Handbuch der
geschiente der
buchdrucker...
Carl Berendt Lorck
CARL B. LORCK
HANDBUCH DER GESCHICHTE
DER
BUCHDRUCKERKUNST
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0 HANDBUCH DER GESCHICHTE
DER
BUCHDRUCKERKUNST
VON
CARL B. LORCK.
ZWEITER TEIL
WIEDERERWACHEN UND NEUE BLÜTE DER KUNST
1 75 1 — 1882.
LEIPZIG
VERLAG VON J. J. WEBER
MDCCCLXXXin.
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^ y ^ ff. f2.
JAN 7 im
V ORBEMERK UN G
zu dem zweiten Teil.
Indern ich den Schlussteil meines Handbuches der
Geschichte der Buchdrucker kunst etwas später und nicht
unwesentlich umfangreicher, als es in der ur sprüng-
lichen Absicht lag, der Öffentlichkeit übergebe, geschieht es,
trotz der wohlwollenden Aufnahme , welche dem ersten
Bande sowohl seitens der Presse als des Publikums zuteil
wurde, nur mit vermehrter Zagliaftigkeit.
Seite für Seite nähert sich die Darstellung einer
Periode, in welcher jeder dem Fach angehörende Leser
nicht nur zu den Zuschauenden, sondern, durch längere
oder kürzere Zeit, in mehr oder weniger hervorragender
Weise zu den Mitwirkenden gehört. Von den Leistungen
dieser Periode wird er sich selbst ein Bild gemacht haben
und eine fertige Afeinung mitbringen. Über Einzelheiten
wird derselbe nicht seltm genauer unterrichtet sein, als
der Verfasser des Buches, und wird deshalb leicht getteigt
sein, streng über letzteren zu Gericht zu sitzen, der
genötigt war, die Leistungen der verschiedenen Völker auf
dem typographischen Gebiete als Gesamtmasse und in
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VI
VORBEMERKUNG.
ihrem Verhältnis zu einander auf einem massigen Räume
in gedrängter Übersicht vorzuführen und dem deshalb
manches weniger bedeutend erscheinen konnte, was viel-
leicht dem Leser von einem nationalen, lokalen oder persön-
lichen Standpunkte von grösserer Bedeutung vorkommt.
So kann es leicht geschehen, dass der Betreffende sein
Ideal oder seinen Lieblings- „Meister"' nicht oder nur mit
wenigeti Worten erwähnt findet oder dass über einen
Gegenstand, welchen die Fachjournale die Pflicht hatten,
ausführlich zu erörtern, nur eine kurze Notiz gegeben
ist. Diesen Lesern muss ich zu bedenken geben , einerseits,
dass der vorliegende Band einen Zeitraum von fast andert-
halb Jahrhunderten des mächtigsten Fortschreitens der
Kunst in der alten und neuen Welt umfasst, anderer-
seits, dass ein geschichtliches Handbuch weder ein tech-
nisches Lehrbuch noch ein geschäftliches Adressbuch oder
ein empfehlender Preiscourant für Fabrikanten sein kann
und darf
In der Innehaltung der richtigen Grenze des zu
Besprechenden liegt eben die Hauptschwierigkeit eines
geschichtlichen Handbuches , welches bis auf den heutigen
Tag heranreicht. Dass indes diese Grmze überall richtig
getroffeti sein sollte, darf ich nicht behaupten. Missgriffe
und Fehler, sowohl hinsichtlich des Weggelassenen als
des Besprochenen , können bei der grossen Reichhaltigkeit
und Vielseitigkeit des Stoffes und bei der Unmöglichkeit,
überall gleichmässig orientiert zu sein, wohl vorkommen,
nur hoffe ich, dass man ein tendenziöses Hervorheben
oder Weglassen mir nirgmds wird nachsagen können.
Über die in diesem Bande befolgte Gruppeneinteilung
habe ich mich bereits in dem Vorwort zum ersten Bande
ausgesprochen. Wenn ich auch bestrebt gewesen bin, jedem
der maassgebenden Hauptländer sein Recht werden zu
lassen, so ist es doch selbstverständlich, dass Deutschland
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VORIiF.MUKKtW'C.
vir
den Anspruch auf eine etiuas detailliertere Behandlung
als England und Frankreich hatte, doch hoffe ich, das
erlaubte Maass zugunsten Deutschlands nicht überschritten
zu haben.
Obwohl die Bedeutung einer Offizin für die Geschichte
sich keineswegs immer nach Zahl der Pressen oder der
beschäftigten Arbeiter messen lässt — die berühmte Kunst-
druckerei von H. Reiss in Wien arbeitete mit „einer" Hand-
presse und „einem" Drucker — , so schien es doch geboten,
zur Vervollständigung eines Gesamtbildes des grossartigen
Wirkens der heutigen Presse dm Umfang der grösseren
Offizinen anzudeuten, obwohl bei der Aufzählung einer
Reihe von Firmen Monotonie nicht ganz zu umgehen war.
Dasselbe gilt von den statistischen Angaben über ganze
Länder oder einzelne Städte. Sie sind hauptsächlich auf
Mitteilungen aus den Jahren 1880 — 1882 begründet,
ohne sich durchweg an ein und dasselbe Jahr zu Italien,
was für den Zweck einer allgemeinen Übersicht ohne
Bedeutung war.
Hätte ich die Geivissheit, das mir gesteckte Ziel, über
welches ebenfalls im Vonuorte zum ersten Bande näheres
gesagt wurde, erreicht zti haben: „mit dem enormen auf-
gespeicherten Material aufzuräumen, das Nutzlose zu
beseitigen und in das zurückbleibende Wertvolle einiger-
m aussen Ordnung und Übersichtlichkeit zu bringen", so
würde ich mit grosser Befriedigung die Feder nach voll-
brachter, jahrelanger mühsamer Arbeit weglegen; jetzt
kann ich es nur mit dem Bewusstsein thun, dass ich
ehrlich bemüht gewesm, nicht gar zu weit hinter der
Aufgabe zurückzubleiben.
Leipzig, den 24. Oktober 1883.
Carl B. Lorck.
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INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
F TN T .F.ITf JNG
DAS LICHT UND DIE CHEMIE ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
Wiederbelebung der Buchdruckerkunst. Das geistige und das physische
Licht Photographie, Lithographie, Chemigraphie. — Alois Scne-
felder und der chemische Druck, Musiknoten-, Landkarten-, Ölbild-
und Aquarelldruck, anastatischer Druck. Die Daguerreotypie. Die
Silberphotographic, die Photographie und die Druckkunst, das
Woodbury -Verfahren , der Lichtdruck, die Alberttypic, der photo-
graphische Lichtdruck, die Photolithographie. — Verschiedene Hoch-
druckversuchc: die Chcmitypie, die Zinkhochatzung, ihre Vorzüge
und Mängel, ihre Zukunftsstellung 3 — 2Q
ERSTES RUCH.
DIE A N C I, O -AMERIKANISCHE GRUPPE.
EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH (23 — 28).
I. KAPITEL.
SCHkin GIESSEREI UND SETZMASCHINEN DER ANGLO- AM ER 1 K, A X ISC H K N
GRUPPE.
Die Schriftgiesserei : W. Caslon u., J. Jackson, D. Bruce, Mac Kellar
Smiths & Jordan u. a. Die Holztypen. Der Blindendruck. Lord
Stanhopes Stereotypie. Die Giessmaschine: Nicholson, Elihu White,
X INHALTS - VERZEICHNIS.
Seite
D. & G. Bruce, Johnson und Atkinson, Westcotts Giessmaschine.
1 >if. Setzmaschine, frühere Versuche : T. AI Jen, W. Mitchell, A. Fräser
u. .1. Hattcrslcy, Kastenbein, Mackie. Der Matrix rom/osiior und
ahnliche Apparate 29 — 48
IL KAPITEL
DIF. DRUCK. ITVn Hftr.FSMASrHIWF.K DFR AKGI.O-AMF.R1K ANISCHF.N
GRUPPE.
Die Handpresse. Lord Stanhope und seine Nachfolger: Cogger,
Clymer u. a. Die Auftragmaschine. Die Glatt- und Prägmaschine:
Bramah. Die Schnellpresse : Friedrich König in England, Bensley,
John Walter, der 29. November 1814, Kränkungen Königs, seine
Abreise von London, Walters Eintreten für ihn. Die Nachfolger
Königs: Napier, Applegath & Cowper, Hoe u. a. Die Endlosen:
W. Bullock. die Walter-Maschine u. a. Die Mehrfarbe-Endlosc. Die
Treimaschine. Die Aufleger, die Anleger. Du. Sa t in* i r rm a sc* n in r.
Dil. 1'' V. l: C HT.MT A R, A T F.. DlK ISRQNar.RMA^lllNK. Du; 1* AI.-'M \S' H1NE.
niVKRSF. HÖI.FSMASCII1SF.N. WAI.EKN UND FARBE. DlE MATERIALIEN-
HANDl.l N'C.l V 4') 7-
III. KAPIPEL.
PIK TVPOr.RAPHIF. I7ND DAS BUCHGEWERBE ENGLANDS.
Ent.land. Aufblühen der Typographie: J. Baskerville, Bowyer Vater
und Sohn, J. Nichols, Miller - Ritchie , \V. Bidmer, Th. Benslcv,
Hansard \"ater und Sohn. Die Xvi.or.KAi'HlE : Thom. Howiek. Der
Farbendruck: G. Baxter, W. Savage, W. Congreve. Oxford, Cam-
bridge, Edinburgh u. a. Die Zeitungspresse : Die Times und die
Familie Walter; Stempel; telegraphischer Verkehr; Inseratenwesen;
Statistisches. Di k AccmENznRUCK. Der Buchhandel: Die illu-
strierten Blatter, Ch. Kniidit. Der liibcldruck. Die Fiibliophilic :
I.or<l Spencer, T. F. Pibdin. Dil-, Buc'llljlNDEKKt'NST.
Asien: Indien, China, Japan, der Indische Archipel. — Australien,
die Südseeinseln. — Afrika 73— 'M
IV. KAPTTKI..
DIF. TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGFAYFRRE NORDAMERIKAS.
Wachstum der Fresst. Dir Zeitungen: Statistisches, der Herald,
Horace Greelcy und die Tribüne, G. Childs und der Ledger, die
Familie Harper, Frank Leslie uml die illustrierte Tresse. Die Holz-
schneidekunst. Dif. Bi-riinnurKFRVi und der Buchhandel: Die
Staatsdruckerei und der Accidenzdruck, Organisation des Buch-
handels. Grosse Druck- und Verlagsfinnen: Appleton, Lippincott,
ed by Google
INHALTS - VERZEICHNIS. XI
S--ir.-
Houghton u, a. , Einfluss des deutschen Elements, Nachdruck
deutscher Werke, deutsche Buchhandlungen und Zeitungen. Das
Papier HS— H6
ZWEITES BUCH.
IHK ROMANISCHE GKITPE.
••»-- —
EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH ( I 39 144).
V KAPITEL.
DIE SCHRIFTfilESSEREI UND DIE MASCHINEN IN FRANKREICH.
DlE SCHRlfTGtESSEREI: Das Schriftsystem Didots, seine Anglaise, Mole\
Oricntalia. Notendruck, E. Duver^-r, Charles Derriey und das typo-
graphische Ornament Holzschnitt und Hochätzung. Die Stereo-
typie: Pauli, Gaveaux, Tannin. Die Maschinen: Marinoni, Alauzet,
Dutartre u. a. Die Utensilien. Farbe. Papierfabrikation. Dir. Buch»
bindekunst 145 — 162
VI. KAPITEL.
DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH. DIE SCHÖPFER
DER VFUFRN TYPOC-R AI'Hl f.
Der Staat und die Presse unter Ludwig xvi., der Revolution,
Napoleon i., der Restauration, dem r.urgf rkonigtum, Napoleon Iii.
Die alteren IUchpruckfrmen: Die Staatvdnickerei und die Didot
in ihrem Einthivse auf die Typographie, die Familien I'anckoticke,
Harbou, Lottin, Treuttel \ Wdrt/, Rer^er-Levrault, Dentu, Crapclet i6j--ioo
VIT. KAPITEL.
DIE modfrve typohraihtf Frankreichs und das
BUCHGEWERBE.
Das Auflebf.n des Buchgewerbes. Die Prachtwerke. Nene Bahnen.
Der Cerele de la Librairie. Die Fachliteratur. Statistisches. Die
Journallitteratur. DlF. MODERNE Tvror.R \rnir. : A. Maine \ Co.,
H. Fournier, F. Dupont, J. Claye, N. Chaix, H. Plön u. a. Der
ll.LfSTRlF.RTF. Vf.ri.ac : Ch. Furne, J. Pul'ochet, J. Paulin. Du. l.fXis-
bücher: L. Curmer, G. Silbermann, Engelmann Vater & Sohn. Die
VERSCHIEDENEN RICHTUNGEN DES BUCHHANDELS: Baillere, Masson,
Hachctte & Co. u. a. Der archaistische Druck: L. Perrin.
D.Jouaust. Die Bibliographie: Die Buchhandlungen für das Ausland.
Statistisches 191—224
jd by Google
XII
INHALTS - VERZEICHNIS.
VIII. KAPITEL.
DIR ZWEIGE DI R ROMANISCH! N C.RUPPE.
Die Niederlande: Zurückgehen der Kunst. Der Nachdruck. Die
neuere Typographie Hollands und Belgiens. — Italien: G. Bodoni.
langsame Fortschritte. Venedig, die Mechitaristen. Fanfilo Castaldi.
Der Buchhandel , die Familie Pumba. Rom, die Druckerei der
Propaganda. Krfreuliche Ansichten. — Spanien: J. Ibarra. Madrid.
Barcelona, Pokti gai,: 1 >ic Staatsdruckerei. Südamerika: Buenos
Aires, Rio de Janeiro, Lima, Cuha, Mexiko. — Nordafrika: Algier,
Ägypten. TÜRKEI: Aufblühen und Verfall der Kunst. Jetzige I «ige 225 — 252
DRITTES RUCH
DIE G KR MANISCHE GRUPPK.
••• —
EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH (2g3 — 200).
IX. KAPITEL.
ALLGEMEINER ÜHERBUCK ÜnF.R DAS DEUTSCHE PRESsOEW ERHE.
Gedrückter Zustand des Pressgewerbes. Nachdruck und Presspolizei.
Die kaiserl. Bücherkommission. Die Presse in den einzelnen Bundes.
Staaten. Die nationale I.itteratur, Reform des Buchhandels. Der
Börsenverein. Die Bücherproduktion. Der Buchdrucker-Verband
und der Prinzipal »Verein. Statistisches. Die Papierfabrikation.
Die Buchbinderkunst, der Masseneinband und die Handarbeit . 261 — 280
X KAPITEL.
P1L .SCHRIFT UND PIK ILLUSTRATION IN DEUTSCH LAND-
ÖSTERREICH.
Aufschwung der Schriftgiesserei. Kd. Hänel. Die deutsche Druckschrift.
Walbaum Vater und Sohn. Hamburg, Berlin, Leipzig, Frankfurt a. M.
Osterreich, G. Haase, ("'. Faulmann. 1 )ie Stereu) ypie, die ( Galvano-
plastik, die Dynamo-Kiektrik. Die Giessmaschine. Die Illcstka i ion :
Verfall im xvm. Jahrhundert. Wiedererwachen des Holzschnittes.
Die Unger, Gubitz, Unzclmann. Kretzschmar u. a. Österreich:
Prestel, Höfel, Knöfler u. a. Die Tlanotypie. Die Stigmatypie:
Carl Fasol 2S1 — 304
ed by Google
INHALTS - VEKZEICH N IS.
XIII
Seite
XL KAPITEL-
iHK TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND.
Fr. König und die Schnellpresse. Die Bedeutung derselben. Jugend-
geschichte Königs. Seine Rückkehr aus England. Etablissement
König »V Hauer in Ober/eil. Kampf und Sieg. Die Zweifarben-
maschine. Die Endlose. Die Maschinenfabrik Augsburg und andere
Fabriken Deutschlands. Heibig & Müller in Wien und andere Fabri»
kauten üstei reich-, Uje lithographische und die / inkographi>chc
Schnellpresse. Die Handpressen, Die Satinier-Schncllprcsse. Die
Farbenfabrikation 305 — 320
XII. KAPITEL.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
J. G. I. Breitkopf, seine Reformen, der Musiknolcndruck vor P.reitkopf
und dessen Verbesserungen, Breitkopf & Härtel. G. J. Gbschen.
Friedr. Arnold Brockhaus und seine Nachfolger. B. G. Teubner.
Karl Tauchnitz. Fr. Nies und seine Nachfolger. B. Tauchnitz. Das
Jubelfest 1840. Giesccke & Devrient. Das Bibliographische Institut-
Verschiedene Offizinen Leipzigs. — Dresden: Meinhold & Söhne u. a.
llaüe: Waisenhausdruckerei, Schwel sclike \ Snhn. — Weimar: Hol-
buchdruckerei. — Gotha: Just. Perthes. — Braunschweig: Vicwcg&
Sohn, G. Westermann, Dr. Heinrich Meyer und das Journal für
Buchdruckerkunst 331 — 356
XTIT KAPITEL.
I'KK NORDEN DI R ' A K M A MSC II EN C. Kl'I'KE.
Hi ri.in ; Wachsende Bedeutung. I »ie Familie Decker, Unger Vater und
Sohn, Gebr. Unger, Familie Spencr, Reimer, Mittler u. a. Ed. Hänel-
Gronau. Die /eitungsdruckereien. Die Acciden/druckereicn. Die
lithographisclien und sonstigen K uns-.anstaltcn. Breslau. Prank-
furt a. O. Posen. Königsberg. Danzig. Stettin. Lübeck. Hamburg.
Bremen. Hannover. Köln: Die Offi/in der „Kölnischen Zeitung" 337~"3^2
XIV. KAPITEL.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
Emporwachsen Stuttgarts: Die Familie Cotta. J. B. Mct/ler. Die illu-
strierte Littcratur. Ed. Hallbergcr, Gebr. Kröner u. a. Die Xylo-
graphie. Der Buchhandel. Statistisches. Tübingen. München:
Aufschwung aller graphischen Künste: Kasp. Braun, Fr. Hanfstängl,
J. Albert, Fr. Pruckmann u. a. Nürnberg. Regensburg. Augsburg.
Rheinische Städte. Frankfurt a. M. Mainz und das Einweihung*»
jd by Google
XIV INHALTS -VERZEICHNIS.
fest. Freiburg i. Br. Dornach: Ad. Braun. Strassburg: Das Gutcn-
bcr^dcnkmal, die Bibliothek.
DtE Schweiz. Lokale Schwierigkeiten. Basel: Die Familie Haas.
Zürich: Orcll Fussli & Co.. Kartographie. St. Gallen: Chr. Zollikofcr.
Finsiedeln : Gebr. Benziger. Bern jSj — 412
XV. KAPITEL.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRtTl'E.
Presszustände in Österreich. J. T. Trattncr. J. G. Trassier. J. v. Kuri-
beck. A. Schmid. Familie Gerold. J.V.Degen. A.Auer. Die Hof-
und Stnatsdruekcrei. W. v. Braumüller. Das Museum und die
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst Der Buchdrucker-Verein.
Neuere Buch Druckereien Wiens. Die Druckereien in den Provinzen.
Ungarn. Druckereien in Budapest und an anderen Orten. Stati-
stisches aus Österreich-Ungarn 4'3 — 44°
XVI. KAPITEL.
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
I ) \NKM.\RK. Fortschritte der Typographie: It. I.uno , Gebr. Thiele,
C. Fcrslew & Co. u. a. Die Chemitypie: C. l'iil. Die Gicssmaschinc :
L. Brandt. Die Setzmaschine: C. Sörensen. Die Schreibkugel:
Mailing Hansen. Island. Grönland. Norwegen. Geistiges Leben.
Schwi PK.y Norstedt \ Soner, Central -Tryckerict u.a. Fl NM, AM >.
Russland und Polen. Die Staatsdruckerei und andere Offizinen.
Das Zeitungswesen. Die Donauländer: Serbien, Rumänien,
Bulgarien. ( rRiK.cnr.sr.ANi> 441 — 464
REGISTER.
A. Namen- und Sachregister , , . 405 — 4S7
B. Nachweis der angeführten Quellenschriften 4S8— 493
ed by Google
EINLEITUNG.
AS LICHT UND DIE CHEMIE
ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
DAS LICHT UND DIE CHEMIE ALS FÖRDERER
DER TYPOGRAPHIE.
Wiederbelebung der Ruchdruckerkunst. Das geistige und das physische I.icht.
Photographie, Lithographie, Chemigraphie. — Alois Senefelder und der
chemische Druck, Musiknoten-, Landkarten-, Ölbild- und Aquarclldruck,
anastatischer Druck. Die Daguerreotypic. Die Silbcrphotographie, die
Photographie und die Druckkunst, das Woodbury -Verfahren, der Lichtdruck,
die Alberttypie, der photographische Farbendruck, die Photolithographic. —
Verschiedene Hochdruckversuche: die Chemitypie, die Zinkhochätzung, ihre
Vorzüge und Mängel, ihre Zukunftsstellung.
LS die Grenze des allmählichen Rückganges, teilweise
der Erniedrigung der Buchdruckerkunst, von welcher w^deriKicbung
der Leser in dem ersten Teil der Geschichte bereits ku.«t.
Kenntnis nahm, zugleich als der Ausgangspunkt
einer neuen Entwicklung zum Hesseren kann das
dritte Jubeljahr der Erfindung bezeichnet werden.
Nicht lange nach diesem Zeitpunkt beginnt eine, fast durch mehr
als ein Jahrhundert sich erstreckende ununterbrochene Kette von
Verbesserungen und neuen Erfindungen auf dem Gebiete der
Druckkunst, so dass diese um die Zeit der vierten Jubelfeier,
begünstigt von dem überall aufblühenden, frischeren geistigen,
politischen und gewerblichen Leben, ihre zweite Glanzperiode antritt,
inmitten welcher wir uns jetzt noch befinden, von der festen
Zuversicht durchdrungen, dass unsere Nachkommen von einem
abermaligen Herabsteigen von der erklommenen Höhe nicht zu
berichten haben werden.
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4
DAS LICHT UND DIE CHEMIE
In der letzten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts knüpften die
Verbesserungen und Erfindungen noch behutsam an das Bestehende
an; von dem Beginn unseres Jahrhunderts an ging es aber mit
Sturmschritten auf neuen Bahnen unaufhaltsam vorwärts.
„ Meister Blutlos " hatte das Scepter in die Hand genommen
Di« Maschinen, und je mehr wir uns unseren Tagen nähern, um so uneingeschränkter
wurde die Herrschaft dieses Meisters, „der aus dem Gedanken des
Menschen Leben trank und Nahrung zog, die seinen eisernen
Gliedmassen Kräfte verlieh, welche der Mensch selbst nicht besitzt".
Doch nicht genug hiermit. Der graphischen Kunst entstanden
neue mächtige Bundesgenossen in der alles belebenden Sonne und
in den geheimen Kräften der Natur, in deren nimmer rastende Werk-
stätte die Chemie uns einen belehrenden Einblick eröffnet hatte.
Indem Gutenbergs Kunst der Menschheit zu dem geistigen
Da* Licht. Licht der Kenntnisse verhalf, durch welche es ihr gelang, sich die
Kräfte des physischen Lichts dienstbar zu machen, erreichte sie
zugleich, dass das letztere nunmehr seinerseits eines der wichtigsten
Mittel zur Verbreitung der geistigen Erleuchtung wurde: die Sonne
selbst zeigte sich als eine direkte Förderin der Druckkunst, wenn-
auch zugleich als eine gefahrliche Konkurrentin, deren Macht zu
weichen jedoch selbst unserm Altmeister nicht zur Unehre gereichen
würde, denn in der Photographie mit den vielen in ihr wurzelnden
Rcproduktionsverfahren liegen Kräfte , welche denen des Hercules
in der Wiege gleichen. Sie zeigen sich jetzt schon als ganz ausser-
ordentliche, obwohl sie sich noch in den ersten Stadien ihrer
Entwickelung befinden und erst ahnen lassen, welche Umwälzung
sie der Druckkunst in der Zukunft bereiten können.
Eine junge, als Förderin der graphischen Kunst jedoch ältere
Kraft denn die ewige Sonne, wuchs in der LITHOGRAPHIE empor.
Wennauch diese Kunst heute bereits aufgehört hat, den hervor-
ragenden Platz zu behaupten, den sie eine Zeitlang als Produzentin
künstlerischer Schwarzdruckc einnahm, so macht sie sich um so
mehr im Farben- und Lichtdruck um Wissenschaft und Kunst,
Industrie und Gewerbe verdient; hat jedoch schon eine neue, nach
a.tmigr;.phic. mehreren Richtungen hin glückliche Mitbewerberin um die Gunst
des Publikums in der Chemigraphie gefunden, welcher, wie es
scheint, eine grosse Zukunft bevorsteht.
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ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE. 5
So sehen wir heute eine Reihe von graphischen Verfahren mit
der Typographie zur Herstellung der mannigfachsten Druckwerke Di« iypoÄraPhi-
sehen Institute.
je nach ihrer Eigenart einträchtig zusammen wirken. Jedes dieser
Verfahren kann seine eigentümlichen Vorzüge geltend machen
und zugleich die Kräfte der anderen benutzen. Deshalb pflegen
auch die grösseren typographischen Institute von heute gewöhnlich
gleichzeitig mehrere Verfahren, wodurch sie imstande sind, Arbeiten
für die verschiedensten Zwecke der Wissenschaft, der Bildung, des
Handels, des bürgerlichen und des staatlichen Lebens in einer
Vollendung zu liefern, wie sie durch eine einzelne dieser Künste
nicht zu erreichen gewesen wäre.
Jedoch, je mächtiger die Technik vorwärts schritt, je allgemeiner
der Dampf, das Licht und die Chemie das Übergewicht erlangten, Zurücktreten der
um so mehr musste die Biographie aufhören, als Mittelpunkt der
Geschichtschreibung zu dienen, während sich in den früheren
Perioden die Teilnahme vorzugsweise auf hervorragende Männer
richtete, die mit dem historischen, zumteil auch mythischen Nimbus
umgeben waren und deren Stellung in der Geschichte der Typo-
graphie von der Öffentlichen Meinung längst bestimmt war.
Heutzutage, wo die Buchdruckerci hauptsächlich, wennauch
im besten Sinne, eine auf Grossbetrieb angelegte Fabrik geworden,
ist die Maschine und das Fabrikat in den Vordergrund getreten.
Der Besitzer einer vortrefflichen Buchdruckerei ist jetzt nicht immer
ein vortrefflicher Buchdrucker, dessen Name in der Geschichte
fortleben wird , sondern oft nur ein gut rechnender Kaufmann , der
imstande war, das beste Material anzuschaffen, und klug genug, um
durch einen tüchtigen Dirigenten und tüchtige Arbeiter das zu
ersetzen , was ihm selbst fehlt. Das Individuum tritt somit gegen
die Gesamtsumme der Tüchtigkeit und des Unternehmungsgeistes
eines ganzen Volkes und — das müssen wir allerdings hinzusetzen
~ gegen die Summe von dessen Kapital zurück.
Doch auch ganze Völker verlieren nach und nach viele ihrer
Eigentümlichkeiten und selbstverständlich sind es namentlich die Der ititcrn.iiio-
kleineren unter denselben, oder die in der Kultur zurückgebliebenen,
die sich von der Anziehungskraft der grossen Zentren beeinflusst
fühlen. Wie in der Politik, der Litteratur, der Kunst und dem
Handel der Kirchturmsausblick dem kosmopolitischen Fernblick
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6
DAS LICHT UND DIE CHEMIE
Platz machte, so auch in der Typographie. Je leichter der Verkehr
zwischen den Nachbarländern sich gestaltet, um so leichter und
schneller eignet sich ein Volk die Vorzüge und Erfindungen des
anderen an. Diese Leichtigkeit geht so weit, dass es, obgleich es
sich oft um eine uns nahe liegende Vergangenheit handelt, nicht
mehr zu konstatieren ist, wem oder welchem Lande diese oder
jene Erfindung gehört. Der Eine wirft einen Gedanken hin ; der
Andere nimmt ihn auf und arbeitet ihn weiter aus; der Dritte macht
einen unpraktischen Versuch damit; dem Vierten erst gelingt die
Durchführung. Oft geschieht diese Aneignung unwillkürlich, oft
entsteht ein Gedanke gleichzeitig bei Mehreren; die Luft ist
sozusagen mit Erfindungsstofien geschwängert.
Unter solchen Verhältnissen wird es, je mehr wir uns der Jetzt-
zeit nähern, desto schwieriger, eine streng gesonderte Behandlung
der typographischen Geschichte jedes einzelnen Volkes, jeder Stadt,
jeder Firma beizubehalten, denn Eigentümlichkeiten machen sich
hauptsächlich nur in den grösseren Gruppen bemerkbar.
Von solchen bildeten sich im Laufe der Zeit drei : die Anglo
Dic r.rii].|>t:ii- Amerikanische, die Romanische und die Germanische. Nicht
immer war die nationale und sprachliche Verwandtschaft der Völker
für die Gruppierung allein massgebend ; öfters wirkten auch poli-
tische , merkantile und technische Verhältnisse sehr stark mit. So
sehen wir, wie den germanischen nahe verwandte Länder, wie die
Niederlande, mehr der romanischen Gruppe in der Typographie
sich zuneigen, während die, dem Germanentum nichts weniger als
freundlich gesinnten slawischen und magyarischen Völker sich in
gewerblich-technischer Hinsicht der germanischen Gruppe anreihen.
Der ferne Osten Asiens und Australien unterliegen der Wucht der
Beherrscherin des Ozeans, während der Einfluss Frankreichs sich in
den Umländern des Mittelmeeres, in den europäischen sowohl wie
in den afrikanischen und asiatischen, geltend macht.
Es wird unsere Aufgabe sein, in den folgenden Abschnitten die
eigentümliche Entwickelung, welche jede dieser Gruppen, trotz der
Amalgamierung der Völker im allgemeinen, genommen hat, zu
verfolgen. Warum wir mit der Anglo - Amerikanischen Gruppe
anfangen, daran die Romanische reihen, und mit der Germanischen
schliessen, ergiebt sich aus der Geschichte.
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ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
7
Bevor wir jedoch an diese Gruppen herantreten, um die
Leistungen der einzelnen zu überschauen, ist es nötig, auf das
Entstehen und Fortschreiten der erwähnten neuen Schwesterkünstc
der Typographie, des Steindrucks, des Lichtdrucks und des
Zinkdrucks, in ihrem Zusammenhang unter einander und mit der
Typographie, einen Blick zu werfen1, der sich allerdings innerhalb
der engsten Grenzen zu halten haben wird. Die Reihe eröffnet dem
Altersrang gemäss:
DIE LITHOGRAPHIE.
„Ich wünsche, dass die Steindruckerei bald auf der ganzen
Erde verbreitet, der Menschheit durch viele vortreffliche Erzeugnisse Alois ScncfelUcr.
vielfältigen Nutzen bringen und zu ihrer grösseren Veredlung
gereiche, niemals aber zu einem bösen Zweck missbraucht werden
möge. Dies gebe der Allmächtige ; dann sei gesegnet die Stunde,
in der ich sie erfand.-
So spricht — nicht unähnlich seinem grossen Vorgänger
Gutenberg in der Nachschrift zu dem Katholikon (I, s. 33) — der
Erfinder der Lithographie Alois Senefeldkr in seinem berühmten
Werke*, voll des Dankes gegen die Vorsehung, welche ihn als
Werkzeug benutzt hatte , um die Menschheit einer grossen Wohl-
that teilhaft werden zu lassen.
Sollte nun auch die Lithographie so wenig, wie die Typographie,
von jedem unedlen Missbrauch verschont bleiben, so wiegen
trotzdem bei beiden der „vielfältige Nutzen" und die erzielte
„Veredlung der Menschheit" so schwer, dass der Erfinder wohl ohne
Bedenken die Stunde der Erfindung segnen mochte. Jeder Deutsche
kann aber ausserdem mit Stolz dieser Stunde gedenken, denn er
zählt den Erfinder auch dieser, nach der Typographie wichtigsten
der lichtbringenden Künste zu den Seinigen.
Dass Senefelder die Ehre nicht streitig gemacht werden konnte,
wie es mit Gutenberg geschah, dafür hatte der letztere gesorgt, so
dass ersterer selbst in der Lage war, durch sein Werk über seine
» Die wichtigeren Erscheinungen der einschlägigen reichen Littcratur sind
am Schlüsse des Handes zu finden.
* A. Senefei.df.r, Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey. Mit einer
Vorrede von Fr. v. Schlichtegroll. München 1818.
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8
DAS LICHT UND DIE CHEMIE
Kunst uns zu teilnehmenden Begleitern durch sein wechselvolles
Leben und alle Phasen seiner Kunst zu machen. Er konnte selbst
unwidersprechliches Zeugnis ablegen, dass es kein Verfahren in der
Lithographie giebt, welches von ihm ungeahnt, ja unversucht
geblieben wäre.
Durch diese lange Reihe von Versuchen dem Erfinder zu folgen,
ist hier nicht möglich; es sei nur erwähnt, dass Alois Senefeldcr
am 6. November 1 771 zu Prag geboren wurde, sich der Jurisprudenz
widmen sollte, jedoch, von unwiderstehlichem Drang geleitet, in
München dem Theater als Dichter und Darsteller zugeführt wurde ;
dass er, zu arm, um seine Theaterstücke drucken zu lassen, nach
vielen Experimenten, um eine billigere Herstellung zu finden,
schliesslich durch Zufall auf die Entdeckung der Lithographie
geführt wurde.
Das Gravieren in Stein, selbst das Atzen eines solchen, so
Wesen der dass eine Zeichnung auf demselben erhaben zurückblieb, war nichts
ijraphj j^eues> unfj dass fj{e Chinesen ein lithographisches Druckverfahren
hatten, wurde bereits (I, S. 4 und 282) erwähnt. Das Charakteristische
der neuen Erfindung lag in der Entdeckung, dass eine mit fetter
Kreide oder fetter Tinte auf einem Stein von besonderer Art
gemachte Zeichnung von über ihn gegossenem Scheidewasser
nicht angegriffen wird, dass ferner die auf den Stein aufgetragene
fette Farbe nur auf der Zeichnung haften bleibt, von den geätzten,
gummierten und gefeuchteten Steinflächen jedoch abgestossen wird,
schliesslich, dass es möglich war, einen Abdruck mechanisch auf
einen andern Stein zu übertragen und, wie in der Typographie durch
die Stereotypie, durch Wiederholung hiervon neue Druckplatten in
unbegrenzter Zahl herzustellen, wodurch es der Lithographie,
namentlich seit Erfindung der lithographischen Schnellpresse,
möglich geworden , der Typographie auf einzelnen Gebieten erfolg-
reiche Konkurrenz zu machen.
Durch die neue Kunst konnte eine massenhafte Verbreitung
Nui/i..,iikcit der von Nachbildungen älterer und neuerer Kunstwerke in einer
Lithographie, gj.j^ujgkgjj uncj Billigkeit stattfinden, wie sie durch den Grabstichel
nicht zu erreichen war, was ausserordentlich zur Popularisierung der
Kunst beitrug. Wissenschaftliche und technische Werke Hessen
sich durch Beigabe lithographischer Tafeln verständlicher machen ;
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ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
9
Nachbildungen gaben die Miniaturen des Mittelalters in prachtvollem
Gold- und Farbendruck wieder; die Verkauf lichkeit der Zeitschriften
und der Lieferungswerke fand durch schwarze, kolorierte, später
durch bunt gedruckte Bilder einen gewaltigen Vorschub.
Vor allem bemächtigte sich die Lithographie des musikalischen
Notendruckes. Es war dies der erste Zweig, der von Senefelder Der Notendruck,
selbst mit Erfolg betrieben wurde und ein vorteilhaftes Überein-
kommen mit dem bekannten Musikalienhändler Andre in OfTenbach
herbeiführte, das jedoch später von Senefelder selbst, wohl ohne
hinreichenden Grund, aufgehoben wurde. Der musikalische Typen-
druck konnte sich von jetzt ab nur dann bewähren, wenn der Text
einen überwiegenden Teil bildete, namentlich also bei theoretischen
Werken, oder wenn die Auflage, was bei musikalischen Werken
nur selten vorkam, eine sehr grosse war. Ausserdem Hess die
Lithographie eine zum Kaufen anlockende Ausschmückung zu und
jeder Walzer oder jedes sentimentale Lied erhielt ein Titelblatt mit
schwungvoll verzierten Schriften, wenn nicht gar mit einer bildlichen
Darstellung, als Helferin beim Absatz.
Ein Feld , welches vom Heginn ab ebenfalls der Lithographie
zufiel, war die Herstellung von F«andkarten und Plänen. Dieser Der i.ai.dkartcu-
Zweig nahm nach und nach einen ausserordentlichen Aufschwung.
Die Methode, durch Anwendung verschiedener Schraffierungen und
Ätzungen mit wenigen Farbensteinen eine grosse Zahl von Farben-
abstufungen hervorzubringen, ist zu hoher Vollkommenheit
gediehen. Die Schichtlegung ist viel methodischer geworden und
es gelang, ein naturgetreues, fast plastisches Bild zu geben.
Wer es mit der Xylographie gut meinte, konnte sich nur freuen,
dass sie von einem Feld abgedrängt ward, welches sie nie mit Erfolg
und nur notgedrungen bebaut hatte. Als jedoch die Lithographie
mit ihrer leichten Herstellungsweisc Miene machte, sich des ganzen
Accidenzfaches zu bemächtigen , welches die Typographie so lange
mit Glück betrieben hatte, da erhob sich ein heftiger Widerstand,
der Veranlassung zu ganz wesentlichen Fortschritten der Typo-
graphie gab. So kämpften altes und neues Verfahren mit einander,
jenes um den bis jetzt innegehabten Platz zu behaupten , dieses um
dem Gegner neues Terrain abzugewinnen, bis, wie es so oft geschieht,
wenn tüchtige Gegner ihre Kräfte gemessen und schätzen gelernt
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10 DAS LICHT UND DIE CHEMIE
haben, zum beiderseitigen Vorteil aus den Feinden Verbündete
wurden.
Eine besonders eifrig gepflegte Art des lithographischen Ver-
r>cr öii»ii«i und fahrens ist der Farbendruck in den beiden Abzweigungen ÖLBILD-
Aqunrclldruck.
und Aquarelldruck.
Das Verfahren bei der Herstellung beider ist in der Hauptsache
Die Technik des dasselbe. Zuerst wird eine Pauszeichnung gemacht, auf Stein über-
Uilderdrucks.
tragen und so oft abgezogen als Farbensteine notwendig sind. Auf
jedem der Steine werden nun die Partien eingezeichnet, die mit
gleicher Farbe gedruckt werden. Für manche Platten genügt es,
sie mit einer Asphaltlagc zu überziehen, auf der man durch Schaben
und Schleifen Töne in so gleichmässiger Abstufung erzielen kann,
als wären sie mit dem Pinsel gemacht. Die allgemeinen , leichten
Töne des Bildes werden zuerst eingedruckt, dann folgen die Steine
mit den Lokalfarben und den Formendetails, schliesslich wird das
Bild mit neutralen Tönen abgestimmt. Da eine neue Farbe die
vorherige nicht verbirgt, sondern mit ihr Mischung eingeht, so ist es
klar, einerseits, dass grosses Verständnis, grosse Erfahrung und
ein feines künstlerisches Gefühl dazu gehört, die richtige Tiefe der
Töne zu treffen, andererseits, dass Nüancierungen , die nach
hunderten zählen, durch die Verschiedenheit der über einander
gedruckten Farben und die detailliertere oder leichtere Ausführung
der Zeichnungen sich erzielen lassen.
Um den Eindruck des pastosen Pinselauftrags und der rauhen
Die Torchon- Malcrleinwand oder bei den Aquarellen des rauhen Papieres, dessen
man sich für die Aquarell - Zeichnungen bedient, hervorzubringen,
werden die Pinsclstriche oder Unebenheiten in einen Stein graviert
oder geätzt und das fertige Bild mit diesem Stein, selbstverständlich
ohne Farbenauftrag, durch die Presse gezogen, so dass die vertieften
Stellen in dem Stein nunmehr als Erhabenheiten auf dem Bilde
erscheinen.
Da zu einem gut ausgeführten Bild 20 bis 30 Farbensteinc
Karbciuu-inc. gehören, so sind die Kosten sehr hoch und nur die grossen Auflagen,
welche durch die Schnellpresse sehr erleichtert sind, machen Preise
möglich, die wenigstens fünfundzwanzigmal geringer sind, als die
für eine oft mittelmässige Kopie. Wie weit die Chromographic
es gebracht hat, beweist die Thatsache, dass die artistischen
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ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
I I
Anstalten es auf Ausstellungen wagen konnten, Original und Druck
neben einander aufzuhängen, um zu beweisen, dass ein Blick des
Kenners dazu gehört, das Original vom Druck zu unterscheiden, ja,
dass sogar für diesen bei dem Aquarelldruck eine Täuschung
möglich war. Vortreffliche Dienste leistet der lithographische
Farbendruck bei Herstellung der Bilder für den, jetzt auf einer
hohen Stufe stehenden Anschauungsunterricht.
Nicht ohne Wichtigkeit ist der ANASTATISCHE DRUCK (von dem
griechischen dvaoxaai; , Auferstehung) , namentlich um von älteren anämische
Liruck.
Drucken vollkommene Facsimiles herzustellen.
Nachdem der alte Druck mit verdünnter Salpetersäure getränkt
worden ist , presst man ihn an einen Stein oder eine Metallplatte.
Die Säure ätzt die Platte mit Ausnahme der mit Schrift, die nun ein
wenig erhaben dasteht, bedeckten Stellen. Hat jedoch der alte
Druck nicht mehr Fettigkeit genug, um die Säure abzustossen, so
kann man erstem erneuern, indem man das Blatt in Weinsteinsäure
legt. Hierdurch werden alle unbedruckten Papierstellen mit kleinen
Weinsteinsäure -Krystallen überzogen, welche, wenn man mit den
Schwärzewalzcn über das Papier fährt, die Schwärze abstossen,
die nur von der alten Schrift angenommen wird. Das Experiment
ist jedoch, da die Möglichkeit der Vernichtung des Originals
vorhanden ist, immer bedenklich, wenn letzteres wertvoll oder gar
unersetzlich ist.
Das Verfahren wurde von einem Schlcsicr Rud. Appel erfunden
und von Faraday nutzbar gemacht. Da eine Verfälschung von
Wertpapieren durch dasselbe leicht möglich war , stellten Appel &
Glyne ein Patentpapier her, dessen Zusätze die Benutzung zum
Umdruck aus chemischen Gründen unmöglich machten.
Eine Kalamität für die Lithographie ist der beginnende Mangel
an gutem Steinmatcrial. Die Steine bester Qualität sind nur in Litho^nphic-
den Solnhofener Brüchen in Bayern zu finden; alle anderen Steine
haben sich für bessere Arbeiten bis jetzt nicht bewährt, obwohl kein
Jahr vergeht, ohne dass die Nachricht durch die Blätter läuft, jetzt
seien wirklich gute Steine, bald in Polen, bald in Algier, dann
in Canada, dann bei Marseille, aufgefunden. Ebensowenig haben
die Versuche, die Steine durch eine künstliche Masse zu ersetzen,
Erfolg gehabt. Unter diesen Verhältnissen steht dem Zink, welches
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12
DAS LICHT UND DIE CHEMIE
die eigentümlichen Eigenschaften des lithographischen Steines
besitzt, dabei billig ist, sich leicht aufheben und auf einem Cylinder
zum Druck anbringen lässt, ganz abgesehen von seiner Verwendung
in der Hochätzung, eine bedeutende Zukunft in Aussicht.
DIE PHOTOGRAPHIE.
Es war sehr erklärlich, dass die Camera obscura, welche das
Cameni obuura. Bild der Umgebung im kleinen auf das getreueste wiedergiebt, den
Gedanken, ein solches Bild durch Lichtwirkung zu fixieren, weckte.
Bereits im Jahre 1802 hatte der bekannte englische Steingut-
fabrikant Wedgwood im Verein mit dem Chemiker Davy Experi-
mente zur Herstellung von Lichtbildern auf einem mit Höllenstein
überstrichenen Papier gemacht und Fox Talbot verbesserte das
Verfahren. In Paris hatte Nicephore Niepce die grosse Licht-
empfindlichkeit des Asphalt {Judenpech) entdeckt. Dieses Erdharz
hat die merkwürdige Eigenschaft, dass es, obwohl für gewöhnlich
sehr leicht löslich, dem Lichte ausgesetzt unlöslich wird. Uberzieht
man nun eine Kupferplatte damit und belichtet sie unter einer
Zeichnung auf Papier, so wird der Asphalt auf allen Schattenstellen
des Bildes löslich, und zwar nur dort; wischt man nun die löslichen
Stellen weg und übergiesst die Platte mit Ätzsäure, so werden nur
die blossgelegtcn Stellen angegriffen und es entsteht somit eine
druckbare Platte. Man hatte es also bereits eigentlich mit der
Heliographie zuthun, die, wie aus Niepees Hinterlassenschaft hervor-
geht, von ihm erkannt, jedoch nicht praktisch geübt worden war.
Louis Daguerre in Paris hatte mit Niepce langezeit Versuche
I.. l)agucrrc gemacht, um auf Silberplalten, die den Dämpfen des schwarzen,
t \l juü7'isSi. leichtflüssigen Jods ausgesetzt wurden, durch kurze Belichtung
Bilder hervorzubringen ; es wollte dies jedoch nicht recht gelingen.
Da führte ein reiner Zufall zu der Entdeckung , dass die auf der
Platte hervorgebrachten äusserst schwachen Bilder in dunklem
Verschluss durch Quecksilberdämpfc sich kräftig entwickeln.
Hiermit war die DAGUERREOTYPIE erfunden und wurde dieses
Wunder am 19. August 1839 in einer Sitzung der Akademie der
Wissenschaften in Paris der Welt verkündet.
Daguerres Verbesserungen ermöglichten es , die Aufnahmezeit
von zwanzig Minuten auf eine bis zwei zu verkürzen. Durch die
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ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
13
von Professor Petzval in Wien erfundenen und von Voigtländer
ausgeführten Portrait- Doppelobjektive wurde die Zeit auf einige
Sekunden reduziert, damit kam die Portraitaufnahme in hohen Flor
und die Erfindung machte schnell ihre Weltreise.
Ein Übelstand war der Spiegelglanz der Platten, welcher den
Totaleindruck sehr beeinträchtigte. Die gar zu grosse Treue, mit
welcher jede Runzel, jeder Fleck und alles Nebensächliche in voller
Stärke wiedergegeben wurde, wirkte ebenfalls störend und eine
Retouche war unmöglich. Auch verlangte jedes Exemplar eine
neue Sitzung. Die Versuche von Talbot und Niepce de St. Victor Die Papier-
fiihrten nun dazu, erst ein Negativbild auf lichtempfindlichem Papier
herzustellen, welches sich leicht fixieren Hess, und dann von diesem
durch Lichtwirkung wieder ein positives Bild hervorzubringen,
welches in einer beliebigen Anzahl von Exemplaren wiederholt und
retouchiert werden konnte. Statt des Papieres wurde für den
Negativprozess später Glas genommen, welches mit einer mit
Jodkalium versetzten Firnislösung überzogen war, bis diese durch
Kollodium ersetzt wurde. Hiermit gelangte die Portraitphotographie
zu einer enormen Verbreitung. Auch Landschaftsbilder wurden
in überraschender Vorzüglichkeit geliefert.
Mit ihren immer grossartigeren Erfolgen dient die Photographie
nicht allein der Kunst durch gctreueste Wiedergabc ihrer Erzeug-
nisse, sondern auch den meisten Wissenschaften: der Feldmess-
kunst, der Astronomie, den Naturwissenschaften und der Medizin;
selbst das gerichtliche Verfahren zieht von ihr Nutzen. Viele Zweige
der Industrie und des Kunstgewerbes , wie z. B. die Porzellan- und
die Glasmanufaktur, haben in ihr eine grosse Förderin.
Was uns jedoch hier am meisten interessiert und am nächsten
liegt, ist die Ausführung des Gedankens, die Photographie in die Photographie
Reihe der eigentlichen vervielfältigenden Künste einzuführen. Das ""'
Verfahren: ein negatives Bild in ein positives umzuändern, nimmt
Zeit in Anspruch, und die Silberkopie, deren Haltbarkeit immerhin
auch zweifelhaft bleibt, ist zu teuer, wenn es sich um Massen-
produktion handelt. Man suchte deswegen nach Auswegen, die
in verschiedener Weise gefunden wurden.
Fox Talbot entdeckte im Jahre 1852, dass der, durch eine
chromsaure Kali- Leimlösung auf einer Stahlplattc gebildete Überzug
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14
DAS LICHT UND DIE CHEMIE
Tiefdruck- im trockenen Zustande eine Schicht bildet, die, vom Lichte getroffen.
Plauen. «
unlöslich, jedoch, im Dunkeln aufbewahrt, mit Wasser sich auflösen
lässt. Er belichtete nun eine solche Schicht unter einer Zeichnung
oder einem positiven Glasbilde. Hierdurch wurden die vom
Licht getroffenen Stellen der Schicht unlöslich, die durch die
dunklen Partien der übergelegten Zeichnung oder Platte geschützten
Stellen behielten jedoch ihre Auflöslichkeit Wurden nun letztere
im Dunkeln abgewaschen, so blieben erstere als eine Zeichnung auf
bräunlichem Grunde zurück. Diese wurde nun geätzt und so
entstand ein vertieftes Bild, wie es für den Stahl- oder Kupferdruck
erforderlich ist. Ein anderes Verfahren übte G. Scamoni, ein
Deutscher aus Würzburg und Angestellter der Staatsdruckerei in
St. Petersburg, aus. Er hatte bemerkt, dass ein photographisches
Negativ ein, wennauch sehr schwaches Relief bildet, in welchem
die durchsichtigen Stellen (also die Schatten) tief erscheinen, während
die undurchsichtigen (die Lichter) hoch sind. Dieses Relief Hess sich
mittels chemischer Einwirkung durch Niederschläge erhöhen. Hier-
durch gewann man ein Relief, fast so hoch, wie eine Kupferdruck-
platte tief ist. Über dieses Relief wurde galvanisch eine Tiefplatte
niedergeschlagen und man hatte somit eine druckbare Kupferplatte.
Durch die Photographie waren beliebige Vergrösserungen oder
Verkleinerungen möglich und Scamoni schaffte namentlich in letzterer
Weise kleine Wunderwerke, die bei der Wertpapier-Fabrikation
unschätzbar sind.
Für die Typographie musste jedoch die Herstellung von
Hochdruck- Hochdruckplatten durch die Photographie noch von unendlich
grösserem Werte sein. Gelang es, dieses Problem in wirklich
praktischer Weise zu lösen , so war ein unendliches Feld für die
Typographie erworben.
In dieser Richtung ist namentlich Paul Pretzsch , ein Öster-
Faui Prctisch. reicher, von hoher Bedeutung. Durch Belichtung der mit .salpeter-
saurem Silber, Jodkali und doppeltchromsaurem Kali überzogenen
Platte wird in bereits erwähnter Weise das erhabene Bild hergestellt.
Nachdem es die genügende Festigkeit erlangt hat, wird eine
Guttapercha -Mater darüber gepresst und nun ist es möglich,
jenachdem das Bild ein negatives oder positives war, eine Platte
für Tief- oder Hochdruck zu bilden. Während indes die vertieften
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als Förderer der Typographie.
Platten ihren Zweck vollständig erfüllten, waren die Resultate der
Hochplatten nicht vollkommen genügend. Die Vertiefungen waren,
und das ist die Klippe für alle bisher gemachten Versuche in dieser
Richtung, nicht genügend, um zu verhindern, dass die Schwärze
in diese drang und den Druck schädigte. Eine Hauptschwierigkeit
ist namentlich das Hervorbringen der Halbtöne.
Ein vortreffliches Verfahren zur Herstellung von Tiefdruck-
platten ist der nach dem Erfinder genannte Woodburydruck. ua^woodbury-
Nachdem man durch Belichtung 'in bereits geschilderter Weise ein
Gelatinerelief nach einem Negativ auf einer Stahlplatte gebildet hat,
wird es mit einer Platte von einem weichen Metall bedeckt. Beide
Platten werden dann in einer hydraulischen Presse einem starken
Druck ausgesetzt. Hierdurch gewinnt man eine druckbare Platte
wie bei dem Naturselbstdruck. Der Drucker arbeitet an einem
rotierenden Tisch, auf welchem sechs kleine Pressen, in der Art
der Kopierpressen, stehen. Er tröpfelt eine warmgemachte , halb
durchsichtige Gelatineschwärze auf die Platte, bedeckt diese mit
dem Papier und bringt sie unter die Presse. Bis er mit allen sechs
Pressen durch ist, hat sich die Farbe in der ersten zu einem
schwachen Relief erhärtet, das in den dünnen Lagen weniger dunkel
erscheint, als in den dicken. Bei den in der Dicke abnehmenden
Stellen der Platte entsteht ein Übergang vom Dunkleren zum
Helleren, gleich den Halbtönen in der Photographie, und somit
ein der letzteren in der Wirkung ganz ebenbürtiges, dazu vollständig
unveränderliches Bild.
In London übte die Relief Printing Company das Verfahren.
In Frankreich wurde es durch Goupil & Co. in Asnieres bei Paris
und in Deutschland durch Fr. Bruckmann in München zu hoher
Vollkommenheit gebracht. Da auch die Herstellung des Bildes auf
Glas möglich ist, so lassen sich prächtige Transparentbildcr schaffen;
auch ist die Verwendung für die Stereoskopie und die Laterna
magica von Bedeutung.
Verschieden von diesem Verfahren ist der eigentliche LICHT-
DRUCK. Die Leimchromatschicht hat die Eigenschaft, dass sie in Dcr Uchtdruck.
ihren belichteten Stellen für die fette Farbe empfänglich wird.
Uberfährt man nun mit einem nassen Schwamm einen belichteten
Leimchromatbogen, so saugt er das Wasser nur an den nicht
i6
DAS LICHT UND DIE CHEMIE
belichteten Stellen auf. Färbt man ihn dann mit fetter Schwärze ein,
so bleibt diese nur an den belichteten Stellen haften, und legt man das
Papier darauf, so erhält man einen Abdruck in unveränderlicher fetter
Farbe. Dieses von Poitevin entdeckte Verfahren ist namentlich von
Die Aibemypic.J. Albert in München für die Praxis zur Vollkommenheit gebracht.
Albert brachte die Gelatinelösung auf Glas und setzte die Rückseite
für einige Augenblicke der Belichtung aus, wodurch die Masse auf
das festeste mit dem Glas verbunden wurde. Von der Vorderseite
wird die Schicht mit einem Negativ bedeckt und hierdurch die
Platte in schon bekannter Weise hergestellt Zum Druck bedient
man sich der Walzen, und eine gut behandelte Platte hält bis zu
iooo Abdrücke aus.
Die ebenfalls von Albert geübte Farbenphotoüraphie wird
Der photogra- durch drei Aufnahmen, die eine durch rotes, die zweite durch
phischc Karheu-
druck. blaues, die dritte durch gelbes Glas, auf mit verschiedentlichen
Substanzen behandelten Platten erzielt. Alle übrigen Farben erhält
Albert durch Übereinanderdrucken dieser drei Platten mit drei
Lasurfarben, deren Wahl den reinen Tönen des Sonnenspektrums
genau entsprechen muss.
Nächst Albert hat sich besonders Obernetter in München
um den Lichtdruck verdient gemacht. Ganz besonders eignet sich
dieser für die Wiedergabe von Bleistift- und Kreidezeichnungen.
Will man den Lichtdruck an Glanz der Silberphotographie ähnlich
machen, so wird er mit Lack überzogen. Mit einander verglichen,
hat der Woodburydruck den Vorzug in der Wiedergabe der dunk-
leren Partien, der Lichtdruck in derjenigen der helleren.
Die PHOTOLITHOGRAFHIE, welche ebenfalls Poitevin ihre
Die Phocoiuho- Existenz verdankt, hat mit dem Lichtdruck manches gemeinsame,
aber auch von diesem wesentliche Verschiedenheiten. Poitevin
überzog einen Stein mit der bekannten Lösung und stellte nach
dem Negativ ein Chromobild her, das nur in den vom Licht
getroffenen Stellen die Farbe annahm. Anfanglich fehlte es an den
Halbtönen, die beim Waschen verlorengingen. Asser und Osborne
versuchten es mit einem Umdruckvcrfahren von auf Papier erzeugten
Bildern; die Abdrücke blieben jedoch auf Grund der körnigen
Beschaffenheit des Steines sehr hinter der Photographie zurück,
namentlich in den Mitteltonen, und das Verfahren eignete sich
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ALS FÖRDERER DER TYPOGRAPHIE.
17
deshalb nicht ganz für die Wiedergabe von Kunstblättern. Die
Photozinkographie bietet, da die Zinkplatte dieselben Eigen-
schaften besitzt wie der lithographische Stein, nichts Eigentümliches.
Für die Kartographie hat die Photolithographie eine ganz
besondere Wichtigkeit auf Grund der Schnelligkeit in der Herstellung Kartographie,
und der Leichtigkeit, die Originale zu vergrössern oder zu verkleinern.
Eine nützliche Bereicherung der Kartographie wurde ebenfalls durch
die Photolithographie möglich, indem man erst Reliefkarten in
Gips herstellte und diese photographierte resp. photolithographierte.
Die in dieser Weise hergestellten Karten wirkten wie Reliefs.
DIE ZINKOGRAPHIE.
So höchst wertvoll alle diese Verfahren für das Buchgewerbe
waren, so war damit doch die Hauptaufgabe, Hochdruckplatten Die emcnHoch-
. druckplnttcn.
zu gewinnen, die sich auf der Buchdruckpresse mit Text zusammen
leicht drucken lassen, noch nicht ganz erreicht. Es sollte dies in
anderer Weise gelingen.
Wenn der lithographische Stein geätzt wird, so ist das
darauf zurückbleibende Bild in gewisser Beziehung ein erhabenes,
jedoch ist diese Erhabenheit nicht genügend für den Druck auf der
Buchdruckerpresse und da in dieser das Feuchten des Steines
ausserdem nicht thunlich, würde der Stein sich vollschmieren. Es
wurden deshalb viele Versuche gemacht, durch weitere, stärkere
Ätzung dem Bilde die genügende Höhe zu geben. Bereits Sencfelder
hatte solche angestellt. Schon vor Ablauf des XVIII. Jahrhunderts
brachten Duplat und Susemihl aus Darmstadt in Paris recht
gelungene Hochätzungen in Stein sowohl, als in Metall zustande.
Duplat gab in dieser Weise 181 2 Lafontaines Fabeln und Gessners
Idyllen heraus. 1826 druckte der Kupferstecher W. Erhard
eine Broschüre über die Hochätzung; 1827 nahmen Didot und
Motte ein Patent, ihr Verfahren kam jedoch nicht zur Ausführung.
1832 hatte Bauckeller Hochätzungen geliefert. 1834 wurde der
Metallhochschnitt von A. Dembour in Metz geübt, der 1835 sein
Verfahren, Ektypographie, in einer Broschüre schilderte. Das-
selbe war schon in Deutschland bekannt und in einem Werke,
,.Das Thierreich* von Dr. J. J. Kaupp, verwendet. Lithographischen
Hochdruck brachte Jul. Baumgärtner in Leipzig zur Ausführung
2
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18
DAS LICHT UND DIF. CHEMIE
und nannte ihn seine Erfindung, worüber sich ein heftiger Federkrieg
entspann, denn die Kunst war schon vor mehreren Jahren von
Girardet in Paris geübt, der damit einen Preis von 2000 Franken
gewann. Es scheint jedoch, als habe Baumgärtner in gutem Glauben
gehandelt. Alle diese Versuche, sowie die bereits oben erwähnten
von Prctzsch und anderen mit erhabenen Kupferplatten, hatten
jedoch keinen rechten Erfolg und die Praxis ergab so viele
Misstände, dass dem grossen Betrieb nicht mit dem Verfahren
geholfen war.
Schliesslich wurden in der Chemitypie und der Zinkhoch-
Atzung zwei Verfahren erfunden, die, wenn sie auch in vielen
Fällen den Holzschnitt nicht ersetzen können, in anderen wieder
vor letzterem Vorzüge und neben demselben jedenfalls eine grosse
Zukunft haben.
Die beiden Verfahren werden oft als identisch betrachtet, sie
Die chemitypie sind es jedoch nicht. Bei der Chemitypie, von dem Dänen C. Pnu
erfunden und in Leipzig zur Ausführung gebracht, wird eine Zink-
platte zuerst mit Deckgrund überzogen und dann die Zeichnung mit
der Nadel gemacht und tiefergeätzt. Die vertiefte Zeichnung wird
mit einem leicht flüssigen Metall ausgegossen und mit der Ober-
fläche der Zinkplatte, von welcher der Deckgrund entfernt wurde,
gleichgeschabt oder -geschliffen. Hierauf wird die ganze Platte einer
Ätzung unterworfen, welche nur den blossliegenden Zink angreift,
aber nicht das hineingegossene Metall, so dass das Bild nach der
Atzung erhaben dasteht und nun eine für die Buchdruckerpresse
verwendbare Platte bildet. Dieses Verfahren hat namentlich dir die
Kartographie eine ganz ausserordentliche Bedeutung und ermög-
licht, unter Zuhülfenahme der Mehrfarbenmaschine, geographische
Kartenwerke zu unglaublich billigen Preisen zu liefern.
Die Zinkhochätzung eignet sich mehr für Feder- und Kreide-
i>ic zinkhoch- Zeichnungen. Auf die Zinkplatte lässt sich, wie auf lithographischen
Stein, mit präparierter Kreide oder fetter Tusche leicht zeichnen oder
malen. Bringt man nun eine solche Zeichnung auf eine Zinkplatte
oder überträgt man den mit fetter Farbe gemachten Abzug einer
bereits vorhandenen Zeichnung, eines Holzschnittes, einer Litho-
graphie oder eines Kupferstiches u. dgl. und ätzt die Platte, so
wird nur die biossliegende Oberfläche des Metalls angegriffen und
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ALS FÖRDER KR DER TYPOGRAPHIE.
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die Zeichnung bleibt, wie bei der Lithographie, stehen und tritt
bei fortgesetzter Ätzung so weit hervor, dass sie sich auf der
Buchdruckerpresse drucken lässt.
Als das Hochätzungsverfahren aufkam, gab es Enthusiasten
genug, welche meinten, dass es von nun ab mit dem Holzschnitt Vorzüge und
vorbei sei. Andererseits fehlte es nicht an warnenden Stimmen H«cha»uug
prinzipieller Gegner des Verfahrens, die von demselben nichts
wissen wollten, weil es weder den Kupferstich, noch die Radierung
oder den Holzschnitt vollständig ersetzen könne. Wäre die Rede
davon, zwischen Xylographie und Hochätzung wählen und eine davon
ganz fallenlassen zu müssen , so würde die Entscheidung kaum eine
schwierige sein. Jedoch eine solche Entscheidung ist ja nicht zu
treffen. Fehlt auch der Hochätzung der volle, satte Ton und die
weiche Modulation des Holzschnittdruckes, so bleibt doch dir sie
ein sehr reiches Feld der Illustration übrig , auf welches der Holz-
schnitt zumteil gar nicht folgen kann Wo es sich in erster Linie
um das nützliche handelt, in Mustervorlagen aller Art, in Schrift-
arbeiten, Karten, in technischen und mathematischen Figuren, selbst
in solchen künstlerischen Nachbildungen, die in Umrissen oder ohne
bedeutende Tonabstufungen gehalten sind, wird die Hochätzung
auf Grund der Billigkeit und der Schnelligkeit sehr oft den Vorzug
verdienen. Aber kein Verfahren wird der durch vier Jahrhunderte Vergleich mit
. . dem HoUichniii
bewährten Xylographie den Vorrang im allgemeinen streitig machen
können. Neben den leichten, rasch verschwindenden Arbeiten
werden die Schöpfungen der xylographischen Künstler und die
Prachtwerke bleiben. Kein anderes Verfahren giebt dasselbe Kolorit,
die Klarheit und Mannigfaltigkeit in der Abstufung der Töne, die
Milde mit Kraft gepaart, wie der Holzschnitt. Kein Verfahren ist
imstande, bei guter Ausführung die Zeichnung des Meisters in seinem
Charakter so treu wiederzugeben; keins hat die Fähigkeit, den Mängeln
einer weniger guten Zeichnung so geschickt abzuhelfen. So wenig
die Zahl der Bücher sich durch die Zeitungen vermindert, so wenig
werden die xylographischen Kunstwerke durch Zeitungsillustrationen
in den Hintergrund gedrängt werden. Wenn Zeit und Kosten nicht
zu scheuen sind, wird man immer zum Holzschnitt greifen.
In einer Beziehung wird aber die Hochätzung die Illustrations-
methode der Zukunft werden, nämlich, sobald die Frage der
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20
DAS LICHT UND DIE CHEMIE ETC.
Die Hocbätxung illustrierten Tagesblätter ernstlich auf die Tagesordnung gestellt
und die Tages-
preise, wird. Da schlagen die Schnelligkeit der Hochätzung und ihre Billig-
keit, wenn sie inzwischen nicht durch neue Erfindungen verdrängt
wird, durch. Eine in geeigneter Weise vom Zeichner behandelte
Skizze, die z. 13. zeitig am Nachmittage der Offizin einer illustrierten
Zeitung übergeben wird, kann noch abends umgezeichnet und
in eine druckbare Platte verwandelt gegen Mitternacht in der Presse
sein, um dann, mit einer Schnelligkeit von 10 — 12000 Exemplaren
in der Stunde auf der Rotationsmaschine gedruckt, in den Früh-
stunden in den Händen des Publikums zu sein. Zugegeben auch,
dass augenblicklich eine Stunde oder zwei noch zugelegt werden
müssten, so ist das Erwähnte im grossen und ganzen kein Phantasie-
bild und die Möglichkeit vorhanden, innerhalb der kürzesten Zeit
eine Illustration für ein Tageblatt herzustellen. Allerdings müssen
dann die Zeichnungen auch der Reproduktionsweise angepasst
sein, es muss sozusagen eine Art Stenographie der zeichnenden
Kunst entstehen. Eine besondere Ausbildung wird notwendig dazu
sein, Zeichner für ein Tageblatt zu werden. Die Akademiker werden
vielleicht die Nase rümpfen über einen solchen „Spezial -Artisten",
wie der Gelehrte über „unsern eignen Korrespondenten". Die Kunst
wird für diese Richtung ein Kunstgewerbe werden. Aber es entstehen
wichtige, lohnende und ehrenvolle Stellungen für talentvolle Jüng-
linge, von denen viele als Akademiker verkümmern würden. Das
wirkliche Genie wird jedoch durch dieses künstlerische Reportertum
ebensowenig zugrunde gehen, wie z. B. Charles Dickens durch
seine Reporterwirksamkeit verhindert wurde, ein Dichter ersten
Ranges zu werden.
Die Reproduktionsweisen sind da, es darf den Künstlern nicht
nachgesagt werden, dass die Räder der Presse ihnen zu schnell
gehen, dass die Chemie und die Sonnenstrahlen sich zu zeitig zu
ihrer Disposition gestellt hätten.
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ERSTES BUCH.
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE
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EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.
ENN die Presse in dem Zeitabschnitt von der dritten
bis zur vierten Jubelfeier der Buchdruckerkunst einen Die englische
derartigen Aufschwung nahm, dass man ihr einen
Platz unter den Grossmächten einräumte, so hat
man dies ganz besonders ENGLAND zu verdanken.
Nirgends hat man, nachdem schon frühzeitig der
schwere, jedoch erfolgreiche Befreiungskampf der Presse gegen ihre
Feinde geführt war, es in gleichem Masse verstanden, die Unab-
hängigkeit derselben von aller Despotie von oben und unten zu
schützen, wie dort. Nirgends ist der Einfluss der Presse auf die
Öffentliche Meinung ein grösserer und wohlthätigerer gewesen;
nirgends ist sie in gleicher Weise von dem Vertrauen des Publikums
getragen worden, und nirgends hat sie sich eines solchen Vertrauens
durch ihre Festigkeit und ihr Fernhalten von unreinen Tendenzen
würdiger gezeigt, als in England. Kein Volk war so, wie das
englische, von dem Bewusstsein durchdrungen, welch ein Palladium
es in seiner freien Presse besass, ein Bewusstsein, welchem der
bekannte Staatsmann und Dichter Sheridan in den stolzen Worten
Ausdruck verlieh: „Gebt mir meinetwegen einen Tyrannen zum
König, ein widerhaariges Oberhaus und ein demoralisiertes Unter-
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EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.
haus, lasst mir aber die Presse und ich will sie alle über den Haufen
werfen".
Kein Wunder, dass die Engländer, als einmal dies Bewusstsein
Verdienste der VOn der Wichtigkeit der Presse bei ihnen Wurzel gefasst hatte, nun
ELngländcr.
auch vor allen anderen Völkern es sich angelegen sein liessen, der
Buchdruckerkunst ihre Teilnahme zu bekunden und sie derartig
auszubilden, dass sie die ihr zu teil gewordene grosse Aufgabe auch
vollständig zu erfüllen imstande war. Während in dem XVI. Jahr-
hundert druckende und zeichnende Kunst in so glänzender Weise
auf dem Kontinente sich verbunden hatten, leisteten die Engländer
auch nicht annähernd das, was Deutschland, Italien, Frankreich
oder selbst die Niederlande schafften. Als jedoch mit dem
XIX. Jahrhundert die Aufgaben der Presse für das politische und
praktische Leben immer grössere Dimensionen annahmen, da
waren es die Engländer, die mit dem ihnen innewohnenden
praktischen Sinn, verbunden mit ihrer Energie, allen anderen voran
ihr Augenmerk auf die technische Vervollkommnung der Kunst
richteten, so dass von nun an der Schwerpunkt der typogra-
phischen Geschichte mehr in der Geschichte der mechanischen
Erfindungen als in der der ausübenden Buchdrucker liegt.
Und da werden wir sehen , wie fast alle Verbesserungen und
weitgehenden Reformen in der Technik der Druckkunst, der Schrift-
giesserei, der Xylographie, der Farbenfabrikation, der Stereotypie
und des Pressenbaues aus England stammen. Ja, selbst die rasche
Einführung der deutschen , alle anderen weit hinter sich lassenden
Erfindung der Schnellpresse haben wir, nach des Erfinders eigenen
Worten, nur England zu verdanken, nicht minder die Dienstbar-
machung des Dampfes für die Zwecke der Typographie.
NORDAMERIKA gebührt der Ruhm, neben dem Mutterlande
Nordamerika, sehr vieles zur Vervollkommnung des typographischen Apparats bei-
getragen zu haben. Hinsichtlich des Pressenbaues, der Stereotypie
und der Schriftgiesserei zahlte es seine typographische Schuld mit
Zins vom Zins an das Mutterland redlich zurück, und nicht selten
hatten die Erfindungen, welche in letzterem geschäftlich ausgebeutet
wurden, ihre Heimat jenseit des Ozeans, nicht selten wurden auch
wieder englische Erfindungen dort der Vollkommenheit näher-
gebracht.
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EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.
25
Somit ist die typographische Geschichte Amerikas mit der-
jenigen Englands so eng verknüpft, dass beide sich nicht von
einander trennen lassen , und wollen wir nicht Gefahr laufen, in der
Erzählung vorzugreifen und Anachronismen zu begehen, so müssen
wir den neuesten Abschnitt der Geschichte mit der anglo- amerika-
nischen Gruppe beginnen; lässt es sich doch nicht einmal umgehen,
die Anfänge der Erfindung Fr. Königs in dem dieser Gruppe
gewidmeten Kapitel zu behandeln.
Betrachten wir die Erscheinungen der Typographie der Anglo-
amerikanischen Gruppe und zunächst die ENGLANDS genauer, SO ÜieTypographie
r Englands.
finden wir, dass diese denselben Charakter der Solidität an sich
tragen , der überhaupt den englischen Fabrikaten eigen ist. Kein
Land hat in der Typographie der Mode geringere Konzessionen
gemacht, als England. Es behielt seine breiten, etwas plumpen,
aber sehr leserlichen Schriften bei und war selbst im Accidenzfache
mit der Verwendung aller der unzähligen Zierschriften, die man
gemeiniglich in Deutschland für nötig hielt, äusserst sparsam. Kann
man auch nicht behaupten , dass sich in allen englischen Arbeiten
ein geläuterter Geschmack kundgiebt, so bringen doch, selbst wo
dieser fehlen sollte, in der Regel die Vorzüglichkeit des Materials,
die Einfachheit, die Sauberkeit und die Korrektheit einen so befrie-
digenden Gesamteindruck hervor, dass man nicht zum Reflektieren
über einen etwaigen Verstoss gegen den feinen Geschmack kommt.
Dass England in INDIEN, OST- ASIEN und AUSTRALIEN
seinen typographischen Einfluss geltend gemacht hat, versteht sich
von selbst, ebenso, dass wir nicht berechtigt sind, aus diesen Erd-
teilen jetzt schon Erzeugnisse, die einen ganz besonderen typo-
graphischen Wert besitzen , zu verlangen, überall zeigt sich jedoch
ein sehr rüstiges Vorwärtsschreiten, an welchem selbst der äusserste
Vorposten der Kultur, JAPAN , sich eifrigst beteiligt.
Die Typographie NORDAMERIKAS kann keineswegs als
blosser Abklatsch von derjenigen Englands betrachtet werden; sie DicTypographic
Amerikas.
hat sich vielmehr ihre eigenen Wege gebahnt.
In der Mannigfaltigkeit der Schriften wetteifert Amerika mit
Deutschland, und es findet auch ein reger Verkehr der deutschen
und amerikanischen Schriftgiessereien statt, der sich hauptsächlich
auf Tausch von Matrizen gründet. Überhaupt geht ein gewisser
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EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.
germanischer Duktus durch die amerikanische Typographie; man
liebt nicht die presbyterianische Einfachheit des englischen Werk-
druckes, und ein in Deutschland mit Antiquaschrift gedrucktes Buch
ähnelt viel mehr einem amerikanischen, als einem englischen oder
französischen Presserzeugnis.
Fassen wir auch die englische Xylographie, welche in dieser
Xylographie. Periode einen enormen Aufschwung nahm, ins Auge1.
Wie das gedruckte Wort den Gedanken eines Autors nicht in
allgemeinen Grundzügen, sondern Wort für Wort, Buchstabe für
Buchstabe, wie er niedergeschrieben wurde, wiedergeben soll, so ist
es auch die eigentliche Aufgabe des Holzschneiders, jeden Strich
wiederzugeben, wie der Zeichner ihn auf dem Holze gezeichnet
hat. Eine andere Aufgabe hat der Kupferstecher. Ihm liegt
ein in Farben ausgeführtes Bild oder eine Zeichnung vor, die in
einer ganz anderen Manier behandelt ist, als die, in welcher er
seinen Stich zu geben hat. Der Stecher hat seine ganz selbständige
Technik. Ist er auch nicht mit dem Autor eines Dichterwerkes zu
vergleichen, so doch mit einem poetisch begabten Übersetzer, dem
es nicht gelingen würde, das Gedicht im Geist des Originals wieder-
zugeben, wenn er nicht selbst von dem Geiste beider Sprachen, der
des Originals sowohl als der der Übersetzung, durchdrungen ist.
Wenn deshalb der Stecher mit wenigen Ausnahmen auch dem
Urheber des Bildes nachsteht, so steht er, wenn er ein Meister seiner
Kunst ist, doch auf einer höheren Kunststufc als der Holzschneider,
dessen erste Eigenschaft grösstc Gewissenhaftigkeit ist.
So sollte es immer sein ; in der Praxis stellt sich jedoch die Sache
Eigentümlich- nicht selten anders. Denn wie es Autoren giebt, deren Gedanken wohl
keitea der engl.
schule. korrekt und verständlich sind, die aber dennoch keinen schönen Stil
besitzen , so geht es oft mit dem Zeichner, der für den Holzschnitt
arbeitet. Manchmal würde der Holzschneider dem Zeichner keinen
Gefallen erweisen, wenn er genau so schneiden würde, wie letzterer
zeichnete. Oft begnügt sich der Zeichner sogar mit einer estompierten
* J. Jacksons und \V. A. ( 'Hattos: ./ trtxüise m itfood tngraving enthält in
der zweiten Ausgabe von 1S39 ein Zusatz-Kapitel : Arl'uts aml engravert on ~>oood of
th< presettt day von Iii nry <i. Hohn. Dasselbe j^ieUi eine grosse Auswahl von
Proben «ler Kunst neuerer englischer Zeichner und Holzschneider, jedoch ohne
Charakteristik derselben und ohne kritische Würdigung der Leistungen.
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EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.
27
Skizze, wo dann dem Holzschneider die gleiche Aufgabe obliegt,
wie sie dem Kupferstecher zufällt, wenn dieser die Zeichnung in die
Stichmanier zu übertragen hat. Und hiermit kommen wir auf die
nationalen Eigentümlichkeiten der englischen Holzschnitte. In
diesen ist der Tonschnitt ganz vorherrschend; für den englischen
Holzschneider existieren kaum Konturen, viel weniger innere Linien.
Nachdem er sich den Ton roh vorgeschnitten hat, verfährt er ganz
selbständig. Ton wird auf Ton gelegt, ohne Scheidung durch
Konturen. Er gewinnt in dem Technischen eine grosse Fertigkeit
und kann unter Umständen, wenn er seine Sache versteht, aus einer
schlechten Zeichnung einen anziehenden Schnitt zuwege bringen ; er
kann aber auch auf das gründlichste eine schöne Zeichnung verderben,
die vom Künstler darauf berechnet war, in jedem Strich ihre Geltung
zu behalten. Zeichnungen nun nach einer Richtung , wie die Jos.
Führichs, oder, nach einer entgegengesetzten, wie die Ad. Menzels
würden, auf englische Manier behandelt, vollständig charakterlos
werden.
Im Landschaftlichen, wo alles auf die Farbe und den Ton
ankommt, wird der Engländer Meister sein; in Figuren, überhaupt
überall , wo das Hauptgewicht auf die charakteristische Linie und
den individuellen Ausdruck des Künstlers fällt, wird er in der Regel
zurückbleiben. Das alles ist bei der Beurteilung der englischen
xylographischen Werke ins Auge zu fassen.
Zusammenhängende Darstellungen der neueren Geschichte der
Buchdruckerkunst, die als Stützpunkte für die folgende Schilderung uk Quellen,
sowohl der anglo - amerikanischen Gruppe als der beiden anderen
Gruppen dienen könnten, besitzen wir nicht. Selbst die Werke
bekannter Autoren, als Falkcnstein, Didot, Dupont u. a., die sich
als Geschichten der Buchdruckerkunst im allgemeinen betiteln,
begnügen sich, was die bei ihrem Erscheinen „Neue" Geschichte
betrifft, hauptsächlich mit Aufzählen einer Reihe von Namen, auch
ist eine lange Zeit seit ihrer Veröffentlichung verflossen. Somit
waren wir hauptsachlich auf ein Zusammensuchen der, sich oft voll-
ständig widersprechenden Nachrichten aus technischen und anderen
Zeitschriften ; auf die nicht selten sehr stark gefärbten und über-
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EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.
treibenden Ausstellungsberichte; auf die technischen Lehrbücher
einzelner Branchen oder Memoiren über einzelne Erfindungen ; auf
Nekrologe, Denkschriften u. dgl. und scliliesslich auf die eigenen
Wahrnehmungen angewiesen. Zwar ist die Fachzeitschriften-
Litteratur eine ausnehmend reiche, sie hat jedoch mit der einzigen
Ausnahme des „Journals für Buchdruckerkunst" erst seit den sieben-
ziger Jahren eine eigentliche Bedeutung1. Diejenigen, welche für
die Geschichtschreibung im allgemeinen die grösste Ausbeute geben,
finden erst am Schluss des Bandes Erwähnung, um sie nicht bei
jedem Abschnitt zu wiederholen. Dasselbe ist der Fall mit der
grossen Anzahl von offiziellen Berichten, zu welchen die Welt-
ausstellungen in London 1851 und 1862; in Paris 1855, ^67, 1878;
in Wien 1873, und in Philadelphia 1876 Veranlassung gaben.
Die Quellen für spezielle Fälle sind, wie im ersten Teil,
jedesmal an der betreffenden Stelle angegeben.
» I- Mohr in Strassburg, der sich um die typographische I.ittcratur und
die Bereicherung der Bibliothek des deutschen Buchhändler -Vereins vielfach
verdient gemacht hat, lieferte, unterstützt von VV. Blades in London, Chr. Huber
in Paris und John Faehr in Cincinnati, in den „Annalen der Typographie",
IX. Bd. Nr. 432 und 433, ein Verzeichnis der Erscheinungen der periodischen
Fachpresse älterer und neuerer Zeit. Ein Separat - Abdruck erschien 1879 in
Strassburg.
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I. KAPITEL.
SCHRIFTGIESSEREI UND SETZMASCHINEN
DER ANGLO -AMERIKANISCHEN GRUPPE.
Die Schriftoiesserei : W. Casjon iL, J. Jackson, D. Bruce, Mac Kellar, Smiths &
Jordan u. a. Die Iloktypen. Der Blindendruck. Lord Stanhopes Stereotypie.
Die Giessmasciune: Nicholson, PLlihu White, D. & G. Bruce, Johnson und
Atkinson, Westcotts Gicssmaschine. Die Setzmaschine, frühere Versuche:
T. Ahlen, W. Mitchell, A. Fräser u. a. Hattersley, Kastenbein, Mackie. Der
.Ifatrix compositor und ähnliche Apparate.
ILLIAM Caslon dem altern, dem Begründer der
Selbständigkeit der englischen SCHRIFTGIESSEREI,
folgte in rühmlicher Weise der schon 1742 als Teil-
nehmer in das väterliche Geschäft aufgenommene Sohn
William Caslon ii. Dieser hinterliess als Witwe w. c^ion h.
Elisabeth Cartlich und zwei Söhne William III. und Heinrich l, * '7' Aug* ,/7<
welcher letztere 1788 starb, während William 1793 aus dem Geschäft
trat. Die Frau Heinrichs, Elisabeth Row, führte für ihren und ihres
Sohnes Heinrich ii. Anteil das Geschäft bis 1795 in Verbindung mit
ihrer Schwiegermutter fort, nach deren Tode allein. Trotz ihrer
schwachen Gesundheit entwickelte sie eine grosse Umsicht. Als sie
jedoch merkte, dass trotz aller Anstrengungen das Renomm£ des
Hauses etwas hinter dem jüngerer Firmen zurückblieb, Hess sie, unter
Mitwirkung eines tüchtigen Künstlers, John Isaack Drury, sämtliche
Schriften neu schneiden und nahm Nathanael Catherwood zum
Associe, der auch allen von ihm gehegten Erwartungen entsprach.
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DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
Später associierte sich Heinrich Caslon zuerst mit Jacok James
Catherwood, seit 1821 mit Martin William Livermore. Sie führten
eine neue Schreibschrift ein nach dem System des Franzosen Boileau.
Bei William Caslon 11. hatte Joseph Jackson gelernt. Das
jo*. jnckson Verfahren bei der Herstellung der Stempel wurde sehr geheini-
• |. Scptbr. 1733.
t 1,. Jan. it«)2. gehalten und Caslon vcrschloss letztere mit grosser Vorsicht, wenn
er nicht daran arbeitete. Jackson bohrte nun, um die Arbeit Caslons
zu beobachten, ein Loch durch die Wand und sein Vorhaben
gelang ihm auch auf diese Weise, von deren nicht ehrenhafter Natur
er wohl kaum das volle Verständnis hatte, denn mit grossem Stolz
zeigte er dem Meister seine Arbeit, erhielt jedoch eine sehr strenge
Zurechtweisung. Seine Mutter kaufte ihm nun das nötige Hand-
werkzeug und er benutzte jeden freien Augenblick, um zuhause zu
arbeiten. Nach vollendeter Lehrzeit blieb er bei Caslon, bis er, weil
Teilnehmer an einer Lohnbewegung, zugleich mit seinem Freunde
Thomas Cotterell den Abschied erhielt. Jackson ging zur See
und arbeitete dann bei Cotterell, der ein tüchtiger Schriftgicsser
geworden war, und versuchte später selbst sein Glück. 1 790 wurde
seine Giesserei durch Feuer zerstört, ein Schlag, von dem er sich
körperlich und geistig nicht erholen konnte. Unter seinen vielen
vortrefflichen Schriften sind besonders hervorzuheben die Facsimile-
Type der Schrift fesDoomsdayBook, seine alexandrinisch-griechische
Schrift, sowie die Schrift zu der von Th. Bensley ausgeführten
berühmten Bibel von Maclin, die jedoch in einer späteren Ausgabe
durch Schriften von V. Figgins ersetzt wurde.
Bei Jacksons Tode kaufte der aus dem väterlichen Geschäft aus-
w. c.i*ion in. getretene William Caslon hl dessen Schriften. Die Giesserei wurde
sehr erweitert und namentlich mit schönen Ornamenten vervoll-
ständigt. Das Probebuch von 1785 war das schönste aller bis jetzt
erschienenen. Caslon übergab, nachdem er noch glücklich von einer
längere Zeit andauernden Blindheit geheilt war, das Geschäft an
seinen Sohn William iv., der es 1819 an Blake, Garnett & Co.
(jetzt Blake, Stcphenson & Co.) verkaufte.
Von Bedeutung war der eben erwähnte Vincent Figgins. Er
v. Fmgin». hatte bei Jackson gelernt und blieb bei ihm bis zu dessen Tode. So
gern er es gewollt, konnte er doch nicht mit Caslon beim Ankauf
des Geschäftes konkurrieren. Von Joh. Nichols kräftig unterstützt
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I. KAP.
DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE SETZMASCHINEN.
31
ward es ihm jedoch möglich, sich selbständig zu machen. Er
schnitt manche schöne, zumteil seltene Schriften. Das Geschäft
besteht noch unter der Firma V.&J. Figgins und arbeitet mit 70 durch
Dampf getriebenen Giessmaschinen. Dass die Offizin imstande war,
einer am Sonnabend vollständig abgebrannten Zeitungsdruckerei am
folgenden Dienstag das Weiterarbeiten mit 40 Setzern möglich zu
machen, mag als Probe der Leistungsfähigkeit einer modernen
Schriftgicsserci dienen. Auch William Martin, der von Bulmer
gestützt wurde, lieferte Vorzügliches.
Als Schöpfer der schottischen Schriftgiesserei wurde bereits
Alexander Wilson erwähnt (I, S. 266). Er war in St. Andrews a. waSon
_ _ < • 1714.
geboren, hatte viel Sinn für Mechanik und Astronomie, kam jedoch
1 737 nach London in eine Droguenhandlung. Durch Zufall sah er
eine Schriftgiesserei und fasste sofort den Gedanken, die Herstellung
der Schriften in einfacherer Weise als bisher herbeizufuhren. Zu
diesem Zwecke verband er sich mit seinem Freunde Baine. Der
Aufenthalt in London wurde ihnen jedoch zu teuer und sie zogen
nach St. Andrews. Mit der Erfindung kam es nicht recht vor-
wärts, deshalb schritten die Besitzer, ohne dass sie die eigentlichen
Kenntnisse dazu besassen, 1 742 zur Einrichtung einer Schriftgiesserei
in üblicher Weise. Die schottischen Buchdrucker, die hauptsächlich
in Edinburgh etabliert waren , sahen gern die neue Giesserei ent-
stehen, und unterstützten sie, da die Verbindung mit London noch
schwierig war. Als Wilson & Baine, um mit dem grossen Verkehr,
namentlich mit Amerika und Irland, leichtere Fühlung zu behalten,
nach dem Dorfe CAMLACHIE bei Glasgow gezogen waren, beschlossen
sie 1747, dass einer von ihnen nach Irland gehen sollte; wer? das
sollte durchs Los entschieden werden. Dieses traf Baine. Zwei Jahre
später wurde die Verbindung ganz gelöst.
Wilson stand in engem Verkehr mit der Universität Glasgow
und schnitt für diese in uneigennütziger Weise griechische Schriften,
für welche er grosses Lob erntete. 1 760 wurde er von der Univer-
sität mit dem Professorat in der praktischen Astronomie beehrt und
die Schriftgiesserei nun von seinen beiden ältesten Söhnen fort-
gesetzt. Auf Grund der billigeren Löhne und Materialien konnten sie
sogar in London mit den dortigen Giessereien konkurrieren. Ein
anderer tüchtiger schottischer Giesser war Millar in Edinburgh.
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32
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
Ungefähr gleichzeitig mit Lord Stanhopes Auftreten erhielt
v\x. Rushcr. {1802; Philipp Rusher in Banbury, Oxfordshire , ein Patent für
verschiedene Veränderungen und Verbesserungen in der Form der
Typen , welche die Kosten und die Arbeit beim Setzen verringern
und die Schönheit und Gleichmässigkeit des Satzes vermehren sollten.
Rusher druckte mit diesen Typen den Rasselas, lieferte jedoch
damit alles eher, als den Beweis für die obengenannten Eigen-
schaften der neuen Schrift.
Von englischen Schriftgiessern sind ferner zu erwähnen: Rob.
Miitar. Be&iey Besley & Co. (später Reed & Fox), Müller & Richard u. a.1. Durch
orientalische Schriften sind bekannt: Edm. Fry, W. M. Watts,
Gilbert&Ri vington und die Giesserei der Clarendon- Press in Oxford.
Grossen Beifall gewannen die von Thorowgood in London ein-
geführten Schreibschriften. Sie konnten wegen der Leichtigkeit
des Setzens, da jeder der 190 Charaktere wie in der Cursivschrift
selbständig ist, sich neben den kunstvolleren, aber schwer zu
behandelnden Schreibschriften Didots behaupten. Als die Renais-
sanceschriften in Frankreich aufkamen, den Spruch bewahrheitend:
// riy a de nouveau en ce monde, que ce qui est vieux , veranstaltete
der Buchdrucker Wittingham bei Caslon einen Neuschnitt der 17 16
hergestellten Elzevier - Antiqua , jedoch mit etwas breiteren und
runderen Buchstaben. Diese Medianuil gefiel ganz ausserordent-
lich und hiermit war der Weg für die Renaissance eröffnet, die
selbstverständlich in England starke Verbreitung fand; jedoch hielt
man sich von Übertreibungen, so wie auch von Ausschreitungen in
den Titel- und Zierschriften ziemlich frei
« J. M. Powr.Li. gab 1875 : Sdeci specimens ofthe best faces 0/ ihe british Founders.
* Wie würde es wohl Th. C. Hansard bei dein Anblick der heutigen Extra-
vaganzen fast aller Länder zumute geworden sein, wenn er sich schon bei den
damaligen zaghaften Überschreitungen zu dem folgenden Ausbruch veranlasst
fühlte: „O, ihr geheiligten Schatten von Moxon und van Dyck, von Haskcrville und
Bodoni, was würdet ihr wohl zu den typographischen Monstruositätcn heutiger
Mode gesagt haben? Und die, welche uns nach ebensovielen Jahren folgen
werden, als jene uns vorangegangen sind, in welches Zeitalter werden sie die
Erzeugnisse, die uns hier vorliegen, versetzen? Solchen Ungeheuerlichkeiten
gegenüber wird die Nachwelt sich manche sonderbare Vorstellung machen. Es ist
keineswegs unmöglich, dass die jetzt in der City von London gedruckten Erzeug-
nisse in späterer Zeit dem Meistbietenden als echt ägyptische Seltenheiten
antediluvianischen Ursprungs zugeschlagen und den ausgesuchtesten Teil der
Schätze von Sammlungen der Kenner bilden werden".
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I. KAP. DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE SETZMASCHINEN.
33
In AMERIKA lagen die Verhältnisse anders als in England.
Man hatte mit keiner Tradition, mit keinem bereits ausgeprägten Schriftgießerei
Geschmack oder früherer Gewohnheit zu rechnen , man nahm das
Gute, wo es sich darbot, und erfand nach Herzenslust, wo etwas
fehlte. In Ermangelung einer nationalen Litteratur hatte die Werk-
druckerei noch keine grosse Bedeutung, man war auf billige
Nachdrucke englischer Werke angewiesen. Die Anstrengungen der
amerikanischen Giessereien richteten sich deshalb vornehmlich auf
die Befriedigung der Bedürfnisse der Zeitungs- und Accidenz-
druckereien. Um vielen Stoff in den Zeitungen zu häufen, und viele
Zeilen auf die Spalte zu bringen, war es notwendig, möglichst
kleine Schriftkegel zu wählen, dafür jedoch das Bild der Buch-
staben so gross, wie es der Kegel nur zuliess, zu schneiden, wozu es
erforderlich war, die herauf- und heruntersteigenden Buchstaben und
die Versalien möglichst kurz zu halten. In solchen Schriften wurde
Vorzügliches geschnitten und in vortrefflichem Metall gegossen.
In jüngster Zeit erreichte die Zahl der Accidenzschriften eine
beträchtliche Höhe. Ausgezeichnet sind namentlich die Schreib-
schriften. In Titelschriften wurde vieles Gute unter vielem Unnützen
produziert1. Einfassungen in allen möglichen Geschmacks- oder
Ungeschmacks-Richtungcn, sogar in japanischem oder chinesischem
Stil, vertragen sich brüderlich mit den Antik- und Renaissance-
Ornamenten.
Trotz der sehr bedeutenden Produktion ist die Zahl der mass-
gebenden Giessereien eine beschränkte (32). Die grossen Schrift-
gießereien Hessen die kleineren mit Originalproduktionen nicht auf-
kommen, gewährten ihnen dagegen einen so hohen Rabatt, dass die
Kleineren ihren Vorteil dabei fanden , die Schriften der Grossen in
ihre Proben aufzunehmen und als eigene Arbeit zu verkaufen. Dem
typographischen Publikum entgingen zwar hierdurch die aus einer
lebhaften Konkurrenz entstehenden Vorteile, es stand sich jedoch
nicht schlecht dabei, indem die grossen Giessereien, um ihren Platz
auszufüllen, sehr bedeutende Anstrengungen machten.
Um das Jahr 1 800 existierte in den Vereinigten Staaten nur die
eine Giesserei von Binnev & Rolandson in Philadelphia, die durch
» Sf*cimen Book von: G. Bruces Son & Co.; Farmer, Fjttle & Co.; James
Conners Sons; Mac Kiu.ar, Smiths & Jordan.
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34
DIE ANGLO-AMERIK ANISCHE GRUPPK.
I. KAP.
Franklins Unterstützung gute Giessinstrumente aus Frankreich
erhielt und diese noch verbesserte.
Eine der ältesten und bedeutendsten Giessereien ist die von
David Hruce David Bruce, einem Schottländer, gegründete. Nachdem dieser
1 15. Marz' \l7°7. in Edinburgh die Buchdruckerei gelernt hatte, siedelte er 1793 nach
Amerika über und begann 1806 im Verein mit seinem jüngeren
Bruder George Bruce (geb. 1 78 1 ) eine Buchdruckerci. Die Wichtigkeit
der Stereotypie hatte er ganz begriffen und ging deshalb 181 2 nach
London, um unter den Auspicien des Lord Stanhope die Stereotypie
aus dem Fundament zu erlernen. Das Vorhaben gelang jedoch
nicht ganz, so dass er noch den Weg der eigenen Erfahrungen
einschlagen musste. Er lieferte die erste in Amerika stereotypierte
Bibel und widmete sich nun ausschliesslich der Schriftgiesserei und
der Stereotypie. Im Jahre 1822 zog er sich aus dem Geschäft zurück,
welches sein Sohn David n. sehr in die Höhe brachte. Die grosse
Schriftprobe des letzteren aus dem Jahre 1 869, bis auf den heutigen
Tag durch achtzehn Supplemente vervollständigt, bietet eine un-
ermessliche Auswahl von Schriften jeder Art
Als Schriftgiesser waren ebenfalls bedeutend James Conner,
jam« Conncr dessen Sohn gleichen Namens zuerst galvanische Matern lieferte,
• Aug. 17081 w ...
f 10. Mai ifoi. und Mac Kellar, Smiths & Jordan. Der Teilhaber letzterer Firma,
Th. Mac Keiiar Thomas Mac Kellar , war Verfasser eines sehr guten Handbuches
der Typographie: The Anurican Printer und Herausgeber des
Typographical Advcrtiser, ein Blatt, welches zwar zunächst den
Interessen der Firma dient, jedoch manches allgemein Beachtens-
werte bringt. Ahnliche Blätter werden von fast allen grossen
amerikanischen Giessereien herausgegeben , sie verbreiten zugleich
1 Als ein guter Einfall Bruces nuiss es betrachtet werden, dass er zur
Vorführung seiner Schriften sich nicht sinnlos zusammengestellter Wörter bedient,
sondern mit jeder neuen Schrift den Titel eines Werkes der typographischen
Litteratur wiedersieht. Um einen Buchdrucker sattelfest in der typographischen
Bibliographie zu machen, giebt es kaum ein besseres mnemotechnisches Mittel.
Wenn die Schriftgiesser statt des Quousqut tandem etc. Sätze wählten, die für den
Buchdrucker ein Interesse darbieten, so würden die Proben gewiss manchmal
aufmerksamer ins Auge gefasst werden und die Schriften sich mehr dem Gedächt-
nis einprägen. Schliesslich gab Bruce noch als Beilage zu seinen IVobcn eine
Geschichte der Buchdruckerei, 164 Seiten 4, mit zahlreichen Abbildungen, mit
seinen verschiedenen Werkschriften gedruckt.
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I. KAP. DIE SCHRIFTGIESSERKI UND DIE SETZMASCHINEN. 35
mit den Proben der neuen Leistungen ihrer Geschäfte mancherlei
nützliche Kenntnisse1.
Eine merkwürdige Erscheinung des amerikanischen Schriften-
wesens ist das Cherokee- Alphabet des Indianers Seijuoyah oder George cuc«.
George Guess. Durch Umgang mit Weissen kam er erst auf eine
Bilder-, dann auf eine Silbenschrift mit 68 Schriftzeichen, für
welche er sich zumteil der Formen der lateinischen Buchstaben
bediente, ohne jedoch von dem sprachlichen Wert derselben eine
Vorstellung zu haben. Er vollendete seine Arbeit , für welche ihn
die Cherokesen-Häuptlinge durch die Prägung einer Medaille ehrten,
im Jahre 182 1.
Der Plakatdruck mit seinen grossen Schriften führte auf die
geschäftsmässige Fabrikation der Holztypen. In Amerika begann Die Hoktypcn.
diese im grösseren Massstab um das Jahr 1830 durch Wanderburgh
Wills & Co. und durch Eow. Allen, der sich später mit der Firma
W. H. Page & Co. verband. Zur Verwendung kommt fast nur Ahorn,
mitunter Mahagoni oder Buchsbaum. Die Klötze werden erst in
Querschnitte gesägt, mit Dampf behandelt und zwei Jahre lang auf-
gespeichert. Die Oberfläche poliert man wiederholt mit Schellack
und Sandpapier und teilt die Querschnitte in die benötigten
Grössen. Die Buchstabenbilder werden vermittelst Maschinerie
hergestellt
Der in Frankreich zuerst geübte BLINDENDRUCK wurde
in England wie auch Amerika in durchgreifender Weise verbessert. Blindendruck.
James Göll in Edinburgh wandte 1827 eckige Zeichen an; der
Amerikaner Dr. Howe in Boston gab den gemeinen Buchstaben der
Antiqua ebenfalls eckige Formen ; ein ähnliches Alphabet von Fry
in London erhielt 1857 von der dortigen Society of arts einen Preis.
Das in England am meisten verbreitete und unter den willkürlichen
eines der zweckmässigsten Alphabete ist das von T. M. Lucas in
Bristol 1 845 erfundene Chiffre-Alphabet, bestehend aus einem Zirkel
und einem Halbzirkel in zwei Grössen , einer grösseren und einer
kleineren Linie und einem Punkt. Hiermit Hessen sich vierzig
zweckmässige Zeichen kombinieren. — Der, selbst blinde, Vorsteher
« Die Firma Scheiter & Giesecke in Leipzig führte diese Sitte in Deutsch-
land ein (vgl. ix. Kap.).
1 Ilistary and Miinufarture of IVoo.i Type. Tyfojriifhical Messender 1869, Nr. 4.
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36
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
der Blinden- Anstalt in Brighton, Moon, erfand ein Chiffre- Alphabet
von zehn Zeichen aus gebogenem Draht, die auf Zinkplatten gelötet
wurden, ein Verfahren, das bereits 1839 von Frere geübt war.
Nach Moons System wurden heilige Schriften in achtzig Sprachen
gedruckt. Ausser den erwähnten bestehen jedoch noch viele
Systeme.
Ausserordentlich zu bedauern bleibt es, dass man sich nicht
über ein einheitliches System der Blindenschrift hat einigen können;
nirgends wäre wohl eine Einheitlichkeit für den Lernenden sowohl
als für den Lehrer nützlicher, und wie wäre die Bildung von Blinden-
bibliotheken hiermit befördert worden! Aus vielen Gründen dürfte
eine Einigkeit, wenn sie überhaupt möglich ist, nur auf Grundlage
des Antiqua-Alphabetes stattfinden können.
Die praktische Durchführung des vielfach versuchten Verfahrens
l>ie Stereotypie, der Stereotypie hat man, wie so manche andere Verbesserungen
im Druckwesen, dem edlen Charles Mahon, Lord Stanhope zu
verdanken. Derselbe war erst in Eton College, später unter des
bekannten Lc Sages Anleitung sorgfältigst erzogen. Mit besonderer
Vorliebe wendete er seine Aufmerksamkeit der Typographie und
der Schriftgiesserei zu, und fast zu gleicher Zeit traten sein Stereotyp-
verfahren und seine eiserne Presse in Wirksamkeit.
W. Ged hatte seine Versuche nicht fortsetzen können (I, S. 266),
Müller und van der Mey (I, s. 251) waren ganz in Vergessenheit
geraten. Die Wichtigkeit der Stereotypie leuchtete aber mit der
Zunahme der schwierigen Arbeiten und der grossen Auflagen immer
mehr ein. Fast 50 Jahre nach Ged machte Dr. Tilloch in Glasgow,
ohne dessen Erfindung zu kennen, eine ähnliche und übte diese in
Verbindung mit dem Universitätsbuchdrucker Foui.ts. Sie brachten
auch einige Bände fertig, gaben jedoch später ihre Arbeiten auf.
Lord Stanhope Hess sich von Tilloch und Foulis unterrichten und
brachte es in Verbindung mit einem bekannten Londoner Buch-
drucker, Wilson, nach zweijähriger Arbeit zur Vollkommenheit
in dem Verfahren. 1804 konnte letzterer unter Lord Stanhopes
Zustimmung beantragen, die Bibeln und Gebetbücher der Universität
Cambridge mittels des neuen Verfahrens herstellen zu lassen.
Es fand allgemeine Anerkennung und schleunige Verbreitung, denn
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I. KAP.
DIR SCHR1FTGI ESSEREI UND DIE SETZMASCHINEN.
37
Lord Stanhope litt durchaus nicht, dass diese, noch eine andere seiner
Erfindungen Gegenstand eines Patentschutzes wurde; im Gegenteil,
er Hess jedesmal ein Caveat in dem Pattnt -Office einregistrieren,
damit kein Unbefugter sich der Erfindungen bemächtigen und für
sich patentieren lassen konnte.
Der Stanhopesche Prozess1 ist folgender: Feiner, möglichst
frischer Gips wird mit Boluswasser zu einem flüssigen Brei angerührt sunhope«
und die Schriftform oder die Holzschnittplatte, welche man stereo-
typieren will, mit der Masse erst eingepinselt, dann übergössen.
Nachdem der Gips fest geworden, lässt er sich leicht von der Form
abtrennen und man hat nun eine genaue vertiefte Kopie (Matrize) des
zu stereotypierenden Gegenstandes. Diese wird mit grosser Vor-
sicht langsam in einem dazu eingerichteten Ofen getrocknet, dann,
mit der Bildseite nach unten, in eine Pfanne gelegt, die in einen
Kessel mit flüssigem Schriftzeug gesenkt wird. Letzterer dringt
durch Offnungen der Pfanne und füllt selbst die kleinsten Ver-
tiefungen der Matrize aus. Nachdem die Pfanne aus dem Kessel
herausgenommen und die Masse erkaltet ist, lässt sich die Mater
von der Platte ablösen, erstere geht jedoch dabei verloren, dafür
hat man das getreue Abbild des stereotypierten Gegenstandes in
Schriftmasse 1.
Doch nicht alle Druckarbeiten, bei welchen das Verfahren
zweckmässig gewesen wäre, konnten stereotypiert werden, nament- Da» Sthriit-
mcull.
lieh war dasselbe bei Zeitungen zu langsam, man musste deshalb
die Aufmerksamkeit auf Verbesserung des Schriftzeuges richten.
Während der drei ersten Jahrhunderte der Kunst war eine grosse
Auflage eine Seltenheit gewesen und die Schriften hielten sich
oft mehrere Generationen hindurch brauchbar, ausserdem nahm
man es damals nicht so genau wie heute mit der Schärfe des
Druckes. Als nun die vielen Abzüge die Abnutzung, also auch den
Bedarf vermehrten, musste ein härteres Schriftmetall beschafft
werden. Der Prozess des Schmelzens und die Mischung der Metalle
« Thomas IIon<;.soN , An essay on stereotyp* frinting. Newcastle 1820. —
J. F. Wilson, Stereötyfmz and elcctrotyping. London. — H. MtVF.R, Handbuch
der Stereotypie. Hraunschweig 1838.
a Über die früheren Versuche und die neueren Methoden der Franzosen
vgl. Kap. v.
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38
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
geschah nicht mehr nach Gutdünken, sondern nach wissenschaft-
lichen Regeln, auch nicht in der Giesspfanne, sondern in grösseren
Quantitäten in zweckmässigen Schmelzöfen. J.R.Johnson lieferte den
Zeug so hart , dass man seine Typen als Stempel in gewöhnlichen
Schriftzeug eintreiben konnte. Auch wurden Matern durch Prägung
mittels hydraulischer Pressen in Stahl, anstatt durch Einschlagen
in Kupfer, produziert, und Versuche gemacht, Typen aus Kupfer-
stangen zu pressen oder die Schrift zu vernickeln und zu verkupfern.
Zu diesem Zweck wurde die Newton Coppertype Company in New-
York etabliert, welche die Schriften für etwa 18 — 20 Prozent des
Schriftwertes verkupferte. Ausschluss wurde von Messing, Zink
und Vulcanit herzustellen versucht.
Allein die Verbesserung des Stoffes genügte noch nicht, man
musste auch auf Schnelligkeit und Billigkeit in der Produktion sehen,
und hier konnte nur die Maschine Hülfe schaffen.
Über den ersten Ursprung der Schriftgiessm aschine ver-
uic sthrifigiew lautet nur, dass dem Will. Nicholson in London im Jahre 1790 ein
maschinc.
Patent auf eine solche für „konisch" gebildete Typen erteilt wurde.
Eine konische Form mit einer grösseren Bild- und einer kleineren
Grundfläche hielt Nicholson für nötig, weil er die Schriften um den
Cylinder einer Schnellpresse anbringen wollte, welch letztere er sich
ebenfalls patentieren Hess. Er hatte das, später von Didot in Paris
versuchte, polyamatype Giessverfahren vor Augen, nach welchem
viele Buchstaben auf einmal gegossen werden sollten. Es blieb,
wie mit den übrigen Erfindungen Nicholsons, bei dem Patent-
nehmen.
Die praktische Durchführung der Giessmaschine gehört
Amerika an. Die ersten Patente dort wurden 1805 und 1807 dem
Elihu White und dem William Wing in Hartford erteilt. Auch
hier hatte man zuerst das polyamatype Verfahren im Auge, ja man
wollte sogar ganze Alphabete auf einmal giessen. White experi-
mentierte zehn Jahre lang, ohne zu einem nennenswerten Resultate
zu kommen. Die Schriftgiesser Binney & Rolandson hatten ebenfalls
viele Versuche gemacht und schienen dem Ziele näher als White
gerückt zu sein, hielten jedoch ihre Resultate sehr geheim. White
schmuggelte in wenig ehrenhafter Weise einen seiner Arbeiter bei
Binney ein, damit er hinter die Geheimnisse komme, reüssierte jedoch
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I. KAP.
DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE SETZMASCHINEN.
39
dessenungeachtet und trotz seiner Verbindung mit dem Mechaniker
Will. M. Johnson nicht.
Einen wirklichen Erfolg hatte erst David Bruce 1838. Es
entspann sich jedoch ein bitterer Streit darüber, ob Bruce , wie er
selbst auf das bestimmteste behauptete, oder einer seiner Arbeiter,
der dänische Schlossergeselle Lauritz Brandt (s. Kap. IX), der
eigentliche Erfinder sei. Bruces Maschine wurde von Will. M.
Johnson verbessert.
Seit 1840 sind SCHLEIFMASCHINEN im Gang, haben jedoch
nicht in demselben Umfange, wie die Giessmaschinen, Eingang schleif,
gefunden. Selbst in Amerika, wo man doch sicherlich etwas von
Arbeitsteilung und rationeller Ausnutzung der Maschinen versteht,
wird Schleifen mittels Handarbeit jetzt noch vielfach geübt. Die
Arbeiter haben sich eine solche manuelle Fertigkeit erworben, dass
sie fast als Maschinen betrachtet werden können. In London wurden
die Schleifapparate namentlich von Figgins gebaut.
Eine der interessantesten Maschinen ist die kombinierte auto-
matische Giess-, Schleif- und Fertigmach - Maschine von Johnson & Johnson und
Alkin&on.
Atkinson, die ohne menschliche Beihülfe die Buchstaben gegossen,
geschliffen, bestossen, gehobelt und in Reihen aufgestellt liefert*.
Eine allgemeine Verbreitung hat diese Maschine, die in Deutsch-
land durch Flinsch, Genzsch & Heyse und Meyer & Schleicher
eingeführt wurde, jedoch nicht gefunden; es gehören verschiedene
Vorbedingungen dazu, wenn ihre Arbeit genügend nutzbringend sein
soll. Das Patent von 1862 ging auf die Patent TypeFoundry über, die
eine Reihe von Jahren von P. M. Shank geleitet wurde und dann
in dessen Besitz überging. Sein Mitarbeiter J. M. I Iepburn änderte
die Maschine vollständig um, so dass sie bei vereinfachter Kon-
struktion nur die Hälfte des Raumes der älteren einnimmt und die
Typen direkt in die Setzkästen oder in die für die Setzmaschine
bestimmten Röhren legt. In letzterer Weise erhalten die Times
alltäglich die neue Schrift für die Nummer des kommenden Tages
und der Satz der vorigen wandert in die Giessmaschine; denn
abgelegt wird nicht.
Noch weiter ging die amerikanische kombinierte Schriftgiess-,
Schleif-, Bestoss- und Setzmaschine von Westcott. Ein Setzer w«tcou.
» Journ. f. Ii. 1872, Nr. 42. — Print. Reg. iSS 1, Okt. — Ann. d. Typ. IL iv, Nr. 1 83.
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4o
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
1. KAP.
spielt, wie bei der Setzmaschine, von der unten die Rede sein wird,
sein Manuskript auf einer Klaviatur ab; durch Berührung einer
Tangente rückt die gewünschte Mater vor die Öffnung des Schrift-
giessinstrumentes und die Buchstaben werden gegossen, geschliffen,
bestossen und gesetzt, nicht aber abgelegt, denn die Schrift
wird nach Ausführung des Druckes in die Giesspfanne geworfen.
Diese Maschine arbeitete auf der Ausstellung in Philadelphia voll-
kommen korrekt, aber sehr langsam und vermochte nur 2000
Buchstaben in der Stunde zu giessen und zu setzen \
Es konnte nicht anders sein, als dass die grosse Errungenschaft
Die seu- der Druckmaschine die Gedanken der Techniker darauf leiten musste,
m.Tschinc.
ob es nicht möglich sei, die verhältnismässig langsam vorwärts-
schreitende Arbeit des Setzens durch Mechanismus überflüssig zu
machen oder wenigstens zu erleichtern. Einmal ausgesprochen,
wird auch ein solcher Gedanke selten ad acta gelegt, und so ist es,
trotz der unüberwindlich scheinenden Schwierigkeiten, gelungen, die
Setzmaschine3, wennauch nicht in der ausgedehnten Weise wie die
Schnellpresse, in das praktische Leben einzuführen. Wie gross der
damit zu erzielende Vorteil sein wird, lässt sich noch nicht genau
übersehen. Fraglich erscheint es namentlich, ob die Schnelligkeit
in der Herstellung der Zeitungen wesentlich gefördert werden wird.
Gerade bei dem Zeitungssatz handelt es sich um die angestrengteste
Ausnutzung der Zeit von dem Augenblicke ab, wo das letzte Manu-
skript in die Hände der Druckerei gelangt, und gerade da wirken
viele, gleichzeitig arbeitende, tüchtige und möglichst selbständige
Kräfte sicherer und rascher, als die Setzmaschine. Dass diese nichts-
destoweniger eine Zukunft haben wird, kann nicht in Abrede gestellt
werden, es liegt aber in der Natur der Sache, dass die Thätigkeit
des denkenden Setzers nicht ohne weiteres ersetzt werden kann. Die
Maschine kann ihm zwar einen Teil der leichteren Arbeit abnehmen,
ihn aber nicht entbehrlich machen. Soll die Setzmaschine für das
Setzen dieselbe Bedeutung erlangen, wie die Schnellpresse für das
Drucken, müssten wir alle typographischen Errungenschaften von
t Oest. IJ.-Ztg. 1S76, Nr. 33.
2 Th. (ioF.KF.i., Die Setzmaschinen geschichtlich und technisch. Wiecks
lllustr. Gewerbc-Ztg. 1877.
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I. KAP. DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE SETZMASCHINEN. 41
vier Jahrhunderten über Bord werfen, die Typen müssten auf gleich
grosse Körper (Gevierte oder Halbgevierte) gebracht werden und
entweder die Versal- oder die gemeinen Buchstaben wegfallen, dann
müsste man das Recht haben, eine Zeile ohne Rücksicht auf Silben-
teilung zu brechen und selbst das würde nicht ganz genügen, denn
jede Auszeichnung wäre in Wegfall zu bringen. So weit rückwärts
wird sich wohl die Phantasie selbst des grossten Bewunderers der
Setzmaschine kaum versteigen. Nehmen wir diese für jetzt für das,
was sie ist, eine höchst beachtenswerte Hülfsmaschine, nicht aber
für einen, das ganze Geschäft umgestaltenden Apparat, wie die
Schnellpresse. Wenn bei der Setzmaschine zumeist weibliche Kräfte
in Anspruch genommen werden, so sind allerdings die Billigkeit
und die Fingerfertigkeit der Frauen mit bestimmend gewesen, Schuld
tragen jedoch auch die Setzer selbst daran durch die feindliche
Haltung, welche sie, wie seinerzeit die Drucker zu der Schnellpresse,
der neuen Erfindung gegenüber einnahmen.
Von wem der Gedanke zuerst ausgesprochen wurde, ist schwer
zu entscheiden. Friedrich König hat bereits im Jahre 1 8 1 1 oder Ä Itcrc Versuche
1812 erfahren, dass ein junger Mann in Birmingham sich mit der maichme.
Absicht trug, eine Setzmaschine zu bauen. König & Bauer selbst
hatten ihre Gedanken auf eine solche gerichtet, Hessen ihn jedoch
fallen. Thatsache ist, dass ihn Dr. Church in Birmingham im Jahre
1822 dargelegt hat. Die Zahl der Versuche ist Legion; in England
allein wurden in den Jahren 1822 — 1860 57 Patente erteilt. Mit
dem Jahre 1840 gewinnen die Versuche zwar einen realeren Boden,
doch gehören auch sie alle jetzt als Überlebtes der Geschichte an
oder sind der Vergessenheit anheimgefallen. In dem erwähnten
Jahre bildete sich in Pressburg eine Gesellschaft, um eine von
Joseph v. Kliegel erfundene Setz- und Ablegemaschine zu erbauen,
wozu der Franzose Etienne Robert Gaubert eine Ablegemaschine
lieferte. In demselben Jahre erhielten der Engländer John Clav in
Cottingham und der Schwede Fr. Rosenborg Patente, im Jahre 1841
James Haddf.n Young, Spinnereibesitzer, und Adrien Delcambre,
Fabrikbesitzer, beide in Lille. Zu ihrer 1 844 ausgestellten Maschine,
welche nur auf das Setzen eingerichtet war, baute A. N. Chaix eine
Ablegemaschine; beide fanden keinen Eingang. In Wien experi-
mentierte, durch Auer unterstützt, L. Tschulik. Er lehnte sich
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42
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
zunächst an Rosenborg an, während J. X. Wurm viele Verbesserungen
an seiner Maschine anbrachte. Der eigentliche Schöpfer der lebens-
fähigen Setzmaschine war der Däne Chr. Sörensen im Jahre 185 1 l.
Unter den älteren englischen und amerikanischen Setzmaschinen
Tim. Aide« war die von Timotheus Alden die bedeutendste. Von 1835 — 1846
f V'u"*n.,|I858.' arbeitete Alden als Setzer und sprach bereits in seinem neunzehnten
Jahre, 1838, die Absicht aus, eine Setzmaschine zu bauen. Obwohl
vielfach ausgelacht, ging er mit aller Energie daran und konnte
1856 die letzte Hand an sein Werk legen. Er hatte sich jedoch dabei
geistig und körperlich aufgerieben. Bei seinem Tode 1858 hinterliess
er seinem Vetter Henry W. Alden, der ihm treu geholfen hatte, sein
Werk. Die Aldensche Maschine war sehr kompliziert und demnach
kostspielig. Henry Alden vereinfachte sie und übergab einer Gesell-
schaft die Erfindung zur Ausbeutung, sie fand jedoch keine grosse
Verbreitung und die Gesellschaft löste sich 1874 auf2.
Eine Maschine von William H. Mitchell in New -York war
schon 1861 in Wirksamkeit bei dem Satz von Appletons Ency-
clopacdia. Alexander Fräser, Teilhaber der Firma Neill & Co.
in Edinburgh, wollte erst nur eine Ablegemaschine für Hattersleys
Setzmaschine konstruieren, lieferte jedoch 1862 eine brauchbare Setz-
und Ablegemaschine, für fünf Schriftgrade benutzbar2. Ein anderer
Apparat von Henry A. Burr3, von welchem acht Stück in der
Offizin der Nav-York Tribüne arbeiten, ähnelt Kastenbeins System
der Ablegeapparat erfordert Typen mit vielfachen Einschnitten.
Von einer von Adie in London nach dem Fraserschen System in der
Behring Manufacturing Company gebauten Mäschine arbeitet eine
grössere Zahl in verschiedenen Offizinen. Ff.lts' 1861 gebaute
Maschine versprach vieles, ob sie es gehalten, haben wir nicht
erfahren. Die von Clowes' Druckerei eingeführte und nach dem
Besitzer die „Clowes -Maschine" genannte Erfindung des Setzers
John Hooker s, war 1874 in London ausgestellt, sie fand jedoch keine
weitere Verbreitung. Es wird bei derselben die elektro-magnetische
Kraft zur Anwendung gebracht. Anstatt Tasten finden sich kleine
Kupfcrplättchen vor, mit leitenden Drähten an deren Rückseiten, die
in Verbindung mit einem Elektromagnete stehen. Lässt nun der
' Vgl. Kap. xill. — 2 Journ. f. B. 1866, Nr. 15, 17, 19, 24. — 3 l'rint. Reg.
18S0. — \ Journ. f. B. 1876, Nr. 38. — 5 l'rint. Keg. 1877, Nov.
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1. KAP.
DIE SCHR1FTG1ESSEREI UND DIE SETZMASCHINEN-
43
Setzer den mit einem Holzgriff umgebenen , mit dem negativen Pol
der Batterie verbundenen Leitdraht eine Kupferplatte berühren, so
wird die galvanische Kette geschlossen und ein Hebel in Bewegung
gesetzt, der den begehrten Buchstaben vorschiebt. Das Ablegen
muss durch Handarbeit besorgt werden. Ein diesem ähnliches
Prinzip lag dem 1876 in Philadelphia ausgestellten Apparat von
G. P. Drümmond aus Canada zugrunde.
Die in der Caxton- Ausstellung 1 877 zur Anschauung gebrachte
Setzmaschine des in London lebenden Deutschen M. L. Müller 1
war für viele Schriftarten bestimmt und mit 200 Tangenten in sechs
Reihen über einander versehen. J. Ron. Winder 1 in Bolton behauptet
als Vorzüge für sein Fabrikat die gleichzeitige Beförderung mehrerer
Buchstaben. Die in gewissen Verbindungen sehr oft vorkommenden
Buchstaben sind demgemäss in mehreren, verschieden gelegenen
Rinnen untergebracht. Wick, der Besitzer der Glasgow Niws,
suchte nach ähnlichen Prinzipien den Vorteil in kombinierten Griffen,
und seine Klaviatur hat sogar eine Anzahl von Tangenten für
Logotypen der üblichsten Silben - Verbindungen der englischen
Sprache'.
Line der neuesten Setz- und Ablege-Maschinen ist die 1880 in
Düsseldorf ausgestellt gewesene von A. von Langen und C. G.
Fischer, die, was den Setz- Apparat betrifft, der Kastenbeinschen
Maschine ähnelt, deren Ablege - Apparat jedoch den des letzt-
genannten an Brauchbarkeit bedeutend übertreffen soll.
Die Doppelmaschine Wcstcotts für Guss und Satz wurde bereits
(S. 40) erwähnt ; als Halbmaschinen lassen sich die von Miliar und
Porter bezeichnen. Millars 1870 ausgestellte Maschine verwendet
nur die gemeinen Buchstaben, die Ausschliessungen und einige der
am häufigsten vorkommenden Versalien; die anderen Schrift zeichen
müssen aus einem Kasten durch die Hand des Setzers hinzugefügt
werden. Wenn nicht vollkommen , ist der Apparat wenigstens sehr
billig. T. J. Porters Apparat ' führt auf mechanischem Wege dem
Setzer die Typen zu, welche er sonst aus den Fächern des Setz-
kastens nehmen musste, das eigentliche Setzen jedoch wird mit
der Hand vollzogen.
« Journ. f. II. 1875, Nr. 7. — * l'rint. Reg. 1880, De*. — 3 Juurn. f. II.
1880, Nr. 13. Print. Reg. 1880, März. — t l'rint. Reg. 1880, Juni.
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44
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUITE.
I. K.AP.
Es wäre zwecklos, der obigen Reihe von Erfindern noch einige
Dutzend Namen anzuhängen. Das hier bereits Angeführte mag
hinreichend dafür sprechen, dass schwerwiegende Hindernisse, die
oben schon angedeutet wurden, einem vollkommenen Setzapparat
im Wege liegen. Es bleibt nur noch übrig, die drei Männer zu
erwähnen, deren Erfindungen am meisten in die Praxis gedrungen
sind: Hattersley, Mackie und Kastenbein, welch letzterer nach der
augenblicklichen Sachlage die grösste Aussicht für die Zukunft zu
haben scheint.
Robert Hattersley in Manchester erhielt 1857 ein Patent auf
Verbesserungen an den Setz- und Ablegemaschinen. Die seinigen
wurden zuerst 1859 in der Buchdruckerei von Bradbury & Evans
in London verwendet. Über eine Klaviatur, deren Tasten nach dem
Masse des Vorkommens der mit ihnen korrespondierenden Typen
geordnet sind, befindet sich ein etwa i'/* Meter hoher Aufsatz von
Eisen, an welchem sich zwei eiserne horizontale Tafeln befinden, auf
welchen die Typen in Rinnen gereiht stehen. Wird eine Taste an-
geschlagen, so drückt ein, je über dem letzten Buchstaben einer Rinne
befindliches Stäbchen diesen heraus , worauf letzteres in die frühere
Lage durch ein sich zusammenziehendes Gummischnürchen zurück-
geschnellt wird. Das Nachrücken der Buchstaben in der Rinne
geschieht ebenfalls durch Zusammenziehen einer Gummischnur,
welche mit einem Metallstück, das von hinten auf die Reihe drückt,
verbunden ist, über diese sich hinzieht und vorn nach oben fest-
gemacht ist. So befindet sich stets ein Buchstabe am vordem Rande
der Rinne.
Die herausgestossenen Buchstaben gleiten durch Rinnen, die
sich in einem vertikalen herzförmigen Behälter befinden, dem einzigen
Mundstück an der unteren Spitze des Behälters zu und stellen
sich einer neben dem andern in den Winkelhaken auf. Ist eine Zeile
voll, wird eine Setzlinie auf den Satz gelegt und dieser in das unter
dem Winkelhaken befindliche Schiff heruntergeschoben. In letztem
wird nunmehr der Satz Zeile für Zeile ausgeschlossen.
Theoretisch ist die Leistungsfähigkeit 7 — 8000 Buchstaben pro
Stunde, in der Praxis 4—5000. Eine Zeitlang schien es , als würde
die 1 Iattersley - Maschine einen Platz behaupten. Zwei Exemplare
wurden 1874 in der Offizin der „Neuen Freien Presse" in W;ien
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I. KAP. DIE SCHRIFTCIESSEKEI UND DIE SETZMASCHINEN. 45
aufgestellt ; seitdem ist es jedoch still darüber geworden. Ein grosser
Übelstand ist die Abhängigkeit von den durch die Witterung und
Abnutzung beeinflussten Gummischnüren, mit denen keine bestimmte
Rechnung sich machen lässt. Die Leistungsfähigkeit der Ablege-
maschine ist ungefähr die Hälfte der Setzmaschine.
C. Kastenbein, wohnhaft in Brüssel, baute 1871 in Paris die
erste Maschine für die Times- Druckerei in London. 1 872 arbeiteten
dort 5 Setzmaschinen und 8 Ablegemaschinen. Die Typen liegen
in Rinnen eines hochaufsteigenden Behälters. Durch Niederdrücken
einer Tangente wird ein Hebel in Bewegung gesetzt, der dem
Buchstaben an der Fussfläche einen Stoss nach vorn giebt, wodurch
er in horizontaler Lage aus der Rinne herausgestossen , jedoch
durch den Bau der Rinne während des Heruntergleitens in vertikale
Lage gebracht wird. Wie bei der Hattersley-Maschine befinden sich
die Gleitrinnen in einem herz- oder birnenförmigen Behälter und
endigen in einem gemeinschaftlichen Mundstück. Ein Glasverschluss
gestattet dem Setzenden, jede in den Rinnen vorkommende Unregel-
mässigkeit zu bemerken. Die Rinnen für die schwersten Typen
mit der grössten Fallgeschwindigkeit sind so angebracht, dass diese
Typen den weitesten Weg zurücklegen, wodurch die erforderliche
gleiche Beförderungszeit der verschiedenen Typen erzielt wird. Die
in einem langen Winkelhaken sich aufreihenden Buchstaben werden
nun dem Setzschiff zugeführt, das seitwärts auf einem schrägen Pult-
Gestell ruht, an welchem der mit dem Umbrechen der Zeilen
Betraute , das Gesicht dem Setzenden zugewendet , sitzt , und den
Satz in Empfang nimmt, davon so viel für eine Zeile notwendig
ist auf das Schiff schiebt und ausschliesst. Durch Treten eines
Pedals senkt sich darauf das Schiff um so viel als notwendig ist,
damit eine neue Zeile hinübergeschoben werden kann. Die Leistungs-
fähigkeit ist in der Praxis 3 — 4000 Buchstaben ; in der Ausstellung
zu Paris 1878 wurde sie jedoch probeweise bis zu 10200 gesteigert.
Die Maschine ist, ausser in England, in Nordamerika, Dänemark,
Italien vielfach verwendet. Die Reichsdruckerei in Berlin schaffte
sie 1879 an.
Seinen ersten Ablegeapparat verwarf Kastenbein selbst als zu
kompliziert j bei dem zweiten werden die Buchstaben förmlich in
einen mit Löchern versehenen Kasten, wie sonst in die Fächer des
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46
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
Setzkastens mit der Hand, abgelegt. Durch Treten, oder durch
Drehen eines Rades, wird ein Mechanismus in Bewegung gesetzt,
welcher Stösser treibt, die die Buchstaben in die für sie bestimmten
Reihen der Rinnen treiben. Man sieht, dass auch dieser Apparat
nicht vollkommen und nur teilweise automatisch ist. Zu zwei Setz-
maschinen gehören etwa drei Ablegemaschinen.
Ein von allen anderen abweichender Weg wurde von Dr.
Alexander Mackie1, einem praktischen Buchdrucker in Warrington,
eingeschlagen. Das Städtchen liegt halbwegs zwischen Manchester
und Liverpool, ziemlich im Zentrum eines Kreises kleinerer auf-
blühender Städte. Mackie fasste den Plan, für jede derselben eine
eigene Zeitung zu gründen, die den leitenden und politischen
Teil mit den anderen gemeinschaftlich, dabei jedoch einen lokalen
selbständigen Teil besitzen sollte. So entstand eine ganze Familie
von Guardtans, sieben an der Zahl, die mit dem Manchester
Guardian 1853 anfing. Um nun den gemeinschaftlichen Teil schnell
für jedes der Lokalblätter herstellen zu können, kam Mackie auf
eine Kombination von drei verschiedenen Maschinen , von welchen
die eine, wenn man so sagen darf, die Manuskriptmaschine, die
andere die Setz-, die dritte die Ablegemaschine bildete. Durch
die ersten wird beim Anschlagen einer Taste ein Loch in einen
Papierstreifen gebohrt. Die Löcher sind so rangiert, dass, wenn ein
perforierter Streifen der Setzmaschine übergeben wird und ein Loch
in diesem ein Loch in einer Walze, über welche der Streifen geführt
wird, gerade deckt, ein Stift hineinfallt, der bis dahin einen Behälter,
worin die benötigten Buchstaben sich befinden, zugeschlossen
hielt. Aus dem nunmehr geöffneten Behälter fällt die Type auf eine
schnell rotierende Glcitschiene und wird dem Winkelhaken zugeführt.
Selbstverständlich beruht alles auf der richtigen Lage der, durch die
mit den Tasten verbundenen Stifte in den Streifen gebohrten Löcher.
Es ähnelt diese Manipulation dem W'irken der Stifte auf der Walze
einer Spieldose, welche zur rechten Zeit die, den richtigen Ton an-
gebende Metallfeder treffen müssen. Im Prinzip hat Mackies Maschine
grosse Vorzüge. Sie ist, was die eigentliche Setzmaschine betrifft,
vollständig automatisch. Das perforierte Manuskript kann gleichzeitig
in mehreren Exemplaren hergestellt werden und somit behufs des
» lVint. Reg. 1877, Okt. Ann. d. Typ. I, Nr. 24. 111, Nr. 109.
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r. kap.
DIE SCHRIFTGIESSERE! UND DIE SETZMASCHINEN.
47
Setzens durch eine Maschine nach verschiedenen Orten gesandt
werden. Von einer grossen Verbreitung des Apparates verlautet
indes nichts, dagegen wird berichtet, dass Mackie sich fortwährend
mit Verbesserungen an demselben, namentlich am perforierenden
Teil, beschäftigt, so dass anzunehmen ist, dass ihn die Leistungen
noch nicht ganz befriedigen, obwohl er jetzt schon 3 50 oco Buch-
staben pro Woche garantiert.
Dr. Mackie ist ein so eigentümlicher und bedeutender Repräsen-
tant moderner Arbeitsweise, dass es wohl geboten ist, seine Wirk-
samkeit etwas näher zu betrachten. Nachdem er Erfolge erzielt
hatte, ging er noch weiter und errichtete im Jahre 1877 in einer
kleinen Stadt Crewe, gelegen an einem Knotenpunkte der Londoner
Nord- West-Bahn, mit 25 000 Einwohnern, von denen ein bedeutender
Teil in den umfangreichen dortigen Werkstätten der Eisenbahn-
gesellschaft beschäftigt ist, eine grossartige Druckoffizin. In gothi-
schem Stile erbaut, bildet sie eine mächtige Halle von 150 Fuss
Länge und 30 Fuss Breite, in welcher 14 Mackiesche Setzmaschinen
mit den nötigen Hülfsmaschinen, zwei Atkinsonsche Giessmaschinen
und die erforderlichen Schnellpressen arbeiten. Unter den nahe an
150 Beschäftigten sind nur etwa 30 Männer. Indem Mackie die
Offizin nach Crewe legte , rechnete er darauf, dass er unter den
vielen Töchtern der dortigen Arbeiter sehr leicht tüchtige Hülfskräfte
finden würde. Er, oder vielmehr die Kommandit - Gesellschaft
Mackie, Brf.wthal & Co., druckt dort verschiedene Zeitschriften
und viele Werke für Buchhändler in London*.
Mit dieser Anstalt hat Mackie in jüngster Zeit auch ein Aus-
bildungs- Institut für werdende Berichterstatter, Unterredakteure
und Zeitungsbesitzer vereinigt. Der Betreffende erhält Unterweisung :
1 ) im praktischen Setzen, um später richtig disponieren, Manuskript
berechnen und die für das Setzen nötige Zeit beurteilen zu können ;
2) im Korrekturenlesen, unter Berücksichtigung, wie bei der
Korrektur die Zeit des Arbeiters geschont werden kann; 3! im
» Lines der frühesten umfangreicheren Hücher, deren Satz mittels der
Setzmaschine fertiggestellt wurde, ist: Italy and France. Jn Editors Iloliday by
Alex. MnckU. London 1874. xvi und 4 1 5 Seiten. Der Verfasser schildert darin die
Eindrücke einer im Fluge unternommenen Ferienreise. Leider hält er sich
nicht so lange bei der Schilderung der typographischen Etablissements Korns
und Paris auf, als dem Leser gewiss lieb gewesen wäre.
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
I. KAP.
Berichterstatter! und der Art , das Manuskript für den Satz praktisch
und korrekt abzufassen; 4; in der Buchführung für Journalunter-
nehmungen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass ein solches
Institut, seitdem die journalistische Thätigkeit ein wirklicher Lebens-
beruf so Vieler geworden ist, einen grossen Wert hat und wohl
Nachahmung verdient.
Zu diesem und seinen übrigen Instituten fügte er noch im Jahre
1880 eine neue grossartige Offizin in Warrington. Das prächtige
Gebäude von 200 Fuss Länge und 100 Fuss Breite im gothischen
Stil hat wie das in Crewe nur ein Stockwerk. Der grosse Arbeits-
saal von 126 Fuss Länge und 96 Fuss Breite wird durch zwei
Reihen von eisernen Säulen in drei Längenschi ffe geteilt.
Das Prinzip der Setzmaschinen: durch eine Tastatur Buch-
staben in Bewegung zu setzen , führte zu den Versuchen mit
dem sogenannten Matrix compositor (Matrizen - Setzer) des John
E. Sweet & Daul (Paris 1867) und deren vielen Nachfolger als:
D. Timiriazeff (London 1872), Jos. Liwtschack in Wilna (1876),
Peterson in Wien, G. Hambruch in Elbing u. a. Sweets Gedanke
war theoretisch ein sehr hübscher. Er wollte, indem er die Stempel
durch die Tastatur in eine weiche Masse drückte, Matrizen auf dem
Setzwege direkt herstellen. Dieselben Schwierigkeiten jedoch, die
hinderlich waren, um einen korrekt ausgeschlossenen Satz durch die
Setzmaschine zu liefern , stehen auch diesem Verfahren , und zwar
in einem noch höheren Grade, entgegen. Sweets verschiedene
Ausstellungsproben — und über diese hinaus scheint er nicht
gekommen zu sein — waren äusserst wenig empfehlend.
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IL KAPITEL.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN
DER ANGLO -AMERIKANISCHEN GRUPPE.
Die Handpresse. Lord Stanhope und seine Nachfolger: Coggcr, Clymer u. a.
Die Auftragmaschine. Die Glatt- und Prägmaschine: IJramah. DlK SCHNELL-
PRESSE : Fricdr. König in England, Bensley, John Walter, der 29. November
1814, Kränkungen Königs, seine Abreise von London, Walters Eintreten
für ihn. Die Nachfolger Königs: Napier, Applegath & Cowper, Hoe u. a. Die
Endlosen: W. Bullock, die Walter - Maschine u. a. Die Mehrfarbe- Endlose.
Die Tretmaschinen. Die Ausleger, die Anleger. Die Satiniermaschine. Dik
Feuchtapparate. Die Uronciermaschlne. Die Falzmaschine. Diverse
HÜLFSMASCHINEN. W ALZEN UND FARBE. DlE M ATERIAL1E NHANDLINfiEN.
EIT dreihundertundfünfzig Jahren hatte man sich zur
Herstellung selbst der vorzüglichsten Druckwerke Druckpresse,
noch immer der alten hölzernen Presse bedient. Nach
den Verbesserungen an dieser in den ersten fünfzig
Jahren der Kunst waren im ganzen genommen keine,
das eigentliche Wesen der Presse weiter ändernden eingetreten,
namentlich blieb der zweimalige Zug, einer für jede Hälfte der
Druckform. Erst gegen das Ende des xvni. Jahrhunderts gelangten
ernsthafte Verbesserungsversuchc zur Ausführung, um den Druck
grösserer Formate mit einmaligem Zuge zu bewerkstelligen.
Besonders hierfür thätig waren W. Haas in Basel (Kap. XIV) und
F. Didot in Paris (Kap. V).
4
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5Q
DIE ANGLO -AMERIKA NISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Den eigentlichen Umschwung kennzeichnet erst die eiserne
Lord Stanhope» Presse Lord Stanhopes. Nach vielen kostspieligen Versuchen
Prcste.
brachte er, mit Hülfe des tüchtigen Mechanikers Walker, diese zu-
stande und das erste Exemplar wurde in der Offizin Will. Bulmers
aufgestellt und beim Druck der grossen Prachtausgabe von Shake-
speares Werken verwendet *.
Wände, Krone, Ober- und Unterbalken der hölzernen Presse
wurden jetzt durch ein Stück Gusseisen ersetzt. An Stelle der
Schraube mit dem Bengel trat ein zusammengesetzter Hebel, der
es möglich machte, in dem Augenblick des Druckes eine fast
unbegrenzte Kraft zu entwickeln. Die Arbeiter, die früher mit
Aufgebot aller Gewalt den Bengel an sich ziehen mussten, indem
sie mit zurückgebogenem Körper den Fuss an den Antritt stemmten,
konnten gar nicht begreifen, dass ein gelindes Anziehen im
letzten Augenblick genügend sei, um einen kräftigen Abdruck zu
erzielen. Das Zurückgehen des Tiegels wurde durch ein Gegen-
gewicht bewerkstelligt. Nur der Fuss blieb anfänglich noch Holz,
doch auch hiervon kam man bald ab und baute auch diesen Teil
aus Eisen *.
Die grossen Handpressen erforderten auch eine raschere Art
Die Druckwai*e. der Einfärbung. Den Gedanken, die Ballen durch Walzen zu ersetzen,
hatte schon früher der französische Holzschneider Papillon gehabt.
Lord Stanhope Hess viele Versuche machen, um einen zweck-
mässigeren Überzug derselben fertig zu bringen, gelangte aber nicht
zum Ziel. Ein geschickter Drucker in Weybridge, Forster, kam,
angeregt durch die Verwendung der Leimmasse in einer Töpferei in
StafTordshire, auf den Gedanken, eine Masse von Leim und Syrup
auf grobes Segeltuch zu giessen und, nach der Erkaltung, die Ballen
damit zu überziehen. Erst später wurden hölzerne Walzengestelle
mit Masse umgössen. Hiermit war ein wesentlicher Gewinn an
Arbeit und Zeit erreicht, der namentlich der Schnellpresse zugute-
kommen sollte.
» Die Sitte in England, manchmal eine Offizin als Press zu bezeichnen,
hat in Deutschland öfters zu Missverständnissen Anlass gegeben. So stand
in einem deutschen Fachblatt, dass Lord Stanhopes eiserne Presse unter der
Bezeichnung Shakespeare -Press verbreitet sei, während diese Bezeichnung die
Firma für Bulmers Offizin war, wo die Stanhope • Presse zuerst arbeitete.
i Journ. f. B. 1834, Nr. 10; 1835, Nr- 24-
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
5*
Als einmal das Feld für den Pressenbau eröffnet war, entstanden
eine Menge von Pressen, von welchen jede besondere Vorzüge haben Fortwahrende
Verbesserungen
sollte. Neben manchem Unwesentlichen kamen auch wirkliche Ver-
besserungen vor. Doch wie die hölzerne Presse schon jetzt ein
Gegenstand ist, den mancher tüchtige Buchdrucker der Gegenwart
nur von Hörensagen kennt, so wird es einst mit der eisernen Hand-
presse gehen, die jetzt schon fast der Vergangenheit angehört,
so dass manche grosse Druckerei nur noch zum Abziehen der
Korrekturen eine invalide Presse, von einem Drucker -Invaliden
bedient, besitzt.
Die CoccERsche Presse entwickelte eine noch grössere Kraft,
als die Stanhopesche. Säulen von Schmiedeeisen bildeten die Press- J- Coggcr.
wände. Ein querarmiger zusammengesetzter Hebel gab die Kraft,
die dicht unter dem Oberbalkcn in ausgedehnter Weise wirkte.
Durch Federn wurde das Zurückgehen des Tiegels bewerkstelligt1.
Einen hohen Ruf durch die ganze Welt erwarb sich die
Columbia - Presse" John Clymers. Dieser stammte aus einer j. ciymer.
Schweizerfamilie, die nach Amerika ausgewandert war. Im Alter
von sechzehn Jahren erfand der junge Ciymer bereits einen neuen
Pflug mit so besonderen Vorzügen, dass er die Aufmerksamkeit
der Männer der Wissenschaft auf sich zog. Der Zustand der
Druckerpresse erweckte seine Erfinderlust und bereits im Jahre
1797 begann er seine Verbesserungen an der Holzprcsse, später an
der eisernen, bis er seine berühmte „Columbia- Presse" zustande
brachte, die er 1818 in England einführte, wo sie allgemeine Ver-
breitung fand. In den dreissiger Jahren beherrschte sie fast alle
Druckoffizinen, auch die des Kontinents. In dieser Presse wurde
durch eine Kombination von Hebeln bei grosser Gleichmässigkeit
des Druckes eine ausserordentliche Kraft geübt, und der Abdruck
erschien, bei wesentlicher Schonung der Schrift, in grösster Schärfe.
Das Zurückgehen des Tiegels geschah durch ein, auf einem langen
Hebel angebrachtes, schweres Gewicht, meist in der Gestalt des
auffliegenden amerikanischen Adlers. Die Presse hatte etwas
Imposantes und konnte für sehr grosses Format gebaut werden a.
» Beschrieben und abgebildet Journ. f. B. 1834, S. 62.
' Über die von J. Ciymer erfundene Patent-Columbiapressc. Braunschweig
1828. — Journ. f. B. 1834, S. 95.
4'
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52
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Eine weite Verbreitung fanden ebenso diejenigen Pressen,
w.Hagar. welche bei geringer Kraftanwendung und bei elastischem Zug
durch einen Kniehebel einen starken Druck ausübten. Der Tiegel
wurde durch Spiralfedern getragen, das Einstellen für die ver-
schiedenen Schrifthöhen geschah sehr leicht. Diese Pressen wurden
zuerst von dem Amerikaner Hagar gebaut *. Das Prinzip des Knie-
hebels war bereits, jedoch nicht in glücklicher Weise, in der sehr
komplizierten „Strebepresse" von Hawkin3 angewendet und wurde
später bei mehreren englischen Pressen benutzt. Sehr verbreitet war
die „Albionpresse" von Hopkinson^ und die „Imperialpresse u von
J. Cope *.
Alle die Abarten der Handpresse, die keine grosse Rolle gespielt
). Ruthven. haben, hier zu beschreiben, wäre eine unfruchtbare Arbeit ; es seien
nur noch einige, die sich durch Originelles in der Konstruktion aus-
zeichneten, kurz erwähnt. Bei der von John Ruthven in Edinburgh
1813 erbauten „Schottischen Presse" blieb das Fundament, welches
mit Deckel, Rähmchen und Punkturen versehen ist, unbeweglich,
während der Tiegel in Schienen hin und her ging und das Fundament
durch einen unter demselben angebrachten Mechanismus kräftig an-
gezogen wurde s. Sehr originell war die Konstruktion der 1820 in
d. Trcadweii. England patentierten „Tretpresse" des Amerikaners Daniel Tread-
well. Das Fundament war, wie bei der Ruthven -Presse, fest. Sie
arbeitete leicht, nahm aber einen grossen Raum ein und sah sehr
hässlich aus, fand auch nicht Eingang6. Nicht besser ging es der
j.saxton. „Hydrostatischen Presse" Jos. Saxtons, in welcher der Tiegel an
das Fundament gedrückt wurde durch die Kraft des Wassers, das
sich in einem hohlen, elastischen, in der Art der Ziehharmonika
geformten und mit dem Tiegel zusammenhängenden Behälter befand,
während beim Abfluss des Wassers aus demselben der Tiegel sich
wieder hob.
Der Gedanke, die Farbe auf mechanischem Wege aufzutragen,
Die Auf trag- lag ziemlich nahe und ist auch verschiedentlich, jedoch nie in ganz
maschinc.
befriedigender Weise, bei der Handpresse zur Ausführung gebracht.
Die ersten Versuche geschahen 1820 durch Thomas Parkin. Sein
Apparat nahm jedoch einen sehr grossen Platz ein und die Drucker
» Joum. f. B. 1836, Nr. 42. — a Jouni. f. B. 1835, Nr. 33. — 3 Journ. f. B. 1838,
Nr. 33. — 4 Journ. f. B. 1835, Nr. 8 1.~ 5journ. f. B. 1S35, Nr. 4. — öj. f. B. 1834, Nr. 62.
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
53
leisteten gegen denselben passiven Widerstand, damit nicht der
eine der bisher nötigen zwei Drucker ausser Brot kam.
In Amerika erfand 1833 Fairlamb in Boston, der sich mit einem
erfahrenen Buchdrucker und Mechaniker Namens Gilpin vereinigte,
einen solchen Apparat, von welchem viele hunderte gebaut wurden.
Das Farbewerk stand mit der Kurbel in Verbindung und die W alzen
gingen zweimal über die Form weg. Nach der Verbreitung der
Schnellpresse verlor jedoch diese Erfindung fast iliren ganzen Wert,
da Auflagen, wo Schnelligkeit notwendig war, nicht mehr auf der
Handpresse gedruckt wurden.
Dem Bedürfnis nach einer guten Glätte half namentlich Bramahs
r Hydraulische Presse* ab, die im Vergleich mit der Schraubenpresse Rramahs Glatte-
den grossen Vorteil hat, dass die Reibung nicht mit der Zunahme und pr,spr"sc
des Druckes wächst, der in dem letzten Augenblick eine enorme
Steigerung erreichen kann.
Weitere Verdienste erwarb sich Bramah durch seine Präg-
und Numerier -Maschinen, von welchen eine der frühesten 1809
bei dem Druck der Noten der englischen Bank Verwendung fand.
Vor dieser Zeit mussten die Nummern und das Datum mit der
Hand eingeschrieben werden. Es dauerte nicht lange, so ver-
wendete die englische Bank 40 Bramahsche Maschinen«.
So wichtig nun auch alle die erwähnten Verbesserungen und
Erfindungen waren, so verschwanden sie doch gegen die grosse, i>,c schncii-
am 28. November 18 14 der Welt als vollzogen angekündigte That,
„dass die Times auf einer durch Dampf betriebenen , ohne Beihülfe
von Menschenhänden arbeitenden Schnellpresse gedruckt sei".
Mit besonderem Stolz blickt Deutschland auf dieses Ereignis,
denn der Name des deutschen Erfinders Friedrich König wird Fr. Kunig.
neben dem Gutenbergs auf ewige Zeit mit Anerkennung und Dank-
barkeit genannt werden. Ganz ohne Bitterkeit bleibt die Freude
hierüber allerdings nicht, denn die Verhältnisse lagen damals für
Deutschland so schlimm, dass es, wie König selbst sagt, nicht mög-
lich gewesen wäre, ohne die Beihülfe Englands die Erfindung
für das praktische Leben nutzbar zu machen. Für uns erwächst
hieraus die Notwendigkeit, die Anfange der Geschichte der deutschen
' Journ. f. H. 1835, Nr. 55; 1836, Nr. 122.
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE. II. KAP.
Erfindung der Schnellpresse in Verbindung mit der typographischen
Geschichte Englands zu behandeln \
Nachdem Königs Hoffnungen in Deutschland, Österreich und
Russland vollständig gescheitert waren, kam er 1806 nach England
und fand in dem folgenden Jahre in dem tüchtigen Buchdrucker
Th. Bcnsicy. Thomas Bensley einen Mann, der die nötigen Geldmittel zur
Erlangung eines Patentes und zur gemeinschaftlichen Ausbeutung
desselben herzugeben bereit war. Der neue Gutenberg war hier-
durch, wie der Urvater der Typographie, ebenfalls an einen klug-
berechnenden und eigensüchtigen Fust gefesselt, hatte jedoch das
Andr. Fr. uaucr. Glück, in seinem Peter Schöner — Andreas Friedrich Bauer —
nicht nur einen technisch tüchtigen Mitarbeiter, sondern auch einen
treuen Freund für das Leben zu besitzen, und in seinem Conrad
john Walter. Humery — John Waltlr — nicht nur den wohlwollenden und ver-
mögenden Beschützer, sondern den mächtigen direkten Förderer
seiner Pläne zu finden.
Zu König und Bensley traten noch Richard Taylor und
r. Taylor und G. Woodfall , bekannte Buchdrucker und rechtliche Männer. Es
G. Woodlall.
wurden nach und nach vier Patente für verschiedene Arten von
Druckmaschinen in England genommen. Das erste Patent: „Für
eine Methode mittels Maschinen zu drucken", wurde Fr. König
cr«c Patent. am io. März 1810 erteilt; die Spezifikation ist am 27. September
eingetragen. Alle Verrichtungen waren auf eine wiederkehrende
Bewegung zurückgeführt, so dass Betrieb durch Dampf möglich
war und die Arbeiter weiter nichts zu thun hatten, als die Bogen
auf dem Deckel anzulegen und nach dem Druck abzunehmen.
Deckel und Rähmchen waren ungefähr wie bei der Handpresse,
nur mit dem Unterschied, dass das Rähmchen am unteren, statt am
oberen Ende des Deckels angebracht war. Beide schlössen und
öffneten sich durch einen einfachen Mechanismus. Die Druckfarbe
wurde aus einem Behälter ausgepresst. Die Zerteilung der Farbe
geschah durch rotierende, zugleich in der Längsrichtung sich
« König & Hauer, Die ersten Druckmaschinen erbaut in lindem bis zu
dem Jahre 1818. Mit Abbildungen. Leipzig 1851. — S. Smiles, Freier ick A'imig,
Inventor of the steam printing machint. MacMillans Magazine, Dzbr. 1869. —
Tu. CioEBEL, Kr. König und die Erfindung der Schnellpresse. Hraunschweig
1875. — Königs Jugendgeschichte und die spätere Geschichte des Etablissements
König & Hauer in Kloster Oberzell ist in Kap. X behandelt
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
55
bewegende Cylinder, das Auftragen durch Walzen, welche mit
egalisiertem Ballenleder überzogen waren. 181 1 im April war diese
ersteTiegeldruck- Schnellpresse fertig und der erste Bogen, der darauf
in der Bensleyschen Druckerei gedruckt wurde, war der Bogen H des
Annual Register for i$io in einer Auflage von 3000 Exemplaren.
Das zweite Patent -für weitere Verbesserungen der Methode
mit Maschinen zu drucken" datiert vom 30. Oktober 181 1, die Zweites Patent.
Spezifikation vom 29. April 18 12. In diesem Patent wird das Prinzip
fast aller folgenden Schnellpressen ausgesprochen. Es enthält eine
ausfuhrliche Beschreibung und Abbildung der einfachen Cylinder-
Druckmaschine, zugleich wird jedoch erwähnt, dass durch eine
Kombination einer grösseren Anzahl derselben Teile oder Prinzipien
die Wirkung verdoppelt und vervierfacht werden könne und dass über-
haupt von einer Form eine grosse Anzahl von Abzügen in kürzester
Zeit zu erhalten sei. Dies alles wurde durch Zeichnungen erläutert.
Das dritte Patent, vom 23. Juli 1813, mit der Spezifikation vom
22. Juli 18 14, bezieht sich „auf additionelle Verbcsserungen der
Methode mit Maschinen zu drucken, namentlich was den Farben-
apparat, die endlose Bänderleitung, die Horn- und Segmenträder
und die Verbindung des Druckcylinders mit dem Karren betrifft1*.
Die nach dem zweiten Patent zuerst gebaute einfache Cylinder-
maschine wurde im Dezember 18 12 vollendet. Die ersten Leistungen Dritt« Patent,
dieser ganz cylindrischen Presse waren die Bogen G und X von
Clarkson, Life 0/ IV. Penn. Vol. 1 . Die Maschine druckte 800 in der
Stunde. Als der Eigentümer der Times, J. Walter, die Leistung
gesehen, war er in wenigen Minuten entschlossen, zwei Doppel-
maschinen zu bestellen. Diese Maschinen mit doppeltem, vorwärts
und rückwärts wirkendem Druckcylinder lieferten in der Stunde
Ii OO Abdrücke in einer weit besseren Ausfuhrung, als man bei
Zeitungen gewohnt war. Am 29. November 18 14 ging die erste
Nummer der Times, mit diesen Maschinen gedruckt, aus der OfTizin
im Printinghouse-Squarc hervor. John Walter selbst machte dies
dem Publikum in einem leitenden Artikel bekannt, an dessen Schluss
es heisst:
„Über die Person des Erfinders haben wir wenig hinzuzusetzen.
Sir Christophe Wrcns 1 edelstes Denkmal ist das Gebäude, welches
' Erbauer der Paulskirche in London.
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56
DIE ANGLO-AMFRIK ANISCHE GRUPPE.
n. KAI*
er errichtete; ebenso ist die beste Lobpreisung, welche wir dem
Erfinder der Druckmaschine darbringen können, diese selbst, deren
Macht und Nützlichkeit wir in schwachen Worten zu schildern ver-
sucht haben. Es mag genügen, zu sagen, dass der Erfinder von
Geburt ein Sachse ist, dass er Friedrich König heisst und dass die
Erfindung unter der Leitung seines Freundes und Landsmannes
Bauer zur Ausfuhrung gebracht wurde."
Das vierte Patent Königs „für weitere Verbesserungen an der
v iertes Patcm. Schnellpresse" wurde am 24. Dezember 18 14, die Spezifikation am
22. Juni 18 16 registriert. Aus den Grundsätzen derselben gingen die
Schön - und Widerdruckmaschine, die verbesserte einfache Druck-
maschine und die verbesserte Doppclmaschine hervor. Die erste
Komplettmaschine wurde im Februar 18 16 in der Druckerei von
Bcnsley & Son aufgestellt und lieferte stündlich 900—1000 auf
beiden Seiten bedruckte Bogen. Die Literary Gazette war das erste
Wochenblatt, welches von 18 18 ab dort auf der Schnellpresse
gedruckt wurde. In den Nummern vom 3. und 10. Januar äusserte
sich Bcnsley selbst auf das günstigste über die Leistungen der
Maschine. Eine verbesserte Doppelmaschine, welche 1500 — 2000
Exemplare pro Stunde lieferte, wurde in der Times- Offizin aufge-
stellt und der Eigentümer sprach sich am 3. Dezember 1824 in
günstigster Weise über sie aus.
Aus den Patent- Akten geht also hervor, dass schon damals alle
Hauptklasscn von Maschinen nicht allein von König spezifiziert,
sondern mit Ausnahme der achtfachen auch ausgeführt wurden: die
einfache Maschine mit Tiegeldruck, die einfache Cylindermaschinc,
die Doppelmaschine mit abwechselnd stillstehendem Cylinder, die
vielfache Maschine, die Schön- und Widerdruckmaschine, die ver-
besserte einfache Cylinderpresse, die verbesserte Doppelmaschinc.
Zur Ausfuhrung der achtfachen Maschine wurde König und Bauer
die Gelegenheit nicht gegeben. So lange sie in England verweilten,
war die Notwendigkeit einer solchen noch nicht eingetreten, und als
sie das Land verlassen hatten, war es natürlich, dass John Walter
lieber mit den dortigen Mechanikern verkehrte, so dass die acht-
fache Maschine mit vertikalen Cylindern, welche man bis 1860 als
ein Wunderwerk in der 7>'w/.r-Druckerei anstaunte, nach Applegaths
Konstruktion ausgeführt wurde.
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLPSMASCHINEN.
57
Nach diesen praktischen Resultaten und nach den Zeugnissen
Walters und Bensleys wäre wohl zu erwarten gewesen, dass über Umtriebe gegen
die Erfindung der Schnellpresse kein Zweifel mehr obwalten konnte,
und dass dem Erfinder auch der volle materielle Lohn geworden
wäre. Das war jedoch nicht der Fall. Th. Bensley zeigte sich als
ein egoistischer Teilhaber, der in der Sozietät das Übergewicht
geltend machte. Ihm war es mehr darum zu thun, die Erfindung
zur Hebung der eigenen Offizin zu benutzen, als darum, Bestellungen
von seinen Konkurrenten zu erzielen. Statt den Vertrieb zu fördern,
erschwerte er denselben und leitete, wie es scheint, die Unterhand-
lungen in einer der Sache wenig förderlichen Weise. Selbst die
Ergebnisse der bereits abgeschlossenen Geschäfte suchte er sowohl
Fr. König als auch dem anderen Teilhaber Taylor zu verkümmern.
Ja sogar die Ehre der Erfindung sollte nicht unangetastet bleiben.
William Nicholson, ein heller Kopf und redlicher Mann, hatte
sich früher mit der Idee einer Druckmaschine umgetragen und wm. NkhoUo».
bereits am 29. April 1790 ein Patent genommen „auf eine Maschine
oder ein Instrument, um auf Papier, Leinwand, Kattun, Wollenzcug
und andere Stofle in einer netteren, wohlfeileren und genaueren
Manier zu drucken , als durch die jetzt gebräuchlichen Instrumente
möglich istu Seine Zeichnungen und Erklärungen sind sehr skizzen-
haft. Es wird mehr angegeben, was Nicholson will, als „wie* er es
zu machen gedenkt. Nicholson hat seine Ideen nie ausgeführt ; sie
waren von ihm selbst längst beiseitegelegt und vergessen, als König
und Bensley aus des Genannten eigenem Munde davon hörten, als
sie ihn in ihrer Patentangelegenheit konsultierten; denn Nicholson
übte die Vermittelung in solchen Geschäften als Erwerb. Bei dieser
Gelegenheit äusserte derselbe, „er habe die Sache vor 17 Jahren
versucht, sie gehe aber nicht". Auch hat er, selbst als König öffent-
lich mit seiner Erfindung auftrat, sich ganz still verhalten.
Dagegen tauchten andere auf, die es sich mit dem Fortbauen
auf den gemachten Erfahrungen bequem machten. Wäre hierzu nur f.. cowper.
Nicholsons geistige Hinterlassenschaft benutzt, so hätten König und
Bauer keine Veranlassung sich zu beschweren gehabt; es wurden
aber ihre Ideen vollständig, z. B. von E. Cowper in seiner Schön-
und Widerdruckmaschine, ausgebeutet. Rechtsgclehrte erklärten,
« Rrp<rtory of arls vol. I, 1796. — S a v age, DUtionaty 0/ the art oj trinttng. 1841.
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58
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
II. KAP.
dass ein Einschreiten seitens Königs von Erfolg sein würde, aber
Bensley stimmte gegen ein solches und die Klage musste demnach
unterbleiben. Ja, es scheint sogar, dass Bensley in Überein-
stimmung mit Cowper gehandelt habe. „Denn letzterer offerierte44 —
so, sagt Savage, sei ihm berichtet worden — „als einen Akt der
Gerechtigkeit und in Betracht der grossen Kosten von mindestens
16000 Pfd. Sterl., welche für Bensley bei der Durchführung der
Erfindung der Druckmaschine entstanden waren, diesem einen
Anteil an seinem Patent1, was von Bensley angenommen wurde."
Die Freundschaft der beiden scheint jedoch nicht von langer Dauer
gewesen zu sein, denn später Hess Bensley König ersuchen, gegen
Cowper einzuschreiten, was jetzt jedoch König seinerseits ablehnte.
Wie es Cowper machte, so thaten es auch andere; man nahm von
Nicholson und König, was passte, und fugte einiges Neue hinzu.
Ermüdet von allen diesen Verdriesslichkeiten beschlossen König
Konig geht nach und Bauer im Jahre 18 17, England zu verlassen und in das Vater-
Deutschland.
land zurückzukehren, dem sie fortan mit Ruhm und Erfolg angehören
sollten. Das Verlassen Englands unter den obwaltenden Umständen
war selbstverständlich gleich einem Aufgeben der Patentrechte und
der daran geknüpften Aussichten. Die englische Presse vergass
schnell den Namen König. Wenn von der Erfindung und Ver-
besserung der Schnellpresse die Rede war, so wurden Nicholson,
Cowper, Applegath und andere genannt; König existierte nicht.
Nur die Times fuhr fort, eine rühmliche Ausnahme zu machen, und
stellte noch am 3. Dezember 1824 König das ehrendste Zeugnis aus.
Es dürfte, wenn auch König keiner Ehrenrettung bedarf, eine Pflicht
gegen die deutsche Erfindung sein, die hauptsächlichsten Stellen
daraus wiederzugeben :
„Bei der ersten Einführung der Druckmaschinen erregte diese
John Walter über Erfindung grosse Teilnahme, und ihre Originalität wurde nicht
bestritten, indem niemand einen Beweis für die frühere Anwendung
derselben Grundsätze anführen konnte. Schon damals waren wir
bemüht, den Ansprüchen des Erfinders, Herrn König, Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen, der einige Jahre später in sein Vaterland
Deutschland zurückkehrte, jedoch — fürchten wir — ohne den Lohn
1 Cowpers Maschine ist in Monthly Magazine vom I.Jan. 1819 beschrieben
und abgebildet.
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSM ASCHINEN.
59
empfangen zu haben , der seinem Verdienste fiir seine wunderbare
Erfindung und deren Ausübung in England zukam." Es wird nun
der ungerechten Versuche von anderer Seite, sich die Erfindung
anzueignen und die Verdienste Königs entweder ganz zu ignorieren
oder auf ein Minimum zu reduzieren, gedacht und dann fortgefahren :
„Es ist ein so seltener Fall, dass ein Ausländer in England eine
Erfindung zur Ausführung bringt; es giebt hier so viele eingeborene
Talente in den mechanischen Künsten, und England steht in dieser
Beziehung so hoch, dass es wohl ausländischem Verdienste Gerech-
tigkeit widerfahren lassen kann." Dies thut nun das Blatt, indem es
die Ansprüche des Herrn Bensley auf null, die des Herrn Nicholson
auf eine fallengelassene Idee und die der Nachfolger Königs auf das
facile est invcntis addere zurückführt. „Wir können zum Schluss
nicht umhin, zu bezeugen, dass wir in Herrn König nicht nur einen
Mann von hoher Bildung und feurigem Geiste, sondern auch von
grösster Ehrenhaftigkeit und lauterster Rechtlichkeit gefunden haben.
In dem kritischen und prüfungsreichen Zeitraum, wo seine Erfindung
in unserer Offizin zur Ausfuhrung gebracht wurde, standen wir in
täglichem Verkehr mit ihm, so dass wir volle Kenntnis von seiner
Art und Weise und von seinem Charakter erlangten ; die Folge ist
gewesen, dass wir für ihn innige Freundschaft und hohe Achtung
fiir immer hegen."
Ein Zeugnis, ehrend für König, ehrend für Walter!
