Zeitschrift für
Verm ess ungswesen
Deutscher Geometerverein
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ZEITSCHRIFT
KOK
VERMESSUNGSWESEN
IM AUFTRAGE UND ALS ORGAN
DES
DEUTSCHEN GEO METER VEREINS
unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer. Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, nnd »r. O. Eggert.
Obersteuerrat in München Professor in Danzig.
XXXVI. Band.
(1907.)
Mit vielen Textfiguren.
STUTTGART.
VERLAG VON KONRAD WITT WER.
1907.
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Verzeichnis der Abhandlungen für Band XXXVI.
Ausbildung der Landmesser in Russland, von v. Z schock 338
Ausbildungsfrage, von Dr. Ch. A. Vogler 588
Ausbildungsfrage, von Dr. C. Müller, mitget. von PI ahn 749
Auslandsgehalt der Landmesser, mitget. vom Auswärtigen Amt .... 185
Ausstellung ia Königsberg, allg. Deutsche geodät.-kulturtechnische, von
v. Bruguier 283
Ausstellung in Moskau 1908, russische geodätische 719
Auszug aus dem preuss. Staatshaushalts-Etat für 1907, mitget. von PI ahn 173
Auszug aus den stenogr. Berichten des preuss. Abgeordnetenhauses, mitget.
von Plähn 174
Bebauungs- und Stadterweiterungspläne, von W. Weitbrecht 281
Behebung von Missverhältnissen in der Besoldung der preussischen Land-
messer, von Meincke 875
Bekanntmachung des Verbands preuss. Katasterkontrolleure 263
Bemerkung zu der Aufgabe S. 713, von Dr. E. Hammer 936
Bemerkungen zur Aufgabe des Rückwärtseinschneidens, von Puller f . 413
Berechnung der fehlenden Stücke eines Vierecks, von Wilcke . . . . 713
Berechnung der Höhe aus den 3 Seiten eines Dreiecks, von Dr. A. Grünert 945
Betonbrücken, von Kappel 145
Bezüge der Landmesser im Kolonialdienst 262
Bitte der Abteilung Lippstadt der Deutschen Kolonialgesellschaft, von
Eichholtz 319
Briefkasten der Schriftleitung, von C. Steppes 528
Bttcherschau: Astronomisch-nautische Ephemeriden für das Jahr 1909, bespr.
von Dr. E. Hammer 524
Bolze, Rechte der Angestellten und Arbeiter an den Erfindungen ihres
Etablissements, bespr. von C. Steppes 406
Börsch, Lotabweichungen, Heft III, bespr. von Dr. J. B. Messerschmitt 64
Clouth, Tafeln zur Berechnung goniometrischer Koordinaten, bespr.
von Dr. C. Müller 420
Friedrich, Kulturtechnischer Wasserbau, bespr. von Schewior . . . 673
Gasser, Basismessung mit Invardraht etc., bespr. von Dr. J. B. Messer-
schmitt 678
Hammer, Lehr- und Handbuch der ebenen und sphärischen Trigono-
metrie, bespr. von A. v. Braunmühl 747
Handbuch der Küstenvermessung, bespr. von Dr. 0. Eggert . . . 335
Hecker, Beobachtungen an Horizontalpendeln über die Deformation des
Erdkörpers etc., bespr. von Dr. J. B. Messerschmitt 814
Heptner, Tafeln f. Wertsberechnungen, bespr. von Schneide r-Hannover 28
Hugershoflf, Der Zustand der Atmosphäre als Fehlerquelle im Nivelle-
ment, bespr. von Dr. A. Schreiber 745
Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, 3. Bd., 3. Aufl., bespr. von
Dr. Ho henner 669
Kühnen u. Furtwängler, Bestimmung der absoluten Grösse der Schwer-
kraft zu Potsdam mit Reversionspendeln, bespr. von Dr. J. B.
Messerschmitt 440
Lenz, Ergebnisse der magnetischen Beobachtungen in Bochum im Jahre
1906, bespr. von Dr. E. Hammer 525
Mitteilungen des k. und k. Militärgeogr. Instituts, XXIV. Bd., bespr.
von Sig. Truck 81
Schewior, Hilfstafeln zur Bearbeitung von Meliorationsaufgaben etc.,
bespr. von M. Eichholtz 494
Seiffert, Vierstellige polygonometrische Tafeln, bespr. von Kummer 495
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III
Seit«
Solowjeff, Lehrbuch der niederen Geodäsie, bespr. von v. Zs chock . 66
Tafeln zur Berechnung von Höhenunterschieden , bespr. von Dr. E.
Hammer 717
Volksdorf, Der gewerbliche Rechtsschutz in Deutschland, bespr. von
C. Steppes 406
Weitbrecht, Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten
Quadrate, bespr. von Dr. 0. Eggert 261
Danksagung, von C. Steppes 617
Druckfehler-Mitteilungen in Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, von
K. Lüdemann 95
Einfache Ableitung des Legendreschen Satzes, von Dr. P. Epstein . . 62
Einfache Begründung der Methode der kleinsten Quadrate, von S. Wellisch 516
Entstehung und Entwicklung der Bauerngüter in der Provinz Hannover, von
Jordan 954
Erneuerung der Karten und Bücher des preuss. Grundsteuerkatasters, von
Gehrmannn 377
Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen, von Dr. 0. Eggert 4
Fernspruch mit Wink- und Schallzeichen bei Vermessungsarbeiten, von Kahle 415
Gefällmesser zum Freihandgebrauch mit direkter Ablesung der Reduktion
für L = 20 m, von Brückner 376
Genauigkeit der Nonienablesung, von Dr. 0. Eggert 635
Genauigkeit von Flächenberechnungen mit der Quadratmillimeterglastafel,
von K. Lüdemann 373
Genauigkeits versuche mit einem Bohneschen Aneroide auf Eisenbahnfahrten,
von Dr. A. Schreiber 449, 481
Geodäsie für Geographen, von Sig. Truck. . . . 321
Geodäsie und Universität, von Drolshagen 845
Geschichte des Vermessungswesens Preussens, insbesondere Altpreussens,
aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von H. Roedder . 689
721, 753, 785, 817, 849, 881, 913
Gesetze und Verordnungen 682, 943
Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute, von P. Vogel 554
Grösse des mittleren Punktfehlers in der Nähe des Minimums, von F. S c h u 1 z e 385
Grundbuchführung, von Skär 586
Grundbuchführung in Preussen, von Haffner 680
Grundbuch und Steuerkataster, von Haffner 422
Grundlinienmessungen mit dem neuen lnvardraht- Apparat, von Dr. E. Hammer 425
643, 905
„Halbamtliche* Anleitung zur Feldmessung aus dem Anfang des 17. Jahr-
hunderts, von Dr. E. Hammer 545
Hilfstafehi zur trigonometrischen und tachymetrischen Höhenmessung für
Zentesimalteilung des Kreises, von J. Heil 67
Hochschulnachrichten 53, 204, 365, 526, 560, 645, 751, 910, 967
Hochschulstudium und Reifezeugnis, von C. Steppes 45
Kartenprojektionen, über rein-geometrische, von Jos. Adamczik . . . 153
Kartenwerk der Stadt Stuttgart, von F. Widmann 474, 499
Katastertheodolit Ch. Lallemands, von Dr. 0. Eggert 641
Kegelprojektionen, über flächentreue, von Jos. Adamczik 249
Koloniale Landesvermessung, von Dr. E. Hammer 393
Konvergenzwinkel bei Doppelschlifflibellen, von R. Dorn 359
Koordinatenberechnung, Beitrag dazu, von P. Reut zel 188
Kreisbogen aus zwei Tangenten und einem Punkte, von Fl. Led er er . . 192
Kurvenmesser (Bauart Dr. Heubach), von Dr. A. Schreiber WSO
Kurvensammler, von Be cht le 143
Landmesser-Ausbildung, von Dr. Ch. A. Vogler 20, 39, 301
Logarithmische Rechenscheiben, von Karl Lüdemann 241
Maximalfehler und die amtlichen Fehlergrenzen ; ferner Vergleichung einer
Reihe zufälliger Ereignisse mit dem Fehlergesetz, von R. Vogel er . 129
Messungsproben, von H. Roedder 873
Messungsproben aus ägyptischen Dreiecken, von Deter in g 769
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IV
Seite
Mittlerer Fehler der Unbekannten bei Näheruugsausgleichungen, von Dr.
0. Eggert 409
Neuere Beobachtungen der magnetischen Deklination in Deutschland und
Oesterreich, von Dr. J. B. Messerschmitt 637
Neue Schriften über Vermessungswesen 448, 679
Neue Tafel zur Berechnung von Kreissegmenten, von Dr. Röther und
K. Lüdemann 665
Neues Verfahren zur Herstellung von Tiefdrnckplatten in Kupfer, von
P. Werkmeister 419
Neugestaltung des Deutschen Geometervereins, von Max Eich holt/. . . 769
Nomogramme mit binären Skalen, von A. Egerer 927
Organisation des bayerischen Eisenbahnmessungsdienstes, von P. Vogel . 362
Personalnachrichten :
aus Baden 96
aus Bayern . . 72, 96, 207, 288, 368, 408, 512, 560, 592, 648, 664, 762,
816, 944
aus El8ass-Lothringeu 752
aus der freien Stadt Hamburg 288
aus Hessen 32, 448
aus Mecklenburg-Schwerin 628, 720
aus Preussen . 31, 56, 72, 95, 128, 152, 184, 207, 239, 264, 288, 319, 367,
383, 408, 424, 447, 480, 527, 591, 647, 664, 688, 720, 762, 784, 816, 848,
880, 944, 968
aus Sachsen .... 32, 152, 240, 320, 368, 424. 448, 528, 720, 816
aus Sachsen-Meiningen 2H8
aus Württemberg 152, 184, 240, 320, 368, 408. 648, 848, 944
Nachruf Gustav Walraft' (mit Bild) 1
Nachruf Dr. J. J. Rebstein 287, 406
Nachruf Georg Beuchelt 783
Nachruf Richard Kühn 880
Nachruf Steuerrat Scherer 908
25 jähriges Jubiläum von C. Steppcs 529
Der österreichische Geodät Hofrat Broch, von S. Wellisch . . . . 815
Persönliche Bemerkung, betreffend die Zulegeplatte, von Dr. P. Wilski . 715
Photogrammetrische Punktebestimmung von einem Standpunkte, von E.
Dolezal 209
Photographische Vervielfältigung bayerischer Katasterpläne, von Ibel . . 194
Polygonalmessungen bei Eisenbahnarbeiteu, von W. Läska 185
Polygonzugsausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate mit im
voraus angenommenen mittleren Fehlern, von Ferbor .... 618, 649
Prinzipien der Ausgleichsrechnung, von S.'Wellisch 579
Prttfungsnachrichten 29, 122, 206, 383, 015
Prüfungsvorschriften für Diplomingenieure und ihre Nutzanwendung auf die
Landmesserausbildung, von H. Wolff 519
Pulfrichsches Stahlmessrohr als Distanzmesslatte in seiner Anwendung bei
stereophotogramraetrischen Aufnahmen, von S. Truck 470
Punktausgleichung mit Rechenschieber, von Kummer . . .... 77
Pythagoräische Rechenscheibe von Röther, Erweiterung, von K. Lüdeinann 513
Pythagoruischer Lehrsatz als Bedingungsgleichung, von Jos. Adamczik . 97
Reziprokendreieck, von Karl Fuchs 107
Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen, von Kummer. . 531, 561, 593
Schlusswort zur Ausbildungsfrage, von C. Steppes 313
Schrägmessung mit Latten, von G. Meysen 896
Selbstanfertigung einer Parallelglastafel zum Ablesen der Höhen im Dreieck,
von Kappel 259
Sonnenuhrkonstruktionen, von Jos. Adamczik 265
Streifzüge auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens, von Fr. Hölscher . . 607
Taschen-Nivellierinstrument, neue Norm des Wagner-Tesdorpfschen, von Dr.
L. Ambronn 170
Taschen-Nivellierinstrumente", von Dr. E. Hammer ........ 298
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V
Seite
Theorie der Lattenmessung, von A. Cappilleri 33
Theorie des Karteneingangs, von K. Fuchs 289
Uebereinstimmung von Kataster und Grundbuch im Grossherzogtum Hessen,
von Port h 940
Uebereinstimmung zwischen Grundbuch und Steuerkataster, von Gehrmann 112
Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen vom Jahre 1906, von AI.
Petzoid 801, 833, 866, 907
Umgestaltung der Vereinssatzungen, von C. Steppes 774
Universaltransporteur Schleichers, von H. Böhl er 947
Unschädlichkeitszeugnis von £. Nachtrag dazu, von C. Steppen . . . 444
Untersuchung einer Kreisteilung, von G. Hey de 542
Untersuchung eines Repetitionstheodoliten, von Karl Lüderaann . . . 345
Vereinsangelegenheiten 32, 124, 152, 239, 344, 424, 446, 626
Vereinsnachrichten 53, 366, 847, 943
Vergleich zwischen mehreren Gleichungen eines Massstabes, von It.
Schumann 369
Verhandlungen des preuss. Abgeordnetenhauses, mitget von Plähn . . . 219
Vermessung der Stadt Leipzig, weiteres darüber, von Ferber . . . . 19
Vermessungswesen der Stadt Dresden, von Gerke 85
Vermischte Nachrichten 364
Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Dresden 1907 . . 285
Verschwenkungskorrektion in der Stereophotograinmetrie, von Karl Fuchs 73
Volkswirtschaftliche Bedeutung der Grundstückszusammenlegungen, von
E. Göbel 340
Vorbildung der Landmesser, von Gehrmannn 299
Vorbildung des preussischen Landmessers, von H. Z. M 148
Vorschlag zum Zusammenlegungsverfahren, von Franz Ständer .... 522
Wettbewerb für Bebauungspläne 942
Watzels Schiebetransporteur, von Dr. P. Wilski 333
Wötzels Schiebetransporteur, von E. Fock 714
Ziele der Landmesser in Preussen, von R. Seh 873
Zur Geschichte der Röhrenlibelle, weiteres, von Dr. C. Mülle i . . . . 264
Zur Geschichte des Rückwärtseinschneidens, von W. Läska 514
Zur Titelfrage, von Schönwetter 447
Zusammenlegungsverfahren, zum preussischen, von Kappel 279
Zweigvereine 54, 69, 118, 236, 286, 510, 663, 683, 912
Verzeichnis der Verfasser.
Adamczik, Jos.: Der Pythagoräische Lehrsatz als Bediugungsgleichung . 97
Adamczik, Jos.: Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen .... 153
Adamczik, Jos.: lieber flächentreue Kegelprojektionen 249
Adamczik, Jos.: Ueber Sonnenuhrkonstruktionen 265
Ambronn, Dr. L.: Eine neue Form des Wagner-Tesdorpfschen Taschen-
Nivellierinstruments 170
Bechtle: Kurvensammler 143
Buhler, H.: Schleichers Universaltransporteur 947
Braunmühl, A. v.: Besprechung von: Hammer, Lehr- und Handbuch der
ebenen und sphärischen Trigonometrie 747
Brückner: Gefällmesser zum Freihandgebrauch mit direkter Ablesung der
Reduktion für L = 20 m 376
Bruguier, v.: Allgemeine Deutsche geodät.-kulturtechnische Ausstellung
in Königsberg i/Pr 283
Cappilleri, A.: Zur Theorie der Lattenmessung 33
Deter in g: Messungsproben aus ägyptischen Dreiecken 769
Dolezal, E.: Photogrammetrische Punktebestimmung von einem Standpunkte 209
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VI
8eite
Dorn, R.: Ergebnisse einer Untersuchung über den Konvergenzwinkel bei
Doppelschlifflibellen 359
Drolshagen: Geod&Bie und Universität 845
E : Unschädlichkeitszeugnis 444
Egerer, A.: Nomogramme mit binaren Skalen 927
Eggert, Dr. 0.: Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen 4
Eggert, Dr. 0.: Besprechung von: Weitbrecht, Ausgleichungsrechnung . 261
Epgert, Dr. 0.: Besprechung von: Handbuch der Küstenvermessung . . 335
Eggert, Dr. 0.: Die mittleren Fehler der Unbekannten bei Näherungs-
ausgleichungen 409
Eggert, Dr. 0.: Die Genauigkeit der Nonienablesung «35
Eggert, Dr. 0.: Ch. Lallemands Katastertheodolit 641
Eichholtz, Max: Besprechung von: Schewior, Hilfstafeln zur Bearbeitung
von Meliorationsaufgaben 494
Eichholtz, Max: Neugestaltung des Deutschen Geometervereins . . . 769
Eichholtz, Th.: Bitte der Abteilung Lippstadt der Deutschen Kolonial-
gesellschaft 819
Epstein, Dr. P.: Eine einfache Ableitung des Legendreschen Satzes . . 62
Ferber, W.: Weiteres über die Vermessung der Stadt Leipzig .... 19
F erber, W.: Polygonzugsausgleichung nach der Methode der kl. Quadrate 618
Fox, E.: Wötzels Schiebetransporteur 714
FuchB, K.: Die Verschwenkungskorrektion in der Stereophotogrammetrie 73
Fuchs, K.: Das Reziprokendreieck 107
Fuchs, K.: Theorie des Karteneingangs 289
Gehrmann: Die Uebereinstimmung zwischen Grundbuch u. Steuerkataster 112
Gehrmann: Vorbildung der Landmesser 298
Gehrmann: Die Erneuerung der Karten und Bücher des preuss. Grund-
steuerkatasters 377
Gerke: Das Vermessungswesen der Stadt Dresden 85
Goebel, E.: Ueber die volkswirtschaftliche Bedeutung der Grundstücks-
zusammenlegungen . 340
Grün er t, Dr. A.: Zur Berechnung der Höhe aus den 8 Seiten eines Dreiecks 945
Haffner: Grundbuch und Steuerkataster 422
Haffner: Zur Grundbuchführung in Preussen 680
Hammer, Dr. E.: „Taschen-Nivellierinstrumente" 298
Hammer, Dr. E.: Koloniale Landesvermessung 393
Hammer, Dr. E.: Ueber Grundlinienmessungen mit dem neuen Invardraht-
Apparat 426, 643, 905
Hammer, Dr. E.: Besprechung von: Astronomisch-nautische Ephemeriden
für das Jahr 1909 524
Hammer, Dr. E.: Besprechung von: Lenz, Ergebnisse der magnetischen
Beobachtungen in Bochum im Jahre 1906 525
Hammer, Dr. E.: Eine „halbamtliche" Anleitung zur Feldmessung aus dem
Anfang des 17. Jahrhunderts 545
Hammer, Dr. E.: Besprechung von: Tafeln zur Berechnung von Höhen-
unterschieden 717
Heil, J.: Hilfstafeln zur trigonometrischen und tachymetrischen Höhen-
messung für Zentesimalteilung des Kreises 57
Hey de, G.: Untersuchung einer Kreisteilung 542
Hohenner, Dr.: Besprechung von: Jordan, Handbuch der Vermessungs-
kunde, 3. Bd., 5. Aufl 669
Hölscher, Fr.: Streifzüge auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens . . . 607
1 1) e 1 : Anwendung der Photographie zur Vervielfältigung bayer. Katasterplänc 194
Jordan: Die Entstehung und Entwicklung der Bauerngüter in der Pro-
vinz Hannover 954
Kahle: Fernspruch mit Wink- und Schallzeichen bei Vermessungsarbeiten 415
Kappel: Betonbrücken 145
Kappel: Die Selbstanfertigung einer Parallelglastafel zum Ablesen der
Höhen im Dreieck 259
Kappel: Zum preussischen Zusamraenlegungsverfahren 279
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VII
Seite
Kummer: Punktausgleichung mit Rechenschieber 77
Kammer: Besprechung von: Sei tier t, Vierstellige polygonometr. Tafeln . 495
Kummer: Mitteilung von Beobachtungsergebnissen über die Schätzungs-
und Kartierungsgenauigkeit an MasBstaben und Kartienmgsinstru-
menten 631, 561, 593
La ska, W.: Polygonalmessungen bei Eisenbahnarbeiten 185
Läska, W.: Zur Geschichte des Rückwärtseinschneidens 514
Lederer, Fl.: Kreisbogen aus zwei Tangenten und einem Punkte ... 192
Lüdemann, Karl: Mitteilungen über Druckfehler in Jordan, Handbuch
der Vermessungskunde 95
Lüdemann, Karl: Ueber logarithmische Rechenscheiben 241
Lüdemann, Karl: Untersuchung eines Repetitionstheodoliten .... 345
Lüdemann, Karl: Ueber die Genauigkeit von Flächenberechnungen mit
der Quadratmillimeterglastafel 373
Lüdemann, Karl: Erweiterung der pythagoräischen Rechenscheibe von
Roether 513
Meincke: Behebung von Missverhältnissen in der Besoldung der preuss.
Landmesser 875
Messerschmitt, Dr. J. B.: Besprechung von: Börsen, Lotabweichungen III 64
Messerschmitt, Dr. J. B.: Besprechung von: Kühnen und Furtwängler,
Bestimmung der absoluten Grösse der Schwerkraft zu Potsdam etc. . 440
Messerschmitt, Dr. J. B. : Neuere Beobachtungen der magnetischen Dekli-
nation in Deutschland und Oesterreich 637
Messerschmitt, Dr. J. B.: Besprechung von: Gasser, Eine Basismessung
mit Invardraht, Mikroskop nnd Lupe 678
Messerschmitt, Dr. J. B.: Besprechung von: Hecker, Beobachtungen an
Horizontalpendeln 814
Meysen, G.: Schrägmessung mit Latten 896
Müller, Dr. C: Weiteres zur Geschichte der Röhrenlibelle 254
Müller, Dr. C: Besprechung von: Clouth, Tafeln zur Berechnung gonio-
metrischer Koordinaten 420
Peters: Nachruf Gustav Walraff 1
Petz old, M.: Uebersicht der Literatur für Verm.- Wesen vom Jahre 1906
801, 833, 866, 907
Plähn: Auszug aus dem preuss. StaatshaushaltsEtat für 1907 .... 173
Plähn: Auszug aus den stenogr. Berichten des preuss. Abgeordnetenhauses 174
Plähn: Verhandlungen des preuss. Abgeordnetenhauses 219
Plähn: Zur Ausbildungsfragc 749
Porth: Die Erhaltung der Uebereinstimmung von Kataster und Grundbuch
im Grossherzogtum Hessen 940
Poller f : Bemerkungen zur Aufgabe des Rückwärtseinschneidens . . . 413
Reutzel, P.: Beitrag zur Koordinatenberechnung 188
Roedder, H.: Zur Geschichte des Vermessungswesens in Preussen, ins-
besondere Altpreussens , aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahr-
hundert 689, 721, 763, 785, 817, 849, 881, 913
Roedder, H.: Messungsproben 873
Rosenmund: Prof. Dr. J. J. Rebstein 406
Roether, Dr. und Lüdemann, K.: Neue Tafel zur Berechnung von
Kreissegmenten 665
Sch., R.: Ziele der Landmesser in Preussen 873
Scharnhorst: Nachruf Georg Beuchelt 783
Schewior: Besprechung von: Friedrich, Kulturtechnischer Wasserbau. . 673
Schneider (Hannover): Besprechung von: L. Heptner, Tafeln für Werts-
berechnungeu 28
Schönwetter: Zur Titelfrage 447
Schreiber, Dr. A.: Genauigkeitsversuche mit einem Bohneschen Aneroide 449, 481
Schreiber, Dr. A.: Besprechung von: Hugershoff, Der Zustand der Atmo-
sphäre als Fehlerquelle im Nivellement 745
Schreiber, Dr. A.: Der Kurvenmesser (Bauart Dr. Heubach) 950
Schulze, F.: Grösse des mittleren Punktfehlers in der Nähe des Minimums 385
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VIII
Seite
Schumann, R.: Ueber den Vergleich zwischen mehreren Gleichungen eines
Massstabes 369
Skär: Grundbuchführung . . . 88*
Ständer, Fr.: Vorschlag zum Zusammenlegungsverlahren 522
Steppe 8, C: Hochschulstudium und Reifezeugnis 45
Steppes, C: Schlusswort zur Ausbildungsfrage . . 313
Steppes, C: Besprechung von: Dr. Bolze, Rechte der Angesteilten und
Arbeiter 406
Steppes, C. : Besprechung von: Volksdorf, Der gewerbliche Rechtsschutz
in Deutschland 406
Steppe 8, C: Nachtrag zu dem Artikel: Unschädlichkeitszeugnis .... 445
Steppes, C: Briefkasten der Schriftleitung 528
Steppes, C: Danksagung 617
Steppes, C: Zur Umgestaltung der Vereinssatzungeu 774
Truck, S.: Besprechung von: Mitteilungen des k. und k. Militärgeogr.
Instituts, XXIV. Bd 81
Truck, S.: Geodäsie für Geographen 321
Truck, S.: Das Pulfrichsche Stahlmessrohr als Distanzmesslatie etc. . . 470
Vogel, P.: Organisation des bayer. Eisenbahnmessungsdienstes .... 362
Vogel, P.: Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute 554
Vogel er, R.: Der Maximalfehler und die amtl. Fehlergrenzen etc. ... 129
Vogler, Dr. Ch. A.: Zur Ausbildungsfrage 588
Vogler, Dr. Ch A.: Zur Landmesserausbildung ...... 20, 39, 301
Weitbrecht, W.: Bebauungs- und Stadterweiterungspläne 281
Wellisch, S. : Eine einfache Begründung der Methode der kleinsten Quadrate 516
Wellisch, S.: Prinzipien der Ausgleichungsrechnung 579
Wellisch, S.: Der österreichische Geodät Hofrat Broch 818
Werkmeister, P.: Ein neues Verfahren zur Herstellung von Tiefdruck-
platten in Kupfer 419
Widmann, F.: Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart 474, 499
Wilcke: Persönliche Bemerkung betr. die Zulegeplatte 716
Wilski, Dr. P.: Berechnung der fehlenden Stücke eines Vierecks . . . 713
Wilski, Dr. P.: Wötzels Schiebetransporteur 333
Wolff, H.: Prüfungsvorschriften für Diplomingenieure und ihre Nutzanwen-
dung auf die Landmesserausbildung 519
Zschock, v.: Besprechung von: Solowjeff, Lehrbuch der niederen Geodäsie 66
Zs chock, v.: Ausbildung der Landmesser in Russland 338
Druckfehlerberichtigungen.
S. 637, Zeile 23 v. o. lies statt Lüdecke: Lüdemann.
S. 668, Zeile 5 v.u. lies statt fünfstellige: vierstellige.
S. 669, Zeile 10 v. o. lies statt 10,49 m: 10,4 qm.
S. 713, Gleichung (8) lies:
V 1 — tag A3 sin e*
S. 813, Zeile 5 v. o. lies statt Röthlingersberger: Röthlisberger.
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1
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuer rat ^
München 22, Katasterburcau.
Dr. O. Eggert,
Professor in Danzig.
1907.
Heft 1.
4 1. Januar. ?-
Band XXXVI.
Der Abdruck von Original «Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltnng ist untersagt.
Gustav Walraff.
^^^^^^^^^^ . a . ^*^l^H|k^fl|^^^l
f 2. Dezember 1906.
Zeitschrift fflr Vermetsangswesen 1907, Heft 1.
2 Gustav Walraft' f. „ Zeitschrift rar
1907.
Noch ist die Wunde nicht geheilt, die der Tod unseres bewährten,
allezeit auf das Wohl unseres Vereins und Standes bedachten Mitarbeiters
Professor Dr. Karl Reinhertz unserem Vereine schlug, und schon wieder
erreicht uns die Trauerbotschaft von dem Heimgänge eines der freuest en,
arbeitsfreudigsten und tatkräftigsten Mitglieder des Deutschen Geometer-
vereins.
Am 2. Dezember 1906 starb an den Folgen eines tückischen Magen-
leidens der Direktor des Vermessungsamtes und Grundstücksamtes der
Stadt Düsseldorf Gustav Walraff im Alter von 56i/2 Jahren.
Geboren am 17. Mai 1850 zu Schwanenberg, Kreis Erkelenz, genoss
er seine Schulbildung auf dem Friedrich- Wilhelm-Gymnasium in Köln.
Nach zweijähriger Ausbildung in der Feldmesskunst durch den vereideten
Geometer Voegelin zu Beuel b/Bonn trat er am 1. Mai 1871 in den Dienst
der damaligen Rheinischen Eisenbahngesellschaft . woselbst er bis zum
1. Oktober 1873 verblieb, und legte im Jahre 1872 die Feldmesserprüfung
mit dem Prädikate „gut" ab. Nach Beendigung seines Militärdienstjahres
vom 1. Oktober 1873 bis dahin 1874 führte er als Abteilungsgeometer die
vermessungstechnischen Arbeiten für den Bau der Eisenbahnlinie Ober-
lahnstein—Coblenz— Güls aus und wurde nach Fertigstellung dieser Ar-
beiten am 1. Juli 1881 dem Königl. Eisenbahn-Betriebsamt Köln rechts-
rheinisch überwiesen. Am 1. Mai 1885 trat er als Leiter des damals neu-
gegründeten Stadtvermessungsamtes in den Dienst der Stadt Düsseldorf,
erhielt am 18. Mai 1897 den Titel „Obergeometer", während ihm am
13. Februar 1906 der Titel „Direktor des Vermessungsamtes" verliehen
wurde.
In diesem bis zu seinem Lebensabende verwalteten Amte entfaltete er
eine rege, vielseitige und segensreiche, von Erfolgen vielfach gekrönte
Tätigkeit. Seiner unermüdlichen Arbeitskraft, Tatkraft und seinem orga-
nisatorischen Talente in Verbindung mit einem reichen Wissensschatze und
vielseitigen Können ist es zu verdanken, dass das Vermessungsamt der
Stadt Düsseldorf eine geachtete und ihm gebührende Stellung im Verwal-
tungsorganismus der Stadt einnimmt und sich der Würdigung aller Zweige
der Verwaltung erfreut.
Welcher Hochschätzung der Entschlafene bei der gesamten Stadt-
verwaltung und Stadtvertretung sich erfreute, dafür bietet den besten Be-
weis der warmempfundene und aus tiefstem Herzen gesprochene Nachruf,
welchen der Herr Oberbürgermeister Marx der Stadt Düsseldorf dem für
das Wohl der Stadt mehr denn 21 Jahre tätigen Toten in der Stadtverord-
netensitzung vom 4. Dezember 1906 gewidmet hat, dessen Wiedergabe an
dieser Stelle gestattet sein möge:
Hochgeehrte Herren! Tief erschüttert stehen wir unter dem Ein-
drucke der Nachricht von dem Heimgange unseres lieben, teuren Direktor
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Gustav Walraff f- 3
Walraff. Eine tückische Krankheit hat den kräftigen Mann jäh befallen,
and die in der vergangenen Woche bewirkte Operation hat nicht vermocht,
ihn uns zu erhalten. Mit ihm ist einer der besten und treuesten Beamten
dahingegangen! An der glänzenden Entwicklung der Stadt hat er mehr
als zwei Jahrzehnte hindurch mitgewirkt und sich unauslöschliche Verdienste
nm sie erworben. Als er im Jahre 1885 in den städtischen Dienst trat,
sab es noch keinen Beamten für das Vermessungswesen. Die vorkommenden
Arbeiten wurden von Fall zu Fall durch Privatgeometer besorgt. Unter
Walraff und mit Walraff ist das städtische Vermessungsamt entstanden
and zu einem unentbehrlichen Gliede im Organismus der städtischen Ver-
waltung geworden. Die Aufstellung und Durchführung der Bebauungspläne
lag mit in seiner Hand. Welche mannigfaltigen Kenntnisse und welches
Geschick im Verhandeln diese Arbeit erfordert, wissen Sie alle. Kaum
eine Strasse ist in den zwei Jahrzehnten offen gelegt worden, ohne dass
hieran das Hauptverdienst Walraff zufiel. Ganz aussergewöhnliche und
dauernde Verdienste hat der Verstorbene sich bei der Verwaltung des
städtischen Grundstücksfonds erworben. Hier kamen die mannigfachen
seltenen Eigenschaften des unvergeßlichen Mannes so recht zur Geltung.
Scharf die Interessen der Stadt vertretend, war er jedem gegenüber zuvor-
kommend und liebenswürdig, und nach manchem Kauf und Verkauf rühmten
die Beteiligten die geschickte und freundliche Art der Verhandlung. Ener-
gisch, klug und beharrlich in der Verfolgung seiner Aufgabe hat er Grosses
erzielt. Gründliches Wissen und seltenes Können, verbunden mit einem un-
antastbaren Charakter sicherten ihm stets neue Erfolge. Was er der Stadt
gewesen und was er für sie geleistet, wird dauernd vermerkt bleiben in den
Annalen Düsseldorfs und die Früchte seiner unermüdlichen, umfassenden
Tätigkeit werden erst die kommenden Geschlechter recht zu schätzen wissen.
Human gegen seine Untergebenen war er allen Beamten ein freund-
licher, entgegenkommender Mitarbeiter. Es gibt kein Ressort der ganzen
städtischen Verwaltung, das nicht mehr oder minder auf seine Mitwirkung
angewiesen war und von seinem Rat, seiner Mitarbeit und seinen Ent-
Schliessungen Nutzen gezogen hat. Schon heute, wo er nur wenige Wochen
den AmtsgeBchäften fern ist, vermissen wir ihn überall. Jeden Augenblick
tritt eine Arbeit an uns heran, bei der wir uns sagen: Das müsste Wal-
raff machen! Der Verlust eines Mannes von solch vielseitigen Gaben ist
kaum ersetzbar.
Auch bei seinen Berufsgenossen im weitesten Sinne erfreute er sich
des höchsten Ansehens und allgemeiner Wertschätzung. Der Vorsitz des
Rheinisch -Westfälischen Landmesservereins war ihm anvertraut und im
Deutschen Geometerverbande war er ein rege tätiges Mitglied. Die deut-
schen Landmesser klagen heute mit uns um den allzu frühen Heimgang
ihres teuren Kollegen.
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4 Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen. z«iuchrm m
TMBMnuifftMB
1007.
Ein Beamter, korrekt vom Scheitel bis zur Sohle, musste er auch in
seiner militärischen Dienstzeit Vertrauen and Anerkennung finden. Was
hierüber zu den städtischen Akten gelangt ist, sind nur Beweise höchster
Wertschätzung. Seine Majestät der König hat ihn wegen seiner vielen
Verdienste um die Stadt durch Verleihung des Roten Adlerordens vierter
Klasse ausgezeichnet.
In gemeinsamer Arbeit mit uns allen ist er vielen von uns ein lieber,
werter Freund geworden. Sein Tod hat tiefen Schmerz und warmes Mit-
gefühl mit der tiefgebeugten Gattin bei uns verursacht. Mit ihr betrauern
wir einen unersetzlichen Beamten und einen edlen Freund. Wir werden
ihm ein ehrendes, getreues Andenken bewahren!
Die Versammlung erhob sich zu Ehren des Verstorbenen von den Plötzen.
Als Mensch liebenswürdig, von makellosem Charakter hat er sich
viele Freunde erworben.
Der Deutsche Geometerverein betrauert in dem Verstorbenen einen
eifrigen Vorkämpfer für die Bestrebungen des Vereins, für die Förderung
der Interessen unseres Standes, der als langjähriger Vorsitzender des
Rheinisch-Westfälischen Landmesser-Vereins mit ganzer Hingebung seines
Könnens stets bereit war, unserer guten Sache seine hochgeschätzte Unter-
stützung zu leihen und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Ein ehrendes und getreues Andenken wird ihm allzeit bewahrt bleiben.
Peters.
Die Fehlerfortpflanzung in Polygonzilgen.
Von Prof. Dr. 0. Eggert in Danzig- Langfuhr.
Es ist mehrfach der Versuch gemacht worden, Polygonzüge einer
strengen Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate zu unter-
werfen, um die günstigsten Werte der Punktkoordinaten zu erhalten. Dabei
hat sich stets das Resultat ergeben, dass die ausserordentlich grosse
Rechenarbeit, die die strenge Ausgleichung verursacht, selbst in wichtigen
Fällen die Anwendung dieser Methode nicht empfehlenswert macht. Im
Anschluss an die strenge Ausgleichung eines gestreckten gleichseitigen
Polygonzuges hat Jordan die Fehlertheorie des ausgeglichenen Zuges be-
handelt und hierbei wichtige Aufschlüsse über die Fortpflanzung der
Messungsfehler gefunden. Für Züge anderer Form ist eine Fehlertheorie
bisher nicht bekannt geworden.
Die Jordansche Theorie lässt sich nicht unmittelbar in die Praxis
übertragen, da die Ausgleichung der Polygonzüge in der Regel nicht nach
der Methode der kleinsten Quadrate, sondern nach Näherungsmethoden
ausgeführt wird. Die Frage, in welcher Weise die Fehlerfortpflanzung
bei einem nach den üblichen Näherungsmethoden ausgeglichenen Zuge vor
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T«raw^lnwfäen EWert- Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen. 5
sich geht, ist bisher nicht erörtert worden. Die Beantwortung dieser
Frage, die für den speziellen Fall des gleichseitigen gestreckten Zuges
durch Vergleich ung mit den Ergebnissen Jordans sofort den Wert der
Näherungsmethoden erkennen lässt, bildet den Gegenstand der folgenden
Untersuchung.
Der Vollständigkeit wegen werden zunächst die mittleren Koordinaten-
fehler für den Endpunkt eines einseitig angeschlossenen Zuges von belie-
biger Gestalt berechnet. Hierauf folgt die Bestimmung der mittleren
Koordinatenfehler für einen beliebigen Punkt eines beiderseitig ange-
schlossenen und nach den bekannten Näherungsmethoden ausgeglichenen
Zuges. Werden die hierbei gefundenen Endformeln auf die Mittelpunkte
spezieller symmetrischer Züge angewendet, so erhalten sie eine einfache
und für die praktische Anwendung bequeme Form. Die Ergebnisse der
Untersuchung sind am Schluss der Abhandlung zusammengestellt und auf
einige Zahlenbeispiele angewendet.
L
In einem einseitig im Punkte 1 angeschlossenen Zuge mit m Punkten
oder m — 1 Strecken (Fig. 1) seien die letzteren sowie die m — 1 Brechungs-
Fig. 1.
winkel gemessen. Wird der Richtungswinkel der Anschlussrichtung mit <r0
bezeichnet, so ist der Richtungswinkel der A>ten Strecke
(1) & = ?<> + J?/* ± *-i8o°
und die entsprechenden Koordinatenunterschiede sind:
(2) A yk = ik »in A xk = ** cos <pk.
*
Hiermit ergeben sich die Koordinaten des Punktes m :
y« = yi + 2 Sk sin qn
xm = *,-»- 2 8k cos y*.
1
Durch Differentiation der Gleichungen (l)—(3) findet man:
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6 Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzugen. SÄS-SS nir
d yk = 2 d ßt ,
l
d Ayk = *» fkd8k + *k C08 tpk dfpk
dAxk — cos tpk dsk — 8k 8tn qp* d<pk
und M-i -i-i » .
'/y». = ^ 8i n <pk d 8k + 2 (** c0* ** 2 d )
W m-l «-1 1-
rf ar„, =2 co" ** **■ — 2 (** *,w ** 2] rf M •
l l x l 7
Die beiden letzten Gleichungen lassen sich auch in der Form schreiben :
m—l m—l m—l
dffm =2 SiH ****** + 2! l^' 2] ** C°* **)
W m-l m-l m-l
dar« = ^ co* 9* <*** ~~ 2 21 ** SP») •
Bezeichnet pk das Gewicht der Strecke sk , das des Winkels /?<
und bezw. /u«. den mittleren Fehler für ph = 1 und <7, = 1 , so ist
nach der Fehlerhäufungsregel:
m — l m—l m — l
(„,_). = ft*, j i "»* » + 2 i " ~ .
W m-l m-l
(/**m)t = r*'« y pk C0fti9k^r il%v2^~g7 (2t8kttin **) •
i i
Für den besonderen Fall des gestreckten, gleichseitigen und in der
Richtung der Abszissenachse verlaufenden Zuges ist
<Pi = *« — ' ' • — *■ — 0
und alle Gewichte können gleich Eins angenommen werden. Hiermit er-
halten wir aus der ersten Gl. (6) :
oder ^*m)t = fK** '(W~ 1)9 + (m~ 2)8 + " ' ' * * + P*
m (m — 1) (m — 2)
(7) /*Vm .= A* » 8 6 ,
übereinstimmend mit der von Jordan gefundenen Formel, i)
Wir gehen nun zu einem mit beiden Endpunkten angeschlossenen Zuge
über, für den die Koordinaten der Punkte 1 und w, sowie die beiden An-
schlussrichtungen <r*0 und <jp„ gegeben sind (Fig. 2). Die wahren Werte
der Brechungswinkel seien /?„ & . . . die der Strecken 5„ s2 • • •
so dass der wahre Wert des Richtungswinkels der Ä-ten Strecke:
(8) » = * + ± * 180°
*) Jordan, Handbuch der Vermessungskunde. 6. Aufl. 1904. Bd. II, S. 442.
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zeiuchrifi für Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen.
ist. Hieraus ergeben sich die wahren Koordinatenunterschiede für die-
selbe Strecke:
Ayk = 8k sin <pk = » t*i + 2ßt ± k- 180«)
JjCfc = * COS <pk SS 81 C08 + 2ßt ± k- 180°)
und die wahren Koordinaten des Punktes m:
(lOi
-r„. = + ^ 4 au .
Es seien andererseits ßx-\-dßv ß% + dßi...ßn-\-dßn die gemessenen
Winkel, sl-±-dsl, s2 ~\- ds^ . . . sH-\- dsH die gemessenen Strecken, so dass
dß\i dß% . . . d0„ bezw. ds2 . . . ds„ die wahren Messungsfehler be-
zeichnen.
Fig. 2.
Bei der Näherungsausgleichung wird zunächst der Winkelabschluss-
fehler gleichmässig auf die gemessenen Winkel verteilt; es erhält somit
jeder Winkel eine Verbesserung von der Grösse:
(11)
»-»±-W 1 1 £ = _ 1 i
Werden mit den verbesserten Winkeln die Richtungswinkel berechnet,
so ist
(12)
f* + <lq>k = Vo + 2 ßt + 2dß,- 2dßt±k- 180"
i l " l
und hieraus erhält man die Koordinatenunterschiede
Syu + d Ayk = (« + ») «m 2^ + 2^'" ; 2^' + !«>•{
'Ii " l '
'11 N 1 '
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8 Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügeo. Zeitschrift rar
J yt 4- d J y* = 8k »in q>k + »in tpK d»k + »i cos <pk (2 d ßt — * 2
(13) 1 1
4a* -f- rf^Xi = «A co* 9* + co/» (pi dii — *k »in (2 d ß4 — 2 dß* ) »
l n l 7
wobei »iayjt und <lie wahren Fehler der berechneten Koordinaten-
unterschiede bezeichnen.
Werden die letzteren summiert, so geben die Abweichungen der Summen
von den gegebenen Werten yH — y, bezw. xm — xx die Koordinatenwider-
gprüche w„ und wm und es ist
n — 1 »« — 1 » 1
W, ss jfn — y, — 2 4 y4 — 2'' 4 "* = 2r/ 4f4
i i l
» — 1 M-l " 1
ir, = x„ — .r, — V J Tk — ^ rf i xL — -^'/Ja
i l l
oder l M-i * . ■
«V = — 2 »f h f/s — ^ »* co* y». ( 2 d ß, 2 d/J, )
l i i i
« — I M— ] I • N
ir, = — 2 coä d* + 2 ** ( 2 ^ 0' — - 2 dß* ) •
1 1 1 " 1
Die Verteilung dieser Widersprüche auf die einzelnen Koordinaten-
unterschiede erfolgt entweder proportional den einzelnen Strecken oder
proportional den Absolutwerten der Koordinatenunterschiede. Verfolgen
wir zunächst die erstere Methode, so sind die Verbesserungen der vor-
läufigen Koordinatenunterschiede
(15) ^ik"'* Und + 2 s
mithin die endgültigen Koordinatenunterschiede
A y* + d' A y* — si sin <fk 4- »in (pi d sk -f «k co» tpA^dßi— T] d ß, \
i w i 7
(16)
4 .r4 -J- A xk = Si com q L -\- co» jp» *t — a mm ( 2 /?< — — 2 d ß{ )
«-1 «•-!
JS« bezeichnet hierin die Summe aller Strecken des Zuges.
Mit Hilfe der Gleichungen (16) können die wahren Fehler der Koor-
dinaten des Punktes m aufgestellt werden. Es ist
m — l m—l l m-l • n
dym = 2"'*" *» + 2(** cog <p* 2 dP' ) — 2(** c0* — 2 rfM
m-\ n 1 M-l „ m-\ *
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eä'ÜSwl Eggert. Fehlarfortpflanxung in Polygonzügen. 9
1 1 v 1 7 1 v * 1 /
"»-1 g^ m—l m—l m—l U
t mm j 1
In anderer Anordnung lauten diese Gleichungen:
(17)
«-1 / -t-l \ m-l m-l
rf** «in qp* yl — ~ - J — £ äs* sin <pk
2/m—l m—l , n—l m-l
j 2** eo" <P" - 2** co* 9* t - 2s* co* 9* 2 vfc
* * 1 w < 1
rfx. = s<» «. (1 - s jt) _ „, „ 2 »#
«■-1
21 m—l m—l _ *— 1 m—l ^
rf0* I ~~ 2** **M + 2 ** *,n — + 2 */n I- t .
* < 1 n < 1 z *
•»—1
^* / •»— 1 £ »— 1 m—l ^ »«—1 - m—l
+2, * - + 2 *> 2 57 - s * ^ v 2 27 (
1 m—l M — 1 m—l
+ d0« 1 2 * ww — — 2«k «*» 9* — 2 jV{ •
Um von den wahren Fehlern auf die mittleren Fehler der Beobach-
tungen übergehen zu können, führen wir wieder die Gewichte pk und gt>
sowie die mittleren Fehler /*« und ^ der Gewichtseinheiten aus Abschn. I
ein, und erhalten dann nach der Fehlerhäufungiregel :
(18)
m-l / / m-l v ^ »-1 / m^l
+ 2 J< \ 2 * co* - 2 Ä* c0* TT ~ 2 * co* ^ 2 ^7
«— 1 ^ m—l 1 j
+ S*-»»-. S37I
Di
10 Eggert. Fehlerfortpflanzung in PolygaMägan. ^z^chmtuu:
+ ^ ^Tt i** C°* n ~ 2 * co* * 2 ^7 + 2 *> 008 9" „ 2 Jfc\
m 1 '11 1
- * 2 J |- * (i - S £)f - * I«. * ffcf
M-l
21 i k m~l "H_l *
^ j— 2 Si ■** + 2 •* **» — + 2** 2 ^7
—i
^ ^25t **~ + 2* V* 2^7_ 2*fc »in<fk~
Die beiden vorstehenden Ausdrücke (18) ergeben die strengen Werte
der mittleren Koordinatenfehler eines Punktes in einem beliebig gestalteten
Polygonzuge, in dem der Winkelabschlussfehler gleichmassig auf die Winkel,
die Koordinatenabschlu8sfehler nach Verhältnis der Strecken auf die Koor-
dinatenunterschiede verteilt sind.
Erfolgt die Verteilung der Koordinatenabschlussfehler nach Verhältnis
der Absolutwerte der Koordinatenunterschiede, so treten an die Stelle der
Verbesserungen (15) die Werte
<19> +^;'r- und +
worin die Summierung sich auf die Grenzen 1 bis n — 1 bezieht. Es sind
in diesem Falle somit zur Berechnung der mittleren Koordinatenfehler die
"is* m2\Syk\
Faktoren ~ in der ersten Gl. (18) durch * . , und in der zweiten
m-i *\**\
Gl. (18) durch * . , zu ersetzen.
III.
In einem geradlinigen Zuge, der in der Richtung der .»Achse verläuft,
ist für alle Strecken qp = 0, folglich geht die erste Gl. (18) über in
—1 (20)
21 / «"—1 "»—1 , »—1 «—1 „ «—1 . "•— 1 _ \a
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Zeitschrift fttr^ Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzflgen. H
und wenn alle Strecken gleich s sind:
(21)
u> . . V 1 U (m n m(w-^ (n-Q(m-l) (m - 1) ,*
l
,t„» V 1 * m (m - *) (n-i)(m-l)
+ -1 f_ m(m-l) m-lj*
•
Unter der Voraussetzung, dass n eine ungerade Zahl ist, wenden wir
Gl. (21) auf den Mittelpunkt des Zuges an, so dass /iym die mittlere Quer-
verschiebung des Zuges angibt, die wir mit pq bezeichnen wollen. Für
diesen Fall ist m — 1 = — „ — , folglich wird nach (21), wenn wir zu-
gleich alle Gewichte gleich 1 setzen:
* •
I
a
oder «ri
\ i
T 1
n l
Wird die zweite Summe ebenfalls auf die Grenzen 1 bis — g — ge-
bracht, so ist:
Hieraus ergibt sich:
= «iV« **" j (" ~ * )(-"*- »a + »■ -I- h) + 82 n» J£ i» |
»-1
a
1 »•
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12 Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen. „zdtoohrm rur
ist, so wird nach einfacher Redaktion:
n* _|_ 2 n» — 8
(22) l»V = «W 192n
Die zweite Gleichung (18) gibt für den Fall, dass alle Richtungswinkel
gleich Null und alle Strecken gleich « sind:
= |<— »> (x ~ ==r)' + <— )
»i — 1
und für w — 1 = — g — ergibt sich hieraus die mittlere Längsverschiebung;
(»3) = Ai«. *
4
Jordan findet [Z. f. V. 1884, S. 233, Gl. (39)] durch strenge Aus-
gleichung eines gestreckten gleichseitigen Zuges nach der Methode der
kleinsten Quadrate für die mittlere Querverschiebung den Ausdruck:
= «V- j£ (— 1) C+ 1) - (<" + 'ff? - 1)1 + ^ (» -!)(.+ 1)) j ,
der sich leicht umwandeln lässt in
, , n« + 2 w» — 3
- mi; '
übereinstimmend mit Gleichung (22). Es zeigt sich somit, dass die Aus-
gleichung eines gestreckten gleichseitigen Polygonzuges nach den üblichen
Näherungsmethoden dieselbe mittlere Querverschiebung gibt, wie die strenge
Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate, dass also die An-
wendung der letzteren in diesem Falle zwecklos ist. Es ist hierbei natür-
lich gleichgültig, ob die Verteilung der Koordinatenabschlussfehler nach
Verhältnis der Strecken oder der Absolutwerte der Koordinatenunterschiede
ausgeführt wird.
IV.
Nach der ersten Gleichung (18) lässt sich auch leicht die mittlere
Querverschiebung eines gleichseitigen unregelmässigen Zuges berechnen,
Fig. 8.
dessen Seiten jedoch den Richtungswinkel -|- 9 °&er — y haben (Fig. 3).
Für einen solchen Zug erhalten wir auB (18), da sin* q> und cos* q> kon-
stant sind:
... n — 1 i . • * »4 + 2w' — 3
(24) (>\ = p\ •*»' q> — + f*>~ *« co$* f ivfn •
In bezug auf die mittlere Querverschiebung sind also Züge von der Form
der Fig. 3 und der Fig. 4 und 5 vollkommen gleichwertig.
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^zjwciuift rar Eggert. FehlerfortpfUnzung in Polygonzügen. 13
Wir berechnen nun noch nach der zweiten Gleich. (18) die mittlere
Längsverschiebung für zwei spezielle Fälle nicht geradliniger, jedoch gleich-
seitiger Züge.
Fig. 4.
Setzen wir sinq> = a und eastp = ft, bo ist für den in Fig. 4 dar-
gestellten Zug
sin (pi = sin <pt — • • • — sin <pm — i — -\- a
sin <pm = sin fw+l = ... ^ sin (pn-\ = — a
and co* = cos <pt = . . . — cos fn-i = + 0.
Hiermit wird
+ ««((m-0-(n-m))^i
- ^(l+2-f-.. + ('»-l)-'H -••-(«-!))
+ ^ | + ( 1 + 2 + •• + m - 1 )-•«(»- 0
-^-(l-4-a-h.. + (m-l)_m-..-(«-l))^£-i|f
-^(l + 2 + .. + (m-l)-m-..-(»-l)) I'
und nach Summierung der einzelnen Reihen
+^^21—+'+-"^-+
m (m — 1) (m — 1) (2m — n) m — 1
n-1
n — 1
—l
2n(»— 1)
• i»V(m(m — 1) m — 1 . m— 1
m(m— l)1 (m + n — l)(m — 1)» \t
n — l)(m — 1)» H
•*(»-!) j
m(m— 1)» (m-fn— l)(m — 1)
T
2n
2»(n — 1)
, M, t ,(m(m-l) m(m-l)' (m + w-l)(m-l)' Ii
"r^" } 2n 2n(n-l) ^ 2n(n- 1) J*
-l)(m-l)' )«
(n-1) J
Digitized by
14
Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen. Zeitschrift rar
Für die Mitte des Zuges ist
, n — 1
es geht somit die vorstehende Gleichung nach einfacher Umformung über in
oder
9
i im»—1 » ..Tv/' »+!\ä_i_(»— vi
ist, so ergibt sich leicht
'«-1 »-1
» ~ 1 . ... *(*'-!)
oder
<25)
48
, , , n — 1 , m (n* — 1)
V.
Für den zweimal gebrochenen Zug, den Fig. 5 darstellt, ist die mitt-
lere Querverschiebung bereits durch GL (24) gegeben. Wir berechnen hier-
Fig. 5.
zu noch die mittlere Längsverschiebung des Mittelpunktes. Bezeichnen wir
wieder sinqt mit a und cosq> mit b, so ist nach Fig. 5:
und
sin (pl
+ « • •
• • »in
4
— a . .
. sin 9>w_!
— a
4
2
— a . .
• • «'»» <Pt(«- 1)
— o
4
4
4- 0 • .
. . s/n qp„_i
+ «
+ ft . .
. . CO« $>,,_,
+ 6.
Da auch hier alle Gewichte gleich Eins gesetzt werden können, so
«ibt die zweite Gl. (18) für den Mittelpunkt des Zuges :
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Eggert. Fehlerfortpflanznng in Polygoozügen. 15
-^(i+a+-'+^-"48----iv2+8jT:i+--+''-i)r
¥ !■'«( 'V ' f ' "7')
S(— 1)
+^.^2{+i-(i+»+..+--=i-^±-8-..-^)
-^(l+.+..+^-^-..-?^+8-=±l+..+--l))*
+ . • . J { + -J- ( 1 + * + . . + 5=1 - !+ 3 - . . - 5=2 ) + » („ _ o
1 /i_i_2-L- 4-W-1 " + 3 3(n-l) 3n + l \>«
Der vorstehende Ausdruck vereinfacht sich beträchtlich nach Ausführung
der Summierungen innerhalb der quadratischen Glieder, und man erhält:
1
«
4 —1
■■hl *.+! *
Digitized by Google
16 Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen. vwSm«S25wK«
Eine weitere Vereinfachung ergibt sich, wenn die vier Summen auf die-
it i
selben Grenzen 1 bis — 4~ gebracht werden, wobei sich findet:
^(+•-"^7+(-••+B,^,),}
oder p'i = p*. b* — j-—
Die Berechnung des Summengliedes ist nun leicht ausführbar und wir erhalten :
. . , » — 1 . , . , n« + 26n" — 24n — 3
(26) /*« , = M». cog <p — — + i*w •« »m» 9 ?gg- .
VL
Wir stellen nun die für die drei speziellen Fälle gefundenen Resultate
noch einmal zusammen:
1. Gestreckter Zug mit *t Punkten, Seitenlänge = 8.
" * 192h '
F» ■ F* — | — •
2. Einmal gebrochener Zug (Fig. 4).
, , , n — 1 . . . n (n* — 1)
= co«» <jp — h *»* «» #«n» <p — ^ .
3. Zweimal gebrochener Zug (Fig. 5).
M i = f* • *'»« <p — | h /*»«> *» co«» y ,
, . n-1 . , »* + 26n»--24»-3
A* i = m*. eo«» y — - h /• w s» y ?68-n •
Um die Anwendung dieser Formeln auf Zahlenbeispiele zu erleichtern,
sind im Nachstehenden die von n abhängigen Koeffizienten für einige
Werte von n berechnet.
Digitized by Google
zeiuchrm fur Eggert. Fehlerfortptianzung in Polygonzügen.
im.
17
n-1
w« + 2»* — 3
»(»»-l)
„« + 26rts — 24» — 3
4
192 n
48
768»
3
5
7
9
11
13
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
1
0,167
0,700
1,857
3,889
7,045
11,577
0,5
2,5
7,0
15,0
27,5
45,5
0,300
0,652
1,222
2,074
Zahlenwerte von allgemeinerer Bedeutung lassen sich nach den obigen
Formeln schwer berechnen, da die relative Genauigkeit der Winkel- und
Streckenmessungen sich bei verschiedenen Entfernungen schwer schätzen
lässt.
Am einfachsten ist die Schätzung für gestreckte gleichseitige Züge
ausführbar. Nehmen wir für die Winkelmessung bei 50 m Seitenlänge
einen mittleren Fehler von ±1,5', bei 100 m ±0,8', bei 150 m + 0,6'
und bei allen grösseren Seiten + 0,5' an, so ergeben sich für die mittlere
Querverschiebung pq die in der nachstehenden Tabelle zusammengestellten
Werte.
Seiten-
Anzahl der Seiten
lange
2
6
8
10
12
50
0,01
0,02
0,03
0,04
0,06
0,07
100
0,01
0,02
0,03
0,05
0,06
0,08
150
0,01
0,02
0,04
0,05
0,07
0,09
200
0,01
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
250
0,01
0,03
0,05
0,07
0,10
0,12
300
0,01
0,04
0,06
0,09
0,12
0,15
350
0,01
0,04
0,07
0,10
0,14
0,17
400
0,02
0,05
0,08
0,11
0,15
0,20
450
0,02
0,05
0,09
0,18
0,17
0,22
600
0,02
0,06
0,10
0,14
0,19
*
0,25
In gebrochenen Zügen hängen /i, und von dem mittleren Winkel-
fehler und von dem mittleren Streckenfehler ab. Um auch hierfür ein
paar Zahlenwerte berechnen zu können, setzen wir
»* - *—
^ " ~ 40000
und berechnen die Grössen uq und pt für Züge mit 12 Strecken von je
200 m Länge und mit verschiedenen Brechungswinkeln. Wird fi„ = ± 0,6'
angenommen, so finden sich die nachstehenden Werte.
Zeitschrift ffir Vernn"»iung»we»en 1907. H«ft 1. 2
Digitized
18
Eggert. Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen. Zeitschrift rur
Einmal gebrochene Züge.
(Fig. 4.)
Zweimal gebrochene Züge.
(Fig. 5.)
n — 1
= 12 «
= 200
N — 1
= 12 9 = 200
/•«
9
0°
0,10
0,12
0«
0,10
0,12
15°
0,10
0,13
15»
0,10
0,18
30«
0,10
0,14
30»
0,10
0,11
45"
0,11
0,16
45«
0,11
0,09
Es geht hieraus hervor, dass bei gleicher Zag- und Seitenlänge zwei-
mal gebrochene Züge in bezug auf pi günstiger sind, als solche mit ein-
maliger Brechung. Die Eigentümlichkeit, dass in der zweiten Tabelle pi,
nachdem es für qp — 15° ein Maximum erreicht hat, wieder abnimmt,
rührt daher, dass zur Bestimmung des Zugmittelpunktes (Fig. 5) in der
Längsrichtung des Zuges auch die Winkelmessung beiträgt, während sie
in Fig. 4 fast nur von der Streckenmessung abhängt.
In den beiden folgenden Tabellen sind Züge mit 12 Strecken und ver-
schiedenen Brechungswinkeln zusammengestellt, bei denen der Abstand der
Endpunkte konstant = 2400 m angenommen ist, so dass mit wachsendem
qp auch die Seitenlänge zunimmt
Einmal gebrochene Züge. Zweimal gebrochene Züge.
(Fig. 4.) (Fig. 5.)
H — 1 = 12 n — 1 = 12
Alistand der Endpunkte sss 2400. Abstand der Endpunkte = 2400.
9»
_J1_
»_
<P
0°
0,10
0,12
c
0,10
0,12
15»
0,11
0,14
15°
0,11
0,14
30«
0,12
0,1 i
30«
0,12
0,12
45«
0,14
0,22
45*
0,14
0,12
Auch hier erweisen sich die Züge zweiter Form (Fig. 5) als die
günstigeren. Die zweite Tabelle zeigt zugleich, dass Züge mit zweimaliger
Brechung selbst bei q> = 300 den gestreckten Zügen bei konstantem Ab-
stand der Endpunkte an Genauigkeit nur wenig nachstehen.
Näherungsweise können die vorstehenden Resultate auch auf kreis-
bogenförmige und S-förmige Züge angewendet werden. Die Untersuchung
hat zu folgendem Ergebnis geführt: Die Ausgleichung gestreckter gleich-
seitiger Polygonzüge nach den üblichen Näherungsmethoden ist gleichwertig
mit der strengen Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate.
In gebrochenen Zügen (Fig. 4 und 5) nimmt bei konstanter Zuglänge
die Genauigkeit bei wachsendem Richtungswinkel nur wenig ab, wesentlich
Digitized by Google
/schritt rar Ferber. Vermessung der Stadt Leipzig. 19
bessere Resultate können mithin durch strenge Ausgleichung kaum erwartet
werden. Um so weniger scheint es angebracht zu sein, das einfache Aus-
gleichungsverfahren durch Einführung besonderer Gewichte für die ein-
zelnen Richtungswinkel zu erschweren. Auch der durch die Drehung und
Dehnung eines Zuges erzielte Gewinn wird den damit verbundenen Auf-
wand an Rechenarbeit kaum rechtfertigen.
Weiteres Uber die Vermessung der Stadt Leipzig.
Am 1. November vor. Js. ist der langjährige verdienstvolle Leiter des
Vermessungswesens der Stadt Leipzig, der am 1. September 1905 zum
städtischen Obervermessungsinspektor ernannte frühere Vermessungsinspek-
tor Eduard Händel in den Ruhestand getreten. Seit dem Jahre 1879
im Dienste der Stadt Leipzig hat er seit 1884, also 21 Jahre lang, der
Leipziger Stadt Vermessung und seit dem Jahre 1900 der damals ge-
schaffenen VermessungsabteUung des städtischen Tiefbauamts vorgestanden.
Leider ist es ihm nicht vergönnt gewesen, das Werk der Leipziger Stadt-
vermesBung, dem er seine ganze Arbeit und Mühe mit Freudigkeit ge-
widmet und das er mit grosser Sachkenntnis geleitet hat, zu Ende zu
führen. Die anstrengende Tätigkeit wirkte allmählich nachteihg auf seinen
Gesundheitszustand; ein nervöses Herzleiden zwang ihn, um seine Pen«
rionierung einzukommen, die ihm vom Rate der Stadt Leipzig unter ehren-
der Anerkennung seiner Verdienste gewährt wurde. Der Name Handels
wird in allen Zeiten unlösbar mit dem nach dem heutigen Stande der
Geodäsie ausgezeichnet eingeleiteten und zum grossen Teil ausgeführten
Werke der Leipziger Stadtvermessung verknüpft bleiben. Durch Verleihung
des Ritterkreuzes II. Klasse des Kgl. sächsischen Albrechtsordens wurde
Händel im Jahre 1904 besonders ausgezeichnet.
Eine der letzten Arbeiten Händeis war die Ausarbeitung eines Plans
für die beschleunigte Beendigung der Stadtvermessung. Diese war zu
seinem Bedauern infolge der nicht ausreichenden Mittel, die im städtischen
Haushaltplan jahrelang für die Vermessung der Stadt eingestellt werden
konnten, nicht in der Weise fortgeschritten, dass nach bereits 21 jähriger
Arbeit eine baldige Beendigung in Aussicht stände. In längerem Gutachten
begründete er den städtischen Kollegien gegenüber die Notwendigkeit eines
schnelleren Arbeitsgangs, um die Leipziger Stadtvermessung überhaupt in
absehbarer Zeit zu Ende zu führen. Dieser Arbeitsplan, der die Beendi-
gung der Vermessung des etwa 6700 ha grossen Vermessungsgebiets in
10 Jahren in Aussicht nimmt, wurde von den städtischen Kollegien, ohne
dass von irgend einer Seite ein Einspruch erfolgte, glatt angenommen;
gleichzeitig wurden die nötigen Mittel bewilligt.
Digitized by Google
20 Vogler. Zur Landmesserausbildung. v«ra£™rtf\*f^eo
Von dem Vermessungsgebiet waren bis zu Ende des Jahres 1904 rund
3500 ha bereits vermessen; allerdings bedarf es vielfach umfangreicher
Nachmessungen, um das Geschaffene wieder kurrent zu stellen, eine Folge
des früheren Sparens an unrechter Stelle. Der neue Arbeitsplan sieht
neben dem ordentlichen Aufwand der Vermessungsabteilung, der im
Jahre 1906 für Neumessungs- und Verwaltungsarbeiten im früheren Um-
fange einen Gesamtbetrag von rund 106 500 Mk. Ausgaben und 14 000 Mk.
Einnahmen umfasst, also einen Zuschuss von rund 92 500 Mk. erfordert,
noch einen ausserordentlichen Aufwand von jährlich zwischen 52000
und 70000 Mk. Ausgaben vor, im ganzen einen auf 10 Jahre zu ver-
teilenden ausserordentlichen Betrag von rund 669000 Mk.
Ohne auf die einzelnen Positionen, aus denen sich dieser Betrag zu-
sammensetzt, an dieser Stelle eingehen zu können, möchte ich nur er-
wähnen, dass vom Jahre 1906 an für die Neumessung ein ausserordent-
liches Personal von 1 Ingenieur, 1 Mathematiker und 8 Hilfsgeometern,
im Jahre 1907 hierzu noch 2 Hill's geometer und 2 Zeichner und im Jahre
1911 noch 1 Hilfsgeometer und 3 Zeichner in Aussicht genommen sind.
Nach diesem Plane wird das Personal der Vermessungsabteilung im Jahre
1911 seine Höchstzahl erreichen und, ausser dem Vorstand der Abteilung
und seinem Stellvertreter, 32 technische Beamte und Hilfsarbeiter für Neu-
messungsarbeiten und 20 technische Beamte und Hilfsarbeiter für Verwal-
tungsarbeiten, sowie etwa 50 zur Hälfte nur halbjährig beschäftigte Mess-
gehilfen umfassen. Am Ende des Jahres 1905 bestand das Personal ausser
den beiden leitenden Beamten aus 1 Mathematiker, 5 Geometern, 2 Ver-
messungsassistenten und 1 Aufseher als Beamte und 1 Ingenieur, 11 Hilfs-
geometern, 9 Zeichnern, 1 Expedient als Hilfsarbeiter, sowie 19 Mess-
gehilfen.
An Stelle Händeis wählte der Rat den Unterzeichneten zum Ober-
vermessungsinspektor und Vorstand der Vermessungsabteilung und den
staatl. gepr. Vermessungsingenieur Seidel, vorher im Kgl. Zentralbureau
für Steuervermessung in Dresden tätig, zum Vermessungsinspektor und
Vertreter des Vorstands. Die Dienstbezeichnung Stadtgeometer kam in
Wegfall. (Vergl. S. 57 Jahrg. 1901 dieser Zeitschrift.)
Leipzig, im August 1906. Ferber.
Zur Landmesserausbildung.
Vergl. diese Zeitschrift 1906, Heft 26, S. 655-669.
In einem Heft der Zeitschrift gleich drei Abhandlungen über die
Landmesserausbildung, mit denen ich mich auseinanderzusetzen habe, ist
ein bisschen viel. Mich darf es indessen nicht anfechten, wenn nur der
Leser nicht die Geduld darüber verliert.
Digitized by Google
v.™^1^^ Vogler. Zur Landmesserausbildung. 21
i.
In seinem Aufsätze, überschrieben wie mein voriger: Landmesser
und Landwirtschaftliche Hochschule, gibt Herr Landmesser Schulze
( Stettin) zuerst eine Gegenüberstellung unserer Meinungen über die nächsten
Schritte, die zu einer Verbesserung der Landmesserausbildung führen
könnten; ich gebe zu so unparteiisch, als es von seinem Standpunkte aus
nur möglich ist. Er verlangt ausnahmslos die Maturität, ich dagegen
empfehle, fähigen Köpfen die Möglichkeit des Eintritts mit Primareife
nicht abzuschneiden. In Hinsicht des Uebergangs zum obligatorischen
sechsseme8trigen Studium bestehen prinzipielle Gegensätze zwischen uns
nicht, nur dass ich darauf hinweise, wie schwer der Entschluss dazu den
Behörden werden muss, da ihm Bedenken entgegenstehen, die allem Ver-
muten nach auch den Ministerien vor Augen getreten sind. Eines dieser
Bedenken betrifft z. B. die mangelhafte Ausnutzung der Studienzeit. Ich
glaube nicht, dass man es beschwichtigen wird durch den Hinweis
darauf, dass bei den Juristen das fragliche Uebel seit langem be-
stehe und doch niemand an die Einschränkung der Studienzeit von drei
Jahren auf zwei denke. Wie schwer würde vielmehr jenes Bedenken wiegen,
wenn es sich um eine Erhöhung der Studiendauer für die Juristen
handelte! Ob das Drehkreuz des Vorexamens am Eingang zum fünften
Semester den Behörden zweckmässig erschiene, weiss ich nicht. Dem
Professor kann es ganz und gar nicht gefallen, weil damit das vierte
Semester für das stetige, innerliche Studium wieder verloren wäre.1)
Aber man kann über dergleichen sehr wohl diskutieren, und es würden
die Behörden der Würdigung solcher Debatten gewiss nicht unzugänglich
sein, wenn die nach Geltung strebenden Berufsstände von der leidigen
Gewohnheit abgingen, irgend welche Forderungen als unumstösslich , als
Recht des Standes u. dergl. von vornherein aufzustellen.
In des Herrn Verfassers Darlegungen ist mir eine Stelle aufgefallen,
wo er die früh verwaisten Beamtensöhne, die ich als Beispiel einer
beachtenswerten Ersatzmannschaft für den Landmesserberuf aufgeführt habe,
für den Fall, dass ihnen dieser durch die Forderung der Maturität ver-
schlossen werde, auf Subalternbeamtenstellen im Staats- und Kommunal-
dienst hinweist. Damit wird denen, die den Landmesserberuf erstreben,
wenig gedient sein. Denn diesem Beruf, weil er auf wissenschaftlicher
Grundlage steht, wohnt eine gewisse Wertschätzung seitens aller Ein-
sichtigen bei, die ihn von seinem Beamtenrang ablöst. Man sollte auch
nicht häufiger als nötig darauf verweisen, dass im Beamtentum der Land-
') Zum Punkte „Revision der Prüfungsmethoden". Was ist da nicht alles
schon versucht worden, und das Endergebnis: es bleibt in allen Prüfungsformen
schwer, echtes vom Schein zu unterscheiden.
Digitized by
22 Vogler. Zur LandmesserauBbildung. ?JHS5Ki8o
KKT7.
mes8er als Subaltern-, vielmehr als mittlerer Beamter beginnen muss.
Es klingt, als schätze man sich selbst tiefer ein, als es von vernünftigen
Leuten der Umgebung geschieht.
Dass zur Hörsaalverödung nur der Mangel an Fleiss bei den Studenten
führe, habe ich nicht behauptet. Mir sind die drei Kategorien wohl be-
kannt, derer, die immer in der Vorlesung sitzen, derer, die mit Verstand,
und derer, die ganz unvernünftig schwänzen. Der zweiten Gruppe bin ich
immer gerecht geworden. Aber gar kein Recht wegzubleiben gestehe ich
— bei unsern Einrichtungen — den Mutlosen zu, die, wenig begabt, den
Vorlesungen nur schwer folgen können. In unsern zahlreichen Uebungen
aller Art umgibt sie ein eifriges, hilfbereites Dozentenpersonal, zu Rat und
Auskunft erbötig, und wer dem Professor seine Nöte nicht klagen mag.
der findet bei den mitwirkenden Assistenten ein williges Ohr. — Stunden-
planbeschwerden V Trockene Vorträge? Nun, das soll es ja auch geben
und stets gegeben haben. Hoffen wir von der Zukunft das beste. Wenn
nur eingesehen werden wollte, dass der Fleiss des Studenten eines der
wirksamsten Agitationsmittel, ja die notwendige Voraussetzung für obli-
gatorische Erweiterung der Studiendauer ist.
Als Grund für Ablehnung der Landmesserkurse seitens der Tech-
nischen Hochschulen (1882) ist mir damals von einem Beteiligten lediglich
die Kürze der Studiendauer angegeben worden. Damals und noch lange
nachher konnte man mit Primareife ordentlicher Zuhörer der Technischen
Hochschulen werden und die Diplomprüfungen wurden hauptsächlich im
Interesse von Nichtabiturienten abgehalten.
Der Herr Verfasser fragt, welchen Sinn es wohl gehabt haben würde,
wenn er seiner Aufstellung die Bemerkung hinzugefügt hätte: „Im 1 .ehr-
plan der Berliner Hochschulen ist aber auch ein fünfsemestriges Studium
ohne Stoffzuwachs vorgesehen. [Wer also in den vier vorgeschriebenen
Semestern, aus Mangel an Fleiss oder an Begabung, das Pensum nicht
bewältigen kann, dem steht es frei, dies in fünf (oder auch in sechs)
Semestern zu tun.lu Der erste Satz würde die Statistik des Herrn Ver-
fassers wesentlich verbessert haben, denn in der Tat sind auf unsern
Studienplilnen zwei sorgfältig ausgearbeitete fünfsemestrige Lehrgänge,
einer vom Frühjahr, einer vom Herbst an laufend, mit Buchstaben be-
zeichnet. Dem letzteren schliessen sich alle Herbstankömmlinge an, etwa
1/7 unsrer Frequenz, da sie doch erst nach fünf Semestern zur Prüfung
zugelassen würden. Der sechssemestrige Lehrgang muss individueller be-
handelt und darum der Einzelberatung mit dem Abteilungsvorstand über-
lassen werden. Daher würde der zweite Satz, in eckiger Klammer, sinn-
widrig gewesen sein, sinnwidrig, nicht sinnlos. Sinnlos, im Gegensatz zu
sinnvoll, bedeutet eine Null, sinnwidrig im Vergleich mit sinngemäss eine
Umkehr des Vorzeichens. Ich habe in meinem «rsten Aufsatz nur von
Digitized by Google
TJgffjg *a Vogler. Zur LAndmeflseraisbüdung. 23
sinnwidriger Verwendung von Zahlen gesprochen, und eine solche läge im
[ ]-Satz, weil er die Semesterzahl 5 in einer Bedeutung verwenden würde,
die der wirklichen widerspräche. — Die vom Herrn Verfasser gesperrt ge-
gebene Schlussfolgerung aus dem Vorhandensein fünf- und sechssemestriger
Lehrgänge akzeptiere ich in der Fassung: „Das in vier Semester zusammen-
gedrängte Pensum des vollständigen geodätisch-kulturtechnischen Stu-
diums kann von Studenten mittlerer Begabung, einerlei ob es Primareife
oder Abiturienten sind, nur mit Anstrengung in dieser Zeit bewältigt
werden. Es ist jedem, der es einrichten kann, zu gönnen, dass er fünf
oder sechs wohldisponierte Semester darauf verwendet. u Das ist ja gar
nichts anderes, als was ich jedes Jahr den Neueintretenden in meiner
Empfangsnnsprache sage. Fakultativ haben wir den fünf- und sogar den
sechssemestrigen Studiengang längst. Aber ich füge auch jedesmal bei,
dass darum niemand, der nur vier Semester zur Verfügung hat, vor der
unvermeidlichen Anstrengung zurückschrecken darf, sondern seine ganze
jngendliche Kraft, dann aber auch mit Aussicht auf Erfolg, einsetzen muss.
Das klingt hoffentlich nicht wie das Klagelied von der Ueberbürdung.
und des Herrn Kollegen mitgeteilte Briefstelle auch nicht. Es würde doch
auch seiner frischen, tatkräftigen Natur, die von sich und andern etwas
fordert, gar nicht entsprechen, vom unausbleiblichen Misserfolg, von der
völligen Verfehltheit des (vollständigen) geodätisch-kulturtechnischen, vier-
semestrigen Studienganges zu reden, oder gar durch die Behauptung, das
ganze viersemestrige Studium sei im Grunde nur eine Art Drill für das
Examen, die Lehranstalten zu verunglimpfen, aus deren einer er selbst und
aus denen zusammen jetzt über 2800 Landmesser hervorgegangen sind.
Es sollte mir herzlich leid tun, wenn viele von diesen den abfälligen Ur-
teilen des Herrn Verfassers zustimmten, bloss weil sie es für taktisch
richtig Welten, kein gutes Haar an der jetzigen Einrichtung des Hoch-
schulstudiums zu lassen, um eine bessere zu erringen.
Diese Taktik ist gar nicht einmal die rechte. Wenn wir sagen könnten,
seht, es sind lauter arbeitslustige, praktisch brauchbare, mit Kenntnissen
mindestens befriedigend ausgestattete, charakterfeste Landmesser, aus den
Hochschulen hervorgegangen, aber die und die gewichtigen Mängel liegen
noch vor; man gewähre für das Studium mehr Zeit und es soll noch weit
besser werden — ich bin überzeugt, wir hätten nicht lange an die Pforte
zu klopfen.
Wenn der Herr Verfasser des „ Vergleichs M gesagt hätte: Ich verlange,
dass jeder Landmesser alles durchstudiert, was in dem Berliner Studien-
plan dargeboten wird, einschliesslich des nur empfohlenen und des für Vor-
geschrittene bestimmten Lehrstoffes; ich erkläre ferner, dass vier Stunden
Vorlesungen und Uebungeu täglich das richtige, sechs Stunden dagegen
eine unerträgliche Ueberbürdung sind; von diesen Prämissen aus ist das
Digitized by
24 Vogler. Zur Landmesserausbildung. vÄE^^iUi
Dresdener Programm für Vermessungsingenieure ein Ideal, der Berliner
Studienplan aber ein Monstrum; — so hätte ich meine Einwendungen, zu
denen ich mich höchst widerwillig entschloss, ihm und den Lesern erspart.
Sobald der Herr Verfasser aber aus seinen Darlegungen den Schluss zog,
dass die naeh dem vollständigen Berliner Studienplan in vier Semestern
Ausgebildeten für ihr Fach in völlig verfehlter Weise vorbereitet seien,
verlangte es die einfache Billigkeit, dass er mindestens hinzusetzte:
Man kann es sich freilich in Berlin so einrichten >) , dass man nur 27.
23, ltt und 12 Stunden wöchentlich in den vier Semestern hört und übt,
also 20 Stunden im Durchschnitt wöchentlich. 3*/a Stunden täglich; die so
ausgebildeten Landmesser sind nur nach meinem ersten Gesichtspunkt
ungenügend vorbereitet. Bei dieser sachgetreuen Darlegung würde jeder-
mann das rein Theoretische der Schulzeschen Abwägung klar erkannt
haben. Er mochte selbst beifügen, dass sein Urteil durch zahlreiche per-
sönliche Erfahrungen bestätigt werde, es verstand sich ja von selbst: nach
seiner Erkenntnismethode und den ihm zufällig begegneten Personen.
Nur das Wort vom Drill durfte er auch dann nicht aussprechen, weil es
durch nichts begründet werden kann.
Das Verlangen, Physik und Chemie aus der Reihe der empfohlenen
Vorlesungen in die der obligatorischen zu versetzen, behandelt abermals
eine Frage praktischer Lehrkunst von bloss theoretischem Gesichtspunkte
aus. Zu Ehren des abstrakten Begriffes „ akademisches Studium- würden
wir unsere Realgymnasiasten veranlassen, aus der ersten der oben gekenn-
zeichneten Studentenkategorien in die zweite überzutreten. Uebrigens
hat für dergleichen die geodätisch-kulturtechnische Abteilung, kein höherer
Ort, die Verantwortung, und ich hoffe, sie wird immer dabei bleiben, Fragen
der Lehrpraxis zugunsten der wirklichen Bedürfnisse wirklicher Studenten
zu lösen.
Aus vorstehendem geht hervor, dass ich meine Einwände gegen die
Statistik des „Vergleichs" aufrecht erhalte. Absolution gebührt dem Herrn
Verfasser jedoch betrefft seiner irrtümlichen Stundenzahl für die Mess-
übungen. Er bedachte nicht, dass der Andrang zum Landmesserstudium,
der nach seiner Studienzeit eintrat, eine Neuregelung der Messübungen
und ihrer Dauer zur Folge haben musste, und das ist kein schweres Ver-
sehen, wurde von mir auch nur nebenher berichtigt Für seine jetzigen
statistischen Angaben über den Studienerfolg ist er wohl nicht verant-
wortlich. Einige davon erregen meinen Zweifel. Bis zum Schluss des
Jahrhunderts bestanden in Bonn jährlich im Durchschnitt 78°/0 aller in
die Prüfung eingetretenen Kandidaten, und dieser Satz sollte sich durch
') S. viersemestrigen Lehrplan im Programm der Hochschule und auf S. 8
von „ Ausbildung und Prüfung der preuss. Landmesser und Kulturtechnikeru,
Berlin 1W4. 3. Aufl.
Digitized by Google
Jjjjjgggjjg,, Vogler. Zur Landmesserausbildung. 25
die zweite und dritte Prüfung nur um 4<>/0 erhöht haben? Es ist darin
aoch jene« schwarze Jahr, das einzige seiner Art, enthalten, in dem die
Misserfolge 35°/0 betrugen und in dem es sich um scharfes Vorgehen gegen
eingerissene Missbräuche gehandelt haben mag. Der Schaden glich sich
im folgenden Jahr so ziemlich wieder aus. Ich weiss wohl, dass bei An-
gaben Ober den Gesamterfolg scharfe Zahlen kaum zu erlangen sind, da
man alle Nachzügler, auch die an andre Anstalten übergegangenen, ab-
warten muss, was oft Jahre währt. Jeder Nachzügler durchschnittlich l°/0
seines Jahrganges! Aber ich will annehmen, 180/0 sei für Bonn die Ge-
samtverlustziffer *) ; rechtfertigt sie einen solchen Pessimismus, wie der Herr
Verfasser ihn kundgibt? Warum nährt er ihn künstlich, indem er daran
festhält, dass nur einzelne, besonders fleissige und hervorragend befähigte
Studierende das Pensum doch in vier Seraestern bewältigen? In Berlin hat
von Beginn an stets mindestens die Hälfte der Bestandenen, früher bei
günstigeren Aussichten weit mehr, die Fähigkeit zum Eintritt in die land-
wirtschaftliche Verwaltung erworben, und man darf annehmen — das ist
nicht nur meine Schätzung — dass davon wieder mindestens die Hälfte
ganz ac htungs werte , künftige Selbständigkeit des Urteils verbürgende «)
Leistungen in den wichtigsten Teilen des Gesamtpensums darbot. Die
Generalkommissionen müssen aus solchen jungen Beamten etwas tüchtiges
machen können. Wenn aber stets diese verzweifelten Weherufe über die
Landmesserausbildung zu ihnen dringen, dann werden die Leiter der
Generalkommissionen den Mut zu Einrichtungen nicht finden, die den
jungen Beamten in allen dem Landmesser zustehenden Aufgaben weiter-
bilden und ihn in seinem Beruf schnell heimisch machen. Das so wert-
volle und so wohltuende Interesse des Vorgesetzten für den Nachwuchs
wird doch kaum geweckt, indem man diesem die Empfehlung mitgibt:
„Taugen werden sie wohl alle nichts rechtes; es ist aus theoretischen
Gründen fast ganz ausgeschlossen, dass sie etwas ordentliches gelernt
haben könnten.0
Fast möchte man fürchten, dass das Studium der Geodäsie und Kultur-
technik manchem geschadet hat, z. B. auch den späteren akademischen
Dozenten. Sie wären voraussichtlich ebensowohl vom Kaufmannsberuf aus
Gelehrte geworden, der eine Jurist, der andere Mediziner u. s. w. Bloss
der Umstand, dass sie Dozenten der Geodäsie geworden sind, läset noch
etwa vermuten, es könnte ihnen durch das Studium doch etwas Vorliebe
') Ich bin der letzte, der der Prüfungskommission in den Ann fallen möchte,
wenn sie die Konsequenzen der Hörsaalverödung zieht.
*) Dass man mich nicht miss versteht! Ich trage der uralten Erfahrung
Rechnung, dass nicht jedes rechtmässig erworbene Prüfungszeugnis diese Bürg-
schaft bieten kann, z. B. nicht jedes Maturitätszeugnis die innere Reife des
Studenten verbürgt.
Digitized by Google
26 Vogler. Zur Landmeuserausbildung. ¥,m£«KSw£«
für diese Wissenschaft erweckt oder wenigstens die während der Vorpraxis
gekeimte Neigung zu ihr nicht ganz erstickt worden sein. Nur fein be-
scheiden!
Zum Schluss ermahnt der Herr Verfasser die Hochschulprofessoren,
der Praxis nahe zu bleiben und davon Vorteil zu ziehen, wenn der urteils-
fähige Praktiker seinen Rat darbietet, wie die Ausbildung des Nachwuchses
zu verbessern sei. — Die Aufgaben und Leistungen der Praxis zu ver-
folgen, namentlich die Leistungen früherer Zuhörer, darunter auch die des
Herrn Verfassers, war den Professoren stets ein Anliegen und sehr oft
eine grosse Freude. Ratschläge für den Unterricht haben sie öfters
empfangen, die zweckmässigsten wieder von früheren Schülern, und gern
befolgt. Das aber, was sie nicht berücksichtigen konnten, waren radikale,
sich untereinander widersprechende Urteile und Verurteilungen. Solchen
gegenüber bleibt doch gar nichts anderes übrig, als sich selbst seine Ueber-
zeugung zu bilden, nach ihr zu handeln und kühl mit Buttler zu sprechen:
-Ein jeder gibt den Wert sich selbst."
Nachtrag. (Zusammengestellt von dem Bureaubeamten der
Prüfungskommission zu Berlin).
1898 1899 1900
In die Prüfung zu Berlin zum erstenmal eingetreten:
135 106 71
Von diesen Kandidaten sind in der ersten Prüfung bestanden:
105 «8 55
Von dem Rest sind in einer zweiten Prüfung bestanden:
21 29 11
und in einer dritten Prüfung noch:
5 1 1
Also sind im ganzen bestanden:
131 98 67
oder in Prozenten der in den genannten Jahren zum erstenmal in die
Prüfung eingetretenen:
97°/0 92°/0 94°/0
and für alle drei Jahre zusammengefasst nahezu 95°/0. Von den 71 Kan-
didaten des Jahres 1900 trat einer wegen Krankheit zurück und starb
bald darauf.
Zweiter Nachtrag. Gemäss Aufstellung eines Mitgliedes der
Prüfungskommission zu Bonn traten in den Jahren:
Digitized by Google
tJSSSSSStStm Vogler. Zur Landmesserausbildung. 27
1898 1899 1900
zum erstenmal in die Prüfung ein:
120 84 67
Kandidaten. Von diesen bestanden in der ersten, oder in einer zweiten,
oder in einer dritten Prüfung:
116 77 66.
Es sind also bis jetzt von den drei Jahrgängen zusammen bestanden 259,
nicht bestanden 12 Kandidaten, oder 4,4 °/0. Unter den drei letzten Jahr-
gängen des vorigen Jahrhunderts betindet sich der im Text erwähnte, in
dem nur 65% aller in die Prüfung eingetretenen bestanden. Dennoch
sind von den zum erstenmal in die Prüfung eingetretenen bis jetzt reichlich
9O°/0 bestanden, entsprechend der Behauptung auf S. 617. Als ganz
abgeschlossen sind die Jahrgänge 1898 bis 1900 weder in Bonn noch in
Berlin anzusehen.
Dritter Nachtrag. Soweit die Zahlen, die sich mit Feststellungen
über andere Berufsstände und deren Studienerfolge vergleichen lassen.
Kein Ministerium wird von einer Fakultät oder einer Fachabteilung ver-
langen, dass ihm ein Nachweis darüber geliefert werde, was aus allen bei
ihr eingeschriebenen Zuhörern geworden ist. Niemand könnte ihn aufsteilen,
und niemand weiss, wie ein solcher Nachweis, wenn er möglich wäre, aus-
fallen würde. Auch für die geodätisch-kulturtechnische Abteilung mit ihrer
beschränkteren Freizügigkeit bei ziemlicher Abgeschlossenheit gegen Aus-
länder ist es, wenngleich nicht unmöglich, so doch äusserst schwierig, jenen
Nachweis zu führen. In den ersten Jahren ihres Bestehens geschah es
dennoch, später gab man es auf. Es gehört dazu genaueste Personen-
kenntnis, Verfolgen jedes einzelnen über Jahre hinaus, Feststellen, wer zum
zweitenmale immatrikuliert, wer in Berlin oder in Bonn oder in seiner
nichtpreussischen Heimat bestanden ist, wer nur Kulturtechnik getrieben
hat, wer gestorben oder unheilbar krank ausgeschieden ist. Mit der Glei-
chung: „eingeschrieben minus bestallt gleich verloren" ist es keineswegs
getan.
Der Bureaubeamte der Abteilung hat die Aufstellung für vier Jahr-
gänge gemacht. Zusammengefasst sind diejenigen zum erstenmal immatri-
kulierten, die zu dem gleichen Prüfungstermin reif sein können. Gerade
die Betrachtung der Einzelfälle lehrt, was an der Hochschule übrigens
schon feststand, dass es unzulässig ist, das Nichterreichen des ursprünglich
gesteckten Zieles aus einem einzigen Gesichtspunkt zu erklären. Hier ist
die Ursache trotz gutem Maturitätszeugnis ein schwacher Charakter, dort
Aenderung der Vermögensverhältnisse, manchmal blosse Rückkehr zu einem
aufgegebenen Lieblingsstudium. So gut jemand einzig und allein die
mangelhafte Vorbildung für den Schaden haftbar machen möchte, ebenso-
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28 Bücherschau. _ zeiuchrtrt für
gut könnte ein Moralist die Sittenverderbnis der Grossstadt, ein Tempe-
renzler den Alkohol, ein Gegner des studentischen Verbindungsweaena
dessen Auswüchse, ein Sozialist das gesunkene Pflichtbewusataein der bürger-
lichen Klasse verantwortlich heissen. Fälle, die ihm scheinbar Recht geben,
könnte jeder Erklärer finden, und doch müsste man gegen die Einseitigkeit
seiner Erklärung entschieden Einspruch erheben, auch dabei immer wieder
betonen, dass kein anderer Berufsstand mit zuverlässigen Zahlen zur Gegen-
probe herangezogen werden kann.
Es wurden in den Jahrgängen:
1895/96 96/97 97/98 98/99
d. h. im Wintersemester des zuerst und im Sommersemester des an zweiter
Stelle genannten Jahres, in der geodätisch-kulturtechnischen Abteilung zum
erstenmal immatrikuliert:
199 103 80 104 zusammen: 486
Zuhörer. Davon bestanden die Landmesserprüfung in Preussen:
165 83 63 91 402.
In ihr Heimatland kehrten zurück oder als bereits Bestandene trieben bloss
Kulturtechnik, oder es starben oder gingen unheilbar krank ab:
1 2 3 8 9.
Nicht bestanden oder aus verschiedenen Gründen nicht [oder noch nicht i)|
in die Prüfung eingetreten sind demnach:
33 18 14 10 75
oder in Prozenten der ersten Zahlenzeile:
16,6 17,5 17,5 9,6 15,4.
Aus diesen vier Jahrgängen haben 5 Kandidaten ihr Studium neuerdings
wieder aufgenommen. Vogler.
(Schhiss folgt»
BUcherschau.
Tafeln für Wertsberechnungen. Multiplikationstafeln. Bearbeitet von
L. Heptner, Kgl. Landmesser in Leobschütz. Herausgegeben mit
Unterstützung des Kgl. Preussischen Ministeriums für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten. 1905, Selbstverlag.
Die Tafeln, die aus der Praxis des Verfassers heraus entstanden sind,
sollen zur Ermittlung von Werten, als Reinerträgen, Renten-, Pacht- und
Zinserträgen, Kaufpreisen etc., dienen. In erster Linie sind sie als Hilfs-
1 Studierende, die 1898/99 eingetreten sind und 1906 „noch- nicht absol-
viert hatten, dürfen wohl ausser Betracht bleiben. (Steppes.)
Das wollen wir, in Rücksicht auf die 5 Zeilen weiter erwähnten 5 Kan-
didaten, nicht hoffen. (Vogler.1!
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tctwSSttwh Prüfungsnachrichten. 29
mittel zur Berechnung der Ertragswerte in Auseinandersetzungssachen ge-
dacht. Zu den Verwertungsarbeiten sind besonders in Gebrauch die Ta-
bellen von Hoppe und Windhausen, während dazu die Multiplikationstafeln
von Grelle und L. Zimmermann weniger benutzt werden. Bei den wohl
am meisten verwendeten Tafeln von Hoppe sind ha, ar und qm je für sich
in besonderen Abschnitten auf einer Seite verwendet. Will man eine
Fläche, die ar und qm enthält, verwerten, so ist eine einmalige, kommen
noch ha dazu, eine zweimalige Addition vorzunehmen. Bei grösserem
Umfange der Wertsermittlungen kann dies leicht zu einer empfindlichen
Fehlerquelle werden. Die Heptnerschen Tafeln suchen nun möglichste Ein-
fachheit und Sicherheit des Rechnens durch folgende Anordnung zu ge-
währen. Die Werte bis zu 100 ha werden bei den am meisten vorkom-
menden zweistelligen Wertseinheiten lediglich durch Nebeneinanderstellen
der Tafelzahlen erhalten. Die Wertszahlen einer Fläche, die ha, ar und
qm enthält, müssen aus 2 verschiedenen Zeilen derselben Seite entnommen
werden. Da jedoch die weitaus grösste Anzahl der zu verwertenden
Flächen, besonders in Auseinandersetzungssachen, nur aus ar und qm sich
zusammensetzt, kommt dieser Umstand weniger in Betracht, indem man
die Werte für ar und qm durch Nebeneinanderstellen von 2 Tafelzahlen,
die auf ein und derselben Zeile verzeichnet sind, ermittelt. Ausser dieser
bequemen Handhabung bieten die Tabellen den Vorteil, die Stellung des
Kommas mit anzugeben. Auch zu sonstigen Multiplikationen sind sie mit
Vorteil zu verwenden. Sie wurden gelegentlich der Aufstellung von Re-
gistern zu einer Verkoppelung geprüft. Die Wertsermittlungen wurden
teils mit der Hoppeschen, teils mit der Heptnerschen Tafel ausgeführt.
Eine Vergleichung der Resultate ergab eine Mehrleistung von 18% bei
Benutzung der Heptnerschen Tafeln.
Die Ausstattung des Buches ist vorzüglich.
ScAweuJer-Hannover.
Prüfungsnachrichten.
Verzeichnis der Kandidaten, welche im Frühjahrstermin 1906 bei der
Königlichen Prüfungskommission für Landmesser zu Berlin die Landmesser-
prüfung bestanden haben:
1. Arnemann, Georg,
2. Bahr, Artur,
3. Bartsch, Franz,
4. Basset, Rudolf,
5. Becker, Walter,
6. Beykirch, Karl,
7. Blankenburg, Robert,
aus Schildberg, Posen.
„ Oppeln.
„ Oberhausen, Rheinland.
„ Loewen, Schlesien.
„ Coswig, Anhalt.
„ Sömmerda, Prov. Sachsen.
n Schulitz, Posen.
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30
Prttfungsnachrichten .
8. Brandt, A ugust.
9. Bach, Georg,
10. Cohaus; Ludwig,
11. Deckwerth, Bruno,
12. Degenhardt, Karl,
13. Dettmer, Hermann,
14. Di eck, Hermann,
15. Dransfeld, Adolf.
16. Erdmann, Artur,
17. Feiten, Johannes,
18. Fischer, Justus,
19. Gerber, Alfred,
20. Lückemeyer, gen. Geselbracht,
21. Gille, Artur,
22. Glaeser, Walter,
23. Greve, Adolf,
24. Grube, Oskar,
25. Grunewald, Kurt,
26. Günther, Friedrich,
27. Handke, Walter,
28. Hintze, Ernst,
29. Hobbert, Edmund,
30. Ibe, Johannes,
31. Jarosch, Johann,
32. Kaiser, Felix,
33. Kaschade, Fritz,
34. Kerber, Herrmann,
35. Keuten, Franz,
36. Kl ahn, Friedrich,
37. Kosch, Franz,
38. Koschwitz, Karl,
39. Ko walzig, Oskar.
40. Kraefft, Hans,
41. Krause, Alfred,
42. Langmann, Magnus,
43. Lehmann, Walter,
44. Mathias. Karl,
45. Meier, Johannes,
46. Meyer, Karl,
47. Michaltseck, Bruno,
48. Müller, Artur,
49. von Münchow, Willy,
50. Mylo, Ludwig,
51. Printz, August,
52. Que hl, Adolf,
53. Ramm, Franz,
54. Reimke, Alfred,
55. Reinhold, Ernst,
56. Reinke, Paul,
57. Rincke, Ernst.
58. Roland, Paul,
59. Saebisch, Bruno,
60. Salzmann, Max,
61. Schiller, Wilhelm,
62. Schmidt, Karl Eduard,
aus Rosenthal, Hessen-Nassau.
., Hildesheim.
„ Nordwalde, Westfalen.
„ Kerzdorf, Schlesien.
„ Bad Sachsa, Harz.
„ Güsten, Anhalt.
„ Grimmen, Pommem.
„ Münster, Westfalen.
„ Jägerbrück, Pommern.
h Berlin.
„ Duschnik, Posen.
„ Berlin.
d Hohne, Amt Lengerich, Westf.
„ Berlin.
„ Charlottenburg.
„ Cassel.
„ Nordhausen.
, Kelbra, Prov. Sachsen.
„ Fraulautern, Rheinland.
u Berlin.
„ Berlin.
„ Lippoldsberg, Hessen-Nassau.
„ Petersdorf, Prov. Hannover.
„ Kauthen, Schlesien.
„ Eilenburg.
„ Thorn.
„ Rossgarten, Westpreussen.
„ Steele, Rheinland.
„ Langenbielau, Schlesien.
h Ratibor.
., Namslau.
„ Schöneberg b/Berlin.
„ Berlin.
Halle a/S.
n Prechlau, Westpreussen.
B Bukolowe.
„ Naumburg a/S.
„ Oranienburg.
„ Kläden, Prov. Sachsen,
u Berlin.
„ Bolkenhain, Schlesien.
n Stettin.
r Berlin.
„ Grabow, Mecklenburg.
n Halle a/S.
„ Berlin.
„ Potsdam.
„ Berlin.
„ Berlin.
n Stettin.
n Berlin.
u Elberfeld.
„ Berlin.
„ Berlin.
.. Langensalza.
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Zeitschrift für
TwDeMmiiwwwi
Personalnachrichten
31
63. Schmidt, Max,
64. Schmidt, Paul,
65. Scholz, Karl,
66. Schröder, Alfred,
67. Schröder, Erich,
68. Schröter, Walter,
69. Schultz, Friedrich,
70. Schnitze, Georg,
71. Sesemann, Walter,
72. Sittig, Oskar,
73. Soot, Helmar,
74. vom Stein, Hugo,
75. Steinbrück, Arno,
76. Stöckemann, Friedrich,
77. Störling, Alfred,
78. Stttwe, Karl,
79. Theiler, Karl,
SO. Trende, Hugo,
81. Tschierschky, Georg,
82. Voigt, Karl A. W.,
83. Wallschläger, Hans,
84. Weise, Walter,
86. Wenk, Karl,
86. Wernicke, Paul,
87. Wilhelm, Konrad,
88. Willmann, Erwin,
89. Windel, Friedrich,
90. Zander, Otto,
aus Berlin.
,. Britz b/ Berlin.
„ Grottkau, Schlesien.
r Cassel.
„ Goldap.
„ Berlin.
„ Berlin.
„ Rieplos b/Storkow.
n Meiningen.
„ Suhl, Prov. Sachsen.
„ Fierberg, Westpreussen.
„ Wermelskirchen, Rheinland.
„ Bromberg.
„ Hildesheim.
Heisingen, Rheinland.
„ Lüneburg.
„ Ebermannstadt, Bayern.
„ Eventin, Pommern.
„ Berlin.
r Cassel.
,. Guben.
r Eisleben.
r Sternberg, Mecklenburg.
n ßittkau, Altmark.
„ Oberweissbach, Prov. Sachgen.
.. Berlin.
„ Dannenberg.
„ Berlin.
Pcrsonalnachrichten.
Königreich Preussen. Landwirtschaftliche Verwaltung.
Abkürzungen: L. = Landmesser, O.-L. = Oberlandmesser, V. = Vennes-
sungsrcTisor, O.-L.-V. — Oberlandmesser und Vermessungsrevisor, V.-I. = Ver-
messungsinspektor, Sp.-K. = Spezialkommission, g.-t.-B. = geodät-techn. Bureau.
Generalkommissionsbezirk Cassel. Versetzungen zum l./l. 07: die
L. Volkmann 1 von Cassel (g.-t.-B.) nach Cassel (Sp.-K. II), Viereck
von Hersfeld nach Eschwege. — Ausgeschieden ist: L. Hentschel in
Schmalkalden am 30./ 11. 06 zwecks Uebertritt in die Kolonialverwaltunc.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Versetzungen zum l./l. 07:
die L. Schäfer von Kreuzburg O/S. nach Wetzlar I, Klöckner von
Düsseldorf (g.-t.-B.) nach Düren III. — Aus dem Dienst ausgeschieden
sind: die L. Jacobs und Geier in Düren zwecks Uebertritt zur Stadt
Elberfeld.
Generalkommissionsbezirk Hannover. L Schmidt in Neumünster
beurlaubt vom 1./12. 06 ab zwecks Kolonialdienst.
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32 Vereinsangelegenheiten. iJSSSSSEmm
Königreich Sachsen. Vom 1. Januar 1907 ab werden versetzt:
Verm.-Ingenieur Bezirkslandmesser Langwitz von Oelsnitz i/Vgtl. nach
Dresden und Bezirkslandmesser Mosig von Dresden nach Oelsnitz i/Vgtl.
GrosBherzogtum Hessen. Zu technischen Eisenbahusekretären bei
der Kgl. Preussischen und Grossh. Hessischen Eisenbahndirektion zu Mainz
wurde ernannt am 1. Januar 1906 der Geometer 1. Kl. Friedrich Eberle
und am 1. April 1906 der Geometer 1. Kl. Heinrich Eppelsheimer, beide
zu Mainz. — Seine Kgl. Hoheit der Grossherzog haben Allergnadigst ge-
ruht, am 4. Juli 1906 den Geometer 1. Kl. Georg Wagner aus Grabenau,
dermalen zu Hunger, mit Wirkung vom Tage des Dienstantritts an zum
Katastergeometer , am 3. November 1906 die Geometer 1. Kl. Friedrich
Hoff mann aus Veitshain, dermalen zu Darmstadt, und Georg Ritsert aus
Gros8-ümstadt, dermalen zu Friedberg, zu Feldbereinigungsgeometern zu
ernennen; zum 25. November 1906 dem Kreisgeometer Adolf Heinrik zu
Alsfeld und dem Kreisgeometer Philipp Hauck zu Michelstadt das Ritter-
kreuz 2. Kl. des Verdienstordens Philipps des Grossmütigen , sowie dem
Revisionsgeometer bei dem Grossh. Katasteramte Jakob Hiemenz zu Darm-
stadt und dem Eisenbahnsekretär Heinrich Mayer zu Mainz den Charakter
als Rechnungsrat zu verleihen.
Vereinsangelegenheiten.
Mit heute übernimmt
Herr Professor Dr. 0. Eggert in Danzig
die Geschäfte als Schriftleiter für den wissenschaftlichen Teil
dieser Zeitschrift.
Bezügliche Zuschriften sind daher von jetzt ab an Herrn Professor
Dr. O. Eggert in Danzig-Langfuhr, Ahomweg 10, zu richten.
Die Vorstandachaft des Deutschen Geometerrereins.
P. OtUen.
■
Inhalt
Gustav Wal raff f. — Wissenschaftl. Mitteilungen: Die Fehlerfortpflanzung
in Polygonzügen, von Dr. 0. Eggert. — Weiteres über die Vermessung der
Stadt Leipzig, von F erb er. — Zur Landmesserausbildung , von Dr. Ch. A.
Vogler. — Bücherschau. — Prüfungsnachrichten. — Personalnachrichten. —
Vereinsangelegenheiten.
Vorlag von Konrad Wittwar in Stuttgart.
Druck Ton Carl Hammer, Kgl. HofbuchdmokerH in Btnttgart.
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33
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Ob«rtteuerrat and Dr. O. Eggert, Professor
München 22, Kata»terbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg lo.
-M-
1907. Heft 2. Band XXXTI.
— 11. Januar.
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltnng ist nntersagt.
Zur Theorie der Lattenmessung.
Es ist lange eine strittige Frage gewesen, ob der Fehler einer direkten
Längenmessung mit der Länge selbst oder mit deren Quadratwurzel pro-
portional sei. Aus der eingehenden Untersuchung Prof. Lorbers (Berg-
und Hüttenmännisches Jahrbuch, 77, L HL), die sich auf mehr als 6000
Messungsresultate stützt, geht unzweifelhaft hervor, dass der wahre Fehler
nicht der Länge proportional ist, sondern eine verwickeitere Funktion der-
selben darstellt. Bringt man die Tabelle Prof. Lorbers über Lattenmessung
in einem Schaubilde zum Ausdruck, so ergibt sich eine Kurve von abstei-
gender Tendenz (die Fehler sind grösstenteils negativ), welche von einer
geraden Linie wellenförmig abweicht. Es liegt der Gedanke nahe, dass
das geradlinige Abnehmen der Fehler von den „regelmässigen" Fehlern
der Messung herrühre, die wellenförmige Schwankung von den „unregel-
mässigen" Fehlern. Nach der Theorie müsste sich also der Gesamtfehler
in der Formel ausdrücken lassen:
* = e • L ± (* Vu •)
Es ist nun der Zweck der folgenden Untersuchung, anzugeben, ob
and wie weit die theoretische Voraussetzung von der Existenz und dem
Einflüsse regelmässiger und unregelmässiger Fehler (im Sinne Gauss1) be-
rechtigt ist.
Bei Messungen mit Endlatten (ohne Schnur) kommen folgende Fehler
in Betracht:
*) Die preussische Katastralinstruktion zieht beide Glieder rechter Hand in
einen Mittelwert zusammen, die österreichische behält obige Form bei.
Zeitschrift für Vermeisangswesen 1907. Heft 2. 3
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34 Cappilleri. Zur Theorie der LattemneßBung. ^zgucnrtfimr^
1. Der Instrumentalfehler (Fehler der Latte). Er kann und soll
jedesmal in Rechnung gebracht werden, so dass nur jener Teil in das
Messungsresultat eingeht, der wegen unvermeidlicher Ungenauigkeit der
Vergleichung nicht ermittelt werden konnte. Dieser ist so klein, dass er
bei Messungen gewöhnlicher Genauigkeit völlig zurücktritt.
2. Der Fehler beim Aneinanderstossen der Latten. Ein positiver
Fehler kann dadurch entstehen, dass Sand und Gras zwischen die Stirn-
Hachen der Latten gerat; ein negativer Fehler durch das Zurttckstossen
der hinteren Latte auf rolligem Boden. Diesen positiven und negativen
Fehlern kommt bei gleicher Grösse keineswegs gleiche Wahrscheinlichkeit
zu. Sie können daher nicht als unregelmässige Fehler im Sinne Gauss*
bezeichnet werden. Obwohl sie nicht „unvermeidlich u sind, tragen sie
doch das Kriterium der groben Fehler an sich und spotten jeder Berech-
nung. Sie sind übrigens bei sorgfältigem Vorgang selten genug, um hier
ausser acht gelassen zu werden.
3. Der Fehler beim Einrichten der Latten. Die Abweichung von der
zu messenden Geraden ist an sich ein unregelmässiger Fehler im Sinne
Gauss1, d. h. er folgt dem Wahrscheinlichkeitsgesetz
Der Fehler in der Messung, welcher dadurch entsteht, ist eine Funktion
der Abweichung und daher als sekundärer, unregelmässiger Fehler zu be-
zeichnen, dessen Natur im folgenden behandelt werden soll.
Die übliche Art der Ableitung vernachlässigt nämlich die Breite der
Latte und kommt so zu dem Schlüsse, dass das Messungsresultat sowohl
bei der einzelnen Lattenlage als auch im ganzen stets zu gross sei. Czuber
führt daher in seiner „Wahrscheinlichkeitsrechnung" den Fehler infolge
seitlicher Abweichung geradezu als Beispiel für einseitig wirkende, regel-
mässige Fehler an. Eine nähere Betrachtung wird zeigen, dass die Breite
(oder Dicke) der Latte einen wesentlichen Einfluss auf die Art des Fehlers
und das Gesetz seiner Fortpflanzung hat.
In beistehender Figur stellt AB CD die Latte vor, XX' die Rich-
tung der zu messenden Geraden. Je nach dem Orte, in welchem die
vorhergehende bezw. nachfolgende Latte berührt (Ä oder D bezw. B oder
C), werden verschiedene Fehler JL„ A2, A3, \< entstehen.
Die Berührung erfolge
bei A und B . . . Äl = A'B' — l — I cob a — l ' — 7; o»
„ A „ C ... I . = A' C — / = / cos a — b »in a — l ~ — | a' — ba
„ D „ C . . . As = D'C — l = lcosa — 1 — ^ a!
„ D „ B . . . Xk = D'B' —l = / cosa + bsina — l = — ~ a* + £ a.
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Die Fehler An A^, A8 sind unbedingt negativ, der Fehler A4 nur be-
2b
dingungs weise. Der Grenzfall tritt ein, wenn a = -p, d. h. wenn la,
die lineare Abweichung, doppelt so gross ist als die Breite der Latte, was
wohl höchst selten vorkommen wird. Der Fehler A4 kann demnach als
wesentlich positiv betrachtet werden.
Nun wären wir also auf eine Fehlerquelle gestossen, die in gesetz-
mäsBiger Weise positive und auch negative Fehler liefert. Freilich sieht
es mit der Gesetzmässigkeit nicht gut aus. Die Voraussetzung, dass sich
die Latten mit den Kanten berühren, trifft nicht immer zu. Bei unebenem
Boden muss man oft zufrieden sein, dass sich die Latten überhaupt be-
rühren. Die Einführung der Wahrscheinlichkeitsfunktion für die Abweichung
bringt neue Schwierigkeiten, da die Abweichung sehr bedeutend von der
mehr oder weniger richtigen Lage der vorhergehenden Latte abhängt. Es
ist also nicht nur der „konstante Teil" des Fehlers selbst variabel, son-
dern es tritt auch ein nicht abschätzbares, psychologisches oder physio-
logisches Moment in Frage. Schliesslich handelt es sich nicht um die
einzelne Lattenlage allein. Es ist z. B. einleuchtend, dass eine Berührung
bei D und C in fortgesetzter Aufeinanderfolge überhaupt nicht möglich
ist. Es muss eine Remedur eintreten. Wollte man alle diese Einflüsse
berücksichtigen, so würde die Untersuchung ins Unendliche gehen und
dabei den realen Boden ganz verlieren.
Wir begnügen uns also damit konstatiert zu haben, dass infolge seit-
licher Abweichung positive und auch negative Fehler auftreten können und
müssen. Es handelt sich nun darum, für das Aggregat derselben einen
Mittelwert zu finden.
Der Ho ffnungswert eines negativen Fehlers werde mit — mx bezeichnet,
der eines positiven Fehlers mit + "h- Setzt man — ml = ~x — y und
-\- m2 = — x -\- y, so nimmt der Fehler einer Lattenlage statt der Form
(— m, oder -f-m.2) die Form (•— x + y) an.
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36 Cappilleri. Zur Theorie der Lattenmessung. vemewunS^»
Es ist nun der Mittelwert des Aggregates ( — x + y) -f- ( — x + y) -f- . . .
zu bestimmen.
Wurden n Lagen gemacht, so können 0, 1, 2, . . . — ~" 1 negative
y auftreten (wenn n eine ungerade Zahl ist). In allen diesen Fällen geben
die y einen positiven Beitrag, in den übrigen Fällen einen negativen. Man
hat also für m die Gleichungen:
mi = — x — x . . . — x y -\- y + . . . + y mit der Häufigkeit 1
,H = —x-x x + y + y + ...-y n „ „ (*)
= ar . . . — x + y + y + ...-y — y „ n n ( ^ )
m = — x — x. . .— x+y + y + ,.. — y— y— y „ , „
Die Anzahl dieser Gleichungen ist 1 -j- f ^ ) ( 2 ) * " " ( " T
d. i. die Hälfte von (1 + 1)", also 2"-1.
Durch Addition der Gleichungen erhält man (wenn man statt m den
Mittelwert # setzt):
2--i# sss - «2- iar-f-
+ [». 1 + (»-*) ß) + (»-4) (*) + . .. + (« - [« - 1]) !f =
= -n2'-i.r + »2--^-2n[l + (W~1) + (WJ1) + ...-f =
= — »2"-1x-(-n2"-»y — n2--iy-(-H^--i^y = — «2"->.r+ n (""^y-
Der Ausdruck ^"7lj wirQi nun nach Stirling entwickelt:
^-f7J).(i-.«).- (-fi)--'.-^.,;:--r-
a»-»y8 _ 1 / 2 2-1
Somit ergibt sich:
= — + 2«-»-— !L y und
V » ^ u - 1
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^^lMcbrmjür^ Cappilleri. Zur Theorie der Lattenmessung. 37
Betrachtet man jene Fälle, wo die negativen y an Zahl überwiegen,
so erhält man analog den Mittelwert:
& = — nx — V 2 • —= ü y.
V n yn-l
Bei einigerma8sen grossen n kann man <r = V« setzen.
y » — 1
Dann kommt
also ein Ausdruck von der Forn Qti + pVn.
Hierin scheint der Grund zu liegen, warum man das Fehlerfortschrei-
tungßgesetz in Uebereinstiramung mit den praktischen Erfahrungen so an-
nehmen darf, wie es eingangs besprochen wurde, obwohl unregelmässige
Fehler im Sinne Gauss' eigentlich nicht vorkommen.
Der Mittelwert der hier berechnet wurde, ist eigentlich ein durch-
schnittlicher Fehler. Es ist klar, dass man sich auf die Berechnung des
Fehlers far jene Fälle beschränken musste, wo die Zahl der positiven y
überwiegt (oder umgekehrt). Hätte man alle Fälle zusammengezogen, so
wäre y aus der Rechnung gefallen, wie ja auch der Durchschnittswert
aller Fehler einer direkten Beobachtung Null ist.
Der Begriff des mittleren Fehlers /w = ± V[m^ q> (m)] scheint hier
überhaupt nicht am Platze zu sein, da es in der Natur der Sache liegt,
daas sieb die Fehler bei wiederholter Messung derselben Strecke um zwei
Werte gruppieren, welche keineswegs gegen die Nulle symmetrisch liegen
können, weil die Einzelfehler — x + y bezw. —x — y auch nicht sym-
metrisch liegen. Wären hingegen die Einzelfehler -\-y bezw. — y sym-
metrisch, so würde obige Art der Berechnung ergeben, dass der durch-
schnittliche Fehler £ zu dem mittleren Fehler p in dem bekannten Ver-
hältnisse steht. Um dies zu zeigen, setzen wir
m = + * = ny mit der Häufigkeit 1
»• = + y+y + ...-y =(»-2)y „ „ „ (*)
* = + * + * + ...— Jf— $ =(»-4)y „ , " (2)
m = -t-y + y-r-...-y-y-y = (» — [*-l])y
» r>
• (■;■)
Es gibt nun die Summe dieser Gleichungen (wobei man wieder statt
** den Mittelwert # setzt):
»y + (»-2)(")y + (n-4)(^)y + .. + (r,-[,i-l])^^y =
= . 1 -h (n — 2) (^) 4- - 1) ) 4- . . H- („ _ [n _ 1]) ^ J y =
Digitized by Google
B8 Cappilleri. Zur Theorie der Lattenmessung. Zeitschrift mr^
1W7«
T 71 V " — i 71
Um den mittleren Fehler p zu finden, zieht man alle Fälle heran,
ohne Rücksicht darauf, ob die positiven y überwiegen oder nicht, und
bildet die Ausdrücke für m2:
m» = [ny]» mit der Häufigkeit 1
[(„-2)yl* „ „ „ (*)
•.» = [(»- 4) Jf]« R H . (2)
«•» = [01-8») jj> n n , (")
Die Anzahl dieser Gleichungen ist 1 + ( 1 ) 4" • • • ~h (,') ) = 2"-
Durch Addition erhält man (statt m wieder p gesetzt):
*>« = [«2.l-h(»-a)*(J) + (n-4)«(J) + .. + (ii--2n)*(J|)]y« =
-*hG)+G)+--+^
+*K?)+i,G)+*C)+"+0>-
-w--...[t+C7l)+r7i)+"+cii)]^+
= •.9.y.--4n»a--i + 4W[l + (w71) + (Ä71) + .. + (J-})]^^
+*-tC7t)+Är71)+"+MC=D>-
+4.fr-i)[i+C7^+..+c=y^-
= „32"y2-»«2-l-»y,-|-«2- + iy*4.4n(/« — l)2--2yf =
= »• 2" y* — n* 2" + 1 y» + »1 2" +> y» + n2 2" y» — /1 2" ys = n 2« y».
Somit ft* — «y2 und ^ = + V"« y.
Man sieht , dass tatsächlich Ö — ^ p , wie es der Theorie des
durchschnittlichen und des mittleren Fehlers entspricht.
Reichenberg. Prof. A. Cappilleri.
Digitized by Google
muchnn für Vogler. Zur Landmesserausbildung.
39
Zur Landmesserausbildung.
Vergl. diese Zeitschrift 1906, Heft 26, S. 655—669.
(Schluss von Seite 28.)
2.
Ebenfalls unter der Ueberschrift meines ersten Aufsatzes von S. 611
bespricht Herr Distriktsingenieur Peltz diesen selbst und einen Vortrag,
Jen ich 1891 im Berliner Rathause vor der Hauptversammlung des deut-
schen Geometervereins gehalten habe und dessen Grundsätze ich noch
heute vertrete. Der Herr Verfasser zitiert Stellen aus dem Vortrage,
wobei er allerdings, offenbar wegen geringer Uebung im Verfertigen von
Auszügen und unkundig der Regel, dass die in „ u eingeschlossenen Sätze
oder Satzteile wörtliche Zitate sein müssen, den Sinn meiner Worte
/.um Teil verändert. Sogleich eine gesperrt gedruckte Stelle auf S. 667
erkannte ich nicht wieder. Sollte ich wirklich erklärt haben, ich sei mir
dea Um8tandes bewusst, dass jede Vorbildung, welche nicht das Reife-
zeugnis verlangt, „den Zweck verfehlt, das Ansehen des Landmesserstandes
auf gleiche Stufe mit den Vertretern anderer Fächer zu stellen, in denen
das Gymnasialabsolutorium verlangt wird"? Wie, ich mir bewusst, und
des Umstandes, nicht etwa bloss des Bestehens eines Vorurteils,
dass jede Vorbildung den Zweck verfehlt, also der Indikativ, die
Form der schlichten Aussage, nicht derjenigen, die man anderen zu-
schreibt und selbst beanstandet? Und dann: Das Ansehen auf gleicher
Stufe mit den Vertretern? Ich erschrak nicht wenig, das sollte ich
geschrieben und trotzdem mich erkühnt haben zu sagen: „selbst im
richtigen Gebrauche der Muttersprache fehlt es bei manchen, die zur
l'rima reif erklärt sind"?
Noch eine andere Stelle wird wenig zutreffend wiedergegeben. „Dieses
Ansehen zu erstreben, ist ihm (Vogler) ein Mangel an Selbstbewusstsein,"
während ich einen solchen Mangel darin finde, sich dem Vorurteil der
Menge ohne Kampf zu unterwerfen.
Die verehrliche Schriftleitung wird mir also wohl gestatten, meiner-
seits einen Auszug aus jenem Vortrage zu geben:
„Daher besteht für mich kein Zweifel darüber, dass viele unserer
Eleven ihren Beruf zu früh erwählt, die Schule zu früh verlassen haben,
und ich kann keinen anderen Schluss daraus ziehen, als dass der Schul-
besuch im allgemeinen verlängert werden sollte. Das vollständige Durch-
laufen der neunklassigen Mittelschule gibt, wie die Erfahrung uns lehrt, dem
Geist und Charakter einen stärkeren Rückhalt, als, was hier verlangt war,
die Erledigung von nur sieben Klassen. Man darf erwarten, dass der
Fehlschlag des Landmesserstudiums seltener werden und sich vielleicht
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!
40 Vogler. Zur Landmesserausbüdung. „ Zeitschrift rar
1W7.
von reichlich 25 o/0 auf 5 o/0 ermässigen dürfte. Darin läge zugleich ein
Ersatz dafür, dass der Andrang zum Landmesserfach voraussichtlich ab-
nähme u
„So fest ich nun auch überzeugt bin, dass die Forderung des Abso-
lutoriuma einer neunklassigen Mittelschule auf die Ausbildung der Land-
messer höchst günstig einwirken würde, so möchte ich es doch bedauern,
wenn diese Forderung ganz allgemein und ausnahmslos Geltung gewönne.
Ich habe schon erwähnt, dass auch aus den Studierenden, welche nur die
Reife für Prima mitbrachten, alljährlich einige recht tüchtige Landmesser
hervorgehen. Also wäre es ungerechtfertigt, fleissigen und begabten
Schülern der Mittelschulen diesen kurzen und wohlfeilen Weg zu ihrem
Ziele zu versperren. Nur den talentlosen und trägen sollte er verschlossen
sein. Wer ein wirklich gutes, namentlich in den für den Techniker wich-
tigen Fächern gutes Zeugnis der Reife für Prima oder Oberprima vorlegen
kann, müsste meines Erachtens nach wie vor zum Landmesserstudium ohne
weiteres zugelassen werden. Wer es nicht vermag, von dem wäre das
Abgangszeugnis der Reife zu verlangen."
„Auf Widerspruch bin ich gefasst. Man wird einwenden, dass ich
damit eine schwer durchführbare Massregel, eine Halbheit empfehle, durch
welche namentlich der Zweck ganz und gar verfehlt werde, den Land-
messerstand auf gleiche Stufe des Ansehens mit den Vertretern anderer
Fächer zu heben, in denen das Gymnasialabsolutorium schlechtweg ver-
langt wird."
„Durchführbar ist der Gedanke. Man braucht nur unzweideutig fest-
zusetzen, was unter einem guten Zeugnis verstanden werden . . . soll. ..."
^Der Vorwurf der Halbheit schreckt mich nicht. Eine Massregel,
welche es versucht, Rücksicht zu nehmen auf die ungleiche Begabung und
den verschiedenen Entwicklungsgang der heranwachsenden Jugend, statt
sie ganz und gar nach einer und derselben Schablone zu behandeln, er-
scheint mir als die vollkommenere und verdiente vielleicht auch in anderen
Berufszweigen Beachtung. Der begüterte Mittelstand vermag wohl für alle
Berufsarten, welche ein höheres Bildungsmass voraussetzen, eine Unmenge
mittelmässiger Anwärter zu stellen; für hervorragende Leistungen aber
rauss er sich fortwährend aus dem minder vermögenden Teil der Gesell-
schaft ergänzen. . . . Man erweist dem Staate einen schlechten Dienst, wenn
man dem unbemittelten Talent den Weg zu den höheren Berufsarten verlegt. "
^Ueber das Ansehen endlich, das dem Techniker eine vorgeschriebene
Abiturientenprüfung verleihen soll und das sich wieder scheidet in Ansehen
erster, zweiter und dritter Klasse, je nachdem die Abgangsprüfung mit
zwei, mit einer, oder ohne alte Sprachen gefordert wird, über das habe
ich meine eigenen Ansichten. Es ist in meinen Augen eine der grössten
Plattheiten unserer Zeit, dass man es wagt, den Bildungsgrad und die gesell-
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vm££££JEUa Vogler. Zur Landmesserausbildung. 41
schaftliche Bedeutung eines gereiften Mannes nach einem Schulzeugnis ab-
zuschätzen, das er sich als Knabe erworben hat. . . . Wie aber soll man
es nennen, wenn ernsthafte, akademisch gebildete Männer jene Taxation
ihres Wertes nach der Mittelschule, die sie besucht haben, nicht nur aner-
kennen, sondern den gleichen Massstab selber anlegen, sobald sie die Bedeu-
tung der eigenen oder einer fremden Berufsart bemessen? ... Ich wundere
mich immer über diese Geringschätzung der eigenen, treuen, unerzwungenen
akademischen Tätigkeit, des pflichtbewussten geistigen Fortschreitens im
Berufsleben, die sich darin ausspricht, dass man sich dem Vorurteil der
Menge unterwirft oder gar anschliesst, dem kindlichen Vorurteil, das die
Hegriffe wissenschaftliche Bildung und Absolutorium eines humanistischen
Gymnasiums unlösbar aneinanderknüpft. . . . Welcher Mangel an Selbst-
bewusstsein bei Technikern, die sich demselben ohne Kampf unterwerfen!"
.Der Landmesser hat dazu nicht die geringste Ursache. Sein Fach
ist in steter Entwickelung begriffen, sein Wirkungskreis erweitert sich, seine
Leistungen heben sich und finden immer mehr Beachtung. Er darf es
ruhig abwarten, dass auch sein Ansehen mit den Leistungen wächst. u
Ich möchte bemerken, dass man damals noch nicht zu dem obliga-
torischen viersemestrigen Studium übergegangen war, aber alle Aussicht
dafür, und es in Berlin bereits faktisch bestand. Wollte man Boden unter
den Füssen behalten, so konnte man die Erweiterung der Studienzeit auf
5 — 6 Semester nur etwa in folgender Weise (S. 474) befürworten:
.Ich kann mich dem Wunsche solcher Wissens- und tatendurstigen
jungen Männer nur von Herzen anschliessen und plante schon seit Beginn
unseres Kursus und erhoffe noch immer in nicht zu ferner Zeit dessen
Erweiterung auf die angedeuteten Wissensgebiete!), nicht eben für alle
Studierenden, sondern für die, welche fühlen, dass sie sich ein höheres
Ziel stecken können. Selbstverständlich werden sie ihrer Studienzeit ein
oder zwei Semester zulegen müssen; dabei aber unterstützt sie eine Ein-
richtung" . . . (die inzwischen durch das Komptabilitätsgesetz unzulässig
geworden ist).
Es sei noch darauf hingewiesen, dass die 25 o/0 Abgang damals sich
auf alle in die Landmesserlaufbahn eintretenden beziehen, nicht auf
die während eines Jahres in die Prüfung eintretenden, wie in meinem
diesjährigen Aufsatz. Der Herr Verfasser beachtet dies nicht. Er beginnt,
mir eine Reihe von „Widersprüchen" vorzuhalten, die ich als solche nicht
anerkennen kann. Dabei bedient er sich rhetorischer Wendungen oder
haftet vielleicht wirklich an der Vorstellung, als ob ich die Ausgestaltung
des Undmesserstudiums an der Hochschule in der Hand hielte wie etwa
') Geographische Ortsbestimmung, Theorie der Kartennetze, Deutsches Ver-
messungswesen, Geschichte der Messkunde.
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42 Vogler. Zur Landmesseraasbildung. vemwSSi^wMan
1907.
der Direktor einer Privatschule die Zahl seiner Klassen und ihr Pensum,
und als ob ich, mit dem Finger winkend, drei Ministerien zum Einfuhren
der Gymnasialreife bewegen könnte. Ich vermute, in des Herrn Verfassers
schönem Heimatlande geht so etwas auch nicht.
Sieht denn der Herr Verfasser nicht ein, dass, wenn ich 1891 der
Gymnasialreife die Heilkraft zuschrieb, 20°/0 Kandidaten vom Verderben
zu retten, ich dieselbe Kraft auch der von mir vorgeschlagenen Mass-
regel, Begabte nach wie vor primareif aufzunehmen, zuerkannte? Und
wenn ich das noch heute tue, ist es dann ein Widerspruch, dass ich
immer noch (nachdem wir schon ein wenig geheilt sind) die alte Massregel
vertrete? Und gesetzt, ich hatte in einer der mir wirklich innewohnenden
Eigenschaften einmal eine Eingabe um Einführung dieser Massregel ge-
macht (ich sage nicht, dass ich es getan habe) und sie wäre als unzeit-
gemäss in die Akten versunken, welcher Triumph für Unentwegte! Alles
oder nichts! Denn die Massregel hätte natürlich weiter gar nichts bewirkt,
als vielleicht die Rettung jener so und soviel Prozent, die ich „ungerührt
alljährlich verkommen lasse". Wie soll ich mich denn nun aber verhalten,
wenn die Massregel vielleicht einmal Aussicht auf Annahme hätte? Darf
ich sie dann wohl als Abschlagsgabe erbitten? — Nein? lieber weiter ver-
kommen lassen? Und das wäre dann wohl kein Widerspruch.
Ich habe, wie mein Auszug aus dem Vortrage von 1891 zeigt, damals
schon ein fünf- und sechssemestriges Studium angebahnt, in unsere
Studienpläne eingeführt und konnte es, als bald darauf ein Kollege die
Arbeit mit mir teilte, den Studierenden lebhaft empfehlen. Die neuen
Themata wurden mit lebhaftem Anteil aufgenommen — von den vier-
8emestrigen Studenten, denen sich ein kleines, langsam wachsendes
Häuflein fünf- und sechssemestriger anschloss1), bis infolge schon ange-
deuteter gesetzlicher Massnahmen hierin ein Rückschlag eintrat. Und nun
höre man den Herrn Verfasser: „Ungerührt endlich lässt Herr Professor
Dr. Vogler seine fleissigen Studenten, die ihre Bildung wenigstens nach
seinem eigenen Rate durch ein dreijähriges Studium zu vertiefen wünschen,
im Stiche" a). Wo liegt nun ein Widerspruch, bei mir oder bei dem Herrn
Verfasser? In Rotten und Haufen hätten sie dableiben und ein Sechs-
semesterstudium betreiben dürfen. Wir Professoren hätten das nicht mit
Rührung, sondern mit Freude gesehen. Aber sie taten es nicht und der
Herr Verfasser meint das ja auch gar nicht. Eine Zwangsfrist des
Studiums meint er, sie ist das Ergebnis seines Mitleids mit den Heissigen
Studenten, die in all den Jahren — grausame Professoren! — gern sechs
*) Also solcher, die ein vorher wohlgeplantes derartiges Studium antraten.
') Es folgt ein Zitat in „" eingeschlossen, aber mit einer formwandelnden
Wortveränderung. Das ist selbst in der Tagespresse gegen den Brauch.
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vera£lsSn«s Jasen Vogler. Zur Landmesseraußbildung. 43
Semester lang studiert hätten, aber nicht konnten, weil sie nur vier
Semester lang dableiben wollten.
Das ist es. Um eine dreijährige Zwangsfrist des Studiums handelt
es sich. Opfer verlangt man, und eine Wohltat zu erweisen wähnt man.
Das ist, was die Reform der I>andmesserausbildung anbelangt, schon fast
zum Dogma geworden. Der junge Nachwuchs, Generation für Generation,
scheint geneigt, sich der Forderung an die Nachfolger anzuschliessen. So
soflte er wenigstens das Gegenopfer bringen, Reissig zu sein, das einzige,
das von ihm verlangt wird. Er darf sich nicht entschuldigen damit: Wir
sind ja nicht genügend vorgebildet zu folgen, 8. Zeitschrift Seite so und
soviel. Ich wiederhole, Fleiss ist das der Jugend anstehende und zugleich
das allein wirksame Agitationsmittel für das obligatorische sechssemestrige
Studium.
