
„Königsberger  Zeitung"  374. 
Köntgen,  Franz,  380. 
Kösel,  Jos.,  398. 
Kollektivunternehmungen  270. 
Koluni<5,  M.  R.,  460. 
Kombinationspresse  67_. 
Konische  Typen  38. 
Konversations-Lexika  269. 
Konversations-Lex.,  Brockh.  332. 
Kopenhagen  442. 
Koran,  der,  338. 
Korinth  463. 
Korn,  Familie,  373. 
Krabbe,  A.,  3S9, 
Kragujevac  459. 
Krakau  432. 
Kramer,  C,  371. 
Krampe,  J.,  355. 
Krause,  Ed.,  367. 
Krause,  K.,  318. 
Kretzschmar,  Ed.,  298.  347. 
Kriehuber  434. 
Kröner,  Gebr.,  388. 
Krönungswerk  Wilhelms  L  363. 
Krone,  350. 
Kühn,  G.,  375- 
Kühnau,  R.,  295. 
Kurzbeck,  J.  v.,  418. 
Kutzner  &  Beger  371. 

Laboulaye  &  Co.  15c 
Lachevardiere  204. 
Lacrampe  &  Co.,  2_oQx 
Ladovat,  Ch.,  192. 
Lahr  402. 

„Lahrer  hinkender  Bote"  402. 
Laibach  432. 
Lallemant,  Gebr.,  247. 
Landesbuchdr.  in  Serajewo  437. 
Landi,  Salv.,  242. 
Landkartendruck  9.  27 1.  326.  407, 


Landshut  399. 
•  Lang,  J.,  412. 
:  Lang,  Gebr.,  402. 
j  Lange,  F.,  400, 
Langensche  Buchdruckerei  380. 
:  Langen,  A.  y.,  43.  295. 
I  Langenscheidt,  G.,  372. 
Laterna  magica  i^. 
Lauer,  J.,  247. 
Laurent  &  Deberny  150. 
j  Laurin,  G.  und  A.,  451. 
I  Lausanne  412. 
j  Laval  159. 
!  Lawson  72. 
LazarefiF,  J.,  456. 
[  Leblanc-Hardel  20^ 
;  Lebrun,  Pierre,  1 76. 
,  Ledger,  The  public,  1 18. 
Lefevre,  J.  J.,  192. 
Lefevre,  Theotiste,  183. 
Lefmann  &  Lourdel  156. 
Lefranc  &  Co.  iüq, 
Legrddy,  Gebr.,  4^ 
Legrand,  L.,  159. 
Legros  23 1. 
Lehmann,  O.  J.,  456. 
Lehmann  &  Wentzel  397. 
Leipold,  J.,  247.  291. 
Lemberg  43  2 . 
Lemercier  &  Co.  iüo.  2aiL 
Lemerre,  A.,  2  1 6. 
Leske,  W.,  400. 
Leslie,  Frank,  ljl2. 
Leslies  illustrated  Newspaper  i_2_2_ 
Lessing  367. 
Lessing,  G.  E.,  37«?. 
Letteverein  368. 
Leunis  &  Chapman  378. 
Leupoldt,  Friedr.,  128. 
Leuzinger,  R.,  410« 
Levrault,  Familie,  187. 
Levy,  M.,  freres  2_i_2^ 
Levy  &  Lavater  1 6o. 
Levy  &  Müller  391. 
Lewis,  Charles,  1 04. 
Leykam-Josefsthal  43  2. 
Liberty- Press  6j_. 
Lichtdruck,  der,  ij; 


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478 


RF.GI  STKK . 


Liepsch  &  Reichardt  350. 
Lightning  Press  fii. 
Lille  2 m. 

P  Imitation  de  Jesu  Christ  204. 
Limoges  202. 
Lindh,  J.  P.,  45  1 . 
Linhout,  van,  231. 
Lintz,  Fr.,  379. 
Linz  432. 

Lippincot,  J.  B..  &  Co.  130. 

Lisicki  &  Co.  432. 

Lissabon  246. 

Litfass,  Gebr.,  368. 

Lithographie,  die  7_.  396. 

Lithogr.  Aktie  Bolaget  452. 

Lithogr.  Genossensch.  L  Zürich  41  o. 

Lith.  Institut,  Berliner,  372. 

Lithographiesteine 

Litolff.  H.,  355. 

Littre,  Dictionnaire  210. 

Livermore,  M.  W.,  3jx 

JLivre  tf  heures  de  la  reine  Anna  20  s. 

Liwtschack,  J.,  48. 

Lloyd,  Gestern,  433. 

Loedel,  300. 

Loewe,  F.,  39 1. 

Löwensohn,  G.,  398. 

Löwenstein,  O.,  367. 

Loeulliet  176. 

Loeuillot  371. 

Logographic  printer  84. 

Logotypsystem  84. 

Lombardot  150. 

Longman,  Familie,  97. 

Lorek,  C.  B.,  jj8. 

Lord  Mayor  oj^ 

Lorenz,  O.,  218. 

Lorilleux  &  Co.  1 60. 

Lortic  162, 

Lose,  C.  C,  447. 

Lotin,  Familie,  »86 

Lott,  Ludw.,  314. 

Lovisa,  Dom.,  325. 

Louvre- Ausgaben  178. 

Lucas,  S.,  379. 

Lucas,  T.  M.,  3^ 

Luce,  Louis,  1 7 1 . 

Ludwig  XVI.  als  Buchdr.  163. 


Ludwig,  H^  133. 
Ludwig,  C.  J.,  289. 
Ludwigshafen  401. 
Ludwigslust  375. 
Lübeck  375. 
Luno,  Bianco,  442. 
Luxuspapierfabrik,  Berliner,  371. 

Maas,  F.  W.,  365. 
Macao  ioq. 

Macaulays  Geschichte  $8^  ioj. 

Macdonald,  J.  C,  64. 

M'Kellar,  Th.,  34. 

McKellar,  Smiths  &  Jordan  3^. 

Mackie,  Dr.  A.,  46. 

Mackie,  Brewthal  &  Co.  42. 

Macklot,  C.  5:  G.,  401. 

Maclins  Bibel 

Madagascar  1 13 

Madras  106. 

Madrid  245. 

Miintler,  Gebr.,  388. 

Mässigkeits-  Verein,  Nationaler  129. 

Magazin pittoresque  204. 

Magdeburg  354. 

Magna  Charta  77. 

Magyar,  Gebr.,  43^ 

Mahlau,  A.,  399. 

Mailand  241. 

Mainz  400. 

Maisonneuve,  C.  A.,  &  Co.  2_m, 
Malacca  109. 
Mailing  Hansen,  R.,  447. 
Marne,  Familie,  161.  195. 
Mannheim  401. 

Mannheimer  Vereinsbuchdr.  401 . 
Manchester  84. 
Afanehester  Guardian  46. 
Mantz,  Pcinture  italienne  iS  1. 
Manz,  G.  J.,  398. 
Marc,  A..  &  Co.  203. 
Marcecos,  Familie,  246- 
Marcel,  J.  J.,  173. 
Marcelin  Legrand,  175. 
Marenigh  242. 
Maret,  G.  H_  341. 
Mar- Hanna  25t. 


REGISTER. 


479 


Marinoni,        1 56. 
Marinoni  &  Chaudre  160. 
Mans  2Q2. 
Marienwerder  374. 
Marietti  243. 
Mark,  Franz,  456. 
Marlborough,  Fort,  109. 
Marshai  &  Co.  Q2. 
Martin,  J.  G.,  398. 
Martin,  W.,  31^ 
Martinet,  Em.,  ?ot. 
Masson,  G.  u.  V.,  209. 
Matrix  compositor  48. 
Maulde  &  Vibart  159. 
Max  &  Co.  373. 
May,  C.  D.,  289. 
May,  E.  G.,  &  Söhne  399. 
Mayer,  Carl,  398. 
M'Creery  7JS. 

