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Full text of "Die Glocken des Neustadter Kreises ein Beitrag zur Glockenkunde"

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Die Glocken des 
Neustadter Kreises 

P. Liebeskind 

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DIE GLOCKEN 

DES 

NEUSTÄDTER KREISES. 



EIN BEITRAG ZUR GLOCKENKUNDE. 



VON 



P. LIEBESKIND, 

OBERPFARRER IN MÜNCHEN BERNSDORF. 



MIT 89 ABBILDUNGEN IM TEXTE. 



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JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1 905. 



Diese Abhandlung bildet zugleich das erste Supplementheft der „Zeit- 
schrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde", Neue 
Folge. Siehe auch die Kückseite des Umschlags. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Ein Beitrag zur Gloekenkunde. 

Von 

P. Liebeskind, Oberpfarrer in Münchenbernsdorf. 

Mit 89 Abbildungen im Texte. 

I. Die mittelalterlichen Glocken. 

Die spezielle Glockenkunde, d. i. die wissenschaftliche 
Darstellung des in kleineren oder größeren Bezirken noch 
vorhandenen und erreichbaren Glockenbestandes 1 ), ist ein 
Gebiet, das in Thüringen noch wenig Bearbeitung gefunden 
hat und doch so dringender Arbeit bedarf. Denn wird 
der Vandalismus hinsichtlich der gründlichen Zerstörung 
der alten Kunstdenkmäler, wie sie uns die Glocken dar- 
bieten, nur in demselben Tempo wie bisher weiter betrieben, 
so wird in etwa 50 Jahren die genaue, zu wissenschaftlicher 
Verwertung nötige Kenntnis einer Glocke aus dem 
15. oder 16. Jahrhundert nur noch in ganz vereinzelten 
Fällen gegeben sein, ungefähr in dem Maße, wie es heut- 
zutage schon mit Glocken aus dem 12. bis 14. Jahrhundert 
der Fall ist. Gewiß ist das Material und der Gebrauch 
der Glocken derartig, daß auch der wertvollsten nur eine 
begrenzte Zeit der Existenz bestimmt ist, und es soll weder 
das berechtigte Verlangen einer Gemeinde nach einem 
würdigen, voll und harmonisch tönenden Geläute, noch auch 
das Blühen und Gedeihen des Glockengießergewerbes im 

1) Bergner wählt den Namen : landschaftliche Glockenkunde, 
in seinem Aufsatz in den deutschen Geschichtsblättern, heraus- 
gegeben von Dr. Armin Tille, ßd. 4, Heft 9, S. 225 ff. 

Zeittchr. f. Thür. Qe*ch. Suppl. I. \ 



2 



Die Glocken des Neuetädter Kreises. 



entferntesten Linter das Interesse des einzelnen Kunst- 
archäologen gestellt werden. Um so dringender ist es aber 
gerade deshalb nötig und muH allseitig als vollberechtigt 
anerkannt werden, daß weitere Kreise, in erster Linie die 
mit der Beaufsichtigung der Glocken betrauten Stellen, 
weiter aber auch die Glockengießer selbst für die Er- 
haltung des kunstgeschichtlichen Gehaltes der Glocken 
interessiert werden. Daran fehlt es aber bis jetzt fast 
gänzlich; deshalb wandern Jahr für Jahr unschätzbare 
Stücke ungesehen und unbeachtet in den Schmelzofen, 
und man vergißt, wie sie gestaltet waren, und was sie 
enthielten. 

Für das Großherzogtum Weimar besteht zwar eine 
Verordnung, die sich in dankenswerter Weise richtet auf 
Erhaltung besonders merkwürdiger Glocken. Allein sie 
läßt dem subjektiven Ermessen noch zu weiten Spielraum, 
und es fehlt die Instanz, welche den größeren oder 
geringeren Wert bestimmt *) ; unterdessen aber verschwindet 
ein Stück um das andere, und die Zeit ist schon ziem- 
lich genau zu bestimmen, in welcher auch der letzte 
Rest verschwunden ist. Wie nötig ist da die bergende 
Arbeit ! 

An dieser Arbeit hat es aber bis vor wenig Jahren 
gänzlich gefehlt. Mustergültig ist auf diesem Gebiet das 
Werk von Schubart, Die Glocken im Herzogtum Anhalt, 
Dessau 1896. Hier sind für ein abgegrenztes Gebiet alle 
und zum Teil recht kostbare und einzigartige Denkmäler 
geborgen, und man hat das beruhigende Gefühl: aere 
perennius, das Erz mag bersten, und die Gefäße mögen 
zerschlagen werden, der Inhalt ist gerettet für alle Zeiten 

1) Durch freundliches Entgegenkommen des Großh. Staate- 
ministeriunis, Departement des Kultus, ist durch Bekanntmachung 
vom 30. Juli 1903 die auch für andere Lander beherzigenswerte 
Verfügung ergangen, daß vor dem Einschmelzen von Glocken dem 
Verfasser dieses Aufsatzes zwecks der Besichtigung und Aufnahme 
dieser Gefäße Kenntnis gegeben werde. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



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und bleibt dem Forscher zugänglich. In gleicher Weise 
hat Dr. H. Bergner für Thüringen gearbeitet, zuerst in dem 
bahnbrechenden Büchlein: Zur Glockenkunde Thüringens, 
Jena 1896, und dann: Die Glocken des Herzogtums Sachsen- 
Meiningen, Jena 1899. Auch hier sind mit Auswahl In- 
schriften und Zierraten nach dem Original wiedergegeben; 
besonders das erstere Werk muß als ein Elementarbuch 
der speziellen Glockenkunde geschätzt werden. Es verdient 
hier noch Erwähnung ein aus gleicher Zeit stammendes, 
großartig ausgestattetes Werk, W. Effmann, Die Glocken der 
Stadt Freiburg in der Schweiz, Straßburg 1899, welches 
nicht bloß die einzelnen Glocken in allen Einzelheiten ihres 
künstlerischen Schmuckes darbietet, sondern auch alle mittel- 
alterlichen Glocken in photographischen Aufnahmen enthält. 
Alle diese Werke sind von unschätzbarem Wert, und doch 
bieten sie nur einen kleinen Bruchteil. Andere weite Ge- 
biete liegen noch unbebaut und unbearbeitet, und die 
Schätze, die sie enthalten, sind in Gefahr, langsam aber 
sicher verloren zu gehen. Dagegen hilft nicht ihre 
Inventarisierung in den Bau- und Kunstdenkmälern; die 
ist von Wert bloß für die wenigen Beispiele, in denen 
Originalabbildungen gegeben sind. Wenn dagegen in den 
meisten Fällen nur eine kurze, gesetzt auch korrekte Be- 
schreibung der einzelnen Glocken dargeboten ist, so hat 
das für die Glockenkunde nur einen sekundären Wert, 
insofern als ein Wegweiser für die eingehende Forschung 
geboten wird. Stellt sich aber heraus, daß diese auf die 
denkbar kürzeste Form reduzierten Angaben von Unge- 
nau] gkeiten und Fehlern strotzen, so können sie nur die 
größte Verwirrung für die Glockenkunde bringen. Die 
Einzelforschung, die ja ausgesprochenermaßen durch die 
Herausgabe der Bau- und Kunstdenkmäler angeregt werden 
soll, ist also recht dringend nötig, um so mehr, da es bis in 
die jüngste Zeit daran gefehlt hat. Ihr sollen auch die 
folgenden Abhandlungen dienen. 



1* 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Der Neustädter Kreis ist für die Glockenforschung 
ein dankbares Gebiet. In Beichhaltigkeit an alten Glocken 
wird er in ganz Thüringen vielleicht nur durch die Diöcese 
Kahla übertroffen, an Mannigfaltigkeit der Formen steht 
er aber noch über jener Glockenkammer Thüringens. Das 
erklärt sich einerseits daraus, daß die blühenden Stifter 
der Diöcese Naumburg, denen die Kirchen des östlichen 
Teiles unterstanden, ebenso wie die der sedes Pößneck im 
westlichen Teil angehörenden Kirchen in der Lage waren, 
die besten Meister des Glockengusses heranzuziehen. Tat- 
sächlich sind über den ganzen Kreis diese erstklassigen 

Werke der berühmtesten Gießer im Aus- 
gang des Mittelalters fast ganz gleich- 
mäßig verteilt, obenan die unüber- 
troffenen Glocken des Marcus Rosen- 
berger in Schleiz; aber auch ein Hein- 
rich Ciegeler und der große Unbekannte 
mit seinem Gießerzeichen (Fig. 1), beide 
aus Erfurt, u. a. sind vertreten. Ander- 
seits aber legte die Dürftigkeit der spä- 
teren Zeiten bis herein in die Gegenwart den evangelischen 
Gemeinden die größte Sparsamkeit auf in der Weise, daß 
sie, wenn eines oder das andere Stück unbrauchbar wurde, 
nicht gleich ein ganz neues Geläute anschafften, sondern 
eben nur die gesprungene Glocke ersetzten, mochte die 
übrig bleibende damit harmonieren oder nicht. Ja, diese 
Dürftigkeit gebot es, daß man in manchem kleinen Orte, 
wo man von alters her dies oder jenes Glöcklein aus einer 
verfallenen Kapelle übernommen hatte, sich mit diesen 
beinahe prähistorischen Gefäßen bis zur Gegenwart be- 
gnügte. Erst in neuester Zeit kommt es vor, daß Gemeinden, 
denen eine Glocke springt, dem Drängen des Glockengießers 
nachgeben und auch die zweite und dritte, meistens ältere 
und dauerhaftere, darangeben, weil angeblich sonst kein 
harmonisches Geläute zu stände käme! 

So ist es gekommen, daß von 311 Glocken in 119 Ort- 




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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



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schaften noch 87 sieber als mittelalterliche zu bestimmende 
Glocken vorhanden sind, und zwar 65, die teils mit Jahres- 
zahl und Inschriften, teils auch in wenigen Fällen nur mit 
irgend welchen Zeichen versehen, selbst ihr Alter bekunden, 
und 22 ohne jegliche Zahl, Zeichen und Inschrift, die nach 
Gestalt, Metall und urkundlicher Bezeugung den mittel- 
alterlichen Glocken zuzurechnen sind. Zu ihnen kommen 
noch 4 Glocken, welche zwar umgegossen sind, die aber 
dank den vorhandenen Nachrichten noch genau eingegliedert 
werden können und darum nicht gänzlich verloren sind. 
Es sind also im ganzen 91 Glocken, die für die Beschreibung 
zur Verfügung stehen. Sie werden am bequemsten und zu 
besserer Übersicht nach den Gießern und, wo ein bestimmter 
Meister nicht zu ermitteln ist, nach ihren besonderen Merk- 
malen gruppiert. 

Glockengießernamen sind 4 vertreten, mit dem jüngsten 
und bedeutendsten beginnend : 

Markus Rosenberger in Schleiz, 

Heinrich Ciegeler in Erfurt, 

Andreas Heiner in ?, 

Heinricus filius Tiderici. 
Zu diesen gesellen sich 7 andere Meister, deren Namen 
teils unbekannt, deren Werke durch die beigefügten Haus- 
marken und Gießerzeichen festzustellen sind, oder die end- 
lich durch Vergleichung bekannter Glocken zu bestimmen 
sind. Zu den letzteren gehört Klaus Rymann in Naumburg, 
zur zweiten Gruppe ist zu rechnen der berühmte Unbe- 
kannte in Erfurt mit der Hausmarke Fig. 1 , und ein 
anderer, der im Schild eine ähnliche, auch bei Otte, Glocken- 
kunde, S. 220 abgebildete Marke führt. Die übrig bleibenden 
4 Meister führen der eine am Ende der Inschrift eine Glocke, 
der zweite mitten in der Inschrift das Tümplingsche Wappen 
neben verschiedenen immer wiederkehrenden Medaillons und 
Reliefs ; der dritte, oft wiederkehrende, bringt auf der Platte 
zwischen den Henkeln Schwerter an |, und der vierte hat 
unter der aus originellen Majuskeln oder feinen Minuskeln 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



bestehenden Inschrift das Belief eines auf dem Drachen 
stehenden Bischofs mit einem Schriftband CÜJ&PÄR 
ffiBJjDhGR und anderen gleichmäßig wiederkehrenden 
Reliefs. 

Außer diesen Gießern, deren Werke bis jetzt auch in 
anderen Bezirken festgestellt sind, sind noch 12 verschiedene 
andere zu unterscheiden, die wegen besonderer Eigentümlich- 
keiten noch nicht eingeordnet werden konnten. Hierzu sind 
noch die Verfertiger der ganz kahlen Glocken, ohne jegliche 
Inschrift und Zeichen, zu rechnen. 

Es empfiehlt sich, bei der Beschreibung der einzelnen 
Gruppen mit dem jüngsten Meister zu beginnen, weil diesem 
über ein Drittel der datierten Glocken zuzuweisen ist. 

1) Marcus Rosenberger in Schleiz. 

Über seine Persönlichkeit ist bis jetzt nichts bekannt 
Bei Otte, Glockenkunde, findet sich sein Name noch nicht, 
aber er war bekannt durch die Reußische Kirchengalerie 
vom Jahre 1842, in welcher unter dem Ort Hohndorf, 
Amtsbez. Greiz, eine Glocke mit seinem Namen erwähnt ist. 
Dort wird freilich die Jahreszahl fälschlicherweise m° + 
CCCC 0 + lrj?rr°m + = 1493 angegeben, auch ist die In- 
schrift an falscher Stelle zu lesen begonnen und dadurch 
der Vorname des Gießers vom Zunamen getrennt worden: 

roeenberger + goe + miefc + nacb + erriet + geburt + 
m° + cccc 0 + lrj;rj; 0 m + iar + marcue + Oranna l ) + 
£eife + tc& + in + gottee + unb + marta + wnb + 
0 + catl>artna + er + leut + man + tnicfc +. Zu be- 
ginnen ist bei „Oranna lj>eifs fc&" und „marcue " schließt 

die erste, roeenberger *) beginnt die zweite Zeile. Erst 
Dr. H. Bergner, Zur Glockenkunde Thüringens, rückte 
den Namen dieses bedeutendsten Meisters des südöstlichen 
Thüringens mehr in den Vordergrund durch Auffindung von 
3 weiteren Glocken, die den vollen Namen tragen, nämlich 
in Lichtentanne (S.-Meiningen) 1502, Quittelsdorf (Schwarzb.- 

1) Statt ofantta. Druckfehler in der Bcuß. K.-Gall. 

2) Der Name ist hier roeenperger geschrieben. 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



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Rudolstadt) 1507 und Angstädt (Schwarzb.-Sondershausen) 
1512. Auch wurde er durch die Notiz der Kirchrechnung 
in Dienstädt (Amtsbez. Kahla) vom Jahre 1531 auf Schleiz 
als den Ort des Gusses gewiesen *), und er vermutete be- 
reits, daß Rosenberger der Verfertiger einer ganzen Anzahl 
von Glocken sei, die er im Gießerverzeichnis unter „Schleiz" 
einem unbekannten Gießer zuweist 2 ). Erst durch ein- 
gehende Vergleichung aller diesbezüglichen Glocken be- 
treffs der Inschriften, Verzierungen und der ganzen Aus- 
stattung, sowie durch Auffindung von 2 weiteren Glocken 
im Neustädter Kreis, die den Gießernamen führen, konnte 
mit Sicherheit die ganze große Zahl vorhandener, ja selbst 
einzelne verloren gegangene Glocken dem Meister Marcus 
Rosenberger aus Schleiz zugeschrieben werden. Es wird 
wohl nicht leicht ein zweiter Meister aus jener Zeit des 
ausgehenden Mittelalters gefunden worden, von dem in 
einem so engbegrenzten Bezirk auch nur annähernd so viele 
Glocken erhalten sind. Bis jetzt haben bei oberflächlicher 
Zusammenstellung 79 Glocken festgestellt werden können, 
die sich verteilen auf die Länder Reuß und Meiningen im 
Süden, Altenburg im Osten, Norden und Westen mit dem 
angrenzenden weimarischen Kreis, Reuß-Gera und der 
Neustädter Kreis in der Mitte, hier allein 24 Stück. 
Die große Zahl erklärt sich leicht durch die außer- 
ordentliche Dauerhaftigkeit und Güte des Metalls, von 
dem man in sich häufenden Fällen im Volksmunde erzählt, 
es enthalte Silber, eine Sage, die wiederum ihre natürliche 
Erklärung findet in dem hellen und vollen Ton aller dieser 
Glocken 8 ). Dabei ist auch merkwürdig, daß sich an viele 

1) Bergner, Zur Glockenkunde, S. 35 f. 

2) Ebendas. S. 102. 

3) Die Frage der Silberbeimischung zur Glockenspeise, zum 
Zweck der Verschönerung des Klanges, die im Volksglauben allge- 
mein behauptet, von den Glockenforschern ebenso allgemein bestritten 
worden ist, scheint nunmehr ihre wissenschaftliche Erledigung ge- 
funden zu haben. Die Schweizer Firma Euetschi & Co. hat ein 
Werkchen veröffentlicht: Die Anfertigung von Kirchengeläuten und 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



von ihnen, die doch in einer der historischen Forschung 
leicht zugänglichen Zeit gegossen sind, die weitverbreitete 
Glockensage knüpft, sie seien von Schweinen ausgewühlt 
worden, sowie die andere Sage, sie seien aus entlegenen 
Orten oder aus verfallenen Kapellen an ihren jetzigen Ort 
gebracht worden. Auch verschiedene andere Erzählungen 
gehen gerade von diesen Glocken im Volksmunde um: die 
Glocke in Kleinbocka wollte angeblich der Rat der Stadt 
Weida vor ca. 100 (!) Jahren gegen eine andere umtauschen 
mit einem ganz ansehnlichen Aufgeld von 400 Talern *) ; 
die in Knau wurde angeblich aus einem Kloster in Saal- 
feld geschenkt; hier rettete die Sage von der Schenkung 
die alte wertvolle Glocke vor dem Verderben im Feuer- 
ofen. Denn als im Jahre 1898 ein neues Geläut beschafft 
wurde, verlangte der nach dem edlen Metall der Rosen- 
bergerin lüsterne Glockengießer auch diese. Bereits neigte 
die Mehrzahl der Einwohner dem Plane der Preisgabe zu; 
da erhoben die älteren Gemeindemitglieder maßgebend ihre 
Stimme: ein Geschenk, das man erhalten hat, so sagten sie, 
darf man nicht wieder veräußern ! Und sie drangen durch, 
und die schöne Glocke war gerettet. Der Glockengießer 
aber ward auch gerechtfertigt, denn als die neuen 3 Glocken 

deren Unterhalt, Aarau 1890. Dort wird S. 13 mitgeteilt: in Eng- 
land goß man vor kurzer Zeit 4 gleich geformte Versuchsglocken. 
Die erste Glocke bestand nur aus Kupfer und Zinn ; die zweite ent- 
hielt etwas Silber, die dritte mehr und die vierte am meisten Silber. 
Da zeigte es sich, daß die silberfreie Glocke am klangreichsten war, 
und daß der Klang sich mit dem Silberzusatz immer mehr ver- 
schlechterte! 

1) Eine ähnliche Sage knüpft sich an eine Glocke in Hohen- 
leina, Kr. Delitzsch, nach den B. u. K.-D. der Prov. Sachsen. Sie 
lautet dort: Man wollte diese Glocke in Leipzig haben und bot so- 
viele Taler, als von Hohenleina bis Leipzig aneinandergelegt werden 
könnten. Die Glocke ließ sich aber nur mit großer Mühe fort- 
schaffen, und schließlich waren 12 Pferde außerstande, sie weiterzu- 
bringen. Man kehrte um, und nun hatten 2 Pferde keine große 
Mühe, sie zu bewegen, weil die Glocke gern an dem Orte bleiben wollte,, 
für den sie bestimmt war. 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



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ankamen, verweigerten sie der alten die Harmonie und 
priesen in jubelndem A-dur-Accord die Errungenschaften 
der Neuzeit, während die alte verurteilt ward, ihr alt- 
modisches, griesgrämiges A-moll für sich allein weiterzu- 
summen. In Dreitzsch erzählt man: Der „Mann", dessen 
Grabstein an der Südwand der Kirche eingemauert ist (Ehren- 
fried von Pöllnitz, 1628 Gutsherr in Dreitzsch), habe sie in 
Bautzen l ) geraubt und auf einem Wagen dorthin gebracht. 
Später hat er sich in seinem Gewissen bedrückt gefühlt, 
und auf seinem Sterbebette noch seufzte er: 0 Bautzen, o 
Bautzen, wie drückst du mich! Seitdem klingt die Glocke 
bis zum heutigen Tage : Bau — tzen. In Auma zerschmolzen 
beim Brande der Kirche (1791) die Glocken; die kleine 
Rosenbergerin wurde gerettet. Der Volksmund erzählt, ein 
beherzter Mann (niemand kennt seinen Namen) trug sie auf 
dem Rücken vom brennenden Kirchturm herab und ver- 
senkte sie der größten Sicherheit halber im Pfarrteich, aus 
dem sie später — gehörig abgekühlt — wieder herausge- 
zogen wurde. Löst man von all diesen Sagen die äußere 
Schale, so bleibt der innere Kern: mit den Werken Markus 
Rosenbergers hat es eine besondere Bewandtnis, sie sind 
„weit her", sie sind nicht mit Silber, nein — nicht mit 
Gold aufzuwiegen! 

Dem damit genugsam bekundeten inneren Werte dieser 
Glocken entspricht auch ihr Äußeres. Zwar prangen sie 
nicht in hervorragenden Bildwerken, wie die des zeit- 
genössischen Erfurter Meisters Heinrich Ciegeler; ihre 
Flanke») ist in den weitaus meisten Fällen ganz kahl, nur 



1) Bautzen wurde im Jahre 1620 von der kursächsiechen Armee 
belagert und eingenommen, wobei der Glocken- und Stückgießer 
Zacharias Hilliger aus Freiberg die Artillerie leitete (Mitteil, des 
Freiberg. Altertumsvereins, Heft 4, S. 341 ff. 

2) In der Bezeichnung der einzelnen Teile des Glockenkörpers 
herrscht von jeher eine beinahe babylonische Sprachverwirrung. Im 
folgenden sind stets die Bezeichnungen gebraucht, wie sie Bergner, 
Grundriß der kirchlichen Kunstaltertümer, S. 262, in Überein- 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



vereinzelt (Lichtentanne, S.-Meiningen) sind Heiligen-Namen 
oder, wenn der Platz für die Inschrift um den Hals nicht 
ausreichte, der Schluß dieser Inschrift auf die Flanke ge- 
setzt. Ebenso ist der Schlag meistens kahl ; nur bei 
größeren Werken ist er mit den auf die 4 Himmelsrich.- 



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tungen verteilten Namen der 
4 Evangelisten zwischen je 

2 Kreuzen oder, ebenso ver- 
teilt, mit dem titulus: ttÄ- 

jarenus rejr tufceorum zwi- 
schen je 2 Kreuzen besetzt. 
Hierfür stehen einmal, in Ober- 
wellenborn (Sachs. - Meiningen), 

die 4 Worte: verbum caro 

factum ef*. Den Haupt- 
schmuck bildet die Verzie- 
rung am Halse, die stets aus 

3 Teilen besteht: oben ein 




Fig. 3c. 



n_runjn_jn_ri_Tl- 



Fig. 3a. 



Fig. 3b. 



Stimmung mit dem Hofglockengießermeister Franz Schilling, früher 
C. F. Ulrich in Apolda, festgelegt hat. Es wäre sehr zu empfehlen, 
daß die dort angegebenen technischen Ausdrücke Gemeingut aller 
Glockenforscher würden, und daß dadurch ein allgemeiner Sprach- 
gebrauch heimisch würde. Danach wäre zu benennen: A die 
Krone mit den 4 oder 6 Henkeln, B die obere, G die untere 
Platte der Haube, D der Hals, E die Flanke, F der Woim, G der 
Schlag, H die Schärfe. Das Ganze von B— H ist die Glocken- 
rippe. (Fig. 2.) 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



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Zinnenfries 1 ) [Fig. 3a], der in einem einzigen Falle eine 
Variation aufweist in Schwarzbach, indem die obere 
Kante konkav gebogen ist (Fig. 3b); in einem anderen 
Falle (Neunhofen) sind 2 Zinnenfriese, noch einer unter 
der Inschrift, angebracht; darunter zwischen 2 Stäben 
die Inschrift in so fein geschnittenen und ausgeprägten 
gotischen Minuskeln und einzelnen originellen Renais- 
sance-Majuskeln, wie sie gleich sauber und gefällig und 
ziemlich regelmäßig nirgends wieder gefunden werden ; 
endlich unterhalb der Inschrift ein ebenso sauberer Rund- 
bogenfries, Wie diese dreiteilige Verzierung, so ist bei 
diesen Glocken auch die Anordnung der Inschrift und der 
Gebrauch des Frieses typisch. Darum gebührt der Inschrift 
zunächst besondere Beachtung. 

Ein hervorstechendes Merkmal der Inschriften sind die 
Trennungszeichen zwischen den einzelnen Worten, Zahlen- 
gruppen und Buchstaben. Es sind dies entweder Kreuze 
in der Form des aus 4 gleichseitigen Dreiecken (vgl. Fig. 4), 
die mit den Spitzen zusammenstoßen, gebildeten sogen. 
Rosenkreuzes ; oder Kleeblättchen, bestehend aus 3 Fieder- 
blättchen, deren mittelstes nach oben zu spitz zuläuft, und 
einem nach links und rechts gespaltenen Stiel (vgl. Fig. 7 
u. 8), oder endlich zierliche, gotisch gebogene Kleeblättchen 
mit einem ganzen, ungeteilten Stiel (vgl. Fig. 10). Es kann 
kein Zweifel sein, daß zunächst die erstere Art der Klee- 
blätter aus dem Rosenkreuz entstanden ist in der Weise, 
daß das untere Dreieck, gespalten, den doppelten Stiel ergab 
(Fig. 3c), die 3 übrigen aber, abgerundet, zu Fiederblättchen 
umgebildet wurden. Als Kreuze wurden sie tatsächlich 
auch von Laienaugen gelesen in der Reußischen Kirchen- 
galerie, wo sie einmal in dieser Form: # wiedergegeben 
sind, und noch zuletzt von dem in der Glockenkunde völlig 
laienhaften Lehfeldt, Bau- und Kunstd., Heft XXV, S. 424, 



1) Dieser fehlt auf der als älteste nachgewiesenen Glocke in 
Traun. 



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12 Die Glocken des Neustadter Kreises. 



unter Wolfersdorf, als regelrechte Kreuze. In der ersteren 
Form erscheinen die Kleeblättchen bis zum Jahre 1507, 
von da an bis 1545 (Paska, Kr. Ziegenrück) in der ge- 
fälligeren zweiten Form. Vor der bis jetzt am frühesten mit 
Sicherheit datierten Glocke vom Jahre 1502 in Lichten- 
tanne (S.-Meiningen) sind im Neustädter Kreis noch zwei 
früheren Datums festgestellt worden : in Thränitz 1501 und 
Traun 1497 l ). Beide entbehren zwar der Kleeblättchen 
und haben dafür die Rosenkreuze, in Traun fehlt sogar der 
Zinnenfries. Aber die Typen stimmen aufs Haar mit den 
Rosenbergerschen überein, und besonders Form und Inhalt 

Fig. 4. 

der Inschriften sind identisch mit denen der älteren Rosen- 
bergerschen : in Traun : + fyilf Hh ifye + mavia + betrat^ + 
ioljatme* + matf>eue + lr>ca* + mavcv* + m + cccc 

(das Folgende unter der Zeile) + IffftWÜ + IM + 
(vgl. unten Wolfersdorf 1504, auch Strößwitz 1506, sowie 
Schloß Osterstein in Gera-Üntermhaus und Lothra 1500 
nach Lehfeldt) ; in Thränitz aber der bei Rosenberger öfter 
wiederkehrende merkwürdige Spruch: Hh tn° + ccccci 0 O 
(eingegossene Münze) o + QVtt + tnavia + bi0 + in Hh 

gebend + meines + volä ce + f o + man + miefc + 

lernen + ift (Fig. 5) [vgl. hierzu Lichtentanne 1502: o guthe 
maria bis in gedencke meines folekis so man mich leuten 



1) Lehfeldt völlig irreführend 1487. 



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Die Glocken de« Neustädter Kreises. 



13 



ist, und Unterrenthendorf (S.-Altenburg) + (Blortofa lj>et6 

id? o f>eilige maria fcp ^eiliger rittet 0 gorge bitet 
got por mein foldfe warnt man micfc lepten ift, und 

Fig. 5. 

sogar noch 1622 Löberschütz (Bez. Apolda) + 3(nno fro- 
mmt m ccccc J7?ii iar + 0 ^eiliger Ijerr 0 nicolapf 
pit got por mein polcf tpan man micfc lernten iß; 

vgl. auch Tschirma (Bez. Greiz) 1509, Hohndorf und 
Lobenstein f nach der Reuß. Kirchengalerie : 0 du hei- 
liger Erzengel S. Michael! bitt vor mein Volk, so oft man 
mich läutend ist; eine Jahrzahl fehlt hier]. 

Die durch die Hohn dorfer Glocke sicher bezeugte 
älteste Form der Rosenbergerschen Werke von 1497 — 1501 
hat folgende besondere Merkmale: 

a) Die Henkel haben noch nicht die später regelmäßig 
auftretende Form mit dem Wulst an der Biegung (vgl. 
Fig. 16); 

b) es fehlen große Buchstaben beim Anfang; 

c) die Jahreszahl steht am Ende der Inschrift und ist 
immer in Minuskeln geschrieben. 

Als besondere Merkmale der einzelnen Stücke sind 
beachtenswert : 

a) Bei der ältesten (1497) in Traun der von den 
Erfurter Gießern vielgebrauchte Spruch: l>i\f ilj>0 maria 
beratl; (dort gewöhnlich gereimt: I;ilf got mavia berot), 

sowie die nach ältesten Mustern an der Halsinschrift an- 
gebrachten Evangelistennamen. Hier fehlt auch jeder Fries, 
die Inschrift steht zwischen zwei einfachen Rundstäben. 

b) Bei der Hohndorfer (1498) die Schreibung l)ttf$ 
mit dem später öfter wiederkehrenden 3 *), sowie die 
Namensschreibung rofenpetge? mit p, welche nirgends 

1) VgL Fig. 12 in dem Wort „hochzeitlichen". 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



wiederkehrt, ebenso wie die umständliche Zeitangabe: ttact) 
cviß 1 ) gebutt. Ferner findet sich das Ordinal-o der Jahr- 
zahl nur hier in der Form der gewöhnlichen Minuskel 
(s. Fig. 13), später ist es, so schon in Thränitz (1501), ein 
zierliches Kreisrund. Der Fries weist hier noch die Lilien- 
spitzen auf (s. Fig. 9), die sich später (s. u.) in Kleeblättchen 
verwandeln. 

c) Bei der Thränitzer ist die größte Merkwürdigkeit 
die als Anfangszeichen eingegossene Münze, die sich sonst 
nirgends wieder bei Rosenberger findet. 

Als weitere Besonderheiten, die aber später wieder- 
kehren, seien hier schon erwähnt: die Nennung eines 
Glockennamens (Hohndorf: ofatltta, vgl. Lichtentanne), so- 
wie die Hinzufügung von tat zur Jahrzahl, was noch bis 
in die späteste Zeit vorkommt, und die Verteilung der 
Evangelistennamen auf die 4 Seiten (Himmelsrichtungen) 
des Schlages. Das alles sind Merkmale, die es ermöglichen, 
auch ohne die besondere Angabe des Gießernamens mit 
Sicherheit auf den Verfertiger zu schließen, und bei alle- 
dem findet sich eine bewundernswerte Mannigfaltigkeit hin- 
sichtlich des Inhaltes und der Form der Inschriften und 
Verzierungen, wie sie in dem Maße nur Rosenberger 
eigen ist. 

In einer zweiten Periode von 1502 — 1607 bedient er 
sich als Trennungszeichen des aufrecht stehenden Kleeblattes 
mit gespaltenem Stiel. Die Namensunterschrift kommt auf 
einer einzigen Glocke vor in Lichtentanne (S.-Meiningen) 
1502 und hier in einzigartiger, sonst nicht wieder nach- 
gewiesener Weise, in einem Kreis, dessen Mitte eine sechs- 
blättrige Rosette einnimmt; um den Rand steht in Majuskeln 
MÄRCVJS l ROJSGHBG (Fig. 6). Hierher gehören aus 
dem Neustädter Kreis 4 Glocken : in Wolfersdorf b. Weida 
(1504), Keila b. Neustadt (1505), Strößwitz und Neustadt 

1) Ctifle, genau so geschrieben, findet sich nur noch in Mörs- 
dorf 1522 (s. u.) in dem etwas abgeänderten Spruch: o rer. gtorte 
crifte »em etc. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 15 

(1506) [Fig. 7, Fig. 8]; ferner Pahren b. Schleiz f (1606), 
Unterrenthendorf (S.- Altenburg) 1507 und wahrscheinlich 
auch Quittelsdorf (8.- Meiningen) [1507], insgesamt 8 Glocken. 

Mit denen der ersten Periode haben diese Glocken 
gemeinsam, daß die Jahrzahl am Ende steht ; auch die An- 
rufung der Maria (in Keila und Neustadt sogar das größere 




Fig. 7. 



Fig. 8. 



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16 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Ave Maria) findet sich bei allen, sowie bei einigen (Lichten- 
tanne und Wolfersdorf) das kleine Rosenkreuz, wenigstens 
als Anfangszeichen oder als Umrahmnng der Evangelisten- 
und Heiligennamen. 

Als Hauptunterschied gegen die früheren erscheinen 
hier, abgesehen von den Kleeblättchen, die großen Anfangs- 
buchstaben als Renaissancemajuskel. Das Merkwürdigste 
an ihnen ist aber die Schreibweise der Jahreszahl (Keila, 
Neustadt und Strößwitz, auch Pahren j), bei welcher nicht 
bloß eine Vermischung des römischen und des Dezimal- 
systems, sondern auch der römischen und arabischen Ziffern 
vorliegt, besonders darch Anwendung des 1 = 1 Tausend 
und der Ziffer 6. Diese Schreibart erschien dem Gewährs- 
mann der Reuß. K.-Gall. so böhmisch, daß er für Pahren 
unter gleichzeitiger Verkennung der Kleeblättchen da- 
zwischen (8. o.) die Zahl so wiedergiebt: { 4£ V # 6 #. 
Durch die bisherigen Ergebnisse sind wir in den Stand 
gesetzt, auch diese modernen Hieroglyphen zu deuten, ja 
aus ihnen Kapital für unseren Rosenberger zu schlagen, 
trotzdem die betreffende Glocke schon seit dem Jahre 1856 
umgegossen ist. 