In den fischreichen englischen Flüssen muss jedes Stauwehr gesetzlich
mit einer Lachsrinne versehen sein. Die stromaufziehenden Fische können
sie nur springend erreichen und nur mit Kraftanstrengung ihr reissendes
Wasser durchschwimmen. Bloss den starken, laichreifen Lachsen gelingt
dies. Und wer in unser Beamtenersatzwesen die Grundregel einführte, von
Durchschnitt sbegabung Maturität, von hervorragender nur Primareife zu
verlangen, würde nicht ein Mittelchen versuchen, eine Halbheit begehen,
sondern eine erfrischende Tat. Mögen alle doch ihre Gerechtsamen be-
halten, aber dem unbemittelten Talent den Zugang nicht sperren. Damit
bleiben wir noch immer weit entfernt von des Herrn Verfassers freiester
amerikanischer Ausbildung. Fahren wir aber mit Sperrmassregeln so fort
wie in den letzten Jahrzehnten, so können wir bald unser Vorbild im fernen
Osten sehen. Unsere Konkurrenten aber, die still und erfolgreich ar-
beitenden, sucht der Herr Verfasser eher zu fern als zu nahe.
3.
Herr Obersteuerrat Steppes, der langjährige Schriftleiter unserer Ver-
einszeitschrift, wird mich entschuldigen, wenn ich seinen Beitrag zu der
Frage Hochschulstudium und Reifezeugnis zuletzt und kürzer beant-
worte. Zwar erweist er mir die Ehre, sich vornehmlich gegen mich zu
wenden, aber ich nehme an, dass seine Worte mehr noch Zuhörern neben
mir oder vor mir gelten. Und da wir, wie es sich zeigt, nun doch ein-
mal in unseren Grundanschauungen über diese Frage geschieden sind, so
hätte der Versuch, über einzelne Probleme, die der Herr Verfasser dabei
aufrollt, zur Verständigung zu kommen, dermalen wenig Aussicht auf Er-
folg. Ich beschränke mich daher auf eine blosse Anmerkung zu seinen
Ausführungen S. 665. Für die Entbehrlichkeit des Reifezeugnisses in der
von mir empfohlenen Einschränkung trete ich nirgends ein, doch habe ich
angedeutet, dass es schwer ist, andere zu der eigenen Ueberzeugung herüber-
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44 Vogler Zur Landmesserausbildung. fvSSSSSSnmm
zuziehen. Dies ist doch ganz wesentlich. Die Willfährigkeit preussischer
Dezernenten wird doch immer dadurch gezügelt. dass jede neue Bestim-
mung 3500 Einzelfülle in sich begreift und ihnen allen entsprechen soll.
Auf einen Hauptpunkt, der mit Hochschulstudium und Reifezeugnis
allerdings nur mittelbar zusammenhängt, muss ich jedoch soweit eingehen,
dass wenigstens das der Auffassung meiner Worte inneliegende Missver-
ständnis gehoben wird. Ich bin keineswegs der Meinung, dass man dem
Lehrherrn zumuten solle, seine Zöglinge Vortragsweise in Gegenständen
des Gymnasial- oder des künftigen Unterrichts an der Hochschule zu
unterweisen. Aber niemand kann besser, gründlicher, andauernder als er
Uebungen im Zeichnen, Rechnen und Stückvermessen mit den Zöglingen
vornehmen. Das sind ja schon eine Menge Dinge, die mit den Probe-
arbeiten zusammen das praktische Jahr ausfüllen und auf die sich das
Hochschulstudium stutzen muss. Sonst bleibt nichts übrig, als das Eleven-
jahr in die Studienzeit herüberzunehmen und zu versuchen, ob ein Lehr-
herr auf fünfzig Studenten dem einzelnen ebenso beispringen kann, wie
draussen einer auf drei Eleven. Der einzige Gewinn wäre eine grössere Gleich-
mässigkeit der Unterweisung auf Kosten ihrer Frische und Unmittelbarkeit
im engeren persönlichen Verkehr, draussen im Feld, wo echte Grenzen
und Grenzsteine sind, drinnen im Bureau, wo alle Arbeiten ernsten Zwecken
dienen und sich die hundert Beziehungen der Landmesserarbeit zum Staats-
und Gemeindeleben von selbst in den Gedankenkreis einführen. Wie will
denn die Hochschule dies ersetzen! Dabei zeigt die Erfahrung, dass aus
dem Zusammenwirken von Lehrherrn und Landmesserzögling, wie es durch
die Formel „unter Aufsicht, jedoch selbständig'- gekennzeichnet ist, wirk-
lich befriedigende (ich vermeide Superlative) Arbeiten entstehen. Man
darf natürlich nicht eine Selbständigkeit fordern, wie die bei der praktischen
Prüfung verlangte, wo der Billigkeit halber jedes Wort guten Rates ver-
mieden werden muss.
Ein Beispiel wird, um jedes Missverständnis zu verscheuchen, das
Verhältnis von Gymnasial- und Hochschulübungen zu denen des Eleven-
jahrs darlegen. Der Lehrer der Mathematik lässt im Gymnasium ein
geschlossenes Polygon, dessen Seiten und Winkel bekannt, nach Koordi-
naten berechnen und fügt noch ein oder zwei Hausaufgaben ähnlicher Art
bei. Kein Formular, kein Messungswiderspruch. Der Lehrherr lässt einen
Polygonzug berechnen, sogleich im Formular, mit Verteilung der Wider-
sprüche. Er sieht, dass das Aufschlagen der Logarithmen recht schwer-
fällig geht, Vorzeichen- und Quadrantenfehler sich häufen, und lässt noch
zwanzig andere Züge durchrechnen. Nun folgen in der Hochschule die
Rechenübungen, zweistündig durch zwei Semester. Dreimal kann Zug-
berechnung vorgenommen werden, davon zweimal zum Aufsuchen grober
Winkel- und Strecken fehler. Noch einigemal kommen bei den Mess-
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Steppes. Hochschulstudium und Reifezeugnis.
45
Übungen Züge, strenge und tachymetrische, vor. Dabei aber liegt der
Nachdruck auf der Art der Messung, die Rechnung darf keine Schwierig-
keiten mehr machen. Den Hauptteil dieser Rechenübung hat der Lehr-
herr übernommen.
Wenn ich unter diesem, mit der Ueberschrift meiner Bemerkungen in
Heft 26 des Jahrgangs 1906 gleichlautenden Titel auf die in Heft 1 u. 2 abgedr.
Ausführungen des Herrn Geheimen Regierungsrates Professor Dr. Vogler
hier sofort zurückzukommen mich verpflichtet halte, so verzichte ich gerne,
mit bezug auf die einleitenden Worte des Herrn Professors in eine Unter-
suchung darüber einzutreten, ob nicht die Leser dieser Zeitschrift zu dem
Urteil gelangen müssen, dass der vorstehende Gegenartikel „zur Land-
messerausbildungu eben auch „ein bischen viel" zu länglich ausgefallen
sei im Verhältnis zu dem, was er an zutreffenden und überzeugenden Sätzen
und Nachweisen beibringt. Auf Grund der Kundgebungen, welche der
Schriftleitung bezüglich des Heftes 26 zugegangen sind, kann ich den
Herrn Geheimrat vollständig darüber beruhigen, dass die drei Abhand-
lungen in Eiuem Heft den Leserkreis wegen ihres Inhalts anscheinend sehr
befriedigt, wegen ihrer Länge aber in keiner Weise angefochten haben.
Ich möchte also den Herrn Geheimrat zunächst dringend bitten, aus der
Mehrzahl der durch seine Stellungnahme in Heft 24 veranlassten Einsen-
dungen — die Scbriftleitung hat inzwischen deren noch mehrere erhalten
— nur auf die Wichtigkeit, welche der Sache in Landmesserkreisen bei-
gelegt wird, und auf die Summe schmerzlichen Erstaunens zu schliessen,
welches durch jene Stellungnahme in den Leserkreisen hervorgerufen wurde.
Wenn ich die drei damals vorgelegeuen Abhandlungen in Einem Hefte zum
Abdruck bringen Hess, so leitete mich, der ich mit dem Herrn Geheimrat
der gleichen Ansicht bin, dass in dieser Sache längst der Worte genug
gewechselt wären, die stille, leider zu Schanden gewordene Hoffnung, Herr
Geheimrat Vogler könne vielleicht doch von der Unhaltbarkeit seines Stand-
punktes sich überzeugen lassen und es könne dann in dieser Zeitschrift
die Streitaxt begraben oder doch die abschliessende Friedenspfeife ge-
raucht werden.
Vielleicht gelingt es diesmal. Ehe ich zu diesem Zwecke unter II
die für die praktischen Landmesser zunächst in Betracht kommenden Ge-
sichtspunkte nochmals in Kürze zusammenfasse, muss ich aber doch wenig-
stens in einigen Punkten andeuten, wie wenig auch den diesmaligen Aus-
Berlin, September 1906.
Ch. A. Vogler.
Hochschulstudium und Reifezeugnis.
»
L
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46 Steppes. Hochschulstudium und Reifezeugnis. rSSSä&Äw
1907.
führungen des Herrn Geheimrats eine durchschlagende Kraft der Wider-
legung der Abhandlungen in Heft 26 von 1906 zuerkannt werden kann.
Zu 1. Schon der Ausgangspunkt des Herrn Geheimrats ist in den
Tatsachen nicht begründet. Der Herr Geheimrat geht davon aus, es sei
den Hochschulen und ihren Professoren der Vorwurf gemacht, als ob sie
geflissentlich den Drill für die Prüfung als ihre eigentliche Aufgabe
betrachten würden (S. 23 u. 24). Wäre dies in der ersten Abhandlung
von Fr. Schulze gesagt gewesen, so würde die Schriftleitung die Abhand-
lung zurückzuweisen oder doch auf entsprechende Abänderung hinzuwirken
sich verpflichtet gefühlt haben. Es ist aber dort nur nachgewiesen worden,
dass das zweijährige Hochschulstudium in Preussen gar nichts anderes
sein kann, als ein Drill auf die Prüfung, nicht allein wegen der zu kurzen
Dauer des Studiums, sondern auch deshalb, weil die ohne Maturität an
ein so schwieriges Studium herantretenden Studierenden einer akademischen
Vortragsweise gar nicht zu folgen vermögen. Das Bestreben der Pro-
fessoren, jeden Anschein des Drills zu vermeiden und rein akademisch zu
lehren, kann also bei der gegenwärtigen Vorbildung für die grosse Masse
der Studierenden nicht förderlich, sondern im Gegenteil nur hörsaal-
verödend wirken, wie schon so oft betont wurde. Dass aber die Prüfungen
Drill tatsächlich erfordern, hat doch auch Herr Prof. Vogler schon er-
fahren, wenn er auf S. 21 sagt, dass das Drehkreuz eines Vorexamens
„dem Professor ganz und gar nicht gefallen kann, weil damit das vierte
Semester für das stetige innerliche Studium wieder verloren wäre. u Grund
für solchen Verlust kann offenbar nur die Verwendung dieses Semesters
auf den Drill — Selbstdrill oder Gedrilltwerden — sein. Es wird aber
doch nicht behauptet werden wollen, dass das anders ist jetzt, wo am Ende
des 4. Semesters die Gesamt- und Schlussprüfung abgelegt werden muss!
In einen ähnlichen Widerspruch setzt sich Herr Prof. Vogler mit dem
Hinweis S. 25 auf die uralte Erfahrung, dass „z. B. nicht jedes Maturi-
tätszeugnis die innere Reife des Studenten verbürgt". Aber die „Fest-
stellung einer unteren Grenze der Prädikate, die für einzelne Fächer im
Zeugnis der Reife für Prima [oder in späteren Schulzeugnissen, das Matu-
ritätszeugnis (sie!) ausgenommen] nachzuweisen waren", soll verbürgen,
dass Mittelschüler mit solchen Prädikaten reif für ein schwieriges Hoch-
schulstudium sind, während man sonst in der ganzen Welt und in allen
Fächern mit einziger Ausnahme der Landwirtschaft vor der Zulassung zum
Hochschulstudium den Nachweis einer abgeschlossenen Vorbildung auf der
Mittelschule durch das „ Reife "zeugnis — Reife eben für die Hochschule
— verlangt.
Der Herr Professor bringt freilich sein altes Argument auch jetzt
wieder vor (S. 21), wonach dem Landmesserberuf, weil er auf wissenschaft-
licher Grundlage steht, eine gewisse Wertschätzung seitens aller Einsich-
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z«iucüriri fur Steppe«. Hochschulstudium und Reifezeugnis. 47
m ml
tigen beiwohne, die ihn von seinem Beamtenrang ablöst. Das hilft uns
leider nichts, solange die Einsichtigen nicht auch ihrer Einsicht praktische
Folge geben. Es lässt sich diese Behauptung der vom Beamtenrang ab-
gelösten Wertschätzung in irgend weitergreifender Allgemeinheit aber auch
gar nicht durch Tatsachen begründen. Im Gegenteil, es ist noch gar nicht
bo lange her, dass im preussischen Abgeordnetenhause bei verschiedenen
Abgeordneten und selbst vom Regierungstische gelegentlich eine recht ab-
fällige „Wertschätzung" über die Landmesser-Beamten — allerdings zu
Uorecht und anscheinend in Unkenntnis über den Bildungsgang der Land-
messer — laut geworden ist. Jedenfalls sollten „die vernünftigen Leute
der Umgebung" es nicht für eine ungebührliche Anmassung ansehen, wenn
die preussischen Landmesser der wissenschaftlichen (und ich setze hinzu
auch der wirtschaftlichen) Bedeutung ihres Berufes nicht bloss durch Zu-
billigung einer wohlwollenden Wertschätzung (als Affektionswert), sondern
auch durch Einräumung einer angemessenen äusseren Stellung Rechnung
getragen wissen möchten. Besonders schmerzlich aber muss es berühren,
wenn gerade ein so hochangesehener Hochschul-Professor immer wieder
das Streben nach dem Abiturium ausschliesslich als den Ausfluss eines
unberechtigten und eigennützigen Strebens nach äusseren Vorteilen zu
deuten sucht und gänzlich verkennt oder doch zu verkennen sich den An-
schein gibt, dass das Streben der preussischen Landmesser in erster Linie
von dem Wunsche getragen ist, es solle eben nicht nur der Beruf im
ganzen auf wissenschaftlicher Grundlage stehen, sondern auch jeder ein-
zelne Berufsangehörige durch eine für den Durchschnittsmenschen, nicht
bloss für das Talent genügende Vorbildung in den Stand gesetzt werden,
sich nnd seine Leistungen auf die Höhe der Berufswissenschaft wirklich
emporzuheben.
Um die Entbehrlichkeit des Reifezeugnisses nachzuweisen, hat der
Herr Geheimrat drei statistische Nachträge gebracht, mit deren Aufstellung
er sich sichtlich Mühe gegeben, um durch Verfolg des Prüfungsschicksals
der Studierenden einzelner Jahrgänge zu erweisen, dass der Prozentsatz der
auch in einer zweiten oder dritten Prüfung Gescheiterten und so gänzlich
in ihrer Existenz Verunglückten ein verhältnismässig geringer sei. Ich
will nun hier nicht den Stiel bezüglich des „sinnwidrigen" Operierens mit
Zahlen umkehren. Aber ich muss doch hier auf die Ergebnisse der
zusammenfassenden Statistik längerer Zeiträume hinweisen, wie sie beispiels-
weise in einem trefflichen Artikel Seyfferts zu dieser Sache in der von
diesem herausgegebenen Zeitschrift, der dem Herrn Geheimrat wohl nicht
unbekannt geblieben sein wird, auf Grund zuverlässigen Materials aus amt-
lichen Denkschriften u. s. w. nachgewiesen ist. Wenn in Bonn bis zum
Jahre 1897 (nach amtlicher Festschrift) 1222 Kandidaten in die Prüfung
eingetreten sind, davon aber 9o/0 zurücktraten und 16°/0 nicht bestanden
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48 Steppes. Hochschulstudium und Reifezeugnis. v^MBungiwe««
haben, wenn in Bonn und Berlin von 1894 mit 1902 von 2136 in die
Prüfung Eingetretenen nur 1786 (83,4 °/0) bestanden haben, wenn in Bonn
von der Gesamtzahl der Studierenden bis 1905 insgesamt 1839 Studierende
die Hochschule verlassen haben, darunter aber nur 1250 nach abgelegter
Prüfung, sonach 589 oder 32°/0 abgingen, ohne die Prüfung abgelegt zu
haben, so kann gegen diese fast erschreckenden Zahlen gar nichts durch
den Nachweis bewiesen werden, dass einzelne der bei erstmaliger Prüfung
Durchgefallenen bei zweiter oder dritter Prüfung doch noch bestanden
haben; diese sind ja auch in den für längere Zeiträume ermittelten Durch-
schnittszahlen als „bestanden- wirklich inbegriffen.
Ganz merkwürdig aber ist, dass der Herr Geheimrat anscheinend gar
nicht wahrnimmt, wie er mit seinen Nachweisen über das Bestehen der
zweiten oder dritten Prüfung nur Wasser auf unsere Mühle giesst. Das
ist es ja, was wir behaupten: Selbst bei Zusammendrängen des Hochschul-
studiums auf zwei Jahre würde der Erfolg ein ganz anderer sein, wenn
die Studierenden mit jenen Kenntnissen und jenem Ernst der Lebensauf-
fassung an das Studium herantreten würden, wie sie die Absolvierung einer
gediegenen Mittelschule gewährt. Eben weil wir wollen, dass diese Kennt-
nisse und Charakterreife von vornherein mitgebracht, nicht aber deren
Erwerbung erst durch den Misserfolg bei der ersten Prüfung erzwungen
werden sollte, dass also die ohne Prüfung Abgehenden sich wirklich nur
aus solchen rekrutieren sollten, die eben tatsächlich für unser Fach nicht
passen, eben deshalb halten wir die Forderung des Reifezeugnisses
für das Erste und Notwendigste, was für Preussen, wie für so viele andere
deutsche Staaten verlangt werden muss.
Zu 2. Es mag ja sein, dass in dem Artikel des Herrn Kol). Peltz
ein oder das andere Gänsefüsschen nicht ganz am richtigen Platze zur
Anwendung gekommen ist. Und es lässt sich auch nicht verkennen, dass
Herr Peltz das , was er zu sagen für nötig hielt , recht deutlich und un-
verhüllt zum Ausdruck gebracht hat. Diese Deutlichkeit der Aussprache
hat mich ja auch veranlasst, dem Abdruck der Peltzschen Abhandlung im
Heft 26 von 1906 auf S. 666 am Schlüsse die Bemerkung voranzustellen,
dass ich diese Abhandlung „unter der gegebenen Notlage nicht unterdrücken
zu dürfen glaube".
Aber von allen Gänsefüsschen und sonstigen Einzelheiten abgesehen,
ist es eine betrübliche, aber nicht umzustossende Tatsache: Die Abhand-
lung des Herrn Geheimrats in Heft 24 von 1906 hat bei jedermann den
Eindruck hervorgerufen, dass er sich damit — absichtlich oder nur im
Eifer der Abwehr — mit seinem Vortrage von 1891 auf der 17. Haupt-
versammlung in Berlin in direkten Widerspruch gesetzt hat. In letzterem
Vortrage ist die Notwendigkeit der vollen Mittelschulreife näher begründet
und vertreten und dabei nur als zulässige Ausnahme der Zulassung von
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lütMkrtft «r Steppes. Hochschulstudium und Reifezeugnis. 49
besonders talentierten Primareifen das Wort gesprochen. Die Abhandlung
in Heft 24 von 1906 wurde wohl von niemand anders gedeutet als dahin:
Die Forderung des Abituriums ist nur ein verdammenswertes Schlagwort
rabiater Agitation, es braucht weiter nichts, als dass die Primareifen
tieissig in die Vorlesungen kommen und bei den Uebungen gescheite Fragen
stellen. Die in den Ministerien sitzenden Männer mögen sich daher wohl
hüten, den „Dünkel" der grossen Masse von Landmessern, deren „mangel-
hafte Kenntnisse" noch lange genügen, noch durch die Forderung der wirk-
lichen Hochschulreife zu fördern.
Der Herr Geheimrat wird diese Deutung seines Auftretens zwar nicht
wett haben wollen. Er hat ja auch vorsichtigerweise vieles andern Leuten
in den Mond gelegt und auch gar nicht die Maturitatsfrage , sondern die
Daner and Gestaltung des Hochschulstudiums zum Ausgangspunkte ge-
nommen. Aber jener Eindruck, der allein uns nötigt, hier gegen den Herrn
Professor anzukämpfen, ist leider nicht wegzuwischen und der Widerspruch
wird dadurch nicht geringer, dass Herr Professor Vogler vorstehend einen
Teil seines Vortrags von 1891 mit richtiger Stellung der Gänsefüsschen
wiederholt. Nicht 1891, sondern 1906 ist der Widerspruch deutlich zutage
getreten, und nicht einzelne Worte und Sätze, sondern der ganze Ton
macht dabei die Musik, allerdings hier die Dissonanz.
Was aber ausser jener Wiederholung des Vortrags von 1891 unter
Ziff. 2 vorgebracht ist, kann zur Sache wenig beitragen. Denn die 20«/e
bleiben jedenfalls verloren, solange gar nichts geschieht und auch nichts
water bevorwortet wird, als etwa die zwangsweise Vorführung der Stu-
denten in die Hörsäle. Und das Opfer einer genügenden Vorbereitung
verlangen wir „Unentwegten", die wir uns übrigens mit verschiedenen
deutschen Staatsregierungen in ganz guter Gesellschaft befinden, deshalb,
weil wir es für unerlässlich halten und also mit der Forderung solchen
Opfers unserem Nachwüchse in der Tat eine Wohltat zu erweisen über-
zeugt sind (abgesehen von den berechtigten Ansprüchen des Publikums).
Und wenn sich unseren Wünschen und Forderungen selbst solche junge
Kollegen anschliessen , die soeben erst fröhlich mit der Bestallung von
dannen gezogen sind, so sollte man sich doch fragen, ob diese wirklich
nur etwa ihre Leibfüchse durch das Verlangen erhöhter Opfer etwas ver-
ärgern wollen, ob sie gar nicht daran denken, dass eigentlich sie das
Opfer bringen, das Risiko tragen müssen, sich schliesslich neben ihren
dnrchgebildeteren Kollegen als Landmesser IL Klasse, als älterer Ordnung
betrachtet zu sehen, und ob sie nicht doch vielleicht von der Einsicht ge-
tragen sind, dass die Bestallung allein nichts nützen kann, wenn sie nicht
auch eine genügende Fachbildung wirklich verbürgt.
Die Frage aber, was wir denn tun sollen, könnten auch wir stellen.
Sollen wir etwa an die beteiligten Ministerien mit der Bitte herantreten,
Zeitschrift für Vermesiungtweten 1907. H«fl 2. 4
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60 SteppeB. Hochschulstudium und Reifezeugnis. unSSStmmmm
es möge fttr diejenigen Mittelschüler, die nicht einmal in dem wenigen,
was sie in Sekunda für unser Fachstadium Brauchbares lernen, genügende
Noten zu erwerben vermochten, die Forderung des Maturitätszeugnisses
eingeführt werden, damit gerade diese Leute unserem Fache gesichert
werden? — Wozu dann der Lärm? — Oder sollen wir etwa dem Kultus-
ministerium sagen: Wir haben zwar seit Jahrzehnten geltend zu machen
gesucht, dass die Primareife in unserem Fache für den Durchschnitts-
menschen nicht genügt. Wir verzichten aber darauf, für unser Fach das
Abiturium als allgemeine Forderung zu vertreten, wenn das hohe Ministe-
rium sich zu der erfrischenden Tat aufschwingt, der Gleichheit wegen für
alle Beamten, für alle Fächer — die uns allerdings eigentlich gar nichts
angehen — die Grundregel einzuführen, „von Durchschnittsbegabung Ma-
turität, von hervorragender nur Primareife zu verlangen". Dabei ist die
hervorragende Begabung durch ein paar gute Noten festzustellen, obwohl
wir eigentlich auf den Wert von Schulnoten nichts geben? —
Zu 3. Ich muss leider sehr bedauern, dass mir der Herr Geheime
Reg.-Rat nicht die Ehre erwiesen hat, eine Verständigung über das von mir
Vorgebrachte zu versuchen. Ich habe es mein ganzes Leben lang nie ver-
schmäht, mich durch stichhaltige Gründe eines Besseren belehren zu lassen.
Und da ich sowohl in Heft 26, wie in dem dort in bezug genommenen
Heft 15 von 1903, S. 440 u. fgde., hauptsächlich jene Punkte berührt habe,
welche der Deutsche Geometer verein und der preussische Landmesserstand
insbesondere für seine Forderung des Abituriums und für die Vorbildungs-
frage für ausschlaggebend hält, so wäre es von höchstem Interesse für
den ganzen Stand gewesen, nicht nur die Tatsache kennen zu lernen, dass
ein so hochangesehener Hochschulprofessor unser ganzes Streben für ein
unberechtigtes Hervorkehren zu hoch fliegender Pläne oder gar für den
Ausfluss schmutziger Gewinnsucht auf Kosten des Nachwuchses erklärt,
sondern vor allem auch die Gründe zu vernehmen, die ihn zu einer
solchen Stellungnahme veranlassen und ihm unsere Gründe für unstichhaltig
erscheinen lassen. Ich werde darauf noch zurückkommen und kann micb
hier mit dem Hinweis begnügen, wie unglücklich das für den „einen Haupt-
punkt" herausgegriffene Beispiel gewählt ist. Ich bezweifle, dass sich ein
Lehrer der Mathematik im Gymnasium oder doch in Sekunda des Gym-
nasiums mit Koordinatenberechnung für ein geschlossenes Polygon abgeben
kann. Ganz sicher aber steht fest, dass Polygonisierungsarbeiten das ein-
zige sind, was von dem ohnedem fast komisch überlasteten Lehrjahre in
Preussen ausgeschlossen ist. Wollte aber der Lehrherr diesen „Hauptteil
der Rechenübung" auch noch übernehmen, so könnte er das doch mit einem
Primareifen unmöglich, anders, als auf dem Wege des „Drills" unternehmen.
Wir wissen recht wohl, dass die Hochschule die Praxis nicht ersetzen
kann, aber wir wissen auch, dass umgekehrt die Praxis das systematische
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v^'m^^'mwi Steppes. Hochschulstudium und Reifezeugnis. 51
Stadium nicht oder doch nur zu langsam und ungenügend ersetzen kann,
and eben deshalb müssen wir eine gründliche Reform der ganzen Vor- und
Ausbildung für unerlässlich erachten.
Und wir haben ein grosse« — sachliches — Interesse daran, dass
diese unsere Wünsche massgebenden Orts, also auch bei den Zuhörern
neben oder vor dem Herrn Geheimen Regierungsrat gehört werden. Ich
habe daher meine Bemerkungen in Heft 26 genau für dasselbe hoch-
verehrte Publikum geschrieben, auf welches der Herr Geheimrat in Heft 24
offensichtlich einzuwirken bemüht war. Ich gehöre zu den Unentwegten,
die ihre Ueberzeugung aufrichtig auszusprechen gewöhnt sind, unabhängig
davon, ob sie da oder dort mehr oder weniger angenehm berührt.
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Ich mußste im Verlaufe der vorstehenden Besprechungen schon mehr-
fach berühren, dass die Auslassungen des Herrn Geheimrats in Heft 24
vom Jahre 1906 zunächst deshalb so weitgehenden Widerspruch hervor-
gerufen haben, weil dort ein klarer Standpunkt nicht festgehalten ist, weil
unter dem Deckmantel einer Verteidigung der Hochschule gegen vermeinte
unberechtigte Vorwürfe gegen die Hochschuleinrichtungen so vieles vor-
gebracht ist, das den Eindruck hervorrufen muss: (iegen den Zwang zu
dreijährigem Hochschulstudium ist es angeblich geschrieben und gegen die
Forderung des Abituriums ist es tatsiichlich gemünzt.
In seiner neueren Entgegnung hebt nun der Herr Geheimrat, wenn
er auch seine früheren Argumente im einzelnen verteidigt, doch bestimmt
henror, dass er — mit der vielberührten Ausnahme für die hervorragend
Begabten — im übrigen die Forderung des Abituriums noch heute, wie
schon 1891 für berechtigt anerkennt, dann dass er die freiwillige Ver-
längerung des Studiums nach Kräften zu fördern immer schon bereit war,
es noch ist, und sogar die Forderung des Zwangs zu dreijährigem Hoch-
schulstudium für erreichbar hält.
Ich sehe unter solchen Umständen nicht ein , warum nicht ein Kom-
promi88 zwischen der Haltung des Herrn Geheimrats und unserem Stand-
punkte möglich sein sollte.
Unser Standpunkt, die Grundlage unserer langjährigen, leider bisher
in Preussen vergeblichen Bemühungen ist in Kürze folgender:
1. Wir halten es für unmöglich, dass ein mit Primareife ausgetretener
Mittelschul- namentlich Gymnasial-Schüler die nötigen Kenntnisse mitbringt,
tun das für unser Fach unentbehrliche — in Preussen auch seit 25 Jahren
vorgeschriebene Hochschulstudium, zumal es auf zwei Jahre ungebührlich
zusammengedrängt werden muss, gehörig in sich aufzunehmen und es zu
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52 Steppes. Hochschulstudium und Reifezeugnis. zeiuchriiwur
Beweis dafür: Die Lehrpläne der Mittelschulen einerseits, der Akademien
andererseits. Wirkung: Die unverhaltnismässig hohe Zahl verunglückter
Existenzen unter den Geodäsie-Studierenden. Gegenwirkung: In Bayern ist
man trotz des von jeher verlangten Abituriums zur Verlängerung des Hoch-
schulstudiums (und der Praxis) auf 3 Jahre übergegangen mit dem Erfolge, dass
früher fast so viele wie in Preussen durchzufallen pflegten, jetzt aber alle
Studierenden in allen Gruppen der Prüfung bestanden haben.
2. Wir halten es noch für schlimmer, dass ein junger Mann, der mit
Primareife in das Lehrjahr treten, dann in zwei Jahren zum Examen ge-
bracht werden kann, aus dem Examen ohne jene Reife des fachlichen
Denkern and des Charakters heraustritt, welche die durch das Examen
zu erlangende Bestallung verbürgen soll.
Schon aus diesem Grunde halten wir auch für Begabtere eine ausnahms-
weise Zulassung mit Primareife nicht für zulässig. Wir können aber überdies
gar nicht annehmen, dass eine solche Doppelstellung je die Genehmigung der
massgebenden Stellen finden werde, weil dadurch gerade die begabteren jungen
Leute bezüglich der Gründlichkeit ihrer Vorbildung verkürzt würden u. s. w.
3. Wir halten es für ganz unmöglich, dass ein primareifer junger
Mann in einem Lehrjahre Stückmessen, Kartieren, geometr. Flächenrechnen
und vollständige Durchfuhrung von Nivellements „unter Aufsicht, aber
selbständig" sich sollte aneignen können. Wir halten eine mehrjährige
Praxis, sei es mit oder ohne Verlegung des Lehrjahres hinter die Hoch-
schule vor dem Eintritt in die selbstfindige Berufsausübung für notwendig.
Dem letzteren Punkte soll die preussische Regierung durch die An-
ordnung Rechnung zu tragen gewillt sein, dass künftig eine dreijährige
Praxis vor dem Eintritt in die selbständige Berufsausübung verlangt wird,
so dass also auch die unbemittelten Studierenden mit diesem Aufschub der
Fruktifizierung der Bestallung für eine „Lebensstellung" zu rechnen haben
werden. Wenn also Hochschule und Praxis gemeinsam dafür eintreten
würden, dass zunächst noch weiter mit zweijährigem Studium versucht
werden soll, ob dasselbe für Abiturienten nicht doch genügen könnte,
und wenn weiter der Versuch bevorwortet würde, zunächst eine zweijährige
Praxisnahme statt einer dreijährigen einzuführen, eo hätten die auf knappe
Mittel Angewiesenen durch Einführung des Abituriums, nachdem Herr Geh.
Reg.-Rat Prof. Vogler das dritte Jahr doch bereits als naheliegend zu-
gibt, an Ausbildungsdauer nichts verloren. Und darauf kommt es dem
Herrn Geheimrat nach seinen Erklärungen doch vor allem an.
Dass aber Einigkeit in den Bestrebungen der Vertreter von Hoch-
schule und Praxis einen gewaltigen Einfluss auf die Erschliessungen der
massgebenden Behörden gewinnen müsste, das dürfen wir doch wohl an-
nehmen.
Herr Geheimrat aber würde noch überdies den Gewinn haben, jene
verstummen zu machen, die da sagen, es sei ihm nur darum zu tun, die
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Hochschulnachrichteo. — Vereinsnachrichten.
Geodäten den landwirtschaftlichen Akademien zu erhalten, ohne dass sie
vor den Studierenden der Landwirtschaft bezügl, der Vorbildung etwas
voraus hätten. Wir aber oder doch die preuss. Landmesser könnten über-
haupt die Frage der Verlegung des Studiums an die technischen Hoch-
schulen ruhen lassen, wenn nur die Vor- und Ausbildung auf den Akade-
mien einigermas8en befriedigend geregelt würde.
Erwünscht wäre allerdings des weiteren, dass der Herr Geheimrat
seine Auslassungen gegen die Berechtigung und die Loyalität unserer
Bestrebungen, die ja trotz alledem „traditionell" geworden sind, künftig
fallen lassen würde. Steppes.
Die landwirtschaftliche Akademie Bonn-Poppelsdorf wird im lau-
fenden Winterhalbjahr (1906/07) nach vorläufiger Feststellung von ins-
gesamt 480 (496) Studierenden besucht, und zwar von 463 (470) ordent-
lichen Hörem und 17 (26) Hospitanten.
Unter den ordentlichen Hörern befinden sich:
Studierende der Landwirtschaft 148 (171),
„ Kulturtechnik und Geodäsie 315 (299).
(Die entsprechenden Zahlen des Wintersemesters 1905/06 sind zum Ver-
gleich in Klammern beigefügt.)
Privatkurs im Städtebau und Ortaerweiterung. Auf Veranlassung
des Vereins ist an der Fachschule für Vermessungswesen ein Privatkurs
über Städtebau (Stadt- und Ortserweiterungspläne) zunächst für Besucher
der Fachschule eingerichtet worden. Der Kurs ist auch älteren Kollegen
geöffnet, worauf wir insbesondere unsere Mitglieder aufmerksam raachen.
Nähere Erkundigungen wollen alsbald bei Herrn Stadtgeometer V aihinger,
Stuttgart, eingeholt werden.
Stuttgart, den 2. Dezember 1906. Dia VorstandaehafL
Seit einigen Jahren besteht das Bestreben, der Kunst des Städtebaus
und der Ortserweiterung in den Programmen der Technischen Lehranstalten
Hochschulnachrichten.
Vereinsnachrichten.
Württembergischer Geometerverein.
54 Aus den Zweigvereinen. _ zaiucurm nir
1907.
eine Stätte zu bereiten. Diesem Zag der Jetztzeit folgend, ist auch an der
Fachschule für Vermessungswesen ein derartiger Kurs eingerichtet worden
mit Rücksicht darauf, dass zurzeit 65<>/0 aller Ortsbaupläne des Landes
von Geometern bearbeitet werden. Diese Einrichtung ist auf Veranlassung
des Württ. Geometervereins und in der Hauptsache auch auf dessen Kosten
getroffen worden, nachdem seitens der obersten Schulbehörde ein dringen-
des Bedürfnis hierfür zurzeit nicht anerkannt worden ist.
Aus den Zweigvereinen.
Bericht über die Hauptversammlung der Ortsgruppe Danzig des
Deutschen Geometervereins.
Die Hauptversammlung fand am 8. Dezember 1906 im Vereinslokal,
Restaurant „Zum Luftdichten" statt und war von 27 Mitgliedern besucht.
Zunächst erstattete der Vorsitzende den Jahresbericht: Das Jahr 1906
ist das Geburtsjahr der neuen Ortsgruppe Danzig. In den früheren Jahren
hatten sich die Danziger Kollegen in der Mehrheit dem Ost- und West-
preussi8chen Landmesserverein angeschlossen, dessen Hauptvorstand jedoch
seinen Wohnsitz in Königsberg i/Pr. hat. Infolgedessen war der Zusammen-
halt unter den Kollegen und den beiden Provinzen immer nur ein loser
und lockerte sich von Jahr zu Jahr mehr und mehr. Es macht sich daher
unter den jüngeren Landmessern der Wunsch nach einem engeren Zu-
sammenschluss der Danziger Kollegen unter sich geltend, dem sich mit
der Zeit auch die älteren Kollegen nicht verschliessen konnten, zumal sich
allgemein die Neigung kundgab, wohl Mitglied des Deutschen Geometer-
vereins nicht aber des Zweigvereins der beiden Provinzen zu werden.
Dazu kam, dass die Hauptversammlung des D. G.-V. in Königsberg nahe
bevorstand, und es als Ehrensache erschien, diese Versammlung in mög-
lichst grosser Anzahl auch aus Westpreussen zu besuchen. Es galt jetzt
schnell zu handeln. Nach zwei Vorversammlungen am 10. Februar und
23. April 1906 wurde von 33 Kollegen der Verein als Ortsgruppe des
D. G.-V. am 29. April 1906 gegründet. Am 4. Juni 1906 ging vom Vor-
stande des D. G.-V. die Mitteilung ein, dass die Ortsgruppe unter der
obigen Bezeichnung aufgenommen sei.
An Mitgliedern zählt die Ortsgruppe augenblicklich 66 Herren, von
denen 39 in Danzig oder dessen nächster Umgebung wohnen. Die Vereins-
tätigkeit unserer Gruppe kann als eine rege bezeichnet werden, wenn auch
der Besuch der Monatsversammlungen noch manches zu wünschen übrig
lässt. — An Vorträgen wurden gehalten:
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iftoebrm mr A us den Zweigvereinen. 55
1. „Wirtschaftliche und Standesinteressen der Landmesser"
Landmesser Ziebarth.
2. „Nutzung*- und Eigentumsrecht am Meerestrande"
Steuerrat Leopold und
3. „Einführung in die Ausgleichungsrechnung"
Landmesser Richard Ahrens.
In der 25. Hauptversammlung in Königsberg war die Ortsgruppe
Danzig durch ihren Vorsitzenden vertreten, 18 weitere Mitglieder, zum
Teil mit ihren Damen, nahmen gleichfalls an den Festlichkeiten teil. Unsere
Ortsgruppe hatte ferner das Vergnügen einer stattlichen Anzahl der Teil-
nehmer der Hauptversammlung auf ihrer Rückreise in die Heimat Danzig
und dessen herrliche Umgebung, welche nicht mit Unrecht die Bezeich-
nung der nordischen Riviera führt, zeigen zu dürfen. Hoffen wir zuver-
ächtlich und wünschen es von Herzen, dass unsere Ortsgruppe weiter
wachsen, blühen und gedeihen möge!
Nach Erstattung des Kassenberichtes durch den Kassenwart, wonach
einer Einnahme von 136,60 Mk. eine Ausgabe von 113,30 Mk. gegenüber-
steht und somit ein Kassenbestand von 23,30 Mk. auf das neue Vereins-
jahr übernommen werden kann, erfolgte die Entlastung des Kassierers.
Auf der Tagesordnung standen im weiteren zwei von Mitgliedern ord-
nungsgemäss eingebrachte Anträge:
a) „Ausgestaltung der Zeitschrift für Vermessungswesen bezüglich
praktischer Fragen" und
b) „Empfehlung an die Mitglieder der Ortsgruppe, nur Abiturienten
als Eleven anzunehmen."
Zu a). Nach Begründung des Antrages durch die Antragsteller und
nach lebhafter Erörterung in der Versammlung wies der Vorsitzende
darauf hin, dass die Frage der Ausgestaltung der Zeitschrift wiederholt
den Vorstand wie auch die Hauptversammlungen des D. G.-V. in früheren
Jahren beschäftigt habe. Das Ergebnis der bezüglichen Verhandlungen
and Vorschläge sei namentlich in den Jahrgängen 1897 der Zeitschrift
S. 590 , 601 und 684, ferner 1898 S. 598 niedergelegt Auch geben uns
die im Jahrgang 1900 S. 1 als Aufgabe der Zeitschrift aufgestellten Leit-
sätze die Gewähr, dass die praktischen Fragen nicht zu kurz kommen
sollen. Die Versammlung erklärte sich danach auch ihrerseits mit den
vorgesteckten Zielen der Zeitschrift einverstanden, gab aber dem Wunsche
Ausdruck, dass die Zeitschrift wöchentlich erscheinen möge, um dem Ver-
langen der Zweigvereine nach Aufnahme von Sitzungsberichten, Bekannt-
machungen etc. eher Rechnung tragen zu können. Ein besonderer Beschluss
hierzu wurde jedoch nicht gefasst.
Zu b). Nach lebhafter Erörterung kam man zu dem Beschluss, den
Antrag für die Ortsgruppe anzunehmen so, dass zwar ein Zwang auf die
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56 Personalnachrichten. vJK£22S*2£en
Mitglieder nicht ausgeübt werden könne, doch aber jedem dringend emp-
fohlen werden müsse, nur Abiturienten als Eleven anzunehmen.
Nach Besprechung Ober eine im Laufe des Winters zu veranstaltende
Festlichkeit fand die Wahl des Vorstandes für das nächste Vereinsjahr
statt. Der bisherige Vorstand:
Steuerrat Leopold, als Vorsitzender,
Kgl. I^ndmesser und techn. Eis.-Sekr. Blumenberg, als Schrift- und
Kassenwart,
Kgl. Oberlandmesser Heymer und selbständiger, vereideter Land-
messer Ziebarth, als Beisitzer
wurde einstimmig wiedergewählt.
An den geschäftlichen Teil schloss sich ein vergnügter Bierabend,
der die Kollegen noch lange zusammenhielt.
Die regelmässigen Vereinssitzungen finden an jedem zweiten Sonnabend
im Monat Abends 8i/2 h. s. t im Restaurant ..Zum Luftdichten" in Danzig,
Hundegasse, statt Alle durch Danzig kommenden Herren Kollegen sind
hierzu freundlichst eingeladen.
Leopold. Klünenberg.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Zu Steuerinspektoren
sind ernannt: die Kat.-Kontr. Böckmann in Münster, Franzheim in
Unna, Getzuhn in Tilsit, Groehn in Orteisburg, Hachmann in Vreden,
Krome in Gronau, Klüwer in Hörde, Petersen in Kiel, Reiffen in
Bonn, Stahl in Münsterberg, Suabedissen in Ziegenhain, Schütter in
Kosel, Tempelhoff in Nienburg, Willeke in Lechenich und der Kat.-
Sekr. Hermann in Lüneburg.
Zu besetzen die Katasterämter: Rothenburg O.-L. Reg.-Bez. Lieg-
nitz, Ei sieben Reg.-Bez. Merseburg, Arnswalde Reg.-Bez. Frankfurt a/O.
und Leobschütz Reg.-Bez. Oppeln.
Landwirtschaftliche Verwaltung. Den Vermessungsinspektoren
Lohnes in Königsberg i/Pr. und Dürr ling in Posen wurde der Cha-
rakter als Oekonomierat verliehen.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Zur Theorie der Lattenmessung, von Prof. A.
Cappilleri. — Zur Landmesserausbildung, von Dr. Ch. A. Vogler. (Schluss.)
— Hochschulstudium und Reifezeugnis, von Steppes. — Hochschulnachrichten.
— Vereinsnachrichten. — Aus den Zweigvereinen. — Personalnachrichten.
Vorlag Ton Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck tod Carl Hammer, Kgl. Hofbucadruckeral In Stuttgart.
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67
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat ^ Dr. O. Eggert, Professor
München M, Katasterbureau. Danzig-Langfuhr. Abornweg 10.
-H
1907. Heft 3. Band XXXYI.
— •>-• 81. Januar, j <
Der Abdruck yon Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
lanbni.s der Schriftleitung ist untersagt.
Hilfstafeln zur trigonometrischen und tachymetrischen
Höhenmessung für Centesimalteilung des Kreises.
Von Katasteringenieur J. Heil zu Dannstadt.
Auf Wunsch des verstorbenen ersten Schriftleiters der Zeitschrift für
Vermessungswesen, Professor Dr. W. Jordan, sind die oben genannten
HUfstafeln in Heft 23 dieser Zeitschrift von 1893 veröffentlicht worden,
weil damals derartige Hilfsmittel noch nicht so zahlreich vorhanden waren
wie jetzt. Seitdem wurde bei dem Verfasser bis in die neueste Zeit häufig
angefragt, von welchem Verlag das in Rede stehende kleine Tabellen-
werkchen bezogen werden könne. Es sei deshalb hier darauf hingewiesen,
dass im Verlag dieser Zeitschrift ein kleiner Vorrat von SonderabdrOcken
dieser Hilfstafeln vorhanden ist.1)
Für die Höhenberechnung wurde die Form der Tangententafeln ge-
wählt, um damit trigonometrische Höhenmessungen mit Hilfe von ab-
gegriffenen oder aus Koordinaten berechneten Entfernungen ausrechnen zu
können, wie das bei topographischen Messtischaufnahmen häufig vorkommt.
Diese Hilfstafeln sind daher auch dann noch von Nutzen, wenn man
für die gewöhnliche tachymetrische Höhenberechnung während der Auf-
nahme im Felde dem logarithmischen Rechenschieber den Vorzug gibt.
Aach sind die Tafeln für grundlegende Tachymeterzüge in Wäldern oder
bei Revisionsmessungen zur Feststellung der mittleren Fehler von Höhen-
') Heil, J., Hilfstafeln zur trigonometr. und tachymetr. Höhenmessung für
( entesünalteiluBg des Kreises. 30 S. (Sonderabdruck aus d. Zeitschr. f. Verm.
1*93.) Stuttgart, Konrad Wittwer. Preis 50 Pfg.
Zeitschrift für Vermeasung.weien 1907. H.ft 8. 5
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58 Heil. Hilfstafeln zur trig. u. tachym. Höhenmeßßung etc. y^l^SmMSweSen
1907.
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62 Epstein. Einfache Ableitung des Legendreschen Satzes. ^J^SmSSmmm
kurven u. dgl. m. wegen der grösseren Genauigkeit besser, als der Rechen-
schieber am Platze.
Um Anwendungen der letzteren Art zu erleichtern, teilen wir auf
Seite 58 bis 61 eine Tafel zur Reduktion der an der lotrechten Latte ab-
gelesenen Entfernung als Nachtrag zu jenen Hilfstafeln mit, wobei der am
häufigsten vorkommende Wert der Additionskonstanten c = 0,4 Meter
berücksichtigt worden ist.
Kleinere Abweichungen der Konstanten c eines Instruments von denk
in unserer Tabelle enthaltenen Wert lassen sich zwar leicht im Kopfe in
Rechnung bringen, sie dürften aber in den meisten Fällen vernachlässigt
werden können.
Wegen der Bedeutung der Additionskonstanten für genaue tachy-
metrische Zugmessuugen vergleiche man: „Die Additionskonstante der
Tachymetrie" von J. Heil, Zeitschr. f. Vermessungsw. 1895, S. 354.
Unsere Tabelle ist berechnet für Entfernungen von 10 bis 300 Meter
in Abstufungen von je 10 m und für Höhenwinkel von 0* bis 24 * in Stufen
von je i/4 Grad. Die Verbesserung v kann innerhalb dieser Grenzen aus
der Tabelle ohne Interpolation entnommen werden.
Eine einfache Ableitung des Legendreschen Satzes.
Von Dr. P. Epstein (Strassburg i/E.).
Der Satz von Legendre, der es möglich macht, Dreiecke auf der
Erdoberfläche mit den Fonneln der ebenen Trigonometrie zu berechnen,
wird gewöhnlich mit Hilfe des sphärischen Cosinussatzes bewiesen. *)
Ks sei hier die nachstehende Ableitung mitgeteilt, die vom Sinussatz
ausgeht; sie ist für den Unterricht empfehlenswert, da sie einfacher ist
und auch den Vorzug hat, dass sie von vornherein die Verwandtschaft
zur Additamentenmethode erkennen lässt.
Es seien a0, b0, c0 die wahren Längen der Seiten eines sphärischen
Dreiecks auf einer Kugel mit dem Radius r, und «, ß, y die Winkel. Ks
sind dann die Bogenlängen der Seiten
arc a = , arc b — — —
r r
und es besteht der Sinussatz :
gin a sin — = sin ß sin — .
r r
') Vgl. Jordan, Handbuch d. Vermessungskunde, Bd. III; Hammer, Tri-
gonometrie. Der Beweis von Professor Müller (diese Zeitschrift Bd. XXIII.
1894, S. 309), den ich erst während des Druckes kenneu lernte, hat manche
Berührungspunkte mit dem vorliegenden, scheint mir jedoch insofern etwas
weniger einfach zu sein, weil sich die Einführung der Höhe umgehen lässt.
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v«ra£«2S™«n EP8tein- Einfache Ableitung des Legendreschen Satzes. 63
Hieraus folgt durch Reihenentwicklung:
oder wenn man beiderseits rait r multipliziert und in der Entwicklung
nicht über rf hinausgeht:
ft0 a — *im «j = «o {sin ß — tt'ji y?j .
Hier führen wir den sphärischen Exzess e durch die Formel
1 e
r*~ ~ F
ein, wo natürlich £ in liogenmass zu nehmen ist und F die Dreiecks-
tiäche bedeutet. Dann folgt:
K ygm « - 3 ^ j _ a0 ^mh /? - ^ 27 )■
Man kann hierin beide Reiten als Anfang von Reihenentwicklungen
nach Potenzen von e betrachten, und da nur die erste Potenz beizubehalten
ist, so kann man in den Koeffizienten von e ohne weiteres die Regeln
der ebenen Trigonometrie zur Anwendung bringen. Wir setzen dem-
entsprechend auf der linken Seite:
2 F = b0 c0 sin a ,
auf der rechten:
2F = oftc0 sin ß
und erhalten:
"'{"'" - 5 cl ) = "«(*'*" ~ 3 ":)■
oder wenn wir links:
b0 = « 0 cm a + a0 cos •/,
rechts :
«0 = cQ cos ß -\- b9 co* y
setzen :
K « - | («f a + ^ co* /)] = «0 | .in ß - *- [ cos ß + *? co* y)] .
Hier hebt sich auf beiden Seiten die Grösse — * ~ co* y und es
bleibt :
b0 (sin a — * cox a ) = «„ | «in 0 — * cos ß }
oder:
und dies ist der Satz von Legendre.
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64
Biicher8chau.
ZelUctorlft für
ermessunsrwres.
1907.
Bücherschau.
Börsch, A. Lotabweichungen. — Heft III: Astronomisch-geodätisches Netz
L Ordnung nördlich der Europäischen Längengradmessung in 52
Grad Breite. — Veröffentlichung des kgl. preuss. Geodätischen Insti-
tuts. N. F. Nr. 28. — 4°, VI -\- 164 Seiten, 1 Tafel. Berlin 1906.
Der Veröffentlichung der geodätischen Linien südlich der Europäischen
Längengradmessung in 52° Breite, die im Verein mit Prof. L. Krüger
von dem gleichen Verfasser 1902 (Heft 10 des geodätischen Instituts) er-
schienen ist, folgt nunmehr in verhältnismässig kurzer Zeit die Bearbeitung
des nördlichen Teiles. Damit haben diese Untersuchungen, namentlich
soweit das Deutsche Reich in Betracht kommt, einen gewissen Abschluss
erreicht. Mit mehrfacher Unterbrechung haben sich neben dem Verfasser
selbst, dessen Vater, Prof. Krüger und der 1903 so früh verstorbene Dr.
L Schenkel an diesen ausgedehnten Untersuchungen und Rechnungen be-
teiligt. Es reichen deshalb auch die ersten hierauf bezüglichen Rechnungen
sehr weit zurück, so dass sie Prof. Helmert bereits teilweise bei seinen
grundlegenden mathematischen Entwicklungen als Beispiel in den „ Lot-
abweichungen , Heft Itt verwenden konnte. Die daselbst entwickelten
Methoden waren aber dann auch für die weitere Bearbeitung massgebend.
Dem Zwecke der vorliegenden Rechnungen entsprechend sind von den
meisten Stationen des bearbeiteten astronomisch-geodätischen Netzes I. Ord-
nung die astronomischen Koordinaten (Breite, Länge und Azimut) vor-
handen. Die Zusammenstellung und die Diskussion dieser Beobachtungs-
ergebnisse ist im 1. Kapitel (Seite 1—22) gegeben. Danach umfasst das
ganze Netz 28 Punkte, die sich von der holländischen Grenze (Ubagsberg,
Nottuln, Borkum) beginnend über Brocken, Leipzig nach Schlesien (Trocken -
berg, Czenstochau) einerseits und über Berlin (Rauenberg) nach Ostpreussen
(Memel, Goldapper Berg) andererseits hinziehen. Endlich geht noch eine
dritte Abzweigung über Wilhelmshaven und Kiel nach Norden bis zur
Spitze der Jütischen Halbinsel (Teglhoi) und zum Anschluss an das Grad-
messungsnetz der skandinavischen Halbinsel nach Kopenhagen.
Nicht weniger als 15 der 28 Punkte sind sogenannte Laplacesche
Punkte, auf welchen also Breite, Länge und Azimut astronomisch beobachtet
sind. Sechs von diesen gehören bereits der „Längengradmessung in 52
Grad Breite von Greenwich bis Warschau" an. Auf zehn weiteren Punkten
sind nur einzelne Elemente gemessen, während drei Punkte astronomisch
überhaupt nicht festgelegt sind und nur als Polygoneckpunkte auftreten.
Für die Längenbestimmungen wurde der Gleichmässigkeit halber die
bereits im II. Heft der Lotabweichungen verwendete „Ausgleichung des
Zentraleuropäischen Längennetzes" von H. G. van de Sande Bakhuyzen
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jtt Bücherschau. fiK
1907.
verwendet, zumal da auch die neueste Ausgleichung von 1905 durch Al-
brecht, die auch noch mehrfache Neumessungen enthält, so spät erschien,
dass ihre Verwendung eine neue längere Verzögerung der Publikation in
Gefolge gehabt hätte. Um aber die Neueinführung dieser Werte später
zo erleichtern, sind auf Seite 2 die nötigen Vergleichswerte aufgeführt
worden. Danach besteht zwischen diesen beiden Systemen ein nahe kon-
stanter Unterschied von — 1",5, womit die allgemeine Verschiebung des
Längennetzes infolge des neuen besseren Anschlusses von Greenwich zum
Ausdruck kommt. Da aber bei der definitiven Bearbeitung unseres Netzes
Kattenberg als Ausgangspunkt für die Ableitung der Lotabweichungen ge-
wählt wurde, so fällt diese Differenz ganz aus der Rechnung heraus.
Das 2. Kapitel enthält die Ableitung der geodätischen Linien, rela-
tiven Lotabweichungen und die Polygongleichungen. Zunächst werden für
die einzelnen in Betracht kommenden geodätischen Linien die nötigen An-
gaben gebracht und dann jeweils für die Polygone, neun an der Zahl, die
4 big 7 Eckpunkte enthalten, die übrigen Polygongleichungen aufgestellt,
wodurch eine durchgreifende Prüfung der die Polygone bildenden Linien
geliefert wird. Für die nicht in den Polygonen enthaltenen Anschluss-
linien wurden ausser der doppelten Rechnung noch besondere Vorsichts-
massregeln angewandt.
Die im letzten Paragraphen (48) enthaltenen Endergebnisse liefern
zunächst eine Vergleichung aller der in das astronomische Netz eingehen-
den Grundlinien und die Differenzen in den Seitenlängen beim Zusammen-
schlu8s der Dreiecksketten für die einzelnen Polygone. Unter Berück-
sichtigung der Reduktionen der Grundlinien auf das internationale Meter,
nämlich für die Basis
von Bonn 1847 +38,4 log. Einh. d. 7. St.
„ Berlin 1896 +88*8 „ „ „ „ „
n Grossenhain +50,4 „ n „ „ „
„ Braak 1871 +39,5 „ „ , * „
nnd für alle übrigen Grundlinien (Lommel, Strehlen, Göttingen, Königs-
berg, Meppen und Kopenhagen zu + 58 E. d. 7. St.) bleiben dann noch
log. Differenzen für die einzelnen Grundlinien übrig, die zwischen +83
and — 59 Einh. d. 7. St. schwanken.
Mit diesen Vergleichswerten wurde dann noch für die 9 Netzpolygone
diejenige logarithmische Anschlussdifferenz ermittelt, welche sich ergibt,
wenn man für jedes Polygon mit derselben Längeneinheit von einer Drei-
ecksseite ausgehend um das Polygon bis zur Ausgangsseite herumrechnet.
Von den 7 Polygonen, die sich unter der Voraussetzung der zwanglosen
Ausgleichung der Dreiecksnetze bilden lassen, zeigen 5 eine negative und
nw 2 eine positive Anschlussdifferenz A. Die Summe der sieben A beträgt
— 13 Einh. d. 7. St. (um welche also der errechnete Betrag kleiner als
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Bücherschau.
der direkte Wert ist); diese Zahl stellt zugleich die Anschlussdifferenz dar,
die man erhält, wenn man das ganze astronomisch-geodätische Netz zu
einem ganzen Umfangspolygon zusammen fasst, was also ein sehr günstiges
Resultat genannt werden muss.
Die Schlussfehler der Laplaceschen Gleichungen schwanken
zwischen -f 3",68 und — 7",61 und zwar haben 6 positive und die übrigen
13 negative Vorzeichen, wodurch eben die Abweichungen des Geoids zum
Ausdruck kommen.
Die Polygonschlussfehler sind in Breite und Länge sehr klein, in den
Winkeln liegen sie zwischen + 4",01 und — 5",47 (5 positiv und 4 ne-
gativ). Berechnet man daraus in ähnlicher Weise wie nach der inter-
nationalen Forreroschen Formel für die Dreiecke einen angenäherten Wert
für die mittleren Richtungsfehler M einer geodätischen Linie, so erhält man
wo w die Schlussfehler, n die Anzahl der Ecken und N die Gesamtzahl
der Polygone bezeichnen.
Da bis zur endgültigen Ausgleichung des Netzes noch längere Zeit
vergehen wird, ist zum Schluss noch ein vorläufiges System von Lot-
abweichungen mitgeteilt, von dem das definitive nur wenig abweichen wird.
Hierbei sind zwei Systeme verwendet worden, nämlich 1. die Besseischen
Erdelemente und 2. eine Vergrößerung der grossen Achse um Vioooo m^
einer bestimmten Annahme für die Lotstellung im Ausgangspunkt.
Besonders aus dem zweiten System erkennt man eine regionale Er-
hebung des Geoids innerhalb Norddeutschlands, ein Ergebnis, das im Verein
mit den Resultaten der Schweremessungen äusserst beachtenswert erscheint.
Lehrbuch der niederen Geodäsie von S. M. Solowjeff, a. o. Professor
an der Kaiserlich-Moskauer Ingenieurhochschule des Kommunikations-
ressorts, Vermessungsingenieur und Etatsoberlehrer der Geodäsie an
der Konstantin-Vermessungshochschule. Moskau 1903.
Wenn ich über den üblichen Rahmen der Buchbesprechungen in diesem
Falle hinausgehe, so bitte ich diesen Umstand damit begründen zu dürfen,
dass das Buch bisher nur in russischer Sprache erschienen ist, und weil
ich glaube, dass es von einigem Interesse sein dürfte, den Stoff kennen zu
lernen, der dem russischen angehenden Vermessungsingenieur und Eisen -
bahnbauingenieur geboten wird ; denn das Buch ist das Ergebnis der Vor-
lesungen an den genannten Hochschulen. Es ist deshalb auch, wie in dem
Vorwort bemerkt, dem Bedürfnis der Studierenden angepasst und soll das
Verständnis der theoretischen Vorlesungen im Winter erleichtern, in die
Messerschmitt.
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v(rae«a»Mw«««n Bücherschau. 87
Uebangen an den Instrumenten and die Zeichenübungen einführen und für
die praktischen Uebungen im Sommer vorbereiten. Dem praktischen Zwecke
entsprechend ist die Instrumentenkunde sehr eingehend behandelt und es
ist neben der Beschreibung und Gebrauchsanweisung eines jeden Instru-
mentes auch eine genaue Darstellung der Justierung gegeben. Von be-
sonderer Ausführlichkeit ist das Kapitel über die Vertikalaufnahmen, dem
Zwecke der Eisenbahnbauingenieure entsprechend.
Ich gehe nunmehr zu einer Inhaltsangabe des Buches über, wobei ich
bemüht sein werde, mich auf das wesentlichste zu beschranken:
Einleitung: Allgemeines über Geodäsie, Zweck, Name u. 8. w., Vor-
begriffe der mathematischen Geographie, Einteilung der Geodäsie, Unter-
schiede und Benennungen der verschiedenen Karten, Einteilung der Mess-
instromente und Messgeräte, die verschiedenen Masse (Linien-, Flächen-,
Winkelmasse).
Kapitel I: Mittel zur Bezeichnung und Signalisierung von Punkten
tnf der Erdoberfläche nnd Linienmessung auf dem Felde. Neben den
abliehen Längenmesswerkzengen fällt hier auf die Messhaspe] mit ange-
brachten Knöpfchen zum Ablesen der Längen, sowie ein an den Kettenstab
drehbar angebrachter Transporteur mit Visierlineal und Lot, zum Ablesen
des Neigungswinkels.
Kapitel II: Die Winkelinstrumente und Winkelmessinstrumente.
Die einzelnen Teile der Winkelmessinstrumente. Die Diopter und deren
Nachteile. Der einfache Theodolit nach Bamberg, Tesdorpf und andere.
Sehr eingehend ist der Repetitionstheodolit nach Rosenberg behandelt.
Horizontalaufnahmen; die verschiedenen Methoden derselben. Der Bus-
solentheodolit. Bestimmung der Nord-Süd-Richtung an den Sternbildern
des grossen und kleinen Bären.
Kapitel III: Kartierung einer Horizontalaufnahme und Flächen-
berechnungen. Hilfsmittel für Kartierung und Berechnung. Theorie des
Planimeters , Bedeutung der Konstanten u. s. w. Planimeter von Amsler
und Koradi. Rolllinealplanimeter von dem Russen Sarubin.
Kapitel IV: Vertikalaufnahmen. Dieses Kapitel ist, wie schon er-
wähnt, überaus eingehend behandelt, da das Bnch in erster Linie dem
vermessungstechnischen Bedürfnis der Eisenbahnbauingenieure dienen soll,
and in der Tat, es scheint nichts zu fehlen, was für den Eisenbahnbau-
mgenieur, der ja im europäischen sowohl, wie namentlich im asiatischen
Rassland an einer bedeutenden Kulturaufgabe arbeitet, von Wichtigkeit ist.
Nachdem Zweck und Einteilung der Vertikalaufnahmen behandelt ist,
wird zunächst zum Nivellieren übergegangen, und zwar wird auch hier die
Beschreibung, Prüfung und Berichtigung der Hilfsmittel vorangestellt. Ab-
stecken und Darstellung von Profilen. Berücksichtigung der Erdkrümmung
nnd Refraktion. Feinnivellements und Ausgleichung derselben. Flächen-
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68 Bücherschau. wJSSSmmSm
und Flussnivellements. Das Abstecken von Projekten. Tachymetrie. Militär -
distanzmesser. Die Instrumente nach Ertel, Reichenbach, Porro. Be-
schreibung, Berichtigung u. s. w. Theorie; Bestimmung der Konstanten.
Der Vertikalkreis. Die Isohypsen. Formeln zur Bestimmung von D und
h u. s. w. Tachymeteraufnahmen. Kritische Behandlung der Brauchbar-
keit, Genauigkeit. Tachymeter von Muano, Herlach, Breithaupt. Die Hilfs-
mittel zur Berechnung von h : Diagramm, Schieber von Prof. Wild u. s. w.
Automat-Tacbymeter von Wagner, von Vogler mit Tangentenschraube, von
Stampfer. Französischer Tachymeter von Sangnet Das Kapitel, von den)
nur das wesentlichste mitgeteilt ist, schliesst mit einer Anzahl von Auf-
gaben mit dem Isohypsenplan und Kurvenabsteckungen.
Kapitel V: Messtischaufnahmen. Zweck und Grundoperationen.
Punktbestimmung und Orientierung. Ausführung und Prüfung der Auf-
nahmen. Genauigkeitsangaben.
Kapitel VI: Fehlertheorien. Die unvermeidlichen Messungsfehler.
Fehlerfortpflanzungsgesetze und Ausgleichungsverfahren. Ausgleichung di-
rekter und indirekter Beobachtungen. Arbeitsgang einer selbständigen
Triangulierung: Allgemeines Prinzip der Triangulierung. Die verschiedenen
Formen der Dreiecksnetze. Basismessungen. Der Messapparat von Jaederin :
Methode von Strove. Das Basisnetz und das Messen der Winkel. Uni-
versalinstrumente. Schraubenmikroskope. Schatzmikroskope nach Hensold.
Rekognoszierung; Signalbau. Grundlehren der Wahrscheinlichkeitsrechnung
und Ausgleichungen nach der Methode der kleinsten Quadrate. Polygono-
metrische Arbeiten. Problem von Hansen und Pothenot.
Kapitel VII: Schnellaufnahmen von geringerer Genauigkeit. Ent-
fernungsschätzen mit dem Auge. Barometerhöhenmessungen. Bussolen-
aufnahmen. Aufnahmen mit den verschiedenen Winkelmessapparaten:
Prisma, Winkelspiegel, verschiedene Konstruktionen der Winkelköpfe u. s. w.
Bei diesem Kapitel scheint der Verfasser die Aufnahme grosser Flächen
(Forsten, unkultivierte Flächen, grosse Güter) ohne Anschluss an die
Triangulation im Auge zu haben. Derartige Messungen, welche sich auf
Bussolenpolygone und Dreiecke aufbauen, werden in Russland unter Berück-
sichtigung der Grössenverhältnisse und geringen Parzellierung jedenfalls
noch häufig stattfinden müssen.
Kapitel VIII: Kartenprojektionen und allgemeine Kartenkunde. Das
Entwerfen von Karten. Der Pantograph. Die verschiedenen Arten der
Schraffierung. Die Hauptkarte von Russland.
Kapitel IX. Dieses Kapitel ist in erster Linie wieder für den Inge-
nieur des Verkehrsressorts von Wichtigkeit. Es behandelt die Aufsuchung
und Auswahl von Tracen und ist in zwei Hauptabschnitte zerlegt, die Tra-
cierung von Eisenbahnlinien und die Regulierung der Flüsse als Ver-
kehrswege.
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£SSSSSm Au8 den Zwei?vereinen- 69
1907.
Kapitel X behandelt als letztes die Photogrammetrie. Ausführ lit: Ii
ist der Phototheodolit von Laassedat und Pollack behandelt.
Anschliessend ist eine Uebersicht über diejenigen Ressorts in Russ-
land gegeben, in welchen geodätische Arbeiten ausgeführt werden,
Das Buch schliesst mit der benutzten Literaturangabe.
Neben einer stattlichen Anzahl russischer Autoren und einigen fran-
zösischen sind auch eine ganze Reihe von Werken deutscher Geodäten
aufgeführt. Das Buch ist umfassend und der Stoff klar geordnet. Nicht
dot der russische Vermessungsingenieur, sondern auch namentlich der
Eiseobahnbauingenieur wird in demselben alles linden, was er aus der geo-
dätischen Wissenschaft für seinen praktischen Beruf braucht. Eine ganze
Anzahl gut durchgeführter Beispiele trägt zum Verständnis wesentlich bei.
Das Bach, in grossem Format gehalten, umfasst 720 Seiten und 673 vor-
treffliche Abbildungen. Von den Instrumentenabbildungen ist eine Anzahl
dem Lehrbuch der praktischen Geometrie von Professor Dr. Vogler ent-
nommen. Erwähnt sei noch, dass der Verfasser selbst mehrere Jahre in
Poppelsdorf und Berlin studiert bat und auch bei den Katasterneu messungen
in Königswinter a/Rhein tätig gewesen ist. —
Es sei mir gestattet, später noch einige Worte über den Ausbildungs-
gang der russischen Geodäten mitteilen zu dürfen.
Dessau, im März 1906. von Zschock.
Aus den Zweigvereinen.
Hannoverscher Landmesser-Verein.
(Auszug aus dem Protokoll der Hauptversammlung am 6. Dezember 1906
im Hotel Kronprinz.)
Der Einladung hatten zur allgemeinen Freude 28 Mitglieder und
5 Gaste Folge geleistet.
Um 7^2 Uhr eröffnete der 1. Vorsitzende Herr Steuerinspektor Kort-
raann die Sitzung und teilte mit, dass die Versammlung, den Satzungen
entsprechend, rechtzeitig als Hauptversammlung einberufen sei.
Das Protokoll der November Versammlung wurde verlesen und genehmigt.
Die geschäftlichen Angelegenheiten fanden Erledigung: aufgenommen
wurde: Herr Katasterlandmesser Hüben er, Hannover.
Der vom Kollegen Th. Grimm und 9 weiteren Mitgliedern eingebrachte
Antrag wurde bekannt gegeben. Derselbe lautet, den § 4 der Satzungen :
-Den Mitgliedern de6 H. L.-V. wird dringend empfohlen, als Eleven und
Abiturienten einer neunklassigen höheren Lehranstalt anzunehmen", ab-
zuändern in: „ Die Mitglieder des H. L.-V. sind verpflichtet als Eleven etc."
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70 Aus den Zweigvereinen. ^jMuctuttx fUr^
Herr Steuerinspektor Kortmann nahm zunächst das Wort und er-
innerte an die lebhaften Debatten während und nach der letzten Haupt-
versammlung. Zur Sache selbst äusserte er sich, dass er fur unrichtig hielte,
den Mitgliedern eine derartige Verpflichtung aufzuerlegen, wodurch die-
selben in die Lage kämen, den gesetzlichen Boden verlassen zu müssen.
Dieses sei nicht nur seine eigene Ansicht, sondern auch alle anderen Fach-
vereine seien nach langem Verhandeln zu der üeberzeugung gekommen,
dass es unmöglich sei, eine andere Vorbildung zu verlangen, als wie die
Prüfungskommission sie vorschreibe.
Als Hauptantragsteller bat Herr Grimm um das Wort, wies zunächst
die Einwände des Vorredners zurück und betonte, dass die event. Annahme
des Antrages dem Verein keinen Nachteil, dem Stande jedoch grossen
Vorteil bringen würde. Ausserdem glaube er, dass das, was die gewerbe-
treibenden Kollegen imstande wären durchzusetzen, die beamteten Land-
messer mit festem Einkommen auch könnten und bat nochmals mit be-
redtem Wort, dem Antrage zuzustimmen.
Nach dieser Debatte wurde der Antrag abgelehnt und der § 4 in der
alten Fassung beibehalten.
Nunmehr erstattete der I. Vorsitzende den Jahresbericht:
Auf Grund der neuen Satzungen umfasst das Vereinsjahr diesmal nur
den Zeitraum von 3/4 Jahren, vom April bis einschliesslich Dezember.
Innerhalb dieser Zeit haben 5 Versammlungen stattgefunden, die im Durch-
schnitt von 20 Mitgliedern und Gästen besucht waren.
Im Laufe des Jahres sind aus dem Verein ausgeschieden die Herren
Krüger- Velthusen-Gelnhausen , Merbach - Magdeburg , Richter- Lingen
und Thau -Lingen, zusammen 4. Dem Verein beigetreten sind die Herren
Eggemann, Hübener, Kandelhardt, Mudersbach, Müller, Sie-
mens und Voll an dt, sämtlich in Hannover, zusammen 7: es hat somit
ein Zuwachs von 3 Mitgliedern stattgefunden , so dass die Mitgliederzahl
auf 61 angewachsen ist.
Die ausgeschiedenen Mitglieder wohnen sämtlich ausserhalb Hannover
und begründeten ihren Austritt damit, dass sie an den Versammlungen
doch nicht teilnehmen könnten.
In der Maiversammlung hielt der inzwischen nach Köln verzogene
Kollege Geis s ler einen Vortrag über die Rechenmaschine „ Gauss", in der
Oktoberversammlung der Kollege Hölscher ein interessantes Referat über
die Hauptversammlung des D. G.-V. in Königsberg. Die übrigen Ver-
sammlungsabende wurden zum Teil mit der Besprechung von Fachfragen
ausgefüllt, an welche sich lebhafte und interessante Debatten knüpften.
Nachdem in den neuen Satzungen den neu eintretenden Mitgliedern
der Beitritt zum D. G.-V. zur Pflicht gemacht ist, ferner auch fast sämt-
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fSSSSßmm Aus den Zwei?vtreincn- 71
liehe Mitglieder nunmehr dem D. G.-V. angehören, kann der engere An-
schluss unseres Vereins an den D. G.-V. als vollzogen betrachtet werden.
Der Kassenwart erstattete den Kassenbericht wie folgt:
I. Kassenbestand nach der Jahresrechnung für
1905/06 Mk. 27. 55
II. Einnahmen. An Vereinsbeiträgen für 1906 sind
eingegangen ., 130. 00
Zusammen Einnahme Mk. 157. 55
III. Ausgaben. Die laufenden Ausgaben betragen bis
Ende Dezember 1906, einschl. 30 Mk., die an die
Sparkasse abgeführt sind „ 104. 24
Bleibt Bestand Mk. 53. 31
IV. Vermögensbestand. Die Sparkasseneinlage be-
trägt ausschl. der noch nicht berechneten Zinsen
für das Jahr 1906 Mk. 248. 87
Beide Berichte wurden, da Einsprüche nicht erfolgten, von der Ver-
sammlung genehmigt, dem Gesamtvorstande Entlastung erteilt und zur
Neuwahl des Vorstandes geschritten.
Herr Steuerinspektor Kortmann, welcher bereits in der November-
versammlung bekannt gegeben, dass er eine Wiederwahl keinen falls an-
nehmen würde, lehnte auf nochmaliges Ansuchen der Versammlung, den
Vorsitz doch noch einmal auf ein Jahr zu übernehmen, mit Entschieden-
heit ab und schlug mit Zustimmung der Anwesenden Herrn Steuerrat
Schön als I. Vorsitzenden vor.
Zu Vorstandsmitgliedern wurden einstimmig gewählt als:
I. Vorsitzender: Steuerrat Schön,
II. p Rechnungsrat Hölscher,
I. Schriftführer: Stadtlandmesser Jordan,
II. „ Königl. Landmesser Wie «an dt,
L Kassenwart: Techn. Eisenbahnsekretär Umlauf f,
II. „ Steuerinspektor Döhrraann
und als Revisoren: Steuerinspektor Deckert und Steuerinspektor Hoff-
mann. In den Vergnügungsausschuss wurden wiedergewählt: Eisenbahn-
landmesser Blanck und Stadtlandmesser Jordan.
Im Anschluss an den geschäftlichen Teil fand ein Herrenessen statt,
welches die Kollegen noch bis spät nach Mitternacht in angeregtester
Stimmung zusammenhielt.
Hannover, im Dezember 190U. Jordan, I. Schriftführer.
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72 l'ersonalnachrichten.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung.
Gestorben: K.-K. Goebel in Arnswalde.
Pensioniert: St-L Bars in Calau.
Versetzt: SL-R. Schmitz von Arnsberg nach Cassel; die St-L
Scherer von Cleve nach Coblenz, Müller von Cöln nach Cleve; die K.-K.
Oelschlagel von Rothenburg nach Hoyerswerda, Schaf er von Much nach
Cöln (als K.-S.), Ludwig von Eisleben nach Rothenburg; K.-L. Schroeder
von Cöslin nach Berlin F.-M.
Befördert: Zu Kat. -Kontrolleuren bezw. Kat. -Sekretaren : die K.-L.
Bühner von Berlin F.-M. nach Dannenberg, K riech el von Wiesbaden
nach Much. — Zu Kat. -Landmessern la: die K.-L. Poelmann von Arns-
berg nach Hannover, Strupp von Magdeburg nach Osnabrück.
Ernannt: Zu Kat.-Landmessern Ib: Brockel, Emil, in Minden;
Neifeind, Nik. Adolf, in Düsseldorf ; Gr age, Wilhelm, und Klüver, Jo-
hannes, in Schleswig.
Bemerkungen: K.-L. Ib Maass in Wandsbeck und K.-L. Ia Vol-
landt in Hannover zum l./l. 07 ausgeschieden.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Münster. L. Kayser II bis 30. /9. 1909
nach Ostafrika beurlaubt; L. Hentschel vom g.-t.-B. Münster zum 1./4. 07
nach Essen versetzt.
Königreich Bayern. Auszeichnungen: Dem kgl. Regier. -Direktor
und Vorstand des kgl. Kat.-Bureaus W. Camer er und dem kgl. Ministe-
rialrat J. Windstosser, ständiges Mitglied der Flurber.-Kommission, ist
das Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayer. Krone, dem Steuerrat beim
kgl. Kat.-Bureau Felix Vara der Verdienstorden vom hl. Michael 4. Kl.
verliehen worden. Ferner wurde dem Steuerrat bei der kgl. Flurber.-
Kommission J. Schorer der Titel und Rang eines kgl. Obersteuerrates
verliehen.
Inhalt
Wissenschaft! . Mitteilungen: HilfsUfeln zur trigonometrischen und tachy-
metrischen Höhenmessung für Centesimalteilung de6 Kreises, von J. Heil. —
Eine einfache Ableitung des Legendreschen Satzes, von Dr. P. Epstein. —
Bacherschau. — Aus den Zweigvereinen. — Personalnachrichten.
Vorlag ton Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck von Carl Hanmer, Kgl. Hofbacbdruckerei in Stuttgart.
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73
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN,
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Oberste uerrat und Dr. O. Eggert, Protestor
München », KaUuterbureau. Danzlg-Langfnhr, Ahornwag 10.
1907. Heft 4. Band XXXVI.
— ->-• 1. Februar.
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schrlftleltnng Ist untersagt.
Die Verschwenkungskorrektion in der Stereo -
photogrammetrie.
Von Karl Fuchs in Pressburg.
I. In den „Mitteilungen des K. und K. Militärgeographischen Insti-
tutes" XXIV. Band, Wien 1905, bespricht Oberst Freiherr v. Hübl neue
Methoden der Stereophotogrammetrie, die auf der Verwendung des Zeiss-
Pulfrich8chen Stereokomparators beruhen. Abgesehen von einem seltenen
Ausnahmsfalle wird immer vorausgesetzt, dass die beiden photographischen
Platten auf den beiden Standpunkten I und II. wo die photographischen
Aufnahmen erfolgen, genau parallel stehen. Praktisch kann das nicht
vollkommen erreicht werden, und wir nehmen an, dass die Kameraachse
auf dem (linken) Standpunkte I im Momente der Aufnahme nicht der
Kameraachse des Standpunktes II parallel war, sondern um einen kleinen
Winkel nach rechts verschwenkt und um einen kleinen Winkel # nach
oben gekippt war. Da der Komparator die Koordinaten xy der Bild-
punkte p auf dieser linken Platte (in mm) misst, so gibt er falsche Werte,
and wir müssen zu jedem Koordinatenpaar die entsprechenden Korrek-
tionen Ax und Ay bestimmen können.
Die falsche Achsenstellung führt zu zweierlei Fehlern, die wir be-
sprechen wollen. Wir denken uns in üblicher Weise die Platte P in der
Bildweite f vor dem Projektionspol 0 (zweiter Hauptpunkt des Okulars).
Die Platte gelangt dann aus der fehlerfreien Stellung so in die falsche
Stellung, dass sie
Zeitschrift für Verme8snn&«weien 1907. Heft 4. 6
74 Fuchs. Verschw. -Korrektion in d. Stereophotogrammetrie. «jtttctajftfj»
1. sich selbst parallel um die Strecke fö nach rechts und um die
Strecke f& nach oben verschoben wird;
2. um die zwei in der Kameraachse sich schneidenden Koordinaten-
achsen x und y um die Winkel ö bezw. & verdreht wird.
Wenn die Fehler Ö und & kleiner sind als 1', dann haben die Ver-
drehungen (2) der Platte keinen berück sich ti genswerten Einfluss auf die
Koordinaten x und y, und in diesem Falle brauchen nur die aus den
Verschiebungen (1) der Platte folgenden Fehlerstrecken fö und f&
berücksichtigt zu werden. Das Militärgeographische Institut verfügt nun
über so gute Apparate und Arbeitskräfte, dass die Verdrehungsfehler gar
nicht, von den Verschiebungsfehlern aber nur der Fehler f Ö berücksichtigt
zu werden braucht.
Die Verschiebungsfehler fö und fö werden auf folgende Weise
in Rechnung gezogen. Die Koordinaten x y eines Bildpunktes p werden
vom optischen Mittelpunkt o der Platte gemessen; das ist der Punkt, wo
das vom Projektionspol 0 gefällte Lot (die optische Achse oder Kamera-
achse) die Platte trifft. Dieser Punkt ist aber auf der fertig vorliegenden
Platte durch den Hübischen Rahmen und seine Randmarken genau gegeben.
Bei fehlerfrei stehender Kamera durchstosst irgend ein Rayon R die Platte
in einem Punkt p. Wenn nun die Platte durch Richtungsänderung der
Kameraachse die beiden Verschiebungen fö und f& erleidet, dann macht
der Rayon R natürlich diese Bewegung nicht mit, wohl aber der optische
Mittelpunkt o; auf dem Bilde, das wir in der fehlerhaften Stellung ge-
winnen, erscheinen also die Koordinaten xy des Bildpunktes zu kurz, und
die Koordinaten werden durch positive Glieder korrigiert:
x' = x+Ax = x + ffi = y + Ay = y + 1&.
Im vorliegenden Artikel soll nun gezeigt werden, wie man die Koor-
dinatenfehler, die aus der doppelten Verdrehung der Platte folgen, be-
stimmt und in Rechnung zieht, wenn die Verdrehungswinkel Ö und &
durch Vermittlung von Kontrollpunkten bestimmt worden sind. Die zu
entwickelnde Methode macht es möglich, auch ein solches Plattenpaar zu
verwerten, bei dem die Fehler ö und & fast einen Grad betragen; aller-
dings muss man dann jede einzelne Koordinate korrigieren, was eine em-
pfindliche Belastung ist. Während nämlich die für die ganze Platte kon-
stanten Korrektionen fö und f& den Arbeiter gar nicht belasten — denn
er verstellt einfach die betreffenden Skalen des Komparators um diese
Inkremente fö und f& — haben die Verdrehungskorrektionen für jeden
Bildpunkt andere Werte.
II. Die Abb. 1 zeigt einen Quadranten der Platte P, den Projektions-
pol 0. den optischen Plattenmittelpunkt o, die optische Achse rj und einen
Rayon R. Der Rayon R gibt auf der Platte einen Bildpunkt p im Ab-
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Zejuch Ml fur
Fucks. Verschw.-Korrektion in d. Stereophotogrammetrie. 75
suud r von o und in den Abständen x und y vom Achsenkreuz. Wenn
wir nun die Platte JP sich selbst parallel um eine Strecke X abrücken, so
dass ihr Abstand von 0 nicht mehr f, sondern f-\-X ist , dann wird der
liegt. Die Lage von p4 ist
y = y +
Fig. 1.
Rayon Ii die Platte in einem Punkte ;/ durchstossen, von dem wir wissen,
äi&B er genau in der Verlängerung von r
dann durch folgende Abstände bestimmt:
r' = r-f- Jr x' = x -\- Ax
Dabei gelten die folgenden Pro-
portionen :
Ar Ax
r x
Die Abb. 2 zeigt einen
Schnitt durch U und tj, sowie
durch die Platte in beiden Lagen;
wir ersehen aus dieser Abbildung
auch noch die folgende Propor-
tion: Ar _ X
r - f
(1)
y
(2)
Fig. 2.
die sich an (1) unmittelbar anschliesst. Wir nennen die Strecke X, um
die die Platte P bei dem Punkte p zurückgewichen ist, die Weichung.
Es gilt also: Ax ^ Ay = X
* ~~ y ~ f
III. Wir wenden dieses Ergebnis auf die doppelt verdrehte Platte
des ersten Abschnittes an. Wenn wir die doppelt verdrehte Platte, die
vom Rayon B in einem Bildpunkte p durchstossen wird , in die fehler-
freie Stellung zurückdrehen, dann weicht sie bei p ofTenbar um folgende
strecke X zurück:
X = xö + y». (4)
Der Rayon R durchstosst dann die Platte in einem anderen Punkte p\
und wenn wir den Wert (4) in (3) einsetzen, dann können wir auch die
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76 Fachs. Verschw.-Korrektion in d. Stereophotogrammetrie. ^gttOrgMQi
Koordinateninkremente Ax und Ay des fehlerfreien Bildpunktes p' aus-
drücken: + « +
Das sind offenbar die Korrektionen, die wir zu den falschen Koordi-
naten x und y hinzuaddieren müssen, um die Koordinaten zu erfahren,
die sich bei fehlerfreier Plattenstellung ergeben hätten. Wir sehen, dass
diese Korrektionen quadratisch sind :
Sx m fli_+£»* A)= (*)
und es soll nun eine Methode angegeben werden, wie wir ihren Zahlen-
wert leicht ermitteln können. Dieses Mittel sind Kurven konstanter
Korrektion, die wir auf einer Papierkopie der Platte zeichnen.
IV. Berichtigung durch Multiplikation. Wenn wir in Gl. (5) dem
Klammerausdruck irgend einen bestimmten Wert c beilegen :
c = f - * + f • y i (7>
dann ist (7) die Gleichung einer Geraden, und wenn wir der Grösse
c von c = o an in positiver und negativer Richtung um etwa 0.001 wach-
sende Werte beilegen, dann erhalten wir die Gleichungen von parallelen,
äquidistanten Geraden, die wir auf einer Kopie der Platte P auftragen,
und zu jeder Geraden schreiben wir den betreffenden Wert von c. Dann
hat der Korrektionsfaktor c für alle Bildpunkte, die in derselben Geraden
liegen, auch denselben Wert, und für zwischenliegende Bildpunkte ist die
Interpolation nach dem Augenmass sehr einfach. Diese Geraden sind
Kurven konstanter Korrektion.
Wir können die Gleichungen (5) auch so schreiben: Ax = xc,
Ay = yc, und wenn wir die korrigierten Werte von x und y mit xf
und y* bezeichnen, dann können wir auch schreiben :
x' = x -\- Ax if = y + Ay
(8)
«*(l + c) = y(l + c).
Es ist offenbar zweckmässiger, zu der Geraden den Zahlenwert 1-j-c zü
schreiben, und den nennen wir den Korrektions faktor. Wir haben
dann die Regel: die (in mm gemessenen) Koordinaten xy eines Bild-
punktes p berichtigen wir, indem wir den Bildpunkt p auf dem Korrek-
tionsblatte aufsuchen, auf Grund der Geraden gleicher Korrektion den
Korrektionsfehler ablesen, und mit ihm die Koordinaten xy multipli-
zieren, z. B. : 78 3 x 1>0<;
47"
x' = 78.8.
V. Berichtigung durch Addition. Wenn wir in (6) der Grösse Ax
einen bestimmten Wert c beilegen:
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Punktausgleichung mit Rechenschieber. 77
e = . x« + _ xy, (9)
dann ist (9) dir GUichung einer quadratischen Kurve, die wir auf einer
Kopie der Platte zeichnen können. Wir geben nun der Korrektion c von
c = o an in positiver und negativer Richtung etwa um 0.005 wachsende
Werte und zeichnen das entsprechende System der Kurven konstanter Kor-
rektion. Es ergibt sich dann die Regel: die Koordinaten xy eines Bild-
punktes p berichtigen wir, indem wir den Bildpunkt p auf dem Korrek-
tionsblatte für x aufsuchen, auf Grund der Kurven das Korrektionsglied
direkt ablesen, und es zu x addieren.
Ein zweites Korrektionsblatt gibt die Korrektionen für die Ordinaten y.
VI. Diese Methode der Kurven konstanter Korrektion ist nur so
lange anwendbar, als man noch cos ö = cos & = 1 setzen kann. Auch
liegen bei grösseren Verdrehungen die Kurven so dicht, dass die Korrek-
tionen nicht genügend genau gezeichnet und abgelesen werden können.
Punktausgleichung mit Rechenschieber.
Infolge meiner Ausführungen auf Seite 780 des Jahrganges 1905 dieser
Zeitschrift ist bei mir angefragt worden, wie man nach den Formularen
der Anweisung IX die Ausgleichung mit Rechenschieber zweckmässig vor-
nehmen könne. Es dürfte daher angebracht sein, die Ausfüllung des
Trig. Form. 10 in den Abteilungen 4 und 5 an einem Beispiele vorzuführen.
Ich wähle dazu die Berechnung des q 13, die sich auf den Seiten 189,
197 und 199 der Ausgaben 1—3 der Anweisung IX befindet.
Ausgehend von der Tatsache, dass für die trigonometrischen Punkte
niederer Ordnung von praktischem Standpunkte sämtliche Strahlen als
gleichwertig zu betrachten sind , verliert hier das mit p bezeichnete Ge-
wicht seine eigentliche Bedeutung. Man kann daher jeden beliebigen Wert
für p wählen. Nur muss man sich vor Augen halten, dass die übrigens
m. Er. wenig praktisches Interesse bietende spezielle Ausrechnung des
mittleren Fehlers einer Richtung, den die Anweisung mit m bezeichnet,
durch den anweisungsgemäss errechneten Wert nicht erhalten wird, son-
dern eine Grösse, die durch Vp dividiert den mittleren Fehler einer Rich-
tung ergibt. Um bei den zur Bildung der Normalgleichungen erforder-
lichen Multiplikationen mit möglichst kleinen Zahlen zu arbeiten, ist es
zweckmässig, durchweg Vio der Werte o, b und f aus Abteilung 3 in Ab-
teilung 4 zu übernehmen. Das erreicht man unter Beibehaltung des
Schemas der Anweisung, indem man für p den Bruch i/J00 in die Rechnung
einführt und bei der Produktenbildung durchweg grundsätzlich die Stellen
nach dem Komma vernachlässigt, was unter Benutzung eines 0,25 m
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78 Klimmer. Panktausgleichung mit Rechenschieber. „ zeiuchrift nir
\ erniMitungflweNen
langen Rechenschiebers bei dreistelligen Zahlen ganz von selbst geschieht.
Es ist mir sehr wohl bekannt, dass es sich im allgemeinen von streng
rechnerischem Standpunkte empfehlen würde, die Werte paf und pbf auf
eine Dezimalstelle anzugeben. Durch direkte Uehernahme der Werte f
(also nicht fVp) aus Abteilung 3 in Abteilung 4 würde dem Rechnung
getragen werden. Man erhielte dann, in ähnlicher Weise, wie das Jordan
vorgeschlagen hat, die Korrektionsglieder fix und du nicht in Metern, son-
dern in der Einheit der Dezimeter. Erwägt man aber, dass unter Be-
nutzung fünfstelliger Logarithmen die Neigungen nicht scharf ausgerechnet
werden können, dass andererseits die fünfstellige Rechnung in den weitaus
meisten Fällen den praktischen Bedürfnissen genügt und somit aus Spar-
samkeitsgründen der sechsstelligen vorzuziehen ist, also ein rechnerischer
Widerspruch bei Beibehaltung der fünfstelligen Rechnung nicht zu um-
gehen ist, so dürfte das hier eingeschlagene, dem Rechenschema der An-
weisung durchweg angepasste Verfahren als das einfachste, übersichtlichste
und daher am sichersten und schnellsten voranschreitende anzusehen sein.
Zu dem an sich verständlichen Beispiele (S. 79) sei noch folgendes
bemerkt :
Die Grössen aS% und bö n in Abteilung 5 erhält man am einfachsten,
indem man die in Abteilung 4 stehenden Werte T!ff a bezw. a Vp und
^b bezw. b vp multipliziert mit 10 oder 10 flu. Da die Korrektions-
glieder <5 J und dn kleine Werte sind, empfiehlt sich diese Berechnungs-
weise aus praktischen Gründen. Mir persönlich wenigstens fällt es leichter,
die Kommastelle in den Produkten z. B. für die Faktoren 22,5 . 0,5 und
17,5 . 0,9 anzugeben als für die Faktoren 225 . 0.05 und 175 . 0,09.
Einzelne Spalten sind, weil nicht nötig, absichtlich nicht ausgefüllt
worden.
Die Angabe der linearen Schlussfehler My und Mx halte ich für
erforderlich, jedoch ist deren Ausrechnung auf mm nicht nötig. Die Be-
rechnung bis auf cm entspricht dem praktischen Zwecke der Sache immer
dann, wenn die Koordinaten nur auf cm angeführt werden.
Wenn auch die Berechnung des Wertes pvv keine scharfe ist, und
es ein leichtes wäre, hier wenigstens noch durchweg eine Stelle nach dem
Komma mitzuführen, so muss ich mich doch hiergegen aussprechen, da in
den Produkten durchweg nur ganze Zahlen angeführt werden sollen. Die
Frage, ob das Minimum streng erreicht worden ist, hat m. Er. wenig
praktische Bedeutung. Der Einfluss der Unsicherheit in pvv auf die Werte
My und Mx ist in der Tat kein wesentlicher, wenigstens vom Stand-
punkte des Praktikers aus betrachtet. Gesetzt den Fall, im vorliegenden
Beispiele wäre der richtige Wert m* nicht 5,8, sondern 4,0 (was jedoch
ausgeschlossen ist), so würden sich die Werte My und Mx doch nur um
1 cm ändern.
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fSSSrnl «vJSen Kumme'« Punktausgleichung mit Rechenschieber. 79
Trig. Form. 10. Einschneiden nach der Methode der kleinsten Quadrate.
Zu bestimmender Punkt P
o13-
4. Quadrat- und Produktensummen, endgültige Koordinaten und mittlere Fehler M, und
p.
P
[aVp
fVp
paa
pah
paf
pbb
pbf
25
6
Vioo
n
+ 12,5
— 29,2
~ — - — —
4-25,1
+ 7,0
+ 0,1
-0,2
156
8 53
+ 314
- 206
+ 1
+ «
6 30
49
+ 3
— 1
25
17
18
»
n
n
4-22,5
- 1,2
- 19,2
- 1,9
+ 17,5
4- 4,5
- 0,6
- 21,6
+ 3,3
+ 3,3
-2,7
— 3,9
5 06
1
3 69
4
+ 394
— 5
+ U
+ 41
+ 74
— 4
+ 52
+ 7
306
20
•
4 67
+ 58
+ 15
+ 2
+ 84
18 89
[paa]
»4
+ 5 50
[pab]
= *>
+ 136
[p*f]
14 72
[pbb]
= ß3
+ 161
[pH]
A +550
I
F, |+ 1 86
St
— 0,072
0+0,026
-0,046
B, + 14 72
B.\— 1 60
+ 13 12
(50 =
Fs + 1 61
4U
5* + 1 21
— 0,092
Erste Sigmaprobe.
— 10
— 6
'Vi -v
— 11
Ft6i)
— 15
21
— 21
2
-21
r = 9+<*0= -0,09= X43 949,87
*=r+dr= -0,05 = 22 239,39
±*»= ± V? = ± V°^Hi = ± °»07
±*.=J^y| = ± X =±0,06
5. Mittlerer Fehler m und Proberechnung.
P.
- «,2
+ 14,6
-22,6
— 6,3
+ 8,4 —28,9
-11,2
+ 0,6
-15,8
- 4,1
-28,8
+ 8,3
— 20,5
+ 9,6 + 0,5
+ 1,0+19,4
+ 11,2 + 19,9
-11,2 —19,9
-27,0
- 3,5
+ 10,1
+ 20,4
+ 30,5
— 30,5
u soll gleich
v sein.
Digitized by
SO Kummer. Punktausgleichuog mit Rechenschieber. veraelron'iwMen
1807.
Den mittleren Fehler einer Richtung findet man im Bedarfsfalle und
zwar in Sekunden zu Hh 10 Vö,8 = + 24.
Mit je kleineren Zahlen man rechnet, um so schneller und leichter
schreitet die Arbeit voran und um so sicherer wird das Ergebnis gefunden.
Tritt hierzu noch ein mechanisches Hilfsmittel, wie der leicht und voll-
ständig geräuschlos zu handhabende Rechenschieber, so wird die Aufmerk-
samkeit nicht auf Nebensachen abgelenkt und ferner die Schnelligkeit und
Sicherheit noch wesentlich erhöht werden.
Durch die zahlenmässig scharfe Ausrechnung der Abteilungen 4 und 5
des Formulars kann sachlich nichts erreicht werden. Ist, wie z. B. bei
den Vermessungen grösserer Städte, eine erhöhte Genauigkeit erforderlich,
so muss man auch den Hebel an der richtigen Stelle einsetzen und so vor-
gehen, wie der Herr Kollege Schulze in der Abhandlung auf Seiten 20—27,
33 — 53 des Jahrganges 1904 dieser Zeitschrift nachgewiesen hat.
In neuerer Zeit kommen die Rechenmaschinen immer mehr in Anwen-
dung. In früheren Jahren habe ich sehr viel und sehr gern mit der
Maschine gearbeitet, so dass ich deren Vorzüge insbesondere für grosse
und schwierige Ausgleichungsberechnungen mit vielen Zahlenstellen und
vielen Unbekannten sehr wohl zu schätzen weiss. Ich bin jedoch in meiner
praktischen Tätigkeit im Laufe der Jahre zu der Ueberzeugung gekommen,
dass nur derjenige Fachmann, der viel mit der Maschine rechnet, eine
Arbeitsersparnis erzielen kann. Daher mag dort, wo eine Zentralisierung
der Berechnungen in einem Rechenbureau am Platze ist, weil ein sachlicher
Nachteil für die Güte und praktische Veranlagung der Arbeiten nicht zu
erwarten steht, dem Maschinenrechnen weiter Spielraum gegeben werden.
Bei denjenigen Verwaltungen aber, bei welchen, wie z. B. bei der Zu-
sammenlegungsbehörde, der Landmesser ein reiches und umfassendes geo-
dätisches und kulturtechnisches Wissen und Können besitzen, grosse prak-
tische Erfahrungen auf allen einschlägigen Gebieten im Laufe der Jahre
sich aneignen, auch in Verwaltungs- und Rechtsfragen sich einarbeiten muss,
wenn er mit Erfolg in seinem Berufe wirken will, kann eine Zentralisierung
der Berechnungen nur zum Schaden der Sache gereichen. Im Gegenteil
muss jeder Landmesser nicht allein alle Arbeiten kennen lernen, sondern
vornehmlich in der Ausbildungszeit zur sogenannten Fachprüfung seine
eigenen Messungen und Beobachtungen wenigstens teilweise auch häuslich
verarbeiten. Dann wird er am leichtesten, sozusagen am eigenen Leibe
seine begangenen Fehler erkennen und daraus für die Folge Lehren ziehen,
sowohl was mangelnde als auch übertriebene Sorgfalt in der Arbeit, An-
ordnung und Veranlagung der Messungsnetze sowohl für den gerade vor-
liegenden Zweck als auch unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ar-
beitsstadien, sachgemässe Ausnutzung des vorhandenen Materiales, Umsicht
und Disponieren u. s. w. anbelangt. Unter solchen Verhältnissen bleibt im
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v«raU^rilivS£«n Bücherschau. 81
allgemeinen keine Zeit zum Drill mit der Rechenmaschine, deren An-
schaffung der Kosten wegen wohl auch schon vielfach unterbleiben würde.
Aber auch ein im Maschinenrechnen geübter Sachlandmesser wird, nach-
dem er eine lange Zeit hindurch mit Wege-, Plan- und Meliorations-
entwürfen, mit der Aufstellung von Kostenanschlägen und der Ausführung
von Bauten in einer grossen Sache beschäftigt gewesen ist, also keine Ge-
legenheit zur Benutzung der Rechenmaschine hatte, von neuem sich wieder
einarbeiten müssen, um vielleicht schon nach einigen wenigen Wochen
die Maschine auf ihren sicheren Ruheplatz zurückzubringen. Dagegen
muss üebung im Rechnen mit der Logarithmentafel eigentlich jeder junge
Mann schon von der Schule mitbringen oder wenigstens während der
Eleven- und Studienzeit das Fehlende noch nachholen. Der logarithmische
Rechenschieber vollends sollte der ständige Begleiter des Landmessers bei
seinen Arbeiten, auch bei den kulturtechnischen sein.
Cassel, den 17. Juli 1906. Kummer, Oberlandmesser.
Bücherschau.
Mitteilungen des k. und k. Militärgeographischen Institutes. Heraus-
gegeben auf Befehl des k. und k. Reichskriegsministeriums. XXIV.
Band, 1904. Mit 7 Tafeln. Wien 1905. In Kommission der Hof-
und Universitätsbuchhandlung R. Lechner in Wien und Karl Grill
in Budapest.
Neben den alljährlich programmgemäss durchgeführten Arbeiten der
einzelnen Gruppen des Institutes, welche im „offiziellen Teil" dieses
Jahrbaches genannt werden, sind insbesondere hervorzuheben bei den Ar-
beiten der geodätischen Gruppe die Anschlüsse des trigonometrischen
Netzes 1. Ordnung, sowie des Präzisionsnivellements mit Serbien und die
provisorischen Resultate des Gradmessungsanschlusses mit Bayern.
Die Mappierungsgruppe hat die Versuche mit der Aufnahme im
Masse 1 : 12 500 im Gebirgsterrain (Bozen, Trient) zum Zwecke der Ge-
winnung von Erfahrungen mit dem „Doppelmass" fortgesetzt. Hierbei
zeigte sich, dass die Dotierung der einzelnen Sektionen mit trigonometri-
schen Punkten auf die gleiche Zahl beschränkt bleiben kounte, wie für
Aufnahmen im Masse 1:25000, wobei aber dementsprechend auf ihre
regionale Verteilung sowohl im allgemeinen, als auch mit bezug auf die
Standpunkte Rücksicht genommen werden muss. Erfordern also die tri-
gonometrischen Triangulierungsarbeiten hierbei keine Vermehrung, so muss
mit Rücksicht auf die vierfache Zeichnungsfläche im Vergleich mit dem
Mass 1:25000 die Anzahl der durch die graphische Triangulierung be-
stimmten Punkte auf das Vierfache vermehrt werden. Auch die Zahl der
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82 Bücherechau. . zeJtacbrin für
zu messenden Höhenpunkte erfährt analog eine Vermehrung; es entfallen
nämlich auf einen Quadratkilometer 30 bis 40 Höhenpunkte, was die Ge-
nauigkeit der gelegten Schichtenlinien bedeutend erhöht.
Die Doppelmassaufnahmen werden versuchsweise bis auf weiteres nur
vereinzelt in Gebirgsgegenden durchgeführt und ist bisher die Aufnahme
der Monarchie in diesem Massstabe nicht beabsichtigt.
Im „nichtoffiziellen Teilu der Mitteilungen begegnen wir nach-
stehenden Aufsätzen:
„Landesaufnahme und Kartographie u vom Kommandanten des
Militärgeographischen Institutes, Generalmajor Otto Frank. Diese
fach- und zeitgemässe Studie mit klarer und weitsichtiger Argumentation
verdient nicht nur in unseren massgebenden militärischen Kreisen einer be-
sonderen Beachtung, sondern auch von Seite jener Zentralstellen der Zivil-
staatsverwaltung , welche bei der Herstellung eines bedeutsamen karto-
graphischen Werkes der Monarchie, rücksichtlich dessen erspriesslicher
Verwertung auch für ziviltechnische Zwecke, in hohem Masse interessiert sind.
An der Hand einer gründlichen, sachlichen und sehr lehrreichen Aus-
einandersetzung mit statistischen Daten und anregender Besp/echung ge-
wonnener Erfahrungen weist der Verfasser nach, dass die bisherigen Ar-
beiten der Landesaufnahme und die mit diesem Grundmaterial bearbeiteten
Karten allen militärischen Forderungen im Frieden und im Kriege im
vollsten Masse entsprechen, dass aber diese Kartenwerke, wennselbst sie
auch den meisten wissenschaftlichen Ansprüchen gleichfalls genügen,
den ziviltechnischen Forderungen zu entsprechen, mit Rücksicht auf
den geringen Massstab, im allgemeinen nicht geeignet sind.
Der Verfasser hält daher eine Aufnahme mit Benützung des re-
duzierten Katasters im Masse 1 : 10000 für erspriesslich, welche dann
für viele ziviltechnische Zwecke, insbesondere für Eisenbahnbauvorarbeiten
und verwandte Gebiete, mit Vorteil zu verwerten wäre. Da der öster-
reichische Kataster aber bekanntlich nicht in allen Teilen des Reiches
gleichwertig und zuverlässig ist, sollte nur das entsprechende Material
für die genannte Aufnahme Verwendung finden, „wo dasselbe jedoch nicht
entspricht, wäre es durch die Aufnahme selbst richtig zu stellen", oder
mit anderen Worten durch Neuaufnahmen zu ergänzen.
Um diese Arbeit nun in 30 Jahren zu vollenden, würden 400 Topo-
graphen und 200 Geodäten für die genannte Arbeitsdauer erforderlich
sein. Nach den an der Hand eines zuverlässigen Materiales angestellten
Berechnungen des Verfassers, würden nämlich die Kosten einer Neu-
aufnahme der österreichisch-ungarischen Monarchie im Masse 1: 12 500
94 Millionen Kronen betragen, bei dem dermaligen Stande der Arbeits-
kräfte des Militärgeographischen Institutes aber in absehbarer Zeit über-
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vera^unSvSen Bttcherschau. 83
haupt nicht zu bewältigen sein. Eine solche Neuaufnahme könnte daher
praktisch gar nicht in Betracht gezogen werden.
Wir wurden daher die genannte Anregung des Verfassers noch wie
folgt erweitern.
Die Landesvermessungen sind jetzt berufen, auch den vielseitigen
technischen Anforderungen, welche die Gegenwart an sie zu stellen be-
rechtigt ist, zu entsprechen. Es ist aber bekannt, dass unser Kataster-
material bezüglich des Prinzipes der Aufnahme vollkommen veraltet ist
und auf einem trigonometrischen Material basiert, das in der Zeitperiode
bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts geschaffen wurde und wie nun anders
nicht möglich durchaus nicht einwandfrei ist, weshalb die Katastralaufnahmen
rücksichtlich des Anschlusses der einzelnen Teile, der richtigen Orien-
tierung und der Einheitlichkeit der Durchführung naturgemäss auch be-
denkliche Mängel aufweisen.
Da aber der Kataster gegenwärtig nicht mehr bloss als Behelf für
die Steneradministrationen angesehen werden darf, sondern auch den in-
tensiveren technischen Anforderungen, sowohl mit bezug auf seine
verlässlichen Grundlagen, als auch auf seine Genauigkeit und Einheitlich-
keit in der Durchführung, sowie auf die Grösse des Massstabes gleichfalls
entsprechen soll, so würde es zweckmässig sein, wenn der abgesehene
Kostenbetrag zur Herstellung eines neuen Katasters auf moderner
Grundlage im Masse 1:2500, jedoch mit Höhenschichtenlinien,
in Verwendung gelangen würde.
Den Bedürfnissen der gegenwärtigen technischen Forderungen Rech-
nung tragend, ist eine Erneuerung unserer Katastralaufnahmen im An-
schlüsse an die Landestriangulationen unvermeidlich geworden,
weshalb deren Durchführung doch nur eine Frage der Zeit geworden ist.
Nachdem die Zivilstaatsverwaltung ein Hauptinteresse daran hat,
Karten in grösserem Massstabe, welche technischen Zwecken voll-
kommen entsprechen, zu besitzen, könnte gleichzeitig das neugewonnene
Katastermaterial als Grundlage für die Herstellung kartographischer Er-
zengnisse in verschiedenen Massstäben dienen, um so mehr als nach Mit-
teilung des Verfassers eine bedeutende Erweiterung des Präzisionsnivelle-
ments durch Einschaltung engmaschiger Netze niederer Ordnung bereits in
Aussicht steht und „die Ergebnisse der Triangulierungen des k.
and k. Militärgeographischen Institutes u das einwandfreie trigono-
metrische Grundmaterial für eine Katastererneuerung liefern würden.
Die Katastererneuerung mttsste daher mit gemeinsamen Mitteln, durch
gemeinsames Vorgehen der Militär- und Zivilzentralstelle und im gegen-
seitigen Einvernehmen unter der Leitung einer „Zentralbehörde für
Vermessungswesen-, wie dies in mehreren Kulturstaaten bereits ein-
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gerichtet ist, durchgeführt werden, um die beiderseits gesammelten Erfah-
rungen erspriesslich zu verwerten und die Einheitlichkeit in der Durch-
führung zu gewährleisten. Durch Verwendung eines bedeutend grösseren,
zur Verfügung stehenden Arbeitspersonals vom Militär und Zivil, jedoch
wie es in der Natur der Sache begründet ist, abgesondert, und nach ge-
meinsamen Grundsätzen arbeitend, könnte die Katastererneuerung im
Verlaufe von 15 bis 20 Jahren beendet sein.
Auf diese Weise würde die Lösung dieser schon seit längerer Zeit
brennenden Frage, welche sowohl in militärischer als ziviltechnischer Hin-
sicht von weittragendster Bedeutung ist, rasch und gründlich zum Nutzen
aller beteiligten Kreise erledigt. Solche Arbeiten sind bereits in mehreren
Kulturstaaten inauguriert worden, die Resultate der neuen Landestriangu-
lationen benützend. In Frankreich beispielsweise, woselbst seit 1893 Ka-
tastererneuerungen mit Ilorizontalkurven unter der Leitung des Direk-
tors Gh. Lallemand im Zuge sind, liefern dieselben segensreiche Re-
sultate.
Eine solche Kulturarbeit par excellence ist in absehbarer Zeit nur mit
vereinten Kräften durchführbar; sie würde allen militärischen und zivil-
technischen Bedürfnissen in weitestem Masse Rechnung tragen und als
monumentales Kulturwerk für immerwährende Zeiten bestehen.
In seinem Aufsatze: „ Beiträge zur Stereophotogrammetrie u
setzt Oberst Artur Freiherr von Hübl, Gruppenvorstand im Militär-
geographischen Institut, seine umfassenden und gründlichen Studien auf
dem Gebiete der stereophotogrammetrischen Aufnahmen fort. Vor
wenigen Jahren war diese Aufnahmsmethode sozusagen noch in den Kinder-
schuhen. Der rastlose Arbeitseifer des Obersten von Ilübl, seine gründ-
lichen Untersuchungen und Studien, sowie die praktischen Erprobungen der
Instrumente und der Methode, führten zur unmittelbaren Vervollkommnung
der ersteren und zur Ausgestaltung und Erweiterung der letzteren. Auf
diese Weise hat von Hübl auf die Entwicklung der instrumenteilen Kon-
struktionen und auf die Ausdehnung des Gebietes der Verwendbarkeit
dieser für das Vermessungswesen epochalen Methode in entscheidender
und grundlegender Weise Einfluss genommen.
Bekanntlich ist Oberst von Hübl auf dem Gebiete der Stereophoto-
grammetrie eine Autorität. Seine fachlichen Ratschläge finden nicht nur in
Jena (Zeisswerk), der Wiege dieses Aufnahmsverfahrens, die grösste Be-
achtung, sie werden auch in den Fachkreisen des Kontinents gehört.
Ihm steht das unbestrittene Verdienst zu, diese Methode als erster
für topographische Aufnahmen zur praktischen Verwendung gebracht
zu haben, als deren weitere Folge die Verwertung dieser Methode für
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zeiuebrtfi rar Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden. 86
> ermessunjj*wesen
I9C7.
vielseitige ziviltechnische Zwecke zu betrachten ist, welche günstige Resul-
tate auch auf diesem Gebiete aufweisen, i)
Insbesondere haben die praktischen Erprobungen dieser Methode für
Ingenieurzwecke mit den zu diesem Behufe von Carl Zeiss in Jena
speziell konstruierten, sehr handlichen und präzisen Apparaten, sowie die
rationellen Genauigkeitsuntersuchungen, welche Verfasser gemeinsam mit
Oberst Freiherr v. Hühl im Laufe des verflossenen Sommers durchführte,
definitiv eindeutige und äusserst befriedigende Resultate ergeben, so dass
Pläne im Masse 1:500 bereits hergestellt werden konnten, worüber dem-
nächst Berichterstattung folgt.
Zum Schlüsse mag noch der Aufsatz nicht unerwähnt bleiben: „Kon-
trolle des Nivellements durch die Flutmesserangaben und die
Schwankungen des Meeresspiegels der Adriau, woselbst die End-
resultate des Vergleiches der Meeresniveaus von Triest, Pola und Ragusa
bekanntgegeben werden. Hauptmann Truck.
Das Vermessungswesen der Stadt Dresden.
Ueber das Vermessungswesen der Stadt Dresden ist bereits S. 505
u. folg. der Zeitschrift für Vermessungswesen Jahrgang 1899 eingehend
berichtet.
Bei dem grossen Interesse, welches nicht allein die grösseren, sondern
auch die mittleren Städte Deutschlands dem Vermessungswesen widmen,
eine erfreuliche Kundgebung, welche besonders nach der im Jahre 1903
in Dresden stattgefundenen Städteausstellung zutage tritt, möge Uber das
hiesige Vermessungswesen Einiges mitgeteilt werden. Das Nachfolgende
soll eigentlich die Fortsetzung des oben angeführten Berichtes vom Jahre
1899 bilden und soll die Veränderungen anführen, welche innerhalb der
7 Jahre hierorts eingetreten sind.
Um letztere richtig beurteilen zu können, müssen die nach der Ge-
schäftsordnung dem Vermessungsamte vorgeschriebenen Dienstobliegen-
heiten, der Umfang derselben, nochmals kurz erwähnt werden.
Die Geschäftsordnung des Vermessungsamtes hat insofern eine Ver-
änderung erfahren, dass das Vermessungsamt nicht mehr dem juristischen
Vorstand des Baupolizeiamtes, sondern dem dem Ratskollegium angehören-
den technischen Vorstand des Tiefbauamtes — dem Stadtbaurat (König-
lichen Oberbaurat Klette) — unterstellt ist; im übrigen ist die Art der
dem Vermessungsamte obliegenden Arbeiten dieselbe geblieben, aber die
Grösse des Arbeitsgebietes hat sich seit 1899 wesentlich geändert.
') Siehe auch: Zeitschrift f. Vermessungswesen 1906, Heft 12 u. 13: „Die
stereophotogrammetri8che Messmethode und ihre Anwendung auf
Eisenbahn hau vorarbeiten" von Hauptmann S. Truck.
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86 Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden.
Venne« unk . i «s a
Das Vermessungsamt hat nach der Geschäftsordnung im allgemeinen
folgende Aufgaben:
1. Den Stadtplan und dessen Umgebung fortdauernd auf dem Laufenden
zu erhalten und, soweit nötig, durch Neuvermessung zu vervollstän-
digen und zu berichtigen, auch dafür Sorge zu tragen, dass derselbe
in den für die Zwecke der städtischen Verwaltung erforderlichen
Massverhältnissen vervielfältigt wird, und dass Vervielfältigungen
dem Bedarfe entsprechend vorrätig gehalten werden;
2. die gesamten vermessungstechnischen Arbeiten, welche sonst im
Interesse der Stadtverwaltung vorzunehmen sind, auf Antrag der
einzelnen Amtsstellen auszuführen, und
3. die ordnungsgemässe Erhaltung der Grenzen der der Stadtgemeinde
und den unter der Verwaltung des Rates stehenden Stiftungen ge-
hörenden Grundstücke, der öffentlichen Strassen und Plätze zu über-
wachen.
Zu 1. Die Arbeiten zu 1. ergeben sich daraus, dass der auf dem
Laufenden zu erhaltende Stadtplan im Massstabe 1:25000, 1:10000,
1 : 5000 und 1 : 1000 vorhanden und vervielfältigt ist, während genaue
Greuz- und Flächenermittlungen durch besondere im Massstabe 1 : 200
kartierte Pläne bestimmt werden. Wenn auch der im Massstabe 1 : 25000,
sowie der aus 20 Einzelblättern (50 X 50 cm) bestehende, im Massstabe
1 : 5000 hergestellte Stadtplan nur nach Bedürfnis in Zwischenräumen von
2 bis 3 Jahren neu bearbeitet werden, so wird der Stadtplan 1 : 10000
(115 X 90 cm) — der als Adressbuchplan Verwendung findet — alljähr-
lich neu bearbeitet und mit dem Jahreswechsel verausgabt. Der Stadtplan
1 : 1000 besteht durch üebergreifen auf die benachbarten Fluren aus un-
gefähr 400 Blatt (50 X 50 cm), von denen 353 zurzeit vervielfältigt sind.
Letztere erscheinen nach Bedürfnis in neuer Bearbeitung, sobald 50—100
Abzüge vergriffen sind ; dies kommt in Bezirken, welche für den Bau auf-
geschlossen werden, meistens jährlich — öfters auch halbjährlich — vor,
während für freiere Feldlage eine Auflage einige Jahre genügt.
Der Umfang der Arbeiten, welche die Erhaltung des Stadtplanes auf
den jeweiligen Zustand erfordert, ergibt sich aus der Anzahl der neu her-
gestellten bezw. revidiertet! Einzelblätter und der Zahl der verlangten Abzüge.
Die in dieser Hinsicht an das Vermessungsamt seit dem Jahre 1899
gestellten Anforderungen ergeben sich aus nachstehender Zusammenstellung.
Zu der Fortführung der vermessungstechnischen Unterlagen gehöreu
ausserdem die Instandhaltung der das Eigentum der Stadt aufweisenden
Besitz- und Grundbuchpläne, der Bebauungspläne, der Strassenreinigungs-
pläne nebst zugehörenden Akten u. s. w. Zu den ersteren sei bemerkt,
dass alljährlich Anfang Januar ein Plan 1 : 10000 hergestellt wird, auf
welchem der städtische Grundbesitz farbig dargestellt ist: der betreffende
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Venne»»unK«vrM8n
1907.
Zeitschrift fur
Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden.
87
Zahl der revidierten
bezw. neu auf-
gelegten Einzelplane
Zahl der her-
gestellten Abzüge
rund
Jahr
-
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
477
544
337
389
342
166
142
36100
33100
36700
44700
66300
37408
22167
l'lan wird vervielfältigt und den Mitgliedern der städtischen Behörde und
höheren Beamten zugängig gemacht.
Die Neuvermessung, welche infolge des grossen Umfangs der ge-
samten Verwaltungsarbeiten nur langsam fortschreitet, wird nach Ausführung
der Ober die gesamte Gemarkung gelegten Triangulation und Polygonisierung
I. Ordnung nach den dem Vermessungsamte zur Verfügung stehenden Mit-
teln verfolgt, sie wird im allgemeinen nur da angeordnet, wo Veränderungen
eintreten und das vorhandene Kartenmaterial — besonders das der ein-
verleibten Ortschaften (vergl. S. 248 u. f. des Jahrg. 1903 der Zeitschr. f.
Vermessungsw.) — zu mangelhaft ist. Es entstehen daher die neuen Stadt-
pläne nach und nach.
Zu 2. Die vermessungstechnischen Arbeiten , welche die einzelnen
städtischen Amtsstellen beantragen, bestehen vorzugsweise aus folgenden :
Aufstellung von Anliegertafeln far Strassen und Schleusenbaukosten, sowie
fur Strassenreinigungsflächen, Durcharbeitung von Bebauungsplänen, (Ent-
würfe werden in Gemeinschaft mit dem Tiefbauamt, dem Baupolizeiamt,
•lern Hochbauamt, bezw. besonders bestimmten Künstlern aufgestellt) Ab-
steckungen von Strassen- und Baufluchtlinien, Ausführung von Längen-
und Flächennivellements, Aufnahme einzelner Grundstücke, Begutachtung
der innerhalb des Stadtgebietes vorkommenden Grundstückszergliederungen
nnd Bearbeitung solcher, soweit städtische Grundstücke und Sonderverträge
mit Privaten vorkommen, Planbeschaffungen aller Art, besonders für das
Tiefbau- und Betriebsamt und für die Direktion der städtischen Strassen-
bahn , Bearbeitung der Angelegenheiten des Oblastenbuches (betr. Ein-
tragung von Rückforderungen beim Ausbau von Strassen, welche die Stadt-
gemeinde und Private erheben können), Beschaffung von Unterlagen für
Beleihung von Grundstücken u. s. w. Es werden jährlich 1500 bis 3000
derartige Anträge gestellt, welche teils einen geringen Zeitaufwand, einzelne
aber auch bis zu 300 Arbeitstage für Techniker beanspruchen.
Aus der Geschäftsordnung des Vermessungsamtes ist noch hervor-
zuheben, dass dasselbe mit den übrigen Geschäftsstellen des Rates und
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88 Gerke. Das Vermeßsungsweaen der Stadt Dresden. ^2222^2^
1907.
mit Privaten, sowie mit anderen Behörden, mit Ausnahme der Oberbehörden,
in unmittelbarem Verkehr steht. Das Vermessungsamt hat einen im Haus-
haltplan besonders vorgesehenen Etat, für dessen Innehaltung der Ver-
messungsdirektor die persönliche Verantwortung trägt Die dem Ver-
messungsamte zur Verfügung stehenden Mittel ergeben sich aus folgender
Zusammenstellung, wobei die Abrundung auf 100 Mark erfolgt ist.
Jahr
Ausgabe
Einnahme
Zuschuss
Mk.
Mk.
Mk.
1891
46500
4100
41400
1898
141300
43300
98000
1899
145800
40600
105200
1900
162100
47400
114700
1901
181400
54800
126600
1902
213700
94200
119500
1903
198100
56200
141900
1904
186800
46900
139900
1905
180100
37900
142200
Das veränderte Arbeitsgebiet des Vermessnngsamtes seit 1899.
Die Veränderungen in dem Umfange des Arbeitsgebietes sind seit
dem Jahre 1899 im allgemeinen folgende:
Im Jahre 1901 wurde die Gemeinde Gruna, dann wurden in den
Jahren 1902/03 nicht weniger wie 12 Landgemeinden mit einer Fläche von
rund 2327 ha in den Stadtbezirk einverleibt, wodurch die ganze Fläche
des Stadtgebietes von 4423 ha nunmehr auf 6750 ha stieg (vom 1. Ja-
nuar 1891 bis 1. Januar 1903 sind 17 Landgemeinden mit einem Flächen-
inhalt von rund 3393 ha einverleibt). Ueber das Kartenmaterial, welches
diese Dorfgemeinden mitbrachten, und Uber die provisorische Schaffung der
plötzlich verlangten Pläne ist in der Zeitschr. f. Vermessungsw. Jahrg. 1903,
S. 248 ff., 283 ff., 318 ff. berichtet. Mit diesen Einverleibungen ward
zunächst der Grundbesitz der Stadtgemeinde wesentlich vergrössert, da
das Eigentum der ehemaligen Landgemeinden, das nutzbringende Areal mit
dem gesamten öffentlichen Platz- und Strassenland in städtisches Eigen-
tum überging. Ferner machten sich für verschiedene Zwecke der ver-
grösserten Grossstadt teilweise umfangreiche Ankäufe von Ländereien not-
wendig, beispielsweise für die Einführung der Schwemmkanalisation, für
Anlage eines städtischen Schlachtviehhofes (125 ha), für Schulbauten, für
Krankenhäuser, für Erholungsplätze und Anlagen (König Albert-Park 120 ha
gross) u. s. w. Auch ausserhalb des Stadtgebietes sind nicht unwesentliche
Ankäufe seit Ende vorigen Jahrhunderts ausgeführt, es ist ein Rittergut
erworben, es sind für Anlage eines Wasserwerkes grössere Ländereien ge-
kauft (73 ha) u. s. w. Ferner sind im vorigen Jahre die beiden Strassen-
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v«ra£>a?£wfMen Gerke- Dfts Vermessungswesen der Stadt Dresden. 89
1907.
bahnlinien mit einer fahrbaren Bahnstrecke von rund 170 km inkl. der
Pachtstrecken nebst allem Grundbesitz in den Besitz der Stadtgemeinde
übergegangen.
Eine umfangreiche Arbeit ist dem Vermessungsarate auch dadurch
entstanden, dass auf Grund des im Jahre 1898 eingeführten bürgerlichen
Gesetzbuches das nummerlose öffentliche Areal des Stadtgebietes nunmehr
auf ein Grundbuchblatt als Eigentum der Stadtgemeinde eingetragen wird,
wodurch an dem in den alten Stadtteilen befindlichen Platz- und Strassen-
land Flächenermittlungen notwendig werden. Ferner hat die am 22. De-
zember 1905 eingeführte neue Bauordnung der Stadt Dresden dem Ver-
messungsamte insofern eine äusserst umfangreiche Arbeit gebracht, als der
gesamte, 38 Abteilungen umfassende, im Massstabe 1 : 1000 hergestellte
Bebauungsplan neu bearbeitet werden muss. (Die einzelnen Abteilungen er-
halten im Durchschnitt 3 Blätter ä 1,30 x 1,80 m gross.)
Folgen der Vergrösserung des Arbeitsgebietes.
Die Veränderungen, welche in der Verwaltung der Stadt Dresden seit
1899 die Vergrösserung des Stadtgebietes und die hiermit verbundenen
Kolgen mit sich brachten, haben, wie aus dem Vorstehenden ersichtlich,
das Arbeitsgebiet des Vermessungsamtes wesentlich vergrössert. Es musste
infolgedessen auch das Personal des Vermessungsamtes vermehrt werden.
Dies geschah zunächst durch Heranziehung von technischen Hilfsarbeitern
und Vermehrung einiger Beamtenstellen. Die Anzahl der ersteren wurde
im Verhältnis zu den letzteren sehr gross; dazu kam, dass durch die Un-
sicherheit der Stellung — bei monatlicher Kündigung — ein häufiger
Wechsel der Techniker eintrat, welcher für den Fortgang und für die Güte
der auszuführenden Arbeit nichts weniger wie erspriesslich war, und als
der Nachweis geliefert wurde , dass eine Einschränkung der Arbeiten des
Vermessungsamtes nicht möglich war, entschloss sich der Rat, eine grössere
Anzahl fester Stellen zu schaffen. Es wurden von den städtischen Kol-
legien nunmehr neu genehmigt eine Stelle eines Vermessungsinspektors,
zwei Stellen für Feldmesser, acht Stellen für Vermessungsassistenten und
eine Stelle für Kanzleibeamte.
Mit der Vermehrung dieses Personals konnte eine neue Arbeits-
verteilung im Vermessungsamte eingeführt werden.
Die Organisation des Vermessnngsamtes.
Die nunmehr eingeführte Arbeitseinteilung im Vermessun<rsamte ist
folgendennassen festgesetzt:
Das gesamte Rechnungs- und Registraturwesen regelt die Kanzlei mit
den von der Ratsdirektion ernannten Verwaltungsbeamten und Kanzlei-
hilfsarbeitern.
Zeitschrift für Verme«*nngswes<>n 1907. Heft 4. »
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90 Gerke. Das Vennessungswesen der Stadt Dresden. y z*iuctarirwur^
1907.
Für die Ausfahrung der technischen Arbeiten sind fünf Inspek-
tionen für den Aussendienst und eine Inspektion für den Innen-
dienst, die Zentralstelle, gebildet.
Die Verteilung der Arbeiten unter diese ist folgendennassen an-
geordnet. Das gesamte 6750 ha grosse Stadtgebiet ist in fünf nach Flur-
bezirken abgegrenzte Teile mit annähernd gleichen vermessungstechnischen
Anforderungen abgegrenzt, wobei jedes einzelne Gebiet 12 bis 1500 ha
gross ist. Ein solcher Stadtteil ist jeder der fünf Inspektionen für den
Aussendienst zugeteilt, die die gesamten in dem betr. Gebiet vorkommen-
den vermessungstechnischen Arbeiten, mit Ausnahme derjenigen, welche der
Zentralstelle zugewiesen sind, auszuführen hat. Die sämtlichen Akten und
Pläne werden derart geführt, dass die Arbeiten der einzelnen Inspektionen
vollkommen voneinander unabhängig sind.
Das Arbeitsgebiet der Inspektion für den Innendienst, der Zentral-
stelle, enthält im allgemeinen solche Arbeiten, welche das gesamte Stadt-
gebiet betreffen und vorteilhaft nicht getrennt werden können. Hierzu
gehört die Vervielfältigung aller Pläne mit der Verwaltung der Plankammer
und der Ausführung von Sonderarbeiten. Zu letzteren sind zu rechnen:
Bearbeitung von Anträgen städtischer Amtsstellen, welche im allgemeinen
das gesamte Stadtgebiet betreffen. Die Fortführung der trigonometrischen
Arbeiten und der Polygonisierung I. Ordnung. Die Erhaltung des Ni-
vellementsnetzes I. Ordnung. Prüfung von Neuvermessungsarbeiten. Aus-
führung tachymetrischer Arbeiten für Schaffung von Höhenplänen. Arbeiten
für die Strassenbahndirektion. Ueberwachung und Prüfung der Instru-
mente o. 8. w.
Hinsichtlich des Personals soll jede Inspektion für den Aussendienst
in der Regel bestehen aus: einem Vermessungsinspektor als Vorstand,
einem gepr. und verpfl. Feldmesser, zwei Vermessungsassistenten als Beamte,
drei weiteren technischen Hilfsarbeitern und zwei bis vier Messgehilfen.
Der Inspektion für den Innendienst, der Zentralstelle, sollen ein Ver-
messungsinspektor als Vorstand, ein Feldmesser, zwei Planzeichner als
Beamte und vier bis sechs technische Hilfsarbeiter zugeteilt werden, wobei
für die Sonderarbeiten je nach Bedürfnis besonderes Personal bestimmt
wird. Letzteres hat zunächst unter Aufsicht eines der sechs Vermessungs-
inspektoren die betreffende Arbeit auszuführen, wie dies in einzelnen Fällen
bestimmt wird.
Der Gang der von den städtischen Amtsstellen bezw. von Privaten
gestellten Anträge ist folgender: Alle Schriftstücke nebst zugehörenden
Akten werden von der Kanzlei angenommen und gebucht, dem Vermessungs-
direktor vorgelegt und hierauf den einzelnen Inspektionen zur Bearbeitung
Überwiesen, nach deren Beendigung und Durchsicht seitens des Vermessungs-
direktors die Kanzlei für die Zurückgabe der Akten Sorge zu tragen hat.
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YOTeS«ini5w!£«i Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden. 91
Das Personal des Vermessungsamtes.
Das Personal des Vermessungsamtes besteht aus:
1. Verwaltungsbeamte und Kanzleihilfsarbeitern,
2. Technische Beamte und technische Hilfsarbeitern,
3. Boten, ständige und nichtständige Messgehilfen.
Die Verwaltungsbeamten und Kanzleihilfsarbeiter werden dem Ver-
messungsamte von der Direktion des Rats überwiesen; sie rangieren mit
den übrigen Kanzleibeamten und Hilfsarbeitern des Rats und unterstehen
den für diese bestehenden ortsstatutarischen Bestimmungen, auf welche
hier nicht weiter eingegangen werden möge: es sei nur bemerkt, dass
diese Beamte und Hilfsarbeiter öfters wechseln, um die Verwaltungsarbeiten
mehrerer städtischer Geschäftsstellen kennen zu lernen. Ferner werden
die wichtigsten Botengänge auch von einem mit Pensionsberechtigung ver-
sehenen Beamten des Rats ausgeführt.
Zu den technischen Beamten zählt der Vermessungsdirektor, die Ver-
messungsinspektoren , die Feldmesser, Vermessungsassistenten und Plan-
zeichner, während bei den technischen Hilfsarbeitern unterschieden werden :
staatl. geprüfte Vermessungsingenieure, diplomierte Vermessungsingenieure,
Feldmesser (event, auch solche Techniker, welche ein Examen eines an-
deren deutschen Bundesstaates abgelegt haben), Vermessungstechniker I.
und II. Honorarklasse, Zeichner und Hilfszeichner. Es möge auf die An-
forderungen und Bezüge des vermessungstechnischen Personals näher ein-
gegangen werden.
I. Anforderungen an die Ausbildung der Techniker.
A. Beamte.
Ortsstatutarische Beschlüsse, nach welchen die Anforderungen hin-
sichtlich der Ausbildung der technischen Beamten festgesetzt sind, liegen
nicht vor, so dass es dem Rat überlassen bleibt, die Qualifikation der Be-
werber bei Besetzung von Stellen in jedem einzelnen Falle nach den per-
sönlichen Verhältnissen zu bestimmen. Es werden jedoch im allgemeinen in
Zukunft folgende Anforderungen an die einzelnen Beamten gestellt
werden müssen.
1. Von dem Vermessungsinspektor wird verlangt werden: die
Staatsprüfung für den höheren technischen Staatsdienst im Fache der
Geodäsie im Königreich Sachsen (Abiturientenexamen eines Gymnasiums
oder Realgymnasiums, 7 Semester Studium an der technischen Hochschule,
Diplomprüfung als Vermessungsingenieur, 3 Jahre Praxis, Staatsexamen).
