Mitteilungen
Hohenzollerischer Geschichtsverein
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IN COMMEMOHATION OF THE VISIT OF
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Von
DR. K. Tll. ZlNGELER, fürstl. hohenz. Archivdirektor
und
GEORG BUCK, fürstl. hohenz. Hofkammer- und Baurat.
Mit 141 Abbildungen.
BERLIN.
Verlag jvon Franz Ebhardt & Co.
1006.
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Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollem.
XXXIX. Jahrgang IQ05 t>. .
M. Lieboer'kche Hofbuchtlruekrm,
Sigmar! zx gen.
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Vorwort.
Schon 1904 hatten wir den Plan gefasst, die .Zollerische Schlösser, Burgen und
Burgruinen in Schwaben“ als eine Festgabe zum 70. Geburtstage Weiland des Fürsten Leopold von
Hohenzollern erscheinen zu lassen; denn wir waren überzeugt, dass der hohe Herr, der die
zollerischen Lande so »ehr liebte, besondere Freude an einer derartigen Arbeit haben werde.
Die Vorsehung liess den Fürsten diesen Tag nicht erleben. Da die Vorarbeiten zu dem
Buche jedoch schon weit gediehen, fast sämtliche Schlösser, Burgen und Burgruinen an Ort
und Stelle besichtigt, vermessen und photographische Aufnahmen von ihnen zum Zwecke der
anzufertigenden Abbildungen gemacht worden, so hielten wir dafür, die Arbeit nicht nutzlos
liegen zu lassen. Vermögen die .Zollerische Schlösser, Burgen und Burgruinen in Schwaben“
auch nicht mehr den zu erfreuen, dem sie zu Lebzeiten gewidmet sein sollten, so seien sie
doch seinem Andenken in treuer Gesinnung geweiht.
Big ln Bringen im September 1900.
Die Perfafler.
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INI I Al ;rs VER ZEICHNIS.
Seite ,
Seite
Achberg
. . 59
Isikofen
106
Atfenscbmalz ....
. . 107
Jungingen ....
107
Apfelstetten
. . 107 !
Jungnau
102
Hittelscbies.
. . 90
Krauchenwies . . .
107
Bubenhofen
04
Langenenslingen . .
110
Murladingen
. . 65
I.ichtenstein ....
. . 111 und 114
Bettensee
. . 66 j
I.indich, Der . . .
114
Biessen
68 1
M eich in gen ....
116
I Hatfurt
. . 71
Pfannenstiel ....
120
Eugenia, Villa . . .
. . 75 1
Kingingen ....
122
Falkenstein
. . 70
Salmendingen . . .
124
Glatt
. . 80
Schalksburg, Die
43
Uuttenstein, Hebrochen
. . 84
Schiltau
102
Haigerloeh
. . 27
Sigmaringen ....
14
Hainburg, Die ....
. . 85
Stauffenberg ....
120
Hertenstein
. 100
Steinbilben ....
127
Hettingen
. . 87
1 Strass bei g ....
128
Hohenberg
. . 38
Truchtelfingen . . .
132
Hohenfels
. . .
. . 91
Veringen
51
Hohen zoller, Der . . .
1
Weckensttin ....
136
Holnstein
. . 94
Wehrstein ....
138
Hornstein
. . 90
DIE ABBILDUNGEN
6, 42 und 10(5 verdanken wir dem königlichen Hausarchiv zu Charlotten bürg ;
1(5 und 27 sind nach photographischen Aufnahmen erfolgt, welche Seine Hoheit Fürst
Wilhelm von Hohenzolleru gemacht hat und uns gnädigst zur Verfügung stellte;
17 nach einem Aquarell des f Baurates Eulenstein;
18, 71, 78, 79, 88, 104, 105 und 184 nach uns gütigst zur Verfügung gestellten
Cliohees des fürstlich fürsten bergi. sehen Archivs zu Donaueschingen;
19, 20, 21, 08 und 185 desgleichen von der fürstlichen Dom&nenkanzlei zu Wulfegg;
40, 44, 115 und 188 desgleichen von den Blattern des Schwäbischen Albvereins;
45 und 46 desgleichen von Herrn Professor Br. Weber in Jena.
Ausserdem fühlen wir uns verpflichtet, dem Herrn Eisele. Pfarrer zu Salmendingen
(jetzt zu Siberatsweiler), und Herrn Schub, Steuerrat zu Sigraaringen, für ihre vielseitigen
Bemühungen besten Bank zu sagen. — Sämtliche 119 Clichees, die wir herstellen Hessen,
entstammen der Hof-Kunstaustnlt von Karl Pelz in Signmringen.
Abb. 8. 106 muss die Zahl 110 >tatt lü haben.
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DER HOHENZOLLER.
Abb. 1. Der Hobenzoller in seiner jetzigen Gestalt.
Das Mittelalter kannte nicht die Freude, den Genuss an der malerischen
Schönheit der Natur, wie unsere Zeit. Die Alpenwelt hatte für es noch keine
Reize, lockte keine kühnen Bergsteiger, um sie für waghalsiges Klettern, lebens-
gefährliches Ringen mit den Elementen durch den herrlichen Fernblick von
ihren Berggipfeln in eine neue Welt zu belohnen und zu entschädigen. Nur
da, wo die Berge Gegenstand der Kultur waren, haben sie als Bestandteil des
Agrarbesitzes auch Eigennamen, also doch nur dem praktischen Zwecke, der
Nutzbarkeit dienend. Daher kennt das Mittelalter auch noch keine künstlerischen
Darstellungen der Natur in landschaftlichen Gemälden. Solche besitzen wir
erst aus neuerer Zeit, und der erste Maler, der Bilder von ihnen schuf, war
Segantini. Winkelmann liess, als er auf seiner Reise nach Italien durch die
Alpen fuhr, die Fenstervorhänge herunter, damit der Anblick der Berge sein
ästhetisches Gefühl nicht beleidige, und doch schrieb er 1777 sein Buch von der
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Fähigkeit der Empfindung des Schönen. Gewiss besingen die mittelalterlichen
Minnesänger die zur Frühlingszeit erwachende Natur, jubeln mit den aufsteigenden
Lerchen, begrüssen die ersten Blumen auf grünendem Anger und freuen sich
des sprossenden Waldes. Aber das ist das Aufatmen von langer, harter
Winterszeit, die Freude an der Möglichkeit, endlich wieder die dumpfen Stuben
der unwohnlichen Häuser verlassen und im Freien sich ergehen zu können.
Sollte man nicht gerade das Gegenteil in der Sinnesart unserer Voreltern
vermuten, wenn wir ihre Burgsitze anschauen? Sollte man nicht viel eher
annehmen, der fesselnde Zauber wechselvoller Naturschönheit habe sie gelockt?
Aber anders urteilt der Edeling des Mittelalters, anders der Sohn der Neuzeit.
Dieser ruft angesichts der auf hochragendem Berge liegenden Burg mit der
weiten Ausschau über Höhen, Täler, Ebene, Wälder, Städte und Dörfer
unwillkürlich aus: »Wie schön!« Jener wird dagegen mit prüfendem Auge
die strategische Lage seines Steinhauses betrachtet und danach dessen Wert
geschätzt haben.
Wenige Berge und Burgen in deutschen Landen vermögen so sehr den
Beschauer zu fesseln, wie der Zoller. Das ist, weil hier landschaftliche Schön-
heit, überraschende Kühnheit der Bauanlage, gebietende Würde und eine
geschichtliche Bedeutung höchsten Ranges sich vereinigen zu einem Gesamt-
bilde, das in dem einen Worte: »der Zoller« mächtigen Ausdruck findet: voll-
tönend wie der Klang einer gewaltigen Glocke. Wie einst Kaiser Wilhelm,
glorreichen Angedenkens, eine Anzahl treuer Paladine umgab, deren Lebens-
geschichte jede für sich einen wichtigen Platz in den Geschichtsblättern unseres
V'aterlandes ausfüllt, so umstehen auch den Zoller auf hohen Bergen altehr-
würdige Burgen, jede einstmals Sitz eines hervorragenden deutschen Geschlechtes.
Da winkt von Nordosten her der Hohenstaufen, die Wiege der Staufenkaiser.
Ihm schliessen sich in der Richtung nach Südwest, dem Zoller zu, an : die Teck,
auf welcher die Herzoge von Teck sassen. eine Nebenlinie der Herzoge von
Zähringen, deren Nachfolger die Grossherzoge von Baden sind; der Neuffen,
HohenncufTen, die alte Feste der Grafen und Herzoge von Württemberg, und
sodann die Achalm, von der ehemals die mächtigen Grafen von Achalm zu Tal
schauten. Alle diese Burgen liegen in Trümmern, die Burg Hohenzollern
dagegen erstand wieder, aufgerichtet in stammverwandter Gemeinschaft der
königlichen und fürstlichen Hohenzollern. Das Geschlecht, das vor mehr als
850 Jahren den kühnen Entschluss fasste, dort seine Veste zu erbauen, muss
von markiger Kraft gewesen sein.
Der Zoller — so heisst Burg und Berg das ganze Mittelalter hindurch,
und heute noch nennt der Volksmund den Berg nicht anders — hat hinsichtlich
seines Namens und seiner ältesten Geschichte den Forschem schon viele
Schwierigkeiten bereitet. Gab der Berg dem Geschlechte, welches im 11.
Jahrhundert dort oben seine Burg baute, von der es das Mittelalter hindurch
hiess:
Nobile Zolre castrum
Hactenus fulgens ut astrum
»du edle Zollernburg bis dahin glänzend wie ein Stern», den Namen, oder hiessen
die Erbauer der Barg schon vorher Zollern? Allgemein wird das erstere
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angenommen. Aber der Beweis hierfür ist uns bis zur Stunde noch nicht über-
zeugend geliefert worden. Ich neige mich der Ansicht ,zu, dass der Harne
Zoller erst mit den Dynasten, die hier inmitten der Hattenhuntare ^ihre i Burg
erbauten, einzog. Wir wollen die Gründe für beide Ansichten hören, soweit
sie nicht in das ehemals so beliebte Gebiet phantasievoller, märchenhafter
Genealogie gehören.
Abb. 2. Der Zoller uacli seinem Wiederaufbau 14M.
Zunächst sind die Forscher der erstgenannten Meinung schon gar nicht
einig über den Namen Zoller selbst, seine Bedeutung, seinen Ursprung. Die
sprachlichen Herltitungen von Solar — Solarium — Söller, Haches Dach, oder
von Zuller — Schlotzer! übergehen wir. Letzteres streift an das Komische.
Auch wurde an das keltische Tüll, Toll, Berg, Bergfeste gedacht. Mit viel
wissenschaftlicher Gründlichkeit ist der keltische l’rsprung des Namens zu
beweisen versucht worden. Man ging dabei auch von der Annahme aus, der
Zoller sei ursprünglich eine keltische Volksburg gewesen. Hierzu bemerke ich,
dass der Zoller sich zu einer solchen wenig eignete, jedenfalls weniger als
andere in der Nähe befindlichen Höhen. Und warum soll gerade der Zoller
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und nur dieser aus seiner Eigenschaft als keltische Volkshurg den Namen hier-
für erworben haben, da Hohenzollem, Schwaben überhaupt doch so reich an
Volksburgen ist, ohne überlieferte Namen? Bei diesen keltischen Erklärungs-
versuchen erinnert man sich an das in rheinischen Gelehrtenkreisen heimische
Wort: »Was man nicht erklären kann, sieht man gern als keltisch an«.
Am meisten Nachdruck hat die Ableitung des Wortes Zoller von dem
lateinischen Mons solarius gehabt. Diese Herleitung ist aber ganz bestimmt
unrichtig, mag sic mit noch so vielen Worten zu beweisen versucht werden.
Schon die geschichtliche Begründung ist durchaus unzutreffend. Es liegt gar
kein Beweis für die kühne Behauptung vor, »dass auf dem Zoller einer der
bedeutenderen römischen Beobachtungstürme mit einer kleinen stehenden
Besatzung war.« Reines Phantasiegebilde ! Gerade die Geschichte der nächsten
Umgebung des Zollers und des Berges selbst spricht gegen diese Annahme.
Auf dem Zollembcrg sind, auch bei dem gänzlichen Neubau der Burg, der 1867
vollendet war, keine Spuren römischer Befestigungen gefunden worden. Reicher
an römischen Baurcstcn ist die Gemarkung zwischen Uechingen und Weilheim.
Aber, und hierauf ist Nachdruck zu legen, diese Niederlassung reicht, den im
Oktober 1904 im Aufträge des Fürsten von Hohenzollem von mir geleiteten
Nachgrabungen zufolge, nicht über das zweite Jahrhundert hinaus, war vielmehr
um die Mitte der genannten Zeit schon verlassen. Weder der Zoller, noch
Weilheim, noch Hechingen kann Anspruch machen auf römische Befestigungs-
anlage, wie ich von Weilheim früher selbst glaubte. Auch führen keine Römer-
strassen nächst beim Zoller vorüber. Die künstlich gestaltete Beweisführung:
1. der Zoller war einer der bedeutenderen römischen Beobachtungstürme
Schwabens, 2. die römischen Krieger hatten auf dem Zoller einen kleinen
Tempel und nannten die Kultstätte, den Berg, daher mnns solarius, Sonnenberg,
und 3. aus dem Worte solarius hat sich der Name Zoller entwickelt, ist eitel
Phantasie ohne jede stichhaltige Unterlage. Wir wissen auch nicht das geringste
von einem mons solarius.
Keineswegs ist aber unmöglich, dass die keltischen oder spätem schwäbischen
Bewohner der Gegend hier eine Kultstätte hatten. Hierfür spricht die Tatsache,
dass auf dem Zoller schon sehr früh eine dem hl. Michael geweihte Kapelle
gebaut wurde — ein Vorgehen, das die Kirche gerne sah und unterstützte,
um damit den heidnischen Kultstätten einen christlichen Charakter zu geben.
Und so ist es ganz erklärlich, dass, der Überlieferung gemäss, der Berg, bevor
die Grafen von Zollern ihre Burg auf demselben erbauten, Michaelsberg hiess.
Der Berg bietet somit in römischer Beziehung gar keinen und in keltischer
Hinsicht keinen ausschlaggebenden Anhalt zur Erklärung des Namens Zoller.
Erwähnt sei hier, dass die Schreibung des Namens eine ungemein wechselnde
und willkürliche ist So 1061 Zolorin — vielleicht die zur Erklärung wertvollste
und brauchbarste — , 1095 Zolro, n 13 Zolra, 1083 — 1115 Zolra, Zulra, Zoller,
1123 — 1145 Zolr, Zolro, Zolra, Zolren, 1125 — 1150 Zolre, Zolr, Zolra, Zolren,
Zollern, dann werden Zolr und Zolre am gebräuchlichsten, wobei aber noch
allerlei Schreibweisen Vorkommen. Erst 1350 tritt von der llochen Zolre auf,
was verschiedentlich, immer noch neben Zolr, Zolre, Zollern, 1379 — 1412 Hohen
Czolrre, Ilohenzolr, 1368 Zolr von Hohenzolr geschrieben wird. Bis in das 16.
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Jahrhundert bleibt Zolr, Zolre und Zollern im Gebrauch, um endlich ganz dem
Worte Hohen Zoller und schliesslich Hohenzoller Platz zu machen. Im Volks-
mund heisst er aber, wie schon e wähnt, bis heute noch Zoller.
Wie wir nun hinsichtlich des Namens Schalksburg durchaus noch nicht
sicher sind, ob in dem Worte ein Appellativ steckt, so gilt dies erst recht vom
Worte Zoller. Keinen andern Anhaltspunkt haben wir, als dass das Geschlecht
1061, bis dahin schon reich an Macht und Ansehen, zuerst mit dem Namen de
Zolorin auftritt. Wer will uns beweisen, dass dies nicht der Name ist den die
Dynasten von da ab führten, sei es, dass der Kaiser ihnen denselben verliehen,
sei es, dass sie zur Unterscheidung von einer anderen Linie ihn annahmen,
gleichwie die Zollem-Hohenberger, nicht mal hundert Jahre später, ähnlich
handelten? Und ist es nicht recht auffallend, dass der 1095 auftretende Mit-
stifter von Alpirsbach, Adalbert, sich auch schon de Zolro nennt und dabei
Comes de Heigirloch? Der hatte doch nicht seinen Sitz auf dem Zoller, nannte
sich nicht nach dem Burgsitz Zoller, sondern unanfechtbar nach seinem Burg-
amtsitz Haigerloch, wiewohl er Zeitgenosse von Burkhard und Wezel de Zolorin
war. Das bestärkt mich in der Ansicht, dass der Name Zoller der Geschlechts-
name war, den die Dynasten schon besassen, bevor sie den Zoller bauten
und den sie dann Berg und Burg gaben, nicht aber der Berg ihnen.
Wann ist nun die Burg gebaut worden? Das wissen wir nicht genau.
Ein Geschichtsschreiber der Zollern sagt: Um 1061 ward sie gebaut und des-
halb fand ja jener Kampf statt, in welchem Burkhard und Wezel 1061 fielen.
Wo steht das anders als in der Annahme des Aufstellers dieser Erzählung?
Ein anderer zollerischer Geschichtsforscher behauptet: Die Väter der beiden
Burkhard und Wezel müssen die Burg schon gebaut haben. Der Beweis fehlt.
Die Wahrheit kann auf der einen wie auf der andern Seite liegen, in der Mitte
muss sie wenigstens zu finden sein; denn das ist die Zeit, wo die hervor-
ragenden Edelgeschlechter ihre Burgen auf die Berge bauten.
Für die Annahme, der Berg habe damals schon Zoller geheissen, bieten
diese bauzeitlichen Angaben auch keinen Anhalt. Dagegen spricht die Über-
lieferung, wie schon oben angeführt, sehr deutlich dafür, dass, bevor die Burg
gebaut wurde, der Berg Michaelsberg hiess, und zwar wegen der dort oben
errichteten Kapelle. Wann diese Kapelle gebaut wurde, ist nicht mehr nach-
zuweisen. Dass sie bei Einführung des Christentums errichtet worden sei, ist
möglich, gerade um den heidnischen Wodankultus zu vertreiben, zu verchrist-
lichen, und hierfür spricht auch, dass beim Bau der ersten Zollemburg im 11.
Jahrhundert eine Michaelskapelle mit künstlerischer Ausstattung hergestellt
wurde, von der heute noch Bildw e rke auf dem Zoller vorhanden sind. (Abb.3.) Aber
fragen wir: Ist es wohl denkbar, dass man, schon seit Jahrhunderten bestrebt,
dem Berg seinen heidnischen Kultuscharakter zu nehmen, ihm einen Namen
gegeben (gelassen) hätte, der, wie mons solarius, immer wieder an die Heiden-
zeit erinnern musste? Nein! Mons solarius hat er nie geheissen, und somit
kommt auch nicht Zoller von dieser römischen Benennung. Und w r enn wir
auch der Zimmerschen Chronik keine grosse geschichtliche (w r ohl kultur-
geschichtliche) Bedeutung beilegen, so mag doch hier erwähnt werden, was sie
über den Zollerberg erzählt, um so mehr, als im 16. Jahrhundert die Über-
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lieferung noch viele Kraft besass. Sie berichtet: ȟnd als die von Zoller in
unser land erstlichs körnen, sich darinnen niederzulassen, haben sie sant Michels-
perg eingenommen, ain schloss darauf -gepawcn, welches sie Zoller genant«
Abi». :i. l)ie drei Steinbilder aus der Miehuel.sku|>rlle der liurg im II. Jahrhundert.
Der Zoller liegt in der ehemaligen Ilattenhuntare. Wann diese in Besitz
der Zollern kam, wissen wir nicht genau. Da aber die neueste genealogische
Forschung auf Grund eingehender kritischer Untersuchung zu der Überzeugung
gekommen ist, dass der älteste Genealoge der Zollern, F.rasmus Sayn de Frisinga,
um 1 200 recht hatte, so müssen wir den io(>i gefallenen Burkhard schon als
Graf von Zollern ansprechen. Vom n. Jahrhundert ab ist die Ilattenhuntare
in zollerischem Besitz und führt daher mit Recht durch alle Jahrhunderte hin-
durch den Namen Grafschaft Zollern. Sie ist dic'geschichtliche Stammgrafschaft
der Zollern, die Wiege des Geschlechtes, das in seinen vielen Verzweigungen
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.
7
die Jahrhunderte überdauert und heutigen-
tags in der kaiserlich-königlichen und der
fürstlichen Linie der Hohenzollem ihre Ver-
treter hat, zu denen neuerdings noch als
dritte Linie die hohenzollern-rumänische
Dynastie zu rechnen ist, als deren Gründer
König Karl, der Oheim, und als deren
Stammvater Prinz Ferdinand von Rumänien,
der Bruder des Oberhauptes der fürstlichen
Linie, Wilhelm von Hohenzollem, zu
betrachten ist
Die Stammgrafschaft war aber kaum
mehr als der Kern des ehemaligen gross-
artigen Besitzes des Gesamthauses Zollern,
das an Macht, Reichtum und daher auch
Ansehen im 12. und 13 - Jahrhundert nur Abb. 4. Siegel des Grafen Friedrich von
noch an den Staufern und Zähringem eben- Zollern. Es zeigt das älteste Wappen der
bürtige Genossen hatte. Die Zollern und Zollern vor Annahme des gevierteten
die Hohenberger waren damals so mächtig, Schildes. Umschrift: S1GILLUM. FRI-
dass der Gesandte Gregors Df., als er die DERIC(I). (CO)MITIS. 1>E. ZOLKE. f
schwäbischen Grossen zum Kampfe gegen
den Kaiser Friedrich II. aufrief und die Kräfte derselben abschätzte, von den
Zollern und Hohenbergern sagte, dass
1 t’A sie in ihren starken Burgen dem Kaiser
Trotz bieten könnten, so lange sie
I wollten.
^7 Es geht ein stolzer Zug durch die
' jf ganze Geschichte der Stammgrafschaft,
f die niemals dem Hause, auch nicht zur
Zeit der höchsten Bedrängnis entfremdet
Abb 5. Zollern-Nttrnberger Siegel vor Annahme Abb ' 6 - Allianz-Siegel der Gräfin Adelheid
des gevierteten weiss-schwarzen Schiidee. Um- von Zollre, gob. Gräfin von Fürstenberg.
Schrift: 8. G VN KADI. BVKCKAVII. DE. Umschrift: S.’ ADEL11. IV FV ESTEN-
NLTUNHEItC. ET. COMITIS. DE. ZOLElt. RERC. COMITI8S. I). ZOLR.
wurde. Man macht unserer Ansicht nach viel zu viel Aufhebens von den
Streitigkeiten der beiden Bruder Friedrich dem Oettinger und Eitel Friedrich I.
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/
im ersten Viertel -des 15. Jahrhunderts. Um alles zu
Charakter jener rauhen,
gewalttätigen Zeit in’s
Auge fassen, wo das Recht
auf der Spitze des Schwer-
tes schwebte. Für die dem
schwäbischen Hause Zol-
lern innewohnende Kraft
liefert den schlagendsten
Beweis, dass nur wenige
Jahrzehnte später, als seine
Feinde schon sicher waren,
es nun für immer ge-
brochen zu haben, die 12 - 18 .
Zollern mächtig aufstreben, Ai>l>. 7. Ältestes weis» - sc hwär/.
so stark und ancesehen K®riertetes Zoller-Siegel, t in -
unu angesenen s(jhrift gR , FHM)Ej{lcl cu
sind, dass ihre Stammver- M 1 T 1 S. IN. ZOLUE.
wandten, die Branden-
verstehen, muss man den
burger Hohenzollem, Ehe-
bündnis und Erbverträge
mit ihnen schliessen, die
Zugehörigkeit der frän-
kisch - brandenburgischen
Hohenzollem und der
schwäbischen Linie zu ein-
ander erneuern und für
alle Zeiten festsetzen, und
dass der Sohn Eitel Fried-
richs I., Jos Niklas, in der
Lage war, dem Grafen
von Württemberg in gros-
ser Bedrängnis mit einer
für jene Zeit bedeutenden
Summe als Bürge beizu-
springen. —
Die
Nachgrabun-
gen, welche
nach Still-
fried im Jahre
1836 ange-
stellt wur-
den, haben
ergeben, dass
als ältestes
Bauwerk auf
dem Zoller
die Funda-
mente der
heutigen
Michaels-
kapelle zu
betrachten
sind. Wann
diesem ur-
sprünglich
selbständigen
Kirchlein, das
später in die
Burganlage
einbezogen
wurde, der
Bau der Burg
1377.-139$.
Abb. 8. Zollorn-Nümln-rger RpitorÄi**gel. 1878.
Umschrift: Sigill. Fridcrici. «lei. Uracia. Uvrggrafii. Nurinbcrgcnsis.
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selbst folgte, ist weder durch T'rkunden noch sonstige Chronik auf uns
gekommen. Festgestellt ist. dass die drei dort aufgefundenen Steinbilder (vergl.
Abb. 3) der steinernen Burgkapelle angehörten. Diese mag einem Holzbau
gefolgt, und gleichzeitig mit dem
Burgbau im elften Jahrhundert ent-
standen sein.
Nachdem die in den Jahren
1S30— (17 durchgeführten umfassen-
den l’m- und Wiederaufbauten eine
Untersuchung auf die ältesten Reste
unmöglich machen, sind wir auf die
Aufnahmen, welche vor jenen Um-
bauten gemacht wurden, angewiesen.
Nach einer vorhandenen Grund-
rissskizze bestand die alte Burganlage,
Über deren Grössenverhaltnisse keine
genauen Anhaltspunkte vorliegen,
im wesentlichen aus einem quadra-
tischen Hauptturm und der Michaels-
kapelle (Burgkapelle). Diese Ge-
bäude schloss die mit 1 laibtürmen
besetzte Ringmauer ein. Der Haupt-
turm (Bergfried) stand weit vorgeschoben auf der Westseite an der höchsten
Stelle des Bergkegels, die Burgkapelle lag gegen Süden. Der Eingang zur Burg
befand sich wohl auf der Ostseite. Dass den Bergfried bewohnte Unterbauten
umgeben haben, wie Stilllried behauptet, ist nicht nachgewiesen. Viel eher
mag ang nommen werden, dass der Hauptturm solche Ausdehnung hatte, dass
er zugleich als Wohnturm diente.
Auf der Ostseite war die Burg nach den aufgefundenen Mauerresten
durch drei runde Türme verteidigt, von denen zwei einen inneren Durchmesser
von iS Fuss. hatten, die durch einen geradlinigen Wehrgang, der von Norden
nach Süden lief, verbunden waren, diese bildeten mit dem dritten am öst-
lichsten Punkt gelegenen Turme einen dreieckigen Vorhof und verteidigten
zugleich den dort liegenden Eingang zur Burg. Dort wird wohl auch das Tor-
haus (siehe unten) zu suchen sein. Mitten im alten Burghof, zwischen dem
Wehrgang und dem Ihuiptturm wurden die Fundamente eines vierten runden
Turmes entdeckt, dessen innerer Durchmesser 12 Fuss betrug und dessen 30 Fuss
unter den Burghof reichende Untermauerung als Schachtgemäuer des ursprüng-
lichen Brunnens anzusprechen ist. Der Burgfrieden zu Zollern, welcher
am 33. Februar 1402 (also 21 Jahre vor Zerstörung der ältesten Burg) von den
Brüdern Graf Friedrich dem Oettinger und Graf Eitel Friedrich 1 . und ihren
Vettern dem Schwarzgrafen und dem Grafen Ostertag vereinbart wurde, sagt:
dass die Grafen zu Zoller in der Veste auf ihre Kosten vier gemeinschaftliche
Abb, n. Znllersiegel der Burggrafen von Nürn-
berg. Umselirift.: FHIDEIUCI. RVUCOUAVH.
DE. NVEKENHEKG.
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stetige Wächter, und zwei gemeinschaftliche Torhüter, die Kapelle, den Brunnen,
den Vorhof und das Torhaus auf gemeinsame Kosten zu bauen, und jeder
seinen Teil an der Ringmauer machen zu lassen hätten, dass man darauf wohl
gehen und wandeln möge ungefährlich. Ohne Zweifel wurden aber inl Laufe
der nächsten Jahrhunderte sowohl für die Glieder der gräflichen Familie, die
sich in den Besitz der Burg teilten, wie für die Besatzung und das Gesinde noch
mehrere Gebäude hinzugefügt, deren untere Teile durch den Steilabfall
des Berges, feste Gewölbe (Kasematten) bildeten. Diese .Gewölbe“ werden
später zu verschiedenen Malen erwähnt.
Abb. 10. Der Zoller ini 18. Jahrhundert.
Machtvoll und scheinbar unbezwinglich r ziertc den Zollerberg die älteste
Burg, die noch im 15. Jahrhundert als die Krone aller Burgen in Schwaben,
als „das vesteste Hauss in teutschen Landen“ gepriesen wurde, bis im Jahre
1421 am iS- Mai nach hartnäckiger Verteidigung die stolze Bergveste, fast zur
Ruine zertrümmert, in die Hände der| mit den Württembergem verbundenen
Reichsstädte } fiel.
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II
Graf Ei‘:l Friedrich I. versuchte den Wiederaufbau der Burg durch
Errichtung eines Torturmes und sonstiger Bauten. Die Städter zerstörten jedoch
Abb. 11. Grundt Rüss der Vösstung Hochenzollem, Anno 16t>2 den 15ten April verförttiget.
A der Vorhoff. B Dass Vorhoff Thor. C Thor durch dass Huuptwerckh. D Die Schnarr-
Wacht-Pastey. E Die Neye Pastey. F Fuxloch-Pastcy. G Der Spiz. H Scharpff-Eggs-Pastey.
I Die Gartten-Pastey. K S. Michles-Pastey. L Die Neye Casserme. M Der Sali. N Ftlrst-
liche Zimmer. 0 Dass Zeighauss, worauf auch Zimmer sein. P Kaysers Thurn. Q Pischoffs
Thurn. R Marggraffens Thum. S Cantzley Thurn. T S. Michles Khirchen. V Dass
Bachhauss. W Schmidten Thurn. X Coinmcndantcn Wohnung, worunter Cassermen sein.
Y Erstes Thorn ybern Rosst und anders in den Hoff Z Die Wacht Stuben. AA Der grosse
Hoff. BB Der Brunnen. CC Die Cisternen. DD Auszeichnuss alwo ein Ney Werch sollte
gemacht und alwie EE Ein graben verförttigt und gesprengt werden.
Abb. 12. Grundriss der Burg in ihrer heutigen Gestult.
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diese Gebäude und Mauern. Erst Jos Niclas I. gelang es, mit Hülfe seines
Stammverwandten, des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg, und
des Herzogs Albrecht von Österreich am 2 S- Mai r 4 s 4 ( 1 1 Jahre nach Zer-
störung der alten Burg) den Grundstein zur neuen Burg zu legen und diese bis
zum Jahre 1 4(10 fertig zu stellen. Es hatte Albrecht Achilles den Kaiser
Friedrich 111 . zu bewegen vermocht, das strenge Edikt seines Vorgängers auf-
zuheben, und unter dem 17. Januar 1 45t die verbriefte Erlaubnis zu geben: »dass
Graf Jos Niklas zu Zollern den Berg Zollern, das Burgstall und den Stock
darauf, wann und zu welcher Zeit er wolle zu seiner Notdurft ungefährlich
Jahrhunderts.
bauen mag, auch er und seine Erben, Grafen zu Zollern, denselben Berg und
Schloss Zollern mit ihrem Zubehör inhaben und besitzen mögen unbehindert
männiglich.«
Diese Burg des 15. Jahrhunderts erhielt sich, wenn auch zum Schluss nur
in Resten, bis zum Jahre 1S21, zu welcher Zeit man die Fundamente und Keller
(Kasematten), die St. Michaelskapelle, auch den ziemlich gut erhaltenen Torturm
vorgefunden und den sog. »Wartturm« neu aufgeführt hatte.
Über die Anlage der Burg im 17. Jahrhundert giebt uns Grundriss Abb. u,
über die heutige Burganlage der Grundriss Abb. 12 Aufschluss.
Das unweit des Zollers an seinem Fusse liegende Hechingen steht mit der
Burg zwar nicht, wie etwa Sigmaringen oder Veringen mit ihren Burgen, in
unmittelbarem Zusammenhang, gehört aber geschichtlich untrennbar zürn Zoller
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13
und war von jeher der Hauptort der Grafschaft Zollern. Bevor sich die Hatten-
huntare, die spätere Grafschaft Zollern, von dem Muttergau der Perihtilinpara
{Seherragaui abtrennte, wird Hechingen schon als Hahhingum 7S0 genannt.
Dann heisst es 789 in der Hattenhuntare
Hachinga. im 12. Jahrhundert Hachingen, im
n. Haechingen und Hachingen und seit dem
16. immer Hechingen. Der Name weist auf
einen Gründer der Ansiedelung Hacho hin.
Im Laufe der Jahrhunderte hat es mit dem
Zollernhause alle Freude, alles Leid getragen
Schon 1419 sah es neben der Burg auf dem
Zoller in seinen Mauern auch eine zollerische
Veste, *das Bürgle«, entstehen, das 1 576 zu einem
schönen grossen Schlosse umgebaut wurde
(s. Abb. n). Hechingen war vom 15. Jahrhundert
ab ( r 4 3 4 ) Residenz der Grafen von Zollern,
Fürsten von Hohenzollern-Heclnngen. Wann
es Pfarrei wurde, lässt sich nicht feststellen,
doch wird es 1275 schon als Pfarrei aufgeführt,
hat aber ganz zweifellos schon länger vorher
als solche bestanden. Im Jahre 1298 wird zum erstenmal ein Schultheiss hier
genannt. Hechingen hat ein geschichtliches Recht, stolz auf seine Vergangen-
heit zu sein. So ist cs keineswegs, wie so viele andere Städte im Mittelalter
— man darf nur an Sigmaringen, Haigerloch u a. denken — in Verkauf oder
Pfand aus einer Hand in die andere gegangen. Daher ist auch seine Geschichte
einfacher als die mancher anderer Stadt. Sodann ist sein Wappen das zollerische,
und dieser weiss-schwarz geviertetc Schild nimmt als Wappen der Stammgraf-
schaft den Ehrenplatz als Herzschild im Wappen des deutschen Kaisers und
der Fürsten von llohenzollem ein.
Abb. 14. Siegel der S-tudt He'-lnngen.
Ums lirift : S‘ C1VI VM IN HECHIN-
GEN f-
Abb. 15 .
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ft-’V,
u
SIGMARINGEN.
Al>b. 16. Fürstliches Schloss zu Si(.maringen.
Sehr weit in der Zeit müssen wir zurückgehen, um den l’ranfängen des
heutigen Sigmaringens, der Residenz der Fürsten von llohenzollerp, näher zu
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15
kommen. Lange bevor sich auf dem mächtig aus dem Donaubette steil empor-
steigenden Felsen eine Sigmarsburg erhob, ist die Gegend bewohnt gewesen.
Das bezeugen uns die Funde, welche bis auf die Steinzeit zurückweisen.
Mächtige Grabhügel in den Waldungen unweit der Stadt beweisen, dass Sig-
maringen zur Ilallstadtzeit schon eine grössere Niederlassung besass. Ob der
heutige Schlossberg mit der fürstlichen Residenzburg einst als Volksburg diente,
lässt sich nicht mehr feststellen. Lage und Gestaltung sprechen dafür; auch
der Umstand, dass schon seit vielen Jahrhunderten auf seiner Höhe sich eine
Steinburg erhebt, lässt diese Vermutung wahrscheinlich erscheinen. Der kundige
Blick der Erbauer der Volksburgen findet ja dadurch Anerkennung, dass das
Mittelalter vielfach auf denselben Plätzen seine Steinburgen errichtete. Es ist
durchaus nicht unwahrscheinlich, dass Sigmaringen in der La Tene-Zcit ein
befestigter Platz war. Sein späterer und heutiger Name darf uns dabei nicht
irre führen; giebt cs doch eine Reihe von Ortschaften in Hohenzollcm, deren
Namen auf keltischen Ursprung hinweisen, und der südliche Teil des heutigen
Hohenzollem bis zur Donau war jedenfalls vindelikisch. Es berichtet uns
Ptolomäus im 2. Jahrhundert vor Christus von vier bedeutenden Orten an der
oberen Donau, leider ohne Namen zu nennen. Näher weist ein anderer Schrift-
steller, Edrisi, auf Sigmaringen hin, wenn er berichtet, dass an der oberen
Donau, etwa 100 Meilen von Basel und 60 Meilen von Ulm, auf hohem,
schroffem, in die Donau ragendem Felsen eine Stadt Eskindie gelegen
sei. Dass man hierbei an Sigmaringen denkt, ist gar nicht femeliegend.
Schreiten wir in der Geschichte aufwärts, so gelangen wir zunächst in die
römische Zeit. Dass in ihr Sigmaringen eine Rolle spielte, ist ganz zweifellos.
Dafür zeugen zahlreiche römische Funde,, die in der heutigen Stadt gemacht
wurden, das beweisen römische Strassen, die ihr zustreben, und wenn auch
der ehemalige Bergfried, der hochragende Schlossturm, der mit dem jüngsten
Umbau des Schlosses von Emanuel Seidl neu aufgerichtet wurde, kein römisches
Bauwerk ist, so mag die alte Überlieferung, er sei ein Römerturm, vielleicht
darauf fussen, dass sich einst auf der Höhe des Schlossberges eine römische
Warte erhob, wobei an ein römisches Kastell nicht gedacht zu werden braucht;
denn für ein solches haben die Forscher der römischen Zeit hier keinen
Anhaltspunkt.
Es war nach der Mitte des dritten Jahrhunderts, als das Bollwerk römischer
Kriegskunst und römischer l.ändergicr, der Limes, von den Germanen durch-
brochen und das bis dahin römische Land rechts vom Rhein, das Neckar-, Alb-
und das obere Donaugebiet germanisches Eigentum wurde. Nicht gar so hinge
währte es, bis dass schwäbische Ansiedler sich hier in unserer Gegend sess-
haft machten. Wann das an der Stelle der Fall war, die heute Sigmaringen
heisst, kann nicht mit Besimmtheit gesagt werden, doch jedenfalls Jahrhunderte
früher, als urkundliche Nachrichten uns über Sigmaringen berichten. Wenn
auch das zweite Jahrtausend anbrechcn musste, bevor wir, 1077 zuerst, von
Sigmaringen hören, so dürfen wir doch mit aller Bestimmtheit annehmen, dass
die Ansiedlung um mindestens sechs- bis siebenhundert Jahre älter ist. Der
Name Sigmaringen sagt uns, dass ein Sigmar Haupt der Sippe war, die die
Ansiedlung gründete. Sigmar ist gebildet aus Sig (Sigin, Sigis) = Sieg und
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i6
mar = berühmt, Sigmar also der Siegberühmte. Sigmaringen ist somit der
Sitz der Sigmarssöhne, der Sigmarssippe. I lass Sigmaringen eine sehr bedeutende
schwäbische Ansiedlung war, geht auch aus dem Umstand hervor, dass seine
Markung, vor Abtrennung der Gemarkung Tiergarten, die grösste in Holien-
zollem ist, wobei der Umstand Erwähnung verdient, dass die Orte in Hohen-
zollcm auf ingen überhaupt die grössten Gemarkungen besitzen.
Die Wiedergabe des Namens hat sich im Laufe der Jahrhunderte wenig
verändert Das Wort wird geschrieben: 1077 Sigimaringin, 1083 Sigmaringen
und Simeringen, 1183 und 1210 Sigemaringen, 1216 Sigimaringen, 1220 und
1231 wieder Sigmaringen, 1247 und 1263 Sigemeringen, 1273 und 1290 Sige-
macringen, 1323 Sigmaringen, ebenso 1392, dann 1278, 1391 und 1432 Sygma-
ringen. Wenn heute noch der Volksmund Simmeringa sagt, so trifft er, ohne
es zu wissen, in der Endung die alte, echte Form; denn die ältesten Bewohner
von Sigmaringen haben sich — und wurden von Anderen so geheissen —
Sigmaringar und Sigmaringa genannt, was die Sigmarssöhne, das Sigmars-
geschlecht, die Sigmarssippe sagen will.
Abb. 17. Schloss 8igmaringen im Jahre 1872.
Nachdem die Schwaben das Land, dem sie für immer ihren Namen geben'
sollten, eingenommen hatten, teilten sie es in einzelne Bezirke. An der Spitze
jedes Bezirks stand ein Oberhaupt, das anfangs wahrscheinlich aus freier Volks-
wahl hervorging, später aber, um die Mitte des achten Jahrhunderts, vom
Könige gewählt beziehungsweise belehnt wurde und als Graf (grav — grau)
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'7
die öffentliche Gewalt ausübte. Auch Sigmaringen lag in einer solchen Hundert-
schaft und diese trug zuerst den Namen Goldineshuntare, was auf den Personen-
namen Goldin hinweist. Am Ende des n. Jahrhunderts verschwindet dieser
Name und an seine Stelle tritt die Bezeichnung Ratoldesbuch — von Buchen-
wald des Ratold. Lange hielt sich dieser, man kann sagen, künstlich gesuchter
Name nicht Schon im ia. Jahrhundert nimmt der Gau seinen Namen von dem
Hauptort und heisst seitdem bis 1806 Grafschaft Sigmaringen. Von den
Grafen der Goldineshuntare kennen wir nur zwei : Udalrich 834 und Marquard
993. Welchem Geschlechte diese angehörten, lässt sich nicht mit Bestimmtheit
sagen; dass sie mit den Ahnen der Grafen von Altshausen, denen wir als
Grafen von Veringen später begegnen, versippt waren, ist wahrscheinlich.
Eine sichere urkundliche Nachricht über Sigmaringen erhalten wir zuerst
1077 und wir erfahren aus dieser Mitteilung, dass Sigmaringen damals eine feste
Burg war. In dem Kriege Rudolfs von Schwaben gegen Kaiser Heinrich IV.
belagerte ersterer die Burg zu Sigmaringen, entfloh aber, als er vernahm, dass
Heinrich, es war um die Mitte Juni, von Ulm her zum Entsätze heranrückc.
Mit Ende des 11. Jahrhunderts treten uns die Besitzer von Sigmaringen
und der Grafschaft näher; denn wenn es auch mit dem 11. Jahrhundert Sitte
wurde, dass sich die hervorragenden Adelsgeschlcchter nach ihren Burgen
nannten, was bei der einen oder anderen Grafschaft insofern zu Irrtum führen
kann, dass nicht immer die Burg, welche den Namen gab, auch in der Graf-
schaft lag, so ist das aber hier nicht der Fall. Wir begegnen in der angegebenen
Zeit drei Brüdern, Ludwig, Ulrich und Mangold, als Herren von Sigmaringen,
und von diesen wird Ludwig auch der Graf des Bezirkes gewesen sein. Diese
Brüder gehören vieler Wahrscheinlichkeit nach den untereinander verwandten
Gratenhäusem Altshausen (später Veringen) und Bregenz an. Ludwigs Sohn
Gottfried war Graf von Sigmaringen und Graf von Helfenstein.
Nach der Mitte des 13. Jahrhunderts, vielleicht um 12(17, gelangte Sigmaringen
in Besitz der Grafen von Montfort. Im Jahre 1272 nennt sich Graf Ulrich von
Montfort auch Graf von Sigmaringen. Er gehörte einem sehr angesehenen und
reichen Geschlechte an, das auch die Grafenrechte im Argengau bcsass.
Auffallenderweise verkaufte aber schon 1290 Graf Hugo, der Sohn des
Ulrich, Burg und Stadt Sigmaringen an Albrecht und Rudolf von Habsburg.
Schon 1316 weist König Friedrich der Schöne Sigmaringen dem Grafen
Eberhard von Württemberg als Pfandobjekt an, und 1323 verpfändet Herzog
Lupoid Burg und Stadt dem Grafen Ulrich von Württemberg. Es gelang den
Herzogen in der Folgezeit nicht, die Pfandschaft wieder einzulösen, und so blieb
Sigmaringen württc m be rgisc h bis 1439.
Es war ja das Los der Herrschaften, Städte und Dörfer im Mittelalter und
auch noch später, durch Verkauf oder Verpfändung beständig die Herren zu
wechseln. Daher sehen wir auch, wie die Städte und Gemeinden mit Zähig-
keit darauf bedacht sind, Rechte für sich festzulegen, die der jedesmalige neue
Herr anerkennen musste. So ist es erklärlich, dass sich kein wärmeres Ver-
hältnis zwischen Herrschaft und Untertanen bilden konnte, dass Jeder nur auf
seinen Vorteil bedacht war und langwierige Streitigkeiten zur Entfremdung bei-
trugen.
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iS
Im Jahre 13 9Q übergab Graf Eberhard von Württemberg Sigmaringen,
Burg, Stadt und ganze Grafschaft und dazu die Grafschaft Veringcn seinem
Oheim, dem Grafen Eberhard von Werdenberg. Die Grafschaft Sigmaringen
iibergiebt er als ein vollfreies eigenes Gut, das Niemanden zugehört, die Graf-
schaft Veringcn dagegen »in der Maasse, als das unser Pfand ist von der Herr-
schaft zu Österreich«.
Im Jahre 1459
machte Elisabeth,
Gräfin von Wer-
denberg, geborene
Gräfin von Würt-
temberg, an die
württembergi-
schen Verwandten
Ansprüche auf ihr
väterliches und
mütterliches Erb-
teil. Da übergab
ihr Ulrich. Graf zu
Württemberg,
die Grafschaft Sig-
maringen ohne
jede Einschränkung
Sollte Österreich
seine Pfandschafts-
rechte geltend
machen, dann ver-
pflichtet sich
Württemberg, die
Pfandsummc von
8000 Gulden, um
welche die Graf-
schaft an Württem-
berg gekommen,
auszuzahlcn und
noch 8000 Gulden
dazu. Nur macht
der Graf noch die
Bedingung, dass
Burg und Stadt
inschliesslich des Al,k 18 (les ,iratVn J,,hann von Sigmaringen den
, - ,. fern. 14!>8. t Inschrift: 8. jnlmns irrtive. zu ......
Wiedereinlosungs- , , .... Grafen von Wurt-
, . werden bern v. zvm Hnileenberff. /.. c. lt.'ti , ....
rechtes seitens temberg in Not-
Württembergs. fällen offen stehe.