Andere Eigentümlichkeiten, in denen man Bindeglieder 
sowohl mit der Vergangenheit für die erste Periode, als 
auch in ihrer Weiterbildung mit der kommenden Periode 
erblicken kann, sind außer der auch hier vorkommenden 
Benennung der Glocken (Osanna in Lichtentanne, Gloriosa 
in Unterrenthendorf): 

a) die Gestaltung des Frieses. Durchweg besteht dieser 



aus sich schneidenden Rundbögen, die, nach innen und 
außen mit Nasen besetzt, in ihren Abschnitten (Fig. 9) 
Kleeblattfiguren bilden. Den Abschluß nach unten zu 




Fig. 9a. 



Fig. 9b. 



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Die Glocken des Neustädter Kreise* 



17 



bilden nicht mehr Lilien, wie in Hohndorf, sondern 
Kleeblätter (von Lehfeldt immer und immer wieder ver- 
wechselt), so zwar, daß das mittelste Blättchen wie bei 
dem Trennungs-Kleeblatt zugespitzt ist 

b) Das Kreuz wird nicht mehr als Trennungs-, sondern 
als Anfangszeichen gebraucht, indem es stets den Anfang 
der Halsinschrift andeutet (von Lehfeldt fast stets über- 
sehen). Es ist nur in einem einzigen Falle noch das kleine, 
ungefähr 2 cm hohe Kosenkreuz (Wolfersdorf). Von jetzt 
an erscheint es, wie schon leise in Hohndorf am Anfang 
angedeutet, in einer größeren Form, nicht mehr aus Drei- 
ecken, sondern aus Kreisausschnitten gebildet (ähnlich 
unserem „Eisernen Kreuz"), 4 cm hoch, zuweilen mit etwas 
verlängertem unteren Balken, in sehr gefälliger Form, und 
ähnelt dann dem Johanniterkreuz. In Lichtentanne ist es 
besonders schön und 6 cm hoch. Außer zum Anfang steht es 
nun regelmäßig als Einfassung der vier auf die vier Himmels- 
gegenden verteilten Worte des titulus am Schlag: 
na^avtnue rcp ivt>eon>tn (Wolfersdorf, Unterrenthendorf). 

c) Beachtenswert ist ferner noch die Gruppierung der 
Kleeblättchen als Schlußzeichen der Inschrift, von der 
später noch im besonderen die Rede sein wird, die aber 
hier schon ansetzt durch 2 übereinander gestellte Kleeblätter 
am Ende der Inschrift [Strößwitz (s. Fig. 7), Unterrenthen- 
dorf 1 )]. Auffällig ist noch in Unterrenthendorf, daß die Zeit- 
angabe am Schlag angebracht ist, offenbar, weil am Hals der 
Platz mangelte. In Keila steht sie unterhalb des Frieses, wo 
sich in Hohndorf wie in Traun der Schluß der Inschrift nebst 
Zeitangabe befand. In Lichtentanne befinden sich an eben- 
derselben Stelle die Namen der Evangelisten, der heiligen 
Magdalena und Nikolaus und Rosenbergers selbst. 

d) Einen deutlichen Übergang zur nächsten Periode 
bildet endlich das Anfangs- A von Ave in Neustadt (Fig. 8), 
das hier zum ersten Male erscheint. 



1) Hier ist das letzte Wort „ist" aus Raummangel unter den 
Kreuzbalken gestellt 

Zeitscbr. f. Thür. Gwcta. Suppl. I. 2 



18 



Die Glocken des NeuBtädter Kreises. 



Die bei weitem größte Zahl der erhaltenen Rosenberger- 
Sehen Glocken gehört der dritten Periode an und macht 
sich kenntlich durch die allerzierlichsten Kleeblättchen mit 
einem nach links gebogenen Stiel. Diese Periode erstreckt 
sich über die ansehnliche Zeit von 1508—1546 (Paska, 
Kr. Ziegenrück). Man kann diesen langen Zeitraum in 
zwei Unterabteilungen zerlegen, die vorläufig bloß durch die 
etwas veränderte Form der Typen zu unterscheiden sind: 
möglich auch, daß hierdurch ein Rosenberger der jüngere 
sich von dem älteren scheidet. In der zweiten Unterabteilung 
dieser Periode findet sich der Name des Markus Rosen- 
berger nicht mehr; er fehlt allerdings auch schon konstant 
gegen das Ende der ersten Unterabteilung. Der Unter- 
schied der Typen besteht darin, daß, während von 1508 bis 
1617 die von Anfang an bekannte, breitere Form gebraucht 
ist, bei der die Breite der Grundstriche zur Höhe im Ver- 
hältnis von 5 : 26 stand, von 1517 an die Striche mit zu- 
nehmender Länge an Breite abnehmen, so daß ein Ver- 
hältnis von 3 : 28 üblich wird. Die Kleeblättchen behalten 
dieselbe Form und Größe selbst bei den Inschriften, die mit 
ganz kleinen, ca. 20 mm hohen Typen hergestellt sind (Neun- 
hofen, Mildenfurth u. a.), ebenso bleibt aller übrige Schmuck, 
der Charakter der Buchstaben, wie überhaupt die ganze 
äußere Erscheinung. Auch die Mannigfaltigkeit in Auswahl 
der Sprüche darf nicht auffallen, sie gehört zu der Be- 
weglichkeit des niemals an der Schablone haftenden Meisters. 

Aus dem Neustädter Kreis gehören hierher 18 Glocken, 
nämlich: München bernsdorf 1508, Auma 1509, Knau 1509, 
Braunsdorf 1510, Döhlen 1511, Dreitzsch 1613, Klein- 
bocka 1514, Daumitzsch 1614, Wolfersdorf 1515, Churs- 
dorf 1517, Strößwitz 1517 — Bucha 1518, Neunhofen 1519, 
Oberpöllnitz 1520, Hundhaupten 1522, Mildenfurth 1525, 
Schwarzbach 1532, Steinsdorf 1635, letztere mit der Sigle 
V. D. M. I. E. (Fig. 11); außerdem konnten in den um- 
liegenden Ländern bis jetzt noch 47 Glocken dieser Art 
nachgewiesen werden. 



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Die Glocken dee Neustädter Kreises. 



19 



Rosenbergers Name findet sich unter diesen zweimal, 
in Mtinchenbernsdorf 1608 und Döhlen 1611, beide mit 
demselben. Sprach unter geringen orthographischen Ab- 




rrrrr*?*»sw*flroiro» 

Fig. 10. (V 4 nat. Gr.) 
Fig. 11. (»/* nat. Gr.) 




Fig. 12. ('/« nat. Gr.) 

2* 



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20 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



weichungen (Fig. 12): (BlOttOfft l)ti* i<fy bt |>0$$ett- 

liefcert feet belept tcf> t>t fcfeetblic&en n?eter Dortreib tcb 
Dil fci roten bewein ic& marp rofeberger go6 tmcfc 

An besonderen Eigentümlichkeiten sind hervorzuheben : 

1) Der Gebrauch von Majuskeln in Renaissanceform 
bei den Anfangsbuchstaben, der allerdings in der späteren 
Zeit merkwürdigerweise wieder nachläßt. Typisch ist der 
ersten Unterperiode die schöne Form des A, die schon in 
der früheren Periode erwähnt wurde. Später tritt dafür 

WM OMn* 

aabedef g h 

Fig. 13. (V 4 nat. Gr.) 

a) Strößwitz 1517, vgl. Keila 1505; b) Bucha 1518, auch Fig. 10; 
c) Hundhaupten 1522, auch schon Chursdorf 1517 ; d) Bucha 1518 ; 
e) Strößwitz 1517; f) Mörsdorf 1522; g) Hohndorf 1498; h) Döhlen 
1511. 

(Fig. 13) nach einer Übergangsform 1517 Ä die schlankere 
Form A, und noch später die vergrößerte Minuskel 
An Großbuchstaben kommen noch vor: G (Fig. 12) [in 
Steinsdorf umgekehrt für ^) = D gebraucht (Fig. 11)], 

4 1 ( Fi S- 7 ) 0 und I (▼« p S rö * erte Minuskel), M. € (a. 
Fig. 11), S (s. Fig. 10), auch jg (vergrößerte Minuskel) 
und V (s. Fig. 7. u. 8.) 

2) Als Erinnerung an die vorausgehende Periode er- 
scheinen in der ersten Zeit noch die runden Ordinal-o bei 
der Jahreszahl, in Knau über allen drei Zahlengruppen: 
Tausend, Hunderten und Einern, sonst nur über den beiden 
ersteren, in Münchenbernsdorf pc und Döhlen auch noch 
die Hunderter durch p< ausgedrückt. Später werden die 
Zahlen durchweg einfach durch die entsprechenden Klein- 
buchstaben ohne jedes Beiwerk ausgedrückt. 



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Die Glocken de« Neustädter Kreises. 



21 



3) An orthographischen Eigentümlichkeiten sind be- 
merkenswert, abgesehen von dem Schwanken in der deut- 
schen Orthographie, wie fct und fcie, wtttv für wetter, pit 
für bitt, fdpCtMtC^Ctl für schädlichen, t>o!<* und foltfte, 
die Abkürzung i^p für das sonst gewöhnliche tye in 
Dreitzsch, ebend. etc., ioänee mit dem Abkürzungszeichen 
über dem a statt über n, sowie die nur in Mildenfurth 1525 
vorkommende Schreibweise yl>C6t> (auswärts noch in Nieder- 
krossen und Dienstadt bezeugt), und die Abkürzung pctOrcö 
in Auma und Heinersdorf 1 ). Zu bemerken ist weiter die 
Art der Trennung der Worte infolge von Raummangel: 

tlf . 
benefci ^ , Knau, protl - obtö unter die Zeile geschrieben, 

Thalbürgel, promie-öionc C^rteti, desgl. Triebes, die er- 
innert an die schon in den beiden früheren Perioden be- 
obachtete Manier, einen Teil der Halsinschrift unter dem 
Fries anzubringen. ptO tiobie findet sich bloß 2mal ge- 
trennt geschrieben in Münchenbernsdorf 1508 und Mörs- 
dorf 1522, sonst ist es stets in ein Wort geschrieben (vgl. 
die eigentümliche Abteilung in Thalbürgel). 

4) Als Schlußzeichen werden, wo es der Platz gestattet, 
die Kleeblättchen verwendet. Es werden angebracht : 1 
öfter, 2 nebeneinander Golmsdorf, 2 übereinander, als kleiner 
Trenner in Dreitzsch nach etc., 3 nebeneinander in Hain- 
spitz, Mörsdorf, Dothen, Hundhaupten, Oberpöllnitz, Neun- 
hofen, 3 in Dreiecksform gestellt in Dreitzsch, 
Schwarzbach, 4 in der Anordnung . . • . in Löber- 
schütz und Kleinbocka, und sogar 6 in einer Reihe, 
um den Platz auszufüllen, in Rüdersdorf. Einmal ist 
das mittelste Stück des Frieses ') aufrechtstehend 
als Schlußzeichen benutzt in Daumitzsch (Fig. 14). 

1) Lehfeldt wollte dies pctorce durchaus als pastores lesen mit 
bezeichnendem Parallelismus zwischen pastores und peccatores und 
konnte erst gelegentlich der Prüfung der Korrekturbogen davon ab- 
gebracht werden. Schief ist auch seine Übersetzung (B. u. K.-D. 
XXV, 8. 192): reich über alle, schütze uns Sünder. 

2) Friesstücke werden bei den späteren Gießern gern als Anfangs- 
zeichen verwendet. 




22 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



6) Der obere Fries wird stets in Zinn cd form gebildet, 
die nur einmal, in Schwarzbach (s. o.), eine Variation zeigt. 
Der unter der Halsinschrift befindliche Fries tritt in 3 Formen 
auf. Stets sind es Rundbogen (Halbkreise) die sich schneiden ; 
stets endigen die zusammentreffenden Enden in Kleeblätter 
(nicht Lilien). 

Neben der in der vorigen Periode beschriebenen ein- 
facheren Form der Kleeblattbögen (s. Fig. 9), wird eine 
breitere und zusammengesetzte benutzt, bei welcher die Enden 
der Bogen in 3 Kleeblätter ausgehen und nur in einem Ab- 
schnitt Kleeblattbogen gebildet werden (Fig. 15a). Und end- 
lich tritt eine ganz einfache Form auf (nur 4mal festgestellt 



in Hundhaupten, Schwarzbach, Golmsdorf und Mörsdorf); 
(Fig. 15b) 1 ). Hier besteht der Fries nicht aus sich kreuzen- 
den sondern aus zusammenstoßenden Halbkreisen, welche 
wie in der ersten Form mit Nasen besetzt sind. Es ist dies 
die am wenigsten gefallige Form und findet sich auch nur 
in der zweiten ünterperiode. 

6) Noch ist zu erwähnen die besondere Form der Henkel. 
An dem Knie bilden sie einen Knollen, der bei kleineren 



großen Henkeln laufen noch 2 Wulste längs des unteren 
Stückes herab (Fig. 16c). Die Haube ist stets ganz leicht 

1) Mittlerweile ist im Germanischen Museum in Nürnberg noch 
eine Rosenbergersche Glocke festgestellt worden aus dem Jahre 1525 
mit der Inschrift: et »erbum caro factum efl und demselben Fries. 
Bie ist also die 80. Rosenbergersche. 




Fig. 15a. V/ A nat. Gr.) Fig. 15b. 



Fig. 16a. Fig. 16b. 




Fig. 16c. 



Glocken nicht scharf 
hervortritt (Fig. 1 6a), 
bei den größeren aber 
in der Form eines Ge- 
lenkknopfes erscheint 
(Fig. 16b). Bei ganz 



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Die Glocken de* Neustädter Kreises. 



23 



gewölbt; die Grenze zwischen Wolm und Schlag deuten 
gewöhnlich 2 Wulste an. Die Stimmung dieser Glocken 
ist der Mehrzahl nach in Moll, doch kommen auch einzelne 
Dur-Glocken vor. 

Um einen Gesamtüberblick über die Werke dieses wohl 
einzig dastehenden Meisters, was die Zahl seiner erhaltenen 
und nachweisbaren Glocken anbetrifft, zu gewinnen, lassen 
wir zum Schluß ein Verzeichnis aller nachweisbaren Werke 1 ) 
und sodann eine Übersicht der Inschriften folgen: 

1497 Traun 

1498 Hohndorf (Reuß) 

1500 Lothra (Reuß) 

1501 Thränitz, f Bobeck (S.-Altenburg), Schloß Osterstein 

(Reuß) 

1502 Lichtentanne (S.-Mein.) 

1504 Wolfersdorf 

1505 Keila 

1506 Strößwitz, Neustadt, f Pahren (Reuß) 

1507 Unterrenthendorf (S.-Altenbg.), Quittelsdorf (Schw.- 

Rudolst.), Bucha (Schw.-Rudolst.) 
1608 Münchenbernsdorf, Könitz (Schw.-Rudolst.) 

1509 Auma, Knau, Tzschirma (Reuß), Heinersdorf (Reuß) 

1510 Braunsdorf, Eyba (Schw.-Rudolst.) 

1511 Döhlen, Herschdorf (S.-Mein.), f Löbstedt (Weim. Kreis) 

1512 Hartroda (S.-Altenbg.), Weckersdorf (Reuß), Drognitz 

(Kr. Ziegenrück), Angstädt (Schw.-Sondersh.), Tauten- 
burg und Thalbürgel (Weim. Kr.) 

1513 f Hartroda (S.-Altenbg.), f Hermsdorf (S.-Altenbg.) 

Dreitzsch, Triebes, Weitisberga (Schw.-Rudolst.) 

1514 Kleinbocka, Daumitzsch, Ruppersdorf (Reuß) 

1515 Wolfersdorf, Flemmingen (S.-Altenbg.), f Buchheim 

(S.-Altenbg.), f Pößneck (S.-Mein.) 

1517 Chursdorf, Strößwitz 

1518 Bucha, Hainspitz, Rüdersdorf (S.-Altenbg.), Gera (Reuß) 



1) f bedeutet umgegossen. 



24 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



1619 Neunhofen, Schlettwein (S.-Mein.), Oberwellen born 2 

(S.-Mein.), t Dothen (Weim. Kr.), t Eisenberg 
(S.-Altenbg.) 

1620 Oberpöllnitz, Plothen (Reuß), Hummelshain (S.-Altbg.) 

1521 Schönbrunn (Renß) 

1522 Hundhaupten, Löberschütz und Golmsdorf (Weim. Kr.), 

Mörsdorf (S.-Altenbg.) 

1523 f Marktgölitz (S.-Mein.) 

1524 Unterlemnitz (Reuß) 

1525 Mildenfurth 

1531 Bernsgrün (Reuß), Nienstädt und Niederknien (S.- 

Altenbg.) 

1532 Schwarzbach, Nitzschareuth (Reuß) 

1535 Steinsdorf 

1536 Langenschade und Lehesten (S.-Mein.) 
1637 Heinersdorf (Reuß) 

1539 Haselbach (S.-Altenbg.) 
1545 Paska (Kr. Ziegenrück) 
hierzu ohne Datum: 
f Lobensein. 
Sa. 79 Glocken *). 

Die Inschriften auf den Glocken folgen auch in chrono- 
logischer Reihe: 

1497 Traun: + f>tlf + + marsa + berat l> + io!>an- 

tiee + matlj>et>6 + Ipcae + marcre + m + 

CCCC + (Anfang) 

+ Irjrrrtm + tat + 

1498 Hohndorf: + ofanna + lj>etfj + id? + in + gottee 

+ Dttt> + maria + onb + e + ratf>erirw + er + 
Iet>t + man + mfcfc + mavcvs + (Anfang) 

+ roeenperger Hh 
goe + micfc + ttocfr + crtfr + gtbvvt + m° + 
cccc 0 + IrrpriNÜ + tar. 
Am Schlag: + matl>epe + + Irxae + + marcpe 
+ + iof>anrtee + . 

1) Vgl. Anm. 1, S. 22. 



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Die Glocken des Neustadter Kreise«. 



25 



1500 Lothra (Dach Lehfeldt): |>üf U;0 matia Vttb 6 anna 

« mcrrina (?) m ccccc far. 

1 501 Thränitz : O (Münze) o + gtne + mavia + bi0 + 

in + gebend + mctttce + voläts + 00 + man 
+ mtcb + lernen + tet + m° + ccccct 0 . 

Schloß Osterstein bei Gera-Unteriahaus (nach Dr. B. 
Schmidt in der Geraer Zeitung, 99. Jahrgang, 1 893, 
Beilage zu No. 227): + £Uf + «>« + mavia + 
t>nb + « + anna + m°ccccc°i. 

y Bobeck (nach Bergner, Zur Glockenkunde): o 

ifytsv vtv glorte vtni cvm pace fcüf ^eilige 
fvav eant anna selb bntt anno bomini m ccccri 
iar l ). 

1 602 Lichtentanne : + ofanna *) • l>et0 • icb • 0 • QVtl)t 

• mavia • bie • in • gebende • meines • folef is • fo 

• man - mid? • iet>ten • tji • Änno • bm • m • 

CCCCC 'Ii*. Unter dem Fries : Q (MffiRCVS ? 

R0S6HBG GG) 6 • ntcolat* • + 6 • marga- 
ret(>a •. 

Am Schlag: + 6 • lt?ca$ • + 0 • marCP0 • + 0 • 

matt>et>6 • + e • ioljannes • 

1504 Wolfersdorf: + £Üf • tl>0 • marta • tmb • 0 • anna ' 

t>nb • 0 • peter • pnb • 0 • pavle • m • ccccc 0 • tut. 
Am Schlag: + }>I>0 + + na^arent* + + rej: + + 
fobeorom +. 

1 505 Keila : + ÄVe • maria • gracta • plena • botmm>0 • 

tect>m • benebteta • tt> • tn • mvliertbw • et • bene- 
blet. Unter dem Fries: . cj • V c . V . 

1506 Strößwitz: |>ilf • l>etlge • frave - 0 • anna - 0alb • 



1) So die Jahrzahl bei Back, Chronik von Eisenberg, II, 225; 
Bergner berichtigt : cccccri, ich vermute aber wegen der fr au 0 anna 
eelboritt (vgl. Strößwitz 1500), daß aus dem jf bei Back einfach ein 
c zu machen ist, so daß ccccci herauskommt. 

2) Die folgenden Punkte bedeuten Kleeblättchen. 



26 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



brette • o • 0 • eceffatte • ora • pro • nobte • 

cj . V c . V cji): 

Neustadt: + Äpe • maria • gracta • plena • bomtnpe • 
tecpm • benebtcta • tp • tn • mpltertbP0 • cj . V c • 6. 

t Pahren (nach der Reut K.-Gal.): {#V#6# + 
(„wahrscheinlich das Jahr 1506") 3lpe tttarta gratta 

plena bomtnue tecum benebtcta tu in muüenbiie. 

1507 Unterrenthendorf: + (BlortO0£ • b e t* • tcb • O • 

betltge • marta • bp • f>riliger • rtt^er • 0 • 
gorge • bttet • got • por • mein • folcfe • wanne • 



bomtnt • m • ccccc • Ptt • + tb* + + naj . . m>0 + + 
rer + + tpbeorpm + 2 ). 

Bucha anno bomtnt m ccccc ptt + perbpm caro 
faetpm c«t et ^abitabtt in noble + (Lehfeldt). 
Quittelsdorf (nach Bergner, Z. Glockenkunde) : Hf- Unno 

• bomini • m • ccccc • pii * cpm • perbpm • caro 

• faetpm • est • magnifteetttr bn« * albertpe • 

trpter • plbne * marr • rofenberger • gow 3 ) • 
mtcb Am Schlag: + o • e-roenjeelae • ora 

• pro • nobte * tl>e * na&vtnv* * rer * tpbeo- 
rpm *. 

1508 Münchenbernsdorf: + ÄnO • bnt • tn° • P c • Pttt • 
Ottortofa • |>ete • tcb • bt • bocb^ttltcben • fest • 
belept • tcb • bt • fcbetbltcben • tpeter • portretb • 



1) Die einzige Inschrift, in welcher die Buchstaben in den 
Wachsmodellen teilweise verschoben sind (vergl. auch den ortho- 
graphischen Fehler in sceffane). 

2) Auf naj a r c nv* hat der Hammer des Uhrschlagwerkes ge- 
schlagen. 

3) Soll offenbar cjofe heißen. 



man • mtcb • lepten • 

• t«t 



Am Schlag: . ffimtO • 



icb • Ptt -M • toten • bewein ■ tcb • marr 



•rofeberger- 
• go0 • mtcb 



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Die Glocken des Neustadter Kreise«. 



27 



Am Schlag: + ü>e + + najarenps + + rep + + 
it>beort>m + o • s • mat>ricit>s • ora • pro • 
nobis + ; 

Könitz (nach Lehfeldt); %nb bnt m 0 ccccc°tmi bene- 
bicta fym icb bie ^ocbjeitUc^cn fest beletn icb 
bie febeblicben weter portreib icb pnb bie toten 
beweis (!) icb. Am Schlag: ir>e na^arenps rer 
tpbeorwm + ora pro nobis sanete Pantaleon. 
1509: Auma: + m • ccccc • tr • rer • regptn • bipes • in • 
omnes • nos • falt>a • petores • ; 

Knau: + Änno • bomini • tn° • ccccc 0 • ir° * Äpe- 
maria • gracta • plena • bominps • teepm • et • 

benebteta • tp • in • mplieribps • et • benebit* . 

0 

Tzschirma (nach Lehfeldt): H\\X\0 bm m°ccccc°ir ü O 
beilige moxia pnb bp ^eiliger riter sant Jorg 
bitet got vor mein pole? 00 man mieb lapte 
ist + j*|>6C (diese letzten Bachstaben sind sicher 
falsch). Am Schlag: jesps najarenps rer ipbeorpm. 
Genau: + ffinno • bm • m • ccccc • tjr • 0 • beilige • 
marta • tmb • bp • ^eiliger • riter • fant • ^org • 
bitet • got • fpr • mein • polcf • fo • man • mieb • 
lepte • ift + Knno etc.. Von den letzten Buch- 
staben + j • |>sc ist keine Spur vorhanden. Am 
Schlag: + J^eft>s + + najarenps + + rep + + 
ipbeorpm +. 

f Heinersdorf (nach der Reuß. K.-Gal): m ccccc ir 
rer regptn bit>es in omnes nos Balpa petores. 

1510 Braunsdorf: + Änno • bomtnt • m • ccccc • r • iar 

• vor • mea • vor • pite • pos • t>oco • ab • facra 

• penite • 0 • fanete • nicolae ♦ ora * pronobis. 

Am Schlag: + i|s + + najarenps + + rer + + 
ipbeorpm + . 

151 1 Döhlen : + Ätio • bm • m • p c • ri • (Bloriofa • 

l>eis • icb • bi • \>Qd$citit\iti)m • feft • belept • 



28 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



icb • bt • fcbetbltgcn • tpeter • portreib • ie& • 
ön • bie • toten • bewein • icb • marr • rofen 

• berger • gos • mtcfc • 
Am Schlag : + |> |>s + s • petre • ora - pronobis . 
+ no^arenps + + rer + s» parle • ora • prono- 
bts • + ipbeorptn +. 

Herschdorf (nach Lehfeldt): o tcSP rer, glorie Peni 

cptn pace anno bnt mcccccrt. 

f Löbstedt (nach Wette, Evangelisches Jena, S. 363) : 
Unwo + £)mt + m + ccccc +jrt + t>or + mea + 
por + Ptte + pos + poco + ab + facra + penite 
+ o + © + UTarta UTaoalena + pit + (got + 
POr + mein + t>olF + XOtn + („ein wenig dar- 
unter"): man + mt# + legten + 2ct +_(statt 
ist !). Ganz unten am Rand gegen Mittag + HiS + , 
gegen Morgen + na^arenPS +, gegen Mitternacht 
+ «ganz verblichen 41 +, gegen Abend + iube- 

orptn +• 

1512 Hartroda (nach Lobe, Kirchen und Schulen): J5I2 
Q> 3efu, rer, glorie, peni cum pace qui semper 
edfi + ; dieselbe nach Lehfeldt: HntlO bomini 
mcccccru (rer) glorie peni cum pace qui femper es. 

Weckersdorf (nach Lehfeldt): Hxmo bomtni mcccccrtt 

o rer glorie peni cum pace o l>eiltger ercjengel 
fant mtcfeel ptt got por uns. Am Rand: ii>s 
nafarenps rer tubeorum. 

Dieselbe nach der Reuß. K.-Gal.: <D ^eiliger titty 

engel H?i$ael pit ®ot por uns. %wx\o bomtni 
J500. 2Ur gloriae peni cum pace. 
Drognitz (nach Bergner, Kr. Ziegenrück): + UtiXiO 
bomtni • m • ccccc- rii • o • tyefp • rer • glorie • 
peni • cum • pace • 0 • iol>annes • ora • pro • 
nobis. 

Angstedt (nach Bergner, Zur Glockenkunde): TtrtttO 
m ccccc rtt. (Gloriosa |>ete icb, bie l>ocbejettUcbeti 
Äest bie beleut ic&, bie *c&etlicben tpeter pertreib 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



29 



tcb unb bte toten bebetn icb, marq roeenberger 
goe mieb. 

Tautenburg: + Änno • botmni • ttt • CCCCC - pt • O 

• t^efp • rer. • glorte • pent • cum • pace • qui • 
femper • ee • lapbabtlio • et • tarnen • ineffabtUe; 
am Schlag: + \>tys + + najarenps + + rep + + 
tpbeorpm + . 

Thalbürgel: + ffino • bni . m° • ceccc 0 • pi • V>op 

• mea • por. • Pttc • PO0 • poco • ab • facra • 
t*mtc • o • e • georgtP0 • ora • pron + (Anfang) 

(unter dem Fries): obte. 

1513 Dreitzsch: + Äno • bnt • m • ccccc • jrttt . 0 • ti>t> 

• rejr- glorte • pent • cp • pace • qpt - .feper • e« • 
iat>babüt6 • etc : o • fete • toänee • ora • prono- 
We .*. Am Schlag : + cj j>0 + + na;arenP0 + + 
vtf + + tpbeorpm + . 

Triebes (nach Lehfeldt): anno bomtnt m CCCCC jrttt 
poj; mea por. ptte PO0 poco ab 0acra pentte • 
0cta marta ora pro nobt0 pt btgnt efftetamur 
promtf. 

Am Mantel: (tone grifft. Am Schlag: il>6 na- 
^arenp0 rer, tpbeorpm. (In der Reuß. K.-Gal. 
nur: eine Inschrift in gothischer Minuskel mit ge- 
wöhnlicher Legende.) 

Weitisberga (nach Lehfeldt) : o rer, glorte pent cum 
pace. "Änno bnt m CCCCC ptlt. Spitzbogenfries 
mit Lilienspitzen (!). 

f Hartroda (nach Lobe, K. u. Sch., war die 2. Glocke 
1513 gegossen: da die erste 1512 von Rosenberger 
stammte, liegt der Schluß nahe, daß auch diese 
hierher zu rechnen ist). Inschrift ist unbekannt. 

t Hermsdorf (nach Lehfeldt): o rer, glorte Pent CPm 
pace anno bomint m ccccc jettt tat. Nach Lobe, 
K. u. Sch.: <D 3l>e0P rep glorte u. s. w. 



30 



Die Glocken de« Neiwtädter Kreise*. 



1613 Kleinbocka : + Anno • bttt • m • CCCCC • jrtttt • 

t>or • mea • por • Pite « po0 • t>oco • ofc • 
facta • t>enitc • o • fcta • maria • ora - pro» 
nobi« • 

Daumitzsch: + ffnno • bomtnt • m • ccccc • 
rutt • Por • mea • por • pite • PO0 • poco 

• ab • facra • pcnire • 0 • marttnpe • ora 

• pronobie • 

Ruppersdorf (nach Lehfeldt) : 0 jc0P rer gloric Pen* 

cum pace 6 iaürenttiie ora pro nobte ut cri- 
mu6 bigni promtfllone. Unno bomint m ccccc 
rjp. Am Schlag : tcfp0 najarenpe rer ipbcorpm. 

1515 Wolfersdorf: + ÄttttO • bOtmni • m • CCCCC • rP • 

0 • J>b*ft> • • glortc • pent • cpm • pace ■ 0 • 
fancte • pctre • et • paple • orate • pronobi0. 
Am Schlag: + fö* + + najarctiP0 + + rer + + 
tpbeorptn +. 

Flemmingen (nach Lobe, K. u. Sch.): J 51 5 Ö> rer 

glorsae pent cum pace! 3h>e UTarta gratta 
pletia! £>ominu0 tecum beneb. 

t Pößneck : + Hnno • bomini • m • ccccc • tp • 0 • 
[^befp • rer • glorte • pent • cpm • pace • 0 • 
fanctP0 • bartolomeP0 • ora • pronobie 

f Buchheim (nach Bergner, bei Back, Chronik II, 
S. 212): Q> . 3e0u • rer, . glortae • peni • tttpace • 

catltabo (?) (wahrscheinlich amert und o) S • 

£aprettttP0 ora pro nobt0 • anno oomini m 
ccccc rp. Am Schlag: 3b« • na$arenp0 • rer • 
tpoeorpm 

1617 Strößwitz: + ffnno • bnt • m • ccccc • jtpu • 0 • 
tl>efp • rep • glorte • peni • cpm • pace • * • 
fteffane • ora • pronobt0 + (Anfang). 

Chursdorf: + Snno • bomtnt • m • ccccc • rp« • 
0 • ibefp • ttp • glorte • peni • cpm • pace«. 



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Die Glocken des Neustadter Kreise«. 



31 



1518 Bucha: + Anno • bomtns • nt • CCCCC • ppiu • 0 • 

tytfv • ve? • glorle • pent • cpm - pace • amen. 
Hainspitz : + Atttto • oomtni • m • ccccc • pnti • 
0 • f>|>efb • rc£ • glorie • pent • cpm • pace - 
Atnctt • • • 

Rüdersdorf: + Anno • oomint • m • ccccc • pjiti 

• 0 ifytfv « rep . glorte • pent • cpm • pace • 
anten 

Gera, Trinitatiskirche (nach Lehfeldt) : Ttnno OOtntnt 
nt cccc Ippttt (soll jedenfalls heißen: ccccc Jtttit) 
o tyefp rcj: glorie pent cpm pace. 

1519 Neunhofen : + Änno • nt • ccccc • jrtp • Äpe • gracta 

(plena dominpe) 1 ) teeptn« • 
Schlettwein (nach Lehfeldt) : o tf>cfp rer glorie pent 
cum pace amen anno oomint m ccccc pr. 

Oberwellenborn 1 (nach Bergner, G1.-K.): + Ttnno 

oni • m • ccccc • rir • <£oplett> . eet • £oc . pae . 
note • Bcolaftica . 2lo • capellä • Öctorp • nicolai 

• et • lavrect • 3n • jpperion • be. — 2. Zeile: 
loingenborn • fpectane • iEccc • erp+cem . bontini 
fpgite • partes • abperfe. Am Schlag : + matepe 
+ + marcpg + + Ipcae + + to^anne« + 2 ). 

Oberwellenborn 2 (ebend.) : + Ttnno • Oni • m • ccccc 

• tir • o 3efp rer glorte pent cum pace. Am 
Schlag: perbpm caro faetpm C«t (Lehfeldt liest 
1 548) 8 ). 

t 4 ) Dothen: + Änno • t>omint • m • ccccc • rtr • 
Äqpa • portat • Ungnpm • lingnpm • corpp* • 
ertfti • btngnpm • • • 

1) Die beiden Worte plena und Dominus sind nicht zu er- 
reichen, da die Glocke außen am Turme hangt. 

2) An der Flanke unten 2 Wappen, das eine mit den sächsischen 
Kurechwertern, das andere mit der sächsischen Raute. 

3) Letztere 4 Worte in Renaissance-Majuskel. 

4) Die Glocke ist im Jahre 1900 umgegossen, die Inschrift aber 
durch Abklatsch erhalten worden. 



32 



Die Glocken des Nfiirtiriter Kreise«. 



t Eisenberg (nach Bergner, G1.-K.) : por. • mea • POJT 

vitt • PO0 • poco • ab . 0ocra • penste* + + anm> 
■ fcomtni • H • CCCCC - XIX (möglich, daß pv zu 
lesen ist). Am Schlag: + 3of>annC0 + Wl&VCVS 

+ &uca* + tttatt|>aeii0. 

1620 Oberpöllnitz : + ÄttrlO • bomint • ttt • CCCCC • • Sit • 

notnen • bomint • benebtctwn • er. . £oc • npnc • et 
pfqpe • tn • fecplpm • • • . 
Plothen + Anno • bomint . m • ccccc • pp • t>or. • mea 
por. • pite • PO0 • poco • ab • facra • pentte .... 

(nach Lehfeldt) l$20 POJT mea POJT Vitt Poe 

poco ab «acra pentte 1 ). 

f Hammelshain (nach Bergner, GL-K.) : ano * b * tn 

* ccccc * pj: * o * ie^fu * rer, * glorie * pent * cvm 

* pace * e * rppert * ora * pro * nobis (Lobe, K. 
u. Sch., hat 1420, ebenso Lehfeldt ttt cccc 

1521 Schönbrunn (nach der Reuß. Kirchengalerie): in sog. 

Mönchsschrift: %nno bomini H CCCCC XXI et 
perbittn caro factum est. 