2. In eine Feldraesserstelle kann nur derjenige gelangen, welcher
das sächsische Feldmesserexamen abgelegt hat und als Feldmesser ver-
pflichtet ist, oder die Diplomprüfung als Vermessungsingenieur für Sdchsen
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92 Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden. VemM«ung»weii«c
1907»
(zu 1) bestanden hat. Letzterer hat nach abgelegtem Staatsexamen die
Anwartschaft auf die Stelle eines Vermessungsinspektors.
3. Für die Besetzung einer Vermessungsassistentenstelle werden
nur diejenigen ins Auge gefasst, welche als technische Hilfsarbeiter sich
bewährt haben und mindestens der I. Honorarklasse angehören. In diese
können nur diejenigen Techniker gelangen, welche — unter der Annahme,
dass sie keinerlei vermessungstechnisches Staatsexamen abgelegt haben —
sich einer vom Vermessungsamte bestimmten Prüfung unterworfen haben. In
letzterer wird ungefähr folgendes verlangt: Die Kenntnis der staatlichen
und ortsstatutarischen Bestimmungen, sowie der Beschlüsse des Rats, welche
auf das Arbeitsgebiet eines Vermessungsassistenten bezug haben, sowie der
Anweisungen des Vermessungsamtes , besonders hinsichtlich der Neu-
\ermes8ung, die Kenntnis der ebenen Trigonometrie und die richtige An-
wendung der beim Vermessungsamte eingeführten Berechnungsformulare,
welche der Polygonisierung I. Ordnung und der Stückvermessung angehören,
80 dass Polygon- und Kleinpunkte mit Verständnis berechnet werden.
Ganz besonderer Wert wird auf Ausführung der Feldarbeiten und auf die
gute Führung eines Handrisses gelegt.
4. In die Stelle eines Planzeichners gelangen diejenigen tech-
nischen Hilfsarbeiter, welche der Honorarklasse der Zeichner angehören.
Von letzteren kann eine besondere Prüfung verlangt werden, in welcher
ein genaues Zeichnen, Auftragen und Kartieren nach Handrissen, Flächen-
berechnungen mittels Masszahlen und Planimeter nachzuweisen ist.
B. Technische Hilfsarbeiter.
Die technischen Hilfsarbeiter haben durch Ableistung von mindestens
einem Probejahr ihre praktischen und theoretischen Kenntnisse darzulegen,
alsdann gelangen dieselben in diejenige Honorarklasse, die der Ausbildung
entsprechend ist. Diejenigen Vermessungstechniker, welche keinerlei Examen
gemacht haben, werden zunächst als Vermessungstechniker II. Honorarklasse
bezw. als Hilfszeichner geführt. Die ersteren gelangen nach Ablegung der
unter 3. angegebenen Prüfung in die I. Honorarklasse, die letzteren mit den
unter 4. aufgeführten Anforderungen in die Honorarklasse eines Zeichners.
II. Die Bezüge des technischen Personals des Vermessungsamtes.
A. Beamte.
Die Stellen der Beamten sind pensionsberechtigt und nach den Be-
stimmungen über die Dienstbezüge der Beamten des Rats zu Dresden vom
22. November 1900 geregelt. Hiernach ist für die technischen Beamten
im allgemeinen ein Aufrücken im Gehalt vorgesehen, derart, dass nach je
3 Jahren ein Zehntel des Grundgehalts als Zulage gewährt wird und nach
15 Jahren der Maximalgehalt eintritt.
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z«[«cLriftto^ Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden.
Es beträgt demnach das Einkommen
93
fttr die Stelle als
Grundgehalt
Mk.
Maximaleehalt
nach 15 Jahren
Mk.
Vermessungsdirektor . .
5500
7500
Yenne8Bungsin8pektor .
3600
5400
P eldmesser
2700
4200
Vermessungsassistent
2400
3900
Planzeichner ....
1800
3000
B. Die technischen Hilfsarbeiter.
Die technischen Hilfsarbeiter werden im Einvernehmen mit dem Vor-
stande des Tiefbauamtes auf monatliche gegenseitige Kündigung von dem
Vermessungsdirektor nach einem zu vereinbarenden Honerar angenommen,
wobei nach den zurzeit bestehenden ortsstatutarischen Bestimmungen ver-
säumte Arbeitstage in Abzug gebracht werden müssen. Nach Ablegung
eines Probejahres wird das Einkommen der technischen Hilfsarbeiter durch
festgesetzte Honorarsätze geregelt, bei welchen auch die Annahme gemacht
worden ist, dass das Anfangsgehalt nach Verlauf von je 3 Jahren an-
uäherad um ein Zehntel erhöht wird. Es beträgt nun
für die Stelle als
Grund-
gehalt
Mk.
£taatl. geprüfter Vermessungs
ingenieur
Gepr. u. verpfl. Feldmesser und
diplomierter Vermessungs-
Maximal-
gehalt nach
15 Jahren
Mk.
hat Anwartschaft
auf eine Beamten-
steile als
Venn. -Techniker L Honorarkl.
II.
Zeichner
Hilfszeichner
Die diplomierten
8000
4500
Vermess. -Inspektor
2400
3900
Feldmeser
2200
3200
Vermes8.-A88i8tent
1600
2400
1800
2800
Planzeichner
1400
2150
rücken nach bestandenem
Staatsexamen in die Stelle der staatlich geprüften Vermessungsingenieure,
während die Vermessungstechniker II. Honorarklasse und die Hilfszeichner
nach bestandener Prüfung in die Gruppe der Techniker I. Honorarklasse,
bezw. die der Zeichner eingereiht werden.
Die Urlaubszeit ist für sämtliche Beamte, Bedienstete und Hilfs-
arbeiter des Rats durch ortsstatutarische Bestimmungen vom 2. Januar 1902
geregelt. Die Beamten, welche mehr als 4500 Mk. Gehalt beziehen, er-
halten 4 Wochen Erholungsurlaub , die übrigen 3 Wochen mit' Ausnahme
der Planzeichner, welche weniger wie 2800 Mk. Gehalt beziehen; diesen
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94 Gerke. Das Vermessungswesen der Stadt Dresden. vSSSSSmmm
wird nur 14 Tage Urlaub zuteil, den Verwaltungsbeamten 10 Tage bis
3 Wochen. Die Hilfsarbeiter bekommen eine Woche Urlaub, die
ständigen Messgehilfen 3 bis 6 Tage.
Zehrgelder (d. h. Feldzulage) für Feldarbeiten werden innerhalb
des Stadtgebietes nicht bewilligt, sondern dieselben werden nur mit einigen
Ausnahmen für Arbeitsleistungen ausserhalb der Stadtflur auf Grund der
Bestimmungen vom 19. Dezember 1902 gewährt und betragen bei einem
Einkommen unter 2000 Mk. bei mehr als 8 Arbeitsstunden 3 Mk., bei
einem Einkommen von Uber 2000 Mk. für dieselbe Zeit 4,50 Mk. täglich,
bei weniger als 8 Arbeitsstunden 2 bezw. 3 Mk. täglich.
Hinsichtlich der Mess gehilf en sei erwähnt, dass dieselben täglich
3,30 Mk. (als Anfangsgehalt) bis 4,60 Mk. erhalten. Nach der Arbeiter-
ordnung werden dieselben nach zehnjähriger vorwurfsfreier Arbeitszeit als
ständige Arbeiter angenommen und erhalten neben besonderen Vergünsti-
gungen auch Weihnacht seilen von 30 bis 50 Mk. und nach 25 jähriger
Dienstzeit Ehrengaben von 100 Mk.
III. Das Gesamtpersonal des Vermessungsamtes.
A. Beamte.
Als Verwaltungsbeamte sind tätig: ein Kanzleivorstand und ein
T y mm * ■ i * mm . -* m n m* jm ■ i A
ifureauassistent.
An technischen Beamten: 1 Verraessungsdirektor, 6 Vermessungs-
inspektoren, G gepr. und verprl. Feldmesser, 10 Vermessungsassistenten,
2 Planzeichner, ein Bote.
B. Hilfsarbeiter.
Es werden beschäftigt: 2 Kanzleihilfsarbeiter, und an Technikern:
2 diplom. Vermessungsingenieure, 2 staatl. gepr. und verpfl. Feldmesser,
7 Vermessungstechniker I. Honorarklasse, 4 Vermessungstechniker II. Ho-
norarklasse, 3 Zeichner und 2 Hilfszeichner.
C. Mess gehilf en.
7 ständige Messgebilfen (unter denselben einer als Materialverwalter
und ein Buchbinder) und 10 bis 20 vorübergehend beschäftigte Mess-
gehilfen; von diesen werden einige hin und wieder auch mit Botengängen
und, soweit die Schulbildung dies gestattet, mit schriftlichen Arbeiten,
besonders zur Bedienung der Schreibmaschine verwandt.
Das gesamte Personal besteht daher zurzeit aus 4 Kanzleibeamten
und Hilfsarbeitern, 25 technischen Beamten, 20 technischen Hilfsarbeitern,
8 ständigen Messgehilfen bezw. Boten, 10 bis 20 vorübergehend beschäf-
tigten Messgehilfen.
Es möge jedoch nicht unterlassen werden, darauf hinzuweisen, dass
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i ££t£*rHLfüT Druckfehler-Mitteilung. — Personalnachrichten. 95
19ÖT
im Verhältnis zu den Anforderungen , welche an das Vennessungsamt ge-
stellt werden, die Anzahl der Techniker äusserst gering ist, so dass die
Neuvermessungsarbeiten des Stadtgebietes nur sehr langsam fortschreiten
können. Gerhe.
Mitteilungen über Druckfehler.
In Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, Band III, IV. Auflage,
Stuttgart 1896, muss stehen auf
Seite (19) für die ganze Spalte [1]
8 . 510 — 10 für 8 . 511 — 10
8910 . 6 8910 . 6
Seite (21) Spalte log [2| für <p = 53° 30'
8 . 508 84 31 . 1 für 8 . 508 84 31 . 3.
Ferner möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen,
dass sowohl in der Tabelle auf Seite 615 des XXVII. Bandes, wie auch
in einer solchen auf Seite 170 des XXVIII. Bandes dieser Zeitschrift der
Meridianbogen fur qi0 — 54« 0' zu 5 985 797 . 540 m statt richtig zu
5 985 297 . 540 m angegeben ist.
Zehlendorf, den 19. Sept. 1906. Lüdemann.
Königreich Preuasen. Anlasslich des Ordensfestes haben erhalten
den Roten Adlerorden 4. Klasse die Herren: Bottier, Steuerinspektor,
Kat.-Kontrolleur in Manderscheid ; Firsbach, Steuerinspektor, Kat.-Kontr.
in Cöln; Fahrer, Landesökonomierat , Venn.- Inspektor im Ministerium
fur Landwirtschaft; Haussmann, etatsm. Professor an der techn. Hoch-
schule in Aachen; Hegemann, Professor an der Landwirtsch. Hochschule
in Berlin; Herz, Steuerinspektor, Kat.-Kontrolleur in Düsseldorf; Hesse.
Oberlandmesser, Gen.-Komm. Merseburg in Meiningen; Kayser, Steuer-
rat, K at. -Inspektor in Frankfurt a/O. : Koehler, Otto, Oberlandmesser.
I < en. -Kommission Cassel; Lern men, Oberlandmesser bei der Ansiedlungs-
kommiBsion in Posen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Bromberg. Versetzungen zum 1./12. 06:
L Faber von Conitz nach Bromberg (g.-t.-B.); zum 1./4. 07: O.-L. Plähu
von Schneidemühl nach Posen (Ans.-Komm.) , V.-I. Oekonomierat Dorn
von Bromberg nach Münster, V.-I. Oekonomierat Böhmer von Münster
nach Bromberg.
Generalkommissionsbezirk Cassel. Pensioniert zum 1./4. 07: L. Seydel
in Cassel. — Versetzungen zum 1./4. 07: die O.-L. Madert u. Ammen -
häuser und die L. Frankenberg, Volland, Katzwinkel. Böttcher,
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96
Personalnachrichten.
Zeitschrift für
Verm westings we*en
1W7?
Ungemach von Marburg nach Frankenberg (neu errichtete Spez.-Komm.),
L. Lichtenstein von Cassel (g.-t.-B.) nach Uersfeld, die L. Knögel,
He eg er, Stöcker von Cassel (g.-t.-B.) nach Hünfeld.
Generalkommissionsbezirk Hannover. Versetzung zum l./l. 07:
L. Kunze von Neumünster nach Hannover (g.-t.-B.).
Generalkommissionsbezirk Königsberg i/Pr. Beförderung: V.-I.
Lohnes in Königsberg zum Oekonoraierat. — Versetzung zum l./l. 07:
L. Gobbin von Tilsit nach Lyk.
Königreich Bayern. Dem Direktor des städt. Vermessungsamtes
München, Karl Loün, ist von S. M. dem Deutschen Kaiser der Rote
Adlerorden 4. Kl. verliehen worden.
Grossherzogtum Baden. 1. Ernennungen: Zum Obergeometer und
Vorsteher des \erm.-Bureaus der Generaldirektion der Gr. Staatseisen-
bahnen der Verm.-Revisor Karl Dress in Karlsruhe. — Zu Obergeometern :
die Bezirksgeometer I. Kl. Johann Gärtner in Ueberlingen, Friedrich
Wilhelm Meyer in Müllheim, Friedrich Einwald in Schwetzingen, Julius
Fuhrmann in Freiburg i/Br.; der städt. Geometer Friedrich Wörner in
Karlsruhe. — Zum Verm.-Revisor: der Trigonometer Heinrich Koch bei
der Generaldirektion der Gr. Staatseisenbahnen in Karlsruhe. — Zu Be-
zirksgeometern L Kl.: die Bezirksgeometer II. Kl. Wilhelm Günth in
Kenzingen, Karl Mayer in Pforzheim, Friedrich Hutzier in Offenburg. —
Zu Bezirksgeometern II. Kl.: die Verm.-Assistenten Leopold Brehm in
Mosbach, Robert Hönn in St. Blasien, Karl Rudolph in Karlsruhe. —
Zu Trigonometern : die Geometer Johannes Scholze in Karlsruhe, Julius
Hamm in Offenburg. — Zum Kat. -Geometer : der Geometer Karl Günzer
in Pforzheim.
2. Ordensverleihungen: Das Ritterkreuz II. Kl. mit Eichenlaub
des Ordens vom Zähringer Löwen dem Obergeometer Karl Ludwig Gent er
in Karlsruhe. — Das Ritterkreuz II. Kl. des Ordens vom Zähringer Löwen
dem For8tobergeometer Adolf Schild in Karlsruhe; den Verm.- Revisoren
Wilhelm Becker und Karl Jung in Karlsruhe: den Bezirksgeometern
I. Kl. Friedrich Blank in Staufen, Franz Fuhrmann in Heidelberg, Wil-
helm Brugier in Konstanz, Adolf Ziegler in Mannheim.
3. In den Ruhestand getreten: Der Bezirksgeometer I. Kl. Daniel
Schneeberger in Konstanz.
4. Gestorben: Obergeometer Adolf Irion in Karlsruhe (20./10. 06).
5. Nach bestandener II. Staatsprüfung wurden die Geometerkandidaten
Wilhelm Hofmann von Lembach, Julius Klauser von Oberuhldingen.
Joseph Bär von Bruchsal, Karl Karcher von Biesingen, Otto Krauth
von Flehingen, Heinrich Zehnder von Königsbronn, Guido Rummel von
Weingarten, Richard Bodemüller von Sinsheim als öffentlich bestellte
Geometer aufgenommen.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Die Verschwenkungskorrektion in der Stereo-
photogrammetrie, von K. Fuchs. — Punktausgleichung mit Rechenschieber, von
Kummer. — Bücherschau. — Das Vermessungswesen der Stadt Dresden, von
Gerke. — Mitteilungen Ober Druckfehler, von Lüdemann. — Personalnachrichten.
Verlag toii Konrad Wittwe* In Stuttgart.
Druck Ton Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
Digitized by Google
»7
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, übersteuern* und Dr. O. Eggert, Professor
Manchen M, Katasterbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 5. Band XXXYI.
11. Februar.
Der Abdruck Ton Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Br-
linbnis der Schriftleitung ist untersagt.
Der Pythagoreische Lehrsatz als Bedingungsgleichung.
Von Prof. Jos. Adamczik in Prag.
In einem rechtwinkligen Dreiecke, dessen rechter Winkel vollkommen
verbürgt ist, beBteht für die drei gemessenen Seiten der Pythagoreische
Lehrsatz als Bedingungsgleichnng.
Bezeichnen wir die gemessenen Katheten mit i, und U und die ge-
messene Hypotenuse mit f3, ferner die ausgeglichenen, verbesserten Drei-
ecksseiten mit xv %i und xs, so lautet die Bedingungsgleichung:
fm = X* + V - r8« = 0. (1)
Dagegen ergibt sich bei Einsetzung der gemessenen Seiten:
fi = V + V - V = « (2)
*x = h + »i i ** 58 ^ + »t ! x3 = 's + «V (3)
Die Anwendung der Taylorschep Reihe ergibt in üblicher Weise:
f - f 4- m r dft r
a^_gi_2^, - ?, -.H, a/> -f. - 2'.
fm =/i-r-2/,.p1 + 2/,.p2-2/8p8 = /i + <a + 7s
Unter Berücksichtigung der Gleichungen (1) und (2) nimmt diese letzte
Gleichung die Form an:
(2t>] + w = 0 )
2llvt+2lst\t — 2lav$ + w = 0.S {)
Dies ist die Bedingungsgleichung für die Verbesserungen.
Zeitschrift for Vermessangtweien 1907. Heft f». *
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98 Adamczik. Pythag. Lehrsatz als Bedingungsgleichung. ^ztüMchrUtnr
Wir wollen nun gleich den, in theoretischer Beziehung, allgemeinsten
Fall behandeln, dass nämlich Beobachtungen mit verschiedenen, mittleren
Fehlern, bezw. mit verschiedenen Gewichten vorliegen.
Die gemessene Seite i, habe den mittl. Fehler /«, und das Gewicht pt
v w h D W r> n Pi r 5« r P2
1 1 1
Pl ■ Ps : P» — , : „ , •' ,
r*i r*s f*s
[¥]-
Ü1 + -ÜL.+ 4/»'
Pi Pf P»
Xormalgleichung : ' * + " — 0 ^ _
Korrektionsformeln :
Pi Pi /
*=--■-.* , (6)
Ps P»
P> P.H
Nun wird die Kontrollgleichung (4) zur Probe angeschrieben und endlich
werden nach (3) die ausgeglichenen Seiten x berechnet.
Beispiel: Auf stark geneigtem Gelände, welches eine Verwendung
des Nivellierinstrumentes einerseits der Neigung wegen, andererseits aber
auch möglicherweise des lockeren, beweglichen Bodens wegen (Gerölle,
Schutt) unpraktikabel erscheinen lässt, oder sogar ganz ausschliesst , sei
eine HöhenUbertragung vorzunehmen, indem oben oder unten an eine ge-
gebene, markierte Höhenkote anzuknüpfen und die Höhenlage eines be-
deutend tiefer oder höher gelegenen Geländepunktes zu bestimmen ist.
Diese hier ganz allgemein gefasste Aufgabe kann in der Praxis sehr
leicht vorkommen, wenn z. B. ein tief eingeschnittenes Tal von einem
hohen Eisenbahndamme durchquert wird. Es soll nun etwa eine Bach-
regulierung vorgenommen werden tind zur Projektsverfassung das Nivelle-
ment an die Nivellette der Bahn angebunden werden. Ein Nivellement
von dem steilen Bahndamme herunter kann entweder oft nur auf sehr
grossem Umwege, oder unter Umständen bei sehr steilen, schwer oder
ganz unzugänglichen Seitengehängen des Tales gar nicht möglich sein.
Wir wollen nun diese Aufgabe auf folgendem Wege lösen. Es wird
über dem gegebenen Höhenfixpunkt ein Tachymetertheodolit aufgestellt und
damit werden auf einmal die Horizontaldistanz und der gesuchte Höhen-
unterschied auf optischem Wege gemessen. Hierbei wird man natürlich
Messungswiederholungen anstellen, was ja sehr leicht geschehen kann.
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v^«iucürifijur^ Adamczik. Pythag. Lehrsatz als Bedingungsgleichung. 99
Sodann wird längs einer gespannten Schnur und eventuell mit etwas her-
gerichteter Messbahn die schiefe Entfernung der beiden fraglichen Punkte
mit Messlatten sehr genau gemessen. Die unmittelbar gemessene Hypo-
tenuse wird dann in die Ausgleichung zur Verbesserung der optisch ge-
messenen Daten eingeführt.
Ich habe das, im folgenden angeführte Beispiel auf der steilen, lockeren
Böschung der Schutthalde des aufgelassenen Heiligenberger Schachtes bei
Pribram durchgeführt. Als Tachymetertheodolit wurde der neue Fennel-
sche Strichmikroskoptheodolit verwendet, welcher bekanntlich die Höhen-
winkel mit einem Blicke auf 1' schätzen lässt, so dass die Feldarbeit sehr
schnell von statten ging. Die Fadenablesungen erfolgten an einer, in cm
geteilten Distanzlatte mit Kreuzlibellen und Fussspreitzen. Für die un-
mittelbare Messung der schiefen Entfernung mit Messlatten wurden von
4 zu 4 m ganz einfache, kurze Holzunterlagen aus Lattenstücken hergestellt.
Obzwar hier entschieden ungünstige Bodenverhältnisse vorlagen, ging die
Messung längs der gespannten Schnur gut und schnell vor sich, mit sehr
befriedigenden Ergebnissen. Um aber die ganze Arbeit hier in diesem
Falle scharf kontrollieren zu können, wurde auf einem, allerdings grossen
Umwege ein Kontrollnivellement hin und her durchgeführt, um die Ueber-
einstimmung der ausgeglichenen, optisch gemessenen Höhe mit der nivel-
lierten Höhe darzutun. Dieses Kontrollnivellement wurde mit einem
Stampferschen Nivellierinstrument der Firma Starke & Kammerer in Wien
mit drehbarem Fernrohre und Doppellibelle ausgeführt und jede Ablesung
in beiden Fernrohrlagen gemacht.
Es sind nun in der Tabelle I die, stets in 2 Fernrohrlagen (Höhen-
kreis links und rechts) beobachteten Fadenablesungen und Höhenkreis-
ablesungen notiert, nach welchen Daten in der Tabelle II die Berechnung
der optisch gemessenen Horizontaldistanzen D und der Höhenunterschiede .ET
erfolgte. In der Tabelle V sind die Ergebnisse der unmittelbaren Mes-
sungen der schiefen Entfernung^ enthalten. In den Tabellen VI und Via
ist das Kontrollnivellement zusammengestellt. In den Tabellen III, IV und
V sind noch die Berechnungen der mittleren Fehler der gemittelten, in
die Ausgleichungsrechnung einzuführenden Dreieckseiten EM, DM und Hu
ersichtlich. Hiernach ergeben sich:
D = 21,343 m mit einem mittl. Fehler p, = + 31 mm i ^« = 948
H — 15,359 m „ „ „ „ /u2 = + 20 mm J p# = 402 '
E = 26,329 m „ „ „ „ n% = ± 0,9 mm ) = 0.84.
Das Gewichtsverhältnis würde sich sonach berechnen nach:
Pi : Pi ' J>3 = 9^ : 4J2 : {) ^ = 88 : 83 : 39682.
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100 Adamczik. Pythag. Lehrsatz als Bedingungsgleichung, ^ltachrtr^
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Digitized by Google
/r^MunyaJelan Adamcj"k- ?y&*g. Lehrsatz als Bedingungsgleichung. 101
Tabelle II.
D = KL co** a + K' cos a
K I
AH = 2 «'»Sa + K' »in a H = AH — {J —m)
K = 100
Ä» = 0,275 ra J = 0,910 m
L
KL
KL
2
m
J-m
i
a
2a
log cos* a
log KL
KL cos* a
K'cosa
log sin 2 a
log -g-
KL .
-stn2a
K' sin a
A H
-(J m)
log KL cos* a
D
logK**8in2a
AH
H
0,330
33,0
•
0,265
-f 0,645
86° 62'
730 44'
9.80622
1.51851
21,122
0,220
9 98226
1.21748
15.839
0,165
16,004
— 0,645
16.5
1.32473
21,342
1.19974
16,004
15,359
0.322
32,2
0,761
-h 0,149
36° 0' 45"
72o 1' 80"
9.81678
1.50786
21,069
0,222
9.97827
1.20683
15,314
0,162
15,476
— 0,149
16.1
132364
21,291
1.18510
15,476
15,327
i
0,318
i
31,8
1,158
— 0,248
35° 18' 15"
70° 36' 30"
9.82348
1.60243
21,179
0,224
9.97463
1.20140
14 998
0,159
15,157
0,248
15.9
1.32691
21,403
1.17603
16,157
15,405
0,310
31,0
1,656
— 0,746
34° 23' 45"
68° 47' 30"
9.83306
1.49136
21,107
0,227
9.96964
1.19033
14,450
0,155
14,605
0,746
15,5
1.32442
21,334
1.15987
14,605
15,351
0,302
30,2
2,152
- .,242
33° 28' 45"
66° 57' 30"
9.84242
1.48001
21,010
0,229
9.96389
1.17898
13,895
0,152
14,047
1,242
IM
1.32243
21,239
1.14287
14,047
15,289
0.298,
2.650
! - 1,740
1
1
32° 32'
65° 4'
9.85174
1.47494
21,217
•
0,232
9 95751
1.17391
13,534
0,148
13,682
1,740
WA.
1.32668
21,449
1.13142
18,682
15,422
Digitized by d
102 Adamczik. Pvthag. Lehrsatz als Bedingungsgleichung. zeiuiciinrt nir
Tabelle III.
v = 21,343-2)
4-0,001
4- 0,052
— 0,060
4-0,009
4-0,104
— 0,106
v . v
1
2704
3600
81
10816
11236
Dm = = 21,343
- V ,».(„_!) V
28438
30
\ 4- 0,166
( —0,166
= V 948
= +31 mm.
2843«
Tabelle IV.
H
v = 15,359 - H
V . V
1
15,359
0,000
0
2
15,327
4- 0,032
1024
3
15,405
— 0,046
2116 /*
4
15,351
4-0,008
64
■
0
15,289
4- 0,070
4900
6
15,422
- 0,068
O»0r>
2
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+ 0>00i
- 0,109 S^'
12073
Um mm
= 92»158
6
-. 15,359
_ t/ [9.9] _ \f 12073
V „ . (» - 1) ■ V
30
= V 402
/V = 402
A*4= ±20
Tabelle V.
E
v — 26,329 — E
V . V
1
26,326
4-0,003
9
2
26,330
-0,001
1
3
26,328
4-0,001
1
4
26,329
0,000
•
5
26,329
0,000
6
26,335
— 0,006
36
7
26,329
0,000
•
8
26,329
0,000
•
2
210,635
— 0,003
47
E„ = »«£» =
V — 1) v 66
= V^O.84
„s> = 0.84
p, = ± 0.9
Digitized by Google
z£j££rtrtrür Adamcsik. Pythag. Lehrsatz als Bedingungsgleichung. 108
Tabelle VI.
Nivellement.
i iiBlr. -
Stand-
punkt
1 oeenone
d. Instr.-
Horizonte
0
Ablesung
r
Seehöhe
des Ziel-
punkts
Ziel-
punkt
Anmerkung
a
* lift 1 1 i
102,114
—
+
100
0
Vom obern Punkt O
ausgehend, dessen
fingierte Höhe mit
100 angenommen
wurde.
—
— —
A
b
99,486
0,139 )
+
1
1
•
—
3'960 i 3 961
3,963 ] 3>961s
95,4745
B
0
V
100
84,683
c
96,6536
0,179 < 0 179
0,179 S '
+
!
H
15,367
8'877 4 3 877
3,878 j 3'877ft
91,776
C
d
9l,8116
+
3,831 ' 3 880
—
87,981 B
D
e
88,031 ,
84,490
+
3,781 i
3,776 t 3)7786
1
84,253
E
f
j 0,236 j
" j 1,872 j1'371*
+
83,1186
F
9
85,351,
1
22,233 | 2)233
0,719 l 0 718
0,718 S 0,7184
j
84,633
ü
Digitized by Google
104 Adamwik. Pythag. Lehrsatz als Bedingungagleichung. ^zwuehnft rur^
Tabelle Yla.
Nivellement.
Instr.-
Stand-
Seehöhe
d Infttr -
u* a now •
Ablesung
Seehöhe
Ziel-
punkt
punkt
Horizonts
V
r
Punkts
rt
10 Ü4<)
0,041 (
0,040 1
0,040,
+
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u
w
1,993 ,
1,995 1
' 1,994
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Q Hiß
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3.287 ,
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H
c
14 489,
3,293 ,
3,290«
3,2916
+
0,398 ,
0,399 1
' 0,398,
14 091
(5
17 587.
--
3.496 j
3.497 '
8,496, | +
0,219 (
0,217 l
0,218
1 7 HHU
«c
e
21 240
3,872 j
3,869 «
3,870,
+
0,392 (
0,392,
0,393 i
20 847
f
>
24 425
3,577
3,579 1
' 3,578
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0,058 ,
0,057 <
0,057ft
24 36H
ft
a
27 514
3,143,
3,150 1
|3,1465
+
ö
1,457 j
1,463 i
1 1,460
1
26.054f,
©
*>
27,619
1,563 ,
1,566 l
| l,564ß
+
2,252 ,
' 2,250
2,248 j
25,369
0
+
Anmerkung
Vom untern Prunkt
U zurück nach O,
wobei die Höhe von
r/mitlOangenom-
0
25,369
u
10,000
H
15,369
Hin
15,367
Zurück
15,369
Mittel
15,368
Digitized by Google
v«TOMTOnl5J^«i Adamcrik- tythag- Lehrsatz als Bedingungsgleichung. 106
1907.
Mau sieht also ohne weiteres ein, dass die schiefe Entfernung E in
die Ausgleichungsrechnung hier als fehlerfrei einzuführen kommt, so dass
sich diese Rechnung, der vorangeführten, theoretischen Erörterung gegen-
über, noch etwas vereinfacht. Die eingangs abgeleiteten Gleichungen
nehmen dann folgende Form an:
V + V — E* = 0
V + V — B* = w
2 /, . r, 2 lt . c2 -|- w = ql t>, 4- qt r, -f- w = 0
(1)
(2)
(4)
[';]
Bei Einführung der Zahlenwerte hat man die nachstehende Aus-
gleichungsrechnung .
/, = 21,343
/, = 15,359
E = 26,329
Iff Ii = 1.329256
Iff /, = 1.186363
lg E =. 1.420434
lg l* = 2.658510 i
lg /,» = 2.372726 [
lg E* = 2.840868 \
/,» = 455,523 /
J,« = 235,899 S
/,» -|- /,« = 691,422
E* = 693,216
w — 1,793
9l = 2 /t = 42,686 ^
7s = 2 /, = 30,718 t
fer4
0.602060
2.658510
Iff A
0.602060
2.372726
IffPi
3.260670
1.544068
ig ?»*
typ*
2.974786
1.919078
lg ^
Pi
1.716502
lg Mi
1.055708
ilü = 52,060
Pi
1*1* = Ii 869
1.680285
2 /,
1.487393
Iff Pi
1.544068
1.919078
*1
Pi
0.086217
Pt
0.568315
— 1
/
P
7 = 2/
qq 41*
P ~~ ' P
9
q . v
1
21,343
1
35
42,686
52,060
-{-0,034
1,4716
2
15,359
83
30,718
11,369
+ 0,010
0,82*4
63,42»
1,7930
Digitized by (J
106 Adamerik. Pythag. Lehrsatz als Bedingungsgleichung.
lg w
»Kl
/.einctorlft für
0.268580
U
0.086217
0.461S92 - 2
0.63750« — 2
= + 0,034
0.451292 - 2
7i
fr*
to Vi
u
0.537509 -2
to 9»
to p2
0.167794
9i - 1,4716
xx = 21,343 -f 0,034 :
xt = 15,369 + 0,010 :
0.568315—1
0.461292 - 2
0.019607 — 2
+ 0,010
1.487393
0.019607 - 9
0.607000 — 1
lg qt . P,
qtvt = 0,3214
= 1,7930 = - w
21,377 )
16,369 i Nivelliert: 15,368.
Die Rechnung der Horizontaldistanz aus der schiefen Entfernung
£ = 26,329 und der nivellierten Höhe H = 15,368 ergibt D = 21,376.
Man sieht, dass der ausgeglichene, optisch gemessene Höhenunterschied
mit der nivellierten Höhe und ebenso die ausgeglichene, optisch gemessene
Horizontaldistanz mit der, aus der schiefen Entfernung und aus dem ni-
vellierten Höhenunterschied gerechneten Horizontaldistanz bis auf 1 nun
abereinstimmen. Damit ist die vollständig befriedigende Lösung der vor-
stehenden Aufgabe erwiesen.
Um die Theorie dieses Problemes 'zu vervollständigen , soll die Aus-
gleichungsrechnung noch im nachstehenden weiter verfolgt werden:
I. Die Längenfehler der 3 Seiten seien konstant, von den Längen
selbst unabhängig, wie dies beim Abstechen der Strecken mit dem Zirkel
au6 Plänen stattfindet.
Normalgleichung: [qq] K + to = 0
[9 9] = W + V + V)
r, = qx . K =
vt = qt.K =
— /, . ir
— /, . u>
1 ! _ „ V _ + '» ' W
-IS. IC
9191 ~ (i.' + V+V)
— /,» . IT
***~ (V-+-V + V)
— y.tp
[7r] - - if.
Digitized by Google
Fuchs. Das Reziprok endreieck.
107
II. Die Längenfehler der 3 Seiten seien den Quadratwurzeln der
Längen proportional, was im allgemeinen bei nnregelmässigen Fehler-
ursachen zutreffen wird, also bei den direkten Längenmessungen auf dem
Felde. Den Beobachtungen kommen sodann die nachstehenden, mittleren
Fehler m und die Gewichte p zu:
«*i = ± cy/ix
l
Pi = ~~r~
m* = ± CVl,
1
w8 =
±cVu
1
In
Normalgleichung: j^J Ä ' + ,r — 0
['/] = 4(/'' + ^ + Z«8
r, = * .K
Pt
- * K =
Ps
K =
— . w
— /,- . w
5*7/,» t Q ' + /3»i
-f- V .
— 10
■W + V + V;
/» «>
7lr, =
C' + V + V)
— /8» . «-
[7r] ss ir.
Das Reziprokendreieck.
Von Karl Fuchs in Pressburg.
I. Wenn man ein Gelände photogrammetrisch aufnehmen will, dann
macht man von zwei Standpunkten I (links) und II (rechts) je eine photo-
graphische Aufnahme. Wenn man dann das Gelände auf dem Zeichenblatte
konstruieren will, dann bestimmt man die Lage einzelner Punkte P
auf dem Zeichenblatte. Wenn man die Lage eines Punktes P konstruieren
will, dann zieht man vom Standpunkte I aus den Kayon B, auf dem P
liegen muss. Alle Punkte des Geländes, die auf dem Zeichenblatte auf
demselben Rayon R liegen, liegen auf der linken photographischen Platte
in derselben Vertikalen. Welcher Rayonpunkt der gesuchte Punkt P sei,
das wird durch die im Stereokomparator gemessene Parallaxe a des
l*unktes P bestimmt. Darüber spricht nun Freiherr von Hubl in den
„Mitteilungen des K. u. K. Militärgeographischen Institutes-, XXIV. Band,
Wien 1905. Es werden dort zwei Fälle unterschieden:
1. Die Kameraachsen auf I und II sind parallel.
2. Die Kameraachsen auf I und II sind konvergent.
Wir besprechen zunächst den ersten Fall.
I
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108
Fuchs. Das Reziprokendreieck.
1. Parallele Kameraachsen.
II. Die Rechnungen, wie sie Oberst v. Hühl mitteilt, führen zu fol-
genden Ergebnissen. Vor oder hinter dem Standpunkte I liegt eine der
Platte parallele Gerade, die Stamm -
f Ii nie B, deren Lage durch den Stand-
a, punkt II bestimmt wird (Abb. 1); der
und die Rayonkonstante m hat für jeden Rayon einen anderen Wert.
Alle Punkte P, die auf demselben Rayon R liegen, haben auf der linken
Platte rf, wie schon erwähnt, dieselbe Abszisse x.
Auf dem Zeichenblatt können wir auch Kurven konstanter Pa-
rallaxe P, P2 P3 • . . ziehen, d. h. Kurven, auf denen alle Punkte liegen
müssen, die dieselbe Parallaxe a haben. Die Rechnung zeigt, dass
diese Kurven Parabeln sind, die durch beide Standpunkte I und II gehen.
Wir können nun im Komparator zweierlei Punktserien aufnehmen : Punkte
gleicher Abszisse x oder Punkte gleicher Parallaxe a; wenn wir von
jedem Punkte die Höhe h berechnen, dann gewinnen wir im ersten Falle
ein Rayonprofil, im zweiten Falle ein ParallaxenprofiL Das Militär-
geographische Institut arbeitet mit Parallaxenprofilen; in der vorliegenden
Arbeit soll ein einfaches Instrument beschrieben werden, das in erster
Linie der Aufnahme von Rayonprofilen dient, aber auch bei Parallaxen-
profilen mit Vorteil angewendet werden kann; dieses Instrument, das der
Punktkonstruktion nach Formel (1) dient, ist das Reziprokendreieck.
III. Das Reziprokendreieck ist ein ganz beliebiges ausgeschnittenes
Dreieck ABC von dünnem Metall (Abb. 2) , dessen zwei Seiten A B und
AC in je hundert Teile geteilt sind ; es soll zuerst seine Anwendung ge-
zeigt und dann seine Theorie entwickelt werden.
Auf dem Zeichenblatt zieht man einige Parallaxenkurven, wie P, und
P2, und dann den Rayon Ä, auf dem man arbeiten will. Wie diese Pa-
rabeln einfach konstruiert werden können, ist im zitierten Aufsatz be-
schrieben. Man wählt runde Parallaxen, z. B. 4, 6, 8, 10, 13, 16, 10 . . . mm,
Rayon R wird bis zu dieser Stammlinie
(die keineswegs mit der geodätischen
Basis identisch ist) verlängert und gibt
dort den Schnittpunkt Q, der uns als
Nullpunkt des Rayons dient. Der Ab-
stand r eines Rayonpunktes P vom
Nullpunkte Q ist nun der Parallaxe a
des Punktes P umgekehrt proportional,
also in weiterem Sinne reziprok :
Abb. 1.
r
m
(1)
v.
Fuchs. Das Reziprokendreieck.
109
oder grössere Intervalle; mehr als sechs Parabeln wird man kaum brauchen.
Nehmen wir an, der zu konstruierende Punkt P habe die ParaHaxe
a = 23.74 mm, und die nächsten Parabeln entsprächen den Parallaxen
a, = 20 und a2 = 25 mm. Wir haben nun folgende Schnitte zu machen :
L Wir berechnen den Quotienten
2. Wir legen das Dreieck so auf den Rayon Ä, dass sein Schnitt-
punkt mit der unteren Parabel P2 auf den Teilpunkt q = 0.80 der Skala
AC fällt, und dass der Rayon gleichzeitig durch den Eckpunkt B des
Dreieckes geht. (Die Abb. entspricht dem Werte q — 7.5.)
3. An die untere Dreiecksseite legen wir als Führung ein Lineal und
verschieben das Dreieck so, dass die beiden Schnittpunkte des Rayons R
mit den beiden Parabeln P, und i>, in die beiden Schenkel CA und CB
des Dreieckes fallen, wie die Abb. 2 zeigt. Jetzt ist das Dreieck fertig
justiert zum Eintragen von beliebig viel Punkten, die auf der in das Drei-
eck gefassten Rayonstrecke liegen.
4. Wir dividieren den Exzess a — a , der gegebenen Parallaxe mit der
ParallaxendiiTerenz at — a,, die stets eine einstellige Zahl ist:
A
Abb. 2.
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110
Fuchs. Das Reziprokendreieck.
Zeiucünlt für
5. Wir ziehen von der Ecke C nach dem Teilstrich a = 0.748 der
Skala AB eine Gerade (die Abb. entspricht a = 0.65); diese schneidet
den Rayon R im gesuchten Hayonpunkt P, der der Parallaxe a entspricht.
In der Praxis werden wir natürlich diese Gerade nicht ausziehen, sondern
nur den Rayonpunkt P markieren.
Sobald also eine Rayonstrecke in das Dreieck gefasst ist, erfordert
die Bestimmung eines Punktes dieser Strecke keine andere Arbeit, als die
Division des Parallaxenexzesses durch die Parallaxendifferenz und das
Markieren des Punktes mittels eines Lineals, das wir am besten als um
den Punkt C drehbaren Zeiger konstruieren.
Die Division durch die Paral-
laxendifferenz können wir uns ersparen,
indem wir ein Dreieck nehmen, dessen
Seite AB nicht in 100, sondern in
500 Teile (eventuell 50 Teile) ge-
teilt ist. Da kaum andere Parallaxen-
dirterenzen als 1, 2, 3, 5, 10 vor-
kommen werden, so ist es zweck-
massig, fünf Dreiecke bereit zu halten,
deren AB- Skala in 100 , 200 , 30),
500 Teile geteilt ist. Dann besteht
unsere ganze Arbeit der Punkt-
bestimmung im Einstellen des
Zeigers und Markieren des
Punktes.
IV. Nun soll die Erklärung des
Verfahrens folgen. Von dem Punkte
Q aus ziehen wir den Rayon Ä, und
ausser ihm einen beliebigen Rayon ü
(Abb. 3). Auf U wählen wir den be-
liebigen Punkt C und ziehen von C
aus zu R die Parallele W. Auf W
wählen wir den beliebigen Punkt 7
und ziehen von T aus die Parallele
V zu U: sie schneidet den Kay on R
in 8. Auf V wühlen wir zwei be-
liebige Punkte A und B, so dass wir das Dreieck ABC gewinnen,
das unserem Reziprokendreieck entspricht. Endlich ziehen wir von C
aus in beliebiger Richtung eine Gerade CZ, die dem Zeiger des Rezi-
prokendreieckes entspricht und den Rayon in einem Punkte P schneidet.
Aus den Dreiecken A CPQ und A CZT gewinnen wir dann folgende
Proportion :
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Fuchs. Das Reziprokendreieck. Hl
QP TC — QC.TC
oder: QP = (4)
QC ~ TZ * TZ
Nun ist QP unser Abstand r in Gl. (1); wenn wir annehmen, dass auf
TV eine Skala aufgetragen ist, deren Nullpunkt in T ist, und wir be-
zeichnen den Abstand TZ mit n. dann haben wir:
Wenn wir analog setzen:
TB = ax TA = a, <?P, = r, = rfl
dann gelten auch folgende analoge Gleichungen, wenn wir statt CZ ein-
mal CBy einmal (M nehmen:
QC.TC QC.TC '
r,- ff - - rs = . (6,
Diese beiden Gleichungen sind schon in der Gl. (5) enthalten, wenn
wir den Punkt Z als beweglichen Punkt ansehen, und es gilt offenbar:
« r = «, r, = a, r5 = . . . (7)
Ganz dieselbe Gleichung finden wir aber auch aus (1), wenn wir der
Parallaxe a verschiedene Werte ax o, . . . beilegen.
V. Wenn wir B D parallel zum Rayon R ziehen, dann gewinnen wir
eine neue Proportion:
CD: CA = TB : TA. (8)
Nun ist CD : CA der Quotient, den wir früher mit q bezeichnet haben,
und wir können einfacher schreiben:
Das ist aber genau die Relation (2), auf Grund deren wir das Rezi-
prokendreieck eingestellt haben, wobei a, und a2 zwei Parallaxen waren.
Wenn wir aber die «-Skala auf V als Parallaxenskala auffassen, und Pt
und Pt sind die Rayonpunkte, von denen wir wissen, dass sie den Pa-
rallaxen ax und «2 entsprechen, dann ist das Verfahren, nach dem wir
das Reziprokendreieck eingestellt haben, wohl erklart. Wir erkennen nun
auch, was wir früher nicht erkennen konnten : wenn das Reziprokendreieck
richtig eingestellt ist, dann liegt die Seite AB parallel zu dem durch die
Ecke C gelegten Strahl Q W.
Es bleibt nur ein Wort über die Skala AB m sagen. Wenn wir
wissen, dass der Skalenpunkt ax bei B und der Skalenpunkt o, bei A
durch ganze Zahlen ausgedrückt sind, und wir wissen, dass beispielsweise
a, — a, = 3 ist. dann ist es offenbar gleichgültig, ob a, und a2 gleieh 5
nnd 7, oder gleich 11 und 13, oder gleich 18 und 20 sind u. s. f., jeden-
falls haben wir die Strecke A B in 20 oder 100 Teile zu teilen, wenn wir
P bequem interpolieren wollen.
i
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112 Gehrmann. Grundbuch und Steuerkataster. y ziucnrin m
2. Konvergente Kameraachsen.
Für diesen Fall gibt der zitierte Aufsatz von Oberst v. Hübl auf
Seite 23 eine Formel (a) von der Form : A = . , wo aber Ä nicht
der Abstand r eines Rayonpunktes P vom Nullpunkt Q ist, sondern
Abstand des Punktes JP von der Stammlinie bedeutet (Abb. 1). Da aber
fur denselben Rayon diese zwei Abstände einander proportional sind, so
können wir für r auch die Formel in der folgenden schematischen Form
schreiben : m
r = . (10)
a -\- n
In der Anwendung des Reziprokendreieckes ergeben sich fur diesen
Fall nur wenig Abweichungen. Wir brauchen wieder einige Kurven kon-
stanter Parallaxe, die aber in diesem Falle Ellipsen sind, und die Grösse q,
die wir bei der Einstellung des Dreieckes brauchen, ist gegeben durch:
at n
Wenn wir den Winkel, den der Rayon Ii mit der Stammlinie B bildet,
mit # bezeichnen, dann liefert die zitierte Formel des Hübischen Aufsatzes
für die Rayonkonstanten m und n der Formel (10) die folgenden Ausdrücke:
m = B.f+Mir, . f = äjr- v) . ,
f—dxx xm & f—dxx
Die Grösse n, die wir bei der Arbeit mit dem Reziprokendreieck brauchen,
kann aber durch eine Kurve leicht dargestellt werden, deren Variable n
und die Abszisse xx sind.
Die Uebereinstimmung zwischen Grundbuch und
Steuerkataster.
Ehe die jetzt geltende Reichsgrundbuchordnung vom 24. März 1899
(G.-S. S. 191 ff.) erlassen wurde, waren in dem grössten Teile des Preussi-
schen Staates die Grundbücher nach Massgabe der älteren Grmndbuch-
ordnung vom 5. Mai 1872 (G.-S. S. 446 ff.) bereits angelegt worden.
Darin wurde für jeden Eigentümer entweder ein besonderes Grundbuch-
blatt (Formular I) über geschlossene sogenannte Holbesitzungen , Fidei-
kommisse, selbständige Güter etc. vorgesehen, auf welchem die ganze Be-
sitzung in einer Linie ohne Nachweis der einzelnen Parzellen vermerkt
ist, oder es kam ein anderes Formular (Formular II) zur Anwendung, in
welchem für jede einzelne Parzelle eine besondere Zeile gebildet ist.
Nur zum Eintrag für den Bergwerksbesitz diente ein hiervon abweichendes
OL Formular. Der Eintrag der Grundstücke in das Grundbuch erfolgte
nach den Bezeichnungen und mit den sonstigen Angaben des Steuer-
katasters auf den Namen desjenigen Besitzers, der nach vorhandenen Do-
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üeiucbrlft ftlr
Gehrmann. Grundbuch und Steuerkataster.
113
kumenten oder auf anderem Wege als berechtigter Eigentümer ermittelt
werden konnte.
Wo im Steuerkataster zwei und mehr Grundstücke unter einer ein-
zigen Parzellennummer nachgewiesen sind, an welchen ausser dem der-
zeitigen Besitzer einem oder mehreren Miteigentümern ein Anteil zusteht,
da musste behufs des Eintrags im Grundbuch die Ausscheidung und ge-
trennte Numerierung der in das Formular II einzutragenden Teilstücke
auf Grund besonderer Ermittelung nach alten Karten und Büchern vor-
genommen werden. Insofern es sich jedoch um das ideelle Miteigentum
an einem Grundstück handelte, bedurfte es nur der Aufführung der Namen
sämtlicher Miteigentümer im Grundbuch und Angabe der Grösse jedes
Nutzungsanteils in Bruchform. Getrennter Nachweis der Teilstücke eines
Grundstücks musste jedoch ebenfalls stattfinden, wenn diese Stücke ver-
schieden belastet sind und die Abgrenzung ausführbar erschien. War
letzteres nicht der Fall, dann blieb nur übrig, durch Vermerke im Grund-
buch die Art der Belastung ersichtlich zu machen. Im Fortschreibung
Protokoll, das über dergleichen Veränderungen vom Katasterkontrolleur
aufgestellt wird, war bei der bisherigen unverändert bleibenden Flächen-
angabe unter der Linie die Zugangsfläche zu vermerken, für die Gesamt-
fläche aber nur eine neue (Nachtrags-) Nummer einzuführen.
Bei der Fortführung der aufgestellten Grundbücher wird der Eigen-
tumswechsel durch Ueberschreibung der davon betroffenen Stücke von einem
/um andern Grundbuchblatt berücksichtigt. Es kommt aber vor, dass
Parzellen, die als besondere Grundstücke behandelt sind, geteilt, oder dass
infolge von Grenzveränderungen einzelne Flächenstücke von einer Parzelle
abgetrennt und einer andern zugelegt werden. Sind die zugehenden Flächen
anders belastet als die Parzelle in ihrem bisherigen Bestände, so ist die
Zugangsfläche mit einer besonderen Nummer zu belegen und als selbstän-
diges Besitzstück zu behandeln. Wo dies bei sehr kleinen Zugangsflächen
(sogenannten Absplissen) nicht tunlich erachtet wird, bietet das Gesetz
vom 3. Mai 1850, betreffend den unbelasteten Abverkauf kleiner Grund-
stücke von belasteten andern Grundstücken, das Mittel, um diese kleinen
Stücke lastenfrei auszuscheiden. Auf einen diesfälligen , der zuständigen
Generalkommission vorzulegenden Antrag erteilt diese Behörde ein Un-
schädlichkeitsattast, wenn das nach der Abtrennung verbleibende Rest-
grundstück noch ausreichende Sicherheit bietet für die darauf ruhenden
Lasten.
Von diesem Verfahren wird noch wenig Gebrauch gemacht, da das-
selbe nur für landwirtschaftlich benutzte Grundstücke gilt und keine An-
wendung findet, wenn von Hofräumen und Hausgärten Flächenstücke zu
Strassen, öffentlichen Anlagen u. s. w. abgetrennt werden sollen. Bezüg-
lich der belasteten Parzellen aber, bei welchen solche lastenfrei abge-
Zeittchrift für Vennespungtweien 1907. Heft 5. 9
] 14 Gehrmann. Grundbuch und Steuerkataster. /.eiuwiirin fur
\ emnesrong«we»r>n
1907.
zweigten Teilstücke des gemeinschaftlichen Eigentümers zugelegt werden
sollen, kann dies erst geschehen, wenn dies der Eigentümer beim Gericht
beantragt und vom Gericht dazu Genehmigung erteilt wird. Das Kataster-
amt hat, bis dies geschieht, von der Einführung einer neuen gemeinschaft-
lichen Nummer abzusehen und kann für das Zugangsstück nur die bisherige
Nummer der alten, zu vergrössernden Parzelle mit dem Zusatz rzu Nr."
in Anwendung bringen.
Fortschreibung von Grundstücken in grossem Umfange wird veranlasst
durch das von den Generalkommissionen geleitete Verfahren der Zusammen-
legung von Grundstücken. In diesem Verfahren findet ein Umtausch von
Grundstücken statt in der Art, dass jeder Eigentümer für eines oder eine
Mehrzahl abzutretender alter Grundstücke ein oder einige neue Planstücke
als Abfindung zugeteilt erhält. Das ganze Verfahren kommt zum Abschluss
durch den Zusammenlegungsrezess, in welchem ersichtlich gemacht sein muss,
wie sich der Wert jedes einzelnen Stückes zu dem Wert der ganzen Ab-
findung oder zu dem Wert des für eine bestimmte Zahl alter Besitzstücke
ausgewiesenen Planstücks verhalt, so dass auf Erfordern für jedes alte
Stück ein bestimmter Planteil ausgesondert werden kann.
In neuerer Zeit ist man bei der Generalkommission in Cassel dazu
übergegangen, die Planabfindungen in der Weise zu sondern, dass für die
mit Hypotheken der Casseler Landeskreditkasse belasteten alten Grund-
stücke besondere Aequivalente berechnet und in den Karten und Registern,
sowie in den Rezessen zur Darstellung gebracht werden.
So lange das Grundsteuerkataster nur als Grundlage für die Steuer-
berechnung zu dienen bestimmt war, wurde jedes einem einzelnen Eigen-
tümer zustehende, von erkennbaren Grenzen umschlossene Grundstück im
Kataster unter einer besonderen Nummer nachgewiesen ohne Rücksicht auf
die etwa verschiedenartige Belastung der einzelnen Teile. Nur wenn das
Grundstück aus Abschnitten zusammengesetzt ist. die verschiedenen Kultur-
arteu angehören und nicht unter eine gewisse kleine Grösse herabgehen,
erhielten diese Abschnitte eine besondere Parzellennummer. Jetzt nach
Einführung der Grundbuchordnung müssen auch die verschieden belasteten
Teile jedes Grundstücks je für sich numeriert werden.
Veränderungen in bezug auf die Namen der Eigentümer dürfen nur
auf Grund gewisser gerichtlicher Dokumente oder nach vorangegangener
Berichtigung des Grundbuchs in das Kataster übernommen werden. Das-
selbe gilt für Grundstücksteilungen, Grenzveränderungen u. s. w. , über
welche zunächst vorläufige Fortschreibungsprotokolle mit neuer (Nachtrags-)
Numerierung aufgestellt werden müssen. Zu der Zeit, als noch die Grund-
buchordnung vom 5. Mai 1872 Geltung hatte, fanden sich die Amtsgerichte
bereit, die nach den Vorschriften für die Katasterfortführung gebildeten
Nachtrag8nummem der Parzellen, auch die mit den „Zuu-Nummern be-
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z«u*cjirift für Gehrmann. Grundbuch und Steuerkataster. 115
VermeMunnvreiien
legten Flächen übereinstimmend mit dem Kataster in das Grundbuch zu
übernehmen unter vorläufiger Beibehaltung der Namen der bisherigen Eigen-
tümer. Die Ueberschreibung auf die neuen Eigentümer erfolgte dann
nachträglich, wenn die Auflassung nachgeholt war. Diese Verhältnisse
sind nach Einführung der Reichsgrundbuchordnung anders geworden.
Darin ist unter anderem Nachstehendes vorgeschrieben und zwar:
Im § 1. „Die Einrichtung der Bücher bestimmt sich nach den An-
ordnungen der Landesverwaltung. u
Im $ 2. rDie Bezeichnung der Grundstücke im Grundbuch hat nach
einem amtlichen Verzeichnis zu erfolgen, in welchem die Grundstücke im
Grundbuch unter Nummern oder Buchstaben aufgeführt sind. Die Er-
richtung dieses Verzeichnisses wird durch landesherrliche Verordnung
bestimmt. "
im § 6. „Soll ein Grundstücksteil mit einem Hechte belastet werden,
m> ist er von dem Grundstück abzusehreiben und als selbständiges Grund-
stück einzutragen."
Auf Grund dieser Bestimmungen ist vom Königlich Preussiscben Justiz-
minister in der Verordnung vom 13. Dezember 1899 unter anderem an-
geordnet, dass für jeden Eigentümer ein einheitliches Grundbuchblatt nach
gegebenem Muster zu führen ist, in welchem sowohl die geschlossenen
Besitzungen, als auch die zu andern (nicht geschlossenen Besitzungen) ge-
hörenden Einzelgrundstücke aufzuführen sind, die ersteren je auf einer
Zeile mit Angabe ihrer Gesamtfläche unter Weglassung der Parzelleu-
Qummern des Katasters. Für die Einzelgrundstücke dagegen müssen diese
Nummern auf der für jedes Grundstück vorgesehenen Zeile vermerkt werden.
Auch Flächeninhalt und Feldlage sind anzugeben. Zu den neben dem
Grundbuch zu führenden Akten jeder Besitzung ist vom Katasteramt ein
spezielles Verzeichnis der zu den geschlossenen Besitzständen gehörenden
einzelnen Grundstücke nach einem bestimmten Muster zu liefern. Dieses
Verzeichnis muss, wenn der Besitzstand sich ändert, behufs Berichtigung des
Grundbuchs neu aufgestellt und mit Angaben über den stattfindenden Zu-
gang und Abgang versehen werden. Die Anfertigung des Verzeichnisses
besorgt das Katasteramt auf Ersuchen de* Gerichts.
Die nach der Anweisung für die Katasterfortschreibung gebildeten
Teilstücke der im Grundbuch eingetragenen Parzellen und die für diese
Teilstücke eingeführten Nachtragsnummero , sowie die auch bei Verände-
rung der Parzellengrenzen und der Kulturarten gebildeten dergleichen
Nummern werden jetzt erst in das Grundbuch übernommen, wenn für die
neu entstandenen oder veränderten Parzellen die Auflassung stattgefunden
hat oder dieselben Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen sind.
Dies hat zur Folge, dass der in den Katasterkarten und -Büchern
nachgewiesene tatsächliche Bestand der Grundstücke bei der Führung des
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116 Gehrmann. Grundbuch und Steuerkataster. zeiucLrirt txix
VeraeiwuntfBwesen
Grundbuchs unberücksichtigt bleibt, wenn die beteiligten es unterlassen,
die Berichtigung zu beantragen. Dies wird gar oft versäumt in den Fällen,
wo die Grundeigentümer kein Interesse an der Sache haben und nicht ge-
neigt sind, die Mühen und Kosten, welche durch die Regelung der Sache
verursacht werden, auf sich zu nehmen. Für die zu neu angelegten Eisen-
bahnen, zu Bauplätzen u. dgl. abgetretenen Flächenteile pflegen den alten
Eigentümern grössere Entschädigungsbeträge bewilligt , diese aber erst
nach erfolgter Auflassung ausgezahlt zu werden. Hier ist den Beteiligten
an der baldigen Regelung der Sache gelegen ; wo dies aber nicht der Fall
ist, erfährt die Berichtigung des Grundbuchs oftmals sehr unliebsame Ver-
zögerung. So gibt es Gebäudeflächen, Hofräume, Strassenteile , die aus ,
mehreren von andern Parzellen abgetrennten Teilstücken zusammengesetzt
sind und in den Ergänzungskarten sowie in den vorläufigen Fortschrei-
bungsprotokollen je mit einer neuen Gesamtnummer bezeichnet sind. Diese
Nummer kann aber erst in das Grundbuch übernommen werden, wenn
sämtliche Teilstücke aufgelassen sind. Die Uebernahme ist aber noch
davon abhängig, dass das betreffende zusammengesetzte Grundstück lasten-
frei oder gleichmässig belastet ist und dass vom Eigentümer ein ent-
sprechender Antrag bei dem Gericht gestellt wird.
Darüber ob alle Grundstücke im Grundbuch zum Eintrag zu bringen
sind, enthält die Reichsgrundbuchordnung keine bestimmte Vorschrift.
Nach der preussischen Grundbuchordnung vom Jahre 1872 konnten die
Staats- und die öffentlichen Grundstücke von der Aufnahme im Grandbuch
ausgeschlossen bleiben. Daraus entstanden Unzuträglichkeiten, sobald eine
Aenderung sich zugleich auf eingetragene und nicht eingetragene Grund-
stücke erstreckte. Bei Grenzveränderungen in öffentlichen Wegen, Wasser-
läufen, und andern im Grundbuch nicht eingetragenen Parzellen, wo es an
einer zur Auflassungserteilung berechtigten Person fehlt, ist die Berichtigung
des Grundbuchs mit Umständlichkeiten verknüpft und pflegt sich ungebühr-
lich zu verzögern.
Um die schon bei der nach Massgabe der älteren preussischen Grund -
buchordnung bewirkten Fortführung der Grundbücher verloren gegangene
Uebereinstimmung dieser Bücher mit dem Steuerkataster, die sich jetzt
unter der Herrschaft der Reichsgrundbuchordnung noch mehr bemerkbar
macht, nicht weiter einreissen zu lassen, hat man jetzt bei der Kataster-
verwaltung davon abgesehen, die in den vorläufigen Fortschreibungs-
protokollen nachgewiesenen Veränderungen bei dem jährlichen Bücher-
abschluss in die Katasterbücher zu übernehmen ; es wird jetzt damit ge-
wartet, bis die Grundbuchberichtigung nachgeholt ist.
Diesem Missstande würde abzuhelfen sein, wenn die bei einer solchen
Veränderung beteiligten Grundbesitzer gezwungen werden könnten, die zur
Regelung der Sache erforderliche Auflassungserklärung innerhalb einer
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vmwa^wimn Gehrmann. Grundbuch und Steuerkataster. 117
vorgeschriebenen kurzen Frist abzugeben. Der Mangel eines solchen
Zwanges gibt Anlass zu Irrtümern, aus welchen Streitigkeiten zwischen
den Grundeigentümern entstehen. Man denke nur an ein Grundstück,
das nach den örtlich sichtbaren Grenzen von einem Käufer erworben ist.
dem von der stattgefundenen Veränderung des Grundstücks nichts be-
kannt ist und der sich für die im Grundbach mit der alten Nummer
eingetragene ursprüngliche Parzelle Auflassung erteilen lasst. Der Er-
werber ist dann gezwungen, die unter der neuen Nummer mit ein-
geschlossene ZugangsHäche, die er im guten Glauben mitgekauft hat, wieder
herauszugeben und die alte Grenze wiederherstellen zu lassen, wenn es
nicht gelingt, die bei Ausführung der Veränderung unterlassene Auflassung
alsbald nachzuholen.
In Anbetracht dieser mit der Zeit sich immer ungünstiger gestalten-
den Verhältnisse erscheint es nicht nur nötig, von Zeit zu Zeit eine Ver-
gleicbung der Grundbücher mit dem Kataster behufs Beseitigung der jetzt
vorhandenen Abweichungen vorzunehmen, sondern auch ergänzende Be-
stimmungen zur Grundbuchordnung zu erlassen, durch welche dem Verloren-
gehen der Uebereinstimmung zwischen den beiderseitigen Büchern möglichst
vorgebeugt wird. Gehrmann.
* * *
Nach der verspätet uns bekannt gewordenen allgemeinen Verfügung
des Finanzministeriums vom 4. Juli 1906 muss, wenn eine Grundbuch-
parzelle mit einer andern solchen Parzelle oder mit Teilstücken derselben
im Grundbuch zusammen geschrieben werden soll, dies vom Eigentümer
bei dem Amtsgericht besonders beantragt werden. Dies pflegt nur in
dringenden Einzelfällen zu geschehen und unterbleibt sehr oft dann, wenn
die neu gebildete Parzelle aus einer Mehrzahl kleiner Teilstücke zusammen-
gesetzt ist und nach Vorschrift der Katasterfortschreibung mit einer neuen
(Nachtrags-) Nummer versehen werden musste. Unterliegt solche Parzelle
einer Teilung oder wird darauf ein Gebäude errichtet, so ist dafür in den
Kataster dokumenten eine weitere Nachtragsnumerierung einzuführen. Die
verzögerte Berichtigung des Grundbuches gibt dann leicht Anlass zu Irrtum
und Verwirrung.
Im angeführten Ministerialerlass ist zugleich darauf hingewiesen, dass
die Bestimmung noch Geltung hat, wonach die Katasterverwaltung den von
«inem Grundstück abzuschreibenden Teil mit neuer besonderer Nummer
dann nicht zu versehen braucht, wenn nach ihrem Ermessen die deutliche
Darstellung der Nummer in der Karte unausführbar ist. — r—
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118 Aus den Zweigvereinen. zeiuchrin nir
\ er ■ fMupi vettto
Aus den Zweigvereinen.
Landmesaerverein für die Provinz Posen.
(Auszug aus dem Protokoll der 90. Hauptversammlung vom 20. Jan. 1907.)
Um Iiis Uhr eröffnete der Vorsitzende die vou 60 Mitgliedern
besuchte Hauptversammlung mit der Begrüssung der Erschienenen und gab
die Neuaufnahme des Kollegen Deckwerth-Posen bekannt
Hierauf erstattete er folgenden Jahresbericht :
„Der Verein zählte zu Beginn des verflossenen Jahres 124 Mitglieder,
denen sich im Laufe des Jahres 3 7 neue Mitglieder zugesellten. Unter
letzteren befinden sich 6 Kollegen aus Bromberg, deren Beitritt uns
um so mehr willkommen sein muss, als gerade Bromberg sich bisher sehr
von uns zurückgehalten hat. Hoffentlich gelingt es dem Vorstande, noch
recht viele Bromberger Kollegen zu gewinnen.
Aus dem Vereine sind im Laufe des Jahres ausgeschieden 9 Mitglieder,
so dass im Rechnungsjahr 1907 die Gesamtzahl 152 beträgt.
Leider hat auch im verflossenen Jahre der unerbittliche Tod wieder
einen lieben Kollegen,* den Oberlandmesser Kahl, aus unserer Mitte ge-
rissen. Wir betrauern seinen Tod aufrichtig. Zum Andenken an den Ver-
storbenen bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben. (Geschieht.)
Von den übrigen 8 aus dem Vereine ausgeschiedenen Kollegen er-
klärten 4 ihren Austritt wegen Versetzung in andere Provinzen und 3 ohne
Angabe von Gründen. Ein Mitglied wurde durch Vorstandsbeschluss aus
dem Vereine ausgeschlossen unter Offenlassung der Berufung an die heu-
tige Hauptversammlung.
Das Vereinsleben und die Vereinstätigkeit können auch in diesem
Jahre als recht rege bezeichnet werden. Es hat sich erfreulicherweise ein
gesteigertes Interesse an den Aufgaben unseres Vereines gezeigt. Ausser
10 Vorstandssitzungen fanden 2 Hauptversammlungen und 6 Vereinssitzungen
statt. Die Versammlungen waren alle bis auf 2 recht gut besucht, wobei
auch die zeitweilige Anwesenheit von auswärtigen Mitgliedern mit Freuden
begrüsst wurde. Die 18. Hauptversammlung, an der 49 Mitglieder teil-
nahmen, wurde mit einem Herrenessen beschlossen.
Das Interesse an den wissenschaftlichen Aufgaben ist durch Vortrage
und Referate rege gehalten worden. Ausser 3 Referaten der Kollegen
Sclnnersow, Netz und Ziegler wurden 4 Vortröge von den Kollegen
Klemme, Pander. Koye und Meyer gehalten, die sämtlich sehr in-
teressante Themata behandelten. Ich habe bereits dafür Sorge getragen,
dass diese Vorträge auch den auswärtigen Mitgliedern, die weniger Ge-
legenheit zur regelmässigen Teilnahme an den Sitzungen haben, auch in
diesem Jahre durch Abdruck in unserer Verbandszeitschrift zugänglich ge-
macht werden.
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riraMnnmruH AUS dCD 2weigvereinen- 119
line.
Die Geselligkeit wurde gepflegt durch Veranstaltung eines Karnevals-
feistes, eines Herrenabends, eines Weihnachtsfestes und einiger Familien-
abende. Alle Veranstaltungen zeichneten sich durch rege Beteiligung und
ungetrübten Frohsinn der Teilnehmer aus.
Gross war auch die Beteiligung an der Abschiedsfeier des nach Itzehoe
versetzten, allbeliebten Kollegen, Katasterkontrolleur Schmersow, der
sich mit dem wärmsten Interesse dem Vereine gewidmet hatte und den wir
alle mit grossem Bedauern aus Posen scheiden sahen. An diesem Abend
wurde auch der Senior unseres Vereines, Herr Steuerinspektor Scharffen-
orth, durch ein Glückwunschgedicht zu seinem 70. Geburtstage gefeiert.
Die Bücherei ist durch freundliche Schenkungen einzelner Mitglieder,
denen an dieser Stelle nochmals der verbindlichste Dank dafür ausgesprochen
sei, wieder erweitert worden. Sie besteht gegenwärtig aus 92 Bänden.
Kin neues Bücherverzeichnis wird demnächst herausgegeben werden.
Der Verein selbständiger, in Preussen vereideter Landmesser hat uns
im verflossenen Jahre in uneigennütziger Weise seine interessante Zeit-
schrift zur Verfügung gestellt. Der Vorstand hat sich dadurch veranlasst
gesehen, als Austausch diesem Vereine auch unsere Verbandszeitschrift zu
übersenden, was als ein Ausdruck der guten Beziehungen zwischen unseren
Vereinen angesehen werden mag.
Wie im Vorjahre, so war auch in diesem Rechnungsjahre der Vor-
stand eifrig bemüht, durch weise Sparsamkeit die Finanzlage des Vereines
zu heben. Trotz der grösseren Ausgaben, die die schnelle Vergrösserung
des Vereines gegen die im Anschlage für das Vorjahr vorgesehenen Aus-
gaben zu machen genötigt war, haben wir für die Kasse einen erfreulichen
Ueberschuss erzielt. Der Herr Rechnungsführer wird Ihnen nachher dar-
über Rechenschaft ablegen. In dem Ihnen gedruckt vorliegenden Etat
finden Sie eine weitere Steigerung der Ueberschüsse.
Der Vorsitzende sprach hiernach seine Freude darüber aus, dass ge-
legentlich der diesjährigen Hauptversammlung in Königsberg auf Antrag
unseres Vereines der Vorstand des D. G.-V. zu einer baldigen Eingabe
einer von 7 Mitgliedern ausgearbeiteten Petition an das Staatsministerium
wegen baldiger Einführung des Abituriums veranlasst worden ist. Er er-
wähnte ferner, dass unser Verein auf der Hauptversammlung des D. G.-V.
durch 23 anwesende Mitglieder mit 89 schriftlichen Vollmachten vertreten
war und dass von den 152 dem Vereine angehörenden Mitgliedern jetzt
127 dem D. G.-V. angehören gegen 86 im Vorjahre. Das bedeutet für
den D. G.-V. einen Zuwachs von 41 Mitgliedern unseres Vereines im lau-
fenden Jahre.
Der Vorsitzende schloss dann mit den Worten: „Wenn ich die ge-
leistete Arbeit nochmals rückschauend überblicke, so kann ich wohl sagen,
dass von dem Vorstande in einer arbeitssaraen Tätigkeit alles getan worden
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120 Aus den Zweigvereinen. vZaliJS5rtft •'"
ist, wa8 zur Förderung der Vereinsinteressen und zur Vertretung des Ver-
eines wie des ganzen Standes getan werden konnte."
Aus dem sodann von dem Rechnungsführer zu Punkt 2 der Tages-
ordnung erstatteten Kassenbericht war zu ersehen, dass der Ueberschuss
im verflossenen Jahre 140,99 Mk. beträgt.
Zu Punkt 3 gab der Rechnungsprüfer das Ergebnis seiner Prüfung
bekannt. Er hob besonders die übersichtliche und peinliche Kassenführung
hervor und stattete dem Vorstande für seine mühevolle Tätigkeit den Dan Ii
der Versammlung ab. Auf seinen Antrag wurde dem Gesamtvorstande
Entlastung erteüt.
Der vom bisherigen Vorstande aufgestellte Voranschlag für das Jahr
1907 wurde als 4. Punkt beraten und wie folgt ohne Debatte genehmigt.
L Einnahmen:
1) Kassenbestand 74,94 Mk.
2) Sparkassenbuch 66.05 „
3) Vereinsbeitrage: a) 149 a 4 Mk. = 564 Mk.
b) 9 a 2 „ = 18 582,00 „
4) Bücherei .... 5,00 „
5) Gutschrift des Schles. Landm.- Vereins für Porto 41,00 „
6) Zinsen etc 21,01 „
Summa 790,00 Mk.
II. Ausgaben:
1) Zeitschriften :
a) Verbandszeitschrift 142 ä 2 Mk 284,40 Mk.
b) Kulturtechniker 6,05 ,,
c) Zeitschrift des Rhein. -Westf. Landmesser-
vereines (a — c inkl. Porto) 4,05
2) Inventar (Schrank etc.) . 50,00
3) Druckkosten 40,00
4) Bücherei 30,00
5) Unterstützungskasse 25,00
6) Portokosten 50,00
7) Allgemeines 85,50
Summa 575,00 Mk.
I. Einnahmen . . . 790,00 Mk.
II. Ausgaben .... 575,00 r
Mithin Ueberschuss . . 215,00 Mk.
Hei der hierauf folgenden Neuwahl des Vorstandes wurden gewählt als:
I. Vorsitzender: Oberlandmesser Jackowski.
II. „ Landmesser Fischer.
I. Schriftführer: Oberlandmesser Renisch.
II. r Landmesser Klemme.
I. Rechnungsführer: Landmesser Heinz e.
II. r Landmesser Schumann.
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1WJ7.
Ausserdem wurden durch Zuruf gewählt zum:
Bticherwart: Oberlandmesser Renisch.
Rechnungsprüfer: Oberlandmesser Schmidt.
Zu Punkt 6 und 7 der Tagesordnung. Die auf der Hauptversamm-
lung des D. G.-V. in Königsberg gepflogenen Verhandlungen haben eiue
Aenderung unserer Satzungen im Gefolge gehabt und zwar wurde der § 4 :
„Ordentliches Mitglied kann nur ein staatlich geprüfter Landmesser werden u.
einstimmig durch den Zusatz erweitert: „der sich gleichzeitig verpflichtet,
dem D. G.-V. als Mitglied beizutretend Rückwirkende Kraft hat diese
Satzungsänderung nicht.
Die Wahl von Kommissionsmitgliedern, die mit dem Vorstande des
D. G.-V. über die Ausgestaltung der Zeitschrift und über die Regelung
der Rechte der Zweigvereine beraten sollten, wurde von der Tagesordnung
abgesetzt da zunächst der Vorstand zu dem vom Hauptvereine übersandten
Entwürfe zur Abänderung der Satzungen Stellung nehmen soll.
Eine lebhaftere Erörterung verursachte der 8. Punkt der Tagesord-
nung: „Nochmals die Frage der Ausbildung von immaturen
Eleven durch Mitglieder unseres Vereines." Die Ausführungen
des Vorsitzenden, der es unter anderem als Ehrensache eines jeden Mit-
gliedes bezeichnete, den bereits früher vom Vereine gemachten Vorschlag
(möglichst nur Abiturienten als Eleven anzunehmen) zu befolgen, fanden
allgemeine Zustimmung, was davon zeugt, dass unser Verein auch in dieser
Beziehung einen Schritt vorwärts getan hat. Ein weiteres Ergebnis dieser
Besprechung war die Absendung eines Ergebenheitstelegrammes an den
eifrigen Vertreter unserer Standesinteressen, Herrn Obersteuerrat Steppes-
München.
Zu Punkt 9 der Tagesordnung wurde der Versammlung bekannt ge-
geben, dass von jetzt ab die Zusendung der Verbandszeitschrift durch die
Druckstelle — C. Boy. Schweidnitz — erfolgen wird. Ein genaues Woh-
nungsverzeichnis der Mitglieder ist eingesandt worden. In Zukunft sind
Beschwerden über nicht rechtzeitige Zusendung u. s. w. direkt an die
Druckerei zu richten. Diese Beschwerden werden vermieden werden, wenn
der Versandstelle jede Wohnungsveränderung sofort mitgeteilt wird.
Ein sehr interessanter Vortrag des Kollegen Kremer: „Meine Reise-
erinnerungen aus Amerika und Australien" vermittelte den Ueber-
gang vom geschäftlichen zum geselligen Teil. Nach Abstattung des Dankes
für diesen Vortrag schloss der Vorsitzende die 20. Hauptversammlung um
1 1/8 Uhr mit einem Hoch auf unseren Verein.
Ein Herrenessen hielt 54 Mitglieder in echt deutscher Gemütlichkeit
noch einige Stunden zusammen.
Posen, im Januar 1907. Renisch, Schriftführer.
122
Prüfungsnachrichten.
Prüfungsnachrichten.
^ttiuchrl^t fur
Verzeichnis der Landmesser,
welche die Landmesserprüfung im Kalenderjahre 1906 bei der Prüfungs-
kommission in Bonn bestanden haben.
1. Anacker, Johannes,
2. Becht, Hugo,
3. Bensemann, Herrn.,
4. Bielfeld, Ernst,
5. ßohn, Hans,
6. Bongers, Hermann.
7. Borgstedt, Artur,
8. Böttcher, Konrad,
9. Breithecker, Heini.,
lü. Breme, Karl.
11. Breuer, Oswald,
12. Bruns, Joseph.
13. Bungard, Rudolf,
14. Basse, Hermann.
15. Conrad. Karl,
16. Cramer, Konrad,
17. Diedrich, Theodor,
18. Engels, Eduard,
19. Fehring, Karl,
2*». Finckh, Karl,
21. Fischer, Franz,
22. Fömmel, Karl,
23. Frerk, Wilhelm,
24. Funke, Max,
25. Gerster, Bruno,
26. Gertz, Heinrich,
27. Glaubitt, Max,
28. Gut, Karl,
29. Hahn, Julius,
30. Hartmann, Otto,
31. Heyder, Max,
32. Hildenbrand, Karl,
33. Holderer, Richard,
34. Hundert, Friedrich,
35. llligens, Hubert,
36. Jacobshagen, Friedr.,
37. Junghans, Friedr.,
38. Kneer, Albert,
39. Koch, Friedrich,
10. Kohlhaas, Joseph,
41. Kranepuhl, Wilhelm.
42. Krebs, Adolf,
13. Kreutzberg, Konst.,
14. Lange, Otto,
45. Landau, Otto.
4(>. Lemmerzahl, Otto,
47. Löwenstein, Otto,
4M. Mangert, Otto,
49. Meinhard. Emil.
14.
8.
24.
5.
22.
23.
12.
11.
9.
8.
15.
15.
geb. am
11. 1. 1873
10. 6. 1883
12. 8. 1886
1. 1883
2. 1882
2. 1882
7. 1884
2. 1884
2. 1883
8. 1879
2. 1880
22. 12. 1882
7. 4. 1879
24. 5. 1882
24. 7. 1883
10. 3. 1883
21. 12. 1883
10. 6. 1883
4. 1884
7. 1885
3. 1886
4. 1884
5. 12. 1875
24. 4. 1883
8. 9. 1883
9. 10. 1884
7. 8. 1883
12. 4. 1884
14. 2. 1884
31. 5. 1882
29. 11. 1884
17. 7. 1884
28. 11. 1884
1. 11. 1884
15. 11. 1880
4. 1884
4. 1881
6. 1884
9. 1881
7. 1880
4. 1881
6. 1885
1. 1883
12. 11. 1884
7. 3. 1883
7. 1883
8. 1883
4. 1883
24.
15.
17.
3.
2.
5.
7.
12.
26.
7.
5.
17. ;;. I8s5
Delmenhorst i. Oldenburg.
Weilburg, Kr. Oberlahn.
Cöthen.
Schrevenborn, Kr. Kiel.
Nienburg a. d. Weser.
Moers.
Minden.
Bottchershof, Kr. Mohrungen.
Montabaur, Kr. Unterwesterwald.
Cöln.
Cöln.
Bocholt i. W.
Kaiserslautern, Rheinpf.
Grossquenstedt, Kr. HalberstadU
Enkirch, Kr. Zell.
Etteln, Kr. Büren.
Elberfeld.
Kaldenkirchen, Kr. Kempen.
Bochum.
Schleswig.
Limburg, Lahn.
Frankfurt a. M.
Sieker, Kr. Bielefeld.
Düsseldorf.
Hannover.
Recklinghausen.
Looskeim, Kr. Gerdauen.
Wiesbaden.
Barmen.
Lippstadt.
Hagen i. W.
Pirmasens, Rheinpfalz.
Herbarn, Kr. Dill.
St. Johann, Kr. Saarbrücken.
Beikum.
Hämelschenburg. Kr. Hameln.
Ludwigslust i. Meckl. -Schwerin.
Eringerfeld i. W.
Neustadt am Rennsteig.
Mittelheim, Rheingau.
Hanau, Prov. Hessen-Nassau.
Celle, Prov. Hannover.
Ahrweiler.
Kiel.
Warlow i. Mecklenb.-Sehwerin.
Saalfeld, Hzgt. Sachsen-Meiningen.
Frankfurt a. M.
Cöln a. Rh.
Beerfelden i. Odenwald.
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Zeitschrift für
Prttfungsnachrichten.
123
50.
51.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
Müller, Ewald,
N ado Im . Eduard,
Noehl, Albert,
Ort mann, Hermann,
Otersen, Heinrich,
Peiner, Paul,
Petersen. Stahmen,
Piepenbrock, Karl,
Preoss, Erich,
Rauch, Konrad,
Reitz, Matthias,
Retzgen, Otto,
Rom, Moritz,
Sauer, Albrecht,
64. Scheler, Franz,
65. Schirmer, Arno,
66. Schmidt, Wilhelm,
67. Schroeder, Wilhelm,
68. Schulz, Waldemar,
69. Schwaige, Otto,
70. Sie den topf, Wilhelm,
71. Sommer, Adolf,
72. Steffen, Anton,
73. Steigerwald, Friedr.,
74. Stein, Joseph,
75. Steinhoff, Wilhelm,
76. Stichling, Paul,
Termehr, Franz,
Thomas. Ferdinand,
Töpfer, Artur,
geb.
26. 10. 1882
15. 7. 1882
16. 4. 1885
14. 7. 1884
23. 3. 1884
6. 7. 1883
26. 1. 1881
11. 3. 1873
25. 5. 1882
6. 6. 1884
14. 2. 1882
26. 1. 1879
27. 11. 1882
1 1 .
78.
79.
80.
81. Troll, Walter,
82. Ullerich, Otto,
S3. Wendt, Karl,
84. Wenzlaff, Karl,
85. Wiechmann, Walter,
8f». Wieg and, Konrad,
87. Wild, Adolf,
88. Wittmer, Rudolf,
27.
9.
20.
27.
o
29.
27.
6.
29.
8.
19.
7.
21.
20.
9.
13.
26.
9. 1880
4. 1884
9. 1881
6. 1883
9. 1882
8. 1883
9. 1881
5. 1881
3. 1885
4. 1877
6. 1882
10. 1884
6. 1884
10. 1883
11. 1884
5. 1881
9. 1883
6. 1879
9. 1882
1. 1885
7. 1880
4. 1886
7. 1880
9. 18H1
2. 1886
3. 1883
Kelberg, Kr. Adenau.
Warlubien, Kr. Schwetz.
Verviers, Prov. Lüttich.
Osnabrück.
Syke.
Doppard, Kr. St. Goar.
Leik, Kr. Tondern.
Werdohl, Kr. Altena.
Crone, Kr. Bromberg.
Heskem, Kr. Marburg.
Ernst, Kr. Cochem.
Niemegk, Kr. Zanch- Heizig.
Cöln.
Neunkirchen, Kr. Siegen.
Meder. Sachsen- Coburg.
Kranichfeld, Kr. Saalfeld.
Steinfeld, Kr. Stendal.
Würm, Kr. Geilenkirchen.
Heteborn, Kr. Oschersleben.
Call, Kr. Schleiden.
Hannover.
Borken, Kr. Homberg.
Noviand, Kr. Berncasttl.
Wetzlar.
Düren.
Niedermarsberg, Kr. Brilon.
Grossrettbach, Hzgt. Cob.-Gotha.
Hagen i. W.
Fischbach, Grosshzgt. Oldenburg.
Ellrich a. H.. Prov. Sachsen.
Geldern.
Eschwege.
Meppen.
Belgard a. d. Persante.
Düren.
Baars, Kr. Salzwedel.
Cassdorf, Kr. Homberg.
Karlshütte, Kr. Biedenkopf
Waldeck, Fürstent. Waldeck.
Die umfassendere
lenderjahre 1906 mit Erfolg abgelegt
geb. am
1. Bensemann, Herrn.,
2. Breme, Karl,
3. Fömmel, Karl,
4. Gondring, Walter,
5. Heyder, Max,
6. Holderer, Richard,
7. Hundert, Friedrich,
8. Jacobshagen, Friedr., 24.
9. Jungemann, Konrad, 7.
iuiturteclinische Prüfun-r haben im Ka-
12.
12.
15.
2#
29.
8. 1886
8. 1879
4. 1884
9. 1883
11. 1884
28. 11. 1884
1. 11. 1884
4. 1884
6. 1879
10. Kämmerer, Otto, 22. 11. 1882
11. Lange, Wilhelm, 26. 3. 1883
12. Nadolnv. Eduard, 15. 7. 1*82
Cöthen.
Coin.
Frankfurt a. M.
Densborn, Kr. Prüm.
Hagen i. W.
Herborn, Kr. Dill.
St. Johann, Kr. Saarbrücken.
Hämelschenburg, Kr. Hameln.
Bökenförde, Kr. Lippstadt.
Sondershausen-Schwarzburg.
Paderborn, Kr. Minden.
Warlubien, Kr. Schwetz.
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124
VereinsanjfelegenUeiteii.
Zelwcürift flu
13. Ortmann, Hermann,
14. Rom, Moritz,
15. Scheler, Franz,
16. Stein, Joseph,
17. Steinhoff, Wilhelm,
18. Stichling, Paul,
19. Termehr, Franz,
20. Thomas, Ferdinand,
21. Wild, Adolf,
22. Wittmer, Rudolf,
geb. am
14, 7. 1884
27. 11. 1882
9. 4. 1884
7. 10. 1884
21. 6. 1884
20. 10. 1883
9. 11. 1884
13. 5. 1884
IG. 2. 1886
20. 3. 1883
Osnabrück.
Coin.
Meeder, S.-Coburg.
Düren.
Niedermarsberg, Kr. Brilon.
Grossrettbach, Hzgt. ( ob. -Gut ha.
Hagen i. W.
Fischbach, Grosshzgt. Oldenburg.
Karlshütte, Kr. Biedenkopf.
Waldeck. Fürstent. Waldeck.
Vereinsangelegenheiten.
Kassenbericht für das Jahr 1906.
Nach dem Kassenbuche besteht der Verein am Schlüsse des Jahres 1906
aus 2094 ordentlichen Mitgliedern, 6 Ehrenmitgliedern und 23 Zweigvereinen.
Im vergangenen Jahre haben ihren Austritt erklärt
31 Mitglieder (im Vorjahre 39)
Gestorben sind .... 17 „ ( „ „ 20)
Summa Abgang 48 Mitglieder (im Vorjahre 59).
Davon sind aber abzurechnen 6 Mitglieder, welche vor Einziehung der
Beitrüge gestorben sind und, da sie im Kassenbuche bereits gelöscht waren,
in der oben angegebenen Zahl von 2094 Mitgliedern nicht mehr enthalten
sind. Der Abgang beträgt somit 42 und der Verein tritt mit einer Anzahl
von 2052 ordentlichen Mitgliedern in das neue Vereinsjahr ein.
Die Zahl der Zweigvereine ist durch den Beitritt der Ortsgruppe
Danzig und des Landmesservereins Essen- Ruhr auf 23 gestiegen. Ersterer
Verein hat von vornherein in seine Satzungen die Bestimmung aufgenommen,
dass jedes seiner Mitglieder gleichzeitig Mitglied des Deutschen Geometer-
vereins sein muss, ein Vorgang, der hoffentlich bald auch anderwärts Nach-
ahmung finden wird. Ausserdem haben noch mehrere neugebildete Orts-
vereine wegen des Beitritts als Zweigvereine angefragt und es steht dem-
nach auch für die nächste Zukunft eine Vermehrung der Zweigvereine in
Aussicht. —
Am Schlüsse des Vorjahres betrug die Mitgliederzahl 1521, dieselbe
hat also im Laufe des Jahres um 531 zugenommen.
Dieser erfreuliche Mitgliederzuwachs ist in erster Linie der ausser-
ordentlichen Rührigkeit der Zweigvereine zu verdanken, welche durch die
Aufforderung der Vorstandschaft hervorgerufen und durch den von der
Hauptversammlung zu Königsberg genehmigten ßeschluss betr. den Erlass
des Eintrittsgeldes unterstützt worden ist.
Wenn auch nicht anzunehmen ist, dass künftig je wieder ein solches
Anwachsen des Vereins eintreten wird, so lässt doch die Tatsache, dass
bis heute bereite wieder 96 neue Anmeldungen vorliegen, eine kräftige und
gesunde Weiterentwicklung des Vereinslebens erhoffen.
Der Anteil der Zweigvereine an diesem günstigen Ergebnis geht aus
folgender Tabelle hervor.
Hierunter befinden sich aber ca. 230 Mitglieder, welche zwei oder
mehreren Zweigvereinen angehören, so dass der Deutsche Geometerverein
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ZttiUcürirt für
V ereinsangelegenheiten .
125
Namen der Zweigvereine
o.
6.
7.
8.
9.
1. Badischer Geometerverein ....
2. Bayerischer Geometerverein . . .
3. Brandenburgischer Landmesserverein
4. Casseler Landmesserverein . . .
Elsass-Lothringischer Geometerverein
Hannov. Landesökonomiebeamtenverein
Hannoverscher Landmesserverein
Landraesserverein für die Provinzen Ost
und Westpreussen
Landmesserverein für die Prov. Posen
10. Niedersächsischer Geometerverein
11. Pfälzischer Geometerverein . . .
12. Rhein. -Westfälischer Landmesservereiu
13. Schlesischer Landmesserverein . .
14. Thüringischer Landmesserverein . .
Verein Grossh. Hess. Geometer I. Kl.
Verein Mecklenb. gepr. Vermessung.s
und Kulturingenieure
Verein prakt. Geometer im Kgr. Sachsen
18. Verein reichsländischer Feldmesser .
19. Verein der Verm. -Beamten der Preuss
Land wirt seh. Verwaltung . . .
20. Württemb. Bezirksgeometerverein .
21. Württembergischer Geometerverein .
Zusammen
Hierzu treten noch die erst im Jahre
1906 gegründeten Zweigvereine:
1. Landmesserverein Essen a. d. Ruhr . .
2. Ortsgruppe Danzig
Summa
15.
16.
17.
3338
1678
1633
1650
2042
3081
2148
1679
2763
2769
1607
982
2705
1641
2395
1603
3023
3337
3773
2266
1649
Von den Mitgliedern
gehörten dem
Deutsch. G.-V. an
1905 I 190«
1220
1220
28
93
28
65
24
36
20
i
37
22
27
12
151
56
11
75
12
38
10
340
18
117
43
102
53
68
27
38
46
65
92
OK
12
258
79
24
92
14
38
16
438
1H
132
1583
13
36
1632
zurzeit rund 1400 Mitglieder zählt, welche einem oder mehreren Zweig-
vereinen angehören, während etwa 600 Mitglieder einem weiteren Verein
nicht angehören. Genau lässt sich dieses Verhältnis nicht feststellen, weil
die Zahl derjenigen, welche zunächst nur dem Deutschen Geometerverein
angehörten, später aber einem Zweigverein beitraten, von letzterem nicht
besonders bekannt gegeben wird. —
Auch in diesem Jahre hat der Verein wieder schwere Verluste durch
den Tod erlitten. Nachdem erst vor zwei Jahren unser unvergesslicher
Vorsitzender Winckel dahingeschieden, wurde die Vorstand schalt im ver-
gangenen Jahre durch den Tod des im rüstigsten Mannesalter stehenden
Prof. Dr. Reinhertz schwer getroffen.
Digitized
126 Vereinsangelegenheiten. ljUjejrUtjjr
Die Namen der im Jahre 1906 Verstorbenen sind:
1. Mitgl.- Nr. 185. Helmer, techn. Eisenbahnsekretär in Metz.
2. - 192. Voigt gast, Steuerinspektor in Charlottonburg.
341. Scheven, Kammeringenieur in Malchin.
899. Walraff. Vermessungsdirektor in Düsseldorf.
1062. Irion, Obergeometer in Karlsruhe i/B.
1198. Riedel, Steuerrat in Cassel.
1784. Wernecke, Oberbergamtsmarkscheider in Dortmund.
1790. Neuhaus, techn. Eisenbahnsekretar in Westhofen.
2189. Reinhertz, Prof. Dr. in Hannover.
2234. Dittmar, Robert, Kgl. Landmesser in Stettin.
2551. Wehrle, Kgl. Oberlandmesser in Bünde.
2803. Konkiel, Steuerinspektor in Breslau.
2995. ßlunk, städtischer Landmesser in Berlin.
3847. Riecker, Katastergeometer in Waiblingen.
3977. Kahl, Kgl. Oberlandmesser in Posen.
4211. Hebler, Kgl. Vermessungsassistent in Dresden.
4331. Kehl mann, Kgl. Landmesser in Düsseldorf.
Die Vermögensverhältnisse habeu sich im laufenden Jahre ausser-
ordentlich günstig entwickelt, denn trotz der nachstehend näher nach-
gewiesenen bedeutenden Mehrausgaben insbesondere für die Zeitschrift und
trotz der wie immer sehr hohen Kosten für die Hauptversammlung ist der
im Voranschlag berechnete Ueberschuss von 600 Mk. nahezu erreicht worden.
Die Einnahmen betrugen:
I. An Mitgliederbeiträgen:
a) von 68 Mitgliedern zu 10 Mk. = 680,00 Mk.
10
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
••
n
••
w
r
«
r
«
m
r
V
n
v
n
2022
= 14154.00
II.
Summa 1 =
4 Mitglieder sind mit der Zahlung des Beitrages
im Rückstände geblieben.
An Zinsen:
1) von 5500 Mk. Wertpapieren zu 3i/2o/ü = 192,50 Mk.
2) von 1000 „ r r 30/0 = 30.00 „
3) von Konrad Wittwer infolge früherer
Zahlung der Verlagskosten . . . 100,00 „
4) von der Beamten-Spar- und Darlehens-
kasse zu Cassel für Spareinlagen . . 89,02 r
14834.00 Mk.
III. Sonstige Einnahmen: Nachgezahlte Beiträge für 1905
von 3 Mitgliedern zu 7 Mk
Summa der Einnahmen
Die Ausgaben betrugen:
I. Für die Zeitschrift:
a) Schriftstellerhonorare 2265,29 Mk.
b) Für die Schriftleitung, Druck, Verlag
und Versand 9175,40 r
II. An Unterstützungen:
a) Beitrag zur Unterst Utzungskasse für
deutsche Landmesser zu Breslau . 200,00 Mk.
10 An einzelne hilfsbedürftige Fachgenossen
bezw. deren Hinterbliebene . . . 210,00 „
411.52
21,00
15266.52 Mk.
11410,69 Mk.
410,00
11850.69 Mk.
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v^Änw^en Vereinaangelegenheiten. 1 27
III. Für die Hauptversammlung: Uebertrag: 11850,69 Mk.
a) Zuscbuss für den Vorort 800,00 Mk.
b) Reisekosten der Vorstandschaft . . 704,20 , 1504,20 p
IV. Verwaltungskosten ~ ! ! ! !~ 1318.84 r
Hierin sind enthalten die l'ortoauslagen der Vor-
standsmitglieder, die Kosten für Drucksachen, für Neu-
aufstellung des alphabetischen Mitgliederverzeichnisses
und des Kassenbuches, for den Kassenboten und für
Buchbinderarbeiten, endlich noch die Gebühren des
Kassierers für die Verwaltung der Kasse.
V. Ausserordentliche Ausgaben 65,60 „
Diese bestehen in Ausgaben für die Lieferung von
Inhaltsverzeichnissen der Zeitschrift an die Ehren-
mitglieder und Kranzspenden für Verstorbene.
Summa der Ausgaben 14739.33 Mk.
Mithin üeberschuss . 527,19 r
Hierzu der Kassenbestand am Schlüsse des Vorjahres 169,67 r
Kassen bestand am 1. Januar 1907 696,86 Mk.
Die Zeitschrift konnte, dank der günstigen Lage der Kasse, eine Er-
weiterung um 12 Druckbogen erfahren, so dass die Buchhandlung statt der
vertrag massigen 48 Bogen deren 60 liefern musste. Da dieselbe laut Ver-
trag nur 1700 Exemplare der Zeitschrift zu liefern hat, so mussten 405
Exemplare gegen besondere im Vertrage vorgesehene Entschädigung ge-
liefert werden. Gegen das Vorjahr wurden daher für die Zeitschrift
mehr verausgabt 2909 Mk. 19 Pfg. —
Das Vereinsvermügen besteht am Schlüsse des Jahres 1906:
a) aus Wertpapieren (Deutsche Reichs- u. Preuss.
Staatsanleihe) im Nennwerte von 6500,00 Mk.
b) ans dem Kassenbestande 696,86 „
Zusammen 7196,86 Mk.
gegen 6669,67 Mk. im Vorjahre. Hierzu treten noch etwa 125 Mk. Zinsen
für Spareinlagen während des Jahres 1906, welche im Jahre 1907 in Ein-
nahme gestellt werden.
Cassel, den 15. Januar 1907.
Dfe Kassenverwaltung des Deutschen Geometervereins.
Hiiser.
Voranschlag für den Yereinshanshalt im Jahre 1907.
A. Einnahmen.
I. Aus Mitgliederbeiträgen:
a) 50 neue Mitglieder zu 10 Mk. = 500,00 Mk.
b) 100 - „ 7 „ = 700.00 „
c) 2050 alte „ „ 7 „ =r 14350,00 « 15550,00 Mk.
II. An Zinsen " ! '. '. ! '. 450,00 r
III. Sonstige Einnahmen (rückständige Beiträge etc.) . . 30,00 „
Summa der Einnahmen 16030.00 Mk.
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12H Personalnachrichteii. „ z«iu<*rtrt rür
vermeaaunrewegen
Ii. Ausgaben.
I. Für die Zeitschritt:
a) Druck und Verlag laut Vertrag . . 5000,00 Mk.
b) Für den Druck von 12 über die ver-
tragsmässige Anzahl zu liefernde Druck-
bogen 1200,00 „
e) Für die Lieferung von 550 Exemplaren
der Zeitschrift über die vertragsmässige
Zahl zu 3,00 Mk 1650,00 „
d) Honorare der Mitarbeiter 60 Bogen
zu 40 Mk 2400,00 „
e) Für die Schriitleitung 1700,00 n 11950.00 Mk.
II. Unterstützungen " ! ! ! ! " 600.00 „
Entsprechend der Zunahme der Mitgliederzahl sind
100 Mk. gegen das Vorjahr mehr eingesetzt.
III. Verwaltungskosten 1500,00 „
Das Mehr gegen das Vorjahr wird durch den Neu-
druck und Versand der Satzungen bestimmt.
IV. Für die Abhaltung einer ausserordentlichen Haupt-
versammlung bezw. einer Vorstandssitzung .... 700,00 ..
Die verschiedenen vorliegenden Fragen der Organi-
sation u. 8. w. werden voraussichtlich die Abhaltung
einer Hauptversammlung oder wenigstens einer Vor-
standssitzung erforderlich machen.
V. Für unvorhergesehene ausserordentliche Ausgaben . 100,00 .
Summa der Ausgaben 14850.00 Mk.
Mithin ist ein Ueberschuss zu erwarten von 1180.no Mk.
Cassel, den 15. Januar 1907.
Die Kassenverwaltung des Deutschen Geometervereins.
Hüser.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Den Koten Adlerorden 4. Kl. haben weiters
aulftsslich des Ordensfestes (vergl. S. 95) erhalten: von Morgenstern,
Steuerinsp., Kat.-Kontr. in Prenzlau; Schnieber, Steuerinsp., Kat.-Sekr.
in Münster i/W.; Sohns, Steuerinsp., Steuerkommissar in Saarburg; Spilker,
Oekonomierat , Gen.-Komm.-Vermessungsinsp. in Düsseldorf; femer: Kat.-
Kontr. Steuerinsp. Braun zu Rappoltsweiler. — Vermess.-Insp. Landes-
ökonomierat Förster in Cassel erhielt das Verdienstkreuz 4. Kl. des Fürst I.
Waldeckschen Ordens. — Der kgl. Landmesser der Eisenbahnverwaltung
Emil Rumswinkel in Cöln hat die Ernennung zum Rechnungsrat dankend
abgelehnt mit der Begründung, dass dieser Titel den Landmessern der
übrigen staatlichen Verwaltungen seit längerer Zeit nicht mehr verliehen wird.
Inhalt.
Wissensch aft I. Mitteilungen: Der Pythagoreische Lehrsatz als Bedinguugs-
gleichung, Ton Jos. Adamczik. — Das Reziprokendreieck, von K Fuchs. —
Die Uebereinstimmung zwischen Grundbuch und Steuerkataster, von G ehr mann.
— Aus den Zweigvereinen. — PrDfungsnachrichten. — Vereinsangelegenheiten,
irichten.
Verlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck von Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
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129
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
rierausgegeoen von
C. Steppes, Obertteuerrat aQd Dr. 0. Eggert, Professor
München M, Kaiasterbure au. D aruig-Langfu.hr, Ahornweg W.
-M—
1907. Heft 6. Band XXXYI.
— 21. Februar. f-<
Der Abdruck von Original - Artikeln ohne vorher eingeholte Kr-
laahnis der Schrl Weitung Ist untersagt.
Der Maximalfehler und die amtlichen Fehlergrenzen ;
femer Vergleichung einer Reihe zufälliger Ereignisse
mit dem Fehlergesetz.
Von R. Vogeler, Ober-DistriktBingenieur a. D.
Im Jahre 1877 schrieb Professor Jordan in dieser Zeitschrift S. 35:
»Der Begriff des Maximalfehlers kommt bekanntlich in der Gauss'schen
Fehlertheorie nicht vor. Es ist aber zweifellos, dass für jede Art von
Beobachtungen eine gewisse Grenze besteht, deren Ueberschreitung nur
beim Vorhandensein eines groben Fehlers denkbar ist. Z. B. die Wahr-
scheinlichkeit eines Fehlers von 1° ist bei der Winkelmessung mit einem
guten Theodolit ohne alle Frage = 0 und nicht ein Wert, der von Null
verschieden ist." Jordan hält es für wünschenswert, dass der Maximal-
fehler eine endliche Grösse sei, und da das Gauss'sche Fehlergesetz hier-
für nicht geeignet ist, so stellt Jordan eine neue Fehlerfunktion auf. Er
kommt zu dem Ergebnis, dass man das Recht habe, den Maximalfehler
etwa gleich dem dreifachen mittleren Fehler anzunehmen.
Der hervorragende Gelehrte F. R. Helmert i) führte in fast unmittel-
barem Anschlüsse an jenen Jordanschen Artikel in dieser Zeitscbr. Bd. VI,
S. 131 u. ff., den mathematischen Beweis, dass jene von Jordan neu auf-
gestellte Fehlerfunktion nichts weiter sei, als eine untergeordnete Nähe-
rangsformel des Gauss'schen Fehlergesetzes. Helmert entwickelte dann
a. a. 0. Näherungsformeln unter der Annahme, dass der totale Beobach-
tungsfehler ein Vielfaches von dem Elementarfehler sei. Schon bei der
>) F. R Helmert, Geheimrat, Professor an der Berliner Universität und
Direktor des Königl. Geodätischen Instituts.
Zeitschrift fttr Vennenungiwes«n 1907. H«ft 6. 10
Digi
130 Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. z«iucbrm fur
Annahme von 3 oder 4 ElemenUrfehlern wird eine grosse Annäherung
an das Gauss'sche Gesetz nachgewiesen und es wird lerner hervorgehoben,
dass dies Gesetz selbst eine sehr grosse Anzahl von Elementarfehlern
fordere. Es möge hier daran erinnert werdeu, dass Hagen bereits im
Jahre 1837 eine sehr grosse Anzahl von £lementarfehlern zu der Ab-
leitung des Gauss'schen Gesetzes benutzte.
Helmert sagte dann S. 142 und 143 weiter:
1. Handelt es sich um die Relation M m, so kann das Gauss'sche
Gesetz selbstredend keinen Aufschluss geben, wenn es auch im übrigen
allen Anforderungen genügt und adoptiert werden muss.
2. Ohne besondere Untersuchungen und Spekulationen, die
am einzelnen Falle anzuknüpfen haben, ist die Angabe des Ver-
hältnisses M:m nicht möglich.
3. Der in einer Beobachtungsreihe zu erwartende Maximaifehler
ist im allgemeinen abhängig von der Anzahl der Beobachtungen zu setzen.
Bei einigen zehn oder einigen hundert Beobachtungen kann 3 m recht
wohl als Maximalfehler angenommen werden.
4. Fällt ein Beobachtangsfehler so gross aus, dass das Gauss'sche
Fehlergesetz eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit dafür angibt, so ist
derselbe als die Wirkung ungewöhnlicher Fehlerursachen anzusehen (also
eventuell ein grober Fehler).
Diese Mitteilungen aus der lehrreichen und leicht verständlichen Ab-
handlung von F. R. Helmert müssen hier genügen, und wir möchten den
jüngeren Lesern dieser Zeitschrift, die sich für den Gegenstand interes-
sieren, empfehlen, zum weiteren Studium sich den Band VI zu verschaffen.
Es hätte wohl die Maximalfehlerfrage mit jener Helmertschen Ab-
handlung als erledigt angesehen werden können; indessen Jordan verfolgte
die Sache weiter, weil er offenbar glaubte (dies geht aus seinen Schriften
deutlich genug hervor), es bestände für die Praxis das Bedürfnis, für jede
Messungsart einen Maximalfehler festzusetzen. Dieser Maximalfehler sollte
dann die amtliche Fehlergrenze bilden, oder doch mindestens für deren
Festsetzung verwertet werden.
Es muss nun zunächst festgestellt werden, dass Jordan durchaus der
Ansicht war, dass das Gauss' sehe Gesetz für rein zufällige Fehler zu-
treffend sei; denn er leitete dieses Gesetz im § 111 Bd. I v. J. 1895,
oder im § 131 Bd. I v. J. 1904 seines Handbuches selbst ab. Für Be-
obachtungsfehler aber sah er das theoretische Fehlergesetz nur als eine
Annäherung an die Wirklichkeit an. (Vergl. S. 463 Bd. I v J. 1895.)
Hiergegen lässt sich wohl wenig sagen, denn jeder, der sich mit Aus-
gleichungsrechnungen beschäftigt, wird finden, dass die Beobachtungsreihen
nicht den Anforderungen genügen können, die das theoretische Gesetz in
Strenge fordert. Man sagt deswegen auch, dass die durch die M. d. kl. Qu.
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mSSSiSUi Vo^eler- Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. 131
1907.
gefundenen Werte nicht die wahrscheinlichsten, sondern die plausibelsten
Werte der Unbekannten seien. Wir wissen, dass das Gauss'sche Gesetz
auf die Ausgleichung nach der M. d. kl. Qu. fahrt, und dass diese Methode
die grös8ten Gewichte für die Unbekannten ergibt und daher vor allen
anderen Ausgleichungsmethoden, wenn keine besonderen Untersuchungen
vorliegen, den Vorzug verdient
Es steht ausser Frage, dass Jordan alle diese Tatsachen kannte und
dass er auch gar nicht beabsichtigte, eine neue Ausgleichungsmethode
aufzustellen. Er wollte nur ein Fehlergesetz linden, das sich den Beobach-
tungsreihen besser anschlösse als das Gauss'sche Gesetz. Wir werden in
nachstehendem sehen, ob und wieweit dies Vorhaben glückte.
Es ist klar, dass man zur Feststellung eines Fehlergesetzes für Be-
obachtungsreihen auch tatsächlich „ Beobachtungsreihen u benutzen muss,
besonders wenn man einen endlichen Wert für den Maximalfehler be-
stimmen möchte. Jordan indessen erklärte Bd. XIX d. Zeitschr. S. 559:
Aus wirklichen Messungen kann man den Maximalfehler deswegen nicht
bestimmen, weil man nicht wissen kann, ob man es nicht mit groben
Fehlern zu tun hat, wenn die Abweichungen etwa das dreifache des mitt-
leren Fehlers betragen. Jordan benutzte nun zur Bestimmung eines
Maximalsfehlers eine sog. Zufallsreihe, der unseres Erachtens aber nur
eine recht untergeordnete Bedeutung als Zufallsreihe zukommt.
Man erkennt leicht die vorstehend berührten Inkonsequenzen. Die
ganze Behandlung der Frage macht den Eindruck, als wenn es Jordan
nur darauf ankam, den dreifachen mittleren Fehler in jedem Falle als
Maximalfebier zu begründen. Da in der neuesten, von Professor Rein-
hertz i. J. 1904 herausgegebenen Auflage des Jordanschen Handbuchs die
Sache im wesentlichen unveränderte Aufnahme fand, so sehen wir uns
veranlasst, unsere abweichenden Ansichten hier zum Ausdruck zu bringen.
Jordan benutzte als Zufallsreihe die Anzahl der Nullen, die in der
6. Logarithmenstelle in jeder der 1800 Spalten einer 6 stelligen Loga-
rithmentabelle sich fanden. Da jede Spalte 50 Logarithmen enthält und
die Ziffern 0 bis 9 nur in Betracht kommen, so ergibt sich als wahr-
scheinlichster Wert für das Vorkommen der Nullen in einer Spalte:
1 x 50
— Q - = 5 Nullen.
Schreibt man nun die Abweichungen von r5" als negative bezw.
positive Fehler an, so sieht man sofort, dass nur 5 negative, wohl aber
50 — 5 = 45 positive Fehler in jeder Spalte vorkommen können. Dies
Verhältnis 5 : 45 = 1 : 9 ist sehr ungünstig und die Zufallsreihe ist für
weitere Untersuchungen eigentlich nur dann brauchbar, wenn aus der An-
zahl der Beobachtungen und ihrer Genauigkeit gefolgert werden kann, dass
die Wahrscheinlichkeit der Ueberschreitung des Fehlers „6* sehr gering ist.
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132 Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. JEjjESSJÜjL.
1907.
Es möge hier nor kurz erwähnt werden, dass streng genommen das
Vorkommen einer Null in der 6. Logarithmenstelle überhaupt nicht zu-
fällig ist, denn man weiss, dass jede der übrigen 10 Ziffern ausgeschlossen
ist, sobald die Null vorkommen muss. Den Charakter zufälliger Fehler
nehmen die Fehler nur deswegen an, weil eben nur 10 Ziffern in der
Logarithmenstelle möglich sind und die Anzahl Spalten (1800) gross ist.
Das Ergebnis der Nullenzahlung entspricht denn auch sehr wenig den
Gesetzen zufälliger Fehler. Es finden sich nur 8827 Nullen, während die
Theorie 9000 erwarten lässt (also 173 Nullen zu wenig). Jordan sucht
diesen Ausfall damit zu erklären, dasB trotz zwei- und dreimaliger Zählung
doch Nullen übersehen sein könnten. Nun muss man sagen, wenn die
Grundlagen für die Untersuchungen nicht einmal zuverlässig sind, so können
bei der bereits erwähnten Unsymmetrie und dem zweifelhaften Wert der
Zufälligkeit der Fehler Scblussfolgerungen überhaupt nicht gezogen werden
aus dieser Versuchsreihe. Indessen verfolgen wir die Jordanschen Aus-
führungen trotzdem weiter.
Jordan findet, indem er mit e die Fehler, mit n die Anzahl derselben
bezeichnet :
= 7607; hieraus m = Vlföö" = ±2'056
(2,56 ist ein Druckfehler).
Es ist für den Fehler „0* * = 417. Rechnet man diese Fehler je zur
Hälfte nach der positiven und negativen Seite, so sind 986,5 negative und
813.Ö positive Fehler vorhanden. Es ist auffallend, dass 173 negative
Fehler mehr vorkommen als positive, obgleich gerade nach der negativen
Seite das Vorkommen der Fehler durch den Wert „ — 5U beschränkt ist.
Auf der positiven Seite kommen 20 Fehler vor, die grösser als -j- 5 sind,
und zweimal erscheint hierunter sogar der Fehler ~f~ 19. Dieser Umstand
gibt Jordan Veranlassung, alle positiven Fehler von den weiteren Unter-
suchungen überhaupt auszuschliessen. Nur der mittlere Fehler aus den
positiven Fehlern wird noch mitgeteilt Es ergibt sich für die
negativen Fehler |e*] = 3264, daher w, = ± 1,819,
positiven „ [e*] = 4343, „ — +2,311.
Man erkennt, dass die Summe der Quadrate der positiven Fehler trotz
ihrer um 173 geringeren Anzahl sogar um 1079 grösser ist, als die der
negativen Fehler. Diese grosse Ungleichheit wird durch das Vorkommen
der grossen positiven Fehler veranlasst. Es bedarf nur der Aufführung
vorstehender Tatsachen, um zu dem Resultat zu kommen, dass die be-
nutzte Beobachtungsreihe den Gesetzen zufälliger Fehler nur sehr mangel-
haft entspricht.
Wenn Jordan alle positiven Fehler von der weiteren Untersuchung
ausschlie88t, so ist dies ein unberechtigtes Vorgehen; man wäre viel mehr
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zeiuehrift rar Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. 133
berechtigt, die negativen Fehler auszuschließen . weil diese über den
Fehler „ — 5" überhaupt nicht hinausgehen können und weil bei 1800
Fehlern nach der Theorie schon ein Fehler vorkommen kann, der den
3,5 fachen Betrag des mittleren Fehlers, d. h. den Fehler 3,5 X 2,056 = 7,2,
überschreitet. Jordan vergleicht dann die Häutigkeit de6 Vorkommens der
negativen Fehler ihrer Grösse nach mit dem Gauss'schen Gesetz und einer
von ihm aufgestellten Fehlerfunktion. Er findet, dass diese Fehler trotz
aller ihnen anhaftender Mängel durch das Gauss'sche Gesetz besser dar-
gestellt werden, als durch die Jordansche Funktion.
Nach allen vorstehenden Ausführungen muss es geradezu überraschen,
dass Jordan aus den negativen Fehlern trotzdem den festen Schluss zieht,
der Maximalfehler sei in dem vorliegenden, scharf abzählbaren Beispiele
das 2 »/«fache des mittleren Fehlers. Er findet dies aus:
M _6_
m — 1,819 ~ A<ö'
Denkt man sich in der Jordanschen graphischen Darstellung der
Fehler die Y-Achse, als Symmetrieachse, noch weiter nach der negativen
Seite verschoben, so könnte man mit demselben Recht auch beweisen,
M == m und dergl. mehr; es würde ja nur darauf ankommen, eine ent-
sprechende Zufallsreihe grundleglich zu machen, was leicht ausführbar ist,
wie wir später zeigen werden.
Offenbar ist die vorerwähnte Schlussfolgerung später Jordan selbst
bedenklich erschienen, denn in seinem Handbuch, Bd. I v. J. 1895, fehlt
sie bereits, auch ist hier das Beispiel der Nullenzählung nicht mehr „Be-
stimmung eines Maximalfehlers" betitelt, sondern „Vergleicbung des Fehler-
gesetzes mit Beobachtungsreihen u. Es will uns scheinen, dass dies Bei-
spiel auch für diesen Zweck recht ungeeignet ist, und wir wünschten wohl,
dass dasselbe im Interesse der Leser und Lernenden durch ein zweck -
massigeres ersetzt würde.
Die Frage nach der Grösse des Maximalfehlers hat Jordan in seinem
Handbuch Bd. I noch weiter verfolgt. Wir heben hieraus (nach der Auf-
lage v. J. 1904) nur dasjenige hervor, was für die Beantwortung der Frage
von wesentlicher Bedeutung ist. Auf S. 563 unten wird gesagt, die Praxis
stehe der Annahme des Gauss'schen Gesetzes entgegen, weil dasselbe
Fehler von — oo bis -}- oo zulasse. Auf S. 573 wird dann das am An-
fang unserer Ausführungen bereits erwähnte Beispiel der Winkelmessung
mit dem Theodolit wiederholt und nach allgemeiner Besprechung der hier-
bei etwa möglichen Fehler wird die Behauptung aufgestellt, das Gauss-
sche Gesetz qp(e) sei nur gültig für Fehler e kleiner als der mittlere
Fehler. Für e grösser als m käme ein anderes Gesetz zur Geltung. Ein
Beweis für die aufgestellte Behauptung wird nicht gegeben, wohl aber
8. 574 und 575 eine Fehlerkurve behandelt, die aus zwei Teilen zusammen-
Digitized by Google
134 Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. zeiucnrm mr
er™ft"r«jTf"w*"*°
gesetzt ist Der erste Teil der Kurve für Fehler von 0 bis m wird nach
dem Gauss'schen Gesetz berechnet, der zweite Teil schliesst eich mit Be-
rührung zweiter Ordnung an den ersten Teil der Kurve und die Abszissen-
achse an. Hierbei tindet sich, dass die Abszisse dieses Berührungspunktes
= 3 m ist, d. h. der Maximalfehler M ist = 3 m, falls die Jordansche
Funktion allgemein gültig wäre. Nun hat F. R. Helmert bereits S. 134
und S. 138 Bd. VI dieser Zeitschr. gezeigt, dass man Fehlerkurven be-
rechnen kann, bei denen if = 3 m ist, dass aber alle diese Kurven nur
als Näherungswerte für die Gauss'sche Kurve angesehen werden können.
Von ausschlaggebender Bedeutung für die Maximalfehlerfrage ist nun
unseres Erachtens Jordans Zugeständnis auf S. 575 Bd. I seines Hand-
buchs unten: „Nun kann aber das Verhältnis M:tn, welches (in Fig. 1
S. 574) s= 3 angenommen wurde, überhaupt nicht allgemein bestimmt
werden, ebensowenig als die Konstante h des Fehlergesetzes allgemein
bestimmbar ist. Wie jeder ßeobachtungsart eine gewisse Genauigkeits-
konstante h zukommt, ebenso hat auch jede ein gewisses Verhältnis M: m. "
— Gegen die hieraus gezogene Schlussfolgerung, dass das Verhältnis
M:m benutzt werden könnte, um die Objektivität des Beobachters zu
prüfen, läset sich im allgemeinen nichts einwenden, wohl aber vermissen
wir in der Schlussfolgerung die Hauptsache: es ist der Maximalfehler
nicht nur abhängig von dem mittleren Fehler der Beobachtungen, sondern
auch von der Anzahl der Beobachtungsfehler e. Diese Forderung,
welche durch die Wahrscheinlichkeitsrechnung bedingt wird und welche
durch tausende von Beispielen aus der Praxis sich begründen lässt, passt
allerdings nicht in den Rahmen der Jordanschen Theorien, denn hierin
wird a priori vorausgesetzt M = 3 m.
Wir erwähnen nur noch, dass Jordan auch die vierten Potenzen der
Fehler zu den Untersuchungen des Verhältnisses M : m heranzieht. Wir
überlassen es den Lesern, das Nähere hierüber S. 576 — 582 des Hand-
buchs, Bd. I v. J. 1904, zu studieren, und wir wollen hierzu nur bemerken,
dass man mit der Untersuchung der ersten und zweiten Potenzen für alle
praktischen Fälle auskommen kann.
Durch die Anwendung der Jordanschen Theorien auf die 22 Dreiecks-
schlussfehler der Gradmessung in Ostpreussen, S. 577, wird nichts zu
gunsten dieser Theorien bewiesen; denn beim Vorhandensein von nur 22
Fehlern sollen nach dem Gauss'6chen Gesetz sogar nur zwei Fehler vor-
kommen, die grösser sind als 1,568 m, d. h. grösser als der unter den
Beobachtungen zufällig vorkommende grösste Wert -j- 1",86. Es hat die
Tatsache, dass M: m wesentlich kleiner als 3 ist, in der geringen Anzahl
der Dreiecksschlussfehler ihre theoretische Begründung und daher ist die
Jordansche Bemerkung, dass man aus dem Verhältnis M = 1,568 m auf
Ausscheidungen grosser Fehler schliessen könne, nicht berechtigt.
Digitized by Google
iJggSfift» Vo«eler- Maximalfehler u amtliche Fehlergrenzen etc. 135
1907.
Es ist noch zu erwähnen, dass in der Zeitschrift v. J. 1897, 1898
und 1901 eine Reihe Abhandlungen von dem Mathematiker Dr. Ad. Blttmcke
ober die Jordansche Theorie des Maximalfehlers erschienen sind. Diese
Artikel können den Lesern, deren mathematisches Bedürfnis fiber die
Maximalfehlerfrage nicht befriedigt sein sollte, zum weiteren Studium em-
pfohlen werden. Man findet hierin die Frage sogar mit Eulerschen Inte-
gralen und Gammafunktionen behandelt. So interessant jene Abhandlungen
nun auch für den Mathematiker sein mögen, so haben sie für die Beant-
wortung der Frage, ob für die Praxis tatsächlich das Bedörfnis besteht,
die Gauss'sche Fehlerfunktion durch eine andere zu ersetzen, keine Be-
deutung. Es wird nämlich von Blttmcke die Jordansche Fehlerfunktion,
deren Berechtigung gerade bewiesen werden soll, für die Untersuchungen
als diejenige Funktion grundleglich gemacht, welche den Forderungen der
Praxis entspricht oder entsprechen soll.
Berücksichtigt man nun noch, dass Jordan auf S. 313 Bd. XXVII
dieser Zeitschr. unten sagt, dass seine Theorie mit den Begründungen von
Blümcke einen festen Anbindepunkt mit der Praxis hat, indem das bei
allen amtlichen Vermessungsanweisungen nötige Verhältnis des Grenz-
fehlers zum mittleren Fehler dadurch zum ersten Male der mathe-
matischen Behandlung zugänglich gemacht wird, so kann unseres Erachtens
kein Zweifel mehr darüber bestehen , dass Jordan zum Zwecke der Fest-
setzung amtlicher Fehlergrenzen die Bestimmung eines Maximalfehlers er-
reichen wollte. Wir haben schon auf S. 130 hierauf hingewiesen.
In dem Schlusssatz auf S. 582 Bd. I seines Handbuchs sagt Jordan,
dass das Verhältnis M : m für gute Messungen kaum den Wert 3 erreichen
and meistens zwischen 2 und 3 sich bewegen wird. Auch hier vermisst
man wiederum, dass auf die Anzahl der vorhandenen Messungen Rücksicht
genommen wird. Man würde, wollte man Jordans Ansicht in der All-
gemeinheit gelten lassen, die besten Messungen und die sorgfältigsten
Beobachtungen falsch beurteilen.
Ks hat nun unseres Erachtens die Maximalfehlerfrage mit den amt-
lichen Fehlergrenzen nichts, gar nichts zu schaffen. Die amtlichen Fehler-
grenzen sollen oder sollten nach rein praktischen Erwägungen festgesetzt
werden. Massgebend für die zulassigen Fehler sollten lediglich der Zweck
und die Bedeutung der Arbeiten sein, wobei selbstverständlich die für die
Messungen erforderliche Zeit und der Geldpunkt mitberücksichtigt werden
müssen. Es sind in den letzten Jahrzehnten in vielen deutschen Staaten
amtliche Fehlergrenzen festgesetzt worden und es mag sein, dass man hier-
bei das Ergebnis älterer Messungen mit zu Rate gezogen hat. Iiiergegen
lässt sich nichts sagen. Berechnet man aus diesen älteren Messungen aber
den mittleren Fehler m und setzt den Maximalfehler M = 3 ra in den
Vermessungsanweisungen fest, so ist man keineswegs berechtigt, allgemein
Digitized by Google
136 Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. z«tt«fbrm n.r
zu sagen, der Grenzfehler sei gleich dem dreifachen mittleren Fehler an-
genommen (vergl. Jordan Bd. II v. J. 1904, S. 74 nnten und 75 oben).
Dies ist nicht zulässig, weil der mittlere Fehler für keinerlei Messungaart
eiu fester Begriff ist; er ist durchaus variabel und abhangig von der Ge-
nauigkeit der Messungen. So soll nach Reinhertz (vergl. Jordan Bd. II,
8. 76) der mittlere Fehler für Längenmessungen zwischen den Grenzen
lOCHJOO und 3000 sich bewe8en- Selb8t wenn man so weit nicnt ßent'
sondern nur 30^öq und annimmt, so würde man doch für die Fest-
setzung amtlicher Fehlergrenzen einen Spielraum von f(fö6Ö bis iooo be"
halten. Die Wahl einer Fehlergrenze innerhalb dieses Spielraums sollte
man für Messungen, die für Grundbuchzwecke und Sicherung des Grund-
besitzes von Bedeutung sind, lediglich abhängig machen von dem Wert des
Grund und Bodens. Die bisher allgemein übliche Bestimmung der Fehler-
grenze nach den Geländeschwierigkeiten hat sehr wenig Berechtigung;
denn es liegt doch durchaus im Interesse des Staates und der Grund-
besitzer, dass z. B. die wertvollen Johannisberger, Rüdesheimer und Rauen-
thaler Weinberge genauer gemessen werden, als eine Waldparzelle im
Hohen Veen bei Aachen, oder eine Sandfläche in der Lüneburger Heide.
Die Genauigkeit der Längenmessungen sollte also durchaus nach prak-
tischen und finanziellen Gesichtspunkten geregelt werden und nicht, um
einen hier landläufigen Auadruck zu gebrauchen, nach den mittleren Fehlern
der Messungen von Hinz und Kunz.
In noch höherem Grade, als bei den Längenmessungen, lässt sich bei
den Winkelmessungen und Nivellements sagen, dass die amtliche Fehler-
grenze nicht nach dem mittleren Fehler festgesetzt werden kann. Man
weiss, dass eine Richtung in einem Satze, je nach Wahl des Theodolits,
auf 60" bis 1" genau gemessen werden kann. Der mittlere Fehler ist
also in erster Linie abhangig von der Güte des Instruments; ähnlich liegt
die Sache bei den Nivellements.
Wer die Entwicklung des Vermessungswesens in den letzten 35 Jahren
mit verfolgt hat, der weiss, dass das Bedürfnis nach neuen amtlichen
Fehlergrenzen wachgerufen wurde in jener Zeit, als der Landmesser bei
harter Akkordarbeit und kärglichem Lohn sein Dasein fristen rausste.
Damals war man sehr besorgt, dass auch in bezug auf die Genauigkeit der
landmesserischen Arbeiten nicht berechtigte Forderungen, die mit der Be-
zahlung nicht im Einklänge stehen, erhoben werden konnten. Hierzu kam.
dass tatsächlich die amtlichen Fehlervorschriften mit den Gesetzen der
Fehler fortpflanzung im argen Widerspruch standen. Unter solchen
Verhältnissen lag es nahe, dass man den Fehlergrenzen selbst eine
wissenschaftliche Grundlage zu geben sich bemühte. Dies hat auch offen-
bar dahin geführt, dass die vom Deutschen Georaeterverein gewählte Kom-
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fäSSSSmltm Vo&e,*r- Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. 137
mission für geometrische Genauigkeitsbestimraungen in ihrem Bericht (vergl.
S. 354, Bd. VIII dieser Zeitschr.) den Grenzfehler = 3 m annahm und
ferner sagte, dass der mittlere Fehler einer ßeobachtnngsart durch die Er-
fahrung mit genügender Sicherheit sich bestimmen liesse. Wir haben
unsere entgegengesetzte Ansicht in vorstehendem genügend begründet und
wir glauben, dass jener Kommissionsbericht, der sehr viele interessante
Und zutreffende Ausführungen enthalt, nach dem heutigen Standpunkt der
Wissenschaft und Praxis in etwas anderem Lichte erscheint
Wenn also das Bedürfnis für die Bestimmung einer Fehlerfunktion
mit endlichem Maximalfehler für die Festsetzung amtlicher Fehlergrenzen
nicht besteht, so ist noch die Frage zu prüfen, ob nicht die Praxis aus
irgendwelchen anderen Gründen jene Bestimmung fordert. Auch diese
Frage müssen wir verneinen, so bestechend auch jenes Jordansche Beispiel
sein mag, dass bei Winkelmessungen mit dem Theodolit nicht ein Fehler
yon 1° gemacht werden könne. Zu diesem Beispiel wollen wir bemerken,
dass dasselbe schon im Jahre 1849 von dem hervorragenden Mathematiker
Professor Dr. Theodor Wittstein in seiner Abhandlung über die Methode
d. kl. Qu. benutzt wurde, um zu zeigen, dass man in jedem konkreten Falle
ohne Mühe eine Grenze anzugeben imstande sei, über welche der grösste
mögliche Beobachtungsfehler zuverlässig nicht hinausgeht. Wittstein sagt
dann weiter, dass man für die allgemeine Untersuchung jene Grenze aber
soweit hinauszuschieben habe, dass dagegen der einzelne Beobachtungs-
fehler verschwinde. Dergleichen Vernachlässigungen, Abruudungen u. 8. w.
sind ja in der Mathematik und deren Anwendung in der Praxis allgemein
und es nimmt z. B. niemand Anstoss daran, dass die Logarithmen oder
die Zahl n keine endlichen Werte haben. Es ist uns auch nichts darüber
bekannt geworden, dass der grosse Erfinder der M. d. kl. Qu., C. F. Gauss,
oder andere hervorragende Gelehrte und Förderer der Fehlertheorien,
z. B. Beseel, Hansen, Andrae, Gerling u. s. w. , bei der praktischen An-
wendung der Ausgleichungsmethode das Bedürfnis für die Bestimmung
einer Fehlerfunktion mit endlichem Grenzfehler empfunden hätten.
Wir wollen nun zum Schlüsse noch an einer Beobachtungsreihe und
an einer Zufallsreihe die wichtigsten Punkte besprechen.
Zum Zwecke der Ermittelung der Unveränderlichkeit eines Pegels
wurden zwischen dem oberen Punkt der Pegellatte und einem Mauerbolzen
in einem Gebäude die Höhenunterschiede gemessen und mit den früheren
Resultaten verglichen. Das Nivellierinstrument stand in der Mitte
zwischen beiden Punkten, die Zielweiten betrugen beiläufig 40 Meter. Es
wurden in 10 verschiedenen Aufstellungen des Instruments je 10 Latten-
ablesungen, im ganzen also 100 Beobachtungen erhalten. Es ergaben sich
folgende Fehler:
Digitized
138» Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. zemcurin nu
— •
firflRR* Apt Fphlpr in
Millimeter
0
i
j
_+
i
1
4
+
9
o
+ 1 "~
4
i
+ 1 -
Summe
Ansaht der Fehler . . .
52
17
13
6
8
1 2
i
1 1 -
100
•
Qnadratenmme der Fehler
0
17
13
24
32
9 1 18
i« -
12»
V129
Der Maximalfehler 4 mm überschreitet den dreifachen mittleren Fehler
(3,42), daher müsste nach Jordan dieser Fehler ausgeschieden werden.
Hierzu wird man sich aber jedenfalls schwer entschliessen, weil auch drei-
mal der Fehler 3 mm vorkommt und durch die Ausscheidung bei der
grossen Zahl von Beobachtungen das Resultat kaum in nennenswerter Weise
oeeinflusst wird.
Greift man nun den Instrumentenstand mit den 10 Beobachtungen
heraus, bei welchem der Maximalfehler 4 mm vorkommt, so findet man;
i ■—- - ■
Grösse der Fehler in
Millimeter
+
2
+
3
+ I -
4
+ I -
10
Anzahl der Fehler ... 5 2 1 1 1
Qtiadratsumme der Fehler 0 2 1 4 — — 16
Es ergibt sich ein mittlerer Fehler m = y j* = ±1,52 mm.
Der dreifache mittlere Fehler gibt den Betrag 4,56 mm, also deT
Maximalfehler 4 ist kleiner als dieser Wert, daher würde in diesem
Falle nach Jordan der Maximalfehler nicht auszuscheiden sein. Lfisst
man den Grenzfehler 4 mm aus beiden Reihen fort, so findet man für
die erste Reihe m = *y = +1,07 mm und für die zweite Reihe
m = "\f 7 = + 0,88 mm. Man erkennt durch Vergleichung mit den
vorher berechneten mittleren Fehlern, dass die Reihe mit nur 10 Beobach-
tungen in viel höherem Masse durch jenen Maximalfehler von 4 mm be-
einflusst wird und daher hier viel eher ein Grund zur Ausscheidung vor-
handen wäre. Um die erste Reihe von dem mittleren Fehler + 1,07 auf
den mittleren Fehler ±1,52 der zweiten Reihe zu bringen, ist sogar ein
Maximalfehler von 10,8 mm erforderlich. Man findet dann:
«. = U3+^ = ®», also m = V2T3 = ±1,52.
Wir sehen, in wie hohem Grade der Maximalfehler von der Anzahl der
Beobachtungen abhängig ist, worauf wir schon auf S. 134 und 135 hin-
gewiesen haben : es ist also ganz unberechtigt, ganz allgemein M = 3 ra
zu setzen.