Für die späteren Herren der Grafschaft Sigmaringen, die llohenzollem, war
cs von grosser Wichtigkeit, dass die Grafen von Werdenberg die neu erworbene
Grafschaft nicht als vollfreies Eigen behielten, sondern es Österreich übergaben,
um es als Reichslehen wieder zu erhalten. Dagegen sollte der Umstand, dass,
im Falle des Aussterbens des 1 lauses Werdenberg im Mannesstamme, das Lehen
auch auf die Töchter werdenbergischen Stammes übergehen könne, später zu
Schwierigkeiten Anlass geben.
Im Jahre 1 s 2 1 belehnte Kaiser Karl V. die Gebrüder Johann (Abb. 18),
Christoph und Felix, Grafen von Werdenberg, zum letzten Male mit der Graf-
schaft Sigmaringen (und Veringcn).
Johann starb schon 1522 kinderlos, Felix — der Legende nach wegen des
von ihm verübten Todschlages an Graf Andreas von Sonnenberg (Scheer)
(Abb. 20 u. 21) enthauptet — im Jahre 1 =,30 (Abb. 19). Aus der Ehe des einzigen
Werdenbergers, des Grafen Christoph mit der Markgräfin F.lconora von Mantua,
waren zwar fünf Kinder hervorgegangen, aber alle gestorben ausser Anna,
welche sich 1310 mit dem Grafen Friedrich zu Fürstenberg vermählt hatte.
Graf Joachim von Hohenzollern übersah die immer stärker werdende
Wahrscheinlichkeit, dass das Haus Werdenberg im Mannesstamme ganz aus-
sterben werde, nicht, und ging 1532 mit König Ferdinand einen Vergleich ein,
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19
wonach er diesem isooo Gulden bar bezahlte, dafür aber die Grafschaften
Sigmaringen und Veringen für seine Neffen, die Grafen Karl, Eitel Friedrich
und Felix nach dem Aussterben der Werdenberger im Mannesstamme als Mann-
Abb. 19. Sühnctafel des Grafen Felix von Werdenberg am Hauptportal des fürstlichen
Schlosses zu Sigmaringen.
lehen erhalten sollte. Es mag möglich sein, dass Graf Christoph von Werden-
berg, der überhaupt als ein Sonderling geschildert wird, dem Plane nicht un-
wohlwollend gegen-
überstand, wiewohl
seine einzige Tochter
an den Grafen von
Fürstenberg verheiratet
war, weil die genann-
ten hohenzollerischen
Grafen seine Stiefsöhne
geworden. Er hatte
nämlich in zweiter Ehe
Johanna von Börsein,
Tochter des
angesehenen reichen
Philipp von Wittern,
eines Niederländers,
Witwe des Grafen Eitel
Abb. 20. Siegel des am 10. Mai
1511 von Oraf Felix von Werden-
berg erschlagenen Grafen Andreas
von Sonnenberg (Sebeer). Um-
schrift : S. andre graf zvo Sonen-
b(ejrg. t. z. w.
Friedrich III, von 1 1 < >hcn-
zollem, der 1525 zu
Pavia fiel, geheiratet.
Dass auch sie bemüht
war, die schönen Graf-
schaften für ihre Söhne
zu gewinnen, ist sehr
natürlich. Tatsächlich
stand Graf Felix von
Werdenberg dem Plane,
die Grafschaften den
Zollern zuzuwenden,
wohlwollend gegen-
über. Als nun Graf
Christoph 1514 gestor-
ben war und die Grafen
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20
von Hohenzollem Anspruch an die Grafschaften Sigmaringen und Veringen auf
Grund des Vertrags von 1532 machten, da erhob Fürstenberg auch Anspruch und
stützte sich auf die Urkunde Kaiser Friedrichs III. von 1400, in welcher der
weiblichen werdenbergischen Nachkommenschaft ebenfalls Nachfolge im Lehen
zugesagt worden. Es lag aber ein Österreich-Werdenberger-Vcrtrag vom Jahre
1482 vor, welcher jene
Erweiterung aufhob und
die beiden Grafschaften
zu einem Mannlehen
des Hauses Österreich
machte. Trotzdem gab es
zwischen Fürstenberg und
1 Iohenzollem Streitigkeiten
wegen den genannten
Grafschaften, bis auch
diese, hauptsächlich durch
den Pfullendorfer Vertrag
von 1540, beigelegt
wurden. So fielen die
Grafschaften Sigmaringen
und Veringen an das Haus
Hohenzollem, um diesem
nicht mehr entfremdet zu
werden. Der erste Hohen-
zollern, der über die Graf-
schaften herrschte, war
Karl I., der Stammvater
aller späteren Hohenzollem
fürstlicher Linie. Seit jener
Zeit weht auf dem Schlosse
zu Sigmaringen die Zollem-
Fahne.
Es wäre noch die
Frage zu erörtern, wann
Sigmaringen Stadt ge-
worden. Den genauen
Zeitpunkt, wann das ge-
schah, wissen wir nicht.
Aber eine Grenze rück-
wärts, wann Sigmaringen
Stadt gewesen sein muss,
kann angegeben werden,
das ist 1275, weil in dem
Abb. 21. Böstnng des von Graf Felix von Werdenberg Jahre zuerst ein Schultheiss
erschlagenen Grafen Andreas von Sonnenberg. jj yon Sigmaringen als
Zeuge genannt "wird, dem wir 1290 abermals als Heinrich der schulthaize von
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ai
Siegel der Stadt Sigma.
Umschrift: 8.CIVITATIS
SIGMARINGEN.
Sigemäringen mit Heinrich, genannt Veseman von Sigemäringen begegnen. Aus
dem Umstand, dass Sigmaringen stets der Hauptort der ehemaligen Goldines-
huntare, der Grafschaft Sigmaringen, war, kann man schon die Vermutung
hegen, dass es verhältnismässig früh Stadt wurde.
Zur annähernden Bestimmung des Alters
von Sigmaringen als Stadt kann uns auch das
Wappen derselben dienlich sein. Dieses Wap-
pen zeigt einen goldenen Hirsch in rotem Feld.
Hieraus lassen sich nun Folgerungen schliessen.
Erstens legte sich Sigmaringen kein Wappen
an, bevor nicht der vorher Burg genannte Ort
Stadt wurde. Zweitens muss dieses Wappen,
das uns im ältesten Stadtsiegel von 1316 er-
halten ist, schon vor 12671275 bestanden
haben; denn mit diesem Jahre werden die
Grafen von Montfort Herren der Grafschaft.
Mit dem Montforter Wappen, der Kirchen-
fahne, hat aber das Wappen der Stadt nichts
gemein. Wohl aber weist sowohl das Bild, ““
der Hirsch, wie auch die Farben Gelb-Rot auf ring< '"'
das Dynastengeschlecht hin, das vor den Mont-
forter die Grafschaft inne hatte. Das Sigmaringer Stadtwappen war auch Graf-
schaftswappen, denn es ist bezeichnend, dass Grünenberg in seinem 1485 voll-
endeten Wappenbuch, wo doch die alten Grafen von Sigmaringen längst aus-
gestorben waren, das Wappen des
>Grau(T von Sigmaringen« als goldenen
Hirsch in rotem Felde wiedergiebt.
Daher führen denn auch mit Recht die
Hohenzollem in ihrem grossen Wappen
als Grafen von Sigmaringen den goldenen
Hirsch in rotem Felde. Das Wappen der
Stadt Sigmaringen geht somit bis an die
Zeitgrenze von 1230 zurück, über welche
hinaus Städtewappen Seltenheiten s.nd.
Es ist zu bedauern, dass die Stadt erst in
neuerer Zeit von diesen Farben ihres alt-
ehrwürdigen Wappens abgegangen ist,
und es darstellt: goldener Hirsch in
blauem Felde. In Folge dessen ist auch
die in der Neuzeit angenommene Fahne
Gelb-Blau gar nicht die Flagge der Stadt
Sigmaringen, sondern es muss diese die
Farben des Wappens haben: Gelb-Rot,
und zwar Gelb oben. Es kann der Stadt
Sigmaringen aber nur zur Ehre gereichen,
dasselbe Wappen zu führen, das im grossen
Abb. ‘23. Hauptportal (mit l’otenie)
fürstlichen Schlosses.
iles
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Wappen der Hohenzollern, und zwar sowohl der königlichen Linie, also in dem
des deutschen Kaiserhauses, wie auch der fürstlichen Linie, deren Flagge nun schon
fast drei und ein halb hundert Jahre über ihre Gemarkung weht, Aufnahme
gefunden hat; die Flagge Gelb-Blau kann hierauf durchaus keinen Anspruch
erheben. — —
Es ist nicht unser Zweck, einen Baubeschrieb des jetzigen im östlichen
Teil vollständig umgebauten Schlosses zu geben, vielmehr soll versucht werden,
auf Grund früherer Aufnahmen und örtlicher Nachforschungen den Kern der
alten Burganlage, soweit dies heute noch möglich ist, herauszuschälen.
Die alte Burg ist auf dem mittleren Teil des jetzt ganz
bebauten schmalen Felsrückens zu suchen, und bedeckte eine
Grundfläche von annähernd 45 m Länge und 20 m Breite.
Der übrige Teil des Felsens war nicht bebaut und durch
eine Abschlussmauer, zugleich Wehrmauer, dem Felsrand
folgend, eingefasst. Der Burgeingang lag auf der Südwestseite.
Das Burgtor, halbkreisförmig, jetzt noch erhalten, 2,25 m breit,
aus schön bearbeiteten Bogensteinen, steht hart neben dem
mächtigen, in den unteren Teilen noch unveränderten vier-
eckigen Bergfried, der aus starken Buckelquadern mit Rand-
schlag aufgeführt ist. Dieser Turm von 8,23 m und 8,38 m
Seitenlänge springt einerseits 4 m, andererseits 3 m über die
westliche Ringmauer vor. Er war ursprünglich 4 Stockwerke
hoch. Das unterste Stockwerk, 3,30 m im Licht weit, zu-
gleich Burgverliess, hat gegen Westen eine Mauerstärke von
3 m gegen die übrigen Seiten von 2,30 m. Das Eingangs-
stockwerk darüber, 4 m im Licht weit, hat eine Mauerstärke
von 2,50 m bezw. 2,0 m und zeigt noch die alte rundbogige
Abi) 24 . Sehllitt durch Eingangspforte von 0,83 m Lichtweite gegen den ehemaligen
den Bergfried. Burghof. Die Eingangspforte liegt etwa 8 m über dem Burg-
hof. Der Bergfried sitzt auf Felsen und mag auf der Nord-
westecke eine Höhe von 23 m, auf der Südwestecke von 26 m, je bis zur
Plattform gemessen, gehabt haben. Die ehemaligen Fensteröffnungen sind durch
die mehrfachen Durchbrüche und Mauerveranderungen nicht mehr erkennbar,
doch wird mit Ausnahme des Burgverliesses jedes Stockwerk ein Fensterlicht
nach verschiedenen Seiten gehabt haben.
Von der Südseite des Turmes zog die Ringmauer, aus starken Buckel-
quadern, auf Felsen ruhend, wie jetzt noch sichtbar, mit abgerundeter Ecke in
nordöstlicher Richtung vor dem Burghof hin, und schloss wohl unter rechtem
Winkel an dem Felsunterbau, etwa in der Mitte des jetzigen Leopoldsbaues, an.
Die Stützmauern des dort gegen Nordosten liegenden sog. Burggärtchens
sind, wie das Burggärtchen selbst, später entstanden, und bedecken wohl den
einstigen Zugang von der Muhle zur Burg (s. unten). Nahe bei der abgerundeten
Ecke zeigt sich noch eine kleine bogenförmige Öffnung in der Wehrmauer.
Es ist anzunehmen, dass die Wehrmauer oben mit einem Wehrgang mit Schiess-
scharten abgeschlossen war, der etwa auf der flöhe der jetzigen Waffenhalle
zu suchen ist. Nicht inehr mit Sicherheit festzustellen ist der Zug der Ring-
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23
mauer gegen Norden, vom jetzigen Fürst Wilhelm-Bau bis zum Felsunterbau des
Leopoldsbaues. Nur in der Mitte an einer abgeschrägten Ecke zeigte sich ein
Mauerstück von Buckelquadern, das auf die alte Mauer hinzuweisen scheint;
der Rest ist durch das Burggärtchen verdeckt. Bei Herstellung der Unterbauten
für die
neue por-
tugiesische
Gallerie
wurde in
einem
Abstand
von unge-
fähr io m
von der
äusseren
oben
beschrie-
benen
Ringmauer
eine
l m Starke Abi». 25. Wicdrrhmtellnngsvsrsncb des Ornndplans der mittelalterlichen Burg.
Mauer aus
schönen Buckelquadem aufgedeckt, die vom Hauptturm herkommend in paralleler
Richtung mit der äusseren Wehrmauer zu verlaufen und an der südöstlichen
Ecke des jetzigen Leopoldsbaus anzuschliessen schien. Hiernach darf wohl
angenommen werden, dass dem oberen io m breiten Burghof später ein
Vorhof vorgelegt wurde, der ungefähr 6 m unter dem oberen Burghof laj£
Die älteste Burganlage bestand somit nur aus dem Turm (Bergfried) mit Tor-
eingang und Torhaus, Küchenbau, Palas und der Ringmauer, welche gegen
Süden die aufgedeckte, jetzt nicht mehr sichtbare Mauer aus Buckelquadem
bildete und einen kleinen Burghof einschloss. Innerhalb dieses Burghofes muss
auch der ehemalige Braunen zu suchen sein, von welchem sich jedoch keinerlei
Reste vorgefunden haben.
Sollte aber die tiefer gelegene äussere Wehrmauer gleichzeitig mit der ersten
Anlage entstanden sein, so müsste der hierdurch geschaffene Vorhof einen
direkten Zugang von aussen gehabt und wohl auch zwischen Burghof und Vor-
hof eine Verbindung mittelst Treppe oder Rampe besessen haben Der direkte
Zugang des Vorhofes von aussen wird nicht auf der Südwestseite, wo ohnehin
der schwächere Teil der Burg lag, sondern eher auf der Nordseite von der ehe-
maligen Mühle her zu suchen sein. In der nördlichen Aussenwand des sog.
Vehmgerichts, etwa 6 m unter dem Boden des Burggärtchens, ist jetzt noch
eine nischenartige Öffnung von etwa 2 m Lichtweite sichtbar, die als Eingangs-
tor von der Mühle her angesehen w r erden könnte. Das Burggärtchen selbst ist,
wie oben schon bemerkt, samt dessen Stützmauern aus späterer Zeit. Es wäre
deshalb wohl denkbar, dass auf der Nordostscite ein wenn auch schmaler und
steiler Reitpfad — der Haupteingang auf der Südwestseite zeigt heute noch eine
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Steigung von mehr als 1 5 7 o — zum Vorhof führte. Ein senkrecht abgespitzter
Felsen am Fusse der nordöstlichen Stützmauer des Burggärtchens lässt diese
Annahme wahrscheinlich erscheinen.
Wie lange diese Burganlage bestanden hat, lässt sich nicht mehr fest-
stellen Als das Bedürfnis einer Vergrösserung eintrat, wurde diese durch
Überbauung des bis dahin noch freien nordwestlichen Teils des Felsens befriedigt.
Al)l>. Ji>. Der Bergfried (Hofseite). Schnitt und eine schmale Eingangstüre. Der
durch Burghof, \ orlmf und Palas. nördliche Teil dieses Baus fasste noch
den Felsen etwa 2 m hoch stehend in
sich. Diese Seite der Burg wurde beim Wiederaufbau des abgebrannten Hoch-
schlosses aufgedeckt und der Felsen innerhalb des Baus behufs Schaffung
weiterer Räume mühsam gesprengt. Durch einen gegen Süden im spitzen
Winkel zulaufenden llof von dem eben genannten Gebäude getrennt stand ein
zweiter, annähernd rechteckiger Bau, der ebenfalls auf der alten, etwa 1,25 m
starken Ringmauer aufgeführt wurde, gegen Norden und Süden Steingiebel hatte,
auch Spuren von Wandmalereien an den Aussenwänden zeigte. Die beim Ab-
bruch teilweise wieder freigelegten Fenster zeigten einfache spätgotische
Profilierung mit steinernen Mittelpfosten. ln diesem Gebäude liegt eine
steinerne Wendeltreppe mit profilierter Spindel und die Schlosskapelle. Diese
Bauten wurden im drcissigjflhrigen Krieg durch die Schweden in Brand
geschossen und später in der Weise, wie sie bis zum letzten Brand (1S93)
bestanden, unter einem grossen Dach vereinigt, mit Zuziehung des dazwischen
liegenden kleinen spitzwinkligen Hofraumes, jedoch so, dass die beiden ehemals
vorhandenen Giebel (südlich und nördlich) wieder zum Ausdruck kamen. Bei
weiterem Raumbedurfnis konnte die Befriedigung desselben nicht mehr nach
Nordosten, sondern musste nach Südwesten erfolgen.
jedoch unter Benützung der alten dem
Lauf des Felsens folgenden Ringmauer.
Die Felsen innerhalb der zu schaffenden
Räume wurden nur insoweit entfernt,
als dies dringend erforderlich war. So
entstand zunächst Ende des 15. Jahr-
hunderts unter den damaligen Besitzern
von Werdenberg der vordere (westliche
Teil) des Leopoldbaus mit einem Wendel-
treppentürmchen in der Hofecke, auf
dessen spätgotischem mit Bogenfries
profiliertem Türsturz die Jahreszahl 149Ü
jetzt noch ersichtlich ist. Dieser Bau
hatte in seinem südlichen Teil (der alten
Waffenhalle) eine Durchfahrt mit 2Toren
1 westlich und östlich) zur Verbindung
des kleinen Hofes mit dem Burghof;
ferner an der damaligen nordöstlichen
Aussenseite 2 kleinere Rundbogenfenster
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2 }
So entstand Anfang des 16. Jahrhunderts der noch erhaltene Torbau und
im Beginn des 17. Jahrhunderts die Verbindung mit dem alten Hauptturm durch
Abt). 27. Ansicht des inneren Sdilusshol'es in seiner neuen Gestaltung.
Überwölbung der alten Burgeinfahrt (Poterne). Der Torbau zeigt zwei kräftige
Tortürme mit Schiessscharten, unten und oben vieleckig, im oberen Teil durch
eine Bogennische verbunden, darüber eine Plattform mit steinerner Geländer-
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brüstung. Der Bau wurde von den Werdenbergem errichtet. Das über dem
Eingangsportal befindliche Steinrelief ist eine gediegene Arbeit aus dem Jahre 1526
von ausgesprochenem Renaissancecharakter (Abb. iq). Die Mitte der durch zierliche
Pilaster eingerahmten mit flachem Bogen überspannten Nische nimmt eine aus-
drucksvolle Pietä ein, zu deren Linken ein Ritter in reicher Rüstung kniet
Rechts das werdenberg-heiligenbergische Wappen. Der Hintergrund zeigt ein
reiches Teppichmuster. In dem flachen Bogen zwischen Laubgewinden ein
Spruchband mit der Inschrift: »Mater Dei memento mei«. In den Bogen-
J f ULJ3 C_.iL V T — V r
Alib. 2». I i rumtplHii der fctmlt Sigmar Ingen.
zwickein sitzen Drachenfiguren. Am untern Rand die Inschrift: »Felix graff zu
werdenberg vn zu dem hailgenberg. 1326.« Die Bemalung ist angeblich erneuert.
Über dem Relief ein hohenzollerisches Wappen und oberhalb desselben ein
Ölbild. Der Aufbau hierüber bis zum Haupturm und det Bau an der Südseite
des Turmes entstand im Jahre 1627. Im fürstlichen Archiv befindet sich ein
Vertrag mit Meister Hans Albertal von Dillingen wegen »Abbruch des Fach-
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Werks am grossen Turin und den beiden Seiten, sowie dem weitem Teil und
den zwei vorderen Türmen*. Albertal scheint auch die Mauer der jetzigen
Waffenhallc erneuert zu haben.
Einem nochmaligen Umbau wurden die westlichen Teile, die heute mit
dem Sammelnamen Fürst Josephs-Bau bezeichnet werden, im Laufe des 18. Jahr-
hunderts unterworfen. Zu den Um- und Erweiterungsbauten der zweiten Hälfte
des iq. Jahrhunderts bis heute gehören: die Kunsthalle, Marstall mit Wagen-
haus, die mehrfachen Veränderungen des Hauptturmes und der kleinen Türme
im Schlosshof, der Wiederaufbau des Leopoldsbaues, der Neubau der portu-
giesischen Gallerte und der Um- und Erweiterungsbau des Küchenbaus
mit Anbauten. Auch wird zur Zeit dem Wilhelmsbau (Kavalierbau) auf der
Südostseite ein Turm (Maria Theresia-Turm) vorgesetzt, und auf der Nordost-
seite ein Flügelbau hergestellt.
Unter der machtvollen Hut dieses uralten Bollwerks liegt die Stadt
Sigmartngen, einst stark befestigt und durch Mauern und Gräben geschützt.
Von der Stadtbefestigung sind heute noch namhafte Reste sichtbar,
so auf der Südwestecke ein Rundturm, im Volksmund »Rondell* genannt. Die
Stadtmauer hatte eine Höhe von etwa 6 m und eine Stärke von i ,20 m. Östlich
und westlich lagen die Haupttore, das östliche, das Mühltor, war durch einen
Torturm geschützt. Ausserdem lag gegen Süden, in der Mitte der Um-
wallung, ein kleines Törchen, das sog. Milchtörle, welches die Verbindung mit
der ausserhalb der Stadtmauer gelegenen fürstlichen Sennerei herstellte. (Früher
hiess die heutige Weingasse das Milchgässle, ein Namen, den man seiner orts-
geschichtlichen Bedeutung wegen hätte beibehalten sollen.) Ebenfalls ausser-
halb der Mauer am Weg nach Hedingen lag der Friedhof, in dessen Mitte eine
Kapelle stand (Abb. 28).
HAIGF.RLOCH.
Wenn wir von der älteren Geschichte der Schalksburg in ihrer Beziehung
zu den Vorfahren der iot>i auftretenden Zollern, weil sie doch immerhin mehr
oder weniger auf Annahmen beruht, absehen und nur das urkundlich Bewiesene
gelten lassen, so hat Haigerloch das Recht, sich zeitlich und der hausgeschicht-
lichen Bedeutung nach sogleich neben den Zoller zu stellen. Zeitlich — gewiss.
Der Name de Zolorin tritt im Jahre 1061 auf und lässt mit aller Betimmtheit
auf eine Burg schliessen, der die Zollern den Namen gaben ; von der Burg selbst
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ist aber noch nicht die Rede. Bei Haigcrloch jedoch wird schon 1095 von einer
Burg — in Castro Heigirloch — gesprochen. Und hausgeschichtlich — nicht
minder. Es ist gerade, als sollten die ersten Nachrichten über die Zollern sich
gegenseitig ergänzen, um ein echtes, vollständiges Bild mittelalterlicher Recken
in ihren charakteristischen Eigenschaften zu geben: auf der einen Seite: lodernde
Kampfesfreudigkeit, die mit hartem Schwertschlag dem Gegner Todeswunden
schlägt und auf der anderen Seite asketische Frömmigkeit, die in Hingabe von
Abb. . Ansicht von Schloss, Kirche und Euterstadt Hnigerloch.
Gut und Besitztum an die Kirche, ja sogar in demutsvoller Erniedrigung der
eigenen Person als Laienbruder eines Mönchklosters Sühne für die begangenen
Sünden leisten will. Diese ersten Nachrichten lauten: Burkhard und Wezel
de Zolorin fallen 1061; Adalbert de Zolro, Graf von Heigirloch, ist Mitstifter
des Klosters Alpirsbach und Mönch daselbst 1095 — 1101.
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Es ist eine merkwürdige Zeit, dieses Ende des u. Jahrhunderts. Der
erbitterte, hartnäckige Streit zwischen Kaiser und Papst hatte ganz Deutschland,
und Schwaben nicht am wenigsten, in wilde Parteikämpfe gestürzt. Das Für
oder Gegen den Kaiser, das Mit oder Wider den Papst zerriss nicht nur das
ganze Land in feindliche Gegensätze, die nicht, wie heutigen Tages, wenn
möglich, auf diplomatischem Wege ausgetragen, sondern mit dem allezeit
in der Scheide lockeren Schwerte ausgefochten wurden; es warf den Brand
der Zwietracht und der Feindschaft selbst zwischen die Angehörigen derselben
Sippe hinein. So entstand nicht nur ein Krieg der Grossen und ihrer Meere
gegen einander, auch die Anhänger der beiden sich um die Oberherrschaft
streitenden Mächte, des Kaisers, wie des Papstes, befehdeten sich mit grimmem
Masse in der eigenen Familie. Da ward viel Blut vergossen, Raub, Mord und
Brand verübt, Greuel auf Greuel gehäuft, nicht Alter noch Stand geschont, und
weder die Kaiserlichen, noch die Päpstlichen hielten den Fuss vor heiliger Stätte
zurück, wenn es galt, den Gegner zu schädigen und sich selbst zu bereichern.
Und nun aber das Merkwürdige ! Gerade in jener Zeit entsteht eine grosse
Anzahl von Klöstern, gestiftet vom Adel, gestiftet von demselben Adel, der
das Schwert kaum noch aus der Hand legte. Noch mehr! Man gründete nicht
nur Klöster und Kirchen, sondern trat auch vielfach selbst in erstere als
demütiger, weltentsagender Mönch ein, und der einst selbst befohlen, musste
nun gehorchen, der, dem knechtische Arbeit nach alter deutscher Überlieferung
unehrlich erschienen, diente nun dem Kloster in der Küche, in der Mühle, auf
dem Felde als Hüter der Heerden und sonst mit niederen Diensten. Auch
Adalbert von Zollern hatte mit dem Kaiser gegen den Papst das Schwert
gezogen. Er war mithin ein Feind des Papstes. Und dennoch sehen wir ihn
am Ende seines Lebens nicht nur als Mitstifter der Abtei Alpirsbach, sondern
der mächtige, angesehene Graf, der schon in vorgerücktem Lebensalter steht,
verlässt Frau und Kinder und tritt als Mönch, als Laienbruder in dasselbe Kloster
ein. »Er cn wolte nicht me herren noch grafen namen han«, wie es von einem
Grafen von Nellenburg heisst, der zu jener Zeit ebenfalls in ein Kloster (Schaff-
hausen) trat.
In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis Adalbert, Comes de Heigirloch,
zu den 1061 gefallenen Burkhard und Wezel de Zolorin gestanden hat, können
wir nicht sagen. Aber zweifellos sicher ist, dass er wie diese ein Zoller war;
denn an erster Stelle nennt er sich de Zolro. In durchaus willkürlicher Weise
ist angenommen worden, er sei ein Sohn des Wezel de Zolorin. Mit demselben
Rechte können wir ihn aber auch Bruder oder Vetter desselben nennen; denn
daran hindert uns ein Unterschied der Jahre, nicht. Genug für uns die Tatsache :
Adelbert der Zoller, der 1005 — 1101 genannt wird, ist Graf von Ilaigerloch. Auch
sein Sohn Wecil (Wezel, Wezelo) nennt sich de Zolra und Graf von Ilaigerloch.
Er wird von 1115 — 1162 erwähnt. Mit dessen Sohn Adalbert erlischt diese
Zollern-Haigerlocher Linie und damit endet auch der erste Abschnitt der Ge-
schichte der Grafschaft Ilaigerloch.
Bevor wir in ihrer Geschichte weitergehen, wollen w r ir in Kürze den Namen
der Stadt erklären und einen Blick werfen auf ihr Alter. Ehe die Grafschaft
Haigerloch hiess, hatte sie einen anderen, echten Gaunamen, den wir aber
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?o
nicht mehr kennen. Der Name wird geschrieben: 1096 Heigerloh, 1125 — 1146
Haigirlö, lleigcrlö, Heigirlö, Hairloch, Haggerlo, Hegerlo, Hegerlo, 1 132 Heigirloch,
1 246 Haigerloch, 1 290 Haggerloch. Um 1 300 schwankt die Schreibweise zwischen
Hagerloch und Haigerloch, bis letztere Bezeichnung die übliche wurde. Nicht
feststeht, wie der Name abzuleiten ist. Die Einen denken an heu - = heiger =
Hüter und loch = loh = Wald, Wald der Hüter. Andere meinen, Haigerloch
sei das Reiherholz von Hegir oder Heigir der Reiher. Erwägt man, dass Haiger-
loch jedenfalls eine alte schwäbische Ansiedlung ist und diese vielfach in ihren
Namen auf den Begründer derselben zurückführen, so neige ich mich der Ansicht
(Förstemann) zu, der an den Personennamen Hahigar denkt. Eine ähnliche Zu-
sammensetzung eines Personennamens mit dem Wort loh = Wald finden wir
in der Gemarkung Gammertingen, in dem Flurnamen Gammenloch = Wald des
Gamhart oder des Gamo.
Betreff des Alters ist uns bis jetzt die Grenze 109s gegeben, wo Haigerloch
zuerst genannt wird. Aber wir haben das Recht, aus dieser Mitteilung zu
schliessen, dass Haigerloch damals schon lange bestanden hat; denn es heisst
in dem genannten Jahre, dass ein Schenkungsakt vorgenommen wurde, in Castro
Heigerloch super reliquias martyris s. Georgii. Wir erfahren mithin, dass Haiger-
loch 1095 schon ein befestigter Ort war und dass er zum mindesten einen Altar,
sei es nun in einer Kirche oder in einer (Burg-) Kapelle, besessen hat. Ferner
können wir aus dem Rechtsakt von 1095 schliessen, dass damals Haigerloch
schon die Dingstätte der Grafen von Haigerloch war, weil derartige Rechtssachen
an der Dingstätte erledigt wurden.
Da komme ich nun zu einer, meines Wissens, bis jetzt noch nie angeregten
Frage. Wo lag die Burg? Die ehemalige Burg der Grafen von Haiger-
loch und der Grafen von Zollern-Ilohenberg lag nicht auf dem
rechten Eyach-Ufer, sondern auf dem linken Flussufer, und der
heute noch stehende sogenannte Oberstadt-Turm, früherRömer-
Turm genannt, ist nichts anderes, als der Bergfried der alten Burg,
die sich hier erhob. Da, wo heute Schloss und Pfarrkirche in malerischer
Lage hoch über dem Eyachtal sich erheben, stand allerdings auch eine Burg,
beziehungsweise eine Vorburg der ilauptburg, der Sitz des nach Haigerloch
genannten Ministerialengeschlechts. Der jetzige Schlossbau auf der Höhe des
rechten Ufers stammt erst aus viel späterer Zeit und zwar aus der Periode, wo
Haigerloch zum dritten Male zollerisch wurde, um von da ab zollerisch zu
bleiben.
In wessen Besitz ging nun die Grafschaft Haigerloch nach Aussterben der
Grafen von Zollern-Haigerloch über? Zweifellos fiel sie zunächst an das Stamm-
haus Zollern, das sich noch nicht verzweigt hatte, zurück. Wohl erfahren wir
in der Zwischenzeit mancherlei Wichtiges über Haigerloch. So, dass es 12 17
einen Pfarrer besitzt und 1245 Dekanatssitz ist; wir sehen, dass es städtischen
Charakter hat, denn 1237 wird ein Schultheiss H. hier aufgeführt — aber von
seinem Herrschaftsverhältnis hören wir nichts, bis erst über hundert Jahre nach
dem Tode des Grafen Wezel von Haigerloch.
Im Hause Zollern hatte sich unterdessen jene wichtige Teilung vollzogen,
von der wir unter IV Näheres berichten. Diese war auch für die Grafschaft
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Jl
Haigerloch von wesentlicher Bedeutung. Bemerkenswerter Weise wurde bei
der Teilung ein wertvolles Stück aus dem den Hohenbergem zugewiesenen
Scherragau ausgeschnitten, nämlich die spätere Herrschaft Schalksburg mit
Balingen, uralter zollerischcr Hausbesitz, und, nebenbei bemerkt, auch die Herr-
schaft Mühlheim an der Donau mit der Vogtei über das gegen Ende des n.
Jahrhunderts gegründete Augustiner-Chorherren-Kloster Beuron.
Die Hohenberger scheinen nun auch
die Grafschaft Haigerloch beansprucht zu
haben, von der man in jener Zeit noch
wissen konnte, dass sie einst zur grossen
Perihtilinpara, dem Scherragau, gehört
habe. In der Folge entstehen zwischen
den Zollcm-Hohenberg und den Zollem-
Zollem Streitigkeiten, die viele Jahrzehnte
dauerten und zu blutigen Zusammenstössen
führten.
Von dem Herrschaftsverhältnis der
Grafschaft Haigerloch um jene Zeit, wo
sich die Hohenberger ihren neuen Burg-
sitz gründeten, in der zweiten Hälfte des
12. Jahrhunderts, wissen wir aber noch
nichts. Es ist immerhin auffallend, dass
die Zollcm-Hohenberg neben ihrem neuen
Namen noch lange sich auch Grafen von
Zollern nennen, 'selbst als Herren von
Rottenburg auftreten, was aus verschie-
denen Rechtshandlungen hervorgeht, die in Haigerloch unter den Grafen von
Hohenberg vorgenommen wurden.
Die Sache liegt allem Anscheine nach so, dass Haigerloch ein Condominium,
ein gemeinschaftlicher Besitz der beiden Linien war, den Einer dem Andern
zum Alleinbesitz nicht einräumen wollte, bis die Waffen entschieden. Am i.
November 1 267 kam es bei 1 laigcrloch zu einem scharfen Treffen zwischen den
Zollem-Zollem und den Zollem -1 lohenbergem. Zwei chronikalische Quellen
schreiben den Zollem-Zollern den Sieg zu, während eine dritte Chronik als
Sieger die Zollem-Hohenberger nennt. Sind die Ersteren tatsächlich Sieger
geblieben — die Quellen lassen kaum anders annehmen — dann muss es aber
ein Pyrrhos-Sieg gewesen sein; denn — und darauf ist Nachdruck zu legen —
die Zollem-Hohenberg treten jetzt erst recht als Herren in Haigerloch auf.
Schon im nächstfolgenden Jahre 1368 wohnt zwei Rechtshandlungen, die von
dem Grafen Albert von Hohenberg vorgenommen werden, der Schultheiss von
Haigerloch bei, und 1273 sind die Brüder Albert und Ulrich Grafen von Hohen-
berg zu Haigerloch Zeugen bei einem Rechtsakt. Von jetzt ab sehen wir die
Grafen von Hohenberg nicht nur im ungestörten Besitz von Haigerloch, sondern
finden sie auch häufig zu Haigerloch, wie sie daselbst Hof halten.
Mit Graf Albert II. von Hohenberg (1238- 120S), dem Minnesänger und
Schwager Rudolfs von Habsburg, brach für Haigerloch eine glänzende Zeit an.
Abb. 80. Oberstadtturm.
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Sehr häufig hält der Graf und seine Brüder Hof daselbst, wobei eine Anzahl
hohenbergischer Ministerialen um ihn versammelt ist. Auch sind viele Freunde
und Verwandte Gäste der Grafen dort.
Dass der Name Haigerloch mit der Bezeichnnng von Hohenberg damals
allgemein gang und gebe war, beweisen auch die Dichtungen und Turnier- wie
Feste beschreibungen. So singt Johannes von Würzburg um 1314 in seinem
Gedicht: Herzog Wilhelm von Österreich mit Bezug auf den Grafen von
Hohenberg :
Von Rotenburg grav Czoller
Von Hohenberg, von Heygerloch.
Hier werden dem Hohenberger alle vier Namen gegeben, die zu führen er
ein Recht hatte, begründet in der Abstammung und im Besitz. Albert II. wird
überhaupt häufig von den Dichtern der llaigerlocher genannt, ja, er führt bei
ihnen sogar diesen Namen allein, woraus die Folgerung gezogen werden darf,
dass der Name Haigerloch in jener Zeit besonders guten Klang besass. — Trotz
der glänzenden Höhe, welche das Haus Hohenberg erreicht hatte, wir können
sagen, als Erbteil des Stammhauses Zollern ihm mitgegeben worden war, sank
Cs doch immer mehr und unaufhaltsam von dieser herab. Es ist das ja eine
Erscheinung, die wir bei so vielen ehemals mächtigen Dynasten wahmehmen
können. Aus nächster Nähe bieten sich Beispiele in den Grafen vonVeringen,
von Helfenstein, von Montfort, von Tübingen u. n. a, m. zur Genüge dar. Bei
den llohenbergern ist es weniger eine an Torheit grenzende Verschwendungs-
und Grossmachtssucht, wie bei den Vorgenannten, sondern ein Erbfehler des
Zollemhauses im Mittelalter, der diesem so viel geschadet: Teilen und immer
wieder teilen. Dadurch zersplitterte sich das so reiche Hausgut, ein Besitz, der
in einer Hand vereint, die Familie zu den mächtigsten in Deutschland zu
machen im Stande war. Auch Haigerloch, das mit dem 14. Jahrhundert ganz
in der Grafschaft Hohenberg aufgegangen war und seinen Charakter als eigene
Grafschaft verloren hatte, musste hierunter leiden. Im Jahre 1354 kam Stadt
und Burg Haigerloch durch Verpfändung an die Gräfin Ursula, Witwe des
Grafen Hugo von Hohenberg, und als diese in zweiter Ehe einen Grafen von
Montfort heiratete, an die Montfort, welche 1367 die untere Stadt an Württem-
berg als Pfand abtraten. Mehrere Male in kurzer Zeit wechselte Haigerloch
seine Besitzer, da die Hohenberger die Pfandschaft zwar wieder einlösten, aber
in Folge ihres ganz unwirtschaftlichen Verhaltens sie auch wieder verloren.
Das letztemal befindet sie sich 1375 in Händen des Grafen Rudolf, der sie in
demselben Jahre teilweise und 1381 ganz und endgültig an Österreich verkaufte.
Graf Rudolf erhielt Haigerloch mit der verkauften Herrschaft Hohenberg
als Leibgeding zurück, aber mit dem Vorbehalt des Eicentumsrechtes seitens
Österreichs. Jedoch 1386 gab er es schon wieder ab an die Grafen von Sulz.
Im Jahre 1392 tritt Herzog Leopold von Österreich die beiden Städte und
Burgen zu Haigerloch an Konrad von Weitingen für 9615 Gulden, die ihm
dieser geliehen, als Pfand ab Aber auch dort blieb es nicht, sondern wechselte
beständig die Besitzer, bis es 1433 von der Erzherzogin Mechtild eingelöst W'urde,
die es als persönliches Eigentum innehatte. Im Jahre 1488 finden wir dann die
Herrschaft Haigerloch wieder im Besitz des Hauses Österreich selbst. Nun
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aber nahte sich der Zeitpunkt, wo Haigerloch vom beständigen Bcsitzwecbsel
zur dauernden Ruhe gelangen sollte.
Im Jahre 1452 heiratete Graf Eitel Friedrich I.
von Hohenzollern Ursula von Räzüns und erwarb
hierdurch die in Graubünden liegende angesehene
Herrschaft gleichen Namens. Das sollte für
Haigerloch von grosser Tragweite werden und
ihm zum Segen ausschlagen. Des genannten
Grafen Enkelsohn Eitel Friedrich II. (145.2- 15121
war ganz, der Mann dazu, den alten Glanz des
Zollemhauses wieder herzustellen. Er war es.
der den ersten Erbverbrüderungsvertrag mit dem
stammverwandten Hause Brandenburg 14SS
schloss — seine Gemahlin war eine Markgrilfin , , ,
,, , , , , . , , Al.b.al. Haigi'rlui'litir m <‘lt .vai.iien.
von Brandenburg — und bei dem Reichsober-
haupte. dem er sehr wichtige Dienste tat,
Friedrich IU, und besonders Maximilian I., stand er in hohem Ansehen. Eitel
Friedrich ging mit dem Gedanken um, die dem Stammhause im häufe der Jahr-
hunderte entfremdeten Besitzungen wieder an Zollern zu bringen. Mit Hohen-
berg gelang es ihm nicht — er starb zu früh für das Zollernhaus — wohl aber
mit der Herrschaft Haigerloch, die er 1447 von Kaiser Max, dem er bedeutende
Summen vorgestreckt hatte, gegen die Herrschaft Räzüns eintauschte. So kam
Haigerloch wieder an Zollern zurück und blieb von da ab in dessen Besitz.
Im 50jährigen Krieg drohte Haigerloch nochmals Entfremdung an Württemberg.
Der schwedische Kanzler Oxenstima, der sich als guter Bundesgenosse
Württembergs bewies, wollte auf Wunsch des Herzogs Eberhard Haigerloch
an Württemberg ausgeliefert wissen, fm westfälischen Frieden wurde diese
Schenkung, die Schweden nichts gekostet hätte, nicht bewilligt.
Hieran möchte ich noch eine Bemerkung anknüpfen mit Bezug auf 1 laigerloch
im Titel der Fürsten von Hohenzollern. Der Fürst von Hohenzollern nennt sich
auch u. a. Herr zu Haigerloch (und Wehrstein). Richtiger sollte es heissen:
Graf zu oder von Haigerloch. Die Gaugrafen besassen ursprünglich ihre Sprengel
nicht als persönliches Eigentum, waren mithin nicht die Landesherren, sondern
nlir die Vertreter des Königs in der Verwaltung und der Rechtspflege. Wenn
es auch Anfangs nicht rechtlich ausgesprochen war, dass das Grafenamt erblich
sei, so wurde es doch so gehalten, dass man dem Sohne, dem Nächst- Versippten
das Amt des Vaters liess. Hieraus entwickelte sich fast naturgemäss die tat-
sächliche Erblichkeit, die umso grösseren Wert hatte, als die Grafschaften
reichsunmittelbare Bezirke waren. Aber damit wuchs auch die Begehrlichkeit
der Grafschaftsin haben Sie strebten darnach, ihre Bezirke, ihre Gaue zu terri-
torialen Herrschaften umzugestalten, und zwar utn so eifriger, als manche Grafen
es vermocht andere nachbarliche Grafen und Edelherrn zu beseitigen. Sie fingen
daher an, von ihren Grafschaften als Dominum, Territorium, Herrschaft zu
sprechen, oder auch sich comes deigratia zu nennen, womit sie sich als Landes-
herren, als Besitzer der Territorial -Hoheit bezeichnen wollten. So lag es auch
im Interesse der Grafen von Hohenberg, die Erinnerung an den alten Gau-
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grafschaftsverband durch Beseitigung des Namens Grafschaft auszumerzen. Und
nun zu Haigerloch! Da, wo Haigerloch in der Geschichte auftritt, heisst es
Grafschaft und Grafschaft bleibt es auch solange als ihre ersten Besitzer, die
Grafen von Zollem-Haigerloch leben. Dann fällt es als Grafschaft an das
Stammhaus Zollern zurück und geht, immer noch Grafschaft, später im 1 3.
Jahrhundert, an die Grafen von Zollem-Hohenberg über. Noch im 14. Jahr-
hundert wird Haigerloch von, einem Geschichtsschreiber comitatus, also Graf-
schaft genannt. Wenn auch in der Folgezeit dann die Grafschaft Haigerloch
nach und nach in Hohenberg aufging, so hat dennoch die Bezeichnung Graf-
schaft für Haigerloch volle geschichtliche Begründung und damit auch der
Titel: Graf von Haigerloch.
Die älteste
mittelalterliche
Burganlage
ist nicht auf dem
rechten Ufer beim
jetzigen Schloss,
sondern auf dem
linken Ufer bei
dem in den
unteren Teilen
noch erhaltenen
hochgelegenen
Oberstadtturm,
früher Römerturm
genannt, zusuchen.
Die Burganlage
ist äusserst geschickt in die Mitte zwischen die beiden Eyachufer an die schmälste
Stelle zwischen steile Felsufer gesetzt und beherrscht sowohl die rückwärtige
Bergseite mit der Strasse nach Weildorf wie auch den nördlich jenseits der
.VOli. :I2. Obarst.adtt.nrm mit seiner ehemaligen Burganlage.
Eyach liegenden Felsrand.
Von der westlichen Ring-
mauer führten einst Flügel-
mauem nördlich und südlich
bis zu den Flussufem hinab,
deren Reste jetzt noch sicht-
bar sind. Die nördliche
Flügelmauer fasste das obere
Tor mit Torturm in sich.
Das obere Tor stand unter
«w| iiajü a yfe ll)».
- tf eWy«,U*'.
t Ao.to—
dem Schutze des Bergtlicds. Alih. 113. Grundrisse Obprstadtturm.
Burganlagc samt Flügel-
mauern schlossen den östlich gelegenen, ganz von der Eyach umspülten Teil
gegen den Berghang vollständig ab. Auf diesem Teil entstand die Oberstadt.
Der Eingang zur eigentlichen Burg wird auf der Ostseite des Burgberings zu
suchen sein. Die Ringmauer ist gegen Süden zugleich als hohe Stützmauer
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r,
noch sichtbar. Auf der Ost- und Nordseite fehlt die Ringmauer, auf der West-
seite ist solche noch erkennbar, jedoch durch moderne Anbauten teilweise
zerstört und verändert. An der höchsten Stelle nahe der westlichen Ringmauer
liegt der Bergfried, ein mächtiger quadratischer Quaderbau von 10,7s m
Seitenlange mit stark ausladenden Bossen. Er zeigt auf der Ostseite etwa
10,80 m über dem Boden den ursprünglichen rundbogigen Zugang aus schön
bearbeiteten Bogensteinen,
links und rechts unter der
Schwelle die Balkenlöcher
der ehemaligen Plattform.
Die EingangsölTnung ist
o,HS bezvv. 1.10 m breit und
ist mit einem Tonnengewölbe
aus schön bearbeiteten
Quadern überdeckt In der
Türleibung sind die Öff-
nungen tum Einstossen und
Festhalten des Schluss-
der Plattform ein hölzernes Stockwerk mit sichtbarem Holz werk und Giebel
mit Abwalmung. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts wurde der Turm
zu einem Glockenturm umgebaut und der Helm aufgesetzt, wie er sich zur
Zeit noch zeigt.
KSVo
Ahb. St Grundriss
Olii'nstnrhturiu.
riegels deutlich sichtbar.
I )ie Mauerstärke im Eingangs-
stockwerk beträgt i.s m.