1522 Hundhaupten: + HnttO • botttitti • tn • CCCCC * fpi • 

tar + 0 -il>e0t> • rep • glorie • pent • cpm • 
pace • • • . 

Mörsdorf: + Anno • bomint • m • ccccc • rjrtt • 0 

• vtji • glorte • crifte • pent • cpm • pace • @ • 
anbrea • ora . pro • nobte • • • 

Löberschütz : + Unno • bomint • m • ccccc • jrrtt • tar 

• + 0 • ^eiliger • fytv • 0 • nicolapf • ptt • got • por 
mein • polcr* • wan • man • mteb • lernten • 
tft • • • • . 

Golmsdorf: + Anno • bomini • m • ccccc • pptj • 
lapbate • bomtnpm • omrtee • gentee • lapbate • 
epm • omneo • popplt • • . 



1) Deutsch: Mein Wort ist Leben, kommt, ruf ich, zur heiligen 
Statte (I). Dagegen Hiob Breitinger in Nimritz 1670 : Meine Stimm 
ist des Lebens Schall, ich ruff zur Kirchen, körnet all. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



3.3 



1523 f Marktgölitz (nach Bergner, Meininger Gl.): 6(t 

nomett fromm t beneotcrrmt ej: l>oc nvnc et. 

1524 Unterlemnitz (Reuß. Kirch.-GaL): in Mönchsschrift: 

Hnno £>. MCCCCCXXIIII 3lyt9u rer glortae 
t>ent cum pace (ebenso Lehfeldt). 

1525 Mildenfurth: + atttIO • DOmtfU • m • CCCCC • rrt> • 

iar + 0 ♦ y^ew • rer • glorte • peiti • com • 
pace •. 

1531 Bernsgriin (nach Reuß. Kirch.-Gal., fehlt bei Leh- 

feldt): Unno £>ommt I53J Q> 3eeu, rer glortae 
mni cum pace, 'Ämen. 

Dienstädt (nach Bergner, Gl.-K.): Unno • OOmtni • 

m ccccc rrrt • iav + o 3t>eet> • rer ■ glorte • 
fem com pace • f • o • m • y • e • (Löhe, K. u. 

Sch. und Lehfeldt haben yt>C8t>, vergl. auch die 
folgende). 

Niederkrossen (nach Bergner, G1.-K.): Ö> 3?l>cft> rer 

glorte t>em cum pace %nno frommt m ccccc 
rrrt ame. 

1532 Schwarzbach: + antIO • frotmnt • m • CCCCC • rrrtt 

• tar + 0 tyeet> • rer • glorte • t>em • ctwt • 
pace 

Nitzschareuth (nach Reuß. Kirch.-Gal., fehlt bei Leh- 
feldt) : in Mönchslettern : 0 ^CSU t rer glortae, 
vtni cum pace. TLnno SDomtm H CCCCC 
XXXII „nebst der Abbreviatur IRR 4 . 

1535 Steinsdorf: + atlUO • frommt • m • CCCCC • rrrt) + 

0 • tJ>e$D • rer • glorte • t>ettt • ct>m • pace • V- 

1536 Langenschade (nach Bergner, G1.-K.): + TlmtO * 

frommt * m * ccccc * rjrrtn * Q> * il)t*o * rer * 
glorte * pent * ct>m * pace *V*D*M*J*E*. 

f Lehesten (bei Bergner, Mein. Gl.): Q> 3e6U rer 

glortae r*em cum pace • V . D-M-J-A-M. CCCCC 

XXXVI Jahr. 

ZeiUchr. f. Thür. G«ch. Sappl. I. 3 



34 



Die Glocken des Neustädter Kreiees. 



1537 Heinersdorf (nach Lehfeldt): TtttttO bomini m CCCCC 
WP>n tar • o t|>eert> rq: giorie vtni cvm pace V. 

D • M.J.E- (die Sigle fehlt in der Reuß. Kirchen- 
Galerie). 

1539 Haselbach (nach Lehfeldt): Unno bomttti m CCCCC 

rrrtr iar • o il)tev rer giorie vtni cvm pace*V* 
D«M« J«jE*(die Sigle fehlt und ist nach Löbe, K. 
u. Sch., ergänzt) 1 ). 
1545 Paska (nach Bergner, Kr. Ziegenrück): O ä • 0 • m • 

ccccc • rrrr» + o • t^eep • rer • gierte • vtni • ct>m • pace • 

f Lobenstein (nach der Reuß. Kirch.- Gallerie) : von 
den 3 vormals vorhandenen Glocken hatte die große 
die Inschrift: 0 feu ^eiliger £r)engel 0. tttkfcael! 
bitt vor mein t>olF, fo oft man mtcfc lautenb 

tft (geschmolzen im Kirchenbrand 1714). 
Schleiz ist noch in den späteren Jahrhunderten der 
Sitz von Glockengießern gewesen, von deren Werken einzelne 
im Neustädter Kreis erhalten sind. Als nächster nach 
Rosenberger tritt in der zweiten Hälfte des 17. Jahr- 
hunderts Hiob Breitinger auf; zu Anfang bis Mitte des 
18. Jahrhunderts war die Familie Graulich, aus Hof ge- 
bürtig, dort tätig und bis herein in das 19. Jahrhundert 
Peter Hellmuth. 



2. Heinrich Ciegeler aus .Erfurt. 

Er stammt aus einer alten Patrizierfamilie, deren Name 
(das Cieglersche oder Zieglersche Haus) noch jetzt in 
Erfurt bekannt ist Seine Tätigkeit fallt fast in die gleiche 
Zeit wie die Rosenbergers, denn es sind von ihm Glocken 
vorhanden aus der Zeit von 1499 — 1556 im mittleren und 
nördlichen Thüringen. Er ist schon bei Otte, Glocken- 

1) Richtig lautet die Inschrift: 4* Bttlto • oomtttt • m • CCCCC 

• jerrijc • iar + 0 • il>s«> ' rc K • giorie • »eni • cum • pace • V 

• D.M. cj • E • 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



35 



künde, S. 183, erwähnt Seinen Namen schreibt er ge- 
wöhnlich Ii • C seltener H • C wofür Lehfeldt H • G • 
liest, und in 12 Fällen hat er ihn voll ausgeschrieben 

f>emricfc ciegeler, wofür Lehfeldt 4 mal tiegeler liest 4 mal 

hat er statt des Namens, in Anspielung daran, eine Sichel 
(Sicheler) gesetzt in Kranichfeld (bei Bergner, Glocken- 
kunde, S. 97 [Fig. 21] und Meininger Gl., S. 165) und 
Ehringsdorf, sowie Gößitz und Tranrode, Kreis Ziegenrück. 
Im Neustädter Kreis ist er nur mit 2 Glocken vertreten in 
Oberoppurg und Neustadt (Hospitalkirche); im ganzen 
können von ihm mit mehr oder weniger Sicherheit bis 
jetzt 61 Glocken nachgewiesen werden (Bergner, Glocken- 
kunde, kennt 22 Glocken). 

Die Cieglerschen Glocken zeichnen sich durch ihre 
Größe aus. Soweit die Messungen bekannt sind (bei Leh- 
feldt fehlen sie leider in den meisten Fällen, sind auch 
oft ungenau und falsch), ist der Durchmesser meist größer 
als 1 Meter oder nahezu so groß. Ferner geben sie sich 
zu erkennen durch die Form der Typen. Die Minuskel ist 
scharf geschnitten, in den Grundstrichen geschweift, sehr 
flach und niemals so gleichmäßig und akkurat ausgefallen 
wie bei Rosenberger x ). Das Initial-7( in üntiO (vgl. Ober- 
oppurg) ist originell und kann bei seiner häufigen Wieder- 
kehr als typisches Merkmal angesehen werden. 

Zuweilen ist die Inschrift in Majuskeln geschrieben, 
die alle den Charakter der Renaissanceformen tragen. Sie 
finden sich in Kahla 1509 mit dem voll ausgeschriebenen 
Namen, Gösselborn 1511 (hier ist der Cieglersche Ursprung 
zweifelhaft, der Name fehlt) 2 ), Oberndorf (Bez. Apolda) 1517, 
ohne Namen, Obergrunstedt (Bez. Weimar) 1510 mit der 
Chifire Ii • C • (Lehfeldt H • G •)? Bachra (Kr. Eckarts- 
berga) 1509. 

1) Dieser Umstand erklärt sich daraus, daß die Wachsmodelle 
der Buchstaben nicht mittels einer Schablone hergestellt, sondern 
aus dünnen Wachsscheiben ausgeschnitten wurden. 

2) Nachträglich sicher als Ciegelersche bestimmt. 

3* 



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36 



Die Glocken des Neustadter Kreises. 



Typisch ist auch der Inhalt der Inschriften, die ent- 
weder die Gußangabe mit Namen des Gießers und mit dem 
Zusatz in XX'XX'tXt führen, darunter 9 mal eant anna, 

je l mal iirban, wippen, tcfxmnee, miefcael, mavia; 

oder es findet sich (21 mal) der Spruch: cotlfolor Viva 
fleo ntOVtva pello tlOCtDa, den Lehfeldt 1 mal in der 
Formt>h>O0, morttlO«, nodt>O0 (Mechterstedt, Gotha, 1613) 
darbietet, ob richtig, konnte nach eigenem Augenschein bis 
jetzt nicht festgestellt werden. Dabei ist auffällig, daß 
hierbei in keinem Fall Ciegelers Name genannt ist l ). Den- 
noch sind sie als seine Werke bezeugt durch die Beifügung 
der Sichel (s. o.) in 2 Fällen: Kranichfeld und Ehringsdorf, 
beide von 1620 und besonders durch die auf der Flanke 
angebrachten Medaillons. 

Diese Medaillons bilden die am meisten in die Augen 
fallende Eigentümlichkeit Ciegelers. Sie finden sich in ver- 
schiedenen Größen von 13 — 16 cm, aber auch nur von 
7,3 cm Durchmesser; einzelne Bilder, besonders Maria in 
der Glorie, dazu das Christkind im Wiegebett (Neustadt) 
sind in rechteckiger Umrahmung; in einem Falle (Ober- 
trebra) fehlt die Umrahmung vollständig. Diese bis in die 
kleinsten Einzelheiten und Züge fein geschnittenen Bilder 
sind offenbar, wie schon Bergner (Mein. Gl., S. 122) ver- 
mutet, nicht vom Glockengießer, sondern von einem andern 
Künstler verfertigt und in dem erhabenen Modell in den 
Mantel der Glockenform eingedrückt. Daraus erklärt sich, 
daß zuweilen das Bild im Guß mißlang und nur ein buntes 
Durcheinander von Köpfen und un zusammenhängenden 
Gliedern und Strichen darbietet, ähnlich wie bei dem Miß- 
raten eines Siegelabdruckes. Es wird dadurch aber auch 
andererseits bestätigt, daß die Medaillons nicht fertig auf 
die Flanke aufgelötet worden sind, wie es bei späteren 
Gießern häufig geschieht ; denn ein vorher und separat vom 
Glockenguß hergestelltes, aber mißlungenes Bild hätte der 

1) In Kahla 1516 ist er von mir festgestellt als l) c, an der 
Flanke befindlich. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



37 



Meister wohl nicht in dem verdorbenen Zustand aufgelötet, 
er hätte den Schaden durch einen Neuguß des Bildes ver- 
bessern können. Das war aber nicht möglich, wenn der Guß des 
Medaillons gleichzeitig mit dem des ganzen Gefäßes stattfand. 

Es handelt sich also bei dem ganzen Vorgang des 
Mißlingens nicht um einen Gußfehler, sondern um einen 
„Druckfehler". 

Herrschte bei den Inschriften Ciegelers eine gewisse 
Einförmigkeit, so findet sich bei den Medaillons die größte 
Mannigfaltigkeit. Oft finden sich 4 bildliche Darstellungen, 
darunter 2 gleiche, gewöhnlich aber 2, auf der Vorder- und 
Rückseite der Glocken angebracht. Der Gegenstand ist 
entnommen, teils aus der heiligen Geschichte, teils aus der 
Heiligen-Legende. Hiervon findet sich auf den bis jetzt 
bekannten Glocken : 

Die Anbetung der Könige lOmal (Lehfeldt nennt es 
einmal Anbetung der Hirten). 

Christkind im Wiegebett lmal (Neustadt). 

Christkind mit bekränztem Kreuz 2mal *). 

Die Taufe Christi lmal. 

Ecce homo lmal. 

Kreuzigung 15 mal. 

Crucifixus an einem mit Ranken versehenen Kreuz, in 
denen die Brustbilder der Väter sind, 2mal. 

Auferstehung (noli me tangere) 4mal (Lehfeldt be- 
zeichnet dies 2mal als Verkündigung). 

Maria in der Glorie mit dem Kind 16mal. 

Die heilige Sippe 6mal (Lehfeldt: Krönung Marias). 

Die Begegnung Zacharias und Annas 2mal. 

1) Dieses Bild findet sich noch einmal auf einer undatierten 
Glocke in Corbetha, Kr. Merseburg, mit der nicht recht verständ- 
lichen Inschrift: it)eet?f maria ftnt l>üf vor (soll wohl got heißen). 
Nach der Schriftprobe in den B.- u. K.-D. der Prov. Sachsen haben 
die Typen Ähnlichkeit mit den Cieglerschen. Zwischen den Worten 
befinden sich außer diesem Bild noch ein Krucifix, eine nackte 
betende Gestalt, Passionsgruppe uud Auferstehung; an der Flanke 
ein heiliger Georg zu Roß über dem Lindwurm. 



38 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Die heilige Brigitta lmal. 

Franziskus im Walde vor dem Kruzifix (Lehfeldt) lmal. 

Christophorus 5mal. 

Die heilige Kümmernis 3mal. 

Christus zwischen den Aposteln oder Weltgericht 
(Lehfeldt) lmal. 




Fig. 17. (V 4 nat Gr.) 




Fig. 18. ( 7 / 8 nat. Gr.) 




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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



39 



Wie oft bildliche Darstellungen fehlen, läßt sich bei 
dem Mangel genauer Angaben in den Quellenschriften 
und mangels persönlicher Anschauung noch nicht angeben. 

Von den beiden Cieglerschen Glocken im Neustädter 
Kreis ist beachtenswert die in Neustadt, Hospitalkirche, 
weil sie die älteste bekannte Glocke dieser Art ist (1499). 
Sie trägt zwar nicht den Namen des Meisters, aber die Form 
der Buchstaben (Fig. 17) stimmt so genau zu den Cieglerschen 
Typen , daß sie 
schon hieraus mit 
Sicherheit bestimmt 
werden könnte. 
Auch die Kreuze 
als Trennungs- 
zeichen finden sich 
in dieser Form auf 
sicher bestimmten 
Werken und gerade 
in frühester Zeit. 
Hierzu kommen als 
ausschlaggebende 
Kennzeichen die 
beiden Medaillons 
auf der Vorder- und 
Rückseite , von 
denen das eine (7,3 
cm Durchmesser), 

das Christkind (Fig. 18) mit dem Kreuz, daran ein Kranz 
(Dornenkrone?), noch einmal in Saalfeld (1501) vorkommt. 
Das zweite Bild in rechteckiger Einfassung (6,3 : 7,2 cm) zeigt 
in bis jetzt noch nirgends bekannt gewordener Darstellung 
das Christkind (Fig. 19) in einem reich verzierten Wiegebett 
aufrecht sitzend. Beide Bilder sind, wie dies auch anderweit 
bei den Cieglerschen Medaillons häufig vorkommt, mit 
wunderlich verschlungenen, leider aber z. Z. noch unleser- 
lichen Schriftbändern mit ganz feiner Minuskel ausge- 




Fig. 19. 



40 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



stattet *). Diese Glocke hat noch nicht die oben erwähnte 
ansehnliche Größe ; der Durchmesser ist 67 cm, die Höhe 52. 
An der Halsinschrift sind auffällig die 3 am Schluß angefügten 
4, von denen das erste und zweite durch ein Kreuz getrennt 




Fig. 20. (V 6 na*- Gr.) 



sind. Es wäre hier Platz für den Gießernamen vorhanden 
gewesen; ob sie an die häufig angerufene Anna selbdritt 
erinnern sollen? 

Die Glocke in Oberoppurg trägt alle charakteristischen 
Merkmale der Cieglerschen Glocken : das originelle Anfangs-Tt 
in Unno, die Jahrzahl durch pnc (Fig. 20) ausge- 

1) Die Schrift bei Fig. 19 konnte nachträglich noch entziffert 
werden : JDiee ift mein lieber fon an bem i$ 



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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



41 



gedrückt, die Sigle I>c und die Gußangabe in eant an na 
ttt Die beiden Medaillons, 12 cm im Durchmesser, stellen 
das eine sehr scharf ausgeprägt, die Anbetung der Könige 
(Fig. 21), das andere im Abdruck mißraten die Kreuzigung 




Fig. 21. ( 3 / 4 nat. Gr.) 



dar. Dasselbe Bild ist in Obertrebra in unvergleichlicher 
Schärfe (Fig. 22). Die Glocke mißt 115 cm Durchmesser, 
83 cm Höhe. 

Die bis jetzt nachweisbaren Cieglerschen Glocken und 
deren Inschriften und Bilder sind folgende: 

1499 Neustadt (Orla) : + atWO + &m + CCCC + JXtr, + 
a + Ä a. Christkind mit Kreuz, Christkind im 
Wiegebett. 67 cm Durchm. 



Dig 



42 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



1500 Saalfeld (nach Bergner, Gl.-K.): Tinno • Ott* • m° 

* ccccc • confolor • t>it>a • fieo • mortt>a • pello • 
nocit>a • eancte • iof>annee • ora * pro * noble • 

t>et> • (Trennungszeichen: geschwänzte Punkt© und 
Kreuze). Maria in der Glorie, hortus conclusus, heilige 
Sippe, Christus am Rankenkreuz. Durchm. 165 cm. 




Fig. 22. (»/< nat. Gr.) 



Wenigenjena : attttO • Otlt • m • t> • C • l>eüf eanc ta 

antra eelb oritte. 104 cm Durchm. 

Eßleben (Kr. Weimar) (L.) : AttttO t>tti tn CCCCC COtt- 

folor Viva fleo mortpa pello nociva. Anbetung 

der Könige, hortus. 
Eischleben (Gotha) (L.) : attttO ©tri m CCCCC COttöOlor 

Viva fieo mortt>a pello nociva. Kreuzigung 



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I 

Die Glocken des Neustadter Kreises. 43 



und Maria in GL, Auferstehung und Maria in Gl. 
118 cm. 

1501 Saalfeld (B.): %nno • oni • m « ccccc • t • confolor 

• viva • fleo • mortim • peüo • nociva. Brigitta, 

hortus, Christkind mit Kreuz. 125 cm. 

1502 Tromsdorf (Kr. Eckartsberga): + attltO Dm rt>l| 

900 mie& f>einrtd? riegeler. Med. mit 8 Figürchen 

(heil. Sippe?), Kreuzigung (nach B.- u. K.-D. der 
Prov. Sachsen). Durchm. 101 cm. 
Daasdorf, Kr. Weimar (B.): TtttttO t>ni rt>c2° CJ06 

mid) i>einrte& ctegeler (Lehfeldt: negeler). 

Lauterbach, Gotha (L.) : atlttO p>c2° confolor Viva 
flere mortis peüo nociva. Maria in Gl., Franziskus 
im Walde vor dem Kruzifix. 92 cm. 

1503 Zottelstedt, Kr. Weimar: 3nno X om X m \ ccccc 

+ m x confolor x viva x fleo + mortt>t> 
dello nociva l ', ohne Bild: 95 cm. 

1504 Langensalza, Marktkirche (Otte) mit l>einrtd? ctegeler. 
2 Mühlberg, Kr. Erfurt (nach B.- und K.-D. der 

Provinz Sachsen): cotteolor Viva fl. tn. pello. 
\ Durchm. 130 cm. 



Schönstedt (Otte) mit ^einrieb ctegeler. 
Tromsdorf, Kr. Eckartsberga (nach B. u. K.-D. der 
Prov. Sachs.): %nno + om + m l ccccc + tut 
X confolor x viva x fleo x mortpa * pello 

X nocfoa. Kreuzigung. Maria in der Gl. Durch- 
messer 110 cm. 

1505 Großrettbach, Gotha (L.): %ntiO ©nf m ccccc V 

COneolor Viva. Maria in Gl., Anbetung der 
Hirten (?). 120 cm. 

1506 Oberweimar, Kr. Weimar (B., Gl.): + Unno • om ■ 

m • ccccc • vi • l>tlf eancta anna *elb Dritte. 

2mal Joachim und Anna. 
1508 Gorndorf, S.-Meiningen (B., M.): + anno + t>m • 

m • ccccc • vm + confolor • viva + mortt>a + 




118 



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44 



Die Glocken des Neustadter Kreise«. 



fleo + peüo • nociva + benefctctpf. Kreuzigung, 

Sippe. 50 cm. 
1509 Kahla (B. GL): C0NC0RDIA HEIS ICH HEINRICH 

CIEGELER Gr. M. ANNO DNI XVCIX IAR. 

hortus, 2mal Maria in Gl. 
Bachra, Kr. Eckartsberga (nach B. u. K.-D. der Prov. 

Sachs.) + ÄHNO DNI IVC i>X GOS MICIi J\GK- 

RIOl CieGGLGR. Durchm. 165 cm. 
Döllstädt b. Gräfentonna, Gotha (L.): 3lnno t>tu 

rpcpttt) ior goe mtcfc lytinvitb negeler. Anbetung 

der Könige, Kreuzigung. 
1511 Tranrode, Kr. Ziegenrück (B.): + ttt + CCCCC Hf- 

jTPPt. Sichel, heiL Kümmernis. 62 cm Durchm. 
1518 f Altremda, Kr. Weimar (B., Gl.): confolor PtP<t 

mortpa fleo peüo nociva %nno oom m ccccc 

put. Nach Lehfeldt : Christus zwischen den Aposteln 
oder Weltgericht und Kreuzigung, 
t Ebend. ebenso (B., Gl.). 

t Herbsleben, Gotha (B., Gl.): &nno fctti HVC 

XIII gos tmcfc c. in oer ere eancti Urban*. 

18 Ctr. (nach Gelbke, Kirchen- und Schul Verfassung 
des Herzogtums Gotha, 2. 1., 251). 

t Ebendas.: H. C. in oer ere tDipperd. 26 Ctr. 

f (Ort ungenannt) : $u 5t. t>ttt titfytt gof* micfc 

^enricfc Jtegler. 

Oldisleben, Kr. Weimar (L.): cowolor PtPa fleo 

mortpa peüo nocipa anno rtxrm. 2mal Maria 

mit Kind auf der Mondsichel. 
Mechterstedt, Gotha (L.): %nnO Ottl m CCCCC rill 

coneolor pipoe fleo mortpos peüo noctpos. 

Maria in GL, Jakobus und Christopherus. 106 cm. 
1516 Kahla (B., GL): 2lnno oni rpcrpi confolor pipa 

fleo mortPÄ peüo noeipa. 2mal Maria. 
Ebeleben, Schwarzb.-Sondersh. (Bergner nach Apfel- 
stedt, Bau- und Kunstdenkm., I, 32) : %nnO - 00 ■ 

j:pcrpt • goe • mtcfc • |> • c in Gant &nna • ere •. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



45 



1517 Oberndorf, Kr. Weimar: ÄNNO DHI XVc XVII 

MLH SÄHT ÄHÄ; ohne Büd. 83 cm. 

1518 Döbritschen, Kr. Weimar: X %nno rt>C rtmi go« 

mtcfc £ C in 0ant aittta ere. Anbetung der Könige, 
heil. Sippe. 104 cm. 
Nöda, Kr. Weimar (L.) : Unno fcrit roc rt>ilt goe mt<$) 

. . . rief? ticgcler in eant anna ere. Kreuzigung, 

hortus. 

Tennstedt, Kr. Langensalza (Otte) mit c. 
Isserheilingen, Kr. Langensalza (Otte) mit |>. c. 

1519 Obergrunstedt, Kr. Weimar (B., Gl.): ANNO XVC 

XVIIH GOS MICH H. C. (Lehfeldt: H. G.). An- 
betung, Sippe. 
Großhelmsdorf, Kr. Weißenfels (nach B.- u. K.-D. der 

Prov. Sachs ) : anno bin rvc rinnt goe mtd? lycns 

(soll heißen: iy c in 0) anna e(re). 90 cm. 
Döllstedt, Gotha (L.): Unno bnt rt>c rtnitj tor goe 

miefc t>etnrt$ ttegeler. Anbetung, Kreuzigung. 
Gößitz, Kr. Ziegenrück (B.) : %nw> + om + m + V 

+ rtmtt + confolor + Viva + mortt>a + fleo 

+ peüo + noeiva. Sichel; Anbetung, Sippe, 
Kreuzigung, heil. Kümmernis. 108 cm. 

1520 Obertrebra, Kr. Weimar: %nnO om j VC rr goe tmcfc 

C in 6ant anna er. Christopherus, hortus. 
114 cm. 

Lindau. Kr. Weißenfels (nach B.- u. K.-D. der Prov. 

Sachs.) : Änno om \ vc rr goe miefc ly c in eant 
anna ere. Med. fehlen. 
Oberoppurg: Knno om rr*c rr goe mtcfc I> c in 

eant anna ere. Anbetung, Kreuzigung. 115 cm. 
Dörnfeld, Schw.-Rudolst. (L.): Unno ont J5c rr 

gO0 tmcfc b. (!) CtegUr. Kreuzigung, Auferstehung. 
Ehringsdorf, Kr. Weimar (B., GL): Unno Otn m P 

rr confolor Viva movtva fleo pello noefoa. 

Sichel, Kreuzigung, Maria in Gl. 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Kranichfeld (B., GL): %ttno tat m t> rr COttfolor 

Viva mortpa fleo peüo noäva eaticte mtcfc*el o 

p. n. Sichel. Christus am Rankenkreuz, Anbetung, 
Ecce homo, heilige Kümmernis. 

1521 Werningsleben, Kr. Erfurt (nach B.- u. K.-D. der 

Prov. Sachs.): ÄrtttO fcttl rPC°rrt COnfblor PtPa 
fleo mortpa peüo noctPA (aller Wahrscheinlichkeit 
nach von Ciegeler). Durchm. 100 cm. 

Obertrebra, Kr. Weimar: #nno Ötn j PC rrt <J06 
mtefc c in eattt attm tvt. Christopherus, 
Kreuzigung. 102 cm. 

Holzhausen, Gotha (L.): ANNO DNI IVC21 IOR. 

1522 Eßleben, Kr. Weimar (B., Glockenk., S. 97): Inschrift? 
Kleinneuhausen, Kr. Weimar (L.): %nnO bomitti 

pc°rru confolor Viva fleo mortpa peüo noäva 

2mal Maria in GL 
Vieselbach, Kr. Weimar (L.): %nno t>ttf PC rrtt 

confolor ptpa fleo mortpa pello noetpa. Ver- 
kündigung, Anbetung. 
Kloster Häseler, Kr. Eckartsberga (nach B. u. K.-D. 
der Prov. Sachs.): attttO • OIU • rPC rrtt COttfolor 
• PtPa • flere • mortpa. 2mal Maria. Durchm. 
114 cm. 

Teichröda, Schw.-Rudolst. (B., GL): AttttO bnt rPC 

rrtt confolor Ptpa flere UTortPa p. 2mal Christo- 

phorus. 

Pleismar, Kr. Eckartsberga (B. u. K.-D. der Prov. 

Sachs.) : Knno • om • rpc • rrtt • goe • mtcfc • 

. c • tn • ffttt • anna • ere (Med. ?). Durchm. 102 cm. 
1543 Ernstroda, Gotha (L.): perbptn Domint manet tn 
aeternpm J5Ä3 £ c. goe m. 

1547 Heiligenstadt (Marienkirche) (Otte): mit ly. c. 

1553 Pörmitz, Reuß (K.-GaL): Perbum £>omint manet tn 
etemnm rperrrrrttt 101 (?) (soll wohl IOR heißen, 

vergl. Holzhausen). 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



47 



1556 Ostermonra, Kr. Eckartsberga (nach B. u. K.-D. der 
Prov. Sacha): Vetbvm &m mattet in eterttum 
attno t>m p>c h» go« mtefc £ ciegelcr. Durchm. 
105 cm. 

Hierzu als noch nicht mit Sicherheit bestimmt: 
1502 Fröttstedt, Gotha (L.) : 2tt!ttO t>ttt m CCCCC U fattct* 

marfÄ btt \>Ot Dtt«. Kreuzigung, Taufe. 
1511 Gösselborn (B^ Gl.): + ANNO XVC XI LVCAS 

MARCVS IOS MATE. Auferstehung, Taufe 1 ). 

Sa. 61. 

3. Andreas Heiner unbekannter Herkunft. 

Dieser Gießer war bisher völlig unbekannt. Nur bei 
Otte, Glockenkunde, S. 197, im Gießer Verzeichnis ist ein 
Ansatz zu seiner Entdeckung; dort wird aber der Name 
Keiner gelesen und mit einem Gießer aus dem Anfang des 
15. Jahrhunderts Keiner vermutungsweise in Beziehung ge- 
setzt. Bis jetzt lassen sich von ihm 4 Glocken nachweisen, 
im Neustädter Kreis eine in Münchenbernsdorf, in der 
Nachbarschaft je eine in Schloß Fröhliche Wiederkunft (bei 
Otte a. a. 0.), Weißbach (Schw.-Rudolstadt) und f Mieles- 
dorf bei Schleiz. 

Der Name findet sich auf 2 Glocken : in Münchenberns- 
dorf, am Schlag angebracht in gewöhnlichen Minuskeln, die 
bisher unentzifFert blieben, weil die Wachsformen bei der 
Herstellung zerdrückt und zerbrochen wurden und die teil- 
weise schlecht geratenen Worte außerdem noch dick mit 
Staub und Glockenschmiere überzogen waren. Lehfeldt 
konnte bloß oberflächlich feststellen: „sie scheinen drei, 
immer undeutlicher werdende Worte zu bilden, von denen 
das mittlere: janct heißen könnte, das letzte aber nicht: 
mautitiu*" (und das erste, seiner Aussage nach deut- 
lichste?). Bei sorgfältiger Untersuchung ergab sich die 
Lesung: metfter etlfcref feinet (Fig. 23). Zum zweiten 
Male findet sich der Name an der Glocke im Schloß Fröhliche 

1) Vgl. 8. 35, Anm. 2. 



48 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Wiederkunft; von daher kennt ihn Otte (s. o.); hier steht 
er in Kursive, also wohl die eigenhändige Unterschrift des 
Meisters, am Wolm zwischen dem Lilienfries, in genau 
derselben Form: metfter ettOfC8 feinet (Fig. 24) (die 
obere Schlinge des ^> konnte leicht zur Lesung als F ver- 
fuhren). Lehfeldt hat den Namen nicht gesehen. Die 
dritte Glocke in Weißbach ist durch Lehfeldt bekannt ge- 
worden, der die „sehr schlechten Buchstaben" nicht selber 
las, sondern sie von Pastor Gehring entziffert erhielt. Diesem 
Umstand ist es zu danken, daß eine faksimilierte Abbildung 




Fig. 23. (V< nat. Gr.) 




Fig. 24. ( 8 / 4 nat. Gr.) 



in die Bau- und Kunstdenkmäler kam, nach der die Glocke 
unserm Meister Andreas Heiner zugewiesen werden kann. 
Gleichzeitig wurde dort von Lehfeldt die Glocke in Mieles- 
dorf von 1584 als Schwesterglocke der Weißbacher be- 
zeichnet und so noch eine vierte für Heiner gerettet. 

Der Zeit nach fallen diese 4 Glocken ziemlich nahe 
zusammen. Die Miersdorfer trug die Jahrzahl 1484, die 
Weißbacher führt 1492, in Schloß Fröhliche Wiederkunft 
fehlt, die Jahrzahl, in Münchenbernsdorf ist sie 1492 zu lesen. 

Interessant ist hier die Entzifferung. Die Zahlzeichen 
haben sehr durch die Quetschung der Wachsmodelle ge- 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



49 



litten und sind teilweise mißraten (Fig. 25). Lehfeldt brachte 
nur a° und noch eine Rosette heraus, und fährt fort : „und 
einige unklare Buchstaben, welche Zahlzeichen sein dürften." 
Das war in der Tat schon längst bekannt ; denn von alten 
Zeiten her bis in die Gegenwart hat man sich in wunder- 
lichen Deutungen und Entzifferungen ergangen und wollte 
gern eine möglichst hohe Jahrzahl herauslesen. Hiermit 

Fig. 25. (V 4 nat. Gr.) 

begann der Oberpfarrer Andreas Ungebauer (1659—1686), 
der nach einem im hiesigen Rittergutsarchiv befindlichen 
Aktenstück (in Abschrift vom Oberpfarrer Meder am 6. Aug. 
1851 im Pfarrarchiv niedergelegt) die Zahl M°CCLXXn 
schrieb, das wäre 1272 gewesen. Das dünkte aber den 
Späteren nicht hoch genug und sie schufen die in den 
Bau- und Kunstdenkmälern XXV, S. 62 verewigte Form: 
M°CCXXXII, wobei das frühere deutliche £ = L auch X 
gelesen werden konnte, so daß 1232 herauskam. Da schon 
von Ungebauer die dritte und kleinste Glocke für die älteste 
angesehen wurde, wäre für sie ein erkleckliches Alter 
herausgerechnet worden, denn man hätte ihr doch zum 
mindesten 100 Jahre Vorsprung geben müssen. Lehfeldt 
war ehrlich und blieb im Unklaren, ob die rätselhaft ge- 
schriebene Zahl der Akten 1252, 1272 oder 1322 zu ent- 
ziffern sei, gesteht aber, daß jedes gleich unmöglich sei. 
Damit hat er wenigstens in einem Falle die Glockenkunde 
gegen dilettantenhaftes Archaisieren verteidigt. Die richtige 
Entzifferung läßt sich sehr einfach bewirken : a° = ftllttO, 
die erste Zahl ist deutlich l, die beiden letzten ebenso 
deutlich tt, die dazwischen liegenden Zeichen, von denen 
das erste und zweite ohne Mühe als j: gelesen werden, 

Zeitschr. f. Thür. Ge»ch. Suppl. I. 4 



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50 



Die Glocken des Neustädter Kreide*. 



können nach der Zahl der Grundstriche nur 4 r. sein, 
deren einzelne Attribute bei der Herstellung der Form 
freilich arg zerfetzt worden sind. Es ergibt sich also als 




Fig. 26. nat. Gr.) 




Fig. 27. (\/ 4 uat. Gr.) 




Fig. 28. (>/ 4 nat- Gr.) 



„minnere Zahl" 92, zu der sich von selbst als Jahr- 
hundert 1400 ergänzen läßt (vgl. auch Weißbach, wo das 
vierte r. gleichfalls beinahe verunglückt wäre). 