Sehen wir von dem gegen König geübten Unrecht ab, so
können wir den englischen Erbauern von Schnellpressen unmöglich Verlierer der
Schnellpresse.
die Anerkennung versagen, diese so wesentlich verbessert zu
haben, dass die Leistungen der ersten Schnellpressen gegen die
heutigen Rotationsmaschinen sich fast eben so verhalten, wie die
Leistungen der Handpressen zu denen der ersten Schnellpressen.
Nur diese Fortschritte haben es der englischen und amerikanischen
Journalistik möglich gemacht, ihren hohen Rang zu erkämpfen
und zu behaupten.
Unter den Verbesserern der Schnellpresse sind besonders zu
erwähnen : Edw. Cowpcr, Aug. Applegath, D. Napier, Isaac Adam,
R. Hoe & Co. Noch viele andere könnten genannt werden. Napier Napier.
führte zuerst Greifer ein und baute Maschinen mit einem sehr grossen
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6o
DIK ANGLO-AMKRIKA NISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Druckcylinder, der sich in fortwährender Bewegung befand und von
welchem nur etwa der dritte Teil als Druckcylinder benutzt wurde.
Appicgath & Bekannt sind die von Applegath & Cowper im Jahre 1827 für die
Cowpcr.
Times- Druckerei erbauten viereylindrischen Maschinen mit einer
Leistungsfähigkeit von 4 — 5000 Exemplaren Noch renommierter
wurde jedoch Applegaths Rotationsmaschine mit vertikalen Satz- und
Druckcylindern. Der Satz war auf einem Teil des mittleren grossen
Cylinders angebracht, dessen übriger, grösserer Teil als Farbentisch
zum Verreiben der Farbe diente. Acht vertikale Druckcylinder von
je 40 englischen Zoll Durchmesser waren derart um den Satzcylinder
gruppiert, dass alle bei einmaliger Umdrehung des letzteren mit dem
Satz in Berührung kamen, so dass also acht Bogen einseitig gedruckt
waren. Durch keilförmige Spaltlinien und eben solche Kolumnen-
stege wurde fester Anschluss der Typen erzielt, die wie Mauersteine
beim Bauen eines Bogens zusammenhielten. Jeder der Anleger
führte alle vier Sekunden der Maschine einen Bogen zu , während
acht Abnehmer die gedruckten Bogen in Empfang nahmen. Die
Hauptschwierigkeit in der Konstruktion lag in dem Bändersystem,
welches die in horizontaler Lage zugefuhrten Papierbogen in
die für den Druck notwendige vertikale Lage zu bringen hatte.
Die allergeringste Zögerung seitens eines Anlegers machte den
Bogen zu Makulatur. Ein Vorzug der vertikalen Cylinder war, dass
der abgehende Papierstaub nicht auf die Satzform, sondern zur Erde
fiel. Die Maschine lieferte über 7000 Exemplare 3. Applegath erfand
auch eine solche, um zu gleicher Zeit mit sechs Farben zu drucken.
Für sein System unnachahmlicher Banknoten zahlte ihm die eng-
lische Bank 18000 £ Sterl. Er starb in Dartford im Jahre 1871 in
einem Alter von 84 Jahren.
Ein Schwede, C. A. Holm, nahm 1840 in London Patent auf
c. a. Uoim. seine, „Skandinavia-Pressc" genannte Tiegeldruckmaschine. Trotz
ihres schweren Ganges und ihrer geringen Leistungsfähigkeit von
5 — 600 Exemplaren war sie doch in England sehr verbreitet und
beliebt, namentlich zum Druck illustrierter Werke, die man damals
« // description of A. Applegaths Cowpers horizontal machine and of Applegaths
vertical machine for printin» the Times. I.xmdon 185 1 .
2 Wenn in dem Folgenden von I Leistungen der Maschinen ohne eine
Zeitbestimmung gesprochen wird, ist stets damit in einer Stunde gemeint.
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSM ASCHINEN.
6l
noch nicht in heutiger Vollkommenheit auf der Cylindermaschine
lieferte x.
Die VVundermaschine Applegaths wurde durch die von Hoe
übertreffen, die 1860 in der 7>>«*\r-Offizin Aufstellung fand. Robert Roh. hoc
Hoe war der Begründer der berühmten Anstalt für die Fabrikation * '784' * '8J3'
aller Arten von typographischen Maschinen in New- York. Er war als
Sohn eines Pächters in Leiccstershire in England geboren und lernte
als Zimmermann. Im Jahre 1803 ging er nach Amerika und heiratete
dort, erst zwanzig Jahre alt. Zwei seiner Schwäger, Matthias und
Peter Smith, letzterer Erfinder einer renommierten Handpresse,
hatten ein Geschäft errichtet, welches nach dem Tode der Inhaber
von Hoe 1823 übernommen wurde. Es war damals noch klein, hatte
aber, als Robert Hoe 1832 aus demselben trat, einen bedeutenden Hoe & Co.
Umfang erreicht. Sein ältester Sohn Richard M. Hoe und dessen
Vetter Matthias Smith, welche seit 1823 Teilhaber des Geschäfts
gewesen waren, übernahmen es nun ganz für sich. Smith, ein Mann
von ungewöhnlichen Fähigkeiten, starb 1842 und Robert Hoe jun.
und Peter Smith Hoe nahmen seine Stelle ein.
Im Jahre 1846 wurde die epochemachende Maschine mit rotie-
rendem Cylinder : The type revolving printing oder Lightning Die niiupmse.
Press (Blitzmaschinc) gebaut. Die Schriftform ist auf einem grossen
horizontalen Cylinder angebracht, um den sich 4 — 10 Druckcylinder
bewegen, deren Anordnung je nach der Zahl derselben sich richtet.
Bei der zehnfachen Maschine, wie sie in den Offizinen der Times
und der Daily News arbeiteten, sassen die Anleger vier Etagen über
einander. Die Bänderleitung war weniger kompliziert, als bei den
Applegathschen Maschinen, weil die horizontal eingelegten Bogen
in dieser Lage verblieben. Der grosse Cylinder hatte einen Durch-
messer von 4V2 Fuss englisch. Die Länge der Maschine war 3 5 Fuss,
die Breite 12 Fuss und die Höhe 18 Fuss. Die Leistungsfähigkeit
betrug gegen 25000 Exemplare. Der Anblick in der Offizin der
Daily News, wo zwei solche Maschinen gleichzeitig arbeiteten , war
wahrhaft sinnverwirrend, wenn die zwanzig grossen Bogen auf einmal
in der Luft herumschwirrten2.
1 In Deutschland arbeitet unseres Wissens nur ein Exemplar in der Vieweg-
schen Buchdruckerei in Braunschweig.
* Journ. f. B. 1860, Nr. 30.
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62
DIE ANGLO -AMERIKAS ISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Der Beifall, welchen diese und andere ihrer Maschinen erhielten,
spornte Hoe & Co. zu noch grösseren Anstrengungen an. Nicht zu-
frieden mit den eigenen Erfindungen kauften sie auch noch von
i»aak Adam. Isaak Adam aus Boston dessen mehr als fünfzig Patente für Hand-
und Schnellpressen. Dieser war der älteste Pressenbauer Amerikas,
der 1830 die Tiegeldruck - Maschine gebaut hatte, welche in
Amerika noch viele Freunde besitzt. 1861 eröffneten Hoc & Co.
auch ein Etablissement in London, namentlich um dort bequemer
die Reparaturen und Verbesserungen an ihren vielen in England
verbreiteten Maschinen ausführen zu können. Ein zweites Etablisse-
ment in New -York wurde 1870 eingerichtet und Hocs beschäftigten
damals bereits 1000 Arbeiter. Ihr Katalog beweist den enormen
Umfang ihrer Fabrikation, unter welchen die Billet- und Nummerier-
maschinen für mehrfarbigen Druck einen hohen Rang einnahmen1.
Doch auch die Wundermaschinen Hoes gehören der Ver-
Dic „Endlosen«, gangenheit an und wurden durch die eigenen späteren Leistungen,
zuerst aber durch die Rotationsmaschine für endloses Papier
des Amerikaners Bullock in Schatten gestellt. Es wäre zwar
anzunehmen gewesen, dass man bei der erreichten Arbeits-
schnelligkeit Beruhigung gefasst habe. Jedoch weit gefehlt, denn
man betrachtete das Geleistete nur als eine Abschlagszahlung.
Die mit der Handhabung der grossen Schriftformen verbundene
Gefahr war noch eine bedeutende und es gehörten immer noch
zur Bedienung einer grossen Hoeschen Maschine 18 Personen. Die
Arbeiterbewegungen hatten aber gezeigt, wie wünschenswert es
sei, bei Unternehmungen, wo Viertelstunden entscheiden, von
menschlicher Beihülfe oder Missgeschick der Arbeiter unabhängig
zu sein. Die Aufmerksamkeit richtete sich deshalb auf möglichste
Selbsttätigkeit der Maschine, die schliesslich in der „Endlosen" * in
Verbindung mit der Segment-Papierstereotypie das Ideal erreichte.
Zwanzig Minuten nach Fertigstellung der letzten Satzform einer
Zeitung sind die segmentförmigen Stereotypplatten auf dem SaU-
cy linder befestigt. Mit einer Schnelligkeit, welche die Lieferung
•
« R. Hoc & Co., The typographical Masenger 1869.
* Diese Bezeichnung wurde halb im Scherz von den „Annalcn der Typo-
graphie" gebraucht und dann von Anderen aeeeptiert. „Rotations-Maschine" ohne
nähere Bezeichnung deckt den Begriff der „Endlosen" nicht genau.
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
63
von 200 fertigen Nuramern in der Minute ermöglicht, wird das
endlose Papier von der Rolle abgewickelt, erst durch die Feucht-
walzen, dann zwischen die Satz- und Druckcylindcr geführt, durch
den Schneideapparat von der Rolle in einzelnen Bogen abgetrennt,
dem Falzapparat übergeben und zum Versenden gefalzt; that-
sächlich ohne eine weitere menschliche Beihülfe als die der Burschen,
welche die zum Versand fertigen Haufen wegzuschaffen haben.
Bedenkt man nun, dass eine Endlose, wie sie in der Times-
Offizin gebaut wird, in einer Stunde eine Papierlänge von zwei
deutschen Meilen auf zwei Seiten druckt, faktisch also 4 Meilen
Gedrucktes in der Stunde liefert, man demnach mit zwei solchen
Maschinen und einem doppelten Exemplare von Stereotypen in
wenigen Stunden 100000 Exemplare von einer grossen Zeitung
beschaffen kann, so sollte man meinen, ein non plus ultra erreicht zu
haben ; doch selbst diese Schnelligkeit ist bereits übertroffen worden.
Wer zuerst eine mehr als allgemeine Idee der Endlosen gefasst
hat, ist schwer zu sagen. Den Gedanken deutet schon der Erfinder Ursprünge der
der Schnellpresse selbst an. In England hat man früher die Priorität
der Erfindung für die FirmaNELSON&SoNS in Edinburgh in Anspruch
genommen, ein Modell ihrer projektierten Maschine befand sich auf
der Londoner ersten Weltausstellung 185 1. Auf der Caxton -Aus-
stellung 1877 waren jedoch Überreste eines Modells zu sehen,
welches der berühmte englische General - Postmeister Sir Rowland Rowiand hui
Hill 1835 hatte anfertigen lassen. Seine Maschine war darauf f %. Aug.' I»??'
eingerichtet, dass keilförmige Typen oder gebogene Cliches auf
einem Cylinder angebracht wurden und dass ein endloser Bogen
zwischen den Schrift- und den Druckcylinder geführt wurde, wie
bei den jetzigen Rotationsmaschinen. Die Maschine ward patentiert,
in Chancery -Latte aufgestellt und von kompetenten Richtern sehr
günstig beurteilt. Die Regierung gestattete jedoch nicht den Druck
des damals noch bestehenden Stempels bei dem Durchgang des
Bogens mit vorzunehmen, und die Sache unterblieb ; ob allein aus
diesem Grunde, wird wohl jetzt schwer zu entscheiden sein. Was
die endlosen Pressen Auers betrifft , so verhielten sie sich zu den
jetzigen wie chinesischer Tafeldruck zur Typographie Gutenbergs
(vgl. Kap. XIV). Die Amerikaner behaupten, dass schon um das
Jahr 1 840 J. B. Wilkinson eine Endlose erfunden habe.
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64
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Auch wenn dies nicht wäre, gebührt jedenfalls doch einem
wiii. Buiiock Amerikaner William Bullock die Ehre, dem Gedanken zuerst eine
• iöij. 1 1867. prajctjscjie Lösung gegeben zu haben.
Derselbe war zu Greenville geboren. In Philadelphia lernte
er als Eisengiesser und Maschinenbauer. 1849 gründete er dort
eine Zeitung und baute 1853 für den eigenen Bedarf eine Holz-
presse mit einem mechanischen Zubringer des Papiers. Schrittweise
wurde er nun zu seiner Erfindung geführt, aufweiche er am 14. April
1863 Patent erhielt. Seine Maschine ist in Amerika sehr geschätzt,
hat aber in England keinen besonderen Beifall gefunden und ist auf
dem Kontinent gar nicht eingeführt. Er verunglückte bei Prüfung
einer seiner Maschinen.
Die eigentliche Aera der Endlosen datiert von der Erbauung
7w*-preHe. der „ Walter-Maschine" . Es war eine Wiederholung der Sccne von
18 14. Bereits lange zirkulierten mysteriöse Gerüchte von einer
neuen Wundermaschine, die in der Times -Offizin gebaut werde.
Aber es gelang niemand, durch den dichten Schleier zu dringen,
mit welchem die Vorbereitungen bedeckt waren. Nicht einmal die
ältesten Maschinenmeister oder die Vertrauensmänner im Geschäft
bekamen Erlaubnis, den streng verschlossenen Raum zu betreten,
in welchem das neue Wunder zusammengesetzt wurde, bis der Tag
anbrach, an welchem es seine Pflicht zum erstenmal erfüllte. Der
Constructeur war der erste Ingenieur der Offizin J. C. Macdonald,
im Verein mit J. Calverley. Die Presse erhielt, dem Besitzer zu
Ehren, den Namen „Walter-Presse"
Wenn auch die Lage der Cylinder und die Reihenfolge der
Prinzipdcr „End- Funktionen bei den verschiedenen Systemen eine verschiedene ist,
so bleibt doch das Prinzip dasselbe. Das Papier wird von der Fabrik
auf eine Rolle gewickelt geliefert; die Zapfen der Rolle drehen sich
leicht in den Lagern, in welche sie eingelegt werden, so dass das
Papier, wenn einmal den Cylindern zugeführt, durch den Zug der
sich drehenden Cylinder von der Rolle abgewickelt wird. Der
Streifen passiert (wenn das Papier nicht durch eine besondere Vor-
richtung im voraus gefeuchtet wurde) einen Feuchtapparat, wird
» Eine Reihe von Artikeln, welche die englischen und amerikanischen
Endlosen beschreiben und abbilden, sind separat erschienen als : J. F. WILSON^
Typographie lYinting Machine and Mafhine PrinAng. London 1871.
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II. KAP.
DIE DRUCK - UND HÜLFSM ASCHINEN.
65
erst auf der einen Seite gedruckt und dann durch eine S- förmige
Bewegung auf den Widerdrucks -Cylinder gefuhrt. Während des
ferneren Passierens des Papiers zwischen den Schneidewalzen hin-
durch wird es derartig perforiert, dass die Löcher sich dicht an
einander reihen, so dass das Stück, welches einen Bogen bildet,
durch den Ruck, welchen Leitbänder, die mit ungleicher Schnellig-
keit sich bewegen, hervorbringen, von der Rolle abgetrennt wird.
Der fächerartige Selbstausleger legt nun die Bogen entweder einzeln
oder mehrere zusammen auf einen Haufen, oder sie werden, wenn
eine Falzmaschine, wie es gewöhnlich der Fall ist, zugleich mit
der Druckmaschine verbunden ist, dieser zugeführt und fallen , wie
Stroh aus der Dreschmaschine, fertig zum Versenden in einen
Behälter. Dabei nimmt eine solche Maschine sehr wenig Raum ein;
eine Walter-Maschine erfordert 14 engl. Fuss Länge, 5 Fuss Breite.
Selbstverständlich gehören zu dieser Maschine segmentförmige
Cliches. Boden und Decke des hierzu erforderlichen Giessinstru- segmemrönnige
mentes liegen wie in den für flache Stereotypen bestimmten,
parallel, jedoch nicht in der Ebene, sondern in einer Bogenform.
Die biegsamen Papiermatern schmiegen sich an den Boden des
gerundeten Giessinstrumentes an, der Deckel wird zugemacht und
die Platte in üblicher Weise gegossen, voll, oder, wenn der Deckel
des Giessinstrumentes darauf eingerichtet ist, nur auf Rippen ruhend.
Um den nötigen Druck beim Eingiessen des flüssigen Schriftmetalls
auszuüben, ist ein starker Anguss notwendig, dessen Beseitigung
durch eine Kreissäge jedoch nur Sache eines Augenblicks ist. Die
Justierung des Cliches geschieht ebenfalls in einer Minute oder weniger
durch eine Hobelmaschine und die Platte ist zum Einsetzen in die
schwalbenschwanzförmigen Halter des Schriftcylinders fertig. Ein
Nachteil bei der Papier -Stereotypie ist, dass die Typen beim
Trocknen der Matern heiss werden und zusammenbacken. Ryles &
Son in Bradford haben nun eine Methode erfunden, die Mater,
welche im feuchten Zustande von der Schrift abgehoben wird , in
einem besonders konstruirten Rahmen festzuhalten und für sich ohne
die Schrift zu trocknen.
Der Walterpresse folgte die „Victoriapresse" 1 von Duncan &
Wilson in Liverpool. Diese, namentlich in der Provinz beliebte
1 Ann. d. Typ. I. Bd. Nr. 32 ; v. Bd. Nr. 235.
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66
DIE ANGLO -AMERIK A NISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Verschiedene Maschine war die erste, die mit Falzapparat arbeitete; dann kam
„Endlose". -
die ^Prestonian* der Herren Bond & Forster, welche sowohl für
Platten- als für Schriftdruck eingerichtet ist; die „Northumbrian*
von Donnison & Son in Newcastle u. T. ; die „ Whitefriars " des
Jos. Pardoe, gebaut von A. H. Payne, die sowohl für Papier in
Bogen als für endloses sich benutzen lässt und namentlich für
illustrierte Blätter bestimmt ist.
In Amerika folgten Hoe & Co. und überboten an Leistungs-
fähigkeit ihrer Maschinen die Engländer. Die Fabrikate von Andr.
Campbell sind neueren Datums und noch nicht recht in die Praxis
gedrungen.
„Man möchte glauben, dass die äusserste Grenze erreicht sei,
wenn die Erfahrung nicht den Menschen belehrte, nie das Wagnis
zu unternehmen, der Vervollkommnung eines Menschenwerkes und
den unerforschlichen Absichten der Vorsehung eine Grenze im vor-
aus zu bestimmen44, so schrieb Ambr. Firmin-Didot, als er 185 1 die
Leistungen der Applegathschen Times- Maschine angesehen hatte.
Wie sehr er Recht gehabt, zeigen die enormen Leistungen in der
Druckerkunst, die wir seit jener Zeit erlebt haben. Jedoch trotz
diesen, wer würde es heute wagen, zu sagen: „Nun ist die Grenze
wirklich erreicht".
Die Verwendung der Endlosen für Illustrationsdruck gelang
Endlose für bis jetzt in England nicht so gut wie in Deutschland. Die von
"luck!**" Thomas Middleton & Co. 1 874 für die Offizin der Illustrated London
Nervs gebaute, und dem Gründer des Blattes zu Ehren genannte
„Ingram-Maschine" wird zum Druck eines kleinen Blattes The Penny
Paper benutzt. Die Konstruktion der Cylinder ist eine eigentüm-
liche. Der vordere, für die Bilderform bestimmte hat einen grossen
Umfang und nimmt drei Exemplare der Platten auf, man hat damit
erzielen wollen , dass die Cliches nur wenig gebogen werden, damit
nicht Verzerrungen in den Bildern entstehen. Der kleinere Cylinder
für die Schriftform ist nur mit zwei Exemplaren des Textes belegt,
infolge dessen muss sich dieser Cylinder mit ein Drittel grösserer
Schnelligkeit bewegen, als der grosse. Diese Maschine lieferte
7000 Exemplare und ist, da die Zurichtung von fünf Formen selbst-
verständlich viel Zeit kostet, nur bei sehr grossen Auflagen zweck-
entsprechend.
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n. kap.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
67
Für Farbendruck bauten Conisbee & Son in London eine
Endlose, die dreifarbigen Druck in 3000 Exemplaren liefert, ebenso
D. F. Powell. In Chicago fabrizierten Suitterlin Claussen & Co.,
in Philadelphia T. O. Ferree Vielfarbemaschinen \
Wie die Extreme sich so oft berühren, so geschah es auch in
dem Druckpressenbau, denn neben den ganz grossen Zeitungs- i>ic Tretprewe.
maschinen waren es namentlich die ganz kleinen, welche durch
Treten in Bewegung gesetzt werden können und nur einen Arbeiter,
in der Regel einen Burschen, zur Bedienung verlangen, welche die
Aufmerksamkeit der Maschinenbauer in Anspruch nahmen.
Es war ganz natürlich, dass man besonders in den Ländern,
wo der Spruch „Zeit ist Geld" seine volle Gültigkeit hatte, und wo
die Zahl der kleineren Accidenzarbeiten sich ins Kolossale steigerte
und viele Druckereien sich ausnahmslos nur mit solchen *7ob-
Arbeiten" beschäftigten — also in Amerika und England — , an
diese kleinen Maschinen dachte. Man hatte nicht, wie in Deutsch-
land, Zeit abzuwarten, bis ein Drucker an der Handpresse mit seinen
langwierigen Vorbereitungen fertig war, um hundert Visitenkarten
zu drucken, auch nicht Lust, deshalb eine 5000 Mark oder mehr
kostende Maschine, deren Karren einen weiten Weg hin und zurück
zu machen hatte, in Bewegung zu setzen. So entstand in England
und Amerika eine Legion solcher Tretpressen unter verführerischen
Namen, als: Universal, Nonpareille, Minerva, Non plus ultra,
Franklin, Excelsior, Progress, Lilliput, Favorit, Star etc. etc.
Die Bahn hatten zwei Deutsche, Degener & Weiler, in New- York
mit ihrer Liberty -Press gebrochen. Die auf dem Kontinent ver-
breitetsten Tretpressen dürften jetzt neben den Degener &Weilerschen
die „Gordon-Pressen" sein. Trotz einiger, diesen kleinen Maschinen
anhaftenden Mängel haben sie doch in zweckmässigster Weise eine
bedeutende Lücke im Druckgewerbe ausgefüllt. Ein Kabinettstück
unter den kleinsten Maschinen ist Mausel Baylvs Kombinations-
presse. Der Umstand, dass diese kleinen Pressen, welche ganz die
Handpressen verdrängt haben, zum Nachteil des geregelten Druck-
geschäfts in die Hände der sogenannten Trittmüller — kleine
Papierhändler, Buchbinder und andere Nichtbuchdrucker — gefallen
« Fr. Noble, The prineiples and ptactice of colour printing. London 1881.
5*
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68
DIE ANCLO- AMERIKANISCHE GRUPPF.
II. KAP.
sind, hat sie in einen unverdienten üblen Ruf gebracht. Das Prinzip
der Endlosen ist in geistreicher Weise durch Tiegeldruck auf diese
kleinen Maschinen in der Kidder -Press mit feststehendem Tiegel
und hin- und hergehender Schriftform zur Anwendung gebracht.
Die beim Druck von Wertpapieren so notwendigen Numerier-
maschinen wurden von Bodel so konstruiert, dass sie die Nummern
erhaben pressen und von beiden Seiten verschiedenartig färben.
Eine wesentliche Verbesserung bei den gewöhnlichen Schnell-
Au«ieifer und pressen waren die rechenfbrmigen MECHANISCHEN AUSLEGER , die
mit ihren, sich zwischen den Leitbändern auf- und niederbewegenden
Rechen die Bogen von den Leitbändern wegnehmen und auf den
Auslegetisch niederdrücken. Diese Verbesserung hat allgemeinste
Verbreitung gefunden, was dagegen weniger mit den Mechanischen
ANLEGERN der Fall ist. Die Schnelligkeit der Hand des Anlegenden
hat eine Grenze, die sich nicht überschreiten lässt. Man suchte des-
halb nach dem Mittel , die Hand entbehrlich zu machen, und kam
auf den Gedanken, durch luftleer gemachte, in schwingender
Bewegung sich befindende Saugröhren einen Bogen von dem Haufen
ansaugen zu lassen, den man dann, wenn die Röhren bei ihrer
Bewegung sich in der richtigen Lage über dem Anlegetisch befinden,
durch Einführung von Luft zum Niederfallen bringt. Um zu ver-
hindern, dass die Saugröhren zu gleicher Zeit zwei an einander
anklebende Bogen von dem Haufen aufheben, wird durch einen
zweiten Apparat Luft zwischen den obersten und den darauf
folgenden Bogen eingelassen. Der erste Erfinder war J. F. Ashley
in New - York.
Bei jedem Maschinenpapier ist die Seite, welche mit dem Draht-
Satimcr- gewebe , auf welches der Lumpenbrei ausfliesst, in Berührung
gewesen, rauher, als die obere, was schon bei jeder Druckarbeit
eine Unannehmlichkeit war. Noch nachteiliger wirkten jedoch die
Unebenheiten und Unreinlichkeiten im Papier auf die feineren
Schriften, namentlich aber auf die Holzschnitte. Um nun dem
Papier eine vollkommen glatte Oberfläche zu geben, kam man
frühzeitig auf den Gedanken , nach dem Feuchten , aber vor dem
Druck, jeden Bogen einzeln zwischen Zinkplatten zu legen und diese
dann, 10—20 übercinandergclegt, unter starkem Druck zwischen
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
zwei Hartgusswalzen durchzudrehen. Diese Manipulation mit der
Satiniermaschine war langwierig und teuer, namentlich weil
die Zinkplatten (Satinierblcche) sich leicht abnutzten und Nachlässig-
keit der Arbeiter leicht das Papier verdarb. Die Versuche jedoch,
die Bogen einzeln zwischen die sich drehenden Cylinder zu führen,
gelangen erst in letzter Zeit (vgl. Kap. X).
Um nach dem Druck ein stärkeres Glätten als durch die übliche
Glättpresse möglich war, zugleich um ein schnelles Trocknen der
feuchten Bogen zu erzielen, bauten Furnival & Co. in Manchester
nach Gills Patent eine Presse, die den Bogen zwischen zwei,
mittels Dampfes erhitzte Stahlcylinder führt. Die Gefahr, welche
durch das Abschmutzen der frisch gedruckten Bogen auf die Walzen
droht, wird durch einen vorzüglichen Reinigungsapparat beseitigt.
Die Ein- und Ausfuhr der Bogen geschieht auf endlosen Bändern.
Das heisse Glätten des Papieres soll vor neunzig Jahren durch
Thomas Turnbull erfunden sein, der an einer Presse beschäftigt war, d« h«uie
Glatten
in welcher Tuch durch heisse Cylinder gepresst wurde. Als nach
dem Tode des Prinzipals die Witwe ein Zirkular an die Kundschaft
druckte, missfiel die Rauheit des Druckes Turnbull und er glättete die
Bogen, indem er sie zwischen glatte Pappen legte und durch die
Tuchwalzen gehen liess. Die Resultate waren so befriedigend, dass
er in London ein Geschäft eröffnete, um für die Buchdruckereien die
Arbeiten zu glätten. Die Frage, ob das heisse Glätten im ganzen
von Vorteil ist, kann noch nicht als entschieden betrachtet werden;
ein Nachteil ist jedenfalls , dass jede kleinste Unreinlichkeit in dem
Papier durch den starken Druck breitgequetscht und das Papier
leicht verunstaltet wird.
Eine Trocken- und Glättpresse von J. W.Jones in Harrisburg
(Pennsylvanien) trocknet, glättet und falzt von der Schnellpresse
weg 6000 Bogen in der Stunde.
Die gewöhnliche Glättpresse erhielt durch Boomer & Borchert
in London eine wesentliche Verbesserung. Ihre Presse ist sehr leicht
zu handhaben und soll an Wirkung noch die hydraulische Presse
übertreffen.
Das Feuchten des Papiers mit der Hand war bei den grossen
Zeitungsbogen und den grossen Auflagen fast eine Unmöglichkeit F«»chuPParatc
geworden. Grössere Druckereien schafften deshalb MECHANISCHE
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
II. KAP.
Feuchtapparate (Hoe & Co., Harrild & Sons) an, die das Papier
entweder zwischen nassen, mit Filz überzogenen Walzen hindurch-
gehen Hessen oder durch einen Sprühregen benetzten. Für feinere
Arbeiten bleibt das Handfeuchten vorzuziehen, da man es, je nach
der Beschaffenheit des Papiers und den sonstigen Verhältnissen,
mehr in seiner Macht behält, das Feuchten rationeller zu betreiben.
In Amerika wird sehr viel auf ungefeuchtetes Papier gedruckt, was
für diejenigen, welche einen Spiegclglanz des Papieres lieben, als
ein Vorteil erscheinen mag.
Bei einer grossen Anzahl von feinen Accidenzarbeiten kommt
Die Broncicr- bekanntlich das Broncieren in Anwendung. BRONCIERMASCHINEN
m.uchiiic. •
erleichtern diese Arbeit nicht allein, sondern sie verhindern auch
das der Gesundheit so nachteilige, mitunter sogar tödlich wirkende
Einatmen des Broncestaubes. Das Prinzip ist , die ganze Arbeit in
einem verschlossenen Behälter durch ein System von Bürsten und
Wischern vollziehen zu lassen, so dass die Arbeit vollständig fertig
aus dem Behälter herauskommt1. Eine ähnliche Maschine von
E. A. Clowes &John Baley verrichtet das der Gesundheit ebenfalls
sehr nachteilige Einbürsten der zu galvanisierenden Matern mit
Graphitstaub.
Die bei der Schnellproduktion so wichtigen Falzmaschinen
nie f*u- fanden namentlich in Amerika Beachtung. Sie wurden dort von
mwchme. qykvs Chamber eingeführt, der, im Verein mit seinem Bruder
Edwin, 1856 eine Fabrik in Philadelphia unter der Firma Chambers
Brothers & Co. errichtete. Nach vielen Versuchen gelangten sie zu
guten Resultaten und bauten im Jahre 1870 nach etwa 40 ver-
schiedenen Systemen. Eine Maschine z. B. falzt einen und einen
halben Bogen in einander, kleistert, heftet und beschneidet sie. Sehr
verbreitet ist seit 1863 die Zeitungsfalzmaschine von S. C. Forsaith
& Co. in Manchester in den Vereinigten Staaten, die sich für ver-
schiedene Formate stellen lässt.
Weitere Erleichterungen gewähren die BUCHHEFTMASCHINEN
Verschiedene (Wheeler & Wilson) und die ZUSAMMENTRAGEMASCHINE (Howe).
lulfsm.uchinen. ,
Letztere ist in der Art der Kinder -Karussels gebaut. Auf einem
sich drehenden Tisch, vor dem der Komplettierer steht, liegen die
1 TapJcy. Lenting Ray iS: Lynede in Manchester. L Poirier & G. Legrand in
Paris. A. Fichtner (für I laufler & Schmutcrer) in Wien.
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II. KAP.
DIE DRUCK- UND HÜLFSMASCHINEN.
Bogenhausen der Reihe nach und werden im Vorbeipassieren einer
nach dem andern von dem Komplettierer ergriffen.
Von den unendlich vielen Hülfsmaschinen seien nur noch erwähnt
die COUVERTMASCHINE (G. TlDCOMBE & SoN, J. WlLKINSON ; C. GoDALL
& Son) und die SCHNEIDEMASCHINE. Spezialisten für letztere sind
Furnival & Co. in Manchester, die sie in grosser Vollkommenheit
bauen. Das Ingangsetzen des Messers, der Schnitt eines Ries
Papiers und das Zurückgehen des Messers in seine erste Lage dauert
nur vier Sekunden. Überhaupt ist die Fabrik Furnival berühmt
wegen der Vortrefflichkeit aller ihrer Hülfsmaschinen, deren Fabri-
kation in ausgedehntester und rationellster Weise betrieben wird.
Wie aus dem obigen hervorgeht, fehlt es an erleichternden
Mitteln nicht, und doch war es nur möglich, das Hauptsächlichste Die Utensilien,
zu erwähnen. Sowohl Hülfsmaschinen als Utensilien werden jährlich
vermehrt und verbessert. Nicht wenig erleichtert ist die An-
schaffung derselben durch die UTENSILIEN -GESCHÄFTE, welche
alle notwendigen Gegenstände von der Ahle ab und bis zu der
grossten Schnellpresse liefern, ja selbst die Einrichtung vollständiger
Druckereien übernehmen, so dass der Besteller nur unter Antrabe
der besonderen Orts- und Geschäfts - Verhältnisse den Preis bestimmt,
alles andere dem Lieferanten überlassend
So bedeutend auch der Fortschritt von dem Ballen und der
Lederwalze zu der Massenwalze war, so litt die letztere doch unter
wesentlichen Mängeln, namentlich war ihre Brauchbarkeit sehr
von der Temperatur und der Witterung beeinflusst. Zu Zeiten
schwanden die Walzen, dann wurden sie hart wie Stein, bald nahmen
sie, wenn sie zu feucht waren, die Farbe nicht an, bald wurden sie
so weich, dass sich die Form mit Walzenmasse vollschmierte, bald
mussten sie am Ofen oder mittels brennender Fidibusse erwärmt,
bald mit Sägespänen abgerieben, geschabt, gewaschen, schliesslich,
unter Ersatz der klumpig gewordenen Masse durch neue, umgegossen
« Wer die unendlich vielen Gegenstände, welche ein solches Geschäft ver-
handelt, näher durch Beschreibung und Abbildungen kennen lernen will, dem ist
eine Reihe von Artikeln im Journ. f. H. 1867, Nr. 31, 32, 36, 37 zu empfehlen.
Nicht weniger Interesse bieten die grossen illustrierten Kataloge, die fast alle
bedeutenden Utensilienhandlungen herausgeben.
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DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
II. KAP.
werden. Waren die lokalen Verhältnisse nicht besonders günstig,
so konnte man wohl rechnen , dass der zehnte Teil der Arbeitszeit
durch Pflege der Walzen verlorenging.
Diesen Übelständcn ist durch die Englische Walzenmasse,
Englische die hauptsächlich aus Gelatine und Glycerin besteht, abgeholfen.
* "nm"SC" Jede Fabrik solcher behauptet, im Besitz von geheimen Rezepten
zu sein; das hauptsächlichste Geheimnis besteht wohl darin, das
vorzüglichste Material zu nehmen und alle wässerigen Teile daraus zu
scheiden. Ohne solche Walzen würden der vollen Ausnutzung der
Rotations- Maschinen bei der starken Reibung und dem schnellen
Gang immer noch grosse Schwierigkeiten erwachsen.
Eine weitere Verbesserung sind die Lanham -Walzen. Waren
sie anfänglich nur für lithographische Schnellpressen bestimmt , so
liefert der Erfinder jetzt auch ein Fabrikat für typographische
Maschinen, das sich vorzüglich bewährt. In der Offizin des Daily
Telegraph druckt jede Hoesche Maschine stündlich iooo Exemplare
mehr seit Verwendung der Lanham-Walzen. Der Hauptbestandteil
derselben ist vulkanisierter Kautschuk, der wieder mit einem in
besonderer Weise präparierten Kautschuk-Überzug versehen ist.
Nachdem die Druckereien aufgehört hatten, ihre Farbe selbst
Di« Farben- zu fabrizieren, entstanden Etablissements, die sich ausschliesslich
fabrikation. ... . i /■ • i •
mit dieser Fabrikation beschäftigten, deshalb auch imstande waren,
rationell zu fabrizieren und gute Farben billig zu liefern. Auch hier
standen die englischen Fabrikate obenan, und es gab eine Zeit, bis
um das Jahr 1840, wo in Deutschland kein illustriertes, oder selbst
ein in der Ausstattung nur einigermassen hervorragendes Werk mit
anderer Farbe als der von Parson oder Lawson gedruckt werden
durfte. Ist die englische Farbe auch jetzt ziemlich vom Kontinent
verdrängt, so behauptet sie doch ihren guten Ruf. Sie zeichnet
sich durch ihren tiefen, etwas ins Bläuliche spielenden Ton aus,
der ausserordentlich schön ist, den Illustrationen jedoch etwas
Kaltes giebt. Die bedeutendsten Fabrikanten sind Parsons,
Fletcher & Co. in London und A. B. Fleming & Co. in Leith, wohl
die grösste Farbenfabrik der Welt.
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:
: :
III. KAPITEL.
DIE TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGEWERBE
ENGLANDS.
England. Aufblühen der Typographie: J. Baskerville, Bowyer Vater und Sohn,
J. Nichols, Miller-Kitchie, \V. Bulmer, Th. Benslcy, Hansard Vater und Sohn.
DIE Xylographie: Thom. Bcwick. Der Farbendruck: G. Baxter, W. Savage,
W. Congreve. Oxford, Cambridge, Edinburgh u. a. Die Zeitungspresse: Die
Times und die Familie Walter; Stempel; Telegraphischer Verkehr; Inscraten-
wesen; Statistisches. Der Accidenzdruck. Der Buchhandel: die illustrierten
Blätter, Ch. Knight. Der Bibeldruck. Die Bibliophilie: Lord Spencer, T. F.
Dibdin. Die Buchbinderkunst.
ASIEN: Indien, China, Japan, der Indische Archipel. — Australien, die Südsee-
inseln. — Afrika.
LS der eigentliche Schöpfer der neueren englischen
Typographie gilt John Baskerville, 1706 in Wolver- j0hn B*»kerviiie
ley in Worcestershire geboren. Im Jahre 1726 leitete f s.ju. 177$.
er eine Schreibschule in Birmingham ; 1745 übernahm
er ein Lackicrgeschäft, durch welches er viel Geld
verdiente. Seine Neigung war jedoch der Buchdruckerei zugewandt.
Von der Universität Cambridge erhielt er die Erlaubnis, eine Bibel
in Folio und zwei Ausgaben des Common Praycr Book zu drucken,
gegen Zahlung einer Abgabe an die Universität von 20 resp 12 C
Stcrl. für je 1000 Exemplare und an die Stationers Company weitere
12 l Sterl. für die Erlaubnis, seinen Ausgaben die Psalmen anzu-
fügen. Zu seinen berühmtesten Druckwerken gehören die Ausgaben
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74
DIE ANGLO-AMERIK ANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
des Virgil in 40 und in 12°, sowie sein Horazvon 1762. Baskervillc
wendete seinen Arbeiten eine unausgesetzte Aufmerksamkeit zu.
Er bereitete selbst seine Farben und baute selbst seine Pressen.
Namentlich waren seine schönen Buchschriften, ganz besonders
seine Cursivschriften, berühmt. Auch dem Papier und dessen Behand-
lung widmete er die grösste Sorgfalt, die gedruckten Bogen wurden
einzeln zwischen zwei erwärmten Kupferplatten gepresst. Jetzt ist
jedoch das Aussehen seiner Drucke keineswegs schön, mutmasslich
hat unrichtige Behandlung bei der warmen Pressung nachteiligen
Einfluss auf das Papier geübt.
Trotz aller Liebe zur Kunst wurde doch Baskerville derselben
müde und erklärte, er bereue es bitter, je ihre Ausübung angefangen
zu haben. Seinem letzten Willen gemäss wurde er in seinem Grund-
stück in ungeweihter Erde unter einer Windmühle begraben.
Nachkommen hinterliess Baskerville nicht. Seine Witwe hörte
schon 1775 zu drucken auf, setzte aber die Schriftgiesserei noch bis
1777 fort. So viele Vorzüge auch Baskervilles Schriften besassen,
so fanden sie doch nicht allgemeinen Beifall bei dem englischen
Publikum, das den Schriften Caslons und Jacksons den Vorzug
gab. Sie lagen nun als tote Masse da, bis der bekannte Beau-
marchais in Paris sie im Jahre 1779 um den Preis von 3700 £ Sterl.
kaufte; die Universität Cambridge hatte die angebotene Erwerbung
abgelehnt.
Ein grosses Ansehen als einer der gelehrtesten, tüchtigsten und
\y. n,0wy" <i. ». bravsten Buchdrucker erwarb sich William Bowyer d. j. Bereits
sein Vater Will. Bowyer d. ä. besass einen höchst geachteten
Namen. Er hatte 1686 ein Verlagsgeschäft, 1699 eine Buchdruckerei
begründet. Wie gross die Achtung war, die er genoss, zeigte sich,
als sein Geschäft in der Nacht vom 29. zum 30. Januar 17 12 voll-
ständig durch Feuer zerstört wurde. Durch rasche Subskription
deckten Freunde und Konkurrenten mehr als die Hälfte des ihm
entstandenen Schadens von 5000 £ Sterl.
Der Sohn William Bowyer d. j. studierte in Cambridge, wo
W. Rowver J. j.er von 17 16 — 1722 mit litterarischen Arbeiten und Korrekturen
* 19. iJcz. 1699.
f 18. Nov. 1777. wissenschaftlicher Werke beschäftigt war. Dann trat er in das
Geschäft des Vaters und fuhr fort, den mehr littcrarischen Teil des-
selben zu besorgen, worin ihn seine zweite Frau, Elizabeth Bill,
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III. KAP. TYPOGRAPHTK UND BUCHGEW FRBE ENGL AN DR.
75
vortrefflich unterstützte. 1729 wurden Bowyer die Arbeiten des
Unterhauses übertragen, die er fast 50 Jahre lang lieferte1.
Im Jahre 1766 hatte Bowyer John Nichols zum Teilhaber
genommen. Dieser hatte bei Bowyer gelernt und sich so gut joh» Nichoi*
• 15« Juli 1779.
betragen , dass Bowyer die Hälfte des Lehrgeldes an den Vater f **<». m.ü 1826.
Nichols' zurückzahlte. Aus dem Lehrherrn und dem Lehrling
wurden Freunde und Assocics. Nach Bowyers Tod behielt Nichols
das Geschäft allein. Er war nicht nur Erbe der Tüchtigkeit und
Gelehrsamkeit seiner Vorgänger, sondern auch von deren Unglück,
denn am 8. Februar 1808 war wieder das Feuer Verheerer alles
dessen, was seit fast hundert Jahren, seit dem ersten Brande, an
Verlag, seltenen Büchern, Druckmaterial u. s. w. gesammelt war.
Nichols war jedoch nicht der Mann, den Mut zu verlieren. Mit
seinem Sohne und Associ£, der den Zunamen Bowyer angenommen
hatte, richtete er alles aufs neue ein. 1 804 war er Vorsteher der
Stationers Company geworden und hatte damit das Ziel seines
geschäftlichen Ehrgeizes erreicht. Seit 1806 beschäftigte er sich
zumeist mit litterarischen Arbeiten.
William Strahan kaufte einen Teil des Patentes eines könig-
lichen Buchdruckers, erwarb für so hohe Honorare, - wie sie selten wm. strahan
bezahlt worden waren, die Verlagsrechte von Arbeiten der hervor-
ragendsten Autoren seiner Zeit und ward 1774 Vorsitzender der
Stationers Company. Er stand zu einer Reihe von bedeutenden Per-
sönlichkeiten in naher Beziehung, unter anderen zu Franklin, mit
dem er in London zusammen gearbeitet hatte. Noch in einem seiner
letzten Briefe an Strahan bespricht Franklin in von der Buchdrucker-
kunst entlehnten Allegorien und Ausdrücken scherzhaft die Politik.
Der Sohn Andrew Strahan trat in die Fusstapfen des Vaters und Andr. Strahan
fand in Thomas Spilbury einen würdigen Nachfolger, der französische i hom. spubury
Klassiker mit solcher Korrektheit druckte, dass sie selbst in Frank-
reich den französischen Ausgaben vorgezogen wurden.
Die Vervollkommnung des Werkdruckes, in welchem die
Engländer so bedeutendes geleistet haben, hat man wesentlich
Miller Ritchie, einem geborenen Schottländer, zu verdanken. Er Miner Ritchie
begann seine Laufbahn 1785 mit einer Royal-Oktav-Ausgabe der* *' N"v lM'
« Anecdotabiograpfucalan ilttiraryof IV. liowyer. London 1778.
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76
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP
englischen Klassiker, für welche zum erstenmale das gelblich gerippte
Papier Whatmans benutzt wurde. Eine Quartbibel in zwei Bänden
folgte. Wie Baskerville hatte er schwer mit dem alten Schlendrian
der Arbeiter zu kämpfen und oft musste er zu den Druckerballen
greifen, wenn er einen ihn befriedigenden Druck haben wollte1. Er
fand jedoch zwei mächtige Bundesgenossen für seine Bestrebungen
in dem Papierfabrikanten Whatman und dem Farbefabrikanten
Blackwell, wie überhaupt das vortreffliche Papier und die gute eng-
lische Farbe ausserordentlich viel zu dem Übergewicht englischer
Werkdrucke beigetragen haben. Trotz seiner Tüchtigkeit, oder
vielleicht eben weil er die Vorzüglichkeit der Arbeit höher stellte als
den Gewinn, konnte Miller Ritchie keine unabhängige Stellung
behaupten.
Als ein würdiger, zugleich glücklicherer Nachfolger in denselben
wiii. Balm« Bestrebungen muss William Bulmer genannt werden, dessen Name
«75i. f m-t (Jem schönsten und Korrektesten verbunden ist, was die Buch-
druckerkunst Englands, die durch ihn auf die höchste Stufe der
Vollendung gebracht wurde, aufzuweisen hat. Bulmer, in Newcastle
geboren, wurde während seiner Lehre dort mit dem später so
berühmten Holzschneider Thomas Bewick, für den er die Probe-
drucke besorgte, bekannt und brachte ihn auf den Gedanken,
die Holzschnitte abzuflachen, so dass die leichteren und verschwin-
denden Stellen tiefer zu liegen kamen, wodurch der Abdruck eines
Holzschnittes, selbst ohne jede Zurichtung, sich in den richtigen
Abstufungen der Farbentöne zeigt. Durch einen Zufall kam er in
Verbindung mit dem Buchhändler George Nicol, der eine grosse
Prachtausgabe von Shakespeares Wrerkcn vorbereitete, die in
artistisch - typographischer Hinsicht alles übertreffen sollte, was bis
dahin geliefert war. Das Werk, 9 Bände Folio und ein Band Kupfer
[1/94 — 1 801), wurde in Bulmers Offizin, genannt Shakespeare-Press,
gedruckt mit Schriften, die von William Martin in Birmingham
geschnitten waren. Der Druck des Werkes, das im Jahre 1794
« Der bekannte Thom. Curson Ilansard behauptet in seiner Typografhia,
dass, wenn die besten Prachtwerke Englands nicht ganz die besten der Franzosen
und Hodonis erreichen sollten, dies in der schwierigeren Behandlung der Farben
liege, deren Konsistenz in der wechselnden Temperatur Englands nicht ganz
gleichmässig erhalten werden könne.
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
begonnen wurde und allein wohl mehr Bogen enthielt, als alle Bodoni-
schen Prachtausgaben zusammen, ist von unübertroffener Gleich-
mässigkeit; der letzte Bogen sieht genau aus wie der erste. Neben
diesem Werk ist die grosse Ausgabe von Milton, 3 Bände Folio, zu
erwähnen, die typographisch vielleicht noch höher als die von
Shakespeare steht; dann die Ausgabe von Goldsmith und Parnell.
1 798- 1 803 wurde das prachtvolle Museum Worsleyanum, zwei Bände
Folio, gedruckt, auf v elches Richard Worsley 27 000 £ Sterl. ver-
ausgabte und das nie in den Handel kam. Aus der Reihe der gross-
artigen Druckwerke Bulmers nennen wir noch Dibdins Typographi-
calAntiquities und die Bibliotfuca Spenceriana, wohl das brillanteste
bibliographische W erk, das existiert. Ein Meisterstück der Bulmer-
schen Pressen ist ferner Dibdins Bibliographical Decameron mit
einer grossen Anzahl von Vignetten. Er druckte auch 1808 Wilkins
Sanskrit Gramwar, ein Quartband von 662 Seiten in prachtvoller
Ausstattung. 18 19 zog er sich ganz vom Geschäft zurück, das auf
Will. Nicol, den Sohn seines Freundes, überging. Auch Bulmer
wurde vortrefflich durch Whatman und ausserdem durch den Holz-
schneider Bewick unterstützt. Als der bedeutendste Drucker und
Mitarbeiter Bulmers wird Daniel Grimsshaw genannt. Ein Haupt-
streben Bulmers war auf eine vorzügliche Farbe gerichtet. Diese
lieferte erst Rob. Maitin in Newcastle; bei der Unmöglichkeit für
diesen, Bulmers Bedarf zu decken, fand letzterer sich veranlasst,
selbst die nötigen Einrichtungen zur Gewinnung eines zufrieden-
stellenden Fabrikates zu treffen.
Ein Rival Bulmers, dessen Verhältnis zu König und Bauer
schon erwähnt wurde, war Thomas Benslev. Als jener seinen Th. ßen«iey
Shakespeare druckte, folgte Bensley mit seiner prachtvollen Bibel
von Maclin in sieben Bänden in Quarto. Ganz vorzüglich war auch
die Ausgabe von Thomsons Jahreszeiten.
Schöne Drucke lieferte im Beginn dieses Jahrhunderts auch
Charles Whitaker. Seine Ausgabe der Magna Charta, ganz ch. whiuker.
in Golddruck von hervorragender Schönheit mit illuminierten
Initialen, ist eine grosse Seltenheit. Seinen Golddruck behandelte
er als Geheimnis und schlug das Anerbieten der Gesellschaft zur
Förderung der Kunst ab, das Verfahren gegen eine öffentliche
Belohnung bekannt zu geben.
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7 8 DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE. III. KAP.
Zu den schönsten englischen Presserzeugnissen gehört das
Gedicht The Press, von dem Buchdrucker John M'Creery im Jahre
1 803 gedichtet und gedruckt, und von Holl illustriert.
Charles Wiuttingham war in Calledon bei Coventry geboren.
ch.whttti»gham Im Jahre 1792 etablierte er sich in London, wo er bis 181 1 viele
. 16. j.im iyo7. scj1^ne \Yerke für Londoner Verleger druckte. Er war einer der
ersten, welche die Zurichtung der Holzschnitte zur Vollkommenheit
brachten. Im Jahre 1 8 1 1 überliess er seinem Teilnehmer Rowland
die Leitung des Londoner Geschäfts und zog nach Chiswick. Aus
seiner Chiswick- Press ging unter anderen bedeutenden Werken in
den Jahren 18 19 — 1822 eine vortreffliche, nur in 500 Exemplaren
gedruckte und auf einmal herausgegebene Oktav - Ausgabe der
englischen Dichter in 100 Bänden hervor. Das Geschäft ging auf
Whiitin^ham it. den Neffen Charles Whittingham über, der jedoch daneben eine
» j< 17)5 sen,st begründete Offizin in London hatte, wo er, mit Peels
Werken beginnend, eine Reihe von schönen Ausgaben für Will.
Pickering bis zu dessen 1854 erfolgtem Tode druckte. Sein Sohn
Ch. John Whittingham starb am 21. April 1876.
Berühmt wurden auch Hansard Vater und Sohn. Ersterer,
Luke Hansard Luke Hansard, ist namentlich als Parlamentsdrucker bekannt. Er
\ SÄ.'föa. lernte in seiner Vaterstadt Norwich und arbeitete später in dem
Geschäft des Parlamentsdruckers John Hughs. Hansard wurde erst
Dirigent der Buchdruckerei, dann Teilhaber und im Jahre 1800
Alleinbesitzer. Sein Ruf wurde durch die ungewöhnliche Prompt-
heit, mit welcher er stets die Regierungsarbeiten ausführte, fest
begründet. Freilich war es auch lohnend, für die Regierung zu
arbeiten. Die Rechnungen Hansards d. j. betrugen 1829 125772 £
Sterl.; in dem Jahre 1830 wurde für 86217 £ Sterl. gedruckt.
183 1 machten die Parlamentsakten 120 Foliobände aus1. Luke
Hansard starb, 77 Jahre alt, im Besitz des allgemein verbreiteten
Rufes, ein seltener Mensch gewesen zu sein*.
Thomas Curson Hansard, der Sohn und Nachfolger Lukes, ist
Th. c. Hansard namentlich bekannt als Verfasser der Typographia, des renommier-
Mai' isjj. testen englischen Handbuches der Geschichte und Technik der
> 1S79 rechnete man, dass jedes Parlamentsmitglied während der Dauer
des letzten Parlaments 20 Zentner an Drucksachen empfangen habe.
2 liiografhical Mtmotr 0/ Luit Hansard. London 1829.
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IIL KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. 79
Buchdruckerkunst, welches eine Menge schätzbares Material enthält,
dessen bessere Sichtung und Durcharbeitung jedoch sehr zu
wünschen gewesen wäre.
Gleichzeitig mit der Wiedergeburt der Typographie erhob sich
auch die Xylographie aus dem Elend, in welches sie versunken war, Xylographie
eine Renaissance, die wir ebenfalls einem Engländer verdanken,
was um so mehr überrascht , als England zu einer Zeit , wo diese
Kunst in Deutschland, Frankreich und Italien blühte, noch gar
keine Holzschneidekünstler aufzuweisen gehabt hatte. Auf welcher
Stufe der Unbedeutendheit die Xylographie sich befand, geht daraus
hervor, dass zu Anfang des XIX. Jahrhunderts London nur zwölf
Holzschneider zählte. Man kann sonach, was England betrifft, fast
richtiger von einer Geburt als von der Wiedergeburt der Kunst
durch Thomas Bewick reden.
Die ersten Übungen seines Zeichnertalentes bestanden in dem
mit Kreide Bemalen fast aller Häuser in Cherry - Bum , seinem ^ Th^Bewick
Geburtsorte. Mit dem 14. Jahre kam er in die Lehre bei einem +
tüchtigen Graveur in Ncwcastle: Ralph Beilby.
Als ein Gelehrter, Dr. Hutton, ein grosses Werk über die Mess-
kunst herausgab, riet ihm Beilby, statt Kupferplatten Holzschnitte
für die Illustrationen zu wählen. Hutton ging auf diesen Gedanken
ein und die Ausführung der Holzschnitte wurde Bewick anvertraut,
der sich seiner Aufgabe so geschickt entledigte, dass ihn Beilby auf-
munterte , seine gesamten Kräfte dieser vernachlässigten Kunst zu
widmen. Nachdem er sich eine Zeitlang in London und in Schottland
aufgehalten hatte, kehrte er nach Newcastle zurück und wurde in
dem Geschäft seines Lehrers Teilhaber. Er bildete nun auch seinen
Bruder John für die Kunst aus. Eine Ausgabe von Gays Fabeln
gab den Brüdern Gelegenheit, ihr Talent in einer höheren Kunst-
richtung zu zeigen. Ein Holzschnitt „Der alte Hund" erhielt im
Jahre 1775 die von der Gesellschaft der Kunst ausgesetzte Prämie
für den besten Holzschnitt. Die „Geschichte der Vierfüssler" erschien
1790; das berühmte Werk „Die Geschichte der englischen Vögel"
folgte 1797. Kühnheit der Zeichnung, Lebendigkeit und Naturtreue
in den Stellungen, Korrektheit und Unterscheidung des Charakters,
der Lebensweise und der Bewegung in allen Figuren sind Vorzüge
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE. III. KAP.
der Holzschnitte Bewicks. Der Bruder John starb bereits am
21. Oktober 1795 in seinem 25. Jahre. Er kam seinem Bruder an
Talent gleich, lebte aber nicht lange genug, um einen solchen Ruf
wie dieser zu erlangen. Die Holzschnitte des Thomas Bewick sind
zum grossen Teil in einem im Jahre 1870 erschienenen Album
vereinigt l.
Seit Bewicks Zeit hat England eine sehr grosse Zahl tüchtiger
Xylographen aufzuweisen, und es gab eine Zeit, wo die englischen
Holzschneider auch auf dem Kontinent massgebend waren.
Wie England sich in der neueren Xylographie als bahnbrechend
ncr Farben, zeigte, so auch in dem Farbendruck. Zuerst ist William Savage
druck.
w. savage. zu nennen, geboren zu Houdon in Yorkshire, wo er sich auch mit
seinem Bruder James 1 790 als Drucker und Buchhändler etablierte.
William ging 1797 nach London, und wurde dort vorzüglicher
Drucker und Verfasser der epochemachenden : Hints on decorathe
Printing in zwei Teilen (18 19 — 1832). 1840 folgte sein bekanntes
Werk Dictionary of the Art of Printing. Übertroffen wurde er von
George Baxter. .George Baxter, der seine ersten Versuche 1835 machte und Patent
auf den Druck von Bildern mit Ölfarben nahm. Baxter druckte den
Untergrund und die Umrisse mit Stahlplatten , dann die einzelnen
Farben von Holzstöcken, deren Zahl mitunter zwanzig überstieg.
Seine besten Arbeiten finden sich in seinem Pictorial - Album , das
1837 bei Chapman & Hall erschien. In Landschaften ist er nicht
übertroffen worden. Von einem kleinen Blatt „Die Dreieinigkeit"
nach Rafael wurden über 700 000 Exemplare verkauft.
Eine weitere Art des Farbendruckes, welche eine Zeitlang eine
bedeutende Rolle spielte, ist diejenige von dem, auch durch seine
Tod und Verderben schleudernden Raketen bekannten Sir William
wiii. congreve Congrf.ve erfundene. Congreve war Zeuge von dem mühsamen
zweifarbigen Druck in der Applegathschen Buchdruckerei gewesen,
und da die englische Regierung einen Preis auf die Herstellung
unnachahmlicher Banknoten gesetzt hatte, richtete er alle seine
Gedanken auf diesen Punkt. Er erhielt ein vierzehnjähriges Patent
« Tiiom. Landseer, Ltfe and letters of \V. BavUk. 2 Bde. London 1870. —
J. ("i. Heu., A descrifth/e and cntical Catalogue of works illustrated by T. and J. Bewirk.
— Tu. Uroo, The Bewick ColUttor. London 1866. Supplement 1868. — Bewicks
tooodculs, ed. by TA. Hugo. London 1870.
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. 8l
auf eine von Donkin für ihn gebaute Maschine. Das Prinzip
des Congreveschen Druckes beruht darauf, die verschiedenen
Teile einer Metallplattc, insoweit diese mit einer und derselben Farbe
gedruckt werden sollen, knapp aus der Platte herauszusägen, so dass
sie, wieder in einander gefügt, ein Ganzes bilden. Nach einander
werden die Teile, welche eine und dieselbe Farbe bekommen sollen,
durch Unterlagen hochgestellt und eingefärbt, bis schliesslich das
Ganze, welches nach Entfernung aller Unterlagen Eine glatte Ober-
fläche bildet, mit einem Zug des Bengels abgedruckt werden kann.
Im Verein mit einem Buchdrucker Whiting legte Congreve eine Buch-
druckerei an, die sich hauptsächlich mit Druck von Etiquetten
u. dgl. beschäftigte. Durch die Fortschritte der Lithographie und
die Erfindung der Mehrfarbenmaschinen ist Congreves Methode so
gut wie verdrängt. Die Engländer nennen sie Compound Printvtg,
die Bezeichnung „Congreve- Druck" rührt von Ed. Hänel her, der
das Verfahren nach Deutschland brachte.
Ausser London haben als Druckorte in England nur Oxford
und Cambridge, in Schottland Edinburgh eine grössere Bedeutung.
Von den Buchdruckereien der beiden englischen Universitäten
nimmt die in OXFORD den bei weitem wichtigeren Platz ein. Nachdem Oxford,
sie von 1669 — 17 13 in dem Sheldonian Theater installiert gewesen
war, wurde sie in den Clarendonbau übergeführt und blieb dort, bis
sie 1830 die schöne und geräumige Lokalität bezog, die sie jetzt noch
innehat. Bei der Abgesondertheit von dem grossen Verkehr war es
notwendig, alle Branchen, sogar Farbe- und Walzenfabrikation, zu
vereinigen. Gebunden wurden die Bücher in der Universitätsbuch-
binderei in London. Das Papier lieferte eine der Universität gehörende
Fabrik in Wolvercote. Eine besonders gepflegte Spezialität war
neben dem Bibeldruck die Herstellung orientalischer Werke. Die
Druckerei erhielt seit der Clarendonschen Stiftung noch öfters wert-
volle Dotationen, so z. B. 17S5 eine von Lord Godolphin im
Betrag von 5000 £ Sterl.
Die Universitätsdruckerei in Cambridge, Pitt-Press genannt,
befindet sich seit 1834, gerade drei Jahrhunderte nach ihrer Be- c:anibrig<ic
gründung, in einem neuen , im Stil des XV. Jahrhunderts, erbauten
kirchenähnlichen Gebäude, das 1860 erweitert wurde. Die Kosten
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DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
wurden zumtcil aus den Überschüssen des zu einem Denkmal für
William Pitt gesammelten Fonds bestritten. Die Offizin kann sich
an Bedeutung für die Wissenschaft zwar nicht mit der Clarendon
Press in Oxford messen, hat jedoch in neuerer Zeit einen raschen
Aufschwung genommen, welcher namentlich C. J. Gay, seit 1856
Direktor und Teilnehmer sowohl des Cambridger als des Londoner
Geschäfts der Universität, zuzuschreiben ist.
In Edinburgh, dem „Neuen Athen", herrschte zu Beginn des
Edinburgh, laufenden Jahrhunderts ein sehr bewegtes litterarisches und typo-
graphisch-bibliopolisches Leben.
Der bekannteste Buchdrucker war dort James Balantyne1.
Jarnei Balantyne Nachdem er der Jurisprudenz, seinem vorherigen Berufe, Lebewohl
♦ 1772, f 10. Juni , , .... . • -r» 1
gesagt hatte, etablierte er in seiner Vaterstadt Kelso eine Bucn-
druckerei. Ein Zufall brachte ihn auf einer Reise mit seinem früheren
Schulkameraden Walter Scott zusammen, woraus eine, für beide erst
glänzende, dann verhängnisvolle Geschäfts- Verbindung entstand. Die
von Balantyne gedruckte Ausgabe der Balladen Walter Scotts erregte
durch ihre schöne Ausstattung solche Aufmerksamkeit, dass man
Balantyne veranlasste, nach Edinburgh überzusiedeln. Seine Offizin
nannte er The Border ■ Press , nach dem Werke Scotts Afinstrelsy
of the Scottish Border. Bis 1826 druckte er nun alle Werke
Walter Scotts, der Teilhaber der Druckerei und des wöchentlich
erscheinenden Edinburgh Journal wurde. Walter Scott sowohl als
sein Drucker erlitten — wie es kam, ist nicht ganz aufgeklärt —
einen gemeinschaftlichen finanziellen Ruin. Thatsache ist, dass ihre
Freundschaft diesen überlebte. Balantyne war auch ein von Walter
Scott gern gehörter Kritiker, der mit grosser Sorgfalt und vielem
Verständnis die manchmal flüchtigen Manuskripte des Dichters
verbesserte.
Die letzte Veranlassung zu der erwähnten Katastrophe gab der
plötzliche Fall des Verlegers Walter Scotts Archibald Constable,
der zugleich Verleger der Encycbpaedia Britannica geworden und
1802 das Edinburgh Review begründet hatte, welche Werke später
alle auf A. Ch. Black übergingen.
Der Begründer dieser Firma war Adam Black im Verein mit
seinem Neffen Charles Black. Das Edinburgh Review erwarben
> litstoty of t/u Balantyne J'ress. Edinburgh 1S71.
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS 83
sie 1826 gemeinschaftlich mit Th. N. Longman, allein kauften sie a. uiack
die Encyclopaedia Britannien , die eine glänzende Aufnahme fand.
Die Kosten der 1842 beendigten siebenten Auflage, 21 Bände in
Quarto, betrugen über 2»/a Millionen Mark; 1851 wurden Blacks
Besitzer des Verlagsrechtes auf Scotts Romane.
Ebenfalls einen bedeutenden Ruf hatten die Firmen W. Black-
wood & Sons und R. & W. Chambers.
Erstere wurde von William Blackwood 1804 begründet.
Blackwood trieb erst Antiquariatsgeschäfte; 181 1 fing er an zu ver- uhekwood <i. u.
t » Ö . 20. I«ci. 1776.
legen. Das 18 17 begonnene Edinburgh Monthly Magazine wollte r 10. Sept.
nicht „ziehen". Nach sechs Nummern erschien als Nr. 7 Blackivoods
Magazine, das sofort Beifall fand. 1827 wurde die Edinburgh
Cyclopaedia in 18 Bänden vollendet. Der Sohn Will. Blackwood, bucU-oo«! <i j.
y r «7. 1»C7. lMt(t,
der von 1840— 1845 das Londoner Geschäft der Firma verwaltet : *»• ukt. 1*7.,.
hatte, dann aber nach Edinburgh gezogen war, redigierte das
Magazin bis zu seinem Tode mit der äussersten Sorgfalt \
Vor etwa sechzig Jahren gründeten die Brüder William und
Robert Chambers erst eine Buchhandlung und dann eine Buch- w. Chamber«
druckerei mit einem Kapital von 3 £ Stcrl., einem halben Zentner Kok Chambers
Schrift und einer elenden Holzprcsse in der Absicht, gute und billige^ V m.« »«71!
Bücher zu drucken. Tüchtigkeit und Energie brachten das Geschäft
rasch in die Höhe. Am 4. Februar 1832 wurde das heute noch
blühende Chambers Edinburgh Journal, das sofort 50000 Abnehmer
fand, und 1845 deren 90000 zählte, gegründet. Dieses Journal, das
vier Wochen vordem P< nny- Magazine begann, hat sehr viel zu der
Bildung des englischen Publikums beigetragen. 1844 begann Rob.
Chambers ein höchst verdienstliches Werk: Cyclopaedia of English
Litterature , enthaltend Biographien und kritische Charakteristiken
von 832 Autoren nebst Proben ihrer Werke. 130000 Exemplare
davon wurden in England verbreitet, eine nicht geringere Anzahl in
Amerika
Von den bedeutenden Buchdruckern Edinburghs in neuester
Zeit nennen wir Nelson & Co. mit ihrer grossen, sehr praktisch
eingerichteten Offizin und W. C. Hlackie &r Co., namentlich in
« k. Lindau setzte «lein Verstorbenen ein ehrendes Denkmal in <ler r<le^en-
wart44, abgedruckt im Horseiibl. f. d. d. 11. 1S70, Nr. 29.5.
* Aulobiography and Menmr 0/ K. <> IV. Ctuunbtrs. Philadelphia
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Buchdrucker in Accidenzien bedeutend. Unter den Buchdruckern der Provinz
zeichnet sich Stephan Austin in Hereford durch seine schönen
orientalischen Drucke aus. John Heywood in Manchester besitzt
vier Etablissements von grösster Ausdehnung, namentlich für die
Stationcry. Durch ein kleines Werkchen: The bona fide Pocket
Dictionary hat sich John Bellow in Gloucester einen Namen unter
den Meistern aller Zeiten erworben. Die zu dem Büchlein ver-
wendete Schrift, nur 3 V« typographische Punkte gross, schnitten
Mili.ar & Richard in Edinburgh und London.
Am staunenswertesten ist die Entwickelung, welche die Zeitungs-
iüc Zeiiung» presse trotz des erschwerenden Zeitungsstempcls nahm. 1761 wurde
letzterer auf einen Penny, 1776 auf anderthalb. 1789 auf zwei Pcnce
festgestellt; 1794 musste der ganze Bogen drittehalb, 1799 vierte-
halb, schliesslich gar vier Pence zahlen. Im Jahre 1833 brachte diese
Steuer dem Staate gegen io'/a Millionen Mark ein, zu welchen
die Times allein zeitweilig über zwei beizutragen hatten. Für jedes
Inserat musste 3 s/t 6d Abgabe gezahlt werden , infolge dessen
die kleinste Bekanntmachung mit 7 sh berechnet wurde. Jede
Zeitungsnummer kostete gewöhnlich 7 Pence.
Es ist nicht hier die Aufgabe , die Entwickelung des Zeitungs-
t)ic Times. Wesens Schritt für Schritt zu verfolgen , geboten scheint es jedoch,
in einem Handbuch der Buchdruckerkunst wenigstens der historisch
gewordenen Offizin der Times, welche für alle folgenden gross-
artigen Zeitungsoffizinen als Muster galt, einige Worte zu widmen,
um so mehr, als die Besitzer immer voran waren, wenn es galt, neue
Erfindungen zu benutzen oder selbst die Initiative zu solchen zu
ergreifen.
Der Begründer der Times, John Walter d. ä., war ein bedeu-
john Walter d.a tcnder Kohlenhändler. Als er sich vom Geschäft zurückgezogen
hatte, verlor er als Beteiligter bei SchifTsassekuranzen sein ganzes
Vermögen, nicht aber den Rufeines braven und redlichen Mannes.
Zum Glück für den Journalismus wurde durch einen Ministerwechscl
seine Hoffnung auf eine Staatsanstellung zunichte. Damals führte
ihn der Zufall mit einem Setzer Henry Johnson, einem Schwärmer
für ein ihm patentiertes Logotypsystem, zusammen. Walter erwarb
dessen Patent, modifizierte das System jedoch so wesentlich, dass
III. KAP.
TYPOGRAPHfE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
85
man es wohl als „System Walter" bezeichnen kann. Die Typen
wurden wie andere, jedoch etwas niedriger als üblich, gegossen,
durch Untergiessen von Metall verbunden und auf die richtige Höhe
gebracht. Walter etablierte sich nun als Logographic Printer und
wurde von Benjamin Franklin und Sir Josuah Banks, Präsident der
Gesellschaft der Wissenschaften, aufgemuntert. Er selbst nährte
die ausschweifendsten Hoffnungen in betreff der Erfolge und teilte die
Menschheit in zwei Klassen, Freunde und Feinde der Logotypen.
In jedem, der Zweifel an seinem System hegte, erblickte er einen
persönlichen Feind, so in dem bisher mit ihm eng befreundeten
Schriftgiesser Caslon und dem berühmten Buchdrucker John Nicol.
Der gekränkte Walter wollte, nachdem er es bereits mit einem Büch-
lein : Gabriel, the Outcast, versucht hatte, nun auch der Welt zeigen,
dass man Zeitungen mit Logotypen zweckmässig herstellen könne.
Am i.Januar 1785 erschien Nr. i des Daily Universal Register. Es
fand jedoch keinen grossen Beifall und mit dem 1. Januar 1788
wurde der Titel in Times umgeändert, deren erste Nummer jedoch
in der angefangenen Reihenfolge weiter als Nr. 940 erschien.
So war der Anfang der Times, die später zwar den Besitzern
reichen Segen, anfänglich jedoch schwere Sorgen brachten. Das
Logotypsystem wurde von Walter selbst als unpraktisch über Bord
geworfen.
Dem alten Walter folgte der Sohn John Walter ii. Denselben
klaren Blick, welcher ihn sofort sich der Erfindung Friedr. Königs johnWaitcm.
bemächtigen liess, zeigte er auch in allen anderen Verhältnissen.
Es giebt Zeitungen mit einer weit grösseren Auflage, als die Times
sie je gehabt, aber kein Blatt hat je eine bedeutsamere Stellung
eingenommen. Sie wurden eine förmliche Macht, auf deren Stimm-
abgabe Behörden, Richter, die Vertreter des Handels und der
Industrie spannten und mit der Regierungen wie mit einer gleich-
berechtigten unterhandelten. Jeder Engländer betrachtete dieses
Institut wie einen Teil seines eigenen Ichs und eine Schädigung des-
selben wie eine ihm selbst zugefügte. Kein Fremder, der nach
London kam, vergass, wenn er die Erlaubnis zu einem Besuch in
der Offizin \n\ Printinghoust -Square erhielt, einen solchen abzustatten.
Doch diese historisch berühmten Räume wurden dem Blatt
nach und nach zu eng und mussten durch Neubauten ersetzt werden.
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86
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Die neue nwa-Die Hauptfacade derselben, in einer Länge von 100 englischen Fuss
und einer Höhe von 60 Fuss, die für den breiten Giebelteil auf
80 Fuss steigt, liegt nach der Victoriastrasse. Das Kellcrgcschoss
bildet einen grossen, 16 Fuss hohen Raum und ist ausschliesslich
dem Bau der „Waltermaschine u gewidmet. Das Gebäude, von
roten und gelben polierten Ziegeln aufgeführt, enthält ausserdem
noch ein Parterre und vier Stockwerke; jede Etage hat neun
halbbogcnförmige Fenster. Der Eingang, architektonisch reich
geschmückt , in gehauenen Steinen ausgeführt und mit Bogen, die
aufpolierten Granitsäulen ruhen, befindet sich an dem westlichen
Ende. Ein vier Fuss hoher Karnies aus gehauenen Steinen wird
durch den Giebelbau, der fast zweidrittel der Länge einnimmt,
unterbrochen. Als Ausschmückung sind auf diesem drei grosse
offene Bücher, von reichem Eichenlaub mit Eicheln umgeben, ange-
bracht. Auf dem mittelsten derselben ist mit grossen schwarzen
Buchstaben zu lesen: Tiim s; auf dem links: Fast Times; auf dem
rechts: Futurc.
Die Times haben direkte Drähte von Wien, Berlin und Paris.
Mit den Sälen der Parlamentshäuscr stehen sie durch telephonische
Leitung in Verbindung. Das Endstück in der Offizin ist mit zwei
Tuben versehen, welche an den Ohren des an der Kastenbeinschen
Setzmaschine arbeitenden Setzers angebracht sind. Der Reporter
spricht ihm die Verhandlungen zu , der Setzer spielt sie auf seinem
Klavier ab, und der Satz ist fertig. Man hat dabei alle die Vorteile
des mündlichen Verkehrs, um Nichtverstandenes zu wiederholen und
Missverstandenes aufzuklären. Gegen die bisherige telegraphische
Verständigung bietet die telephonische den Vorteil, dass die Wieder-
gabe der Berichte über die in der Nacht stattfindenden Parlaments-
Debatten fast um eine Stunde weiter reichen kann, als früher der
Fall war.
Von 1 841 — 1879 leitete John Thaddeus Dekane das Blatt als
john Deianc. Hauptrcdacteur mit grossem Geschick und feinem Takt, ohne jedoch
bei der Herausgabe litterarisch thätig einzugreifen. Wenn man die
Times so oft als das „leitende Blatt" bezeichnet, so ist dies insofern
vielleicht nicht ganz korrekt, als sie nicht den Anspruch erheben,
die öffentliche Meinung zu „machen". Ihr Hauptverdienst ist,
rasch und sicher zu fühlen, was die öffentliche Meinung will, und
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. 87
dies dann bestimmt auszusprechen, oft ehe sich das Publikum
selbst darüber recht klar geworden ist. Ihre Ansichten gegen den
Strom durchsetzen wollen die Times nicht, und deshalb sind oft
Vorwürfe gegen dieselben erhoben worden, als hätten sie einen
nachteiligen Einfluss auf den englischen Volksgeist und die eng-
lische Politik geübt. Damit haben wir es jedoch hier nicht zu thun ;
als Institution des Buchgewerbes muss den Times unbedingte
Bewunderung ausgesprochen werden und es mögen die von Sir Ed.
Lytton Bulwer im Parlament gesprochenen Worte noch hier stehen :
„Wenn ich in der Lage wäre, ein Denkmal unserer Civilisation der
späteren Nachwelt hinterlassen zu müssen, so würde ich nicht in
erster Reihe unsere Docks, unsere Eisenbahnen, nicht unsere öffent-
lichen Gebäude, selbst nicht den Prachtbau, in welchem wir tagen;
ich würde einen Band der Times wählen". John Walter II. speziell
muss jeder Deutsche seine Achtung zollen wegen der Art und Weise,
wie er für Fricdr. König eintrat. Ohne den festen Rückhalt, den
letzterer an Walter fand, wäre er wahrscheinlich, als ein zweiter
Gutenberg, in den Händen kleinlicher Geldmenschen, verkümmert.
Das Sinken der fesselnden Steuer auf Zeitungen ging rascher
als das Steigen. 185 1 war sie ganz abgeschafft, 1861 die Papier- n.« Falten der
Stempelsteuer*
Steuer. Jetzt stand der Entwicklung einer wohlfeileren Zeitungspresse,
dem sogenannten Monopol der Times gegenüber, nichts im Wege,
und man verfehlte nicht, rasch von der Lage Gebrauch zu machen.
Zwar fehlte es nicht an ängstlichen Gemütern, welche gerade in den
Erleichterungen einen Ruin der „guten Presse" und ein Herauf-
beschwören der bösen Geister erblickten. Diese Stimmen sind durch
die mit den Times um den Einfluss kämpfenden Penny - Blätter
zum Schweigen gebracht und noch jetzt gelten die Worte Macaulays :
„Während eines Zeitraums von 170 Jahren ist die Freiheit unserer
Presse immer vollständiger geworden und während dieser 170 Jahre
ist die Beschränkung, welche das allgemeine Urteil der Leser den
Schriftstellern auferlegt, immer strenger geworden. Noch heut-
zutage sind Fremde vollständig ausser Stande, zu begreifen, wie es
geschehen kann, dass die freieste Presse in Europa zugleich die
rücksichtsvollste ist.4
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8S
DIE ANCLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Was die Zahl der Organe betrifft, steht die englische Zeitungs-
si.ituiik.k-r presse nicht nur weit hinter Amerika, sondern selbst gegen
«tungspre e. Qeutsci.,|an(i uncj Frankreich zurück, ihre Macht ist jedoch nicht
in der Zahl, sondern in dem Umfang, der Reichhaltigkeit und der
starken Verbreitung der Zeitungen zu suchen x.
Im Jahre 1881 hatte Grossbritannien 1986 Zeitschriften, von
welchen 378 in London, 1087 in der Provinz, 66 in Wales, 181 in
Schottland, 181 in Irland und 20 auf den Kanalinseln erschienen.
Unter diesen waren nur 153 Tagesblätter, von welchen 18 London,
94 der Provinz, 3 Wales, 21 Schottland, 16 Irland, 1 den Kanal-
inseln gehörten. 69 derselben kosteten nur 7? Penny, 70 1 Penny,
die übrigen waren im Preise verschieden bis zu 3 Pence. Die Post
allein versandte im Jahre 1880 131 Millionen Zeitungsblätter, was
jedoch nur einen Bruchteil des Konsums, namentlich der Wochen-
blätter, repräsentiert. Der Daily Telegraph druckte eine amtlich
beglaubigte Auflage von täglich 242215 Exemplaren im Durch-
schnitt; der Standard versandte 209555 Exemplare. Das macht
für die zwei Blätter jährlich 135 531 000 Nummern, während die
Gesamtzahl aller Tageszeitungen im Jahre 185 1 nur 18 Millionen
erreichte, zu welchen die Times allein etwa zweidrittel beitrugen.
1821 brachten es alle Zeitungen und Zeitschriften zusammen auf
gegen 25 Millionen Nummern, heute beträgt die Jahressumme Einer
Wochenschrift: Lloyds Weekly. bei einer Durchschnitts-Auf läge von
612902 Exemplaren, 32 Millionen.
Und dabei, welchen Umfang haben die jetzigen Zeitungen!
An einem aufs Geratewohl gewählten Tage, dem 13. Mai 1880,
wiesen Times 120 ihrer Riesenspalten auf. davon 80 mit Anzeigen.
Daily Telegraph hatte 96 Spalten, von welchen die Inserate 62 in
Anspruch nahmen. Daily News und Standard brachten je 64 Spalten,
erstere 36 Anzeigenspalten, letzterer 28. Eine Nummer eines
Provinzialblattes, The Scottsmatt in Edinburgh, bestand aus 112
> < _'. Mitciii 1.1. \ Co., The newspaper press directory 18S1. London. 36. Jahrg.
K. L MAY & Co., Press^uide. — ,\. Andki ws, The history 0/ ' british journedism to
1.S55. 2 Bde. London 1S59. — J amks Ck am , The nrwspaper Press. 3 Bde. London
1S71. — Jri„ Di'Bor, Ceschiclitc der englischen Presse. Hannover 1873. —
K. R. Madden, The history 0/ Irish periodical Liltcrature. landen 1867. — Zur
Charakteristik des Journalismus in Lngland. Deutsche Vierteljahrsschrift 1853. —
IL Sampson, A history af Advertiiing. London 1S74.
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. 89
Spalten in Folio mit 33 000 Zeilen und über 2 Millionen Buchstaben,
etwa doppelt so viel, als ein dreibändiger Roman enthält.
Das Anzeigewesen ist sehr praktisch eingerichtet und man
kennt in England nicht das Übermass von Accidenzschriften,
Abbildungen u. dgl., von welchem der Inseratenteil der deutschen
Zeitungen strotzt. Der Preis einer Inseratzeile ist gewöhnlich 1 sh.
Von enormer Bedeutung ist der telegraphische Verkehr der
Zeitungen. Es gab eine Zeit, wo die Tagespresse sich rühmte, i>er telcgraphi-
jetzt nur fünf Monate für die Herbeischaffung von Nachrichten aus
Gegenden zu gebrauchen, wozu früher dreizehn Monate gehört
hatten. Am I. Oktober 1880 war 23 Minuten nach der Eröffnung
der Welt -Ausstellung in Melbourne die Nachricht davon bereits
von Reuters Bureau in London gedruckt ausgegeben, obwohl die
Depesche fast durch ein Dutzend Linien hatte gehen müssen.
Im Jahre 1880 wurden 3 1 3 500000 Wörter für die Zeitungen in
England telegraphiert. In einer Nacht beförderte das Hauptamt in
London oft 100000 Wörter, wobei der bedeutende Verkehr der
Privatleitungen der Zeitungen nicht gerechnet ist.
Grosse Summen werden von englischen Blättern auch auf die
Spezialkorrespondenten verwendet, die ebenfalls mit Telegrammen
nicht sparsam sind. So erzählt man von einem Korrespondenten in
Paris, dass er, um für eine zu erwartende wichtige Nachricht sich
die Benutzung des Drahtes vorher zu sichern, stundenlang ganze
Kapitel aus der Bibel telegraphiert habe.
Die Anzahl der Buchdruckcreicn in Grossbritannien wird auf
4000 geschätzt. England besitzt eine verhältnismässig kleinere Zahl Statistik der
t- 1 11 • 1 1 1 i- r • . r 1 • t Buchdrucker«.
von bchnellpressen, was sich durch die grosse Leistungsfähigkeit
der neuen Rotationsmaschinen erklärt. Rechnet man die graphi-
schen Nebengeschäfte mit, so ist die Zahl der direkt und indirekt
dem Pressgewerbc angehörenden eine enorme. London allein zählte
im Jahre 1881 871 Druckereien, 60 Schriftgiessercien, Stereotyp-
und galvanische Anstalten, 74 Maschinen- und Utensilien-Fabriken,
32 Farbe- und Walzenfabriken, 231 lithographische Anstalten,
80 Kupferdruckereien , gegen 2000 Papierhandlungen , 400 Buch-
bindereien, 850 Sortimentshandlungcn , 460 Buch- und Musikalien-
verleger, 950 Zeitungshandlungen, 130 Inscratagenturen.
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90
DIE ANGLO-AMERIK ANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Da viele Geschäfte 300— IOOO Personen beschäftigen, so ist
das Heer der Arbeiter ein mächtiges. Im Jahr 1882 betrug die
Zahl der Mitglieder des Londoner Setzer -Vereins 4960 ; die Kin-
nahme war 10000 £ Sterl., das Einkommen der verschiedenen
Gehülfen -Organisationen bezifferte sich im ganzen auf 257439 £
Sterl., die Fonds betrugen 272413 £ Sterl.
Die Versuche, Frauen als Setzerinnen auszubilden, haben keine
Die Frauen als bedeutenden Erfolge gehabt. Miss Emilv Faithfull, die Gründerin
der seit 1858 bestehenden „Victoria- Druckerei", gab 1 880 ihren
Posten auf. Nur bei den Setzmaschinen finden Frauen in grösserer
Zahl Beschäftigung.
In den grossen Buchdruckereien werden die Arbeiten in fabel-
Arbciuweise. haft kurzen Fristen ausgeführt und das vorhandene Material ist ein
enormes. Umfangreiche Werke in mehreren Bänden bleiben oft in
Formen geschlossen stehen, bis über einen etwaigen Neudruck ent-
schieden wird. Solche Arbeiten müssen selbstverständlich den
Anforderungen entsprechend bezahlt werden, während gewöhnliche,
die mit Müsse betrieben werden können, billig zu haben sind. Hier-
bei zeigt sich so recht der geschäftliche Vorteil, der darin liegt,
erstens nur eine Druckschrift nötig zu haben , und dann nicht von
dem individuellen Geschmack eines jeden Bestellers abhängig zu
sein, wie es in Deutschland der Fall ist, wo, abgesehen von Fraktur
oder Antiqua, bald eine breite, dann eine schmale, bald eine runde,
dann eine eckige Schrift verlangt wird, stets natürlich zugleich
eine neue.
Für seine wirkliche Arbeit wird der englische Setzer gut bezahlt,
den „Speck" der deutschen Buchdruckereien kennt er nicht. Die
Setzer teilen sich in Establishment hands (oder Stabhands), die den
festen Stamm bilden und im festen Gelde arbeiten; Füll f ramers, die
nach Stück bezahlt werden und in der Regel auch tüchtige Arbeiter
sind; Suppers. die nur volle Arbeit haben, wenn das Geschäft flott
geht, denen jedoch ein Minimum garantiert wird; und Grasscutters,
die täglich nachfragen, ob augenblicklich Arbeit vorhanden ist.
Die Lokale sind in der Regel nicht besonders bequem ein-
gerichtet, weil der Raum ein sehr kostspieliger, so dass in dem von
einer deutschen Buchdruckerei in Anspruch genommenen eine
englische Druckerei des doppelten Umfanges Platz finden würde.
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III. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGEW EBBE ENGLANDS.
91
Eine enorme Quantität von Arbeiten zu einem Betrage von
jährlich etwa 10 Mill. Mark absorbiert der Staat. Als Beispiel über- Die Accideiw-
arbeiten.
nahm eine Firma, McCorquooale & Co., eine Lieferung von 2610
verschiedenen Regierungsaccidenzen, in Auflagen, die von 10 bis
zu 300000 Exemplaren variierten, ausserdem eine von 40 Millionen
Briefcouverts. Die Firma beschäftigte in sechs enormen Offizinen an
verschiedenen Orten gegen 2000 Personen und etwa 550 Maschinen
aller Art fast nur mit Rcgierungs- und Eisenbahn -Arbeiten. Eine
andere Firma, Harrison & Co., erhielt auf einmal eine Bestellung auf
137 Millionen Telegrammformulare. Grosse Summen setzt jedesmal
eine Parlamentswahl in Umlauf. Die beiden Parlamentshäuser
beanspruchen für ihre jährlichen Druckarbeiten etwa 1 500 OOO Mark.
Die Bank von England druckte im Laufe eines Jahres 1 5 OOOOOO
Noten zu einem Geldwert von 338 Millionen £ Sterl. Die Druck-
arbeiten der Bank mehren sich bedeutend dadurch, dass sie eine
an sie zurückgekehrte Banknote, und wenn sie nur eine Stunde in
Zirkulation gewesen, nie wieder ausgiebt. Eine solche wird ungiltig
gemacht und fiinf Jahre aufgehoben. In dieser Weise liegen bis
gegen 100 Millionen Noten in einer Weise geordnet, dass eine
etwa zur Stelle gewünschte im Augenblick zu finden ist.
In welcher hohen Achtung das Pressgewerbe in England steht,
zeigte unter anderem die imposante Caxtonfcicr in London imjal irC Ansehen des
, . Pressgewerbes.
1877 mit ihrer interessanten Ausstellung1. In Ermangelung eines
Portraits von Caxton beschloss man, von einer Statue zu seiner
Erinnerung abzusehen, und stiftete in der Margarethenkirche in
Wcstminster, nahe dem Schauplatz seiner Thätigkeit, ein gemaltes
Fenster. Als ein fernerer Beweis von der bedeutenden Stellung der
Pressgewerbe muss auch betrachtet werden, dass schnell hinter-
einander drei Ausüber derselben: der Schriftgiesser Beslev, der
Buchdrucker Sidney Waterlüw und der Drucker und Stationer
Francis Truscott das angesehenste bürgerliche Ehrenamt der
Welt, das eines Lord Mayors von London, bekleidet haben; es
spricht zugleich für den Flor des Geschäfts, denn es ist ein mit
grossen Ausgaben verbundenes Amt. Den Kostenanteil für ».seinen
Tag" muss der Lord Mayor auf 50000 Mark anschlagen, und es
1 G. BULLEN, Caxtou Celebration. Ixmdon 1S77. — Catahgue cf the Loan
Colledion dt. London 1877.
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92
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
heisst, Sir Truscott habe für die Zeit seiner Amtsführung eine
Summe von ioooo Mark wöchentlich als Repräsentationskosten
ausgeworfen.
Der Buchhandel, ohne welchen die Buchdruckerei nicht die
Der Buchhandel, eigentliche Blüte erreichen kann, nahm in England, besonders in
London, mächtige Dimensionen an und weist eine Reihe der
intelligentesten und bedeutendsten Verleger auf. Im allgemeinen
ist der Buchhandel weit einfacher organisiert, als in Deutschland.
Der Verlagsbuchhändler beschäftigt sich selten mit Buchdruckerei
und anderen Nebengeschäften und zersplittert nicht seine Kräfte,
behält damit den freien Blick und kann jede Konjunktur rasch
benutzen. Kommissions- und Halbpartgeschäfte kommen oft vor,
während berühmte Autoren grossartige Honorare beziehen. Der
Absatz eines Buches ist rasch durch die mit einem splendiden
Diner verbundenen Verlagsauktionen und die Subskriptionen der
Zwischenhändler und grossen Leihbibliotheken entschieden. Eine
der letzteren, die von Muddie, welche die grösste ist, nimmt nicht
selten i —2000 Exemplare von einem hervorragenden Werke. Durch
das Alleinrecht des Verkaufs auf allen Eisenbahnstationen spinnt die
grosse Zeitungsanstalt und Buchhandlung von Smith & Son ihre
Fäden über das ganze Land. Mit einer Abonnementskarte von ihnen
versehen, kann man überall auf den Stationen Bücher leihen und sie
wieder auf jeder beliebigen Station abgeben. Die sogenannten
Wlwlesale-booksellers, unter welchen Marshal&Co. die bedeutendsten
sind, versehen die eigentlichen Sortimentshändler {Rctaillers\ welche
in der Regel ihren Bedarf nur aus einer Hand beziehen. Bedeutenden
Anteil an dem Absatz haben die Stationers (Schreibmaterialien-
händler) und die vielen Secondhand-BookseUers. Das deutsche System
mit seinen Kommissionssendungen kennt man nicht, weshalb auch
die Buchläden in den kleineren Städten nicht so gut assortiert sind,
wie dies in Deutschland der Fall ist.
Im Laufe eines Jahres erscheinen zwischen 5- — 6000 Werke
(1881, neue Auflagen ungerechnet, 5406}, darunter eine bedeutende
Zahl der schönsten illustrierten Reisewerke, Prachtausgaben der
englischen Klassiker, philologischen, theologischen und Geschichts-
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. 93
werke und eine grosse Menge von Romanen. Die Zahl ist, wie
bei den Zeitungen, eine viel kleinere, als in Deutschland; aber man
muss, wie bei diesen, nicht bloss zählen, sondern auch wägen,
sowohl was Umfang, als was Auflage betrifft.
Gegen Nachdruck schützt die Eintragung in die Rolle der
Stationers Company und die Abgabe von 5 Pflichtexemplaren. Der nie Station™
Schutz gilt für 42 Jahre — jedenfalls bis zum Tode des Verfassers A *
und 7 Jahre nach demselben. Vor dem Jahre 1709 ist es nicht zu
ermitteln , wie viel Bücher jährlich in die Rolle der Stationers Hall
eingetragen wurden. Von 1709— 1766 betrug die Durchschnitts-
zahl ungefähr 50; im Jahre 1732 war die Zahl auf die tiefste Stufe,
17, gefallen. Beim Beginn dieses Jahrhunderts hatte sie sich wieder
auf 3 -400 gehoben; 1814 auf 541; 181 5 auf 1244; von da ab und
bis 1826 blieb die Durchschnittszahl etwa 1000.
Der Absatz des Buchhandels nach dem Ausland übersteigt
20 Millionen Mark, der der Stationär}' -Artikel wird auf etwa Ausfuhr.
14 Millionen, des Papiers auf etwa 16 Millionen gerechnet. Fügt
man noch den Umsatz in Druckfarbe und Druckmaschinen hinzu,
so wird die Gesamtausfuhr von allen zu dem Druckgewerbc
gehörenden Gegenständen die Summe von 6b Millionen Mark nicht
unbedeutend übersteigen.
Unter den Blättern der Fachpresse, die sich zunächst mit der
Typographie beschäftigen, nehmen namentlich zwei eine bedeutende Die Fachpresse.
Stellung ein. Joseph Martin Powell gab seit dem Jahre 1863, unter j. m. Powe»
• j. Juni \§12,
dem Titel Printers Register, ein Fachblatt heraus, welches viele f «7 Sej.t. i871.
Verdienste, namentlich umdie Fördcrungder Maschinen- Fabrikation,
hat und oft die Maschinenbauer zu Erfindungen anregte. Das Blatt
wird jetzt von Powells ältestem Sohne Arthur geleitet. Eine
mehr ideelle und theoretische Richtung verfolgt The Printer and
the Lithographei , welches Blatt die Firma Wvman cS: Son verlegt
und mit vielem Geschick und Geschmack redigiert. Es bringt
hauptsächlich sehr ausführliche belehrende Artikel, aus welchen, zu
besonderen Lehrbüchern gesammelt, bereits manches tüchtige Werk
entstanden ist. Auch das Printers Register lieferte solche Artikel -
reihen. Ein Vorzug der englischen Pressorgane ist, dass sie sich
hauptsächlich nur mit dem Technischen abgeben, und die sozialen
Verhältnisse und die darin einschlagenden Kontroversen nur leise
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
berühren und alles vermeiden , was zu einem gehässigen Federkrieg
Veranlassung geben könnte.
Im Interesse des Buchhandels erscheinen das vierzehntägige
Publishers Ciratlar (gegründet 1837) und der monatliche The Book-
scller (gegründet 1838), seit 1 860 mit dem, 1802 begonnenen, Benis
Literary Advcrtiscr vereinigt. Der von Whitaker herausgegebene
Reference -Cataloguc 0/ current Ltterature giebt in der Form von
Verlagskatalogen eine Übersicht der gangbarsten litterarischen
Erscheinungen Englands.
Eine Episode in dem englischen Buchhandel bildet die Heraus-
Die Anmmu. gäbe der illustrierten Annuais, hervorgerufen 1822 durch den Kunst-
r. Ackermann händler Rudolph Ackermann. Geboren zu Stollberg, kam er als
\ M^u-/ iHjj! einfacher Sattlergehülfc nach London. Erst erwarb er durch seine
Zeichnungen Aufmerksamkeit, dann wurde er Kunsthändler und
Verleger bedeutender Prachtwerke. Die später so beliebten Taschen-
bücher wurden von diesem „Vater der Almanache" mit dem Forget
me not zuerst in Scene gesetzt und eine Reihe von Jahren hindurch
von den besten künstlerischen Kräften Englands unterstützt1. Mit
Heaths Book 0/ Beauty wurde 1833 eine Reihe von poetischen
Werken von Klassikern und neueren Schriftstellern mit Illustrationen
sowohl in Stahlstich wie in Holzschnitt begonnen, denen eine
grosse Anzahl von illustrierten geographischen und ethnographi-
schen Werken folgte. Als Drucker und Herausgeber solcher machte
sich namentlich Henry Fischer bekannt.
Gereicht schon die Herstellung schöner Luxuswerke den eng-
lischen Buchhändlern und Buchdruckern zur Ehre, so gebührt ihnen
eine noch grössere Anerkennung, weil sie allen anderen Nationen
vorangegangen sind, als es sich darum handelte, die Verbindung
der Xylographie mit der Typographie zur Verbreitung nützlicher
Kenntnisse und allgemeiner Bildung selbst in Kreisen der nicht mit
Glücksgütern Gesegneten zu benutzen. Das Penny Magazine, später
die IllustrateJ London Ncivs, sind massgebend geworden für die
ähnlichen Erscheinungen aller anderen Länder.
Das epochemachende Ereignis des Erscheinens der ersten
Penny Magazine- Nummer fand am 1. April 1832 statt. Charles
J UOrsonbl. f. d. d. H. 1S34, Nr. 17, lS.
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
95
Knickt1, der bekannte Buchhändler und Schriftsteller, war der Das Penny
. Magazine.
geistige Urheber des Unternehmens , welches von der Society for
thc diffusion of uscfull knowledge ausging; gedruckt wurde das
Blatt bei Clowes. Von den Nummern i — 106 fanden 20 Millionen
Exemplare Verbreitung. Die gewöhnliche Auflage war 200000.
Im Jahre 1 780 schätzte Edm. Burke die Gesamtzahl der Leser in
England auf 80000; 1833 zählte das Penny Magazine allein jedoch
deren mehr als eine Million2. Zwei Applegath- und Cowpersche
Maschinen verrichteten in zehn Tagen die Arbeit , zu welcher zwei
Drucker an der Handpresse ein halbes Jahr nötig gehabt haben
würden, in Clowes' Buchdruckerei, die mit 18 Schnellpressen und
1 5 Handpressen und einem wöchentlichen Papierverbrauch von 2000
Ries, neben der 7////*\r-Druckerei, geradezu ein Weltwunder war.
Ganz abgesehen von dem durch das Penny Magazine geübten
Einfluss erwarb sich Charles Knight grosse Verdienste durch eine Ch. Knight.
Reihe von ihm veröffentlichter, zumteil von ihm geschriebener
oder herausgegebener populärer illustrierter Unternehmungen,
unter welchen The Library of Jintertaining Knowledge , 43 Bde. ; The
Penny Cycbpaedia, 1833- 1858, 30 Bde. ; die Shillings Voltwies,
1 86 Bde. ; The Englisk Cycbpaedia, 23 Bde. ; Populär Iiistory of
England, 8 Bde.; Pietorial Bible, 4 Bde., u. a. m. hervorzuheben sind.
Waren die Herausgeber des Penny Magazine und ähnlicher
Blätter hauptsachlich bemüht , allgemein nützliche Kenntnisse Die illustrierten
Zeitungen.
unter dem Volke zu verbreiten , so versuchten als Bahnbrecher die
Illustrated London Ncivs, begründet von Cook & Ingram, die
Tagesgeschichte in den Bereich der Illustration zu ziehen. Mit ihrer
ersten Nummer vom 14. Mai 1842 beginnt eine illustrierte Geschichte
der Gegenwart von grossem Wert, der mit den Jahren noch steigt.
Die gewöhnliche Auflage ist etwa 100000 Exemplare. Viele Ver-
suche wurden gemacht, dem Blatte Konkurrenz zu machen, jedoch
nur The Graphic gelang es auf die Dauer , sich neben der älteren
Schwester in der Gunst des Publikums zu halten. Die Weihnachts-
nummern beider Zeitschriften werden mit einem Kostenaufwande
' Ch. Knight, Tfu old Printt-r and the modern Press.
1 Merkwürdigerweise' war das „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel"
der heftigste Antagonist der ganzen Richtung und wurde nicht müde, «las Pfennig-
Magazin auf das heftigste anzugreifen.
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96 DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE III. KAP.
von je 300000 Mark in etwa 400000 Exemplaren gedruckt.
Grosse Verbreitung erreichten auch die vielen illustrierten technischen
und Modeblätter. In der humoristischen Zeitungspresse trug der
Holzschnitt den Sieg über die Radierung, deren hauptsächlichster
Vertreter George Cruikshank. (geb. 1792, gest. 1878) war, davon;
der Punch, begründet 1841, behielt seine Popularität bis auf den
heutigen Tag.
Den hauptsächlichsten Schauplatz des pressgewerblichen Lebens
und Treibens in London bildeten von der ältesten Zeit bis auf
heute Fleet- Street , St. Pauls Chureh-Yard, Farriugdon- Street,
Printinghouse- Square und Paternoster- Rozv. Letztere wird bereits
1367 genannt, kam aber namentlich nach dem grossen Brande im
Jahre 1666 in Aufnahme und wurde in der letzten Hälfte des xvm.
Jahrhunderts besonders fashionable als Sitz der grossen Verlags-
handlungen, während Fleet -Street vorzugsweise dem Journalismus
und den Buchdruckereien Obdach bot. Hier reihen sich als
Glieder einer ununterbrochenen Kette an einander Druckoffizinen,
Zeitungsbüreaus, Telcgraphenstationen , Inseratagenturen, Asso-
ciationen der Presse, Sortiments-, Zeitungs-, Stationers - Laden und
andere Geschäfte, die mehr oder weniger mit der Typographie in
Verbindung stehen. Hier hat auch der Londoner Setzer -Verein
sein Bureau, und je nach dem grossen oder kleinen Belagerungs-
zustand, in welchem die Zugänge zu diesem sich befinden, kann
man mit Sicherheit auf den Gang des Londoner Geschäfts schliessen.
Es würde, ohne die gesteckten Grenzen zu sehr zu überschreiten,
nicht möglich sein, allegrossen Druck- und Verlagsfirmen aufzuführen1.
Ausser den bereits an anderen Orten genannten seien nur einige
erwiihnt. Eine mächtige Zahl von Zeitschriften drucken Spottis-
woode Co.; Accidenzicn Spottiswoode & Evre, Harrison & Co.
Als Hersteller von Wertpapieren und kaufmännischen Arbeiten sind
bedeutend Wilkinson & Co., Wateklow & Sons2 und Blades,
» Kei.i v, Dircrtory of Stationen, /Vinters etc. of England. 3. Ausg. London
1SS0. - VViiitakek, Re/erenft Catalo^ue 0/ nurenl Litternture (periodisch). —
II. Curvin, A history of bookseliers. London 1874. I .in kritikloses, aber viele
interessante Details enthaltendes Uuch.
2 Diese grossartige Offizin wurde ausführlieh von Tu. (iOKHEL im Journ.
f. lt. 1S75, Nr. 40 u. f. besehrieben.
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III. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
97
East und Blades. Der. Senior dieser Firma William Blades ist
namentlich durch seine typographisch-litterarischen Arbeiten bekannt,
vorzugsweise durch seine klassische Biographic Caxtons, zu dessen
Popularität in England Blades viel beigetragen hat. Sein neuestes
Werk ist eine Medallic History of Prutting mit vielen Abbildungen',
das zuerst in den Printing -Times erschien. Eine der jüngeren
Offizinen, die in kurzer Zeit riesenhafte Dimensionen angenommen
hat, ist die von Cassell, Petter & Co. Der Gründer John Cassell ) t:a**eii
J t • jj. jan. t8t7.
war erst Zimmermann und lernte in den Werkstätten die geistigen v 1 M«.
Bedürfnisse der Arbeiter kennen. Als The Total Aöstinancc-Be-
wegung 1833 entstand, war er erst ein begeisterter Reise -Apostel
derselben, entschloss sich aber dann in wirksamster Weise durch
die Presse der Mässigkeits - Sache zu dienen. Zur Herausgabe
angemessener Schriften vereinigte er sich mit den Besitzern einer
bis dahin nicht bedeutenden Druckerei, Petter & Galpin. Bald
ging man aber weiter und gab illustrierte Lieferungs werke heraus.
Das Geschäft erhielt eine solche Ausdehnung, dass es 1880
34 illustrierte Werke in Lieferungen auf einmal in der Presse hatte.
Das bedeutendste Verlagswerk war die Family-Bible, die, mit einem
Aufwand von 2 Millionen Mark hergestellt, innerhalb sechs Jahren
einen Absatz von 350000 Exemplaren erzielte. Bei John Cassells
Tod hatte das Personal bereits die Zahl von 500 erreicht , jetzt ist
diese auf 1000 gestiegen.
Sam. Bagster & Sons liefern namentlich polyglotte Werke,
Gilbert Rivington orientalische. In letzterer Richtung hat jedoch
Deutschland ein Übergewicht und viele orientalische Werke werden
für englische Rechnung in Deutschland gedruckt.
Von den grossen Verlagsfirmen haben besonders Longman,
Green & Co. und John Murray Weltruf erlangt.
Der Begründer ersterer Firma Thomas Longman erwarb 1724
den Verlag von Will. Taylor und damit zugleich zwei Häuser: Th l nKman
„Der schwarze Schwan" und „Das Schiff" in Paternoster- Ron*. Er ; i< . j«>m 1755
ward Mitbesitzer von Ephraim Chambers Cyclopacdia, das Vorbild
der vielen in und ausserhalb Englands erscheinenden Encyklopadien,
ausserdem auch von Johnsons Dktionary of tltc linglish Language.
» Deutsch bearbeitet von I- Mohr in Stra^bur^' (in Waldows Archiv),
französisch von Leon Decjeorue.
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
HI. KAP.
Noch folgten in drei Generationen Thomas Longmans, von welchen
Th. Norton Thomas Norton Longman der bedeutendste war. Welche Grösse
I^ingman «177'. . ^ , , ,
f a8. Aug. i&J4.das Geschäft erreicht hatte, sieht man daraus, dass der Genannte
ein Vermögen von 200000 £ Sterl. hinterliess, ein Teilhaber Green
ebensoviel, während ein dritter Teilhaber Brown iooooo £ Sterl. in
Legaten aussetzen konnte.
Obwohl Longmans Verlag ein universeller ist und auch die
Namen der berühmtesten Dichter Englands (den Verlag von Byrons
Schriften hatten sie abgelehnt) ihren Katalog schmücken, so haben
sie doch namentlich ihren vielen encyklopädischen Verlags- Artikeln,
und vor allem Macaulays Geschichte ihren Ruhm und ihre Stellung
zu verdanken. Von der ersten Auflage des III. und IV. Teils des
letztern Werkes waren 25 000 Exemplare gedruckt. Diese waren
jedoch bereits am Tage der Veröffentlichung, 17. Dezember 1855,
verkauft und 1 1 000 Bestellungen mussten unexpediert bleiben. Von
den amerikanischen Ausgaben soll ein Buchhändler in zehn Tagen
73000 Bände verkauft haben. Innerhalb vier Wochen sollen über-
haupt mehr als 180000 Exemplare verbreitet worden sein.
John McMurray gründete 1768 ein Geschäft und erzielte
john McMwray damit gute Erfolge. Sein Sohn John Murray ist namentlich als
• 1745.
f 6. n v. 1793. Verleger und Freund Byrons (1807 — 1823) bekannt und wurde
john Miirray h. bei seinem Tode wieder von einem Sohn John gefolgt. Grosse Ver-
f 27. juni 1843. breitung fand die billige Ihme and Colonial Library und die vielen
bedeutenden illustrierten Reise- und naturwissenschaftlichen Werke.
Murrays rote Reisebücher sind jedem bekannt, und wir können uns
kaum einen reisenden Engländer ohne ein solches in der Hand oder
unterm Arm denken.
Unter den Verlegern der schönen Litteratur in Prosa sind
h. coibum Colbum und Bentley die bekanntesten. Henry Colburn verlegte
f 16. Ahr 1855- TT 1 1 u T 11 • Ti J
eine Unzahl von Romanen, von James allem 225 Bande, einer wie
der andere in drei, in Leinwand gebundenen, Bänden, jeder ziemlich
genau 300 Seiten stark und einer wie der andere zum Preise von
anderthalb Guineen (31 Mark 50 Pf.}. Im Jahre 18 19 gründete er
Colburns Monthly ; 18 17 ward die Liierary Gazette begonnen. 1832
r. Bcmicy verkaufte er sein Geschäft an Richard Bentley, der früher sein
hauptsächlichster Buchdrucker und kurze Zeit sein Associe" gewesen
war. Colburn verpflichtete sich, unter bedeutender Konventionalstrafe,
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III. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
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kein Geschäft innerhalb 20 englischer Meilen Entfernung von
London zu eröffnen. Der „Verlagsteufel" licss ihn jedoch nicht auf
seinen Lorbeern ruhen. Erst etablierte er sich in VVindsor, dann
zahlte er die Konventionalstrafe und zog wieder nach London.
Bentley gründete 1837 BentUys Miscellany , dessen erster Heraus-
geber Charles Dickens war.
Als Verleger von Shillings - Ausgaben erwarben Routledge
& Sons einen Ruf. Die Verbreitung solcher Ausgaben war eine so
grosse, dass die Verleger an Hulwer für die Erlaubnis, billige Ausgaben
seiner Werke während zehn Jahren drucken zu dürfen, 200 000 Mark
Honorar zahlten und dabei einen sehr guten Erfolg für sich erzielten.
Eine wesentliche Bedeutung für das Druckgewerbe hat der
Bibel- und Gebetbuchdruck, der, was die autorisierten Ausgaben Der Bibeldruck,
betrifft, noch ein Privilegium der Universitätspressen von Oxford
und Cambridge ist. Eine grosse Bewegung rief die neue autorisierte
Ausgabe der heiligen Schrift hervor, welche viele Jahre hindurch
mit grossem Aufwand theologischer Arbeit vorbereitet war und am
17. Mai 1881 in sechs Ausgaben dem Publikum übergeben wurde.
In Oxford allein wurden sofort zwei Millionen Exemplare bestellt,
Amerika verlangte 300 000, druckte jedoch, unter den enormsten
Anstrengungen der Konkurrenten, sich gegenseitig den Vorsprung
abzugewinnen, die Ausgabe nach. Ein typographisches Kunststück
ist eine Oxforder Miniatur- Ausgabe für Lehrer, die mit dem Einbände
nur 9oGramm wiegt und auf 1 4 1 6 Seiten 2 430400 Buchstaben enthält.
Eine grosse Wirksamkeit zeigte The British and Foreign Biblc
Society, welche mit dem Jahre 1804 unter den Auspicien des Herrn
Granville Sharpe begann. Bis 1881 hatte die Gesellschaft mit einem
Aufwände von etwa 175 Millionen Mark nicht weniger als 93 953 000
Exemplare der heiligen Schrift gedruckt 18S1 wurden allein
2 938 000 Exemplare verbreitet. The Religious Tract Society
verwendete in einem Jahre 2lj, Millionen Mark auf Bücherdruck.
Unter den Verlegern in der theologischen und philologischen
Richtung ist die Firma Rivington hervorragend. Der Stammvater
dieser ältesten der noch bestehenden Verlagsfirmcn Englands,
Charles Rivington, gründete 171 1 sein Geschäft in der Paternoster-
Row in der „Bibel und Krone", welche Insignia noch heute die
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IOO
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Rivingtonschen Verlagswerke schmücken. Bedeutenden Ruf haben
ferner die beiden, mit der Oxforder resp. Cambridger Universitäts-
buchdruckerei eng verbundenen Familien Parker, dann James Nisbet.
Ganz hervorragende Verdienste um die linguistische Litteratur
N. Trubncr erwarb sich ein Deutscher, Nikolaus Trübner aus Heidelberg. Durch
Zufall mit Longman bekannt geworden , ging er 1 843 als Commis
in das Longmansche Geschäft nach London. 1852 etablierte er dort
ein eigenes Geschäft mit der Absicht, in der Weltstadt einen bisher
fehlenden Zentralpunkt für die litterarischen Erzeugnisse Amerikas
und Asiens zu scharfen. Er gab einen vortrefflichen Bibliographical
Guide to American Literature 18 17 — 1857 heraus und gründete,
um seine Zwecke zu fördern, das Monatsblatt Triibners American
and Oriental Literary Record und eine Anzahl von Agenturen in
den fernsten Weltteilen. Durch das Heranziehen der bisher schwer
zugänglichen Länder mit ihren litterarischen Produkten hat Trübner
sich nicht allein um die Wissenschaft hochverdient gemacht, sondern
auch sowohl direkt durch seinen grossen linguistischen Verlag, als
noch mehr indirekt durch die Belebung dieses Verlagszwcigcs dem
graphischen Gewerbe Vorschub geleistet.
Steht auch das ANTIQUARIATSGESCHÄFT den eigentlichen
Zweigen des Buchgewerbes, die uns hier beschäftigen, etwas ferner,
so hat dasselbe doch in England eine solche Weltbedeutung gewonnen
und wirkt auch durch Verbreitung der Liebe zu Büchern auf das
ganze Pressgewerbe vielfach so belebend ein, dass es am Platze sein
dürfte, wenigstens die zwei hervorragendsten Vertreter des Anti-
quariats zu erwähnen, was um so lieber geschieht, als der eine, jetzt
noch wirkende ebenfalls, wie Tiiibner, ein Deutscher ist.
Der Bahnbrecher für den grossartigen Betrieb des Antiquariats
11. c>. Bohn war Henry George Bohn aus Richmond. Sein 1 84 1 erschienener
4 Ja" ,/ >6 Guinea- Ca fa/ogue war die imposanteste Ankündigung eines Bücher-
lagers, welche man bis dahin kannte. Derselbe hatte einen Umfang
von 1448 Seiten und verursachte einen Kostenaufwand von 40 OOO
Mark. Bohn wirkte auch als Schriftsteller und Verleger; seine
nach damaligen englischen Vorstellungen ausserordentlich billigen
Standard Volumcs zu 5 sh. 6 d. waren allgemein beliebt.
Bernhard Quaritch aus Worbis, jetzt ohne Widerspruch der
bedeutendste Antiquar der Welt, lernte in Nordhausen und ging
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10. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. IOI
1842 nach London. 1849 gründete er dort mit einem Kapital von b. Qiuntch
200 Mark ein eigenes Geschäft zunächst für /V////y-Litteratur. Durch * *J Apnl
Gewandtheit, Fleiss und Ausdauer brachte er bald seinen Handel
in die Höhe, so dass er 1860 noch ein zweites, grösseres Lokal in
Piccadilly mieten konnte. Hier sammelte er nun einen wahren
Schatz sowohl von bedeutenden wissenschaftlichen Werken, als
von ausgesuchten Seltenheiten für Bücherliebhaber. Neben seinen
Spezial -Katalogen gab er ab und zu einen General-Katalog heraus.
Unter den letzteren übertrifft der von 1880 noch Bohns Guinea-
Cataloguc, kostet aber auch 2 Guineen. Der Band ist ö'/j Zoll stark
und enthält auf 2166 Seiten die Titel resp. Beschreibungen von
28009 Werken. Ein Index von 228 Seiten giebt etwa 55000 Nach-
weise. Quaritchs eigener bedeutender Verlag besteht sowohl aus
Werken, wozu er selbst die Initiative ergriffen, als auch aus solchen,
die er von anderen Verlegern an sich gebracht hat1.
Ein mächtiger Hebel für die Entwicklung der Buchdruckerei
war es, dass hochgestellte und reiche Männer sich nicht nur, wie Lord Die Hibiiophiik.
Stanhope, für die technischen Fortschritte interessierten, sondern
• auch eine Ehre darein setzten, das Schönste, Beste und Seltenste
in ihren Büchersammlungen zu vereinigen. Als Liebhaber ersten
Ranges ist John Herzog von Roxburgh zu nennen. Seine Bibliothek
brachte bei der Versteigerung, welche in den Monaten Mai und
Juni 18 12 stattfand, einen Erlös von mehr als einer halben Million
Mark. Die Nummer 6292 des Katalogs, das einzige bekannte
vollständige Exemplar von // Decamerone -di Boccaccio, in Folio,
von Christoph Waldarfer in Venedig im Jahre 147 1 gedruckt, wurde
dem Marquis von Blandford für die Summe von über 45000 Mark
zugeschlagen, der höchste Preis, der je für ein Buch bezahlt worden
ist. Zur Erinnerung an dieses bibliophilische Ereignis wurde von
31 der bedeutendsten Büchersammler Englands, unter dem Präsidium
von Lord Spencer, der Roxburgh- Club gegründet. Zu keiner Zeit
hatte die Bibliomanic eine solche Höhe erreicht und sie sollte auch
nicht lange auf derselben bleiben, so dass Lord Spencer wenige
Jahre später den Waldarfer für 1 8 000 Mark kaufen konnte , also
1 A. Ulm, Bernh. Quanten, N. An/, f. Bibliogr. ; ebenfalls Körscnbl. f. d.
Buchh. 1880, Nr. 21.
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102
DIE ANGLO- AMERIK A NISCHE GRUPPK.
III. KAP.
für fast nur den dritten Teil des in der Roxburgh-Auktion gezahlten
Preises.
Noch grössere Bedeutung in der Geschichte der Bibliophilie
Lord Spencer, als der Herzog von Roxburgh hat George John, Lord Spencer auf
Althorpe. Er war am I. September 1758 geboren und folgte 1783
seinem Vater im Besitz von dessen Titeln und fürstlichem Vermögen.
Es war sein Stolz, die Notabilitäten der Wissenschaft und der
Litteratur um sich zu versammeln, und wo er konnte, stand er deren
Bestrebungen in liberalster Weise bei. Von gleicher Gesinnung
war sein Sohn beseelt, was sich durch die Caxton-Ausstellung 1877
deutlich zeigte, zu welcher Lord Spencer eine ganze Sammlung der
seltensten Inkunabeln und Prachtwerke geliefert hatte. In seiner
in der Station ary- Company gehaltenen Rede sprach er es auch aus,
eine wie grosse Freude es ihm gewähren würde, seine Bibliothek
recht oft von Fachmännern besucht zu sehen.
Ein wesentlicher Förderer des Sammeleifers sowohl des Lord
1. f. Dibdin. Spencer als auch anderer war Thomas Frognall Dibdin. Derselbe
stammt aus Calcutta, erhielt jedoch, nachdem seine Eltern dort
gestorben waren, in England eine sorgfältige Erziehung und wählte
den geistlichen Beruf. Von Lord Spencer wurde er als Pfarrer nach
Althorpe berufen, zugleich um als Bibliothekar des Lords zu fungieren.
In den Jahren 1814— 1815 erschien die Beschreibung der Sammlung
als : Bibliotheca Spenceriana ; von 1 8 1 0 — 1 8 1 9 Typographien/ Anti-
quitics; 18 17 Bibliographical Decameron ; 1821 A bibliographical,
antiquarian and picturesque tour in France and Gennany (2. Ausgabe
1 827), in welchem Werk der Verfasser eine in Begleitung des Zeichners
George Lewis im Interesse der Spencerschen Bibliothek unter-
nommene Reise schildert. 1 838 folgte A bibliographical, antiquarian
and picturesque tour in t/ie northern countries of England and
Scottland.
In praktischer Weise interessierten sich andere Edle für die
Lord Itr .ugham. Presse. Henry Lord Brougham war die Seele der schon erwähnten
Society for t he Diffusion of usefull Knowledge. Francis Egerton,
Lord Bridgewatfr bestimmte vor seinem Tode im April 1829 gegen
120000 Mark als Honorar für den Verfasser eines Wrerkes, welches
die Weisheit, Macht und Güte Gottes, wie sie sich in der Schöpfung
offenbaren, zum Gegenstand haben sollte. Dies gab Veranlassung
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. IO3
zu den sogenannten Bridgewater- Büchern, die der populärwissen-
schaftlichen Litteratur einen mächtigen Anstoss gaben.
Thomas Howard, Lord Arundel wirkte wieder auf andere
Weise. Als eifriger Bewunderer der alten christlichen Kunst gab i.ord Arundd.
er Veranlassung zur Begründung der Arundel Society (1848), deren
Hauptziel es ist, die leicht vergänglichen, dem Verderben besonders
ausgesetzten älteren, namentlich vorrafaelischen Werke der Kunst
wenigstens in vorzüglichen Farbendrucken der Nachwelt zu erhalten.
Die Reproduktion geschieht hauptsächlich unter Beihülfe von den
besten Anstalten des Auslandes, besonders der von Storch & Kramer
in Berlin, Hangard-Mauge und Engelmann & Graf in Paris.
Dass die Bücherliebhaberei auf die Buchbinderkunst ungemein
(ordernd einwirken musste, ist leicht begreiflich. Es entstanden für Die ßuehbinder-
kunst.
die reichen Privatsammlungen Meisterstücke , die zu hohen Preisen
verkauft wurden. Dieselbe Eigenschaft, die den englischen Bücher-
druck auszeichnet: die Verwendung der vollendeten Technik auf dem
vorzüglichsten Material, findet sich in der englischen Buchbindung
wieder. Die Behandlung des Leders, der Pappen, des Schnittes, des,
das gute Aufschlagen des Buches bedingenden Rückens, kurz des
ganzen Körpers des Buches ist eine so überaus sorgfältige, dass
man leicht eine mitunter nicht ganz kunstgerechte Komposition der
Ornamentierung übersieht.
Merkwürdig genug ist der Umstand, dass ganz besonders
Deutsche zu den ausgezeichnetsten Meistern in England gehören. Berühmte Buch-
Unter den Eingeborenen war einer der berühmtesten Buchbinder
Roger Payne (gestorben 1797), ein eben so talentvoller, wie in seinem
Leben unordentlicher Mann Als sein Meisterwerk gilt ein Aeschylos
im Besitz des Lord Spencer. In seinen Ornamenten, die er selbst
fertigte, wird er mitunter bizarr, seine Technik bleibt jedoch immer
unvergleichlich. Schöne Bände von ihm wurden mit 400 Mark und
mehr bezahlt. Ein Einband von dem Boydellschen Shakespeare in
neun Bänden kostete über 2500 Mark. Eine Zeitlang arbeitete er
zusammen mit Richard Wier, auch ein höchst geschickter Mann,
aber eben so unordentlich wie Payne. Die Verbindung artete in
einen oft mit den Fäusten ausgekämpften innern Krieg aus. Wiers
« J. A. Arndt, Bibliopegia. I^ndon 183s.
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104 DIE ANGLO - AMERIKANISCHE GRUPPE. III. KAP.
Frau war bekannt als unübertroffen in der Restauration alter Bücher.
Nächst Payne wurde Charles Lewis, aus Hannover stammend,
gelobt. Seine durch Harmonie und Eleganz sich auszeichnenden
Hände werden als die grössten Zierden der Bibliotheken reicher
Sammler betrachtet.
Der Buchbinder Kalthöfer hatte einen solchen Ruf erlangt,
dass die Kaiserin von Russland einen besonderen Abgeordneten
sandte, um ihn zu bewegen, nach Russland zu kommen, was er
jedoch, trotz der glänzenden Bedingungen, ablehnte. In neuester
Zeit gilt als erster Meister nicht nur in England Josf.ph W. Zähnsdorf,
ein Böhme von Geburt, der auch durch Herausgabe von The Art of
Bookbinding theoretisch wirkte, ohne damit ganz den Erwartungen
zu entsprechen, die man hegen durfte, wenn ein so eminenter
Praktiker seine Erfahrungen zu Papier bringt.
Die Stationär}'- Artikel, die teils auf typographischem, teils auf
stationär?- chromolithographischem Wege hergestellt werden , veranlassen ein
sehr bedeutendes Geschäft. Die Zahl der Neujahrskarten allein
berechnet man auf mehr als 12 Millionen Stück. Welchen Wert man
auf solche Kleinigkeiten legt, geht daraus hervor, dass ein Fabrikant
14 Prämien, zusammen von 10000 Mark, für die besten Zeichnungen
bestimmte. Von den in London von Weihnachten bis Neujahr
versandten 8 — 9 Millionen Couverts wird bei weitem die grössere
Zahl eine Neujahrskarte mit enthalten. Ebenfalls bedeutend ist der
Verkehr in Osterkarten und VaLntims, schöne, manchmal kostbar
ausgestattete Huldigungskarten für das zarte Geschlecht, die am
St. Valentinstag, den 14. Februar, in grosser Zahl anonym versandt
werden. In der Regel ist der Preis einer solchen Karte 6 Pence bis
zu 1 Shilling, es kommen aber auch nicht selten solche vor, die 10
bis 20 Guineen und mehr kosten.
Da jährlich 1200 Millionen Briefe versandt werden, so erfordern
diese allein eine enorme Anzahl von Couverts. Diese Fabrikations-
Branchc beschäftigt gegen 3000 Menschen.
Wie bedeutend der Kalenderdruck in England ist, kann man
daraus beurteilen, dass ein Kalenderdrucker, A. Cooke in Leeds,
allein bei einer einzigen Holzhandlung 1 700000 Stäbe als Halter
für Kalender in Bogen bestellte.
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III. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
I05
Von Spielkarten-Fabriken hat England 18, die etwa 1 200000
Pack liefern.
Unter den Firmen, die besonders für die Stationers arbeiten,
sind : Marcus Ward , der mit 60 Schnellpressen namentlich Weih-
nachtskarten und VaUntines nebst illustrierten Kinderbüchern
druckt; de la Rue & Co., die in ähnlicher und Spielkarten -Fabri-
kation, so wie mit Herstellung von Luxuspapieren 1000 Personen
beschäftigen; Ch. Goodall & Sons, die in ihren Camden-works
mehr als 600 Sorten Spielkarten liefern.
Eins der bedeutendsten Stationer}'- Geschäfte in London ist das
der Regierung, von welchem etwa 250 öffentliche Institute ihren
Bedarf bezichen. Der jährliche Umsatz beträgt etwa 13 Millionen
Mark, von welchen gegen 4 Millionen auf Indien kommen. Dass
dabei auch Makulatur vorkommt, ergiebt der jährliche Verkauf von
solcher zu einem Betrag von ungefähr 320000 Mark, die einen
ursprünglichen Wert von etwa 1 600 000 Mark repräsentieren.
Da der Konsum von Papier ein ausserordentlich grosser ist
und billige Preise verlangt werden, so konnte es nicht anders sein, Da* Papier,
als dass die Stoffmischungen der Neuzeit in der Papierfabrikation,
welche für die Zukunft der Bücher im höchsten Grade gefahrdrohend
geworden, auch in England nicht ohne Verwendung blieben, jedoch
wird dort immer noch am meisten auf ein gutes Papier selbst bei
gewöhnlichen Arbeiten gehalten Die Fabrikation des Maschinen-
papiers ist zwar keine englische Erfindung (vgl. Kap. v), aber, wie
die Schnellpresse, kam auch die Papiermaschine erst in England
zur praktischen Geltung, namentlich durch die Bestrebungen
Donkins. Der Name Whatman ist typisch geworden für das
1 Einen sehr hübschen Überblick sowohl über die zu feineren Accidcnz-
arbeiten zur Verwendung kommenden, in Qualität und Färbung oft ganz vor-
züglichen Papiere, als auch über die englische Art, Accidvnzicn zu behandeln,
giebt das bei Field & Titer in London jährlich { 1SS2 zum drittenmale) erseheinende
The frinttrs international S/eeimen Exchange in connedion with flu Pa/er and Printint>-
Trades-yournal . Ks beruht das Unternehmen, das nicht in den Handel kommt,
auf einem eigentümlichen internationalen Umtausch von Accidenzien. Wer eine
solche in angegebener Weise ausgestattete in der notigen Zahl von Exemplaren
liefert, erhält ein Exemplar des lhichcs gegen eine massige Vergütung für den
Einband. Die Ausführung ist meistens technisch gut und zeugt von dem
Streben, etwas mit dem. Material zu machen. Ob Hansard (vgl. S. 16) sich
freuen würde: that is tke quation!
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106 DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE. HI. KAP.
vorzügliche Büttenpapier, welches bei den Ausgaben für Liebhaber
verwendet wird. Whatman selbst zog sich vom Geschäft zurück
aus Verdruss, weil er seinen Arbeitern nicht denselben Sinn für
Erreichung der höchsten Ziele einflössen konnte, der ihn selbst
beseelte.
ASIEN, AUSTRALIEN UND SÜD -AFRIKA.
An die typographische Geschichte Englands schliesst sich eng
diejenige ASIENS, AUSTRALIENS und SÜD -AFRIKAS.
In ihren Anfängen lernten wir bereits die Presse in Asien kennen
(I, s. 282}, sie sollte rasch an Bedeutung gewinnen.
Calcutta, die Hauptstadt Indiens und der wichtigste Sitz des
Indien, Calcutla. dortigen Pressgewerbes, erhielt erst im Jahre 1778 durch Charles
VVilkins, einen berühmten Sanskritforscher, eine Buchdruckerei mit
einer Schriftgiesserei. Hier wurden neben den Missionsschriften
eine Menge wissenschaftliche und belehrende Schriften in den
Landesidiomen, ausserdem auch englische Bücher und Zeitschriften
gedruckt. In dem naheliegenden SERAMPUR, dem wichtigsten Platz
der Baptisten-Mission, besass Dr. Carey zu Anfang des Jahrhunderts
eine Presse, auf welcher er 1801 das Neue und bald nachher das Alte
Testament druckte. Eine Schriftgiesserei und eine Papiermühle Hessen
nicht lange auf sich warten und eine lebhafte Thätigkeit entwickelte
sich, um die heiligen Schriften in verschiedenen Sprachen der Ein-
geborenen zu veröffentlichen. Die Offizin brannte zwar 1 8 1 1 voll-
ständig nieder, da jedoch glücklicherweise alle Matern gerettet
waren, konnte man bereits nach Verlauf von kaum einem Jahre
wieder heilige Schriften in 18 Sprachen herausgeben. Ein 18 18
gedrucktes Probebuch enthält das Vaterunser mit 5 1 verschiedenen
Sorten einheimischer Typen gesetzt.
Benares, die heilige Stadt der Hindus am Ganges, wo sich eine
Hcuarcs. en glisch - indische Hochschule zur Ausbildung der Hindus befand,
besass eine, später sehr thätige, Offizin. In Negapatnam hatte der
aufgeklärte Rajah von Tanjore eine von Europäern bediente Presse
im Gang. Die Britische Bibelgesellschaft gründete dort ebenfalls
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III KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS. IO7
eine Buchdruckerei. Auch Madras, die zweitwichtigste Stadt an Madras,
der Ostküste, entwickelte seit 1772 eine rege Thätigkeit.
Aus dem Hauptorte der Westküste, Bombay, finden sich
Bücher mit der Jahreszahl 1 792 ; der Aufschwung der dortigen Presse uomtuy.
datiert jedoch erst von 18 13. In COTYM, auf der Malabarküste,
versuchte der Missionär Benj. Baley Typen der I^andesschrift selbst
zu schneiden und zu giessen, um damit heilige Schriften zu drucken ;
1820 kam ihm die Bibelgesellschaft in Calcutta mit einer ordentlich
eingerichteten Buchdruckerei zuhülfe.
Am 18. Mai 18 18 erschien die erste Zeitung in einheimischer
Sprache „Spiegel von Serampur" durch den Missionär Marshman.
In demselben Jahre erhielt Bombay seine Zeitung in der Gujurati-
Sprache.
Der Generalgouverneur von Indien, Marquis Wellesley (1798
bis 1805), späterer Lord Wellington, war der Presse nicht sehr Die einheimische
zugethan ; selbst englische Bücher sah er nicht gern entstehen und
gestattete nicht die Anlegung von Buchdruckereien ausserhalb
Calcuttas. Ein grösserer Freund der Kunst war Wellesleys Nach-
folger, der Marquis Hastings, welcher den „Spiegel von SerampurM
zu einem halbamtlichen Blatte erhob. Auch Lord Amherst trat der
Presse nicht feindlich entgegen, doch verblieb sie unter sehr strenger
Aufsicht. Zur Errichtung einer Buchdruckerei bedurfte es einer Kon-
zession und zur Begründung einer Zeitung Stellung von Kaution. Erst
im Jahre 1835 erhielt Indien, hauptsächlich durch die Anstrengungen
des Lord Th. Macaulay, den Genuss der Pressfreiheit, die nun mit
Jugendfeuer benutzt wurde. Man griff die Massregeln der Regierung,
namentlich die gegen die Weiberverbrennung gerichteten, rück-
sichtslos an.
Die Zahl der Blätter nahm jedoch nicht in dem Masse zu , wie
man hätte vermuten sollen, und steigerte sich wesentlich erst nach
der Verbreitung der Lithographie, welche sich mit weit grösserer
Leichtigkeit dem Geschmack des Publikums anschmiegen konnte,
als die Typographie. Da viele des Lesens unkundig sind, so wird
das Vorlesen für grössere Kreise sehr geübt und auf mündlichem
Wege verbreiten sich dann die neuen Nachrichten schnell. Die
Thätigkeit im Buchhandel ist eine sehr bedeutende und Sanskrit-
Werke finden unschwer Verleger.
io8
DIE ANGLO- AMERIKA NISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Nach dem Sipahi - Aufstande 1857 wurden die englischen
Behörden zur Unterdrückung jeder Buchdruckerei ermächtigt und
viele der letzteren bei dieser Gelegenheit auch geschlossen. Noch
bis vor kurzem befand sich die einheimische Presse in strengen
Ausnahmezuständen, jetzt ist jedoch eine Änderung eingetreten
und der Wunsch der Regierung in London, allen ihren Unterthanen
gleiche Rechte zu gewähren, erfüllt. Eine Presskommission hat alle
Verhältnisse der Presse mit der Regierung zu regulieren.
Von Zeitschriften erscheinen gegen 700, davon der dritte Teil
Die Pr«sc (230) in Landessprachen. Die Auflagen sind durchweg klein,
gewöhnlich 350, die höchste Auflage ist noch nicht 2000. Die
Versendung geschieht unter Kreuzband. Der Abonnementspreis
für Tagesblätter beträgt etwa 40 Mark, für Wochenblätter etwa
4 Mark. Die Einfuhr von Papier ist für das Mutterland ein
wichtiger Gegenstand und erreichte 1879 einen Wert von über
2 Millionen Mark.
In Bengalen haben die einheimischen Blätter einen schweren
Stand gegen die englischen. Mehrere der letzteren sind jedoch in
Besitz und unter geschickter Leitung von Eingeborenen. In den
nordwestlichen Distrikten, zwischen Lucknow und Lahore, er-
scheinen in der Hindustani- und Urdusprache gegen einhundert,
zumteil sehr gut redigierte Zeitschriften. Ziemlich eine ähnliche
Zahl , in der Maharati- und Gujurati-Sprache geschrieben , werden
in Bombay gedruckt. Die tamulische und Telegupresse in Madras
ist nicht von Belang.
Die Bücherproduktion, unter der Führung Bengalens, ist eine
sehr bedeutende und erreicht an Zahl fast die Englands. Im Jahre
1878 erschienen 4193 Bücher, davon 576 in europäischen, 3148 in
einheimischen Sprachen, 673 in dem klassischen Idiom Indiens.
2495 Schriften waren originale Neuheiten, 340 Ubersetzungen,
die übrigen Bücher neue Auflagen. Die Theologie erschien mit 1 502
Nummern; die Technik mit 961, die Linguistik mit 612; Biographie,
Länder- und Völkerkunde, Politik waren nur äusserst spärlich ver-
treten.
Auf CEYLON gingen aus der bereits vom Freiherrn von Imhof
Ceylon. gegründeten Druckerei 1, S. 288) im Jahre 1 77 1 das Neue Testament
in cingalesischer Sprache und später manche, zumteil vorzüglich
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III. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE ENGLANDS.
109
ausgestattete wissenschaftliche Werke hervor. Die Pressthätigkeit
in der Hauptstadt CoLOMBO ist jetzt eine bedeutende und die sehr
gut geleitete Regierungsdruckerci beschäftigt über 150 Personen,
unter welchen sich nur zwei Europäer befinden. Sie disponiert über
5 Schnellpressen, 10 Handpressen, 1 Eisenbahn- Billctdruck-Maschine
und 5 Liniiermaschinen.
Nach Ranguhn in Hinterindien, der Hauptstadt von Birma,
war bereits 1808 eine Presse gekommen. 1814 erhielt Dr. Carey in iiintcrindien.
Serampur von dem Kaiser von Birma den Auftrag, in Ava eine
Druckerei zu errichten, und bereits 1822 war das Neue Testament in
29 Sprachen und die ganze Bibel in 6 Sprachen gedruckt , darunter
eine mit beweglichen Typen gesetzte chinesische Bibel. Noch viele
wissenschaftliche Werke entsprangen der thätigen Presse.
In Malacca druckte der Missionär Milne anfänglich nach
chinesischer Art. Später traf eine europäische Druckeinrichtung ein.
Das dort errichtete englisch-chinesische Kollegium, das für Religion
und Wissenschaft gute Früchte getragen hatte, ward später nach
Singapur verlegt.
Von den Inseln des Indischen Archipels erhielt Java eine, 1823
von dem Missionär Medhukst in B ATA VIA eingerichtete Offizin, aus i>ic insdn.
welcher im Jahre 1835 des Genannten Wörterbuch der chinesischen,
japanischen und der Korea - Sprache hervorging. Auf Sumatra
befanden sich um 1820 in Benkui en und dem benachbarten Fort
Marlborough Missionspressen.
In CHINA war einer der wichtigsten Druckorte Macao bei
Canton. Dort machte im Jahre 18 10 Morrison Versuche, das Neue China.
Testament von Holztafeln zu drucken. 18 14 wurde ihm von der
Ostindischen Handelsgesellschaft eine vollständige Druckerei unter
der Leitung von P. Thoms übersandt, doch gelang es erst 1822, das
englisch -chinesische Wörterbuch in 6 Quartbänden zu vollenden.
In diesem Jahre erschien auch die erste Nummer einer portugiesischen
Zeitschrift „Die chinesische Biene". Medhursts „Dictionary of the
Hok-Kien dialect of theChiuesc language, containiug 1 2000c ha rac fers"
konnte erst 1832 ausgegeben werden. In Canton selbst wurde
ebenfalls sehr viel gedruckt. Die grösste Buchdruckerei ist die der
presbyterianischen Mission in Shanghai, mit der eine Schrift-
giesscrei verbunden ist. Im Jahre 1868 wurden dort 25 Millionen
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE ORUPfK.
III. KAP.
Seiten gedruckt, 1869 ein illustriertes Neues Testament und ver-
schiedene Andachtsbücher mit dort angefertigten Abbildungen in
vortrefflichen Galvanos. Hier erschien auch das grosse japanische
Lexikon des Dr. Hepburn in Yokohama. In hohem Grade hemmend
ist bei der Anwendung der europäischen Druckmethode die enorme
Zahl der Fächer (gegen 6000) in den Setzkästen; jeder Setzer
befindet sich förmlich inmitten eines Amphitheaters von Kästen.
In Peking erscheint die offizielle Zeitung King-Pao, welche
die kaiserlichen Dekrete bringt und deren Geschichte bis an die
Dynastie Tang, d. h. bis an das siebente bis zehnte Jahrhundert
n. Chr., reicht. Jede Nummer bildet ein Heft von 20, wohl auch
von 40 Seiten in gelbem Umschlag. Die Ausstattung ist eine kläg-
liche, der jährliche Preis beträgt 27 Mark. Die Offizin befindet sich
in dem kaiserlichen Palast. Seit mehreren Jahren erscheint eine
Quintessenz aus der Zeitung in englischer Ubersetzung. In HONKONG
wurde die erste gedruckte Zeitung vor etwa 25 Jahren gegründet.
In SHANGHAI werden zwei grosse chinesische Zeitungen nach
europäischem Zuschnitt gedruckt, die nicht allein den Inhalt der
kaiserlichen Zeitung reproduzieren, sondern auch Belehrendes und
Ankündigungen bringen. Die eine, „Shenpaoh , vertritt europäische
Interessen, die andere, „Siiipao", ist Organ europafeindlicher
Mandarinen. Die Blätter sind gern gelesen und das eine hat gegen
10000 Abnehmer. Überhaupt ist das Publikum sehr wissenslustig
und man findet in Shanghai fast an jeder Thüre eifrige Leser.
Kine besondere Bestimmung- über das literarische Eigentum
giebt es in China nicht, es ist ein Eigentum wie jedes andere und
Nachdruck wird mit 100 Stockschlägen und Deportation bestraft.
In der Hauptstadt von JAPAN , YEDDO (Tokio) , wurde seit
japa«. 1785 in europäischer Weise gedruckt und entwickelt sich dort
eine rege Thätigkeit. Jedenfalls ist Japan, dieser ferne Kulturposten
im Osten, bestimmt, einen hervorragenden Platz in der Geschichte
der Civilisation einzunehmen. Das Tick -Tack der Typen und das
Klappern der Pressen haben jedenfalls dort grössere Eroberungen
gemacht, als alle Flotten der alten und der neuen Welt mit ihren
Kanonen und Soldaten fertiggebracht haben würden. Die japanische
Druckindustrie ist in fortwährender Steigerung begriffen und die
Ausuber sind fast alle Eingeborene. Noch vor 15 Jahren hatte Japan
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III. KAP.
TYPOGRAPHIE UND RUCHGKWKKBE ENGLANDS.
III
kein Journal in einheimischer Sprache, jetzt zählen die Journale nach
hunderten, unter welchen weder Mode-, Witz- noch illustrierte
und photographische Blätter fehlen. Das verbreitetste Blatt ist
Yomiri Schimbun mit 20000 Exemplaren. Nach einzelnen Zeitungs-
nummern gerechnet, erreichte die Produktion jährlich 33 Millionen,
von welchen ungefähr der dritte Teil durch die Post befördert
wurde. Die Redaktion einer Zeitung ist keine ganz gefahrlose
Beschäftigung, denn ein der Regierung missliebiger Artikel hat Haft
und Geldstrafe zur Folge.
Die Produktion von Büchern ist eine ausserordentlich starke.
Namentlich werden englische, deutsche und italienische Wörter-
bücher, Grammatiken, Parleure, Übersetzungen von astronomischen,
nationalökonomischen und namentlich auch medizinischen Werken
gedruckt '. Der Buchhandel steht unter der Aufsicht der Regierung,
geniesst jedoch Abgabenfreiheit. Der Verkauf der Verlagsartikel
findet durch Versteigerungen dreimal im Jahre statt, zu denen die
Sortimcntshändler oder vielmehr die Bücherverleiher — denn das
Verleihen ist ein Hauptgeschäft — zuströmen, um die Lücken ihres
Vorrates auszufüllen. Es giebt Leihbibliotheken mit 25000 und
mehr Bänden. Die Romane, die sehr gern gelesen werden, sind
sehr bändereich. Eine deutsche Buchhandlung besteht seit 1870
und viele deutsche Unterrichtsschriften werden nach dort versandt.
Früher Hess Japan sein Papiergeld bei Naumann und Dondorf in
Frankfurt a. M. drucken ; jetzt besitzt es in Tokio eine Staats- und
Geldpapier-Fabrik. Die Gcbäulichkeiten , von einem französischen
Architekten in Backsteinen aufgeführt, bestehen in einem grossen
Vordergebäude mit zwei Flügeln und in mehreren Hintergebäuden.
Das Institut ist mit dem vorzüglichsten Material und vortrefflichen
Maschinen, grösstenteils von König & Bauer, ausgerüstet und
arbeitet mit einem fast ausschliesslich einheimischen Personal,
von Männern sowohl als von Frauen.
» Der Buchhändler Herr \V. v. Brautnüller in Wien erhielt vom Kaiser von
Japan als Geyengeschenk für eine, der deutschen medizinischen Schule in Tokio
übersandte Sammlung der hervorragendsten Artikel seines wissenschaftlichen
Verlages eine Auswahl von 144 von den besten und seltensten japanischen
Werken in 1408 Händen. Herr v. Hrauinüller Hess ein Verzeichnis davon als
Biblwtheca Japonica drucken. Die Titel sind mit deutscher Übersetzung versehen
und gewahren einen belehrenden Einblick in die Hücherproduktiun Japans.
«
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DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUFPK
UI. KAP.
Die erste mechanische Papierfabrik nach europäischer Art wurde
1875 in Tokio eingerichtet. Das Gebäude ist aus Ziegelsteinen
aufgeführt, misst 225 englische Fuss in der Länge, 106 Fuss in der
Breite. Der Maschinensaal ist 130 Fuss lang, 32 Fuss breit, die
Maschine selbst nach dem System Fourdrinier hat eine Länge von
76 Fuss. Durch zwei Zentrifugalpumpen können pro Minute bis zu
1600 Gallonen Wasser auf einen Turm von 26 Fuss Höhe, wo die
Wasserreservoirs der Fabrik sich befinden, hinaufgepumpt werden.
Die Beleuchtung geschieht durch selbstfabriziertes Gas. Es werden
seitens der japanesischen Regierung grosse Anstrengungen gemacht,
um den Verkauf des Fabrikats am Londoner Markt zu fordern,
doch findet man es dort zu teuer.
AUSTRALIEN hat den Engländern die Bekanntschaft mit der
Australien. Kunst Gutenbergs zu verdanken. In SlDNEY entstand 1 802 die erste
Presse, deren Begründer ein Creole, Gkorge Howe, war. Der Durst
nach politischen Nachrichten und öffentlichen Mitteilungen rief 1803
die erste Zeitung hervor, der bald andere folgten. Die Zügellosigkeit
der Presse veranlasste ein sehr strenges Pressgesetz von 1827, das
jedoch später aufgehoben wurde. Hobarttown auf VanüIEMENS-
LAND (Tasmanien) erhielt 18 18 eine Druckwerkstätte.
Seit der Zeit haben sich die Verhaltnisse sehr günstig für die
Kunst in Australien gestaltet. In dem jungen aufblühenden Lande
mit einer energischen, vorwärtsstrebenden Bevölkerung eröffneten
sich für die Zeitungspressc die schönsten Aussichten. Sie ist denn
auch in Australien in einem gewaltigen Vorwärtsschreiten begriffen
und Zeitungen wie The South Australian Register in Adelaide,
Argus und Age in Melbourne, Morning - Herald in Sidney nehmen
es mit grossen englischen und amerikanischen Zeitungen auf, selbst
in Bezug auf den Umfang der telegraphischen Korrespondenz.
Jede kleine Stadt besitzt eine Zeitung oder doch ein Wochenblatt.
Bei einer Bevölkerung von nur 2 500000 Menschen hatte Australien
478 Zeitungen, davon in der Kolonie Victoria 151, in Neu-Süd-
Wales 118, in Süd- Australien 46, in Queensland 48, auf Ncu-Seeland
114, auf Tasmanien 12, in Westaustralien 3. Sie sind fast alle in
englischer Sprache; die deutsche ist fast gar nicht vertreten. Die Aus-
stattung der Druckereien daselbst ist eine entsprechende. Die Setzer
sind vorzugsweise Europäer, das Lehrlingswesen liegt im Argen.
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III. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERWE ENGLANDS.
113
Die Fabrikation für die Typographie ist noch in der Kindheit
und das Mutterland hat in Australien einen sehr guten Kunden.
Melbourne allein zahlt für Typen, Papier und Statiouary- Artikel
jährlich mehr als 6 Millionen Mark an England, doch schafft jetzt
die amerikanische Konkurrenz, welche fast alle Accidenzschriften
liefert, diesem einen schweren Stand.
Nach den Gesellschafts -Inseln brachten die Missionäre
18 18 die Kunst. Von einer auf der Missionspresse gedruckten nie inwia der
Bibel wurden 3000 Exemplare in wenigen Tagen verkauft. Der
Preis für ein Exemplar war ein Quantum von etwa zehn Kannen
Kokosöl.
Auf den Sandwichs-Inseln wird in der I Iauptstadt Honolulu
seit 1821 gedruckt und 1835 erschien eine Zeitung. Der König gab
dazu seine Erlaubnis mit den folgenden Worten : „Ich gebe meine
Einwilligung, denn es freut mich, die Werke anderer Länder kennen
zu lernen, sowie Dinge zu hören, die neu sind und die ich gern sehen
möchte, wenn ich dort wäre. Ich habe zu dem Minister gesagt:
„„Mache Druckerpressen" M. Mein Gedanke ist zu Ende. König
Kanegeaguli". Auch der König Kalakaua war Redacteur und
fleissiger Leitartikelschreiber. — Die FIDSCHI -INSELN haben vier
Druckereien.
Der Norden AFRIKAS wird weiter unten ^Romanische Gruppe' Afrika.
Erwähnung finden.
Über die frühzeitige Verbreitung der Buchdruckerkunst durch
die Portugiesen in Abessinien und auf der Westküste von Afrika
liegen keine begründeten historischen Nachrichten vor. Erwiesen
ist nur, dass im Jahre 1583 auf der Insel TERCEIRA gedruckt und
zwar sehr gut gedruckt wurde.
In FREETOWN auf der Westküste gründeten Missionäre Schulen
und Druckereien. Die Insel St. Helena erhielt aus Veranlassung
der Gefangenschaft Napoleons eine Buchdruckerei.
In der seit 1 806 den Engländern gehörenden Kapkolonie blühte
die Presse bald empor. Die erste eigentliche Zeitung erschien 1824.
Seit 1830 werden auch im Innern des Landes Zeitungen gedruckt.
Der Zcitungsstempel wurde 1848 abgeschafft. 1854 wurde die erste
mit Dampf betriebene Schnellpresse aufgestellt und 1860 hatte die
8
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Ii4
DIE ANGL*)- AMERIKANISCHE GRUPPE.
III. KAP.
Kolonie 29 periodische Schriften. Bereits damals beschäftigte die
vorzügliche Druckerei von Sai l Salomon & Co. über 100 Arbeiter
und zwei Dampfschnellpressen und lieferte auch eine grosse Zahl
von Accidenzarbeiten in bester Ausführung. 1880 war die Zahl der
Zeitungen 52, von denen 43 in englischer, 6 in holländischer Sprache,
3 in beiden Sprachen zugleich erschienen.
Recht fröhlich gedieh die Kunst auf Madagascak. König
Radäma I. gestorben 1828) war ein aufgeklärter Mann und Freund
des Christentums und der Presse, welche von Missionären in den
zwanziger Jahren eingeführt wurde. Diese brachten erst die Sprache
der Eingeborenen in ein orthographisches System, um dieselbe
geschrieben und gedruckt wiedergeben zu können. In der Hauptstadt
Antananarivo wurden sechs periodische Schriften herausgegeben,
darunter die Monatshefte „Gute Worte" in einer Auflage von
3000 Exemplaren und das halbmonatlich erscheinende Blatt „Reis
mit Honig gemischt".
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IV. KAPITEL.
DIE TYPOGRAPHIE UND DAS BUCHGEWERBE
NORDAMERIKAS.
Wachstom der Presse, Die Zeitungen: Statistisches, der// ralJ, Horace Greeley
und die Tribuns, (i. Childs und der Isiiyr, die Familie Harper, Frank Leslie
und die illustrierte Presse. Die Holzschneidekunst. DlR BüCHKRlK KKRKI imi
UKR BuCHIIANliEL: die Staats<lruckerei und der Acciden/druck, Organisation
des Muchhandels, (irosse Druck- und Verlaystinuen : Appleton, Lippincoii,
floughton u. a., Einfluss des deutschen Elements, Nachdruck deutscher
Werke, deutsche Ihichhandlun^en und Zeitungen. Das Papier.
ACHDKM Amerika seine Unabhängigkeit erkämpft
hatte, stieg die Macht seiner Presse in rapider Weise, spende Macht
Es war natürlich, dass von einem Zustand gemüt-
reicher litterarischer Beschaulichkeit noch keine Rede
sein konnte und dass sich die geistigen Kräfte der
Besten des Volkes fast ausschliesslich dem praktischen und dem
politischen Leben zuwenden mussten. Die litterarischen Bedürfnisse
liessen sich leicht und billig durch den Nachdruck der geistigen
Erzeugnisse des Mutterlandes befriedigen und der Nachdruck war
ja nicht verböten, also eine ehrliche, ja lobenswerte Sache.
Vor allem hatte man ZEITUNGEN notig; aufdiese konzentrierten
sich deshalb die Gedanken und Pläne der Verleger, der Buchdrucker, i„, Zeitung«*,
der Schriftgiesser und der Maschinenbauer und bald zeigte sich ein
an das Wunderbare grenzender Aufschwung dieses Zweiges des
Buchgewerbes.
%*
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DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
Im Jahre 1776 hatte New-York nur 4 Zeitungen, Massachusetts
7, Pennsylvanien gar keine aufzuweisen. Zur Zeit der Centennial-
Feier und der Weltausstellung zu Philadelphia im Jahre 1876
erschienen in New-York 1088, in Massachusetts 346, in Pennsylvanien
738 Zeitschriften. Heute beträgt die Gesamtzahl der periodischen
Schriften Nordamerikas 1 1 41 8, darunter täglich erscheinende Blätter
982, Wochenblätter 8725. Von der Gesamtzahl liefert New-York
1412, Illinois 1032, Missouri 531. Illustrierte Blätter giebt es 512,
Zeitschriften religiösen Inhalts 572. In englischer Sprache wurden
10619 Blätter gedruckt, 605 in deutscher, 35 in französischer, 37 in
schwedischer und dänischer Sprache. Beschäftigung finden bei der
Herstellung 72 000 Menschen mit einem Lohnaufwande von 1 1 5
Millionen Mark. Der Brutto - Ertrag wird auf 370 Millionen Mark-
geschätzt. Die tägliche Zirkulation der Tagesblätter ist auf 3 637 000
Nummern — dieselbe ungefähr, die England mit seinen 135 Blättern
erzielt — berechnet, die einmalige der Wochenblätter auf 19450000,
die Gesamtsumme aller Zeitungen und Zeitschriften jährlich auf
2077 650675 Nummern'.
Es hat sich jemand die Mühe gegeben, auszurechnen, dass mit
einem Gürtel an einander gereihter Bogen eines Jahrganges der
amerikanischen Zeitungen die Erde sich 47mal umwickeln lasse und
dass der Papierstreifen fünf Meilen länger sein würde, als die
Entfernung der Erde von dem Monde. Ein anderer giebt an, dass
zu einer Nummer sämtlicher Zeitschriften Nordamerikas 5000000
Pfund Schriften oder etwa 3 Milliarden Typen gehören. Kontrolliert
haben wir die Rechnungen nicht.
Befinden sich unter den Zeitungen auch manche unbedeutende,
die nur dazu dienen, die Zahl auszufüllen, so begegnen uns anderer-
seits viele riesenhafte Unternehmungen, mit denen in Europa
ausser den Times nur noch einige wenige sich messen können. Das
New -Yorker Zeitungsviertel umschliesst die Prachtgebäude der
Journale: New -Yorker Staatszeitung, Daily News, Star, Sun,
» E. Steiger, The feriodical litttrature 0/ the United Statei. New-York 1873.
— G. 1\ KOWELI., The man xoho advertise. New-York 1870. — A. MaveriK,
H. J. Raymond and the New-York Press. Hartford, U. S., 1870. — M. Cuchev.m-
Clavjgny, Flistoire de la Presse en Angicterre et aux £jats Unis. Paris 1857. —
Die Angaben über den heutigen Bestand sind von einem erfahrenen Yerleger
Amerikas, M. North.
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IV. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWKRRF. NORDAMERIKAS.
II/
Tribune, Times, Obs erver, World, Evening Mail, Evening Telegraph,
Herald, dazu den grossartigen Bau des Zentral- Telegraphenamtes,
die kolossalen Offizinen von Harper Brothers u. a. Mit diesem
bibliopolisch- typographischen Viertel kann sich selbst Fleehstreet.
Paternoster- row und Umgebung in London nicht messen.
Das grossartigste Zeitungs- Institut ist wohl das des Nezv-York
Herald. Die Herausgeber haben sich die Mühe gegeben , eine Der Herald.
Nummer des Herald mit der korrespondierenden Nummer der
englischen Times zusammenzustellen. Jede enthält 120 Spalten;
unter diesen hatte der Herald 80 Inseratenspalten mit 3061 Anzeigen,
Times 73 Spalten mit 1846 Annoncen. Dem Stoff nach enthält die
//<Ttf/</-Nummer auf 3 1 350 Zeilen mit etwa 2 800000 Typenstücken
den ungefähren Stoff von fünf gewöhnlichen Romanbänden. Die
Ausgaben für einzelne Telegramme sind enorm und waren es früher
noch mehr, als zehn Wörter 400 Mark kosteten. Während des
englisch-abessinischen Krieges musste die englische Regierung ihre
Nachrichten aus dem Privatbureau des Herald holen , denn dieser
empfing seine Telegramme so zeitig, dass die englischen Blätter die
aus New-York zurücktelegraphierten Nachrichten als ihre neuesten
Nachrichten bringen mussten. Zur Zeit des deutsch - französischen
Krieges hatte die Tribüne den Herald überholt. Erstere brachte
mit einem Kostenaufwand von 3000 Dollars das erste, spaltenlange
Telegramm über den Kampf bei Gravelotte, das schon Tage lang
in New-York gelesen war, als man in Berlin sich noch immer mit
dem bekannten kurzen Telegramm aus dem Hauptquartier begnügen
musste. Das machte die Tribüne während des Krieges sehr populär.
Als Trumpf hiergegen spielte nun der Herald die sehr kostspielige
afrikanische Expedition Stanleys zum Aufsuchen Livingstones aus.
Überhaupt erreichte die von Horace Greeley im Verein mit
gleichgesinnten Mitarbeitern 1841 gegründete Tribüne1 eine hohe h. Greeley
• 3. Kcbr. 181 1,
Bedeutung. Horace Greeley war Sohn eines armen Bauers in .'■ *>• Nov. i87*.
Amhorst. Er half seinem Vater beim Holzfällen ; jedoch seine Liebe
zu den Büchern erweckte den Wunsch in ihm, Setzer zu werden.
Er kam auch in die Lehre nach Pultney, was er jedoch dort lernen
konnte, war bald gelernt. Nach verschiedenen bösen Erfahrungen
1 Die Offizin ist abgebildet im Journ. f. B. 1876, Nr. 6.
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DIE ANGl.O- AMERIKANISCHE GRUPPE-
IV. KAP.
kam er am 1 8. August 1 83 1 nach New - York mit zehn Dollars in der
Tasche. Trotz seiner Tüchtigkeit ward es ihm sehr schwer, eine
Stelle zu finden. Man traute ihm nichts ordentliches zu, namentlich
weil er gar zu wenig auf sein Äusseres gab. Endlich fand er in einer
Druckerei Stellung. Es wurde ihm die schwerste Aufgabe, der Satz
eines polyglotten Neuen Testaments, aufgetragen. Die Arbeit fiel
vortrefflich aus und Greeley war bei derselben mit solchem Fleiss,dass
er in Misskredit bei seinen von ihm ausgestochenen Kollegen kam.
Ein Dr. Steppard, ein Mann mit vielen Kenntnissen, aber ganz ohne
Vermögen, wünschte Teilnehmer für ein Blatt, die „ Morgenpost u,
und veranlasste Greeley und den Faktor der Druckerei, Story, solche
zu werden. Das Blatt schlug fehl, jedoch die angefangene Druckerei
kam vorwärts; Story starb und Greeley nahm einen anderen Associc,
Winchester. Auch eine zweite Zeitschrift, der „New -Yorker", an
dem Greeley gearbeitet hatte, ging ein. Dieser, der demnach Schrift-
steller geworden war, gründete nun selbst 1841 die Tribüne. Die
Anfange waren klein. Greeley war die Seele des Ganzen, bald
am Redaktionstisch schreibend, bald am Setzkasten zugreifend,
dann, wenn nötig, bei der Presse Hand anlegend. Das Blatt gewann
rasch einen grossen Aufschwung und die etwa zwanzig Gründer, die
mit ihrer Arbeit — denn über ein anderes Kapital hatten sie nicht
zu verfügen gehabt — beteiligt waren, wurden wohlhabende Leute.
Ausser der Tagesausgabe druckte man eine halbwöchentliche und
eine wöchentliche, zusammen in ungefähr 100000 Exemplaren.
Horace Greeley schlug standhaft die Übernahme der ehrenvollsten,
selbst Gesandten -Posten, aus und meinte, wenn ein Journalist auf
seinem Posten ist, dann kann er in einem I^ande mit einer freien
Presse mehr leisten, als alle Gesandte zusammen1. Die Setzer der
Vereinigten Staaten wollten ihm zuerst ein aus Typen gegossenes
Monument setzen, errichteten ihm jedoch später auf dem Greenwood-
Friedhofe in Brooklyn ein Denkmal, bestehend in einer Bronce-
Kolossalbüste. Die vier Seiten des Sockels sind mit Reliefs
geschmückt.
Bedeutenden Einfluss übte auch The Public Ledger George
W. Childs'. Dieser, in Baltimore geboren, kam als vierzehnjähriger
» James I'arton, Tht ///? of Horace Greeuy. New -York 1S55.
IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS.
119
Bursche nach New -York in eine kleine Buchhandlung, erwarb sich <;. w. oüm,
durch grössten Fleiss, verbunden mit Sparsamkeit, einige hundert
Dollars und fing mit diesen in einem Winkel des Gebäudes des
Public Lcdger ein kleines Geschäft an, jedoch mit dem Vorsatz:
„das muss alles einmal mir gehören". Childs wurde Teilhaber einer
respektablen Buchhändlerfirma R. E. Peterson & Co., in der, unter
seiner Beteiligung, viele bedeutende Werke erschienen.
Inzwischen war es mit dem angesehenen Ledger rückwärts-
gegangen. Es bestand als Pcmijy-Blatt seit dem Jahre 18 16 und die
Unternehmer hatten nicht den Mut, diesen Preis zu erhöhen, obwohl
er unter den indes eingetretenen Valuta - Verhältnissen ein völlig
unhaltbarer geworden war. Trotz der grossen Verbreitung und der
massenhaften Inserate verlor man, wovon das Publikum jedoch
keine Ahnung hatte, jährlich an 150000 Dollars. Unter diesen
Verhältnissen kaufte Childs das Blatt für eine Summe, welche die
eines Jahresausfallcs wenig überschritt, stellte den Preis auf zwei
Pcnce und erhöhte entsprechend den Inseratenpreis. Anfänglich
grosser Krach in der Zahl der Abonnenten, dann aber das Gefühl
bei denselben, den alten bewährten Freund nicht entbehren zu
können, und die Sache ging wieder vorwärts. Nun war Childs
ein gemachter Mann und der Ledger1 eine grosse Macht, von
der jedoch der Besitzer immer nur den edelsten Gebrauch gemacht
hat. Er begriff, dass der Mann, welcher eine Druckerpresse
besitzt und die Feder fuhrt, ebensowenig das Recht hat, Schmäh-
nachrichten zu verbreiten oder die Ehre eines anderen anzutasten,
als derjenige, der eine Uniform und ein Schwert trägt, befugt ist,
nach Belieben zu tödten oder zu verwunden, um seinen I^aunen
oder boshaften Gesinnungen zu fröhnen. Sogar über die Anzeigen
wachte er und hatte den Mut, von dem Prinzip abzugehen , wonach
der Herausgeber eines Blattes nicht die Verantwortlichkeit, wenn-
auch nur die moralische, für die Anzeigen zu tragen habe. Dass er
mit diesem Prinzip zugleich auf grosse Einnahmen verzichtete, ist
leicht zu begreifen. Childs sorgte auch stets in grossartigstcr Weise
für die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter.
" Lu<;kn Munday, I/istoru-a! sketch of tht public Ltdger. Philadelphia 1870. -
James I'akton, George W. Childs. Philadelphia 1S70. — Die Offizin ist abgebildet
im Jnurn. f. II. 1876, Nr. 4.
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120 DIE ANGLO-AMERIKANISCHE GRUPPE. IV. KAP.
Es ist nicht möglich, die bedeutenden Zeitungsanstalten
alle näher zu charakterisieren und ihre Offizinen ausführlich zu
beschreiben, die auch im Westen grossartige Dimensionen ange-
nommen haben, so z. B. die Offizin der Chicago Times, die in einem
aus weissen Sandsteinen erbauten, palastähnlichen Eckgebäude mit
zwei Fronten von je 80 Fuss ein Erdgeschoss und fünf Stockwerke
einnimmt. Überhaupt würden solche Äusserlichkeiten an und
für sich keine Bedeutung für die Geschichte der Buchdruckerkunst
haben, wenn sie nicht mit als Beweis dienten, welche kolossale
Ausdehnung und hohe Macht die Zeitungspresse besitzt, die doch
immer nur ein Teil der Gesamtpresse ist.
Auch unter den Wochenblättern erheben einige stolz ihre
Häupter über das Gewöhnliche. Unter den Verlegern und Druckern,
die sich um diese Litteratur, doch nicht nur um diese, verdient
gemacht haben, steht die Familie Harper obenan1.