Mechitaristen-Buchdruckerei  239. 
Medhurst  109. 
Mediäval  32. 

Mehr  färben- Maschine  312. 
Meinhold,  C.  C,  &  Söhne  349. 
Meisenbach,  G.,  3  9  7 . 
Meissner  &  Buch  34.S. 
„Meister  von  1440 — 1694"  397. 
Melandri,  Federigo,  243. 
Meline  Cans  &  Co.  230.  232. 
Mercy,        43  2. 
Metallhochätzung  ij.  155. 
Metz  402. 

Metzger  &  Wittig  347. 

Metzler,  J.  B.,  387. 

Metzler  &  Barting  227. 

Mexiko  248. 

Meyer,  Carl,  2S9. 

Meyer,  Dr.  Heinr.,  356. 

Meyer,  J.  fL,  356. 

Meyer,  J.  u.  K.  ].,  346. 

Meyersche  Hofbdr.,  Detmold  378. 

Michaud,  Biogr.  universelle  211. 

Middleton,  Th.,  &  Co.  66, 

Migne,  J.  ?.,  21 1. 

Millado,  C,  24g. 

Miliar  3_k  43. 

Miller-Ritchie  75^ 

Miliin,  monuments  antiques  1 73. 


Milne  109. 

„Milton"  (Bulmer)  12 
I  Minden  379. 

I  Mirabilia  urbis  Romae  396. 

1  Mirza  Schaffy,  Lieder  364. 

'  Missionspresse  in  Grönland  448. 

\  Missolunghi  463. 

I  Mitau  45 6. 

1  Mitchell,  W.  IL,  ±2. 

Mittler,  E.  S.,  366. 
!  La  Mode  illustree  i8t. 
|  Modezeitungen  270. 
|  Möller,  Korf.,  295. 

Möller,  Lars,  448. 

Moser,  W.,  368. 

Mole,  Joseph,  146. 
I  Molini  242. 

Momma,  I\,  450. 

Le  monde  illustre  204. 

Moniteur  185. 
j  Monnoyer  2JL£. 
i  Monroq  207. 

Monuments  d'antiquite'  175. 

Morel,  A.,  &  Co.  goS. 

Morisson  10g. 

Morning-H<rald  112. 

Moskau  456. 

Motteroz,  C ,  201. 

Moulinet,  L..  1  50. 

Muddies'  Leihbibliothek  Q2. 

Mühlhaupt  &  Sohn  410. 

MUhlmann  &  Johler  377. 

Mühlthaler,  E.,  394. 

Mülhausen  in  E.  402. 

Müller,  Ch.  Fr.,  401. 

Müller,  Fr.,  229. 

Müller,  Leo,  315. 

Müller,  M.  L.,  43^ 

Müller,  Th.,  353. 

Müller  &  Richard  ^2. 

München  393. 

-Münchener  Bilderbogen"  395. 
—  Fliegende  Blätter4  395. 
Münchmeyer,  IL  G.,  350. 
Münster  379. 
Murray,  Familie,  o_8. 
Museum  f.  Kunst  in  Wien  42  S. 
Musiknotendruck  147.  323. 


480 


REGISTER. 


\fusee  franfnis  2_o8_ 
Musee  des  /amilies  204. 

Nachdruck  in  Amerika  135. 

—  in  Belgien  229. 

—  in  Deutschland  26 1. 

—  in  Reutlingen  393. 
Nachitschewan  457- 
„Nacht,  100 1,"  389. 
Nachtigal  &  Dohle 
Napier,  D.,  5^. 
Narodne  Noviny  437. 
Nastas  Jovanovic  46 1 . 
„Nationalmuseum,bayrischesw  397. 
National-Verein,  serbischer  460. 
Naturselbstdruck  424. 
Naumann,  C,  399. 

Naumann,  C.  G.,  347. 
Naumann  &  Schröder  348. 
Nauplia  463. 
Neapel  243. 
Neflf,  Paul,  392. 
Negapatnam  iq6. 
Neill  &  Co.  4.2. 
Nelson  &  Sons  63. 
Neubinger,  M.,  456. 
Neuenburg  4lQ- 
Neuer,  Th.,  293. 
Neujahrskarten  in  England  104. 
Neuruppin  375. 
Neusatz  43  7 . 

News  Conpany,  American,  lzJL 
„New-Yorker  Staatszeitung"  133. 
Nicol,  G.  und  W.,  '26. 
Nichols,  John,  £5. 
Nicholson,  W.,  ^8.  $2^ 
Niepce,  Nicephore,  12^ 
Niepce  de  St.  Victor  1^. 
Nies,  Fr.,  338. 
Nies,  J.  Ch.  D.,  28g. 
Nisbet,  James,  100 
Nister,  E.,  397- 
Nitzschke,  W.,  391. 
Norberg.  Jul.,  187. 
Norddeutsche  Buchdr.  367. 
Nordhausen  353. 
Norrküping  452. 
Norstedt,  P.  A.,  &  Süner  45  1. 


Notendruck,  lithographischer,  Oj 
Nürnberg  397. 
Numerierpresse  £3. 

Oberhausen  379. 
Obernetter  iiL  397. 
Oberthur,  F.  C,  201. 
Oberzell,  Kloster,  307. 
Occhio  di  mosca  240. 
Ockenfuss  459. 
Odense  444- 
Odessa  456. 
Oeglin,  E.,  324- 

Oehmigke  &  Riemschneider  375. 

Ölbilderdruck  ia. 

Offenbach  a.  M.  30. 

Ohlenroth  353. 

Oldenbourg,  R.,  394. 

Oldenburg  378. 

Omer -Henry  207. 

Orange  Judd  Company  131. 

Oratio  dominica  235. 

Orell  Füssli  &  Co.  409. 

Orientalia  in  Frankreich  147. 

Orgelbrand,       &  Co.  456. 

Osborne  iiL 

Oschatz,  R.,  350. 

Osterrieth,  A.,  399. 

Osterzee,  J.  van,  227. 

Otto,  J.,  4J2- 

Oudin frcres  iqa. 

Oeuvres  de  Frederic  le  Grand  363. 

Oxford  fix. 

laar,  303. 
Paderborn  379. 
Padua  239. 
Paetel,  Gebr.,  372. 
Page,  W.       &  Co.  u, 
rPalästina"  389. 
Pallhausen,  V.  v.,  293. 
Panckoucke,  Familie,  184. 
Paniconographie  155. 
Papierfabrikation  in  Amerika 

—  in  Deutschland  278. 

—  in  England  105. 

—  in  Frankreich  161. 

—  in  Japan  i_i_2_. 

—  in  Schweden  452. 


RF.GISTF.R. 


Papiergeld  in  Japan  1 1 1 . 

Papierphotographie  13. 

Papierstereotypie  153. 

Papillon  50. 

„Papyros  EbeYs"  345. 

Paravia  242. 

Pardoe,  Jos., 

Paris  monumentum  372. 

Parker,  Familie,  100. 

Parkin,  Th.,  52. 

Parma  233. 

Parey,  S.,  372- 

Parsons,  Fletcher  &  Co.  72. 

Pattnt  Type  Foundry  3^. 

Paterno,  Fr.,  434. 

Fat  ras  463. 

Paul  et  Virginie  204. 

Paulin,  J.  B.  A.,  203. 

Payne,  Ä.        illi  lAli 

Payne,  Roger,  103. 

Perthes,  F.  A.,  375. 

Perthes,  Familie,  352. 

Peking  1  lq, 

Penny  Magazine  94. 

Penny-paper,  tAe,  66- 

Perrin,  L.  H.,  2  15. 

Perrotin,  Ch.  A.,  212. 

Fester  Buchdr.- Akt.-Gesellsch.  43  6 . 

Pesti  Hirlap  437. 

Petermann,  A.,  352. 

St.  Petersburg  453. 

Peterson  48. 

Petibon  150. 

Petrucci,  Oct.  dei,  323. 