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v^^niwnewu Vo*eler- Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. 139
1907.
Als Zufallareihe benatzen wir eine gedruckte amtliche Verlosungsliete
von Staatspapieren. Von den vorhandenen 10000 Kümmern sind an 136
verschiedenen Tagen 6800 Nummern ausgelost worden. Wenn man be-
denkt, dass an diesen 136 Tagen, während eines Zeitraums von etwa 40
Jahren, die bisher nicht ausgelosten Nummern stets aufs neue in das Ver-
losungsrad gelegt und kontrolliert werden mussten, so kann man wohl
sagen, dass das Beispiel als Zufallsreihe besonders geeignet ist. Um eine
genügend grosse Anzahl von Fehlern zu erhalten, untersuchen wir, wie-
viele Nummern in einer Gruppe von je 25 aufeinander folgenden Werten
gezogen sind. Wir erhalten so 400 Gruppen, also auch 400 Fehler. Für
jede Gruppe ergibt sich als wahrscheinlichster Wert der Anzahl der
1 x 6800
ausgelosten Nummern: — ^ — =17 Nummern.
Wir haben in der gedruckten Liste die Endzahl jeder Gruppe schwarz
unterstrichen und je 10 Druckreihen mit roten Linien abgegrenzt. Man
kann dann auf sehr leichte Weise durch Abzählen die Abweichungen von
17, also die positiven und negativen Fehler, ermitteln. Wir fanden fol-
gende Fehler €:
Fehler c
0
]
+
i
l
_
i
+
\
_
4
+ 1-
5
+ [-
<
+
+
7
8
I
+ | —
«
n a* Anz.
• *>
68
0
63
58
61
61
40
160
69
286
49
441
27
243
16 13
266 208
i
4 7
100 175
3
108
2
72
0
0
1
49
0 2
0 128
i
40O
2290
Wir untersuchen nun dies Fehlertableau im wesentlichen nach den
Anleitungen, welche F. R. Helmert in seiner Ausgleichungsrechnung *) vom
Jahre 1872 gibt.
Die Anzahl der positiven Fehler soll gleich sein der Anzahl der nega-
tiven Fehler. Wir finden Anzahl -f e = 165 und — £ = 172. Die Ueber-
einstimmung ist gut.
Es soll sein 2(+e)* = 2 {— Es ist 2(+e)* =1118 und
2{ — £)* = 1172. Auch diese üebereinstimmung ist befriedigend.
Die Summe der positiven Fehler 2 (-f- e) ist = 2 (— e) = 382, wie
es sein soll. Die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers e soll abhängig sein
von der Grösse desselben , welches wir mit <p (c) bezeichnen wollen. Es
soll dann qp (f) ihr Maxiraum haben für e = 0 und ihr Minimum für
e = + 30 • yfi* 8ßben im Tableau, dass tatsächlich keiner der positiven
oder negativen Fehler so oft vorkommt, wie der Fehler 0, dass also die
Funktion ihr Maximum für den Fehler 0 hat. Das Minimum der Fehler
tritt bereits ein bei den Fehlern 7 bezw. 8, der Fehler 9 kommt nicht
■j Leipzig bei Teubner. Dies ausgezeichnete Lehrbuch wird , wie wir er-
fahren haben, in kurzer Zeit in neuer Auflage erscheinen.
Digitized by Google
140 Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. ^zjuehrtit nu^
1907.
mehr vor. Es ist auch Oberhaupt <p(e) eine mit dem Wachstum des ab
soluten Wertes von £ abnehmende Funktion, denn es kommen vor:
Bisher ist der Verlauf der Untersuchung günstig, aber wir werden
jetzt noch einige Unregelmässigkeiten kennen lernen. Es soll für zufällige
Fehler sein : <p (+ e) = <p (— e ). Hieraus folgt, dass <p (e) nicht nur für
den absoluten Wert von e, sondern auch für die positiven und nega-
tiven Werte von e eine abnehmende Funktion sein muss, und ferner dass
gleich grosse positive und negative Fehler gleich wahrscheinlich sind, d. h.
ihre Anzahl gleich gross ist. Prüfen wir beide Bedingungen nach dem
Fehlertableau , so sehen wir, dass 40 mal der Fehler -f~ 2, dahingegen
49 mal der Fehler -|-3 vorkommt, und dass auch die positiven Fehler 2
und 3 ziemlich bedeutend von den negativen abweichen. Diese Wider-
sprüche mit dem Fehlergesetz sind jedenfalls rein zufällig und haben ihren
Grund darin , dass <p (e) in unserem Beispiele sich nicht stetig um d e
ändert, sondern sprungweise um den ganzen Wert e, und ferner darin,
dass die Anzahl der Beobachtungen nicht unendlich gross ist.
Um ein übersichtliches und anschauliches Bild von allen Verhältnissen
zu gewinnen, geben wir in nachstehender Figur in analoger Weise, wie
Jordan bei seinem Beispiele, eine graphische Darstellung, aber wir zeichnen
in punktierter Linie zur besseren Vergleichung auch gleichzeitig die geo-
metrisch richtige Fehlerkurve nach dem Gauss'schen Gesetz.
Die Abszissen der Fehler 0, +1, -|-2, ... — 1, — 2, u. 8. w. sind
in Abständen von 1 Zentimeter gezeichnet, die zugehörigen Ordinaten 63,
53 u. s. w. drücken die Häufigkeit des Vorkommens der Fehler aus in
Millimeter Mit Hilfe des Massstabes können die Ordinaten für die Gauss-
sche Kurve abgegriffen bezw. aufgetragen werden. Der Massstab ist so
konstruiert, dass man den 100 fachen Betrag der relativen Wahrscheinlich-
keit eines Fehlers abgreift, um die Ordinate dieses Fehlers zu erhalten.
Man hätte auch den Massstab so zeichnen können, dass man direkt die
relativen Wahrscheinlichkeiten abgreift, indessen schien uns der Massstab
in der dargestellten Form übersichtlicher zu sein. Die Wahrscheinlichkeit
des Fehlers 0 ist in unserem Falle 0,1667, also hat man 16,67 vom Mass-
stab abzugreifen, um die zugehörige Ordinate zu erhalten.
Wir haben auch die Wahrscheinlichkeit für das Fallen eines Fehlers
zwischen die Grenzen Null und den n fachen mittleren Fehler berechnet
und hierbei die im Anhange S. [21] des Jordanschen Handbuchs, Bd. I,
») In der nachstehpiid verjüngten Zeichnung ist 1 Zentimeter = 6,6 Milli-
meter, 1 Millimeter = 0,66 Millimeter.
114 mal der Fehler 1
99 „ „ 2
76 .. „ 3
29 „ „ „
11 mal der Fehler 5
Digitized by Google
zeit*chrifi für Vogel er. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. 141
Graphische Darstellung einer Zufallsreihe von 400 Werten.
iaUjlu>\ slh •>■ M d i i I nil i a
H
.4 -r -* -1 -* j o +3 ♦ » *r +4 -»7
jK.<xttttm,i für di* Ordina.ttK dtr turrt
1
gegebene Tafel benutzt. Für diese Berechnung sei erwähnt, dass nach
dem Fehlertableau S. 139 der mittlere Fehler sich ergibt:
m = = 2,393 ' log m = °'37889'
Bezüglich der der Berechnung grundleglich gemachten mathematischen Ent-
wicklungen und Formeln verweisen wir auf Jordans Handbuch S. 539 u. 540.
— Wir teilen hier nur die Resultate mit:
Grenzen
Wahr-
schein-
lichkeit
W
400
W
Anzahl
JS
Theorie
Erfahrung
0 and e
0 und nm
der
Fehler
J3
V
Fei
+
iler
Fehler
0 — 0,5
0 — 0,20897
0,1655
66,2
66.2
0.
■
0—1,6
0 — 0,62691
0,4691
187,6
1214
1.
61
61
53
61
0 — 2,6
0— 1,04485
0,7038
281,5
93,9
2
47
47
40
69
0 — 3,5
0 - 1,46279
0,8664
342,6
61,1
3
31
31
49
27
0 — 4,5
0—1,88073
0,9400
376,0
33,4
4.
17
17
16
13
0 — 5,6
0 — 2,29867
0,9784
391,0
15,0
5.
8
8
4
7
0 - 6.5
0 — 2,71661
0,9934
397 0
6,0
6.
3
3
3
2
0 — 7,5
0 — 3,13455
0,9983
399,3
2,3
7.
1
1
0
1
0 — 8,5
! 0 — 3,56249
0.9996
399,8
0,5
8.
0
0
0
2
0 — 9,5
[0—3,97043
1
0,9999
400,0
0.2
9.
0
0
0
0
St
amme der Fehler
400
-
168
168
165
172
Wir sehen, dass bei einer Beobachtungsreihe von 400 Werten nach
der Theorie nur ein Fehler vorkommt, der den dreifachen mittleren Fehler
überschreitet, und nach unserer Erfahrungsreihe kommen auch nur drei
Fehler > 3 m vor. — Es muss hier aber noch auf einen Mangel hin-
gewiesen werden, der unserer Beobachtungsreihe anhaftet. Wir sahen, dass
Digitized by VJ
142 Vogeler. Maximalfehler u. amtliche Fehlergrenzen etc. ^ffgSStSmm
1«T7.
die Zahl 17 der wahrscheinlichste Wert der Unbekannten x ist. Dieser
Wert liegt nicht symmetrisch zwischen 0 und 25 ; es hätte die Zufallsreihe
streng genommen so gewählt werden müssen, dass von lOOOO Nummern
6000 gezogen waren. In diesem Falle wäre der wahrscheinlichste Wert
12,5 gewesen. Man bemerkt, dass positive Fehler bei unserer Reihe nur
von e = 1 bis e = 8 vorkommen können, während negative Fehler von
e = 1 bis e = 16 möglich sind. Das Verhältnis 8 : 16 = 1 : 2 ist aber
nicht so ungünstig, wie bei dem Jordanschen Beispiele, denn hier war die
Unsymmetrie 1 : 9. Dieser Mangel wurde auch noch dadurch erhöht, dass
dort 1800 Beobachtungen vorlagen und in unserem Falle nur 400. Wir
haben uns zur Beibehaltung unserer Zufallsreihe erst entschlossen, nach-
dem wir den mittleren Fehler a priori auf 2,5 geschätzt und durch Rech-
nung gefunden hatten, dass bei 400 Beobachtungen der dreifache Betrag
des mittleren Fehlers, also der Fehler 7, nur in einem Falle überschritten
werden würde. Tatsächlich ist ja, wie oben ersichtlich, unter den positiven
Fehlern der Fehler 6 nicht Uberschritten worden, obgleich nach der Zu-
fallsreihe auch die Fehler 7 und 8 möglich waren. Es ergibt sich aber
aus unserem Beispiele, worauf wir schon auf S. 133 hingewiesen haben,
dass die besprochene Unsymmetrie zu recht falschen Schlüssen Veranlassung
geben kann; denn man hat nur nötig, eine Auslosungsliste grundleglich
zu machen, bei welcher von den 10000 Nummern etwa 9200 oder 9600
gezogen sind, dann können nur die positiven Fehler 2 oder 1 zustande
kommen, während 22 bezw. 23 negative Fehler möglich sind in einer Gruppe.
— Die nach der Theorie gefundene Anzahl der Fehler kann nun benutzt
werden, um die Gauss'sche Fehlerkurve zu konstruieren; man erhält aber
auf die Weise nur 8 Punkte für jede Seite der Kurve, was für die Zeich-
nung nicht ausreicht. Für die Bestimmung weiterer Kurvenpunkte kann
man folgendes Verfahren anwenden:
Bekanntlich ist die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Beobachtungs-
fehlers £, welche wir mit w bezeichnen wollen:
(1) w = -* c
Hierin ist e die Basis der natürlichen Logarithmen und h eine Kon-
stante, die von der Genauigkeit der Beobachtungen abhängig ist. Wir
nehmen Bezug auf F. R. Helmerts Ausgleichungsrechnung S. 14 — 18, woraus
sich ergibt, dass zu setzen ist h* — o, also h = * . Führt man
£m m V 2
diese Werte für h* und h ein und berücksichtigt, dass in unserer Zufalls-
reihe log m* = 0,75778, log m = 0,37889 ist, so kann man die Wahr-
scheinlichkeit für jeden Wert e berechnen. Wir fanden auf die Weise
folgende Werte für die Wahrscheinlichkeit w in Intervallen von 0,2 c, die
für die Konstruktion der Kurve benutzt wurden:
Digitized by Google)
zeit^hrtrt für liechtle. Kurs ensammler. 143
«
to
*
w
e
w
— - - — ■=
0,0
—
0,1667
2,2
0,1093
l — 1
4,4
0,0307
0,2
0,1662
2,4
0,1008
4,6
0,0263
0,4
0,1644
2,6
0,0924
4,8
0,0223
0,6
0,1616
2,8
0,0841
5,0
0,0188
0,8
0,1577
3,0
0,0760
5,2
0,0167
1,0
0,1528
3,2
0,0682
*
5,4
0,d 131
1.2
Ali Tf\
0,14/0
3,4
0,0'>08
si a
o,«
i \ / L 1 1 ~\ Q
0,UlUo
M
0,1405
8,6
0,0538
5,8
0,0088
M
0,1838
3,8
0,0474
6,0
0,0072
1,8
0,1256
4,0
0,0412
7,0
0,0023
2,0
0,1176
4,2
0,0867
8,0
0,0006
Durch Multiplikation mit 400 erhalt man auch für die Fehler 0, 1, 2
u. s. w. die Anzahl der Fehler; es ergeben sich folgende Werte: 67, 61,
47. 30, 16, 8, 3, 1. Diese Zahlen findet man auf der Zeichnung für die
Kurve eingetragen. Die üebereinstimmwig dieser Werte mit den Werten
aaf S. 139 ist befriedigend; eine völlige Uebereinstimmung ist aus mathe-
matischen Gründen nicht erreichbar. Bei Anwendung der Formel (1) wird
die Wahrscheinlichkeit für den genauen Wert e berechnet, während bei der
dg
ersten Berechnung angenommen ist, dass e zwischen den Grenzen e 0
dg
und € + liege. Da in unserem Beispiele das Intervall de sehr gross
ist, nämlich d e — e, so ist eine bessere Uebereinstimmung der Werte also
nicht zu erwarten.
Wir sehen, dass die Zufallsreihe den Anforderungen des Gauss'schen
Fehlergesetzes in durchaus befriedigender Weise genügt. Auch die
graphische Darstellung zeigt , dass die Fehlerkurve die Unregelmässig-
keiten der Zufallsreihe in zweckmässiger Weise ausgleicht.
Kunrensammler.
Das uns vorliegende, von Eisenbahnbauinspektor de Pay konstruierte
Instrument ist eine Zusammenstellung einer Anzahl von Kreisbögen auf
einer durchbrochenen Zelluloidplatte in handlicher Form zum Gebrauch
beim Planzeichnen, Tracieren etc.
Die 29 auf der Platte enthaltenen Bögen gehen mit ihren Halbmessern
von 100 bis 3000 mm wirklicher Grösse, so dass z. B. im Massstab
1 : 1000 die Halbmesser zwischen 100 und 3000 m oder im Massstab
1 : 2500 zwischen 250 und 7500 in liegen.
Der „Kurvensammler" schliesst sich mit seinem kleinsten Halbmesser
Digitized by Google
144
Bechtle. Kurvensammler.
Zeiucürift nir
v enaeMitncvweMa
(100 mm) in gewissem Sinn an die früher erschienene „ Karvenpalette u an,
deren grösster Halbmesser 80 mm beträgt Letztere ist für den Massstab
1 : 25000 eingerichtet und geht darin bis zu einem Radius von 2000 m.
Eine Besprechung dieser Palette ist im Heft 11, Jahrgang 1903, S. 315
i ti
dieser Zeitschrift enthalten. Während die Kurvenpalette sich in erster
Linie für kleinere Massstäbe zwischen 1 : 50000 und 1 : 25 000 eignet, ist
der „ Kurvensammler 44 hauptsächlich für solche von 1 : 10000 bis 1 : 100
verwendbar.
Von den sonst gebräuchlichen Kurven- oder Kreisbogensätzen zeichnet
sich das Instrument durch einfache, leichte und bequeme Handhabung aus,
wobei seine Durchsichtigkeit sehr zu statten kommt. Durch Markierung
von Tangenten, Tangentenschnitten und Berührungspunkten von Bögen und
Tangenten auf der Platte lässt sich das Aneinanderlegen von Bögen nnd
Geraden, das Aufzeichnen von Korbbögen ohne sonst erforderliche kon-
struktive Beiarbeit mit Zirkel und Lineal unmittelbar ausführen. Im Ge-
brauch beim Planzeichnen, besonders beim Zeichnen und Tracieren von
Eisenbahnen, Strassen, Wasserläufen und sonstiger Verkehrs- und Verbin-
dungslinien wird das Instrument selbst sich gewiss am besten empfehlen.
Der „Kurvensammler" ist wie die „ Kurvenpalette " von Graveur Jenne-
wein in Stuttgart hergestellt und durch Bauinspektor de Pay in Stuttgart
zu beziehen.
Vermessungsinspektor Bechtle.
Kappel. Betonbrücken. 145
Betonbrücken.
In den letzten Monaten hatte Verfasser Gelegenheit, in zwei Zu-
sammenlegungssachen im Kreise Düren bei der Herstellung verschiedener
Brücken in Beton, vor allem der Fahrbahnplatten in Eisenbeton, zu-
gegen zn sein, und es durfte wohl ein kurzer Bericht über die Herstellung
der letzteren an dieser Stelle nicht ohne Interesse sein. Die Ausführung
der Bracken geschah durch ein Baugeschäft nach eigenen Entwürfen. Die
Wirkung der Eisenbetonweise ergibt sich aus folgender Ueberlegung:
Wurde man die vollständig ebene Fahrbahnplatte nur aus Beton herstellen
und auf die Widerlager auflegen, so würden, dem Durchbiegungsgesetze
folgend, die oberen Schichten der Platte zusammengedrückt, die unteren
auseinandergerissen werden, und die Platte würde schliesslich zerbrechen.
Um dies zu verhindern, ist es also nötig, die unteren Schichten der Platte
gegen das Auseinanderreissen zu schützen, und zwar geschieht dies durch
Einlegen von Eisenstäben möglichst nahe der unteren Plattenfläche, die.
von einem Auflager zum andern reichend , in innige Verbindung mit der
ganzen Masse, vor allem auch mit den oberen Schichten gebracht sind«
In welcher Weise dies erreicht wird, mag aus der nachfolgenden Beschrei-
bung der Herstellung der Platte hervorgehen.
Es soll nicht unterlassen werden, vorher auf einen Runderlass des
Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 16. April 1904, betreffend
Bestimmungen für die Ausführung von Konstruktionen aus
Eisenbeton bei Hochbauten, hinzuweisen (Zentralblatt der Bauverwal-
tung, Heft Nr. 40, Seite 253 — Jahrgang 1904). Wenn diese Bestim-
mungen auch nur baupolizeilicher Art sind, so können sie doch in allen
anderen Fällen Anwendung finden. Ein erster Abschnitt enthält allgemeine
Vorschriften über Prüfung, Ausführung und Abnahme; den Leitsätzen für
die statische Berechnung im zweiten Abschnitt schliesst sich im dritten
Abschnitt das Rechnungsverfahren mit Beispielen an. Beim ersten Ab-
schnitt mag auffallen, dass die Vorschriften sich sogar auf nebensächlich
erscheinende Kleinigkeiten erstrecken, woraus aber entnommen werden
mass, dass die Eisenbetonweise nur Vertrauen verdient, wenn bis ins
kleinste sorgfältig gearbeitet wird. Aus dem zweiten Teile muss her-
vorgehoben werden, dass bei Biegung die Eiseneinlagen imstande sein
müssen, sämtliche Zugkräfte aufzunehmen.
Die Brücke, deren Herstellung wir nun beschreiben wollen, hat die
bei Zusammenlegungssachen häufig vorkommenden Ausmessungen von 5 m
Fahrbahnbreite und 4 m Durchflussweite. Auf die Herstellung der Funda-
mente, Widerlager, Flügel und der Sohlenbefestigung aus Beton wollen wir
hier nicht weiter eingehen. Wir nehmen an, dass eine genügende Erhärtung
des Betons eingetreten ist, und dass alle Verschalungen abgenommen sind.
Zeitschrift fQr Vermeo.ung.weaen 1907. Heft 6. 11
ZeriucJulft für
*— -BT-
Digitized by Google
146 Kappel. Betonbrücken. zeiucann^^
1907*' D
Es wird nan zunächst die Verschalung für die Fahrbahnplatte in den
gewünschten Grössenverhältnissen hergestellt und zwar 5 m in der einen
Richtung als Fahrbahnbreite und 4,60 m in der andern Richtung (4 m
Durchflussweite und je 30 cm Auflager bei den Widerlagern). Zu dem
Zwecke wird ein horizontaler Bretterboden in Hohe der Widerlager-
oberkanten durch reichliche Unterstützung angebracht, und rundum werden
senkrechte Bretter bis zur Höhe der Plattendicke aufgesetzt. Im vor-
liegenden Falle berechnete sich die Plattendicke zu 0,32 m bei einer an-
genommenen Nutzlast von 6000 kg.
Nun ging es an das Zurichten der Eiseneinlagen, welches gleich an
Ort und Stelle vorgenommen wurde. Von den schon oben erwähnten, von
Widerlager zu Widerlager reichenden Eisenstäben sollten ursprünglich 50
von quadratischem Querschnitt zu 14 mm Seitenlänge auf die Fahrbahn-
breite verteilt werden; da aber in der nahen Stadt nur Rundeisen von
Fig. L
14 mm Durchmesser zu haben war, so wurden von diesem wegen des ge-
ringeren Querschnittes 60 Stück genommen. Diese Stäbe wurden mit Hilfe
eines übergeschobenen Gasrohres auf die in Fig. 1 dargestellte Form ge-
bogen. Weiter waren noch 120 Stücke Bandeisen von 3 cm Breite und
etwa 60 cm Länge nötig, die in der Mitte geknickt wurden, endlich noch
40 Stück Eisenstäbe von 2,50 m Länge und quadratischem Querschnitt zu
4 mm Seitenlänge, deren Verwendung wir unten sehen werden. Alle diese
Eisenteile wurden mit Zementschlempe bestrichen und zum Trocknen nieder-
gelegt, und nun ging es an die Herstellung des Betons für die Fahrbahn-
platte, zunächst des sogenannten Feinmaterials, in welches die Eiseneinlage
eingebettet wird, denn um das Eisen herum dürfen sich keine groben Be-
standteile befinden, erstens weil nur so eine innige Verbindung zwischen
Eisen und Beton möglich ist, und weil zweitens sich unmittelbar am Eisen
keine Hohlräume bilden dürfen, die ein Rosten des Eisens an den be-
treffenden Stellen zur Folge haben würden. Darum enthält das Fein-
material nur Portlandzement, scharfen Rheinsand und ganz feinkörnigen
Sand. Es wurde zunächst nur die eine Hälfte der Fahrbahnplatte, in der
Richtung der Fahrbahn geschnitten, angefertigt und zunächst eine 2—3 cm
starke Schicht des Feinmaterials verteilt und gut angestampft: die Wider-
lager werden vorher an den Auflagerstellen mit Zeitungspapier oder mit
Digitized by GoOgl
zeitsclu-in für
f— ■—mm n
Kappel. Betonbriicken.
147
Dachpappe belegt oder mit einem Lehmbrei bestrichen, damit die Fahr-
bahnplatte nachher in keiner Verbindung mit den Widerlagern steht.
Darauf wurde die Hälfte der in Fig. 1 dargestellten Eisenstäbe auf diese
Schicht nebeneinandergelegt und zwar so, dass sie nach der Mitte der
Fig. 2.
Fahrbahn etwas dichter liegen. Die Stäbe wurden dann wieder mit Fein-
material überworfen, welches angestampft wurde. Wie aus Fig. 2 und 3
zu ersehen ist, wurden dann die vorgenannten Flacheisen auf beide Enden
der Stäbe aufgeschoben und fer-
ner senkrecht zu den Eisen-
stäben die ebenfalls oben ge-
nannten Eisenstäbchen verlegt,
nach der Mitte hin auch in ge-
ringeren Abständen. Diese Eisen-
teile wurden nun wieder mit
einer anzustampfenden Schicht
Feinmaterial Uberworfen, welche
endlich noch mit Zementschlempe
übergössen wurde.
Der nun noch aufzufüllende Beton wurde hergestellt aus Portland-
zement, Rheinsand und Rheinkies. Dass man den Sand und Kies vom
Rheinstrome her besorgte, ist darauf zurückzuführen, dass, wie schon oben
gesagt, die Eisenbetonweise sorgfältigste Arbeit und natürlich auch bestes
Material verlangt, und man nahm an, dass der Sand und Kies aus dem
naheliegenden Burnusse selbst nach mehrmaligem Waschen nicht so frei
von erdigen Bestandteilen sein würde, wie der Rheinsand und -Kies. Dieser
Beton wurde lagenweise aufgefüllt und gestampft, wobei mit dem Stampfen
A / -f<?.
-V— / \~J. . . *cT a q *r*u
1
W V V
. o.oe .
Fig. 3.
Digitizec
148 Zur Frage der Vorbildung des preuss. Landmessers. v^nn,t^H
der vorletzten Schicht die dann noch über den Beton hervorragenden
Enden der Flacheisen mit niedergestampft wurden.
Nachdem so die Hälfte der eigentlichen Fahrbahnplatte hergestellt
war, wurde noch die Stirnmauer angebracht, und zugleich wurden die Ge-
länderpfosten mit eingestampft. Die Herstellung der andern Fahrbahn-
hälfte geschah in derselben Weise, wobei nur zu beachten war, dass die-
selbe gute Verbindung mit der ersten Hälfte bekam (nach § 8 der vor-
genannten ministeriellen Bestimmungen geschieht das in der Weise, dass
frischer Beton gut angenässt wird, während erhärteter Beton aufgerauht,
sauber abgekehrt und angenässt werden muss).
Dass die Platte durch einen guten Zementüberzug gegen das Ein-
dringen von Wasser geschützt sein muss, ist wohl selbstverständlich; nur
fragt es sich, ob nicht noch das Aufgiessen einer Asphaltschicht und Vor-
kehrungen, die dem Wasser den Abfluss ermöglichen, sehr zu empfehlen
sein würden, was bei den Brücken, von denen hier die Rede ist, nicht be-
rücksichtigt ist. Zur vollständigen Fertigstellung der Fahrbahn war noch
eine Schotterdecke von 25 cm Stärke vorgesehen.
Allgemein mag noch bemerkt werden, dass Brücken dieser Art von
der betreffenden Firma bis zu 6 m Spannweite hergestellt werden; bei
grösseren Spannweiten kann man sich den Bau der Brücke so vorstellen,
als ob zunächst von Widerlager zu Widerlager Betonbalken mit Eisen-
einlage, wie eben bei der Platte beschrieben, gelegt worden wären, über
die dann eine dünne Betonplatte ohne Eiseneinlage wie ein Bohlenbelag
gelegt wird — nur dass das Ganze in einem Guss hergestellt wird. Stärke
und Abstand der Balken, Dicke des die Zwischenräume füllenden Beton-
körpers richten sich natürlich nach den gegebenen Verhältnissen.
Zum Schlüsse mag noch erwähnt sein, dass kürzlich die Probebelastung
einer durch dieselbe Firma hergestellten Betonbrücke von 7,75 m Spann-
weite durch eine Dampfstrassenwalze von 15 000 kg stattfand, wobei sich
bei der Belastung eine Durchbiegung von 2 mm, eine bleibende Durch-
biegung von 1 mm zeigte.
Düren (Rbl.), im Dezember 1906. Kappel Landmesser.
Zur Frage der Vorbildung des preussischen
Landmessers.1)
Mit dem grossen Fortschritt auf allen Gebieten der Technik und der
Landwirtschaft, besonders mit der gewaltigen Steigerung der Bodenwert«,
') Wir entnehmen diesen Artikel, der die bisher in unserem Verein geltend
gemachten Anschauungen so treffend zusammenfasst, der Nr. 8 der Deutschen
Landwirtschaftlichen Presse vom 26. Januar 1907.
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\>^ie»«Ünflwfä« Zur FrÄge der Vorbildlulg deB preuss- Landmessers. 149
hat auch die Tätigkeit des Landmessers eine erhöhte Bedeutung gewonnen.
Gegenüber den einfachen Messungen des früheren „ Geometers" bauen sich
diejenigen des heutigen Landmessers auf den streng mathematischen, dem
heutigen hohen Stande der geodätischen Wissenschaft entsprechenden
Grundsätzen auf.
Seitdem das Grundsteuerkataster die rechtliche Unterlage für das
Grundbuch, mit dem es in laufender Uebereinstimmung zu halten ist, bildet,
genügen seine geometrischen Grundlagen, zumal bei den heutigen erhöhten
Ansprüchen an die Sicherung des Grundbesitzes, nicht mehr. Deshalb wird
jetzt bei den Arbeiten zur Erneuerung des Grundsteuerkatasters die Landes-
triangulation weiter ausgebaut und auf dieser Grundlage das ganze Ver-
messungswerk errichtet.
Aber auch jeder der zahllosen und mannigfaltigen bautechni sehen Ent-
würfe, wie der Eisenbahnen, Kanäle, Tunnels, Brücken, Untergrundbahnen
n. s. w., ist abhängig von einer genauen und sachgemässen geometrischen
Aufnahme, wozu auch die Feinnivellements gehören. Ganz besonders hohe
Anforderungen werden jedoch dann an den Landmesser gestellt, wenn es
sich z. B. um die Absteckung der Trace eines Simplontunnels oder um die
Herstellung einer kartenmässigen Unterlage für einen Bahnhof wie in Frank-
furt a/M. oder das Verkehrsprojekt am Potsdamer Platz in Berlin handelt.
Grosse Landestriangulationen und umfangreiche Neumessungen sind
zur Erschliessung unserer Kolonien auszuführen.
Ausser diesen rein geodätischen Aufgaben hat der Landmesser je nach
dem Ressort, dem er angehört, besondere Aufgaben zu erfüllen. Dem
Katasterkontrolleur liegt die Erneuerung bezw. Fortführung des Grund-
und Gebäudesteuerkatasters, sowie die Vorarbeit für die Veranlagung der
Ergänzungssteuer ob.
Der Landmesser der Eisenbahn-, Kanal-, Strombau- und allgemeinen
Bauverwaltung hat die geometrischen Unterlagen für die Projekte, die
Absteckung der Tracen, die Vorarbeiten für den Grunderwerb und die
Unterlagen für die Berichtigung des Grundsteuerkatasters und des Grund-
buchs durchzuführen bezw. zu beschaffen.
Der Generalkommissionslandmesser stellt bei den Separationen und
Zusammenlegungen den Entwurf für die neue Bodenverteilung auf und
bringt die geometrischen Unterlagen zur Erneuerung des Grundsteuer-
katasters bei. Im besonderen ist hierbei seine Aufgabe, die Einschätzung
des alten Besitzstandes zu leiten und das Netz der neuen Strassen und
Gräben, die Lage und Begrenzung der neuen Grundstücke, deren Wert oft
Millionen beträgt, zu entwerfen und ins Feld zu übertragen. Bei dieser
völligen Umgestaltung des gesamten Gemarkungsbildes hat der Landmesser
neben der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse darauf zu achten, dass
die im Gemenge liegenden Grundstücke intensiv zusammengelegt werden,
150 Zur Frage der Vorbildung des prenss. Landmessers. jjuojrtft «r^
alle Grundstücke aber wirtschaftlich (auch fur Zwecke der städtischen Be-
bauung) geformt und durch zweckmässige Wege erschlossen werden, und
dass durch Ent- und Bewässerung die neuen Lehren der Kulturtechnik der
Landwirtschaft dienstbar gemacht werden.
Kurz, die wirtschaftliche Umlegung ist sein Werk, wie es auch die
nach ähnlichen Grundsätzen aufzustellenden Einteilungspläne für Renten-
gutsgründungen sind.
Die Aufgabe des Landmessers der Stadtverwaltung ist es, durch die
technisch sehr schwierige Neu Vermessung und Grenzfeststellung die Unter-
lage für die Erneuerung und Fortführung des Grundsteuerkatasters, für
die Aufstellung des Bebauungsplanes und für sämtliche baulichen Entwürfe
zu beschaffen, den Bebauungsplan durchzuführen, gemäss dem Bebauungs-
plan Baulandumlegungen („Lex Adickes u) und für den städtischen Grund-
besitz kultnrtechnische Meliorationen zu entwerfen, sowie den städtischen
Grundbesitz technisch zu überwachen und das städtische Kartenmaterial
zu verwalten.
Vom Privatlandmeäser verlangt man die Ausführung sämtlicher geo-
dätischen und kulturtechnischeu Arbeiten.
Also überall da, wo es gilt, über den Besitz am Boden zu verfügen 1 |
oder seinen Wert zu erhöhen, sei es durch eine neue Bodenverteilung zu
landwirtschaftlichen, Besiedelungs- und Stadtbebauungszwecken, sei es durch
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, sei es durch Beseitigung der schäd-
lichen oder Nutzbarmachung der förderlichen Einflüsse des Wassers, überall
ist die Mitwirkung des Landmessers unerlässlich. Daher ist auch für den
Landmesser nicht nur eine grundliche und vielseitige Fachausbildung, son-
dern auch das Mass allgemeiner Bildung erforderlich, welches die für seine
verantwortungsvollen Aufgaben notwendige Charakterreife verbürgt, näm-
lich das Reifezeugnis einer neun k lässigen Vollanstalt.
Trotzdem die Berechtigung dieser Forderung auch von der Staats-
regierung nicht in Abrede gestellt *), von berufenen Dozenten der beiden
landwirtschaftlichen Hochschulen zu Poppelsdorf-Bonn und Berlin anerkannt
und diese Forderung schon seit zwei Dezennien fortwährend von den Land-
messern gestellt ist, so wird aber auch heute noch nur die Primareife mit
nachfolgendem praktischem Lehrjahr und viel zu kurz bemessenem vier-
!) „Die Vermessung ist die Voraussetzung einer zweckmässigen Verfügung
über das Land. Sie ist die Grundlage für die Verwaltung, für das Grundbuch
und damit für den Realkredit und für alle auf den Grund und Boden bezüg-
lichen Rechtsverhältnisse." Zielpunkte der deutschen Kolonialpolitik von Bern-
hard Hornburg, Anlage 2.
*) „Ausbildung der preussischen Landmesser und Kulturtechniker. " 3. Auf-
lage. Erschienen im Auftrage des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten bei Paul Purey, Berlin. Dort heisst es: „In wenigen Berufsarten
wird den Angehörigen so früh die Bestallung zuteil wie im Landmesserfach.
Wer es aber nicht ganz eilig hat, schliesse seine Schulbildung mit der Reife-
prüfung der neunstufigen höheren Schule ab."
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^^iuchrift^fjj^ Zur Frage der Vorbildung des preusa. Landmessers. 151
semestrigem Mindeststudium als Vorbedingung zur Landmesserprüfung ge-
fordert.
Sicherem Vernehmen nach soll zwar die preussische Staatsregierung
gewillt sein, vor Eintritt in die selbständige Berufsausübung, d. h. zur Er-
langung des Landmesserpatentes, eine dreijährige praktische Tätigkeit
nach abgelegtem erstem Examen vorzuschreiben, welche Bedingung schon
heute in Form eines zweiten Examens von den beamteten Landmessern
erfallt wird. Hierdurch würde aber nicht erreicht, dass der Studierende
die zum Hochschulstudium nötige Keife und im besonderen die zum Ver-
ständnis der mathematischen Vorträge erforderlichen Vorkenntnisse mit-
bringt, und nicht wäre die Gefahr beseitigt, dass der Landmesserberuf als
die letzte Zuflucht von denjenigen Primanern, welche das Reifezeugnis
nicht zu erlangen vermochten, ergriffen wird.
Dass die Primareife nicht die ausreichende Vorbildung und Allgemein-
bildung zum Studium der Geodäsie und Kulturtechnik bietet, zeigt ein
Vergleich des Lehrplans der Obersekunda eines Gymnasiums mit denen
der Landwirtschaftlichen Hochschulen , sowie die unverbältnismäasig hohe
Zahl verunglückter Existenzen unter den Geodäsiestudierenden. Rund
20°/0 erreichten seit Beginn der Hochschule ihr Ziel nicht; aber je bessere
Vorbildung, desto seltener ein Misserfolg : von 375 Abiturienten bestanden
7,7 o/0, von 136 Oberprimanern 15,4 o/0 und von 1625 Unterprimanern
IS.5% das Examen nicht; sie scheiterten an der höheren Mathematik,
der sphärischen Trigonometrie, der Differential- und Integralrechnung, i)
Die Befürchtung eines plötzlichen Landmessermangels infolge der Abi-
turiumforderung widerlegt sich schon durch den Hinweis auf Bayern, wo
wegen des grossen Andrangs vor der Landmesserlaufbahn gewarnt wird.
Ausserdem haben wir in Preussen einen UeberfJuss an Landmessern, welcher
sich durch die grosse Anzahl der Studierenden und der im Elevenjahr
stehenden vergrössern und bald peinlich fühlbar machen wird. Wenn
trotzdem in einzelnen Verwaltungszweigen zeitweise ein Mangel an Land-
messern eintritt, so liegt dies lediglich an der Abneigung der Landmesser
gegen den Eintritt bei Verwaltungszweigen, welche ihm sehr geringe Aus-
sichten bieten.
Die Forderung der Reifeprüfung ist, nachdem sie fast allen
Reruf8zweigen mit akademischer Ausbildung zugebilligt ist, in Würdigung
seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung auch dem Landmesser nicht-
länger vorzuenthalten — nicht zum mindesten zum Wohle unserer
vorwärtsstrebenden Landwirtschaft. H. Z. M.
l) In Bayern, wo ebenso wie in Mecklenburg und Sachsen ausser mehr-
jähriger Praxis und dreijährigem Studium das Abiturientenexamen verlangt wird,
haben jetzt alle geprüften Studierenden in allen Gruppen die Prüfung bestanden.
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152 Vereinsangelegenheiten. — PerBonalnachrichten. /eiuctrm rur
Vereinsangelegenheiten.
Bekanntmaohang. Es hat sich eine „Vereinigung der Kataster-
beamten des Regierungsbezirkes Marienwerder" gebildet, welche
dem Deutschen Geonieterverein als Zweigverein beigetreten ist.
Mitglied dieser Vereinigung kann jeder vereidete Landmesser der
Katasterverwaltung werden, der dem Deutschen Geometerverein angehört
oder beitreten will. Der Vorbtand des neuen Zweigvereins setzt sich aus
nachstehend genannten Herren zusammen:
Vorsitzender: Steuerrat Maruhn in Marienwerder.
Schrift- und Kassenführer: Steuerinspektor Pfundt daselbst.
Beisitzer: Steuerinspektoren Bauer und Helmdach, beide in Grau-
denz wohnhaft.
Berlin, im Februar 1907.
Die Vorstandschaft des Deutschen Ceometervereins.
P. Ottsen.
Königreich Freussen. Katasterverwaltung.
Gestorben: St.-l. Schmidt in Trier.
Zum Steuerinspektor ernannt: K.-K. Klett in Bereut.
Versetzt: die K.-K. St.-l. von Clausen von Labbnitz nach Leob-
8chütz, Biskanip von Homburg v. d. H. nach Schleusingen, Tag von
Schleusingen nach Homburg v. d. H. (zum 1. April 1907).
Befördert: Zum Kat.-Landmesser la: K.-L. Knaust von Stettin
nach CöBlin.
Ernannt: Zu Kat.-Landmessern Ib: Nitz in Oppeln und Schulz,
Erich, in Magdeburg.
Freie Aemter und Stellen: Die Kat-Aemter Königsberg I, Reg.-
Bez. Königsberg, und Kalau, Reg.-Bez. Frankfurt a/O., sind zu besetzen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Oek.-Rat Spilker in Düssel-
dorf den R. A.-O. 4. Kl. verliehen. — Versetzung zum 1./4. 07: L. Hein-
sohn von Düren I nach Posen zur Ans. -Komm. — In den Dienst neu ein-
getreten sind: Krause (definitiv zum 15./1. 07 angenommen, als Assistent
nach Berlin versetzt), Buch und Trende in Düsseldorf (zur vorläufigen
Beschäftigung übernommen, vom Militär zurück).
Königreich Sachsen. Obervermessungsinsp. Beuch elt vom 1. Fe-
bruar 1907 ab auf ein Jahr in Wartegeld versetzt. Oberlandm. Weidauer
in Leipzig Ende Marz 1907 in Ruhestand, vom 1. April Bezirkslandm.
Kästner in Auerbach nach Leipzig versetzt und Finanzlandm.-Assistent
Lieloch zum Bezirkslandmesser in Auerbach ernanut.
Königreich Württemberg. Dem Obergeometer Fetz er in Stuttgart
ist von S. M. dem König der Titel und Rang eines Rechnungsrates ver-
liehen worden.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Der M vimalfehler und die amtlichen Fehler-
grenzen; ferner Vergleichung einer Reihe zufalliger Kreignisse mit dem Fehler-
gesetz, von R. Vogeler. — Kurvensammler, von Bechtie. — Betonbrücken,
von Kappel. — Zur Frage der Vorbildung des preussischen Landmessers. —
Vereinsangelegenheiten. — Personalnachrichten.
Verlag vou Kourad Wittwcr in Stuttgart.
Druck you Carl Hammer, Kgl. Hofbachdruckerei in Stuttgart.
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163
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuer rat ^ Dr. O. Eggert, Professor
MUnchen 72, Katattefbureau. Dansig-Langfuhr, Ahornweg 10.
-M
1907. Heft 7. Baud XXXYI.
— ->-• L März. ?-<
Der Abdruck tob Original- Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltnng Ist untersag/t.
Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen.
Von Prof. Jos. Adamczik in Prag.
Alle Kartenentwürfe, welche die exakten Regeln einer rein-geometrischen
Projektion strenge einhalten und jeder mehr oder weniger willkürlichen
Abänderung entsagen, sind eigentlich Aufgaben der darstellenden Geo-
metrie und sollten überall dort, wo es sich um graphische Darstellungen
handelt, auch wirklich in sorgfältiger Weise nach den Methoden, welche
die darstellende Geometrie lehrt, behandelt werden. In erster Linie gilt
dies von den Kartenentwürfen in „Zentraler (Gnomonischer) , Stereo-
graphischer und Orthographischer (Orthogonaler) Projektionsart u.
Im Nachstehenden wird nun versucht werden, zu erweisen, dass bei
einer zweckmässigen Wahl der Lage des Projektionszentrums und der
Bildebene zum räumlichen Koordinatensystem, bezw. zur Lage der Pro-
jektionsebenen, keine der anderen graphischen Darstellungsweisen die
üebersichtlichkeit und Eleganz der Methoden der darstellenden Geometrie
erreicht. Aber auch zur Begründung und Beweisführung der Konstruk-
tionsresultate eignen sich die Regeln der darstellenden Geometrie weit
besser als eine mathematische Beweisführung an der Hand von meist un-
übersichtlichen und unvollständigen Skizzen. Da hierzu auch die Kennt-
nisse der einfachsten Grundregeln und Konstruktionsprinzipien der dar-
stellenden Geometrie vollständig ausreichen, so empfiehlt es sich ganz be-
sonders für den Unterricht in der Kartenprojektionslehre, wenigstens an
allen technischen Lehranstalten die Methoden der darstellenden Geometrie
hierbei in Anwendung zu bringen.
ZeUictarift for VenneMnngtwesen 1907. H«ft 7. IS
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|54 Adamczik. Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen, ^atnygrttttr
1907.
A. Orthographische (Orthogonale) Projektion.
In Figur 1 ist die „Orthographische Horizontalprojektion"
dargestellt, wobei der Kartenmittelpunkt b eine geographische Breite
(jp = 60° besitzt. Der Meridian von b ist parallel zur vertikalen Pro-
jektionsebene und der Erdradius Ob senkrecht zur horizontalen Projek-
tionsebene angenommen. Infolgedessen stellt sich der ganze Kartenentwurf
in der Horizontalprojektionsebene dar und die Polachse erscheint in ihrer
Horizontalprojektion NlSl parallel zur X-Achse. Führt man eine dritte
Projektionsebene, die sogenannte Hilfsprojektionsebene, senkrecht zur Pol-
achse Ni S2 ein' WODei die Schnittlinie dieser Hilfsprojektionsebene mit der
vertikalen Projektionsebene die neue Z- Achse ergibt, so erscheint in der
dritten Hilfsprojektion die Erdkugel in der orthogonalen Polarprojektion
und es bilden sich daher in dieser dritten Projektion die Meridiane als
gerade Linien und die Kugelparallelkreise als konzentrische Kreise in
ihrer wahren Grösse ab. Da sowohl die horizontale Projektionsebene, als
auch die Hilfsprojektionsebene senkrecht zur Vertikalebene stehen und uro
ihre beiden Schnittlinien einerseits die X-Achse und andererseits die Z
Achse in die Vertikalebene (als Zeichnungsebene) umgeklappt zu denken
sind, so ist es vollkommen einleuchtend, dass die dritte Projehtion irgend
eines Punktes von der Z-Achse ganz den gleichen Abstand haben muss,
wie die erste Projektion desselben Punktes von der X-Achse, und zwar ist
dies der Abstand des betreffenden Raumpunktes von der Vertikalebene,
welcher Abstand allgemein mit y bezeichnet wird. Die Anwendung einer
solchen Hilfsprojektionsebene wird auch vielfach als Transformation der
Projektionen bezeichnet und es gilt hier folgender Lehrsatz: „Der Ab-
stand der neuen (hier dritten) Projektion eines Punktes von der neuen
(hier Z-) Achse ist gleich dem Abstand seiner wegfallenden (hier ersten)
Projektion von der alten (hier X-) Achse."
Da nämlich im allgemeinen die Lage eines Punktes im Räume durch
zwei Projektionen vollständig bestimmt wird, so braucht man eigentlich
nur mit zwei Projektionen zu arbeiten und könnte sich demgemäss beim
Uebergang von der zweiten auf die dritte Projektion die erste als die weg-
fallende Projektion denken.
Die Polachse stellt sich sonach in der dritten Projektion als ein Punkt
(^3> flfi 03) dar, dessen Abstand von der 2- Achse gleich dem Abstände
des Kugelmittelpunktes 0, von der X-Achse ist. Alle Punkte des Meri-
dians von b haben diesen gleichen y-Abstand und infolgedessen erscheint
dieser Meridian in der Geraden t8£s parallel zur Z- Achse dargestellt
Durch Projizieren der Punkte a und e nach a8 und <?8 ergeben sich sofort
die Radien der dritten Projektionen der Parallelkreise, welche hier in
wahrer Grösse erscheinen. Man kann also leicht nach obiger Erläuterung
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in der dritten Hilfsprojektion sämtliche Parallelkreise und die geradlinigen
Meridiane einzeichnen. Letztere mit Benützung des Zentriwinkels, welcher
durch die geographische Länge gegeben ist. In unserer Figur 1 sind auf
diese Weise in der dritten Projektion nur die Meridiane und Parallelkreise
you 30° zu 30° eingezeichnet, um die Figur nicht zu überladen.
Digitized
156 Adamcrik. Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen. T^ggggjg,,
Mittels dieser dritten Hilfsprojektion lassen sich nun in der ge-
wünschten Horizontalprojektion sämtliche Parallelkreisbilder, welche sich
hier als Ellipsen darstellen, leicht ans ihren Achsen konstruieren und ferner
sämtliche Meridianbilder, welche sich in der Horizontalprojektion ebenfalls
als Ellipsen ergeben, aus ihren konjugierten Durchmessern bestimmen.
Man kann sonach sämtliche in der Kartenzeichnung auftretenden Ellipsen
aus ihren geometrischen Bestimmungsstücken (Achsen und konjugierten
Durchmessern) konstruieren, was viel genauer ist, als eine punktweise Be-
stimmung dieser Kurven.
Zunächst erkennen wir, dass der Grosskreis mit den Durchmessern
en und Im, dessen Ebene senkrecht auf dem Kugelradius Ob steht und
parallel ist zur Horizontalebene, die Kugel in die obere sichtbare und die
untere unsichtbare Hälfte teilt. Man sieht, dass demnach der Kugel-
äquator durch den Durchmesser Im ebenfalls in den oberen sichtbaren
und in den unteren unsichtbaren Teil zerlegt wird. Der sichtbare Teil des
A equators ist in der Horizontalprojektion durch die Halbellipse dargestellt,
deren grosse Achse lxmx ist und deren kleine Achse durch die Strecke
OxKx gegeben ist. Der Parallelkreis in der Breite <p = 30° ist bereits
ganz sichtbar ; ex fx ist die kleine Achse und gx hx die grosse Achse der
Bildellipse. Die grosse Achse glkl = <78Ä3 = e&fs = e2f2 erscheint in
wahrer Grösse des Kugel-Parallelkreisdurchmessers. Die Abstände der
Punkte <7S von der Z-Achse und gx von der X-Achse sind als das y des
Punktes g einander gleich. Desgleichen die Abstände der Punkte Aa von
der Z-Achse und Ä, von der Z-Achse. Analog ergibt sich das Parallel-
kreisbild in der Breite <p — 60° Hierbei ist o, bx die kleine Achse und
cxdx — c9d3 die grosse Achse der Bildellipse.
Um den Meridian pNqS zur Darstellung zu bringen, welcher um 30°
vom Meridian von b absteht, hat man zu bedenken, dass .V, Sx jedenfalls
ein Durchmesser der Meridianbildellipse sein wird. Der zweite konjugierte
Durchmesser px qx ergibt sich sehr leicht, indem man die y- Abstände seiner
Endpunkte p und q aus der dritten Projektion in die erste Projektion
überträgt, also den Abstand px von der Z-Achse gleich macht dem Ab-
stände p„ von der Z-Achse und ebenso den Abstand qx von der Z-Achse
gleich macht dem Abstände q9 von der Z-Achse.
Der Meridian m Nl S, dessen Ebene senkrecht auf dem Hauptmeridian
(von b) steht, ergibt als Bild eine Ellipse, deren grosse Achse lxmx und
deren kleine Halbachse durch die Strecke Nx Ox gegeben ist. Diese Ellipse
enthält selbstverständlich auch die Punkte c„ äl% gx und hx in sich.
Auf diese Art kann man also sämtliche Meridiane zur Darstellung
bringen, ohne aber die Ellipse punktweise konstruieren zu müssen.
Digitized by Google
^wchrtft fur Adamczik. Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen. 157
In Figur 2 ist die „ Aequatoriale Zentralprojektion u mit Zu-
hilfenahme aller drei Hauptprojektionsebenen (Horizontal-, Vertikal- und
Kreuzriasebene) dargestellt, wobei es am zweckmässigsten erscheint, die
I Bildebene, in welcher der ganze Kartenentwurf erscheint, parallel zur ver-
tikalen Projektionsebene anzunehmen. Hx ist die Horizontalspur und JSCa
die Kreuzrissspur der Bildebene, welche die Kugel in einem Punkte e des
Aequators berührt, welcher Punkt auch als Kartenmittelpunkt gilt. Das
Projektionszentrum ist der Kugelmittelpunkt, welcher durch seine Hori-
zontalprojektion C'j und seine Kreuzrissprojektion C3 bestimmt ist. Der
Pol ist durch seine Projektionen 1\ und P3 gegeben. Um eine Ueber-
ladung der Figur zu vermeiden, seien wieder nur die Meridiane und Pa-
rallelkreise von 30° zu 30° zur Darstellung gebracht.
Da die Meridiane in der Horizontalprojektion als Gerade erscheinen,
so erfolgt die Konstruktion der Kartenmeridiane am einfachsten mit Be-
nützung dieser Projektion. Der Projektionsstrahl Cxax gibt im Schnitt-
punkte mit der Spur Hx der Bildebene den Bildpunkt ax' in erster und
auf dem Aequatorbilde in a/ in zweiter Projektion. Da die Meridian-
ebenen horizontal-projizierend sind, so sind ihre Schnittlinien mit der Bild-
ebene vertikale Gerade, welche die Kartenmeridiane darstellen. Das Gleiche
gilt für die übrigen Meridiane von 6, c, d und e.
In der Kreuzrissprojektion erscheinen die Parallelkreise als Gerade.
Man kann hier sofort die im Hauptmeridian (durch c) gelegenen Punkte
/s< 9* Ulla* h mittels der Projektionsstrahlen, welche sämtlich durch C3
gehen, auf die Bildebene projizieren. Hierbei ergeben sich zunächst die
Bildpunkte in dritter Projektion in ft', gz', und ig'. Ihre Vertikal-
projektionen fe, Aj' und ig' liegen auf dem durch gehenden Karten-
hauptmeridiane.
Da die sämtlichen Projektionsstrahlen der Punkte eines und desselben
Kugelparallelkreises eine Kegelfläche ergeben, welche von der zu zwei
Kegel-Erzeugenden, bezw. hier zur Kegelachse (zugleich Polachse) parallelen
Bildebene nach einer Hyperbel geschnitten wird, so erscheinen die Karten-
parallelen als Hyperbeln abgebildet. "Wir werden diese Hyperbeln wieder
durch ihre geometrischen Bestimmungsstücke und zwar durch ihre reelle
Achse und ihre Asymptoten festzulegen trachten, was einer punktweisen
Ermittlung dieser Kurven weitaus vorzuziehen ist.
Betrachten wir die beiden Parallelkreise g und i in der geographischen
Breite q> = + 60 o, so erscheint die Kreuzrissprojektion des Doppelkegels,
welcher durch die Gesamtheit der Projektionsstrahlen der Parallelkreis-
punkte gebildet wird, durch die Konturstrahlen p508«8 und C8*sr»
Darstellung gebracht. Die Strecke r9s5 gibt den Durchmesser r« der
B. Zentrale (Gnomonisohe) Projektion.
Digitized by
Basis dieses Kegels in wahrer Grösse an. Durch r, sY ist diese Kegelbasis
in der Horizontalprojektion bestimmt. Die Bildebene ist zu den beiden
Kegel-Erzeugenden / G und uC parallel. Die Spuren T, und t, der Be-
rQhrungsebenen längs dieser Kegel-Erzeugenden schneiden die Horizontal-
spur Hj der Bildebene in den Punkten w>, und 0|, deren Vertikalprojek-
tionen u>2 und p, in der X-Achse gelegen sind. Die erwähnten Berüh-
rungsebenen schneiden die Bildebene nach den Tangenten an die unendlich
fernen Schnittpunkte der zur Bildebene parallelen Erzeugenden tC und uC
und diese Schnittlinien stellen die Asymptoten der Bildhyperbel vor. Diese
Asymptoten sind also in der Vertikalprojektion durch die Geraden w9c2'
Digitized by Google
T*äSwS5nlfUä«i Adaincrik- Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen. 159
und v%c%' gegeben. Man erkennt aber hier sofort, dass diese Asymptoten
zu den Kontaren C8s8 und C3r8 des Kegels parallel verlaufen, weshalb
die hier beschriebene, allgemein gültige Konstruktion der Asymptoten in
diesem speziellen Falle ganz umgangen werden kann. Es lägst sich sonach
die Hyperbel, welche die Kartenparallelen in der Breite <p = + 600 dar-
stellt, aus ihrer reellen Achse ^'t,' und ihren Asymptoten w%c%' und üaCg'
konstruieren. Ebenso bestimmt sich die Hyperbel, welche die Karten-
parallelen in der Breite <p = +30° darstellt, durch ihre reelle Achse
ZW und die beiden Asymptoten, welche in einfacher Weise durch die
Parallelen zu den Kugelradien Csf3 und C3A3, gehend durch ct' gezogen
werden. Obzwar, wie schon erwähnt, eine derartige Konstruktion der
Hyperbeln mittels ihrer Achse und ihren Asymptoten einem Aufsuchen
einzelner Kurvenpunkte weitaus vorzuziehen sein wird, so sei doch auch
hier noch dieser punktweisen Konstruktion gedacht.
Wenn man die horizontal -projizierende (vertikale) Meridianebene (Cb)
am ihre Horizontalspur C, in die Aequatorebene umlegt, so ergibt sich
sofort in der Strecke die Höhe des Punktes lj über bt' und des-
gleichen ist bx'otf = o2'V zu machen. Die Umlegung der Meridianebene
(Ce) ergibt ebenso die Abstände der Punkte und q2' von dem Aequator-
bildpunkte so dass also die Strecken e,'*0' = W und e/g/ = e^qj
abzutragen sind.
In Figur 3 ist die „Zentrale Horizontalprojektion w dargestellt.
Der Kartenmittelpunkt / besitzt hier eine geographische Breite qp = 30°.
Oer durch l gehende Hauptmeridian ist parallel zur vertikalen Projek-
tionsebene angenommen. Die Berührungsebene im Punkte l der Kugel-
fläche, welche parallel zur horizontalen Projektionsebene ist, erscheint als
die Bildebene mit der Vertikalspur V2 dargestellt. Der Kugelmitteipunkt
C gilt als Projeküonszentrnm.
Der ganze Kartenentwurf stellt sich bei dieser Annahme in der Hori-
zontalprojektionsebene dar. Wir verwenden hier wieder zweckmässiger-
weise eine Hilfsprojektionsebene senkrecht zur Polachse NS als dritte
Projektionsebene und verlegen die Z- Achse in den Bildpunkt Nt' des Nord-
poles und zwar selbstverständlich senkrecht zur Polachse Nt St. Die dritte
Spur der Bildebene U3 verläuft dann durch Ns gehend senkrecht zur Z-
Achse. Denken wir uns für irgend einen Parallelkreis die Gesamtheit der
projizierenden Strahlen, so bestimmen diese einen Kegel, dessen Achse mit
der Polachse NS und dessen Spitze mit dem Kugelmittelpunkte C zu-
sammenfällt. Wir haben es also in der zweiten und dritten Projektion
mit einem senkrechten Kreiskegel zu tun, dessen Achse senkrecht zur
dritten Projektionsebene steht, und welcher durch die vertikal-projizierende
Bildebene in dem betreffenden Parallelkreisbilde geschnitten wird. Wir
betrachten zunächst den Parallelkreis a 6 in der geographischen Breite
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<p = 75°. Die Projektionsstrahlen C2a2 und C262 ergeben in den Schnitt-
punkten mit der Vertikalspur F2 der Bildebene und zwar in und V
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Zeitschrift «r Adamczik. üeber rein-geometrische Kartenprojektionen. 161
die Vertikalprojektionen der Bildpunkte von a und 6. Das Parallelkreis-
bild, welches eine Ellipse sein rauss, weil die den Kegel schneidende Bild-
ebene gegen die sämtlichen Kegel-Erzeugenden geneigt ist, erscheint in
der Vertikalprojektion durch die Gerade «W selbst dargestellt. In der
Horizontalprojektion ergibt sich in a,'V sofort die grosse Achse der Bild-
ellipse in erster Projektion. Halbiert man die Strecke öj'V, so fallt in
diesen Halbierungspunkt die Vertikalprojektion $f dt' der kleinen Achse
dieser Ellipse. Zieht man in diesem Halbierungspunkte eine Parallele zur
Z- Achse (also eine Senkrechte auf die Kegelachse), so erhält man zwischen
den Kontur-Erzeugenden des Kegels den Radius des Kegelparallelkreises
in wahrer Grösse und der mit diesem Radius aus Cs beschriebene Kreis-
bogen schneidet in c3' und d3' die dritten Projektionen der Endpunkte der
kleinen Achse der Ellipse ab. Die Ellipse ist also in der dritten Hilfs-
projektion durch die beiden Achsen Og' b3' und c8' d/ und in der Horizontal-
projektion durch die beiden Achsen *fbt' und <?,'<*,' bestimmt. Dabei ist
cx'dx' = e5'tV und die Abstände der Punkte c3' und d3' von der Z- Achse
sind als die y-Ordinaten der Punkte c und d gleich den Abständen der
Punkte fl,' und d,' von der X-Achse.
Der Kugelparallelkreis tf in der Breite qp = 60° ergibt als Bild eine
Parabel, da die Bildebene zur Kegel-Erzeugenden Ce parallel ist. Das
Bild des Parallelkreispunktes e muss also in unendlicher Entfernung ge-
legen sein. Der Projektionsstrahl C2f-2 ergibt im Schnittpunkte f.2' mit der
Spur Vt die Vertikalprojektion des Scheitels der Parabel, dessen erste Pro-
jektion /*]' ist Die Parabelpunkte ta' und fc3' ergeben sich in den Schnitt-
punkten der Spur U9 mit der Grundkreislinie des Kegels in der dritten
Projektion. Diese Punkte lassen sich auf schon bekannte Weise nach
und hi in die Horizontalprojektion übertragen. Die Tangentialebene,
welche den Kegel längs der Erzeugenden C3*8' berührt, schneidet die durch
die Kegelspitze C parallel zur Bildebene geführte Ebene in der Schnitt-
linie C3»3. Die Gerade V?s'» welche durch den Punkt *„' parallel zur
Schnittlinie C3»3 gezogen wurde, stellt also eine Tangente an die Parabel
im Punkte *3' dar. Diese Parabeltangente ist in der Horizontalprojektion
durch die Gerade hggqt* gegeben.
Man kann also jetzt in der Karte die Parabel konstruieren, indem
die Achse der Parabel, der Scheitelpunkt fx', sowie die zwei Parabelpunkte
und Ay und ferner auch die Parabeltangenten in diesen zwei Punkten
durch die Geraden kx'qx und i/tfi' gegeben sind. Man kann also leicht
den Brennpunkt und die Leitlinie der Parabel suchen. Es lassen sich
aber auch leicht noch beliebige Punkte der Parabel finden, wie z. B. die
Punkte g* und Ä', wenn man wieder den Kegelparallelkreisradius zuhilfe
nimmt. Zieht man in der Vertikalprojektion durch den Bildpunkt gt\
eine Senkrechte auf die Kegelachse und zieht mit dem so erhaltenen
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162 Adamczik. Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen, y^^^J]^
Radios um Ca einen Kreisbogen, bo schneidet dieser die Punkte g/ and
hz' ab, welche nor in die erste Projektion nach gx' and ht' za überführen
sind. Der Kagelparalleikreis in der Breite qp = 30° bildet sich als eine
Hyperbel ab, da die Bildebene, welche den hier in Frage kommenden
Strahlenkegel schneidet, zu den zwei Kegel-Erzeagenden C2o2 und Ctp^
parallel ist. Die Bilder dieser zwei Parallelkreispunkte, o und p müssen
also in unendlicher Entfernung liegen. Der Scheitelpunkt dieser Hyperbel
ergibt sich in i,'- Beliebige Punkte dieser Hyperbel, wie z. B. m' und
lassen sich mit Zuhilfenahme des entsprechenden Kegelpärallelkreisradius
zunächst in der dritten Projektion konstruieren, und mittels der y- Abstände
der Projektionen «13' und w3' werden sodann die Punkte m,' und in
der Horizontalprojektion bestimmt. Wir werden aber wieder besser die
Hyperbel durch ihre reelle Achse und ihre Asymptoten festlegen. Die
reelle Achse ergibt sich in der Strecke Z,' r,', da r,' der Scheitelpunkt des
zweiten Hyperbelteiles ist. Es kommt nämlich hier der Doppelkegel in
Betracht, welchen die beiden symmetrisch zum Aequator gelegenen Pa-
rallelkreise in den Breiten g > =■ + 30° bestimmen. Durch Halbierung der
Strecke Vi' *m Punkte a>, erhält man den Mittelpunkt der Hyperbel.
Zieht man durch a>i die Parallelen zu den Kegei-Erzeugenden Clol und
V\ Pi- bo geben hier in diesem speziellen Falle, da die den Kegel schnei-
dende Ebene parallel zur Horizontalebene ist, diese beiden Parallelen %l
und V auch sofort die Asymptoten der Hyperbel. Der Kartenäquator ist
die durch qt' X zur X-Achse geführte Gerade.
Dass die Meridiane sich in der Karte als Gerade darstellen müssen,
welche durch den Bildpunkt Nx' des Poles hindurchgehen müssen, leuchtet
sofort ein, wenn man bedenkt, dass die sämtlichen Meridianebenen gemein-
sam die Erdachse enthalten und daher ihre Schnittlinien mit der Bildebene
auch durch den gemeinsamen Bildpunkt X' hindurchgehen müssen. Da
die dritte Hilfsprojektionsebene auf der Polachse senkrecht steht, so müssen
auch die diese Polachse enthaltenden Meridianebenen auf der Hilfsprojek-
tionsebene senkrecht stehen, also in der dritten Projektion als projizierende
Ebenen erscheinen. Die Schnittlinien dieser projizierenden Meridianebenen
mit der Bildebene ergeben in der Horizontalprojektion die Kartenmeridiane.
Um den Meridian JB3K3, welcher um 30° Länge vom Hauptmeridian A9JS
absteht, in der Karte darzustellen, bat man nur den Schnittpunkt a8 auf-
zusuchen, welcher sich im Schnitte der Vertikalspur T% der Meridianebene
mit der Vertikalspur F2 der Bildebene ergibt. Seine Horizontalprojektion
a, liegt in der X-Achse, da der Punkt a der Vertikalprojektionsebene an-
gehört. Das gesuchte Meridianbild ist also in der ersten Projektion durch
die Gerade Nx*ax gegeben. Da diese Gerade AT,'«, eine horizontale Spur-
parallele der Meridianebene vorstellt, so muss dieselbe auch parallel sein
zur Horizontalspur 2/j der Meridianebene, welch letztere durch den Hori-
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vro£w«^!!U AdAmczik- üeber rein-geometrische Kartenprojektionen. 163
zontalspurpunkt hx der Polachse hindurchgehen muss, weil die Polachse
eine in der Meridianebene gelegene Gerade ist. Der Meridian DSL3 in
600 Längenabstand vom Hauptmeridian ergibt ebenso in der Geraden #,'01
den gesuchten Kartenmeridian. Desgleichen findet man durch Verlängerung
von jF*8 Os bis zur Z- Achse zunächst den Punkt Ön und hierauf dg und
fl, — n. s. f. Bei der Verlängerung des Meridians 678P8 bis zur Z- Achse
sieht man, dass wohl f3 bestimmbar ist, dagegen et und infolgedessen
auch £, ausserhalb der Zeichnungsfläche fallen würden. Hier lässt sich aber
in einfacher Weise ein Punkt dieses fraglichen Meridians ermitteln,
welcher mit oj symmetrisch zum Hauptmeridian gelegen ist, also den
gleichen Abstand von demselben besitzt Der durch V gehende Haupt-
meridian stellt sich natürlich als Gerade parallel zur X-Achse dar. Der
zu diesem Hauptmeridian senkrecht stehende Meridian (welcher also um
90 o in Länge von dem ersteren absteht) erscheint in der Karte durch die
Gerade dargestellt, welche durch Nx' senkrecht zur X-Achse verläuft.
G. Stenographische Projektion.
In Figur 4 ist die „Stereographische Aequatorialprojektion"
mit Benützung aller drei Hauptprojektionsebenen (der Horizontal-, Ver-
tikal- und Kreuzrissebene) dargestellt, wobei die Bildebene parallel zur
Vertikalprojektionsebene angenommen ist, so dass der ganze Kartenentwurf
in der vertikalen Projektion zur Darstellung gelangt. Hx ist die Hori-
zontalspur und K die Kreuzrissspur der durch den Kugelmittelpunkt 0
geführten Bildebene. Das Projektionszentrum C, welches durch die zwei
Projektionen Cx und <72 bestimmt ist, liegt auf dem Aequator der Kugel-
fläche. Der Nordpol der Kugel ist durch die drei Projektionen Px, P2
und P3 erkenntlich. Wir wollen uns wieder mit der Darstellung der Me-
ridiane und Parallelkreise von 30° zu 30° begnügen, um alle Konstruktions-
details möglichst übersichtlich zu erhalten.
Bevor wir aber auf die Konstruktion näher eingehen, möge der geo-
metrische Lehrsatz von den Wechselschnitten eines Kegels mit einer Kugel
zitiert werden, welcher hier Anwendung finden kann. Derselbe lautet:
^Schneidet eine Kugel einen Kegel in einem Kreise, so schneidet diese
Kugel den Kegel auch noch nach einem zweiten Kreise, dem sogenannten
Wechselschnitte. 1 Oder anders ausgedrückt: „Durch Zentralprojektion
eines Kreises auf eine ihn enthaltende Kugel aus einem beliebigen Punkte
des Raumes entsteht wieder ein Kreis."
Die Konstruktion der Kartenmeridiane erfolgt hier am einfachsten mit
Benützung der Horizontalprojektion, in welcher sich die Kugelmeridiane
als Gerade darstellen. Die Projektionsstrahlen C, a, und Cx bx bestimmen
in den Schnittpunkten a,' und o,' mit der Horizontalspur Hx die ersten
Projektionen der Bilder der Aequatorpunkte a und b des Meridians in 30°
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v«2S£S^!mui Adamcfc- Ueber rein-georaetriache Kartenprojektionen. 165
1907.
Lange. Die Vertikalprojektionen a2' und bt* sind leicht ermittelt. Die
vier Punkte a, a', b and b' liegen natürlich samt dem Zentrum C in der
Aequatorebene. Zieht man im Halbierungspunkte *, der Strecke 0,'V
eine Senkrechte auf dieselbe, so erhält man in ^ den Mittelpunkt eines
Kreiaes, welcher durch die vier Punkte a4, ax\ bx und 6,' hindurchgeht,
Dieser Kreis kann als Grosskreis einer idealen Hilfskugel aufgefasst werden,
welche auch die Pole der abzubildenden Kugel in sich enthalt; t ist der
Mittelpunkt eines Kleinkreises dieser Hilfskugel, welcher in der Bildebene
gelegen ist and die Punkte a', b\ sowie die beiden Pole P und S in sich
enthält Man sieht dies deutlich, wenn man diesen Kreis in der Vertikal-
projektion zeichnet. Dieser Kreis ist aber schon der gesuchte BUdkreis
des Meridians ab. Auch dieser Kugelmeridian ab stellt einen Kleinkreis der
gedachten Hilfskugel dar. Der Meridiankreis a b bestimmt den projizieren-
den Strahlenkegel, dessen Spitze das Zentrum C ist. Man erkennt nach
obigem, dass dieser Strahlenkegel die ideale Hilfskugel mit dem Mittel-
punkte n nach den Wechselschnitten ab and a'b* schneidet. Die gleiche
Konstruktion für den abzubildenden Meridian cd durchgeführt, ergibt in t
den Mittelpunkt der analogen Hilfskugel, welche durch den projizierenden
Strahlenkegel nach den Wechselschnittkreisen cd und dem Meridianbild
tfdf geschnitten wird. Der Mittelpunkt des Kartenmeridians ist hier n,
und auch dieser Bildkreis geht durch die Kogelpole.
Die Kartenmeridiane ergeben also ein Kreisbüschel und die Polachse,
bezw. das Bild des durch das Projektionszentrnm C gehenden Meridians
ist die gemeinsame Chordale für die sämtlichen Meridiankreisbilder.
Nebenbei sei nur erwähnt, dass bei den hier vorliegenden, speziellen
Annahmen mehrfach ein Zusammenfallen von Lüden einerseits und Punkten
andererseits vorkommt. So ist z. B., da ejx -L axbt steht, der Punkt u,
gleich auf dem verlängerten Meridian exfx zu suchen. Da ferner Cxgx X axbx
steht, so fällt der Kreismittelpunkt t mit dem Bildpunkte g< zusammen.
Desgleichen liegt vx auf der Verlängerung des Meridians hxgx und der
Kreismittelpunkt u fällt mit &' zusammen. Ebenso fallen noch die Punkte
o mit h' und m mit a' zusammen.
Die Konstruktion der Kartenparallelen ergibt sich ganz analog mit
Benützung der Kreuzrissprojektion, in welcher die Kugelparallelkreise als
Gerade erscheinen. Um den Parallelkreis rs in der Breite qp = — 60*
abzubilden, hat man zunächst die Projektionsstrahlen C8rs und C8«3 zu
ziehen. Ihre Schnittpunkte mit der Kreuzrissspur K , der Bildebene er-
geben in r3' and V die gesachten Mildpunkte in dritter Projektion. Hal-
biert man die Strecke ra'$3', so ergibt sich in v3 der Mittelpunkt einer
idealen Hilfskugel, welche den Parallelkreis rs als Kleinkreis, dagegen
den Bildkreis f s* als Grosskreis in sich enthält Der projizierende
Strahlenkegel, welcher durch den Kugelparallelkreis rs und das Projektions-
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166 Adamczik. Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen. v«mM«u?5^^w«
1907.
Zentrum C bestimmt ist, schneidet die gedachte Hilfskugel nach den
Wechselschnittkreisen rs und r's\ welch letzterer das gesuchte Parallel-
kreisbild ist. Um den Kartenparallelkreis ziehen zu können, braucht man
nur die Punkte v,, und >y in der Vertikalprojektion zu bestimmen. Analog
schneidet der Strahlenkegel Cpq die Hilfskugel mit dem Mittelpunkte tc
nach den Wechselschnittkreisen pq und p'q0, welch letzterer das gesuchte
Parallelkreisbild liefert. Analog ergeben sich für die nördliche Kugelhälfte
die Parallelkreisbilder i'n' und Vf.
Die Kartenparallelen ergeben demnach ein Kreisbüscbel und das
Aequatorbild ist die gemeinsame Chordale für die sämtlichen Parallel-
kreisbilder.
Das Gradnetzbild weist hierbei lauter rechte Winkel auf, wie dies
auch auf der abgebildeten Kugel selbst der Fall ist. Die stereo graphische
Projektion ist winkeltreu oder konform.
Man kann aber die Konstruktionen der stereographischen Projektion
auch noch auf den folgenden Satz gründen, welcher sich einerseits als
Folge der erwähnten Konformität, andererseits aber auch aus der Identität
dieser Projektionsart mit der inversen Transformation einer Kugel und
der auf ihr liegenden Gebilde in eine Ebene (die Bildebene) ergibt. Der-
selbe lautet: „Die Projektion K' eines Kreises K der Kugel, welcher nicht
durch das Projektionszentrum selbst geht, ist wieder ein Kreis, dessen
Mittelpunkt die Projektion der Spitze des der Kugel nach dem Original-
kreise K umschriebenen Kegels ist."
Und nur die Kugelkreise, deren Ebenen durch das Projektionszentrum
gehen, werden als Gerade abgebildet.
Da nun bei der in der Figur 4 abgebildeten stereographischen Aequa-
torial projektion die Polachse, welche die Spitzen aller nach den Kugel-
parallelkreisen geführten BerOhrungskegel in sich enthält, in der Bildebene
selbst gelegen ist, so sind die Projektionen dieser Kegelspitzen identisch
mit den in der Bildebene gelegenen Spitzen der Berührungskegel selbst
Zieht man also z. B. in ft, die Tangente an die Kugel, so ergibt sich in
£8 sofort sowohl die Spitze des nach dem Parallelkreise In umschriebenen
Kegels, als auch der Mittelpunkt des Parallelkreisbildes l'n' in der dritten
Projektion. Ebenso ergibt die Tangente in ks die Kegelspitze y3, welche
auch als dritte Projektion des Parallelkreisbildes i' k' erscheint. Es liegen
also die Mittelpunkte sämtlicher Parallelkreisbilder alle in der verlängerten
Polachse der Kugel.
Für einen Meridiankreis der Kugel übergeht der Berührungskegel
selbstverständlich in einen Berührungszylinder, da der Meridiankreis ein
Grosskreis der Kugel ist. Es liegt also in diesem Falle die Spitze des
Berührungskegels in unendlicher Entfernung. Die Erzeugenden dieses Be-
rührungszylinders stehen senkrecht auf der Meridianebene. Man erhält
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^JSSSStSm Ad&mczik- üeber rein-geometrische Kartenprojektionen. 167
1907.
sonach den Mittelpunkt des Meridiankreisbildes, wenn man durch das Pro-
jektionszentrum die Senkrechte auf die Meridianebene fällt und diese Senk-
rechte mit der Bildebene zum Schnitt bringt. Bei der stereographischen
Aequatorialprojektion werden also die Mittelpunkte sämtlicher Karten-
meridiane im Schnitte der Aequatorebene der Kugel mit der Bildebene
gelegen sein müssen, weil ja alle auf die verschiedenen Meridianebenen
gefällten Senkrechten mit dem Projektionszentrum selbst in der Aequator-
ebene liegen. So erhält man den Mittelpunkt t des Kartenmeridians a'b'
in erster Projektion, wenn man durch C, den Projektionsstrahl (7, tt senk-
recht auf a, 6, zieht ; oder den Mittelpunkt ylf wenn man den Projektions-
strahl C\ M| -L c, di zieht, u. 8. f.
In Figur 5 ist die n Stereographische Horizontalprojektion "
zur Darstellung gebracht. Der Kartenmittelpunkt d besitzt eine geo-
graphische Breite qr = 30°, diesem liegt diametral gegenüber das Pro-
jektionszentrum C. Die durch den Kugelmittelpunkt, senkrecht auf den
Durchmesser Cd geführte Ebene ist die Bildebene, welche hier parallel
zur Horizontalprojektionsebene verläuft, weshalb auch der ganze Karten-
entwurf in der Horizontalprojektion zur Darstellung gelangt. Die Vertikal-
spur dieser Bildebene ist V%. Wir fuhren hier wieder zweckmässigerweise
eine dritte Hilfsprojektionsebene senkrecht zur Polachse NS ein. Ihre
Schnittlinie mit der Yertikalebene ist die Z- Achse, um welche diese Hilfs-
projektionsebene in die Yertikalebene umzulegen ist. Die Projektions-
strahlen Cc,N2 und C8SS liefern in N' und $' die Bilder der Pole.
Um die Spitze des nach dem Breitenkreise ab umschriebenen Be-
rQhrungskegels in ihrer zweiten Projektion zu erhalten, braucht man
nur in o, die Tangente an den Hauptmeridian zu ziehen. Der Projektions-
strahl C2ßi trifft die Vertikalspur V% der Bildebene in der Vertikal-
projektion des Mittelpunktes des ParaUelkreisbildes a'b'. Die Ueber-
führung in die Horizontalprojektion liefert in ßx' den Mittelpunkt des
Kartenparallelkreises a,'V- Analog ergibt sich in at' der Mittelpunkt des
Kartenbreitenkreises c,'d,'. Den Mittelpunkt des Kartenäquators er-
hält man durch die Senkrechte C, u./ auf den Kugeläquator e» ft. Der
Breitenkreis, welcher durch das Projektionszentrum C geht und hier die
Breite q> = — 30° besitzt, bildet sich in der Schnittgeraden 2 ab. Da
die beiden sich hier schneidenden Ebenen, nämlich sowohl die Bildebene,
als auch die Parallelkreisebene, senkrecht zur Vertikalprojektionsebene
liegen, so verläuft 2X -L zur X-Achse. 2% ist desgleichen -L zur Z- Achse
zu ziehen. In dieser Schnittlinie 2 liegen nun die Mittelpunkte sämtlicher
Meridiankreisbilder, welch letztere natürlich durch die Bildpunkte N' und
£' der Pole hindurchgehen müssen. Alle Senkrechten, welche vom Pro-
jektionszentrum C auf die einzelnen Meridianebenen gefällt werden müssen,
um die Mittelpunkte der Meridiankreisbilder zu erhalten, befinden sich in
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derjenigen Ebene, welche durch C JL auf die Polachse geführt wird, also
in der Ebene des Parallelkreises Gg, welcher die Schnittlinie 2 mit der
Bildebene liefert. In der dritten Projektion erscheinen alle Meridiane als
Gerade, da die Meridianebenen hier projizierend sind. Um den Mittel-
punkt w des dem Meridian l^q% entsprechenden Kreisbildes zu erhalten,
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vera^M^J'um Adamczik. Ueber rein-geometrische Kartenprojektionen. 169
hat man durch C% die Senkrechte C3m-8 auf l3qs zu ziehen, mit 2% im
Punkte ws zum Schnitt zu bringen und sodann den Abstand «?3 von der
Z- Achse in der Schnittgeraden 2X von der X-Achse weg nach ttr, abzutragen.
Zieht man zum Ueberflusae auch noch die Horizontalspur T, dieser Meri-
dianebene, welche durch den horizontalen Spurpunkt £t der Polachse hin-
durchgehen muss, so ersieht man, dass C, wl -L auf 2\ steht, wie es sein
mau, weil der Strahl Gw eine Normale der Meridianebene ist. Ebenso
bestimmen sich durch die Strahlen (',_ r3 -L w3s3 und ferner Csu% JL os/3
zunächst die Mittelpunkte t?8 und »3 in dritter Projektion und sodann
durch Uebertragen der y- Abstände die Mittelpunkte »x und m, der ge-
suchten Kartenmeridiane.
Auch bei der stereographischen Horizontalprojektion bilden sich die
Meridiane und Breitenkreise als zwei Kreisbüschel ab. Der Meridian des
Projektionszentrums erscheint als eine Gerade, welche die gemeinsame
Chordale des ersten (Meridian-) Kreisbüschels ist. Der durch das Pro-
jektionszentrum gehende Breitenkreis bildet sich ebenfalls als Gerade ab,
doch ist diese Gerade durchaus keine gemeinsame Chordale des zweiten
(Breiten-) Kreisbüschels. Das Gradnetz weist aber wieder nur lauter
rechte Winkel auf, wie es die Konformität verlangt.
Ueberblicken wir zum Schlüsse die sämtlichen hier vorgeführten Kon-
struktionen, so erkennt man folgendes :
Sowohl in der Figur 2, als auch in der Figur 4 konnten durch die
Anwendung aller drei Hauptprojektionsebenen die Konstruktionen der
Kartenmeridiane von der Konstruktion der Kartenparallelen ganz getrennt
durchgeführt werden, indem die Konstruktion der Kartenmeridiane aus-
schliesslich mit Benützung der Horizontalprojektion, dagegen die Konstruk-
tion der Kartenparallelen ausschliesslich nur mit Benützung der Kreuzriss-
projektion erfolgte. Dieser Umstand trägt sehr wesentlich zur Erreichung
einer grossen Uebersichtlichkeit in der ganzen Konstruktionsdurchführung
bei Dabei wird aber dennoch der vorhandene Zusammenhang beider Kon-
struktionen keineswegs gestört, da eben beide Konstruktionen trotzdem in
einer und derselben Figur zur Darstellung kommen und alle drei Projek-
tionen in enger , streng geregelter Beziehung zueinander verbleiben. Die
Konstruktionsresultate werden schliesslich wieder in der Vertikalprojektion
vereinigt, wo sich der gewünschte Kartenentwurf ergibt.
Auf ähnliche Weise ist durch die Einführung der dritten Hilfsprojek-
tionsebene senkrecht zur Polachse in den Figuren 1, 3 und 5 erreicht
worden, dass in der dritten Projektion die Meridiane als Gerade erscheinen,
während die Breitenkreise der Kugel bei der gewählten Anordnung in der
Vertikalprojektion als Gerade sich projizieren. Dies führt zu einer ana,
logen Trennung der Konstruktionen für die Kartenmeridiane und Karten-
parallelen, wie vorher. Aber auch die Konstruktion der Kurven aus ihren
Z«i»«brift für Vermewongiweien 1907. H«ft 7. 13
170 Ambronn. Wagner-Tesdorpfsches Taschennivellierinstr. ^JMgJgglJr^
1907.
Bestimmungsstücken , wie es die Achsen, konjugierten Durchmesser and
Asymptoten sind, ist von grossem Werte. —
Diese hier besprochenen, gewiss sehr bedeutungsvollen Vorzüge sind
aber nur durch die Anwendung der Methoden der darstellenden Geometrie
zu erreichen und damit erscheint wohl der eingangs betonte Wunsch ge-
nügend bekräftigt: „Es mögen in der Kartenprojektionslehre mehr
als bisher die Methoden der darstellenden Geometrie ihre voll-
ständig berechtigte Anwendung finden."
Eine neue Form des Wagner-Tesdorpfschen Taschen-
Nivellierinstrumentes.
Um einfache Nivellierungen, bei denen es nicht auf die äusserste Ge-
nauigkeit ankommt, auszuführen, hat man mehrfach kleine Instrumente
konstruiert, welche aus freier Hand zu gebrauchen sind. Es wird durch
die Anordnung zwischen Fernrohr und Libelle möglich gemacht, dass der
Beobachter bei der Visur auf die Latte neben dem Bild derselben und
dem Fadennetz auch zugleich die Stellung der Blase in der Libelle im
Gesichtsfeld erblickt — Eine Reihe solcher Konstruktionen ist im Laufe
der Zeit angegeben und auch ausgeführt worden.
Die zweckmässigste und bei weitem verbreitetste Konstruktion, wenig-
stens auf dem Kontinent, ist diejenige nach R. Wagner-Tesdorpf. Es
linden sich an mehreren Orten genaue Beschreibungen, z. B. in der Zeit-
schrift für Vermessungswesen 1884 8. 149 und 1886 S. 521, in Bonn:
„ Die Landmessungu 1885 S. 539 u. 6. w.
Es hat sich nun herausgestellt, dass dasselbe Prinzip sich auch zur
Verwendung bei Stativiostrumenten ganz gut verwenden lässt, und L. Tes-
dorpf hat deshalb schon vor längerer Zeit auch solche Instrumente, die
erheblich grösseren Anforderungen an Genauigkeit genügen können, gebaut.
Neuerdings ist aber von einigen Seiten der Wunsch geäussert worden,
das Instrument noch soweit auszugestalten, dass es auch mit Elevations-
schraube versehen sei und mit Hilfe einer Nussvorrichtung eine schnelle
Horizontalstellung gestatte, dabei aber auch rohe Horizontalwinkelmessungen
auszuführen erlaube. Das alles sollte aber unter der Bedingung geschehen,
dass die äusseren Abmessungen keine Vergrösserung erleiden, so dass der
Charakter als Tascheninstrument gewahrt bleibe.
Diese Aufgabe ist durch die nunmehr nach Göttingen in den Besitz
der Firma F. Sartori us übergegangene Tesdorpfsche Werkstätte in der
Weise gelöst worden, wie es die beistehenden Figuren erkennen lassen,
deren Erläuterung hier noch gegeben werden soll, weil ich glaube, dass
ein so kleines und in seiner gegenwärtigen Gestalt so vielseitig brauch-
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z«iucörtrt rar Ambronn. Wagner-Tesdorpfsches Tasche nnivellierinstr. 171
Fig. 1.
bares Instrument auch weite Kreise der Vermessungsbeamten interessieren
dürfte.
Auf der Platte (a) erheben sich wie bei dem früher konstruierten
Instrumente die beiden Lagerständer (b) und (6'), welche das Wagner-
Tesdorpfche Nivellierinstrument tragen. Der Ständer (b) ist aufgeschraubt;
der andere (60 ist an die Grundplatte angeschraubt und nach unten hin
verlängert.
Die Grundplatte (a) selbst trägt noch den Dorn (c), welcher als An-
schlag bei der Drehung des Nivellierfernrohres um seine optische Achse
dient. Dieser Oberteil ist mit der Platte (d) vermittels der Spitzen-
schrauben bei (c) derart verbunden, dass er sich vermittels der Elevations-
schraube (ä) um die durch (ee) gehende horizontale Achse im vertikalen
Sinne sicher drehen läset. Die Elevationsschraube (A) ist bei (g) beweg-
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172 Ambronn. Wagner-Tesdorpfsches Taschennivellierinatr.
für
lieh mit der Grundplatte (a) verbunden und über dieselbe ist eine starke
Spiralfeder (t) gestreift, welche die Platten (a) und (d) auseinanderzuhalten
bestrebt ist.
Die Schraube (t) geht durch die Platte (d) hindurch und ebenso durch
einen mit ihr verbundenen Ansatz, der nach unten kugelförmig ausgeschliffen
ist. Die Bewegung zwischen (a)
und (d) wird durch die Schrauben-
mutter (k) bewirkt.
Um die Elevation der Ab-
sehenslinie des Fernrohres und
damit das Gefalle der Visierlinie
zu messen, ist Schraube und
Schraubenmutter als Mikrometer-
werk ausgebildet. Die letztere
trägt zu diesem Zwecke die ge-
teilte Trommel (i), deren Ablesung
mittels des an der Platte befe-
stigten Index (m) geschieht.
Um die ganzen Umdrehungen
der Schraube und damit auch
grössere Gefälle leicht ablesen zu
können , ist mit der Platte (a)
Fig 2 die geteilte Zunge (n) verbunden.
die ihrerseits durch einen an der
Platte (d) bei (o) befindlichen Index abgelesen werden kann. Die Teilung
ist als prozentuale des Gefälles durchgeführt und es lassen sich bequem
noch Hundertstel der Prozente bestimmen. Auf der Platte (d), die die
Verbindung des eigentlichen Nivellierinstrumentes mit dem Unterbau ver-
mittelt, ist die zur schnellen Horizontierung des Instrumentes nötige
Dosenlibelle (f) angebracht. Diese schnelle Horizontierung wird dadurch
ermöglicht, dass der die Platte (d) tragende Zapfen (p), abgesehen von
dem zwischengeschalteten Teilungs- und Nonienkreis (r) resp. (q), nach
unten zu zu einer Kugel ausgebildet ist Diese wiederum ist in eine
Pfanne der Büchse («) gelagert und läuft nach unten in einen Vierkant-
fortsatz aus. Die beiden Schraubenpaare (*), die eine die Büchse (s) ver-
stärkende Flansche durchsetzen, um ihrem Gewinde eine sichere Führung
zu geben, fassen den unteren Fortsatz der Kugel zwischen sich und ge-
statten so eine schnelle und sichere Vertikalstellung der senkrechten Achse
des Instrumentes (*) (*') nach Art der bekannten Nussbewegung.
Mit der Grundplatte (d) ist der Nonienkreis (?) fest verbunden, wäh-
rend der Teilungskreis fest auf der Nussvorrichtung sitzt Eine kurze,
aber sehr sicher geführte Vertikalachse gestattet die Drehung des Ober-
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fjjjgSSJS, Auszog aus dem preuss. Staatshaushalts-Etat. 173
teiles über dem Kreise. Teilung und Nonius sind so eingerichtet, dass
selbst bei den kleinen Dimensionen des Instrumentes (der Kreis hat nur
einen Durchmesser von 4 cm) ein halber Grad noch bequem abgelesen
werden kann.
Die Sicherung des Oberteiles gegen den Teilkreis und zugleich die
Feinbewegung beider Teile gegeneinander erfolgt dadurch, dass um einen
Ansatz, den die Platte (d) nach unten trägt, sich eine Doppelgabel um
die Spitzenachse (v) bewegen lässt. Die beiden anderen Gabelarme fassen
die Schraube (w) zwischen sich und diese greift in den mit dem Teilkreis
aus einem Stücke hergestellten eingekerbten Kreise (V) ein.
Mittels des Griffes (v'). der mit der erwähnten Gabel aus einem Stücke
besteht, kann die Bewegungsschraube aus dem eingekerbten Kreise heraus-
genommen und das Oberteil frei um die vertikale Achse bewegt werden.
Die Feder (tc) sorgt für das feste Einliegen der Bewegungsschraube
in den Kreis (V) und stellt so eine sichere Verbindung zwischen dem
eigentlichen Nivellierinstrumente und dem Teilkreise her.
L. Afnbrotw.
Auszug aus dem preussischen Staatshaushalts-Etat
für das Jahr 1907.
Im preussischen Etat für 1907 sind folgende etatsmässige Stellen für
Vermessungsbeamte und Zeichner vorgesehen:
1. Doraänenverwaltung:
1 Geometer für da« oßtfriesische Moorwesen mit 2100 bis 4200 Mk.
2. Verwaltung der direkten Steuern:
54 Katasterinspektoren mit 4000 bis 6600 Mk.;
800 Katasterkontrolleure und Sekretäre mit 2400 bis 4500 Mk. nebst
einer pensionsfähigen Funktionszulage von 600 Mk. für einen
Katasterkontrolleur für Wahrnehmung der Katasterinspektions-
ge8chäfte in den Hohenzollernschen Landen;
364 Katasterzeichner mit 1650 bis 2700 Mk.;
3 Bezirksgeometer in den Hohenzollernschen Landen mit 1800 bis
4200 Mk.
3. Ansiedelungskommission:
2 Verinessungsinspektoren mit 4000 bis 6600 Mk. ;
28 Vermessungsbeamte mit 2400 bis 4500 Mk.;
25 Zeichner mit 1650 bis 2700 Mk.
Ausserdem einzelne Stellenzulagen für etatsmässige Vermessungs-
beamte von je 300 Mk., ferner 3000 Mk. für Aufsichtsführung in
dem aus 224 Beamten und Gehilfen bestehenden Vermessungsbureau.
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1
174 Aua dem preußsischen Abgeordnetenhause. v«SJSS5w!Sm
4. Finanzministerium:
1 Plankammervorsteher in Berlin mit 4200 Mk.
5. Bauverwaltung :
40 Landmesser, dabei 14 bei Bauausführungen beschäftigt, mit 2100
bis 4200 Mk. ;
1 Landmesser bezieht ausserdem als Deichinspektor 300 Mk.;
1 Landmesser bei der Ruhrschiffahrtsverwaltung etc. 2100—4200 Mk.
Ausserdem sind 2400 Mk. für Aufsichtsführung in den Vermessungs-
bureaus bei Bauausführungen etc. bestimmt.
6. Landwirtschaftliche Verwaltung:
a) im Forsteinrichtungsbureau zu Berlin:
2 Vermessungsbeamte mit 2400 bis 4500 Mk.;
4 Forstgeometer und 2 Zeichner mit 1650 bis 2700 Mk.
b) bei den Generalkommissionen:
13 Vermessungsinspektoren mit 4000 bis 6600 Mk.;
780 Vermessungsbeamte mit 2400 bis 4500 Mk.;
169 Zeichner mit 1650 bis 2700 Mk.
Für Aufsichtsführung in den Vermessungsbureaus sind ausgeworfen
36 750 Mk. , für fixierte Amtskostenentschädigungen der Vermessungs-
beamten 393 000 Mk.
Bemerkung.
Im Etat der Eisenbahnverwaltung sind etatsmässige Stellen für Ver-
messungsbeamte nicht vorgesehen, dagegen 43 Zeichner (künftig weg-
fallend) mit 1500 bis 2200 Mk. P.
Auszug aus den stenographischen Berichten des
preussischen Abgeordnetenhauses
vom 7. und 8. Februar d. J.
(Haus der Abgeordneten. 4. Sitzung am 7. Februar 1907.)
v. Arnim, Minister für Landwirtschaft: Bezüglich der Generalkom-
missionen kann ich nur kurz mitteilen, dass mein Amtsvorgünger in der
letzten Session in Aussicht gestellt hatte, dass zum vergangenen Frühjahr
das Gesetz betreffend die Generalkommissionen fertiggestellt sein sollte;
das ist geschehen. Das Gesetz ist an die Oberpräsidenten und General-
kommissionen zur Begutachtung gegangen, und es ist von dort aus ein
umfangreiches, wertvolles Material eingegangen, das gegenwärtig bearbeitet
wird. Die Angelegenheit wird dann die Ministerialinstanzen zu durchlaufen
haben, wird aber noch — das kann ich schon im voraus sagen — zu ihrer
Regelung recht viel Zeit in Anspruch nehmen; denn die Materie ist so
spröde, so schwierig und umfangreich, dass ich Zweifel hege, ob es mög-
lich sein wird, das Gesetz bis zur nächsten Session fertigzustellen.
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vraMWDnwuu Au8 dem Preu88iBcüen Abgeordnetenhause. 175
Glatzel, Abgeordneter (nat.-lib.): Ich möchte wenigstens mit einigen
Worten noch auf Organisationsfragen eingehen, die doch auch für die
ganze landwirtschaftliche Entwicklung nach jeder Richtung äusserst wichtig
sind. Das Wichtigste scheint mir die Reform der Generalkommissionen
zu sein. In der Budgetkommission ist uns die Auskunft geworden, dass
wir in allernächster Zeit eine derartige Vorlage nicht zu erwarten haben.
Ich persönlich muss sagen: ich hatte auch keine andere Auskunft erwartet.
Es ist eine sehr schwierige Materie, und wenn man sie auch noch mit
Fragen der inneren Verwaltung verquickt, dann mag man vielleicht an
manchen Stellen gar nicht den Wunsch haben, dass man damit so schnell
fertig wird. Aber, meine Herren, es wäre bedauerlich nach mancher Rich-
tung. Es warten viele auf diese Reorganisation; z. B. das ganze Heer
der Landmesser, die eine Verbesserung ihrer Stellung davon erwarten, ist
sehr lebhaft an dieser Organisation interessiert. Ich will die Zeichner er-
wähnen, die ja auch mit einer Petition gekommen sind; die Sekretäre
unserer verschiedenen Verwaltungen — ich erwähne das nur kurz — , sie
alle warten mit sehnendem Herzen auf die Vorlage, damit sie wissen, was
aus ihnen wird. Also ich meine: auch abgesehen von der eigentlichen
Organisation stehen viele schwebende Fragen damit in engem Zusammen-
hang, die ihrer baldigen Lösung harren.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit einen Wunsch an den Herrn
Minister richten. Dass ein erster Entwurf — ich glaube, nur als ersten
kann man ihn bezeichnen — fertig war, das ist bekannt geworden, und
dieser oder jener hat ihn auch vielleicht gesehen. Aber die Kritik, die
einsetzte, hat — wenigstens so hörte ich es von Mitgliedern der Budget-
kommission — zu einer erneuten Prüfung des Entwurfs gefuhrt, die viel-
leicht eine Umarbeitung zur Folge hat. Jede Kritik ist gut, und ich meine,
man sollte so wichtige Gesetze wie dieses nicht hinter verschlossenen Türen
machen. Meine Herren, es beklagen sich namentlich die Landmesser
darüber, dass sie bei der Regelung dieser Fragen gar nicht zugezogen und
nicht genügend berücksichtigt werden. (Sehr richtig!)
Meine Herren, ich bemühe mich immer, in allen Fragen eine möglichst
objektive Haltung einzunehmen. Ich will lieber, wenn es zweifelhaft sein
könnte, ob ich persönlich interessiert bin oder nicht, der anderen Seite
etwas mehr nachgeben, als ich es sonst vielleicht zu tun brauchte, um nur
nicht in den Verdacht der Einseitigkeit zu kommen. Deshalb möchte ich
gerade von dieser Stelle hier auch den Wunsch äussern, man sollte doch
auch die älteren Herren unter den Landmessern heranziehen, wo sich dazu
Gelegenheit bietet, um auch ihr Urteil zu hören. (Sehr richtig!) Wir
wissen ja, dass Bestrebungen unter den Landmessern herrschen, bei Ge-
legenheit dieser Organisation vornehmlich ihren Stand zu heben. An sich
berechtigte Bestrebungen natürlich ; aber sie dürfen nicht so weit gehen,
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176 Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. zeiueurm rar
IHK
dass man die Reorganisation zum blossen Mittel macht und darüber den
Hauptzweck vergisst. Aber selbst wenn man befürchtet, dass jüngere
Herren da zu weit gehen, braucht die Regierung diesen Wünschen nicht
nachzugeben. Aber man sollte doch auf das gewaltige Heer unserer Land-
messer, die so eifrig und tüchtig bei allen Landeskulturarbeiten mitwirken,
soviel Rücksicht nehmen, dass man auch ihnen Gelegenheit gibt, sich zu
diesen Fragen zu äussern. Ich bin überzeugt, der Herr Minister wird,
sobald es an der Zeit ist, dass ein derartiger Entwurf bekannt gegeben
werden kann, es nicht an sich fehlen lassen.
Und noch eins, meine Herren! Gerade weil uns gesagt ist, dass wir
in der allernächsten Zeit — das ist ja ein sehr vorsichtiger Ausdruck, der
aber auch recht dehnbar ist — diesen Entwurf noch nicht erhalten werden,
möchte ich den Herrn Minister bitten, doch nicht andere dringende Vor-
lagen auf diesem Gebiete bis zur grossen Reform zurückzustellen. Ks
drängt da manches, und man kann manchmal mit einer kleinen Novelle,
einer kleinen Verbesserung viel Gutes stiften; das ist manchmal viel wert-
voller als eine grosse einheitliche Reorganisation. Denn bei den einzelnen
Schäden, die sich herausstellen, findet man am leichtesten und richtigsten
das beste Mittel zur Abhilfe; mag es dann später einem grossen Refor-
mator vorbehalten bleiben, alle die einzelnen Teile einheitlich zusammen-
zufassen und ein schönes System zu entwerfen. Wenn wir das zurzeit
nicht können, wollen wir wenigstens, was uns im einzelnen verbesserungs-
bedürftig erscheint, angreifen und Abhilfe schaffen.
Meine Herren, ich habe diese letzten Ausführungen nicht ohne Grund
gemacht. Ich habe schon wiederholt, und auch von anderen Herren ist
es geschehen, auf kleine Mängel hingewiesen, denen sich leicht abhelfen
lässt. Zum Beispiel auf die Vereinfachung des Verwendungsverfahrens.
Wieviel Arbeit könnte man dem Publikum und den Beamten sparen, wenn
man den Anregungen folgte, die ich schon beim Oberdeichgesetz gegeben
habe. Ebenso ist es mit der Vereinfachung und Erweiterung des Verfahrens
bei Zusammenlegungen. Dabei möchte ich noch einen Punkt besonders
betonen, der wichtig wird.
Dem Herrn Minister wird vielleicht schon bekannt geworden sein, dass
in seiner Verwaltung die sogenannten Stadtumlegungen an Bedeutung ge-
winnen. Wir haben hier im Jahre 1902 — es war nicht ganz leicht —
die lex Adickes verabschiedet. Die Bestimmungen, die darin enthalten
sind, schienen uns allen sehr vernünftig zu sein und sind es wohl auch.
Aber leider ist das Gesetz noch nicht in Wirksamkeit getreten; es soll
das an dem Prozentsatz liegen, der für Plätze und Strassen aus der Masse
zu entnehmen ist. Vielleicht könnte man da eine Aenderung in Erwägung
ziehen. Auf der anderen Seite aber, meine Herren, zählt man schon eine
ganze Anzahl von Stadtumlegungen, die nach dem Gesetz vom 2. April 1872
vemwTOlftwM«n AuB <*em Preu88iscüen Abgeordnetenhau8e. 177
1907.
gemacht werden. Es soll das mit gutem Erfolge geschehen sein, und selbst
hier in der Nähe von Berlin, in Rixdorf, ist eine solche Ausführung er-
folgt. Aber, meine Herren, es ist sehr schwierig, die Dinge in Gang zu
bringen, weil man dieses auf landwirtschaftliche Verhältnisse zugeschnittene
Gesetz nur mit einem gewissen Zwange auf Stadtgebiete anwenden kann.
Das wäre mit einer Kleinigkeit zu ändern, und ich meine sogar, es liegt
eine dringende Veranlassung dazu vor. Man sollte den Stadtverwaltungen
das Recht geben, für Gebiete, wo ein Fluchtlinienplan gemacht worden ist
oder gemacht werden soll, die Umlegung zu verlangen, ohne erst viel nach
Majoritäten zu fragen, die man, wenn man sie will, schliesslich mit Ge-
schick und Mühe zusammenbekommt; unter Umständen muss man aller-
dings den ganzen Plan an irgend einem unvernünftigen Widerspruch
scheitern lassen. Meine Herren, dieser Zwang wäre kein so grosser Ein-
griff, wie es auf den ersten Blick scheint. Ich will Ihnen ein Beispiel an-
führen. Wir haben hier in der Nähe von Berlin eine ganze Reihe von
städtischen Feldmarkkomplexen, bei denen — und das konnten die Eigen-
tümer nicht hindern — ein Fluchtlinienplan gemacht ist. So weit reicht
der Zwang: die Eigentümer haben nur gewisse Einsprüche gegen Details,
wie sie das Fluchtliniengesetz gestattet, aber müssen sich dem unterwerfen,
dass ihre Grundstücke in einen einheitlichen Fluchtlinienplan einbezogen
werden. Nun ist dieser Plan festgestellt; ich kenne mehrere solcher Fälle,
wo man bei dem Fluchtlinienplan nicht in der Lage war, auf die Parzellen-
lage die Rücksicht zu nehmen, die die augenblicklichen Eigentumsverhält-
nisse eigentlich erfordert hätten; denn dann hätte man kein vernünftiges
Wegenetz, kein vernünftiges Fluchtliniennetz schaffen können. Man ist
also über die augenblicklichen Eigentumsverhältnisse hinweggegangen, hat
einen schönen Bebauungsplan geschaffen. Aber was ist die Folge? Kein
Mensch kann bauen, weil die Parzellen z. B. langgestreckt die Kreuz und
die Quer über die Strassen hinweglaufen, teils zu schmal, teils zu schlecht
geformt sind; die Kalamität ist da: die Leute haben ein schönes Flucht-
linienuetz, und kein Mensch ist in der Lage, zu bauen. Wäre es da nicht
ein gesunder Zustand, in solchen Fällen im Wege des Zwanges eine Um-
legung der Grundstücke vorzunehmen und den Eigentümern zu sagen : ihr
sollt euch gefallen lassen, dass von der Behörde eure Grundstücke so ge-
formt und zugeschnitten werden, dass ihr auch wirklich darauf bauen könnt.
Ich hätte den Mut, das zu sagen, und ich glaube, wenn von der Regierung
Vorschläge in diesem Hause gemacht würden, sie würden wahrscheinlich
Zustimmung finden.
(Haus der Abgeordneten. 5. Sitzung am 8. Februar 1907.)
Vizepräsident Dr. Krause (Königsberg): Wir gehen über zu
Kap. 101, Generalkommissionen. Ich eröffne die Besprechung über Tit. 1.
Das Wort hat der Herr Berichterstatter.
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178 Aus dein preußischen Abgeordnetenhause. fmSSSSSSSmmm
1907.
v. Arnim-Züsedom, Berichterstatter (kons.): Meine Herren, bei
diesem Kapitel ist zu erörtern, dass in der Budgetkommission der Herr
Minister gefragt wurde, wann der Gesetzentwurf Uber die Reorganisation der
Generalkommissionen zu erwarten sei. Es war im vorigen Jahre von dem
Herrn Minister erklärt worden, dass der neue Gesetzentwurf im Laufe
dieser Session zu erwarten sei. Der jetzige Herr Minister hat aber er-
klärt, dass der Gesetzentwurf im vorigen Sommer an die Oberpräsidenten
und einige andere Stellen zur Begutachtung gegangen ist, dass aber doch
so viele Anstände von den verschiedenen Behörden erhoben seien, die nun-
mehr durchgearbeitet werden müssten, dass nicht anzunehmen sei, dass
der neue Gesetzentwurf noch im Laufe dieser Session dem Hause werde
zugehen können.
Vizepräsident Dr. Krause (Königsberg): Das Wort hat der Ab-
geordnete Leppelmann.
Leppelmann, Abgeordneter (Zentr.): Meine Herren, der Etat der
Generalkommissionen zeigt wie in früheren Jahren auch in diesem Jahre
wieder eine erhöhte Ausgabe. Daraus ergibt sich, dass die Arbeiten der
Generalkommissionen sich auch vermehrt haben. Die andere Frage, die
daraus entsteht, ist die, ob mit den vermehrten Arbeiten auch die Zahl
und die Besoldung dieser Beamten eine entsprechende geworden ist. Dies
kann im allgemeinen wohl nicht bejaht werden. Dass den Vermessungs-
beamten durch Zuteilung von Zeichnern eine Hilfe gegeben worden, ist zu
begrüssen. Nach dem Etat sind 37 Hilfszeichner und 200 Rechengehilfen
hinzugekommen. Erfreulich ist auch, dass 70 Vermessungsbeamte, die
früher diätarisch beschäftigt waren, jetzt etatsmässig angestellt worden sind.
Die Generalkommissionen bezw. Spezialkommissionen haben sich in
den letzten Jahren vielfach mit dem sogenannten Zusammenlegungs verfahren
beschäftigen müssen, und das veranlasst mich, hierüber einiges zu sagen.
Es sind hierbei mitunter recht unliebsame Erscheinungen hervorgetreten,
die vielleicht zu vermeiden gewesen wären, wenn anders vorgegangen wäre.
Ich gebe zu, dass namentlich die Spezialkommissare und die Landmesser
bei dem Zusammenlegungsverfahren schwierige Aufgaben zu erfüllen haben;
deshalb verdienen sie auch, dass sie dementsprechend finanziell gut gestellt
werden. Herr Kollege Wallenborn hat gestern schon hervorgehoben, dass
es wünschenswert ist, dass bei diesem Verfahren die Spezialkommissare
recht lange an derselben Stelle bleiben, damit sie die örtlichen Verhältnisse
und den Charakter der Bevölkerung näher kennen lernen, was notwendig
ist, um unangenehme Vorkommnisse möglichst zu vermeiden. Das Zu-
sammenlegungsverfahren ist gewissermassen ein Eingriff in das Eigentum.
Der Landwirt, der so recht von Beruf Landwirt ist, hängt mit Lust und
Liebe an seiner Scholle, und so ist zu verstehen, dass dieses Verfahren
leicht Unzufriedenheit und Uneinigkeit hervorruft. Das habe ich auch in
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mSSSSSmSS« AuS dem Preu88i8chen Abgeordnetenhause. 179
1907*
meiner engeren Heimat Westfalen erfahren. Vielen Grundbesitzern ist die
Generalkommission bezw. Spezialkommission eine ganz unbekannte Behörde;
ebenso unbekannt auch dieses Zusammenlegungsverfahren. Manche sagen:
mir wird raein Grund und Boden genommen, anderer wird mir zugeteilt,
und ich habe nichts dabei zu sagen. Das ruft leicht Erbitterung hervor.
Es ist daher notwendig, dass die Betreffenden über das Zusammenlegungs-
verfahren aufgeklärt und Missverständnisse beseitigt werden.
Ferner klagt man oft über die Kosten des Zusammenlegungsverfabrens;
man kann vorher auch keine Klarheit darüber bekommen, wieviel die Zu-
sammenlegung kosten wird. Wenn man bei der Ausführung die wirt-
schaftlichen Verhältnisse mehr berücksichtigt und nicht zu sehr auf
einen schönen Plan und gerade Wege sieht, kann an den Kosten oft viel
gespart werden. Ferner empfiehlt es sich, unparteiische Sachverstän-
dige bei dem Verfahren zu hören, besonders wenn Streitigkeiten unter den
Beteiligten entstehen. Die Interessenten urteilen nicht immer so objektiv,
als wenn solche Persönlichkeiten zugezogen werden, die an und für sich
mit der Sache nichts zu tun haben.
Meine Herren, es ist nicht zu verkennen, dass eine Zusammenlegung
der Grundstücke manche Vorteile hat und ein zusammenliegender Besitz
viel besser und rentabler bewirtschaftet werden kann als ein zersplitterter.
Die Herren, die bei der Zusammenlegung mitwirken — davon bin ich
überzeugt — , haben die beste Absicht, allen gerecht zu werden; aber es
muss, wie ich das vorhin schon erwähnte, mit den lokalen Verhältnissen,
mit dem Charakter der Bevölkerung gerechnet werden. Etwas Geduld ist
besser, als die Sache übereilen, bevor ein solches Verfahren eingeleitet
wird. Nach dieser Richtung möchte ich bitten, in Zukunft zu verfahren,
damit die unliebsamen Erscheinungen, die mitunter zutage treten, im In-
teresse der Sache möglichst vermieden werden. Möchten diese Ausfüh-
rungen dazu beitragen.
Ich bitte den Herrn Landwirtschaftsminister, nach dieser Richtung hin
seinen Einfluss geltend zu raachen. (Bravo!)
Witzmann, Abgeordneter (nat.-lib.): Meine Herren, die Vermessungs-
beamten bei den Generalkommissionen sind eine der mehreren Landmesser-
kategorien, die wir im Staate haben. Es ist Ihnen bekannt, dass Land-
messer in fast allen Zweigen der Staatsverwaltung zu finden sind. Wir
haben Landmesser bei der Eisenbahnverwaltung, Landmesser bei der Kanal-
und Strombauverwaltung, bei den Kommunalverwaltungen, wir haben die
Katasterkontrolleure, deren Haupttätigkeit bekanntlich auch Vermessungen
sind, und endlich haben wir eine grosse Anzahl von privaten Landmessern.
Alle diese Herren haben, soviel mir bekannt, die gleiche Vorbildung. Zum
Eintritt in den Landmesserberuf wird Primareife erfordert dann folgt eine
einjährige praktische Vorbildung und demnächst ein vierjähriges Studium.
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180 Aub dem preussischen Abgeordnetenhause. vÄ'Ü^n'ivSi««
\W7.
Soweit ich nun in Erfahrung gebracht habe — ich habe Erkundigungen
bei privaten Landmessern und bei beamteten Herren eingezogen — . sind
diese Herren alle darin einig, dass die Primareife als Unterlage für ihren
zukünftigen Beruf nicht mehr für ausreichend zu erachten ist, weil ihre
Tätigkeit von Jahr zu Jahr an Bedeutung wachst. Die Landmesser bei
der Generalkommission haben die oft recht schwierige Bodenverteilung bei
Separationen und bei Besiedlungen vorzunehmen, und die Vermessungen
liegen, soviel mir bekannt, ganz und gar in ihrer Hand, sie haben die Ver-
antwortung dafür. Die Landmesser bei den Eisenbahnen, bei den Strom-
hauverwaltungen, haben nach meiner Ansicht mit ganz besonders schwierigen
Angelegenheiten zu tun; man denke nur, wenn ein Landmesser hier die
Vermessung bei der elektrischen Bahn am Potsdamer Platz vorzunehmen
hat. Die Vermessungen der Katasterkontrolleure sind nicht minder schwierig,
und aus meiner richterlichen Praxis weiss ich, wie ausserordentlich viel
Umsicht, Erfahrung, Geschick und Bildung dazu gehört, um eine richtige
Ausmessung der Grenzen, namentlich in Prozessstreitigkeiten, vorzunehmen.
Es gehört dazu zweifellos eine sehr gediegene Vorbildung; diese Tätigkeit
ist ja doch eine sehr wichtige: die Herren werden als Gutachter von uns
herangezogen, und wir sind mehr oder weniger gehalten, uns auf ihre Gut-
achten zu verlassen; ihre Feststellangen bilden die Unterlage, können sie
wenigstens bilden für die Entscheidung im Prozess, und wenn da ein Land-
messer nicht ein zuverlässiger Mann ist, seiner Sache nicht gewachsen ist,
so kann es dazu führen, dass eine unzutreffende Entscheidung herauskommt.
Die Herren sind also, wie ich eingangs gesagt habe, der Ansicht, dass
für ihren Beruf andere Vorbedingungen geschaffen werden müssen. Sie
sind der Meinung, dass erforderlich ist das Abiturientenexamen und dem-
nächst eine zweijährige praktische Tätigkeit
Die Privatlandmesser haben nun im vorigen Jahre Petitionen an das
Hohe Haus gerichtet, deren eine dahin ging, dass ein neues Landmesser-
gesetz geschaffen und darin die Vorbedingungen für den Eintritt in diesen
Beruf festgesetzt werden. Das Hohe Haus hat damals beschlossen, diese
Petition der Königlichen Staatsregierung als Material zu überweisen. Ich
möchte an die Königliche Staatsregierung die Anfrage richten, ob und
eventuell welche gesetzgeberischen Massnahmen auf diesem Gebiet getroffen
werden sollen. Sollte, was ich hoffe, ein solches Gesetz in Aussicht stehen,
so bitte ich, die Gesichtspunkte, die ich hervorgehoben habe, zu berück-
sichtigen.
Ausserdem möchte ich noch auf zwei Wünsche hinweisen, die einem
meiner politischen Freunde von einem Landmesser der Generalkommission
zugegangen sind. Dieser sagt, dass den Landmessern bei der General-
kommission die einjährige Militärdienstzeit zwar angerechnet werde, aber
erst bei der Pensionierung. Sie wünschen, dass dieses Einjährigejahr schon
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▼mwcwnSiraMo Au8 dem P'eussiachen Abgeordnetenhause. 181
1907.
von der Anstellang ab in Anrechnung kommt, wie es in andern Berufen
der Fall ist Dieser Wunsch der Landmesser der Generalkommission
dürfte ein sehr berechtigter sein,
Der betreffende Herr hat auch noch darauf hingewiesen, dass die
Landmesser bei der Generalkommission erst nach 8- bis 9 jähriger Diä-
tarienzeit zur Anstellung kommen, dass also erst von dann ab ihr Gehalt
zu laufen beginnt. Es wäre, so meine er, doch erwünscht, dass das An-
fangsgehalt vom 5. oder 6. Diätenjahre an gerechnet wird
Im übrigen will ich, da es sich ja um die Bitte eines erst ein-
zubringenden Gesetzes handelt, auf Einzelheiten nicht eingehen; das muss
der Beratung des vorzulegenden Gesetzentwurfs vorbehalten werden. Der
Hanptwunsch der Landmesser ist heute der, zu erfahren, ob das Land-
messergesetz im Sinne der Petition, welche die privaten Landmesser im
vorigen Jahre eingebracht haben, zu erwarten steht. (Beifall bei den Na-
tionalliberalen.)
Vizeprä 8. Dr. Porsch: Das Wort hat der Herr Unterstaatssekretär.
V.Conrad, Unterstaatssekretär, Regierungskommissar: Der Herr Ab-
geordnete Schroeder hat hier die Stellung der Zeichner bei den General-
kommissionen erörtert. Es liegt der landwirtschaftlichen Verwaltung gänz-
lich fern, die Leistungen dieser Beamten irgendwie nicht voll einschätzen
zu wollen. Der Herr Abgeordnete hat namentlich bemängelt, dass die
Zeichner der Beamtenkategorie der Kanzlisten gleichgestellt worden sind,
und ist der Meinung, dass man sie wohl mit den Supernumeraren ver-
gleichen könne. Zwischen diesen beiden Beamtenkategorien besteht aber
doch, wie ich meine, ein wesentlicher Unterschied. Denn ich möchte an
folgendes erinnern. Die Zeichner bedürfen nur der Volksschulbildung.
Sie treten mit dem 14. Lebensjahre als Rechengehilfen in den Vorberei-
tungsdienst ein, und solange sie als solche beschäftigt werden, bekommen
sie bereits Remuneration. Die Zeit, in der sie als Rechengehilfen beschäf-
tigt werden, dauert ungefähr 8 Jahre. Sie fangen natürlich mit einer ge-
ringen Remuneration an; steigen aber im Laufe der Jahre bis schliesslich
auf monatlich 90 Mk., so dass der Durchschnitt in diesen 8 Jahren 45 Mk.
beträgt. Nach Absolvierung dieses Vorbereitungsdienstes müssen sie ihre
Prüfung ablegen, und es folgt dann ein fünfjähriges Diätariat; wenn die
Hilfszeichner diese 5 Jahre hinter sich haben, so erfolgt ihre etatsmössige
Anstellung. Wenn man nun die Supernumerare mit den Zeichnern in Ver-
gleich zieht, so wird von diesen das Zeugnis der Obersekunda verlangt.
Sie treten also in einem viel späteren Lebensalter in den Vorbereitungs-
dienst ein und müssen noch ungefähr 3 Jahre diesen Vorbereitungsdienst
durchmachen, ohne dass sie remuneriert werden. Infolgedessen ist der
Unterschied zwischen den Supernumeraren und den Zeichnern ein sehr
wesentlicher. Der Herr Abgeordnete weiss ja, welche Schwierigkeiten es
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182 Aus dem preussischeo Abgeordnetenhause, z^uohnn Wr
mmmggmmm
hat, bei der Erhöhung von Gehältern einzelne Kategorien aus unserem
Beamtenstande herauszugreifen.
Es ist selbstverständlich der landwirtschaftlichen Verwaltung nicht
möglich, hier irgend welche Erklärungen in dieser Beziehung abzugeben;
nur glaube ich, auch namens des neuen Herrn Chefs, der an der Spitze
der landwirtschaftlichen Verwaltung steht, das volle Wohlwollen auch diesen
Beamten gegenüber versichern zu können; es werden ihre Wünsche in
wohlwollendster Weise geprüft werden.
Vizepräsident Dr. Porsch: Das Wort hat der Abgeordnete Viereck.
Viereck, Abgeordneter (freikons.) : Meine Herren, auch ich möchte
im Anschluss an das, was der Herr Abgeordnete Witzmann gesagt hat, es
für wünschenswert erachten, dass möglichst bald eine neue Landmesser-
ordnung und eine Landmesserprüfungsordnung erlassen werde. Es
wird in diesem Jahre ein Zeitraum von 25 Jahren verflossen sein, seit die
jetzige Landmesserprüfungsordnung erlassen worden ist. Wenn man
sonst Jubilaren ein möglichst langes Weiterleben wünscht, so scheint sich
dieser Wunsch auf die Prüfungsordnung nicht zu erstrecken. Man wünscht
vielmehr, dass sie möglichst bald einer neuen Platz machen möchte, weil
sie in bezug auf die Vorbildung nicht diejenigen Anforderungen stellt, die
man an den Landmesserstand stellen muss.
Ich will nicht verkennen, dass die Prüfungsordnung vom 2. Sep-
tember 1882 einen wesentlichen Fortschritt bedeutet hat gegen die früheren
Vorschriften vom 2. März 1871, in denen für die Berufung zur Land-
messerprüfung nur die Reife für die Prima und die fachliche Vorbildung
durch mindestens zweijährige Beschäftigung bei geprüften Feldmessern er-
forderlich war. Man behandelte die Landmesser als Techniker und stellte
sie in § 36 der Gewerbeordnung den Auktionatoren, Schauern, Stauern
und Brackern gleich, sehr ehrenwerten Standen, die aber ausser der Ver-
trauenswürdigkeit nur eine technische Befähigung zu besitzen brauchen.
Man erkannte, dass zur Ausübung des Berufes eines Landmessers eine
tiefere Bildung erforderlich sei, und hat deshalb zu den bisherigen Anfor-
derungen der Reife für Prima und einer praktischen Vorbildung, die jetzt
nur ein Jahr zu dauern braucht, in der Prüfungsordnung vom 2. Sep-
tember 1882 nach der Aenderung vom 12. Juni 1893 ein zweijähriges Stu-
dium der Geodäsie und der Kulturtechnik an den landwirtschaftlichen
Hochschulen in Berlin oder Poppelsdorf für notwendig erachtet.
Es ist aber zweifelhaft, ob die Vorbildung für das akademische Stu-
dium wirklich als ausreichend zu erachten ist. Denn die Landmesskunst
setzt voraus nicht nur eine . • volle Kenntnis der elementaren Mathematik,
sondern auch der Grundzüge der Integral- und Differentialrechnung. Es
mag für sie in der Hauptsache die Absolvierung einer Oberrealschule oder
eines Realgymnasiums ausreichend sein, während das bezüglich der mathe-
matischen Kenntnisse am Schlüsse der Gymnasialausbildung schon nicht so
ganz sicher ist. Jedenfalls aber versagt die Vorkenntnis, wenn der junge
Kandidat aus der Ober Sekunda die Schule verlässt und nach einjähriger
Praxis in das Studium hineintritt. Da wird denn das fehlende Pensum
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fSSSSStUm AuB dem Preu88i8chen Abgeordnetenhause. 183
19U7.
der Mathematik durchgenommen, und zwar in gleicher Weise für die Abi-
turienten wie für diejenigen, die aus der Obersekunda abgegangen sind,
in einem so schnellen Tempo, dass die letzteren schwer folgen können.
Es kommt hinzu, dass gleichzeitig der Anfangsunterricht in der Geodäsie
erteilt wird, der schon die mathematische Kenntnis voraussetzt. Es wäre
tatsächlich ein besserer Erfolg der Ausbildung in der Landmesskunst zu
erwarten, wenn gleichmassig das Abiturientenexamen zugrunde gelegt würde.
Ich möchte aber auch darauf aufmerksam machen, dass das Studium
eine Charakterfestigkeit erfordert, welche bei einem jungen Manne,
der nicht durch das Abiturientenexamen gegangen ist, nicht immer voraus-
zusetzen ist. Es wird ja unter denjenigen jungen Leuten, welche sich dem
Landmesserbernfe widmen, eine grosse Reihe von Persönlichkeiten geben,
die aus äusseren, etwa finanziellen Gründen das Gymnasium nicht absol-
vieren können, die möglichst bald zu einer Lebensstellung kommen wollen
und deshalb ohne Durchlaufung der Prima sich der Ausbildung zum Land-
messer widmen. Es sind aber doch auch sehr viele darunter, welche Scheu
haben vor dem Abiturientenexamen, oder welche sich ihm nicht gewachsen
fühlen, oder welche aus Leichtfertigkeit die ernste Arbeit, welche dem
Abiturientenexamen vorausgeht, vermeiden möchten. Wenn nun auch diese
in gleicher Weise mit den vorbezeichneten in das Studium eintreten, liegt
die Gefahr vor, dass sie ihre Aufgabe nicht ernst genug erfassen, sondern
unter den Verführungen, die das Studentenleben mit sich bringt, straucheln.
Es haben in der Tat, wie ich aus mir vorliegenden Aufsätzen ent-
nehme, nur 67 bis 68°/0 derjenigen Studenten, welche sich auf den aka-
demischen Hochschulen der Lamlmesserkunde beflissen haben, das Examen
bestanden, und von denjenigen, die sich der Prüfung unterzogen hatten,
nur 75<>/0. Dieser Ausfall lässt darauf schliessen, dass das Nichtbestehen
zum grossen Teil auf eine mangelhafte Vorbildung zurückzuführen ist
Dies bestätigt sich dadurch, dass das Durchfallen bei den Abiturienten
einen viel geringeren Prozentsatz ausmacht als bei denjenigen, die aus der
Obersekunda die Schule verlassen haben.
Ich möchte also auch in Uebereinstimmung nicht nur mit den amtie-
renden Landmessern, sondern auch mit Lehrern, welche berufen sind, die
jungen Akademiker zu führen, meinen, dass das bestandene Abiturienten-
examen als Grundlage der Landmesserlaufbahn wünschenswert ist
Es besteht freilich eine gewisse Besorgnis, dass dann die Zahl der
Aspiranten abnehmen werde. Diese Gefahr ist in Bayern nicht eingetreten;
denn dort ist die Zahl der Aspiranten trotz der Notwendigkeit des Abi-
turientenexamens so gross, dass das Ministerium vor etwa zwei Jahren
gewarnt hat, die Landmesserkaniere einzuschlagen. Wenn man aber diese
Besorgnis des Aspirant enmangels hat, so wird es zweckmässig sein, es zu-
nächst mit einer Uebergangsmassregel zu versuchen, und zwar die-
jenigen zeitlich zu bevorzugen, welche das Abiturientenexameu bestanden
haben, wie es z. B. in der Militärkarriere schon eingeführt ist. Wenn
man' beim Studium das Nachholen der den Nichtabiturienten fehlenden
mathematischen Kenntnisse in ein besonderes Semester legt und dann die
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184 l'ersonalnachnchten. zeitacartn. fur
V»nne«UDjiwe»D
19077
Ausbildung in der Geodäsie and in der Kulturtechnik folgen lässt, so hat
man von vornherein ein Semester für diejenigen gewonnen, welche das
Studium nach bestandenem Abiturientenexamen beginnen. Man wird aber
auch annehmen können, dass diejenigen, welche das Abiturientenexamen
bestanden haben, in der dem Studium vorangehenden Praxis reifer und
ernster sind und deshalb weniger Zeit brauchen, um die praktischen Kennt-
nisse der Landmesser zu erlangen. Wenn man also für die Abiturienten
die praktische Ausbildung abkürzt und die Nichtabiturienten veranlasst, in
einem besonderen Semester die mathematischen Kenntnisse nachzuholen,
welche zum Studium der Geodäsie erforderlich sind, so wird man damit
für die bessere Vorbildung einen Ausgleich finden, der es den Aspiranten
wünschenswert machen wird, vor dem Eintritt in die Landmesserlaufbahn
das Abiturientenexamen zu bestehen.
Sobald dies aber zur Regel wird, darf man erwarten, dass die besser
gebildeten und vorbereiteten Landmesser bei ihren besonders schwierigen
Arbeiten — wie mein Herr Vorredner, Herr Abgeordneter Witzmann, be-
reits angeführt hat — auch besseres leisten werden, wenngleich der Stand
der Landmesser schon jetzt wegen seiner Leistungen alle Anerkennung verdient.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass uns eine Umgestaltung des
Auseinandersetzungsverfahrens bevorsteht, und dass wir hoffen dürfen, dass
damit eine Reorganisation der Landeskulturbehörden verbunden sein
wird, die die Aufgabe haben, die Meliorationen anzuregen, durchzuführen
und, wenn sie durchgeführt sind, darauf zu achten, dass die Anlagen
nachher nicht durch Indolenz wieder preisgegeben werden. Wenn wir durch
diese Ausgestaltung von Landeskulturämtern die reichen Schätze gewinnen,
die noch bei uns im Boden stecken und die wir angesichts der starken
Bevölkerungszunahme haben müssen, dann werden wir in den Landmessern,
wenn sie ihrem Studium eine intime Beschäftigung mit den landwirtschaft-
lichen Verhältnissen hinzufügen, die geeignetsten Kräfte für diese Landes-
kultur zur Verfügung haben. Sie werden es verstehen, die Projekte zu
bearbeiten und durchzuführen und die durchgeführten Meliorationen auch
in Ordnung zu halten.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Das Katasteramt
Lötzen im Regierungsbezirk Alienstein ist zu besetzen; ebenso das Kat.-
Amt Adenau II, Regierungsbezirk Koblenz.
Königreich Württemberg. S. K. Maj. haben am 2. Februar ds. Js.
geruht, die Bezirksgeometerstelle Ravensburg dem Hilfsgeometer Linck
bei dem Katasterbureau zu übertragen.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: üeber rein - geometrische Kartenprojektionen, *
von Job. Adamczik. — Eine neue Form des Wagner-Tesdorpfschen Taschen-
Nivellierinstrumentes. — Auszug aus dem preuss. Staatshaushalts-Etat für das
Jahr 1907. — Auszug aus den stenographischen Berichten des preuss. Abgeord-
netenhauses vom 7. und 8. Februar d. J. — Personalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwar in Stuttgart.
Dnok tod Carl Hammer, Kgl. Hofkuchdrockerol in Stuttgart.
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185
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Obarateuerrat und Dr. O. Eggert, Profewor
Manchen «, Kataaterbnreau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10.
■H
1907. Heft 8. Band XXXVI.
— +-* 11. März. —
Oer Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher pin go holte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Auslandsgehalt der Landmesser.
Von Seiten des Auswärtigen Amtes, Kolonialabteilung, ist der Schrift -
leitung die nachstehende Bekanntgabe zugegangen, der wir ausnahmsweise
den Platz vor den wissenschaftlichen Abhandlungen anweisen möchten in
der Annahme, dass solche Hervorhebung ebenso im Interesse des Deutschen
Kolonialwesens, wie in dem unserer jüngeren, tatkräftigen Kollegen gelegen
sein dürfte:
Berlin, den 19. Februar 1907.
„Die Verhandlungen der Kolonialzentralverwaltung
mit der Reichsfinanzverwaltung haben neuerdings dahin
geführt, dass das Auslands geh alt der Landmesser in den
Deutschen Afrikanischen und Südsee -Schutzgebieten von
7500 Mk. bis aui 9000 Mk. stufenweise aufsteigen kann.u
Auswärtiges Amt. Kolonialabteilung.
gez. Dernbtirg.
Polygonalmessungen bei Eisenbahnarbeiten.
Von Prof. W. Laaka.
Im 6. Heft des Jahrg. 1898 dieser Zeitschrift hat Herr Ing. Pull er
einiges über Eisenbahnvorarbeiten mitgeteilt, wobei die dabei verwendete
Messung eines Polygonzuges durch gegenseitige Höhen- und Brechungs-
winkel allein ausführlich dargestellt wird.
Zaitachrift fOr Venneimogiweien 1907. Heft 8. 14
Digitized
186 Läska. Polygonalmessungen bei Eisenbahnarbeiten. zwucbrifwur
*19 " 6
Dieselbe basiert auf nachstehenden Grundformeln , bei welchen der
Einfachheit halber die Bezeichnungen von Puller beibehalten wurden:
H% — 27, -j- *, 4- ö «i — 0|
Ht = H9 + it - D tang o, - os ,
woraus ^ = + ^) - ft + p
ote 2> = | (., + o,) - tt + ,-,) j 'ÜÄ
folgt. Um diese Formel gebrauchsfähig zu machen, müssen die Winkel
durch Repetition gemessen werden, was unbequem ist.