Der Gründer derselben, John Harper, stammt aus Newtown
john Harper (Rhode Island). Sein Bruder James und er waren in New -York in
f »! ApVi78775. einer Buchdruckerei beschäftigt und zählten mit zu den tüchtigsten
Arbeitern, James als Drucker, John als Setzer. Im Jahre 18 17
gründeten die Brüder eine kleine Buchdruckerei unter der Firma
J. & J. Harper. Durch Promptheit erwarben sie sich einen guten
Ruf und ihre eigenen Verlagsunternehmungen wurden mit Vertrauen
empfangen. 1833 gesellten sich noch zwei Brüder, Joseph Wesley
Harper und Fletcher Harper, als Teilnehmer dazu und die Firma
wurde Harper Brothers. Die vier Brüder waren alle sehr ver-
schiedenen Charakters, ergänzten sich jedoch ganz vortrefflich.
Frug man: wer ist Harper? und wer sind die Brüder? so konnte
man nur antworten : „irgend einer derselben ist Mr. Harper und die
anderen sind die Brüder". Gerade in diesem innigen Zusammen-
wirken lag das Geheimnis ihrer Erfolge. Im Jahre 1850 begannen
sie Harpers Monthly, dessen Aufnahme eine so ausserordentlich
günstige war, dass sie 1857 Harpers Weckly und 1867 Harpers
Basar folgen Hessen.
Jeder der Brüder hatte sein besonderes Departement, welches
Harpen neu« er selbständig leitete. Das der Finanzen gehörte John , zugleich
die Besorgung der Erwerbungen an Material und Maschinen. Er
' Jac. Abott, The Harper Establishment. New York 1855.
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IV. KAP.
TYPOGRAPHIE UND BUCHGKWFRBE NORDAMERIKAS.
121
war ein Mann von bestimmtem Charakter, rasch im Entschliessen,
fest in der Durchführung der Entschlüsse, in allen Verhältnissen ein
Gentleman, bei aller Lebhaftigkeit stets ruhig und besonnen, nie in
Unruhe oder Hast.
Als das grosse Harpersche Etablissement in Franklin -Square
i8<;; ein Raub der Flammen wurde, stand John mit seinen Brüdern Brand de*
ruhig unter der aufgeregten Menschenmasse und beobachtete das
Fortschreiten des verheerenden Elements. Seine Uhr aus der Tasche
ziehend bemerkte er gegen die Brüder, dass es jetzt Essenszeit sei ;
es wäre wohl das beste, man käme nach dem Essen zu ihm, dort
könne man ruhig überlegen , was zu thun ! Die Brüder fanden sich
ein und sassen schweigend in Gedanken vertieft. Da ergriff John
das Wort: „Unser Geschäft ist zu wertvoll, um es fallen zu lassen
oder um es in andere Hände zu geben. Wir haben alle Söhne; sie
haben uns geholfen und sind nun bald imstande, unsere Plätze
einzunehmen. Wir wollen ihnen das Geschäft weiter führen und
ihnen zeigen, dass wir noch keine alten Schlafmützen sind1*.
Und so wards beschlossen. Noch an demselben Abend begann
John die Pläne für den Neubau zu entwerfen. Die Zeichnungen von
allen den inneren Räumlichkeiten und Einrichtungen wurden unter
Berücksichtigung der mannigfachen Bedürfnisse des Geschäfts in
allen Details von John gemacht und dann dem Architekten über-
geben, dem es überlassen wurde, das Äussere dem Innern anzu-
passen. Durch Schaden klug geworden, Hess man alles aus Stein
oder Eisen aufführen. Jedes Stockwerk ist für sich ganz abgeschlossen
und die Kommunikation mit den beiden Geschäftshäusern nur
durch die, in einem freistehenden Turm, von welchem aus Ver-
bindungsbrücken nach jedem Stocke der beiden Geschäftsgebäude
führen, befindliche Treppe unterhalten. Es dürfte dieses Etablisse-
ment jetzt eines der eigentümlichsten , zugleich eine der am besten
gegen Feuersgefahr gesicherten Druckereien der Welt sein. Ein
eigentümlicher Zug von John Harper war es, dass er, obwohl er
täglich von 9 — 3 Uhr im Comptoir arbeitete, die nach seiner eigenen
Angabe gebauten Lokalitäten, mit Ausnahme des Maschinenraumes,
nie betrat. Was in sein Departement nicht gehörte, überliess er
ganz und gar seinen Brüdern, Söhnen und Neffen. Der Bruder
James starb 1869, Wesley 1870, John selbst 1875 am 22. April, nur
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122
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAI*.
sein Bruder Fletcher überlebte ihn. Bis zum Jahre 1878 hatten
Harpcrs 3291 Werke in über 4000 Bänden herausgegeben.
Wennauch Harpcrs Monthly die grösste Auflage von allen
k. senbner. Monatsschriften hat — 160000 Exemplare — , so kommt ihm doch
das von Karl Scribner gegründete Serilmers Monthly, das jetzt
den Titel The Century angenommen hat, nahe. Der materielle Wert
eines solchen Unternehmens ist ein sehr bedeutender; so erhielten
die Söhne Scribners für ihren 40prozentigcn Anteil die Summe von
mehr als 1 100000 Mark, wonach also das ganze Unternehmen den
Wert von gegen 3 Millionen Mark repräsentierte.
Unter den Herausgebern illustrierter Blätter ist Frank Leslik
Krank Lesiic besonders zu erwähnen. Sein eigentlicher Name war Henry Carter,
t 1. j^'iW Erst Holzschneider und Vorsteher der xylographischen Anstalt der
lllustrated London News, ging er im Jahre 1 848 nach Amerika und
unternahm die Gazette of Fashion, dann den Chimney Corner und das
Ladys Magazine. Am 14. Dezember 1855 erschien Frank Leslies
lllustrated Newspaper. Zwar erwarb er sich damit ein sehr grosses
Vermögen; bei seiner excessiven Freigebigkeit überstiegen jedoch
seine Ausgaben die Einnahmen und er musste 1877 sein Geschäft
an J. W. England abtreten, wirkte aber für dasselbe fort. Leslie
war der erste, welcher die grossen Holzplatten mit den darauf sich
befindenden Zeichnungen in viele Stücke zersägen Hess, um sie nach
Vollendung des Schnittes, der nun gleichzeitig von einer grossen
Zahl von Holzschneidern, also sehr schnell, gearbeitet werden
konnte, wieder zusammen zu leimen oder durch Rahmen zusammen
zu pressen.
Auch Georg Palmer Putnam erwarb sich einen bedeutenden
Georg Pinna tn Namen als Journal - Herausgeber. 1840 gründete er die Firma
t Vo". De/' %V. Wiley & Putnam. In London legte er eine Filiale an. weilte dort
sieben Jahre und gab von 1843 ab The American Bookseiter heraus.
Putnam war der erste, der regelmässig Bücher nach England
exportierte und umgekehrt von dort importierte. Nach seiner
Rückkehr nach New -York wurde 1852 Putnains Magazine ge-
gründet, welches damals in Nordamerika einzig in seiner Art
dastand.
Amerika hat auch zu einer täglich erscheinenden illustrierten
Zeitung den ersten Anlauf genommen. Seit 1873 erscheint in
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IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS. 123
New -York The Daily Graphic, jede Nummer mit etwa zwanzig rn, i>«iiy
grosseren oder kleineren Illustrationen. Bei einem äusserst massigen
Preis sind Druck und Papier sehr gut. Da jedoch die Bilder —
Hochätzungen von verschiedenem Wert — in der Mehrzahl den
unterhaltenden Teil illustrieren, also im voraus fertiggestellt werden
können, so ist das Problem einer wirklichen illustrierten Tageszeitung
noch nicht als voll gelost zu betrachten.
Die Summe, welche die Inserierenden an die Zeitungs-Heraus-
geber zu zahlen haben, wird auf 120 Millionen Mark geschätzt.
Von The Sun wurde neulich eine der 350 Aktien „ billig" für
18000 Mark verkauft, das gäbe nahe an sechs und eine halbe
Million Mark. Der Redakteur A. Dana bezieht als Salair und
Tantieme jährlich etwa 300 000 Mark. Hiernach kann man sich
eine Vorstellung machen von dem enormen pekuniären Wert der
amerikanischen Zeitungen.
Der Schöpfer der amerikanischen HOLZSCHNEIDEKUNST war
Alexander Anderson. Bereits als Schulknabe schnitt er mit einem Xylographie
Handmesser kleine Vignetten in Schriftmetall und verkaufte sie an Ate*. Anders
Zeitungs- Herausgeber. Später wählte er die Medizin als Brotstudium ; r W> «»
jedoch die Liebe zur Kunst behielt die Oberhand bei ihm, und als
er erfuhr, dass Bewick in London in Buchsbaum schnitt, hing er
die Medizin an den Nagel und wurde der erste Holzschneider in
Amerika. Seine letzte Arbeit in Metall war „das Abendmahl1* nach
Holbein für eine Bibel in Quart. Bis in sein 94. Jahr arbeitete er
unverdrossen. Während Amerika 1840 nur etwa 40 Xylographen
hatte, betrug die Zahl bei Andersons Tod bereits über 400.
Um den Druck der Holzschnitte, zugleich um diese selbst und
die galvanische Vervielfältigung derselben hat J. Adams wesentliche j. Adam*.
Verdienste. Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es ihm,
mit Harpers ein Übereinkommen betreffs des Verlages und Druckes
einer illustrierten Bibel abzuschliesscn , wobei er die Bedingung
gestellt hatte, dass der Druck vollständig nach seiner Angabe
geschehe. Mit unermüdlicher Sorgfalt wendete er das noch nicht
bekannte Verfahren des Unterlegens an und nach vierzehntägiger
Arbeit an der Adamsschen Tiegeldruckpresse, während deren er
vieles von den über ihn spottenden Druckern und der Bedenklichkeit
124
DIE ANGLO- AM ERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
der Verleger zu leiden hatte, leistete er zum Staunen der ersteren
und zur Genugthuung der letzteren mit dem ersten Bogen einen
Druck, wie man ihn noch nicht kannte. Das Publikum lohnte der
Verleger Opferwilligkeit durch Abnahme von 50000 Exemplaren.
Unter den Druckanstalten Amerikas sowohl als unter den
Die Refjieruiig»- Staatsdruckereien anderer Länder nimmt die Regif.rungsdruckere: 1
der Vereinigten Staaten einen achtunggebietenden Standpunkt ein.
Zuerst wurden die Staatsarbeiten an die, von beiden Häusern
gewählten Privatdruckereien vergeben, mit denen man auf Grund
bestimmter Preise kontrahierte. Später beliebte man den Zuschlag
an den Mindestfordernden, dann wurde zu einer Anstalt geschritten,
deren Direktor der Präsident erwählt. Die 1861 bezogenen Räum-
lichkeiten sind später bedeutend erweitert worden.
Vor der Rebellion der Südstaaten genügten 23 , grösstenteils
Adamssche, Schnellpressen. Durch 4 Accidenzpressen und einige
Liniiermaschincn wurden die kleineren Arbeiten erledigt. Während
des Aufstandes nötigte jedoch der Bedarf des Kriegs- und Marine-
departements zur Verstärkung der Kräfte. Obwohl von Liniier-
maschinen allein 16 fortwährend beschäftigt waren, mussten manche
Arbeiten Privaten übertragen werden. Nachdem jedoch der Kongress
bestimmt hatte, dass alle Regierungsarbeiten in der Staatsdruckerei
besorgt werden sollten, waren grosse Erweiterungen vorzunehmen.
Das Druckhaus ist ein vierstöckiges , nicht besonders schönes,
jedoch gut belichtetes und zweckmässig eingerichtetes Gebäude von
300 Fuss Länge und 60 — 70 Fuss Breite. Der Druckersaal nimmt
die ganze Tiefe und 270 Fuss Länge ein. Die Zahl der Schnell-
pressen beträgt 63 , die der Arbeiter 1 200. Die Jahresausgabe für
Löhne und Material wird auf etwa 9 Millionen Mark veranschlagt.
Die Arbeiten sind in drei Klassen geteilt: Staatsakten, gerichtliche
und laufende Arbeiten. Die in der Anstalt gedruckten Werke haben oft
einen grossen Umfang, so umfasst das Werk über den Secessionskrieg
96 Bände in Grossoktav. Oft ist rasende Eile notwendig; so wurden
die Berichte der Halifax-Fischerei-Kommission 480 Seiten in Oktav
in 48 Stunden gesetzt, korrigiert, gedruckt, gebunden und dem
Kongress übergeben. Der jährliche landwirtschaftliche Bericht ist
' Joum. f. B. 1881, Nr. 22. — Ann. d. Typ. Ii, Nr. 92.
Digitized by Google
IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS.
ein Band von 800 Oktavseiten und wird in 225 ex» Exemplaren
gedruckt.
Der Banknotendruck unterlag durch Jakob Perkins, der die
Herstellung von Stahlplatten einführte, einer bedeutenden Um- Banknotendmck.
änderung und Verbesserung. 1818 ging Perkins nach London und
arbeitete dort mit dem vorzüglichen Graveur Heath zusammen.
Mehrere Sicherheitsmassregeln wurden erfunden, namentlich das
Hineinarbeiten von Fäden oder Haaren in das Papier. Die Noten
sind, dem Geschmack der Amerikaner gemäss, recht bunt und
enthalten vollständige Bilder, ja sogar Schlachtenscenen , in Stahl-
stich. Sie werden in dem Bureau of Engraving and Printing,
einer Abteilung des Schatzamtes, und bei der American Banknote
Company ausgeführt.
Die Postkarten liefert laut Vertrag die American Phototype
Company in Holyoke. Der Bogen enthält 40 Postkarten. Die Pressen
sind mit verschlossenen Zählapparaten versehen, zu welchen nur
Regierungsbeamte den Schlüssel haben. Zirkularschneidemaschinen
teilen den Bogen viermal der Länge nach, die Längenschnitte
werden wieder zehnmal der Quere nach geschnitten. Täglich wird
durchschnittlich 1 Million Stück geliefert, die Produktion kann aber
auf 1 700000 gesteigert werden.
Dass die Versendung von Drucksachen durch die Post eine
sehr grosse ist, begreift sich leicht; sie beträgt neben 1100 — 1200
Millionen Briefen jährlich gegen 750 Millionen Zeitungsnummern
und mehr als 300 Millionen andere Drucksachen.
Der AcciDENZDRUCK setzt in einem Geschäftslande, wie es
Amerika ist, enorme Summen in Zirkulation. Nach Einführung der AcciclcDzdrtick.
Tretmaschinen ist ein grosser Teil der Arbeiten in die Hände der
Stationer (Trittmüller) übergegangen. Bei der Sucht, auffallig zu
sein, laufen allerdings manche sonderbare Erzeugnisse unter den
Accidenzcn mit unter, aber vieles ist auch ausserordentlich schön.
Unter den Accidenzdruckern, speziell unter den Farbendruckern,
steht VV. J. Kelly in hohem Ansehen. Als Herausgeber einer
Fachzeitschrift, The Model Printer, macht er zugleich seine Arbeiten
der Allgemeinheit der Buchdrucker nutzbar. Einen würdigen Kon-
kurrenten hat erin J.F. EARHARi inColumbus. Auch OscarH. Harpel
in Cincinnati, der den glucklichen Gedanken hatte, etwa 700 von ihm
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126
DIE ANGLO-AMERIK AN ISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
o. h Mirpei in der Praxis ausgeführte Accidenzen in einem Band Harpe Is
~ jo/n"v.\ss'i. Typograph zu sammeln, genoss eines verdienten Ansehens. Ausser
seinem praktischen Musterbuch gab er ein mit grossen Kosten ver-
bundenes Werk heraus: Poets and Poetry of Printerdom. Harpel
war eine der ideal angelegten Naturen, die in ihrem Streben nach
Vollkommenheit nicht genug das Praktische berücksichtigen, und
er erzielte deshalb nicht die Vorteile, die ihm auf Grund seiner
Tüchtigkeit und Liebe zur Kunst sehr zu gönnen gewesen waren.
Als Beispiel, welche Summen auf Accidenzarbeiten verwendet
werden, sei angeführt, dass ein Kurzwaren-Geschäft in New-Haven
für 2000 Exemplare eines Muster -Katalogs gegen 350000 Mark
verausgabte. Der Folioband von 290 Seiten mit etwa 700 in der
wirklichen Grösse und in den natürlichen Farben ausgeführten
Abbildungen kostet allein zu binden 65 Mark für jedes Exemplar.
Dabei übersandten die Besteller nach Vollendung des Bandes dem
Drucker mit einem sehr verbindlichen Schreiben ein äusserst
kostbares Chronometer, ein Zeichen der Anerkennung, wie sie im
Geschäftsleben wohl nicht gar zu oft vorkommt.
Die Durchschnittsqualität des Buchdruckes ist eine gute. Man
fabriziert in Amerika weniger für besondere Klassen von Lesern,
es fehlt deshalb in der Regel einerseits das höchste Raffinement,
andererseits ein ungeniertes Sichgehenlassen. Die Schulbücher sind,
was nicht genug gelobt werden kann , fast ausnahmslos vortrefflich
ausgestattet. Druckt man einmal wirkliche Prachtwerke, so können
sie auch den Vergleich mit den besten Erzeugnissen der alten Welt
aushalten, z. B. Applctons Picturesque America und Picturesque
Eurof>e.
Über die Ausdehnung des BüCHHÄNDl.ERISCHKN GESCHÄFTS 1
Der ij.ichhi,, i-i. ist es nicht leicht, eine ganz bestimmte Übersicht zu gewinnen, da
keinerlei Kontrolle ausgeübt wird. Die Zahl der eigentlichen
Buchhändler wird auf etwa 3000 angegeben , darunter sind gegen
800 Verleger. Neun Zehnteile des Verlagsgeschäftes sind jedoch
auf höchstens 50 Firmen verteilt. Buchhändler, welche nicht ein
ausschliessliches Geschäft aus dem Handel mit Büchern machen.
giebt es über IOOOO.
« Catafogite of the Collect & Exhibit of the Ameritan />\wi Trade. Y:\x\-. 1S7S. —
Der amerikanische l!uchliaii<lel. Auslait'l I.S62, Nr. 19.
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IV. KAP. TYPOGRAPHIE UNI) BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS. 127
Hat die Blcherfroduktion auch nicht eine so immense
Steigerung aufzuweisen wie die Zeitungsproduktion, so ist sie doch Bücher-
Produktion,
eine sehr bedeutende. Die amerikanische Originallitteratur bietet
schon jetzt einen bedeutenden Stoff, daneben werden mit einer, bei
lohnenden Aussichten staunenswerten, einer besseren Sache zur
grössten Ehre gereichenden Energie die besten Erzeugnisse des
Mutterlandes nachgedruckt. Ein internationaler Vertrag mit England
lässt immer noch auf sich warten, und obwohl selbst in Amerika
gewichtige Stimmen für den Schutz gegen Nachdruck sich erheben,
ist doch kaum anzunehmen, dass der „praktische* Amerikaner sich
dem Zwange sobald fügen wird, es wäre denn, dass die Zunge der
Interessen wage sich zu seinen Gunsten neigen würde.
Der eigentliche Ursprung des organisierten Buchhandels in
Amerika rührt von der Begründung der Amerikanischen Buch- Organisation
des Buchhandels.
handlungs-Gescllschaft im Jahre 1801 her. Sie errichtete Comptoire
in New -York, Philadelphia und Boston, stellte feste Bedingungen
für den Betrieb und war bemüht, durch Preisausschreiben die
Fabrikation des Papiers und der Druckerschwärze zu fördern. Doch
blieben die Fortschritte des Buchhandels immer noch klein. Die
Auflagen wurden selten höher als 5 — 600 gemacht.
Mit dem Jahre 1830 hatte sich dies schon sehr geändert und
spater erreichten Werke selbst von grösserem Umfang und hohem
Preis grosse Verbreitung. Agassiz' Naturgeschichte Nordamerikas,
die über 600 Mark kostete, hatte über 2500 Subskribenten; von
Kanes Reise nach den arktischen Regionen wurden 60 000 Exem-
plare abgesetzt, von Murrays geographischer Encyklopädie 50000,
von Giambers Kncycbptedia of Literature über 100000. 1860 gab
es bereits 400 Verleger und der Wert der produzierten Bücher —
nicht Zeitungen — , der 1820 10 Millionen Mark betrug, hatte 1860
70 Millionen Mark überschritten. Die Zahl der Buchdruckereien war
1860 bis auf 4000 gestiegen, nachdem sie 1776 40, 181 2 400
betragen hatte.
Die Organisation des Buchhandels ist nicht so geschlossen, wie
in Deutschland, doch hat die American Book Trade Association einige
Ähnlichkeit mit dem Börsen -Verein der deutschen Buchhändler.
Die Buchhändler teilen sich in Publislters (Verleger), Jobbers
(Kommissionäre; und Rctailcrs Sortimentshändler), doch sind diese
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128
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
drei Branchen oft in einer Hand vereinigt. Eine besondere Klasse
der Verleger bilden die sogenannten Subscription Publishers, welche
ihren Verlag nur durch Vermittelung von Agenten vertreiben, von
welchen jedem ein gewisses Territorium überlassen bleibt, innerhalb
dessen Grenzen er allein den Vertrieb hat. Der Jobber dient als
Mittelsmann für diejenigen Sortimenter, die nicht mit den einzelnen
Verlegern in Rechnung stehen können oder wollen, und vorziehen,
ihren ganzen Bücherbedarf aus einer Hand zu nehmen. Sie kaufen
oft tausende von Exemplaren von den Verlegern und verkaufen
mit einem massigen Nutzen.
Einmal im Herbst und einmal im Frühjahr findet eine grosse
Bücherauktion statt, in welcher der Sortimentshändler sein Lager
versorgt. Die Produktion des Jahres 1 877 betrug 4476 Werke, also
ungefähr dieselbe Quantität, die England produzierte. Nur einige
grosse Firmen schlagen eine universelle Richtung ein, gewöhnlich
beschränkt sich eine Firma auf einen Zweig.
Eine für Amerika eigentümliche Institution ist die American
News Company. Diese Gesellschaft konzentriert in ihren Händen
fast den ganzen Betrieb der periodischen Unternehmungen; ihre
Interessen vertritt The American Bookscüer. Es ist eine Anstalt, mit
der die Journal -Verleger rechnen müssen, die jedoch ihre Macht in
loyaler Weise gebraucht.
Um die Förderung der buchhändlerischen Organisation und
Fr. LeiVidt. des Büchervertriebes hat sich der Deutsche Friedr. Leupoldt aus v
Stuttgart besonders verdient gemacht- Wie in früherer Zeit Deutsche
die Buchdruckerkunst durch alle Länder verbreiteten, so sind es in
späterer Zeit fast überall Deutsche, die sich um die rationelle
Einrichtung der buchhändlerischen Institutionen verdient gemacht
und, durch die mühsamen Arbeiten der Inventarisierung, System
in den Vertrieb gebracht haben. Die von Leupoldt ins Leben
gerufene PublishersWeekly ist die beste bibliographische Zeitschrift
Amerikas. Ebenfalls vortrefflich ist sein seit 1876 erscheinendes
American Library Journal und sein jüngstes Werk Cataloguc and
Finding List of all American Books in Print and for Sale. 18S1.
Eine grosse Erleichterung für den Vertrieb bildet schliesslich die,
ebenfalls von Leupoldt in Scene gesetzte, Uniform Trade List Annual,
eine in gleichförmigem Äussern durchgeführte Sammlung der
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IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS. 129
Kataloge der Mehrzahl der Verlagshändler, eine Idee, welche in
Europa sofort Nachahmung fand, auch den Anstoss zu dem idealern,
aber vielleicht weniger praktischen Russellschen „ Gesamt -Verlags-
katalog des Deutschen Buchhandels" gegeben hat.
Einige der massgebenden und bahnbrechenden Verleger und
Drucker wurden bereits genannt; es mögen zur Charakterisierung sowcr. poiar
& Co.
noch einige wenige angeführt werden und zwar zuerst das älteste
Druckgeschäft Amerikas, dessen Geschichte noch weiter zurückgeht,
als die der Vereinigten Staaten selbst und welches zugleich deutschen
Ursprungs ist. Ein Teilhaber der angesehenen Firma Sower,
Potter & Co. in Philadelphia ist der direkte Nachkomme in fünfter
Generation von Christoph Saur (I, S. 274). Wie bereits in ihren
ersten Anfängen beschäftigt sich die Firma noch heute hauptsächlich
mit dem Druck von Erziehungs- und Erbauungsschriften.
Letzterer Zweig ist überhaupt von sehr grosser Bedeutung,
namentlich entwickeln die Bibel- und Missionsgcsellschaften eine u« »■twicinu*.
ausserordentliche Thätigkeit. Die 18 16 gestiftete Amerikanische
Bibelgesellschaft, deren Jahres-Einnahme jetzt etwa zwei und eine
halbe Million Mark beträgt, druckte während der ersten sechzig Jahre
ihres Bestehens über 33 Millionen Bibeln in 20 verschiedenen Aus-
gaben mit einem Aufwände von 75 Millionen Mark. Die Druckerei
der Gesellschaft arbeitet mit 1 2 Rotationsmaschinen ; die Zahl ihrer
Stereotypplatten beträgt 65000. Im Jahre 1868 verbreitete The
American Tract Society 807 ooo Bände und 9 493 000 Flugblätter. Der
Verein für Presbyterianischen Verlag weist über 2000 Artikel
auf. Eine ähnliche Zahl sind aus den Pressen der, etwa 500 Personen
und 30 Schnellpressen beschäftigenden Druckerei der Gesellschaft
der Methodisten, die über ein Kapital von ungefähr 3 500000 Mark
disponiert, hervorgegangen. Über hundert Ausgaben der Bibel
druckte die Firma John E. Potter & Co., unter deren zahlreichen
anderen Verlagsartikeln sich die Bible Encyclopaedia mit ihren
10000 Artikeln und über 3000 Abbildungen befindet. In einer
ähnlichen Richtung wie die obigen Anstalten wirken The American
Sunday Schoo/ Union, The Evangelical Knowledge Society, der
Nationale Mässigkeits- Verein, sowie die Firma A.J. Holman&Co.
und noch viele Gesellschaften und Verleger. Für die Bedürfnisse der
Katholiken sorgt unter anderen die Gesellschaft zur Verbreitung
9
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*30
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
der Katholischen Litteratur. Auch die bekannte Firma Gebrüder
Benziger in Einsiedeln unterhält zu diesem Zwecke eine Filiale in
New- York.
Das Geschäft, welches die vielseitigste Thätigkeit entwickelt,
Appicu-n&Co. ist D. Appleton & Co. in New -York, gegründet 1831. Wie bei
Brockhaus in Leipzig das Konversations - Lexikon , so bildet bei
Appletons The American Encycbpaedia mit 4000 Holzschnitten
und vielen Karten den Mittelpunkt des Verlages. Das schönste
illustrierte Buch in Amerika dürfte ihr Picturesque America mit
850 Holzschnitten und 48 Stahlstichen sein, dem eine Picturesque
Europe folgte. Ein wichtiger Teil des Verlages ist der den
Bildungszwecken gewidmete. Auch die Anregung zu den Inter-
national Scientißques Series, die gleichzeitig auch in Deutschland,
England, Frankreich, Italien und Russland erscheinen, ging von
Appletons aus. Ihr North American Review steht in grossem Ansehen.
Die Offizinen der Firma nehmen einen Raum von über 6b 000 engl.
Quadratfuss ein. Mit der Buchdruckerei von etwa 50 Schnellpressen
sind die verschiedenartigsten graphischen Anstalten verbunden.
Die Werkstätten von J. B. Lippincott & Co. in Philadelphia
J. it. Lippiocott zählen zu den grossartigsten. Ihr Katalog führte 1879 weit über
2500 Werke auf, darunter Worcesters Dictionary of the English
Language, das mit dem Websterschen um den Vorrang kämpft und
einen mächtigen Band von 1854 Quartseiten mit 1000 Illustrationen
bildet.
Die Firma Houghton, Osgood & Co. besitzt ausser ihrem
Houghton & Co. Geschäft in Boston ein bedeutendes Drucketablissemcnt The riversiJe
Press in Cambridge in unmittelbarer Nähe der Harvard-Universität.
Sie vereinigen in ihrem Verlagskataloge die bedeutendsten Dichter
und Romanschriftsteller Amerikas und Englands.
Ivison Blaki man, Taylor & Co. in New -York und Chicago,
nbkeman & Co. gegründet 1828, widmen sich ausschliesslich dem Verlage von
Schulbüchern und verbreiteten bereits gegen 100 Millionen Bände.
Wie bedeutend der Umfang der Geschäfte in Amerika ist, sieht
man daraus, dass eine Sortimentshandlung in Chicago an einem
Tage 186600 Bände aus dem Verlage der Genannten bestellte.
Der tägliche Vertrieb ist gewöhnlich 15000 Bände. Von den
vielen Lesebüchern von Sander werden jährlich etwa zwei Millionen
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IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS.
131
Bände verbreitet. Bei dieser Firma erschien auch das Webstersche
Wörterbuch, ein Quartband von 1 840 Seiten mit 3000 Abbildungen.
Für die medizinische Litteratur haben Will. Woods & Co. in
New -York grosse Bedeutung. In ihrem Verlage erschien u. a. woo* & Co.
Ziemssens Encyklopädie der praktischen Medizin, 17 Bände. Die
Orange Judd Company pflegt mit grossem Nachdruck die Land-
wirtschaft un J die Architektur; Boericke & Tafel sind speziell Ver-
leger homöopathischer Werke.
Es war natürlich, dass in einem Lande mit einem grossen, noch
nicht auf der höchsten Stufe der Bildung stehenden Publikum der
Bilderdruck ein gutes Feld finden musstc und Amerika wurde der
stärkste Konsument der einschlägigen deutschen Produkte. Amerika
selbst besitzt eine hervorragende chromolithographische Anstalt,
die von L. Prang & Co. in Boston. Ludwig Prang ist ein Deutscher l. Prang
• 12. Marz
und wurde in Breslau geboren, wo sein Vater als Formenschneider
in einer Kattundruckerei arbeitete. Dieser war ein in vielen Sachen
unterrichteter Mann und schwang sich zum Teilnehmer der Fabrik
empor. Unter seiner Anleitung erhielt der Sohn die ersten künst-
lerischen Anregungen. Nach fünf wechselvollen Ausbildungsjahren
wurde Prang von dem Strudel der deutschen Revolution mit fort-
gerissen, musste nach der Schweiz flüchten und ging von dort nach
Nordamerika, wo er sich in verschiedenen Geschäften ohne Glück
versuchte. Schliesslich warf er sich mit aller Energie auf die Holz-
schneidekunst und wurde bald einer der tüchtigsten Xylographen
Amerikas, ruinierte jedoch seine Gesundheit, so dass er einen andern
Beruf wählen musste.
Prang wendete sich nun der Lithographie zu und etablierte sich
mit einem tüchtigen Freunde, der aber ebensowenig, wie er selbst,
Vermögen besass. Sie setzten jedoch ihr Vorhaben, eine Anstalt
für Farbendruck zu errichten, durch und debütierten mit einem
Rosenbouquet in vier Farben, das, obwohl keineswegs vollendet,
doch sehr gefiel. Die Assoziation löste sich 1860. Durch den
Sezessionskrieg wurde Prang vielfach von seinen Plänen abgelenkt,
gewann aber durch Kartenarbeiten Mittel, um auf jene zurück-
zukommen. Im Jahre 1865 erschienen die ersten Nachbildungen von
Gemälden, zwei amerikanische Landschaften nach Beiker. Der
Erfolg war jedoch kein ermutigender und Prangs Freunde rieten ihm,
9*
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DIK A NGLO - A MERIK AN I SCH E GRUPPE.
IV. KAP.
sein Vorhaben aufzugeben. Jedoch ein kleines Bild — eben aus den
Eiern ausgekrochene Küchlein — von Tait gab den Ausschlag. Es
wurde nicht nur in enormen Massen verkauft, sondern riss auch die
liegengebliebenen Landschaften mit fort, und öffnete die Wege für
die Millionen von Chromos — diese Bezeichnung führte Prang ein — ,
welche in Amerika gedruckt oder von Europa importiert wurden.
Prangs Erzeugnisse machten dagegen die Rundreise in Europa und
fanden allgemeine Anerkennung.
In Verbindung mit John S. Clark, von der Firma Osgood & Co.,
führte Prang eine Reihe von Unternehmungen, zu Unterrichts- und
künstlerischen Ausbildungszwecken bestimmt, durch und leistete
hierin vorzügliches.
Den Einfluss des Deutschen Elements auf das Bucii-
Das deutsche GEWERBE in Nordamerika zu verfolgen ist von ganz besonderem
Interesse'. In dem Aufschwung desselben, welcher sich in der
vorigen Periode ,1, S. 273) kundgab, sollte bald ein Rückschlag
eintreten. Zur Zeit der Befreiungskämpfe Amerikas, sowie später
der französischen Revolutionskriege und der Gewaltherrschaft
Napoleons, 1775 bis 181 5, hatte die deutsche Einwanderung fast
aufgehört, und als sie wieder anfing, bestand der Zufluss fast nur
aus Leuten, die des fehlenden täglichen Brotes wegen die Heimat
verlassen und keiner geistigen Nahrung bedurften, viel weniger
selbstthätig das geistige Element kräftigen konnten. Die wenigen
begabten Männer unter ihnen schlössen sich mehr dem englischen
Element an.
Unter solchen Verhältnissen beschränkte sich die deutsche
Fr«« Krück- Druckthätigkeit auf die Herstellung einiger deutscher Schul- und
..... o 00
th.iiiaskeu der . _r
L)elit^h<:.i. Gebetbücher, sowie Kalender, welche man immer noch hauptsäch-
lich den wenigen deutschen Pressen Philadelphias verdankte. Dies
änderte sich erst mit dem politischen Aufschwung in Deutschland
in den dreissiger Jahren und mit der darauf folgenden Sturm - und
» Fr. Kapp, Der deutsch- amerikanische Buchhandel. Deutsche Rundschau
1S7S, 4. lieft. — Fr. Kapp, Der deutsch -amerikanische Buchdruck und Buch-
handel im vorigen Jahrhundert. Archiv d. B.-V, I. Leipzig 187$. — E. STEIDER,
Der Nachdruck in Nordamerika. New-York 1866. — Die deutsch-amerikanische
Presse. Ausland 1863, Nr. 6.
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IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS. I33
Drangperiode von 1S48 nebst der Zeit der Nachwehen der Reaktion.
Unter den von 1830— 1870 aus Deutschland eingewanderten zwei
und eine halbe Millionen befand sich eine nicht geringe Zahl von
Männern , die den gebildeten Ständen angehörten , welche geistige
Bedürfnisse hatten, zumteil in der Lage waren, diejenigen anderer
zu befriedigen. Hiermit begann die eigentliche Entwickelung des
deutschen Buchhandels und Druckgewerbes in dem Emporium
New -York.
Der erste, der dort geschäftlich kräftig eingriff, war der Deutsch-
Amerikaner Heinrich Ludwig (geb. 1804). Er etablierte sich 1832,
importierte anfänglich hauptsächlich Schul- und Erbauungsbücher
und fing 1834 selbst zu drucken an. Erlebte bis 1877, hochgeachtet
wennauch geschäftlich längst durch neuere Etablissements über-
flügelt.
Bereits 1835 wurde die deutsche New -Yorker Staatszeitung
unter sehr bescheidenen Verhältnissen ins Leben gerufen, sie sollte New -Yorker
sich aber bald zu einer der bedeutendsten Zeitungen Amerikas hinauf- Suau",u,n*
arbeiten. Keine Zeitung Deutschlands und kaum eine Nordamerikas
dürfte fürstlicher untergebracht sein, als die Staatszeitung in ihrem
1873 im Printinghouse- squarc in New -York bezogenen Palast.
Derselbe ist mit einem Kostenaufwand von zwei Millionen Mark,
nicht gerechnet eine Million für Grund und Boden, in Renaissance-
stil aufgeführt. Der Unterbau und der erste Stock sind aus
schwarzem Granit, die übrigen Stockwerke aus hellem Granit Ein
Mansardendach von entsprechender Höhe krönt das ganze. Die
eisernen Dachbalken sind mit eisernen Platten bedeckt; die Scheide-
wände sind ebenfalls aus Eisenplatten. Die Comptoirlokalitäten in
Renaissancestil sind reich mit Schnitzwerk geschmückt und die
Eleganz der Beleuchtungsapparate, der Marmortische und der
Mosaikfussböden entspricht dem übrigen. Allerdings Ausserlich-
keiten, aber welche Macht hat eine solche Zeitung erlangt, um sich
derartige Ausserlichkeiten schaffen zu können.
Nach und nach entstanden viele deutsche Blätter, welche, obwohl
anfanglich schwach, an Mängeln aller Art leidend und sich christlich
von Raub nährend, doch den Boden für die weitere Pflege der
deutschen Litteratur bearbeiteten. Im Verlauf der letzten 30 Jahre
hat jedoch die deutsche Zeitungspresse, die über 500 Organe zählt,
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134
DIE ANGLO -AMERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
sehr an Bedeutung zugenommen und nicht wenige der Blätter
können sich mit den besten deutschen Zeitungen messen.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Verbreitung der deutschen
Verschiedene Litteratur übte der Berliner Wilhelm Radde (geb. 1800), der 1834
lädier. " eine deutsche Buchhandlung in New -York gründete, viele Werke
für die Bedürfnisse der Gelehrten einführte und sich daneben auch
in billigen Nachdrucks- Ausgaben der Klassiker versuchte. Jedoch
waren diese noch verfrüht und wollten damals noch nicht „ziehen".
Ein Buchhändler schrieb an Radde: „Ich gebrauche umgehend
folgende „echte" Klassiker gegen bar: 100 Schinderhannes, 100
heilige Genoveva, 100 bayrische Hiesei, 100 Eulenspiegel. Grössere
Bestellungen werden nachfolgen". Radde Hess sich dies nicht zwei-
mal sagen, er veranlasste jedoch 1853 die Cottasche Buchhandlung,
namentlich um den Nachdrucken des W. Thomas entgegenzutreten,
von ihren „unechten" Klassikern sehr gute und billige Konkurrenz-
Ausgaben zu veranstalten; selbst Werke wie Humboldts „Kosmos"
und dessen „Ansichten der Natur" erschienen in solchen. Andere Ver-
leger wollten von dieser Konkurrenz gegen sich selbst nichts wissen
und Campe in Hamburg sah z. B. ruhig zu , wie eine Ausgabe von
Heine nach der andern dort gedruckt wurde. In dieser Weise
drangen viele tausend Bände der besten Werke selbst in die unter
bescheidenen Verhältnissen lebenden deutschen Familien und
stärkten die geistige Verbindung mit dem Mutterlande.
Im Jahre 1 845 hatten deutsche Verleger sich mit dem Plane
beschäftigt, auf Aktien eine bedeutende deutsche Buchhandlung in
Amerika zu errichten. Rudolph Garrigues, ein junger gebildeter
Buchhändler aus Kopenhagen, wurde nach Amerika entsendet, um
das Terrain zu sondieren. Garrigues' klarer Bericht fand allgemeinen
Beifall, als es indes zum Zeichnen der Aktien kam, schreckte der
deutsche Buchhandel vor einem mässigen Kapital von 30000 Thalern
zurück. Sonderinteressen machten sich, wie gewöhnlich, geltend,
und die Sache verlief im Sande. Garrigues etablierte sich nun selbst
mit einem tüchtigen deutschen Buchhändler, F. W. Christern.
Später folgten Jul. Hklmich, L W. Schmidt, G. & B. (jetzt W. & C.)
Westermann Brothers; das Bibliographische Institut in Hildburg-
hausen legte eine Filiale in New- York an; Fr. Gerhard druckte ein
sehr gutes deutsch-amerikanisches Konversations-Lexikon; Schäfer
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IV. KAP. TYPOGRAPHIE UND BUCHGEWERBE NORDAMERIKAS. I35
& Koradi in Philadelphia wurden bedeutend als Sortimenter wie als
Verleger. Leupoldts Verdienste sind schon erwähnt.
Gross ist die Wirksamkeit Ernst Steigers in New -York, als
Sortimenter sowohl, wie als Verleger und Drucker, gewesen. Steiger, e. steig«,
aus Oschatz in Sachsen gebürtig, bildete sich als Buchhändler in
Leipzig aus und arbeitete elf Jahre bei Westermann in New -York.
Er erwarb eine kleine deutsche Buchhandlung mit Zeitungsgeschäft
und fing dann Buchdruckerei und Verlag von Schulbüchern an,
allerdings zuerst in Nachdrucken. Durch ungemeines Verbreiten
seiner zumteil sehr umfangreichen Kataloge wirkte er sowohl
im eigenen Interesse, wie in dem der deutschen Verleger. Eine
verdienstliche bibliographische Leistung ist Steigers The Periodical
Literature of the United States of America with Index and Appen-
diees. 1873. Auch erwarb sich Steiger das Verdienst, für die
Wiener Weltausstellung 1873 eine Probe -Kollektion von je einer
Nummer von 6209 amerikanischen Zeitungen in 119 Foliobänden
fertiggestellt zu haben, die er nachher der Wiener Hof- und Staats-
bibliothek zum Geschenk machte. Von der Bedeutung, welche der
Absatz in Amerika für das deutsche Druckgewerbe hat, kann
als Beispiel dienen, dass allein Steiger von der „Gartenlaube"
12000, von der „Illustrirten Zeitung" 3800, von „Über Land und
Meer" 4000, von der „Romanzeitung" 3500, von „Daheim" 3000
und vom „Bazar" 2500 Exemplare im Jahre 1871 verbreitete. Auch
im Westen und Süden der Vereinigten Staaten entstanden deutsche
Buchhandlungen, so Theobald & Theuerkauf in Cincinnati, L. C.
Witter in St. Louis.
Jetzt, wo die deutschen Klassiker zu fabelhaft billigen Preisen
aus Deutschland eingeführt weiden können, lohnt der Nachdruck Der Nachdruck,
derselben nicht mehr und dieser beschränkt sich fast nur auf
Benutzung der Erzeugnisse neuerer Belletristen für die Feuilletons.
Konkurrenz und Sitte haben jedoch zur Folge gehabt, dass jetzt
hierfür öfters Honorare gezahlt werden. Es ist vieles über den
Nachteil und das Unmoralische des amerikanischen Nachdrucks
geschrieben worden, jedoch alle mit den dortigen Verhältnissen
näher bekannten Sachverständigen sind der Ansicht, dass „seiner-
zeit" der Nachdruck eine nötige Stütze des deutschen Elements
und ein Mittel für die jetzige Verbreitung deutscher Originaldrucke
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«36
DIE ANGLO- AMERIKANISCHE GRUPPE.
IV. KAP.
war. „Es ist", so sagt z. B. Friedrich Kapp, „eine mehr als naive
Erwartung, dass eine Bevölkerung, die von der Heimat geschieden
ist, noch jenseit des Ozeans Gesetze beobachten soll, welche den
Bildungsinteressen der Ausgewanderten hemmend in den Weg
treten. Sich hier dem Monopole deutscher Buchhändler unterwerfen,
hiessc, die Mittel der geistigen Fortbildung und Entwickelung mut-
willig von sich schleudern.14 Als der deutsche Buchhandel in Amerika
infolge der Bildungslust festen Fuss gewann und die Bücher gleich
zu haben waren, kaufte man lieber die schöneren und korrekteren
Originalausgaben als die Nachdrucke, die vor allem der Ungeneigt-
heit deutscher Verleger, billige Ausgaben für den amerikanischen
Markt zu drucken und der Unmöglichkeit, die Originale schnell zu
erhalten, ihr Dasein verdankten.
Dass unter den geschilderten Druckverhältnissen der Papier-
uic Papicrfabri- verbrauch ein kolossaler sein muss, leuchtet ein. Die Fabrikation1
reicht bis auf das Jahr 1680 hinauf. Die eigentlichen Fortschritte
datieren jedoch erst aus diesem Jahrhundert. Zur Verwendung
kommt fast nur Baumwolle. 1 860 hatte Amerika etwa 700 Fabriken,
welche gegen 3c» Millionen Pfund zu einem Werte von etwa
200 Millionen Mark produzierten. Die Zahl der Fabriken beträgt
jetzt über 1000. Während im Jahre 1869 der Wert der Einfuhr
527465 Dollars, der der Ausfuhr nur 3777 Dollars betrug, hat sich
das Blatt in zehn Jähren vollständig gewendet und Amerika führte
1880 für 1 018 318 Dollars aus und nur für 135 487 Dollars ein.
Die Einfuhr aller zum Pressgewerbe gehörenden Materialien
und Maschinen ist überhaupt eine durch die Zölle so schwer belastete,
dass sie nicht von Belang sein kann, wahrend sich die Ausfuhr nach
Europa sowohl als auch nach Asien und Australien in einer Weise
vermehrt, welche der englischen Konkurrenz Bedenken einflösst.
Der Wert der nach Amerika eingeführten deutschen Bücher und
Kunstsachen beträgt etwa vier Millionen Mark jährlich.
« Directory ofthe paper nnnufactures in the United States and Canada. 6. Aufl.
New -York 1880.
kation.
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ZWEITES BUCH
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.
IE Romanische Gruppe, an deren Spitze Frank-
reich, hat, wie die Anglo - Amerikanische , vor der
Germanischen den grossen Vorsprung der einheit-
lichen Druckschrift voraus. Hat dieser Umstand
auch mitunter eine gewisse Monotonie in seinem
Gefolge, so wirkt die Einfachheit und die Ruhe, die
über die Druckwerke verbreitet ist, doch ungemein wohlthuend und
gewährt in dem praktischen Geschäftsbetrieb und in der Ausbildung
eines festen Geschmackes grosse Vorteile.
Trotz aller Beweglichkeit des französischen Charakters und
dem ewigen Wechsel der in Frankreich geschaffenen Moden hat
seine Typographie einen weit konservativeren Charakter als die
deutsche. Der durch die National-Druckerei und die Didots hervor-
gerufene Typenduktus ist noch immer und mit Recht der herrschende
geblieben. Namentlich haben die Didotschen Schrift en von ihrem
ersten Auftreten ab durch die strenge, jedoch anmutige Zeichnung,
den regelmässigen und scharfen Schnitt, die bewundernswürdig
berechnete Zurichtung in der Weite ihr Ubergewicht behauptet.
Zwar hat das Streben nach vorwärts und der berechtigte
Wunsch eines jeden befähigten Schriftschneidersund Schriftgiessers,
140
EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.
den Reichtum zu vermehren, eine Anzahl von Varianten zur Folge
gehabt; von allen diesen, bald mehr, bald weniger glücklichen
Neuerungen kann jedoch keine ihren Ursprung verleugnen und der
ältere Duktus ist geblieben. Die erwähnten zwei Druckereien, des
Staates und der Didots, sind in der That für das Druckgewerbe
dermassen bestimmend gewesen , wie ähnliches in keinem anderen
Lande in der neueren Periode der Druckkunst vorkommt, aus-
genommen allenfalls in Österreich, wo die Herrschaft der Staats-
druckerei zwar eine mächtige, jedoch nicht langdauernde war.
Neben der Einheitlichkeit der Schrift war für die französische
Typographie auch die Einheitlichkeit des Schriftsystems ein
förderndes Moment, deren Wichtigkeit kein Fachmann, der unter
der Systemlosigkeit in Deutschland gelitten hat, unterschätzen wird.
Schliesslich ist die Betreibung von Spezialitäten sowohl in der
Schriftgiesserei wie in der Typographie ein gewaltiger geschäftlicher
Vorsprung der Franzosen. Diese Teilung der Arbeit geht in der
Schriftgiesserei so weit, dass es Geschäfte in Paris giebt, die sich
nur mit Giessen von Ausschluss und Durchschuss abgeben. Auch
verlangt man dort nicht, wie in Deutschland, dass jeder Buchdrucker
Virtuos in allen Branchen sein solle, auch nicht, dass jede Druckerei
auf alle Arbeiten gleichmässig eingerichtet sei , auch ist keine Rede
von dem Erschwernis einer deutschen Buchdruckerei, dass sie in
zweierlei Schriftarten gleichmässig gut assortiert sein müsse.
Das gesagte gilt ebenso für die Buchbinderei. Nicht nur,
dass die verschiedenen Arten des Einbandes selten in einer und
derselben Offizin geübt werden; es ist nicht einmal üblich, alle zu
einer Art von Einband gehörenden Arbeiten in einer Werkstätte zu
vollbringen, sondern es giebt besondere Schnittvergolder, Hand-
vergolder, Marmorierer etc. , denen man die Einzelarbeiten zuweist
Unter solchen Arbeitsverhältnissen ist es selbstverständlich viel
leichter, in Frankreich in einem einzelnen Zweig Virtuos zu werden
und praktische Erfolge zu erzielen. Dieses darf nicht übersehen
werden , wenn man das Mass der Tüchtigkeit und Intelligenz ver-
gleichend beurteilen will, welches in Frankreich und Deutschland in
den graphischen Künsten Verwendung findet.
Trotzdem kann Frankreich weder, was Werk- und Accidenz-
druck, noch weniger was Zeitungsdruck betrifft, im allgemeinen ein
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KINFÜHRUNG IN DAS ZWKITK RUCH.
Ubergewicht über Deutschland eingeräumt werden. Es wird im
Gegenteil vieles dort so schlecht gedruckt, wie es in Deutschland
nicht geschieht, man möchte fast sagen, nicht mehr geschehen
kann. Eine Überlegenheit zeigt die französische Typographie erst
dann, wenn es sich um die Verbindung von Geschmack, Eleganz
und Geschick zur Herstellung von etwas wirklich Hervorragendem
handelt. Da fehlt es eben an nichts, dann arbeiten sich alle
Beteiligten der verschiedenen graphischen Gewerbe einmütig in die
Hände, ohne Jalousie und ohne die Prätensionen des Virtuosentums,
das sich auf Kosten der Gesamtwirkung hervorzuthun strebt.
„Alle Mitwirkende fühlen sich dann als Glieder einer Kette, wie sie
auch wirklich in dem Ccrcle de Li Librairic zu einer solchen vereinigt
sind. Gerade in dieser Vereinigung „ Aller", durch welche sich
„Jeder" als Teil des Ganzen fühlt, aber auch rnur als Teil", über
dem das Ganze steht, liegt sicherlich ein wesentlicher Grund zu den
Erfolgen, welche der Buchhandel und die Typographie Frankreichs
erzielen, sobald sie geschlossen auftreten1."
Noch ein , und zwar ein sehr wesentlicher Faktor wirkt zu-
gunsten der französischen Buchdrucker und Buchhändler mit : „das
Publikum". Ob die „Bildung" und „die Leselust" in Deutschland
nicht grösser sind, als in Frankreich, mag hier unerörtert bleiben,
unzweifelhaft ist es jedoch, dass die „Kauflust" und die „Kauf-
fahigkeit" in dem letzteren Lande überwiegen. Hierdurch wird die
Herstellung der schönsten Ausgaben zu verhältnismässig sehr billigen
Preisen, welche sehr grosse Auflagen voraussetzen, möglich. —
Schliesslich kommt auch die grosse Konzentration der wissenschaft-
lichen und technischen Kapazitäten in Paris dem dortigen und
damit fast dem ganzen französischen Buchgewerbe ausserordentlich
zustatten.
« Die obigen Worte sind der von dem Verfasser dieses Handbuches als
Mitglied der Internationalen Jury für die Gruppe xu der Wiener Ausstellung im
Jahre iS73und Berichterstatter derselben abgefasstenMotivicrung des Antrages der
Jury entnommen: dem Corde de la Librairie die goldene Khrenmedaillc zu erteilen.
Überhaupt kommen in dem Versuch der Charakterisierung der modernen Typo-
graphie in den verschiedenen Gruppen öfters Anführungen vor aus der im
Auftrag der Kaiserlich Deutschen Ausstcllungs-Koinmission abgefassten Schrift:
„Die graphischen Künste auf der Weltausstellung zu Wien. Offizieller Mericht
von Carl IJ. I,orek. Draunschweig 1S74". Diese Kntlehnung aus eigener Arbeit
wird wohl niemand als Plagiat betrachten.
142
EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.
Wie die französische Typographie mitten zwischen der eng-
lischen und der deutschen steht und in ihren besten Erzeugnissen
in gewisser Beziehung die guten Eigenschaften beider vereinigt, so
auch die Xylographie. Der französische Holzschneider ist im
allgemeinen weniger ängstlich in der Wahrung der Eigentümlich-
keiten des Zeichners als der deutsche, andererseits nicht so unge-
bunden in der technischen Behandlung wie der englische und zeigt
fast immer Grazie und Anmut in der Behandlung. Er ist bestimmter
in der Umgrenzung als der englische, zarter in den Formen als der
deutsche. Aber oft geht doch dem französischen Holzschneider die
frappierende Wirkung über die innerliche Wahrheit und die ruhige
Kraft.
Was den „Druck" der Illustrationswerke betrifft, so kann der
deutsche sich vollständig mit dem französischen messen, doch lässt
es sich nicht leugnen, dass die französischen Prachtwerke trotzdem
in der Regel einen vornehmeren und harmonischeren Gesamt-
eindruck hervorbringen; die Ursache liegt in dem schon oben
Angedeuteten.
Im Accidenzfache haben die Franzosen seit ihrem weltberühmten
Derriey keine Fortschritte gemacht. Sie legen überhaupt nicht auf
die minutiöseste Ausführung der Accidenzen so viel Gewicht wie die
Deutschen, die eher geneigt sind, des Guten zu viel zu thun.
In der Erfindung von Druckmaschinen umwälzender Art haben
die Franzosen keine hervorragenden Verdienste. Dagegen ver-
standen sie es vortrefflich, mit der ihnen angeborenen Findigkeit
und unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse , das Dar-
gebrachte in geschicktester Weise zu verbessern, für den Betrieb
nützlicher, für das Ansehen wohlgefälliger und in der Anschaffung
billiger herzustellen. Von ausländischen Maschinen wurden nur
wenige in Frankreich eingeführt und die Fabrikation deckte nicht
nur den heimischen Bedarf, sondern versorgte auch fast den ganzen
ausserdeutschen Kontinent, bis es Deutschland gelang, mit in die
Konkurrenz zu treten.
Der Vorwurf, der öfters den französischen Maschinenbauern
gemacht wird, dass sie die Eleganz auf Kosten der Solidität fördern,
dürfte in der Allgemeinheit nicht richtig sein. Man geht in Frank-
reich von dem Grundsatz aus, dass die gewerblich - technischen
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EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.
143
Fortschritte in zehn Jahren bereits so enorm sein werden, dass man
klüger thut, billige Maschinen zu bauen, um ohne zu grosse Kosten
schneller neue Anschaffungen machen zu können, als mit für die
Ewigkeit gebauten Maschinen festzusitzen. Die Billigkeit wird
übrigens auch dadurch gefordert, dass man fast ausschliesslich dem
Prinzip der Tischfarbung und der Eisenbahnbewegung statt der
kostspieligen Cylinderfärbung und Kreisbewegung huldigt
Bezeichnend ist in Frankreich der grosse Einfluss, welchen
die Regierung in doppelter Richtung, teils in fördernder, teils in
hemmender Weise, übte. Was sie mit der einen Hand gab, nahm sie
mit der andern. Alle Regierungen dort unterstützten die Fortschritte
der „Typographie" in ihrer Unmündigkeitsperiode, suchten jedoch
die vormundschaftliche Autorität über diese hinaus auszudehnen,
und hemmten von Beginn ab die ruhige und freie Entwicklung der
„Presse**. Hierin bildete Frankreich einen vollständigen Kontrast zu
England, wo Typographie und Presse, sich selbst überlassen, eine
mächtige Entwicklung nahmen, und teilweise zu Deutschland, wo
man die fördernde Teilnahme von oben nie, um so Öfter jedoch die
hemmende, kennen lernte.
Die Dcpendenzen der französischen Typographie stehen dieser
nicht gleich.
BELGIEN liefert zwar manches gute, jedoch nicht viel hervor-
ragendes. Es giebt sich in seiner Typographie eine gewisse Schwer-
fälligkeit kund. Die Schrift ist zwar französisch, aber die leichte
Eleganz der besseren französischen Presserzeugnisse wird selten
erreicht. Das Material ist das gleiche, aber die in der Ausfuhrung
damit hervorgebrachte Wirkung eine andere.
In Italien, Spanien und Portugal stehen die Leistungen
im ganzen genommen auf einer und derselben Stufe, der des Mittel-
• Nachdem dieser Abschnitt bereits gesetzt war, geht uns ein Artikel des
bekannten Fachjournals V Imprimeri< zu, in welchem einer der tüchtigsten Typo-
graphien Frankreichs, Motteroz, nicht allein das obengesagte zugiebl, sondern
noch viel weiter geht und eine Überlegenheit Deutschlands nicht nur in der
Typographie und der Schriftgiesserei, sondern auch in der Xylographie und der
Papierfabrikation anerkennt und für die Franzosen nur den Vorzug in der
Maschinenfabrikation beansprucht. Im degensatz zu einer öfters vorkommenden
Überhebung seiner Landsleute scheint Motteroz fast in eine Kleinmütigkeit zu
verfallen, die doch wohl zu weit geht, wenn er schliesst: „Noch wäre es vielleicht
Zeit, sich aufzuraffen, besitzen wir aber hierzu die notige geistige Kraft?"
144
EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.
guten, mitunter auch des Mittelmässigen. In Bezug auf die Erzeug-
nisse der Schriftgiesserei und des Pressenbaues befinden sich die
genannten Länder fast vollständig im Abhängigkeitsverhältnis zu
Frankreich. Erst in neuester Zeit hat Deutschland hie und da mit
zu konkurrieren begonnen. Politische Verhältnisse, fortwährende
Unruhen und Fremdherrschaft in stetem Wechsel haben eine freie
Entwicklung auf lange Zeit gehemmt. Es werden aber jetzt ernste
Anstrengungen gemacht, um lange Versäumtes nachzuholen.
Der ORIENT steht zu Frankreich fast in demselben Verhältnis,
wie Ostasien zu England und wie die slawischen und Donauländer zu
Deutschland-Österreich. NuRDAFRlKA unterliegt selbstverständlich
ganz Frankreichs Einfluss. Die TÜRKEI und ÄGYPTEN liefern einiges
gute, doch darf dies weniger als nationale Leistung betrachtet
werden , denn die Hersteller sind meistenteils Franzosen , die mit
französischem Material arbeiten.
V. KAPITEL.
DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE MASCHINEN
IN FRANKREICH.
Die SCHRIFTCIESSEREI: Das Schriftsystein Didots, seine Anglaise, Mole. Orientalin
Notendruck. E. Ditvergcr, Charles Derriey und das typographische Ornament.
Holzschnitt und Hochätzung. Die Stereotypie: Daule, Gaveaux, Jannin.
Die M\scminen: Marinoni, Alauzet, Dutartre u. a. Die Utensilien. Farbe,
l'apierfabrikation. Die Ituchhindektinst.
OURNIER lk jeu nf. hatte mit seinen Bemühungen
für die Einführung einer gleichmässigen Einteilung der
Schriftgrössen (I, S. 214) kein rechtes Glück gehabt.
Erst AMBROISE Francois Didot war es beschieden,
ein von Fourniers Grundsätzen etwas abweichendes
System zur rechten Geltung zu bringen, und hiermit nicht der Typo-
graphie seines Vaterlandes allein einen unermesslichen Dienst zu
erweisen, dessen Wert allerdings dem Nichtfachmann weniger als
die äussere Schönheit seiner Typen und seiner Drucke oder der
innere Gehalt seiner Verlagswcrke in die Augen springt.
In seiner Einteilung ging Didot von dem damals in Frankreich
geltenden Massstab, dem J'/fd du Rot, aus. Eine Linie desselben
teilte er in sechs typographische Punkte und bestimmte nach solchen
die regelmässige Abstufung der Schriftgrade. Hieraus erwuchs indes
eine Differenz mit dem F'ournierschen System, indem 1 1 Didotsche
Punkte gleich 12 Fournicrschen sind.
10
I4<> DIE ROMANISCHE GRUPPE. V. KAP.
Sicherlich stände das Didotsciie System widerspruchslos da,
hätte nicht das erst später in Frankreich und anderen Ländern
gesetzlich eingeführte, wissenschaftlich allein stichhaltige Metermass
mit Dezimaleinteilung wieder einen Riss hineingebracht, indem das
Didotsche System sich nicht vollständig rationell auf das neue Mass
übertragen lässt. Die Frage des einheitlichen Welt -Schriftkegels
kann demnach erst in der Zukunft ihre volle Lösung finden'.
Eine Didotsche Erfindung ist ebenfalls die berühmte Schreib-
Didoischc schrift Augiciist-. Die bisherigen Schreibschriften waren eigentlich
nur Cursivschriften ; jeder Buchstabe stand für sich, ohne Verbindung
mit seinen Nachbarbuchstaben. Didot führte die der Schriftlage
folgende schräge Typenbildung ein, welche die Verbindung der
Schriftzüge unter einander erleichterte. Um die vollständige Freiheit
der mit der Hand hergestellten Schrift zu erreichen , waren jedoch
grosse technische Schwierigkeiten zu überwinden. Jenachdem ein
Buchstabe zu Anfang, zu Ende oder in der Mitte eines Wortes
stand, oder die Nachbarbuchstaben herauf- oder heruntergehende
waren u. dergl., war eine Variation der Verbindungsstriche und
somit eine grosse Vermehrung der Typen notwendig. Manche
derselben enthielten nicht einmal einen vollständigen Buchstaben,
sondern dieser musste aus mehreren Teilen zusammengesetzt werden.
Hierin und in der Wahl der richtigen Ansätze liegen die Schwierig-
keiten und nicht jeder Setzer wird diese zu überwinden verstehen.
Ausserdem erfordert der Druck infolge der Zartheit der Haarstriche
eine ganz besondere Aufmerksamkeit, denn die schöne und teure
Schrift kann durch Ungeschicktheit des Druckers schon bei dem
erstmaligen Gebrauch verdorben werden. Damit die schrägen
Typenstücke fester an einander schliessen, sind sie an der einen
Seite mit einer halbrunden Vertiefung, auf der andern mit einer
ebensolchen Erhöhung versehen, die in einander greifen. Dreiseitige
Schlussstücke stellen die für die Festigkeit der sonst schrägstehenden
Zeile notwendige rechtseitige Gestalt her.
Einer der bedeutendsten Schriftgiesser Frankreichs war Joseph
)a, \i ,ir. Moi.it. Bereits als Kind befasste er sich mit Gravieren und als
Achtzehnjähriger hatte' er schon manchen Stempel geliefert.
i H. Smm.Mn, I'r.-ikii-.elu-s HaiuRuicli für Bucluirticker im Verkehr mit
Suhnfl-ieNsercien. 2. Atitl. Leipzig 1S77.
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V. KAP.
DIE SCHRIF1 GIESSEREI UND DIE MASCHINEN-
«47
Während seines geschäftlichen Wirkens schnitt er eigenhändig über
200 komplette Schriften. Ihm verdankt man auch die Einführung
der so praktischen Hohlstege.
Auf fremdländische resp. orientalische Schriften wurde im
ganzen genommen von den Schriftgiessereien und Buchdruckercien orientalische
nicht grosses Gewicht gelegt. Eine Ausnahme machte jedoch die, ''^ScTrtfr^6
während eines Jahrhunderts siebzehnmal den Namen wechselnde,
jedoch ihrem Charakter treu bleibende Staatsdruckerei. Mit
besonderer Vorliebe und grosser Ausdauer wurden dort nicht
weniger als sechs Versuche gemacht, den Chimborasso der Typo-
graphie, die Herstellung chinesischer Schrift, zu überschreiten.
Die erste, für Fourmonts Grammatik benutzte Schrift hatte ein
vollständig barbarisches Aussehen. Auch die 14000 Typen für
Desguignes Lexikon waren noch viel zu gross und hässlich. Spätere
12 000 Typen von Deshauterais wurden nie benutzt Remusat Hess
2000 Zeichen schneiden, deren er sich für seine Grammatik bediente.
Die von M. H. Klaproth veranlassten Typen machten grosse
Ansprüche, elegant zu sein, es wurden mit denselben jedoch nur
wenige Seiten gesetzt. 1 836 machte der Direktor der Staatsdruckerei,
Marcelim le Grand, unter Leitung des Orientalisten Pauthier einen
neuen Versuch. Als Grundlage diente das Wörterbuch von Kanghi,
welches 43 496 Charaktere enthält, die auf gegen 30000 reduziert
und in zwei Klassen geteilt wurden, die der nicht zerlegbaren {3581^
und die der zerlegbaren (26295) Zeichen, welche sich mittels
4267 Stempel herstellen Hessen'.
In dem Lande der Franzosen , die nicht in dem Grade ein
singendes und spielendes Volk sind, wie die Deutschen, war auch Der Ni >t--u<lruck.
die typographische Herstellung von Noten nicht von der Wichtigkeit,
wie in Deutschland; doch hatten, abgesehen von den älteren Ver-
suchen, Fournier le jelne und Gando Noten geliefert, diev freilich 1 r nier und
keinen Anspruch auf Originalität machen konnten 's. Kap. xil). Die
Genannten bekämpften sich gegenseitig; Gando warf Fournier vor,
er habe Breitkopfs Noten kopiert ; Fournier behauptete, Gando hätte
überhaupt keinen Stempel schneiden können, also auch keine Noten.
1 Über die fraruö^i>,chc Schriftyics.scrci vergleiche noch die Ah-ciniiiu
„Didot- und „Staatsdruckerei".
lo*
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148
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
V. KAP.
Der Wunsch , den Übelstand der Breitkopfschen Noten : dass
die Linienstücke an jeder Note hängen, also trotz des vorzüglichsten
Gusses die Sichtbarkeit der Zusammenfugungen kaum zu vermeiden
ist, musste zu Versuchen führen, Linien und Noten unabhängig von
einander herzustellen. Doppelter Druck, der der Linien für sich und
der der Noten für sich, ist jetzt noch, war aber namentlich mit den
damaligen Druckapparaten ein schwieriges Unternehmen und der
Satz der Noten allein ohne System auch ein sehr beschwerlicher.
Duvergcr» Eugen Duvi.rger suchte diese Übelstände zu überwinden. Mussten
Systeme, die Noten auch bei seiner Methode für sich gesetzt werden, so
war der Satz doch durch ganz zarte Andeutungen der Linien
erleichtert, welche an die Type angegossen waren und als Richt-
schnur bei dem Setzen dienten. Über den Notensatz wurde eine
Gipsmater geformt und in diese das Liniensystem mittels einer
Maschien durch kleine Rollmesser hineingeschnitten. Da die System-
linien kräftiger waren als die an den Typen befindlichen schwachen
Linienandeutungen, so wurden letztere durch erstere vollständig
gedeckt. Um die Zahl der notwendigen 417 Stempel in der Praxis
zu vermindern, wurden erst die komplizierteren geschnitten und von
diesen die Matern angefertigt, dann durch Wegschneiden einzelner
Teile die einfacheren Stempel gebildet. Aus diesem Verfahren
erwuchs jedoch der Nachteil, dass man sofort von den komplizierteren
Stempeln so viele Matern abschlagen musste, als man überhaupt
für alle Zukunft haben wollte. Die Schleifungen wurden durch
schwache Kupfcrblättchcn erzielt, deren Anfang in den Typensatz
eingelassen wurde, während der übrige Teil sich nach Belieben
biegen und abschneiden Hess'. Duverger stellte auch Karten her
durch ein System kleiner Kupferlinien, welche in eine Bleiplatte
eingefügt wurden, ebenso wurde es mit den Schriften gehalten.
Derrikys Notensatz bestand in einem System aus fünf ganzen
Messinglinien, an deren oberen und unteren Seiten die aus zwei
Teilen bestehenden Notenköpfe angesetzt wurden. Die Köpfe
waren so unterschnitten, dass der Anschluss an die Linie ein voll-
kommener war. So sinnreich auch sowohl seine als Duvergers
Methode waren, so springt es doch dem Fachmann leicht in die
1 E. Duverukr, Album tyfegraphique. Paris 1840. Kin Prachtwerk, weicht s
Duverger anlässlich Her Juln-lfcier erscheinen liess.
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V. KAP.
DIE SCHRIFTGIESSERF.I UND DIE MASCHINEN.
149
Augen, dass für die Praxis mancher Mangel mit beiden, mit der
Derrieyschen noch der besondere Ubelstand der Verwendung von
Messinglinicn zusammen mit Noten von Schriftzeug, verbunden war.
Die Anwendung der Pyrostereotypie (Planotypie, vgl.
Kap. ix) wurde in Frankreich von Wals eingeführt und von pyro»tcrcot>Pie.
Carbonnier verbessert; zuerst war sie 1840 in Irland benutzt worden.
Was die Erzeugnisse der Schriftgiesserei für dekorative Zwecke
anbelangt, hat Frankreich einen bis jetzt nicht übertroffenen Meister Ornamente u«d
in dem erwähnten Charles Derriey aufzuweisen. Sein Schicksal
entschied sich nicht schnell. In einem Alter von 1 8 Jahren verliess Charles Dcrnev
• 17. Aug. 18118.
er die Offizin Gauthier in Besancon, wo er sich etwas mit allem, tu. Kehr ih77.
was zur graphischen Kunst gehört, beschäftigt hatte. Er trat nun
in das Haus Didot ein, wo er nacheinander als Setzer, Drucker,
Stereotypeur, Schriftgiesser und Zeichner arbeitete und schliesslich
in seinem 27. Jahre die Gravierkunst lernte. Da er mit angeborenem
Kunstsinn und ernster Willenskraft viele praktische Kenntnisse ver-
band , trug er kein Bedenken, sich selbständig zu machen. Wollte
man ihm von Stufe zu Stufe in seinem Schaffen folgen, so müsste
man sein berühmtes Probebuch *, einen Folianten von gegen 200
grösstenteils in Farben und Gold ausgeführten Seiten, Blatt für
Blatt beschreiben. Vignetten, verzierte Schriften, Züge, Eckstücke,
Linien, Einfassungen u. dgl. finden sich darin in grosser Vollkommen-
heit und reicher Abwechselung. Seine Phantasie-Einfassungen über-
treffen durch Neuheit, Eleganz, Genialität, Akkuratesse der Arbeit
und ihre endlosen Kombinationen alles Dagewesene. Derriey mutet
der Schriftgiesserei und der Typographie nicht wenig zu, kennt
jedoch genau die Grenze, bis wohin er sie fuhren darf. Er zeichnete
und schnitt nicht allein, sondern setzte und kombinierte in der
geschicktesten Weise. Jedes Stück steht an seinem rechten Platz ;
Licht und Schatten versteht er meisterhaft in effektvollster Weise
wechseln zu lassen.
Auch als Mechaniker hatte Derriey grosse Bedeutung. Seine
Giess- und Linieninstrumente sind Erfindungen von hohem Werte.
Ein kleines Wunderwerk bleibt namentlich seine Numeriermaschine
für Banknoten.
« J. ('. Derriey, Splämm Album, l'ol. Paris l86^.
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I 50 DIE ROMANISCHE CRUPPE. V. KAP.
Derrieys Erzeugnisse fanden nicht weniger Anerkennung im
Auslande als in seinem Vaterlande. Leider muss hinzugefügt
werden, dass er durch galvanische Nachbildungen in arger Weise
um die Vorteile seines geistigen Eigentums gebracht wurde. Seine
Giesserei mit allem Zubehör ging nach seinem Tode auf A. Turlot
Gebr. Virey) über.
In Derrieys Atelier arbeiteten auch zwei der berühmtesten
Kunstsetzer in Paris Sixte Albert und L. Moulinet. Beide lieferten
im Figuren- und Portratsatz mittels Linienstücke Unglaubliches;
Albert eine viel angestaunte Laokoon- Gruppe, Moulinet (f 1874)
einen Beranger in ganzer Figur und eine Amor und Psyche-Gruppe.
Von anderen Künstlern in der Richtung der ornamentierenden
ücchamps und Schriftgicsserei sind zu nennen Dechamps und der sehr fruchtbare
Petition. t ,
Petibon, der die Kaleidoskop -Einfassungen einführte, die zwar sehr
hübsch waren , jedoch zumeist für den Buchdrucker ein totes Kapital
blieben, weil die Setzer das Material nicht zu behandeln verstanden.
Laurent ,v Laurent & Debernv lieferten schone Züge, Initialen und Plakat-
schriften. Ihre Polytypen beliefen sich auf mehr als 6000, mit
denen sie alle Länder der Romanischen Gruppe reich versorgten.
Fonderu etturuu Eine bedeutende Anstalt entstand unter der Vxxm^Fonderie generale
u. a.
Laboulave & Co., später Rene & Co., aus der Vereinigung der
Firmen Didot, Mole, Crosmkr, Everat, Tarbe & Co., welche
letztere sich durch ihre systematischen Hohlstege und Stereotyp-
Unterlagen bekannt gemacht haben. Auch Lombardot, Babenberg
& Majeur lieferten viele Einfassungen, sowie Phantasie- und Titel-
schriften. Renault & Robcis zeichneten sich in der Spezialität der
Messinglinien, der Hohlstege und des Durchschusses aus. In neuester
Zeit machte sich Henry J. Tucker, Filiale der Londoner Giesserei
Caslon, sowohl durch die Leistungen des von ihm vertretenen
Instituts, als durch die vorzüglich geleitete Fachzeitschrift Typologie-
1 ucker einen Namen.
Um das Jahr 1840 führte Colson eine Zeugmischung von Eisen
MetijKcrbesic und Schriftmetall ein, welche die Haltbarkeit des gewöhnlichen
Zeuges verdreifachte. Die* Versuche Petyts, Typen aus Kupfer-
stangen durch Pressung in eine Stahlmater zu erzielen, erreichten
ebensowenig ein praktisches Resultat, wie Cardons Erfindung, ein
kupfernes Buchstabenbild auf einen Typenstiel von Schriftmetall
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V.KAP. DIE SCHRIFTGIESSKRF.I UNI) DIE MASCHINKN. I 5 I
anzubringen. Die Herstellung der Typen aus Glas blieb ebenfalls
ohne wirkliche Erfolge.
Verdankte man auch die erste praktische Methode der Schrift-
stereotypie und der Anfertigung von Cliches England, so hatten die Die- Stereotypie.
Franzosen sich doch schon lange mit der STEREOTYPIE beschäftigt'
und durch ihre späteren Verfahren das Stanhopesche überflügelt;
ja es scheint fast, als wären sie auf dem Wege, selbst die Verwendung
der Jacobischen Galvanoplastik für die Typographie durch die
Celluloid- Cliches zu verdrängen.
Bereits vor Beginn des XVIII. Jahrhunderts lieferte ein Pariser
Gelehrter und Buchdrucker Gabr. Vallkyrf. einen Kalender in ct>r. vjiieyrc.
Mcssingplatten, die in Matern aus Thon oder diesem ähnlicher Masse
gegossen waren. Da aber diese Matrizen nicht vollständig gleich-
mässig vertieft und die Platten ausserdem auf der Rückseite nicht
ganz, glatt waren, so fiel der Druck nicht gleichmässig aus.
Der Akademiker Darcet hatte 1773 seine Erfahrungen über das
Legieren leicht schmelzbarer Metalle veröffentlicht. Ein Elsasser Igt». HofTmann.
Franz Ignaz Joskph IIoffmann wurde wahrscheinlich hierdurch ver-
anlasst, Matern aus fetter, mit Gips vermischter Erde, welcher Syrup
und Kleister zugesetzt wurden, zu bilden und diese in erhitztem
Zustandein eine Legierung von VVismuth, Blei und Zinn in dem
Augenblick der Erstarrung der Metalle einzudrücken. Die so
, erhaltene Platte wurde auf Xussbaumholz mit feinen Nägeln fest-
gemacht.
Mit solchen Platten druckte Hoflmann 1787 ein dreibändiges
Werk Rechen he s historiques sur /es Maure s par de Chemin pire.
HofTmann musste seine Druckerei in andere Hände geben und
ersann nun ein anderes Verfahren. Er liess 360 Stempel, teils
einzelne Buchstaben, teils Logotypen, anfertigen. Durch mecha-
nische Vorrichtungen wurden diese Stempel senkrecht in die oben
beschriebene Mctallmasse gesenkt. Die gewonnene Matrize ward
in einer Presse, wie ein Petschaft in der Stcmpclpresse, angebracht
und durch einen Balancier in die dem Erstarren nahe Schriftmasse
mit einem kräftigen Schlage eingetrieben. Von einer praktischen
1 A. C. (,'\Mrs, Memoire sur Vki:t. ete. du po!ytypa:^e et de la Stereotypie. Pari*
1S02. — i»K Porvy, /Weis sur la Stereotypie. Paris 1S22. — H. Mkyek, Handbuch
der Stereotype. Br.iun^chweij,' 1S3S.
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I
152 DIE ROMANISCHE GRUPPE. V.KAP.
Verwendung dieses aus vielen Gründen unzweckmässigen Verfahrens
verlautet nichts. Ebensowenig wie von HofTmanns Logotypen, für
welche er 1792 ein Patent für 15 Jahre erhielt.
HofTmanns erste Proben hatten viele Nachahmungen hervor-
j. carc/. gerufen, unter denen die von Joseph Carez, Buchdrucker in Toul,
besondere Beachtung verdienen. Seine Matrizen litten aber sehr
durch die Hitze und das Zusammenbacken mit der Schrift. Bei
einem befreundeten Münzsammler hatte er jedoch gesehen, wie
dieser durch einen kurzen trockenen Schlag Abdrücke in Zinn von
seinen Münzen nahm. Carez bediente sich nunmehr eines Fallklotzes,
um eine Schriftseite in die halbflüssige Masse einzuprägen und so
eine brauchbare Mater zu erhalten. 1786 lieferte er ein Kirchen-
gesangbuch in zwei Grossoktav- Bänden , jeder von 1000 Seiten, in
dieser Weise hergestellt und später viele Werke, darunter eine
Nonpareille-Bibel.
Als der Assignatendruck eine rasche Vervielfältigung der
ocnfjcmhrc und kleinen Platten notwendig machte, um viele solche auf einmal
drucken zu können, verbesserten Gf.kgemdre und Heran das Ver-
fahren mit dem Fallklotz, welcher in Fugen vertikal und parallel
stehender Säulen, wie in einem Rammbocke, eingelassen wurde. Die
Tischplatte, auf welcher der Behälter mit der Schriftmasse stand,
übte durch starke Federn einen elastischen Gegendruck aus und
man erhielt in dieser Weise Platten in scharfer Prägung, deren
Rückseiten durch Hobeln egalisiert wurden.
Die von Didot 1795 herausgegebenen Logarithmen werden
Peter Didut und gewöhnlich als Stereotypen bezeichnet, sie sind jedoch nur von
zusammengeschmolzenen Schriftkolumnen gedruckt. 1798 ver-
einigte sich jedoch Peter Firmin Didot, der auch ein Patent besass,
mit Heran 1 zu dem Zweck, Stereotyp- Ausgaben zu veranstalten,
um nicht nur die gedruckten Exemplare, sondern auch die Platten
zu verkaufen. Das erste nach ihrem Verfahren hergestellte Buch
war ein Virgil in i8mo von etwa 400 Seiten. Ein Exemplar kostete
nur 1 5 Sous, eine Platte drei Franken.
Heran wollte noch reformieren und Hess von Stahlstempeln
Matrizen in typenfbrmige Kupferstückchen treiben, die in einem
Winkelhaken aufgesetzt wurden. Jedoch musstc der Setzer mit dem
« So schreibt ihn Didot, nicht, wie üblich, Herhan.
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V. KAP.
DIE SCHRIFTGIESSKREI UND DIE MASCHINES.
»53
letzten Worte einer Zeile und dem letzten Buchstaben eines Wortes
anfangen oder, was etwas leichter war, wie gewöhnlich von links
nach rechts setzen und dann den Satz der Zeile Buchstabe für
Buchstabe umstellen. Spatien und Quadraten mussten höher sein
als die Typen, nicht wie sonst niedriger, weil die Zwischenräume in
der Platte tiefer liegen mussten. Schön in der Theorie aussehend,
war das Verfahren in der Praxis unzweckmässig und teuer, Korrektur-
Abzüge konnten vor dem Guss nicht gemacht werden , so dass alle
Änderungen erst in den Platten vorgenommen werden mussten.
Das bis dahin einzig praktische Stereotyp -Verfahren , das
Stanhopesche, fand natürlich auch in Frankreich Eingang. Eine da,m.
namentlich für das Giessen von Cliches weit bequemere Methode
erfand der Franzose Daule, der nicht die Matrize in die flüssige
Schriftmasse versenkte, sondern sie zwischen zwei eiserne Platten
mit erhöhten Rändern einlegte, die einen flachen Giesskasten
bildeten, in welchen der Zeug mittels des Giesslöffels eingegossen
wurde.
Eine sehr grosse Bedeutung gewann die PAPIERSTEREOTYPIE
des Setzers Genol'. Anfanglich mit Misstrauen empfangen , hat sie Genou» Papier-
sich später besonders für Schriftstereotypie vortrefflich bewährt und
ist für die Einführung der Rotationsmaschinen ein unbedingtes
Erfordernis geworden.
Die Mater wird aus einer Anzahl von Blättern, teils Seiden-,
teils stärkeren Papiers, gebildet, die einzeln, mit einer breiartigen
Klebemasse angestrichen, aufeinandergelegt werden, bis sie die
Stärke eines festen Kartons erreicht haben. Durch Klopfen mit
einer langstieligen Bürste wird die Schriftkolumne in die weiche
Papiermasse eingeprägt und die Mater dann unter mässigem Druck
und bei gelinder Wärme in der Trockenpresse getrocknet. Der
Guss geschieht in einem Apparat wie der Daulesche.
Der Vorteil bei diesem Verfahren liegt nicht allein in der Billig-
keit und der Leichtigkeit der Herstellung, sondern gründet sich auch
darauf, dass eine und dieselbe Mater für den Guss mehrerer Platten
benutzt werden kann und dass man die Matern nach dem Guss, oder
ohne überhaupt einen solchen vorzunehmen, für den späteren
Gebrauch mit Leichtigkeit aufheben kann. Auch ist ein hoher
Ausschluss nicht notwendig. Der ganze Apparat ist ein so einfacher.
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»54
DIE ROMANISCHK GRUPPE.
V. KAP.
dass selbst eine kleine Druckerei mit Vorteil einen solchen anschaffen
kann. In neuester Zeit ist noch ein Verfahren eingeführt, um die
Matern rasch und ohne Ofenwärme zu trocknen, was für die
Schonung der Schrift, mehr noch für die der Holzschnitte, von
Bedeutung ist.
Von einschneidender Wichtigkeit scheint die Erfindung der
jannin» Celluloid - Cliches zu werden; doch ist die Methode noch zu
neu, um ein bestimmtes Urteil , namentlich über die Tragweite des
Nachteils der leichten Entzündbarkeit, dieser Cliches zu lallen.
Der Bildhauer Jannin in Paris war auf den Gedanken gekommen,
das Celluloid, eine durch chemische Behandlung von Faserstoff
hergestellte Masse von ausserordentlicher Härte, ausserdem,
nach erfolgter Erwärmung, von grosser Biegsamkeit, ausser zu
verschiedenen plastischen Arbeiten zu Cliches für typographische
Zwecke zu benutzen.
Um dieses zu können, war es jedoch notwendig, eine ent-
sprechende Masse für die Mater zu schaffen, die den bei der
Herstellung des Cclluloid-Cliches notwendigen Druck unter Erhitzung
vertragen konnte. Eine solche Masse wurde in einem aus Blei-
glätte und Glycerin bestehenden Knetstoff gefunden. Derselbe
wird in halbflüssigem Zustande über den zu clichierenden Gegen-
stand sorgsam gestrichen, in derselben Weise, wie der Gips bei
der gewöhnlichen Stereotypie, und die Lage bis zu einer Dicke
von 3— 5 mm verstärkt. Ist die Mater unter einem mässigen Druck
erhärtet, was bei Holzschnitten in 15—20 Minuten, bei Metall-
Originalen, wo Erwärmung anwendbar ist, in drei bis vier Minuten
der Fall ist, kann sie sofort zur Herstellung eines Cliches verwendet
werden, zu welchem Behuf sie in eine hydraulische Presse gelegt
und mit einer durch Erwärmung schmiegsam gemachten Celluloid-
Platte bedeckt wird. Unter Erhitzung der Presse, der Mater und
der Platte bis auf 1 200 C. wird ein Druck von 1 20— 1 30 Atmosphären
ausgeübt, darauf das ganze durch einen Strom von kaltem Wasser
abgekühlt. Nach vollständiger Erkaltung der Platte löst sich selbe,
ohne vorhergegangene Einreibung des Originals mit Graphit oder Öl,
mit Leichtigkeit ab und kann sofort zum Druck aufgenagelt werden.
Fehler können, wie bei Stereotyp-Platten, durch Einsetzung eines
Pflocks von Celluloid und Nacharbeiten desselben mit dem Stichel
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V. KAP. DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE MASCHINEN. I 5 5
ausgebessert werden. Da die Platte durch keine Sauren oder Farben-
zusammensetzungen angegriffen wird, so ist sie ganz besonders zum
Druck von bunten Farben geeignet.
Um den Druck für Blinde machte sich Valentin Haye
zuerst verdient. Zu seinen Versuchen wurde er durch den Verkehr v^Haj-c und der
mit einer blinden deutschen Dame, Fräulein von Paradies, veranlasst.
Er Hess hoch geschnittene scharfe Typen anfertigen, die in die
Rückseite eines' starken Papiers eingeprägt wurden, so dass für die
Finger bemerkbare Erhabenheiten auf der Vorderseite entstanden.
Mit verschiedenen Modifikationen fand das Verfahren fast in allen
anderen Ländern Eingang1.
Den Versuchen, den Holzschnitt durch andere Illustrations-
verfahren zu verdrängen , wurde namentlich in Frankreich Vorschub
geleistet. A. Demboür in Metz (1814) stellte durch Ätzung Platten
in Kupfer für die Buchdruckerpresse her. Die Zeichnung wurde
mittels Pinsels oder Feder auf Metall gemacht und die nicht bezeich-
neten Stellen weggeätzt. Dem ähnlich ist die Acrographie.
Grosse Bedeutung hat die ZlNKHOCHÄTZUNG. Dieses Verfahren
ist in Frankreich ein sehr beliebtes geworden, weil ganz besonders Zt
für die leichten Skizzen geeignet, mit welcher die vielen Witz-, leider
auch vielen Schmutzblätter illustriert werden, zu welchen früher die
lithographischen Kreide- und Federzeichnungen verwendet wurden.
Doch auch in der ernsten Zeitungspresse fand die Methode Eingang,
und es werden oft Blätter geliefert , die nichts zu wünschen übrig
lassen. Eine grosse Virtuosität entwickelte namentlich Firmin
Gillot, der 1850 Patent auf sein Verfahren nahm, welches er
Paniconografhie, die Franzosen jedoch, welche Gillot als Erfinder
der Hochätzung betrachteten, Gillotagc nannten. Eine mehr der
Chemitypie sich nähernde Methode ist die von Dulos. F> macht
die Zeichnung mit lithographischer Kreide auf eine Kupferplatte und
lasst diese mit einem schwachen Silberniedcrschlag überziehen , der
nur auf den nicht bezeichneten Stellen haftet. Hierauf wird ein mit
Quecksilber vermischtes, leichtflüssiges Metall heiss auf die Platte
gegossen. Das Metall verbindet sich fest mit den versilberten Teilen
der Platte, während die Zeichnung nun so vertieft liegt, dass man
sie als Mater für ein galvanisches Hochdruck-Clichc benutzen kann.
' Vcrgl. Kap. I und XV.
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i56
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
V. KAP.
Ein drittes, sehr rasches Verfahren ist das von Comte, welches
besonders für die Abbildungen in l' Art pour tous verwendet wird.
Lehmann & Lourdel und Yves & Barrot u. a. haben es darin weit
gebracht.
Ein ganz eigentümliches Verfahren, um, wie der Erfinder
N«ue Höh glaubte, Holzschnitte billiger und besser herzustellen als bisher,
ichnittmethode.
wendeten Marne & Co. in Tours an.
Bekanntlich sind die Kreuzschraffierungen dem Holzschneider
stets ein Dorn im Auge gewesen, denn das Umschneiden einer
Linie an allen vier Seiten ist eine zeitraubende und Tüchtigkeit
erfordernde, folglich teure Arbeit. Der Erfinder der neuen Methode,
Gusman, lässt nun zwei Holzblöcke bezeichnen, auf dem einen alle
von rechts nach links gehenden Linien, auf den andern die diese von
links nach rechts kreuzenden. Werden diese Platten nach einander
auf einem Bogen gedruckt, so zeigt der Abdruck die kompliziertesten
Kreuzschraffierungen, die sich an Kühnheit mit denen des Kupfer-
stiches messen können. So sagt die Theorie, die Praxis hat aber
viel hineinzureden. Abgesehen davon, dass zwei Holzstöcke, zwei
Zeichnungen, zwei Schnitte und doppelter Druck notwendig sind, die
Ersparnisse also mehr als problematisch werden, so ist die Wirkung
im voraus seitens des Zeichners kaum zu berechnen. Die beiden sich
kreuzenden Linien vereinigen sich nämlich nicht wie in der Radierung,
sondern die eine Lage liegt sichtbar „über" der andern und bringt
dadurch oft eine falsche Wirkung hervor1. So interessant diese
Versuche sind, so verlautet doch von den praktischen Erfolgen
nichts.
Das beginnende Fehlen des Buxbaumholzes hat zu vielen Ver-
suchen geleitet, dieses zu ersetzen. 1876 nahm Bertin Badoureau
ein Patent auf komprimierte Birnbaumplatten. Durch Kochen,
Pressen, Gelatinieren wird das Holz unempfindlich für die Einwirkung
von Temperatur und Witterung und fast auf die Hälfte des ursprüng-
lichen Umfanges reduziert.
Was der Name König & Bauer für Deutschland, ist derjenige
H. Marmorn Hippolyte Marinonis für Frankreich. Dieser ward in Paris geboren,
• 1825.
> Auf einem grossen Blatt: „Die (Jrablegung Christi" nach Tizian sieht
/. B. das nackte Bein eines der Knieenden ganz so aus, als wäre es mit einem
Strumpf bekleidet.
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V.KAP. DIE SCHRIFTGIESSEREl UND DIE MASCHINEN. I 57
arbeitete bei Gaveaux und baute später im Verein mit diesem seine
ersten Maschinen. Die Pressen, mit welchen Marinoni seinen
grössten Ruhm erwarb und mit denen er der Journalistik in Frank-
reich einen sehr bedeutenden Vorschub leistete, waren seine
Maschinen a Reaction, in welchen — im Gegensatz zu den Maschinen
a Rttiration mit mehreren Cylindern — Druck und Widerdruck
durch einen und denselben Cylinder geübt wird, indem ihm der
das erste mal gedruckte Bogen über Rollen weg nochmals behufs des
Widerdrucks zugeführt wird. Der Nachteil bei diesen die Schnellig-
keit sehr fördernden Maschinen ist, dass auf dem Cylinder keine
Zurichtung stattfinden kann. Während nun möglicherweise der
Schöndruck aus einer kompressen Form besteht , bietet der Wider-
druck vielleicht eine mit grossen Anzeige-Schriften oder dgl. gefüllte,
die eine ganz andere Behandlung im Unterlegen verlangt. Da lässt
sich nur durch primitive Unterlegung unter der Schriftform etwas
nachhelfen; alles andere muss, wie bei den alten Holzpressen ehe
man die Zurichtung im Deckel kannte, durch einen sehr starken, oft
zu erneuernden Filzüberzug des Cylinders erzwungen werden.
Hiervon rührt zumteil eine Ausfuhrung der französischen Zeitungen
her, welche sehr zu ihren Ungunsten nicht allein gegen die der
englischen, sondern auch gegen die der deutschen Zeitungen absticht,
obwohl letztere nicht gerade stolz auf ihr äusseres Gewand sein
dürfen. Jedoch der Billigkeit und der Schnelligkeit wurde genügt;
die französischen Abendblätter, welche erst nach Schluss der Börse,
um vier Uhr, fertiggestellt werden konnten, wurden schon um fünf
Uhr durch ganz Paris verkauft.
Bereits 1 847 hatte Marinoni seine berühmte vierfache Maschine
für La Presse , der später die sechsfache folgte, geliefert. Im Jahre
1867 baute er für Le Petit Journal eine Maschine, welche stündlich
36000 des in mehreren Exemplaren clichierten Blattes fertigstellte,
so dass die damalige Auflage von 350000 Exemplaren durch fünf
Maschinen in zwei Stunden beschafft werden konnte. Derartige
Druckapparate, in Verbindung mit dem verhältnismässig geringen
Umfang der französischen Blätter, der typographischen Genügsam-
keit des Zeitungspublikums und der Unsicherheit der Presszustände
verursachte, dass die mächtigen und kostspieligen Rotationsmaschinen
bei weitem nicht die Bedeutung für Frankreich wie für England und
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
V. KAP.
Amerika hatten. Dass Marinoni jedoch den Bau derselben nicht
unterlassen würde, verstand sich von selbst, und er besitzt bereits
siebzehn Patente auf solche. Seine Rotationsmaschinen unter-
scheiden sich von den anderen hauptsächlich durch die Lage der
Satz- und Druckcylinder, die über einander angebracht sind Von
seinen kleineren Maschinen sind namentlich die Univtrselle ,1850
und die Indispensable (1853) weit verbreitet. Bis zum Jahre 1S80
hatte er 6539 Maschinen für typographische Zwecke und 4 10 Dampf-
maschinen gebaut. In Deutschland ist Marinoni bald hoch belobt,
bald sehr getadelt worden ; Thatsache ist wohl, dass er einer der
genialsten Constructeure der Jetztzeit ist.
Als an Tüchtigkeit Marinoni gleichkommend , in Eleganz und
p. Aiau/ct Nettigkeit selbst in den unwesentlichen Teilen der Arbeit ihn über-
* 15. Juni iKi'j,
f 32. Jan. in«., treffend ist Pierre Alaizet zu nennen. In Rodez geboren, war er
bis zu seinem achtzehnten Jahre Landarbeiter und kam ohne die
geringsten mechanischen Kenntnisse bei dem Pariser Pressenfabrikant
Normand in Arbeit. Nach vollendetem Tagewerk besuchte er die
Schule und holte das ihm Fehlende so gut nach, dass er sich 1846
etablieren konnte. Bekannt sind namentlich seine Schön- und
Widerdruckmaschinen für feine Werk- und Illustrationsarbeiten,
die auch in dem Süden Deutschlands Eingang fanden. Dem
Abschmutzen des Schöndruckes beim Ü bergang auf den Wider-
druckscylindcr wird mittels Durchlassens von Schmutzbogen be-
gegnet.
Von seinen 2500 Schnellpressen ist fast nicht eine ganz wie die
andere gebaut, da er unermüdlich bestrebt war, Verbesserungen
anzubringen. Für die Pctitc Repiibliquc Francaise lieferte er eine
Rotationsmaschine für zwei Meter breites Papier, welche stündlich
~o — Sooco Exemplare des Blattes druckt; mit der für Illustrations-
druck bestimmten hat er erst nach vielen Versuchen befriedigende
Resultate erzielt.
A. B. Di'tartrl und andere lieferten Maschinen mit mouvcmcnl
a. Ii. Duvimc varic . deren Druckcylinder wahrend der Zeit, in welcher er den
Druck übt, sich langsamer bewegt und solche, deren Druckcylinder
so langezeit ruht, wie das Fundament gebraucht, um zum zweitenmal
unter dem Farbenwerk hin- und zurückzugehen, damit die Einfarbung
1 Journ. f. !>. 1S7S, Nr. 75. -- Ann. iL Typ. iv. R 1 S73, Nr. 1S9.
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V. KAP.
DIK SCHRIFTGIESSEREI UND DIE MASCHINEN.
159
verstärkt werde Seine Zwcifarbcn-Maschinen gewannen allgemeine
Anerkennung.
Für vier Farben bauten Prldon & Co. eine Presse, bei welcher
die Formen hinter einander liegen; hierdurch wurde eine Länge von
sieben Metern erforderlich, die den Eingang dieser Maschinen
hinderte.
Als Verfertiger lithographischer Maschinen erwarb Th. JXtuv
Ruf. Marinoni baute ebenfalls solche, die zugleich für typo- Lithographische
u. Kupferdruck*
graphischen Druck zu verwenden waren. Sie arbeiteten zwar sehr ma^hinen.
gut, die Umänderung von einer Druckweise zur andern erforderte
jedoch viel Zeit und diejenigen Offizinen, welche Lithographie mit
Typographie verbanden, waren in der Regel auch in der Lage,
besondere Maschinen für die verschiedenen Zwecke anzuschaffen.
Jules Derriev, der Bruder des genialen Schriftgiessers Charles,
erwarb sich Verdienste durch seine Zeitungsmaschinen von sehr
einfacher Konstruktion mit Cylinderfärbung nach deutscher Art und
baute auch Rotationsmaschinen Bekannt sind weiter für Zeitungs-
maschinen A. Y. Gaveaix, für einfache Schnellpressen H. Voirin
und Mai i.de & Vibart. Auf Laien machte auf allen Ausstellungen
die kleine, sehr niedliche Visitenkartenpresse von G. Li boykr grossen
Eindruck \
Noch sei eine eigentümliche Kupferdruckpressc erwähnt, welche
Aug. Godchaix zum Druck seiner kalligraphischen Vorlagen
benutzt. Sie ist in der Art der Kattundruckpresse eingerichtet und
druckt von endlosem Papier 2 — 3000 Exemplare. Nach vollzogenem
Druck wird der Bogen durch Mechanismus von der Papierrolle
abgetrennt. Ein Apparat, gleich dem Messer eines Farbewerks der
Schnellpresse, hält die Kupferplatte rein. Für den Druck von Kunst-
blättern genügt die Maschine nicht.
Die Schriftgiessmaschine wurde von Baudoin, Laval, Fouchkr
u. a. sehr verbessert. Beifall fanden die Maschinen von Seriere &
Bausa, welche mit zwei Giessinstrumenten und zwei Pfannen, die
mit Einem Feuer erhitzt werden, versehen und von Einem Arbeiter
bedient, täglich gegen 50 000 Buchstaben lieferten.
Von Arbeitserleichterungsmaschincn sind L. Poiriers und
L. Lkgrands Bronciermaschincn, Toi.mkrs Feuchtapparate und ii„Hsma»chinei»
und Apparate.
» Jo-.vn. f. V,. iS-d. Nr. 24. — • Journ. f. ]}. 1S7S, Nr. 36 u.
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1ÖO DIE ROMANISCHE GRUPPE. V.KAP.
P. Ragueneals autographische Pressen beachtenswert. Als Motor
ist die Gasmaschine Lenoirs sehr beliebt.
Die allgemeinste Verbreitung und Nachahmung fanden die
mechanischen SCHUKSSSTEGE von Marinom & Chaudre, die in
einfach-praktischer Weise einen vortrefflichen Ersatz der Schrauben-
rahmen bildeten. Eiserne Stege, an denen die dem Rahmen zuge-
kehrte Seite schräg geformt und gezahnt ist, werden durch kleine,
zwischen Steg und Rahmen einzufügende Rädchen, in deren Ein-
schnitte die Zähne des Steges eingreifen, mittels eines Schrauben-
schlüssels unter sehr geringer Kraftanwendung angezogen und so
die Form ganz fest geschlossen. Alcan Lew & Lavater traten mit
zerlegbarem Schliessrahmen auf, Valet & Co. in Marseille mit
galvanischen Hohlstegen.
Die Anschaffung des Materials erleichterte namentlich das
u:entiii«.>u8«r. grosse Utensilien - Geschäft von J. E. Boieldieu & Fils, denen auch
manche Verbesserung zu verdanken ist. Namentlich sind ihre
Stereotyp -Apparate vortrefflich. Die von ihnen gebaute grosse
Plakatpresse besteht in einem mit Zahnstangen versehenen Funda-
ment, in welchem ein Cylinder mit Zähnen, ähnlich wie in den
Korrekturpressen, sich bewegt. Das Durchsehen des reichhaltigen
illustrierten Katalogs 1 der Firma belehrt in leichter Weise über die
Unterschiede des deutschen und des französischen Materials. Ein
zweites sehr umfangreiches Utensilien - Geschäft sind die, durch
Fusion der Firmen Ch. Bonnkt & Co. aus Genf und Chevalier &
Dreyfus in Paris entstandenen Usines Gutenberg.
Die französische Druckfarbe ist in den feineren Qualitäten
vorzüglich. Als Fabrikanten stehen obenan Ch. Lorilleux2, denen
Le Franc & Co , Prudon & Co., Caudf.ron & Co. für bunte Farben
folgen. Lemlrcier&Co. liefern vorzügliche lithographische Farben \
1 Outilage Typografhique Ihieiduu. Paris.
* Ch. Isniltux sur la l'abrieation des enerrs <V Imprimet-ie. Paris. 1S67. Ixmlleux
giebt jährlich einen Abreiss- Kalender mit geschichtlichen oder technischen
Notizen heraus. Der Jahrgang enthalt eine typographische Bibliographie
der in Frankreich erschienenen l'achwerke. Jänccke Ä: Schneemann in Hannover
folgten dem Heispiel.
3 Didot behauptet, dass die Erfindung der K01npositionsw.1l/e einem
französischen I.eimfabrikantcn Carmal gehöre (vgl. dagegen S. 34).
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V. KAP. DIE SCHRIFTGIESSEREI UND DIE MASCHINEN.
161
Das französische Papier hat einen verdienten Ruf erworben
und Frankreich gehört die Ehre der Erfindung der Papiermaschine. Das Papier.
Auf Anregung Didots liess Pierre Montgolfier das erste ungerippte
Velinpapier anfertigen und adoptierte das holländische System
der Zerfaserung der Lumpen durch Schneidecylinder statt durch
Stampfen. Die erste Idee des Papiers ohne Ende hatte der Werk-
führer Louis Robert in der Papiermühle Didot- Saint -Legers in
Essonnes gefasst. Letzterer erwarb die Rechte Roberts und erhielt
von der Regierung 8000 Livres zu seinen Versuchen. Infolge der
Revolution begab sich Didot nach London, wo die Papiermaschine
durch die Talente des Ingenieurs Donkin und die Kühnheit der
Papierfabrikanten Gebr. Foidrinkr ihre Vervollkommnung erhielt.
Als Didot 18 14 nach Frankreich zurückgekehrt war, wurde nach
seinen Angaben die erste Maschine von Berthe in Sorel gebaut,
es folgten solche in Saint Jean-d'Heures und in Mesnil. Zu gleicher
Zeit wurde sie durch Canson in Annonay errichtet.
An Papierfabriken besitzt Frankreich 524 mit 28656 Arbeitern
und mit einer Betriebskraft von 2 1 000 Pferden. Sie produzieren
jahrlich Ware zu einem Werte von 104 Millionen Franken. Die
wichtigsten Produktionsorte sind Annonay, Angouleme und das
Departement Isere. Die Papierstcuer brachte 16 439 000 Franken.
In der Kunst des Buchbindens steht Frankreich obenan. Von
dem Bücherleinen hat es sich im ganzen genommen freigehalten. Die Buchbinder-
Fastalle neuen Bücher werden im broschierten Zustand in den Handel
gebracht. Ausgenommen davon ist die Litteratur der Andachts-
bucher, in deren Herstellung zu fabelhaft billigen Preisen bei reicher
Ausstattung Mame «St Co. in Tours Bedeutendes leisten. Neben
diesen billigen Einbänden kommen jedoch auch die kostbarsten aus
Seide, Sammet, Leder und Elfenbein mit echten Spangen und
Beschlägen vor, die sich in die höchsten Preise versteigen. Die
Handarbeit, unterstützt durch Reichtum und Geschmack einer
bedeutenden Zahl von Bücherfreunden, hat in Frankreich noch einen
grossen Spielraum. Sie übertrifft an Geschmack die englische, muss
aber dieser den Vorzug in der Behandlung des Leders einräumen.
Verwendet werden gewöhnlich Chagrin und Corduan. Die Mosaik-
arbeiten der Franzosen sind nicht eigentlich eingelegte Arbeiten,
sondern die betreffenden Stellen werden ganz dünn geschabt, das
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IÖ2 DIE ROMANISCHE GRUPPE. V. KAP.
Die Buchbinder- andere farbige Leder darauf gelegt und die Ränder mit Gold-
kunst.
Verzierungen bedruckt.
Auf die strenge Einteilung der Arbeit in der Buchbinderei
wurde schon hingewiesen. In den einzelnen Offizinen sind wieder
die einzelnen Beschäftigungen gruppenweise verteilt. Viele der
Arbeiter, die in ihrer Spezialität Vorzügliches leisten, würden nicht
imstande sein, allein ein Buch leidlich zu binden. Dieses System mag
allerdings der allgemeinen Ausbildung des einzelnen Individuums
hinderlich sein , das Publikum erhält jedoch durch dasselbe billigere
und bessere Bände.
Neben der Anlehnung an die goldene Zeit hat sich eine selb-
ständige moderne Dekorationsweise ausgebildet, die vieles Hübsche
liefert. Die Führerschaft dürfte Lortic zukommen , der sich ganz
besonders durch die Wissenschaftlichkeit seiner Arbeiten aus-
zeichnet. Jeder Einband ist in dem Geist der Zeit, welcher das
Werk angehört, streng durchgeführt; für die jetzige Zeit hat er sich
einen eigenen Stil des XIX. Jahrhunderts gebildet. Bände von ihm
werden bis mit 3000 Franken bezahlt.
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VI. KAPITEL.
DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH.
DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE.
Der Staat und die Presse unter Ludwig XVL, der Revolution, Napoleon I.,
der Restauration, dem Bürgerkönigtum, Napoleon in. Die ALTEREN Buch-
DRUCKEREIEN: Die Staatsdruckerei und die Didot in ihrem Einflüsse auf die
Typographie, die Familien Panckoucke, Barbou, Lottin, Treuttel & Würtz,
Berger- Lcvrault, Dentu, Crapelet.
ÄTTE die Liebe eines Königs für die Buchdrucker-
kunst genügt, um diese in dessen Lande zum grössten nie Presse um«
t^i i • r< i • i Ludwig xvi.
I'lor zu bringen, so müsste sie m Frankreich unter
Ludwig XVL goldene Tage gehabt haben1. Ludwig
war noch als Kind durch Martin Lottin in der Kunst
unterrichtet worden und druckte als Dauphin, kaum zwölf Jahre alt,
1766 einen kleinen Band: Maximes tirees de Telemaque. Auch Karl
v. Artois, später Karl X., besass Vorliebe für die Kunst und Hess
1780— 1784 bei dem älteren Didot eine Sammlung von französischen
Schriftstellern in 64 Bänden in 18. für sich drucken, während
Ludwig XVL später die Sammlung ad usum delphini (zum Gebrauch
für den Dauphin) ausführen liess. Mehr als in irgend einem andern
1 P. DuroNT, Histoire de /' '/mpri/nerie, vol. l. Paris 1S54. — A. F. Didot,
Histoire de la Typographie. Paris 1SS2. (Abdruck aus der F.ncydopedie moder/te.) —
Kdm. Werdet, De la Librairie Francaise. Paris 1860. — F. A. Duirat, Histoire de
rimprmerie Imperiale. Paris lS6i. — Ki>. Werdet, Histoire du Livre eu France.
4 Bde. Paris 1S61— 62.
II'
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IÖ4
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
Lande hatten die Aristokraten Frankreichs sich es angelegen sein
lassen, Privatdruckereien zu errichten. Bereits während der Regierung
Heinrichs IV. besass der Kardinal Duperron eine Druckerei in Bagnolet
bei Paris, ebenso später Kardinal Richelieu auf Schloss Richelieu
in der Touraine. Der Kanzler d' Auguesseau ; die Marquise von
Pompadour; die Dauphine Marie Josephe, Mutter Ludwigs XVI.; der
Herzog von Burgund, Bruder Ludwigs XVI., und manche andere
Grossen waren Besitzer von Privat-Offizinen.
Im Jahre 1777 erliess Ludwig xvi. ein Gesetz zur Regelung
des litterarischen Eigentumsrechts, nach welchem jedoch alles auf
Privilegien beruhte, die, wenn einmal den Autoren erteilt, auch auf
die Erben derselben übergingen, jedoch, wenn in Buchhändler-
händen befindlich, mit dem Tode des Verfassers erloschen. Wie alle
Privilegien fielen auch diese durch Beschluss der konstituierenden
Die Revolution*- Versammlung vom 4. August 1789, nach welcher Zeit nun auch
jeder, der einige Zentner Schriften kaufte oder borgte und ein
Patent zahlte, Buchdrucker werden konnte. Selbst diese letzte
Bedingung hörte 1793 auf, und die Zahl der Buchdruckereien wuchs
von den früheren 36 privilegierten auf 700. Die Pressfreiheit war
bereits durch die Verfassung vom 14. September 1791 garantier^:,
nach welcher jeder das Recht erlangte, seine Gedanken ohne vor-
herige Zensur schreiben, drucken und veröffentlichen zu können.
Unter dem Direktorium wurde wenigstens festgestellt, dass der
Buchdrucker seinen Namen auf alles, was er druckte, setzen, auch
auf Aufforderung den Namen des Verlegers nennen musste.
Broschüren auf rötlich-grauem Papier mit Typen gedruckt, die
mitunter geradezu unleserlich waren, sind die hauptsächlichsten
Produkte der Revolutionszeit. Eins der lohnendsten Geschäfte war
der Druck von Assignaten, deren erste Emission im Betrage von
1200 Millionen am 19. Dezember 1789 dekretiert wurde. Der
Direktor der Königlichen Druckerei, Anisson-Duperon, wurde mit
der Ausführung betraut. Die späteren Emissionen beschäftigten
Tag und Nacht eine grosse Anzahl von Pressen. Ende 1794 wurden
auf einmal 40 Milliarden in Auftrag gegeben.
Unter den Konsuln wurde 1 797 die politische Tagespresse auf
Das KonMii.it. ein Jahr unter Aufsicht der Polizei gestellt und später diese Anord-
nung prolongiert. 1 800 behielten sich die Konsuln das Recht der
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VI. KAP. DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH. l6$
Repressivmassregeln gegen diejenige Zeitungspresse vor , die sich
etwa gegen die Gesellschaft, die Regierung oder die Souveränität
des Volkes versündigte. Durch ein weiteres Dekret vom Jahre 1 803
wurde bestimmt, dass ein Exemplar jedes Buches dem Revisions-
amte zur Durchsicht übergeben werden sollte „zum Schutze der
Freiheit der Presse" (!).
Die Zeit war der letzteren nicht gunstig. Die Zahl der Zeit-
schriften verminderte sich und die 1790 vorhandenen 700 Buch-
druckereien waren auf 340 zusammengeschmolzen. Dafür begannen
nun die älteren, gut eingerichteten Offizinen an die alten Traditionen
wieder anzuknüpfen.
Nach Begründung des Kaisertums beschäftigte sich Napoleon
sehr mit der Organisation des Buchhandels und der Buchdruckerei. Das Kaisertum.
Ein bekannter Schriftsteller, Fievee, wurde mit dem Plane betraut.
rDie Buchdruckerei" — so argumentierte Napoleon — „ist ein
mit gefährlichen Waffen gefülltes Zeughaus, das man ungern in
den Händen des ersten besten lässt. Die Buchdruckerei ist kein
Handelszweig ; es genügen deshalb einfache Privilegien , um sie zu
organisieren. Es handelt sich um einen Stand, an dessen Gedeihen
der Staat ein Interesse hat, letzterer muss deshalb die Entscheidung
in den Angelegenheiten dieses Standes haben. Der Buchdrucker
kann ein geschickter, selbst ein gelehrter Mann sein, er ist aber kein
Kaufmann und kein Fabrikant. [Eben weil der Erfolg nicht von ihm
selbst, sondern von der Spekulation anderer abhängt, kann nur eine
gewisse Zahl von Buchdruckern existieren. Beschränkt der Staat
nicht die Zahl und leidet infolge davon der Buchdrucker Not, so
kann man nicht auf dessen rechtlichen Charakter zählen und die
Druckkunst ist eine zu furchtbare Waffe, um sie in den Händen von
Notleidenden zu lassen. Gut situierte Bürger sind weniger geneigt,
gegen die Gesetze zu handeln; es ist deshalb ebenso human als
politisch richtig, die Zahl der Buchdruckereien zu beschränken und
aus demselben Grunde die Zahl der Lehrlinge zu normieren."
Am 5. Februar 18 10 erschien das Dekret, welches eine Direktion
der Buchdruckerei und des Buchhandels einrichtete. Die Zahl der Dirckuou der
IJuchi^ruckcxci.
Buchdruckereien wurde in Paris auf 60 festgestellt, die unter den
3—400 bestehenden gewählt werden sollten. Die bleibenden hatten
die andern zu entschädigen und waren verpflichtet, das Material der
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DIE ROM ANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
zu löschenden Finnen anzukaufen. 4000 Franken, für die eine mehr,
für die andere weniger, wurden als Durchschnittsentschädigung
bestimmt. Das Brevet war eine einfache Autorisation und schloss
nicht, wie dies bis zum xvm. Jahrhundert der Fall gewesen war,
die Garantie der geschäftlichen Befähigung des Inhabers in sich.
Strenge Massregeln in betreff der zu führenden Geschäftsbücher
wurden getroffen.
Ein weiteres Dekret vom 11. Februar 181 1 erhöhte die Zahl
Privilegien, der Buchdruckereien auf 80, das litterarische Eigentumsrecht wurde
geregelt und die Zensur in optima forma eingeführt. Ein dem
Ministerium der Polizei beigegebencs Bureau de r esprit public sollte
für Verbreitung der Regierungsansichten und die Bearbeitung der
öffentlichen Meinung wirken. Jedes Departement durfte nur ein
Journal haben, für jeden Zeitungsbogen zahlte man 1 Centime
Stempelgebühren.
Im Jahre 18 12 wurden die Privilegien auch für den Buchhandel
eingeführt, jedoch die Zahl der Buchhandlungen nicht beschränkt.
Zensierte Werke konnten nachträglich konfisziert werden, jedoch
mussten die Druckkosten ersetzt werden. Diese Bestimmung kam
nur in einem einzigen Fall zur Anwendung und zwar anlässlich des
Werkes De V Allcmagiw der Frau von Stael.
Dass der Buchhandel und die Buchdruckerei sich unter der
Napoleons Regierung Napoleons trotz des äusseren Glanzes nicht recht entwickeln
Typographie!6 konnten, wird jeder verstehen. Unter den von der Regierung selbst
hervorgerufenen Werken steht obenan die Description de Vligyptc,
das Resultat der Thätigkeit der gelehrten Kolonie, welche Bonaparte
mit nach Ägypten geführt hatte.
I Iätte überhaupt die Typographie keine andere Aufgabe gehabt,
als der Wissenschaft zu dienen , so würde sie in Napoleon gewiss
den grössten Freund gefunden haben, denn ein Geist wie der seinige
konnte den Verkehr mit der Presse nicht entbehren. Selbst im
ärgsten Kriegslärm mochte er die Wissenschaft und die Litteratur
nicht missen.
Bereits 1798 hatte er daran gedacht, eine Feldbibliothek her-
Heabsichtigic stellen zu lassen, die ihm auf seinen Feldzligen folgen sollte, und
Peldhibliothek.
1 808 den Plan w ieder in Bayonne aufgenommen. Als er bei seinem
Aufenthalt in Schönbrunn die Werke, die er mitzufuhren gewünscht
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VI. KAP. DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH. 167
hatte, die aber wegen des äusseren Umfangs zurückgeblieben
waren, sehr vermisste, kehrte er ernstlich zu der Idee einer Feld-
bibliothek zurück und diktierte am 12. Juni 1809 den Plan zu einer
solchen, der seinem Bibliothekar Barbier als Richtschnur unter-
breitet werden sollte.
Napoleon wollte eine Sammlung schön gedruckter und gut
gebundener Werke in kleinem Format mit kleinem Rand. ,.Er sei
reich genug, um sich diesen Wunsch erfüllen zu können." Vorläufig
wollte er 3000 Bände von je 4 — 500 Seiten, hauptsächlich geschicht-
lichen Inhalts, die Bibel dürfe nicht fehlen; wären diese 3000 Bände
fertig, so könnten weitere 3000 : Reisen, Naturgeschichtlichcs, Unter-
haltendes, folgen. Eine Anzahl gewiegter Männer der Wissenschaft
sollte die Redaktion besorgen und allen unnützen Ballast über Bord
werfen.
Im November 1809 stattete Barbier seinen Bericht ab. Die
Kosten für die 3000 Bände waren bei einer Auflage von fünfzig
Exemplaren auf vier und eine halbe Million Franken berechnet.
Würden jedoch 300 Exemplare gedruckt und verkaufte man den
Band zu fünf Franken, so entstände eine Einnahme von etwa drei
Millionen Franken. Man glaubte, täglich einen und einen halben
Band oder jährlich gegen 500 Bände liefern zu können. Die Proben
wurden gemacht — und hierbei blieb es.
Ein seltenes Pracht- und Kunststück führte die Kaiserliche
Druckerei aus, als Papst Pius VII. anlässlich der Kaiserkrönung 1805 Kun*iic«tun^sn
sich in Paris aufhielt und die erwähnte Anstalt besuchte. Während Druckerei,
dieses Besuches druckten 150 Pressen die Üoraison dominieale
(das Vater unser) in 1 50 Sprachen und der Direktor Marcel über-
reichte dem Papste das Widmungsexemplar.
Bei Gelegenheit der Geburt des Königs von Rom beschloss
Napoleon den Druck einer Sammlung in der Art der Ausgaben ad
usum delphhti. Mit der Aufstellung des Katalogs war jedoch auch
diese Sache zuende.
Sozusagen beim Bivouac-Feuer entwarf Napoleon den Plan zu
einer Fortsetzung der Histoirc de France von Velly, durch den
Abbe" Halma, den Bibliothekar der Kaiserin. Schliesslich darf nicht
das wichtigste Werk der ganzen Zeitperiode, das dem Kaiser
so viel zu verdanken hatte, der Code Napoleon, vergessen werden.
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DIE KOMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
Als das Unglück über den Kaiser hereinbrach, konnte es nicht
fehlen, dass die Presse im geheimen stark gegen ihn arbeitete und
dass die Massregeln gegen dieselbe noch verschärft wurden.
Während der Hundert Tage, als er die Presse brauchte, wollte er
die von Ludwig xvm. bereits zugesagte Pressfreiheit gewähren und
ein Dekret vom 24. März 18 15 hob die Zensur auf. Waterloo
machte das Dekret zu einem toten Buchstaben.
Das erste Kaiserreich hatte dem Buchgewerbe die goldene
DieReiuuraüon. Zeit nicht gebracht. Günstiger waren die Auspizien bei Beginn der
Restauration. Der Artikel VIII der Charte sicherte allgemeine
Pressfreiheit zu. Es dauerte jedoch kaum einen Monat, als die
Repressionsmassregeln wieder begannen. Unter anderem konnten
die Zeitschriften nur mit Autorisation des Königs erscheinen. Bei
Übertretungen der Gesetze stand das Zurückziehen des Brevets in
Aussicht.
W ir können nicht der Geschichte der Massregelungen gegen
die Presse durch alle ihre Phasen Schritt für Schritt folgen. Zensur,
Kautionen, Suspensionen, eine etwas grössere oder kleinere Portion
Pressfreiheit folgten in schnellem Wechsel unter der Herrschaft
Ludwigs XVIII. Die Regierung Carls X. fing für die Presse etwas
milder an, aber das projektierte Pressgesetz vom 29. Dezember 1826
übertraf an Schärfe alles bisherige, wurde jedoch von der Pairs-
kammer abgelehnt, die sich diesmal liberaler als die Deputierten-
kammer zeigte. Nichtsdestoweniger wurde gegen Buchdrucker,
Buchhändler und Journalisten mit grosser Strenge verfahren. Die
Prozesse häuften sich; nicht allein wirkliche Pressvergehen, sondern
selbst unbedeutende Formfehler wurden unnachsichtlich und schwer
bestraft. Die Massregeln schlössen mit den berüchtigten Ordonnanzen
juürcvoiuuon. Polignacs vom 25. Juli 1830, die das Ende der Regierung Carls X.
herbeiführten. Trotz der Verfolgungen gegen die Presse behielt
doch der letzte der Bourbonen seine Liebe für die Druckkunst bei
und zeichnete öfters die Vertreter derselben persönlich aus, liess
auch manche grosse Unternehmungen durch Subskription der
Ministerien unterstützen.
Leider vergingen die blutigen Julitage nicht ohne grobe
Unordnungen seitens der typographischen Arbeiter, welche in
mehreren Druckereien die Schnellpressen zerstörten. Jedoch die
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VI. KAP. DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH. 169
Masse der Arbeiter trat gegen die Unruhestifter auf und eine
Proklamation Firmin Didots an die Arbeiter trug sehr viel zur
Beruhigung derselben bei.
Die neue Charte vom 14. August 1830 brachte wieder Press-
freiheit und „ewige" Aufhebung der Zensur. Die Lage der Buch- Da» Bürger-
Königtum.
drucker und Buchhändler ward durch die allgemeine Krisis eine sehr
schwierige und die Folgen der Überproduktion zeigten sich in
trauriger Weise. Die Regierung that, was sie konnte, um die
Kalamität zu mildern und gewährte Anleihen. Benj. Constants
Antrag auf Freigebung der Buchdruckerei und des Buchhandel-
Gewerbes scheiterte zwar, die gesetzlichen Bestimmungen wurden
jedoch vielfach umgangen , indem man Zessionen an Nicht fachleute
zuliess und die Gründung von Succursah s gestattete, die unter Ver-
antwortlichkeit von Brevetinhabern von anderen betrieben wurden.
Auch entstanden in der nächsten Umgebung von Paris Druckereien,
die recht wohl mit den brevetierten konkurrieren konnten. Mehrere
Druckereien änderten sich in Aktienunternehmungen um und nahmen
kolossale Dimensionen an.
Die Lage der Journale war sehr erleichtert; man benutzte aber
keineswegs die Freiheit mit der notwendigen Mässigung, so dass
ein beschränkendes Gesetz am 9. September 1835 erlassen wurde,
das von der Regierung jedoch mit Schonung gehandhabt wurde.
Ludwig Philipp selbst war, wie die Bourbonen es gewesen, ein
Freund der Buchdruckerkunst. Mag er auch sonst als recht sparsam
gegolten haben, in Bezug auf die Erzeugnisse der Presse zeigte er sich
freigebig und liess mehrere grosse Unternehmungen auf seine Kosten
drucken. Die Korrekturen las er dann selbst und las sie sehr gut.
Bekanntlich nahm das Bürgerkönigtum am 24. Februar 1848
ein jähes Ende. Die provisorische Regierung zählte mehrere Männer
der Wissenschaft und der Presse unter ihren Mitgliedern. Ihre Die Revolution
von 1*48.
Freunde fanden Anstellung in der Administration; es war also
natürlich, dass die Presse mit Wohlwollen behandelt wurde. Der
Zeitungsstempel, die Kautionen und das strenge Pressgesetz vom
9. September 1 835 wurden aufgehoben. Eine Unmasse von Journalen
entstand, die Vorteile aus dem Druck fielen jedoch nur einigen
wenigen grossen Zeitungsdruckereien zu, die eigentlichen Werk-
und Accidenzdruckereien litten Not und fast der dritte Teil der
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170
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
Arbeiter war brotlos. Während der Zeit der am 10. November 1848
begonnenen Präsidentschaft Louis Napoleons und des Kaiserreichs
D.ki /weite Napoleons III. hob sich das Druckgeschäft wieder, aber es traten
selbstverständlich strengere Überwachungsmassregeln ein. Im Jahre
1852 wurde die Dircction generale de V Imprimaie et de la Ltdraine
ins Leben gerufen, welche Massregel im allgemeinen mit Befriedigung
aufgenommen wurde.
Das neue Pressgesetz vom 17. Februar 1852 gab der am
2. Dezember 1852 eingesetzten kaiserlichen Regierung eine furcht-
bare Waffe in die Hände, denn es hing alles von der Art der Aus-
führung des Gesetzes ab. Napoleon Iii. liebte die Buchdruckerkunst
gleich seinen Vorgängern, und er selbst suchte, wie bekannt,
schriftstellerischen Ruhm. Für den äusseren Glanz der Typographie
namentlich durch die Weltausstellungen, auf welchen das französische
Buchgewerbe stets in würdigster Weise vertreten war, war er eifrigst
besorgt.
Jetzt ist die Republik im Besitz des liberalen Pressgesetzes
vom 29. Juli i88T.
Wie die französischen Regierungen, mögen sie Namen geführt
haben wie sie wollten, fortdauernd und mehr als gut war sich mit
der Stellung der Presse zum Staate beschäftigten, so setzten sie
auch ihre direkte Beeinflussung der technisch-gewerblichen Verhält-
nisse der Buchdruckerkunst durch die Staatsdruckerei fort, welche
jedoch mehr und mehr sich von ihrem schönen Ziel, der Veredelung
der Kunst, entfernte, um in die Reihe der brotsuchenden Anstalten
zu treten und den Privatdruckereien Konkurrenz zu machen.
Die Staatsdruckerei 2 stand seit dem 1723 erfolgten Rücktritt
staatsdruckerei Claude Rigauds 7 1 Jahre lang unter der Direktion von Mitgliedern
» Lot sur la liberte de la Presse, 29. Juli 1881. — A. Faivre, Code manud
de la Presse 1881. Paris. — Lot de iSSl sur la Presse avec observatwns par H. Cdliet
et CA. le Senne. Paris l88l.
2 Vcrgl. I, S. 208 — 2U. In dem Folgenden ist, bei dem fortwährenden
Wechsel der offiziellen Benennung je nach dem Wechsel der Regierungsform,
die Hczeichnung „Staatsdruckerei" angenommen. — Ausser Dwrats Werk
(S. 163) vgl. A. J. Uernar», Avtiee historique sur l ' Imprimeiie nationale. Paris 1848.
— V. C iOL'i'Y, Vlmprimtrie nationale et sa Colleetion de Types otientales. Paris 1874.
— A. HERN AR!», Iliftoire de Vlmprimene Royale du Lnnre. Paris 1867.
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VI. KAP. DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH. I 7 I
der Familie Anisson. Die Ernennung des letzten derselben, Htienne
Alex. Jacq. Anisson Dupfron, zum Direktor geschah 1789.
Bedeutend waren die Fortschritte während der Regierungszeit
Ludwigs XV. nicht. Für die Summe von 100000 Livres erfolgte Enterbungen
t- unter Ludwig xv.
1773 die Erwerbung der aus 15 Graden bestehenden neuen Antiqua
und Cursiv, welche der königliche Graveur Louis Luce in den Jahren l. Luce
1773.
1740 — 1770 geschnitten hatte, zugleich seiner gothischen und
Schreibschriften, sowie seiner zahlreichen Vignetten und Ornamente.
Diese neuen Schriften Luces waren ganz anders gehalten als die
von Ludwig XIV. veranlassten. Luce wollte, wie er selbst sagte,
etwas von dem Vorhandenen ganz Verschiedenes schaffen, was ihm
auch, jedoch nicht zum Vorteil der Sache, gelang. Die Schriften
sind sehr schmal gehalten , es fehlen ihnen die besonderen Kenn-
zeichen I, S. 210} der Schriften der Staatsdruckerei. Sein Nachfolger
als königlicher Graveur war Fagnion.
Eine weitere Acquisition bestand in einer Sammlung der
Vignetten Jean Papillons (I, S. 200). Sie hat, wie die Sammlungen
von Luce, zwar den Wert des historischen Museums der Anstalt
sehr erhöht; für die Praxis waren diese Vermehrungen bei den
Fortschritten der Kunst ohne Interesse.
Ludwig xvi. begünstigte ebenfalls die Staatsdruckerei und Hess
die kleinen Offizinen in den Tuilerien und in Versailles unter die Kinfiu**
Ludwig» xv i.
Direktion derselben stellen. Das Verhältnis des Direktors zu der
Anstalt war ein ziemlich kompliziertes. Er war nicht ein einfacher,
fest salarierter Beamter, sondern zu einem wesentlichen Teil gingen
die Arbeiten Mir Rechnung des Direktors, wurden nach der Taxe
bezahlt und mit einem dem Direktor selbst gehörenden Material
ausgeführt. Wie bedeutend dieses war, geht aus der später zu
erwähnenden Auseinandersetzung mit der Witwe Anisson hervor,
wobei es sich um eine Summe von einer halben Million Livr. handelte.
Staatseigentum waren hauptsächlich nur die Stempel und Matern
der Schriften , ausserdem vielleicht 10000 Pfund Schrift und etwa
ein Dutzend Pressen.
Nach dem Ausbruch der Revolution begann eine unerfreuliche
Periode für die Staatsdruckerei. Die wissenschaftlichen und die Zuband«
wahrend der
administrativen Arbeiten traten in den Hintergrund, die Haupt- Revolution,
beschäftigung war der Druck der vielen Gesetze und Dekrete , der
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1/2 DIE ROMANISCHE GRUPPE. VI. KAP.
ebenfalls auf Rechnung des Direktors ging , welcher die Zahl der
Pressen fast auf 100 vermehren und bei der Unzulänglichkeit der
Lokalitäten im Louvre zwei Succursttles errichten musste.
Zu diesen Arbeiten kam noch die Ausführung von 1200000
Der Assignattn- Stück Assignaten'. Doch dies war nur ein Tropfen ins Meer.
Druck.
Bereits am 30. Sept. 1790 wurde eine neue Emission von 800 Millionen
e. a. j. Anmon Livres, bestehend in 3060000 Stück, beschlossen. Anisson verlangte
f «794- . _
für die Ausführung 100 000 Livres; Didot erklärte sich bereit, die
Lieferung für 22 000 Livres zu übernehmen. Dies verursachte grosse
Misstimmung gegen Anisson. Indes sprach manches zu dessen
Rechtfertigung, da die Ausführung, welche von Didot verlangt
wurde, eine weit einfachere als die frühere und Didot inzwischen in
Besitz der Stereotypie gelangt war (s. 1 52). Doch kam es noch nicht
zum Bruch und man bewilligte ihm auf seine Vorstellungen sogar
einen höheren Tarif als den bisherigen für seine Arbeiten. Es war
jedoch nicht angenehm, Männer wie Marat und Petion zu persön-
lichen Feinden zu haben. Auf Antrag des letzteren ward Anisson
am 8. Oktober 1792 verhaftet, wozu der, angeblich gegen seine
Instruktion erfolgte Druck eines Dekrets als plausibler Vorwand
dienen musste. Aus seinem Gefängnis schlägt er dem Sicherheits-
Ausschuss vor, seine Direktorstelle aufzugeben und der Öffentlichkeit
sein auf 499036 Livres taxiertes Material käuflich zu überlassen.
Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht angenommen. Anisson starb
1794 auf dem Schafott. Sein Eigentum ward mit Sequester belegt
und erst nach langen Verhandlungen fand ein Vergleich mit der
Witwe statt.
Als ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte der Staats-
Die Druckerei druckerei während der Republik ist die bereits oben kurz erwähnte
mAg>pten. Einführung der Druckerei in Ägypten zu verzeichnen. Bereits nach
der Eroberung Italiens hatte Bonaparte die Errichtung zweier
Druckereien, einer griechischen und einer arabischen, auf den
Ionischen Inseln verlangt und, als er nach Ägypten gezogen war,
die Einrichtung einer umfangreicheren Buchdruckerei dort gefordert.
Der damalige Direktor der Staatsdruckerei Duboy -Laverne beauf-
tragte den Orientalisten Langles mit der Ausführung. Die Sache ging
» Die 300-I.ivrc-Nuten trafen Jahreszahl 1090 statt 1790, man ging
jedoch «brillier hinweg.
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VI. KAP. DER STAAT UND DIE PRESSE IX FRANKREICH. I?3
aber Bonaparte nicht rasch genug und er beschuldigte die Genannten
der mutwilligen Verzögerung. Er verlangte Erlass einer Ordre, „die
griechischen Schriften, mit welchen der Xenophon gedruckt werde,
sofort zu verpacken. Xenophon könne ohne Schaden drei Monate
warten, bis wieder neue Schriften fertig wären".
An die Spitze der ägyptischen Druckerei wurde ein tüchtiger
Arabist J. J. Marcel, später Direktor der Staatsdruckerei, gestellt. J. j. Marc«i.
Die Offizin wurde in dem Hause des griechischen Konsuls in
Alexandrien eingerichtet, dann nach Kairo und Gizeh gebracht.
Ausser den dienstlichen Arbeiten druckte die Anstalt Lc Courricr de
l'Egyptc und etwa ein Dutzend belehrende Schriften in arabischer
Sprache. Auch in Pondichery auf der Küste Koromandel in Ost-
indien wurde eine französisch-persische Druckerei durch Vermittelung
der Staatsdruckerei angelegt.
Nach Rückkehr der Franzosen aus Ägypten wurde beschlossen,
die Arbeiten der, zugleich mit der Armee entsendeten wissenschaft-
lichen Expedition herauszugeben. Eine Kommission von acht an-
gesehenen Gelehrten wurde ernannt, um die Redaktion zu besorgen,
und es entstand in der Staatsdruckerei eines der hervorragendsten
Druckwerke aller Zeiten, die Description de VEgypte in neun Folio-
bänden mit Text und vierzehn mit Kupfern und Karten , das erst
1809 vollendet wurde. Von bedeutenden Werken der Staatsdruckerei
aus der Zeit der Republik sind noch die umfangreichen Reisewerke
von La Perouse, Marchand , Vancouver, Millins Monumens antiqius
u. a. zu nennen.
Im Jahre 1800 war derBeschluss gefasst worden, dass von den
in der Staatsdruckerei ausgeführten Werken 200 Exemplare dem
Ministerium des Innern zur Disposition gestellt werden sollten, damit
dieses sie im Interesse der Wissenschaft und der Aufklärung zweck-
mässig verteile.
Die orientalischen Schriften waren in Ordnung gebracht,
mehrere neue geschnitten und der Raub der Schriften der Propa- orienuti»c!ie
*» V Schriften.
ganda in Rom hatte diesen Zweig der Typographie ausserordentlich
bereichert. Das Lokal war nach dem Hotel Penthicvre verlegt
worden.
Man sieht aus dem obigen, dass die Zeit der Republik in
Waffen doch keine ganz verderbliche für die Staatsdruckerei gewesen
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'74
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
war, die vieles dem 1S01 verstorbenen Direktor Duboy - Laverne
zu verdanken hat.
Der Kaiser widmete der Anstalt noch mehr Aufmerksamkeit
Un»ug. als der Konsul. Die Administration wurde geordnet, Pensionskassen
eingerichtet und die Arbeiten nach Tarifen reguliert. Ein Umzug
fand 1809 nach dem Hotel Soubise mit dessen Annex Palais Cardinal
(Ronan, statt. 181 1 wurden die orientalischen Schriften, allerdings
wieder durch Raub, mit den Stempeln und Matern der Druckerei
der Medici in Florenz vermehrt. In demselben Jahre erhielt Didot
den Auftrag, das Schriftensystem nach dem inzwischen eingeführten
Metermass umzuändern und neue Schriften zu schneiden, doch
wurde dieses Vorhaben wegen der Kostspieligkeit nicht zuende-
geführt. Ein grosses Prachtwerk Relation des cerimonies du sacre
et du couronnement, etc. de Napoleon wurde 18 12 angefangen und
erst während der Hundert Tage vollendet. 1 8 1 3 erteilte der berühmte
Gelehrte Silvestre de Sacy den Eleven der Anstalt Unterricht in
orientalischen Sprachen, um tüchtige Setzer zu bilden.
Ausser den erwähnten sind noch unter den bedeutenden
Erscheinungen der Staatsdruckerei zu nennen die Statistique de la
France, Fol., 1804; Recherches asiatiques 1805 und de Guignes
Dictionnaire chinois, Fol., 18 13.
Mit alledem waren die Kriegszeiten doch im ganzen keine
nie zeü der glücklichen für die Entwickelung der Staatsdruckerci. Am 1 5. April
Re^aurauü... versc|lwand der kaiserliche Adler als Insigne und mit diesem
auch verschiedene Schätze der Anstalt, da, nach den Bestimmungen
des Pariser Friedens, die den Offizinen der Propaganda und der
Medici geraubten Stempel zurückzugeben waren. Doch geschah dies
nicht vollständig, und von den Stempeln behielt man Abschläge
zurück, sodass die Vollständigkeit der Anstalt eigentlich nicht litt.
Ludwig XVIII. bestimmte durch ein Dekret vom 28. Dezember
Reorjpiuiatinn 18 14, dass vom 1. Januar 18 15 ab die Arbeiten für Rechnung des
Dupcron. Staates mit ganz wenigen Ausnahmen aufhören sollten und dass es
den verschiedenen Ministerien zu überlassen sei, ihre Arbeiten nach
bestem Ermessen auch an Privatdruckereien zu vergeben. Das
Inventar sollte dem Direktor zur Disposition gestellt werden,
Schriften und Abschlage konnte er unter festgesetzten Bedingungen
verkaufen. Marcel wurde in Ruhestand versetzt und der Sohn des
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VI. KAP. DER STAAT UND DIE PRESSE IN FRANKREICH. I?5
hingerichteten Direktors Anisson, vielleicht als Ersatz flir die seiner
Familie zugefügte Unbill, zum Vorstand gewählt. Da kamen die
Ereignisse vom 20. März 181 5 und das Kaiserreich der Hundert
Tage warf alles über den Haufen, damit es nach drei Monaten wieder
eingeführt werde. Anisson Hess von Jacquemin neue Schriften nach
englischen Mustern schneiden. Dies missfiel der Regierung und
da überhaupt die neue Einrichtung sich wenig zuträglich zeigte,
versuchte eine Ordonnanz vom 23. Juli 1823 den ungefähren Stand-
punkt des kaiserlichen Dekrets von 1809 wiederherzustellen.
Zum Chef des Instituts wurde E. de Villebois ernannt. Er führte
wieder Präzision in der Administration ein und liess von Marcelin vaicbou.
Legrand 16 Grade Antiqua und Cursiv mit einem Aufwände von
39200 Franken schneiden. Eine gelehrte Kommission sollte die
Ausführung der Schriften überwachen, hatte aber, wie es mit
Kommissionen gewöhnlich der Fall ist, mehr hemmend als fördernd
gewirkt. Das erste Werk , welches mit den neuen Typen gedruckt
wurde, war Raoul-Rochettes Monumens inedits d'antiqtätc figurec
in gross Folio 1 828.
Bereits 1824 hatte Ludwig xvm. die Herausgabe der seit lange
beabsichtigten Sammlung orientalischer Werke angeordnet, die Orientalische
Anfange konnten jedoch erst 1832 nach der Julirevolution gemacht
werden. 1828 fasste man auch das Herz, Schnellpressen einzuführen, Neuerungen,
wogegen man sich lange gesträubt hatte. Zumteil beruhte diese
Zögerung wohl in humanen Gründen, da man keinem Arbeiter den
Abschied geben wollte; teils lag vielleicht auch ein gewisser Stolz
zugrunde; man wollte, wie es scheint, die Maschine nicht als der
Handpresse ebenbürtig anerkennen. Die verschiedenen Ministerien
beschwerten sich über die teueren Preise, man entschloss sich des-
halb, zuerst die Preise nur so zu berechnen, als wären die Arbeiten
auf Maschinen gedruckt. Doch es half nichts , man musste sich den
Forderungen der Zeit fügen und im Jahre 1 829 wurden 96000 Franken
zur Anschaffung von Schnellpressen angewiesen, die jedoch während
der Revolutionstage 1830 von eindringenden Arbeitern teilweise
demoliert wurden.
Villebois hatte das Schicksal seines Gönners, des Ministers
de Peyronnet , und wurde entlassen. Unter den Werken aus der
Zeit der Restauration sind noch zu nennen: Caillauds Voyage a
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DIE ROMANISCHE CRUPPE.
VI. KAP.
l'oasis de Hubes, Folio, 182 1 ; Silvestre de Sacy, Les Seances de
Hariri, 1822; Freycinet, Voyage autour du Monde •, 4", 1826, und
das vorzügliche Album typographique de f Imprimerie Royale, 1 830.
Am 15. September 1 83 1 wurde der Posten Villebois' definitiv
Pierre Lebrun. dem Akademiker Pierre Lebrun übertragen , nachdem diese
Stellung, wie man sagt, erst Bcranger1, dann bestimmt Ambroise
Firmin Didot angeboten worden war. Letzterer erklärte sich bereit,
die Stelle anzunehmen, wenn allein diejenigen Arbeiten, deren Aus-
führung durch den Staat sicherheitshalber notwendig war, von
der Staatsdruckerei übernommen, alle anderen jedoch der Privat-
konkurrenz überlassen würden ; wenn man die seltenen Schriften an
Buchdrucker zu billigen Preisen ablassen wollte, und schliesslich,
wenn es nicht nötig sei, dass er Gehalt annähme. Die Gründe,
weshalb man darauf nicht eingehen konnte, lagen klar am Tage und
es war wohl auch Didot mehr darum zu thun , die Grundsätze laut
auszusprechen, die er für die von einer Staatsanstalt einzig richtigen
hielt, als den Direktorposten anzunehmen.
Wennauch kein Fachkundiger, suchte Lebrun doch mit Eifer
sich die nötigen Kenntnisse zu erwerben und der Anstalt nützlich
zu sein. Von der erwähnten orientalischen Kollektion wurden drei
Werke in Angriff" genommen: Raschid -Eddins Geschichte der
Mongolen in Persien, Bhägavata IHirana und Firdusis Buch der
Könige. Die Werke wurden streng im orientalischen Stil mit
Ornamenten in Gold- und Farbendruck ausgeführt. Neue orienta-
lische Schriften wurden von Marcelin Legrand, Delafond, Ramö
pere, Loeulliet unter Aufsicht berühmter Orientalisten geschnitten
und die Didotschen Schreibschriften erworben. Auch bauliche und
technische Verbesserungen wurden vorgenommen und die Litho-
graphie eingeführt, durch die namentlich vorzügliche geologische
Karten geliefert wurden.
Die Februarrevolution hatte manche Unordnungen zur Folge,
Die Februar- welche Lebrun veranlassten, seine Stelle niederzulegen, die im Jahre
Revolution.
1850 definitiv Saint-Georges übertragen wurde. Dieser behauptete
« Tierre Jean de Heranger (» 17S0, \ 1S57) lernte die Buchdrtickerei bei
l.aisnez in I'eronnc und arbeitete dort zwei Jahre. Während dieser erschienen
seine ersten Gedichte, die mit solchem lleifall aufgenommen wurden, dass er
den Winkelhaken beiseitelegen konnte.
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VI. KAP. DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE. 1 77
die Ehre der Anstalt auf verschiedenen Weltausstellungen. Für die
in Paris 1855 abgehaltene wurde mit allen Raffinements der
graphischen Künste eine Prachtausgabe der Nachfolge Christi
lateinisch mit der poetischen Paraphrase Corneilles gedruckt.
Die Staatsdruckerei ist zwar bereits seit der ersten Revolution
fortwährend Gegenstand der Angriffe gewesen, es haben diese Angriffe geg«
.... _ _ _ die Sc.iats-
jedoch in jüngster Zeit an Heftigkeit zugenommen. Man hält die Jruckcrei.
Konkurrenz der Anstalt mit der Privatindustrie nicht allein für
unnötig, sondern für sehr schädigend. Zur Hebung der Kunst sind
solche Anstalten nicht mehr nötig. Was Didot aussprach, denkt
gewiss Jeder: Eine Staatsanstalt soll nicht den Steuerzahlenden
unnötige Konkurrenz machen. Die Typographie ist mündig
geworden und bedarf keines öffentlichen Mentors.
Noch in einem höheren Grade als das Wirken der Staats-
druckerei war in dem ganzen Abschnitt der Buchdrucker-Geschichte Die Kamin*
Didot.
Frankreichs von 1750 bis auf den heutigen Tag das Vorgehen der
Familie Didot massgebend1. Während die Buchdruckerei als Kunst
und der höhere Buchhandel in der Revolutionszeit gänzlich darnieder
lagen, waren die Didot fast die einzigen, die unentwegt und
unbekümmert um den ringsum tosenden Sturm die Flagge Guten-
bergs stolz vom hohen Mast wehen Hessen.
Das ganze Sein dieser Familie ist von einem so edlen Geist
durchdrungen; alles, was sie geschaffen hat, trägt so sehr den
Stempel der Gediegenheit, dass der Name Didot noch langezeit
als Stern erster Grösse glänzen wird.
Zudem besitzen alle Unternehmungen dieser Firma neben den
Vorzügen des französischen Charakters auch das Gepräge einer
echt germanischen Wissenschaftlichkeit und Gründlichkeit, wie auch
manche der hervorragendsten Werke ihrer Pressen unter Mitwirkung
deutscher Gelehrten durchgeführt wurden. Schliesslich ist die Ver-
bindung dieses Hauses mit Deutschland seit langen Jahren eine weit
innigere, als es sonst seitens französischer Firmen der Fall zu sein
pflegt. Das alles macht, dass der deutsche Gewerbsgenosse sich
« G. Brunet, Firmin Didot et sa Familie. Paris 1870. — K. Pnou, La Familie
!>uiot. 1856. — L. Werdet, ktudes bibltographiques 1713—1864. — A. F. Diuot,
Histoire de la Typographie. Paris 1882.
» 12
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i78
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
dieser Familie näher stehend fühlt als den übrigen hervorragenden
Repräsentanten der graphischen Gewerbe in Frankreich.
Der Stammvater des Hauses war Francois Didot aus Paris
(1713). Schon er machte sich bekannt durch seine vielen wichtigen
1 1. Novbr. 1757 Unternehmungen, darunter die Histoire generale des Voyages von
Abbe Prevost in 20 Quartbänden mit einer grossen Anzahl von
Kupfern und Karten. Francois Didot hatte elf Kinder, von welchen
Francois Ambroise und Pierre Frangois den Beruf des Vaters
ergriffen. Zwei seiner Töchter waren an berühmte Buchhändler,
Guillaume de Bure und Jacques Barrois in Paris, verheiratet. Als
Druckerzeichen nahm er die goldene Bibel an und sie ist es auch
bis auf heute geblieben.
Dem Ambroise Francois verdankt Frankreich die Einheitlich-
Ambr. f. Didot keit seines Schriftsystems (s. 145), die Freiheit und Eleganz seines
t (ö/jfuii IL3»^! Schriftschnittes, daneben die Vervollkommnung des Velinpapieres
und die Einfuhrung der Druckerpresse mit nur einem Zuge. Unter
seinen Druckwerken sind hervorzuheben die früher schon erwähnte
Collection iVArtois, eine Sammlung von Romanen in 64 Bänden,
ferner die Sammlungen von französischen Klassikern in i8n, 8° und
4", welche, wie ebenfalls erwähnt wurde, im Auftrage des Königs
Ludwig xvi. zum Unterrichtszwecke für den Dauphin gedruckt
wurden.
Der Bruder Pierre Francois leistete bedeutendes als Buch-
PierrcE. Didot dmcker , Buchhändler, Papierfabrikant und Schriftgiesser, führte
t :'. ü«b. viele Verbesserungen in der letzteren Branche ein und legte die
berühmte Papierfabrik in Essonnes an.
Pierre, der älteste Sohn Ambr. Frangois', übernahm 1789 die
i>.erre Didot Druckerei des Vaters und zeichnete sich so aus , dass seine Offizin
■; \\' D«. »I53.' im Louvre installiert wurde. Hier druckte er mit Schriften, die
sein Bruder Firmin geschnitten hatte, die prachtvollen sog. Louvre-
Ausgaben: den Virgil in Folio mit 23 Kupfern (1798); den Horaz
in Folio (1799); den Racine, drei Bände in Folio mit 57 Stichen
1801 — 5), die Fabeln des La Fontaine. Die Jury der damaligen
Ausstellung in Paris erklärte den Racine fiir das vollkommenste
typographische Erzeugnis aller Zeiten. Noch manche andere gross-
artige Werke, z. B. Viscontis griechische und römische Iconographie;
Denons Reise in Ägypten; Ncdiers malerische Reise im alten
•
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V
VI. KAP. DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE. IJO,
Krankreich, und die berühmte Oktav - Ausgabe der französischen
Klassiker „für Freunde der Typographie", die dieser Bezeichnung
vollständig w ürdig war, gingen aus seinen Pressen hervor.
Sein Sohn Jules spielte eine Zeitlang eine glänzende Rolle, die
jedoch keinen Bestand hatte. Mit grossen Kosten hatte er eine juie* Didot
bedeutende Offizin in Brüssel gegründet, die nicht gedeihen wollte •?• V n& \™\
und von der Regierung als Grundlage einer Staatsdruckerei erworben
wurde. Nach Paris zurückgekehrt, errichtete Jules Didot ein aus-
gedehntes Etablissement, in w elchem er eine grosse Zahl vorzüglich
schöner Ausgaben alter und neuer Schriftsteller für verschiedene
Pariser Verleger druckte. Im Jahre 1823 erhielt er auf Grund einer
Prachtausgabe von Phädrus' Fabeln, in Folio auf Seide gedruckt,
und anderer schöner Arbeiten die goldene Medaille. Geschäftliche
Misserfolge zerstörten jedoch vollständig seine bereits geschwächten
Geisteskräfte.
Firmin Didot, der zweite Sohn Ambroise Frangois', hielt als
Buchdrucker und namentlich als Schriftgiesser und Schriftschneider Fümin dm a
den berühmten Namen des Vaters in Ehren. Seine Schreibschriften II am i^Ji
(1806 Hessen alles Dagewesene weit hinter sich, und seine Antiqua-
schriften, mit welchen sein Bruder Pierre die erwähnten Louvre-
Ausyaben druckte, gelten als die musterhaftesten. Er verbesserte
(1795 ganz wesentlich die Stereotypie und stereotypierte fast alle
französischen, italienischen und englischen Klassiker in i8°- Ausgaben,
die durch ihre Korrektheit und Billigkeit bekannt wurden. Der
Virgil, fehlerfrei und mit Vignetten illustriert, kostete 15 Sous.
Später aeeeptierte er die vorzügliche Stanhopesche Methode.
Ausserdem druckte er eine grosse Anzahl Prachtausgaben, darunter
; 18 1 7) die Lusiaden und die Henriade. Er ward Mitglied der
Akademie und des Instituts und 1834 königlicher Buchdrucker.
Das Geschäft Didots war ein Sammelplatz von Notabilitäten Frank-
reichs und des Auslandes. Im Jahre 18 14 besuchte Kaiser Alexander
seine Offizin und Hess zwei junge Russen zurück, um bei ihm zu
lernen. Sein Haus war überhaupt eine Bildungsschule der Typo-
graphie, aus welcher Renouard, Paul Dupont, Claye, Rignoux, Brun
und andere, später berühmte französische Buchdrucker hervorgingen,
ebenso die drei ersten Buchdrucker Griechenlands : Coromllas, Dobras.
Apostolides, sowie viele Missionsbuchdrucker. Um sich ganz dem
12*
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DIE ROMANISCHE GRUPPE
VI. KAP.
öffentlichen Leben zu widmen, überliess er im Jahre 1827 seinen
Söhnen das Geschäft. Auch als tüchtiger Schriftsteller war Firmin
1
Didot bekannt.
Eine der Töchter Pierre Frangois' heiratete Bernardin de Saint-
Pierre, welcher eine Zeitlang bei der Papierfabrik in Essonnes beteiligt
war, wo er Paul et Virginie schrieb. Von seinen drei Söhnen sind
namentlich Henry und Didot Saint-Lcger zu erwähnen.
Henry Didot that sich als Schriftschneider, Schriftgiesser und
Henrj Did .,t Mechaniker rühmlichst hervor. Noch in einem Alter von 66 Jahren
* *5t isij.1'03" schnitt er für seine „mikroskopischen" Ausgaben, z. B. von Horaz,
Rochefoucauld u. a., seine nec plus ultra - Schrift. Um dieselbe giessen
zu können, musste ein neues Giessinstrument erfunden werden,
welches Henry Didot polyamatype nannte, in welchem 160 Buch-
staben auf einmal gegossen wurden.
Der Bruder Henrys, bekannt unter dem Namen Didot Saixt-
Didot st.. L^gcr. Leger , dirigierte die Papierfabrik in Essonnes. Seiner Verdienste
um die Papierfabrikation wurde bereits (s. 161) gedacht.
Firmin Didot hatte drei Söhne : Ambroise Firmin , Hyacinthe
und Firmin Fr^deric (gest. 1836].
Ambroise Firmin genoss eine ausgezeichnete Erziehung und
Ambr. f. Didot legte sich mit besonderem Eifer auf griechische Sprache und
• an. Dez. T790. ** "
t a4. Kehr. t876. Litteratur. Er machte Reisen in Kleinasien, Syrien, Palästina und
Ägypten und war eine Zeitlang Attache bei der französischen
Gesandtschaft in Konstantinopcl. Nach der Erhebung Griechen-
lands zeichnete er sich als einer der eifrigsten Förderer der griechi-
schen Sache aus. Er schenkte unter anderem Griechenland die
erste Buchdruckerci. Die Bürgerschaft von Athen hat in dankbarer
Erinnerung der Verdienste Didots noch in letzter Zeit einer Strasse
in Athen den Namen Didot-Strassc beigelegt.
Im Verein mit seinem Bruder Hyacinthe druckte und verlegte
er eine Reihe bedeutender Werke, z. B. die Reisen Champollions d. j.
in Ägypten, dessen Ägyptische Grammatik und Wörterbuch; Texiers
Reisen in Kleinasien und Armenien, fünf Bände, Folio; das Glossa-
rium nndiae et infimac latinitatis von Du Cange ; in sechster Auflage
das Wörterbuch der Akademie, 1835, welches in erster Auflage
bereits 1694 erschienen war, und eine grosse Anzahl anderer Wörter-
bücher; die lincyclopcdu moderne, 39 Bände mit einem Atlas in fünf
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Bänden; das Dic/ionnaire de la conversation , 2 1 Bände; die Encyclo- \mbr. f. Didou
pcdie d'histoire naturelle, 22 Bände mit neun Bänden Atlas; die
No/a'elle Biographie generale, 46 Bde. ; die Biographie universelle des
musiciens von Fetis, acht Bände ; J. C. Bruneis : Manuel de la librairie;
die Bibliotluque grecque in mehr als 6b Bänden ; die Bibliothcque
latinc-francaise, 2J Bände; die Bibliotheque francaise ; das Univers
pittoresque , 67 Bände mit 4000 Stahlstichen. Wenn die Bändezahl
dieser Kollektionen schon imponiert, so ist noch zu erwägen, dass
es sich hierbei grösstenteils um Bände in grossem Oktav, in
gespaltenem Satz mit kleiner Schrift gedruckt, handelt, so dass in
der Regel ein Band den Stoff von sechs bis acht gewöhnlichen
Oktavbänden enthält.
Als ein Hauptwerk Didots, zugleich für Deutschland doppelt
interessant, weil es hauptsächlich durch gelehrte Kräfte Deutsch-
lands durchgeführt wurde, ist der Thesaurus graecae linguae zu
nennen. Diese unerschöpfliche, von Heinrich Stephanus stammende
(I, s. 207; Fundgrube griechischer Lexikographie wurde unter
Zusammenwirken einer grossen Anzahl Gelehrter Frankreichs und
Deutschlands nach 300 Jahren neu herausgegeben und damit der
Wissenschaft ein Denkmal hergestellt, das seinesgleichen sucht. Die
Redaktion übernahmen die Professoren Hase, Wilhelm und Ludwig
Dindorf. Das Werk bildet neun Bände in Folio.
In jüngerer Zeit haben Didots sich auch mit Vorliebe den
neueren Illustrationsmethoden zugewendet. Racinets Uornement
polychrome und Mantz' Les chefs-d'auvre de la peinture italienne
mit den Chromolithographien Kellerhovens müssen als Prachtwerke
erster Klasse genannt werden. Höchst anziehend ist auch eine Reihe
von reich mit Holzschnitten und Chromolithographien geschmückter
Werke, welche namentlich Leben, Sitte und Kunst früherer Jahr-
hunderte illustriert und sich trotz der musterhaftesten Ausstattung
durch einen sehr billigen Preis auszeichnet. Fast als ein Saulus unter
den Propheten erschien 1 860 in dem Didotschen Verlage nach dem
Muster des „Bazar" das Journal La Mode illustrie , welches an
100000 Abonnenten zählte.
Ein anstaunenswertes Unternehmen bleibt in seiner Art auch:
Annuaire -Almanach du Commerce, von welchem mehr als Sojahr-
gänge vorliegen. Das Unternehmen ist jetzt in den Händen einer
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VI. KAP.
Ambr. f. Didot. Gesellschaft, die es mit einem Kapital von 71/.- Millionen Franken
ausbeutet.
Mit Obigem haben wir nur einen Teil der grossartigen Wirk-
samkeit der Weltfirma andeuten können. Der bescheiden aus-
gestattete Vcrlagskatalog lässt kaum auf den hohen Wert der
verzeichneten Unternehmungen schliessen , der schwerlich von dem
irgend eines Verlagskataloges übertreffen werden dürfte.
Wenn wir noch sehen, welche bedeutende littcrarischcThätigkeit
Ambroise Firmin mit seiner geschäftlichen zu verbinden wusste, so
muss unsere Achtung und Bewunderung für diesen Mann sich noch
steigern.
Seine Mitwirkung bei dem Thesaurus wie bei vielen der ency-
klopädischen Unternehmungen des Hauses zeugen schon von seiner
gelehrten und wissenschaftlichen Bedeutung, jedoch lieferte er ausser-
dem noch eine Reihe selbständiger Schriften. Wir können hier nur
die bedeutendsten derjenigen erwähnen , die sich auf das graphische
Gewerbe beziehen. Als Mitglied der Ausstellungs-Jury schrieb er
IJimprimerie , la librairie , la papetirie a l\ xposition /»?f / a Lomir es
\2. Auflage 1854;. Sein 1863 erschienener Essai typographique et
bibliographique sur t'fiistoire de la gravure sur bois ist ein vortreff-
liches WTerk, das nur den einen Fehler hat, dass es mit ganz ausser-
ordentlich kleiner Schrift gedruckt ist'. Sein letztes umfangreiches
Buch ist das 1875 erschienene Aide Manuce et T hellenisme a Venise.
Uber die Frage der Orthographie und des litterarischen Eigentums-
rechtes gab er verschiedene wertvolle Schriften heraus. Unter seinen
Monographien erwähnen wir : Ltude sur les wttvres de Jean Sire de
Joinville, zwei Bände, fünfte Auflage, 1870; Missel de Juvenal des
i 'rsins. ein kostbares Manuskript, welches Didot für 23 000 Franken
erworben, jedoch der Bibliothek des Hotel de Ville cediert hatte,
bei dessen Brande es vernichtet wurde; htude sur Jean Cousin, 1872.
Didot besass eine Bibliothek typographischer Seltenheiten ersten
Ranges, die nach Millionen von Franken geschätzt w urde und auch
■ Seine 1SS2 in einem zweiten, unveränderten Abdruck erschienene Histäre
de la Tyf oxrafhie entspricht nicht dem, was man nach dem Titel erwarten könnte.
Ks ist ein Abdruck eines grossen, vor langen Jahren erschienenen Artikels in
der Encydopidie madertte und enthält nur chronologisch an einander gereihte
Notizen, fast ausnahmslos über franzosische Buchdrucker, namentlich über
Mitglieder der Familie Didot, und schliesst mit dein Jahre 185 1.
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VI. KAP.
DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE.
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bei der Versteigerung nach Didots Tode wirklich enorme Summen Ambr. k. u.dot
einbrachte. Diese Sammlung hatte Didot Veranlassung zu dem
Werke: Catalogue raisonne des livres de la Bibliotlieque de
A. F. Didot, I. i : Livres a figures sur bois, Solennites, Romans
de chevaUrUt 392 zweispaltige Seiten, gegeben. Als Supplemente
hierzu erschienen: Les apocalypses figurees und Essai de Classi-
fication des Romans de chevalerie. Sein Bibliothekzimmer war
Didots liebster Aufenthalt, und hier musste oft sein Diener den in
die Arbeit Vertieften an die vorgerückte Nachtstunde erinnern.
Das Geschäft beschränkte sich nicht allein auf bibliopolisch-
typographische Unternehmungen, sondern umfasste auch die
bedeutende Papierfabrikation in Mesnil und Sorel. Dagegen sah sich
Didot veranlasst, .die Schriftgiesserei als selbständiges Geschäft
aufzugeben ; sie wurde der grossen Gesellschaft Fonderie generale
einverleibt. Als die Einrichtung der Papiermaschinen viele bei der
Fabrikation beschäftigt gewesene Mädchen in Mesnil arbeitslos
machte, richtete Didot eine bedeutende Druckerei für Frauen ein,
sorgte für tüchtige Anleitung und etablierte Schulen. Diese Anstalt
war namentlich ein Werk Hvacinthe Didots, des treuen Mitarbeiters HyacimhcDuiot
des Ambroise durch eine lange Reihe von Jahren. Sie stand unter der f 7 .Vu^itwt.
Leitung des Theotiste Lefevre, und wurde nachträglich noch Th. Lefevre
• 17. Sept. tyqS.
durch eine Abteilung für taubstumme Mädchen erweitert. Der jetzt
84jährige Th. Lefevre, bekannt durch sein Handbuch für Setzer1,
arbeitet seit 46 Jahren in dem Hause Didots.
Dass es Ambroise Firmin Didot an äusseren Ehren der ver-
schiedensten Art nicht fehlte, ist begreiflich. In den letzten Jahren
seines Lebens genoss er noch die Auszeichnung, Mitglied des Instituts
von Frankreich zu werden. Die höchste Ehre war es ihm jedoch,
die unbegrenzte Achtung und Liebe seiner Mitbürger und Unter-
gebenen zu besitzen und der Vater seiner Arbeiter zu sein, was er
im vollen Sinne des Wortes war, bis ihn der Tod ihnen raubte.
Das Haus Didot steht jetzt unter der Leitung des Sohnes des
Ambroise Alfred Firmin Didot ;geboren 1828) und des Sohnes des Alfred und Paul
Hyacinthe Paul Firmin Didot (geboren 1826;. Die Druckerei in
Paris ging in den Besitz von G. Chamerot über.
1 Gtv.Jt pratiqtte du compcsüettr dyimprtmerie. i'aris 1S55. Vol. 11. 1S72.
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
Trotzdem dass die Firma, wie auch aus dem Obigen hervor-
geht, in mancher Hinsicht ihre Thätigkeit beschränkte, wird sie
sicherlich noch lange den berühmten Namen mit Ehren behaupten.
Für Frankreichs Typographie hat die Familie Didot eine Bedeutung,
welche die der Familie Stephanus noch überragt.
Neben dem Geschlecht der Didot besass Frankreich noch eine
Andere aiierc Anzahl bedeutender Druckerfamilien, die, aus dem XVin. in das
Familien.
XIX. Jahrhundert herüberreichend, die verbindenden Glieder in der
grossen Kette bilden, in welcher sich die modernen vortrefflichen
Typographen an die alten Meister anreihen.
Unter diesen Familien nahm die der Panckoucke, wennauch
nur auf kürzere Zeit, eine sehr glänzende Stellung ein.
Joseph Panckoucke, geboren zu Lille, war ein tüchtiger
J. Panckoucke Mathematiker und bereitete sich für den Beruf eines Dozenten vor,
* *7j6» *** 1709-
etablierte sich jedoch zuerst als Buchhändler, dann 1774 als
Buchdrucker. Eine der ersten seiner Unternehmungen sollte eine
Gesamtausgabe von Voltaires Werken sein, für deren Durchsicht
und Emendation er den berühmten Verfasser selbst gewonnen hatte.
Die Kaiserin von Russland war ersucht worden, die Widmung
anzunehmen, da jedoch nach Ablauf von sieben Monaten die
Erlaubnis zur Dedikation noch nicht eingegangen war, betrachtete
Panckoucke die Sache als gescheitert und verkaufte seine Rechte
P. Beaumarchais an den bekannten Schriftsteller P. Beaumarchais, der die Absicht
f i9 . ,1 i7w. katte^ etwas nocjl j^irt Dagewesenes von einer Prachtausgabe zu
liefern. Am Tage nach dem Abschluss kam — zu spät! — die
Erlaubnis der Kaiserin, begleitet von einer Anweisung auf 150000
Livres.