Petyt  150. 

Petzval 

Pfingsten,  G.  J.,  376. 
Pfnorr,  W.,  288,  298. 
Pforzheim  388. 
Photographie,  die,  L2_  31. 
Photogr.  Hochdruckplatten  14. 43^. 
Photolithographie  i_(L 
Photogr.  Tiefdruckplatten  14.  433. 
Phototypie  397. 

Photogr.  Gesellschaft  in  Berlin  372. 
Phototype  Company,  American,  125. 
Philippopel  462. 
Pichlersche  Buchdruckerei  420. 


Pichot  &  Co.  207. 
Pickenhahn  &  Sohn  350. 
Pictnresque  America  1  26. 

—  Europe  1  26. 
Picd  du  roi  145. 
Pierer,  LL  A.,  351. 
Pierersche Buchdruckerei  292.  35  1 
Pietsch,  A.,  430. 

Piil,  C,  iiL  444. 
,  Piloty  396. 

1  „Pinakothek,  die  altew,  396. 

Piranesi,  Vater  und  Sohn,  244. 

Pitris,  C,  187. 

Pitt- Press 

Planotypie  303. 

Plauen  350. 

Plesse,  Chr.,  291. 

Plön,  199. 

Pocher,  C.  A.,  398. 

Poiriers,  L.,  159. 

Poitiers  202- 

Pomba,  Familie,  241. 

Polz,  E.,  347- 

Poppelbaum,  288. 

Poppelbaum  &  Bossow,  291. 
I  Porter,  T.  J.,  43. 

Posen  373. 

Posner,  C.  F.,  437. 
I  „Postamts-Zeitung~  380. 

Potter,  E.,  &  Co.  129. 

Pourrat  fr&res  2  1 2. 

Powell,  D.  F.,  62. 

Powell,  Jos.  Martin, 

Prachtwerke  in  Dänemark  442. 

—  Deckers  363. 

—  in  Deutschland  271. 

—  in  England  95. 

—  in  FrankreicE~i97.  204. 

—  liturgische,  398. 

—  in  München  397. 

—  in  Stuttgart  391. 

—  in  Wien  422. 
Prägpresse 

Prag  431- 

Prang,  Ludw.,  131. 
Prasch  295. 


Preuschen,  A.  G., 
Press,  t/ie,  7_8. 


402, 


4S2 


REGISTER. 


Presse,  la%  193. 
Presse,  Die  Drucker-, 

—  Haassche,  4^.  407. 

—  eiserne,  4^. 

—  Stanhopesche,  50. 

—  Coggersche,  5j_. 

—  Columbia-,  5j_. 

—  Kniehebel-,  5^ 

—  Strebe-,  52. 

—  Schottische,  52. 

—  Tret-,  52. 

—  Hydrostatische,  £2_. 

—  mit  Farbeauftrag,  52. 

—  Hydraulische,  53. 
Pretzsch,  P.,  14.  433. 
Pressverhältnisse  in  Österreich  413. 
Prestel,  J.  G.,  300. 

Prevost,  Hist. gener.  des  Voyages  12& 

Printinghouse-  Square  55. 

Privat,  P.,  202. 

Privilegien  in  Frankreich  166. 

Prochaska,  Familie,  432. 

Propaganda,  die,  233. 

Prudon  &  Co.  159. 

Publishcrs  Circular  94. 

Pustet,  Fr.,  398. 

Putnam,  G.  P.,  lü. 

Pyrostereotypie  149. 

Ouaritch,  Bernh.,  iüsl. 
Quijano,  F.,  245. 

Raab  437. 

Racinet,  I' ornement  polychrome  181. 
Raddma  1^  König,  1 13. 
Radde,  ().,  377- 
Radde,  \V.,  133. 
Raflfelsberg,  J.,  420. 
Raguenau,  P.,  1  6o. 
Rame  pere  176. 
Ranguhn  109. 

Raschid- Eddin,  Hist.d.Mongol.  \  \(>. 
Rasselax  3^ 
Rath,  Mor.,  437. 
Recherehes  asiatiques  1 74. 
Reclam  jun.,  Ph.,  347. 
Reduktionsapparat  377. 
Reed  <5c  Fox  32. 


Regensburg  398. 

Reichel,  Gebr.,  399. 

Reichen  berg  432. 

Reichsdruckerei  368. 

Reifenstein,  G.,  438. 

Reimer,  C,  366. 

Reimer,  G.  A.,  366. 

Reinwald,  C,  &  Co.  2 1 8. 

„Reis  mit  Honig**  1 13. 

Reisner,  D.,  372. 

Reiss,  H^  43t. 

Relief  printing  Company  15. 

Religious  Tract  Society  99. 

Renaissanceschriften i.  England  32. 

Renault  &  Robeis  150. 

Rene  &  Co.  150. 

Rennes  zsn* 

Renouard,  A.  A.,  218. 

Reussner,  J.  F.,  373. 

Revillon  &  Co.  456. 

Reutlingen  393. 

Richter,  J.  F.,  376. 

Rieder  &  Simmer  411. 

Ringer,  E.,  370. 

Rio  de  Janeiro  248. 

Rivadaneira,  M.,  245. 

Riverside -Press  130. 

Rivington,  Charles,  99. 

Röder,  C.  G.,  348. 

Roeloffzen  &  Hübner  227. 

Römmler  &  Jonas  350. 

Rohrer,  R.  M.,  432. 

Rollinger  cS:  Mössmer  430. 

Rom  242. 

Roman.  Gruppe,  Charakter.,  140. 

Romanet  &  Co.  207. 

Rommel,  M.,  &  Co.  391. 

Roorda,  T.,  iziL 

Roret,  E.,  209. 

Rosenborg,  Fr.,  41. 

Rossbach,  A.,  337. 

Rostock  375. 

Rotterdam  2-2JL 

Routlegde  &  Sons  9^. 

Row,  Elisabeth,  29. 

Roxburgh-Club  ioi. 

Roxburgh,  John  Herzog  v.,  uu* 

Roy,  Adr.  le,  325. 


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REGISTER. 


483 


Rue,  de  la,  &  Co.  105. 
Ruprecht,  K.,  301. 
Rusher,  P.,  3_2. 
Rust,  L  IL  291. 
Ruthven,  J.,  5_£. 
Rustschuck  462. 
Ryles  &  Son  6 


Sachse  &  Co.  370. 
Sacre  et  couronnem.  de  Napoleon  1 74. 
Sacy.S.de,  Les  seances  de  Hariri  176. 
Saggio  tip.  dt /regt  et  majuscola  234. 
Salzer,  Familie,  421. 
Sandmeyer,  W.,  375. 
Sandwichsinseln  1 13. 
Sarepta  457. 
Satiniermaschine  Cm*  3 
Savage,  Will.,  So. 
Saxton,  J.,  52. 
Scamoni,  G.  v.,  14.  454. 
Schäfer  &  Korradi  134. 
Schäfer  &  Scheibe  371. 
Schauberg,  G.  A.,  380. 
Schauenburg,  M.,  402. 
Schauer,  G.,  372. 
Schauer,  Hans,  395. 
Scheible,  J.,  389. 
Scheitlin,  C.  P.,  410- 
Schellenberg,  L.,  400. 
Schelter  &Giesecke  287.  315.  319. 
Schemm,  Franz,  398. 
Schimpf,  C,  398. 
Schleifmaschinen  3^ 
Schlotke,  Ferd.,  316.  319.  376. 
Schliitersche  Buchilr.  378. 
Schmid,  Ant,  419. 
Schmidt,  L.  \V.,  134. 
Schmidt  &  Spring  391. 
Schmiers,  Werner  &  Stein  315. 
Schneider,  Friedr.,  395. 
Schneider,  R.,  453. 
Schneider,  Th.,  455. 
Schneidemaschine 
Schnellpressen  306.  333. 
Schnellpressen,  lithograph.,  316. 
Schnuck,  Familie,  187. 
Schönlein,  390. 
Schöprlin,  Joh.  D.,  404- 


Schotte  &  Co.  372. 
Schottländer,  S.,  373. 
Schreibkugel  446. 
Schreibschriften,  franz.,  146. 
Schriftgiesserei  in  Amerika  33^ 

—  in  Berlin  359. 