1 fas Burgverliess darunter
war etwa 1 1 rn tief und
fensterlos. 1 )er ursprüngliche
Kranz und Abschluss des
Turmes ist nicht mehr fest-
zustcllen. Die Höhe bis zur
jetzigen Plattform betragt
ngi m. Der Turm hatte nach
einer älteren Darstellung über
OTtojsstaß
>d
lo m tnr
1
miiumt , —
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' 1 u u **
r, 1
aso*n feUvqcu-uj
Abb. ar>. S - 1 1 1 1 : 1 t und I nm imnsii ht der Eingangspforte di-s ÜbersstadHunns.
Zu derselben Zeit wurden die grossen Rundbogenfenster nach vier Seiten
ausgebrochen. Der achteckige Aufbau diente als Wachterhaus. Verschiedene
Steinmetzzeichen sind am Aussem des Turmes vorhanden.
Etwas tlussabwarts auf dem linken Ufer der Eyach, hart bei der oberen
Brücke, liegt das sogenannte »Schlössle-r, jetzt Brauerei.
Nördlich der alten Burganlage auf dem rechten Ufer erhebt sich die jetzige
grosse, sehr malerisch auf hohem Felsen gelegene Schlossanlage mit kühn vor-
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tretender Schlosskirche (Chor gegen Süden). Der auf der Westseite liegende
ehemalige Burgsteig führt durch ein quer vorgelegtcs Torhaus und ein Rund-
bogentor am Torhäuschen vorbei
zum geräumigen Schlosshof. Links
vom Toreingang liegt das grosse
Fruchtkastengebäude, an den äusser-
sten Felsrand gesetzt. Dieses hat auf
der Hofseite in der Mitte des Baus
einen vorspringenden Treppenturm
mit steinerner Wendeltreppe nebst
steinernem Handgriff an der Mauer-
seite, an welchem Steinmetzzeichen
eingehauen sind. Das gleiche Zeichen
findet sich an den Eckquadem der
äusseren südöstlichen Gebäudeecke.
Das obere Stockwerk, ein grosser,
freier Raum, ist durch eine Säulen-
stellung (eichene, gefaste Holzsäulen)
in zwei Teile geteilt. Darüber liegen
noch weitere Fruchtböden. Nördlich
anschliessend der obere Torturm,
zugleich Glockenturm, mit dem Tor
gegen die Strasse nach dem Seehof und Trillfingcn; östlich von diesem
das Hofkaplaneigebäude, weiter östlich das jetzige Oberamtsgebäude; beide
Gebäude nach Norden hart an die hohen Felsen stossend. Südlich vom Ober-
amtsgebäude liegt der sog. neue Bau mit einem kleinen V'orhof gegen Nordosten.
Abb. 37. Schloss auf dem rechten Ufer. Grundriss des zweiten Obergeschosses.
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37
Den Schlosshof schliesst östlich eine auf
den ilussersten Felsrand gesetzte Brust-
wehr ab, südlich bildet das eigentliche
Schloss und das ehemalige Burgvogtei-
gebäude den Abschluss. Das Schloss-
gebäude aus dein Ende des 17. Jahr-
hunderts, ein massiver dreistöckiger Bau
mit grossem gewölbtem Schlosskeller,
zeigt eine Steintreppe und breite Gänge
nach der Hofseite. Im zweiten Ober-
geschoss liegt ein kleiner Saal. Über
n
Abb. 38. H «ijjerlocli, Fluchtkasten Abb. 39. Cbersichtsplan des Schlosses
oberer Torturm und Hofkaplaneigpbilude. auf dem rechten Dfer.
einer Türe des Vorplatzes daselbst in einer geschweiften Füllung ist die Jahres-
zahl 1697 zu lesen. Einige Räume zeigen grobe Barockomamente. Über dem
Eingangstor zum Wirtschaftsraum im Erdgeschoss im Schlussstein ein hohen-
zollerisches Wappen. An der Aussenseite der Stützmauer be : m Torhaus befindet
sich ein steinerner Wasserspeier (Tierkopf) mit den Jahreszahlen 1385 und 1699,
dazwischen der Buchstabe F.
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HOHENBERG.
Abb. -lu. Der » Iberhobenbprg.
»Also was einest nit zu erobern gewesen, das getraut man jetzt nit wol
zu erhalten, sic mutantur tempora et mores.« So klagt in bezeichnender Weise
die zimmerische Chronik. Nicht eine der zollerischen Burgen ist so gänzlich
verschwunden, wie Hohenberg, einstmals der Sitz eines mächtigen Grafen-
geschlechtes, der Zollem-Hohenberg. Grausamer, rücksichtsloser als die Ein-
wirkung von Jahrhunderten ist der Mensch. Die Natur umhüllt in schützender
Liebe altehrwürdige Reste vergangener menschlicher Kulturtätigkeit mit Moos,
Schlingpflanzen, Strauchwerk und selbst Bäumen und bildet daraus Humus als
erhaltende Decke: der Mensch, der sich Träger der Kultur nennt, zerstört mit
den Werkzeugen, die ihm jene im Laufe der Jahrhunderte gegeben, hart und
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rücksichtslos, was frühere Zeiten überliefert. So brach zunächst wilde Kriegs-
wut die Hohenberg-Burg, auf der Albert der Minnesänger seine Lieder dichtete,
wo Rudolf von Habsburgs tugendsame Frau Gertrud geboren worden und der
später deutsche Herrscher seinen ritterlichen Schwager, den eben genannten
Minnesänger, besuchte, um 12S6 das Weihnachtsfest dort zu feiern und eine
Handlung zu begehen, die so ganz im Sinne der Erinnerungsfeier an die Geburt
des Heilands — Friede auf Erden den Menschen _ — dahin ging, der jahrelangen
Fehde zwischen den Zollem-Hohenberg und den Zollem-Zollem ein Ende zu
machen. Und dann als der grimmige Zorn der Rottweiler die Burg 1449 ge-
brochen, die stolze Grafenburg, die aber damals schon lange den Grafen von
Zollem-Hohenberg nicht mehr gehörte, zum geringen Burgstall herabgesunken
war, da verschwanden die einst so weit ausgedehnten Mauern immer mehr;
denn die umwohnenden Bauern brachen Stein um Stein, um sie zu Bauzwecken
zu verwenden, und als 1747 das »Gut Hohenberg« in Besitz der Jesuiten zu
Rottweil übergegangen war, da errichteten diese mit den noch vorhandenen
Steinen verschiedene landwirtschaftliche Gebäude.
Burkhard, Graf von Zollern (1125 — 1150), der Sohn Friedrich I. de Zolra
(7 um 1 12 ,), ist der Stifter der Linie Zollem-Hohenberg. Es war keine gute
Sitte des Mittelalters, dass sich in angesehenen, reich begüterten Familien der
Besitz spaltete, wenn die verschiedenen Söhne eines Vaters jeder für sich eine
Dynastie gründete. Das Haus Zollern, fruchtbar wie es war, machte von der
Zeit an, wo es in der Geschichte auftritt, solche Familien- und Besitzspaltungen
nur zu viele durch.
Mit einer einzigen Ausnahme sind die Teilungen für das Stammhaus
Hohenzollem ungünstig ausgefallen. Diese einzige Ausnahme bildet die Ab-
zweigung der zollem-nümbergischen Linie, der zollerischen Burggrafen, aus
welchen sich das mächtige Geschlecht des brandcnburg-preussischen Königshauses
entwickelte. Und es ist bemerkenswert, dass diese Abzweigung vom Urstamme,
die unter den Söhnen Friedrich III. (um 1200) sich vollzieht, für das
Stammhaus keine Besitzschmälerung herbeiführte; denn das Burggrafentum mit
den fränkischen Gütern, die Konrad I. von seinem vorgenannten Vater erhielt,
rührten von dessen Gemahlin Sophia, der Erbtochter des Grafen Konrad II.
von Raabs, Burggrafen von Nürnberg (-j- ca. 1191) her, also von keinem Besitz
in den schwäbischen Stammlanden.
Ganz anders bei der Abzweigung von Hohenberg, die um beüiahe drei-
viertel Jahrhundert früher geschah. Sie hatte eine Zersplitterung des zollerischen
Hausbesitzes im Gefolge, wie nie zuvor und nie nachher. Andere Teilungen,
die noch bis in das 16. Jahrhundert Vorkommen, brachten doch wenigstens nach
Aussterben der abgetrennten Familienzweige, dank den in späteren Zeiten ein-
gerichteten Hausgesetzen — Fideikommiss-Bestimmungen kannte das frühere
Mittelalter ja leider nicht — die mitgenommenen Besitzungen wieder an das
Stammhaus zurück. Nicht so bei den hohenbergischen Zollern und bedauer-
licher Weise auch bei den schalksburger Zollern nicht Als die hohenberg-
zollerische Linie sich abzweigte, da erhielt sie bei der Teilung des Stammgutes
einen hervorragend grossen und wertvollen Teil. Es ist der südwestliche Teil
der schwäbischen Alb, heute alles württembergisches Gebiet, wo wir Hohen-
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berg zu suchen haben. Heuberg heisst der Gebirgszug, der, wenn auch rauh,
doch von vieler Naturschönheit ist. Die L’ebereinstimmung des Namens Heu-
berg mit Hoher Berg ist nicht zutreffend : auch mit Heu hat der Name nichts
zu tun. Dagegen wird angenommen, dass das Wort Heuberg von hauen,
schlagen (howe, howl herrührt, und wir auf dem Ileuberg an einen uralten Wald-
wirtschaftsbezirk zu denken haben. Auf der höchsten Kuppe dieses Teiles des
Heuberges, der europäischen Wasserscheide, etwa i Kilometer von der Ober-
amtsstadt Spaichingen, erhebt sich oberhalb des Pfarrdorfes Deilingen der Ober-
hohenberg, auf dessen Kuppe einstmals die weitausgedehnte Burg der Grafen
von Hohenberg stand. Diese Burg wird 1170 erstmals genannt und zwar wurde
sie von Graf Burkhard von Zollern erbaut, der ihr den Namen Hohenberg gab,
ein Name, der in den deutschen Landen lange hohen Klang hatte. Es ist uralter
zollerischer Besitz, in dem wir uns hier befinden. Scherragau hiess der Herr-
schaftsbezirk, bevor ihm die Zollem-I lohenberg von ihrer neuen Stammburg
den Namen Grafschaft Hohenberg gaben, und über den Scherragau geboten die
Ahnen der Zollern höchst wahrscheinlich im schon g. Jahrhundert. Ganz
zweifellos, weil urkundlich bewiesen, ist Graf Friedrich I. von Zollern 1113
Graf des Scherragaus.
Strahlend ging der Stern der Zollem-Hohenberg auf, und fast schien es, als
sollte die neue Linie des Altzollem-llauses die Stammverwandten auf der Wiege
des Geschlechtes in den Hintergrund drängen und ihren Glanz verdunkeln.
Statt gemeinsam an der Grösse ihres Stammhauses weiterzubauen, stark genug,
mit den Zähringer und Stauffer zu wetteifern, schädigten sie einander, wo sie
konnten, und mehrfach riefen sie in ihren Streitigkeiten den Entscheid der
Waffen an. So stossen die Zollern-Zollem mit den blutsverwandten Zollem-
Hohenberg am 1. November
12(17 unweit Haigerloch in
blutigem Kampfe aufeinander,
und neunzehn Jahre später
kommt es abermals zu einem
mörderischen Treffen bei Ba-
lingen, bei dem, der Sindelfinger
Chronik zufolge, viele von der
Partei der llohenberger fielen
oder gefangen genommen
wurden. Aus den Orten, wo
gekämpft wurde, geht zweifel-
los hervor, dass es sich um
Besitzstreitigkeiten handelte und
dass die Zollem-Hohenberger
noch mehr vom altzollerischen
Stammgut verlangten, als sie
schon durch Zuweisung des
grössten Teiles des Scherragaues
erhalten hatten. Und es ist
Abb. 41. Siegel Albert* v»n IIuIihi berg, de» Minnesängers, gerade der hervorragendste
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unter den Zollem-Hohenbergem, der in jahrelangen Kämpfen mit den Stammes-
vettem liegt, Graf Albert II., der sich nach drei Herrschaften: Hohenberg,
Haigerloch und Rottenburg nennen konnte. Er war ein sehr streitbarer Herr;
denn nicht nur mit den Zollern kreuzt er das Schwert, sondern auf vielen
Schlachtfeldern hat er gefochten, bis ihn, das schönste Lebensende für einen
Mann seines Schlages, der Tod im Kampfe gegen einen übermächtigen Feind
ereilte. Er fiel iaoS bei Leinstetten im Kampfe gegen Herzog Otto von Bayern.
Aber diese Streitbarkeit gereichte ihm nicht zum Tadel und sie schloss
keineswegs andere hervorragende Geisteseigenschaften aus. Das beweisen die
Lobsprüche, die ihm die Zeitgenossen gaben, dafür legt der Umstand Zeugnis
ab, dass sein Tod fast von allen Chroniken gemeldet wird. Man kann von ihm
sagen, dass er nicht nur eine der hervorragendsten Persönlichkeiten jener Zeit
war, sondern auch eine der interessantesten ; denn dieser Mann, der so viel und
so gern dem rauhen Kriegshandwerk oblag, zeigt sich als ein Minnesänger von
edlen Grundsätzen, der in seinen Liedern gegen die überhand nehmende Genuss-
sucht und den ritterlichen Sport, die Ehe des Mitmenschen gering zu achten,
und Frauengunst und Frauenlicb höher zu schätzen als Frauentreue, scharf zu
Felde zog und hier das Schwert seines Geistes ebenso mutig und tapfer führte,
als die Eisenwehr in seiner starken Faust.
Ist ie man in der weite baz — Wem ist es in der Welt denn wohler,
den einem, der sin staetez liep - - Als dem, der eignen Fraue Liebe bat,
mit armen hat alnmb nnd umbbeslozzen — Halt sie im Arme treu umschlossen?
Treit si im trinwe on allen baz — Wenn sie auch ibm die Treue halt,
dazt bozzer, dan ein minnen dieb — Ist reicher er als jeder Minne-Dieb.
ln hat der langen nahte nie verdrozzen — Ihn haben lange Nachte nie verdrossen,
er vührt melder, noch ir baz — Nicht Horcher fürchtet er noch Hass,
er lit gar ane sünde und ane vohrt und ane schände — Liebt ohne Sünde, ohne
Furcht und Schande.
Taet ie man valshiu minne baz — Wen unerlaubt* Minne freute besser,
Da nie man trinwe erkande — Solch' Minne, die der Treu entbehrt,
der naeme vrouwen laster vür ir ere — Unzücht'ger Frauen Liebe gehrt,
Von siner volge ich min sinne kere — Den mag ich nicht, er mag sich von mir kehren.
So singt Albert von Hohenberg und beklagt bitter, dass die Welt nicht
mehr ehrbar denke, ihr vielmehr verbotenes Wasser besser schmecke, als
eigener Wein, und Ehebruch mehr Reiz habe, als eheliche Liebe und Treue.
Begreiflich ist, dass ein solcher Mann in harmonischer Übereinstimmung
leben konnte mit Rudolf von Habsburg, und dass es nicht nur die verwandt-
schaftliche Beziehung war, die zwischen ihnen bestand, sondern dass sie auch
sonst in manchem Edlen und Grossen gleichen Sinnes, gleicher Denkart waren,
und es ist daher sehr verständlich, dass wir die zwei Männer so viel und so oft
beieinander sehen, nicht nur da, wo des Reiches Wohl starke Geister und
tapfere Helden forderte, sondern auch da, wo Zeit ist, Werken des Friedens
und der Erholung obzuliegen. Als Rudolf 1286 den Schwager auf Hohenberg
in der Weihnacht besuchte, da war seine treue Gefährtin Gertrud, von der die
Zeitgenossen mit grosser Verehrung erzählen, schon fünf Jahre tot. Dass der
König, um die Versöhnung fester zu machen, eine eheliche Verbindung zwischen
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einer Tochter Eufemia von Albert H. und dem /oUera-Grafen Friedrich vermittelt
habe, ist nicht erwiesen. Eufemia ist vielmehr die Enkeltochter Alberts. Da aber
damals eheliche Verlöbnisse schon im zarten Kindesalter zwischen den Eltern
gestiftet wurden, so ist es immerhin möglich, dass jene Verbindung verabredet
worden war, die in der Tat um 1208 mit Graf Friedrich IT. von Zollem
geschlossen wurde.
Für das zollerische Stammhaus hatte diese Ehe keinen wesentlichen Vor-
teil, wenn nicht den, dass nun Frieden geschlossen wurde. Nach dem Tode
Alberts neigte sich schon der Stern der Hohenberger vom Zenith, das er erreicht
hatte, dem Niedergange zu. Auch hier war der Grundfehler die Zersplitterung
des blühenden Gesamt-Besitzstandes. Und als dann erst das schöne Erbe in
mehrere Teile zerrissen worden, da folgte als schlimmster Stoss schlechte Wirt-
schaft im immer noch reichen Besitz.
Dass aber im 1(1. Jahrhundert, als der letzte Hohenberger, Graf Sigmund,
im Kloster Reuthin mit »schilt und heim« schon lange beigesetzt worden, in
den schwäbischen Landen der ehemalige Ruhm des einst so angesehenen Ge-
schlechtes noch nicht verklungen war, das beweisen die ehrenden Worte, welche
die zimmerische Chronik für dasselbe hat. Sie erzählt: »Vor vierthalbhundert
jaren sein die graven von Höchen berg am mechtigsten an landt und leuten
gewesen und von dem jar 1 200 an zu rechnen (mit der Zeitrechnung nimmt es
die zimmerische Chronik nie sehr genau), do hot ir verthon und übelhausen
angefangen (im Gegenteil — da begann ihr Glanz erst recht auf-
zugehen). Aber es hat sie der gross stat, den sic geliert,
nit verderbt, sonder die grossen Stiftungen und gotz-
gaben, die sie unaufhörlichen gethan an die gestiften,
clostern, spiti, bronnen (soll heissen Bäder, Heilanstalten)
und in ander weg; dann, wie man spracht: »wer vil
hingibt, dem pleibt deste weniger«, das ist den frommen
grafen, die ohn zwifel in jener weit iren lohn darumb
empfahen, auch begegnet, dann von disem grossen hin-
geben und Stiftungen kamen sie nach und nach zue
annut. dass sie auch letztlich landt und leut mussten
‘ angreifen und der grossen schulden halben butzen und
, 11 • , still Stiel) dem haus Österreich zu kaufen geben.«
l'mM'hrift • s‘ adki Doch der letzte Akt in der Zollcm-Hohenberger
Haid.' n iMIT1s.se. i) ■ Geschichte entbehrt nicht eines milden, erhebenden und
ZOI.RE, versöhnlichen Schlusses. Wie schon angeführt, starb mit
Graf Sigmund 14S6 das Geschlecht der Hohenberger aus.
Mehr als dreihundert Jahre vorher hatten sich die Ahnen Sigmunds, weder dem
zollerischen Stammhau.se, noch ihnen selbst zum dauernden Glück, von einander
getrennt. Und nun, ein merkwürdiges Geschick ! nun heiratet der letzte Hohen-
berger die Witwe des Grafen Eitel Friedrich I. von Zollern und zwar zu einer
Zeit, wo auch das Stammhaus fast an den Rand der Verderbens gerissen
worden. Wenn auch der einzige Sohn aus der Ehe Eitel Friedrich I. und
Ursula von Räzt'ins, Graf Jos Niklas kein Kind und „tumber Fant“ mehr
war, als die Mutter diese zweite Ehe einging, so stimmen doch die Zeitgenossen
i 3AJ.
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in dem Lobe des Charakters des Grafen Sig-
munds so überein, dass die Überlieferung, er
sei dem Stiefsohn ein treuer V'ater und Berater
gewesen, zweifellos erscheint: „Dann graf Sig-
mundtain garholdselliger, sittiger und frommer
graf war.* Für das Ansehen, dessen sich Graf
Sigmund bei seinen Standesgenossen erfreute,
ist das Schutz- und Trutz-Bündnis, welches
eine Reihe der bedeutendsten schwäbischen
Edelirige: die Zollern, die Werdenberg, Sonnen-
berg, Waldburg, Wolfegg, Zimmern u. s. rn.
146$ abschlossen, Beweis; denn hier wird
Sigmund an erster Stelle genannt, ln dieser
Urkunde tritt er mit seinem Stiefsohn Jos Niklas,
dem Wiedererbauer des Zollern und dessen
Sohne, Eitel Friedrich LL, der berufen war,
eine so bedeutende Rolle zu spielen, zusammen
auf, ein merkwürdiger Abschluss für die Ge-
schichte seines Hauses.
i-m.
Abi), 4Ü, Siegel <lt» Grafen Burk-
hard von Hohenberg. Umschrift:
S.‘ COMIT1S. BVHCABDI. DE.
HOHENBERG.
DIE SCHALKSBURG.
Die Hauptursache, welche die Edelinge des Mittelalters bewegte, ihre
wohnlich gelegenen Edelhöfe in der Ebene, nahe bei oder inmitten ihrer Unter-
gebenen, zu verlassen, und kalte, steinerne Burgen auf teilweise unwirtlichen,
fast durchweg schwer zugänglichen Höhen zu bauen, wo sie, vereinsamt gegen
die bis dahin gepflegte Lebensweise, ihre Tage zubrachten, wird ohne Zweifel
der Wunsch nach grösserer Sicherheit gewesen sein. Wer die vielen Hunderte
in Trümmer gefallenen Burgen unseres Vaterlandes auch nur teilweise kennt,
der wird sich nicht verhehlen können, dass der Tausch, nach unseren heutigen
Begriffen von Wohnlichkeit und Behagen, kein gut« war. Allerdings lassen
die auf den sonnigen Abhängen der Rheintalberge liegenden zahlreichen Burgen,
die das Stromgebiet von Bingen-Rüdesheim bis zum sagenumwobenen Sieben-
gebirge malerisch beleben und wunderbar schöne Blicke auf Strom und Gelände
bieten, oder die nicht minder reichen Burgen des Eisass, mit ihrem warmen
Steinton und schwungvoller Architektur, umrauscht von hochragenden Wäldern,
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fast alle mit der Ausschau in die üppige Ebene oder sonnigen Täler, solche
Gedanken kaum entstehen. Wer aber die Burgsitze der schwäbischen Alb
betrachtet, der muss anders denken. Gerade hierfür bietet die Schalksburg
eines der schlagendsten Beispiele. Emst, last finster, liegt der gewaltige Fels-
klotz da. Der dunkle Tannenwald, der ihn vom Fusse bis zur Höhe hinauf
bekleidet, lässt seine grauen Steinglieder, welche die Jahrtausende abgetönt
haben, noch starrer erscheinen. Nur ein schmaler Grat verbindet die weite
Abb. 44. Hehalkslmr^ mit Burgfelden und Böllat.
Hochfläche des Bergrückens mit der nordöstlich von ihm sich ausbreitenden
Hochebene und den höchstgelegenen Ortschaften Württembergs. Wie mühsam
gestaltete sich hier der Verkehr mit der Aussenwelt schon für die Männer,
und erst für die Frauen, wenn vom Spätherbst bis weit in den Frühling hinein
Schnee und Eis den einzig gangbaren, fast gefährlichen Pfad bedeckte, während
unten im Tale schon
Winterstürme wichen dem Wonnemont,
wie Siegmund in der Walküre singt, und Lenz- und Liebesfreude die Brust ihm
schwellen lässt.
ln der Geschichte der Zollern spielt die Schalksburg eine sehr wesentliche
Rolle. Immer musste ihr nach dieser Richtung hin, schon allein aus dem
Grunde, weil sie beinahe bis zur Wende des Mittelalters zollerisches Eigentum
war, Bedeutung beigelegt werden. Wiewohl nun die Schalksburg seit fast
fünfhundert Jahren dem Zollemhause entfremdet ist, trat sie in den letzten
Jahren gerade wegen ihrer Vergangenheit stark in den Vordergrund. Es ent-
stand die Frage : War nicht die Schalksburg Sitz der zollerischen Ahnen, bevor
sich die Zollern iooi zum ersten Male mit diesem Namen nennen? Die Schalks-
burg ist, darüber herrscht kein Zweifel, uralter Besitz des Zollemhauses und
seiner Ahnen; denn sie liegt im Sclierragau und dieser ist der ureigene Gau
der Zollern und ihrer Vorfahren. Damals, wo Burkhard und Wezel io‘>i zum
ersten Male als Zollern — de Zolorin — genannt werden, gehört die Hatten-
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huntare, in welcher der Zoller lag, noch nicht den Zollern. Nun liegt es nahe,
zu fragen: wo haben denn die nächsten Vorfahren der Zollern ihren Sitz gehabt?
Wer die Zollernburg gebaut hat. die beiden ersten Zollern Burkhard und Wezel,
oder schon deren Vater: diese Frage bleibt deshalb doch bestehen: Wo wohnten
denn die Väter dieser Zollern? Man sucht doch ganz von selbst, ohne
Künstelei, den Wohnsitz eines Edelings da, wo sein Eigen liegt, bevor man
ausserhalb seines Besitztums, seiner ureigenen Heimat, auf die Suche geht. Das
war aber der Scherragau, und hier die spätere Schalksburgherrschaft. Um jene
Zeit, es handelt sich um die erste Hälfte des u. Jahrhunderts, hatten aber die
vornehmsten Geschlechter ihre Burgen schon auf Höhen gebaut. Nun betrachte
man die Lage der Schalksburg ! Keine Burg lag so beherrschend für den Gau,
wie gerade die Schalksburg. Kein Berg rundum, auch nicht der prachtvolle
Zoller, bot eine solche gewaltige, natürlich befestigte Burg, eine solch unein-
nehmbare Feste, wie der Schalksberg, eine Schalksburg.
Aber hat denn auf dem Schalksberg um jene Zeit überhaupt schon eine
Burg bestanden? Dass dies der Fall war vor der Gabelung des Stammhauses
in die zw'ei Linien Hohenberg und Zollern, steht fest. Und wann war das?
Friedrich I., dessen Söhne Friedrich und Burkhard sich in den Hausbesitz teilten,
wird von 1085 — 1125 erwähnt. Eine wichtige Erscheinung ist bei jener Gabelung
nicht zu übersehen. Wiewohl die Hohenberger hauptsächlich den Scherragau
bekamen, wnrde ihnen aber gerade die Schalksburgherrschaft vorenthalten.
Warum wohl ? Nun, w r eil die Schalksburg durch ihre Lage und Festigkeit stets
eine Gefahr für die Zollern gew'esen wäre. Und wenn nicht schon vor der
Mitte des 11. Jahrhunderts auf dem Schalksberg eine Burg gestanden, wie will
man sich
dann den
Namen
des schon
um 1040,
sicher
iobi, vor-
handenen
Dorfes
Burg-
felden, das
zur
Schalks-
burg
gehörte,
erklären?
Die
Schalks-
burg-
Zollem-
Frage
Abb. 45. Kirche zu Burgfelden mit dem Notdach Herbat 1892 bis Herbst 1893. wurde
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durch eine kulturgeschichtlich hochinteressante Entdeckung rege. Vor zehn
Jahren fand man in der romanischen Kirche zu Burgfelden Wand-
gemälde von so hoher künstlerischer Bedeutung, dass sie allgemeines Staunen
hervorriefen. In seltener Übereinstimmung schrieb man die wertvollen Gemälde
der Kunstfertigkeit der Reichenauer Benediktiner zu. Sodann fand man in der
Kirche sehr bemerkenswerte, alte Gräber, die wiederum nach dem Urteil der
Sachverständigen auf das n. Jahrhundert zurückgehen können. Nun durfte
man sich sagen: Wäre die Schalksburg nicht schon um die Mitte des n. Jahr-
hunderts Sitz eines hervorragenden Geschlechtes gewesen, wie käme das kleine
Dorf dort oben auf der Höhe der Rauhen Alb dazu, eine sorgsam gebaute
romanische Steinkirche zu besitzen? Wie käme diese Kirche zu den kostbaren
Wandgemälden? Wie kämen die Reichenauer Benediktiner dazu, dort in Burg-
felden Wandmalereien auszuführen, die sofort an die Perlen frühmittelalterlicher
Kunst in der Kirche zu Oberzell auf der Reichenau erinnern? Ist es da nicht
sehr beachtenswert, dass die Vorfahren der Zollern, die Burkhardinger, sowie
die Zollern selbst, in naher Beziehung zu den Reichenauer Mönchen standen?
Herzog Burkhard II. liegt auf der Reichenau begraben, die Grafen von Zollem-
Hohenberg versehen vom 12. Jahrhundert an das Obermundschenkenamt auf
der Reichenau und im 12. Jahrhundert ist ein Zoller Abt daselbst.
Aus alle dem kommt man zu der nahe liegenden Folgerung: Bevor die
Zollern ihre Stammburg Zoller erbauten, haben ihre Vorfahren auf der Schalks-
burg gesessen. Zwei Einwendungen, die man dagegen zu machen suchte, will
ich noch erwähnen. Erstens sollen die zollerischen Vorfahren schon um 1040,
sicher vor 1061, Burgfelden und Kirche an das Kloster Ottmarsheim im Ober-
elsass verschenkt haben. Das ist durchaus unerwiesen. Es heisst vielmehr nur,
dass dem Kloster Ottmarsheim praedia also Güter zu Burgfelden geschenkt
worden seien. In der ganzen Folgezeit bis zum Verkauf an Württemberg 1403
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waren die Zollern rector ecclesiae zu Burgfelden und vergaben die Pfarrstelle
dort. Zweitens wollte man in dem Kamen Schalk etwas Unwürdiges finden.
Abgesehen davon, dass das Wort , Schalk damals seine knechtische Neben-
bedeutung schon verloren hatte, überhaupt
eine »Diener*- oder »Knechts«-burg ein
Unding in solcher Deutung genannt werden
darf, ist der Ursprung des Namens noch
nicht klargestellt. Es ist sehr leicht möglich,
dass die Burg nach einem Besitzer genannt
worden ist, in dessen Namen das Appellativ
»Schalk* steckt, wie solcher Bezeichnungen
mehr Vorkommen.
Da dürfte es denn von Interesse sein,
eine Stelle der Sindelfinger Chronik anzu-
fuhren, die zum Jahre 1 286 erzählt, dass
»comes Burchardus cum comite Friderico
Schal ginge conflictum habuit etc.« Man
hat Schalginge mit Baiginge übersetzt, also
bei Balingen. Das kann sein, es muss aber am.,. 17. iSi-gel der Stadt Balingen,
nicht sein; denn es hiess damals und noch Umschrift: SIGILL. 1 (.'[ VITA; TIS.
früher Balginga. F.s könnte auch der BAI. INGE.
Beinamen von Graf Friedrich (von Zolre)
gewesen sein. In jedem Falle fehlt hier ganz, zweifellos dem Worte Schalk
eine unehrliche, niedrige Bedeutung.
Wir können diese Erörterung schliessen mit der Behauptung: die nächsten
Vorfahren der Zollern, mögen sie heissen wie sie wollen, Burkhardinger werden
sie meist genannt, müssen irgendwo ihren Burgsitz gehabt haben. Und ferner:
dem kraftvollen Geschlechte der Zollern-Zollem und Zollem-Hohenberger kann
keine Unehre damit geschehen, wenn wir annehmen, die Familie hat noch vor
dem Zoller einen Burgsitz gehabt. Am Strahlenkränze des Zollers kann die
Schalksburgfrage, mag sie nun bejaht oder verneint werden, nicht den leisesten
Schatten hervorrufen.
So wertvoll nun auch die Schalksburgherrschalt den Zollern in älterer
Zeit war, so sollte doch dieser älteste Besitzteil altzollerischen Stammgutes in
unverantwortlicher Weise dem Hause verloren gehen. Mit Friedrich I. von
Zollem-Schalksburg, genannt Mülli, dem Sohne Friedrichs V. von Zollern, wurde
um !2dö eine eigene Linie Zollem-Schalksburg gegründet, in Folge dessen der
Besitz des Stammhauses abermals durch Zersplitterung eine Schmälerung erlitt.
Mit Friedrich V. iSchalksburg) starb diese Linie wieder aus. Aber der letzte
Zollern-Schalksburg Hess den alten zollerischen Besitz nicht wieder an das
Stammhaus zurückgehen, sondern verkaufte in unbegreiflicher Weise die schöne
Herrschaft um eine geringe Summe an Württemberg. Man hat in dem Tode
seines einzigen Sohnes, der vor dem s- Juli 1403 starb, einen Grund erblicken
wollen. Dass dem Vater der Besitz und die Lebensfreude hierdurch verbittert
worden, lässt sich ja denken, nicht aber begreifen, dass er so wenig Stammes-
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gefühl besass, die Herrschaft Schalkburg dem Stammhause entfremden zu können.
Die Erklärung ist anderswo zu suchen.
Im Stammhause herrschten gerade damals schon unerfreuliche Zustände,
indem sich
die beiden
Brüder Graf
Friedrich, der
Öttinger, und
Graf Eitel
Friedrich I.
feindlich
gegenüber
standen.
Auch war
noch keiner
der Beiden
verheiratet.
Sollte sich
nun Graf
Mülli hier-
Abb. 48. Grundriss der Üchalkshurg in ihrer ehemaligen Gestalt. durch bewo-
gen gefühlt
haben, sein schönes Besitztum in fremde Hände abzugeben?
Nein! Mitbestimmend mag das alles gewesen sein, aber eine volle
Erklärung giebt das nicht; denn erstens war die Feindschaft der zwei Brüder
noch nicht so tief geworden, wie sie es später gewesen ist, sodass Friedrich
und Eitel Friedrich bis auf heute den Namen »die feindlichen Brüder« haben;
zweitens waren sie noch so jung, dass ihre Heirat keinesweges ausgeschlossen
war, wie sie auch tatsächlich beide noch in den Ehestand traten.
Der Grund liegt in der Charakteranlage des Schalksburger selbst. Er
muss ein ganz eigentümlicher Mann ohne viel Familiensinn gewesen sein ; denn
er besass ausser dem 1403 gestorbenen Sohne noch eine Tochter, die an Kaspar
von Fraunhofen verheiratet war. Auf diese Tochter nimmt er in seinem Ver-
kauf gar keine Rücksicht. Sodann ist der Preis von 38000 Gulden, um die
Württemberg die Herrschaft erwarb, ein so lächerlich geringer, dass die Sage
entstand, der Verkauf sei mit einem Hirschgulden gedeckt worden.
Graf Eitel Friedrich L erhob energisch Einspruch und führte an, dass die
Herrschaft zum mindesten 130000 Gulden wert sei. Doch diese wie alle
späteren Versuche der Zollern, wieder in Besitz der Schalksburgherrschaft zu
gelangen, blieben vergeblich. Württemberg bestand auf seinem Schein, und
dem hatte es mit sehr grosser Eile Bestätigung vor dem Hofgerichte zu Rott-
weil geben lassen. Schon zwölf Tage nach dem Verkauf fand diese statt, und
diese kurze Frist lässt deutlich erkennen, dass es Graf Eberhard von Württem-
berg sehr darum zu tun war, den guten Fang zu sichern. Eine der bittersten
Ironien dieses Verkaufes ist auch der, dass kaum zwanzig Jahre später die alt-
zollerische Stadt Balingen, nun württembergisch, an der Belagerung und
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Eroberung der Stammburg Zollern teilnahm und dass höchst wahrscheinlich die
Balinger Mannschaft unter einem Banner stritt, das dem der Grafen von Zollern
gleich weiss-schwarz geviertet war; denn es ist das Wappen der Stadt Balingen,
des Hauptortes der Schalksburgherrschaft (s. Abb. 47).
Im Jahre 1458 verpfändete Graf Ulrich die Schalksburg an die von Rech-
berg. Hans von Rechberg war einer der grössten Raufbolde seiner Zeit. Ein
sonderbarer Zufall wollte es, dass Graf Jos Niklas von Zollern die Schalksburg
in einer Fehde mit dem Rechberg und Genossen erobern musste ; für sich selbst
konnte er sie aber doch nicht erwerben. Noch mehrfach wurde die Burg
verpfändet, bis 1510 Graf Eitel Friedrich II. von Zollern dem Herzog Ulrich
16000 Gulden vorstreckte, wofür er sich u. a. auch die Schalksburg verpfänden
liess. Graf Jos Niklas I. hatte 1463 dem Grafen Ulrich zu Württemberg, nach-
dem dieser in die Gefangenschaft des Pfalzgrafen Friedrich bei Rhein gefallen
war und 40000 Gulden Lösungsgeld zahlen sollte, für diese Summe Bürgschaft
geleistet. Sein Plan, diese Bürgschaft zur Wiedereinlösung von Schalksburg
zu verwenden, verwirklichte sich nicht; denn die Grafen von Württemberg
lösten 1405 ihre Schuld ein. Es war des Grafen Bestreben, Schalksburg, wie
er dies mit Haigerloch getan, wieder an das Haus Hohenzollem zu bringen.
Leider starb der tüchtige Regent, der zu den angesehensten Männern im Reiche
gehörte, schon zwei Jahre nachher. Auch seine Nachfolger hielten den
Gedanken der Wiedererwerbung fest. Vielleicht hätten sie die grosse Geldnot
Herzog Ulrichs besser ausnützen können. Herzog Christoph löste dann 1554
das Pfand wieder ein, nicht ohne dass seitens der Hohenzollem Schwierigkeiten
gemacht wurden. Oswald Gabelkover (1339 — 1616) sagt von der Schalksburg :
»Schalzburg, denGraven de Zollern«. Aber Württemberg bestand wiederum
auf seinem Schein, und so mussten die Hohenzollem, wenn auch schweren
Herzens, die Schalksburg wieder abtreten. Noch einmal erwog in der Folge-
zeit ein Hohenzoller, Ludwig, Fürst von Hohenzollem-Hechingen (1730 — 1750),
den Plan, Schalksburg wieder zu erwerben. Aber seine Hoffnung verwirklichte
sich nicht. Als dann 1866 die Württemberger für wenige Tage den Zoller
besetzten, Preussen aber Sieger blieb, da wurden auch Stimmen laut, die ver-
langten, Württemberg solle man jetzt die ganze Herrschaft Balingen mit der
Schalksburg abnehmen. Aber Preussen bewies sich als milder und weit-
schauender Sieger. Es wollte Württemberg für die Zukunft als Freund, nicht
als grollenden Besiegten an seiner Seite sehen. Schalksburg blieb in württem-
bergischem Besitz.
Die Schalksburg ist in der Reihe der Burgen des ehemaligen Scherragaus
eine der stärksten und mächtigsten gewesen. Das gewaltige Felsmassiv auf
welchem die Burganlage aufgebaut war, hängt nur durch einen schmalen, nach
beiden Seiten steil abfallenden Sattel mit dem Hauptgebirgszug zusammen. Die
Verteidigung des Zugangs beginnt an der äussersten nordöstlichen Spitze beim
Anschluss an den Sattel. Hier liegt der erste quer zur Angriffslinie gelegte
Felsgraben, gegen Westen durch eine Mauer verstärkt. (Reste noch sichtbar).
Etwa 60 m vom ersten entfernt ist der zweite und weiter 30 m westlich der
dritte Quergraben noch deutlich erkennbar. Vor und über dem dritten Einschnitt
liegt der starke quadratische Bergfried aus mächtigen Buckelquadem. Er hat
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eine Seitenlänge von 70 m, eine Mauerstärke v< n 2,6 m und eine Lichtweite
von 2.4 in. Der Hingang zun Turin lig gegen den Burghof. In der Nähe des
Turmes ist auch der Eingang zum Burginnern zu suchen. Westlich vom Turm
beginnt der ausgedehnte Burgring. Die Ringmauer, deren Zug sich noch ver-
folgen lässt, umfasste eine Grundfläche von etwa 3 Hektar. Die Ringmauer sass
hart auf der äusseren Felskante. In den ausspringenden Ecken auf der Nord-,
West- und Südseite lagen viereckige und runde Türme.
Von dem äussersten Rund-
lurm gegen Westen stehen noch
einige Mauerkörper 4 — 5 mhoch.
Der Turm hatte eine Lichtweite
von etwa 4 m und eine Mauer-
stärke von i,o m ; gegen Norden
ist noch eine Fensteröffnung
erkennbar. An der Südseite
senkt sich die Ringmauer einem
Einschnitt des Felsens folgend.
Hier steht die Ringmauer mit
mächtiger Quaderverkleidung
noch 4 — 3 m hoch, etwa 1,6 m
stark. An dieser Stelle ist noch
eine Türöffnung von etwa 1,6 m
Breite und 2 m Höhe vorhanden,
mit einem Halbkreisbogen über-
spannt, gegen das steil anstei-
gende Burginnere stark abge-
schrägt. Diese Öffnung wird
im Volksmund das Küchenlädle
genannt. Von den umfassenden
Gebäudeanlagen ist nichts mehr
erkennbar. Die Burgfläche, jetzt
ganz mit Wald bedeckt, ist nur
noch ein grosses Trümmerfeld.
Beim Verkauf der Schalksburg
1403 an Württemberg und der
Verpfändung 143S an die Rechberg wurde sie noch für ein wehrliches Haus
und für eine sonderliche feste Gelegenheit geachtet. Spätere Rechnungsakten
sprachen von den Toren, Brunnen, Zisternen, der Mahlmühle, die sich oben
befanden, den Mauern, die zu unterfangen waren, vom Turm und Torhäuslein,
von den Wallungen, der Bäckerei, von der Kapelle, und von dort befindlichen
Geschützen und Büchsen. Am 13. Dezember 1464 wurde die Burg im Auf-
trag des Grafen I Trich von Württemberg durch Graf Nikolas von Zollern
erobert und zerstört. Von dem Sohn des 1464 gefallenen Hans von Rechberg •
wiederaufgebaut, hat sie im 16. Jahrhundert schwer gelitten. Das Schloss ward
abgängig und baufällig. Die Baureparaturen werden wohl mangelhaft durch-
geführt worden sein. Im Jahr 1535 fiel ein Haus und ein Stück Mauer im
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innersten Teile ein: 1557 erfolgte der herzogliche (württ.) Befehl, die Häuser
abzubrechen und Holz und Ziegel zu verkaufen. Jedenfalls stand aber die
Burg noch 1 570, jedoch von einem Blitzstrahl schwer beschädigt. Die zimmerische
Chronik schreibt etwa 1 566 : »Wie wohl das Schloss Schnlzburg in einem grossen
Rufe gewesen, also dass auch die Städte und andere Stände daraus sind gekriegt
worden, soll es jetzund wie man sagt, gar im Abgang sein, denn wie das
gemein Geschrei, soll Herzog Christoph von Württemberg bei wenigen Jahren
allda gewesen und so viel an Raht bei den Kriegsverständigen erfunden haben,
dass es im Fall der Not nit zu erhalten. Und hat das Schloss gleichwohl eine
grosse Burghut und Unterhaltung jährlich gebraucht, welcher Beschwerd dem
Fürstentum damit abgeholfen.« Das Landbuch von 1014 sagt: «Schalksburg
ein alt abgegangenes Schloss, noch ziemlich viel Gemäuer, auch der Zwingei
und Graben darum zu sehen, dabei zehn Mannsmahd Wiesen und ein Viehwaid,
darauf man an die zwölf Stück Vieh halten kann.« Rings um die Schalksburg
erhob sich vom 12. — 15. Jahrhundert ein Kranz von Burgen, so zwei bei
Margrethausen, zw'ei auf dem Heersberg, eine auf dem Thierberg, eine auf dem
Hirschberg und eine auf dem Streichenerberg (Hundsrücken).
VERINGEN.
Wenn auch das Laucherttal an wild-romantischer Schönheit mit dem oberen
Donautal nicht wetteifern kann, so entbehrt es doch keineswegs vieler land-
schaftlicher Reize. Manche Punkte dieses Flusstales, dessen Wasserlauf nur
kurz, dafür aber stets wasserreich ist und sich guter Fische rühmen darf, w'eisen
malerische Reize auf. Das ist auch gerade bei Veringenstadt der Fall. Besonders
wenn man von Norden her kommt, fesselt die Landschaft das Auge in hohem
Masse. In weitem Bogen umfliesst der Fluss einen hochragenden Felsenvorsprung,
der sich oben in die Hochebene verflacht. Auf dem mächtigen Gestein, das
Wind und Wetter im Laufe der Jahrhunderte grau gefärbt, liegen Ruinen, deren
Ausdehnung und Mächtigkeit es deutlich aussprechen, dass hier einst ein
mächtiges Geschlecht seinen Sitz hatte. Es war in der Tat so reich und an-
gesehen, dass man mit dem Namen Veringen unwillkürlich auch an die Dynasten
denkt, die hier sassen. Und doch haben nicht sie Veringenstadt und Veringen-
dorf den Namen gegeben, vielmehr haben jene Edelinge von Altshausen, die
um 1130 Veringen erwarben, vom neuen Wohnsitz die Bezeichnung angenommen,
die man dann vielfach auf ihre Vorfahren die Grafen von Altshausen übertrug
und diese Grafen von Altshausen-Veringen hiess. So wird der berühmte Mönch
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Hermann der Gelähmte von der Reichenau, dessen Zeitgenossen ihn das Wunder
des Jahrhunderts nannten und dessen hinterlassene Werke heute noch nach fast
900 Jahren — er sagt von sich selbst, dass er am 18. Juli 1013 geboren sei —
sehr geschätzt sind, meist als ein Graf von Veringen aufgeführt, während er den
Vorfahren derselben, den Grafen von Altshausen, angehört. Die Ahnen der
Veringer sind insofern auch von Interesse, als sie zu den ersten Herren in
Schwaben gehören, die sich nach ihrem Wohnort einen Geschlechtsnamcn bei-
legten, und zwar tut dies Wolfrad, der schon 1004 de Altshusa genannt wird.
Abb. 5(1. Ansicht vun Veringenstadt im 1H. Jahrhundert.
Das Laucherttal und besonders die mittlere Gegend desselben, von
Veringen bis Gammertingen, wurde schon sehr früh bevölkert. Es ist erstaun-
lich, wie reich das Tal von Veringen bis zum Ursprung der Lauchert beim
Marktflecken Meldungen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit bewohnt war.
Kaum ein Ort in Hohenzollem weist so viele Funde auf wie Veringen-
stadt. Wenn auch noch keine neolithischen oder gar paläolithischen Artefakten
hier gefunden wurden, so kann man, angesichts des Umstandes, dass aus dem
benachbarten Hettingen und Gammertingen Steinwerkzeuge vorliegen und gerade
hier bei Veringenstadt sich geräumige Höhlen befinden, die Frühmenschen zur
Wohnung dienen konnten, kaum anders als annehmen, dass sich auch bei
Veringenstadt Zeugen jener Periode noch finden werden. Dagegen an Funde
aus der Bronzezeit bis zur alamannisch-fränkischen Periode hinauf ist Veringen-
stadt sehr reich. Es sind bei Veringenstadt nicht weniger als drei Nekropole
der Bronzezeit nachgewiesen. Ebenso ist die Hallstadtzeit reich vertreten.