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Die Glocken des Neuetädter Kreises. 



51 



An besonderen Merkmalen zunächst der Glocke in 
Münchenbernsdorf sind folgende zu nennen : Die Haube 
steigt ziemlich hoch empor, die obere Platte ist leicht 
gewölbt, zwischen oberer und unterer Platte sind 2 Rund- 
stäbe angebracht. Die Inschrift am Hals zwischen 2 Rund- 
stäben wird noch 
durch Lilienorna- 
mente (Fig. 26) 
von oben und 
unten her ein- £ 
gerahmt in der 
Weise, daß oben 
am Hals halb auf 
der Platte 6 auf- 
rechtstehende Li- 
lien verteilt sind 
(Lehfeldt bezeich- 
net sie als „un- 
genaue Verzie- 
rungen der Art: 
während sie 
unterhalb der In- 
schrift mit der 
Spitze nach innen, 
nahe aneinander- 
gerückt, mit ihren 
beiden Stielen 
einen nicht völlig 

geschlossenen Rundbogen und in ihrer Gesamtwirkung einen 
einfachen Rundbogenfries mit Lilienspitzen bilden. Das- 
selbe Ornament findet sich in derselben Weise angeordnet 
auch auf der Glocke im Schloß Fröhliche Wiederkunft 
(Fig. 27). Dort ist es außerdem noch, auf der Seite liegend, 
als Anfangszeichen verwendet (Lehfeldt nennt es zur Ab- 
wechselung Giebelblume) und erscheint noch einmal als 

4* 




Fig. 29. (V 6 nat. Gr.) 




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52 Die Glocken des Neustädter Kreises. 

umgekehrter Fries, die Spitzen nach oben gerichtet am 
Wolm. 

Die Worte der Inschrift sind durch Rosetten getrennt, 
wie sie auch Johannes Presick, ein zeitgenössischer Gießer 
(Karlsdorf, S.-Altenburg, 1489) gebraucht (Fig. 28). Die 
Buchstaben sind roh, knöchern, mit mangelnder Sorgfalt 




Fig- 30. (V 5 nat Gr.) Fig. 31. (V t nat. Gr.) 



und Geschicklichkeit verfertigt, genau wie in Weißbach 
zerdrückt; im Schloß Fröhliche Wiederkunft dagegen 
sind sie vortrefflich gelungen. Das am meisten hervor- 
stechende Merkmal sind die Linienreliefs auf der Flanke. 
Sie sind in groben Strichen mit dem Griffel in den noch 
weichen Lehmmantel der Glockenform eingeritzt und stellen 
wenig kunstvoll auf der einen Seite den Gekreuzigten 



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Die Glocken des Neustädter Kreise«. 



53 



(Fig. 29), auf der anderen den Kirchenheiligen Mauritius 
dar als Ritter geharnischt, mit Schild und Lanzenfahne 
(Fig. 30). 

Ähnliche Bilder befinden sich auf der Glocke in 
Fröhliche Wiederkunft und stellen in kleinerem Format 
dar den Gekreuzigten (Fig. 

31) und den Auferstandenen, 
in der Rechten einen spieß- 
ähnlichen Kreuzesstab (an 
Stelle der Siegesfahne ?) (Fig. 

32) . Lehfeldt erwähnt bloß 
das erstere Bild. 

Zusammenstellung der 

Glocken Andreas Heiners : 

1484 Mielesdorf b. Schleiz 
(nach der Reuß. Kir- 
chengalerie) : mit go- 
tischen Buchstaben : 
ANNO DNI MCCCC 
LXXXIIII f>ilf got 
tnavia btxot. Der 
Sage nach ist diese 
Glocke beim Bau der 
Kirche aus der alten 
Klause heraufge- 
schafft worden. 

1492 Münchenbernsdorf : tt>0 

• uafaretwf • rey: 
tofceorp • 0 • mavvu 
ctt>0 • a° • Itf)?» 

Am " Schlag: tmtßer 

• citfcrcf • feiner. 

1492 Weißbach, Schw.-Rudolst. (L.): 0<UtCtt>0 • pettt>0 

t • (et ?) 0 pat>U>0 • a° tmt mccuH^vn • f>if 
got • mavia • bcrot. 




Fig. 32. (»/, nat. Gr.) 



54 



Die Glocken des Neustädter Kreites. 



Schloß Fröhliche Wiederkunft, S.-Altenb.: <^ maria 

macer grade mater mtfericorfete 1 ). Am Wolm: 
meifter enfcrcf feiner. 



4. ^etttrtcue pltU« Ztotviä me fecit ist die Inschrift 
einer Glocke in Frießnitz. Die Buchstaben sind mit Ausnahme 

o ! i — - ' j \\ , / ^ d; ! j ■ '. i — 

~ J" . 

Fig. 33. (\/ 4 nat. Gr.) 

der gotischen C ÜD UT und H (Fig. 33) in eckiger, knapper 
Kapitalschrift geschrieben, die bei oberflächlicher Betrachtung 
beinahe modern erscheinen könnte. Die einzelnen Worte 

1) Dies ist der Anfang eines alten Liedes zu Ehren der Maria, 
dessen 2. Strophe lautet: 

tUarta mater gracie 

mater tm*encoroie 

tu no& ab boete protege 

in l)ora mortie aiwcipe. 
Vgl. hierzu : N. Mitteil, des thür.-sächs. Altertumsver., Bd. III, 
Heft 4, S. 132 f., wo Schubart, Über die Erbauungszeit der Kirche 
S. Nicolai in Zerbst, das vollständige Lied zitiert, das auf einer im 
Turmknopf gefundenen Urkunde stand. Die ganze Strophe findet 
sich auch auf der größten Glocke des Domes in Hildesheiiu vom 
Jahr 1682 nach Kratz, Historische Nachrichten über die Glocken im 
Dome zu Hildesheim in der Zeitschr. des Hist. Vereins für Nieder- 
sachsen, Jahrg. 1865, S. 359. 





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Die Glocken de* Neustädter Kreisen. 



55 



sind durch einfache, runde Punkte getrennt. Als Anfangs- 
zeichen steht ein lateinisches Kreuz mit geraden Balken, 
am Ende ein aufrecht stehendes Kleeblatt. Die Flanke 
verjüngt sich kegelförmig nach oben, der Schlag ladet un- 
vermittelt und stark aus; die Haube ist nicht hoch und 
die obere Platte ganz flach. Die Größenverhältnisse sind : 
Durchmesser 70 cm, Höhe 60 cm. 

Die Glocke ist deshalb merkwürdig, weil ihr hohes 
Alter trotz mangelnder Zeitangabe doch ziemlich sicher be- 
stimmt werden kann. Nach Otte, Glockenkunde, S. 192 
befindet sich in Oetzsch *), Kr. Merseburg, eine Glocke mit 
derselben Umschrift in neugotischen Majuskeln. Ferner 
ebend., S. 212, nennt sich auf einer im Jahr 1858 umge- 
gossenen Glocke zu Lühnde bei Hildesheim vom Jahr 1278 
der Gießer: me fllbtt XftertCU6; endlich ebend., S. 193 
heimelte me fectt auf einer Glocke von 1317 in St. 
Blasien zu Northeim (Hannover). Ein ^Ctiricue fltSOr 
campatlÄriltn ist 1330 in Köln urkundlich nachgewiesen 
(Otte, S. 193). Wenn nun auch, wie Otte, S. 83 selbst 
bemerkt, nicht ohne weiteres feststeht, daß der CftertCUS 
in Lühnde des hiergenannten >5eittricU6 Vater ist, und 
ferner die Identität des »SewricilS mit dem ^etmctie 
fueor COtnpattarum in Köln bezw. Northeim noch nicht 
festgestellt ist, so haben wir hier in Frießnitz jedenfalls 
eine Schwesterglocke der in Oetzsch und dürfen unsere, 
wie Otte es mit jener tut (S. 83), gleichfalls noch zu Aus- 
gang des 13. oder mindestens Anfang des 14. Jahrhunderts 
setzen. Lehfeldt leistet hier wieder eine sich selbst quali- 
fizierende Probe seiner Glocken -Un künde. Zunächst weiß 



1) Die Abbildung der dortigen Inschrift in den B. u. K.-D, 
der Prov. Sachsen, Kr. Merseburg zeigt genau dieselben Lettern wie 
hier mit dem alleinigen Unterschied, daß dort die Buchstaben noch 
reich mit Zierliuien verschnörkelt sind. Besonders auffällig ist die 
Übereinstimmung bei den Buchstaben E H R R & D XH und dem 
einzigen runden G in fecit, 



56 



Die Glocken des Neustadter Kreises. 



er nichts mit dem Namen des (Eifertet anzufangen und 
setzt in Klammern dahinter («Jrifcerict ?) ; und dann be- 
stimmt er das Alter mit genialer Übersehung aller einzelnen 
vorhandenen Merkmale zu Anfang des 15. Jahrhunderts! 



5) Es folgen nun die Werke von sieben Meistern, die 
keinen Namen tragen, aber durch Vergleichung bestimmten 
Gießern oder auch besonderen Gruppen zugewiesen werden 
können. 

a) Claus Rymann in Naumburg a. d. Saale. 

Bergner, Zur Glockenkunde, S. 58, No. 21 erwähnt 
eine Glocke in Graitschen, die in den Bau- und Kunst- 
denkmälern I, 53 abgebildet, unterdessen aber umgegossen 
ist. Im Fries befanden sich in Kursivschrift die bisher un- 



gedeuteten Worte cfovee rymeetttt (Fig. 34) (so B.- und 
K.-D. a. a. 0.), in denen bereits Bergner den Gießernamen 
vermutete. Bei näherer Betrachtung ließen sich diese Worte 
unschwer als clapee vymatt lesen (ce = a). Die Abbildung 
der Inschrift aber, die in diesem Falle glücklicherweise 
gegeben war, sowie einige der bei Graitschen dargebotenen 
Reliefs ermöglichten weiter die Bestimmung einer Glocke 
in Wetzdorf bei Weida von demselben Meister. Sie führt am 
Hals zwischen 2 Paar breiten Stäben die Inschrift : + attttO 
HH bltt + mileftmo X (Schlüssel) CCCC □ (Fig. 35) (Maria 
mit Kind zwischen Fialen, darunter Wappen mit Löwen) 
Ipmt ü (Siegel oder umgekehrter Schild mit 2 Schwertern 
oder Schlüssel und Schwert, das Naumburger Wappen) l ) 

1) Dasselbe Zeichen auf der Glocke im Kathaus zu Naumburg 
läßt deutlich das Naumburger Wappen erkennen. 




Fig. 34. (*/ s nat. Gr.) 



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Die Glocken des Neustädter Kreises 



57 



ave O (Maria mit Kind, freistehend) maria. Die Glocke 
in Graitschen hatte fast dieselbe Inschrift : attltO • fcotm • 
m° • CCCC • IjTUt • avt X mari • . Die gekreuzten Schlüssel 
befanden sich in derselben Form hinter AVt. Hinter der 
Inschrift waren eine Anzahl Bilderchen angebracht, nämlich 
zunächst dieselben wie in Wetzdorf : Maria stehend, der 
kleine Schild mit 2 Zeichen, die als 2 Schlüssel verstanden 
wurden, während sie in Wetzdorf mehr 2 Schwertern 




Fig. 35. Wetzdorf. (V 6 nat. Gr.) 



gleichen ; das bestärkt die Annahme, daß es doch wohl das 
Naumburger Wappen darstellen soll : ein Schlüssel und ein 
Schwert; und endlich befand sich offenbar in der ersten 
Schlinge der Stricklinie, in welche der Kleeblattbogenfries 
ausging, ein undeutliches Marienbild. Außerdem waren in 
Graitschen noch angebracht: ein Crucifixus, der erhalten 
blieb *), in einem Kreis eine Mütze und ein leerer Kreis, 
ferner innerhalb des Kleeblattbogenfrieses eine Winzerhacke 
und eine Weinranke mit Traube. 



1) Im Pfarrarchiv zu Graitschen. 



58 Die Glocken des Neustädter Kreises. 

Wetzdorf gehörte nach Lehfeldt seit dem Jahre 1195, 
wo es von Kaiser Heinrich VI. abgetreten wurde, dem 
Kloster Pforta ; daraus erklärt sich vielleicht die Beziehung 
zu dem Naumburger Gießer. Die beiden durch eine ge- 
drehte Schnur verbundenen Schlüssel befinden sich genau 
in derselben Form auf dem Grabmal des Dompropstes 
Burchard von Bruchtirte im Dom zu Naumburg, f 1391, 
erwähnt auch in Schmidt, Urkundenbuch der Vögte, II, 
S. 289, im Jahr 1384. 

Von Claus Rymann (Riman) sind aus Otte, Glocken- 
kunde, S. 207, noch folgende Glocken bekannt: 
1471 Ober-Krumpa, Kr. Querfurt. 122 cm Durchm. Sie trägt 
die Inschrift: aÜO • fcm • tn • CCCC • typt • (s äte 
b'tolomei • fca • e • I>ec • cdpana • per • mgrm 
tricolat? • rund • fce • nöeborg • fotyerina ; außer- 
dem das Bild der Maria mit Kind in der Nische 
und Medaillon der 14 Nothelfer; ferner in grober 
Linienzeichnung: das Naumburger Wappen, ein 
kleineres Wappen mit Schlüssel (das sich auf einem 
Leichenstein in der Kirche findet), einen heil. 
Diakon mit Palme, einen Jüngling mit Hellebarde 
und das Gießerzeichen Rimans . Das Merk- 
würdigste ist aber unter einem freihändig mit dem 
Griffel in den Glockenmantel eingezeichneten, rohen 
Spitzbogenfries eine rechtsläuiig ebenfalls mit Griffel 
eingeschriebene Inschrift in Kursive, die den Spruch 
O Ü>e8P rer glorte u. s. w., die Namen der 
Evangelisten, der Wetterherren CAGpav, tnelcbior, 
baltaear und andere Namen enthält. 
1475 Naumburg, Rathaus. 

1478 Gatterstedt, Kr. Querfurt. 116 cm Durchm. %nt\0 fcm 

+ m 0 cccc 0 lrrtntt 0 \>ae t>eu8 l>oc eigna + plebe 
eahxt 0lt aura + benign*. Dieser alte Spruch 
ist jedenfalls von einer früheren Glocke bei Ge- 
legenheit des Umgusses übernommen. Ferner in 
Linienrelief der heil. Georg, eine Kreuzigung und 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



59 



das Gießerzeichen in der Form, wie es Otte a. a. 0. 
hat : i-±-y. 

1481 St Micheln, Kr. Querfurt. 116 cm Durchm. ÄttttO 

t)m m°cccc°l^i° fcemutg *>ey$ icfc meietcr clapee 

rtmatt VÖ ttt>bg ge^O0 tlricfc. Darunter an der 



Flanke: C>tlf CJOt matia btVOt ; ferner Relief der 



Pieta und 4mal Crucilixus. 
Außerdem trägt eine Glocke in Ötzsch, Kr. Merse- 
burg (vergl. oben die Heinricus-Glocke), von 70 cm 
Durchm. die Inschrift: attttO + btli + CCCC + 
ItNiU <U>e + matia + , und vor at>e die gekreuzten 
Schlüssel genau wie in Wetzdorf. 
Bei einer Glocke in Frankleben, Kr. Merseburg, 71 cm 
Durchm. mit Inschrift: attttO • &m • tttilesmc* • 
CCCC • IjJJTt • at>e könnte man wegen desselben frei- 
händig eingezeichneten Spitzbogenfrieses wie in Ober- 
Krumpa, des ausgeschriebenen tntlegtttO fast wie in 
Wetzdorf und des angefangenen Grußes avt eben- 
falls auf Rimann schließen. 
Ob endlich noch die bei Schubart *) erwähnten Glocken 
aus der Zeit von 1476 und 1493, nämlich Bernburg, Schloß, 
1476, Brambach 1476, Dessau, St. Marien 1476, Pötnitz 
1476 und Grochewitz 1493, hierher zu rechnen sind, ließe 
sich aus der Übereinstimmung der Typen, den 2 Paar 
„Riemen", welche die Inschrift abgrenzen, und dem aufge- 
gossenen Crucifixus vermuten , könnte aber erst durch 
Prüfung an Ort und Stelle , besonders hinsichtlich des 
Bildes, mit einiger Sicherheit festgestellt werden. 

b) Der große Unbekannte in Erfurt mit der Haus- 
marke (s. Fig. 1). 

Über beinahe ganz Thüringen zerstreut findet sich eine 
bedeutende Zahl Glocken eines Meisters mit der Marke 
Fig. 1. Sein Grabstein mit dem Relief des Meisters und 
seiner Frau befindet sich im Kreuzgang des Domes zu 

1) Glocken im Herzogtum Anhalt, S. 84. 



60 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Erfurt, vom Eingang aus nur wenige Schritte nach links 
aufgestellt. Darauf ist unten zu Füßen dieselbe Hausmarke 
mit einer Glocke darüber angebracht; die Umschrift ist 
aber durch Abblätterung fast ganz unleserlich geworden 
und läßt zur Not noch das Todesjahr 1495, aber leider 
nichts von dem Namen erkennen. Bergner glaubte den 
Namen gefunden zu haben 1 ) auf der größten der soge- 
nannten Silberglocken des Domes. Aber das dort ge- 
schriebene iJ>0 Fattttebotl kann nicht der Name Johannes 
Kanttebon, Kantebon oder Kaltenborn sein. Denn erstlich 
findet sieh die Abkürzung il>0 mehrfach und alleinstehend 
auf Glocken dieses Meisters und soll nach dem typisch 
gewordenen Gebrauch nur tl>eeu6 bedeuten ; FatlttebOM 
ist aber offenbar nichts weiter als der in schlechter Ortho- 
graphie geschriebene, oft bezeugte Glockenname Cantabona, 
die Schönklingende 2 ). Es muß also bis auf weiteres mit 
der Tatsache gerechnet werden, daß einer der bedeutendsten 
Meister aus der Blütezeit des Erfurter Glockengusses, der 
als ein angesehener Bürger Erfurts im Dom bestattet wurde, 
uns dem Namen nach unbekannt ist. Möge ihm darum 
durch die Bezeichnung „der große Unbekannte in Erfurt" 
einstweilen die gebührende Anerkennung gezollt werden. — 
Ein neuer Weg zur Entdeckung seines Namens scheint 
durch die Auffindung einer Glocke in Pößneck geöffnet zu 
sein. Schon Wtinscher, Geschichte der Stadt Pößneck, 1902, 
S. 143, erwähnte die Mittagsglocke auf dem Türmchen am 
Westgiebel der Stadtkirche, aber nur unter Angabe des 
Gußjahres 1490 (vgl. auch Bergner, Gl.-K., S. 78 und 79). 
Mit solchen und ähnlichen Angaben ist eben der Glocken- 
kundo nicht im geringsten gedient. Erst durch eigene, 

1) Meininger Glocken. S. 14G. 

2) Die große Glocke im Dom zu Hildeeheira, schon im 11. Jahr- 
hundert von Bischof Azelin gestiftet, wurde so genannt uud heißt 
nach wiederholtem Umguß noch heute Cantabona Mariana. Vgl. 
Dr. J. M. Kratz, Historische Nachrichten über die Glocken im Dom 
zu Hildesheim, in der Zoitschr. fies Histor. Ver. f. Niedersachseo. 
Jahrg. 1865, S. 357 ff. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 61 

allerdings mit großen Schwierigkeiten verbundene, Be- 
sichtigung und Aufnahme der Glocke konnte festgestellt 
werden, daß nicht bloß die Jahrzahl darauf zu lesen war, 
sondern daß sich außer einer weiter unten noch zu er* 
wähnenden, sehr instruktiven Inschrift, ferner einem Linien- 
relief und der bekannten Gießermarke (s. Fig. 1) vorn an 
der Flanke auch dieses eigenartige 
Monogramm (Fig. 36) angebracht war, 
welches die Buchstaben F, W und I 
und darüber noch ein liegendes I ent- 
hält. Vorläufig ist mit diesen Buch- Fig. 36. Pößneck, 
Stäben an Stelle des ersten Rätsels Stadtkirche,WatgiebeI 
freilich nur ein neues gestellt, aber * 8 nat * 

es ist doch Hoffnung, daß man, hierauf fußend, einmal den 
rechten Namen des großen Unbekannten finden werde. 

Die Gießermarke selbst erscheint in derselben Zeit in 
verschiedener Ausführung, die gerade in Pößneck recht 
deutlich zu Tage tritt. Auf den größeren Gefäßen ist, ab- 
gesehen von der entsprechenden Vergrößerung des Schildes, 
mehr Sorgfalt auf die Ausführung verwendet; die einzelnen 
Aste der Figur sind stark und enden in nagelkopfartigen 
Ausbauchungen. Dagegen sind auf den kleineren die Striche 
roh, wie mit einem Griffel direkt in den Mantel eingegraben. 
Noch mannigfaltiger ist die Form des Schildes. Er ist 
entweder an seiner unteren Seite glatt abgerundet oder 
läuft in eine fein geschwungene Spitze aus ; die oberen 
Ecken treten zuweilen nasen förmig hervor, oder die eine 
Ecke ist abgestumpft und die Seiten wiederum zierlich ge- 
bogen. Der Schild steht entweder aufrecht oder ist nach 
rechts oder auch nach links gelehnt. Seinen Platz findet 
er gewöhnlich innerhalb der Inschrift am Halse, zuweilen 
auch unterhalb derselben an der Flanke, einmal, in Groch- 
witz (R. ä. L.), sogar am Schlag. 

Die Typen der Inschriften sind nicht immer mit der 
gleichen Sorgfalt angefertigt; neben saubor und zierlich 
ausgeführten und im Guß scharf ausgeprägten Inschriften, 



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&2 



Die Glocken des Neustädter Kreise». 



deren Buchstaben wie bei H. Ciegeler aus dünnen Wachs- 
täfelchen ausgeschnitten wurden, finden sich mit wechselnden 
Buchstaben roh geformte zu gleichen Zeiten. Als instruk- 
tives Beispiel kann wiederum Pößneck genannt werden, wo 
die 1902 gesprungene Gloriosa die schönsten Formen bot T 
während die auf dem Westgiebel befindliche, neuentdeckte,, 
aus demselben Jahr (1490) die häßlichste Schrift hat. Diese 
Verschiedenheit tritt schon in der Anwendung der Initialen 
zu Tage. Während häufig die interessantesten und kunst- 
vollsten Initialen geschaffen sind, wiederum gehäuft in 
Pößneck , aber auch sonst in dem charakteristischen An- 
fangs-A (vgl. Fig. 37 und 38), gibt es Inschriften, die bloß 
aus schlichten, kunstlosen Minuskeln bestehen. Ebendas- 
selbe gilt von den Verziernugen ; reich mit Friesen, Laub- 
stäben, Linienreliefs, Namen auf der Flanke und am Schlag 
besetzte Glocken stehen in grellem Gegensatz zu solchen, die 
nichts als eine Inschrift am Halse tragen. 

An den Inschriften ist weiter bemerkenswert das 
Ordinal-o bei der Jahrzahl in Form eines liegenden (vgl. 
Fig. 37 und 38), vereinzelt auch aufrecht stehenden (vgl. 
Fig. 39) o, sowie besonders die häufigen Abbreviaturen, 
welche die Entzifferung erschweren. So brachte Lehfeldt 

c 

in Pößneck aus vbv cao factU (verbum caro factum est) 
heraus: ubf(cunque) caitO faticde; und der Spruch in 
Neustadt: folt>e vbiqtna [9ßrmit te benebtcta (s. Fig. 39) 
konnte erst in der Form auf der Pößnecker Glocke : 60lt>£ 
pcbigea 1 ) cöttgit te btfttctft verstanden werden. Als 
Trennungszeichen kommen bloß in Pößneck (Gloriosa) rauten- 
förmige Punkte vor. Einen besonderen Schmuck bilden die 
auf einzelnen Glocken angebrachten Linienreliefs, die zum 
Teil die ganze Höhe der Flanke bis an den Schlag ein- 
nehmen: öfter Maria mit dem Kind in der Glorie und 

1) perbigetta, der durch das Wort Geborene, analog dem Worte 
terrigen« (klassisch) gebildet, findet sich, von Christus gebraucht, bei 
Prud. cath. 3, 2. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



63 



einzelne Heiligenfiguren. Die größeren Gefäße haben unter- 
halb der Halsinschrift einen Fries aus Rundbögen, die in 
Ahornblätter endigen ; am Schlag sind zuweilen die Evan- 
gelistennamen, von Laubstäben eingefaßt, angebracht. Auch 
finden sich hin und wieder Münzabdrücke an allen Teilen 
der Glocken. Viele von den Glocken führen Namen: am 
häufigsten g)*antia in dem Klangreiin: tiOtt me 6ub- 
eantm cum 3tt mifyi tiomeit oeamta (in Neustadt ver- 
schrieben o amna). 

Eine Eigentümlichkeit ist noch zu erwähnen, die durch 
Verallgemeinerung zu falschen Schlüssen verleitet hat. Es 
ist die Verzierung der oberen Platte mit schwert- oder 
kreuzförmigen Zeichen, die an den 3 kurzen Balken mit 
Punkten versehen sind .{.. Der lange Balken hat nicht die 
Form einer Klinge, sondern ist genau wie die kurzen Balken 
stabförmig. Dies Zeichen befindet sich öfters zwischen 
sämtlichen Henkeln (6mal), oder nur nach den 4 Himmels- 
richtungen (4mal), auch kommt es nur 2mal an den Breit- 
seiten des Mittelzapfens vor; die übrigen Zwischenräume 
weisen dann nur Spitzen auf, in welche die Kanten des 
Mittelzapfens auslaufen. In gleicher Weise endigen ge- 
wöhnlich die Henkel auf der Platte in je 3 solcher Spitzen. 
Bergner glaubte in diesen sog. Schwertern Erkennungs- 
zeichen für Werke ebendesselben Gießers gefunden zu 
haben, die seine Hausmarke nicht tragen (s. u.). Aber 
umfassendere Beobachtungen haben ergeben, daß diese 
Zeichen sich früher und noch viel später auf Glocken 
finden, die unbestritten nicht diesem Meister zuzuschreiben 
sind. Sie finden sich noch 1655 und später bei dem 
Glockengießer Johannes Berger in Weimar, und früher 
schon gegen 1440. 

Bis jetzt konnten von diesem Gießer 22 Glocken mit 
Sicherheit festgestellt werden. Diejenigen, welche außer 
den von Bergner (Glockenkunde und Meininger Glocken) 
schon erwähnten neu bestimmt wurden, gehören merk- 
würdigerweise alle der späteren Zeit an. 



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64 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



1475 Bremsnitz, S.-Altenburg (B.) : %nt\0 Ötn° m°CCCC°lpp) 0 

O (Münze) Homert ofantld. Zwei Münzen; ohne 
Gießerzeichen ! 

1476 Reinstädt, S.-Altenburg (B.) : %nnO öni m o CCCC o lppPi 0 

non me eb*anna cp eit mtcfci nomen ofanna. 

Gießerzeichen. Münzen. 

1479 Großkochberg, S.-Meiningen (B.): 3tmtO oni tn 0 CCCC° 

Ijrptj: 0 non me fbeäna cp fit tmebt nomen 1 ). 

Münzen. Gießerzeichen. Relief der 14 Nothelfer, 
Maria mit Kind und 2 Heiligen. 

1480 Langenschade, S.-Meiningen (B.) : %ntlv ont m°CCCC° 

Iftf ofanna pocor lape oeo fit cp ppleor. 



1482 f Burgau, Kr. Weimar (B.): Hott me 0llbeanna 

cum ett mtcfct nomen Oeanna anno Bornim 

OTCCCCLXXXH. (Bergner, Glockenkunde, S. 104 
hat durch Druckfehler 1492, S. 80 richtig 1482.) 

1483 CHumperda, S.-Altenburg (B.): ÜIWIO Om m°CCCC° 

l^ptll 0 l>Üf <JOt maria berot. Gießerzeichen. 
Ranis (B.) : anno om m°cccc°lj£j:itt 0 marta. Relief: 
Maria in der Nische. 

1484 Graba, S.-Meiningen (B): %\\WO • ©nt m°CCCC°l^mi 

$ali>6 fp otcta mortpoe oefleo tepeetate' oepello 



Linienreliefs : Maria mit Kind in der Glorie ; 
Christus in Gethsemane; Gertrud mit Kirche; 
Katharina mit Schwert und Rad. Münzen. 
1485 Unterwellenborn, S.-Meiningen (B.): TtnnO ©nt m° 

cccc°lp^p to!> baptä ego Pop clamantie in 

©efertO päte Pia ©n©. Darunter Gießerzeichen. 
Am Schlag zwischen Laubstab: mat(>eP6 tO^annee 

Ipca« marcpe. 



I) oeattna steht an der Flanke. 





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tWe Glocken des Neustädter Kreises. 



65 



1487, Liebschütz, Kr. Ziegenrück (B.): 3tmo om m°CCCC° 

Irrrpu 0 o fcta mavtfya ora pro ttobte (j£>. Am 

Wolm 2mal Antoniuskreuz T. 

1488 Geißen (Reuß): atlltO Ottf m 0 CCCC°lrrrtmi 0 |>tlf got 

mavia berot. Relief: Maria in der Nische. Gießer- 
zeichen fehlt. 

1489 Grochwitz, R. ä. L. : 2ltmo om m°cccc°lrrrtj: 0 tgft>0 

ftrfto* (Lehfeldt: tyfpe). Am Schlag (^j. 

1490 f Pößneck, Sachs.-Meiningen : pplcriter • orttata • 

_ e 

glorsofa • fp . nominata • vbv • cäo • facta • 
Tttmo . om • IÄ90 \ circa - trfffcacoie . marie 

An der Planke: UTarcP0 £pca0 Jo^anes 
OTIat(>eP0, Löwe (Pößnecker Stadtwappen). Linien- 
reliefs : Maria mit Kind in der Glorie. Bartholomäus. 
Am Schlag 2 Antoniuskreuze. 

Ebendas. : äno bm m cccc jrc 0OIP0 p eptgeä cött gtt 
te btfttcta [Jj. An der Flanke vorn das Mono- 
gramm Fig. 36. Rückseite ein Linienrelief. 




Fig. 37. Dreba. (V 6 nat. Gr.) 

1491 Kettmannshausen, S.-Gotha (L.): %ntlO Otft mc cccc 

fei l>üf got maria berot tyn ßfi . 

1492 Großsaara, Reuß j. L.: antlO Otft tn 0 CCCC°rctt 0 lj>üf 

got tnaria berot t>0 

Zeltechr. f. Thür. Gesch. Suppl. I. 5 



Die Glocken des Neustadter Kreises. 



Erfurt, Dom : anno fcnf m°cccc°pcti l>i\f gor marta 
berot iJ>* Fanttebott 






Fig. 38. Neustadt. (*/, ™t. Gr.) 



0> 





li 1 




fl 




Fig. 39. Neustadt. (»/ 6 Bat. Gr.) 



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Jbie Glocken des Neustadter Kreises. 

1493 Engerda, S.- Altenburg (B.): TtmtO fem m CCCC JKIÜ 0 

Jlaube 0$ bigtw cv ftm pocata benyngn. 

1494 Dachwitz, Kr. Erfurt (nach B. u. K.-D. der Prov. 

Sachsen): %nno bin m°cccc°)cctiit 0 noit me 0C9- 
mtanna cv 01t msfri tiomc oeeatm („die nicht 




mehr recht verständlich ist") 
Die 3 folgenden befinden sich im Neustadter Kreis: 

1494 Dreba: %nno fcnt m°cccc° jrcutt fyilf gor marta 

berot — (kurzer Laubstab) (Fig. 37). 
Neustadt^ Stadtkirche: 2UtttO fclff m°CCCC°j;cmt 0 ItOtl 

me fbsaiitta cp 01t mt*>t nomeno aertna (Fig. 38). 

Unter mü>i das Gießerzeichen <^). 

Ebendas.: %nno tmf m°cccc°j:ciut 0 foit>0 t>btgeim 
sfirmtt te benefcicta <^) (Fig. 39). (Lehfeldt liest 

8alt>0 und gibt das Gießerzeichen durch ^ wieder, 
in Kettmannshausen und Grochwitz ) 

Außer den hier aufgezählten Glocken gibt es noch eine 
Anzahl, die der Form der Schrift nach, sowie nach anderen 
Merkmalen unfraglich in Beziehung zu diesem Gießer stehen, 
ohne seine Hausmarke zu tragen (Fig. 40) *). Hierher ge- 
hört in erster Linie 

1495 Kolba: anno ont m 0 cccc°jxt> 0 iol>Ättitc0 eft nomeit 

eh». 

Hier stimmen die Buchstaben Strich für Strich mit 
denen auf den früheren Glocken überein, ebenso die Schreib- 
weise von bm und der Jahrzahl. Zwischen den Henkeln 
befinden sich die Schwerter |, und die Form, besonders der 



1) Diese Glocken können unbesorgt dem „Unbekannten" zu- 
gewiesen werden, seitdem die in Bremsnitz und Geißen als fraglos ihm 
zugehörig erkannt sind. 

5* 



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68 



Die Glocken des Keustädter Kreises. 



Haube, ist accurat wie bei den übrigen. Wenn die Jahr- 
zahl auf dem Grabstein im Born zu Erfurt richtig als 1495 
im Monat März oder Mai (B.) gelesen ist, so könnte man 
diese Glocke vielleicht als opus posthumum aus derselben 
Werkstätte bezeichnen. 

Anders verhält es sich mit einer Glocke in G-eißen, 
Reuß j. L. Filial von Großsaara (s. o.) : 
1488 Geißen: anno fcnf m 0 cccc°lr^r y t>m 0 I>üf got maria 
berot. 

Hier stimmt die Form wiederum genau zu den übrigen, 
auch die Schwerter zwischen den Henkeln, es stimmen auch 




Fig. 40. Colba. (»/ 4 nat Gr.) 



die Buchstabenformen genau überein; man könnte die In- 
schrift mit der im Nachbarorte Großsaara beinahe ver- 
wechseln; bloß die beiden t haben hier Funkte, und unter- 
halb der Inschrift befindet sich das kleine, bekannte Relief 
der Maria mit Kind, sitzend in der Nische, das anderwärts, 
z. B. Großkochberg (s. o.), mit dem Relief der 14 Nothelfer 
zusammen erscheint (so in Hainichen, S.-Altenburg). Aber 

1) Siehe schon oben im Gesamtverzeichnis. 



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Die Glocken des Neugtädter Kreises. 



69 



es bleibt doch die Schwierigkeit, warum gerade hier die 
Hausmarke fehlt 1 )! 

Ahnlich ist es bei einer Glocke in Döbritz (Fig. 41) : 

1467 Döbritz 1 ): anno fcm° m°cccc 0 ljttu 0 f>üf got mavia 
berot geet>6 (Lehfeldt liest : gegoe = gegossen und 
setzt es zu Anfang). 

int il(F MM 
i 1 fett* f mi> 

Fig. 41. Döbritz. (*/ 4 nat Gr.) 