—  in  Dänemark  444. 

—  in  England  2^. 

—  in  Frankreich  156. 

—  in  Stuttgart  391 . 
Schriftgiessmasch^S,  1 59.295. 445. 
Schröder,  E.  Hy  372. 
Schröder,  W.,  &  Co.  3 1 9. 
Schröpel  459. 

Schuchardt,  Chr.,  412. 

Schuckert,  Sigm.,  295. 

Schünemann,  C,  378. 

Schürmann,  W.  R.,  3  1 9. 

Schürmann,  A.,  353. 

Schultz,  J.  H^j  444. 

Schultz,  R.,  &  Co.  187. 

Schultze,  C,  367. 

Schultze,  W.  F.,  381. 

Schulzsche  Hofbdr.  378. 

Schumacher  3 1 7. 

Schumann,  A.        3  1  5 . 

Schuster,  R.,  372. 

Schwabe,  B.,  378, 

Schwann,  L.,  379. 

Schweighausersche  Buchdr.  408. 

Schwerin  375. 

Schwetschke,  Familie,  354. 

Scribners  Zeitschriften  122. 

Scott,  Sir  Walter,  &l 

Sebald,  U.  E.,  398. 

Seeger,  Max,  391. 

Seemann,  E.  A.,  349. 

Seidelin,  A.,  444. 

Seitz,  G.  W.,  376. 

Seliwanowski  456. 

Seiligu6  317- 

Senefelder,  A.,  ii  396. 

Serajewo  437. 

Serbien,  Einführung,  459. 

Serbischer  National- Verein  43 7. 

Sequoyah  35. 

Serampur  1 06. 

Series,  Scienti/iques,  130. 

3'* 


484 


REGISTER. 


Serriere  &  Bausa  159. 
Serz  &  Co.  398. 

Setzmaschine  in  Amerika  u .Engl.  4 o . 

—  in  Deutschland  295. 

—  in  Dänemark  445. 
Shakspeare- Press  50. 
Shakspeare  Prachtausgabe  76. 
Shanghai  109. 

Shank,  P.  M.,  39. 
Sharpe,  Granville,  99. 
Sheldonian  Theater  8_l 
Shinpao  ilä. 
Sidney  1  u. 
Siede,  le,  193. 
Sieger,  Ed.,  434. 
Siemens  &  Halske  295. 
Silbermann,  G.,  205. 
Silva,  J.  C.  da,  246. 
Silvestre,  L.  C,  218. 
Simin  453. 
Sirven,  J.  M.,  2m* 
Sistowa  462. 
Sittenfeld,  J.,  367. 
Skandinavia- Presse 
Sliwna  462. 
Smirdin  453. 
Smith,  P.  und  M.,  fii. 
Smith  &  Son  9^. 
Smyrna  25 1. 

Society  Jor  usefull  Knowledge  95. 

Soc.  gen.  de  libr.  catholique  211. 

Sörensen,  Chr.,  4_i_.  424. 

Sofia  462. 

Solnhofen  iL 

Sommer,  L.,  42  l 

Sonzogno,  Ed.,  241. 

Soubise,  Nöte/,  1 74. 

So  wer,  Potter  &  Co.  129. 

Spaarmann,  A.,  379. 

Spamer,  Otto,  347. 

Spemann,  W.,  392. 

Spencer,  Lord,  102. 

Spener,  Familie,  308.  365. 

„Spiegel  vom  Serampur14  107. 

Spielkartenfabrikation  in  Engl.  105. 

Spilbury,  Th.,  ^ 

Spinn,  C.  A.,  &  Zoon  227. 

Spottiswoode  &  Eyre  96. 


Springer,  Jul.,  ^ 
Staatsdruckerei  in  Belgrad  459. 

—  in  Berlin  3  65. 

—  in  Paris  170. 

—  in  Pest  436. 

—  in  St.  Petersburg  454. 

—  in  Washington  124. 

—  in  Wien  421. 
Stahel,  B ,  399. 
Stamperia  camerale  243. 
Stalling,  G.,  378. 
Stanhope,  Lord,  36.  49. 
Stationary- Artikel  23_.  104. 
Stationers  Company  u.  Hall  9^. 
Statistisches,  Belgien  232. 

—  Dänemark  444. 

—  Deutschland  274. 

—  England  89^ 

—  Frankreich  111- 

—  Holland  227. 

—  Italien  237. 

—  Norwegen  449. 

—  Österreich  437. 

—  Rumänien  461. 

—  Russland  453.  457. 

—  Ungarn  437. 

—  Württemberg  393. 
Statt stique  de  la  France  174. 
Statthalterei-Buchdr.  in  Prag  43  2. 
Statut  de  t ordre  de  St.- Esprit  206. 
Steinbock,  R.,  371. 

Steiger,  E.,  13^. 
Steiner  295. 
Steinkopf,  J.  F.,  390. 
Stenochromie  377. 
Stenographischer  Satz  291. 
Stereotypie,  die,  $6.  151.  192. 
Stettin  374. 
Stiepel,  Gebr.,  432. 
Stigmatypie  304. 
Stöckel,  W.,  349. 
Stoffler  &  Backe  290.  3 1  9. 
Stopp,  F.  W.,  432. 
Storch  &  Kramer  371. 
Strahan,  Will,  and  Andr.,  25. 
Strassburg  403. 

Strassburger  Stadtbibliothek  404- 
Straub,  F.,  394. 


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REGISTER. 


Strauss,  A.,  421. 
Strauss,  B.,  317. 
Strixner  396. 
Stroefer,  Th.,  395. 
Stuttgart  384. 
Styblo,  B., 
Styria  433- 

Suitterlin,  Claussen,  &  Co.  67. 
Sumatra  109. 
„Sun-  123. 

Sunday  School  Union  1 29. 
Susato,  T.,  324. 
Susemihl  i_t_. 
Swett,  E.,  &  Daul  48. 
Swiderski,  Ph.,  3 1 5. 
Synodalbuchdruckerei  456. 
SythofT,  A.  W., 
Szegedin  437- 

Talbot,  Fox,  i_l 
Tarbe"  &  Co.  150. 
Tauchnitz,  Bernh.,  340. 
Tauchnitz,  K.,  337. 
Tauchnitz,  K.  Chr.,  338. 
Taylor,  R.,  54. 
T£chener,  L.,  Fils  216. 
Teheran  25  l 

Teirichs  „Bl.    Kunstgew."  430. 

Templier,  A.,  213. 

Temeswar  43  7. 

Terceira  1 13. 

Teschen  432. 

Testu  &  Massin  207. 

Tetot  aia. 

Tetschen  432. 

Teubner,  B.  G.,  3_3_7_.  350. 

Theinhardt,  F.,  285. 

Thesaurus  grcccce  tinguat  iJLl. 

Thiele,  Gebr.,  443. 

Thienemann,  K.,  391. 

Thiers,  Hist.  de  la  Revolution  203. 

Thomann,  J.,  399. 

Thoras,  P.,  109. 

Thordarson,  Einar,  448. 

Thorowgood  32. 

Thurneyssen,  J.  J  ,  409. 

Tidcombe,  G.,  &  Son  71. 

Tiegeldr.  -Tretmasch.,  versch.,  6_2: 


Tiflis  4^7; 
Tilloch  36. 
TV««- Offizin  84. 
Times  55. 