Beaumarchais Hess in Kehl, Strassburg gegenüber, eine Offizin
errichten und Arbeiter aus Deutschland und der Schweiz kommen.
Seine Abgesandten nach Holland studierten die dortige Papier-
fabrikation und errichteten danach Fabriken in den Vogesen. Die
Stempel und Matern Baskervilles wurden erworben (s. 74). Der
Hauptherausgeber war Condorcet; die typographische Redaktion
besorgten Decroix und Letellier. In fünf Jahren (1784—89) ver-
ausgabte man mehr als drei Millionen auf eine Oktavausgabe in
70 Bänden und eine Duodezausgabc in 92 Bänden. Um allen
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VI. KAP.
DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE.
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Ansprüchen gerecht zu werden, wurden von beiden Ausgaben
Exemplare auf fünf Sorten Papier gedruckt in einer Gesamtauflage
von 28 000 Exemplaren. Zu dem grossen Aufwand stimmte nicht
recht die nachlässige Korrektur. Pekuniär war das Unternehmen
ein vollständiger Misserfolg und kostete Beaumarchais für seinen
Anteil eine Million.
Von Panckoucke stammt auch der Gedanke des Moniteur.
Nachdem er in England den Wert und die Macht der periodischen Der Mauittur.
Presse kennen gelernt hatte, wollte er ein solches Institut, das auch
äusserlich mit einem der grossen englischen wetteifern konnte , in
Frankreich gründen. Der erste Redacteur war Maret, später Herzog
von Bassano. Das Blatt erreichte die damals ganz ausserordent-
liche Auflage von 1 5 000 Exemplaren und wurde ein Quellenwerk
für die Geschichte, das an Interesse wenige Konkurrenten hat.
Als Verleger war Panckoucke äusserst splendid und bei Hofe
sehr angesehen. Er druckte Buffons sämtliche Werke; die erste
grosse Sammlung von Reisewerken und begann auch die Encyclo-
pidie uicthodique , welche 166 Bände in (Juart und $1 Teile mit
6429 Kupfertafeln umfasste, deren Herstellung ein halbes Jahrhundert
in Anspruch nahm. Der Erfolg war anfänglich ein ganz ausser-
ordentlicher. Ein einziger Madrider Buchhändler, Sancha, hatte
Subskriptionen bis zu einem Betrage von anderthalb Millionen Livres
gesammelt. Die lange Reihe von Jahren , welche das Unternehmen
bis zu seiner Vollendung erforderte, schmälerte jedoch sehr den
Ertrag, da wenige Unterzeichner das Ende des Werkes erlebten.
Panckoucke selbst war als Schriftsteller sehr thätig und lieferte
ausser selbständigen Werken und Übersetzungen noch zahlreiche
Artikel zu den periodischen und cncyklopädischen Werken seines
Verlages.
Sein Sohn Charles Louis Panckoucke vertauschte die als Beruf
ergriffene Rechtswissenschaft mit der Buchdruckerei und dem Buch- c.l. P-mckom-kc
• j-^, l»cz. 178",
handel. Er vollendete die Encyelopedie und druckte unter Mitwirkung \- u. juii nie-
der besten wissenschaftlichen Kräfte das Dictionnaire des sciences
nu duales, die Flore medicale , die Biographie medicale. W ährend
des Rückganges des nationalen Glanzes in den Jahren 18 14 — 15
begann er die Herausgabe der l'ictoires et Comjuefes , welche einen
ausserordentlichen Erfolg hatten. Weiter veranstaltete er eine neue
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VI. KAP.
Ausgabe der Expedition d'ßgypte. Auch er war als Schriftsteller
mehrseitig thätig. Sein Sohn Charles Louis Ernest (geboren 1806}
verliess den Buchhandel, behielt jedoch die Buchdruckerei und den
Druck des Moniteurs.
Der Ursprung der Familie Barbou ist in Lyon um die Mitte
Familie Barbou. des XVI. Jahrhunderts zu suchen. Eins der Mitglieder derselben,
Jean Joseph Barbou, etablierte sich 17 17 als Buchhändler, 1723 als
Buchdrucker in Paris. Der Sohn Joseph Gerard Barbou machte sich
einen Übeln Namen durch die Art und Weise, wie er einberufene
deutsche Arbeiter behandelte. Sein Neffe Joseph Gerard d. j. begann
eine schöne Kollektion lateinischer Klassiker in 76 Bänden mit
Vignetten, die 1808 auf J. A Delalain überging, der das Geschäft
erst allein, seit 1836 mit seinem Sohne A. H. J. Delalain führte.
Diese Firma druckte mehrere tausend Klassiker - Ausgaben und
Unterrichtswerke; derselben verdankt man auch das Annuaire de la
librairie et de Nmprimerie und mehrere Fachschriften. Die Familie
gehört zu den geachtetsten ihres Faches in Frankreich.
Philipp Nicolas Lottin etablierte 1724 eine Druckerei. Sein
p. n. Lo»in SohnAuG.MARTiNwardcrtypographischeLehrmeisterLudwigsXVI.,
der damals, ein glücklicher Knabe von zwölf Jahren, mit der Presse
spielen konnte, die ihn später aufs Schafott bringen sollte. Lottin
ist der Verfasser eines jetzt sehr selten gewordenen Werkes:
Catalogue chronologique des libraires et imprimeurs de Paris depuis
i47o—,78p.
Das Geschäft Treuttel & Würtz wurde 1770 in Strassburg,
j. g. Treuttci 1795 in Paris, 18 17 in London errichtet. J. G. Treuttel war in
* j.7G.'w,,m Strassburg geboren, ebenso sein Schwiegersohn J. G. Würtz; ein
. !,<*. + 18+1. zweiter Schwiegersohn E. Jung trat nach Treuttels Tod als Teilhaber
in das noch in der Familie unter der Firma Jung-Treuttel fort-
wirkende Geschäft. Unter den vielen bedeutenden Arbeiten des-
selben nennen wir nur einige: d'Agincourts Lhistoire de l\irt par
/es momimens, die Werke der Frau von Stall, 17 Bände; Les
archives des decouvertes, 31 Bände; die bedeutendsten Werke
Sismondis ; die Bipontiner (Zweibrücker) Ausgaben der Klassiker in
1 1 5 Bänden ; die Encyclopedie des getis du tnonde.
Eines der bekanntesten Häuser Frankreichs ist das Strassburg
ebenfalls angehörende Berger - Levrault , welches seit mehr als
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VI. KAP.
DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE.
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200 Jahren in einer Familie fortgerührt wurde1. Der Gründer des- Familie Hergcr-
selben war Friedr. Wilh. Schmuck um 1675; die Druckerei entstand
1685. Der Sohn Friedrich Schmuck und dann sein Bruder Wii.h. Kr. ^Ltimuck
Schmuck folgten, letzterer wurde Buchdrucker des Königs und der wüh. schmuck
Universität. Nach Fr. Schmucks Tode ging das Geschäft auf seinen ' ' ' 5'
Schwiegersohn Joh. Rod. Christmann aus Kempten und dann auf j.r . Christinann
dessen ältesten Sohn Franz Robert Adrian über, der als Teil- k. R. Christmann
nehmer seinen Schwager Franz Georg Levrault aufnahm, worauf
die Firma Christmann & Levrault, dann nach Christmanns Tode
Georg Levrault wurde und bis 1858 fortbestand. Von den vier
Söhnen Georgs, die sich alle der Druckerei widmeten, wurde der
älteste Franz Laurent Xavier, welcher in der Schreckenszeit auf v. L. X. Levrault
Grund seiner royalistischen Gesinnungen hatte fliehen müssen, Chef f t"
des Hauses. Unter ihm fand ein bedeutender Aufschwung des
Geschäfts statt. Ein grosser Teil des Exports französischer Bücher
nach Deutschland und Russland ging durch seine Hände und seine
Pressen brachten zahlreiche Verlagsartikel hervor. Eine Spezialität
des Hauses bildete die Lieferung von Militärformularen, die sogar
der grossen Armee nach Russland nachgesendet wurden. Levrault
war ein Mann von ungewöhnlicher geistiger Begabung und Arbeits-
kraft, die er nicht nur dem Geschäfte, sondern auch seinen
Mitbürgern, unter denen er im höchsten Ansehen stand, widmete.
Eine treue und tüchtige Gehülfin hatte er in seiner Frau , welche,
als Überanstrengungen 1S21 seinen Tod herbeiführten, sich beherzt
an die Spitze des Hauses stellte und während 29 Jahren das Erbe Witwe Levrault
der Familie mit sicherer Hand erhielt und forderte. Von 1825
bis 1837 wurde sie durch einen Schwiegersohn Friedr. Berger
kräftig unterstützt, ein anderer Schwiegersohn C. Pitris leitete das
in Paris gegründete Haus. Nach Bergers Tode übernahm dessen
Witwe die Führung der Druckerei, während die Witwe Levrault bis Wi:ue licrccr-
Lcvrault
zu ihrem Tode der Buchhandlung vorstand. Die Witwe Berger 7 Mai .k79.
nahm nun ihren Sohn Oscar Berger- Levrault zum Teilnehmer,
wodurch die Firma sich in Berger- Levrault Sohn änderte. Unter
der Leitung Jul. Norbergs nahmen die Geschäfte einen immer
grösseren Umfang an.- Mit gewaltigen Anstrengungen siegte man
' l„ Mohr, Das Haus Heryer-I.cvrauh. Strasshurj; 1S76. — Llmprimerie Je
Herger- Levrault & Co. Nancy 1S78. — Ann. d. Typ. B. \ in. 1876, Nr. 352.
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188 DIE ROMANISCHE GRUPPE. VI. KAP.
Bcrgcr-i.cvra..it. in dem Kampf gegen Konkurrenten um Behauptung der administra-
tiven Arbeiten. Bedeutende Erfolge belohnten die Thätigkeit und
ein grossartiges Geschäftshaus wurde erbaut. Kaum war der Umzug
bewerkstelligt, da brach der Krieg aus. Die Schwierigkeit resp.
Unmöglichkeit, während desselben und der darauf folgenden
Friedensverhandlungen die administrativen Arbeiten auszufuhren,
waren ausserordentlich; nach der Abtretung des Elsass an Deutsch-
land musste das Haus mit diesen Arbeiten nach Frankreich
auswandern und 1873 fand die Übersiedelung nach Nancy statt.
Bereits am 20. Mai 1876 ward das dortige äusserst zweckmässig
eingerichtete Etablissement ein Raub der Flammen, es wurde jedoch
mit einer fabelhaften Energie und mit noch besseren Einrichtungen
als vorher neu aufgeführt.
Das Strassburger Etablissement, welches jetzt nach 200 Jahren
wieder zu den deutschen zählt, besteht unter alleiniger Leitung des
Herrn Run. Schultz als Kommandit- Gesellschaft unter der Firma
R. Schultz & Co. (Berger-Levrault Nachfolger).
Der Gründer der Firma Dentu, Jean Gabriel Dentu, etablierte
j. g. Dem«, um 179$ eine Buchdruckerei und später eine Buchhandlung in Paris.
' Sein Journal des Dantes hatte einen ausserordentlichen Erfolg. Er
gab eine grosse Reihe von Reisewerken sowie Schriften natur-
wissenschaftlichen Inhalts heraus und druckte und verlegte nach
der zweiten Restauration fast alle legitimistischen Broschüren. Der
c. Dentu d.j. Sohn Gabriel Dentu, der 1826 das Geschäft übernahm, blieb den
• 1700. -f- 1849. . t t ■ •
politischen Traditionen der Firma treu, wurde dadurch nach der
Julirevolution 1830 in 27 Pressprozessc verwickelt und musste
ausser zahlreichen Geldstrafen neun Monat Gefängnis aushalten.
Einer seiner Söhne Ed. Dentu folgte ihm als Buchhändler; die
Buchdruckerei wurde verkauft.
Als Verleger einer Reihe reizender und koketter Ausgaben
H. M. Catiit in 180 mit schönen Illustrationen und allerliebsten Ornamenten der
f j. Okt. i, ,5. jjesten Künstier jst Hubert Martin Cazin bekannt.
Mit grosser und wohlbcgründeter Pietät nennen die französischen
Fachgenossen den Namen Crapelet.
Charles Crapelet war in Bourmont geboren. Seine Erziehung
war sehr vernachlässigt, er versuchte jedoch durch unermüdliche
Arbeit das Fehlende zu ersetzen. Erst 17 Jahre alt übernahm er
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VI. KAP.
DIE SCHÖPFER DER NEUERN TYPOGRAPHIE.
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die Leitung des bedeutenden Geschäfts des Buchdruckers Stoupe. Charte* Crapeiet
Er beteiligte sich auf das lebhafteste bei den Bestrebungen, die Typo- ••■ «9 oi«, tk*?!
graphie durch Geschmack und Eleganz zu heben, und war zugleich
einer der vorzüglichsten Korrektoren. Als Beweis seines Pflicht-
eifers wird erzählt, wie er sich von dem Festschmause am Abend
seines Hochzeitstages gegen Mitternacht heimlich entfernte. Als er
nicht wiederkam, geriet die Gesellschaft in Verlegenheit, die junge
Frau in die grosste Unruhe. Nachdem der anwesende Prinzipal
Stoupe sich eine Zeitlang an dieser Situation ergötzt hatte, machte
er schliesslich dem Entsetzen ein Ende durch die Erklärung,
Crapeiet sei in die Druckerei gegangen, um die Korrektur einiger
Bogen zu erledigen, die man morgen drucken müsse. Der Vermisste
erschien dann endlich auch früh gegen drei Uhr.
Im Jahre 1789 wurde er der Nachfolger Stoupes. Nach dem
Beispiele Baskervilles suchte er Einfachheit mit Eleganz zu ver-
binden und übertraf sein Vorbild durch die Gleichmässigkeit und
die grosse Korrektheit seiner Drucke. Seine Ausgaben werden von
allen Bücherfreunden in Ehren gehalten und seine Pergamentdruckc
und die Golddruck-Exemplare von Audiberts Histoirc des colibris
sind typographische Seltenheiten.
Vom Glück war Crapeiet nicht begünstigt und Missbrauch seines
Vertrauens brachte ihm ausserdem schwere Verluste. Um diese zu
ersetzen , arbeitete er über seine Kräfte. Ein Druckfehler in dem
ersten Bogen seiner Ausgaben des Telcmaque, wo, statt Penchpc,
PHcnope gedruckt war, versetzte ihn in eine solche Aufregung, dass
nur die ernsthaftesten Vorstellungen seiner Freunde ihn von seinem
Entschluss, die Buchdruckerei aufzugeben, abzubringen vermochten.
Leider zu seinem Schaden, denn er starb, erst 49 Jahre alt, durch
geistige und körperliche Anstrengungen aufgerieben, als Märtyrer
seines Berufs. Unter den vielen Werken aus seinen Pressen seien
die schönen Ausgaben der französischen Klassiker und Audiberts
Histoire naturelle des oiseaux c/iautans, Folio, 1805, genannt.
Notgedrungen musste der Sohn Georg August Crapelet,
kaum 20 Jahre alt, das Geschäft übernehmen. In seinen Leistungen <:. a. Crapci*
, 1780«
übertraf er noch den Vater, war ausserdem ein bedeutender Fach-
schriftsteller und Archäolog. Seine Ausgaben französischer Klassiker
sind berühmt und die Grosspapier-Exemplare davon sind als Pracht-
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\cjO
DIE ROMANISCHE GRIPPE.
VI. KAP.
drucke gesucht. Crapelet der Sohn gehörte, wie der Vater, zu
denjenigen Buchdruckern, die mehr zur Ehre der Kunst als zum
eigenen Vorteil den alten Traditionen treu blieben. Seine Fach-
werke sind sehr geschätzt. Von den Iitudes pratiques et littirains
sur la typographie, Paris 1837, wurde leider nur der erste Teil
veröffentlicht, den Abschluss des Werkes verhinderte des Verfassers
Tod. 1840 erschien De la profession d'uu imprimeur.
Den Grund zu den bedeutenden bibliographischen Arbeiten
De Bure. Frankreichs legte Wilhelm Franz de Bire, einer bereits seit
1660 bestehenden Buchhändler- Familie angehörend. Er verfasste
1753 das Museum typographicum und 1785 seine Bibliographie
instruetivt , sowie mehrere von den Bibliographen sehr geschätzte
Kataloge, unter andern die über die Bibliothek des Herzogs von
la Valliere, in damaliger Zeit die bedeutendste Privatbibliothek
Frankreichs.
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VII. KAPITEL.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS
UND DAS BUCHGEWERBE.
Das Aufi.eüen des Buchgewerbes. Die Prachtwerke. Neue 15ahnen. Der
Ccrcle de la Librairie. Die Fachliteratur. Statistisches. Die Journallitteratur.
Die moderne Typographie: A. Marne & Co., H. Fournier, P. Dupont, J. Claye,
N. Chaix, II. Plön u. a. Der illustrierte Verla«;: Ch. Furne, J. Dubochet,
J. Paulin. Die LüXUSBÜCHER : I- Curmer, Cr. Silbermann , Engelmann Vater
«: Sohn. Die verschiedenen RICHTUNGEN des Buchhandels: Baillere,
Masson, Hachettc & Co. u. a. Der archaistische Druck: I>. Perrin, D. Jonast
Die BIBLIOGRAPHIE: Die Buchhandlungen für das Ausland.
CHWKRE Zeiten hatten in der Shirmperiode Frank-
reichs auf der Buchdruckerei und dem Buchhandel Aufatmen des
Buchhandels.
gelastet und nur wenigen Auserwählten der alten
Garde war es, wie wir gesehen, vergönnt gewesen,
aus der Krisis ungeschädigt hervorzugehen. Als nun
das Buchgewerbe wieder aufzuatmen begann, war es, da die neue
Litteraturperiode noch nicht angebrochen war, natürlich, dass die
Schaffenslust sich zuerst der Herstellung von schönen Ausgaben der
vorhandenen Schriftsteller, die zu den französischen Klassikern
gezählt wurden, zuwendete.
Theodor Dksoer war der erste, der eine solche Prachtausgabe:
einen zwölfbändigen Voltaire, herausgab, die alle Welt in Erstaunen Th. üe*>er.
versetzte, welche die Frage lebhaft diskutierte, ob der Verleger bald
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
ein reicher oder ein bankerotter Mann werden würde. Jean Jacques
J. J. Lefevre. Lefevre wollte Ausgaben bringen, die selbst die Didotschen über-
treffen sollten. In den Jahren 1 826— 1 829 gab er zuerst in 73 Bänden
in Oktav die französischen Klassik ermit reichhaltigen Kommentaren
heraus, dann die ohne Rivalen gebliebenen Sammlungen älterer und
neuerer Klassiker aller Länder in 32 °. Gleichzeitig veröffentlichte
L. Janet seine luxuriösen Ausgaben der geistlichen Schriftsteller.
Eine Prachtausgabe jagte nun die andere. Von Voltaire allein
Prachtausgaben, erschienen nicht weniger als vierzig Ausgaben in den verschiedensten
Formaten und zu den verschiedenartigsten Preisen. In ununter-
brochener Reihe folgten Buffon, Madame de SeVigne, Boileau,
Bossuet und viele andere ältere Schriftsteller mit prachtvollen
Stichen, unter Mitwirkung von Künstlern wie Descnne, Deveria,
Henriquel-Dupont, Calamatta, Lecomte, Girardet, Lorichon u. a.
Daneben behaupteten jedoch auch die älteren Ausgaben ihren Wert
bei den vielen Bücherliebhabern. Zu zahlreichen Werken mit und
ohne Illustrationen gaben die Thaten Napoleons und der grossen
Armee Anlass. Die arbeitenden 1500 Pressen, davon 800 in Paris,
reichten öfters nicht aus, um dem Andrängen der Verleger zu
genügen. Im Jahre 181 1 erreichten die gedruckten Bogen die Zahl
von neunzehn Millionen, 1826 war sie auf 145 Millionen gestiegen,
nicht gerechnet die enorme Zahl der politischen Broschüren, der
Zeitungen und der Revues.
Trotz der Schönheit der Klassiker- Ausgaben traten diese mit
der Zunahme der modernen Schriftsteller von Bedeutung wie Benj.
Constant, Chateaubriand, Lamartine, Cas. Dclavigne und viele
andere in den Hintergrund. Was Lefevre für die alten Verfasser
c. Ladvocai. gewesen , wollte nun Chaki.es Ladvocat für die lebenden sein.
Er war der richtige Typus eines modernen Buchhändlers, kühn,
unermüdlich, freigebig, von Liebe zu seinem Geschäft beseelt. Er
verstand jedoch nicht, dabei klug haushälterisch zu sein. Er gab
zwar der Littcratur einen mächtigen Stoss nach vorwärts, sollte
aber so wenig wie Lefevre die Früchte des regen Schaffens gemessen ,
und beide starben arm.
Dem Roman war es beschieden, einen mächtigen Einfluss auf
Der Roman, das Druckgewerbe zu üben. Am Tage der Herausgabe eines neuen
Romans von Victor Hugo, Jules Janin, Ch. Nodier, H. de Balzac,
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VII. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
193
Paul Lacroix, Leon Gozlan, Eug. Suc, Alf. Karr u. a. waren die
Buchhandlungen förmlich belagert. Die höchsten Honorare wurden
befahlt, oft für Bücher, von denen noch keine Zeile geschrieben war.
Doch hiermit sollte es nicht genug sein. Emil Girardin öffnete
dem Roman noch neue Bahnen. Er hatte den Gedanken gefasst, d.<s Feuilleton,
ein Journal von dem Umfange der grossen Blätter, aber nur zu
vierzig statt zu achtzig Franken, herauszugeben. Das wirkte in der
Journalistik gleich einer Revolution im Staate. Im Jahre 1835 erschien
Girardins La Presse : Le Siede war die erste Konkurrenz. Das
Publikum sollte namentlich durch das Feuilleton angelockt werden
und es entstand eine wahre Hetzjagd nach Romanen für dasselbe
und selbst die ernsthaftesten Journale mussten dem Strom folgen.
Soulies Memoires du diakle und Sues Mysteres de Paris in dem
Journal des Debals wurden geradezu verschlungen. Die Männer
des Romans genügten nicht und es entstand eine ganze Legion von
romanliefernden Blaustrümpfen. War der Roman im Feuilleton
beendigt, so kam eine Nachlese für Autor, Verleger und Drucker
durch Herausgabe als Buch.
Die Kunst des Zeilenmachens 1 wurde im grossen Stil geübt,
als besonderer Virtuos zeigte sich hierin Victor Hugo. Da nach
den Zeilen bezahlt wurde, so waren Zeilen wie Ja" — „Nein" —
„Er ging" — „Sie lächelte" etc. sehr profitabel.
Doch das Romanfieber Hess nach und es machte sich nun,
unterstützt durch die Fortschritte der Holzschneidekunst und das
vortreffliche Material an Schrift, Papier und Pressen, die Sucht
geltend, alles mit Holzschnitten zu illustrieren.
So prachtvoll die Stahlstiche auch gewesen, man sehnte sich
doch nach einfacherer Kost. Der Holzschneider Porret war einer Der Uoi«chniu.
der ersten, der auf Antrieb Achille Dcvcrias zur Reorganisation
der Xylographie die Initiative ergriff. Die talentvollen Zeichner
eigneten sich mit Eifer die Methode für den Holzschnitt zu zeichnen
an. Desenne, Deveria, Alfr. und Tony Johannot, Jul. David, Raffet,
Charlet, J. J. Grandville, Horace Vcrnet, Vict. Adam, Ary Scheffer,
Gavarni und andere Künstler ersten Ranges erschienen auf dem
Kampfplatz. Da gab es ein lustiges Turnier. Alle Klassiker, fremde Die illu>tricrleii
Klassiker.
und einheimische, wurden mit Holzschnitten illustriert; geschichtliche,
' El'.;. DE MlRECOt RT, labrique de romxns. Paris 1845.
'3
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194
DIE KOMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
ethnographische und naturwissenschaftliche Werke folgten in bunter
Reihe, daneben die illustrierten Blätter. Schliesslich kamen die
illustrierten Romane zu 20 Cent, für die Lieferung an die Reihe und
auch die Jugendschriften nahmen ein anderes Gesicht an. Der Sieg
des Holzschnittes über den Stahlstich war ein vollständiger.
Gegen das Ende des Bürgerkönigtums hatte das Geschäft
wenigstens anscheinend eine hohe Blüte erlangt. In der Zeit von
1830 — 1848 betrug die Zahl der erschienenen Werke 105 000 und
sie hat sich mit stellenweisen Unterbrechungen durch die politischen
Wandlungen auf einer hohen Stufe erhalten.
Zu dem Ansehen des französischen Pressgewerbes hat, wie
Der Ctrclt dt Li bereits in der „Einführung" angedeutet wurde, der Cercle de la
librairic, de Vimprtmerie, de la musig ue et des estampes 1 vieles bei-
getragen. Aus dem angeführten Titel geht schon hervor, dass der
Cercle als Sammelplatz für alle die mannigfachen Kräfte dient,
welche bei den graphischen Künsten im weitesten Sinne beschäftigt
sind. Nicht nur in allen Verhältnissen der Regierung gegenüber,
sondern auch bei allen Weltausstellungen hat der Cercle die
Interessen des Buchgewerbes mit Energie, Geschick und Glück
vertreten. Er wacht mit Eifersucht dem Auslande gegenüber, jedoch
ohne Eifersüchtelei unter den Mitgliedern des Vereins, über die
Behauptung der hervorragenden Stellung des französischen Druck-
gewerbes, wenn dieses auf dem Weltmarkt sich zeigt.
Der am 5. Mai 1847 unter dem Vorsitz von Ambr.- Firmin
Didot gegründete, 1853 reorganisierte Verein erwarb 1856 das
Eigentumsrecht auf die seit dem Jahre 181 1, damals im Besitz der
Familie Pillet, erscheinende Bibliographie de la France. Das 1858
unternommene LAnnuaire de la librairie wird nicht regelmässig fort-
gesetzt und hat für den Buchhandel Frankreichs nicht die Bedeutung
wie in Deutschland O. A. Schulz' Adressbuch. 1863 wurde das
Comite judiciaire des Cercle eingerichtet. Am 12. Juni 1878 wurde
der Grundstein zu einem prachtvollen Versammlungshaus, Ecke der
Rue Gregoire - de -Tours und des Boulevard St. -Germain, gelegt
und dasselbe am 4. Dezember 1879 feierlich eingeweiht. Es werden
seit der Zeit höchst interessante Ausstellungen dort abgehalten.
Im Jahre 1880 war die Zahl der wirklichen Mitglieder 317, darunter
1 Le Cercle de la librairie. Xoture tust. Paris 1 88 1. — J.B. BaILLERE, Le Cercle, etc.
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
195
119 Buchhändler, 40 Buchdrucker, 26 Lithographen, 55 Papier-
fabrikanten, 1 1 Buchbinder, 8 Maschinen fabrikanten etc. Ausserdem
hatte der Cercle 21 Ehrenmitglieder und 145 korrespondierende
Mitglieder. Das Vereinsvermögen betrug 350000 Franken.
Als Organ der Typographie besteht seit 1864 das durch Gabr.
Charavay geleitete L Imprimerie , Journal de la typographie et v .-«.-himeratur.
de la UtJiographie. Eis beschäftigt sich namentlich mit den Ver-f-* • m»> »a?s.
hältnissen der Buchdrucker zum Staate und mit den gewerblichen
Interessen, ist in technischer Beziehung jedoch nicht so reichhaltig
wie die leitenden englischen Journale. Letzteren nachzukommen ist
das seit 1873 begonnene Journal La Typologie Tucker mit Glück
bemüht. Es bringt wertvolle Artikel, so wurden z. B. die bekannten
iMtres d'un bibliophile von R. R. Madden zuerst hier mitgeteilt.
Von den übrigen Fachjournalen sei noch erwähnt das durch Fusion
von drei typographischen Blättern 1882 entstandene Bulletin de
P imprimerie et de la librairie, redigiert von Leon Degeorge. Was
von den englischen Fachjournalen gesagt wurde, dass sie sich von
allen personlichen Gehässigkeiten und Reibungen freihalten, gilt
auch von den französischen, obwohl sie zum grossen Teil direkt im
Interesse einzelner grossen Fabrikanten herausgegeben werden.
Nachdem wir in dem vorhergehenden Kapitel die Wirksamkeit
und Bedeutung der Bahnbrecher der neueren Periode haben kennen
lernen , wenden wir uns den bedeutenderen der modernen Anstalten
zu, welche dazu beigetragen, Frankreichs typographischen Ruhm
in neuester Zeit zu fordern.
Es könnte anscheinend ein Widerspruch darin gefunden werden,
dass die Reihe mit einem Institut angefangen wird, welches bereits
zuende des vorigen Jahrhunderts gegründet wurde. Dasselbe ist
jedoch seiner ganzen Organisation und Arbeitsweise nach so innig
mit der neuen Zeit verknüpft und übt auf diese seinen Einfluss in
einer so hervorragenden Wreise, dass es wohl nicht mit Unrecht
gerade hier an der Spitze steht, als Prototyp einer im besten Sinne
modernen Buchdruckerei: es ist das Druckinstitut von A. Mame
& Co. in Tours.
Der Gründer desselben war (1798) Armand Mame, ein junger und
energischer Mann. 1 830 assoziierte er sich mit seinem Schwiegersohne
«3*
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
Alfred Mamc und Neffen Ernest Mame. 1833 traten seine zwei Söhne Alfred
Henri Armand und Ernest als Teilnehmer ein. Nach dem Tode
des Vaters übernahm Alfred Mame das Geschäft allein und von da
ab datiert sich der enorme Aufschwung desselben. Die Ateliers
wurden den Forderungen der Zeit entsprechend eingerichtet und
Neubauten vorgenommen. Auch der Buchbinderei widmete Mame
besondere Sorgfalt. Seit 1859 ist der Sohn Paul Teilhaber. Schon
damals beschäftigte das Institut über 1000 Leute und produzierte
täglich gegen 1 5 000 Bände. Der Verlag besteht hauptsächlich in
Schriften pädagogischen und religiösen Inhalts, welche, mit einem
Preise von 60 Cent, für ein schön gebundenes Bändchen beginnend,
bis zu den höchsten Preisen geliefert werden. Mamcs grösster Vorzug
ist eine für alle Arbeiten, die billigsten ebensogut wie die teuersten,
sich gleichbleibende Sorgfalt. Seine glänzenden typographischen
Siege errang er hauptsächlich durch seinen Schwarzdruck; bunte
Farben, Gold und die Hülfsmittel der Schwesterkünste der Buch-
druckerkunst wurden von ihm nur als notwendige Konzessionen
an den Geschmack des Publikums betrachtet. Er ist ein echter
Schwarzkünstler.
Unter seinen Prachtwerken sind ausser seinem herrlichen MissaU
in Folio, das mit allem Raffinement ausgestattet ist, besonders zu
erwähnen die illustrierten Prachtwerke La Touraine mit Zeichnungen
von Francais, K. Girardet und Catenacci, das schon 1855 von der
Jury der Weltausstellung als ein Meisterwerk ersten Ranges anerkannt
wurde, und die Bibel mit den epochemachenden Illustrationen Gustav
Dores, die mittels Cliches Eigentum fast aller Länder geworden sind.
Zu den neueren Prachtwerken , bei welchen Künstler wie Foulquier,
Giacomelli und Hallez mitwirken, gehören die Chefs -d'&uvre de
In langue francaise. Von allen von ihm herausgegebenen Werken
lässt Mame ein Exemplar auf Pergament drucken, eine typo-
graphische Sammlung von grossem Wert. Auf allen Welt-
ausstellungen erreichte Mame das höchste Mass der Auszeichnungen
und es ist wohl kaum eine Stimme dagegen laut geworden'.
' Behufs Verteilung bei Ausstellungen gab Mame einen illustrierten Bericht
über sein Etablissement heraus. In dem Jahrgang 1865 des Journ. f. B. Nr. 6 ff.
findet sich eine deutsche Bearbeitung mit den Abbildungen des Originals. Bei
späteren Ausstellungen erschienen neue Auflagen des Berichts.
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS. 197
Die Leitung der Mameschen Buchdruckerei lag in den Händen
Henri Fourniers. Derselbe arbeitete 1812 bei Didot, wo er für n. Pourmer
den tüchtigsten Setzer galt. 1824 gründete er selbst in Paris eine
Buchdruckerei, die später durch Kauf in die Hände Jules Clayes
überging. Fournier druckte und verlegte eine Anzahl kompakter
Ausgaben der französischen Klassiker und verschiedene illustrierte
Werke: Les petits Misere s de la vie humainc, La Chine ouverte,
die von einem feinen Geschmack und grosser Tüchtigkeit zeugten.
Er zog nach dem Verkauf seines Geschäfts wieder nach seiner
Vaterstadt Tours. Auf Grund der typographischen Ausführung
von La Touraine wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.
Allgemein bekannt auch in Deutschland ist Fournier durch seinen
Tratte de la typographie , das einzige die Kunst des Setzers mit
Geschmack behandelnde Lehrbuch.
Für den Accidenzdruck haben Paul Dupont und seine Impri-
merie administrative et des chemins de fer Bedeutung1. Seinem p. Dupont
ganzen Wesen nach ist das Institut eins der modernsten und umfasst f t^. d«c. iwa
Buchdruckerei und lithographische Anstalt mit mehr als 50 Schnell-
pressen, 25 Handpressen und 1 200 Arbeitern. Ein merkwürdiges
Unternehmen Duponts sind die Archives parlementaires der ver-
schiedenen Repräsentationen Frankreichs von 1787 — 186b: General-
staaten, Direktorium, Konsulat, Kaiserreich, Restauration, Hundert
Tage, zweite Restauration, Juli-Regierung, zweite Republik, zweites
Kaiserreich; kann man eine grössere Abwechselung verlangen?
Dupont hat sich Ruf durch seine praktischen Beiträge zur Lösung
der Arbeiterfrage durch Beteiligung der Arbeiter erworben und hat
in seinen Bestrebungen unter den französischen Industriellen viele
Gleichgesinnte und Nachfolger gefunden, z. B. Laurent & Debcrny,
Schriftgiesscrei, seit 1848, Chaix & Co. und Godchaux Är Co. seit
1871, Marne und Masson seit 1877.
Anlässlich der Pariser Ausstellung 1867 gab Dupont ein Pracht-
werk heraus, enthaltend eine für den Laien interessante Schilderung
seiner Anstalt; freilich nicht ohne eine gewisse Ostentation und
kräftige Hervorhebung der Lichtseiten. Ferner schrieb er eine Histoire
de Vimprimerie, zwei Bände, 1854, jedoch mehr eine Sammlung von
« Notice atr les itablissements <A- I\ D. 1867. — P. D. et ses ouvritrs assoe. —
Joiim. f. V>. 1865, Nr. 35 — 37- — I'- Dwont, Une Imfrimerie en 1S67. Paris 1867.
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DIK ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAI'.
Material als eine durchgearbeitete Geschichte' und, abgesehen von
der Erfindungsgeschichte, fast ausschliesslich sich mit Frankreich
beschäftigend.
Von den vielen grossen Offizinen nennen wir nur diejenigen,
die irgend eine charakteristische Seite aufzuweisen haben.
Jules Claye (ursprünglich H. Fournier} ist eine bedeutende
juits ciaye. Buchdruckerei , aus welcher eine grosse Anzahl von Prachtwerken
Pariser Verleger hervorging, darunter die grossartigste Erscheinung
der jüngeren Typographie , Hachettes Les Evangiles. Wenn wir
gleich daneben ein kleines Kunststückchen Clayes, seinen Katalog
der Ausstellung des Cercle de la librairie in Wien 1873 nennen, so
geschieht es nur, weil das Büchlein zu den Gegenständen gehört,
bei deren Betrachtung man sich sagen muss , es giebt ein gewisses
Etwas in der französischen Typographie , in welchem man ihr nicht
nachkommt, nicht weil man es technisch nicht ebenso gut machen
könnte, nachdem es einmal vorliegt, sondern weil man einfach nicht
auf den Gedanken kommt, es so zu machen. Clayes Nachfolger im
Geschäft ist A. Quantin. Aus der Schule Mames hervorgegangen,
gilt dieser als einer der vorzüglichsten und geschmackreichsten
Drucker. Die Histoirc de Joseph wird als ein würdiges Seitenstück
zu I*es Evangiles bei Hachette betrachtet.
Zu Claye steht A. Chaix & Co. ungefähr in demselben Verhältnis'
a. cha.v wie Dupont zu Marne. Die Firma, jetzt wie dieDuponts in den Händen
einer Kommandit- Gesellschaft, ist Imprimerie et librairie centrales
des chemins de /er2. Wie schon aus der Bezeichnung hervorgeht,
legte sich Chaix besonders auf Arbeiten für Eisenbahnen und zwar
zu einer Zeit, als viele Eisenbahnbauten in Angriff genommen wurden.
Ausserdem druckte er viele Wertpapiere. Selbst das für so manchen
ruinöse Jahr 1848 brachte Chaix' Etablissement Vorteil durch die
vielen dort ausgeführten Zeitungen und politischen Broschüren, denn
seine Druckerei war der Sammelplatz der neuen politischen Grössen,
wo auch der nachmalige Kaiser fast täglich verkehrte. 1878
beschäftigte er 48 Schnellpressen und gegen 700 Personen. Das
Lokal gewährt das Bild einer grossen Eisenbahnhalle, mit Oberlicht
versehen und von Galerien umgeben. In der Mitte arbeiten die
t Die 18S1 erschienene neue Ausgabe ist <lic alte mit einem neuen Titel.
3 Ilist.Hre der imprimerie ftntmle, rtc. Paris 1S7S.
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
199
Setzer ; ringsherum stehen die Maschinen. Jeden Monat wird ein
neuer Orientierungsplan ausgegeben, um die Hersteller der ver-
schiedenen Arbeiten leicht auffinden zu können. Das grosse Tarif-
buch im stehenden Satz enthält 36 Millionen Nonpareil -Typen.
Für die mehrfarbigen Plakate, öfters von mehr als zwei Meter
Höhe und anderthalb Meter Breite, sind die schon oben erwähnten
besonderen Maschinen in Gang. Die Buchhandlung beschäftigt sich
fast ausschliesslich mit Eisenbahnlitteratur. Chaix sorgt sowohl
durch Beteiligungssystem und Kassen, die jetzt über ein Kapital
von 300 000 Franken verfugen, als durch zweckmässige Ein-
richtungen in dem Lokal und eine billige Arbeiterküche (ur das
W ohl der Gehülfen. Für die Ausbildung der Lehrlinge errichtete
er eine Schule mit vier Klassen unter Berücksichtigung der vier
Lehrjahre der Zöglinge. Nicht allein, dass der Unterricht frei ist,
sondern den Lehrlingen werden Marken verabreicht, die sie beim
Beginn der Stunden abzugeben haben. Für jede Marke, die also
als Zeichen der Anwesenheit in der Schule gilt, wird dem Lehrling
ein kleiner Geldbetrag gutgeschrieben. Für die Schüler schrieb
Chaix selbst ein Handbuch der Buchdruckerkunst, gab auch anlässlich
der Ausstellung 1878 einen 338 Seiten starken Bericht über seine
Anstalt heraus.
Ist Chaix' Druckerei als typisch für eine Druckerei des Augen-
blicks zu betrachten , so kann die am Place de la bourse gelegene A^enct u<™u.
Offizin der Agence Havas, der politischen Korrespondenz Frank-
reichs, als das Bild einer Zukunftsdruckerei gelten. Es werden hier
nur Setzmaschinen verwendet, und zwar Kastcnbcinsche, die
durchweg von Frauen bedient werden. Diese Druckerei liefert für
die Provinzblätter stereotypierte Satzspalten, die, in Stücke zersägt,
sich mit dem eigenen Satz der Blätter zusammen verwenden lassen.
Einen bedeutenden Namen als Werkdrucker erwarb Ph. H.
Plön \ Er war Setzer in der Offizin Bethunes, bei dem das Diction- p- h. pion
• I0O5.
naire de la conversation in 52 Bänden erschien. Bei der Herausgabe
zeigte PJon eine grosse Thätigkeit und wurde Teilnehmer des
Geschäfts. Als auf Grund entstandener Verlegenheiten B^thune sich
zurückzog, übernahm Plön allein das Geschäft, welches sich äusserst
rasch hob und Luxus- und Farbendrucke von Bedeutung lieferte,
« Quelques mots sur la maison Henri Plön. — Henri Plön. Paris 1S73.
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200
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
besonders aber gute Werkdrucke. 1854 wurde Plön Buchdrucker
Napoleons III. und druckte und verlegte dessen Leben Caesars.
Sein wissenschaftlich und künstlerisch ausgebildeter Sohn übernahm
nach dem Tode des Vaters das Geschäft.
Den Farbendruck hat die Firma so gut wie fallen lassen. Ohne
gerade als Meisterstücke hervortreten zu wollen, zeichnen sich, wie
die älteren, so auch die neueren Verlagserzeugnisse Plöns, als:
Collection des classiques francais in 32 "; Les Chartes et /es archives
nationales in 40; die Bibliotheque historique in mehr als 300 Bänden
in 8°; die Bibliotlieque des voyages und die Bibliotlieque des romans
durch Tüchtigkeit in der Ausführung aus.
Die Firma Lacrampe & Co. wurde 1837 als Assoziations-
druckerei von 19 Arbeitern, alles tüchtige, arbeitsame und Aar ihren
Beruf enthusiasmierte Männer, begründet. Sie wählten ihren Chef
und wirtschafteten gemeinschaftlich. Das Resultat war trotz der
redlichsten Anstrengungen und zahlreichen Aufträge kein günstiges.
Nicht besser ging es der unter der Firma Francois & Co. gegründeten
Assoziationsbuchdruckerci, gewöhnlich „die Zehn" genannt.
Ckete Fils ist zwar in Corbeil ansässig, gehört jedoch
Cracfiu. thatsächlich zu den Pariser Buchdruckereien, da das kolossale
Etablissement nur für Pariser Verleger beschäftigt ist ; Crete kon-
kurriert würdig mit Claye in der Herstellung illustrierter Werke,
namentlich für Hachettes Verlag, und wird hinsichtlich einer sich
stets gleichbleibenden Güte und Gleichmässigkeit des Schriftdrucks
kaum übertreffen.
Gauthier -Villahs macht eine Spezialität aus solchen Arbeiten,
Gauihki-viibr> die andere am liebsten von sich weisen möchten; bei ihm heisst es
aber, je schwieriger, desto besser. Seine für die wissenschaftlichen
Institute und Akademien gelieferten Tabellen-, arithmetischen und
mathematischen Arbeiten, unter welchen sich die Werke des
de Laplace und Lagrange befinden, sind mit grossem Fleisse
und mit typographischem Verständnis ausgeführt, würden jedoch in
Deutschland nicht für so epochemachend gehalten werden, wie es in
Frankreich der Fall war. Als Schöpfer des modernen mathematischen
Satzes muss der bis in sein 78. Jahr bei Gauthier -Villars arbeitende
Uaiiieui Setzer Bailleul betrachtet werden, der zuerst bei Crapclct aus-
f j . .ijh80. g^jj^ war unj cjem Schriftgicsscr Ch. Laboulaye in seinen
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VII. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
20 1
Bemühungen Unterstützung fand. Kr wurde zum Ritter der Ehren-
legion ernannt. Es sei dies als Zeichen eines anerkennenswerten
Vorgehens der französischen Regierung angeführt, dass sie den
hochverdienten Arbeiter ganz in derselben Weise wie den ersten
Bürger ehrt, und andererseits ist es von den französischen Buch-
druckern zu loben, dass sie neidlos die Verdienste ihrer Kollegen und
Gehülfen in ein helles Licht zu setzen suchen, damit die Regierung sie
kennen und schätzen lernt.
Unter den tüchtigen Firmen seien noch wenigstens kurz
erwähnt: C. Motteroz, der sich auch schriftstellerisch durch sein VcmcW.ichc
Pariser Ol ti/inci
Werk über die chemischen Illustrations- Verfahren* verdient gemacht
hat und unter Zuhülfenahme aller graphischen Künste viele Accidenz-
arbeiten für die grossen Magazine in Paris ausführt; Emile Maktinet,
bekannt durch sein seit 1 872 bestehendes Internat für Setzerinnen
in Puteaux; Georges Chamerot, Nachfolger von Firmin Didot, der
schöne illustrierte Ausgaben lieferte; Wittersheim & Co., deren
Zeitungsdruckerei von der Regierung angekauft wurde; Lahure,
der mit 40 Schnellpressen und 18 Handpressen viele illustrierte
Werke druckt; Dumaine, der die Arbeiten des Kriegs- und des
Marineministeriums liefert und selbst einen grossen Verlag von
Militaria, Rang-, Quartierlisten etc. hat; die Societe de publications
periodiques , welche, von Panckoucke unter der Firma Societe du
Moniteur et de I ' Encycfopedie methodique gegründet, unter der
Direktion von Paul Dalloz einen bedeutenden Aufschwung
genommen hat und eine grosse Zahl von Zeitungen druckt.
Unter den Offizinen ausserhalb Paris finden sich, abgesehen von
den schon erwähnten von Marne und Berger-Levrault, noch manche ofrmncn der
von Bedeutung. Ganz besonders hervorzuheben sind die Firmen
L. Danel in Lille und F. C. Oberthur in Rennes. Erstere, seit dem
Ende des XVII. Jahrhunderts bestehend, arbeitet mit 33 Maschinen,
26 Handpressen und 450 Arbeitern, alle graphischen Nebengewerbe
in ihren Räumen vereinigend, die, nach einem totalen Brand 1871,
höchst zweckmässig neu aufgeführt wurden. Der Hauptzweig ist
Congrevedruck und die Firma liefert für den Handel und die Fabri-
kation eine enorme Zahl von Accidenzien. Um seine Tüchtigkeit im
chromographischen Druck zu zeigen, hatte Danel zur Ausstellung
» Essü sur Iti gravuret ckimiques. Paris 1S71. 2. Aull. Paris 1S79.
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
1878 ein Werk Voyage dans un grcnier geliefert. Oberthurs Offizin
hat ungefähr dieselbe Ausdehnung wie die Daneis und ist 1874
neu aufgebaut; sie versorgt Frankreich namentlich mit Agenden,
Kalendern und ähnlichem.
Zu erwähnen sind unter anderen noch Oudin Freres in PoiTlERS
mit umfangreichen Vcrlagswerken als: Historiens des Gaules und
Les Chateaux liistoriques de France mit in den Text gedruckten
Radierungen ; Allier Peke & Fils in Gkenoble mit dem Annorial
et nobiliaire de fanden dache de Savoie; Capoulaud Freres (seit
1607) in LlMOGES, welche kleinere Stadt in der Bücherproduktion
mit 466 Werken in einem Jahre gleich nach Paris mit 2286 kommt,
während das einst graphisch so bedeutende LYON nur 134 Werke,
Bordeaux nur 49 aufwies. In Toulouse sind J. M. Sikvf.x und
P. Privat, in Caen F. Leblanc- Hardel, in Mans Moxkoyek
bemerkenswert.
Unter den Herstellern der ausserordentlich zahlreichen illustrier-
DruckcrundVcr-ten Werke, die in Paris erschienen sind, Verlegern sowohl als
1 3 wirke! r" r Buchdruckern, befinden sich hervorragende Männer. Wie das Press-
gewerbe sich gestaltet hat, ist es oft schwer zu sagen, wem der
Ruhm für die schöne Ausstattung am meisten gebührt, dem Ver-
leger, der die Herstellung in allen Details mit Sachkenntnis und
Geschmack anordnet, oder demjenigen, der den Druck übernimmt.
Nicht selten sind die Fälle, dass der Verleger erst den Ruf eines
Druckers macht, der anfanglich nur unwillig sich von dem Schlendrian
und dem Alltäglichen abbringen lässt, vielleicht gar den Verleger
verwünscht, der ihn zwingt, ein guter Drucker zu werden. Oft
teilen sich beide, Verleger und Drucker, in die Ehre, und so sollte
es immer sein, wenn nicht Verleger und Drucker in einer Person
vereinigt sind.
Noch produktiver als der obenerwähnte Fournier war Charles
ch. Kurne. Furxe, erst Angestellter im Zollfach, dann seiner Leidenschaft dir
schöne Bücher nachgebend, ein unternehmender Bücherproduzent.
Den Text zu dem von ihm verlegten Don Quixote hatte er selbst
übersetzt. Wie es in Paris so oft der Fall war, ging das Geschäft
1836 in eine Aktiengesellschaft über, deren Direktor Furne wurde.
Eine der vorzüglichsten Leistungen der jetzigen Firma Furnk,
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VII. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
203
Jouvet & Co. ist Michauds Histoire des Croisades, illustriert von
G. Dore, in Folio.
E. Bourdin brachte J.Janins L'Ane mort, Sternes Voyage senti-
mentale, La Normandie et la Bretagne, Memorial de Saint -Helene h. Uour«UB.
von Las-Cases, illustriert von Charlet, das grosse Reisewerk des
Fürsten DemidofT und andere Prachtwerke.
Jules Hetzel, selbst ein geachteter Schriftsteller (Pseudonym
P. J. Stahl), lieferte Grandviiles Scenes de la vie publique et privee J. Hc«ici.
des anivtaux und dessen Les Animaux peints par ettx-memes.
H. Delloye veröffentlichte Balzacs La Peau de chagrin, La France
piltoresque, La France monumentale , La France militaire. Ein
grossartiges, jedoch nicht illustriertes Verlagswerk war Nap. Landais'
Dictionnaire de la langue francaise. Durch politische V erhältnissc
gezwungen siedelte Hetzel 185 1 nach Brüssel über, kehrte jedoch
1859 nach Erlass der Amnestie zurück und gründete die Librairie
d'education et de recreation. 1 864 begann er das Magasin illustre
d'education et de recreation, eine Sammlung tüchtiger Werke für die
Jugend.
Epoche machte die bei J. J. Dubochet erschienene Histoire de
Kapoleon, illustriert von Horace Vemet. Ein allerliebstes Werk j.j. i>«»'ochet.
war Töpffers Voyage en zigzag. Von Dubochets nichtillustrierten
Werken sind zu erwähnen eine vortreffliche Kollektion von älteren
Klassikern in Übersetzungen von Nisard, 27 Bände Oktav, und die
Million defaits. Mit ihm gleichzeitig wirkte J. B. A. Paulin, erst j. p.mim .1793.
Mann der Wissenschaft und Advokat, dann Verleger, der zusammen
mit Dubochet L Illustration (1843) gründete. Diese Zeitschrift ging
später in die Hände von A. Marc S: Co. über. Sie nimmt einen
ehrenwerten Platz unter den illustrierten Blättern ein , ohne jedoch
ihr Vorbild, die IUustrated London News, zu erreichen, hat auch nur
eine Verbreitung von 18 OCX) Exemplaren. Paulin gab auch eine
prachtvolle Ausgabe von Thiers' Histoire du Consulat et de V Empire
in 17 Bänden heraus. Das frühere Werk U Histoire de la Revolution
francaise von dem damals unbekannten Advokaten erschien bei
Lecointe & Pugin und auf dem Titel wurde der Name Felix Bodin
als Deckung vor den Namen Ad. Thiers eingeschmuggelt. Der
Erfolg war ein solcher, dass Thiers ferner keine schützende Flagge
für seinen Namen und seine Werke gebrauchte.
204
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
Vli. KAP.
Unter den illustrierten kleineren Blättern , die in Nachahmung
des Penny Magazine erschienen, ist das Magasin pittorcsquc das
hervorragendste und das am schönsten ausgeführte nicht allein in
Frankreich. Ein Phänomen ist es, dass nicht allein der Redacteur
Charton und die Xylographie von Andrew Best & Lei.oir, sondern
auch die Direktion der Setzer und Drucker von 1833 bis auf
die jüngste Zeit dieselben geblieben sind. Der Unternehmer hiess
Lachevardiere; die Ehre gebührt jedoch Charton und Best
(7 2. Oktober 1879), M artinet lieferte den vortrefflichen Druck.
Zu demselben wurde die erste Schnellpresse in Frankreich ein-
geführt, die von Applegath & Cowper in London gebaut war.
Neben dem genannten Blatt nahm namentlich Le Musce des faviiües
einen respektablen Platz ein. Boukwllat, der auch die Oeuvres de
Gavarni herausgab, gründete Le Monde illustre, Hachette das sehr
verbreitete Journal pour tous. Ein xylographischer Künstler von
grossem Ruf war L. H. Breviere1.
Der Bahnbrecher für die eigentlichen Luxusbücher, die unter
. i^'dc]'™^ 1 ^enutzunS der Chromoxylographie und der Chromolithographie
entstanden, war Leon Cirmer (1834). Er gehörte einer alten
irländischen Adelsfamilie an, war aber in Paris geboren. Wenige
Verleger haben in dem Grade ihre Zeit begriffen, wie er sie verstand,
und wenige haben in gleicher Weise, wie er es that, auf die Aus-
bildung des Kunstdrucks gewirkt ohne selbst die Kunst zu üben.
Stets wusste er eine Anregung, eine neue Idee zu bringen. Wie
reich er an Initiative war zeigt jeder seiner Verlagsartikel. Er verstand
es, sich mit Künstlern zu umgeben, die ganz auf seine Intentionen
eingingen, und so entstanden seine Werke aus einem Gusse. Eine
seiner bewunderten Unternehmungen war Paul et Virginie, illustriert
mit Holzschnitten von Tony Johannot und Meissonier, und auf das
vortrefflichste von Everat gedruckt. Es folgten dann Le Jardin
des plantes, La Greee pittoresque , IJIrlande pittoresque , Les
Anglais und Les Francais peints par eux- meines, Les Beaux-Arts,
Les Contes des fees von Perrault und andere Werke. Prachtvoll
waren seine religiösen Bücher mit Randleisten in Farbendruck
und anderem Schmuck. Alle überragt Limitation de Jesu- Christ
« [. Ai>].I.I\F, 1.. H. I'.rcvicre. Ronen 1S70.
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Vit. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
205
mit einer grossen Anzahl Nachbildungen von Miniaturen und Ein-
fassungen in Farben und Golddruck , ebenso Le Livre (Tlicurcs de
la Reine Anne de Bretagne.
Sowohl in dem chromoxylographischen als in dem chromo-
lithographischen Druck besass Frankreich Meister ersten Ranges, so
für ersteren G. Silbermann und E. Meyer, für letzteren Engelmann
Vater und Sohn.
Kaum giebt es unter den neueren Typographen einen Namen,
ausser dem Didotschen, der überall einen so guten Klang hat wie der t .. siibcrmann
Gustav Silbermanns in Strassburg1. Die Anfänge des Hauses sind t 23". Juni '1876.
in einer dortigen kleinen Buchdruckerei des Andreas Ulrich zu
suchen, welche die Grossmutter Silbermanns 179S ankaufte. Letzterer
lernte bei Didot und ging dann zu seiner Ausbildung nach England
und Deutschland. Als 1840 Engelmann, ebenfalls ein Elsässer, mit
seinen Chromolithographien die allgemeine Aufmerksamkeit erregte,
gründete Silbermann 1 846 ein Etablissement in Parts, zur Herstellung
chromoxylographischer Drucke, gab dies jedoch bald in die Hände
seines Mitarbeiters, Ernst Meyer, der trotz seiner Tüchtigkeit nicht
recht prosperierte und 1863 das Etablissement an Marc verkaufte.
Silbermann war nach Strassburg zurückgekehrt und vervollkommnete
fortwährend den Buntdruck. Eine seiner ersten Arbeiten dort war
eine Ausgabe von FfefTels Fabeln mit bunten Einfassungen. Für die
englischen Modezeitungen lieferte Silbermann in grossen Auflagen
farbige Stickmuster. Einer seiner bedeutendsten Drucke ist die
Nachbildung des Banners der Stadt Strassburg, ein Blatt von
60x50 Centimeter. Da das Banner selbst 1793, das Bild, nach
welchem es angefertigt war, 1870 zugrunde ging, so hat das Blatt
einen um so grösseren Wert. Als eifriger französischer Patriot
verliess Silbermann nach dem Kriege Strassburg und verkaufte sein
Geschäft an M. Schauenburg in Lahr, envarb es jedoch 1872 wieder,
um es in die Hände seines früheren Schülers und durch 35 Jahre
treuen Mitarbeiters Fischbach zu geben \
» Ann. d. Typ. Nr. 361. VIII. Hand.
2 1840 erschien anlässlich der Einweihung der Cutenbcrgstatuc in Strassburg
ein Album typographique von Silbermann, um die Fortschritte der Kunst zu ver-
anschaulichen. 1 872 sammelte er unter dem Titel Album dimfressions tylop-afhiquts
m cüuleur eine Anzahl Blätter seiner Drucke, die von seinen Leistungen eine, wenn-
auch nicht ganz genügende, Vorstellung geben.
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206
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
War auch die lithographische Kunst dem Worte nach durch
den Grafen Lasteyrie 1814 nach Frankreich gebracht worden, so
• 17. Aug. 17*$, » » 1
+ 25. A].nt fiyt. ist dem Sinne nach Gottfried Engelmann 1 aus Mülhausen der
eigentliche Einführer. Im Jahre 18 16 etablierte Engelmann ein
Atelier in Paris, 1 820 brachte er die Lithographie nach Spanien, 1 826
gründete er ein Haus in London. Er muss als der bedeutendste
Förderer der Kunst Senefelders bezeichnet werden und steht zu dieser
etwa in dem Verhältnis wie Schofler zu der Erfindung Gutenbergs.
Engelmann ist der eigentliche Schöpfer der Chromolithographie.
1837 ward ihm für seine Erfindungen ein zehnjähriges Patent erteilt
und 1838 erhielt er den Preis der Gesellschaft zur Aufmunterung
der Künste.
Den Ruhm des Vaters behauptete der Sohn Johann Engelmann.
joh. Kiwitt. .um Seine im Verein mit Aug. Graf betriebene Chromolithographie blieb
•}■ z$. Juli 1*75.
lange die einzige in Paris. Ganz besonders widmete sich diese der
Reproduktion von Glasgemälden und Miniaturen älterer Manuskripte.
Das erste Livre t? /teures in Chromolithographie ging nach drei-
jähriger Arbeit aus dem Atelier hervor. Ein Meisterwerk sind
auch die Statuts de l* ordre du Saint -Esprit 1853.
Ganz vorzüglich sind die sogenannten Diaphanie-Bilder von
Engelmann und Graf, welche in transparenter Chromolithographie
die Glasmalerei täuschend nachahmen. Mit acht bis höchstens neun
Farben, — mehr dürfen der Durchsichtigkeit wegen nicht verwendet
werden, — brachten sie, nachdem die Bilder mit Firnis getränkt
waren, die vortrefflichsten Effekte hervor.
Ein bedeutender Künstler in jeder Branche der Lithographie
Lemer..Kr. ist A. Lemercier. In den polychromen Unternehmungen fast aller
Pariser Verleger finden sich die Erzeugnisse seiner Thätigkeit vor.
Sein grosses Musterbuch ist eine so lehrreiche Geschichte der Litho-
graphie, wie man sie nur wünschen kann. Auch die Anstalt von
a. Raoinct. Didot unter des verdienten A. Racinets künstlerischer Leitung
nimmt in dem Chromodruck eine höchst bedeutende Stellung ein
Weltruf hat des letzteren V Ornemcnt polychrome erworben.
Im Bilderdruck leistete Frankreich im Verhältnis zu Deutsch-
land wenig; die besten Leistungen sind die von Jehenne, Hangard-
« Ann. d. Typ. Vit. Bd. 1875, Nr. 32g.
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS. 20/
Macge, J. F. Dupuy, Omer -Henry. Dagegen ist es Deutschland
quantitativ und qualitativ voraus in der Verwendung des Farben- Lithographisch«
druckes zu illustrativen Zwecken. Es entstand in dieser Weise eine um
Reihe unvergleichlich schöner Werke, namentlich über Architektur,
Kunstindustrie, Kulturgeschichte, ja selbst über Kochkunst, welche
Meisterstücke sind sowohl hinsichtlich der korrekten Zeichnung als
auch der technischen Durchführung und Naturtreue des Kolorits und
dabei zu ungewöhnlich billigen Preisen geliefert werden. Auch in
der Verwendung des Farbendruckes für die unzähligen Gegenstände
der Papeterie behaupteten die Franzosen lange Zeit den Vorsprung.
In dieser Branche zeichneten sich Testu & Massin (jetzt Champenois
Sr Co.) und F. A. Appel aus. Letzterer lieferte Vorzügliches im
Miniaturdruck und ist zugleich Spezialist im Plakatdruck auf Zink,
dessen eigentlicher Erfinder Max Cremmtz ist. Ebenfalls im Plakat-
druck erzielt J. Chkvkt grossen Effekt mit wenigen Farben; für
Arbeiten zu wissenschaftlichen Zwecken ist Beruft & Fils bekannt.
Etikettendruck betreiben in grossem Umfang Pichot &: Co. Als
ein seltener Fall ist noch das gute Gelingen der Assoziations-
Anstalt unter der Firma Romanet & Co. zu erwähnen. Im Zink-
druck steht Monroq obenan. Die hervorragendste Erscheinung
in der Photochromie ist Vidal und seine Tresor artistique de la
France und Histoire generale de la tapisserie sind nicht übertreffen ;
doch dürfte seine Methode, als zu teuer und umständlich, nicht
rasch in die Praxis dringen.
Als Kunstdrucker für Stiche ist Chardon hervorragend. Im
Stichverlage dürfte wohl Goupil mit den Filialen in London, New-
York, Brüssel, Haag, Berlin und Wien die erste Weltfirma sein. In
ihren grossartigen Ateliers in ASNIERES bei Paris, unter der künst-
lerischen Leitung von Rousselon, wird der photographische Licht-
druck, hauptsächlich jedoch der Woodburydruck und die helio-
graphischen Methoden in vortrefflichster Weise geübt.
Im Kartendruck erwarb sich Erhard Schieble (gen. Erhard)
aus Forchheim in Baden einen bedeutenden Namen. Er verwendete e. scWebie
• i8»j.
alle Erfindungen der Neuzeit und brachte durch pastosen Auftrag der t aj. Okt. is*».
Farben vortreffliche reliefartige Wirkungen hervor. Die schönsten
Karten der Regierung sowohl als der privaten Verleger stammen
aus seiner Offizin.
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2<*8 DIE ROMANISCHE GRUPPE. VII. KAP.
Erwähnt sei hier noch die von Achill Collas, geübte Methode,
a. < < ih> erhabene Medaillons u. dgl. mittels des Storchschnabels zu gravieren
(Glypthotik), in welcher die mehr oder weniger anschwellenden Linien
vollständig den Eindruck von Reliefs gewähren. Le Tresor de mwiis-
matique in dieser Weise durchgeführt giebt einen glänzenden Beleg
für den Wert der Glypthotik. Die ersten Versuche dieser Kunst
hatte schon ein Deutscher Christ. Gobrecht in Philadelphia 1817
gemacht. 18 19 kam die Maschine nach London und wurde von
Türk el «Ü: Saxton verbessert. Für die Bank zu London konstruierte
1829 Bäte eine die früheren weit übertreffende Maschine, die jedoch
immer noch gegen die von Collas sehr zurückstand.
Joseph Gavard lieferte mittels des von ihm erfundenen Dia-
j.Givrmi graphen, unterstützt von Calamatta und Mercuri, in drei verschie-
denen Ausgaben die Galerie historique de Versailles in 13 Bänden
mit 3 Supplemcntbänden (1837 — 1847) mit 1550 Stahlstichen.
Von den Werken der Kupferstichkunst sei noch als eines der
bedeutendsten das Mitsee francais von Robillard - Pcron ville mit
344 Kupfertafeln der bedeutendsten Stecher Frankreichs erwähnt,
während die Lithographie zur Ausschmückung des grossartigen
Werkes Voyages de la commission scieniifique du Nord , 29 Bände,
mit 762 Tafeln in gr. Folio, in hervorragender Weise diente.
Was Curmer für die Luxusbücher war, ist die Firma Yeuvk
Mord & Co. A. Morel & Co. in Benutzung des Chromodruckcs für die Zwecke des
praktischen Lebens. Im Fache der Architektur ist sie unerreicht
und die Zahl der Prachtwerke in dieser Richtung, die mit Aufgebot
allen Raffinements in der künstlerischsten Ausführung von dieser
Firma geliefert wurde, ist eine so grosse, dass es kaum möglich ist
besondere Gründe zu finden, um eins oder das andere aus der Reihe
hervorzuheben. Bei Morel (jetziger Inhaber der Graf des Fosez;
erscheint auch das weitverbreitete Journal VArt pour tous.
In ähnlicher Richtung wirkten mit Umsicht und Erfolg, ohne
j. Bamiry. jedoch den I Iöhepunkt Morels in der Ausstattung zu erreichen,
Ducher & Co., Dunod und J. B aui »r y. Des letzteren, 1S34 gegründete,
IJbraitie polytechnique in Paris und Lüttich legte sich seit 1863 ganz
besonders auf die Fächer der Berg- und Hütten Wissenschaft, der
Eisenbahn und Wegebautechnik und förderte eine bedeutende
Anzahl grosser Tafelwerke an das Licht. Auch Dunod kultiviert
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VII. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
diese Spezialität. Unter den Prachtwerken von Ducher & Co.
befinden sich: Architecture privee au XIX stiele; Le nottvel Opern
von Charles Garnier.
Für die Popularisierung der technischen und naturwissenschaft-
lichen Litteratur wirkte Roret durch seine, 1824 begonnene Eucy- Rom
clopedie des sciences et des arts, besser bekannt unter dem Namen
Manuels Roret. Er brachte auch eine neue vollständige Ausgabe
von den Werken BufTons mit den Suites de Bujfon, gegen 100 Bände
mit unzahligen Abbildungen.
Für die Medizin und die Naturwissenschaften sind die leitenden
Firmen J. B. Baillere, Germer -Baillere, V. Masson und Vvc A.
Delahaye & Co. Die Kataloge dieser Firmen sind getreue Zeugen
der wissenschaftlichen Bewegung nicht nur in Frankreich, sondern
auch in England und Deutschland, denn es erschien im Ausland
kaum ein einschlägiges Werk, das nicht von einer dieser Verlags-
handlungen in tüchtigster Bearbeitung herausgegeben wurde.
J. B. Baillere« (seit 18 18) machte grosse Unternehmungen,
darunter Cruveilher, Anatomie pathologique 1830 — 42; Hippokrates' j. b. Baiiierc
Werke, griechisch und französisch, 1839 — 50 ; Iconographie ophthal-
mobgique 1852. Im Jahre 1840 wurde eine Filiale in London,
1848 eine in New -York errichtet und heute sind die Seitenzweige
dieser Familie über alle Erdteile, Australien nicht ausgenommen,
verbreitet. Germer-B aillere druckt ausser naturwissenschaftlichen
auch viele philosophische Werke und mehrere Journale.
Victor Masson, einer der hervorragendsten Buchhändler, geb.
zu Beaume, trat 1838 als Teilhaber in das Geschäft Chrochard, Victor Mavion
das 1846 in Massons alleinigen Besitz überging. 1847 wurde die f ij. iiZ'1879.
Bibliotheque polytechnique angefangen, der eine grosse Anzahl von
technischen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Werken
folgte, darunter Cuvier, Le Regne animal; Bonamy et Beau, Atlas
d>anatomie2\ der grosse Dictionnaire encyclopcdique des sciences
medicales u. v. a. Nach 3 5 jähriger rastloser Thätigkeit überliess
Masson seinem Sohne Georges das Geschäft, das dieser in derselben c. M»»n.
grossartigen, französische und deutsche Vorzüge vereinigenden
» J. B. BULLÄRK, La cinquantaine {Tun libraire. Paris 1862.
* V. Masson, Xotitf nterologique. Paris 1879. — Börscnbl. f. d. d. B. 1879.
Nr. 130.
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2IO
DIE ROMANISCHE GRUPPE-
VII. KAP.
Weise glänzend fortfuhrt. Die Firma verlegt nicht weniger als
17 periodische Fachzeitschriften und ist die Buchhandlung für die
bedeutendsten Akademieen und Gesellschaften. Trotz des vorwiegend
wissenschaftlichen Charakters des Verlags ist der Verleger bestrebt,
demselben auch eine anziehende äussere Form zu geben. Als Vor-
sitzender des Cerclc hat Masson sich bedeutende Verdienste um
das Ausstellungswesen desselben, namentlich bei der Weltausstellung
in Wien 1873, erworben.
Delahaye hält sich streng an Medizin und Chirurgie und ver-
legt mehrere Journale und viele bedeutende Werke, unter welchen
der Tratte d% Anatomie descriptive von Sappey als ein hervorragendes
Monument gilt.
Spezialfirmen sind für Landwirtschaft J. A. Bixio; für Mathe-
matik A. L. J. Bachelier; für Militärwissenschaft J. Dumaine und
Correard jei ne; für Geschichte und Staatswissenschaften G. Guil-
laumin, P. F. Amyot, A. Bal douin; für Kalenderverlag Pagnerre.
Charles Hingray, erst Militär, dann Buchhändler, wurde durch
ch. HinKray seinen juristischen und sprachlichen Verlag bekannt, in Deutschland
namentlich durch das vortreffliche Wörterbuch von Schuster und
Regnier. Das Werk eines enormen Fleisses ist der Dictionnaire dt
la langue francaise von Littre. Das Manuskript umfasste 415 636
Blätter. Der Satz dauerte, mit einer durch den Krieg 1870 herbei-
geführten Unterbrechung, 13 Jahre. In einer Spalte gesetzt würde
das Buch eine Länge von 37 525 Meter haben.
Der Druck orientalischer Werke ist keine Lieblingsaufgabe der
Maisonneuvc französischen Buchdrucker. Als Verlagshandlung in dieser Richtung
haben Maisonneuve & Co. den Vorrang. Im Jahre 185 1 kaufte
Maisonneuve, früher Associe von Cormon & Blanc in Lyon, von
Theophile Barrois eine Anzahl orientalischer Verlagswerke, die er
später mit vielen neuen vermehrte. Der Verlag enthält eine grosse
Anzahl grammatikalischer und lexikalischer Werke der orientalischen
Sprachen und die Namen der bedeutendsten Orientalisten als Eug.
und Emile Burnouf, Eichhoff, Abbe Favre, G. de Tassy, Stan. Julien,
J. Oppert, Abel Remusat, L. de Rosny u. a. sind mit der Firma
Maisonneuve & Co. verknüpft. — Unter den wenigen Buchdruckern
in der Provinz, die in der Herstellung orientalischer Werke etwas
leisten, ist Dejussieu in Chälons zu nennen.
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VII. KAI'.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
211
Eine merkwürdige Erscheinung ist der Abbe J. P. Micne. Er
wurde 1824 Priester, nahm jedoch anlässlich einer Differenz mit dem j. p. Mi«u*
Erzbischof seiner Diözese seine Endassung und ging nach Paris,
wo er das Journal L Univers gründete, welches er 1836 verkaufte. In
Petit- Monirouge vor den Thoren von Paris gründete er eine Buch-
druckerei , um katholische Werke zu drucken. Die Anstalt gewann
eine grosse Ausdehnung und umschloss vom Schriftsteller ab bis
zum Buchbinder alle Persönlichkeiten und alle technischen Apparate,
die zur Herstellung des Verlags des Instituts notwendig waren. Die
Sammlungen der Kirchenväter und anderer älterer theologischen
Schriftsteller zählen nach hunderten von Bänden.
In ähnlicher Richtung wie Migne wirkten Gaume Fkeres.
Im Unterrichtsfache weist der Buchdrucker und Verleger Eugene
Belin mehr als 1000 Werke auf. Armand Collin &Co., eine Firma Eue. Beim,
neueren Datums (1870), liefert Schulatlanten in Farbendruck zu
sehr billigen Preisen. Ch. Delaorave hat, unter Mitwirkung
bedeutender Fachmänner, das Institut giographique de Paris
gegründet, aus welchem Brues Atlas universet, von E. Levasseur
revidiert, hervorging. Er verlegte ferner viele biographische und
technische, reich illustrierte Dictionnaire, grosse Wand- und Relief-
karten, Globen etc.
P. Ducro<> (1836) war einer der ersten, die für Bildungswerke
die Illustration mittels Stahlstichs im Verein mit Holzschnitten
einführten. Seine Bibliotheque des Jamiltes in Bänden zu 2 Franken
ist sehr beliebt. Delarue giebt gute Klassiker- Ausgaben zu billigen
Preisen heraus.
Eine Spezialität aus liturgischen und archäologischen Werken
macht die Societe generale de librairie catholique und sie sucht die
belgische Produktion nach dieser Richtung hin aus dem Felde zu
schlagen. In ihrem Verlag erscheint auch eine Ausgabe der Acta
sanetorum der Bollandisten ; ferner der Recueil des historiens des
Gaules et de la France; die, 1626 begonnene, Gallia christiana,
auch Werke im alten Stil mit kunstreichen Einfassungen, als: Notre-
Dame de Lourdes und Christoph Colombe, werden dort gedruckt.
Unter den grossen Nachschlagewerken müssen genannt werden :
Die liiographie universelle 1S1O von J. und L. G. Michaud,
84 Bände; W. Ducketts Dictionnaire de la conitrsation, 68 Bände
14'
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
(1812 — 1814-; ein ähnliches Werk erschien in 52 Bänden bei Belin-
Mandar. Als ein seltenes Beispiel der grossen Verbreitung eines
gelehrten Werkes steht die bei diesem Verleger (1838) erschienene
Konkordanz von Dutripont da, lateinisch geschrieben, ein in 28 000
Expl. verkaufter Quartband von 200 Bogen in dreispaltigem Satz.
Ein Sammelwerk von grossem Umfang war ColUction Baudry,
zahllose deutsche, italienische, spanische und andere schön wissen-
schaftliche Werke, leider allerdings lauter Nachdrucke, enthaltend.
Als die Franzosen so heftig über die Brüsseler Nachdrucker herfielen,
hätten sie nicht vergessen sollen, dass sie es selbst nicht besser
gemacht haben. Dass die grossen Ausgaben der deutschen Klassiker,
die bei Tetot erschienen, keinen Erfolg hatten, beweist nicht den
Mangel an gutem Willen zu schädigen.
Durch den Buchdrucker Henri Delloye unternahm G. Char-
g. cturpenticr pentier eine Sammlung französischer Werke in dem nach ihm
• 1805.
benannten und oft zur Verwendung gekommenen hübschen Format
in 180. Diese elegant und kompakt gedruckten Bände, von denen
in wenigen Jahren über 400 erschienen, fanden durch ihre Eleganz
und den damals wohlfeilen Preis von yj2 Franken grossen Beifall.
Unter den Herausgebern von Werken der schönen Litteratur
ist Ch. A. Perrotin, der Verleger Berangers, zu nennen. Er erwarb
des letzteren Gedichte gegen Zahlung einer Jahresrente, die er
freiwillig bedeutend erhöhte, und blieb Börangers Freund bis an
dessen Ende und nachher sein Testamentsvollstrecker. Pourrat
Freres druckten eine sehr schöne Ausgabe von Chateaubriands
Werken in 36 Bänden. Bekannt waren auch Gustave Barba , Vater
und Sohn, welche den Roman in Heften zu 20 Cent, einführten.
Mit immensem Erfolg lieferte Charles Gosselin die Werke W. Scotts,
Coopers , Lamarttnes u. a.
Die bedeutendsten Romanverleger waren jedoch Michel Lew
Freres ( 1 836), jetzt Calm an Lew , deren jährliche Produktion etwa
1V4 Millionen Bände beträgt, in etwa 200 neuen Werken und 650
neuen Abdrücken. Sie gaben eine grosse Zahl der Werke Scribes,
Dumas' u. v. a. heraus und führten die billigen Ausgaben in Bänden
zu 1 Frank (jetzt 1 Frank 25 Cent.) ein, deren Zahl mehr als
1500 beträgt, während die Zahl der Theaterstücke an 6000 heran-
reicht. Sie gründeten auch V Univers illustre.
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS. 213
Wir wenden uns jetzt einer Firma zu, welche sich in keine
Klasse einordnen lässt, fast einzig in ihrer Art dasteht und,
obwohl zu den jüngeren gehörend, alle anderen überflügelt hat:
L. Hachette & Co.
„Sollte jemand dem Verleger die Eigenschaft als Produzent
streitig machen, und ihn zu einem einfachen Händler stempeln L.Hache»e&Co.
wollen, der nichts zu thun hat, als das Manuskript in die Druckerei
zu tragen und dann das zurückempfangene Druckwerk einfach zu
verkaufen , so möchten wir ihm die Leistungen der Firma Hachette
entgegensetzen" 1 , sagt ein Bericht über die Wiener Ausstellung
1873 und diese Worte müssen sich unwillkürlich dem aufdrängen,
welcher das Entstehen und das Wachstum dieses Hauses 3 ins Auge
fasst. Sein Begründer Louis Hachette, geboren in Rethel, lag erst
den Studien ob und begründete dann, 1836, eine pädagogische
Buchhandlung unter der Devise: Sic quoque docebo. 1837 erhielt
er auch Brevet als Buchdrucker, die Firma übte jedoch dies Geschäft
nicht. Im Jahre 1859 traten seine Schwiegersöhne L. Breton und
A. Templier dem damals bereits bedeutenden Geschäfte als Teil-
haber bei. Unverrückt wurde von der Begründung ab die Thätig-
keit auf alles gewendet, was für die Erziehung des Kindes, die
Belehrung und Veredlung des Jünglings oder der Jungfrau, die
Fortbildung des Mannes oder der Frau dient, und mit Stolz kann
die Firma auf ihren, eine ganze und grosse Bibliothek bildenden
Verlag zurückblicken und mit dem Bewusstsein, nie die edelste
der Künste anders als in würdiger Weise verwendet zu haben.
Und dies bezieht sich nicht allein auf das Innere der Bücher,
sondern auch äusserlich ist alles in der besten Ausstattung her-
gestellt, manchmal zu erstaunlich billigen Preisen. Dieses kon-
sequente, nie nachlassende Streben hat auch seinen äusseren Lohn
gefunden und das Haus Hachette steht durch seine Grösse und
die vortreffliche Organisation wohl unübertroffen da. Die mit
300 Angestellten arbeitende Anstalt unter Leitung der Teilhaber
G. Hachette, Breton, K. und A. Templier und R. Fouret versendet
monatlich gegen 18000 Kolli und hat einen jährlichen Umsatz von
etwa 1 5 Millionen Franken. Wie Marne widmen sie dem billigsten
t (;. Massox, Raffort sur /es arts ^rafhiques, Vientie IS73. r.iri<» 1S73.
- Xotiee sur la vie de L. Hachette. I'ari> 1S64.
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
Buche dieselbe Sorgfalt wie dem teuersten, und was dies sagen will
begreift sich, da die Verlagswerke der Zahl 5000 nahekommen.
Aus dieser Masse Einzelnes herauszugreifen hat seine Schwierig-
keiten, es seien nur kurz erwähnt die bändereichen Kollektionen
Bibliotluque t arier ; Bibliotlieque des chemins de /er; die Guide
itin erat res ; die Bibliotheque rose illustre e; der Dictionnaire des con~
temporains von G. Vaperau; das in mehr als 1 50 oco Exemplaren
gedruckte illustrierte Journal pour tous, schliesslich ein monumen-
tales Druckwerk für Jahrhunderte: die Prachtausgabe der vier
Us &a*giifs. Evangelien, zwei Bande im grössten Folioformat. Bida lieferte
hierzu im Format des Werkes 128 Zeichnungen, die von fünfzehn
der besten Künstler radiert wurden. Die Zeichnung zu der von der
/onderie generale geschnittenen Schrift rührt von Ch. Rossigneux
her, der ebenso 290 Zeichnungen zu den in Stahl gestochenen
Anfangs - und Schlussvignetten, sowie zu den Initialen, unter Ver-
meidung der Anwendung jeder menschlichen Figur, komponierte.
Jules Claye führte den typographischen Druck aus. Rote, quer über
das ganze Format gehende Linien umgeben den Text. Die Anwen-
dung der verschiedenen Druckweisen, Kupfer- und Bücherdruck,
und der rote Druck, verlangten, dass jeder Bogen 32 mal durch die
Hände der Arbeiter ging, ehe er als fertig bezeichnet werden konnte.
Elf Jahre wurden unausgesetzt auf die Arbeit verwendet.
Wie Frankreichs Fürsten ausnahmslos die Typographie liebten,
Die Bibliophile, wenn sie auch die Tresse hassten , so erhielt sich im Volke fort-
während eine Liebe für schöne Bücher, und der Wunsch, solche zu
besitzen. Es war weniger eine Bibliophilie oder Bibliomanie im
Sinne der englischen Sammler, die enorme Summen für ein mangel-
haftes Produkt zahlten, nur weil es alt und selten war; man fand in
Frankreich Lust an dem Besitz „ schöner * Ausgaben auf Extra-
Papier und in feinen und kostbaren Einbänden mit Stichen in ersten
Abdrücken. Es wurden, um dieser Liebhaberei zu genügen , sehr
viele Bücher in Frankreich gedruckt und gekauft nur der Ausstattung
halber, und ein Bücherliebhaber erwarb unter Umständen zehn
Exemplare eines und desselben Werkes, wenn es in zehn schönen
Ausgaben zu haben war.
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS. 21 5
Natürlich war es demnach auch, dass das Zurückgreifen auf
die Renaissance vornehmlich von Frankreich ausging und dort uiearchaistüche
Druckrichiung.
Nahrung fand. Unter den französischen Buchdruckern dieser Rich-
tung zeichnen sich besonders zwei aus, Louis Perrin und D. Jouaust.
Louis Benedict Perrin, in Lyon geboren, war mit bedeutendem l. Pen™
• u. Mai 171».
Sinn für Kunst begabt. 23 Jahre alt etablierte er sich mit Durand.
Perrin war von dem Gedanken beseelt, die Druckerei zu regenerieren.
Das Mechanische sei zwar vollendeter geworden , jedoch die Kunst
in der Schriftgiesserei fehle. Ein tüchtiger Maler Pierre Revoil
bestärkte Perrin in seinen Ansichten, dass man zu den Formen
zurückkehren müsse, deren sich Vascosan, de Tournes und andere
bedient hatten. Perrin war nicht in der Lage, seine Ideeen ohne
Rücksicht auf die Kosten durchsetzen zu können, und in Frankreich
war es einem Provinzialbuchdrucker doppelt schwierig, durch-
zudringen. Gegen das Jahr 1846 liess er eine Sammlung von schönen
Kapitalschriften aus der Zeit des Kaisers Augustus schneiden. Die
damit gedruckten Inscriptions antiques de Lyon 1854, ein grosser
Quartband mit über 400 Inschriften, machte grosses Aufsehen und
Didot erklärte das Buch für ein Meisterwerk ersten Ranges. 1854
konnte Perrin das erste Werk mit der von ihm nach Mustern des
XVI. Jahrhunderts veranlassten Antiqua und Cursiv drucken: Luigi
Cibarios Delle Artillerie , welches er auch mit Vignetten im
Renaissancestil schmücken liess.
In seinen Bestrebungen war ihm auch der Zufall günstig. Beim
Durchsuchen der Nachlassenschaft des alten Hauses Rey in Lyon
fand er eine vollständige Sammlung von Matern aus dem Ende
des XVI. Jahrhunderts oder aus dem Anfang des xvii. Jahrhunderts,
so dass er imstande war, eine Ausgabe von Rabelais mit denselben
Typen zu drucken, die seinerzeit Francois Just und Etienne Dolet
verwendeten. Unter seinen Drucken gelten für besonders schön
Le Theätre du Moliirc mit Vignetten von Hillcmachcr; die Genea-
logie de la maison de Savoye; Parfüms, cliants et couleurs. Der
Sohn setzte das Geschäft mit Marinet fort.
Als sein Rival ist D. Jouaust* zu nennen, welcher namentlich
die Werke der Acadcmie des bibliophiles, den Verlag des Heraus-
1 fmprimerU Jouaust. Catalo^ue descriftif et raisonne. Paris 1867. — Ann. d.
Tyjxjgr. 11. Bd. 1870. Nr. 66. — vil. Bd. 1S75, Nr. 304.
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
D.jouau«. gebers der Bibliotheque Elzeviriemie , P. Janet, später Paul DafnV,
sowie des A. Lemerre druckte. Seine Ausgabe des Dichters Regnier
gilt als eine Musterleistung. Der Druck solcher Ausgaben erfordert
je nach der Verschiedenheit des Papiers eine andere Behandlung
und bedingt eine fortwährende Aufmerksamkeit. Das Papier What-
man, von einer feinen, festen und durchsichtigen Masse, zeichnet
sich durch eine blendende Weisse aus, welche nicht das Resultat
irgend eines chemischen Prozesses ist, sondern nur von der Vor-
züglichkeit des verwendeten Materials herrührt. Das chinesische
Papier, in welches die Schwärze leichter eindringt, giebt einen
Druck von milderer und gleichmässigerer Färbung und ist nament-
lich für Bücher mit Vignetten geeignet. Das Pergament zeigt sich
dagegen widerspenstig in der Annahme der Farbe und verlangt
die allergrösste Sorgfalt in der Behandlung.
Derjenige Verleger, der sich am meisten um die Verbreitung
der Ausgaben für Bücherliebhaber und die archaistische Richtung
in der Druckerei bemüht hat, ist Pierre Janet, aus Bordeaux
gebürtig. Seine Elzevierbibliothek alter und klassischer französischer
Autoren des XVI. und xvii. Jahrhunderts umfasst mehr als 100 Bände
und wurde von Paul Daffis fortgesetzt. Daneben beschäftigte sich
Janet eifrigst mit der Verbesserung der Zeichen für die chinesische
Sprache, welche er sich selbst zu eigen gemacht hatte.
Unterstützung fanden solche Bestrebungen nicht minder bei
Bachelin- Deflorenne durch dessen Bibliophile francais illustre]
Album de Relicures ; Annoriol du Bibliophile und seine Collcction
des bibliophiles francais. Leon Techener Fils ist Herausgeber von
Bulletin du bibliophile und Bulletin universcl de la Bibliographie.
Liegt nun der Reiz der Renaissance-Schriften nur in dem Alter
Fortschritt oder oder haben sie wirkliche Vorzüge ? Letzteres muss unbedingt bejaht
Rückschritt?
werden. Dass grosse Fortschritte in der Schriftschneiderei gemacht
• sind, setzt keineswegs voraus, dass alle älteren Schriften geringer
oder weniger geschmackvoll gewesen sind als die heutigen, auch
nicht, dass solche Schriften älteren Datums nur in Rücksicht
auf die Zeit ihres Entstehens Anerkennung verdienen. Würde es
jemand einfallen, ein bedeutendes Kunstwerk der Glanzzeit der
Malerei oder ein bewundernswertes Hausgerät aus der besten Periode
der Renaissance nur in Anbetracht seines Alters erträglich zu finden?
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VII. KAP. DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
217
Nicht besser ist es aber, wenn man in Bezug auf die Meisterwerke
aus der Blütezeit der Typographie Stimmen hört, wie: „Es ist zwar
alles mögliche, wenn man bedenkt, wie alt die Bücher sind!" Als
ob nicht diese Schriften an und für sich mustergiltig wären und uns
als Vorbilder dienen könnten. Sie bedürfen nicht einer schonenden
Beurteilung „des Alters wegen"; letzteres sagt uns aber, dass sie
zu einer Zeit entstanden sind, in der die Liebe zur typographischen
Kunst, der individuelle Charakter, der geläuterte Geschmack und
das ästhetische Gefühl sich weit stärker geltend machten, als es jetzt
der Fall ist, wo die meisten fertig zu sein glauben, wenn sie nur neue
Schriften, feines Papier und teure Schwärze zur Verwendung bringen,
dagegen um Stil und Charakter eines Druckwerkes sich gar nicht
bekümmern.
Es dürfte sehr fraglich sein, ob die Schriften neueren Schnittes
mit den grossen Unterschieden zwischen Grund- und Haarstrichen,
welche letztere wegen ihrer Feinheit oft kaum zu bemerken sind,
eine wirkliche Verbesserung seien und ob der Leser verpflichtet ist,
jedes Produkt der I^une des Schriftgiessers, mit welchem er seinen
Konkurrenten den Rang abzugewinnen sucht, schön zu finden, oder
ob wirklich ein Mensch alles guten Geschmackes bar ist , weil ihm
die Renaissance -Schriften mit ihrer dem Auge so wohlthuenden
Ruhe sympathisch sind.
Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Bezeichnung Elzevier-
Schriften eine ungerechtfertigte ist, denn die Originale bestanden
schon ein Jahrhundert vor den Elzevieren, zutreffender wenigstens ist
die Bezeichnung Aldinsche Schriften.
Unter den Männcm, die, waren sie auch nicht selbst ausübende
Typographien , doch einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der Die
Typographie verdienen wegen ihres Einflusses auf das Buchgewerbe,
sind namentlich Brunet und Renouard zu nennen.
Jacques-Charles Brunet, Sohn eines kleinen Buchhändlers in
Paris, widmete sich dem Beruf des Vaters. Er war der eigentliche J ch. Brut.«
Gründer des antiquarischen Buchhandels in Frankreich; seine
Berühmtheit verdankt er aber seinem Werke Manuel du librain,
von dem 18 10 die erste, 1865 die fünfte Auflage erschien. Die
Vervollkommnung dieses Werkes war seine Lebensaufgabe Er
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218 DIE ROMANISCHE GRUPPE. VII. KAP.
nahm keinen Titel auf, wenn er das Werk nicht selbst in den Händen
gehabt hatte. Von Firmin Didot Freres & Co. für die Abtretung
des Eigentumsrechtes an das Manuel eine Leibrente geniessend
verbrachte er sein Leben still und rüstig arbeitend.
Antoine- Augustin Renouard, der in hervorragender Weise die
a. a. Renouard Eigenschaften des Buchhändlers, Sammlers und Schriftstellers in
sich vereinigte, wurde 1765 in Paris geboren. Schon frühzeitig ward
er von Bewunderung für die Familie des Aldus Manutius in Venedig
erfüllt und von dem Wunsche beseelt, ihre Geschichte zu schreiben.
Dazu sammelte er erst die Ausgaben dieser berühmten Drucker in
einer an Vollständigkeit grenzenden Weise und schrieb nun seine
Amiales de Vimprimerie des Aldes 1803. 2 Bde. Die 3. Auflage,
welche das letzte Wort der Bibliographie in Bezug auf die Aldi
spricht, erschien 1834. Kaum mit diesem Werke fertig, lenkte er
seine Studien auf die Familie Stephanus und 1 837 erschienen seine
Annales de Vimprimerie des Htiemu-, von welchen 1 843 die zweite
Auflage folgte. Das Werk hat ebenfalls seine bedeutenden Verdienste,
wenn es auch nicht die Arbeit über die Aldi erreicht. Von seiner
eigenen vorzüglichen Bibliothek Hess er 1 8 1 S den Catalogue de la
bibliothique d'uu amateur in 4 Bänden erscheinen, in welchem ein
Schatz von interessanten Notizen niedergelegt ist. Sein Sohn Jules
Renouard im Verein mit Jules Tardieu lieferte viele tüchtige
Verlagswerke, darunter Galeric des peintres.
An den obigen schliesst sich nicht unwürdig an Louis Catherin
l. c. siivesirc Silvestre, dessen Auktionsinstitut Weltberühmtheit erlangte. Eine
Spezialität von ihm waren die Buchdruckermarken und er liess , als
Fortsetzung der Werke Roth-Scholtz', seine Marques typographiques
mit 1237 Abbildungen von Druckerzeichen erscheinen. Silvestre
hatte in Pierre Janet einen würdigen Nachfolger.
Die neuere französische Bibliographie ist in den besten Händen
und zwar in denen zweier Deutschen : C. Reinwald & Co., welche den
Catalogue annuel de la librairiefrancaise herausgiebt und O. Lorenz,
der den Catalogue de la librairie francaise seit 1 840 erscheinen lässt.
Für die Verbreitung der Erzeugnisse der französischen Litteratur
m. Bossmgc im Auslande hatten Martin Bossange P&re 1 und dessen Sohn
Hector Bossange grosse Verdienste. Nach dem Frieden mit
« J. M. Qukrard, Quelques mots sur M. Bossange phe. Paris 1863.
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VII. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
219
England etablierte Bossange ein grosses Haus in London, später
auch in Leipzig. Der Sohn Hector Bossange setzte das Werk des h. Bo»*ange,
Vaters fort, gründete Buchhandlungen in Montreal in Canada, in
Quebeck, New -York, Rio de Janeiro, Odessa. Sein grosser Katalog
vom Jahre 1845 von gegen 31000 Werken galt als ein Muster-
katalog.
Die französische Bücherproduktion hält ungefähr mit der
deutschen Schritt. An Drucksachen erschienen im Jahre 1879:
Bücher und Broschüren: 14 122, Musikstücke 2424, Kupferstiche,
Lithographien etc. 4661.
So bedeutend die Bücherausfuhr aus Frankreich sich gestaltet,
so wenig konkurrieren die französischen Buchdrucker mit dem Aus-
lande, während Belgien, England und Deutschland in der Lage sind,
Druckarbeiten für das Ausland zu übernehmen. Mehr als die Arbeits-
verhältnisse trägt wohl dazu bei, dass die französischen Buch-
druckereien nicht so gut auf schwierige Arbeiten eingerichtet sind,
wie namentlich die deutschen.
In Paris absorbiert die Journalistik fast alle tüchtigen Setzer-
kräfte, trotzdem ist es auf Grund der Eigentümlichkeiten der
französischen typographischen Art und Weise dem fremden Arbeiter
schwer, in Paris fortzukommen*. Viele Bücher, bei welchen über-
triebene Schnelligkeit nicht notwendig ist, werden jetzt ausserhalb
Paris gedruckt; besonders gilt dies von Neudrucken älterer Werke,
sodass den grossen Pariser Werkdruckereien namentlich diejenigen
Werke verbleiben, bei welchen, zudem unter gedrückten Preisen,
grosse Ansprüche an Material und Schnelligkeit gestellt werden.
Unter solchen Verhältnissen verlieren diese die Lust an der Lohn-
druckerei und legen sich selbst auf das Verlegen. Die Typographie
in Paris steht auf einem Vulkan; selbst kurz vor der Weltausstellung
1878, wo es galt, alle Kräfte zusammenzunehmen, trug die Societi-
typographique kein Bedenken , einen sehr kostspieligen und wenig
erfolgreichen Strike in Scene zu setzen. Die Lokale der eigentlichen
Werkdruckereien liegen meist zwischen Häusermassen eingeklemmt
» Auf Sitte und Arbeitsweise der Pariser Setzer wirft ein Werkehen Eugene
Itoutmys: I^s type^retphes paruiens, suivi dun prtit dietionnaire de la langte verte typo-
graphique, Paris 1S74, interessante Schlaglichter.
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220
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
und haben sich erst nach und nach mit dem wachsenden Geschäft
erweitert, sodass ihnen meist die ersten Erfordernisse: Raum, Licht
und Luft, fehlen. Alle diese Verhältnisse fangen an, den Provinz-
druckereien zugute zu kommen. Dringen auch die Fortschritte
etwas langsamer in diese ein, so haben sie dafür ein festeres,
anhänglicheres und gut geschultes Personal. Zweckmässige Lokal-
einrichtungen sind weniger kostspielig als in Paris und manche
Provinzdruckerei kann sich schon mit tüchtigen Pariser Offizinen
messen. Einen wesentlichen Vorschub leisten die vielen lokalen
Gesellschaften für Kunst und Wissenschaft, namentlich Archäologie,
welche viele Werke mit Aufwand hinsichtlich Ausstattung, Illustra-
tion und Beigabe von Kunstblättern für ihre Rechnung drucken.
Auch fangen die Provinzbuchdrucker an, selbst zu verlegen und
Depots in Paris zu errichten. Kurz, wenn auch die Zentralisation
noch eine bedeutende ist, so bereitet sich offenbar eine Dezentrali-
sation im Sinne des detitschen Buchgewerbes vor und man fängt mit
Versuchen an, sich von dem allmählich überwältigend gewordenen
Einfluss des Pariser Geschäfts zu emanzipieren.
Mit Ausnahme der administrativen Arbeiten, welche in grosser
Zahl und mit grossem Geschick ausgeführt werden, haben die
Accidenzien weder in Quantität noch Qualität eine solche Bedeutung,
wie in Deutschland. Im allgemeinen werden, und wohl nicht ganz mit
Unrecht, dort nicht eine solche Sorgfalt und solche Kosten wie hier
auf diese sehr schnell dem Papierkorb verfallenden Drucksachen
verwendet; diese lässt man lieber den Werken selbst zukommen.
Ein ziemlich klares Bild von dem Zustand des Accidenzdruckes
in Frankreich, soweit dieser dem Buchgewerbe dienstbar ist, liefern
die Kataloge zu den Fachausstellungen, die in dem Hause des
Cercle in den letzten Jahren abgehalten wurden. Diese Kataloge
sind durch die vereinten Kräfte einer Anzahl der bedeutendsten
Buchdruckereien hergestellt, von welchen jede einen halben oder
einen ganzen Bogen geliefert hat, ohne dass eine andere Grenze
auferlegt war, als die Innehaltung des Papierformats. Man darf
also annehmen, dass das möglichst Beste geliefert wurde. Es geht
aus diesen Katalogen hervor, dass man seit dem vortrefflichen
Derriey fast stehen geblieben ist.
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VII. K A I'.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
221
Die Zcitungslitteratur hatte in Frankreich mit manchen Hinder-
nissen zu kämpfen, die nun durch das Pressgesetz von 1 88 1
beseitigt sind. Die grossen Journale haben fast alle denselben äusseren
Umfang, vier Seiten in gross Folio. Die Franzosen, im ganzen
mässig, mögen auch nicht täglich eine solche Masse von geistiger
Kost geniessen, wie sie ein englischer Lesermagen verträgt. Versuche
mit Blättern nach letzterem Mass eingerichtet sind vollständig fehl-
geschlagen. Durch ihre, den nationalen Eigentümlichkeiten ganz
Rechnung tragende Organisation darauf berechnet, das, worauf es
ankommt, mit Leichtigkeit ins Fleisch und Blut dringen zu lassen,
üben jedoch die französischen Journale einen ausserordentlichen
Einfluss auf die Partei, deren Interessen sie verfechten. Des grossen
Anlagekapitals, wie ein solches in England notwendig ist, bedarf
ein neues französisches Journal nicht; es genügt eine massige Summe,
wenn sich mit dieser die genügende Intelligenz und journalistische
Routine des wirklichen Leiters verbindet. Ist dieser ein beliebter
Schriftsteller oder eine politische Grösse, so stellt sich das Publikum
rasch ein.
Die kleinen Zeitungen erscheinen gewöhnlich in einem Format,
halb so gross, als das ihrer grossen Schwestern, ihr Einfluss und
ihre Verbreitung sind jedoch bedeutend. Das Petit Journal 1 wurde
Ende 1880 in 598 309 Exemplaren gedruckt und ergab einen Gewinn
von drei Millionen Franken. La petite re publique hatte eine Auflage
von 196372, die Lanterne von 150 531, Le petit monileur von
ic» 476 Exemplaren. Die tägliche Gesamtproduktion der Journal-
nummern erreichte die Ziffer 1 984521, von welcher dreiviertel auf
die republikanische Presse kam.
Zum Beginn des Jahres 1869 erschienen2 in Frankreich 2110
Journale aller Art, jetzt 3135. Von diesen kamen im Jahre 1869 auf
Paris 816, auf die Provinz 1294; jetzt resp. 1355 und 1780. In
Paris fand demnach ein Wachstum von 539 Journalen statt, in der
Provinz von 425. Letzteres trifft, namentlich die kleineren Städte,
» F. Maillard, Le petit Journal 1850—1860.
2 Ed. TEXIER, Hist. des journaux. Paris 185 1. — K. IlATtN, //ist. du Journal
en France 1631 — 1853. — F. MA1LLARD, Hist. aneedotique et critique de 150 journaux
und dessen Hist. de la presse pansienne. Paris 1859. — ALFR. Siryen, Journaux
et Joumalistes. Paris 1S65. — A. Gagnere, Hü/, de la presse sous la Commune.
Paris 1881.
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222
DIE ROMANISCHE GRUPi'E.
VII. KAI1.
besonders solche, die früher kein Journal aufzuweisen hatten, während
die Grösseren Städte stabiler geblieben. Unter den Pariser Blättern
waren 75 politische Tagesblätter, 168 Journale politischen Inhaltes.
Am 10. September 1870 waren die gesetzlichen Bestimmungen,
welche hemmend auf die Errichtung graphischer Etablissements
wirkten, gefallen und der erste Paragraph des Pressgesetzes von
1881 bestätigt dieses durch die Bestimmung: „Die Buchdruckerei
und der Buchhandel sind frei". Vergleicht man den Stand der
graphischen Gewerbe vor dem Kriege mit dem heutigen, so begegnet
einem selbstverständlich besonders eine grosse Vermehrung der
Buchdruckereien in Paris, wo die Zahl der Brevets früher auf 80
beschränkt war. Doch muss man diese Zahl nicht ganz buchstäblich
nehmen, sie betrug thatsächlich wenigstens 150, indem manche
Buchdrucker auf Brevets von Kollegen arbeiteten.
Für den Buchhandel hatte die erlangte Freiheit nicht die
Bedeutung wie für die Buchdruckerei, denn wenn ein Brevet auch
für den Buchhändler erforderlich war, so hielt es doch, da die Zahl
nicht beschränkt war, nicht schwer, ein solches zu erlangen. Es
fand sogar in dieser Branche ein Rückgang statt. In den übrigen
graphischen Gewerben zeigt sich, wenn man die Jahre 1868 und
1882 mit einander vergleicht, einigermassen ein Stillstand. Doch
dürfen, wenn man daraufhin Schlüsse ziehen will, die schweren
Jahre für das Land und auch der Umstand nicht übersehen werden,
dass durch die Abtretung von Elsass- Lothringen sich der Bestand
plötzlich um 259 Buchhandlungen, 35 Buchdruckereien und 59 litho-
graphische Anstalten, sowie um drei Städte von 50000 Einwohnern
verminderte, die bei einem Vergleich mit dem Wachsen der
graphischen Anstalten in Deutschland dann doppelt wirken
1 Da ein solcher Vergleich der graphischen Machtstellung Frankreichs
und des Deutschen Reiches, welche jetzt an Umfang und Einwohnerzahl sich
ziemlich gleichstellen und nicht unter so grundverschiedenen Verhältnissen, wie
sie sich bei einem Vergleich mit England üder Amerika darbieten, arbeiten,
nicht nur von Interesse, sondern auch von Wichtigkeit ist, so bedarf es wohl
kaum einer Entschuldigung, wenn die Statistik Frankreichs und des Deutschen
Reiches in diesem I landbuche etwas ausführlicher behandelt wird, als die der
anderen Lander. Als Grundlage für die Notizen über Frankreich dienten nament-
lich die Angaben des Annuairt de la lü'rairie von 1S6S und 1882. Vergl. auch
CUAIX, Stak sttque de Vitnprimtrie en France. Paris 1S74.
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VII. KAP.
DIE MODERNE TYPOGRAPHIE FRANKREICHS.
223
Die beifolgende Tabelle zeigt den Stand der verschiedenen
Pressgewerbe in den Jahren 1868 und 1882.
1S68
1094
1549
244
6001
423
245
«3
436
16b
1649
119
126
42
15
167
64
25
43
20
87
992
348
40
42
101 1
1197
4352
4i3
Frankreich zählte :
Buchdruckereien
Lithographische Anstalten
Kupfer- und Stahldruckereien
Buchhandlungen
Musikalienhandlungen
Kunsthandlungen
Von diesen kommen auf Taris:
Buchdruckereien
Lithographische Anstalten
Kupfer - und Stahldruckereien
Buchhandlungen
Musikalienhandlungen
Kunsthandlungen
Ausserdem in l'aris andere graphische Gewerbe:
Schriftgiessereien und Stempelschneidereien
Stereotypien und galvanoplastische Anstalten
Gravieranstalten für Metall und Stein . . .
Xylographische Anstalten
Buchdruckerei-Utensilienhandlungen . . .
Maschinen- und Pressenfabrikanten ....
Farbefabriken
Papierhandlungen en gros
Papierhandlungen en detail
Buchbindereien und Broschieranstalten . . .
Kolorier- und Vergolder- Anstalten ....
Inseraten - Bureaus
Ausserhalb Paris stellen sich die Zahlen:
Buchdruckereien
Lithographische Anstalten
Buchhandlungen
Musikalien- und Kunsthandlungen
:
i
1882
1722
1692
169
6134
536
288
244
495
92
1072
105
98
52
17
156
102
44
56
29
74
906
343
49
35
1478
1274
5062
621
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224
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII. KAP.
Die pressgewerblichen Verhältnisse der Städte aufwärts von
50000 Einwohnern (die Hunderte in abgerundeten Zahlen) sind
folgende:
Städte
Einwohner-
Buch-
Lithogr.
Buch-
Zeit-
zahl
drucker.
Anstalten
hand].
1
Schriften
Lyon
324 OOO
—
32
52
IOO
Marseille ....
300 000
36
33
45
66
Bordeaux ....
197 500
31
7i
91
54
Lille
178 OOO
32
40
66
34
Toulouse .... 1 27 000
19
28
56
5i
Nantes
122 SOO
IO
13
49
29
Saint -Kticnne . .
1 1 1 OOO
'3
21
16
13
Rouen
102 500
10
13
35
20
Havre . .
IOO OOO
19
9
35
Roubaix ....
84000
6
5
15
Reims
82 000
8
12
30
12
Toulon
77 000
6
4
11
1
Nancy
72000
10
9
37
23
Brest
67 000
3
4
15
4
Amiens
61 000
60000
9
6
23
13
Besangon ....
9
9
13
23
Limoges ....
60000
10
8
23
<s
Nimes
Angers
60000
7
8
21
21
58 500
9
7 23
10 26
20
Montpellier . . .
55500
19
16
Nizza
53 5oo
10
4
23
22
Grenoble . . . .
51 000
8
7
29
16
Le Mans ....
50000
8
3
25 1
15
Orleans
50000
7
4
49 |
29
Rennes
50000
7
7
20
1/
Versailles ....
1
50000 |
5
3
32
25
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VIII. KAPITEL.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.
Dik NIEDERLANDE: Zurückgehen der Kunst. Der Nachdruck. Die neuere Typo-
graphie Hollands und Belgiens. — Italien: (1. Ilodoni. Langsame Fortschritte.
Venedig, die Mcchitarislen. Panfilo Castaldi. Der Bachhandel, die Familie
Pomha. Rom, die Druckerei iler Propaganda. Erfreuliche Aussichten. —
Spanien: J. Iharra. Madrid, üarcelona. PORTUGAL: Die Staatsdruckcrci.
Südamerika: Huenos Aires, Rio de Janeiro, Lima, Cttba, Mexiko. — Nord-
airika: Algier, Ägypten. Türkei: Aufl)lühcn und Verfall der Kunst.
Jetzige Lage.
DIE NIEDERLANDE.
IE typographische Glanzperiode der Niederlande war
dahin. Auf die Zeit der blutigen Knechtschaft durch
Spanien folgte im Süden die Periode der österreichi-
schen Herrschaft. Darf auch letztere mit der ersteren
kaum in einem Atemzuge genannt werden, so war
sie doch nicht geeignet, eine neue Blüte der Typographie hervor-
zurufen, noch weniger war eine solche nach der Einverleibung in
Frankreich zu erwarten.
Auch der Norden lernte erst seit 1 795 als Batavische Republik
unter Frankreichs „Schutz", dann von 1806 ab als Königreich unter iMiaad.
einem Napoleoniden , bis auch dieser Selbständigkeitsschein 18 10
aufhörte, die Segnungen französischer Presszuständc kennen.
15
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226
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Der Pariser Friede 1814 löste die Lander aus der eisernen
Umarmung Frankreichs, um sie 7.u einem Königreiche der Nieder-
lande zu vereinigen. Diese, dem Zusammengicsscn von Essig und
Öl nicht unähnliche Verschmelzung des protestantischen, germa-
nischen Nordens mit dem katholischen, zum grossen Teil französischen
Süden wurde durch die Revolution in Brüssel 1830 faktisch, durch
den Frieden 1839 definitiv und rechtlich aufgelöst.
Seit dieser Zeit entwickelte sich ein freieres geistiges Leben in
Belgien sowohl als in Holland. Zwar ist der alte Ruhm des nieder-
ländischen Pressgewerbes nicht wieder erreicht, jedoch steht das-
selbe auf einem achtbaren Standpunkte und lässt weitere Fort-
schritte erwarten.
In HOLLAND verursachten die freieren Pressverhältnisse vor
Kreiere Pr«< dem Ausbruch der französischen Revolution, dass viele französische
Verhältnisse
Autoren und Verleger ihre Artikel dort, namentlich in Amsterdam
und dem Haag, drucken Hessen. Hierin liegt wohl zumteil der
Keim zu dem später gewerbsmässig betriebenen holländisch-
belgischen Nachdruck, welcher jedoch anfänglich keine grosse
Bedeutung hatte und von selbst aufhörte, solange die Niederlande
der französischen Herrschaft unterlagen.
Die holländische Typographie hält fest an dem einmal
H..ii.iu.iiMi>c angenommenen Typenduktus mit seinen langen, schmalen und eng
i>( v.r.iphic. Zllgerjc|1^e|-en Scliriften, die insofern praktisch sind, als mit ihnen
sich viel Stoff auf einen kleinen Raum, allerdings auf Kosten eines
gefälligen Eindrucks, zusammendrängen lässt. Unter den Formaten
ist ein Gross-Median-Oktav das beliebteste und selbst Romane und
Gedichte werden in demselben gedruckt.
Durch seine Kolonien in Hinterindien und auf den Inseln des
indischen Ozeans ist die Schriftgiesserei Hollands auf die Pflege der
Schriften der dortigen Eingeborenen angewiesen. Unter Aufsicht
von T.Roorda wurden von J. Enschedk & Zoonen in Hanrlcm java-
nische Lettern angefertigt. Ein bedeutendes Renommee in dieser
Richtung erwarb sich N. Tetterode in Rotterdam, welcher Manda-
lingisch, Batakisch, Manarisch und Boeginesisch lieferte. Unter der
Direktion von J. HofTmann Hess die holländische Regierung auch
chinesische Typen schneiden, die später in den Besitz von E. J. Brill
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.
227
in Lcyden übergingen1. Als Schriftgiesser wirkten ferner in
Groningen Omkkns, van Baskenes und Damste.
Im Jahre 1 882 hatte I lolland in 1 28 Städten 428 Buchdruckereien
(1840 besass es nur 146), 183 lithographische Anstalten, 700 sutuns. hc*
Buchhandlungen. Die Huchdruckereicn arbeiteten mit 740 Schnell-
pressen und 650 Handpressen. Die Zahl der lithographischen
Schnellpressen war 125, die der Handpressen 700. Die zur Ver-
wendung kommenden Maschinen verschiedener Art stammen
namentlich aus französischen Fabriken. An Tageblättern gab es
29, an Wochenblättern und an anderen periodischen Schriften 397.
In Amsterdam liefert die Königliche Buchdruckerei Acci-
denzien für den Staat. Eine bedeutende Anstalt ist die von Roelc >fkzen
& Hühner in Amsterdam mit drei Rotations- und sieben gewöhn-
lichen Schnellpressen; sie druckt die in 20000 Exemplaren täglich
in einem Umfange von 8 — 16 Seiten erscheinende llct Nrws van
den Dag mit ihrem Sonntagsblatt. C. A. Spinn & Zoon bringen
sehr kunstreiche Accidenzarbeiten. Zu erwähnen sind ebenfalls
J. van Oostkrzee, G. L. A. Amand, Metzi.kr & Barting und Gkhr.
Bing kr.
In I Iaarlem blüht noch das Geschlecht der Enschede (I, s. 25 1)
und zeigt, dass es nicht auf seinen Lorbern auszuruhen gedenkt.
Das Geschäft arbeitet mit 1 1 I landpressen, 1 1 Schnellpressen und
25 Gicssöfcn und zeichnet sich durch Druck von Reproduktionen,
Bibeln und Wertpapieren aus. Van Aspekn van der Velde liefert
namentlich Illustrationsdruck.
Die Interessen des holländischen Buchgewerbes werden seit
18 16 von der Vcrecnigung tcr BcvortUring van de Belangt n des
Bockhandcls vertreten2. Dieselbe hatte im Jahre 1881 in der Art
des Pariser Ccrcle eine Ausstellung von den Erzeugnissen der
« J. Hoffmann, Catahgm van chinesische ATatrijzen en tiruldtttert 1860,
1864, 1876.
* Reglement wer de vereeni^tng /er bevordenng etc. Amsterdam 184 1. —
Refalin^en antrefft den loekhandcl. — I- D. I^tit, Pn<ei>e einer Cesehiedenis der
Verecnigung etc. Amsterdam 1875. — Otto Mi'iiimikf.cht, Der holländische
Buchhandel seit Cosler. Leipzig 1867. — CUNNK, Flüchtige Ccdankcn über
den Hiuhhaudel in Holland. — C. I_ HkinkMA.ss, Alphab. S'aumlijst tun fahlen
1850 1875. — F. L IIoffmxnn. Om-niges <onc. i'fusto re de /'ini/rinierie en /ie/^u/ue
et cn Ifolhnde. Krüssel 1S59.
'5*
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228
DIK ROMANISCHE ORUri'E.
VIII. KAP.
Hülfsgewerbe des Ruchhandels veranstaltet und auch in derselben
Weise wie der Cerclc einen reichen Katalog erscheinen lassen zu
welchem 28 Buchdruckerfirmen jede eine Abteilung und verschiedene
Papierfabrikanten Papier geliefert haben. Dieser Katalog zeigt, dass
die holländischen Accidenzbuchdrucker bemüht sind, ihren Kollegen
in anderen Ländern nachzukommen. Die Arbeiten sind sauber und
akkurat , wenn auch von einer Einschlagung neuer Bahnen keine
Rede ist.
Als lithographische Farbendrucker haben Tresling & Co. in
Amsterdam und Emrik & Binger in Haarlem Verdienste. Das
Tomographische Institut liefert nach dem Ecksteinschen Verfahren
der Schi'chtlegung durch die verschiedenartige Behandlung der
Schraffierungen und die dadurch entstehende Abstufung der Töne
vortreffliche Karten in Farbendruck.
Das holländische Papier ist seit alters her berühmt und von
bester Qualität. Weltruf hat das Büttenpapier von van Gelder &
Zoonen in Amsterdam. Um die Farbefabrikation machte sich
seinerzeit der Major E. W. J. Bagelakr ( 1 8 17) verdient; jetzt wird
der Markt ganz von dem Pariser Fabrikat beherrscht.
Die litterarische Produktion ist eine bedeutende und jährlich
erscheint eine stattliche Reihe von wertvollen Werken auf allen
Gebieten, mit Ausnahme dessen der Phantasie. An poetischen und
illustrierten Werken ist die Ausbeute keine grosse und die Lese-
und Schaulust des Publikums wird namentlich durch Übersetzungen
und Bearbeitungen deutscher Schöpfungen befriedigt.
Unter den holländischen Verlegern seien erwähnt : Kemink &
Zoon, P. W. van de Weyer in Utrecht, J. B. Wolters in Groningen,
A.W. Svthoff und E.J. Brill in Leyden, welche beide letzteren
einen reichen Verlag orientalischer Werke haben. Das japanisch-
holländisch-englische Wörterbuch in Brills Verlag ist eine bedeutende
Leistung. Überhaupt ist LEYDEN ein wichtiger Verlagsplatz, nament-
lich für medizinische und naturwissenschaftliche Littcratur, während
UTRECHT die Fächer der Philologie und Geschichte kultiviert.
Bedeutende Druckplätze sind noch Haag und ROTTERDAM ; am
letzteren Orte sind J. Würthkim & Zoon, welche namentlich Artikel
für den Export liefern, bedeutend.
• TtntoonsteUing van hulptniddtlett voor dir» Roekhande!. Amsterdam iSSl.
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.
229
Einen hochangesehenen Namen in der Geschichte des hollän-
dischen Buchhandels der neueren Zeit erwarb Frederik Müller Fr. müh«
auf Grund seiner Bestrebungen, System in den Betrieb des Handels " " *"
und in die holländische Bibliographie zu bringen. Müller hatte eine
vorzügliche Ausbildung in dem Etablissement von Johannes Müller,
welches aus dem Geschäft von Friedr. Arnold Brockhaus entstanden
war (s. Kap. XII), erhalten. Im Jahre 1843 etablierte er sich in
Amsterdam auf dem Rockin in einem Keller, der bald ein Sammel-
punkt der angesehensten Gelehrten wurde. Eine mit grossem
Geschick ausgeführte Bücherbcstcllung des Vorstandes der Stern-
warte zu Pulkowa bei St. Petersburg brachte ihn in eine wichtige
Verbindung mit der St. Petersburger kaiserlichen Bibliothek und
gab Veranlassung zu der Herausgabe einer Bibliographie ncerlando-
russc 1859, welcher verschiedene bibliographische Arbeiten folgten.
Der Nachdruck hatte in Müller, trotz dem Widerstande seiner
Kollegen, den eifrigsten Bekämpfer, überhaupt nahm er den
lebhaftesten Anteil an allen den Buchhandel betreffenden Fragen.
Zwei Aufgaben seines Lebens musste er unvollendet lassen: die
Abfassung einer allgemeinen niederländischen Bibliographie und
die Geschichte des niederländischen Buchhandels, zu welcher das
Material zum grössten Teil in der Bibliothek des niederländischen
Buchhändler -Vereins deponiert wurde1.
Der Name BELGIENS ist in der Geschichte der neueren Typo-
graphie von dem Pariser Frieden ab und bis zu dem Vertrage mit Belgien.
Frankreich vom 1. Mai 1861 hauptsächlich durch die masslose
Ausübung des zwar damals nicht verbotenen, doch wenig ehren-
vollen Geschäfts des Nachdruckes bekannt
Da in den belgischen Provinzen die französische Gesetzgebung
auch nach der Trennung von Frankreich massgebend blieb, so Der Nachdruck,
waren es selbstverständlich zuerst die besten Werke der französischen
Jurisprudenz, welche, da der Vorteil ein sicherer war, den Nach-
druckern anheimfielen. Ein Fortschritt der belgischen Typographie
war dabei nicht bemerkbar; Papier und Druck blieben mangelhaft
und im Jahre 18 18 hatte Brüssel erst 18 Druckerpressen.
« Otto IIarrassowitz, Kr. Müller. Börsenbl. f. <1. d. Ii. 188t, Nr. 5.
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230
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Der König Wilhelm, der wohl einsah, dass aus dem Druck-
gewerbe nur dann ein eigentlicher Vorteil für das I-and zu erwarten
sei, wenn die Erzeugnisse technisch besser ausgeführt würden, unter-
stützte die Papierfabrikanten und Buchdrucker und forderte die
Einberufung französischer Arbeiter. Schon mit dem Jahre 1820 trat
eine Besserung in der Produktion ein , doch blieb der Umfang des
Druckgewerbes noch bis zur Revolution ein massiger; der Nach-
druck beschränkte sich damals hauptsächlich auf Werke für den
inländischen Bedarf und nahm erst nach dem Jahre 1830 gross-
artigere Dimensionen an.
Während im Jahre 1 8 1 5 die littcrarischc Produktion nur fünf
rru>tuktiou. Millionen Bogen betrug, war sie 1838 auf über 32 Millionen Bogen
gestiegen. 1815 war die Zahl der Buchdruckereien in den belgischen
Provinzen 20 mit 27 Pressen, 1838 aber 53 mit 429 Pressen oder,
wenn man die vorhandenen Schnellpressen der üblichen Leistungs-
fähigkeit nach auf I landpressen überträgt, 519 Handpressen.
Von der Gesamtproduktion kamen etwa acht Millionen Bogen,
c.r^scr umj.ni>; hauptsächlich in Duodezformat, welches Quantum 6 — 700000 der
ilo Nat.lidriick'».
damals üblichen Romanbände gleichkam , auf die französischen
Nachdrucke, deren Umsatz sich auf etwa 3 '/. Millionen Franken belief.
Die bedeutendsten Nachdruckerfirmen Wahlen & Co., Louis Hau-
mann & Co., Meline Cans & Co. gingen an Aktien -Gesellschaften
über, die mit einem Kapital von insgesamt etwa fünf Millionen
Franken arbeiteten. Diese Gesellschaften machten jedoch keine
guten Geschäfte, da der kostspielige und komplizierte Admini-
strations - Apparat den Vorteil absorbierte, zudem die kleineren
Nachdrucker mit ihrem einfachen Geschäftsbetrieb die Preise ausser-
ordentlich gedrückt halten.
Von der Bedeutung des Nachdrucks mögen einige Thatsachen
sprechen : Berangcrs Gedichte wurden in etwa 30 000 Exemplaren
gedruckt; Thiers' Revolution in 15000; Lamennais' Paroks d'uu
croyant in 60000 Exemplaren. Die kostbarsten Werke, z. B. die
mit grossen Opfern durch Didot ins Leben gerufene neue Bearbeitung
des Dictionuaire de V Aeademic, fielen den Nachdruckern anheim, ja
selbst mit den besten Zeitschriften als der Revue des deux mondes
und der Revue britauuiquc war es der Fall. Es kam sogar so weit,
dass man eine eigene Zeitschrift Revue des Revues gründete, welche
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Vill. KAP. DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE. 23 1
eine Quintessenz der verschiedensten periodischen Schriften von
Wert brachte, wahrend die politischen Zeitungen Belgiens den
Romanhunger des Publikums mit Nachdrucken französischer Feuille-
tons stillten. Die Brüsseler Buchhandlungen unterhielten Comptoire
in London, Leipzig und anderen Orten ; in vielen Grenzorten Frank-
reichs errichteten sie Depots behufs des Schmuggels, ja selbst in
Algier existierte ein solches, um die heimliche Einfuhr nach Frank-
reich zu betreiben.
Diesem Unfug wurde, zum wahren Vorteil Belgiens, durch den
Vertrag mit Frankreich ein Ende gemacht und Belgien war nun Aufhören .1«
genötigt und auch mit Erfolg bemüht, sich auf dem Litteratur-
markt selbständig geltend zu machen. Auch das Druckgewerbe
hatte von der Änderung einen Vorteil; denn, waren auch die
Nachdrucke meist sauber ausgestattet, so hielten sich doch alle
Erscheinungen auf demselben Niveau des einfach mittelguten Werk-
drucks und von einem höheren Aufschwung der Kunst war keine
Rede'.
Der Import an Büchern aus Frankreich ist jetzt begreiflicher-
weise ein bedeutenderer geworden und beträgt etwa drei Millionen
Franken an Wert, während der Export nach Frankreich nur etwa
eine halbe Million Franken erreicht.
Ein Zweig des Pressgewerbes von grosser Bedeutung ist der
Druck liturgischer und überhaupt Andachtsbüchcr. Selbst die v<.r»chi«ienc
französischen Pressen haben in dieser Richtung schwer mit der
belgischen Konkurrenz zu kämpfen. Unter denjenigen Offizinen,
die sich in dieser Produktion auszeichnen und eine grosse Ausfuhr
nach allen Weltteilen haben, sind M. H. Dessain und Hank.» in
Mücheln, mit welchen Wesmael-Charlier, Legkos in Namuk
und Grkuse in BRÜSSEL, welch letzterer auch die umfangreiche
venetianischc Ausgabe der Bolandisten fortsetzt, konkurrieren.
Hebräische und chaldäische Werke liefern van Linhout und van
der Zande in LüWEN. J. S. van Dooselakre in GENT' ist ein,
seinem Fache mit grosser Liebe zugethancr Jünger Gutenbergs.
« Memoire sttr ta Situation aduelle de la eontre/a^on ett Beigique. Paris 1841.
— C. Muqimrdt, De Li contrefacon. Hriisscl 1S44. — Over den Nadruk in Belgien.
Ave. Schnei-, Trente ans de la litterature bet$e 1830—1860. Brüssel 1861.
* J. S. van Doosei.aekk, Aperen. Ix>ndon 1851.
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232
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Ein von ihm gedruckter Reauil descriptif des antiquitis ist ein
typographisches Kunststück, indem der Text die äussere Form
der beschriebenen kunstgewerblichen Gegenstände nachbildet.
E. Vanderhaegen, ebenfalls in Gent, machte sich durch seine Biblio-
graphie gantoise, 7 Bände, 1858—1869, einen Namen. Henri
Castermann & Co. in ToURNAi vereinigen mit der Buchdruckerei
auch die verwandten Geschäftszweige und den Vcrlagshandel. Allen
ihren Arbeiten sind Nettigkeit und Eleganz nachzurühmen.
In Brüssel zeichnet sich Ad. Mertens durch gute Illustrations-
drucke und Luxusarbeiten aus. F. GuyotFkeres 1 sind bedeutend im
Accidenzfache und liefern viele Wertpapiere und Regierungsarbeiten,
in welchen auch F. Havkz Beachtenswertes produziert. Bruylant-
Ciiristoi'ME zeigt im Werk- und Buntdruck technische Tüchtigkeit
Adolf Wahlen veranstaltete mit A. Delpierres Leben der Maria von
Burgund ein vorzügliches Druckwerk. Ein glücklicher Zufall hatte
ein auf das feinste verziertes, nachweislich von der eigenen Hand
der kunstsinnigen Prinzessin Marie herrührendes Alphabet Initiale
vor dem Untergange bewahrt, welches nun mit grosstcr Sorgfalt
für das erwähnte Werk nachgebildet wurde. Auch auf den Satz
verwendete man die grösste Mühe , so dass in dem ganzen Werk
kein geteiltes Wort vorkommt, oline dass deshalb die Regclmässig-
keit des Ausschlusses irgendwie gestört wäre.
Der Schatz, welchen Antwerpen in dem Plantin-Museum besitzt,
durch welches diese Stadt ein typographisches Mekka geworden,
ist bereits (I, S. 225) ausführlicher besprochen2.
Die Zahl der Buchdruckereien in Belgien beträgt 639; davon
sutntischc*. kommen auf Brüssel 101, Antwerpen 51, Lüttich 37, Gent 34,
Brügge 21. Unter den Schriftgiesscrcien zeichnen sich Vander-
uorght und Mei.ine Cans & Co. aus. Die Zeitungspresse i Belgiens
teilt sich in zwei, einander gegenüberstehende Lager, das katholische
und das liberale. Im Jahre 1840 hatte Belgien nur 75 Journale,
darunter 39 vlämische. 1880 war die Zahl auf 388 gestiegen,
» Imprimerit E. Guyot. Hrüssel 1880.
2 Wer nicht Gelegenheit oder l.ust hat, die I, S. 225 zitierten Werke ein-
zusehen, findet in Westermanns Monatsheften 1883, Heft 319 eine ausführliche
Üeschreihung des l'lantin- Museums.
3 J. Mallou, Notke statistique tttr Us jourtuaux Betges. ISrüssel 1843.
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DEK ROMANISCHEN GKUPPE.
233
darunter 143 in vlämischer Sprache. 54 Zeitungen erscheinen
taglich. Die älteste derselben ist das 1764 gegründete Journal de
Lilge. Unter den Fachblättern sind zu nennen die Annaks de
l'imprimerie.
ITALIEN.
ITALIKN seufzte in der vorliegenden Periode unter dem Druck
der Fremdherrschaft bald österreichischer, bald spanischer und luhc«.
französischer Machthaber. Jede freiere Geistesregung war ver-
schwunden und infolge davon vegetierte auch die einst so blühende
Typographie nur in kümmerlichster Weise fort. Der kleinen Stadt
Parma allein war es beschieden , durch den einzigen bedeutenden
Meister dieser Zeit einen grossen, jedoch nur kurz andauernden
Ruf zu gewinnen.
Dieser Meister, Johann Baptist Bodoni * , ward in Saluzzo von
einfachen aber respektablen Eltern geboren. Die Anfänge der j. u. Bodoni
Kunst lernte er bei dem Vater und bereits frühzeitig entwickelte er| j». Nov. ibxj.
ein nicht gewöhnliches Zeichentalent und schnitt in seinen Frei-
stunden Vignetten in Holz, die später, nachdem der unbekannte
Holzschneider ein berühmter Buchdrucker geworden war, von
Sammlern sehr gesucht wurden.
Achtzehn Jahre alt begab er sich mit einem Freunde nach
Rom, wo der letztere einen Onkel hatte, von welchem die Wanderer w**«* ,» der
Unterstützung erwarteten. Die kleine Barschaft war unterwegs bald
aufgezehrt, da half Bodoni durch Verkauf von Holzschnittvignetten
an Buchdrucker. Den nach Rom Gekommenen erklärte der Onkel
nicht helfen zu können. Bodoni war zur Rückkehr entschlossen,
wollte jedoch wenigstens der berühmten Offizin der Propaganda
einen Besuch abstatten. Bei diesem erregte die Lebhaftigkeit und
das gefällige Wesen Bodonis die Aufmerksamkeit des Direktors,
Abbö Ruggicri , und er wurde engagiert. Auf Veranlassung der
obersten Spitze der Anstalt, des Kardinals Spinelli, der Bodonis
Streben wohlgefällig bemerkte, nahm dieser an einem Kursus
* Lama, Vita M cavaiisre G. /ioJoni, 1816, 2 IMc, von welchen der letztere
ein analytisches Verzeichnis seiner Druckwerke enthält. -- J. Kkknakm, Vita
di G. Bodoni. Saluzz» 1872.
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VII«. KAP.
der orientalischen Sprachen Anteil und lernte auch Arabisch und
1 iebräisch lesen. Mit der typographischen Ausfuhrung eines arabisch-
koptischen Missalc und des Alphabcticum Tibet anum des Paters
Georgi betraut, entledigte er sich der Aufgaben in so befriedigender
Weise, dass Ruggieri dem Schlüsse des Werkes den Vermerk:
„Roma, exeudebatj. B.Bodoni, Salutivnsis 1762" aufdrucken liess.
Bei der Ordnung der orientalischen Schriftenvorrätc der Anstalt
war die Lust bei Bodoni entstanden, selbst Schriftschneider zu
werden und er griff diesen Gedanken mit einem solchen Eifer auf, dass
er in kurzer Zeit ein sehr tüchtiger Stempelschneidcr wurde. Wahr-
scheinlicherweise wäre sein Schicksal für stets mit der Propaganda
verknüpft geblieben , wenn nicht der freiwillige Tod seines Gönners
Ruggieri ihm den dortigen Aufenthalt verleidet hatte. Er nahm
einen Ruf nach England an, wollte jedoch vor seiner Abreise noch-
mals seine Eltern in Saluzzo sehen. Dort erkrankte er in so
bedenklicher Weise, dass seine Abreise verschoben werden musste,
und als der Marquis Telino ihm das Anerbieten machte, an die
Spitze einer, der Königlichen Buchdruckerei in Paris ähnlichen
Anstalt, die man in Parma errichten wollte, zu treten, gab Bodoni
das Engagement nach England ganz auf und siedelte nach Parma
über.
Hier begann nun für ihn eine Zeit des strengsten Arbeitens,
B.,ch>imckcr in auch war er anfänglich keineswegs pekuniär günstig gestellt. Im
Jahre 1771 legte er durch seine Saggio tipographico di fregi et
majuscola Proben seiner Kunst als Stempelschneider ab. 1774
folgten Iscrisioiii esotiche von de Rossi und 1775 bei Gelegenheit
der Vermählung des Fürsten von Piemont mit der Prinzessin Clotilde
von Frankreich, die in 25 verschiedenen Sprachen, orientalischen
und europäischen, gedruckten lipithalamia exoticis Unguis reddita.
Das letztere Werk richtete die allgemeine Aufmerksamkeit auf
Bodoni. Kein Reisender von Bedeutung unterliess es, dessen
Druckanstalt zu besuchen. Karl III. von Spanien ernannte ihn zu
seinem Hofbuchdrucker; Gustav IM. von Schweden und Ferdinand IV.
von Neapel erteilten ihm Auszeichnungen. Alle waren einig, dass
Bodonis Erzeugnisse in Bezug auf Eleganz und Gleichförmigkeit
nicht über troffen seien.
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GkUPPK.
235
Im Jahre 1788 wurde ihm von dem Ritter d'Azara, dem
sj>anischen Gesandten in Rom, das Anerbieten gemacht, in dessen
Palast eine Druckerei für die 1 lerausgabe griechischer, lateinischer
und italienischer Klassiker einzurichten. Unwillig darüber, dass
jemand ihm eine solche typographische Kapazität rauben wolle,
gestattete der I Ierzog von Parma, dass Bodoni eine ähnliche Offizin,
wie die in Rom beabsichtigte, in dem herzoglichen Schlosse ein-
richtete, aus welcher dann einige der schönsten Klassiker-Ausgaben,
darunter der Virgil von 1793 und Tassos Gcmsalanmc libcrata in
drei Foliobänden (1794), hervorgingen.
Die kostbarste aller seiner Prachtausgaben war jedoch der
Homer (1808), den er dem Kaiser Napoleon dedizierte, von p»chtw«ike.
welchem er in der Zeit der Franzosenherrschaft in jeder Weise
begünstigt wurde. Bei der Überreichung des Dedikationsexcmplares
erhielt Hodoni eine Pension von 3000 Franken. Der Vizekönig von
Italien, Eugen Bcauharnais, wollte ihn gern nach Mailand, Murat
nach Neapel ziehen. Bodoni wünschte jedoch nicht Parma zu ver-
lassen und schützte Alter und Kränklichkeit vor. Er hasste über-
haupt das Franzosentum, verstand es aber ganz wohl, sich in die
Verhältnisse zu schicken und diese sich nutzbar zu machen.
Im Jahre 181 1 wurde er von Murat dekoriert. Letzterer hatte
die Absicht, für den jungen Murat eine Reihe von Klassikern drucken
zu lassen. Der Anfang wurde 181 2 mit Tclimaque gemacht, dem
1813 Racine folgte; erst 18 14, nach Bodonis Tod, erschienen Lafon-
taine und Boileau. Auf Grund dieser französischen Klassiker-
Ausgaben erteilte Napoleon dem Bodoni kurz vor dessen Tode das
Kreuz der Ehrenlegion in Begleitung eines Ehrengeschenkes von
18000 Franken.
Unter Bodonis Arbeiten müssen noch zwei erwähnt werden,
die für den Typographcn von Fach ein ganz besonderes Interesse
haben : seine Oratio dominka und sein Manuale tipographko.
Als der Papst Pius VII. im Jahre 1805 auf seiner Rückreise von
Paris, wo ihm in der Staatsdruckerei die Oratio dominka durch Orot» jemm*«.
Marcel überreicht worden war, durch Parma kam, forderte er Bodoni
auf, zu zeigen, dass Italien ein ähnliches Werk liefern könne.
Bodoni wollte nun die Pariser Ausgabe noch ubertreffen und lieferte
auch, und zwar in sehr kurzer Zeit, die scinige in 155 Sprachen;
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
51 asiatischen, 82 europäischen, 12 afrikanischen und 20 amerika-
nischen, allerdings nur, indem die Propaganda ihn mit ihren Vorräten
unterstützte.
Das Manuale tipographico del Cavaliere Giambattista Bodoni,
.\t,t>tn,de tipn. zwei Bände in kleinem Folio, wurde erst 1818 von seiner Witwe
herausgegeben. Es enthält auf 87 Seiten eine Einleitung der Witwe
und 267 Seiten Proben. Die erste Serie bringt auf 144 Blatt die
Caratlcri latini tondi e corsivi, eine Sammlung von Antiqua - und
Cursivschriftcn, wie sie in solcher Vollständigkeit, Vollendung und
einheitlichen Durchführung sonst wohl selten oder nie gefunden wird.
Bodoni schnitt folgende 22 Grade: Parmigianina, Nonpariglia, Mig-
noua, Testino, Garamoncino , Garamune , Filosofia, Lettura, Sibio,
Soprasilvio, Testo, Parangone, Ascendouica, Palest ina, Caiioucino,
Sopracanon, Canone, Corale, Ducale t Reale, Imperiale, Papale.
Darauf folgen 85 Blatt Versalien, Antiqua-, Cursiv- und Schreib-
schriften. Der zweite Band enthält 59 Blätter Griechisch, 33 Blätter
Orientalia, darauf, zwischen Malabarisch und Russisch, zwei Blatter
Caratteri tedesclii, in einer Ausführung, die allerdings nahe ans
Malabarische grenzt. Die russischen Schriften sind auf 82 Blättern
sehr reich und schön vertreten. Den Schluss machen 91 Blatt Frcgi
(Einfassungen), Linien und Diverse, die ohne Bedeutung sind.
Das Ganze bildet ein Druckwerk ersten Ranges. Der tief-
schwarze und doch mit wenig Farbe erzielte Druck, die Schärfe der
Schrift , die Einfachheit und das Ebenmass des Ganzen, das schöne
milchweisse Velinpapier, ohne den schädigenden Glanz der Satinage,
haben ein Kunstwerk zuwegegebracht, welches das Studium jedes
Gutenberg-Jüngers verdient.
Bodonis Schriften wurden nicht allein in Italien überall ver-
breitet, sondern fanden auch Eingang in Berlin durch Decker und
Unger, in Leipzig durch Breitkopf, in der Schweiz durch Gessncr,
in London durch Nicholls, in Kopenhagen und an andern Orten.
Bodoni war von der Natur kräftig , schadete sich aber durch
Kr.inkln-it und übermässiges Arbeiten. Er bezeichnete sich selbst als einen Galeeren-
sklaven und war in der That an die Druckerei wie angeschmiedet.
Seit Jahren an Podagra leidend, Hess er sich durch Schmerz und
Ungeduld verleiten, als Kur innerhalb je 12 Stunden 36 Pfund heisses
Wasser zu trinken , und er würde dies noch weitergetrieben haben,
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER KOM ANISCHF.N GRUPPE.
237
wäre er nicht durch Ohnmächten daran gehindert worden. Die
Folge war eine Schwächung des Magens, die nicht wieder gehoben
werden konnte. Am 30. November 181 3 unterlag er, und am
2. Dezember rief die grosse Glocke des Domes die Bürger Parmas
zu der feierlichen Beerdigung ihres hochverdienten Mitbürgers.
Bodonis Denkmal in Saluzzo wurde am 20. Oktober 1872 ein-
geweiht. Es stellt ihn in ganzer Figur vor, umgeben von den
Werkzeugen seiner Kunst.
Bodoni leistete vieles ganz ausserordentlich Schöne, doch
entstanden die Produkte seiner Pressen zumteil mehr aus typo- verdicke,
graphischem Ehrgeiz als aus dem Wunsch, höheren, veredelnden
Zwecken zu dienen , wie dies in der Vergangenheit das Ziel seines
grossen Landsmannes Aldus gewesen oder in seiner Zeit das der
Didots war. Er huldigte öfters zu sehr dem Luxusdruck ohne
eigentlichen Zweck. Sein Wirken erhellte deshalb zwar eine Zeitlang
den typographischen Himmel Italiens, es war jedoch nicht mit dem
erwärmenden, fruchtbringenden Licht der Sonne zu vergleichen,
sondern mehr mit der prachtvollen, die Augen entzückenden
Erscheinung eines glänzenden Meteors, welches ebenso unvermutet
zum Vorschein kommt, als es rasch verschwindet.
So finden wir bis um die Mitte unseres Jahrhunderts die Typo-
graphie und das Buchgewerbe Italiens in einem wenig erfreulichen HieTypournphie
111 llali'-ii.
Zustande. Die Zensur war eine ausserordentlich strenge und die
Bücher, die in einem Teil des Landes gedruckt waren, konnten
nicht unbehindert in einem anderen vertrieben werden. In Neapel
existierten Zölle, die gleich einem Verbot wirkten; dabei florierte
der Nachdruck und der Verkehr mit dem Auslande bot die grössten
Schwierigkeiten.
Im Jahre 1 833 gab es 464 Buchdruckcrcicn und Buchhandlungen ;
1835 wurden 2819 Werke in 4295 Bänden herausgegeben. 1836 si.nuii«:he%.
zählte man, einschliesslich der offiziellen Zeitungen der verschiedenen
Staaten, nur 185 Zeitschriften, davon 26 in Neapel, 19 in Mailand,
je 10 in Rom und Turin, je 8 in Palermo und Florenz.
Die 1848 in Picmont eingeführte Pressfreiheit trug zwar bald
Früchte, jedoch datiert der eigentliche Fortschritt erst von der
Einigung Italiens. 1859 gab es gegen 600 Buchdruckereien mit
etwa 2000 Pressen. Turin hatte 780 Setzer, 164 Handpressen und
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238 DIE ROMANISCHE GRUPPfc. VIII. KAP.
47 Schnellpressen, bei deren Kinführung man nicht daraufdrucken
wollte, bevor die Macht des Satans über sie durch Bcsprcngung
derselben mit geweihtem Wasser seitens eines Geistlichen beseitigt
war. 1872 bestanden bereits 91 1 Buchdruckereien, in welchen 745
Schnellpressen, 2691 Handpressen und nahe an 11 000 Personen
beschäftigt wurden. Unter den 1083 Buchhandlungen verdienten
allerdings eine ziemliche Anzahl kaum diesen Namen. Viele, selbst
bekannte Schriftsteller mussten ihre Werke auf eigene Kosten
drucken lassen.
Die buchhändlcrischc Produktion, welche 1863 4243 Werke
betragen hatte, war 1872 auf 6798 neue Werke gestiegen. 6509
Fortsetzungen waren noch im Gange, wozu noch 2666 Gesetze,
Statuten etc. kamen, so dass die ganze Produktion 1 5 973 Nummern
betrug«.
Im Jahre 1869 war die Zahl der Zeitschriften auf 450 ange-
wachsen. Damals zeigte sich die grösstc journalistische Thätigkcit
in dem Norden, dem eigentlichen Herde der Freiheit Italiens.
Turin zahlte derzeit über 100 Zeitschriften, Mailand 80, Florenz 51,
Genua 37. Zwei Drittel derselben waren politischen Inhalts; 75
erschienen täglich , 65 zwei- bis dreimal, 179 einmal wöchentlich.
1872 war die Zahl schon 723. Obenan stand damals Florenz mit
10 1, während Turin auf 75 gesunken war. Im Jahre 1873, mit 1 126
Zeitschriften, hatte Mailand mit seinen 137 den Vorsprung über
Florenz und Turin gewonnen, Rom zählte 109; ihm folgte Florenz
mit 107 auf dem Fussc, dann Turin mit 85, Neapel mit 81, Genua
mit 51, Palermo mit 48, Venedig mit 38, Bologna mit 36. Die
Gesamtauflage einer Nummer aller Zeitschriften betrug i*>/, Millionen
Stück. Die Post versandte jahrlich gegen 100 Millionen einzelne
Nummern. Zeitungen mit einer allgemeinen giossen Verbreitung
gab es in Italien nicht; jedes Städtchen hängt an seinem Lokal-
blättchen.
> Diese Angaben sind (). ( Vn iNos, /m st,tmf«i / w'rv//<w, il tommerco Jti Ubri
t la tipokTafia in Italia, Mailand 1875, entnommen. Das P.uch enthalt eine sehr
sorgfältige Zusammenstellung der periodischen Presse, die zuerst anlässlich der
Wiener Ausstellung l S73 ausgearbeitet war, und muss zugleich als eine ganz
vorzügliche typographische l.ei-lung galten. Vvrgl. auch „Zur (beschichte der
Presse in Italien", Prut/' Museum, Leipzig; Paulo I.iov, „Über die geistige
Nahrung des italienischen Volkes" in C. I lillebrands Ittlia, IM. 111, S. 90.
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VIII. KAP. DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE. 239
»
Wie rasch Italien sich unter seinen neuen Verhältnissen ent-
wickelt, geht schon daraus hervor, dass 1881 die Zeitschriften auf
1854 gestiegen waren, unter welchen 159 Tageszeitungen.
Werfen wir noch einen Blick auf die Pressthätigkeit der einzelnen
Städte.
VENEDIGS hoher typographischer Ruhm war wie sein politischer
zu Grabe getragen, wennauch einzelne bedeutendere Erscheinungen vcn.d.c;
sich sporadisch zeigten, zu welchen Amsopous vortreffliches
Prachtwerk Lc fabbriche pik cospicue di Vttttzia, zwei Bände in
Folio, gehörte. Aus alter Zeit hat sich nur die armenische Offizin
der Mechitaristen auf der Insel S. Lazaro (I, s. 1X6) erhalten. Das M«iiiumi. •..
Kloster entging auf Grund seiner wissenschaftlichen Bestrebungen
der Aufhebung unter napoleonischer Herrschaft und wurde zu
einer armenischen Akademie erhoben , die noch existiert und für
welche die Offizin eine Monatsschrift Pastitavcb (der Polyhistor)
druckt, von welcher dreissig Bände erschienen. Die Akademie
erwählte auch auswärtige Mitglieder, zu welchen Lord Byron
zählte, der oft und gern dort verkehrte und armenische Studien trieb.
Zu ihren bedeutenderen Leistungen aus neuerer Periode gehören
der Thesauriis lingmic armemeae und die Chronik des Plusebius
in armenischer, lateinischer und griechischer Sprache, sowie das
Dizionano armcr.o- Uttcralc. Als Probe ihrer Produktionsfähigkeit
Hessen die Brüder -Typographcn 1837 die Preces saneti Ntrcctis
in 24 Sprachen erscheinen *.
In Udine erschien bei den Brüdern Matiiuz/i eine schöne
Ausgabe von Vitrwsii Pollionis Architecfura, vier Bände in Quart,
1825.
Ein sonderbares Schauspiel vollzog sich am 25. September
1868 in dem Städtchen Feltre, an welchem Tage unter grossen Pamhi.iCasuMi.
Festlichkeiten ein Monument des Erfinders der Buchdruckerkunst
— selbstverständlich nicht Gutenbergs, sondern des Italicners
Pamkilo Castaldi — enthüllt wurde.
Der Prätor Antonio Cambruzzi schrieb um 1556 in seiner
Geschichte der Stadt Feltre: „Um diese Zeit (1456) lebte Pamfiüo
Castaldio, Doktor der Rechte und Dichter, in Feltre, der die
« /Vinters Rt&ster 1S74, Dezl>r. - -Das Jmirn. f. P.. 1SS0 enthält in Nr. 2 im<l j
ilie Schilderung eines Hesuches Th. (loehcls in dieser Druckerei.
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240
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Erfindung (!) der Buchdruckerkunst entdeckte {!!). Der Burggraf
Faust lernte von ihm diese Kunst, als er in seinem Hause zu Feltre
wohnte, um die italienische Sprache zu studieren. Er führte die
Druckkunst nach Deutschland, übte sie in Mainz und bekam nachher
von Einigen den Titel des ersten Erfinders. Andere haben diese
Erfindung einem Deutschen namens Cuttembcrgo aus der Stadt
Strassburg zugeschrieben, allein der erste Erfinder ist, „„wie aus
den Chroniken von Feltre erhellt4'", Pamphilio Castaldio gewesen".
Recht schade ist es, dass diese „erhellenden Chroniken" nicht
existieren. Indes dies geniert die „späteren Zeugen44, die auf
Cambruzzi fussen und ihn sogar fälschen, nicht, wie es auch Guten-
bergs Manen nicht genieren wird, dass seinen Konkurrenten in
Feltre und Haarlem Statuen errichtet wurden. Fast möchte man
aber glauben, dass es Italien besser angestanden hätte, der Zierde
der italienischen Typographie, dem Aldus Manutius, ein würdiges
Monument zu setzen, statt einer mythischen Person zu huldigen, zu
einer Zeit, wo der Nebel, welcher die Geschichte der Erfindung
bisher umhüllte, wenigstens so weit zerstreut ist, dass man nicht
Erfindern h la Castaldi und Costcr Denkmäler errichten sollte.
In jüngster Zeit hat der Vorsteher des Staatsarchives zu
Mailand, Cesar Cantu, zwei Urkunden entdeckt, nach welchen sich
ergiebt, dass Castaldi im Jahre 1472 in seinem 74. Lebensjahre als
Lehrer der Buchdruckerkunst von dem Herzog Galeazzo Maria
Sforza in Mailand nach dort berufen und dass ihm das Recht erteilt
wurde, eine Druckerei zu eröffnen. Wie damit eine Erfindung seitens
des Castaldi bewiesen werden soll, ist nicht leicht ersichtlich'.
Padua beansprucht den etwas zweifelhaften Ruhm , in seinem
Padua. sogenannten Dantino das mit der kleinsten Schrift gedruckte Buch
hervorgebracht zu haben. Im Jahre 1834 hatte bereits Antonio
Farina eine Schrift, die er Occhio di viosca (Fliegenauge) nannte,
geschnitten. In demselben Jahre trat Claudio Wilmant mit einer
noch kleineren, Milanina, hervor. Nach vielem Herumirren der-
selben schloss der letzte Besitzer dieser Schrift, Giovanni Gnocchi,
1873 einen Vertrag mit den Gebrüdern Sai.min in Padua über den
» A. ]>KRMiARni-ZlNOIll-:i UM FT \ Yalskcciii, Intorno a P. Gutaldi. Mailand
1S66. — A. IU I. Como, Mein, deiht ci/ta ,/i Fdtre. Venedig 1710. — A. v. n. Linuk,
Miltenberg. Stuttgart 1S78.
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DLR ROMANISCHEN GRUPPE.
241
Druck einer Ausgabe von Dantes göttlicher Komödie ab und nach
fünf Jahren erschien dieselbe.
Mailand trug durch P. E. Giustis Ausgabe der Famiglie
celebri di Italia des Grafen Pompco Litta zur Ehre der Kunst bei. Mu.i .nJ.
Dort wirkt die Anstalt von En. Sonzogno (gegr. 1861} mit
30 Schnellpressen und 500 Personen für die Herstellung des eigenen
Verlags der Firma, darunter 15 Zeitschriften. Civelli (1840) hat
Druckereien in Mailand, Turin, Verona, Ancona und Rom , ausser-
dem zwei Papierfabriken und verlegt fünf Zeitschriften. Er druckt
fast alle Arbeiten für die italienischen Eisenbahnen. Ein Riesenwerk
ist das Vocabulario universale della lingua italiatia, acht Bände
in Quart.
Was den lithographischen Widerdruck betrifft, hat Maitand
zwei vortreffliche Repräsentanten aufzuweisen, Ulysses Borzino und
seine Frau, die beide selbst tüchtige Künstler sind.
Was Bodoni für die Typographie Italiens gewesen, war die
Familie Pomua in Turin für den Vcrlagshandel. Die von derselben F:..mii. p...ni...
J 8 1 S begonnene Collect one da classici Latini in 108 Banden wurde
1 83 5 beendigt. Ihre Biblioteca populäre di classici autori, 1 00 Bände,
in 16. (1829) gab den ersten Impuls in Italien zur Verbreitung guter
Bücher zu den billigsten Preisen. Nach dem Vorbilde der Penny
Cyclopacdia wurde 1842 — 1849 die Encycbpedia populäre, zwölf
Bande in Quart, herausgegeben. Glänzenden Erfolg erzielte Cesar
Cantus S/oria universale, die in sehr kurzer Zeit zwei teuere Auf-
lagen und eine billige erlebte. Die Firma Pomua & Co. unternahm
die Biblioteca deW Economista, 26 Bände, und ein kolossales Werk,
Istituzioni di agricoltura.
Am 1. Februar 1855 ging das Pombaschc Geschäft mit noch
einigen anderen, kleineren Geschäften in den Besitz der Vnione
tipografico-editrice über, die unter der Direktion Luigi Pomp.as eine
grosse Wirksamkeit, namentlich in enzyklopädischer Richtung,
entwickelte und Filialen in Rom, Neapel und Pisa gründete. Neue
grossartige Werke der Firma waren das Wörterbuch von Nie.
Tommaseo, acht Bände in Quart; die Encycbpedia di chimica,
zehn Bände in Quart, und die Prachtausgal>e von A. Palladios
Eabbriche etc., fünf Bände in Fol., ferner die italienischen illustrierten
Ausgaben der Werke Brehms, Darwins u. a.
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242
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Ausser durch die eigene Vcrlagsthätigkcit zeichnete sich Jon.
Pomba durch seine allerdings ohne Erfolg gebliebenen Bestrebungen,
den italienischen Buchhandel nach Art des deutschen zu organisieren,
aus. Um sich naher mit dem Betrieb des letzteren bekannt zu
machen, besuchte Pomba die Leipziger Messe und licss 1869 eine
Broschüre Informasionc dclla fiera di Lipsia erscheinen.
Grosse Anstrengungen machte die königliche Druckerei in
Turin in den Händen der Firma Paravia (Vigliardi), die auch
Filialen in Mailand, Florenz und Rom errichtete. Schöne Arbeiten
lieferten in Turin ebenfalls Bona, sowie Chikio & Mina. Unter den
Arbeiten der letzteren ragt die Geschichte des Klosters Alfa Comba
in Folio mit Kinfassungen in Golddruck im Geschmack des XV. Jahr-
hunderts hervor.
In Fl.OKHNZ, das durch Verbindung vieler Eigenschaften
Hören/ (geographische Lage, allgemeine Bildung, Reinheit der Sprache,
Tüchtigkeit der Setzer} geeignet wäre, ein Leipzig Italiens zu
werden, lieferte 1825 Molini eines der schönsten Druckwerke
Italiens, die vom Grossherzog von Toscana veranstaltete Pracht-
ausgabe der Opcrc di Lorcnzo de Media' , vier Bände in Gross-
Ouart. Markingh , erst in Florenz, dann in Tricst, zeigte in Tassos
Gcrusalcmtnc libcrata, zwei Bände in Gross-Folio, 1820, und in den
Mouuuicns stpulcraux de Toscam', 1821, feinen Geschmack und
grosses Geschick. Eines der bedeutendsten Werke der letzten Zeit
ist das in der Tipografia Cknniniana auf 1648 zweispaltige Seiten
gedruckte Vocabulario Italiano von P. Fanfani, Rigutini und
F. Corridi. Als Drucker und Verleger bedeutend ist G. Bariikra; er
ist durch seine Diamant- Ausgaben italienischer Klassiker bekannt.
Florenz hat einen Cercolo tipograftco , in dem Prinzipale und
Gehülfen zwanglos verkehren. Hier erscheint auch seit 1869 das in
würdiger Weise von Sai.v. Lanih geleitete und typographisch sehr
gut ausgestattete Journal VAitc dclla stampa. Als Organ der
Gehülfen dient // tipografo (Turin <. Scncßldcr ist der Titel einer
in Turin in italienischer und französischer Sprache erscheinenden
lithographischen Monatsschrift.
R< )M hatte zwar nie einen ersten Platz in der typographischen
Geschichte eingenommen, sank jetloch in der Periode von 1750 ab
tiefer als man hatte erwarten sollen. Das einzige Institut von einiger
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN RRUPPE.
243
Bedeutung war die Druckerei der Propaganda (I, s. 186) Ihren
Flor verdankt sie dem gelehrten Prälaten Leo Allacci (Allatius),
den Kardinalen Antonclli, Ruggieri, Spinelli, Consalvi und Zurla,
sowie den Monsignoren Ricci, Amaducci und Borgia. Eine solche
Stellung jedoch, wie dies Institut hätte einnehmen können und sollen,
wurde nicht erreicht. Nicht nur andere Staatsanstalten, sondern
auch Privatdruckcrcien anderer Lander überflügelten weit die
Propaganda. 1812 ward sie zeitweilig ganz unterdrückt, hob sich
jedoch spater wieder. Die von Napoleon geraubten Schriften kamen
wieder nach Rom zurück. Besonders der Papst Pius IX. nahm sich
der Anstalt an und ernannte 1865 den verdienten Ritter Marietti
zum Direktor, der 1872 seine Stelle niederlegte und von Federioo
Meeandri gefolgt wurde. Unter den seit 1865 entstandenen Werken
tlcr Offizin sind zu erwähnen der Bibliorwn Sacrorum Codex
Vaticanus, mit den Typen des Tischendorfschen Codex Sinai ticus
gedruckt, und eine Oratio dominica in 250 Sprachen, die trotz der
Schriftcnmannigfaltigkcit zeigt, dass die Anstalt nicht auf der Höhe
der Jetztzeit steht2.
Eine I Iofbuchdruckerci Stamperia camcrale wurde 1834 sehr
hübsch in dem Palast Cornaro eingerichtet. Im Jahre 1 88 1 gab es
in Rom 53 Buchdruckereien mit 172 Schnellpressen und 129 Hand-
pressen. Die Zahl der Gehülfen war 722, der Lehrlinge 268. Die
grösste Zahl der Schnellpressen, 31, und ebenso viele Handpressen
beschäftigte die „Aktienbuchdruckerei". Bedeutend sind ferner:
Civeli.i, Botta-s Nachfolger, mit 11 Schnellpressen und 81 Setzer;
die Druckerei der Nationalbank mit 8 Schnellpressen und 1 1 Hand-
pressen; Moeina mit 16 resp. 8.
NEAPEL J sucht in seinen Leistungen nicht zurückzubleiben.
Anceli & Sohn liefern viele Accidenzicn. Dort gelangte eines
1 Propaganda, Spermien charaderum. Rom 1S43. — Ca/. til*rorum qui ex
typo^r. S. Congr. etc. prmüerunt. Rom 1 773.
1 A.Mackik's ftafy and France bringt in dem iMterxww und dem Appendix A
die Schilderung eines Besuchs des bekannten englischen Zcitungsdruckcrs in der
Propaganda. Eine Äusserung von ihn» wird in Deutschland interessieren: „Ich
bemerkte nicht eine einzige Maschine englischen Ursprungs. Bereits in England
war mir gesagt worden, dass die englischen Maschinen überflügelt seien.
Deutschland hatte hier alles geliefert, selbst eine kleine I'alzmaschinc".
3 (ilt STIMANl, Sat^io sulla lipo^rafia dti reyio di Na\>oli. Neapel 1791.
16*
244
DIE ROM ANISi HR GRUPPE.
VIII. KAP.
Neapel. der prachtvollsten Sticliwerke der Neuzeit zur Ausführung, das
von Piranesi Vater und Sohn herausgegebene: Antike Denkmäler
Roms. In der Kunst, die Monumente und Ruinen darzustellen,
sind die beiden Meister nicht ubertroflen. Der Vater Jon. Baiti st
j. p. pirancM Piranesi aus Venedig lieferte die ersten 1 6 Bande und der Sohn
Franz Piranesi setzte das Werk fort. Nach verschiedenen Schick-
salen liess sich letzterer in Paris nieder. Na|x>leon begünstigte ihn
sehr und es wurde der Beschluss gefasst, von Staatswegen das
Werk für 300 ooo Franken und ein Jahresgehalt an Pcranesi von
1 2 000 Franken zu erwerben. Das Unglück in Moskau verhinderte
die Vollziehung des betreffenden Dekretes, jedoch erwarben die
Didots das grossartige Unternehmen von 29 Bänden mit über 2000
Kupferstichen im grössten Atlanten-Format.
SPANIEN. PORTUGAL. SÜDAMERIKA.
SlWNJKN hat wie Italien in der Periode von 1750 ab einen
Spanien. einzigen hervorragenden Namen aufzuweisen, während seine typo-
graphische Geschichte wenig von Bedeutung verzeichnen kann
Der Kammerdrucker des Königs, Joachim Ibarra aus Sara-
j. ii»arr.i. gossa , war der Mann, der die Buchdruckerkunst in Spanien zu
einer dort noch nicht gekannten Höhe erhob und einen Wetteifer
der Buchdrucker hervorrief, der sie weiter trieb, als 200 Jahre es
vermocht hatten. Ibarras Prachtwerke zeichnen sich gleich sehr
durch die Schönheit des Druckes, der Typen und der Illustrationen,
sowie durch die Glätte des Papiers, und durch die Korrektheit aus.
Unter seinen Druckwerken sind besonders zu nennen die
spanische Übersetzung des Sallust durch den Infanten Don Gabriel,
mit Illustrationen, Folio, 1772; eine Dissertation des Fr. Pcrez
Bayer über die phönizischc Sprache, Folio, 1772; die Pracht-
ausgabe des Don Quixote, vier reich illustrierte Bände in Quart,
1780; Marianas Geschichte Spaniens, zwei Bände, Folio, 1780.
Ibarras Witwe setzte das Geschäft in rühmlichster Weise fort; eine
vorzügliche Leistung von ihr ist das Diccionario de la lengua
Ca Stella na, Folio, 1803.
« ]•'. Mf.ndkz, Tipogrnfia F.sp,mota. Madrid 1861. — J. K. KquizabaI., //ist.
de la IrjishitUvi esfxwol.i 1480— 1873. Madrid 1S79. — Attnuario de/ eotnereio.
Madrid
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.
245
Für die Achtung, welche die Spanier ihrem grossen Dichter
Cervantes zollen, spricht der Umstand, dass eine Facsimile-
Reproduktion der ersten Ausgabe der Werke desselben (I, s. 190),
von Francisco Quijano in 1500 Exemplaren veranstaltet, sofort
vergriffen war.
Unter den neueren Druckern Madrids werden mit Ruhm
genannt: Gaspar & Roix, Callkja Millado, Man. Rivadaneika Madrid,
(jetzt Abelardo de Carlos und Sohn), Juan Aguado, Ducazal,
Joachim Fontanet, Gabriel Albamra u. a. Im Jahre 1 88 1 hatte
die Stadt 104 Buchdruckercien, 110 Buchhandlungen, 64 litho-
graphische Anstalten. Die Schriftgiessereien sind schwach vertreten, J- *f™f°
die bedeutendste darunter ist die von Juan Aguado, der auch die
Fachzeitschrift Bulletin tipografico herausgiebt. Ein zweites Fach-
blatt ist die Cronica de la imprenta. Von Zeitschriften erschienen
206 (darunter 60 politische, von welchen die Correspondencia die
grösste Auflage [über 50000J hat). Die spanische illustrierte Zeitung
ist eine tüchtige Leistung A. de Carlos' und enthält viele gute
Original-Illustrationen, ebenso El musco universal.
Nächst Madrid ist Barcelona der bedeutendste Druckort.
Die dort bestehende Banknotendruckerei unter Direktion von Barcelona.
Zaragozano & Jaime ist ganz mit französischem Material aus-
gerüstet und beschäftigt über 60 Personen. Früher wurde das
spanische Papiergeld in England gedruckt. In Barcelona erscheint
auch ein Fachblatt El correo tipolitografico von Cepherino Gorchs.
Die Stadt besass 1881 42 Buchdruckereien, davon 6 mit Dampf-
und 10 mit Gasbetrieb. 919 Personen, 95 Schnellpressen (darunter
81 französische), 6b Handpressen (darunter nur zwei deutsche)
waren beschäftigt. Ausserdem zählte man dort 5 1 lithographische
Anstalten, 57 Buchhandlungen und 63 Journale.
Das in Valencia erschienene Uayeri opus de nummis Hebrae-
Samarithanis, zwei Bände in Quart, 1781 und 1790, ist ein Werk, Valencia,
welches eine Vorstellung giebt von dem, was die Buchdruckerkunst
in Spanien hätte werden können, wenn sie genügende Unterstützung
gefunden hätte und nicht zugleich mit der Entwickclung der allge-
meinen Bildung unter unglücklichen inneren Verhältnissen so sehr
gehemmt worden wäre.
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24O
IHK ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Wennauch die Typographie in PORTUGAL', gleichwie in
i'oru.^ai. Spanien, im allgemeinen keine besonders hohe Stufe erklommen
hat, so besitzt das Land doch eine Anstalt, die, vortrefflich geleitet,
/„,/>,, ganz Vorzügliches leistet: die Imprcnza National. Sie ist durch
Marquis Pombai , den bekannten Staatsreformator Portugals unter
der Regierung Josephs I., ins Leben gerufen, mit der Absicht, eine
Anstalt wie die Pariser königliche Druckerei zu schaffen, welche
eine Pflanzstatte der Kunst werden, zugleich auch billige Unter-
richtsbücher drucken sollte.