Hier stimmen die ungeschickt verfertigten Buchstaben 
gut zu den vorhandenen, auch die Hinzufügung von geet>S = 
il>e0t?$ oder tgeue (vgl. Grochwitz). Aber abgesehen vom 
Fehlen der Gießermarke kommt hier noch die frühe Zeit 
als Schwierigkeit hinzu, und man kann diese Glocke 
höchstens als verwandt mit denen des großen Unbekannten 
bezeichnen. 

1472 Förthen: %nno fcm° m°cccc°lr^it am mavia 
gracta plctta (Fig. 42). Hier ist in erster Linie 
das Initial A merkwürdig, das eine Ligatur JE ist 2 ). 
Die Ordinal-o, auch über t>m°, stimmen mit denen 
auf den anderen Glocken überein. 

1475 Unterröppisch: + O xtt • glotrie • t>ent-ct>m-pace • 
anno • &m • m° • cccc 0 • IttP 0 . Die ungeschickt 
ausgeführten Buchstaben gleichen denen in Förthen, 
der Zeit nach ist sie, mangels anderer Anzeichen, 

1) Siehe die vorausgehende Anmerkung, S. 67. 

2) Genau dasselbe A fand ich auf der Vesperglocke in Kahla 
von 1470, die außerdem ein der Hausmarke des „Unbekannten" 
ähnliches Zeichen trägt in Form einer stilisierten Lilie (bei Bergner, 
Zur Glockenkunde, Fig. 16a abgebildet). 



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1 



70 Die Glocken des Neustadter Kreises 

am besten zu dieser zu stellen, obwohl die rauten- 
förmigen Punkte, der Spruch und einzelne charakte- 
ristische Buchstaben auch auf die Gruppe Weida- 
Schmieritz-Neustadt hindeuten (Fig. 43). 




Fig. 42. Förthen. (V 4 nat. Gr.) 




Fig. 43. Unterröppisch. ('/ 4 nat. Gr.) 



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Die Glocken de« Neustädter Kreises. 



71 



In dieser Weise ließen sich auf Grund persönlicher An- 
schauung und Vergleichung von den bisher nur dem Inhalt 
der Inschriften nach bekannten Glocken gewiß noch eine 
Anzahl zu dieser Sippe hinzufügen. Ihre Feststellung muß 
aber späterer Forschung vorbehalten bleiben. 

c) Als ein Verwandter anderer Linie des eben be- 
schriebenen Erfurter Meisters bekennt sich durch eine 
ähnliche Hausmarke in einem ebensolchen Schildchen ein 
Gießer, der innerhalb des Neustadter Kreises mit einer 
Glocke vertreten war in Stelzendorf. Gelegentlich der 
Lehfeldtschen Aufnahmen hat sie der Verfasser noch ge- 
sehen und inventarisieren helfen, mittlerweile aber ist sie 
den Weg aller Glocken gegangen, d. h. spurlos im Schmelz- 
ofen verschwunden, weil ihre größere, aber weitaus jüngere 
Gefährtin vom Jahr 1735 das Unglück hatte, im Jahr 1901 
zu bersten. Nun war die alte, die länger als 400 Jahre 
treu gedient hatte, auch nicht mehr wert zu existieren, und 
sie mußte gewaltsam zerschlagen werden, damit ihre eherne 
Zunge verstummte. Wenn die Glockenkunde aber außer 
der persönlichen Erinnerung künftig nur auf die Lehfeldt- 
sche Aufnahme angewiesen wäre, so würde diese Glocke 
schwer einzuordnen sein. Lehfeldt hat nämlich neben der 
Inschrift von ihr der Nachwelt nur überliefert *) : „schräger 

Ritterschild (!) mit : darin". Ein wunderliches Zeichen ! 

Glücklicherweise fand sich aber innerhalb des weimarischen 
Landes eine Schwesterglocke von dieser in Mertendorf, von 
der Lehfeldt mit der Inschrift noch: „Schild mit Zeichen", 
notiert hat. Bei Besichtigung dieser Glocke ergab sich, 
daß dies Zeichen nicht nur mit dem in Stelzendorf, sondern 
auch mit dem bei Otto, Glockenkunde, S. 220, abgebildeten 
übereinstimmte. Dort ist es erwähnt auf einer Glocke in 
der Bonifatiuskirche in Sömmerda von 1467 und hat die 

Form: \J?\. Die Glocke in Stelzendorf trug (nach Lehfeldt) 




1) B. u. K.-D., Heft XXIV, S. 232. 



72 



Die Glocken dee Neuatädter Kreises. 



die Inschrift: Tino bm m 0 cccc°lpj • glori* in epcelfie 

fceo. Durchmesser 68 cm. 

Die zur Beschreibung allein verfügbare Glocke in 
Mertendorf hat am Hals zwischen 2 Stricklinien die In- 
schrift: Ttnsto fem m cccc Ijpjrjtt 'Äpe maria gracsa 

pfeift <£> (Flg. 44). Oberhalb und unterhalb der Strick- 
Knien sind abwechselnd Ahornblätter gesetzt. Der Guß 

Ende Anfang 

Unm Mmu 

Fig. 44. Mertendorf. (*/ 4 naL Gr.) 

der Buchstaben ist sehr gratig ausgefallen. Die Glocke 
ist von mäßiger mittlerer Größe: Durchm. 61 cm, Höhe 
49 cm. 

Das Zeichen in dem Schild erinnert unwillkürlich an 
das des vorigen Gießers; schon die Form des Schildes, 
noch mehr der untere Teil der Figur ist genau wie bei 
ersterem. Und doch hat es hier noch nicht die ausge- 
sprochene Form eines Meisterzeichens, sondern ist mehr 
einem Monogramm ähnlich, etwa F und A, wie es Otto ge- 
faßt zu haben scheint (s. o.). Zu vergleichen wäre hier 
auch das bei Pößneck erwähnte Monogramm. 

In diese Gruppe gehört jedenfalls auch die größte und 
schönste Glocke des Neustädter Kreises in Neustadt selbst. 
Schon auf den ersten Anblick möchte man sie dem Erfurter 
Unbekannten zuweisen wegen mancher ins Auge fallenden 
Übereinstimmungen: am Schlag sind zwischen Laubstäben 
die Evangelistennamen wie in Unterwellenborn u. ö., die 
Flanke schmücken auf der Vorder- und Rückseite zwei 
80 cm hohe Linienreliefs der Maria mit Kind (Fig. 45) 
auf der Mondsichel und Johannis des Täufers (Fig. 46), 
die Form der Buchstaben ist ähnlich denen unter b, auch 
die Abbreviaturen, besonders die zweimalige Abkürzung 
9 = 110 in il>ef9 und na|aretl9 stimmen mit denen der 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



73 



beiden anderen Neust&dter Glocken überein, desgleichen 
die mehrfach angebrachten Münzabdrücke. Vollständig ge- 
nau stimmt das Anfangs-A in Tlnno mit den beiden A in 
Mertendorf überein (vgl. Fig. 44). Im Vergleich mit letzterer 
Glocke wäre dieselbe Erscheinung zu konstatieren, die schon 
unter b festgestellt wurde, daß von demselben Gießer neben 
den kunstvollsten, mit größter Sorgfalt bis in die einzelnen 
Teile ausgeführten Werken auch solche von geringerem Werte 




Fig. 45. Neustadt I. (V I0 nat. Gr.) Fig. 46. Neustadt I. 

("/,. nat. Gr.) 



und mit einer gewissen Flüchtigkeit und Nachlässigkeit ver- 
fertigt worden sind. 

Abweichend von den unter b und c erwähnten Glocken 
ist hier das eigenartige Trennungszeichen in Form einer 
4-blättrigen Rosette, das kreisrunde Ordinal-o wie bei 
Rosenberger, die konsequent nach links gekehrten 0, sowie 



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74 



Die Glocken de* Neustädter Kreises. 



der originelle Fries unterhalb der Inschrift (Fig. 47), welcher 
abwechselnd in kunstvolle Lilien und Tannenzapfen endet. 
Dergleichen Abweichungen brauchen aber, wie schon früher 
nachgewiesen ist, nicht als unbedingte Zeugen wider die 
Zugehörigkeit zu einem Meister angesehen zu werden, 
sondern sprechen vielmehr für die Beherrschung der Form und 
die Freiheit von aller Schablone seitens dieser alten Gießer. 




Fig. 47. Neustadt I. Fig. 48. Neustadt I. (V« nat. Gr.) 
(V 4 nat. Gr.) 



Die Inschrift beginnt mit einer eingegossenen, 2,7 cm 
Durchmesser haltenden Münze und lautet weiter: UnttO 

• t>m • m° • cccc 0 • ijrpir, . tttplue . trfompalte • cpftofctat . 
noe - ab • oibue • malie • tl>ef9 • nafavtt%9 • rej: • 

iufeecrt) . (Fig. 48). Auf der unteren Platte ist ein kleiner 
Fries aus Halbkreisen, die abwechselnd in größere und 
kleinere Ahornblätter enden; unter der Inschrift der er- 
wähnte große Fries, an der Flanke Linienreliefs und am 
Schlag die Evangelistennamen, dazu noch 2 Abdrücke von 
kleinen Hohlpfennigen. 

Über den Guß und die Weihe dieser Glocke liegt 
eine chronikalische Nachricht vor, welche Wünscher, Neu- 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



75 



stadter Kirchengeschichte S. 7 f. erwähnt, bei der nur zu 
bedauern ist, daß der Name des Gießers unerwähnt blieb. 
Sie lautet: 

„1479 am Tage Euphemiae, der heil. Jungfrau (16. Sept.) 
ist die große Glocke nach papistischer Art getauft und 
Susanna genannt worden. Wegen ihres Klanges ist sie zur 
selbigen Zeit allen Glocken in Thüringen vorgezogen worden ; 
die hat an Gewichte 66 Centner, daselbst sind im Gießen 
(auf dem Markte) 18 Centner Glockenspeise überblieben, 
und des folgenden Jahres am Tage purificationis Mariae 
(2. Febr.) ist diese Glocke durch den hochwürdigen in Gott, 
Vater und Herrn, Herrn Georgen von Geilsdorf, Abt von 
Saalfeld, geweihet und hernach im selbigen Jahre am 
Abend des 25. März auf den Turm gezogen und gehenget 
worden." 

Ebenda wird eine andere Glocke erwähnt, die jeden- . 
falls von demselben Gießer (b oder c) verfertigt war und 
deshalb hier erwähnt werden darf: „Elf Jahre darauf, am 
Abend Laurentii (9. Aug.) 1490 ist die Feuerglocke ge- 
gossen worden. Sie wurde aber 1 594 an Wolf Schön ver- 
verkauft, der Centner zu 10 Gulden. Von dem Erlös soll 
der Chronik zufolge der Gamsenteich erbaut worden sein." 

Mit größerer Sicherheit ist eine Glocke in Chursdorf 
diesem Meister zuzuschreiben, wiewohl sie gleichfalls das 
Gießerzeichen nicht trägt: anno • fcf m CCCC • IpppH mavia 
• r>racia • blerm • . Die Buchstaben, etwas größer, stimmen 
in den Einzelheiten mit denen in Mertendorf überein, eine 
gewisse Schwerfälligkeit in der Schrift, die sich hier be- 
sonders in den beiden orthographischen Fehlern, ly statt g 
und b statt p zeigt, spricht auch dafür. Die Rosetten als 
Trennungszeichen erinnern an die der großen Glocke in 
Neustadt (Fig. 49). 

d) In bedeutend höhere Zeit zurück weist die folgende 
Glocke in schönen Majuskeln, undatiert, in Zadelsdorf. Sie trägt 
am Hals zwischen 2 Paar Stricklinien die Inschrift (Fig. 50) : 

ÄVa 0 ffitfRW RO D0IMP2I : A. Ungewöhnlich, aber 



76 Die Glocken des Neustädter Kreises. 

nicht ungebräuchlich ist die Form des Gusses: Tfot O 
ftforia. Das erste A in Maria steht auf dem Kopf, an 
Stelle des zweiten hat der Gießer ein auf dem Kopf stehendes 

Fig. 49. Chursdorf. (»/< nat Gr.) 

M. \y <g <n> M 

<a © ^ © ®. 




Fig. 50. Zadelsdorf. (V 4 nat. Gr.) 1 ! 

L gesetzt, welches dem A ziemlich ähnlich sah ; die folgen- 
den Buchstaben A 0 könnten die apokalyptischen Buch- 
staben sein, im letzten Wort Dominus steht an Stelle des 
U ein umgekehrtes N, und die beiden Punkte am Schluß 
können r die Überreste eines verdorbenen S T sein. Demnach 



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Die Glocken des Neustädter Kreise*. 



77 



lautete die Inschrift: AVG 0 MARIA A 0 DOMIH2IS. 
Den Schluß bildet eine Glocke. Lehfeldt liest glatt : %*ot 
O Xtlavia TUpt) 0 ftomint. Mit der Glocke am Ende ist 
ihm ein merkwürdiges Malheur passiert. Er hielt den weit 
herausragenden Klöpfel für einen Kopf und Hals, den 
Schlag, der nach beiden Seiten hin weit ausladet, für zwei 
ausgebreitete Arme, die Flanke und den Hals für ein Ge- 
wand und die Henkel für Füße. So war ein auf dem Kopf 
stehender Mensch fertig! Das konnte niemand anders sein 
als der verkehrt gekreuzigte Petrus! Dieser paßte auch 
vortrefflich hierher, denn man erzählt von der Glocke, sie 
sei von dem nahen Döhlen hierher gekommen, und dort 
wurde Petrus und Paulus verehrt. Daher rührt offenbar 
auch seine Bemerkung : „andere Gußform, als sonst in der 
Gegend üblich*'. Nun aber spielt ihm nicht der Druck- 
fehlerteufel, sondern der gute, ehrliche Drucker selbst einen 
Streich; denn er druckt, unbekümmert um das, was Leh- 
feldt hineinlegt, das getreue, faksimilierte Konterfei der 
Glocke ab, die freilich wieder auf dem Kopf steht, weil die 
ganze zweite Zeile der Inschrift *) verkehrt gedruckt ist. 
Und das konnte Lehfeldt immer noch nicht auf den richtigen 
Gedanken bringen, daß es sich hier wirklich um das Bild 
einer Glocke handelt, nein, er widerstrebt dem guten Genius, 
der ihn vor Lächerlichkeit bewahren will, und schreibt: 
„auf der Abbildung ungenau, einer Glocke ähnlich ge- 
worden" (!). 

Für die Altersbestimmung der Glocken in erster Linie 
und hauptsächlich sich von der Gestalt des Profils (schlanke 
Form, runde Haube, ausladender Schlag u. dgl.) leiten zu 
lassen, kann arge Verwirrung anrichten und sollte stets in 
zweiter Linie und mit Vorsicht angewendet werden. Das 
vornehmlichste Mittel ist die genaue Beachtung der In- 
schriften und die Form der Buchstaben. Daß die Formen- 
stempel oder Modelle hierzu von einem Gießer auf den 

1) Bei Lehfeldt in B.- u. K.-D., Bd. XXIII, S. 248. 



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78 



Die (J locken des Ncnstadter Kreises. 



anderen tibergegangen, oder daß ältere Formen von jüngeren 
Gießern einfach nachgemacht worden seien, erscheint bei 
der Originalität der alten Meister " und ihrer Vorliebe für 
charakteristische Formen je länger je mehr unwahrscheinlich. 
Es kann darum hier wiederum nur dringend empfohlen 
werden, daß die Formen der Inschriften so getreu wie nur 
möglich konserviert werden und als oberster Grundsatz der 
- beachtet wird : nicht so sehr auf das Was, sondern auf das 
Wie der Inschriften kommt es an. Nach diesem Grund- 
satz läßt sich die Herstellungszeit der Zadelsdorfer Glocke 
im allgemeinen und annähernd bestimmen. Hier ist die 
Form des Profils keineswegs auffällig, wie Lehfeldt ver- 
merkt : „verhältnismäßig breit, mit einer ziemlich tief unten 
beginnenden, dann starken Ausladung". Dagegen spricht 
schon das ganz normale Verhältnis des Durchmessers, 73 cm 
(L. 70 cm) zur Höhe 60 cm und das Verhältnis des Hals- 
umfanges 111 cm zum Umfang oberhalb des Schlages (Wolm) 
200 cm. Das Profil ist mäßig schlank. Dagegen ist an 
den hocherhabenen Buchstaben ersichtlich, daß sie nicht mit 
Formenstempeln in den Lehmmantel eingedrückt, sondern 
nach Wachsmodellen gegossen sind, so nur konnte eventuell 
das 0 von $)omtmS0 abspringen und auch einzelne Stücke 
der sonst gleichmäßigen Buchstaben variieren. Aus freier 
Hand sind sie erst recht nicht in den Mantel eingeschrieben, 
sonst wäre kaum die Verwechselung von Buchstaben und 
ihre Verdrehung vorgekommen. Sie sind vielmehr nach 
Wachsmodellen gegossen. Hieraus ergibt sich die Zeit 
um 1350. In der näheren Umgebung des Neustädter 
Kreises findet sich keine Glocke dieser Art mehr. Otte 
hat aber auf Taf. II, Fig. 22 und 23, ähnliche Zeichen 
abgebildet (Glocken), von denen besonders Fig. 22 dem 
Zeichen in Zadelsdorf ähnlich ist. Beide stehen auf 
Glocken mit Majuskelinschriften, Fig. 22 in Untern essa 
bei Weißenfels und Eisdorf bei Lützen, Fig. 23 in 
Unterwerschen bei Teuchern. Wenn diese Glocken mit der 
Zadelsdorfer eines Ursprungs wären, würde man die Gieß- 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



79 



statte vielleicht in Halle, Merseburg oder Naumburg ver- 
muten können 1 ). 

Zur weiteren Richtigstellung der Notizen in den Bau- 
und Kunstdenkmälern von Lehfeldt sei hier schon etwähnt, 
daß die zweite, inschriftlose Glocke in Zadelsdorf nicht mit 
der ersten gleichen Ursprungs ist. Lehfeldt setzt sie auch 
um 1350 wie die erste und bemerkt: „gleich in Form und 
Schnurverzierung". Die zweite ist aber im Profil noch 

1) Nach den B.- u. K.-D. der Provinz Sachsen, Kr. Merseburg, 
befindet sich in Corbetha eine Glocke, die dasselbe Zeichen einmal 
in einem schräg stehenden Schild und einmal als Trennungszeichen 
hat. Die Vergleichung der dort gebotenen Schriftprobe mit den 
Zadelsdorfer Typen ergibt eine überraschende Übereinstimmung nicht 
bloß in den Formen der Typen, sondern besonders auch in den 
charakteristischen Schnörkeln an denselben. Es kann hiernach 
kein Zweifel sein, daß zunächst die Glocken in Corbetha und Eis- 
dorf Schwesternglocken der Zadelsdorfer sind. Da aber Otte, a. a. O., 
zu Eisdorf noch Unternessa, Kr. Weißenfels, stellt, so dürfen auch 
die beiden folgenden Glocken : in Unternessa und Unterwerschen 
hier mit eingegliedert werden. Auch diese haben das Glöckchen als 
Trennungszeichen (in den B.- u. K.-D. ist es irreführend in Form 
einer Lilie dargestellt : <p, richtig dagegen bei Sommer, Archäologische 
Wanderungen, in den N. Mitteil, des thüring.-sächsischen Vereins, 
Bd. 11, 1865, S. 333 f.). Mit der Glocke in Corbetha hat außerdem 
die Unterwerschener gemeinsam eine mit dem Glöckchen als Trennungs- 
zeichen abwechselnde Bosette; die eigentümliche Verwendung des 
<o für G> am auffälligsten in Unternessa in dem Worte SOSX^ = 
GOTIJS (so richtig schon von Otte erkannt), kehrt aber wieder 
in Eisdorf: SBROD = GGI?0D und SOS = GOT. (Ge- 
legentlich der Besichtigung der Glocke in Unternessa konnte ich 
feststellen, daß das erste Zeichen in „SO&IS" tatsächlich ein dein 
& allerdings sehr ahnliches G ist.) — Noch eine weitere Perspektive 
eröffnet sich bei Betrachtung der in Eisdorf zwischen den beiden 
Zeilen der Inschrift stehenden 7 Medaillons. Denn unter diesen 
befinden sich solche, die mit denen der Tümplingschen Glocken (s. 
folgende Gruppe) übereinstimmen : Adler, Harpyie, lesende Gestalt (?). 
Der Centaur (?) aber, der dort noch verzeichnet ist, findet sich 
wiederholt als Meerweibchen auf der den Tümplingschen Glocken 
nahe verwandten Silberglocke in Pößneck. 



80 



Die Glocken des Neustädter Kreise?. 



weniger schlank, der Schlag fallt schroff ab und statt der 
angeblichen Stricklinien sind am Hals zwei Paar Bandlinien, 
die auf ein noch höheres Alter zu deuten scheinen (vgl. 
weiter unten zu Forstwolfersdorf, S. 118). 

e) In die ältere Majaskelzeit gehört auch die in 
Wittchenstein befindliche Glocke, eine der interessantesten 
des Kreises, eine sog. Tümplingsche Glocke, weil sie das 
Tümplingsche Wappen, zwei mit den Spitzen einander zuge- 
kehrte Streitsicheln 1 ), die eine Traube (auf späteren Wappen 
einen Frauenkopf) einschließen. Von derartigen Glocken 
waren bisher schon durch das interessante Werk : Geschichte 
des Geschlechts derer von Tümpling v. W. v. Tümpling, I, 
S. 89—92, drei Glocken bekannt in Jenalöbnitz, Wenigen- 
jena und Nennsdorf. Die Abbildungen finden sich, in 
einzelnen Stücken freilich falsch, in dem oben genannten 
Werk. Zu diesen gesellen sich nunmehr, sicher bestimmt, 
noch zwei, außer der in Wittchenstein noch eine in Geißen 
b. Gera 3 ). Bei einer weiteren in Altendorf b. Kahla stimmen 
nur die Medaillons, nicht ganz genau die Buchstaben über- 
ein, das Tümplingsche Wappen aber fehlt. Verwandt mit 
dieser Glocke ist auch eine Reihe anderer, die ihnen in der 
Gestalt und Ausführung gleichen. Sie tragen ebenfalls die 
Evangelistenzeichen, aber in anderer Form, dagegen findet 
sich das Bild des Pelikans auf einer derselben genau wie 
auf den Tümplingschen. Diese Glocken befinden sich in 
Pößneck, Saalfeld, Jena und Löberschütz; die Saalfelder ist 
aus dem Jahr 1353 datiert und bietet damit einen Finger- 
zeig für die Zeitbestimmung der hier in Frage kommenden. 

Die mit dem Tümplingschen Wappen versehenen Glocken 
führen sämtlich am Hals ein von 2 Stricklinien gebildetes 

1) Neuere Beobachtungen bestärken mich in der Annahme, daß 
es nicht Sicheln, sondern Winzennesser sein sollen (vgl. auch die 
Traube dazwischen). Diese Entdeckung würde für die Deutung des 
Tümplingschen Wappens (wenn dieses auf den Glocken gemeint 
wäre) von wesentlicher Bedeutung sein. 

2) Neuerdings fand ich noch eine dritte in Obermöllern, Kr. 
Naumburg. 



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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



81 



Band, auf welchem sich entweder Buchstaben, abwechselnd 
mit kleinen Reliefs oder nur diese bildlichen Darstellungen 
(Geißen) oder auch bloß die Inschrift befindet, während die 
Medaillons unterhalb derselben an der Flanke angebracht 
sind, so in Wenigenjena und Nennsdorf. 

Die Wittchensteiner Glocke hat am meisten Ähnlichkeit 
mit der in Jenalöbnitz (Fig. 51). Zu Anfang steht ein aus 
4 Dreiecken gebildetes Kreuz (Lehfeldt setzt es, wie öfter, 
ans Ende), ihm folgt ein 34 mm im Durchmesser haltendes 
Medaillon mit dem Evangelistenzeichen des Johannes, einem 
Adler, als solches erkennbar an dem deutlich sichtbaren 
Glorienschein (Lehfeldt: ein Vogel?, v. Tümpling und nach 




Fig. 51. Wittchenetein. 



ihm Bergner: eine Taube), hierauf die Buchstaben IV (Lehf. 
vergißt das I) und ein kleines, siegelähnliches Medaillon 
von 22 mm Durchmesser. Es gleicht einer Weltkugel, Kreis 
mit darüber stehendem Kreuz; die Figur darin stellt den 
aus dem Grabe hervorgehenden Christus mit erhobener 
Rechten, in der Linken die Siegesfahne haltend, ums Haupt 
den Glorienschein, dar (Lehf. : eine nicht erkennbare Figur, 
über der ein kleines Kreuz, bei v. Tümpling ist daraus eine 
springende, nackte Gestalt geworden). Zwischen den nun 
folgenden Buchstabengruppen RQ und jPQ steht das Zeichen 
des Evangelisten Lukas, der geflügelte Stier (Lehf. : Lamm, 
v. Tümpling zu Jenalöbnitz, gleichfalls Lamm mit dem 
Kreuz anstatt der Flügel). Hierauf folgt in einem perl- 
schnurbesetzten Fünfpaß ein eigentümliches Bild mit Vogel- 

ZeiUchr. f. Thür. Oe«ch. Suppl. 1. 6 



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82 



Die (Hocken des N'eu*tädter Kreiaes. 



leib, -schwänz, -flasreln and -fußen, aber einem menschlichen 
Haupt, eine Harpyie ; dies Bild kommt außer in Jenalöbnitz 
nur noch auf der Geißener Glocke vor 1 ), da sehr deutlich. 
Der Zeichner bei v. Tümpling hat in Jenalöbnitz daraus 
einen vorwärts schreitenden Engel mit langem Gewand, 
Fitigeln und vorwärts gestreckten Armen, also den Mattbäus- 
engel, konstruiert. Dieser ist tatsachlich neben den übrigen 
Evangelistenzeichen und dem Pelikan in einem den übrigen 
gleichen Kreisrund, aber in anderer Stellung einmal auf der 
Altendorfer Glocke und noch einmal in Pößneck (Silberglocke) 
angebracht *). Dort kniet er und die Flügel sind rechts und 
links von der Figur sichtbar. Es folgt weiter das Tümpling- 
sche Wappen nach links geneigt zwischen den Buchstaben 
CO (Jenalöbnitz CG) und Ii G( [Lehf. : in einem schrägen 
Wappenschild ein Bischofstab ? (!), daher hat er die Glocke 
nicht als Tümplingsche erkannt]. Den Abschluß bilden : die 
Figur eines gewappneten Mannes mit Sturmhaube, Waffen- 
hemd, gezogenem Schwert in der Rechten, einem Ritterschild 
in der Linken, darauf ein radförmiges oder sternförmiges 
Zeichen mit 6 Strahlen, hierauf der Buchstabe R und endlich 
ein nach links geneigter Wappenschild mit Löwen nach 
links. Bei v. Tümpling ist die Figur des Geharnischten 
nicht gut geraten, es fehlen die Zeichen dor Rüstung, Haube 
und Schwert, das Wappenzeichen gleicht einer Rosette, 
welche, aus einem Gußfehler konstruiert, links oben noch 
einmal erscheint. Unterhalb der Inschrift sind auf die 
Flanke viermal die Wappenschilder mit dem Löwen, am 
wahrscheinlichsten dem Thüringer Löwen, aufgegossen (Leh- 
feldt fand bloß auf einem davon den Löwen). 

Die Glocke in Jenalöbnitz, Durchm. 69 cm, Höhe 
50 cm, hat folgenden Schmuck: an Stelle des Anfangs- 
kreuzes steht hier das siegelähnliche Bild des Auferstandenen 
in dem Kreis mit Kreuz. Es folgen die Buchstaben IV, 



1) Zweimal findet es sich auch auf der Glocke in Obermöllern. 

2) Ebenso in Obermöllern. 



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Die Glocken des Neustädter Kreise«. 



sehr deutlich der Johannesadler , Rfl, Lukasstier, P 8, 
Harpyie im Fünfpaß, hier die Vogelfüße deutlich, C 8, 
Tümplingsches Wappen nach rechts lehnend, 0. Als Eigen- 
tümlichkeit dieser und der Geißener Glocke folgt hier und 
weiter noch zweimal in rechteckiger Einrahmung die 
Minuskel g mit Krone darüber, hierauf der Ritter mit 
Schwert und Schild, R h, Wappenschild nach links lehnend, 
mit dem Löwen, etwas größer, in Perlschnurumrahmung der 
Buchstabe g , derselbe wieder kleiner, noch einmal der 
Schild mit dem Löwen (v. Tümpling hat hier den Schild 
mit dem Reichsadler), in achteckiger Umrahmung mit Perl- 
schnur die Minuskeln Ii oder wahrscheinlicher k mit Krone 
darüber. Unterhalb der Inschrift auf der Flanke ist dreimal 
das Wappenschild mit dem Löwen, einmal mit dem Reichs- 
adler aufgegossen. 

Die Glocke in Geißen, Durchm. 46 cm, Höhe 38 cm, 
hat keine Buchstabengruppen, sondern nur Reliefs, und 
zwar: das Siegel mit dem Auferstandenen, unten mit einem 
Gußfehler, den gekrönten Buchstaben g klein ; neu und bloß 
dieser Glocke eigen ist das nun folgende Relief: in kreis- 
runder Umrahmung ein mit Perlen reich verzierter, sechs- 
eckiger Stern, vielleicht dem Zeichen auf dem Schild des 
geharnischten Ritters entsprechend; an der rechten Seite 
ist wieder ein Gußfehler, an denen diese Glocke auch an 
anderen Stellen reich ist. Es folgt, sehr deutlich, der 
Ritter, Wappen mit Löwen nach links, im Achteck mit Perl- 
schnur und Krone Ii oder k, der Buchstabe g, groß und 
sehr deutlich, das Tümplingsche Wappen nach links lehnend, 
der sechseckige Stern, der Buchstabe g, klein und schlecht 
geraten, und zuletzt im Fünfpaß die Harpyie, sehr deutlich. 
An der Flanke befinden sich keine Wappenschilder. 

Die beiden letzten Glocken, in Wenigenjena und Nenns- 
dorf, sind einander sehr ähnlich. Bei ihnen erscheint als 
besondere Eigentümlichkeit das schlanke, wie aus 4 Nägeln 
gebildete Kreuz als Trennungszeichen; das Schriftband ist 
voll mit Buchstaben besetzt, darum stehen die Medaillons 

6* 



84 Die Glocken des Neuatadter Kreises. 



sämtlich unterhalb desselben auf der Planke. Unter den 
Medaillons und Bildern fehlt das Wappen mit dem Löwen 
und die Harpyie, dafür tritt neu auf der Pelikan (an Stelle 
der Harpyie ?) und der Markuslöwe, sowie ein Bild : Christus 
als Weltenrichter thronend, die Rechte erhoben, in der Linken 
ein Buch haltend (bei v. Tümpling ist daraus in Wenigen- 
jena ein Engel mit Flügeln geworden, und das Buch ist 
infolge eines Gußfehlers mehr einer Gabel ähnlich). 

Die Glocke in Wenigenjena, Durchm. 71 cm, Höhe 
65 cm, ist die einzige, welche eine zusammenhängende In- 
schrift führt: + o + rgx + glorig + vera + evm 

PÄGe+ffiÄRLrl MLH. Darunter stehen die Medaillons: 
der Adler, Christus, der Löwe, das Tümplingsche Wappen, 
der Pelikan, der Stier. 

Die Glocke in Nennsdorf, Durchm. 60 cm, Höhe 52 cm, 
hat auf dem Schriftband unzusammenhängende Buchstaben: 

+ ÄllCDe^VRim + PmOXSR, darunter an der Flanke 
die Medaillons: Christus, Tümplingsches Wappen, Stier, 
Pelikan, Adler, Löwe, genau dieselben wie in Wenigen- 
jena, nur in anderer Anordnung. Die Inschrift ist sehr 
interessant insofern, als sie nicht nur von Anfang an die 
Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge hat von A — F, 
wobei für B und F das Ii benutzt wird, im zweiten Falle 
auf den Kopf gestellt 1 ), sondern weil sie auch im zweiten 
Teile in den scheinbar willkürlich durcheinander geworfenen 
Buchstaben einen bestimmten Grundsatz erkennen läßt, der 
zur Erklärung der Buchstabengruppen in Wittchenstein und 
Jenalöbnitz und vielleicht zur teilweisen Enträtselung der 
vielen späteren Kryptogramme dienen kann. Zunächst ist 
zu beobachten, daß von den folgenden Buchstaben das I, 
M, 0 (unter Weglassung des N) Q (das verkehrt gestellte 
G) und R, also die Hälfte der vorhandenen Buchstaben, 
den im Alphabet ihnen zukommenden Platz haben. Man 
könnte darum annehmen, der Verfertiger der Inschrift habe 

1) Vgl. hierzu den Gebrauch des auf dem Kopfe stehenden 
Ii bei den Kryptogramm-Glocken, Gruppe g, S. 103—106. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



85 



bei ihrer Herstellung eine Leseübung anstellen wollen und 
versucht, aus dem Vorrat der Buchstaben , welche der 
Spruch in Wenigenjena darbietet, das Alphabet von A— R 
zusammenzustellen. Da hierfür die vorhandenen Buchstaben 
nicht ausreichten, benutzte er für die fehlenden die ihnen 
ähnlichen Formen. Dies ist unzweideutig bei H statt B 
und G statt Q ersichtlich; durchsichtig ist es noch bei R 
statt H, P statt L und X statt P ; unwahrscheinlich da- 
gegen bei V = G, M = K. Man könnte auch noch eine 
andere Möglichkeit annehmen. Die erste Gruppe nach den 
Alphabetzeichen bis zu dem an sich unverständlichen Kreuz 
VRIM + enthält fast sämtliche Buchstaben von Maria, 
V könnte mit A verwechselt sein; die letzte Gruppe aber 
PMOXGR, von hinten gelesen, bietet Buchstaben aus 
O rex glorie (veni) cum pace. Der zweite Teil der In- 
schrift böte dann einen Fortschritt, indem der Schreiber 
der Inschrift vom Lesen der Buchstaben (A — F) zur Bildung 
von Worten und Sätzen weitergeht. Ebenso sind die Buch- 
stabengruppen in Wittchenstein und Jenalöbnitz offenbar 
nur einzelne Bruchstücke von der Inschrift in Wenigen- 
jena, aus der benachbarte Buchstaben und ganze Silben 
zusammengestellt wurden: IV aus GLORIG VGHI, RG 
aus RGX, PG und GO (Jenalöbnitz CG) aus PACG, JlG 
und R (Jenalöbnitz 0 und Rh) aus MARlAhlLR 0 RGX. 
Es sollen also nicht abgekürzte Worte (Lehfeldt zu Wittchen - 
stein), aber auch nicht willkürlich durcheinander gestreute 
Buchstaben sein, sondern nach bestimmtem Plan, nicht ohne 
Fehler geordnete Lesefrüchte eines in den Anfangsgründen 
der Lesekunst stehenden Gießers. 