Timiriazeff,  D.,  48. 
Tirnowa  462. 
Töche,  Th.,  366. 
Tokio  (Jeddo)  Lia. 
Tolmer  159, 
Torchonplatte  10. 
Torre,  A.  de  la,  420. 
Toulouse  zsn* 
Touraine,  la,  196. 
Tract  Society,  American,  \  29. 
Trassier,  J.  G.,  418. 
Trattner,  J.  T.,  416. 
Treadwell,  D.,  52. 
Trennert,  J.  D.,  284. 
Tresling  &  Co.  zz& 
Tresor  artistique  de  la  France 
Tresor  de  numismatique  2Q&. 
Treuttel  &  Würtz  iM, 
Trewendt,  E.,  370. 
Tribüne,  New  York,  117. 
Trier  379. 
Triest  433- 

Trionfo  della  fidel ta  326. 
Trittmüller  67. 
Troitzsch,  O.,  371. 
Troppau  418. 

Trowitzsch  &  Sohn  285.  373. 
Trübner,  Nikolaus,  isiSL 
Truscott,  Francis,  91. 
Tümmel,  W.,  39s. 
Turnbull,  Thomas,  69. 
Tschudi,  Iwan  v.,  410. 
Tschulik,  L.,  41^ 
Tucker,  Henry,  150. 
Tübingen 
Turrel  &  Saxton 
Turin  241. 

Typographia jubilans  341. 
Typometrie  407. 

Über  Land  und  Meer  389. 
Ungarn  436. 

Unger,  J.  G.  und  J.  F.,  297. 
Unger,  Gebr.,  365. 


486 


REGISTER. 


Univers  pittoresque  1S1. 
Universitätshuchrir.i.Miinchen  394. 

—  in  Pest  437. 

— ■  in  St.  Petersburg  456. 
Utensilien -Geschäfte  7_i. 
Unzelmann,  Fr.,  298. 

Valencia  245. 
Valcntines  104. 
Valct  &  Co. 
Valley  re,  Gabr.,  15 1. 
Vanderborght  232. 
Vanderhaegen,  E.,  232. 
Vandiemensland  1 12. 
Veit,  J.  B.,  401« 
Veit  &  Co.  372. 
Velten,  J.,  401. 
Venedig  239. 

Vereinigung  des  Boekhandels  227. 
Vereinigungen  in  Deutschland  272. 
Vereinsbuchdr.  in  Mannheim  401. 

—  in  Stuttgart  390. 
Verlag  der  Klassiker  388. 
Verlags- Anstalt,  Deutsche,  390. 
Vertiz,  J.  J.,  248. 

Victoires  et  ConquHes  185. 
Victoria -Druckerei  90. 
Vidal  207. 

Vieweg,  Fr.,  284.  3_i6.  354. 
Vieweg  &  Sohn  354. 
Villebois,  E.  de,  175- 
Villeneuve,  J.  de,  246. 
„Virgil"  (Baskerville)  2jL 
Visconti,  Iconographia  1  ;S. 
Vogel,  Daniel,  298. 
Vogel,  F.  C.  W.,  348. 
Vogel,  Otto  und  Albert,  299. 
Vogt,  G.,  366. 
Voigt,  B.  F.,  352. 
Voirin,  E,  1 59. 
Volkmann,  W.,  330. 
Voss,  L.,  348. 

Wagner,  Rud.,  371. 
Wagnersche  Buchdruckerei  433. 
Wahabi,  Mustapha,  24«;. 
Wahlen  &  Co.  230.  232. 
Waisenhausbuchdr.  in  Halle  3s 3» 


Walbaum,  Erich  und  Th.,  ?Sy 
Waldheim,  R.  v.,  430. 
Waldow,  Alex.,  319.  347- 
Walker  50. 
Walle,  J.,  395. 
Wals  149, 

Walter,  J.,  1  u.  11,  54. 55. 58.  84^  85. 

Walze,  Die,  50. 

Walzenmasse,  englische,  7_i_. 

Wanderburgh,  Wills  &  Co.,  3^. 

Wandsbeck  376. 

Ward,  Marcus,  105. 

Warrington  46. 

Waschau  456. 

Wasmuth,  E.,  3  72- 

Waterlow,  Sir  Sidney,  9_i.  oji. 

Watts,  W.  M.,  $2. 

Watzulik  292. 

Weber,  J.  J.,  348. 

Wedgwood 

Weifenbach,  W.,  395. 

Weigang,  Gebr.,  3. so. 

Weigel,  T.  O.,  348. 

Weigel,  R.,  348. 

Weimar  35;  1. 

Weise,  Gustav,  391. 

Weisert,  Otto,  290. 

Weiss,  J.  G.,  3Q4- 

Weisskunig,  der,  419. 

Wellesley,  Marquis,  107. 

Wenzler,  H^.  446. 

Werlitz,  L.,  3&7- 

Wesmael-Charlier  23  1 . 

Westcott  39. 

Westermann,  G.,  355. 

Westermann  Brothers  134« 

Westpheling,  J.,  410. 

Weyer,  P.  W.  van  der,  2_iiL 

Weynreich,  373. 

Wezel  &:  Naumann  348. 

Wheeler  &  Wilson  20. 

Whitaker,  Ch.,  7^. 

Wiek  43_. 

Wiede,  Alex.,  347. 
Wiegandt  &  Grieben  372. 
Wielands  Werke,  Prachtausg.,  3J  l 
Wieprecht,  M.,  350. 
Wier,  Richard,  103- 


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REGISTER. 


487 


Wiesbaden  400- 
Wiesing,  W.,  34^ 


Wigand,  G.,  349» 
Wigand,  Otto,  347.  348. 
Wilberg,  Karl,  463. 
Wild,  F.,  305; 
Wiley  Ü:  Putnam  1  27. 
Wilkins,  Charles,  106. 
Wilkinson,  J.  B.,  63. 
Wilkinson  &  Co.  9^ 
Wilson,  A., 
Winberg,  T.  v.,  455. 
Winckelmann,  J.,  370. 
Winder,  J.  R.,  43. 
Wing,  W., 
Winiarz,  E.,  432. 
Winiker,  C,  432. 
Winter,  C.  F.,  in  L.  348. 
Winter,  C.  F.,  in  D.  400. 
Winterthur  410. 
Wismar  375. 
Wittersheim  &  Co.  z&±* 
Witthingham,  Familie,  7J}. 
Wittich,  L.  C,  400. 
Witwer,  C,  392. 
Wodianer,  Ph.,  43;. 
Wolvercote  Sj^ 
Woodburydruck  14^ 
Woodfall,  G.,  54. 
Woods,  W.,  &  Co. 
Wöllmer,  W.,  zMl 
Wohlfarth,  J.  A.  v., 
Wolff,  B.  M.,  456. 
Wolff  &  Sohn  395. 
Worcester,  Dietionary 
Worms,  Maschinenfabrik,  315. 
Worsleyanum  7_7_. 
WUrtheim,  J.,  &  Zoon  üiL 
Würzburg  399. 
Würtz,  J.  G.,  iM 
Wüste,  Fr.,  320. 
Wurm,  J.  X.,  4J_. 
Wurster,  Randegger  &  Co.  410. 
Wyman  &  Son  o^j. 
Wyss,  K.  J.,  41 1. 


Li! 


All, 


110. 


Xylographie  in  Amerika  1 23^ 

—  in  Dänemark  444. 

—  in  Deutschland  258.  296. 

—  in  England  2_fL  7_o_. 

—  in  Frankreich  142.  156. 

—  in  München  305- 

—  in  Stuttgart  390. 

—  in  Wien  433. 