Das Dekret, welches die Iniptenza Regia anordnete, datiert
vom 24. Dezember 1768. Ein Regierungspalast wurde ihr ein-
geräumt und bereits in den ersten Tagen des Jahres 1 769 konnte
sie zu arbeiten beginnen. Die Leitung ward Miguel Manescal da
Costa ubertragen, einem vorzüglichen Typographen, dessen Buch-
druckerei, sowie die Schriftgiesserei des J0Ä0 de Vili>neuve als
Grundlagen für die Staatsanstalt angekauft waren. Einer damit
verbundenen Gravierschulc stand der geschickte Joaouim Carneiro
da Silva vor. Eine Spiel karten fabrik war die Melkkuh des
Instituts.
Von 1769 — 1801 wurden unter da Costäs Direktion 1230
Hände gedruckt, unter welchen viele bedeutende Erscheinungen.
Nach dessen Tode wurde eine Junta administrativa ernannt, mit
dem gewöhnlichen Erfolg kollegialischer Behandlung technischer
Geschäfte. Im Jahre 1810 schritt man zur Ernennung eines General-
Administrators in der Person Joaouim da Costas, der mit einer
kurzen Unterbrechung die Leitung der Anstalt bis 1833 behielt.
Mit dem Sturze der Regierung Dom Miguels wurde die Staats-
druckerei dem Ministerium des Innern direkt untergeordnet.
Mit der 1838 erfolgten Wahl des Jose Frederico Pereika
l p m;„«c«». Marcecos zum Administrator begann die Glanzzeit der Anstalt.
Marcecos bereiste England, Frankreich und Belgien und brachte
die Erzeugnisse der neuesten Erfindungen mit nach Hause. Nach
seinem frühen Tode, 1844, wurde die Stelle seinem Bruder Firmo
r \ M..r. . Augusto Marcecos anvertraut, welcher fortfuhr, alle Verbesserungen
der Neuzeit einzuführen, daneben Lehrlingsschulen, Hülfskassen
u. dgl. errichtete. Vom Staate erhält die Anstalt keinen Zuschuss,
• J. Ku<;KLM ANN, llutoire de V/m^t im.ru cn Porttt^il. Paris 1867.
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUi'PE.
247
sie hatte im Gegenteil bis zum Jahre 1873 an diesen drei Millionen
Franken abgeliefert und beschäftigte in dem genannten Jahre über
300 Personen. Zwei Deutsche haben viel zur Hebung der Anstalt
beigetragen: Joseph Leipolu, der Direktor der galvanoplastischen
Abteilung, und Ignaz Laukk, Leiter der Schriftgiesserei. Seit 1878
ist der Vorsteher Dr. Venancio Deslandes
Die zur Weltausstellung in Wien 1873 gesandten portu-
giesischen, spanischen und englischen Wörterbücher, die rot und
schwarz gedruckten Missale und Breviarum Romanum, die Caria
constitutional, die Werke Camocns' in sechs Banden, vorzugsweise
eine in zwölf Sprachen gedruckte Episode daraus, Inez de Castro,
waren alle in dem besten Stil und vortrefflich gedruckt.
Auch die Wertpapiere verdienten alles Lob, jedoch ergreift
die Anstalt nicht, wie die St. Petersburger, die Initiative, sondern
benutzt nur geschickt das Vorhandene, namentlich die Erzeugnisse
Derrieys.
Nicht ganz aufdersclbcn Stufe stehen die Gebrüder Lau.emant-,
sie liefern aber sehr beachtenswerte Arbeiten, ebenso die Gebrüder oebr. Laiitui..iit.
Jose de Castro.
Im Jahre 1878 hatte Portugal 118 Zeitungen, darunter 66
politischen Inhalts; die älteste, Revulucao de September % existiert
33 Jahre. Die Journale sind nicht von grosser Bedeutung und nicht
geeignet, grosse Erwartungen von dem Standpunkte der Typo-
graphie dort zu erwecken. Seit 1 8S2 erscheint Iii Gntenberg.
LISSAHON hatte 1881 23 Buchdruckereien, 26 Buchhand-
lungen, 56 Zeitschriften ; Coimbra 10 Buchdruckereien; Opokto
56 Journale.
SÜDAMERIKA. Ein grösserer typographischer Kontrast als
zwischen Nord- und Südamerika ist kaum denkbar. Fort währende Südamerika.
Revolutionen und Kriege, der Einfluss einer unwissenden Geistlich-
keit und die Indolenz der Volker haben ein intellektuelles Leben,
infolge davon auch ein Gedeihen der Buchdruckerkunst nicht
aufkommen lassen.
> Hcricht über die Nation.ddruckcrei in Lissabon. 1S73. Ik'utsch und
Fran/.ösisch. — A. M. AbkANClIKS l»K Kikuo, Calal^o des olmts htift; de J. A. de
Muedo. Lissabon IN49. — Caracteres de la imfrenza Real 01 1 793-
2 Inioo, I.aUemant fr'eres.
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DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Buenos Aires, welches 53 Buchdruckereien, 59 Buchhand-
Uh.ji.-js Airvs. lungen, 24 lithographische Anstalten und 27 Zeitschriften aufweist,
feierte am 9. Juli 1876 die hundertjährige Betreibung der Buch-
druckerkunst. Es wurde beschlossen, Gutenberg und dem Einfiihrer
seiner Kunst Don Juan Jose Vertiz ein Denkmal , in einem Obelisk
bestehend, zu errichten und einen Preis für die beste Bearbeitung der
Geschichte der Buchdruckerkunst in der Argentinischen Republik
auszustellen. 1872 erhielt Buenos Aires eine illustrierte Zeitung:
El Plata iüustrado '.
In Rio DE Janeiro wurde ebenfalls das hundertjährige Jubel-
k.u <k j.inciro. fest am 9. Juli 1 880 abgehalten. Ausser in Rio sind nicht viele
Buchdruckereien in Brasilien inThatigkcit. Manche der Arbeiter, die
im ganzen genommen schlecht bezahlt werden und für Extraarbeit
keine Entschädigung erhalten, sind Sklaven. Schlaffheit herrscht
von oben bis herab auf den Laufburschen. Die Zahl der Zeitungen
war 1878 297. Südamerika hat im ganzen 17 deutsche Zeitungen,
von welchen 11 auf Brasilien, 4 auf die argentinische Republik, je
eine auf Uruguay und Chile kommen.
Lima besitzt 21 Buchdruckereien, 11 Buchhandlungen, 11 litho-
graphische Anstalten und 13 Zeitschriften. St. Jago DI Cmi.E
hat 11 Buchdruckereien, Valparaiso 7.
Auf Cuba befanden sich 52 Offizinen, 50 Buchhandlungen,
10 lithographische Anstalten und 47 Zeitschriften erschienen dort.
MEXICO hat zwischen 50 — 60 Offizinen, davon 23 in der Stadt
Mexico, daneben 1 1 lithographische Anstalten, 16 Buchhandlungen.
PüEBLA weist 8 Buchdruckcrcien auf.
NORDAFRIKA. DER ORIENT.
NORDAFRIKA hatte bereits wahrend des ägyptischen Fcld-
Noriufhka. zugs Bonapartes eine typographische Werkstatte (S. 172) und
durch die Besitzergreifung von ALGERIEN ist diese Provinz eine
Pflanzstätte der Kultur in Afrika geworden. Es besitzt heute schon
29 Buchdruckereien, 18 lithographische Anstalten und 54 Buch-
handlungen, davon sind in der Stadt ALGIER 9 Buchdruckereien,
8 lithographische Anstalten, 10 Buchhandlungen; in CoNSTANTINE
' f. M. Orri ii.mi.z, PtHiojr. de hi prim. imprenta de Iiuen*s Aires. 1*66.
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VIII. KAP.
DIE ZWEIGE DER ROMANISCHEN GRUPPE.
249
rcsp. 3, 2, 5; in Oran rcsp. 3, 3, 10. Von Zeitschriften erscheinen
35 in 12 Städten, davon in Algier 18, unter welchen das offizielle
Journal Mobachcr in arabischer und französischer Sprache. Der
Buchhändler Bastide hat sehr zur Verbreitung der Litteratur bei-
getragen.
In AGYPTKN wurde von Mehemed Ali eine Buchdruckerei
in Boulak errichtet, man hatte aber sehr mit der Abneigung der Ägyi.^n.
Muselmänner gegen gedruckte Bücher zu kämpfen. In den letzten
50 Jahren sind etwa 250 Werke aus den dortigen Pressen hervor-
gegangen. Von Privatpressen entstanden verschiedene, unter
welchen die von Mustapha Wahahi nennenswert ist.
Die Lithographie wurde 1834 eingeführt. Da die verschiedenen
graphischen Anstalten in den Händen von Franzosen sind und
die Arbeiten durch Franzosen ausgeführt werden, so kann die
mitunter sehr hübsche Produktion eigentlich nicht von nationaler
Bedeutung sein.
Von Zeitungen erscheinen etwa 25 in arabischer, französischer,
griechischer, italienischer und englischer Sprache. Sie stehen unter
Zensur und nach erfolgter Warnung kann Unterdrückung statt-
finden.
Im Jahre 1878 hatte der Bei von Tunis ein Druckerei errichtet
und der Kaiser von Marokko beabsichtigte ebenfalls in Fez eine
solche anzulegen. Von zwei wöchentlichen Zeitungen erscheint eine
in Ccuta, eine in Tanger.
Der Buchhandel in Kairo ist ziemlich lebhaft. Die Buchhändler
sind meist Gelehrte und nicht so fanatisch , wie z. B. in Damaskus, Buciih.ui.id.
wo sie nur ungern Bücher an Christen verkaufen. Es ist dies
namentlich mit den Koran -Ausgaben der Fall, welche abgesondert
oder unter besonderem Verschluss aufbewahrt sind. Die Bücher
liegen übereinandergeschichtet. Der Einband ist von Leder oder
gewöhnlicher Pappe, der Titel wird auf den Schnitt oder auf ein
auf den Umschlag geklebtes Blatt geschrieben. Zwischen alten und
neuen Exemplaren wird nicht der strenge Unterschied gemacht,
wie in dem europäischen Buchhandel. Einige Buchhändler debitieren
nur die von ihnen verlegten Bücher, andere sind Sortimentshändlcr
nach unseren Begriffen. Ein fester Ladenpreis existiert nicht und
die Schwankungen sind oft bedeutend.
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250
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
EUROPÄISCHE TÜRKEI. Die nach dem Tode des verdienten
i i.r-p.iM.in: Forderers der Typographie Ibrahim Efkenih (I, s. 2S1) in der
Entwickelung derselben eingetretene Stockung fand erst unter der
Regierung Abdul Hamids eine Unterbrechung. Reschid Effendi,
der Schatzkanzler, und Achmed Wassif Effendi, der Reichshistorio-
graph, erhielten Auftrag, nach dem Verbleib der in Stillstand
geratenen Buchdruckerei Said EfTendis Untersuchungen anstellen
zu lassen. Der grösste Teil derselben wurde auch glücklich auf-
gefunden, restauriert und dann die Pressen in Skutari wieder in
Gang gesetzt. Zu Direktoren dieser neu entstandenen Reichs-
druckerei ernannte der Sultan Mustafa und Adam Encndi, ersterer
Rechtsgclehrter , letzterer Geistlicher. Heide nahmen sich ihres
Amtes mit Eifer an und viele Werke, die sich durch gute Aus-
stattung auszeichneten , gingen aus der Anstalt hervor. Eines der
schönsten Erzeugnisse der orientalischen Druckkunst ist Makkisada
Mustafa EfTendis Kommentar zur Burda, einem Lobgedicht auf
den Propheten, in einem Quartb ind von 621 Seiten. Eine weitere
lange Liste fremdartiger Titel hier folgen zu lassen dürfte keinen
Zweck haben.
Nach einer kurzen Blüte folgte wieder Stillstand unter der
kmk^ .n« u.i.i Regierung Sclims III. und wahrend des Anfangs der Regierung
neu- r Aul-
Mahmuds des Grossen. Nachdem jedoch durch Ausrottung der
Janitscharen Ruhe im Innern hergestellt war und Mahmud sich den
Werken des Friedens widmen konnte, kam die Reihe auch bald an
die Staatsdruckerei. Im Jahre 1831 wurde dieselbe von Skutari
wieder nach Stambul übergeführt und erhielt dort eine grosse
Lokalität. Neue Pressen wurden aus London, neue Typen aus
Venedig eingeführt und Arbeiter namentlich aus Deutschland
herbeigeschafft.
Min rascher Aufschwung machte sich bemerkbar. Die überall
versteckten Schatze der türkischen Litteratur wurden gesammelt,
um in guten und billigen Ausgaben dem Volke zugänglich gemacht
zu werden. Man veröffentlichte die Werke der Reichsgeschichts-
schreiber und liess viele tüchtige Fachwerke, namentlich militärische
und medizinische, aus europäischen Sprachen übersetzen.
Nach einer Glanzperiode von etwa zwanzig Jahren trat unter
Abdul Aziz und unter unglücklichen politischen und finanziellen
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VIII. KAP. DIE ZWEIGE I>EK ROMANISCHEN CKUPPi:. 25 1
Konjunkturen ein Rückgang ein, der erst unter Abdul Mcdschid
aufhörte.
Konstantinopel besitzt vier kaiserliche Druckereien, zwei
unter Leitung des Ministeriums des Innern, von welchen die eine ict/.-.r/nM.m.i.
sich mit der Herstellung von allen offiziellen Aktenstücken, die
andere sich mit Bücherdruck beschäftigt. Die dritte, unter das
Kriegsministcrium ressortierende Druckerei dient nur militärischen
Zwecken; die vierte, mit welcher eine lithographische Anstalt für
die Arbeiten des Gencralstabes verbunden ist, befindet sich in dem
Palast Dolma-Bagdsche und steht unter der unmittelbaren Leitung
des Palastmarschalls. Die Ausführung der öffentlichen Arbeiten
ist eine durchweg gute.
Von Privatdruckereien waren 1880 etwa 25 vorhanden, unter
welchen sich die Offizinen des armenischen und des griechischen
Patriarchen, sowie die des Gross- Rabbi befinden. Von litho-
graphischen Anstalten gab es ebensoviele. Die Zahl der Schnell-
pressen war gegen 70, der Tret- und Handpressen 120, beschäftigt
waren gegen 500 Personen. In den nationalen Sprachen erschienen
etwa 200 Werke.
Das Zeitungswesen entstand erst spät. Im Jahre 1852 erschien
in Smyrna der Spcctateitr de V Orient, 1831 wurde der Monitcur
ottoman [Wckaje) gegründet, der später auch türkisch gedruckt
wurde. Nach den offiziellen Angaben aus dem Jahre 1X78 erschienen
in Konstantinopel 72 Zeitungen und Zeitschriften, unter welchen
30 Tagesblätter. Von den Zeitschriften sind 16 in türkischer, 20 in
französischer, 1 2 in griechischer, 1 3 in armenischer Sprache. Line
Verordnung von 1879 verbot, vor 6 Uhr türkischer Tageseinteilung
(ungefähr unsere Mittagsstunde) die Zeitungen auszugeben, was
für diese, deren Verteilung sonst um 6 Uhr früh stattfand, ein
grosser Schlag war. Eine illustrierte Zeitung Afttsstwcri Tnrkvstan
(Illustrierte Türkei), herausgegeben von der Gesellschaft der Freunde
des Vaterlandes, erscheint wöchentlich.
In Smyrna gehörten die ersten Pressen (seit 1658) den Juden;
dann folgten die Christen und schliesslich die Türken. Line erfolg- A»»t. n.ru..
reiche Thätigkeit entwickelte mit sehr geringen Mitteln das Kloster
M \r-1 I anna auf einem steilen Abhänge des Berges Kesroan gelegen.
Die dortige Druckerei ist 1732 von dem Priester Abdallah Ben
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252
DIE ROMANISCHE GRUPPE.
VIII. KAP.
Zacher gegründet, welcher selbst das nötige I landwerkszeug fertigte,
Typen schnitt und goss, dann abwechselnd als Setzer und Drucker
arbeitete. Noch vor dem Jahre 1794 erschienen dort gegen
40 Werke. In SAFAD, am westlichen Ufer des Sees Tiberias, war
eine hohe Schule fiir arabische und hebräische Gelehrsamkeit,
welche eine Druckerei besass, die jedoch im Jahre 1759 durch
ein Erdbeben zerstört wurde. Berühmt durch ihre vortrefflichen
arabischen Drucke ist die Offizin der amerikanischen Missions-
gesellschaft in Beirut.
Cypcrn. Auf der Insel C\TERN erscheinen jetzt drei englische und zwei
griechische Zeitschriften.
Nach PERSIEN kam die Buchdruckerkunst 1S20 und zwar nach
Pcr«c». TEHERAN und Tamms. Über die weiteren Fortschritte verlautet so
gut wie nichts. Bei seiner Anwesenheit in Wien anlässlich der
Ausstellung 1873 beabsichtigte der Schah Nasser -Eddin die erste
Schnellpresse zu bestellen. Seit 1872 erscheint in Teheran eine
Zeitung fürPersicn, zu welcher der Schall selbst Beiträge liefert,
zumeist Schilderungen seiner Jagdabenteuer.
Eine grosse Schwierigkeit für die Verbreitung der Typographie
in Persien bildet das hohe Ansehen, in welchem die Schönschreibe-
kunst steht, und der hohe Grad von Vollkommenheit, welchen sie
erreicht hat. Wird einmal zur mechanischen Vervielfältigung
gegriffen, so ist die Lithographie viel leichter als die Typographie
imstande, die wunderbaren, mit Gold und Farben geschmückten
Schriftzüge wiederzugeben. Auf eine schnelle Verbreitung von
Gutenbergs Kunst in Persien ist deshalb nicht zu rechnen.
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DRITTES BUCH.
DIE G Ii R MANISCHE GRUPPE.
EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.
U der GkkmanISCIIEN Gruitk, mit welcher dieser
geschichtliche Überblick schliesst, gehören in erster
Reihe die zu einer bibliopolisch - typographischen
Einheit verbundenen zwei Kaiserstaaten DEUTSCH-
LAND und ÖSTERREICH -UNGARN, sowie die
SCHWEIZ; in zweiter Linie die stammverwandten
skandinavischen Reiche: DÄNEMARK, SCHWEDEN und NOR-
WEGEN. An obige schlicssen sich in dritter Reihe die, wennauch
der Gruppe national fremd, zumteil sogar feindlich gegenüber
stehenden SLAWISCHEN und MAGYARISCHEN LÄNDER, welche
nicht nur ihr typographisches Material, sondern auch die arbeitenden
Kräfte hauptsächlich Deutschland entnehmen oder wenigstens bis
vor kurzem entnahmen.
Eine Eigentümlichkeit dieser Gruppe, soweit ihre Angehörigen
germanischen Ursprungs sind, ist die Verwendung der von den zwei
anderen Gruppen fast ganz ausgeschlossenen Frakturschrift. Trotz-
dem ist diese, wie bekannt, nicht die alleinheirschende geblieben.
Von der Fraktur „will", von der Antiqua „kann" man nicht
lassen. So hat sich ein geschäftlicher Usus eingebürgert, dem-
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EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.
zufolge den beiden Schriften in dem eigentlichen Büchcrdruck fast
ahnliche Stellungen zugewiesen werden, wie sie im Altertum die
hieratischen und demotischen Schriften Ägyptens innehatten, sodass
die Antiqua mehr die Schrift der Eingeweihten blieb, während die
Fraktur mehr die Volksschrift wurde. Zu den Werken der strengeren
Wissenschaften und zu Prachtausgaben verwendet man vorzugs-
weise die aristokratischere Antiqua, zu den Erscheinungen der
schönwisscnschaftlichen und populären Litteratur, zu Unterrichts-
und Andachtsbüchern dient hauptsächlich die populärere Fraktur1.
Die Accidenzien fallen in ganz überwiegender Weise der
o o
Antiqua zu , dagegen die Zeitungen fast ausnahmslos der Fraktur.
Und so wird es wahrscheinlich noch lange Zeit bleiben*.
Diese Doppelheit in der Schrift trägt allerdings eine grössere
Vielseitigkeit zur Schau, hat jedoch für die deutschen Buch-
druckereien den Nachteil gehabt, dass diese gleichmässig reich mit
Antiqua- und Frakturschriften ausgestattet sein müssen. Somit
schliesst jede Offizin eigentlich zwei Druckereien in sich: eine für
Arbeiten in Fraktur, eine zweite für die in Antiqua, so dass
bei einem gleichen Quantum von Schrift eine französische oder
englische Offizin, weil nur nach einer Richtung hin ausgestattet,
quantitativ fast eine doppelt so grosse Leistungsfähigkeit als eine
deutsche besitzt.
« Zwei wertvolle neuere Einlagen in der Streitfrage „Antiqua oder Fraktur"
sind: 1'. Soi.NNk.CKi n, Das deutsche Schriftwescn und die Notwendigkeit setner
Reform, Nonn tSSi, und Dr. Johann Kki.i.k, Die deutsche »nd die lateinische
Schrift, Separatabdrtick aus der Kundschau 1SS2.
* Um zu einiger Klarheit über das Verhältnis der Antiqua /.u der Fraktur
in der deutschen Typographie zu kommen, hat der Verfasser dieses Üuches
eine Zählung der littelarischen Kr/cugiiisse des Jahres 1S81 nach dein I Iinrich^-
schen Katalog unternommen. Von 14 320 Nummern sind 8894 mit Fraktur,
5426 mit Antiqua gedruckt (gleich 62 zu 38 l'roz.). In zwei grosse Gruppen
nach den obigen Andeutungen der praktischen Verwendung geteilt, giebt die
„wissenschaftliche Gruppe" 7142 Werk«, davon 2896 mit Fraktur, 4246 mit
Antiqua (gleich 40 zu 60 Proz.); die zweite Gruppe, die „populäre l.iltcraturL,
weist 717S Werke auf, davon 5908 mit Fraktur, 1 1S0 mit Antiqua (gleich S3 i/j
zu Proz.). Zeitungen >ind hierbei nicht mitgezählt, wohl aber Wochen-
und Monatsschriften. Wie fibcmicgcnd die Antiqua in dem Acciden/faclic
verwendet wird, zci^l z. 15. eine genaue Aufstellung der C G. Naumannschen
Aecidenzdruckerei in Leipzig, nach welcher von 9447 Aufträgen in dem Jahre
187S nur i6t in Fraktni schrift bestellt waren.
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EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.
257
Was den deutschen Arbeiter betrifft, so vereinigt er in sich
vielleicht mehr als der irgend eines anderen Landes die mancherlei
Eigenschaften , die dem Typographen eigen sein müssen. Er ist
selbständiger im Arbeiten und leistet aus eigenem Antrieb in der
Regel mehr, als ein anderer, weshalb man auch fast nie „schlechte"
Arbeiten aus Deutschland sieht. Seine Fähigkeiten sind vielseitiger;
er bringt es aber selten zur Virtuosität in einem einzelnen Fach
und es ist schwer, ihn zur Überschreitung der Grenzen des ihm
„Gut genug" scheinenden zu bringen. Das mag wohl auch darin
liegen, dass es in vielen Fällen nicht anders mit den Prinzipalen,
den Verlegern, den zeichnenden Künstlern und den sonst Beteiligten
steht. So selten das wirklich Schlechte ist, dem man in der
französischen Typographie täglich begegnet, so selten trifft man
auf vollendete, stilvoll durchgeführte Leistungen in Deutschland.
Viel Schuld dabei trägt die Verwendung der Antiqua und der
Fraktur nicht nur „neben", sondern geradezu „unter" einander.
Die richtige Behandlung der beiden Schriftarten beruht jedoch auf
abweichenden Grundsätzen; es kommt deshalb trotz sonstiger Vor-
züge der Arbeiter selten zu einem fest ausgebildeten Geschmacke.
Was in Bezug auf Deutschland gesagt wurde, gilt auch von
Österreich, welches namentlich im Accidenzfachc hinter Deutsch-
land nicht zurücksteht, in dem xylographischen Farbendruck es
sogar übertroffen hat. Auch UNGARN nimmt an den Bestrebungen
teil. Die Schweiz und die Skandinavischen Länder, die, was
Material, Schriften u. dgl. betrifft, hauptsächlich von Deutschland
abhängig waren, schlössen sich ganz der deutschen Schule an und
liefern jetzt, wennauch nicht gerade viel Hervorragendes, so doch
sehr viel Beachtenswertes. Die SLAWISCHEN LÄNDER machten
wesentliche Fortschritte und leisten zumteil Gutes, jedoch stehen
im allgemeinen die Erzeugnisse dieser Länder etwas zurück und es
wird wohl aus leicht begreiflichen Gründen auch noch einige Zeit
darüber vergehen, ehe sie eine, derjenigen der grossen Kulturländer
ebenbürtige Stellung einnehmen werden.
Die Pressvcrhältnisse, die Technik und die Industrie in Deutsch-
land waren zur Zeit des allgemeinen Aufblühens der Typographie
zu Beginn des XIX. Jahrhunderts nicht derart, dass die Notwendig-
keit des Maschinenbetriebes so wie in England und Amerika sich
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258 EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.
von selbst aufgedrängt hätte. Es kann deshalb Deutschland nicht
so sehr zur Last fallen, dass es die erste Ausbeutung der, die Typo-
graphie umgestaltenden deutschen Erfindung der Schnellpresse,
sowie die ersten Verbesserungen und die spätere Vervollkommnung
derselben dem Auslande überliess, so dass die Erfindung sozusagen
erst wieder aus dem Auslande importiert werden musste. Sobald
die Verhältnisse sich jedoch einigermassen besser gestalteten , hat
es gezeigt, dass es in der Technik und Mechanik nicht allein nicht
zurückgeblieben, sondern auf dem besten Wege ist, sich den Welt-
markt zu erobern.
Wie in der Typographie macht sich auch in der XYLOGRAPHIE
eine doppelte Strömung geltend. Der echte deutsche Holzschnitt
der Gegenwart lehnt sich an die Arbeiten der Meister aus der
Renaissancezeit an und seine Technik ist geradezu ein Gegenstück
zu dem englischen. Der „tüchtige" deutsche Xylograph unterordnet
sich vollständig dem Zeichner und entsagt dem Ruhm, auf Kosten
des Urhebers der Zeichnung ein schaffender Künstler zu sein. Er
ist bestrebt, jeden Strich genau so wiederzugeben, wie er in der
Zeichnung dasteht. Er lässt nichts weg, setzt nichts hinzu. Der
deutsche Holzschnitt steht deshalb öfters gegen den englischen in
der glänzenden Technik zurück, aber er hat den Vorzug, die
Zeichnung in ihrem eigentümlichen Charakter wiederzugeben und
er verdient deshalb die lebhafteste Unterstützung der Künstler.
Während die Geschichte der Buchdruckerkunst in Frankreich
und England ziemlich mit der Schilderung der typographischen
Wirksamkeit der beiden Metropolen Paris und London zusammen-
fiel, lagen die Verhältnisse in Deutschland etwas anders.
Zwar besitzt das deutsche bibliopolisch- typographische Reich
in LEIPZIG einen Mittelpunkt des Verkehrs, der in mehrfacher
Hinsicht einzig in seiner Art dasteht; zwar haben sich in Leipzig,
einer Provinzialstadt mittleren Umfanges, durch die eigene Kraft
und Thätigkcit bei kluger Benutzung günstiger Umstände nicht
allein der ganze Kommissionsbuchhandel, sondern auch eine
grossartige Verlags- und typographische Wirksamkeit entwickelt,
und die Stadt gilt noch heute mit Recht als das Zentrum der
bibliopolisch-graphischen Thätigkcit Deutschland-Österreichs. Es
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EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.
259
war jedoch in den Verhältnissen begründet, dass Berlin mit der
zunehmenden Wichtigkeit der Machtstellung Prcusscns mehr und
mehr ein Sammelpunkt wissenschaftlicher, künstlerischer und
journalistischer Kräfte werden und damit für den Buchhandel
und die Typographie eine hohe, sich namentlich über den Norden
erstreckende Bedeutung gewinnen musste. Dass dies in einem
noch weit höheren Masse von der jetzigen Reichshaupt- und
Millionenstadt gilt, bedarf kaum der Erwähnung.
Andererseits entwickelte sich in dem Süden ein in mancher
Beziehung schon aus religiösen Gründen von dem nordisch-
protestantischen abweichendes Geistesleben , das in seiner Sonder-
richtung zumteil von divergierenden politischen Neigungen genährt
wurde. München, das durch seine Stellung in Kunst und Wissen-
schaft und durch seine Bedeutung als Hauptstadt des zweitgrössten
Staates Deutschlands zur Führung des Südens berechtigt war,
wusste nicht diese Berechtigung geltend zu machen. Wie im
Zentrum, so gelang es auch im Süden einer Mittelstadt durch
günstige Verhältnisse, Rührigkeit und Intelligenz den ersten Platz
einzunehmen und es wurde STUTTGART möglich, wennauch nicht
Leipzigs Bedeutung für das Ganze, so doch eine bevorzugte Stellung
für den süddeutschen Buchhandel zu erreichen und letzterem eine
gewisse Selbständigkeit in dem deutschen bibliopolisch -typogra-
phischen Reich zu erwerben.
Eine ausschliessliche Konzentration fand mit alledem nicht in
den drei erwähnten Emporien statt. In Nürnberg, Augsburg und
Frankfurt a. M. lebten die alten Traditionen noch lange fort; die
freien Ifansastädte waren nicht Provinzialstädte im englisch-
französischen Sinne geworden, und in mancher der kleinen
Residenzen spross öfters ein unabhängiges reiches Kulturleben
hervor. Während in Frankreich z. B. ein in Nantes oder Bordeaux,
in England ein in Liverpool oder Manchester erschienenes Verlags-
werk, welches sich Geltung zu verschaffen wusste, ein Phänomen
blieb, war es, um in Deutschland mit einem Werke durchzudringen,
nicht notwendig, dies in Leipzig, Berlin oder Stuttgart erscheinen
zu lassen, wenn dies auch seine geschäftlichen Vorteile hatte. Ein
Verleger in Braunschweig, Gotha, Altcnburg oder in jeder anderen
kleinen Druckstadt konnte, wenn er der rechte Mann und seine
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26o
EINFÜHRUNG IN DAS DRITTE BUCH.
Artikel gute waren, diese zur Geltung bringen. Infolge davon
verbreiteten sich auch die typographischen Anstalten gleichmassiger
über das ganze Reich.
Dies war der Segen der eigentümlichen Organisation des
deutschen Buchhandels, der in der Zeit der nationalen Drangsale
Deutschlands fast das einzige Band war, welches das politisch
zersplitterte Reich zusammenhielt.
Solange der politische Druck auf Österreich und seiner Haupt-
stadt lastete, war es mit dem Press- und Buchgewerbe dort nur
kümmerlich bestellt. Es konnte jedoch nicht fehlen, dass mit dem
Fallen der Fesseln dies anders werden musste. Es war nicht denkbar,
dass Wien, damals im Range die dritte der Weltstädte, sich einer
Provinzialstadt Mitteldeutschlands bibliopolisch und typographisch
unterordnen sollte. In rapider Weise entwickelte sich dort der
Verlag und die Buchdruckerkunst und um die Kaiserstadt herum
gruppierten sich nun wieder die Provinzialstädte des Reiches, die
früher vollständig isoliert gestanden hatten.
So sehen wir nunmehr das deutsche Pressgewerbe, unter
Beibehaltung seines eigentümlichen Wesens, namentlich in vier
Emporicn repräsentiert: Lf.IPZIC. im Zentrum, BERLIN im Norden,
Stuttgart im Süden, Wien im Osten, während die übrigen Teile
und Städte Deutschland - Österreichs sowohl als der von diesem
geschäftlich abhängigen Umländer, je nach Lage, Sympathien oder
nach der politischen oder geschäftlichen Attraktionskraft der Mittel-
punkte, sich um diese gruppieren.
Von einer scharfen Abgrenzung kann dabei selbstverständlich
nicht die Rede sein. Da es jedoch die Übersicht sehr erleichtert,
den massenhaften Stoff nach den natürlichen Kreisen zu scheiden,
so ist diese Vierteilung für die folgenden Kapitel beibehalten, jedoch
unter Voranstellung einer Gesamt -Übersicht der Schriftgießerei,
der Xylographie, der Maschinenfabrikation und sonstiger für die
Gesamtheit gleichen Verhältnisse.
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IX. KAPITEL.
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
ÜBER DAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE.
<!edriickter Zustand des Pressgewerbes. Nachdruck und Presspolizei. Die
kaiserl. Bucherkoinmission. Die Presse in den ein/einen Bundesstaaten. Die
nationale I.ittcratur. Reform des Buchhandels. Der Börsenverein. Die
Bücherproduktion. Der Buchdrucker- Verband und der Prinzipal -Verein.
Statistisches. Die Papierfabrikation. Die Buchbinderkunst, der Massen-
einband und die Handarbeit.
ER gedrückte Zustand, in welchem wir das deutsche
Pressgewerbe zum Schluss der früheren Periode ver- Gedruckter Zu-
,. /T ^»n, ... . | . ... . sland de* Prcsi-
ltcssen (1, S. ioö), sollte sich noch weit über den gewerbe*.
Schluss des achtzehnten Jahrhunderts ausdehnen.
Der siebenjährige Krieg , die Revolutionskriege , die
Zwingherrschaft Napoleons, die verkümmerten national - ökono-
mischen Verhältnisse lasteten schwer auf dem ganzen Volk und
auf allen gewerblichen Verhältnissen, begreiflicherweise nicht in
letzter Reihe auf Buchhandel und Bücherdruck. Diese hatten,
ausser mit den allgemeinen, noch mit ihren besonderen Plagen,
Nachdruck und Presspolizei , zu kämpfen. Ersterer erhob in Der Nachdruck,
schamlosester Weise sein Haupt und brachte den Verlagshandel
um die Früchte seiner Opfer und seiner Thatigkeit. Unter solchen
Verhältnissen konnten keine angemessenen Honorare gewährt
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2Ö2
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
IX. KAP.
werden und die schlecht bezahlten Autoren versuchten zumteil ihr
Heil in dem Selbstverlage ihrer Werke auf Subskription oder durch
Vereinigungen zu den sogenannten „gelehrten Buchhandlungen",
die gewöhnlich ein trübes Ende nahmen und den Verlagsbuchhandel
noch mehr diskreditierten.
Doch nicht allein die Nachdrucker, sondern auch die Polizei-
L»ic poii/ci willkür betrachtete ein Presserzeugnis als ein herrenloses Gut und
u illkur
die Erzeuger als ausserhalb des Schutzes der Gesetze stehend. Es
ist nicht gerade notwendig, den extremsten Kall , die Erschiessung
Palms in Braunau am 26. August 1806 durch Napoleon, herauf-
zubeschwören, das Dasein der der Presse Dienenden war ein
Zustand von Hangen und Bangen, der, wennauch nicht das Leben,
so doch oft Opfer an Gut und Freiheit kostete.
Mit der Verlegung des Schwerpunktes der Pressgewerbe nach
l>ic Ljukcrlif.be Leipzig war rechtlich keine Änderung in den presspolizeilichen
Mon m>d die Verhältnissen eingetreten. Ein kaiserliches Edikt vom 10. Februar
1746 beschäftigte sich sehr eingehend mit der Bücherzensur im
heiligen römischen Reich und spricht „seine sonderbare Befremdimg"
über die bisherige Nichtachtung der Kcichsgesetze aus. Über alle
Einzelheiten im Buchhandel und Buchdruck, selbst über Papier und
Schriften wurden Bestimmungen getroffen. Dieser Standpunkt
wiederholt sich in den Wahlkapitulationen bis 1792. Wie die
Keichsregierung jedoch selbst klagt, es blieb meist bei den leeren
Worten und die kaiserliche Bücherkommission war faktisch seit
Verlegung der Messe nach Leipzig so gut wie von der Bühne
verschwunden. Sie wusste, dass sie keinen Gehorsam finden würde
und hielt sich deshalb möglichst hinter den Kulissen. Somit war
die Presse fast lediglich von der Gesetzgebung der einzelnen Staaten
und deren Politik abhängig; von einer Einheitlichkeit der Press-
gesetzgebung, der Zensur und der Presspolizei war keine Rede'.
Preussen genoss schon vor Friedrich dem Grossen eine gewisse
Freiheit und letzterer gewährte den Zeitungen einen noch grösseren
Spielraum und bediente sich sogar derselben, um seine Massregeln
« I.i'i". IIohmann, (beschichte »ler lUichcrzensur. Merlin 1879. — I)k-
Prcu>sischc Prcssgcsctzgchiing unter Kricilr. Wilhelm III. Leipzig 1S81. — Kk. Kait,
Aktenstücke zur (Jcsch. der Prctiss. Zensur etc. (Archiv il. P...15.-V. iv). Leipzig
1S79. — k.L.Ptu i/,Zur (beschichte <1. l're.^c in Preussen (Deutsch. Mus. 1857, 1 1).
PrvusM.-».
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IX. KAP. ÜBERBLICK ÜBfcR ÜAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE. 263
vorzubereiten oder zu verteidigen. „Die Gazetten, wenn sie inter-
essant sein sollen, müssen nicht geniert werden." Doch darf man
dieses Wort nicht zu genau nach dem Buchstaben nehmen. Über
Angriffe auf seine Person dachte der König allerdings sehr liberal,
dagegen konnte er bei Einmischung in seine Verwaltung unduldsam
werden. Die Zensur der Schriften, welche das Öffentliche Recht
behandelten, übertrug er dem Kabinettsministerium. Im Jahre 1747
wurde die Berliner Akademie mit der Zensur aller Schriften betraut.
1749 erschien ein etwas verschärftes Zensuredikt, welches bis zum
Tode Friedrichs in Kraft blieb, jedoch mild gehandhabt wurde, wie
der König überhaupt die Presse mit mehr Achtung behandelte, als
man damals gewohnt war.
Nach dem Tode Friedrichs nahm die Lage in Preusscn eine
andere Gestalt an. In dem Jahre 1788 erschienen das berüchtigte
Religionsedikt und das diesem geistesverwandte Zensuredikt vom
19. Dezember desselben Jahres. Natürlich „wollte man den Unter-
thanen alle erlaubte Freiheit gern akkordieren" — aber „zugleich
Ordnung im Lande haben".
Die französische Revolution und Napoleons eiserner Druck
auf Deutschland hemmten den Fortschritt gewaltig, wennauch sein
Dekret vom 5. Februar 18 10, durch welches die Angelegenheiten
der Presse, des Buchhandels und der Buchdruckerei geordnet
werden sollten, auf Grund der Schwerfälligkeit des gesamten
Apparates in seinen Folgen nicht so schlimm wurde, als man hätte
befürchten müssen'.
In den nichtprcussischcn Teilen des deutschen Reiches sah es
bald besser, bald schlimmer aus, je nach dem Vorgehen der Einzel-
regierungen, denn die Reichsgesetze hatte man entweder im stillen
beseitigt oder sie waren gar, wie in Holstein, wo die danische
Pressfreiheit eingeführt war, offiziell abgeschafft. Auch in Mecklen-
burg, Braunschweig, Weimar, Hessen -Darmstadt, Nassau bestand
faktisch Pressfreiheit, ohne dass sie rechtlich garantiert war. In
Hannover waren wenigstens die Werke der Professoren der Univer-
sität Göttingen zensurfrei. In Baden, Dessau und den freien Reichs-
städten, namentlich in Hamburg, fand die Tagespresse in der Regel
1 K.ISikdkrmann, Deutschland iin xvm. Jahrhundert. I. Bd. 2.Aufl. Leipzig
1880. — I riedr. Perthes' Leben. 0. Aull. (Jotha 1872.
264
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
IX. KAP
u..ycrn. eine sichere Zufluchtsstätte. Am traurigsten sah es in Bayern aus.
Nach einem kurzen Lichtblick unter der Regierung des Kurfürsten
Maximilian III. Joseph war ein ganz massloser Druck eingetreten,
Württemberg, und auch in Württemberg wurde grosse Härte und Willkür geübt.
Es kam dort zu Vorgängen — wie gegen den Dichter Schubart — ,
die sich denen der Säbelherrschaft Napoleons nicht unwürdig
anreihen.
In den geistlichen Staaten unterlagen die Presserzeugnisse
Die geistlichen neben der weltlichen Zensur auch noch der des römischen Stuhles
Staaten.
und es kamen öfters Fälle vor, dass Schriften auf Befehl Roms nach-
träglich konfisziert wurden , nachdem sie bereits die Landeszensur
passiert hatten.
Sachsen, obwohl der Hauptsitz des Buchhandels, war nicht,
s,ch&cn. wie man es wohl hätte erwarten können, geneigt, zu freisinnigen
Prcssinstitutioncn die Initiative zu ergreifen, um damit Leipzig auch
zum Zentrum der wissenschaftlichen Bewegung und der Tagespresse
zu machen, wie es der Mittelpunkt des bibliopolischen Verkehrs
geworden war. Es fehlte sowohl bei der Regierung wie bei dem
Volke der eigentliche Schwung. Schon die Religionsverschicdenheit
der Herrscher und des Volkes legte der freien Behandlung religiöser
Fragen Hindernisse in den Weg. War man jedoch auch nicht frei-
sinnig in der Gesetzgebung, so war man doch in der Praxis mild und
suchte den Buchhandel auf Grund von Leipzigs Stellung zu dem-
selben möglichst zu schonen*. Die Bücherkommission, zu welcher
die Regierung Mitglieder der Universität, des Rats und später des
Buchhandels ernannte, verfuhr mit grösster Schonung, nur über
einen, den strengen Zensor Bei, war man sehr missgestimmt; ja es
kam so weit, dass man von dem Wegbleiben der Auswärtigen von
der Messe sprach.
Mit dem Beginn der vorliegenden Periode beginnt auch das
nie 11.iuon.tic Aufblühen der nationalen Litteratur, die zu Ende des XV III. und zu
Beginn des XIX. Jahrhunderts ihre schönsten Blüten trieb. Zu der
Zeitungslitteratur, welche sich mit Besprechung oder Kritik der
Zeits. rhriften. öffentlichen Zustände beschäftigte, gab erst A. L. v. Schlözer in
Göttingen, dem K. F. v. Moser nacheiferte, den Anstoss. Schlözers
» C. 15. I.ORCK, (»cscliichtc des Vereins der Buchhändler ru Leipzig.
Leipzig 1883.
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IX. KAP. ÜBERBLICK ÜBER DAS DEUTSCHE PRRSSGEWERBE.
265
Staatsanzeigen 1782— 1793 hatten zurzeit 4000 Abnehmer und waren
selbst in den höchsten Kreisen beachtet. Von da ab wurden alle
Verhältnisse in den Wochen- und namentlich in den Monatsschriften DcrBuchhuuki.
erörtert und um 1785 gab es 400 — 500 Zeitschriften. Die politische
Tagesschriftstellerei war damals noch nicht ein förmliches Gewerbe,
die Unternehmer waren meist Professoren und Gelehrte, die Bücher-
käufer bestanden hauptsächlich nur aus Gelehrten, Bibliotheken und
Beamten, deren begrenzte Mittel sie jedoch gewöhnlich zwangen,
sich auf das Nötigste zu beschränken. Das übrige Publikum begnügte
sich nicht selten mit fader Untcrhaltungslitteratur. Ein direktes
Eingreifen des Buchhandels, um neue litterarische Erscheinungen
hervorzurufen, war nur selten bemerkbar, der buchhändlerischc
Unternehmungsgeist war noch nicht erwacht.
Erst mit Erikdr. Arnold Brockhaus beginnt das eigentliche
tendenziöse Eingreifen der Verleger, welche die Verbreitung wirk-
licher allgemeiner und politischer Bildung ins Auge fassten. Aber
welche Quelle der Sorgen und Plagen sollten ihm und seinen
Gesinnungsgenossen aus solchem Beginnen erwachsen1!
Eine Reform des buchhändlei ischen Geschäftsbetriebes war
schon in der letzten I Iälfte des xvm. Jahrhunderts versucht worden, r«*..™ «j™
UiKjlih.niikU.
namentlich richteten sich die Bestrebungen auf die Unterdrückung
des Nachdrucks und auf Gleichmässigkeit und Ordnung in den
Rechnungsverhältnissen. Ph. E. Reich in Leipzig gelang es 1765,
den ersten Buchhändler -Verein zustande zu bringen, doch war die
Wirksamkeit desselben keine grosse und er verschwand bald ganz.
1792 versuchte P. G. Kummer in Leipzig wieder einen solchen zu
begründen, jedoch erst der durch C. C. Hurvati 1 aus Potsdam
hervorgerufene Börsenverein 2 war von Dauer und aus ihm entstand
1824 erst der wirkliche, jetzt noch bestehende Börsenverein der
Deutschen Buchhändler, dem es namentlich durch die unermüdlichen
Anstrengungen des 1833 am 25. Februar gegründeten Leipziger
Buchhändler -Vereins und durch die liberale Unterstützung der
" II. Ii. HkOi'KHAt's, Kricdricli Arnold lirockhaus. Sein Leben und Wirken.
3 Ilde. Ixnp/.ii; 1872.
- Kr. 1' ROM Mann , (Jeschichte des Mörsenvereins. — Der Horscnbau
(Kap. 11 in Ix>RCKS (leseh. d. Vereins d. Muchh. zu Lcip/.iy). — Statut des Mörsen-
Vereins vom 25. April 1880.
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266
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
IX KAP.
Sächsischen Regierung gelang, am l. Mai 1836 sich in dem eigenen
stattlichen Börsengebäude versammeln zu können.
Seit der Zeit ist der Verein ruhig fortgeschritten und zählte
ii(.r«nv«;rcin. i882 1480 Mitglieder. Sein Maus besitzt er seit 1869 vollständig
schuldenfrei; ausserdem eine höchst wertvolle, in ihrer Art einzig
dastehende Fachbibliothek und reiche Sammlungen für die Geschichte
der graphischen Künste einen Verlag fachgeschichtlicher Schriften,
ein wohlgeordnetes Finanzwesen und ein Vermögen von nahe an
400000 Mark.
Ein wesentlicher Einfluss auf die Gesetzgebung über das
litterarische Eigentumsrecht und auf die Ordnung der Verhältnisse
der Presse ist dem Verein durch das Vertrauen der Regierungen
zugefallen. Einige in letzter Zeit in seinem Schosse entstandene
Differenzen, die aus den Versuchen entsprangen, dem Verein
Machtbefugnisse beizulegen , die ihn berechtigt haben würden , in
geschäftliche Verhältnisse des Einzelnen einzugreifen, waren nicht
derart, um für den so fest begründeten nützlichen Verein Gefahren
zu bereiten.
Das Vereinsorgan ist das 1S34 gegründete, seit 1867 täglich
erscheinende „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel"''; dieses
im Verein mit dem „Naumburgschcn Wahlzettel14, „Schulz' Adress-
buch für den deutschen Buchhandel" und dem „Hinrichsschen
Bücherverzeichnisse" sind geschäftliche Hülfsmittel von grossem
Werte, wie sie in dieser Ausdehnung keine andere buchhändlerische
Organisation besitzt '.
Fast gleichzeitig mit der Gründung des Börsenvereins und des
Auf^iiwunj .«er Leipziger Buchhändler -Vereins war die grosse politische Bewegung
infolge der Julirevolution in Baris 1830 und die bedeutenden
technischen Verbesserungen der Typographie eingetreten. Die
Produktion kam nun rasch in Fluss und trat in mancher Beziehung
in andere Bahnen ein. War der Buchhändler früher weniger ein
« Katalog der Uibl. des Börsen-Vereins. I*cip/.ig 1S69. Nachtrag 1870.
- hin Jahrgang des Börsenblattes bildet jetzt vier Quartbände, zusammen
in einem Umfange von gegen 6000 Seiten. Suit 1856 wurde es von Jul. Krauss
redigiert.
» l„ 1!kk<:i:r, Die Anfänge der period. Littcratur des Buchhandel» (Puhl, d.
B.-B.A . 11). Leipzig 1S75.
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IX. KAP. ÜBtKlXICK OltEK DAS DEUTSCHK PKES5GEWERBE. 267
Spekulant gewesen, so wurde er jetzt vielfach ein Bücherfabrikant
und unterlag als solcher mehr als sonst den Schwankungen der
Zeitverhältnisse '.
Die ZEITSCHRIFTEN, selbst die belletristischen, schlugen unter
Fuhrung des jungen Deutschlands mehr oder weniger eine tendenziös- i>ic iiiu>tn«ricu
politische Richtung ein. Daneben wucherte die Broschürenlittcratur
in üppigster Fülle.
Geradezu umwälzend wirkte 1832 das Krschcincn des Pcnny
mngaaiiie (s. 94) auf die deutsche Joumallitteratur. Ks entstanden
die verschiedensten Nachahmungen und selbst die Verleger der
nichtillustrierten Blätter waren wenigstens bemüht, diese durch
Bilderprämien, zuerst Stahlstiche und schwarze Lithographien,
später Chromolithographien, unter Zuhülfenahme der Colportage
„bis in die Hütten" zu verbreiten. Den Pfennigblättern folgte 1843
die „Illustrierte Zeitung". Auch der Humor machte unter Vortritt
der „Fliegenden Blätter" (1845) seine Rechte in einer Reihe von
periodischen Schriften geltend , in welchen hauptsächlich die litho-
graphische Federzeichnung, bei welcher der Künstler ohne die
Dazwischenkunft eines Anderen seiner Laune die Zügel schiessen
lassen konnte, Verwendung fand.
Im Gefolge der illustrierten Blätter und unterstützt durch die
grossen Fortschritte der Holzschneidekunst stellten sich die zahl- n.c Kalender
reichen Volkse AI. EN DER ein, von denen der von Fr. W. Gubitz
(1S33; herausgegebene der reichste an Inhalt sowie an Illustrationen,
zugleich der am weitesten verbreitete war. Leider wurde dieser
volkstümlichsten und bei ehrlichem Streben sehr beachtenswerten
Gattung von Presserzeugnissen nicht allein durch die Höhe der
daraufgelegten Stempelsteuer, sondern noch mehr durch die mit
der Erhebung derselben in der Zeit der Vielstaaterei und der
« <_». A.Si HCl ./..Her Uuchhandel (Schiede* IL-mdclslexikon). — A. SciiOkm \nn,
Der Uuchhandel (Picrcrs l nivcrsallcxikun). K. Ui'oimr, Schriftsteller um!
Verleger vor 100 Jahren. — • Dr. A. Klkc'liilOI I- , I.illei.ilur und Uuchhandel am
Sellins* des XVIII. Jahrh. — J. II. Mi vi.k, Die genossenschaftlichen buch-
handlun^cn des X\ III. Jahrh. (Archiv d. D. IJ.-II.-V. n). Leipzig 1S79. — A. Pkin/.,
Der Uuchhandel von 1815 bis /um Jahre 1S63. 7 Teile. Altona 1855 — 186}.
E. Hkrgkr, Aus dem Uuchhandel vor 50 Jahren (Puhl. d. U.-U.-V. n). l*-i|i/.ig 1S75. —
Derselbe, Der deutsche Uuchhandel in d. J. 1S15— 1867 (Arch. d. U. -U.-V. Ii).
Leipzig 1879. — K. UlXIlNEK, beitrage zur Gesch. d. buchhandcls.
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268
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
IX. KAP.
ausgebildetsten Zollplackerei verbundenen Schwierigkeiten sehr
gehemmt und den Verlegern eine Quelle des fortwährenden Ver-
drusses und Nachteils eröffnet.
Die Illustration bemächtigte sich jedoch nicht nur der Journal-
Dic illustrierten
litteratur, sondern es entstanden auch illustrierte Lieferungswerke
in grosser Zahl, welche bei der Erscheinungsweise in Heften zu
5 oder höchstens 10 Groschen leicht Eingang fanden, bis Miss-
brauch der Geduld und der Kasse des Publikums sie in Misskredit
brachte.
Den Reigen begannen Werke mit lithographischen, zumteil
kolorierten Bildern, dann folgten solche mit Stahlstichen, Holz-
schnitten und Chromolithographien. Leipzig und Stuttgart gaben
den Ton an. Österreich blieb in der Produktion zurück, bildete
aber das vorzüglichste Absatzgebiet. Für Holzschnittwerke wurden
zuerst namentlich französische Clichcs benutzt; bald aber konnte
Deutschland Originale genug liefern und gab bereits im Jahre der
Jubelfeier von Gutenbergs Kunst vollgültige Beweise seines selb-
ständigen Schaffens. Die Stahlstichwerke wurden hauptsächlich
mit englischen Produkten illustriert; dann wagte man sich daran,
unter Beihülfe englischer Künstler, von denen viele sich in Deutsch-
land etablierten, die Stiche selbst zu liefern.
An die Stelle der Taschenbücher in bescheidenem Format
traten nach englischen Mustern die GROSSEN ALBUMS und JAHR-
BÜCHER, die sich jedoch eben so wenig in Deutschland wie in
England hielten und den illustrierten Dichterwerken Platz machten.
Ebenfalls eine andere von England nach Deutschland ver-
i>,c Ki.u.üUr- pflanzte, jedoch sehr schnell verschwindende Mode war die der
Ausg.uVu. KLASSIKER -Ausuahen m ejnem Bande grossen Formats mit
gespaltenen Kolumnen. Dahingegen fanden die sogenannten
Schiller-Ausgaben (von 1845 a°) 'n einem kleinen breiten Sedez
eine grosse Verbreitung und andauernden Beifall. Jeder Verleger
spürte in seinem Verlagskataloge eifrigst nach, ob er nicht einen
von ihm übersehenen „Klassiker" im Verlage habe und mancher
wunderbare Klassiker - Heilige zeigte sich mit der Schillerkutte
angethan. Selbst umfangreichere wissenschaftliche Werke fielen
der Schillerformat - Manie anheim. Für die epochemachende
Tauchnitz-Collcction war dies Format bereits 1842 angenommen.
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ix. kap. Oberblick Ober das deutschk pressgewerrk. 269
Die Bedürfnisse nach allgemeinen encyklopädischen Kennt-
nissen fanden reiche Nahrung durch die grosse Zahl von Kon- Konvcrsation*-
° 0 lexika.
VERSATIONSLEXIKA mit oder ohne Illustrationen, die alle mehr
oder weniger in Brockhaus' Kielwasser mit einer von ihm in
billigster Weise entlehnten Ladung segelten. Sogar die Damen
erhielten ein solches Lexikon und es fehlte auch nicht einmal eins
für Kinder.
Die Zensurplackereien in den Jahren 1830— 1848 überschritten
alle Grenzen. Zwar waren Schriften über 20 Bogen zensurfrei
geworden, jedoch musste 24 Stunden vor der Herausgabe ein
Exemplar der Polizei überreicht werden, und diese Zeit genügte
für die provisorische Beschlagnahme, die in ihren Wirkungen für
den Verleger einer definitiven ziemlich gleichkam. Für die POI.I- i>iy>oiiiische
TISCHE Poesie und den politischen und sozialen Roman lag hierin
ein Vorschub, da diesen Erzeugnissen nicht so leicht beizukommen
war als denjenigen eines klar ausgesprochenen politischen Inhalts.
Der Unterdrückte wird durch strenge Massregeln seiner überwacher
nur erfinderischer in der Auswahl seiner Mittel, diese zu umgehen,
und die erwähnten Litteraturzweige blühten.
So hatte es lange unter der Asche geglimmt, bevor der Brand Prcssfrciheit.
infolge der Pariser Februar- Revolution 1848 in Deutschland in
hellen Flammen sich Luft machte. Eine Folge war die endliche
Gewährung der seit mehr als 30 Jahren verheissenen Pressfreiheit
und die unbehelligte Einfuhr der Bücher in Österreich, bei welcher
jedoch der Buchhandel pekuniär vorläufig wenig gewann, da der
Reiz des Besitzes des Verbotenen nunmehr aufhörte.
Für die erste Zeit nahmen ZEITUNGEN und BROSCHÜREN ' d IC I>ic Zeitungen
Aufmerksamkeit des Publikums ausschliesslich in Anspruch. Viele um
Kontinuationswerkc kamen ins Stocken ; der Kredit des Buchhandels
wurde beschnitten. Nur in der Zeitungslitteratur herrschte frisches
Leben, aber auch eine grosse Zersplitterung der Kräfte, unter
welcher die Erzielung grosser Resultate sehr schwer war. Jede
» R. E. Prutz, Oeschichlc des deutschen Journalismus. Hannover 1S45. —
Derselbe, Fortschrilte der Zeitungsprcs.se (Deutsch. Museum 1S5S Nvlir.). —
J. Kuranda, Deutsche Zeitungen und Zeitschriften. — II. Wi'l'TKK, Die deutschen
Zeitschriften. 2. Aufl. Leipzig 1S75. — Einen Einblick in die Herstellung einer
Zeitung gewährt: J. II. Wkiii.k, Die Zeitung. 2. Aufl. Wien i8Sj.
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270
DIE GERMANISCHE GRUPPE-
IX. KAP.
Parteischatticrung, jede Stadt, jedes Städtchen wollte ein Blatt
oder Blättchen für sich haben.
Während die politischen Zeitungen mit ihren reichhaltigen
litterarischen und schönwissenschaftlichen Feuilletons die eigentliche
Unterhaltungslitteratur und auch die litterarischen Blätter ganz
zurückdrängten, gediehen die illustrierten, halb unterhaltenden,
halb belehrenden Wochenblätter, für welche die „Gartenlaube"
die Bahnbrecherin gewesen war, vortrefflich.
Als ein bedeutendes Element trat die MODE hinzu. Die grossen
Mrxk/eiumgon. Mnstcr- und Modezeitungen, welchen zurseite die Frauen standen,
die zum Schrecken der Männer alles Mögliche und Unmögliche
behäkelten oder bestickten und in „Schnitten" das Unglaublichste
leisteten, fanden eine mitunter kolossale Verbreitung und wurden
selbst in Paris massgebend.
Auch die politisch -soziale Satire hatte ihren Tummelplatz,
auf welchem der „Kladderadatsch" sich als Vorturner auszeichnete.
Nachdem die Regierungen nach der Sturmperiode sich von
Die Reaktion, ihrem Schrecken erholt und wieder festeren Boden unter sich
fühlten, begann die Reaktion erst im stillen, dann offen ihr Spiel
zu treiben und die Verfolgungen gegen Schriftsteller, Verleger und
Drucker gehörten zur Tagesordnung. Von allen Seiten trat die
Politikmüdigkeit ein, dagegen stieg die Lust an Büchern in demselben
Verhältnis wie die Unlust an Zeitungen. Die Konkurrenz im Buch-
handel erhob sich wieder mächtig. Sprach jemand einen Gedanken
aus, so fiel gleich ein halbes oder ganzes Dutzend Verleger über
denselben her und zeigte sich bereit, an der Abhülfe eines längst
Die Kollektiv- gefühlten Bedürfnisses mitzuwirken. Die KOLLEKTIV -UNTKR-
Unicmchmen.
NKHMUN^EN aller Art schössen wie Pilze aus der Erde und fanden
guten Absatz, mit Ausnahme der Romansammlungen, denn trotz
der Billigkeit und der zumteil guten Auswahl derselben zog das
Publikum doch vor, sich mit der schönen Litteratur durch die
Zahlung von fünf Pfennigen oder einem Groschen Leihgebühren
pro Band abzufinden.
Durch die Eisenbahnen war die Welt in eine fortwährende
Bewegung gekommen. Es musste also auch für die Bedürfnisse
des reisenden Publikums gesorgt werden, was in ergiebigster Weise
durch Reisehandbücher und Reiseallanten, Parleurs etc. geschah.
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ix. kap. Oberblick Ober das deutsche pressgewerbe. 271
Ein Tag von grosser Bedeutung in der Geschichte des Buch-
gewerbes war der 9. November 1867, an welchem die Verlagsrcchte Dero. November
an die Werke der seit 30 Jahren oder länger verstorbenen Autoren
Gemeingut wurden. Merkwürdigerweise hatten die hauptsäch-
lichsten Verleger der Werke, die von der Bestimmung getroffen
wurden, nicht versucht, der Gefahr beizeiten energisch zu begegnen,
und überliessen den Konkurrierenden eine Zeitlang das Feld. Diese
hatten aber um so vorsorglicher gehandelt und sich zumteil vor
Ablauf des Termins mit einigen Verlegern geeinigt, sodass sie noch
vor dem 9. November ihre Kollektionen zu den wohlfeilsten Preisen
beginnen konnten. Fast noch einschneidender als im Buchhandel
wirkte dieser Tag in dem Musikalienhandcl.
Neben den besseren Erzeugnissen der Untcrhaltungs-Litteratur
florierte die Schmarotzer- Pflanze des Coi.PORTAGE - Romans und Der Colporiagc-
tötete teilweise den Sinn für ernstere Lektüre, brachte auch
nebenbei durch Beigabe grösstenteils mittelmässiger Prämicnbildcr
die jugendlich frisch aufblühende Kunst des Farbendruckes in
Misskredit.
Die grossen Fortschritte der Typographie, der Xylographie
und der Chromolithographie in Verbindung mit der Photographie n\c Praein-
und den verschiedenen Lichtdruckverfahren hatten den Geschmack
fiir schöne Bücher mächtig gefordert und riefen architektonische
und technische Werke von grossem Werte, sowie Muster-
sammlungen der besseren Rrzeugnisse alter, mittlerer und neuerer
Zeit hervor. Ks folgten prachtvolle ethnographische Werke. Schliess-
lich entstand eine wahre Sintflut von Al.UUMS, hauptsächlich mit
photographischen Illustrationen zu Gedichten, Romanen, Opern
u. dgl.
Als jüngste Phase des Buchhandels, deren Resultate noch
nicht vorliegen können, müssen die Markwruotijeken bezeichnet 1^ „M^k-
werden, in welchen ein hübsch gebundener Band für eine Mark
geliefert wird. Diese Kollektionen beschränken sich nicht auf
die Unterhalttings-Litteratur, sondern dehnen sich auch auf die
wissenschaftliche aus.
Zum Schluss sei noch die LANDKARTEN-PRODUKTION erwähnt.
Diese erhielt durch Hülfe der Chemitypie und der Zinkographie, uic 1 .amiknrten-
,, Ali Produktion.
sowie der Vielfarben -Druckmaschine eine gewaltige Ausdehnung
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I
272 DIE GERMANISCHE GRUPPE. IX. KAP.
und die Billigkeit der Erzeugnisse bei schöner Ausführung grenzt
an das Wunderbare. Da diese Branche der Aufklärung ohne jeden
bitteren Beigeschmack dient, so kann die Freude hierüber eine
ungetrübte sein.
Unter den Errungenschaften des Jahres 1848 war auch das
Rucliilrtickcr- Associationsrecht. Ks war selbstverständlich, dass die Buchdrucker-
bnni. gehülfen dasselbe benutzten, um sich in Vereine zu sammeln behufs
Vertretung ihrer Interessen mit gemeinsamen Kräften. Dass sie
mässiger in der Benutzung ihrer Freiheiten hätten sein sollen als
alle anderen Klassen, war nicht zu verlangen. Die alte „patriarcha-
lische" Zeit hatte ihnen durch willkürliche Berechnungs- und
unregelmässige Zahlungsweisc manche Unbill gebracht, für welche
sie jetzt Revanche nahmen, dabei die Berechnung der Zinsen nicht
vergessend.
Eine erste allgemeine Versammlung der Gehülfen aus ganz
Deutschland fand in den Tagen vom n. bis 14. Juni 1848 in Mainz
statt. Die dort gefassten Beschlüsse hatten zwar einen Protest von
gegen 200 Prinzipalen zur Folge, dabei blieb es jedoch und man Hess
den Verband der Buchdrucker- und Schriftgiesser-Gchülfen, welcher
die lebhafteste Beteiligung fand, ruhig gewähren.
Erst nachdem der Verband fast unumschränkter Herr in den
Der Prinzipat- Druckereien geworden, dachten die Prinzipale daran, sich auch an
einander zu schliessen und versammelten sich am 15. August 1869
ebenfalls in Mainz. Der dort konstituierte Verein wollte nicht nur
Front gegen den Gehülfen -Verein machen und die persönlichen
Beziehungen fördern und kräftigen , sondern auch in der Art des
Börsenvereins der deutschen Buchhändler die Interessen des
Geschäfts in allen Lagen vertreten. Zum Vorort wurde Leipzig
bestimmt und ein Vorstand von neun Mitgliedern gewählt. 1872
zählte der Prinzipal -Verein mehr als 700 Mitglieder; der Gehülfen-
Verband das Zehnfache (7295). Die Gesamtzahl der Gehülfen
mochte gegen 1 1 000 betragen. Von den etwa 4000 Nichtverbands-
mitgliedern hielt sich eine ziemliche Anzahl nur als „Schlaumeier0
von den Verbandsbestrebungen zurück; im Herzen gönnten sie
selbstverständlich, wenn sie auch nicht immer das Vorgehen des
Verbandes im einzelnen billigten, wohl so ziemlich alle dem Verband
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ix. kap. Oberblick Ober das deutsche pressgewerbc 273
die grösstmöglichsten Vorteile, denn auch sie genossen ja in ihrer
gedeckten Position die errungenen Vorteile mit.
Nach einer langen Reihe von Differenzen und nach zahlreichen
Übergriffen seitens des Verbandes fand zu Anfang des Jahres 1873 Differenzen
• " 11 • tr- f , 01.1/ • • T-» • • 1 «wischen l'rin-
eme allgemeine KundiirunLr der (jchulten seitens der Prinzipale statt, «ii»uut und
C.chiilfenichafe.
Da jedoch nicht alle Druckereien dem Verein angehörten, denn
auch unter den Prinzipalen gab es viele „Schlaumeier", und ein
grosser Teil der Mitglieder den gefassten Beschlüssen nicht treu
blieb, kam es nach vielen Verhandlungen zwischen den beiden
Vereinen am 12. Januar 1874 zu einem Abkommen, das mit einem
allgemein einzuführenden Tarif und dem Einsetzen eines Einigungs-
amtes in Differenzfallen endigte.
Der Prinzipal -Verein hat seinen Zweck bis jetzt nur im
beschränkten Masse erreicht, weil er zu viel in einer zu kurzen
Zeit erreichen wollte und weil manche seiner Mitglieder direkte
Hülfe in ihren besonderen Angelegenheiten vom Verein erwarteten,
während dieser nur für eine Anbahnung besserer Zustände im
allgemeinen wirksam sein konnte. Jetzt, wo er seiner Thätigkeit
engere Grenzen gesteckt hat, ist auch zu erwarten, dass er,
wennauch nur Schritt für Schritt, zum Ziel gelangen wird, um so
mehr, als die Gehülfen ihre prinzipielle Opposition gegen ihn auf-
gegeben haben'.
Die offenbar zu grossen Einräumungen der Prinzipale im Jahre
1874 sind durch die Praxis gemildert, denn auch die Gehülfen haben
einsehen gelernt, dass es im Geschäft gewisse Grenzen giebt, die
man ohne sich selbst zu schädigen nicht überschreiten kann.
So hat die beste Lehrmeisterin, die Erfahrung, am meisten
dazu beigetragen, das Verhältnis im allgemeinen befriedigender zu ru
gestalten. Die Versuche der Gehülfen, kooperative Druckereien zu
begründen, haben aus den jedem Geschäftsmann leicht erklärlichen
Gründen fast nur Misserfolge gehabt. Diese Thatsache hat ebenfalls
' Die Geschichte des Deutschen Buchdrucker -Vereins von 1S69 — 1S76
isl in <lcn Annalen der Typographie 1S70, Nr. 341 — 390 im Zusammenhang
ausfuhrlich behandelt. Die „Annalen" waren von der Begründung des Vereins
bis 1876 Organ desselben und wurden von dessen Sekretär Carl 11. I-orck
herausgegeben. Jetzt giebt der Verein selbst in unregelmäßigen Zwischen-
räumen die „Mitteilungen aus dein Deutschen Buchdrucker -Verein" heraus.
18
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274 DIE GERMANISCHE GRUPPE. IX. KAP.
gedient, die Gehülfen darüber aufzuklären, dass auch im Geschäft
nicht alles Gold ist, was glänzt, und sie mit dem Los der
Abhängigkeit zu versöhnen. Somit steht zu hoffen, dass künftig
ein innigeres Zusammenwirken von Prinzipalität und Gehülfenschaft
dazu beitragen wird, Gutenbergs Kunst stets mehr und mehr zu
Ehren zu bringen.
Das bedeutendste Organ der Gehülfenschaft ist der, jetzt drei-
Die Organe der mal wöchentlich erscheinende, 1862 gegründete „Correspondcnt
Gehülfenschaft. ,,
für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgiesser*. Früher fast nur
und oft in massloser Weise polemisch wirkend, ist das Blatt mit
den Verhältnissen auch ruhiger geworden, bringt jetzt manche
technische und belehrende Artikel und hat namentlich um statistische
Aufnahmen Verdienste. Der Leiter ist seit einer langen Reihe von
Jahren Richard Härtel, der, früher zugleich Präsident des Ver-
bandes, mit Klugheit und Geschick die Interessen desselben wahr-
genommen hat. Das Organ der österreichischen Gehülfen ist
„Vorwärts" in Wien.
Es erübrigt noch, einen kurzen Überblick über die Kräfte,
stai«ti*ch«. welche bei der graphischen Produktion in Deutschland wirken, und
über die Produktion selbst zu geben.
Das Deutsche Reich hatte 1881 in 147 1 Städten 3389 Buch-
Huch- u. Stein- druckereien und 1994 Steindruckereicn». In diesen Offizinen sind
druckercien.
96 Rotationsmaschinen, 581 1 typographische, 1 369 lithographische
Schnellpressen, 244 Tretmaschinen, 2463 typographische und
6687 lithographische Handpressen vorhanden. Jedoch darf nicht
übersehen werden, dass der grösste Teil der typographischen Hand-
pressen entweder nur als Korrekturpressen dienen oder auch ein
vollständiges Stillleben führen. Beschäftigung fanden (1875) 52000
männliche, 11 600 weibliche Mitarbeiter und 8400 Lehrlinge, in
Summa also 71 000 Arbeiter.
1 Die etwa 700 Offizinen, welche Buchdruckerei und Steindruckerei
vereinigen, sind doppelt angeführt
Das Deutsche Reich, Österreich und die Schweiz als graphische Einheit
betrachtet ergiebt die Zahl von 6993 graphischen Anstalten mit 9378 Schnell-
pressen und etwa l3 50oTrct- und Handpressen. Die Details über Österreich
und die Schweiz finden sich S. 406 und S. 436.
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IX. KAP. ÜBERBLICK ÜBER DAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE. 275
Von Schriftgiessereien waren 342 mit 2588 Arbeitern, von
Schriftschneidereien und xylographischen Anstalten 371 mit 2353
Personen vorhanden. Von 66 Spielkartenfabriken wurden jährlich
gegen 4500000 Pakete geliefert, auf denen Abgaben von etwa
1 200000 Mark ruhten.
Von Buch - und Kunsthandlungen gab es in 987 Städten 4376
mit 10 590 Mitarbeitern. 1 1 25 1 Buchbindereien beschäftigten 3 1 624 Buch- u. Kun«-
handlungeu.
Personen (darunter 7055 weibliche). Leihbibliotheken gab es 455,
Zeitungs- und Annoncen-Expeditionen 326, Öldruck- und Globen-
Anstalten 342.
Im Jahre 1882 lieferten 1432 Städte 4998 Zeitschriften, von
denen 76 in nichtdeutscher Sprache. Unter diesen vielen Zeitungen Zeitschriften,
wurzeln bloss 9 in dem XVII., 89 in dem xvni. Jahrhundert. Über
4000 entstanden seit 1830, von denen wieder über 2000 in den
letzten zehn Jahren verschwanden, um wieder anderen Raum zu
gewähren. Von den Zeitschriften kamen 2435 auf Preussen, 515
auf Bayern, 504 auf Sachsen , 2 16 auf Württemberg. Der Haupt-
vertrieb fallt der Post zu. Die Versendung betrug im Jahre 1880
gegen 300 Millionen Nummern.
Die Bücherproduktion des gesamten deutschen Buchhandels
(also nicht nur des Deutschen Reiches) betrug 1879 14 179 Nummern, Die B«cher
Produktion.
1880 14 941 Nummern, 188 1 15 191 Nummern, und findet in ähn-
licher Weise seit langer Zeit eine fortwährende Steigerung statt.
In betreff der Ausfuhr deutscher Bücher ist Nordamerika für diese
der bedeutendste Markt, auf welchem jährlich etwa für zwei Millionen
Mark abgesetzt wird.
Zum Vergleich mit dem (s. 224} gegebenen Verzeichnis, aus
welchem hervorgeht, dass 26 Städte Frankreichs von mehr als je
50000 Einwohnern zusammen eine Bevölkerung von 2594100
Seelen, 343 Buchdruckereien, 390 lithographische Anstalten,
908 Buchhandlungen und 640 Zeitschriften haben, folgt umstehend
eine ähnliche Aufs eilung aus dem Deutschen Reiche.
Das Deutsche Reich hat demnach in 42 Städten mit über je
50000 Einwohnern und einer Gesamteinwohnerzahl von 4 176 000
Seelen 966 Buchdruckereien, 888 lithographische Anstalten,
1737 Buchhandlungen, 1 153 Zeitschriften. Nehmen wir zu einem
näheren Vergleich die 26 ersten Städte des Deutschen Reichs (von
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276
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
IX. KAP.
Berlin abgesehen) und stellen sie gegen die 26 Städte Frankreichs,
so finden wir, dass erstere 3286000 Einwohner, 769 Buch-
druckereien, 730 lithographische Anstalten, 1478 Buchhandlungen,
961 Zeitschriften haben; also gegen letztere ein Mehr von 692000
Einwohnern, 426 Buchdruckereien, 340 lithographischen Anstalten,
470 Buchhandlungen, 32 1 Zeitschriften aufweisen \
Einwohner- Buch- Ijthogr. Buch- Zeit-
zahl drucken Anstalten handl. Schriften
Mamburg ....
290000
100
1
114
125
1
59
Breslau
273 000
30
53
33
München ....
230000
49
38
95
i
7i
Dresden
220 000
43
52
126
61
Leipzig
149 000
91
69
400
248
Köln
145 000
43
32
47
27
Königsberg . . .
141 OOO
14
12
25
25
Frankfurt a. M. . .
137000
58
45
7i
59
Hannover ....
123 000
32
«9
48
38
98
19
Stuttgart ....
117000
38
30
107
Bremen
1 13 000
22
30
26
Danzig
109000
1 1
8
21
21
Strassburg ....
105 000
15
16
26
32
iMirnucrj^ ....
1 DD DDD
JX)
* *
45
40
Magdeburg . . .
98 OOO
30
18
38
19
Barmen
96OOO
IO
3i
9
Düsseldorf ....
95 500
20
15
30
11
Chemnitz ....
95 000
14
10
33
10
Elberfeld ....
93 500
16
19
18
7
Stettin
92 000
22
20
18
17
Altona
91 000
17
16
14
5
Aachen
85 500
14
13
17
15
Braunschweig . .
75 000
16
12
3i
18
Krefeld
74000
II
21
10
4
Halle
71 500
15
10
35
17
Dortmund ....
67 000
IO
5
12
12
Transport j
3 286000
1
769 |
730
1478
961
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IX. KAP. ÜBERBLICK ÜBER DAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE. 2"JJ
Städte
Einwohner-
zahl
Buch-
drucken
I-ithogr.
Anstalten
' Buch-
han dl.
Zeit-
schriften
Transport
3 286 ooo
769
1
73°
1478
1
96l
Posen
7 c ooo
12
8
20
I e
Mühlhausen . . .
64 000
7
12
4
A
Augsburg ....
61 500
7
23
10
Mainz
61 000
22
25
24
17
Kassel
58 5CO
IQ
14 25
14
Kssen
c 7 OOO
O
5 1 9
6
Krfurt
ti cm
6
9
12
I A
Metz
C 2 OOO
8
7
15
Q
Mannheim ....
C 1 OOO
1 1
* *
7
8
I I
Würzburg ....
t> ....
51 OOO
1 \
7
14
I 3
Lübeck
51 000
1 1
9
10
6
Frankfurt a. O. . .
51 000
2
5
8
4
Wiesbaden . . .
50 500
16
9
27
22
Görlitz
50 500
1 1
4
13
8
Karlsruhe ....
50000
1/
14
21
15
Darmstadt ....
50000
20
16
26
15
Summa 1
4176500
966
■
888
1737
"53
Die Bedeutung von Paris für die graphischen Gewerbe Frank-
reichs ist bekanntlich eine weit tiefer eingreifende als die der Reichs-
hauptstadt für Deutschland. Sollte der graphische Vergleich auf die
Metropole ausgedehnt werden, so müsste man, der Deutschland
eigentümlichen Organisation gemäss, Berlin und Leipzig zusammen
Paris gegenüberstellen, um cinigermassen zu einem richtigen Resultat
1 Die Angaben hier können zwar keinen Anspruch auf absolute Gcnauig-
keit erheben, kommen jedoch der Wahrheil so nahe, dass sie genügen, um
sich ein richtiges Bild zu machen, lur die Angaben der Bevölkerung wurde
Neumanns „Geographisches Lexikon", Leipzig 1883, mit Abrundung der Ein-
wohnerzahl auf 500 benutzt; für die der Buchdruckcreicn und der litho-
graphischen Anstalten „Klinisch' Adressbuch der Buch- und Stcindruckcreicn",
Frankfurt a. M. 1880; für die Buchhandlungen „Schulz' Adressbuch für den
deutschen Buchhandel", Ixipzig 1882, für die Zeitschriften R. Mosses „Zeitungs-
katalog", 1882; die in diesem fehlenden Zeitschriften sind ohne liinfluss auf
das Gewerbe.
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278
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
JX. KAP.
zu gelangen. In diesem Falle würde dann Leipzig ausfallen und
Posen als 26. Stadt einrücken und damit das Mehr der 22 deutschen
Städte wesentlich beschränkt werden, nämlich auf : 61 8000 Einwohner,
346 Buchdruckereien, 279 lithographische Anstalten, 190 Buch-
handlungen und 88 Zeitschriften.
Die Papierfabkikation Deutschlands ist eine sehr bedeutende
Die Papierfabn- und beträgt nahe an 250 Millionen Kilogramm. Zur Herstellung
kalion. _
sind 785 Papiermaschinen und 185 Bütten und die Arbeit von etwa
80 000 Menschen notwendig. Ausserdem wirkten noch 260 Holz-
schleifereien, 45 Rohstoffiabriken und 2oCellulosefabriken, zusammen
mit etwa 7500 Arbeitern. Rechnet man hinzu etwa 40000 Menschen,
die mit Hadernsammeln und Nebenarbeiten beschäftigt sind, so
giebt das ein Arbeiterkontingent von rund 128000 Köpfen. Um
den Umfang dieser einen Branche richtig zu beurteilen, wären noch
alle diejenigen mitzuzählen, die sich mit dem Papierhandel und der
Fabrikation von Brief- und Luxuspapieren, Pergamentpapier,
Couverts, Tapeten, Handlungsbüchern, Papienväsche etc. etc.
beschäftigen1.
Die Buchbinderkunst* stand, als nach der Mitte unseres
Jahrhunderts die Buchdruckerkunst auf ihrem Höhepunkt angelangt
war, noch beträchtlich zurück und es dauerte auch noch eine Zeit-
lang, ehe sie einen frischen Anlauf nahm.
Der Leinwand -„Einband" dominierte vollständig. Man be-
1 ier Leinwand- gnügte sich nicht wie in England mit diesem als einer provisorischen
Hülle, sondern die Leinwanddecke war in Deutschland das definitive
Kleid des Buches für Jahrhunderte (?). In der Verzierung solcher
Bände ging man noch weiter als in England und verwendete neben
den Gold Verzierungen oft die Hochprägung, bei welcher Medaillon-
Porträts, Büsten, allegorische Figuren, Lyras, Palmenzweige, sogar
Landkarten zur Verwendung kamen. Die Hautrcliefs wurden
1 J. Cur. Schäfer, Sämtliche Papierversuche. Regensburg 1 772. — L. Müller,
Die Fabrikation des Papiers. 4. Aufl. Berlin 1877. — Lenormano, Handbuch der
gesamten Papierfabrikationen. 3. Aufl. Weimar 188t.
2 R. Stfohk, Zur Geschichte des Bucheinbandes (Archiv d. P. B.-B.-V.
Bd. 1). I^ipzig 1878. — G. l-RtTZs« he, Moderne Bucheinbände. Leipzig 1878.—
C. Bauer, Handbuch der Buchbinderei. Weimar 1881. — K Brahe, Illustriertes
Buchbinderbuch. Halle 1881.
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IX. KAP. ÜBERBLICK ÜBER DAS DEUTSCHE PRESSGEWERBE. 279
bald flach gedrückt. Man gewöhnte sich, den Einbanddeckel als
etwas zu betrachten, was er nicht ist und nicht sein soll: ein
illustrierter Titel oder ein Frontispice, um den Inhalt des Buches
zu erläutern.
Der Betrieb des deutschen Buchhandels und die deutschen
Verhältnisse waren dieser Verwendung des Leinwandbandes günstig. Die Mw»-
binde.
Die Verleger Uessen ganze Auflagen in Leinwand binden und unter
dem Publikum verbreiten. Ausser den Verlegern waren es noch die
„Grosssortimenter", welche dem Leinwandband Vorschub leisteten.
Die Genannten kaufen von den Verlegern grosse Partien gangbarer
riücher, lassen dazu „stilvolle" Platten anfertigen und verkaufen nun
die gebundenen Bücher an die eigentlichen Sortimentshändler zu
Bedingungen, die es den letzteren noch möglich machen, dem
Publikum so wohlfeile Preise zu stellen, wie sie ein einzelner Privat-
besteiler beim Buchbinder auch nicht annähernd erzielen kann.
Im Prinzip ist diese Einrichtung gewiss eine höchst praktische,
aber die Preise werden der Konkurrenz halber dem Buchbinder
gegenüber so heruntergedrückt, dass Pfennige den Ausschlag geben,
wodurch es dem Buchbinder fast unmöglich wird, auf Falzen, Heften
und auf die Zuthaten an Pappe, Vorsetzblättern u. dgl. die nötige
Sorgfalt und Ausgabe zu wenden.
Hinsichtlich der Dekoration des Leinwandbandes sind in
jüngster Zeit ganz wesentliche Fortschritte gemacht worden. Die i ortschritte im
schreienden Farben der Leinwand haben den zarteren Modefarben ücschmack-
und der Pergament-Imitation Platz machen müssen1. Das „Bemalen"
oder „Ausmeissein" der Bände durch Figurales, Landschaftliches etc.
hat mehr und mehr aufgehört und wird durch Flachornamente ersetzt,
für welche man die vielen trefflichen Vorbilder früherer Zeit benutzt
oder tüchtige Künstler gewinnt. Ein Fehler ist noch ziemlich ver-
breitet: der übergrosse Reichtum der Ornamentierung und Uber-
ladung mit Silber, Gold und Mosaik imitierenden Farben. Je mehr
man sich gewöhnen wird, die körnige Chagrin - Imitation und
einfache Ornamentierung zu verwenden, um so mehr wird das
Leder -Surrogat, welches wir nun einmal nicht werden entbehren
können, seinen Platz in zweckmässiger Weise ausfüllen.
1 Im Deutschen Reiche giebt es nur eine Fabrik „englischer Leinen",
die von Schultze & Niemann in Eutritzsch bei Leipzig.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
IX. KAI'.
Die Handarbeit, namentlich den Halbfranz, lernt man in der
Die Handarbeit, letzten Zeit in Deutschland wieder schätzen und es sind hierin
tüchtige Fortschritte gemacht worden. Von Lederbänden wird
nicht viel die Rede sein können, solange die Kreise der wohl-
habenden Kaufleute und Fabrikanten, sogar Magnaten keine
gewählte Bibliothek besitzen. Die Sammler sind meist unter den
Gelehrten, Beamten, selbst unter den weniger gut dotierten Land-
geistlichen zu suchen. Deshalb haben die Buchbinder, falls es ihnen
wirklich um die Förderung ihrer Kunst Ernst ist, sich vor der Klippe
zu hüten, als Revanche für den Druck, den sie durch die Verleger
und Grosssortimenter zu erleiden hatten, das Publikum zu über-
teuern und zu glauben, dass jeder, der gern ein Buch hübsch
binden lassen will, ein reicher Büchernarr sei, dem man jeden
Preis abverlangen könne. Begnügt sich der Buchbinder bei reeller
Bedienung mit einem massigen Vorteil , so wird er immer noch in
Deutschland ein kaufendes Publikum finden.
In Bezug auf ein solches ist der Buchbinder in Osterreich schon
Die n.i. hbinder- besser situiert und die Buchbindung hat demzufolge auch schon
kun"ci"h W beträchtliche Fortschritte gemacht. Doch betreffen diese im allge-
meinen noch mehr die Album- und Portefeuille -Fabrikation als
die eigentliche Buchbinderei. Kine mächtige Einwirkung auf den
Geschmack hat das Kunstgewerbe -Museum in Wien geübt. Man
schliesst sich mehr der Art der Franzosen an und übertrifft diese in
der Ledermosaik, die eine wirklich eingelegte Arbeit ist.
Was den Betrieb der Buchbinderei betrifft, so hat dieser einen
Die Vorteile der sehr wichtigen Anteil an den Vorteilen gehabt, welche das Maschinen-
wesen jedem Geschäft gebracht hat (vgl. Kap. XI). Die Maschinen
besorgen das Falzen der Bogen, das Walzen des gefalzten Bogens,
das Heften desselben mit Faden oder Draht, das Beschneiden und
Pressen des Buches, das Abrunden des Rückens, das Einfassen,
die Anbringung der Kapitale, das Schneiden und Abschrägen der
Pappen, das Pressen und Vergolden der Deckel. Für die sonstigen
Arbeiten der Buchbinder sind die Couvert- und Klebemaschinen,
Liniier- und noch viele andere Maschinen da.
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X. KAPITEL.
DIE SCHRIFT UNI) DIE ILLUSTRATION
IN DEUTSCHLAND - ÖSTERREICH.
Aufschwung der Schriftgiesserei. Ed. Hänel. Die deutsche Druckschrift. Walbaum
Vater und Sohn. Hamburg, Berlin, Leipzig, Krankfurt a. M. Österreich.
C. Haase, C Faulmann. Die Stereotypie, die Galvanoplastik, die Dynamo-
Klektrik. Die (Jiessmaschinc. DlK ILLUSTRATION: Verfall im Xvm. Jahr-
hundert, WicdcrLTwachen des Holzschnitts. Die Unger, Gubitx, Un/elmann,
Krctzschmar u. a. Österreich: l'rcstcl, Höfel, Knöfler u.a. Die l'lanotypie.
Die Stigmatypic: Carl KasoL
ANGSAMER als in England und Frankreich ent-
wickelte sich die Schriftgiesserei in Deutschland. Erst Auf«hwung der
aus den dreissiger Jahren datiert der eigentliche Auf- SffiSdl
Schwung des reineren Geschmacks in den Produktionen
derselben und an Einfluss in dieser Richtung kam
niemand Eduard Hänei. gleich. Er führte die neuesten und
schönsten französischen und englischen Antiquaschriften ein, Hess
die geradestehende griechische, Kanzlei, fette und halbfette,
gothische und andere Zier- und Auszeichnungsschriften schneiden
oder erwarb aus dem Auslande die besten Matern zu denselben.
Im Accidcnzdruck brachte Hänel eine vollständige Umwälzung
hervor und aus seiner Magdeburger Offizin, und nach dem Brande
derselben im Jahre 1838 aus seinem Berliner Institut gingen vor-
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282
DIK GERM ANISCH K GRUPPE.
X. KAP.
zügliche Druckarbeiten hervor. Er war der erste, der den Compound-
Druck (s. 80), den er Congreve- Druck nannte, nach Deutschland
brachte. Mit seinen Guillochen- und Unterdruckplatten, namentlich
seinen Spitzenmustern enthusiasmierte er das deutsche Publikum.
Fast kein Umschlag, ja kaum ein Rechnungsformular konnte damals
ohne Guillochen und Buntdruck hergestellt werden. Bereits 1837
hatten seine Zierstücke die Zahl von 2813 erreicht.
Der Kampf mit der Lithographie ward damals mutig von den
Buchdruckern aufgenommen. Viele der letzteren warfen sich mit
Eifer auf das Accidenzfach und andere Schriftgiesser folgten dem
Beispiel Hänels. Es war eine Zeit des regsten, lustigsten Schaffens,
vom Guten, Halbguten und Geschmacklosen, vom Praktischen und
Unpraktischen unter einander.
Noch vor Hänel hatten F. W. Gubitz in Berlin und der
f. w. Gubiu. Kammergerichtsassessor W. Pfnorr in Darmstadt manche Beiträge
w. pfnorr. jm Ornamentfache geliefert, unter welchen die Einfassungen mit
Säulen, umwunden von Epheu- und Blumenguirlanden oder mit
vollständigen schweren architektonischen Aufbauten einen wichtigen
Platz einnehmen. Auch viele Polytypen stammen von Gubitz, der
im Jahre 1836 bereits 1668 solcher geschnitten hatte. Nach Hänels
Vorangehen trat nun auch ein besserer Geschmack in den Ein-
fassungen und eine grössere Leichtigkeit in der Ausführung ein.
Vielen Beifall fanden die sogenannten Kaleidoskop- Einfassungen,
aus sehr kleinen systematischen Stückchen bestehend, die sich in
die mannigfaltigsten Formen zusammenfügen Hessen und congreve-
artig in verschiedenen Farben gedruckt manchmal eine recht hübsche
Wirkung hervorbringen konnten. Auch zu Kapitel - Anfangs - und
-Schlussvignetten wurden sie zusammengesetzt, in Gestalt von
Schmetterlingen, Vasen, Kronen etc. Man näherte sich jedoch
damit den zeitraubenden, wenig wahre Befriedigung erzielenden
Arbeiten der Stigmatypie (S. 304) und sie verschwanden bald von
der typographischen Bühne.
Die deutsche Druckschrift, die sogenannte Fraktur, nahm um
Die deuuehe die Mitte des xvni. Jahrhunderts eine sehr niedrige Stufe ein. Die
Druckschrift
männliche Kraft und das Urwüchsige der gothischen Schrift, Eigen-
schaften, welche die Schwabacher Schrift wenigstens noch teilweise
besass, waren ganz verloren gegangen, ohne dass die Fraktur durch
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X. KAP.
DIK SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
283
Eleganz das ersetzte, was ihr an Kraft gebrach. Nachdem J. G.J.
Breitkopf, wie es scheint, lange geschwankt hatte, ob er nicht seine
reformatorischen Absichten der Verbesserung der Antiqua zuwenden
sollte, folgte er schliesslich doch der Tradition und versuchte der
Fraktur eine kunstgerechtere Haltung zu geben (s. 365). Etwas
Mustergültiges vermochte jedoch auch Breitkopf nicht zu schaffen ,
noch weniger J. F. Ungf.r in Berlin.
Erst Erich VValbaum in Weimar und namentlich seinem Sohne
Theodor Walbaum gelang es, eine Frakturschrift herzustellen, die Erich w.ibaum.
auf längere Zeit und allgemein sich Geltung erwarb. Der Vater tTJi jJutSJo.
war anfänglich Konditor, zeigte jedoch einen solchen Geschmack
im Ornamentieren, dass er von Sachverständigen veranlasst wurde,
sich der Stempelschneiderei zu widmen. Der Sohn Theodor
arbeitete erst als Gewehrgraveur wie der berühmte englische Schrift-
giesser Caslon (I, S. 268), wurde jedoch später von seinem Vater
als Stempelschneider ausgebildet.
Die Vorzüge der Walbaumschen Frakturschriften liegen
namentlich in dem Ebenmass aller Buchstaben durch alle Grade
hindurch von dem kleinsten bis zu dem grössten. Form und
Zurichtung sind gleich gut; die Stärke ist gerade die rechte; Leser-
lichkeit geht mit Dauerhaftigkeit Hand in Hand. In der Fraktur
nimmt die Walbaumsche Schrift fast die Stelle ein, wie in der
Antiqua die Didotsche, und würde noch heute, neu mit den Hülfs-
mitteln der neuesten Technik zweckmässig durchgeführt, immer eine
klassische Fraktur bleiben , wenn wir diese Bezeichnung überhaupt
für eine Schrift modernen Ursprungs und, man sage für ihre nationale
Berechtigung und ihre Zweckmässigkeit für das Volk was man will,
nicht in dem Besitz derjenigen Schönheit, welche wir von dem,
was wir klassisch nennen, verlangen, gebrauchen dürften.
Theodor Walbaum starb, als Künstler und Mensch gleich
geachtet, in dem Bade Berka bei Weimar und wurde von seinem
Vater überlebt. Das Walbaumsche Geschäft erwarb F. A. Brock-
haus in Leipzig, welcher es im Jahre 1843 nach dort verlegte.
Seit Walbaum hat Deutschland eine grosse Zahl von Fraktur-
schriften aufzuweisen, bald magerere, bald fettere: bald eckigere, d»* neueren
' S ' « Fmlaurechriftcn.
bald rundere; vielen derselben ist die Korrektheit nachzurühmen.
Oft sind sie sich selbstverständlich so ähnlich, dass nur ein sehr
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284
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
X. KAP.
geübtes Auge einen Unterschied bemerkt Leider haben sehr viele
Druckereien die üble Gewohnheit, einzelne Grade aus den Garnituren
verschiedener Giessereien untereinander anzuschaffen, indem sie
bald den Launen der Besteller nachgeben, bald nur dem eigenen
Antrieb folgen, nicht berechnend, dass selbst die weniger schönen
Schriften konsequent durch alle Grade durchgeführt ein weit
gelungeneres Ganzes hervorbringen, als Schriften sogar des
schönsten Schnittes, wenn sie unter einander gemengt sind.
Im Jahre 1838 hatten Deutschland, Österreich und die Schweiz
bereits gegen 100 Giessereien, die beständigen Zuwachs erhielten.
Im Norden Deutschlands waren die bedeutendsten derselben
J. I). Trenuert. J. D. Trennert in ALTONA und Genzsch & Heyse in HAMBURG,
G HcyCj£.& welche hauptsächlich die Bedürfnisse des skandinavischen Nordens
und Russlands deckten. Der Gründer der letztgenannten Firma,
j. a. Genzsch J. A. Genzsch aus Audigast in Sachsen, ward 1827 erster Faktor
V*i- J""i «W* bei F"r. Dresler & Rost-Fingerlin, als diese in Frankfurt a. M. eine
Schriftgiesserei etablierten. Im Jahre 1833 assoziierten sich Genzsch
und J. G. Heyse aus Bremen und führten die Thorowgoodschen
Schreibschriften in Deutschland ein. Die Firma, seit 1866 im Besitz
von Emil Julius Genzsch, dem Sohne des Gründers, erwarb sich
besondere Verdienste um die Einführung der Renaissance -Antiqua
mit entsprechenden Kopfleisten, Vignetten und Initialen, sowie um
die Umgestaltung der Schwabacher Schriften. Da man für letztere
nicht so wie für die Antiqua ältere mustergültige Vorbilder hatte,
weil die Stempelschneidcrei Deutschlands zur Zeit der Einführung
der Schwabacher (I, S. 41) auf keiner hohen Stufe stand, so musste
der Versuch gemacht werden , etwas Neues zu schaffen, und es ist
in der That Genzsch & Heyse gelungen, sehr ansprechende moderne
Schwabacher Schriften in allen Grössen herzustellen. In jüngster
Zeit etablierten Genzsch & Heyse eine Schriftgiesserei in München
durch Ankauf zweier dortigen Firmen'.
In Bkaunschweig wirkten als Schriftgiesser namentlich
Fr. \vwejj Fr. Vieweg & Sohn, allerdings nur für den eigenen Bedarf schaffend,
aber sehr für Verbreitung des guten Geschmacks wirkend.
« Zu dem 50jährigen Jubiläum am 28. Februar 1883 erschien „Chronik
der Schriftgiesserei Genzsch & Heyse".
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X. KAP.
DIE SCHRITT UND DIE ILLUSTRATION.
285
Die Hanelsche Offizin in Berlin ging nach verschiedenem
Wechsel in die Hände W. Gronaus über und behauptete sich unter Berlin,
dessen kräftiger und einsichtsvoller Leitung als eine der vorzüg- Hanel r'r0IWU-
lichsten Anstalten Deutschlands. Im Hänelschen Geiste wurden
Ornamente, Zier- und Brotschriften in reicher Fülle geschaffen,
zugleich der Schnitt griechischer und russischer Schriften gepflegt.
Auch als Druckerei behielt die Offizin einen ehrenvollen Platz.
Hier wirkte als Faktor J. H. F. Bachmann aus Stralsund. Achtj.n F.Bacbmann
• 8. Juli t$it,
Jahre verbrachte dieser in Kiew als Leiter erst der Universitäts- f »7- J»u '»70.
buchdruckerei, später der Regierungsdruckerei. Nach Deutschland
zurückgekehrt, weilte er 1850 — 1860 bei J. H. Meyer in Braun-
schweig, wo er den Grund zu seiner ziemlich umfangreichen fach-
schriftstellerischen Thätigkeit legte. Sein letztes Werk war das
1875 in Weimar erschienene ausfuhrliche „Handbuch der Buch-
druckerkunstu.
Eine bedeutende Thätigkeit entwickelten Trowitzsch & Sohn,
auch als Kalenderverleger bekannt. Die von Df.ckersche Giesserei Tro*iusch &
Sonn.
schaffte in erster Richtung hauptsächlich für den eigenen Bedarf, v. Deck«.
Ihre Frakturschriften von einer etwas eigentümlichen Form sind
korrekt und tüchtig durchgeführt, konnten jedoch nicht allgemein
gefallen. Es hat fast den Anschein, als wäre die Absicht vorhanden
gewesen, nach dem Beispiel der Nationaldruckerei in Paris etwas
Absonderliches für sich allein zu haben, ohne Rücksicht darauf, ob
es zugleich etwas Schönes sei. Im Jahre 1873 zur Zeit der Wiener
Ausstellung betrug die Zahl der Stempel und Matrizen über 100000.
Deckers lieferten auch orientalische Schriften, die unter der Aufsicht
der Akademie dcrWisscnschaften geschnitten wurden, welche letztere
sich überhaupt um diesen Zweig der Schriftgicsserei verdient machte.
Als Stempelschneider in dieser Richtung erwarb sich Beyerhauss Heyerhau«.
einen Ruf. Unter anderem lieferte er für die amerikanische Mission
in New -York 4000 chinesische Stempel, mit welchen 22000 der
am häufigsten vorkommenden Kombinationen herzustellen waren.
F. Theinhardt lieferte Hieroglyphen nach der Anleitung des f. Reinhardt.
Professors C. R. Lepsius, die sich von den Niesschen dadurch
unterscheiden, dass sie kein schwarzes Typenbild, sondern nur
wie mit der Feder gezeichnete Umrisse bilden. Die Zahl der
geschnittenen Charaktere beläuft sich auf über 1300. Auch Thein-
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2 86
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
X. KAP.
hardts sonstige fremdländische Schriften und andere Leistungen
sind vorzüglich *.
Treffliche Einfassungen und Ornamente lieferte Heinr. Ehlert.
h. Ehlen. Rastlos schaffte im Accidenzfach Wilh. Woellmer, und namentlich
w. w oeiimcr. g^^j^ sejne Züge, Einfassungen und Schreibschriften,
besonders die Rundschriften2, grosse Beliebtheit, wozu seine von
W. Büxenstein in Berlin genial arrangierten und meisterhaft
gedruckten Proben das ihrige beitrugen.
Je grössere Dimensionen das Geschäft im allgemeinen annahm,
um so vorteilhafter war es, wenn sich Spezialitäten vom Stamm
abzweigten und besondere Geschäfte bildeten. Als eine solche
Spezialität, welche eine ganz besondere Pflege nötig hatte, ist die
Fabrikation von Messinglinien, galvanoplastischen Arbeiten u. dgl.
h. Benhoid. zu bezeichnen. In der Fabrikation der ersteren hat es H. Ber thold
in Berlin zu einer grossen Virtuosität gebracht. Besonderen Dank
seitens seiner Berufsgenossen erwarb er sich durch seine Bemühungen
für die Einheitlichkeit des Schriftkegels und die Herstellung eines
Normal typometers. Unter Beihülfe wissenschaftlicher Kräfte ersten
Ranges, darunter des Direktors des Observatoriums in Berlin,
Professor Dr. Förster, stellte er nach achtzehnmonatlicher Arbeit
ein solches Typometer in einer Länge von 30 cm = 133 Nonpa-
reil -= 798 Punkte her \ Leider ist auch bei diesem neuen verdienst-
lichen Versuche nicht das Metermass nach seinen Einheiten genau
zugrundegelegt. Man sieht hier, wie bei den orthographischen
Verbesserungsplänen, wie schwer es ist, eine wissenschaftliche Reform
durchzusetzen, wenn nicht ein Gebot des Staates dahintersteht. Bei
dem enormen vorhandenen Setzmaterial und den übergrossen
Schwierigkeiten, dieses schrittweise nach einem neuen System zu
vervollständigen oder umzumodeln, ist auch nicht abzusehen, wann
eine Einheitlichkeit durchgeführt sein kann, denn solche Radikalkuren
« C. R. I.EPSIUS, Standard-Alphabet. Ii. Ed. London 1863. — Fr. Ballhorn,
Alphabete orientalischer und occidcntalischer Sprachen. 12. Aufl. Nürnberg 1880.
— F. Tmeinmardt, Liste hieroglyphischer Typen. Berlin 1875. — II. Brugsch,
Memoire sur In rff roJuction imprimie da caraet'eres äimottques. Berlin 1868.
» F. Soennf.ckkn, I »as deutsche Schriftwesen. Bonn 1881. — II. SmaliaN,
Praktisches Handbuch für Buchdrucker im Verkehr mit Schriftgiesscrcien. 2. Aufl.
Leipzig 1877. — J. H. Bachmann, Die Schriftgießerei. Leipzig 1S68.
3 Journ. f. B. 1879, Nr. 29.
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
287
anzuwenden, wie die Reichsdruckerei es that, indem sie ihre
gesamten Schriftenvorräte ins Zeug warf und umgoss, sind nicht
jedermanns Sache.
In Jena schnitt C. Hanemann nach Angaben des Professors
W. Lagus eine arabische Schrift für die Frenckellsche Offizin in c. Hanemann.
Helsingfors.
LEIPZIG nahm in der Schriftgiesserei nicht eine so bedeutende
Stelle ein, wie man es hätte vermuten sollen. F. A. Brockhaus, Leipziger
Breitkopf & Härtel, Karl Tauchnitz, F. Nies und dessen Nachfolger
C. B. Lorck und W. Drugulin u. a., welche hauptsächlich nur im
Interesse der eigenen Druckoffizinen arbeiteten, finden Erwähnung
bei der Besprechung der Wirksamkeit dieser (Kap. XII). Gustav
Schelter zeichnete sich namentlich durch seine Musiknoten aus.
Der talentvolle, leider zu früh aus dem Leben geschiedene Ernst
Otto war ganz besonders um die Verbesserung des Schriftmetalls
bemüht. Die einzige bedeutende Schriftgiesserei war langezeit
hindurch die von J. G. Schelter & Giesecke, die einen ganz j. o. schwer
& Giwecke.
besonders regen Verkehr mit dem Norden unterhielt und eine
Filiale in Wien (jetzt Meyer & Schleicher) errichtete. Die Leipziger
Anstalt ist in jüngster Zeit ganz nach amerikanischen Grundsätzen
umgebildet und gehört durch ihren Umfang und die ausgedehnteste
Anwendung von Hülfsmaschincn, welche sie selbst baut, zu den
bedeutendsten Schriftgiessereien der Jetztzeit, liefert zugleich kleine
Druckmaschinen und alles, was zum Arbeitsmatcrial gehört. In
jüngster Zeit haben Schelter & Giesecke sich besonders um das
Schaffen schöner Ornamente und Einfassungen verdient gemacht'.
Die als Schriftgiesserei noch junge Firma Julius Klinkhardt, j. Künkh*r<it.
früher schon als Verlagshandlung und Buchdruckerei bekannt,
entwickelt eine grosse Thätigkeit. Der Gründer der Firma, Julius
Klinkhardt, kaufte 1 864 die gut eingerichtete Buchdruckerei von
Lüders & Umlauf, 1871 die bekannte lithographische Anstalt von
J. G. Bach und die Schriftgiesserei von Gust. Schelter. Unter der
Beteiligung der Söhne Robert und Bruno Klinkhardt nahm das
» Die in zwanglosen Zwischenräumen erscheinenden „Typographischen
Mitteilungen von J. G. Schelter & Giesecke" dienen ihrem Geschäft als Organ,
enthalten aber auch Nachrichten und Belehrungen von allgemeinem Interesse.
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288 DIE GERMANISCHE GRUPPE. X. KAP.
Geschäft einen ungemein raschen Aufschwung; in Wien wurde
1877 eine Filiale errichtet. Die Anstalt machte namentlich in betreff
der Musiknoten und der dekorativen Typographie bedeutende
Anstrengungen1.
Als Galvanoplastiker erwarb sich in Leipzig C. A. Kloberg,
GaivanopiMtiker als Graveur R. Gerhold Ruf. In Magdeburg zeichnete sich in diesem
Fache Feodor Schmitt (früher Falckenberg & Co.) aus, dessen
Spezialitäten Numerierwerke und alle Messingarbeiten für Buch-
binder sind.
Frankfurt a. M. behielt, mit dem benachbarten Offenbach,
Frankfurt a. M. selbst nachdem der Hauptsitz der Typographie und des Buchhandels
nach Leipzig verlegt war, die Superiorität als Sitz der Schrift-
giesserei. Ein verdientes Ansehen genoss dort schon lange die
J. Amlrcae. Schriftgiesserei vonj. Andrkae (I, s. 131), die einen wesentlichen
Kinfluss auf die Ausbildung des guten Geschmacks geübt hat. Sie
verbesserte das Konkordanzsystem und war eifrig für die Einführung
des einheitlichen Kegel- und Höhesystems (I, S. 16b) thätig. Im
Jahre 1838 ging das Geschäft auf Benj. Krebs über, der auch die
ersten guten deutschen Schreibschriften lieferte, deren Zeichen zwar,
wie die der Anglaisc, auf schrägem Kegel geschnitten, jedoch nicht
wie die letztere aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt werden
mussten. Jedes Typenstück ist zugleich ein vollständiger Buchstabe,
nur existieren, wie in der Rondr, von manchen Buchstaben Varianten
i^bis zu fünf) unter Berücksichtigung der Anschlüsse an die Nachbar-
buchstaben. Krebs hat auch durch sein für die damalige Zeit (1827)
vortreffliches und heute noch nicht übertroffenes „Handbuch der
Buchdruckerkunst" sehr wohlthätig gewirkt. Die Firma lieferte auch
vorzügliche hebräische, und in jüngerer Zeit auch Frakturschriften,
die zu den besten gehören; seit 1870 ist H. Poppemiaum alleiniger
Besitzer der Firma.
Im Jahre 1827 gründete Friedr. Dresler mit Rost-Fingerlin
f. Dn-sier. in Frankfurt eine Schriftgiesserei, die bald einen weiten Ruf erlangte.
Die Dreslerschen gothischen Schriften wurden allgemein nach-
geahmt und seine Fraktur fand sogar Eingang in die National-
druckerei in Paris. Dresler schnitt auch Musiknoten ohne Linien-
» Das „l'rol.enalbum der Buchdruckerei Julius Klinkhardt ' 1882 ist eine
Musterleistung moderner Ausstattung, namentlich neuerer Ornamentierung.
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
289
ansätze, welche für sich gesetzt und dann einer, die Linien enthaltende
Druckform aufgedruckt wurden. Doch hat dieses Verfahren trotz
des durch die Zweifarbenmaschinc erleichterten Doppeldruckcs sich
nie einbürgern können. Die Verwendung von zweierlei Metall,
Messing für die Linien und Schriftzeug für die Noten , bietet schon
wesentliche Nachteile, da die Abnutzung eine verschiedene ist, der
Druck demnach nie ein recht gleichmässigcr sein wird. Dreslcrs
tüchtiger Nachfolger Carl Mkyer verfolgte, unterstützt von Ferd. c. Mcy«.
Michael, die begonnenen Pläne weiter und II. Flinsch, in dessen n.i-wth.
Besitz das Geschäft 1859 überging, vollendete sie.
Unter Flinsch ist die Anstalt zu der grössten Deutschlands, zu
einer der grössten der Welt herangewachsen. Im Jahre 1882 waren
vorhanden : 92 Giessmaschinen, welche täglich ca. 2 Millionen Typen
liefern können, ausserdem 26 Schleif- und viele Hülfsmaschinen.
Die Zahl der Arbeiter betrug über 200. An Stempeln besass die
Offizin 106000, an Matrizen 198200. Flinsch war der erste in
Deutschland, der die Johnson- Atkinsonsche Giessmaschine einführte
und Matrizen von Stahl und Neusilber verwendete, auch für die
Güte und I lärte des Zeugs wurden grosse Anstrengungen gemacht.
Als Schriftschncider erwarb sich Joh. Chr. Bauer aus Hanau
ein grosses Ansehen. Nachdem er sich in England ausgebildet hatte, j. c ib.,rr
begann er 1828 seine schönen Frakturschriften auszuführen, von ' u*v
welchen die ersten 1852 erschienen. Nach und nach folgten andere
und Bauer schnitt über 10000 Stempel. Seine Nachfolger wirken
in gleicher Richtung. Sic haben das Patent auf die Hepburnsche
Giessmaschine erworben (s. 295), deren Frfinder seine Thätigkeit
dem Frankfurter Hause widmet.
Cosman Damian May gehört halb Frankfurt, halb London an.
Geboren in erstercr Stadt, ging er 1828 nach England und war bis c. 1» m .v.
1845 Teilnehmer der Schriftgiesserei Miller & Richard. 1852 kam
er wieder nach Frankfurt, kehrte jedoch 1865 abermals nach London
zurück. Er schnitt Frakturschriften sowohl in einer abgerundeteren
Form (Midolinc), als auch in der üblichen eckigen. Bekannter sind
seine Antiquaschriften geworden, deren treffliche Ausführung alles
Lob verdient.
Die Firma J. C11. D. Nies wurde 1834 gegründet. C.J. Ludwig,
aus der Flinschschen Schule hervorgegangen, hat sich seit 1 876 für
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2QO DIE GERMANISCHE GRUPPE. X. KAP.
j.oi, d. Nim. seine junge Firma bereits einen guten Ruf erworben. In dem
cf j.Hi'.iSwVg. benachbarten Offenbach zeichnete sich J. M. Huck & Co. und
J. H. Rust, letzterer namentlich durch seine eleganten Ornamente
und Einfassungen, aus.
Stuttgart hat in der Schriftgiesserei keine grosse Bedeutung
gehabt. In neuester Zeit machte sich Otto Wf.isert durch seine
Zierstücke, Stofflkr & Backe durch Holzschriften bemerkbar.
Solche fabrizierten namentlich Sachs & Schumacher in Mannheim,
Nachtigall & Dohle in Aachen.
In ÖSTERREICH stand die Schriftgiesserei lange auf einem
überreich, ziemlich untergeordneten Standpunkte. Eine Änderung hat man
Andr. Haasc erst Gottlieb Haase in Prag zu verdanken, der in Österreich unge-
f .5.J«»i »W fahr dieselbe Stellung einnahm, wie Ilänel in Deutschland.
Der Begründer der Firma war 1798 nach Prag eingewandert.
Sein rasch aufgeblühtes Geschäft arbeitete mit 18 Pressen und war
mit einer Schriftgiesserei verbunden. Der Sohn Andreas widmete
sich nach einer sorgfaltigen Erziehung der Buchdruckerkunst und
übernahm, kaum zwanzig Jahre alt, nach dem Tode des Vaters im
Verein mit seinen beiden jüngeren Brüdern Gottlieb und Rudolph
das Geschäft, das bald eins der bedeutendsten in Österreich wurde.
Im Jahre 1836 disponierte es bereits über eine Doppelmaschine, drei
einfache Schnellpressen, zwölf Stanhope- und vierzehn ältere Hand-
pressen, nebst zwei hydraulischen Glättpressen. Die Schriftgiesserei
zählte 45 Arbeiter und versah ganz Österreich und die Donauländer.
Eine Maschinenfabrik wurde in Wran angelegt. Nach dem Tode
Andreas' übernahm Gottlieb als Chef die Leitung der Buchdruckerei.
Ihm zur Seite stand als Dirigent der Schriftgiesserei sein Neffe
Guido; Rudolph leitete die Buchhandlung. Im Jahre 1871 ging das
Geschäft in die Aktiengesellschaft Bohemia auf, bis es Andreas
Haase später wieder übernahm.
Der sehr bedeutende Aufschwung, welchen die Wiener Schrift-
sd„iftg;ic«CTei giesserei in neuester Zeit genommen hat, entstammt zumteil den
Bestrebungen Auers, zumteil den bei der günstigen Wendung der
Pressverhältnisse nach Wien eingewanderten deutschen Geschäften.
Die jetzt bedeutendste Schriftgiesserei Meyer & Schleicher, welche
ihre Verbindungen selbst bis Japan ausdehnt, wurde, wie bereits
erwähnt, als Filiale von Schelter & Giesecke in Leipzig gegründet.
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
291
Sie führte die Atkinsonsche Giessmaschine in Wien ein. J. H. Rust
aus Ottenbach etablierte 1856 ein Geschäft. Aus einer Filiale von
Krf.bs in Frankfurt a. M. ward die Firma Poppelbaum & Bossow, jetzt
Poppelbaum. In jüngster Zeit folgte Jul. Klinkhardt aus Leipzig.
Ausser der Staatsdruckerei verbanden auch andere Druck-
anstalten mit ihren Druckoffizinen Schriftgiessercien , so v. Wald-
heim, Zamarski, Fromme. Letzterer verkaufte jedoch die Giesserei an
Brendlkr & G. Harler. Carl Brendler schnitt vortreffliche orien-
talische Schriften und die stenographischen Typen für Faulmann.
Carl Faulmann, erst Setzer, dann Stenograph und Linguist,
Verfasser mehrerer Werke über Schrifttum und Typographie', c. Fattlm.inn und
dicStcoographic.
hat sich ganz besondere Verdienste in betreff der Lösung der
schwierigen Aufgabe, die Stenographie in die Typographie ein-
zuordnen, erworben. Die ersten Versuche hatte bereits 1854
Gustav Schelter mit Typen nach Gabelsbergers System gemacht,
sie fielen jedoch nicht genügend aus. Die Staatsdruckerei Hess von
Joseph Leipold und Christian Plesse Typen nach Stolzes System
herstellen, die 1854 in München ausgestellt, für den praktischen
Gebrauch jedoch zu gross befunden wurden. 1859 zeichnete Faul-
mann für die Staatsdruckerei neue Typen nach Gabelsbergers System,
die, von Leipold geschnitten, sich als zweckmässig bewährten. 1864
erschienen wieder neue Typen von Faulmann, die er auf seine
Rechnung von Brendler schneiden Hess und die später von der
Staatsdruckerei angekauft wurden. Diese neuesten Typen reihen
sich ohne Verbindungsstücke an einander an, wie gewöhnliche
Typen. Allerdings ist die Zahl derselben, trotz einer grossen
Reduktion der früheren 1 300 Stücke, noch eine bedeutende, 800, so
dass ein Kasten sie nicht alle fassen kann , auch laufen die über-
hängenden Buchstaben beim Drucken leicht Gefahr, beschädigt zu
werden. Liegt es nun auch in der Natur der Sache, dass die
Geschwindschrift nie Gegenstand eines Geschwindsatzes werden
kann, so ist doch das Problem des stenographischen Satzes als
glücklich durch Faulmann gelöst zu betrachten 3.
F 1 Illustrierte Geschichte der Schrift. Wien tS8o. — Das Buch der Schrift.
Wien 1878. — Illustrierte Geschichte der Buchdruckerkunst. Wien 1882. —
Illustrierte Kulturgeschichte. Wien. — Stenographische Unterrichtsbriefe. Wien.
2 Österr. Buchdr.-Ztg. 1873, Nr. 29. — Journ. f. B. 1874, Nr. 16 u. 18.
19*
292
DIE Gl -.RM ANISCHE GRUPPE-
X. KAP.
Betrachten wir den grossen Reichtum an Material, welchen
Rschniunan Schriftgiessereien für Einfassungen, Ornamente, Titel-, Schreib-
schriften u. dgl. den Setzern in die I lande liefern, so können letztere
nicht darüber klagen, dass es ihnen an Mitteln gebricht, ihre
Kunstfertigkeit zu zeigen. Eher verleitet sie der Reichtum zur
Verschwendung und unter den hunderten von Schriften wird mehr
gewühlt als gewählt und sinnlose Zusammenstellungen gemacht.
Erfreulich ist es zu sehen, wie jetzt das Ausland, das fast nur von
den Derrieyschen Einfassungen zehrte, jetzt die deutschen Produkte
vielfach benutzt, die selbst in Frankreich Eingang fanden.
Übersättigung fuhrt zur Einfachheit und so haben in den letzten
Jahren die einfache typographische Linie und der Punkt (S. 304)
eine bedeutende Rolle gespielt und oft werden mit diesen kleinen
Mitteln wirkliche Meisterstücke ausgeführt, in welchen namentlich
W. Büxenstkin in Berlin, Jul. Klinkhakdt in Leipzig und die
Pierersche Hofbuchdruckerei in Altcnburg excelliercn, der in
letzterer arbeitende taubstumme Watzulik. ist ein ausserordentliches
Setzer -Genie'.
Das Stereotyp-Verfahren* wird in ausgedehnter Weise
sitreotypie. in Deutschland geübt , ohne dass dieses selbst bedeutende eigene
Verdienste um dasselbe erworben hätte, wenn sich auch Spuren
älterer Versuche zeigen.
Ein Steingutfabrikant, Schmidt in Durlach, fand auf einem
Aller« Vertuche. Schutthaufen seiner Fabrik das Bruchstück einer Schriftplatte in
Porzellan, welche den Schluss einer Dcdikation oder eines Gesuches
an den Grossherzog Karl von Baden seitens eines Müller d. ä.,
datiert Paris den 1. August 1787, enthält, des Inhalts:
„Diese Erfindung ist in Teutschland schlechterdings unbekannt.
Sie gehört dem Amtmann Hoflmann, welcher aus einer alten Familie
aus den Markgräflich - Badcnschcn Landen herstammt Ich werde
mich glücklich schätzen, wenn sie unter der Protektion Ew. Hoch-
fürstlichen Durchlaucht, durch mich, durch Errichtung einer
Polytypie eingeführt, und alle Kirchen- und Schulbücher meines
1 Eine „Anleitung zum Accidenzsatz" von Hiinr. Fischer. Leipzig 1877.
versucht ein System für den tilclfmmigen Satz aufzustellen.
- H. Mkyi.k, Handbuch der Stereotypie, liraunschweig 1838.
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
293
gnädigsten Privilegii, zuerst in Teutschland polytypiert, von mir
können abgedruckt werden. Ein Unternehmen, das der glorreichen
Regierung meines gnädigsten Fürsten ein ewiges Denkmal stiften
und den wärmsten Dank aller edlen Seelen verdienen wird; denn
das Werk ist eines Fürsten würdig.
Ich ersterbe ehrfurchtsvoll
Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht
unterthänigster treu-gehorsamer Knecht
Müller älter."
Im Jahre 1805 machte Vincenz von Pallhausen in München,
unterstützt von dem Xylographen Th. Neuer, einen Versuch zu v. v. p.iiih.uu
stereotypieren. Ehe dieser einigermassen gelang, verunglückten
verschiedene Platten. Von den hiervon noch übrig gebliebenen,
deren Inhalt ein Gedicht auf Gutenberg bildet, veranstaltete Prögel
in München 1836 einen Abdruck in einem Büchlein: „Denkmal in
Stereotypen den Manen Gutenbergs 1805 gewidmet von Vincenz
von Pallhausen".
Polytypen, Plakat- und grössere Titelschriften waren längst
mit der Hand clichiert worden. Die Clichiermaschine von Pfnorr in
Darmstadt erleichterte sehr das Verfahren
Die ersten, welche das Stanhopesche Verfahren in Deutschland
erwarben und ausbeuteten, waren v. Decker und K. Tauchnitz; sunhope*
1819 kam es nach Österreich. Die Stereotypendrehbank 2 verein- Stcrio'>p,c
fachte die Arbeit. Eine grosse Förderung gewährte die Papier-
stcreotypie (s. 153;. In Deutschland war Georg Jaquet in München
der erste, der das Verfahren 1834 erwarb. Für die weitere Ver-
breitung wirkten namentlich Tu. Archimowitz und J. Isermann in
Hamburg K
Versuche mit Stereotypen in Eisen wurden schon 1805 auf
Veranlassung des Buchhändlers Gädickk in Berlin gemacht. Auf stereotyp in
den Rübeländer Eisenwerken im Harz brachte Zieglkr nach jahre-
langem Arbeiten eine vollständige Bibel in dieser Weise zustande.
' Journ. f. B. 18 J5, Nr. 5; 1838, Nr. 1.
■t Juurn. f. B. 1837, Nr. 5.
3 Tu. Archimowitz, Die Papierstereotypic. Karlsruhe 1S62. — A. vos
Fi. vmmknstern, Stereotypie in Österreich. Wien 1S22.
294 DIE GERMANISCHE GRUPPE. X. KAP.
So vorteilhaft die Stereotypie ist, namentlich zur Herstellung
der Cliches von Abbildungen, ohne welche die illustrierte Litteratur
nie eine so enorme Ausdehnung hätte erreichen können , so wurde
sie doch bedeutend durch die Herstellung von Cliches auf galvano-
plastischem Wege übertreffen.
Die Galvanoplastik 1 ist eine Erfindung des Deutschen Moritz
r.aiv.inopiasuk. Hermann Jacobi aus Potsdam. 1835 erhielt dieser einen Ruf nach
. .'iVsopt'0'»»!. Dorpat, 1837 nach St. Petersburg. Bereits in diesem Jahre erfand
f 10 Mur/i«7t. ^ ^ Verfahren, auf chemischem Wege Kupfer abzulagern, und,
abgesehen von den sonstigen hochwichtigen Verwendungen, druck-
bare Kupferplatten sowohl flir den Tiefdruck auf der Kupferdruck-
presse als für den Hochdruck auf der Buchdruckpresse, je nach dem
Original, zu erzielen. Das Verfahren kaufte die russische Regierung,
die mit einer höchst anerkennenswerten Liberalität es der Allge-
meinheit preisgab. Die erste Veröffentlichung geschah in dem
Bulletin der Akademie zu St. Petersburg vom 5. Oktober 1838.
Die Galvanoplastik ward jedoch für das Geschäft zu einer zwei-
MUsbrauch «icr schneidigen Waffe. Die Möglichkeit, durch ihre Hülfe von einem
(Jichc oder einer 1 ype eine getreue Mater herzustellen, somit ohne
Kosten und Mühe sich die Arbeit des Stempelschneiders oder
I lolzschneiders anzueignen , wurde stark gemissbraucht. Nicht nur
über die Produkte des Auslands fiel man her, sondern auch die
Kollegen im Inlande wurden nicht geschont und ein Gesetz verbot
diese kollcgialische Beraubung nicht. Hier konnte nur Sclbsthülfc
wirken und am 15. Mai 1857 konstituierte sich auch ein deutscher
Schriftgiesser -Verein, jedoch erstens waren nicht alle Schrift-
giessereien Mitglieder des Vereins und zweitens konnte dieser weiter
keine Strafe diktieren, als öffentliche Bekanntmachung von Kontra-
ventionen, und diese genügte nicht immer. Erst der Erlass des
Reichsgesetzes zum Schutze der Muster vom 1. Juli 1873 konnte
dem Übel steuern.
Ein grosser Fortschritt in der Galvanoplastik ist die Gewinnung
von Cliches durch die dynamo - elektrische Maschine, welche als
« A. 11 kr im;, Die Galvanoplastik und ihre Anwendung in der Kuchdnickcr-
kun>t. 7. Ausg. — 1'. von Kosixkur, Handbuch der Galvanoplastik. Deutsche
Obers. Stuttgart. — Dr. G. Sixi.horst, Katechismus der Galvanoplastik. 2. Aufl.
Leipzig.
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
295
Ersatz für die galvanischen Elemente eintritt und einen kraftigen Die liynamu-
elektrischen Strom durch Verbindung eines mit Kupferdraht M«d.inc?
umwickelten, sich rasch drehenden Eisenringes und eines Elektro-
magneten hervorbringt, welcher stark genug ist, um damit in
wenigen Stunden ein Clichö zu erzielen. Diese, namentlich von
Sigm. Schuckert in Nürnberg und Siemens & Halske in Berlin
erbauten Maschinen sind, wo Dampfbetrieb einmal vorhanden ist,
mit einem geringen Kostenaufwande zweckmässigst zu benutzen'.
Zu erwähnen bleibt noch die Vernickelung der Typen, eine
Erfindung des Prof. Bötticher in Frankfurt a. M., die jedoch, da sie in v\rmtk«iUOg.
Deutschland keinen Anklang fand , nach Amerika auswanderte, um
dann von dort als Neuheit nach Deutschland importiert zu werden.
Die GIESSMASCHINE ist keine deutsche Erfindung, sie gelangte
aber in Deutschland zur grossen Verwendung. E. Hänel war der Die schnftgi«*»-
erste, der sie hier baute, nachdem er das Patent Lauritz Brandts
(Kap. XVI) erworben hatte. Ein Schüler Brandts, Corfitz Möller aus
Kopenhagen, baute Giessmaschinen bei F. A. Brockhaus in Leipzig,
Gursch & Klemm und C. Kisch in Berlin, Steiner in München und
Rob. Köhnau in Leipzig waren bestrebt, sie zu verbessern. Grosse
Verbreitung fanden die amerikanischen Apparate. Auf die neue
Ilepburnsche Maschine (S. 39) hat, wie schon erwähnt, die Bauer-
sche Giesserei in Frankfurt das Patentrecht.
Das anfängliche Misstrauen gegen die Giessmaschinen, hervor-
gerufen durch die, wegen der eingeschlossenen Luft verursachten
Hohlheiten im Guss sowie die Unmöglichkeit der Verwendung
von Hartmetall, ist nach Beseitigung dieser Übclstände durch ver-
besserte Konstruktion verstummt und die Giessmaschinc steht jetzt
in der Schriftgiesscrci ebenbürtig der Schnellpresse in der Buch-
druckerei zur Seite.
Die Setzmaschine 2 (S.40) bahnt sich in Deutschland langsam
den Weg und hat auch hier wenige praktische Verbcsserungen Du seu.
gefunden. Erst in neuester Zeit nehmen die Erfindungen von
Prascii in Wien, von A. v. Langen in Düsseldorf im Verein mit
C. G. Fischer auf Schloss I lolte in Westfalen 3, sowie von E. W.
Brackelsberg in Hagen* die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch,
» Journ. f. H. 1877, Nr. 38. — I.illcr.ttur der Setzmaschine s. S. 40 u. ff. —
J Juurn. f. H. 1881, Nr. 33 u. 34. — 4 Östcrr. B.-Zlg. 1882, Nr. 34; 1883, Nr. 2.
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296
DIE GERMANISCHE GRUPPK.
X. KAP.
namentlich wird die Ablegemaschine der letzteren allgemein gelobt,
jedoch sind diese Erfindungen noch zu neu, um ihnen in der
Geschichte der Typographie jetzt schon einen bestimmten Platz
anweisen zu können.
DIE ILLUSTRATION.
Die grosse Ausdehnung der Illustration in dem XVI. Jahr-
J>i.j lllustrMH.il hundert lernten wir bereits kennen (I, S. 105). Die Holzschnitte
im Nwujjirh. ^ Stiche Dürers hatten überall Eingang gefunden. Die Gegen-
stände aus dem profanen Leben waren jedem verständlich und auch
die Darstellungen aus der heiligen Schrift in ihrer Naivetät ganz
dem Fassungsvermögen des Publikums angemessen. Nicht so rasch
gestaltete sich die Verallgemeinerung der Renaissance. Es fehlte
dem grösseren Publikum der Sinn für die Schöpfungen derselben,
der Zusammenhang mit dem Altertum war nicht wie in Italien
vorhanden, und unter den Leiden des dreissigjährigen Krieges ging
vollends der Geschmack an edleren Genüssen verloren. Die später
eindringende französische Malerei diente namentlich zur Verherr-
lichung der Machthaber und stand dem Volke fern. Das Bedürfnis
nach Schmuck im kleinen war aber doch nicht untergegangen und
zeigte sich auch in der zweiten Hälfte durch einen Aufschwung in
der Bücher-Ornamentierung und der Illustration.
Die Holzschneidekunst war inzwischen so gut wie abhanden-
gekommen und man nahm deshalb Zuflucht zu dem Kupfer. Kaum
i i'Ji.r. ein Buch erschien, welches nicht wenigstens eine Titelvignettc,
einige Kapitel -Anfangs- und Schlussvignctten aufwies. Von dem
Ornament ging man zur wirklichen Illustration über und diesmal
kam der Anstoss von Frankreich, wo die Illustration jedoch einen
mehr aristokratischen Anflug hatte, während sie in Deutschland,
wie in früherer Zeit, den volkstümlichen Charakter annahm und
namentlich eine Begleiterin der vielverbreitcten Kalender wurde.
Einer der grössten Meister in dieser illustrierenden Kleinkunst
war Danikl Chodowikcki, geboren in dem damals noch zu Polen
gehörenden Danzig. Da der Vater frühzeitig starb, musstc Daniel ein
I landwerk ergreifen, spater konnte er jedoch seiner Neigung folgen
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
297
und bildete sich unter der Leitung des Malers Haid mit Erfolg für
die Kunst aus. Mit dem Jahre 1764 traten seine Arbeiten mit der
Radiernadel in den Vordergrund; 1769 lieferte er die ersten zwölf
Blätter Illustrationen zu Lessings „Minna von Barnhclma. Von nun
an häuften sich die Auftrage der Buchhändler derart, dass seine
ganze Arbeitskraft dazu gehörte, um sie zu bewältigen, und es giebt
kaum einen bedeutenden Schriftsteller damaliger Zeit, dessen Werke
er nicht illustriert hätte.
Der Holzschnitt trat jedoch nicht gleich die Erbschaft an und
es dauerte noch eine Zeit, ehe man an diesem wieder Geschmack Der ituioihmu.
fand; wesentlichen Anteil an der Erweckung desselben haben die
beiden Unger, Vater und Sohn1.
Johann Georg Unger, der Vater, stammt aus Pirna bei Dresden.
Erst Schriftsetzer, widmete er sich seit 1757 ganz dem Holzschnitt, j <;.ungin« ...
Zu seinen besten Arbeiten gehören „Fünf geschnittene Figuren, ' ,7'5' '7Ö*'
gezeichnet von O. Meilu.
Jon. Friedr. Unger, der Sohn, war in Berlin geboren. Auch
er begann als Buchdrucker, erwarb jedoch als Holzschneider einen j. f. u»«<r.j. j
noch grösseren Ruf als sein Vater. Bekannt sind seine „Sechs
Figuren für Liebhaber der schönen Künste" (1779) und von Vignetten
lieferte er eine grosse Zahl. Als Schriftsteller versuchte er durch
mehrere Fachbroschüren zu wirken ; seine Bemühungen für die
Verbesserung der Frakturschrift hatten keinen Erfolg. Im Jahre
1800 wurde er Professor der Holzschneidekunst.
Derjenige Holzschneider neuerer Zeit, der zunächst als der
geistige Erbe Chodowieckis angeschen werden kann und am
meisten dazu beigetragen hat, den Holzschnitt aufs neue populär zu
machen, ist Friedr. VVii.h. Guuitz. Im Alter von 1 5 Jahren stellte i- w.cub.u
er auf der Berliner Kunstausstellung sieben Vignetten aus, die ihm f l J"»' •«;<••
Ehre und Geld einbrachten. 18 12 wurde er Professor der Holz-
schneidekunst. 1835 begann er seinen Volkskalender, der mit seinen
zahlreichen Illustrationen rasch eine grosse Popularität erlangte.
Für Buchdrucker lieferte er eine enorme Anzahl von Polytypen,
darunter auch eine Serie fürDidot in Paris. Sein in Farben gedruckter
Heiland nach Lucas Cranach, das Bildnis der Gräfin Voss, seine
Blätter in Tuschmanier gehören zu den besten Arbeiten ihrer Art.
» M\X Sciiasler, Die Schule der Holzschneidekunst. Leipzig 1866.
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298 DIE GERMANISCHE GRUPPE. X. KAP.
Gubitz gehörte noch ganz der alten Schule an, welche in dem
Holzschnitt mit dem Kupferstich konkurrieren wollte. Er schnitt
immer noch in Langholz. Eine eigentliche Schule bildete er nicht
und sein talentvollster Schüler Unzelmann war in der Manier das
gerade Gegenstück zu Gubitz.
Zu nennen sind noch J. Ritschl von Hartenuach, der sich
R.«*chiv. jedoch nicht bis zur Meisterschaft erhob; der Kammersekretär
"iTv?y Wilh. Pfnorr in Darmstadt, ein Dilettant, der aber Tüchtiges
owVogddia. namentlich in ornamentalem Schmuck lieferte, und Daniel Vogel,
der Vater, in Berlin.
Der erste bedeutende Repräsentant der neuen Richtung der
Holzschneidekunst ist Friedrich Unzf.lmann aus Berlin. Seine
• i t»si- künst|crjsc]ie Ausbildung erhielt er auf der königlichen Akademie.
Bis 1827 arbeitete er für Gubitz. Nach seiner Trennung von diesem
zeigte er sofort eine freiere Handhabung der Technik. Bis jetzt
hatte er, wie Gubitz, nur mit dem Messer in Langholz gearbeitet,
jetzt griff er zum Stichel und zu dem Hirnholze.
Unzclmann stellte sich die Aufgabe, die ja auch die einzig
wahre des Holzschneiders ist, wenn eine für den I Iolzschnitt korrekt
gezeichnete Vorlage vorhanden ist, die Zeichnung vollständig
faesimile wiederzugeben. Er lieferte viele Blätter zu den damals
erscheinenden illustrierten Werken, namentlich A.Menzels „Friedrich
der Grosse44, und zu den auf Rechnung des Königs von Preussen
herausgegebenen Werken seines grossen Vorfahren. Ein Jubelblatt
aus dem Jahre 1840, Gutenberg und Fust an der ersten Presse, ist
in dem Archiv des Berliner Kupferstichkabinetts deponiert, um
1 940 aufs neue gedruckt zu werden. Im Jahre 1 843 wurde Unzelmann
Mitglied der Akademie, 1844 Professor.
Der bedeutendste Schüler Unzelmanns, vielleicht an Genialität
F.d. KrcUn.ltm.tr ihm nicht ganz gleichkommend, aber von noch grösserem Ein-
•}■ .»ss!*'7' fluss auf die Förderung der deutschen Xylographie, war Eduard
Kretzschmak, aus Oschatz gebürtig.
Schon frühzeitig äusserte sich seine Neigung für die zeichnenden
Künste; Armut zwang ihn jedoch, als Laufbursche in der Brock -
hausschen Buchdruckerei zu dienen. Später wurde er Konditor-
lehrling, übte dieses Geschäft elf Jahre und zeigte sein plastisches
Talent, indem er Formen für Kuchenverzierungen schnitt. Als im
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X. KAP.
DI K SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
299
Jahre 1833 das Pfennigmagazin erschien, wagte er sich an einen
Holzschnitt, den er mit einem Federmesser in Birnbaumholz aus-
führte. 1836 ging er nach Jfcrlin und arbeitete unter Unzelmanns
Leitung. Die erwähnte illustrierte „Geschichte Friedrichs des
Grossen" von Menzel war das erste Werk, durch das Kretzschmar
eigentlich Gelegenheit bekam, sein Talent zu entfalten und das
zugleich ihm Veranlassung wurde, ein xylographisches Institut in
Leipzig zu gründen , um genügend tüchtige Kräfte heranzubilden,
welche selbst die Anforderungen eines Menzel, dieses Schreckbildes
der Holzschneider, befriedigen sollten, ein Vorhaben, das dem mit
allen Eigenschaften eines guten Lehrers Ausgerüsteten auch vor-
trefflich gelang.
Als 1843 die „Illustrirtc Zeitung" erschien, waren die zu
überwindenden Schwierigkeiten gross. Anfänglich musste natürlich
das Ausland zum wesentlichen Teil mit Clichcs aushelfen, doch
dauerte diese Abhängigkeit nicht lange. Kretzschmar erweiterte
sein Atelier und richtete es fast ganz auf die Bedürfnisse der
„Illustrirtcn Zeitung" ein. Bei seinem Tode ging es in die Hände der
Kxpcdition der „Illustrirtcn Zeitung" über. Die von Kretzschmar
meist zum Experimentieren angelegte vortreffliche kleine Kunst-
druckerei erwarb Pn. Grumbach.
Die Brüder Albert und Oito Vogel in Berlin traten ganz in
Unzelmanns Fussstapfen. Beide konnten auf Grund ihrer Verhält- Aih. Vogei
nissc nicht ihrer Neigung folgen, die Albert zum Kupferstechen und uuo Voßei
zur Malerei, Otto zur Skulptur hinzog. Beide lieferten Vortreffliches,
doch ist Otto der bedeutendste und seine Schnitte nach Menzels
Zeichnungen sind wahre Meisterstücke.
Eine besondere Bedeutung hat Caspar Braun aus Aschaffen-
burg *, der den Holzschnitt in München heimisch machte und durch Caspar »raun
die „Fliegenden Blätter" einen weitverbreiteten Namen erwarb.
Erst ging er nach München, um sich in der Malerei auszubilden, und
dann nach Paris, wo er zwei Jahre bei Breviere arbeitete. Nach
seiner Rückkehr gründete er mit v. Dcssaucr ein Holzschneideatelier
und arbeitete namentlich für die Cottaschen illustrierten Ausgaben,
bis er sich mit Friedr. Schneider zur Herausgabc der „Fliegenden
Blätter" verband.
» Ann. d. Typ. 1877, Nr. 425.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
X. KAP.
Hugo Bürckner aus Dessau war erst Bereiter, wandte sich aber
litis» p.ntkncr bald dem Zeichnen und Malen zu und ging 1837 nach Düsseldorf.
G.«..«. Ein Zufall veranlasste ihn, sich für die Holzschneidekunst als Beruf
zu entscheiden. Im Jahre 1840 folgte er dem nach Dresden über-
gesiedelten Maler Hübner, nachdem er erst einen kurzen Unter-
richt bei Unzclmann genossen hatte. Seine Thätigkeit widmete er
namentlich den im strengeren künstlerischen Stil gehaltenen buch-
händlerischen Unternehmungen G. Wigands und T. O. Weigels. In
ahnlicher Richtung zeichnete sich Gaber in Dresden aus.
Von Bedeutung sowohl als Kupferstecher wie als Holzschneider
Hcinr. i..jiici ist Heinr. Lüdel aus Hameln. Er lernte die Buchbinderei, ging
nach Göttingen und versuchte sich dort im Schneiden von Ver-
goldestempcln und Vignetten, schliesslich im Kupferstechen. Durch
einen Holbeinschcn Totentanz erwachte seine Neigung für den
Holzschnitt, in welchem er sich besonders durch getreue Repro-
duktionen älterer Meisterwerke auszeichnete.
Die Bestrebungen J. G. Flegels in Leipzig waren stets auf
j. g. KkKd Vervollkommnung seiner Kunst gerichtet. Seine mikroskopischen,
naturwissenschaftlichen und anatomischen Arbeiten sind nicht über-
trofien und nur durch Betrachtung durch die Lupe ganz zu
würdigen. Vorzüglich sind auch seine Nachbildungen Rcmbrandt-
scher Radierungen. Viele seiner besten Arbeiten finden sich in den
Verlagswerken Willi. Engelmanns verstreut. Besonders in tech-
nischen Illustrationen zeichnen sich Klitzsch & Rochlitzer aus.
In neuerer Zeit hat Stuttgart sich in der Xylographie nament-
lich durch das Institut von Ai». Closs ein hohes Ansehen erworben.
Ks wird Gelegenheit sein, hierauf in dem folgenden zurückzu-
kommen (Kap. XIV). Kine hervorragende Stufe nimmt die Anstalt
von R. Brend'amour & Co. in Düsseldorf mit Zwciganstaltcn in
Düsseldorf, Berlin, Leipzig und Stuttgart ein.
Österreich hat in der Xylographie, ganz besonders in dem
j » .iv».,! Clairobscur- und dem Polychromdruck, bedeutende Namen auf-
f 1**. 7uwcjsen Tjnter den wenigen Leistungen aus der zweiten Hälfte des
xviii. Jahrhunderts sind die Clairobscur- Blatter von Joh. Gottl.
I'kestel ruhmlichst zu erwähnen, namentlich eine Kreuzabnahme
nach Raphael. Auch Karl Frieur. I Ioltzmann (1740— 181 1) lieferte
Tüchtiges in dieser Richtung. Die vorzüglichsten seiner Arbeiten
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
30I
erschienen gesammelt als „Abdrücke in Helldunkel nach ver-
schiedenen Meistern". Er wandte, wie schon altere Künstler es
gethan hatten, Kupferstich in Verbindung mit Holzschnitt an und
druckte mit zwei bis zu sechs Platten. Auch von Karl Ruprecht
(1799 — 1831) existieren gute C/airofccur -Blätter.
In seiner Arbeitsweise mit Gubitz verwandt, jedoch als Künstler
weit bedeutender ist Blasius Höfkl. Er war in Wien geboren und n. n .fd
• • 27. Mai 17g?,
zeigte frühzeitig ein ungewöhnliches Zeichentalent. Nach vielen i- >7-s«n"
Schwierigkeiten gelang es ihm, einen Platz in der Akademie der
bildenden Künste zu erlangen. Um dort am Tage studieren
und arbeiten zu können, musstc er in den Nachtstunden seinen
armlichen Lebensunterhalt durch Illuminieren von Bildern erwerben.
Anfangs widmete er sich mit Erfolg der Malerei , ging jedoch bald
zum Kupferstich über und lieferte eine grosse Anzahl von Blattern,
allein 120 Porträts für Artaria. Im Jahre 1820 erhielt Höfel die
Professur des freien Handzeichnens an der Militär- Akademie in
Wiener-Neustadt.
Auf einer Reise in Deutschland im Jahre 1829 lernte er Gubitz
und Unzelmann kennen und sofort die Wichtigkeit der neuerwachten
Holzschneidekunst begreifend, warf er sich mit Eifer auf dieses
Verfahren. Eine seiner ersten Arbeiten: -Betende Alte" nach
Waldmüller wurde in 1 27 000 Exemplaren verkauft. Die Aufmerk-
samkeit des Fürsten Metternich ward auf Höfel gelenkt, auf dessen
Anregung erfasstc er die von Collas erfundene Reliefmanier und
lieferte treuliche Platten zu dem „Ehrentempel Österreichs". Eben
im Begriff nach Paris zu gehen, verlor Höfel Haus und Habe durch
einen grossen Brand, welcher 633 Häuser in Wiener- Neustadt am
8. September 1834 in Asche legte, und er musste nun von neuem
anfangen. Eine Verbindung mit der Nationalbank führte nicht zu
einer dauernden Anstellung und infolge einer Reorganisation der
Militär- Akademie in Neustadt wurde Höfel pensioniert. Er verband
sich nun, um seine Erfindungen auszubeuten, mit dem Buchdrucker
Sollinger. Letzterer erhielt bei der Industrie - Ausstellung in
Berlin 1840 die goldene Medaille. Höfel ging leer aus. Bei seinem
nun folgenden Versuch mit einer eigenen Buchdruckerei geriet er
in Konflikt mit dem Gremium der Buchdrucker und Buchhändler,
woraus ihm viel Vcrdruss und viele Verluste entstanden.
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302
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
X. KAP.
Im Jahre 1845 stellte er eine Anzahl der schönsten Farben-
drucke aus, darunter eine Madonna nach Führich in 25 Platten auf
Goldgrund. Die Verhältnisse des Jahres 1848 zwangen Höfel, sein
Geschäft um jeden Preis zu verkaufen. Er ging nun nach Salzburg
und baute sich in dem am Fusse des Gaisberges reizend gelegenen
Dorfe Aigen einen Meierhof, wo er den Rest seiner Tage, mit der
Ausführung verschiedener grosser Stahlplatten beschäftigt, ver-
brachte.
Auf Aufforderung von G. Haase Söhne lieferte er für die Aus-
stellung in München einen lebensgrossen Christuskopf nach Hübner
in der Baxterschen Manier, 22 Platten Farbe auf Farbe ohne Kon-
turen gedruckt. Das Bild erschien in vier Auflagen. Trotz seines
schweren Kampfes mit dem Leben behielt Höfel noch im Greisen-
alter seine jugendliche Geistesfrischc und seinen Unternehmungs-
geist, bis eine Lungenlähmung seinem vielbewegten Leben ein
Ende machte.
Friedrich von Exter, ein Schüler Höfels und einer der
f. v. Exter geschicktesten Holzschneider der Anstalt von Braun & Schneider
• 7. Marz i8io, # i-i
I v7. juni 1B60. in München, wurde 1846 von Auer als Leiter der xylographischen
Abteilung der Staatsdruckerei nach Wien berufen. Zu seinen besten
Leistungen gehören „ Kaiser Joseph an der Buchdruckerpresse4 und
„Karl V. im Kloster St. Just". Zu den Peiutures de Polygnote a
Delphe der Gebr. Riepenhausen lieferte Exter die ersten zwölf
Tafeln in Chromoxylographie, die späteren Platten wurden litho-
graphisch ausgeführt.
Heinrich Knöfler aus Schmölln im Altenburgischen brachte
h. Knofier es von einem einfachen Tischlcrgesellen zu einem hervorragenden
xylographischen Künstler und Kunstdrucker. Prof. von Berger in
Wien war der erste, welcher auf sein ausserordentliches Talent
aufmerksam wurde. Den Unterricht in der Xylographie erhielt er
von Bader, der von Stuttgart nach Wien übergesiedelt war. Ein
Holzschnitt Knöflers, „Der Stephansturm", wurde sehr bewundert
und verschaffte ihm eine Anstellung in der Staatsdruckerei, welche
er später mit einer solchen bei Zamarski vertauschte, bei dem er
sich viel mit dem Chromodruck beschäftigte.
Seinen hauptsächlichsten Ruf erwarb sich Knöfler durch seine
Miniaturen zu dem bei Reiss erscheinenden Missale und durch seine
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X. KAP.
DIE SCHRIFT UND DIE ILLUSTRATION.
303
Illustrationen zu den liturgischen Werken Pustets in Regensburg.
Eine ihm von Didot angebotene ehrenvolle und vorteilhafte Stellung
lehnte er ab. Knöfler ist namentlich ein Meister in der Behandlung
der Köpfe seiner kleinen Figuren. Eine seiner bedeutendsten
Leistungen ist die Nachbildung des Marien fensters des Prof. Trenk-
wald in der Votivkirche zu Wien. Ferner sind die Illustrationen zu
dem „Ägyptischen Joseph" und zu Führichs „Geistliche Rose" zu
nennen.
Ein ehemaliger Schüler und Mitarbeiter Knöflers, Hermann
Paar , arbeitete mit Biberhofer zusammen. Die Aufmerksamkeit
wurde auf ihn durch den Druck der von Bader geschnittenen
Trachtcnbilder Albr. Dürers gelenkt. Sein Bildnis eines Unbe-
kannten nach Jan van Eyck ist eine vollendete Leistung, ebenso
sein Kegelschieber nach Ostade. Ein Xylograph ersten Ranges
ist der mehrerwähnte Bader. Sein Panorama von Wien im Jahre
1873 hat bei einer Höhe von 77 cm eine Länge von 122 cm.
In Verbindung mit der Xylographie müssen wir noch zwei
Verfahren nennen, die, wennauch ihr praktischer Wert kein ausser-
ordentlicher ist, doch dem Fachmann von Interesse sind.
Die erste ist die Planotypie '. Eine Zeichnung in Linien wird
auf Lindenholz getragen. Mittels einer durch eine Stichflamme Die punot)P.c
glühend gemachten Stanze wird die Zeichnung Strich für Strich in
das Holz vertieft eingebrannt und so eine Matrize gebildet, in
welche eine leicht flüssige Metalllegierung gegossen wird. So wird
ein erhabenes Cliche erzielt, mit welchem man, nachdem die Ober-
fläche vollständig egalisiert worden ist, drucken kann. Das Ver-
fahren wurde zuerst von Lepel, früher in Berlin, dann in Dresden,
verwendet, namentlich für die sehr grossen Musterbogen der Moden-
zeitungen, aufweichen die verschiedenen Muster für das Zuschneiden
auf einer Platte sich kreuzen.
Mit vielem Geschick ist diese Methode zur Illustrierung eines
umfangreichen Werkes „Trachten der Völker in Bild und Schnitt"
(Dresden, bei Müller, Klemm und Schmidt) verwendet, über 1000
Figurenbilder sind in dieser Weise in Umrissen wirksam und
cliaraktcristisch hergestellt.
• II. Klimm, l)ic ltanotypic. Dresden 1S71.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
X. KAP.
Ein anderes Verfahren oder vielmehr eine besondere Ver-
siigm.iiypic von wendung der einfachsten typographischen Figur, des Punktes, zur
malerischen Typographie, die STIGMATYP1E, fand besonders in
Wien durch Carl Fasol Pflege.
Mit fünf Graden von Punkten liefert derselbe nicht allein die
kompliziertesten Ornamente, sondern auch förmliche bildliche Dar-
stellungen: Porträts, Architektonisches, landschaftliches, Blumen-
und Fruchtstücke mit Licht- und Schatteneffekten, die, wenn man
des benutzten Materials eingedenk bleibt, geradezu wunderbar sind.
Die Zeichnung wird auf karriertes Papier ubertragen und zur
Erleichterung beim Setzen die Stärke der zu wählenden Punkte
durch Farbennuancierungcn kenntlich gemacht. Um die unendliche
Muhe einer solchen stigmatypischen Arbeit zu beurteilen, mag die
Erwähnung des Umstandes geniigen , dass zu einem Fruchtstück in
der Grösse von 11x13 Zoll etwa «So 000 Punkte gehörten. Man
muss dem bedeutenden Talent und der grenzenlosen Ausdauer des
Künstlers seine Achtung zollen, jedoch nicht ohne eine herbe
Heimischung von Bedauern, dass doch nur bedingungsweise Ge-
lungenes zustande gebracht werden kann, was man mit weniger
Muhe und Aufwand in anderer Weise besser und leichter hätte
erzielen können. Doch bleiben diese stigmatypi sehen Arbeiten eine
Anspornung für den Typographen, sein Material gut zu benutzen,
wenn er sieht, mit wie wenigen Mitteln sich etwas 1 Iübschcs schaflen
lässt und deshalb verdienen die von Fasol herausgegebenen Proben
(„ Album der Buchdruckerkunst", fünf Hefte in Folio, 1S68— 1SS1)
einen Platz in jeder grösseren Druckanstalt und in jeder typo-
graphischen Gesellschaft.
1
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XI. KAPITEL.
DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN
IN DEUTSCHLAND.
Fr. König und die Schnellpresse. Pie Bedeutung derselben. Tugcndgcschichtc
Königs. Seine Rückkehr aus England. Etablissement König & Hauer in
Oberzell. Kampf und Sieg. Die Zueifarbenmaschine. Die Kndlose. Die
Maschinenfabrik Augsburg und andere Fabriken Deutschlands. Heibig &
Möller in Wien und andere Fabrikanten Österreichs. Die lithographische
und die zinkographische Schnellpresse. Die Handpressen. Die Satinicr-
Schncllpresse. Die Farbenfabrikation.
M 17. April 1874 waren hundert Jahre vergangen
seit dem Tage, an welchem Friedrich König, der Fr. Kä »»rund die
Schnellpres«-.
I u finder der Schnellpresse, in Eisleben das Licht der
Welt erblickt hatte'. „Eine kleine Stadt war sein
Geburtsort, aber ihr Name hatte Weltruf erlangt,
denn in Eisleben stand die Wiege des grossen Reformators, Luther,
den hunderte, über das ganze Erdenrund verbreitete Millionen als
den Befreier von dem auf dem Geiste lastenden Druck verehren ;
dessen Name jeder gebildete Deutsche, der Genuss und Belehrung
•
* Die folgenden Zeilen sind einem Glückwunschschreiben entnommen,
welches der Herausgeber dieses Buches als Sekretär des Deutschen Nuchdrucker-
Vercins an die Söhne Friedrich Königs zum 17. April 1S75 abzufassen hatte
(vgl. Annalcn d. Typ. Nr. 301). Dieses Schreiben sowohl wie der Jubelartikel
in dem Journ. f. B. 1875, Nr. 15fr. kamen jedoch, wie nach späterer Fest-
stellung des Geburtsjahres Königs hervorgeht, um ein Jahr zu spät.
20
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3o6
DIE GI-'K MANISCHE GRUPPE.
XI. KAP.
in den Werken sucht, welche die Heroen der deutschen Litteratur
und Wissenschaft schufen, als den des Reformators der Mutter-
sprache hoch hält, selbst wenn er dem Träger desselben auch nicht
als Reformator in Glaubenssachen huldigt."
„Wie wäre jedoch die weltbewegende Wirksamkeit Luthers
Kulttirhiitor. gehemmt gewesen, wenn er nur auf das gesprochene Wort und auf
'Üfiodungder die Verbreitung desselben durch Niederschrift angewiesen gewesen
wäre, wenn ihm nicht die thätigen Pressen Wittenbergs und Leipzigs
fordernd zur Seite gestanden hätten. Glücklich müssen wir uns
preisen, dass die deutsche Erfindung Gutenbergs es ihm möglich
machte, seine zündenden Blitze nach überall hinzuschleudern."
„Und doch, wie unvollkommen und langsam war die damalige
I Iülfe der Presse, wenn wir sie mit derjenigen vergleichen, welche sie
uns heute leistet. Vergegenwärtigen wir uns, wie viel durchgreifender
und wie unendlich schneller die Erfolge der reformatorischen Thätig-
keit Luthers hätten sein müssen , wenn man derzeit über diejenigen
mechanischen Hülfsmittel zu verfugen gehabt hätte, die uns jetzt
zu Gebote stehen ; wenn die Schnellpresse damals dienend zur
Seite gestanden hätte; wenn diejenige Reform im Druckwesen,
welche die Times vom 29. November 18 14 den staunenden Lesern
verkündete, gleichzeitig mit der Reform des Glaubens und der
deutschen Sprache ins Leben getreten wäre."
„Doch verlieren wir uns nicht in Phantasien über das, was hätte
werden können , und halten wir uns an die grosse Errungenschaft,
wie wir sie wirklich jetzt besitzen. Die Schnellpresse gehört
unserer Zeit. Sie ist ein Kind des XI X.Jahrhunderts und hat wieder
so unendlich viel dazu beigetragen, dieses zu einem der denk-
würdigsten in der Geschichte der Entwicklung der Menschheit zu
machen. Sic hat die Presse zu der sechsten, oder wenn wir wollen,
zu der ersten Grossmacht herangebildet, sie hat der öffentlichen
Meinung, verkörpert in dem Journalismus, eine Macht verliehen, vor
der sich selbst die Mächtigsten der Erde beugen, sie trägt die
Bildung bis in die Hütte und macht es dem Ärmsten möglich, an
den geistigen Genüssen, welche gottbegabte Männer uns bereiteten,
teilzunehmen, sie hat, wie die Grabschrift des Erfinders sagt, „der
Presse Elügel verliehen, ohne welche sie ihr zehnfaches Tagewerk
nicht genügend würde erfüllen können."
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XL KAP. DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND.
307
Der Vater Königs war ein schlichter Ackerbauer, die Mutter
eine vortreffliche Frau, die dir einen guten Unterricht des Sohnes Komc* juCci>.j
^ geichithtc.
Sorge trug. Zu Johanni 1790 kam Friedrich in die Buchdrucker-
lehrc bei J. G. J. Breitkopf und wurde Michaeli 1794 losgesprochen.
Jede freie Stunde verwendet er auf seine Ausbildung, hörte später
Vorlesungen und beschäftigte sich wahrscheinlich schon frühzeitig
mit Plänen zur Verbesserung der Holzpresse und mit dem Gedanken,
Stempel in Platten einzudrücken, um in letztere Stereotypplatten zu
giessen. In betreff der Konstruktion einer Tiegeldruck-Schnellpressc
war er schon im Jahre 1805 mit sich ins Reine gekommen, denn
in diesem Jahre wendete er sich von Wien aus an den Kaiser von
Kussland und bietet ihm die Erfindung an. Die Pläne wurden nach
St. Petersburg gesandt; er selbst folgte am 1 2. Mai iSoö. Anfänglich
gestalteten sich die Aussichten vortrefflich und König schrieb an
seine Mutter, mit der er auch später sich schriftlich in kindlicher
Liebe unterhält, Berichte voll der schönsten Hoffnungen. Bald
sollten jedoch diese vernichtet werden und noch in dem erwähnten
Jahre ist König in London, um dort seine Pläne durchzusetzen.
Wie dies geschah ist bereits erzählt (s. 53}. König kehrte Ende
August 18 17 nach Deutschland zurück, wo es ihm gelungen war, k..,,^ & n^-r
das reizend gelegene frühere Benediktiner- Kloster Oberzell, eine
halbe Meile von Würzburg, zu erwerben. Erst später, im Mai
18 iS, kam der treue Freund Bauer nach Oberzell. Dieser, 1783 in
Stuttgart geboren, war ein sehr tüchtiger Mechaniker und hatte durch
sieben Jahre treu alle Arbeiten und Sorgen mit König geteilt, ohne
dass ein festes Geschäfts- Verhältnis zwischen beiden stattgefunden
hatte. Erst wenige Tage vor Königs Abreise von London wurde,
am 9. August 1817, der erste Vertrag zwischen beiden abgeschlossen.
Nach demselben sollte König als Erfinder und als Ersatz für seine
bisherigen Opfer zwei Anteile am Gewinn haben, während ein Anteil
« Tu. (lor.r.F.i., Friedrich König und die F.rfindung der Schnellpresse,
liraunschweig 1875. Kino von demselben verfasste umfangreiche Ccschichtc der
Krfindung, zugleich der Firma Konig Jw linier, war hei dem Salz dieser Bogen
und hei dem bereits erfolgten I>ruck der Bogen 4 und 5 noch nicht ausgegeben,
konnte demnach nicht für die Darstellung hier benutzt werden. J. II. l»\cn\t\N\",
„Die ersten Schnellpressen in Deutschland"; eine Reihe von Artikeln in dem
Journ. f. U. iSbS, Nr. 38—48, 1S60, Nr. 2 17 enthalt die ausführliche Ceschichte
des Haues von vier Schnellpressen Tür Spcner und Decker in Herlin.
20 *
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308
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XI. KAP.
Bauer zufallen sollte; auch würde Oberzell Königs Eigentum bleiben.
Im Jahre 182 1 wurde der Vertrag dahin abgeändert, dass eine
gleichmässige Teilung des Gewinns stattfand.
Uber Bauers Anteil an der Erfindung und an der Fortbildung
König i.ber derselben tliun wir am besten , uns an Königs eigene Worte zu
halten, welche in wenigen Zeilen das Verhältnis so trefflich und
schön charakterisieren: „Wenn zwei Männer gemeinschaftlich und
im höchsten Vertrauen zu einander einen Zweck verfolgen, so dürfte
es schwer sein , den Anteil zu bestimmen, den ein Freund gehabt
hat, der bei allem zu Rate gezogen, mit dem jede Angelegenheit
des Geschäfts überlegt worden ist und wir haben uns selbst nie
Rechenschaft darüber abgelegt oder abgefordert".
Man hatte nun nicht nur ein Dach über dem Kopfe, sondern
war, was Lokalität anbetrifft, eingerichtet, wie es nicht besser sein
konnte, aber es galt jetzt, alles aus nichts zu schaffen, nicht nur
Werkzeug und Hülfsmaschinen, sondern auch Arbeiter, denn die
Verhältnisse lagen nicht wie in England: aus rohen Bauern waren
erst tüchtige Gehülfen auszubilden.
Dann mussten Bestellungen herbeigeführt werden. Cotta, an
Erste Ucstciiung. den man sich zuerst wandte, konnte „Staatsgeschäfte halber" vorläufig
sich nicht mit dem Maschinenwesen befassen. Dagegen fanden
Königs Vorstellungen offene Ohren bei Georg Jacob Decker in
Berlin und dessen Schwager K. Spener. Bereits während Königs
Aufenthalt in England waren nähere Unterhandlungen mit Decker
angeknüpft, die jedoch durch Königs Absicht, England zu ver-
lassen, unterbrochen wurden. Am 15. Oktober 18 17 kam es mit
den Genannten zu dem Abschluss eines Kontraktes über die
Lieferung von zwei Schnellpressen, die innerhalb zwei und einem
halben Jahre fertig zu stellen waren. Die Abnehmer sollten
7000 Thaler zahlen, ausserdem alle Spesen tragen und, anstatt der
von König anfänglich geforderten jährlichen Abgabe, ein für allemal
ein Prämium von 10000 Thalern gewähren. Man sieht aus dem
obigen, dass es den Bestellern nicht an Opferfreudigkeit und Zu-
trauen zu den Ideen Königs fehlte.
Die Ausführung gestaltete sich für beide Teile zu einer langen
Leidensgeschichte. Nicht nur die oben erwähnten Schwierigkeiten der
Arbeiterverhältnisse, sondern auch der Mangel an Fonds machten
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XI. KAP. DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND.
309
sich in quälender Weise für König & Bauer geltend. Zwar erhielten sie sch» icriKk<ritcn
ein zinsfreies Darlehen von 20 000 fl. , jedoch zunächst um eine Papier-
fabrik in Gang zu bringen. Die ersten 10000 fl. waren bereits absor-
biert, ohne dass die Arbeiten, an welche die Auszahlung der zweiten
ioooofl. geknüpft waren, ihr Ende erreicht hatten. John Walter, für
welchen König noch Arbeiten auszuführen hatte, ward unwillig, weil
er sich unmöglich die Jämmerlichkeit der deutschen Arbeiterverhält-
nisse vorstellen konnte. Das langsame Vorwärtsschreiten machte
Decker und Spener ärgerlich, trotzdem untcrliessen sie nicht, der
Fabrik allen möglichen Vorschub zu leisten. Erst im Juli 1822
konnte der erste Probedruck in Oberzell gemacht werden. Am
15. November 1822, also erst fünf Jahre nach der Bestellung,
waren die durch Nachbestellung auf vier vermehrten Maschinen zum
Versandt fertig. Im Januar 1823 befanden sie sich zwar im Gange
und das erste Produkt war die Nr. 1 1 der Spenerschen Zeitung
vom 25. Januar 1823; es dauerte jedoch fast ein Jahr, bevor die
Leistungen zufriedenstellend ausfielen. Mit allen dazu gehörigen
Einrichtungen kamen die Kosten für die Besteller auf etwa 30000
Thaler zu stehen, dazu im Jahre 1827 noch 5 500 Thaler für Umbau.
Es war eine schwere und aufreibende Zeit gewesen. Mit der
Papierfabrik wollte es nicht vorwärts. Im Herbst 1823 musste König vielfache i ia»e.
selbst nach London gehen, um von den neuesten Erfindungen und
Verbesserungen der Papierfabrikation Kenntnis zu nehmen. Die
Geldsorgen endigten vorläufig durch den Beitritt Cottas zu diesem
Geschäft; 1831 übernahmen jedoch König & Bauer dessen Anteil
wieder. Obwohl das Unternehmen somit schliesslich festen Boden
gewann, so war die Zersplitterung der Kräfte doch kaum als ein Glück
für das Schnellpressen - Etablissement zu betrachten, dessen rasche
Förderung noch nicht gelingen wollte, sie gewährte aber eine fort-
währende Beschäftigung für Königs regen Geist. Er brachte an den
Times -Maschinen Verbesserungen an, beschäftigte sich mit dem
Gedanken einer Roundabout-Yressz mit zehn Druckcylindern, welche
stündlich 5000 Exemplare liefern sollte, und mit dem bereits
erwähnten Verfahren, geschlagene Matern herzustellen. Selbst die
Setzmaschine spielte eine Rolle in seinen damaligen Plänen.