Uralte, wahrscheinlich keltische Wege sind vorhanden. Auch führt eine Römer-
strasse durch das Tal. So steht eine Kulturepoche auf der Schulter der andern,
nicht aber um mit der römischen Zeit abzuschliessen.
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Die ganze Gegend ist echt schwäbisches Land. Das beweisen die Namen
der Ortschaften. Auch Veringen verdankt seinen Namen der Besiedelung des
Landes durch die Schwaben. Die Schreibweise ist beinahe stets dieselbe, jeden-
falls wenig abweichend, und zwar lautet es meist Veringen, wie es heute noch
geschrieben wird: 10,4—1:71 Veringin, 1181 Veringen, 1224 — 1-73 Feringen,
1216 Wcringen, später bis zur Neuzeit hinauf auch Vöhringen. Auch hier
wird, wie bei den meisten Ortsnamen auf ingen, auf einen Personennamen
zurückgegangen und zwar auf Faro. Fara bedeutet Sippe, Geschlecht, bei den
Langobarden auch Edelgeschlecht, und kommt in der Zusammensetzung mit
Faramund, der die Sippe Schützende, vor. Veringen ist somit die Gründung,
die Ansiedlung eines Faro und hiess ursprünglich Faringa. Damals und in der
nächsten Folgezeit gehörte es zum Burichinga-Gau, das ist der Gau der
Burichinger, der Nachkommen Burchos, und dieser Burichinga-Gau ist die
spatere Grafschaft Gammertingen. Wir dürfen uns nicht dadurch beirren lassen,
dass in der Folgezeit auch von einer Grafschaft Veringen die Rede ist. Das
kam daher, weil im 1 3. Jahrhundert ein Teil der Grafschaft Gammertingen und
insbesondere auch Gammertingen selbst abgetrennt wurde und dem Grafen
von Wringen zufiel, der seinen Bezirk Grafschaft Veringen benannte. Nach
den aussergewöhnlich reichen Funden, welche man in Gammertingen aus
Gräbern der alamannisch-fränkischen Zeit gemacht hat, möchte ich den Schluss
ziehen, dass damals der Hauptsitz des Gaues Burichinga im heutigen Gammer-
tingen zu mutmassen ist. Aber weder der Gründer von Gammertingen, der
Gamhart oder Gamrat oder auch Gamo geheissen haben muss, noch der von
Veringen, hat dem Gau den Namen gegeben. Die alten Grafen von Gammer-
tingen, die mit Vorliebe den Namen Arnold führten, starben gegen Ende des
12. Jahrhunderts aus. Die Grafschaft fiel an Bertold von Neifen. Von da ab
wird die nächste Geschichte der Grafschaft dunkel. Sie scheint zerfallen,
geteilt worden zu sein; denn, wie schon oben angedeutet, wir sehen im 13.
Jahrhundert, dass die Grafen von Veringen einen Teil besitzen, während der
grössere Teil später sich in württembergischem Besitze befindet.
Mit u 34 treten die Altshauser nunmehr an der Lauchert als Grafen von
Veringen auf und zwar ist es Graf Markward, der 1130 noch als Graf von
Altshausen vorkommt, dann 1 1 30 sich auch nach der Burg zu Veringen, Graf
von Veringen nennt. Es war ein hochangesehenes Dynastengeschlecht und
stand mit den mächtigsten Familien Schwabens in Verwandtschaft. Die zim-
merische Chronik weiss von ihrer hohen Herkunft vieles zu erzählen und nennt
sogar Herzog Burkhard von Schwaben einen Veringer. Wo immer die Hervor-
ragendsten unter den schwäbischen Edelgeschlechtem auftreten im Frieden, oder
Krieg, als Zeugen bei hochwichtigen Anlässen, im Gefolge der Kaiser, als
Stifter und Schenker, da finden wir auch die Veringer. Graf Wolfrad von
Veringen ist der Begründer der Stadt Isny 1171, nachdem seine Vorfahren,
Graf Wolfrad 1042 eine Pfarrei zu Isny gegründet und dessen Sohn Manegold
die Pfarrkirche zu einem Kloster erweiterte und 1096 Hirsauer Mönchen über-
gab. Ein Nachkomme des Begründers der Stadt Isny, Graf Wolfrad zog mit
König Konradin nach Italien. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er sich unter
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den Edelingen befand, die am 39. August 1208 zu Neapel mit dem letzten
Staufer das Haupt auf den Richtblock legen mussten.
Auch mit dem heiligen Ulrich, Bischof von Augsburg, waren die Grafen
von Veringen verwandt. Die Stadt Geringen verdankt, der zimmerischen
Chronik zufolge, dem grossen Bischof, der bei der furchtbaren Schlacht auf dem
Lechfelde <335, wo Otto der Grosse der Ungamnot für immer ein Ende machte,
so wesentliche Dienste leistete, eine ganz besondere Gnade, nämlich die, dass
es keine Ratten daselbst gebe. »Also sagt man, seie in etlich hundert jaren
kain ratz zu Veringen im stetlin an der Lachart nie gespurt werden; so auch
ein lebendiger ratz dahin gepracht oder ungeferdt (durch Zufall! dahin kom, so
starb er. Das soll sant Ulrich denen von Veringen, sagt man, umb Gott er-
worben haben, dann er von der muctter ein graf von Veringen, auch im stetle
zu Veringen soll geporen sein worden.«
Dass Bischof Ulrich dem Grafenhause
Altshausen verwandt war, ist zutreffend,
aber dass er zu Veringen geboren wurde,
ist nicht richtig. Im übrigen schrieb man
selbst der Erde vom Grabe des bl. Ulrich
Wunderkraft gegen Mäuse und Rattennot
zu und liess solche öfter von Augsburg
kommen, wie das auch Herr Gottfried
Wemher von Zimmern zu Messkirch um
1 3 18 tat — »aber es wollt nit thuen«, meldet
der Chronist.
Es ist nicht auffallend, dass Veringen
in alter Zeit zu manchem Über- und Aber-
glauben Stoff und Anlass hatte. Rund in
der Gemarkung umher finden sich allüberall
auf Äckern und Wiesen, in Waldungen und
üuu. uj.. cuvgei «es uraien » ourfta von 1 °
Veringen, des Begleiters Konradins von auf den Bergen die zahlreichen Spuren vor-
Schwaben nach Italien 1268. Umschrift: und frühgeschichtlicher Menschen. Und wie
8.' COMITIS. WOLFRAM. DE. VER- geneigt waren nicht unsere Voreltern mit
INGEN. 1VNI0KIS. solchen Orten wundersame Geschichten und
Sagen in Verbindung zu bringen ! Südwestlich
von der Kuppe des Bergrückens, den die ernst in das Tal herabschauenden, weit
ausgedehnten Ruinen der ehemaligen Grafenburg krönen, die sich an der Stelle
erheben, wo vor dem steinernen Burgbau höchst wahrscheinlich eine Volks-
burg bestand, befindet sich in fast unmittelbarem Anschlüssen an die Mauei reste
eine Nekropole längst dabin geschwundener Zeiten. Da begruben die Menschen
der vorgeschichtlichen Zeit ihre Toten. Steinhügel an Steinhügel legt Zeugnis
dafür ab, dass sich damals eine starke Ansiedlung hier befand und ihr reicher
Inhalt, heute zum grössten Teile eine Zierde der fürstlichen Altcrtumssammlimg
zu Sigmaringen, beweist, dass es keine armen Ansiedler waren ; denn in reichem
Waffenschmuck prunkten die Männer und mit glänzendem Schmuck aller Art
schmückten sich die Frauen.
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Cf?Q
TW
m
Da ist cs nicht zu verwundern, wenn in alten Zeiten wundersame Dinge
sich auf der Höhe ereigneten, Waffengeklirr erscholl und wildes Kampfgeschrei
die Schlafenden schreckte. Das ist die geeignete Gegend für den grausigen
Spuck des wilden Jägers, der mit furchtbarem Getöse im Wodansheere bei
Sturm und Nacht und Nebel durch die Lüfte saust.
Auf dem östlichen Bergrücken des Tales r ö ITV / 11 f i (Ti T fM*&
liegen ebenfalls viele Grabhügel. Hier habe, so .1 j 3 . .| . y ■ . d l
geht die Sage, ehemals ein Ort gestanden. Muote & JjllJiP W VoT rfjfjf Ä
nennen es die Leute, und der uralte Weg, der m &. ‘%jj‘ ^ % J Ä
vorn Ort hinaufführt, wurde bei Nachtzeit nicht -= ’% 'II P 2
gerne begangen, weil es dort oben geisterte. *— 1 * %JL A j! k*
Hier haben wir also eine deutliche Anspielung ggj f vP f Aj| _ S
auf das wilde Heer; denn Muoti ist der schwa-
bische Name für Wodan, und das wilde Heer . W "j iX I
wird Muotisheer genannt. K /, rf-'öl
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts ist der ILPV |“?j
Stern der Grafen von Veringen schon am Nieder- TJX fei
gehen. Beständige Streitigkeiten, Fehden, Kriegs- rr* /Je kV fei
züge und in Folge dessen schlechte Wirtschaft 5
brachten Jas einst so mächtige und reiche Haus Ä ' xv“ff |ä"
immer mehr dem Verfalle nahe. Auch mit dem gf j|]
Reichsoberhaupt Rudolf von Habsburg lagen sie 15? T '" 35
in olTenem Kriege. Wahrend 1368 noch ein ja ’ T-* I ££}
Veringer mit Konradin von Staufen geblutet hatte. "• 5
verschwört sich 1280 Heinrich, der sich damals «J
noch stolz von Gottes Gnaden, Graf von Veringen, JU
>dei gratia comes de veringen«, nannte, Rudolf JU ^ _ür Ä
von Habsburg zum Trotz, der ihm die Territorial-
Hoheit über die Grafschaft streitig machte, mit L - — , — ~~
o j - t, «u* 1. -r*- _ Abb. 52 . Grabstein des Grafen
emer Reihe anderer schwäbischer Grossen gegen „ . . ,
, j Heinrich von Veringen lSöo. Lin*
das Reichsoberhaupt, *wie sie ihn mochtend ver- . ... VA , vvt . A%s 4lloI
. , , . i .. , schritt : VIII. KALhMJAfc. APRI-
trieben oder erslahen«. Also auf Sturz und Mord us AA(J 1H)MLN1 mccclxvi.
des Königs war es abgesehen. Aber es bekam (>UUT C uMES. HAINKICVS.
dem Veringer schlecht. Graf Albert von Hohen- VERINOEN.
berg (s. Haigerloch und Hohenberg), der Schwager
Rudolfs, zog gegen den wilden Grafen Eberhard von Württemberg, und da
Heinrich dem Bundesgenossen zu Hülfe kommen und dazu rüsten musste, war
er gezwungen, Besitzungen zu verkaufen. Doch es ist bezeichnend für jene
Zeit, dass Heinrich in demselben Jahre in Gegenwart einer grösseren Anzahl
schwäbischer Edelinge, die sich auf einer Hochzeit vergnügten, dem Kloster
Habstal ein Lehengut zu Herbertingen schenkte.
Die Grafen hatten so abgewirtschaftet, dass sie ta>>i König Rudolf gegen-
über auf alle Rechte an der Grafschaft Veringen verzichteten, die in die Hände
der Söhne des Königs übergingen. Es scheint, dass die Burg Veringen, welche
im Gegensatz zu Neu- Veringen bei Riedlingen und Unter-Veringen - Veringen-
dorf, Alt-Veringcn genannt wird, schon unter Graf Heinrich dem Älteren
iuBSUirai
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(7 nach 1282) an den Grafen von Württemberg gekommen, dann aber wieder
frei geworden war. Graf Heinrich hatte sich zu Wringen unmöglich gemacht.
Einesteils besass er daselbst nur noch wenige Gerechtsame und anderenteils
bedrohte er die Veringer mit Mord und Brand. Sie wandten sich Schutz suchend
an König Rudolf, der ihnen Schutz gewahrte und ihnen am it. Oktober 1285
einen Wochenmarkt, auf jeden Dienstag abzuhalten, bewilligte.
Im Jahre 131^ gelangte Graf Wolfrad von Vertilgen noch einmal in einen
Teil seiner ehemaligen Veringer Besitzungen, indem ihm König Friedrich und
dessen Brüder Burg, Stadt und Dorf Veringen u. a. m. verpfänden. Aber der
Ruin des Hauses konnte nicht mehr aufgehalten werden. Schon 1144 sieht
sich Graf Heinrich gezwungen, die Grafschaft Veringen, soweit sie ihm von
Österreich als Pfand versetzt ist, an Graf Eberhard und Ulrich von Württem-
berg zu verkaufen. Immer wieder machen sie sich auch Gewalttätigkeiten
schuldig. So müssen 1326 Graf Wolfrad und Graf Heinrich geloben, mit den
Bürgern zu Veringen im Frieden zu leben, sie nicht zu schlagen noch zu stossen,
nicht abzufangen, nicht zu brandschatzen, nicht zu verlrtumden und zu keinen
Diensten zu zwingen, wozu sie kein Recht hätten. Zehn Jahre später sind die
Beiden im Kirchenbann und vom Besuch der Kirche ausgeschlossen, weil sie
das Kloster Reichenau geschädigt haben.
Aber das einst so mächtige Geschlecht besass immer noch zu viel
Ansehen und hatte durch seine ehelichen Verbindungen mit den edelsten Familien
Schwabens zu starken Rückhalt, als dass es rasch zu Grunde gegangen wäre.
Noch Jahrzente schleppen die Grafen ein Scheinleben mit ritterlichem Glanze
hin, wenn auch rettungslos dem Siechtum verfallen. »Durch grossen Unfall und
unsorgsams liederlichs hausen neben einem grossen bracht (Pracht) sein sie
nach und nach umb alle ihre güeter kommen und in aine solche armut geraten,
dass man sagt, die letzten grafen von Veringen haben die settl ab den rossen
verkauft«. So die zimmerische Chronik. Im Jahre 1415 stirbt der letzte Graf
von Veringen, Graf Wölflin, und zwar, wie es heisst, zu Saulgau. Arm und
unrühmlich, ein müder Greis schied er aus dem Leben, üb man seine Leiche,
wie Gabelkover berichtet, in der Kirche zu Hettingen, wo verschiedene seiner
Vorfahren, die viel für das »Stift« getan, eine Ruhestätte gewühlte, meldet kein
Gedenkstein. Das Glück w r ar dem letzten Veringer nicht hold, sonst hätte es
ihm, dem Sprosse eines ritterlichen Geschlechtes, den Tod auf dem Schlachtfeld
nicht vorenthalten. Graf Wölflin befand sich nämlich mit Herzog Leopold von
Österreich in der Schlacht bei Sempach, die dem Herzog und so vielen hoch-
angesehenen Edelingen das Leben kostete. Craf Wölflin kehrte mit den Ge-
schlagenen zurück. Wäre der letzte Veringer in der Schlacht gefallen, so würde das
ein würdigerer Abschluss gewiesen sein. — Die fernere Geschichte der Graftschaft
Veringen deckt sich bald mit der der Grafschaft Sigmaringen. Nicht lange
blieb Veringen im Besitz Württembergs. Im Jahre 1399 tritt Graf Eberhard von
Württemberg die Grafschaft Veringen, »als das unser Pfand ist von der Herr-
schaft zu Oesterreich« an den Grafen Eberhard von Werdenberg ab. Mit der
Grafschaft Sigmaringen kam die Grafschaft 1533 nach dem Aussterben der
Werdenberger an das Haus Hohenzollern und hiermit auch zu Frieden und
Ruhe.
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Das Wappen der Grafschaft: drei rote Hirschstangen in goldenem Felde
ist das uralte Wappen der Grafen von Veringen. Nun hat es im Gesamt-
wappen der Hohenzollem, die sich in
ihrem vollen Titel auch »Grafen von
Veringen« nennen, seinen Ehrenplatz ge-
funden für alle Zeiten.
Nördlich der Stadt auf einem Berg-
rücken liegen die namhaften Überreste
der einstigen mächtigen Burg. Ein steiler
Staffelweg und schmaler Fahrweg führen
nach kurzem Aufstieg zum Burgeingang.
Die Veste bestand aus einer Vorburg und
der eigentlichen Burg. Die Burg selbst
mit einer Ringmauer von 3 m Stärke um-
fasste eine Grundfläche von 55 m Länge
und 100 m Breite. Das Eingangstor, jetzt
noch erhalten, liegt auf der Westseite;
ein Rundbogentor aus Buckelquadem,
innen mit einem flachen Gewölbe aus
schön gefügten Bossenquadern abgedeckt.
Die Verschlussvorrichtung des Tores so-
wie der Schlitz für das Fallgitter sind
noch vorhanden. Innerhalb des eigent-
lichen Burgberings lag der Palas, der
mächtige Bergfned und die Burgkapelle,
auch Peterskapelle genannt. Der Palas ist nicht mehr vorhanden, ist aber in
Abb. 53. Eingangstor zur Burg.
der nordwestlichen Ecke des Burgberings zu suchen,
quadratische Berg- ^
fried von 15 m Seiten- | 1 1
länge und 9 m inne-
rer Lichtweite steht
nur als Stumpf etwa
10 — 1 1 m hoch, seiner
einst so schönen,
kräftigen Quader-
verkleidung nach drei
Seiten vollständig
beraubt Der Ein-
gang lag auf der Süd-
seite etwa 6 m über
dem Burghof. Seinen
Grundabmessungen
entsprechend mag
der starke Turm
3 — 4 Stockwerke
und eine
Der einst so mächtige
T *£ t 10
Abb. 54. Grundplan der Burg.
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\
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Höhe von 20 2 \ in gehabt haben. Er beherrschte durch seine Stellung
(in der nördlichen Ringmauer) undse'ne Stärke nicht nur die nächste Umgebung,
sondern auch die sich nach verschiedenen Seiten hm öffnenden Taler
mit den sie umrahmenden Höhenzügen. Seine Wirkung muss eindrucksvoll
gewesen sein. Etwa 1 s m vom Bergfried entfernt zieht sich die Ringmauer
von der Nordnchtung unter rechtem Winkel, die nordöstlich vorliegende Feld-
zunge, Gassenberg genannt, freiiassend, östlich auf etwa S5 m Lange am Berg-
hang hin und schliesst in spitzem Winkel abbieger.d auf der Südseite am Burg-
tor wieder an. Der östliche i.nd südliche Teil der Ringmauer fehlt. Die Burg-
kapelle, ein
kleiner,
ursprünglich
romanischer
Bau mit halb-
runder Absis
ist noch vor-
handen. Ein
schachtartiges
Gemäuer rechts
an der Auffahrt
zum inneren
Burghof lässt
auf den Brunnen
schliessen.
Die Yorburg
liegt gegen
Westen und ist
gegen Norden durch eine auf Felsen ruhende Ringmauer abgeschlossen. Inner-
halb dieser Vorburg lagen verschiedene Gebäulichkeiten, worauf die
Fundamentreste und die noch sichtbaren Balkenlöcher in der Ringmauer hin-
weisen. Die nördliche Ringmauer zieht sich von der Hauptburg ab in einer
Länge von etwa us m gegen das obere Tor am alten Weg nach Harthausen, wo
einst ein Torturm stand. Von diesem Torturm und andererseits von der süd-
lichsten Ecke des Burgberings der Hauptburg ziehen sich abgetreppte Flügel-
mauern gegen die beiden llaupttore des Städtchens, das «Sigmaringertor* und
das »Gassentor*, hinab, die einst mit Türmen befestigt waren.
Das Städtchen selbst war durch die es im Halbkreis umtliessende Lauchert
und eine davor liegende Mauer gesichert.
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ACHBERG.
Hohenzollem besitzt zwei ehemalige Deutsch-Ritter Ordens-Sitze : Achberg
und Hohenfels. Diese beiden Burgen, welche dank dem Umstande, dass sie
bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts von dem geistlichen Ritterorden bewohnt
wurden, noch gut erhalten sind, sodass man sie beziehen könnte, ragen unter
den hohenzollerischen Burgsitzen durch ihre hohe landschaftliche Schönheit her-
vor. Das ist ganz besonders bei Achberg der Fall. Durch seine Lage unweit
der Alpen, nur n Kilometer vom Bodensee (Lindau) entfernt, wurde es der
südlichste Punkt der preussischen Monarchie. Die Exklave Achberg, von Bayern
und Württemberg eingeschlossen, ist ein Besitztum von 129t Hektar mit etwa
670 Einwohnern, die in einem Gelände wohnen, das in seiner malerischen
Abwechslung von fruchtbaren Feldern, rauschenden Wäldern, grünen Bergen
und dem fischreichen Flüsschen, der Argen, einem grossen Parke gleicht.
König Friedrich Wilhelm IV. war von Achberg so entzückt, dass er den Plan
gefasst hatte, auf dem Königsbühl, den er 185b bestiegen, ein Sommerschloss
zu errichten. Eine Linde bezeichnet die Stelle, wo der Monarch damals die
herrliche Rundschau genoss. Der Schlossbau zerschlug sich jedoch.
Ahh. ftü. Schloss Aihb*rg.
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6o
Das Schloss Achberg liegt auf einem Bergrücken, der nach einer Seite jäh
bis zum Bett der Argen abfällt, die in einer Tiefe von 66 Meter am Fusse des
Berges dem Bodensce zurauscht.
Wo sich heute das
Deutsch -Ri tter-Ordens-
Schloss erhebt, stand
schon früher eine Burg,
die 1335 zuerst erwähnt,
wird. Doch gehen wir
keineswegs fehl, wenn
wir eine Burg hier schon
im 12. Jahrhundert an-
nehmen. Im Jahre 1194
wird nämlich zuerst ein
Konrad von Achberg
(Ahperg) erwähnt, der
freiherrlichen
Geschlechtes gewesen
sein muss, da seine
Tochter 1227 nobilis
femina genannt wird.
Ob dieses Geschlecht
ausstarb, lässt sich nicht
sagen, doch finden wir
Achberg im 13. Jahr-
hundert in Besitz der
Grafen von Bregenz.
Von diesen gelangte
Achberg, wenigstens
teilweise, an die Grafen
von Montfort und von
diesen kam der Besitz an
die Waldburg. Im Jahre
133, verkauft Johannes,
Truchsess von Wald-
burg, dem Schelklin
von Molbrechtshausen
(später Molpertshausen) und dessen Bruder Johannes die Burg Achberg mit
aller Zubehör um 600 Pfund Pfennige. Von da an tritt Achberg immer als
österreichisches Lehen auf. Im Jahre 1352 kam Achberg an die Öder von
Achberg, 1392 an Salesia Schelklin, eine Öder und Ehefrau Albrechts von
Königseck. Hans Dyonisius von Königseck verkaufte 1530 Achberg an Ulrich
von Sürgenstein um 7000 Gulden. Friedrich von Sürgenstein verkaufte dann
1691 ganz Achberg, wozu auch die Dörfer Esseratsweiler, Siberatsweiler und
Doberatsweiler gehörten, um 64000 Gulden an den Deutsch-Ritter-Ordens-
Komtur Franz Benedikt von Baden zu Altshausen. Hierdurch wurde Achberg
Alib. 57. (ilockentürmchen mit äusserem Tor.
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6i
eine Kommende der Landkomturei Altshausen, Balley Eisass und Burgund. Als
Abb. j>8. Der Prunksaal.
Altshausen 1806 säkularisiert wurde, fiel Achberg an das fürstliche Haus Hohen-
zollern ‘ pjL
Sigmaringen / \j 7 \ / .} lOr^VI
zur Ent- —
Schädigung
für dessen in
den Nieder-
landen ver-
lorenen
Besitzungen.
Von da an
bildete es bis
zum Über-
gang der
hohenzolleri-
schen Lande
an Preussen
ein Ober-
vogteiamt.
j!Dm-
Abb. 59. Grundiiss vom 1. Obergeschoss.
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6a
Jetzt gehört es zum Oberamtsbezirk Sigmaringen; das Schloss ist fürstliches
Eigentum. —
Das jetzige
Schloss, an
Stelle der
früheren
1335 erstmals
erwähnten
Burg
errichtet,
enthält in den
unteren
Mauerteilen
der Ostseite
noch Reste
der alten
Burganlage.
Alk I'II. (I rum] riss vom - Obergeschoss. Der Bau
wurde von
Franz Benedikt von
Baden in den neunziger
Jahren des siebzehnten
Jahrhunderts begonnen
und 1700 beendigt. Der
einfache dreistöckige
Bau mit hohem Giebel-
dach liegt nahe der
Argen auf einem nach
3 Seiten steil abfallenden
Bergrücken. Der Ein-
gang führt von Osten
her durch das äussere
Tor an einem Rundturm
(jetzt Glockenturm) vor-
bei über einen kleinen
Vorhof durch das mit
Halbsäulen und Wap-
pentafeln geschmückte
Hauptportal (s. Abb. 6a)
und die überbaute Auf-
fahrt zur inneren Halle.
An dieser Halle liegen
gegen Westen die
Schlossküche und
sonstige Nebenräume,
darunter der Schloss-
Abi». til. Innere tfaalansicbt.
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63
keller und die einfache zweiarmige Schlosstreppe. In den oberen Stockwerken
trennt die einzelnen Schlossräume ein von Ost nach West führender Mittelgang.
Der Hauptsaal liegt im zweiten Obergeschoss und nimmt die ganze Breite des
westlichen Flügels ein. Kr hat eine reichverzierte Stuckdecke. Auch die
sonstigen Schlossräume zeigen Decken, teils mit bildlichen Darstellungen, in
Stuck geschmückt. Im Mittelgang des zweiten Obergeschosses sind an der
Decke Medaillons mit den
Wappen verschiedener Deutsch-
ordensherren angebracht. Im
ersten Medaillon von Osten
her ist das Wappen des Käufers
der Herrschaft mit der Um-
schrift: Fran. Bened. Freyherr
v. Baaden. Röm. Kays. Mag.
Rath. Land. Com. der. Bai.
Eisass. und Burgund. Com. zu
Altshausen. T. O. R. Käufer
dieser Herrschaft und Auf-
erbauer dieses Hauses. Anno
1700. Im ersten Obergeschoss
ist eine kleine Hauskapelle mit
einem Ölbild : heiliger Johannes
Evang. mit der Aufschrift:
Phil. Alb. Zehender pinxit 1700.
Über dem rundbogigen Haupt-
portal ein von Wappentieren
(Löwen) gehaltenes dreifaches
Wappen. Im rechten unteren
Schild das jX Kreuz des deut-
schen Ritterordens. Im linken
unteren gevierteten Schild in 1
und 4 dasselbe Kreuz, in 1 und
3 das Familien wappen des Franz
Benedikt von Baden (vergl.
Hohenfels : Zehntscheuer,
Wappentafel), ein von Silber
und Schwarz in vier Reihen
geschachteter Schild. Im dritten
(oberen) Schild das Wappen der Hochmeister des deutschen Ritterordens,
schwarzes Kreuz in S., belegt mit einem s. in goldenen Lilien endenden Kreuze
und dieses nochmals belegt mit einem Mittelschild, worin m G. ein schwarzer
Adler (seit 148g so geführt). Unter den drei Wappen die Inschrift: F. B. V.
B. D. R. K. M. R. L. D. B. E. V. B. C. Z. A. T. O. R. Käufer dieser Herr-
schaft Achberg anno 1693.
Über dem Wappenfeld in einer Muschelnische eine Madonna mit dem
Jesuskind.
Abb. 62. Hauptportal.
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6 4
Abb. 68. Innere Saalansicht.
Rechts vom Toreingang im kleinen Vorhof liegt das Amtshaus, fiskalisches
Eigentum, ohne architektonisches Interesse. Nahe heim Schlosse in östlicher
Richtung befindet sich die fürstliche Domäne, der sog. Kameralhof, auch Bau-
hof genannt. Am Wohnhaus und der Scheuer sind Wappentafeln mit dem
Wappen des obenerwähnten Komthurs und der Jahreszahl 1693 angebracht
BITTF.LSCHIESS
siehe bei Hornstein.
BUBENHOFEN.
Das Geschlecht der Herren von Bubenhofen war ein ausserordentlich ver-
zweigtes. Träger dieses Namens begegnen uns in vielen Gegenden Süddeutsch-
lands. Ihre Stammburg stand bei Deisslingen im württembergischen Oberamte
Rottweil. Im 14. und 15. Jahrhundert erwarben sie viele Besitzungen, auch im
heutigen Hohenzollem, wie Gammertingen u. a. m. Über die Burg in Grossel-
fingen ist sehr wenig bekannt, jedenfalls spielte sie keine besondere Rolle. —
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J
*5
Am südwestlichen Ende des Ortes liegen auf einem nach drei Seiten steil
abfallenden Felshügel wenige Reste der Burg. An deren Fuss befand sich
einst ein grosser Weiher, dessen Staudämme noch sichtbar sind. Die Ring-
mauer war auf die Hügelkante gesetzt und folgte dem Laufe des Felsens. Auf
der äussersten westlichen Spitze stand ein kleines Tor, welches zum Weiher
führte. Das Wohnhaus lag gegen Süden; am südlichen Ende des jetzigen Schaf-
stalls sind Reste eines Rundturmes erkennbar. Der Haupteingang befand sich
gegen Osten dem Orte zu. Dort wie auch auf der Nord- und Westseite fehlt
die Ringmauer. Die massive Scheidewand zwischen Schafstall und Zehntscheuer
ist als ein Teil der Ringmauer anzusehen. Demnach war die älteste Burganlage
von kleiner Ausdehnung und vier oder fünfeckiger Grundform. Später hat die
Burg gegen Nordosten, dem Hügelrand folgend, Erweiterung erfahren Dort
liegt noch ein Gebäude mit grosser Kelleranlage. Etwa 600 m in nordwest-
licher Richtung jenseits des Talbachs hegt die Quellstube für den ehemaligen
Schlossbrunnen, an welchem das Wappen der Herren von Bubenhofen noch
vorhanden ist. Die Quelle speist jetzt noch einige Brunnen des Pfarrdorfes.
Oberhalb des Dorfes lag einst ein zweiter Weiher, von dem auch
Dämme sichtbar sind. Dieser stand mit dem untern Weiher in Verbindung.
Die Flurnamen der dortigen Wiesen heissen noch »Oberer Weiher« und »Unterer
Weiher«. Nahe der Burg am Reichbrunnenbach lag die Mühle.
seiten abgemndeten Flügel-
Abb. 64 . Nördliche Ansicht des ehemaligen Jngdschlösschens. bauten. Am nördlichen
BURLADINGEN.
In dem Marktflecken
Burladingen baute sich
Bischof Friedrich von Augs-
burg, ein Sohn des Wieder-
erbauers der Burg Zollern
Jos Niklas I. im Jahre 1485
ein Jagdschlösschen, das
1670 und 1736 erneuert
wurde, 1886 teilweise ab-
brannte. Das Schlösschen
ist von quadratischer Grund-
form mit vier weit vor-
springenden, an den Stirn-
/
5
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66
AM». Cbersiclitsplnn.
Flügelbau, der Kirche zu, lag das Ein-
fahrtstor in die untere Halle. Das Schlöss-
chen stand einst inmitten eines geräumigen
Gartens, der von einer teilweise noch
vorhandenen Unifriedigungsrnauer ern-
geschlossen war und auf der Südseite
hart an das kleine Flüsschen Fehla stiess.
In der nördlichen Umfriedigungsmauer
soll ein Torturm mit Plattform, zugleich
Glockenturm, gestanden sein, der in den
sechziger Jahren des neunzehnten Jahr-
hunderts abgebrochen wurde. Ziemlich
erhalten ist noch der östliche und süd-
liche Flügel des Schlösschens, sonst ist
alles umgebaut (jetzt Brauerei).
DETTENSEE.
An der Nordgrenze HohenzoUcms liegt das Pfarrdorf Dettensec, das in
den Rahmen unserer Besprechung gehört, wenn es auch trotz seines hohen
Alters, keine mittelalterliche Burg besitzt und auch kein Ortsadel aus früherer
Zeit nachgewiesen werden kann. Gleichwohl ist Dettensee uralt; denn schon
$16 schenkt ein Perahtlant dem Kloster St Gallen alle seine Besitzungen in villa
Tatinse nuncupata, in dem Dettensee genannten Weiler. Es ist ein echt mittel-
alterlicher Akt, der hier vorgeht. Perahtlant macht die Schenkung durch die
Hand eines Zwischenmannes (seines Vogtes) zum Heile seiner Seele, wogegen
er sich im Kloster bis zu seinem Tode Nahrung und Wohnung (nutrimentum
et aptum eonservandi locum) ausbedingt. Es ist also eine im modernen Sinne
ausgedrückte Leibrente- Versicherung. Bei der Handlung, die zweifellos mit den
damals gebräuchlichen sinnigen Symbolen vorgenommen wurde, waren anwesend:
der Schenker, sein Vogt und eine Reihe von Zeugen, deren Namen recht
charakteristisch sind; Anzo, Nandger, Otpert, Adaihart, Wolfger, Sigimar, Wolfho,
Adalho, Witliert, Thiotpert, Namen, die alle eine Bedeutung haben.
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(■7
Das Kloster St. Gallen verkaufte Dettensee später an die Grafen von
Nellenburg. Bei diesen blieb es bis zum Aussterben der Besitzer, worauf Graf
Christoph von Hohenzollem-Haigerloch Dorf und Schloss Dettensee 1595
erwarb. Schon im folgenden Jahre kam Dorf und Schloss unter Vorbehalt des
Wiederkaufrechtes an Wildhans von Neuneck, und von diesem kauften es die
Brüder Johann Christoph und Karl von Hohenzollem-Haigerloch 1620 zurück.
Graf Karl hatte Dettensee seiner Gemahlin Rosamunde, Gräfin von Ortenburg,
als Morgengabe verschrieben, von der es nach dem Tode des Grafen Karl an
ihren dritten Ehegatten Freiherr Keller von Schlaitheim kam, indem Fürst Meinrad I.
von Hohenzollem-Sigmaringen Dorf und Schloss dem Genannten um 25363
Gulden abtrat. Dieser verkaufte beides an den Fürsten Franz Anton von
Portia, doch wurde dieser Kauf nicht dauernd vollkommen; denn 1715 tritt
Keller von Schlaitheim Dettensee um 31200 Gulden mit allem Zubehör an das
Stift Muri ab, von dem es 1803 wieder an das Haus Hohenzollem-Sigmaringen
fiel (s. Glatt). Jetzt gehört Dettensee zum preussischen .Oberamt Haigerloch.
Von dem früheren Schlosse, das Dompropst Graf Christoph Ladislaus
(-}• 1591) erbaute, wurde der Hauptbau zu Anfang des 19. Jahrhunderts abge-
brochen. —
Es war eine mit hoher Mauer umfriedigte Schlossanlage in rechteckiger
Grundform von etwa 60 m Länge und 50 m Breite und lag am nordöstlichen
Ende des Pfarrdorfes. An den vier Ecken befanden sich Rundtürme, von
denen der südöstliche noch erhalten ist Der Hauptzugang zum Schlosshof lag
auf der Nordostecke nahe dem Rundturm. Das rundbogige Einfahrtstor ist
noch vorhanden. Innerhalb des Schlosshofes lagen ausser dem eigentlichen
Schloss, das Beamtenhaus (Vogthaus) und
die Zehntscheuer. Das ehemalige Schloss,
das gegen Osten hart an die Ringmauer
stiess, war ein Bau von etwa 25 m Länge
und 20 m Breite. Der Eingang lag auf der
Nordseite, in der nordöstlichen Ecke befand
sich ein Treppenturm. Die Schlosskeller
sind noch vorhanden. Das noch bestehende
Beamtenhaus ist an die südliche Ringmauer
migelehnt; es zeigt steinerne, geschweifte
Giebel und mag in der zweiten Hälfte des
siebenzehnten Jahrhunderts entstanden sein.
Neben dem Beamtenhaus liegt ein zweites
Tor, das über eine Brücke und den Graben
zum Schlossgarten führte. Die grosse Zehnt-
Abb. 66. Schloss Dettensee (Grundriss), scheuer liegt auf der Westseite. Das Schloss
war von einem Graben umgeben und ist
als ein Wasserschloss anzusehen, zu dessen Umwässerung wohl die in der
Nähe liegenden Weiher dienten.
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63
DIESSEN'.
F.s gibt kaum einen Ort in Hohenzollem, der einen so ausgesprochenen
Schwarzwald-Charakter besitzt, wie Diessen: enges Tal, dunkle Tannenwaldung
und lustig rauschender, von Stein zu Stein springender Bach. Das Tal führt
den bezeichnenden Namen : Fischbachtal. Diessen ist ein alter Ort und wird
schon 1082 genannt. Sein Name hat im Laufe der Zeiten wenig Änderungen
erfahren. Es heisst 1082 Tiezzo, 1370 Dyssen und dann stets Diesen und Diessen.
Es leitet seine Bezeichnung von dem althochdeutschen diuzan = rauschen ab, mit-
hin eine Stelle, wo Wasser besonders stark rauscht, was hier zutrifft
Diessen hat schon in früher Zeit Ortsadel besessen, der aber nicht lange
in Besitz der Burg und der zugehörigen Güter blieb; denn wir treffen zu An-
fang des 14. Jahrhunderts mehrere adelige Besitzer zu Diessen. Neben den
ursprünglichen Herren von Diessen — 1334 wird noch Ulrich der Diesser
genannt und 1338 Wolf der Diesser — befinden sich auch die Herren von Ow
und die Mülwer von Steinhülwen (Schenkenzell), zu denen bald noch die von
Neuneck als Besitzer kamen.
Unserem Diessen ging sogar noch
ein Altdiessen voraus. Spärliche Reste
einer Burg liegen in der Nähe vom
Fischbachtal im Engental, früher Ingen-
stall genannt. Es ist ja eine häufige
Erscheinung, dass sich im Mittelalter
verschiedene Herren in den Besitz ein
und derselben, nicht einmal grossen
Burg teilen. Das ist bei Diessen auch
der Fall, was sich daraus erklärt, dass
jedes Besitztum, mochte es noch so
klein sein, eigen oder Pfandschaft, fort-
während als Pfand versetzt wurde, um
Geld zu machen, Schulden zu decken,
oder als Bürgschaft zu dienen. So
finden wir 1372 llug von Talheim,
Albrecht von Ow und Dietrich den
Hülwer als Besitzer von Diessen, und
dabei war die Burg Lehen der Herren
von Geroldseck, die im Neckartal ihren
Wohnsitz hatten. Am 23. Juni verkauft
Hermann von Ow seinen Anteil an
der Burg Diessen, »wie er mit Graben
und Mauern versehen ist«, dem Geryen
(Jörg) von Neuneck.
Bald darauf eroberte Graf Eberhard von Württemberg die Burg, musste
sich aber I3 *k> wegen des angerichteten Schadens mit Hans von Ow (der also
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auch noch dort sass) vergleichen und desgleichen 1401 mit Markgraf Bernhard
von Baden, der in die Hechle der Geroldsecker eingetreten war, allerdings nur
vorübergehend. Die Sache lag so: Georg von Neuneck zu Diessen war
oberster Hauptmann des Schleglerbundes. Deshalb nahmen die Württemberger
u. a. auch Diessen ein. Da aber Hans von Ow und Dietrich Htihver Mit-
besitzer von Diessen waren, beanspruchte von Ow Schadenersatz, und Baden
ebenfalls.
Im Jahre 1464 leiht Jörg von Geroldseck dem Hans von Neuncck ein und
ein halbes Drittel der Burg und des Burgrechtes, wahrlich ein recht verzwicktes
Besitzverhältnis. Achtzehn Jahre spater verkaufen die Brüder Eberhard und
Hans von Ow dem Ritter von Neuneck ihren ererbten Teil an dem Burgstall
Diessen, als Lehen von Geroldseck. Aber in demselben Jahre wird es auch
wieder Schloss genannt.
Nicht nur der Württemberger Graf Eberhard belästigte Diessen, auch die
Uberlinger zogen am 31. Oktober 1438 mit 200 Mann und 30 Pferden gegen
Diessen, von wo sie Jorg von Neuneck vertrieb. Bittere Feindschaft, die an
der Tagesordnung war zwischen Reichsstädten und Adel, machen einen solchen,
für jene Zeit weiten Zug, der durch eine Reihe anderer Gebiete führte,
begreiflich. Cnd als 1514 die Bewegung des Armen Konrad ganz Schwaben
ergriff, da zogen aufrührerische Bauern auch gegen Diessen, das 1401 wieder
durch Bauten ausgebessert worden. Abermals litt Diessen 1323 durch die Bauern
im Bauernkriege, die es eroberten und schädigten.
Im Jahre 1400
liehen die von Gerolds-
eck Diessen dem Burk-
hard von Ehingen und
1 550 an die von Wer-
nau, von denen es erb-
weise an die Schenk
von Stauffenburg fiel,
die dann 170S Diessen
mit allem Zubehör an
das Kloster Muri
verkauften is. Glatt).
Diessen bildete nun
einen Bestandteil der Klosterherrschaft Muri bis 1803, wo dieselbe an Jas
Haus Hohenzollem-Sigmaringen fiel. Heute gehört Diessen zum preussischen
Oberamt Haigerloch.
Der Burgweg führt von Osten her nach kurzem Anstieg am Ringgraben
vorbei längs der hohen östlichen Ringmauer (s. unten) zum Burgtor. Das Tor
zeigt Spitzbogen, doppelten Torverschluss und Torhäuschen, das Ganze einst Tor-
tum. In der Toreinfahrt ist eine Seitenpforte mit der Jahreszahl 1364. Durch
das Tor tritt man in den kleinen Burghof, der nördlich von einem Wirtschafts-
gebäude, darunter Schlosskeller, südlich von einer aus TulTsteinquadem herge-
stellten Stützmauer begrenzt wird. Am westlichen Eingang des Wirtschaftsgebäudes
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befindet sich die Jahreszahl 176S. Vom westlichen Ende des Hofes führt der
Aufgang zum Wohnhaus. Das Eingangstor liegt auf der Ostseite, es ist ein Bogentor,
jetzt zur Hälfte verschüttet; die alte Verschlussvorrichtung, sowie eine Schiess-
schartenöffnung ist noch sichtbar. Über
dem Tor ist in rechteckiger Umrahmung
das ehingensche Wappen von einem heiL
Christophorus gehalten ; dabei die Inschnft
Junker Hans von Ehingen 1555; am
Wappen ein Steinmetzzeichen. Der Palas
ist grösstenteils zerstört, die nördliche
Aussenwand fehlt ganz, von der südlichen
Langseite stehen noch Reste; die östliche
Giebelseite ist noch mit einem Teil des
Giebeldrciecks, die westliche Seite auf
etwa 5 m Höhe erhalten. Die westliche
Mauer ist starker (3 m) als die übrigen
Einfassungsmauern (1,70 m) und diente
zugleich als Mantelmauer zum starkem
Schutz gegen die Bergseite. Dieser Mantel-
mauer ist gegen Westen und Süden ein
Graben vorgelegt, nach den übrigen
Seiten fällt der Hang steil ab. Die
Mantelmauer ist dem ursprünglichen Bau zuzuschreiben.
Auf der Süd- und Ostseite sind noch Reste von grossen zwei- und drei-
teiligen Fenstern aus roten Buntsandsteinen mit profilierten Gewänden ersichtlich.
Auch sind mehrfach Steinmetzzeichen an diesen erkenntlich. Die Umfassungs-
mauern sind im Kern aus Muschelkalksteinen hergestellt mit grossen Verkleidungs-
quadem aus Tuffsteinen und Eckquadem aus roten Buntsandsteinen; Bausteine,
die sich jetzt noch in dortiger Gegend vorfinden. Auf der Ostseite ist dem
Hauptbau ein kleiner Vorhof vorgelegt, an dessen Nordostecke ein kleiner
Rundturm anschloss. Diesem Hof liegt weiter östlich etwa 5 m tiefer ein
grösserer Zwinger vor, der mit einem Wehrgang mit Schiessscharten abge-
schlossen ist Der Zwinger wird durch steinerne weit vorspringende Wasser-
speier entwässert. Zwischen dem Torhaus und dem kleinen Rundturm war
der Zwinger durch eine Mauer abgeschlossen. Der Ansatz der Mauer ist am
Rundturm noch ersichtlich. Die äussere Ringmauer ist aus mächtigen, schön
gefügten TufTsteinquadem hergestellt und führt in einer Höhe von 7 — 8 m vom
Burgweg beziehungsweise dem südlich vorgelegten Graben gerechnet, spitz
zulaufend auf die südwestliche Ecke des Palas zu. Die jetzige Ruine ist der
Rest jener zum späteren Schloss erweiterten ehemaligen Burg. Die Nebengebäude
sind noch bewohnt.
Auf einem Bergrücken, etwa 1 Kilometer unterhalb der Hauptburg, lag ein
Burgstall, jetzt gänzlich zerstört.
Abb. 61). GrUDdplan der Burgunlage.
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7 «
DIETFURT.
Beinahe genau in der Mitte zwischen Sigmaringen und Falkenstein liegt
malerisch auf hohem Felsen die ehemalige Burg Dietfurt, jetzt Ruine. Sein
Name : Volksfurt — diet das Volk (ahdsch. diota, Nation, Volk) — lässt schon
an und für sich auf ein hohes Alter schliessen. Die Furt ist heute noch deutlich
erkennbar. Unter den Schenkungen, die Gerold, der am i. September 799
gefallene Schwager Karls des Grossen, dem Kloster Reichenau machte, wird
auch ein Dietfurt genannt. Wenn auch nicht zweifellos feststeht, dass es unser
Dietfurt ist, was dort aufgeführt wird, so spricht andererseits aber auch nichts
dagegen. Anlässlich des Eisenbahnbaues durch das Donautal wurden nahe bei
Dietfurt wertvolle Funde gemacht, die weit vor das achte Jahrhundert zurück-
reichen und der Ausrüstung eines Edelings aus der Zeit kurz nach der Völker-
wanderung angehörten (jetzt im Museum für Völkerkunde, Berlin).