Yomiri  Schimbun  1 1 1 . 
Young,  J.  ILi  41- 
Yves  &  Barrot  156- 

Zähnsdorf,  J.  W.,  104. 
Zamarski,  C.  A.,  429. 
Zande,  van  der,  23  1. 
Zaragozano  &  Jaime  245. 
Zeitungswesen  in  Algerien  248. 
n  Australien  112. 
n  Berlin  367. 
n  der  Kapkolonie  1 
n  China  1 10. 
in  Deutschland  269. 
n  England  84.  82.  8_& 
in  Finnland  453. 
in  Griechenland  464. 
n  Indien  107. 
n  Italien  238. 
u  Japan  1  lq, 
Ii  Nordamerika  115. 
n  Norwegen  449. 
q  Paris  219.  221. 
n  Portugal  247. 
in  Russland  457. 
in  Schweden  452. 
n  der  Schweiz  406. 
n  Serbien  460. 
n  der  Türkei  25 1. 
11  Südamerika  24S. 
Zinkhochätzung  155. 
Zollikofer,  Familie,  410. 
Zürcher  &  Furrer  410. 
Zürich  409. 

Zweifarbenmaschine  312. 


488 


REGISTER. 


B.  NACHWEIS 
DER  ANGEFÜHRTEN  QUELLENSCHRIFTEN. 

Bei  Zeitschriften,  Adressbüchern,  Ausstellungsbcrichten  u.  dgl.,  die  öfters  ritiert 
werden,  ist  ein  Hinweis  nicht  gegeben.) 

Abott,  Jac.,  The  Harper  Establish-  Auer,  A.,  Die  Entdeckung  d.Natur- 

ment  S.  120.  selbstdruckes  424. 

Adeline,  J.  —  L.  H.  Brevilre  204.  —  K.  K.  Hof-  u.  Staatsdruckerei 

Adressebog  for  den  danske,  norske  og  auf  d.  Pariser  Ausst.  1855  424. 

fvenske  Boghandel  etc.  —  Geschichte  und  Beschreibung 

Adressbuch,  Allgem.jf.d.deutschen  d.  K.  K.  Hof-  u.  Staatsdr.  424. 

Buchhandel.  Begr.  O.  A.Schulz.  —  Über  das  Raumverhältniss  d. 

Adressbuch  f.  d.  Buchh.  i.  d.  Österr.- 1  Buchstaben  423. 

Ung.  Monarchie,  Hrsg.M.Perles.  |  AutobigraphyoJRa.  I  F.  Chambers  83- 

Andrews,  A.,  The  history  of  british  Bachmann,  J.H.,  Die  ersten  Schnell- 

Journalism  88.  pressen  in  Deutschland  307. 

Anecdotes  0/  \Y.  Bmvyer  75.  Baillere,  J.B.,  LeccrcUdelalibr.  194. 

Annalen  der  Typographie.   Hrsg.  —  La  änquantaine dyun  libr.  209. 

C.  B.  Lorck.  .  Ballhorn ,  Fr.,  Alphabete  oriental. 

Annales  de  /' Imprimerie.  und  Occidental.  Sprachen  286. 

Annuaire  de  la  librairie  et  de  fim-  Bauer,  C,  Handbuch  der  Buch- 

primerie  en  France  186.  binderei  278. 

Annuario  del  comercio  1882  244.  Bell,  J.  G.,  Catalogue  of  7vorks  illu- 

Appltgalhs  cV  C.m>pers  horizontal  straf ed  by  J\  and  J.  Bewirf  80. 

Machine  60.  Bepalingen  omtr.  den  boekhandel  227. 

Arehimowitz,  Die  Papierstereotypie  Beretning  om  Siicuhrjesten  i  Chri- 

293.  stiania  1840  449. 

Archiv  f.  Buchdruckerkunst.  Hrsg.  Berger,  J.,  Die  Anfänge  der  period. 

AI.  Waldow.  Litteratur  d.  Buchhandels  266. 

Archiv  f.  d.  Geschichte  d.  deutschen  Bericht,  Amtlicher,  über  die  Aus- 

Buchh.  Hrsg.  d.  Börsenverein.  Stellung  in  London  1862. 

Arenstein,  J.,  Österreich  auf  der  Bernard,  A.,  Histoire  deV imprimerie 

internat.  Ausstellung  1862  425.  Royale  du  Louvre  170. 

Arnett,  J.  A.,  Bibiiopcgia  103.  —  Notice  historique  sur  Vimpri- 

Larte  del/a  stampa.  Edit.  S.  Landi.  merie  nationale  170. 

Auer,  A.,  Album  der  K.  K.  Hof-  Bernardi,  J.,  l'ita  di  G.Bodoni  233. 

und  Staatsdruckerei  1853  424.  Bernhardi-Zinghellini«,/A.Valescchi 

—  Alphabete  des  gesammtenErd-  Jntorno  ä  P.  Casta/di  240. 
kreises.  2.  Aufl.  427.  Bertram,  Osw.,  Geschichte  d.  Can- 

—  Der  polygraph.  Apparat  424.  steinschenBibelanst.i.Halle  353. 


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REGISTER. 


489 


Bibliographie  de  la  France. 

Biedermann,  K.,  Deutschland  im  , 
xvm.  Jahrh.  263. 

Böhlau,  H.,  Zur  Geschichte  d.  Hof- 
buchdr.  i.  Weimar.  Verl.-Kat.35 1 . 

Börsenblatt  für  den  deutschen  Buch- 
handel. 

Boghandlertidende,  Nordisk.  Hrsg. 

O-  H.  Delbanco. 
Boieldieu,  Outilage  typograph.  160. 
Boiteau,  Paul,  Produits  de  l'imprim. 

Kapp,  du jury  interna*.  Paris  1 8  6  7 . 
Bookseiler,  The  american,  1876. 
Boutmy,  E.,  Les  typographes  pari- 

siens  219. 
Brade,  L.,  Illustrirtes  Buchbinder- 
buch 278. 
Brinkmann,  C.  L.,  Naamlijst  v. 

boeken  1850 — 1875  227. 
Brockhaus,  H.  E.  —  Friedr.  Arnold 

Br  jckhaus.  3  Bde.  333. 
Bruce  Son  &  Co.,  Specimm  book  33. 
Bruckmanns  Artistische  Anstalt  in 

München  397. 
Brugsch,  H..  Afcmoires  sur  /es  ca- 

ract  res  demotiques  286. 
Brunet,  G.,  Firmin  Didot  et  sa  fa- 

mi/le  177. 
Buchdrucker  -  Zeitung ,  Deutsche. 

Hrsg.  H.  Blanke. 
Buchdrucker -Zeitung,  Österreich. 

Hrsg.  C.  Dittmarsch. 
Buchner,  K.,  Beiträge  z.  Geschichte 

des  Buchhandels  267. 
—  Schriftsteller  u.  Verleger  vor 

100  Jahren  267. 
Bullen,  G.,  Ca.xton  Celebration  91. 
Bulletin  de  fimprimerie  195. 
Bure,  Fr.  de,  Museum  typogr.  190. 
Camus,  A.  G.,  Mem.  sur  fhist.  du 

polytypage  et  de  la  Stereotypie  151. 
Caraeteres  de  la  Imprenza  Real  1793. 

Lissabon  247. 
Catalog  der  Bibliothek  des  Börsen- 
vereins. Hrsg.  F.  H.  Meyer  266. 
Catalogue,  American,  0/  books  (Fin- 

ding  list)  128. 
Catalogue,  Ca.xton  Celebration  91. 


Catalogue  des  livres  de  la  Biblio- 
thique  A.  F.  Didot  183. 

Catalogue  ofthe  Exhibit  0/  the  Ame- 
rican Book  Trade  126. 

Catalogus  libr.  ex  typographia  Sonett 
Congregationis  243. 

Celliez,  H.  et  Ch.  le  Senne,  Le  loi 
de  188 1  sur  la  Fresse  170. 

Gerde  y  Le,  de  la  libraire.  Notice 
historiquc  194. 

Chaix,  Statistique  de  l'imprimerie  en 
France  222. 

Chrysander,  Fr.,  Gesch.  d.  Musik- 
notendr, xv. — xix.  Jahrh.  324. 

Circular,  The printer's.  Edit.  R.  S. 
Menamin. 

Clymers  Patent-Columbiapresse  5 1. 

Correspondent  für  Deutschlands 
Buchdrucker.  Hrsg.  R.  Härtel. 