Anhangsweise sei hier noch kurz die Glocke in Alten- 
dorf b. Kahla erwähnt. Sie hat nach einem Kreuz, etwas 
ähnlich dem in Wenigenjena, die Inschrift : 0 RGX GLORIG 
VGRI COR PACG. Hinter RGX und VGRI ist eine 
größere 6- blättrige Rosette, hinter GLORIG eine kleinere 
5-blättrige in einem Kreis. Für N ist beide Mal R gesetzt. 
Einige Buchstaben sind denen der Tümplingschen Glocken 



S6 



Die Glocken des Neustüdter Kreises. 



ganz gleich, einige sind breiter und plumper. Hinter 
•PACG ist das Evangelistenzeichen des Matthäus, ein 
knieender Engel, noch innerhalb des Schriftbandes ange- 
bracht; die übrigen Zeichen, welche genau mit den Tümp- 
lingschen übereinstimmen, stehen an der Flanke, nämlich: 
Löwe, Adler, Pelikan und Stier. Es kann kein Zweifel 
sein, daß es sich hier um eine den Tümplingschen nahe 
verwandte Glocke handelt. Auch die Silberglocke in Pößneck 
hat unter der Menge von Reliefs, die sie schmücken, eine 
Anzahl der auf den Tümplingschen Glocken vorkommenden 
Bilder : genau übereinstimmend den Reichsadler und Löwen 
im Wappenschild, letzteren einmal nach rechts und einmal 
nach links schreitend, sowie den Pelikan ; die Evangelisten- 
zeichen sind in eben solchen Medaillons, aber jedesmal nach 
der entgegengesetzten Seite blickend und in etwas anderer 
Ausführung. Auch finden sich dort die 6-blättrigen Rosetten 
wie in Altendorf, aber in einem Kreisrund. Wollte man 
die Verwandtschaftslinie noch weiter hinaus verfolgen, so 
könnten hier weiter noch die Glocken in Saalfeld, Jena, 
Cumbach, Löberschütz angeführt werden, die in Form und 
den meisten Reliefs mit der Pößnecker Silberglocke überein- 
stimmen. Eine Anzahl dieser Reliefs sind sogar unter den 
Anhalter Glocken durch Schubart nachgewiesen worden in 
Görzig, Gröna, Großmühlingen, Nienburg, Reinsdorf und 
Warmsdorf. Schubart setzt aber die Entstehungszeit aller 
dieser Glocken zu früh an, in die erste Hälfte des 13. Jahr- 
hunderts. Durch seine Funde konnten einige undeutliche 
und im Gaß fast vollständig mißlungene Bilder in Jena und 
Pößneck bestimmt werden, wie auch einige zu kühne 
Deutungen Schubarts durch die diesseitigen Funde ihre 
Korrektur fanden *). 

Über die Herkunft der Tümplingschen Glocken findet 
sich bei v. Tümpling, I, S. 89 ff., auf Grund der geschicht- 

1) Dies ist besonders auffällig an 2 Bildern in Görzig (Schubart, 
S. 251) und Gröna (Schubart, S. 268), von denen das erste als Ver- 
kündigung an Zacharias gedeutet ist. Durch ein in Reinsdorf, Kr. 



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Die Glocken des Neu*tädter Kreises. 



Hl 



liehen Nachrichten über das Geschlecht derer von Tümpling 
eine scharfsinnige Kombination. Danach wäre in einem 
Albrecht v. Tümpling (f zu Beginn des Jahres 1411), einem 
Ratsherrn in Jena, der als solcher zu den sog. Ratsdörfern 
(Jenalöbnitz, Oßmaritz, Nachbarort von Nennsdorf) in Be- 
ziehung stand, der Stifter der 3 Glocken in der Nähe von 
Jena zu suchen. Allein diese Annahme wurde schon von 
Bergner bezweifelt, da die Glocken in frühere Zeit, wohl 
in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zu setzen sind. 
Mit ziemlicher Sicherheit aber ist der Zusammenhang der 
Glocken mit Albrecht v. Tümpling gelöst worden durch 
die Auffindung der beiden Glocken in Wittchenstein und 
Geißen; denn wie sollte eine Beziehung zu diesen beiden 
entlegenen Orten möglich sein? An eine Verschleppung 
dieser Glocken in die betreffenden Orte kann aber auch 
nicht gut gedacht werden. Eher ließe sich ein Schluß auf 
die Herkunft der Glocken ziehen aus den verschiedenen 
Wappen, die darauf angebracht sind : der Reichsadler, der 
Thüringer Löwe und das Tümplingsche Wappen. Wie andere 
Zweige des Handwerks als landesherrliche Regalien ver- 
liehen wurden, so war es auch bei der Glockengießerzunft. 
Noch bis ins 17. und 18. Jahrhundert gab es Fürstlich 
privilegierte Stück- und Glockengießer (Johannes Berger 
in Weimar 1638 — 80, Johann Melchior Derck in Mei- 
ningen 1717 — 1753, die Hilliger in Freiberg). Neben 

Querfurt, gefundenes, sehr deutliches Relief sind beide als Simson 
im Kampf mit dem Löwen festgestellt ; durch dasselbe Relief findet 
aber ein im Guß fast gänzlich mißlungenes Bild der Glocke in Jena 
seine Erklärung, in welchem Bergner, Glockenkunde, S. 59, einen 
Hirsch und Hund vermutete; es ist dieselbe Darstellung Simsons 
mit dem Löwen. Ein undeutliches Bild der Glocke in Pößneck 
konnte mit der Abbildung 206 bei Schubart identifiziert werden, 
welches eine Scene aus dem Leben des heiligen Gallus darstellt. In 
dem herzförmigen Relief in Gröna (Schubart, Abb. 93) endlich, 
welches Schubart als das Wappen derer von Struz auf Pohle erklärt, 
zwei große, auf Gezweig sitzende Vögel, dazwischen eine sternförmige 
Blume, vermute ich dasselbe Relief, welches weiter unten bei Veits- 
berg erwähnt wird, eine Verkündigung der Maria. 



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88 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



den klösterlichen Werkstätten, in Thüringen besonders der 
Benediktiner, mögen sich die weltlichen Gießer unter den 
Schutz der Fürsten und Herren gestellt haben. Sonach 
würde sich speziell das Tümplingsche Wappen nicht auf 
einen Glockenstifter dieses Geschlechts, sondern auf einen 
Beschützer oder Lehnsherrn dieses Handwerks beziehen 
der wieder im Lehns Verhältnis zum Thüringer Landgrafen 
und dem Kaiser stand. So führen noch später (s. o.) die 
Glockengießer unter dem Relief der Maria in der Nische das 
Thüringer Wappen mit dem Löwen, wie es auch bei Klaus 
Rimann (Wetzdorf) vorkommt 2 ). Wollte man annähernd auch 
die Gießstätte bestimmen, so würde weniger auf Jena 
(Bergner), wohl kaum auf Erfurt, sondern eher auf Naum- 
burg zu schließen sein, wo das Geschlecht von Tümpling 
frühzeitig angesessen war und wo in dieser Zeit der Glocken- 
guß blühte ; eine Anzahl frühmittelalterlicher Glocken mit 
Majuskelinschriften führen das Wappen von Naumburg (einen 
Schlüssel und ein Schwert gekreuzt), z. B. in Allstedt (bei 
Lehfeldt). Hieraus ließe sich dann auch, die Verwandtschaft 
der betreffenden Glocken als tatsächlich vorausgesetzt, die 
Beziehung zu den Anhalter Glocken erklären, wie sie schon 
bei Klaus Riman vermutet wurde 3 ). 

1) Zu vergleichen wäre auch Heinrich Ciegelers (Sichelers) 
Gießerzeichen, die Sichel. 

2) Dies ist zu berichtigen nach meinen Ausführungen des Auf- 
satzes: Pilger- oder Wallfahrtszeichen auf Glocken, Denkmalpflege, 
6. Jahrg., No. 7 vom 1. Juni 1904. 

3) Ganz überraschend war die Auffindung einer Glocke in 
Groß-Göhren, Kr. Merseburg, nach den B.- u. K.-D. der Provinz 
Sachsen. Auf einem 4 cm breiten Schriftband hat sie die Inschrift 
in Buchstaben von verschiedener Größe: 

+ Bei?epiaTK 

auf einem halb so breiten Band steht darunter ungefähr in der Größe 
der kleineren Typen der Name Benedicta. 

Die Schriftzeichen stimmen aufs Haar mit denen der Tümpling- 
Sehen Glocken überein; am meisten überraschen aber die bekannten 



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Die Glocken des Neustüdter Kreises 



89 



f) Obel eich das Zeichen 1 anf der oberen Platte 
zwischen den Henkeln, wie schon oben unter b) ausgeführt 
wurde, nicht einem einzelnen Gießer angehört, so können 
doch einige durch Schönheit besonders hervorragende 
Glocken des Neustädter Kreises nicht anders klassifiziert 
werden , als durch dieses Zeichen. Es sind dies die 
beiden großen Glocken auf dem Peterskirchturme in Weida 
nebst einer daselbst 1683 umgegossenen, die Glocke in 
Schmieritz, Neustadt, Hospitalkirche und Kleinbernsdorf. 
Sie sind kenntlich durch die große Minuskel l ) [10 cm 
Länge in den Grundstrichen], die größte Form im Neu- 
städter Kreis, mit ebenso schön und sauber ausgeführten 
Majuskeln als Initialen, und durch ein großes Relief der 
Kreuzigung. 

Dieses Relief kommt noch einmal auf einer undatierten 
Glocke ohne Inschrift, aber mit Schwertern, in Göschwitz 
bei Jena vor, die bei übrigens gleicher Form und Aus- 
stattung daher auch demselben Gießer zuzurechnen ist. 
Auch die geschwänzten Punkte, abwechselnd mit rauten- 
förmigen, als Trennungszeichen, finden sich auf den mit In- 
schriften versehenen Glocken gleichmäßig, ebenso das eckige 
Ordinal-o und die Nasen am c und e. 



5 Tümplingschen Medaillons, denen als sechstes ein auch auf anderen 
Glocken vorkommendes mit dem Krucifixus beigefügt ist. Letzteres be- 
findet sich auch auf der erwähnten Glocke in Obermöllern. Sie stehen 
zwischen den einzelnen Worten in dieser Folge : Pelikan, Adler, Löwe, 
Krucifix, Stier, Engel; letzterer wieder genau in derselben Stellung 
wie in Altendorf b. Kahla und Pößneck. Das Tümplingsche Wappen 
fehlt. Immerhin ist die Übereinstimmung im einzelnen wie in der 
ganzen Anordnung so in die Augen fallend, daß man diese Glocke 
ohne Zaudern den Tümplingschen anreihen muß. Damit wird die 
oben ausgesprochene Vermutung über den Ort der Herstellung be- 
stärkt ; die größte Wahrscheinlichkeit ist für Naumburg oder Merse- 
burg. Zu vergleichen ist hierzu auch das zur Zadelsdorfer Glocke 
Bemerkte. 

1) Die Buchstaben sind auch hier aus Wachstafeln ausge- 
schnitten. 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 




Fig. 51a. Weida I. (V. nat. Gr.) 



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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



91 



Weida 1 hat die Inschrift : + TtttttO • bnt . ffi°C(CC 0 • litt 0 • 

o rcjr • glorte • vtni • cv • pace. Durchm. 140 cm, 

Höhe 107 cm (Fig. 51a). 

Weida 2 : + %nno • btti - m 0 • cccc 0 • j:\vi 0 • matia • ct> • 
erit. Durchm. 96 cm, Höhe 81 cm. 

+ Weida 3: von 1453 laut der Inschrift auf der 1683 ge- 
gossenen *). 




Fig. 52. Schmieritz. (V 6 nat Gr.) 



An beiden ist anf der Flanke die Kreuzigungs- 
gruppe mit Maria und Johannes (bei Walther, Das alte 
Weida, S. 25 : das erhabene Bild zweier Frauen : Maria 
und Eva), oben am Kreuz auf einem Band der titulus: 
t • It • t • t 

Nach Walther a. a. 0. sollen diese Glocken, einschließ- 
lich der 1683 umgegossenen dritten, nach dem Brand der 
Peterskirche 1456 im Bruderkriege von Herzog Wilhelm 
gestiftet worden sein, der auch die Kirche wieder auf- 



1) Eine vierte Glocke dieser Art vom Jahre 1445 fand ich in 
Leißling, Kr. Weißen fels. Die Inschrift schließt dort : CO em maria. 



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92 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



baute. Damit stimmt aber die Jahrzahl der zweiten Glocke 
nicht überein, die Stiftung könnte sich bloß auf 1 und 3 
beziehen. 

Schmieritz: + äno • &ni • m° • cccc 0 • jrltu 0 • tmner • 
fc' • bavml)C3,iVtfo. Durchm. 76 cm, Höhe 60 cm. 

(Fig. 52). 

An der Flanke dieselbe Kreuzigungsgruppe wie in 
Weida mit Sonne und Mond links und rechts über dem 
Kreuz. Statt der Schwerter sind hier bloß Spitzen, die 
vom Mittelzapfen ausgehen. Die Glocke wurde, als die seit- 
herige kleine Kapelle im Jahr 1440 zur Kirche ausgebaut 
worden war, angeschafft und kam beim Bau des neuen 
Turmes 1748 an ihren jetzigen Platz. 




Fig. 53. Neustadt. (*/ 4 nat. Gr.) 



Neustadt, Hospitalkirche, undatiert: + <W>C + matt* + 

grada + plena + frommt* + tecvm. Durchm. 

54 cm, Höhe 42 cm (Fig. 53). 
Als Trennungszeichen stehen hier kleine, gleicharmige 
Kreuze; an einzelnen von ihnen ist deutlich zu erkennen, 
daß sie aus schmal geschnittenen Wachsstreifen zusammen- 
gefügt wurden. 



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Die Glocken des Neuetädter Kreises. 



93 



Die Ausführung der Buchstaben, die Nasen an c, e 
und 1, die Schwänze an e, r, g, t, lassen sie als unzweifelhaft 
zu dieser Gruppe gehörig erscheinen. Dasselbe gilt von der 
Glocke in Kleinbernsdorf (Fig. 54), undatiert: l;>üf betOC 
gOt tnari<*, Durchm. 75 cm, Höhe 58 cm. Hier sind nicht 
bloß die Worte des bekannten Glockensprnches durch- 
einander geworfen, sondern auch einzelne Buchstaben ver- 
schoben und umgekehrt. Trotzdem findet man die Er- 
kennungszeichen ohne Mühe an der Form und Größe der 
einzelnen Buchstaben. Außerdem ist auf der Flanke der 

I l I 

i t m 

Fig. 54. Kleinbernsdorf. (7 6 nat Gr.) 

Korpus eines Krucifixus ohne Kreuz aufgegossen. Lehfeldt 
liest den Schnörkel am t bei berot als z und schreibt 
darum berotj (berath's). Noch großartiger tritt aber seine, 
die Glockenkunde verwirrende Oberflächlichkeit bei der 
Zeitbestimmung der beiden letzten Glocken zu Tage. Die 
in Neustadt setzt er ohne Angabe des Grundes in gleiche 
Zeit mit der ebendort befindlichen Ciegelerschen Glocke, die 
Kleinbernsdorfer aber in das Ende des 14. Jahrhunderts! 
Um die letztere Zeitangabe plausibel zu machen, erkennt 
er den Krucifixus als noch mit vollständiger, eng anschließen- 
der Bekleidung versehen, wovon keine Spur vorhanden ist. 






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94 Die Glocken des Neustadter Kreises. 

Uns hat in diesem Falle wieder die genaue Vergleich ung 
der Formen und Ausstattung zu ziemlich sicheren Er- 
gebnissen geführt. 

g) Zu den merkwürdigsten Glocken gehören die folgen- 
den, welche meist auf der Flanke das Relief eines Bischofs, 
zuweilen dasselbe zweimal, und andere kleine Reliefs 
tragen, die sich aber besonders durch die Form der Buch- 
staben als von einem Gießer stammend ausweisen. Dazu 
kommt, daß die meisten von ihnen die Schriftzeichen sinn- 
los durcheinander geworfen, linksläufig und auf dem Kopf 
stehend haben, sog. Kryptogramme, die jedem Lösungs- und 
Erklärungsversuch zu spotten scheinen. Das Verbreitungs- 
gebiet dieser Glocken zieht sich von der Umgegend von 
Apolda (auch Weimar) nach Jena und Dornburg, durch den 
Neustädter Kreis bis weithinein in den Altenburgischen 
Ostkreis 1 ). Einzelne Glocken haben außer den originellen 
Majuskeln auch Minuskeln bunt durcheinander gewürfelt, ja 
es hat den Anschein, als ob drei mit ebensolchen sinnlosen 
Minuskelinschriften versehene Glocken demselben Gießer zu- 
zuweisen sind, da sie dasselbe Bild des Bischofs tragen. 

Vertreter dieser Klasse gibt es im Neustädter Kreise 
5 zu verzeichnen, einschließlich einer zweifelhaften in Hund- 
haupten. Merkwürdigerweise repräsentiert jede von diesen 
eine besondere Unterabteilung, und gerade die reinen 
Majuskel-Kryptogramme fehlen. 

1) Arnshaugk: ÄOi GOT WIG SGRG GXT + GVT 
VOR GRG zwischen zwei Stricklinien, an denen der 
Knoten noch deutlich zu erkennen ist. Durchm. 38 cm, 
Höhe 39 cm (Fig. 65). Das Profil ist sehr schlank, die Haube 
ist hoch, die obere Platte leicht gewölbt. An der Flanke be- 
finden sich 3 Reliefs (Lehfeldt sah bloß 2): unter dem A 
Relief: Maria mit Kind und Joseph, darüber, durch einen 
Bogen abgesondert, Gott Vater oder ein Engel mit einem 



1) Auch im Kreis Naumburg (Altflemmingen) habe ich eine 
solche Glocke festgestellt. 



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Die Glocken des Neustadtcr Kreises. 



95 



Stab auf das Kind zeigend (Fig. 56a). Das Relief ist ein 
Abdruck eines sog. Pilgerzeichens (vergl. zu Fig. 60). Unter 
dem S der Bischof auf dem Drachen, die Rechte segnend 
erhoben, in der Linken den Bischofsstab, den er in den 
Rachen des Drachen stößt (Fig. 56 b). Das auf mehreren 
anderen Glocken vorkommende Schriftband zur Rechten des 
Bischofs mit den Namen CÄSPÄR fllGLCXlGR fehlt hier. 



Fig. 55. Arnshaugk. (V* nat. Gr.) 





a b c 

Fig. 56. Arnshaugk. ( 8 / 4 nat. Gr.) 



Unter dem Kreuz ( + ), welches hier inmitten der Inschrift 
steht und jedenfalls ein reines Weihekreuz ist mit Bezug auf 
das darunter befindliche Relief, Maria mit dem Kind in 
der fialen geschmückten Nische, unten ein kleines Wappen- 
schild mit dem Löwen, ein häufig auch bei anderen Gießern 
vorkommendes Bild (Fig 56 c). Merkwürdig ist der deutsche 



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96 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Spruch mit seinem absonderlichen Inhalt, desgleichen die 
Form des W und der beiden letzten G. Das G in GIT 
findet sich noch einmal in Lobeda. Die Buchstaben sind 
sehr erhaben und zierlich, zumeist mit den noch erhabeneren, 
diese Schrift charakterisierenden Punkten versehen. Zu 
bemerken ist noch, daß alle Buchstaben in gleicher Ent- 
fernung von einander stehen ohne besondere Trennung der 
einzelnen Worte; dies ist für die Beurteilung der später zu 
erwähnenden Kryptogramme wichtig. 

Die folgenden Glocken können nur mit Vorbehalt hier- 
her gestellt werden, weil sie neben deutlichen Überein- 
stimmungen doch auch wesentliche Abweichungen zeigen. 

2) f Solkwitz, nach einer Pause des Herrn Pfarrer 
Hufeid von einer im Jahre 1895 gesprungenen und umge- 
gossenen Glocke. Sie trug die Minuskeln 0 d a t <t b d 
P 0 P (Fig. 57). Ob Reliefs sich darauf befanden, ist nicht 

überliefert, nach dem Fol- 
genden auch nicht wahr- 
[ scheinlich. Die Möglichkeit, 
diese verschwundene, ledig- 

<\0 fr^ CiO DaC ^ e * n6r notdür ^ lti S ei1 

Pause bekannte Glocke über- 
haupt und gerade hier ein- 

Fig. 57. Solkwitz. («/ 4 nat Gr.) zugliedern , gab eine in 

Weimar in dem Giebel der 
Kirchturmspitze befindliche, für den Stundenscblag dienende 
Glocke, die im Winter 1902 entdeckt wurde. Diese hat 
nämlich außer den genau mit der Solkwitzer Schrift überein- 
stimmenden Minuskeln noch einige der bei Arnshaugk ge- 
botenen Majuskeln und ferner auch ein P, welches dem 
Typus der Tümplingschen Glocken angehört Sie wäre 
demnach als ein Mittelglied zwischen den Typen von 
Solkwitz und Arnshaugk anzusehen. Reliefs sind nicht 
darauf. 

3) Den Charakter eines solchen Bindegliedes trägt auch 
die kleine Glooke in Neunhofen. Diese bietet folgende 



v 




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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



97 



Inschrift: SSocSScoSSo (Fig. 58); darunter an 
der Flanke zwischen den beiden letzten 8 den Buchstaben 
Fig. 69, den man als s aber auch als h lesen kann. Lehfeldt 




Fig. 58. Neunhofen. (»/ 4 nat. Gr.) 



hat nur 10 Zeichen und schreibt unter Erwähnung, daß ge- 
mischte gotische Majuskeln und Minuskeln vorhanden sind: 
JSCONS (oder tj?) OJSOJSC Die S gleichen denen in 
Arnshaugk aufs Haar, besonders wegen der oben 
erwähnten Punkte, auf der breiten Schleife steht 
aber noch zwischen 2 Kreuzen in kleiner Schrift 
und bald mehr, bald weniger deutlich, zweimal 
auch verkehrt: + <U>* +• Ob der Buchstabe 
an der Flanke l) oder 0 das Bild des Bischofs Neunhofen, 
ersetzen oder als h auf den später zu er- (7 4 nat.Gr.) 
wähnenden Gießer Herlin (Leutra) oder als s 
auf einen der beiden Kirchen heiligen Simon und Judas 
hindeuten soll, muH dahingestellt bleiben. Die Henkel haben 
Fischgräten Verzierung. 

5) Die Glocke in Burgwitz hier einzureihen, erscheint 
auf den ersten Blick sehr gewagt, geschieht auch mit Vor- 
behalt. Einige gewichtige Eigentümlichkeiten berechtigen 
aber zu dieser Eingliederung. Die Inschrift am Hals zwischen 
2 Stricklinien lautet (Fig. 60): (Relief Maria mit Kind 
und Joseph) aomrsmatnep (Relief Maria mit Kind) 
b r U f 0pA6Ut)brt ttpe (hierzu vergl. das Faksimile 
von Lehfeldt, welcher aus der ersten Hälfte herausliest: 

nomti 0 mar n sp = ttotmn eanctae maviat noetra 

spe* ! I), An der Flanke befindet sich an zwei einander 
entgegengesetzten Stellen in Relief das Bild des Bischofs 
auf dem Drachen mit Schriftband (Fig. 61) *). Ganz un- 

1) Genau dasselbe Bild des Bischöfe findet sich auf einer un- 
datierten Glocke ohne Inschrift von sehr schlankem Profil (vergL 

Zelttdir. f. Thür. Goch* Sappl. I. 7 




98 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



verständlich lautet Lehfeldts Beschreibung der Reliefs : Spitz- 
dach-Ädikula mit Anbetung des Kindes (!), Spitzdach- 
Ädikula mit einer Mitteldarstellung (?), zu deren Seiten (? ?) 
je ein heiliger . . . Bischof mit Schrift band. Dies alles, 
wie auch die Bemerkung zu Anfang : aus der ersten Hälfte 




Fig. 60. Burgwitz. (V 4 nat Gr.) 



des 14. Jahrhunderts, den öfter in der Gegend gefundenen 
gleichend (?), ist reine Phantasie. Was am meisten für die 
Zugehörigkeit dieser Glocke zu unserer Gruppe spricht, ist 
das zweimal angebrachte Belief des Bischofs. Die beiden 
in das Schriftband eingefügten Reliefs sind nach einer 
persönlichen Mitteilung des dänischen Glockenforschers F. 
üldall in Randers Abdrücke sogen. Pilger- oder Wallfahrts- 



Arnshaugk) in Eisdorf, Kr. Merseburg. Dort hat man die Buchstaben 
auf dem Schriftbande als Maria o Mari zu deuten versucht; sie 
werden aber nichts anderes bedeuten wie hier: Caspar Melchor. 
Auch der Drache ist dort nur durch einige Schnörkel bei der Re- 
produktion angedeutet und wohl kaum als solcher erkannt. Zwei 
andere Medaillons jener Glocke sind deutlich als große Pilgerzeichen 
erkennbar. 



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Die Glocken des Neustadter Kreises. 99 

• 

zeichen, als solche kenntlich an den 4 Ösen zu beiden 
Seiten 1 ), an welchen das als Ausweis für die wirklich 
ausgeführte Wallfahrt dienende metallene Zeichen auf den 
Rock u. s. w. des Pilgers aufgenäht wurde *). Weiter spricht 
für die Eingliederung in diese Gruppe die ganz analoge 
Zusammensetzung des Krypto- 
grammes (s. u.) und die ohne 
jegliche Trennung aneinander 
gereihten Buchstaben, die bloß 
durch die beiden Reliefs in 
2 Gruppen geteilt sind, sowie 
auch die teilweise verkehrte Stel- 
lung der Buchstaben. Bei wie- 
derholter Vergleichung der son- 
derbaren Schriftproben drängt 
sich je länger je mehr der Ge- 
danke auf, daß sie dem Griffel 
eines einzigen sonderbaren 
Schreibkünstlers entstammen 
müssen. Auffällig ist nur das 
eine, daß hier Minuskeln ge- 
braucht sind. Allein dieser 
Haupteinwand schwindet durch 
den Hinweis auf den gemischten Gebrauch von Majuskeln 
und Minuskeln in Weimar (vergl. oben zu 2 und 3) ; 
deshalb ist die Glocke in Weimar ein unschätzbares 

1) Bei Bergner, Glockenkunde, Taf. VI, Fig. 55, fehlen die 
Ösen. Andere Pilgerzeichen finden sich auf Glocken in Hainichen 
(Bergner, ebenda, S. 71) und Groß-Kochberg vom Jahr 1479 (S. 76) 
mit den 14 Nothelfern , vielleicht aus Vierzehnheiligen b. Jena 
stammend, mit der Unterschrift : riüi nottyelfet bittet v(or), Groß- 
Kochberg mit Maria und Kind und 2 Heiligen und der Unterschrift : 
maria l)ilf vne, sowie auf der Silberglocke in Pößneck zwei große, 
denen zu Eisdorf ähnliche. Ihre Zahl kann bei weiterem Nach- 
forschen sicher leicht vermehrt werden. 

2) Vgl. meinen Aufsatz: Pilger- oder Wallfahrtszeichen auf 
Glocken, in der Zeitschrift: Die Denkmalpflege, 6. Jahrg., No. 7, 
vom 1. Juni 1904. 

7* 



307772 




Fig. 61. Burgwitz. 
( B / 4 nat. Gr.) 



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100 



Die Olocken des NeustaUter Kreises. 



StOck für die Aufklärung dieser dankein Inschriften 
Weiter aber verliert der Einwand viel von seiner Kraft 
durch den Vergleich beider Schriftarten. Die sehr fein and 
sauber geschnittenen Minuskeln tragen in einzelnen Bach- 
staben besonders deutlich hervortretend das Gepräge einer 
früheren Zeit, etwa der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts; 
die Majuskeln aber weisen trotz ihrer teilweise alten Formen 
in der Zierlichkeit und Gewandtheit der Ausführung auf 
spätgotische, also wohl dieselbe Zeit 

Von dieser Art der Glocken mit Minuskel-Krypto- 
grammen sind bis jetzt noch zwei bekannt, die hier gleich 
ihre Stelle finden mögen. 

5) Schorba b. Jena: (Relief der Geburt) a V * f n a 
t tt (Relief der Maria mit Kind wie Amshaugk) b tl A 0 
b n n t>. Das Bild des Bisohofs fehlt 

6) Vogelgesang b. Ronneburg; Relief der Maria mit 
Kind, zu Füßen ein Wappen, das in Schachbrettfelder ge- 
teilt ist, rechts und links von der Nische steht hier je ein 
Engel mit erhobenen Flügeln, am Sockel undeutliche Schrift 
Dasselbe Bild hat Schubart, S. 268, Fig. 87, auf einer 
Glocke in Gröbzig mit demselben Wappen. Er bat aber die 
Engel verkannt and hält sie für die anbetenden Könige. 
Ein gleiches Bild steht in Gemeinschaft mit dem Bischof 
auf einer Majuskel-Kryptogramm-Glocke in dem benach- 
barten Gauern (S.-Altenburg). Die Inschrift hinter dem 
Relief lautet hier: btiatbentarifbop. Leh- 
feldt: „bna t tWP f&r fr POj:, undeutliches Relief". Bei 
Löbe, K u. Sch. ist die Sohrift grobe Mönchsschrift ge- 
nannt. 

7) Endlich ist noch eine Glocke aus dem Neustädter 
Kreise zu erwähnen in Hundhaupten. Die Inschrift lautet 

1) Hierher gehört auch eine jüngst von mir aufgenommene 
Glocke in Wiegendorf b. Weimar (vgL Bergner, Zur Glockenk., 
S. 62, No. 12, nach Lehfeldt) mit der Inschrift mf(fcaGl $axpa*a 
(nicht gafpatta caepar nach Lehfeldt), dazwischen 3 Pilgerzeichen 
(nicht „schwache Reliefs der Kreuzigung 4 * nach Lehfeldt). 



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Die Glocken des Neustadter Kreise*. 



101 



(Fig 62) : + 0 • antra • mfeerere • ttobfo • fllt • txnuo • pcnt • 

Ct>ltt • pace. Sie hat trotz einiger auffälliger Verschieden- 
heiten doch auch wesentliche Übereinstimmungen, so daß sie 
getrost dieser Gruppe angereiht werden darf. Ihr fehlen alle 
bildlichen Darstellungen, sie hat sogar Schwerter zwischen 
den Henkeln, die i sind mit Punkten versehen, als Trennungs- 
zeichen dienen ähnliche, meist rautenförmige Punkte. Be- 
sonders bemerkenswert aber ist der zusammenhängende 
Spruch. Bei genauer Vergleichung fallt die Übereinstimmung 
der meisten Buchstaben ins Auge: s, a, e, vor allem die 
Formen der linksläufig geschriebenen: m, e, n. Die Tren- 
nungspunkte finden sich in gleicher Gestalt auf sicher dieser 




Fig. 62. (»/4 nat Gr.) 

Gruppe angehörenden Glocken (vergl. Lobeda). An den 
Henkeln befindet sich Fisch gräten Verzierung. Mangels 
anderer unbedingt beweisenden Merkmale darf sie wenigstens 
als nahe verwandt bezeichnet werden. 

Zum Vergleich und zum Zweck weiterer Aufklärung 
folgen die in benachbarten Landesteilen bis jetzt nachge- 
wiesenen Glocken in Majuskeln. Für die Erklärung ist es 
von unschätzbarem Werte, daß eine Anzahl von ihnen zu- 
sammenhängende Worte und Satze enthalten, eine sogar die 
Jahreszahl! Die für die Forschung wertvollste wurde im 
Sommer 1902 auf dem Rathaustürmchen in 

8) Lobeda entdeckt, wo sie als Uhrglocke dient. Ihre 
Inschrift lautet: + <*VG • ULBlRIA • GRÄCIa • PLGNLB. 
• DGR in kleinen Typen. Das Anfangskreuz besteht aus 
einein vertikalen Strich und 2 rechts und links in seiner 



102 



Die Glocken de« Neustädter Kreises. 



Mitte, wie bei den Buchstaben, angebrachten sehr erhabenen 
Punkten. Die Majuskeln sind genau von der charakteristi- 
schen Form, G erscheint in derselben auffälligen Form wie 
in Arnshaugk. Von größter Bedeutung aber ist hier die 
Auffindung der beiden Minuskeln a, welche genau mit denen 
der Minuskelinschriften 4 — 7 übereinstimmnn und den Be- 
weis erbringen, daß die Majuskel- und Minuskel-Inschriften 
von demselben Meister herrühren. Auch das Schlußwort 
DGR ist nach mancher Seite hin wertvoll. Man erwartet 
an seiner Stelle Dominus, statt dessen verfällt der Schreiber 
in den Fehler kryptogrammatischer Unklarheit, oder er fängt 
an deutsch zu denken und will die zweite Hälfte des Spruches 
mit „d e r Herr ist mit dir" fortsetzen. Auf jeden Fall liegt 
hierin wiederum ein Fingerzeig zur Erklärung der Krypto- 
gramme. In Lehesten und Gauern (s. u.) kommt mitten 
in dem Wirrsal der Buchstaben dieselbe Gruppe DGR vor, 
in Gauern dazu noch die Gruppe DBB* 

9) In Wenigenjena steht genau mit denselben Buch- 
staben der Engelsgruß: AVG MARIA in kleinen Typen, 
wodurch unschwer die Klassifizierung der Glocke gegeben ist. 

10) In Schöna, Beuß j. L., findet sich bloß der Name: 
+ MARIA (statt R steht F) + A • S + IlOH (der letzte 
Buchstabe könnte auch ein verstümmeltes R sein). Lehfeldt 
setzt das erste Kreuz hinter Maria und schiebt dann noch 
ein I? ein. Auffallend sind die mannigfaltigen Trennungs- 
zeichen, 3 Kreuze und ein rautenförmiger Punkt, das 
2. Kreuz ähnlich wie in Hundhaupten, das 3. genau wie in 
Arnshaugk; das o in Minuskelform erinnert an Neunhofen. 
Wenn das letzte Wort JxoR zu lesen wäre, möchte man es 
für verdorben aus heR halten und in diesem eine Ab- 
kürzung von IlGRLIH sehen, wie in Leutra (s. folgende 
Glocke). Dort geht dem Namen auch ein S voraus, das 
Bergner als Sigillum deuten will. 

11) Leutra: m°.*.CCCC° - * IlGRLII?. Die 
einzelnen Gruppen sind durch Sterne getrennt, die aus einem 
mittleren und 8 darum stehenden, durch feine Striche ver- 



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Die Glocken des Neustädter Kreise*. 