Ich möchte daher eine andere Art der Bestimmung vorschlagen,
welche einfacher ist und wenig Zeit in Anspruch nimmt.
Zunächst ist es klar, dass, da o, und o2 konstante Längen sind, welche
mit jeder erwünschten Genauigkeit direkt gemessen werden können, hier
es hauptsächlich auf eine scharfe Bestimmung der Grössen
i, -\- », und et, — a,
ankommt. Was nun die Bestimmung der Instrumentenhöhen i, und i2 an-
belangt, so wird in einer 5 m Entfernung vom Standpunkte ein Hilfspfahl
eingeschlagen, dessen Höhe mit Hilfe einer horizontal gelegten Latte mit
Aufsatzlibelle, genau gleich jener des Standpunktes, gemacht wird. Die
horizontale Lattenablesung — eventuell mit Okularmikrometer — gibt dann
sehr genau die Instrumentenhöhe i. Dadurch wird klar, dass man die Grösse
(o, 4- *,) - ft + *\)
immer bis auf Bruchteile eines Millimeters, genau erhalten kann. Um
auch die Winkeldifferenz
«i — «*
möglichst scharf zu erhalten, werde angenommen, dass das mit einem
Okularschraubenmikrometer versehene Fernrohr durchschlagbar sei. Neben
der möglichst empfindlichen, am Fernrohr fest angebrachten Nivellier-
libelle, denke man sich auf der Drehachse des Fernrohrs eine zweite,
ebenso empfindliche Libelle, in jedem Winkel gegen die Zielachse fest-
klemmbar, befestigt, welche ihre eigene Vorrichtung zur Feinstellung hat.
Die ganze Vorrichtung, welche an jedes Instrument leicht angemacht
werden kann, dürfte etwa so aussehen:
An der Drehachse D (siehe Fig.) des Fernrohrs befindet sich das
Gestell der Libelle, welches mittels der Schraube Sx mit der Achse fest
verbunden werden kann. Dasselbe trägt eine Reversionslibelle Zt deren
Lage durch die Schraube St reguliert werden kann. Da beim Umkehren
des Fernrohrs die Reversionslibelle nicht bequem ablesbar wäre, so ist
noch ein ReHexspiegel M unterhalb der Libelle angebracht.
Durch Anziehen der Schraube Sx wird die Libelle mit der Drehachse
des Fernrohrs fest verbunden. Wird sie dann durch die Schraube
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ZelUcbrtft für
bei
187
genau horizontiert und ist + a der Höhenwinkel der Zielachse des Fern-
rohrs bei einspielender Libelle, so wird nach Umschlagen des Fernrohrs
um 180° und nachheriger Horizontierung der Libelle durch die Fein-
bewegung des Höhenkreises, der
Neigungswinkel der Zielachse wie-
der genau — a sein.
Der Messvorgang mit diesem
Instrument stellt sich demnach wie
folgt dar:
Standpunkt 1. Zunächst wird
t, wie oben angegeben bestimmt,
dann die Zielscheibe am nächsten
SUndpunkte anvisiert und wie üb-
lich der Höhenwinkel a, in beiden
Kreislagen bestimmt. So weit also
unterscheidet sich das Verfahren in nichts vom üblichen. Nachdem so die
Messung in gewöhnlicher Weise vollendet ist, wird beim scharf eingestellten
Zielpunkte die Schraube Sx geklemmt und die Libelle durch die Schraube
So zum Einspielen gebracht.
Das Instrument wird hierauf auf den nächsten Standpunkt getragen,
wobei die Schrauben St und S, nicht angerührt werden sollen.
Standpunkt 2. Hier wird wie üblich das Instrument aufgestellt, das
Farnrohr um 180 o durchgeschlagen und die Latte am Standpunkte 1 an-
visiert, wobei man die Libelle durch die Feinbewegung des Fernrohrs zum
Einspielen bringt. War früher der Höhenwinkel -j- a, so ist er jetzt genau
— er. Man hat also nur mittels der Mikrometerschraube den Abstand der
Signalscheibe im ersten Standpunkte von dem Mittelfaden zu bestimmen,
um sofort den Winkel a, — zu erhalten. Hierauf wird noch wie
vordem bestimmt und man hat alles zur Berechnung der Höhen und
Distanzen.
Die Berechnung geschieht entweder mit Hilfe der Grundformeln oder
auch hinreichend genau durch die Gleichungen:
_ / cos3 a, . .
/ «IM a, coh a, i i
H = *»»-<«.-"«,> -!'-»««w<*-«Ji.
wobei der Kürze halber
l - + ot) - ft + U
gesetzt wurde.
Betrachtet man diese Grösse als fehlerfrei, so wird
A («, — a,)"
906266
Digitized by LiOOgle
188
Keutzel. Beitrag zur Koordinatenberechnung.
Nimmt man also
f = 6 m, D = 600 m, A (o, — o,) = ± 2",
so folgt hieraus AD = ±0fi m,
woraus eine Genauigkeit von 1 : 1000 folgt.
Aber selbst wenn man den doppelten Betrag von
annehmen würde, hätte man eine Genauigkeit gleich jener der tachy-
metrischen Aufnahme auf 300 Meter Distanz. Nachdem die Seiten eines
Polygonzuges, welcher als Grundlage der üblichen Tachymeteraufnahme
dienen soll, etwa die doppelte Länge der üblichen maximalen Tacbymeter-
distanzen haben, so dürfte hiermit erwiesen sein, dass das hier mitgeteilte
Verfahren theoretisch seinem Zwecke vollkommen entspricht. Dieses Ver-
fahren ähnelt jener Methode, welche heutzutage in der Astronomie all-
gemein zur Messung nahezu gleicher Zenitdistanzen verwendet wird, und
es steht zu hoffen, dass es in bezug auf die Schärfe der Resultate ihr
nicht nachstehen wird.
Dass bei grösseren Distanzen die Refraktion entsprechend in Rech-
nung zu ziehen ist, bedarf wohl keiner Erwähnung. Auch könnte das
Okularschraubenmikrometer durch eine Tangentenschraube ersetzt werden.
Man würde dann von der Grösse des Gesichtsfeldes unabhängig werden
und könnte infolgedessen grössere Vergrösserungen anwenden.
Zum Schlüsse möge noch auf den verwandten lesenswerten Aufsatz
von H. Schulze (diese Zeitschr. 1900, S. 3) hingewiesen werden, wo das-
selbe Prinzip diskutiert und als praktikabel nachgewiesen wird.
Ist die Lage eines Punktes C (Fig. 1) durch seine Entfernungen r,
und r2 von zwei durch ihre rechtwinkligen Koordinaten gegebenen Punkten
Ä und B bestimmt, so kann man seine Koordinaten leicht auf folgende
Weise berechnen.
Man denkt sich mit dem Radius r, einen Kreis um den Punkt A und
mit dem Radius r8 einen Kreis um den Punkt B beschrieben und berechnet
die Koordinaten der Schnittpunkte dieser beiden Kreise, deren einer den
gewünschten Punkt C liefert.
Man hat also
J («,-<*,) = ±4"
Beitrag zur Koordinatenberechnung.
und
Ax*
Ax*
hieraus 2 A x A xh
Ar
rt»-Jys (1)
r,» + 2Ax Axt, — Axb*— Ay* + 2 Ay Ay,, — Ay,* (2)
— ' i'H- <W — 2 Ay Ayh-\- Ay,.'
>*i9 — >i- + — 2Ay Ayh + Ay,,9
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v.™,— ■.-.pmSm Reutzel- Beitrag zur Koordinatenberechnung.
Diesen Wert für Ax setzt man
= XAy + e
und in OL (1) ein und erhält
(*»+!) + 2>tc4y + c»- r* = 0
189
(4)
also 4 * = ~ 2 * c ± ^4 * €* ~ 4 (* + 1)(e* F f
y 2 U» + 1)
Fig. I.
Man erhält hieraus für alle Fälle, in denen C nicht in der Geraden
AB liegt, zwei Werte Ayi und dy2, welche in Gleichung (4) eingesetzt:
und
A xt = X A y, -f c
Axt — A Ay* , -f- c
(6)
(7)
ergeben. Welche der Werte Ax und zu nehmen sind, ergibt sich
leicht durch die Zeichnung von selbst.
Für die Praxis genügt diese Berechnung für alle Fälle, in welchen
der Winkel ACB nicht nahezu 0 oder nahezu 2Ä ist. Ist z. B. Punkt
C (Fig. 2) von der Hauptachse nicht zugänglich, wohl aber die Möglich-
keit vorhanden, die Seiten A C und BC zu messen, so werden diese For-
meln mit grossem Vorteil angewandt.
Um aber noch ein weiteres Beispiel zu geben, habe ich bei der
Wiederherstellung eines verloren gegangenen Polygonpunktes mit gutem
Erfolg hiernach gerechnet.
Der Punkt A (Fig. 3) war verloren gegangen und konnte mit seinen
Winkeln und Seiten nicht wiederhergestellt werden. Es musste also das
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Punkt A bestimmt wer-
den.
Da mir die Oertlichkeit
genau bekannt , konnte
ich die Seiten AG und
BC schon zu Hause be-
liebig so wählen, dass
ich freie Sicht von C be-
kam , die Berechnungen
vornehmen und dann die
Resultate im Feld ab-
stecken konnte.
Die in Betracht kom-
menden Punkte hatten
folgende Koordinaten:
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rtft für
ReuUel. Beitrag zur Koordinatenberechnung.
191
F
E
A
B
Einspach 4 Rg.
+ 2871,48
+ 2917,69
-f 2962,93
-j- 3003,32
+ 3058,18
Die Seite AC wurde = 4 Klftr. und BC = 40 Klftr. gewählt; die
Berechnung gestaltete sich wie folgt:
Axb = Xh — x„ = — 2,26,
X
Klftr.
— 1083,92
— 1072,22
— 1062,89
— 1065,15
— 1075,22.
A y* = >j> — ;f„
also Ax = AAy + c
oder A x
daher A y
Auswertungen
+ 40,39
4» _ 4Q» _|_ 2,26' — 2 . 40,39 . i y + 40,89«
2.-2,26
17,87 Ay — 11,61,
- 2 >tc ± V(2 Ac)* - 4 (A* + Tj W~-~ri
+ 414,94 ± ^172175,20 — 152212,76
640,68
J y, = + 0,427
Ayt = -f0,868
und aus GL (6) und (7)
x, = 17,87.0,427 — 11,61 = —3,98
xt = 17,87.0,868-11,61 » + 3,901.
Für unsere Aufgabe genügt
4y, = 0,427 und Jj, = - 3,98.
Es ist also für C
y. = y„ + J y, = + 2962,93 + 0,427
= + 2963,367
xc = xa + Axl = — 1062,89 — 3,98
= — 1066,870.
Ist A xh > A y6 , so berechnet man zuerst J y und im umgekehrten
Falle unter Vertauschung der x und y in den Formeln zuerst Ax, weil
dann X und c sehr klein werden und sich infolgedessen die Rechnung be-
quemer gestaltet.
Es ist dies hier zur Kontrolle noch durchgeführt, also:
A
-h 17,87
c
— 11,61
2 Ac
— 414,94
(Sie)"
172175,20
A*
319,34
c*
134,79
r*
16,00
4(J«+1) C*— H)
152212,75
2 + 1)
640,68
AAx + c
16 — 1600 + 40,39» — 4,52 Ax + 2,26»
80,78
hieraus A A x + c = 0,056 J * + 0,649
_ -2^c± ^(2>lc)»-4(>l»4-lT(c,-r1»)
2(^+1)
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!
192 Lederer. Kreisbogen aus zwei Tangenten u. einem Punkte. y
Auswertungen
X
c
2Xc
(2 k <0*
c»
8(* + l)
(c« - r»)
_4(* + l)(c»-f*)
(2,1c)*-
4U,+ D(«,-r»)
- 0,0727 + 7,906
4j- — „ „„„
0,056
0,649
0,072688
0,005285
0,008136
0,421201
16,00
2,006272
2,006
AXi = -J;^87 = -3,980
1 2,006 1
7,8333 = + 3 907 ^
daraus
2,006
4 yt = 0,056 . - 3,980 + 0,649 = 0,426
Ay, = 0,056 . 3,908 + 0,649 = 0,8678.
— 15,57879 Es ist also für C:
62,5069 ^ + 2962,93 + 0,426 = + 2963,356
68,61216 •'• - - 10H2-89 - M> 83 lü66-87-
Nun habe ich aus den Koordinaten nach den bekannten Formeln die
für die Absteckung nötigen Winkel und Seiten berechnet und ins Feld
übertragen, wobei ich ausserordentlich gutes Resultat erzielte.
Darm Stadt. 16. Juli 1906. P. Rented Gr. Geometer I. Kl.
Kreisbogen aus zwei Tangenten und einem Punkte.
Zur Lösung der Aufgabe, einen Kreisbogen abzustecken, wenn zwei
Tangenten und ein Punkt gegeben sind, i) eignet sich folgender Rechnungs-
gang wegen glatter logarithmischer Rechnung.
Die gegenseitige Lage der Iiestimmungsstücke, nämlich
der Tangenten 7, und To und }
des Punktes P, S
') Knoll-Weitbrecht, Taschenbuch zum Abstecken der Kurven, S. 69-
Zeitschr. f. Venn. 1902, S. 217.
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(1)
(2)
Lederer. Kreisbogen aus zwei Tangenten u. einem Punkte. 193
sei durch den Schnittwinkel 2 a, bezw. die
Polarkoordinaten q> und v gegeben.
Damit lassen sich sofort folgende Beziehungen aus der Figur ableiten :
»in 4 WPO = »in &OWP
Wo
»in^OWP
»*» 4 0 WBl
To - WP *'»Zowp
Setzen wir den Hilfswinkel
4 wpo = ,«,
so können die Gleichungen (1) und (2) in der Form geschrieben werden:
»in (a — g>) /TX
»in u — \ (I)
sm a
t<in < a — qp )
T = v ~ — r . (II)
sin (et — tp -\- ft)
Aus Gl. (II) rechnet sich r, nachdem \i aus GL (I) berechnet worden
ist. Die zwei möglichen Werte n und 180 — ju geben zwei verschiedene
Werte für r, die den beiden Lösungen der Aufgabe entsprechen; es ist
jedoch nach der Natur der Aufgabe jener Wert für r zu nehmen, der zum
stumpfen Winkel yi gehört. Mit der Berechnung von r kann die Aufgabe
als gelöst betrachtet werden, da sich das Weitere in bekannter Weise ergibt.
Ist der Punkt P ursprünglich durch andere Bestimmungsstucke fest-
gelegt, so ist die Umwandlung dieser in die Polarkoordinaten <p und v
leicht ausführbar. Sind z. B. die rechtwinkligen Koordinaten xx und yx
von P in bezug auf SP, als Abszissenachse und W als Anfangspunkt ge-
geben, so erhält man sofort
Hf9= 'Jx
)
v = = r' =Vii* + *x*'.S
sin <f co» tp I
Bei unzugänglichem Winkelpunkte W wird man P durch die beiden
Ordioaten y, und y2 auf die Tangenten T, und T2 beziehen; der Winkel
zwischen y, und y2 *st dann 180 — 2a, woraus sich nötigenfalls a sofort
berechnen lässt. Aus der Doppelgleichung
„ = _* — on)
*tn <p sin (2 a — qpf
erhält man zunächst . .n
um {2 a — <p) _ v,
»in <p |f,
Digitized by
194 IbeL Photographische Vervielfältigung in Bayern.
und daraus nach einiger Umformung
tff(a-f) = *'~yJ tga. iIV)
Diese Gleichung gibt (a — qp) für die Gleichungen (I) und (II) und weiter
in Verbindung mit dem gegebenen a den Winkel <j> für die Gl. (III).
Leoben. Fl. Lederer.
Anwendung der Photographie zur Vervielfältigung
bayerischer Katasterpläne.
Die Erfindung korrekt zeichnender Objektive, mit denen durch die
Photographie grössere Zeichnungen ohne Verzerrungen wiedergegeben wer-
den können, und die Vervollkommnung der photochemischen Entwicklungs-
verfahren wurde von den kartographischen Instituten sofort praktisch ver-
wertet. Der Ausnützung der Photographie zur Herstellung katastertech-
nischer Pläne stand man noch lange skeptisch gegenüber, weil es einer-
seits an den nötigen Behelfen und Einrichtungen wie an entsprechend ge-
schultem Personal, andererseits an der richtigen Auffassung seitens der
Anhänger des Steindruckes fehlte. Die Anwendung des photographiachen
Apparates zur Reproduktion von Katasterplänen bedingt volles Verständnis
der hohen, an diese Pläne gestellten Anforderungen und die äusserste Sorg-
falt seitens des Photographen, womit dann allerdings weit bessere Resul-
tate erzielt werden können, als mit dem alten Verfahren.
Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich ausschliesslich mit jenen
in der Lithographischen Anstalt des K. B. Katasterbureaus angewendeten
Kopierverfahren, bei denen ein Negativ mittels der Kamera hergestellt
wird. Ausgeschlossen sind demnach die zu den photographischen Kopier-
verfahren gehörigen, zur Kopierung von Handrissen dienenden Lichtpaus-
verfahren.
Das Streben nach Beseitigung des Papiereinganges der Originalkarten,
welcher bei maschineller Kopierung auch auf die Graviertläche überging,
gab Veranlassung, nach einem Verfahren zu suchen, mit welchem dieser
Missstand beseitigt werden konnte. An eine Verbesserung der alten Ko-
piermaschinen war nicht zu denken, die Anschaffung der in kartographischen
Instituten verwendeten Präzisions-Gravierpantographen zu kostspielig, so
wurde denn ein Versuch mit dem photographischen Uebertrag gemacht.
Im April 1903 konnten die beiden ersten, auf Graviersteine übertragenen
1000-teiligen Blätter vorgezeigt werden , die alle Erwartungen übertrafen,
so dass seither von allen Originalen, welche einen Papiereingang aufweisen,
und von solchen, deren manuelle Kopierung in der Kopiermaschine mehr
als einen Tag Arbeitszeit beansprucht, ein photomechanischer Uebertrag
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Ibel. Photographische Vervielfältigung in Bayern. 195
hergestellt wird. Leichtere Blätter werden nach wie vor ans Ersparnngs-
gründen mit der Kopiermaschine auf die Gravierfläche übertragen. Un-
gefähr 460 Originale von Neuaufnahmen sind seither photomechanisch
Obertragen worden. Wie gross der Zeitgewinn sich berechnet, mag schon
daraus zu entnehmen sein, dass die manuelle Kopierung von starken Stadt-
blättern 14 Tage bis drei Wochen Zeit beansprucht, während es für den
photomechanischen üebertrag ganz gleichgültig ist, ob das Original viel
oder wenig Detail enthält; er wird in einigen Standen bewerkstelligt. Die
Vorteile, die der photomechanische Üebertrag mit sich bringt, bestehen
hauptsächlich
1. in dem Zeitgewinn durch den Wegfall der manuellen Kopierung und
durch die Möglichkeit, das Graveurpersonal für lithographische Ar-
beiten intensiver auszunützen,
2. in der Beseitigung der lastigen Differenzen des Papiereinganges und
der Fehler uml Auslassungen bei dem manuellen Üebertrag,
3. in dem Ersatz der schwer sichtbaren Glanzlinien durch eine exakte
Zeichnung und
4. in der Möglichkeit, originalgetreue Abdrücke im gleichen, grösseren
oder kleineren Massstabe ohne besonderen Zeit- und Kostenaufwand
in Verbindung mit Lithographie und Farbendruck herzustellen.
Die erzielten Resultate werden einer genauen Kontrolle unterworfen
und liefern den Beweis, dass die erwarteten Vorteile eingetroffen sind.
Nicht unerwähnt darf hier bleiben, dass bei den Anhängern Senefelders,
den Graveuren selbst, der photomechanische Üebertrag ungeteilten Beifall
gefunden hat schon deshalb, weil ihre im Dienste ohnehin stark an-
gestrengten Sehorgane besser geschont werden.
Bei allen photographischen Aufnahmen zu Reproduktionszwecken wird
das nasse Kollodionverfahren angewendet. Dieses Verfahren besteht darin,
dass jod- und bromsalzhaltiges Kollodion auf eine reine Glasplatte auf-
gegossen und in einer Silbersalzlösung gebadet wird, worauf man die noch
nasse Platte in einem photographischen Apparate exponiert, d. h. sie dem
Lichte aussetzt und sie sodann mit einer saueren Entwicklungslösung be-
handelt, welche das aufgenommene Bild hervorruft. Nachdem der photo-
graphische Apparat in die richtige Aufhahmestellung und Entfernung vom
Objekt gebracht ist, wird die photographische Glasplatte in feuchtem Zu-
stande so eingeführt, dass die Kollodionschichte vom Objekt abgewendet
ist. Hierdurch wird ein sogenanntes verkehrtes Negativ erzielt, welches
die Zeichnung von der Schichtseite betrachtet in derselben Anordnung wie
im Original erscheinen lässt, wobei nur die Tonwerte umgebildet sind, so
dass die Zeichnung und Schrift weiss auf schwarzem Grand sich zeigt.
Nachdem das Negativ entwickelt ist, wird es umgekehrt, also mit der
196 Ibel. Photographische Vervielfältigung in Bayern. «ggateWt»
1907.
Schichtseite auf eine mit Eiweisschroraat lichtempfindlich gemachte Alu-
miniumplatte unter Einwirkung des Tageslichtes Uberkopiert. Die Platte
wird mit Druckfarbe eingewalzt und mit einer Amoniaklösung abgewaschen.
An den durch die Lichtstrahlen erhärteten Stellen bleibt die Drucker-
schwärze haften, während die übrige Eiweisschromatschichte gelöst wird,
so dass auf der Aluminiumplatte nunmehr die Zeichnung in umgekehrter
Anordnung erscheint.
Bis hierher spielt sich gegenwärtig noch der Vorgang in dem photo-
graphischen Atelier des Topographischen Bureaus ab. Die Platte gelangt
sodann, vorausgesetzt, dass bei der Kontrolle der Quadratseiten Differenzen
nicht gefunden wurden, in die Druckerei des K. Katasterbureaus, wo ein
Trockendruck in fetter Farbe mittels Berliner Gelatine-Umdruckpapieres
abgenommen und auf die mit Kienruss geschwärzte Gravier-, Stein- oder
Zinkplatte Ubergeklatscht wird. Der Druck wird sodann mit Rötel an-
gestaubt, welcher an den fetten Linien haften bleibt, so dass nunmehr die
Zeichnung in roten Linien auf der Gravierplatte in verkehrter Anordnung,
wie sie für die nachfolgende Gravierung benötigt wird, erscheint. Die
Aufgabe des Graveurs besteht nun darin, das Bild in die Gravierfläche
einzugraben.
In den ersten Klatschdrucken erschienen die Nebengebaude (gelb)
durch den Rötel vollständig verdeckt, die Ziergärten (grün) mit dicken
breiten Bändern begrenzt, während die blauen Intersektionsquadrate teil-
weise, manchmal auch vollständig verschwunden waren. Der Grund lag
darin, dass das Gummigutt, mit welchem die Nebengebäude nach den
„ Vorschriften für Zeichnung und Lithographie" angelegt, und die grünen
Streifen, mit denen die Ziergärten begrenzt wurden, auf die photographische
Platte gar keine Wirkung äusserten, so dass sie auf der Aluminiumplatte
wie die Zeichnung schwarz erschienen. Die blauen Linien dagegen ver-
schwinden im photo graphischen Negativ nach ganz kurzer Zeit, weshalb
sie auf der Aluminiumplatte nicht zum Ausdruck gelangen. Zur Beseitigung
dieser Missstände wurden orthochromatische Platten — Gelbscheiben —
verwendet. Da jedoch hierdurch eine erhebliche Kostenerhöhung eintrat,
so wurden für das photomechanische Verfahren die Vorschriften für die
farbige Behandlung der Nebengebäude und Ziergärten abgeändert. Für
erstere wurde ein leichter Karminton angewendet und der Farbenstreifen
der Ziergärten durch Einzeichnen der Signaturen der Bäume und Sträucher
ersetzt. Unter das Blau für die Intersektionsquadratteilung und für die
Punktbezeichnung wurde Gelb gemischt. Durch diese Massregeln werden
jetzt reine, scharfe Klatschdrucke erzielt.
Nachdem sich die Uebertragung der Originalkartierungen von Neu-
aufnahmen so gut bewährt hatte, wurde sie auch auf Katasterblätter aus-
gedehnt, die von der Flurbereinigungskommission zur Umgravierung über-
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iJmSSmwSn Ibe1, Photo&raPu»8che Vervielfältigung in Bayern. 197
1907***
sendet worden waren and deren vollständige Nengravierung sich aas tech-
nischen Gründen wegen der bedeutenden Ausdehnung der Flurbereinigangen
empfahl. Von dem Korrektionsblatte wird auch in diesem Falle eine
mas>haltige, photographische Aufnahme gemacht und auf einen neuen Stein
übergeklatscht und angestaubt. Auf dem grundierten Stein erschienen nun
alle üniea und Punkte des Korrektionsblattes, die neuen, durch die Flur-
bereinigung veränderten Grenzen, wie die alten ausgekreuzten und jene,
die ausserhalb des bereinigten Gebietes liegen. Die Aufgabe des Graveurs
ist es nun, die bestehenden Grenzen mit dem Stichel einzugraben unter
Berücksichtigung der Planeinträge der Messungsbehörden in den Teilen
des Korrektionsblattes, die ausserhalb der Flurbereinigung gelegen sind;
das nicht mehr gültige durchkreuzte Detail wird nachher mit dem schwarzen
Grunde weggewaschen, worauf nach Einlassen des Steines mit Drucker-
schwärze die neuen Grenzlinien auf dem Steine in schwarzen Linien er-
scheinen. Durch dieses Verfahren wird das zeitraubende Ausschaben der
Gravuren und das mühsame Einpausen der umfangreichen Veränderungen
vermieden und gleichzeitig erreicht, dass das neue Katasterblatt die nor-
malen Blattdimensionen erhält. Der Stein mit der alten Gravierung wird
sodann abgeschliffen.
Die bisher erörterten Leistungen der Photographie auf dem Gebiete
der Neugravierungen wurden durch Nutzbarmachung bei Ergänzung und
Vervollständigung des 5000-teiligen Katasterplanes erweitert. Bei der
Landesvermessung wurde nämlich in der Zeit vom Dezember 1847 bis
Dezember 1854 die Doppelgravierung der Städte und Ortschaften im 5000-
und 2500-teiligen Massstabe aufgehoben und die Fläche innerhalb der
Ortspolygone in den 5000-teiligen Katasterblättern weiss belassen.
Die Photographie bietet uns nun das Mittel, auf raschem, billigem
uud exaktem Wege die Katasterblätter zu vervollständigen. An die Stelle
der Reduziermaschine, mit der die Stadtblätter und Ortsbeilagen mühselig
und doch ungenau passend verkleinert werden konnten, tritt die Photo-
graphie, welche uns eine unverzerrte Kopie des Stadtblattes und der Orts-
beilage in kürzester Zeit mühelos liefert. Mittels kombinierten Umdruckes
kann sodann ein vollständiger 5000-teiliger Plan hergestellt werden. Damit
ein genaues Einpassen des reduzierten Bildes in das weissgebliebene Orts-
polygon ermöglicht werden kann, werden dem Photographen die dem 5000-
teiligen Plansteine entnommenen Masse angegeben. Zur Ergänzung der
Plansteine durch Gravierung wird von der Verkleinerung des Stadtblattes
oder der Ortsbeilage ein Klatschdruck auf den Gravierstein gemacht; die
Gruudstücksgrenzen und Kulturen werden sodann graviert, wobei für das
bebaute Terrain die Blockschraftur angewendet wird. Fällt ein Stadtblatt
oder eine Ortsbeilage in zwei oder mehrere Katasterblätter, so müssen die
Fettabdrücke der Reduktionen nach den bereits eingetragenen Blattgrenzen
198 I bei. Photographische Vervielfältigung in Bayern. ^eiu^nitnu^
UNS
zerschnitten und die einzelnen Teile in die zugehörigen Katasterblätter
genau eingepasst werden.
Als ein weiterer Faktor für die Nutzbarmachung der Photographie
im Dienste der Katasterverwaltung kommt die lebhafte Nachfrage der
Städte nach Uebersichtsplänen Uber die 1000-teiligen Neuaufnahmen in
Betracht. Verschiedene Stadtverwaltungen wenden grosse Summen auf
teils für die Ergänzung der alten Katasterpläne durch die Measungs-
behörden und für die Umgravierung der Plansteine, teils für die Her-
stellung von Reduktionen in privaten Instituten.
Die Herstellung solcher Uebersichtspläne unter Benützung der Photo-
graphie hat nunmehr das K. Katasterbureau selbst in die Hand genommen,
nachdem ein Versuch, der mit der Reduktion der 1000-teiligen Neuaufnahme
von Herrenchiemsee angestellt worden war, vorzüglich gelungen war. So
wurden für den Stadtmagistrat Landshut aus den 80 Blättern der 1000-
teiligen Neuaufnahme von Landshut und aus vier Blättern der 2500-teiligen
Renovationsmessung von Niederbayern Pläne im Massstabe von 1 : 5000
und 1 : 2500 hergestellt, auf Grund deren eine Preiskonkurrenz für hervor-
ragende Architekten und Ingenieure für die Ausarbeitung eines Stadt-
erweiterungsplanes veranlasst werden sollte.
Zu diesem Behufe wurden Blaudrucke der sämtlichen einschlägigen
Katasterblätter nach deren Umgravierung angefertigt, die Konturen der
Grundstücke, Gebäude, Strassen und Gewässer mit gleichmässig starken,
tiefschwarzen Linien nachgezogen und die Namen der Strassen und öffent-
lichen Gebäude unter Berücksichtigung der nachfolgenden Verkleinerung
eingetragen. Selbstverständlich wurden für die Auszeichnung der 2500-
teiligen Blaudrucke entsprechend schwächere Linien und kleinere Buch-
staben wie für die 1000-teiligen angewendet. Die 1000-teiligen Abdrücke
wurden sodann in Tableaux zu 16 Stück im Verhältnisse von 1 : 5 und die
2500-teiligen Abdrücke in jenem von 1 : 2 photomechanisch reduziert, worauf
durch Umdruck die Planblätter in gewünschter Grösse zusammengedruckt
wurden. Zum Schlüsse wurde das Hauptblatt des 5000-teiligen Planes von
Landshut mit den Dimensionen 90 X 70 cm in Vierfarbendruck ausgeführt.
Der 2500-teilige Erweiterungsplan wurde im Formate und in der Ein-
teilung der Katasterblätter geliefert. t Die Kosten für die Herstellung der
Plandruckplatten beliefen sich auf 1500 Mk. In neuester Zeit wird ein
Gemarkungsplan für Würzburg im Massstab von 1 : 5000 auf Kosten des
dortigen Stadtbauamtes bearbeitet.
Bereits früher schon wurde darauf hingewiesen, dass bei vielen karto-
graphischen Instituten die Photographie zur Reduktion von Plänen auf
einen kleineren Massstab mit Vorteil angewendet werde, und konstatiert,
dass die Kosten für derlei Reduktionen wesentlich geringer wären, als
wiederholte Kartierungen im kleineren Massstabe. Weitere Erhebungen
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TmlaMu^weMn 1')e'' P^otoffraPhi8che Vervielfältigung in Bayern. 199
über die Vorbereitung der Plane für die Reduktion und über die Höhe der
Kosten wurden nicht gepflogen.
Auf Antrag des Stadtmagistrats Straubing wurde im Jahre 1900 ein
Versuch zur Herstellung eines 2500-teiligen Uebersichtsplanes über die
1000-teilige Neuaufnahme bei einer hervorragenden lithographischen Kunst-
anstalt gemacht, nachdem von einer anderen erklärt worden war, dass sie
die Aufgabe nicht lösen könne, weil die Originale für die Reduktion auf
photomechanischem Wege nicht bearbeitet wären. Zu dem genannten
Zwecke wurden Reduktionen der zwei aneinauderstossenden Blätter: Strau-
bing Nr. 7 und 12 hergestellt und durch Umdruck auf einem Stein zu-
sammengedruckt. Das Verfahren führte zu keinem brauchbaren Resultate,
weshalb der Stadtmagistrat Straubing auf die Herstellung eines Ueber-
sichtsplanes nach diesem Verfahren verzichtete.
Hiergegen sind die neuen 2500- und 5000-teiligen Erweiterungspläne
von Landshut, der 5000-teilige Gemarkungsplan von Würzburg, dann der
5000-teilige Plan von Herrenchiemsee nicht bloss musterhaft in bezug auf
genaues Aufeinanderpassen der Grenzen, sondern auch an Schönheit und
Schärfe des Druckes. Durch den Aufdruck harmonischer Farbentöne,
welche in jedem Teile des Blattes scharf mit den Konturen sich decken,
gewinnen sie ungemein an Deutlichkeit; ihre Ausführung kann als unüber-
troffen bezeichnet werden.
Für die technischen Bedürfnisse der Verwaltungen von grösseren, rasch
sich entwickelnden Städten reicht der 1000-teilige Katasterplan besonders
für das engbebaute, winklige Stadtinnere meistenteils nicht aus, weshalb
Städte wie München, Ludwigshafen grosse Summen zur Kartierung von
Plänen im 250-teiligen Massstabe aufwendeten. In neuerer Zeit haben sich
die Städte Frankenthal und Passau an das K. Katasterbureau mit dem
Ansinnen gewendet, gleichzeitig mit dem 1000-teiligen Katasterplane 500-
teilige Stadtpläne zu Projektierungsarbeiten zu liefern.
Bereits im Jahre 1893 wurde ein eingehender Versuch gemacht, von
den 250-teiligen Plänen von Ludwigshafen Reduktionen für den 1000-teiligen
Katasterplan unter Anwendung des Präzisionspantographen von Ott in
Kempten herzustellen. Wegen des mit diesem Verfahren verbundenen Zeit-
aufwandes einerseits, andererseits wegen der Notwendigkeit behufs gründ-
licher Revision nahezu eine Neukartierung im 1000-teiligen Massstabe vor-
nehmen zu müssen, ist man von einer weiteren Anwendung des Verfahrens
abgekommen. Aber auch der bereits erwähnte Weg, von den einzelnen
250-teiligen Originalen Reduktionen mittels der Photographie herzustellen
und diese zu einem 1000-teiligen Plane zusammenzusetzen, konnte bei Her-
stellung einer Katasterkarte, welche zu weiteren technischen Manipula-
tionen, wie zur Flächenberechnung zu benützen war und späteren Bedürf-
nissen wie Recherchen als Grundlage dienen sollte, unmöglich zweckmässig
200 Ibel. Photographische Vervielfältigung in Bayern.
erscheinen. Das Resultat dieser Versuche war, dass die Pläne von Lud-
wigshafen im 250- und im 1000-teiligen Massstabe kartiert wurden.
Die Doppelkartierung für den Katasterplan von Frankenthal wird nun
durch Anwendung der Photographie erspart; die Kartierung erfolgt im
grösseren, hier im 500-teiligen Massstabe, so dass an die Stelle eines
1000-teiligen Katasterblattes vier Blätter in 1 : 500 mit den Dimensionen
50 X 50 cm treten, welche die Nummer des einschlägigen 1000-teiligen
Blattes besitzen und durch Beifügen der Buchstaben a, b, c und d von-
einander unterschieden werden. Von den Originalen werden sodann auf
photomechanischem Wege Druckplatten für den 500-teiligen Situationsplan
hergestellt, worauf Umdrucke auf Zink für den Konturdruck und auf Litho-
graphiesteine zur Anfertigung der Tonplatten für den Farbendruck — für
das bebaute Terrain grau und für die Gewässer blau — bewerkstelligt
werden.
Nachdem nunmehr die photographische Aufnahme nicht mehr lediglich
als Grundlage für eine nachfolgende Gravierung im gleichen Massstabe,
sondern zum direkten Druck verwendet werden sollte, musste auf die Kar-
tierung der Originale ein besonderes Augenmerk verwendet werden. Zur
Erzielung gleichmässiger , reiner Zeichnungen wurden daher „ Besondere
Vorschriften für die 500-teilige Kartierung u erlassen.
Der Umdruck erfordert peinlichste Genauigkeit und schärfste Kon-
trolle, um maßhaltige Trockendrucke für die weitere Prozedur zur Her-
stellung der Reduktion in den 1000-teiligen Massstab zu erzielen. Das
Gleiche gilt auch von den Trockendrucken, damit sie gehörig zueinand er-
passen und zusammengefügt ein Quadrat bilden. Um jede Verzerrung
während des Druckes fern zu halten, muss die Druckplatte und das Plan-
druckpapier vollständig trocken gehalten werden und letzteres in verschie-
denen Richtungen vor dem Druck durch die Presse laufen.
Die vier Trockendrucke der 500-teiligen Blätter, auf einem genau ein-
geteilten Reissbrette zusammengestellt, werden hierauf im Verhältnisse 1 : 2
photomechanisch verkleinert; von der Aufnahme wird ein Klatschdruck auf
die Gravierplatte gemacht zum Zwecke der nachfolgenden Gravierung. Die
Mehrkosten für die Druckplatten der aus 48 Blättern bestehenden 500-
teiligen Pläne in Photolithographie und Farbendruck betragen 1900 Mk.
Wichtig als Mittel zur Ausnutzung der Katasterpläne sind die ohne
zeichnerische Zwischenverfahren hergestellten Vergrösserungen und Ver-
kleinerungen von Katasterblättern. Entere wurden für eine Flusskarte
des Mains im Regierungsbezirke Unterfranken angewendet, um den Fluss-
bauämtern neben dem Katasterplane noch eine Karte in einem einheitlichen
Massstabe für ihre bautechnischen Zwecke, nämlich zum Eintrag der Hocli-
wassergrenzen, der Pegelhöhen, der Plannumerierung und dergl. liefern zu
können. Während nämlich über den grösseren Teil des Mains 2500-teilige
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TmSffffgrT^or. IbeL Photographische Vervielfältigung in Bayern. 201
Katasterblätter existieren, sind für einen im Gebiete der Messungsbehörden
Ocbsenrurt und Volkach gelegenen Teil lediglich solche im ÖOOO-teiligen
Massstabe vorhanden.
Auf den Plausteinen der ÖOOO-teiligen Korrektionsblätter worden die
Flnsskorrektionsbauten und Verladungen auf Grund besonderer Fluss-
karten nachgetragen und ein Abdruck auf Kreidepapier ausgeführt, in
welchen sodann die für bautechnische Zwecke wichtigen Einträge, sowie
die Grenzen der künftigen 2500-teiligen Blatter mit chemischer Tusche
eingetragen wurden. Von dem Kreideabdruck wurden sodann auf photo-
mechanischem Wege Vergrösserungen l) im Verhältnisse 1 : 2 hergestellt
und auf Aluminium übertragen. Nach Retouchierung der Platte und An-
fertigung der Ueberschriften wurden die Druckplatten der 2500-teiligen
Flusskarten für die technischen Zwecke der Bauämter durch Umdruck auf
Zink hergestellt. Dieses Verfahren wurde auch in Verbindung mit auto-
graphischem Umdruck zum Druck vergrößerter Plane für Unterrichtszwecke
am Geodätischen Institute der Technischen Hochschule angewendet.
Zum Drucke des Grenzbcschreibungswerkes zwischen Bayern und Tirol
im Karwendel- und Wettersteingebirge wurden mittels der Photographie
Verkleinerungen von topographischen Aufnahmen behufs Eintrags des Grenz-
verlaufes und der trigonometrisch bestimmten Punkte in die Druckplatten
geliefert.
Für forsttechnische Zwecke wurden Verkleinerungen von zusammen-
gesetzten Katasterblättern im Verhältnisse 1:3 angefertigt, nach deren
Retouchierung Druckplatten für Pläne im Massstabe 1 : 15000 erhalten
wurden.
In den vorstehenden Ausführungen ist die bisherige Anwendung der
Photographie in spezieller Beziehung auf die Vervielfältigung der baye-
rischen Katasterpläne zusammengefasst dargestellt, um auf die bedeutende
Rolle, welche sie in dem Betriebe der Lithographischen Anstalt bereits
spielt, hinzuweisen. Die quantitativen und qualitativen Mehrleistungen in
dem genannten Institute sind auf ihre ausgedehnte Anwendung zurück-
zuführen und beweisen, dass wie bei allen graphischen Betrieben auch in
demjenigen bei dem K. Katasterbureau die Anwendung der Photographie
fördernd wirkt. In dreifacher Hinsicht bietet sie demnach die Grundlage
zur Vervielfältigung und das Mittel zur Verwertung der Katasterpläne,
nämlich
l) Es wird hier ausdrücklich betont, dass Anträge auf photomechanische
Vergrösserungen der Katasterblatter nur für ganz bestimmte Privatzwecke, für
I "oh ersieh ten u. ähnl. , aber unter keinen Umständen für kataster- und ver-
messungstechnische Zwecke Berücksichtigung finden. Katasterpläne im grösseren
als dem ursprünglichen Massstabe werden ausschliesslich auf Grund von Neu-
aufnahmen hergestellt.
Zeitschrift for VermisMung.Weion 1907. H«ft 8. Iß
202 lbel. PhotographiBche Vervielfältigung in Bayern. Zeitschrift nir
1. zum Uebertrag des Originals auf die Gravierfläche,
2. zur Reduktion der Katasterpläne behufs Ergänzung der einzelnen,
unvollständigen Katasterblätter, wie behufs Anfertigung von Ueber-
sichtsplänen in jedem beliebigen Massstabe und
3. zur Anfertigung von Plänen in Kombination mit Lithographie, Zinko-
graphie und Algraphie für rein technische Zwecke.
Seit April 1903 wurden 461 Uebertragungen im Verhältnisse 1 : 1,
60 Vergröss erungen im Verhältnisse 1:2 und 117 Verkleinerungen in ver-
schiedenen Verhältnissen ausgeführt, wofür ein Kostenaufwand von ungefähr
6400 Mk. erwachsen ist. Etwa der dritte Teil dieser Summe wurde wieder
ersetzt. Ohne die Zuhilfenahme der photographischen Kamera wäre es bei
der permanenten Ueberhäufung der Lithographischen Anstalt nicht möglich
gewesen, den an sie gestellten Anforderungen zu entsprechen, manche Ar-
beiten, wie die Anfertigung von Uebersichtsplänen , von Flusskarten, dann
die Ergänzung von Katasterblättern und andere, hätten überhaupt nicht
vorgenommen werden können. Die vorstehenden Zahlen beweisen aber
auch, dass die Anwendung der Reproduktionsphotographie über das Sta-
dium des Versuches hinaus an dem Punkte angelangt ist, an welchem sie
für den lithographischen Betrieb bei dem K. Katasterbureau als unentbehr-
lich bezeichnet werden muss. Derselbe leitende Gedanke, welcher im Jahre
1808 zur Errichtung einer eigenen lithographischen Anstalt bei der K.
Steuervermessungskommission führte, nämlich die Erstrebung der Selb-
ständigkeit und Unabhängigkeit von anderen Betrieben, hat denn auch
Veranlassung gegeben, nachdem die Unentbehrlichkeit der Photographie
erkannt ist, die beabsichtigte Einrichtung eines eigenen photographischen
Ateliers nunmehr zu verwirklichen, um so mehr als dadurch die Möglich-
keit des Verlustes von Originalien vollständig ausgeschlossen ist.
Die kartographischen Institute der Militärverwaltungen besitzen diese
Einrichtung bereits seit geraumer Zeit und verwenden sie zur Kopierung
und Reduktion von Originalen, wenn diese dazu geeignet vorbereitet sind,
statt der manuellen Kopierung und Pantographierung, weil die Photo-
graphie sicher die rationellste Methode ist, bei welcher auch die Origina-
lität der Vorlage gewahrt bleibt. Bei Reproduktion von kartographischen
Arbeiten dient sie ebenso, wie bei jener von Katasterblättern als Zwischen-
verfahren, indem man die Reduktion auf photographischem Wege erstellt
und dann auf photolithographischen Abdrücken (Blaudrucken) die Ueber-
zeichnung macht, i) So ist das Atelier des bayerischen Topographischen
BureauB im Besitze eines photographischen Apparates mit einem Tisch-
stativ, das zur beliebigen Regulierung der Aufnahmedistanz auf Schienen
') Heller, Theoretische und praktische Anleitung für den Dienst in der
topographischen und Zeichen-Sektion.
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v«rawSnSwneMn lbe1' P00*0«1*?1"8«11« Vervielfältigung in Bayern. 203
1907.
gestellt ist. Die Beleuchtung des Aufnahraeobjekts geschieht mittels elek-
trischen Lichtes. Ausserdem besitzt das Atelier noch Ober- und Seiten -
licht, so dass es gleichzeitig zum Kopieren verwendet werden kann. Für
die Reproduktion der Katasterblätter wird ein Zeiss - Anastigraat an-
gewendet, i)
Bei dem K. u. K. militär-geographischen Institute in Wien, welches
wohl das bedeutendste im kartographischen Fache ist und hierin einen
Weltruf besitzt, findet die Photographie schon seit über 50 Jahren An-
wendung. Die Einrichtung besteht2) aus einem hellen und dunkeln Raum,
welche durch Schienen miteinander verbunden sind. In der Scheidewand
ist das Objektiv angebracht. Das Fundament der Schienenbahn, wie der
Mauerblock, der das Objektiv trägt, wurden von der Umgebung vollständig
isoliert, um jede Erschütterung unmöglich zu machen. Im hellen Raum
ist ein mit allen Beweglichkeiten versehenes Reissbrett aufgestellt, an dem
das Original befestigt und mit vier Bogenlampen beleuchtet wird. Im
Dunkelraum, der zugleich Sensibilisierungs- und Entwicklungsraum ist, be-
findet sich das Gestell zur Aufnahme der lichtempfindlichen Platten. Der
Aufnahmeraum, der eine grosse Kamera vorstellt, wird durch gefärbte
Glühlampen erleuchtet, der Entwicklungsraum durch grosse gelbe und rote
Schiebefenster. Durch leicht bewegliche Schiebetüren lassen sich die
Räume trennen. Für geeignete Ventilation ist gesorgt. Diese Einrichtung,
welche sich bestens bewährt hat, gestattet auch verkehrte Negative her-
zustellen. Die optische Ausrüstung ist von der Optischen Werkstätte von
C. Zeiss in Jena erfolgt; im Jahre 1896 wurde ein Anastigmat von 1270 mm
Brennweite und 1899 ein Plenar 1 : 10 von 1480 mm Brennweite an-
geschafft.
Das nulitär-geographiBche Institut hat im Jahre 1905 ein neues Dienst-
gebäude bezogen, in welchem das früher getrennt untergebrachte photo-
graphische Atelier neu eingerichtet wurde. Es ist mit Sicherheit anzu-
nehmen, dass hierbei alle modernen Errungenschaften für Reproduktions-
photographie und Beleuchtung Berücksichtigung gefunden haben.
Ibel, Kgl. Steuerrat.
') Jene, die sich hinsichtlich des photomechanischen Verfahrens und der
Einrichtung hierzu bei dem Topographischen Bureau noch näher informieren
wollen , verweise ich auf den Aufsatz : „ Die Verwendung der Photographie als
Reproduktionsmittel für Katasterpläne" von K. Katastergeometer Preu in der
Zeitschrift des Bayerischen Geometervereins vom Jahre 1904.
*) Die nachfolgenden Angaben sind dem Aufsatze von Dr. Aarland: „Das
k. u. k. militär-geographische Institut in Wien" in der Zeitschrift für Repro-
duktionstechnik entnommen.
204
Hocbschulnachricüten.
Zetuchrlft rur
1907.
Hochschulnachrichten.
An der landwirtschaftlichen Akademie zu Bonn-Poppelsdorf werden
im Sommerhalbjahr 1907 folgende Vorlesungen und üebungen gehalten:
1. Prof. Ür. Hansen: a) Rindviehzucht, wöchentl. 3 st. b) Schweine-
zucht, 1 st. c) Massnahmen zur Förderung der landwirtschaftlichen Tier-
zucht. 1st. d) Molkerei wesen, 2 st. e) Milchwirtschaftliches Praktikum.
2 st. f) Landwirtschaftliche Demonstrationen auf dem akademischen Gute
Dikopshof.
2. Prof. Dr. Remy: a) Allgemeiner Pflanzenbau (Düngerlehre), 2 st.
b) Spezieller Pflanzenbau (Getreide- und Hülsenfruchtbau), 2 st. c) Feld-
futterbau. Wiesen- und Weidekultur, 2 st. d) Demonstrationen und semi-
naristische üebungen (Pflanzenbau), 1st (Die Demonstrationen umfassen
auch Üebungen in der Bodenbonitierung, an denen fortgeschrittene Geo-
däten teilnehmen können.)
3. Prof. Dr. Aereboe: a) Taxationslehre einschl. der wirtschaftlichen
Bodenbonitierung, 2 st. b) Betriebswirtschaftliche Fragen der Allgemeinen
Kulturtechnik, 1 st. c) Teichwirtschaft, 1 st. d) Landw. Seminar, 2 st.
4. Prof. Dr. Gieseler, Geh. Reg.-Rat: a) Experimental-Physik (I. Teil:
Schall. Licht. Wärme und Meteorologie), 2 st. b) Physikalisches u. maschi-
nelles Praktikum. 4 st. c) Landwirtschaft Maschinenkunde (I. Teü), 1st.
d) Erdbau und Wasserführungen, 2 st.
5. Prof. Dr. Kreusler. Geh. Reg.-Rat, Direktor: a) Organische Ex-
perimental-Chemie in Beziehung auf die Landwirtschaft, 4 st. b) Chemisches
Praktikum. 4 st. (Vermehrte Stunden nach Bedarf.) c) Grundzüge der
Chemie, 2 st.
ü. Prof. Dr. Noll: a) Spezielle Botanik (einschl. Pflanzenkrankheiten),
4. st. b) Allgemeine Bakteriologie, 1st. c) Physiologische u. mikroskopische
üebungen (geraeinsam mit Priv.-Doz. Dr. Körnicke), 4 st. d) Botanische
Exkursionen und üebungen im Bestimmen von Pflanzen (gemeinsam mit
Priv.-Doz. Dr. Körnicke), e) Botan. Untersuchungen für Selbständige.
7. Prof. Dr. Hagemann: a) Physiologie der Haustiere, 4st. b) Tier-
physiologisches Praktikum, 2 st. c) Sinnesphysiologie (für Geodäten), 1st.
s. Prof. Huppertz: a) Baumaterialicnkunde. Baukonstruktionslehre
und Grundbau, 4 st. b) Bautechnische üebungen, 4 st. c) Wasserbau, 2 st.
9. Prof. Müller: a) Nivellieren, für I. Studienjahr, 1st. b) Geodä-
tisches Rechnen, für I. Studienjahr, 2 st. c) Ausgleichungsrechnung, für
n. Studienjahr, 2 st. d) Tracieren, f. U. Studienjahr, 2 st. e) Geodätisches
Seminar (Ausgleichungsrechnung und Nivellieren) für II. Studienjahr, 2 st.
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v£l£2££££U* Hochtchulnachrichteu. 205
mm.
f) Geodätische Uebungen, Nivellieren für I. Studienjahr; Tracieren fur U.
Studienjahr ( Geographische Ortsbestimmung für Fortgeschrittene), 2 Tage.
10. Prof. Hi lim er: a) Landmess- u. Instrumentenlebre fur I. SUdien-
jahr, 2 st b) Landmess- und Instrumentenlehre für II. Studienjahr, 2 st.
c) Geodätisches Seminar (Landmess- u. Instrumentenlehre) für IL Studien-
jahr, 2 at. d) Geodätische Hebungen : Landmeaslehre für I. u. II. Studien-
jahr, 2 Tage, e) Praktische Geometrie und Uebungen im Feldmessen und
Nivellieren (für Landwirte), 1st.
11. Prof. Dr. Furtwängler: a) Algebra, für I. Studienjahr. 2 st.
b) Darstellende Geometrie u. Stereometrie, für I. Studienjahr, 3 st. c) Ana-
lytische Geometrie, für I. Studienjahr, 2 st. d) Mathematische Uebungen.
für I. und II, Studienjahr, 4 st
12. Gartenin8p. Beissner: a) Obst- und. Weinbau, 1st b) Gemüse-
bau, 2 st c) Demonstrationen im botanischen Garten.
13. Kreistierarzt Bon gar tz: a) Aeussere Krankheiten der Haus-
tiere, 3 st. b) Hufbeschlag und Geburtshilfe, 1st.
14. Sanitätsrat Dr. Firle: Erste Hilfeleistung bei plötzlichen Un-
glücksfällen, 1 8t.
15. Forstmeister Hoffmann: a) Waldbau, 2 8t. b) Forst-, Schutz -
und Polizeilehre, 1st. c) Foratwissenachaftliche Exkursionen.
16. Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Körnicke: Demonstrationen im öko-
nomisch-botanischen Garten.
17. Regierungs- und Baurat Künzel: Kulturtecbnische Uebungen, für
II. Studienjahr, 4 st.
18. Prof. Dr. Laspeyres: a) Geognosie, 2 st b) Mineralogische
Uebungen (oder geognostische Exkursionen), 1st.
19. Geh. Beg.-Rat Prof. Dr. Ludwig: Landwirtschaftliche Zoologie
(II. Teil), 3 st.
20. Lehrer Ringel: Bienenzucht, 1st.
21. Prof. Dr. Schuhmacher, Amtsgerichtsrat : a) Verwaltungsrecht,
:2 8t. b) Landeskulturgesetzgebung, 1st.
22. Priv.-Dozent Dr. Weber: a) Agrarpolitik, 2 st b) Volkswirt-
schaftliches Seminar. 1st. c) Uebungen für Vorgeschrittene.
23. Priv.-Dozent Dr. Wygodzinski: Besprechungen über Genossen-
schaftswesen und ländliche Wohlfahrtspflege für Anfänger, 1st.
24. Dr. Körnicke, Priv.-Dozent: a) Physiologische u. mikroskopische
Uebungen (gemeinsam mit Prof. Dr. Noll, 4 st. b) Botanische Exkur-
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206 Prüfungsnachrichten. f MtW5hrift^OT
1907.
sionen und l'ebungen im Bestimmen von Pfianzen (gemeinsam mit Prof.
Dr. Noll).
Ausserdem finden landwirtschaftliche, kulturtechnische etc. Exkur-
sionen in die nähere Umgebung, sowie in die benachbarten Provinzen und
in daa Ausland (Belgien, Holland, England) statt.
Die Aufnahmen neu eintretender Studierender beginnen am Dienstag
den 16. April, und finden bis einschl. Dienstag den 7. Mai 1907 statt.
Später eintreffende Studierende haben die Genehmigung zur nachtraglichen
Immatrikulation bei der Universität, unter Angabe der Gründe ihrer ver-
späteten Meldung, schriftlich bei dem Kurator der Universität nachzusuchen.
Die Vorlesungen für Landwirte und Kulturtechniker beginnen am
Dienstag den 23. April, für Geodäten am Montag den 29. April 1907.
Bonn, im Januar 1907.
Der Direktor der Königl. landwirtschaftlichen Akademie:
gez. Kreusler, Geheimer Regierungs-Rat.
Prüfungsnachrichten.
Aus Württemberg.
Bekanntmachung der K. Feldmesserprüfungskommission,
betreffend das Ergebnis der im Herbst 1906 abgehaltenen Staats-
prüfung für Feldmesser.
Infolge der im September und Oktober ds. Js. abgehaltenen Staats-
prüfung für Feldmesser haben die Kandidaten:
Bonnet, Gustav, von Schönenberg, Oberamts Maulbronn,
ßttrkle, Eugen, von Winnenden, Oberamts Waiblingen,
Eberle, Paul, von Pfullingen, Oberamts Reutlingen,
Ernst, Friedrich, Dipl.-Ing. von Marbach a/N.,
Fischer, Julius, von Göppingen,
Friz, Martin, von Hebsack, Oberamts Schorndorf,
Hof mann, Hermann, von Ingelfingen, Oberamts Künzelsau,
Hüeber, Gustav, von Stuttgart,
Kaisser, Beruhard, von Wäschenbeuren, OberamtB Welzheim,
Müller, Karl, von Stuttgart,
Schäfer, Paul, von Echterdingen, Amtsoberamts Stuttgart,
Schmelzle, Alfred, von Stuttgart-Cannstatt,
Sp ran del, Paul, von Urach,
Digitized
Personalnachrichten. 207
Steinbrenner, Georg, von Stattgart,
Wagner, Wilhelm, von Dusslingen, Oberamts Tübingen,
Wöhrie, Otto, von Altshausen, Oberamts Saulgau,
die Berechtigung erlangt, nach Massgabe der K. Verordnung vom 21. Ok-
tober 1895, Reg.-Blatt S. 301, als öffentliche Feldmesser beeidigt und
bestellt zu werden.
Stuttgart, den 14. Dezember 1906.
K. Feldmesserprüfungskommission,
gez. Schlebach.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Das Katasteramt Wittmund im Reg. -Bezirk
Aurich ist zu besetzen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
General kommissionsbezirk Düsseldorf. Beförderung: O.-L. Schaaf-
hausen in Trier zum Vermessungsrevisor ernannt. — Versetzungen zum
1./3. 07: L. Mauderer von Düsseldorf (g.-t.-B.) nach Eitorf, L. Krüger
von Eitorf nach Adenau; zum 1./10. 07: L. Fischer von Prüm nach
Cöln. — L Dietze in Simmern vom 1./4. 07 ab beurlaubt auf 3 Jahre
zur Uebernahme eines Lehramts an der landwirtschaftlichen Hochschule
zu Montevideo (Südamerika). — Die Spezialkommission Eitorf wird am
1./7. 07 nach Siegburg verlegt. — Aus dem Dienst ausgeschieden ist:
L. Schmidt II in Düsseldorf zwecks Eintritt zum Militär am 15./3. 07.
Generalkommis8ionsbezirk Münster. Versetzungen zum 1./4. 07:
O.-L. Lotze und die L. Kaiser I, Neck und Nitze von Höxter nach
Paderborn; ferner die Verm.-Insp. Oek.-Rat Böhmer von Münster nach
Bromberg, Oek.-Rat Dorn von Bromberg nach Münster; L. Kays er n
ist nicht bis 30./11. 09, sondern 31./12. 08 nach Ostafrika beurlaubt —
Spez.-Komm. Höxter und Olpe I (Heuel) sind aufgehoben.
Stadtvermessungswesen. Der Vorsteher des städt. Vermessungs-
amtes in Erfurt, L. Witte, ist zum städt. Vermessungsinspektor ernannt
worden. — Städt. Oberlandmesser Abendroth, der die Neu venu es sung
der Stadt Hannover eingerichtet und Jahre lang geleitet hat, ist von der
Stadtverwaltung zur Ableistung einer zweijährigen Probezeit bei der Kgl.
Landesaufnahme des Grossen Generalstabes in Berlin beurlaubt worden,
welche seiner endgültigen Uebernahme in den Staatsdienst als Kgl. Ver-
messungsdirigent gilt. (Hann. Courier.)
Königreich Bayern. Katastermessungsdienst. Der im zeitlichen
Ruhestand befindliche Bezirksgeometer 1. Kl. Friedrich Meier von Schwa-
bach wurde wegen Fortdauer seiner durch Krankheit herbeigeführten Dienst-
20 8 ]B( — —
Unfähigkeit im Ruhestände auf die Dauer eines weiteren Jahres belassen;
der Bezirksgeometer 2. Kl. Fr. U eberreit er, Vorstand der Mess.-Beb.
Deggendorf, wegen Krankheit in den erbetenen Ruhestand auf die Dauer
eines Jahres versetzt ; auf die Stelle des Vorstandes der Mess.-Beh. Kempten
der Bezirksgeometer 1. Kl. und Vorstand der Mess.-Beb. Ochsenfurt Alois
Merkle auf Ansuchen versetzt; der Bezirksgeom. 2. Kl. Karl Schlemmer.
Vorstand der Mess.-Beh. Obermoschel, zum Bezirksgeometer 1. Kl. ernannt;
auf die Stelle des Vorstandes der Mess.-Beh. Deggendorf der Bezirks-
geometer 2. Kl. und Vorstand der Mess.-Beh. Eschenbach 0. Kirschen-
hof er auf Ansuchen versetzt; die Stelle des Vorstandes der Mess.-Beh.
Eschenbach dem Mess.-Assistenten bei der Reg.-Finanzkammer der Pfalz
Otto Wirth unter Ernennung zum Bezirksgeometer 2. Kl. verliehen.
Vom 1. März ab wurden die gepr. Geometerpraktikanten Heinr. Funk
bei der Mess.-Beh. Schwandorf und Gottfried Weyh bei der Mess. -Bell.
Weissenburg i/B. zu Messungsassistenten, ersterer bei der kgl. Reg.-Finanz-
kammer von Oberfranken, letzterer bei der kgl. Reg.-Finanzkammer von
Niederbayern ernannt
Eisenbahnvermessungswesen. Der Verwalter im Geometerdienst
Karl Be feiein in Regensburg unter Anerkennung seiner langjährigen, mit
Treue und Eifer geleisteten Dienste in den dauernden Ruhestand versetzt.
— Vom 1. März ab versetzt: Obergeometer Joseph Weber in Bamberg
zur Eisenbahnbetriebsdirektion Nürnberg, Verwalter ^im Geometerdienst
Eugen Burger in Kempten zur Eisenbahnbetr.-Dir. Augsburg, Obergeom.
Joseph Lucas in Kempten nach Neustadt a/FI. , Obergeom. Christ. Wil-
helm in Rosenheim nach Mühldorf und Obergeom. Anton Sachsenhauser
in Rosenheim nach Kempten, Obergeom. Heinrich Dittmar in Weiden zur
Eisenbahnbetr.-Dir. Regensburg, Obergeom. Anton Wald mann in Weiden
nach Miltenberg, Obergeom. Karl Meyer in Donauwörth zur Eisenbahnbetr.-
Dir. Nürnberg; vorläufig an ihrem Dienstorte belassen die Obergeometer
Friedr. Gärth und Karl Leinberge r in Kempten.
Eines der ältesten Mitglieder des Deutschen Geometervereins, Bezirks-
geometer i, KL a. D. Joseph Haselmayr, ist in Passau im Alter von
69 Jahren gestorben.
Inhalt.
Auslandsgehalt der Landmesser. — Wissenschaft!. Mitteilungen: Polygonal-
messungen bei Eisenbahnarbeiten, von Prot W. LaBka. — Beitrag zur Koor-
dinatenberechnung , von P. Reutzel. — Kreisbogen aus zwei Tangenten and
einem Punkte, von Fl. Lederer. — Anwendung der Photographie zur Verviel-
fältigung bayerischer Katasterpläne, von Ibel. — Hochschulnachrichten. — Prü-
fungsnachrichten. — Personalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
I>ruok von Carl Hammer, Kgl. Hof bochdrnoker«! in Stattgart.
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209
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuerrat und Dr. O. Eggert, Professor
M, Katasttrrbureau. Dan zig- Lang fuhr, Abornweg 10.
•M-
1907. Heft 9. Band XXXVI.
•• 21. März.
Der Abdruck tob Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitnngr ist untersagt.
Photogrammetrische Punktebestimmung von einem
Standpunkte.
Von Eduard Dole/.al.
o. ö. Professor an der k. k. Techn. Hochschule in Wien.
Die Festlegung eines Kaumpunktes von einem Standpunkte aus wird
in der Geodäsie, wenn entsprechende Instrumente zur Verfügung stehen,
am einfachsten und raschesten nach dem Prinzip* der Polarkoordinaten
durchgeführt; diese Bestimmungsart findet in der Tachymetrie ihre aus-
gedehnteste Anwendung.
Der Grund für die Möglichkeit der Festlegung von einem Standpunkte
aus liegt darin, dass in dem signalisierten Punkte eine Distanzlatte auf-
gestellt wird, von der ein Teil die Basis für die Bestimmung der linearen
tach\ metrischen Kiemente D und H abgibt.
In der Photogrammetrie erfolgt die Festlegung von Kaumpunkten der
Lage und Höhe nach auf Grund der Basismethode ; hierbei hat die Photo-
grammetrie den Vorteil für sich, dass eine Signalisierung der von beiden
Basisenden eingesehenen Punkte entfällt.
Wollte man auf photogrammetrischem Wege von einem Standpunkte
aus Raumpunkte fixieren, so wäre dies nur dadurch möglich, dass man
wie in der Tachymetrie in dem signalisierten Punkte eine begrenzte Linie
als Basis anbringt, die im Bilde deutlich wahrgenommen wird und scharf
ausgemessen werden kann. Dieser Fall soll hier zur Behandlung kommen
und auch Fehleruntersuchungen sollen in den Bereich der Betrachtungen
einbezogen werden.
Zeitschrift for Vermeiiungawesen 1907. Heft 9. 1H
210 Dolezal. Photogrammetrische Punktebestimmung etc. veraM«SSwe*en
1907.
Sind die perspektivischen Komm an ten einer photogrammetrischen Ka-
mera bekannt, so lassen sich bei beliebiger Lage der Bildebene aas den
Bildkoordinaten eines Punktes sowohl der Horizontal- als auch der Vertikal-
winkel des dem betreffenden Bildpunkte zugewiesenen Projektionsstrahles,
bezogen auf die Hauptvertikalebene bezw. auf den Horizont der Photo-
graphie, rechnerisch und graphisch bestimmen.
Nehmen wir an, dass in der Vertikalen des Terrainpunktes P (Fig. 1)
zwei Marken A und B in einem Abstände l befestigt sind; wird mit einem
photogrammetrischen Apparate von der Station 5 aus eine photographische
Aufnahme gemacht, gleichgültig, ob hierbei die Bildebene eine vertikale
Fig. L
oder eine beliebig geneigte Lage bat, so können entweder auf dem Nega-
tive oder auf dem Positive die rechtwinkligen Koordinaten der Bildpunkte
a und b ausgemessen werden. Die Abszisse beider Punkte ist dieselbe,
nämlich x, die Ordinaten sind y1 und y2 ■ iare Differenz sei y2 — yx == d,
welche auch unabhängig von yl und y2 direkt gemessen werden kann.
Die perspektivischen Konstanten, insbesondere die Bilddistanz f und
die Koordinaten x, y,, y2 nebst y2 — y1 = d gestatten, das Azimut a
der Vertikalebene des Objektes P% nebst D und H durch Rechnung und
durch Konstruktion zu ermitteln.
a) Lösung durch Rechnung. Wir erhalten bei vertikaler Lage
der Bildebene:
tg a =
tgfli =
t» ßt =
x
f
Vi
= ?! cos a =
Vi
sin a
X
y*_
sin a
= y- cos a —
X
(1)
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zeiwciirirt fur Dolezal. PhotograrametriBche Punktebestimmung etc. 2 1 1
Wäre die Bildebene, resp. die Bilddistanz unter dem Winkel y zum
Horizonte geneigt, so würden sich die vorstehenden Winkel aus den in
der Photogrammetrie begründeten Gleichungen ergeben:
tg a =
f cos y — yx »in y f co» y — y, Utk y
f stn y -f- y, co» y
tg ßl = r_J_»L TL- cog a
f cos y — y, »m y
f »in y + y, cos y
f cost <p — y, *m y
(2)
Aus den zwei rechtwinkligen Dreiecken CAP'4 und CBP" ergeben
sich die vertikalen Katheten mit:
h = Dtgß, )
h + l = Dtg ß, S1
woraus nach einfacher Rechnung folgt:
(3)
_ go» ßl CO» ßi l
»in (ß9 - fij I
»in /?, co» ßt
(I)
H = h + (J-Z)
Nach Einführung der Werte aus Gleichung (1) erhalten wir bei ver-
tikaler Lage der Bildebene:
y% — Vi
h = —
y» — yi
H = h + (J — Z)
x
a = arc tg -
(II)
so dass die Elemente für die Festlegung eines Raumpunktes von der
Station S aus durch die eine Aufnahme unzweideutig bestimmt erscheinen.
Bei geneigter Lage der Bildebene wird erhalten:
(/ co» y — y, »in y) (/ co* y - y, *m y)
7 f(y,-y,)
= ifeo»<p — gl sin y) (/ co* y — y, */« y)
A = (/• *»» y + y. go* y) CT g°» 9 — y% y> ,
tiSft — Vi)
= (f »in y 4- y, co* y) (f cos tp — y, *m y)
/.«*
a ss ore ty
' ——. Qf£ fa — »
/ cos y — yj »m y * / co* y — y, sin y
(HD
b) Lösung durch Konstruktion.
1. Verfahren. In Fig. 2 stellt Cfl = f die Bilddistanz, 3TT die
durch den Hauptpunkt Q gehende Trasse der vertikalen Bildebene dar.
212 Doleial. Photogrammetrische Punktebeatimmung etc. ^z^tMttammt^
Es werden in bekannter Weise die Winkel a, 0, und fa mit Hilfe
der Bildkoordinaten *, y, und y2 ermittelt, wobei die letzten zwei Winkel
in der Umlegung erscheinen ; also Qp' = x, p*a = y,, jt'o = y2 gemacht
und die Strahlen Cp', Ca und Cb gezogen.
T
Fig. 2.
Nun wird im grösseren Abstände von C eine Normale NN zu Cp'
gezeichnet, von ihrem Schnittpunkte Em\i Cb nach F hin — aufgetragen,
also EF — — ; hierauf wird durch F eine Parallele zu EC gezogen bis
zu ihrem Schnitte A mit dem Strahle Ca. Durch diesen Punkt A führt
man nun eine Normale zu Cp' und erhält die Schnittpunkte B und B mit
den Strahlen Cb und Cp'.
Gestützt auf die Aehnlichkeit der Dreiecke:
A CR A ^ A Cp' a , A A B C A « * C
ergeben sich unmittelbar folgende Proportionen:
und aus ihnen:
AR.ap' = AB : ab
Cp' . AB
(4)
CR =
Da nun
I
ab f
(5)
ab =3 y, — y,
H
Vi
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zduchrirt fur Dolezal. Photogrammetrische Punktebesttmmung etc. 213
ist, so folgt nach Einführung dieser
Werte in die Gleichung (5)
CR =
Ali =
Vi
i
n
l
n
(6)
y. — vi
die, mit Gleichung (II) verglichen,
unmittelbar liefern:
n '
CIV)
also aliquote Teile der Distanz
und der Höhe.
Analog sind die Verhältnisse
bei geneigter Lage der Bildebene
(Fig. 3).
2. Verfahren. Dieses
stützt sich unmittelbar auf die
geometrische Darstellung der bei-
den Gleichungen:
D = Vx' + r
Fig. 3.
h =
bezw. — =
n
h_
n
y* — Vi ' n f
y» - vx » 1
(7)
Es wird in Fig. 4 CQ = f gemacht und QT senkrecht zu Cfl ge-
zogen: nun trägt man QB = ar auf, wodurch CJ9 = CA — Vz* + /"*
wird, zieht .42? _L Cfl und trägt AE = y2i — yl auf.
Hierauf zieht man auf die verlängerte Gerade eine Normale NN,
auf welche = ^ aufgetragen wird; durch O wird eine Parallele zu
CQ gezogen, bis sie in H die Verbindungsgerade CE schneidet. Nun fällt
man von H eine Normale auf CQ und die Strecke CJ gibt den aliquoten
D t
Teil der Distanz — .
n
Die Höhe wird auf folgende Weise erhalten; es wird AK = y, ge-
macht. IT und verbunden und zum Schnitte mit der verlängerten Ge-
raden G H gebracht, wodurch sich der Punkt L ergibt ; wenn von L eine
Senkrechte auf CQ gefällt wird, so erhält man den Punkt M. Die Strecke
h
KM gibt den nten Teil der gesuchten Höhe - - .
Der Beweis für die Richtigkeit der Konstruktion folgt unmittelbar aus
der Figur; wir haben aus den zwei Paaren ähnliche Dreiecke:
A CJK A CAE und A EE A ~~ A ELM
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214 Doleial. Photogrammetrische Punktebestimmung etc.
Zeitschrift für
«1 m
Fig. 4.
unmittelbar die Proportionen:
CJ.CA = HJ.AE
KM: RA = ML -.AE
und weiter:
somit
ca.hj V^+r i j
CJ- -IT- *-* •-»(
= * .lS
y* — y> » )
km =
KA.ML
(9)
KM
Genauigkeit.
Die Genauigkeit in der Distanz und Höhe, D und H resp. /<, hängt
ton der Schärfe ab, mit welcher die Grössen /, 0, und ßt bestimmt
werden können.
Nennen wir Al, Aß{ und Aß% die mittleren Fehler dieser Grössen,
so werden die mittleren Fehler in D und H , gestützt auf die Gleich-
ungen (I), nach den Formeln:
(10)
berechnet.
Da die partiellen Differentialquotienten der vorstehenden Ausdrücke,
aus der Gleichung (I) berechnet, lauten:
dD cos ßx cos ßt D_
dl •in(ß9~ßl) ~ ~T
dD _ cos* ßt _ cos
* dßx ~ «ftt*(flj — ßi) colt ß\ <ßi — ßi)
d D cos9 ßx . cos ßt
dß* ' ' sit*9 {ßt — ßt) ' cos ßt sin ißt — ßx)
I
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,"11 Dolezal. Photogrammetrische Piinktebestimmung etc. 215
ferner
dH
m'n ßl cos ft
di
sin (ft — ft) _
dH
a a
sin ft cos ßt
»<«*(ft-ft)
dH
cos ßl sin ßl
~ sinHßt- ßJ
dH
1 dH
dJ
l* dZ
H
I
sin gm
sin ft sin (ft — ft)
cos ft
cos ft sin (ft — ßj
so wird nach ihrer Einführung in die Gleichungen (10) erhalten:
AD =
± D V ( A! f + (w*ft*7„\ft_ft) f + Lsß, ÄS, ßl) J*7
als absoluter und
kW
,(11)
D V \ / ; V co» ft *iw (ft ~ ft) Plf 'T\cosßtsin
als relativer Fehler der Distanz; für den mittleren Fehler in der
Höhe hat man:
AH =
± H \f{ iL)* Hrmft«T(ft ft) 4* f + (co8ftlÄ(ft ~ft) M)*
wenn man J" und Z fehlerfrei annimmt, also AJ = AZ=. 0 setzt.
Nehmen wir die mittleren Fehler Aßt = Aßt als einander gleich an,
so vereinfachen sich die vorstehenden Gleichungen (11) für die mittleren
Fehler und es resultieren:
cos* ft -|- cos* ft
AD \ ft A l \» cos* ßi + co«4 ft
co** ft cos* ft «m* (ft
cos* ft co** ft #/>»* (ft — ft)
ßi)
Aß*
dp
,12)
, xx _ x u \ / ( A 1 ? (*/w & co* + ("»» ßijosßj^
AH - 1 * V ( 1 1 + -^,ift c^^s^r^
Da die lineare Grösse l gewöhnlich mit grosser Schärfe bestimmt
werden kann, so kann ihr mittlerer Fehler A l = 0 gesetzt werden, wodurch
«ich die Formeln (11) und (12) wesentlich vereinfachen; wir erhalten:
AI) = V{cos* ßtAßvy + {cos* ßi Aßtf (I8)
Z> co* ft co* ft mm (ft — ft)
AH = ±H
Vsin ft co« ft J ft)» + (»in ft CO* ft 4/?a)*
*i'« ft co* ft mm (ft — ft)
und, wenn weiter 4^ = 4/^ = 4(3 eingeführt wird:
Digiti ^
216 Dolezal. Photogramraetrische Pnnktebestimmung etc. ziuchnn nir
cos /?, co* /?, — /?,)
" = __y«^t^t a, ; (vi)
I) cos ßx cos ß2 sin — /J,)
AH = + // W" & c<>» + (*'» ßx co* /?,)» A
sin ßt cos /9S sin (ß, — ßt)
Geben wir, wie es üblich ist, den Fehler in der Höhe für die Einheit
der Distanz an. so wird in diesem Falle erhalten:
AH -\ fTAl v2 /" «im V ~vt / cos ß. .2,
^ — l l / J I"" sin'ß, cos'tLsin* (ß,-ßt) P
und weiter für J / = 0 folgt :
^ _ ,„ ß V&n Mwlj 4>,V -»- («*« /?, cos/J, 4 /?,)«_ AB i
BinßiCOsßtHnißt — ßi)' H f
AH - faß VW»J, co^J*~+(sin ßl cos ~ß\y \
I> 9 P Hin ßt co* ßs sin (h — fit)
Da auf den Photogrammen die liildpunkte durch rechtwinklige Koor-
dinaten bestimmt werden, so kommen für D und // die folgenden Gleich-
ungen (II) zur Anwendung:
Mm — M,' ,! '
H =
Vt — .'/i »
und es handelt sich um die Genauigkeitsuntersuchung dieser Ausdrücke.
Sind die Koordinaten mit den mittleren Fehlern + A x und + A y
behaftet und nehmen wir l und f als fehlerfrei an, so wird
Verwerten wir die untere der vorstehenden Ausdrücke für den mitt-
leren Fehler und nehmen die partiellen Differentialquotienten:
30 l x
3x = ti Yr* f* f
d
dd
so ergibt sich:
d - ' .i d
D= ±'d Vl?^A**+^^A'n- • • ' <16>
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Dolezal. Photogrammetri8che Punktebestimmung etc. 217
Da nun für .
rf = y, — y,
zu setzen ist, so wird
Ad* = 4y,l + Ay*
und wenn, wie es wahrscheinlich ist,
Ax — Ayx — Ayi
gesetzt werden kann, so folgt:
A d* = 2 . A x* oder A x = ± —~ .
Führen wir dies ein, so hat man:
(17)
x*d*
Da aber der Quotient 2(X* + f*)* sehr klein i8t' s0 kann er gegen 1
vernachlässigt werden und es resultiert:
als absoluter und
AD Ad
-D = -r <V,1I>
als relativer Fehler der Distanz.
Die letzte Gleichung sagt: Der relative Fehler der Distanz ist
gleich dem relativen Fehler der Ordinatendifferenz.
Analog wird die Bestimmung des mittleren Fehlers in der Höhe vor-
genommen.
Da wir in der vollständigen Höhenformel:
H = —1±-1+<J-Z) = g l + U-Z)
y* — Vi »
die beiden direkt messbaren Grössen J und Z als fehlerfrei annehmen, so
können wir unserer Fehleruntersuchung auch die Gleichung zugrunde legen :
H = — fl — / = (19)
somit lautet der mittlere Fehler, wenn AI = 0 vorausgesetzt wird:
Die partiellen Differentialquotienten sind:
dy, ~ d I
dd ' d d )
4ff=+J ^4 *■ + (-§- 4
(20)
(21)
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218 Doleial. Photogrammetrische PunktebeBtimmung etc. ^^uebrmjur^
19077
Nach dem Vorhergehenden kann man setzen:
A A(i
'"«VT 1
und der mittlere Fehler in H geht über in:
Da der Quotient ^ , eine sehr kleine Grösse ist, so kann man
denselben vernachlässigen und erhält:
AH = ±ld * Ad.
Führen wir hierin = H ein, so ergibt sich als absoluter Fehler
in der Höhe: ah
AH = ± H-j-, ........ (22»
• *
wobei die gleiche Beziehung sich ergibt wie bei der Distanz:
AH Ad
a - 4 • ,IX)
wonach der relative Fehler der Höhe gleich ist dem relativen
Fehler der Ordinatendifferenz.
Berücksichtigen wir den analogen Satz, der für den relativen Fehler
der Distanz aufgestellt wurde, so resultiert die bemerkenswerte Beziehung:
AD AH
-D---W «
Die gebräuchliche Darstellung des Fehlers in der Höhe pro Einheit
der Distanz ist:
AH v. Ad Ad
= y' - - _r = tg B • (XI)
d yp^Fr d d
Werden die Gleichungen (18) und (21) nach Einführung von
rf« = (*'+n(^)8
umgeformt in
i v*' + r
AD = ±&- , 1 Ad
D* 1
so nehmen sie eine Gestalt an, die eine lehrreiche Diskussion zulässt.
Sie zeigen nämlich, dass die absoluten Fehler in der Distanz und in
der Höhe
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rJESSSiUStt Au8 ^em Preu88i8chen Abgeordnetenhause. 219
1907.
1. dem mittleren Fehler in der Messung der Ordinatendifferenz direkt
proportional sind,
2. im quadratischen Verhältnisse mit der Distanz zunehmen,
3. mit der wachsenden Länge l abnehmen,
4. für Punkte, deren Abstand von der Hauptvertikalebene im Zunehmen
begriffen ist, kleiner werden und
5. endlich der Höhenfehler auch mit dem Vertikalwinkel ßl im geraden
Verhältnisse steht.
Die Ordinatendifferenz y« — Vi = d bildet die eigentliche Basis für
die Messung von D und H und von ihrer Grösse und Genauigkeit hängt
in erster Linie die Güte in der Bestimmung der genannten Grössen ab.
Genauigkeitsuntersuchungen, welche der Autor vor Jahren in Leoben,
gestützt auf photogrammetrische Aufnahmen, effektiv durchführen konnte,
bestätigen vollinhaltlich die vorstehenden theoretischen Entwicklungen.
Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses.
(Haus der Abgeordneten. 26. Sitzung am 5. März 1907.)
Etat der Verwaltung der direkten Steuern.
Vizepräsident Dr. Krause (Königsberg) : Ich eröffne die Besprechung
über Tit. 2: Verwaltung des Grund- und Gebäudesteuer-Katasters. Das
Wort hat der Herr Berichterstatter.
Dr. Gerschel, Berichterstatter (freis. V.-P.): Die Mehrausgabe von
70150 Mk. entsteht dadurch, dass eine Sekretärstelle in eine Kataster-
inspektorstelle umgewandelt ist, sowie dadurch, dass 9 neue Katasterämter
eingerichtet und 9 neue Katasterkontrolleurstellen und 18 Katasterzeichner-
stellen geschaffen werden sollen.
Meine Herren, weiter wurden in der Kommission von einem Mitgliede
Beschwerden über Aenderungen in der Berechnung der Nebeneinnahmen der
Katasterkontrolleure geltend gemacht. Der Herr Finanzminister teilte mit,
dass bereits Erwägungen über eine anderweitige Normierung dieser Ein-
nahmen stattfänden, und dass man zu einer anderen Regelung zu kommen hoffe.
Ferner wurde von anderer Seite zur Sprache gebracht, dass die Pro-
vinz Westfalen eine Neuveranlagung der Grundsteuer in Erwägung gezogen
habe und schon im Laufe dieses oder des nächsten Jahres damit vor-
zugehen beabsichtige, in der Erwartung, dass der Staat die erforderliche
Zahl von Beamten für diesen Zweck zur Verfügung stellen werde. Es
wurde allseitig die Reformbedürftigkeit der Grundsteuer anerkannt und zu-
gegeben, dass sie zurzeit eine genügende Grundlage für die Beurteilung
des Ertrages und des Wertes eines Grundstücks nicht bilde, da sie. wie
der Herr Finanzminister sich ausdrückte, gewissermassen von der chemisch-
220 Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. y zguchrift^ttr^
physikalischen Beschaffenheit des Grundstücks ausgehe und dessen Ertrag
schätze, ohne aber anderen Momenten, wie Verkehrsgelegenheiten. Absatz-
möglichkeiten u. 8. w. , Rechnung zu tragen. Trotzdem stellte der Herr
Finanzminister eine Unterstützung der Bestrebungen der Provinz Westfalen
nicht in Aussicht. Er war der Ansicht, dass sich eher die Möglichkeit
einer Lösung der Frage auf dem Wege des Kreisabgabengesetzes ergeben
werde, auf Grund dessen besondere Veranlagungen vorgenommen werden
könnten, die dann einen besseren Massstab als jede reformierte Grund-
steuer bilden würde. Die letzte Grundsteuerregulierung habe dem Staat
60 Millionen gekostet, und da bekanntlich die Grundsteuer den Gemeinden
überwiesen sei, könne der Staat derartige Mittel nicht aufwenden.
Demgegenüber wurde darauf hingewiesen, dass, wenn der Staat aueh
nach der Ueberweisung der Grundsteuer an die Kommunen kein unmittel-
bares Interesse an der Regulierung habe, doch ein erhebliches mittelbares
Interesse bestehe, da die ganze Gemeindebesteuerung, die Provinzialsteuern.
die ländlichen Unfallversicherungsbeiträge und vieles andere mehr auf der
Grundsteuer beruhen und auf den Grundsteuersätzen aufgebaut sind.
Vizepräsident Dr. Krause (Königsberg): Das Wort hat der Ab-
geordnete Mies.
Mies, Abgeordneter (Zentr.): Meine Herren, ich möchte mir bei
diesem Titel einige Ausführungen über die Verhältnisse auf den Kataster-
ämtern gestatten. Da ist zunächst der Katasterkontrolleur; er ist der
erste Beamte auf dem seiner Verwaltung unterstellten Katasteramt ; er ist
der Stelleninhaber und als solcher der verantwortliche Leiter der Geschäfte.
Er ist verantwortlich für jedes Papier, welches aus seinem Bureau in die
Welt hinausgeht, er ist verantwortlich für jeden Fehler, für jede Unrich-
tigkeit, die darin etwa enthalten ist, und für alle Folgen, die daraus ent-
stehen können. Er ist der Behörde und dem Publikum gegenüber ver-
antwortlich, und zwar verantwortlich mit seiner Stellung, mit seinem Ver-
mögen, mit seiner ganzen Existenz. Er ist kein expedierender Beamter
für fremde Verfügungen, für die Verfügungen eines Vorgesetzten; er hat
am Ort keine vorgesetzte Person und keine vorgesetzte Behörde; er ent-
scheidet selbständig über die an ihn herantretenden Anträge und Aufgaben
nach Massgabe der Gesetze und der dazu erlassenen Geschäfts- und Aus-
tührungsanweisungen. Insbesondere gehört zu seinen Obliegenheiten die
Obhut über die Flurkarten und die Flurbücher, das sind diejenigen Doku-
mente, welche die Sicherheit des Grundbesitzes nach der örtlichen Lage
und nach der äusseren Begrenzung gewährleisten. Aber nicht allein sind
diese Dokumente seiner Obhut anvertraut, sondern er hat auch die Auf-
gabe, sie bei der Gegenwart zu erhalten, d. h. in sie alle diejenigen Ver-
änderungen, die sich auf legalem Wege im Eigentum, in der äusseren Be-
grenzung und im Bestände der Grundstücke fortlaufend vollziehen, auf-
Digitized by Google
fJÜSEXjjSim Ao8 dem P*61188**611611 Abgeordnetenhause. 221
zunehmen und auch deren Uebernahme in das Grundbuch vorzubereiten.
Es geht somit der ganze Grundstücksverkehr durch seine Hand, und in
seiner Hand ruht die Sicherheit des Grundbesitzes, und damit zugleich die
Sicherheit des Grundkredits.
Es ist wohl überflüssig, über die Bedeutung einer solchen Tätigkeit,
die sich aus solchen Aufgaben ergibt, noch viel Worte zu verlieren. Nur
das eine möchte ich sagen. Es ist diese Tätigkeit nicht die eines Sub-
alternen, der im wesentlichen doch nur nach fremden Rezepten arbeitet,
(sehr richtig!) sondern es ist eine ganz selbständige und inhaltsreiche Tätig-
keit auf einem umfangreichen und hochbedeutsamen Gebiet unseres Kultur-
lebens. (Sehr richtig!) Es ist eine Tätigkeit, welche die ganze Umsicht,
die Tatkraft, die ganze geistige Durchbildung und auch das Selbstvertrauen
und das Selbstbewussteein des höheren Beamten beansprucht. Die Kataster-
kontrolleure stehen nun aber immer noch im Rang der Subalternbeamten.
Sie meinen, dass ihnen nach der Skizzierung, wie ich sie eben über die
Bedeutung des Amts gegeben habe, eine bessere Rangstellung zukommt.
Das ist nicht verwunderlich, und ich teile vollständig diese Ansicht. Sie
gehören in die Rangstellung der höheren Beamten, wo auch ihre Tätigkeit
nach der gesellschaftlichen Seite die gebührende Anerkennung rindet.
Dem steht nun allerdings heute noch ein Umstand entgegen: es ist
bis jetzt der Besitz des Maturitätszeugnisses nicht die Vorbedingung zu
dem Eintritt in die Katasterlaufbahn. Indessen, meine Herren, dieses
Hindernis könnte wohl ganz rasch beseitigt werden, wenn die Königliche
Staatsregierung sich dazu entschliessen könnte, den lange gehegten Wünschen
der Beamten dahin entgegenzukommen und den Besitz des Maturitäts-
zeugnisses in die nächstens wohl zu erwartende neue Landmesserprüfungs-
ordnung aufzunehmen als Vorbedingung für die Zulassung zu dem Land-
messerexamen. Aus dem Stande der Landmesser rekrutieren sich ja auch
die Katasterbeamten. Ich möchte darum die Königliche Staatsregierung
bitten, diesem Gedanken in allen seinen Konsequenzen doch näher zu treten
und den darüber so oft hier laut gewordenen Wünschen Rechnung zu tragen.
Dann komme ich zu den Einkommensverhältnissen der Kataster-
kontrolleure. Die Einkommensverhältnisse sind zum letzten Male neu ge-
regelt worden im Jahre 1890 durch den damaligen Etat für das Jahr 1890/91.
Bis dahin hatten die Katasterkontrolleure ein Gehalt von 2550 Mk. : da-
neben bezogen sie für die amtlichen Arbeiten, die sie im Auftrage der
Grundstücksbesitzer auszuführen hatten , Gebühren. In der Denkschrift,
die dem Etat für 1890/91 beigelegt ist, sind diese Gebühren für den Um-
fang der ganzen Monarchie zusammengestellt und berechnet nach dem
Durchschnitt der drei letztvorhergegangenen Jahre im Betrage von 1 675 000
Mk. Das ergibt auf eins der damaligen Aemter den Durchschnittsbetrai?
von 3000 Mk. Nun kann man annehmen, dass die Hälfte des Betrages
Digitized by Google
222 Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. _ zeiuctrm nu
V 6nn esa anfsw m an
1907.
etwa absorbiert wurde von den Unkosten, die mit der Ausführung dieser
Arbeiten verbunden sind. Diese hatte nämlich der Katasterkontrolleur
auch zu tragen; aber es blieb ihm dann immer noch eine Reineinnahme
von 1500 Mk. , mit der er sein Gehalt von 2550 Mk. verbessern konnte
aut 4050 Mk. Das war also das durchschnittliche Einkommen der Kataster-
kontrolleure bis zum Jahre 1890. Damals wurde aber, wie ich schon be-
merkte, dieses Einkommen anders geregelt durch das Etatsgesetz von
1890/91. Bei dieser Neuregelung nun zog die Staatsregierung die sämt-
lichen Gebühren im Betrage von 3000 Mk. ein zur Staatskasse und ge-
währte dafür dem Katasterkontrolleur eine Gehaltszulage von 600 Mk.
Daneben sollte dann der Fiskus die sämtlichen mit der Amtsführung ver-
bundenen Amtsunkosten Ubernehmen.
Im Jahre 1897 bei der späteren allgemeinen Gehaltsaufbesserung wurde
das Gehalt der Katasterkontrolleure nochmals um 300 Mk. erhöht. Mit
dieser letzten Aufbesserung standen sie dann im ganzen auf 3450 Mk. im
Durchschnitt, während sie bis zum Jahre 1890 4050 Mk. hatten, so dass
f
sie also heute immer noch um 600 Mk. schlechter stehen, als sie bis zum
Jahre 1890 gestanden haben. Nun — das geschah von Seiten des Staates
mit dem Rechte des Stärkeren, der Beamte konnte nichts dagegen tun, er
musste es sich gefallen lassen. Wir haben auch bis dahin nicht eine ein-
zige Petition im Laufe all der Jahre hier gehabt, worin dieserhalb Klage
geführt worden wäre. Diese Beamten sind eben derart gut erzogen und
derart gut geschult und diszipliniert, dass sie mit solchen Beschwerden
nicht an dieses Haus herantreten, und das muss ihnen zur Ehre gereichen.
Um so mehr, meine ich, müssten wir berücksichtigen, wenn sie nun
andere Beschwerden haben, die sie uns vortragen, und die meines Erach-
tens kaum erträglich sind und dringend der Abhilfe bedürfen. Eine dieser
Beschwerden betrifft die Art und Weise, wie der Fiskus sich seiner Ver-
pflichtung entledigt, die Amtsunkosten zu tragen. Es geschieht das in der
Weise, dass erstens ein Amtskostenaversum, eine Pauschalsumme für jedes
Katasteramt ausgesetzt wird, dass zweitens dazu die tatsächlichen Aus-
gaben für Tagelöhne u. dgl. erstattet werden, und dass drittens für aus-
wärtige Arbeitstage die sogenannten Reisekostenzuschüsse gewährt werden.
Nun haben schon in den ersten Jahren nach der Regelung von 1890
diese auf die einzelnen Aemter verteilten Aversa in vielen Fällen nicht
ausgereicht ; allmählich ist aber dann Besserung eingetreten, so dass heute
nach den mir gewordenen Mitteilungen die Sache so liegt, dass im allge-
meinen für kleinere Aemter, wo nicht viel Arbeiten vorhanden sind, wo
das Arbeitspensum für das Jahr nicht sehr gross und deshalb eine weniger
zahlreiche Gehilfenschaft zu halten ist, diese Aversa wohl ausreichen, dass sie
aber in vielen Fällen nicht ausreichen für die grösseren Aemter, die für die
grösseren Arbeitspensa für das Jahr eine grössere Gehilfenschaft halten müssen.
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V^Ü2H!£J!£~, Au8 dem preu88ischen Abgeordnetenhause. 223
Wo nun diese Aversa nicht ausreichen, da zahlt der Fiskus heute und
von Anfang an einen Amtskostenzuschuss ; die Notwendigkeit aber dieses
Zuschusses muss dargetan werden durch Nachweise von den Amtseinnahmen
und zugleich von den Amtsausgaben für das ganze Jahr. Das hört sich
nun wohl ganz schön an und wäre ganz richtig, wenn nicht auf der einen
Seite unter die Einnahme solche Einnahmen aufgenommen werden müssten,
die meines Erachtens eigentlich dahin nicht gehören, nnd wenn anderer-
seits unter die Ausgaben alle diejenigen Ausgaben, die tatsächlich geleistet
sind, aufgenommen werden könnten.
Das aber, meine Herren, ist nicht der Fall. Es werden, wie ich ge-
sagt habe, unter die Einnahmen solche aufgenommen, die eigentlich nicht
dabin gehören. Da sind zunächst die ReisekostenzuschUsse. In der Ver-
rechnung der Reisekostenzuschüsse gegenüber den Ausgaben liegt zum
allermindesten eine Zurücksetzung der grösseren Aemter, welche mit ihrem
Aversum nicht ausreichen, gegenüber den kleineren Aemtern. Denn für
diese kleineren Aemter, die vom Staate, nachdem sie das Aversum und die
Reisekostenzuschüsse erhalten haben, weiter nichts fordern, besteht der
Zwang nicht, die Nach Weisung über Einnahmen und Ausgaben zu führen;
was sie an Aversum und an Reisekostenzuschüssen bekommen, steht ganz
zu ihrer freien Verfügung, darüber brauchen sie niemand Rechenschaft ab-
zulegen. Anders aber verhält es sich mit den Aemtern, die den Zuschuss
gebrauchen und ihn nachweisen sollen und müssen durch die Rechnungs-
legung. Die Reisekostenzuschüsse sind für den auswärtigen Arbeitstag auf
10 Mk. bemessen. Von diesem Betrage kann nun wohl ein junger rüstiger
Mann, wenn er es sich angelegen sein lässt. wenn er seine Reisen statt
zu Wagen zu Fuss macht, wenn er sein Mittagbrot statt im Gasthofe aus
seiner Reisetasche entnimmt, etwas ersparen. Ist er nun aber der Inhaber
eines Amtes, welches zu dem Amtskostenaversum eines Zuschusses bedarf,
so muss er das an den Reisekostenzuschüssen etwa Ersparte durch die
Aufnahme unter die Amtseinnahmen zur Verrechnung gegen die Ausgaben
an den Fiskus zurückzahlen, während der Inhaber des kleineren Amtes,
der mit seinem Landeskostenaversum ausreicht, dieselben Ersparnisse an
den Reisekostenzuschüssen als sein Eigentum betrachten darf. Darin liegt
meines Erachtens wenigstens eine Zurücksetzung der grösseren Aemter
gegenüber den kleineren.
Ausserdem aber müssen in die Einnahmenachweisung, zur Hälfte we-
nigstens f auch diejenigen Einnahmen aufgenommen werden, welche der
Katasterkontrolleur aus der Wahrnehmung gerichtlicher Termine hat, ferner
aus etwaigen Privatarbeiten, die er als Landmesser macht, und die in keiner
Verbindung mit seinem Amte stehen, ferner aus Nebenämtern; alles dies
muss er in die Einnahmenachweisung zur Hälfte hineinsetzen. Dadurch
werden dann die Einnahmen künstlich in die Höhe geschraubt, während
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224 Aus dem preussischen Abgeordnetenhaus«. Zeitschrift rar
VennemasvwMcn
iMff.
auf der anderen Seite die Aasgaben künstlich herabgedrückt werden da-
durch, dass, wie ich schon bemerkte, einzelne Ausgaben nicht in voller
Höhe hineingesetzt werden dürfen. Das geschieht nun so : Man macht eine
ganz künstliche Unterscheidung zwischen solchen Ausgaben für Bureau-
gegenstande und Instrumente, die zum 6 e brauch auf dem Amte bestimmt
sind, und solchen, die zum Verbrauch bestimmt sind. Die Ausgaben für
die Gegenstände, die zum Verbrauch bestimmt sind, werden voll einge-
tragen, aber nicht diejenigen für die nur zum G e brauch bestimmten Gegen-
stände. Also z. ß. die Ausgaben für Federn, Tinte, Bleistifte werden voll
eingetragen, aber nicht die Ausgaben für Tintenfässer und für Federhalter
u. dgl. Das sind ja nun kleinere Ausgaben; das Hesse sich also noch er-
tragen. Aber es kommen auch grössere Ausgaben hier in Betracht, z. B.
für die Stühle auf dem Bureau, die doch notwendig sind. Diese Ausgaben
darf der Kontrolleur nicht voll eintragen in die Ausgabenachweisung, weil
sie nicht zum Verbrauch, sondern nur zum Gebrauch sind. Ferner darf
er nicht eintragen die Ausgaben für seine Messinstrumente und -geräte.
Und nun kostet eine solche Messgarnitur, bestehend in den Messlatten und
den dazu gehörigen Pikettstäben mit Beschlag und Anstrich, ungefähr 40
bis 50 Mk., sie ist im Laufe von 4 Jahren aufgebraucht; dazu treten zur
Instandhaltung und zum Anstrich jährlich etwa 5 Mk. Aber das alles darf
er nicht eintragen nach dem vollen Betrage der Ausgaben, sondern nur
mit 6°/0 des Betrages, und zwar 4°/0 für Verzinsung, 10/0 für Amortisation
und l<>/0 für die Instandhaltung.
Meine Herren, das ist doch eine ganz sonderbare Rechnung. Ich weiss
nicht, das kann man nicht mehr unbillig nennen, man muss es geradezu
ungerecht nennen. So steht es mit dieser Verrechnung der Einnahmen
und Ausgaben.
Aber der Hauptbeschwerdepunkt ist diese Art der Verrechnung noch
nicht. Der liegt vielmehr darin: wenn ein Beamter ein ganzes Jahr lang
diese seine Auslagen gemacht hat, rechnet er am Schluss des Jahres Ein-
nahme und Ausgabe gegeneinander auf, und derjenige Betrag, um welchen
die Einnahmen von den Ausgaben überstiegen werden, ist der Zuschuss-
bedarf. Diesen liquidiert er nun bei der Regierung zur Auszahlung unter
Vorlegung der Rechnungen. Jetzt werden nun die Rechnungen geprüft
erstens bei der Bezirksregierung. Der Revisor meint, er müsse etwas tun;
er streicht also einfach von den Ausgaben ab, was ihm eben nicht genehm
erscheint, und das geschieht, obwohl die meisten Ausgaben mit Quittungen
belegt sind. Es gibt ja auch solche Ausgaben, wenn es auch nur kleine
sind, die nicht mit Quittungen belegt werden können, aber darauf kommt
es nicht an, dieser erste Revisor streicht, wo und wie er will, mit der
Motivierung, der Beamte habe in diesem oder jenem Falle nicht wirtschaftlich
hausgehalten. Damit ist dann die Sache bei der Bezirksregierung abgetan.
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fJj2J58Äi AUS dem Preu88i8cnen Abgeordnetenhause. 225
Nun geht aber die N achweisuog hier nach Berlin ins Finanzministerium.
Da kommt ein zweiter Revisor, der es nun gerade so macht. Wie der erste
mit dem Blaustift gearbeitet hat, arbeitet er mit dem Rotstift oder um-
gekehrt und streicht auch, was nach seinem Ermessen mangels wirtschaft-
licher Haushaltung zu viel angesetzt ist. Das, meine Herren, ist das Aller-
schlimroste und das Unerträglichste für die Beamten, und ich möchte die
Königliche Staatsregierung dringend bitten, hier einmal ganz gründlich
Umkehr zu halten und alle Ausgaben, die den Katasterkontrolleuren und
Katasterbeamten erwachsen, mit einem Strich voll auf Rechnung des Staates
zu übernehmen.
Sodann, meine Herren, komme ich zu den Katasterzeichnern. Die
ganze Einrichtung der Katasterzeichner ist ja verhältnismässig noch jung ;
aber ich glaube doch, sagen zu müssen, dass sie sich im ganzen bisher
gut bewährt hat. Die jungen Leute, die jetzt dem Katasterfache sich
widmen, um dereinst Zeichnerstellen einzunehmen, sehen in dieser Stellung
eine, wenn auch bescheidene, so doch gesicherte Zukunft vor sich, und sie
sind daher gleich von vornherein tteissiger, strebsamer und zuverlässiger,
als es die früheren Privatgehilfen der Katasterkontrolleure waren. Wenn
sie dann nach einer 8 -jährigen Vorbereituugszeit und nach abgelegtem
Examen in diese Stellen eingerückt sind, sind sie in der Tat in dem Ver-
waltungsorganismus ein durchaus schätzenswertes Glied, das heute meiner
Meinung nach gar nicht mehr entbehrt werden kann.
Ich habe mich darüber gefreut, dass bei der Beratung des landwirt-
schaftlichen Etats warme Worte gesprochen worden sind zugunsten der
Generalkommissionszeichner, und ich unterschreibe jedes dieser Worte. Ich
möchte jetzt hier für die Katasterzeichner dasselbe gesagt haben und füge
hinzu, dass die beiden, die Kataaterzeichner und die Generalkommissions-
zeichner, eigentlich eine einzige Ueamtenkategorie bilden, dass sie gleiche
Vorbildung haben müssen, dass sie das gleiche Examen machen müssen,
und dass ihre Funktionen im allgemeinen dieselben sind. Zu den vornehm-
liebsten Aufgaben, die die Katasterzeichner zu erfüllen haben, gehört auch
die, dass sie den Kontrolleur an den Tagen zu vertreten haben, wo er
wegen seiner auswärtigen Geschäfte in den Amtslokalen nicht anwesend
sein kann. Der Katasterzeichner hat dann die Aufgabe, dem Publikum
alle die Hilfen zu gewähren, auf die es in seinem täglichen Verkehr mit
dem Grundbuchamte einen begründeten Anspruch hat. Dieser Umstand
allein, abgesehen von allem anderen, macht es notwendig, dass auf jedem
Katasteramt auch ein Katasterzeichner angestellt wird. Ich möchte aus
diesem Grunde die Königliche Staatsregierung bitten, mit der Vermehrung
der Katasterzeichnerstellen recht rasch vorzugehen, damit möglichst bald
erreicht wird, dass jedes Amt seinen Zeichner hat.
Dann, meine Herren, glaube ich, ist die Rangstellung der Zeichner
Zeitschrift für VenneMongiweien 1907. Heft 9. 17
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226 Aus dem preussischen Abgeordnetenhaus. vemewun "Je«
nicht die richtige. Man hat sie unter die Regierungskauzlisten eingereiht.
N un habe ich schon darauf aufmerksam gemacht, dass sie nach Entlassung
von der Volksschule — sie müssen mit einem guten Zeugnis aus der Volks«
schule entlassen sein, sonst werden sie nicht angenommen — eine acht-
jährige Vorbereitungszeit durchzumachen und dann ein Examen abzulegen
haben, das keineswegs leicht ist. Sie müssen den ganzen vielgestaltigen
Betrieb in der Katasterverwaltung kennen, und zwar von der technischen
wie von der nichttechnischen Seite ; das Examen ist sehr schwer. Ich ver-
weise auf die Ausführungen, die in dieser Beziehung bei der Beratung des
Landwirtschaftsetats im Hause gemacht worden sind. Ich bin überzeugt,
wenn wir das Examen heute machen sollten, wir würden alle durchfallen.
(Oh, oh!) Also, meine ich, wird man auch diesen Beamten eine bessere
Rangstellung zuweisen müssen als die der Regierungskanzlisten. Kanzlei-
arbeit ist gerade das allermindeste , was von ihnen verlangt wird. Ich
möchte also die Staatsregierung bitten, den Wünschen dieser Beamten
naher zu treten und sie nach Möglichkeit zu berücksichtigen.
Noch ein ganz kurzes Wort möchte ich dann noch zu den Kataster-
landmessern erster Klasse sagen. Das sind die diätarisch beschäftigten
Beamten, welche das zweite, das Fachexamen für die Katasterverwaltung
bereits bestanden haben und nun auf ihre Anstellung als Katasterkontrol-
leure warten. Diese Leute sind meist schon im Alter von 28, 29, 30 Jahren.
Sie werden, wenn entsprechende Vakanzen eintreten, angestellt und mit
Rücksicht darauf, dass sie dann doch eine geachtete Stellung einnehmen,
sind sie schon genötigt, ich will nicht sagen, zu repräsentieren, aber sich
doch nur in der besseren Gesellschaft zu bewegen. Das bringt vielerlei
Ausgaben mit sich, so dass sie bei den allgemein bestehenden Teuerungs-
verhältnissen und ihren jetzigen Diäten kaum bestehen können. Sie haben
150 Mk. monatlich Diäten, macht pro Tag 5 Mk. Ich möchte also auch
in dieser Beziehung bitten, dass die Staatsregierung nach Möglichkeit zu-
legt, damit diese Beamten nicht Schulden machen müssen und mit Schulden
später in ihr Amt eintreten.
Vizepräsident Dr. Forsch: Das Wort hat der Abgeordnete Dr.
Schroeder (Cassel).
Dr. Schroeder (Cassel), Abgeordneter (nat. -lib.) : Meine Herreu, der
Herr Vorredner hat sich unter anderem sehr eingehend beschäftigt mit
dem Aversum der Katasterkontrolleure. Ich wollte auch meiner-
seits mit einigen Worten darauf eingehen.
Auch ich bin der Ansicht, dass dieses Amtskostenaversum für die
Katasterkontrolleure nicht ausreicht. Das wird man zugeben müssen, wenn
man untersucht, was die Katasterkontrolleure hieraus alles zu bezahlen
haben: die Mieten für die Amtsräume, Reinigung, Heizung, Beleuchtung
derselben, dann sämtliche Bureauutensilien mit Ausnahrae der Formulare;
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ve£SieMurtf8lJS£en Au8 dem Preu88i8chen Abgeordnetenhause. 227
eudlich haben sie aus dem Aversum die Hilfskräfte im Bureau zu be-
zahlen. Im Industriegebiet finden wir meist vier bis fünf Gehilfen des
Katasterkontrolleurs, und durch deren Bezahlung geht schon allein das
Aversum drauf, das sich zwischen 2000 und 2500 Mk. bewegt. Der erste
Gehilfe bezieht, wie mir gesagt wird, durchschnittlich 90 bis 100 Mk. Das
ist sehr wenig, wenn man annimmt, dass bei einem Rechtsanwalt derartige
Gehilfen 150 bis 180 Mk. bekommen. Die Folge davon ist, dass die
Katasterkontrolleure bei diesen unzulänglichen Mitteln Mühe haben, tüch-
tige Leute zu bekommen, und dasB sie sich mit Anfängern behelfen müssen.
Das ist nicht ohne Bedenken ; denn diese Anfänger müssen schliesslich da,
wo ein Katasterzeichner fehlt, den Katasterkontrolleur vertreten. Ich meine
deshalb — und auf diese Frage werde ich später zurückkommen — dass
bei jedem Amte ein Katasterzeichner etatsmässig angestellt
werden müsste.
Weiter ist darüber zu klagen, dass den Katasterkontrolleuren, wenn
das Aversum für Bureaubedürfnisse nicht ausreicht, sondern Uberschritten
wird, diese Ueberschreitung auf die ihnen persönlich zustehenden Gebühren
angerechnet wird. Die Katasterkontrolleure haben für Reisen in einer
Entfernung von über 2 km einen Anspruch auf Reisekosten. Das Aversum
für die Bureaubedürfnisse beträgt beispielsweise 2200 Mk., tatsächlich ver-
braucht der Kontrolleur aber vielleicht 3000 Mk.; dann werdenihmdie
überschiessenden 800 Mk. auf die ihm persönlich zustehenden
Reisekosten verrechnet. Das ist nach meinem Dafürhalten eine
Ungerechtigkeit, und deshalb muss das Aversum erhöht werden.
Ich wollte mich aber vor allem beschäftigen mit der Lage der Ka-
tasterzeichner bei den Regierungen und den Katasterämtern.
Diese Beamten haben eine Reihe von Wünschen, welche sich nach vier
Richtungen bewegen. Einmal wünschen sie, aus der Klasse der Kanzlei-
beamten herausgenommen und in die Klasse der mittleren Beamten versetzt
zu werden; ferner erhoffen sie eine Erhöhung ihres Gehaltes, das sich
augenblicklich zwischen 1650 und 2700 Mk. bewegt ; sie wollen ferner, dass
ihr Höchstgehalt statt in 21 Jahren schon in 18 Jahren erreicht wird.
Endlich erbitten sie eine andere Amtsbezeichnung, am liebsten möchten sie
-technische Sekretäre" genannt werden. Ueber die ganze Frage ist
schon einmal im Jahre 1904 verhandelt worden, und damals hat der Herr
Regierungskommissar gegen die vorgebrachten Wünsche eingewandt, dass
besondere Fähigkeiten von den Katasterzeichnern nicht verlangt würden;
sie brauchten nur Volksschulbildung zu haben. Dann lernten sie während
ihrer dienstlichen Tätigkeit — ohne besondere Ausgaben für ihre Aus-
bildung machen zu müssen — so viel, dass sie die nicht besonders schwere
Prüfung bestehen könnten. Ihre Tätigkeit sei im allgemeinen einfach und
entspreche etwa der der Kanziisten.
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228 Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. tSSSSSmmm
1907:
Der Herr Regierungskommissar bat also die Tätigkeit der Kataster-
zeichner mit der der Kanzlisten verglichen. Solche Vergleiche zwischen
zwei Kategorien von Beamten sind immer misslich und besonders deshalb,
weil sie auf beiden Seiten Anstoss erregen. Die Verhältnisse der Kataster-
zeichner liegen im wesentlichen ebenso wie die der Generalkommissions-
zeichner, und bei der Besprechung der Lage dieser Beamten beim land-
wirtschaftlichen Etat habe ich bewiesen, dass die Tätigkeit der Zeichner
eine ganz andere ist als die der Kanzlisten. Ich habe diesen Beweis unter
anderem darin gefunden, dass die Zeichner eine Prüfung abzulegen haben,
die Kanzlisten jedoch nicht. Nach neueren Informationen habe ich aber
diese Behauptung etwas einzuschränken. Es wird mir nämlich mitgeteilt,
dass die Kanzleibeamten bei der Eisenbahnverwaltung auch eine Prüfung
abzulegen haben. Jedenfalls hat es mir vollständig fern gelegen, bei der
Besprechung der Generalkommissionszeichner etwa zu behaupten, dass die
Tätigkeit der Kanzlisten minderwertig sei, und dass bei ihnen ein Bedürfnis
zur Aufbesserung nicht vorliege. Aber es ist diese Vergleichung mit der
Tätigkeit der Kanzlisten überhaupt nicht nötig. Denn der Beweis ist
durchaus zu führen, dass die Tätigkeit der Zeichner keine einfache,
sondern eine derartige ist, wie sie regelmässig von einem mitt-
leren Beamten verlangt wird. Wenn man diese Beschäftigung im ein-
zelnen verfolgt, findet man, dass der Katasterzeichner bei den Regierungen
im allgemeinen ähnlich beschäftigt wird wie die Regierungssekretäre. Sie
haben Kartierungs-, Prüfungs- und Rechnungssachen auszuführen, und was
den Dienst der Zeichner bei den Katasterämtern anlangt, so hat der Herr
Kollege Mies mit Recht darauf hingewiesen, dass die Katasterzeichner
amtliche Vertreter der Kontrolleure in Behinderungsfällen sind,
und HeiT Mies hat im einzelnen ausgeführt, wie schwierig die Stellung der
Katasterkontrolleure ist. Wenn die Katasterzeichner die Vertreter der Kon-
trolleure sind, wird man naturgemäss den Rückschluss zu ziehen haben,
dass sie alsdann auch eine verantwortungsvolle Aufgabe zu vollziehen haben.
Im übrigen sehen wir bei den Katasterämtern, dass die Zeichner den Ver-
kehr mit dem Publikum zu regeln haben. Sie erteilen Auszüge aus den
Katasterwerken zu Grundbuchzwecken, sie vollziehen diese, wenn der Ka-
tasterkontrolleur abwesend ist, unter eigener Verantwortlichkeit: sie be-
sorgen weiter die häusliche Ausarbeitung der Vermessungen des Kataster-
kontrolleurs, das heisst, sie bringen die Ergebnisse der Vermessungen in
die Karten, sie berechnen die Flächen und fertigen die Unterlagen zur
Grundbuchberichtigung bei den Auflassungen. Das sind alles zweifellos
wichtige Arbeiten, die Sorgfalt und Zuverlässigkeit erfordern. Endlich ist
zu bemerken, dass die Katasterzeichner auch die ßureauaufsicht führen
und die jungen Gehilfen ausbilden.
Dann hat der Herr Regierungs Vertreter 1904 gesagt, dass von den
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für Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. 229
Katasterzeichnern nor Volksschulbildung verlangt würde, und
dass sie nur solche aufzuweisen hätten. Ich will gern zugeben,
class die Supernumerare, aus denen die Beamten des mittleren Dienstes
hervorgehen, eine bessere Vorbildung haben. Indessen ist zu betonen,
dass der Mangel einer besseren Schulbildung namentlich bei den tech-
nischen Beamten durchaus durch langjährigen praktischen Dienst aus-
geglichen werden kann, wie es das Leben in der Praxis uns jeden Tag
Dann ist darauf hinzuweisen, dass die Katasterzeichner eine sehr
schwere Prüfung abzulegeu haben. Mir liegen die Vorschriften über die
Prüfung der Bewerber um die Katasterzeichnerstellen vor, und daraus
habe ich den Eindruck gewonnen , dass die Prüfung durchaus nicht, leicht
ist. Ich möchte deshalb den Herrn Minister bitten, die
Wünsche der Katasterzeichner um Besserstellung im Gehalt
und Rang bei der allgemeinen Gehaltsaufbesserung wohl-
wollend zu berücksichtigen.
Dann habe ich noch einen weiteren Wunsch vorzubringen, nämlich
die etatsmässigen Stellen sowohl bei den Regierungen wie bei
den Katasterämtern zu vermehren. In der Sitzung vom 5. Nor
vember 1904 hat der Herr Regierungskomraissar das Bedürfnis zur Er-
richtung von Zeichnerstellen an den Katasterämtern anerkannt unter der
Voraussetzung, dass der Katasterkontrolleur an mehr als 100 Tagen aus-
wärt ige Geschäfte zu erledigen habe. Es sind aber eine ganze Reihe
Katasterämter dieser Art vorhanden, ohne dass Zeichnerstellen hier etats-
mässig errichtet werden. Es wird mir gesagt, dass alljährlich die Be-
zirks regierungen die Schaffung weiterer Zeichnerstellen beantragen, ohne
dass sie diese Stellen vom Finanzministerium bewilligt erhalten.
Meine Herren, ich vertrete den Standpunkt — in dieser Beziehung
befinde ich mich in Übereinstimmung mit dem Herrn Kollegen Mies — ,
dass eigentlich bei jedem Katasteramt ein Katasterzeichner
als Hilfsbeamter angestellt sein müsste. Das Publikum hat
zweifellos ein Interesse daran, dass es baldigst Auskunft erhält, und dass
die Geschäfte schnell erledigt werden. Diesen Bedürfnissen des Publikums
wird nicht Rechnung getragen an denjenigen Katasterämtern, bei denen
die auswärtige Tätigkeit des Katasterkontrolleurs regelmässig weniger als
100 Tage beträgt und demnach kein Zeichner als Vertreter angestellt ist.
Dann ist zu beachten, dass die auswärtige Tätigkeit des Katasterkontrol-
leurs sich nicht gleichmässig auf das ganze Jahr verteilt, sondern auf
bestimmte Zeitabschnitte, indem z. B. die ungünstige Witterung während
der Wintermonate und der hohe Getreidestand im Sommer ein Arbeiten
im Felde oft unmöglich macht« Meine Herren, der Katasterkontrolleur
ist also zu bestimmten Zeiten oft lange vom Bureau abwesend, und dann
230 Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. i£SSSS£mm
8rm* 1907. ^
kann das Publikum nicht abgefertigt werden. Es müsste also, wie gesagt,
bei jedem Katasteramt ein Zeichner als Vertreter dauernd vorhanden sein.
Ein gleiches Bedürfnis zur Vermehrung der Katasterzeichnerstellen
wird auch bei den Regierungen vorliegen. Es wird mir gesagt, dass z. B.
bei der Regierung in Arnsberg und Düsseldorf 9 etatsmässige Kataster-
zeichner vorhanden sind, und daneben 28 diätarisch besoldete Hilfsarbeiter,
und neben diesen sollen noch 90 Hilfsarbeiter ausserordent-
lich beschäftigt werden. Das ist also ein Verhältnis von etats-
mässigen Stellen zu Hilfsstellen, wie es eigentlich nicht sein soll. Man
wird also nicht leugnen können, dass die Hilfszeichner und die geprüften
Bewerber um Katasterzeichnerstellen sich in einer gewissen Notlage be-
finden. Wir haben gegenwärtig in der Katasterverwaltung rund 160 Hilfs-
zeichner, sogenannte Diätare, und ausserdem sind noch rund 250 geprüfte
Bewerber vorhanden, und diese Zahl wird sich jährlich um 70 vermehren.
Die Lage der Hilfszeichner, von denen die ältesten ihre Prüfung im
Jahre 1899 abgelegt haben, ist eine missliche. Im Jahre 1904 erklärte
der Herr Regierungsvertreter, dass die Vereidigung der Hilfszeichner in
der Regel drei Jahre nach bestandener Prüfung erfolgen solle. Das wird
aber nicht eingehalten; denn wir haben augenblicklich ungefähr 20 ge-
prüfte Bewerber, die bereits über 4 Jahre auf die Vereidigung warten,
und weitere 20, die nahezu 4 Jahre darauf warten. Am 1. April 1908
werden ungefähr 40 geprüfte Bewerber vorhanden sein, die 5 und 6 Jahre,
und weitere 50, die zwischen 4 und 5 Jahren auf die Vereidigung als
Hilfszeichner warten.
Meine Herren, nach dem gegenwärtigen Brauche erfolgt die etats-
mässige Anstellung als Katasterzeichner ungefähr 5 bis 6 Jahre nach der
Vereidigung als Hilfszeichner, und danach ist überhaupt nicht abzusehen,
ob und wann die in dem vorbezeichneten Dienstalter stehenden geprüften
Bewerber zur Anstellang gelangen werden. In den letzten 10 Jahren
haben 600 Bewerber die Prüfung mit Erfolg abgelegt, während in der
gleichen Zeit 200 Hilfszeichner in etatsmässige Stellen eingerückt sind.
Ich kann hiernach nur betonen, dass die Lage dieser Beamten recht be-
denklich ist
Ich möchte den Herrn Minister deshalb bitten, die Zahl
der et at -massigen Katasterzeichnerstellen angemessen zu
vermehren. Ich möchte in dieser Beziehung auch noch darauf
aufmerksam machen, dass ein derartiges Gesuch um Ver-
mehrung der Katasterzeichnerstellen im Jahre 1904 von dem
Hohen Hause der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen
worden ist (Bravo!)
Vizepräsident Dr. Porsch: Der Herr Finanz minister hat das Wort.
Frhr. r. Rhein haben, Finanzminister: Meine Herren, die beiden
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zeiuchnn für Aus dem preussischen Abgeordnetenhause. 231
Herren Vorredner haben eine Fülle von Details aus dem Bereiche der
Katasterverwaltung vorgetragen und auch eine grosse Anzahl von Wünschen
geäussert. Ich muss mich darauf beschranken, auf die wichtigsten dieser
Punkte einzugehen.
Zunächst hat der Herr Abgeordnete Mies dem Wunsche Ausdruck
gegeben, dass von den Beamten der Katasterverwaltung künftig das
Maturitätszeugnis gefordert werde. Meine Herren, diese Wünsche der
Katasterbeamten sind uns bekannt und werden im Ministerium eingehend
erwogen. Aber ich meine, sie bedürfen auch der allerreiflichsten Er-
wägung. Jeder Stand sucht ja seine eigenen Anforderungen und damit
das äussere Ansehen des Standes zu heben. Ob er damit immer den
wahren Interessen seines Standes dient, ist mir zweifelhaft. Ich bin der
Ansicht, dass man bestrebt sein muss, die Vorbildung in verständigem
Verhältnis zu den täglichen Berufsgeschäften des einzelnen Standes zu
halten und durch keine Ueberspannung der Anforderung hinsichtlich der
Vorbildung den berechtigten Zudrang zu der Karriere einzuschränken.
Jetzt können die jungen Leute mit dem Primanerzeugnis in die Kataster-
verwaltung eintreten; wird das Maturitätszeugnis von ihnen verlangt, so
bedeutet das eine weitere zweijährige Ausbildung ans der Tasche der
Herren Eltern. Ob es erwünscht ist, auf diese Weise breite Kreise des
Mittelstandes von der Kataste rverwaltung auszuschliessen oder ihnen
wenigstens den Eintritt zu erschweren, ist mir einstweilen in hohem Grade
zweifelhaft. Es ist ihnen ja bekannt, dass unsere Kataster beamten jetzt
schon in hohem Masse belastet sind, und dass die Ansprüche an sie,
namentlich in den schnell wachsenden industriellen Gegenden, von Tag zu
Tag steigen. Erhöhen wir die Ansprüche an die Vorbildung dieser Be-
amten, dann werden wir voraussichtlich den Andrang zu dieser Karriere
einschränken und damit dem Bedürfnis nach Schaffung neuer Stellen nicht
in dem Masse Rechnung tragen können, wie es sachlich geboten ist. Sie
wollen auch erwägen, dass jetzt nach Pazifizierung unserer Kolonien sich
voraussichtlich ein erheblicher Bedarf von Katasterbeamten für die Kolonien
ergeben und dadurch der Bedarf noch künstlich gesteigert werden wird.
— Diese Frage ist, wie gesagt, noch in Fluss; aber sie bedarf, wie ich
glaube, der reiflichsten Frwägung.
Etwas positiver darf ich mich äussern zu den Wünschen, die sowohl
der Abg. Mies wie der Abg. Dr. Schroeder hinsichtlich der Amtskosten-
entschädigung geäussert haben. Auch wir sind der Ansicht dass die jetzige
Form der Amtskostenentschädigung, namentlich die gleichmässige Berech-
nung der Reisekostenzuschüsse, der Abänderung bedarf. Die Verhandlungen
nach dieser Richtung sind in vollem Gange, und ich hoffe, dass sie zu
einem Resultat führen, das den Wünschen der Herren entspricht. (Bravo!)
Was endlich die Katasterzeichner betrifft, so sagte der verehrte Herr
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232 Aus dem preußischen Abgeordnetenhause. itofgnfcrtn fite
Abgeordnete Mies, wir würden alle durch das Examen fallen, wenn wir
es jetzt noch machen müssten. Das erkenne ich für meine Person durch-
aus an; (Heiterkeit) aber ich wage es, die Richtigkeit der Behauptung
zu bestreiten für meine Herren von der Katasterverwaltung. Aber wie
dem auch sei — was diese Katasterzeichner betrifft, so sind sie eine ver-
hältnismässig neue Organisation, die meines Wissens erst 1888 ins Leben
gerufen worden ist. Es ist daher vollkommen begreiflich, daas die Dinge
in der Verwaltung noch nicht vollkommen ausgereift sind, dass namentlich
noch nicht überall da, wo es wünschenswert wäre, Katasterzeichner hin-
gegeben sind. Die Entwicklung ist ähnlich wie beispielsweise bei den
technischen Beamten der Bauverwaltung; wir haben den Bauinspektionen
allmählich in steigendem Masse, aber noch nicht überall technische Sekre-
täre beigegeben. Wir sind auch hier im Begriffe, die Anzahl der Ka-
tasterzeichner alljährlich zu vermehren, und Sie finden auch im vorliegenden
Etat eine Anzahl neuer Stellen ausgebracht. Wir werden darin fort-
schreiten und allmählich, wie ich hoffe, dazu kommen, wenigstens den
wichtigeren Katasterämtern Katasterzeichner beigeben zu können.
Der Herr Abgeordnete Schroeder hat, glaube ich, die Anstellungs-
und Aussichtsverhältnisse zu ungünstig geschildert. Denn ein Anspruch
erwächst ja allen diesen Herren aus der blossen Ablegung des Examens
in keiner Weise, sondern das Examen gibt nur eine gewisse Berechtigung,
einen Nachweis ihrer Vorbildung, und ein grosser Teil von ihnen scheidet
nachher aus und geht in den Privatdienst. Also aus der Vergleichung der
Zahl derer, welche zur Anstellung gelangt sind, kann man noch nicht
ohne weiteres den Rückschluss einer ungünstigen Lage dieser Beamten
ziehen. Ich darf auch hervorheben, dass diese Beamten insofern günstiger
als andere Kategorien gestellt sind, als von ihnen nur Volksschulbildung
verlangt wird und sie meist bald nach Abschluss der Volksschulbildung
schon einen gewissen Lohn, ein Entgelt erhalten. Immerhin erkenne ich
an und dankbar an, dass diese Beamten ein sehr nützliches Glied der
Verwaltung der direkten Steuern sind, und dass namentlich das Examen
sehr ernst ist und ziemlich hohe Anforderungen an sie stellt.
Ob es möglich sein wird, ihre Bezüge zu erhöhen, kann unmöglich
allein vom Standpunkte dieser Beamten beantwortet werden; das muss in
Parallele mit den übrigen Kategorien von Beamten dieser Art, und ich
hoffe, dass sich die Möglichkeit bieten wird, bei den in etwas breiterem
Rahmen erfolgenden Aufbesserungen der unteren Beamten und eines Teiles
der mittleren Beamten auch diese Frage in Erwägung zu ziehen. Eine
positive Erklärung nach dieser Richtung kann ich noch nicht abgeben;
aber das darf ich zusagen, dass die Regelung dieser Gehaltsbezüge einer
der Punkte sein wird, die bei der generellen Regelung in eine ernste
Erwägung zu kommen haben werden. (Bravo!)
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rinSnSSiMMM Aus dem Preu88i8chen Abgeordnetenhause. 233
1907.
Vizepräsident Dr. Porsch: Das Wort hat der Abgeordnete
v. Hagen.
v. Hagen, Abgeordneter (Zentr.): Ich hatte mir auch erlauben wollen,
«inige Worte für die Katasterzeichner zu sprechen. Nachdem aber die
beiden Herren Vorredner aus dem Hause die Situation bereits eingehend
dargelegt haben, und nach den Worten des Herrn Ministers kann ich,
um Wiederholungen zu vermeiden, auf das Wort verzichten.
Vizepräsident Dr. Porsch: Das Wort hat der Abg. Witzmann.
Witzmann, Abgeordneter (nat.-lib.): Meine Herren, die Worte der
Herren Vorredner bezogen sich im wesentlichen auf die Katasterkontrolleure,
Katasterzeichner u. s. w., also auf beamtete Landmesser. Ich werde darauf
nicht zurückkommen, zumal der Herr Minister sich in seiner Erwiderung
dazu schon geäussert hat. Ich werde nur im Interesse der privaten
Landmesser sprechen, die der Meinung sind, dass sie für ihren
Beruf eines ausreichenden gesetzlichen Schutzes entbehren.
Die Vereinigung der selbständigen in Preussen vereideten Landmesser
zu Berlin hatte im vorigen Jahre Bittschriften überreicht, in denen erstens
mal ein Landmessergesetz und weiter die Abänderung der §§ 33, 38 und
65 des Grundsteuergesetzes vom 8. Februar 1867 gefordert wurden.
Diese Petitionen wurden am 21. Mai v. J. in diesem Hohen Hause be-
sprochen und schliesslich auf meinen Antrag, der von den Kollegen
Löscher und Goldschmidt unterstützt wurde, der Königlichen Staats-
regierung als Material überwiesen. Ich möchte nun die Königliche Staats-
regierung um Auskunft bitten, ob und welche gesetzlichen Massnahmen
sie aus Anlass dieses Beschlusses getroffen hat oder zu treffen gewillt ist.
Die Herren hatten einen Entwurf für ein besonderes Landmesser-
gesetz überreicht und darin gefordert, dass die jungen Herren, die in
die Laufbahn eintreten wollen, das Reifezeugnis einer neunklassigen Lehr-
anstalt erlangt haben müssen, und dass an eine zweijährige praktische
Vorbereitungszeit, nachdem sie ihre Staatsprüfung bestanden haben, eine
dreijährige Ausbildungszeit sich anschliessen möge. Nun hat der Herr
Minister sich heute schon zu dieser Frage, die von den Herren Vorrednern
angeregt wurde, geäussert und gesagt, dass sie eingehend erwogen würde,
dass die Königliche Staats regierung aber zu einer EntSchliessung noch
nicht gekommen sei; seinen Ausführungen ist aber zu entnehmen, dass
er nicht besonders geneigt ist, darauf einzugehen. Er meint, dass die
Forderung des Maturums zur Folge haben würde, dass weniger Personen
diese Beamtenlaufbahn einschlagen. Demgegenüber möchte ich doch
darauf hinweisen, dass alle Landmesser, seien sie beamtete oder nicht-
beamtete, der Meinung sind, dass diese Vorbildung unbedingt erforderlich
ist, und ich habe bei der Beratung des landwirtschaftlichen Etats in
diesem Jahre schon angeführt, welche hohen Anforderungen an diese
234 Aus dem prenssischen Abgeordnetenhause. vem*lrarl*w«en
1907. *WMeB
Herreu, sie mögen hier oder dort angestellt, sie mögen beamtete oder
nichtbeamtete Landmesser sein, gestellt werden.
Der Herr Minister sagt, dass Landmesser auch in den Kolonien ge-
braucht würden. Gewiss, der Ansicht bin ich auch; aber ich meine, die
Aufgaben, die die Herren dort zu lösen haben, werden gerade besonders
schwierig sein; ich furchte auch nicht, dass die Forderung des Abi-
turientenexamens junge Leute abhalten könnte, in diese Laufbahn einzu-
treten. Die Landmesser betonen — das ist mir gesagt worden — . dass
sie schon auf der Universität den anderen Studenten gegenüber eine andere
Stellung haben würden, wenn sie das Reifezeugnis besitzen, und diese
Stellung pflanze sich für die Zukunft fort Es ist auch deshalb nach
Auffassung erwünscht, dass nur junge Leute mit dem Abiturientenexamen
zu dieser Laufbahn zugelassen werden.
Was die Abänderung des Grundsteuergesetzes anlangt, die die Herren
fordern, so hat ja der Herr Vertreter des Ministers schon im vorigen
Jahre sich ablehnend ausgesprochen. Er hat aber gesagt, dass ein Land-
messerreglement in Aussicht stehe. Diese Erklärung hat aber
der Herr Minister schon in einer Zuschrift an den Vorstand
der Vereinigung selbständiger Landmesser vom 20. Februar
1902 abgegeben. In dieser Auskunft, die mir hier in Abschrift vorliegt,
hat der Herr Minister gesagt, dass der Inhalt der ihm überreichten Denk-
schrift bei den im Gange befindlichen Vorarbeiten für eine neue Land-
messerordnung in wohlwollende Erwägung gezogen werden solle.