Wir finden
sodann vor
>095 drei
Brüder
Heinrich,
Heberhardus
(■Eberhard)
und
Herimannus
(Hermann)
von Dietfurt
als Zeugen
bei der
Gründung
des Klosters
Alpirsbach,
und da die
Brüder
unmittelbar
nach den
Grafen auf-
geführt
werden, ist
zu schliessen,
dass es
angesehene
Männer Abb. 70. Burg Dietfurt mit der ehemaligen Mü’.ile.
waren. Als
1125 eine neue Urkunde über Alpirsbach ausgestellt wurde, da sind auch die
Brüder von Dietfurt wieder als Zeugen anwesend. Es ist nicht zutreffend, dass
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Dietrich von Nusplingen Dictfurt gegründet und seine Frau Adelheit sich von
Dictfurt-Nusplingen genannt hat. Auch fiel Dietfurt nach dem Aussterben der
Edeln von Dietfurt nicht an die Brüder der Adelheit, Gattin des Grafen Alwik
von Sulz; denn diese Adelheit von Nusplingen war die Erbtochter des Heinrich
von Nusplingen, hatte keine Brüder und ging in das Kloster Zwiefalten. Im
Jahre 1274 wird zum ersten Male Dietfurt casfrum genannt. Selbstredend ist
aber die Burg viel alter : denn die 101)3 aufgeführten Bruder besassen zweifellos
daselbst schon eine Burg, und sodann weist der noch vorhandene stattliche
Bergfried auf eine frühere Zeit als »274. Was uns interessiert, ist, dass Dietfurt
damals Reichslehen war. Die ortsansässigen Kdeln von Dietfurt waren schon
n 32 ausgestorben. ln jenem Jahre nun verzichtet Berthold, Truchsess von
Waldburg, in Gegenwart König Rudolfs auf das vom Reiche zu Lehen getragene
Schloss Dietfurt mit Zubehörden zu Gunsten des Grafen Mangold von Nellen-
burg, erhalt es aber von diesem wieder zurück als Afterlehen. Als nellen-
btirgisches Lehen erhielten dann spater die allenthalben begüterten Reischach
Dietfurt. Wir wollen aber erwähnen, dass Dietfurt schon 1253 in Besitz des
Truchsess Berthold von Rohrdorf ( Waldburg) war, der auf Dietfurt seinen Silz
hatte, und es in einer Urkunde von 12s 3 Ditwrt nennt, während Hugo
von Montfort in einer Urkunde von 1257 deutlich Dietfurt schreibt. Es scheint
demgemäss, dass Dietfurt erst Reichslehen der Grafen von Montfort war und
dann an die Grafen von Nellenburg kam.
Im Jahre 1421 verkaufen die Brüder Egg und
Heinrich von Reischach Dietfurt als nellenburgisches
Lehen an Anna, Gräfin von Werdenberg, worauf
Graf Eberhard von Nellenburg am 24. Juni 1421
der Käuferin, die seine Muhme ist, die Veste Diet-
furt eignet. Trotzdem hielten die Reischach noch
lange den Titel von Dietfurt bei, wiewohl sie eine
Berechtigung hierzu nicht mehr besassen. Diese
Anna von Werdenberg war eine Tochter des Frei-
herm Johann von Zimmern (•71416) und hatte Eber-
hard 11 . von Werdenberg geheiratet Bösen Leu-
mund giebt ihr die zimmerische Chronik und nennt
sie die zimmerische Tullia. Bezüglich Dietfurt er-
zählt sie Folgendes: Als ihre Mutter, Frau des Frei-
herm Johann von Zimmern, gestorben sei, habe sie
sich unter einem Vorwand vom Begräbnis ferngehalten, dann aber, während
ihr Vater ahnungslos die Leiche von Schloss Seedorf nach Messkirch überfühlte,
rasch allen Hausrat, der vorhanden gewesen, Betten, Silbergeschirr und was
nur an fahrender Habe vorhanden war, aus Seedorf geplündert und nach Diet-
furt gebracht. Am 1. März 1445 se ' sic zu Dietfurt gestorben und zu Inzigkofen,
einem Kloster unterhalb Dietfurt, begraben worden. — Dass zu Dietfurt, welches
viel umfangreicher war, als cs auf den ersten Blick vermuten lässt, lange Zeit
Haushaltung gewesen ist, das beweisen die zahlreichen Küchenabfalle und
Scherben, die unten am Felsen bei der Mühle bis in die Neuzeit gefunden
wurden.
Al>b. 71. Umschrift: K.
Peinig ( 1’elngui.si von Kischag
ir.no.
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j
73
Dietfurt bildete in der alten Grenzbeschreibung der Grafschaft Sigmaringen
eine Marke. So heisst es 1400: »von Buttelbronnen (bei Kreenheinstetteni gen
Dietfurt in das m 11 Ir ad» etc. Wir sehen daraus, dass vor 14(10 schon die Mühle
unten am Burgfelsen lag. Auf unserer Abbildung ist die alte Mühle noch
sichtbar; die jetzige ist neu erbaut. Im Jahre 1468, Juni 6, schliesst eine
grosse Anzahl vom Hochadel ein Schutz- und Trutzbündnis gegen die Rauf-
und Fehdelust so mancher Edclleute. Unter den festen Plätzen, die genannt
werden, ist auch Dietfurt, damals, wie wir schon sahen, werdenbergisch.
Nach Aussterben der Grafen von Werdenberg 1534 (s. Sigmaringen) fiel Diet-
furt an das fürstenbergische Haus, bei dem es blieb und mit dem Vogteiamte
Jungnau, zu dem es geschlagen wurde, dessen Schicksale teilte. Im Jahre 1806
kam es unter die Souveränität der Fürsten von Hohenzollem-Sigmaringen ; dagegen
sind die Bürger zu Dietfurt F.igentümer der Ruine.
Die Ruine liegt hart am rechten Ufer der Donau auf massigem
schroffem Felsklotz, der nur gegen Süden flach abfällt. Von Süden her zieht sich
der alte Burgsteig über einen jetzt aufgefüllten Graben und eine Felszunge gegen
das Burgtor hin, welches an der jetzigen Durchbruchstelle der südlichen Ring-
mauer zu suchen ist. Diese Ringmauer ist noch in Resten vorhanden, sie zeigt
vielfach Gerüstlöcher und hatte eine Stärke von 1,8 m. Innerhalb der Ring-
mauer in einem Abstand von 4 m von dieser ist noch ein Mauerstück aus
schön gefügten Quadern sichtbar, das als ein Rest der Umfassungswand des
Palas anzusehen ist. Weiter gegen Nordosten lag der Küchenbau. Zwischen
Palas und westlicher Ringmauer führt der Burgsteig steil ansteigend zu dem
auf der höchsten Stelle liegenden Bergfried.
Der Turm mit mächtigen
weit ausladenden Bossen-
quadem an den Ecken ist 8,27 m
breit und 8,60 m lang bei einer
Mauerstärke von 3 m. Die
Bekrönung des .Turmes, der
jetzt noch eine Höhe von 1 1,32 m
— am höheren Teil, gegen Nor-
den, von 15,48 m — hat, fehlt. Die
alte Eingangspforte liegt gegen
Osten 5 — 6 m über dem Boden.
Der jetzige Durchbruch zu
ebener Erde rührt aus neuester
Zeit her, auch ist der Boden
am Fusse des Turmes später
aufgefüllt worden. Die Ein-
gangspforte ist halbkreisförmig,
0,73 m, weit 1,9 m hoch, innen
und aussen aus schön gefügten Abb. Ti
Sandsteinquadem hergestellt.
Die DurchgangsöfTnung zwischen
einem flachen auch aus Sandsteinquac
Gnmdpl&n der Burg mit der ehemaligen Muhle.
der äusseren und inneren Türe ist mit
em hergestellten Tonnengewölbe über-
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deckt, während der Turm im übrigen aus Kalksteinquadem aufgeführt ist. Die
Pforte hatte zweifachen Verschluss. Die alte
Verschlussvorrichtung d. h. die Öffnungen für
die Verschlussriegel sind beiderseits deutlich
sichtbar, auch finden sich noch weitere Öff-
nungen, in denen nach dem hinterlassenen
Abdruck im Mörtel zu schlicssen, Holzstücke
(Dübel i, eingesetzt waren, an welchen wohl
die Türen beweglich befestigt wurden. Der
doppelte Verschluss diente einerseits zur
Sicherung gegen Aussen, andererseits gegen
Innen auch zum Verschluss des Burgverliesses,
das unter dem Kingangsstockwerk lag. Das
Verlicss hatte kein direktes Licht, war etwa
(> m hoch und eben abgedeckt. Von 4 er ehe-
maligen Balkenlage ist noch ein mächtiger
eichener Balken vorhanden. Das Eingangsstockwerk ist mit einem Tonnen-
gewölbe aus schönen, gefügten Quadern überdeckt, 3,34 m im Licht weit, und
gegen Norden und Westen durch schmale Fensterschlitze beleuchtet. Der west-
liche diente zugleich zur Beleuchtung des
Treppenaufgangs, welcher im oberen Teil
der Aussenwand eingebaut ist. Dieser
Aufgang führte zur ehemaligen Plattform
über dem Gewölbe, die ein Zinnenkranz
abschloss, von dem noch zwei grosse
Eckquader vorhanden sind.
Die alte Furt führte etwa 100 bis
120 m unterhalb des jetzigen Brücken-
übergangs ziemlich rechtwinkelig über
den Fluss. Am linken Ufer sind die
Böschungseinschnitte noch deutlich er-
kennbar.
Am nördlichen Fusse des Burgfelsens,
nächst der Baustelle der alten abge-
brochenen Mühle, liegt noch ein
Keller mit Rundbogeneingang; der Keller
stand einst durch einen Fusssteig mit dem
nordöstlichen Burgteil in Verbindung.
Auf der Nordost- und Nordwestseite fehlt
die Ringmauer, nur spärliche Mauerreste
zeigen, dass eine solche vorhanden gewesen
sein muss. Auch auf der nördlichsten
Felsspitze sind Mauerreste eines Turmes
Abb. 74 . Schnitt durch den Bergfried. erkennbar. Der Burghof fällt stark von
Süd nach Nord ab. Unter den Mauerresten
gegen Süden, wo das Wohnhaus lag, zeigt sich noch ein Kellergewölbe, auch
f
Abb. 73. Grundriss des Bergfrieds
in der Höhe des Ein gnngsstock werks.
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eine tiefe Felsspalte, welche in westlicher Richtung streicht. Die jetzt teilweise
verschüttete Spalte mag einst eine Ausmündung ins Freie an der Felswand
gegen Westen gehabt haben. Die Ausmündung ist aussen türartig abgeschlossen
und diente vielleicht als Notausgang. Auf der Südseite hart am Fusse des
Felsens liegt auf einem aufgefullten ehemaligen Graben ein Bauernhof.
VILLA EUGENIA
Abb. 75. Villa Eugenia.
Das auf dem Wege von der Stadt llechingen zum Brühlhof in grossem,
schönem Garten liegende Schlösschen Villa Eugenia besteht in seiner heutigen
Form erst seit 1833/34. Der Mittelbau war zwar damals schon vorhanden als
Garten-Pavillon, führte aber nicht den Namen Villa Eugenia, den er erst nach
seinem Ausbau durch die Erbprinzessin Eugenie von Hohenzollem-Hechingen
erhielt Mit dem Jahre 1834 verlegte das erbprinzliche Paar, Friedrich Wilhelm
Konstantin und Eugenie, seine Residenz vom Lindich in die Villa. Liszt wohnte
1844 über einen Monat als Gast des Fürsten dort, beziehungsweise in einem
Nebengebäude. Anlässlich der Huldigungsfeier 1851 stieg Friedrich Wilhelm IV.
in der Villa Eugenia ab. Im Jahre 1873 wohnte die ganze fürstlich-hohen-
zollerische Familie auf der Villa (s. Lindich), wie auch in der Folgezeit der Fürst
und die Fürstin von Hohenzollem oftmals in der Villa auf kürzere und längere
Zeit Wohnung nahmen.
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Der mittlere Teil mit dem ovalen Kuppelbau stammt aus den siebenziger
Jahren des achtzehnten Jahrhunderts und wurde unter Fürst Josef Wilhelm von
Hohenzollern-Hechingen (1750 — 1798) erbaut; im Jahre 1833 unter dem damaligen
Erbprinzen Friedrich Wilhelm Constantin in seiner jetzigen Gestalt, nicht zum
Vorteil, umgebaut und erweitert. Der ovale Mittelbau, durch a Stockwerke
gehend, wird durch Flügeltüren und quadratische Fenster beleuchtet. Er zeigt
n«j„v.k uw«
; ;i 1 n f ? 1 k'u’- u f r r r t - W
Alib 7G. Qrnndplan zu ebener Erde.
nach aussen einfache jonische Pilasterarchitektur, innen ebene Decke mit Mittel-
feld, Fries und Felderteilung mit Stuckornamenten. Über dem Mittelbau liegt
ein Kuppeldach mit Plattform, die Seitenflügel sind mit schweren, grossen Giebeln
abgeschlossen.
FALKENSTEIN.
Herrlich ist es, durch das obere Donautal am murmelnden Flusse entlang
zu wandern, ungemein lohnend der Aufstieg zu den schwindelerregenden
Höhen, wo die Sonne den Pfad und die Felskämme schon golden erglänzen
lässt, während unten noch dichter, weisser Nebel lagert und an den steil auf-
steigenden Bergen ein lustiger, wilder Kampf wogt zwischen den vordrängenden
Lichtstrahlen und den eigensinnigen Nebelgestalten, d'e nicht wollen, dass der
blaue Himmel sich widerstrahle im krystallhellen Flusse. Für Jäger und Fischer
war hier immer guter Jagdgrund, und prächtig, wenn auch beschwerlich, ist
es zur Winterzeit in den wild zerklüfteten Felsen zu jagen, wenn der Fuss tief
in den Schnee einsinkt, jeder Schuss das donnernde Echo der Berge erdröhnen
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lässt und von der Hochebene das Auge schwelgt im Anblick der gewaltigen
Alpenkette, von den ernsten Herren des Berner Oberlandes bis zu den dichter
und enger gestellten Firnen Tirols und Oberbayems. Aber unwiitlich ist es
für den Landmann. Dem erwächst dort unten im 1 ale wenig Gewinn ; er
muss in mühsamer Arbeit seine Felder auf den Abhängen und den Höhen
aufsuchen und bestellen.
Oberhalb des ehemaligen fürsten-
bergischen Hüttenwerkes Tiergarten, das
jetzt still und verlassen daliegt, erheben
sich auf der Höhe des bewaldeten
Gebirgszuges des linken Donauufers die
Ruinen von Falkenstein, heute ein
beliebter Ausflugspunkt der Sigmaringer
und d.er frischen Wanderer des schwäbi-
schen Albvercins, der durch die Wälder
und die Berge des Donautales in sehr
verdienstlicher Weise zahlreiche Wege
und Wegweiser geschaffen hat.
Die zimmerische Chronik hat vor
dem hohen Alter unseres Falkenstein
grosse Achtung; denn ihr zufolge steht
es fest, dass Falkenstein eines der uralten
Schlösser an der Tonaw (Donau) sei und
schon beim Einfall der Hunnen erbaut
worden. Wer aber Erbauer und Inhaber
des Falkensteins und der Falkenburg
darunter gewesen, das wisse Niemand
mehr.
Abb. 77. Die untere Burg Kalkenstein
(Falkenburg).
Im Jahre 1255 begegnen wir zuerst einem Gero von Falkenstein als Zeuge
bei einer Schenkung des Grafen Friedrich von Zollern an das Kloster Salem
und 1237 einem Heinrich von Valkenstein, der, aus den Namen der anderen
Zeugen zu schliessen, von dieser Burg stammte. Ob er derselbe ist, der 1279
nobilis von Falkenstein genannt wird, kann leicht sein. Dass er ein Ministeriale
der Grafen von Hohenberg war, wie behauptet wird, -
ist gar nicht erwiesen. Sechs Jahre später hören wir,
dass Ritter Konrad von Falkenstein, der den wenig
ritterlichen Namen Hasenbein führte, Güter an das
Kloster Wald verkaufte.
Die Aigelwart von Falkenstein, welche im ersten
Viertel des 14. Jahrhunderts auftraten, sind nicht den
Donau-Falkensteinem zuzuweisen. Die gehören nach
Falkenstein bei Schramberg.
Schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts sind die Abb . 7a SieKel des t;rafen
Grafen von Lupfen Besitzer der beiden Burgbn, zu Hans von Lupfen. 14H8.
denen auch der Ort oder Hof Umnaw bei Falkenstein, Umschrift : graf. bans. vo.
jetzt ganz verschwunden, gehörte. Sie übergeben lnupfen. laut. grof. I 45 !i.
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7 »
Falkenstein den Herren von Magenbuch als Lehen. Albrecht von Magenbuch
wird n<>2 genötigt, die Veste Wemhem von Zimmern auf fünf Jahre in Dienst
zu stellen und sich selbst mit drei Mannen, wofür er die Kost erhalten solle.
Um 1390 giebt Albert von Magenbuch Falkenstein als lupfen ’sches Lehen an
Hans von Bubenhofen. Die Bubenhofen blieben über hundert Jahre in Besitz,
und 1472 belehnt der Graf Sigmund von Lupfen den Hans von Bubenhofen
mit »Valkenstein die Feste an der Thunaw, die obere Burg und das Burgstall
daselbst, genannt die untere Burg, Vmnow den Hof und eine Fischenz an der
Thunaw«. Hieraus geht also klar hervor, dass beide Burgen zusammen die
eine Veste Falkenstein bildeten. Der Burgstall oder die niedere Burg führte
auch den besonderen Namen Falkenburg und war nichts anderes als ursprünglich
die Vorburg, eine Verstärkung der Hauptburg. Sie wurde auch, wie z. B. 1567
von Anna von Falkenstein, die Frau Konrads, Vogt von Hattingen, besonders
verliehen und war 1 367 Lehen von den Grafen von Lupfen. Aber auch
diese hatten mit den Grafen von Zimmern viele Spän, bis dann die Zimmern
Falkenstein für sich erwarben. Im Jahre 1555 wäre
Falkcnstein beinahe in zollerischen Besitz gekommen.
Es wollte nämlich Graf Jos Niklas II. von Zollem
Falkcnstein kaufen, um eine Unterkunft zu haben,
wenn er im hohenbergischen Forst jagte. Man kam
zu dem Zwecke auf der Burg zusammen ; der Handel
zerschlug sich aber, weil Jos Niklas die Summe von
4000 Gulden, nur für die Burg allein, zu hoch
dünkte.
Gute Dienste tat Falkenstem — wie auch
Wildenstein — im schmalkaldischen Kriege 1546,
indem viele weltliche und geistliche höhere Leute
Kostbarkeiten dorthin flüchteten.
Dass Falkcnstein im Bauernkrieg oder vom
Herzog Ulrich von Württemberg zerstört worden
sei, ist nicht richtig; denn die zimmerische Chronik erzählt, dass Gottfried
Wemher von Zimmern Falkenstein ausgebaut habe 1525 *uf die form ungefarlich,
wie es noch heutigs Tags vor äugen«, und das war 1 369. Man benutzte
Falkenstein immer weniger, liess es mehr und mehr verfallen, und so wurde
es zu der malerischen Ruine, wie sie heute der Freund vom Romantischen,
zumal in so prächtiger Wald- und Gebirgsnatur gerne aufsucht.
Die obere und untere Burg sind beide Ruinen. Die untere Burg, auf einem
steil über dem Tal stehenden Felsen gelegen, ist ein kleiner turmartiger Bau aus
Buckelquadem, gegen die Bergseite durch zwei künstliche, tief eingeschnittene
Felsgräben (Halsgräben), geschützt, jetzt unzugänglich. Der Eingang lag auf der
Nordostseite (Bergseite) und w-ar nur durch eine Leiter oder Fallbrücke
möglich. Die äusseren Umfassungswände sind der Felsform angepasst. Fels-
spalten sind durch eingelegte Holzschwellen überdeckt. Die Grundform ist ein
unregelmässiges Fünfeck oder Sechseck. Die Umfassungswand gegen die Berg-
. Seite ist scheinbar stärker als die übrigen; einige Fensteröffnungen sind noch
sichtbar. Die Wasserversorgung dieser Vorburg ist unaufgeklärt ; vielleicht war
Abb. 79. .Siegel des Gottfried
von Zimmern. 1489. Umschrift :
S : gotfrid. vo. Zimmern.
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79
eine Zisterne im Innern vorhanden, die das Dachwasser aufgenommen hat, oder
von der nahegelegenen oberen Burg, wo ein Brunnen nachgewiesen ist,
mit Wasser versorgt wurde.
Etwa 20 bis
25 m höher
und 100 in in
nordöstlicher
Richtung ent-
fernt liegt die
obere Burg
(Hauptburg)
auf einem
etwa 6 m
hohen künst-
lich freige-
stellten Fel-
sen von lüng-
lich recht-
eckiger
Grundform,
auf der Ost-
seite stark abgerundet. Auf der nördlichen Langseite ein etwa 6,30 m
über die Umfassungsmauer vorspringender halbrunder, turmartiger Ausbau
mit Schiessscharten aus starken Buckelquadem, aussen mit einfachem Sockel-
gesims, innen mit Mauerabsatz, im unteren Stock 1,30 m stark. Auf der südlichen
Langseite gegen Osten liegt ein Turm, 5,80 m lang, 5,20 m breit, im untern Stock
1,10 m stark, vom Zwinger ab hohl aufgeführt, der vielleicht die Kapelle ent-
hielt Die zimmerische Chronik erzählt nämlich : »Als Herr Gottfried Wemher
diesen Kauf (Schloss Falkenstein an der Tonow) gethon, hat er das Schloss
Falkenstein auch anfahen zu pawen, uf die form ungefarlich, wie es noch
heutigs tags vor äugen, und hat das eingehagt bis uf das jhar 1523.« Weiter
heisst es dort : »Wer nun die ersten erbawer und inhaber des schloss Falken-
stains und des schlosses darunder, genannt die Falkenburg, so iezundt auch ain
burgstall, gewesen seien, das ist user länge der zeit und das unsere vorfaren so
gar ungelert und unfleissig gewesen in ain vergess körnen« und später: »Aber
herr Gottfridt Wemher ist nach erkauftem schloss Falkenstain vil daselbst
gewesen, hat das mehrtails, wie es iezundt ist erbawen, zugericht. Es hett uf
der capeilen ein hochen thum, der war so hoch, das man über alle welder
und helzer bihs gar nahendt geen Mengen sehen megte. Der war oben mit
holz und rigelwerk uf die alten manier weit auhsgelassen, und wie ich von
den alten mehrmals gehört, so war derselbig thum, wann ain starker Luft
gieng, dermassen wacken und sich bewegen, das am schüssel mit wasser un-
verschütt uf dem tisch nit bleiben mogte. Denselbigen Hess herr Gottfridt
Wemher abbrechen von merer Sicherheit wegen und sonst hin und wider im
haus bawen.« Gegen Süden ist der Burganlage ein ungefähr 20 m breiter Zwinger
vorgelegt, dessen Abschlussmauer auf der Südwestecke noch auf eine Höhe
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So
von etwa 3 m sichtbar ist. Die westliche Seite dieses Zwingers schloss in
gleicher Flucht mit der westlichen Umfassungswand der Burganlage an diese
bezw. die Felsen auf der Südwestecke an. Gegen den Burghof (östlich* sind
noch Reste eines viereckigen Vorbaues erkennbar. Weiter gegen Osten zog sich
der Zwinger gegen den Burgweg hin mit einer Einfahrt zwischen dem hier
vermuteten inneren und ausseren Torabschluss. Weiter gegen Süden (Talseite)
scheint, nach einer noch deutlich sichtbaren Steinböschung zu schliessen, ein
zweiter Zwinger in einer Entfernung von etwa 35 m vom ersten und einer Länge
von etwa 120 m vorgelegt gewiesen zu sein, der gegen Osten an das äussere (erste)
Tor anschloss. Der östliche Teil vom Burghof ist gegen Norden durch den
hoch zu Tag stehenden Felsen, gegen Süden durch eine von dem obengenannten
Turmrest zum inneren Tor führende Mauer begrenzt gewesen. Im westlichen
Teil dieses Burghofes liegt nahe bei der Hauptburg ein schachartiges Ge-
mäuer, zweifellos der ehemalige Brunnen. Der nördliche und westliche Teil des
Burghofes war durch eine Ringmauer abgeschlossen; die gegen Nordosten
an den zu Tag stehenden Felsen (dort vielleicht ein weiteres Tor), gegen Westen
und Süden an den Hauptbau anschloss. Der südwestliche, stark abgerundete
Teil dieser Ringmauer ist noch auf eine Höhe von 3 m sichtbar und hat oben
eine 'Mauerstärke von 80 cm. Der Eingang zur Burg ist nicht mit Bestimmtheit
festzustellcn, dürfte aber auf der Südwestecke (an dem jetzt abgestürzten Teil)
zu suchen sein. Der westliche Teil der Burganlage ist als der ältere anzusehen.
Die spätere Erweiterung geschah nach Osten.
GLATT.
Burg und Pfarrdorf Glatt liegen in einem Schwamvaldtale, das vom Glatt-
bach durchströmt wird, und dem die enge einschliessenden Berge mit
den dunklen Wäldern einen emsten Charakter verleihen. Das Glattbachtal
stösst nach Osten zu fast senkrecht auf das breitere und lichtere NeckartaL
Glatt selbst ist nur etwa 3 Kilometer vom Neckar und dem an seinem Ufer
liegenden Neckarhausen entfernt. Das Kloster Lorsch besass schon 767 hier
Eigentumsrechte, und damals hiess der Ort Glade, ein Name, der aus dem
keltischen clot herkommen soll, der aber auch mit glataha (=hell, glänzendes
Wasser) verwandt sein kann. In der Folgezeit, wie 1246, 1275, 12QQ und
weiter heisst es Glatte und schleift sich dann in Glatt ab. Es hat den Anschein,
als ob ehedem, in der ältesten Zeit, Ortsadel hier gew-esen sei; denn 1246 wird
ein Bertold de Glate genannt, doch ist über ein solches 'Geschlecht weiter
nichts bekannt. Dagegen ist Glatt mehr als 400 Jahre in Besitz der Herren von
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8i
Neuneck, die schon 1230 auf der nach ihnen benannten Burg N'cuneck, unweit
Glatt, im württembergischen Oberamt
Freudenstadt lebten. Ein Ulrich von
Neuneck, von dem ausdrücklich gesagt
wird, dass er zu Glatt gewohnt habe,
baute 1293 die Kirche daselbst — 1275
nennt der über decimationis hier eine
Pfarrei, in der die Neunecker die Grab-
lege besassen. Die letzte dieses einst
blühenden Geschlechtes, das, eine
Seltenheit des mittelalterlichen Adels,
sich Jahrhunderte wenigstens auf dem
ererbten Familiensitz Glatt — Neun-
eck war schon lange mit vielen anderen
reichen Besitzungen veräussert — bis
zum Aussterben behauptete, war Agnes
Apollonia von Neuneck, die Glatt nach
ihrem 1678 erfolgten Tode dem Erz-
und Domstifte Trier, an welchem ihr
Onkel Johann Wilhelm von Elz als
Dechant sich befand, vermachte. Im
Jahre 1681 verkaufte das Domstift das
Erbteil Glatt an die Herren von Land-
see, die es 1706 mit aller Zubehör um
55000 Gulden an das gefürstete Stift Muri in der Schweiz abtraten. Im Jahre
1803 fiel Glatt, zu dem eine ganze
Herrschaft gleichen Namens gehörte,
an das fürstliche Haus Hohenzollem-
Sigmaringen und bildete ein eigenes
Oberamt. Nunmehr gehört Glatt zum
preussischen Oberamte Haigerloch.
Das mitten im Dorfe liegende
ehemalige neuneckische Schloss bildet
eines der seltenen Beispiele, dass eine
mittelalterliche Burg im Orte selbst
und nicht auf einer Anhöhe lag ; denn
es ist nicht bekannt, dass es eine
andere Burg zu Glatt gab, wenn auch
das heute noch vorhandene Schloss
nicht aus dem Mittelalter stammt.
Nördlich vom Schlossgarten am linken
Glattufer befand sich ausserdem ein
Bau, der 1496 als Wohnsitz für ein
Glied der Familie errichtet, 1762 Schaf-
haus wurde, nachdem Anton von
Neuneck 1496 den Turm im Schlosse
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82
zu Glatt, samt seinem Teil am C raben, Vorhof und Burghof dem Hans von
Neuneck verkauft hatte.
Im Bauernkriege
spielten verschiedene
von Neuneck zur
Unterdrückung der
Bauern eine wesent-
liche Rolle. Am 28.
April 1525 nahm der
Bauernhauptmann
Thoma s Mayer von
Vogclsbcrg-Lossburg,
den Hans Oswald
von Neuneck später
nach der mörderi-
schen Schlacht von
Böblingen am 1 2. Mai
mit Behagen im Auf-
träge des Bundes-
heeres zu Tübingen
enthaupten liess, das
Glatter Schloss ein.
Hans von Neuneck
erklärte, mit den
Bauern »so er wieder
darzu käm, kein
Miserikordiam
Abb. 88. C t>ersirhts|i|nn des Schlosses mit Nebengebäuden. zu haben, sondern
zu erstechen und ver-
dcr Kirche zu Glatt haben sich
die Neunecke durch originelle
Grabsteine der Nachwelt über-
liefert. —
Das Glatter Schloss, ein gut
erhaltenes Wasserschloss, ehemals
auch Weiherschloss genannt, liegt
nächst dem Flüsschen Glatt und
hat je einen Rundturm an seinen
vier Ecken. Im südlichen Flügel
liegt die im halben Sechseck gegen
den Ringgraben ausgebaute
Schlosskapelle. Der Zugang zum
Schloss befindet sich auf der
Nordostseite und führt über eine
steinerne Brücke durch einen Tor-
turm zum inneren Hofe (s. Abb. 82).
prunnen, wem er könde
- *ni=-
ankommen«. In
nj
■ua
I“
-NAr-
Abb. 84
-$*v-
Grundriss zu ebener Erde.
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83
Auf der Nordseite ist ein Vorhof (Wirtschaftshof) vorgelegt, der westlich vom
Torhaus mit Durchfahrt, nördlich vom alten Fruchtkasten und östlich von der
ehemaligen Hof- und Zehntscheuer
eingeschlossen ist. Das Fruchtkasten-
geb.iude ist auf der westlichen und
östlichen Ecke mit Rundtürmen ver-
stärkt und hegt hart am Mühlkanal.
Weiter östlich befindet sich der aus-
gedehnte Schlossgarten, dessen Um-
friedigungsmauer nördlich vom östlichen
Rundturm des Fruchtkastengebäudes
ab der Glatt folgt und südlich an die
Ringgrabenmauer anschliesst. Der
Ringgraben ward vom Flüsschen Glatt
mit Wasser gespeist. Über dem spitz-
bogigcn Portal des Torturmes im
Schlussstein ist das neuneckische
Wappen mit der Jahreszahl 1513 an-
gebracht. Im inneren Hof über dem
Portal der Schlosskapelle befindet sich
grösseren Mittelwappen, Landsee und Trassberg, sind von acht kleineren Wappen
umgeben, nämlich Schilling von Cannstatt, von Rollin, Kayser, Herbst von
Herbstburg, von
Furtenbach, Papus
von Trassberg,
Freiherr von
Landsee und Rein-
hold von Baben-
wohl. Über dieser
Wappentafel das
Wappen von Muri.
Über den Ein-
gängen zu den
östlichen und
westlichen Flügeln
bezw. den dortigen Treppenaufgängen sind das landseeische und trassbergische
Wappen mit den Jahreszahlen 1686 angebracht. Uber dem äusseren Portal des
Torhauses ist das Wappen von Muri mit der Jahreszahl 1768, an dem nahe-
gelegenen Schafhaus auch das Wappen von Muri mit der Jahreszahl 1761.
Abb. 85. Grundriss vom ersten Obergeschoss,
eine grosse Wappentafel: die beiden
Abb. 86. Schnitt durch Schlossbnu und Ringgr&ben.
1
1
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84
GEBROCHEN GUTTENSTEIN.
An einem der schönsten Punkte des
Donautales, etwa 7 Kilometer von Sigma-
ringen aufwärts, liegt das ehemalige Burg-
stall Guttenstein, schon lange zum Unter-
schied von Gutenstein zwischen Dietfurt
und Falkenstein (Tiergarten) Gebrochen
Guttenstein genannt. Nur noch wenige
Ruinen sind vorhanden, aber die stehen
so kühn, hart an den jäh abfallenden
Berg gestellt, dass kaum begreiflich ist,
wie hier ein Bauwerk sich erheben und
einen Zugang haben konnte. Dicht bei
der ehemaligen Veste öffnet sich rechts
das Schmeiental. Von der Höhe des
trotzig in das Donautal vorspringenden
gewaltigen Felsens bietet sich ein pracht-
voller Blick talauf, talabwärts auf die
malerischen Berggebilde, dem hier noch
breiteren Gelände mit dem glitzernden
Fluss und der kecken Ruine Dietfurt
Und gerade dieser letztere Ausblick lässt
den (jedanken aufsteigen, ob nicht Gutten-
stein, das richtiger Gutenstein geschrieben
würde, eine Vorburg, ein Beobachtungs-
werk für die grössere Veste Dietfurt gewesen ist. Sein Name taucht zum ersten
Male 1^4 auf, wo es bezeichnender Weise »New Guotenstain« also Neu-Guten-
stein genannt wird im Gegensatz zu dem oberhalb Dietfurt gelegenen Dorf und
Burg Gutenstein, das aber viel früher, 1 274, schon erwähnt ist. Es heisst 1374
und 1 362 New Gutenstain ob der Tonaw, 1373 und 1377 Nidre Gutenstein (es
liegt zwar höher als Gutenstein aber flussunterhalb) ; 1410 Underguttenstain und
140g wieder Nyderguttenstain. In dem genannten Jahre 1354 besass es Burk-
hard von Reischach, den wii ja auch in Besitz von Dietfurt sahen, und zwar
als lehenbare Veste des Herzogs Albert zu Österreich. Acht Jahre später gehört
es Konrad und Ruf von Magenbuch, wahrscheinlich als Pfand von den Reischach.
Herzog Rudolf giebt ihnen einen Revers über die Pfandschaft und nennt »Nuwen
Guotenstein" Burg. Und schon elf Jahre nachher 137 3 sind die Reischach wieder
in Besitz: denn Burkhard von Reischach zu Nidren Guotenstain stellt den Grafen
Eberhard von Württemberg, wegen der Stösse, die er mit diesem gehabt, seine
Veste als offenes Haus gegen Jedermann dar, nur nicht gegen das Haus Öster-
reich, von dem er sie zu Lehen habe. 1377 versetzt Herzog Leopold die Veste
Nidergutenstain an Ulrich von Stüben, und 1410 erlaubt Herzog Friedrich dem
Stephan von Gundelfingen das Pfand von den Pfandinhabem Hans von Stüben
AI»!». *7. Gut teilst« 1 .
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85
einzulösen, was dann auch zwei Tage später geschieht. Als die Gebrüder von
Gundelfingen 14hg ihr väterliches Erbe teilten, fiel Nvder-Guttenstain als öster-
reichisches Lehen an Jörg von Gundelfingen. Von da ab behielt Guttenstein
bis in die Neuzeit hinauf den Namen das Gundel-
finger Gut, auch dann noch, als es im 16. Jahr-
hundert durch Heirat in Besitz des Reichserbtruch-
sessen von Waldburg zu Scheer übergegangen war,
woher der Wald auf der Höhe von Gebrochen
Guttenstein heute noch der Scheerer Hau heisst.
Im Jahre 1540 lieh es Wilhelm von Wald-
burg dem Sigmaringer Bürger Holdenriedt und nennt
es Burgstall. Dann vertauschen inyi die Grafen
Karl und Otto von Waldburg das Gundelfinger
Gut nebst »Prochen Guettenstein« gegen den Faul-
bronner Wald mit dem Kloster Laiz. Nachdem aber
das »freiadelige Gut Brochcngutenstein* Streitig-
keiten halber wieder an die Grafen von Waldburg- Aül>. »8. Sic«*! «le» Erhärt von
Scheer gefallen war, tauschte es der Fürst von Omdelfiniri-ii 14 s."> Um-. lintt:
Hohenzollem-Sigmaringen 178t endgültig ein, und vu. gvmlelKngt-. tn.
es blieb von da an in Besitz des fürstlichen Hauses.
Der kleine, turmartige Bau von unregelmässiger viereckiger oder fünfeckiger
Grundform ist jetzt Ruine und unzugänglich. Gegen die Nordseite (Bergseite)
mit schmaler Stirnfläche nimmt der Bau nur einen Teil der an sich kleinen
Felsspitze ein. Der Aufbau zeigt schön und regelmässig gefügtes Mauerwerk
aus Buckelquadern und ist noch in einer Höhe von 6 — 7 m erhalten. Der Ein-
gang lag auf der Ostseite bezw. Südseite. Auf der üstseite sind noch die
Balkenlöcher sichtbar für die Plattform, die nur mittelst Leiter erstiegen werden
konnte. Die Eingangspforte selbst lag wohl auf der Südseite versteckt zwischen
Felsen und südlicher Aussenwand. Auf der Nordostecke ist ein schmaler
Fensterschlitz sichtbar; ausserdem zeigt sich nach Osten ein kleines Fenster,
dessen Stutz ausgebrochen ist. Die westliche L'mfassungswand ist ganz abge-
stürzt. Der Fels darunter ist tief ausgehöhlt und durch eine Vormauerung ge-
schützt. Auf der Innenseite der östlichen Aussenwand sind die Balkenlöcher
der Gebälklagen noch sichtbar. Der Bau war von sehr kleinem Umfang und
nicht über zwei Stockwerke hoch.
DIE HAINBURG.
Geht man von Grosselfingen in westlicher Richtung Owingen zu, diesem
uralten Pfarrdorfe mit der ältesten, romanischen Kirche, die wir in Hohenzollern
besitzen, so erblicken wir nach einer Wanderung von etwa 2". Kilometer in
eigentümlich abgeschiedener Lage auf einem Bergvorsprunge über dem Eyach-
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8 (>
taie die immer noch ansehnlichen Ruinen der ehemaligen Hamburg, im Volks-
mund irrtümlicher Weise Homburg genannt Die Hamburg gab einer kleinen
Herrschaft, die aber als solche keine Rolle spielte, den Namen. ( ber Ursprung
des Namens, wie über Entstehung der Burg liegt Dunkel. Was den Namen an-
betrilTt, so ist die älteste Bezeichnung stets Hainburg, woneben später auch noch
Hamburg, Heimburg und das moderne Homburg Vorkommen. Zum ersten
Male taucht der Name der Burg und sie selbst 1 ■544 auf und zwar als Heim,
als Wohnsitz des Grafen Friedrich von Zollern, seit 1 32S Viztum zu Augsburg,
1331; Administrator auf Zollern. Von ihm wird 1344 gesagt: »der alt, des Hain-
burg ist»:. Es scheint, dass sich der Viztum, der aber nicht Priester war, wie-
wohl 1313 schon Kirchherr zu Pfullingen genannt, sich hier einen behaglichen
Wohnsitz baute, wie etwa 130 Jahre später ein anderer Zoller, Friedrich, Bischof
zu Augsburg, das Schlösschen zu Burladingen errichtete. Gleich diesem wird
auch die Hainburg hauptsächlich ein Absteigequartier für die Jagd gewesen sein,
der damals auch die adeligen geistlichen Herren in ausgedehntem Masse oblagen.
Als sich 1302 die Z.ollem-Grafen in das
Erbteil des Viztum teilten, heisst es
wiederum : des Grafen Friedrich von
Zolr von Hainburg. Bei dieser Teilung
erhielt Friedrich der Schwarzgraf »Hain-
burg die burg«(mit Grosseltingen, Owingen
und Stetten bei Haigcrloch). Daher kommt
es, dass seine Witwe Adelheit von Hohen-
berg 1 37*> in Besitz von Hainburg der
»vesti» ist. Dass 1 Iainburg vorher hohen-
bergisches Lehen gewesen sein soll, ist
daher nicht erklärlich, erklärlich wohl
aber, dass es nunmehr hohenbergisches Lehen wurde. Und so heisst es in
einer Handschrift (vom Ende des 14. Jahrhunderts) Aufzeichnung hohenbergischer
Lehen- 1 Iainburg, die die Zolre inne hant, ist von mir Lehen. Zu Anfang des
it>. Jahrhunderts gelangten die von Bubenhofen, die auch in dem benachbarten
Grosselfingcn ansässig waren, in Besitz der Burg, verkauften sie aber 1522 an
Hans von Weitin gen. Damals wurde das Schloss noch bewohnt und es besass
sogar eine Kapelle; denn 1323 bewilligt Hugo I. von Hohenlandenberg, Bischof
zu Konstanz, dass in dem Schlosse zu Hainburg Messe gelesen werde. Im
Jahre 1334 verkauft Hans von Weitingcn das Schloss Hainburg an Fritz Jakob
von Anweil, der es aber 1539 wieder an den Grafen Jos Niklas zu Hohen-
zollem abgiebt. Die Burg bleibt nun im Besitz der Hohenzollem, wird aber
wenig mehr genannt. Nur 158(3 kommt nochmal ein zollerischer Burgvogt auf
1 Iainburg vor.
Von dem ziemlich ebenen Hinterland führte der Zugang über einen tief
eingeschnittenen Felsgraben mittelst Brücke zum Burgtor auf der Nordseite.
Das Tor hatte eine Weite von 2,60 m. Am rechten Pfeiler ist die Öffnung zum
Einstosscn des Verschlussriegels deutlich sichtbar. Die Ringmauer, 3 m stark,
aus schön gefügten Bossenquadem, umfasst einen unregelmässigen viereckigen
Hof von 18—19 m Seitenlange, und steht auf der Nordseite noch etwa 12 m
Atib. 8‘J. fibersiclitsplan.
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»7
hoch. Auf der Südseite sind noch einige Reste derselben erhalten. Die übrigen
Teile der Ringmauer fehlen. Die Wohnräume lagen auf der Südseite an die
Ringmauer angelehnt und liessen aut der Nordseite einen kleinen Hof frei. Dort
nächst dem Burgtor ist eine schachtartige Vertiefung, die dem ehemaligen
Brunnen angehörte. Gegen Süden und Südosten etwas tiefer als die Burg am
Steilabfall sind noch Mauerkörper sichtbar, die einst zur Verstärkung der Haupt-
burg und zum Abschluss des Ringgrabens dienten. Jetzt ist der Bergvorsprung
wie die Umgebung der Burg bewaldet. In nächster Nähe der Ruine liegt ein
fürstlicher Pachthof der sog. »untere Homburgerhof«.
HETTINGEN.
Was wir bei Besprechung
der anderen Burgen des
Laucherttales hinsichtlich der
Gegend, in denen sie liegen,
gesagt haben, gilt in gleicher
Weise für Hettingen. (s.
Veringen). Auch hier be-
finden wir uns auf uraltem
Kulturboden. Es ist fast
selbstverständlich, dass bei
Hettingen eine ganz bedeu-
tende vor- und frühgeschicht-
liche Ansiedlung bestanden
haben muss, da es zwischen
Gammertingen und Verin-
gen liegt, deren Namen in
der Litteratur über jene Perioden einen hervorragenden Klang haben, zumal nach
dem kunstgeschichtlich und kulturgeschichtlich wertvollen Helmfund aus dem
6. Jahrhundert n. Chr., der im Winter u>o} zu Gammertingen gemacht wurde.
Es ist kaum zu zweifeln nach den Funden, die man schon bei Hettingen zu
verzeichnen hat und angesichts des grossartigen vorgeschichtlichen Friedhofes
auf der Höhe des Bruckberges, dass auch hier noch wichtige Entdeckungen zu
Tage treten werden.
Wie bei Veringen und Gammertingen so haben wir auch bei Hettingen
eine frühschwäbische Ansiedlung vor uns. Darauf führt uns neben anderem
sein Name hin. Um ioqö und noS wird es Hatingen. 1117 Hetingin, 1240
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Hettingen, 1254 Haetingin, 1202 und 1272 Haetingen, 1288, 1289 Hetingen und
Hatingin, 1300 Hattingen, 1407 Haetingen und Hattingen, 1508 Hettingen ge-
schrieben. In dem Worte liegt der Personenname Hatto = Heddo = Krieger
zu Grunde.
Hettingen gehörte zum Burichinga - Gau, der später in die Grafschaft
Gammertingen uberging (vergleiche Veringen). Von 1267 an sehen wir Hettingen
im Besitz der Grafen von Veringen. Bei dem raschen Verfall dieses einst so
mächtigen Geschlechtes blieb auch Hettingen nicht in deren Besitz. Mehrfach
nennen sich Mitglieder der Veringer auch Grafen von Hettingen. Übrigens
begegnen wir schon 1096 einem Grafen Adalbert von Hettingen, der den alten
Grafen von Gammertingen angehört haben wird. Zur Zeit der Veringer muss
es auch Ortsadel gehabt haben; denn 1240 finden wir einen Rudolf, miles von
Hettingen, 1272 einen Hilteboldus von Hettingen und einen Friedrich, der miles
et nobilis genannt wird, als Zeugen.
Schon 13 11 waren die Grafen von Veringen genötigt, einen Teil ihrer
Grafschaft an Reichenau zu verpfänden, um es als Mannlehen zurückzuerhalten.
Im Jahre 1374 besitzen die von Rechberg die Pfandschaft über Hettingen von
den Grafen von Veringen, um sie 1447 an Württemberg abzutreten. Aber
schon 1468 verkaufen diese Hettingen an die Herren von Bubenhofen. Als
Hans Kaspar von
Bubenhofen 1508 Gam-
mertingen, das immer
noch reichenauer Lehen
war, frei machte, setzte
er dafür Hettingen in
Pfand. Fünfzehn Jahre
später verkauften die
von Bubenhofen
Hettingen an die Herren
von Speth, ein schwä-
bisches Rittergeschlecht,
das sich im Laufe der
Zeit bald Spät, bald
Spätt und Spett schrieb.
Die Speth waren nun
im Besitz der gesamten
Herrschaft Gammer-
tingen. Herzog Ulrich von Württemberg rächte den Verrat seines Vasallen
Dietrich von Speth, indem er ihm 1534 die ganze Herrschaft abnahm und die
Burg Hettingen zerstörte. Erst nach dem Tode Ulrichs kamen die Besitzungen
wieder an die Söhne Dietrichs, deren Nachkommen bis 1827 Herren zu Hettingen
(und Gammertingen etc.) blieben, um es in dem genannten Jahre an das
fürstliche Haus Hohenzollem käuflich abzutreten. Die Souveränität gehörte
Hohenzollem-Sigmaringen schon seit 1806 zu. Nun ist Hettingen ein Bestand-
teil des preussischen Oberamtes Gammertingen.