Am 12. Juli 1S24 erhielt Cotta eine Schnellpresse für die
Allgemeine Zeitung in Augsburg. König selbst leitete die Auf-
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3K>
DIE GERMANISCHE GRUI'PF..
XI. KAP.
vcruciiuns der Stellung im Verein mit seinem Neffen Fritz Reichenbach, der bei
Decker gelernt hatte und den König von Herlin mitgenommen
hatte, um ihn als Maschinenbauer auszubilden; ein zweiter Neffe,
Friedrich Heibig, zeichnete sich später in Wien aus.
Um die Anbringung der Maschinen zu erleichtern, wollte
König solche auf eigenes Risiko bauen und sie auf Gewinn - Anteil
ausleihen. König litt jedoch unter demselben Mangel an Betriebs-
kapital, der die Buchdrucker selbst drückte, und der Plan Hess
sich nicht durchfuhren. Er musste nun darauf bedacht sein, kleinere
und billigere Maschinen zu bauen, die sich durch Menschen-
hände bewegen Hessen und von denen er gleichzeitig mehrere
Exemplare bauen könnte, wodurch die Herstellung wesentlich
billiger zu stehen kommen würde. Der Erfolg bewies, dass die
Rechnung eine richtige gewesen. 1 826 wurden elf Maschinen fertig-
gestellt, darunter die ersten für Stuttgart ij. B. Metzler) und Leipzig
(F. A. Brockhaus). Schon Fr. Arn. Brockhaus hatte an Anschaffung
einer Schnellpresse gedacht, schreibt jedoch 18 19 an König, dass
ihm der Mut fehle (Kap. xil). Nach Paris wurde die erste Maschine
an A. Guyot & Scribe, die zweite an E. Pochard geliefert; für
Enchcde & Sohn in Harlcm waren bereits zwei solche abgesandt.
Somit schien alles im besten Gange zu sein, da kam diejulirevo-
Ruckgang und lution. Die Drucker zerschlugen die Schnellpressen, die Bestellungen
dann neue , , 4 . ,
Erfolge. sowohl aus Frankreich wie aus Deutschland blieben aus; niemand
hatte Lust, Kapitalien in Maschinen, welche der Zerstörung aus-
gesetzt waren, anzulegen, und als Ruhe und Vertrauen wieder-
kehrten, konnte Frankreich seinen Bedarf selbst decken. Die Fabrik
in Oberzell, die über hundert Arbeiter beschäftigt hatte, behalf sich
jetzt mit vierzehn. Die Teilhaber verloren jedoch den Mut nicht
und machten alle Anstrengungen, um die Buchdrucker für die
Maschinen zu interessieren. In einem diesbezüglichen Zirkular
finden sich merkwürdige Äusserungen. Die Firma erklärt, vierfache
Maschinen bauen zu können, die wenigstens 4000 Exemplare in der
Stunde liefern, glaubt jedoch, „dass es nirgends Verhältnisse giebt,
in welchen eine so grosse Geschwindigkeit besondere Vorteile
gewähren würde", und fahrt dann fort: „Wir halten noch andere
seltsamere Kombinationen — mit endlosem Papier — nicht nur für
möglich, sondern auch für leicht ausführbar. Allein, obgleich man
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XI. KAP. DIU TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND. 3 I I
damit ein ungeheures Resultat erhalten würde, so treten doch,
nach unserer Meinung, so viel praktische Hindernisse, die in der
Beschränktheit des Bedarfs und den bestehenden Formen und
Gewohnheiten ihren Grund haben, ein, dass wir uns nie zu einem
Versuche entschliessen könnten, wiewohl wir dazu alle Mittel zur
Hand haben. Zum wohlfeilen und schnellen Druck ist genug
geschehen, zum besseren Druck bleibt noch viel zu thun übrig".
Im Jahre 1825 heiratete der 50jährige König eine 1 8jährige
junge Dame aus Suhl. Sie schenkte König drei Kinder, zwei Söhne K,.niR* Vcri.ei-
ratung und J od«
und eine Tochter. König fühlte sich sehr glücklich , sollte jedoch
leider nicht lange sein Glück gemessen. Die Entbehrungen in den
jüngeren Jahren, die fortwährenden Anstrengungen und aufreibenden
Sorgen hatten seine Gesundheit untergraben. Er starb nach einem
Schlaganfall am 17. Januar 1833. Seine treue Gefahrtin lebte bis
zum 1. April 1X82. Sein Freund Bauer überlebte ihn fast 30 Jahre
und ruht seit 1 86b an seiner Seite. Die Söhne Wilhelm (geb. am Kum«» Nach
folucr.
9. Dezember 1826) und Friedrich (geb. am 29. Januar 1829) über-
nahmen das Geschäft. König und Bauer, aus einem ganz ver-
schiedenen Stoff gebildet, ergänzten sich vortrefflich. Der erste
hochstrebend, weitblickend, rasch schaffend; Bauer bedächtig
überlegend, minutiös im Arbeiten und genau rechnend. Nur ein-
mal in dem schweren Jahre 1824 trat eine vorübergehende Miss-
stimmung zwischen Beiden ein , die sich jedoch schnell ausglich.
Bei Königs Tod waren im ganzen etwa 6b Schnellpressen aus-
geführt. Es ging aber nun so rasch vorwärts, dass im Jahre 1865 w.«!.«™ .ie*
die tausendste, am 6. September 1873 die zweitausendste Maschine
fertiggestellt wurde, bei welcher Gelegenheit die beiden Brüder den
Orden des heiligen Michael erhielten und damit in den Adelstand
erhoben wurden. Für das erste 1000 waren 50 Jahre nötig gewesen,
während das zweite 1000 nur acht Jahre brauchte. Von den 2000
Maschinen blieben 1243 m Deutschland. Leipzig erhielt davon
265, Stuttgart 117; 392 gingen nach Kussland (208 nach St. Peters-
burg). Die stärksten Abnehmer waren Brockhaus und Teubner in
Leipzig, die Staatsdruckerei in St. Petersburg mit je 33 Stück,
Cotta mit 32*. Das dritte Tausend wurde 1882 voll.
' Komi; & l.At KR, Verzeichnis der ersten 2000 Schnellpressen. 1873.
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312
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XI. KAP.
Die Schnellpressen König & Bauers zeichneten sich stets durch
verbieiiun« der die grosse Akkuratesse der Arbeit und durch Solidität aus. Die mit
Kn.iiijsch'-ii
schnellerem... Kreisbewegung und Cylinderfärbung versehenen Maschinen erwarben
in Deutschland wegen ihres ruhigen Ganges und der Vorzüglichkeit
des Farbewerkes ihre Beliebtheit, obwohl sie schwerer zu bewegen
und teurer sind, als die mit Eisenbahnbewegung und Tischfärbung.
Welches Ansehen die Schnellpressen König & Bauers genossen,
beweisen z. B. Bestellungen von 24 Stück auf einmal, darunter
acht Zweifarbe -Maschinen, zum Banknotendruck nach Rom und
von 20 Stück für die Bank von Frankreich. Die Banknoten-
druckerei von St. Petersburg beschäftigt vorzugsweise König &
Bauerschen Tiegeldruckmaschinen, welche für die feinsten Arbeiten
allen anderen vorgezogen werden , obgleich sie einen sehr grossen
Raum einnehmen, langsam arbeiten und sehr teuer sind. Eine
Eigentümlichkeit der Tiegeldruckmaschine sind die zwei Fundamente,
von welchen man nach Belieben beide oder nur eins von beiden
benutzen kann. Die Färbung, eine Kombination von Cylinder- und
Tischfärbung, ist eine höchst vollkommene.
Vorzüglich sind ebenfalls die Zweifarbe -Maschinen König &
Die zweifarbe..- Bauers. Wenn sie auch nicht dieselben in die Praxis zuerst einführten,
■11.u1.hiuc.
so gebührt ihnen der Ruhm, sie zuerst zur Vollkommenheit gebracht
zu haben. Diese Maschinen müssen als eine besonders wertvolle
Bereicherung des Materials der modernen Typographie betrachtet
werden und fanden rasch eine grosse Verbreitung. Durch sie hat
die ebenfalls neue Erfindung der Hochätzung erst ihren vollen Wert
erhalten, indem es durch sie möglich geworden ist, farbige Land-
karten zu einem solchen Preis zu liefern, dass sie überall Eingang
finden können. Auch für die Accidcnzarbeiten ist der Nutzen ein
hervorragender und die harte Not des richtigen Registers beim
Doppeldruck hat nun in manchen Fällen aufgehört.
In neuester Zeit bauten König & Bauer nach dem ursprüng-
lichen Patent von A. H. Payne in Leipzig eine Dreifarben-Maschine,
welche jedoch nach der Erwerbung seitens der Fabrik in Oberzell
umkonstruiert worden ist. Die gebogenen Galvanos werden
auf einem grossen Cylinder angebracht, der den dreimaligen
Umfang eines der Druckcylinder hat. Die Maschine liefert in der
Stunde sieben bis achthundert Drucke in drei Farben, lässt sich
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XI. KAP. DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND. 3 I 3
auch Tür eine grössere Anzahl von Farben bauen und wurde bereits
für fünf nach Frankreich angefertigt 1 .
Als die „Endlosen*4 aufkamen, verhielten König & Bauer sich
eine ziemlich lange Zeit abwartend und Hessen der Fabrik „Augs- König* Einiio.c.
bürg" den Vorsprung. Erst als sie, ohne ihre Anstalt wesentlich
zu schädigen, nicht zurückbleiben konnten, gingen sie ans Werk,
dann aber auch mit der hergebrachten Energie. Sie hielten sich
zunächst an die Konstruktion der / 'ktory-Press, deren Cylindcr alle
in der Ebene liegen. Ihre derartigen Maschinen für die Kölnische
Zeitung wurden nach den Angaben des Obermaschinenmeisters
E. Bragard hergestellt2.
Nach der Anstalt von König & Bauer hat die Maschinenfabrik
Augsburg die grösste Ausdehnung für den Schnellpressenbau in Maschinenfabrik
Deutschland gewonnen. Sie wurde von dem erwähnten Neffen Aus*,>ur*
Fr. Königs, Fritz Reichenbach, gegründet und ging dann später yr. Rcichcnb.<.h
in die Hände einer Aktiengesellschaft über. Die Anstalt baute *Ju"1 ***J'
namentlich Maschinen mit Eisenbahnbewegung; grosse Verbreitung
fanden ihre Zweifarben-Maschinen; sie war auch die erste, welche
in Deutsclüand die Rotationsmaschine für endloses Papier baute
und nahm sich namentlich die Walter- Presse als Vorbild. Das erste
Exemplar wurde in der Spaarmannschcn Offizin in Oberhausen
aufgestellt. Bis 1880 hatte die Augsburger Fabrik 65 Rotations-
maschinen in 38 Formaten und nach 21 verschiedenen Konstruk-
tionen gebaut, von denen 46 im eigentlichen Deutschland, 14 in
Österreich- Ungarn blieben, eine nach Batavia ging. Ihr gelang es
auch (1S79) zuerst in zufriedenstellender Weise diese Maschinen für
den Illustrationsdruck herzustellen. Auf dreien derselben, welche
je 4000 Exemplare stündlich liefern , werden die Hallbergerschen
illustrierten Blätter mit bestem technischen Erfolg gedruckt. Die
Rotationsmaschine hat im allgemeinen in Deutschland eine viel
schwierigere Aufgabe als in England. Teils ist das deutsche Papier
für gewöhnlich geringer und schwächer, als das englische, reisst
daher leichter und legt sich schwerer aus, dann aber vertragen die
abwechselnden Schriften, namentlich die vielen Auszeichnungs-
schriften untermischt mit Illustrationen, welche die Inseratenseiten
deutscher Blätter füllen, viel weniger den Mangel an Zurichtung als
» Journ. f. 15. 1881, Nr. 32. — - Journ. f. Ii. 1880. Nr. 17.
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314
DIE GERMANISCHE GRUl'PE.
XI. KAP.
die englischen und amerikanischen Zeitungen mit ihren kompakten,
den Kegel fast füllenden Antiquaschriften.
Bereits im Jahre 1S59 war mit „Endlosen" in Wien durch Auer
l»k : i-.n.iiuiv in experimentiert worden, doch können diese Versuche nicht als
Wich.
gelungen bezeichnet werden (vgl. Kap. XV}. Nach Wien kamen die
ersten zwei englischen Walterschen Rotationsmaschinen, durch Ludw.
Lott, den Direktor der Druckerei der „Presse", eingeführt, zunächst
um den Ausstellungskatalog 1873 zu drucken. Ebenfalls zur Aus-
stellung liess die Druckerei der „Neuen Freien Presse" eine ihrer
grossen Marinoni- Maschinen nach des Direktors Reisser Angaben
zu einer Endlosen umarbeiten, die in dem Pavillon der „Neuen Freien
Presse" in dem Prater die Ausstellungszeitung druckte und taglich,
wenn das grosse Geräusch den Anfang der Arbeit verriet, eine grosse
Masse Wissbegieriger sammelte, um von ihrem Wirken Zeugen zu
sein. Die Presse konnte nicht mit den englischen Maschinen hin-
sichtlich der Leistungsfähigkeit konkurrieren. Überhaupt hat Wien
mit dem Bau der „Endlosen" bis jetzt kein grosses Glück gehabt.
Auch C. Hummel in Berlin baute „Endlose" und will das Patent
Aiukrc Kot , von G. A. Horn auf eine Doppelrotationsmaschine mit zwei von
einander ganz unabhängigen Systemen ausbeuten1. Jeder der
Schriftcy linder wird von seinem Papierzubringer gespeist und ist
mit zwei Farbewerken versehen. Stellt man eins der Drucksysteme
ab und arbeitet nur mit dem andern , so wird dies von vier Farbe -
werken bedient, und eignet sich dann um so besser für die Lieferung
feinerer Arbeiten. Die Bogen werden nach beiden Seiten der Maschine
ausgeführt. Es muss sich ergeben, ob die Praxis hier mit der Theorie
Hand in Hand gehen wird. Die bekanntesten Maschinen Hümmels
waren die nach den Angaben des Obermaschinenmeisters Eugen
Bragard für den Druck der Kölnischen Zeitung mit Vor- und Rück-
wärtsbewegung gebauten, die stündlich 6000 Exemplare druckten.
Von anderen Maschinenbauanstalten sind zu nennen: G. Sigl
Vcrv_tue<lenc III Berlin, der schon 1865 etwa 1000 Schnellpressen geliefert hatte;
j! 1 -öist Aichelk & Bachmann in Berlin. Die Firma Klein, Forst & Bohn
i i i. Kbr. ih 0. jn j0]iannjsberg a. Rh., begründet 1846 von Johannes Forst und Joh.
Klein, hatte am 30. Januar 1875 die IOOO. Maschine vollendet. Sie
liefert auch Schnellpressen mit dem von E. C. Brunn in Münster
» Abgebildet und beschrieben im Jotirn. f. B. 1879, Nr. 36.
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XI. KAP. DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND. $ I 5
konstruierten Querlinien-Druckapparat. Albert & Hamm in Franken-
thal hatten 1879 300 Maschinen in die Welt gesandt. In Würzburg
arbeitet die Firma Bohn, Fassbknder & Heruer, in Worms die
Maschinenfabrik Worms. In Leipzig sind die bekanntesten Firmen
Ph.Swiderski, dessen kleine Maschine „Lipsia" vielen Heifall rindet;
Schmiers, Werner & Stein, die viele grosse Maschinen bauen.
Tretmaschinen fabrizieren A. Hogenforst und Schelter & Giesecke.
Eine Fünffarben - Rotationsmaschine konstruierte A. H. Schumann
in Leipzig, welche in zelin Stunden 8000 fertige Bogen, also
40000 Druck, liefern soll. Zurichtung ist nur unter den Platten
möglich
In Österreich waren Hklbig & Müller die ersten Schnellpresscn-
fabrikanten. Fr. Hklbig, ein Sohn aus erster Ehe der Schwester i>. 11,11.1«
Fr. Königs, Marie Rosine, mit einem Bergmann I Ielbig in Eislebcn,
hatte bei König gelernt. Leo MOllek war in Rieglern in dem uo müh«
Vorarlbcrgschen Walserthale geboren. Sein Vater war dort Bauer * ' "*
und der Sohn genoss nur den dürftigen Unterricht der Dorfschule.
Seine Lust an Mechanik trieb ihn, 1 8 Jahre alt, das Handwerk eines
Schreiners zu ergreifen und als solcher kam er nach Oberzell zu
König & Bauer und wurde bald Leiter der Modellabteilung. Sein
Wunsch, Teilhaber der Anstalt zu werden, konnte nicht erfüllt
werden, weshalb er nun nach Österreich zurückging und seinen ersten
Versuch im Schnellpressenbau in Imbach im Innthale für Rechnung
von Rauch & Wagner in Innsbruck machte. Er führte viele
Verbcsserungen bei der Schnellpresse ein, zu denen namentlich der
Doppel -Excenter behufs Erzielung des Stillstandes des Druck-
cylinders beim Rückgange der Form gehört, der Cylinder wurde
freier gelegt, die Bänder beseitigt und durch Greifer ersetzt, auch
verwendete er zuerst die Eisenbahnbewegung. Gerade eine Differenz
mit Heibig in Patcntangelcgcnheiten gab Veranlassung zu einer
Verbindung beider (um 1S36). Sic bauten nun sowohl einfache wie
doppelte Maschinen und auch solche für zwei Farben ; die Idee der
letzteren war jedoch keine neue und König & Bauer hatten sich
schon 1826 Erhard in Stuttgart gegenüber erboten, solche anzu-
fertigen, was wegen der Kosten jedoch unterblieb 2.
» Journ. f. B. 1879, Nr. 8. — * Österr. Buchdr.-Ztg. 1880.
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3l6 DIE GERMANISCHE GRUPPE. XI. KAP.
Als tüchtige Maschinenbauer sind Sigi., Ludw. Kaiser und
Andere i-abri- J. Angf.r bekannt. Als Fabrikant von kleinen typographischen
k i nun in Ostcr-
nicii. Maschinen hat G. Bernhardt Ruf und er baute bereits mehrere
hundert solcher, deren System sehr gelobt wird. Auch die Tret-
maschinen von O. 0. Fuchs und Jeanrenaud & Co. finden Beifall.
Die Lithographie hat durch die Erfindung der lithographischen
i-LiiK^ruphische Schnellpresse eine enorme Ausdehnung erreicht und der Buch-
Schuvllprcsa«ii. . .
druckerei ein bedeutendes Feld abgewonnen. Es gab dabei manche
Schwierigkeit mehr als bei der typographischen Schnellpresse zu über-
winden. Die lithographischen Steine haben nicht, wie die Schrift,
eine gleiche Höhe, die Maschinen mussten deshalb jedesmal nach
der Stärke des Steines eingerichtet werden. Der Druck musste ein
sehr kräftiger, zugleich ein sehr elastischer sein , wenn der Stein
nicht springen sollte. Neu hinzuzufügen war der Anfeuchteapparat,
durch welchen der Stein bei dem jedesmaligen Druck abgewischt
und angefeuchtet wurde. Massenwalzen konnten nicht verwendet
werden, man musste deshalb Walzen von feinem Leder benutzen,
bis es in England gelang brauchbare Kompositionswalzen herzustellen.
Die erste lithographische Schnellpresse wurde im Jahre 1850 in der
Maschinenfabrik von G. Sigl in Wien durch Hoppes für H. Engels
Institut gebaut'. 1855 erschien die lithographische Schnellpresse
auf der Pariser Weltausstellung. In Frankreich begann Marinoni 1 864
den Bau und führte wesentliche Verbesserungen ein. Die Pariser
Ausstellung von 1867 brachte eine Menge von Varianten durch
Marinoni, Dupuy, Moulde&Vibart, Voirin, Alauzet u. a. In Deutsch-
land bauen sie namentlich G. Sigl in Wien und Berlin ; König & Bauer ;
Swiderski; Schmiers, Werner & Stein; Klein, Forst & Bohn.
Für den zinkographischen Druck hat Ferdinand Schlotke in
Fcr.i. schioikc. Hamburg eine Maschine erfunden, durch welche mittels zweier je
ziükJruckpreMe. um dne Stahlwalze gelegter Platten der Bogen auf zwei Seiten
gleichzeitig bedruckt wird, und zwar mit der Schnelligkeit von 1000
Exemplaren in der Stunde 2.
Die eiserne Handpresse wurde in Deutschland vielfach nach-
gebaut und auch verbessert. Die Stanhopepresse lieferte namentlich
Chr. Dinglkr in Zweibrücken. Die Columbiapresse wurde von
Fk. Vif.weg eingeführt und im Jahre 1825 in dem Hüttenwerk Zorge
1 Üsterr. Buchdr.-Ztg. 18S0, Nr. 2. — s Journ. f. IJ. 1882. Nr. 32.
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XI. KAP. DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND. 3 I 7
am Harz gebaut. Ein Nachteil bei diesen Tressen war das öftere
Springen der Seitenwände. C. Hoffmann in Leipzig baute die
Coggersche Presse nach, und seine Konstruktion wurde von Vielen
der der Originalpressen vorgezogen, weil das Heben des Tiegels
durch Kugelgewichte auf langen Hebeln und nicht durch Federn
geschah. Die Presse von Koch in Magdeburg fand, weil sehr billig
und leicht, vielen Beifall ; auch war sie insofern sehr zweckmässig,
als sie über den Tiegel hinaus keinen Oberbau hatte, so dass die
Form voll belichtet war. Sehr verbreitet waren die Hagar- Pressen,
die in vorzüglicher Qualität von Chr. Dingler in Zweibrücken fabri-
ziert wurden. Dingler verstärkte noch die Kraft und die Sicherheit
der Original-Konstruktion, indem er statt Hagars einfachen Knie-
hebels vier schrägstehende Knieteile verwendete, die, wenn der
Tiegel sich in der Höhe befindet, die Form eines Andreaskreuzes
bilden, während sie, wenn er angezogen ist, zu zwei und zwei senkrecht
aufeinander, wie Säulen, stehen1. Die Pressen sind jetzt fast die
einzigen im Gebrauch befindlichen , wenn man eine Anzahl unver-
wüstlicher Stanhopepressen nicht rechnet, die noch das Gnadenbrot
als Korrekturpressen gemessen2.
Mit einer Farbeauftrag-Maschine hatten schon B. Strauss in
Wien, Hermsoorf in Mannheim und Schuhmacher in Hamburg FarheauftraK-
experimentiert. Georgi in Bonn, im Verein mit dem Faktor der
Brönnerschen Offizin in Frankfurt a. M., R. Gerhard, führte eine
solche in brauchbarer Weise aus. Eine kombinierte Buch -, Stein-
und Kupferdruckpresse baute Georg Jontzen in Bremen. Ein
Mittelding zwischen Schnell- und Handpresse war die von Sf.i.ligue.
Tiegel und Fundament stehen fest, nur das Rähmchcn mit dem
Papierbogen ist beweglich. Während ein Drucker von der einen
Seite den Bogen einlegt, hebt ihn ein zweiter von der andern Seite
ab. Für Brockhaus in Leipzig baute der Schlosser Kallmkyer in
Osterode einen ähnlichen Apparat.
Von kleineren Maschinen sind zu erwähnen die Falzniaschinen
von Sulzberger & Graf in Frauenfeld in der Schweiz, später von nivcrse
König & Bauer, Isermanns Hobelmaschine, Brockhaus' ZirTern-
« Journ. f. R 1866, Nr. 21 u. 22.
3 Fast alle hier erwähnten Handpressen sind in dem Journ. f. B. 1S34 — 36
abgebildet und beschrieben. Näheres verg). S. 51 — 53.
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3i8
DIK GKR MANISCH!" GRUPPK.
XI. KAP.
druckmaschine und Farbereibmaschine, H. Zimmermanns und
F. G. Wagnf.rs und B. Auerbachs Numeriermaschine, A. Fomms und
Kart. Krauses Schneidemaschinen, Brendler cS: Harlkrs Perforier-
maschine, Hansens mechanischer Ausleger u. v. a. J. F. Klfin in
München liefert eine Kontrolle-Billetmaschine, die von endlosen
Streifen 1 50 Stück in der Minute druckt und numeriert. Eisenbahn-
billetmaschinen lieferten ferner Karig in Wien und G. Göbel in
Darmstadt. Solche Maschinen schneiden das Papier, drucken den
Text, die laufende Nummer, zählen die Exemplare und drucken
schliesslich das Datum darauf. Albert & Co. in Frankenth.il bauten
Signiermaschinen, A. Fichtner in Wien Broncicrmaschinen,
A. Mever & Schleicher Graphiteinreibungsmaschinen, B. Dondorf
in Frankfurt a. M., Fr. Heim & Co. in Orlenbach und noch viele
andere stellten Liniiermaschinen etc. her.
Die Satiniermaschine mit zwei Stahlwalzen, zwischen
Di - s.ninicr welche Zinkplatten mit je einem zwischen zwei Platten gelegten
Bogen unter starkem Druck gezogen wurden, hielt sich trotz aller
Inkonvenienzcn lange. Erst in letzterer Zeit wurde sie durch
Satinierwerke mit zwei Hartgusswalzen und zwei äusserst harten
und sehr glatt gedrehten Papiermassewalzen, welche durch den
stärksten hydraulischen Druck eine völlig harte Masse geworden,
abgelöst. Das Papier geht einen S-förmigen Weg und kommt somit
von beiden Seiten mit den Stahlwalzen in Berührung. Schaber und
Wischer halten die Walzen rein und stählerne Abstreifer verhindern
das Ankleben des Bogens an die Walzen. Zuerst wurden sie nur
mit einer Stahl- und einer Papierwalze gebaut, da jedoch die Seite
des Papiers, welche mit der Papierwalze in Berührung kam, weniger
glatt wurde, so musste das Papier zweimal umschlagen und nochmals
eingelegt werden; was nun durch das doppelte Walzenpaar unnötig
geworden ist.
Obwohl die Papierwalzen ausserordentlich hart sind , so hinter-
lassen doch die kleinen Knoten und Unreinheiten des Papiers nach
und nach Eindrücke, die von Zeit zu Zeit durch Lecrlaufenlassen
der Massen walze an die Stahlwalze oder durch Abdrehen beseitigt
worden müssen Diese Satinierwerke werden namentlich von W.F.
Heim & Co. in Offenbach 1 und C. G. IIauhold in Chemnitz gebaut;
' Juurn. f. lt. 1S77, Nr. I ;,.
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XI. KAP. DIE TYPOGRAPHISCHEN MASCHINEN IN DEUTSCHLAND. 3 1 O
Karl Krause in Leipzig liefert sie auch mit sechs Cylindern, zwei
von Stahl und vier von Papier. Auch F. Schlotke machte sich durch
Anfertigung von Satiniermaschinen bekannt. W. Schroeder & Co.
in Leipzig fertigen Satinierwerke, bei welchen die Massenwalzen mit
einem Stahlblech umzogen werden, wodurch die vollkommene
Glattheit der Stahlwalze sich mit der Elastizität der Massenwalze
verbindet*. Die Werke von W. R. Schökmann in Düsseldorf haben
zwei Hartgusswalzen , die nicht ganz cylindrisch geschliffen sind,
damit der ausgeübte Druck sich ganz gleichmässig verteilt2.
Für das heisse Satinieren nach dem Drucke lieferten C. G.
Haubold jun. in Chemnitz und VV. F. Heim in Ottenbach Werke,
die mit günstigem Erfolg iooo— 1600 Exemplare in der Stunde
satinieren und nur zwei Personen zur Bedienung gebrauchen \
Unter den Utensilienfabrikanten nehmen Schelter & Gieskckk,
A. Hoc.f.nforst und Alex. Waldow in Leipzig einen bedeutenden
Platz ein. Ki.imsch Är Co. in Frankfurt a. M. haben durch ihr
.Adressbuch für Buch- und Steindruckcrcien" und durch ihren
„Allgemeinen Anzeiger für Druckereien" Verdienste um die
Erleichterung des Verkehrs und berücksichtigen mit ihrem Utensilien-
Geschäft namentlich Steindruckereien, ebenso G. E. Baumann in
Berlin; Gursch & Klemm in Berlin liefern Giesserei -Werkzeuge. In
Stuttgart wirken Stöffler & Backe.
Nachdem die Buchdruckereien aufgehört hatten, selbst ihre i>ie Färb*.
I.ilmk.ni'.u.
rarbe zu bereiten, und grössere Anforderungen an den Druck-
gestellt wurden, war Deutschland, was die feinere, namentlich die
Illustrationsfarbe betraf, dem Ausland, vorzüglich England, tribut-
pflichtig geworden, und noch bis in die vierziger Jahre hinein waren
Parson, Lawson u. a. die Hauptlieferanten für den deutschen Markt.
Um diese Zeit fingen jedoch namentlich Jui.. Hostmann in Celle und
Gkbr. Jänecke & Frikdr. Schneemann in Hannover an, ihre Fabri-
kation durch rationellen Betrieb in die Höhe zu bringen. Kostete
es anfanglich auch grosse Mühe, durchzudringen, so kam es doch
so weit, dass der deutsche Fabrikant nicht allein auf dem deutschen
Markte siegreich blieb, sondern auch im Auslande sich geltend
1 Journ. f. B. iSSl, Nr. 3. — * Journ. f. 15. 1SS1, Nr. 45. — j Journ. f. B.
>S79, Nr. .9.
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320
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XI. KAP.
machte. Nicht ohne grosse Bedeutung ist es, dass auf der Welt-
ausstellung in Melbourne die letztgenannte deutsche Fabrik die
goldene Medaille erhielt, während der berühmten Firma A. B.
Fleming & Co. in Leith (S. 72) nur der dritte Preis zufiel.
Von älteren und jüngeren Fabriken sind zu nennen : Fischer,
Naumann &: Co. in Ilmenau, J. Brünner in Frankfurt a. M., Käst 8c
Eiiinger in Feuerbach bei Stuttgart, Robert Gysae in Oberlössnitz
bei Dresden, J. E. Breidt in Hammerling in Nieder- Osterreich,
Friedr. Wüste in Pfaffenstetten, Frey & Sening in Leipzig. Letztere
rehfarben, brachten auch die sogenannten Teigfarben in Aufnahme, die sich
jahrelang geschmeidig erhalten und vor der Verwendung nur eines
leichten Anreibens unter Zusatz der nötigen Quantität von Firnis
bedürfen ; es ist dies eine sehr beachtenswerte Neuerung für Buch-
druckercien, die nicht regelmässig mit bunten Farben arbeiten.
Nicht unwichtig war die Einführung der Kopierfarbe, denn diese
Di« Kopierfarbe, macht es möglich, die mit solcher Farbe vorgedruckten Blanketts
zusammen mit dem mittels Kopiertinte Hineingeschriebenen später
zu kopieren, was besonders in dem ganzen Frachtverkehr von
grossem Werte ist.
Versuche, Farbe aus billigeren Stoffen, z. B. aus dem Satura-
surrojcaic. tionsschlamm der Zuckerfabriken, aus den tanninschwarzhaltigcn
Lederabfällen zu bereiten, sowie, eine abwischbarc Farbe her-
zustellen, so dass Makulatur wieder in weisses Papier umzuändern
wäre, haben alle für die Praxis keinen Wert gehabt. Mit der Farbe-
fabrikation ist öfters die der sogenannten englischen Walzenmasse
(S. 71) verbunden.
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XII. KAPITEL.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
J.(». I. Breitkopf, seine Reformen, der Musiknotendruck vor Breitkopf and «Jessen
Verbesserungen, Breitkopf & Härtel. Ct.], (löschen. Friedr. Arnold Hrockhaus
und seine Nachfolger, 15. (i. Tenbncr. Karl Tauchnitz. Fr. Nies und seine
Nachfolger. B. Tauchnitz. Das Jubelfest 1S40. Gicscckc & Devrient. Das
Bibliographische Institut. Verschiedene Offizinen Leipzigs. — Dresden:
Meinhold & Sohne u. a. — Halle : Waisenhausdrttckcrei, SchwetschkcÄ: Sohn. —
Weimar: Hofbuchdruckerei. — Gotha: Just. Perthes. — Braunschweig: Vieweg &
Sohn, C. Wcstcrinann, Dr. Heinrich Meyer und das Journal für Bachdrucker«
kunst.
IEMLICH gleichzeitig mit dem Begründer der natio-
nalen Grösse Deutschlands, Friedrich II., und mit dcnj.r..i.Brriiko,.»
Bahnbrechern des nationalen Kultur- und Kunstlebens:
Lessing, Klopstock, Geliert, Kant, Just. Moser und
Winckclmann wurde der Reformator der deutschen
TypographieJoHANN Goitloh Immanuei.Bkeitkopf am 23. November
17 19 in Leipzig geboren, welches nunmehr unter der Führung Breit-
kopfs und anderer tüchtiger Gesinnungsgenossen die Stellung als
Vorort der deutschen Typographie behaupten sollte1.
Breitkopf war ein Sohn des rühmlichst bekannten Bernh.
Christoph Breitkopf (I, S. 149). Von Natur sehr aufgeweckt und
geistig begabt, hatte er keine Neigung, dem Wunsche des Vaters
gemäss, sich der Buchdruckerei zu widmen, dagegen zog es ihn
• K. G. IlAt sitts, Biographie J.C. I. Breitkopfs. Leipzig 1 794. — Dr. O. HASE,
Breitkopf & Härtel, 1SS3.
21
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322
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
unwiderstehlich zu den Studien hin. Der Kampf zwischen dem Vater
und dem Sohne schloss mit einem Kompromiss, wozu beide, und
Gutenbergs Kunst dazu, sich nur Glück wünschen konnten : Johann
Immanuel sollte sich sowohl den Studien, als dem Geschäft widmen.
Er legte sich nun mit grossem Eifer auf die Wissenschaften
Seine Au*- und versuchte sich auch schriftstellerisch. Grossen Einfluss auf seine
Ausbildung übte Gottsched. Erst in späterer Jugend machte sich
die Lust an der Mathematik, der er später einen grossen Teil seines
Ruhmes verdanken sollte, bei ihm geltend. Das Werk Albrecht
Dürers „Unterweysung der Messung mit dem Zirkel u. s. w.u fiel ihm
in die Hände. Die mathematische Berechnung der Schriftverhältnisse
interessierte ihn, und nun war er für die Typographie gewonnen. Fr
ging an das Vergleichen mit den alten Drucken und fand , wie die
sich immer mehr verschlechternde Form mit dem Verfall der
Schönschreiberei in Verbindung stand. Mit grossem Eifer fing er an
die Buchstaben mathematisch zu berechnen. Er sammelte emsig alle
Musterschriften und Werke über Schriftenkunde und begann nun
seine Reformen, namentlich arbeitete er unablässig für die Ver-
ürciikopfunddiebesserung und Verschönerung der Frakturschrift. Die Gründe, die
ihn bewogen an dieser festzuhalten und seine Anstrengungen der
Regeneration derselben zu widmen, hat er spater in einer Schrift:
„Über Bibliographie und Bibliophilie" (1793) entwickelt. Seiner
Ansicht nach wäre die deutsche Schrift der lateinischen unbedingt
vorzuziehen; sie eigne sich selbst für Transkription fremdländischer
Werke, als hebräischer und arabischer, besser als die Antiqua.
Nur die Verachtung, welche die Gelehrten der deutschen Schrift
bewiesen, trage die Schuld, dass dieselbe nicht eben st) verbessert
und verschönert worden sei, wie die allgemein beliebte lateinische
Es bedürfe aber nur der Aufmunterung, um die Künstler zu ver-
anlassen, unter Zugrundelegung der Schöfferschcn Muster, oder der
1 heuerdank -Type eine Frakturschrift zu schaffen, welche der
schönsten Antiquaschrift die Wage halte.
So lautete der Ausspruch Breitkopfs und erging nun auch daran,
seiner Ansicht praktische Geltung durch eine verbesserte Fraktur-
schrift zu verschaffen, welche zuerst in: r Einige Lieder für Lebens-
freuden" angewendet wurde, während die neue Antiqua zuerst in
Forbigcrs Ausgabe des „Catull" zum Abdruck gelangte.
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 323
Wäre Breitkopf der Fraktur abhold und ein eifriger Freund der
Antiqua gewesen und hätte er letztere zu einer Zeit, wo man anfing
sich nach schön gedruckten Büchern zu sehnen, zum Gegenstand
seiner reformatorischen Plane gemacht, so hätte möglicherweise die
Frage: „Antiqua oder Fraktur" unter seiner Autorität längst eine
Entscheidung im Sinne der Vertreter der Antiqua gefunden. Denn
damals lag die Angelegenheit weit einfacher als heute, wo sie bei
der Mehrzahl der Gegner der Antiqua weit eher eine nationale
Gefühlssache als eine Frage der Zweckmässigkeit und der Schönheit
geworden ist.
Einen ganz wesentlichen Anteil an dem Weltruhm Breitkopfs
haben seine Verbesserungen des typographischen Musiknotendrucks. Der MusiWnotcn-
Der Umstand , dass die Buchdruckerkunst gleich bei ihren ersten
Erzeugnissen auf die Bedürfnisse der Kirche geführt wurde, musste
die Gedanken auf den Notendruck richten; doch war die Technik
damals nicht so weit vorgeschritten, dass man an die Überwindung
der durch die Verbindung des Druckes der horizontalen Linien und
der vertikalen Notenzeichen entstehenden Schwierigkeiten denken
konnte. Man musste deshalb beim Drucken des Textes Raum lassen,
für die nachträglich einzuschreibenden Noten. Später wurden
Linien und Text rot gedruckt, die Choralnotcnköpfe eingezeichnet,
teilweise auch mit der Hand durch Stempel einzeln aufgedruckt
oder das Ganze in Holz geschnitten. Das erste mit I lolzschnitt-
Choralnoten gedruckte Buch ist das bei 1 lans Froschauer in Augsburg
erschienene Lilium Musiau plana? des Michael Kiensbeck aus dem
Jahre 1473. Die ersten Proben von Figuralmusik in Holzschnitt
kommen in einem Werke des Nie. Burtius vor, gedruckt von Hugo
de Rugeriis in Bologna 1487.
Solche in Holz geschnittene Noten wurden noch benutzt,
nachdem das Verfahren mittels beweglicher Choral notentypen ZU N'oton in Holt-
drucken erfunden war, z. B. in den Liederbüchern Luthers. Wann
und wo der Versuch mit letzteren zuerst geschah ist nicht zuermitteln,
denn das Verfahren wurde ziemlich gleichzeitig an vielen voneinander
sehr entfernten Orten, z. B. um das Jahr 1488 in Basel, geübt.
Hat es nun auch Choralnotcntypcn vor der Erfindung des
typographischen Druckes der Figuralmusik gegeben, so ist es oct.de. »'mm u.
doch unzweifelhaft, dass letzterer eine Erfindung des Octaviano dei
2i-
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324
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Petrucci aus Fossombrone war1. Dieser, von edlen jedoch armen
Eltern geboren, kam als Buchdrucker nach Venedig. Im Jahre 1 498
erhielt er seitens des Senates ein Patent auf Druck von mehrstimmiger
Musik ftir „Gesang und Laute", dem später ein ähnliches des Papstes
Leo X., datiert 1 513, folgte. Sein erster Notendruck war harmonier
musices Odheeaton 1501. Er entwickelte eine so grosse Thätigkeit,
dass er bereits in den Jahren 1 501 — 1 507 zwanzig verschiedene Werke
gedruckt hatte. Unvermögenheit veranlasste ihn den Betrieb seiner
Druckerei den thätigen Buchhändlern Amad. Scotti und Nie. da
Raphael zu überlassen.
Petruccis System war auf Doppeldruck gegründet. Die Linien
petruecusystem. bestanden aus Stücken in der Grösse der Formatbreite. Die Noten
wurden für sich gesetzt und auf die Linien gedruckt. Die Genauigkeit
der Typen ist eine grosse und der Druck, besonders der Linien, ein
vorzüglicher. In allen Ausgaben Petruccis sowie seiner Nachfolger
für lange Zeit wurden die einzelnen Stimmen für sich meist neben-
einander gedruckt, für den Druck von Partitur -Ausgaben war man
damals technisch noch nicht weit genug fortgeschritten.
Den Druck mit Typen, in welchen jedes der Notenzeichen
Ainlere Noten- zugleich mit einem Stück des Liniensystems verbunden war, so dass
nur ein Druck notwendig und die Schwierigkeit des Passens der
Formen umgangen ward, führte Erhard Oegun in Augsburg zum
erstcnmale vor in: Mrlopoiar sive Harmoniar tetracentieae 1507.
Peter Schöner in Mainz übte das Verfahren 15 11.
In Frankreich schnitt der Graveur und Drucker Pierre Hutin
Piene ii.ni.i. 1 527 die ersten derartigen Noten, mit welchen Pierre Attaignant in
Paris und Tvi.man Susato in Antwerpen druckten. Bei allen diesen
Versuchen waren die Notenköpfe noch eckig. Von diesen wurde
zum crstenmale in den Werken des päpstlichen Kapellmeisters
Kleazak Gf.net genannt Carpentkas abgewichen. Als der genannte
in seinen alten Tagen in Avignon seine Kompositionen drucken lassen
wollte, veranlassteer Stephan Briakh aus Bar-lc-duc, Typen, welche
die Handschrift nachahmte, zu schneiden. Jean de Channav in
i 1*'r. Chrvsanki.r, Aliriss einer deschiclitc des Musikdruckes vom xv. bis
zum XIX. Jahrhundert. In der All^. Musik, /.t^., 1S79. N<>. 1 1 u. ff. — Amt. SctlMin,
Ottaviano dei Petrucci da Fos>omlirono. Wien, 1S45.
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
325
Avignon druckte damit 1 532 das erste Werk Uber primus Missarum
Caipcnttas. Die Neuerung fand jedoch keine Folge.
Venedig blieb lange Zeit das Zentrum für den Musiknotendruck
und den Musikalienvcrlag. Die bedeutendste Firma war die der
Familie Gardano, die von 1536 ab bis tief in das xvm. Jahrhundert
blühte und die Werke Palästrinas verlegte.
In Deutschland wurden nicht nur Originale gedruckt, sondern
auch alles „Gangbare" des Auslandes nachgedruckt. Hieronymus Notendruck in
_ DciiUlllUlid.
Formschneider schnitt gute Notentypen. Der bedeutendste Noten-
drucker des xvi. Jahrh. war Adam Berg in München, Verleger der
Werke Orlando Lassos. Fast alle seine Drucke, bei denen er die
Unterstützung des musikliebenden Herzogs von Bayern genoss, sind
Prachtausgaben in Folio. Sein Hauptwerk ist das: Patrocinium
ntusices aus 1573. Als das bedeutendste Werk aus dem XVI. Jahr-
hundert muss das von Nie Heinrich in München gedruckte Magium
opus niusicitin genannt werden. In dem xvii. Jahrhundert war
namentlich Gimkl Bkrgkn in Dresden thätig.
In Frankreich lieferte Guillal me le Bee um 1 550 vollkommenere
Noten als die Hutins, deren sich Rod. Baixakd und dessen Schwager Frankreich.
Adrian le Roy bedienten. Die Familie Ballard, welche die Noten
le Bces für die hohe Summe von 50000 Livres erwarb, war die
bedeutendste Musikfirma nicht nur in Frankreich und erwarb sich
namentlich durch die Herausgabc der Werke Lullys Weltruf. Sic
druckte die Partituren fast aller französischen Opern und hielt sich
beinahe 200 Jahre in Ansehen.
Englands Anteil an dem Musiktypendruck war kein bedeutender.
John Day wandte um 1560 die verbesserte Methode an. Thomas
Este (um 1600) brachte sehr elegante Drucke.
Um 1725 war der musikalische Typendruck, dessen Wesen
überhaupt seit Petrucci wenig fortgeschritten war, ganz in Verfall v«ui.i.*
Notendrucks-
geraten und der Kupferdruck hatte dessen Platz eingenommen.
Als letzte bedeutende Erscheinung können die in Venedig bei
Domenico Lov isa in acht, mit allem, damals zugebote stehenden Luxus
ausgeführten Foliobänden gedruckten Fünfzig Psalmen von Bene-
detto Marcello bezeichnet werden. —
Aus dem Gesagten geht hervor, dass es unrichtig ist, wenn
Breitkopf, wie es gewöhnlich geschieht, als Erfinder des typo-
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
graphischen Notendruckes genannt wird, dagegen bleibt ihm, was
ihm wieder von verschiedenen Seiten streitig gemacht worden ist,
die Ehre, dem typographischen Notendruck eine solche Gestaltung
gegeben zu haben, wie er sie noch heute hat. Die Bedeutung dieser
That würde eine noch grössere Tragweite haben, wenn nicht die
Erfindung der Lithographie und der lithographischen Schnellpresse
in dem Notendruck und dem Musikalienverlag eine gewaltige Um-
wälzung zur Folge gehabt hätte.
Am allcrticfsten fast stand vor Breitkopf der Notendruck in
Leipzig; selbst die Arbeiten sonst verdienter Männer als Wolfg.
Stöckel und Abr. Lamberg sind äusserst mangelhaft. Die Kolumnen
sahen mit ihren unendlich vielen, jämmerlich zusammengesetzten
Linienstücken vollständig gequirlt aus.
Da erschien im Jahre 1755 bei Breitkopf ^Sonnet auf das Pastoreil
// trionfo dclla fcdelta* , ein Versuch, der bereits wenig zu wünschen
übrig liess, doch ist die umfangreiche (283 S. in qu. fol. umfassende)
Tondichtung der Kurfürstin Marie Antonie von Sachsen // trionfo
dclla fedelta selbst noch geeigneter, die Vorzüge von Breitkopfs
Leistungen ins helle Licht zu setzen. In der Schlussschrift heisst es:
„Stampato in Lipsia ; nella stamperia di Giov. Gottlob Immanuel
Breitkopf, Inventore di questa nuoia manicra di stampar la Musica
coli Carratteri separabili e mutabili. E questo Dramma Pastorale
la prima opera stampata di questa nuova guisa ; comminciata m l
Ah se di Luglio 1755, e terminata nel nu se efAprile 1756"'.
Der bewegliche Geist Breitkopfs liess ihn jedoch nicht bei
solchem Siege Beruhigung fassen, sondern trieb ihn ein Feld zu
bebauen, wobei man zwar volle Gelegenheit hat, seine Fähigkeiten
zu bewundern, jedoch nicht ohne eine Beimischung des Bedauerns,
dass dieselbe so unfruchtbaren Arbeiten zugewendet wurden.
Zuerst wollte er die Herstellung iler Landkarten der Buch-
Lamikartcn^t*. druckerei zuweisen. Die Berechnung aller der wellenförmigen Linien
der verschiedensten Art für Terrainzeichnung; die Notwendigkeit,
die Schrift kreuz und quer nach allen Richtungen hin zu setzen; kurz,
alle die Schwierigkeiten, die eine Kartenzeichnung darbietet, machen
1 Über diesen sowie über die sonstigen Mu.sikdnickc Ureitkopfs vcrgl.
Ix)RCK , „Der Buchhandel und die graphischen Künste auf der Kunstgewerbe-
Ausstellung zu Leipzig 1S79". Sep. Abdr. au.s dem ltürscnbl. f. d. d. Ii.
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
327
die typographische Ausführung, wennauch nicht geradezu unmöglich,
doch so schwer, dass die Kosten sich nicht in der Praxis erschwingen
lassen. Dies fühlte wohl Breitkopf bald selbst, wie aus seiner 1777
herausgegebenen Broschüre: „Über den Druck der geographischen
Karten" hervorgeht, und die darin enthaltenen Proben würden
überhaupt kaum an das Tageslicht getreten sein, wenn er sich nicht
von dem sein Ehrgefühl verletzenden Verdacht hätte reinigen wollen,
dass er mit seiner Erfindung später als Haas in Basel mit der seinigen
gekommen sei.
Diesem Verdacht tritt er mit Entrüstung entgegen und kritisiert
streng den Haasschen Versuch, den er „mehr ein opus musivum als sat* hgiiriicUr
typographicum" nennt, „mit Thon und gekautem Papier nachgeholfen, 'cscn*
wie man dergleichen schon längst in der Druckerei kennt" (vgl.
Kap.Xiv). In demselben Jahre folgte noch „Die Beschreibung des
Reichs der Liebe" mit einer Karte; 1799 „Der Quell der Wünsche**
ebenfalls mit einer Karte, die beide als eine glückliche Lösung
seiner Aufgabe nicht betrachtet werden können. Immerhin ist
Breitkopfs typographischer Scharfsinn doch sehr zu bewundern, und
seine kartographischen Versuche bleiben typographische Reliquien
von hohem Wert. Der Satz, der noch heute erhalten ist, beseitigt
jeden Verdacht, als sei durch Feile, Messer, unregelmässigen Aus-
schluss oder in anderer Weise nachgeholfen; alle Stiicke sind streng
systematisch und einfach, wie in jedem anderen Satz, an einander
gereiht.
Obgleich Breitkopfs klarer Verstand ihm sagte, dass er auf diesem
Wege keine grossen praktischen Erfolge erzielen würde, so veranlasste am«.-««.»!«:
ihn doch sein etwas hartnäckiger Charakter, sogar noch weiter zu
gehen: er wollte es noch möglich machen, Porträts mit Typen
herzustellen. Die Strichlagen des Kupferstechers licssen ihn glauben,
durch parallel laufende Linienstücke das Ziel erreichen zu können.
Seine Proben hat er nicht veröffentlicht, wer aber die neuesten
Arbeiten Moulinets und anderer Meister in diesem Genre kennt,
kann sich leicht von dem, was erreicht werden konnte, ein ungefähres
Bild machen. Zwar gehören alle solche Versuche den Gebieten des
an und für sich Unpraktischen an, wir können sie dennoch so wenig
wie die späteren Stigmatypien Fasols als wertlos für die Fort-
bildung der Typographie bezeichnen.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Die Beschaffung des chinesischen Satzes mit beweglichen Lettern
war eine der Aufgaben, die sich die Typographie gestellt hatte.
Sowohl die französische als die päpstliche Regierung hatten darauf
viel Geld unnütz verwendet. Die grosse Anzahl der Schriftzeichen
machte die Anfertigung der Typen kostspielig und die Ähnlichkeit
der Charaktere unter einander den Satz zu einem äusserst schwierigen.
Indes, Breitkopf löste seine Aufgabe und sandte sofort eine allerdings
nicht sehr ansprechende, imj. 1789 der Öffentlichkeit übergebene
Probe an den Papst, der ihm durch den Kardinal Borgia in sehr
schmeichelhaften Ausdrücken danken liess. Aber auch bei dieser
Erfindung unterblieb die praktische Ausbeutung. Ein holländischer
Verleger unterhandelte zwar mit Breitkopf über das Setzen eines
chinesischen Textes in Leipzig, die Verhandlungen führten aber
nicht zu einem Resultate.
Nun wollte Breitkopf auch mathematische Figuren mit beweg-
-■i-y,.OBraphi»che liehen Typen setzen, ein Gedanke, der bei der Billigkeit des einfachen
Ornamentik. j^Qj^^j^g j<ejnc grossen Erfolge in Aussicht stellen konnte und
auch nicht zur Verwendung kam.
Schliesslich wendete er seine Aufmerksamkeit darauf, die Ver-
st.hntigicMcrci. zierungen, die nach und nach den höchsten Grad von Ungcschmack
erreicht hatten, durch geschmackvollere zu ersetzen. Zu diesem Zweck-
Hess er gute ältere Vorbilder nachahmen und in Holz schneiden.
Auch dasGiesscn und das Drucken haben ihm Verbesserungen
zu verdanken. Seine Giesserei war wegen der VortrciTlichkcit der
Metall- Legierung berühmt. Einen Beweis für die Güte liefert die Rein-
heit der Abdrücke, die nach Verlauf von hundert Jahren von dem vor-
handenen Landkartensatze gemacht wurden. Die Giesserei arbeitete
mit vierzig Leuten und zwölf Öfen und sandte ihre Schriften nach
allen Ländern der Welt. Dagegen misslangen eine von ihm an-
gefangene Spielkartenfabrik und eine Tapetenfabrik, obwohl die
Muster von dem besten Geschmack zeugen. Breitkopf war eben ein
Erfinder, nicht aber in gleichem Masse für die pekuniäre Ausbeutung
der Erfindungen geschaffen.
Einem so feingebildctcn Mann wie Breitkopf konnten die
sinu.hc handwerksmässigen Roheiten, die mit der Lossprechung eines
Kctvrmcii.
Lehrlings verbunden waren (I, 165], selbstverständlich nicht zusagen.
Er schaffte deshalb die bei solchen Gelegenheiten üblichen scenischen
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 329
Aufführungen ab und beschrankte sich darauf, den symbolischen Sinn
der Marterwerkzeuge erklären zu lassen und in einer sinnigen Rede
den Losgesprochenen über seine Rechte und Pflichten zu belehren.
Solche Änderungen und Neuerungen, die auf das Beschränken der
Völlerei und des Feierabendmachens abgesehen waren, fanden
jedoch begreiflicherweise keine Gnade bei den Gehülfen, und man
ging anfänglich so weit, die bei Breitkopf Ausgelernten nicht für
voll anerkennen zu wollen, doch bahnten sich Vernunft und Sitte
schliesslich ihren Weg.
Wie viele seiner technischen Pläne und Experimente, so
blieben auch manche seiner schriftstellerischen Arbeiten nur Ent- sdw.fi
stcllcrikihc
würfe. Um seinen Hauptplan, eine grossartig angelegte Geschichte Aru-ncn.
der Buchdruckerei gründlich durchführen zu können, hatte er mit
vieler Sorgfalt und mit grossen Kosten eine Bibliothek von Werken
über Buchdruckerkunst und Proben von den Leistungen derselben
gesammelt. Durch eine Reihe von Jahren legte er Kollektanecn an,
hatte auch einige Partien des Werkes ausführlicher ausgearbeitet.
1779 erschien seine Broschüre „Über die Geschichte der Erfindung
der Buchdruckerkunst4*, welche den breit angelegten Plan seines
Werkes entwickelte. Es folgte dann I784einer der durchgearbeiteten
Abschnitte: „Versuch über den Ursprung der Spielkarten". Erster
Teil. Der zweite Teil wurde nach Breitkopfs Tode von J. C. F. Roch
1801 herausgegeben, welcher in der Vorrede darüber klagt, dass
die hinterlassenen Notizen Breitkopfs nicht derart beschaffen seien,
dass eine grössere Ausbeute daraus erwachse. Breitkopfs reger
Geist führte ihn während der Arbeit immer weiter; die Noten
uberwuchern den Text. Er wollte alles, was ihn interessierte, auch
ausfuhrlicher bearbeiten, und so haben wir zu bedauern, dass wir
nur einige, wenn auch sehr wertvolle Bruchstücke erhielten, statt
einer vollständigen, noch heute nicht vorhandenen Geschichte der
Buchdruckerkunst, die zu schreiben er, wie kaum ein zweiter, fähig
gewesen wäre, wenn er nur die Kunst, sich zu beschränken , besser
verstanden hätte.
Breitkopf starb am 28. Jan. 1794 und hinterlicss seine Buch-
druckerei als eine der am reichsten ausgestatteten wenn nicht gar BrctU],^ 1 o 1.
als die reichste der Welt. Sie besass gegen 400 verschiedene
Schriftgattungen, 16 Sorten Noten, einen grossen Vorrat von
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330 DIR GERMANISCHE GRUPPE. XU. KAP.
Vignetten und beschäftigte 120 Arbeiter. Das Geschäft wurde von
dem Sohne Christoph Gottlob fortgeführt, der sich im Jahre 1796
mit Gotifried Christoph Härtel assoziierte. Die jetzige Firma
ur..tku,,f& Breitkopf & Härtel datiert aus dem Jahre 1798. Härtel war zwar
kein gelernter Buchdrucker, stand jedoch dem Geschäft in vortreff-
lichster Weise vor. Er Hess durch Schelter griechische Typen nach
Bodoni und Antiquaschriften nach Levrault schneiden und gründete
auch eine Steindruckerei (1805). Nach dem Tode Härtels (am
r. H irtel 25. Juli 1827) trat zuerst der jüngere Sohn Raymund Härtel, später
Dr. h. li.iriei ( 1 83 5) der ältere Dr. jur. H kr mann Härtel in das Geschäft. Sic
* 5 s 75 brachten dasselbe, das während ihrer Minderjährigkeit etwas zurück-
gegangen war, bald wieder zur alten Blüte.
Der etwas altersgrau gewordene rgoldene Bär" wurde 1867
verlassen und ein neues immenses Geschäftshaus bezogen, woes jedoch
auch bald zu eng geworden wäre, hätte die Firma nicht ihre Piano-
fortefabrikation aufgegeben. Am 27. Januar 1869 beging das ver-
jüngte Geschäft die Feier seines 1 50jährigen ruhmvollen Bestehens.
Es arbeitet mit 30 typographischen und lithographischen Schnell-
pressen, 18 Handpressen und gegen 400 Arbeitern.
Als Musikverleger hält das Haus den alten Ruhm aufrecht.
Das bis Ende 1 878 ergänzte Musikverzeichnis umfasst in mehr als
15000 Werken das gesamte Gebiet der Musik, wie auch deren
Littcratur und Pädagogik nach allen Seiten hin vertreten ist. Nach
dem Ausscheiden Raymund Härtels im Jahre 1879 smd seine Neffen
W. Volkmann und Dr. O. Hase die Chefs des Hauses.
Auf der Grenze des xvni. und XIX. Jahrhunderts wirkte Geokg
g j. Göttien Joachim Göschen aus Bremen gebürtig. Seine Jugend verbrachteer
in ärmlichen Verhältnissen. Drei Jahre lebte er in einer Pension bei
einem Schullehrer in Arbergen, einem Dorfe bei Bremen, wo der
Vater des bekannten Gelehrten Hcinr. Ludw. Heeren Pastor war
und Göschen zugleich mit seinem eigenen Sohne Unterricht erteilte.
Nach überstandener Lehre erhielt er eine Stelle in Leipzig in der
Crusiusschen Buchhandlung, die er 13 Jahre mit Erfolg bekleidete.
Dann ging er nach Dessau, wo in ihm der Entschluss reifte, sich in
Leipzig zu etablieren. Das Glück war dem strebsamen Manne hold,
» Chr. G. Loki Nz, Zur Kiinncrung an G. J. (löschen. 4. Grimma 1S61.
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
331
er trat nach und nach in Verbindung mit den besten Autoren und
verschaffte sich rasch einen angesehenen Namen.
Um eine Prachtausgabe von Wielands Werken mit lateinischen
Lettern zu drucken, fasste Göschen den Plan, selbst eine Buch-
druckerei zu errichten, da die vorhandenen Druckereien seine
Korderungen nicht erfüllen konnten. Das war aber in der damaligen
Blüte des Innungswesens keine leichte Sache, da Göschen nicht
gelernter Buchdrucker war. Er musste in seinem Konzessionsgesuche,
welches am 4. Mai 1793 bewilligt wurde, geltend machen, dass er
nur „mit lateinischen Lettern nach Didot" drucken wolle, dass
jedoch diese in Leipzig nicht vorhanden wären, und dass seine
Typen noch schöner seien als die von Unger in Berlin, wodurch
Leipzigs Buchdruckerruhm steigen würde; ausserdem wolle er nur
für sich drucken und sogar nur solche Artikel seines Verlages, die
Andere nicht ausführen könnten. Nichtsdestoweniger wurde von
seiten der Innung mit allen Kräften gegen ihn gearbeitet; man hatte
wohl das Gefühl, dass ein Mann von Göschens Geist, wenn er einmal
sich der Typographie gewidmet hatte, nicht bei den „lateinischen
Typen nach Didot- stehen bleiben würde.
Er schritt nun an sein grosses Vorhaben , eine Gesamtausgabe
von Wielands Werken zu licfern.'die etwas noch nicht dagewesenes i'r .chui.^abei..
sein und in vier Gestalten erscheinen sollte. Von der Prachtausgabe
in 42 Banden in 4°, mit Antiqua gedruckt und mit 36 Kupfern
geschmückt, kostete ein Exemplar 250 Thlr. Den 1794 in Leipzig
anwesenden Wieland Hess Göschen unter festlichem Gepränge den
ersten Band von jungen, Genien vorstellenden Damen überreichen,
während die Muse Wielands Haupt mit einem Lorberkranze
schmückte. Auch von Klopstocks Werken wollte Göschen eine
ähnliche Ausgabe veranstalten; sie blieb jedoch unvollendet.
Bedeutende Leistungen seiner Buchdruckerei sind die, ebenfalls nicht
vollständig gewordenen Prachtausgaben des Wolfschcn Homer,
sowie die Griesbachschc Ausgabe des Neuen Testamentes. Die
Ausstattung aller dieser Werke ist die prachtvollste und sorgfältigste,
ohne jedoch einen recht befriedigenden Eindruck zu machen. Die
Antiquaschriften trafen den Geschmack des Publikums nicht und
auch die griechischen Schriften sind charakterlos, der Satz des
Homer ausserdem unschön weitläufig.
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332
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Um den erwähnten Beschränkungen in seinem Geschäftsbetrieb
7.u entgehen, hatte Göschen seine Buchdruckerei nach Grimma verlegt,
in dessen Nähe er das Gut Hohnstädt besass, auf welchem er, 75 Jahre
alt, am 5. April 1828 starb. Er hatte bis in sein hohes Alter seine
volle Geistesfrische erhalten und sie durch seine grosse Wirksamkeit
als Verleger bethätigt.
Von hervorragender Bedeutung für das Buchgewerbe im all-
i r A.iirockh.m* gemeinen, wenn auch weniger für die Typographie war Friedrich
f 20.' Aug. ta/j. Arnold Brockhaus.
Sohn eines Kaufmanns in Dortmund, lernte er die Handlung
in dem väterlichen Geschäfte und lag später den Studien ein Jahr
lang in Leipzig ob. Im Jahre 1798 eröffnete er in Verbindung mit
zwei Genossen ein englisches Manufakturwarengeschaft in Dort-
Kuhiuscmcm in mund, welches er nach Trennung von seinen Teilhabern, von welchen
der eine einen traurigen Einfluss auf die ganze Zukunft Brockhaus'
üben sollte, 1802 nach Amsterdam verlegte und 1805 aufgab, um sich
einem buchhändlerischcn Geschäft unter der Firma Rohloff & Co.
zu widmen, welche Firma 18 10 in Kunst- und Industrie - Comptoir
geändert wurde und erst 18 14 in F. A. Brockhaus überging.
Bei einem Besuche der Leipziger Michaclismcsse im Jahre 1808
erwarb er das begonnene aber ins Stocken geratene Konversations-
Lexikon, ein Unternehmen, welches bestimmend für seine ganze
geschäftliche Zukunft werden sollte.
Veranlasst durch den Tod seiner geliebten Frau und durch die
Alteiibur-ji und Franzosenherrschaft in Holland siedelte Brockhaus im Jahre 1810
nach Altenburg über und verkaufte 181 1 das Amsterdamer Geschäft
an Johannes Müller. In Altenburg weilte er bis 18 17, um dann,
nachdem er zwischen Ürcsden und Leipzig geschwankt hatte, am
letzteren Orte sich bleibend niederzulassen und das in Altenburg
bereits nach grossen Dimensionen betriebene Verlagsgeschäft in
noch grössere Bahnen zu lenken.
Seinen Scharfblick für die Bedürfnisse der Zeit, verbunden mit
„ !>••> einer thatkräftigen patriotischen Gesinnung bekundete er durch viele
LvMko». Unternehmungen. Der Eckstein des ganzen grossen Gebäudes blieb
jedoch das Konversations-Lexikon. Der Anfang hierzu war bereits
um das Jahr 1793 von Dr. Renatus Gotthelf Löbel gemacht. Dieser
verband sich mit einem Advokaten Chr. Wilh. Franke zu der Heraus-
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
333
gäbe; für die buchhändlerische Durchführung wurde Aug. Leupold
ausersehen. Das Werk hatte jedoch keinen grossen Erfolg und die
Unternehmer verkauften es an Leupold. Nach vielen Schicksalen
kam es noch vor dem Erscheinen des sechsten (Schluss-) Bandes an
Brockhaus, der nun mit seiner gewohnten Energie an die Vollendung
und Umarbeitung ging*.
Mehr und mehr fühlte Brockhaus das Bedürfnis über eine eigene
Druckerei disponieren zu können und hatte zuerst den Gedanken, Druckerei,
diese in Altenburg zu errichten, wovon er jedoch zurückkam. Anfang
des Jahres 1818 eröffnete er nun eine Offizin mit drei hölzernen
Pressen, zu welchen bald noch weitere vier kamen. Die Innung legte
Protest ein, weil Brockhaus kein gelernter Buchdrucker sei. Da
musste sein Freund Teubner aushelfen und durch Verkauf, Rück-
kaufsvertrag etc. etc. wurde es Brockhaus möglich, faktisch seinen
Willen durch die Errichtung einer „zweiten Teubnerschen Buch-
druckerei** durchzusetzen, bis der Sohn Friedrich, der bei Vieweg
in Braunschweig gelernt hatte, am 21. Okt. 1820 die Konzession
als Buchdrucker erhielt.
Merkwürdig genug, dass ein Mann, begabt mit dem weiten
Blick Brockhaus' und so gewohnt, pekuniäre Schwierigkeiten zu . Die
Schnellpresse
überwinden, sich die Ehre nehmen liess, als erster die Schnellpresse
in Deutschland zur Anwendung zu bringen; dies um so mehr, als
er die Sache scharf ins Auge genommen hatte und die Wichtigkeit der
Schnellpresse vollständig erfasst hatte, wie aus einer Korrespondenz
zwischen ihm und König & Bauer, die auch ein interessantes Streiflicht
auf Königs weiten Geschäftsblick wirft, hervorgeht Bereits am
7. November 18 18 wandte er sich an König & Bauer, um Näheres
über die Leistungsfähigkeit der Schnellpresse zu erfahren, indem er
betonte, dass 25 Handpressen nicht imstande gewesen, die Hälfte
des Lexikons, fünf Bände in 12000 Auflage, innerhalb fast eines
Jahres zu liefern, und dass die Arbeiter bei der Einförmigkeit der
Arbeit ermüdeten und zuletzthin nur schlechte Arbeit lieferten. König
& Bauer beleuchten in ihrer Antwort, dass 2 — 3 Schnellpressen
genügen würden, um 25 Handpressen zu ersetzen, und dass trotz
' Hl km. Kkanckx., Das Konvers.nions-Lcxikon und seine (minder. UursenUI.
f. d. d. 1!. 1873. No. 23.
* II. K. Ukockhaiis, Friedrich Arnold Ur.ickh.ius. Leipzig 1S72. II. R vi. K.
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DIK. GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
des Anlagekapitals von 1 5 000 Gulden für jede Schnellpresse grosse
Ersparnisse eintreten müssten. Sie machten dabei Brockhaus einen
eigentümlichen Vorschlag, dass er seine Druckerei nach Oberzell
verlegen sollte. Sie hätten noch Raum genug für eine Druckerei
von 70 bis 80 Setzern und die nötigen Maschinen, welche durch
Wasser betrieben werden könnten, auch enorme Trockenböden
ständen zur Disposition. Da das Papier aus Bayern und Franken
bezogen werden würde, könnten die Transportkosten demnach zum
grossen Teil gespart werden, ja, sie selbst gingen mit der Idee um,
eine englische Papiermaschine zu bauen, um gutes Papier zu
liefern, „das deutsche Papier4, heisst es, „ist doch ein Schand-
artikel, womit kein englischer Buchhändler vor das Publikum
zu kommen sich unterstehen dürfte". Der Brief schliesst: „Was
sagen Sie zu dieser seltenen Vereinigung von Mitteln für grosse
litterarische Unternehmungen, in einen kleinen Raum zusammen-
gedrängt? Vielleicht licssc sich zwischen unseren und Ihren Plänen,
unseren und Ihren Mitteln eine Verbindung ausmitteln , die beiden
Parteien vorteilhaft wäre".
Hätte dieser Vorschlag einige Jahre früher gemacht werden
können, wer weiss wozu das geführt haben würde. Jetzt antwortete
Brockhaus und zwar erst nach einem halben Jahre, ablehnend, er
wollte die Ausführung seiner Gedanken die Schnellpresse anzu-
schaffen seinem Sohne überlassen.
König licss trotzdem die Sache nicht fallen und machte im
Juni 18 19 den Vorschlag, „zu dessen Annehmen offenbar viel weniger
Mut gehört, als Sie Ihren übrigen Unternehmungen nach zu
urteilen besitzen", auf ihre Kosten zwei Schnellpressen in Leipzig
zu Brockhaus' ausschliesslichem Gebrauch aufzustellen, in Betrieb
zu halten und nach 10 Jahren an Brockhaus unentgeltlich zu über-
lassen, wenn er auf 10 Jahre hinlängliche Beschäftigung garantieren
wollte und zwar gegen um 25% wohlfeilere Druckpreise, als
sie ihm in seiner eigenen Druckerei zu stehen kämen. Aber auch
diesen Antrag lehnte Brockhaus ab, obwohl er nach seiner Angabc
über fünfzig eigene und fremde Pressen beschäftigte. So kam es
denn, dass Brockhaus' Offizin und Leipzig überhaupt erst 1826, drei
Jahre nach Friedrich Arnolds Tod, in Besitz einer Schnellpresse kam,
welche von den Arbeitern mit Demolierung bedroht wurde, die in
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 335
Leipzig, wie anderswo, noch nicht einsehen gelernt hatten, dass sie
hiermit nur gegen ihr eigenes Fleisch und Blut wüteten.
Neben dem Konversations- Lexikon pflegte Brockhaus mit
besonderer Vorliebe den journalistischen Verlag, repräsentiert durch «er Verla«.
Okens „Isis", „Zeitgenossen", „Leipziger Kunstblatt", „Hermes"
und „Litterarisches Wochenblatt" , die alle, mit Ausnahme des
letzteren, welches noch als „Blätter für litterarische Unterhaltung"
besteht, kein langes Leben hatten. Auf seinen reichhaltigen sonstigen
Verlag kann hier nicht näher eingegangen werden.
Die angestrengteste Geschäftstätigkeit, die damit verbundenen
Sorgen, zu welchen sich der bereits angedeutete ärgerliche, immer Tod Fr Ar...
wieder auftauchende Streit von Dortmund her kam; seine fort-
währenden Zensurkämpfe namentlich mit der preussischen Regierung ;
verdriessliche littcrarischc Händel, die durch sein heftiges Temper-
ament genährt wurden ; die Not, welche ihm Konkurrenz und Nach-
druck des Lexikons verursachten, rieben seine Kräfte vor der Zeit
auf, und brachten ihn um den ruhigen Gcnuss seines unermüdlichen
Schaffens. Seine Gesundheit war untergraben. Obwohl im November
1822 dem Tode nahe und bereits allgemein totgesagt, erholte er sich
wieder, unterlag jedoch einem neuen Anfall am 20. Aug. 1823'.
Das umfangreiche verwickelte Geschäft wurde von den jungen
Söhnen Friedrich und Heinrich Brockhaus fortgesetzt. Friedrich Fr. Brockten»
hatte, wie schon erwähnt, die Leitung der Buchdruckerci übernommen, * '5 Ax>K' 1865
welche 1823 ioHolzprcssen beschäftigte. Im Jahre 1833 wurde eine
Stereotypie eingerichtet, 1836 die Walbaumsche Schriftgiesserci
erworben (S. 283). Friedrich war eifrig bemüht, der Buchdruckerei
die Superiorität in dem in den vierziger Jahren aufblühenden
Illustrationsdruck zu sichern, und scheute keine Opfer, um den Ver-
gleich mit dem Auslände aushalten zu können. Die ersten epoche-
machenden illustrierten Werke: Vemcts „Napoleon", Menzels
-Friedrich der Grosse", die „Illustrirtc Zeitung" wurden unter der
1 Sein Enkel Dr. Kd. Ikockhaus setzte ihm in dem Werke „Friedrich
Arnold JJrockhaus, sein Leben und Wirken". 3 Ilde. Leipzig 1872—1881 ein
würdiges Denkmal. Neben der interessanten und lehrreichen Darstellung hat
das P.uch das, bei einem so entstandenen Werke gewiss seltene Verdienst der
grössten Offenheit und einer fast bis /um Aussersten gehenden Unparteilichkeit,
die auch nicht den geringsten Versuch zulässt, die Schwächen und Fehler des
bedeutenden Mannes zu bemänteln.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Leitung Friedr. Brockhaus' gedruckt, der sich am i. Januar 1850
von dem Geschäft zurückzog.
Heinrich Brockhaus leitete die Buchhandlung. Er war ein
11. iwkhaus mit einer ausserordentlichen Arbeitskraft und grossem Organisations-
» ,|. Kt.-I»r. 18(114,
f 15 N.,vi»r.i«7,. talent begabter Mann von unabhängiger Gesinnung. Am 4.Mai 1 872
konnte er mit Genugthuung den hundertjährigen Geburtstag des
Gründers begehen, denn das Etablissement war in seiner Art eines
der vielseitigsten der Welt und in Wahrheit ein Universalgeschäft
geworden, das mehr als 600 Personen beschäftigte. Der mit grösster
Sorgfalt von Heinrich Brockhaus herausgegebene, 1148 Seiten
starke Verlagskatalog verzeichnete damals bereits 2552 Artikel in
585 1 Bänden. Als Teilnehmer waren die Söhne Heinrichs, Dr. Eduard
und Rudolf Brockhaus, eingetreten. Heinrich Brockhaus, von der
Universität Jena zum Ehrendoktor, von der Stadt Leipzig zum
Ehrenbürger ernannt, starb am 15. November 1874'.
Das Konversations- Lexikon bildet immer noch den Mittelpunkt,
des grossen Verlags und der Einfluss, welchen dieses jetzt in der
13. Auflage erschienene Werk auf die allgemeine Bildung geübt hat,
ist ein grosser. Der Bilderatlas zum Konversations-Lexikon, 2. Aufl.,
ist ein Werk, wie es nur in einem Universalgeschäft, das über alle
Arten der technischen Herstellungsmethoden gebietet, in solcher
Weise durchgeführt werden konnte.
Bknedictus Gotthelf Teubner, zu Grosskraussnigk in der
». <;. r.ubncr Niederlausitz geboren, hatte noch vor Brockhaus sein später so
• 16. J 11 m 1784. 1
f ;i. j.m. 1H50. bedeutendes Etablissement 181 1 mit zwei Holzprcssen angefangen.
Bereits 1823 verband er mit seiner Buchdruckerci eineBuchhandlung,
die sich durch ihren philologischen Verlag und korrekte Klassiker-
Ausgaben einen grossen Ruf erwarb. Teubner war eifrigst für einen
sorgsamen Druck bemüht, und hat in dieser Hinsicht wesentliche
Verdienste um die Kunst, auch richtete er sein Streben auf eine, für
damalige Zeit nicht gerade übliche, Eleganz in allen Accidcnzarbeiten
unter Verwendung des Guilloche- und Farbendruckes. Die von ihm
herausgegebene Jubclschrift des Dr. K. Falkcnstcin zeigt , was das
Geschäft auf den verschiedenen Feldern des graphischen Gebietes
« Seine Erlolmis^c auf einer grossen Keise in <len Jahren 1S67 — 1S6S
.-chiklertc l!rockli:uis in der ihn ch.irnkteri-iercnilen schlichten Weise in seinem
„Uciseliiu'cbuch". 2 Hde. 1S73.
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DKR GERMANISCHEN GRLPPE. 337
zu leisten vermochte. Sind diese Leistungen auch durch die der
jüngeren Zeit überflügelt, so waren sie doch damals bedeutend und
die Buchdruckerei Teubners gehörte mit zu den in der neuern
Richtung tonangebenden. Bei seinem Tode waren sieben Schnell-
pressen in Gang, auch hatte er in Dresden eine Filiale gegründet.
Die Nachfolger, seine Schwiegersöhne Ad. Rossbach und Ai.hin
Ackermann, verliessen die früher eingeschlagene Kultivierung des
Accidenzdruckes und zeichneten sich durch ihren vortrefflichen
Werk- und namentlich durch ihren Zeitungs-Illustrationsdruck aus.
Der grossartige philologische Verlag, aus gegen 2000 Werken in
über 3000 Bänden bestehend , wurde unter besonderer Leitung des
jetzigen Geschäftsteilhabers Dr. Aug. Schmitt in kräftigster Weise
fortgeführt. Ohne irgend eine typographische Prätension zu erheben
sind unter diesen Werken unübertroffene und unübertreffliche
Drucke, um einen unter vielen als Beispiel zu nennen Ilaodiani
il liquide in geradstehender griechischer Schrift. Die Offizin ist eine
der am besten eingerichteten und grössten Deutschlands, sie
arbeitet mit 35 Schnellpressen und gegen 400 Arbeitern, und druckt
1 8 Zeitschriften.
In die Reihe derjenigen verdienten Männer, die als Bahnbrecher K:.rrr..uci..i.i,
der deutschen Typographie zu bezeichnen sind, gehört als einer der t n. jm. is,
ersten Karl Christoph Traugott Tauchnitz.
Tauchnitz war in Grossbardau bei Grimma geboren. Da er
seiner Armut wegen nicht studieren konnte, ward er 1777 Buch-
druckerlehrling und arbeitete später bei Ungcr in Berlin. 1792 kehrte
er nach Leipzig zurück. Im Jahre 1797 gelang ihm der Ankauf einer
kleinen Buchdruckcrci. Das Geschäft gewann durch Tauchnitz' Flciss
und Akkuratesse an Ausdehnung. Bereits 1S00 konnte er eine Schrift -
giesscrei und eine Buchhandlung mit der Buchdruckerci vereinigen.
Seine Wirksamkeit muss namentlich von dem Standpunkte der
Verbindung dieser Geschäfte zu einem ganz bestimmten Ziel
beurteilt werden. Dies Ziel war die I lerausgabe der griechischen
und romischen Klassiker in guter Ausstattung, grosster Korrektheit
und zu den billigsten Preisen.
Im Jahre 1S0S machte er damit den Anfang. Jedoch ohne das
von Lord Stanhope eingeführte Stereotypverfahren, welches er
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Die Klassiker, durch den Engländer Watts gelernt hatte, wären die oben erwähnten
Erfordernisse der Kollektion schwer zu erreichen gewesen.
In seinen Bemühungen um die Verbesserung der Antiqua, der
griechischen und der orientalischen Schriften wurde er durch die
Schriftgiesser J. G. Schelter und Matthes unterstützt.
Seine Leistungen beschränkten sich jedoch nicht auf brauchbare
Pr.icht«<-,kc billige Ausgaben; er lieferte auch Prachtdrucke ersten Ranges und
wissenschaftliche Werke bedeutenden Umfanges. Zu den ersteren
gehören sein Theokrit in Folio (1821); das Carmen Arabicum
Szauirddini Hclcnsis (18 16), dessen Originaltext im orientalischen
Stil in Gold und bunten Farben gedruckt ist; die Kuhnsche Hymne
an König Friedr. August von Sachsen. Zu seinen bedeutendsten
typographischen Leistungen zählen noch die arabische Ausgabe des
Korans durch Flügel; die Fürstsche Bearbeitung der Buxtorffschen
„Concordanz", die stereotypierten hebräischen Bibeln von Hahn u.a.
Mitten unter Plänen zu neuen wichtigen Unternehmungen rief
K.cii.Tm« hi.iu. ihn der Tod plötzlich ab. Sein Sohn Karl Christian Philipp, der
eine ausgezeichnete Bildung genossen hatte, setzte das Geschäft,
ohne demselben mit der vollen Neigung des Vaters zugethan zu sein,
doch ganz im Sinne des Verstorbenen fort. Auf Veranlassung der
Amerikanischen Mission in Syrien wurde eine neue arabische Schrift
geschnitten , die sich dem Geschmack der Orientalen gut anpasst,
jedoch im Satz grössere Schwierigkeiten bietet, als die ältere, mit
welcher der Koran gedruckt wurde. Die Firma erlosch durch Ver-
kauf der verschiedenen Geschäftsbranchen.
In dem Streben für die Herstellung orientalischer Werke war
Kr. Ni< > Fr. Nies aus Offenbach mit Karl Tauchnitz verwandt, wenn auch
; k, ju.,. 1.-7... der letztere von wissenschaftlichem sowohl als typographischem
Standpunkte aus Idealeres anstrebte Angeregt namentlich durch
den genialen Verleger W. A. Barth, den Professor M. G. Schwartzc
und den Palaographen E. F. F. Beer, später auch durch Professor
Seyfarth unterstützt, unternahm Nies das Wagnis, hieroglyphische
Typen in seiner, 1 83 1 angelegten Schriftgiesserei herzustellen. Die
hieroglyphischc Schrift bestand aus etwa 1 500 Stücken. Diese in
verschiedenen Grössenabstufungen sowohl nach links als nach rechts
gewendet ausgeführten , oft einander sehr ähnlichen Figuren in ein
richtiges Typensystem zu bringen war für damals wirklich eine That;
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
339
sie gelang und viele Werke, darunter das Riesenwerk des Dr. M. G.
Schwartze „Das alte Ägypten" l, zeigen , dass die Offizin nach
damaligen Verhältnissen Bedeutendes leistete. Nies konnte mit
seinen selbstgcgossenen Schriften in gegen 300 Sprachen drucken,
vermochte jedoch nicht, sich mit dem Gedanken zu befreunden, heute
das rückhaltlos zu verwerfen, was gestern gut gewesen war, und
ermüdete deshalb unter den erhöhten Ansprüchen der fortschreitenden
Wissenschaft und Technik in seinen Anstrengungen. Das sonst so
blühende Geschäft verödete nach und nach. Im Jahre 1856 übernahm
es Carl B. Lorck, der erst sich mit J. J. Weber zur Ausführung der
unter dieser Firma in den Jahren 1837 — ^45 erschienenen grössten-
teils illustrierten Werke und Zeitschriften vereinigt hatte. Die
Druckerei und Schriftgiesserei wurde zeitgemäss reorganisiert und
vervollständigt. Eine bedeutende Zahl von orientalischen Werken,
besonders für das Ausland gedruckt, verliess in den Jahren 1856 bis
1S68 die Pressen der Offizin. In letztcrem Jahre übernahm sie
\V. Drugulin, welcher die bis dahin fortgeführte Firma Fr. Niessche W. Drugulin
Ruchdruckcrci in W. Drugulin änderte. Lorck gab die r Annalcn ] -^A^ilS'i
der Typographie" (1869 — 1877) und mehrere Fachschriften heraus3.
Drugulin setzte das begonnene Werk im bisherigen Sinne fort.
Hatte die Jury der Pariser Weltausstellung von 1867 bereits erklärt,
dass in Frankreich nur die kaiserliche Druckerei ähnliches prästieren
könne, wie diese Privatoffizin in Leipzig, so wurde nun in der That
durch Drugulins Erwerbungen, unter welchen sämtliche Stempel
und Matern der früheren Karl Tauchnitzschen orientalischen, älteren
Renaissance- und holländisch gothischen Schriften sich befanden,
ein Komplex geschaffen, wie er ausser in den Staatsanstalten zu
Wien und Paris sich nicht wieder vorfindet. Drugulins ausser-
gcwöhnlichen Kunst- und antiquarischen Kenntnisse kamen ihm
» Den Satz dieses Werkes von gegen 2200 Seiten in Quart übernahmen,
nachdem verschiedenen Setzern die Geduld ausgegangen war, ohne vorher
ein orientalisches Wort gesetzt zu haben, zwei Setzerlehrlinge F. Kssigkc und
H. Kauxdorf, deren der Verfasser, ein gewiss seltener Fall, in der Vorrede in
der ehrendsten Weise gedenkt.
* Als: Die Herstellung der Druckwerke. 4. Aufl. 1883. — Die graphischen
Künste auf der Wiener Austeilung 1873; amtlicher Bericht. — Die Druckkunst
und der Buchhandel in Leipzig. 1879. — Geschichte des Vereins der Buch-
händler in Leipzig; Jubelschrift. 1883.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
bei seinen vielen Reproduktionen und Imitationen von Drucken
älteren Stils vortrefflich zu statten. Namentlich ist das grossartige
Werk: „Die Chronik des Sächsischen Königshauses und seiner
Residenzstadt", ein Geschenk der Stadt Dresden zur Feier der
silbernen Hochzeit des Königs Albert und der Königin Carola, ein
Meisterstück dieser Gattung. Es war jedoch Drugulin nicht
beschieden, den Schluss des Werkes zu erleben.
Die von Nies eingeführten hieroglyphischen Typen wurden
Hieroglyphen- zumteil durch die früher erwähnten eleganteren und kleineren Typen
druck. .TT , . .
in Unirissen verdrängt (s. 285), teils hat es in jüngster Zeit den
Anschein, als wollte die Lithographie und speziell die Autographie
der Typographie das Terrain der Ägyptologie streitig machen.
Der bedeutende Verlag der J. C. Hinrichsschen Buchhandlung in
Leipzig auf diesem Felde ist fast durchweg in Autographie her-
gestellt, z. B. das hieroglyphisch - demotische Wörterbuch von
H. Brugsch-Bey , das 1728 Seiten in kl. Folio umfasst Voraus-
gesetzt, dass der Verfasser es versteht, hieroglyphischc Umrisse
korrekt wiederzugeben und sonst leicht leserlich schreibt, ist die
autographischc Wiedergabe eine ganz zweckmässige. Wenn mit
Typen gesetzt, würden die Kosten für ein Werk wie das genannte,
dessen Absatz begreiflicherweise nur ein beschränkter sein kann,
allerdings kaum erschwinglich sein; im Interesse der Wissenschaft
muss man deshalb die Besiegung der Typographie durch die Litho-
graphie auf diesem Gebiete mit Ruhe hinnehmen.
Die Offizin des Neffen des K. Tauchnitz, Bernhard Tauchnitz,
i!. Tauckutx. erneute den Weltruf des Namens ebenfalls hauptsächlich durch die
konsequente und grossartige Durchfuhrung eines einzigen Unter-
nehmens, bei welchem jedoch weniger die typographische als die
bibliopolische Bedeutung hervortritt. Wrcr kennt nicht die Tauchniiz
Collcction, die Sammlung von Werken englischer und amerikanischer
Autoren, deren Bändezahl jetzt 2000 übersteigt, die in über 600000
Stereotypplatten vorhanden sind? \YTie die Karl Tauchnitzsche
Kollektion auf die altklassische Bildung, so hat das B. Tauchnitzsche
Unternehmen ganz ausserordentlich zur Verbreitung der englischen
Littcratur und Sprache auf dem Kontinent, daneben auch zur
Mehrung des Ansehens des deutschen Buchhandels in Kngland bei-
getragen. Der Umstand, dass der Unternehmer den Autoren resp.
XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 34 1
den Verlegern zu einer Zeit Honorar zahlte, wo dies noch nicht
durch gesetzliche Bestimmungen geboten war, erwarb ihm sofort
die Gunst der genannten, die er sich zu erhalten verstanden hat.
Ausser der Sammlung lieferte die Offizin für den Verlag des
Besitzers — für Andere arbeitet sie nicht — eine Reihe von ebenso
gut ausgestatteten wie durch ihre Korrektheit bekannten bedeuten-
den Werke, besonders in juristischer und linguistischer Richtung,
unter welchen beispielsweise die fehlerfreien Logarithmen von
Köhler genannt sein mögen.
Ausser B. G. Teubner hatten bereits G. H. Maret, Wim.
Haack und namentlich C. L. Hirschi eld in allen Accidcnzarbeiten Andere Firmen
einen sehr guten Geschmack gezeigt. Letzterer, durch einen längeren
Aufenthalt in Paris tüchtig ausgebildet, verband Stereotypie und
Gravicranstalt mit seiner Buchdruckerei. Im Bunt- und Golddruck
leistete er Bedeutendes und das von ihm 1840 herausgegebene
Tableau in etwa zwanzig Farbenplatten, Typographia jubilans, ist
eins der bedeutendsten Erzeugnisse der Jubelpresse.
Ks dürfte hier, che wir zur jüngsten Gestaltung des graphischen
Geschäfts in Leipzig übergehen, der Ort sein , mit einigen Worten Da* JuMftit
des Jubelfestes 1840 zu gedenken, das sich nicht zu einer Lokal-
feier, sondern zu einem grossen nationalen Feste gestaltete, welches
in der Geschichte der Buchdruckerkunst einen Platz verdient.
Wahrend im Jahre 1640 fünf Buchdruckcreibcsitzer mit
14 Gehülfen, im Jahre 1740 achtzehn Offizinen mit 138 Gehülfen
dem Feste beiwohnten, zeigt die Liste der Beteiligten im Jahre
1 840 24 Buchdruckereien mit 232 Handpressen, 11 Schnellpressen
und 672 Gehülfen, dazu noch 7 Schriftgießereien mit 62 Gehülfen,
schliesslich 108 Buchhandlungen mit 121 Gehülfen. Das Kontingent,
welches allein das Brockhaussche Geschäft stellte, betrug mehr als
die Gesamtzahl der das Fest von 1740 Feiernden.
Die Sammlungen der Buchdrucker zu einem Festfond begannen
bereits 1837. Die Buchhändler traten 1839 hinzu und die Stadt
bewilligte 3000 Thaler. Das unter den günstigsten Auspizien vor-
bereitete Fest nahm den würdigsten Verlauf.
Bereits am Nachmittag des 23. Juni hatte die ganze Stadt sich
festlich geschmückt. Die Häuser waren mit Guirlanden und Kränzen
behängt, Fahnen wehten und Triumphbogen waren errichtet.
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342
DIE GERMAXISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Früh am 24. durchzog eine grosse Reveille die Stadt. Uni 8 Uhr
Dasjubcifcsi versammelten sich die anwesenden Kammermitglicder, die könig-
lichen und städtischen Behörden, die Konsuln, dää Offiziercorps,
die Geistlichkeit, die Schulrektoren, die Spitzen der Universität und
die Professoren , die Handlungsabgeordneten , die Obermeister und
Beisitzer der Innungen, schliesslich die Festgeber: Buchdrucker,
Schriftgiesser und Buchhändler, an verschiedenen Orten. Von
Deputierten des Festcomites geleitet begaben sich die einzelnen
Züge nach der Thomaskirche zu dem, vom Superintendenten
Dr. Grossmann abgehaltenen Festgottesdienste. Als Text war
gewählt: „Es ward ein Mann von Gott gesandt, der hicss Johannes ;
derselbe kam und zeugte von dem Licht".
Um 10 Uhr begann der grosse Festzug von dem Gewandhause
aus nach der Buchhändlerbörsc, wo die von den Frauen gestiftete
Fahne den Buchdruckern übergeben wurde. Von da ab ging der
Zug nach dem Marktplatze, dessen dritten Teil die amphitheatra-
lische Zuschauer- und Musiker-Tribüne einnahm. Nach Absingung
der von Felix Mendelssohn -Bartholdy komponierten Festkantate
hielt Raymund Härtel eine begeisterte und zündende Festrede, die
mit den Worten schloss:
„Du Allmächtiger, der du jedem Volke seine Bestimmung
zugeteilt hast, lass unser Jubelfest der Buchdruckerkunst dir ein
Dankfest sein für die hohe Gabe und hilf du selber, dass sie forthin
durch menschliche Willkür weder gemissbraucht, noch verkümmert
werde. Ein Jubelfest ist auch ein Ausruhen von hundertjähriger
Arbeit, und das ernste Geschäft des Lebens verklärt sich zum
heiteren Festspiele : Darum öffne sich die Werkstatt und der alte
Meister erscheine mitten unter seinem Feste!" Als dann die Hülle
sank, welche bis jetzt die im Mittelpunkte des Marktes befindliche
Festoffizin mit den arbeitenden Gicssern, Setzern und Druckern,
weit überragt von dem kolossalen Gipsabguss der Mainzer Guten-
bcrg-Statue Thorwaldsens, den Blicken der Menge entzogen hatte,
entstand ein unbeschreiblicher Jubel. Es war ein unvergesslicher
Augenblick, der, im jugendlichen Alter erlebt, noch dem Greise in
späten Jahren so lebhaft in der Erinnerung vorschwebt, als handle
es sich um ein Ereignis von gestern, und den miterlebt zu haben als
eine Gunst des Schicksals betrachtet werden muss.
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 343
Um 3 Uhr fand in der Halle am Augustusplatze ein Festessen
statt, an welchem etwa 3000 Personen teilnahmen. Bei Eintritt der Da* jnuifc»!
Dunkelheit bekundete eine glänzende Erleuchtung der Stadt die
allgemeine Teilnahme aller Behörden und Bürger an dem Feste.
Am 25. vormittags fand eine Versammlung fremder und ein-
heimischer Gelehrter, Künstler und Buchhändler in der Festhalle
statt. Gleichzeitig wurde in der Buchhändlerbörse eine interessante
Ausstellung älterer und neuerer Druckwerke, Xylographien u. a.
eröffnet. Um 3 Uhr füllte die Aufführung des von Mendelssohn für
das Fest komponierten Lobgesanges, die unter Leitung des Kom-
ponisten und unter Beihülfe von über 500 Sängern und Musikern
stattfand, die Thomaskirche. Abends war grosser Ball von über
4000 Personen in der Festhalte. Die Familien der Beamten,
Professoren, Prinzipale und Gehülfen verkehrten im fröhlichsten
Durcheinander und selbst der eindringende Gewitterregen musste
dazu beitragen, die Heiterkeit zu erhöhen.
Am 26. vormittags war eine interessante Fcstvorstellung im
Schauspielhause veranstaltet: Theaterschau von der Erfindung der
Buchdruckerkunst bis auf die neueste Zeit. Um 1 Uhr begannen die
Festzüge der Innungen, sich nach dem Exerzierplatz am Rosenthal,
wo ein echtes Volksfest abgehalten werden sollte, in Bewegung zu
setzen. Der mit Zelten in grosser Zahl, Fahnen, Buden, Carousscls,
Tribünen etc. geschmückte, dicht an den Wald sich lehnende Platz
bot mit den etwa 60000 Anwesenden ein höchst belebtes und
anmutiges Bild. Am Abend ward noch ein glänzendes Feuerwerk
abgebrannt. Dann zogen die Innungen nach und nach wieder mit
klingendem Spiel und fliegenden Fahnen nach der Stadt. Den
Beschluss machte der grosse Zug der Festgeber mit 1000 Fackeln,
die unter Gesang und Jubel auf dem Marktplatze zusammengeworfen
wurden.
Nicht ein Misston hatte das herrliche Fest gestört, welches
Leipzig mit dankbaren und stolzen Gefühlen hatte begehen können,
denn es war zugleich ein Huldigungsfest Leipzigs als Führerin auf
dem Gebiete der Buchdruckerei und des Buchhandels im Vaterlande
Gutenbergs geworden. Dass Leipzig willens ist, seine ehrenvolle
Stellung zu behaupten, wird ein Blick auf die jüngste Vergangen-
heit und auf den Augenblick zeigen.
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344
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Eine eigentliche Umgestaltung des Geschmacks für das
Gie.ccu.-t Accidenzfach , das heutzutage einen so wichtigen Platz einnimmt,
Ucvricnt.
ging erst von der Firma Giksfcke & Devrient aus. Diese, jung an
Jaliren, reich an Ehren, zeigte, dass eine Staatsdruckerei nicht
notwendig ist, um das zu leisten, was man von Staatsanstaltun
verlangt und mit Recht verlangen kann, weil diese in erster Reihe
zu Ehren der Kunst und nicht um eine Existenz zu begründen
arbeiten.
Die Firma wurde von Hermann Giesecke und Alphünse
Devrient am i . Juni 1852 begründet, zu einer Zeit, wo der typo-
graphische Geschmack und der Sinn für schöne Accidenzarbeiten
namentlich durch Hanel einen wesentlichen Aufschwung genommen
hatte (s. 281). Die genannten waren Manner, wie sie die Zeit eben
verlangte, um dem Geschmack eine bestimmte Richtung zu geben.
Sie haben hierin bedeutende Verdienste und waren stets redlich
bemuht, das 1 laibgute durch das wirklich Gute zu ersetzen.
Nach und nach entstand in ihrem Hause eine Reihe von
graphischen Spezialanstalten, die namentlich zur Herstellung der
unendlich vielen Wertzeichen nötig waren, mit deren Anfertigung
die Firma nicht nur von den verschiedenen Regierungen und Geld-
instituten Deutschlands betraut wurde, sondern die ihnen auch aus
der Schweiz, Italien, Holland, Schweden, Finnland, Rumänien und
Amerika zuflössen. Es war die glänzendste Zeit der Gründungen,
des Aktien- und Papiergelddruckes, welcher erst der Krach, dann
die Gründung der Reichsbank eine Grenze setzte.
Aber der Ruhm der Firma war nicht allein von diesem höheren
Accidenzdruck abhängig, sondern wurde noch durch hervorragende
Werkdrucke gesteigert. Unter diesen muss einer erwähnt werden,
welcher, wenn auch von kaiserlicher Munifizenz getragen, als
eine der hervorragendsten Leistungen intelligenter Typographen
dasteht: die Reproduktion des von Const. Tischendorf entdeckten
Cu</i X litbliorum Sinaiticus, welche für Rechnung der Besitzerin
dieses Schatzes, der russischen Regierung, ausgeführt wurde. Zuerst
wurden photographische Facsimilcs derjenigen unter den einzelnen
Buchstaben, welche dem Herausgeber den Charakter der Handschrift
am besten auszudrücken schienen, veranstaltet, und hiervon zwei
Gattungen, eine grössere für den Text und eine für dieiVoten,
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 345
dazu später noch eine dritte geschnitten. Als es sich jedoch ergab,
dass die Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben in dem
Original manchmal in einem anderen Verhältnis zu einander standen
als in dem Satz, mussten verschiedenartige Güsse gemacht oder
durch Unterschneiden der einzelnen Buchstaben nachgeholfen
werden. Der Raum der einzelnen Buchstaben wurde durch Tischen-
dorf nach Millimetern ausgerechnet und die Zahl solcher an jeder
einzelnen Stelle im Manuskript verzeichnet. Nachdem Tischen-
dorf ferner entdeckt hatte, dass vier verschiedene Kalligraphen
bei dem Codex thätig gewesen waren, mussten eine Menge
Ergänzungstypen geschaffen werden, um die Eigentümlichkeiten
der verschiedenen Schreiber wiederzugeben. So hatte z. B. das
Omega sieben Varianten. Auch die getreue Wiedergabe der Zusätze
zwischen den Zeilen des Manuskripts musste statthaben, ja selbst
die Abweichungen der alten Kalligraphen von der üblichen Regel
waren getreulich nachzuahmen. So entstand ein Werk ohne Rivalen.
Ebenfalls als eine höchst gelungene Facsimile-Ausirabc ist der
durch Lithographie im Verein mit der Typographie hergestellte /;,//»w a*«-«
Papyrus Ubers (bei Wilh. Engelmann in Leipzig) zu bezeichnen
Die Nachahmung der Färbung der Schrift und der Pflanzentextur
des Papyrus ist so vollkommen gelungen, dass man auf Carton
aufgezogene Papyrosblätter vor sich zu haben glaubt. Während die
lithographische Nachbildung aus der Offizin von Giesccke & Devrient
stammt, ist der textliche Teil mit den hieroglyphischen Typen des
F. Thcinhardt von Breitkopf & I Iärtel gedruckt.
Alphon.sk Dkvrii n i , der berühmten Künstlerfamilie Devrient
angehörend, starb frühzeitig auf einer Erholungsreise nach Berlin aij*. ivvri,m
am Ostermorgcn 1878. Er hatte bei Fr. Nies gelernt und arbeitete * ' t^s;'*'**'*
vier Jahre in der Impriiiurh royalc in Paris in der sogenannten
Chambre arabc unter der strengen , jedoch wohlwollenden Leitung
Lud. Rousseaus und des gelehrten Orientalisten Jul. Muhl und ging
dann nach England. Er war einer der tüchtigsten Typographen
seiner Zeit. Der überlebende Chef Herm. Gilseckk entstammt dem
bekannten Hause Schelter & Giesccke, als Sohn des C. F. Giesecke.
Eine aus kleinen Anfangen rasch zu einem Weltgeschäft
angewachsene Druck- und Verlagsanstalt ist das Bibliographische
Insthut.
gle I
346
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Im Jahre 1826 gründete Joseph Meyer in seiner Vaterstadt
Jos. Mtycr Gotha das Institut, welches 1828 nach I lildburehausen verlegt
• i. Mai l;ty..
t^ Ju»i«8j6. wurde. Das mit Stahlstichen illustrierte „Universum" erreichte eine
für damalige Zeit ganz enorme Auflage von 80000 Exemplaren.
Es folgten verschiedene Klassiker- Bibliotheken, deren Rechtmässig-
keit bestritten wurde, die aber durch eine bisher ungekannte Billigkeit
die Kauf- und Leselust anregten und eine weite Verbreitung fanden.
Dann kam das grosse Kon versations- Lexikon in 52 starken Bänden.
J. Meyer war ein Mann von ausgebreiteten Kenntnissen mit einer
staunenswerten Arbeitskraft, die er jedoch über alles Mass anstrengte,
indem er neben der bibliopolisch - typographischen Wirksamkeit
noch grossartige industrielle Pläne verfolgte.
Sein Sohn Hermann Julius Meyer zog mit dem Institut 1874
hj. Meyer, nach Leipzig'. Jetzt steht dasselbe als eines der grossartigsten und
am besten geleiteten nicht nur in Deutschland da. So imponierend
auch schon die äusseren Einrichtungen wirken, so ist es doch
namentlich die innere Organisation dieser mit zwei Rotations-
maschinen und 31 Schnellpressen arbeitenden Anstalt, welche
Bewunderung erregt. Das Geschäft sucht und findet seine Kraft
in der Konzentration und in der Erreichung möglichster Voll-
kommenheit innerhalb der selbstgesteckten Grenzen für seine
Wirksamkeit. Von der dritten Auflage des grossen Konversations-
Lexikons wurden über 100000 Exemplare abgesetzt, daneben
erlangte das kleine Lexikon in zwei Bänden eine grosse Popularität.
Ein Werk von hohem Wert ist A. E. Brehms „Tierleben" in zehn
prachtvoll illustrierten Bänden.
Ein Geschäft, welches ebenfalls in verhältnismässig kurzer Zeit
j. Kimkh.udi. eine grosse Entwicklung und Ausdehnung gewann, ist das bereits
(s. 287) erwähnte von J. Klinkhardt, welches mit 21 Schnellpressen,
22 I landpressen und 35 Giessmaschinen über 400 Personen beschäf-
tigt und vortreffliche Arbeiten im modernen Stil liefert.
Dass diese und die sonst genannten Offizinen dem Illustrations-
druck alle erdenkliche Sorgfalt widmen, ist selbstverständlich,
ausser denselben besitzt Leipzig jedoch noch eine Reihe von
» Das Etablissement, durch Pläne illustriert, ist iinjoum. f. ]$. 1876, Nr. 27
ausführlich beschrieben.
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XU. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
347
Druckereien , die sich vorzugsweise mit Illustrationsdruck beschäf- Verschiedene
tigen. Des von Ed. Kretzschmar begründeten Geschäfts (jetzt
C. Grumbach) wurde bereits (S. 298) gedacht. Vieles zur Bildung
einer tüchtigen Schule von I Iolzschnittdruckern trug Kretzschmars
erster Gehülfe Joh. Chr. Benedict bei. A. II. Payne druckt mit
Rotationsmaschine und 18 Schnellpressen für den eigenen Verlag
eine grosse Anzahl von illustrierten Blättern und Werken. Alex.
Edelmann und O ito Dürr wirkten erst zusammen , dann getrennt
und lieferten mehrere der grossen Berliner Modezeitungen und
viele Prachtwerke für Alf. Dürr, während A. Hundertstund &
A. Pries namentlich den Scemannschen Kunstverlag druckten.
Alex. Wiede beschäftigt 18 Schnellpressen fast nur mit der Her-
stellung der „Gartenlaube". Aus den Pressen der Firma Fischer &
Wittig stammen sehr viele der schönsten illustrierten Prachtwerke
neuerer Zeit sowohl aus dem Verlag von Leipziger als auswärtigen
Buchhändlern.
Mit wissenschaftlichen Werken beschäftigten sich vorzugsweise
Metzger & Wittig, A.Th. Engelhardt, C. I Iirschield, Otto Wigand
und'BÄR & Hermann, welche letztere den Druck russischer Werke als
Spezialität pflegen; Ph. Reclam jun. liefert mit 22 Schnellpressen
fast ausschliesslich Zwanzigpfennigbände seiner Universalbibliothek;
Otto Spamer druckt seine zahlreichen illustrierten Jugendschriften
und populären Werke; C. G. Naumann hat seine umfangreiche
Offizin nur für Accidenzicn eingerichtet; Alex. Waldow verwendet
die seinige nur für den Druck des „Archiv der Buchdruckerkunst*
und anderer in seinem Verlage erscheinender, zumteil von ihm
verfasster typographischer Fachschriften l.
An Tagesblättern ist Leipzig geradezu arm und manche
Provinzialstädtc Deutschlands von 30—50000 Einwohnern haben
eine weit reichere Zeitungslitteratur aufzuweisen. Das umfänglichste
Journal, namentlich zur Zeit der Messen, ist das „Leipziger Tage-
blatt". Der Verleger E. Polz beschäftigt für den Druck desselben
und ausserdem hauptsächlich für den des C. F. Winterschen Verlags
drei Rotationsmaschinen und elf Schnellpressen.
1 Darunter: Die Buchdruckerkunst in ihrem technischen und kaufmännischen
Betriebe. 2 Bde. 4. 1874 — 1S77. — Illustrierte Encyklopädic der graphischen
Künste. 1SS0-1883.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Nicht alle graphischen Firmen Leipzigs, die tüchtiges liefern,
können wir hier aufzahlen. Die Zahl der Buchdruckereien Leipzigs
vincl.der Vororte; betragt 92 mit 7 Rotationsmaschinen, 437 Schnell-
pressen und 292 Tret- und Handpressen. Die 69 lithographischen
Anstalten beschäftigen 146 Schnellpressen, 517 Handpressen. In
beiden Branchen sind gegen 6200 Personen thätig.
Den enormen Aufschwung, welchen das Musikaliengeschäft in
c\ <;. R^icr. Leipzig nahm, veranlasste ein Institut für Notendruck , das seines-
gleichen sucht. C. G. Röder gründete mit kleinsten Mitteln 1S46
seine Notendruckanstalt, welche jetzt mit 34 Schnellpressen,
25 Handpressen und einem Personale von 400 Köpfen arbeitet und
namentlich die äusserst umfangreiche Edition Peters im Verlage
des Hurcciu de musique druckt. An eigentlichen lithographischen
Kunstinstituten hat Leipzig keinen Überfluss, dagegen ist die
Anstalt für Phantasieartikcl und Luxuspapierc von Meissner &
Buch, die mit 15 Schnellpressen, 30 Handpressen und 46 Präg-
und anderen Maschinen arbeitet, von grosser Bedeutung; auch die
Offizin von Wetzel & Naumann hat einen enormen Aufschwung
genommen und arbeitet hauptsächlich für den Export mit 32 Schnell-
pressen, 27 Handpressen und 450 Arbeitern. H.Waünkr & E. Heues
beschäftigen sich ausschliesslich mit kartographischen Arbeiten.
Als Lichtdrucker leisten A. Naumann & Schröder vorzügliches.
Die Zahl der xylographischen und chemigraphischen Anstalten ist
eine beträchtliche.
Es würde zu weit fuhren, alle die Verleger aufzuzählen, die,
1 'k- • 1 i <j Tyi»M ohne eigene Druckereien zu besitzen, doch auf die Typographie
.R-n Vcrk^cr einen grossen Linfluss übten. Den Buchdruck für w issenschaftliche
Zwecke förderten u. a. namentlich J. A. Barth, W. Kngei.mann,
Sal. Hirzel, L.Voss, die J. C. IIinkichsscuk Buchhandlung, F. C.W.
Vogel', T. O. Weigkl (I, s. 6), Ruu. Weigee (I, S. 103', Ü. Wigand
und C. F. Winters Verlag.
Für den illustrierten Verlag waren J. J. Weber und Georg
Wigand in den dreissiger J, ihren bahnbrechend. J. J. Weder führte
1 I nihcr hatte die-e Finna eine 1S11 eingerichtete, namentlich mit
orientalischen Schriften gut ausgestattete l>ruckerci, die 1858 auf (I. Krcysin^
überging.
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
349
1832 das „Pfennig-Magazin" und 18.13 die „Wustrirte Zeitung" ein.
Die von Ad. Menzel illustrierte Geschichte Friedrichs des Grossen
wurde noch während der Zeit der ersten Neuentwickelung des
Holzschnittes in Deutschland (s. 297) unternommen, überhaupt
wirkte geschmackvolle Ausstattung aller Webcrschcn Artikel sehr
anregend sowohl auf die Blichdruckereien wie auf die Verleger.
Gleichzeitig mit Weber wirkte Georg Wigand , dessen im
Verein mit seinem Bruder Otto Wigand 1840 unternommene Aus-
gabe von dem Nibelungenlied , illustriert von 1 lübner und Bcndc-
mann, eine schöne Jubelerinnerung bildet. Sowohl durch eigene
Neigung als namentlich durch seine innige Verbindung mit Loda,
Richter und Schnorr von Carolsfeld w urde er auf die mehr ursprüng-
liche echt deutsche Art des Holzschnitts geführt, von welchem
Schnorrs Bibel in Bildern ein monumentales Denkmal bleibt.
In neuerer Zeit waren es namentlich E. A. Seemann und Alf.
Dürr, welche den illustrierten Verlag förderten. Seemann lieferte
eine grosse Reihe von Werken über die verschiedenen Zweige der
Kunst und der Kunstgewerbe, Alf. Dürr pflegte namentlich die
strengere Richtung der illustrierenden Kunst in den Werken von
J. Führich, Preller u. a., daneben lieferte er eine Reihe von Jugend-
schriften in höchst anziehender Weise durch Ose. PIctsch illustriert.
Auch Fr. Brandstetter, J. A. Baumgärtner, E. Keil, Velhagen &
Klasing, K. Bädeker, Schmidt & Günther u. a. leisteten durch
ihren Verlag den Illustrationsdruckcrn grossen Vorschub.
Unter den sonstigen Städten des Königreichs Sachsen hat die
Residenzstadt Drksdkn allein einen bedeutenden Platz und unter Dreh...
den 47 Buchdruckereien und 54 lithographischen Anstalten, die mit
209 Schnellpressen und 251 Tret- und Handpressen arbeiten, nimmt
wieder die Firma C. C. .Meinhold & Sühne die hervorragendste l am.i.-
Stellung ein. Der Begründer derselben, Carl Christian Meinhold,
Sohn eines Bergmannes aus Marienberg, erwarb die Ilofbuch-
druckerci, welche ihren Ursprung dem Herzog Georg dem Bärtigen
verdankt, der 1524 den Buchdrucker Woi.ig. Stöckel aus Leipzig
nach Dresden berief, um reformatorische Schriften zu drucken.
Stöckels Geschäft kam 1590 an die Familie Bi rgen, in welcher es
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35°
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
blieb, bis Meinhold es 1778 übernahm und bald zu einer grösseren
Blüte brachte. Er druckte die sächsischen und polnischen Kassen-
billets und Staatspapiere und machte auch glückliche Verlags-
spekulationcn. Im Jahre 18 16 übergab er die Geschäftsleitung seinen
i\ 1, M inh i i Söhnen, von welchen Christian Immanuel Meinhoi.d es nach dem
Tode des Vaters allein übernahm. Zu der Buchdruckerci fügte er
Schrift- und Stereotypengiesserei. Seine Söhne Julius und Theodor
wurden 1855 Teilnehmer und von 1S75 führte Julius das Geschäft
allein fort und feierte am 2S. Januar 1878 das hundertjährige Jubi-
läum der Firma.
Zu erwähnen sind noch namentlich B. G. Teubners Filiale des
An.kr«- Ofn Leipziger Geschäfts (6 Schp.), E. Blochmann & Sohn (2 Rotm.,
5 Schp.), der von Leipzig übersiedelte W. Baensch (8 Schp.), R. H.
Dietrich (S Schp.;, Gleissner (Rotm. und 7 Schp.), C. Heinrich
; i2 Schp.\ H. G. Münchmeyer (9 Schp.), Likpsch & Reichhardt
(Rotm., 4 Schp.), J. Passler (7 Schp.), An. Wolf (7 Schp.). Von
den lithographischen Anstalten waren früher besonders angesehen:
II. Hanfstängl und Fürstenau, ersterer auf Grund seines Galerie-
werkes, letzterer wegen seiner brillanten Accidenzarbeiten; jetzt
sind die grössten Institute W. Brückner & Co. (8 Schp., 6 Hdp.),
R. Bürger (6 Schp., 5 Hdp.), R. Friedländer (7 Schp., 7 Hdp ).
Als Lichtdrucker haben Rummler & Jonas (7 Schp.) bereits lange
einen Namen. W. Hoffmann arbeitet mit 8 Lichtdruckschnell-
pressen. Als Verlagsort hat Dresden Bedeutung durch seine Kunst-
vcrlegcr, als: E. Arnold, A. Gutbier, Hanfstängl, F. & O.
Brockmann Nachfolger, G. Gilbers, H. Krone u. a.
In der Fabrikstadt CHEMNITZ beschäftigen sich die Buch-
druckereien wesentlich nur mit Zeitungs- und Accidenzdruck.
Einen ungewöhnlichen Umfang erreichte das Geschäft von Picken-
haiin & Sohn (i Rotm., 20 Schp. und 150 Arb.). Unter den litho-
graphischen Anstalten ist R. Oschatz ;8 Schp., 16 Hdp.) die grösste.
Bautzen hat eine sehr leistungsfähige Steindr uckerei und Luxus-
papierfabrik, Gebr. Wf.igang (23 Schp., 12 Hdp.); in dem Fabrikort
Buch HOLZ liefert G. Adler tüchtige Accidenzarbeiten für seine
eigene bedeutende Cartonnagenfabrik. In PLAUEN wirkt ebenfalls
für den Bedarf der Fabriken Mor. Wiepkecht [6 Schp.\ in MEISSEN
C. E. Klinkicht & Sohn {4 Schp.).
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
Durch die Eisenbahnverbindung kann AetenbuRO fast als
eine Vorstadt des typographischen Leipzig betrachtet werden.
Wohlfeilere Lebensverhältnisse setzten in der tariflosen Zeit die
dortigen Buchdrucker in den Stand, vorteilhaft mit den Leipzigern
konkurrieren zu können. Diese Verhältnisse verstanden erst H. A.
Pier kr , welcher 1832 das von dem Vater Joh. Pierer erworbene
Druckgeschäft übernommen hatte, und dann dessen Söhne Eugen
und Alfred mit Geschick zu benutzen, so dass das gut und mit
genügenden Mitteln geleitete Geschäft den Leipziger Druckereien
öfters eine schwer zu bestehende Konkurrenz bereitete. Das in
Picrers Verlag erschienene „Universal-Lexikon" besass neben dem
Brockhausschcn Konversations-Lexikon ein grosses Ansehen, wenn
auch die Verbreitung sich innerhalb massiger Grenzen hielt'.
Am I. Januar 1872 ging die Druckerei in die Hände eines
Leipziger Konsortiums über, unter Leitung des Mitbesitzers Steph.
Gkibel. Die Offizin wuchs rasch {19 Schp.) und hat sich namentlich
einen Ruf durch ihre Accidenzarbeiten erworben (S. 292).
Thüringen hat viele gut eingerichtete aber keine besonders
hervorragenden Druckanstalten aufzuweisen. In Gera lieferte
Issleib & Rietschels Hofbuchdruckerei (6 Schp.) Beachtenswertes,
namentlich im chemigraphischen Landkartendruck. HlEDP.URG-
IIAUSEN hatte früher durch das Bibliographische Institut .S. 346)
Bedeutung; eine tüchtige Druckanstalt daselbst ist noch die von
Gadow & Sohn (5 Schp.). Die Hofbuchdruckerei in WEIMAR datiert
aus dem Jahre 1624, als der an allen Kulturbestrebungcn regen Anteil
nehmende Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen in seinem Schloss
eine Offizin errichten Hess, in welcher er selbst und seine Gemahlin
an dem Satz Lutherschcr Werke arbeiteten. Die Hauptstücke der
christlichen Lehre fasste er als Enchiridion für den Unterricht seiner
beiden Töchter zusammen.
Nach manchen Wandlungen durch zwei Jahrhunderte kam die
Offizin in den Besitz Hermann Bühlaus2, in welchem sie sowohl
« l'bcr Pierers Verhältnis zu Hrockhaus und dessen Knnversations-Eexiknn.
sowie über das Entstellen des UnivcrsabEcxikons enthält das bereits erwähnte
Werk des Dr. Ed. Prockhaus sehr interessante Details.
2 II. Hölil.Af, Zur Geschichte der Ilufbuchdriickerei in Weimar. Einleitung
tm seinem Verlagskatalog.
352
DIE GERMANISCHE GRUPP! .
XII. KAP.
durch Arbeiten für den eigenen Verlag, wie für fremde Rechnung
einen raschen Aufschwung genommen hat.
Eine rastlose Thätigkeit entwickelte die Weimarer Druck-
und Verlagsfirma B. F. Voigt. Verfolgt sie auch keine idealen
Zwecke, so hat sie doch durch ihren grossen technischen Verlag
(gegen 1 500 Artikel und 20 Zeitschriften) , namentlich durch ihren
„Schauplatz der Künste und Handwerke" in etwa 300 Werken, von
welchen mehr als die Hälfte neue Auflagen (öfters sechs bis acht)
erlebten, vieles zur Verallgemeinerung technischer Kenntnisse bei-
getragen. Die Natur des Verlages lässt keine Prachtwerke zu, doch
sorgt die Firma für gute Ausführung der Werke sowohl als der
vielen lithographischen Heilagen.
In GOTHA gehört die Engelhard-Rheyersche Hofbuchdruckerei
jusu.s pcnh. s zu den besten Anstalten Deutschlands. Der Besitzer Fr. Engelhard
f i Vii I«?o.' hat sich ausserdem um die Organisation der Krankenkassen der
Gehülfen sehr verdient gemacht. P2inen Weltruf hat das geogra-
phische Institut von Justus Perthes erlangt. Der Gründer war
Joh. Georg Justus Perthes aus Rudolstadt; die ausschliesslich
geographische Richtung erhielt das Geschäft erst durch den Sohn
Wilh. Perthes, der auch den Gothaischen Hofkalender und den
Alma nach de Gotha erwarb. Sticlers Handatlas eröffnete die Reihe
des bedeutenden kartographischen Verlags , bei welchem H. Berg-
haus, v. Stülpnagel, v. Spruner u. a. mitwirkten. Die grosste Blüte
Tkrnh. Pcnh.s erlangte die Anstalt unter der Direktion des Bernhard Perthes,
' ' kf i8v die noch während der Lebenszeit des Vaters begann, leider
aber bereits vier Jahre nach des letzteren Tod ihre Endschaft
erreichte.
Unter der wissenschaftlichen Leitung des Dr. August Peter-
a.i-. p.-urm.inn mann- bildete sich das Geschäft, unterstützt durch die seit 1855
..Mi
monatlich erscheinenden r Mitteilungen aus Justus Perthes gengra-
phischer Anstalt*, zu einem Mittel- und Einigungspunkte der
Bestrebungen für die gesamte Erdkunde aus.
Perthes' Absichten in technischer Beziehung gingen nicht
darauf, alle graphischen Künste in ein äusserlich grosses Etablisse-
ment zu vereinigen, sondern er verteilte die Arbeiten auf etwa
dreissig selbständige Unternehmer, welche nahe an 400 Arbeitern
den Unterhalt brachten.
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XII. KAP. DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE. 353
In ERKURT geben die vielen Gärtnereien und die Eisenbahn-
direktion zu einem lebhaften Accidenzgcschäft Veranlassung. Die
bedeutenderen Offizinen sind die von Ohlenroth (6 Schp.), Fr. Bar-
tholomäus und G. A. König. H. C. Bestkhorn in ASCHERSLEBEN
beschäftigt 8 Schnellpressen und viele Arbeiter mit Luxuspapier-
fabrikation. Th. Müller in NokdhaUSEN liefert mit 8 Schnellpressen
Etiquctten, Geschäftspapiere u. dgl.
In Halle berindet sich die altehrwürdige Waisenhausbuch-
handlung und Buchdruckerei nebst der damit verbundenen v. Can-
sTEiNschcn Bidelanstalt. Die erstere wurde 1697 durch den
Pfarrer I Ieinr. Jul. Ei.ers alsTcil derFranckeschcn philanthropischen
Stiftungen begründet'. Für eine Buchdruckerei wurde wenige Jahre
nachher ein Privilegium erteilt. Die Cansteinsche Bibelanstalt ist uieCan*teh>schc
ibclaustalt.
durch die Anstrengungen des Barons Carl Hildehrandt von Can-
stkin durch gesammelte Beiträge gegründet. Bereits 17 12 konnte
das Neue Testament, 17 13 die ganze Bibel gedruckt werden.
v.Canstein starb am 19. Juli 17 19, worauf Francke die Anstalt über-
nahm, die im Jahre 17 13 ebenfalls eine eigene Buchdruckerei erhielt.
Eine neue Epoche für dieselbe begann mit der Gründung der
Britischen Bibelanstalt 1804 (S. 99) und der deutschen Hauptbibel-
gcsellschaft. Im Jahre 1830 konnte die erste Schnellpresse auf-
gestellt und 1 839 eine Stereotypie eingerichtet werden. Die Zahl
der von 17 12 — 1872 gedruckten Bibeln und Neuen Testamente
betrug nahe an sechs Millionen. Seit dem Jahre 1860 sind die
beiden Druckereien derFranckeschcn Stiftungen imBetrieb vereinigt
(12 Schp.) unter der sicheren Leitung des tüchtigen Buchdruckers
C. Bobard. Einen besonderen Aufschwung nahm die Buchhandlung
seit 1858 unter der umsichtigen Direktion von Osw. Bertram, der o. Bertram
sich auch um den Deutschen Buchdrucker -Verein sehr verdient*' A' 1870
gemacht hat. Sein Nachfolger ist der durch seine höchst verdienst-
lichen bibliopolischen Schriften bekannte Aug. Schürmann2.
1 Osw. Kkrtram, Geschichte der Cansteinschen Hibclnnstalt in Halle.
1S63. — Die Stiftungen A. H. l*ranckes. Halle 1863. — G. Kramkr, A. H. Francke.
Halle t88a — Ann. d. Typ. 1873, Nr. 204 u. 205.
2 Die Usancen des deutschen Buchhandels. 2. Aufl. Leipzig 1867. —
Magazin für den deutschen Ituchhandel 1874 — 1876 u. a.
23
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354
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XII. KAP.
Ein angesehenes Geschäft ist das Gebauer- Schwetschkcsche.
Carl August Carl August Schwetschke aus Glauchau kam 1 783 als Faktor in
• 29. Sept. 1756. die Buchhandlung der Witwe Hemmerde, welche ihn 1788 als Mit-
besitzer aufnahm. Die Firma wurde nun Hemmerde & Schwetschke
und, als des letzteren Sohn Carl Ferdinand im Jahre 1828 eintrat,
Schwetschke & Sohn. Im Jahre 1820 war ihm die Gebauersche
Buchhandlung und Buchdruckerei zugefallen, die er als besonderes
Dr. Carl Gii»i. Geschäft seit 1828 mit seinem jüngeren Sohne Dr. Carl Gustav
Schwctuchlce ,
. 5. Aprii i8o*. Schwei e fortführte.
f 5. Okt.
Bereits am 30. September 1878 konnte die Familie eine drei-
fache Jubelfeier begehen, die des hundertjährigen Bestehens des
Geschäfts, die fünfzigjährige der geschäftlichen Wirksamkeit
Dr. Gustavs und die fünfundzwanzigjährige derjenigen seines Sohnes
Carl Ferdinand. Zu den bedeutenden Unternehmungen der Firma
gehören: Suidac Lexicou graecc et latine und Freytagii Lcxicon
arabico latinunt. Dr. G. Schwetschke erwarb sich einen bekannten
und beliebten Namen durch seine litterarischen Arbeiten
Die frühere Bedeutung MAGDEBURGS als Druckplatz ging bald
verloren. Erst durch Kd. Hänel {s. 28 1 }, dessen Etablissement noch
heute besteht, gewann es wieder einen Namen. Zu nennen sind
besonders das Etablissement von E. Baensch jun. (10 Schp.} und
die Druckerei der Brüder Alexander und Robert Faber, welche
die in ihrem Verlage erscheinende „Magdeburgische Zeitung", die
eine einflussreiche Stellung und eine grosse Verbreitung erreicht
hat, mit 3 Rotationsmaschinen und 5 Schnellpressen druckt.
BRAUNSCHWKIG hat, obwohl nicht durch besondere örtliche
Verhältnisse begünstigt, eine ziemlich bedeutende Rolle in der
deutschen Typographie gespielt. Hier wirkte die Firma Vieweg &
Fr. View«* Sohn, welche durch ihr Beispiel grossen Einfluss auf die Fortschritte
in der deutschen Bücherausstattung geübt hat. Der Begründer des
Geschäfts war Fr. Vieweg (1799), den Höhepunkt erreichte dasselbe
e.j. vieweg nach dem Beitritt des Sohnes Hans Heinrich Eduard Vieweg im
f r'ucc.Vst^. Jahre 1825. Er war zu Berlin geboren und hatte sich für seinen
1 Vorakadeinischc Buchdnukergeschichte von Halle. 1S40. — Codex
nundmarius Cermaniae literatae hisecularis 1850. — In weiteren Kreisen fanden
grossen Beifall seine prosaischen und poetischen Schriften in korrumpiertem
Latein, darunter .VW epistolae obsatrnrrim vlrorum.
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XII. KAP.
DAS ZENTRUM DER GERMANISCHEN GRUPPE.
355
Beruf in Frankreich ausgebildet. In Paris schloss er eine für das
Leben dauernde Freundschaft mit dem berühmten Chemiker Justus
v. Liebig, die für Viewegs geschäftliche Wirksamkeit von grösstem
Einfluss wurde. Aus England brachte er die erste Columbiapresse
nach Deutschland und unternahm es, auf der Zorger Eisenhütte im
Harz dergleichen Pressen bauen zu lassen (s. 316).
Vicwcg wurde ein Bahnbrecher für den guten typographischen
Geschmack. Durch die Verwendung des instruktiven Holzschnittes Ei»fln«
in einem Maasse, wie früher nicht gekannt war, hat er ganz ausser-
ordentlich zu der wahren Popularisierung der Wissenschaft, welche
nicht mit dem oberflächlichen Naschen durch Hülfe zusammen-
geschriebener, sogenannter populärer Litteratur verwechselt werden
darf, beigetragen. Seine Druckwerke, zu denen die eigenen Werk-
stätten die Schriften, die Holzschnitte und das Papier lieferten,
waren ein Spiegelbild seiner eigenen Persönlichkeit. Alles durch
und durch gcnlUmanlike ; gediegenes Inncrc in einfach nobler Hülle.
Das ganze Viewegsche Institut erinnert an die besten Werkstätten
der früheren Blütezeit der Typographie mit ihren begeisterten, nach
einem festen Ziele strebenden Leitern. Für das allgemeine Interesse
des Buchgewerbes trat Vieweg stets mit Energie ein. Er unterlag
in seinem 73. Jahre langen und schweren Leiden. Das Geschäft
blüht fort und beschäftigt 14 Schnellpressen und 10 Handpressen.
In ähnlicher Weise wie Vicwcg wirkte George Westermann,
welcher mit seiner 1838 gegründeten Buchhandlung 1845 eine WeMermn.™
Buchdruckerei vereinigte. Beide Geschäftszweige gelangten zur VV »ept* in'*)!
vollen Blüte und die Westermannschen Leistungen sind ebenso
vorzüglich wie seine Offizin (15 Schp.) eine schön eingerichtete ist.
Unter seinen Verlagsunternehmungen sind am bekanntesten seine
nach amerikanischem Muster angelegten illustrierten „Westermanns
Monatshefte" (seit 1856). Durch E. Gäblcr errichtete er in Leipzig
eine chemitypische Anstalt, in welcher er seine äusserst billigen
Kartenwerke herstellte. Von Langes Schulatlas ist bereits mehr
als eine Million Exemplare verbreitet.
Unter den Druckanstalten Braunschweigs nimmt auch die von
Julius Krampe (i Rotm., 8 Schp.) einen angesehenen Platz ein.
Die lithographische Anstalt der Firma H. Litoi.ef {8 Schp , 5 Hdp.)
druckt den bedeutenden Musikalien -Verlag der Firma.
»3"
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356
DIE GERMANISCHE GRUPrE.
XII. KAP.
An Braunschweig und die Firma Joh. Heinr. Meyer knüpft sich
Dr. h. Meyer, noch die Erinnerung an einen Mann, der von den deutschen Typo-
graphen stets hoch in Ehren gehalten zu werden verdient. Wie
Vieweg auf dem praktischen Wege bahnbrechend wirkte, so
Dr. Heinrich Mevkr auf dem theoretischen durch sein Journal für
Buchdruckerkunst". Dasselbe wurde 1834 begründet, zu einer
Zeit des regsten Schaffens auf allen graphischen Gebieten. Kaum
eine Woche verging, welche nicht eine Verbesserung, eine neue
Schrift, eine neue Maschine u. dgl. brachte. Das Verdienst, alle
diese Neuheiten nicht nur gewissenhaft registriert, beschrieben und
abgebildet, sondern auch ihrem wahren Werte nach unparteiisch
und nüchtern beurteilt zu haben, gehört Meyer. Fast immer war
sein Urteil zutreffend und die Zukunft lehrte gewöhnlich, wie recht
er gehabt hatte. In seiner Selbstlosigkeit war ihm die Sache alles;
nie Hess er sich von persönlichen Sympathien bestechen oder von
Antipathien zu Ungerechtigkeiten hinreissen; sein Blatt blieb frei
von allem Kotericwesen. In seinem Urteil war er mild, konnte
jedoch auch, wenn es sein musste, gegen anmassende Dummheit
derb, jedoch nie gehässig werden.
Dr. Meyer starb am 4. November 1863, schwerlich Feinde
hinterlassend, wohl aber viele Freunde, die seinen Hingang als
einen schweren Verlust für die deutsche Typographie betrauerten.
Nach seinem Tode litt das Blatt unter einem langen Schwanken
in- den redaktionellen Verhaltnissen, bis im Herbst 1872 Theodor
Goebf.i. , an Kenntnissen und Sammelfleiss Meyer ebenbürtig, die
Redaktion antrat und bis zum Herbst 1879 fortführte. Namentlich
seine vielen ausführlichen und sachkundigen Ausstcllungsbcrichte
bieten wichtige Beitrage zur Kunde der Fortschritte auf allen
graphischen Gebieten. Nach Goebels Rücktritt folgte wieder eine
Periode der Unsicherheit, bis das Blatt im Herbst 1 881 in den Verlag
und in die Redaktion von Ferd. Schlotke in Hamburg überging.
Das Journal Tür Buchdruckerkunst" wird bald sein fünfzig-
jähriges Bestehen feiern können. Es bleibt die wichtigste Quelle
für die Geschichte der typographischen Entwickclung in dem letzten
halben Säkulum, in dessen Gewirr es einer späteren Generation
schwer werden würde, sich ohne seine Hülfe zurechtzufinden.
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XIII. KAPITEL.
DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
Ukri.in: wachsende Bedeutung. Die Familie Decker, Ungcr Vater und Sohn,
Gebr. Unger, Familie Spencr, Keimer, Mittler u. a. Ed. Ilinel* Gronau.
Die Zc itungs druck ereien. Die A.ccidenzdruckereien. Die lithographischen
und sonstigen Kunstanstalten. Breslau. Frankfurt a. O. Tosen. Königsberg.
Danng. Stettin. Lübeck. Hamburg. Bremen. Hannover. Köln: Die Offizin
der „Kölnischen Zeitung".
ERLIN hatte, als die neue Periode der Buchdrucker-
kunst anfing, noch keine Bedeutung als Druckstadt; Allmähliche
dieselbe zeigte sich erst nach und nach unter der
Regierung des grossen Königs, hielt jedoch immer
noch nicht Schritt mit der zunehmenden Bedeutung
der Residenz eines mächtig emporblühenden Landes.
Im Jahre 1757 wurde Christ. Eriedr. Henning zum zweiten
deutschen I Iofbuchdrucker ernannt mit der Aussicht, die Stelle des Die HofWh-
ersten, Chr. Alb. Gäbkrts, nach dessen Tode zu erhalten. Neben
den „deutschen Hofbuchdruckern u gab es auch „franzosische". Den
Titel eines solchen hatte bereits 1696 Robert Roger aus Amster-
dam. In dem Jahre 17 18 ging Rogers Offizin in die I lande J. G.
Michaelis über. Er sowohl als Henning waren sehr tüchtige Buch-
drucker, die einen wesentlichen Anteil an der Hebung des typo-
graphischen Geschmacks in Berlin hatten.
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35»
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIII. KAP.
Die berühmtesten Hofbuchdrucker gehörten jedoch der Familie
v% .KkmUe Becker an» ^er enlc so glänzende Rolle zufiel, wie wenigen in
Deutschland
Die Familie stammt aus Eisfeld im Thüringschcn. Der am
23. April 1 596 geborne Georg Decker siedelte nach Basel über und
erwarb 1635 durch Heirat mit der Witwe des Buchdruckers Johann
Schröter dessen Offizin, die er so rasch zur Blüte brachte, dass er
bereits 1636 zum Universitätsbuchdrucker ernannt wurde. Sein
joh.jac.i Decker Sohn und Nachfolger Johann Jacob i zog 1680 mit einem Teile der
Druckerei nach Neu-Breisach, um Drucker des dortigen französischen
Gerichtshofes zu werden.
Von dessen beiden Söhnen Johann Jacob ii und Heinrich i
ji.hjac.il Decker führte der erste, als der Vater nach Breisach übersiedelte, das
Geschäft in Basel fort und behielt nach dessen Tode im Interesse der
Familie die Leitung, erwarb jedoch ausserdem die dortige Ludinsche,
j. Miiar 1 1 Kckcr früher 1 fenric Petrische Offizin. Der Bruder Joh. Heinrich I gründete
-?- Dcf. i7v. in Colmar, welches durch den Ryswicker Frieden 1697 franzosisch
geworden war, eine Offizin, um Regierungsarbeiten zu drucken.
Der kinderlose Joh. Jacob ii vermachte sein Geschäft dem Jon.
j«.h Hcinr. 11 Heinrich ii, Sohn des Heinrich I, welcher ausserdem mit Erfolg das
Decker.
Colmarer Geschäft fortsetzte. Leider wurde er durch einen Ver-
wandten zur Gründung einer Papierfabrik veranlasst, welche ihn in
Verlegenheiten und Vcrdricsslichkeiten verwickelte, die ihn so
erschütterten, dass er in einen Zustand von Geistesschwäche verfiel,
unter welchem das Geschäft fast zugrundeging.
Johann Heinrieh 11 hatte zwölf Kinder, unter diesen Gtcmo
(..j... 1 Decker Jac«»b i. Derselbe lernte die Buchdruckerei, studierte dann in
f 17. Nov i; >n. Strassburg, wo er im Hause seines Oheims, des bekannten
Geschichtschreibers der Typographie, Joh. Schöpf lin, gute Auf-
nahme und Nahrung für seine Liebe zur Typographie fand. Im
Jahre 1750 ging Georg Jacob auf Reisen und kam, nachdem er
vergeblich Aufnahme in der Breitkopfschcn Offizin in Leipzig
gesucht hatte, nach Berlin, wo er sechs Monate in der Henningschen
Druckerei arbeitete.
> \i I'on msi , Hie Abstammung Her Familie Hocker. Berlin ISÖJ. -
BörscnW. f. tl .1. B. Januar 1S77. — Ann. <1. Typ. 1 S77, Nr. 3S8.
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XIII. KAP. OER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 359
Ein französischer Emigrant Arnold Dussarrat hatte 1713
Konzession für eine französische Buchdruckerei erhalten, welche joh. Grynau*.
sich 1721 in den Händen des Johann Grynäus aus Basel befand.
Letzterer kam, obwohl ein tüchtiger Mann, nicht vorwärts, und die
Druckerei befand sich bei seinem Tode 1740 in misslicher Lage.
Als Helfer trat nun Georg Jacob heran, der mit der Tochter des
Grynäus, Louise Dorothea, einen Bund des Herzens geschlossen
hatte. Nachdem er erst Ordnung in die verwickelten Angelegen-
heiten des väterlichen Geschäfts in Basel gebracht hatte, infolge
welcher das Colmarer Haus auf den Bruder Johann Heinrich Iii
überging, dessen Nachkommen noch in Besitz des dortigen ange-
sehenen Geschäfts sind, übernahm Georg Jacob die alleinige Leitung
der Grynäusschen Offizin und wurde 1756 Mitbesitzer, wodurch
sich die Firma in Grynäus & Decker änderte.
Der nun folgende rasche Aufschwung konnte nicht einmal
durch den siebenjährigen Krieg gehemmt werden , da die grosse Grynau» &
iJeckcr*
Zahl von Flugschriften und Neuigkeitsblattern eine lebendige
geschäftliche Bewegung veranlasste. Nach dem Einzug der Russen
in Berlin hielt der verschiedentlich kompromittierte Decker es jedoch
für geraten, zeitweilig die Stadt zu verlassen.
Im Jahre 1763 wurde er alleiniger Inhaber des Geschäfts und
von nun war sein Gluck in stetem Wachsen. Er erhielt das Direkto-
riat der für das Lotto errichteten königlichen Druckerei mit einem
Gehalt von 300 Thalern und nach erfolgtem günstigen Urteil der
Akademie der Wissenschaften den Titel eines Hofbuchdruckers
mit der Anwartschaft auf die klingenden Vorteile eines solchen.
Die Versuche Deckers, diese Stellung sich erblich zu sichern,
strandeten damals, ohne dass er deshalb den Gedanken daran aufgab.
Mit der Schriftgiesserei in Preussen war es noch schlecht
bestellt. Seit Thurneyssers Anlauf (I, S. 152; war Berlin bis 1743 SchriflgicMcrci
ohne Schriftgiesserei, und spätere Versuche waren nicht günstig
abgelaufen. Das war für Decker ein günstiger Moment. Er kaufte
die besten Baskervil leschen und Fournierschen Matern und Hess
einen gut geschulten Faktor kommen, versprach auf seine Kosten
eine tüchtige Schriftgiesserei einzurichten und „alle französischen
Bücher von Wert nachzudrucken, wodurch viel Geld dem Lande
erhalten werden würde". Dies schlug bei dem Konig, dem der
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3<5o
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIII. KAP.
necker *x\>\ic\\<T nervus räum stets wichtig war, durch, und am 4. Januar 1769 erhielt
" Decker die erbliche Würde eines Hofbuchdruckers, ausserdem ein
Privilegium für die nachzudruckenden Bücher. Der König blieb
Decker stets gewogen und gehörte als Schriftsteller zu dessen
Kunden; eine solche war auch die Königin Klisabeth Christine, die
sich mit der Herausgabe frommer Bücher beschäftigte.
Das frischere geistige Leben, welches seit dem Hubertusburger
Aufblühen Frieden 1 763 in Berlin pulsierte, unterlicss nicht, seinen Einfluss auf
gSe*cha(£s das Deckersche Geschäft zu üben. Georg Jacob trat in Verbindung
mit den vielen schriftstellerischen Berühmtheiten und fing nun 1769
selbst an zu verlegen, und zwar mit einem solchen Eifer, dass die
Zahl seiner Verlagsartikel bald an 400 betrug. Damals begann
auch allgemein eine bessere Ausstattung der Bücher; selten erschien
ein solches ohne Zuthat bildlichen Schmuckes namentlich unter der
Mitwirkung Chodowieckis. Die Druckerei war hierdurch und durch
fremde Arbeiten so stark beschäftigt, dass Decker viele Aufträge
auswärts ausführen lassen musste. Als Verleger ging er jährlich
zweimal zur Messe nach Leipzig, wo er in freundschaftlichem,
zugleich geschäftlichem Verkehr mit Bernhard Breitkopf, später
mit dessen Sohn Immanuel, stand. Das Baseler Geschäft wurde
von ihm und dem Bruder in Colmar der Direktion eines Geschäfts-
führers überlassen.
Nach dem Tode Friedrichs 11. 1786 bestätigte der König
Gunst r riedrkli Friedrich Wilhelm II. nicht allein die Privilegien Deckers, sondern
er hatte ausserdem Decker und der Vossschen Buchhandlung das
Recht gewährt, französische und ins Deutsche übersetzte Werke
Friedrich des Grossen zu drucken unter der Bedingung, dass sie in
einer besonderen, im königlichen Schlosse zu Potsdam dazu ange-
wiesenen Lokalität hergestellt wurden. Decker stellte schleunigst
zehn und dann noch weitere zehn Pressen auf und schon im Früh-
jahr 1789 waren die 25 Bände der Werke gedruckt. Der König
war mit der raschen Ausführung so zufrieden, dass er Decker, als
besonderen Beweis seiner Gnade, für sich und seine Erben für alle
Zeiten zum Geheimen Ober- Hofbuchdrucker ernannte. Die Aus-
gabe genügte jedoch nicht in derselben Weise den Anforderungen
der Kritik. Die Redaktion war eine des grossen Autors ganz
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XIII. KAP. DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 36 1
unwürdige. Hierdurch und auf Grund von Nachdrucken wurde das
Unternehmen Pur die Verleger ein verfehltes.
Das Ziel von Deckers Ehrgeiz war erreicht. Das Glück hatte
ihn im Geschäft und in der Familie begünstigt. Vier Tochter ver- uutc .i .hrc
• • r- ■ G. Jacob» 1.
heirateten sich mit Männern von Fach, den «rudern Christ. Spener
und Joh. Carl Spener, dem Buchhändler H. A. Rottmann und dem
berühmten Schriftgiesser Wilh. Haas d. ä. in Basel. Der Mann der
fünften Tochter, Ph. Rasenstiel, war zwar Oberfinanzrat, spielte
jedoch auch in der geschäftlichen Geschichte der Familie eine Rolle.
Beim Eintritt in sein 60. Jahr am 25. Juni 1792 überliess Georg
Jacob I seinem Sohne Georg Jacob 11 sein Geschäft käuflich und
führte im Kreise der Seinigen sowie von Künstlern und Männern
der Wissenschaft ein, wennauch mit körperlichen Leiden verbundenes
so doch heiteres Leben, bis der Tod den Achtundsechzigjährigen
am 17. November 1799 abrief.
Der Sohn Georg Jacob II hatte die Buchdruckerci im väter-
lichen Hause und bei H. G. EfFenbart in Stettin, den Buchhandel GcorC i.coi.n
bei Treuttel & Würtz in Strassburg gelernt und sich auf längeren Y*. Äug." 'miy.
Reisen weiter ausgebildet. Teilhaber des Geschäfts war er bereits
1788 geworden.
Ihm sollte das Leben nicht ohne schwere Sorgen und harte
Prüfungen verlaufen. Ein Hemmnis für die Verlagsthätigkeit Deckers z«.-Miir*.;h»-ic-
wie für den ganzen Buchhandel wurden die schon im Jahre seines
Eintritts in das Geschäft 1788 erfolgenden Edikte des Ministers
Wöllner, die besonders empfindlich die Zeitungen trafen, von
welchen eine nach der andern einging. Die Vcrlagshandlung
wurde von der Druckerei getrennt und in die Hände Kottmanns,
unter dessen Firma, gelegt, dafür wurde aller Fleiss und jede Mühe
auf die Verbesserung der Buchdruckerei und der Schriftgiesserei
seitens Georg Jacob d. j. verwendet. Er schaffte Matern von
Bodoni, W. Haas und Didot an, sowie das beste Material für die
Typen und die Farbe.
Die Regierung wünschte in dem durch die zweite Teilung
Polens ihm zugefallenen Posen die Anlage einer Druckerei. Decker i>» ro>o.cr
kam den vertraulichen Aufforderungen nach. Das Unternehmen
machte ihm jedoch viele Sorgen und ging 1819 in die Hände des
Schwagers Dcckcrs, Rosenstiel, für dessen Sohn über.
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3Ö2 DIE GERMANISCH K GRUPPE. XIII. KAP.
Noch grössere Sorgen sollte ihm das Baseler Geschäft bereiten.
Kaiamiuten In dieses hatte er einen sehr talentvollen, jedoch extravaganten
de* Uikclcr * °
Gcschufi*. Mann, Maximilian Schoell, erst als Disponent, dann als Teilhaber
aufgenommen, der, nicht zufrieden mit der buchhändlerischen Wirk-
samkeit, Decker in Banquierunternehmungen verwickelte und ihn
in ein seine Existenz bedrohendes Meer von Sorgen stürzte, so dass
dieser noch froh sein musste, das Baseler Geschäft mit einem
Verlust von 180000 Livres an den dortigen Buchdrucker und
Verleger Thurneisen übergeben zu können.
Auch in Berlin sollten schwere Schläge nicht ausbleiben. Die
Die Notjahre fortwährende Ausdehnung des dortigen Geschäfts hatte den Krwerb
Prcmsen». ^ ° °
eines schönen Grundstückes in der Wilhelmstrasse veranlasst. Die
Notjahre Preussens konnten jedoch nicht spurlos an Decker vor-
übergehen. Keine Schwierigkeiten vermochten indessen seine
Energie und Anstrengungen für die technischen Fortschritte in der
Druckerei zu schwächen. So war er der erste in Berlin, der die
grossen Erfindungen der Neuzeit, die Lithographie, die eiserne
Presse, die Stereotypie einführte, mit seinem Schwager Spener der
erste in Deutschland, der eine Schnellpresse erwarb. Die Freude,
letztere in Gang zu sehen, als Lohn für seine dabei bewiesene
Üpferwilligkeit, war ihm nicht beschieden.
So überstand Decker rüstig und mutvoll kämpfend die schweren
Jahre, obwohl er während der französischen Okkupation an 80 000
Thaler Lasten und Verluste zu tragen hatte. Vom Jahre 181 3 aber
trat wieder eine so starke Beschäftigung ein , dass er sich für die
Tod c. jacoi» 11 gehabte Not reichlich entschädigt sah. Nach langen Leiden entschlief
er am 26. August 18 19.
Über acht Jahre lang wurde das Geschäft unter Vormundschaft
vortrefflich weiter geleitet, bis am 31. Januar 1828 der jüngste Sohn
Rudolf Ludwig nach erreichter Volljährigkeit mit dem älteren
Bruder Carl Gustav (der älteste der Brüder war bereits gestorben)
das Geschäft übernahm, w elches nach dem bereits 1829 erfolgenden
Tode Carl Gustavs dem Rudolf allein zufiel.
Rudolk Deukkr war durch eine vorzügliche technische und
Ru i .if Deck« wissenschaftliche Ausbildung auf das beste für seinen Beruf vor-
t w.j..n. ik7?! bereitet und widmete sich mit vollem Eifer demselben. Durch ihn
erreichte der Ruf des Hauses seinen Höhepunkt.
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XUl. KAP. DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 363
Seine Aufmerksamkeit war namentlich der Schriftgiesserei
gewidmet, in welcher er sich sowohl im väterlichen Hause, wie in
der Schriftgiesserei Mole in Paris tüchtige Kenntnisse erworben
hatte. Mit besonderer Vorliebe pflegte er die Fraktur (s. 285). Die
Bestrebungen der Schriftgiesserei fanden Ausdruck in der grossen
für die erste Londoner Ausstellung 185 1 angefertigten und später
vervollständigten Schriftprobe. Die Akademie der Wissenschaften
in Berlin übertrug Decker den Schnitt ihrer koptischen, arabischen,
Sanskrit- und anderen orientalischen Schriften, die in fast allen
Universitätsbuchdruckereien eingeführt wurden. Für diese Arbeiten
wirkten die Schriftschneider Beyerhaus, J. Schilling, Wotze, Schultz,
Krumwiede u. a.
Die Druckerei blieb nicht zurück, und lieferte Werke, die für
alle Zeiten ihren Rang behaupten werden. Anlässlich der Gutenberg- Prachtwerke,
feier 1840 wurde das Prachtwerk „Zwanzig alte Lieder von den
Nibelungen" herausgegeben von Prof. Carl Lachmann mit eigens
dazu in Annäherung an die gothische Schrift geschnittenen Typen
gedruckt. Eine wahre Zierde der deutschen Druckkunst und Xylo-
graphie ist die Jubelausgabe der Oeuvres de Frederic le Grand, ow*t <u
Ö, ,., FriJirUU Grand.
30 Bände Quart, durch welche die redaktionellen Fehler der ersten
Ausgabe in gelungenster Weise gutgemacht wurden. Die Redaktion
leitete auf Veranlassung des Königs Friedrich Wilhelm IV. Professor
Preuss. Das Werk, mit den trefflichsten Holzschnitten von Unzel-
mann und den Brüdern Vogel nach den genialen Zeichnungen
Menzels geschmückt, wurde in 200 Exemplaren gedruckt, die nur
zum Verschenken bestimmt waren. Nichts wurde an Arbeit,
Material und Kosten verabsäumt, um ein wahres Meisterwerk zu
schaflfen, welches, 1844 begonnen, erst nach dem Tode des könig-
lichen Förderers 1860 vollendet wurde
Ein Druckwerk ersten Ranges ist ebenfalls das nur in
80 Exemplaren für die Londoner Ausstellung ausgeführte „Neue Das nw t«u-
Testament" nach Luther in gr. Folio mit bildlichem Schmuck von
Cornelius und Kaulbach. Als eine „grosse" Leistung in den ver-
1 Durch eine mit allerhöchster Erlaubnis dem Buchhändler Kud. Wagner
in Berlin gestaltete Ausgabe dir Holzschnitte, welche ganz vorzüglich in der
Staatsdruckerei ausgeführt wurde, sind diese glänzenden Schöpfungen Menzels
dem Publikum seit dem Jahre 18S2 zugänglicher geworden.
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3^4
DIE GERMANISCH K GkUPI'E.
XIII. KAP.
Das Kro.uu.gs- schiedciicn Bedeutungen des Wortes ist die Krönung I. M. des
Königs Wilhelm und der Königin Augusta am 18. Oktober 1861
zu nennen. Das Buch hat eine Höhe von 74 an und eine Breite
von 53 cm; aufgeschlagen bedeckt es eine Tischflächc von
7844 dem. Die 135 Blätter des Buches sind einzeln gedruckt und
auf Falz geklebt. Typographisch konnte das Werk nicht besser
ausgeführt sein, als geschehen. Die edle Einfachheit verdient volles
Lob. Von den genealogischen Tafeln misst die eine in der Lange
416 cm. Kopf- und Schlussvignetten sind dem einfachen Stil des
Werkes angepasst. Das Buch hat eine besonders interessante
Geschichte. Zweimal wurde der Druck durch Kriege unterbrochen
und als es im Sommer 1872 erschien, konnte der Bericht über die
Krönung des preussischen Königs Wilhelm dem deutschen Kaiser
Wilhelm dediziert werden.
Rudolf von Deckers — denn er war anlässlich des hundert-
Uedcr <ie* jährigen Bestehens des Hauses in den Adelsstand erhoben — letzte
typographische That war die Jubelausgabe der „Lieder des Mirza
SchafTy* , ein Prachtwerk, in welchem die Leistungen der Typo-
graphie und der Chromolithographie sich den Rang streitig machen.
Doch nicht nur die Prachtwerke, sondern jede auch die gewöhn-
lichste Arbeit wurde mit der grössten Sorgfalt behandelt. So waren
das Coursbuch und nicht minder die demselben beigegebene typo-
graphisch ausgeführte Kiscnbahnkarte, eine Arbeit des späteren
Frankfurter Buchdruckers A. Mahlau, ganz vorzügliche Leistungen.
Zu dem umfangreichen Geschäft erwarb R. Decker im Jahre 1852
noch die Papierfabrik Eichberg in Schlesien.
Wennauch das Verhältnis zu der Regierung dem Deckerschcn
Geschäft ausserordentliche Vorteile brachte, so lässt es sich anderer-
seits nicht in Abrede stellen , dass die Reihe der Besitzer ernstlich
bemüht war, ihre Anstalt auf eine Stufe, die einer solchen bevor-
zugten Stellung entsprach, zu bringen und auf einer solchen zu
erhalten1.
Unter den älteren Buchdruckereien Berlins aus dieser Periode
I nger werden mit besonderer Achtung Unger Vater und Sohn genannt.
+ is \ 's. Ersterer, Johann Gkokg Unokr, bei Pirna geboren, kam 1740 als
Drucker nach Berlin. Er etablierte sich hier als Formenschneider
" I >ic let/.le Wandlung der Anstalt wird weiter unten zu behandeln bcin.
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XIII. KAP.
DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
und starb als angesehener Künstler1. Der Sohn Johann Friedrich j. f. Ungcr
Unger erfreute sich ebenfalls eines guten Rufes als Formenschneider, t»6. De^W,.
erwarb 1780 eine Buchdruckerei und legte 1791 eine Schriftgiesserei
an, namentlich um die Didotschen Schriften allgemein einzuführen,
welche damals so sehr beliebt waren, dass die Fraktur Gefahr lief,
von ihnen verdrängt zu werden (s. 283). Später wendete sich
jedoch Unger, wie früher Breitkopf, der Fraktur zu, suchte aber das
Heil für diese auf einem Irrwege durch Annäherung ihrer Formen
an die runde Antiqua. In dieser Weise schuf er die sogenannten
Ungerschen Lettern und Hess diese durch Joh. Chr. Gubitz, den er
aus der Breitkopfschen Offizin in Leipzig engagiert hatte, schneiden,
welche Schriften sich jedoch nicht einbürgern wollten2. Im Jahre
1800 wurde Unger zum Professor ernannt. Nach seinem Tode
konnte die Witwe trotz all ihrer Tüchtigkeit und Arbeitsamkeit
doch nicht das weitverzweigte Geschäft in dem bisherigen Schwung
erhalten. Während der Drangsale der Kriegsjahre verfiel es nach
und nach und gelangte 182 1 zum grossen Teil in den Besitz von
Trowitzsch &: Sohn, die den grössten Kalenderverlag haben und
mit der umfangreichen Buchdruckerci (9 Schp.) eine bedeutende
Schriftgiesserei verbinden.
Mit der genannten Familie Unger stehen die Gründer der
Firma Gebr. Unger in keiner verwandtschaftlichen Beziehung. Ol 10 c.ebr. UngCr.
Ludwig Unger 1 und Ji 1,. Ferd. Unger erwarben 1824 die von
F. W. Maas gegründete Buchdruckerei. Der Sohn des Julius,
Carl Joh. Friedr. Unger, ward 1856 Hofbuchdrucker. Die an
orientalischen Schriften reiche Offizin lieferte viele vorzügliche
Werkdruckc.
Die von Chr. S. Spener 1773 erworbene Buchdruckerei ging
bei dessen Tod 1813 auf seinen Bruder J. K. Ph. Spener über, der
mit derselben 181 5 die, 1785 gegründete, vorzügliche Offizin von
G. H. Wegner vereinigte. Wie erwähnt, führte er zugleich mit
« J. Fr. Ungkr, Dcnkinnl eines Berlinischen Künstlers un<I braven Mannes,
von seinem Sohne. Berlin l 7S9.
2 J. I*'r. Unger, Probe einer neuen Art deutscher Lettern. Berlin '793- —
Die zweite Probe erschien unter der Form: „Die neue Cacilia", 1 794. Unger
schrieb ferner: r Etwas über die Hol/- und Foriiischncidckunst".
3 Schrieb flüchtige Rücke auf die letzten 40 Jahre der Buchdruckcrkunst.
Herl in 1S40.
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366
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIII. KAP.
Decker die Schnellpresse in Berlin ein (s. 308). 1826 gingen das
Geschäft und die „Berlinischen Nachrichten von Staats- und
gelehrten Sachen" in den Besitz des Bibliothekars Dr. S. H. Spiker
über.
G. A. Reimer aus Greifswalde war eine der Zierden des
g. a. Reimer deutschen Buchhandels, ebenso bekannt durch seine patriotische
•j .6. Ä|.ni i*4». Gesinnung als seine geschäftliche Tüchtigkeit. Im Jahre 1817 legte
er eine Buchdruckerei für seinen eigenen Bedarf an. Zu seinem
bedeutenden Verlag erwarb er noch die Weidmannschc Buch-
handlung in Leipzig und gehörte somit sowohl Berlin als Leipzig
an. Der Wcidmannsche Verlag ging 1830 auf den ältesten Sohn
c. K.imcr Carl Reimer über, der ihn, zuerst im Verein mit seinem Schwager
•j Jf). juh 1*50. gajomon jjjrzei (jann allein fortsetzte. Im Jahre 1855 verlegte
C. Reimer das Geschäft nach Berlin.
E. S. Mittler aus Halle war einer der tüchtigsten und belicb-
r. s. Minier testen der deutschen Buchhändler. Im Jahre 1816 übernahm er,
' * ' erst als Leiter, dann als Besitzer, die Buchdruckerei seines Schwieger-
vaters Wilhelm Dieterici und druckte seinen eigenen meist aus
Militaria bestehenden Verlag. Im Jahre 1 S62 nahm er seinen Enkel
Dr. Th. Töciie als Teilnehmer auf, der nach Mittlers Tode das
Geschäft mit aller Energie fortsetzt.
Die Druckerei der Akademie der Wissenschaften jetzt unter
Leitung von G. Vogt) ist an Umfang nicht bedeutend, jedoch reich
an seltenen Schriften, mit welchen die Werke der Akademie
gedruckt wurden, darunter Schotts chinesische Grammatik.
Auf die Verdienste Ed. Hänels ist bereits oben (S. 281} hin-
E.i Hand gewiesen. Er war in Magdeburg geboren, wo sein Vater C. J Hänel
• 1804.
f 16. Aug. i85<,. königl. Hofbuchdrucker war, hatte sich in England tüchtig aus-
gebildet und ging später nach Paris und Belgien. 1835 druckte er
die preussischen Kassenanweisungen, zu welchem Zweck er eine
Zweiganstalt in Berlin etablierte. Nachdem das Magdeburger
Geschäft durch Feuer verheert worden war, zog er ganz nach
Berlin und überliess seinem Bruder Alhert das Magdeburger
Etablissement. Das Berliner Geschäft, welches er 1852 an Carl
David verkauft hatte, kam nach einigen Wandlungen 1864 in die
festen Hände Wilh. Gronaus, der es im Hänelschen Geiste fortführt
und namentlich der Schriftgiesserei seine Thätigkeit zuwendet.
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XIII. KAP. DER NORDEN DFR GERMANISCHEN GRUPPE. 367
Im Jahre 1835 kaufte Jul. Sittenfeld eine kleine Buchdruckerei,
die er schnell in die Höhe brachte. Die Offizin war im Hebräischen j. smcnfdd
besonders leistungsfähig; unter anderen druckte er den Talmud in
acht Foliobänden. Der jetzige Besitzer {Dr. O. Löwenstein) hat
das Geschäft bedeutend erweitert (15 Schp., 200 Arb.). Die Buch-
druckerei von C. F. Amelang ging durch Kauf auf Carl Schultze caH schult«,
über. Er richtete dieselbe besonders auf den Druck schwieriger * 301 Jul"82'-
wissenschaftlicher, namentlich orientalischer Schriften ein.
Ein sehr bedeutender Teil der Druckkräfte Berlins wird durch
das Zeitungsgeschäft in Anspruch genommen, indessen haben die Der Zeitung»-
einzelnen Blätter nicht solchen Umfang und Verbreitung, dass
man dort Zeitungsdruckereien wie in England und Amerika auf-
weisen könnte, selbst Blätter von dem Umfang und dem Einfluss
wie die „Kölnische Zeitung" und die „Neue Freie Presse- besitzt
Berlin nicht. Im allgemeinen lassen Druck, Papier und Korrektheit der
Zeitungen viel zu wünschen übrig. Das verbreitetste Blatt war 1880
das „Berliner Tageblatt" mit 70000 Abnehmern. Diesem kamen
am nächsten „Berliner Zeitung", „Volkszeitung u, „Vossische
Zeitung" mit zwischen 20 — 30000 Exemplaren; dann folgten
„Staatsbürger -Zeitung", „Berliner Börsenzeitung", „National-
Zeitung" in 15 — 20000 Auflage. Von Rotationsmaschinen besitzt
Berlin 19. Die Zahl der Journale beträgt etwa 478, darunter
43 amtliche, 66 politische. Der Zeitungsdebit durch die Post
bezifferte sich 1880 auf etwa 80 Millionen Nummern.
Zu den bedeutendsten Zeitungsdruckereien gehört die von
Lessing („Vossische Zeitung") mit 2 Rotations-, 4 Doppelmaschinen,
nebst 5 Stereotyp - Apparaten ; Ed. Krause (15 Schp. „National-
zeitung", -Bank - und Handelszeitung", rKladdcradatsch", „Wolfis
Depeschen" u. a.}; Norddeutsche Buchdruckerei und Verlags-
anstalt (12 Schp. -Norddeutsche Allgemeine Zeitung", „Reichs-
anzeiger" u. a.); R. Müsse (18 Schp. -Berliner Tageblatt" etc.);
Büxenstein (3 Rotm. und 21 Schp. „Börsen -Courier", „Gerichts-
zeitung", „Neue Volkszeitung"); Adam Wilh. Hayns Erben (9 Schp.
„Berliner Intelligcnzblatt") ; die Buchdruckerei der „Berliner Börsen-
zeitung" (10 Schp.).
Der Illustrationsdruck war bis jetzt nicht die starke Seite der
Berliner Offizinen, doch dürfte bei dem Umstand, dass mehrere der
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3r>«
DIE GERMANISCH*: GRUPPE.
XIII. KAP.
grossen Berliner illustrierten Blätter in Leipzig gedruckt werden,
neben dem guten Druck noch andere geschäftliche Verhältnisse mit-
reden. Die verbreitetsten sind: der von L. Schaefcr gegründete
„Bazar", jetzt im Besitz einer Aktiengesellschaft; F. Lipperheides
„Modenwelt"; »Das Berliner Modenblatt*, die „Illustrierte Frauen-
zeitung". Von den politischen Witzblättern fand der „Kladderadatsch 4
eine grosse Verbreitung.
Auch das Accidenzfach war bis vor nicht langer Zeit in Berlin
I Kr Accidenz- etwas vernachlässigt und ausser Hänels Druckerei hatte keine einen
besonderen Ruf auf Grund von Accidenzarbeiten. In jüngster Zeit
ist dies vielfach anders geworden. Ein grosses Ansehen genicsst
W. Büxenstein (S. 286', dessen neu eingerichtete mit Lithographie
verbundene Buchdruckerei vorzügliches im Accidenz- und Illustra-
tionsdruck liefert. In letzterer Richtung erwarb sich \Y. Moser
(13 Schp.) einen sehr guten Namen. Auch Gebr. Grunert lieferten
höchst beachtenswertes im Accidenz- und Luxusdruck. Ein eigen-
tümliches Accidenzgeschäft ist das der Gkbr. Litfass, welches
sich namentlich dem Plakatdruck widmet und das Monopol der
Anschlagesäulen besitzt. Während der Kriegszeit 1870 befand sich
das r Depeschenhaus" im andauernden Belagerungszustand, denn
von Litfass' Offizin aus gingen die lakonischen aber inhaltsschweren
Telegramme „aus dem Hauptquartier" in das Publikum.
Wollten wir alle grösseren Druckereien Berlins nennen, würden
Der Nievern.,, wir Seiten damit füllen, hier sei nur noch erwähnt die Aktiengesell-
schaft Letteverein, welche unter der Direktion von C. Janke dessen
frühere Offizin als Frauendruckerei seit 1875 im Gang erhält; sie
beschäftigt 45 weibliche, 20 männliche Arbeiter und 7 Schnell-
pressen.
Zuletzt ist noch die im Range erste Druckerei Deutschlands
zu erwähnen.
Seit dem 1. April 1879 ist das Reich im Besitz einer Reichs-
i>.< • Preußische Druckerei, entstanden aus einer Verschmelzung der Dcckerschen
St.int'drm kerei . /-.««« «
.inj .ii.- Rcidi»- geheimen Oberhofbuchdruckerei mit der königlich preussischen
Staatsdruckerei.