Conners  Sons  Speämenbook  33. 

Coromilas,  D.,  Cat.  des  livres  publies 
en  Grece  463. 

Crapelet,  G.  A.,  De  la  profession 
d'un  imprimeur  190. 

—  Etudes  etc.  sur  la  typographie 
190. 

Cucheval-Clavigny,  M.,  Hist.  de  la 
presse  en  Angl,  etaux  Etats  U.  116. 

Curven,  H.,A  hist.ofbooksellers  96. 

Delalain,  A.  H.,  La  typographie  ä 
t Exposition  universelle  de  1855. 

Derriey,  J.C.,  Specimen  Album  149. 

Didot,  A.  F.,  Histoirc  de  la  Typo- 
graphie 163. 

—  Vimprimerie,  la  librairie  etc. 
ä  T Exposition  185 1. 

Directory  0/  the  paper  martufaetures 
in  the  United  States  136. 

Dooselaere,  J.  S.  van,  Apercu  231. 

Duboc,  Jul.,  Geschichte  der  engl. 
Presse  88. 

Dupont,  P.,  Hist.  de  iHmprim.  163. 

—  Notice  sur  les  etablissements 
P.  Dupont  197. 

—  Une  imprimerie  ««1867  197. 
Duprat,  F.  A.,  Histoire  de  lf impri- 
merie imperiale  163. 

Duverger,  E.,  Album  typogr.  148. 


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490 


REGISTER. 


Eitelberger,  Die  Kunstbewegung  in  Hansen,  Paul  Botten-,  La  Norvtgc 

Österreich  428.  |    littcraire  449. 

Ettinghausen,  K.v.,  u.  A.  Pokorny,  Harpel,  O.  H.,  Typograph  126. 

Die  wissenschaftl.  Anwendung  d.  Hase,  Dr.  O.,  Breitkopf  &  Härtel 


Faivre,  A.,  Codemanuel  de  la  presse  ]  Hatin,  E.,  Histoire  du  Journal  en 

170.  1     France  221. 

Farmer  Little  &  Co.,  Spec.  book  33.  Hausius,  K.  G.,  Biographie  J.  G.  I. 
Faulmann,  C,  Illustrirte  Geschichte      Breitkopfs  321. 


Flammenstern,  A.  von,  Stereotypie  Histoire  de  Timprim.  centrale  197. 

in  Österreich  293.  History  0/  the  Balantyne  Press  82. 

Fouret ,  Rene ,  Exposition  internal.  Hodgson ,  T.,  An  Essay  on  stereo- 

de  Philadelphia  en  1876.  type  printing  37. 

Fournier,  H.,  Traite  de  la  typo-  Hoffmann,  F.  L.,  Ouvrages  conc. 

graphie  197.  P histoire  etc.  en  Belgique  227. 

Frauenlob,  J.R.,  Die  graph.  Künste  Hoffmann,  J.,  Catalogus  van  chin. 

a.  d.  Pariser  Ausstellung  1867.        Matrijzen  227. 
Fritzsche,  G.,  Moderne  Buchein-  Hoffmann,  L.,  Gesch.  der  Bücher- 
bände 278.  zensur  262. 
Frommann,  Fr.,  Gesch.  d.  Börsen-  Hugo,Th.,  TheBetoick  Collector  80. 

Vereins  d.  deutsch.  Buchh.  265.    —  Bewicks  wood  cuts  80. 
Gagnere,  A.,  Histoire  de  la  presse  Imprimerie  E.  Gyot  232. 

sous  la  Commune  221.  Imprimerie Jouaust  215. 

Geschichte  der  Buchdruckerkunst  V imprimerie,  Journal  de  la  typogr. 

in  Königsberg  1840  374.  Edit.  G.  Charavay  195. 

Geschichte  der  Kölnischen  Zeitung  Inigo  —  Lallemant Jreres  247. 

und  ihrer  Druckerei  380.  Jackson  &  Chatto,  A  treatise  on 

Geschichte  der  seit  300  Jahren  in      wood  engraving  26. 

Breslau befindl.Stadtbuchdr.37 2.  Journal  f.  Buchdruckerkunst.  Gegr. 
Gesetzgebung,  Preussische,  unter      von  Heinr.  Meyer. 

Fr.  Wilhelm  in.  262.  Kapp,  Fr.,  Der  deutsch- amerikan. 

Giustiniani,  Tipograf.  del  rcgno  di      Buchhandel  132. 

Napoli  243.  —  Der  deutsch-amerikan.  Buch- 

Goebel,  Th.,  Friedr.  König  und  die      druck  im  vor.  Jahrh.  132. 
Erfind,  der  Schnellpresse  54.        —  Zur  Geschichte  der  preuss. 
—  Die  Setzmaschinen  gesch.  u.      Censur  262. 
techn.  (a. Wiecks  ill. Gew.-Z.)  40.  Kanitz,  F.,  Serbien  459. 
Goupy,  V.,  V imprimerie  nationale  Kelle,  Dr.  J.,  Die  deutsche  und  die 

170.  !     lateinische  Schrift  256. 

Grant,  J.,  The  newspaper  Press  88.  Kelly,  Directory  of  stationers,  prin- 
Guitimez,  J.  M.,  Prima  imprenta  de      ters  etc.  96. 

Buenos- Aires  248.  Kirchhof?,  Dr. A.,Litteraturu. Buch- 

Gunne,  lieber  den  Buchhandel  in      handela.Schl.d.xvin.Jahrh.  267. 

Holland  227.  Klemm,  H.,  Die  Planotypie  303. 

Haas.  W.,  Beschreibung  einer  neuen  |  Knight,  Gh.,  The  old Printer  and  t/te 

Buchdruckerpresse  406.  modern  press  95. 

Hansard,  Th.  C,  Typographia  76. 


Naturselbstdruckes  424. 


321. 


der  Buchdruckerkunst  291. 


Hering,  A.,  Die  Galvanoplastik  294. 


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REGISTER.  49I 


König  &  Bauer,  Die  ersten  Druck- 
maschinen 54. 
—  Verzeichniss  der  ersten  2000 


Afasson,  V.}  Notice  necrologique  209. 
MaverikjA^rAfiV.-  York  Press  116. 
May,  F.  L.,  Press-guide  88. 


Schnellpressen  1873  311.  Memoir,    Biographical ,    0/  Luke 

Kramer,  G.,  A.  H.  Francke  353.        Hansard  78. 


Künste,  Die  graphischen,  428. 
Kugelmann,  J.,  Histoire  de  Vimpri- 
merie  cn  Portugal  246. 


Memoire  sur  la  contrefacon  en  Bel- 

gique  231. 
Mendez,  F.,  Tipogr.  Espahola  244. 


Lama,  Vita  di  G.  Bodoni  233.  Meyer,  H.,  Handbuch  der  Stereo- 
Landseer,  Th.,  Life  and  letters  of     typie  37. 

IV.  Bewich  80.  Mirecourt,  Eug.  de,  Fabrique  de 

Lenormand,  Handb.  d.  gesammten      romans  193. 

Papierfabrikation  278.  Mitchell,  C,  The  newspaper  press 

Lepsius,C.R.,  Stand. -Alp habet  286.      Directory  88. 
Literaturen  The  periodicat,  of  the  Mittheilungen  des  Deutschen  Buch- 

United  States  135.  drucker -Vereins. 

Loidelalibertedela presse  1 88 1  170.  Model-printer,  The.  Edit.  Kelly  125. 
Lorck,  C.  B.,  Geschichte  d.  Ver.  d.  Mohr,  L.,  Die  periodische  Fach- 

Buchh.  in  Leipzig.  Jubelschr.  264. 1     presse  28. 

—  Die  graphischen  Künste  auf  Motteroz,  C.,  Essai  sur  les  grav. 
der  Ausstellung  zu  Wien  1873.      chimiques  201. 