Wenn auch die Grafen von Veringen recht schlechte Haushalter waren,
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89
so muss man doch sagen, dass sie für die kirchlichen Verhältnisse zu Hettingen
viel taten. Die heute noch bestehende spätgotische Kirche ist zwar nach ihrer
Zeit entstanden ; zu dem Gotteshause jedoch, das zu ihrer Zeit vorhanden war,
hielten sie nahe Beziehungen. Sie machten viele Stiftungen in das Stift, wie
die St. Martinskirche genannt wird. Auch gründeten sie in der Pfarrkirche, die
schon vor 1240 bestand, wo ein Hartmannus als Pfarrer genannt wird, ein Erb-
begräbnis; mehrere schöne Grabsteine der Veringer sind noch erhalten.
Von der Burg zu Hettingen hören wir zuerst 1267, wo sie castrum genannt
wird, um dann in der Folgezeit merkwürdig wenig mehr aufzutreten. Das
heutige Schloss ist Eigentum des hohenzollerischen Fürstenhauses.
Das Schloss liegt malerisch über dem Städtchen auf einem lang gestreckten
Bergrücken. Der alte Burgw r eg führt von Süden her zum äusseren Tor in der
Ringmauer. Der früheren eigentlichen Burganlage war gegen Süden ein
Vorhof (Wirtschaftshof) vorgelegt. Dieser Vorhof war durch eine starke Mauer
abgeschlossen. Auf der Südostecke sind noch Reste eines Rundturmes ersicht-
lich. Auf der Ost- und Westseite ist die Mauer abgetragen. Innerhalb des
Vorhofes liegen noch Reste zweier Gebäude. Der noch erhaltene Schlossbau
stammt im wesentlichen aus dem 18. Jahrhundert, er enthält Teile einer
früheren mittelalterlichen Anlage; so an der Südseite einen auf Felsen gestellten
turmartigen Vorbau. Die Schlossdurchfahrt führt zum höher gelegenen inneren
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Hof, der gegen Norden durch eine auf Felsen ruhende Mantelmauer, gegen Osten
und Westen < Berghang) durch hohe Stützmauern abgeschlossen ist. Von der
nordwestlichen und südwestlichen Ecke der ganzen etwa 170 m langen Burg-
anlagc führ-
ten Flügel-
mauem zu
den ehemali-
gen Toren am
nördlichen
und südlichen
Ende des
Städtchens
hinab, die
einst bis zum
Ufer der Lau-
chert fortge-
setzt waren.
Im inneren
Hof liegt ge-
gen Westen
der sog.
Haberkasten,
darunter ein
gewölbter
Keller; gegen
Osten die
Ruinen eines
AI1I1. f't Orundri*» vom ersten Stock (erstes ( Ihergesehoss). abgebrannten
Schlossteils.
Dieser Schlossflügel hatte im obersten Stockwerk einen etwa 21,5 m langen,
8 m breiten Saal mit zusammen n Fenstern an beiden Langseiten. Der Saal
stand mit dem Hauptbau mittelst eines Ganges und der Haupttreppe in Ver-
bindung.
Der Hauptbau mit grossem Walmdach enthält unten die geräumige Schloss-
küche mit Nebenrnumen. Die dreiarmige Schlosstreppe hat auf den Untersichten
bildnerischen Schmuck in Stuck: auf den Treppen pfosten stehen geschnitzte
Figuren als Leuchterhalter. Die Decken der Schlossräume zeigen noch reiche
Stuckverzierungen, teilweise bemalt, jetzt vielfach beschädigt. Auch die Fuss-
böden waren reich in farbigen Hölzern gemustert, wovon noch wenige Reste
vorhanden sind. Im ersten Obergeschoss vor dem turmartigen Bau lag die
kleine Schlosskapelle mit dem Chörchen gegen Osten.
C ?
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HOHENFELS.
Es ist auffallend, dass
in jenem Teile von Hohen-
zollem, der zu der Graf-
schaft Sigmaringen gehörte
und an Fruchtbarkeit kaum
einem anderen Gebiete
Hohenzollems nachsteht,
weit weniger Burgen
bestanden, als in dem
nicht so wohnlichen
Laucherttale an den Ab-
hängen der rauhen Alb
oder in dem wilden
Donautale mit seinen zer-
rissenen Felswänden.
Reichere Jagdgründe und ergiebige Fischwasser mögen wohl hierbei mit-
gesprochen haben. In landschaftlicher Beziehung kann seiner ausserordentlich
malerischen Lage wegen Hohenfels mit der grössten Mehrzahl der hohen-
zollerischen Burgen in Schwaben den Wettbewerb aufnehmen. Von welcher
Seite wir uns auch Hohenfels, das 32 Kilometer südlich von Sigmaringen liegt
und schon Ausblicke auf den Bodensee gewährt, nähern, immer ruft sein Bild,
das es dem Wanderer bietet, laute, freudige Überraschung hervor. Rings von
prächtig bewaldeten Anhöhen umgeben, die aber den Burgberg selbst so frei
lassen, dass fruchtbare Felder und sehr zahlreiche Obstbäume, die in ihrer
Grösse schon an die des Bodensees erinnern, sich um ihn ausbreiten können,
bildet Hohenfels in seiner traulichen Waldeinsamkeit ein liebliches Idyll. Man
begreift es, dass die Burg ein liebgewordener Sitz der Deutsch-Ordens-Herren
war, wenn auch erst in späterer Zeit. Vorher war Hohenfels Wohnort eines
angesehenen Ministerialengeschlechtes, dessen Wiege auf Alt-Hohenfels stand,
einer Burg, deren Trümmer heute noch oberhalb Sipplingen am Bodensee zu
suchen sind. Die Herren von Hohenfels w’erden schon 119: erwähnt, und
höchst wahrscheinlich ist der damals genannte Burkhard von Hohenfels der
bekannte Minnesänger. Im 13. Jahrhundert teilte sich die Familie in zw r ei
Linien; die jüngere baute sich auf unserem Hohenfels eine Burg, die 1295 zum
ersten Male als Neu-Hohenfels, als novum castrum Hohenvelz urkundlich vor-
kommt, während die Stammburg »daz alt Hohenfels« genannt wird, ln der
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts starben die Hohenfelser aus, und nun kommen
die Herren von Jungingen in Besitz der Burg. Wolf gang von Jungingen ver-
kaufte aber schon 1473 Hohenfels um 4000 Gulden an Hugo von Landenberg,
dessen Sohn Beringer es 1479 an das reiche Spital zu Überlingen um 3100
Gulden abtrat. Vom Spital erwarb der Deutsch-Ordens-Ritter-Komtur Wolfgang
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Treppenturm mit steinerner Wendeltreppe. Später im iS. Jahrhundert wurde
dieser Flügel einem nochmaligen inneren Umbau unterworfen, worauf die Stuck-
decken und Kachelöfen hinweisen. Die beiden Turmspitzen zieren Wetterfahnen
mit dem Deutschordenskreuz. Von
diesem Flügel führt ein Verbindungs-
gang zur Empore der Schlosskapelle
(Chorabschluss im halben Sechseck).
Die Decke ist flach mit Engels-
köpfen geschmückt. Hinter dem
Altar ein Stuckvorhang von Engels-
kindem gehalten. Über dem Portal
aussen ein gevierteter Wappenschild
des Komturs von Königseck, i und
3 Komturkreuz, schwarz in weiss,
2 und 4 Rauten, rot in Gold, darunter
die Jahreszahl 1761. Im Rundturm
(Glockenturm) eine Glocke mit
Wappen, und der Inschrift: Kaspar
Bobleter derzeit Obervogt Salem 17,88.
Der östliche Flügel hat unten eine
Bogenhalle auf starken Säulen und
enthält die Schlossküche. Auf der
südlichen Ecke liegt ein Rundturm.
Am südlichen Treppengiebel in der
Giebclspitze ist ein halbkreisförmiges J “‘“ H
Feld. Darin die Jahreszahl 1564 oder Abb. 96 . Schnitt.
1584 (verwittert und nicht mehr
deutlich erkennbar). An diesem Flügel befindet sich gegen die Hofseite ein
grosses Giebelfeld mit dem Deutschordenswappen, von Wappentieren gehalten
und von Kriegstrophäen umgeben. Auf der nordwestlichen Ecke des Hofes
bei der Einfahrt liegt das Torhaus. Der nördliche Flügel ist ohne architektoni-
sches Interesse. Das Einfahrtstor, im Halbkreis geschlossen, zeigt flache Bossen-
steine. Vor dem nördlichen und südlichen Flügel liegen zwingerartige Vorhöfe,
teils durch hohe, teils durch Brüstungsmauem abgeschlossen. Im südlichen
Vorhof ist eine Ausgangspforte nach der Ostseite. Am Fusse des Berghangs
liegt die sogenannte Neumühle, an dieser ist eine Wappentafel : ein gevierteter
Wappenschild mit Helmzieren, 1 und 4 Kreuz des deutschen Ritterordens, 2
und 3 Familienwappen des Freiherrn von Baden; darunter die Inschrift: Franz
Benedict von Baden Rom. Kay. May. Rath Land Comentur Der Balley Ellsass
und Burgund Comenthur zu Altshausen Herr zu Adlberg. T. O. R. 1695. Nahe
beim Schloss an dem Schafstall des fürstlichen Pachthofes, ehemals Zehntscheuer,
ist eine Wappentafel mit dem gevierteten Wappen-Schild des F. B. von Baden
mit abgekürzter Inschrift wie oben und der Jahreszahl MDCC (1700).
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HÖLSTHIN bei Stetten.
Abb. *.*7. Ruine Holstein.
Die Burg Holstein ist eine der in Hohenzollem nur wenig vorkommenden
Edelsitze, welche einen anderen Namen führen, als der bei ihnen liegende Ort.
Das Pfarrdorf Stetten nennt sich zur Unterscheidung von vielen Ortschaften
gleichen Namens Stetten unter Holstein. Noch 1402 befand sich Kastenvogtei,
Kirchensatz und Widdum zu Stetten in Besitz der Herren von Meldungen.
Der Name der Burg und ihrer Besitzer bietet sowohl seiner Schreibweise
als auch seiner Ableitung nach einige Schwierigkeit. Sehen wir von den durch-
aus unrichtigen Bezeichnungen Hohlstein, Höllstein und auch Hellenstein oder
Helenstein ab — letzteres ist der Name eines sehr alten freiherrlichen Geschlechtes,
das aber mit unserem Holstein nichts zu tun hat — , so bleiben noch Holstein
und Holnstein. Heute ist die Schreibweise Holstein die gebräuchliche, die
urkundlich richtige ist aber Holnstein, wie sich die Glieder der Familie im
Mittelalter bis zum Aussterben schrieben. Auf die Ableitung des Namens wird
diese zweifache Schreibart kaum Einfluss haben. Man hat bei Holstein an
höl = häl = steil gedacht, also steiler Fels. Nachdem ich aber erfahren, dass
man die bei der Burg gelegene interessante Höhle Muoteshöhle heisse und die
Höhe in der Nähe Muoteshöhe, also die Bezeichnung für Wuotan, Wodan, liegt
es nahe, an höl = heilig zu denken, mithin eine heilige Höhe, vielleicht auch
die Höhe, der Berg, den das wilde Heer streitt, benutzt, das ja durch diese
Gegend toste.
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Die Herren von Hölnstein oder Holstein, wie wir den Namen weiter
führen wollen, zählen zum ältesten Adel Hohenzollerns. Schon im u. Jahr-
hundert gab es adelige Dienstleute dieses Namens, die zu den alten Graft n von
Achalm gehörten. Eine Guta von Hölnstein, Frau des Oggtr von Hölnstein,
sowie ihr Sohn Adalbert, miles des Grafen Luithold von Achalm, tiaten als
Nonne beziehungsweise Mönch in Zwiefalten um ioy8 ein. Hiermit scheint
dieses Geschlecht erloschen zu sein.
Die ersten Hölnstein treten dann wieder mit Bertold 1274 und 1280 auf.
Einer dessen Söhne, Anselm, schlug, älter geworden, das Gewissen. Er machte
um 1704 zahlreiche fromme Stiftungen, um seiner und seiner Vorderen und
»aller derer, die er geschädigt,« Seelenheiles willen. Jene Zeit war eben nur
zu geneigt, Gewalttaten zu begehen.
Im Jahre 13SS verkaufte Ursula, die Witwe Anselm II. von Hölnstein, die
Kurt von Magenbuch wieder geheiratet hatte, ihren Teil an der Burg, in die
sich, wiewohl sie nicht gross war, doch mehrere Besitzer zu gleicher Zeit
teilten. Ebenso verkauft Klaus Ungelter seinen Teil 1401 wieder an Heinrich
von Killer, genannt AfTenschmalz. Nach 1 3 SS sassen auf Holstein Klaus Ungelter
von Reutlingen, der Käufer von Ursula, Swenegger von Lichtenstein, ein Ver-
wandter der Holstein, dem die Reutlinger 1 (88 seine Burg Lichtenstein bei
Honau zerstört hatten, und Herren von Holstein, denen somit nur ein Dritteil
ihrer Stammburg zustand, Die von Hölnstein starben als Edelleute mit Jakob
von Hölnstein aus. Er war so verarmt, dass sein Sohn Jakob bei seiner Mündig-
keit eine Bettstatt und 100 Gulden als einziges Erbteil erhielt. Er wurde Hand-
werker und verscholl. Bei den überaus verworrenen Besitzverhältnissen fast
der meisten Burgen und Besitzungen jener Zeit, wechseln auch die Lehn- und
Dienstverhältnisse der Adeligen. So sind die von Hölnstein ursprünglich zollerisch,
dann hohenbergisch, dann teilweise württembergisch, dann wieder zollerisch ; denn
1412 belehnt Graf Friedrich von Zollern Hans Schweler von Lichtenstein (Honau)
mit dem Teile der Burg, den Schwenger selig von Lichtenstein besessen; und
1474 kauft Graf Jos Niklas von Zollern »Hölnstein, daz sloss und Stetten daz
Dorf« und zwar von Burkhard von Sachsenheim. Auffallender Weise
führt der fleissige Oswald Gabelkover (1539 — 1616) in seinem Verzeichnis der
Burgen, Schlösser und Burgställe auch unser »Höllstain, ain alt herrlich Burg-
stal« noch als württembergisch an. Es war das aber nicht der ganze Ort Stetten ;
denn in dessen Besitz teilte sich Zollern mit Werdenberg beziehungsweise dessen
Erben Fürstenberg. Im Jahre 1583 trat Fürstenberg alle Rechte, hauptsächlich
die hohe und niedere Gerichtsbarkeit an Hohenzollem ab, wofür dieses von
seinen Ansprüchen über Ringingen zurücktrat. Von wo an die Burg unbewohnt
und zu zerfallen begann, ist nicht bekannt, im 16. Jahrhundert war sie schon
unbewohnt
Etwa 100 m über der Talsohle, östlich vom Pfarrort Stetten, auf dem
höhlenreichen Felsmassiv eines Bergrückens sehen wir die malerische Ruine, jetzt
mit Wald bedeckt Der Eingang liegt auf der Hach verlaufenden südlichen
Geländeseite und führt über einen etwa 13 m breiten, ehemals 4 m tiefen
Torgraben zum äusseren Tor in der Ringmauer. Die Ringmauer ist auf der
Südseite etwa 33 m lang, 1,13 m stark und steht noch 3 — 0 m hoch. Das
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Tor ist aussen halbkreisförmig, innen mit geradem Sturzbalken überdeckt, 3,1 m
breit und bis zum Sturz 3 m hoch. Im Sturzbalken sind die Löcher für die
Torangeln sichtbar. Über dem Tor lag, nach den Balkenlöchern zu schliessen,
ein hölzerner Vorbau, vielleicht ein Wehrgang,
der sich wohl auf der ganzen Ringmauer und
dem noch sichtbaren Mauerabsatz an der
Innenseite derselben fortsetzte. Rechts vom
Toreingang in der Südostecke lag ein 15 m
langes, 12 m breites Gebäude, dessen Süd-
und Ostseite die Ringmauer bildete. Der süd-
liche Giebel steht noch zum Teil aufrecht
Links vom Toreingang liegt ein kleiner
gewölbter Kellerbau, 6,3 m lang, 4,8 m breit
mit Zugang von der Ostseite. Der Keller ist
teilweise verschüttet, das Gewölbe noch gut
erhalten. Weiter gegen Nord westen auf
erhöhtem Unterbau (Felsen) befindet sich das
Wohnhaus, 1 3 m lang und breit ; gegen Norden
steht die Umfassungswand noch 7 bis 8 m
Abb. 98 . Gmndplan der Ruine Holstein, hoch, sie ist 1,2 m stark und zeigt verschieden
grosse Fenster und Schlitze, die nach innen mit
Holzdielen abgedeckt sind. Die übrigen Umfassungs wände sind abgebrochen.
Der Eingang lag auf der Ostseite; diese Aussenwand ist stärker (1,8 m) als
die übrigen. Die Umfassungswände sind aus kleinen, unregelmässigen Bruch-
steinen hergestellt. Die nordöstlichen und nordwestlichen Ecken sind stark
abgerundet. Der ausgedehnte Burgring ist gegen Norden weit vorgeschoben.
Er hat eine grösste Länge von 60 m und eine Breite von 46 m. Die Ring-
mauer ist ringsum noch sichtbar. Etwa in der Mitte der Burganlage befindet
sich ein freistehender Felskopf, der vielleicht einst einen Turm trug. Von hier
aus geniesst man einen umfassenden Ausblick auch in weitere Feme. An der
östlichen Ringmauer ist ein schachtartiges Gemäuer von etwa 1 m Durchmesser,
zweifellos der einstige Brunnen; jetzt noch ein Wasserloch.
**!«•-
HORNSTEIN und BITTELSCHIESS.
W'er hielte sich wohl längere Zeit in Sigmaringen auf und besuchte nicht
das Bitteischiesser Tälchen. dieses Kleinod landschaftlicher, still behaglicher
Schönheit, wo die Natur so viele Mittel zur Hülfe nimmt, um auf kleinem Erden-
fleckchen ein Meisterwerk landschaftlichen und malerischen Reizes zu bilden!
Auf nicht hohem, aber anmutig im Grün halb versteckt liegenden Felsen erhebt
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sich der Turm der ehemaligen Feste Bittelschiess. Eine mächtige Höhle nimmt
einen grossen Teil des Felsens ein und wölbt sich wie eine Kuppel zur Höhe
hinan, von wo das Tageslicht anheimelnd hereinlugt. Durch das schmale Tal
fliesst still und gleichsam gedankenschwer die Eauchert, tiefdunkel, fast schwarz,
so dicht hängen Felsen und Bäume sich über sie hin, als wollten sie alle, eitel
wie Narziss, ihr
eigenes Bildnis
beschauen. Aber
nur wenige
Schritte weiter,
und die Wasser
stürzen sich weiss-
schäumend und
brausend einen
Abhang hinunter
und führen dabei
so lautes Zwie-
gespräch, dass die
Menschen schwei-
gen. Und blicken
wir unterhalb des
Wasserfalles links
hinüber, dann
fesselt uns ein
neues Bild:
Drüben von hohem
Bergrücken, hart
an den Rand des
Felsens gedrängt,
schauen die Ruinen
der Burg Hornstein
zu Tal. Ihre Ge-
schichte, sowie die
des Burgstalles
Bittelschiess läuft Abb. 09. Ruine Hornstein,
vielfach neben
einander her, und da sie örtlich so nahe zusammen liegen, wollen wir sie hier
zugleich behandeln.
Der erste Hornstein, der mit seinem vollen Namen genannt wird, ist Ritter
Heinrich von Hornstein 1257. Wiewohl wir um dieselbe Zeit noch nichts von
der Burg selbst hören, ist es doch zweifellos, dass diese vor der Mitte des
13. Jahrhunderts gebaut wurde. Da wo von ihr die Rede ist, 1363, bestand
sie aus drei Teilen: Einem obern und untern Hause und dem Turm. Jeder
dieser drei Teile war von einer von homsteinischen Familie bewohnt. Auf
dem obem Hause sass ein Kunz von Hornstein, auf dem untem ebenfalls ein
Kunz von Hornstein (Vetter) und auf dem Turm der den Hornstein durch Heirat
7
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verwandte S wigger von W'ildnau. Um 1390 sehen wir die Burg (nebst Bittel-
schiess) in den Händen eines Hornstein, Benz von Hornstein, der sie mit fünf
Söhnen bewohnte, die sich dann aber schon ein Jahr später in Hornstein und
Bittelschiess teilten.
Im Jahre 1420 spielt Hornstein vorübergehend eine Rolle in dem leidigen
Zwist der beiden Brüder von Zollem, dem Grafen Friedrich von Zollern, dem
Öttinger, und dem Grafen Eitel Friedrich I. Letzterer war um diese Zeit von
Friedrich aus der Burg Zollem und der Stadt Hechingen verdrängt worden und
hielt sich bei Wilhelm von Hornstein auf. Am 22. Juni 1420 erliess er von hier
aus ein Schreiben an den Öttinger mit der Aufforderung, ihre Streitsache vor
dem königlichen Hofgerichte zu Rottweil zur Entscheidung zu bringen. Falls er
hierauf eingehe, soll er ihm dies wissen lassen vierzehn Tage vorher »zu der
Linde gen Horastein«. Diese Aufforderung blieb ohne Antwort.
Von Hornstein werden zu Anfang des 15. Jahrhunderts zwei Teile genannt :
Das grosse Haus und der Turm. Benz von Hornstein verkaufte 1427 das grosse
Haus um 600 Gulden an Heinrich von Reischach als freies Eigentum, dessen
Sohn Konrad um 1459 auch den Turm erwarb, um dann acht Jahre später
ganz Hornstein an Graf Ulrich von Württemberg als Lehen aufzutragen, das er
aber als württembergisches Lehen wieder zurückerhielt. Im Jahre 1501 ver-
kaufte Wilhelm von Reischach Hornstein an seinen Schwager Hieronymus von
Croaria, der es als Lehen von Württemberg trug. Mehrfach wechselten in
dieser Zeit Haus und Turm ihren Karakter als Lehen undAllod. Wilhelm von
Reischach, einer der tollsten und rauflustigsten Edelleute seiner Zeit, von dem
die zimmerische Chronik manches Stücklein zu erzählen weiss, kaufte 1510
Hornstein von seinem Schwager zurück und verkaufte es um 4260 Gulden an
den kaiserlichen Sekretär Johann Rennen, und zwar das grosse Haus als würt-
tembergisches Lehen und den Turm als Allod. Dann aber fiel 1512 Hornstein
an die ehemaligen Besitzer zurück, indem es am 28. April Bronn von Hornstein,
genannt Hertenstein, um 4400 Gulden erwarb. Der Name Hertenstein hängt
mit dem von Hornstein aufs engste zusammen. Oberhalb Sigmaringen, hart an
der Lauchert, lag die Burg Hertenstein. Heute noch heisst der Felsen das alte
Schloss, wiewohl die Burg vollständig verschwunden ist, Eine Linie der Hom-
steiner sass auf Hertenstein. Die Hornsteiner Hornstein sind längst ausgestorben.
Die heute noch lebenden verschiedenen Linien von Hornstein führen ihren
Stammbaum auf diese Hertensteiner Hornstein und zwar auf Brun und Jörg
zurück. Erst Ausgang des 16. Jahrhunderts legten die Vorfahren der heutigen
Hornstein ihren Namen Hertenstein ab. Nun blieb die Burg gerade 275 Jahre
wieder in homsteinischem Besitz, bis sie 17S/ von dem Fürsten Anton Aloys
von Hohenzollem-Sigmaringen erworben wurde. Es lässt sich denken, dass
es den von Hornstein kein angenehmes Gefühl war, als die Burg ihrer Väter
1818 zu einem Zucht- und Strafarbeitshaus gemacht wurde. Nachdem dieses
1869 wieder aufgehoben worden, erwarben es die von Hornstein zurück, be-
hielten es mehrere Jahre und verkauften es dann auf teilweisen Abbruch an
die Gemeinde Hornstein, der die Ruine nunmehr gehört.
Die ehemalige Veste, später Burgstall Bittelschiess, t>oo m von Hornstein
entfernt, leitet ihren Namen von einem Vornamen Putilo ab. Schiess bedeutet
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soviel wie Winkel, Ecke, auch Giebel. Das passte nun ganz besonders gut für
unser Bittelschiess an der Lauchert. Etwas später als Hornstein wird Bittelschiess
1265 zuerst genannt und zwar als Burgstall in Besitz eines Albert von Bittel-
schiess, apud Bveningen, bei Bingen. Dass aber die Veste nicht so klein war,
als sie heute auf den ersten Blick scheint, beweist die räumliche Ausdehnung
der Mauern. Die obem Gelasse boten sicher prächtige Ausschau nach Bingen,
in das Oberschwäbische hinein und nach Westen zur Sigmarsburg. Im Jahre
1313 besitzen es die Herren von Hornstein und zwar als habsburger Lehen.
Die Hornstein auf
Bittelschiess bildeten
in der Folgezeit eine
besondere Linie,
von denen eine Adel-
heid Abtissin zu
Heihgkreuztal
(•373 — *399) war.
Aus dem Jahre 1416
erfahren wir, dass in
der Veste mehrere
Gebäude bestanden.
Die Bitteischiesser
Hornstein hatten das
Recht, dem Hirten
zu Bingen den Stab
zu leihen, ein schlich-
tes Recht, das aber,
wie manches Recht
jener Tage, einen
patriarchalischen
Charakter besass.
Der neu gewählte
Gemeindehirt zu
Bingen musste zu-
nächst nach Bittel-
schiess wandern, um
dort sich den Stab
zu erbitten. Traf er
den Herrn nicht an,
SO schlug er dreimal AM>. 1IHI. Tuim dir Ruine B ttelsehiess.
mit seinem Stock an
den Felsen. Traf er dann den Herrn anderswo, so durfte er ihn um den Stab
bitten. Er erhielt einen Laib Brot und hatte die Verpflichtung, das Bitteischiesser
Vieh zu hüten, wenn dieses Fingen zu getrieben wurde. Als dann einmal ein
neu gewählter Hirt »aus Stolz" den Stab von Ulrich von Hornstein 1430 nicht er-
bitten wollte, schlug ihm dieser mit dem Stab zwei Finger entzwei. Er war
(1466) der letzte Hornstein, dir sich nach Bittelschiess nannte, ln dem Kriege
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IOO
1479 zwischen Erzherzog Sigmund von Österreich und Graf Eberhard von
Württemberg zerstörte der damals auf Hornstein sitzende Konrad von Reischach
die nachbarliche Veste. Am 26. Juli 1490 verkaufte Bernhard von Hornstein,
dem Bittelschiess entleidet war, die Veste, die aber in Trümmern lag und nicht
wieder aufgebaut wurde, mit den zugehörigen Besitzungen an Graf Andreas
von Sonnenberg, denselben, der kurze Zeit nachher von Graf Felix von Werden-
berg erschlagen wurde. Im Jahre 1512 kam dann Bittelschiess auch wieder an
die von Hornstein und teilte mit der Burg Hornstein deren spätere Schicksale.
Als es in hohenzollerischen Besitz überging, war von der Veste fast noch weniger
vorhanden als jetzt; denn der Wert des »zerfallenen Mauerstock», wird 1792
gleich Null geschätzt. Der malerisch gelegene Turm wurde, nachdem er zum
Teil abgetragen worden, ausgebessert, mit einem Dache versehen und in dem
Raume eine kleine Kapelle eingerichtet, die an gewissen Tagen von Betern
gerne besucht wird.
Erwähnen wollen wir, der Vollständigkeit halber, dass beim Dorfe Bittel-
schiess, oberhalb Krauchenwies, einstmals auch ein Geschlecht jenes Namens
ansässig war. Wenn dasselbe hier eine Burg hatte, so kann die auf dem
sogenannten Burstl (vielleicht Burgstall) rechts von der Strasse Krauchenwies —
Klosterwald, der am Kehlbach
liegenden Mühle gegenüber, ge-
legen haben. Erdbefestigungen
(Ringgraben) sind noch vor-
handen. —
Der älteste Teil der Burg
Hornstein ist am weitesten gegen
Süden vorgeschoben, teilweise
hart auf der Felswand errichtet.
Auf der südlichsten Ecke aus-
gebaut liegt die Schlosskapelle
mit Resten spätgotischer Fenster.
Den Abschluss der ältesten Burg-
anlage gegen Nordosten bildet
die jetzt noch grössten Teils vor-
handene 2,20 m starke Mantel-
mauer aus grossen ßuckelquadem
an beiden Stirnseiten. Die Mauer
hat eine Gesamtlänge von 18,50 m
bei einer Höhe von 7 — 8 in.
Etwa in der Mitte derselben, an
der jetzigen Durchbruchstelle,
wird der Burgeingang zu suchen
sein. Am linken Pfeiler ist noch
ein Stück eines eingemauerten
wagerechten Ankerbalkens sicht-
bar. Diese Burganlage wurde
AM.. 101. ifiiind|ü;ui <l*-r liiüju- HianMeiii. durch das ganze Mittelalter benutzt
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IOI
und von den obengenannten verschiedenen Familien bewohnt; die sich in das
»obere«, »untere« Haus und den Turm teilten. Der mittelalterlxhe Turm wird
innerhalb des alten, jetzt ganz verschütteten Burgraumes zu suchen sein. Wenn
zu Anfang des 15.
Jahrhunderts zwei
Teile genannt
wurden: das
grosse Haus und
der Turm ; so kann
das untere und
obere Haus (zwei
Stockwerke)
zusammengezogen
worden sein.
In den folgenden
Jahrhunderten
von 1512 ab hat
die Burg in dem
Besitz der Horn-
stein mehrfache
Erweiterungen
erfahren, die sich
in nördlicher Rich-
tung erstrecken mussten. An die obengenannte Mantelmauer, an deren südöstlichen
bezw. nordwestlichen Ecke wurden 2 Rundtürme aufgeführt, der östliche als
Erweiterungsbau für die oberen Räume, der westliche als gemeinsamer Trcppen-
turm für den alten Bau und einen nördlich anstossenden schmalen Flügelbau
von 27 m Lange und 9 m Breite, letzterer schloss den geräumigen Vorhof
gegen Nordwesten ab. Nördlich schliesst sich ein starker Rundturm, jetzt Kapelle;
weiter das Torhaus unten mit Durchfahrt, oben mit Wachraum an. Südlich
begrenzt den Burghof eine etwa 6 m hohe Ringmauer. Nordöstlich
lag mit Anschluss an das Torhaus ein grosses 40 m langes und 16 m breites
Wirtschaftsgebäude (Stallungen), dessen östliche äussere Langseite und beide
Giebelseiten noch aufrecht stehen. Auf der südöstlichen Ecke des Hofraumes
befindet sich ein zweites Tor. Der Burghof war einst durch eine von Nord nach
Süd führende Mauer geteilt. Die Tore führten zunächst in den äusseren Hof.
Der innere vor dem Hauptbau gelegene Hof war vom äusseren Hof aus zu-
gänglich. Vor beiden Toren waren Gräben angeordnet, welche quer vom
westlichen zum östlichen Hang liefen. Über die Gräben führen steinerne jetzt
zugeschüttete Bogenbrücken. Vor der südlichen Ringmauer liegt ein mit Stütz-
mauern eingefasstes Burggärtchen Weiter südlich ist ein Zwinger vorgelegt,
der mit Brüstungsmauern und Zinnenkranz abgeschlossen ist. Auf der süd-
westlichen F.cke sind Reste eines Rundturmes, An der Ostseite dieses Zwingers
zieht der alte Burgweg vorbei.
Etwa 100m vor der Burganlage Bittelschiess am Rand des jetzigen Waldes sind
Spuren eines Mauerabschlusses mitTor und vortretendem Turm gegen das Hache Vor-
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land erkennbar. Steintrümmer und Mörtelreste lassen hierauf schliessen. Der
Burgweg führt südlich über die jetzt bewaldete Fläche über einen Torgraben
(Felsgraben) zum Tor. Innerhalb des Tores, gleich linker Hand auf dem
höheren Felsen stand das Wohnhaus, ein kleines Gebäude von etwa 16,5 m
Länge und 10,5 m Breite mit der Schmalseite gegen die Lauchert gerichtet. Der
Eingang lag auf der Nordseite. Der Burghof war von einer Ringmauer einge-
fasst, deren Spuren auf der Süd-, West- und Nordseite noch erkennbar sind.
Die Ringmauer sass auf der äusseren Felskante und folgte dem Zug des
Felsens. Der Burghof war etwa 18 m lang und 9 m breit. Die südlichste
Spitze der ganzen Anlage bildet ein Rundturm, der das romantische Lauchertal
überschaut.
JUNGNAU und SCHILTAU
mit Isikofen, Hertenstein, Apfelstetten und Jungingen.
Es ist bemerkenswert, dass sich in
den hohenzolleriscben Flusstälem viele
Adelige, freie Dynasten und Ministerialen
ihre Burgen bauten. Für das Lauchert-
tal mag mitbestimmend gewirkt haben,
dass die Burgbewohner an einer uralten
Kulturstrasse lagen, die den Verkehr er-
leichterte. Dazu kamen der fischreiche
Fluss und die Wälder mit zahlreichem
Wild. In kurzer Aufeinanderfolge lagen
hier eine Reihe von Burgen : Bittelschiess,
Hertenstein, Isikofen, Schiltau, Jungnau
und Apfelstetten. Alfe diese Burgen lagen
aber in der Nähe des Flusses, während auf
den Höhen, die sich dem Laucherttal ent-
lang ziehen, keine Burgen zu finden sind,
wiewohl dort stattliche Pfarrdörfer liegen.
Eine sonderliche Eigentümlichkeit
bieten die beiden Burgen Schiltau und
lungnau ; denn sie standen in ein und
demselben Orte, und zwar so nahe bei-
einander, dass sich die Insassen freund-
Ai.ii. 1 1 >;!. Pui'io'uinp Juugiian. nachbarlich, aber auch derbfeindlich, wie
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Alili. 104. Siegel des
Berthold von Schiltau.
Umschrift. S. BEHHTODI.
1».' 8IIILT0W.
das vielfach nach dem klassischen Beispiel schimpfender homerischer Helden
auch bei uns Deutschen der Fall war, mit einander unterhalten konnten. Man
war vielfach der Ansicht, Schiltau habe aufgehört zu bestehen, als Jungnau,
die Burg von den Herren von Jungingen erbaut wurde. Das ist unrichtig. Es
haben beide Burgen noch eine zeitlang beide nebeneinander bestanden, doch
ging Schiltau viel früher ab.
Schon im Jahre iaoo wird Schiltau genannt. Es
besassen es die Edlen von Schiitowe, (1253 Konrad
de Schiitowe) die zum Dienstadel der Grafen von
Veringen gehörten. Im Jahre 1316 verkaufte Berhtold
der Schiltower seine Burg mit den dazu gehörigen
Besitzungen an Ritter Burkhard von Jungingen, der
nun eine zweite Burg nebenan erbaute, die er nach
seinem Namen Jungenowe nannte. Beide Burgen be-
standen aber noch längere Zeit, wiewohl höchst wahr-
scheinlich die neuen Besitzer manches Steinmaterial
vom Schiltau herüber nahmen zum Bau der neuen
Burg; denn während das ältere Schiltau keinen Turm
besitzt, steht in Jungnau noch der Bergfried, der sicher
einst in Schiltau sich erhob. Im Jahre 1367 heisst es
von jeder Burg: die Burg mit dem Vorhof. Schiltau
wird 1423 zum ersten Male Burgstnll genannt, um 1444 giebt man ihm aber
nochmals den Namen Veste und mit dieser Zeit verschwindet es als Burgsitz
aus der Geschichte.
Die Erklärung seines Namens bietet keine Schwierigkeit, zumal es stets
gleich geschrieben wird: Schiitowe, Schiltaw, Schiltau. Nur einmal, 1423, heisst
es Schilto.
Die Burg Jungnau, welche unmittelbar nach Erwerbung
von Schiltau aufgebaut, auch dem Ort den Namen gab,
wird 1333 zuerst genannt. Aber schon 1307 verkauften
die von Jungingen Jungnau und Schiltau an die von Rei-
schach. Mehr als ein Grund spricht dafür, dass der Ort
Jungnau damals erst entstand: denn in den Urkunden jener
Zeiten ist nie vom Orte die Rede, wenn auch von der
Mühle. Im Laufe der Jahre bauten sich immer mehr Leute
an, sodass, als 1418 die Grafen Werden berg Jungnau von 13r>7.
den Reischach erwarben, es schon hiess »Jungnau die Abb, lü.v SieiH des
Vestin und das Städtlin«, eine Bezeichnung, die aber stark Wolfgang von Jungin-
übertrieben ist Damals behielt Ruff von Reischach Schil- gm. Umschrift: 8 .’
tau für sich, das aber dann auch in Besitz der Werdenberg Wül.FGAGI. 1 >. .JUX-
überging. Als im Jahre 1468 eine Anzahl Grafen und gk;E. MII.ITI,
Freiherm ein Bündnis schlossen zur Aufrechterhaltung des
Friedens, und ein jeder mit seiner Burg und befesigtem Ort eintritt, da führt
Eberhart Graf zu Werdenberg seine Stadt Trochtelfingen und sein Schloss
Jungnow an. Damals war es mithin noch wehrfest. Von Schiltau ist keine
Rede. Die Burg diente einem Zweige der Werdenberger als Sitz Hans von
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Werdenberg wohnte mit seiner Frau, einer Freiin von Gundelfingen hier und
starb 1522, worauf man ihn zu Trochtelfingen beisetzte. Nach dem Aussterben
der Werdenberger, 1544 fiel Jungnau, das einer Anzahl von Ortschaften den
Namen Herrschaft Jungnau gab, an Fürstenberg und es wurde Sitz eines Ober-
vogteiamtes. Im Jahre 1806 kam die Herrschaft Jungnau unter fürstlich hohen-
zollerische Souveränität und 1840 wurde das Obervogteiamt aufgelöst. Heute
gehört Jungnau zum preussischen Oberamt Sigmaringen.
Die beiden Burgreste liegen mitten im jetzigen Pfarrort
auf dem rechten Ufer der Lauchert. Von der älteren Burg
Schiltau, zunächst der Staatsstrasse Sigmaringen— Gammertin-
gen, sind noch Reste der Ringmauer vorhanden. Die Burg
lag auf einem 12 m frei aus dem Tal aufsteigenden Felsen;
der sich gegen Nordwesten abflachte. Die Ringmauer folgte
dem Zug des Felsens und war 1,2 m stark. Gegen Nord-
westen steht die Ringmauer noch 5 — 6 m hoch. Der von
der Ringmauer eingeschlossene Burghof war ursprünglich
etwa 30 m lang, 17 m breit und ist jetzt durch später ein- Abb. 10«. Allianz-
gebaute Gebäude verengt. Das Wohnhaus lag auf dem süd- Siegel der Agnes
lichsten höchsten Teil des Felsens, dem sogen. Scheibenfelsen vnn Rundelfingen,
gegenüber. Unter dem Wohnhaus lag ein jetzt verschütteter Gräfin von
Keller. Die F.infahrt in den Burghof geschah wie heute noch Zollern '
von Süden her. Der rechte Torpfeiler an der Hausecke ist
noch erkennbar. Die südliche, massive, 1,2 m starke Giebelseite des hier
stehenden Gebäudes ist noch ein Teil der Ringmauer, der linke Torpfeiler fehlt,
auch ist die ehemals anschliessende Ringmauer auf der Südwestecke abgebrochen.
Vom ehemaligen Burgweg führt ein Ortsweg zu
den starken Quellen an der Südspitze des Felsens.
Dieser Weg heisst heute noch »Schiltach« und
bezeichnet die Lage der Burg am Wasser. Im
Falle der Gefahr war es möglich, den Burgfelsen
mit Hülfe eines Seitenarmes der Lauchert, der
jetzt noch den südwestlichen Teil des Ortes
umfliesst, mit Wasser zu umgeben. Nördlich der
Burganlage, umittelbar vor dem flach auslaufenden
Felsen liegt ein quadratisches turmartiges Ge-
bäude von 7,5 m Seitenlänge, dessen steinerner
Unterbau Buckelquader zeigt (vielleicht der Rest
eines ehemaligen Turmes).
Von der ehemaligen Burg Jungnau, die etwa
100 m nördlich von Schiltau nächst der Lauchert
lag, ragt heute noch der mächtige Bergfried
trotzig über dem Pfarrort empor.
Der Haupteingang befindet sich auf der
Südwestseite unter dem Schutze des Bergfrieds,
der sich auf einem Felsunterbau erhebt. Links
vom Toreingang innerhalb des Burghofes liegt
Abb. 107. Übersichtsplan von
Schiltau.
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io 5
die Kirche, ein spaterer Bau aus dem iS. Jahrhundert. Gegen Nordosten lag
der sog. Kasten, jetzt zum Pfarrhaus umgebaut, an dessen Unterbau Buckel-
quader. auch kleine Fensterschlitze erkennbar sind. Auf der Nordseite, der
Mühle zu, ist noch ein zweites Tor
zu suchen, das vielleicht durch einen
Rundturm geschützt war. Die dort
vorhandene stark abgerundete Ecke
lässt dies vermuten. Der Bergfried
von 8,4 m Lange und 8,6 m Breite,
im oberen Teil etwas schwächer, mit
abgetrepptem Sockel, steht als Rumpf
noch etwa iS m hoch Er ist aus
stark vortretenden Bossenquadern mit
Randschlag aufgeführt. Die alte Ein-
gangspforte auf der Nordseite ist gut
erhalten und liegt etwa 12 m über
dem jetzigen Hof. (Der Hof soll beim
Umbau des Schlosses zum Schul- und
Rathaus tiefer gelegt worden sein.)
Die Eingangspforte .zeigt nach aussen
Spitzbogen, in der Mauerstärke ist sie
eben mit oben bogenförmigen Quadern
abgedeckt. Die Verschlussvorrichtung
ist noch sichtbar. Die Mauerstärke be-
trägt im Eingangsstockwerk 3,5 bezw.
3,8 m, die Lichtweite 2,4 auf 2,78 m.
Gegen Süden ist ein Fensterlicht mit tie-
fen Abschrägungen, innen bogenförmig, Abi.. 108 . Schnitt durch den Bergfried
aussen gerade abgedeckt ; gegen Osten von Jungnau
und Westen sind kleine Mauernischen.
gegen Westen zwei übereinander. Unter dem Eingangsstockwerk befindet
sich das Burgverliess; ursprünglich fensterlos. Die jetzigen Durchbrüche gegen
Norden und Westen stammen aus späterer
Zeit. Das Burgverliess ist 2,75 m im Licht
weit; oben mit einem Kreuzgewölbe ohne
Rippen abgedekt ln der Gewölbemitte be-
findet sich eine viereckige mit Quadern ein-
gefasste Öffnung (Angstloch.) Burgverliess und
Eingangsstockwerk zeigen innen schön gefügtes
Quadermauerwerk. Das über dem Eingangs-
stockwerk liegende, zur Hälfte eipgestürzte
Backsteintonnengewölbe ist später eingesetzt
worden. Auf der Ostseite dieses Stockwerks
befindet sich oben eine weitere Fensteröffnung
aus schön bearbeiteten Bogensteinen, mit inne-
rem Backsteinbogen, wohl gleichzeitig mit dem ^hb. 10!l - Grundriss des Bergfrieds
von Jnngnan.
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IO0
Einsetzen des Backsteingewölbcs, zugemauert. Diese Öffnung bildete einst den
Aufgang zur Plattform mittelst einer teilweise in der Mauer liegenden Treppe,
(s. Dietfurt). Der obere Abschluss des Eingangsstockwerks fehlt, es lässt
sich auch nicht mehr fest-
stellen, ob dieser mittelst
eines Gewölbes oder einer
Balkenlage hergestellt war.
Auf der jetzigen Mauerkrone
sind noch Reste von Holz-
schwellen sichtbar, die das
im Jahr 1843 abgebrochene
hölzerne Stockwerk getra-
gen haben. Das Schloss
stand in der nordöstlichen
Ecke des Burghofes, es ist
vollständig umgebaut und
dient jetzt als Schul- und
Rathaus, Bis 1806 war das
Schloss Sitz des Obervogtei-
amts, und stand mit dem
Bergfried durch die oben-
genannte, jetzt vermauerte Türöffnung auf der Nordseite unter der alten Ein-
gangspforte in Verbindung.
Bei Jungnau sind noch die schon genannten ehemaligen Burgen zu er-
wähnen. Zunächst:
ISIKOFEN. Diese Burg (imrichtig Einzigkofen, Einzighofen genannt) lag
etwa 2 Klm. unterhalb von Jungnau auf dem Enken Ufer.
Bevor die Burg stand, befand sich liier eine kleine Niederlassung,
die, sehr alt, schon unter den wenigen Orten genannt wird, die zum Gau
Rotoldesbuch, der späteren Grafschaft Sigmaringen, gehörte. Bei Isikofen be-
fand sich eine Furt, und durch diese lief die alte Grenze der Grafschaft Sigma-
ringen Egelfingen zu. Von der ehemahgen Burg sind nur noch geringe Reste
übrig geblieben.
Da wo die Lauchert von dem Felsen nach ' Südwesten abgedrängt wird,
führt der alte Burgweg in wenigen Minuten vor den Burgeingang auf der Nord-
ostseite. Der Hügel, auf dem die Burg stand, jetzt ganz bewaldet, fällt gegen
Süden, Westen und Osten steil ab. Auf der Westseite, gegen die Lauchert,
befindet sich noch ein Teil der Ringmauer in etwa 2 m Höhe. Die Ringmauer
zog sich am Hang des Berges hin, und schloss wohl an einem Tortum an, der
in der Nordostecke, wo jetzt ein grosser Steintrümmerhaufen liegt, zu suchen
sein wird. Inmitten des Burgberings auf der höchsten Stelle stand ein jetzt
ganz zerstörter viereckiger Turm.