Letztere, verhältnismässig junge Druckanstalt hatte sich einen
sehr guten Ruf erworben. Früher wurden die preussischen Bank-
noten und Kassascheine, wie erwähnt, bei Ed. Hänel und auch
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XIII. KAP.
DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
369
in der Deckerschen Offizin ausgeführt. Eine Zentralisation der Kgi. Preu«.
Regierungsarbeiten wurde jedoch als notwendig erachtet und durch
Kabinettsordre vom 30. August 185 1 die Königliche Staats-
druckerf.i für Anfertigung von Wertpapieren ins Leben gerufen.
Nach Auflösung des Königlichen Lithographischen Instituts fiel
der Staatsdruckerei auch die Herstellung der Generalstabskarten zu.
Im Jahre 1877 am 1. Juli wurden die Deckerschen Grundstücke
und die Oberhofbuchdruckerei für die Summe von 6780000 Mark Reichsdruckerei,
vom Reich angekauft. Von dieser Summe kamen auf die letztere
1 780000 Mark. 1879 am 1. April beschloss der Reichstag, die
Königlich Preussische Staatsdruckerei für die Summe von 3 573 000
Mark für das Reich zu erwerben und mit der Deckerschen Offizin
zu einer Reichsdruckerei zu vereinigen. Die Lokalitäten der Staats-
druckerei in der Oranienstrasse wurden in zweckmässiger, auch
äusserlich imponierender Weise umgebaut und beide Druckereien
im eigentlichen Sinne des Wortes verschmolzen, denn die ganzen
Schriftenvorräte von 333 000 Kilo wurden ins Zeug geworfen und
umgegossen, weil die Systeme der beiden Offizinen nicht mit ein-
ander stimmten, zugleich wohl auch, weil vieles veraltet war. Auch
neue Maschinen wurden angeschafft, so dass die Reichsdruckerei
augenblicklich mit einem Werte von etwa sieben Millionen Mark
angesetzt wird. Ob, wenn einmal das Reich eine eigene Druckerei
haben musste, eine solche nicht von neuem viel zweckmässiger und
viel billiger hätte hergestellt werden können, ist nunmehr allerdings
eine müssige Frage. Jetzt bleibt mehr zu wünschen, als zu hoffen,
dass diese Anstalt sich streng auf diejenigen Arbeiten beschränken
werde, welche wirklich nur die Bedürfnisse der Reichsregierung
befriedigen. Nach manchen Zeichen zu urteilen, beabsichtigt man
jedoch, aus der Reichsdruckerei eine Art von Vorbild für die
deutsche Typographie zu schaffen, wie es seinerzeit die Wiener
Staatsdruckerei für Österreich war, wobei man jedoch vollständig
vergisst, dass erstere seit lange mündig geworden. Selbst die Her-
stellung der schwierigsten orientalischen Werke, diese Ausstellungs-
Paradepferde der Staatsanstalten, mit Ausnahme der vortrefflichen
St. Petersburger Wertpapierdruckerei, hat sich in den Privat-
druckereien Deutschlands in einer Weise ausgebildet, dass es nur
als eine Schädigung der ohnehin durch die starke gegenseitige
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370 DIE GERMANISCHE GRUPPE. XIII KAP.
Reichsdruckerei. Konkurrenz bedrohten Privatinteressen betrachtet werden müsste,
wenn der Staat ihnen Konkurrenz bereiten sollte.
Die Anstalt beschäftigt 700 Personen, besitzt 55 Schnellpressen,
18 Handpressen und über 200 Hülfsmaschinen. In runder Summe
werden jährlich 100 Millionen Bogen gedruckt und über 800 Millionen
Poststempel und andere Wertzeichen zu einer Gesamtsumme von
etwa 123 Millionen Mark, ferner etwa 3'/. Millionen Stück Reichs-
banknoten, Kassenscheine und andere Papiere, die einen Wert von
nahe an einer Milliarde für die Besitzer repräsentieren.
Das Budget von 1881 — 82 ergab eine Einnahme von 3 240 OOO
Mark, eine Ausgabe von 2221980 Mark, doch da hiervon über
700 000 Mark Zinsen und Abschreibungen abgehen und die Stellung
der Preise bei Mangel an Konkurrenz keine geschäftliche Bedeutung
hat, so ist es schwer zu sagen, wie es mit der Rentabilität, wenn
mit den Leistungen von Privatdruckereien verglichen , sich verhält,
Die Reichsanstalt ist unter der bisherigen vorzüglichen Leitung
der Königlich Preussischcn Staatsdruckerei geblieben, die Direktion
hat somit Herr Geheimrat Busse, die technische Führung Herr
E. Ringer. Die neuesten, künstlerisch wenig befriedigenden Produk-
tionen, die Fünfzig-, Zwanzig- und Fünfmarkscheine, sind auf Papier
gedruckt, in dessen Masse, nach dem in Amerika angewendeten
Verfahren, farbige Fasern strichweise hineingearbeitet sind. Das
Papier wurde unter Aufsicht von Beamten der Reichsdruckerei von
Gebr. Ebart in Spechthausen bei Eberswalde angefertigt. Über die
Untrüglichkeit des Systems wird gestritten.
Berlin ist der Hauptsitz für den lithographischen Farbendruck
Lithographie, geworden in seinen verschiedenen Zweigen, welche sowohl der
Herstellung von Oldruckbildern als der Zeitschriften- und Bücher-
Illustrationen, sowie den vielen Bedürfnissen des Papeteriegeschäfts
dienen. Die eigentliche Bedeutung erhielt der lithographische
Farbendruck durch die Bemühungen Schinkels und Beuths, unter-
stützt durch das Wohlwollen, welches der nachmalige König
Friedrich Wilhelm IV. schon als Kronprinz dem neuen Kunstzweig
entgegentrug. Den Wert desselben bezeugte in glänzender Weise
das grosse Werk Prof. Zahns über pompejanische Altertümer.
Guten Ruf erlangte die Anstalt J. Winckelmanns, der zuerst 18 16
in Verbindung mit Heinr. Arnz das bekannte Institut Arnz & Co.
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XIII. KAP.
DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
371
in Düsseldorf begründet hatte. Die Leitung desselben lag eine zeit- Kunsunstaiten.
lang in den Händen von J. Storch, der später sich mit C. Kramer
verband und tüchtiges im Landschaftsfache lieferte. Ganz vortreff-
lich sind Storch &: Kramers für die Arundel- Society in London aus-
geführte Reproduktionen der Freskogemälde altitalienischer Maler
(s. 103). Als Meister im architektonischen und landschaftlichen
Aquarelldruck zeichneten sich Loeillot und R. Steinbock aus,
bekannt sind unter anderen Hildebrandts „Reise um die Welt"
und Köhlers polychrome Meisterwerke. Mit dem eigentlichen
Olbilderdruck beschäftigten sich mit mehr oder weniger Glück eine
nicht kleine Anzahl von Firmen und es bleibt nur zu bedauern, dass
neben dem Guten so vieles Geschmacklose, zumteil elendes Mach-
werk hervorgebracht wurde, welches eine Kunst für den Augenblick
in Misskredit gebracht hat, die ein besseres Schicksal verdient hatte,
und nun neue Wege suchen muss, um sich die verscherzte Gunst
wieder zu erwerben. Unter den Firmen, die ausser den erwähnten
tüchtiges leisteten, sind zu nennen Carl Gerold, Otto Troitzsch,
Böhme & Frankel.
Einen bedeutenden Einfluss auf die Verwendung des Farben-
druckes übten die GROPiussche Buchhandlung (später Ernst & Korn)
durch ihre grossartigen architektonischen Unternehmungen, Rud.
Wagner durch die erwähnte Hildebrandts „Reise um die Welt" und
ähnliche Aquarell- Albums, Alex. Duncker durch eine Reihe von
Prachtwerken aus.
In neuerer Zeit hat die Verwendung der Chromolithographie
zu gewerblichen Zwecken eine enorme Ausdehnung gewonnen.
Die Anfuhrung einiger der bedeutendsten Firmen wird einen Begriff
von dem Umfang solcher Etablissements geben.
W. Hagelberg beschäftigt 38 Schnellpressen, 29 Handpressen,
94 H ulfsmaschinen und 700 Arbeiter; Carl Hkllriegel 9 Schnell-
pressen, 42 Handpressen, 450 Arbeiter; Schäfer & Scheibe, deren
hauptsächlichste Produktion in Neujahrs- und Gratulationskarten
besteht, 9 Schnellpressen, 50 Handpressen, 350 Arbeiter; A. Kauf-
mann & Co. 23 Schnellpressen, 16 Handpressen und 250 Arbeiter.
Umfangreich sind ferner Albrecht & Mkister, die Berliner Luxus-
Papierfabrik, Kutzner & Berger und noch manche andere. Man
findet hierin die Bestätigung, wie sehr in dem Druckgewerbe der
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIII. KAP.
Kunmnsuiten. Zeitungs - und der Accidenzdruck dem eigentlichen Bücherdruck
über den Kopf wächst.
Als Verleger von Karten und Globen wurden namentlich
Dietrich Reimer, E. Schotte & Co. und das Berliner Litho-
graphische Institut massgebend.
Als Herausgeber von Werken unter Zuhülfenahme des Licht-
druckes entwickelte E. Wassmlth eine enorme Thätigkeit, auch
Paul Bette war in dieser Richtung sehr rührig. Die Photo-
graphische Gesellschaft besitzt einen ausserordentlich grossen
Fond von photographischen Blättern, auch G. Schauer lieferte
viele Blätter und Albums. Den eigentlichen Kunstverlag pflegten
E. H. Schröder (R. Schuster), Sachse & Co., Amsler &: Ruthardt,
Goupil & Co. (Filiale von Paris). Unter den Verlegern, die einen
besonderen Einfluss auf das Druckgewerbe übten, sind noch zu
nennen: G. Grote, Dunckrr & Humbi.ot, Veit & Co. (beide jetzt
in Leipzig), Jul. Springer, Gebr. Paetel, P. Parey, Dümmlers
Verlag, A. Hirschwald, G. Langenscheidt (selbst Buchdrucker),
A. Asher & Co., Wiegan dt & Grieben.
In der drittgrössten Stadt des Deutschen Reiches Breslau ' hat
Breslau, die Druckerei im Verhältnis zur Grösse der Stadt keine Rolle
gespielt, so wenig wie in den anderen grossen Städten des Nordens
Königsberg, Danzig, Hamburg, Magdeburg und Köln.
Im Jahre 1748 übernahm Carl Wilh. Grass die Stadtbuch-
Grass. Barth druckerei in Breslau von den Baumannschen Erben (I, S. 145), dem
& Co. _ _
sein Bruder Friedr. Sigm. Grass folgte. Nach dessen Tode erwarb
Joh. Aug. Barth das Geschäft und vermehrte es durch die Druckerei
der katholischen Landes - Universität. Ein schönes Denkmal der
Leistungsfähigkeit der Offizin ist das 18 18 erschienene Paris annis
1 8 14 et 1 8 1 5 foederatis annis restitutae momunentum in Gross-Folio,
welches Jubelgedichte in 42 grösstenteils fremdländischen euro-
päischen und orientalischen Sprachen enthält. Die Firma wurde
Grass, Barth & Co., sie verbindet jetzt Typographie mit Litho-
graphie und arbeitet mit 14 Schnellpressen.
1 Geschichte der seit 300 Jahren in Breslau befindlichen Stadtbuch-
druckerei. 1804.
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XI1L KAP. DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 373
Einen grossen Umfang erreichte die Verlagshandlung und
Buchdruckerei von W. G. Korn, welche am 13. Januar 1882 ihr w.g. K«m.
1 5qjähriges Jubiläum beging. Joh. Jos. Korn eröffnete an diesem
Tage 1732 sein Geschäft und erhielt 174 1 Privilegium zur Heraus-
gabe der „Schlcsischen Zeitung". Sein Sohn Joh. Gottlieb Korn
trat 1828 die Buchhandlung, 1836 die „Schlesische Zeitung"* an
seine beiden Söhne ab. Im Jahre 185 1 übernahm Heinr. Korn das
Etablissement. Anlässlich des Jubiläums errichtete er, abgesehen
von manchen anderen Schenkungen, dir seine Mitarbeiter eine
Stiftung mit einem Kapital von 100 000 Mark und wurde in den
Adelsstand erhoben. Das Geschäft arbeitet mit 1 5 grossen Maschinen
und etwa 1 50 Arbeitern, besitzt auch bedeutende Papierfabriken.
S. Schottländer hat einen reichhaltigen Verlag und arbeitet
mit 1 5 Schnellpressen. Von grossen Verlagshandlungen sind noch
zu nennen Max & Co., Ferd. Hirt und E. Trewendt.
Einen bedeutenden Umfang erreichte das Geschäft von Carl
Flemming in GLOGAV, welches sich namentlich der Produktion c. Fiemming
von I^andkarten widmet und damit n typographische und litho- f i?No?! !•;«!
graphische Schnellpressen beschäftigt.
In Posen wurde, wie erwähnt, von G. J. Decker ein Etablisse-
ment errichtet, das jetzt als W. Deckkk & Co. typographisch und Posen,
lithographisch mit 7 Schnellpressen arbeitet. FRANKFURT A. O., die
erste Stadt Preusscns, in welcher die Druckerei eingeführt wurde, hat
so wenig wie andere Städte des östlichen Preussens eine besondere
Stellung in der Typographie erworben. Die bedeutendste Druck-
anstalt dort ist Trowitzsch & Sohn (gegr. 1779} mit 6 Schnellpressen.
Selbst die Königs- und Universitätsstadt KÖNIGSBERG misst
sich kaum mit mancher Stadt von 20— 30 000 Einwohnern hinsieht- Königsberg,
lieh graphischer Produktion. Erst 1523 war die Druckerei dort
durch Hans Weynreich eingeführt, dessen Offizin nach vielen
Wandlungen zur Zeit des dritten Jubelfestes in den Händen Joh. Fr.
Reussners war.
Das bedeutendste Geschäft ist das von Jon. Heinr. Härtung,
durch Übernahme der J. S TELTESchen Buchdruckerei 1732 gegründet. J. H. Härtung
Durch Umsicht und Unermiidlichkeit erwarb sich Härtung allge- r y
M.if 175'j.
meines Ansehen. Die Stände von Livland und Kurland übertrugen
ihm den Druck der lettischen Bibel und der cyrillischen Postille;
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIII. KAP.
für erstere erhielt er 7000 Thaler. Neben seiner Buchdruckerei
trieb er bedeutenden Verlags- und Sortimentshandel und sein 1746
erschienener Sortimentskatalog war über 400 Seiten stark. In
Leipzig hatte er während der Messe offenes Gewölbe. Zu seinem
grossen Geschäft erwarb er noch die erwähnte Reussnersche Hof-
und akademische Buchdruckerei. Er verschied in Leipzig 1756
während der Ostermesse.
Nachdem sein ältester Sohn bereits 1759 gestorben war, über-
Goitl. Härtung nahm 1763 der jüngere Gottlie» Leberecht Härtung das Geschäft,
f Ig. Nov'. I;9;! nach dessen Tode dirigierte es seine Witwe Sophie Charlotte mit
Mut und Ausdauer, bis sie es 18 17 ihrem Sohne Georg Friedrich
Härtung übertragen konnte. Die von Härtung herausgegebene
„ Königsberger Zeitung" ist eine der ältesten Deutschlands und
ihre Geschichte lässt sich bis auf das Jahr 1640 verfolgen. Vom
6. Februar 1758 bis 1 . Juli 1762 und dann vom 19. Juli bis 10. August
1 762 musste der ihre Kopfzeile schmückende preussische Adler mit
dem russischen vertauscht werden. In den Jahren 1807 und 1808
hatte die Zeitung eine grössere Bedeutung erreicht, da der Krieg in
der Nähe um Königsberg geführt wurde, wodurch indes Härtung
verschiedenen Gefahren ausgesetzt wurde.
Wie wenig bedeutend der Umfang des Druckgewerbes in
Königsberg war, geht aus den Aufzeichnungen über die vierte Jubel-
feier hervor. Dieselben weisen nur 7 Druckereien mit 45 Gehülfen
und 28 Lehrlingen auf; da die Hartungsche Druckerei 20 Gehülfen
und 7 Lehrlinge beschäftigte, so kommen auf sechs Druckereien
25 Gehülfen und 21 Lehrlinge*. Jetzt arbeitet die Hartungsche
Buchdruckerei mit sechs Schnellpressen und etwa 100 Personen.
Von Königsberg aus wurde, als Friedrich der Grosse bei der
Mahenwcrdcr. ersten Teilung Polens Westpreussen erhielt, der Buchdrucker
R. Kanter nach MARIENWERDER als Hofbuchdrucker berufen, um
die königlichen Arbeiten zu liefern; die Offizin besteht noch heute
Lunzig, mit 5 Schnellpressen. In Danzig sind die bedeutendsten Druck-
anstalten die von Jul. Sauer und von A. W. Kafemann, letztere ist
Stettin zugleich mit Schriftgiesserei verbunden. STETTIN hat nur Bedeutung
im Accidenz- und Zeitungsdruck; die dortige Firma H. G. Effenbart
beging 1 879 ihr 3<x>jähriges Jubiläum. Noch um zwei Jahre älter
» Geschichte der Hucluli uckerkunst in Königsberg. 1840,
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Xin. KAP. DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 375
ist die, jetzt mit S Schnellpressen arbeitende, Firma H. Hessknland.
R. Grassmann, zugleich Schriftgiesserei , beschäftigt elf Schnell-
pressen und gegen 100 Arbeiter.
In Rostock besteht die Offizin von Adlers Erben {6 Schp.)
seit 1635. Ausser in Rostock hat D. C. Hinstorff, bekannt als der Mecklenburg.
Verleger und Drucker von Fritz Reuters Werken, noch Geschäfte
in Wismar (5 Schp.) und LUDWIGSIXST. Die grösste Druckerei
Schwerins ist die von W. Sandmeyer ;8 Schp.}.
Neuruppix kann Armeen aus der Presse stampfen. Die Firma
Gustav Kühn arbeitet mit Rotationsmaschine, 11 Schnellpressen
und einer grossen Zahl von Hülfsmaschinen, welche von gegen
400 Arbeitern bedient werden. Oehmigke & Riemschneider be-
schäftigen 6 Schnellpressen und 200 Arbeiter hauptsächlich mit
den bekannten Bilderbogen.
LÜBECK verlor seine Bedeutung, die es in der früheren Periode
eine Zeitlang hatte, und auch Hamburg nimmt nicht eine solche Lübeck.
Stellung ein, wie man es von dem ersten Handelsplatze und der, der Hamburg-
Bevölkerung nach, zweiten Stadt des Reiches erwarten könnte.
Vielleicht wären seinerzeit die Bemühungen des Friedr. Andreas
Perthes, Hamburg zu einem Emporium des buchhändlerischen Ver-
kehrs mit dem Auslande zu erheben, gelungen, wenn nicht die
schwere Zeit des Napoleonischen Druckes auf Deutschland im
allgemeinen und Hamburg im besonderen hemmend gelastet hätte'.
Nur für den Zeitungsverlag hatte Hamburg einige Bedeutung und
erst in neuerer Zeit ist es Sitz einiger grösserer Verlagshandlungen
geworden.
Selbst der Accidenzdruck hat keinen rechten Aufschwung
genommen. Der solide Hamburger Kaufmannssinn giebt wenig auf
Eleganz der Druckarbeiten.
Inzwischen sollte doch das wenig poetische Hamburg einen
grossen Dichter Deutschlands unter seinen Buchdruckern zählen. Lewing au
Eine Zeitlang war nämlich Lessing Associc des Buchdruckerei- nuch,irucker-
besitzers Joh. Joach. Christ. Bodk. Ostern 1767 hatte letzterer
auf dem Holzdamm eine Buchdruckerei angelegt und Lessing trat
gleich nach seiner Ankunft in Hamburg als Sozius ein. Die
„Hamburgische Dramaturgie", die „ Antiquarischen Briefe- und die
» Ct.EMfcNs Tu. Pkrtiiks Friclr. Perthes' Leben. 6. Aufl. Gotha 1872.
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DIE GERMANISCH E GRUPPE.
XIII. KAP.
Abhandlung »Wie die Alten den Tod gebildet44 sind von den
eigenen Pressen Lessings gedruckt, und das Projekt, die Werke der
bedeutendsten Gelehrten mit lohnenderem Ertrage für Verfasser
und Verleger zu veröffentlichen , erregte in den beteiligten Kreisen
so grosse Aufmerksamkeit, dass Klopstock schon im Sommer 1767
versprach, für das geplante „Deutsche Museum44 seine „Hermanns
Schlacht14 und Gerstenbergs „Ugolino44 herzugeben. Die Publi-
kationen dieser Druckerei und Verlagsfirma erhielten ein seltsames
Kleinquart -Format; zum Druck wurde ein fein gestreiftes resp.
geripptes italienisches Papier verwendet, so dass der eigentümliche
Geschmack Bodes und Lessings vielfach Spottreden hervorrief. Die
junge Firma wurde schon 1768 unter bedeutenden Verlusten für
Lessing aufgelöst, dessen finanzielle Bedrängnisse, welche seinen
Abgang von Hamburg bis zum Jahre 1770 verzögerten, jedenfalls
zum grössten Teil diesem Misserfolg zuzuschreiben sind.
Das grösste der heutigen Etablissements ist das von J. F. Richter
Hamburger (2 Rotm., 14 Schp., 1 5 Hdp., 1 50 Arb.). Als Zeitungsdruckereien
Offizinen.
sind zu nennen die Aktiengesellschaft Neue Börsenhalle, welche
die „Börsenhalle44 und den „Correspondent44 druckt, Hermanns
Erben (i Rotm., 6 Schp.}, Diederich & Co. (i Rotm., 5 Schp.}.
C. Adler verbindet mit Buchdruckeret und lithographischer Anstalt
9 Schp., 8 Hdp.) ein ausgedehntes Geschäft mit Lehrmitteln.
F. Schlotke wurde schon in dem Kapitel über Maschinen erwähnt,
ist ausserdem durch seine litterarische Wirksamkeit bekannt und
jetzt Besitzer, Redacteur und Drucker des «Journal für Buchdrucker-
kunst- ;s. 356).
Das holsteinische Städtchen Itzehoe besitzt die bedeutende
Buchdruckerei von G. J. Pfingsten, dessen weitverbreitete „Itzehoer
Nachrichten" namentlich vor und während der dänischen Kriege
einen grossen Einfluss übten.
In dem als eine Vorstadt von Hamburg zu betrachtenden
Wandsbeck. WANDSBECK hat die bedeutendste chromolithographische Anstalt
c. w. sciu Deutschlands ihren Sitz aufgeschlagen. Gustav W. Seitz lernte
erst als Setzer, versuchte sich dann ohne jedwede Anleitung als
Holzschneider, bis er später in München seine weitere Ausbildung
erhielt. Dann wagte er sich in Hamburg an den Verlag. Durch
Zufall mit dem lithographischen Farbendruck bekannt geworden,
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xni. KAP.
DER NORDEN DER GERMANISCH EN GRUPPE.
377
erblickte er in diesem die Illustrationsmethode der Zukunft. Nach
Überwindung unendlicher Schwierigkeiten gelang es Seitz, zwanzig
Handpressen zu beschäftigen, bis der Krieg 1 866 wieder Stockungen
brachte. Trotzdem beschloss er, sich ein Domizil zu bauen und
zwar in dem äussersten Ende von Wandsbeck. Ein kleines humo-
ristisches Bild von Süs, „Der erste Gedanke*, wurde in 18000
Exemplaren verkauft. Trotz der Abmahnungen des Künstlers
selbst wagte er sich nun an Carl Werners Nilbilder in Aquarelldruck
und errang einen vollständigen Sieg. Unter seinen vielen Blättern
ist der grosse Aquarelldruck „Auroras Triumphzug" nach Guido
Reni eine ausserordentlich gelungene Leistung.
Besondere Verdienste hat Seitz durch die Vervollkommnung
des Reduktionsapparates. Schon im Jahre 1860 tauchte die englische
Erfindung auf, ein Bild auf eine Gummihaut, die in einem Rahmen
von vier durch Schrauben verstellbaren Stäben angebracht war,
durch stärkere Anspannung resp. durch Lockerung der Spannung
der Haut zu vergrössern oder zu verkleinern. In dieser veränderten
Gestalt wurde dann das Bild auf einen Stein übertragen, so dass
man Kopien in verschiedenen Grössen ohne eine neue Zeichnung
erhalten konnte. Alles kommt natürlich auf die ganz verhältnis-
massig richtige Vergrösserung oder Verkleinerung nach Höhe und
Breite an. Seitz ist es gelungen, die Apparate so fein zu vervoll-
kommnen, dass Bilder von zwanzig und mehr Farben, zu welchen
ebenso viele Steine gehören , im vollkommensten Passen der Um-
ränderungen hergestellt werden können.
In Wandsbeck übte um 1875 Otto Radde (durch MOhl-
me ister & Johler dort, später in Hamburg,1 ein eigentümliches Ver- stenochromie.
fahren, um Oldruckbilder herzustellen. In der Art, wie die einzelnen
Glas- oder Steinstückchen zu einem Mosaikbild gefugt werden, setzte
Radde die aus festen Teichfarben mittels Blechschablonen in die
nötigen Formen gebildeten Blöcke in einem Rahmen zu einer Bilder-
form zusammen. Wurde nun ein mit Terpentin gefeuchteter Bogen
darauf gelegt und Form und Bogen in einer Presse einem gelinden
Druck ausgesetzt, so erhielt man ein Oldruckbild, das jedoch
nur als eine Untermalung zu betrachten war, welche erst durch
Aufdruck mehrerer lithographischer Farbenplatten Ausdruck und
Schattierung erhielt. Das Verfahren war nicht neu. Bereits Senefelder
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DIE GERMANISCHE GRUPPK.
XIII. KAP.
hatte in seinem Werke daran gedacht und der Maler Liepmann in
Berlin lieferte 1842 einige recht hübsche Bilder in dieser Weise.
1873 zeigte sich Jul. Greth aus Charlottenburg damit auf der
Wiener Weltausstellung. Auch ein Engländer, J. M. Johnson, hatte
es geübt, um Landkarten zu illuminieren, sowie um Tapeten und
andere Arbeiten herzustellen, wo die Farben sich bestimmt
abgrenzen und nicht in einander übergehen müssen. Von dem mit
grossem Eclat in Scene gesetzten Verfahren (Stenochromie) ist es
ganz still geworden.
Die Handelsstadt Bremen ist so wenig wie Hamburg ein
ürcmen. bedeutender Verlagsplatz geworden, deshalb beschränkten sich
die Buchdruckereien hauptsächlich auf Zeitungs- und Accidenz-
arbeiten. Die grössten Offizinen sind die von C. Schünemann
■9 Schp. , 120 Arb.}, welche die „Bremer Nachrichten-4 und die
„Weser-Zeitung" druckt, und Gebr. Hauschild, die hauptsächlich
Accidenzarbeiten liefern.
In Oldenburg sind G. Stalling und die ScnuLZEsche Hof-
oidenburg. buchdruckerei, je mit 4 Schnellpressen, thätig. In dem kleinen
Detmold besteht seit 1570 die MeverscIic Hofbuchdruckerei,
welche, jetzt mit Steindruckerei verbunden, 8 Schnellpressen und
9 Handpressen in Gang hält.
In HANNOVER findet eine rege Druckthätigkeit hauptsächlich
Haunover. für Zeitungs - und Accidenzdruck statt; namentlich ist dasselbe ein
Hauptplatz für die Herstellung von Handlungsbüchern geworden.
Obenan in letzterer Richtung stehen J. C. König & Ebhardt mit
29 Schnellpressen, darunter 14 für mehrere Farben, 16 Liniier-
maschinen, 30 Buchbinderpressen, 12 Papierschneidemaschinen
nebst zahlreichen sonstigen Hülfsmaschinen und einem Personal
von 350 Köpfen. Auch Euler & Krische (10 Schp., 200 Pers.)
und die Hannoversche Geschäftsbücherkabrik arbeiten in ähnlicher
Richtung, während R. Leunis & Chapman die Handeltreibenden
mit Tüten und ähnlichem versorgen und damit ein grosses Personal
beschäftigen.
Die Gebr. Janecke (als Farbenfabrik Jänecke & Schneemann
s. 3 19' gaben ihrem Druckgeschäft eine grosse Ausdehnung ( 10 Schp.,
11 Hdp.!, sowohl als Zeitungsdruckerei '„Hannöverscher Courier")
wie als Werk und Accidenzdruckcrei. Von Bedeutung sind ferner
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XIII. KAP.
DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
379
Klindworths Hofbuchdruckerei (10 Schp., 9 Hdp.) und die
ScHi.üTERsche Buchdruckerei (2 Rotm., 7 Schp.}. In der Zeit der
Privilegien hatte die HAHNsche Hofbuchhandlung fast den ganzen
Sortimentshandel des Königreichs in den Händen. Ihr bedeutender
Verlag hat seinen Sitz in Leipzig. — Die Universitätsstadt Göttingen
hat als Druckplatz nie eine grosse Bedeutung gehabt.
MUNSTER , in der Zeit der Humanisten ein so wichtiger Platz
(I, s. 5 1 , macht sich wie Paderborn und Trier (Fr. Lintz, 7 Schp.) Westfalen und
Rheinlaad.
hauptsächlich nur durch seinen streng katholischen Verlag bemerk-
bar. OBERHAUSEN verdient Erwähnung als der erste Platz in
Deutschland, wo die Rotationsmaschine (durch A. Spaarmann)
eingeführt und zum Bücherdruck verwandt wurde. In MINDEN
liefert E. C. Brunn 6 Schp. namentlich Post- und merkantile
Arbeiten.
G. D. Bädeker in ESSEN beschäftigt 150 Arbeiter und zehn
Schnellpressen, die BÄDEKERSche Buchdruckerei in ELBERFELD Vermiedene
Sladte.
6 Schnellpressen namentlich mit Eisenbahnarbeiten; daselbst drucken
auch S. Lucas mit 14, R. L. Friderichs mit 10 Schnellpressen.
L. Schwann übersiedelte von Neuss nach DÜSSELDORF und
errichtete dort eine grosse Offizin {10 Schp., 120 Arb.\ welche
namentlich bedeutende Accidenzien in Chromoxylographie liefert.
Dass Düsseldorf als Sitz der berühmten Kunstschule sich auch im
Kunstverlag auszeichnet, ist fast selbstverständlich. Als Kunst-
druckerei hat L. Baumann, früher Arnz & Co., einen Ruf; die
„Düsseldorfer Monatshefte" waren weltbekannt. A. Bagel, früher
in Wesel, hat eine sehr bedeutende typographisch -lithographische
Anstalt {21 Schp., 150 Pers., Papierfabrik) und liefert namentlich
Arbeiten für Schulen, Bilderbücher u. dgl.
Bonn gehört zu denjenigen Universitätsstädten, wo namentlich
der orientalische Druck gepflegt wird, besonders durch die Druckerei
von C. H. Georgi.
Köln, im frühen Mittelalter die berühmte hohe Schule der
Wissenschaft und der Typographie, von wo aus das Licht Guten- Kuin.
bergs über die Niederlande und den Norden ausgegangen war,
lieferte später nur ultramontane Schriften und musste sogar seinen
berühmten Namen zur Einschmuggelung verbotener oder gar
schmutziger Bücher hergeben, die überall hin mit der Firma
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38o
DIE GERMANISCHE GRUPPK.
XIII. KAP.
„Peter Hammer" oder „Pierre Marteau* und Druckort Köln ver-
breitet wurden.
Von den Offizinen hat die der Verlagshandlung J. P. Bachem
in der katholischen Welt eine grosse Bedeutung und druckt mit
ihren 9 Schnellpressen mehrere Zeitschriften und Zeitungen mit
katholischer Richtung. Die LANGENsche Buchdruckerei beschäftigt
16 Schnellpressen, die von W. Hassel 10.
Am öftesten wird jedoch in der neuern typographischen
Geschichte Köln auf Grund der Offizin der Kölnischen Zeitung
genannt, mit der auf dem Kontinent nur die der Wiener „Neuen
Freien Presse" in den technischen und redaktionellen Einrichtungen
wetteifern kann.
Bereits 165 1 gab es zu Köln eine Zeitung, die als Stammmutter
Du Mom-Schau- der jetzigen „Kölnischen Zeitung" zu betrachten ist: die im Besitz
hKoYng. z"iluilg". von Franz Köntgen erscheinende „Postamts -Zeitung", welcher er
den Namen „Kölnische Zeitung*1 gab. Sie wurde bei Schaubergs
Erben gedruckt, eine Offizin, die von Gereon Arnold Schauberg
bereits anfangs des Will. Jahrhunderts gegründet war'.
Als Schauberg das Blatt von Köntgen erwarb, hatte es eine
Auflage von 250 Exemplaren. Der frühere Besitzer erhielt eine
Rente von monatlich zwei Kronenthalern ; stiege die Zahl der
Abonnenten auf 400, so sollte monatlich ein halber Thaler zugelegt
werden.
Am 10. Juni 1805 gingen sowohl die Schaubergsche Offizin
als die „Kölnische Zeitung* auf Marcus Du Mont über, welcher sich
in demselben Jahre mit Catharine Schauberg verheiratete. Köln
schmachtete damals wie das ganze linke Rheinufer unter der Herr-
schaft Napoleons und da in jedem Departement nur ein Regierungs-
blatt geduldet wurde, so musste die „Kölnische Zeitung* 1809
einfach zu erscheinen aufhören. Der Kaiser entschädigte jedoch
1 Geschichte «'er „Kölnischen Zeitimg" und ihrer Druckerei. Diese wahr-
haft prächtige Gclegcnheitsschrift erschien anlässlich der Gewerbe-Ausstellung
in Düsseldorf 1880, wo M. Du Mont-Schauberg eine komplette Zeitungsdruckerei
mit Kotationsmaschine ausgestellt hatte. Das Werk enthält höchst interessante
lleiträge zur Geschichte der Zeitungen, zeichnet >ich daneben durch eine fast
beklagenswerte Abwesenheit alles und jeden Hcrvorhcbens der leitenden Persön-
lichkeiten aus.
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XIII. KAP. DER NORDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
381
den Verleger durch eine Jahresrente von 4000 Franken. 18 14 ist Kz°Jint'u*he
das Jahr der Wiedergeburt des Blattes und 1822, wo der Zeitungs-
stempel in Preussen eingeführt wurde, hatte es bereits über 2000
Abonnenten. Die Ereignisse von 1830, 1848 und namentlich die
Kriegsjahre 1866 und 1870 trugen wesentlich zur Hebung und
Verbreitung des Journals bei. Riesig waren die Opfer, welche
dasselbe durch Errichtung eigener Telegraphenlinien, und Ent-
sendung eigener Korrespondenten brachte, allein diese Aussaat ist
auf guten Boden gefallen, die „Kölnische Zeitung" ist heute ein
Weltblatt und druckt täglich eine Auflage von 30 bis 40 tausend
Exemplaren.
Unter solchen Verhältnissen wurden die Lokalitäten mehrmals
zu enge und im Jahre 1 846 entstand mit einem Aufwände von über
300000 Mark in der Breitenstrassc ein höchst zweckmässiger Neu-
bau, der am 26. September 1847 bezogen und im Jahre 187 1 durch
Neubauten vergrössert wurde. Das erste Telegramm der Zeitung
erschien am 5. Oktober 1849. Am 1. Januar 1858 nahm sie das
Format an, in welchem sie noch heute erscheint.
Am 1. Januar 1845 hatten bereits die Brüder Joseph und
Michael Du Mont das Geschäft im alleinigen Besitz und zwar
übernahm Michael die Buchhandlung, Joseph behielt die Zeitung.
Leider starb dieser bereits am 3. März 1861 und hinterliess seiner
Witwe und seinen vier Kindern sowie seinem treuen Freunde und
Associe Wilhelm Ferdinand Schultze aus Magdeburg, welcher
1844 'n das Geschäft getreten war, das umfangreiche Institut. Am
3 1 . Juli 1874 erhielt sie ihre eigene Drahtleitung von Berlin, nachdem
bereits früher der Telegraph in grossartiger Weise benutzt worden
war. In den Prozessen Kullmann und Graf Arnim betrugen die Kosten
für Telegramme 25000 M. und öfters wurden mehr als 20000 Worte
hintereinander depeschiert. Eine Wochenausgabe der Zeitung hatte
bereits im Jahre 1866 am 5. Oktober begonnen.
Nachdem die „Kölnische Zeitung" mehrmals ihre Pressen durch
neue verbesserter Konstruktion ersetzt hatte, wurden 1877 Rota-
tionsmaschinen, und zwar von König & Bauer gebaute, angeschafft.
Die drei vorhandenen Exemplare liefern stündlich je 16200 komplette
Bogen. Als Motoren für diese und noch für 10 Schnellpressen
dienen vier Gasmaschinen. 1880 betrug die Zahl der Angestellten
1
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382
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIII. KAP.
155, ausserdem waren 78 Knaben beschäftigt. Reich dotierte
Kranken- und Unterstützungskassen sind mit der Offizin verbunden.
Kurz nach dem Tode Ludwigs, des ältesten Sohnes Josephs,
starb am 30. November 1881 der mit den reichsten Gaben des
Verstandes und des Herzens ausgerüstete "W. F. Schultze, der
ausserordentlich viel dazu beigetragen hat, dass die Zeitung heute
eine so hohe Stufe einnimmt, dabei war er von einer so grossen
Bescheidenheit, dass nicht einmal sein Name in der erwähnten
aus seiner Feder stammenden Festschrift genannt wird.
Es ist begreiflich, dass kaum ein Reisender, der die Aufgabe
der Presse zu würdigen versteht, bei einem Aufenthalt in Köln die
Offizin der „Kölnischen Zeitung* unbesucht lässt. So erschien
eines Nachmittags im Herbst 1877 der Feldmarschall Graf Moltke.
Rasch entwarf einer der Redacteure, Hermann Grieben, einige
begrüssende Zeilen, die, in wenigen Minuten gesetzt und in der
Presse abgezogen, dem berühmten Besucher überreicht wurden ; sie
mögen hier einen Platz finden :
Heil und Dank Dir, Schlachtenleiter, dass Du auch hei uns erschienst,
Und auch unsre wackren Streiter inspizierst in ihrem Dienst.
Ja die kleinen Hleisoldaten sind, verhunderttausendfacht,
Wohlgeführt und wohlberaten eine respektable Macht.
Täglich rückt ihr Kriegsgeschwader tapfer aus zum Geisterstreit,
Ihre grossen Hinterlader schiessen tausend Meilen weit. —
Sieh im Ka-ten hier die Letter! Einzeln ist sie nur ein Zwerg,
Doch im Chor ein Siegsgesehmetter: „Freiheit, Licht und Gutenberg".
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XIV. KAPITEL.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
Emporwachsen Stuttgarts: Die Familie Cotta. J. B. Metzler. Die illustrierte
I-ittcratur. Ed. Hallberger, Gebr. Kröncr u. a. Die Xylographie. Der Buch-
handel. Statistisches. Tübingen. München: Aufschwung aller graphischen
Künste, Kasp. Braun, Er. Hanfstängl, J. Albert, Er. Bruckmann u. a. Nürn-
berg. Regensburg. Augsburg. Rheinische Städte. Erankfurt a. M. Mainz
und das Einwcihungsfest. Ereiburg i. Br. Dornach: Ad. Braun. Strassburg:
Das Gutcnbergdcnkinal, die Bibliothek.
Die Schweiz. Lokale Schwierigkeiten. Basel: Die Eamilie Haas. Zürich:
Orell Füssli & Co., Kartographie. St. Gallen: Chr. Zollikofer. Einsiedeln:
Gebr. Benziger. Bern.
v-f^SM?"^ OCI I vor Ablauf der vergangenen Periode halten der
' ' Westen und der Süden Deutschlands ihr typographi-
sches Übergewicht verloren. Die blühenden Hauptsitze
der Buchdruckerei und des Buchhandels, Nürnberg und
| Augsburg, waren von ihrer Höhe zurückgegangen und
wurden zu Anfang unseres Jahrhunderts bayrische Provinzialstädte,
während die Hauptstadt Bayerns keine Anstrengungen machte, um
ein Emporium des Bücherverkehrs in Süddcutschland zu werden, wie
es wohl möglich gewesen, wenn Gutenbergs Kunst von oben dieselbe
Unterstützung und Förderung gefunden hätte, wie die bildende
Kunst. Der hohe Glanz Basels war hinfällig geworden; es blieb
zwar eine sehr respektable schweizerische Universität, der europäische
Ruf war jedoch dahin. Strassburg zählte seit seiner Überrumpelung
durch die Franzosen im Jahre 1681 nicht mehr zu Deutschland und
Sinken der
Bedeutung de
Südens.
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384 DIE GERMANISCHE GRUPPE. XIV. KAP.
galt in jüngster Zeit mehr als Festung denn als Sitz der Wissenschaft
und Kunst. Frankfurt am Main hatte als Bücheremporium längst
Leipzig den Platz räumen müssen, war auch nicht bestrebt, wenigstens
als Verlagsort, ein bedeutendes Gewicht in die Wagschale zu legen,
und die Heimat der Druckkunst, Mainz, hatte es nie versucht, die
günstigen Antezedentien zu benutzen und die Erbschaft Gutenbergs
im Geiste des Erfinders anzutreten.
Unter diesen Verhältnissen gelang es einer bis 1750 in der
Emporbiühen Geschichte der Typographie kaum genannten Stadt, die noch tief
Stuttgarts.
in unser Jahrhundert herein hauptsächlich nur als Sitz der Cottaschen
Verlagshandlung und des Nachdruckes in der graphischen Welt
bekannt war, in der Zeit von knapp einem Menschenalter sich zum
dritten typographisch - bibliopolischen Hauptplatz des Deutschen
Reiches emporzuschwingen, und zwar hauptsächlich nur durch die
Energie der Gewerbtreibenden selbst, verbunden mit Tüchtigkeit,
kaufmännischer Klugheit und dem nötigen Mut „ins Zeug zu
gehen-4 gepaart.
Seinen ersten Ruhm verdankt Stuttgart, wie erwähnt, der
joh. Fr. Cotta Familie Cotta. Johann Friedrich Cotta, ein Urenkel des Begründers
1 39. Dcz.'iVjjV des Cottaschen Geschäfts in Tübingen (L, S. 134), Enkel des Kanzlers
der Universität, war in Stuttgart geboren. Sein Vater hatte im öster-
reichischen Reiterdienst gestanden und auch er fühlte Neigung für
den Militärdienst und widmete sich namentlich dem Studium der
Mathematik, ergriff jedoch als Brotstudium die Rechtswissenschaft
und trat 1785 in Tübingen als Hofgerichtspraktikant ein. Die seinem
Onkel gehörende Buchhandlung in Tübingen war in Verfall geraten
und Johann Friedrich musste, um sie der Familie zu erhalten, sich
entschliessen, die buchhändlerische Carriere zu ergreifen. Er trat
am 1 . Dezember 1 787 unter unendlichen Sorgen und Mühen in Besitz
des Tübinger Geschäfts und verband sich zuerst mit einem redlichen,
aber für den Buchhandel nicht geeigneten Mann, Dr. Zahn. Dieses
Geschäftsverhältnis wurde jedoch nach wenigen Jahren gelöst.
Bekannt ist Cotta namentlich durch sein intimes Verhältnis zu
cotus Goethe und Schiller, ein Verhältnis so schön, wie es zwischen Autor
sch?ii«nund" und Verleger nur gedacht werden kann. Cotta hatte den Plan zu
tlocthe. .
einer deutschen Zeitung gefasst, die von Schiller redigiert werden
sollte, jedoch Goethes Pläne führten zur Herausgabe der Hören ( 1 795 ).
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
385
Nun verständigte sich Cotta mit Dr. Posselt über die Herausgabe der
„Allgemeinen Weltkunde", aus der dann die „Allgemeine Zeitung" Aiigcm. Zeitung,
entstand. Posselt erkannte jedoch selbst, dass er sich zur Heraus-
gabe einer Tageszeitung nicht eigne. Nach mehrmaligem Redactions-
wechsel wurde die Zeitung 1798 nach Augsburg verlegt und ging
nunmehr gewöhnlich unter der Bezeichnung „die Augsburgerin".
Thätigkeit
Cotta«.
Cotta siedelte 1810 nach Stuttgart über: der alte Adel wurde Übersiedeln .
nach Stuttgart.
wieder aufgenommen und Cotta Freiherr von Cottendorf.
Es gelang Cottas Thätigkeit, Umsicht und Liberalität, nach und
nach alle deutsche Dichter von Bedeutung und viele andere hervor-
ragende Schriftsteller an seinen Verlag zu fesseln. Für ein auf-
kommendes Talent wog der Umstand, sein Werk im Cottaschen
Verlag erscheinen zu sehen, mehr als alle sonstigen Empfehlungen.
Bezeichnend für Cotta und seine Handlungsweise sind seine Worte
an Schiller: „Ich wünsche, Sie bestimmten das Honorar für die
Sammlung Ihrer theatralischen Schriften. Sie werden dabei finden,
dass Sie es mit einem Manne zu thun haben, der neben der
Überzeugung, dass bei Schriftstellern, wie Sie, das Honorar nie ein
Äquivalent für die Arbeit sein könne, und dass mithin ein Akkord
nie die Verbindlichkeiten des Buchhändlers in einem solchen Falle
erschöpfe, sobald der Erfolg ihm noch mehr zu thun erlaubt, auch
Ihre Freundschaft zu schätzen weissa.
Im Jahre 18 1 5 ging Cotta im Auftrag mehrerer der geachtetsten
Buchhändler Deutschlands nach Wien, um bei dem Kongress die
Interessen des Buchhandels zu wahren. Eine seiner erfolgreichen
Unternehmungen aus damaliger Zeit war Dinglers „Polytechnisches
Journal"1. Von seiner Liebe zur Kunst geleitet gründete er in München
eine grossartige Anstalt für Kupferstecherei und Lithographie, ver-
bunden mit einer Kunst- und Landkarten-Handlung. Dort erfolgte
nun die Herausgabe vieler grösserer die Kunst fördernder Werke :
Gaus' Prachtwerk über „Nubien"; Platners topographisches Werk
über „Rom", das jedoch nicht zur Vollendung gelangte; Bröndsteds
„Reise in Griechenland u ; die Werke von Moritz Retzsch, Eugen
Neureuther, Weitbrecht u. a.
Johann Friedrich starb am 29. Dezember 1832. Seine Thätigkeit
im Dienste des Vaterlandes und seine Vorzüge als Landwirt gehen
über den Rahmen dieses I landbuches hinaus.
*5
Münchener
Unter-
nehmungen.
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!
386 DIE GERMAXISCHE GRUPPE. XIV. KAP.
Sein Sohn Georg von Cotta fand ein zwar hochberühmtes,
g. y. coua aber auch auf Grund der Vielseitigkeit der Unternehmungen stärk-
te x\9Feblr. Vi*}, belastetes Geschäft vor. Es gelang ihm aber durch seine grosse
Energie, alle Schwierigkeiten zu beseitigen, dabei doch vollständig
im Geiste des Vaters fortwirkend. Im Jahre 1839 erwarb er das
Göschensche Geschäft in Leipzig, wodurch er so ziemlich der Allein-
verleger der deutschen Klassiker wurde. Im Jahre 1845 kaufte er
noch die Vogelsche Verlagshandlung in München und brachte die
litterarisch-artistische Anstalt dort in lebhaften Schwung. Er ver-
anstaltete zahlreiche neue Ausgaben der Klassiker. Gegen die
Autoren war er äusserst liberal, weniger gegen den Sortiments-
handel, auch wurde nicht immer die nötige Sorgfalt auf die Korrekt-
heit und gute Ausstattung der Ausgaben verwendet. Unter den von
ihm ins Leben gerufenen Zeitschriften hat die „Deutsche Viertel-
jahrsschrift" besondere Bedeutung.
Cotta war, der politischen Gesinnung nach, ein ausgeprägter
Grossdeutscher und in diesem Sinne wurde auch die „ Augsburger
Allgemeine" geleitet, bis die Ereignisse auch dieser einen anderen
Stempel aufdrückten (s. 398). Im Jahre 1882 siedelte die Zeitung
nach München über.
Mit dem Tode Georg Cottas 1863 ging das Geschäft in den
Änderungen im gemeinschaftlichen Besitz der Familie über. Die Firma Cotta war
selbstverständlich diejenige, welche die grösste Einbusse durch den
Bundesbeschluss: vom 6. November 1867 ab alle Privilegien zu
gunsten des Schutzes der Schriften einzelner Autoren nicht zu
erneuern, erlitt. Im Jahre 1S69 wurde die Literar.- Artistische Anstalt
in München verkauft.
1879 übergaben Cottas ihre Buchdruckerei für zehn Jahre in
Pacht an Gebrüder Kröner. So ganz ausserordentlich gross die
Verdienste der Firma um die Litteratur sind, so lässt es sich nicht
leugnen, dass die Typographie nicht in derselben Weise von ihr
begünstigt wurde. Erst in späterer Zeit schloss sich die Cottasche
Druckerei den besten Deutschlands an und lieferte Prachtwerke von
Bedeutung, z. B. Goethes Faust, illustriert von G. Seibertz ; Reineke
Fuchs in Goethes Übersetzung, illustriert von W. v. Kaulbach;
Herders Cid, illustriert von E. Neureuther; die Jubelausgabe von
Schillers Gedichten u. a.
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMAXISCHEN GRUPPE.
387
Ihre früheren, selbst die Prachtausgaben der deutschen Klassiker
leiden an wesentlichen Mängeln. So sehr auch ihre sogenannten
Schillerausgaben zur weitesten Verbreitung der besten Werke noch
vor Ablauf der diesen gewährten Schutzfrist beigetragen haben , so
wenig dienten sie, den Geschmack für hübsche Buchausstattung zu
wecken. Dagegen muss in die Wagschale gelegt werden, dass nie
ein Buch aus ihren Pressen hervorging, bei welchem die Spekulation
über die Ehre der Litteratur ging.
Eine alte ehrenwerte Firma Stuttgarts ist die 1681 gegründete
J. B. McrzLERSche, die, was ein seltener Fall ist, sich in letzter Zeit J. b. Meuier.
vollständig verjüngt hat und kühn den Kampf mit den jungen frisch
aufblühenden Firmen aufnehmen konnte. Im Jahre 1876 trennten
sich die Besitzer Ad. Bonz und L. Werlitz. Letzterer setzte das
Stammgeschäft fort, welches 1881 sein zweihundertjähriges Jubelfest
feiern konnte.
Adolf Bonz ist als der eigentliche Stifter des Deutschen Buch-
drucker -Vereins zu betrachten. Schon jahrelang vor dem Entstehen a. Bonz
desselben hatte er für das Zustandekommen gewirkt. Seine grosse 4* 1
geschäftliche Erfahrung, sein reiches positives Wissen als studierter
Mann und Jurist, verbunden mit einer grossen Klarheit und einer
unerschütterlichen Ruhe, befähigten ihn ganz besonders zur Leitung
grösserer Versammlungen, und er hatte gute Gelegenheit, dieses
Talent bei zwei der schwierigsten Verhandlungen in dem Vereins-
leben, dem Eisenacher Buchdruckertage am 10. März 1872 und der
ausserordentlichen Generalversammlung zur Statuten - Revision in
Frankfurt am Main am 14. und 15. September 1874, zu bewähren.
Er war bei dem schweren Kampfe, um Stuttgart dem Vereine treu
zu erhalten, stets das vermittelnde und versöhnende Prinzip1.
Für den Aufschwung der Metzlerschen Buchdruckerei inter-
essierte er sich lebhaft und es entstanden unter seiner Leitung mehrere
schöne Illustrationswerke, als Scheffels „Trompeter von Säkkingen";
Scheffels „ Bergpsalmen"1 sowie dessen .. Gaudeamus" und „Juni-
perus-4. Die nach dem Tode von A. Bonz entstandene neue Firma
A. Bonz Erben strebt in ähnlicher Richtung und gehört zu denen,
die allen ihren Druckwerken grosse Sorgfalt widmen und diese auf
die ganze Einrichtung und die Behandlung des Formats ausdehnen.
1 Antialcn d. Tvp. 1872, Nr. 172, und 1874, Nr. 273. 274.
*5*
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388
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
Eine ebenfalls auf eine lange Vergangenheit zurückschauende
Gebr. Krön«. Buchdruckerfirma ist die der Gebrüder Mäntler, jetzt Gebrüder
Kröner. Durch ihre Illustrationsdrucke glänzt diese Firma als
ein Stern erster Grösse, und kein Jahr vergeht, in welchem nicht
Prachtwerke von Bedeutung, teils dem eigenen Verlage zugehörend,
teils für fremde Rechnung gedruckt, ihre Pressen verlassen. Es
seien darunter einige aus dem eigenen Verlage Kröners genannt:
„Unser Vaterland" in den verschiedenen Abteilungen : das bayrische
Gebirge, Tirol, Steiermark, Nord- und Ostsee, Rheinfahrt ; Jägers
Wanderungen durch die Tierwelt. Eines der weniger bekannten und
umfangreichen, „Hugdietrichs Brautfahrt", dürfte in konsequenter
und korrekter Durchführung als eine typographische Musterleistung
bezeichnet werden.
Im Jahre 1879 nahmen Kröners die Cottasche Offizin mit
27 Schnellpressen auf zehn Jahre in Pacht. Nachdem die ehemalige
Mäntlersche Buchdruckerei in das Cottasche Lokal übergesiedelt
war, bietet sich das für den Typographen interessante Schauspiel
zweier, nach verschiedenen Systemen eingerichteter und vollständig
getrennt in einem Raum arbeitender Druckereien ; doch wird wohl
auch die Zeit kommen, wo diese beiden Druckereien wie die
Preussische Staatsdruckerei und die Geheime Oberhof buchdruckerei
v. Deckers in eine „zusammengeschmolzen" werden.
Doch die genannten Firmen sind nur einige der Anstalten, die
Beginn dazu beigetragen haben, Stuttgarts Ruhm als Verlags- und Druck -
det illtutrierten »-»,,«•■
Druckes, ort zu begründen. Derselbe datiert von dem Ende der dreissiger
und dem Beginn der vierziger Jahre. Als in Paris um diese Zeit die
illustrierten Unternehmungen sich geradezu überstürzten, erwachte
auch der Unternehmungsgeist in Stuttgart und die rührigen Ver-
leger und Drucker dort fanden, ganz im Gegensatz zu den Verhält-
nissen in Leipzig, bereitwillige Unterstützung bei den dortigen
Geldmännern. Unter denjenigen, welche die Mittel in Bewegung
f. g. Franckh. zu setzen wussten, stand obenan F. G. Franckh. Unter der Firma
„Verlag der Klassiker" in Pforzheim, der 1839 in den Besitz von
Dennig, Finck & Co. überging und nach Stuttgart übersiedelte,
erschien eine Reihe von Unternehmungen, die hauptsächlich mit
französischen Cliches illustriert wurden. Doch wagte man sich bald
daran, Eigenes zu produzieren. So waren die Illustrationen zu
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XIV. KAP. DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 389
„ 1001 Nacht u deutsche Originale, dienten jedoch zur Ausschmückung
einer französischen Ausgabe. J. Scheible brachte ein kleines
^Universum", C. Krabbe die Übersetzung von Swifts „Gullivers
Reisen" u. s. w.
Derjenige, welcher die grössten und andauerndsten Erfolge in
dieser Stuttgart charakterisierenden Richtung erringen sollte, war Ed. Haiiberger
Eduard Hallberger, eine der bedeutendsten Erscheinungen des f V-Auj.isäo!
modernen Buchhandels und der neuen Typographie.
Hallberger trat zuerst in das väterliche Geschäft, gründete jedoch
1848 eine eigene Firma und übernahm 1850 die mit drei Schnell-
pressen arbeitende Buchdruckerei des Vaters. 1853 gründete er die
Zeitschrift „Illustrierte Welt"; 1858 fasste er den Plan zu einem
grossen illustrierten Unterhaltungsblatt „Über Land und Meer"', »über
to ö Land und Meer."
Hackländers Name als Redacteur war ein tüchtiges Zugmittel;
1862 wagte Hallberger den Sprung von acht Thalern auf vier Thaler
Abonnementspreis und hiermit war sein Erfolg entschieden. Holz-
schnitte und Zeichnungen sind durchweg vortrefflich und haben
einen grossen Einfluss auf die Xylographie in Stuttgart geübt.
Unter den Druckwerken Hallbergers nimmt die Heilige Schrift,
illustriert von Gustav Dore, in zwei Ausgaben, für Lutheraner und Doris Bibel.
Katholiken, einen hohen Platz ein. Sein Meisterstück ist jedoch
„ Ägypten in Wort und Bild " mit mehr als 700 Illustrationen und „Eber*-
mit Text von Georg Ebers. Alles ist hier deutschen Ursprungs
und bildet ein hervorragendes Monument der graphischen Künste
Deutschlands im XIX. Jahrhundert. Würdig schliesst sich an dieses
an, wenn es dasselbe auch nicht ganz erreicht: „Palästina", zu „Palästina."
welchem Werk England einen Teil des künstlerischen Schmuckes
lieferte. Auch die grossen Ausgaben von Shakespeare, Goethe und
Schiller zusammen mit gegen 2400 Holzschnitt -Illustrationen sind
bedeutende Erscheinungen, die von vielen geringeren Umfanges
gefolgt wurden. Ein wichtiges Werk sind die „Klassiker der Musik",
herausgegeben von J. Moschcles. Der Romanverlag , dessen Perlen
die ägyptischen Romane von G. Ebers sind, ist daneben ein sehr
ausgedehnter.
Hallbergers Druckerei kann als eine Musteranstalt betrachtet
werden. Früher wurden seine illustrierten Blätter auf Alauzetschen
1 Die Nummer looo von „Über Land und Meer" ist Xr. 12 des Jahrg. 1878.
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390
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
Haiibergen Komplettmaschinen vorzüglich gedruckt, jetzt verrichten drei Rota-
Offizin. ,
tionsmaschinen der Augsburger Fabrik die Arbeit und Hallberger
selbst hat wesentlichen Anteil an der glücklichen Durchführung
der Aufgabe dieser Maschinen ; ausserdem sind 27 Schnellpressen
in Thatigkeit. Die Zahl der Arbeiter war etwa 400, dazu beschäftigt
die Buchbinderei jetzt 24 Maschinen und etwa 400 Personen; grosse
Papierfabriken gehören der Anstalt.
Allgemein betrauert starb Hallberger auf seinem schönen Land-
sitz Tutzing am Starnberger See Er besass eine grosse und ideal
angelegte Natur, die sich in seinen Unternehmungen ausprägt, wes-
halb diese auch sympathisch wirken. Dasselbe gilt auch von seinen
Bestrebungen zur Gründung einer allgemeinen deutschen Pensions-
und Invalidenkasse für Typographen, die vielleicht von Hallbergers
Seite zu viel Idealismus enthielten und an dem zu wenig dieser Eigen-
schaft bei seinen Kollegen strandeten. Für seine eigenen Arbeiter hat
er in mehrfacher Hinsicht vortrefflich gesorgt. In seinen Arbeiten
wurde er treu von seinem Bruder Karl Hallberger unterstützt.
Aus dem Geschäft wurde eine Aktiengesellschaft Deutsche
Verlags- Anstalt unter Karl Hallbergers Direktion. Eine Expedition
in Leipzig war bereits 1871 gegründet.
Eine umfangreiche Druckanstalt ist die von H. Schönlein
verschiedene (24 Schp.), in welcher dessen weit verbreitete illustrierte Blätter
Druckereien. • ,
gedruckt werden.
Von Druckereien seien noch erwähnt: Greiner & Pfeiffer, die
(mit 14 Schp.) namentlich Accidenzien und illustrierte Werke drucken.
Die von Gehülfen gegründete Verf.insdruckerei liefert sehr gute
Accidenz-, besonders Farbendrucke. J. F. Steinkopf druckt vor-
wiegend die religiösen Werke seines Verlags; C. Grüninger ist der
einzige Buchdrucker Stuttgarts, der sich auf orientalische Druck-
arbeiten legt und namentlich russische Bücher liefert. C. Hoffmann
druckt mit 7 Schnellpressen hauptsächlich die Verlagsartikel von
K. Thienemann.
Die Stuttgarter Xylographie hat begreiflicher Weise eine hohe
Xylographie. Bedeutung. Die Anstalt von A. Closs ist eine so vorzügliche, wie
wenige, und ist fast ausnahmslos in jedem Stuttgarter Prachtdrucke
1 Biographische Skizzen lieferte Paul Lindau in der „Gegenwart", Theod.
Göbel in dem ,Journ. f. Buchdrk.", 1SS0, Nr. 36.
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
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vertreten. Die Stuttgarter Holzschnitte verbinden so sehr fran-
zösische Eleganz mit den deutschen Vorzügen, dass vor dem Kriege
viele Holzschnitte nach Paris geliefert wurden.
Ausser der Xylographie hat auch der Lichtdruck eine grosse
Verbreitung. Die Anstalt von Martin Rommel & Co. liefert vor- Lichtdruck,
treffliches und finden ihre Erzeugnisse namentlich ihren Platz in den
Prachtwerken von Paul Xeff. Auch in der Chromolithographie hat
Stuttgart Tüchtiges aufzuweisen durch die Anstalten von Emil Hoch-
danz, Max Seeger, Gustav Weise. Die Leistungen finden haupt-
sächlich Verwendung in den Jugendschriften von W. Nitzschke,
Schmidt & Spring, Lew & Müller, F. Loewe, K. Thienemann
und Gustav Weise. Eine Spezialität des letzteren sind die, in
grossen Massen verbreiteten „Bilder für Jung und Alf. K. Thiene-
mann lieferte auch eine Reihe naturwissenschaftlicher illustrierter
Werke.
Die SCHRIFTGIESSEREI hat erst in neuester Zeit begonnen, einen
Aufschwung in Stuttgart zu nehmen (s. 290). Der Verlagsrichtung schriftgie*«««.
gemäss findet vorzugsweise die Produktion zu dekorativen Zwecken
Beachtung und ist in dieser Richtung namentlich Otto Weisert
thätig. Im Jahre 1882 siedelte der bekannte Schriftschneider Bauer
sex. von Frankfurt nach Stuttgart über. Als Farbenfabrikanten sind
Kast & Ehinger von Bedeutung, namentlich in bunten Farben.
„Das eigenste, was Stuttgart besitzt, gehört nicht der schaffenden
idealen Kunst, sondern der schmückenden, dekorierenden, vorab dem Kunauteiiung
Kunstgewerbe. Wer die Kunst beobachten will, der begebe sich vor
allem in die Werkstätte der Holzschneider, Lithographen, Zeichner,
Buchbinder, der Holz- und Metallarbeiter, der Bauhandwerker. Die
schwäbisch-industrielle Regsamkeit hat sich da mit einem Geschmack
verbunden, der in Stuttgart, als einer Hauptstadt der deutschen
Litteratur und des Buchhandels, von den verschiedensten Seiten
angeregt wurde. Hierbei ist der unmittelbare Einfluss der Bücher-
Illustration auf die Stuttgarter Kunstgewerbe durchaus nicht zu
unterschätzen1.*
Unter den Werken, die einen ganz wesentlichen Einfluss in der
angedeuteten Richtung geübt haben, steht obenan die „Gewerbe- Stuttgarter
Verleger.
halle" von J. Engelhorn. Die ersten Künstler und die besten Schrift-
« Riehl, Deutsche Kunststädte. Augsb. Allg. Ztg. 1870.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
Stuttgarter steller unterstützen diese, 1863 begonnene Zeitschrift. Ausser der
Verleger. verDreiteten deutschen Ausgabe existieren Ausgaben in
Amerika, England, Italien, Frankreich, Böhmen, Spanien und
Holland. Die „Gewerbehalle" kann demnach als ein Weltblatt
bezeichnet werden.
Ausserdem Hess Engelhorn eine Anzahl der vorzüglichsten
illustrierten Werke erscheinen : „Italien" mit etwa 400 Illustrationen,
das r Schweizerland" von Kaden mit 450 Illustrationen, die „Kunst-
schätze Italiens" von Karl v. Lützow, r Unser Jahrhundert" von Otto
von Leixner.
Ebner & Selbert gaben eine Reihe von wertvollen, prachtvoll
geschmückten Werken über Kunst von Lübke, Burckhardt, Weiss
Schnaase, Kugler heraus. C. Witwer wendete seine Thätigkeit den
Werken der Architektur zu.
Paul Neff benutzt für seinen grossartigen Verlag vorzugsweise
• den Lichtdruck als Illustrationsmittel. Obenan stehen „Die goldene
Bibel*4 und die „Klassiker der Malerei". Sowohl hinsichtlich der Aus-
dehnung als was Ausführung betrifft, höchst bedeutende Werke sind :
Ludw. Weisers „Bilderatlas zur Weltgeschichte", welcher auf 146
Grossfolio -Tafeln über 5000 Darstellungen bringt; die „Denkmäler
der Kunst- mit gegen 200 Tafeln in Stahlstich; M. v. Schwinds „Die
schöne Melusine" und „Die sieben Raben"; A. Racinets „Das poly-
chrome Ornament", 100 Tafeln in Gold- und Farbendruck; „Die
Kunst für alle" von Gutekunst: das sind einige der Publikationen
von Neff ; alle anzuführen würde zu weit gehen.
Eine der jüngsten und jetzt bereits eine der umfangreichsten
w. spemann. Verlagshandlungen ist die, 1 873 vonW.SpEMANN gegründete. Grossen
Erfolg hatte Johannes Scherns „Germania"; Jakob von Falkes „Hellas
und Rom"; Bruno Buchers „Geschichte der technischen Künste"; die
<
illustrierten Werke von Friedrich v. Hellwald u. a. Die „Kollektion
Spemann" eröffnete den Reigen der Mark - Kollektionen und in
Kürschners „Deutscher National -Litteratur" unterbot der Verleger
sich selbst durch Lieferungen zu 50 Pf. Die Monatsschrift „Vom
Fels zum Meer" hat eine sehr bedeutende Verbreitung. Um das
typographische Publikum machte sich Spemann verdient durch die
Herausgabe des epochemachenden Werkes „Gutenberg" von
Dr. A. v. d. Linde in Wiesbaden.
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XIV. KAP.
DKR SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
393
Die übrigen Verleger Stuttgarts, die weniger Einfluss auf die
graphischen Gewerbe übten, müssen hier unerwähnt bleiben.
TÜBINGEN verlor sehr an Bedeutung durch Übersiedelung Cottas
nach Stuttgart. In ESSLINGEN liefert J. F. Schreiber (6Schp., 8 Hdp.) Tübingen.
Bilderbücher und Vorlagen. In Ulm druckt J. Ebner (9 Schp.).
Einen üblen Ruf erwarb sich Reutlingen als hauptsächlichster
Sitz der grössten Nachdruckfirmen : Mäcken, Ensslin und Fleisch- Reutlingen und
hauer, welche ihr böses Handwerk natürlich nur im „Interesse der
Litteratur"* mit aller Kraft betrieben und schliesslich gar als Wohl-
thäter der Menschheit womöglich ein Ehrendenkmal verdient zu
haben glaubten.
Württemberg besitzt im ganzen 173 Buchdruckereien und
71 lithographische Anstalten mit 398 Schnell-, 35oTret- und Hand-
pressen. Die Druckereien verteilen sich auf 76 Städte; Stuttgart
allein hat 68 Buchdruckereien mit 191 Schnellpressen und 32 litho-
graphische Anstalten mit 43 Schnell- und 104 Handpressen. Im
Jahre 1840 besass Stuttgart zwar bereits 24 Buchdruckereien, diese
hatten jedoch zusammen nur 30 Schnellpressen, also nicht mehr
als eine der grossen jetzigen Druckanstalten , ganz abgesehen von
der Leistungsfähigkeit der Maschinen von heute gegen die damaligen.
1882 betrug die Bücherausfuhr Württembergs 31 10 301 Kilo zu
einem Werte von wenigstens 6 Millionen Mark.
MÜNCHEN erlangte, wie bereits erwähnt wurde, bei weitem nicht
die Bedeutung für den Buchhandel und die Buchdruckerei wie für München,
die Kunst, doch ist es in jüngster Zeit eifrig bemüht das Versäumte
nachzuholen. Der wissenschaftliche Verlag hatte keine grosse Aus-
dehnung und die wichtige Branche der Unterrichtslitteratur befand
sich ganz in den Händen der Regierung, welche durch den sogen.
„Schulbücher- Verlag" dafür sorgte, rdass kein Gift der Jugend ver- Der Schui-
bucher Verla)
abreicht wurde4*. Durch Reskript vom 12. Oktober 1785 wurde das
Privilegium, welches der Buchbinder G. Ruprecht und dann J. B. Oettl
auf planmässige Schulbücher innegehabt hatten, zu gunsten des
„Deutschen Schulfonds" erneuert und letzterem der Verlag „aller
verlegender Schulbücher auch anderer zur Erziehung dienlicher
Schriften4* vorbehalten.
Durch spätere Reskripte wurde dieses Privilegium noch erweitert.
Die verschiedentlichen Remonstrationen der Buchhändler blieben.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
trotz der ihnen zur Seite stehenden Rechts- und Vernunftgründe,
unbeachtet. Dass die allgemeine Bildung und der Verlagshandel
darunter leiden mussten, ist begreiflich; aber auch der Sortiments-
handel wurde geschädigt, da der Schulfond, unter Umgehung der
Sortimenter, den Vertrieb durch eigene Zwischenhändler und durch
Lehrer besorgen Hess, die billiger verkauften, als die Buchhändler
einkaufen konnten
E. Mühlthaler (seit 1867) war der erste in München, der sich
e. Muhithaicr. im illustrierten Prachtdruck versuchte, und zwar mit den im Bruck-
mannschen Verlag erscheinenden „Die Schweiz** von Gsell-Fels und
„Rhododendron". Bei unverkennbarer Tüchtigkeit und anerkennens-
wertester Sorgfalt erreichten diese Ausgaben doch nicht ähnliche
Stuttgarter Leistungen. Seit 1875 druckt Mühlthaler die Münchener
„Fliegende Blätter u und entwickelt auch seine Intelligenz in mer-
kantilen Accidenzarbeiten. Er beschäftigt bereits 1 5 Schnellpressen.
Eine der angesehensten Firmen ist die von Knorr & Hirth,
Knorr & Hirth. die mit zwei Rotationsmaschinen, zwei vierfachen und verschiedenen
einfachen Schnellpressen arbeitet. Dr. Hirth ist bekannt durch seine
Bestrebungen zur Erweckung des Sinnes für die Renaissance, worauf
namentlich die in seinem Verlag erscheinenden Werke: Formen-
schatz der Renaissance; Butsch, Bücherornamente u. a. hinzielen.
Nebenbei liefert die Offizin hübsche Accidenzarbeiten und druckt
die „Münchener Nachrichtenu in 33000 Exemplaren. Noch weiter
als Knorr & Hirth greift in seiner Geschmacksrichtung in der Zeit
m. Huttier, zurück Dr. M. Huttler aus Augsburg, welcher eine Filiale in
München errichtet hat. Seinen Verlag von Erbauungsbüchern
druckt er in gothischer oder Schwabacher Schrift in streng durch-
geführter Imitation älterer Drucke.
Die „Akademische Buchdruckerei u von F. Straub beschränkt
f. straub, sich namentlich auf gelehrte Arbeiten und amtliche Drucke, ebenso
J.G.Weiis.
die Universitätsbuchdruckerei von J. G. Weiss.
Unter den neueren Offizinen zeichnet sich die von R. Olden-
r. oidenbourg. bourg (i3Schp.) sowohl durch ihre vortrefflichen Einrichtungen
als durch ihre Arbeiten aus. Im Jahre 1874 übernahm Oldenbourg
» C. WoLKF, Über den gegenwärtigen Zustand des Buchhandels in Bayern.
München 1827.
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
395
von Pustet in Regensburg den Zentral-Schulbücherverlag, ausserdem
erscheinen bei ihm sechs Zeitschriften ; dagegen werden Accidenz-
arbeiten weniger gepflegt.
Zu erwähnen sind noch folgende Offizinen : C. Wolff & Sohn
(8 Schp.); F. Wild (7 Schp.); J. Deschler (8 Schp.); E. Huber Verschiedene
Druckereien
(6 Schp.), dessen Spezialität hebräische Bücher sind ; W. Weifen-
ijach, welcher feine Accidenzarbciten liefert. Die CoTTAsche Buch-
handlung verlegte die Druckerei der „ Allgemeinen Zeitung* nach
München (1 Rotm. und 4 Schp.).
Unter den Münchener xylographischen Anstalten erwarb sich
die von Braun & Schneider einen weit verbreiteten Ruf. Kaspar DieXyiojraphie.
Braun aus Aschaflenburg hatte sich als Künstler in mehreren Katp. Braun
Techniken versucht; durch den Anblick von Grandvilles Illustrationen t 'i ok&.lojj.
zu Lafontaines Fabeln wurde der Gedanke in ihm fest, den Holz-
schnitt in Deutschland zu dem alten Ansehen zu bringen. Rasch
führte er den Entschluss aus nach Paris zu gehen, um sich, unter des
trefflichen Breviere Anleitung, im Holzschnitt auszubilden. Das
beste Zeugnis für Braun dürfte es sein, dass Breviere seinerseits
später seinen Sohn in die Lehre zu Braun gab. Zuerst gründete er
mit v. Dessauer eine xylographische Anstalt, dann vereinigte er
sich mit Friedrich Schneider aus Leipzig zu einem ebenso innigen Fr. Schneider
als erfolgreichen Zusammenwirken. Die „Fliegende Blätter4 be- 1 9. Apr!iSi964.
haupten sich bis auf den heutigen Tag in der unveränderten Gunst
des Publikums und kaum wird eine ähnliche Sammlung von Gaben des
köstlichen Humors sich zusammenfinden, wie in den 2000 Nummern
dieses Blattes, aus welchem wieder die -Münchencr Bilderbogen"
entstanden. Brauns typische Figuren als : Eisele und Beisele, Wühl-
huber, Heulmeier sind jedem bekannt. Durch Schneiders Tod erlitt
Braun und sein Humor einen nicht zu verwindenden Stoss. Sein
70. Geburtstag brachte ihm noch Ehren und Freude, dann folgte er
seinem vorausgegangenen Freunde.
In jüngster Zeit haben die grossen Verlagsunternehmungen von
Frik.dr. Bruckmann und Th. Stroeff.r einen bedeutenden Einfluss
auf die Münchener Xylographie geübt, einen besonderen Namen
erwarben sich : Hecht, Th. Knesing, J. Walle u. a.
Als München am 28. Juni 1882 das 400jährige Jubiläum der
Einführung der Buchdruckerkunst feierte, hatte dasselbe 49 Buch- juiiiaum.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
druckereien, 38 lithographische Anstalten mit 5 Rotationsmaschinen,
148 Schnellpressen und 229 Tret- und Handpressen. Zu Ehren des
Einfuhrers der Buchdruckerkunst, Hans Schauer, dessen ersten
Druck mirabiliä urbis Romae man in dem Kloster Tegernsee
aufgefunden hat, wurde eine Denktafel an seinem Druckhause in
der Rosenstrasse Nr. 10 angebracht. Die älteste der noch existie-
renden Druckereien Münchens ist die aus dem Jahre herstammende
F. S. HÜBSCHMANNSChe.
Dass die lithographische Kunst sich in München , der Wiege
Die derselben (s. 7), weiter entwickelte und in den dortigen reichen
Urographie. . J? .
Sammlungen Stoff zu Vervielfältigungen fand zu einer Zeit, wo die
Lithographie den Kunstsammlungen gegenüber fast die Stellung
einnahm, wie jetzt die Photographie, ist natürlich.
In beiden Kunstzweigen erwarb sich Franz Hanfstängl grossen
Fr. Hauftiangl Ruhm. Er war, als Sohn wenig bemittelter Bauern, in Tölz geboren.
1 16. Aphi 1877. Obwohl für die Laufbahn eines Malers bestimmt, machte der Zufall
es, dass er sich der Lithographie widmete. Gleich gewandt als
Zeichner und als Lithograph, etablierte er 1830 eine lithographierte
Anstalt, ging jedoch 1834 nach Paris, um sich bei Lemercier noch
mehr auszubilden. Schnell erwarb er sich neben Strixner, Pilotv
und Bodmer einen Namen , besonders durch seine genialen Portrait-
aufnahmen. Als die kgl. sächsische Regierung den Plan gefasst
hatte, die Meisterwerke der Dresdner Galerie durch Steindruck zu
veröffentlichen, ward Hanfstängl ausersehen, die Ausfuhrung zu
übernehmen; ihm gefiel jedoch die Abhängigkeit nicht und das
Unternehmen geschah auf seine Kosten. Seine Wirksamkeit in
Dresden war an Ehren reich. Inzwischen hatte die Photographie
Boden gewonnen. Hanfstängl fühlte die Wichtigkeit der neuen
Kunst sofort heraus und warf sich mit aller Kraft auf dieselbe. Als
es sich um Herausgabe der bedeutendsten Bilder der alten Pinakothek
handelte, blieb er unter 22 Konkurrenten Sieger, und lieferte eine
Sammlung, die in ihrer Art ebenso hervorragend ist wie die in
Dresden veranstaltete.
Einen bedeutenden Namen erwarb sich gleichfalls Jos. Albert,
j. Alben, besonders durch seine Lichtdrucke (Albertotypic) und seine Photo-
graphien in Farben. Als der eigentliche Erfinder des Lichtdruckes,
der jedoch das Verfahren nicht zuerst praktisch in Anwendung
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XIV. KAI'.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
397
brachte, gilt J. B. Obernetter. Die Arbeiten desselben stehen in
hohem Ansehen, darunter die Facsimile- Ausgabe der „Meister von
1440 — 1694"; die „Kunstschätze aus dem bayrischen National-
museum" u. s. w. Ein Portrait des Kaisers wurde in einer Auflage
von einer Million gedruckt. Auch Jul. Allgeyer und C. Bolhoevener
zeichneten sich in ihrem photochemischen Verfahren aus. In neuester
Zeit erregte die Autotypie des Ingenieurs G. Meisenbach Aufsehen. Die Autotypie.
Ein Mangel bei der Zinkhochätzung war die Notwendigkeit, eine
Vorlage in scharfen Linien oder mit lithographischem Korn versehen
zu haben ; eine getuschte Zeichnung, sowie eine Aufnahme nach der
Natur oder einem Ölgemälde war nicht zu benutzen. Dem will die
Autotypie abhelfen. Die Aufnahme des Bildes für die Hochätzung
findet durch ein System von Linien statt, wodurch der notwendige
Halt für die Reproduktion in Zinkographie geschaffen wird.
Die berühmte Bruckmannsche Kunstanstalt, jetzt eine Aktien-
gesellschaft, wurde 1865 gegründet. Im Jahre 1869 erwarb Friedr. Fr. BrucUmaoo.
Bruckmann das durch Patent geschützte Woodbury- Verfahren;
1875 nahm er den Lichtdruck auf; 1882 die Photogravüre, die sich
namentlich zur Reproduktion von Ölgemälden eignet*. Bruckmann
lieferte eine grosse Anzahl Galerien zu den vielen deutschen Dichtern
und unter Zuhilfenahme der Xylographie grossartige Prachtwerke,
z. B. Krelings „Faust" und die „Geschichte der Hohenzollern", die
zu den bedeutendsten Erzeugnissen der neuen Zeit gehören.
Die Chromolithographie wird in ziemlichem Umfange in München
betrieben. Bekannt sind die Anstalten von Gebr. Obpacher, Der
Lehmann & Wentzel, W. Forndran, F. Gypen, Th. König, Mey &
Widmayer, sie arbeiten hauptsächlich für das Papeteriegeschäft oder
beschäftigen sich mit der Herstellung religiöser Bilder. Als Kunst-
verleger sind thatig A. Ackermann, F. Finsterlin, E. A. Fleischmann,
G. Franz, P. Kaeser u. a.
NÜRNBERG erhielt in neuerer Zeit wieder eine erhöhte Bedeutung
durch das Germanische Museum und seine Kunstgewerbeschulc, Nürnberg,
welche beide direkt und indirekt, auch durch Ausstellungen, auf das
graphische Gewerbe fördernd wirken. Die Stadt ist auch der Sitz
» Hin sehr interessantes Probenbuch der Firma aus dem Jahre 1SS2 giebt
eine Übersicht der vielen verschiedenen photographischen Verfahren.
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39»
DIE GERMANISCHE GRUPPK.
XIV. KAP.
verschiedener Fabrikationen, die mit den graphischen Gewerben in
naher Verbindung stehen, z. B. Bronce, Farbe, Zeichenmaterial.
Auch die Zahl der eigentlichen graphischen Anstalten ist noch eine
bedeutende, namentlich für den lithographischen sowie für den
Kupfer- und Stahldruck. Die Zahl der Buchdruckereien ist 26 mit
49 Schnellpressen, darunter G. B. J. Bieling (5 Schp.), U. E. Sebald
(7 Schp.). Die älteste Druckerei ist die von VV. Tömmel, seit Ende
des XVI. Jahrhunderts bestehend, welche mit 2 Rotationsmaschinen
den „Fränkischen Kurier" druckt. Unter den 46 lithographischen
und Kupferdruck- Anstalten, welche mit 79 Schnellpressen und
gegen 300 Handpressen arbeiten, sind zu nennen: G. Brunner,
hauptsächlich Phantasieartikel liefernd (15 Schp., 24 Hdp.); Karl
Mayer für Farbendruck, Luxuspapier und Kupferdruck (5 Schp ,
30 Hdp.); C. A. Pocher (16 Schp., 35 Hdp.); C. Schimpf (5 Schp.,
18 Hdp.); Franz Schemm; H. Serz & Co.; J. G. Martin (4 Schp.,
22 Hdp.); E. Nisler (12 Schp., 14 Hdp.). Man sieht aus diesen
Angaben, dass der Export Nürnbergs immer noch ein bedeutender
ist. In dem benachbarten FURTH arbeiten J. Hesse (5 Schp.,
15 Hdp.) und G. Löwensohn (5 Schp., 5 Hdp.).
Regensburg ist berühmt durch die liturgischen Druck- und
Regeiuburg. Verlagswerke von Fr. Pustet (17 Schp.) und J. G. Manz (9 Schp.).
Fr Puttct
Einzelne mit Aquarellen geschmückte Bände erreichen einen Preis
von 1000 fl. und mehr. Viele der Ausgaben sind mit vortrefflichen
Miniaturen in xylographischem Farbendruck von Knöfler in Wien
geschmückt. Von den Pustetschen Drucken seien erwähnt: das
Missalf in Gross-Folio von 1863; das Graduale in zwei mächtigen
Folianten; die musica sacra des Kanonikus C. Proske, 6 Bände in
Quart ; das Missale Romanum mit Einfassungen und Illustrationen
von Prof. Klein in Wien. Dass neben dem wirklich Schönen auch
mancher Flitterstaat vorkommt, lässt sich bei Werken dieser Art
j. g. Man«, kaum vermeiden. Manz wendet in seinem Verlag mehr den Stahl-
stich an, hat ausserdem noch einen bedeutenden katholisch-wissen-
Kempten. schaftlichen Verlag. In Kempten verfolgt Jos. Kösf.l ebenfalls den
liturgischen Verlag, ohne sich mit dem Regensburger messen zu
können. Dort wirkt auch Tod. Dannheimer.
AUGSBURG wurde o(t genannt als Druckort der „ Allgemeinen
Augsburg. Zeitung-1. Eine lange Reihe von Jahren war diese das einflussreichste
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XIV. KAP. DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 399
Journal Deutschlands, namentlich auf Grund der besonderen Frei-
heiten, welche das Blatt in Österreich genoss, und ihrer intimen
Beziehungen in den höchsten Wiener Regionen. Berühmt waren
ihre wissenschaftlichen Betlagen, welche, dank den weitverzweigten
literarischen Verbindungen der Firma Cotta, die vortrefflichsten
Artikel in Bezug auf Kultur-, IJtteratur- und Kunstzustände enthielten.
Von den 13 Druckereien Augsburgs sind noch anzuführen J. P.
Himmer (7 Schp.) und Gebr. Reichel (7 Schp.). Des Dr. Huttler
wurde bereits gedacht (S. 394). Dasselbe ist der Fall mit der
grossen Maschinenfabrik Augsburg (s. 3 1 3).
Von anderen Städten Bayerns sind zu erwähnen: WÜRZBURG
mit der B. STAHELschen (4 Schp.), der BoNiTAs-BAUERschen (5 Schp.) wünburg u. ».
. , . Städte.
und THEiNschen Offizin (6 Schp.), sowie mit der Maschinenbau-
anstalt von König & Bauer im Kloster Oberzell; LANDSHUT mit
der J. THOMANNschen Buchdruckerei (6 Schp.); Ansbach, wo
C. Brügel & Sohn (6 Schp ) drucken. Auf Grund seiner vortreff-
lichen Accidenzarbeiten verdient J. B. Dorn in KAUFBEUREN genannt
zu werden.
Hatte Frankfurt a. M. auch seine frühere Bedeutung als
Emporium des Buchhandels verloren, so behauptete es wenigstens, Frankfurt ». m.
wie schon früher erwähnt, seine Suprematie in der Stempelschneiderei
und der Schriftgiesserei, zeichnete sich daneben auch in der Ver-
wendung der verschiedenen graphischen Künste für den Accidenz-
druck aus. Ganz besonders traten hervor die Firmen C. Naumann Acciden*-
druckcrejen*
(14 Schp., 23 Hdp.) und B. Dondorf (9 Schp., 12 Hdp.), mit Bunt-
und Congrevedruck, pantographischen Arbeiten, Reliefdruck und
dergleichen, sowohl jeder für sich, als wenn sie zu einzelnen Zwecken
zusammentraten. Bedeutendes in technischer und quantitativer
Hinsicht wurde von ihnen bei der Anfertigung des italienischen
und japanischen Papiergeldes geleistet, bis auch diese Länder soweit
fortgeschritten waren, dass sie ihren „Bedarf * in diesem wichtigen
Artikel selbst decken konnten.
In neuester Zeit hat A. Osterrieth sein Geschäft zu einem,
alle graphischen Zweige umfassenden (18 Schp., 12 Hdp., 150 Arb.) verschiedene
Druckanstalten.
ausgebildet. Albkrt Mahlau, Inhaber der Firma Mahlau & Wald-
schmidt, wurde bereits (S. 364) erwähnt. Bedeutend ist die Stein-
druckerei E. G. May Söhnf (10 Schp., 12 Hdp.). Die C. KNATzsche
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400
DIE G KR MANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
Anstalt liefert in Etiquetten und dergleichen mannigfach Gutes.
K. Klimsch verbindet Buch- und Steindruckerei (s. 319)'.
Auf dem Rossmarkte steht das Gutenberg-Monument (I, S. 36) ;
hätten doch im Leben Gutenberg, Fust und Schöffer so fest zu
einander gestanden wie hier auf dem Bildwerke des Freiherrn
v. d. Launitz.
In Darmstadt, das auch durch die Firmen Jongh aus & Venator,
Darmuadt. F. L.ANGE und W. Lkske für den Kunsthandel eine gewisse Bedeutung
hatte, drucken C. F. Winter und L. C. Wittich ; in Wiesbaden die
L. Sch ELLENBERGsche Hof buchdruckerei ; in CASSEL Gebr. Gotthelft
und die Hof- und Waisenhausbuchdruckerei, je mit 5 Schnell-
pressen. In letzterer Stadt liefert Th. Fischer zu seiner Palaeonto-
graphica (ein Exemplar kostet über 2000 Mark) und anderen W erken
tüchtige Abbildungen in lithographischem Farbendruck. Noch sei
das Städtchen AllendüRF a. d. Werra genannt, mit der Offizin
Bodenheim & Co., die mit 10 Schnellpressen und 150 Arbeitern
hauptsächlich Schreibhefte, Kapseln und dergleichen liefert.
Kein Jünger Gutenbergs hört den Namen Mainz nennen ohne
Main*. den Gedanken an dessen frühere Herrlichkeit für die Buckdrucker-
kunst. Dass die Erfindung in Mainz geschah, war in Zufälligkeiten
begründet und für die Entwickelung einer Kunst oder eines Gewerbes
sind Verhältnisse mitwirkend, die zu regeln und zu ändern nicht in
der Macht des Einzelnen liegt. Deshalb lässt sich, wenn das goldene
Mainz nicht eine Gutenbergsche Hochschule geworden, darüber mit
den Mainzern nicht rechten, wohl aber dürfte sie der Vorwurf treffen,
dass sie nicht beizeiten an die Gründung eines Gutenberg-Museums
gedacht und dass sie noch leichteren Kaufes, als die, allerdings
sehr ungünstigen, Verhältnisse es notwendig machten, ihre typo-
graphischen Schätze dahingcgeben haben, die jetzt hauptsächlich
Zierden der Nationalbibliothek in Paris sind. Trotzdem wird Mainz
ein Wallfahrtsort der Jünger Gutenbergs bleiben, um wenigstens das
1 Klimsch' „Adressbuch der Buch- und Steindruckereien" ist eine gros.se
Zahl von statistischen Einzelheiten zu verdanken. Das Huch will für das Druck-
gewerbe das werden, was O. A. Schulz' „Adressbuch" bereits lange für den
Buchhandel ist. Da die Angaben von den Buchdruckerei-Besitzern selbst her-
rühren, kann der Herausgeber des Adressbuches nicht für die Richtigkeit jeder
Zahl verantwortlich gemacht werden; der auf die Zusammenstellung verwendete
Heiss ist ein ausserordentlicher.
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XIV. KAP. DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 4O I
Standbild des Meisters zu schauen, das seit dem 1 4. August 1 837 den du
EinweihungsFest
Gutenbergsplatz schmückt. Die Einweihung desselben gestaltete de* Monumen».
sich zu einem glänzenden Feste. Ein grossartiger Festzug von den
aus allen Gauen Deutschlands, ja selbst aus fremden Ländern
zusammengeströmten Gästen begab sich erst nach dem Dom, wo
der Bischof einen feierlichen Gottesdienst abhielt und wo ein TeDeum
von Sigm. Neukomm gesungen wurde. Von dort bewegte sich der
Zug nach dem Festplatze, wo der Vorsitzende des Gutenberg- Vereins
die Ubergabe-Rede hielt, worauf die Enthüllung der Statue Thor-
waldsens vollzogen wurde. Am zweiten Tag ward ein Volksfest,
auf dem Rhein ein Fischerstechen, abends ein glänzender Fackelzug
und im Schauspielhause ein Ball abgehalten. Am dritten Festtage
fand eine Versammlung der Fachgenossen statt, um über die
Säkularfeier zu beraten, deren Abhaltung für den 24. Juni 1840 end-
gültig bestimmt wurde. Thorwaldsen ward zum Ehrenbürger der
Stadt erwählt und ihm ein kunstvolles Diplom in silberner Decke
übersandt1.
Offenbach a. M. hat eine Bedeutung in der Geschichte der
Lithographie durch die Verbindung Senefelders mit Joh. Andre, der Offenbach a. M.
die Erfindung erwarb, um sie für die Herstellung seines Musikalien-
verlags nutzbar zu machen. Mannheim hat 12 Buchdruckereien, Mannheim,
darunter M. Hahn & Co. (7 Schp.) und die Mannheimer Vereinsbuch-
druckerei (5 Schp.). In dem gegenüberliegenden Ludwigshafen
befindet sich die BAURSche Buchdruckerei (4 Schp.). In KARLS-
RUHE mit 17 Offizinen ist die grösste die Ch. F. MüLLERSche Karlsruhe.
Hofbuchdruckerei und lithographische Anstalt (8 Schp., Iii Idp.).
Tüchtiges liefern die G. BRAUNsche Hof buchdruckerei und C. & G.
Macklot. Hier wirkte auch Friedr. Wilhelm Hasper, bekannt f. w. Hasper
• 31. Juli 1796,
durch sein „Handbuch der Buchdruckerkunst* 1835, das jedoch + «. Juni 167t.
nicht ganz den gehegten Erwartungen entsprach. Karlsruhe hatte
zu der Zeit, wo die Stahlstich -Illustration florierte, eine ziemliche
Anzahl von Kunstinstituten aufzuweisen, als W. Creuzbauer,
F. Gutsch, T. B. Veit, J. Velten. Obwohl Universitätsstadt hat
HEIDELBERG keinen bedeutenden Platz in der Geschichte der Buch-
druckerkunst ; A. Emmerling & Sohn beschäftigen 4 Schnellpressen.
« Teil I, S. 36 ist durch einen Schreibfehler der erste Festtag als der
17. August statt 14. August angegeben.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP
Nach erfolgter Einführung nahm die Buchdruckerkunst in Frei-
Freitmrg i. Rr. bürg einen ziemlichen Aufschwung, verfiel jedoch unter der Öster-
reichischen Zensur und Jesuitenherrschaft. Erst mit Maria Theresia
und Joseph Ii. begannen freundlichere Tage für die Presse. 1840
zählte Freiburg 7 Buchdruckereien und 6 Kupfer- und Stein-
druckereien. Besondere Bedeutung hat die HERDERsche, 1801
gegründete Anstalt. Herder war der erste, der einen Bilderatlas
zu dem Konversations-Lexikon, unter der Leitung des Geographen
Heck, versuchte. Seine geographischen Verlagsartikel, namentlich
die grossen Arbeiten Wörls; Kausslers „Schlachtenatlas"; J. Löwen-
bergs „Historisch -geographischer Atlas" sind von Wichtigkeit.
Auch Rottecks Weltgeschichte, die seinerzeit eine sehr grosse
Verbreitung fand, erschien bei Herder, der ausserdem den katho-
lischen Verlag sehr pflegte.
In Lahr hatte seit 1800 J. H. Geiger, jetzt M. Schauenburg, ein
umfangreiches Etablissement (iQSchp., Ii Hdp., isoArb.). Allge-
mein bekannt ist der „Lahrer hinkende Bote".
Metz besitzt neun Buchdruckereien und sieben lithographische
EU«.- Anstalten; die bedeutendste Offizin (5 Schp.) ist die nach dem
Lothringen.
Kriege von Gebr. Lang begründete. In MÜLHAUSEN arbeiteten
für die dortigen Fabriken sieben Buchdruckereien und zwölf litho-
graphische Anstalten, darunter W. Baader & Co. (6 Schp., 12 Hdp.).
Das Strassburg gegenüber liegende Kehl war für eine kurze Zeit
bekannt durch die BeaumarchaisscIic Druckerei (s. 184). WTelt-
Ad. Braun, berühmt ist die von Ad. Braun 1858 in Dörnach gegründete photo-
graphische Anstalt. Braun begann seine Laufbahn als Musterzeichner
in einer Kattundruckerei. Berühmt wurden seine Schweizer Land-
schaften; auch Hess er später ganz Mitteleuropa bereisen, um Auf-
nahmen zu machen, welche 1862 bereits die Zahl 1 5 000 erreicht
hatten. Seit 1866 trieb er den Pigmentdruck im grossen Stil. Sämt-
liche Museen Europas wurden bereist und eine grosse Zahl der
berühmtesten Handzeichnungen grosser Meister als treue Facsimiles
reproduziert, ebenso die interessantesten Gemälde fast aller Galerien.
Die Anstalt, welche in eine Aktiengesellschaft umgestaltet wurde,
besass bei Brauns Tod 1877 mehr als 60000 Negativplatten. In
Colmar besteht noch das von Decker gegründete Geschäft unter
der Firma C. Decker Witwe (S. 358).
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN* GRUPPE.
403
Mit hoher Befriedigung wird jeder Deutsche in StraSSBURG,
der „ersten Wiege" der Druckkunst, welche injuria Umporum Strasburg.
Deutschland, wie es fast den Anschein hatte für immer, verloren
gegangen war, einkehren, da er jetzt nicht nötig hat, deshalb die
Grenzen des Reichs zu überschreiten. Wird auch der Politiker und
Kriegsführer Metz mit derselben Freude als deutsch begrüssen , das
Herz des Volkes und der Fachgenossen besonders hängt doch mehr
an Strassburg.
Mag das Denkmal Gutenbergs ( I, s. $6) von Franzosen errichtet
sein, mag das Buch, welches der Meister in der Hand hält, immer- Gutenbcrg-
hin die französische Inschrift Et In lumiere füt tragen, hoffent-
lich wird nie der, in einem Augenblicke hoher Aufregung aus-
gesprochene, Gedanke, das Monument, oder wenigstens die Inschrift,
zu entfernen, wieder entstehen. Ist doch die Huldigung, dem
deutschen Manne von einem grossen Volke dargebracht, keine
Schande für ihn, der für alle Völker segensreich gewirkt hat, wie
es auch das Relief des Denkmals versinnlicht, wo sich Repräsen-
tanten aller Völker sammeln, um dem Meister enthusiastische
Huldigung darzubringen. Das Denkmal steht, wo es hingehört, auf
deutschem Grund und Boden, da mag es mit französischer Auf-
schrift stehen.
Mit dem Übergang Strassburgs in die Hände der Franzosen
erlosch nach und nach das frische deutsche Kultur- und Kunstleben, Strasburg unter
Frankreich.
das nicht durch eine französische Akademie ersetzt werden konnte.
Doch hatte Strassburg in der Geschichte der graphischen Künste
gute Namen zu verzeichnen: Berger-Levrault (S. 187), Treuttel&
Würtz (s. 186), Gustav Silbermann (S. 205), zu denen Engelmann
Vater und Sohn aus Mülhausen sich gesellen (S. 206). Jetzt zählt
Strassburg 15 Buchdruckereien und 16 lithographische Anstalten
mit 64 Schnellpressen und 98 Tret- und Handpressen. Die hervor-
ragendste Druckanstalt bleibt die wennauch geteilte Offizin Berger-
Levrault (S. 186), jetzt eine Kommanditgesellschaft unter der Firma
R. Schultz & Co. mit 22 Schnellpressen, 18 Handpressen und
250 Arbeitern. Die berühmte Silbermannsche Anstalt ging erst auf
M. Schauenburg in Lahr, dann auf Silbermanns früheren Geschäfts-
führer R. Fischbach über (9 Schp., 7 Hdp.), ausserdem ist die
Universitätsbuchdruckerei von J. H. E. Heitz (4 Schp.) zu nennen.
26*
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404
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
Einen gewichtigen Namen in der Geschichte der typographi-
j. d. Schöpflin sehen und geistigen Interessen Strassburgs hat der gelehrte
t«. aX" 177«' Joh. Dan. Schöpflin. Er schrieb die bekannten Vindiciae typo-
graphicae (1760) und überliess 1765 der Stadt gegen eine massige
Leibrente seine historischen Sammlungen und seine bedeutende
Bibliothek, fuhr jedoch fort,[diese auch nach der Abtretung zu ver-
Die Bibliothek, mehren. Durch die Einziehung der Klöster und durch jährliche
Erwerbungen war die Sammlung auf gegen 12 000 Handschriften
und gegen 180 000 gedruckte Bücher angewachsen, darunter gegen
2000 Inkunabeln zumteil der seltensten Art. Als ein Kleinod der
Sammlung galt das Manuskript der Äbtissin Herrade von Lands-
berg, Hortus deliciarum, aus dem xn. Jahrhundert, in Gross-Folio,
mit den kostbarsten Miniaturen fast auf jedem Blatt. Auch eines
der wichtigsten Dokumente aus der Erfindungsgeschichte der Buch-
di uckerei, die Zeugenaussage in dem Prozess zwischen Gutenberg
und den Brüdern des Andr. Dritzehn aus dem Jahre 1439 (I, S. 25),
befand sich unter den Schätzen, welche seit jdem Jahre 1805 in die
neue evangelische Kirche verlegt wurden, wo bereits eine andere
wichtige Sammlung, die Universitätsbibliothek, untergebracht war.
Einige leider zu gut gezielte Bomben haben das alles vernichtet
und die Opferfreudigkeit, mit welcher die Strassburger Bibliothek
neu und grossartig errichtet wurde, konnte den unersetzlichen Teil
nicht vviederschaffen1.
» Die r Annalen der Typographie", welche, nebenbei gesagt, die erste öffent-
liche Aufforderung zur Wiedererrichtung der Strassburger Bibliothek bereits in
ihrer Nr. 65 vom 8. Oktober 1870 enthielten, sagen in Nr. 62 desselben Jahres
bei Gelegenheit eines Rückblickes auf die Geschichte der Bibliothek, deren end-
liches Schicksal damals noch nicht genau bekannt war:
„Eine solche Sammlung von Schätzen sollte rettungslos verloren gegangen
sein!? Das glauben wir nun und nimmermehr auf die vagen Äusserungen (des
Bibliothekars Zeller in Paris) hin. Die brennende Bibliothek hat ja nicht urplötzlich
die Einwohner aus tiefem Schlafe geweckt. Wochenlang war vorauszusehen,
was kommen würde. Und da sollte nicht ein verdienstvoller Bibliothekar, der
über seine Bücherschätze ängstlich wacht, wie der Vater über seine Kinder,
nicht ein um das Eigentum der Stadt besorgter Beamter daran gedacht haben,
wenigstens das Unersetzlichste in Sicherheit zu bringen? Die Wechselfälle,
denen eine belagerte Stadt ausgesetzt ist, sind doch nicht unbekannt, selbst
wenn die Belagerer nicht aus „Attilas Horden" beständen. Da sollte nicht
Zeit gefunden worden sein, ein halbes Dutzend Kisten mit den grössten Selten-
heiten beiseite zu schaffen? Das halten wir trotz aller Kopflosigkeit, trotz aller
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XIV. KAP. DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 40$
Hoffen wir, dass materielle und nationale Wunden mit der Zeit
vernarben , dass das alte Strassburg wieder als eine der hauptsäch-
lichsten deutschen Kulturstätten erstehe und neuen typographischen
Ruhm erwerbe, dass zum nächsten Jubelfeste die Angehörigen der
verschiedenen Nationalitäten sich um das Abbild des Meisters
brüderlich die Hand reichen. Gutenbergs Kunst kann zwar schwere
Wunden schlagen, aber sie heilt auch solche!
DIE SCHWEIZ.
Als einige Geistliche in Cellarina im Ober-Engadin den
Gedanken gefasst hatten, eine Druckerei anzulegen, Hessen sie einen örtliche
Setzer und einen Drucker aus Bergamo kommen, welche die kleine
Letternanschaffung in ihrem Ranzen auf dem Rücken trugen. Eine
abgenutzte Holzpresse wurde auf einen Esel gepackt, weil noch
kein Fahrweg vorhanden war. Ein Zimmermann schlug auf dem
Boden eines Heustalles Regale auf und zimmerte Setzkasten.
Als Gespan des Druckers fungierte ein Bauernbursche, welcher
auch die Abwartung des im unteren Stock einlogierten Esels zu
besorgen hatte. Wenn der Winter herannahte, ging das Personal
nach Bergamo heim und kam mit dem Frühjahr wieder zurück.
Durch dessen Arbeit entstand eine Sammlung geistlicher Lieder,
welche noch nach dem Jahre 1840 das allgemeine Kirchengesang-
buch des Engadin bildete.
Wenn nun auch dieses kleine typographische Genrebild, selbst
in der Schweiz, wohl nicht viele Pendants hat, so kann es doch als
eine hübsche wennauch drastische Illustration der Schwierigkeiten
dienen, welche der raschen Verbreitung der Typographie in einem
Berglande mit zerstreuter Bevölkerung, kleinen Städten und einem
schwierigen Verkehr entgegenstanden. Diese Verhältnisse müssen Erfreuliche«
Emporbluhen
die Achtung für die Schweizer Typographen steigern, die, obwohl
die Litteraturen des mehrsprachigen Landes sich denen der grossen
Nachbarvölker anschliessen müssen, gewusst haben, ihre gewerbliche
Zuversicht der Franzosen zu den eigenen Waffen und der souveränen Verachtung
gegen den „I.andsturm" nicht für möglich." — Noch heute rauss es jedem
unbegreiflich erscheinen, wenn nichts gerettet sein sollte. Dann wäre die
Barbarei Deutschlands, „das seine Gelehrsamkeit nur im Verwüsten zeigt",
wie der Bibliothekar Zeller sagt, doch durch die passive Barbarei des der
Verwüstung ruhig Zusehenden übertroffen.
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406
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
Selbständigkeit zu wahren und, allerdings kräftigst durch eine wenn-
auch kleine so doch hochgebildete und hochpatriotische Bevölkerung
unterstützt, eine bedeutende Produktion zu erzielen.
So bildet die schweizerische Typographie das Bild einer
allmählichen, ruhigen, den Verhältnissen angemessenen Fortent-
wickelung. Man ist eifrig bemüht gewesen, nicht zurückzubleiben,
strebt aber andererseits nicht danach, eine der Sachlage nicht
angemessene blendende Stellung einzunehmen.
Die Schweiz besitzt in 164 Städten, Städtchen, Flecken und
statisch«. Dörfern 325 Buchdruckereien und 184 lithographische Anstalten
mit zusammen 534 Schnellpressen und 812 Tret- und Handpressen,
von w elchen die Tretpressen verhältnismässig sehr stark repräsen-
tiert sind. In dem Druckgewerbe werden überhaupt gegen 5000
männliche und 1000 weibliche Arbeiter beschäftigt.
Wenn die Schweiz vorzugsweise reich an Zeitschriften ist —
Zeitschriften- es giebt eine solche auf je fünfhundert Einwohner — , so liegt dies
an der Zersplitterung der Interessen durch die kantonale und
kommunale Kleinregierung, an den verschiedenen Nationalitäten
und an der örtlichen Lage. Deshalb hat die Schweiz keine Blätter
von grosser Verbreitung und allgemeiner Bedeutung und die Auf-
lagen sind oft winzig klein. Die Zahl der in 158 Druckorten
erscheinenden Journale politischen oder lokalen Inhalts beträgt 307,
darunter 60 täglich, 161 zwei- oder dreimal wöchentlich erschei-
nende; 222 davon in deutscher, 75 in französischer, 7 in italienischer,
2 in romanischer, 1 in englischer Sprache. Von nichtpolitischen
Zeitungen giebt es 253; darunter 166 deutsche, 78 französische,
7 italienische und 2 romanische. Bei weitem die meisten dieser
Blätter sind sauber gedruckt. Die Zahl der jährlich erscheinenden
Bücher beträgt etwa 1200.
Basel mit seinen grossen Traditionen war nicht in der Lage,
B^»ei. unter veränderten Verhältnissen seinen hohen typographischen Ruhm
aufrecht zu erhalten. Doch hat es zum Beginne der neuen Periode
eine Druckerfamilie von europäischer Bedeutung aufzuweisen'.
« P. WOOKUN), Die Familie Haas (im Baseler Taschenbuch 1855). —
W. Haas, Beschreibung und Abriss einer neuen Buchdruckerpresse, erfunden
in Basel 1772. 1790. — A. G. Precschen, Grundriss der tjpometrischen
Geschichte. Basel 177s.
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
407
Wilhelm Haas war in mancher Beziehung ein ebenbürtiger
Zeitgenosse J. G. I. Breitkopfs. Sein Vater war ein geschickter Die Familie
Schriftschneider und Schriftgiesser aus Nürnberg, der das Bürger-
recht in Basel erworben hatte. Der Sohn W ilhelm Haas zeigte w. Haas d. a.
• 2 t. Aug-. 1741,
schon in seiner Jugend ein entschiedenes Talent für den Beruf des t »• J«»" »fr«.
Vaters und wurde gründlich von Daniel Bernoulli in Mathematik
und Mechanik unterrichtet. Er übernahm das Geschäft des Vaters
und brachte es bald dahin, dass seine Schriftgiesserei als eine der
vorzüglichsten Deutschlands angesehen wurde. Die Frakturschriften Seine Typen,
betrachtete man in Bezug auf Regelmässigkeit und Klarheit als
mustergültig. Für seine Antiqua nahm er Baskerville zum Vorbild;
sie ist z. B. in der bei Thurneysen erschienenen Ausgabe von Voltaires
Werken verwendet, auch schnitt er eine nicht unbeträchtliche Zahl
von orientalischen Schriften. Zu seinen Verbesserungen gehört sein
System der Spatien und der Stücklinien, worüber er sich in einer
besonderen Schrift (1772) aussprach.
Sein Hauptaugenmerk galt jedoch der Verbesserung der Druck-
presse, die seit dem Jahre 1500 so ziemlich ungeändert geblieben verbesserte
war. Haas lebte aber noch in der Blütezeit des Innungszopfes. Er
war kein kunstgemäss gelernter Buchdrucker und seine freundlichst
gesinnte Kollegenschaft brachte es glücklich so weit, dass er nicht
mit der von ihm konstruierten Presse arbeiten durfte, die er deshalb an
Schweighauser verkaufte. Er selbst musste sich mit der Herausgabe
einer deutschen und einer französischen Beschreibung begnügen. Die
Hauptbestandteile seiner Presse waren aus Eisen und ruhten auf
einem Steinblock; der Tiegel hatte die Grösse des Fundaments, so
dass für den Druck einer Form nunmehr nicht zwei Züge notwendig
waren. Der Bengel wurde an dem Kopfende der Spindel angebracht
und der Hebel mit einer Schwingkugel versehen.
In das Jahr 1775 fallen Haas' Versuche, Landkarten und Musik-
noten mit Typen herzustellen. Den ersten Gedanken zu dem Land- Landkartens.it/.
kartensatz fasste der Hofdiakon A. G. Preuschen in Karlsruhe, der a.g . Preuseheu.
sich an Haas mit dem Vorschlag wandte, mit ihm in eine Association
für diese neue Kunst, die „Typometrie", zu treten. Haas ging mit
Energie und Überzeugung auf den Gedanken ein. Als erstes Probe-
stückchen erschien zu Anfang des Jahres 1776 in Basel ein Blättchen
mit einer Waldung und dem Lauf eines Flusses; das zweite griff
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408
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
schon weiter und wurde der Kaiserl. Akademie zu St. Petersburg
und dem berühmten Geographen Büsching vorgelegt, der Feuer
und Flamme für die Erfindung wurde.
Nun trat Breitkopf hervor und erklärte, er habe sich schon
zwölf Jahre mit denselben Versuchen beschäftigt, und versandte
seine Proben. Im Oktober 1776 gab Haas eine Karte des Kantons
Basel in Quart heraus, von welcher 1777 eine neue Ausgabe im
üblichen Landkartenformat erschien, der eine Nachbildung der Karte
von Sicilien von Hubert Jaillot aus dem Jahre 1736 folgte. Sie
wurde dem König Ferdinand IV. von Neapel dediziert und erschien
auch in einer französischen Ausgabe. Wilh. Haas gab noch etwa
ein Dutzend solcher Karten heraus. Nach den neueren Erfindungen
hat die Typometrie jedes praktische Interesse verloren , das nie ein
nennenswertes gewesen, und nur das historische ist geblieben.
Im Jahre 1780 errichtete Haas im Verein mit dem talentvollen
Haa$ und Thum- Buchdrucker und Buchhändler Joh. Jak. Thurneysen ein Geschäft,
das sehr elegante Arbeiten lieferte. Die Verbindung hörte jedoch
nach sechs Jahren auf und Haas der Sohn übernahm die Leitung
der Buchdruckerei und führte sie nach dem Tode seines Vaters,
der zugleich Brigade -Chef und General - Inspektor der helvetischen
Artillerie war und auf einer artilleristischen Inspektionsreise zum
allgemeinen Bedauern starb, fort.
W. Haas d. j. hatte eine sehr sorgfältige Erziehung genossen
.T'jlnlfa« 66 unc* ze*&e frühzeitig ein entschiedenes Talent für die Typographie.
+ «. Mai
Als achtjähriger Knabe setzte er ein Frag- und Antwortspiel aus
Nonpareil mit einer Einfassung und druckte es in zwei Farben. Als
sechzehnjähriger Gehülfe stellte er. unter Benutzung der systema-
tischen Stücklinien des Vaters, die grosse Karte der Weltgeschichte
von F. K. Fulda (Augsburg, Stagesche Buchhandlung) fertig, die aus
zwölf grossen Formen besteht, welche zusammen ein Tableau von
5 Fuss Höhe und 6 Fuss Breite bilden.
Nach der oben erwähnten Übernahme des Geschäfts im Jahre
Weitere 1 786, welches die Firma Wilhelm Haas der söhn annahm, heiratete
er 1788 die Tochter Georg Jacob Deckers (S. 36 1). An der Druck-
presse brachte er noch weitere Verbesserungen an und vervoll-
kommnete den Satz der Landkarten , von welchen viele Blätter bei
ihm erschienen. Nach dem Beispiel Baskervilles fertigte er nach
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XIV. KAP. DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 4O9
seiner eigenen und des Vaters Idee eine Satiniermaschine, die er
jedoch, als er die von Bodoni konstruierte gesehen hatte, verwarf.
Seine Musiknoten sind elegant. Er druckte auch verschiedene
hebräische Werke, darunter eine Bibel in vier Bänden, Grossoktav.
Auch den Accidenzarbeiten wurde grosse Sorgfalt gewidmet.
Zu der im Jahre 1830 in Basel stattgehabten Kunst- und
Industrie. Ausstellung hatte Haas „Das Gebet des Herrn* in hundert wuheim und
Eduard Haas.
Sprachen, wie er bemerkt: die vierzigste derartige Sammlung, aus-
gestellt. Das Geschäft überliess er seinen Söhnen Wilhelm und
Eduard, von denen letzterer sich bei Didot als Stempelschneider
ausgebildet hatte, und erlebte in Zurückgezogenheit noch sein
77. Jahr. Das Geschäft besteht noch heute als geachtete Schrift-
giesserei.
Eine bekannte Baseler Druckerfamilie war die THURNEYSENSche,
die ihre Aufmerksamkeit namentlich dem Bibeldruck zuwendete.
In jüngster Zeit hat die Sch weich AUSERsche Offizin durch Benno
Schwabe mehrere vorzügliche Arbeiten, namentlich im Renaissance-
stil, geliefert, welche den besten aus der Glanzzeit Basels eben-
bürtig sind.
Wenn Bern auch die Hauptstadt der Schweiz ist, so bleibt
doch ZÜRICH, sowohl was Einwohnerzahl betrifft, als auch in Zand».
Beziehung auf Kultur, Litteratur und Druckgewerbe, die erste Stadt
der Schweiz. Sie besitzt 22 Buchdruckereien und 18 lithographische
Anstalten, die 55 Schnellpressen, 136 Tret- und Handpressen
beschäftigen. Der Kanton Zürich hat 40 Buchdruckereien, 30 litho-
graphische Anstalten mit 97 Schnellpressen, 190 Handpressen und
800 Arbeitern und überragt weit jeden anderen der Kantone.
Berühmt war Zürich schon in der älteren Druckgeschichte als Sitz
des Geschäfts Christ Froschauers, als dessen würdige Nachfolgerin
die Firma Orell Füssli & Co. noch heute sich zeigt (I, S. 140). oreiiFü«ii&co.
Die Offizin würde auch in Deutschland zu den bedeutenderen zählen
(10 Schp., 15 Hdp.); sie vereinigt alle Branchen der graphischen
Künste und liefert in allen Vorzügliches. Das am 25. August 1881
bezogene neue Haus .Zum Bären- ist ein höchst stattlicher Bau.
Einen eigentümlichen äusseren Schmuck desselben bildet ein, eine
ganze Wand des vierstöckigen Hauses einnehmender, Bär. Die
frühere Lokalität war durch 105 Jahre von der Firma benutzt
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
gewesen. Ein grosses Geschäft ist die Firma Zürcher & Firrer
(6 Schp.).
Zürich besitzt mehrere bedeutende lithographische Anstalten.
Die Lithographische Genossenschaft (4 Schp., 7 Hdp.), ebenso
J. J. Hofer & A. Burger liefern sehr gute Chromodrucke. Berühmt ist
Kartographie, die Anstalt von Wurster, Randegger & Co. durch ihre kartographi-
schen Arbeiten, in welcher Richtung H. Mühlhaupt & Sohn sowie
R. Lf.uzinger in Bern und H. Furrer in Neuenburg sich ebenfalls
einen Namen erwarben. Uberhaupt geniesst die Schweiz hinsichtlich
ihrer kartographischen Arbeiten eines grossen Rufes. Die geringe
Ausdehnung des Landes bei den interessanten Bodenformationen
und den komplizierten hydrographischen Verhältnissen luden ganz
besonders zur Anfertigung detaillierter, malerisch ausgeführter
Terrainkarten ein. Den mächtigsten Anstoss gab der General
Dufour, dessen Generalkarte der Schweiz noch heute als das
bedeutendste Meisterwerk kartographischer Darstellungskunst gilt.
In Winter THÜR befindet sich die ziemlich bedeutende Offizin
winterthur. von Bleuler, Hausheer & Co. (4 Schp.). J. Westpheling liefert
sehr gute Arbeiten und introduzierte sich in sehr empfehlender
Weise in grösseren Kreisen durch seinen Schweizer- Ausstellungs-
Katalog (Wien 1873), der denselben Beifall fand, wie die ganze
Kollektiv -Ausstellung der Schweiz.
St. Gallen umschliesst eine der besten Offizinen der Schweiz,
st. Gallen. Dieselbe wurde von Joh. Zollikofer, aus einer alten, vom Kaiser
joh. zoiukofcr. Rucjolf 1 578 geadelten Familie stammend, im Jahre 1789 gegründet.
Durch Ankauf erwarb er 1792 noch eine zweite kleine Buchdruckerei
und blieb bis 1802 der alleinige Buchdrucker in St. Gallen. Im
Chr. Zollikofer. Jahre 1834 wurde der Sohn Christoph Associe. Durch Eintritt
C. P. Scheu lins ward die Firma in Scheitlin & Zollikofer umgeändert
und ein bedeutender Verlag gegründet, der später auf den Schwager
Christoph Zollikofers, Iwan v. Tschudi, überging, während der erst-
Emii zollikofer. genannte die Druckerei behielt. Der Sohn Emil Zollikofer wurde
1867 Teilnehmer. Durch längeren Aufenthalt im Auslande aus-
gebildet, reformierte er die Buchdruckerei übereinstimmend mit den
Forderungen der Zeit. Ein neuer stattlicher Bau ward 1868 aus-
geführt, fiel jedoch bereits am 17. Juli 1880 den Flammen zum Opfer.
Ein zweiter Neubau wurde mit fabelhafter Energie betrieben und
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XIV. KAP.
DER SÜDEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
4II
vier Monate nach dem Brande stand ein Prachtbau, hauptsächlich
aus Glas und Eisen, fertig da. Christoph Zollikofer war, von seinen
Mitbürgern hochangesehen, bereits Anfang September 1870 ver-
storben.
Unter den schweizerischen graphischen Anstalten giebt es nur
eine, die für den Weltmarkt arbeitet und auch einen Weltruf sich
erworben hat. Der Bergflecken EINSIEDELN mit 70c» Einwohnern,
berühmt durch sein Benediktiner- Kloster mit dem wunderthätigen
Muttergottesbilde und deshalb jährlich von hunderttausenden von
Wallfahrern besucht, ist in der typographischen Geschichte durch
die grossartige Anstalt der Gebr. Benziger merkwürdig geworden. <;ebr. Bender.
Das Geschäft, welches nur auf die Bedürfnisse strenggläubiger Katho-
liken berechnet ist, wurde von dem Landamman Josef Karl Benziger
1 805 gegründet und ging von ihm auf seine Söhne Karl und Niko-
laus (letzterer vom Papst in den Grafenstand erhoben) über. In
allen Erzeugnissen der Anstalt, auch den billigsten, ist das Streben
sichtbar, nur Gutes zu liefern. Die Erzeugnisse der Phototypie
sowohl in VergrÖsserungen als Verkleinerungen gehören zu den
besten Leistungen in dieser Richtung. Die Anstalt verfügt über
27 Schnellpressen und eine grosse Anzahl von Buchbinderei- und
anderen Maschinen und soll 7c» — 1 000 Menschen, Erwachsene und
Kinder, beschäftigen. In New-York, Cincinnati und St. Louis besitzt
die Firma Filialen'.
Um den Leistungen dieser Anstalt vollkommen gerecht zu sein,
muss man der örtlichen Lage derselben eingedenk bleiben. Dieselbe
machte die Fürsorge für die Arbeiter durch Kosthäuser, Kassen und
andere humanitäre Einrichtungen, die nach vielen verschiedenen
Richtungen hin vorhanden sind, noch notwendiger, als bei gewöhn-
lichen Verhältnissen.
Die Hauptstadt Bern zählt, was Bevölkerung betrifft, erst als
die fünfte Stadt der Schweiz und bietet in graphischer Hinsicht Bern,
nichts Bemerkenswertes dar. Die bedeutendsten Offizinen sind die
STÄMPFUsche mit 7 Schnellpressen, Rieder & Simmen, Jent &
Reinert, K.J.Wyss und B. F. Haller. Dieser war der erste, der
« Phototypie Renziger, Reproduktionen von Hol/schnitten, Lithographien,
Stahlstichen, Handzcichnunjjen , auf Metallplattcn , hochgeätzt für Buchdruck.
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DIE GERMAXISCHE GRUPPE.
XIV. KAP.
eine eiserne Presse in der Schweiz einführte ; die erste Schnellpresse
erhielten Orell Füssli & Co. im Jahre 1832.
In der französischen Schweiz ist Genf durch das rege
Genf, wissenschaftliche und litterarische Leben bekannt. Die Stadt hat
18 Buchdruckereien und 17 lithographische Anstalten, doch kein
Geschäft von bedeutendem Umfang. Die grössten derselben sind
Chr. Schuchardt und J. Lang mit je 4 Schnellpressen. Auch in
Lausanne ist ein regeres geschäftliches Leben. Unter den 17 typo-
graphischen und lithographischen Anstalten daselbst ist zu nennen
die von G. Bridel (4 Schp.), die gute Werk- und Accidenzdrucke
liefert.
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XV. KAPITEL.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
Presszustände in Österreich. J. T. Trattner. J. G. Trassier. J. v. Kurzbeck.
A. Schmid. Familie Gerold. J. V. Degen. A. Auer. Die Hof- und Staats-
druckerei. W. v. Braumüller. Das Museum und die Gesellschaft für verviel-
fältigende Kunst. Der Buchdrucker-Verein. Neuere Buchdruckereien Wiens.
Die Druckereien in den Provinzen. Ungarn. Druckereien in Budapest und
an anderen Orten. Statistisches aus Österreich -Ungarn.
U derselben Zeit , wo die Presse in Preussen beinahe
einer uneingeschränkten Freiheit sich erfreute, hatte sie Gedrückt»
•j . f i r Zuiünde de
in Österreich mit dem schwersten Druck zu kämpfen. Prc**e.
Unter dem Kaiser Karl VI. wurde noch glimpflich
verfahren, unter Maria Theresia trat jedoch grössere
Strenge ein. Ein Patent vom 12. Juli 1752 befahl den Unterthanen,
alle geistlichen Bücher ihren Seelsorgern zur Prüfung zu übergeben,
diese hatten die irrlehrigen an sich zu nehmen, die unverdächtigen,
nachdem sie mit Siegel versehen waren, zurückzustellen. Selbst die
Buchbinder waren verpflichtet, die ihnen zum Binden übergebenen
Bücher den Geistlichen vorzulegen. Politische und staatswissen-
schaftliche Schriften wurden mit ähnlichem Argwohn behandelt und
diejesuiten hatten sich ganz der Zensur bemächtigt. In Ermangelung
von gedruckten Zeitungen wurden geschriebene „ Gassenblätter M
regelmässig versandt. Zeitungsschreibern, welche falsche Nachrichten
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414
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
verbreiteten, wurde mit Auspeitschung und Landesverweisung
gedroht und Angebern 100 Dukaten Belohnung zugesagt. Die
einzige in Wien erscheinende Zeitung, das im Jahre 1703 gegründete
^Diarium"*, durfte nur solche inländische Nachrichten verbreiten,
die ihr von der Hofstelle zukamen. Ausländische privilegierte
Zeitungen konnten eingeführt werden, sie unterlagen jedoch einer
Revision und wurden nur durch die kaiserlichen Postämter ver-
trieben. Damals entstanden auch die verschiedenen Stufen des Ver-
botes und der Zulassung. 1765 erschien das erste Verzeichnis der
verbotenen Bücher, welches schliesslich selbst verboten wurde, damit
man nicht die Titel der „ schlechten * Bücher kennen lernte.
Dem unhaltbaren Zustand setzte die Thronbesteigung Josephs U.
Freiere O780) eine Grenze. Er hob die geistliche Zensur ganz auf und
BtfweguDg unter
Joseph 11. bildete eine Zensurkommission aus aufgeklärten und unabhängigen
Männern. Das Pressgesetz von 1 781 war in seinen Grundlagen
nach den eigenen Bestimmungen des Kaisers entworfen. Das Ver-
zeichnis der verbotenen Bücher wurde revidiert und mehr als 2500
derselben wieder erlaubt. Nur gegen schmutzige Bücher wurde mit
aller Strenge verfahren. Im Jahre 1787 wurde es gestattet, anstatt
der Manuskripte die bereits gedruckten Werke der Zensurbehörde
vorzulegen. Es ward dem Kaiser nicht leicht, bei diesen Reformen
den passiven Widerstand der Beamten zu überwinden. In der letzten
Zeit seiner Regierung ward er auch selbst weniger freisinnig und die
zuletzt erwähnte Massregel wenige Wochen vor seinem Tode durch
eine Verordnung vom 2 1 . Januar 1 790 zurückgenommen.
Kaiser Leopold II., eingeschüchtert durch die französische
Neue b - Revolution, ergriff strengere Massregeln gegen die Presse, und sein
schrankungen. e
Nachfolger, Franz II., verschärfte diese noch mehr. 1801 ward die
Zensur der Polizeihofstelle übergeben; 1803 begann eine Rezensur-
kommission ihre Thätigkeit und setzte wieder tausende von früher
freigegebenen Büchern auf den Index. Während der Besitznahme
Wiens durch Napoleon fand 1809 eine temporäre Erleichterung
statt und die Druckereien waren nicht imstande, alle ihnen ange-
botenen Aufträge auszuführen. Dieser Zustand nahm jedoch mit
Patent vom dem Patente vom 1. November 18 10 zur Regelung der Pressverhält-
Nov. 1810. n.sge ^ sckncucs Enfje> „Kein Lichtstrahl, er komme, woher er
wolle, soll künftig unbeachtet oder unbekannt in der Monarchie
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XV. KAP.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRI PPE.
415
bleiben-, so hiess es und die Geschichte lehrt die Wahrheit dieser
Worte des Programms kennen , wennauch nicht in der vermuteten
Auslegung; es blieb in der That kein Lichtstrahl unbeachtet —
seitens der Polizei. Übertretungen der Zensurmassregeln wurden
streng geahndet. Das Recht, Buchhandel und Buchdruckerei zu
betreiben, beruhte natürlicherweise auf Privilegien. Die Abstufungen Abstufung der
Uucherverboie,
der Zulässigkeit der Werke wurden genau reguliert. Professoren
und Gelehrten von Fach sollte nur in besonderen Ausnahmefällen
ein Buch verweigert werden. Einige Bücher erhielten admittitur,
d. h. sie waren ganz freigegeben; andere, denen das transcat zu teil
geworden, durften verkauft, jedoch nicht öffentlich angekündigt
werden. Um andere beziehen zu können war wieder eine besondere
Erlaubnis notwendig (erga Schedam). Inländische Verlagsartikel
erhielten das imprimatur entweder ohne Beschränkung oder nach
Weglassungen resp. Änderungen, andere fielen dem damnatur
anheim. Es ist bekannt genug, wie die Bestimmungen über die
Einfuhr der Bücher vielfach umgangen wurden und wie wöchentlich
ganze Ballen nichterlaubter Bücher von Leipzig nach Wien gesandt
wurden. Dort waren Bestechungen selbstverständlich an der Tages-
ordnung; das Geschäft wurde demoralisiert, aber im Sortiments-
handel viel Geld verdient, während der Verlagshandel und die
Buchdruckerei darnieder lagen. Kein Autor von Bedeutung mochte
sein Werk in Osterreich verlegt oder gedruckt sehen und ein in
Österreich gedrucktes Buch war fast gleichbedeutend mit einem
schlecht gedruckten.
Der Festredner bei dem vierhundertjährigen Jubelfest (1882)
der Einführung der Buchdruckerkunst in Wien Karl v. Scherzer, im zmund
der graphUchei
Jahre 1 846 noch ein enthusiastischer Jünger Gutenbergs , schrieb Gewerbe,
damals: „Es ist in dem Volke noch nicht das Bedürfnis zu lesen
erwacht ; es begnügt sich, die .Wiener Zeitung' durchzublicken und
alle Jahre die renommiertesten französischen Schauerromane in
deutscher Übersetzung durchzublättern. Es fehlt uns hier auch an
nichts weniger als an allem, um selbst die geringste littera-
rische Unternehmung mit Ehren ins Leben rufen zu können. Kein
genialer Zeichner, kein fähiger Holzschneider, kein tüchtiger Drucker
und so fort bis zum Farbenjungen. Während das Ausland seit Jahren
uns mit illustrierten Ausgaben überflutet, haben wir hier kaum den
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416 DIE GERMANISCHE GRUPPE. XV. KAP.
Mut gefasst, ein einziges grosses Werk mit Holzschnitten zu ver-
zieren; selbst die , Theaterzeitung' hat ihr illustriertes Gewand seit
dem neuen Jahre wieder abgelegt und noch bei dem neuesten
illustrierten Werk .Erzherzog Karl von Österreich' mussten, durch
unübersteigbare Hindernisse dazu gezwungen, die beabsichtigten
Holzschnitt-Illustrationen den in den Text gedruckten Lithographien
weichen"'.
Mit den Accidenzien ging es nicht besser, als mit dem Werk-
druck. Die Privilegien der „Wiener Zeitung" verursachten ausser-
dem, dass Accidenzien im Interesse des Handels und der Gewerbe
fast gar nicht vorkamen.
Mit der Zeitungslitteratur war es gar schlecht bestellt; nur die
zeituogi- verflachenden, witzelnden und pikanten Theater-, Kunst-, Litteratur-
Utteratur. . ,
und Modeblätter erfreuten sich eines bedeutenden Absatzes. Alle
Zeitungen, mit Ausnahme der „Wiener Zeitung" und des „Oster-
reichischen Beobachters", unterlagen einer Vorzensur und kamen
dann erst in die Hände des bekannten Grafen v. Sedlnitzky und
erfolgten aus diesen gewöhnlich in einem Zustande zurück, von dem
man sich heute schwer eine Vorstellung wird machen können. Die
willkürlichsten Änderungen wurden getroffen, die sich nicht bloss
auf Politik und ernstere Interessen bezogen ; es konnte auch einem
Theaterkritiker, welcher erzählt hatte, wie sehr Fräulein X. miss-
fallen, passieren, dass er in seiner Zeitung las, wie ausnehmend sie
gefallen. Adlige Bösewichte gab es in Romanen und Theater-
stücken gar nicht; sie mussten vorher ins Bürgerliche übersetzt
werden.
Unter solchen Verhältnissen ist es immer noch zu verwundern,
dass Wien einige bedeutende Männer unter den Ausübern der Druck-
j. t. Trattner kunst aufzuweisen hat. Die populärste Erscheinung aus dieser
f »79&- Periode des Rückgangs ist Johann Thomas Trattner. Er gehört
nicht zu denjenigen Koryphäen der Druckkunst, zu denen wir mit
Ehrerbietung emporblicken. Seine Hauptthätigkeit war eine, welche
der Staat zwar zuliess, die öffentliche Meinung und das Rechts-
bewusstsein aber verurteilten: Trattner war ein Nachdrucker ersten
Ranges
» Juurn. f. Ii. 1846.
2 J. T. v. Trattner, Der gerechtfertigte Nachdrucker. Wien 1778.
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XV. KAP. DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 417
Er war als Sohn eines armen Pulvermüllers zu Jahrmannsdorf
unweit Güns geboren und frühzeitig verwaist. In seinem 1 8. Jahre
kam er in die Lehre. Als Drucker erwarb er sich in der Offizin
Johann von Gehlens (I., S. 144) etwas Geld und einige vermögende
Gönner, die bereit waren, den jungen strebsamen Mann zu unter-
stützen. Seine Bemühungen, eine Konzession sich zu verschaffen,
blieben jedoch vergeblich. Da fasste er den kühnen Entschluss,
sich persönlich an die Kaiserin Maria Theresia zu wenden, die ihn
gnädig beschied. Nun kaufte Trattner am 12. Marz 1748 die im
Laufe der Zeit sehr herabgekommene Buchdruckerei der Frau Eva
Schelgin. Den Ertrag seiner ersten Arbeit, ein vom Abte des
Stiftes Molk verfasstes Gebet, widmete er den Armen, wodurch
er sich das Wohlwollen der Jesuiten erwarb, die nun alle ihre
Arbeiten bei ihm drucken Hessen, so dass er zeitweilig sechzehn
Pressen beschäftigen konnte; sie aber regelmässig im Gange zu
halten war eine schwere Aufgabe. Trattner legte sich deshalb auf
das Nachdrucken der Werke der besten deutschen Autoren und
machte sich hiermit eben so verhasst in Deutschland wie beliebt in
Österreich, wo man den Nutzen der guten und billigen Bücher
hatte. Es ging ganz wie in neuerer Zeit in Nordamerika: der
durch den Nachdruck gebildete Geschmack des Publikums kam
wenigstens später den einheimischen Autoren und Verlegern zu
gute, welche den Boden vorbereitet fanden.
Eine grosse Erweiterung seines Geschäfts (bis auf 34 Pressen)
entstand, als ihm bei der Studienregelung im Jahre 1752 der Druck Der Tratmerhof.
der sämtlichen Schul- und Lehrbücher übertragen wurde. Er legte
Filialen seiner Druckerei in Pest, Triest, Innsbruck, Linz und Agram
an, erwarb zwei Papierfabriken, gründete eine Schriftgiesserei, alle
Arten von artistischen Anstalten und unterhielt 23 Bücherlager.
Am „Graben" erbaute er den schönen Trattnerhof, welcher seinen
Wahlspruch „Labore et favore" trug. Seine Bücher stattete er mit
grosser Sorgfalt aus, so dass es von einem guten Druck hiess: „Der
ist wie von Trattnern Bis in sein 78. Jahr war er der alleinige
Leiter des Geschäfts und erlebte 1798 noch sein goldenes Jubiläum.
Von zwei Frauen hatte er 2 1 Kinder, von denen jedoch nur zwei
am Leben blieben. Vom Kaiser Franz war er 1764 in den Adelstand
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV, KAP
erhoben. Das Geschäft wurde nach Trattners Tod geteilt und ging
auf verschiedene Personen über.
Neben Trattner nahm Josef Georg Trassler aus Wien eine
i c. Trailer bedeutende Stelle ein. Im Jahre 1 779 erwarb er eine Buchdruckerei
in Troppau, die bereits 1785 mit 25 Pressen arbeitete. Eine zweite
Buchdruckerei errichtete er 1786 in Brünn; diese beschäftigte bis
60 Pressen. Eine dritte Offizin etablierte er 1795 in Krakau, die
jedoch 1 809 von den Polen demoliert wurde. Ausserdem hatte er
noch verschiedene graphische Geschäfte und eine Buchhandlung.
Seine Erfolge verdankte er zum nicht geringen Teil den Frei-
maurern und den mit diesen in Verbindung stehenden Gesellschaften,
welche letztere zur Bildung des Volkes unzählige Nachdrucke mit
der Bezeichnung „Gedruckt bei Josef Georg Trassier und im Verlage
der Compagnie" verbreiteten. Ausserdem besass Trassier selbst
einen grossen Verlag zumteil bedeutender Werke, darunter A. F.
Büschings grosse Erdbeschreibung in 30 Bänden; die 34 Bände
starke Sammlung der besten Reisebeschreibungen; die „Allgemeine
Weltgeschichte", 88 Bände; Krünitz' „Encyklopädie^, 129 Bände.
Die bedeutendste Leistung war jedoch J. C. Adelungs berühmtes
Wörterbuch in vier starken Bänden in Grossquart von zusammen
7587 Seiten*.
Obwohl der Verlag nach Trassiere Tod noch vermehrt wurde,
ging das Geschäft in den Händen der Kinder doch zurück. Der
zweite Sohn, Adolf, zog mit dem übrig gebliebenen Teile des-
selben nach Troppau, wo es wieder emporblühte und seit 1879 im
Besitz Alfreds, des Sohnes von Adolf, gedieh.
Ein sehr verdienter Buchdrucker war Josef Kurzbeck. Nach
jo^fv.Kurxbecic vollendeten Studien widmete er sich der Buchdruckerei und über-
» 4t. Nov. 1736. ... ... . n
nahm die väterliche, nur mit zwei Pressen arbeitende Offizin, die
nunmehr bald 15 Pressen beschäftigte. Im Jahre 1770 richtete er
sich für den Druck des Illyrischen, Walachischen und Russischen
» Während Trassier noch als Faktor bei Trattner arbeitete, hatte letzterer
für den nachmaligen Kaiser Josef n. eine kleine Buchdruckerei eingerichtet.
Ein grosser vortrefflicher Holzschnitt von F. v. Exter (S. 302) hat eine Szene aus
dieser Druckerei verewigt, wo der Prinz an dem Bengel zieht, Trassier die
Ballen einschwärzt und Trattner gute Lehren erteilt. Die Presse selbst befindet
sich in dem Museum der K. K. Staatsdruckerei.
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XV. KAP. DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 419
ein , später schaffte er noch verschiedene orientalische Schriften an.
Da es sehr an Setzern dir fremdländische Sprachen fehlte und es
schwierig war, solche in dem Geschäft selbst auszubilden, ersuchte
Kurzbeck den Kaiser Joseph IL, die Ausbildung einiger seiner Zög-
linge an der K. K. Orientalischen Akademie zu gestatten, was auch
gewährt wurde. Hierzu wurden die späteren Buchdruckereibesitzer
Anton Schmid, Josef della Torre und M. Santner bestimmt. Kurz-
beck liess die als Mannsfeldsche bekannten Schriften schneiden,
verschaffte sich die besten Amsterdamer Matern und druckte dann
mehrere umfangreiche hebräische Werke, als den Talmud, Mischna-
joth und Machsorim, welche allgemeine Anerkennung fanden. In
Kurzbecks Offizin erschien auch 1775 das von Kaiser Maximilian I.
15 14 beabsichtigt gewesene Prachtwerk „Weisskunig" (I, S.III) von
Treitzsauer v. Erentreitz mit 237 grossen Holzschnitten von Hans
Burgkmair. Durch den Tod des Kaisers geriet dieses Werk wie
mehrere von seinen litterarisch - artistischen Unternehmungen ins
Stocken, die Holzschnitte waren jedoch in Graz glücklicherweise
erhalten geblieben. Als der Druck Kurzbecks veranstaltet wurde,
hatte man leider kein Verständnis für die Reproduktion eines Werkes
älteren Stils, so dass die Ausführung nicht eine würdige wurde (S. 429).
Kurzbeck erzielte durch sein Wirken sowohl Gewinn als Ehre ;
im Jahre 1773 verlieh ihm die Kaiserin Maria Theresia eine goldene
Kette und erhob ihn in den Adelsstand.
Unter den Schülern Kurzbecks befand sich, wie erwähnt, Anton
Schmid, später der hebräische Schmid genannt. Der Abt des Klosters Anton v. schmid
der Zisterzienser zu Zwetl, wo Schmid geboren war, liess ihn im t^jÄiss.
Lateinischen unterrichten. Seine an der Universität begonnenen
Studien musste er auf Grund seiner Armut unterbrechen und trat
in seinem zwanzigsten Jahre bei Kurzbeck in die Lehre, wo er später
die Leitung des Druckes der hebräischen Bücher übertragen erhielt.
Er bewog den kränklichen Kurzbeck, der keine rechte Freude mehr
am Geschäft fand, ihm seine hebräischen Schriften zu überlassen,
um damit ein selbständiges Geschäft zu beginnen. Kurzbeck ging
auf den Gedanken ein, Schmid wurde jedoch mit seinem Konzessions-
Gesuch abgewiesen, bis der Kaiser direkt zu seinen Gunsten ein-
schritt. Nun ging er mit aller Kraft auf sein Ziel los. Seine Offizin
wurde reich mit syrischen, persischen und arabischen Schriften
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
ausgestattet und alle Lehrbücher in diesen Sprachen für die theo-
logischen Anstalten wurden bei Schmid gedruckt. Seine Bücher
waren vorzüglich ausgestattet und sein Ruf drang in fremde Länder.
1839 übergab Anton Schmid, der 1825 in den Adelsstand
erhoben war, seinem Sohne Franz Edlen von Schmid sein
Geschäft. Ein der Hof bibliothek geschenktes Exemplar der Schmid-
schen orientalischen Druckwerke umfasst 148 Werke im Gesamt-
umfange von 12447 Bogen. Vor allen zu nennen ist die 1795 in
mehreren, rasch aufeinanderfolgenden, Ausgaben veranstaltete voll-
ständige hebräische Bibel mit Übersetzung von Mendelssohn und
einem Kommentar in hebräischer Sprache , an welchem eine Reihe
der berühmtesten Gelehrten mitgewirkt hat. Die Druckerei ging
auf Adalbert della Torre über.
Unter den älteren Buchdruckereien Wiens, die bis auf den
Familie Gerold, heutigen Tag ihre Bedeutung behalten haben, ist diejenige, welche
Josef Gerold 1775 von J. Kalliwoda erwarb. Der erstgenannte
Karl Gerold sowohl wie sein Sohn Karl Gerold erweiterten das Geschäft
+ 23. Sept. 1854.
bedeutend. Durch den Druck mehrerer mathematischer und tech-
nischer Werke für das unter Prechtls Direktion gestellte Polytech-
nische Institut erwarb Gerold sich einen so guten Ruf, dass Cotta
ihm den Druck der 20 Bände starken Prechtlschen Encyklopädie
übertrug. Die gedrückten Pressverhältnisse veranlassten Gerold,
sich weniger dem Verlag als dem Sortiment zu widmen. Aus den
1 S48 geänderten Zuständen zog jedoch auch die Geroldsche Offizin
Nutzen und das Geschäft erweiterte sich in dem Besitz der in den
Adelsstand erhobenen Söhne Karls: Friedrich und Moriz von
Gerold ausserordentlich1.
Die PiCHLERsche Buchdruckerei wurde durch den Druck der
Pichleriche Werke Karoline Pichlers in Fachkreisen bekannt, jedoch mehr durch
Luchdruckeiei. _ ,
denDruck der 1838 in vier Blättern dreifarbig ausgeführten, in Typen
gesetzten Post- und Reisekarte der österreichischen Monarchie von
F. Raffelsbergcr 1 . Die Arbeiten derselben stehen weit über denen von
Breitkopf und Haas, sind jedoch, wie diese, mehr auf Grund der müh-
samen Arbeit bewundernswert als für die Praxis nutzbringend.
' Annalen d. Typ. 1875, Nr. 327. — „Zur hundertjährigen Gründungs-
feier*' etc. Wien 1S15.
* Kranz Rawelsderger, Proben der ersten graphischen Typen. Wien 1S3S.
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XV. KAP.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
421
Ein tüchtiger Buchdrucker war Anton Strauss, der aus geringen
Anfängen die Zahl seiner Pressen auf 20 brachte. Nach seinem Tode Anton strau»
ging das Geschäft auf Leopold Sommer über, der grossen Schwung
hineinbrachte und 1848 an Zeitungen und Zeitschriften allein zwanzig l. Sommer,
druckte. Er war auch der erste, der in Österreich eine politische
Zeitung gründete, welche wirklich diesen Namen verdiente, die
unter E. v. Schwarzers Leitung unternommene „Österreichische
Zeitung4.
Matthäus Salzer, Sohn des Kaspar Salzer, der zu den Zeiten
Josephs II. Buchhändler und Buchdrucker war, lernte erst als Sattler, m. s»u«
• 1799,
trat aber bald in das Papiergeschäft seines Bruders Franz und wurde + * »878
später Leiter der Papierhandlung seines verstorbenen zweiten Bruders
Jakob, dann durch Verheiratung mit dessen Witwe Besitzer des
Geschäfts. Nach und nach erwarb er die Papiermühlen in Wiener-
Neustadt, Ebenfurth und Stettersdorf. 1866 kaufte er die Über-
reuth ERSche Buchdruckerei und beschäftigte 1 1 Schnellpressen und
150 Arbeiter, namentlich mit Aufträgen seitens der Eisenbahnen
und ähnlicher Anstalten. Im Jahre 1874 feierte Salzer sein goldenes
Geschäftsjubiläum.
Als ein Stern in der langen Nacht der österreichischen Typo-
graphie leuchtet Josef Vincenz Degen aus Graz. Er studierte dort J. v. Degen
und in Wien, widmete sich dann dem Buchhandel, kaufte 1800 die f 5. Okt. 1827/
vorzüglich eingerichtete ALBERTische Buchdruckerei und errichtete
zugleich eine Schriftgiesserei. Durch die Tüchtigkeit seiner Leistungen
erwarb er sich bald ein bedeutendes Renomme. Im Jahre 1804
richtete er die K. K. Hof- und Staats - Aerial - Druckerei ein und
brachte sie auf einen blühenden Stand. Vertragsmässig arbeitete diese
Anstalt nur für Behörden. Eigentum des Staates wurde sie erst im
Jahre 18 14. Degen, der in den Adelsstand als Edler von Elsenau
erhoben worden war, wurde zum Direktor der nunmehrigen Staats-
druckerei ernannt, die sich durch ihre Arbeiten in vorteilhaftester
Weise auszeichnete.
Anders ward es nach Degens Tod unter der Direktion J. A.
von Wohlfarths. Aus übertriebener Sparsamkeit liess man die staaudruckerci.
Anstalt verfallen und als Wohlfarth 1840 in den Ruhestand versetzt
wurde, war es so weit gekommen, dass die Staatsbehörden sich mit
ihren Aufträgen an Privatdruckereien wandten.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
Wie es in der Staatsdruckerei aussah, so war es auch in den
anderen Offizinen mit Ausnahme der einzelnen erwähnten und viel-
leicht noch einiger weniger anderen.
Der BUCHHANDEL, der sich unter Maria Theresia sehr ent-
Der Buchhandel, wickelt hatte, verfiel unter Joseph II. trotz der milden Zensur. Man
zersplitterte die Kräfte meist in Broschürenlitteratur, durch welche
sich eine Reihe von Winkeldruckereien, die jedoch wieder mit dem
Tode des Kaisers verschwanden, nährte. Von den bedeutendsten
Werken dieser Periode seien noch erwähnt: Jacquins Histcria stir-
pium americanarum \ Hortus Vindebonensis\ Observationes botanica
mit 150 Kupfern; Icones plant arum rariorum mit 649 Kupfern;
Flora austriaca mit 500 kolorierten Kupfern, Herrgotts Monu-
menta Aug. Austriaca in Grossfolio mit vielen Tafeln, die von den
Geistlichen des Stiftes St. Blasien gedruckt wurden; Maninskys
grossartiges „Orientalisches Wörterbuch" u. a.
Als der Regenerator der österreichischen Buchdruckerei, die
in der jüngeren Zeit so enorme Fortschritte gemacht hat, muss Auer
betrachtet werden.
Alois Auer war zu Wels in Österreich als der Sohn eines armen
AI. Auer Traunflössers am 11. Mai 18 13 geboren. Da es ihm unmöglich war,
t lo.juulSöJ: seinem Drang zum Studieren nachzugehen, trat er im Beginn des
Jahres 1825 als Setzer in die Lehre bei dem Buchdrucker Michael
Haas in Wels. Nach vollendeter Tagesarbeit benutzte er die späten
Abendstunden, um sich gründliche Kenntnisse der Muttersprache
anzueignen. Nach Beendigung seiner fünfjährigen Lehrzeit begann
er mit Energie die Sprachkunde zu treiben, da er eingesehen hatte,
von wie grossem Nutzen dieselbe für den Typographen ist. Seine
Mussestunden benutzte er nun zur Erlernung der französischen,
italienischen, englischen, spanischen und portugiesischen Sprache,
so dass er sich schon im Oktober 1835 einer Prüfung in der franzö-
sischen und englischen, im Mai 1836 einer in der italienischen Sprache
an der Universität zu Wien mit günstigem Resultat unterwerfen
konnte. Gleichzeitig bestand er die Prüfung in der Erziehungskunde.
Sein guter Ruf verschaffte ihm bald eine öffentliche Anstellung in
Linz als Lehrer der italienischen Sprache. Auer begann nun eine
Schriften- und Vaterunser- Sammlung anzulegen, die hinsichtlich
ihrer Vollständigkeit fast allen Ansprüchen genügte, und benutzte
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XV. KAP.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
423
diese Sammlung, um die Raumverhältnisse aller Schriftarten genau
zu berechnen l. Auf diese Art entstand sein „typometrisches System" ,
über dessen praktischen Wert sich allerdings nicht viel sagen lässt.
Danach machte er sich an die Ausarbeitung verschiedener
Sprachlehren, zunächst der französischen und italienischen Sprache,
und indem er nach gleicher Methode alle Sprachen der Erde dar-
zustellen beabsichtigte, keimte in ihm die Idee auf, einen Sprachen-
Atlas zu entwerfen. Eine solche Aufgabe zu lösen reichten aber
die Kräfte eines einzigen Menschen nicht aus. Es gelang ihm indes Metternich und
«...•• Auer.
den zu jener Zeit in Osterreich noch allmächtigen Fürsten Metternich
für seine Sache zu gewinnen.
Nach Verlauf von einem Monat überreichte ihm Auer in Wien
einen Plan zur Gründung eines Polygraphischen Instituts als Vor-
bereitung einer P Zentral -Verlagsstätte Deutschlands in Wien*4.
Während dieser Plan die verschiedenen Staatsbehörden durch-
wanderte, bereiste Auer 1839 England, Frankreich und die Schweiz,
um die typographischen Anstalten des Auslandes kennen zu lernen,
fand jedoch nirgends ein Institut, wie es seiner Phantasie vorschwebte.
Im Jahre 1841 wurde nun Auer zum Leiter der Staatsdruckerei
ernannt. Mit jugendlicher Kraft ging er an sein reformatorisches
Werk zur Verwirklichung seiner Lieblingsidee. Vorerst mussten
die Personalverhältnisse und der Geschäftsgang der Anstalt geregelt
werden; die alten Schriften wurden eingeschmolzen und andere
nach dem neuen typometrischen System gegossen, veraltete Pressen
durch zweckmässigere ersetzt. Dann wurde eine Stempelschneide-
Anstalt eingerichtet, fremde Schriften geschnitten, Matrizen ge-
schlagen und Lettern gegossen, und um der Staatsdruckerei in der
That den Charakter einer polygraphischen Anstalt zu geben, wurden
in ihr Offizinen für Lithographie, Stereotypengiesserei, Kupferdruck,
Galvanoplastik, Photographie, Chemitypie und später ftir Natur-
selbstdruck errichtet. Die Anstalt selbst wurde mit einer Dampf-
maschine zur Bewegung der Schnellpressen und zur Heizung sämt-
licher Lokale, mit Gasbeleuchtung und mit anderen Verbesserungen
der Neuzeit versehen. Ferner gründete Auer unter dem Personal
eine Kranken- und Unterstützungskasse, ordnete das Lehrlings-
wesen und führte einen Unterricht für die Zöglinge in den Abend-
> A. AUER, Über das RaumverhältnU der Buchstaben. Wien 1848.
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DIE GERMANISCHE GRIPPE,
XV. KAP.
stunden ein, sodass diese Technik, Sprachen (Lateinisch, Griechisch,
Französisch, Englisch, Italienisch, Sanskrit, Persisch), Geographie,
Geschichte, Stil u. s. w. unentgeltlich lernen konnten.
Schnell mehrten sich die Arbeiten der neuorganisierten Anstalt.
1860 beschäftigte sie schon über 1000 Arbeiter und besass48 Schnell-
pressen, 50 Handpressen, 3olithographische, 24 Kupferdruckpressen,
21 000 Stahlstempel, 80000 Matrizen, 6000 Zentner Lettern. Die
Ausstellungen von London und Paris1 verbreiteten den Ruhm der
Anstalt, welche der höchsten Auszeichnungen teilhaftig wurde. Aber
auch Auer ging nicht leer aus. Er wurde in den Adelsstand als
Ritter Auer von Welsbach erhoben und 24 Orden zeugen dafür,
dass er die Kunst, sich Anerkennung zu verschaffen, nicht übel
verstanden hat.
Mit seinen vielbesprochenen Erfindungen, die öfters, und wohl
Die Erfindung«» nicht mit Unrecht, ihm nicht für voll angerechnet wurden, hatte er
in der Praxis kein rechtes Glück. Diejenige, die am meisten von
sich reden machte, war der Naturselbstdruck (Auto -Typographie).
Dieser bestand darin, von einer Pflanze, einem Gewebe u. dgl. nach
dem Einlegen zwischen einer Stahlplatte und einer anderen von
weichem Metall durch eine starke hydraulische Pressung eine ver-
tiefte Druckplatte zu gewinnen, die mittels Galvanisierung in eine
Hochdruckplatte verwandelt, werden konnte. Ein grossartiges, von
Konstantin v. Ettinghausen herausgegebenes Werk, Physiotypia
plantarutH, wurde in Angriff genommen und auf den Ausstellungen
sehr bewundert*. Das Verfahren wurde durch kaiserlichen Beschluss
der Allgemeinheit preisgegeben , hat jedoch für die Praxis keinen
grossen Wert.
Eine zweite „Erfindung4 war der Druck vom endlosen Papier.
Die „Endio**". Der Gedanke, den Papierbrei der Papiermaschine an dessen oberen
Ende zuzuführen und von dem anderen Ende in die Schnellpresse zu
leiten, so dass er aus dieser als gedruckter Bogen herauskam, musste
« A. Auer, Geschichte und Ileschreibung der K. K. Hof- und Staat-
druckerci. 1851. — Der polygraphische Apparat, 1851. — Album der K. K. Hof-
und Staatsdruckerei. 1853. — Die K. K. Hof- und Staatsdruckerei auf <fcr
Pariser Ausstellung. 1855.
- A. Auer, Die Entdeckung des Naturselbstdrucke«. 1853. — K. v. ErriNC-
11 At'SEN und A. Pokorny, Die wissenschaftliche Anwendung des Naturselb»:-
druckes. Wien 1856.
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XV. KAP. DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 425
für einen so elastischen Geist wie Auer grosse Anziehungskraft
haben. Er brachte ihn auch in seiner Weise, d. h. blendend, zur
Ausfuhrung; für die Praxis war der Nutzen ein geringer. Das Papier
wurde in eine gewöhnliche Schnellpresse geführt, nach dem Schön-
druck durch Mechanismus zerschnitten und die Bogen durch den
Hansenschen Ausleger ausgeführt. Der staunende Beschauer ahnte
in den seltensten Fällen, dass der Widerdruck auf gewöhnliche Weise,
auf einer anderen Schnellpresse besorgt werden musste, und konnte
nicht wissen, dass der Lohn eines Anlegers oder einer Anlegerin
das einzige war, was hätte gespart werden können, wenn nicht dieser
Gewinn durch die Kosten des ganzen Apparates weit überwogen
worden wäre.
Ebensowenig Glück sollte Auer mit seiner Maispapierfabrikation
haben x. Er brachte zwar eine Ausstellung zustande, in welcher nicht Maijpapier.
allein verschiedene Sorten Papier, sondern auch manche der Gegen-
stände zu sehen waren, welche Chinesen und Japanesen aus Papier-
stoff fabrizieren. Damit blieb aber auch diese Sache ruhen.
Selbst mit dem orientalischen Druckapparat, dem Stolz der
Staatsdruckerei, hatte es mitunter einen Haken. Viele Schriften
figurierten in den prachtvollen Proben ; in der Wirklichkeit sah es
mit deren Bestand öfters schwach genug aus.
Auers Hauptfehler war, sich nicht mit dem Schaffen von
Tüchtigem zu begnügen, sondern auch blenden zu wollen, und
dafür war ihm kein Preis — auf Kosten des Staates — zu hoch.
Seine Eitelkeit war noch grösser als seine Tüchtigkeit.
Es konnte an Angriffen — begründeten, unbegründeten, durch
Neid hervorgerufenen u. a. — nicht fehlen, v. Plener, des genialen Auer. Feinde.
Bruck Nachfolger als Finanzminister, war nicht so geneigt wie letz-
terer, über die Finanzfrage leicht hinwegzugehen. Auer wurde am
2. März 1866, nach verschiedenen Misshelligkeiten, in Anerkennung
seines 25 jährigen verdienstlichen Wirkens mit seinem vollen Gehalt
definitiv in den Ruhestand versetzt.
Auer war nicht geschaffen, männlich den Schlag, die mit diesem
verbundene Unthätigkeit und das Vergessensein zu überwinden. Auers Tod.
Sein Gemütszustand wurde ein immer reizbarerer und die Kräfte
aufreibender; er starb bereits am 10. Juli 1869 in Hietzing.
1 J. Arenstein, Österreich auf der internationalen Ausstellung 1862.
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I J I E GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
Hat nun Auer auch dem Glänze zu viel geopfert und nach
Auer» EinAuM Alchymistenart öfters Thaler zu Groschen destilliert, so muss sein
Typographie. Einfluss auf die Typographie im allgemeinen und auf die öster-
reichische insbesondere doch sehr hoch angeschlagen werden. Vor
seiner Zeit war, wie erwähnt, ein in Österreich gedrucktes Buch
ziemlich gleichbedeutend mit einem schlecht gedruckten ; dass dies
so ganz anders geworden ist, dazu hat Auer direkt und indirekt
wesentlich beigetragen; selbst „draussen im Reich" wurde sein
Einfluss gespürt. Die ganze deutsche Typographie hat aus der Welt-
berühmtheit der Wiener Staatsdruckerei ihren Teil an Ehre und
Vorteil gehabt ; sie ist verpflichtet, Auers Namen in Ehren zu halten.
Seit Auers Tod steht die Staatsdruckerei unter der Direktion
Staudrücken eines nicht fachmännischen Staatsbeamten, Hofrat Dr. Beck, der
unter Beck.
sie in angemessenster Weise auf einer achtunggebietenden Stufe
erhält, während nicht prätendiert wird, die Führung der jetzt
mündig gewordenen Österreichischen Typographie fortzusetzen.
Ein Hindernis für die rechte Entfaltung der Anstalt ist die voll-
ständig ungenügende Räumlichkeit.
Neben dem Geld- und Wertpapierendruck wird unter Mitwirkung
Blindendruck, des Direktors der Blindenanstalt in Ober-Döbling, Fr. Entlicher,
in anerkennenswerter Weise besonderes Gewicht auf den Druck
für Blinde gelegt. Bei diesem Druck wird der Pressendeckel mit
einem Überzug von Gutta -Percha versehen und darin ein scharfer
Abzug von den Typen gemacht. Ist der Gutta -Percha -Überzug
vollständig erhärtet, in welchem Zustand er 2 — 3000 Abzüge
aushält, so wird die Schrift mit dem Papierbogen bedeckt, welcher,
um eine grössere Zähigkeit zu erzielen, in einem mit Glycerin und
Alaun versetzten Wasserbade gefeuchtet ist, in die vertiefte Gutta-
Percha- Masse geprägt. Unter den verschiedenen Leistungen im
Blindendruck befinden sich auch hebräische Lesebücher und durch
erhabene Figuren illustrierte naturgeschichtliche Lehrbücher1.
Auch die Chromolithographie wird mit Glück von der Staats-
druckerei geübt. Eine ausgezeichnete Leistung ist z. B. das Pracht-
werk über die Votivkirche in Wien 1 879. Die Reproduktion des
« Jos. Trf.ntsenskv, Krreugung von Schriften m haut-relitf für Blinde.
Wien 1836. — FrmsaL'FF v. Nf.idegg, Die Ektypographie für Blinde. Wien 1837.
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XV. KAP.
DER OSTEN* DER GERMANISCHEN GRUPPE.
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Marienfensters (S. 303) übertrifft bei weitem ähnliche Arbeiten
Silbermänns.
Das Budget der Staatsdruckerei zeigt bei einer Einnahme von
etwa zwei Millionen Mark einen Uberschuss von etwa 200000 Mark, Budget,
bei Staatsanstalten ohne Konkurrenz Ziffern ohne grosse Bedeutung.
Die Schriftenmasse beträgt 500000 Kilo in etwa 1 500 verschiedenen
Arten von Typen, darunter gegen 350 fremdländische1. Die Zahl
der Schnellpressen beträgt 57, der Handpressen 54, ausserdem
sind etwa 80 Hülfsmaschinen vorhanden. Die Schriftgiesserei
arbeitet mit 14 Giessmaschinen und besitzt etwa 30000 Stempel
und 200 000 Matern. Die Gesamtzahl der Arbeiter ist gegen 900.
Haben wir die Verdienste Auers und der Staatsdruckerei
gebührend anerkannt, so ist es Pflicht, einen Mann zu erwähnen, w.v.Braumüiier.
der, obwohl nicht Buchdrucker, einen ganz eminenten Einfluss auf
die Buchdruckerkunst in Österreich gehabt hat; es ist der Buch-
händler Wilhelm Ritter von Braumüller. Früher bekannt als einer
der bedeutendsten Sortimenter Wiens, die mit ihren vollen Börsen
oder Portefeuilles und ihrem jovialen Wesen vorzugsweise gern
gesehene Gäste zur Leipziger Messe waren, widmete sich Brau-
müller erst seit dem Jahre 1840 dem Verlag und zwar mit ebenso
grossem Geschick und Energie als Glück.
„Von dem Streben geleitet, die wissenschaftliche Litteratur
Österreichs dem Auslande gegenüber zur vollen Geltung und An-
erkennung zu bringen, hat meine Handlung einen Verlag geschaffen,
welcher sowohl nach seinem Werte als der Ausdehnung und Aus-
stattung nach den ersten Rang einnimmt, und welcher dadurch noch
eine ganz besondere Bedeutung gewinnt, dass, hauptsächlich durch
die geschmackvolle typographische Ausstattung angezogen, eine
grosse Zahl litterarischer Notabilitäten fremder Universitäten durch
gediegene Werke dabei vertreten ist. Vor allen ragt quantitativ
und qualitativ die Medizin hervor, und die dominierende Stellung,
weiche Österreich durch seine medizinischen Celebritäten in der
wissenschaftlichen Welt Deutschlands einnimmt, spiegelt sich auch
in diesem Verlagszweige wieder. Eine Reihe veterinärwissenschaft-
licher Werke, durch die Professoren des K. K. Tierarznei-Institutes
würdig repräsentiert, schliesst sich demselben an. Die land- und
1 1876 erschien die zweite Auflage der Alphabete des gesamten Erdkreises.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP
forstwirtschaftliche Litteratur, bis dahin in Österreich gar nicht
gepflegt, ist jetzt ausschliesslich in meinem Verlage vereinigt,
und durch die Werke der Professoren an den berühmten Fach-
schulen in Mariabrunn , Ung.- Altenburg, Eulenberg, Hohenheim,
Eisenach etc. würdig repräsentiert. Die vortreffliche Ausstattung,
welche ich allen Werken mit der grössten Sorgfalt gewidmet, hat
ohne Zweifel wesentlich zu einer allgemeinen besseren und würdi-
geren Ausstattung der litterarischen Erzeugnisse in Österreich bei-
getragen und auf die Entwickelung anderer Industriezweige, die
Papier-Fabrikation, Buchdruckerei, Holzschneidekunst, welchen die
obenangeführten Summen zugeflossen, einen nicht zu unterschätzen-
den Einfluss geübt1. u
Äusserte sich der Einfluss von Braumüller zunächst auf den
Werkdruck zu wissenschaftlichen Zwecken, so hat Wien das Glück,
zwei ebenso bedeutende Förderer der Verbindung der graphischen
Museum iur illustrierenden Künste mit der Typographie zu besitzen: das Museum
Kunst .