—  DerBuchh.u.d.  graph.  Künste  Mühlbrecht,  Otto,  Der  holländische 
aufd.Ausstzu Leipzig  1879  326.  Buchhandel. 

Lorenz,  C.  G.,  Zur  Erinnerung  an  Müller,  L.,  Die  Fabrikation  des 

G.  J.  Göschen  330.  ,     Papiers  278. 

Lorilleux,  Ch.,  Sur  la  fabrication  Munday,  E.,  Historical  sketch  of  the 

des  encres  160.  public  Ledger  119. 

Lott,  Ludw.,  Der  Buchdruck  auf  Muquardt,  C,  De  la  contrefacon  2  3  1. 

der  Wiener  Ausstellung  1873.  Nachdrucker,  Der  gerechtfertigte, 
Lottin,  Catalogue  chronologique  des      (J.  T.  v.  Trattner)  416. 

libraires  et  imprimeurs  1 86.  Nationaldruckerei,  Die,  in  Lissabon 
McKellar,    Th.,    The  American      1873  247. 

Printer  34.  Neudegg,  Freisauff  v.,  DieEktypo- 

—  Typographical  advertiser  34.        graphie  für  Blinde  426. 
McKellar,  Smiths  &  Jordan,  Spe-  \  Noble,  F.,  The principles  of  colour 

eimenbook  33.  printing  67. 

Mackie,  A.,  Jtaly  and  France.  An  Nordin,  J.G.,  und  G. E.Klemming, 

Editors  Holiday  Tour  47.  SvcnskBogtryckcric-Historia  451. 

Madden,  R.  R.,  Thehistory  of  Irish  Notice  sur  la  vie  de  L.  Hachette  2 13. 

periodical  Litterature  88.  Xyrop,  Q.,Bianco Luno ogden danske 

Maillard,  F.,  Histoire  de  150  jour-      Bogtrykkerkonst  452. 

naux  221.  —  Bidrag  til  den  danske  Bog- 

—  Hist.  dela presse parisienne  221.      handels  Historie.  2  Bde.  442 . 
Mallou,  J.,  Les jeurnaux  beiges  232.     —  Christian  Sörensen  445. 
Martinet,  E.,  Rapport  sur  Vimprim.  Ottino,  G.,  La  stampa  periodua  etc. 

et  la  librairie.  Expos,  univ.  1878.      ///  Italia  238. 
Masson,  G.,  Rapport  sur  les  arts  Parton,  J.  —  G.  IV.  Childs  119. 
graphiques.  Vienne  1873  213.       —  The  life  of  HoraccGrcely  118. 


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492  REGISTER. 

Perthes,  C.  T.,  Friedrich  Perthes'  Schmid,Ant.,  Ottaviano  da  Petrucci 
Leben.  da  Fosombrone  324. 


Petit,  L.  D.,  Geschiedenis  der  Ver- 
einigung 227 
Phototypie  Benziger  411. 


Schnee,  Aug.,  Trente  ans  de  la  litte- 

rature  Beige  231. 
Seelhorst,  Dr.  G.,  Katechismus  der 


Piil,  C,  Die  Cheraitypie  444.        ,     Galvanoplastik  294. 
Pitou,  E.,  La  famille  Didot  177.    1  Senefelder,  A.,  Lehrbuch  der  Stein- 
Porvy,  de,  Frecis  sur  la  Stereo-      druckerey  7. 

typte  151.  Silbermann,  Alb.d'imprcssions  205. 

Pothast,  Aug,  Die  Abstammung  d.     —  Album  typographique  205. 

Familie  Decker  358.  Sirven,  Alfr.,  Journaux  et  Journa- 

Powell,  J.  M.,  Select  specimens  32.       Hstes  221. 
Preuschen,  A.  G.,  Grundriss  d.typo-  Smalian,  H.,  Handbuch  f.  Buchdr. 

metrischen  Geschichte  406.  im  Verkehr  m.  Schriftgiess.  146. 

Printing  times,  and  Lithographer.  Smiles,  F.,  Fr.  König  54. 

Edit.  C.  W.  A.  Wyman.  Soennecken,   F.,   Das  deutsche 

Prinz,  A.,  Der  Buchhandel  von      Schriftwesen  256. 

1 8 1 5  —  1863  267.  Specimen  Exchange,  The  Printers 

Probenalbum  v.  J.  Klinkhardt  288.      international  105. 
Propaganda,  Speämen  eharacterum  Statut  d.  Börsenvereins v.  1880  265. 

243.  Steche,  R.,  ZurGeschichte  d.Buch- 

Prutz,  R.  E.,  Geschichte  d.  deutsch.      einbandes(a.d.Arch.d.D.B.)  278. 

Journalismus  269.  Steiger,  E.,  Der  Nachdruck  in  Nord- 

Publikationen  des  Börsen  Vereins.        amerika  132. 
Pubtishers,  Circular,  London.  —  The  periodieal  litterature  o/the 

Publishers  weekly,  New  -York.  United  States  116. 

Querard,  J.  M.,  Quelques  mots  sur  Stiftungen, Die,  A.  H.Franckes353. 

M.  B os sänge pere  218.  TentoonstellingAmsterdam  1881  228. 

Raffelsberger,  Franz,  Proben  der  Texier.Ed.,  Histoire des joum.  221. 

ersten  graphischen  Typen  420.  Theinhardt,  F.,  Liste  hieroglyphi- 
Register,  The printer's.  Edit.  J.  M.      scher  Typen  286. 

Powell.  Trade  List,  Uniform  annual  (Ame- 

Reglem .  over  de vereenigung etc.  227.      rika)  128. 
Riego,  A.  de,  Catalogue  des  obras  Trentsensky,  Jos.,  Erzeugung  von 

impr.  de  J.  A.  de Macedo  247.  Schriften  en  haut-relief  426. 

Roseleur,  F.  v.,  Handbuch  der  Gal-  Truelsen,  M.,  StatisttskOverßgtover 

vanoplastik  294.  Typographien  i  Danmark  444. 

Rowell ,  G.  P.,  The  man  7vho  ad-  Typologie  Tucker.    Edit.  Henry  J. 

vertise  116.  Tucker  195. 

Sampson,  H.,  A  history  0/  adver-  Typographia,  Helvetische. 

tising  88.  Typographische  Mittheilungen  von 

Savage,W.,  Diction.  of printing  57.      J.  G.  Schelter  &  Giesecke  287. 
Schäfer,  J.  Chr.,  Sämmtliche  Papier-  Unger,  J.  Fr.,  Denkmal  eines  Berlin. 

versuche  278.  Künstlers  (J.  G.  Unger)  365. 

Schasler,  Max,  Die  Schule  d.  Holz-    —  Probe  einerneuenArt deutscher 

schneidekunst  297.  Lettern  365. 

Schlotke,  Ferd.,  Bericht  über  die  Unger,  O.  L.,  Flüchtige  Blicke  a-d. 

Londoner  Ausstellung  1861.  letzten4oJ.d.Buchdruckerk.365. 


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493 


Vorwärts,  Zeitschr.  f.  Buchdrucker. 
Wegelin,  P.,  Die  Familie  Haas  406. 
Wehle,  J.  H.,  Die  Zeitung  269. 
Werdet,  E.,  De  la  librairie  Fran- 
(aise  163 

—  Etudes  bibliographiques  177. 

—  Histoiredulivreen  France  163. 
Whitaker,  Re/erence  Catalogue  (Eng- 
land) 96. 


'  Wilson,  J.  F.,  StereotypingandeUctro- 

typitg  37- 
—  Typographie Print.  mach  ine  64. 

Wolff,  C,  Ueber  d.  gegenw.  Zust. 
d.  Buchhandels  in  Bayern  304. 

Wuttke,  H.,  Die  deutschen  Zeit- 
schriften 269. 

Zähnsdorf,  J.  W.,  The  art  of  Book- 
binding  104. 


LKII'/IG,  UKUCK  VON  W.  DRL'CULIN. 


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I 


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I 


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