Isikofen schief gegenübei am rechten Ufer der Lauchert auf der dort vor-
springenden Felskuppe lag das Stammschloss der Herren von Hornstein (s. d.)
die Burg HERTENSTEIN die gänzlich verschwunden ist is. Hornstein).
| ] — W- -»v iA \
Abi». 10 ( iK i'suhtsplan von Jungnau.
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Oberhalb Jungnau zwischen diesem und Veringendorf lag die Burg der
Herren von APFELSTETTEN. Dieses Geschlecht kommt im 14. Jahrhundert
mehrfach vor und gehört zu den Dienstmannen der Herren von Jungingen.
Apfelstetten kam mit Jungnau, zu dem es gehörte, 1367 an die Herren von
Reischach und von diesen 1418 an die Grafen von Werdenberg (s o.). Es sind
nur noch geringe Reste der Burg vorhanden. Sie liegen auf einem Felsenvor-
sprung etwa 80 m über der Lauchert. Steigt man von Südwesten an, so trifft
man auf den etwa 5 m tiefen Felsgraben. Der Felspfad führt sodann steil zur
Höhe hinan zu den Resten eines viereckigen Turmes mit anstossendem Wehr-
gang oder Wachthaus auf dem nördlichen dem Tale zugekehrten Felsgrat
Mauerreste, aus äusserst hartem Gussmörtel hergestellt, sind auf der Nord- und
Ostseite noch erkennbar. Der Wehrgang oder das Wachthaus lehnte sich
südlich und westlich an die höher stehenden Felsen an. Auf der höchsten
Stelle des Felsgrates, über dem Felsgraben, sind auch noch Spuren von Mauer-
werk ersichtlich, das vielleicht einem Turm angehörte.
JUNGINGEN. Von den Herren von Jungingen ist bei Jungnau besonders
die Rede. Um nicht den Anschein zu erwecken, wir hätten die ehemalige
Burg der Herren von Jungingen vergessen, sei Folgendes erwähnt: Südlich
vom Pfarrdorfe Jungingen, etwa 2 km entfernt, liegt auf der Vorhöhe des
ziemlich ansteigenden Gebirges das sogenannte Bürgle. Hier stand höchst
wahrscheinlich die Burg der Herren von Jungingen, ein angesehenes Herren-
geschlecht, das vom 13. bis 1 6. Jahrhundert blühte, sein Stammschloss Jungingen
aber schon früh verlor oder aufgab und sich in Jungnau anbaute. Heute ist
von der Burg nur noch Wall und Graben vorhanden. Jenseits des Tales liegt
abermals ein ehemaliger Burgplatz; hier stand die Burg der Herren von
Affenschmalz.
KRAUCHENWIES.
Krauchenwies hat in der Neuzeit unter den hohenzollerischen Orten einen
bevorzugten Ruf, weil es alljährlich für mehrere Monate der fürstlichen Familie
zum Sommeraufenthalte dient. Die Nähe von Sigmaringen, welches nur 8,8
Kilometer entfernt ist, sowie die schönen, weitausgedehnten Park- und Garten-
Anlagen, welche dem Publikum zugänglich sind, machen es als Ausflugsort
sehr beliebt •
Krauchenwies ist auch ein sehr alter Ort, dessen Anfänge im Dunkeln
liegen. Die Deutung des Namens ist bis jetzt nicht zur Zufriedenheit gelungen.
Es schreibt sich: 1202 Crvchinwis, 1216 Cruchermvise, 1242 Cruchenwise, 1243
Cruchuwise, 1281, 1371 und 1392 Kruchenwis, 1313 Cruchemwis, 1427 Kraw-
chenwise, 1493 Kruchenwiss und dann Krauchenwies.
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Schon im i Jahrhundert hat Krauchenwies Ortsadel; denn wir hören
1202, also gleich nach der Wende des genannten Jahrhunderts, von einem
Albertus de Crvchinwis, Ministcriale des Klosters Reichenau, sowie von Heinrich
und Eberhard de Crvchinwies. Im Jahre 1281 ist Ber.(told) de Kruchenwis
Al>l>. 111. Der Suhlosslinf von Krauehenwie».
Zeuge bei einer Schenkung des Grafen Mangold vcn Nellenburg an das Kloster
Habstal. Lange Zeit war Krauchen wies Dekanatssitz; so wird 124 t als Dekan
Artolf, 1312 und 1111 Dekan Haertnit genannt. Der Ortsadel von Krauchen-
wies starb mit dem 13. Jahrhundert aus; denn in dieser Zeit treten als erste
urkundlich nachweisbare Besitzer die Herren von Leiterberg auf, die 1248 das
Dorf und den Turm daselbst an das Haus Österreich verkauften. Dieses gab
Burg und Dorf den von Buwenberg als Lehen. Im Jahre 1371 sendet Konrad
von Buwenberg, Ritter, den Herzogen Albrecht und Leopold zu Österreich
Krauchenwies »bürg und dorf« als Lehen auf und bittet, es dem Diethelm
Graemlich zu leihen. Aus der Urkunde geht hervor, dass die Grafen von
Montfort Krauchenwies ebenfalls schon zu Lehen gehabt hatten.
Die Graemlich waren ein viel verzweigtes, begütertes Adelsgeschlecht.
Im Jahre 1451 sendet Konrad Graemlich das Lehen, welches er nennt
»myn wasserhus«, dem Herzog Sigmund von Österreich, auf und teilt diesem
mit, dass er das »wasserhus« dem Freiherm von Zimmern zu Messkirch ver-
kauft habe, dem er es zu Lehen zu geben bitte.
Wir haben nun schon drei Bezeichnungen: Im habsburger Urbar 1303
heisst es Turm, zweifellos ein Wohnturm, im buwenberger Lehenbrief 1371
wird es Burg genannt und nun 1431 lautet die Bezeichnung zum ersten Male;
»Wasserhaus«.
In der Folgezeit wechseln die Lehensinhaber ausserordentlich rasch.
Wir finden: Zimmern, Ramsperg (1453), wieder Zimmern (1456), wieder
Graemlich (1404), Homburg (1441), Sürgenstein (151b), wieder Homburg (1562),
schliesslich Scharenstetten 11 504). Nun sollte Krauchenwies endlich in ruhigen
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109
Besitz gelangen. Nach mancherlei Auseinandersetzungen mit den früheren
Lehensinhabern wurde 1595 Krauchenwies, das Wasserhaus und das Dorf,
von Erzherzog Ferdinand von Österreich dem Grafen Karl II. von Hohen-
zollern-Sigmaringen verliehen, nachdem dieser das Lehen von Karl von Schorn-
stetten um 39000 Gulden gekauft hatte. Jetzt hatte Krauchenwies einen
Besitzer gefunden, in dessen Hände es bleiben und sich wohl finden sollte.
Fürst Karl Anton von Hohenzollern wurde hier am 7. September 1811
geboren, desgleichen von seinen Kindern die Prinzessin Stephanie am 15 Juli
1837, die spätere Königin von Portugal, und ebenso Fürst Leopold am 22.
September 1835.
Der Ort hat im Laufe der Zeiten manchen hohen erlauchten Gast am
fürstlichen Hofe gesehen. Könige und sonstige Regenten, deren Namen mit der
deutschen und europäischen Geschichte enge verknüpft sind. — -
Von den beiden Land-
häusern des Fürsten von Hohen-
zollern liegt der ältere Bau hart
an der Staatsstrasse nach Sig-
maringen, der jüngere in west-
licher Richtung im Park.
Karl II. (1576—1606) liess das
»alt Schloss oder Wasserhaus«
neu aufführen mit einer Kosten-
summe von 3795 Gulden für
»Behausung, Kirche (Kapelle),
Glockenthürmchen und Küche«.
Dieser Bau wurde später unter
Fürst Karl Friedrich
(1769- 1785) und noch in unseren
Tagen mehrfach verändert.
Das Schloss hat eine hufeisen-
förmige Grundform. Im nörd-
lichen Flügel liegt die Durch-
fahrt zum Hof. Der westliche
Flügel ist gegen Süden halb-
rund geformt. Hier ist der
älteste Teil der Anlage zu
suchen. Er enthält unten die Hauskapelle mit einem nischenartigen Ausbau
für den Hochaltar, mit darüberliegenden Wohnräumen. Die weiter nördlich
liegenden Räume sind umgebaut und dienten früher als Küche. Im fürstl. Ilaus-
archiv wird unter anderem ein Verdingzettel aufbewahrt, abgeschlossen im
Auftrag des Grafen Karl II. zu Hohenzollern-Sigmaringen von dem Rentmeister
Hilarius Hornstain und dem Baumeister Hans Waldner aus Ravensburg mit
dem Zimmermeister Hans Lacher von Langenenslingen über die Herstellung
des ganzen neuen Baus zu Krauchenwies mit »Behausung, Kürchen, Gloggen-
thürmlin und Kuchen« für 400 Gulden nebst Materialien. Geschehen zu
Sigmaringen 20. Oktober 1597.
Alib. 112. Übersieht spinn vom Schloss Krauchenwies.
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1 10
LANGF.NENSLINGEN.
Das Schlösschen in
l.angenenslingen steht mit
dem Ort in keiner wesent-
lichen geschichtlichen Be-
ziehung, sodass wir hier
davon absehen müssen, auf
die Geschichte des stattlichen
Marktfleckens einzugehen,
wenn er auch zu den ältesten
in Hohenzollcm zu zahlen
ist, da er schon 935 als
Ersilingen vorkommt.
Erst Karl II. (1576 —
1606) von Hohenzollern-
Sigmaringen liess 1576 bis
1578 das Schlösschen erbauen, wodurch er mit dtr Gemeinde in Streit geriet,
weil die ihm das Recht bestritt, das Eichenholz dazu in den Gemeindewaldungen
schlagen zu dürfen. Es kam zu einer Beschwerde beim Kaiser; der Entscheid
aber erfolgte, recht bezeichnend für den Gang der damaligen Rechtspflege,
erst 1005. Im Jahre 1027 wurde dem Turm gegenüber eine kleine Kapelle
auf der südöstlichen Ecke erbaut, die Weihbischof Georg Sigmund erst 1659
ein weiht.
Fürst Meinrad 11 . (1689 - 1715) von Hohenzollern-Sigmaringen liess Schlöss-
chen und Kapelle wieder hersteilen, und die dritte Cemahlin des Fürsten Joseph
Friedrich (1713 1765), Maria Theresia, starb hier am 7. Mai 1761. Als 1811
das Schlösschen in Privatbesitz überging, brach man die Kapelle ab. Im Jahre
1858 wurde das Schlösschen um 7400 Gulden Eigentum der Gemeinde und ist
jetzt Rathaus.
M
j**-
AI 1 I 1 . 114. Griimlplan vom Sehiössle
Lnngom>nslin}rf n.
Etwa 3 Kilometer von Langenenslingen
liegt der Berg, auf dem einst die Burg
Habsberg, schon 1116 als Habechis-
perg genannt, lag Heute sind kaum noch
Spuren vorhanden. — —
Das ehemalige »Sehiössle«, mitten im
Ort, ist ein einfacher, langgestreckter
Bau, 40 m lang, 15 m tief und hat vier
achtseitige Türme an den Ecken, über
dem Portal ist das Allianzwappen des
Fürsten Meinrad II. zu Hohenzollern-
Sigmaringen und der Fürstin Johanna
Katharina, geborene Gräfin von Montfort Jahreszahl 1719.
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III
LICHTENSTEIN.
Geht man auf
der Strasse Gam-
mertingen — Bur-
ladingen dem
Killertale zu, so
erblickt man etwa
3 km nordwestlich
von Neufra, dem
mittelalterlichen
Niuferon, links
auf beträchtlicher
Höhe, in schöner
malerischer Lage,
von der sich eine
weite, umfassende
Fernsicht bietet,
die Ruinen der
ehemaligen Burg
Lichtenstein. Es giebt verschiedene Burgen dieses Namens. Am bekanntesten
ist Lichtenstein bei Honau, allgemein berühmt geworden durch den gleich-
namigen Roman von Hauff, wiewohl die von dem Dichter erzählten Ereignisse
fast sämtlich in das Gebiet der Fabel, der Erfindung gehören. Die Besitzer der
beiden Burgen sind stammverwandt gewesen.
Sieht man unsem Lichtenstein von Südosten her, so erscheinen zwei
abgesonderte Bergkegel, die nur durch einen Grat verbunden sind, beide von
prächtigen Buchenwaldungen umrauscht. Die östliche Ruine, Neufra zugewendet,
ist die bedeutendere und heisst auch im Volksmund Lichtenstein, während die
nordwestliche Bubenhofen genannt wird. Letztere Bezeichnung ist unrichtig;
denn beide Burgen heissen Lichtenstein und gehören zueinander. Der nord-
westliche Teil war nur eine Vorburg, eine Verstärkung, ein Beobachtungsturm,
wie wir solche bei grösseren Burgen öfter wahmehmen können. Die andere
Ruine ist die der Hauptburg. Diese Verwechslung der Namen kommt daher,
weil die Herren von Bubenhofen 146S einige Zeit in Besitz von Gammertingen
und llettingen waren. In allen Belehnungsurkunden des Mittelalters heisst es
stets: Vorder- und Hinter-Lichtenstein.
Die ersten Lichtensteiner begegnen uns 127S, Sweniger und Bertold von
Lichtenstein. Ob sie damals Lehensleute der Grafen von Hohenberg waren,
wie behauptet wird, scheint mir nicht; denn 1425 nennen die Grafen von
Zollern sie ausdrücklich »unsere Diener«:, sie waren somit zollerische Dienstleute.
Dieser Sweniger, auch Swänger, stiftete 1732 eine Kapelle auf dem Friedhof
zu Neufra. Der Name Sweniger, Swaeniger, Svvenger, Schwenger ist erblich
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1 12
in der Familie und findet sich von 1278 — ^386. Auch die Namen Dietrich und
Burkhard sind häufig bei ihnen. Ulriche von Lichtenstein kommen im 14. und
IV Jahrhundert vor. Um 1344 war ein Ger (wohl Gerig, Georg) von Liehten-
stain Komtur zu Villingen. Ein anderes Glied der Familie, Heinrich, hatte sich
1425 ebenfalls dem geistlichen Stande gewidmet; er war Mönch zu Salem. In
den Jahren 1413 — 1418 begegnen wir einem Ulrich von Lichtenstein als württem-
bergischer Vogt zu Rosenfeld. Die Schreibweise Liehtenstain kommt häufig
vor, wohl weil im Mittelalter das h scharf wie ch gesprochen wurde.
Vorder- und Hinter-Lichtenstein erfuhren vielen Besitzwechsel. Sehr wahr-
scheinlich brachte Adelheit von Zollern (•}• vor 1382» Lichtenstein ihrem Gatten,
dem Grafen Heinrich von Veringen (-5-136*1), zu. Deren Sohn Wöltlin vermachte
die Pfandschaft von Lichtenstein 1407 an Heinrich von Rechberg von Hohen-
rechberg. Aber schon hatten die verschuldeten Veringer das Meiste der Burg
an Württemberg verkauft; denn 14 11 versetzte Graf Eberhard von Württemberg
dem Heinrich von Rechberg die vordere Burg ganz und Lichtenstein die hintere
Burg halb. Es herrscht auch bei Lichtenstein, wie bei vielen Burgen und Be-
sitzungen in jener Zeit, ein krauser Durcheinander, indem durch stetes Verpfänden
die Pfandinhaber häufig wechseln. Als 1442 die Württemberger ihre Besitzungen
teilten, kam Vorder-Lichtenstein und halb Hinter-Lichtenstein an Graf Ludwig I.
Im Jahre 1447 kaufte Graf Ulrich das Burgstall Hinter-Lichtenstein. Um
1437 wird auf Vorder-Lichtenstein als Burgvogt Lenz von Hausen genannt. Nun
fielen 1474 das Burgstall Vorder-Lichtenstein und halb Hinter-Lichtenstein an
Hans von Bubenhofen als württembergisches Lehen. Die von Bubenhofen ver-
kauften das Lehen an Dietrich Speth, Erbtruchsess von Württemberg. Bei dieser
Familie blieb es bis nach dem 30jährigen Krieg. Jetzt ist Vorder- und Hinter-
Lichtenstein in Besitz des fürstlichen Hauses Hohenzollem.
Wann die Burg Lichtenstein bei Neufra zerstört wurde, ist nicht bekannt.
Wahrscheinlicher ist, dass sie nicht mit Gewalt gebrochen wurde, sondern seit
langer Zeit unbewohnt blieb und dann zerfiel, wobei Menschenhände durch
Abbnich noch mitwirkten.
LTnsere Lichtenstein waren auch bei Neckarhausen begütert Eine interessante
Kirchenfahne, eine Seltenheit in Leinenknüpfarbeit, fand ich vor Jahren zu
Neckarhausen; sie ist jetzt in der fürstlich hohenzollerischen Sammlung zu
Sigmaringen.
Vorderlichtenstein, hoch über dem Fehlatale, dem Orte Neufra
zunächst gelegen, ist eine Burganlage von unregelmässig dreiecker Grundform
von etwa 30 m Seitenlänge. Die starke Ringmauer ruht auf einem 6 — 8 m
hohen Felsunterbau. Ln der nördlichen Ecke erhob sich ein rechteckiger Turm
von 8.4 m Länge und 6,6 m Breite aus mächtigen Buckelquadem, dessen nord-
östliche Ecke noch etwa 5 m hoch aufrecht steht. Der übrige Teil ist in sich
zusammengestürzt. Der Eingang zum Turm lag gegen Süden dem Burghof zu.
Der Eingang zum Burginncm befand sich in der östlichen Ringmauer nahe dem
Turme. Die Ringmauer, mit noch sichtbarem Wehrgang, ist gegen Nordwesten
2,2 m, gegen Osten 2,1 m, gegen Süden 1,7 m stark. Die auf der Nordwest-
seite erhaltene Wehrmauer ist 1,35 m hoch, 0,8 m stark; der nach innen
liegende Wehrgang 1,4 m breit. Der Wehrgang liegt etwa 3 m über dem
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1 13
Burghof und 6 — 7 m über dem äusseren Felsen. Im Burginnern an der südlichen
Ringmauer ist ein Mauerteil aus schön gefügten Quadern erkennbar, vielleicht
ein Rest des ehemaligen Wohnhauses. Jetzt ist alles dicht verwachsen und
fast unzugänglich.
Abb. Illi. Rechts (inuuiplan von Vnrder-Lichtensteiii, links Grundplan von Hinter- Licbtenstein.
Ilinter-Lichtenstein liegt 300 m westlich von Vorder-Lichtenstein entfernt,
ebenfalls auf schroffem Felsen und etwas höher als Vorder-Lichtenstein. Der
Burgbering bildet ein unregelmässiges Viereck von etwa 25 in Seitenlänge.
Die südöstliche Ecke ist stark abgerundet. Hier lag, nach den vorhandenen
Mauerresten zu schliessen, das Wohnhaus von 12 m Länge und 7 m Breite.
Die Ringmauer ist grösstenteils abgestürzt, auf der Nord- und Südseite stehen
noch einige Stücke derselben aufrecht. Sie war auf der Ostseite und auf
der Nordseite 1,6 m, auf der Südseite 2,3 m stark und meist auf Felsen aufge-
setzt. Der südlichen Ringmauer war ein schmaler Zwinger von 1,4 m Breite
vorgelegt. Der Eingang zum Burghof lag auf der Ostseite zwischen dem Turm und
dem Wohnhaus. Der Turm in der nordöstlichen Ecke der Burganlage ist aussen
viereckig, 7,6 m lang und 6,7 m breit, innen rund {2,8 m Durchmesser), aus
mächtigen Buckelquadem mit Randschlag hergestellt. Die südwestliche Ecke
mit dem schön abgetreppten Sockel ist noch in einer Höhe von 12 — 15 m vorhanden.
Die nordöstliche Hälfte ist abgestiirzt. Von der ehemaligen Eingangspforte auf
der Südseite steht noch in einer Höhe von etwa 6 m vom stark verschütteten
Burghof ab der linke (westliche) Pfeiler und ein Teil des Rundbogens, auch
der Gewölbeansatz des ehemaligen Durchgangs zum Turminnern. Die
Eingangspforte war etwa 0,90 m breit und 2 m hoch. Die alte Öffnung für den
Verschlussriegel ist noch sichtbar; ebenso die Balkenöffnung eines Tragbalkens
der Plattform vor der Eingangspforte. Die Mauerstärke des Turmes beträgt auf
der Südseite 2,3 m, auf der Nordseite 1,55 m einschliesslich der Ringmauer,
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1 14
ohne letztere 1,15 m. Burghof und nächste Umgebung ist jetzt ganz
bewaldet.
Die von Lichtenstein waren auch in und bei Neckarhausen ansässig
und begütert. Von der auf der jetzt bewaldeten Bergkuppe etwa 200 m über
der Talsohle gelegenen Burg sind nur noch ein Ringgraben und wenige Mauer-
reste sichtbar.
4k
DER L1NDICH.
Das Lust-
schloss Lin-
dich ist mit
der Villa
Eugenia das
jüngste unter
den hier be-
handelten
Schlössern
Hohen-
zollems. Es
ist ein schön
gelegener
Sommersitz,
etwa 4 Klm.
westlich von
Hechingen,
oberhalb der
Staufenbur-
Abb. 117 . Der Lindieh. ger Höhe. Im
Jahre 1742 er-
baute Fürst Friedrich Ludwig von Hohenzollem-Hechingen den Lindieh.
Vom Jahre 182b — 1834 diente der Lindieh dem Erbprinzen Friedrich
Wilhelm Konstantin und der Erbprinzessin Eugenie als Residenz. Als König
Friedrich Wilhelm IV'. 1856 die Burg Hohenzollem besuchte, wohnte er, die
Königin und Prinz Wilhelm von Preussen, der spätere Kaiser Wilhelm I., Gäste
des Fürsten Karl Anton von Hohenzollem, auf dem Lindieh. Im folgenden
Jahre nahm die Prinzessin Stephanie von Hohenzollem, als Braut des Königs
Dom Pedro V'. von Portugal, mit ihren Eltern nnd Brüdern und dem portugie-
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i>5
sischen Gesandten Grafen Lavradio für eine Nacht Aufenthalt im Lindich. Ein
weiteres geschichtliches Ereignis von ganz besonderer Bedeutung für Hohen-
zollem war der Aufenthalt König Wilhelm I. von Preussen am 2. Oktober
1SÖ7 mit der Königin Augusta
und dem Kronprinzen Friedrich
Wilhelm zur Empfangnahme
der Schlüssel der neu erbauten
Zollerburg. Die königliche
Familie w'ar auch dies Mal
wieder Gast der fürstlich-
hohenzollerischen Familie, des
Fürsten Karl Anton von Hohen-
zollem, Miterbauers der Burg.
Auch 1873 sah der Lindich hohe
Gaste, indem die fürstlich hoben-
zollerische Familie aus Sigma-
ringen nebst dem Fürsten Karl
und der Fürstin Elisabet von
Rumänien sowie dem Grafen
und der Gräfin von Flandern
längere Zeit in der Villa Eugenia
und dem Lindich Wohnung Abb, 118 . Grundriss des zweiten Obergeschosses.
nahmen. Jetzt wird der
Lindich nicht mehr be-
wohnt. —
Das Schloss, ein
quadratischer Bau von
21,35 m Seitenlänge mit
Eingang auf der Süd-
seite ist im Innern durch
breite Gänge kreuzweise
geteilt. Im Mittel-
raum sind die Ecken
abgeschrägt und mit
Nischen versehen. Im
östlichen Seitenarm
liegt die Treppe, im
westlichen Flügel die
Hauskapelle. Südlich ist
ein Balkon, auf Säulen
ruhend, angeordnet. Im
zweiten Obergeschoss
bildet der Kern ein
regelmässiges Achteck.
Über diesem inneren • ■
Raum wölbt sich eine Abb. 119 . Grundriss des Erdgeschosses.
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1 16
Abli. ISO. rbmichtgplan des Lindich.
Kasettenkuppel ' von dorisirenden
Säulen getragen, darüber liegt eine
zweite, über Dach geführte Kuppel.
Nach einem alten Plan vom Lindich
war ein dreistöckiges Gebäude mit
mächtigem Wappengiebel gedacht;
jetzt zeigt der Bau nur 2 Stock-
werke mit 4 einfachen Giebelauf-
sätzen nach jeder Seite ; Mansarden-
dach und über diesem die achteckige
Kuppel mit geschweiftem Dach und
Vasenabschluss. Der jetzt um das
Gebäude geführte Laubgang ist nach
dem Jahre 1800 entstanden.
MELCHINGEN.
Uralter Kulturboden, eine Gegend, die der Mensch seit Jahrtausenden
als Wohnstätte sich erwählte! Daraus folgt, dass ihn die Alb anmutete, dass
sie ihm bot, was er suchte. Lhid das war auch bei Meldungen der Fall. Hier
befinden sich die Überreste und deutliche Spuren einer vorgeschichtlichen
Volksburg, hier wohnten Menschen der Hallstadtzeit, hier fanden es die
Römer gut, bauten eine Strasse und setzten ihre Ansiedler hierher. Auf dem
PfafTcnberg opferten sie ihren Gottheiten, dafür zeugen die Funde, die dort
und in nächster Umgebung gemacht wurden. Die sich hier ansiedelnden
Schwaben nannten ihren Wohnort Malichingen — nicht Mulichingen - wie
der Name zweifellos unter den Schenkungen, die Bleon und sein Sohn Otto
772 an das Kloster Lorsch machten, gelesen werden muss. Als noch die
spätere Grafschaft Gammertingen ihren ehemaligen Gaunamen Burichinga
führte, bestand Malichingen schon.
Wir lesen, wie schon gesagt. 772 Malichingen, 1040 — 1100 klar, deutlich
und für Malichingen sprechend, Malichingin und Malechingen, 1275 '284
Melchingen, dann im 14. Jahrhundert Maelchingen und von’ da an ebenso
Maelcbingen wie Melchingen Genau geschrieben müsste somit der Name
Mälchingen lauten. Diese Bezeichnung deutet auf einen Gründer des Ortes mit
dem Personennamen Malicho und das ist von besonderer Wichtigkeit für die
Ansiedlung. Er leitet sich nämlich ab von Malulf, Malbad, Malkop u. dergl. m.
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'«7
Hierin steckt der Stamm mal = Versammlung = Rede, gebildet aus madal =
Versammlungsplatz. Das erinnert aber sofort an mahal — Gerichtsstätte,
Malstätte, uud somit wäre Melchingen in altschwäbischer Zeit schon die
angesehene Malstätte der Burichinger Marca gewesen.
Alib. 121. Ruine Melchingen.
Dass sich an einem solchen Orte ein Edeling schon in früher Zeit seine
Burg bauen würde, nachdem er vorher vielleicht mehr als viele Jahrzehnte im
Orte selbst auf seinem Herrenhofe gewohnt, kann nicht auffallend sein. Es
überrascht uns daher nicht, dass wir unter den Schenkungen an das Kloster
Zwiefalten (1100-1138) auch solche von einem Albertus de Malichingin finden,
wenn dieser nicht ein Edler von Hölnstein war. In den Jahren 127g und 1287
werden dann Burkhard und Amold von Melchingen als Zeugen bei einem
Kaufakte der Grafen von Zollern genannt Wie wir das immer wieder bei
den Edelleuten sehen, dass sie ihr Eigentum als Lehen einem Mächtigeren auf-
geben, um es in gleicher Eigenschaft wieder zurück zu erhalten, so auch bei
denen von Melchingen: denn schon 1344 besitzen die Grafen von Württem-
berg die Burg zu Melchingen und geben sie Burkhard dem Melchinger zum
Lehen. Es wird sich hier aber nicht um die ganze Burg gehandelt haben;
denn wir sehen in der Folgezeit verschiedene Teile der Burg in verschiedenen
Händen. So war 1402 Hans von Zimmern Herr eines Drittteils der Burg;
denn in diesem Jahre leiht er den genannten Teil dem Wilhelm Schenk von
Stauffenburg, wobei erwähnt wird, dass vorher Kunz der Melchinger selig
darauf gesessen habe. Und 1439 verkauft Hans von Melchingen seinen Teil
an der Burg, nämlich das Vorderhaus halb und den hinteren Stock an die
Grafen von W erdenberg. Wieder fünf Jahre später verkauft Renhard von
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Meldungen seine Hälfte der Burg an Graf Eberhard von Werdenberg. Es ist
hieraus zu schliessen, dass die Burg ziemlich umfangreich gewesen ist und
aus mehreren Wohnungen, Häusern und dem Turm bestand. Oswald Gabel-
kover zählt Melchingen noch zu den württembergischen Burgen, was nicht
zutrifft (s. Holnstein).
Die Grafen von Werdenberg waren durch mehrere Käufe in Besitz der
ganzen Burg und vieler Liegenschaften des Pfarrdorfes gekommen, das schon
sehr früh eine eigene Pfarrei besass, die 1375 zum Dekanat Ringingen gehörte.
So angesehen und mächtig die Grafen von W’erdenberg waren, den Melchinger
sollte die neue Herrschaft verhängnisvoll werden.
Die Werdenberger hatten drei Knechte des Eberhard von Klingen berg
gefangen genommen und, nach der unbarmherzigen Sitte damaliger Zeit, jene
sehr hart und grausam behandelt. Einer dieser drei Knechte, Konrad Rouber,
genannt Guttelin, vei langte, wieder frei geworden, Schadenersatz, der ihm ver-
weigert wurde. Da nahm 1464 Hans von Rechberg mit Eberhard von Klingen-
berg und Wolf von Asch sich des Knechtes an, der ihnen eine willkommene
Ursache bot, Raub und Brand zu üben, was dem wüsten Rechberg der liebste
Sport war, und kündigten den Werdenbergem Fehde an. Beide Parteien ver-
stärkten sich durch zahlreiche Adelige, und es entstand ein fast ganz Schwaben
in Mitleidenschaft ziehender Krieg, der unsagbar viel Elend über Land und
Leute brachte. Hans von Rechberg sammelte bei dreihundert Schnapphähne
zu Pferd und etliches Gesindel zu Fuss, Alle seiner würdig, und zog, ein rechter
Raubritter, in den werdenbergischen Ortschaften umher, brennend, raubend,
brandschatzend und mordend. Hierbei erlitt auch Melchingen als werden-
bergischer Ort das Schicksal, heimgesucht zu werden. Viele Burgen wurden
belagert und zerstört. Hans von Rechberg besass nicht weniger als drei Burgen,
auf denen er seinen Raub zu bergen wusste. In einem Zusammentreffen bei
Homberg ereilte ihn sein Geschick. Er stiess sich durch Zufall einen Pfeil in
den Leib, den ein armer Bauer auf ihn geschossen, der ihn jedoch nicht einmal
verwundet hatte. Mit dem ihm eigentümlichen Kraftwort hosta madostha
kündete er sich selbst den Tod an und starb drei Tage später in Villingen,
wahrscheinlich an Blutvergiftung, immer noch besser daran als jener von Rech-
berg, dem die LTmer wegen seines Wegelagems den Kopf abschlugen.
Aus jenen Tagen wird uns von Melchingen auf Grund urkundlicher Nach-
richt eine für die Zeit des ausgehenden Mittelalters charakteristische Busse er-
zählt. Hans Nollhart und Boltz, beide aus Melchingen, die den Hans Singer von
Undingen erschlagen hatten, sollten für dessen Seelenheil 40 Messen lesen lassen.
Dabei mussten sie mit 60 Männern, deren jeder eine einhalb Pfund schwere Kerze
trug, während ihre eigene ein Pfund im Gewicht haben sollte, zum Opfer
gehen. Ferner waren sic verpflichtet, ein fünf Fuss hohes und drei Fuss breites
Steinkreuz aufrichten zu lassen, einen Jahrtag für Hans Singer zu stiften, deren
Verwandten 20 Gulden zu geben und binnen Jahresfrist eine Wallfahrt nach
Ach und eine nach Einsiedeln zu »Unser lieben Frowen« zu machen. So hatten
es Graf Jos Niklas zu Zollern, Graf Eberhard von Württemberg und Graf
Georg von Werdenberg mit einander verglichen, Graf Eberhard als Herr von
t 7 ndingen, Werdenberg als Besitzer von Melchingen und Graf Jos Niklas als
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Hauptmann der Herrschaft Hohenberg. Angesichts der grausamen Justiz jener
Zeit fiel die Strafe für den Todschlag, denn Mord wird es nicht gewesen sein,
sehr gelinde aus. Die städtischen Gerichte gingen schärfer gegen solche Übel-
täter vor. Da sassen die Köpfe loser. Bei diesem Vorfall denkt man unwill-
kührlich an eine Erscheinung, die uns in Melchingen auffällt. Bei der Bemhards-
kapelle stehen nämlich — wie das auch von anderen Orten in llohenzollem
nachzuweisen ist — zwei rohgearbeitete, etwa 0,90 m hohe Steinkreuze. Diese
Steinkreuze boten dem flüchtigen Verfolgten Sicherung. Hatte er ein solches
erreicht, so durfte er nicht mehr verhaftet werden, daher trugen diese Kreuze
den Namen Freisteine. Es kommt aber auch vor, dass solche oder ähnliche
Steinkreuze nur Sühnekreuze sind, wie sie die Verbrecher zur Sühne errichten
mussten ; denn Taten, wie Nollhart und Boltz sie büssten, kamen in jener rohen,
gewalttätigen Zeit vielfach vor und ebenso Sühnen, wie wir sie oben schilderten.
Melchingen blieb im Besitz der Werdenberger bis zum Aussterben der-
selben und fiel dann an die Fürstenberg. Nun gehört es zum preussischen
Oberamt Gammertingen.
So blickt der stattliche Marktflecken auf eine fast zwölfhundertjährige
Geschichte, und könnten wir feststellen, wann die ersten Ansiedler sich hier
an dem Ursprung der Lauchert niederliessen, dann käme eine Zeit heraus, die
wohl gut doppelt so hoch zu bemessen wäre.
Südöstlich vom Ort Melchingen auf dem
nordwestlichen Ausläufer eines Bergrückens,
dem Pfaffenberg gegenüber, liegt die umfang-
reiche malerische Ruine, jetzt ganz bewaldet.
Der Burgbering umfasst eine Grundfläche
von rund 60 m Länge und 45 m Breite
und enthält drei selbständige Gebäude. Der Ein-
gang führt von der nordwestlichen Ecke an der
westl. Ringmauer entlang zu dem freistehenden
fünfeckigen turmartigen Wohnhaus mit zwei
Eingängen auf der Nord- und Südseite. Dieses
ist jetzt noch 4 Stockwerke hoch und wird
in den Urkunden als »Vorderhaus-« bezeichnet.
Die Mauerstärke im Erdgeschoss ist 1,70 m, in
den oberen Stockwerken um etwa 25 cm ab-
gesetzt. Im obersten Stockwerk ist die Mauer
noch 0,9 m stark. Die Eingänge waren mit
Holzbalken abgedeckt, darüber Entlastungs-
bögen (flache Spitzbögen) in der äusseren und inneren Mauerflucht. An beiden
Türöffnungen sind noch die I^öcher der Verschlussriegel sichtbar. Im unteren
Stockwerk sind schlitzartige Fensteröffnungen, in den oberen Stockwerken teils
grössere Fensteröffnungen mit Resten des alten Wandverputzes, teils (gegen
Süden) kleine schmale Fensterschlitze. Nördlich vom Vorderhaus, jenseits des
hohen Felsens, an die nördliche Ringmauer angelehnt, liegt ein kleineres
Gebäude, vielleicht die ehemalige Badstube, 12 m lang, 9 m breit, auf der
Südseite an der südwestlichen Ecke ist der Eingang zu suchen, daneben ist ein
Abli. 122. Grnndplan der Burg
Meidling)-!).
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120
schmaler Fensterschlitz sichtbar. Am i.Juni 1451 verkaufte Hans von Melchingen
zu Reutlingen gesessen, die Badstube, welche er beim Verkauf am 6. November
143U ausgenommen hatte, an die Grafen Heinrich, Hans und Eberhard von
Werdenberg, weil dieselbe inzwischen baufällig geworden war. In der nord-
östlichen Ecke der Burganlage und weit über die nördliche Ringmauer vor-
springend liegt ein langgestrecktes Gebäude 20 m lang und n m breit dessen
3 I'mfassungsmauern nördlich, östlich und westlich noch etw 5—6 m hoch
stehen. Die südliche Schmalseite gegen das Burginnere fehlt. Dieses Gebäude
war wohl der obengenannte »hintere Stock«. Die Ringmauer sitzt meist auf
Felsen, der sich an der südlichen Seite bis zu 3 m erhebt. Sie hat gegen
Norden und Westen 1,20 m Mauerstärke und steht gegen Westen noch 5 - 6 m
hoch, die hier vorhandenen 4 Schiessscharten sind aussen 0,15 m breit und
1,05 m hoch. Um die Ringmauer läuft auf der Ost-, Süd- und Südwestseite
ein 10 m breiter Ringgraben Im oberen Burghof nahe der östlichen Ring-
mauer unweit des Vorderhauses, welches nach dieser Seite (nach dem oberen
Burghof) einen weiteren Ausgang gehabt haben mag, ist der Brunnen zu
suchen, jetzt noch an einem schachtartigen Wasser loch von etwa 1 m Durch-
messer erkennbar Der Unterhof lag 6 — 7 m tiefer als der Oberhof. Zur Ab-
grenzung führte vom Haupteingang in der nördlichen Ringmauer eine Schutz-
mauer gegen den Haupteingang an der Nordseite des Vorderhauses. Mehrfache
Mauerreste lassen dies annehmen. Der Unterhof ist gegen Süden durch Heraus-
ziehen der Ringmauer stark erweitert. Die äusserste westliche Spitze der
Mauer daselbst ist abgerundet.
»»
PFANNENSTIEL.
In stiller Waldeinsamkeit, etwa eine Stunde südwestlich von der Abtei
Beuron im Donautal, liegt hart an der württembergischen Grenze, hoch über
dem Bdratal, die Ruine Pfannenstiel. Nicht eine der Burgen, die wir in unsere
Besprechungen eingezogen, hat eine so ärmliche Geschichte aufzuweisen, wie
Pfannenstiel. Unweit der Ruine, die auf einen ziemlich ansehnlichen Bau
schliessen lässt, liegen eine Reihe bedeutender adeliger Sitze, wie das ganz
nahe stattliche Kallenberg, Bronnen, der trotzige Wildenstein, Werenw-ag, einst
der Sitz des Minnesängers Hug von Werenwag, u a. ; von allen diesen Burgen
sind uns mehr oder weniger urkundliche Nachrichten überliefert. Von der
Burg Pfannenstiel dagegen wissen wir soviel wie gar nichts Erst im 15. Jahr-
hundert wird ihr Name genannt, doch ist die Burg damals schon in Verfall
geraten und wird als Burgstall mit Gütern verkauft. Damals scheint sie in
Besitz eines von Werenwag gewesen zu sein; denn Margareta von Urbach,
des Jörg von Werenwag Hausfrau, giebt ihre Einwilligung zum Verkauf des
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12
Burgstalls mit der Gemarkung Eck und allem Zubehör an das Kloster Beuron
und den Mitkäufer Hans von Spretter von Rottweil zu Mühlheim. Es scheint
demnach, dass Frau Margareta Pfannenstiel als Heiratsgut mitbrachte, oder Jörg
von Werenwag ihr das Besitztum als Gegengabe für ihre Mitgift verschrieben
hatte. Pfannenstiel blieb von da an in Besitz des Klosters Beuron und ist nun
Eigentum dej fürstlichen Hauses Hohenzollem,
Von der Höhe
läuft der schmale Burg-
weg auf dem Grat hin
zu einem künstlich
erweiterten Felsein-
schnitt und durch diesen
zu dem Eingang auf der
Süd Westseite des Vor-
hofes. Von hier führt
der Zugang der östlichen
Ringmauer entlang,
mittelst Rampe oder
Treppe, zu der jetzt
ausgebrochenen Ein-
gangspforte auf der
Mitte . der östlichen
Ringmauer und durch
diese in das jetzt stark
verschüttete Burginnere.
Das Balkenloch für den
Sturzriegel der Eingangspforte ist am rechten Torpfeiler noch sichtbar. Die
Ringmauer ist 2,30 m stark und aus geschickt gefügtem Bruchsteinmauerwerk
hergestellt Sie umfasst eine Grundfläche von rund 23 m Länge und 12 m
Breite und steht auf der Ostseite noch 6 — 7 m hoch. Auf der Nordseite sitzt
die Ringmauer quer über dem gegen Nordosten steil abfallenden Felsgrat, führt
unter rechtem Winkel über den steilen Hang auf der Westseite und schliesst
mit Abschrägung an der östlichen Ringmauer wieder an. Im Burginnem, rechts
vom Haupteingang, ist die Wasserzisterne an einem schachtartigen Gemäuer
von etwa 1,30 m Lichtweite erkennbar. An die westliche Ringmauer angelehnt
liegen die stark verschütteten Wohnräume von geringer Ausdehnung, im
wesentlichen 2 Räume durch eine 80 cm. starke Mauer getrennt, jedoch wohl
im oberen Stockwerk durch eine Türe verbunden. Der nördlich gelegene
Raum zeigt eine Fensteröffnung auf der Westseite. Der südwestlich gelegene
Raum, als Wohnturm anzuprechen, etwa 9 m lang, 4,60 m breit, gab freien
Ausblick ins Bäratal. Gegen Süden Lst ein kleiner Bau in die Ecke gesetzt,
dessen Mauerreste noch erkennbar sind; dort fehlt die Ringmauer. Es ist
möglich, dass sich an dieser Stelle ein Fenster befand. Der dem abgeschrägten
Turmbau vorliegende hohe Felsunterbau springt torartig vor und schliesst den
Grabeneingang an dieser Stelle ab. Gegen Osten ist der eigentlichen Burg ein
etwa 22 m breiter und 25 m langer Vorhof mit ringsumlaufender Mauer
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122
vorgelcgt. Diese Mauer folgt dem Felsen und schliesst an der nördlichen und
südlichen Ecke der Ringmauer an; an der Nordseite ist der Anschluss an der
abgebrochenen Ecke der Ringmauer zu suchen. In dem Vorhof lag gegen
Südosten an der Mauer angelehnt ein kleines Gebäude (Stallung). Jetzt noch
bietet sich ein umfassender Ausblick von der Höhe der Ringmauer: gegen
Osten und Südosten hoch aufstrebend die Burg Wildenstein und Schloss
Bronnen; die Burg Kallenberg ist nicht sichtbar, gegen Nordwesten schweift
der Blick ins Bäratal. Nördlich am Fusse des Felsens liegt der Rainfelderhof.
£
Mit Melchingen zählt
Ringingen zu den ältesten
Orten auf der Alb. Nach
Gallus Oheim befand es
sich unter jenen Schenkun-
gen, die Graf Gerold im
8. Jahrhundert (796) dem
Kloster Reichenau machte.
Es wird dort >Ringingen
uff der Schär« genannt,
woraus man folgern sollte,
dass es zum Scherragau
gehört habe. Das ist aber
nicht der Fall; denn seiner
Lage nach muss es zur
Grafschaft Gammertingen
(Burichinga-Gau)
gerechnet werden, wenn
die angeführte chronikali-
sche Nachricht überhaupt
richtig ist. Dass Ringingen
eine sehr alte Ansiedlung ist, beweist sein Name, der fast immer ganz gleich
Ringingen geschrieben wurde und von einem Personennamen Ringo, Hringo,
was soviel heisst als der Gepanzerte, herzuleiten ist.
Das Geschlecht der von Ringingen kommt schon in einem Eberhard von
Ringingen 1277 vor, wo der Ort eine eigene Pfarrei besass. In demselben
Jahre wird uns nämlich ein Swiger als Dekan zu Ringingen überliefert. Die
Edlen von Ringingen, ein begütertes Geschlecht, waren ein Nebenzweig der
RINGINGEN.
Abb. 124. Ruine des Ringinger Bergfrieds.
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12 ?
Truchsesse von Urach und hiesscn sich auch Truchsesse von Ringingen. Im
Jahre 1342 nennt sich Kuon von Ringingen Ritter, Truchsess von Urach. Ein
Konrad Truchsess ist 1 398 Bürge für Graf Rudolf von Hohenberg. Besonders
häufig kommt in dem Geschlechte der Name Georg, Jerig, Jörg, Gerie vor.
Heute noch sagt der Volksmund für Georg — Gore. Wir begegnen diesem
Namen von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bis Ende des fünfzehnten,
wo 1480 Jörg Truchsess von Ringingen auftritt. Dieser Jörg scheint der letzte
Truchsess von Ringingen gewesen zu sein. Württemberg und Zollem waren
stark begütert zu Ringingen. Oswald Gabelkover zählt Ringingen noch zu den
württembergischen Burgen (s. Hölnstein). Von Württemberg gingen die Rechte
und Besitzungen an die Werdenberg über, und deren Erben waren die Fürsten-
berg. So kam es, dass Hohenzollem und Fürstenberg sich in die Rechte über
Ringingen und Holstein teilten, bis durch den Vertrag von 1384 diese Sache
geregelt wurde (s. bei Holstein).
Die zimmerische Chronik erzählt von den Herren von Ringingen, sie seien
1279 noch Freiherren gewesen. Die Burg scheint unter Herzog Ulrich zerstört
worden zu sein. Der genannte Chronist sagt (1306) von der Burg — »die
maum steen noch mertails und ist ein schöner, ahnsehnlicher edelmannssitz
gewesen«. Der letzte Besitzer war Schmeller von Ringingen, ein wilder
Geselle, der nach seinem Tode als ruheloser Geist im Schlosse rumorte, bis es
wie vorhin angegeben, zerstört wurde.
N Südlich vom Pfarrort in dessen nächster Nähe
auf bewaldetem Bergkopf, Näh- oder Nehberg ge-
nannt, steht als Rest der ehemaligen Burg Ringel-
stein ein mächtiger viereckiger Turm, 8 m lang, 7,5 m
breit, noch 12 m hoch mit einer Mauerstärke von
rund 2,60 m. Der Eingang zum Turm liegt auf der
Südostseite b m über dem Boden, er ist 1,20 m
breit, gewölbt, bis zum Widerlager 2,17 m, bis zum
Scheitel 2,45 m hoch. Das Loch für den ehemaligen
0 Verschlussriegel der Eingangstüre ist noch vorhanden.
Das Eingangsstockwerk ist durch ein Fenster be-
leuchtet. Das obere Stockwerk von der jetzigen
Mauerkrone bis zum Mauerabsatz 4 m hoch hat
eine Lichtweite von 4,22 auf 4,30 m. Es ist nach
der Nordwestseite um 1,25 m, nach den übrigen
Seiten um 0,80 m abgesetzt und ist ebenfalls durch
ein Fenster beleuchtet. Die Umfassungsmauern sind aus regelmässig geschichteten
Kalksteinen, die Ecken aus grossen Buckelquadern hergestellt. Der Turm liegt
in der Nordostecke des Burgberings. Die Anschlüsse der Ringmauer sind auf
der Ostseite 1,20 m und auf der Nordseite 2,00 m stark. Ein Ringgraben auf
der Nordseite schloss die Burganlage von dem höher gelegenen Bergrücken ab.