Gesellschaft für FÜR KUNST UND INDUSTRIE und die GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTI-
vervieif. Kunst. CFNDE Kyjjgj^ Wenn es in Wien möglich geworden ist, Werke zu
schaffen, in welchen Radierung, Xylographie, Hochätzung, Farben-
und Lichtdruck in glücklichster Weise zusammenwirken und öfters
nahe an die Vollkommenheit reichen, so haben die beiden erwähnten
Anstalten durch die von ihnen ausgehenden Anregungen und Druck-
werke den Vorwärts-Bestrebungen Wiens einen mächtigen Vorschub
geleistet 2.
Unter den Erscheinungen des Museums behaupten Teirichs
Prachtw«ke. „Blätter für Kunstgewerbe*4 einen hervorragenden Platz. Die
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst brachte eine Reihe brillanter
Publikationen ; den grössten Einfluss übt sie jedoch durch ihre Zeit-
schrift „Die graphischen Künste4, welche nicht nur durch ihren
Inhalt, sondern auch durch ihre vorzügliche technisch -artistische
Ausführung belehrend und fördernd wirkt.
1 Die obigen nicht wenig zuversichtlichen Worte gehören dem Herrn
v. Hraumüllcr selbst und sind dein Vorwort zu seinem Jubelkatalog entnommen.
Es ist eine eigene Sache, in einem geschichtlichen Buch jemand sein eigenes
Kob aussprechen zu lassen; wenn man jedoch mit gutem Gewissen jedes Wort
unterschreiben kann, weshalb dann nicht? — C. Bf.YER, Wilh. v. Braumüller und
Ileinr. v. Cotta.
2 Eitelhf.r<;kr, Die Kunstbewe^uing in Österreich. 1S78.
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XV. KAP. DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 429
Unter der Ägide des Vorstandes der K. K. Kämmerei, des
kunstsinnigen Grafen v. Crenneville, erschien ebenfalls eine Anzahl
der schönsten Prachtwerke. „Die Kunstwerke der Schatzkammer
des österreichischen Kaiserhauses " (1870 — 1873), „Schloss Schön-
brunn" (1875), „Der kaiserliche Thiergarten" (1876), „Laxenburg"
(1877). In neuester Zeit kommt zu diesen Erscheinungen das
Jahrbuch der künstlerischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiser-
hauses", zu welchem als Beilagen der „Frydal", der „Theuerdank",
der „Weisskunig", der „Triumph", die „Ehrenpforte", die „Heiligen
aus der Familie des Kaisers" gegeben werden, alles Werke, die
von dem Kaiser Maximilian veranlasst oder vorbereitet waren und
zu welchen die Originale der grossen Zeichenkünstler von damals
noch vorhanden sind.
Aber auch die Buchdrucker selbst haben als Korporation die
Hände nicht in den Schoss gelegt. Der unter vielen Opfern im Buchdrucker-
Verein
Jahre 1874 gegründete Buchdrucker- Verein hatte zwar zunächst die
materiellen und sozialen Verhältnisse des Geschäfts vor Augen, Hess
jedoch die Fachzeitschrift „Osterreichische Buchdrucker- Zeitung"
erscheinen, die bestrebt war, nicht nur für die obgedachten Inter-
essen, sondern auch für die technische Bildung zu wirken. Der
Verein löste sich zwar im Jahre 1880 wieder auf, die Zeitung besteht
jedoch fort im Besitz des „Graphischen Klubs", der ausserdem durch
Vorträge, Ausstellungen und technische Diskussionen anzuregen
sucht. Auch das Gehülfenblatt „Vorwärts" folgt dem Beispiel des
„Correspondent" und widmet seine Aufmerksamkeit jetzt nicht nur
den sozialen Interessen, sondern auch der Technik und der Geschichte.
Durch die Bemühungen des Vereins ist auch seit 1874 eine
Fachschule errichtet, von der gute Erfolge zu erwarten sind. Die
Seele dieser Vereinsbestrebungen ist namentlich G. Gistel gewesen, g. ci«ei
Auch um den Unterstützungs -Verein der Buchdrucker und Schrift- + ». m£ ml
giesser Niederösterreichs und die Pensionskasse für Faktoren und
deren Witwen hatte Gistel grosse Verdienste, war auch bei allen
Tarifverhandlungen, bei der Säkularfeier, kurz bei jeder Gelegenheit,
wo die Buchdrucker vereinigt auftraten, bereit, seine Kräfte dem
Allgemeinen rückhaltslos zu opfern.
An Bedeutung der Staatsdruckerei am nächsten stehend ist die
Offizin L. C. Zamarski (früher H. Engel & Sohn und L. C. Zamarski),
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430
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
l c. Zamartki. die namentlich in der Gründerperiode eine erstaunliche Masse von
Wertpapieren druckte. Die Anstalt, welche unter der Leitung von
A. Pietzsch sich vortrefflich bewährt hat, wurde 1881 an die Papier-
fabrik SteyermOhl um 800000 Gulden verkauft und mit einem
Kapital von 3 700000 Gulden in eine Aktiengesellschaft umgeformt.
Es werden in der Anstalt die „Neue Illustrirte Zeitung", das „Wiener
Tageblatt", die „Vorstadt -Zeitung" und die „Deutsche Zeitung"*
gedruckt. Vorzüglich sind ihre , unter Leitung von A. Frantz her-
gestellten Heliographien. Die Offizin arbeitet mit 28 Schnellpressen
und beschäftigt gegen 350 Personen. Engels Erben befassen sich
namentlich mit lithographischen Arbeiten; sie lieferten u.a. die
japanischen Postmarken.
Ein vielseitiges, grosses Institut ist ebenfalls die Verlagsbuch-
r. y. Waidheim, handlung und Artistische Anstalt von R. v. Waldheim (22 Schp.,
25 Hdp. und gegen 250 Arbeiter), die eine bedeutende Zahl von
illustrierten Werken namentlich technischen Inhalts herausgiebt und
vielen technischen, kriegswissenschaftlichen oder in das Eisenbahn-
wesen einschlagenden Zeitschriften, wir nennen nur Teirichs „Blätter
für das Kunstgewerbe" und die „Allgemeine Bauzeitung", druckt,
verlegt oder debitiert, auch viele Accidenzien liefert.
Carl Fromme zeichnet sich besonders durch seine geschmack-
c. Fromme, vollen und korrekten Accidenzarbeiten aus. Eine Spezialität, die er
mit Virtuosität betreibt, ist der Kalenderdruck. Typographische
Kraftstücke Frommes sind die Bilderreihe der Regenten Österreichs
und die Stammtafel der Zisterzienser - Klöster. Diese zehn Meter
lange Tafel besteht aus 108 Formen, in zwei Farben ausgeführt.
DerDruckund die Zurichtung sind so vorzüglich, dass die Zusammen-
setzung dem Auge vollständig unbemerkbar ist.
Die Arbeiten von Rollinger & Mössner sowohl im Accidenz-
Roiunger & als im Werkdruck gehören mit zu den vollendetsten der neueren
Typographie. Die Genannten zählen unter die nicht zu zahlreichen
Buchdrucker, welche nichts für unbedeutend halten und eben
deshalb Mustergiltiges liefern, z.B. die „Geschichtsquellen der Stadt
Wien". Zu derselben Klasse, jedoch meist in anderer Richtung
a. Hoiihauien. arbeitend , gehört Adolf Holzhausen , dessen Offizin an orien-
talischen Schriften sehr reich ist und dessen Drucke denen der
Staatsdruckerei vollkommen ebenbürtig sind. Er lieferte den Druck
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XV. KAP. DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 43 I
des oben erwähnten Jahrbuchs der kaiserlichen Sammlungen und
Albrecht Dürer würde gewiss den „Ansichten aus der Presse" von
seinen und der gleichzeitigen Meister Arbeiten sein Imprimatur
nicht verweigert haben. Zu den strebsamen Buchdruckern der
jüngsten Zeit gehören der erwähnte G. Gistel und Fr. Jasper, g. cutci.
Letzterer druckte die Festgabe zu dem 400jährigen Jubiläum, und Fr Ja*per
liefert sehr gute Illustrationsdrucke.
Einen ganz besonderen Ruf hat sich Wien durch seinen xylo-
graphischen Farbendruck erworben. Der erste, der sich durch diesen h. r«m
auszeichnete, war Heinrich Reiss, aus einer Familie, die von alters-
her eine Buchdruckerei besass, welche er, nachdem er erst ver-
schiedene Reisen gemacht hatte, 1828 übernahm. 1850 folgte er
jedoch einem Rufe der Staatsdruckerei, leitete später die Buch-
druckerei von Zamarski und gab sich seit 1857 Sanz der Kunst-
druckerei hin. Seine Hauptarbeit, an der er 23 Jahre lang gearbeitet
hatte, ist das Missale Romanum mit etwa 90 Miniaturen von H . Knöf ler.
Zu der Herstellung eines Bildes wurden bis zu 1 5 Platten verwendet.
Vorzüglich sind die zwei grossen Titelblätter, das Abendmahl und
Christus am Kreuze. Der Text bildet einen Folioband von mehr
als 700 zweispaltigen Seiten. Die Grundschrift ist eine fette Gothisch,
zu der besondere Initialen geschnitten wurden. Das Papier, ein
geripptes Büttenpapier, ist jedoch, wie auch der Textdruck, von
sehr ungleicher, mitunter sogar geringer Qualität. Aus diesem
Grunde fehlt, trotz der ausserordentlichen Aufopferung seitens Reiss'
und der Vorzüglichkeit des Bilderdruckes, dem Werk, als Ganzes
betrachtet, doch gar vieles, um als ein typographisches Denkmal
ersten Ranges zu gelten. Derartige Werke dürfen nicht Not leiden
und müssen in Händen eines Herausgebers sein, dem es möglich
ist, bis ans Ende ruhig auszuhalten. Deshalb aber nicht weniger
Ehre dem Andenken eines echten Jüngers Gutenbergs. Sein Geschäft
übernahm Ludw. Lott, vorher als technischer Leiter der „Alten
Presse" und als Einführer der „Endlosen" auf dem Kontinent
bekannt. Er wirkte im Geiste seines Vorgängers fort und seine
Arbeiten fanden in England und Amerika allgemeine Bewunderung.
Seine Drucke auf Blech sind ebenfalls vortrefflich.
Eine ziemlich bedeutende Thätigkeit entwickeln in PRAG
33 Buchdruckereien und 30 lithographische Anstalten mit ihren
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
Prag. 1 14 typographischen und 25 lithographischen Schnellpressen. Die
bedeutendste Offizin ist die von A. Haase (S. 290) mit 2 1 Schnell-
pressen und 18 Handpressen. Ign. Fuchs (i i Schp., 19 Tr.- u. Hdp.i
liefert sehr gute lithographische Arbeiten, auch J. Farsky bringt
Tüchtiges in dieser Richtung. Dr. Ed. Gregrs Offizin arbeitet mit
Rotationsmaschine und 5 Schnellpressen. H. Mercy (9 Schp.) druckt
namentlich Werke. Die Buchdruckerei der K. K. Statthalterei
beschäftigt 7, die Buchdruckerei für Politik 8, J. Otto 7, B. Stvblo6,
C. Bellmann 7 Schnellpressen.
Die Fabrikstadt REICHENBERG besitzt eine grossartige gra-
Röhenberg, phische Anstalt, die der Gebr. Stiepel, welche durch 13 Schnell-
pressen und 20 Tret- und Handpressen die zahlreichen Fabriken
mit Etiketten, Geschäftskarten, Rechnungsformularen etc. versieht.
Tauchen. Das kleine TETSCHEN an der Elbe hat auch eine bedeutende Druck-
anstalt aufzuweisen, die von F. W. Stopp, welche (mit 7 Schp.,
7 Hdp.) hauptsächlich für lithographische Arbeiten eingerichtet
Teschcn. ist. In TESCHEN in Österr. Schlesien befindet sich die Offizin von
K. Prochaska (10 Schp.), eine der besten Provinzdruckereien
Österreichs. Sie wurde 1806 von Thomas Prochaska gegründet.
In Brünn arbeiten hauptsächlich für Lokalbedürfnisse \V. Bur-
Brünn. KART (7 Schp.) , BuSCHAK & IRRGANG (4 Schp.), CARL WlXlKER
(5 Schp.), R. M. Rohrer (6 Schp.). Galiziek bietet nur wenig
von Interesse. In Krakau, einst von Bedeutung in der typographi-
schen Geschichte, druckt die Offizin des Cz as (5 Schp.) und die
Buchdruckerei der Akademie der Wissenschaften H. Llsicki S: Co.,
Lemberg. in Lemberg E. Winiarz (4 Schp.).
Unter den Offizinen des südlichen Österreichs ist die Akten-
Graz, druckerei Leyk am -Josefsthal (15 Schp., 16 Tr.- u. Hdp.) in Graz
eine weit verzweigte graphische Anstalt, die manches Gute geliefert
hat. Die Grazer „Post" wurde 1882 an eine zweite Gesellschaft
Leykam für gegen 1 100000 M. verkauft. Die Gesellschaft Styria
und die Gutenberg- Druckerei in Graz beschäftigen je 5 Schnell-
pressen. In INNSBRUCK verfolgt die WAGNERsche Buchdruckerei
eine wissenschaftliche Richtung. In LINZ wirken A. Eurich und
J. Wimmer. Die älteste Druckerei Österreichs besitzt KlagentURT.
Hier etablierte sich Fkrd. v. Kleinmayr 1548. Sein Nachfolger
gründete 1777 die „Klagenfurter Zeitung". In Laibach feierte die
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XV. KAP.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE.
433
Offizin von J. v. Kleinmayr & F. Bamberg (4 Schp.) 1882 ihr
loojähriges Jubiläum. In Triest hat sich die Buchdruckerei des Tn«t.
Österr.- Ungar. Lloyd als eine tüchtige Vertreterin der Kunst
bewiesen und wirkte auch früher als bedeutende Verlegerin illu-
strierter Werke.
Von der Holzschneidekunst in Wien und den Meistern, welche
diese förderten J. G. Prestel, Blasius Höfel, Friedr. v. Exter,
H. Knöfler u. a., wurde bereits (S. 300) berichtet, auch fanden die
wichtigen Erfindungen von Paul Pretzsch (S. 14) Erwähnung. Je Paul Pretztch
weniger das verdienstvolle Wirken dieses Mannes vom Glück + a8.*Aug.'i87J.
begünstigt war und je Öfter der Versuch gemacht wurde, seine
Erfinderehre zu schädigen , namentlich seitens englischer Erfinder,
um so mehr gebietet es die Pflicht, hier seiner mit einigen Worten
noch zu gedenken.
Pretzsch war als Sohn eines Goldarbeiters in Wien geboren,
lernte dort die Buchdruckerkunst und trat nach längerem Aufenthalt
im Auslande in den Dienst der K. K. Hof- und Staatsdruckerei,
welche er 1851 auf der Londoner Weltausstellung vertrat. Dort
erhielt er auf Grund der von ihm ausgestellten Photographien eine
Prämie und nun entstand in ihm der Gedanke, Photographien druck-
bar zu machen, weshalb er sein Engagement bei der Staatsdruckerei
aufgab, 1854 wieder nach London ging und dort neun Jahre blieb,
um seine Pläne zur Ausführung zu bringen. Seine Erfindung , Tief-
druckplatten von Photographien herzustellen, nannte er Photo-
GALVANOGRAPHlE und sie wurde einer Patent - Photo - Galvano-
graphic -Society zur Ausbeutung übergeben, welche 1856 fünf Hefte
eines Werkes in Grossfolio unter dem Titel Photographie Art
Treasures herausgab. Nach etwa zweijährigem Bestehen löste sich
jedoch die Gesellschaft auf und Pretzsch war wieder auf sich selbst
angewiesen, während Fox Talbot, der die Erfindung gemacht hatte,
durch Atzung Photographien druckbar zu machen, ihn auf Grund
seines Patentes verfolgte, wennauch ohne Resultat, da Pretzschs
Verfahren sich nicht auf Atzen gründete.
Nach der Weltausstellung 1862 kehrte Pretzsch nach Wien
zurück und war längere Zeit schwer leidend, so dass er erst 1864
seine Thäigkeit wieder aufnehmen konnte. Diese richtete sich nun
vornehmlich auf Herstellung von Hochdruckplatten und nach
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP
mannigfachen, mühsamen und kostspieligen Versuchen gelang ihm
auch die Fertigstellung solcher, von welchen Proben 1873 in Wien
ausgestellt waren.
Hiermit war das wichtigste Problem der Illustration der Zukunft
zwar Wirklichkeit geworden, jedoch noch nicht in zufriedenstellender
Weise; denn die Platten besasscn nicht Tiefe genug, um mit Leichtig-
keit in der Buchdruckerpresse behandelt zu werden. In Berück-
sichtigung der hohen Bedeutung, welche die Erfindung möglicher-
weise würde erreichen können, erhielt Pretzsch eine Staatsunter-
stützung, um seine Versuche weiterzuführen, und noch wenige
Stunden vor seinem Tode war er mit diesen beschäftigt.
In der Zeit der Blüte der Schwarzlithographie erreichte
Kriehuber im Porträtfache eine bis dahin unbekannte Meisterschaft.
Die Chromolithographie fand einen günstigen Boden, der zuerst
von der K. K. Staatsdruckerei bebaut wurde. Das erste \YTerk von
Bedeutung waren die Aquarellbilder nach niederösterreichischen
Bauwerken von Conr. Grefe, welcher Künstler überhaupt besondere
Verdienste um den Buntdruck hat. Ed. Holzel lieferte namentlich
viele gute Landschaftsbilder; sein bestes Blatt und eines der besten
der Oldruckbilder überhaupt dürfte „Die beiden Brüder**, nach
v. Defregger sein. Seine instruktiven, geographischen und natur-
wissenschaftlichen Blätter und die architektonischen Bilder nach
J. Langl, in Sepiamanier gedruckt, sind höchst wertvolle Er-
scheinungen. Reifenstein und Rösch (jetzt G. Reifenstein), Haupt &
Czeiger, A. Hartinger & Sohn, Fr. Paterno lieferten gutes, die
ersteren beiden Firmen im figürlichen, die beiden letzteren im natur-
wissenschaftlichen und geschichtlichen Unterrichtsfache.
Im lithographischen Accidenzfache zeichnete sich Ed. Sieger
^Ed sieg« ^ aus. Seine Riesenplakate wurden angestaunt und seine Erfindung
t«. jan. xö76. des Ivoirit, einer täuschenden Imitation des Elfenbeins, brachte, in
Bücherbänden oder in Ebenholz-Kassetten und Möbeln eingelegt,
eine frappante Wirkung hervor.
Die Zinkhochätzung fand tüchtige Vertreter, unter welchen
C. Angerer & Göschl ihr Verfahren zur ganz besonderen Voll-
kommenheit brachten. Auch C. Haack erwarb sich einen Namen,
Moritz und Max Jaffe traten mit der JafT&ypie auf. Die Kupfer-
stecherkunst, welche sehr zurückgegangen war und wesentlich nur
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XV. KAP.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN' GRUPPE.
435
in den Prämienblättern und den Nieten der Kunstlotterien fort-
vegetierte, trat durch die Ernennung Louis Jacobys (jetzt in Berlin)
zum Professor dieser Kunst in ein neues Stadium des Fortschrittes.
Die Radierung kam besonders durch W. Unger zu Ehren. Die
Photographie, namentlich die Porträtphotographie, wurde mit viel
Glück in Wien geübt.
In der Verwendung aller graphischen Kunstzweige, namentlich
der in der Photographie wurzelnden, ist das Militär-geographische
Institut berühmt geworden. Es entstand 1839 durch Vereinigung
der topographisch-lithographischen Anstalt des K. K. Generalstabes
in Wien mit dem zu Mailand bestandenen Deposito della Guerra.
Die Anstalt kultiviert die Kartographie in ausgedehntester Weise unter
Verwendung aller neueren Verfahren. Unternehmungen wie die
Karte der Umgebungen Wiens in 48 Blättern ; die Spezialkarte der
Österreich-Ungarischen Monarchie in 720 Blättern , die Generalkarte
von Zentral-Europa in 192 Blättern, und viele andere gehören zu
den Meisterwerken der Kartographie.
Die Buchbinderkunst steht in Wien schon seit langer Zeit im
Ansehen, wird jedoch noch mehr in den sogenannten Galanterie-
Arbeiten als in der eigentlichen Buchbindung geübt. Vortrefflich
sind in letzterer Richtung die Mosaikbände mit wirklichen Leder-
einlagen , nicht nach französischer Art mit nur aufgelegtem dünn
geschabten Leder. Namen wie A. Klein, Leop. Groner, Conr. Berg
u. a. haben den besten Klang.
Unter solchen Verhältnissen wie den obengeschilderten konnte
Wien, wo die Zustände im Jahre 1840 den Gedanken an ein fröh-
liches Gutenbergfest, wie das in Leipzig, nicht aufkommen Hessen,
sich mit Befriedigung zur Begehung des vierhundertjährigen Festes
der Einfuhrung der Kunst in Wien (I, S. 49) rüsten. Schon Jahre
vorher waren die Vorbereitungen getroffen, namentlich für die Heraus-
gabe einer bedeutenden Festschrift, einer Geschichte der Kunst in
Wien seit vier Jahrhunderten, welche zugleich Proben der Leistungs-
fähigkeit der graphischen Anstalten vorführen sollte Das Fest fand
am 24.— 25. Juni 1882 statt und wurde durch einen Aktus, verbunden
1 Das Werk gewann einen grösseren Umfang, als anfänglich vorgesehen
war. Bis jetzt erschien der erste Band, gedruckt bei Fr. Jasper, mit vielen
Beilagen.
28*
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
mit einer durch v. Eitelberger arrangierten historischen Ausstellung,
eröffnet. Die eigentliche Festrede hielt der österreichische General-
konsul in Leipzig, Karl v. Scherzer, wie bereits erwähnt ein früherer
Gutenbergsjünger. Ein allgemeines Fest fand am 25. Juni in Hietzing
in der „Neuen Welt* statt, wo gegen 1 4 000 Festgenossen sich ver-
sammelt hatten und wo Karl Höger als Festredner auftrat.
In UNGARN steht die Buchdruckerei im allgemeinen nicht auf
Ungarn. einem sehr hohen Standpunkte. Buda-Pest ist selbstverständlich
Buda-p«t. ^ Sammelpunkt der bedeutendsten Offizinen. Im Jahre 185 1
waren dort S Druckereien vorhanden mit 22 Schnellpressen; 1870
bereits 50 mit 140 Schnellpressen; 1882 48 Buchdruckereien und
23 lithographische Anstalten mit 130 Schnellpressen und 20oTret-
und Handpressen.
Die Staatsdruckerei Ungarns besteht in ihrem jetzigen Um-
staaudruckerci. fange (16 Schp., 18 Hdp., 2 50 Arbeiter) erst seit der Trennung der
Verwaltung Ungarns und Österreichs und befand sich früher in
Temesvar als Filiale der Staatsdruckerei in Wien. Sie liefert sehr
viele Accidenzarbeiten und Wertpapiere, die nicht auf der Höhe
der Vollkommenheit stehen. Neben Gutem findet sich unter ihren
Arbeiten manches Mittelgute. Die, unter ausgedehnter Anwendung
der Galvanoplastik, gelieferten Kartenwerke haben einen grossen
Umfang.
Einen bedeutenden Aufschwung hat die Pester Buchdruckerf.i-
Druckereien in Akuen-Gesellschaft, geleitet von Siegm. v. Falk, genommen; sie
Budapest»
arbeitet in gedeihlicher Weise mit 1 5 Schnellpressen. 8 Handpressen
und 200 Personen. Die Aktiengesellschaft Athenäum (12 Schp.,
1 2 Giessm., 2 50 Arb.) druckt nicht weniger als zwanzig periodische
Schriften. Die Offizin der Aktiengesellschaft Franklin -Verein
(Rotm., 11 Schp., über 200 Arb.) hat sowohl als Werk- wie als
Accidenzdruckerei einen guten Ruf. Im Jahre 1873 erwarb der Verein
den bedeutenden Verlag von Gustav Heckenast, der einen wesent-
lichen Anteil an dem Aufblühen des Buchhandels in Ungarn gehabt
hat. Er kam als Apotheker nach Pest, übernahm aber, als der
dort etablierte Otto Wigand aus Göttingen auf Grund politischer
Verhältnisse Ungarn schleunigst verlassen musste, dessen Geschäft
und verband sich 1840 mit dem Buchdrucker Landerer. Mit seinen
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XV. KAP. DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPPE. 437
nationalen Verlagsunternehmungen hatte Heckenast viel Glück, •
namentlich mit dem von Kossuth redigierten Pesti Hirlaß. Später
gab er die illustrierte „ Sonntags -Zeitung" heraus.
Die von der Gesellschaft Hungaria 1869 gegründete, schön
eingerichtete, Buchdruckerci (verbunden mit Verlagsgeschäft) druckt
mit Rotationsmaschine das „Neue Pester Journal" und das „Volks-
blatt * und beschäftigt 170 Arbeiter. Das grosse Geschäft von
Gebr. Legrady liefert namentlich zahlreiche Jugendschriften, Victor
Hornyansky viele sehr gut gedruckte Bibeln in verschiedenen
Sprachen. Ausserdem sind zu erwähnen die Universitäts-
Buchdruckkrei (7 Schp.) und die bedeutenden Zeitungsdruckereien:
Khok & Wein , welche das „Illustrirte Tageblatt" auf Augsburger
Rotationsmaschine drucken, Ph. Wodianer, M. Deutsch (10 Schp.).
VortrefTliche Arbeiten im kaufmännischen Accidenzfach gehen aus
den Pressen der typo - lithographischen Anstalt von C. L. Posner
(7 Schp., 1 1 Hdp.) hervor.
Mor. Rath gab als Verleger zwar eine Reihe von vorzüglich
ausgestatteten Prachtwerken heraus, da er jedoch die Mehrzahl in
Wien drucken Hess, so kann man aus denselben sich kein Bild der
Leistungsfähigkeit der Pester Typographie machen.
Hervorragende Druckanstalten besitzt Transleithanien sonst
nicht. In Agram befindet sich die wohleingerichtete Druckerei und
lithographische Anstalt von C. Albrecht mit 6 Schnellpressen und
die der Landesregierung gehörende Offizin des Narodne Noviny
(4 Schp.). Gutes leisten in Raab Sandor Czeh; in Temesvar
Gebr. Magyar; in Szegedin Burger &: Co.; in Neusatz befindet
sich die Druckerei des Serbischen National -Vereins. Das „okku-
pierte" Bosnien hat eine nach neuestem Zuschnitt gut eingerichtete
K. K. Landesbuchdruckerei in Serajewo.
Während in dem Jahre 1856 der österreichische Gesamtstaat
(die italienischen Provinzen nicht mitgerechnet) kaum 200 Druck-
offizinen aufwies, besassen die eis- und transleithanischen Länder
1882 in 372 Städten 756 Buchdruckereien, 345 lithographische
Anstalten, 29 Schriftgiessereien und 1183 Buchhandlungen. Die
Zahl der vorhandenen Schnellpressen betrug 1568, die der Hand-
und Tretpressen 2250. Beschäftigung fanden gegen I5 000 männ-
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
liehe, 3500 weibliche Arbeiter und 2000 Lehrlinge. 38 Gehülfen-
Vereine hatten 4162 Mitglieder und, darin eingerechnet das Ver-
mögen des Wiener Unterstützungs- Vereins von etwa 300 000 Mark,
ein Gesamtkapital von über eine Million Mark.
Vergleichen wir die Österreichisch -Ungarische Monarchie mit
dem Deutschen Reiche, so geht hervor, dass erstere bei einem
Umfange von 11 300 □ Meilen und einer Bevölkerung von etwa
37 500 000 Menschen m der graphischen Produktion sehr gegen
letzteres zurückbleibt. Scheiden wir die österreichische Monarchie
in vier graphische Gruppen, so erhalten wir als Resultat folgende
Zahlen :
Buch-
druck.
T ... : ~ Litho«
Lühogr. : Typogr. h
Anstalten Schnellpr. Schp.
I. Die nördliche Gruppe:
1
1
1
>
Schlesien, Böhmen, Mähren,
Galizien, Bukowina . . .
251
143
442
75
Ii. Die mittlere Gruppe:
Nieder- und Oberösterreich,
190
III
450
79
III. Die südliche Gruppe:
Tirol, Steiermark, Kärnthen,
Krain, die Küstenländer . .
73
133
34
IV. Die östliche Gruppe :
Ungarn, Siebenbürgen, Sla-
wonien, Kroatien, Bosnien .
242
r r
344
11
756
345
1369
199
Die rein deutsche Gruppe II, mit der Kaiserstadt, in welcher
fast alle bedeutenden graphischen Anstalten ihren Sitz haben, und
in der über eine Million Menschen lebt, ist mehr als anderthalbmal
so gross an Umfang als das Königreich Sachsen und zählt nur etwa
200 000 Einwohner mehr. Nichtsdestoweniger beträgt in Sachsen
die Zahl der Buchdruckereien 1 36, der lithographischen Anstalten
101 und der Schnellpressen 663 mehr als in der österreichischen
Gruppe II.
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XV. KAP.
DER OSTEN DER GERMANISCHEN GRUPrE.
439
Das Deutsche Reich, einen Umfang von etwa 2000 □ Meilen
weniger als Österreich-Ungarn besitzend und etwas über 5 Millionen
Einwohner mehr zählend, hat 2633 Buchdruckereien, 1649 litho-
graphische Anstalten, 5708 Schnellpressen und etwa 3000 Buch-
handlungen mehr. Bei einer solchen Zusammenstellung darf jedoch
nicht übersehen werden, dass in den eis- und transleithanischen
Ländern die Zahl der Deutschsprechenden nicht viel mehr als den
vierten Teil der Einwohner beträgt.
1 Ebenso ungünstig stellt sich das Verhältnis, wenn wir die
österreichisch- ungarischen Städte mit 50000 Einwohnern und mehr
mit den deutschen (s. 276) zusammenstellen. Es giebt in Österreich
deren nur zehn, nämlich :
Städte
Einwohner-
Buch-
Lithogr.
Buch-
Zeit-
zahl
druck.
An st.
hand).
schrift
Buda-Pest . . .
1
365OOO
49
24
57
83
Prag
IQOOOO
33
30
83
84
10
4
12
6
Lemberg
IO4OOO
15
4 22
33
7
9
26
17
12
6
15
24
Szegedin . . .
760OO
4
1
4
2
6
1 2
15
8
Debreczin . . .
52000
3
1
2
2
Pressburg . . .
50000
6
1
3
4
2
Die Bücherproduktion Österreichs lässt sich nicht wohl aus der
des ganzen deutschen Litteraturgebietes ausscheiden. Die Bücher-
einfuhr in Österreich betrug 27620 Meterzentner, die Ausfuhr
9378 ; da von letzterer jedoch die Remittenden der in Kommission
versandten Artikel abgehen, so kann die wirkliche Ausfuhr kaum
auf 4000 Meterzentner geschätzt werden. Merkwürdigerweise stellt
sich das Verhältnis bei Musikalien noch ungünstiger, da bei einer
Einfuhr von 937 Meterzentner nur 66 Zentner ausgeführt wurden.
Trotz der geringen Ziffern hat sich die Einfuhr seit 1860 zwei und
einhalbmal, die Ausfuhr einmal erhöht.
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440
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XV. KAP.
Die Zahl der Journale war zum Beginne des Jahres 18S0 in
den im Reichsrate vertretenen Kronländern 1074, darunter 340
politische Tages- und Wochenblätter. Von der Gesamtzahl
erschienen 79 täglich, 80 mehrmals wöchentlich, 310 wöchentlich,
2 1 1 vierzehntägig, 226 monatlich. 728 Journale waren in deutscher,
73 in polnischer, 1 3 1 in tschechischer Sprache. Wien beteiligte sich
mit 483 Zeitschriften. 1872 hatte ein Rückgang in der politischen
Zeitungspresse stattgefunden und es erschienen 19 Tagesblätter
weniger als 1871.
UNGARN lieferte damals 558 Zeitungen, davon 356 in magya-
rischer, 120 in deutscher, 56 in slawischer und 21 in rumänischer
Sprache. Die Zahl der magyarischen Blätter hat seit der Zeit um
70 zugenommen, in Buda-Pest erschienen 168; in den übrigen
Sprachen ist die Zahl ziemlich unverändert geblieben.
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XVI. KAPITEL
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
DÄNEMARK, Fortschritte der Typographie: B. I.uno, Gebr. Thiele, C. Ferslcw & Co.
IL a. Die Chemitypie: ('. Piil. Die Giessniaschine : I~ Brandt. Die Setz-
maschine: C. Sörensen. Die Schreibkugel: Mailing Hansen. Island, Grön-
land. Norwegen. Geistiges Leben. Schweden. Norstedt & Söner, Central-
Tryckeriet u. a. Finnland. Ki ssi.and und Polen. Die Staatsdruckerei und
andere Offizinen. Das Zeittingswesen. Die Do n a t* l X N der : Serbien, Rumänien,
P.ulgarien. Griechenland.
DÄNEMARK UND NORWEGEN.
EGEN das Ende des XVm. Jahrhunderte ergriff die
politische und geistige Gährung auch DÄNEMARK Die Preue in
und übte ihre Wirkung auf die Presse aus. Unter '
dem allmächtigen Ministerium Struensee wurde 1770
am 14. September die schrankenloseste Pressfreiheit
eingeführt, was nicht ohne gröbliche Ausartungen abging. Wie
gewöhnlich trat dann als Gegensatz eine weit über das Ziel
schiessende Reaktion ein, deren Schlussstein die Verordnung vom
27. September 1799 war, durch welche die Zensur wieder eingeführt
wurde und die Verfolgungen gegen die Presse ihren freien Lauf
nahmen. Ausserdem begann das XIX. Jahrhundert sehr unglücklich
für Dänemark, welches die damals herrschende Politik mit dem
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442 DIB GERMANISCHE GRUPPE. XVI. KAP.
Bombardement von Kopenhagen, dem Verlust seiner glänzenden
Flotte und der Abtretung Norwegens bezahlen musste
Unter diesen Verhältnissen konnte die Typographie Däne-
marks in der ersten Hälfte der Periode und noch länger keine
grossen Fortschritte machen. Es herrschte kein guter Geschmack
und die Produktionen gingen nur selten über das Mittelgute hinaus.
Als bedeutendere Erscheinungen sind zu nennen: Den danske
Vitnrvius, 2 Bände, Folio; Langebecks Scriptores rerum datticarum,
8 Bände, Folio; Beskrivelsc over danskc Monier og Medailler,
3 Bände, Folio; Flora Danica, ein sehr bedeutendes und umfang-
reiches Werk.
Die Buchdruckereien in Kopenhagen beherrschten, durch
pieTypo^raphie Innungsverhältnisse begünstigt, die Buchdruckereien der Provinz,
m Kopen ageu. ^utoren gu^^ t fer Buchhandel nicht gut organisiert war,
zumteil Verleger im Auslande.
Carl Heinrich Berling, Sohn des eingewanderten E. H.
e. h. B«riing Berling (I, S. 1 56), erwarb das Privilegium der Posttidender, welche
i6«9. f >/59- Xitel Statstidende , später Berlingske Tidende annahm, unter
welchem Namen sie noch heute besteht. Viele Jahre hindurch waren
dieses und ein anderes, ungefähr auf derselben Stufe der Mittel«
mässigkeit stehendes Blatt, Dagen, die einzigen Quellen tages-
geschichtlicher Weisheit.
Das Volk verfiel in ein durch Geistesspielereien gewürztes
weichliches Wohlleben, aus welchem der Nationalgeist erst durch
die Dichtungen Adam Oehlenschlägers erwachen sollte. Allmählich
fielen die Schranken der Presse wieder und es erblühte ein überaus
reges geistiges Leben, das ebenfalls die Entwicklung der Buch-
druckerei und des Buchhandels im Gefolge hatte.
Im Jahre 1825 kam die erste Schnellpresse nach Dänemark.
BuncoLuno Der eigentliche Schöpfer des guten Geschmacks und der Typo-
f tT Aug. 185V. graphie im Sinne der Neuzeit war Bianco Luno*, der sich, nach viel-
fachen Wanderungen in Italien, Ungarn und Deutschland, 1831 in
Kopenhagen etablierte. Die Ausstattung und Ordnung seiner
« Ca.m. Nyrop, Bidrag tü den danske Boghattdels JfhtorU. 2 Teile. Kopen-
hagen 1870. — KLEIN, Adressbog for dm danske norskt og Jvtnske Boghandel. —
NvKROr in Lösendes Aarbog for jSoi.
■ C. Nyrop, Biatuo Luno og den dansle Bogtrykket kottst. Kopenhagen 1881.
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XVL KAP. DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE. 443
Druckerei war eine noch nicht in Dänemark bekannte und würde
selbst im Auslande als eine mustergültige gegolten haben. Er
lieferte namentlich in Werk- und tabellarischen Arbeiten vortreff-
liches. Die Druckerei arbeitet jetzt mit 9 in Kopenhagen von
Eickhoff gebauten Schnellpressen.
In feineren Accidenz- und illustrierten Drucken sind die Brüder
Just und Andreas Thiele, Nachkommen eines 1770 aus Lemgo Gebr. Thiele,
eingewanderten Buchdruckers Joh. Rud. Thiele, in Dänemark j. r. Thiele
unübertroffen. Sie erhielten ihre Ausbildung in der Brockhausschen
Offizin in Leipzig und können sich mit den besten Illustrations-
druckern Deutschlands messen. Als Beispiele ihrer Leistungen seien
erwähnt: Illtistreret Tidende, The old twrthern Runic monuments
und Queen Dagmars Cross in Farbendruck. Die Offizin ist die
grosste in Dänemark und arbeitet mit 17 König & Bauerschen
Schnellpressen. Die Gebrüder Thiele drucken auch die Noten der
Bank, die Postmarken und fast alle dänischen Wertpapiere.
Als Zeitungsdruckerei steht die Offizin C. Ferslew & Co.
obenan. Sie verbindet Typographie mit Lithographie und Papier- c. Feniew.
fabrikation. Ferslew druckte zuerst mit einer „ Victoria-Endlosen".
Drei grosse Tageszeitungen werden in der Offizin hergestellt, in
welcher 9 Kastenbeinsche Setzmaschinen und 1 1 Ablegemaschinen
arbeiten, wohl mehr als für den Augenblick im ganzen Deutschen
Reich. Bei der Bedienung sind mehr als dreissig Mädchen unter
Leitung einer Directrice beschäftigt. Um den Satz zu beschleunigen,
werden schlecht geschriebene Manuskripte erst mittels der Mailing
Hansenschen Schreibkugel (S. 446) umgeschrieben und dann dem
Setzer übergeben, wodurch es möglich wird, den Hauptteil einer
grossen Zeitung in zwei Stunden herzustellen. Die als eine Neuheit
von Beschke in Deutschland eingeführten Wetterkarten werden
schon seit fünf Jahren bei Ferslew hergestellt.
Das Beispiel Lunos und Thieles hat sehr befruchtend gewirkt
und der dänische Druck nimmt im ganzen eine sehr respektable
Stellung ein. Die Offizin von Berling, welche jetzt nur die
Berlingske Tidende mit Rotationsmaschine aus der Fabrik Eickhoff
in Kopenhagen druckt, hat sich durch Einführung der technischen
Verbesserungen und Erfindungen des Auslandes verdient gemacht
Der letzte männliche Besitzer der Firma Carl Berling spielte als
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
xvi. k Ar.
Kammerherr, Reisemarschall und Günstling des Königs Friedrich VII.
eine Rolle. Er starb auf einer Reise in Ägypten am 30. Marz 1871.
Geachtete Namen erwarben sich unter anderen Andreas Seidelin
und die von J. F. Schultz begründete Hof buchdruckerei, jetzige
Universitätsbuchdruckerei von J. H. Schultz, welche mit 12 Schnell-
pressen namentlich Regierungs-, Universitäts - und Kommunal-
arbeiten liefert. In der Provinz ist zu nennen die über 1 10 Jahre
bestehende Fyens Stifts -Buchdruckerei in ODENSE, wo die
Wiege der dänischen Buchdruckerei stand (I, S. 74).
Zur Zeit hat Dänemark 175 Buchdruckereien (davon 71 in
suü*ii»chei. Kopenhagen) mit einem Arbeitspersonal von 1438 Köpfen, darunter
746 Setzergehülfen, 3 54 Setzerlehrlinge; 69 Setzerinnen, namentlich
bei den Setzmaschinen thätig; 176 Drucker, 82 Druckerlehrlinge.
Die Zahl der Schnellpressen ist 294 , der Tretpressen 36 (davon in
Kopenhagen 151 Schnellpressen, 35 Tretpressen}. 90 Handpressen
werden wohl, wie überall, fast nur als Korrekturpressen dienen1.
Die litterarische Produktion ist nicht so genau wie in Deutsch-
land anzugeben, da die einzige Kontrolle in der angeordneten
Ablieferung eines Exemplars jeden Druckwerkes an die königliche
Bibliothek besteht. Eingereicht wurden im Jahre 1880 349 Zeit-
schriften, 1806 Bücher und Broschüren. In Kopenhagen erscheinen
14 Tageblätter zumeist im Format der grossen Pariser Zeitungen;
in den Provinzen 50. Kopenhagen hat 14 illustrierte Wochenblätter,
unter welchen die humoristischen eine grosse Verbreitung haben.
Die Xylographie, früher hauptsächlich durch Deutsche geübt,
Xylographie leistet sehr anerkennenswertes; die bedeutendsten Anstalten sind
ad Lhcn»!yp»c. ^ ^ Mustreret Tidentie, H. P. Hansen, F. Hkndrikson und J. J.
Rosenstand. Die Chemitypie verdankt dem Dänen Chr. Pul * ihr
Dasein und ist in Dänemark sehr beliebt geworden. Öfters wird sie
mit der Zinkhochätzung verwechselt, jedoch beruht sie auf anderen
Grundsätzen (s. 18;. Piil brachte seine Erfindung nach Leipzig und
übte sie dort in Verbindung mit dem Buchhändler H. Friedlein.
Auch die Zinkographie fand sehr geschickte Ausüber in Dänemark.
Auf Grund des kleinen Geschäftsgebietes konnte die Schrift -
GiESSEREl nicht mit der deutschen Schritt halten. Schriften wurden
> M. Tri-klsln, Stalititsi Oz-t-r/tjt nerTypojraphim i Danmark. Kopcnh. 1S81.
- C. Pill., Die Chemitypie-. Leipzig 1846.
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XVI. KAP. DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
445
hauptsächlich von Trennert in Altona und Genzsch & Heyse in Schrifegi«.«-«.
Hamburg, dann auch von Berlin und Leipzig bezogen. Gute
Arbeiten liefert H. A. F. Fries in Kopenhagen.
In Deutschland gilt VS. 295) der Däne Lauritz Brandt allgemein
als Erfinder der Schriftgiessmaschine. Er stammte aus Faaborg auf Die SchriftgieM-
der Insel Fühnen. Als Schlossergeselle ging er nach St. Petersburg, L Brand;
wo er allerlei mechanische Instrumente anfertigte, reiste kreuz und * 6 SeP, l8°7
quer durch Deutschland, verheiratete sich dort und segelte dann
nach Amerika. Hier führte er den Gedanken, die Giessmaschine zu
konstruieren, aus und baute diese in dem Hause der bekannten
Schriftgiesserei David Bruce jun. in New -York. 1844 g>ng er nac»
Deutschland und verkaufte sein Patent an Eduard Hänel in Berlin.
Brandt erntete hieraus weder grosse pekuniäre Vorteile noch Ehre,
denn Hänel verschwieg seinen Namen, sodass bald dieser selbst,
bald Steiner in München als Erfinder galt. Brandt verliess Deutsch-
land und ging nach Dänemark, wo er mehrere Maschinen für die
Schriftgiesserei Fries baute, die noch heute in Wirksamkeit sind.
In Schweden erwarb L. Hierta das Patent, welches später auf die
Firma Norstedt & Söner überging. Nach einem etwa vierjährigen
Aufenthalt in Europa ging Brandt nach New -York zurück und
gründete dort ein Etablissement, aus dem eine grosse Anzahl
Maschinen hervorging. 1859 zog er sich ins Privatleben zurück
und übergab sein Etablissement an N. Erlandsen, der, ebenfalls ein
Däne, als armer Junge von seinen Eltern aufgenommen worden
war. Gegen Brandts Ansprüche machte David Bruce sein Erfindungs-
recht geltend (S. 39).
Wennauch mit Setzmaschinen verschiedentlich experimentiert
worden war, so muss doch Christian Sörensen 1 in Kopenhagen Die seu-
maschine.
als der Erfinder betrachtet werden, denn er war der erste, der eine Chr. Soren«n
wirklich lebensfähige Maschine herstellte, die auf den Prinzipien f jo. Jan 1861.
beruhte, welche von allen späteren Erfindern, mit Ausnahme von
Mackie, angenommen wurde.
Sörensen war von ganz armen Eltern geboren und musste schon
als Kind zum Verdienst mit beitragen durch Arbeit bei einem Leine-
weber, und konnte nur in den Abendstunden einen notdürftigen
Unterricht geniessen. Durch einen Zufall kam er später in Setzerlchre.
» C. Nyrop, Christian Süren.sen. Et Industribillcde. Kopenhagen 1869.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
Er war ein mechanisches Genie. In seinem zwanzigsten Jahre
entstand bei ihm der Gedanke, eine Setzmaschine zu schaffen. Von
den vor ihm gemachten Versuchen hatte er keine Ahnung. Am
29. April 1846 erhielt er ein Patent für eine Setz- und Ablege-
maschine und eine Unterstützung zur Ausfuhrung eines Modells.
Während Sörensen hiermit noch beschäftigt war, ergingen die
Einladungen zur ersten Weltausstellung in London. Gelang es,
dort mit der Setzmaschine zu erscheinen , so war das Ziel erreicht !
Das Erscheinen gelang ihm zwar, aber — die Maschine erhielt nicht
einmal eine ehrenvolle Erwähnung.
Das war ein harter Schlag für Sörensen, und seine Gönner
fingen nun an, sich von ihm zurückzuziehen. Da erschien als Retter
in der Not der Publizist J. F. Gjödwad, Herausgeber der Zeitung
Fädrelandet, und bestellte eine Maschine und, als sie gut ausfiel,
noch eine zweite. Ehe diese zur Vollendung kam, trat die Pariser
Ausstellung von 1855 ins Leben. Der Besteller war liberal genug,
Erfolg« iD Par.$. zu gestatten, dass sie erst in Paris ausgestellt würde. Hier erregte
sie allgemeines Staunen und wurde einstimmig von dem Jury-
Kollegium der höchsten Belohnung würdig befunden, welche für
diejenigen Männer bestimmt war, „die sich um die Gesellschaft
besonders verdient gemacht" hatten.
Die Maschine war eine doppelte, eine Setz- und eine Ablege-
maschine, und wurde erst durch eine Giessmaschine vervollständigt,
die auch sehr schwieriger Natur war, da viele (bis auf 6} kompli-
zierte Signaturen notwendig waren ; doch gelang alles nach Wunsch.
Der pekuniäre Vorteil des Pariser Erfolges blieb jedoch für
Not. soijc und Sörensen aus. Er fiel in Paris Schwindlern in die Hände und nach
vielen vergeblichen Anstrengungen für die Einführung der Maschine
in Frankreich, Deutschland und Österreich kehrte er krank und
gebeugt nach Dänemark zurück. Hier fand er wieder Beistand und
Aufmunterung bei seinem alten Gönner Gjödwad. Zwar geschahen
auch von anderer Seite Schritte, die Sörensens Zukunft wenigstens
sorgenfreier gestalteten, aber Kummer und frühere Nahrungssorgen
hatten seinen Lebensfaden durchschnitten und er erlag seinen Leiden
am 30. Januar 1S61.
Mit der Setzmaschine verwandt ist die Schreibmaschine oder
Schreibkugel. Der erste, der mit einer solchen wirkliche Erfolge
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XVI. KAP. DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
447
erzielte, war der Direktor der königlichen Taubstummenanstalt in Die schreib-
Kopenhagen, R. Malung Hansen. Durch sein Nachsinnen über r. Mam'n»
Hansen
die Mittel zu einer leichteren Verständigung zwischen Taubstummen
und Blinden kam er auf den erwähnten Apparat, den er nach und
nach sehr vervollkommnet hat.
Durch die Oberfläche einer hohlen metallenen Halbkugel geht
eine Anzahl von Stahlstiften, die wie Radien eines Kreises nach
dem Mittelpunkte zusammenlaufen, was durch künstliches Unter-
schneiden der Stifte ermöglicht wird. Auf dem unteren Ende eines
jeden derselben ist ein Antiqua- Versalbuchstabe erhaben geschnitten,
wie jeder Typenstempel. Unter dem Mittelpunkte, wo alle Buch-
staben zusammentreffen, liegt das Schreibpapier mit einem Farbe-
papier bedeckt. Durch den Druck mit dem Finger auf den Knopf
eines Stempels wird dieser nach dem Zentrum geführt und übt einen
Druck auf das Farbepapier, wodurch der Buchstabe auf das weisse
Papier abgefärbt wird. Nach jedem Druck bewegt sich das Papier
soweit seitwärts zurück, dass der nächste Buchstabe in die richtige
Entfernung von dem vorhergehenden zu stehen kommt. Ist die
Zeile voll, schiebt sich das Papier so weit nach oben, dass es in die
richtige Lage kommt, um die folgende Zeile aufzunehmen. Eine
Schnelligkeit von 20 000 Buchstaben in der Stunde ist noch keine
übertriebene. Durch Übereinanderlegen von bis zu zehn Schreib-
und Farbeblättern ist es möglich, eine ebenso grosse Anzahl Drucke
gleichzeitig zu schaffen, die wieder durch elektrische Verbindung
mehrerer Apparate nach Belieben gesteigert werden kann.
Die erste eiserne Handpresse in Dänemark wurde 1836 von
Hüttemeyer, die erste Schnellpresse 1847 von J. G. A. Eickhoff Die Maschinen-
aUS Wittenförden in Mecklenburg - Schwerin nach dem System j. G.A.Eickhoff
König & Bauer hergestellt. Seine 200. Maschine folgte 1874. Uber t
1 25 davon gingen nach dem Auslande, namentlich nach Schweden
und Russland. Eickhoff baut auch Rotationsmaschinen.
Die Papierfabrikation ist besonders durch die Familie Drewsen
in die Höhe gebracht. Das dänische Fabrikat ist in den Mittel-
sorten ein sehr brauchbares. Die Buchbinderei nahm stets einen
respektablen, wennauch keinen hervorragenden Platz ein.
Die Lithographie wurde durch C. C. Lose von einem
Deutschen Heinrich Wenzler 181 i eingeführt und hauptsächlich
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
Lithographie, für den Notendruck benutzt. Der Kunstsinn, welcher, durch die von
Thorwaldsen gegebene Anregung in allen Schichten der Bevölkerung
geweckt, einen mächtigen Einfluss auf das Kunstgewerbe geübt hat,
wirkte auch auf die Lithographie. Es entstanden nicht nur vorzüg-
liche Kartenarbeiten, sondern auch wirkliche Kunstblätter, letztere
namentlich durch Emil Bärentzen & Co., jetzt Hoffensberg &
Trap, welche auch vorzügliche Chromos liefern. Neben diesen
verdienen J. W. Tegner & Kittendokf genannt zu werden.
Der Buchhandel in Dänemark ist nach deutschem System gut
organisiert. Das offizielle Organ des skandinavischen Buchhandels
ist das seit 30 Jahren von O. H. Delbanco herausgegebene Xordisk
BoghandUrtidende.
Auf der Insel ISLAND blieb stets der Sinn für die Litteratur
uund. herrschend. Es bestehen dort 5 Druckereien mit 7 Pressen und
4 Journale erscheinen daselbst. Die Offizinen von EinarThordarsox
und Björn Jönsson besitzen je eine Schnellpresse. Im Jahre 1799 kam
die Isländische Litterarische Gesellschaft1 in den Besitz einer kleinen
Druckerei, in der bereits 1840 über 100 Werke gedruckt waren.
Auch die FäRINSELN besitzen eine Offizin und ein Blatt. Selbst
Grönland ist nicht zurückgeblieben. Unter den in den dänischen
Kolonien wohnenden 12000 Eingeborenen ist die Fertigkeit im
Lesen und Schreiben so verbreitet, wie irgend in Europa. In den
Jahren 1857—61 machte der Inspektor von Süd-Grönland, nachdem
ihm auf Rechnung der Grönländischen Handelsdirektion eine Buch-
druckpresse gesendet war, einen Versuch, einen Eingeborenen,
Lars Möller, im Setzen und Drucken und einen andern im Holz-
schneiden zu unterrichten. 1861—62 hielt sich ersterer in Kopen-
hagen auf und wurde dort ordentlich im Buch- und Steindruck
unterrichtet. Nach seiner Rückkehr Hess der Inspektor ein kleines
Gebäude aufführen und als Buch- und Steindruckerei einrichten.
Ausser einigen kleinen erzählenden Schriften gingen zwei periodische
Unternehmungen aus dieser Offizin hervor: Atuagagdliutit (Unter-
haltungslektürej , worin auch Beiträge von Eingeborenen und viele
Abbildungen enthalten sind ; das andere enthält die Jahresberichte
der Ortsvorsteher mit lithographierten Tafeln. In der Kolonie
1 Dd isUuuiske Literairt SAikabt Lcvt. Kopenhagen 185 1. — Nyerop, Lasm.ia
Aar bog for /SOI.
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XVI. KAP.
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
449
Godthaab (Gute Hoffnung} befindet sich eine zweite Herrnhutische
Missionspresse, aus der eine Anzahl von Erbauungs- und Unter-
richtsbüchern hervorgingen. Das erste dort gedruckte Buch war eine
Legendensammlung Kalladtit Okalluktua allia'it mit zwölf von
Eingeborenen gezeichneten und geschnittenen Holzstöcken und acht
Liedern mit Musiknoten.
In NORWEGEN* kann man, sieht man von der altehrwürdigen
Litteratur der Eddas und des reichen Sagenschatzes in der Norröna- Norwegen.
Zunge ab (I, s. 1 56) , eigentlich erst seit etwa 70 Jahren von einer
Nationallitteratur reden.
In Christiania wurde die zweite Druckerei erst im Jahre 1807
angelegt. Nachdem die politische und die damit verbundene Press- Christum*,
freiheit im Jahre 1814 urplötzlich und in einem Maasse, wie es in der
Geschichte nicht oft vorkommt, errungen war, begann auch eine
grosse Regsamkeit in der Litteratur. Man machte bedeutende,
mitunter etwas krampfhafte Anstrengungen, um eine nationale
norwegische Litteratur zu schaffen, und damit fing auch die Buch-
druckerkunst an, einen bedeutenderen Platz einzunehmen.
In einem Lande, wo die grosse räumliche Ausdehnung, die
kleine, weit zerstreute Bevölkerung und die Naturschwierigkeiten Zeiiungiwe*«o.
einen schnellen Paketverkehr notwendig machten , war die Journal-
presse von grosser Wichtigkeit und oft die einzige Quelle der
Belehrung und Unterhaltung. Die Spuren derselben reichen bis auf
das Jahr 1760 zurück. Die erste eigentliche Zeitung waren die 1763
begonnenen Norske Intelligenz/edler. Die Zeitungen unterlagen,
wie in Dänemark, der Zensur und zwar einer sehr strengen. Zur
Empfangnahme von Zeitungen durch die Post gehörte eine
besondere Erlaubnis. Im Jahre 18 14 war die Zahl der periodischen
Schriften nur fünf. 18 15 wurde das erste täglich erscheinende
Morgenbladct gegründet. Die wissenschaftliche Journalistik ist nicht
ohne Wichtigkeit. Unter den 85 Journalen Norwegens befinden sich
auch mehrere illustrierte.
Auch die Bücherproduktion wurde eine regere. Im Jahre 1868
konnten bereits 650 Autoren bezeichnet werden. Zum Betrieb des
» Paui. Botten-Hanskn, La iVoivtge littirairt. Christiania 18OS. — Berrtnmg
om Säcularfatm i Christiania 1840.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
Bücher- Buchhandels nach deutschem Zuschnitt gab der Däne Johann Dahl
Produktion.
den Anstoss und Norwegen hat seitdem eine Reihe von tüchtigen
statiiiische». Buchhändlern und Buchdruckern aufzuweisen. 1840 zählte man
dort schon 33 Buchdruckereien, von welchen Christiania 15 mit
35 Pressen und 95 Arbeitern aufwies. 1879 war die Zahl der
Buchdruckereien auf 126 gestiegen, davon 29 in Christiania mit
72 Schnellpressen und 483 Personen. Die GröndahlscIic Buch-
druckerei dort hat das Verdienst, 1830 die erste eiserne Presse,
1840 die erste Schnellpresse, 1854 den Dampfbetrieb eingeführt
zu haben. Von ihr stammt auch die Annahme des Didotschen
Kegelsystems. Bis vor kurzem hatte die Fraktur entschieden das
Übergewicht, sie weicht aber Schritt für Schritt der Antiqua. BERGEN
hatte 8 Offizinen und 9 Schnellpressen.
Zur Papierfabrikation trägt Norwegen indirekt durch eine starke
Ausfuhr von Holzstoff bei , deren Wert 1879 nahe an Millionen
Mark betrug.
SCHWEDEN UND FINNLAND.
In SCHWEDEN, dessen Einwohner so oft die Franzosen des
Schweden. Nordens genannt werden, zeigte sich eine besondere Vorliebe für
französische Litteratur und französisches Wesen. Vielleicht hat dies
mit dazu beigetragen, dass die Schweden rascher und allgemeiner
als die Dänen und Norweger die Antiquaschrift als übliche Buch-
und Zeitungsschrift annahmen , so dass thatsächlich die Fraktur nur
für kirchliche oder wirklich nur für das Volk bestimmte Litteratur
beibehalten wurde. Es dürften überhaupt in den drei skandi-
navischen Ländern die Tage der Fraktur gezählt sein.
In betreff des Bezuges von Schriften, Druckmaterial und
Utensilien ist Schweden noch mehr als Dänemark auf das Ausland,
namentlich Deutschland, angewiesen, und stand auch im allgemeinen
etwas hinter Dänemark in der Typographie zurück.
Einer der bedeutendsten Buchdrucker war Peter Momma
Typographe«. l772 ■ > ein Rechtsgelehrter , der auf seinen Reisen die Buch-
druckerei in Holland lernte. Er war auch der erste, der eine
Schriftgicsserei in Schweden errichtete. J. S. Ekmansson führte
1796 die Didotschen Schriften ein. In Lu.ND erwarb der Däne
G Gustav Behling 1745 eine Offizin, welche Bedeutung erlangte
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XVI. KAP.
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
451
und mit der eine, hauptsächlich den akademischen Bedürfnissen
gewidmete Schriftgiesserei verbunden wurde. Sie blüht noch in den
Händen der Familie Beding.
Den bedeutendsten Platz unter den typographischen Anstalten
Schwedens nimmt die von P. A. Norstedt in Stockholm gegründete p. a. Nor«edt.
ein. Er kaufte 182 1 die Offizin von J. P. Lindh, nahm seine beiden
Söhne Adolf und Carl zu Teilnehmern und firmierte seit 1823
P. A. Norstedt & Söner. Im Jahre 1862 ging das Geschäft auf die
Verwandten Norstedts Gustav Laurin und Albert Laurin über,
beide starben jedoch zum allgemeinen Bedauern zeitig. Das jetzt
noch blühende Geschäft hat Werke geliefert, welche mit den besten
des Auslandes konkurrieren können. 1869 begannen Norstedts die
Nordisk Bogtryckcrtidcnde, welche leider 1875 wieder zu erscheinen
aufhörte x.
Im Jahre 1874 gründete eine Aktiengesellschaft ein grosses
graphisches Institut, Central -Tryckeriet y unter der Direktion von
Hans Forsell, welches im Jahre 1875 lS periodische Schriften,
darunter 1 1 illustrierte Blätter, druckte. In der Nacht vom 20. zum
21. Dezember desselben Jahres brannte die Anstalt teilweise ab,
bei welcher Gelegenheit der verdiente Dirigent der lithographischen
Abteilung, der Deutsche A. Seedorf, einen jämmerlichen Tod in
den Flammen fand.
Selbst die Hauptstadt des schwedischen Lapplands, Hapa-
RANDA, dicht an der Grenze des russischen Finnlands, hat eine
Druckerei und zwar mit einem adeligen Besitzer, G. C. von Klkrcker,
und ein Wochenblatt Nyastc Riksgränsat.
» Einer der neuesten Verlagsartikel der Firma ist J. G. Nordins Ifandbok
i Boktryekare kernten , ein so vorzügliches, nebenbei gesagt typographisch so
vortrefflich ausgestattetes Lehrbuch der Kunst, wie es Deutschland nicht
besitzt. Am l. April 1883 begann ein neues Fachjourn.il : Nordisk Tyfojraf-
Ttditinz. Am I. Juli 1883 und den folgenden Tagen feierte Schweden die
400jährige Einführung der Kunst, bei welcher Gelegenheit eine Festschrift
des erwähnten J. G. Nordin im Verein mit dem um die Bibliographie Schwedens
verdienten Bibliothekar G. E. Klemming: Svensk Bogtryckeri-lhstoria 1483 — iSSj,
I. Teil , erschien. Der Teil reicht leider nur bis zu dem erwähnten Momma
(etwa bis 1770). Aus demselben geht jedoch hervor, dass nunmehr die That-
sache feststeht, dass gleichzeitig mit Joh. Snell (I, s. 75) ein zweiter deutscher
Buchdrucker, Nie. Gothan, der früher schon in Magdeburg eine Offizin hatte,
1483 in Stockholm ein Buch, Vita St. Kathenne, druckte.
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452 DIE GERMANISCHE GRUPPE. XVI. KAP.
Die periodische Litteratur weist 321 Nummern auf. 91 Journale
Zeitungen, erscheinen in Stockholm, 18 in Gothenburg, 10 in Malmö, 7 in
Lund. 14 Blätter erscheinen täglich, davon 4 in doppelten Aus-
gaben ; Stockholm hat deren 6, Gothenburg, Heisingborg, MalmÖ
je zwei.
Durch die Bestrebungen der eingewanderten Dänen C. \V.
Gleerup in Lund und Ad. Bonnier in Stockholm ist der schwedische
Buchhandel ganz in der Art des deutschen organisiert. Die Zahl
der Buchhandlungen beträgt 26 1 .
Der Schwede liebt das Bunte und neben einer grossen Anzahl
von geschichtlichen Werken und Romanen werden auch viele
illustrierte, namentlich ethnographische Prachtwerke mit Chromo-
lithographien gedruckt, doch werden sie auch zumteil in Deutsch-
land ausgeführt. Die Lithographie kam 18 18 nach Schweden. Eine
Anstalt vonBedeutung ist Lithographiska Aktie Bolagct iNorrköping,
welche namentlich vortreffliche Landkarten geliefert hat.
Die Papierfabrikation Schwedens hat eine grosse Bedeutung
Die Papierfabri- und die Zahl der Fabriken beträgt etwa 60. Es wird sehr gutes
Papier fabriziert, wennauch für gewöhnlich ein recht mittelmässigcs
Fabrikat zur Verwendung kommt. Schweden mit seinem grossen
Reichtum an Holz und Wasserkraft liat die Fabrikation des Holz-
stoffes mit Eifer ergriffen und führt bedeutende Quantitäten aus.
Seine erste Farbenfabrik erhielt es erst vor wenigen Jahren durch
O. Marin in Söderköping.
FINNLAND, politisch mit Russland vereinigt, im Besitz seiner
ttnnbnd. nationalen Sprache und einer, wennauch nicht bedeutenden, natio-
nalen Litteratur, in dem höheren litterarischen Verkehr sich der
schwedischen Sprache bedienend, ist in betreff des Buchgewerbes
mehr zu Schweden als zu Russland gehörend zu betrachten.
Die bedeutendste typographische Familie ist die Frcnckellsche.
Typographen. Statt der nach Stockholm verlegten Druckerei (I, S. 158) erhielt
■1
Abo 1772 eine neue Offizin, die im Jahre 1750 in die Hände von
J. C. Frenckell kam, welcher 1755 zum akademischen Buchdrucker
ernannt wurde, und 1802 noch eine Druckerei in HelsinüForS,
o
wohin 1829 die Universität von Abo verlegt wurde, gründete, die
noch kräftig blüht.
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XVI. KAP. DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE. 453
Im Jahre 177 1 erschien die erste schwedische Zeitung in Äbo;
1776 die erste in finnischer Sprache. Unter der strengen Zensur zehungen.
konnte die Zeitungslitteratur nur einen sehr langsamen Fortgang
nehmen , erst in den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts trat ein
erheblicher Umschwung ein, so dass im Jahre 1878 24 Zeitungen in
schwedischer, 30 in finnischer Sprache erschienen. 187 1 hatte
Finnland 20 Buchdruckereien, die sich auf 12 Städte verteilten,
davon kamen 7 auf Helsingfors. Die Zahl der Gehülfen betrug
118, der Lehrlinge 99. Schnellpressen gab es 12, Handpressen
45. Jetzt hat Finnland 40 Buchdruckereien.
Die von Tilgmann aus Helsingfors erfundene Tiegeldruck-
•.Endlose" Mia hat wohl nicht den in Deutschland gehegten
Erwartungen ganz entsprochen
RUSSLAND UND POLEN.
Dass die Typographie in Russland und Polen nicht in der Weise
blühen konnte, wie in Ländern, wo die politische Freiheit eine frische Langsame em-
litterarische Bewegung und eine lebhafte Wechselwirkung mit den Typographie,
bedeutendsten Kulturvölkern hervorrief, ist selbstverständlich.
Hierzu kommt noch als erschwerendes Moment die grosse räum-
liche Ausdehnung des Reiches. Wie (s. 257) bereits erwähnt
wurde, erhielt Russland nicht nur sein typographisches Material
aus Deutschland , sondern auch die Ausüber der Buchdruckerkunst
sowohl als des Buchhandels waren grösstenteils Deutsche. Diese
haben erst Ordnung und System in das graphische Geschäft
gebracht. Der national - russische Buchhandel war noch 1840 in
einem desolaten Zustande. Smirdin in St. Petersburg und Simin in
Moskau gehörten zu den wenigen, welche das Geschäft kaufmännisch
regelrecht betrieben.
Die Buchdruckereien verbreiteten sich langsam; 1874 war die
Zahl derselben in St. Petersburg 107, die der lithographischen
Anstalten 105, der Schriftgiessereien Ii, der Buchhandlungen mit
offenem Laden 77. Den Bemühungen eines Deutschen, R.Schneider,
ist die Errichtung einer typographischen Lehrlingsschule zu ver-
danken. Derselbe gab auch 1867 — 1869 ein typographisches
t Journ. f. B. 1878, Nr. 7.
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454
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
Journal in russischer und deutscher, später nur in russischer Sprache
heraus, das auf Ed. Hoppe überging. Schneider verliess 1882
Russland und ging nach der Schweiz.
Eine eben so eigentümliche wie vortreffliche Anstalt ist die
Die suais- kaiserliche Staatsdruckerei oder, wie die offizielle Bezeichnung
druckerei. °
lautet: „die Kaiserlich Russische Expedition zur Anfertigung der
Staatspapiere", ein Institut, das jedes, selbst das in den graphischen
Künsten am weitesten fortgeschrittene Land mit Stolz das seinige
nennen würde. Durch ihre wahrhaft eminenten Leistungen in
photographischen Hoch- und Tiefdruckplatten, durch die geistreiche
Kombination von Heliographie und Galvanoplastik und durch die
vielfachen wichtigen Anwendungen der verschiedenen graphischen
Künste zur Herstellung von Staats - und Wertpapieren hat sie tief
eingreifende Erfolge erzielt. Die Fabrikation von Papier mit
Wasserzeichen in unvergleichlicher Klarheit und Zartheit, sowie von
geschöpftem Handpapier mit allen den Eigenschaften, die man von
einem für Wertzeichen bestimmten Papier verlangt, wird in gross-
artigem Maassstabe betrieben. Die Festigkeit ist namentlich dem
vorzüglichen russischen Hanf zuzuschreiben. Die Kontrolle beginnt
mit der Feststellung des Gewichts des abgelieferten Papiers und
lässt sich für jeden Bogen auf seiner Wanderung durch die Anstalt
verfolgen. Die Fabrik arbeitet mit sechs grossen Maschinen und
vierzehn Bütten \
Stempel und Matrizen, Cliches in Kupfer und namentlich in
Eisen, eine Spezialität der Anstalt, die gerade für die Herstellung
des farbigen Druckes in grossen Auflagen sowohl der Dauerhaftig-
keit, als der Unangreifbarkeit durch Farben wegen von wesentlich
praktischem Werte sind, werden in vorzüglichster Qualität geliefert.
Buch- und Holzschnittdruck, Kupferdruck, Lithographie, Auto-
graphie, Chromographie, Photogalvanographie , Heliographie,
Elektrotransformatypic , ein Verfahren zur Herstellung einer Platte
mit Bildstellung beliebig nach rechts und links, kurz, jeder nennbare
graphische Prozess wird dort zur Vollkommenheit gebracht. Eben-
falls vorzüglich sind die durch Georg v. Scamoni photographisch
erzielten mikroskopischen Schriften. Derselbe, aus Würzburg
• Das Journ. f. K. 1872 bringt eine sehr detaillierte Beschreibung de>
Instituts, von Tu. Oof.bei..
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XVI. KAP. DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN' GRUPPE. 455
gebürtig, hat einen grossen Anteil an den Erfolgen der Anstalt in
allen heliographischen Verfahrungsweisen1.
Die Anstalt wurde 1 8 1 S unter Leitung von Theod. Schneider
aus Mannheim gegründet und besteht seit 1866 als selbständiges
Geschäft, das seine Überschüsse an die Staatskasse abliefert. Der
Chef ist seit 1861 der Staatsrath Theod. von Wixberg. Bereits im
Jahre 1873 hatte die Anstalt 17 Dampfmaschinen mit 362 Pferde-
kraft zur Disposition. Die Druckerei arbeitete mit 58 Schnell-
pressen, darunter 35 aus der Fabrik von König & Bauer, 60 Hand-
pressen, eine ausserordentliche Zahl von Hülfsmaschincn und
beschäftigte im Hause 1400 — 1800, ausser dem Hause 300—1200
Arbeiter.
Eine eigentümliche Einrichtung ist die Beteiligung des ganzen
Personals bis zum jüngsten Arbeiter herunter an dem Gewinn der
Anstalt, derein bedeutender, zwischen 3 — 400000 Rubel jährlich,
sein soll. Die eine Hälfte derselben fliesst in die Staatskasse, die
andere wird unter das Personal in der Weise verteilt, dass jeder
Arbeiter mindestens einen Monatslohn als Anteil empfängt.
Die baulichen Anlagen der Anstalt, welche in dem südlichen,
nicht sehr bebauten Stadtteil sich befinden, bedecken einen grossen,
an drei Seiten von Strassen begrenzten Flächenraum, auf welchem
ausser der eigentlichen Druckerei auch die Papierfabrik und die
Wohnungen der Beamten sich befinden.
Zum Schutze der Anstalt hält eine Wache von 36 Mann die
verschiedenen Zugänge bei Tag und Nacht besetzt. Die Gebäude
sind durchweg massiv und feuersicher, fast nur von Stein und Eisen.
An der Spitze der Anstalt, welche dem Finanzministerium unter-
stellt ist, steht ein technisch gebildeter Direktor. Als Vorsteher der
einzelnen Abteilungen, sowie zur Wahrnehmung der Kassen- und
Rechnungsgeschäfte und der Kontrolle sind 160 Beamte und
280 Meister und Meistergehülfen angestellt. Sehr zu loben ist, dass
die mächtige Anstalt nur auf die Bedürfnisse des Staats beschränkt
bleibt, obwohl es in Russland eher als in anderen Ländern zu
entschuldigen wäre, wenn sie Privaten Konkurrenz machte.
« Seine Erfahrungen hat er in .seinem „Handbuch der Heliographie" mit
Atlas, Berlin 1872, niedergelegt.
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456
DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
Die Universitätsbuchdruckerei wurde 1755 gegründet. 187 1
verschiedene beschäftigte sie 16 Schnell- und viele Handpressen und ist reich
mit orientalischen Schriften versehen; das Vaterunser konnte in
325 Sprachen gesetzt werden. Eine zweite orientalische Buch-
druckerei, namentlich für armenischen Druck bestimmt, errichtete
1836 Joachim Lazareff. Unter den älteren Buchdruckereien nimmt
die von J. J. Glasanow (Oberbürgermeister, wirklicher Staatsrat,
Excellenz), welche bereits ihr hundertjähriges Bestehen feierte,
einen bedeutenden Platz ein, während unter den jüngeren die von
B. M. Wolff hervorragend ist. Der kürzlich verstorbene Wolff
verband Veriagshandel mit Buchdruckerei und hat Verdienste um
die Verschönerung der russischen Schrift und der Anpassung der
Renaissance-Antiqua an diese. Eine bedeutende Accidenzdruckerei
ist die von Golowin. Alex. Bencke liefert ebenfalls viele Accidenz-
arbeiten und beschäftigt nur Nationalrussen. Hermann Hoppe giebt
das illustrierte Journal, von Ed. Hoppe gedruckt, heraus. Die
Gesellschaft Allgemeiner Nutzen ist ein ausgedehntes Etablisse-
ment, besonders für Herausgabe illustrierter Blätter. Bedeutende
Schriftgiessereien sind die Filiale von Flinsch in Frankfurt a. M.
(Franz Mark), Revillon & Co. und O. J. Lehmann. Die litho-
graphische Anstalt von A. Iljin liefert gute Landkarten.
In MOSKAU wird die graphische Kunst in ziemlich umfang-
Dic Prorimcn. reicher Weise geübt. Im Jahre 1881 bestanden 237 Offizinen, in
welchen mit 202 Buchdruck-, 147 Steindruck - Schnellpressen und
712 Tret- und Handpressen gearbeitet wurde. Die Schrift-
giessereien, unter welchen Seliwanowski bedeutend ist, arbeiteten
mit 47 Giessmaschinen. Die bekannte Synodalbuchdruckerei
(I, S. 279) erhielt eine neue und zweckmässige Einrichtung. Mor.
Neubinger druckt namentlich Wertpapiere.
Dorpat hatte schon 1624 eine Offizin, Mitau 1774, ODESSA
1825. Charkow mit seiner 1 804 gegründeten Universität erhielt
1 820 eine Druckerei. In Warschau sind namentlich H. & M. Orgel-
brand durch ihre hebräischen Drucke bekannt.
In den baltischen Provinzen erschienen 1871 22 deutsche,
7 esthnische und 6 litauische Zeitungen und nur eine russische.
Die armenische Typographie wurde namentlich in dem berühm-
ten Kloster Etzschmiazin bei Eriwan, der Hauptstadt Armeniens,
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XVI. KAP.
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
457
gepflegt. Ein zweiter Druckort ist Nachitschewan, wo 1794
unter anderem eine Übersetzung von Fenelons Telemaque erschien.
TiFLis hat mehrere Offizinen. In der Herrnhuter-Kolonie Sarepta
befand sich seit dem Jahre 1763 eine unbedeutende Missionsdruckerei.
Astrachan erhielt zu Anfang des Jahrhunderts, Kasan 18 15
Offizinen.
In den Gouvernementsstädten SIBIRIENS finden sich zwar
Buchdruckereien, jedoch primitivster Einrichtung, nurjEKATERlNEN-
BURG und IRKUTSK haben gut versehene Offizinen. Die einzige
offizielle Zeitung Sibiriens, welche in Irkutsk erschien, wurde 1880
verboten. In Selenginsk wurde auf Veranlassung der Londoner
Missionsgesellschaft die ganze Bibel 1834 in mongolischer Sprache
gedruckt.
Die russischen Papierfabrikanten beschweren sich sehr über
Mangel an Lumpen, die namentlich nach England ausgeführt werden.
Die Kartenfabrikation ist ein Monopol der Regierung; die einzige
Fabrik liefert jährlich etwa sieben Millionen Spiele.
Im Jahre 1874 hatte Russland 322 Buchhandlungen und die
Zahl der erschienenen Bücher betrug 2589. 1870 war der Wert der statistisches.
Büchereinfuhr 1 153082 Rubel, von welcher Summe die Million
auf Deutschland fiel, die Ausfuhr bezifferte sich auf 83 714 Rubel.
Die Zahl der Zeitschriften ist eine verhältnismässig sehr geringe
und betrug 188 1 nur 776, davon 80 in polnischer, 43 in finnischer,
39 in schwedischer, 36 in deutscher, 13 in lettischer, 10 in esthnischer
Sprache und 26 in verschiedenen Idiomen. Es erscheinen von diesen
Zeitschriften 197 in St. Petersburg, 75 in Moskau, 79 in Warschau,
36 in Helsingfors, 23 in Riga, 21 in Tiflis, 20 in Kiew, 19 in Odessa.
Die verbreitetste Zeitung (71 000 Auflage) war der nGolosu (die
Stimme)', sie hatte so wenig wie die Times eine bestimmte Tendenz, Zeitungswesen.
aber ein ebenso feines Gehör für das, was kommen würde. «Die neue
Zeit", ein chauvinistisches Slawenblatt (30000 Auflage) hatte etwas
an Verbreitung eingebüsst. Im Hetzen gegen Deutschland hatte es
fast den Sieg über die russische St Petersburger Zeitung davon-
getragen, wogegen die „Russische Wahrheit" einen gebildeten Ton
anschlug. Auch das „ Gerücht"4 hielt sich von Chauvinismus frei.
» Die folgenden Angaben beziehen sich auf das Jahr 1879. „dolos"
ist seitdem eingegangen.
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PfE GERMANISCHE GRUrPF.
xvr. KAP.
Die „Moskauer Zeitung" hatte namentlich in Moskau selbst und in
dem Lande südlich und östlich von Moskau Geltung.
Die Regierung besass nur ein offizielles Organ, „DerRegierungs-
boteM. Als offiziös konnten das yournal de St. Petersbourg und die
Agence generale russe und im Auslande der Brüsseler Le Nord,
allenfalls auch der „Russische Invalide" gerechnet werden. Neben
der russischen St. Petersburger Zeitung existiert auch eine deutsche;
beide gehören der Akademie der Wissenschaften, welche sie ver-
pachtet, und haben bereits 1877 ihr 1 5ojähriges Jubiläum gefeiert.
Die grossen Petersburger Zeitungen stehen zwar nicht unter
Präventiv-Zensur, müssen aber 5000 Rubel Kaution stellen. Sobald
sie ausschreiten , werden sie verwarnt und nochmaliges Verwarnen
zieht zeitweiliges oder auch vollständiges Verbot nach sich. In
ausländischen Angelegenheiten haben die grossen Blätter ziemlich
freien Spielraum, und sind selbst hinsichtlich der inneren bei weitem
nicht so beengt, wie man gewöhnlich annimmt. Der Ton gegen
Deutschland ist bekanntlich im allgemeinen voller Hass und zur
Schau getragener Verachtung.
Manche Städte von 10000 und mehr Einwohnern haben keine
Zeitung, so dass oft ein grosser Kreis oder ein Gouvernement ohne
Organ ist. Mit welchen Schwierigkeiten ein Zeitungsherausgeber
oft zu kämpfen hat, mag daraus erhellen, dass z. B. aus Neu-
Tscherkask erst das Manuskript, dann die Korrektur eines Blattes
nach Moskau gesendet werden muss, womit zehn Tage verloren
gehen , dazu noch die Zeit für Satz und Druck.
DIE DONAULÄNDER.
Wir wenden uns jetzt den jüngsten selbständig gewordenen
Di<= jungten Mitgliedern des europäischen Staatenbundes zu, deren Bedeutung
für die Presse erst der Zukunft gehört. Mit der Erlangung des
politischen Selbstbestimmungsrechtes eines Volkes ist ja auch stets
das Aufblühen des geistigen Lebens verbunden gewesen, und ist
die erste Gährung überstanden, so ist es bei der Bildungsfähigkeit
der betreffenden Völker auch zu erwarten, dass sie eine angemessene
Stellung auf dem Gebiete der Presse einnehmen werden. Zu hoffen
und zu wünschen bleibt, dass es nicht deutschfeindlichen Einflüssen
gelingen möge, nationale und geistige Antipathien gegen germa-
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XVI. KAP.
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
459
nische Kultur zu erregen, wodurch die Völker selbst am meisten
gegen ihre Unabhängigkeit und ihr geistiges Interesse handeln
würden.
SERBIEN *. Als die neue Ära in unserem Jahrhundert für
Serbien begann, standen das Volk, welches belehrt werden musste, Serbien,
und die Geistlichkeit, welche belehren sollte, ziemlich auf derselben
Stufe des Wissens oder vielmehr der Unwissenheit.
Das erste Buch, welches in Serbien erschien, ist eine von dem
Woiwoden von Celat, Georg Cernojevic, 1493— 1495 veranstaltete,
mit cyrillischen Lettern gedruckte Ausgabe des Psalters, welche
Schafarik den schönsten slawischen Druck nennt, wie überhaupt
die Erzeugnisse der südslawischen Pressen an innerem und äusserem
Wert die ihnen um einige Jahre vorausgegangenen Krakauer cyrilli-
schen Drucke übertrafen.
Doch dauerte dieser Glanz nicht lange und erlosch bereits im
XVI. Jahrhundert in den Kämpfen mit dem Halbmond. Von da ab
versorgte Russland die südslawischen Länder mit Kirchenbüchern,
bis die eigene Staatsdruckerei die Lieferung derselben übernehmen
konnte. Ferner that die englische Bibelgesellschaft manches für
die Verbreitung des Neuen Testaments, welches sie von dem
bekannten Gelehrten Vuk übersetzen und mit cyrillischen Lettern
drucken liess. Auch andere Werke, namentlich Übersetzungen,
wurden in Österreich und Deutschland gedruckt.
Die Grundlage zu der Staatsdruckerei war durch ein Geschenk
des Kaisers Nikolaus, bestehend in zwei Druckerpressen, 1830 nie staat*.
gelegt. Dieselben wurden zuerst in Kracujevac aufgestellt, um ru°
unter der Leitung Berrmanns aus Wien erst nur liturgische Bücher
mit russischen Lettern zu drucken. Im Jahre 1831 wurde die
Druckerei vom Fürsten Milosch nach Belgrad verlegt und mit
noch drei Handpressen, später mit zwei König & Bauerschen
Schnellpressen ausgestattet. Die Schriftgiesserei wurde von dem
Stuttgarter Ockenfuss eingerichtet. Um den Typenschnitt machten
sich zwei andere Deutsche, Schröpel (7 1864) und dessen Faktor
Walter aus Frankfurt, verdient. Nach 1864 traten zwei junge in
Deutschland ausgebildete Serben an die Spitze der Anstalt. Die
alt- und neuslawischen Typengattungen sind gut vertreten, auch
« F. K,\MTZ, Serbien. Leipzig 186S.
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
Musiknoten sind vorhanden und xylographische, galvanoplastische
und Stereotypie - Anstalten wurden eingerichtet. Im Jahre 1870
waren mehr als 50 Setzer und Lehrlinge beschäftigt und zahlreiche
Arbeiten wurden sowohl für den Staat wie für Private ausgeführt,
ausserdem die Landeszeitung und mehrere andere Journale dort
gedruckt.
Um 1850 wurde auch die LITHOGRAPHIE durch einen
Deutschen, Braumann, eingeführt. Karten, Pläne und andere
chromographische Arbeiten wurden in guter Ausstattung geliefert,
auch die serbischen Postmarken sind sehr gut gedruckt.
Die serbische Sprache, die auch seit 1830 von den Kroaten als
uicerbischc Schriftsprache adoptiert wurde, wird von Kennern als reich, kurz,
Sprache.
energisch und melodiös geschildert. Der Linguist Vuk fuhrt in seinem
Wörterbuch mehr als 62 000 Wörter auf. Bis jetzt beschäftigte
sich die serbische Presse meist mit dem Druck von Lehrbüchern
und mit Übersetzungen, doch hat die Originallitteratur schon
bedeutende Anfänge aufzuweisen. Das 1838 vom Fürsten Mtlosch
gegründete Lyceum wurde 1863 Universität. 1841 gründete Fürst
Michael die „Gesellschaft für serbische Litteratur", die ein Mittel-
punkt der geistigen Bestrebungen wurde und durch ihr Jahrbuch
(Glasnik) viel wirkte.
Als Gründer der politischen Presse im europäischen Stil ist
z<iiuagcn. Milos Popovic zu betrachten, der von 1841 — 1861 fast ununter-
brochen die offizielle Zeitung redigierte und dann im Verein mit
Dr. Rosen eine quasi offiziöse Zeitung gründete. Da diese die
gelesenste von allen war und trotzdem nur in 750 Exemplaren
gedruckt wurde, so lässt sich ein Schluss auf die Grösse des Lese-
publikums der übrigen im Jahre 1866 in Belgrad erschienenen
Blätter ziehen. Mit dem Buchhandel ist es auch noch nicht sonder-
lich bestellt.
Auf dem Gebiete der vervielfältigenden Künste haben sich
Graphische einige Persönlichkeiten vorteilhaft bekannt gemacht. Natal, Boni-
facij und Martin Rota-Kolunic wirkten als Kupferstecher bereits
im XVI. Jahrhundert in Rom. Unter den zahlreichen Stichen des
letzteren ist namentlich „Das jüngste Gericht" bekannt. Zu Anfang
unseres Jahrhunderts gab Joseph Milowuk Bildnisse berühmter
Serben in Kupferstich heraus. Sein Sohn machte einen Versuch
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XVI. KAP. DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE. 461
mit einer illustrierten Zeitung in Belgrad und suchte somit für den
Holzschnitt in Serbien Bahn zu brechen; doch war der Erfolg kein
bedeutender.
Um die Lithographie und die Photographie in Serbien erwarb
sich die meisten Verdienste Nastas Jovanovic. Vom Fürsten
Milosch nach Wien gesandt, um dort die Kupferstecherkunst zu
lernen, gründete er später einen nationalen Kunstverlag, in welchem
sich zahlreiche Blätter mit historischen Vorwürfen befanden. In
seinen Unternehmungen ward er von Wiener Künstlern, namentlich
von Vincenz Katzler, unterstützt.
RUMÄNIEN. Das Rumänische ist die Muttersprache von über
zehn Millionen Menschen, hat also für die Typographie der Zukunft Rumänien,
eine nicht geringe Bedeutung. Es wird nicht allein in Rumänien
gesprochen, sondern ist auch in den östlichen Teilen Ungarns, im
Banat und in Siebenbürgen, in Bessarabien, Podolien und in der
Bukowina verbreitet. Von manchem wird die rumänische Sprache
irrtümlich für eine slawische gehalten ; sie stammt jedoch aus dem
Lateinischen und schliesst sich ziemlich eng an das Italienische an,
erscheint deshalb auch den Bewohnern der eigentlichen Kultur-
lander Europas nicht so fremdartig als die slawischen Idiome.
Die dortige Typographie befindet sich schon im raschen Auf-
blühen. Bereits in der Mitte der siebenziger Jahre unseres Jahr-
hunderts befanden sich in Rumänien in zwölf Städten verteilt
34 Buchdruckereien mit 217 Gehülfen und 1 17 Lehrlingen. Von
diesen kamen auf Bukarest zwölf Druckereien mit 138 Gehülfen,
108 Lehrlingen, 27 Maschinen und 1 1 Handpressen. Die Regierung
ist sehr um die Einfuhrung der Papierfabrikation bemüht. Für das
Interesse, welches in diesem jungen, der Kultur zugeführten Staat
für die Typographie herrscht, spricht das Erscheinen zweier Fach-
zeitschriften.
BULGARIEN. Diese jüngste Staatenschöpfung in Europa hat
begreiflicherweise noch zu sehr mit den notwendigen Existenzfragen Bulgarien,
zu kämpfen, um auf dem Gebiete der Presse schon wesentliches
leisten zu können. Erst kommen, wie überall, die Zeitschriften und
die Unterrichtsbücher. Seit 1824 Hessen bulgarische Emigranten
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
zahlreiche Schul- und kirchliche Bücher im Auslande drucken und
Druckereien wurden 1 870 in Salonik und Smyrna zu diesem Zwecke
begründet. Ein Journal Ljuboslovic erschien bereits in den Jahren
1844 — 1846 in Smyrna. Die erste in Bulgarien in der Landes-
sprache erschienene Zeitung war 1849 Czarigradskij Vcstnik, sie
fand jedoch keine grosse Verbreitung und ging 1861 ein. Ein in
Odessa herausgegebenes Blatt Mirozretiie wurde, obwohl politisch
ganz harmlos, verboten. 1879 erschienen in Konstantinopel und
Rumänien 14 bulgarische Zeitschriften.
Sofia hat jetzt sechs Zeitungen aufzuweisen, unter welchen
das wöchentlich erscheinende Regierungsblatt. Die in deutscher
Sprache erscheinende „Bulgarische Korrespondenz" ist zur Auf-
klärung des Auslandes bestimmt. Unter den Zeitungen befindet sich
auch eine illustrierte, Bolgarskaya Illyicstratsiya. RüSTSCHUCK
hat zwei Journale, unter welchen das oppositionelle Bolgarin die
stärkste Verbreitung hat. In SlSTOWA, TlRNOWA, PHILIPPOPEL
und Sliwnia giebt es je eine Zeitung.
GRIECHENLAND.
Griechenland war eines der letzten Länder, nicht nur in Europa,
Griechenland, in welchem die Buchdruckerkunst ein festes Heim fand.
Unter der Herrschaft der Türken hatte sich nur ab und zu eine
wandernde Druckerei eingefunden, um rasch wieder zu verschwinden,
eine bleibende Stätte für die Typographie gab es nicht. Die not-
wendigsten liturgischen, daneben einige wenige Unterrichtsbücher
wurden bei Nikolas Glyky in Venedig, einige auch in Wien und
Paris gedruckt.
Der Errichtung zweier Offizinen auf den jonischen Inseln durch
General Bonaparte wurde bereits (S. 172) gedacht. Zu Anfang des
Jahrhunderts fanden schwache Versuche zur Gründung griechischer
Zeitungen in Konstantinopcl, Smyrna und Bukarest statt. Auszüge
aus der heiligen Schrift in neugriechischer Sprache Hess 18 17 der
Missionär Wilson auf Corfu drucken. 1818 folgte dort eine politische
Zeitschrift in italienischer und neugriechischer Sprache. Bereits
früher hatte der Missionär Lowndes eine albanesische Bibel, wahr-
scheinlich das erste gedruckte Buch in albanesischer Sprache, dort
ausfuhren lassen.
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XVI. KAP.
DIE ZWEIGE DER GERMANISCHEN GRUPPE.
463
Als 182 1 der Freiheitskampf der Griechen überall in Europa
die grösste Teilnahme erweckte, und die Bildung der philhellenischen Der Freiheit»-'
kampf.
Vereine veranlasste, fassten letztere auch die Beschaffung einer
griechischen Druckoffizin ins Auge. Firmin Ambroise Didot, ein
eifriger Griechenfreund, schenkte Griechenland eine vollständige
Druckerei-Einrichtung (s. 180;, die in Nauplia ihre Stätte fand.
MisSOLUNGHl erhielt eine Offizin durch Lord Byron, und Lord
Stanhope brachte eine solche nach ATHEN; ausserdem erhielten
Korinth, Patras, Hydra, Chios und Aegina Pressen. Auf
Aegina erschien während der Präsidentschaft des Grafen Capo d'Istria
das Regierungsblatt „Ephemeriden" ; auf Hydra „Der Freund des
Gesetzes", in Missolunghi die „Hellenische Chronik", in Korinth die
„Trompete von Hellas".
Als König Otto 1833 nach Griechenland kam, war der Zustand
der Druckereien, zu denen inzwischen noch einige lithographische Regierung
Anstalten gekommen waren, ein so kläglicher, dass es nicht einmal K°ms °"°s
möglich war, die notwendigsten Regierungsarbeiten alle im Lande
auszuführen. Unter den mit dem Könige angekommenen bayrischen
Soldaten befanden sich 11 Buchdrucker, 7 Lithographen und
13 Papiermacher, die nun bessere Dienste leisten konnten, als die
Muskete tragen; von G. Jacquet in München war auch noch eine
Druckerei-Einrichtung gesandt worden. In Athen wurde das, noch
1870 dreimal wöchentlich erscheinende Jahrhundert" gegründet.
„Der Erlöser- erschien zweimal wöchentlich in italienischer und neu-
griechischer Sprache. 1834 gründete die Amerikanisch-Englische
Gesellschaft zur Verbreitung religiöser Ansichten eine gut ein-
gerichtete Buchdruckerei, die viele Schulbücher, an welchen Griechen-
land noch sehr arm war, lieferte
Ein organisierter Buchhandel 1 existierte natürlich noch nicht.
Auch hier waren es, wie an so manchen Orten, Deutsche, denen die
Aufgabe zufiel, in diesen Ordnung zu bringen, in welcher Hinsicht
der am 27. Juli 1882 verstorbene Buchhändler und deutsche Konsul
Karl Wilberg durch seine seit 1827 bestehende, vortrefflich organi-
sierte Buchhandlung sich besondere Verdienste erwarb. Die deutsche
wissenschaftliche Litteratur hat Wilberg viel zu verdanken, denn er
1 Cokomilas, Dr.M., Catalogue tlts Ihres publtis en Grcce. U Exposition Vtenne
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DIE GERMANISCHE GRUPPE.
XVI. KAP.
trug nicht allein zur Verbreitung ihrer Erzeugnisse ausserordentlich
bei, sondern stand auch den in Griechenland reisenden Forschern
mit Rat und That zur Seite.
Bis 1837 &aD es kein Pressgesetz. 1843 wurde durch die Ver-
1850 sehr beschränkt, bis die Presse nach der Thronbesteigung
König Georgs 1863 wieder ganz frei wurde. 1873 erschienen
1 52 Journale, davon 74 in Athen, und das litterarische Leben ist in
raschem Aufblühen begriffen. Eine illustrierte griechische Zeitung
Hcsperos, herausgegeben von Dr. J. Pervanoglou , wird in Leipzig
(bei VV. Drugulin) gedruckt.
Bevor in Griechenland das Licht der Kultur, welches einst über
dessen glückliche Gefilde so herrlich leuchtete, vollständig erlosch,
um einer tiefen, wie es schien ewigen, Finsternis Platz zu machen,
hatte es jedoch den „Barbaren" seine unvergleichlichen Geistes-
werke hinterlassen, die so vieles dazu beitrugen, bei letzteren die Auf-
klärung zu verbreiten und der Buchdruckerkunst den Weg zu ebnen.
Der „Barbar" Gutenberg glich die Rechnung mit Griechenland
aus, indem er ihm seine äusserlich unscheinbare, aber in ihren
Wirkungen unvergängliche und unvergleichliche Erfindung als
Entgelt brachte. Mit dieser erhielt Griechenland, wie jedes Land
des Erdkreises, für immer die Gewähr, dass es nicht zum zweitenmal
der geistigen Verkümmerung und Finsternis anheimfallen könne.
Und so mögen die folgenden, dem Denkmal im Hofe „Zum Guten-
berg" entlehnten Zeilen hier statt eines Kolophons stehen.
Was einst Pallas Athene dem griechischen J-orscher verhüllte,
Fand der denkende Fleiss deines Gehörnen, o Maint!
Völker sprechen zu Völkern , sie tat/sehen die Schütte des II 'tssens;
Mütterlich sorgsam baoahrt, mehrt sie die göttliche Kunst;
Sterblich war einst der Ruhm; SIE gab ihm unendliche Dauer,
Trägt ihn von Pol tu Pole, lockend durch Thaten sur That;
Nimmer verdunkelt der Trug die neige Sonne der Wahrheit,
Schirmend scfnvd>t ihr die Kunst, Wolken verscheuchend, voran.
I Vandrer, hier segne den Edlen, dem so viel Grosses gelungen,
Jedes nüttliehe Werk ist ihm ein Denkmal des Ruhms.
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A. NAMEN- UND SACHREGISTER.
Abo S. 452.
Accidenzdruck in Amerika 125.
— in Berlin 368.
— in England gj_. 105.
Ackermann, A., 337.
Ackermann, Rud., 24.
Adam, Isaak, (lz*
Adams, Jos., 123.
Adelaide 1 1
Adler, C, 32^
Adler, G., 350.
Adlers Erben 375.
Adrian, F. R., 1 s 7.
Ägina 463-
Ägypten, das alte, 339.
„ Ägypten" von Ebers 389.
Ägypten, Felddruckerei in, 1 7 2.
Ägyptologie, die, 340-
Afrika 113.
Age 112.
Agencc Havas 1 99.
d'Agincourt, Vhist. de l'art 186.
Agram 43 7-
Aguado, Juan, 245.
Aichele & Bachmann 314.
Akademische Buchdr., Berlin 366.
Akadem. Buchdr. in München 394.
Alauzet, R, 1,58.
Albamra, G., 245.
Albert, J., 306.
Albert & Hamm 3 16.
Albertotypie, die, liL 396.
Albrecht, C,
Albrecht & Meister 371.
j Album typogr. de Pimpr. Royale 1 76.
Alden, Thim., und iL W., ±2.
Algier 248.
Allen, Ed., 35.
Allendorf a. d. Werra 400.
..Allgemeiner Nutzen" 456.
Allgeyer, Jul., 397.
Allier Pere & fils zuz^
Alphabetkum Tibetanum 234.
Altenburg in S.-A. 350.
Amand, G. L. A., 227.
Amelang, C. F., 367.
Amherst, Lord, 107.
Amsler & Ruthardt 372.
Amsterdam 227.
Amyot, P. F., 1 10 •
Anastatischer Druck
Anderson, Alex., 123.
Andres, J., 288.
Andre, Joh., 401.
Andrew Best & Leloir 204.
Angeli und Sohn 243.
Anger, J., 3 16.
Angerer & Güschl 434,
Anglaise 146.
Anison-Duperon, E. A. J., 171-172.
Anleger, mechanischer, £S_.
Annual Register 5^
Annuaire Almanach du C omm. 1 8 1 .
Ansbach 399.
30
466
REGISTER.
Antananarivo 113.
Antiqua u. Fraktur L Deutschi. 255.
— in Skandinavien 450.
Antiquariatsgeschäft LLondon 100.
Antwerpen 232.
Appel, F. A., 207.
Appel, R., i_l 1
Applegath & Cowper üsl
Appleton, D., & Co., 130.
Aquarelldruck lq.
Arbeitsweise, deutsche, 257.
— englische, rjch
— französische, 140.
Archimowitz, Th., 293.
Archives des decouvertes 186.
Argus 112.
Arnold, E., 350.
Arnz & Co. 379.
L'art pour tous 156. 208.
Arundel, Lord Th. 1 03.
Arundd Society 371.
Aschersleben 353.
Asher & Co. 372.
Ashley, J. F., 6&
Asnieres 207.
Aspern van der Velde 227.
Asser liL
Assignatendruck in Frankreich 172.
Astrachan 457.
Athen 463.
Athenäuni 436.
Attaignant, P., 324-
Auer, Alois, 422.
Auers .Endlose14 424.
Augsburg 398.
Augsb. „Allgemeine Zeitung" 398.
„ Augsburg '^Maschinenfabrik, 3 13.
Auroras Triumphzug 377.
Ausleger, mechanischer, GfL
Austin, Stephan, 84.
Australiern Register 1 1 2.
Australien 112.
Autotypie 397.
Ava 1QQ.
Baader & Co. 402.
Bachelin - Deflorenne 1 1 f>
Bachelier, A. L. J., 2 1 q.
Bachem, J. P., 380.
! Bachmann, J. H. F., 285.
! Badoureau, B., i g 6.
j Bädeker, Familie, 329. 379.
! Baensch jun., E., 354.
Bär & Hermann 347.
Bärentzen & Co. 448.
Bagel, A., 320-
Bagelaer, E. \V. J., 2_2_JL
Bagster, Sam, & Sons qji
Baillere, J. B., 209«
Bailleul zaa.
Baily, M., 62.
Balantyne, John, fii.
Baley, Benj., 107.
Ballard, Rob., 325.
Banknotendruck in Amerika 1 25.
— Deutschland 370.
— England 91.
— Russland 454.
Barba, G., 212.
Barbera, G., 242.
Barbou, Familie, 186.
Barcelona 24«;.
Barth, J. Aug., 372.
Barth, Joh. Ambr., 348.
Barth, W. A., 338.
Bartholomäus, Fr, 353.
Basel 406.
Baskerville, John, 7^.
Bastide 249.
Batavia 109.
Bäte
Batenberg & Majeur 150.
Baudoin, A., 2 10-
Baudoin 159.
Baudry, ]., 20S.
Baudry Collection, 2 1 2.
Bauer, A. F., 54. 308.
Bauer, Bonitas-, 399.
Bauer, J. C, 2S9.
Baumann, G. E., 3 1 9.
Baumann, L., 379.
Baumgärtner, J., 12. 349.
Baurkeller i_t_.
Bautzen 350.
Baxter, George, 8_£,
Beaumarchais, P., i± 184. 402.
REGISTER.
467
Beck, Hofrat, 426.
Behring Manufacturing Comp. ±2^
Belgrad 459.
Belin, Eug., 211.
Belin-Mandar 2x2^
Bellmann, C, 432.
Bellow, John, 84.
Benares 106.
Bencke, Alex., 456.
Benedict, J. C, ,347.
Benkulen 109.
Bensley, Th., 54. 7_L
Bentley, Richard, g8.
ßents Advertiscr 24.
Benziger, Gebr., 130. 411.
Bequet & fils 207.
Beranger, P. J., 176.
Berg, Adam, 3^5.
Bergen, G., 349-
Berger- Levrault, Familie, L&L403.
Berlin 357.
Beding, C. G., 450.
Berling, Familie, 443.
Bern 411-
Bernhardt, G., 316.
Berrmann 459.
Berthold, 2M.
Bertram, 0., 35 3-
Besley, R., & Co., 32.
Bestehorn, iL B., 353.
Bette, Paul, 372.
Bewick, Th. und J., 7_£.
Beyerhaus 285.
Bhägavata Pürana 1 76.
Bibeldruck in Amerika 129.
— in England 29_.
— in Halle 353.
BibU Eneyclepcedia 1 2<).
Bible pictorial 95.
Bibliographie de la France 194.
Bibliophilie jjjl 214.
Bibliotheca Japanica 11 1.
Bibliotheque Elzevirienne 2_iiL
Bibliotheque grecque 181.
Bibliotheque latine-francaise 181.
Bieling, G., 398.
Binger, Gebr., 227.
Binney & Rolandson 3^. 38.
Biographie generale 1 S i.
Biographie medicale 1 S 5 .
Bixio, J. A., 21Q-
Black, Familie, 8_2_
Blackie, VV, C, & Co. 83^
Blackwood, Familie, 83.
Blackwood- Magazine 83.
Blades, William, o_7.
Blades, East & Blades ijj^
Blätter, Fliegende, 299.
Blätter, illustrierte, inDeutschl. 267.
Blake, Stephenson & Co. 30.
Bleuler, Hausheer & Co. 410.
Blindendruck 155. 426.
Blochmann, E., & Sohn 350.
Bobard, C, 353.
Bode, J. J. C, 3 75-
Bodenheim & Co. 400.
Bodmer 396.
Bodoni, J. B., 233.
Bodoni, Manuale tipograßco 236.
Bodoni, Schriften 236.
Böhlau, FLj 351.
Böhme &' Frankel 371.
Börsenhalle, Neue, 376.
Börsenverein 266.
Bohemia 290.
Bohn, tL G., lq£l
Bohns Guinea Catalogue lüil
Bohn, Fassbender & Herber 315.
Boieldieu & Fils 160.
Bolhövener, C, 397.
Bombay 107.
Bona 242-
Bona jide Dictionary 84.
Bond & Forster
Bonifacij, N., 460.
Bonn 379.
Bonnet & Co., 160.
Bonnier, Ad., 452.
Bonz, Ad., 387.
Booksei ler, American, m.
Book Trade Association, Americ, 127.
Boomer & Borchert 69.
Border -Press 8_2_,
Borzino, Ulysses, 241.
Bosnien 437.
Bossange, Familie, 2 18.
3°*
4Ö8
REGISTER.
Botta Nachfolger 243.
Bourdillat 204.
Bourdin, E., 203.
Bowyer, Vater und Sohn 74.
Brackelsberg, E. W., 295.
Bramahs Hydr. Presse £3_.
Brandt, L., 3^ 295.
Braumüller, W. v., 1 1 1 .
Braun, Ad., 402.
Braun, Kaspar, 299. 39g.
Braunsche Hofbuchdr. 401.
Braun &: Schneider 395.
Braunschweig 354.
Breidt, J. E., 320.
Breitkopf, J. G. L
Geburt 321 .
Breitkopf und die Fraktur 322.
Der Musiknotendruck 323.
Landkartendruck 326.
Satz figürl. Gegenstände 327.
Chinesische Schrift 327.
Schriftgiesserei 328.
Sittliche Reformen 328.
Schriftstellerische Arbeiten 3 29.
Tod 329.
Breitkopf & Härtel 330.
Bremen 378.
Brend'amour, R., 300.
Brendler & Harler 291.
Breslau 372.
Breton, E., 213.
Breviere 204.
Briard, St., 324.
Bridel, G.} 412.
Bridgewater, Lord F. E., 102.
Brill, E. J., Leyden 226. 228.
British andforeign Bible Society 99.
Brockhaus, Familie.
Fr. Arn. Brockhaus 332.
Etablissement in Holland 332.
Altenburg 332.
Konversations- Lexikon 332.
Druckerei 333.
Die Schnellpresse 333.
Verlag ^5.
Tod 3^5.
Brockhaus, Fr., 335.
— Heinr., 335.
Brockhaus, Eduard u. Rudolf, 336.
Brockmann, F. O., 350.
Bronciermaschine £0.
Brougham, Lord Henry, 10?
Bruce, Familie, 34. 3^.
Bruckmann, Fr., 15. 397.
Brückner, W., & Co. 350.
Brügel & Sohn 399.
Brüssel 232.
Brunei, Jacq. Charles, 217.
Brunn, E. C, 314. 379.
Brünn 432.
Brunner, G., 398.
1 Bruylant- Christoph 232.
Buchbinderkunst, Deutschi. 278.
— in England 103.
— in Frankreich 1 6 1 .
Buchdruckerei für Politik 432.
I Buchdrucker-Organei.Dtschl. 274.
Buchdrucker- Verein, Deutsch., 2 72.
I Buchdrucker-Verein in Wien 429.
| Bücher-Kommission, Kaiserl., 26:.
Bucherproduktion in Amerika izj^
— in Belgien 230.
— in Deutschland 275.
— in England qi.
— in Frankreich 2 19.
— in Japan ill
— in Indien
1 Bücherverbote in Österreich 414.
; Buchhandel in Amerika
— in Deutschld. um 1750 265.
— in England 52.
— in Berlin 370.
Buchheftmaschine 70.
Buchholz 350.
Buda-Pest 436.
Buenos Aires 248.
Bureau 0/ etigraving 125.
Bürckner, Hugo, 300.
Bürger, R., 350.
Büxenstein, W., 292. 367. 368.
Bulgarien, Zeitungswesen 462.
Bulmer, William, 76.
Bullock, Will., 6^
Bure, Fr. de, 1 90.
Burger, G. & Co., 437.
Burkart, \V., 432.
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REGISTER.
469
Buir, iL A., 42.
Buschak & Irrgang 432.
Busse 370.
Caen 2^2^
Caillaud, Voyage ä Thebes, 176.
Calcutta 106.
Calverley, J., 64^
Cambridge 8 1 .
Camera obscura 12.
Camlachie 31.
Campbell, Andr., dlL
Canstein, C. IL v., 353.
Canton 109.
Capkolonie 113.
Capoulaud freres 202.
Cardon 150.
Carey, Dr., lqJL
Carey, J., ±12.
Carez, J., 152.
Carlos, A. de, 245.
Carmen Arabicum 33s.
Cartlich, Elisabeth, 2^.
Caslon, Familie, 25.
Cassel 400.
Cassell, Petter & Co. yji
Castaldi, Pamfilo, 239.
Castermann, IL, & Co. 23 2.
Catherwood, J. J., 30.
Catherwood, N., 23.
Cauderon & Co. 160.
Caxtonfeier 9_i_.
Cazin, Martin, iSS.
Cellarina 405.
Celluloid-Chches 154.
Cettiniana, Typograßa 242.
Central-Buchdr. in Stockholm 45 l
Central-Schulb.-Verl. München,^
Cercle de la librairie 141. 194. 2 20.
Ceylon
Chaix, A. N., 4_i_. 198.
Chambers Brothers & Co. £0.
Chambers, W. und R., 83.
Chambers Journal 83_.
Chamerot, G., 183. 201.
Channay, J. de, 324.
Chardon 207.
Charkow 456.
Charpentier, G., 2_i_i.
Charton 204.
Chemitypie i_8_. 444.
Chemnitz 350.
Cherokesen- Schrift 35«
Chevalier & Dreyfus 1 60.
Chevet, J.f 207.
Chicago Times 120,
Child, G. W.,
China 109.
Chinesische Schrift 327.
Chios 463.
Chirio & Mina 242.
Chiswick Press 78.
Christern, F. W., 134.
Christiania 449.
Chodowiecki, D , 296.
Christmann, J. R., 187.
Chromolithographie i. Amerika 132.
— in Berlin 370.
— in Frankreich 2_oiL
— in Hamburg -Wandsb. 376.
— in München 397.
— in Wien 434.
„Chronik d. sächs. Königsh." 340.
Church ^
Civelli 241. 243.
Clarendon- Press 3^. Si,
Garkson Life 0/ IV. Penn 5^.
Clay, C. J.,
Clay, John, 41.
Claye, Jul., 1 98.
Cliches, segmentförmige, 6^.
Closs, Ad., 300. 390.
Clowes 25.
Clowes , E. A. , & John Baley, £o.
Clymer, John, 51.
Codex Bibliorum Sinaiticus 345.
Cogger, J., $1.
Colburn, Henry, 98.
Collas, Achille, 208.
Collection d'Artois 178.
Collection 0/ British Authors 540.
Collin, A., & Co. 211.
Colmar 358. 402.
Colombo 109.
Colportageromane 271.
Common Prayer book £3_.
470
REGISTER.
Compound Priitling .So.
Concordanz v. Fürst 338.
Congreve, Will., 8jl
Congrevedruck Sn,
Conner, J. 3^
Cook & Ingram oj^
Conisbee & Son 6t_.
Constable, Arch. 8^
Constanlinopel 250.
Cope, J. 52.
Copier- Farbe 320.
Correard jeune 2_i_sl
McCorquodale & Co. o_i_.
Costa, da, Familie 246.
Cotta, Familie.
Jon. Fr. Cotta 384.
Übersiedlung ru Stuttgart 3S5.
Cottas Thätigkeit 385.
Lit. Art. Anst. in München 386.
Georg von Cotta 386.
Änderungen im Geschäft 386.
Prachtausgaben 387.
Cotta-Kröner-Druckerei 388.
Cotta-Druckerei i. München 391.
Cotterell, T., 3_o.
Cotym 107.
Courricr de F Egypte 173.
Couvertmaschine 71.
Cowper, E., §ji
Crapelet, Charles 188.
Crapelet, G. A., 189.
Cremnitz, M. 207.
Crete fils 200.
Creuzbauer, W., 401.
Crewe 42.
Crosmer 1 50.
Cruikshank, George, 9_6.
Cuba 248.
Curmer, Leon, 204.
Cyclopiedia, t/ie Penny 9^.
— of Englis/i litterature 8^.
Cypern 25 1.
Czas- Offizin 432.
Czeh, S., 437.
Uaguerre, Louis.
Daguerreot) pie i_2-
Dahl, Johann, 449.
Daily Graphic 123.
1 Daily- News-Otf\7xci 61.
Daily Universal Register 85.
Dalloz, Pv zsLLt
Danel, L., 2üi.
Dannheimer, Tob., 398.
Dantino 240.
Danzig 374.
Darmstadt 400.
Daule 1 53.
David, C, 366.
Davy 12*
Dechamps 150.
Decker, Familie.
Joh. Jakob L Decker 358.
Heinrich L Decker 358.
Joh. Jakob iL Decker 358.
Heinrich iL Decker, 35 s.
Georg Jakob l Decker 358.
Georg Jakob 11. Decker 361.
Carl Gustav Decker 362.
Rudolf Decker .162.
Schriftgiesserei 285.
Einführung d. Schnellpresse 30S.
Die Reichsdruckerei 369.
Decker, v., in Posen. 361.
Decker, Witwe, in Colmar 402.
Degen, J. V., 4J.L
Degener & Weiler 67^
Dejussieu 210.
Delafond 1 76.
Delagrave, Ch., 2_ii.
Delahaye, L., zisl.
Delalain, J. A. u. A. LLj 186.
Delane, J. A., 8JL
Delbanco, O. H_, -u-s-
Delcambre, A., aj^
Delloye, H^ 203.
Dembour, A., 155.
Dennig, Fink & Co. ,388.
Denons Voyage en Egypte 1 78.
Dentu, J. G. und G., 188.
Derriey, Charles, 148.
Derriey, J.. xj^
Deschler, J., 395.
Description de l Egypte 1 73.
Deslandes, V., 247.
Desoer, Th.. 191.
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REGISTER
471
Dessain, M. H., 231.
Dessauer, v., 395.
Detmold 378.
Deutsch, M., 437.
Deutsches Element in Amerika 132.
Devrient. Alfonse. 346.
Dibdin, Thom. Frognail, 102.
Dibdins Prachtwerke 77.
Dictionn. de la convcrsation 181.
Dictimn. des scienees midicalcs 185.
Didot, Familie.
Francois Didot 178.
Ambr. Francois Didot 178.
Pierre Francois Didot 178.
Pierre Didot 152. 178.
Jules Didot 179.
Firmin Didot 152. 179.
Henry Didot 180.
Didot Saint-Leger 180.
Ambroise Firmin Didot 145. 180.
Hyacinthe Didot 180.
Alfred Firmin Didot 183.
Paul Firmin Didot 183.
Didots polyamatype Giesserei 180.
Diederich & Co. 376.
Dietrich, R. H., 350.
Dingler, Chr., 316.
Direkt. d.Buchdr.i. Frankreich 165.
Dondorf, B., 399.
Donnison & Son 66.
Doomsday Hook 3 2 .
Dooselaere. I. S. van, 231.
Dore, Gustav, Die Bibel 196.
Dorn, J. B., 399.
Dornach 402.
Dorpat 456.
Dresden 349.
„Dresdner Galerie" 396.
Dresler & Rostfingerlin 288.
Drewsen, Familie, 447.
Druckerviertel, das, in London 96.
Drugulin, W., 339.
Drury, J. J., 29.
Dubochet, J. J., 203.
Duboy-Laverne 172.
Ducher & Co. 208.
Duckett, W., Dict. dela convers. 211.
Ducroq, P., 211.
' Dufours Generalk. d. Schweiz \\o.
j Dulos 155.
i Dumaine 201. 210.
I Dümmlers Verlag 372.
Du Mont-Schauberg, Familie, 38c.
Dürr, Alf., 349.
Dürr, O., 347.
, Düsseldorf 379.
Duncan & Wilson 65.
. Duncker, Alex., 371.
Duncker & Humblot 372.
Dunod 208.
Dupont, Paul, 197.
Dupuy, J. F., 207.
Dupuy, Th., 159.
Dussarat, A., 359.
Dutartre, A. B., 158.
Duverger, Eugen, 148.
Earhart, J. F., 125.
Ebner, J., 393.
Ebner & Seubert 392.
Eckmansson, J. S., 450.
Edelmann, Alex., 347.
Edinburgh 82.
Edinburgh Cyelopadia 83.
Edition Peters 348.
Edler & Krische 378.
Effenbart, H. G., 374.
Ehlert, H., 2S6.
Eickhoff, J. G. A., 447.
Einsiedeln 411.
Eisenbahnbuchhandlunt
92.
Ektypographie 17.
Elberfeld 379.
Elers, H. J., 353.
A. Emmerling & Sohn 401.
Encycloptcdia Americana 130.
Encyclopicdia Britannica 82.
Eneyelopedie des gens du monde \ 86.
Encyelop. hist. naturelle 181.
Encyclopidie methodique 185.
Encyclpedie moderne 180.
Endlose"
Wer ist der Erfinder? 63.
Bullock, W., 64.
Walter 64.
Victoria 65.
472
REGISTER.
rEndlose" (Fortsetzung)
Prestonian 6fL
Northumbrian 6fL
Whitefriars 6iL
Campbell 6iL
Ingram 66_,
Farbendruck 6^.
König & Bauer $13,
Augsburg 313.
Hummel 3 14.
Auersche Versuche 424.
Engel, & Sohn 429.
Engelhardt, A. Th., 347.
Engelhardt-Rheyer 352.
Engelhorn, J., 391.
Engelmann, G. und J., 206.
Engelmann, W., 348.
England, L W., 122.
Enschede, L, & Zoonen 2_2.iL 227.
Entlicher, Fr., 426.
Epithalmia cxot. Unguis redd. 234.
Erfurt 35.V
Erhard, \V\, 1 7.
Erhard (Schieble) 207.
Ernst & Korn 371.
Essen 379.
Esslingen 393.
Ettinghausen, Physiotyp. plant. 424.
Etzschmiazin 4«; 6.
Eurich, A., 433.
Evang. Knowledge Society 129.
Evangites, les (Hachette) 2 1 4.
Everat igo. 204.
Expedition en Egypte 186.
Exter, Fr. v., 302.
Faber, Gebr., 354.
Farinseln 448.
Fairlamb 53^
Faithfull, Emily, 50
Falk, S. v., 436.
Falkenberg & Co. 288.
Falzinaschinen 70.
Farbeauftragmasbhinen 317.
Farbendruck, photographischer liL
Farbenfabrikation in England 7_2.
— in Frankreich 160.
— in Deutschland 3 1 9.
Farbensteine lo.
Farbensurrogate 320.
Farsky, J., 432.
Fasol, G, 304.
Faulmann, Carl, 291.
Feldbibliothek Napoleons 165
Feit 4_2_
Feltre 239.
Ferslew & Co. 443.
Felis, Biogr. univ. des musiciens iiL^
Feuchtapparate, mechanische jo.
Fidschi-Inseln 1 13.
Figins, V., Familie jo.
Firdusi, livre des rois 176.
Fischbach, G., 403.
Fischer, C. G., 43. 295.
Fischer, Th., 400.
Fischer, Naumann & Co. 320.
Fischer & Wittig 347.
Fisher, Henry, 94.
Flegel, J. G., 300-
Fleming & Co. 7 2 .
Flemming, C, 373.
, Flinsch, IL 289.
Flore medicale 1 85.
Florenz 242.
Fonder ie generale 150. 183.
Fontanet, J., 245.
Forget me not 94.
Forsaith, S. C, & Co. 70.
Forster 50.
Foucher 159.
Fourei, R., 213.
Fournier le jeune 147.
Fournier, Henri, 197.
Fraktur u. Antiqua 2_8_2_ 283. 322.
Franckh, F. G., 388.
Frankfurt a. M. 399.
Frankfurt a. d. O. 3 73.
Franklin-Gesellschaft 436.
Fräser, A., 4^.
Frauenarbeit qo. 368.
Freetown 1 13.
Freiburg L Br. 402.
Frenckell, J. C, 452.
! Frey & Sening 320.
Freycinet, Voyage 1 76.
Friderichs, R. L., 379.
REGISTER.
473
Friedländer, R., 350.
Fries, H. A. F., 445.
Fromme, C, 430.
Fry, Edm., 32.
Fuchs, O. O., 3 16.
Fuchs, Ign., 432.
Furne, Ch., z&i*.
Furnival & Co. 6^. i±.
Furrer, 410.
Fürstenau 350.
Fürth 398.
Fyens Stiftsbuchdruckerei 444.
Gaber 300.
Gabriel, the Outcast 85.
Gadow & Sohn 35 1.
Gädicke 293.
Galerie historique de Versailles 2_o8.
St. Gallen 410.
Galvanoplastik 294.
Gando 147-
Gardano, Familie, 325.
Garrigues, R., 134.
Gaspar & Roy 245.
Gavard, J., 208.
Gaubert, E. R., 4_k
Gaume freres 211.
Gauthier-Villars Z£l£l
Gaveaux, A. Y., 159.
Gebauersche Buchdr. 354.
Gehülfen -Verein 273.
Geibel, Steph., 35 1.
Geiger, J. PL, 402.
Gelder, van, & Zoonen 12JL
Genet, E., 324.
Genf 412.
Gengembre 153.
Genossenschaft, Lith., 410.
Genou 153.
Genzsch & Heyse 284.
Georgi, C. 379.
Gera 351.
Gerhard, Fr , 134.
Gerhard, R., 317.
Gerold, Familie, 420.
Gerold, Carl, 371.
Gesellschaft f. vervielf. Kunst 428
— photographische, 372.
Gesellschaftsinseln 1 13.
Gewerbehalle, die, 392.
Giesecke & Devrient.
Wachsen des Etablissements 344.
Codex Sinaiticus 344.
Giesecke, Hermann, 344.
Papyros Ebers 345.
A. Devrients Tod 345.
Gilbers, G., 35°-
Gilbert & Rivington £2.
Gills Patent 65.
Gillot, F., 1^
Gillotage 155.
Girardet tiL
Gisch, K., 295.
I Gistel, G., 429.
Glätten, heisses, 69.
Glasanow 456.
Gleerup, C. W., 452.
; Gleissner 350.
Glogau 373.
Gloucester 84.
Glycky, Nik., 462.
, Gobrecht, Chr., 20S.
Godchaux, Aug., 159.
Godolphin, Lord, 8_l.
Godthaab 448.
Goebel, Th., 356.
' Göschen, J. G., 330.
Göttingen 379.
Golowin 456.
Goodall & Sons 105.
Gordon 6j.
Gosselin, Ch., 2 1 2.
Goupil & Co. 1^. 207- 372.
Gotha 352.
Gotthelft, Gebr., ±10
Graphic, The, 9^.
Grass, Familie, 372.
Grass, Barth & Co. 372.
Grassmann, R., 375«
Graz 432.
Greeley, Horace, 1 1 7.
Grefe, C, 434.
Gregr, Ed., 43 2-
Greiner & Pfeiffer 300.
Grenohle 2Q2-
, Greth, Jul., ^78.
xJ by Goq<jl<
474
REO ISTER.
Griechenland Einführung 462.
Griechenland Presse 463.
Grimsshaw, D., 77.
Gründahl 450.
Grönland 44s.
Gronau, W., 285.
Gropius' Buchhdlg. 371.
Grote, G., 372.
Grüninger, C, 390.
Grumbach, E. C. V., 347.
Grunert, Gebr., 36S.
Gruppen, typographische,
Grynaeus, J., 3S9-
Gubitz, F. VV., 2_8_i. 297.
Guess, G., 3^
de Guignes, Dictionn. CMnois 1 74.
Guillaumin, G., 2 m.
Gursch & Klemm 295.
Gusraans neue Xylographie 1 56.
Gutbier, A., 350.
rGute Worte" 113-
Gutenbergsdenkmal in
Frankfurt a. M. 400.
Mainz 400.
Strassburg 403.
Gutsch, F., 401.
Guyot, Y.,frbres 232-
Gysae, Rob., 320-
Haack, C, 434.
Haack, W., 44 1 .
Haarlem 227.
Haas, Familie, 407-
Haase, Gottl. & Söhne 290.
Hachette, L. & Co., 2 13.
Hagelberg, W., 371.
Hagar ^2.
Hahn & Co. 401.
Hahns Hofb. 379.
Hallberger, Ed., 389.
Hallberger, Carl, 390.
Halle
Haller, B. F., 411.
Harnbruch, G., 4JL
Hamburg 375.
Hammer, Peter, 3 So.
Handpressen in Deutschland 3j6.
— von Haas 407.
Handpresse siehe Presse.
Hänel, C. J., 366.
Hänel, Ed., 281. 285.
Hanemann, C, 287.
Hanfstängl, Franz, 396.
Hanfstängl, H^ 350.
Hangard-Maugc 207.
Haniq 23
Hannöv. Geschäftsbücherfabr. 3 7 S.
Hannover 378.
Hansard, Familie, 78.
Haparanda 45 1.
Harpel, O. H^ 125.
Harper, Familie, L2a.
I Harrild & Sons ^o.
| Harrison & Co. o_i. qö.
Härtel, G. C, 330.
j Härtel, H^ 330.
I Härtel, R., 330-
I Hartenbach, J. Ritsehl v., 298.
J Hartinger & Sohn 434.
Härtung, Familie, 373.
Haase, A., 432.
Hase, O., 330.
Hasper, W., 401.
Hassel, W., 380.
Hastings, Marquis, 107.
Hattersley, R., 44.
Haubold, C. G., 318.
Haumann, L., & Co. 230.
Haupt & Czeiger 434-
Hauschild, Gebr., 378.
Hawkin 5^.
Haye, V., 155.
Hayez, F., 232.
Hayn, A. W., 367.
Heut hs Book 0/ Beauty 94.
Hecht 395.
Heckenast, G., 436.
Heftwerke, illust., in Deutschi. ?6K.
Heidelberg 401.
Heim, F. W., & Co. 31S.
Heinrich, C, 350.
Heinrich, N., 325.
Heitz, J. IL J., 403.
Heibig & Müller 315.
St. Helena l 13.
Hellriegel, C, 37 1.
REGISTER.
475
Helmich, Jul., 134.
Helsingfors 452.
Henning, C. F., 35 7.
Hepburn, J. M., 39.
Hepburn, Dr., ils.
Herald, Nerv • York, 117.
Heran 152.
Herder 402.
Hereford 84
Hermanns Erben 376.
Hermsdorf 317.
Herodiani reliquiae 337.
Hesse, J., 398.
Hessenland, H^ 375.
Hetzel, Jul., 203.
Heywood, John, 84.
Hildburghausen 351.
Hill, Rowland, 6^.
Himmer, J. P., 399.
Hingray, Ch., üq-
Hinrichs, J. C., 34S-
HinstorfF, D. C, 375.
Hints on decorative Printing
Hirschfeld, C. L., 341.
Hirschfeld, C, 347.
Hirschwald, A., 372.
Hirt, F., 373.
Hirths Werke 394.
Hirzel, Sal., 348.
Histoire des colibris 189.
Hist. ttat. desoiseaux ehantantes 1 £3.
Hobartown 1 12.
Hochdanz, E., 391.
Hochdruckplatten, lithograph. i_7_.
Hochlithographie 12.
Hoif, Familie, 70.
Höfel, Blasius, 301.
Hölzel 434
Hofbuchdruckerei in Cassel 400.
Hof buchdruckerei in Weimar 317.
Hofer & Burger 410-
Hoffenberg & Trap 448.
Hoffmann, C, 317.
Hoffmann, C, 390.
Hoffmann, Fr. J. Ignaz, 151.
Hoffmann, W., 350.
Hogenforst, A., 319.
Holland, Pressverhältnisse in, 226.
Holm, C. A., fia,
Holtzmann, K. F., 300.
Holyoke 1 25.
Holzhausen, A., 430.
Holztypen in Amerika 35.
Hongkong 1 10.
Honolulu 1 13.
Hooker, J., 42.
Hopkinson 5^
Hoppe, H. und E., 454. 456.
Horaz (Baskerville) 7_a_.
Horn, G. A., 314.
Hornyansky, V., 437.
Hostmann, J., 319.
Houghton, Osgood. & Co. 130.
Howe 70.
Huber, E., 395.
Huck & Co. 2(jo.
Hiibschmann, F. S., 396.
Hüttemeyer 447.
Hummel, C, 314.
Hundertstund & Pries 347.
Hungaria 427-
Hutin, P., 324.
Huttier, M., $$4. 399-
Hydra 463.
Ibarra 244.
Il)rahim Effendi 250.
lljin, A., 4.S6.
lllustrated London News 95.
V Illustration 203.
»Illustrirte Zeitung" 34S.
Illustrationsdruck
— in Amerika i_2_2,
— in Berlin 367.
— in Deutschland 296.
— in England 7^.
— in Frankreich 142. 193.
— in Leipzig 346.
— in Wien 428.
Institut, milit.-geogr., in Wien 435.
Imhof, Freiherr von, 108.
Imprenza Naeional 246.
Innsbruck 432.
Institut, Bibliographisches, 345-
Institut, topogr., Amsterdam, 228.
Irkutsk 457.
47 6
REGISTER.
Iscrizioni esotiche 234.
Isermann, A., 293.
Island 448.
Issleib & Rietschel 351.
Itzehoe 376.
Ivison,Blakeman,Taylor&Co. 130.
Jacobi, M. IL, 294.
Jacoby, L., 434-
Jackson, J., jo.
Jaffö, M. & M., 434-
Jänecke, Gebr., 378.
Jänecke & Schneemann 319. 378.
Janet, P., 215,
Jannin 154.
Japan 1 iq.
Jasper, Fr., 431.
Java 109.
Jeanrenaud & Co. 316.
Jeddo (Tokio)
Jehenne 206.
Jekaterinenburg 457.
Jent & Reinert 411.
Johnson, W. M., 3j^
Johnson & Atkinson 39.
Johnsons Dictionary 97^
Johnson, Henry, 84.
Johnson, J. M., 378.
Jones, J. W., 63.
Jonghaus & Venator 400-
Jonische Inseln 462.
Jönsson, B., 448.
Jontzen, G., 3 * 7-
Joseph iL als Buchdrucker 418.
Jouaust, D., 215.
„Journ. f. Buchdruckerkunst" 3 5 6 .
Journal, U petita 22_l
Journal pour tous 204.
Jubelfest 1840 in Leipzig 341.
Jubiläum 1883 in München 396.
— in Wien 435.
Jung, E., 186
Kafemann A. W., 374.
Kairo 24g.
Kaiser, Ludw. 316.
Kalakaua, König 113.
Kalenderlitter. in Deutschland 267
Kalenderdruck in England 104.
I Kallmeyer 317.
Kalthöfer 104.
Kanegeaguli, König, 113.
Kanter, R., 374.
Karlsruhe 401.
Kartographie 17.
i Kartographie L d. Schweiz 410.
Kasan 45 7.
Kastenbein, C, 45.
I Kast & Ehinger 320. 391.
[Kaufbeuren 399.
! Kaufmann, A., & Co. 371.
Kaupp, „Das Thierreich" 12.
Kegel, französischer, 1 45.
Kehl 402.
i Kelly, W. J., 125.
:Kelso 82.
! Kempten 398.
1 Khör & Wein 437.
Kidder- Press diL
King-Pao 110.
Klagenfurt 432.
Klassikerausgaben 2JÜL
Klein, Forst & Bohn 314.
Kleinmayr, F. v., 432.
Kleinmayr & Bamberger 433.
Klercker, G. C. v., 451.
Klimsch & Co. 319. 400.
Klindworthsche Hofbuchdr. 37$.
Klinkhardt, Jul., 287. 291. 346.
Kloberg, C. A.,
KlopstocksWerke,Prachtausg. 331-
Knatz, C, 399.
Knesing, Th., 395.
. K night, Charles, 95.
Knöfler, Heinr., 302.
Knorr 6: Hirth 394.
Köln 379.
Kölnische Zeitung 380.
König, Friedrich.
König in England 54.
Königs verschiedene Patente 55.
J. Walter über F. König 58.
Rückkehr nach Deutschland 58.
Jugendgeschichte 305.
König & Bauer in Oberzell 307.
Erste Bestellungen 308.
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REGISTER.
477
König, Friedrich (Fortsetzung).
Verbreitung d. Schnellpresse3 1
Königs Tod 311.
König & Bauer 307.
König, G. A., 353-
König & Ebhardt 37S.
Königsberg 3 73-
„Königsberger Zeitung" 374.
Köntgen, Franz, 380.
Kösel, Jos., 398.
Kollektivunternehmungen 270.
Koluni<5, M. R., 460.
Kombinationspresse 67_.
Konische Typen 38.
Konversations-Lexika 269.
Konversations-Lex., Brockh. 332.
Kopenhagen 442.
Koran, der, 338.
Korinth 463.
Korn, Familie, 373.
Krabbe, A., 3S9,
Kragujevac 459.
Krakau 432.
Kramer, C, 371.
Krampe, J., 355.
Krause, Ed., 367.
Krause, K., 318.
Kretzschmar, Ed., 298. 347.
Kriehuber 434.
Kröner, Gebr., 388.
Krönungswerk Wilhelms L 363.
Krone, 350.
Kühn, G., 375-
Kühnau, R., 295.
Kurzbeck, J. v., 418.
Kutzner & Beger 371.
Laboulaye & Co. 15c
Lachevardiere 204.
Lacrampe & Co., 2_oQx
Ladovat, Ch., 192.
Lahr 402.
„Lahrer hinkender Bote" 402.
Laibach 432.
Lallemant, Gebr., 247.
Landesbuchdr. in Serajewo 437.
Landi, Salv., 242.
Landkartendruck 9. 27 1. 326. 407,
Landshut 399.
• Lang, J., 412.
: Lang, Gebr., 402.
j Lange, F., 400,
Langensche Buchdruckerei 380.
: Langen, A. y., 43. 295.
I Langenscheidt, G., 372.
Laterna magica i^.
Lauer, J., 247.
Laurent & Deberny 150.
j Laurin, G. und A., 451.
I Lausanne 412.
j Laval 159.
! Lawson 72.
LazarefiF, J., 456.
[ Leblanc-Hardel 20^
; Lebrun, Pierre, 1 76.
, Ledger, The public, 1 18.
Lefevre, J. J., 192.
Lefevre, Theotiste, 183.
Lefmann & Lourdel 156.
Lefranc & Co. iüq,
Legrddy, Gebr., 4^
Legrand, L., 159.
Legros 23 1.
Lehmann, O. J., 456.
Lehmann & Wentzel 397.
Leipold, J., 247. 291.
Lemberg 43 2 .
Lemercier & Co. iüo. 2aiL
Lemerre, A., 2 1 6.
Leske, W., 400.
Leslie, Frank, ljl2.
Leslies illustrated Newspaper i_2_2_
Lessing 367.
Lessing, G. E., 37«?.
Letteverein 368.
Leunis & Chapman 378.
Leupoldt, Friedr., 128.
Leuzinger, R., 410«
Levrault, Familie, 187.
Levy, M., freres 2_i_2^
Levy & Lavater 1 6o.
Levy & Müller 391.
Lewis, Charles, 1 04.
Leykam-Josefsthal 43 2.
Liberty- Press 6j_.
Lichtdruck, der, ij;
Digitized by Google
478
RF.GI STKK .
Liepsch & Reichardt 350.
Lightning Press fii.
Lille 2 m.
P Imitation de Jesu Christ 204.
Limoges 202.
Lindh, J. P., 45 1 .
Linhout, van, 231.
Lintz, Fr., 379.
Linz 432.
Lippincot, J. B.. & Co. 130.
Lisicki & Co. 432.
Lissabon 246.
Litfass, Gebr., 368.
Lithographie, die 7_. 396.
Lithogr. Aktie Bolaget 452.
Lithogr. Genossensch. L Zürich 41 o.
Lith. Institut, Berliner, 372.
Lithographiesteine
Litolff. H., 355.
Littre, Dictionnaire 210.
Livermore, M. W., 3jx
JLivre tf heures de la reine Anna 20 s.
Liwtschack, J., 48.
Lloyd, Gestern, 433.
Loedel, 300.
Loewe, F., 39 1.
Löwensohn, G., 398.
Löwenstein, O., 367.
Loeulliet 176.
Loeuillot 371.
Logographic printer 84.
Logotypsystem 84.
Lombardot 150.
Longman, Familie, 97.
Lorek, C. B., jj8.
Lord Mayor oj^
Lorenz, O., 218.
Lorilleux & Co. 1 60.
Lortic 162,
Lose, C. C, 447.
Lotin, Familie, »86
Lott, Ludw., 314.
Lovisa, Dom., 325.
Louvre- Ausgaben 178.
Lucas, S., 379.
Lucas, T. M., 3^
Luce, Louis, 1 7 1 .
Ludwig XVI. als Buchdr. 163.
Ludwig, H^ 133.
Ludwig, C. J., 289.
Ludwigshafen 401.
Ludwigslust 375.
Lübeck 375.
Luno, Bianco, 442.
Luxuspapierfabrik, Berliner, 371.
Maas, F. W., 365.
Macao ioq.
Macaulays Geschichte $8^ ioj.
Macdonald, J. C, 64.
M'Kellar, Th., 34.
McKellar, Smiths & Jordan 3^.
Mackie, Dr. A., 46.
Mackie, Brewthal & Co. 42.
Macklot, C. 5: G., 401.
Maclins Bibel
Madagascar 1 13
Madras 106.
Madrid 245.
Miintler, Gebr., 388.
Mässigkeits- Verein, Nationaler 129.
Magazin pittoresque 204.
Magdeburg 354.
Magna Charta 77.
Magyar, Gebr., 43^
Mahlau, A., 399.
Mailand 241.
Mainz 400.
Maisonneuve, C. A., & Co. 2_m,
Malacca 109.
Mailing Hansen, R., 447.
Marne, Familie, 161. 195.
Mannheim 401.
Mannheimer Vereinsbuchdr. 401 .
Manchester 84.
Afanehester Guardian 46.
Mantz, Pcinture italienne iS 1.
Manz, G. J., 398.
Marc, A.. & Co. 203.
Marcecos, Familie, 246-
Marcel, J. J., 173.
Marcelin Legrand, 175.
Marenigh 242.
Maret, G. H_ 341.
Mar- Hanna 25t.
REGISTER.
479
Marinoni, 1 56.
Marinoni & Chaudre 160.
Mans 2Q2.
Marienwerder 374.
Marietti 243.
Mark, Franz, 456.
Marlborough, Fort, 109.
Marshai & Co. Q2.
Martin, J. G., 398.
Martin, W., 31^
Martinet, Em., ?ot.
Masson, G. u. V., 209.
Matrix compositor 48.
Maulde & Vibart 159.
Max & Co. 373.
May, C. D., 289.
May, E. G., & Söhne 399.
Mayer, Carl, 398.
M'Creery 7JS.
Mechitaristen-Buchdruckerei 239.
Medhurst 109.
Mediäval 32.
Mehr färben- Maschine 312.
Meinhold, C. C, & Söhne 349.
Meisenbach, G., 3 9 7 .
Meissner & Buch 34.S.
„Meister von 1440 — 1694" 397.
Melandri, Federigo, 243.
Meline Cans & Co. 230. 232.
Mercy, 43 2.
Metallhochätzung ij. 155.
Metz 402.
Metzger & Wittig 347.
Metzler, J. B., 387.
Metzler & Barting 227.
Mexiko 248.
Meyer, Carl, 2S9.
Meyer, Dr. Heinr., 356.
Meyer, J. fL, 356.
Meyer, J. u. K. ]., 346.
Meyersche Hofbdr., Detmold 378.
Michaud, Biogr. universelle 211.
Middleton, Th., & Co. 66,
Migne, J. ?., 21 1.
Millado, C, 24g.
Miliar 3_k 43.
Miller-Ritchie 75^
Miliin, monuments antiques 1 73.
Milne 109.
„Milton" (Bulmer) 12
I Minden 379.
I Mirabilia urbis Romae 396.
1 Mirza Schaffy, Lieder 364.
' Missionspresse in Grönland 448.
\ Missolunghi 463.
I Mitau 45 6.
1 Mitchell, W. IL, ±2.
Mittler, E. S., 366.
! La Mode illustree i8t.
| Modezeitungen 270.
| Möller, Korf., 295.
Möller, Lars, 448.
Moser, W., 368.
Mole, Joseph, 146.
I Molini 242.
Momma, I\, 450.
Le monde illustre 204.
Moniteur 185.
j Monnoyer 2JL£.
i Monroq 207.
Monuments d'antiquite' 175.
Morel, A., & Co. goS.
Morisson 10g.
Morning-H<rald 112.
Moskau 456.
Motteroz, C , 201.
Moulinet, L.. 1 50.
Muddies' Leihbibliothek Q2.
Mühlhaupt & Sohn 410.
MUhlmann & Johler 377.
Mühlthaler, E., 394.
Mülhausen in E. 402.
Müller, Ch. Fr., 401.
Müller, Fr., 229.
Müller, Leo, 315.
Müller, M. L., 43^
Müller, Th., 353.
Müller & Richard ^2.
München 393.
-Münchener Bilderbogen" 395.
— Fliegende Blätter4 395.
Münchmeyer, IL G., 350.
Münster 379.
Murray, Familie, o_8.
Museum f. Kunst in Wien 42 S.
Musiknotendruck 147. 323.
480
REGISTER.
\fusee franfnis 2_o8_
Musee des /amilies 204.
Nachdruck in Amerika 135.
— in Belgien 229.
— in Deutschland 26 1.
— in Reutlingen 393.
Nachitschewan 457-
„Nacht, 100 1," 389.
Nachtigal & Dohle
Napier, D., 5^.
Narodne Noviny 437.
Nastas Jovanovic 46 1 .
„Nationalmuseum,bayrischesw 397.
National-Verein, serbischer 460.
Naturselbstdruck 424.
Naumann, C, 399.
Naumann, C. G., 347.
Naumann & Schröder 348.
Nauplia 463.
Neapel 243.
Neflf, Paul, 392.
Negapatnam iq6.
Neill & Co. 4.2.
Nelson & Sons 63.
Neubinger, M., 456.
Neuenburg 4lQ-
Neuer, Th., 293.
Neujahrskarten in England 104.
Neuruppin 375.
Neusatz 43 7 .
News Conpany, American, lzJL
„New-Yorker Staatszeitung" 133.
Nicol, G. und W., '26.
Nichols, John, £5.
Nicholson, W., ^8. $2^
Niepce, Nicephore, 12^
Niepce de St. Victor 1^.
Nies, Fr., 338.
Nies, J. Ch. D., 28g.
Nisbet, James, 100
Nister, E., 397-
Nitzschke, W., 391.
Norberg. Jul., 187.
Norddeutsche Buchdr. 367.
Nordhausen 353.
Norrküping 452.
Norstedt, P. A., & Süner 45 1.
Notendruck, lithographischer, Oj
Nürnberg 397.
Numerierpresse £3.
Oberhausen 379.
Obernetter iiL 397.
Oberthur, F. C, 201.
Oberzell, Kloster, 307.
Occhio di mosca 240.
Ockenfuss 459.
Odense 444-
Odessa 456.
Oeglin, E., 324-
Oehmigke & Riemschneider 375.
Ölbilderdruck ia.
Offenbach a. M. 30.
Ohlenroth 353.
Oldenbourg, R., 394.
Oldenburg 378.
Omer -Henry 207.
Orange Judd Company 131.
Oratio dominica 235.
Orell Füssli & Co. 409.
Orientalia in Frankreich 147.
Orgelbrand, & Co. 456.
Osborne iiL
Oschatz, R., 350.
Osterrieth, A., 399.
Osterzee, J. van, 227.
Otto, J., 4J2-
Oudin frcres iqa.
Oeuvres de Frederic le Grand 363.
Oxford fix.
laar, 303.
Paderborn 379.
Padua 239.
Paetel, Gebr., 372.
Page, W. & Co. u,
rPalästina" 389.
Pallhausen, V. v., 293.
Panckoucke, Familie, 184.
Paniconographie 155.
Papierfabrikation in Amerika
— in Deutschland 278.
— in England 105.
— in Frankreich 161.
— in Japan i_i_2_.
— in Schweden 452.
RF.GISTF.R.
Papiergeld in Japan 1 1 1 .
Papierphotographie 13.
Papierstereotypie 153.
Papillon 50.
„Papyros EbeYs" 345.
Paravia 242.
Pardoe, Jos.,
Paris monumentum 372.
Parker, Familie, 100.
Parkin, Th., 52.
Parma 233.
Parey, S., 372-
Parsons, Fletcher & Co. 72.
Pattnt Type Foundry 3^.
Paterno, Fr., 434.
Fat ras 463.
Paul et Virginie 204.
Paulin, J. B. A., 203.
Payne, Ä. illi lAli
Payne, Roger, 103.
Perthes, F. A., 375.
Perthes, Familie, 352.
Peking 1 lq,
Penny Magazine 94.
Penny-paper, tAe, 66-
Perrin, L. H., 2 15.
Perrotin, Ch. A., 212.
Fester Buchdr.- Akt.-Gesellsch. 43 6 .
Pesti Hirlap 437.
Petermann, A., 352.
St. Petersburg 453.
Peterson 48.
Petibon 150.
Petrucci, Oct. dei, 323.
Petyt 150.
Petzval
Pfingsten, G. J., 376.
Pfnorr, W., 288, 298.
Pforzheim 388.
Photographie, die, L2_ 31.
Photogr. Hochdruckplatten 14. 43^.
Photolithographie i_(L
Photogr. Tiefdruckplatten 14. 433.
Phototypie 397.
Photogr. Gesellschaft in Berlin 372.
Phototype Company, American, 125.
Philippopel 462.
Pichlersche Buchdruckerei 420.
Pichot & Co. 207.
Pickenhahn & Sohn 350.
Pictnresque America 1 26.
— Europe 1 26.
Picd du roi 145.
Pierer, LL A., 351.
Pierersche Buchdruckerei 292. 35 1
Pietsch, A., 430.
Piil, C, iiL 444.
, Piloty 396.
1 „Pinakothek, die altew, 396.
Piranesi, Vater und Sohn, 244.
Pitris, C, 187.
Pitt- Press
Planotypie 303.
Plauen 350.
Plesse, Chr., 291.
Plön, 199.
Pocher, C. A., 398.
Poiriers, L., 159.
Poitiers 202-
Pomba, Familie, 241.
Polz, E., 347-
Poppelbaum, 288.
Poppelbaum & Bossow, 291.
I Porter, T. J., 43.
Posen 373.
Posner, C. F., 437.
I „Postamts-Zeitung~ 380.
Potter, E., & Co. 129.
Pourrat fr&res 2 1 2.
Powell, D. F., 62.
Powell, Jos. Martin,
Prachtwerke in Dänemark 442.
— Deckers 363.
— in Deutschland 271.
— in England 95.
— in FrankreicE~i97. 204.
— liturgische, 398.
— in München 397.
— in Stuttgart 391.
— in Wien 422.
Prägpresse
Prag 431-
Prang, Ludw., 131.
Prasch 295.
Preuschen, A. G.,
Press, t/ie, 7_8.
402,
4S2
REGISTER.
Presse, la% 193.
Presse, Die Drucker-,
— Haassche, 4^. 407.
— eiserne, 4^.
— Stanhopesche, 50.
— Coggersche, 5j_.
— Columbia-, 5j_.
— Kniehebel-, 5^
— Strebe-, 52.
— Schottische, 52.
— Tret-, 52.
— Hydrostatische, £2_.
— mit Farbeauftrag, 52.
— Hydraulische, 53.
Pretzsch, P., 14. 433.
Pressverhältnisse in Österreich 413.
Prestel, J. G., 300.
Prevost, Hist. gener. des Voyages 12&
Printinghouse- Square 55.
Privat, P., 202.
Privilegien in Frankreich 166.
Prochaska, Familie, 432.
Propaganda, die, 233.
Prudon & Co. 159.
Publishcrs Circular 94.
Pustet, Fr., 398.
Putnam, G. P., lü.
Pyrostereotypie 149.
Ouaritch, Bernh., iüsl.
Quijano, F., 245.
Raab 437.
Racinet, I' ornement polychrome 181.
Raddma 1^ König, 1 13.
Radde, ()., 377-
Radde, \V., 133.
Raflfelsberg, J., 420.
Raguenau, P., 1 6o.
Rame pere 176.
Ranguhn 109.
Raschid- Eddin, Hist.d.Mongol. \ \(>.
Rasselax 3^
Rath, Mor., 437.
Recherehes asiatiques 1 74.
Reclam jun., Ph., 347.
Reduktionsapparat 377.
Reed <5c Fox 32.
Regensburg 398.
Reichel, Gebr., 399.
Reichen berg 432.
Reichsdruckerei 368.
Reifenstein, G., 438.
Reimer, C, 366.
Reimer, G. A., 366.
Reinwald, C, & Co. 2 1 8.
„Reis mit Honig** 1 13.
Reisner, D., 372.
Reiss, H^ 43t.
Relief printing Company 15.
Religious Tract Society 99.
Renaissanceschriften i. England 32.
Renault & Robeis 150.
Rene & Co. 150.
Rennes zsn*
Renouard, A. A., 218.
Reussner, J. F., 373.
Revillon & Co. 456.
Reutlingen 393.
Richter, J. F., 376.
Rieder & Simmer 411.
Ringer, E., 370.
Rio de Janeiro 248.
Rivadaneira, M., 245.
Riverside -Press 130.
Rivington, Charles, 99.
Röder, C. G., 348.
Roeloffzen & Hübner 227.
Römmler & Jonas 350.
Rohrer, R. M., 432.
Rollinger cS: Mössmer 430.
Rom 242.
Roman. Gruppe, Charakter., 140.
Romanet & Co. 207.
Rommel, M., & Co. 391.
Roorda, T., iziL
Roret, E., 209.
Rosenborg, Fr., 41.
Rossbach, A., 337.
Rostock 375.
Rotterdam 2-2JL
Routlegde & Sons 9^.
Row, Elisabeth, 29.
Roxburgh-Club ioi.
Roxburgh, John Herzog v., uu*
Roy, Adr. le, 325.
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REGISTER.
483
Rue, de la, & Co. 105.
Ruprecht, K., 301.
Rusher, P., 3_2.
Rust, L IL 291.
Ruthven, J., 5_£.
Rustschuck 462.
Ryles & Son 6
Sachse & Co. 370.
Sacre et couronnem. de Napoleon 1 74.
Sacy.S.de, Les seances de Hariri 176.
Saggio tip. dt /regt et majuscola 234.
Salzer, Familie, 421.
Sandmeyer, W., 375.
Sandwichsinseln 1 13.
Sarepta 457.
Satiniermaschine Cm* 3
Savage, Will., So.
Saxton, J., 52.
Scamoni, G. v., 14. 454.
Schäfer & Korradi 134.
Schäfer & Scheibe 371.
Schauberg, G. A., 380.
Schauenburg, M., 402.
Schauer, G., 372.
Schauer, Hans, 395.
Scheible, J., 389.
Scheitlin, C. P., 410-
Schellenberg, L., 400.
Schelter &Giesecke 287. 315. 319.
Schemm, Franz, 398.
Schimpf, C, 398.
Schleifmaschinen 3^
Schlotke, Ferd., 316. 319. 376.
Schliitersche Buchilr. 378.
Schmid, Ant, 419.
Schmidt, L. \V., 134.
Schmidt & Spring 391.
Schmiers, Werner & Stein 315.
Schneider, Friedr., 395.
Schneider, R., 453.
Schneider, Th., 455.
Schneidemaschine
Schnellpressen 306. 333.
Schnellpressen, lithograph., 316.
Schnuck, Familie, 187.
Schönlein, 390.
Schöprlin, Joh. D., 404-
Schotte & Co. 372.
Schottländer, S., 373.
Schreibkugel 446.
Schreibschriften, franz., 146.
Schriftgiesserei in Amerika 33^
— in Berlin 359.
— in Dänemark 444.
— in England 2^.
— in Frankreich 156.
— in Stuttgart 391 .
Schriftgiessmasch^S, 1 59.295. 445.
Schröder, E. Hy 372.
Schröder, W., & Co. 3 1 9.
Schröpel 459.
Schuchardt, Chr., 412.
Schuckert, Sigm., 295.
Schünemann, C, 378.
Schürmann, W. R., 3 1 9.
Schürmann, A., 353.
Schultz, J. H^j 444.
Schultz, R., & Co. 187.
Schultze, C, 367.
Schultze, W. F., 381.
Schulzsche Hofbdr. 378.
Schumacher 3 1 7.
Schumann, A. 3 1 5 .
Schuster, R., 372.
Schwabe, B., 378,
Schwann, L., 379.
Schweighausersche Buchdr. 408.
Schwerin 375.
Schwetschke, Familie, 354.
Scribners Zeitschriften 122.
Scott, Sir Walter, &l
Sebald, U. E., 398.
Seeger, Max, 391.
Seemann, E. A., 349.
Seidelin, A., 444.
Seitz, G. W., 376.
Seliwanowski 456.
Seiligu6 317-
Senefelder, A., ii 396.
Serajewo 437.
Serbien, Einführung, 459.
Serbischer National- Verein 43 7.
Sequoyah 35.
Serampur 1 06.
Series, Scienti/iques, 130.
3'*
484
REGISTER.
Serriere & Bausa 159.
Serz & Co. 398.
Setzmaschine in Amerika u .Engl. 4 o .
— in Deutschland 295.
— in Dänemark 445.
Shakspeare- Press 50.
Shakspeare Prachtausgabe 76.
Shanghai 109.
Shank, P. M., 39.
Sharpe, Granville, 99.
Sheldonian Theater 8_l
Shinpao ilä.
Sidney 1 u.
Siede, le, 193.
Sieger, Ed., 434.
Siemens & Halske 295.
Silbermann, G., 205.
Silva, J. C. da, 246.
Silvestre, L. C, 218.
Simin 453.
Sirven, J. M., 2m*
Sistowa 462.
Sittenfeld, J., 367.
Skandinavia- Presse
Sliwna 462.
Smirdin 453.
Smith, P. und M., fii.
Smith & Son 9^.
Smyrna 25 1.
Society Jor usefull Knowledge 95.
Soc. gen. de libr. catholique 211.
Sörensen, Chr., 4_i_. 424.
Sofia 462.
Solnhofen iL
Sommer, L., 42 l
Sonzogno, Ed., 241.
Soubise, Nöte/, 1 74.
So wer, Potter & Co. 129.
Spaarmann, A., 379.
Spamer, Otto, 347.
Spemann, W., 392.
Spencer, Lord, 102.
Spener, Familie, 308. 365.
„Spiegel vom Serampur14 107.
Spielkartenfabrikation in Engl. 105.
Spilbury, Th., ^
Spinn, C. A., & Zoon 227.
Spottiswoode & Eyre 96.
Springer, Jul., ^
Staatsdruckerei in Belgrad 459.
— in Berlin 3 65.
— in Paris 170.
— in Pest 436.
— in St. Petersburg 454.
— in Washington 124.
— in Wien 421.
Stahel, B , 399.
Stamperia camerale 243.
Stalling, G., 378.
Stanhope, Lord, 36. 49.
Stationary- Artikel 23_. 104.
Stationers Company u. Hall 9^.
Statistisches, Belgien 232.
— Dänemark 444.
— Deutschland 274.
— England 89^
— Frankreich 111-
— Holland 227.
— Italien 237.
— Norwegen 449.
— Österreich 437.
— Rumänien 461.
— Russland 453. 457.
— Ungarn 437.
— Württemberg 393.
Statt stique de la France 174.
Statthalterei-Buchdr. in Prag 43 2.
Statut de t ordre de St.- Esprit 206.
Steinbock, R., 371.
Steiger, E., 13^.
Steiner 295.
Steinkopf, J. F., 390.
Stenochromie 377.
Stenographischer Satz 291.
Stereotypie, die, $6. 151. 192.
Stettin 374.
Stiepel, Gebr., 432.
Stigmatypie 304.
Stöckel, W., 349.
Stoffler & Backe 290. 3 1 9.
Stopp, F. W., 432.
Storch & Kramer 371.
Strahan, Will, and Andr., 25.
Strassburg 403.
Strassburger Stadtbibliothek 404-
Straub, F., 394.
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REGISTER.
Strauss, A., 421.
Strauss, B., 317.
Strixner 396.
Stroefer, Th., 395.
Stuttgart 384.
Styblo, B.,
Styria 433-
Suitterlin, Claussen, & Co. 67.
Sumatra 109.
„Sun- 123.
Sunday School Union 1 29.
Susato, T., 324.
Susemihl i_t_.
Swett, E., & Daul 48.
Swiderski, Ph., 3 1 5.
Synodalbuchdruckerei 456.
SythofT, A. W.,
Szegedin 437-
Talbot, Fox, i_l
Tarbe" & Co. 150.
Tauchnitz, Bernh., 340.
Tauchnitz, K., 337.
Tauchnitz, K. Chr., 338.
Taylor, R., 54.
T£chener, L., Fils 216.
Teheran 25 l
Teirichs „Bl. Kunstgew." 430.
Templier, A., 213.
Temeswar 43 7.
Terceira 1 13.
Teschen 432.
Testu & Massin 207.
Tetot aia.
Tetschen 432.
Teubner, B. G., 3_3_7_. 350.
Theinhardt, F., 285.
Thesaurus grcccce tinguat iJLl.
Thiele, Gebr., 443.
Thienemann, K., 391.
Thiers, Hist. de la Revolution 203.
Thomann, J., 399.
Thoras, P., 109.
Thordarson, Einar, 448.
Thorowgood 32.
Thurneyssen, J. J , 409.
Tidcombe, G., & Son 71.
Tiegeldr. -Tretmasch., versch., 6_2:
Tiflis 4^7;
Tilloch 36.
TV««- Offizin 84.
Times 55.
Timiriazeff, D., 48.
Tirnowa 462.
Töche, Th., 366.
Tokio (Jeddo) Lia.
Tolmer 159,
Torchonplatte 10.
Torre, A. de la, 420.
Toulouse zsn*
Touraine, la, 196.
Tract Society, American, \ 29.
Trassier, J. G., 418.
Trattner, J. T., 416.
Treadwell, D., 52.
Trennert, J. D., 284.
Tresling & Co. zz&
Tresor artistique de la France
Tresor de numismatique 2Q&.
Treuttel & Würtz iM,
Trewendt, E., 370.
Tribüne, New York, 117.
Trier 379.
Triest 433-
Trionfo della fidel ta 326.
Trittmüller 67.
Troitzsch, O., 371.
Troppau 418.
Trowitzsch & Sohn 285. 373.
Trübner, Nikolaus, isiSL
Truscott, Francis, 91.
Tümmel, W., 39s.
Turnbull, Thomas, 69.
Tschudi, Iwan v., 410.
Tschulik, L., 41^
Tucker, Henry, 150.
Tübingen
Turrel & Saxton
Turin 241.
Typographia jubilans 341.
Typometrie 407.
Über Land und Meer 389.
Ungarn 436.
Unger, J. G. und J. F., 297.
Unger, Gebr., 365.
486
REGISTER.
Univers pittoresque 1S1.
Universitätshuchrir.i.Miinchen 394.
— in Pest 437.
— ■ in St. Petersburg 456.
Utensilien -Geschäfte 7_i.
Unzelmann, Fr., 298.
Valencia 245.
Valcntines 104.
Valct & Co.
Valley re, Gabr., 15 1.
Vanderborght 232.
Vanderhaegen, E., 232.
Vandiemensland 1 12.
Veit, J. B., 401«
Veit & Co. 372.
Velten, J., 401.
Venedig 239.
Vereinigung des Boekhandels 227.
Vereinigungen in Deutschland 272.
Vereinsbuchdr. in Mannheim 401.
— in Stuttgart 390.
Verlag der Klassiker 388.
Verlags- Anstalt, Deutsche, 390.
Vertiz, J. J., 248.
Victoires et ConquHes 185.
Victoria -Druckerei 90.
Vidal 207.
Vieweg, Fr., 284. 3_i6. 354.
Vieweg & Sohn 354.
Villebois, E. de, 175-
Villeneuve, J. de, 246.
„Virgil" (Baskerville) 2jL
Visconti, Iconographia 1 ;S.
Vogel, Daniel, 298.
Vogel, F. C. W., 348.
Vogel, Otto und Albert, 299.
Vogt, G., 366.
Voigt, B. F., 352.
Voirin, E, 1 59.
Volkmann, W., 330.
Voss, L., 348.
Wagner, Rud., 371.
Wagnersche Buchdruckerei 433.
Wahabi, Mustapha, 24«;.
Wahlen & Co. 230. 232.
Waisenhausbuchdr. in Halle 3s 3»
Walbaum, Erich und Th., ?Sy
Waldheim, R. v., 430.
Waldow, Alex., 319. 347-
Walker 50.
Walle, J., 395.
Wals 149,
Walter, J., 1 u. 11, 54. 55. 58. 84^ 85.
Walze, Die, 50.
Walzenmasse, englische, 7_i_.
Wanderburgh, Wills & Co., 3^.
Wandsbeck 376.
Ward, Marcus, 105.
Warrington 46.
Waschau 456.
Wasmuth, E., 3 72-
Waterlow, Sir Sidney, 9_i. oji.
Watts, W. M., $2.
Watzulik 292.
Weber, J. J., 348.
Wedgwood
Weifenbach, W., 395.
Weigang, Gebr., 3. so.
Weigel, T. O., 348.
Weigel, R., 348.
Weimar 35; 1.
Weise, Gustav, 391.
Weisert, Otto, 290.
Weiss, J. G., 3Q4-
Weisskunig, der, 419.
Wellesley, Marquis, 107.
Wenzler, H^. 446.
Werlitz, L., 3&7-
Wesmael-Charlier 23 1 .
Westcott 39.
Westermann, G., 355.
Westermann Brothers 134«
Westpheling, J., 410.
Weyer, P. W. van der, 2_iiL
Weynreich, 373.
Wezel &: Naumann 348.
Wheeler & Wilson 20.
Whitaker, Ch., 7^.
Wiek 43_.
Wiede, Alex., 347.
Wiegandt & Grieben 372.
Wielands Werke, Prachtausg., 3J l
Wieprecht, M., 350.
Wier, Richard, 103-
Digitized by Google
REGISTER.
487
Wiesbaden 400-
Wiesing, W., 34^
Wigand, G., 349»
Wigand, Otto, 347. 348.
Wilberg, Karl, 463.
Wild, F., 305;
Wiley Ü: Putnam 1 27.
Wilkins, Charles, 106.
Wilkinson, J. B., 63.
Wilkinson & Co. 9^
Wilson, A.,
Winberg, T. v., 455.
Winckelmann, J., 370.
Winder, J. R., 43.
Wing, W.,
Winiarz, E., 432.
Winiker, C, 432.
Winter, C. F., in L. 348.
Winter, C. F., in D. 400.
Winterthur 410.
Wismar 375.
Wittersheim & Co. z&±*
Witthingham, Familie, 7J}.
Wittich, L. C, 400.
Witwer, C, 392.
Wodianer, Ph., 43;.
Wolvercote Sj^
Woodburydruck 14^
Woodfall, G., 54.
Woods, W., & Co.
Wöllmer, W., zMl
Wohlfarth, J. A. v.,
Wolff, B. M., 456.
Wolff & Sohn 395.
Worcester, Dietionary
Worms, Maschinenfabrik, 315.
Worsleyanum 7_7_.
WUrtheim, J., & Zoon üiL
Würzburg 399.
Würtz, J. G., iM
Wüste, Fr., 320.
Wurm, J. X., 4J_.
Wurster, Randegger & Co. 410.
Wyman & Son o^j.
Wyss, K. J., 41 1.
Li!
All,
110.
Xylographie in Amerika 1 23^
— in Dänemark 444.
— in Deutschland 258. 296.
— in England 2_fL 7_o_.
— in Frankreich 142. 156.
— in München 305-
— in Stuttgart 390.
— in Wien 433.
Yomiri Schimbun 1 1 1 .
Young, J. ILi 41-
Yves & Barrot 156-
Zähnsdorf, J. W., 104.
Zamarski, C. A., 429.
Zande, van der, 23 1.
Zaragozano & Jaime 245.
Zeitungswesen in Algerien 248.
n Australien 112.
n Berlin 367.
n der Kapkolonie 1
n China 1 10.
in Deutschland 269.
n England 84. 82. 8_&
in Finnland 453.
in Griechenland 464.
n Indien 107.
n Italien 238.
u Japan 1 lq,
Ii Nordamerika 115.
n Norwegen 449.
q Paris 219. 221.
n Portugal 247.
in Russland 457.
in Schweden 452.
n der Schweiz 406.
n Serbien 460.
n der Türkei 25 1.
11 Südamerika 24S.
Zinkhochätzung 155.
Zollikofer, Familie, 410.
Zürcher & Furrer 410.
Zürich 409.
Zweifarbenmaschine 312.
488
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B. NACHWEIS
DER ANGEFÜHRTEN QUELLENSCHRIFTEN.
Bei Zeitschriften, Adressbüchern, Ausstellungsbcrichten u. dgl., die öfters ritiert
werden, ist ein Hinweis nicht gegeben.)
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