Meine Herren, seitdem sind nun 5 Jahre verflossen, dass die Herren
auf eine neue Landmesserordnung warten. Da möchte ich doch die Bitte
an die Königliche Staatsregierung richten, dass dieses Landmesserreglement
bald herausgebracht werde; meines Wissens ist ein solches noch nicht er-
gangen. Die Herren privaten Landmesser sagen, es werde ihnen durch
den Tarif, den die Katasterbeamten für die Vermessung zu Fortschreibungs-
zwecken hätten. Schaden zugefügt; der Tarif sei zu niedrig, und sie hätten
überhaupt keinen Tarif. Ich bin ja in dieser Materie nicht so bewandert,
dass ich mir ein massgebendes Urteil zutraue; aber ich möchte doch
darauf hinweisen: sollte es nicht angezeigt sein, die Sache so zu regeln»
wie es bei den Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist? Da haben wir
einen Tarif, dessen Höhe für die Notare die gleiche ist wie für das Ge-
richt. Könnte man nun nicht auch hier für die beamteten und nicht-
beamteten Landmesser einen gleichen Tarif einführen? Dann würde ja
der Schaden, der angeblich den privaten Landmessern zugefügt wird, be-
seitigt werden können.
Es soll dies nur eine Anregung sein, von der ich ja nicht weiss, ob
sie gangbar ist. Jedenfalls unterziehe ich mich der Aufgabe, die König-
liche Staatsregierung zu bitten, dass sie den Beschwerden der
verawwS^wiSen Au8 dem preußischen Abgeordnetenhause. 235
privaten Landmesser abhilft and den Herren in bezag auf
ihren Beruf den gebührenden gesetzlichen Schatz gewährt.
(Bravo! bei den Nationalliberalen.)
Vizepräs. Dr. Porsch: Das Wort hat der Herr Generalsteuerdirektor.
Wallach, Generalsteuerdirektor, Regierungskommissar: Der Herr
Vorredner hat eine Auskunft darüber gewünscht, in welcher Lage sich
zur Zeit die Vorarbeiten in bezug auf eine neue Landmesserordnung, die
bereits zugesichert ist, befinden. Ich kann ihm in diesem Augenblick
nur bestätigen, dass diese Vorarbeiten nicht nur im Gange sind, sondern
sehr ernstlich betrieben werden.
Wenn es bisher zu einem Erlass dieser Ordnung noch nicht ge-
kommen ist, so liegt das daran, dass es sich hier um eine ausserordent-
lich schwierige Materie handelt, bei der ausserdem eine grössere Zahl
von Ressorts beteiligt ist. Ausserdem kam hindernd dazwischen, dass
gesetzgeberische Vorschläge wegen Abänderung von Vorschriften der Ge-
werbeordnung in Erwägung gezogen waren, die sich mit den Landmessern
befassen. Es musste selbstverständlich zunächst abgewartet werden, welche
Ergebnisse etwa bei den Vorverhandlungen über diese Vorschläge heraus-
kommen möchten; denn der Herr Vorredner wird anerkennen, dass es
nicht möglich ist, eine neue Landmesserordnung zu erlassen, ehe man
nicht weiss, welche grundlegenden Vorschriften mit bezug auf das Gewerbe
der Landmesser etwa neu in die Gewerbeordnung eingefügt werden.
Hoffentlich werden diese Verhältnisse jetzt bald geklärt werden, so dass
wir mit den Arbeiten für den Erlass einer Landmesserordnung weiter
vorgehen und sie demnächst nach Anhörung der beteiligten Kreise heraus-
geben können. Etwas Näheres würde ich Uber diesen Gegenstand heute
nicht sagen können, namentlich nicht über die Richtung, in der sich die
neuen Bestimmungen bewegen werden.
Dann regte der Herr Vorredner auch ein altes Desiderat der Land-
messer an, welches die Gebührenfrage betrifft. Er stellte anheim, ob es
nicht möglich sei, die Gebühren, die von der Katasterverwaltung erhoben
werden, in der gleichen Höhe zu normieren wie die Gebühren, die nach
dem Landmesserregleraent die privaten gewerbetreibenden Landmesser be-
ziehen. Das ist nach Auffassung der Katasterverwaltung nicht tunlich,
weil dadurch die Interessen der Grundbesitzer benachteiligt werden
würden. Der Staat hat seine Gebühren so bemessen, dass dadurch im
ganzen die bei den Fortschreibungsvermessungen entstandenen Kosten ge-
deckt werden. Wir halten uns nicht für berechtigt, mehr zu erheben,
weil die darüber hinausgehenden Gebührenbeträge, ohne dass entsprechende
Kosten entstanden sind, zu Unrecht gezahlt werden würden. Deshalb
glauben wir, dass nach dieser Richtung hin den Wünschen der gewerbe-
treibenden Landmesser nicht Folge gegeben werden kann.
Digitize
236
Aus den Zweigrereinen.
Zeitschrift flir
>rme*«ai^rtwes.
Vizepräsident Dr. Forsch: Das Wort hat der Abg. Dr. Berndt.
Dr. Berndt, Abgeordneter (nat.-lib.): Meine Herren, trotz der Ein-
wendungen des Herrn Finanzministers möchte ich den Wunsch der Land-
messer, dass für den Eintritt in ihre Laufbahn das Abiturienten-
zeugnis gefordert werde, kurz befürworten, und zwar hauptsächlich
damit, dass nach den Lehrplänen der höheren Schulen den Schülern,
welche mit der Primareife abgehen, doch sehr wichtige Teile der Mathe-
matik fehlen, die für das Studium der Geodäsie auf der Universität er-
fordert werden. Sie sind daher auch genötigt, auf der Universität Vor-
lesungen über elementare Mathematik zu hören. Diese Zeit könnte ent-
weder gespart oder mit anderen wichtigen Studien ausgefüllt werden, die
ihrem Beruf zugute kommen. Deshalb möchte ich bitten, diesen Wunsch
nicht so ganz von der Hand zu weisen.
Vizepräsident Dr. Forsch: Das Wort hat der Abg. Cahensly.
Cahensly, Abgeordneter (Zentr.): Meine Herren, ich bin wiederholt
für die Vermehrung der Katasterzeichnerstellen eingetreten, und zwar
bereits bei Beratung des Etats für 1903 und für 1904. Es sind im dies-
jährigen Etat ja 18 neue Stellen vorgesehen worden; aber hierdurch ist
noch immer nicht die Hälfte der Katasterämter mit Zeichnern versehen.
Was für eine Unannehmlichkeit es hat, wenn das Fublikum in die Stadt
auf das Katasteramt kommt, und wenn es dann, weil der Katasterkontrolleur
verreist ist, seine Geschäfte nicht erledigen kann, liegt auf der Hand.
Ich möchte deshalb dringend bitten, eine grössere Anzahl von Kataster-
hilfszeichnern als Zeichner anzustellen, damit bei jedem Katasteramt ein
Zeichner vorhanden ist.
Vizepräsident Dr. Porsch: Die Besprechung ist geschlossen.
Ich stelle die unveränderte Bewilligung des Tit. 2 fest.
Bildung einer „Vereinignag der EataBterbeamten des Reg. -Bezirks
Marienwerder, als Zweigverein des Deutschen Geometervereins".
Auf eine von Herrn Steuerinspektor Bauer in Graudenz und den
Unterzeichneten ergangene Aufforderung an die Katasterbeamten des Re-
gierungsbezirks Marienwerder hatten sich am Sonntag den 9. Dezember v. J.
in Graudenz im Hotel „ Königlicher Hofu 19 Teilnehmer eingefunden.
Nachdem die Erschienenen begrüsst und mit dem Zweck der Versammlung
bekannt gemacht worden waren, wurde die Gründung der obigen Vereini-
gung einstimmig beschlossen und deren Vorstand durch Zuruf aus folgen-
den Teilnehmern erwählt:
Steuerrat Maruhn-Marienwerder als Vorsitzender,
Aus den Zweigvereinen.
| als Beisitzer,
Ffundt-Marien werder als Schriftführer.
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Zeitschrift für
l mmmamgßmmm
1907.
Aus den Zweigvereinen.
237
Die im Entwurf vorgelegten Vereinssatzungen wurden mit geringen
Abänderungen genehmigt. Bei den hierüber gepflogenen Erörterungen
wurde von dem Vorsitzenden der Beitritt zum Deutschen Geometerverein
den Mitgliedern angelegentlichst empfohlen. Hierauf erklärten sämtliche
Herren, welche noch nicht Mitglied des D. G.-V. waren, 13 an der Zahl,
ihren Beitritt zu demselben.
Zu dem wichtigsten Punkt der Tagesordnung: Annahme von Zög-
lingen für die Landmesserlaufbahn, wurde nach einem Vortrag des
Steuerinspektors Helmdach und nach eingehender Besprechung in der
Versammlung einstimmig folgender Beschluss gefasst:
„Der heute gegründete Zweigverein des Deutschen Geometei-
„ Vereins empfiehlt seinen Mitgliedern in der Ueberzeugung , class
„ grundsätzlich nur das Abiturientenexamen als Vorbedingung für das
„erfolgreiche Studium der Geodäsie zu betrachten sei, nur solche
„ Zöglinge für die Landmesserlaufbahn anzunehmen, welche das Reife-
zeugnis einer Lehranstalt mit neunjährigem Lehrgang nachweisen. u
Zu einem weiteren Punkt des Tagesordnung: Bildung eines all-
gemeinen Katasterverbandes, konnte ein endgültiger Beschluss wegen
der hierüber vertretenen abweichenden Ansichten noch nicht gefasst werden.
Nach Erledigung des geschäftlichen Teils vereinigten sich die Kollegen
mit ihren in stattlicher Anzahl erschienenen Damen zu einem Festessen,
welches in angeregtester Stimmung verlief.
Marien werder, den 20. Februar 1907.
Maruhn. Pf und t.
Der Verein der Vermeseungsbeamten der PreuBsischen Landwirt-
schaftlichen Verwaltung
hielt am 17. Februar unter Vorsitz des Oberlandmessers Plähn -Schneide-
mühl im Saale des Kaufmannshauses zu Cassel seine diesjährige Haupt-
versammlung ab. Von den 825 Mitgliedern des Vereins waren 504 durch
163 anwesende Mitglieder aus allen Teilen der Monarchie vertreten.
Aus dem Jahresbericht des Vorsitzenden über die Tätigkeit des Ver-
eins im verflossenen Geschäftsjahre ist zu erwähnen, dass eine Muster-
sammlung von Zeichnungen über 64 verschiedene kulturtech-
nische Bauwerke vom Oberlandmesser Z ender- Düsseldorf fertig-
gestellt worden ist. Die Sammlung lag in 4 Druckexemplaren zur
Einsicht der Anwesenden aus. Die zugehörigen Kostenanschläge und Er-
läuterungsberichte sollen noch gefertigt und ebenfalls durch Drucklegung
vervielfältigt werden. Für die Herstellung der Zeichnungen und Kosten-
anschläge werden vom Verein ca. 4000 Mark aufgewendet. Herrn Ober-
landmesser Zender wurde seitens des Vorsitzenden und der Versammlung
der ganz besondere Dank des Vereins für die grosse Mühe ausgesprochen,
die er sich bei der Herstellung der Zeichnungen gegeben, und der er wäh-
rend des letzten Jahres alle seine freie Zeit in selbstlosester Weise ge-
opfert habe. Späterhin wurde beschlossen, die Abgabe der Zeichnungen
an Nichtmitglieder in jedem Einzelfalle dem besondern Beschlüsse des
Vorstandes vorzubehalten.
Um der von den Landmessern zu erledigenden Geschäfte willen wurde
in dem Jahresbericht des Vorsitzenden die Vertiefung der Vorbildung und
23«
Aus den Zweigvereinen.
Zeitschrift fUr
1907.
der technischen Ausbildang verlangt, insbesondere wurde auch wie für alle
übrigen wissenschaftlichen Fächer die Ablegung der Abiturientenprüfung
als Vorbedingung für das geodätisch -kulturtechnische Studium gefordert.
Eine Reihe von Satzungsänderungen über die Einberufung ausser-
ordentlicher Hauptversammlungen und über die Stellung von Anträgen zur
Tagesordnung der Hauptversammlungen wurde nach den Vorschlägen,
welche der Vorstand mit den Vertrauensmännern und dem Arbeitsausschuss
auf Grund gemeinsamer Vorbesprechung machte, ohne nennenswerte Er-
örterung genehmigt.
Der Eintritt in den Deutschen Geometerverein soll allen Mitgliedern
dringend empfohlen, jedoch nicht zwangsweise eingeführt werden.
Berechtigte Missstimmung scheint es erregt zu haben, dass dem Verein
der Gesetzentwurf über die Reorganisation der Generalkommissionen nicht
zugegangen ist, wiewohl er dem Vorstande in einer Unterredung am 10. März
1904 von dem Herrn Minister v. Podbielski versprochen worden war.
Nach der Erklärung, welche Herr Minister v. Arnim am 7. Februar im
Abgeordnetenhause abgab, ist er bereits im Frühjahr 1906 fertiggestellt
gewesen.
Für die bevorstehende Reorganisation der Generalkommissionen wurden
von allen Anwesenden einstimmig folgende Forderungen hinsichtlich der
dienstlichen Stellung der Vermessungsbearaten beschlossen:
1. die Sachlandmesser des zukünftigen Landeskulturamts
sollen ihre technischen Geschäfte selbständig erledigen.
2. Für je etwa 20 bis 40 Vermessungsbeamte soll ein Ver-
messungsbeamte» als Aufsichtsbeamter bestellt werden,
der ihre Arbeiten prüft, und der das technische Dezernat
für seinen Geschäftsbezirk hat. Dieser soll nur dem Ober-
landeskulturamt unterstellt sein.
m
3. Sowohl in dem zukünftigen Landeskulturausschusse als
auch in dem zukünftigen Oberlandeskulturausschusse soll
ein Vermessungsbeamter stimmberechtigtes Mitglied sein.
Für diese Forderungen will der Verein geschlossen eintreten. Er
rechnet hierbei auf die Zustimmung des Abgeordnetenhauses,
dessen Agrarkommission und dessen Plenum durch die Beschlüsse
vom 9. Februar und vom 30. Mai 1905 bereits anerkannt haben,
dass die Stellung der Vermessungsbeamten bei den General-
kommissionen dem Umfange und der Bedeutung der ihnen über-
tragenen Funktionen nicht entspricht.
Einen wahren Beifallssturm erregte es bei den Teilnehmern der Ver-
sammlung, als der Vorsitzende vor der Neuwahl des Vorstandes erklärte,
dass er den so ausserordentlich zahlreich an ihn ergangenenen Bitten, das
arbeitsreiche Amt des Vorsitzenden im Interesse des Standes weiter zu
behalten, im Falle seiner Wiederwahl nachgeben wolle, wiewohl ihm dieser
Entschluss nicht leicht falle. Der bisherige Vorstand wurde hierauf satzungs-
gemä8s durch Stimmzettel, mit alleiniger Ausnahme des Oberlandmessers
Hüs er -Cassel, einstimmig wiedergewählt Letzerer hatte erklärt, dass er
sein Amt als stellvertretender Vorsitzender wegen Ueberbürdung mit
sonstigen Arbeiten durchaus nicht weiterbebalten könne; er bat, an seiner
Stelle Herrn Oberlandmesser v. Schmitz zu wählen, was auch geschah.
Nach fünfstündiger Verhandlung schloss der Vorsitzende sodann die
Hauptversammlung. PI
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Vereinsangelegenheiten. — Personalnachrichten.
239
Vereinsangelegenheiten.
Auf Wunsch mehrerer Vereinsmitglieder ist von der Vorstandschaft
das nachstehende Schreiben an die Redaktion der Deutschen Zeitung in
Berlin abgesandt worden.
Berlin-Wilmersdorf, den 3. Marz 1907.
An die Redaktion der „Deutschen Zeitung", Berlin.
In Nr. 42 Ihres geschätzten Blattes vom 19. Februar 1907 tindet sich
unter Zeitungsstimmen, Artikel von Adolf Stein, im „Deutschen": „Gegen
den Schwurzeugen reut wein", folgende Auslassung: „Zum zweiten Male
wird auch nicht irgend ein armseliger Landmesser sich vom Ober-
richter bei seinen Aussagen gegen Leutwein einschüchtern lassen."
An die unterzeichnete Vorstandschaft ist von verschiedenen Seiten der
Antrag gestellt worden, eine Rektifizierung durch die Deutsche Zeitung
selbst zu veranlassen. Wenn wir nun auch nicht der Meinung sind, dass
durch diese Redewendung eine Beleidigung oder Herabsetzung des über
4000 Personen zählenden und in allen Staats- und Stadtverwaltungen ver-
tretenen Landmesserstandes beabsichtigt worden ist, so ist doch nicht zu
verkennen, dass dieselbe bei den Angehörigen dieses Standes entschieden
Anstoas zu erregen geeignet ist. Wir dürfen daher wohl erwarten, dass
unser Schreiben die Veranlassung gibt, in Zukunft derartige Auslassungen
zu vermeiden, was ausserdem im Interesse Ihres Blattes selbst liegen
dürfte, da dasselbe in Landmesserkreisen viel gelesen wird.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Die Vorstandschaft des Deutschen GeometerTereins.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung.
Pensioniert: St.-I. Kukutsch in Königsberg I.
Versetzt: die K.-K. Ochs von Adenau II nach Trier (als K.-S.),
Kurzius von Lötzen nach Calau, Schulz von Wittmund nach Eisleben.
Befördert: Zum Kat.-Landmesser la: K.-L. Müller von Arnsberg
nach Wiesbaden.
Ernannt: Zu Kat.-Landmessern lb: Wernicke, Richard, in Brom-
berg; Kraemer, Felix, in Düsseldorf; Seibt, Gerhard, und Hille, Otto,
in Breslau; Heuer, Hans, in Cassel; Behrendt, Berthold, in Königsberg.
Freie Aemter und Stellen: Mansfeld und Adenau II, dann K.-A.
Kiel n, Reg.-Bez. Schleswig, und K.-A. Rendsburg, Reg.-Bez. Schleswig,
ist zu besetzen.
P. Ottsen,
Stadtvermessungs-
inspektor.
Steppes,
Kgl. Bayerischer
Obersteuerrat.
Hüser,
Kgl. Preußischer
Oberlandmesser.
Personalnachrichten.
240 Personalnachrichten. Zeitschrift fur
Laudwirtschaftl. Verwaltung. Generalkomm.-Bezirk Münster.
L. Hüteier in Höxter pensioniert zum 1./4. 07. — Versetzt zum 1./4. 07:
L. Leifeld vom g.-t.-B. Münster zur Sp.-K. II Münster, L. Jungemann
von Sp.-K. II Münster zum g.-t.-B. Ild Münster.
Königreich Sachsen. Die Technische Hochschule zu Dresden hat
Herrn Reinhard Hugershoff aus Leubnitz bei Werdau den Grad eines
Diplomingenieurs verliehen, nachdem er die Diplomprüfung als Vermessungs-
ingenieur bestanden hat.
Königreich Württemberg. Personalnachrichteu vom Jahr 1906.
Katasterverwaltung. Gestorben: Bezirksgeometer Grüner in
Mergentheim, Bez.-Geom. a. D. Fuchs in Schw.-Gmünd und Bez.-Geom.
Zoller in Ravensburg. — Ueb er tragen: die Bezirksgeometerstelle in
Mergentheim dem Geometer Drodofsky, Hilfsarbeiter bei dem Kataster-
bureau; diejenige inLeutkirch dem Verweser derselben, Hilf sgeom. Küche r;
diejenige in Reutlingen dem Hilfsgeom. Zwicker, z. Z. stellvertretender
Hilf sgeom. in Tuttlingen; diejenige in Ludwigsburg dem Hilfsgeom. Bau-
mann daselbst und diejenige in Saulgau dem Hilfsgeom. Stolz daselbst;
die Stelle eines Assistenten (Trigonometers j des Kat.-Bureaus dem Geom.
Schmohl, Hilfsarbeiter bei dem Kat. -Bureau. — Zur Ruhe gesetzt auf
Ansuchen: Bez.-Geom. Gehring in Reutlingen unter Verleihung des Ritter-
kreuzes II. Kl. des Friedrichsordens. — Verliehen: die Verdienstmedaille
des Kronordens den Bez.-Geom. Haigis in Backnang und Dunz in Besig-
heim; der Titel eines Vermessungskommissärs dem Bez.-Geom. Löffler
in Stuttgart.
Laudwirtschaftl. Verwaltung. Gestorben: Obergeom. Güntner
bei der Zentralstelle für Landwirtschaft, Abteilung für Feldbereinigung.
Eisenbahnverwaltung. Uebertragen: je eine technische Revisor-
stelle bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen den techn. Eisenbahn-
sekretären, tit. Obergeometer Merz und Linder daselbst; je eine Eisen-
bahnsekretärstelle bei den Bauinspektionen: Aalen dem Geom. Heldmai er,
Balingen dem Geom. Ruoss, Calw dem Geom. Stahl, Jagstfeid dem Geom.
Müller, Sulz a/N. dem Geom. Regele. — Verliehen: die Verdienst-
medaille des Kronordens den techn. Eisenbahnsekretären E finger, Lutz
und Stöckle bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen.
Vom Januar und Februar 1907.
Katasterverwaltung. Gestorben: Bez.-Geom. a. D. Volz in Tutt-
lingen. — Uebertragen: die Bezirksgeometerstelle in Ravensburg dem
Hilfsgeom. Linck bei dem Kat. -Bureau. — Verliehen: das Verdienst-
kreuz dem Bez.-Geom. Bäurle in Biberach; die Verdienstmedaille des
Kronordens den Bez.-Geom. Fiechtner in Oehringen und Naschold in
Sulz a/N.
Eisenbahnver waltung. Verliehen: Titel und Rang eines techn.
Oberbahnsekretärs: dem techn. Eisenbabnsekretär Heb sack er bei der
Eisenbahnbauinspektion Reutlingen.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Photogrammetrische Punktebestimmung von
einem Standpunkte, von E. Dole/al. — Verhandlungen des preussischen Ab-
geordnetenhauses. — Aus den Zweigvereinen. — Vereinsangelegenheiten. — Per-
sonalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck ron Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
Digitized by Google
241
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat und Dr. O. Eggert, Professor
München M, Katasterbureau. Danzlg-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 10. Band XXX YI.
> I L ApriL f-<
Der Abdruck tob Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Hchrlftleltung Ist untersagt.
Ueber logarithmische Rechenscheiben.
Von Karl Lfidemann, Landmesser in Zehlendorf- Wannseebahn.
Unter den mannigfaltigen Formen, in denen logarithmische Skalen bei
den Rechnungen der Technik Verwendung finden, nimmt der geradlinige
Rechensebieber von etwa 26 cm Gesamtlänge in seinen verschiedenen Aus-
führungen sicherlich die erste Stellung ein. Neben ihm spielen eine Rolle
die logarithmischen Tafeln, bei denen die Skalen in StUcke zerschnitten
und parallel zueinander in einer Ebene*) oder aber in anderer Form auf
dem Mantel eines Zylinders8) angeordnet sind, und die logarithmischen
Rechenscheiben.
Als Zeitpunkt der ersten Herstellung solcher logarithmischer Rechen-
scheiben wird gewöhnlich das Jahr 1816 und als ihr Erfinder Jomard8)
*) Rechentafeln von Billeter, Z. f. V. Bd. 20 — 1891 — S. 346; Klo t h,
Dinglers polytechnisches Journal 260 — 1886 — S. 170; Everett, W. Dycks
Katalog mathem. und mathem.-physikal. Modelle, Apparate und Instrumente,
Manchen 1892, Nachtrag 1893, S. 141, Nr. 8; Hannyngton, Dycks Katalog
a. a. 0.; Scherer, Z. f. V. Bd. 21 - 1892 — S. 163, 625, Bd. 22 - 1893 -
S. 64, Bd. 30 - 1901 - S. 446, Allgem. Vermessungsnachrichten 1906, S. 164;
Proell, Z. f. Math. u. Phys. Bd. 46 - 19ol — S. 218.
*) Rechenwalze von Mannheim — Vogler, Anleitung zum Entwerfen gra-
phischer Tafeln, Berlin 1877, S. 60. E. Thacher, Cylindrical slide rule, Z. f. V.
Bd. 20 — 1891 — S. 433 ff., eingehende Besprechung von Hammer.
*) So auch bei Jordan-Reinhertz, Handbuch der Vermessungskunde,
Bd. II — 1904 — S. 161, und bei Puller, Zeitschr. f. Architektur u. Ingenieur-
wesen, Heftausgabe Bd. XL VI — neue Folge Bd. V — S. 203.
Zeitschrift for Venneisungflweien 1907. Heft 10. 18
Digitized by G
242 Lüdemann. Ueber logarithmische Rechenscheiben. yJSESSSSSnnZm
angegeben, jedoch beides zu Unrecht, denn dieses wichtige Rechenhilfs-
mittel ist nicht allzulange nach der Erfindung der Logarithmen erstmalig
ausgeführt worden. Um das Jahr 1620 *) trug Gunter logarithmische
Skalen auf hölzernen Linealen auf und schuf so die line of numbers, die
Urform des heutigen Rechenschiebers. Hutton 5) führt hierfür allerdings
das Jahr 1623 an, was für die vorliegenden Ausführungen ohne Bedeu-
tung ist, und gibt dann folgenden wichtigen Beitrag zur Geschichte der
logarithmischen Rechenwerkzeuge und insbesondere der Rechenscheiben.
Er schreibt:
„The logarithmic lines were afterwards drawn in various other
ways. In 1627 they were drawn by Wingate on two separate rulers
sliding against each others, to save the use of compasses in re-
solving proportions. They were also, in 1627, applied to concentric
circles by Oughtred. Then in a spiral form by a Mr. Milburne of
Yorkshire about the year 1650. And, lastly, in 1657, on the pre-
sent sliding rule by Seth Partridge."
Beim logarithmischen Rechenschieber gelangt dieselbe Teilung von 1
bis 10 zweimal hintereinander zur Verwendung, so dass es nahe liegt, die
Teilung von 1 bis 10 einmal auf einem Kreisumfang aufzutragen, und so
Anfang und Ende der Skala ineinander übergehen zu lassen, wobei natür-
lich eine Reebenscheibe vom Durchmesser r dasselbe leistet wie ein Rechen-
schieber von der Länge 2 r . n.
Die ersten Rechenscheiben enthielten gemäss den Gnuterskalen auf
dem Kreisumfang nur eine Teilung, ersetzten aber bei ihrer Fortbildung
den Zirkel durch zwei um den Mittelpunkt der Skalen drehbare nadei-
förmige Zeiger. Boucher «) in Havre stellte seinen cercle i\ calcul in Form
einer Taschenuhr her und stattete ihn mit mehreren Teilungen und einem
festen, sowie einem beweglichen Zeiger aus. In ähnlicher Weise ist der
„Rechenknecht von G. Herrmann"7) ausgeführt. Sein Erfinder ging von
der Erwägung aus, dass eine logarithmische Rechenscheibe nicht nur eine
Skala für die Logarithmen der natürlichen Zahlen enthalten dürfe, sondern
gewissermassen ein Kompendium der in der Ingenieurpraxis häufigst ge-
brauchten Zahlenwerte darstellen müsse. Um dieses zu erreichen, musste
4) Beschrieben im Canon triangulorum, London 1620, cit. nach Mehmke,
Numerisches Rechnen, Leipzig 1902, Abschnitt F des L Bandes der Enzyklo-
pädie der mathematischen Wissenschaften, Anm. 389.
") Charles Hutton, Mathematical Tables, London 1785 — auch spätere
Ausgabe 1822 — introduction, history of logarithmes, S. 36.
•) Dycks Katalog 8. 142, Nr. 10; auch Hammer, Z. f. V. Bd. 16 — 1886
— S. 882. Abbild, bei Mehmke a. a. 0., Abbild. 64.
*) Zeitschr. des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XXI — 1877 — S. 456
bis 462, Tafel XXIII. Beschrieb, f. d. Londoner Ausstellung wissensch. Instr.
auch bei Vogler, a. sr. 0. S. 50.
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z«iucj>rtft für Lüdemann. Ueber logarithmiBche Rechenscheiben. 243
Herrmann, der Übrigens auch Jomard als seinen Vorgänger angibt, „auf
das Prinzip des ursprünglichen Zirkelrechnens zurückgreifen". Er ersetzte
die Zirkelschenkel durch zwei Nadeln, wie es ja auch schon bei Oughtred
geschehen war, so dass er durch deren „gegenseitige Verstellung jeden
beliebigen Winkel, daher jeden gewünschten Logarithmus zwischen sie ein-
8chliessen konnte", und ordnete alsdann 10 konzentrische Skalen an. Zum
Multiplizieren und Dividieren braucht man nur die äusserste Skala der
Rechenscheibe, aber jede Einstellung eines Zeigers liefert eine Reihe sich
entsprechender Zahlenwerte. Stellt man z. B. einen der nadeiförmigen
Läufer auf die beliebige Zahl 4,29 der äussersten Skala, so deckt dieser
in den Skalen 2 4,29*
3 4,29«
4 den Kreisumfang 4.29 n
5 den Kreisinhalt 4.29* ^
6 den log von 4,29
7 den Winkel zu sin 0,429
8 „ „ sin 0,0429
9 n „ ■ 1*4.29
10 „ „ „ ig 0,429.
Genauigkeitsangaben über den Herrmannschen Rechenknecht finden sich in
der Literatur nicht.
Zu dieser Art von Rechenscheiben gehört auch noch ein 1878 in
Deutschland patentiertes, vorzugsweise von Stanley in London ausgeführtes
Instrument: Füllers New calculating slide rule 8), das sich als ein Zylinder
mit verschiebbarer Muffe darstellt. Die logarithmische Teilung ist auf
einer Schraubenlinie angeordnet.
Eine grössere Verbreitung haben sich die beschriebenen drei Rechen-
bilfsroittel nicht zu erringen vermocht, da sie in Metall ausgeführt und
dementsprechend sehr teuer &) waren, ganz abgesehen von den Nachteilen,
die sie den Rechenscheiben mit beweglichen Skalen gegenüber besassen.
Die zweite Ausführungsform der Rechenscheiben zeigt die logarith-
nrischen Skalen auf zwei gegeneinander verdrehbaren Kreisumfängen an-
geordnet. Das älteste Instrument dieser Art ist 1696 von D. J. M. BilerW)
hergestellt worden. Es stellt sich dar als ein Halbkreis aus Metall von
•) Hammer, Z. f. V. Bd. 20 - 1891 - S. 433 ff., Abbild, bei Mehmke
». a. 0. Fig. 66.
•) Cercle ä calcul Preis 28 Mk. Herrmanns Rechenknecht — 1876 — 26 Mk.
Fullers Spiral slide rule, grosse Ausführung 60 Mk., kleine Ausführung 20 Mk.
,0) D. Biler: In st rumen tum mathematicum universale, Jena 1696, Krukers
Verlag. Beschreib, u. Abbild, auch bei Leupold, T heat rum arithmetico-geo-
metricum etc. Leipzig 1727. Kap. XIV, p. 77, Taf. 13. (Der gesamte Titel
▼on Leupolds Werk ist angegeben Z. f. V. Bd. 26 — 1897 — 8. 292.)
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244
Lüdemann. Ueber logarithmische Rechenscheiben.
etwa 340 mm Durchmesser, dessen äusserst e Teilung, der eirculus gra-
duum , in 180 Grade mit der Einheit von 20* eingeteilt ist. Der Grad-
einteilung, deren „Nutzen gleich der Scheibe des Winkelmessers and der-
gleichen Instrumente ist, in der Praxis die Winkel damit abzunehmen",
folgen der circulus sinuum und der circulus tangentium, logarithmische
Teilungen der sin und tg, und dann die logarithmische Skala der Zahlen,
die von 1 bis 100 laufen, der circulus numerorum externus und der cir-
culus numerorum internus, von denen der zweite drehbar ist. Am Mittel-
punkt des instrumenti matheraatici universalis ist ein Faden befestigt, der
die Ablesung vermittelt.
Die Bilersche Anordnung der Skalen, insbesondere die von ihm ge-
wählte Halbkreisform scheint später nur eine Wiederbelebung erfahren zu
haben, nämlich in der „arithmetischen Scheibe" des Dr. Fr est ein) in
Emden, der die logarithmische Teilung auf einem halben Kreise anbrachte,
welcher auch noch eine „Anzahl trigonometrischer Linien" enthielt.
Die erste wirklich kreisförmige Rechenscheibe mit gegeneinander ver-
schiebbaren Teilungen hat A. S. Leblond1*) 1795 ausgeführt. Er nannte
sie cadran logarithmique. Gattey«) folgte mit seinem Arithmographen.
Er konstruierte zwei konzentrische Kreise oder auch Scheiben, welche
übereinander gleiten und deren aneinanderstossende Ränder die Teilungen
tragen. Der innere Kreis konnte mit zwei an ihm befestigten Knöpfchen
bewegt werden. Bemerkenswert ist , dass die beiden Teilungen im Kreis-
umfang je zweimal die Skala von 1 bis 10 enthalten. Der Durchmesser
der Scheibe, welche Gattey aus Kupfer bezw. Messing oder Karton her-
stellte, betrug meistens 6 Zoll = 162 mm, jedoch wurden auch solche
gefertigt, welche als Einsätze in Tabaksdosen hätten Verwendung finden
können, was der Seltsamkeit wegen erwähnt werden mag.
Dieses Instrument hat Gattey jedoch auch schon 1798 m) unter dem
Namen cadran logarithmique — wie Leblond — veröffentlicht. Es sind
auch hier zwei ineinandergleitende Kreise, von denen im Gegensatz zum
Arithmographen jedoch jeder nur eine Teilung von 0 bis 10 enthält. Wenn
nun auch Leblond die Priorität der ersten Herstellung zuerkannt werden
muss, so kommt die Priorität der Erfindung auch des Leblondschen cadran
logarithmique jedoch Gattey i*) zu.
»») Mitteilungen des Gewerbevereines für das Königreich Hannover, 1864.
S. 169.
»•) Laianne, Instruction sur les regies ä calcnl, Paris 1861, 3. 6d. 1863, p. IX.
») Borgnis, Traitö complet de mecanique appliqu6e aux arts. Paris 1820,
Taf. 21, Fig. 2.
") Bulletin de la Sociltä d'enrouragement pour 1'induBtrie nationale. XVeme
annöc Paris 1816. Abbild, hinter S. 60.
»») Bulletin a. a. 0.
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va^^SSvSLm LüdemAnn- UeDer logarithmiscbe Rechenscheiben. 246
Ob der Arithmograph in Frankreich irgend welche Bedeutung erlangt
hat, ist nicht mehr festzustellen; in Deutschland vermochte er sich jeden-
falls keine Geltung zu verschaffen. Das gelang vielmehr erst um das Jahr
1864 den Rechenscheiben des Eisenbahnbauinspektors Sonne1«). Dieser
konstruierte sich zu Massreduktionen und -Umwandlungen eine Rechen-
scheibe, deren Vervielfältigung in Metall und in kleinerer Form in Metall
und in Karton mit metallenem Zeiger er der Firma Landsberg & Parisius
in Hannover übertrug. Beide Scheiben"), von denen die grössere einen
Teilungsdurchmesser von 115 mm, später auch 150 mm, die kleine einen
solchen von 60 mm aufwies, besassen einen Zeiger, dessen Ablesevorrich-
tung vollständig der alten Form des Läufers am geradlinigen Rechen-
schieber entspricht. Von besonderer Wichtigkeit ist es jedoch, dass die
grössere Ausführung is) mit einem Kennzifferzählwerk ausgerüstet ist, dessen
beträchtlicher Wert bei grösseren zusammengesetzten, z. B. statischen Be-
rechnungen ohne weiteres einleuchtet.
Als Maximalfehler für mit der grossen Scheibe ausgeführte Berech
nungen gibt Sonne +0,2% an; für die kleinere Scheibe soll ein Fehler
von +0,40/o des Ergebnisses nicht überschritten werden. Jordan19) hat
den mittleren Fehler einer solchen Scheibe von 15 cm Teilungsdurchmesser
zu +0,12% bestimmt.
In den letzten 30 Jahren sind alsdann eine grosse Reihe von Aus-
führungsformen logarithmischer Rechenscheiben beschrieben worden und
z. T. auch auf den Markt gelangt; sie verschwanden jedoch bald wieder,
jedenfalls hat keine von ihnen in der Praxis irgend welche Bedeutung er-
langt. Mehmke, der in seiner schon des öfteren zitierten Abhandlung über
numerisches Rechnen ausgezeichnete, in ihrer Vollständigkeit kaum zu
übertreffende Literaturangaben gibt, erwähnt»0) aus der grossen Schar
dieser Erscheinungen die Rechenscheibe von F. M. Clouth*1) mit Lupe am
Zeiger, W. Harts Proportior82) mit Zeiger und Mikroskop, F. A. Meyers**)
Taschenschnellrechner, der ein einfaches Kennzifferzählwerk besitzt, und A.
Steinhausers**) Rechenscheibe, bei welcher die Kreise zu (logarithmischen?)
Spiralen erweitert sind und die vier Stellen unmittelbar abzulesen gestattet.
ie) Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurrereines für das Königreich
Hannover, Bd. X — 1864 - S. 453. Abbüd. Tafel 301.
»*) Preis 36 bezw. 17 Mk. (nach Hammer, Z. f. V. Bd. XV - 1886 - S. 382).
»■) Abbild, auch bei Mehmke a. a. 0. S. 1062, Fig. 66.
>•) Jordan-Reinhertz a. a. 0. S. 161.
*) Mehmke a. a. 0. S. 1063.
il) Anleit zum Gebrauch der Rechenscheibe, Hamburg 1872: auch Dycks
Katalog, Nachtrag S. 3, Nr. 11 d.
Techniker 12 — 1889/90 - S. 34.
") Mechaniker 6 — 1897.
u) Dycks Katalog. Nachtrag S. 8, Nr. 11c, ausgestellt 1893 zu München.
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246 Lüdemann. Ueber logarithmische Rechenscheiben. y^iuetoift fflr^^
Zu diesen kommen nun noch drei Scheibenkonstruktionen der letzten
Zeit, die von Puller, diejenige von Roether und endlich Wichmanns „Hai-
dens Cal culex
Puller ä5) brauchte bei der Bearbeitung seiner Eisenbahnvorarbeiten
zur Erledigung und besonders zur Abkürzung der mechanischen Rechnungen
ein entsprechendes Hilfsmittel, das er sich in seiner Rechenscheibe fertigte.
Die konzentrischen Kreise der Scheibe, welche 477 mm Durchmesser
und somit 1,50 m Teilungsumfang besitzt, sind aus Holz hergestellt und
für die Teilungen mit einer Kartonauflage versehen, während für die
Mittelpunktskonstruktion , um welche sich die Scheibe drehen lässt, Stahl
und Messing Verwendung gefunden haben. Unter Benutzung des Glas-
läufers, der übrigens den nennenswerten Vorteil besitzt, dass er die Teilung
links von sich vollständig frei lässt, und der auf dem Läufer angebrachten
Lupe hat Puller den mittleren Fehler bei der Multiplikation zweier vier-
stelliger Zahlen auf + 0,014 o/0 herabdrücken können.
Gleichzeitig mit dieser Steigerung der Genauigkeit hat Puller den
Vorwurf, den man so häufig und zu gewissem Teil mit Recht gegen die
Rechenscheiben erheben hört, dass nämlich die kreisförmige Anordnung
der Teilung die üebersicht erschwere und damit die Raschheit der Rech-
nung vermindere, dadurch zu entkräften versucht, dass er einmal die Haupt-
teilstriche 1,0 bis 9,0 rot bezifferte, den Beginn der Teilung durch eine
entsprechende Punktmarkierung sonderlich hervorhob, und schliesslich auf
den entsprechenden Speichen die Zahlen 1,0 und 3,0 für den äusseren und
1,0, 2,0, 3,0, 6,0 für den inneren Kreis anbrachte.
Mit dieser so ausgestatteten Scheibe, der man eine gewisse, allerdings
kaum zu umgehende Unhandlichkeit26) nicht absprechen kann, konnte Puller
mit einer einzigen Schieberstellung die dreimalige Bestimmung der Ent-
fernung!) und diejenige der 4 Grössen hw) vornehmen, ebenso mit einer
Schieberstellung die Werte l sin a und l cos a bei der Polygonzugberech-
nung auswerten, und das alles mit einer Genauigkeit 23), wie sie bei dem-
entsprechenden Eisenbahnvorarbeiten bei weitem ausreichend ist.
Wie die Pull ersehe Rechenscheibe, so ist auch die pythagoräische
Rechenscheibe des Bezirksgeometers Roether in Erfüllung praktischer Be-
dürfnisse konstruiert worden. Sie wird in vier verschiedenen Ausführungen
M) Zeitschr. f. Architektur u. Ingenieurwesen Bd. XLVI; Nene Folge Bd. V,
8. 203 (Abbild.) ; auch Z. f. V. Bd. 30 — 1901 — S. 296 (Abbild.).
*•) Bei früheren Konstruktionen, insbesondere bei derjenigen von Herrmann,
konnte man Fasse anordnen, so dass sie mit einer Hand bedient werden konnten.
n) Vergl. Z. f. V. Bd. 27 — 1898 — S. 156. 157; Bd. 28 — 1899 — S. 145;
Bd. 30 — 1901 — S. 296.
M) Z. f. V. Bd. 30 — 1901 - S. 296-299, Tabelle II n. III.
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Lüdemann. Ueber logarithmische Rechenscheiben. 247
bezw. Grössen ») gefertigt nnd zwar als Präzisionsrechenscheibe — Durch-
messer d = 220 mm — , als Scheibe für den Hausgebrauch — d —
180 mm — , für den Feldgebrauch — d = 110 mm — und endlich für
kleine gelegentliche Rechnungen im Taschenformat — d = 70 mm. Die
Scheiben für das Feld und in die Tasche sind durch besondere Vorrich-
tungen vor Verletzungen geschützt. Die eigentliche Scheibe, welche aus
präpariertem Karton hergestellt, auf ein Zellhornplättchen gezogen und
durch einen Lacküberzug noch sonderlich geschützt ist, ist um ihren Mittel-
punkt drehbar auf einer weissen, aus überklebter Pappe oder Holz be-
stehenden Grundplatte angeordnet, welche einen durch einen Strich dar-
gestellten Zeiger enthält. Weitere Zeiger für etwelche häufig gebrauchte
konstante Werte können natürlich mit Leichtigkeit angebracht werden.
Um den Mittelpunkt der Scheibe lässt sich auch der aus einem durch-
sichtigen Zellhornplättchen bestehende Läufer drehen, auf dessen Unter-
seite ein schwarzer Indexstrich scharf eingerissen ist.
Als äusserste Teilung zeigt die Scheibe auf ihrem Umfang die ge-
wöhnliche logarithmische Skala der Zahlen von 0 bis 10. Der zweite Kreis
enthält vier Teilungen, die symmetrisch zu dem Teilstrich 10 bezw. 2 an-
geordnet sind. Die beiden Teilungen bei Teilstrich 10 ermöglichen in der
einen Skala sin und cos aus tg, in der anderen tg und sec aus sin zu er-
halten. Die beiden anderen Teilungen, welche beim Teilstrich 2 liegen,
sind mit u und t bezeichnet: u gibt bei radialer Projektion auf die Zahlen-
reihe des Scheiben um faules den dem sin entsprechenden Wert von 1 -j- cos.
t in gleicher Weise den dem tg entsprechenden Wert von 1 -\-sec. Die
innerste und letzte Teilung ergibt bei radialer Projektion auf die äusserste
Teilung die natürlichen Zahlen der tg und ctg.
Die Ausführung der Teilung ist durchweg sauber und scharf; ins-
besondere ist die glücklich gewählte, übersichtliche Bezifferung hervor-
zuheben. Eine Untersuchung auf genaue Einteilung hat zu Bedenken
keinen Anlass gegeben.
Die Präzisionsrechenscheibe besitzt in ihrer in vier konzentrischen
Kreisen angeordneten logarithmischen Teilung eine Länge von 2,30 m.
Sie enthält ferner in drei Kreisen Teilungen für sin und cos, die bei ra-
dialer Projektion auf die drei inneren Kreise der logarithmischen Teilung
dort die entsprechenden natürlichen Zahlen der sin und cos abzulesen ge-
statten. Auch bei diesen Teilungen sind die Schärfe der Darstellung und
die Genauigkeit anzuerkennen.
Auf der Grundplatte sind drei mit den Zeichen I, IV und V versehene
Zeiger angebracht, von denen I zur Einstellung dient, während das Er-
gebnis der Rechnung bei I, IV oder V erscheint.
») Preise: Form I 9,00 Mk., II 6,00 Mk., III 4,00 Mk., IV 8,30 Mk. Zu
haben bei Biow, optische Anstalt in Würzburg.
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248 Lüdemann. Ueber logarithmische Rechenscheiben. T,fg,<jS?g{,iSw
1907.
Die hohe Bedeutung dieser Scheiben fOr viele in der niederen Geo-
däsie häufig vorkommende Berechnungen gründet sich auf Formeln, welche
a 80)
die im rechtwinkligen Dreieck so bedeutungsvolle Funktion tg 2 'be-
nutzen. Ko etiler zeigt die praktische Verwendung81) seines Rechenhilfs-
mittels u. a. bei Berechnung von Höhe und Höhenfasspunkt im Dreieck
aus den gegebenen drei Seiten, Berechnung von Kleinpunkten, Koordinaten-
transformationen, Linienschnitten, bei Kurvenabsteckungen, Flächenteilungen
und bei der Reduktion geneigt gemessener Linien. Von einiger Bedeutung
ist die Scheibe auch für Polygonzugberechnungen, insbesondere für die
zweite kontrollierende Berechnung; sie kann endlich auch für tachymetrische
Rechnungen eingerichtet werden.
Die Genauigkeitsuntersuchungen ergaben bei Produkten aus je zwei
vierstelligen Faktoren einen mittleren Fehler bei
Form I von ± 0,0079 °/0
„ II von ± 0,0216 o/0
„ III von i 0,0396 o/o
der Ergebnisse. Die kleine Scheibe im Westentaschenformat lieferte Pro-
dukte ans je zwei dreistelligen Zahlen immer noch mit einer Genauigkeit
von ^0,115°/0 des Resultates.
Die Roetherschen Rechenscheiben stellen nach dem Vorhergehenden
also ein so vielseitiges und brauchbares Rechenhilfsmittel dar, dass man
ihnen eine recht weite Verbreitung wünschen möchte.
Die neueste Scheibenkonstruktion ist der als Haldens Calculex») be-
zeichnete „runde Rechenschieber" von Gebrüder Wichmann in Berlin. Eine
metallene Scheibe dreht sich in einem Kreisring aus demselben Material:
beide werden auf der Vorder- und der Rückseite überdeckt von je einer
geschliffenen Glasplatte 88) _ dem Läufer — , auf deren Unterseite der
Läuferstrich eingerissen ist. Das Ganze wird von einer ringförmigen
Metallfassung eingeschlossen und hat einen Durchmesser von 60 mm, so
dass man das Instrument bequem in der Westentasche tragen kann. Die
Vorderseite enthält zunächst auf dem Kreisring eine Kreiseinteilung in
100 Teile. An der Berührungsfläche der inneren Scheibe mit dem Kreis-
ring befinden sich zwei logarithmische Skalen der Zahlen von 0 bis 10,
denen nach dem Mittelpunkt zu zwei Teilungen zur Ermittlung der Quadrat-
zahlen folgen. Die äusserste Skala der Rückseite gibt die natürlichen
Werte der sin, bezw. auch der cos, welche zu den auf dieser Teilung ein-
») Vergl. Roether, Z. f. V. Bd. 35 - 1906 - S. 481. Zeitschrift des
Bayerischen Geometervereins, Bd. X — 1906 — S. 130.
") Z. f. V. Bd. 32 - 1903 - S. 593.
■*) Abgebildet im Katalog XVI — 1906/07 — von Gebrüder Wichmann
nach S. 64.
M) In letzter Zeit wird hierzu das haltbarere Zellhorn verwendet.
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lÜMMH für
gestellten Winkeln gehören. Es folgen zwei Teilungen ftr „umgekehrte
Verhältnisse", sowie drei Skalen znr Ermittlung von Kubikwurzeln.
Die Skalen sind in das Metall der Scheibe nicht eingerissen, sondert
darauf aufgedruckt. Naturlich ist die Genauigkeit der mit diesem
mentchen erzielten Ergebnisse eine ziemlich geringe, zumal auch die
langen selbst nicht allzu scharf ausgeführt sind. Für den Ingenieur, ins-
besondere für dessen häufige überschlagige Berechnungen, mag Haldens
Calculex wohl geeignet sein, wenn ihm nicht auch hier sein hoher Preis
— 12,50 Mk. einschl. eines Büchelchens mit Gebrauchsanweisungen, Ta-
bellen u. s. w. — hindernd entgegentritt, aber für den Landmesser hat der
„ kreisförmige Rechenschieber" keine Bedeutung.
Nicht mehr zu den eigentlichen Rechenscheiben gehören schliesslich
noch zwei Instrumente, bei denen die logarithmischen Teilungen auf zwei
Zylinderflächen aufgetragen sind, die unabhängig voneinander um ihre ge-
meinsame Achse gedreht werden können. Es sind dieses der Rechenkreis
von R. Weber w) und das Rechenrad von A. Beyerlen«), welch letzteres
in seiner gewöhnlichen Form einen mittleren Fehler von etwa ±0,1
0,2 °/, des Ergebnisses erwarten lässt.
.i
Ueber flächentreue Kegelprojektionen.
Von Prof. Jos. Adamczik in Prag.
Bei der flächentreuen Kegelprojektion mit zwei längentreuen
parallelkreisen besteht eine, im folgenden nachzuweisende, sehr einfache
Beziehung zwischen dem „ Durch-
dringungskegel u , welcher die
Kogel in den beiden Haupt-
parallelkreisen AB und CD
(Fig. 1) schneidet, welche Pa-
rallelkreise eben längentreu ab-
zubilden sind, und demjenigen
ideellen Kegel, welcher als Bild-
fläche dient, und welcher hier
kurz der „Bildkegel" genannt rf)
werden möge.
Bezeichnet man die Fläche
der Kugelzone zwischen den
•*) Dycks KaUlog S. 142, Nr. 11. Nachtrag S. 2, Nr. IIa.
»») Erste Beschreibung: Gewerbeblatt für Württemberg 1886, 8. 201. Abbild,
bei Mehmke, a. a. 0. S. 1063, Fig. 67, auch Jordan-Reinhertz, a. a. 0. S. 151,
Fig. 7. Vergl. auch Hammer, Z. f. V. Bd. XV - 1886 - S. 382.
250 Adamerik, üeber flachentreue Kegelprojektionen. „üi^JSÜL
Breiten qp, und 92 der beiden längentrea abzubildenden Hauptparallelkreis«
mit Fx und die Flache des Mantels des Bildkegelstumpfes zwischen den
entsprechenden Parallelkreisbildern mit FM, so muss wegen der Bedingung
der Flächentreue FM = FM sein, also, wenn man die Seite des Kegel-
stumpfes mit A S benennt :
2 n R* . (sin 9», — sin y,) = n . R (cos <px + cos ys) . A S
AS = 2R.tg-&SZli-,
■
Nun ergibt sich aber nach Fig. 1 aus dem rechtwinkeligen Dreieck*
AVC die Seite As des Stumpfes des Durchdringungskegels mit:
A s = R ' 9l ~ CO$ ^
sin i (Vl + 9t)
Daher besteht die Beziehung:
J5r=-*i (L)
Selbstverständlich ist AS> As, da der Bogen ÄC> As, also auch
Fz > als die Mantelfläche des Stumpfes des Durchdringungskegels.
Es ist nun leicht nachzuweisen, dass das Reduktionsglied cos^fa — 9^
ebenfalls auch in den Beziehungen zwischen den Seiten SA und SC des
Durchdringungskegels einerseits und den entsprechenden, noch unbekannten,
zu berechnenden Seiten des ideellen Bildkegels andererseits, welche letztere
die Radien der Kartenhauptparallelen für die Breiten qr x und gp2 ergeben,
auftritt Aber auch in der Beziehung zwischen den beiden Zentriwinkeln
der Sektoren der ausgebreiteten Kegelmantelflächen kommt dieses gleiche
Reduktionsglied cos £ (<r2 — <Pi) vor.
Wir bezeichnen die Seiten des Durchdringungskegels SA = Jg,
S C = 4 und die Seiten des Bildkegels &A' = S, und S'C = welche
zugleich die Radien der beiden Kartenhauptparallelen sind. Der Zentri-
winkel des Sektors des ausgebreiteten Mantels des Darchdringungskegels
sei mit a und jener des Bildkegels mit 2 benannt.
Die Dreiecke SAO und SCO in Fig. 1 ergeben nach dem Sinus-Satz:
«, = JL"?fL- und *, = - Ä«°'?L_ . (n.)
Im Sektor des aufgerollten Mantels des Durchdringungskegels ist:
., • • = 2 »B . co, , J . = 15? . s .« «>. „ **J*±*> _ MO. . w.
0 T f h T R cos <pi 2
«j • — = 2 äJB . co« 9 \ (III.)
Im Sektor des aufgerollten Mantels des Bildkegels ist:
S} • 2 — 2nR .cos )
S, • — = 2 n R . con <pt )
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iJggSSSmtm Adamczik- Ueber fiachentreue Kegelprojektionen. 251
1907.
Aus (in.) und (IV.) folgt : i « A
— st S, — St As AS AS
St ~ IT 61 ~ Am
$l — st S, — S, 4 s 4 <S
*, St »f
45 1
* 4«
IV.)
Nun ist aber nach (I.): = ^ , (^---— = sec * („, - *)
180 1
Aub (IV.) ergibt sich: 2 = — . 2 *Ä cos ^ . i
1 . co« I (y, — y,) _ rfn £ + <Pi) • go* 1 (?t —ft)
St 8t R cos 9>,
2 = 360° . sin £ (y, -f- y,) . cos £ (qp, — qp4> = a . cos £ (y, — (VI.)
Damit sind die oberwähnten Beziehungen der Bestimmungsstücke beider
Kegel erwiesen.
Zu den gleichen Formeln gelangt man auf dem etwas umständlicheren
Wege, wenn man den Flächeninhalt des Sektorstreifens des abgewickelten
Mantels des Bildkegels gleichsetzt dem Flächeninhalt der Kugelzone, wie
es ja die Bedingung der Flächentreue verlangt. Nämlich :
* W - V) • = 2 * * («» - <P,>
Wir setzen aus (IV.) die Werte ein:
k c _ 8600 Rrosw
I St — • R cos <pt,
10 ergibt sich nach entsprechender Reduktion sofort die obige Gleichung
(VI.) und damit kommt man wieder auf die Gleichungen (V.) zurück.
Nach den Gleichungen (V.) lassen sich nun die Radien der beiden
Kartenhauptparallelen Si und St auf folgende einfache Weise mit Zuhilfe-
nahme der Seiten ■ des Durchdringungskegels s, und «2 konstruieren , wie
dies in Fig. 1 dargestellt ist.
Man trägt im Punkte S (der Spitze des Durchdringungskegels) an
die Kegelachse SO den Winkel } (<p2 — qp,) auf, indem man mit dem
Kugelradius SF= R den Bogen FQ zieht und diesen Bogen gleich AE
macht. Auf dem so erhaltenen Strahle SQ werden SH = SA = s, und
SK = SC = s2 abgetragen und in den Endpunkten dieser Strecken H
und K werden auf diesen Strahl Senkrechte errichtet. Diese Senkrechten
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252 Adamczik. Ueber flächentreue Kegelprojektionen. Vm£«uJ5*5Uo
schneiden auf der Kegelachse in SJ = St and SL = St die gesuchten
beiden Radien der zwei Kartenhauptparallelen ab. Denn die rechtwink-
ligen Dreiecke SHJ und SKL ergeben:
SJ
SL
SH
co» \ (ft - ft)
SK
eo» \ (ft — ft) co» £ (ft — ft)
Selbstverständlich hätte man die Konstraktion auch so durchführen
können, dass man SQ = SA = st und ST = SC = % auf der Kegel-
achse abträgt, sodann in den Punkten Q und T auf diese Kegelachse Senk»
rechte errichtet, welche in B und U mit dem «weiten Schenkel des in S
aufgetragenen Winkels \ (q* — q^) zum Schnitt gebracht werden. Es ist
dann ebenso SR = S% und SU = St.
Zieht man nun, in S' (Fig. 2) einsetzend, mit den Radien S'A4 = 8X
und S'C = S% konzentrische Kreise, so stellen diese die Kartenhaupt-
• . parallelen mit den Breiten g>} und
qps vor, welche nun leicht auf kon-
struktivem Wege (wenigstens nähe-
rungsweise) längentreu gemacht
werden können, wie dies in Fig. 2
ebenfalls angedeutet ist. Genauer
kann dies noch geschehen durch
Auftragung des entsprechenden
Zentriwinkels 2 in S' bei Benützung
der Gleichung (VI). Dadurch er-
geben sich nun auch die Karten-
meridiane als Radien des Sektors.
Es würde aber noch zur Vervoll-
ständigung des Kartennetzes er-
übrigen, die Radien der Karten-
parallelen für runde Breitendiffe-
renzen 4qp zu berechnen und ein-
^ zutragen.
Es soll aber hier gleich auf die „Flächentreue, Polykonische Projek-
tion" übergegangen werden. Sind nach Fig. 3 AB, CD und EF die
längentreu abzubildenden Hauptparallelkreise mit den Breiten yv und <j>8,
wobei fa — qii) = (<p8 — q^) ist, so ergeben sich sofort die beiden Durch-
oringungskegel ACSXDB und CES^FD. Da nun nach der obigen An-
nahme auch ^(<jp2 — oh) = \{<f>* — qp«) ist, so kann die ganze Konstruk-
tion für beide Kegel gemeinsam mit dem einen Strahl Sx J, welcher den
Winkel 0 St J = f- (<pa — <j>,) begrenzt, durchgeführt werden. Man erhält
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ztfuchrift nir Adamczik. Ueber flachentreue Kegelprojektionen.
TtmiMtunctwMtD
nach der gleichen Konstruktion wie vorher SXK = S, und SXN = 5^
und kann damit aus S,' in Fig. 4 die beiden Kar tenbaupt parallelen für
die Breiten <r-, und 92 ziehen, indem SX'A' = 5, und S/C = Sfc ge-
wurde. Nun trägt man weiter in Fig. 3 auf dem Strahle 8XJ
i
auch noch die Seiten des oberen Durch-
dringungskegels, nämlich 8XQ = 5,(7 = %'
und StT = 8gHt = 58 ab, errichtet wieder
in V u,1(i 71 (lie Senkrechten auf die Rich-
tung &1Q und erhält so die Seiten des ideellen, oberen Bildkegels
81B = 5,' und S,ET = 5g, welche wieder zugleich die Radien der wei-
teren Kartenhauptparallelen sind. In Fig. 4 ergibt sich der Mittelpunkt St*
des oberen Sektors, indem man von C aus die Strecke SlR = S,' ab-
trägt; sodann ist S^E* = SXU = &, zu nehmen. Dass hierbei A'O
= CE' ist, ergibt sich nach folgendem:
~Ä~Ö VE
A'O = 45, =
E*0 = AS. =
Nun ist aber sowohl Xü = CT\ als aueh ^(qp, — <jp,) = -^(<p, — q>^\
also A'O = CK'.
Zur Konstruktion der Meridiane in den beiden Sektoren muss ent-
weder, wie dies in Fig. 4 angedeutet erscheint, auf konstruktivem Nähe-
rungswege die Längentreae der Kartenparallelen bewirkt werden, oder
müssen die Zentriwinkel in und S2' mit Zuhilfenahme der Gleichung
(VI.) berechnet werden, wobei nur die richtigen Breitenwerte beachtet
werden müssen. So wäre der volle Zentriwinkel in
2X = a, . cos I (y, — 9.) = 360° . tin \ + . co» \fa — <px)
jener in fl^':|
2t = . co# £ (ys = 360° . sin \ + ys) . co* } (<pt - 9,).
254 Müller. Weiterei zur Geschichte der Röhreniibelle. 7£SSSSSmSam
Wenn nan auch bei der Polykonischen Projektion im allgemeinen die
hier vorgefahrte graphische Konstruktion wegen der Kleinheit der Winkel
i (<)&• — 9»- 1) praktisch versagen wird, so kann aber immerhin die Berech-
nung der Radien der Kartenparallelen aus den entsprechenden, zugehörigen
Seiten der Durchdringungskegel, sowie die Berechnung der Konvergenz
der Kartenmeridiane nach den hier entwickelten Formeln (V.) und (VI.)
erfolgen.
Weiteres zur Geschichte der Röhreniibelle.
Im Anschluss an meinen Artikel S. 673—678, Jahrgang 1906 dieser
Zeitschrift, möchte ich noch einige Mitteilungen zur Geschichte der Röhren-
libelle und insbesondere über ihre Anwendung beim Nivellieren machen.
Bekanntlich verdanken wir die erste wissenschaftliche Behandlung der
heutigen Nivellierkunst dem französischen Astronomen J. Picard (1620
bis 1682), der im Jahre 1674 auf Befehl des Königs Ludwig XIV bei
Paris und Versailles umfangreiche Nivellements zur Anlegung von Wasser-
leitungen vorgenommen hat und auch noch andere nivellitische Arbeiten
ausführte. Instrumente, Methoden und ausgeführte Arbeiten sind nach
dem Tode von Picard nach seinen hinterlassenen Konzepten durch de la
Hire in dem bekannten „traitö du nivellement (Paris 1684)u be-
schrieben. Dieses Werk wurde 1749 durch Passavant in deutscher Ueber-
setzung und 1770 noch einmal durch Lambert mit Zusätzen heraus-
gegeben. Picard hat sich der Röhrenlibelle, die nach dem Stande unserer
«heutigen Forschung 1661 bekannt geworden war, nicht bedient und die
Libelle wird auch an keiner Stelle des „traite* du nivellement" erwähnt.
Ebenso findet sich in den Werken von Mariotte (gest 1684) insbesondere
im „traite du nivellement" (1679, herausgegeben Leiden 1717) die Röhren-
libelle nicht erwähnt. Auch Huyghens (1625—1695) scheint der neu er-
fundenen Libelle, wenn er sie überhaupt gekannt hat, keine Bedeutung zu-
gemessen zu haben. In seinen Werken wird sie wenigstens, soweit ich
nachgeforscht habe, nirgends genannt. (Vergl. dazu auch R. Wolf, Ge-
schichte der Astronomie, S. 574.)
In Frankreich hat man aber jedenfalls am Ende des 17. Jahrhunderts,
vielleicht auch früher, schon ziemlich vollkommene Nivelliere mit Diopter
bezw. Fernrohr und Libelle konstruiert und benutzt. In den Figuren 1 — 3
sind drei Nivelliere wiedergegeben, welche A Hain Manesson Mallet (erst
Offizier in Portugal, dann Mathematiklehrer der französischen Pagen, etwa
1630 geb., 1706 gest.) in seiner vierbändigen „g^ometrie pratique (Paris
1702)" abbildet. Namentlich das Instrument der Figur 3 erweckt unser
Interesse. Mallet selbst sagt von diesem Instrument: „de tous les niveaux
d'air & lunette, je n'en trouve pas de plus simple et de plus commode
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Zeitschrift für Müller. Weiteres zur Geschichte der Röhrenlibelle. 266
que le mar que A.u Nach der Beschreibung bestellt der Hauptkörper des
Instruments aus einem vierkantigen Kupfergehäuse, das Okularglas, hinter
dem ein Faden ausgespannt ist, kann je nach der Zielweite heraus und
hinein geschoben werden. Das Objektiv ist zentrierbar eingerichtet. Die
Zentrierung erfolgt nicht auf dem Stativ selbst. Die Libellenachse kann
mit dem „ ray on visuel" durch fast ähnliche Einrichtungen, wie wir sie
heute haben, parallel gemacht werden. Eine Kippschraube ist vorhanden.
Fig. L
Wir haben also ein bereits sehr vollkommenes Instrument vor uns. Der
Verfasser lehrt korrekt, wie das Instrument entweder durch Aufstellen bei
zwei Punkten bezw. Zielen nach denselben, oder unter Benutzung eines
bekannten Höhenunterschiedes (ohne freilich zu sagen, wie man denselben
erhalt) berichtigt werden kann. Mallet stellt einen Vergleich zwischen
Fig. 2.
diesem Libellennivellier und einem von ihm ebenfalls beschriebenen Nivellier,
welches zwei nebeneinander gelegte Fernrohre trägt, deren Achse durch
ein schweres Gewicht horizontal gestellt werden, so an : „ comme les termes
de ce nivellement (eben beschrieben) sont fort eloignez Tun de l'autre, et
qu'on sera oblige* de faire de grands coups de niveau i), il est plus ä propos
de se servir du niveau ä poids avec lunettes, que de celui ä l'eau (besser
d'air) avec lunettes, qui n'est pas si propre par les grand es distances. u
In Deutschland scheint man diesen neuen Instrumenten mit Köhren-
libellen kein rechtes Vertrauen entgegengebracht zu haben. Nach meinen
Forschungen stammt die erste bessere und von Erfahrung zeugende
>) Bei dem Libellennivellier will Mallet mit 60 Toisen ( n 98 m) Zielweite
arbeiten.
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Fig. 8.
deutsche Abhandlung über das Nivellieren von dem Oberbaudirektor Leon-
hard Christoph Sturm (1669—1719), der zeitweise Professor der Mathe-
matik und technischen Wissenschaften an der Universität zu Frankfurt
a. d. Oder war. Erst kürzlich wurde gelegentlich der Einweihung des
neuen Regierungsgebändes in Frankfurt a. d. 0. im Zentralblatt der Bau-
verwaltung 1906, S. 568 an diesen Gelehrten erinnert.
In dem Werke „Aufrichtige Entdeckung des u. s. w. Nivellierens oder
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T(Z£u<*riftjür^ MülJer. Weiteres zur Geschichte der Röhrenlibelle. 267
Wasaerwagena" (Augsburg 1715) spricht sich Sturm über Nivelliere mit
Libellen nach kurzer Beschreibung derselben folgend ermassen ans: „Wie
es aber mit dem Problemate von der quadrature Circuli ergangen / dass
nachdem die grosse Mathematici sich darinnen vexirt befunden / und es
verlassen haben / die elendsten Stümper sich darinnen delectieren und
gross machen / also ist es gantz gleichermassen erfolget mit erstbesagter
natürlicher Wasser- Waage.
Zu des berühmten Frantzosen Mallet's Zeiten / war diese Wasser-
waage eben in ihrem grössten Ansehen / deswegen er auch in seiner Geo-
metria ein eigenes Instrument dazu angegeben hat / welches ich Tab. C.
Fig. 10. vorgestellt.
Vielerley Umstände beschweren den Gebranch dieses Instruments.
1. Wird die Mitte der gläsernen Röhre schwer gefunden. 2. Fähret das
Blassgen auf die allergeringste Bewegung schnell hin und wieder / dass
also dieses Instrument einen so stillen Stand erfordert / der in der Praxi
kaum zu hoffen ist. 3. Ist noch schwerer das Perspectiv mit der Glas-
Röhre in einem netten Parallelismum zu bringen. 4. ^Wenn man genau
Achtung giebet / findet sich daaa das Blassgen an mancher Stelle sich
gleichsam arretiret / und hernach wieder schnell fortfähret / wie ohne
dem solchen Röhren nicht zu trauen ist / wenn sie nicht durchgeheods
gantz gleich weit und gerade worden sind. Dieses ist nun die Ursache /
warum die rechten Kenner den schon mehr als 50 Jahr bekannten Ge-
brauch dieser Wasser- Waag verlassen haben / da hingegen sie vor kurtzer
Zeit wiederum häuffig zu Kauff herum getragen worden / weil sie von den
Halbkünstlern vor etwas neues und sonderliches aufgenommen worden."
Andere bekanntere deutsche Schriftsteller in der ersten Hälfte des
achtzehnten Jahrhunderts erwähnen die Libelle bei der Beschreibung der
Nivelliere Überhaupt nicht, so z. B. J. C. Meinig in seinem „Unterricht
vom Nivellieren" (Leipzig 1724), Leupold in seinem „Theatrum machi-
narum hydro-technicarum" (Leipzig 1724), auch das bekannte Buch von
Penther (1693—1749) „Praxis geometriae" (acht Ausgaben 1732—1776)
kennt die Libelle nicht. Der Capitaine-ingenieur Le Föbure, welchem
Friedrich der Grosse befohlen hatte, zur Verbindung der Flüsse, Anlage
von Kanälen, Schleusen u. s. w. das Nivellieren genau zu studieren,
schlägt in seinem Berichte Potsdam und Paris 1753 ein Pendelinstrument
nach Picards Art vor. Die Libelle wird nirgends erwähnt.
Erst in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts scheinen
Nivelliere mit Libellen in Deutschland mehr Aufnahme gefunden zu haben.
Wesentlich war hierbei wohl der Einfluss des geschickten Augsburger
Mechanikers Georg Friedrich Brand er (1713 — 1783) und des ausgezeich-
neten Mathematikers und Technikers Lambert, der mit Brander im regen
Zeitschrift fnr Vermetanngtweaen 1907. Heft 10. 19
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258 Müller. Weiteres zur Geschichte der Röhrenlibelle. zeitscjxrift fur
Briefwechsel stand. Vielleicht kann man auch einen englischen Einfluss
erkennen, zumal ja etwa von der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts an
die Feinmechanik in England in ganz besonderer Blüte stand. Endlich
scheint auch durch die Einwirkung des ausgezeichneten dänischen Land-
messers und Astronomen Th. Bugge (1740—1815), von dem noch unten
die Rede sein soll, die Einführung der Nivelliere mit Libellen begünstigt
Es ist nicht uninteressant, noch zu untersuchen, zu welcher Zeit etwa
die Geodäten eine richtige Vorstellung von der Wirkungsweise der Libelle
erlangt haben. Die Libelle soll nach den älteren Schriften eine genau
gerade Röhre sein, so z. B. sagt Lambert in den obenerwähnten Zu-
sätzen zu Picards Werk S. 219: „Dabey kömmt alles darauf an, dass die
Röhre inwendig sehr gerade sey, und nicht die geringste Unebenheit habe,
damit die Luftblase sich in Bewegung setze, wenn die Röhre auch nur um
3 oder 4 Sekunden eines Grades aus der horizontalen Lage verrückt
wird"; S. 221: „Aber alsdann ist auch um desto mehr darauf zu sehen,
dass die Röhre inwendig ihrer ganzen Länge nach vollkommen gerade sey ~
und S. 295: „Und so meldete er (Brander) mir auch, dass er Mittel ge-
funden, die Glasröhre in C durch Ausschleifen so gerade zu machen, dass
sie auf 1 Sekunde einen Ausschlag giebt." Auch Tobias Mayer (der
jüngere, 1752—1830) hält in seinem Lehrbuch der „ praktischen Geometrie*
in allen Auflagen an dieser Auffassung fest.
Wahrscheinlich hat man aber, ohne sich darüber im klaren zu sein,
schwach gebogene oder tonnenförmig ausgeschliffene Röhren vielfach ver-
wendet (siehe dazu auch Laussedat, Recherches sur Ies instruments etc.
Tome I, Pag. 129/130, und Vogler, Praktische Geometrie, Bd. IT, S. 21).
Mir scheint es nun, als ob den deutschen Geodäten die richtige Vor-
stellung von der Wirkungsweise der Libelle durch das Buch von Thomas
Buggel): „Gründliche und vollständige theoretisch-praktische Anleitung
zum Feldmessen oder zur praktischen Geometrie", aus dem Dänischen
übersetzt durch L. H. Tobiesen, Altona 1798, übermittelt ist. Auf S. 274
des genannten Werkes heisst es: „Wäre die Glasröhre der Libelle voll-
kommen gerade, so könnte man sie für einen Zirkelbogen von einem un-
endlich grossen Radius ansehen ; dann würde sie aber so empfindlich seyn,
dass man die Luftblase nie zur Ruhe bringen könnte, womit dem Land-
messer in Praxi nicht gedient wäre. Eine solche Libelle würde eben das
leisten, was man sich von einer Wasserwage mit einem Loth, welches an
*) Zu den lehrreichsten Schriften über die Feldmesskunst gehören die von
Bugge, Mayer und Bohnenberger. — In Bugges Geometrie sieht man auf jeder
Seite, dass ihr Verfasser lange einer grossen Messung vorgestanden. Das We-
sentlichste ist ausführlich dargestellt, das weniger Wesentliche ist übergangen.
(Benzenberg, Handbuch der Geometrie, Düsseldorf 1813.)
zu sein.
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v^SwMen Kappel. Selbstanfertigung einer Parallelglastafel etc. 259
einer unendlich langen Schnur befestigt wäre, versprechen könnte. Die
Glasröhre muss deswegen etwas gebogen seyn, aber doch nicht mehr, als
dass die Luftblase sich noch bei Neigungen von 1 — 2 Sekunden etwas von
ihren Zeichen entfernen könne, und dadurch wird Eckst rö ms Niveau i)
ebenso zuverlässig, als wenn Picards und Le Fäbures Wasserwagen ein
Gewicht von 12 Fuss Länge hätten. Da aber diese ihren Gewichten nur
eine Länge von 3 Fuss gegeben haben, welche nur Neigungen von 8 bis
10 Sekunden angeben, diese Instrumente auch nicht gut grössere oder
längere Gewichte haben können, so begreift man, dass die Libellen weit
zuverlässiger sind. Sie haben überdies noch den Vortheil, dass man sie
sowohl beym Winde als bey ruhigem Wetter gebrauchen kann, welches
bey den anderen nicht der Fall ist."
Trotz dieser klaren Auseinandersetzungen beschreibt eine Anzahl geo-
dätischer Schriftsteller von Anfang bis fast Mitte des vorigen Jahrhunderts
die Röhrenlibelle immer noch als eine gerade Röhre und die Dosenlibelle
als mit einem planen Deckel versehen. Sie haben ihre Wissenschaft wohl
meist aus dem damals sehr verbreiteten Buche von Tobias Mayer, welches
aber nach dem Urteil eines Zeitgenossen (J. F. Benzenberg, „Vollständiges
Handbuch der Geometrie", Düsseldorf 1813, Einleitung S. XI) auch in
seinen Neuauflagen auf dem Standpunkt von 1777 stehen geblieben ist,
entnommen. Andere haben die Lehren von Bugge beherzigt. So z. B.
spricht F. Me inert (zuerst Professor in Halle, dann im Ingenieurkorps)
in seinen „Anfangsgründen der Feldmesskunst" (Halle 1794) von einem
völlig genauen Glaszylinder, dagegen wiederholt er in seiner „Anweisung
zum Nivellieren und Profilieren" (Halle 1801) fast wortgetreu die Aus-
einandersetzungen von Bugge.
Die mehr selbständigen Schriftsteller zu Anfang des vorigen Jahr-
hunderts, wie z. B. Montanus (1819), Netto (1820—1825), Grelle (1826),
Ullrich (1833), geben richtige und teilweise scharfe Definitionen von der
Libellenform.
Bonn, Januar 1907. C. Müller.
Die Selbstanfertigung einer Parallelglastafel zum
Ablesen der Höhen im Dreieck.
In einem Experimentierbuch für Knaben fand ich eine Anleitung zum
Anbringen von Zeichnungen auf Glas durch Aetzung, wonach mir die An-
fertigung einer Parallelglastafel zum Ablesen der Höhen im Dreieck so gut
') Bekanntes Libelleninstrument.
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260 Kappel. Selbstanfertigung einer Parallelglastafel etc. ^z^uiemnr
1907.
und mit so geringen Aaslagen gelang, dass ich hier eine kurze Beschrei-
bung des Verfahrens geben möchte; vielleicht findet der eine oder andere
Kollege an einem langen Winterabend die Zeit zu einem Versuch, der bei
etwas Geschicklichkeit nicht fehlschlagen wird.
Vom Glaser besorgt man sich eine Platte aus Spiegelglas (ohne Blasen
und ganz eben geschliffen) je nach der gewünschten Grösse von 3—5 mm
Dicke mit glatt abgeschnittenen, rechtwinklig zueinanderstehenden Seiten-
kanten. Will man es ganz gut machen,
so schleift man die Kanten noch glatt, in-
dem man einen Bogen Schmirgelpapier auf
dem Tische befestigt und darauf die Kanten
abreibt.
Die Aetzung der Linien geschieht mit
Flusssäure (Fluorwasserstoffsäure) , wobei
die Flächen des Glases, welche von der
Säure nicht angegriffen werden sollen, mit
einer Masse überzogen sein müssen, die der
Säure widersteht. Zur Herstellung dieser
Masse schmilzt man 10 g weisses Wachs.
5 g schwarzes und 5 g burgundisches Pech
in einem irdenen glasierten Gef&ss, setzt
10 g gepulverten Asphalt hinzu, kocht unter
Umrühren so lange, bis eine Probe beim
Erkalten bricht, und giesst die Masse dann
in warmes Wasser. Zum Gebrauche löst
man sie in gereinigtem Terpentinöl und Uberzieht mit diesem Aetzgrund
die ganze Glasplatte, d. h. Oberseite, Unterseite und Kanten.
Wo nun die Säure die Linien einätzen soll, muss das Glas wieder
von dem Aetzgrund befreit werden ; dies geschieht durch Eingravieren der
Linien in die auf dem Glase sitzende dünne Schicht, am besten mit einem
sogenannten Lithographenstift. Derselbe hat die Form eines Bleistiftes
mit dem Unterschiede, dass der Graphit in der Holzumhüllung durch eine
Stahleinlage ersetzt ist, deren Spitze jederzeit angeschliffen werden kann
(übrigens sehr gut als Kopiernadel zu benutzen). Zur Uebertragung der
Linien auf die Platte klebt man rundum auf die Ränder schmale Papier-
streifen und bezeichnet auf denen der Längsseiten die Abstände der Pa-
rallelen im gewünschten Massstabsverhältnis, ebenso auf denen der Breit-
seiten die anderen senkrecht dazu verlaufenden Linien. Nun verbindet
man die einander entsprechenden gegenüberliegenden Punkte mit einem
Lineal und fährt an dessen Kante mit kräftigem Druck mit dem Stahl stift
entlang. Zur Erlangung gleichmässiger Linien ist es von Vorteil, wenn
der Aetzgrund nur in dünner Schicht auf dem Glase aufsitzt: die Platte
Vi n Cvr.
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wSSSSSSSm Bücherschau. 261
kann, gegen das Licht gehalten, noch gut lichtdurchlässig sein, denn ein
ganz dünner Ueberzug schützt schon das Glas vor dem Angriff durch die
Säure.
Nachdem man Linien und Zahlen graviert hat, entfernt man mit einem
weichen Haarpinsel die durch das Gravieren entstandenen feinen Stäubchen
der Masse, indem man in der Richtung der Linien streicht, damit die Gra-
vierung nicht wieder zugefüllt wird.
Zum Aufgiessen der Flusssäure ist es noch nötig, einen senkrecht auf
der Platte stehenden Rand aus Papier aufzukleben, den man ebenfalls mit
der oben beschriebenen Masse bestreichen muss, damit er von der Fluss-
säure nicht zerstört wird. Mit der so zugerichteten Platte begibt man
sich am besten zum Drogisten, da man sich die Säure nur in einem Blei-
oder Kautschukgefäss nach Hause besorgen könnte, und nimmt dort das
Aetzen vor, indem man die Platte mit der Säure übergiesst und nach
höchstens zwei Minuten mit Wasser abspült Den auf der Platte sitzenden
Aetzgrund entfernt man leicht mit Terpentinöl. Das Bestreichen auch der
Unterseite und der Kanten der Platte mit der Masse des Aetzgrundes
wurde darum empfohlen, weil es leicht vorkommen kann, dass der hoch-
stehende Papierrand nicht ganz dicht ist, wodurch Säure auch auf die
Unterseite der Platte gelangen und hier das Glas angreifen kann.
Zur Fertigstellung der Parallelglastafel ist es nur noch nötig, die
Linien zur leichteren Unterscheidung verschieden zu färben, indem man
mit einer Zeichen- oder Ziehfeder oder einem Pinsel unver waschbare Tusche
in die Rillen im Glase einfüllt.
Düren (Rhl.), November 1906. Kappel, kgl. Landmesser.
Bücherschau.
Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate, von
Prof. Wilhelm Weitbrecht. Sammlung Göschen Nr. 302. Leip-
zig 1906. 180 S. mit 15 Fig. u. 2 Tafeln. Preis 0,80 Mk.
Dem von C. Reinhertz bearbeiteten und bereits in zweiter Ausgabe
erschienenen Heftchen Geodäsie reiht sich in der bekannten Sammlung
Göschen ein zweites Bändchen geodätischen Inhalts an, das die Aus-
gleichungsrechnung behandelt. Die Schrift soll, wie aus einem Prospekt
hervorgeht, vornehmlich den Bedürfnissen der Ausbildung und Praxis der
Ingenieure und Landmesser dienen. Verfasser hat diesen Zweck konsequent
verfolgt, indem er das Wissenswerte aus allen Gebieten der Ausgleichungs-
rechnung mitteilt. Bei dem von vornherein beschränkten Umfange des
Digitized b
2(J2 Bezüge der Landmesser im Kolonialdienst. varaeMuj^JlUn
Baches musste indessen bei der Behandlung der einzelnen Kapitel vieles
wegbleiben, was gerade für das Eindringen in die M. d. kl. Qu. schwer
entbehrt werden kann. Dahin gehört die Erläuterung der einzelnen Rech-
nungsmethoden an Zahlenbeispielen, an denen sehr gespart ist; dahin ge-
hört ferner die Ausstattung mit Figuren, die bei den schwierigeren Auf-
gaben nicht ausreichen. Das Buch hätte zweifellos an Wert wesentlich
gewonnen, wenn der Inhalt zu gunsten der obigen Forderungen beschränkt
worden wäre. In der vorliegenden Form wird das Werkchen hauptsächlich
denen willkommen sein, die, mit der M. d. kl. Qu. bereits vertraut, eine
kurze Zusammenfassung der Theorie und ihrer geodätischen Anwendung
wünschen. Diesem Zweck genügt die Schrift vollkommen.
Von Einzelheiten ist zu bemerken, dass die Bezeichnungen nicht durch-
weg beibehalten sind, was gerade in der Ausgleichungsrechnung, in deren
Formelapparat der Anfänger leicht den Ueberblick verliert, durchaus
wünschenswert ist. In den Entwicklungen strebt Verf. überall nach mög-
lichster Einfachheit der Darstellung, wir möchten uns jedoch nicht überall
mit den gegebenen Herleitungen einverstanden erklären. Um z. B. die
Fortpflanzung von Beobachtungsfehlern auf Funktionen der Beobachtungs-
grössen zu verfolgen, führt Verf. an Stelle der wahren Beobachtungsfehler
sofort die mittleren Fehler m, jedoch mit positiven Vorzeichen, ein. Nach
der Rückkehr zur Unbestimmtheit der Vorzeichen gelangt Verfasser zu
Gliedern von der Form + 2 m, wij /, i2 + ml m8 Z, ls u. s. w., von denen an-
gegeben wird, dass sie sich infolge der Unbestimmtheit der Vorzeichen in
der Hauptsache aufheben. Da die m immer konkrete Zahlenwerte be-
zeichnen, so ist ein solcher Schluss u. E. unhaltbar.
Trotz solcher kleinen Mängel möchten wir das im übrigen sorgfältig
durchgearbeitete und fiusserlich gut ausgestattete Buch bestens empfehlen.
Eg.
Bezüge der Landmesser im Kolonialdienst.
Im Heft 8 dieser Zeitschrift ist eine sehr erfreuliche Bekanntmachung
der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes über das Gehalt der Land-
messer im Kolonialdienst des Reiches mitgeteilt. Es erscheint dabei aber
angebracht, auf einen anderen Punkt hinzuweisen, der für die Kollegen im
Kolonialdienst von erheblicher Wichtigkeit ist.
Das auf 7500 — 9000 Mk. festgesetzte Auslandsgehalt besteht aus dem
pensionsfähigen Grundgehalt, das dem Heimatsgehalt der Beamten ent-
sprechen soll, und der Auslandszulage. Bekanntlich beträgt das pensions-
fähige Anfangsgehalt der in der Katasterverwaltung und der landwirtschaft-
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z^iuciuifi rar Bekanntmachung. 263
Verme»«umr*we«en
lichen Verwaltung angestellten Vermessungsbeamten in Preussen 2400 Mk.
Dagegen soll den Landmessern der Kolonialverwaltung, die sich mit we-
nigen Ausnahmen aus jenen Beamten rekrutieren, wie wir hören nur ein
solches von 2100 Mk. zugebilligt werden, die pensionsfähigen Bezüge in
den Kolonien bleiben somit nicht unerheblich hinter den entsprechenden
Bezügen zurück, auf die sie in der Heimat Anspruch hätten.
Diese Festsetzung ist erst neuerdings aufgetaucht und z. B. den
Landmessern in Südwestafrika dienstlich mitgeteilt worden, so dass mehrere
anerkannt tüchtige Beamte den ihnen liebgewordenen Kolonialdienst ver-
lassen mussten, um sich nicht einer Degradierung auszusetzen.
Es ist wohl als sicher anzunehmen, dass es der Kolonialverwaltung
fernliegt, Beamte ihres Ressorts benachteiligen zu wollen, und dass diese
Ungleichheit, die wohl auf irgend einen nur formellen Grund zurückzuführen
ist. bald beseitigt werden wird, zumal es sich hierbei nicht um Bewilligung
neuer Geldmittel, sondern nur um eine anderweite, richtigere Verteilung
der bereits bewilligten Geldmittel auf die einzelnen Fonds handelt.
Immerhin wollen wir nicht verfehlen, die Kollegen, die sich für den Dienst
in den Kolonien zur Verfügung stellen wollen, auf diesen Punkt aufmerk-
sam zu machen und ihnen anzuraten, etwaige Verträge mit der Kolonial-
verwaltung erst nach vollständiger Klarstellung dieser Angelegenheit ab-
zuschliessen.
Bekanntmachung.
Wir machen die ergebene Mitteilung, dass am 6. und 7. Januar d. J.
in Berlin von den Katasterbeamten ein „Verband Preussischer Ka-
tasterkontrolleure4' gegründet worden ist.
Der Vorstand setzt sich zusammen aus den Herren:
Steuerrat Bielfeld-Eutin, Vorsitzender.
Steuerinspektor B aar -Charlottenburg, stellv. Vorsitzender.
Steuerinspektor Lex- Wächtersbach, Schriftleiter.
Katasterkontrolleur Tschapke-Wohlau, Schriftführer.
Katasterkontrolleur Kurzius-Lötzen, Schatzmeister.
8. März 1907. Bielfeld. Tschapke.
An den Deutschen Geometerverein,
z. H. seines Vorsitzenden
des Herrn Stadtrermessnngsinspektor
P. Ottsen in Berlin.
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264 Personalnachrichten. z«iucartrt rar
rtnoMimnnwwn
INK
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Ordensverleihung: Dem Landm. Stephan
Hinteler in Höxter wurde der Rote Adlerorden 4. Kl. verliehen.
Katasterverwaltung. Das Kat-Amt Köpenick, Reg.-Bez. Pots-
dam, ist zu besetzen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Bromberg. Versetzungen zum 1./4. 07:
L. Mater von Bromberg nach Posen (Sp.-K.). Die Versetzung des O.-L.
Plähn von Schneide müh 1 nach Posen zum 1./4. 07 ist wieder aufgehoben.
Generalkommissionsbezirk Cassel. Etatsm. angestellt vom 1./2. 07 ab:
L. Bruhns in Schmalkalden. — Versetzungen zum 1./3. 07: L. Sonnen-
berg von Marburg nach Wiesbaden. — Die Facbprüfung haben bestanden
am 2./3. 07: die L. Heeger, Henrich II, Lichtenstein und Stöcker
in Cassel, Rein in Carlshafen.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Etatsmässig angestellt vom
1./4. 07: die L. Stichter in Simmern, Lehrmann und Putsch in Düren,
v. d. Ahe in Eitorf, Koschick in Remagen, Glöckner in Sigmaringen.
— Versetzungen zum 1./4. 07: die L. Würtz von Unna nach Wetzlar II,
Niepelt von Hannover nach Adenau, Purrmann von Düsseldorf nach
Altenkirchen II; zum 1./5. 07: die L. Seuwen von Simmern nach Eitorf,
Förster von Poppelsdorf nach Düren I. — Die Fachprüfung haben be-
standen am 7./3. 07: die L. Gendron und Davids in Adenau, Braun U
und Körner in Altenkirchen, Mormann in Trier; am 8./3. 07: die L.
Rompf in Wetzlar, Samel und Meissner in Aachen, Bartels in Kitorf.
— In den Dienst neu eingetreten sind am 1./4. 07: L. Mendel in Düssel-
dorf (Sp.-K.), am 15./4. 07: L. Brennecke in Simmern (Sp.-K.); beide
zur dauernden Beschäftigung angenommen, vom Militär zurück. — Aus dem
Dienst ausgeschieden ist am 15./3. 07: L. Schmidt II in Düsseldorf zwecks
Eintritt zum Militär.
Generalkommissionsbezirk Hannover. Versetzungen zum 1./4. 07:
L. Niepelt von Hannover nach Sp.-K. Adenau, Bez. Düsseldorf.
Generalkommissionsbezirk Königsberg i/Pr. Etatsm. angestellt vom
1./4. 07: die L. Stechhan in Königsberg i/Pr., Koeppen in Johannis-
burg. — Versetzungen zum 1 /4. 07: L. Koeppen von Johannisburg nach
Königsberg i/Pr. zum Meliorationsbauamt I.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Ueber logarithmische RechenBcheihen, von
K. Lttdemann. — Ueber fläibentreue Kegelprojektionen , von J. Adamczik.
Weiteres zur Geschichte der Röhrenlibelle , von C. Müller. — Die Selbst-
anfertigung einer ParallelglasUfel zum Ablesen der Höben im Dreieck, von
Kappel. — Bücherschau — Bezüge der Landmesser im Kolonialdienst. —
Bekanntmachung. — Personalnachrichten.
Verl«« von Konrad Wittwar in Stuttgart.
Drack tob Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
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265
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Oborttouerrat ^ Dr. O. Eggert, Professor
Manchen M, KaUsterbureau. Dauxig-Langfuhr, Ahornweg 10.
X-
1907. Heft 11. Band XXXVI.
— +H 11. April.
Der Abdruck tob Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schrlrtleitung Ist untersagt.
Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen.
Von Prof. Jos. Adamczik in Prag.
Die Aufgaben der Sonnenuhr-Konstruktionen lassen sich mit Hilfe der
darstellenden Geometrie in sehr einfacher und zweckentsprechender Weise
behandeln.
Wir wollen hier voraussetzen, dass das Zifferblatt auf einer schatten-
anffangenden Ebene herzustellen sei und dass der schattenwerfende Stab
parallel zur Weltachse aufgestellt sei. Dann sind die durch den jeweiligen
Sonnenstandpunkt und die Weltacbse bestimmten Stundenebenen identisch
mit den Schattenebenen, welch letztere die Zifferblattebene nach Schatten-
geraden schneiden; diese Schattengeraden ergeben den jeweiligen Stand
des Uhrzeigers.
Da die Aequatorialuhr , wie bekannt, einfach nur eine gleichmässige
Stundeneinteilung erfordert, so wollen wir gleich in Figur 1 den weiteren,
kombinierten Fall behandeln: „ Konstruktion einer Sonnenuhr mit einer
Horizontalebene und mit einer Vertikalebene im ersten Vertikal."
Die X Achse unseres räumlichen Koordinatenebenensystemes ist dann
strenge von West nach Ost gerichtet und die Kreuzrissebene wird parallel
zur Meridianebene. Die Y-Achse verläuft von Nord nach Süd. Hier han-
delt es sich eigentlich um nichts weiter, als um die Konstruktion der
Horizontal- und Vertikalspuren der Stundenebenen. Der Schattenstab ist
in in seiner dritten Projektion bei gegebener geographischer Breite qp
leicht darstellbar, A8 ist die Kreuzrissprojektion des Horizontalspurpunktes
Zeitschrift für VenneMung«weten 1907. Heft II. 20
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?«TOM8unl»wftM«n Adamcak. Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen. 267
und vB jene des Vertikalspurpuuktes des ideellen Schattenstiftes. Damit
bestimmt sich hi als erste Projektion des Horizontalstichpunktes und vt
als zweite Projektion des Vertikalstichpunktes. Da sämtliche Stunden-
ebenen diesen Schattenstab in sich enthalten müssen, so folgt ohne weiteres,
dass alle Spuren sämtlicher Schatten ebenen, also auch die Schattengeraden
bezw. Uhrzeigerlinien, durch diese Spurpunkte hindurchgehen müssen.
Ziehen wir durch den Koordinatenursprung 0 eine Gerade A3 senkrecht
auf so stellt diese Gerade As die Kreuzrissspur der Aequatorebene
vor, welche den Stab in wi schneidet. Sowohl die Horizontalspur, als auch
die Vertikalspur dieser Aequatorebene fällt in die X-Achse. Denken wir
uns diese Aequatorebene um ihre Horizontalspur (X-Achse) in die Hori-
zontalprojektionsebene umgelegt, so gelangt der Punkt m nach m0 und wir
können in dieser Umlegung um m0 als Zentrum einen Kreis K0 beschreiben,
und diesen Kreis als die Umlegung eines Kreises K der Aequatorebene
auffassen, welcher sich in der dritten Projektion in der Geraden üT3 dar-
stellt. Teilt man diesen Kreis K0 von Nord ausgehend über Ost herum
in 24 gleiche Teile zu je 15°, so erhält man schon die Stundenlinien einer
Aequatorialhilfsuhr. Diese Stundenlinien müssen selbstverständlich in den
zugehörigen Stundenebenen gelegen sein. Zieht man sonach den Radius
m0 1 , so ergibt sich im Schnittpunkte I in der X-Achse , welche zugleich
auch die Horizontalspur der Aequatorebene vorstellt, der Horizontalstich-
punkt der Stundenlinie für lh Nrn., welcher aber auch ein Punkt der Hori-
zontalspur der Stundenebene für l* sein muss. Da die Horizontalspur
dieser fraglichen Stundenebene aber auch durch Ä, hindurchgehen muss,
so stellt die Verbindungslinie A, I schon die gesuchte Horizontalspur selbst
vor. Es ist also diese Gerade Ä, I die Schattenlinie auf der Horizontaluhr
für die Zeit lh Nrn., oder kurz die Zeigerstellung für lh Nm.
Durch Verlängerung des Radius tw0 2 bis zum Schnittpunkt II mit der
X-Achse ergibt sich in der Verbindungslinie Ä, II die Zeigerstellung auf
der Horizontaluhr für 2 h Nm. u. s. f. Die Stundenlinie tn0 0 begegnet der
X-Achse erst in unendlicher Entfernung, demnach muss auch die Spur
ht VI parallel zur X-Achse verlaufen. Es ist dies die Zeigerstellung für
6b Abd. Wir denken uns hier astronomische Stundenzählung, also zur
Zeit des Meridianstandes der Sonne 0h wahre Zeit und die Stunden von
0 bis 24 h durchgezählt. Dann entspricht die Stundenliuie m018 der Zeit
6h Morgens nach bürgerlicher Zählung. Da t»0 18 wieder parallel der X-
Achse verläuft, so wird auch Ä, XVIII parallel zur X-Achse zu ziehen sein,
um die Zeigerstellung für 6 h früh zu erhalten. Aehnlich wie früher wurden
sodann die Zeigerstellungen bis XXIlIh ermittelt, welch letztere der bür-
gerlichen Zeitzählung 1 1 h Vm. entspricht. Dass die Schattenlinie *, 0 für
den wahren Mittag in die Mittagslinie (Nord-Süd-Richtung) fallen muss,
ist wohl selbstverständlich. Damit ist aber auch schon die Konstruktion
Digitiz
268 Adamczik. üeber Sonnenuhr-Konstruktionen. vm^SSiwmm
1907.
der Horzontaluhr erledigt. Zu erwähnen wäre höchstens noch, dass allen-
falls auch die Zeigerlinien für 7h Abd. und fur XVII h bezw. 5h früh
hätten gezogen werden können, was aber hier mit Rücksicht auf den Zu-
sammenhang mit der Vertikaluhr unterblieben ist. Steht nämlich das ver-
tikale Zifferblatt genau in der Ebene des I. Vertikales (in der Ost- West-
Richtung), so müssen die Uhrzeigerlinien für 6h Abd. und für XVI IP
bezw. 6h frflh als die ausser s ten Grenzen des Zifferblattes angesehen
werden, da eine solche Vertikaluhr nur so lange „geht", als die Sonne
südlich des I. Vertikales steht, d. h. „vor" der Ebene des Zifferblattes eich
befindet. Die Konstruktion der Vertikaluhr kann ganz analog jener der
Horizontaluhr erfolgen. Man denke sich die Aequatorebene um ihre Ver-
tikalspur (die X- Achse) in die Vertikalprojektionsebene umgeklappt, so
gelangt der Punkt m nach m0' und der um t»0' als Zentrum beschriebene
Kreis K0" stellt den umgeklappten Aequatorialuhrkreis vor. Die Bezeich-
nung der Stundenlinien muss aber jetzt so wie in der Zeichnung erfolgen,
nämlich 0 h unten und sodann 1 b, 2 h, 3 h . . . gegen die Bewegungsrichtung
eines Uhrzeigers, also gegenläufig gezählt. Der verlängerte Radius m0'l
muss wieder den schon früher ermittelten Spurpunkt I ergeben, da dieser
Punkt I sowohl der Horizontal-, als auch der Vertikalspurpunkt der
Stundenlinie für 1 h Nm. ist. Man hätte also eigentlich hier diese ganze
Konstruktion gar nicht gebraucht, sondern hätte einfach nur die bereits
ermittelten Punkte I, H, III . . . mit v% zu verbinden brauchen, um schon
die Vertikalspuren der Stundenebenen, welche sämtlich durch den Vertikal-
spurpunkt v.. des Schattenstahes hindurchgehen müssen, zu erhalten. Diese
Vertikalspuren sind aber auch zugleich die Uhrzeigerlinien für die „ver-
tikale Mittagsuhr «.
Hier sollte nur gezeigt werden, wie man auch die Vertikaluhr selb-
ständig konstruieren kann, ohne die Horizontaluhr vorher zeichnen zu
müssen.
In Figur 2 ist die Konstruktion für eine vertikale Sonnenuhr, deren
Zifferblattebene mit der Ebene des I. Vertikales den gegebenen 2i a ein-
schließet, durchgeführt. Ux ist die Horizontal spur, V., die Vertikalspur
und T , die Kreuzrissspur dieser Uhrebene. Wir haben hier nur die Schnitt-
geraden der einzelnen Stundenebenen mit der Zifferblattebene aufzusuchen.
Diese hier erforderliche Konstruktion vereinfacht sich aber sehr dadurch,
dass die sämtlichen aufzusuchenden Schnittgeraden, welche die Uhrzeiger-
linien vorstellen, durch den Vertikalspurpunkt v des Schattenstabes S
hindurchgehen müssen, da dieser Punkt sowohl sämtlichen Stundenebenen,
als auch der Uhrebene selbst angehört. Wir ermitteln zunächst ganz wie
in Figur 1 die Horizontalspuren der Stundenebenen. Wir ziehen z. B. den
Radius wi04 bis zum Schnittpunkt a mit der X-Achse und erhalten in der
Verbindungslinie hxa die gesuchte Horizontalspur der Stundenebene für
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270 Adamczik. Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen. VeraM«n,iwMeo
4h Nm. Diese Spur schneidet die Horizontalspur Ux der Uhrebene im
Tunkte 4', dessen Vertikalprojektion in 4" der X-Achse gelegen ist. Die
in üt gelegene Verbindungsgerade v , 4' stellt die Horizontalprojektion und
die Verbindungsgerade tf24" die Vertikalprojektion der gesuchten Schnitt-
geraden, bezw. der betreffenden Uhrzeigerlinie, also hier für 4h Nm. vor.
Ebenso liefert die Verlängerung des Radius tm0 21 auf der X-Achse den
Punkt d und es ist durch hxd die Horizontalspur der Stundenebene für
!>h Vm. bestimmt. Die verlängerte Spur hxd ergibt in 21' auf der nega-
tiven (gedeckten) Seite der umgeklappten Horizontalprojektionsebene einen
Punkt der betreffenden Schnittgeraden in erster Projektion, so dass die
Verbindungsgerade vx2V die Horizontalprojektion dieser Stundenlinie vor-
stellt. v92l" ist dann die Vertikalprojektion der Uhrzeigerlinie für 21 h
bezw. 9h Vm. Um aber das ganze Zifferblatt so zu erhalten, wie es sich
in der Uhrebene in Wirklichkeit zeigt, brauchen wir nur die Uhrebene um
ihre Vertikalspur V% in die Vertikalprojektionsebene zu verdrehen. Wir
beschreiben also, indem wir den Zirkel in v, einsetzen, mit den Strecken
vx 1', v, 2' . . . v, 21' . . . Kreisbogen und erhalten hierdurch in den Punkten
1, II . . . XXI . . ., welche sämtlich in der X-Achse gelegen sind, die in
die Vertikalprojektionsebene verdrehten Horizontalsticbpunkte der Uhr-
zeigerlinien. Diese sämtlich mit t>2 verbunden, liefern in den strich-punk-
tierten Geraden die, das Zifferblatt ergebenden Stundenlinien. Hier in
unserem Falle ist die Uhrebene gegen Süd- West gewendet und es wird
daher diese Sonnenuhr hauptsächlich für die Nachmittagsstunden brauch-
bar sein, weshalb man sie auch als „ Abenduhr " bezeichnen könnte. Wir
können auch leicht durch Konstruktion ermitteln, wie lange diese Uhr
überhaupt „geht". Wir ziehen durch hx die Parallele hxf zu Uv f mit
m0 verbunden liefert in der strich-punktierten Geraden jene beiden dia-
metralen Stundenlinien, welche die äussersten „Uhrgrenzen" bestimmen.
Man sieht, dass bei unserer Lage der Uhrebene diese Grenzen zwischen
7 und 8h Morgens und zwischen 7 und 8h Abend gelegen sind.
In Figur 3 sehen wir eine eigentliche „Morgenuhr" dargestellt, welche
nur „vor dem Meridianstande der Sonne", also nur in den Vormittags-
stunden funktioniert. Die Uhrebene verläuft hier parallel der Meridian-
ebene, oder fällt eigentlich in die Meridianebene selbst und das Zifferblatt
ist gegen Ost, also gegen Sonnenaufgang gekehrt. Mit der gegebenen
geographischen Breite q> wird in der Kreuzrissebene Ss verzeichnet und
die Aequatorebene um ihre Kreuzrissspur As in die Seitenrissebene (Uhr-
ebene) umgelegt. Wir machen die Strecke m.,m0 gleich dem x (Abstand
von der Kreuzrissebene) des Punktes m, also gleich dem Abstände des
Koordinatenursprunges 0 von Sx bezw. da sowohl S, als auch Ss JL
zur .Y-Achse steht. Nun können wir den um m0 beschriebenen, umgelegten
Aequatorialuhrkreis K0 wieder mit der gleichmässigen Stundeneinteilung
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n ersehen. Wir haben hierbei zu bedenken, dass die Mit tags Ii nie 0, 12 b
parallel zur Kreuzrissebene verläuft, also in der Umlegung parallel zu A%,
der Kreuzrissspur der Kreisebene, gelegen sein muss. Wo die Terlängerten
Kreisradien bezw. hier Stundenlinien die Spur A% treffen, ergeben sich
Punkte der Schnittgeraden der Stundenebenen mit der Uhrebene, also
Punkte der gesuchten Uhrzeigerlinien. Da der Schattenstab S parallel zur
Kreuzrissebene (hier Uhrebene) verläuft, so liegt sein Kreuzrissstichpunkt
in anendlicher Entfernung und deshalb müssen alle Schattengeraden, welche
durch diesen in unendlicher Entfernung gelegenen Kreuzrissstichpunkt
hindurchgehen müssen, parallel zueinander verlaufen. Ziehen wir den
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272 Adaraczik. üeber Sonnenuhr-Konstruktionen. wSSSSSmSmm
1907.
Radius mo 17 , welcher der Stundenebene für 5 h Morgens entspricht , so
erhalten wir im Schnittpunkte XVII auf A% einen Punkt der Uhrzeigerlinie
fur 5b früh, und die durch diesen Punkt XVII parallel zu Ss gezogene
Gerade gibt die gesuchte Schattengerade. Für 6h früh fällt der Stab-
schatten mit &8 zusammen. Der Radius m023 schneidet A, im Punkt.
XXIII und die durch diesen Punkt parallel zu &, gezogene Gerade liefert
die Schattengerade für 11 b Vm.
Der Deutlichkeit halber wurden hier noch in Kx und 2T2 jene Ellipsen
dargestellt, welche die Horizontalprojektion und die Vertikalprojektion des
Aequatorialuhrkreises K vorstellen. Dabei ist m^' = w^ö" = m06 gleich
dem Radius des Aequatorialuhrkreises in wahrer Grösse zu machen. Die Punkte
12' und 12" erhält man mittels des Punktes 12"' der Kreuzrissprojektion.
In Figur 4 ist eine eigentliche „ Abenduhr u konstruiert, welche nur
„nach dem Meridianstande der Sonne u, also nur in den Nachmittagsstunden
in Wirksamkeit tritt Die Zifferblattebene fällt mit der Meridianebene
zusammen, ist aber jetzt gegen West, also gegen Sonnenuntergang gekehrt.
Die Konstruktion der Uhr bleibt gleich der vorigen in Figur 3 durch-
geführten. Wir sehen in den durch die Punkte I, II . . . bis VIII parallel
zu 53 gezogenen Linien die Schattengeraden, welche den Nachmittags-
stunden 1 h bis 8 h Abend entsprechen.
Während des Meridianstandes der Sonne, also zur Mittagszeit, ver-
sagen diese beiden Uhren, weshalb sie wohl weniger praktischen Wert
besitzen, aber hier des theoretischen Interesses wegen dargestellt wurden.
In Figur 5 ist die Konstruktion durchgeführt für den Fall, dass die
Ebene des Zifferblattes oder die Uhrebene den gegebenen Streichwinkel o
und den gegebenen Fallwinkel <o besitzen möge. Dies ist also die Kon-
struktion einer Sonnenuhr, wobei das Zifferblatt auf einer Ebene in all-
gemeiner Lage (beliebig gelegen) herzustellen ist. Der Streichwinkel a
ist hier von der West-Ost-Richtung an gezählt. In bezug auf die Nord-
Richtung wäre also der Streichwinkel gleich (90 -f~ «) zu zählen, a> ist
der Neigungswinkel der Uhrebene gegen die Horizontalebene. Dieser Fall
kann praktisch vorkommen, wenn man eine Sonnenuhr auf einer geböschten
Wand (Stützmauer oder Futtermauer) anbringen will. In Figur 5 ist
a = 30° und <o = arc tg 4 gewählt. Die Neigung n der Wand ist :
n = tg o) = 4.
Nachdem wir wieder nach der gegebenen Polhöhe a> den Schattenstift
8 in seiner dritten Projektion S$ gezeichnet haben, ist zunächst die Auf-
gabe durchzuführen: „Durch einen gegebenen Punkt, hier den Vertikal-
stichpunkt v des Schattenstabes , eine Ebene zu legen, welche mit der
Horizontalprojektionsebene den gegebenen Neigungswinkel «o einschlieast
und deren Horizontalspur Ux mit der X-Achse den gegebenen Streich-
winkel a bildet."
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Wir ziehen zu diesem Behüte durch den Punkt v2 eine Gerade vtpQ,
welche mit der X-Achse den Fallwinkel a> bildet, und erhalten in dieser
Geraden r2 p0 die, in die Vertikalprojektionsebene verdrehte Falllinie unserer
Uhrebene. Ziehen wir nun mit dem Radius ?>, p0 in der Horizontalprojek-
tionsebene einen Kreisbogen aus dem Mittelpunkte vx , so wird die Hori-
zontalspur £7, diesen Kreisbogen tangieren müssen. Eine Gerade, welche
durch r , geht und mit der X-Achse den 2i (90 — a) einschliesst, bestimmt
den Radius nach dem Berührungspunkte p, und dieser ist als die Hori-
zontalprojektion des Stichpunktes der in ihre Normallage zurückverdrehten
274 Aelatnczik. Leber Sonnenuhr- Konstruktionen. zeiucunn rar
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Zeltachrirt fur
1*07.
Adamczik. Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen.
275
Falllinie schon ein Punkt der Horizontalspnr Ul der Uhrebene. Durch die
Gerade qv2 ist die Vertikalspar V2 und durch die Gerade r3/3 die Kreuz-
rissspur '/'.. dieser Zifferblatt ebene bestimmt. Der Punkt / stellt hierbei
den Kreuzrissspurpunkt einer durch v gezogenen Horizontalspurparallelen
(Hauptgeraden) der Ebene vor.
Nun haben wir ferner wieder nur die Schnittgeraden der einzelnen
Stundenebenen mit der ührebene aufzusuchen, um die Schattengeraden
bezw. die Uhrzeigerlinien zu bekommen und so das Zifferblatt konstruieren
zu können. Durch die bereits bekannte Konstruktion mit Benützung des
in die Horizontalprojektionsebene niedergelegten Aequatorialuhrkreises mit
dem Mittelpunkte m0 bestimmen sich die Horizontalspuren der sämtlichen
Stundenebenen. Bestimmt man also z. B. die horizontale Spur aA, für
die Stundenebene lh Nrn., so schneidet diese die Horizontalspur Ul der
Uhrebene im Punkte P, dessen Vertikalprojektion V in der X-Achse ge-
legen ist. Da nun die sämtlichen Schattengeraden durch den Vertikal-
spurpunkt v hindurchgehen müssen, so hat man in der Verbindungsgeraden
p, P die Horizontalprojektion und in der Geraden v%\" die Vertikalprojek-
tion der gesuchten Schattengeraden für lh Nm. Die Horizontalspur ihx
gehört der Stundenebene für 21 h, d. i. für 9h Vm. an und schneidet Ux
in XXI'. vtXXP ist die Horizontalprojektion und t>2XXI* die Vertikal-
projektion der Schattengeraden für 9 h Vm. u. s. w. — Um aber das Ziffer-
blatt in der Zeichnung so zu erhalten, wie es sich in der Wirklichkeit in
der Uhrebene selbst darstellt, müssen wir diese Uhrebene in eine Projek-
tionsebene umlegen. Wir denken uns also die Uhrebene um ihre Hori-
zontalspur Ux in die Horizontalprojektionsebene niedergelegt. Vor allem
ist die Umlegung v0 des Vertikalstichpunktes v des Schattenstabes zu er-
mitteln. Zu diesem Zwecke ziehen wir durch vx eine Gerade senkrecht
auf Ux und diese stellt die Horizontalprojektion des Drehungskreises des
Punktes v vor, welcher bei der Umlegung von diesem Punkte beschrieben
wird. Der Punkt v0 muss daher auf dieser Geraden gelegen sein. Die
Entfernung des umgelegten Punktes i>0 von der Drehungsachse Ux erhalten
wir mittels des seitlich umgeklappten Neigungsdreieckes vx px (t?3), welches
in der Hypotenuse px(v9) den Drehungsradius liefert. Wir setzen also
die Zirkelspitze in px ein und ziehen den Kreisbogen (t>3)v0. Nebenbei
sei noch erwähnt, dass die Strecke qv2 die Vertikalspur in wahrer Länge
?iht. Setzen wir also die Zirkelspitze in q ein und beschreiben mit dem
Radius den Kreisbogen t?8v0, so bestimmt sich dadurch ebenfalls der
Punkt y0, denn es muss q~v0 — k~H sein. Die Verbindungsgerade q~v0
würde die niedergelegte Vertikalspur der Uhrebene vorstellen.
Da die Punkte 0', P, IP . . . XXIIP, welche sämtlich der Horizontal-
er Ux angehören, bei der Umlegung der Uhrebene in die Horizontal-
276 Adamczik. Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen.
Projektionsebene ihre Lage selbstverständlich nicht verändern, so brauchen
wir nur den umgelegten Punkt vQ mit diesen Punkten zu verbinden, um in
den Verbindungsgeraden die Schattengeraden so zu erhalten, wie sie sich
in Wirklichkeit auf dem Zifferblatt der Sonnenuhr ergeben werden. Es
lässt sich sonach dieses Zifferblatt entweder mittels der Strahlenwinkel,
oder durch Längenabmessungen an Handlinien leicht konstruieren. Hervor-
zuheben wäre nur, dass die Schattengerade O'r0, welche dem Meridian-
stande der Sonne entspricht, keineswegs senkrecht auf J7, steht. In unserer
Zeichnung (Fig. 5) fällt hier zufälligerweise der Punkt XXIII' mit pl zu-
sammen, weshalb bei der hier gewählten Lage der Zifferblattebene die
Schattengerade v0 XXIII' senkrecht auf Ux steht
Ganz besonders in dem letztbehandelten Falle (Fig. 5), wo die Uhr-
ebene eine ganz beliebige (allgemeine) Lage einnimmt, ist die Konstruktion
des Zifferblattes der Sonnenuhr nach den Regeln der darstellenden Geo-
metrie weitaus einfacher, als eine mathematische Berechnung der Strahlen-
winkel der Uhrzeigerlinien, oder Uberhaupt eine mathematische Behandlung
dieser Aufgabe, sei es nach der analytischen Geometrie im Räume, oder
mittels der sphärischen Trigonometrie.
Zum Schlüsse sei noch der Konstruktionen gedacht, welche fttr die
Aufstellung des Zeigers (Schattenstabes) die nötigen Masse ergeben.
Denkt man sich durch einen beliebigen Punkt des Stabes eine Nor-
male auf die Uhrebene gefällt und ihren Fusspunkt auf der Uhrebene be-
stimmt, so erhält man das sogenannte „ Zeigerdreieck B oder „ Stabdreieck
welches aus dem Zeiger, der Normalen und der Projektion des Zeigers
auf die Uhrebene gebüdet wird. Die Ebene dieses Stabdreieckes steht
selbstverständlich senkrecht auf der Uhrebene. Kennt man die Lage der
Zeigerprojektion in der Uhrebene und die Länge der erwähnten Uhrebenen-
normale, so lässt sich der Zeiger in der Wirklichkeit leicht aufstellen.
Auch diese Aufgabe gehört in das Gebiet der darstellenden Geometrie.
Diese Aufgabe soll hier fttr die zwei Fälle behandelt werden, welche in
den Figuren 2 und 5 gegeben sind. In den Übrigen hier vorgefahrten
Fällen ist eine eigene Konstruktion überhaupt gar nicht nötig, da sich
alle nötigen Masse fttr die Aufstellung des Zeigers direkt aus der Zeich-
nung entnehmen lassen.
In Figur 6 ist die Uhrebene eine vertikale Wand, welche gegen die
Ebene des I. Vertikales einen gegebenen Streich winkel a = 30° besitzt.
v ist der Befestigungspunkt des Zeigers und die Normale N auf die Uhr-
ebene ist durch den Punkt m gelegt. Die Projektionen der Normalen N
stehen bekanntlich senkrecht auf den gleichnamigen Spuren der Uhrebene.
Der Fusspunkt f der Normalen auf der Uhrebene ergibt sich hier sofort
durch den Schnittpunkte ft von Nt mit ET,. Da N hier eine horizontale Ge-
rade ist, so erscheint die Strecke w, f, auch schon als die wahre Länge der
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Fig. 6.
Normalen mf. Die Zeigerlänge vm, welche die Hypotenuse des Stab-
dreieckes bildet, ist in der Strecke vsm9 anch schon in wahrer Grösse
gegeben. Es lässt sich also bereits über v3m3 das bei f rechtwinklige
Zeigerdreieck konstruieren, indem man über t?8mB als Durchmesser einen
Halbkreis beschreibt und die Sehne m^fa'" = m,/\ abschneidet. Hier
wurde aber noch zur Kontrolle die wahre Länge der in der Uhrebene ge-
legenen Zeigerprojektion vf bestimmt und zwar sowohl in der Vertikal-
projektionsebene, als auch in der Horizontalprojektionsebene. Es muss
nun Vsf0'" = v^fo" = t>0/b' sein. Es wurde ausserdem auch noch das
Stabdreieck t?o/o'(m) über Vofc als Kathete verzeichnet. Verlängert man
die umgelegte Zeigerprojektion v0f0' bis zum Schnittpunkte auf der Hori-
zontalspur üx der übrebene, so kann auch dieser Punkt a einen wichtigen
Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Zeigeraufstellung gewähren.
In Figur 7 ist die Uhrebene durch den Fallwinkel a> und den auf die
West- Ost- Richtung bezogenen Streich winkel a gegeben. Wir fuhren wieder
durch den Punkt m die Normale N auf die Uhrebene und bestimmen deren
Fusspunkt f auf derselben. Dies geschah hier mit Benützung der hori-
zontal-projizierenden Ebene der Normalen N, wodurch sich zunächst ft
ergab. Die wahre Länge der Zeigerprojektion vf bestimmt sich am ein-
fachsten, indem man in f2 die Senkrechte auf vtft zieht und die Länge
f%U" gleich macht dem Abstände des Punktes f, also gleich macht der
278
Adamczik. Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen.
ZeimcJjrtft fUi
Entfernung des Punktes f. von der X-Achse.
Mit
der wahren Lange
vtf0" lässt sich wieder über v3ms, welche Strecke die wahre Stab! finge
vorstellt, das Stabdreieck konstruieren. Zur Kontrolle für die Richtigkeit
der Konstruktion, sowie auch zur Bestimmung von Kontrollmassen für die
richtige Zeigeraufstellung wurde die Uhrebene um ihre Spur t7, in die
Horizontalprojektionsebene umgelegt. Wir ziehen durch ff% und fx Senk-
rechte auf Ux und erhalten dadurch die Drehungskreise dieser 2 Punkte
in erster Projektion. Mittels der seitlich niedergelegten Xeigungsdreiecke
kann man die Drehungsradien in wahrer Grösse bestimmen und so die
umgelegten Punkte t>0 und f0 ermitteln. Selbstverständlich muss wieder
v{)f0 = v2fo" = v3f0"' sein. Verlängert man v0f0 bis zum Schnittpunkt
a auf der Horizontalspur Uv so muss durch diesen Punkt zufolge der be-
kannten Eigenschaft der Affinität zwischen Umlegung und Projektion auch
die Gerade vx fx in ihrer Verlängerung hindurchgehen. Man hätte bei der
Umlegung auch diesen Punkt a einfacherweise verwerten können und da-
durch das Neigungsdreieck für den Punkt f erspart. Der Punkt a stellt
den Horizontalstichpunkt der Geraden vf vor. Dieser Punkt a kann bei
der Zeigeraufstellung wieder einen guten Anhaltspunkt für die Richtigkeit
bieten und zur Kontrolle verwertet werden.
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zeiucbrifi für Kappel. Zum preuss. Zusaramenleguugsverfabren. 279
fmmSBTmm
Zum preussischen Zusammenlegungsverfahren.
Die nachfolgenden, das Zusammenlegungsverfahren betreffenden Aus-
züge aus dem Geschäftsberichte über die Tätigkeit der Land wirtschafte -
kammer für die Rheinprovinz (Beiblatt zu Nr. 4 der Landwirtschaftlichen
Zeitschrift für die Rheinprovinz 1907) dürften genügend Interesse ver-
dienen, um auch an dieser Stelle veröffentlicht zu werden, i)
„Das für unsere Rheinprovinz ganz besonders wichtige Zusammen-
legungsverfahren ist in verschiedener Hinsicht Gegenstand der Er-
wägung und der Beschlussfassung gewesen. Es handelt sich dabei ins-
besondere um die Beschaffung der Vorflut und um die Bereitstellung von
Bangelände durch sogenannte Umlegung.
Die Regelung der Vorflut erfordert nach Ansicht des Vorstandes
ein entschiedenes Eingreifen und zwar mit möglichster Beschleunigung.
Das Zusammenlegungsverfahren bietet neben seinen anderen grossen Vor-
zügen auch noch eine einzig dastehende Gelegenheit zur Regelung der
Wasserverhältnisse und insbesondere der Vorflut. Die Regelung der Vor-
hat kann aber die Folge haben, dass unterliegende Gemeinden, welche sich
zur Zusammenlegung noch nicht entschlossen haben, die nunmehr rascher
abströmenden Wassermassen nicht mehr bewältigen können. Bisher hat
man, da das rheinische Vorflutgesetz von 1859 praktisch nur für Privat-
leute anwendbar ist, in solchen Fällen mit den unterliegenden Gemeinden
auf dem Wege gütlicher Verhandlung Vereinbarungen zu erzielen versucht.
Dieses Verfahren, das an sich schon grosse Schwierigkeiten bietet, wird
durch einen neueren Erlass des Herrn Landwirtschaftsministers fast ganz
unmöglich gemacht, indem die Zustimmung nicht nur der nächstbelegenen,
sondern aller überhaupt von dem betreffenden Wasserlaufe berührten Ge-
meinden und die gleichzeitige und einheitliche Regelung der Vorflut in
allen diesen Gemeinden verlangt wird. Die nächste Folge dieses Erlasses
ist die, dass eine Anzahl bereits zusammengelegter Gemeinden bereits in
grosse Verlegenheit geraten sind, da sie für die regulierten Bäche keine
genügende Vorflut erlangen können; namentlich der letzte Winter mit
seinen starken Schnee- und Regenfällen hat an einzelnen Orten geradezu
anerträgliche Zustände geschaffen. Mit Rücksicht darauf, dass diese Not-
lage schleunigst beseitigt werden muss, wenn man nicht den Erfolg und
die weitere Ausbreitung des ganzen Zusammenlegungsverfabrens gefährden
will, mit Rücksicht ferner darauf, dass die unterliegenden Gemeinden an
sich an der Regelung der Vorflut das gleiche Interesse haben, hält der
Vorstand den schleunigen Erlass eines Notgesetzes für unumgänglich.
Dieses Notgesetz soll in den Fällen eines überwiegenden öffentlichen Vor-
flutsinteresses eine in den Rahmen des Bedürfnisses beschränkte Umlegung
>) Der Abdruck erfolgt mit Genehmigung der Landwirtschaftskammer.
Digitized
Kappel. Zum preuss. Zuaammenlegungsverfahren. m z«iwcbrtfi für
> erme»»ung;tw6»
der Grundstücke von Amts wegen zwecks Schaffung der Vorflut in solchen
Gemeinden gestatten, deren freiwillige Zustimmung für die Regelung der
Vorflut oberliegender Zusammenlegungsgemeinden nicht zu erlangen ist.
Selbstverständlich soll diese ümlegung von Amts wegen an weitgehende
Kanteten gebunden sein. Der Provinzialausschuss hat sich dem entsprechen-
den Antrage der Landwirtschaftskammer einstimmig angeschlossen.
Wie die Regelung der Vorflut eine technische, so ist die Umlegung
eine sozial wichtige Ergänzung des Zusammenlegungsverfahrens. Die
wachsende Bevölkerung, auch das Hinausdrängen der Industrie auf das
Land, machen es dringend notwendig, für eine Erweiterung des zu Wohn-
zwecken bestimmten Terrains auch in den Dorfgemeinden zu sorgen. Das
Fluchtliniengesetz vom 2. Juli 1875 wie das Enteignungsgesetz vom
11. Juni 1874 geben nicht in dem wünschenswerten Umfange die Möglich-
keit eines Eingriffs. Die Folge dieser gesetzgeberischen Mängel ist eine
stellenweise schon bedrohliche Wohnungsnot auf dem flachen Lande, bezw.
eine wilde Bebauung, welche der künftigen Weiterentwicklung der Ort-
schaften in ungünstiger Weise präjudiziert Man hat sich wohl in einzelnen
Fällen dadurch geholfen, dass man das landwirtschaftliche Zusammen -
legungsverfahren auf die eigentlichen Dorflagen ausdehnte und in diesem
Verfahren, ohne Beschränkung auf die Berücksichtigung rein landwirt-
schaftlicher Interessen, abgepasste BaublockB auswies; insbesondere der
frühere Präsident der Düsseldorfer Generalkommission, Wirkl. Geh. Ober-
regierungsrat Küster, hat sich in dieser Beziehung grosse Verdienste er-
worben. Die „Ümlegung", wie Küster diese Operation im Unterschiede
von der landwirtschaftlichen Zusammenlegung nennt, ist jedoch mit Hilfe
der zeitigen Gesetze nur möglich, wenn kein einziger der Beteiligten wider-
spricht. Wenn auch dank dem verständigen Sinne der rheinischen Bevöl-
kerung, wie erwähnt, in mehreren Fällen solche freiwilligen Umlegungen
gelungen sind, so sind das doch Ausnahmefälle, und es ist vorauszusehen,
dass bei weiterer Ausdehnung der Versuche sich sehr bald Widerstände
erheben werden. Auch sind natürlich nicht alle Bestimmungen der doch
immerhin zunächst für andere Zwecke geschaffenen Zusammenlegungsgesetze
auch für diese neue Aufgabe geeignet. Der Vorstand konnte sich daher
der Einsicht nicht verschliessen, dass der Erlass eines besonderen Gesetzes
für den Zweck der Umlegung von Grundstücken zur Erschliessung von
Baugelände und Bildung geeigneter Baustellen in den Landgemeinden er-
forderlich sein werde, um diese so notwendige Reform in grösserem Mass-
stabe durchzuführen. Er richtete deshalb an die Staatsregierung eine
Eingabe, in der er den Erlass eines solchen Gesetzes als ein dringendes
Bedürfnis bezeichnete und zugleich der Meinung Ausdruck gab, dass diesem
Bedürfnisse am besten abgeholfen werde durch eine Ausdehnung der Zu-
sammenlegungsgesetze unter Berücksichtigung der aus der Eigenschaft des
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veTO#££n£wweD Weitbrecht. Bebauung»- und Stadterweiterungspläne. 281
Geländes als Baugelände sieb ergebenden Besonderheiten. Der Jahres-
bericht der Landwirt8chaft8kammer für 1905 fuhrt Übrigens in karto-
graphischer Darstellung eine auf Grund des Zusammenlegungsgesetzes in
Neuss vorgenommene rUmlegungu vor, die die Vorteile dieses Verfahrens
deutlich vor Augen führt.
Als notwendig erweist es sich schliesslich, einen Weg gangbar zu
machen, um die Zusammenlegung des in der Rheinprovinz so übermässig
zersplitterten und dadurch wirtschaftlich schwer nutzbaren Waldes in ge-
eigneten Fällen zu ermöglichen. Das Zusammenlegungsgesetz ist dafür
nicht geeignet; dagegen hat der Ausschuss für Forstwirtschaft bereits be-
schlossen, nachzuprüfen, ob nicht eine Abänderung des Gesetzes über
die Waldgenossenschaften zum Ziele führen würde."
Düren, Rhl., Februar 1907. Kappcl Landmesser.
Bebauungs- und Stadterweiterungspläne.
Viele Städte und grössere Ortschaften Deutschlands haben in den
letztverflossenen Jahren angesichts des raschen Wachstums ihrer Bevölke-
rungszahl und der Ausdehnung ihres Weichbildes sich genötigt gesehen,
allgemeine Pläne Uber die Richtung und Art der künftigen Bebauung zu
entwerfen, um die Befriedigung später etwa auftretender wirtschaftlicher,
sozialer und Verkekrsbedürfnisse zu ermöglichen.
Ueberall, wo dies zu spät oder nicht weitblickend genug geschah,
erwachsen den Gemeinden bei der Durchführung gemeinnütziger Anlagen
Schwierigkeiten und Kosten, gegenüber welchen der Aufwand für die Plan-
bearbeitung nicht in Betracht kommt. Manche solche Anlage lässt sich
später überhaupt nicht mehr durchführen. In Erkenntnis dieser Umstände
hat die Stadt Pforzheim im verflossenen Sommer einen Wettbewerb zur
Erlangung genereller Stadterweiterungspläne ausgeschrieben. Das zu be-
arbeitende Gelände wird bei einer Länge von ungefähr 5.5 km und einer
Breite von ungefähr 2,5 km künftig einer Bevölkerung von ca. 250 000
Einwohnern (das vierfache der heutigen Einwohnerzahl) Raum bieten.
Von drei tief eingeschnittenen Wasserläufen «Enz, Nagold, Würm"
durchbrochen, umfasst es ausser der Stadt selbst noch den bedeutenden
Vorort Brötzingen und wird von drei Eisenbahnlinien gekreuzt. Die Er-
hebung der Hochflächen über die Talsohle beträgt rund 100 m. Alldies.
im Verein mit den zum Teil engen und steilen Strassen der Altstadt,
machten den Entwurf der neuen Strassenzüge , Plätze und Baublöcke zu
einer zwar schwierigen, aber um so interessanteren Aufgabe, als er die
künftigen Strassenbahnhnien, Bebauungsformen u. s. w. mit zu umfassen hat.
Zeitschrift für VermeMUOgweien 1907. Heft 11. 21
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282 Weitbrecht. Bebauungs- and Stadterweiterungsplane. YmStmSawmm
1907.
Das Preisgericht bestand aus den Herren:
Geheimer Regierungsrat, Professor Henrich in Aachen,
Baurat Kuhn, Beigeordneter in Mainz,
Professor Theodor Fischer in Stuttgart,
Oberburgermeister Habermehl in Pforzheim,
Stadtterordneter- Vorsteher, Kommerzienrat Gesell in Pforzheim,
Stadtrat Kern, Architekt in Pforzheim, und
Stadtbaumeister Herzberger in Pforzheim.
Die Zahl der eingelaufenen Entwürfe betrug 51, doch war ein Teil
derselben von vornherein auszuscheiden, weil ihre Verfasser entweder der
Aufgabe nicht gewachsen waren, oder an deren Grösse erlahmten. So war
in einzelnen Plänen trotz der verhältnismässig sehr pünktlichen Gelände-
darstellung in 1 : 3000 zur Aufnahme von Trambahnen bestimmte Haupt-
strassen mit bis zu 20<>/0 Steigung an den Hängen hinaufgeführt; in an-
deren waren trotz der stark wechselnden Bergformen die Baublöcke mit
einer Regelmässigkeit entworfen, als ob es sich um horizontales Gelände
handle. Bei einzelnen Projekten vermochten beigefügte bestechende Schau-
bilder über grössere öffentliche Bauwerke die mangelnde Durchführbarkeit
im ganzen nicht zu verdecken. Immerhin war eine nicht zu kleine Zahl
gelungener Entwürfe eingelaufen, zu denen insbesondere die vier mit Preisen
ausgezeichneten zu rechnen sind. Das Preisgericht hebt mit Recht hervor,
dass „der mit dem I. Preis ausgezeichnete Entwurf als eine sehr gewissen-
hafte und gediegene Arbeit bezeichnet zu werden verdient, die in allen
Richtungen sich in den Grenzen der Ausführbarkeit hält und alle andern
Entwürfe an Zuverlässigkeit der Durcharbeitung erheblich überragt." Die
Verfasser gehören, wie die Art der Planbehandlung leicht erkennen lässt,
sämtlichen technischen Berufszweigen, „den Kreisen der Architekten, Inge-
nieure und Geometer" ziemlich gleichmässig an.
Die Stadtverwaltung Pforzheim erhält durch die Konkurrenz manche
wertvolle Gedanken für die endgültige Feststellung des Plans. Wir Geo-
meter aber haben alle Veranlassung, auf das Ergebnis des Wettbewerbs
stolz zu sein, fielen ja doch zwei Preise den Geometern zu. Es erhielten
nämlich :
den 1. Preis mit 3000 Mk. : Stadtgeometer Neuweiler in Stuttgart,
den 2. Preis mit 2000 Mk. : Th. Langenberger in Freiburg (Baden)
und je einen 3. Preis mit 500 Mk.: Stadtgeometer Bayer in Stuttgart
und Stadtingenieur Karl Mürdel in Frankfurt.
Die Tatsache, dass auch diesmal wieder zwei Geometer Preise er-
hielten, bietet auch einiges allgemeine Interesse, insofern als in neuerer
Zeit von gewissen Interessentenkreisen in zünftlerischer Anwandlung die
Ausschliessung des Geometers von dem Recht der Bearbeitung von Orts-
erweiterungsplänen in verschiedenen Teilen Deutschlands gefordert wurde.