103 



bundenen Punkten gebildet sind ; hinter Ht und CCCC sind 
die Sterne im Guß mißraten. Das große Ordinal-o hat ganz 
moderne Form. Durch diese Inschrift ist die Entstehungs- 
zeit bezeugt. Von anderer Seite ist der Name H. Herlin 
als der eines Glockengießers bezeugt. In Stiebritz b. Dorn- 
burg befindet sich nämlich eine Glocke mit der Inschrift: 
+ I>Üf • cjot • maria • gttofc . t>ne • com • co (komm zu). An 

dieser Inschrift ist freilich alles anders, als an denen unserer 
Gruppe : das Anfangskreuz ähnelt dem der Tümplingschen, 
die Form der Typen kommt denen der Schwerterglocken 
nahe (vergl. besonders Weida: maria CV CW, und Klein- 
bernsdorf hinsichtlich des g und t). Die Flanke ist mit 
kleinen Linienreliefs bedeckt, darüber aber befindet sich 
das Gießerwappen : ein lehnender Schild mit Glocke, darauf 
ein Helm mit wallenden Federn, als Helmzier eine Glocke, 
oben darüber ein Schriftband, das linksläufig den Namen 
German f>erlttt trägt 1 ). Wenn unter den beiden Namen 
ein und derselbe Gießer gemeint ist — der Zeit nach ist 
es sehr wohl möglich — so müßte man allerdings zu den 
beiden Formen der Minuskel- und Majuskeltypen noch eine 
dritte, völlig andere, dem einen Meister Hermann Herlin 
in der Zeit bis Mitte des 15. Jahrhunderts zuschreiben. 
Die beiden schönen Glocken in Jena von 1415 (vergl. 
Bergner, S. 59) haben in Bildern und Schrift denselben 
Typus wie die Stiebritzer Glocke. Man könnte daher die 
Lösung der Schwierigkeiten darin finden, daß Stiebritz und 
Jena einer älteren, die Glocken vom Typus in Leutra einer 
jüngeren Periode desselben Gießers angehörten, dessen 
Heimat, wie schon Bergner vermutete, in Jena oder in der 
Nähe anzunehmen wäre. 

Die sonderbarsten Werke dieses Gießers sind aber die 
nun folgenden Kryptogramm - Glocken in Majuskeln. Bei 

1) Vergl. Bergner, Glockenkunde, Taf. IV, Fig. 26, wo die 
Glocke als Helmzier noch nicht deutlich erkannt ist und eher einem 
A ähnlich sieht, daher dort die Vermutung, der Zuname könnte auch 
Abotin gelesen werden. 



104 



Die Glocken de» Neustädter Kreises. 



diesen Glocken stehen die Buchstaben auf dem Schriftband 
am Hals in ganz gleicher Entfernung voneinander, so daß 
nicht zu bestimmen ist, wo der Anfang sein soll. Auffallig 
ist auch, daß hier, wie schon bei den früher erwähnten, ver- 
schiedene Größen der Typen, zuweilen auf derselben Glocke 
vorkommen (a. besonders Oßmaritz). 

12) Ammerbach : RHffiHGVHTOSTOIUPARGI $J (am 
Schluß derselbe Stern, mehr in der Form einer Rosette, wie 
in Leutra). An der Flanke sind 2 Reliefs angebracht. Das 
eine zeigt in einer giebelförmigen, von Fialen flankierten 
Nische die Gestalt eines Heiligen mit Glorienschein, der in 
der Linken einen nach oben zu spitz zulaufenden Gegen- 
stand hält, am wahrscheinlichsten als Petrus mit dem Schlüssel 
zu deuten; der Bart des Schlüssels ist undeutlich und nur 
aus 2 wagrechten Strichen zu erkennen. Die Ausführung 
ist im Guß schlecht gelungen, zeigt Gußfehler und läßt die 
Einzelheiten nicht deutlich erkennen. Den Größenverhält- 
nissen nach scheint es, als ob die Gestalt eine knieende 
Stellung einnähme. Witte, Das evangel. Jena, S. 245, § 11, 
deutet das Bild als „eine Person mit einem Schlüssel in 
der Hand, utrum Petrum Apostolum, an pontificem Romanum, 
Petri vicarium? me latet". Das zweite Relief ist noch 
interessanter. Bisher war es falsch gedeutet; durch ein 
Duplikat in Köckeritz b. Weida (s. d.) ist es erst verständ- 
lich geworden. Wette, a. a. 0., beschreibt es: die Jung- 
frau Maria nebst zween Heiligen ; darnach Bergner, Glocken- 
kunde, S. 54: Maria unter einem von 2 Engeln gehaltenen 
Thron oder Baldachin, sehr beschädigt wie in Jena. Bei 
näherer Prüfung blickte aus dem undeutlichen Bild ein 
großes bärtiges Gesicht hervor mit wallendem Haar, Bischofs- 
mütze und Mantel, zu beiden Seiten stehen ihm auf den 
Schultern zwei mit Glorienschein versehene Bischofsgestalten 
in ganzer Größe. Dasselbe Bild befindet sich in tadelloser 
Ausführung auf einer Glocke in Köckeritz. Es ist damit 
jedenfalls derselbe Bischof gemeint, der auf den anderen 
Glocken in ganzer Gestalt auf dem Drachen stehend er- 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



105 



scheint, dessen Name aber noch nicht festgestellt ist (vergl. 
hierzu das besonders deutliche Bild in Gauern, S.-Alten- 
bnrg). 

13) Graitschen: PRBSrDBfllAS r IRDRSD* > I?ACR*I 
BniWßIRB. Es ist die größte Glocke von dieser Gruppe, 
Durchm. 84 cm, Höhe 74 cm, und hat daher die längste, 
verworrenste und wunderlichste Inschrift. Ein Anfang 
der Inschrift ist nicht markiert. Von den Buchstaben steht 
L 3mal, darunter 2mal linksläufig, Ii 3mal, R und ö lmal 
auf dem Kopf, ob 0 und D auch miteinander verwechselt 
sind, läßt sich bei der Gleichheit der Form nicht unter- 
scheiden. Das verkehrte R ist eine kleinere Type als die 
übrigen. Unter der Inschrift ist 2 mal, unter dem zweiten 8 
und letzten M das Relief des Bischofs, unter dem zweiten A 
das Bild der Maria mit dem Löwenschild darunter ange- 
bracht An den Henkeln ist Fischgrätenverzierung. 

14) Sulzbach b. Apolda: BHXRRSWTORDSRAffiP 
D©I?DBAR*I, Durchm. 84 cm, Höhe 74 cm, in genau den- 
selben Typen wie in Graitschen, Henkel mit Fisch gräten- 
verzierung, 2mal das Bild des Bischofs auf dem Drachen. 

16) Oßmaritz b. Jena: TORRBBllSTTOBnifllRAl? 
ÖI?B, Durchm. 61 cm, Höhe 61 cm, aus größeren und 
kleineren Typen gemischt, zwischen i> und B auf der Flanke 
das Bild des Bischofs. Bei Lehfeldt sind die beiden links- 
läufigen B als D gelesen, daß mißlungene R fehlt ganz, die 
Buchstaben in drei Gruppen geteilt. 

16) Lehesten b. Jena: AVIBAEPD . BR1RAB2XH 
DI?B • AI2DBS, kleine Typen, zwei Buchstaben sind miß- 
raten (V und 0 ?), E konsequent linksläufig, eine Gruppierung 
der Buchstaben zu Worten ist nicht ersichtlich. An 2 Seiten 
das Bild des Bischofs auf dem Drachen. 

17) Rodigast b. Bürgel: AIRVBI22PWDBRSBBRDS, 
kleine Typen, bei denen das A in etwas anderer Form (wie 
in Lobeda, Wenigenjena, Arnshaugk) erscheint. An 2 Seiten 
der Bischof auf dem Drachen. 



106 



Die Glocken des Neustädter Kreise«. 



18) Ziegenhain f : Beim Umguß der alten Glocke 
wurden die Buchstaben wieder verwendet; ebenso der 
Bischof auf dem Drachen. Die Inschrift lautet: SVXI1PI 
BMDBBl?SBrBI?*lRffiRI?. Die Buchstaben sind nicht 
groß (vergl. Oßmaritz). 

19) Vogelgesang (S.- Altenburg) : ABVMB1IIS1IR1? 
DTODIEBISPffi, kleine Typen, unterhalb des V der Bischof 
mit dem Drachen mit Schriftband (Lehfeldt : SPffi AGVR 
*I€mSqRI?0 tH? DIAOP, Bischof nicht gesehen). 

20) Gauern (S.-Altenburg) : BSVlIlffiDBRffiDBBIPV 
SPIR, kleine Typen, unterhalb des ersten V der Bischof 
auf dem Drachen in wunderschön gelungener Ausführung, 
fast porträtähnlich, mit denselben Zügen wie auf dem großen « 
Relief in Köckeritz; unter dem B Maria in der Nische mit 
dem Kind, zu beiden Seiten der Nische je ein Engel, genau 
mit dem Schachbrettwappen wie in Vogelgesang der Minuskel- 
Kryptogramm-Glocke, nur die Unterschrift an dem Sockel 

ist wegen Raummangels weggeblieben. Lehfeldt hat die 
Buchstaben richtig, bloß die B alle rechtsläufig, aber er 
gruppiert wieder: DG RXH DG BI? V JSPIR € SVlIlffi; 
auch fehlt das Bild des Bischofs bei ihm. Er setzt die 
Glocke ins 14. Jahrhundert. 

Aus dem gesamten Material läßt sich als ziemlich 
sicheres Ergebnis folgendes feststellen: Die Glocken stammen 
von einem Gießer aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, 
der sich in Leutra H(ermann) Herlin nennt. Dieser hat 
leise Beziehungen zu dem Verfertiger der Tümplingschen 
Glocken, dessen Heimat aber nach Naumburg wies: in den 
übereinstimmenden Majuskeln in Weimar ; auch das Bischofs- 
bild kommt in ähnlicher Form, aber ohne Drachen auf den 
den Tümplingschen nahestehenden Glocken in Jena und 
Pößneck vor. Es ist wohl nicht zufällig, daß auf dem 
Stadtkirchenturm in Jena die beiden Verwandten zusammen- 
treffen: die Sonntagsglocke mit den verschiedenen Reliefs, 
darunter dem des Bischofs, und die beiden von 1416, welche 



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Die Glocken des Neustädter Kreise«. 



107 



der Herlinschen in Stiebritz nahestehen. Auffällig bleibt 
die Verwendung bald von Majuskeln, bald von Minuskeln; 
sie ist aber durch Glocken, welche beide Schriftarten zu- 
gleich tragen, sicher nachgewiesen. Die Kryptogramme 
endlich, lassen sich in derselben Weise wie oben bei den 
Tumplingschen erklären; dadurch deutet sich eine innere 
Verwandtschaft beider Gießer an. Schon bei den Tümpling- 
schen wurde nachgewiesen, daß das Buchstabenmaterial der 
übrigen Glocken dem Spruch in Wenigenjena entnommen 

war : <& rej; glorie x>tni cvm pace Xtlatia I>üf. Bei den 

Herlinschen Majuskelkryptogrammen fehlt durchweg der 
Buchstabe X (außerdem nur noch K, Q, J und Z), auf den 
Minuskelglocken kommt er bei zweien vor (Schorba und 
Vogelgesang). Dagegen fand sich der Engelsgruß als zu- 
sammenhängender Spruch in Lobeda (vergl. auch Schöna). 
Von diesem Spruch finden sich deutliche Trümmer in 
mehreren Majuskelkryptogrammen: Lehesten AVI RHIÄ 
€I?A, Vogelgesang: ABV ffi- • R TO, Gauern: DBR 
(vergl. Lobeda) DB • I?VS- Auch für die Minuskelinschrift 
in Schorba vermutete schon Bergner, daß sie den entstellten 
Gruß darböte: AP? fUAUl btiae Für andere In- 
schriften, die schon durch eine größere Zahl von Buch- 
staben auffallen, paßt der Engelsgruß nicht; es steht aber 
der Annahme nichts im Wege, daß auch andere Sprüche in 
der geschilderten Weise verwendet, d. h. von einem des 
Lesens weniger kundigen Gießer zerrissen nnd verstümmelt 
worden sind, vgl. die Sprüche in Arnskaugk und Hundhaupten. 



6. Außer den bisher beschriebenen sind innerhalb des 
Neustädter Kreises noch 16 teils datierte, teils undatierte 
Glocken in Minuskeln (7) und Majuskeln (7 bezw. 9), 
welche keiner der vorerwähnten Gruppen zugewiesen werden 
konnten, zu denen vorläufig auch keine Schwesterglocken 
in der Umgebung bekannt sind. Sie folgen daher als isolierte 
Glocken nun der Reihe nach. 



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108 



Die Glocken de* Neuntädter Kreit*». 



a) Isolierte Minuskel-Glocken : 
a) Thränitz: t)üf + got JmaviA . berat • attno . 
fcm • m • cuc • Ip« (Fig 68). 

ß) ebendas. : tt>6 + crietve * anno • fem • rtt • CCCC • lpt1 
• tar (Fig. 64). 






ig. 63. Thranite L (V 4 nat Gr.) 






Fig. 64. Thränitz II. (V 4 nat. Gr.) 



Bei beiden bildet ein münzenähnlicher Abdrnek den 
Anfang. Das dem Rosenbergerschen ähnliche Kreuz steht 
als Weihekreuz zwischen den Worten der Anrufung. Als 
Trennungszeichen dienen rautenförmige Punkte. Das 6 in 
crfettts ist linksläufig und verdorben. Zu bemerken ist 



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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



109 



noch die richtige Schreibweise berat für sonst gewöhnliches 
berot, nnd bei der 2. Glocke die Hinzufügung von iar zur 
Jahrzahl, wie öfter bei Rosenberger. 

y) Lindenkreuz: ßet>3 marta anno &m m cccc 
Irrrpit (Fig. 66). 

ÜÖKS) Hilf 

Fig. 65. Lindenkreuz. 

Die Glocke ist von einem weniger glücklichen Meister 
fehlerhaft gegossen. Ein Anfangszeichen (Kreuz) fehlt, 
ebenso jedes Trennungszeichen. Die Zahlen-Buchstaben sind 
näher aneinander gerückt als sonst, statt t> in t>et>9 steht 
ein verkehrtes g, statt des zweiten a in marta ein ver- 
kehrtes t>. 

d) Breitenhain: + anno + t>tu + cccc + prjcjrrjtt 0 

(Fig. 66) i). 

Das erste Kreuz ist ähnlich dem in Lobeda, das 
zweite dem in Schöna, das dritte und vierte dem in Arns- 
haugk. Die langen, schlanken Buchstaben ähneln denen 
Andreas Heiners. Bei dem zweiten jf der Jahrzahl ist der 
Haken abgesprungen, wie bei Heiner in Münchenbernsdorf. 
Lehfeldt schreibt dafür ein + und datiert 1443, er hat 
auch die Kreuze hinter amtO und fcni weggelassen. 



1) Genau dieselben Typen stellte ich auf der Kryptogramm- 
Glocke in Löbschütz b. Kahla fest (vgl. Bergner, Zur Glockenk., 
tt. 66, No. 11 und Abbildung Fig. 9). 




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110 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



e) Köckeritz : + fyf Z got Z tnüvia + berot Z %mtn 
+ Priftcleifon (Fig. 67). 



0 



fl 

II 



< v 





Fig. 66. Breitenhain. (V 4 nat. Gr.) ; 





»II 1 



Fig. 67. 

Die Typen sind scharf geschnitten und bis auf die 
Verschiebung in betet gut ausgeführt. Als Trennungs- 
bezw. Anfangszeichen dient 3mal ein von einem Kreis um- 
schlossenes Kreuz, im übrigen außer zwischen Prtft cletfon, 
die wie in ein Wort geschrieben erscheinen, 3 geschwänzte 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



111 



Punkte, die hier einem z gleichen. Lehfeldt liest deshalb 
berota; die beiden anderen Punkte hat er ebenso wie die 
beiden letzten Kreuze weggelassen und schreibt außerdem: 
I>üf, matia, AMEN, c|>rift. Auffällig sind die beiden 
Großbuchstaben A, welche sehr den Herlinschen Majuskeln 
gleichen; bloß ist hier der Querbalken gebrochen, dort 
gerade. Was die Glocke noch besonders interessant macht, 
sind die 4 auf der Flanke angebrachten Reliefs. Das erste 
zeigt dieselbe Darstel- 
lung wie das Bild in 
Ammerbach (Fig. 68). 
Hier ist es aber kleiner, 
8 cm hoch, dort 8,4 cm 
die Lange des Gesichts 
mißt hier 27 mm, dort 
31 mm. Vor allem aber 
ist es hier mit größter 
Sauberkeit ausgeführt, 
während es dort, be- 
sonders im Bart und 
Nase, plump und roh 
erscheint. Es ist das 
Bild eines ernst blicken- 
den Bischofs. Auf dem 
Haupt trägt er die 
reich verzierte Bischofs- 
mütze; schön gelocktes Haar und ein wohlgepflegter 
Bart umrahmen das feine Gesicht. Auf dem gestickten 
Mantel hat er das Pallium und als Brustschmuck (Pektorale) 
in einem Kreis einen fünfeckigen Stern (Pentagramm) mit 
einem Punkt in der Mitte. Der über die Schulter herab- 
gehende, strickähnliche Strich scheint ein Gußfehler zu sein. 
Ihm zu beiden Seiten stehen scheinbar auf seinen Schultern 
zwei kleinere Bischofsgestalten in ganzer Figur mit dem 
Heiligenschein ; der links stehende hält den Bischofsstab, der 
rechts stehende einen kreuzähnlichen Stab? oder Schlüssel?, 




Fig. 68. Köckeritz. (»/« nat Gr.) 



112 Die Glocken des Neustadter Kretas. 

in der andern Hand aber einen Gegenstand, der einem 
Kirchenmodell ähnlich sieht. Zu ihren Füßen ist je ein 
Schriftband, darauf 2mal dasselbe Wort, von dem die Buch- 
staben erkennbar sind: 6 . . ttbolf. In Ammerbach fehlen 
diese Schriftbänder, an Stelle des Pektorale ist dort eine 
rautenförmige Agraffe. — Das zweite Bild (Fig. 69) in 
Medaillonform zeigt die Kreuzigung, zur Rechten und zur 
Linken des Kreuzes stehen Maria und Johannes, über dem 

Querbalken Sonne 
und Mond, zur 
Seite fangen 2 
Engel das aus den 
Händen fließende 
Blut in Kelchen 
auf. — Das dritte 
Bild (Fig. 70) 
stellt einen Bi- 
schof im Brust- 
bild dar mit in 
Strähnen herab- 
fallendem Haar, 
Pallium, auf dem 
Haupt die mit 

Perlen ge- 
schmückte Mitra, 
zur Rechten ist der Bischofsstab sichtbar, rechts und links 
steht je ein Engel in ganzer Figur mit erhobenen Flügeln. 
— Ähnlich ist das vierte Bild (Fig. 71), ein Bischof, wie 
der vorhergehende bartlos, ebenso geschmückt, links der 
Stab, die Engelsfiguren sind roher, teilweise schlecht im 
Guß geraten. 

Die Gleichheit des ersten Bildes mit dem in Ammer- 
bach 1 ) und die Ähnlichkeit der Darstellung der beiden 



1) Das Bild in Ammerbach erweist sich durch 2 Ösen zu beiden 
Seiten als ein Pilgerzeichen (vergl. auch die ösenartige Spitze der 




Fig. 69. Köckeritz. («/« nat. Gr.) 



)gle 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



113 



letzten hinsichtlich der Engelsgestalten mit den Bildern in 
Vogelgesang und Gauern lassen eine Beziehung zu den 
Mustern Herlins deutlich erkennen, dessen Heimat in Naum- 
burg gewesen zu sein scheint Damit ist eine Handhabe 
geboten zur Datierung der Glocke in die erste Hälfte des 
15. Jahrhunderts. Von der Glocke wird erzählt, sie sei aus 
dem jenseits der Elster gelegenen sächsischen Dorfe Niebra 
hierher gebracht worden. 



£) Döhlen : In Sonore • beatiflfime • matte • mrgtmf 
• mbüemuf • fcomtno +. 

Die Schrift ist plump, die Buchstaben alle von fast 
gleicher Größe, für das sonst allgemein gebräuchliche t> 
steht u, die f haben die Form von c 1 ), V in mrgittts ist 



Mitra hier). Sonach wird der Bischof in der Mitte den an einem 
Gnadenort verehrten Heiligen darstellen, vielleicht 8. Gangolfus = 
Gandolf. Auch die beiden anderen Bilder (Fig. 70 und 71) werden 
Abdrücke von Pilgerzeichen sein. Damit ist aber für die Krypto- 
grammglocken (Ammerbach) die Gußzeit aus der ersten Hälfte dea 
15. Jahrhunderte (nicht um 1350 nach Bergner) mit ziemlicher Sicher- 
heit erwiesen. Die gleichfalls mit Engelgestalteu flankierten Bilder 
in Vogelgesang und Gauern sind ebensolche Pilgerzeichen. 

1) In gleicher Weise findet sich dies auf einer Glocke in Albers- 
rode, Kr. Querfurt. Dort steht nach der Jahrzahl 1502: matie • 
cometa? troborcf . Otte, Glockenk., S. 185 f, konstruiert hieraus 

Zeitschr. f. Thür. Gesch. Suppl. L 8 




Fig. 70. Köckeritz. ( s / 4 nat. Gr.) 



Fig. 71. Köckeritz. (•/, nat. Gr.) 



114 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



linksläufig. Das Initial-I hat Uncial-Fonn. Als Trennungs- 
zeichen dienen rautenförmige Punkte; das Kreuz steht am 
Ende, dahinter noch ein Punkt. Lehfeldt stellt es hier zur 
Abwechslung an den Anfang, er hat keine Punkte, kein 
Initial-I, statt u schreibt er p und zuletzt fcomtne statt 
fcomtfio, UWQittÜ und mbtlcmus, beide mit 0 geschrieben, 

Fig. 72. Döhlen. (*/ 4 nat Gr.) 

trennt er durch einen Gedankenstrich! — Die schwach 
erhabenen Buchstaben sind scharfkantig geschnitten, aber 
im Guß sehr gratig ausgefallen. Die Glocke mag in die 
erste Hälfte des 15. Jahrhunderts gesetzt werden. 

7j) Schömberg f. Durch eine jüngst erst bekannt ge- 
wordene Notiz in der Pfarrchronik zu Steinsdorf vom 



einen Meister Cornelius, geschrieben „Conrelv". Es ist aber zu lesen : 
ttiötie ©omer B» (vergl. das cü ertt = zu ern in Weida und das 
CO = zu in Stiebritz) Naumburg. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



115 



Jahr 1850 konnte noch etwas von einer im Jahr 1849 ge- 
sprungenen und umgegossenen Glocke im Filial Schömberg 
gerettet werden. Diese trug nach der Chronik die In- 
schrift: + aivamo + mvrolegna + eiger + retam + 
nwroleoc + artiger + tva + t mrrrl + . Diese ist genau 
nach dem sonderbaren Verfahren wie bei der Pößnecker 
Silberglocke *) in rechtsläufiger Spiegelschrift in den Mantel 
gegraben, so daß sie im fertigen Guß linksläufig erscheint. 
Daraus läßt sich mit einiger Sicherheit die Jahrzahl deuten. 
Die Erklärung des Chronisten durch 931 (im, 1000 — 1 = 
900 [!]) mag hier als Kuriosum erwähnt werden. Das letzte 
Zahlzeichen ist ein etwas klein geratenes 1, wie auch die 
beiden anderen 1 der Inschrift sehr kleine Form haben. 
Die Zahl bedeutet demnach von rechts nach links gelesen 
Irr ruft « 84. Das kann aber nur 1384 sein, denn ein Jahr- 
hundert später wäre beim Gebrauch von Wachsmodellen 
kaum ein solcher Irrtum vorgekommen. Das Einzeichnen 
der Inschrift war noch über die Mitte des 14. Jahrhunderts 
gebräuchlich (vergl. Neunhofen). Hier kommt es seltsamer- 
weise bei Auftreten der Minuskeln vor. Inhaltlich stimmt 
der Spruch überein mit dem Anfang eines Lobpreises auf 
Maria, der sich vollständig auf einer Glocke der Marien- 
kirche in Greifswald vom Jahre 1418 findet 2 ): 

Hvt regitta cclorum mater regle angelorum 
© Xtlavia flo« turgtmitn, vtlub roea vel Ulsum, 
«Surrte prccce ab ftltum, pro ealute ftoeltum 
Q> rer glortc t>etri cum pace. 

b) Isolierte Majuskelglocken. Unter diesen befinden 
sich naturgemäß die ältesten, interessantesten und wert- 
vollsten Stücke: 

a) Forstwolfersdorf: LVö Ä3 X HlÄHö ' + XHÄTIlö 

rxioha^ + rx (K g . 73). 



1) VergL Bergner, Die GlockeD des Herzogtums S.-Meiningen, 

S. 88. 

2) Vergl. Otte, Glockenkunde, 8. 122. 

8* 



116 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



Zwischen 2 Paar Bandlinien stehen am Hals die 
Namen der Evangelisten in schönen Majuskeln, getrennt 
teils durch gerade, teils durch schräge (Andreas-)Kreuze ; 
am Ende steht zwischen einem geraden und einem schrägen 
Kreuz ein X' mit retortenähnlichem Abkürzungszeichen. 
Außer 3 flachen Wülsten (Rundstäben) am Wohn findet 
sich keinerlei Verzierung weiter. Durchm. 77 cm, Höhe 




Fig. 73. Forstwolfersdorf. (V* nat Gr.) 



58 cm. — Die gleichen Buchstaben decken sich nicht, 
sondern jeder ist individuell gearbeitet. Daraus ist er- 
sichtlich, daß sie weder nach Wachsmodellen geformt, 
noch auch mit Stempeln in den Formmantel einge- 
drückt sind, woraus man leicht die vielfach verkehrte 
Stellung erklären könnte. Sie müssen vielmehr nach 
ältester Methode freihändig in den Mantel gezeichnet sein 
von einem Schreib- oder Zeichenkünstler, der aber im 
Lesen schwach war. Lehfeldt gibt sein Urteil sehr form- 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



117 



los ab : „in schlechter Schrift", und versagt damit den teil- 
weise klassisch vollendeten Schriftzeichen seine Anerkennung 
und macht dazu eigenmächtig die Schrift selbst noch 
schlechter. Denn kein einziges Wort ist ohne Fehler von 
ihm wiedergegeben : in LVCÄS hat er übersehen, daß das 
S linksläufig ist, in MÄRCVS setzt er das R linksläufig, 
es steht aber auf dem Kopf, er schreibt MATIlGS statt 
liÄTheV und XOfie statt lOfiGta, und endlich für 

+ X' X üeat er }S und glaubt darin eine neue Ab- 
kürzung von Christus gefunden zu haben. Er hat keinen der 
Abkürzungshaken richtig erkannt und geschrieben. Nach 
der eingangs beschriebenen, wahrscheinlichen Herstellungs- 
weise der Buchstaben läßt sich annähernd die Anfertigung 
der Glocke in den Anfang des 14. Jahrhunderts, vielleicht 
auch schon Ende des 13. Jahrhunderts ansetzen. 

a) Auf demselben Turme hängt noch eine zweite 
Glocke, die keine Inschrift trägt, aber im übrigen genau so 
ausgestattet ist: die Form der Henkel, die 2 Paar Band- 
linien am Hals und die Wulste am Wolm sind ganz wie 
bei der größeren. Auch das Profil (Rippe) ist dasselbe. 
Durchm. 62 cm, Höhe 48 cm. Man kann sie deshalb mit 
Sicherheit als Schwesterglocke der ersten bezeichnen und 
hier registrieren. Es ist hier sonach der seltene Fall, daß 
dasselbe Geläute von den ältesten Zeiten an bis zur Gegen- 
wart ausgehalten hat. Wie Lehfeldt darauf gekommen ist, 
sie schlankweg in das 15. Jahrhundert zn verweisen, läßt 
sich nur aus dem Unstern erklären, der ihm leuchtete, 
wenn er sich aufs Raten legte. Hier tritt einmal der Fehler 
deutlich zu Tage, der gemacht wird, wenn man von vorn- 
herein aus der Form auf das Alter schließen will. Die 
Form der 2. Glocke ist freilich nicht altertümlich schlank 
aber die erste eben auch nicht, und doch weist die In- 
schrift auf ein hohes Alter. Umgekehrt trägt die Herlinsche 
Glocke in Arnshaugk die schlanke Form, die nach herge- 
brachter Anschauung auf ein hohes Alter deuten soll, und 



118 Die Glocken de« Neuetädter Kreisen. 



dennoch mußte sie ins 16. Jahrhundert verwiesen werden. 
Von Bedeutung für die Altersbestimmung ist angesichts der 
Glocken in Forstwolfersdorf auch der Umstand, daß zur 
Halseinfassung nicht Stricklinien, sondern schmale Band- 
linien verwendet sind; letztere scheinen also älter zu sein. 
ß) Frießnitz : Zwischen 2mal drei Bandlinien die Inschrift : 

+ lOÄKies + LacAS + aiärcvs + mAres 

(Fig. 74). Durchm. 98 cm, Höhe 85 cm. Die Buchstaben, 




Fig. 74. Frießnitz. ('/ 4 nat. Gr.) 



von ungleicher Größe und mannigfaltiger Form, sind ziem- 
lich von derselben Art wie bei der vorausgehenden Glocke, 
aber mit noch mehr Schwung gezeichnet. Sie sind in der- 
selben Weise verfertigt, also linksläufig und freihändig in 
die Form gearbeitet; daraus erklärt sich wohl auch die 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



119 



genau umgekehrte Reihenfolge der Namen. Vor jedem 
Namen steht ein großes Rosenkrenz, vor Marcus ein etwas 
kleineres. Lehfeldts typische Fehler sind auch hier ver- 
treten: bei Joannes schiebt er ein Ii ein und hat die ver- 
schiedene Stellung der N, das eine linksläufig, das andere 
auf dem Kopf stehend, nicht beachtet, bei Mates schiebt er 
noch ein I ein und schreibt Mateis, und schließlich rechnet 
■er 5 Kreuze heraus. 

ß") Auch neben dieser Glocke hängt eine kleinere, ohne 
Inschrift, von 52 cm Durchmesser und 46 cm Höhe, die in 
der Ausstattung und im Profil der größeren völlig gleich ist 
und daher demselben Gießer und derselben Zeit bestimmt 
zugeschrieben werden kann. 




Fig. 75. Hohenölsen. (V 4 nat. Gr.) 



y) Hohenölsen: Zwischen 2 Paar Bandlinien am Hals 
steht auf einem 47 mm breiten Schriftband die Inschrift 
(Fig. 76): X Ofll (Figur) R£> (Figur) * Ä (Figur) 
* Sffi. Durchm. 64 cm, Höhe 55 cm. Die Buchstaben- 
gruppen erinnern an die auf den Tümplingschen Glocken, 
R£ ist beiden gemeinsam. Man wird in ihnen wiederum 
nichts anderes als Trümmer eines Spruches feststellen 
können, aber es ist schwer, für eine isolierte Glocke aus 
diesen Fragmenten einen Spruch zu rekonstruieren, ohne 



120 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



in Phantasterei zu verfallen. Lehfeldts Deutung Nomine 
rep at>e sanete könnte zur Not angenommen werden, nur 
darf er die erste Gruppe nicht DIU schreiben. Allein auf 
diese Weise könnte man noch viele andere Sprüche heraus- 
lesen. Etwas zur Lösung dürften die 3 kleinen aufge- 
gossenen Reliefs beitragen ; denn wenn sie den Gekreuzigten 
darstellten, wären sie gewiß ein Hinweis anf den Dominus 
Rex. Allein diese Figuren machen eher den Eindruck von 
schwebenden, weiblichen Gestalten in langen , wallenden 
Gewändern. Dann wäre der Phantasie für ihre und der 
Buchstaben Erklärung der weiteste Spielraum gegeben und 
die Auffindung eines geeigneten Spruches von neuem er- 
schwert. Am sichersten wird es sein, sich vorläufig mit 
einem „non liquet" zu bescheiden. Zu beachten ist noch 
die einem Zwirnwickel ähnliche Form der schrägen, an den 
Enden zugespitzten Kreuze. Der Zeit nach wird die Glocke 
der vorausgehenden gleichzustellen sein. 

d) Letzendorf: Zwischen 2mal drei stark hervor- 
tretenden Stäben am Hals die Inschrift: + XIIÄRI 4r 
dORflS * GR° DB' OTAQB (Fig. 76). Es handelt sich 
hier offenbar wieder um einen verstümmelten Engelsgruß mit 
einigen Zusätzen. Das erste Wort ist deutlich, ihm fehlt 
das zweite A ; das zweite Wort zwischen zwei kleinen, stern- 
förmigen, schrägen Kreuzen hat nach COR ein linksläufiges 
N und ein auf dem Kopf stehendes M, welches auch als 
T gelesen werden könnte (vergl. bei Frießnitz das T in 
Mates). Dann würde man coronata zu lesen haben. (j>R° = 
GRACIA ; das folgende ist D und ein auf der Seite stehendes 
M, dessen mittlerer Strich abgesprungen und rechts oben 
zu stehen gekommen ist. Es folgt ein Buchstabe, der eher 
T als M bedeuten kann, darauf scheint auch das daneben 
stehende, einem kleinen Antoniuskreuz ähnliche Zeichen zu 
deuten, das wie ein Modell daneben gestellt ist Die drei 
letzten Zeichen aber sind unklar. Das mittelste, bandartig 
gewellte, möchte man gern als apokalyptisches 0 lesen, dann 
müßte das erste Zeichen A sein und das B zuletzt wäre 



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Die Glocken des Neustadter Kreises. 



121 



entweder überflüssig oder korrespondierte in der Alphabet- 
folge dem A. Einfacher wäre es, das erste als C, das zweite 
als M zu nehmen und mit dem vorausgehenden T zu Tecum 
zu verbinden; dann bleibt nur noch das letzte B übrig; 
es ist der Anfang von benedicta in der Fortsetzung des 
Grußes; dies ist wohl die wahrscheinlichste Erklärung. So 
lassen sich die Fragmente des Spruches, mit coronata für 
plena, leidlich feststellen : Maria coronata gracia domi- 
nus tecum Benedicta tu in mul.). Lehfeldt fangt in der 




Fig. 76. Letzendorf. (V* nat. Gr.) 



Mitte zu lesen an und nimmt fl für A, Qtf für M, B für 0, 
(T) für M, so daß die erste Häfte lautet: A(t>c) H(ana) 
GR° (racia plena) DOM(inus tecum). Aß die apokalypti- 
schen Buchstaben, B(enedicta) FLÄRI(a) COR = recordaris 
Die Kreuze schreibt er alle gleich, selbst das dem Antonius- 
kreuz ähnliche Zeichen. Die Buchstaben sind jedenfalls 
freihändig aus Wachs gebildet, dafür sprechen die abge- 
sprungenen Stücke und das eigentümlich gewellte Q, das 
deutlich aus einem dünnen Wachsband modelliert ist. Als 
Zeit der Anfertigung würde sich hiernach die Mitte des 
14. Jahrhunderts ergeben, nicht das 15. Jahrhundert (Leh- 
feldt). Unter der Inschrift ist noch ein einfacher Fries aus 



122 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



je drei Kreisen angebracht (Fig. 77), der erste Anfang mit 
derartigen Verzierungen 1 ). 