Am Fusse des Berges gegen Südwesten liegt eine ummauerte Hülbe von ovaler
Grundform.
Von Ringingen 20 Minuten entfernt, oberhalb der Strasse nach Burladingen
im Buckental, liegt auf schroffem Felsen 70 — 80 m über der Talsohle das sog.
«
* • * » 4 t
»444-14
Abb. 125. Grundriss des
Bergfrieds.
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>34
»Aloysi-Schlössle«, die ehemalige Vorburg der llauptburg, und von letzterer
aus deutlich sichtbar. Der turmartige Bau aus ungleich grossen geschichteten
Mauersteinen mit grossen Quaderstücken an den Ecken ist von unregelmässiger
fünfeckiger Grundform. Der Eingang ist auf der Ostseite (Bergseite) zu suchen.
Der jetzige Name stammt aus viel späterer Zeit.
SALMENDINGEN.
Burg und Ort
Salmendingen
liegen auf dem
Heufeld. Die
Erklärung des
Wortes Heufeld
ist ganz ähnlich
der des Heu-
berges, wovon
wir bei der Burg
Hohenberg
sprachen. So
angesehen und
bedeutend wie
das nahe
Meldungen
(s. d.) war
Salmendingen
nicht, wiewohl
es kaum viel
später seine ersten Ansiedler in geschichtlicher Zeit besass; denn in seinem
Namen liegt, dass es auch bei der Besitznahme des Landes durch die Schwaben
gegründet wurde. Allerdings tritt es nachweisbar erst in verhältnismässig später
Zeit aut. Es wird zuerst 1245 als Salbeningen erwähnt, 1275, wo es schon
eine eigene Pfarrei besitzt, heisst es auffallender Weise Saelberingen, 1313 — 131)4
wird es stets Salbadingen geschrieben, 1387 zuerst Salmadingen neben Salba-
dingen und dann in der Folgezeit Salmandingen und Salmendingen. Man hat
den Namen auf den Personennamen Salmunt (sal = Haus, Heim, und munt =
Schutz, Schützer) zuruckgeführt, da aber die ältesten Schreibweisen auf b lauten,
Abb. 126. Ruine Salmendingen (Bergfried).
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so liegt es eigentlich näher, an den Personennamen Salbod zu denken, gleich-
bedeutend mit Hausgebieter.
Die von Salbeningen waren ursprünglich zollerische und dann hohen-
bergische Ministerialen, genossen aber nicht unbedeutendes Ansehen. Zuerst
erscheint Peregrinus von Salbeningen 1245; dann 1260 Hartmann und 1202 ein
weiterer Peregrin. Im Jahre 1313 ist Ritter Johann von Salbadingen Bürge für
Graf Friedrich von Zollem-Ostertag. Die von Salbadingen waren mehrfach
versippt mit denen von Ow, von Pflummem, von Stain, von Stadion und von
Lichtenstein. Schon 1330 verloren sie ihren Besitz zu Sahnendingen und mit
Heinrich von Salbadingen, der 1 392 mit anderen schwäbischen Adeligen bezeugte,
dass in einem Feldzug gegen die Türken und Heiden ein Deutscher das St.
Georgspanier tragen dürfe, scheint das Geschlecht erloschen zu sein.
Schon 1363 erscheint ein anderes Geschlecht, das den Truchsessen von
L’rach angehörte und sich Truchsess von Salbadingen nannte. Dieses war
aber nicht in Besitz der Burg; denn als Besitzer des Burgstalls und verschiedener
Güter und Leute tritt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Burkhard
Schilling auf, der das alles an Wilhelm Ungelter von Reutlingen verkaufte.
Damals war Salmendingen schon Reichslehen. König Wenzel belehnt 1380
den Ungelter damit. Von Bestand war dieses Ungelter Lehen nicht; denn
König Ruprecht lieh alles an Graf Eberhard von Werdenberg. Als Graf Johann
von Werdenberg 144S versäumte, das Lehen bei dem neuen König Friedrich III.
zu empfangen, gab dieser es dem Hans von Rechberg. Doch schon 1445 ver-
lieh König Maximilian den Burgstadel den Werdenbergem wieder. I111 Jahre
1523 kommt die Burg nochmals als österreichisches Lehen vor, war aber schon
lange nicht mehr bewohnt und zwar höchst wahrscheinlich schon seit Ende
des 14. Jahrhunderts nicht mehr. Sie zerfiel in Folge dessen. Wenn Oswald
Gabelkover (1330—1616) Salmendingen noch zu den württembergischen Burgen
zählt, so ist das ein Irrtum. <S. Hölnstein.)
Es lässt sich wohl begreifen, dass die Umgegend auf dem Heufeld eine
öde und bei Nachtzeit unheimliche war. Dass bei dem abergläubischen Zuge
jener Zeit die Leute dort vielfach Gespenster sahen, ist um so erklärlicher, als
sich bei Salmendingen heute noch ein vorgeschichtlicher Grabhügel befindet,
Die zimmerische Chronik weiss denn auch so ein Geschichtchen, das an sich
ganz harmlos und begreiflich ist, zu erzählen und schliesst • »Man sagt, es sei
daselbs uf der Alb oft umgehend. Gott waist die Ursach, warumb es
beschicht!«
Auf einem jetzt bewaldeten Ausläufer des Kaiberges (Köbele) in geringer
Höhe oberhalb des Pfarrdorfes liegt die Ruine mit dem Burgeingang auf der
Nord Westseite. Der Burgbering umfasst eine Fläche von etwa 20 m Breite und
23 m Tiefe. Die Ringmauer, ganz zerfallen, war bei der Landesvermessung
(1847) noch sichtbar. Sie bildete ein unregelmässiges Fünfeck mit einer Mauer-
stärke von 1,50 m. Der Turm in der südwestlichen Ecke der Ringmauer ist
nahezu quadratisch mit einer Seitenlange von 10 m und einer Mauerstarke von
3,70 — 3 m. Er ist noch durchschnittlich 4.5 m hoch erhalten. Der Eingang
zum Turm lag auf der Nordseite. Aus einer Handskizze des früheren Salmen-
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126
dinger Pfarrers Werner aus der Mitte des iS. Jahrhunderts mit der Ansicht
gegen Norden ist dies deutlich zu
entnehmen. Damals mag der Turm,
zwar auch schon Ruine, noch io bis
12 m hoch gewesen sein. Auf der-
selben llandzeichnung ist östlich vom
Turm und an diesen anstossend ein
zweites turmartiges Gebäude mit
nördlichem Eingang zu ebener Erde
und einem Fenster im oberen Stock-
werk ersichtlich. Dieser Bau wird
das Wohnhaus gewesen sein; und
war etwa io m breit und lang. Ge-
gen die Bergseite schloss ein tiefer
jetzt noch erkennbarer Ring-Graben
die Burganlage ab. Ein zweiter
Graben lauft weiter südlich als
weiterer Schutz gegen das hier flach
verlaufende Gelände. Auf der Süd-
westecke etwa 30 m vom Bergfried
entfernt wurden Mauerreste entdeckt,
vielleicht die Reste eines den Grabeneingang verteidigenden Turmes. Innerhalb
des Burgberings hart an der nördlichen Ringmauer in der Verlängerung des
Quellaufes, welcher auf halber Höhe des Burgberges zu Tage tritt, wird der
Brunnen zu suchen sein. Am Fusse der Burg 1 nordwestlich) lag eine Mühle
mit oberschlächtigem Rad, die in den mittelalterlichen Lehenbriefen vielfach
genannt wird.
Abb.
- — ' HrA : 11 * 0 . •
127. (irundplan der Burg Salniendingen.
SCHILT AU
siehe bei Jungnau.
STAUFFENBERG.
Das Geschlecht, das einst hier seinen Sitz hatte, hiess Stauffenberg. Es
stand zu den Grafen von Zollern im Ministerialverhältniss und bekleidete das
Schenken-Hofamt, woher sich die Edlen von Stauffenberg Schenken von Stauffen-
berg nannten. Geschlecht und Burg gehen bis auf das 13. Jahrhundert zurück.
Im Jahre 1317 begegnen wir drei Brüdern Burkhart, Wemher und Bertold,
die sich alle Schenken von Stauffenberg hiessen und von denen sich Burkhart
Ritter nannte. Im Jahre 1393 werden Hansli und Wemli die Schenken von
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127
Stauffenberg als Edelknechte aufgeführt. Nach 1417 nennt Graf Friedrich von
Zollern Konrad und Rudolf von Stauffenberg seine lieben Diener. Als derselbe
Zollemgraf 1408 vom Bischof von Konstanz die Bestätigung der von ihm ge-
stifteten Kapelle zum hl. Kreuz am Fusse des Zollern nachsuchte, präsentirt er
Wemher von Stauffenberg als Geistlicher auf diese Pfründe.
Wann die Burg verlassen wurde, ist nicht bekannt. Bei dem vor einigen
Jahren hier angelegten Waldweg hat man die noch vorhandenen Reste der Burg
leider als Steinmaterial benutzt.
Etwa 200 m nordwestlich der fürstlichen Domäne stauffenburger Hof beim Ein-
fluss des Weilheimer Baches in die Starzei auf deren linker Seite lag auf dem
scharf vorspringenden Bergrücken die Ruine Stauffenberg, heute auch das »Schlössle«
genannt. Die Burgstelle bezeichnet jetzt nur noch ein grosses Trümmerfeld
von Steinen und Ziegeln. Der ehemals tiefe Ringgraben sowie die ganze
Burgstclle ist vollständig mit Wald bedeckt.
STEINHILBEN.
Der Vollständigkeit wegen möchten wir noch der ehemaligen Burg zu
Steinhilben Erwähnung tun, die vielfach schlichtweg das Steinhaus, zuweilen
auch Burg und Steinhaus, also wohl ein Turm und ein Wohnhaus, genannt
wird. Es sind nur noch geringe Reste von diesem ehemaligen Burgsitz erhalten.
Das Geschlecht, das eine Reihe von Namen führte, Hülwer, Pfützer, Pfutz —
alles Bezeichnungen, die auf die in Steinhilben bis zur neuen Wasserversorgung
gebräuchlichen Hülben (Hülwe) zurückzuführen sind, kommt vom 17. bis 16.
Jahrhundert vor.
Die ehemalige Burg-
anlage ist von unregelmässiger
Grundform und lag hart an
einer jetzt noch vorhandenen
Hülbe, die ausserhalb des
Burgberings in einer ein-
springenden F.cke liegt. Die
Hülbe ist jetzt noch durch
eine rundbogige Türöffnung
vom Burghof aus zugänglich.
Die eigentliche Burg, vielleicht
auch das sog. Steinhaus,
lag im westlichen schmä-
leren, das Schloss und die
Scheune im breiteren öst- Abb - '-*• < : "“»lplan der Burg,
liehen Teil. Die alte Burganlage wurde ihrer Zeit nach Osten erweitert Das
Schloss soll im Jahre 1S57 abgebrochen worden sein. Die gewölbten Schloss-
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is8
keller sind noch vorhanden. Die Einfahrt zum Schlosshof lag in der Nordwest-
ecke. Nordwestlich vom Schloss liegt die noch erhaltene Scheune. Ihr
westlicher Teil ist der ursprüngliche. Auf der Ostseite und Südseite fehlt die
Ringmauer. Auf der West- und Nordseite ist sie noch erhalten, 0,85 m stark,
und bildet zum Teil den Unterbau angebauter Gebäude. Bemerkenswert ist
der vorhandene, heute noch benützte Schlossbrunnen mit Brunnenhaus, ein
Schachtbrunnen, aus schön gefügten Sandsteinquadem hergestellt, mit der
alten Wasserhebung mittelst Zieheimem. Jetzt stehen verschiedene neuere Ge-
bäude im ehemaligen Burghof und Schlossgarten ; die übrige Burgfläche ist Gras-
und Baumgarten: unter diesem Teil liegen alte Fundamentreste.
STRASSBERG.
AliK 12 *. Burg SUrassberg.
Während das Laucherttal
sehr reich ist an Burgen, besitzt
das andere Seitental der Donau,
das der Schmeien oder wie sie
früher hiess Smihen, auch
Smichen, wenige Burgsitze,
ln den Rahmen unserer Dar-
stellung fallen nur die Burgen
Strassberg und Weckenstein.
Von diesen beiden ist Strass-
berg die älteste. Schon 843
schenkt ein Adalbert an die
Kirche, welche der heiligen
Verena geweiht ist, in dem
Orte, der Burg (burc) genannt
wird und in dem Gau liegt,
der Scherra (Scerra) heisst,
verschiedene auswärtige
Besitzungen, giebt die Kirche
an das Kloster St. Gallen und
nimmt dafür einen Jahreszins.
Man hat behauptet, dieses Burg
sei dasselbe wie Strassberg.
Das ist nicht ganz zutreffend.
Die Sache liegt vielmehr so:
Burg war zweifellos vor dem
heutigen Strassberg gegründet
Später aber entstand daneben
noch Strassberg, das wohl den
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Namen von seiner Lage an der alten Strasse, die hier vorbeiführt, erhielt. In
der Folgezeit ging Burg ganz in Strassberg auf. Aber noch 1326 bestehen beide
Orte neben einander: denn da treten als Zeugen zugleich auf: Herr Konrad,
Leutpriester zu Burg und Joh. der Schultheiss von Strassberg. Ja, es gab sogar
noch einen dritten Ort daselbst: Oitringen. Im Jahre 1265 wird nämlich von
diesem Oitringen als Pfarrort gesprochen und sein Viceplebanus genannt. Hs
ist bedauerlich, dass in der Urkunde nicht auch der Name des Kirchenheiligen
angeführt wird, wie dies 843 geschieht, wo ausdrücklich gesagt wird, dass die
Pfarrkirche der heiligen Verena geweiht sei. Nahe bei Strassberg. auf der Höhe
Ebingen zu, soll noch die Bezeichnung Oitringen Vorkommen und eine Burg
gestanden haben. Ich bin somit der Ansicht, dass das heutige Strassberg alle
drei Orte in sich vereint, und dass Oitringen ein späterer Name für Burg ist:
denn es ist ganz undenkbar, dass so dicht nebeneinander zwei Pfarreien bestanden
haben, von denen die eine spurlos verschwunden sein sollte. In dem Pfarrort-
Verzeichnis von 1275 findet sich auch kein Oitringen, wohl aber Burk = Burg;
es sind eben damals noch beide Namen gebraucht worden.
Aber auch Strassberg kommt sehr früh unter diesem Namen vor, so 1 1 36
als Strazperg und 1313 Strazperg. Ein Ortsadel wird schon 1253 und 1313
erwähnt.
Wiewohl nun 843 Ort und Kirche an das Kloster St. ( fallen geschenkt
wurden, finden wir St. Gallen nicht als Besitzer von Strassberg, wohl aber das
Stift Buchau. Adalbert wird von dem Vorbehalt, Ort und Kirche wieder an
sich ziehen zu dürfen, Gebrauch gemacht haben. Von dem Stifte Buchau trugen
es die Grafen von Hohenberg zu Lehen bis 1345, wo es an die von Reischach
fiel. Deren Nachfolger waren von 1420 — 1508 die Schwelher, dann die von
Homburg, die 1532 Strassberg mit Kaiseringen und Frohnstetten an die von
Westersetten um 10000 Gulden verkauften. Oswald Gabelkover (1539 — itno)
nennt Strassberg damals Schloss: »Straussberg, schloss, Herr Wolfen de Hon-
burg.« Nachdem die Homburger 1622 ausgestorben waren, nahm Buchau die Herr-
schaft in eigene Verwaltung. Von 1696 — 1708 war vorübergehend Fr. Jos. von
Pflummem Lehensinhaber. In Folge des Reichsdeputationshauptschlusses 1802
fiel Strassberg 1803 an Thum und Taxis. Im Jahre 1833 erwarb das gräflich
langensteinische Rentamt die Herrschaft, die aber schon 1830 von dem Erb-
prinzen Karl Anton von Hohenzollem-Sigmaringen um 80000 Gulden als Privat-
eigentum gekauft wurde und fürstliches Eigentum blieb. — —
Die Burg liegt auf hohem Felsvorsprung etwa 90 m über der Talsohle
nächst dem jetzigen Pfarrort, auf der linken Seite der Schmeien. Der stärkste
Teil ist der auf einen Felsunterbau gesetzte fünfeckige Turm (Wohn- und Wacht-
turm) ursprünglich vier jetzt noch zweieinhalb Stockwerke hoch, der mit der Spitz-
ecke nach Norden zeigt und reichlich mit teils halbkreisförmigen, teils liegend recht-
eckigen Schiessscharten nach drei Seiten versehen ist Der Eingang lag auf der jetzt
eingebauten Südostseite etwa 7,5 m über dem inneren Burghof. Die Umfassungs-
wändesind, 2,8ound 2,60 m stark, aus Buckelquadem hergestellt. Das Eingangsstock-
werk hat einen tonnengewölbten Raum mit kleinen gewölbten Nebenräumen, die
durch rundbogige Türöffnungen verbunden sind (s. unten). Unter dem nördlichen
fünfeckigen Raum liegt das gewölbte Burgverlies, das bis zum Felsen reicht; die
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no
Lichtzufuhr erfolgt nur von oben mittelst einer viereckigen Öffnung im Boden, dem
sog. Angstloch. Im da-
rüberliegenden Stock-
werk sind die Mauern
2.bo und 3,36 m stark.
Im Jahre 1834 wurden in
diesem Stockwerk zwei
Kriminalarreste einge-
baut, und die jetzigen vier
Fensteröffnungen unter
der Decke ausge brochen.
Das vierte und dritte
Stockwerk, letzteres zur
1 lälfte, wurden im Jahre
1 782 abgetragen. Aus
dieser Zeit rührt auch
Abb. 130. Cberaicbtaplan der Burg Strass berg. der jetzige Dachstuhl
her. Für die Annahme
von vier Stockwerken des Turmes (ohne das Burgverliess) sprechen die Ab-
bildungen der Burg auf dem Grabstein des Eitel Friedrich von Westerstetten
und seiner Frau Maria von
Zillenhard aus dem ersten
Viertel des siebzehnten
Jahrhunderts, der im Innern
der Pfarrkirche aufgestellt
ist, sowie das Bild auf
dem 1 lochaltar. Nicht auf-
geklärt ist, wie die Stock-
werke über dem Eingangs-
stockwerk erreicht
wurden, da keinerlei Tür-
öffnungen in den Um-
fassungswänden zu finden
sind. Nur in der nörd-
lichen Aussenwand des
dritten (Halb-) Stockwerks
ist eine Aussparung für eine Treppe
ersichtlich, die wohl zum zweiten Stock-
werk geführt haben mag, aber keine
Fortsetzung nach unten zum Eingangs-
Stockwerk zeigt. Es lasst sich nicht
feststellen, ob der Turm eine Zeit lang
allein stand und als Wohn- und Wacht-
Abb. 13 ]. tirundplan vom I Stockwerk des türm diente. Für die Möglichkeit spricht
onnhauses. 5,. r »0 nt über dem Burghof, und . . . . , .. , . .
vom 2 in hflher liegenden Eingangsstorkwerk ^ orhandensem von Buckelquadeni
des Wachtturmes (Wohnturm). auch auf dem südlichen eingebauten Teil
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, 3 I
der Aussenwand. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass an den Turm
eine Wehrmauer oder ein Wohnhaus anschloss, von welchem aus das Eingangs-
stockwerk und die oberen über diesem liegenden Stockwerke erreicht werden
konnten. Kaum anzunehmen ist, dass die Einbauten des Eingangsstockwerks
aus späterer Zeit stammen und über diesem
Stockwerk früher ein Holzgebälk mit
innerer Treppe statt der Gewölbe lag. Der
Einbau südlich des an den Turm angebauten
Teiles ist im wesentlichen in das sechzehnte
Jahrhundert zu verlegen. An einem
Pfosten im Treppenaufgang befindet sich
das Wappen der Westerstetten mit der
Jahreszahl 1597. Dieser Gebäudeteil,
ursprünglich wohl dreistöckig, zeigt
gegen Süden, Westen und Osten
starke Mauern von 2,70, 2,40 und
2,28 m Stärke mit Buckelquadem, die
auf den älteren Bau hinweisen. Die
unteren Räume sind sämtlich gewölbt.
Weiter südlich wurden später weitere
Nebenräume mit einem halbrunden Turm-
ausbau nach Osten angebaut ; und zugleich
der Zugang zur Burg mittelst gewölbter
Einfahrt überdeckt. In dieser Einfahrt ist
gegen die Stützmauer hin der untere
Teil eines Rundtürmchens vorhanden.
Das zweite Türmchen lag weiter südlich,
beide konsolenartig auf die Ringmauer
aufgesetzt (siehe obengenannten Grabstein). Auf der äussersten Felsspitze gegen
Westen, etwas tiefer als der innere Burghof, sind Mauerreste eines Rundturmes
sichtbar. Ausserhalb des Burgtores jenseits der jetzigen Holzbrücke (früher
steinerne Bogenbrücke) und des Grabens liegt der äussere Hof. Zwischen dem
Burgeingang und den Ruinen der Schlosskapelle befindet sich der Brunnen.
Die ehemalige Schlosskapelle, ein Renaissancebau, wurde von der Äbtissin
Katharina Gräfin von Spaur Flävony und Valaus zu Buchau in derZeit zwischen
1635 — 1650 errichtet und 1657 konsekrirt. Die noch vorhandene Ruine ist der
Unterbau des ehemaligen Turmes. Nach den aufgedeckten Fundamenten war
das Schiff 20,80 m lang und 9,89 m breit. Gegen Osten lag der im halben
Sechseck geschlossene Chor. Die Fundamente der 3 Altäre (Hochaltar, zw f ei
Seitenaltäre) wurden ebenfalls festgestellt.
Abb. 132.
Schnitt durch den Wachtturm
(Wohnturm).
Nördlich der Burg etwa 900 m entfernt, fast in gleicher Höhe wie die
Hauptburg, liegen auf schroffem, steil abfallendem Felsen die Reste eines
quadratischen Turmes aus schön gefügtem Quadermauerwerk, dessen Lichtweite
2,40 m und dessen Mauerstärke gegen Osten (Bergseite) 3 m, gegen die übrigen
Seiten etwa 2 m beträgt. Der Eingang zum Turm ist auf der Ost Seite zu
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132
suchen. Auf dem westlichen Vorfelsen vom Turm durch einen Felseinschnitt
getrennt, sind Reste von Mauerwerk erkennbar. Der Bergkopf ist jetzt bewaldet
und schwer zugänglich.
TROCHTF.LFINGEN.
Aldi. l-i-'i Trochtelfingen.
Es giebt nicht viele Ortschaften in Hohenzollem, die sich so vorteilhaft
und malerisch dem Auge darbieten, wie Trochtelfingen. Besonders ist das der
Fall, wenn man von Gammertingen her sich dem Städtchen nähert, das mit
seinen Mauern, Befestigungstürmen, dem ehemals werdenbergischen, jetzt fürsten-
bergischen Schlosse, der stattlichen Kirche einen viel grösseren Eindruck her-
vorruft, als es in der Tat wirklich ist. Das anmutende Bild wird noch gehoben
durch die Trochtelfingen umgebenden Höhen, die zum Teil mit kirchlichen
Gebäulichkeiten besetzt sind, früher aber auch Sitz von kleineren Edelleuten
waren. Man gewinnt bald den Eindruck, dass hier alter Kulturboden zu finden
ist und man begreift es, dass Trochtelfingen, wie schon sein Name sagt, in jene
Zeit zurückgeht, wo die Schwaben im Lande sich sesshaft machten. Die
Schreibweise des Namens wechselt im Laufe der Jahrhunderte, wenn auch der
Stamm desselben unverkennbar bleibt. Im Jahre 1161, wo es urkundlich zuerst
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133
auftritt, wird es Truhdolvingir. geschrieben, 1256, fast wie heute, Trochtel-
wingen und Trochtelfvingen. 127s Trühtelvingen = Trühteluingen. 1282, 1287
Truochtelvingen, 1297, 1300 und 1370 Truhtolvingen, 1170 auch Trochteluingen,
von 1 •553 ab fast immer Trochtelfmgen. Dem Worte liegt ein Personennamen
zu Grunde. Schon im 6. Jahrhundert finden wir einen Alamannen Droctulf,
der sich als Heerführer zu Ravenna auszeichnet. Der Name kommt ferner in
den Formen Tructolf, Trohtolf, Thruodolf vor, dem der Stamm truht, drocht,
Volk im Sinne von Kriegsvolk, Heer, zu Grunde liegt. Truhtolf = Trochtolf
ist also der Volkwolf, der Heerwolf.
Trochtelfmgen gehörte zum Gau Burichinga. der späteren Grafschaft
Gammertingen (s. bei Veringen). Mit dieser fiel es an Bertold von Seifen
(-J- 1219). Im Jahre 1256 finden wir Trochtelfmgen in Besitz der Pfalzgrafen
von Tübingen. Von diesen ging es zu Ende des
13. Jahrhunderts an die Grafen von Hohenberg
über, die es aber schon 1310 an Graf Eberhard
von Württemberg verkauften. Um 1316 über-
liess der Genannte Trochtelfmgen seiner Tochter
Agnes als Aussteuer bei ihrer Heirat mit Graf
Heinrich von Werdenberg. Um 1445 versuchten
die Württemberger, Trochtelfmgen wieder an sich
zu bringen, die Werdenberger bestanden jedoch
mit Erfolg auf ihrem Besitzrecht. Nach Aus-
sterben der Werdenberger 1334 (s. bei Sigma-
ringen) fiel Trochtelfmgen an die Grafen von
Fürstenberg, in deren Besitz es blieb, bis zur
Aufhebung des Fürstentums Fürstenberg durch
die Rheinbundakte 1800, wo Trochtelfmgen unter
hohenzollerische Landeshoheit kam.
Trochtelfmgen besass auch eigenen Ortsadel. So finden wir vor 1287
einen Swiggei von Truchtelvingen, Vasall des Grafen von Württemberg, 1290
wird ein Albert von Trochtelfmgen, 1333 einejudenta von Trochtelfmgen, 1392
ein Kunz und 1400 ein Heinrich von Stimmelin, Ritter, von Trochtelfmgen ge-
nannt
Im Jahre 1273 ist es schon Pfarrei und 1310 wird es Stadt genannt: beides
sowohl der pfarrliche wieder städtische Charakter kann aber auch noch weiter
zurückreichen.
Ein böses Schicksal erfuhr Trochtelfmgen im Kriege Ludwig des Baiem
mit Friedrich dem Schönen, indem die Stadt 1332 zerstört wurde, und 66 Jahre
spater verbrannten sie die Reutlinger teilweise, nahmen 30 Trochtelfinger ge-
fangen und tödteten 20 Mann, und zwar nur weil sie mit den Herren von
Lichtenstein (llonau 1 und von Holnstein in Fehde lagen und Trochtelfmgen, dem
Lehnsherrn der Genannten, den Grafen von Werdenberg, gehörte. Im fahre
1497 erfahren wir, dass Trochtelfmgen ggo rheinische Gulden seinen Herren,
den Grafen von Werdenberg, 1 während Sigmaringen 2100 Gulden) einbrachte.
Die Stadt besass auch (13861 eigenes Mass und (1408) eigene Währung.
Abi». 1U4. HtudtriejT i von Trochtel-
fingeu. MOt». ('m-i-lirift: .Sigilhun
troilili ltii gen.
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134
Von wesentlicher Bedeutung für Trochtelfingen war sein Eigentumsver-
haltniss zu Werdenherg, denen dann ohne Verpfandung die Fürstenberger
folgten. Die Werdenberger taten viel für die Stadt und machten sie zu ihrer
Residenz. Auch errichteten sie sich in der von ihnen neu erbauten Pfarrkirche
ein F.rbbegräbniss, in welchem verschiedene des Geschlechtes beigesetzt wurden
und über welches mehrere Sagen rund gingen. So lag auf dem Zugang zur
Gruft ein schwerer, grosser Stein. Wiewohl derselbe mit Kalk allemal fest
gelegt wurde, geschah es doch, dass er »anfahe lotter werden und wacken«,
ein untrügliches Zeichen, dass Einer aus der Familie sterben müsse. Graf
Christoph, der letzte Werdenberger, nahm sich die Sache sehr zu Herzen. Er starb
bald nachdem das Gerücht wieder aufgetaucht war und wurde mit Schild und
Abb. 1 35. Votivtafel auf Schloss Zeit, die Ermordung des Grafen Andreas von Sonnenberg
betreffend.
Helm hier begraben. Auch mit der Beisetzung des Grafen Felix, des Bruders
von Christoph, verband sich eine gruselige Behauptung. Graf Felix hatte 15 n
den Grafen Andreas von Sonnenberg erschlagen, (s. S. 18 f.), und es ging die
Sage, auf dem Reichstag zu Augsburg habe ihn der Kaiser isio dafür enthaupten
lassen. Tatsächlich starb Felix zu Augsburg, angeblich an einem Blutsturz.
Man brachte die Eei< he nach Trochtelfingen und da hat man, wie die zimmerische
Chronik zu erzählen weiss, »das haupt in der bar rollen hören.« Als Neugierige
dennoch den Sarg öffnen wollten, wehrte der Kämmerling ab mit den Worten :
»Ach, was wellen wir ain herzlaidt sehen«. Wie beim Schlosseingang zu Sig-
maringen (s. d.), so befindet sich auch ein Votivbild mit Bezug auf den Tod-
schlag des Grafen Andreas am Schloss Zeil.
>35
Die ursprüngliche Lage des Schlosses, welches nach dem Jahre 1330 vor-
handen war, kann nicht mehr festgestellt werden. Von Graf Eberhard I. (ge-
storben 1383) wird berichtet, dass er zeitweilig im Schlosse zu Trochtelfingen
wohnte. Das jetzige Schloss ist in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahr-
hunderts entstanden. Es liegt innerhalb der einst stark befestigten Stadt hart
an der westlichen Ecke zwischen dem noch stehenden »Hohen Turm« (s. unten)
und dem ehemaligen »Oberen Tor « Der rechteckige grosse Bau mit Staffel-
giebeln im Übergangsstil mit einfachen steinernen Fensterkreuzen zeigt noch starke
gotische Anklänge, so an den Wasserspeiern des polygonalen nach der Hof-
seite ausgebauten Treppenturms, wie auch an der Profilierung der Wendel-
treppe. Über dem Portal zum Treppenturm ist in einfacher rechteckiger Um-
rahmung das Wappen 1 Werdenberg— Heiligenberg) angebracht. Später nach
Übergang der Herrschaft an Fürstenberg diente das Schloss als Sitz des Ober-
vogts. Im Jahre 1860 erwarb die Gemeinde das Schloss von der fürsten-
bergischen Standesherrschaft, um es als Rat- und Schulhaus und zu Wohnungen
zu verwenden, welchem Zweck es heute noch dient. Das Schloss und die
sonstigen herrschaftlichen Gebäude, wie Herrenhaus, Zehntscheuer, Fruchtkasten,
auch Kirche und Pfarrhaus bildeten einst einen besonderen für sich abge
schlossenen Stadtteil, der fasst ein Viertel des alten Stadtinnern einnahm. Die
Stadtbefestigung, von der noch namhafte Reste vorhanden sind, war eine drei-
fache. Die Stadtmauern bildeten im wesentlichen ein unregelmässiges Viereck
von etwa 300 m Länge und 350 m Breite, das sich östlich an die Seckach an-
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lehnte und das Flüsschen auf dieser Seite in sich aufnahm. Die erste inneie
Mauer ist jetzt noch auf allen vier Seiten sichtbar. Östlich lief diese unmittel-
bar dem rechten Ufer der Seckach entlang. Die jenseits des Flüsschens liegen-
den Gartenmauern sind Überreste der zweiten und dritten Stadtmauer. Hinter
einem basteiartigen Vorsprung lag ein kleines Tor, das mittlere Türle genannt.
Südlich bildete die innere und die äussere Gartenmauer des Schlossgartens die
erste und zweite Stadtmauer, die dritte Mauer ist abgebrochen. Deren Zug
lässt sich an der von der Seckach dem Hohen Turm zu führenden Steinböschung
verfolgen. Der Mauerzug ist nach innen gezogen; in dessen Mitte lag ein
bastionartiger Vorsprung. Der Vorsprung der zweiten Mauer mit einem Rund-
türmchen besteht jetzt noch. Während drei Ecken des befestigten Vierecks
(gegen Süposten, Nordosten und Nordwesten) mit weit ausholenden bastions-
artigen Vorbauten verstärkt waren, lag in der Südwestecke der heute noch
erhaltene sog. Hohe Turm, ein mächtiger Rundturm von etwa 15 m Durch-
messer, jetzt noch vier Stockwerke hoch, reichlich mit Schiessscharten ver-
sehen; er gehört dem Ende des 16 Jahrhunderts an Bis 1832 war der Turm
um zwei Stockwerke höher und mit einem Dach abgeschlossen. Jetzt ist in
dem Turm der Hochbehälter einer Wasserleitung untergebracht. Die flach liegen-
den grossen Schiessscharten sind aussen mit bossenartigen Steinbuckeln ver-
stärkt. Hart neben dem Turm in der zweiten Umfassungsmauer gegen
Westen lag ein Ausfallstor. Tor und Mauer sind abgebrochen. Auch die
dritte Mauer fehlt. Einen Teil der ersten Mauer nach dieser Seite bildete das
Schloss. Nördlich vom ehemaligen oberen Tor steht jetzt noch ein runder
Backsteinturm, gleichfalls mit Schiessscharten versehen. Der zweite Turm nächst
dem Schloss ist abgebrochen. An den ersteren Turm schliesst die zweite Stadt-
mauer etwa 6 — 7 m hoch mit vorgelegtem Graben an, die von Osten nach
Norden bis zum unteren Tor und dem dort liegenden Lindenplatz führte. In
dessen Nähe trat die Seckach in die Stadtbefestigung ein. Der Eintrittsbogen
in der inneren Stadtmauer ist heute noch sichtbar. Graf Heinrich Werden-
berg soll Trochtelfingen erstmals befestigt haben. Die jetzt noch vorhandenen
Überreste der Festungswerke stammen aus späterer Zeit.
*
WECKENSTEIN.
Nur noch wenige Nachrichten haben sich aus dem Mittelalter von der
Geschichte der Herren von Wekkenstein, oder Weggenstein, wie sie geschrieben
wurden, in unsere Zeit hinüber gerettet, und ebenso spärlich sind die Überbleibsel
ihrer Burg, die in dem wildromantischen Tale der Schmeien unterhalb Storzingen
liegen. Mit dem Jahre 1200 treten die von Weckenstein auf, und der damalige
Burkard von Weckenstein gründete sich ein Denkmal, das seinen Namen, der
sonst wohl längst vergessen wäre, erhalten hat, durch Stiftung des in der Folge-
zeit in Ansehen stehenden Qsterzienser-Frauenklosters Wald, heute ein statt-
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137
licher Marktflecken (Klosterwald I im Oberamte Sigmaringen. Er wird damals
geschrieben Burkardus de Wekinsten. Mit dem Jahre 1 387 starb das Geschlecht aus.
Auch in der Geschichte der alten Grafschaft Sigmaringen spielt Wecken-
stein eine Rolle. In den Grenzbeschreibungen des Mittelalters heisst es im
Grenzzug: >ausser dem selben mulrad (bei der Burg Dietfurt) dieTunaw ab in
die Smihen, da sy in die Tunaw gat, und die Smihen daselbs auf gen Wecken-
stain in das burkstal«. Es ist das insofern von Interesse, als heute noch auf
der Ruine der Grenzstein zwischen Hohenzollem und Baden steht.
Die Burgruine liegt 30 Minuten
südlich von Storzingen, etwa 140 m
über der Talsole auf dem rechten
Ufer der Schmeien auf schroffem
Felsen hart an der badischen Landes-
grenze Die Burgfläche ist jetzt ganz
bewaldet Der Burgbereich bildet ein
unregelmässiges Fünfeck von etwa
18 m Breite und 27 m Tiefe Der
kleine Burghof fällt stark von Süd
nach Nord. Die aus unregelmässigen
Bruchsteinen hergestellte Ringmauer
gegen Westen 2.20 m, gegen Norden
1,2—1,65 m stark, ist auf der Nord-
ostecke turmartig ausgebaut, auf der
Nordwestecke stark abgerundet.
Auf der Süd- und Ostseite ist die
Ringmauer abgestürzt Der Zugang lag auf der Westseite und führte über einen
der Hauptburg vorliegenden Felskopf und einen künstlich erweiterten Felsein-
schnitt mittelst Brücke oder auf der Südwestecke durch den Graben (Zwinger)
(s. unten) zu einem in der westlichen beziehungsweise südwestlichen Ringmauer
gelegenen Tor. In beiden Fällen ist nur ein Fusspfad, kein Fahrweg denkbar.
Gegen Südwesten liegt ein Vorhof (Zwinger), 7 — 8 m tiefer als die Hauptburg,
gegen Süden dem Berghang zu abgeschlossen. Vom Wohnhaus ist nichts
mehr erkennbar; es ist in dem höher gelegenen Teil anstossend an die Ring-
mauer zu suchen. Der Brunnen ist nicht mehr feststellbar. In der nördlichen
Ringmauer bei dem Mauerdurchbruch ist vielleicht ein Seitenptörtchen zu suchen.
Vom westlichen Eingang führten Fusspfade abwärts nach Storzingen zur Mühle
und aufwärts gegen Nusplingen.
In nördlicher Richtung etwa 400 m entfernt und 70—80 m tiefer als die
Hauptburg liegt auf dem westlichen Teil einer hart über der Schmeien stehenden
Felsgruppe die Vorburg, von der Hauptburg deutlich sichtbar, gegen Norden,
Osten und Süden ganz unzugänglich, gegen Westen mit dem höher ansteigen-
den Hang verbunden. Es sind noch Reste eines Turmes mit Verkleidungs-
quadern etwa 16 m vom jetzigen Strässchen entfernt sichtbar Ein davor ge-
legter jetzt ganz verschütteter Graben schützte die Anlage gegen die Bergseite.
Der Zugang ist nicht mehr erkenntlich.
Abb. 137. Grundplan der Burg Weckenstein.
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WEHRSTEIN.
i
Abb. IHK. Wehrstein mit Fisebingen von Südwestern
Wenn man in den Altlanden Preussens davon Sprüche, dass die Monarchie
auch im Schwarzwald ihre schwarz- weissen Grenzpfahle stehen habe, dass auch
dort preussisches Gebiet liege, würde Mancher ungläubig sein. Und dennoch
ist es so. Die nordwestliche Spitze von Hnhenzollcm erstreckt sich in den
südöstlichen Ausläufer des Schwarzwaldes, und hier, wo der Neckar, der Haupt-
fluss Württembergs, einer der bedeutendsten Nebenflüsse des Rheines, noch
keinen weiten Weg von seinem Ursprung auf der Wasserscheide des Schwarz-
waldes unweit Schwenningen, im schönen Neckartal und seinen nächsten Ein-
mündungen zurückgelegt hat, liegen viele Burgruinen, wiederum ein Beweis,
dass die Edelleute des Mittelalters gerne und mit Y'orliebe da ihre Burgen er-
bauten, wo waldreiche Gegend viel Wild, und Wasserläufe schmackhafte Fische
lieferten. Das übrige besorgten ja die Bauern. Nahe bei der Stelle, wo der
Neckar das hohenzollerische Gebiet betritt, erblickt man an seinem rechten
Ufer das Pfarrdorf Fischingen, überragt von den Ruinen der Burg Wehrstein.
Diese Namen lassen nicht vermuten, dass sie Beide zu den ältesten Hohen-
zollems und Schwabens zählen. Mit Fischingen haben wir es hier eigentlich
nicht zu tun, weil die Burg zu den wenigen zählt, die mit der Ansiedlung an
ihrem Fusse nicht den gleichen Namen führen. Es sei jedoch erwähnt, dass
Fischingen schon im 8. Jahrhundert vorkommt unter den Schenkungen, die
Gerold an das Kloster Reichenau machte, und auch das Kloster Lorsch hier
schon 772 Besitzungen hatte. Damals liiess es Fiscina, wahrscheinlich entstanden
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139
aus dem althochdeutschen fisgizza = Fischteich, Fischbehälter. Wiewohl der
Name die schwäbische Endung ingen besitzt, ist es doch nicht auf einen
Personennamen zurückzuführen.
Wir möchten es als nicht unwahrscheinlich hinstellen, dass Fischingen
der Burg Wehrstein seinen Ursprung verdankt. Als sicher kann man behaupten,
dass jenes Werestein, von dem Pipin der Kurze am 27. Mai 752 eine Urkunde
datiert, mit unserem Wehrstein der gleiche Ort ist. Wir wissen, dass Pipin
um jene Zeit in Schwaben weilte. So war es kein zu gewagter Sprung der
Phantasie, wenn eine kulturgeschichtliche Erzählung »Kaiser Karls erste Liebe«
Pipin zu Wehrstein damals weilen lässt als Gast einer hier ansässigen Herzogs-
familie, und bei dieser Gelegenheit sein Sohn Karl seine erste Frau, die
Schwäbin Hildegard, kennen lernte.*)
Schon noi wird ein Hugo von Wehrstein genannt. Die von Wehrstein
waren Edelfreie, besassen aber ihre Burg zuerst als Erblehen von den Grafen
von Tübingen und später von den Grafen von Zollern-Hohenberg. Das war
im 12. und 13. Jahrhundert.
Im 14. Jahrhundert kam Wehrstein pfandweise an die Herren von Weitingen.
Die von Weitingen geloben 1373, dass Wehrstein dem Grafen Rudolf von
Hohenberg »von der pfandung wegen
ze Wehrstain — - ein offen hus sein
solle.« Nun erwarb Oesterreich 13S1
Wehrstein, gab es aber 1 401 als pfand-
weisen Besitz den Herren von Mans-
perg. Nach dem Tode des Burkhard von
Mansperg 1432 kam Wehrstein noch-
mals an die Weitinger. Nun wechselte
der oesitz mehrfach. Auch an die
Hohenzollern fiel Wehrstein auf kurze
Zeit als Lehen, bis 1529 Graf Christoph
von Nellenburg, Herr zu Thengen,
Wehrstein mit Zubehör, eine Herrschaft
für sich, als Lehen erhielt. Er starb
1539 auf Wehrstein. Im Jahre 1359
wurde Graf Karl I. von Hohenzollern
mit der Herrschaft Wehrstein belehnt.
Österreich behauptete bis 1806 die
Landesoberhoheit; diese ging dann mit
dem Besitz der Herrschaft ganz an
Hohenzollem-Sigmaringen über. Jetzt
gehört die ehemalige Herrschaft \\ 'ehr-
stein zum Oberamt Haigerloch. Im ... .... _ ... „ ... . ,
Titel der Fürsten von Hohenzollern t , eim Eill!fBnj?
’) Kaiser Karls erste Liebe. Eine geschichtliche Erzilblam». Von Karl Theodor Zindeler.
Gotha. Friedlich Andrea'» l’erthea.
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140
r
.■#* ’S*
Abb. 140« Burg Wehrstein.
nimmt auch die Herrschaft Wehrstein eine Stelle ein: Herr zu Haigerloch und
Wehrstein. Unweit Wehrstein, bei Leinstetten, fiel 1208 Albert von Hohen-
berg, und it>45 brannten die Baiem, die wohl auch damals Wchrstein als
hohenbergischem Besitztum
böse mitgespielt haben,
die Burg ab.
Die Burg (jetzt Ruine)
liegt unmittelbar über dem
Ort Fischingen auf einem
nach Norden, Westen und
Süden steil abfallenden
Bergrücken. Vom süd-
lichen höher gelegenen
Teil des Ortes führt der
schmale Burgweg am Hang
aufwärts, über einen jetzt
zugeschütteten Graben
zum Tor. Links vom Tor
liegt noch der Rest eines
Rundturmes
von 6 m Durchmesser.
Das untere Stockwerk
(jetzt verschüttet) zeigt
zwei Schiessscharten
gegen den Graben und
die Ringmauer. Zwischen
der südlichen Ringmauer
(zugleich Stützmauer)
und den teilweise auf
Felsen ruhenden Mauer-
resten der einst nördlich
gelegenen Gebäude, führt
die Einfahrt in westlicher
Richtung zum Burghof.
Die Ringmauer gegen
Süden trug einst
einen Wehrgang. In dem
ausspringenden Winkel dieser Seite stand wohl ein viereckiger Turm (Brunnen-
haus?). Der westliche Abschluss der Ringmauer steht noch <> — io m hoch,
hat Schiessscharten und Mauerabsätze nach Innen. Die Mauer ist unten
2,2 m, oben etwa i m stark. Im mittleren Teil der ganzen Anlage auf einem
Felsunterbau stehen noch Reste eines starken Rundturmes nach Nordwesten
gerichtet. Daran anschliessend waren Wohnräume, deren Umfassungswände
auf der Süd- und Nordseite fehlen, gegen Osten ist noch ein Mauerstück vor-
handen. Auf der Nord- und Ostseite fehlt die äussere Ringmauer. Der nördlich
vorgelegte Graben ist mit Steintrümmern ausgefüllt und jetzt ganz bewaldet.
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14 !
Auf dem höchsten Teil der Burganlage mag einst ein Turm (Rund-
turm) gestanden sein ;
worauf viele Mauer-
steine und Mörtel-
reste hinweisen. Auf
der Ostseite ist der
sehr breite künstlich
erweiterte
Felsgraben noch
sichtbar, dcrnördliche
Graben führt zu dem
sog. Polzgraben. Auf
der Nordostecke der
ganzen Anlage ist
der Küchenbau zu
suchen, nach den
Knochenresten zu
schliessen, die sich
dort jetzt noch vor-
finden Am Fusse des
Berghanges gegen
Südwesten- liegt die
Abb. 141. («rundplan der Burg Wehrstein.
Mühle.
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