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TwXSSSwm Geodit-kulturtcchn. Ausstellung Königsberg i/Pr. 283
Der in den letzten Wochen von der wllrttembergischen Regierung aus-
gegebene Entwurf einer neuen Bauordnung weist diese Arbeiten mit Recht
nicht mehr bestimmten Berufsständen, sondern allgemein dem „Sachverstän-
digen" zu, der ebensowohl dem Geometer- als einem andern technischen
Berufe angehören kann. —
Die seltene Gelegenheit, eine so grosse Zahl unabhängiger Bearbei-
tungen einer und derselben bedeutenden Aufgabe durch Angehörige der
verschiedensten Kunstrichtungen einander gegenübergestellt zu sehen (die
Stadtverwaltung Pforzheim hat die Entwürfe vom 16.-24. Februar öffent-
lich ausgestellt), veranlasste Unterzeichneten, welcher an der Stuttgarter
Fachschule für Vermessungswesen das Fach Städtebau lehrt, zu einer Ex-
kursion nach Pforzheim, welcher sich über 20 frühere und jetzige Studie-
rende anschlössen. Sämtliche Exkursionsteilnehmer kehrten mit der Ueber-
zeagung zurück, ihr« Kenntnisse auf fraglichem Gebiet vermehrt zu haben.
Stuttgart, 19. Febr. 1906. Prof. W. Weübrecht.
Allgemeine Deutsche geodätisch-kulturtechnische
Ausstellung in Königsberg i/Pr.
im Juli 19 06.
Nachdem nunmehr wohl alle verehrlichen Aussteller in den Besitz der
für hervorragende und gute Leistungen seitens der Ausstellungsleitung zu-
erteilten Diplome gelangt sind, deren Zusendung sich aus dem Grunde so
lange verzögerte, weil ihnen eine möglichst vollendete künstlerische Aus-
stattung gegeben werden sollte, entspricht es wohl dem Wunsche vieler
Beteiligten, auch das Resultat der Diplomiernng in der Zeitschrift für Ver-
roessungswesen veröffentlicht zu sehen.
Auf Grund authentischer Quellen mag dasselbe nachstehend mit-
geteilt werden:
a) Das Diplom für hervorragende Leistungen ist zuerkannt:
1- Allgemeine Städtereinigungsgesellschaft, Berlin, Filiale Königsberg i/Pr.
2. Bamberg, Karl, Mechanisch-optisches Institut, Friedenau bei Berlin.
3. Baudeputation, 1. Sektion, Hamburg.
4. Zentralverein für Gründung von VolkBbibliotheken, Berlin.
5. Delegation der vereinigten Salpeter- Produzenten, Berlin-Charlottenburg.
6. Dennert & Pape, Mathem. -mechanisches Institut, Altona bei Hamburg.
7. Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft, Berlin.
8. Erste Deutsche Moormoosindustrie, G. m. b. H., Königsberg i/Pr. •
9. Fuess, R., Mechanisch-optische Werkstätten, Steglitz bei Berlin.
10. Grossherzoglich Hessisches Ministerium des Innern, Darmstadt.
H. Hertel & Co., F. E., Sächsische Reisszeugfabrik, Neu-Koswig bei Dresden.
12. Illustrierte landwirtschaftliche Zeitung, Berlin.
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284 Geodat.-kulturtechn. Ausstellung Königsberg i/Pr. zeimchrm. fur
13. Künigl. AnsiedluugskommissioD für die Provinzen Westpreussen und
Posen in Posen.
14. Künigl. Bayerisches Katasterbureau, München.
15. Kdnigl. Generalkommission für die Provinzen Hannover und Schleswig-
Holstein, Hannover.
16. Köuigl. Generalkommis8ion für die Provinz Ostpreussen, Königsberg i/Pr.
17. Königl. Geologische Landesanstalt und Bergakademie. Berlin.
18. Königl. Preussische Katasterverwaltung, Elberfeld.
19. Landeshauptmann der Provinz Ostpreussen, Königsberg i/Pr.
20. Landwirtschaftliches Institut der Universität Königsberg i/Pr.
21. Magistrat Danzig.
22. Maschinengenossenschaft. E. G. m. b. H., Königsberg i/Pr.
23. Ostdeutsche Maschinenfabrik, Heiligenbeil.
24. Ostpreussischer Saat bauverein. Königsberg i/Pr.
25. Ostpreussische Torfstreufabrik, Heydekrug.
26. Provinzial- Wiesenbauschule, Königsberg i/Pr.
27. Rat zu Dresden.
28. Reinsen, Karl, Winduiotoreufabrik, Dresden.
29. Reiss, R., Fabrik technischer Artikel, Liebenwerda.
30. Sartorius. F., Mechanisch-optisches Institut, Göttingen.
31. Schlemmer, Ernst, Kulturingenieur. Königsberg i/Pr.
32. Stadt Düsseldorf.
33. Stadtrat zu Plauen i 'V.
34. Städtisches Vermessungsamt in Königsberg i/Pr.
35. Stadtvermessungsamt Wiesbaden.
36. Tiefbauamt Frankfurt a/Main.
37. Versandhaus für Vermessungswesen, Cassel.
38. Versuchsstation des Ostpreussischen landwirtschaftlichen Zentralvereins,
Königsberg i/Pr.
39. Weiland, Fabrik technischer Artikel, Liebenwerda.
40. Wissinger. J. und P., Samenhandlung, Berlin.
b) Ein Diplom für gute Leistungen wurde folgenden Ausstellern
zuerkannt :
1. Aktiengesellschaft für Beton- u. Monierbau, Berlin, Filiale Königberg i/Pr.
2. Bagger, Dr. W., Kulturingenieur, Königsberg i/Pr.
3. Bergauer, L.. Grossherzogl. Hessischer Revisionsgeometer, Darmstadt.
4. Blankertz, C. G., Fabrik technischer Artikel, Düsseldorf.
:>. Blankenburg, A., Werkstatt für Präzisionsmechanik, Berlin.
6. Bludau, F., Zement- und Kunststeinfabrik, Insterburg.
7. Brause & Co., Schreibfedernfabrik. Iserlohn,
s. Brückner, Oberlandmesser, Weimar.
9. Cementwarenfabrik Schreitlacken i/Ostpr.
10. Deutsche Windturbinenwerke Rudolf Brauns, Dresden.
11. Erlatis. E., Kautschuk- und Metallstempelfabrik, Königsberg i/Pr.
12. Froebes, Otto, Fabrikant, Berlin-Lichtenberg.
13. Geographisches Institut und Landkartenverlag Julius Straube. Berlin.
14. Gisevius, Bogdan, Lithographische Anstalt und Steindruckerei, Berlin.
15. Gräfe & Unzer, Buchhandlung. Königsberg i/Pr.
16. Hein, Karl. Fabrikant, Hannover.
17. Janssen, Kreiswiesenbaumeister, Königsberg i/Pr.
18. John, G., Landmesser, Königsberg i/Pr.
19. Kalinke, E., Kulturingenieur, Lissa i/Poseu und Tilsit.
20. Konietzko, G., Fabrik für Torferzeugnisse, Marggrabowa.
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TeraOT^JäwB 79' Ver8ammlan8 Deutscher Naturforscher u. Aerzte. 285
21. Koslowitz & Tbielmann, Technisches Geschäft und Lichtpausanstalt,
Königsberg i/Pr.
22. Obendorf & Seidel, Technisches Geschäft. Reichenbach i> 'Voigtland.
23. Otto, Gustav, Baugeschäft und Kunststeinfabrik, Königsberg i/Pr.
24. Reimer, Dietrich, Verlagsbuchhandlung, Berlin.
25. Ruteeki & Kapsa, Graphische Plandruck- und Lichtpausanstalt, Kö-
nigsberg i/Pr.
26. Schmidtlein, E., Aerogengasgesellschaft m. b. H., Hannover.
27. Schreiber, E. G. m. b. H., Graphische Kunstanstalten, Stuttgart.
28. Stauber, Emanuel, Zivilingenieur, Königsberg i/Pr.
29. Torfwerke Agilla, Berlin.
30. Ullmann, Lithographische und kartographische Anstalt, Zwickau i/S.
31. Wane, W., Vermessungstechniker, Hannover.
32. Wiehe. Reinhold, Fabrikant, Königsberg i/Pr. t
33. Wulsch, Adolf, Stadtbauinspektor, Posen.
34. Ziegeleigenossenschaft, Königsberg i/Pr.
Ferner mag hier noch mitgeteilt werden, dass der 1. Preis bei dem
engeren Wettbewerb für den Diplomentwurf einem jungen Kunstbeflissenen
Hugo Walzer von hier zuerkannt ist. Sein Entwurf hat bei vorstehenden
Diplomen Verwendung gefunden.
Königsberg i/Pr., den 27. Febr. 1907. v. Bruguier.
79. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte
in Dresden 1907.
Die diesjährige Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und
Aerzte findet in Dresden vom 15. bis zum 21. September statt.
Für die Sitzungen der wissenschaftlichen Abteilungen sind folgende
Tage: Montag, 16. September, nachmittags, Dienstag, 17. und Mitt-
woch. 18. September, vor- und nachmittags in Aussicht genommen.
Die Gesamtsitzung der beiden wissenschaftlichen Hauptgruppen wird
am Donnerstag, 19. September, vormittags abgebalten werden; die
Sitzungen der naturwissenschaftlichen und der medizinischen Hauptgruppe
sind für den Nachmittag desselben Tages geplant.
Die beiden allgemeinen Sitzungen werden am Montag, 16. und
Freitag, 20. September stattfinden.
Die unterzeichneten Geschäftsführer verbinden mit der Einladung zu
dieser Versammlung die Mitteilung, dass ein ausführliches Programm der-
selben gegen Ende Juni auf Wunsch von der Geschäftsstelle der
Naturforscherversammlung, Dresden, Lindenaustrasse 30 I, ver-
sandt werden wird.
Prof. Dr. E. v. Meyer, Geh. Ilofrat.
Prof. Dr. Leojwld. Geh. Mediz.-Rat.
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286 Aus den Zweigvereinen. tJSSSSS Sm
Aus den Zweigvereinen.
Hauptversammlung des Niedersächaischen Geometervereins
in Hambarg. — Köthel Wintergarten.
(Anwesend 15 Mitglieder.)
Der Vorsitzende, Herr Rechnungsrat Reich, eröffnet die Versamm-
lung und erteilt dem Schriftführer das Wort zum Jahresbericht.
Die Zusammenkünfte des N. G.-V. fanden auch im Jahre 1906 am
dritten Donnerstage eines jeden Monats in Kothes Wintergarten statt.
In der Hauptversammlung am 18. Januar 1906 wurde der Bericht
des Schriftführers genehmigt, dem Schatzmeister Entlastung erteilt und
der bisherige Vorstand wiedergewählt.
Im Jahre 1906 verlor der Verein sein langjähriges Mitglied, Kollegen
Heylmann im besten Mannesalter durch den Tod, dagegen trat Herr
Kollege Vinzentini und zum 1. Januar 1907 die Kollegen Kiessler und
Schmidt dem Vereine bei, so dass der N. G.-V. jetzt 43 Mitglieder zählt.
Am 15. Februar 1906 fand das Wintervergnügen des Vereins. Essen
mit nachfolgendem Tanz in den Räumen des Waterloohotels statt und
verlief in gewohnter fröhlicher Weise.
In der Zusammenkunft am 19. April 1906 erfreute uns Herr Kollege
Konegen mit einem Vortrage über: „Das Hamburgische Vermessungs-
wesen u. Er setzte in klarer Weise alle Einrichtungen und Arbeiten des
Hamburgischen Vermessungsbureaus auseinander und erntete reichen Beifall.
Am 17. Mai verlor, wie schon bemerkt, der Verein durch Tod sein
allseitig »beliebtes Mitglied Herrn Heylmann. Bei der Beerdigung waren
viele Kollegen zugegen und wurde Vereinsseitig ein Kranz am Grabe
niedergelegt.
In der Zusammenkunft am 20. September berichtete Herr Kollege
Grotrian, welcher den Verein auf der Hauptversammlung des D. G.-V.
zu Königsberg vertreten hatte, über seine Tätigkeit und über den Ver-
lauf der Versammlung.
In der Zusammenkunft am 20. Dezember wurde beschlossen, um ein
besseres Bekanntwerden der Angehörigen zu vermitteln, jeden dritten
Monat eine Zusammenkunft mit Damen abzuhalten.
Mit der Prüfung des vom D. G.-V. eingegangenen Satzungsent würfe»
wurde eine Kommission betraut.
In der Zusammenkunft am 17. Januar 1907 berichtete die Vergnügungs-
kommission über die Vorarbeiten zu einem Wintervergnügen, für welches
der 6. Marz und die Räume der Erholung in Aussicht genommen werden.
Der Jahresbericht wird von der Versammlung genehmigt. Ebenso
wird auf Vorschlag des Herrn Kollegen Kloht, welcher die Belege ge-
prüft hatte, dem Schatzmeister Entlastung erteilt.
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»r Personalnachrichten. 287
Bei der dann stattfindenden Vorstandswabl wurde der bisherige Vor-
stand wiedergewählt:
Herr Rechnungsrat Reich -Altona, Vorsitzender.
„ Obergeometer Uro tri an -Ham bürg, stell v. Vorsitzender.
„ techn. Bureauvorsteher Kl as ing- Hamburg, Schriftführer.
„ Abteilungsgeometer Ho we -Hamburg, stellv. Schriftführer.
„ Steuerinspektor K reu der- Altona, Schatzmeister.
Klasing, Schriftführer.
Thüringer Landmeaserverein.
Wir entnehmen einem Bericht des Schriftführers, veröffentlicht in
Heft 2 der Zeitschrift des Rheinisch- Westfälischen Landmesservereins, über
die am 19. und 20. Januar d. J. in Gotha abgehaltene Hauptversammlung
des Thüringer Landmesservereins nachstehende, allgemein interes-
sierende Daten:
Der Verein zählt zurzeit 49 Mitglieder. Der Jahresbeitrag wurde
auf 4 Mk. festgesetzt, daneben wurde aber für Zwecke der Vorbereitung
zur Abhaltung der 26. Hauptversammlung des Deutschen Geometervereins
im Jahre 1908 die Erhebung eines Sonderbeitrages von 5 Mk. beschlossen.
Dem langjährigen, um den Thüringer Landmesserverein hochverdienten
Vorsitzenden, Vermessungs - Kommissar Schnaubert - Weimar, der in
Anbetracht seines vorgeschrittenen Lebensalters und aus Gesundheits-
rücksichten eine Wiederwahl abgelehnt hatte, wurde in feierlicher Weise
die Würde eines Ehrenmitgliedes verliehen.
Die Neuwahl des Vorstandes ergab folgende Zusammensetzung:
Vorsitzender: Stadtvermessungsinspektor Witte-Erfurt,
Stellv. Vorsitzender: Königl. Landmesser Gawlik -Erfurt,
Schriftführer: Regier. -Landmesser Schön wetter- Gotha,
Stellvertreter: Bezirksgeometer Honigmann -Eisenberg S.-A.,
Kassierer: Obersteuerinspektor a. D. Stütz -Stotternheim bei Erfurt.
In den Ausschuss für die Vorbereitung der Hauptversammlung des
Deutschen Geometervereins wurden gewählt die Herren: Witte, Zimmer-
mann, Strauer in Erfurt, Brückner, Teubert in Weimar und Schön-
wetter in Gotha. Einer späteren Mitteilung entnehmen wir, dass auch
Herr Landmesser Gawlik in Erfurt nachträglich in den genannten Aus-
schuss gewählt worden ist. P. Ottsen.
Personalnachrichten.
Nachruf. Am 14. März d. J. ist in Zürich Herr Dr. J. J. Rebstein,
Professor am eidg. Polytechnikum, nach schwerem Leiden im 67. Lebens-
jahre entschlafen. Mit ihm verliert der Deutsche Geometerverein eines
seiner ältesten Mitglieder, welches in den ersten Jahren nach Gründung
des Vereins sich am Vereinsleben, wie an dieser Zeitschrift lebhaft be-
teiligte. Bei den älteren Mitgliedern steht daher der Verblichene noch
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288
Personalnachrichten.
heute im besten Andenken und auch die jüngere Generation, welcher per-
sönlicher Verkehr mit dem Verblichenen versagt war, hat allen Anlaso,
den Hingang eines durch Jahrzehnte treu zum Berufe stehenden, dem
Lehrfache angehörenden Vereinsmitgliedes lebhaft zu betrauern. Sein An-
denken wird im Vereine mit Dankbarkeit fortleben.
Königreich Preueeen. Katasterverwaltung. Das Katasteramt
Bersenbrück, lieg. -Bez. Osnabrück, ist zu besetzen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Frankfurt a/O. Etatsm. angestellt vom
1./4. 07: L. Millahn in Greifswald. — Versetzungen zum 1./4. 07: die
L. Pfennig von Frankfurt a/O. (Mel.-B.-A.) nach Guben (Sp.-K.), Timpe
von Forst i/L. (Mel.-B.-A.) nach Soldin (Sp.-K.); zum 1./5. 07: die L.
Hupke von Lauenburg i/P. nach Frankfurt a/O. (g.-t.-B.), Will von Frank-
furt a/O. nach Lauenburg i/P. (Sp.-K.); O.-L. Müller in Neuruppin die
Vers, nach Stolp bis 1./4. 08 verschoben; L. Gebers in Rummelsburg i/P.
vom 1./4. 07 bis 1./4. 08 beurlaubt; O.-L. Bartel in Köslin vom 1./4. 07
ab von der Leit. als Oberl. entbunden; L. Alfred Krause seit 15./1. 07
Assistant bei der landw. Hochschule Berlin; L. Dr. Wilh. Schulz von
Berlin (landw. Hochschule) vom l./l. 07 ab 3 Jahre nach Argentinien be-
urlaubt zur Teilnahme an der dort. Landesvermessung. — Die Fachprüfung:
haben bestanden am 5./3. 07: die L. Hinterthür, Will, Haibel. Neid-
hardt und Volk mann in Frankfurt a/O.
Königreich Bayern. Mit 1. April d. J. wurde auf die Stelle de«
Vorstandes der Mess.- Beb. Ocbsenfurt der Bezirksgeometer 2. Kl. Konrad
Göll er in Neunburg versetzt und die Stelle eines Vorstandes der Mess.-
Beh. Neunburg v. W. dem Mess.- Assistenten Wilhelm Handwerker in
Speyer unter Ernennung zum Bezirksgeometer 2. Kl. verliehen.
Herzogtum Sachsen-Meiningen. Zum 1. April 1907 pensioniert :
Steuerrat Krell, Vorstand des Herzogl. Katasteramts Hildburghausen. —
Befördert: Katasterassistent Freytag zum Katasterkontrolleur und Vor-
stand des Herzogl. Katasteramts Hildburghausen.
Freie Stadt Hamburg. Die an der staatl. Baugewerkschule für Hoch-
und Tiefbau zu Hamburg neugeschaffene ordentliche Lehrerstelle für die
Fächer: Ländlicher u. städtischer st ras sen bau. Statik u. Festigkeitslehre.
Feldmessen u. Planzeichnen hat der Hohe Senat der freien u. Hansestadt
Harnburg dem Dipl.-Ingenieur und Kgl. Landmesser Bernhard Litewski
übertragen.
Inhalt.
Wissensch aft I. Mitteilungen: Ueber Sonnenuhr-Konstruktionen, von J. Adam-
ez ik. — Zum preussischen Zusammenlegungsverfahren, von Kappel. — Be-
bauung^- und Stadterweiterungspläne, von W. Weitbrecht. — Allgemeine
Deutsche geodätisch-kulturtechnische Ausstellung in Königsberg i/Pr. — 79. Ver-
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Dresden 1907. — Aus den
Zweigvereinen. ■ Personalnachrichten.
Verlag ron Konrad Wittwer in Stuttgart.
Drack ton Carl Hammer, Kgl. Hoffcuohdruckerci in Stuttgart.
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ZEITSCHRIFT for VERMESSUMGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
C. Steppes, Obersteuerrat ^ Dr. O. Eggert, Profestor
Manchen 22, Kataaterbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 12. Band XXXYI.
— ->-t 81. ApriL f-<
Der Abdruck yon Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung 1st untersagt.
Theorie des Karteneinganges.
Von K. Fuchs in Pressburg.
Herr \V. Läska schreibt in Heft 5 vom 11. Februar 1906 in seinem
Aufsatze „Theorie des Karteneinganges u S. 114: „Man wird immer eine
solche (elliptische Deformation) voraussetzen können, sobald die Extreme
des Papiereinganges nahe zweien aufeinander senkrechten Richtungen pa-
rallel laufen." Nach diesen Worten scheint Herr Läska zu befürchten,
das8 seine Theorie nicht mehr anwendbar wäre, wenn die Eingangsachsen
|, und |2 einen Winkel <p miteinander einschliessen, der von einem Rechten
sehr verschieden ist. Herr Läska irrt da zu seinem Nachteile, wie im
Abschnitt I gezeigt werden soll.
Wenn man einer eingegangenen Karte irgend welche Masse (Längen,
Winkel, Flächen) entnimmt, dann sind die gefundenen Werte falsch, und
Herr Läska zeigt, wie man die Korrektionen finden kann. Man kann die
Korrektionen aber auch weit einfacher finden, und auch das soll gezeigt
werden.
L
Dem mathematischen Brauche folgend nehmen wir in der Rechnung
nicht Schrumpfungen, sondern Streckungen an; Eingang (Schrumpfung) ist
negative Streckung. Wir nehmen an, dass das Papier sich in der
Richtung derart streckt, dass die Längeneinheit um m, (Streckungskoeffi-
zient) länger wird. Ausserdem soll sich das Papier in der £2 • Richtung,
die mit £, einen Winkel q> einschliesst, derart strecken, dass die Längen-
einheit um iw2 länger wird. Die Streckungskoeffizienten nehmen wir als
Zeitschrift für Verme.iungiweten 1907. Heft 12. 22
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290 Fuchs. Theorie des Karteneinganges. ^lt-chttn rar
Fig. I.
klein an. Durch diese zwei ganz willkürlichen Streckungen erleidet
das Tapier eine gewisse Deformation, also das Bild auf dem Papiere eine
gewisse Verzerrung. Es soll nun bewiesen werden, dass genau dieselbe
Deformation des Papieres, genau dieselbe Verzerrung des Bildes auch durch
zwei aufeinander senkrechte Streckungen erzielt werden kann. Daraus
folgt : wenn man aus den Verzerrungen, die das Bild nach der Deformation
des Papieres zeigt, die Streckungen
berechnet, die das Papier er-
litten haben muss, dann findet man
immer zwei aufeinander senk-
rechte Streckungen. Der Beweis
gestaltet sich folgendermassen.
Auf dem noch undeformierten
Papier wählen wir einen beliebigen
Punkt 0 (Fig. 1), und an diesem
Punkte heften wir das Papier an
die Unterlage, üeber dem Papiere
spannen wir ein Fadenkreuz aus.
das die Deformationen nicht mit-
machen wird und das uns als Achsenkreuz (xy) dienen soll. Die z-Achse
bildet mit den Richtungen |, und £, die Winkel a und ß; ein Punkt P
des Papieren hat die Koordinaten xy.
Wenn nun das Papier in der £, - Richtung nach der Konstanten m
gestreckt wird, dann verlängert sich der Abstand Lx des Punktes P von
der Normalen Nt der Achse gj um ALX = Liml. Um soviel verschiebt
sich der Punkt P in der i,-Richtung, und seine Koordinaten xy erhalten
die Inkremente Axx = ALX .cos a und Axy = ALX .sina. Wenn das
Papier nicht nach der Achse £j, sondern nach der Richtung |2 gestreckt
wird, dann erhalten wir ganz analoge Ausdrücke:
A L, = Lt m, , x = A L., . cos ft , A,y — ALt . sin ß.
Wenn beide Streckungen gleichzeitig eintreten, dann erleiden die Koordi-
naten xy des Punktes P folgende kombinierte Aenderungen:
A x = ALX . cos a -j- A L, . cos ß ^
A y — ALV . sin o -f- A L, . »in ß.
Dabei gilt ALX = mxLx, AL2 = m2L2; die beiden Abstände Lx L.z aber
sind gegeben durch:
L, = x cosa-\- y sin a
= x cos ß -\- y sin ß.
Wenn wir in (1) die Substitutionen vornehmen, dann erhalten wir
lange Ausdrücke, auf deren Glieder wir die folgenden bekannten Gleich-
ungen anwenden können:
2 tin ecose = tin 2 t 2 tin* e = 1 — cos 2 e 2 cos- e = 1 + cos 2 e.
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Fuchs. Theorie des Karteneinganges. 291
Wenn wir mittels dieser Formeln die doppelten Winkel 2 a und 2ß ein-
führen, dann erscheint sowohl Ax als auch Ay dreigliedrig, als hätte
das Papier gleichzeitig die folgenden drei orthogonalen Deformationen
erlitten, die durch korrespondierende Inkremente ausgedrückt werden:
I. m. -f- mt . tn. -4- m.
Alx = x.1^ Aly = y—i^—f-.
Nach diesen Formeln hätte das Papier in der z-Ricbtung und in der
y-Richtung (die aufeinander senkrecht stehen) dieselbe Streckung erlitten.
Die Konstante dieser Streckungen ist der Mittelwert m der Konstanten
iw, und tn2. (Die halbe Differenz von mY und werden wir mit n be-
rechnen.) Diese Deformation des Papieres nennen wir die mittlere De-
formation. Sie vergrössert das Bild, ohne es zu verzerren.
Atx = -+- ^ x (w, cos 2 a -f- mt cos 2 ß)
4,y = — \ y (m, cos 2 a -f- mt cos2ß).
Nach diesen Formeln hätte das Papier in den Richtungen der Koor-
dinatenachsen gleiche, aber entgegengesetzte Streckungen erlitten; wir
nennen diese Deformation die binäre Deformation. Sie verzerrt das Bild,
ohne es merklich zu vergrössern.
m Asx = I y (m, tin 2 a + »», cos 2 ß)
Aty = \x (m, sin 2 a m% sin 2 ß).
Nach diesen Formeln hätte das Papier in den Richtungen der Koor-
dinatenachsen zwei gleiche Deformationen erlitten, aber von der Art, die
in der Elastizitätslehre als gleitende Deformation bekannt ist; wir wollen
sie in der Tat als gleitende Deformation bezeichnen.
Die gleitende Deformation macht, class alle den Achsen x und y pa-
rallelen Geraden sich um denselben Winkel in konvergierendem Sinne
drehen. Dieser Winkel in Bogen mass ist gegeben durch:
\ m, sin 2 a + ■ j m.» sin 2 ß.
Die wirkliche Deformation ist die Summe dieser drei Deformationen, d. h. :
Ax = Axx -f- A^x -}- A3x Ay um Aty + Aty -\- Asy.
Wir wollen nun untersuchen, ob wir dieselbe Totaldeformation des
Papieres nicht auch durch zwei aufeinander senkrecht stehende Streck-
ungen nach irgend welchen Konstanten </, und ji2 erzielen können, derart,
dass die erste Streckungsachse Xt mit der x-Achse den einen Winkel y,
die zweite Streckungsachse Xz aber einen Winkel y R bildet. Die De-
formation, die aus zwei solchen orthogonalen Streckungen resultiert, finden
wir leicht, wenn wir in den Formeln I., IL, III. überall die vier Grössen
Mg, m^, a. ß ersetzen durch u,, /u2, y, y + Ä. Wir erhalten einfachere
Formeln, wenn wir die halbe Summe /i, +i"2 (Mittelwert) mit jm, die halbe
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Fuchs. Theorie des Karteneinganges. z«iuchrift für
Differenz ^, — /i, (Abweichung vom Mittelwert) mit » bezeichnen. Wir
finden dann:
I. Mittlere Deformation:
Atx = fix 4,1/ = f»y.
II. Binäre Deformation:
A%x — -j- xv eos2y J8y = — yveo»2y.
III. Gleitende Deformation:
A3x = yvsin2y Aty = xvsin2y.
Wenn die Deformation nach X} und X2 identisch sein soll mit der
Deformation nach £, und £8, dann müssen je die mittleren, die binären
und die gleitenden Deformationen identisch sein, d. h. es muss gelten :
mi + m> o m. coa2a+ m~cos2ß
■ « Mh *m 2a + m, «m 2 £
v 8tn2y = — - — -
Durch die erste Gleichung ist p bestimmt; durch die zwei letzten Gleich-
ungen, die wir auch so andeuten können : t cos 2 y = kx , v sin 2y = kv
ist » und y bestimmt:
tg2y=±- v = VV + *.8.
Die Streckungskoeffizienten der orthogonalen Achsen sind dann bestimmt
durch /i| = ji -f- * und /x2 = — y.
Hiermit ist bewiesen, dass zwei beliebige Streckungen immer ersetzt
werden können durch zwei orthogonale Streckungen. Das war aber zu
beweisen. Herrn Laskas Befürchtungen sind also unbegründet.
II.
Es soll nun gezeigt werden, dass sowohl die binäre Deformation, als
auch die gleitende Deformation identisch sind mit einer interessanten De-
formation, die wir als zyklische Deformation bezeichnen wollen.
1. Wir wollen dem Papier die binäre Deformation Ax = -\-px,
Ay = — py geben und wollen die Verschiebungen berechnen, die die
Punkte eines Kreises vom beliebigen Radius r erleiden (Fig. 2). Ein
Punkte, der die Elongation a von der x-Achse (Deforraationsacbse)
hat, erleidet also die Verschiebungen Ax = + px — + preosa und
Ay = — py = — pr sin a und gelangt nach Ah Wenn wir setzen:
e = Pf, (2)
dann gilt einfacher : A x = + g cos a , Ay = — q sin a. Daraus er-
sehen wir erstens, dass sämtliche Punkte des Kreises vom Radius r die-
selbe Verschiebung g = pr erleiden. Wir ersehen zweitens, dass g mit
Ax, also auch mit der Deformationsachse, den Winkel — a bildet; mit
dem verlängerten Radius r bildet g also den Winkel —2a (= Phase
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Vi
Fuchs. Theorie des Karteneinganges.
293
der Verschiebung), was wir so aussprechen können: Die Phase der Ver-
schiebung q ist gleich der doppelten Elongation a des Radius r mit
entgegengesetztem Vorzeichen (—2a).
Unterhalb der x- Achse ist die verschobene Lage mehrerer Kreis-
punkte gezeichnet. Wir sehen, dass durch die binäre Deformation nach
der Konstanten p der Kreis vom Radius r zu einer Ellipse wird, deren
halbe Achsen sind a = r-j-p = r(l -\-p) und b = r — p = r (1 — p).
Eine solche elliptische Deformation des Kreises nennen wir eine zyklische
Deformation nach der Konstanten p\ eine binäre Deformation des Papiers
nach der Konstanten p gibt also eine zyklische Deformation der Kreise
nach derselben Konstanten p.
2. Wir wollen in einem zweiten Falle dem Papier eine gleitende
Deformation Ax = -\-py und Ay = +px geben und wollen die Ver-
schiebung bestimmen, die ein Punkt B des Kreises vom Radius r im
Winkelabstand y von der x- Achse erleidet. Wir finden zunächst die ortho-
gonalen Verschiebungen A x = p y = p r sin y und Ay = px = pr cos y
oder einfacher Ax = p sin y und Ay = p cos y, durch die B nach B* ge-
langt. Wir sehen also zunächst, dass wieder alle Punkte des Kreises vom
Radius r dieselbe Verschiebung p = pr erleiden, doch bildet jetzt p
nicht mit der x- Achse, sondern mit der y-Achse den Winkel — y. Daraus
folgt, dass die Verschiebung p des Punktes B mit der z-Achse den Winkel
90° — mit dem verlängerten Radius r aber den Winkel 90 o — 2y
= 2(45° — y) bildet (Phase der Verschiebung).
Wir ziehen nun eine Achse *i in diagonaler Richtung, d. h. in
gleichen Abständen von der ar-Achse und der y- Achse. Der Vektor r des
Punktes B bildet dann mit der «'-Achse den Winkel ß = y — 45 o, und
Fig. 2.
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294 Fuchs. Theorie des Karteneinganges. fSSSSStmm
die Phase der Verschiebung g erscheint dann in der Form 2(45° — y)
= — 2 ß. Die Phase ist also gleich der negativen , doppelten , von der
diagonalen x^ Achse ab gemessenen Elongation ß.
Eine gleitende Deformation des Papiers nach der Konstanten p gibt
also ebenfalls eine zyklische Deformation der Kreise nach der Kon-
stanten p, nur hat die Deformationsachse (Ellipsenachse) eine
III.
Wenn wir eine fertige Karte vor uns haben, dann müssen wir von
vornherein annehmen, dass das Papier nachträglich in zwei aufeinander
senkrechten, sonst aber unbekannten Richtungen, der ar-Richtung und der
y- Richtung, Streckungen erlitten hat, so dass jedes x zu ^(l-f-m,) und
jedes y zu y^l-^m?) geworden ist. Es gilt nun aus den Abweichungen
der vorhandenen Karte von der ursprunglichen Karte die Lage des Achsen-
kreuzes (xy) und die Grösse der Deformationskonstanten m, und m, zu
bestimmen.
1. Die Konstanten m, und können wir durch Mittelwert m und
Abweichung n ausdrücken:
9/f j — fft ft Wis* — tft ™ ■ w»
Dementsprechend nehmen wir an, dass das Papier zuerst eine mittlere
Deformation nach der Konstanten m erlitten habe, durch die jedes x zu
x(l-{-m) und jedes y zu y(l-f-m) geworden ist. Diese Deformation
verzerrt das Bild nicht; sie vergrössert es aber dergestalt, dass jede
Fläche f zu einer Fläche f wird :
f = fiX + m)». (3)
Sodann habe das Papier eine binäre Deformation nach der Kon-
stanten n erlitten, durch die jedes x zu x (1 -\-n) und jedes y zu y (1 — n)
geworden ist. Eine solche binäre Deformation verzerrt wohl das Bild, sie
vergrössert es aber nicht merklich, wenn n klein ist, denn irgend eine
Fläche f wird zu einer Fläche f :
r = f(\ + n){\-n) = f{l-n*).
Da aber «2 gegen Eins vernachlässigt werden kann, können wir genügend
genau f' — f setzen. Die Flächen werden also auf der Karte nur durch
die mittlere, die Winkel nur durch die binäre Deformation geändert.
2. Auf der undeformierten Karte seien die drei geodätisch ver-
messenen Punkte ABC richtig eingetragen; die drei richtigen "Seiten-
längen ab c sind also bekannt, und aus ihnen kann der richtige Winkel y
zwischen a und b berechnet werden. Die Karte soll nun zuerst die bi-
näre Deformation nach der unbekannten Konstanten n erleiden, wobei die
positive Streckung nach der unbekannten Richtung x (Deformationsachse)
erfolgt, und x bilde mit a und b die Winkel a und ß. Dann erleidet nach
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^ziuchrirt fur Fuchs. Theorie des Karteneingangea.
den früheren Entwicklungen der
Punkt A eine Verschiebung um ^fCr**
eine Strecke gt nach JXX der a^-**"^ j \J
Punkt B aber eine Verschiebung V
um eine Strecke ^ nach J?i, r ^^aafcSfjJj iljjT Z
wobei gilt: ^S=::::^^^J-^^~-iL3Z^^?7
= na ps = ni (4) ^^^^^
und die Phasen der Verschie- ^^^--^
bungen sind 2 a und 2 0. Die Fig> 3
neuen Seiten sind dann a'b'c\
die neuen Winkel aber a'ß'y'. Die Verlängerungen Aa = a' — a
und J b = o' — 6 der Seiten sind dann :
A a — cos 2 a Ab = Qicos2ß -
= n a cos 2 a = h b cos 2 ß.
Die Verdrehungen A a = a' — a und Aß = ß' — 0 der Seiten aber sind:
Am = - iL***. Aß = - 9*™*?
a P b (6)
= -n«/«2o = — n sin 2 ß.
Dabei ist: , ,m
J y = Aa — Aß = — « («» 2a — «n 20). (7)
Wenn dann nachträglich die mittlere Deformation nach der (un-
bekannten) Konstanten m erfolgte, dann erhalten die Seiten die neuen
Längen a"6"c", während die Winkel un geändert bleiben. Die Seiten a
und b zeigen dann insgesamt die Inkremente:
A"a = Aa-\-ma A"b = Ab + mb. (8)
3. Die Konstante m der mittleren Deformation berechnen wir
leicht nach Gl. (3), nachdem wir nun wissen, dass die Flächenänderungen
nur der mittleren Deformation entstammen. Aus den gegebenen richtigen
Werten abc der Seitenlängen berechnen wir den richtigen Flächeninhalt f
des Dreieckes ABC; aus den der deformierten Karte entnommenen
falschen Seitenlängen a" 6" c" berechnen wir den falschen Flächeninhalt f"
des Dreieckes und berechnen laut (3) die Konstante m nach der Formel:
r = f(i + my. (9)
4. Die Konstante n der binären Deformation, sowie die Lage der
Deformationsachse * können wir aus den Winkelinkrementen Aa, Aß und
aus den Längeninkrementen Ja, Ab berechnen. Wenn die den Winkel y
Halbierende mit der x- Achse den Winkel q> bildet, dann gilt:
« = 9>-My ß = <?-\y, (W)
also 2a = 2<p + y und 20 = 2qp — y. Wenn wir diese Werte in (7)
einsetzen, finden wir:
A y = — 2n sin y cos 2qp. (11)
296 FuchB. Theorie des Karteneinganges. ifiSSSÄ
Den Wert Ay können wir aber leicht finden, wenn wir erst ans den be-
kannten richtigen Werten ßbc den richtigen Winkel y, dann ans den der
Karte entnommenen falschen Werten a"6"c" den falschen Winkel y" — f
berechnen und die Differenz Ay = y* — y nehmen, so dasB dann in (11)
nnr n and q> unbekannt sind.
Dieselbe Substitution gibt für die Seiteninkremente die Formen:
— = ii cos (2<p + y) -b- = ii cos (2 <p — y).
Hieraus ergeben sich die zwei Derinate:
— - + A* = 8 n cos y cos 2 <p = X-, (12)
a o
A° - Abb = -2nsinysin2<p = kt. (13)
Das Inkrement A a finden wir leicht, indem wir von der der Karte
entnommenen Länge a" die richtige Länge a abziehen: A"a = a" — o,
und dann laut (8) von A"a auf Grund des bekannten Wertes von m das
Inkrement ma subtrahieren; es bleibt uns dann der Wert von Aa, und
auf analoge Weise finden wir den Wert von Ab. Da m immer negativ
ist, kommt die Subtraktion von ma und mb praktisch auf eine Addition
heraus. In den Gleichungen (12) und (13) sind also wieder nur n und qi
unbekannt.
Durch Elimination von n können wir jetzt zwei Formeln zur Berech-
nung von <p finden. Aus (12) und (13) ergibt sich durch Division:
Diese Formel ist wohl gut, wenn y ungefähr gleich 115° ist; sie versagt
aber, wenn y ungefähr ein Rechter ist. Aus (11) und (13) aber ergibt sich:
-*s- = +<y29> (15)
y
und diese Formel ist immer gut. Sobald q> bekannt ist, gibt jede der
Formeln (11), (12), (13) den Wert von n. Da <p die Lage der Defor-
mationsachse x bestimmt, sind dann alle drei Unbekannten m n q> bestimmt.
5. In der Regel wird man als Punkte ABC nicht irgendwelche
Kartenpunkte nehmen, die erst auf Grund des Randes eingetragen sind,
sondern man wird drei Eckpunkte des Randes nehmen, und nimmt etwa
als Seite a den linken, als Seite b den unteren Rand, als Seite c die ent-
sprechende Diagonale. Man hat dann den Vorteil, dass y = 90° ist, und
dass die Flächen, die man zur Bestimmung von m braucht, gegeben sind
durch 2f=ab, 2f" — a"b".
IV.
Nehmen wir an, die Werte von m und n wären berechnet, die Rich-
tung der Deformationsachse x wäre in die Karte eingezeichnet; es bleibt
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ZelUchrtft für
Fuchs. Theorie des Karteneinganges.
297
noch za zeigen, wie die auf der Karte gemessenen Winkel und Längen
berichtigt werden können.
1. Berichtigung eines Winkels. Die mittlere Deformation hat
auf die Richtung irgend einer Geraden l auf der Karte keinen Einfluss:
die binäre Deformation aber nähert unbedingt jede Gerade l der Defor-
mationsachse x um einen Winkel Ae, der laut (6) gegeben ist durch:
Ae = n sin 2 e ,
wo e der spitze Winkel ist, den l mit der x- Achse bildet. Diese Kor-
rektion Ae können wir graphisch auf folgende Weise bestimmen (Fig. 4).
Mit einem beliebigen Radius, den
wir als n auffassen, zeichnen wir
einen Halbkreis und teilen ihn
statt in 180 Teile nur in 90 Teile,
so dass die Skalenzahl e eigentlich
den Winkel 2 e weist. Das Lot y,
das wir vom Skalenpunkte e auf
die x- Achse fällen, ist das gesuchte
Ae im Bogenmass; für e = 45°
ist A e = **. Nun wollen wir aber
Ae nicht in Bogenmass, sondern
in Minuten kennen, und es ist bei-
spielsweise der Bogen n gleich
17,3'; wir messen dann das Lot y mit einem Massstab, auf dem der
Radius n des Halbkreises die Länge 17,3 weist Dieser Massstab und
dieser Halbkreis sind für die vorliegende Karte ein für allemal gemacht.
Die auf der Karte ins Auge gefasste Linie l ist immer um den Winkel
Ae der Deformationsachse zu nahe.
2. Berichtigung einer Länge. Die Länge l einer Geraden auf
der Karte wird sowohl durch die mittlere, als auch durch die binäre De-
formation beeinflusst. Die auf der Karte gemessene Länge V ist vor allem
um ml zu lang. Diese Korrektion ml findet man am einfachsten mittels
einer Doppelskala 5, die zu jeder Länge l die Korrektion ml direkt ab-
lesen lüsst. Dieses ml soll von V abgezogen werden; da aber m prak-
tisch negativ ist, kommt das auf eine Addition heraus.
Die Längenkorrektion A l , die der binären Deformation entspringt,
ist nach (5) gegeben durch:
AI = nl cos 2 e.
Um soviel ist V = l" — ml noch zu lang. Um AI zu bestimmen, legen
wir auf unseren Halbkreis, entsprechend der Skalenzahl t, als Vektor ein
Lineal X, auf dem eine Z-Skala in beliebigem Massstab aufgetragen ist.
Wir markieren auf dem Papiere die Länge V als Punkt p: das Lot x,
mt
I t J
' 'I 11
Fig. 4.
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298 Hammer. Taschen-Nivellierinstrumente. _ zeiucnrm m
Venne*«angBvre<<eti
1907.
das man von p auf die y- Achse fällt , ist das Mass von A l. Für e = 0
mass AI = nl sein. Man misst nan das Lot x mit einem zweiten Lineal
L\ dessen Skala, an die Skala L gelegt, zu jedem l das entsprechende
nl gibt.
„Taschen-Nivellierinstrumente k.
Die ausführliche Beschreibung aller Einzelheiten der „neuen Form
des Wagn er- Tesdorpf sehen Taschen-Nivellierinstruments" durch Prof.
Dr. Ambron n in dieser Zeitschr. S. 170—173 läset vermuten, dass die
„Ausgestaltung" dieser „zweckmässigstenu Konstruktion des Abneyschen
Freihandnivelliers, nämlich bei der Stativform des Instruments die Beigabe
einer Elevationsschraube und eines kleinen Horizontalkreises, etwas Neues
sei. Das ist keineswegs der Fall. Zudem ist nicht klar, welchen Hori-
zontalwinkelmessungsz wecken die Ablesung auf an dem Kreis-
chen des nunmehr so „vielseitig brauchbaren a Instrumentchens gerecht
werden soll; selbst bei Absteckung freier Querprofile und dergl. wird
man ungefähr Kreuzscheiben- (allgemeiner Gradscheiben-) Genauigkeit haben
wollen. Nebenbei: Ist der Name Taschen instrument noch für ein Instru-
ment, wenn auch von kleinen Dimensionen, berechtigt, das einen geteilten
Horizontalkreis hat und also doch ein Stativ erfordert?
Ein kleines Stativnivellier von Butenschön in Bahrenfeld, dem Kon-
strukteur des „Libellenquadranten", ebenfalls mit Spiegelung der Libellen-
blase ins Fernrohrgesichtsfeld (aber etwas bequemer im Gebrauch als da»
Wagner- Tesdorpf sehe Instrument mit seinem doppelten Okular), das
schon seit vielen Jahren hergestellt wird (D. R.-P. 36 795; z. B. für die
geodätische Sammlung der Technischen Hochschule Stuttgart 1895 an-
geschafft), hat, wie das a. a. 0. beschriebene neue Instrument, Hebe»
schraube mit gegendruckender Spiralfeder, die nur nicht zur Messschraube
gemacht ist, ferner ein Horizontalkreischen von 62 mm Durchmesser, das
abgeschraubt werden kann und deshalb beim Transport des Instruments
bequem im Etui unterzubringen ist. Dieses Etui hat äusserste Abmessungen
von etwa 16 X 10 cm bei nur 4 cm Dicke. Der Kreis hat 1°- Teilung
und 1 '-Nonius, wobei allerdings mehrere sich folgende Striche von Nonius
und Limbus koinzidieren ; aber die Genauigkeit der Gradscheibe von etwa
2' wird doch erreicht. Hammer.
Vorbildung der Landmesser.
Die Forderung einer erweiterten Vorbildung für den Landmesserberuf
ist bisher nur in den Versammlungen der Landmesservereine und in deren
Fachschriften erhoben worden. Erst in neuester Zeit scheint man sich
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v,™™-"-"^ Gehrmann. Vorbildung der Landmesser. 299
auch in den Kreisen der Landwirte für die Sache zu interessieren. Man
muss dies daraus schliefen, dass in der Zeitschrift, die in Berlin unter
dem Namen der Landwirtschaftlichen Presse herausgegeben wird, kürzlich
ein Artikel Aufnahme gefunden hat, der inzwischen auch schon im Heft 6
dieser Zeitschrift abgedruckt ist, in welchem der besseren Vorbildung der
Landmesser das Wort geredet wird unter Anführung aller dafür geltend
zu machenden Gründe. Im Hinblick auf diese erscheint es unverständlich,
dass mit der Einführung der geforderten anderweiten Vorbildung immer
noch gezögert wird. Die Ursachen sind u. E. folgende :
1. Der Zugang zur Laufbahn als Landmesser wird erschwert oder
ganz gehindert für Personen, die nicht imstande sind, die Kosten einer
verlängerten und teueren Vorbereitungszeit aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
2. Es hat sich gezeigt, dass die nach den jetzt geltenden Vorschriften
ausgebildeten Landmesser, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, befähigt
sind, die vorkommenden Arbeiten den heutigen Anforderungen entsprechend
ordnungsmässig auszuführen.
3. Dass ferner der Prozentsatz derjenigen Bewerber um Landmesser-
stellen, welche die zur Erlangung des Patents vorgeschriebene Prüfung
nicht bestehen, gar nicht grösser ist als derjenige, der sich für die Juristen
bei deren Hauptprüfung herauszustellen pflegt.
4. Bei längerer Dauer der Vorbereitung und bei vervollkommneter
Ausbildung für das Fach ist es selbstverständlich, dass den Landmessern
ein angemessener Rang zuerkannt und ein erhöhtes Einkommen gewährt
werden muss. Daraus ergibt sich dann die Notwendigkeit, auch die Be-
zahlungssätze für die Landmesserarbeiten zu erhöhen.
5. Die Tätigkeit der Landmesser wird noch nicht in allen mass-
gebenden Stellen in verdienter Weise gewürdigt und gilt im Ministerium
der öffentlichen Arbeiten wie in den Augen der diesem Ressort angehören-
den Beamten als minderwertig im Vergleich zu dem, was von den staat-
lich angestellten Baubeamten geleistet werden muss.
Die Anstände unter 1 und 2 werden unterstützt durch die von Herrn
Geheimrat Dr. Vogler in Berlin vertretene Ansicht, dass ein gut be-
anlagter junger Mann mit der Reife für die Prima einer neunklassigen
höheren Schule sehr wohl imstande sei, den meisten Vorträgen der Hoch-
schule zu folgen und sich erforderlichen Falles auf die Prüfung für ein
höheres Dienstamt vorzubereiten. Zum Studium des höheren Baufaches
wurden noch um das Jahr 1860 Personen mit solch beschränkter Schul-
bildung zugelassen. Da mit der Zeit aber immer grössere Anforderungen
auch an die bei den Unterbehörden beschäftigten Bautechniker gestellt
werden mussten, erwies sich die Einfuhrung der vollen Schulreife als Be-
dingung für die Zulassung zum Staatsexamen als nötig. Wie damals mit
den Bautechnikern, so steht es jetzt mit den Landmessern. Wenn jetzt
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300 Gehrmann. Vorbildung der Landmesser. v£££njjj^^
durch neue Bestimmungen der Zugang zur Landmesserlaufbahn für Un-
bemittelte behindert wird, so ist dies nicht zu ändern und als ein beson-
derer Uebelstand nicht anzuerkennen, denn z. Z. sind die meisten Berufe
für Studierende überfüllt, und junge Leute mit der Reife für eine der
oberen Schulklassen finden leicht Anstellung als Beamte in mittleren Dienst-
stellen oder gutes Unterkommen in industriellen und gewerblichen Betrieben
nach Massgabe ihrer Befähigung.
Ist erst für die Landmesser die volle Schulreife als Regel vor-
geschrieben, dann darf auch nicht zu gunsten gut beanlagter Personen eine
Ausnahme gemacht und deren Zulassung zur Prüfung bei geringerer Schul-
bildung gestattet werden. Es könnten sonst ähnliche missliche Zustände
entstehen, wie solche vor Jahrzehnten wahrgenommen wurden, als der
Mangel an Landmessern dazu genötigt hatte, aus der Zahl der auf der
Schule mangelhaft vorgebildeten Vermessungsgehilfen eine Anzahl unter
erleichterten Bedingungen zur Prüfung und zur Anstellung als Feldmesser
zuzulassen. Haben sich einzelne dieser Personen später auch weiter ge-
bildet und durch gute Arbeiten hervorgetan, so hat doch der Einschub
dieser auf einer geringeren Bildungsstufe stehenden Personen in die Klasse
der Feldmesser dem öffentlichen Ansehen derselben sehr geschadet.
Zu laufende Nr. 3 ist zu bemerken, dass u. E. aus dem Prozentsatz
der Zahl der Personen, welche die Prüfung nicht bestehen, besondere
Folgerungen nicht gezogen werden können. Es kommt sehr darauf an.
wie bei der Prüfung verfahren wird. Bei starkem Zudrang der Prüfungs-
kandidaten pflegt strenger verfahren zu werden, als im entgegengesetzten
Falle. Und nicht selten besteht ja auch ein Teil der mit voller Schulreife
zum Studium gekommenen Personen die Landmesserprüfung nicht.
Das Bedenken unter 4 verliert dadurch an Bedeutung, dass zu den
Landmesserarbeiten immer mehr die für leichtere Arbeiten ausgebildeten
Zeichner herangezogen werden. Diese Beamten beziehen geringere Remu-
neration als die Landmesser. Ihre Arbeiten können daher zu weniger
teuren Preisen geliefert werden, als bei Ausführung durch die Landmesser.
Der Punkt 5 bildet z. Z. vielleicht noch das grösste Hindernis für die
Einführung der vollen Schulreife, weil die Eisenbahnverwaltung noch nicht
dazu geschritten ist, eine grössere Anzahl der von ihr beschäftigten Land-
messer etatsmässig anzustellen und zur Leitung sowie zur Revision ihrer
Arbeiten obere Beamte aus der Zahl der Landmesser zu berufen. Im
Eisenbahndienst werden die Landmesser in der Regel erst, wenn man sie
zu technischen Eisenbahnsekretären ernennt, etatsmässig angestellt, und
sie stehen bis dahin auf derselben Stufe wie andere Bewerber um solche
Sekretärdienststellen, die auf der Schule höchstens die Reife für die Ober-
sekundaklasse erreicht und nachher zwei Jahre praktisch in einer Bau-,
Maschinen- oder Eisenbahnwerkstatt zur Erlangung des Gesellenzeugnisses
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ri**££2L&_ Vogler. Zur Landmesser-ausbildung. 301
gearbeitet haben. Wie diese müssen sie lant Ministerialerlaß vom
20. Januar d. J., betreffend die Prttfungsyorschriften für technische Eisen-
bahnsekretare, eine dreijährige Vorbereitungszeit durchmachen, ehe sie zur
Sekretärprüfung zugelassen werden. Durch spätere Ablegung einer Er-
gänzungsprüfung und weiteren Vorbereitungsdienst erlangen sie dann auch
die Befähigung zum Eisenbahnbetriebsingenieur.
Hieraus und aus dem Umstände, dass für die zu Eisenbahnsekretären
ernannten Landmesser geringere Jahresgehalte gewährt werden, als für
Katasterkontrolleure und Generalkommissionslandmesser etatsmässig aus-
geworfen sind, ist ersichtlich, dass die Leistung der Eisenbahnlandmesser
noch immer nicht für voll angesehen wird. Ihre Arbeiten sind aber keines-
wegs geringer zu bewerten, als diejenigen der genannten beiden andern
Beamtenklassen. Man denke nur an die geometrischen Vorarbeiten bei
der Anlegung neuer Eisenbahnen, bei Tunnel bauten , bei dem Grund-
erwerb u. s. w.
Könnte man auf die Fachpresse für Eisenbahn- und Bauwesen dahin
einwirken, dass sie in gleicher Weise, wie es jetzt die landwirtschaftliche
Presse tut, die Wünsche der Landmesser auf bessere Vorbildung für den
Beruf unterstützen wollte, so ist anzunehmen, dass dies an massgebender
Stelle beachtet und berücksichtigt werden wird. Leicht würde dann über
andere Bedenken, welche der Sache entgegenstehen, hinwegzukommen sein.
Die Einführung der vollen Schulreife und eines dreijährigen
Hochschulstudiums für preussische Landmesser wäre dann in
kürzester Frist zu erwarten. In der gegenwärtigen Tagung des Ab-
geordnetenhauses ist die Sache der Landmesser wieder zur Sprache ge-
kommen und unter dem Beifall des Hauses auch befürwortet worden. Da
es jetzt am Werke ist, die mittleren Beamten im Einkommen allgemein
aufzubessern und die Rangverhältnisse anderweitig zu regeln, so werden
die in bezug hierauf im Abgeordnetenhause zu gunsten der Landmc
gestellten Anträge ihre Wirkung nicht verfehlen. Gehrmann.
Zur Landmesserausbildung.
(Vergl. diese Zeitschrift Heft 1 u. 2.)
4.
Zu dem Aufsatz des Schriftleiters, Herrn Obersteuerrat Steppes, in
Heft 2 dieses Jahrganges, betitelt Hochschulstudium und Reifezeugnis,
muss ich mir nochmals das Wort erbitten. Auch ich beginne mit dem Aus-
gangspunkt der ganzen Debatte. In dem 19. Heft vorigen Jahrganges
dieser Zeitschrift wurde behauptet, dass die Resultate des in Berlin (und
Poppelsdorf) eingerichteten Landmesserstudiums geradezu jämmerliche seien.
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302 Vogler. Zur I^andmesseraußbildung. fSSSSSStSmm
1907.
Der Studiengang sei völlig verfehlt. Die von den Landmessern an der
Hochschule aufgenommene Wissenschaft sei — von sehr wenigen Ausnahmen
abgesehen — nur ein Firnis, der in der Praxis schnell wieder abblättere.
Das ganze viersemestrige Studium sei im Grunde genommen lediglich eine
Art Drill für das Examen.
Wäre dieses Urteil auch nur halbwegs begründet, so gehörte ich mit-
samt meinen Herren Kollegen vor ein strenges Disziplinargericht. Und nun
wundert man sich, ja man scheint entrüstet darüber, dass ich, statt ge-
senkten Hauptes vor dieser zermalmenden Anklage zu verstummen, oder
mich kümmerlich damit zu trösten, persönlich seien ja weder ich noch die
Kollegen gemeint, es solle nur die Prüfungsordnung damit getroffen werden,
— dass ich statt dessen mir erlaube darzulegen, wie wenig die Tatsachen
den theoretischen Zahlenbeweisen unseres Anklägers entsprechen, mir er-
laube vor einer Agitation zu warnen, die mit offenbaren Uebertreibungen
argumentiert und darum nur Misstrauen wecken, nicht Uberzeugen kann.
Der Herr Verfasser von „Hochschulstudium und Reifezeugnis" freilich
hält mir begütigend vor, nicht geflissentliches Drillen werde uns Professoren
zum Vorwurf gemacht, sondern nur nachgewiesen, das zweijährige Hoch-
schulstudium in Preussen könne gar nichts anderes sein, als ein Drill auf
die Prüfung. Das ist eben nicht nachgewiesen und kann auch gar nicht
nachgewiesen werden, weil es nicht zutrifft. Strenge, Allgemeinheit und
Klarheit sind die Anforderungen, die man an den akademischen Unterricht
in den exakten Wissenschaften macht, und nach diesen drei Richtungen
den Unterricht in Vorlesungen und Uebungen auszubilden, sind wir Pro-
fessoren fortwährend bemüht. Zur Klarheit gehört Anpassung an die
Fassungskraft der Zuhörer mittlerer Begabung, durch Stoffauswahl, Aus-
bildung der Unterrichtsmittel und Methoden. Wenn Strenge und All-
gemeinheit des Vortrags gewahrt bleiben, wenn die Lust am Selbstdehken
geweckt wird, so bleibt auch bei Stoffbeschränkung der Unterricht ein
akademischer. Zum Drill würde er durch Verzicht auf allgemeine Gesichts-
punkte, auf Beweise oder wenigstens Beweisstrenge, durch Kleben an dem
Herkömmlichen, Zurückweisen eigener Gedanken oder Zweifel der Zuhörer.
Die beiden Unterrichtsverfahren sind so grundverschieden, dass ich nicht
einsehe, wie man unwillkürlich, also nicht geflissentlich, von dem akade-
mischen zu dem des Drills übergehen kann. Wenn wir es taten, wären
wir daher in vollem Masse dafür verantwortlich. Ich habe allen Grund,
mich gegen die Unterstellung zu wehren, dass wir es tun.
Wir können Beweise vorlegen, hier einen für viele, die rVorstufent
unseres verehrten Mathematikers Seit dem Werke des unvergesslichen
») Dr. Otto Reichel, Vorstufen der höheren Analysis und der analy-
tischen Geometrie, Leipzig 1904. — Der Herr Kollege wolle mir verzeihen, wenn
ich seinen Namen und sein Werk als Schild vorhalte.
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Vogler. Zur Landmesserausbildung. 303
Münchener Mathematikers Otto Hesse, das er schlicht „Die vier Spezies"
benannte, sind die Bemühungen, die Grundlagen der gesamten Mathe-
matik neu zu prüfen und zu befestigen, unermüdlich vorgedrungen. In
den „ Vorstufen dem bescheidenen Büchlein von 111 Seiten, liegt eine
Lebensarbeit vor, entsprungen aus dem mathematischen Unterricht und für
ihn rastlos gefördert. Wo solches Streben nach wissenschaftlicher Kritik
und Erkenntnis die Vorträge und Uebungen durchdringt, da ist und bleibt
— mag das letzte Ziel der Forschung erreicht sein oder nicht — der
Unterricht akademisch im eigentlichen Sinne.
Dem gegenüber steht nun die Behauptung, wir müssten gezwungener-
massen drillen, weil sonst unsere Hörsäle verödeten. Neulich, in Heft 26
vorigen Jahrganges, waren meine drei Herren Gegner darin einig, die von
mir beklagte Hörsaalverödung rühre daher, dass unsere Zuhörer zu schlecht
vorbereitet seien, um akademischen Vorträgen zu folgen. Was machen
wir nun eigentlich, füllen wir unsere Hörsäle durch Drillen oder entleeren
wir sie durch strenge Stoffbehandlung oder vereinigen wir beide scheinbar
anvereinbaren Handlungen? Durch gehörige Dehnung des Begriffes „Drill"
gelingt vielleicht das Unmögliche. Man weiss, dass der Student, wenn er
„sein Examen baut", eine Vorliebe für das Durchnehmen älterer Kollegien-
hefte und eine gewisse Abneigung gegen das Nachschreiben neuer Vorträge
hegt. Die Tätigkeit, der er sich dann hingibt, braucht man nur Selbst-
drill zu nennen, und man kann beweisen, dass mein Missfallen an einer
Vorprüfung mitten in der Studienzeit das Eingeständnis enthält, dass an
unserer Hochschule aufs Examen gedrillt wird ! — Dabei galt mein Miss-
fallen nicht etwa einer Verlängerung der Studienzeit, sondern der unzweck-
mässigen Wertverminderung eines solchen kostbaren Erwerbs. — Der Be-
weis des Herrn Schriftleiters lasst sich ohne weiteres auf sämtliche Hoch-
schulen deutscher Zunge ausdehnen.
Nicht um die Entbehrlichkeit des Reifezeugnisses nachzuweisen, das
ich bekanntlich der mittleren Begabung auferlegt wissen möchte, sondern
um den übertriebenen Zahlenbildern, die meinen Herren Gegnern in Heft
26 v. J. vorschweben, die trockene Wirklichkeit gegenüberzustellen, ver-
anlasste ich einige statistische Nachweise über Erfolg und Misserfolg ein-
zelner Jahrgänge unserer Studierenden. Die Jahrgänge mussten so gewühlt
werden, dass ihr Schicksal im wesentlichen als abgeschlossen gelten konnte ;
das Hineinziehen eines recht ungünstig beurteilten Jahrganges wurde nicht
gescheut. Mann für Mann, Name für Name ist registriert und wenn nötig
bis zur Gegenwart verfolgt worden. Ich bin dem Herrn Schriftleiter dank-
bar, wenn er dies Verfahren nicht für sinnwidrig erklärt. Seine Anmerkung
auf S. 28 d. J. klang ja beinahe so. Ich für mein Teil halte das Ver-
fahren für das einzig zulässige, wenn man ohne Hypothesen die Fragen
entscheiden will:
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304 Vogler. Zur Landmesseraaßbildung. ^ue*^«^
1. Weicher Prozentsatz der in die Prüfung Eintretenden besteht
das Examen?
2. Welcher Prozentsatz der in das Studium Eintretenden erreicht
sein Ziel?
Die Prüfungsbehörden können sich mit der äusserst mühsamen, ihnen
sogar meist unmöglichen Entscheidung dieser Fragen nicht befassen.
Sie begnügen sich daher mit der Aufstellung von Zahlen, die von Jahr zu
Jahr das Verhältnis (3) der bestandenen zu den in die Prüfung eingetre-
tenen Kandidaten feststellen, solche der ersten, der zweiten, der dritten
Prüfung zusammengenommen. Durch plausible Annahmen kann man gleich-
wohl aus diesen Zahlen zu einer brauchbaren Schätzung in bezug auf
Frage (1) gelangen. Gesetzt, eine Aufsichtsbehörde habe festgestellt, dass
in zehnjährigem Durchschnitt die ihr untergebenen Kommissionen 75%
aller bei ihnen in die Prüfung Eingetretenen durchbringen, so nehme man
noch an, einmal dass dieser Satz für jede Prüfungsstufe gelte, sodann dass
zu jeder höheren Stufe nur ein gewisser Prozentsatz der in der vorigen
gescheiterten, sagen wir 80%, wirklich herantrete. Nun denken wir uns
einen ganz frischen Jahrgang 100 Mann stark in die Prüfung eintreten;
75 bestehen. Von den 25 Gescheiterten schreiten nur 800/0 oder 20 Mann
zu einer zweiten Prüfung; 15 bestehen. Von den 5 übrigen gelangen 4
in die dritte Prüfung; 3 bestehen. Einige Jahre sind darüber hingegangen,
aber unser Jahrgang hat doch 75 15 -j- 3 = 93 von seinen 100 Mann
durchgebracht. — Derartige Schätzungen liessen mich voraussehen, dass
eine strenge Aufstellung, wie meine beiden ersten Nachträge in Heft 1 d. J.
sie bringen, etwa 95°/0 als den Satz liefern würden, der die erste der
vorstehenden Fragen beantwortet.
Zur Lösung der Frage (2) liefern die Verhältniszahlen (3) nicht den
allergeringsten Beitrag, und doch werden sie häutig als unmittelbare Ant-
wort darauf herangezogen. Es ist das so, als ob man aus Massen zur
Bestimmung des Flächeninhalts die Meereshöhe eines Grundstückes be-
rechnen und danach über die Vorflut urteilen wollte. Wo Freizügigkeit
zwischen den Hochschulen besteht, wenn auch nur beschränkte, gibt es gar
keine Möglichkeit, brauchbare Zahlen periodisch zu veröffentlichen, welche
die zweite Frage bündig zu beantworten vermöchten. Auch der Jahres-
bericht der Akademie Bonn-Poppelsdorf gibt bestenfalls nur Bruttozahlen,
die nichts davon enthalten, wieviele ihrer Geodäten alljährlich die Aka-
demie verlassen, um später in Berlin, Schwerin, Oldenburg, Strassburg
oder Weimar ihre Staatsprüfung abzulegen.
Von befreundeter Seite erbat ich mir und erhielt Abschrift der Stelle
der Verbandszeitschrift preussischer Landmesservereine, 1906, Heft 10,
S. 255, wo Herr Oberlandmesser Seyfert nach dem Bonner Jahresbericht
für 1905 die Rechnung zu (2) anstellt, deren Ergebnis von Herrn Ober-
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v«m«MuS«wi£eu Vogler. Zur Landmesserausbildung. 305
steuerrat Steppes übernommen worden ist. „Die Gesamtzahl der Geodäten
and Kulturtecbniker seit Begründung der Akademie betrug im Winter-
halbjahr 1905/06 2138. Die Anzahl der studierenden Geodäten und Kultur-
techniker war im gleichen Halbjahr 299. Die Landmesserprüfung hatten
bis zum Schlüsse des Jahres 1905 abgelegt 1250. Die Hochschule ver-
lassen hatten mithin bis zum gleichen Zeitpunkte 2138 — 299 = 1839,
davon 1839 — 1250 = 589 ohne die Prüfung abgelegt zu haben, mithin 32 °/e. •
— Der Zufall gab mir zunächst nur den Bonner Jahresbericht für 1904 in
die Band. Ich entnahm ihm die entsprechenden Angaben für Geodäten:
abgegangen 1612 — 249 = 1363, davon 1363 — 1170 = 193 ohne Land-
messerbestallung; also 14%, weniger als die Hälfte der Seyfertschen Zahl.
Das Rätsel löst sich so. Von 1905 ab hat die Akademie in ihrer
Frequenzübersicht die selbständige Spalte „KulturtechDiker", in der sich
seit 1876 im ganzen 391 Studierende angesammelt hatten, die aber wegen
geringen Zugauges kein Interesse mehr bot, fallen lassen und mit der
Spalte der Geodäten vereinigt. Nun muss man wissen, was die „Kultur-
techniker'1 in Bonn, namentlich in der ersten Zeit nach ihrer Erschaffung,
bedeuteten. Sie waren Dünkelbergs Stolz und Freude, die Königlichen
Separationsfeldmesser, die mit andern längst geprüften Feldmessern, zum
Teil durch ein Staatsstipendium unterstützt, unter Entfaltung enormen
Fleissea den vollgepfropften Stundenplan des einjährigen kulturtechnischen
Kursus abarbeiteten. Sicherlich die gute Hallte der jetzigen Vermessungs-
inspektoren, Oberlandmesser und älteren Sachlandmesser in der landwirt-
schaftlichen Verwaltung ist aus ihnen hervorgegangen; aber was hilft das,
sie haben die Akademie verlassen, ohne die Landinesserprüfung abzulegen,
und geraten so in die Seyfertsche Zahl, die, nebenbei bemerkt, von 1876
bis 1884 genau 100 °/0 betrüge, weil es noch keine Landmesserprüfung,
wohl aber Knlturtechniker gab.
Der Fehler ist handgreiflich, aber in gutem Glauben begangen und
übernommen; in so harmlosem Vertrauen, dass, als ich korrekte Zahlen
zur Frage (2) veröffentlichte, die Herren der Seyfertschen Zahl, statt sie
strengstens zu prüfen, eine weitere Verbreitung geben zu sollen vermeinten.
Das war insofern wohlgetan, als jene Zahl sonst keine Aufklärung ge-
funden hätte. Man denke sich jedoch einmal, i c h hätte eine Eingabe zu
gunsten des Landmesserstandes, z. B. die Ausdehnung des Studiums be-
treffend, an irgend ein Kollegium gerichtet und durch klügelnde Beweise
gestützt wie der, wonach so ziemlich alle Hochschulen zu Drillanstalten
werden; mit Zitaten belegt, in denen Satzgefüge und Sinn der angeführten
Stellen zerstört wird; auf eine Statistik gegründet, nach der die Hälfte
unserer Oberlandmesser verdorbene Studenten sind, und man würde mich
billig fragen, ob es denn geradezu darauf abgesehen sei, den Gegnern der
Landmesserwünsche Waffen zu schmieden?
Z«iUebrift far VenneMungBWMen 1907. Heft 12. 23
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306 Vogler. Zur Landmesserausbildung. z«tt«cimfwur^
Ja, wenn ein Professor sich so etwas erlaubte, dann wäre es auch
ganz was anderes. Unbehelligt darf einer der Gegner schreiben (1906,
S. 656), dass ein fähiger Kopf mit Primareife — auf der Hochschule und
im späteren Leben — mehr leistet, als ein wenig befähigter, durch-
gedrückter Abiturient. Auf S. 25 d. Jahrganges möchte ich gern dem
vorbeugen, dass man etwa meine bescheidene Einschätzung in Gering-
schätzung der Hochschulzeugnisse umdeuten wollte, und füge in der Fuss-
note bei, dass erfahrungsgemäss nicht jedes rechtmässig erworbene Prü-
fungszeugnis künftige Selbständigkeit des Urteils, wie auch nicht
jedes Maturitätszeugnis die innere Reife des Studenten verbürge. Sofort
werde ich zur Rede gestellt, ob denn das Zeugnis der Reife für Prima
mit unterer Grenze der Prädikate in einzelnen Fächern verbürgen könne,
was das Maturitätszeugnis nicht vermöge? Und ich hatte doch so deut-
lich gesagt, nicht jedes rechtmässig erworbene Zeugnis; selbstverständ-
lich auch nicht jedes Zeugnis der Reife für Prima mit guten Noten.
Ich weiss mich frei von aller Ueberschätzung.
Um so sicherer kann ich meine Ueberzeugung vertreten. Niemand
kann mehr daran interessiert sein als der Professor, dass der Prozentsatz
der Fehlschläge im einzelnen Jahrgang kleiner werde. Denn die 20°/0 der
in die erste Prüfung Eingetretenen, die erst in einer zweiten oder dritten
Prüfung bestehen, bedeuten für den Examinator eine beträchtliche Summe
von Arbeit über das notwendige Mass hinaus. Auch ohne Verlängerung
der Studienzeit würde die Forderung des Maturitätszeugnisses jenes Ver-
hältnis erheblich* bessern, darüber besteht kaum ein Zweifel. Eine Statistik
der Aufsichtsbehörde zeigt z. B. , dass der Durchschnitt der Abiturienten
in der Prüfung mehr leistet, als der Durchschnitt der nur für Prima reifen.
Aber der Unterschied ist nicht so gross, dass man nicht mit ziemlicher
Gewissheit schliessen könnte ; man streiche aus der Zahl der letzteren die-
jenigen weg, die in der Schule nicht weiter kamen, und die Abiturienten
sind eingeholt. (Dass sie in einer früheren Periode ständig überholt
waren, mag auf dieselben Ursachen zurückzuführen sein, die bewirkt haben,
dass die Zahl der überhaupt ins Studium eingetretenen und nicht bestallten
Geodäten in Berlin von anfänglich 25<>/0 auf 15°/0 herabgegangen zu sein
scheint, vergl. Heft 1 d. J.) Wenn nun also die Erfolge beider Gattungen
von Studierenden sich gleichstehen oder um dasselbe Mittelmass hin- und
herschwanken, aus welchem Grunde soll dann der einen Gattung eine ge-
ringere Geistes- und Charakterreife zugesprochen werden? Ist es nicht
vielmehr ganz begreiflich, dass der Begabte und Fleissige für unser Stu-
dium geistig und sittlich früher reif wird, als sein unbegabter, zum Lernen
uniustiger Mitschüler? Wenn aber, welches Recht hat man dann, jenem
das Studium zu verteuern oder vielleicht ganz abzuschneiden?
Es sind jetzt, nach Schluss von 1906, rund 3000 bestallte Landmesser
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_*r Vogler. Zur Landmesserausbildung. 307
aas unseren Hochschulen hervorgegangen. Mindestens die Hälfte davon
darf sich sagen: wenn nicht schon mit Reife für Prima, so hätte ich über-
haupt nicht studieren können. Die gute Hälfte stammt aus dem Hause
des wenig bemittelten Beamten, vom Pfarr-, vom Försterhans u. s. w. Soll
der glühende Wunsch der Eltern, dem Sohn eine aussichtsvolle Laufbahn
zu eröffnen, auch dann erschwert oder zunichte werden, wenn der Sohn
durch Begabung und Fleiss sich dazu vor andern reif erweist? Soll der
Staat auf jene einen gewissen Bildungsreichtum bergenden Quellgebiete für
den Beamte up rsatz verzichten?
Noch ist die verhängnisvolle Sperrmassregel nicht allenthalben voll-
zogen. Gerade dieser Tage habe ich einige Hoffnung schöpfen können,
dass sie nicht weiter ausgedehnt, vielleicht sogar nach und nach aufgehoben
werden wird. Noch vor 20 Jahren, welcher Kampf der Aerzte gegen Zu-
lassung von Abiturienten des Realgymnasiums zum Studium der Medizin!
Und nun soll, so berichten die Zeitungen, der Bundesrat sogar beschlossen
haben, die Abiturienten der Oberrealschule ohne weiteres zum medi-
zinischen Studium zuzulassen und zur ärztlichen Vorprüfung, wenn sie die-
jenigen lateinischen Sprachkenntnisse nachweisen, die für die Versetzung
nach Obersekunda eines Realgymnasiums erforderlich sind. Endlich ein-
mal wieder ein mutiges Zerbrechen starrer Formen; die kleinstädtische
Furcht, der ärztliche Stand könnte dadurch an Ansehen einbüssen, ist der
Einsicht gewichen, dass sein Können und damit sein Ansehen nur gewinnen
wird, wenn ihm naturwissenschaftlich vorgebildete junge Kräfte zuwandern.
Schon im nächsten Jahrzehnt werden unsere Aerzte auch dem hintersten
Kleinstädter beweisen, dass die von mir noch 1891 beklagte dreistufige
Einschätzung des Ansehens, welches das Abiturium der höheren Schule
gewährt, ein abgestandenes Vorurteil und eines aufstrebenden, modernen
Volkes unwürdig ist. Möchten doch gleich hinterdrein die andern Kasten-
Torurteile, die wir sogar kl unsere Kolonien als hemmende Last mit-
schleppen, schleunigst verschwinden!
Man sagt, es beständen "Widersprüche zwischen dem. was ich 1891
gesprochen und 1906 geschrieben habe. Ich kann das nicht finden. Fest-
stellung einer unteren Grenze der Prädikate, die für einzelne Fächer im
Zeugnis der Reife für Prima (oder in späteren Schulzeugnissen, das Matu-
ritätszeugnis ausgenommen) nachzuweisen wären, sagt Punkt für Punkt,
von unten aufwärts zählend, was meine Worte von 1891, von oben abwärts
steigend, als Zulassungsbedingung wünschen. „Dass ein sachliches Be-
dürfnis vorliege, von dem Landmesser ausnahmslos die Maturität zu
verlangen, kann ich heute so wenig zugeben wie vor Jahren.44 Hierin liegt
doch sicher kein Widerspruch. „Aber ich bin nicht ganz unerfahren in
dem vaterländischen Kastenwesen und verkenne nicht die weitgreifende
soziale, merkwürdigerweise rückwirkende Bedeutung eines Federzuges, der
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308 Vogler. Zur Landmesserausbildung. vera«««
1907.
dem künftigen Landmesser die Gymnasialreife vorschriebe. w Ueber die
weitgreifende soziale Bedeutung, die man einer solchen Vorschrift zugesteht
und sogar rückwirkend beimisst, habe ich mich 1891 doch fast noch ab-
schätziger ausgesprochen. Oder hat eine gereizte Einbildungskraft für
soziale Bedeutung „soziale und materielle" gelesen (wozu übrigens mehrere
Federzüge gehören würden) und hierin den Vorwurf schmutziger Gewinn-
sucht auf Kosten des Nachwuchses erblickt, so muss ich entgegenhalten,
dass trotz dieser gewaltsam erweiternden Auslegung der Satz dann nur
aussprechen würde, ich könne nicht von meinem früheren Standpunkt ab-
gehen, selbst wenn durch Erfüllung meiner Forderung dem Landmesser-
stand — was noch gar nicht erwiesen ist — ein materieller Vorteil ent-
ginge.
Jedenfalls stelle ich fest, dass es nur 14 Zeilen in einem 6 Seiten
langen Aufsatze sind, die sich mit der Vorbildung des Landmessers und
meiner Stellung dazu befassen. Herr Obersteuerrat Steppes gibt S. 49 d. J.
selber zu, dass Dauer und Gestaltung des Hochschulstudiums meine Aus-
gangspunkte waren. Und doch — unglaublich — spricht er S. 61 aus,
unter dem Deckmantel einer Verteidigung der Hochschule gegen unberech-
tigte Vorwürfe sei mein Aufsatz gegen die Forderung des Abituriums tat-
sächlich gemünzt. Zu solchen Ungereimtheiten kommt man, wenn man
Eindrucken, Stimmungen, Gefühlen, Tönen mehr Bedeutung zuschreibt als
klaren, vertretbaren Worten. Ist es nicht gerade so, als wenn man einem,
der sein Dach stützen muss und dabei eine am Dachbalken klebende
Wespenwabe stört, zuriefe: Das Dach stützen war nur Vorwand, der Griff
ins Wespennest die Hauptsache ! Nun, das Dach hält wieder und die Stiche
werden verheilen. Aber wie kommt nur gerade Herr Obersteuerrat Steppes
zu einer so unerwarteten Darstellung, er, dem ich auf die Aeusserung
seines Bedauerns über das Hineinziehen der Vorbildungsfrage in meine
Abwehr die Gründe nannte, warum ich dies nicht vermeiden könne? leb
schrieb ihm etwa : Zuerst, wenn ich unter den Männern genannt wurde, die
das Maturitätszeugnis als Vorbedingung für das LandmesserBtudium em-
pfahlen, geschah dies mit einer der Wahrheit nicht widersprechenden Ein-
schränkung, die aber später zu meinem Verdruss weggelassen ward. Ich
hätte mich sogleich dagegen verwahren sollen, mochte mich aber nicht
vordrängen. Nun plötzlich (1906, S. 503) sehe ich mich als Zeuge für die
Baufälligkeit des eigenen Hauses aufgerufen und flugs geht man daran und
reisst mir's nieder. Da heisst es denn doch Einspruch erheben und den
wahren Sachverhalt wieder klarstellen.
Ich wiederhole es: Niemand, der nicht meine klaren Worte durch
seine eigenen Vermutungen, Empfindungen und Erfindungen ersetzt, kann
aus ihnen entnehmen, dass ich den Landmessern, die die Maturität ohne
Ausnahme als Vorbedingung für das Landmesserstudium herbeiwünschen,
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vera£SwnMen Vogler. Zur LandmeBserausbildung. 309
1907.
auch nur andeutungsweise den Vorwurf schmutziger Gewinnsucht auf Kosten
des Nachwuchses mache. Wogegen ich mich einzig und allein wende, das
ist die Art, wie für dreijähriges Studium und Maturität Propaganda ge-
macht wird durch eine unerhörte, masslos übertreibende, gehässige Herab-
ziehung der Hochschule und ihrer Erfolge. Halten die Herren uns Pro-
fessoren für die Strohpuppen auf der Tenne, die man im Dreitakt schlagen
kann, ohne dass sie es empfinden? Fast scheint es so, wenn Herr Ober-
stenerrat Steppes vermutet, meine Abwehr in Heft 24 v. J. sei nur ein
Deckmantel dafür gewesen, meinen früheren Vorschlag wieder vor-
zubringen, der die Maturität mit Ausnahmen empfiehlt. Oder ist der
Presse, sogar der Fachpresse, das Schelten auf öffentliche Einrichtungen
schon so zur alltäglichen Gewohnheit geworden, dass man es jedem übel-
nimmt, der sich dagegen ernstlich zur Wehr setzt, auch wenn sein ganzes
Denken und Wirken seit Jahrzehnten jenen Einrichtungen galt? Wenn
das Donnern der Presse nicht wert ist, dass man sich darum aufregt, was
ist es dann überhaupt wert?
S. 52 d. J. unten sagt Herr Obersteuerrat Steppes: [Vogler] würde
nech überdies den Gewinn haben, jene verstammen zu machen, die da
sagen, es sei ihm nur darum zu tun, die Geodäten den landwirtschaftlichen
Akademien zu erhalten, ohne dass sie vor den Studierenden der Landwirt-
schaft bezüglich der Vorbildung etwas voraus hätten. Darauf ist zu er-
widern: 1. Für die Landwirte genügt das Einjährigenzeugnis zur Aufnahme
als ordentliche Zuhörer der Hochschulen; die Geodäten müssen Reife für
Prima nachweisen, haben also vor jenen schon etwas voraus. 2. Vor
denjenigen Landwirten, welche die Prüfung für Lehrer der Landwirtschaft
an Landwirtschaftsschulen ablegen wollen, werden die Geodäten auch dann
nichts voraus haben, wenn von ihnen die Maturität verlangt werden wird.
3. Die Kenntnis meiner Absichten dürfte auf Seiten der Herren Unter-
steiler genau ihrer Kenntnis der eben berührten Vorbildungsverhältnisse
entsprechen. — Warum ich eine solche Nichtigkeit überhaupt einer Wider-
legung wert erachte? Weil sie die Kampfweise meiner Gegner grell be-
leuchtet. Wenn man es nur erst glaubhaft machen kann, dass ich irgend
welche Absichten zu verbergen, Pläne zu verhüllen, Befürchtungen zu ver-
decken trachte, dann kann man gleich weitergehen und mir Absichten
unterschieben, mich schliesslich noch für die hässlichen Misstöne ver-
antwortlich machen, die mich erst auf den Kampfplatz riefen, das erste-
wie das zweitemal, und auch jetzt.
Ich habe nichts zu verbergen, aber ich habe auch offene Augen und
Ohren. Ich höre nichts als derbe Ehrlichkeit aus den Worten, die doch
auch gegen mich gerichtet sind: „ Immer mehr Berufen gelingt es, Imma-
ture bei sich auszuschliessen. Die gesellschaftliche Bewertung der blossen
Primanervorbildung sinkt darum immer mehr, nicht darum, weil sie wirk-
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310 Vogler. Zur Landmesserausbildung. wJSSSSmStm
lieh weniger taugt wie früher, sondern weil jeder Schüler nun viel mehr
als früher dahin streben muss, auch wirklich das Abiturium zu machen.
Es handelt sich also hauptsächlich bei der Forderung des Abituriums für
uns nicht um eine pädagogische, sondern um eine innerpolitische Frage.
Es handelt sich nicht darum, welche Schulbildung ist zu wählen, um einen
möglichst hohen Prozentsatz Studierender das Landmesserexamen bestehen
zu machen, sondern darum : besitzt der Landmesserstand für das Wohl des
Staates die Bedeutung, dass ihm dieselbe Vorbildung und damit ein ähn-
liches Mass gesellschaftlicher Geltung gegönnt werden kann, wie andern
ähnlich gestellten Berufen. . .u Wer so aufrichtig schreibt, der darf mich
schon beschuldigen, ich sei im Grunde ein Revolutionär, der an den Grand-
festen der preussischen Beamtenhierarchie rüttelt; darf mich irrtümlich der
Sentimentalität zeihen, wenn ich den Staat vor Verschwendung der Talente
behüten will; darf mir meinethalben Schwarzmalerei vorhalten, wenn ich
selbst sage, dass bei uns der Vorlesungsbesuch nicht schlechter sei als
anderwärts, aber mit halbleeren Hörsälen keine Propaganda für Verlänge-
rung der Studiendauer gemacht werden könne. Ich bin ihm sogar dank-
bar für den Hinweis auf den einzigen (wenigstens solange eine Reform
noch gar nicht eingesetzt hat) gewichtigen Einwand gegen Zeugnisse mit
Beschränkung der Prädikate, nämlich dass Einzelprädikate nicht dem Spruch
des Lehrerkollegiums unterliegen. — Gruas und Handschlag nach ritter-
lichem Strauss!
Mit gesenkter Klinge trete ich S. 43 d. J. Herrn Obersteuerrat Steppes
gegenüber, werde aber S. 50 sehr von oben herab empfangen. Er habe
es nie verschmäht, sich durch stichhaltige Gründe eines Besseren belehren
zu lassen. Ich kann nicht sagen, dass meine Hoffnung, ihn zu überzeugen,
im Laufe der Debatte gewachsen ist. Sein Sophisma vom Hochschuldrill,
sein Haltgebot beim Darlegen meiner strengen Statistik (S. 28 Anm.), sein
schnellgläubiges Greifen nach der erschreckenden Seyfertechen Zahl, seine
Entdeckung meines Deckmantels und andere schon erwähnte, durch Beweise
nicht gestützte Anklagen gegen mich zeigen nicht, dass gute Gründe eine
gute Statt finden werden. So geht es denn auch meiner Darlegung des
Wertes der preussischen Vorpraxis schlecht genug. Das Lehrjahr bleibt
Herrn Obersteuerrat Steppes nach wie vor fast komisch überlastet, und
mein Beispiel tut er damit ab, dass Polygonisierungsarbeiten das einzige
seien, was von dem Lehrjahre in Preussen ausgeschlossen werde. Polygon-
aufnahmen werden nicht verlangt; ausgeschlossen sind sie nicht. Po-
lygon berechnun gen natürlich erst recht nicht; und da kein Theodolit,
sondern nur eine Logarithmentafel dazu nötig ist, wird jeder Lebrherr,
der seine Aufgabe richtig erfasst, Züge rechnen lassen. Eleven bei Neu-
messungen bekommen nicht 20, nein 40 Züge zu berechnen, in der Regel
auch einige aufzumessen. Bei den preussischen Landmessern, die Neu-
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v££m$£JSl*a Vogler. Zur Landmesserausbildung. 311
mes8ungen leiten, muss man nachfragen, was ein Eleve in einem Jahr za
leisten and zu lernen vermag. Eine etwas straffere Organisation des Zög-
lingswesens könnte diesen Gewinn allen gewähren und damit dem Studium
in unvergleichlicherWeise vorarbeiten. Natürlich muss in der Vorpraxis
gedrillt werden, da gehört das Drillen (im Sinne oft wiederholter Ein-
übung) hin. Was für die Hochschule ein Vorwurf wäre, ist für den Lehr-
herrn nach Umständen ein Lob. Das Tändeln mit dem Wort Drill kann
doch das Unrecht nicht tilgen, das man der landwirtschaftlichen Hochschule
angetan hat.
Durch Ausfälle von allen Seiten zur Verteidigung herausgefordert, habe
ich mich schon so ziemlich Uber alles äussern müssen, was Herr Ober-
steuerrat Steppes S. 51 in drei Punkte zusammenfasst, denen beizustimmen
ich eingeladen werde. Das hiesse aber doch mich völlig für überwunden
erklären, während ich nicht zugeben kann, auch nur in einer der Behaup-
tungen, die ich wirklich aufgestellt habe, widerlegt zu sein. Dieses Dartun
beisst mich wiederholen, muss aber wohl geschehen, damit ich nicht aus-
zuweichen scheine.
Das Bestehen von dreierlei Mittelschulen (in Preussen bekanntlich
höhere Schulen genannt) macht es stets schwierig, den Hochschulunterricht
an den der Mittelschule ohne Wiederholungen oder Lücken anzuschliessen.
Gerade für das Landmesserstudium ist aber dieser Anschluss verhältnis-
mässig gut gelöst durch Einlegen dem Stoffe nach elementarer, jedoch von
höherem Gesichtspunkt ausgehender Vorträge aus Mathematik und Natur-
wissenschaften, die erfahrungsgemäss selbst Abiturienten des Realgymna-
siums fesseln können. Sie können, ja sie sollten mit geringer Stoffverschie-
bung bestehen bleiben, wenn etwa die Maturität allgemein verlangt würde,
selbstverständlich auch dann, wenn neben der Maturität Zeugnisse mit nach
unten begrenzten Prädikaten zur Zulassung genügten, wie denn überhaupt
iliese beiden Zulassungsbedingungen kaum eine verschiedene Behandlung
des Unterrichts erforderten. Dafür sprechen die früher erwähnten Ergeb-
nisse der Statistik. Sie gewähren zugleich grosse Hoffnung, dass schon in
der ersten Prüfung ein weil grösserer Prozentsatz der Kandidaten als jetzt
bestehen wird. Der Gesamtbetrag der Bestehenden jedes Jahrganges, 95o/0
der in die Prüfung Eingetretenen, ist schon jetzt nicht gering, bessert sich
aber voraussichtlich noch, es kann sein auf 100 o/0, wenn bayerische Er-
fahrungen auf unsere Verhältnisse anwendbar sind. Die Zahl der dem
Landmesserfach Verlorenen, etwa 15o/0 der zum Zweck des Landmesser-
studiums die Hochschule Besuchenden, ist kein Vergleichsobjekt, weil nir-
gends sonst ermittelbar, auch für Preussen häufig falsch ermittelt und oft
verwechselt mit den in einem Prüfungstermin nicht Bestandenen, bisher
durchschnittlich 25<>/0.
Das Jahr der Vorpraxis, schon jetzt eine grosse Stütze des Hochschul-
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312 Vogler. Zur Landmesserausbildung.
Unterrichts, wird voraussichtlich durch eine Neuordnung im Sinne der Zu-
teilung der Zöglinge an die Lehrherren noch besser wirken. Streicht man
es, so genügen 2 Jahre Hochschulstudium nicht mehr. Der Uebergang
auf 3 Jahre hat aber nur dann Wert, wenn damit das eigentliche selb-
ständige Studium verlängert wird. Die Vorpraxis zu ersetzen darf das
dritte Jahr nicht vernutzt werden. Mit der Einführung eines dritten Stu-
dienjahres müsste, bei sonst nur geringer Ausdehnung des Lehrstoffs, das
erweiterte kulturtechnische Studium obligatorisch werden. Wird dies nicht
beliebt, dann muss es wohl bei dem fakultativen dreijährigen Studium
bleiben.
Die Weiterbildung der geprüften Landmesser für die Aufgaben des
eigentlichen Dienstes muss Sache der einzelnen Verwaltungszweige bleiben
wie bisher. Die Frage, wie die als notwendig erkannte Weiterbildung der
gewerbetreibenden Landmesser geregelt wird, ist wohl besser unabhängig
von der Gesamtausbildungsfrage zu behandeln. Jener Frage zulieb die
Vorpraxis zu streichen und eine mehrjährige Praxis ohne Einkünfte hinter-
her allgemein zu verlangen, enthält der Form nach eine Lösung, aber zum
Nachteil aller andern Dienstzweige.
Nun zu dem Schlusswort von der Loyalität. Ich habe oben keinen
Zweifel gelassen, dass ich es für durchaus loyal erachte, wenn jemand
offen erklärt, er wünsche das Abiturium für die Landmesser lediglich am
des Ansehens willen, das es ihnen gewährt. Ein solches Bekenntnis, ob-
wohl es eine Unterwerfung unter den Kleinstadtgeist enthält, erfordert
sogar herzhaften Mut gegenüber dem Tadel, den der Bekenner aus den
eigenen Reihen erfahren muss. Auch wer dem wackeren Kämpen im Herzen
beistimmt, in Worten aber nicht, handelt in meinen Augen nicht illoyal,
wenn auch anders als jener. Ich denke nicht daran, über ihn zu richten.
Nun gibt es sicher auch andere, die aus wirklichem, echtem Eifer für die
Landmesserausbildung das Abiturium und dreijähriges Fachstudium herbei-
sehnen; ich könnte eine ganze Strecke mit ihnen gehen. Aber haben die
nun gerade nötig, sich ungerechter Kampfmittel zu bedienen? Ich hatte
in meinen drei Abwehrschriften mich über eine ganze Reihe von Anklagen
zu äussern, die gegen die Hochschule oder gegen mich gerichtet und in
meinen Augen sehr wenig loyal waren. Sie gegenüber unseren Ministerien
für illoyal zu erklären, ist mir nicht eingefallen, wohl aber für unklug.
Ein freimütiges Wort an einen preussischen Minister verlangt doch heut-
zutage keinen ganz absonderlichen Mut, aber immer noch eine haltbare
Begründung. Uebertreibungen, Scheinstatistik, falsche und falsch gedeutete
Zahlen und ähnlicher Apparat ist dafür kein Ersatz.
Berlin, Februar 1907. Ch. A. Vogler.
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Steppes. Schlusswort zur Ansbildungsfrage. 313
Schlusswort zur Ausbildungsfrage.
Der vorstehenden Abhandlung wurde Raum gegeben, obwohl Herr
Geheimer Regierungsrat Ch. A. Vogler nichts wesentlich Neues beibringt
und es daher nachgerade für den Deutschen Geometerverein eine gewisse
Zumutung bedeutet, immer wieder den Raum seines Organs den Gegnern
der vom Verein seit langem für nötig erachteten Hebung der Fachausbil-
dung zur Verfügung zu stellen. Aber ich möchte nicht gerne den An-
schein erwecken, als fühlte ich mich durch die gegen mich persönlich ge-
richteten Angriffe wirklich niedergedonnert. Dergleichen Angriffe lassen
mich so lange sehr kalt, als ich mir sagen darf, dass sie unberechtigt
sind. Irgend welcher Nutzen ist von dem Weiterspinnen dieser Polemik
freilich nicht mehr zu erhoffen. Denn der Herr Geheime Regierungsrat
Professor Dr. Vogler hält ausgesprochenermassen (S. 308) alle von Anders-
denkenden vertretenen Ansichten für r Ungereimtheiten", die sich auf „Ein-
drücke, Stimmungen, Gefühle, Töne" stützen, und nur das, was er selbst
ex cathedra verkündet, für „klare, vertretbare Reden". Nun scheint es
mir doch mit letzteren eine eigene Bewandtnis zu haben. Es kann eine
Aufstellung ganz klar und an sich vollständig vertretbar sein, aber doch
für das, was zu beweisen war, absolut nichts beweisen. So dürfte es sich
beispielsweise verhalten mit dem, was Seite 307 bezüglich der Zulassung
von Oberrealschul- Abiturienten zum Studium der Medizin gesagt ist.
Man mag das Festhalten an der humanistischen Bildung noch nicht gerade
für eine „Ungereimtheit" oder Kleinstädterei halten und wird doch als
eine klare, wohl vertretbare Rede anerkennen dürfen, was Herr Geheim-
rat über die naturwissenschaftliche Vorbildung der Mediziner sagt. Man
wird, um seine Worte zu gebrauchen, in diesem Punkte ..eine ganze Strecke"
mit ihm gehen können. Aber die Frage einer anderweitigen Gestaltung
der Vorbildung der Mediziner könnte im Sinne einer Vorbildlichkeit für
die hier in Rede stehende Frage: Maturität oder nicht für die Landmesser?
doch nur dann ausgeschlachtet werden, wenn gesagt würde : Der Mediziner
hat an dem Latein, das er bis zur Primareife des Gymnasiums sich an-
eignet, vollständig genug; daher nehme man ihn aus der 7. Klasse auf die
Hochschule, ohne dass er sich vorher eine abgeschlossene allgemeine
— humanistische oder naturwissenschaftliche — Vorbildung erworben hat.
Derartige Meinungsäusserungen haben aber bisher weder die „hintersten
Kleinstädter", noch die vordersten Weltstadtbewohner erhoben und darum
ist dieses „mutige Zerbrechen starrer Formen" für die Frage der Matu-
rität für das Landmesserstudium in keiner Weise ausschlaggebend: wenn
aber, so höchstens im Sinne der Berechtigung dei Maturitätsf orderung.
Aehnlich verhält es sich mit der Erwiderung des Herrn Geheimrats
auf die Andeutung S. 52 unten und S. 53 bezüglich der Ausbildung der
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314 Steppes. Schlusswort zur Ausbildungsfrage. v«^£SSSww«
1907. *
Landwirte. Mir persönlich sind ja die Anforderungen an die Landwirte
für Freu88en wie fUr Bayern sehr wohl bekannt, für Preussen aas den
Programmen der Akademien, für Bayern deshalb, weil mein jüngster Sohn
sein hoffentlich letztes Semester als Studierender der Landwirtschaft dem-
nächst antreten wird. Ich kann also die Erwiderung als eine klare, ver-
tretbare Rede anerkennen. Aber der Kernpunkt jener Andeutung dreht
sich doch nicht um kleinere Unterschiede in den Anforderungen an die
nicht-maturen Hochsehüler, sondern um die Frage: Akademie oder tech-
nische Hochschule? Ueber seine Stellung zu dieser Frage aber schweigt
sich der Herr Geheime Regierungsrat vollständig aus. Er spricht nur von
„Unterschiebungen" und „hässlichen MisstönenM (S. 309), obwohl ich doch
einem Zurückstellen dieser Frage das Wort geredet habe — mit welchem
Erfolge, das muss ich allerdings dahingestellt sein lassen.
Diese Taktik, untergeordnete Punkte herauszugreifen und durch aus-
gedehnte Erörterung dieser Unterfragen den Gegner niederzuschmettern,
ohne auf die Kernpunkte selbst näher einzugehen, ist auch in der dies-
maligen Abhandlung „Zur Landmesserausbildung u ausgiebig zur Anwendung
gekommen. Ich möchte das in aller Kürze beweisen, um nicht wieder der
böswilligen Erfindung geziehen zu werden.
Ich kann dabei darauf verzichten, bei der Frage des „Drills" länger
zu verweilen, obwohl es auffallen könnte, dass erst jetzt der Vorwurf eines
disziplinar strafbaren Verhaltens herauskonstruiert wird , während primär
nur „die Landwirtschaftliche Hochschule nicht ganz zu ihrem Recht kommt«
(1906 S. 611), obwohl bezüglich der Ilörsaalverödung auf die Fragen auf
S. 303 die Antwort im voraus gegeben war dahin, dass von uns (vergl.
z. B. 1906 S. 665) die Forderung der Maturität in erster Linie zu dem
Zwecke hochgehalten wird, dass die Hörer ein akademisches Studium auch*
wirklich zu verdauen in die Lage gesetzt werden müssen. Aber nachdem
jedes Urteil in dieser Sache, auch wenn dessen begütigende Absicht zu-
gestanden wird (S. 302), schliesslich doch nur als böswillige „Dehnung"
der Begriffe und Vertretung des „Unmöglichen" (S. 303) erklärt wird, muss
ich mich in diesem Punkte mit dem Hinweis begnügen, dass allgemein der
Richter in eigener Sache nicht immer als der beste Richter gilt.
Etwas länger muss ich bei der auch jetzt wieder recht breit beban-
delten Statistik der Examenerfolge verweilen. Die Rechnung, welche der
Herr Geheime Regierungsrat aufmacht, um seine Schätzung zu stützen,
dass 95o/0 aller in die Prüfung Eintretenden ihr Ziel erreichen, scheint
mir sehr sonderbar. Jedenfalls ist die statistische Voraussetzung recht
unglücklich gewählt. Wenn eine Aufsichtsbehörde festgestellt hat, dass in
zehnjährigem Durchschnitt nur 75% der in die Prüfung Eingetretenen die
Prüfung bestehen, so mögen in den nächsten zehn Jahren alle frischen
Jahrgänge von je 100 in die Prüfung Eingetretener diese auch regelmässig
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31fr
■ amtliche bestehen. Es werden dann in 20 Jahren nach meiner Rechnung
(76 X 10) + (100 X 10) = 1750 = ^ ^ ^
Eine Schätzung aber, die aus der Annahme des zehnjährigen durchschnitt-
lichen Durchfalls von 25<>/0 zu der Voraussicht gelangen kann, dass 95°/,
ihr Ziel erreichen, dürfte wenig Glauben finden. Man kommt ja auch zu
dem gleichen Ergebnis, wenn man mit Herrn Geh. Regierungsrat sagt:
„Nun denken wir uns einen ganz frischen Jahrgang 100 Mann in die Prü-
fung eintreten, 75 bestehen"; dann aber noch ungleich weiter geht und
sagt: Alle 25 Durchgefallenen bestehen im nächsten Jahr die zweite Prü-
fung, mit den neuen Kandidaten 100 °/0. Es sind dann immer nur durch-
schnittlich 87i/20/o. Der sonderbare „theoretische Zahlenbeweis u meines
Gegners ist eben ein Trugschluss und ich bleibe vollständig berechtigt,
mein früheres Urteil über die statistischen Erhebungen des Herrn Geheim-
rats (in den Nachträgen im Heft 1) dahin festzuhalten (S. 47 und 48):
Wenn in Bonn bis zum Jahre 1897 (nach amtlichen Zahlen) 1222 Kandi-
daten in die Prüfung eingetreten sind, davon aber 9<>/0 zurücktraten und
16% nicht bestanden haben, wenn in Bonn und Berlin 1894 mit 1902 von
2136 in die Prüfung Eingetretenen nur 1786 (83,4 °/0) bestanden haben,
so kann gegen diese Zahlen gar nichts durch den Nachweis be-
wiesen werden, dass einzelne der bei erstmaliger Prüfung Durch-
gefallenen bei zweiter oder dritter Prüfung doch noch bestanden haben;
diese sind ja auch in den für längere Zeiträume ermittelten
Durchschnittszahlen als „bestanden-4 wirklich inbegriffen.
Ueber diesen wichtigen Punkt schweigt sich der Herr Geheime Re-
gierungsrat vollständig aus. Mit um so grösserer Wucht stürzt sich der-
selbe auf den mir wie anderen anscheinend unterlaufenen Lapsus, wonach
der Prozentsatz der ohne Prüfung Abgegangenen aus einer Ziffer berechnet
wurde, die zwar amtlichen Angaben entnommen ist, bei welcher aber —
ohne dass dies in den amtlichen Angaben klargestellt gewesen wäre —
unter die ohne Prüfung Abgegangenen auch die Jahrgänge der Kultur-
techniker eingerechnet sein sollen, die überhaupt keine Landmesserprüfung
abzulegen hatten. Der Herr Geheime Regierungsrat gibt zwar zu, dass
dies in gutem Glauben geschehen sei, versteigt sich aber an anderer Stelle
(S. 305) zu der Unterstellung, als hätten durch die Verwertung jener Ziffern
die Hälfte der preussischen Oberlandmesser als verdorbene Studenten be-
zeichnet werden wollen, oder auch zu dem staunenswert geschmackwidrigen
Vergleich, als wolle aus Massen zur Bestimmung des Flächeninhalts die
Meereshöhe eines Grundstückes berechnet werden!! (S. 304).
Derartige Unterstellungen und Ausfälle lassen dann den Herrn Ge-
heimen Regierungsrat nicht dazu gelangen, darauf näher einzugehen, dass
die erst in einer zweiten oder gar in einer dritten Prüfung Durchgekom-
316 Steppes. Schlusswort zur Ausbildungsfrage. veraSSSSSiSS«
1907.
menen des Vorteils, der ihnen durch den Uebertritt mit Primareife ver-
schafft werden soll, von vorneherein verlieren. Denn dass ein Hochschul-
jahr dem Beamtenvater mehr kostet, als ein solches auf der Mittel- oder
höheren Schule, das wird ja doch nicht zu bestreiten sein. Ebensowenig
bleibt Herrn Geheimen Regierungsrat in dem Bestreben, mir recht viele
Erfindungen, Verdrehungen und Ungereimtheiten nachzuweisen, noch die
geringste Zeit übrig, am darauf einzugehen, dass der Vorschlag, an dem
er mit so erstaunlicher Zähigkeit festhält: Dem Talentierten Primareife,
dem Minderbegabten Abiturium, wohl nie die geringste Aussicht hat, von
einer deutschen Unterrichtsverwaltung dauernd Billigung zu finden, solange
es nicht etwa besondere Mittelschulen für Talentierte und für Minder-
begabte gibt. Der Herr Geheime Regierungsrat glaubt immer den Ver-
tretern der Maturität vorwerfen zu dürfen, dass sie den Staat zur Ver-
schwendung der Talente (sind denn die Beamtensöhne immer garantierte
Talente?) nötigen wollen und dass sie den talentierten Primareifen das
Geld für Erlangung der Maturität aus selbstsüchtigen Motiven gewisser-
massen aus der Tasche stehlen wollen. Hat er keine Vorstellung, dass es
auch Leute geben kann, die sich im Gewissen verpflichtet fühlen, einem
Vater den Rat im kritischen Falle zu geben: Wenn Sie Ihren Sohn ab-
solut nur mehr zwei Jahre studieren lassen können, so lassen Sie ihn die
Mittelschule absolvieren und führen ihn mit der erlangten abgeschlossenen
Bildung und Reife einem freien Berufe oder auch einem Zweige des
Staatsdienstes zu, der kein Hochschulstudium erfordert. Wenn Sie ihn
mit Primareife zum Landmesserstudium bringen, riskieren Sie, dass sich
trotz einzelner guten Noten auf der Hochschule erst zeigt, dass er zu
diesem Fache nicht taugt. In der Regel wird er aber dann für eine bessere
Lebensstellung verdorben sein. —
Nun noch ein paar Worte zu einzelnen Vorwürfen, die der Herr Ge-
heime Regierungsrat gegen mich persönlich mit so grimmiger Wucht schleu-
dern zu müssen glaubt. Er findet es unglaublich, dass die Abhandlung in
Heft 24 vom Jahre 1906 nach meinem Urteil unter dem Deckmantel einer
Verteidigung der Hochschule gegen unberechtigte Vorwürfe tatsächlich
gegen die Forderung des Abituriums gemünzt ist. Ja ist denn dort nicht
— allerdings mit einiger Verblümnng — gesagt, es bedürfe weiter nichts,
als dass die jungen Leute die Vorlesungen fle issiger besuchen; die weiter-
gehenden Forderungen der Landmesser bezüglich der Verbesserung der
Ausbildung entspringen nur dem Hochmut, den die Herren auf der Hoch-
schule — von wem wohl? — gelernt haben. Der Herr Geheime Regie-
rungsrat mag es glauben oder nicht; aber ich kann ihm nach den Zu-
schriften, die mir aus allen Kreisen nicht nur Preussens, sondern Deutsch-
lands zugegangen sind, versichern, dass jene Leser dieser Zeitschrift an
den Fingern abzuzählen sind, die jene Abhandlung nicht als eine klare —
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▼•ra£iun"v?£en Steppes. Schluaswort zur Ausbildungsfrage. 317
1907.
aber nach unserer Ansicht allerdings nicht vertretbare — Rede gegen die
Forderung der Maturität aufgefasst hätten. Und wenn das Aussprechen
dieser Auffassung dartun soll, dass wir die Herren Professoren für die
Strohpuppen auf der Tenne halten, die man im Dreitakt schlagen kann,
so könnte man die Gegenfrage stellen : Hält man wirklich die Landmesser
für so albern, dass sie sich durch Vergleiche, wie der von der Berechnung
der Meereshöhe aus Flächenmassen oder vom Wespennest am Dachbalken
(S. 308), oder durch derbe Vorwürfe, wie Erfindung, Ungereimtheiten etc.,
über die mangelnde Stichhaltigkeit und Beweiskraft des sachlichen Inhalts
auch dieser neuen Abhandlung hinwegtäuschen lassen?
Und nun zur gesenkten Klinge! (S. 310 u. fgde.) Der Herr Geheime
Regierungsrat meinte, ich hätte ihn von oben herab empfangen und nicht
gezeigt, dass gute Gründe eine gute Statt bei mir finden. Ich muss zu-
geben, dass die meisten Gründe des Herrn Geheimen Kegierungsrats bisher
keine gute Statt bei mir gefunden haben, aber bloss deshalb, weil ich sie
eben leider nicht für gute Gründe halten konnte und kann. So bin ich
i. B. mit dem, was S. 311 über die Vorteile, ich sage sogar die Not-
wendigkeit eines mathematischen Repetitoriums auch für Mature jeder Art
auseinandergesetzt ist, sehr wohl einverstanden. Dafür sprechen auch nach
meiner Ueberzeugung gute Gründe. Durchaus aber nicht einverstanden
kann ich sein mit den Anschauungen über das Lehrjahr, in Preisen das
einzige Jahr der Vorpraxis überhaupt. Und ich bin so von oben herab,
dass ich in diesem Punkte mein Urteil nicht an dem des Herrn Ge-
heimen Regierungsrats, ja nicht einmal an dem der preussischen Land-
messer, die Neumessungen leiten, zu verbessern mich entschliessen kann.
Ich bin seit mehr als 20 Jahren mit der Leitung von Neumessungen be-
fas8t. bei welchen regelmässig eine grössere Zahl junger Herren, die die
Hochschule (ohne Lehrjahr) hinter sich haben, in die Praxis eingeführt
werden. Ich weiss daher sehr wohl aus eigener langjähriger Erfahrung,
was man Praktikanten, die das Fachstudium hinter sich haben, in etwa
Jahresfrist mit Erfolg beibringen kann. Und ich kann mir auch — mein
Herr Gegner mag es glauben oder nicht — sehr wohl ein Urteil bilden,
was ein Primareifer vor dem Fachstudium in einem Jahre zu leisten ver-
mag. Danach muss ich bei meinem Urteile bleiben, dass das Lehrjahr in
Preussen beinahe komisch überlastet ist und dass die Zeugnisse über das,
was der junge Lehrling nach dem glatten Wortlaut der bestehenden Vor-
schriften „unter Aufsicht, aber selbständig" geleistet haben muss, —
Leistungen, die der Herr Geheime Regierungsrat zur Erleichtei ung der
Hochschule noch erheblich vermehrt sehen möchte, — nur mit einer nach
meiner Ansiebt sehr bedenklichen Dehnung des Begriffes einer selb-
ständigen Arbeit ausgestellt werden können. Auch vor diesen Fragen ist,
obwohl ich darauf (1906 S. 665) ausdrücklich hingewiesen hatte, der Herr
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318 Steppes. Schlusswort zur Ausbildungsfrage. verawÜn^ww«
Geheime Regierungsrat mit gesenkter Klinge stehen geblieben. Was aber
die Wirkung der gesenkten Klinge — früher hiess es: mit gesenktem
Degen — auf mich persönlich betrifft, so habe ich den Wink ja wohl ver-
standen. Ich glaube aber durch mein Vorleben niemanden das Recht ge-
geben zu haben zu der Annahme, dass ich mich durch irgend welche Rück-
sichten abhalten lassen könnte, in einer so wichtigen Sache meiner Ueber-
zeugung offenen Ausdruck zu geben. Ich hätte doch längst meine Stellung
in der Schriftleitung dieser Zeitschrift, wie in der Vorstandschaft des
Deutschen Geometervereins niederlegen müssen, wenn ich nicht gewillt und
nach meiner innersten Ueberzeugung in der Lage gewesen wäre, in einer
so wichtigen Frage die Forderungen, die der D. G.-V. seit Jahrzehnten
hochgehalten, unter allen Umständen zu vertreten. Ich bin allerdings auch
in der Frage der „Loyalität" ganz anderer Meinung als mein Herr Gegner.
Ich würde diejenigen, welche für die Maturität mit Energie eintreten le-
diglich um des Ansehens willen, das es den Landmessern gewährt, nicht
für durchaus loyal halten und noch weniger für „wackere Kämpen u. Und
mit Leuten, welche jemandem im Herzen beistimmen, in Worten aber nicht
{S. 312), habe ich überhaupt nicht gerne zu tun.
Ich konnte auch die neue Abhandlung des Herrn Geheimen Regierung««
rats nicht ganz unerwidert lassen; aber ich dächte, dass in Rücksicht auf
den verfügbaren Raum die Sache, zumal sie immer mehr einen persönlichen
Charakter — nicht durch mein Verschulden — angenommen, nunmehr
genugsam breitgetreten wäre. Aus den Reihen der Praktiker werden sich
auch von Seiten der früher der Sache kühl Gegenttbergeatandenen
mehr Stimmen gegen die obligatorische Maturität vernehmen lassen,
beispielsweise die Abhandlung S. 298 u. f. dartut. Und wenn sich nun auch
in der landwirtschaftlichen Presse (Heft 6) und selbst in der Abgeordneten-
kammer (Heft 9) Stimmen für die Notwendigkeit des Abituriums nach-
drücklich ausgesprochen haben, so ist es doch weder für die Vertreter der
Praxis, noch für die der Wissenschaft erquicklich, wenn gerade in diesem
Organ, das von jeher Wissenschaft und Praxis gleichmässig zu hegen und
zu vertreten sich vorsetzte, das merkwürdige Schauspiel sich abwickelt,
dass gerade ein hochgestellter Vertreter der Hochschule sich berufen fühlt,
dem energischen Eintreten für eine gründliche wissenschaftliche Vorbildung
und für ausreichende praktische Schulung vor dem Eintritte in den öffent-
lichen Dienst immer wieder Dämpfer aufzusetzen.
April 1907. Steppes.
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z*iucbrtrt rar Bitte! — Personalnachrichten. 319
V«rra«MangffWM«o
kW/4 >
Bitte!
Um Material über die Stellung und das Wirken der deutschen Land-
messer in den Kolonien zu erhalten, bitten wir um Uebersendung von
(möglichst einseitig geschriebenen) Abschriften von Briefen und Berichten
u. s. w. von Landmessern bezw. fiber Landmesser. Originalbriefe werden
auf Wunsch zurückgesandt. Ferner bitten wir um Mitteilung der Namen
derjenigen Landmesser, welche in den Kolonien (wo?) in Staats- oder
Privat diensten gearbeitet haben. Welche davon sind an Tropenkrankheiten
u. s. w. gestorben, tropen dienstuntauglich geworden, wie lange sind sie im
Ausgendienste gewesen, welche Arbeiten haben sie ausgeführt, welche Er-
fahrungen sind von ihnen oder über sie gemacht worden, welche Wünsche
oder Forderungen sind hinsichtlich ihrer dienstlichen und ausserdienstlichen
Betätigung zu stellen ? Es gilt den Anteil festzustellen, welchen die Land-
messer an der Erschliessung der Kolonien gehabt haben , und weiter die
Linie festzulegen, auf der seitens der Landmesser weiter gearbeitet werden
moss. Die Bearbeitung des Materials übernimmt der Unterzeichnete.
Gleichzeitig sprechen wir den Wunsch aus, die deutschen Landmesser,
welche drüben immer in erster Reihe gestanden haben, möchten sich all-
gemeiner als bisher an der nationalen Arbeit der Deutschen Kolonial-
geseilschaft1) nach Kräften beteiligen. Auf diesem Wege werden sie der
Oeffentlichkeit gegenüber aufklärend wirken und weiteren Kreisen die Ge-
legenheit geben können, die bisher kaum beachtete Bedeutung der land-
messerischen Arbeit auch auf diesem wichtigen Gebiete kennen und richtig
einschätzen zu lernen.
Der Vorstand der Abteilung Lippstadt der Deutschen Kolonialgesellschaft.
I. A.: Th. EichhoUz, Landmesser (Schriftführer).
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung.
Gestorben: St.-I. Scheidt in Bochum II.
Pensioniert: St.-R. Rink in Erfurt.
') Die über 30000 Mitglieder zahlende Deutsche Kolonialgesellschaft ist an
den meisten deutschen Orten und an vielen Plätzen des Auslandes durch Mit-
glieder vertreten. In mehr als 300 Städten befinden sich Abteilungen (Zweig-
vereine) der Gesellschaft. Die Mitgliedschaft wird gegen Zahlung eines Jahres-
beitrages von mindestens 6 Mk. (im Auslande 8 Mk.) erworben. Von den Ab-
teilungen wird ein zwischen 1 — 4 Mk. liegender Zuschlag zur Deckung der
örtlichen Unkosten erhoben. — Jedem Mitgliede wird die illustrierte Wochen-
schrift „ Deutsche Kolonialzeitung" unentgeltlich geliefert. Anmeldungen zur Mit-
gliedschaft sind an die Vorstände der Abteilungen oder an das Zentralbureau
der Gesellschaft, Berlin W. 9, Schellingstr. 4, zu richten.
(Die Fachzeitschriften werden um Abdruck dieser Bitte ersucht.)
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320
Personalnachrickten.
Versetzt: die St-L Biskamp von Homburg v. d. H. nach Schleu-
singen, Dziegalowski von Kolberg nach Kiel II, Seydel von Stolp nach
Kiel III, Gebauer von Rendsburg nach Kappeln; die K.-K. Tag von
Schleusingen nach Homburg \. d. II. , Holste von Bentheim nach Osna-
brück, Brockmann von Bersenbrück nach Bentheim.
Befördert: Zu Kat. -Inspektoren : die St.-I. Haller von Dortmund 1
nach Magdeburg, Kosswig von Köpenick nach Arnsberg. — Zu Kat. -Kon-
trolleuren bezw. Kat-Sekretaren : die K.-L. Ulrichs von Wiesbaden nach
Adenau II, Stahlberg von Trier nach Lublinitz, Agahd von Posen nach
Arnswalde, Baumgarth von Breslau nach Rothenburg, Kriech el von
Wiesbaden nach Much, Adloff von Marienwerder nach Lötzen, von Bor-
ries von Hildesheim nach Wittmund. — Zu Kat.-Landmessern Ia: die
K.-L. Gasda in Breslau, Kroschel von Arnsberg nach Hildesheim, Böhm
von Marienwerder nach Wiesbaden, Monshausen von Düsseldorf nach
Trier, Temme von Arnsberg nach Münster, Fuchs von Aachen nach
Marienwerder.
Ernannt: Zum Kat. -Landmesser Ib: Braatz, Adolf, in Lüneburg.
Freie Aemter und Stellen: Bochum II. — Die Katasterämter
Kolberg und Stolp im Reg.-Bez. Köslin und Gardelegen im Reg.-Bez.
Magdeburg sind zu besetzen.
Bemerkung: K.-L. Voss ist ausgeschieden.
Königreich Sachsen. Berichtigung zu Heft 6: Finanzlandmesser-
assistent Liebsch nicht Lieloch ist zum Bezirkslandmesser in Auerbach
ernannt. — Gestorben : Finanzlandmesser Werner im Domänenvermessungs-
bureau. — Verm.-Assessor Jentsch vom 1. April 1907 ab zur Dienstleistung
in das Domänenvermessungsbureau abgeordnet. — Vom 1. April 1907 ab
Verm.-Assistent ßurkhardt zum Finanzlandmesserassistent, die Diplom-
ingenieure Mentzel und Weger dt zu Verm.- Referendaren ernannt. —
Diplomingenieur Därrschmidt als techn. Hilfsarbeiter angestellt, Diplom-
ingenieur Sc horcht aus dem Vorbereitungsdienste ausgeschieden, Diplom-
ingenieur Grundmann anderweit zum Vorbereitungsdienste zugelassen. —
Vom 1. Juli ab Oberlandmesser Schulze in Zwickau in Ruhestand ge-
treten, Be/.irkslandme88er Stentzel in Dippoldiswalde nach Zwickau ver-
setzt und Finanzlandmesserassistent Bruhm zum Bezirkslandmesser in Dip-
poldiswalde ernannt. — S. Maj. der König haben dem Oberlandmesser
Weidauer in Leipzig bei seinem Uebertritt in den Ruhestand das Ritter-
kreuz II. Kl. vom Verdienstorden verliehen.
Königreich Württemberg. Unter dem C>./4. 07 wurde der Vorstand
des Statistischen Landesamts, Präsident von Stumpf, auf Ansuchen in
den bleibenden Ruhestand versetzt. Präsident von Stumpf war längere Zeit
Präsident (Direktor) des Kgl. Steuerkollegiums, Abt für direkte Steuern,
welchem das Kgl. Katasterbureau unterstellt ist. — An demselben Tage
wurde eine Expeditorstelle bei dem Kgl. Kat aster bureau dem Trigonometer
Hanenmeyer bei diesem Bureau mit dem Titel Vermessungsinspektor
übertrauen.
Inhalt.
Wissenschaft I. Mitteilungen: Theorie des Karteneinganjies f von K. Fuchs.
— „Taschen-Nivellierinstrumente", von Hammer. — Vorbildung der Landmesser,
von Gehrmann. — Zur Landmesserausbildung, von Ch. A. Vogler. — Schlnss-
wort zur Ausbildungsfrage, von Steppes. — Bitte! — Personalnachrichten.
Verl»? "on Kourmd Wittwer in Stuttgart.
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321
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
*
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
4
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuarrat und Dr. O. Eggert, Profaaaor
München M, K*Uuterbureau. Danxig-Laogfuhr, Ahorn weg 10.
+4
1907. Heft 13. Band XXXTI.
*~ L Mai.
Der Abdruck toh Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Geodäsie für Geographen.1) >
Von Sigismund Track, k. u. k. Hauptmann a. D. in Wien.
In den letzten Jahren ist auf österreichischen Universitäten die Be-
i
strebung im Schosse der leitenden Fachmänner des höheren geographischen
Unterrichtes zur Geltung gelangt, den Studierenden der Geographie Gelegen-
heit zu bieten, sich mit den Grundsätzen der Geodäsie vertraut zu machen.
Diese Bestrebung erfolgte in richtiger Erkenntnis des engen Zusammen-
hanges zwischen der Geographie als Erdbeschreibung und der Geodäsie
als Erdvermessung.
Da die Einführung des geodätischen Unterrichtes an Universitäten
verhältnismässig noch neu ist, bliebe noch zu untersuchen, in welchem
Umfange and nach welchen Lehrgrundsätzen die Geodäsie dem Studieren-
den der Geographie am zweckdienlichsten wird.
Indem man sich vor Augen hält, welche Aufgaben der Geograph als
Geodät zu lösen hat, erhält man die Anleitung, in welchem Umfange geo-
dätisches Wissen und Können für den Geographen erforderlich sind.
Ein Zuviel im Umfang des Stoffes oder in der Ausführlichkeit der
Behandlung der einzelnen Abschnitte ist ebenso unzweckmässig, wie ein
Zuwenig, welches Lücken hinterlässt und gleichfalls das angestrebte Ziel
verfehlt. Unnütze Ueberbürdung wird lästig und hemmt den an und für
sich mühevollen Weg der Arbeit, sie trübt den klaren, weiten Blick, dessen
') Im Einverständnis mit den beiderseitigen Schriftleitungen erscheint der
vorliegende Aufsatz auch in den „Mitteilungen der k. k. geographischen Ge-
sellschaft in Wien".
Zeitschrift für Vermegsuug«we«en 1907. Heft 13. 24
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322 Truck. Geodäsie für Geographen. zjudutfi «r^
der Geograph für die Forschung nicht entraten kann. Mangelhaftes geo-
dätisches Können dagegen erschwert ihm gleichfalls den Weg, indem es
ihn der Stütze beraubt, deren er in den fernen Forschungsgebieten so
dringend bedarf. Der goldene Mittelweg allein führt zum heilsamen Ziel
und tragt reife, gesunde Früchte.
Aus diesen Hinweisen lässt sich die leitende Idee für die Art der
Verwertung des geodätischen Lehrstoffes, die Anordnung desselben für
den Unterricht, der Umfang sowie die Methode beim Vorgang des geo-
dätischen Unterrichtes für Studierende der Geographie andeuten.
*
Was Albrecht Penck in den klassischen Abschiedsworten an seine
Wiener Schüler1) in glänzender Ausführung von der Geographie sagt,
„dass sie nur zu lange zu ihrem Nachteile bloss nach literarischen Quellen
betrieben worden ist und des belebenden Einflusses verlustig gewesen,
welchen die B e o b a c h t u n g auf die Entwicklung jeder Wissenschaft und
in allererster Linie einer konkreten Wissenschaft ausübt," das gilt in
vollstem Sinne der Bedeutung dieser markanten Worte auch für die
Geodäsie.
Die Geodäsie ist eine konkrete, empirische Wissenschaft. Theore-
tisches Wissen allein wird dem jungen Geographen, der sich anschickt,
den schwierigen Weg des Forschungsreisenden zu betreten, nicht über die
Hindernisse hinweghelfen, um seiner Aufgabe gerecht zu werden. Hier
kann theoretisches Wissen nur mit einem positiven, exakten Können
vereint von Nutzen sein.
ExakteB Können erwirbt man aber nur auf empirischem Wege. Die
Theorie ist jedoch unleugbar die sicherste und verlässlichste Grundlage
einer jeden Wissenschaft. Sie soll aber dem Studierenden der Geographie
lediglich nur in jenem Umfange vermittelt werden, um den empirischen
Weg mit Verständnis und Erfolg betreten zu können, wobei auch die
mathematische Vorbildung des Studierenden der Geographie in aus-
schlaggebender Weise zu berücksichtigen wäre.
Zur sicheren Erreichung dieses Zieles benötigt der Studierende in
erster Linie eine rationelle Grundlage für sein geodätisches Wissen
und Können. Er soll sie durch die Anordnung des Lehrstoffes an der
Universität erlangen, indem eine dem Umfange und dem Inhalte nach stets
gleiche, regelmässig wiederkehrende und innerhalb einer bestimmten Zeit-
periode zu absolvierende Vorlesung über Geodäsie eingeführt werde, welche
in systematischer und rationeller Behandlung des Lehrstoffes dem
Studierenden als Grundstock der theoretischen und praktischen Aus-
a) A. Penck, Beobachtung als Grundlage der Geographie. Berlin, Gebrüder
Bornträger. 1906.
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fSSSSmmtm T^uck• Geod&sie für Geographen. 323
WW.
bildung dienen und nach Absolvierung derselben ihn theoretisch and prak-
tisch befähigen sollte, die ihm als Forschuntrsreisenden zufallenden Auf-
gaben selbständig mit Erfolg zu lösen.
Die erwähnte Zeitperiode zur Absolvierung der genannten Vorlesung
sollte etwa zwei Semester umfassen, so dass beispielsweise der akademische
Lehrer im Wintersemester „Geodäsie für Geographen, L Teil", im
Sommersemester „Geodäsie für Geographen, II. Teil0 bei entsprechen-
der Einteilung des Lehrstoffes fur die einzelnen Semester zu lesen und in
beiden Semestern diesen Vorlesungen „Praktische geodätische
Uebungen und Exkursionen" anzugliedern hätte.
Da einzelne Abschnitte der Geodäsie, ähnlich wie bei anderen mathe-
matischen Wissenszweigen, organisch miteinander zusammenhängen, ja gleich-
sam aufeinander aufgebaut sind und das Verständnis des einen die Kenntnis
des anderen voraussetzt, sind rationelle Grundlagen als Rückgrat der
Geodäsie zur systematischen Behandlung des Lehrstoffes unentbehrlich.
Aus diesem Grunde können Spezialvorlesungen allein, über einzelne
ausgewählte Kapitel der Geodäsie, als rationelle Grundlagen dem Studieren-
den nicht dienen und in den meisten Fällen wird ihm auch das nötige
Verständnis und die Klarheit der Aufassung für diese Spezialvorlesungen
fehlen, sofern die fundamentalen Grundprinzipien der Geodäsie ihm abgehen.
Derartige Spezialvorlesungen scheinen mir daher nur dann geeignet,
das geodätische Wissen der Studierenden zu fördern, wenn dieselben die
leitenden Grundsätze der Geodäsie in systematischer Weise sich bereits
anzueignen Gelegenheit hatten.
Ausschliesslich nur in diesem Falle erfüllen diese Spezialvorlesungen
ihren Zweck, das geodätische Wissen der Studierenden zu befestigen, zu
erweitern und zu vertiefen; in jedem anderen Falle können sie bei ihnen
nur Verwirrung und Oberflächlichkeit erzeugen.
Durch die Massnahme der Einführung einer rationellen Hauptvor-
lesung über Geodäsie, die jeder Studierende der Geographie hören sollte,
erscheint die Lehr- und Lernfreiheit in keiner Weise angetastet. Der
akademische Lehrer erfüllt nur seine moralische Pflicht, wenn er seine
Vorlesung in der Art anordnet, dass sie für den Studierenden erfolgreich
wird; dem Studierenden dagegen steht es jederzeit frei, in der Wahl seiner
Vorlesungen nach Gutdünken verzugehen.
Dass die Geodäsie dem Geographen nur Hilfswissenschaft ist,
die ihm zur Erreichung eines ganz bestimmten Zweckes dienen soll, mag
niemals vergessen werden. Er bedarf aber unbedingt ihrer praktischen
Anwendung, daher muss das Wissen mit dem Können stets eng ver-
bunden sein.
Dieses Können ist der Ariadnefaden, der den Forschungsreisenden
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324 Truck. Geodäsie fur Geographen. „ zoiuchrm rar
1907T
durch unbekannte Gebiete leitet. Der Prüfstein des Könnens besteht in
der positiven und eindeutigen Beantwortung der Frage, die der Forschungs-
reisende sich gelegentlich stets vorzulegen hat: „Auf welche Art und mit
welchen einfachsten Mitteln kann ich dieses oder jenes Gelände, meinem
Zwecke entsprechend, richtig und rasch aufnehmen?*
Ist er in der Lage, sich in jedem Falle eine positive Antwort zu
erteilen, dann ist er befähigt, seine Aufgabe erschöpfend zu lösen. Hierbei
soll der Forschungsreisende in untergeordnete Details sich nicht einlassen
und den Blick ins Grosse richten, da seine Aufnahme nur für Karten
kleineren Massstabs Verwendung finden, üebrigens fallen dem Forschungs-
reisenden nicht zum geringsten Teile gleichzeitig mit den Anfhahmsarbeiten
noch andere Beobachtungen zu, indem er sein Auge auch auf die Erfor-
schung der geomorphologischen Struktur des Geländes im Zusammenhange
zu richten hat, daher während der Aufnahme gleichsam zwei voneinander
getrennte Tätigkeiten verrichten soll. So ist dem Geographen die geodä-
tische Arbeit nur ein Mittel zum Zweck, dem Berufsgeodäten aber ist die
Aufnahme Selbstzweck,
»
Bezüglich des innigen Zusammenhanges zwischen Geographie und
Kartographie kann es nicht treffender und vollendeter in Idee und Aus-
druck dargestellt werden, wie dies Professor Penck in seiner glänzenden
Schrift „Beobachtung als Grundlage der Geographie" in der nach-
folgenden lapidarischen und klassischen Art wie folgt entwickelt:
„ In der Tat ist weder die penible Routenauf-
nähme, welche in fremden Ländern geübt worden ist, noch die minutiöse
Arbeit eines Mappeurs in unseren Kulturländern geographischer Forschung
günstig. Sowohl dem auf eng begrenzten Felde arbeitenden, als auch dem
in der Routenaufnahme aufgehenden Reisenden geht nur zu leicht der
Ueberblick über grössere Gebiete verloren. Aber zwischen Routenauf-
nahme und Spezialkartierung liegen noch zahlreiche andere Möglichkeiten,
und beide sind keineswegs die Verfahren, welche in halbgekannten Ländern
angebracht sind. Die Routenaufnahme ist passend für grosse Expeditionen,
welche sich längs gewollter oder gezwungener Linien bewegen müssen, so
dass dem Reisenden nicht immer gestattet ist, die Punkte aufzusuchen,
die ihm für topographische Arbeit von Wichtigkeit sind. Die fortschrei-
tende wirtschaftliche Erschliessung der Länder hat jene Beschränkung
grösstenteils aufgehoben und der reisende Geograph kann beginnen, Flächen
kennen zu lernen. Er muss Berge besteigen, die ihm den Ueberblick
über weite Gebiete gewähren, er kann hier Winkel messen oder Panoramen
aufnehmen, er kann die Grundlage einer fliegenden Triangulierung schaffen,
innerhalb welcher er so manche Dreieckfläche mehr oder weniger ausfüllen
kann. Tüchtige morphologische Schulung bei entsprechender geologischer
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vtra«™ «w*en Truck. Geodäsie für Geographen. 325
Basis wird ihn ferner in die Lage versetzen, die Formen des bereisten
Gebietes, wenn anch nicht in allen Einzelheiten topographisch festliegend,
so doch ihrem Wesen nach zu erkennen "
„Die Gewinnung einer engeren Fühlungnahme zwis.chen
Geographie and Kartographie erscheint unerlässlich für die
gedeihliche Fortentwicklung nicht bloss der ersteren, sondern
beider, denn anch die Kartographie bedarf der Fühlung mit fremden
Gebieten Die rasche Kartenaufnahme in kleinerem Massstabe
muss geübt werden Aber indem daheim der Kartograph die
Maschen der Itinerare mühsam konstruierte, wurde er vor eine Aufgabe ge-
stellt, die er nicht lösen konnte, nämlich die Oberflächenformen richtig zu
zeichnen, die er nicht gesehen Sicher, man kann sie im Mass-
stab 1 : 25.000 mit Isohypsen richtig darstellen, aber dieser Massstab ist
immer nur ausnahmsweise in Gebieten anwendbar, die eine Mappierüng im
Verhältnis 1 : 250.000 erheischen. Die Entwicklung kartographischer
Methoden für extensive Arbeit verlangt stete Fühlung mit dem Geographen,
welcher die Vielgestaltigkeit der Erdoberfläche kennt; dieser aber seiner-
seits soll sich mit den Methoden kartographischer Aufnahmen
fertraut machen."