°0 0o o° °« 00 ~ 0 '°o °°° 



O ^ o o 

Fig. 77. Fries in Letzendorf. (V* nat Gr.) 

«) Nenndorf: + SISj^ • PGRXIie 

• G€N' • ÖG • RVGÄTV (Fig. 78). Durchm. 62 cm, 
Höhe 48 cm. 







i 





D 








2> 





( 
[ 





Fig. 7a Neundorf. (»/« nat. Gr.) 




4 



Die Glocke ist die interessanteste im ganzen Kreise. 
Die Inschrift befindet sich nicht, wie gewöhnlich am 
Hals, sondern ohne Einfassung am Wolm. Am Hals 
sind nur zwei unvollständig gegossene Stricklinien und 
zwischen diesen ein einfaches Weihekreuz. Die Buchstaben 



1) Derselbe Fries findet sich auf einer Glocke in GroS-Bösaen 
Schweinitz, unter Hinzufügung einer Zickzacklinie 



»O «o 

o e 



und in einer Variation in Stechau, Kr. Schweinitz, in der Form: 



(WWVWH 

o o o 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



123 



sind mit dem Griffel nicht gezeichnet, sondern in einem 
Zng geschrieben nnd haben deshalb einen gratigen (f\) 
Querschnitt (vergl. Otte, Glockenkunde, S. 116). Dadurch 
sind sie sehr erhaben, ebenso wie die mit dem runden 
Griffelende eingestochenen Trennungspunkte. Lapidar- und 
Uncialbuchstaben wechseln reichlich miteinander ab, be- 
sonders merkwürdig ist die Übergangsform des E in Genus. 
Lehfeldt liest ganz sinnlos SIC und transskribiert es auch 
noch einmal durch Sic. Der Unterschied der verschiedenen 
Buchstaben tritt bei ihm nicht hervor, und er hat, wenn er 
die Glocke ins 14. Jahrhundert setzt, nicht den geringsten 
Begriff von den Elementen der Glockenkunde. — Der Spruch, 
in Form eines gereimten (Leoninischen) Hexameters, findet 
sich nach Schubart, Die Glocken im Herzogtum Anhalt, auf 
anhaltischen Glocken ldmal, ferner auf 8 Glocken im Saal- 
kreis, 5 Glocken in benachbarten Kreisen, 2 Glocken in 
Majuskeln im Königreich Sachsen, ebenda 2 Glocken in 
Minuskeln. Darnach vermutet Schubart, daß es kein allge- 
mein verbreiteter Spruch, sondern der Wahrspruch einer be- 
stimmten, wahrscheinlich sächsischen Glockengießerfamilie 
gewesen sei. Diese Annahme ist aber durch die hier ge- 
fundene Glocke stark zu modifizieren. Denn selbst ange- 
nommen, daß eine Beziehung zwischen Halle und hier be- 
standen hätte, so besteht eine gewaltige Differenz zwischen 
den Buchstabenformen. Auf den anhaltischen Glocken sind 
die Buchstaben, teils ausgehoben, teils nur in doppelten 
Linien gezeichnet, mit feinen Ranken bis zu kunstvollem 
Blattwerk verziert, ähnlich wie bei der weiter unten folgen- 
den Glocke in Neunhofen; hier aber sind sie, wie schon 
erwähnt, schmucklos mit dem Griffel eingeschrieben. Dort 
befinden sich die Inschriften zwischen Stäben am Hals, 
hier ohne Einfassung am Wolm. Sonach gehört unsere 
Glocke mindestens in das 13. Jahrhundert; die anhaltischen 
aber sind wohl 100 Jahre jünger (die in Neunhofen mit 
gleicher Schrift ist aus dem Jahr 1354 datiert). Es könnte 
diese Glocke dann höchstens ein Vorläufer der anhaltischen 
sein. Ihr Ursprung ist wohl in eine klösterliche Werkstätte 



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124 



Die Glocken de« Neustädter Kreises. 



zurückzuführen, dafür spricht die korrekte Orthographie ; das 
würde kirchengeschichtlich allerdings nach Norden anf Zeitz- 
Naumburg hinweisen. Von da aber ist die Brücke nach der 
Gegend von Halle und Anhalt nicht so schwer zu schlagen. 

Der Inhalt des Spruches erinnert an den Glanben, daß 
durch den Schall der Glocken die Dämonen und die von 
ihnen veranlagten Unwetter vertrieben würden. Hierfür ist 
auch bezeichnend und sicher nicht zufällig, daß der Spruch 
am Wolm steht, an der Stelle, wo der Ton durch An- 
schlagen des Klöpfels erzeugt wird, um dann aus dem 
ehernen Mund siegreich und heilbringend hinaus in den 
Kampf der Elemente zu dringen. 

f) Veitsberg: URS . DQVS • hOC • SI6HÄ • *>LGBS 
. SÄL2L9L • SIS • ÄVRÄ • BGI?IG (Fig. 79). Durchm. 
58 cm, Höhe 52 cm. 




Fig. 79. Veiteberg. ('/ 4 nat. Gr.) 



Diese Glocke schließt sich, wenn sie auch etwas jünger 
ist, der vorigen eng an, sowohl wegen der Ähnlichkeit im 
Inhalt des Spruches und seinen Beziehungen zu Anhalti- 
schen, als auch wegen der Korrektheit und Originalität der 
Schreibung, und endlich wegen der hier nicht mehr so 
häufig auftretenden Lapidarbuchstaben. Die Buchstaben 
sind von kunstgeübter Hand (eines Klerikers?) in den 
Mantel gezeichnet, so daß die Zwischenräume zwischen den 
gezogenen Linien sauber ausgehoben wurden. Dadurch war 
die größte Freiheit in der Auswahl der Buchstaben ge- 
geben ; ja es sieht aus, als habe der Schreiber, da ihm am 
Ende der Raum mangelte, das erste V in VAS schnell 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



125 



noch mit einem umgekehrten J2 vertauscht, so daß man das 
Wort BG12IG12Ä voll lesen kann. Denn gerade hier am 
Anfang erwartet man einen Trennungspunkt, der sonst 
zwischen allen Wörtern steht; vorsichtshalber ist noch in 
größter Korrektheit über das G das Abkürzungszeichen ge- 
setzt. Hätte der sorgfältige Verfertiger geahnt, daß er nach 
600 Jahren dadurch einen Altertumsforscher wie Lehfeldt 
blamieren würde ! Dieser bringt hier ein getreu faksimiliertes 
Bild der Inschrift und verfällt selbst so noch der un- 
barmherzigen Kritik. Lehfeldt kennt natürlich so wenig 
wie den vorigen Spruch Sit tempestatum u. s. w. auch 
diesen alten Glockenspruch. Beide konnten bei Otte nach- 
gelesen werden. Unter Auflösung des fließenden Metrums 
dieses Leoninischen Hexameters beginnt er bei dem Worte 
-PL6BS und liest unter Nichtbeachtung des Abkürzungs- 
zeichens über dem letzten G: Benigna; da bleibt aber 
ein S übrig; das ist Abkürzung von Sancte ! So ist sein 
Sprüchlein fertig: plebe ealra ett auva bemgtia sancte 
v>eue lyoc eigtta, zu deutsch: Heil sei das Volk, wohlig 
die Luft, heiliger Gott, bezeuge (?) dies. Wie ganz anders 
lautet da Schubarts getreue Übersetzung: Dies Gefäß, Gott 
woll es weihen, dem Volk sei Heil, im Wetter Gedeihen ! 

Unterhalb der zwischen 2 Paar Bandstaben angebrachten 
Inschrift sind an der Flanke eine Reihe Reliefs aufgegossen : 

1) In einem länglichen Rechteck eine Heiligenfigur 
(Fig. 80) mit großem Schlüssel in der Rechten, die Linke 
auf die Brust gelegt, in ein langes Gewand gekleidet, um 
das Haupt Glorienschein, ohne Zweifel Petrus. 

2) In nischenfbrmiger Umrahmung Maria mit dem Kind 
auf einem reichverzierten Thronsessel (Fig. 81). 

3) Rundes Relief der Kreuzigung (Fig. 82): Jesus am 
niedrigen Kreuz, die Füße nebeneinander, ohne Dornenkrone, 
mit Glorienschein, zu Häupten Schriftband, rechts und links 
Maria und Johannes. 

4) In herzförmiger 1 ) Umrahmung mit Perlschnurver- 



1) Vgl. hierzu das unter Gruppe 5e Anmerk. S. 86 Bemerkte. 



126 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



zierung (Fig. 83), rechts und links von einer mit einer 
Lilie gekrönten Säule eine männliche nnd eine weibliche 
Fignr, hinter der ersteren Granatäpfel, hinter der letzteren 
ein Zweig mit Lilien, die Verkündigung darstellend. Leh- 
feldt vermutete, weil er in der Mitte „eine Art Säule mit 




Fig. 82. Fig. 83. 

Fig. 80-83. Veitsberg. ( 8 / 4 nat. Gr.) 



Blume" für einen stilisierten Baum halten zu können glaubte, 
den Sündenfall, aber dazu würden die modisch gekleideten 
Figuren schlecht passen. 

5) Auf einem runden Relief sind dargestellt zwei ge- 
krönte Figuren (Fig. 84), auf einem breiten, in der Mitte 
mit kunstvollem Aufsatz verzierten Thronsessel sitzend, die 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



127 



rechte, weibliche Gestalt hält ein Lilienscepter, die linke, 
männliche anscheinend eine mit Kreuz gekrönte Weltkugel, 
die beiden freien Hände sind gegeneinander erhoben; also 
wohl Gott Vater und Maria. 

6) Im Medaillon ein Reiter, barhäuptig mit herab- 
hängendem Haar, in der Rechten ein breites Schwert 
(Fig. 85). Das Pferd ist für den Reiter zu klein. Das Bild 




Fig. 84. Fig. 85. 

Fig. 84 u. 85. Veitsberg. (*/ 4 nat. Gr.) 



gleicht den bekannten Reitersiegeln und soll wohl schwerlich 
(Lehfeldt) den heiligen Georg darstellen. 

Hinsichtlich des Spruches bietet die Glocke ein be- 
deutsames Pendant zu der vorerwähnten in Neundorf. Auch 
hier ist ein gereimter Hexameter, der sich ebenfalls nach 
Schubart mehrfach in der Umgegend von Halle auf Glocken 
findet. Unter den anhaltischen sind 4 damit versehen, 
davon 2 ältere und 2 jüngere (nach Schubarts Berechnung), 
die sämtlich mit dem Griffel eingezeichnete Buchstaben 
tragen, die teils schön verziert, teils nur in ungeschickten 
Linien ausgeführt sind. Mit diesen hat unsere Glocke ge- 
meinsam einige auffällige Buchstabenformen: B und 
andere sind sich sehr ähnlich: G, 6, 21, I?, V; gleich ist 
auch der Wechsel von Lapidar- und Uncialformen bei G, 
V, H, sowie die Einfassung des Schriftbandes durch 2 Paar 
Bandstäbe. Verschieden ist nur das gänzliche Fehlen von 
Reliefs dort und von Verzierungen an den Buchstaben hier. 



128 Die Glocken des Neuatadter Kreises. 

Die Entstehungszeit wird mit Anfang des 13. Jahrhunderts 
richtig bestimmt sein. Das rührt in die Zeit, als nach einer 
dritten Zerstörung die Kirche in Veitsberg in Vertretung 
des erkrankten Bischofs Udo von Naumburg durch den 
Bischof Gerung von Meißen geweiht wurde; dies geschah 
nach der um den Chorraum sich ziehenden, wiederaufge- 
fundenen Weiheinschrift am 4. Okt. 1170 (vergl. Schmidt, 
Urkundenbuch, II. Nachtr. No. 12). Jedenfalls bald darnach 
ist die Glocke angefertigt worden. Der älteste Teil der 
Kirche, die sog. Bonifacius-Kapelle, war der Maria geweiht, 
darauf beziehen sich jedenfalls die Reliefs, auf denen 4mal 
Maria vorkommt : bei der Verkündigung, mit dem Jesuskind, 
unter dem Kreuz und gekrönt auf dem Thron. Als Ort der 
Anfertigung kann auch hier wieder wie in Neundorf an eine 
klösterliche Gießstätte von Naumburg-Zeitz gedacht werden. 

Die Glocke ist einmal umgehängt. 

rj) Neunhofen. Die letzte der zu beschreibenden Glocken 
ist die größte und am schönsten verzierte von den Majuskel- 
glocken, und auch die einzige, welche datiert ist Sie trägt 
am Hals auf zwei 6 cm breiten, durch 3 Stricklinien ge- 
bildeten Bändern, die in 5 cm großen, reichverzierten Buch- 
staben verfaßte Inschrift: 

+ o äi?ho o dBi o m° o aaa° o ura 0 o tghporg o 

o + lEaiEBÄLO o BI? o SOHKETG o LÄ2ID0 o DQVXH. 

Durchm. 105 cm (Lehfeldt 52 cm), Höhe 81 cm (Fig. 86). 

Die Buchstaben und Kreuze sind von kunstgeübter 
Hand mit aller Sorgfalt in den Mantel eingezeichnet und, 
wo nur immer angängig, mit Ranken und blattähnlichen 
Verzierungen, die Grundstriche und selbst die Trennungs- 
punkte mit Bogen, Pässen und Maßwerk geschmückt. Be- 
merkenswert ist die verschiedene Form der beiden N in 
Anno, von denen das zweite Lapidarform hat, aber möglichst 
den übrigen gotischen Formen angepaßt ist. In der Nähe 
sind mit ähnlichen Buchstaben versehen die Silberglocke in 
Pößneck und die Schlagglocke in Saalfeld (vergl. Bergner 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



129 



Meininger Glocken, S. 88 u. 93), von denen die letztere die 
Jahrzahl 1353 trägt. Auch bei Schabart a. a. 0. sind viele 
in ähnlicher Weise verzierte Glockeninschriften geboten; 




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130 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



jene Glocken sind mangels einer Gußangabe meist wohl zu 
früh datiert. 

Besonders interessant sind die unterhalb der Inschrift 
auf der Flanke angebrachten Siegel. In viermaliger Wieder- 
holung wechselt ein größeres ovales mit einem kleinen runden 
ab. Das erstere zeigt zwei Heiligengestalten (Fig. 87), viel- 
leicht die Kirchenheiligen Simon und Judas, über ihnen 
7 Sterne, zu Füßen das kleine vierteilige Wappen, die Um- 



schrift lautet: + S - GVttDGRAflil DG hAyi? *>LGBX 
I?GVGI?hOVGI?S. Das zweite führt in größerer Form das 



vierteilige Haynsche Wappen (Fig. 88) in dessen oberstem 



linken Feld ein sechsstrahliger Stern zu erkennen ist. 
Die Umschrift lautet: S • OTT • VOHi IlAYI? +. Das Ge- 
schlecht derer von Hayn war in der Gegend angesessen und 
wird erwähnt Schmidt, Urkundenbuch I, 263: Conradus de 
Hayn 1291, ebend. No. 298: Heinemaimus de Hayn ; II, 600: 
Heinrich v. Hayn auf Weischlitz; ferner v. Tümpling, Ge- 
schichte, II, S. 291 f, Hans v. Hayn, Gunderams sei. Sohn in 
Moderwitz 1419; ebend. Marx v. Hayn 1460; und später 
noch bis in das 17. Jahrhundert auf Gütterlitz, wo angeblich 
der Ort, an welchem ein eingegangenes (mit dem jetzigen 
verschmolzenes) Rittergut stand, bis jetzt der Hain genannt 
wird (?) [nach mündlichem Bericht]. 

Die Verwandtschaft dieser Glocke mit der in Pößneck 
und Saalfeld weist als Ursprungsort auf Saalfeld oder die 




Fig. 87. 

Fig. 87 u. 88. Neunhofen. ( 3 / 4 nat Gr.) 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



131 



Benediktiner der Umgegend, in Anbetracht der Korrektheit 
und Sauberkeit in der Ausfuhrung. 

7. Es können hier noch 2 Glocken angefügt werden, 
die weder ein Datum noch eine Inschrift, dafür besondere 
Abzeichen als Verzierung tragen. 

a) Münchenbernsdorf. Die dritte Glocke hat am Hals 
2 Stricklinien, am Wolm 2 Rundstabe, auf der Flanke aber 
ein durch Verschiebung des Wachs- 
modelles im Guß arg mißratenes Kreuz 
(Fig. 89), dessen gleichgroße Balken 
nochmals durch Querbalken zu Kreuzen 





ausgebildet sind. Die Rippe ist gewöhn- 
lich und zeigt keine auffallenden Merk- "^J 1 
male. Trotzdem kann man dem Urteil pjg j^g München- 
des früher schon unter Münchenberns- bernsdorf. 
dorf erwähnten Fastor Ungebauer in der 
Kirchen chronik zustimmen : „halte davor, daß sie wohl die 
älteste (der 3 Münchenbernsdorfer Glocken) sei". Jedenfalls 
reicht sie nicht über das 15. Jahrhundert hinaus. 

b) Lichtenau. Die Haube ist hoch und ziemlich gleich- 
mäßig gewölbt ; zwischen oberer und unterer Platte 2 Paar 
Rundstäbe. Von den 6 dünnen runden Henkeln sind 2 aus- 
gebrochen. Am Hals sind zwischen 2 Rundstäben 4 Zeichen 

angebracht, zweimal l=J j-l an< * zweimal oo, von denen 

die gleichen einander diametral gegenüberstehen. Am Wolm 
befinden sich wieder 2 Rundstäbe. Der Schlag ladet weit 
aus, die Schärfe ist wenig abgeschrägt, das Metall dünn. 
Durchm. 65 cm, Höhe 50 cm. Wegen der Formung der 
Rippe klingt der Hauptton eis mit dem Nebenton eis stark 
zusammen. Dies alles sind Anzeichen von wenig kunstge- 
rechter Herstellung, die mit Vorsicht zur Bestimmung eines 
höheren Alters benutzt werden dürfen. Es müßten jene 
minderwertigen Gießer erst besser bekannt sein, um genau 
datiert werden zu können. 



9* 



] 32 Die Glocken des Neustädter Kreises. 



8. Zum Schluß folgen noch diejenigen Glocken, welche 
weder Inschrift noch Zeichen tragen, sondern ganz kahl sind 
und höchstens nach der Form der Henkel oder Linien und 
Stäben einigermaßen bestimmt werden können. Von diesen 
befinden sich 24 innerhalb des Neustädter Kreises. 

a) Döblitz : Schlankes Profil, bloß mit 2 Rundstäben am 
Wolm, 6 glatte Henkel. Durchm. 51 cm, Höhe 47 cm, 
Halsdurchm. 24,8 cm, Wolmdurchm. 39,8 cm. Alter unbe- 
stimmbar (Lehfeldt: 13. Jahrhundert). 

b) Döhlen : schlankes Profil, am Wolm ein flacher Rund- 
stab. Ein Henkel abgebrochen. Der Schlag ladet weit aus. 
Durchm. 70 cm, Höhe 57 cm, Halsdurchm. 35 cm. Lehfeldt : 
14. Jahrhundert. 

c) Schönborn: Am Hals 2 Paar Stricklinien, am Wolm 
2 Rundstäbe ; auf der oberen Platte die Schwerterverzierung 
in der Weise, daß einander gegenüberliegend 2 Schwerter, 
zwischen je zwei nebeneinanderliegenden Henkeln vom Mittel- 
zapfen ausgehende Spitzen angebracht sind. Darnach läßt 
sich die Entstehungszeit in das 15. Jahrhundert ansetzen. 
(Lehfeldt: 13. Jahrhundert!) 

d) Uhlersdorf: Teilweise noch auf der unteren Platte, 
im übrigen am Hals 2 Systeme von je 3 Linien (Rund- 
stäben); am Wolm noch ein solches System. Von den 
6 Henkeln sind 3 abgebrochen. Das Profil ist zwar 
schlank, und Lehfeldt bestimmt daher: „lange Form der 
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts". Die Einbeziehung der 
unteren Platte in den Bereich der Halsverzierungen ist aber 
eine Eigentümlichkeit um die Wende des 17. und 18. Jahr- 
hunderts, wo man für die Friese und Inschriften nicht Raum 
genug aufbringen konnte. Für die späte Entstehungszeit 
spricht auch sehr deutlich der Umstand, daß die Anschlag- 
stellen des Klöpfels sehr wenig abgeführt sind. Hier handelt 
es sich offenbar um das Werk eines ganz minderwertigen 
Hausierers späterer Zeit, der gleich an Ort und Stelle, ohne 
großen Apparat und recht billig der Gemeinde eine Glocke 
schuf; und es ist ein warnendes Beispiel dafür, daß man 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 133 

nicht zu schnell und von vornherein, wie es Lehfeldt faet 
immer tut, aus der Form einen Schluß auf das Alter der 
Glocke zieht. Durchm. 47 cm, Höhe 44 cm. 

e) Zadelsdorf : Am Hals 2 Paar Bandlinien, am Schlag 
2 flache Rundstäbe ; weniger schlankes Profil, der Schlag 
fällt schroff ab. Durchm. 64 cm, Höhe 50 cm. Im Gegen- 
satz zu der vorhergehenden Glocke weist diese trotz des 
weniger schlanken Profils in höhere Zeit, wofür auch die 
Bandlinien sprechen. Man könnte sie den Glocken in Forst- 
wolfersdorf beiordnen, die genau dieselben Dimensionen 
haben, also um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts. 

f) Großbocka: Am Hals 2 Systeme von je 3 Linien, 
die nicht in das 15. Jahrhundert (Lehfeldt), sondern in weit 
jüngere Zeit verweisen. Das Profil ist gewöhnlich. Durchm. 
80 cm, Höhe 66 cm. 

g) Großkundorf : Am Hals 2 Rundstäbe, desgl. am Wolm. 
6 runde Henkel. Durchm. 53 cm, Höhe 43 cm. 

h) Ebenda: Bloß am Wolm ein Rundstab, Henkel genau 
wie bei der vorausgehenden. Durchm. 44 cm, Höhe 34 cm. 
Für eine Zeitbestimmung ist wenig Anhalt geboten. Leh- 
feldt setzt beide, in das 17. Jahrhundert, weil die größte 
Glocke auf demselben Turm aus dem Jahre 1663 von 
Hans Hendel in Zwickau stammt. Das ist nicht unmöglich. 

i) Köckeritz : Bloß am Schlag 2 flache Rundstäbe, 6 glatte 
Henkel. Die Haube ist vom Hals an stetig gewölbt; die 
Flanke steil abfallend, der Schlag wenig ausladend, die 
Schärfe nicht abgeschrägt, die Wandung dünn, selbst am 
Schlag nicht viel stärker. Durchm. 68 cm, Höhe 65 cm, 
Ton c mit a zusammenklingend. Es ist die reine Bienen- 
korbform, die mit Sicherheit als die älteste Glockenform 
bestimmt ist. Hier läßt sich das Alter nach der Form, 
unter Berücksichtigung aller übrigen wesentlichen Merkmale, 
ansetzen: 12. Jahrhundert, es wäre somit dies die älteste 
Glocke im Kreis. 

k) Letzendorf : Am Hals 2 Paar Rundstäbe, am Wolm 
ein flacher Stab, 6 runde Henkel. Die Platte schneidet im 



134 Die Glocken des Neustädter Kreises. 

scharfen Winkel vom Hals ab und steigt sanft aufwärts, 
die obere Platte ist leicht gewölbt und von der unteren 
durch eine Stufe getrennt. Die Flanke fallt fast cylindrisch, 
steil und gerade ab und biegt erst am Wolm und Schlag 
schwach nach auswärts. Durchm. 56 cm, Höhe 47 cm. 
Die Altersbestimmung ist schwierig; am wahrscheinlichsten 
ist die Glocke unter die nachmittelalterlichen zu rechnen. 
Lehfeldt verzichtet auf eine Zeitbestimmung. 

1) Neundorf : Bloß am Schlag 2 flache Rundstäbe, wenig 
ausladend, Wandung dünn. Durchm. 68 cm, Höhe 65 cm. 
Die Henkel sind sämtlich abgebrochen, dafür eiserne Bolzen 
durch die Platte getrieben, vielleicht im Jahr 1828, 1. Nov., 
wie das Datum an den Aufhängeeisen besagt. Zeitbe- 
stimmung unsicher. 

m) Schömberg: Am Hals 3 Stricklinien, zwischen den 
Henkeln 2 Schwerter und 4 Spitzen wie bei Schönborn. 
Also 15. Jahrhundert, nicht, wie Lehfeldt, 14. Jahrhundert. 
Durchm. 65 cm, Höhe 47 cm. 

(Unter Teichwitz erwähnt Lehfeldt ein Glöckchen von 
23 cm Durchmesser, mit einem A verziert, an einem Glocken- 
holze mit 1751 ; 1780. Da es ohne Rippe, von durchweg 
gleicher Stärke, an der Schärfe abgerundet ist, handelt es 
sich jedenfalls um eine wertlose Uhrglocke jüngerer Zeit 
und nicht um ein Glöckchen aus dem 15. Jahrhundert.) 

n) Weida, Wiedenkirche: Ohne eine Verzierung, Durch- 
messer 70 cm, Höhe 63 cm. Sie stammt jedenfalls aus 
einer Zeit, in der man nichts für eine Glocke übrig hatte, 
daher wohl kaum mit Lehfeldt in das 15. Jahrhundert zu 
setzen, als Weidas schönste Glocken gegossen wurden, sondern 
in spätere, nachreformatorische Zeit. 

o) Wetzdorf: Am Hals 2 Stricklinien, am Wolm ein 
breiter, flacher Rundstab, der Ton schrill mit vielen un- 
harmonischen Beitönen. Durchm. 58 cm, Höhe 40 cm. 
Wahrscheinlich von einem mittelalterlichen Waudergießer. 

p) Dreitzsch: Am Hals 3 Stricklinien, am Wolm ein 
Rundstab, mittelmäßiges Werk des 15. Jahrhunderts. 



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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



135 



q) Keila: Am Hals 2 Paar Bandlinien, am Wolm 2 flache 
Kundstäbe; 6 runde, dünne Henkel, von denen einer abge- 
brochen. Das Profil ist oben schmal, unten breit (zuckerhutr 
formig); die Schlagstärke nicht viel größer als die Stärke 
der Wandung. Der Ton hohl und unharmonisch. Durchm. 
44 cm, Höhe 36 cm. Entstehungszeit mindestens Anfang 
des 14., nicht des 15. Jahrhunderts (Lehfeldt). Die Glocke 
ist 1902 umgegossen worden. 

r) Neustadt, Stadtkirche : Die sog. Klingel, nicht gleich- 
zeitig mit den 3 größeren desselben Geläutes. Am Hals 2 Paar 
Stricklinien, am Wolm 2 Kundstäbe, am Schlag 2 desgl. eng 
nebeneinander. 6 runde Henkel. Schlankes Profil, Haube 
hoch, Schlag weit ausladend. Die eingegossenen Münzen, die 
Lehfeldt bei der großen Glocke vergessen hatte, legt er irrtüm- 
lich dieser bei. Entstehungszeit Ende des 14. Jahrhunderts. 

s) Neustadt, Schloßturm: Ein kleines Glöckchen für 
den Viertelstundenschlag mit je 2 Kundstäben am Hals, 
Wolm und Schlag, 26 cm Durchmesser, 20 om Höhe, ist 
allem Anschein nach jungen Datums, wahrscheinlich ein 
Ulrichsches Werk. 

t) Neustadt, Rathaus: In einem Türinchen auf dem 
westlichen Giebel, nur mit Hilfe des Schieferdeckers vom 
Dachfirst aus erreichbar, die größere Uhrglocke für den 
Stundenschlag bestimmt, an einem festen Balken aufgehängt. 
Breites Profil, nach unten zu wenig verjüngt, beinahe kessei- 
förmig wie die Uhrglocke auf dem Stadtkirchenturm in 
Weimar. Der Schlag setzt unvermittelt, beinahe recht- 
winkelig ab. Das sehr starke Metall äußerlich stark ver- 
wittert. Eigenartig ist die Stellung der 4 Henkel, welche 
zu je zweien rechtwinklig auf den Mittelzapfen stoßen 
Der Klang ist unharmonisch, ein Geschwirr von vielen zu- 
sammenklingenden Tönen. Durchm. 77 cm, Höhe 50 cm, 
Durchm. am Hals 60 cm, über dem Schlag 72 cm. Die 
Glocke kann um 1400 angesetzt werden. 

u) Ebenda : Viertelstundenschlagglocke. Am Hals ein 
Fries von breiten, nasenbesetzten Spitzbögen, die in Klee- 



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136 



Die Glocken des Neustädter Kreises. 



blatter endigen. Am Wolm ein Rundstab. Durchm. 50 cm, 
Höhe 43 cm; aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. 

v) Pillingsdorf : Nur am Wolm ein flacher Kundstab. 
Die Henkel sind abgebrochen, die Glocke hängt an 4 ver- 
schraubten Bolzen. Vom schwach ausladenden Schlag aus 
verjüngt sich die Flanke nach oben zu ganz gleichmäßig. 
Diese Zuckerhutform weist in das Ende 12. Jahrhunderts. 
Durchm. 69 cm, Höhe 60 cm, Durchm. am Hals 37,8 cm. 

w) Rosendorf: Nach oben zu sich gleichmäßig ver- 
jüngend, ähnlich wie die vorige, aber hier ist die Haube 
mehr gewölbt, der Schlag ladet ganz bedeutend aus, am 
Wolm 2 flache Rundstäbe. Durchm. 52 cm, Höhe 45 cm, 
Durchm. am Hals 24,2 cm. Ton g mit einer Menge mit- 
klingender Nebentöne, unter denen h und d besonders be- 
merkbar sind. Diese Glocke kann in dieselbe Zeit wie die 
vorige gesetzt werden. 

x) Ebenda: Die Flanke ist beinahe cylindrisch, der 
Schlag stark ausladend, am Wolm ein flacher Rundstab. 
Das Metall ist stärker als bei der ersten. Die Zeitbestimmung 
ist schwierig. Durchm. 43 cm, Höhe 36 cm. 

y) Schmieritz: Am Wolm ein ganz flacher Rundstab. 
6 viereckige Henkel, grober Guß, Metall schmutzig-grau. 
Lehfeldt setzt sie in das 17. Jahrhundert. Nach chronikali- 
schen Notizen war sie schon beim Guß der großen von 1444 
vorhanden, sie darf also in frühere Zeit, vielleicht 14. Jahr- 
hundert gesetzt werden. Durchm. 43 cm, Höhe 33 cm. 



Allgemeine Übersicht. 



Diöcese 


Orte 


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Die Glocken des Neustädter Kreises. 



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Verlag von Oastav Fischer In Jena. 

Fortsetzung von Seite 2 des Umschlags. 

Rechtsdeukinule aus Thüringen, hersg. von Michel sen. Lief. 1—5. 1852—63. 

Preis jed. Lief. (0-8 Bog.) 1 M. 20 Pf. 
Richter, Gustav, Moritz Seebeck. Eine Gedächtnisrede, gehalten in der Rose zu Jena 

am 3. März 18SG. Mit Annierk. u. urkundl. Beilagen. 188G. 1 M. üO Pf. 
und Nlppold, G., Richard Adalbert Lipius. Zwei Gedächtnisreden, gehalten 

in der Rose zu Jena am 5. Februar 1,893. I. Lipsius Lebensbild. II. Lipsius 

historische Methode. 1893. 1 M. 

Michelscn, Der Mainzer Hof zu Erfurt am Ausgange de» Mittelalters, 1853 

3 H / 4 Bogen. 4'». 1 M. 

— Ueber die Ehrenstücke u. den Rautenkranz als historische Probleme der Heraldik. 

1&54. 57, Bogen. 4<>. 1 M. 

— Die Ratsverfassung von Erfurt im Mittelalter. 1855. G Bogen. 4°. I M. 

— Urkundlicher Ausgang der Grafschaft Orlamündo. 1856. 5 Bogen. 4°. 1 M. 

— Die ältesten Wappenschilde der Landgrafen von Thüringen. Mit 1 Tafel in 

Farbendr. 1857. 5>/ s Bogen. 4«. 1 M. 

— Johann Friedrichs Stadtordnung für Jena. 1858. 12 Bogen. 4°. 2 M. 

Die vorstehend ' verzeichneten Schriften: Zeitschr. Bd. I — VIII, Codex Thür, 
diplom. Lief. I, Geschichtsquellon Bd. I— III, Rechtsdonkmale Lief. 1—5 u. die noch 
vorrät. kleinen Schriften von Michelsen, wenn zusammen bezogen, erhalten Mitglieder 
des Vereins, anstatt zum Ladenpreis von 70 Mark, für 30 Mark. 

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Bu« JRvi% Regel, 

^rofcn'or an ber UmuetfUät Äürjburg (früher an bei Unioetfität 3cuq). 

(Setter Zeit : Santo, mit einer aeoloa.. Sparte, brei Qcö&eren qcoIoq. 
<J3roftfen unb 14 mbiib. im Xert. 1892. s #ret$: örofdj. 8 maxi oeb. 9 matt. 

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üerbreitunß. mit 6 Slbbtlbunoen im 2ert. 1894. s £rei3: 7 maxi 

3*uctter $ett: SBioaeoaraMte. äioeiteS iöueb: $ie :öenj ofiner. 
9Jlit 94 ^Ibbtlbungen im Sert. 1895. ^reiS: brofdi. 9 SDlarf. 
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Strittet' 'Jett: föisltuvaeoaratWe. 1896. $reiS: broid). 9 9Kart, eleg. 
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SUiit einem £Ucibilb, einer ^rofiltafcl mtb 60 Ulbbtlbuugeii tut £ert. 
Preis: fnofä. 4 m*vU 50 ^f., 0e&. 5 m*vh. 



Einführung in die Kunstgeschichte 

der Thüringischen Staaten. 

Von 

Dr. Paul Lekfeldt, 

weil. Prof. in Berlin. 

Mit 141 Abbildungen im Text. 

1900. Preis: brosch. 4 Mark, geb. 5 Mark. 



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ZEITSCHRIFT DES VEREINS 



FÜR 



THÜRINGISCHE GESCHICHTE 



ALTERTUMSKUNDE. 



NKUE FOLGE. ERSTES SUPPLEMENTHEFT. 
DIE GLOCKEN DES NEUSTÄDTER KREISES. 

EIN BEITRAG ZUR GLOCKENKUNDE. 

VON 

P. LIEBES KIND, 

II IS IC IC V KARR K K IN M D N C II E N 11 K R N S [> O R F. 

MIT SO ABBILDUNGEN IM TEXTE. 




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JENA, 

VKRLAO VON GUSTAV FISCHER. 

1905. 



i' ruuiummiM'hc» Bm lulnukorot (Hcniuum l'ohU) in Jona. — '2743 



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