Präzise und normative Angaben in detaillierter Form über Mittel und
Wege anzuführen, was dem Studierenden der Geographie theoretisch und
praktisch in der Geodäsie dargeboten und in welcher Weise ihm der
Unterricht vermittelt werden soll, um eine seinem Berufe entsprechende
Selbständigkeit zu erlangen, ist Gegenstand personlicher Erfahrung und
dann subjektiver Anschauung.
In dieser Voraussetzung und auf dem Grundsatze fussend, dass dem
Geographen als Forschungsreisenden die Kenntnis der Geodäsie nur in
jenem Umfange erforderlich ist, um seine Aufgabe mit Erfolg zu lösen,
sollen die nachstehenden Andeutungen gegeben werden.
Der the oretische Lehrstoff der Geodäsie für Studierende der Geo-
graphie hätte sonach zu umfassen:
1. Einleitende Vorbegriffe.
2. Allgemeine Instrumentenkunde.
3. Die für Forschungsreisende notwendigen Instrumente für
Längen-, Winkel- und Höhenmessungen, dann für geographische
Ortsbestimmungen.
4. Theorie und Technik der kartographischen Aufnahmsraethoden für
Forschungsreisende.
5. Graphische und instrumentale Methoden der geographischen Orts-
bestimmung für Forschungsreisende.
326
Truck. Geodäsie für Geographen.
Zeltuchrtft fur
6. Gelände-(Terrain)-Lebre.
7. Gelände- (Terrain-) Darstellung.
8. Allgemeine Grundzüge der Trianguliernng und der Polygonisierung.
9. Landkartenwesen und Kartenprojektion, mit Ausschluss ausführlicher
mathematischer Deduktionen und Elemente der darstellenden Geo-
metrie in ihrer Anwendung auf die Kartenprojektion.
10. Stereophotogrammetrie und stereotelemetrische Aufnahmsmethode für
Forschungsreisende.
IL Grundprinzipien der Landesvermessung und der Erdmessung (enzyklo-
pädisch).
Die praktischen Uebungen hätten nachfolgendes zum Gegen-
stande :
1. Uebungen im geodätischen Rechnen, graphische und mechanische
Hilfsmittel der Rechnung, nur in dem Umfange, wie es zur Lösung ele-
mentarer Aufgaben bei Verwertung des auf Forschungsreisen gesammelten
kartographischen Materials vorkommt.
2. Praktische Instrumentenkunde: Detaillierte Erläuterung der ein-
zelnen Bestandteile der bei Forschungsreisen benützten Instrumente, Appa-
rate and Messrequisiten mit Demonstrationen. Uebung im Ablesen und
Schätzen an Teilungskreisen, im Handhaben der Instrumente und Apparate,
wie sie bei der Feldarbeit angewendet werden.
3. Zeichnen: Elementare Vorübungen, Zeichnen von Skizzen und Krokis
nach Vorlagen. Terrainzeichnen nach plastischen Modellen aus Zink.
Kartenentwürfe und kartographisches Zeichnen.
4. Praktische Handhabung der stereophotogrammetrischen und stereo-
telemetri8chen Instrumente. Beobachtungen am Stereokomparator.
Die geodätischen Exkursionen werden die Feldarbeiten um-
fassen u. zw. geographische Ortsbestimmungen, kartographische Aufnahmen,
Krokieren, Skizzieren (mit und ohne Hilfsinstrumente) und stereophoto-
grammetrische Phototheodolitaufnahmen sowie Stereotelemetermessungen.
Die Theorie des geodätischen Wissens kann aus Büchern erworben,
das praktische Können dagegen ausschliesslich nur im Terrain gelernt
werden. Bücher allein haben einen ausübenden Geodäten ebensowenig
hervorgebracht, wie einen Chirurgen. Die Schulung zur Befähigung der
Durchführung von geodätischen Feldarbeiten sowie die Studien der Terrain-
formen sind ein Akt der Praxis, und mag man theoretisch darin noch so
intensiv ausgebildet sein, ohne rationelle Uebungen im Terrain bleibt man
bei Feldaufnahmen hilflos und linkisch und die versuchte Ausführung einer
praktischen Arbeit ist dann auch schülerhaft.
Inmitten der lebendigen Natur, durch unmittelbare Anschauung und
Beobachtung der Vielgestaltigkeit der Bodenformen reift erst die Erkennt-
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tJESSSSjSm Track. Geodäsie für Geographen. 327
nis derselben beim Studierenden heran und erweckt in ihm das Interesse
und das Verständnis für die Anfnahmsarbeiten.
Tritt einmal der junge Forschungsreisende seinen praktischen Beruf
in den fremden, fernen Gebieten an, so ist er auch nur auf sich selbst
angewiesen. Er muss daher die Universität mit jenem Mass praktischen
und konkreten Könnens verlassen, es inne haben und beherrschen, dass
er selbständig mit verlässlichem Erfolg sich zurechtfinden kann. Es wird
wohl selten vorkommen — vielleicht nur in Fällen eines glücklichen
Zufalls — dass sich dem jungen Forschungsreisenden Gelegenheit bietet,
an der Seite und unter Anleitung eines älteren Berufsgenossen, in dessen
Begleitung er eine Forschungsreise mitzumachen das Glück hat, sich die prak-
tischen Fertigkeiten in den Aufnahmen während der Expedition zu erwerben.
Forschungsreisen aber sind ein kostspieliges Unternehmen und können nie
Versuchszwecken dienen. Anders liegt der Fall beim Berufsgeodäten,
welcher oft Jahre hindurch unter Anleitung älterer Berufsgenossen tätig
ist. bis ihm selbständige Arbeiten übertragen werden, die natürlich auch
komplizierter und schwieriger sind. M
Mangelhaftigkeit des Aufnahmsmaterials bewirkt aber grosse Unzu-
kömmlichkeiten.
So waren die Aufnahmen verschiedener Reisender in gleichen Gebieten
auf der Balkanhalbinsel oft so widersprechend, dass der ausübende Karto-
graph in dem Gewirr der Widersprüche auf unüberwindliche Hindernisse
stiess, um den richtigen Kern herauszuschälen.*) Möge diese Tatsache
die Folge auch anderer Ursachen sein, das Aufnahmsmaterial liess doch
vieles zu wünschen übrig.
Dagegen gehen beispielsweise in den weiten Gebieten des russischen
Reiches Geographie und Geodäsie stets Hand in Hand. Beide gedeihen
in gegenseitiger Ergänzung, wenn auch durch andere impulsive Einwir-
kungen; denn geographische und topographische Erforschung der ausge-
dehnten asiatischen Territorien bedeuten gleichzeitig die Besitzergreifung
dieser Gebiete selbst. 8)
') Die Verhältnisse für die praktische Ausbildung in der Geodäsie an
technischen Hochschulen sind mit Bezug auf die Hörerzahl, die Anzahl der zur
Verfügung stehenden Instrumente und Instruktionshilfskräfte minder günstig und
können die Verhältnisse an unseren Universitäten mit Bezug auf die Hörerzahl als
günstiger bezeichnet werden. Im Jahre 1905 waren an der technischen Hochschule
in Wien für niedere Geodäsie 878 Hörer inskribiert, für welche 1 Professor,
1 Konstrukteur und 1 Assistent bei den praktischen Uebungen disponibel waren.
*) Truck, Zur Kartographie der Balkanhalbinsel. Stuttgart 1904. K. Wittwer.
3) Truck, Landesvermessungsarbeiten in Russland. Z. f. V. 1908. — Der-
selbe. Die Entwicklung der russischen Militärkartographie von Ende des 18. Jahr-
hunderts bis zur Gegenwart. Wien 1899 u. 1900. (Mitt. des Milit.-geogr. Institutes.)
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328 Truck. Geodäsie für Geographen. ^luchruwür^
Durch die imperative Notwendigkeit, dem praktischen Können
intensive Aufmerksamkeit zuzuwenden, erwächst für den akademischen
Lehrer die Pflicht, in der günstigen Jahreszeit mit den Studierenden sich
stets zum Studium des Terrains und der praktischen Terrainaufnahme
ins Freie zu begeben.
Die geodätischen Exkursionen sollen zielbewusst, systematisch
und rationell betrieben und so eingerichtet werden, dass diese instruk-
tive Beschäftigung abwechselnd in verschiedenartigem Terrain zur Ausführung
gelange. Der Wechsel des Geländes erhöht den Reiz zur Arbeit und ist
von nicht zu unterschätzendem didaktischen Wert.
„Wien ist in dieser Hinsicht ein ganz unvergleichlicher Punkt Europas
bemerkt Professor Penck in seiner bereits zitierten ausgezeichneten
Schrift. „Gelegen mitten in einem Gebiete grösster geographischer Mannig-
faltigkeit, stellt schon seine nächste Umgebung den Geographen vor eine
wahre Fülle der verschiedensten Aufgaben.*
Auch die Geodäsie „ findet in Wien und seiner nächsten Umgebung
einen ganz einzigen Boden" für Instruktionszwecke.
* *
*
Betreffend die Durchführung der praktischen Uebungen, beziehungs-
weise Exkursionen in der Terrain- (Gelände-) Lehre, den kartographischen
Aufnahmen, der Stereophotogrammetrie und der Stereotelemetrie, sowie
im Zeichnen folgen nachstehend einige Ausführungen.
Die Anwendung der Terrainlehre auf geodätische Aufnahmen ist
von besonderer Bedeutung.
Die Terrainlehre, bisher ein spezifisch sonst nur bei Militär, sowohl
in den Schulen, als auch im Berufe durch systematischen Unterricht ge-
pflegter Gegenstand i), ist eigentlich das Verbindungsglied zwischen Geo-
däsie und Geographie im engeren Sinne.
Die Terrainlehre bezweckt die rationelle Auffassung der Geländeober-
fläche, charakterisiert und analysiert ihre Formen, setzt deren Termino-
logie fest und weist deren Gesetzmässigkeit im Auftreten in der Natur
nach. Die scheinbar wirr durcheinander dem Laien sich darstellenden
Bodenformen werden durch die Terrainlehre gleichsam in ein System ge-
bracht und man gelangt hierdurch zum Bewusstsein jener Harmonie, die in
der Natur überall vorherrscht.
Während die Geomorphologie in erster Linie nach der Ursache der ent-
standenen mannigfachen Bodenformen forscht und dieselben in dem geo-
l) Da die Landesaufnahme in fast allen Kulturstaaten in die Hände de~
Militärverwaltung gelegt ist, erklärt sich, warum der systematische Unterricht
in der Terrainlehre an technischen Hochschulen nicht jene Pflege gefunden hat,
die den anderen verwandten Fachzweigen sonst zugute kommt
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raS£wwo Truck. Geodäsie für Geographen. 329
1907.
logischen Baa des Geländes sacht und findet, daher in die Frage eindringt,
wie and war am diese Formen entstanden sind and so das äussere und
das innere Gebiet der Lehre von den Formen der Erdoberfläche behandelt,
beschränkt sich die Terrainlehre bloss auf die Tatsache der bestehenden
Formen selbst nnd forscht nur nach den Gesetzen des Vorkommens gleicher
oder ähnlicher Formen, einzeln oder im Zusammenhange (z. B. Grundgesetz:
zwischen zwei Kuppen mass immer ein Sattel liegen!), hat aber haupt-
sächlich die Darstellung derselben auf der Zeichnungsfläche zum Zwecke,
wodurch man zur Lehre von der Terraindarstellung gelangt. Die
Geomorphologie stellt also ein selbständiges Forschungsgebiet dar, die
Terrainlehre vermittelt uns dagegen bloss die richtige Auffassung der be-
stehenden Bodenformen behufs Darstellung derselben zu kartographischen
Zwecken und darin liegt ihre Bedeutung fur die Geodäsie, da von der
richtigen Auffassung der einzelnen Bodenformen, beziehungsweise des Ge-
ländes im Zusammenhange, auch die richtige Darstellung derselben in der
Aufnahme abhängt.
Terrainstudien können mit Erfolg nur im Freien bewirkt werden, durch
Aufstellung auf erhöhten, gute Uebersicht Ober das umliegende Gelände
gewährenden Punkten und durch direkte Beobachtung. Hiedurch wird der
Sinn und die Empfänglichkeit des Studierenden für die Unterscheidung
und den Zusammenhang der auftretenden Bodenformen geweckt und be-
günstigt dieser Vorgang erfahrungsgemäss den raschen Erfolg. Hier em-
pfiehlt es sich, tm Gegensatz zum sonstigen allgemeinen Vorgangsprinzip
in der praktischen Geodäsie, vom Kleinen ins Grosse zu gehen, nämlich
mit der Analyse einzelner charakteristischer Bodenformen beginnend und
bis zu den Formen im Zusammenhange fortschreitend. In dem Masse, als
der Studierende durch diese Anregung sich in diese Beobachtungen vertieft,
die Charakteristik der einzelnen Formen erfasst, erwacht in ihm rasch
der Begriff des natürlichen Zusammenhanges derselben untereinander, die
ursprüngliche Befangenheit wird abgestreift, er dringt mit erhöhtem Inter-
esse in die Sache nnd bald stellt sich eine Sicherheit im systematischen
Erfassen des Terrains ein und damit das Interesse für dessen Darstellung.
Neben dem Hauptzwecke dieser Studien für kartographische Auf-
nahmen bilden dieselben gleichsam auch eine Vorschule für geomorpholo-
gische Beobachtungen, welche dem akademischen Lehrer für Geographie
zugute kommen.
Die richtige Auffassung der Gruppierung des Reliefs und der Situa-
tion des GerippeB, die Scheidung der Hauptformen von den Nebenformen,
die massstäbliche Reduktion der Terrainformen und ihre Markierung durch
Leitlinien in der kartographischen Aufnahme bilden eine Hauptbedingung
für die rationelle Verwertung das vom Forschungsreisenden gesammelten
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330 Truck. Geodäsie für Geographen. z«juci>rinroT
Grundmaterials für Karten kleineren Massstabes. Der Kernpunkt der
Aufnahme besteht daher in der charakteristischen und dem kleinen Mass-
stab entsprechend, naturgetreu reduzierten Darstellung, was nur durch ver-
ständnisvolle systematische und rationelle Terrainstudien zustande ge-
bracht werden kann und den wichtigsten integrierenden Beatandteil der
kartographischen Feldarbeiten bildet.
Hand in Hand mit dem Studium des Terrains muss der Studierende
mit dem Lesen der Karten vertraut gemacht werden. Dies vermittelt
nicht nur das Studium der Karten selbst und durch Vergleiche der Karte
mit dem Terrain die Darstellungsart desselben, aber auch die richtige
Beurteilung der Abmessungen der Karte mit jenen der Natur prägt
sich dem Gedächtnisse rascher ein. Indem man nacheinander vorhandene
Karten verschiedener Massstäbe für das gleiche Terrain in Anwendung
bringt, werden dem Studierenden diese Vorbereitungsstudien für die Auf-
nahmen selbst von grösstem Nutzen sein, i) Man beginnt mit dem Ver-
gleiche des Gerippes der Karte mit der Natur und übergeht sukzessive
zum Vergleiche der Terrainformen. Hierbei wird die Vergleichung des auf
den Karten in verschiedenen Verjttngungsverhältnissen reduziert dargestellten
Reliefs mit der Natur, Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit sein müssen,
wobei die Fähigkeit des Studierenden, die richtige Reduktion dem Mass-
stab entsprechend durchzuführen, sich gut entwickelt.
Für diese Studien eignen sich gleichfalls erhöhte, die Gegend domi-
nierende Punkte, weil die systematischen Vergleiche der Karte mit der
Natur von hier aus am vorteilhaftesten durchzuführen sind. Man sucht
in der Natur die Hauptrücken mit ihren Knotenpunkten auf und stellt ihre
Richtung mit der orientierten Karte auf derselben fest, sodann verfolgt
man die sich abzweigenden Nebenrücken und fortschreitend die Kuppen,
Sättel, Mulden u. dgl. bis ins Tal hinab. Hierbei soll auch dem Schätzen
von Entfernungen ein besonderes Augenmerk zugewendet werden. Diese
Uebungen können mit den vorerwähnten Terrainstudien auch kumuliert
werden.
Nur wenn sich der Studierende bei rationeller Anleitung mit dem
Terrain in dieser Weise systematisch vertraut gemacht hat, kommt er als
Forschungsreisender in die Lage, brauchbares kartographisches Material
zustande zu bringen.
Die Fertigkeit im Zeichnen ist für den Forschungsreisenden behufs
entsprechender Darstellung der kartographischen Aufnahmen von einer ge-
wissen Unentbehrlichkeit. Die wenigsten Studierenden, als absolvierte
') Für die Umgebung von Wien beispielsweise können Pläne, beziehungs-
weise Karten in den Massstäben 1 : 12.500, 1 : 25.000, 1 : 50.000, 1 : 75.000,
1 : 2O0.OOO, 1 : 300.000 und 1 : 750.000 verwendet werden.
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^zeiueteift Mr^ Truck. Geodäsie für Geographen. 331
Gymnasiasten, werden eine entsprechende Vorbildung im Zeichnen auf die
Universität mitbringen. Diesem Umstand muss man Rechnung tragen und
das Skizzieren, Krokieren, sowie das Gelände- und das kartographische
Zeichnen mit den Hörern entsprechend üben. Selbstredend kann man die
Forderungen schon wegen Zeitmangel nicht zu hoch spannen, eine voll-
kommene Fertigkeit im kartographischen Zeichnen kann übrigens weder
gefordert, noch erlangt werden.
Es darf also durchaus nicht auf kunstgerechte Schraffierung oder
Schummerung ankommen, vielmehr ist nur für die Darstellungsart Inter-
esse, Sinn und Verständnis zu wecken und hauptsächlich Deutlichkeit in
der Ausführung zu fordern, da der Forschungsreisende nicht berufen ist, das
▼on ihm gesammelte Aufnahrasmaterial für die Kartendarstellung persön-
lich auszufertigen. Es muss genügen, wenn die Studierenden mit Ver-
ständnis sich diese Grundsätze in rationeller Weise auf der Universität an-
eignen; im Laufe der Berufstätigkeit als Forschungsreisende werden sie
jene Uebung erlangen, welche sie befähigt, nicht nur in deutlicher, aber
auch in gefälliger Form die Aufnahmen zur Darstellung zu bringen.
Bekanntlich gelangte die durch Dr. Pulfrich-Jena begründete stereo-
photogrammetrische Messmethode bereits zu einer grundlegenden
Bedeutung.
Diese durch Oberst Freiherrn von Hübl für kartographische
Zwecke mit grossem Nutzen zur Anwendung gebrachte und von mir auch
für Ingenieurzwecke1) eingeführte MesBmethode kann mit grossem
Erfolge auch für Forschungsreisende angewendet werden, insbesondere mit
den für Ingenieurzwecke konstruierten und behufs bequemen Transportes
zerlegbaren und leicht dimensionierten Zeiss'schen Instrumenten.
Hierbei kann neben dem Phototheodolit auch der zerlegbare Stereo -
comparator ohne Schwierigkeit auf die Reise mitgenommen werden.
Die von mir gemeinsam mit Oberst v. Hübl in der letzten Zeit durch-
geführten praktischen und theoretischen Untersuchungen haben definitive
äasserst günstige Resultate ergeben, wodurch diese Messmethode alle
anderen bisher angewendeten Verfahren (Messtischphotogrammetrie, Tachy-
metrie, Messtischaufnahme) in jeder Beziehung mit Rücksicht auf Zeit,
Kostenpunkt und Genauigkeit überbietet, daher ein ernster Faktor in der
Reihe der Aufnahmsmethoden geworden und berufen ist, eine bedeutende
Rolle im Vermessungswesen zu spielen.
Nachdem die Vorteile dieser Messmethode so grundlegend sind und
die Anwendung derselben für Forschungsreisende nunmehr geradezu unent-
behrlich, ist die Stereoaufnahme überdies für morphologische Studien
') Truck, Die stereophotogrammetrische Messmethode und ihre Anwendung
auf EisenbahnbauTorarbeiten. Stuttgart 1906. Verlag K. Wittwer.
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332 Track. Geodäsie für Geographen. ?SSlSS5JeL«
charakteristischer Gegenden von grosser Wichtigkeit, indem das plastische
Modell der Natur im geschützten Räume des bequemen Zimmers unge-
stört und intensiv mit Ruhe beobachtet und studiert werden kann, daher
auch für morphologische Studien im weiteren Sinne äusserst nützliche An-
wendung findet.
Gleichzeitig mit der Stereophotogrammetrie sollen die Hörer auch mit
der neuesten, speziell für Forschungsreisende mit grossem Nutzen an-
wendbaren Aufnahmsmethode mit Hilfe des Zeissschen Stereotele-
meters neben einem kleinen üniversalinstrument vertraut gemacht werden,
nach welcher der Forschungsreisende, ohne sonstige Beihilfe und ohne Latte,
von einem Standpunkte aus in einem Umkreise bis 6 km Halbmesser,
Situationsaufnahmen und Höhenbeatimmungen mit einer für Karten klei-
neren Massstabes, etwa von 1 : 250.000 aufwärts, ausreichenden Genauig-
keit sehr rasch durchzuführen imstande ist. i)
Die Unterweisung der Studierenden in diesen Methoden und die be-
züglichen praktischen Arbeiten im Terrain sind daher, dem Fortschritte
der Zeit folgend, für den Geographen als Forschungsreisenden von unab-
weisbarer Notwendigkeit.
* g *
Soll dem Studierenden der Geographie an Universitäten Gelegenheit
geboten werden, sich das geodätische Können in jenem Umfange an-
zueignen, wie dies die rationelle Ueberlegung dringend erheischt, so
dürfen die praktischen Uebungen und die Exkursionen den
theoretischen Vorlesungen in keiner Weise nachgesetzt werden.
Beide sind gleichwertig, die einander ergänzen, einander beleben und ein
organisches Ganzes bilden. Die Theorie allein ist ein Körper, dem der
Lebenshauch fehlt, die Praxis allein ein eingelerntes Manipulieren, dem
Handwerk des Kistentischlers ähnlich. Beide zusammen vereinigen sich
erst zur blühenden Lebenskraft, zur befruchtenden, erzeugenden und schaf-
fenden Arbeit.
Wird in systematischer Weise Verständnis und Interesse für den geo-
dätischen Unterricht durch rationelles Vereinigen und Durchdringen der
Theorie mit der Praxis beim Studierenden der Geographie geweckt, so
lässt sich mit Zuversicht erwarten, dass die jungen Forschungsreisenden
ihre Aufgabe mit Verständnis und mit vollem Erfolge lösen und zur Ver-
') Auch könnte das Zeiss'sche Standtelemeter speziell für Zwecke von
Forschungsreisen in einer von mir an anderer Stelle besprochenen Weise adap-
tiert werden. Siehe diesbezüglich meinen im fachwissenschaftlichen Ko-
mitee der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien am 4. Februar 1907 ge-
haltenen Vortrag : Die Grundsätze der Stereophotogrammetrie und ihre
Anwendung für Aufnahmen bei Forschungsreisen. [Wird demnächst
im Druck erscheinen.!
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vm«£E£i£Un WÜ8ki' Wotzel« Schiebetransporteur. 333
1907«
vollständige g and Verfeinerung des Kartenbildes, der von ihnen durch-
forschten Gebiete, Gediegenes beitragen werden und dass das gesammelte
Grundmaterial, wenn auch auf expeditiven Methoden und fliegenden Ver-
messungen fussend, für etwa nachfolgende systematische Aufnahmen
in gleichen Gebieten mit grossem Nutzen zur Verwendung gelangen wird.
Dagegen muss vom akademischen Lehrer, vollständige theoretische
Kenntnisse auf dem Gesamtgebiete der niederen und höheren Geodäsie
vorausgesetzt, unbedingt gefordert werden, dass er alle Zweige der
geodätischen Praxis vollkommen beherrsche, die er durch
selbständige Ausführung ausgedehnter Arbeiten erworben hat. Lang-
jährige gesammelte persönliche Erfahrungen in der Durchfuhrung ver-
schiedenartigster geodätischer Feldarbeiten in jeder Terrainart, sowohl
für kartographische als auch für sonstige technische Zwecke, bieten die
verlässliche Gewähr, dass der akademische Lehrer, ausgerüstet mit reichen
Erfahrungen des praktischen Könnens, als verlässlicher Ratgeber auch in
allen vorkommenden Fällen der Praxis dem Studierenden erfolgreich zur
Seite m stehen und ihm durch entsprechende Methodik sein Wissen und
Können zu vermitteln vermag, damit sie ihm Eigentum werden, Fleisch
and Blut, eine organische Einheit, in welcher das pulsierende Leben
schlägt, mit dem erfrischenden Quell des konkreten Wirkens und
Schaffens!
... ' t
Wötzels Schiebetransporteur.
Ein neuer Transporteur, den der Erfinder „Abschiebetransporteur*
nennt, ist dem Markscheider Wötzel in Zwickau patentiert worden. Zum
Auftragen tachymetrischer Aufnahmen und zum Kartieren von Kompass-
zügen nach gemessenen Kompassrichtungen und Seitenlängen erscheint mir
diese neue Art von Transporteur bequemer, als die bisher üblichen Arten,
selbst die Vollkreistransporteure mit einliegendem geteilten Durchmesser
nicht ausgenommen.
Wie beistehende Skizze zeigt, ist in ein Rechteck ein geteilter Halb-
kreis eingeschnitten. Um nun von einem Punkte P der Karte eine Korn-
passrichtung PQ z. B. gleieh 154° gegen die Nordrichtung abzusetzen,
legt man den Mittelpunkt M des Transporteurs und den Strich 154° der
Teilung an beliebiger Stelle an irgend eine Süd- Nord- Linie des Koordi-
natennetzes an und verschiebt darauf den Transporteur längs eines LinealeB
L, bis entweder die Kante AB oder CD durch den Punkt P geht.
Welche der beiden Kanten man bevorzugen will, ist beliebig. Die Lage
von AB (oder CD) gibt dann die gesuchte Richtung PQ. Die Länge
PQ wird darauf mit dem Zirkel abgesetzt. Ist die Karte in 1 : 1000 oder
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1 : 500 gezeichnet , so erleichtert sich das Absetzen dadurch , dass diese
Massstäbe auf dem Transporteur gleich eingraviert sind.
Statt die Langen mit dem Zirkel abzusetzen, kann man sich auf der
abgeschrägten Kante CD auch einen Massstab, etwa eine Millimeterteilung,
anbringen lassen und diese mit den Bezifferungen für 1 : 1000, 1 : 500 et«,
versehen, wie in der Figur angedeutet. Ebenso könnte man dann etwa
die Kante A B in gleicher Weise z. B. mit den Massstäben 1 : 400 und
1 : 200 versehen. Wenn alsdann durch die angegebene Verschiebung des
Transporteurs längs dem Lineal L die Transporteurkante A Ii (oder CD)
in die Lage PQ gekommen ist, so kann man nun das Lineal L umlegen,
so dass es parallel zu AB und CD liegt, und man verschiebt nun die
Teilung AB (oder CD) so, dass ihr Nullpunkt mit P zusammenfällt.
Mit einer Kopiernadel sticht man dann das gegebene Mass an der Karte
AB oder CD ab.
Sind Polygonzüge — seien es nun Kompasszüge oder Theodolitzüge —
nach Koordinaten kartiert, so ergibt das Abschiebeverfahren mit dem
Wötzelschen Transporteur eine ausgezeichnet bequeme Revision der Kar-
tierung.
Die Abschrägung und Teilung der Kanten AB und CD wird einst-
weilen nur auf besonderen Wunsch hergestellt.
Der Schiebetransporteur wird in zwei Formaten hergestellt, ein klei-
neres Format mit 27 X 18 cm Kantenlänge, 111 mm Radius der Kreis-
teilung, welche halbe Grade angibt; und ein grösseres Format mit
36X24 cm Kantenlänge, 155 mm Teilungsradius und Teilung in Drittel-
grade.
Die Ausführung ist sehr sauber und sorgfältig. Das Teilungsintervall
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ve^'w.ÜSSwM^ Bücherschau. 335
ist etwa 1 mm breit, so dass eine Schätzung auf i/10 des Intervalls, beim
kleinen Format also auf 3', beim grossen 2' sehr bequem ist.
Die Transporteure sind von versilbertem Messing hergestellt und zwar
so dünn wie Sägeblattlineale, so dass sie federn und sich daher leicht auf
die Karte aufdrücken lassen. Diese Biegsamkeit bildet nach meiner An-
sicht einen grossen Vorzug des Wötzelschen Instrumentes vor denjenigen
Transporteuren, welche ganz starr gearbeitet sind und bei denen daher
eine klaffende Parallaxe zwischen Instrument und Karte zuweilen unver-
meidlich wird. Denn der Techniker kann in der Praxis nicht darauf
rechnen, dass er überall da, wo er kartographische Arbeiten auszufahren
hat, einen raathematisch genau eben gehobelten Tisch vorfindet.
Die Preise 60 und 50 Mk. muss man mit Rücksicht auf die Preise
anderer Transporteure als billig bezeichnen.
Dass einem Markscheider und Bergingenieur die vorliegende Aus-
gestaltung eines Halbkreistransporteurs eingefallen ist, darf man nicht als
Zufall ansehen. Es liegt auf der Hand, dass der Wötzelsche Transporteur
eine zeitgemässe Fortbildung der alten Zulegeplatte bildet, die unter den
Landmessern seit einem Menschenalter ausser Gebrauch gekommen ist,
bei den Markscheidern aber wohl erst von jetzt ab durch die Erfindung
des Herrn Wötzel allmählich in das Hintertreffen gedrängt werden wird.
P. Wilski.
Bücherschau.
Handbuch der Küstenvermessungen. Herausgegeben vom Reichs-Marine-
Amt. Erster Band: Text; zweiter Band: Tafeln. Berlin 1906.
Ernst Siegfried Mittler und Sohn. Preis 5 Mk.
In dem vorliegenden Werke wird zum ersten Male eine zusammen-
fassende Darstellung der für Küstenvermessungen zur Anwendung kommen-
den Methoden gegeben. Der Zweck der Küstenvermessungen besteht in
der Herstellung von Seekarten und Segelhandbüchern für die Schiffahrt.
Die Seekarten sollen die Schiffsführer in den Stand setzen, in der Nähe
der Küste nach den in der Karte vorhandenen Landmarken den Schiffsort
durch Messung zweier Winkel mit grösserer Zuverlässigkeit zu bestimmen,
als es die Methoden der astronomischen Navigation zulassen. Ferner soll
die geographische Lage der einzelnen Punkte der Karte so genau bestimmt
sein, dass auf jedem derselben die Chronometerkontrolle ausgeführt werden
kann. Für beide Zwecke genügen Karten von kleinem Massstabe (1 : 25 000
bis 1 : 100000), infolgedessen handelt es sich bei den Aufnahmen nicht um
die grösste erreichbare Messungsgenauigkeit.
In der Regel werden mit den Küsten Vermessungen besondere Ver-
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Bilcherschau. -*Ü^«L
3
messungsschiffe der Kriegsmarine beauftragt, die mit allen erforder-
lichen Instramenten and Hilfsmitteln ausgerüstet sind.
Hin umfangreicher Abschnitt des ersten Bandes handelt von der Be-
schreibung, Untersuchung und Berichtigung der Instrumente, von denen
uns vornehmlich die Theodolite und Universalinstrumente interessieren. Es
werden vier Instrumente besprochen: 1. das kleine Universal instrument
mit Nonien, 2. der Mikr.-Theodolit mit Höhenkreis, 3. das geodätische
Universalinstrument, 4. das astronomische Universalinstruraent; die beiden
ersteren mit zentrischem, die beiden letzteren mit exzentrischem Fernrohr.
Es wäre wünschenswert gewesen, alle vier Instrumente in Abbildungen Tor-
zuführen. Insbesondere geht der Unterschied zwischen Nr. 3 und Nr. 4
nicht klar hervor, erst aus den späteren Angaben kann man entnehmen,
dass unter Nr. 3 ein Universalinstrument mit fester Höhenkreisalhidade
und fester, an einem Fern röhrt rager angebrachter Libelle verstanden ist.
Was die Untersuchung und Berichtigung dieser Instrumente anbetrifft,
so könnte in manchen Punkten eine genauere Fassung der Darstellung er-
wünscht sein. So dürfte, nm ein paar Beispiele herauszugreifen, die auf
S. 28 aufgestellte Forderung, dass bei einem fehlerfreien, genau horizon-
tierten Instrument die Zielachse beim Drehen um die Vertikalachse einen
Kegelmantel mit lotrechter Achse beschreibt, bei den Instrumenten Nr. 3
und 4 nicht zu erfüllen sein. Auf S. 30 ist nicht gesagt, mit welcher
Libelle die Lotrechtstellung der Stehachse, das Horizontieren, aus-
geführt werden, vor allem aber auch nicht, welche Libelle hierauf berich-
tigt werden soll. Beim astronomischen Universalinstrument geschieht das
Horizontieren am besten mit der Aufsatzlibelle, für deren Berichtigung
jedoch nur die Horizontalachse massgebend ist. Die Justierung der Ni-
vellierlibelle (S. 54) dürfte wohl auch zu mancherlei Missverstandnissen
Anlass geben.
Hoffentlich bietet eine neue Auflage, die bei der Wichtigkeit des
Werkes wohl bald zu erwarten ist, Gelegenheit, den ganzen Abschnitt II,
der namentlich Anfangern viele Schwierigkeiten bereiten wird, noch einmal
durchzuarbeiten.
Wir übergehen einen umfangreichen Abschnitt, der die astronomischen
Ortsbestimmungen für die Zwecke der Küstenvermessung behandelt. Es
werden für die Zeit-, Breiten- und Azimutbestimmongen nur diejenigen
Methoden entwickelt, die bei kleineren Universalinstrumenten die besten
Resultate versprechen. Für Längenbestimmungen wird dementsprechend
auch nur die Zeitttbertragung durch Chronometer empfohlen. Für alle
Methoden sind ausführliche Zahlenbeispiele gegeben.
Der eigentlichen Küstenvermessung wird eine Triangulation zugrunde
gelegt, für deren Genauigkeit lediglich die zu entwerfende Karte mass-
gebend ist. Die Messung der Grundlinien erfolgt deshalb einfach mit dem
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Bficher«ch»u.
337
ran«
1907.
Messband oder sogar mit dem Telemeter (stereoskopischen Entfernungs-
messer). Aas den bei der Marine gesammelten Erfahrungen hat sich ge-
zeigt, dass bei Telemetermessungen konstante persönliche Fehler auftreten,
weshalb eine besondere Prüfung des vorhandenen Personals erforderlich
ist. Bei ausgedehnteren Vermessungen wird sogar die Länge der Basis
aus den astronomischen Messungen in ihren beiden Endpunkten bestimmt,
wobei jedoch für die Basis eine Länge von wenigstens 20 Seemeilen
torausgesetzt wird.
Die Genauigkeit der mit Nonien- oder Mikroskoptheodoliten aus-
zuführenden Winkelmessungen ist dadurch charakterisiert, dass die Winkel-
summe der Dreiecke um höchstens 2' bezw. 1' von 180° abweichen darf.
Dementsprechend wird zur Auflösung der Dreiecke die Winkelsumme auf
180° abgestimmt und die Berechnung nach den Formeln der ebenen Tri-
gonometrie ausgeführt. Die Dreiecksseiten werden schliesslich zur Be-
stimmung der geographischen Koordinaten der Dreieckspunkte benutzt, die
folgerichtig auch nur bis auf 0,01" angegeben werden.
Zur Einschaltung von Hilfspunkten wird das Vorwärts- und Rückwärts-
einschneiden benutzt. Ausserdem dient zur Festlegung trigonometrischer
Punkte entlang einer Küste die sog. Schiffsmethode. Zur Bestimmung
der gegenseitigen Lage dreier Küstenpunkte wird der Grossmast des vor
Anker liegenden Schiffes als Hilfspunkt benutzt, der mit den drei Land-
punkten zwei möglichst günstige Dreiecke bilden muss. In diesen sind
die Landwinkel zu messen, und da das Schiff fortwährend in Bewegung ist,
so müssen die Beobachtungen eines bestimmten Punktes des Grossmastes
gleichzeitig erfolgen. Auf ein Signal wird von allen drei Stationen aus
der Flaggenknopf eingestellt und mit der Feinbewegung so lange verfolgt,
bis der gleichzeitig im Gesichtsfelde sichtbare Signalball niederfällt. Durch
mehrfache Wiederholung lässt sich hierdurch eine den übrigen Winkel-
messungen entsprechende Genauigkeit erzielen.
Für Höhenbestimmungen durch Nivellement wird das kleine Universal-
instrument mit Fernrohrlibelle benutzt. Die Justierung der letzteren geht
weder aus § 63 noch aus § 13 b hervor; ausserdem wird in letzterem
Paragraphen angegeben, dass stets nur in einer Fernrohrlage (Libelle
oben) nivelliert wird, während nach S. 200/201 mit „Libelle oben" und
r Libelle unten" zu nivellieren ist.
Die Triangulation bildet die Grundlage für die Bestimmung von Land-
marken und für die Aufnahme der Geländeeinzelheiten, die in die Seekarte
einzutragen sind. Letztere Aufnahme erfolgt durch Abschreiten und Rich-
tangsbestimmungen mit dem Kompass.
Von dem Inhalt der weiteren Kapitel interessieren uns noch einige
Mitteilungen über die Anfertigung der Arbeitskarte, die sofort nach den
Aufnahmen an Bord bearbeitet wird. Ferner seien noch photographische
^eittchrifl fBr Vennet«ingiwe»en 1907. Heft 13. 25
Digitized by
le
338 v. Zschock. Ausbildung der Landmesser in Russland. Zeitschrift «r
Aufnahmen der Küste vom Schiff aus erwähnt, die teils far die Segel-
handbücher, teils als Hilfsmittel für die kartographische Darstellung be-
nutzt werden. Denselben Zwecken dienen, falls photographische Aufnahmen
nicht möglich sind, Vertonungen, d. h. Zeichnungen des Küstenbildes
vom Schiff aus, die durch Winkelmessungen mit dem Sextanten unterstützt
werden.
Der zweite Band des Werkes enthält eine Reihe von Hilfstafeln für
die astronomischen und geodätischen Berechnungen, die speziell für die
Zwecke der Küstenvermessung zusammengestellt sind und die Berechnungen
wesentlich vereinfachen. Eg.
Ausbildung der Landmesser in Russland.
Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Professor der Geodäsie
Solowjeff in Moskau ist es mir möglich geworden, über die Ausbildung
der russischen Landmesssr einige Angaben zu machen, welche auch für
die deutschen Herren Kollegen von einigem Interesse sein dürften.
Aehnlich wie im Königreich Sachsen *) gibt es in Russland zwei
Klassen von Landmessern, die Vermessungsingenieure (Megewoi Ingener)
und die Privatlandmesser (Tschasny Semlerajer).
Die zukünftigen Vermessungsingenieure sind entweder Abiturienten
der achtklassigen Gymnasien und siebenklassigen Realschulen, oder (jedoch
in beschränktem Umfange) bereits geprüfte Privatlandmesser. Sie sind zu
einem vierjährigen Studium an der Konstantin- Vermessungshochschule in
Moskau verpflichtet. Das Studienjahr beginnt Anfang September. Nach
Schluss eines jeden Studienjahres werden zweimonatliche praktische Uebungen
vorgenommen vom 15. Mai bis 15. Juli.
Die Vorlesungen an der Hochschule dehnen sich auf folgende Fächer
aus: 1. Grundlehren der Religion: Gottesgelehrtheit und Moralitätslehre.
2. Höhere Mathematik: Sphärische Trigonometrie, analytische Geometrie,
höhere Algebra, höhere Analysis (Differential-, Integral- und Variations-
rechnungen, Methode der kleinsten Quadrate). 3. Niedere und höhere
Geodäsie, Theorie der Erdgestalt. 4. Astronomie, theoretisch uud prak-
tisch. 5. Kartographie. 6. Planzeichnen. 7. Mechanik, theoretisch.
8. Vermessungsrecht. 9. Zivilrecht. 10. Zivilprozessordnuug. 11. Meteo-
rologie und Erdmagnetismus. 12. Kulturtechnik. 13. Land- und forst-
wirtschaftliche Taxationslehre und Bodenkunde. 14. Volkswirtschaftslehre.
*) Ohne hier die Zweckmässigkeit des Zweiklassensystems für Russland er-
örtern zu wollen, soll doch bemerkt sein, dass durch diese Veröffentlichung die
Einrichtung verschiedener Klassen für Stellen mit selbständiger Verantwortlich-
keit für dichtbevölkerte Kulturstaaten nicht empfohlen werden will. Steppes.
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_ zrttochrift fur t. Zschock. Ausbildung der Landmesser in Russland. 339
1907.
15. Geschichte des Vermessungswesens in Russland, Grenzbefestigungen;
sowie die Grnndlehren des Katasterwesens in Deutschland, Frankreich,
Oesterreich, Italien, Belgien und Holland
Die Privatlandmesser haben als Vorbildung vier Klassen der Gymna-
sien oder fünf Klassen der Realschulen oder den Kursus der Stadt- Volks-
schulen zu absolvieren. Alsdann gehen sie drei Jahre auf eine der fünf
Landmesserschulen in Pskow. Kursk, Pensa, Ufa oder Ii Iiis. Hier wird
mit der allgemeinen Vorbildung fortgefahren und gleichzeitig werden die
niedere Geodäsie, die Landesvermessungsgesetze, die Grundlehren des
Zivilrechts, Planzeichnen, Freihandzeichnen und Kalligraphie gelehrt.
Sowohl auf der Konstantin-Vermessungshochschule als auch auf den
Privatlandmesserschulen sind Abschlussprüfungen abzulegen. Von jeder
Privatiandmesserschule werden in jedem Jahre die besten, durchschnittlich
zwei bis drei, zu einer besonderen Eintrittsprüfung in die Vermessungs-
hochschule zugelassen und haben dort, wie die studierenden Vermessungs-
ingenieure, den ganzen vierjährigen Kursus durchzumachen. Die übrigen,
/ur Hochschule nicht zugelassenen Privatlandmesser treten in die Praxis
und zwar nehmen sie entweder den Gewerbebetrieb auf, oder sie können
als Hilfalandmesser bei den Gouvernements- Vermessungsbehörden beschäf-
tigt werden. Ferner erhalten sie auch Landmesserstellen bei den Land-
ratsämtern (Semstvo), den Stadtverwaltungen, sowie als Domänenlandmesser.
Von den späteren Vermessungsingenieuren studiert die Mehrzahl auf
Kronkosten. Diese müssen sich infolgedessen verpflichten, nach dem Stu-
dium fünf Jahre als Regierungslandmesser zu arbeiten. Den grösseren Teil
dieser Zeit werden sie als Bezirkslandmesser beschäftigt und rücken später,
wenn sie im Staatsdienst bleiben, in die Stellungen der Gouvernements-
landmesser auf.
Die übrigen, etwa ein Zehntel, studieren auf eigene Kosten und haben
dementsprechend auch keine Verpflichtungen einzugehen.
Die besten der geprüften Vermessungsingenieure, gewöhnlich zwei, er-
halten durch Konferenzbeschluss der Hochschule das Recht, auf Kron-
kosten zwei Jahre die Universität zu beziehen. Nach Beendigung des Uni-
versitätsstudinms werden sie in der Regel als Assistenten an der Kon-
stantin-Hochschule beschäftigt, oder sie erhalten eine Lehrstelle an einer
der fünf Landraes serschulen.
Das Anfangsgehalt der geprüften Vermessungsingenieure beträgt z. Z.
800 Rubel, das der Gouvernementslandmesser 1800 Rubel.
v. Zschock.
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340 Goebel. Bedeutung der GrundBtQcktiusammenlegvngen. f zifehnn tw^
Ueber die volkswirtschaftliche Bedeutung der
GrundstUckszusammenlegungen.
Von Ernst Goebel-Köln.
Wenn wir einen Blick in unser wirtschaftliches Leben werfen, so
sehen wir überall einen grossen Fortschritt. Die von den Errungenschaften
der Naturwissenschaft befruchtete Technik hat unsere Produktion auf
manchen Gebieten ins Ungeheure vermehrt. Allerdings nur auf einigen:
auf denjenigen, die bei dem Konsum des Haushaltes die Hauptrolle spielen,
bei den Nahrungsmitteln, ist die Produktion eine begrenzte. Unsere ganze
landwirtschaftliche Gütererzeugung ist auf die beschränkte Erdoberfläche,
hauptsächlich an den guten Boden gebunden. Wenn wir auch annehmen,
dass sich die Ernten seit 100 Jahren verdoppelt, vielleicht verdreifacht
haben, so war dies doch sehr schwierig und nur möglich mit einer Stei-
gerung der Kosten, mit einem Mehraufwand von Arbeit und Kapital, den
wir auf das 3-, 5- bis 10 fache beziffern können. Wenn also die Ertrags-
fähigkeit eine Grenze — trotz Anwendung künstlicher Mittel — haben
muss, und diese Uber kurz oder lang ihr Maximum erreicht haben wird,
so haben wir zurzeit noch eine grosse, wichtige Arbeit zu verrichten,
welche die Produktion zu fördern vermag: die Erschliessung und wirt-
schaftliche Zusammenlegung vieler Grundstücke.
Das Interesse, welches die einzelnen Staatsverbände an diesem Ver-
fahren bekundet haben, indem sie dasselbe durch Gesetz regelten und
organisierten, beweist uns am deutlichsten die grosse volkswirtschaftliche
Bedeutung, die es hat. Mit dieser wollen wir uns im nachfolgenden etwas
beschäftigen.
Wir alle wissen, wie es mit dem Wegenetz in Gemarkungen aussieht
die noch nicht die Segnungen der Zusammenlegung erfahren haben. Ge-
wöhnlich sind nur einige Wege in gutem Zustande, die Chausseen, Vizinal-
wege etc. Auch mögen hier und da einige gute Flurwege vorhanden sein.
Wie ist es aber in der Regel mit letzteren bestellt? Entweder sind gar
keine da oder nur solche in sehr schlechter Verfassung. Kein Wunder,
müssen doch alle Fuhrwerke den einen schlechten Weg benutzen, wodurch
natürlich sein an sich trauriges Bild nicht verschönert wird. Welche Kraft
geht da verloren, was werden die Tiere angestrengt und abgenutzt, wäh-
rend sie bei gutem Wege und angemessenen Steigungsverhältnissen grössere
Lasten in kürzerer Zeit mit weniger Kraftverbrauch fortbewegen können.
Es sind dies alles wirtschaftliche Faktoren, mit denen man reebnen muss.
Was stellt z. B. ein Pferd für den kleinen Bauer für ein Kapital dar, was
kostet es ihn eine Mühe, bis er ein solches erwerben kann, wie wichtig
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Y^££ra£££« Goebel. Bedeutung der GrundatückszuB&mmenlegungen. 341
1907.
ist es fur ihn, wenn er diese Kapitalanlage nicht nach ein paar Jahren
erneut machen muss!
Welche Wertveränderung ein gutes Wegenetz weiter hervorzubringen
vermag, möge nachfolgendes drastische Beispiel aus der Praxis erläutern.
In einem kleinen Seitentale des Rheines zieht sich an der einen Tal-
seite die Landstrasse her; rechts steigen steil die Berge an. Eingangs
des in Betracht kommenden Ortes stehen an der sich jetzt verflachenden
Berglehne die Häuser mit den Gärten. Hinter ihnen liegt ein grosser Teil
der Gemarkung mit bestem Boden. Trotzdem das Ackerland nur 100 Meter
von der Chaussee liegt, muss, um dahin zu gelangen, mit den Fuhrwerken
ein Umweg von 1,5 km gemacht werden. Als nun das Zusammenlegungs-
verfahren beantragt war und mit dem Wegeprojekt begonnen wurde, fand
sich, dass in der Nähe der Häuschen ein steiles Ufer durch Einschneiden
zur Anlage eines Weges geeignet erschien. Der Weg wurde gebaut und
das ganze Gebiet erschlossen. Es gehörte zum grössten Teile einem
Grossgrundbesitzer, der es verpachtet hatte. Das Terrain, das etwa zu
100000 Mk. eingeschätzt war, brachte bei der Neuverpachtung einen Mehr-
ertrag von jährlich 2500 Mk. = 2,5 o/0. Nehmen wir an, dass die seit-
herige Verpachtung 3000 Mk. gebracht hätte, so verzinsten sich die Grund-
stacke nunmehr mit 5,5%. Allerdings sind hierbei die Zusammenlegungs-
kosten in Abzug zu bringen.
Nun wird man einwenden, diese Wertsteigerung der Ländereien des
grossen Besitzers habe nur ihm den Vorteil gebracht auf Kosten der seit-
herigen Pächter. Dem ist aber nicht so ; wenn wir die nunmehrige leichte
Bewirtschaftung ins Auge fassen und die Ersparnis an Weg und Kraft in
Betracht ziehen — ganz abgesehen von der neuen geeigneten Plananlage — ,
so werden wir sehen, dass diese 2,5 °/0 Mehraufwand für die Pacht heraus-
ge wirtschaftet werden können. Die Anlage des Weges hatte also für beide
Teile einen grossen wirtschaftlichen Mehrwert erzeugt.
Eine noch grössere Rolle als die Erschliessung spielt die wirtschaft-
liche Zusammenlegung der Grundstücke. Die in der Feldmark zerstreuten
und durcheinander gewürfelten Parzellen und Parzellchen werden — unter
Berücksichtigung aller Momente — an die geeignetste Stelle zu einem oder
mehreren grossen Plänen zusammengelegt. Sie erhalten die geeignete Form
und die entsprechende Lage zum Gefälle, so dass sie ein rationelles Be-
wirtschaften mit modernen landwirtschaftlichen Maschinen gestatten. Die
rechteckige Form ermöglicht nicht nur eine leichtere Bearbeitung durch
den Pflug, sondern es wird auch an Saatgut erheblich gespart. Jeder, der
ein Auge für die Tätigkeit des Landwirtes hat, weiss, welche Mehrarbeit
und Mehrkosten für Saatgut bei stark keiligen und kleinen Parzellen durch
nochmaliges Umfahren der Aussengrenzen verursacht werden. Man sollte
meinen, das Einsäen mit der Hand könnte dem Uebelstand abhelfen. Es
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342 Goebel. Bedeutung der Grundstückszusammenleguiigeii. ?a^1£££lfJwfJ£wl
ist jedoch festgestellt worden, dass bei dieser Methode auch nichts er-
spart wird.
Die neuen Pläne gestatten weiter, daas die Bewirtschaftung vollständig
unabhängig von dem Nachbar vollzogen werden kann. Wieviele fortschritt-
lich gesinnte Landwirte sind nicht durch die unzugängliche \Age ihrer
Grundstücke gezwungen, ihre Bebauung ganz nach der Schablone ihrer
Dorfgenossen zu richten. Das freie wirtschaftliche System erfordert aller-
dings grosse Boden- und Klimakenntnis, eine weitgehende praktische Er-
fahrung und grosse ökonomische Umsicht, aber mancher Landwirt kann
zur Anwendung dieses Systems gezwungen sein, wenn mit seiner Landwirt-
schaft ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb wie Brennerei, Brauerei,
Meierei, Zuckersiederei u. s. w. verbunden ist. In letzteren Fällen ist die
unabhängige Lage der Parzellen eine Existenzfrage. Ich spreche hier
natürlich nur von Klein- und Mittelbesitz.
Durch die neuen Pläne wird wiederum eine Menge Kapital erspart,
ganz abgesehen von der erhöhten Rente, die der Boden abwirft, dessen
erhöhte Produktion dann der gesamten Volkswirtschaft zugute kommt.
Folgendes Beispiel führe ich an:
Ein Bauer bewirtschaftete seine in gebirgiger Gegend zerstreut liegen-
den Parzellen mit vier Ochsen. Ein Gespann bediente er selbst, zu dem
anderen hielt er einen Knecht. Beide hatten vor der Zusammenlegung ihre
liebe Not, die Bestellung, Düngung u. s. f. zu verrichten. Nach der be-
endigten Konsolidation war der betreifende Bauer imstande, infolge des
guten Wegenetzes ohne grosse Mühe mit einem Gespanne dasselbe zu er-
reichen, wie seither mit zweien. Setzen wir den errungenen Vorteil iu
Kapital um. Angenommen, er habe dem Knechte p. a. 120 Mk. bezahlen
müssen, dazu die Kost pro Tag 1 Mk. = 365 Mk. Die Unterhaltung des
Gespannes mit 700 Mk. berechnet, macht zusammen einen Aufwand von
1185 Mk. oder rund 1200 Mk. Dieses entspricht den Zinsen eines Kapi-
tals von 30 000 Mk. bei einem Zinsfusse von 4«/0.
Sehen wir nun von der Betrachtung rein landwirtschaftlicher Grund-
stücke ab und betrachten die Wertveränderungen, welche die Grundflächen
in der Nähe der Städte durch Umlegung erfahren, so sehen wir, dass die
Werterhöhung enorme Summen ausmacht.
Hand in Hand mit den Zusammenlegungsarbeiten gehen die Meliora-
tionen. Sei es nun, dass Ackerländereien von grosser Nässe befreit werden,
sei es, dass in Wiesen die Be- und Entwässerung geregelt wird. Die be-
deutende Ertragssteigerung, die hierdurch herbeigeführt wird, ist allgemein
bekannt, so dass von einem Zahlenbeispiel abgesehen werden kann.
Unsere landwirtschaftliche Bevölkerung hat alle Ursache, dem Staate
für seine Fürsorge auf diesem Gebiete zu danken. Er liefert billige Ent-
würfe, gewährt Zuschüsse zu den Baukosten und verhilft zu einer genossen-
Digitized by Googl
schaftlichen Vereinigung, die eine geregelte Instandhaltung der geschaffeneu
Aulagen gewahrleistet.
Diese zunächst privatwirtschaftlichen Vorzüge sind zum Teil auch un-
bedingt volkswirtschaftliche: jede Ersparung an Material und Arbeitskraft
und jede Verbesserung des Produktes, die Steigerung und Verbilligung der
Produktion überhaupt, macht eine grössere nationale Bedürfnisbefriedigung
möglich.
Die Ablösung von Reallasten, die wohl in früherer Zeit sehr wichtig
war, hat jetzt nur noch historisches Interesse, da sie wohl überall durch-
geführt ist. Wenn wir die Aufteilung der Gemeinheiten vom volkswirt-
schaftlichen Standpunkte betrachten, so stehen den Vorzügen, die sie hat,
gewisse Nachteile gegenüber. Vielfach wirkte die gänzliche Aufteilung der
Gemeindewiesen und -weiden zur Abwanderung mancher Landarbeiter in
die Stadt. Sie hatten nicht mehr die Gelegenheit, zur Ergänzung ihres
Haushaltes eine Kuh, ein paar Schafe, Schweine und Gänse zu halten. Es
ging auch manchmal die Viehzucht im ganzen zurück, indem die Bauern
die zugeteilten Gemeindeweiden in Ackerkultur brachten.
Die Zusammenlegung der Grundstücke wirkt auch weiter anspornend
auf die Tätigkeit des Klein- und Mittelbesitzes und somit direkt auf
die Produktionssteigerung. Während der Umlegungszeit tut der Bauer
gewöhnlich nicht viel an seinen Aeckern, besonders ist er mit dem Düngen
sehr zurückhaltend. „Wer weiss, wer den Acker kriegt," sagt er sich,
„was sollst du für die andern dich plagen." Dieser Trägheitszustand,
wenn wir ihn so nennen dürfen, und die bevorstehende Umwälzung des
ihm gewohnten Bildes der Feldmark sowie seines eigenen Besitzes, lässt
ihn denken und rüttelt ihn mächtig auf. Mit erneutem Eifer tritt der
Bauer an die Bewirtschaftung der ihm ausgewiesenen Planstücke. Es ent-
steht ein edler Wettstreit im Dorfe, einer sucht es dem andern zuvor zu
tun: Ufer werden geschleift, Hecken ausgerodet, Löcher und alte Hohlwege
beseitigt, Bäume gepflanzt, gedüngt und gearbeitet wie nie zuvor.
Die aus den Zusammenlegungsarbeiten hervorgehenden neuen Karten,
die ein jederzeitiges genaues Feststellen der Grundstücksgrenzen ermög-
lichen, und die in der Oertlichkeit regelrecht ausgesteinten Grenzen sind
ein weiterer grosser Fortschritt, der in rechtlicher Beziehung von nicht
geringer Tragweite ist. —
Ich habe in wenigen Zeilen eine populäre Schilderung der Bedeutung
der Zusammenlegungen und mithin ihres geistigen Mittelpunktes, der Tätig-
keit des Landmessers der landwirtschaftlichen Verwaltung, gegeben. Wenn
wir berücksichtigen, mit welchen Werten der Sachlandmesser zu rechnen
hat — beträgt doch der EinSchätzungswert in den oft über 1500 ha
grossen Sachen der Rheinprovinz manchmal über 3 Millionen Mark — und
überlegen dabei, wie es tatsächlich in seineu Händen liegt, unmittelbar
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344 Vereinsangelegenheiten. viSÄSESiJS
fördernd auf die Landeskultur einzuwirken, so muss uns das mit grosser
Freude erfüllen. Hat man auch den preussischen Landmessern noch nicht
die Stellung gegeben, die ihnen nach ihrer Tätigkeit zukommt, so wollen
wir trotzdem berufsfreudig weiter wirken — es wird dann die Hebung
unseres Standes logischerweise kommen müssen.
Vereinsangelegenheiten.
Bekanntmachung.
Den verehrlichen Zweigvereinsvorständen und den Herren Vereins-
m it gliedern wird hierdurch ergebenst mitgeteilt, dass die beiden reich -
ländischen Zweigvereine, der Elsass-Lothringische Geometerverein und der
Verein Reichsländischer Feldmesser, auf der am 7. d. Mts. abgehaltenen
gemeinschaftlichen Versammlung beschlossen haben, sich zu einem Vereine
mit dem Namen „Verein der Landmesser in Elsass-Lothringen *
zu verschmelzen. Dieser Verein zählt gegenwärtig 178 Mitglieder. In den
Vorstand wurden folgende Herren gewählt:
Regierungsfeldmesser Zwink als Vorsitzender,
Stadtgeometer Kunz als stell v. Vorsitzender,
Katasterfeldmesser Wesener als Schriftführer,
Techn. Eisenbahnsekretär Wittner als stell v. Schriftführer,
Regierungsfeldmesser Eckstein als Kassierer.
Der Sitz des Vereins ist Strassburg i/E., woselbst auch sämtliche Vor-
standsmitglieder ansässig sind.
Zuschriften in Vereinsangelegenheiten werden unter der Adresse des
Vorsitzenden, Herrn Regierungsfeldmesser Zwink in Strassburg, Ruprechts-
auer-Allee 7, erbeten.
Die obengenannten beiden Vereine sind in der Liste der Zweigvereine
gelöscht und an deren Stelle ist der aus der Verschmelzung hervor-
gegangene neue Verein als Zweigverein eingetragen worden.
Berlin-Wilmersdorf, im April 1907.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins.
P. Ottsen.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Geodäsie für Geographen, von S. Truck. —
Wötzels Schiebetransportenr, von P. WilskL — Bücherschau. — Autbildung der
Landmesser in Russland, von v. Zschock. — Usber die volkswirtschaftliche Be-
deutung der Grundstückszusammenlegungen, von Ernst Goebel. — Vereins-
angelegenheiten.
Vorlag von Konrad Wittwar in Stuttgart.
Druck too Carl Hammer, Kgl. Hofaochdnickar«! in Stattgart.
Digitized by Googl
345
ZEITSCHRIFT fur VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Oberateuerrat ^ Dr. 0. Eggert, Profestor
MClnchen 22, Katasterbureaa. Danzig-Lanfffuhr, Ahornweg 10.
**-
1907. Heft 14. Band XXXVI.
11. Mai.
Der Abdruck Ton Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Untersuchung eines Repetitionstheodoliten.
Yon Karl Lüdemann, Landmesser in Zehlendorf-Wannseebahn.
Die Vermessungsabteilung des Gemeindebauamtes zu Zeblendorf-
Waanseebahn hat sich zur Ausführung einer Triangulation, welche als
Grundlage für eine Neuaufnahme des Gemeindebezirkes ausgeführt wurde,
eines Repetitionstheodoliten — Nr. 3376 — von Hildebrand in Freiberg i/S.
bedient, der mit einem Kreis von 18 cm Durchmesser und einem durch-
schlagbaren Fernrohr von 32 cm Brennweite ausgerüstet ist. Der Kreis
des Instrumentes zeigt als Teilungseinheit ICH, zwei Nonien geben Ab-
legungen auf 10" und lassen bei ihrer guten Ausführung dementsprechend
weitergehende Schätzungen zu. Es erschien nicht ohne Interesse, den
Theodoliten in seinen instrumenteilen Eigenheiten näher kennen zu lernen.
Zu diesem Zwecke wurden vom Verfasser Untersuchungen angestellt, deren
Hauptergebnisse im Nachfolgenden wiedergegeben werden sollen.
I. Untersuchung der Nonien.
Auf der Skala eines nachtragenden Nonius sei ein Teilungsstrich als
Anfangspunkt mit 0 bezeichnet; er treffe nicht mit einem Teilstrich der
Kreisteilung zusammen. Der koinzidierende Strich der Noniusteilung möge
r Einheiten dieser Teilung von 0 entfernt sein. Wenn man nun die Tei-
lungseinheit der Kreisteilung mit a, die der Noniusteilung mit ß bezeichnet,
so dass also + 1) ß
ist, und wenn ferner der Index des Nonius hinter dem m-Strich der Kreis-
teilung steht, so ist der Nullpunktsort des Nonius nach
Z«iUchrift fQr Vermeuungiweun 1907. Heft 14. 26
Digitized by Golgle
I
346 Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoiiten. yZM\*ctuui für
Da ferner ist
Ö-f- r.ß = ma + ra
0 = ma + r \a — ß).
(» + 1) '
so ergibt sich ro
o = mo + - , 1 •
n + l
Nun bringt es jedoch die Herstellungsweise der Noniusteilung mit si<
dass die Länge des Nonius nicht der Solllänge entspricht, so dass also
n.a = (* + l)f + J
ist, worin A die Lftngenabweichung bezeichnet; alsdann erhält man statt
des wahren Wertes 0
r r
P = m . a +
« +
A.
»fl ' »+ 1
Es ist also zu untersuchen, wie gross der Fehler A ist und ob er gemäss
seiner Grösse durch Anbringung einer Korrektion bei jeder Nonienablesung
zu berücksichtigen ist
Um den Fehler A zu finden, muss man den zu untersuchenden Nonius
über die Kreisteilung des Limbus oder über einen Teil derselben hinweg-
führen und durch Beobachtung feststellen, ob er an jeder Stelle einen
gleichen Teil der Kreisteilung deckt. Werden diese Beobachtungen sämt-
lich von demselben Beobachter unter den gleichen Umständen ausgeführt
and nimmt man die nötigen Ablesungen an relativ vielen, über den ganzen
Tabelle I.
*
I
II
e
I
II
e
I
II
e
1
II
e
I
1 II
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+ 2
80
—10
— 2
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230
+ 5
+ 5
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—10
± o
10
+ 5
± o
85
+ 2
± o
160
± o
± o
235
± o
± o
310
± o
+ 5
15
4- 5
± o
90
± o
± o
165
± o
— 2
240
+ 5
+ 2
815
+ 5
1 + 6
20
4- 2
+ 5
95
± o
+ 5
170
+ 5
± o
245
± o
± o
320
+ 6
+ «
26
± o
± o
100
± o
+ 6
175
— 2
± o
250
- 5
± o
325
± o
30
+10
+ 5
105
+ 2
+ 5
180
+ *
+ 2
255
— 5
± o
330
± o
± o
35
+ 5
+ 2
110
+ 5
± o
185
- 2
± o
260
± o
± o
335
± o
+ 2
40
— 2
+ ß
115
+ 5
± o
190
+ &
+ 5
265
+ 5
± o
340
—10
± o
45
— 2
120
— 2
± o
195
+ 5
q
270
+ 2
+ 5
345
± 0
2
50
± o
+10
125
± o
— 2
200
± o
+ 2
275
± o
+ 2
350
+ *
±o
55
+ &
± o
130
+ ß
+ 5
205
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— 2
280
+ 2
+ 5
365
+ 2
+ 2
60
+ 6
4- 5
135
— 5
± o
210
± o
— 2
285
— 2
+ 10
360
- 6
+ 5
65
70
4- 6
-10
+10
± o
140
145
± o
+ 2
± o
+ &
215
220
± o
— 6
+ &
± ^
290
295
± o
± o
— 6
± o
— 8
+28
+ 4
+ 8°
-h44
+ M
75
± o
- 5
150
± o
— 6
225
+ «
+ B
300
+ 2
f 2
+22
+ »
+ 11
+ 2h
4-28
4-44
+ 41+16
+22
+11
+ 9
4-26
1 +56 1 4-122
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z*jtüchrift rar Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten. 347
Kreis verteilten Stellen vor, so kann man mit einer für den vorliegenden
Zweck genügend grossen Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Einstell-
und Beobachtungsfehler, wie auch die Teilungsfehler des Li in bus gleich
oft positiv und negativ auftreten werden, dass also das arithmetische Mittel
aller Beobachtungen einen der wahren Noniuslänge sehr nahe liegenden
Wert ergibt. Eine demeutsprechende Beobachtungreihe, welche den Kreis
des zu untersuchenden Theodolites in Intervallen von 5° durchläuft, ist in
der Tabelle I wiedergegeben.
Aus dieser Tabelle ergibt sich Ax zu-j-0",76, A2 zu -j- 1",69. Wenn
nun bei der Ermittlung der Minuten und Sekunden durch den Nonius ein
Ablesefehler begangen würde, der den oben ermittelten Ax und At gegen-
über sehr klein wäre, so wäre bei jeder auf dem Nonius abgelesenen Mi-
nute der Zusatz — 0",08 und — 0",17 anzubringen, ein Verfahren, dem in
der geodätischen Praxis nicht entsprochen werden kann.
II. Bestimmung der Exzentrizität zwischen Limbus- and
Einen grösseren Einfluss als die Ungenauigkeit in der Länge des
Nonius übt die Exzentrizität aus, welche als nahezu unvermeidlicher Fehler
bei allen mit Kreisen versehenen Instrumenten zwischen dem Kreismittel-
und dem Alhidadendrehpunkt besteht Obwohl ihre schädliche Wirkung
durch Ablesen an zwei oder mehr Nonien bezw. Mikroskopen oder, falls
nur ein Nonius vorhanden ist, durch Messung in zwei Femrobrlagen leicht
aufgehoben werden kann, ist ihre Kenntnis doch von einiger Bedeutung.
Jordan gibt in seinem Handbuch der Ver-
messungskunde, II. Band — Stuttgart 1904 —
S. 246 ff. eine Ableitung der zur Berechnung
der Exzentrizität nötigen Formeln, der in Fol-
gendem gefolgt werden soll.
Bezeichnet in der Fig. 1 A den exzen-
trischen Drehpunkt der Alhidade, L den Limbus-
mittelpnnkt, AI und A II die den Knicknngs- ^ ,
winkel ö bildenden Alhidadenarme , A' A" den
Durchmesser, auf dem A und L liegen, und <p denjenigen Winkel, den der
Alhidadenarm AI bei einer beliebigen Stellung mit dem Durchmesser
A? A" einschliesst, so ist
sin «/2 : e = sin tp : r
e = —. Q8m<p (1)
e = emsin<p, (2)
2 e
worin em = — • q den Maximalwert von e (bei g> = 90°) bezeichnet.
Des weiteren ergibt sich
d = II — I - 180° = ö + e (3)
Digitized by Google
348 Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten. v /^^^^
Tabelle IIa.
I
Nonius II
i i
I
Nonius II
m
2d —
<*! + <*t
2f
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t
0
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+ 10
+ 15
+ 25
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+ 36
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+ 18,0
± 0,0
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10
+ 12
+ 10
+ 22
+
2
+ 11,0
X i,o
1
419,0
als Funktion von qp, worin 6 als Knickungswinkel konstant ist. Gehört
nun zu einem Wert <p der Wert dit zu 9+ 180° der Wert rf2t welch'
beide der Formel (3) entsprechen mögen, so ist
und hieraus
dt = 6 + em sin <p = d + e }
d, = + em Hin (<p ± 180») ^ S-e S
(4)
Digitized by Google
ZaltJichrllt für
LüdemaiiD. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten. 349
Tabelle IIb.
I
Nonius II
1 1
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Nonius II
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15
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- 5,0
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00
5
360
177
00
15
+ 5
+ 15
+ 20
— 10
+ 10,0
— 5,0
366,5
Tabelle II a
419,0
1
785,5
Bezeichnet man mit / die Ablesung am Nonius I und mit <p0 denjenigen
Wert von 7, für den e = 0 wird, der dementsprechend zum Durchmesser
A'A" gehört, so ist
t = em sin q> = em sin (/ — <p0). (6)
Um hieraus einen praktischen Wert zu ziehen, ist die die ganze Tei-
lung des zur Untersuchuog stehenden Theodoliten iu Intervallen von 3°
durchlaufende, in Tabelle II wiedergegebene Beobachtungsreihe angestellt.
Die Werte für e sind in der Tabelle nur für I = 0° bis 1 = 1770 an-
gegeben, da sie in der anderen Kreishälfte in gleicher Grösse nur mit
entgegengesetztem Vorzeichen auttreten.
Digitized by Google
350 Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten. y**££brltt fJJeB
Aus dem gegebenen Beobachtunggmaterial leitet sich der Knickungs-
winkel 9 als arithmetisches Mittel aller Beobachtungen samt dem mittleren
Fehler des arithmetischen Mittels in genügender Genauigkeit ab zu
6 = + 13",09 + 0",39.
Der mittlere Fehler eines Wertes 6 berechnet sich zu
p4 = ± 3",00.
Zur Bestimmung des Wertes Ö würden streng genommen zwei sich ent-
sprechende Werte dt und ausreichen; auch zur Erfüllung der Gl. (6)
würden streng genommen zwei Werte e genügen. Um jedoch da« vor-
liegende Material auszunutzen, haben wir es einer Ausgleichung zu unter-
werfen. Es ergeben sich die Fehlergleichungen
v = em sin (/ — (pü) — e (7 1
oder da
»in (I — 9>0) = »in I com <p0 — cos 1 sin <pQ
v = sin Iem cos <p0 — cos l»m sin <p0 — e. (R>
Wir haben nun Fehlergleichungen von der Form
v as ax-\- by — 9. (9i
worin die Unbekannten
x = em co» tp0 y = fm sin (p0 (V)\
und deren Koeffizienten
a = »in I b = — co» I sind.
Für die Zurückführung auf die eigentlichen Unbekannten g>0 und €m
haben wir die einfachen Beziehungen
*m ~~ sinlpt, ~ co» tp0 ~ Vx + !/ ■ \
Das Normalgleichungssystem hat die Form
[*a]* + [*b}g-[u*] = 0 |
+ [bVLv-]b£ = 0 s
und zwar sind darin die Koeffizienten
(121
(13.
[aa] = " [ab] = 0 [ft*] = J M, (14,
2 11 1 J
mit denen sich die Normalgleichungen gestalten zu
» x _ [e „•„ I) = 0 l
(15)
') Beweis findet sich bei Jordan, a. a. 0., Band I — IV. Aufl. — 189%
S. III. Vergl. auch Vogler, Geodät. Uebungen, Teil II, S. 876—377; ebenso
auch Brünnow, Lehrbuch der sphärischen Astronomie. Berlin 1851. S. 442 ff.
Digitized by Google
v/m™fffL Lüdemann. Untersuchung eines Repetition Btheodoliten. 351
1901
Wendet man die aas dem System (15) resultierenden Werte von x
und y auf Gleichungen (12) an, so ergeben sich
— [e cos I]
9 90 ~
em =
2 — [* cos I)
2 ^ [ssinl]
n
(16)
(17)
n »in <p0 n cos <p0
Gemäss Jordan, a. a. 0., Bd. I — 4 Aufl. 1895 — S. 53, Formel (17)
ergibt sich die übrig bleibende Fehlerquadratsumme zu
[al]* [bl.l]*
M = [/<]-
(18)
[aa] [bb.l]
oder gemäss (14) unter Einsetzung der entsprechenden Werte und späterer
Benutzung der Formel (17)
9 9
(19)
[w] = [es] [ssinl]'- * [ecosl]*
= [«] - j
Der mittlere Fehler eines beobachteten Wertes e ergibt sich schliesslich zu
>. = ± V }z\ ■ <*»
— l 1 1 i 1 h
190' ffnr tsr
315' 36V
Fig. 2.
Au der Hand der vorstehenden Entwicklung ist eine Ausgleichung des
Beobachtung8materiale8 der Tabelle II erfolgt, die in Tabelle III zusammen-
gestellt ist. Es ergibt sich weiter
ig <p0 = 219« 53' 06"
em — 3",6564.
Eine Kontrolle für die Richtigkeit der Ausgleichung in sich bildet die
Bildung der [vv] gemäss (19), welche in genügender Uebereinstimmung
mit dem Werte der Tabelle III ergibt
[vv] = 553,18.
Digitized by Google
352 Lüdemann. Untersuchung einea Repetitionstheodoliten. z*"*^rtft ■»
Tabelle III a.
Vor der Ausgleichung
/
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—
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0,00
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—
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0,9511
0,3090
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7,2442
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66,25
4,0
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0,8316
16,00
81
5,0
4,9385
0,7820
25,00
84
2,5
2,4862
0,2612
6,25
87
±
0,0
0,0000
0,0000
0,00
90
+
1,0
1,0000
0,0000
1,00
11,6064
47,3196
22,4190
24,2165
t
343,50
Der mittlere Fehler eines beobachteten Wertes £ ergibt sich zu
r»#= ± 3",088.
Nachdem der Wert em gefunden ist, kann auch die lineare Exzen-
trizität ausgewertet werden. Sie findet sich zu
2 - • g = em = 3",6564
e = - . = 0,00080 mm.
digitized by Googl
für Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten. 353
Tabelle III a.
Nach der Ausgleichung
-
e„. . tin tp
t' — £ = V
o*
7
/
" <Po -
- 9
= ('
44
H
44
0
219°
53'
140°
07'
+ 2,34
— 1,16
1 OJE/?
1,3456
0
216
53
143
07
+ 2,19
4- 1,1»
1 A I A<
1,4161
3
—
213
53
146
07
+ 2,04
- 1,96
8,8416
6
210
53
149
07
+ 1,88
+ 0,88
0,7744
9
207
53
152
07
+ i/n
— 0,79
0,6241
12
204
53
155
07
+ 1,54
+ 0,04
0,0016
15
201
53
158
07
+ 1,36
+ 4,36
19,0096
18
198
53
161
07
+ 1,18
+ 1,18
1,3924
21
195
53
164
07
+ 1,00
+ 2,00
4,0000
24
192
53
167
07
+ 0.82
— 0,68
0,4624
27
189
53
170
07
+ 0,63
+ 0,63
0,3969
30
1 —
186
53
173
07
+ 0,44
— 1,06
1,1236
33
183
53
176
07
■f 0,25
+ 1,75
3,0626
36
180
53
179
07
+ 0,06
— 0,94
0,8836
39
177
53
182
07
— 0,14
- 1,64
2,6896
42
174
53
185
07
- 0,33
+ 3,17
10,0489
45
171
53
188
07
- 0,52
+ 3,48
12,1104
48
168
53
191
07
- 0,70
— 4,70
22,0900
51
165
53
194
07
-0,89
- 4,39
19,2721
54
162
53
197
07
— 1,08
+ 1,92
3,6864
57
159
53
200
07
— 1,26
+ 1.24
1,5376
60
156
53
203
07
— 1,44
+ 6,06
25,6036
63
—
153
53
■ 11 Li''
Vi
1 AI
— 1,81
1 S Q(l
-p öjOtf
34,6921
66
150
53
209
07
— 1,78
+ 1,22
1,4884
69
147
53
212
07
— 1,94
A ft A
— 0,94
0,8836
72
—
144
53
215
07
- 2,10
+ 5,40
29,1600
75
141
53
218
07
- 2,26
+ 1,74
3 0276
78
138
58
221
07
— 2,40
+ 2,60
6,7600
81
135
53
224
07
— 2,55
— 0,05
0,0025
84
132
53
227
07
— 2,68
— 2,68
7,1824
87
129
53
230
07
— 2,81
- 8,81
14,5161
HO
1
233,1857
Die Figur 2 gibt eine graphische Darstellung der beobachteten und
der aasgeglichenen Werte e und zwar sind die entsprechenden Werte für
je 6 Beobachtungen vom Intervall 3° zu ihrem arithmetischen Mittel ver«
Die Exzentrizität zwischen dem Limbus und der Alhidade eines Theo*
doliten kann naturgemäss eine gewisse Grösse nicht fiberschreiten, den
Betrag nämlich, der bei einem Zusammenfallen beider Drehpunkte zwischen
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354 Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten.
Tabelle III b.
r
Vor der Ausgleichung
1
e sin I
e cot I
,*
0
14
-4-
1
+
! _
1
■
»3
— 5,0
4,99d0
0,2616
25,00
%
± 0,0
0,0000
0,0000
1
0,00
»9
— 5,0
4 ftoü'
4,Wdc»o
0,7820
!
25,00
102
± 0,0
U.UUUU
0,0000
■
0,00
105
- 1,6
0,3882
i
i
2,26
108
t 6,6
6,1822
2,0085
42,25
111
-h 1,5
1,4004
0,5376
2,26
114
- 2,6
2,2838
1,0168
6.25
117
+ 1,0
03910
0,4640
1,00
120
- 4,0
O A O A /\
3,4640
2,0000
16,00
123
— 6,0
0,0322
c$,i:67o
36,00
126
— 5,0
4,l>4oO
2,9390
*
25,00
129
- 1,5
IjlDÖO
0,9440
2,25
132
- 5,0
o,/10o
3,3456
25,00
135
- 1,5
l,UoOo
1,0606
2,25
138
— 5,0
o,o4öo
3,7155
26,00
141
- 7,5
4, # 1 98
5,8282
56,25
144
- 1,5
0,8817
1,2135
2,25
147
- 2,5
1,3615
2,0968
6,25
150
— 5,0
2,5000
4,3300
26,00
153
— 1,0
0,4540
0,8910
1,00
156
- 9,0
3,6603
8,2215
81,00
159
-10,0
3,5840
9,3360
100,00
162
— o,0
4,7555
25,00
165
- 4,0
1.0352
3,8636
16,00
168
A * »Vi*
- 2,5
0,5198
2,4452
6,25
171
— J,Ö
0,3910
2,4692
o,2ö
174
— 5,0
0,5225
4,9725
26,00
177
Äff
- 5,0
0,2615
4,9930
•
25,00
8,4736
56,9288
75,1367
30,0001
610.75
11,6054
47,3196
22,4190
24,2165
343,50
20,0790
104,2484
97,5557
27,2166
954,25
<
— 84,1694
-f 70,3391
dem äusseren Rande der Alhidadenscheibe und der inneren Fläche des
Limbusringes vorhanden sein würde, denn sonst würde die Alhidade bei
einer Drehung um 180° auf der einen Seite klaffen, auf der anderen da-
gegen pressen. Selbstverständlich deckt ein Nonius bei vorhandener
einigermassen bedeutender Exzentrizität nicht den ihm entsprechenden
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z«iu«hritt itir Lüdemann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliten. 355
flllMMMMNI
Tabelle III b.
-
Nach der Ausgleichung
. .
. sin q>
e' - * = v
-^-rf
1
7 _
*
-IB
— ZD
— r
f
= tt
40
u
t
i
126°
53i
OHA 0
it/
O QO
l o nc
+ A 00
4,3264
93
123
58
09«
ft7
9 (ia
— O.Lr*
9 ftl
9.2416
9Ji
12Ü
53
09Q
U l
9 11
— (5,14
1 HR
8,4886
mi
117
53
O.AO
ft7
LLl
9 OA
9 Oft
10,4329
111
■AAA
53
OAR
Iii
ft7
9 AO
1 AO
o,3124
105
111
53
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ft?
LLL
9 90
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97,8121
108
10ft
53
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LLl
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— 0,40
— 4,Vhi
24,6016
111
105
53
— — '
OKA
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ft7
LLl
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1 ftO
1,0404
114
102
53
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. A RA
— 4,oo
20.7986
117
99
53
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ft7
LLl
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0,1600
120
—
58
OA9
ft7
LLl
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— 0,00
1 Q 97
5,6169
123
93
53
ft?
9 AR
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1 1 or
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126
90
53
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4.6H56
129
87
53
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LLl
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1,8225
132
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53
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— 15,04
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4,5796
185
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53
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9 AO
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1,9044
138
78
53
* —
OQ 1
ft?
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9 KU
— O,0a
15,2881
141
25
53
OQA
-Q4
ft?
02
9 RR
O ftR
4,2025
144
22
53
Ofl7
ft7
01
9 Ail
ft OO
0,9801
147
oa
— — —
5Ji
— — L
890
02
3,48
+ W»
2,4649
150
63
293
02
— 3,36
— 2,36
5 RAOfl
163
—
tt
53
296
LLl
— 3,28
4- 5,72
32,7184
156
—
60
53
299
02
— 3,19
+ Ml
159
y i
302
02
— 3,10
-h 1,90
3 61(H)
—
(VI
53
305
01
— 2,99
+ 1,01
1,0201
105
51
53
308
02
— 2^38
— 0,38
0,1444
lfig
—
48
53
311
02
— 2,75
— 0,26
0,0626
121
40
53
314
02
— 8,68
+
5,6169
124
42
53
312
02
— 2T49
+ 2T51
6,8001
177
1
319,9458
i
233,1857
1
1
663,1815
Kreisteil, sondern er erscheint beim Herausrücken zu klein, beim Hinein-
rücken zu gross. Jedoch übt dieser Fehler bei gut gebauten Instrumenten
keinen nennenswerten Einfluss aus. So ergibt sich für den zu unter-
suchenden Theodoliten unter Einführung des gefundenen Exzentrizitäts-
wertes ein zu erwartender Maximalfehler von 0",30.
366 Lüdeinann. Untersuchung eines Repetitionstheodoliteii. Tjggjggjg^
III. Teilungsfehler des Kreises.
Die Herstellung der Kreise unserer Instrumente erfolgt mit Hilfe einer
Teilmaschine, welche die Teilstriche vom einem ürkreis, der als fehlerfrei
angesehen werden kann, da bei ihm die Teilungsfehler auf ein Minimum
reduziert sind, auf die neue Teilung durch einen Reisser überträgt. Bei
dieser Uebertragung entstehen naturgemäss Fehler, die aus verschiedenen
Fehlerquellen fliessen. Diese unvermeidlichen Fehler gliedern sich nun in
solche, die an gewissen Kreisstellen fortlaufend mit gleichem Vorzeichen,
hier stets positiv, dort auf ein grösseres Intervall nur negativ auftreten,
die man also als systematische, einer bestimmten Regel folgende be-
zeichnen kann, und in solche, welche wirklich die Natur unvermeidlicher
Fehler nach Art nicht konstanter Beobachtungsfehler besitzen, die man
also mit gleicher Wahrscheinlichkeit positiv oder negativ auftretend er-
warten kann; diese kann man daher unregelmässige Fehler nennen. Die
erstereii verdanken ihr Entstehen vorzugsweise länger andauernder, schiefer
Beleuchtung, einem andauernd ausgeübten seitlichen Druck, ungleich-
mäßiger Erwärmung und dementsprechend ungleichmässiger Ausdehnung
des einen oder anderen Kreises oder auch instruraentellen, periodisch wir-
kenden Fehlerquellen der Teilmaschine. Die unregelmässigen Fehler haben
neben anderen Ursachen dieselben Quellen, sofern nur der den fehlerhaften
Zustand bedingende Umstand schneller vorübergehender Art ist, d. h. je-
weils nur den einen oder den anderen Teilstrich in oder bei seiner Ent-
stehung beeinflusst.
Eine Ermittlung der regelmässigen Teilungsfehler führt bei einem nur
mit Nonien ausgerüsteten Theodoliten zu keinem wirklich brauchbaren
Ergebnis, so dass von einer solchen Untersuchung, die bekanntlich durch
Repetition eines aliquoten Teiles von 360° ausgeführt wird, vorläufig ab-
gesehen werden musste. Aber für die gemeinsame Bestimmung der regel-
mässigen und der unregelmässigen Teilungsfehler hat man ein einfaches
Verfahren, das man so lange anwenden kann, als die Exzentrizität einen
kleinen Wert darstellt. Man hat nämlich den Nonius über die Kreis-
teilung hinwegzuführen und alsdann festzustellen, ob er an jeglicher Stelle
des Limbus ein gleiches Teilungsintervall deckt, wobei man sich zur Ab-
lesung, wie bei den in Tabelle I vereinigten Beobachtungsreihen, der Ueber-
teilung des Nonius bedient. Dieses Verfahren gibt einen immerhin brauch-
baren Ueberbiick über die Teilung und ist auch geeignet, grössere Fehler
festzustellen.
Die Tabelle I hat ergeben, dass Nonius I mit einem Fehler von
-f-()",76, Nonius II mit einem solchen von -j- 1",69 behaftet ist, so dass
also eine jede Beobachtung der Tabelle I, die wir jetzt zur Auswertung
der mittleren Teilungsfehler benutzen wollen, entsprechend zu reduzieren
ist, wie es auch in Tabelle IV geschehen.
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ttbrlft far
ÜB
Untersuchung eines Repe titionstheodoli ten. 357
Tabelle IV.
Nonius I
•
N 0 n i u 8 II
4. + J,
«»
P
M
P
-
(4, +
J^i.+ J.)1
+ 9,24
4- 7,24
4- 4,24
4" M4
— 0,76
— 2,76
— 5,76
—10,76
1
9
19
8
26
6
6
4
85,3776
17,9776
1,5376
0,5776
7,6176
33,1776
115,7776
85,3776
104,8352
341 5744
15,0176
45,7056
199,0656
463,1104
4-8,81
-T- 0,0 X
4-3,81
4-0,31
-1,69
— 3,69
-6,69
3
I
19
9
30
7
3
69,0561
**ft HIHI
10,9561
0,0961
2,8661
13,6161
44,7561
207,1683
QQ Qlßl
208,1659
0,8649
85,6830
95,3127
134,2683
72
1266,9872
72
771,2792
Aus der Tabelle ergeben sich
t*At = ± 4"r20
M4[ = ± 3",27
t*A = ± 3">76-
Bei der gewählten Anordnung der Beobachtungsreihen ist jeder Teilstrich
doppelt eingestellt worden, so dass sich als mittlerer Ablesefehler auswertet
,. = ± ^ = ±
Schon ein Blick auf die übrig bleibenden Fehler, die Spalte der v in
der Tabelle III, oder auf die graphische Darstellung, Fig. 2, lässt ver-
muten, dass die an einigen wenigen Stellen auffallend grossen Fehler-
rückstande ihre Erklärung nicht in einer absonderlichen Grösse der Ab-
lesefehler finden, sondern in dem Vorhandensein grösserer Teilungsfehler
gerade an diesen Stellen.
Die Gleichungen (3) des Abschnittes II lauteten unter Beziehung auf
* UIld d* rf, = //, -Jx- 180« i
dt = //, - /, - 180«. S ( '
Fügen wir nun hierzu den Teilungsfehlereintluss *), den ein vorgesetztes t
andeuten möge, so geht (1) über in
UK = (ü, + * 1%) - (A 4- Hi) - WO* )
1 + rtf, = (//, 4-1//,) - </, 4- 1 A) - wo0, s
Gemäss der früheren Festsetzung besteht zwischen dx und <i. die Be-
ziehung, dass <f2 zu dem Winkel a< gehört, der sich bei einer Umstellung
») Entwicklung gemäss Jordan a. a. 0. S. 250—251.
Digitized
358 Lüdemann. Untersuchung
der Alhidade von dem zu dl gehörigen q, um 180° unterscheidet, man
kann also setzen
tJ, = tllx )
so dass sich also ergibt
JA-«** =t[Ix-tIx t
I
d. h. in jedem Werte e macht sich ein Fehler bemerkbar, der aus der
Differenz der beiden für das betreffende e in Betracht kommenden dia-
metralen Teilstrichfehler besteht.
Ferner wird noch jedes e durch 4 Ablesefehler beeinflusst, so dass
also ist gemäss (//, — J,) — (J7, -- /,)
£ ~~ 2
(3»
(4.
Väa« + 2 a»
(5)
(6<
worin a den mittleren Ablesefehler an einem Nonius (= jia) bedeutet.
Bezeichnet man nun noch den mittleren Teilungsfehler mit f, so er-
halt man Ä.2<| + ^ .
oder für die vorliegende Untersuchung
/ = ± l'Ml.
IV. ZuBammenstellung.
In dieser Zeitschrift — 1893, Bd. XXII, S. 385 ff. — berichtete Kal-
ville in Sofia in enger, z. T. wörtlicher Anlehnung in Formelentwicklung
und Text an das Lehrbuch der sphärischen Astronomie von ßrunnow über
die Untersuchung des liepetitionstheodolites Nr. 1023 von Dennert & Pape
in Altona, der durch Nonien direkt 10" abzulesen gestattet, während der
Limbus einen Halbmesser von 75 mm besitzt. Ich setze zum Vergleich
die dort und die in vorliegender Untersuchung erzielten Ergebnisse neben-
einander.
| Dennert & Pape
1 Hildebrand
Nonienlängen- i Noniu8 1
+ «",»
+ 0",76
fehler für j Noniu8 n
+ 8",ö
+ 1",69
Knickungswinkel 6 . . .
-I- 12",8 ± 0".6
+ 13".09 ± 0",39
Mittlerer Teilungsfehler .
± 2",47
± IV1
Lineare Exzentrizität e .
0,0016 mm
0,00080 mm
gitized by Google
f Zeitschrift «r Dorn. Konvergenzwinkel bei Doppelschlifflibellen. 359
1907.
Jordan gibt neben anderem Material a. a. 0. S. 250 ff. die Resultate
einer Untersuchung des bei der badischen Triangnlierung in den Jahren
1823—52 gebrauchten Ertelschen Theodoliten mit 110 mm Teilkreis-
halbmesser, der 4 Nonien besitzt und 10cc abzulesen gestattet. Erfindet:
Längenfehler für Nonius I: + 4,9 cc = 1",59
„ „ „ III: +18,8C0 = 6",09
Mittlerer Teilungs fehler: + 3,36 cc = + 1",1.
Der Ablesefehler für einen Nonius hat sich gemäss vorstehendem zu
+ 2",66 ergeben; dazu gesellt sich die Ermittlung desselben Fehlers bei
Kalville zu +5",21 und diejenige Jordans am Ertelschen Theodolit zu
±6,03« = +1",95. Ferner hat Ciconettü) den mittleren Einstellfehler
zwischen einem Nonius- und einem Kreisteilstrich bei einer Kreisteilung
von 87 mm Halbmesser und einem gleichtiächigen Nonius zu +2",9 er-
mittelt, wobei zur Ablesung eine sechsfache Yergrösserung verwendet
wurde.
Diese vier Werte, denen sich aus der Literatur leicht noch einige
hinzufügen Hessen, geben gute Beispiele einer ohne Mühe erreichbaren
Nonienablesungsgenauigkeit und gleichzeitig einen Beweis dafür, dass eben
diese Genauigkeit nicht so gering ist, wie man nach der immer mehr zu-
nehmenden Verbreitung von Mikroskopen — auch an kleineren bezw. für
geringere Arbeiten bestimmten Theodoliten — anzunehmen gezwungen ist.
Zur gänzlichen Kenntnis unseres Instrumentes wäre neben einer Fest-
stellung der systematischen Teilungs fehler noch eine Untersuchung der
Achszapfen des Fernrohres und eine Bestimmung der Neigung zwischen
Linibus- und Alhidadenachse erforderlich; die beiden letzteren Arbeiten
sind für die nächste Zeit in Aussicht genommen. Jedoch beweist schon
die bisherige Untersuchung, dass der untersuchte Theodolit ein aus-
gezeichnetes Instrument ist, das allen nur irgendwie berechtigten An-
sprüchen genügt.
Ergebnisse einer Untersuchung über den Konvergenz-
winkel bei Doppelschlifflibellen.
Während meiner Tätigkeit als Assistent für den geodätischen Unter-
richt an der landwirtschaftlichen Akademie zu Bonn prüfte ich die Doppel-
schlifflibellen (Wendelibellen) dreier der geodätischen Sammlung angehören-
den Nivelliere bezüglich des Schnittwinkels der beiden Tonnenachsen.
') Ciconetti: Ueber die Genauigkeit der Nonien in Rivista di topografia
e catasto. Vol. XI — 1898/99 — H. 1, S. 1—12, cit Z. f. V. 1899, 8. 24.
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3tJ0 Dorn. Konvergenzwinkel bei DoppelBchlifflibellen. y^J^,,,
Ergebnisse derartiger bereits früher angestellten Untersnchungen hat
Geheimrat Vogler in seinem „ Lehrbach der praktischen Geometrie, II. Teil,
Seite 145 a veröffentlicht. Auch A. Fennel hat in seinem Artikel : „Ueber
eine Verbesserang an Nivellierinstramenten mit Reversionslibelle (Zeit sehr,
f. Venn. 1892, S. 528 ff.) über diesen Gegenstand berichtet. Er hat eine
grosse Anzahl von Wendelibellen untersucht und fast durchweg äusserst
geringe Fehler im Schliff gefunden, weshalb er eine erweiterte Anwendung
der Doppelschlifflibelle für gerechtfertigt hält.
Dagegen teilte der Vertreter einer anderen grösseren mechanischen
Werkstätte bei Besprechung einer anderen Angelegenheit mit, dass die
Technik des Libellenschleifens noch nicht genügend entwickelt sei, um
hinreichend genaue, brauchbare Wendelibellen herzustellen. Dies gab zu den
nachfolgenden Untersuchungen Veranlassung. Es soll gleich bemerkt werden,
dass die Prüfung zugunsten der Doppelschlifflibelle ausgefallen ist.
Die Achsenkonvergenz (2<jo), die den Fehler der Libelle ausdrückt,
kann bekanntlich in verschiedener Weise bestimmt werden. Die von Ge-
heimrat Vogler veröffentlichten Resultate sind mit Benutzung zweier Kolli-
matoren erhalten. Die genaueste Bestimmungsweise scheint mir, der An-
sicht A. Fennels beistimmend, die Amslersche zu sein, bei der die Libelle
umgeschraubt, in Lage oberhalb und unterhalb des Fernrohrs eingestellt
and das Resultat aus den entsprechenden vier Lattenablesungen erhalten
wird. Diese Untersucbungsmethode bedingt freilich eine besondere Ein-
richtung für die Befestigung der Libelle.
Die erste der untersuchten Wendelibellen (hier mit I bezeichnet), von
Fennel bezogen (Instr.-Nr. 6220), ist mit Einrichtung zum Umschrauben
versehen. Um festzustellen, ob der Temperaturwechsel von EinHuss auf
die Grösse des Winkels zwischen den beiden Tonnenachsen ist, wurde die
Libelle I bei vier verschiedenen Temperaturen (zwischen — 5° und +25° C.)
unter Anwendung des Amslerschen Verfahrens geprüft, wobei die Ziellatte
in 50 m Entfernung fest aufgestellt war. Die Beobachtungen wurden im
Freien vorgenommen, das Instrument war die Nacht vorher der freien
Luit ausgesetzt.
Die zweite, ebenfalls von Fennel gelieferte Wendelibelle II (Instr.-
Nr. 5683) ist nicht zum Umschraaben eingerichtet. Für diese wurde der
Fehler aus der Differenz zwischen dem fehlerfreien und dem mit ungleichen
Zielweiten unter Einstellung bezw. Ablesung der Libelle in Lage ober- and
unterhalb des Fernrohrs erhaltenen Höhenunterschied zweier Festpunkte
hergeleitet; der Höhenunterschied zwischen den beiden Festpunkten war
unter Aufwendung aller Vorsichtsmassregeln mit einem mittleren Fehler
von +0,02 mm durch 10 Einzelbestimmungen gewonnen.
Nach demselben Verfahren wurde auch die von Wolz in Bonn be-
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Ä«nriftw«m Don1, KonvergeM*mkel bei Doppelachlifflibellen. 361
zogene, an einem Feinnivellier (Werk st,- Nr. 2634) angebrachte Libelle III
geprüft. Sämtliche drei Libellen sind einwandfrei gefasst.
Die Resultate sind folgende:
Wendelibelle Nr.
•
I
II
Iii
in
(20" Angabe)
(20" Ang.)
IK.II \ . T
(5" Ang.)
Temperatur in C°
-5
+ 2
+ 18
+ 26
+ 21
•
+ 18
+ 22
— - -
Anzahl der Einzelbestim-
mangen der Achsen-
konvergenz 2 <p . . .
10
10
,0
,0
10
10
10
Grösster Wert 2«> in Li-
bellenteilen ....
-0,10
+0,45
+ 0,3
-0,5
1,5
1,2
1,2
Kleinster Wert 2<p in Li-
bellenteilen ....
-J-0,05
0,0
-0,2
+0,1
0,7
0,7
0,6
Mittel aller Werte 2 y in
LibellenteUen ....
-0,02
+0,1
0
—0,02
1,1
1,0
1,2 ,
Desgl. in Sekunden . .
-0,5
+2,0
+0,08
-0,4
22
20
5,8
* •
Mittl. Fehler einer Be-
stimmung von 2q> in Li-
bellenteilen ....
±0,05
±0,13' ±0,16
±0,2
± 0,8
±0,16
±0,5
Desgl. in Sekunden . .
±1,0
±2,6
±3,2
±4,0
±5,8
±3,2
±2,6
Aus der Tabelle der mittleren Fehler geht hervor, dass das Amsler-
sche Verfahren schärfere Resultate gibt als das andere zur Anwendung
gekommene. Weiterhin folgt aus den Ergebnissen, dass bei keiner der
Libellen eine mit Rücksicht auf die Genauigkeit der Beobachtungen merk-
liche Konvergenz der beiden Achsen nachgewiesen ist, und dass die Tem-
peraturänderung für Libelle I keinen wahrnehmbaren Eintluss auf die Grösse
des Winkels 2 <p gehabt hat.
Ob sich andere Doppelschlifflibellen bezüglich der Temperatur ebenso
verhalten, bleibt dahingestellt; doch kann dieses bei einwandfrei gefassten
Libellen wohl angenommen werden. Den Einfluss des Temperaturwechsels
auf den Winkel der Libellen II und III konnte ich leider wegen meiner
Versetzung nicht mehr untersuchen. Vielleicht werden einmal von anderer
Seite dahingehende Prüfungen angestellt.
Jedenfalls kommt der Doppelschlifflibelle für den gewöhnlichen Ge-
brauch ein hoher Wert zu. Einmal kann sie, wenn es Ausnahmefälle ver-
langen, sehr wohl zum Nivellieren mit ungleichen Zielweiten unter Fehler-
tilgung bei Einstellung in zwei Lagen benutzt werden, fürs andere gestattet
sie jederzeit eine äusserst einfache und schnelle Prüfung bezw. Berichtigung
des Instruments.
Aber auch ihre Verwendung für Feinnivellierinstrumente kann nur
empfohlen werden, da eine schnelle Prüfung auch hier sehr erwünscht ist.
Zeitschrift far Yenne.tung.we.en 1907. Heft 14. 27
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362 Vogel. Organisation d. bayer. Eisenbahnmeasungsdienstes. ^jaiucnrift rar
Die Libelle III hat sich bei den . in den letzten beiden Jahren von dem
geodätischen Institut der Akademie vorgenommenen wissenschaftlichen Fein-
einwägungen, Uber welche später berichtet werden soll, ganz vorzüg-
lich bewährt.
Marburg (Lahn), im Dezember 1906. Jf. Dom,
Kgl. Landmesser.
Zur Organisation des bayerischen Eisenbahn-
messungsdienstes.
Am 1. April d. J. ist eine Neuordnung der bayerischen Verkehrs-
verwaltung ins Leben getreten, durch welche in einigen Punkten auch die
bisherige Organisation des Eisenbahn-Umraessungsdienstes berührt wird.
Durch die neue Verwaltungsordnung soll eine Dezentralisierung und Ver-
einfachung der Verwaltungsgeschäfte und eine Beschleunigung des Geschäfts-
ganges ermöglicht werden, während gleichzeitig eine Erhöhung der Selb-
ständigkeit und Verantwortlichkeit der Beamten vorgesehen ist.
Die Generaldirektion und die bisher bestandenen zehn Eisenbahn-
betriebsdirektionen wurden aufgehoben und dafür in München, Nürnberg,
Augsburg, Würzburg und Regensburg Eisenbahndirektionen errichtet,
die Oberleitung und ein Teil der Geschäfte ging dabei an das im Jahr
1904 neugebildete Ministerium für Verkehrsangelegenheiten über.
Die Eisenbahndirektionen, an deren Spitze ein Präsident im Range
der Regierungsdirektoren steht, umfassen durchschnittlich 800 km Haupt-
bahnen und 500 km Nebenbahnen. Die Referate sind mit weitgehenden
selbständigen Zeichnungsbefugnissen ausgestattet, und haben zur Bewälti-
gung der anfallenden Geschäftssachen Hilfsarbeiter und Bureaus zugeteilt
■ *
erhalten.
Bei jeder Eisenbahndirektion besteht neben dem Verwaltungsbureau,
dem Rechnungsbureau, dem Betriebsbureau und dem technischen Bureau
ein Messungsbureau.
Dem Messungsbureau sind folgende Geschäftssachen zur Bearbeitung
zugewiesen :
1. Erledigung aller anfallenden Messungsarbeiten.
2. Abmarkung8ge8chäfte und Vornahme von Grenzrevisionen.
3. Mitwirkung bei Neumessungen und Flurbereinigungen.
4. Mitwirkung bei Erwerbung und Veräusserung des Grundeigentums.
5. Mitwirkung bei der Grundbuchanlegung und dem Recht sk at aster.
6. Prüfung der Liquidationen der Messungsbehörden und Feldge-
schworenen.
7. Mitwirkung bei Prüfungen des Messungshilfspersonals.
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wJSSSStSim Vo8el- Organisation d. bayer. Eisenbahnmessungsdienstes. 363
Das Bureau wird von einem Vorstande (Geometer) geleitet, welcher
einen von der Eisenbahndirektion zu genehmigenden Arbeitsverteilongsplan
aufzustellen hat In diesem ist anzugeben für welche Referenten die
einzelnen Beamten zu arbeiten haben. Arbeiten, die nicht planmässig zu-
geteilt werden können, wie z. B. Zeichenarbeiten, sind von Fall zu Fall
zu verteilen.
Der Bureauvorstand ist der unmittelbare Dienstvorgesetzte des unter-
stellten Personals; er hat für die Aufrechterhaltung der Dienstordnung,
für eine tunlichst vielseitige Unterrichtung und Ausbildung der Beamten,
für die ordnungsgemässe Führung der vorgeschriebenen Bücher, Listen
und Akten, sowie für die rechtzeitige Ausführung der dem Bureau all-
gemein oder im einzelnen Falle zugeteilten Arbeiten Sorge zu tragen. Er
hat darauf zu achten, ob die Arbeiten durch die Arbeitsverteilungspläne
gleichmässig und zweckentsprechend verteilt sind und sich hiervon nötigen-
falls durch häufige Prüfung der noch unerledigt vorhandenen und der
erledigten Geschäftssachen Ueberzeugung zu verschaffen. Bei ungleicher
Belastung der einzelnen Beamten hat der Vorstand selbst ausgleichend
einzugreifen und wenn erforderlich die Aenderung des Arbeitsverteilungs-
planes zu veranlassen.
Die Zuteilung der Arbeiten durch die Referenten erfolgt in der Regel
nach Massgabe des Arbeitsplanes auf die einzelnen Beamten des Bureaus
persönlich. Die dem Referenten vorzulegenden Entwürfe der Bureau-
beamten sind von dem Bureauvorstand nicht zu unterzeichnen, da jeder
Bureaubeamte für die rechtzeitige, aktenmässige und rechnerisch richtige
Ausführung seiner Arbeiten verantwortlich ist.
Das Bureau führt in Angelegenheiten formeller Natur selbständigen
Schriftwechsel und es bestimmt der Präsident im Arbeitsplan, welche Be-
amte Zeichnungsbefugnis haben. Die an die Bureaus gerichteten Einlaufe
werden durch den Vorstand geöffnet und, soweit sie von dem Bureau selb-
ständig erledigt werden können, von ihm ausgezeichnet und entsprechend
weiterbehandelt.
Die allgemeine Aufsicht über das Bureau führt einer der administra-
tiven Streckenreferenten (Jurist).
Unabhängig von dieser allgemeinen Beaufsichtigung des Bureaus durch
den bestimmten Referenten ist mindestens jährlich einmal die zweckmässige
Einteilung des Dienstes und des Arbeitsverteilungsplanes von dem Präsi-
denten oder dem damit beauftragten Referenten auf Grund der Geschäfts-
lage zu prüfen. Im letzteren Falle hat sich der Präsident zu vergewissern,
dass die Prüfung in der bestimmten Weise ausgeführt ist. Für diesen
Zweck genügt, sofern nicht aus Anlass vorgefundener Anstände schon ein
Schriftwechsel entstanden ist, eine kurze zu den Akten zu bringende An-
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364 Vermischte Nachrichten. vÄSSÄSSw^en
zeige des Referenten. Kleinere Anstände sind — soweit angängig — im
Wege mundlicher Anordnung zu beseitigen.
Die Beiziehung des Messungspersonals zu Lageplanaufnahmen fur
Bahnen und Stationsumbauten ist auf ein Mindestmass zu beschränken.
Lageplanaufnahmen vor der endgültigen Festlegung und Absteckung der
Achse neuer Bahnen haben ausnahmslos durch das bautechnische Personal
zu erfolgen. Erst mit der endgültigen Absteckung der Bahnlinie sind die
geometrischen Aufnahmen für die 1000- teiligen Lagepläne durch das Per-
sonal des Messungsbureaus durchzuführen. Die Aufnahmen haben den
technischen und geometrischen Anforderungen zu entsprechen. Bei der
Direktion München wird für das ganze Gebiet der Staatseisenbahnverwal-
tung eine photographische Anstalt eingerichtet, deren Hauptaufgabe darin
bestehen wird, Vergrößerungen von Steuerblätterausschnitten herzustellen.
Diese Vergrößerungen sollen in möglichst ausgedehntem Umfange an die
Stelle der bisher mit viel grösserem Aufwände auf Grund von Gelände-
aufnahmen hergestellten Lagepläne für bautechnische Ausführungen aller
Art treten, i)
Die Messungsbureaus sind besetzt mit 4 Vermessungsbeamten, 4 — 5
Zeichnern und 4 Messgehilfen bezw. Bureaudienern, ausserdem sind den
Neubauinspektionen 1—2 Geometer und das erforderliche Zeichner- und
Gehilfenpersonal zugewiesen. Vogel.
Vermischte Nachrichten.
In der Zeitschrift „Die Denkmalpflege", Heft 2 vom 30. Ja-
nuar 1907, findet sich unter Vermischtes ein kleiner Artikel, der wohl
geeignet ist, hier Abdruck zu finden:
„Zur Erhaltung alter Grenzsteine in Sachsen hat die Kommission zur
Erhaltung der Kunstdenkmäler in Dresden an das sächsische Ministerium
des Innern das Ersuchen gerichtet, die Feldmesser des Landes anzuweisen,
über alte geschichtlich oder künstlerisch wertvolle Rainsteine, die
nicht mehr als Grenzsteine dienen, Anzeige an sie zu erstatten. Das
hiervon in Kenntnis gesetzte Finanzministerium hat diesem Antrage hin-
sichtlich seiner technischen Steuerbeamten stattgegeben und diese mit ent-
sprechender Anweisung versehen. Das Ministerium des Innern trägt keine
Bedenken, dem Antrage der Kommission auch hinsichtlich der Privatfeld-
') Abgesehen von der Frage des Vervielfältigungsrechtes wollen wir der
Verwaltung nur wünschen, dass sie sich nicht erst durch verhängnisvolle Er-
fahrungen überzeugen muss , dass die Vergrösserung eines veralteten , vielleicht
von Anfang an mangelhaften Planes nicht dessen Brauchbarkeit, wohl aber seine
Mangel „vergrössert". Die Schriftl.
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r££Smnm Hochschulnachrichten. 365
messer Folge zu geben. Die Kreishauptmannschaften sind demgemäss
vom Ministerium des Innern beauftragt worden, die ihnen nachgeordneten
Verwaltungsbehörden anzuweisen, die in deren Bezirken wohnhaften Privat-
feldmesser zu der erbetenen Anzeigeerstattung an die Kommission zur Er-
haltung der Kunstdenkmäler in Dresden (Ministerium des Innern) anzuhalten. u
Hochschulnachrichten.
AuBzug aas dem Vorlesungsverzeichnis des Sommerseniesters 1907
der Abteilung für Bauingenieurwesen an der Technischen Hoch-
schule zu Charlottenburg.
1. Geh. Reg.-Rat Prof. Werner: a) Niedere Geodäsie für die Ab-
teilung für Bauingenieurwesen, für Maschineningenieurwesen, für Chemie
und Hüttenkunde, 4 Stunden wöchentlich. — b) Niedere Geodäsie für die
zu Ostern neu eintretenden Studierenden, 4 St. wöchentlich. — c) Niedere
für Architekten, 2 St. wöchentlich. — d) Praktikum II für Bauingenieure
(ältere Semester), 2 St. wöchentlich, i) — e) Praktische Uebungen im Feld-
messen für die Abteilung für Architektur und Bauingenieurwesen, 4 St.
wöchentlich. *) — f) Praktische Uebungen im Feldmessen für die Abteilung
für Maschineningenieurwesen, Chemie und Hüttenkunde, 4 St. wöchentlich.»)
— g) Planzeichnen, 2 St. wöchentlich. — h) Höhere Geodäsie, 2 St.
wöchentlich. — Ausserdem findet am Schlüsse des Sommersemesters für
Bauingenieure eine grössere mehrtägige Aufnahme im Zusammenhang statt.
2. Prof. Dr. Galle, Privatdozent: Nivellement für eine Landes-
vermessung, 1 St. wöchentlich.
3. Geh. Reg.-Rat Prof. Grantz: a) Flussbau I, 4 St. wöchentlich. —
b) Flussbau II einschl. Kulturtechnik, wöchentlich 2 St. Vortrag und 2 St.
Uebungen.
4. Prof. Cauer: Grundzüge der Bahnhofsanlagen, wöchentlich 3 St.
Vortrag und 4 St. Uebungen.
5. Prof. Brix: a) Strassenbau und Strassenbahnen. wöchentlich 2 St.
Vortrag und 2 St. Uebungen. — b) Städtischer Tiefbau, wöchentlich 2 St.
Vortrag und 2 St. Uebungen. — c) Stadtstrassen und Bebauungspläne,
wöchentlich 2 St. Vortrag und 2 St. Uebungen.
Anm. i). Ausserdem praktische Feldübungen im Tracieren an einigen
Nachmittagen.
Anm. Ä). Um kleinere Gruppen bilden zu können, sind für e) und f)
zusammen 4 Nachmittage wöchentlich angesetzt. Die Teilnahme an den
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36«
VereiuBuachrichten.
Zetuchrirt für
1907.
Uebungen wird für e) abhängig gemacht von dem Besuch der Vorlesung
Uber niedere Geodäsie und des Praktikums I.
Ausführliche Programme sind vom Sekretariat für 50 Pfg. zu beziehen.
VorBtandßchaft des „Deutschen Geometervereins",
zu Händen des Herrn P. Ottsen, städt. Vermessungsinspektor
Der aus dem bestandenen „Deutschen Geometerverein" durch A ende -
rung seiner Satzungen sich ausgestaltete „Verein der behördl. autor.
Zivilgeometer in Oesterreich u, genehmigt mit dem Erlass des hohen
k. k. Ministeriums des Inneren vom 2. Jänner 1907, ZI 56. 823/06, beehrt
sich der verehrlichen Vorstandschaft des „Deutschen Geometervereins in
Wilmersdorf" zur Kenntnis zu bringen, dass sich derselbe am 26. Jänner
d. J. konstituiert und seine Wirksamkeit aufgenommen hat.
Der 11 gliedrige Vorstand des Vereines der behördl. autor. Zivil-
geometer in Oesterreich besteht aus den Herren:
Obmann: Viktor Edler von Thomka, Wien.
Obmannstellvertreter: Karl Köhler, Stift Tepl.
Schriftführer: Josef Feichtinger, Amstetten.
Schriftführerstellvertreter: Emil Marker, Oberhollabrunn.
Zahlmeister: Karl Mayer, Saaz.
Vorstandsmitglieder: Theodor Stradal, Reichenberg; Otto Pöschl,
Wels; Anton Edelmann, Teplitz; Josef Fogowitz, Wien;
Anton Klindert, Brüx; Eduard Feldmann, Wien.
Der Verein der behördl. autor. Zivilgeometer in Oesterreich ist gerne
bereit, in allen gleichartigen Standesfragen mit dem verehrlichen Deutschen
Geometerverein in Wilmersdorf gemeinsam vorzugehen und denselben zu
unterstützen, wie sich der Verein der behördl. autor. Zivilgeometer in
Oesterreich ähnliche Unterstützung auch vice- versa erhofft.
Mit der Bitte, den Inhalt freundlichst zur Kenntnis nehmen zu wollen,
zeichnet hochachtungsvoll
Für den Vorstand des Vereines der behördl. aut. Zivilgeometer
in Oesterreich:
Vereinsnachrichten.
Wien, am 6. März 1907.
An die verehrliche
in Wilmersdorf (Deutsches Reich).
Josef Feichtinger,
Schriftführer.
Viktor Edler v. Thomka,
Obmann.
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zrttMhfUt ffjr^ Pereonalnachrichten. 3t>7
19C/7.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Kataster Verwaltung. Zu besetzen sind
die Katasterämter: Strasburg i/Westpr. im Reg.-Rez. Marienwerder,
Rössel im Reg.-Bez. Alienstein, Bublitz und Dramburg im Reg.-Bez.
Köslin.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Breslau. Etatsm. angestellt vom 1./4. 07
an: die L. Arndt in Ratibor, Jacob und Fiedler in Oppeln, Gutzeit
Neisse. — Versetzungen zum 1./4. 07: die O.-L. Gehlich von Ratibor II
nach Ratibor I, Schütz von Ratibor I nach Oppeln; die L. Augustin
und Wiedfeld von Ratibor II nach Ratibor I, Büttner von Ratibor II
nach Leobschütz, Fengler von Ober-Glogau nach Görlitz. — Ausgeschie-
den ist: O.-L. Hadamczyk in Kreuzburg O.-S. zwecks Uebertritt in den
Dienst der Provinzialverwaltung von Schlesien.
Generalkommissionsbezirk Bromberg. Etatsm. angest. vom 1./4. 07
an: L. Steindel in Lissa.
Generalkommissionsbezirk Cassel. Pensioniert: L. Schlemmer II
in Limburg zum 1./9. 07. — Versetzungen zum 1./4. 07: L. Lichtenstein
von Cassel nach Carlshafeu; zum 1./7. 07: die L. Knecht von Carlshafen
nach Rotenburg, Dr. Overbeck von Arolsen nach Hersfeld. — Neu ein-
getreten ist am 1./4. 07: L. Volland II in Cassel (g.-t.-B.).
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Erhöhung des Jahresgehalts
vom 1./4. 07 auf 4500 Mk.: O.-L. Nebelung in Düsseldorf, L. v. Dobie-
jewski in Wetzlar; auf 4200 Mk.: O.-L. Brüning und L. Friedel in
Wetzlar, L. Schrödter in Düsseldorf; auf 3900 Mk. : L. Kabus in Re-
magen; auf 3600 Mk.: O.-L. Neuenhofen in Prüm, die L. Berendork
in Düsseldorf, Reusch in Wetzlar, Nehm in Poppelsdorf; auf 3200 Mk.:
die L. Schönhertz in Aachen, Braun I in Simmern; auf 2800 Mk.: die
L. Schnick in Euskirchen, Klinke in Altenkirchen. Kannenberg in
Neuwied, Blobel in Prüm, Spormann in Düren, Lucas in Remagen,
Krude wig in Aachen, Trabert in Cöln. — Versetzungen zum 1./4. 07:
die L. Nösselt von Münster nach Düren I, Austgen von Unna nach
Düren I; zum 1./5. 07: die L. Förster von Poppelsdorf nach Aachen
(nicht nach Düren), Samel von Aachen nach Poppelsdorf als Assistent.
— Aus dem Dienst ausgeschieden ist zum 1./5. 07: L. Jacosch in Prüm.
Generalkoramission8bezirk Königsberg i/Pr. Versetzung zum 1./4. 07:
O.-L. Pähl von Tilsit nach Posen (Ansiedlungskommission). — Die Fach-
prüfung hat bestanden am 23./3. 07: L. Kibelka in Osterode i/Ostpr.
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368 Personalnachrichten. _ z«it«nrift mr
1907.
Generalkommissionsbezirk Münster. Verliehen den R. A.-0. 4. Kl.:
L. Hinteler in Höxter am 10./3. 07. — Etatsm. angestellt vom 1./4. 07
an: die L. Bremer, Rohde und Strenzke in Medebach, Wienecke und
Wefelscheid in Arnsberg, Kulm, Holtschmidt und Lierau in Essen,
Schneider in Laasphe, Rembert, Bill, Schlömer, Terppe und Herbst
in Münster, Urban, Mertz und Friebe in Dortmund, Fischer in
Meschede, Rose in Soest, Weinig in Berleburg, Voigt in Brilon, Strate-
mann in Bünde, Gehlich in Siegen, Würtz in Unna, Bunger in Herford,
Kanert in Olpe. — Versetzungen zum 1/4. 07: O.-L. Heuel von Olpe
nach Bünde; die L. Nösselt von Münster (g.-t.-B.) nach Düren (G.-K.
Düsseldorf), Würtz von Unna nach Wetzlar (G.-K. Düsseldorf), Nitze
von Höxter nach Laasphe, nicht Paderborn. — Die Fachprüfung haben be-
standen am 11.— 14./3. 07: die L. Werner in Paderborn, Kaiser III in
Meschede, Drinkuth in Lippstadt.
KÖnigreioh Bayern. Katasterverwaltung. Zu Messungsassistenten
wurden ernannt die geprüften Geometerpraktikanten Friedrich Riedel in
Aschaffenburg und Joseph Winter in Kaiserslautern , diese bei der kgl.
Reg.-Finanzkammer der Pfalz, dann Julius Rail in Dachau bei der kgL
Reg.- Finanzkammer von Oberbayern.
Königreich Sachsen. Vermessungsamt der Stadt Plauen i/V.
Ausgeschieden: Dipl.-Ing. Wengler, um zur kgl. Eisenbahndirektion Kö-
nigsberg überzutreten. Eingetreten: Dipl.-Ing. Schorcht, früher beim
kgl. Zentralbureau für Steuervermessung. Ausserdem wird der schwedische
Infanteriekapitan und Ingenieur Holmberg aus Malini» ein Jahr bei dem
Vermessungsamt hospitieren.
Königreich Württemberg. Landwirtschaftliche Verwaltung.
Uebertragen wurde unterm 6. April 1907 die Stelle eines Revisionsgeometers
bei der Zentralstelle für die Landwirtschaft, Abteilung für Feldbereinigung,
dem Geometer -Kulturtechniker Riek bei der Kulturinspektion für den
Neckarkreis mit dem Titel und Rang eines Obergeometers.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Untersuchung eines Repetitionstheodoliten, von
Karl Lüdemann. — Ergebnisse einer Untersuchung über den Konvergenz-
winkel bei Doppelschlifflibellen, von R. Dorn. — Zur Organisation des baye-
rischen Eisenbahnmessungsdienstes, von Vogel. — Vermischte Nachrichten. — -
Hochschulnachrichten. — Vereinsnachrichten. — Personalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwer in Stattgart.
Druck tod Carl Hammer, Kgl. Hofbuchd rackere! in Stuttgart.
Digitized by GoOjgt
369
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Ob«rot«uerr»t ^ Dr. O. Eggert, Professor
1907.
Heft 15.
*~ 21. Mai.
Band XXXYI.
Der Abdruck von Original -Artikeln
laubnis der Schriftleitung 1st untersagt.
ohne Torher eingeholte Er-
Ueber den Vergleich zwischen mehreren Gleichungen
eines Massstabes.
Bei vereinzelten Massstabuntersuchungen ist der Fall vorgekommen,
dass für einen Massstab mehrere Gleichungen auftreten, die aus ver-
schiedenen Temperaturgebieten stammen und auch teilweise verschiedene
Form haben. Sei z. B. for das Intervall zwischen den Temperaturen tx
und t2 eine lineare Abhängigkeit, für das grössere Intervall zwischen
T, < fj und T2 > *2 eine Abhängig-
keit der Länge auch von höheren
Potenzen der Temperatur t angesetzt
worden; dann sind die Konstanten
and die Koeffizienten der beiden
linearen Glieder nicht ohne weiteres
miteinander vergleichbar. In der
linearen Form a + ßt stellt ß einen
mittleren Ausdehnungskoeffizienten
dar , während b in a -\- b t -j- c W
+ . . . einen solchen für die Stelle
t = 0 liefert u. 8. w.
I. Vergleichbare Werte kann man durch folgende Betrachtung ge-
winnen: Aus der Beobachtungsreihe in dem grösseren Intervall Tx bis T9
denke man sich das Gebiet f, bis herausgehoben und eine lineare Aus-
gleichung vorgenommen, so werden jetzt die konstanten Glieder und die
Koeffizienten von / miteinander vergleichbar sein. Sind die Beobachtungen
Zeitschrift für Vermes.ungivreien 1907. Heft 15. 28
Digitized by Go
370 Schumann. Vergleich zw. mehr. Gleich, eines Massstabes. zoitacurm rar
Vermessumfgwesec
selbst nicht bekannt, so ersetze man in dem Intervall f, bis ^ die Be-
obachtungen durch das Knrvenstück, oder man betrachte die Kurvenpunkte
als mit ausserordentlich grosser Genauigkeit beobachtete Punkte, dann
steht man vor der Aufgabe: zwischen tx und ^ einem Parabelbogen eine
Gerade engstens anzuschliessen. Im folgenden soll diese Forderung auf
zwei Arten zu erfüllen gesucht werden.
Sind y = a + + + •••! y' = a'-{-b't
die beiden Gleichungen für Kurve und gesuchte Gerade, so soll erstens sein
(y' — y)*dt — Minimum in bezug auf a'b';
diese Forderung ist der entsprechenden der M. d. kl. Qu. nachgebildet.
Aus den beiden Normalgleichungen
(«'- o) </f -#,) + (*'-*) - c /''~''8-.., = 0,
ergibt sich für eine quadratische Form von y:
a'-a = -eQ Kt + tf + tMJi = <(', + ',)• (1)
Man kann zweitens darauf ausgehen, den Inhalt der Fläche zwischen
der Kurve und der Geraden so klein als möglich zu machen. Nennt
a, nnd o2 die Abszissen der beiden Schnittpunkte der Kurve mit einer
gesuchten Geraden
y" = o" + 6"/,
so muss zunächst sein:
(«" - o) + (6" - 6) a, - e a4s = 0,
(a"— «) + (*"—*>)«, — c«V =0. ^ ;
Die zweite Forderung verlangt dann:
(y" — y)rf<-y(y" — y)tff + J(yt'-y)dt — Min. (a"6").
Die Grenzen «, und a2 sind von a" und 6" abhängig.
Hieraus folgt durch Variation nach a" und 6"
«*-«, = — J-1- , <h* - oi* = *' ~*' oder
die Minimumslinie y" ist hiernach leicht zu zeichnen.
Die linearen Gleichungen (2) ergeben:
*"-« = - rC6 [3 (', + /,)» + 4 '.'*], = '(', + ',)• (3)
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zeiuetarift wr Schumann. Vergleich zw. mehr. Gleich, eines Massstabea. 371
VenneMungsweuan
1907.
Ein Vergleich zwischen (1) und (3) zeigt, dass
«' - «" = 4g («, - *»)■ (4)
ist, während die beiden b übereinstimmen. —
Aus y = a-\-bt -4-c<* folgt als Ausdehnungskoeffizient für die Um-
gebung der Stelle t : -J- = b-\-2ct, welche Formel in der Praxis auch
zur Berechnung eines mittleren Koeffizienten für ein endliches Inter-
vall genommen wird. Nach obigem ist dies zugleich der plausibelste Wert,
da für < = — Uebereinstimmung mit b' und b" stattfindet.
II. Sind 2 dreigliedrige Ausdrücke mit den Koeffizienten abc und
a'b'c1 zu vergleichen, so lauten die 3 Normalgleichungen:
(*' - •) (<, - #,) + (b' - b) + (C - e) = 0,
(«'-«)^2 1 +(b'-b)t'-T±- + (c<-c) = 0, (B)
(«' - «) + - b) 3--JL + (c< - c) = 0.
Hiernach bestehen auch bei Verschiedenheit der Intervallgrenzen keine
systematischen Unterschiede zwischen den Koeffizienten; in Wirklichkeit
werden diese aber voneinander abweichen infolge der Beobachtungs-
tingenauigkeit, und man kann obige Gleichungen mit den absoluten Glie-
dern 0 benutzen, um Gewichte für die sechs Koeffizienten abzuleiten,
falls die beiden Ausdrücke vereinigt werden sollen und falls sonst keine
direkten Unterlagen zur Gewichtsberechnung, als Anzahl der Messungen
und innere Genauigkeit, vorliegen.
Zunächst erhält man für c = cf = 0, also für 2 zweigliedrige Aus-
drücke, als Gewicht
vona: 4^»^») ' ™n b- IS '
Während hiernach das Gewicht von b nur vom Temperaturintervall ab-
hängt, wird das Gewicht von a bei gleichem Intervall rasch kleiner, je
weiter sich die Temperaturen vom Nullpunkt entfernen; man erkennt dies
/f t \t
leichter aus der Form: -.7. , ? .-. -. 7-^ . Ein Zahlenbild vom Verlauf
dieser Funktion der beiden Veränderlichen t% und tx gewährt folgendes
Täfelchen :
0°
10°
200
30°
40°
SO0
0»
0,0
2,6
5,00
7,50
10,00
12,50
10
0,0
0,36
1,54
3,21
5,16
20
0,00
0,13
0,71
1,78
30
0,00
0,07
0,41
40
0,00
0,04
372 Schumann. Vergleich zw. mehr. Gleich, eine« Massstabes. vjz«it*ciirm ror^
1907.
Bei 2 dreigliedrigen Ausdrücken erhalte ich nur für das Gewicht des
Koeffizienten c der höchsten Potenz eine einfache Form, nämlich:
Die Gewichte von a und b dürften durch Auflösung der numerischen, in
bekannter Weise aus (5) zu gewinnenden Gewichtsgleichungen bequemer
zu berechnen sein, als aus den geschlossenen Formen.
III. Für einen Pendelmassstab i) P aus Bronze fand die Königliche
Normal-Eichungskommission in Berlin durch Ausgleichung ein und derselben
Reihe von Beobachtungen zwischen 5° und 29° die beiden Gleichungen:
P1 = lm_253,8^ -r- 18,79/*./ und
± ,5 ± ,03
P, = 1» - 261,79 /* + 18,486 p . t + 0,00902 p . /».
± ,29 ± ,038 ± ,00108
Die Zahl + 18,79 in P, ist ein durchschnittlicher Ausdehnungskoeffi-
zieut für das ganze Intervall , -}- 18,486 in Pf gilt lediglich für die Um-
gebung der ausserhalb des Beobachtungsintervalles liegenden Temperatur
t = 0 ; die Differenz Pt — P, — — 2 \x für < = 0 ist zu einem unmittel-
baren Vergleiche ungeeignet, ebenso wie der Wert P, — Pff = — 6 p fur
t = — 10° u. s. w. Unmittelbar vergleichbar sind nur die beiden Dar-
stellungen innerhalb des untersuchten Gebietes, der besseren von beiden
gehört der Vorzug; eine Vereinigung solcher Koeffizientensysteme hatte
wenig Wert.
Mit den Formeln (1) und (3) kann man vergleichbare Grössenpaare
herstellen; man findet: nach der ^R.K |b(:
nach (1) a' — a = —2,174/«
. (3) - « = " 2,282
ans Kontrollformel (4) a' — a" = + 0,108;
ferner: b' — b = b" — b = + 0,307 p
Diese gute Uebereinstimmung ist in der Hauptsache eine Folge des
Umstandes, das s P, und P( aus derselben Reihe berechnet sind.
Ferner war für die Länge eines Sekundenpendels2) gefunden worden:
1 ™ _ 302,9 f» + 17,849 m . t + 0,00902
die Temperaturen liegen zwischen T1 = 7°,72 und T2 = 23°,81. Herr
Lorenzoni hatte für denselben Stab zwischen tt = 8°,90 und tz = 23 M7
als Ausdehnungskoeffizient gefunden: 18,5 p, was nach einer freundlichen
Mitteilung des Herrn Kühnen als ein mittlerer Wert angesehen werden
muss, der also nicht ohne weiteres mit 17,849 verglichen werden kann.
*) Bestimmung der absoluten Grösse der Schwerkraft zu Potsdam mit Re-
vers ion. spende In, von F. Kühnen und Ph. Furtwängler; Veröffentlichung des Kgl.
Preus8ischen Geodätischen Institutes, Neue Folge Nr. 27, S. 23.
") Ebenda S. 252.
| -2,01/»
+ 0,304 f*.
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wJSSmgpSmm Ijldemum' Genauigkeit ron Flächenberechnungen etc. 373
Aus (1), (3) und (4) findet man:
a' — a = — 2,203 p, a" — a = -2,243^; Kontrolle a' - a" = + 0,040,.;
b'-b = b"-b = + 0,292,*, also ft' = b" = + 18,141,
welcher Wert sich dem Lorenzonischen nähert. Die beiden Koeffizienten
stammen, im Gegensatz zu dem ersten Beispiel, aus verschiedenen Beobach-
tungsreihen, vollständige Uebereinstimmung ist daher nicht zu erwarten.
Zum Zwecke einer Mittelbildung würde das Gewichtsverhältnis (ab-
gerundet) 42 : 31 zu dienen haben.
Aachen, Weihnachten 1906. B. Schumann.
Lieber die Genauigkeit von Flächenberechnungen mit
der Quadratmillimeterglastafel.
Yon K. Lädemann, Landmesser in Zehlendorf-Wannseebahn.
Von acht im Massstab 1 : 4000 gefertigten Plänen, die zusammen eine
Fläche von rund 2100 ha darstellen, ist eine grosse M a Neuberechnung
ausgeführt worden, bei welcher sowohl die mit Zeichnung bedeckten Teil-
stucke der Randquadrate, als auch die ohne solche gebliebenen Quadrat-
flächen je doppelt unter Anwendung der jeweilig am geeignetsten erschei-
nenden Hilfsmittel1) ausgewertet wurden. Dementsprechend gelangte bei
einer Anzahl der Randquadrate, welche sehr stark gebrochene Grenzzüge ent-
hielten, auch die Quadratmillimeterglastafel zur Anwendung und zwar wurden
bei 30 Quadraten beide Berechnungen mit diesem Instrument ausgeführt.
Da die Karten auf gut ausgetrocknetem Whatmankarton gezeichnet
waren, der sich wenig verzogen hatte, wurde für die vorliegende Unter-
suchung als Sollbetrag einer Quadratfläche die Grösse von 16,0000 ha an-
genommen. Hierdurch erscheinen die abgeleiteten mittleren Fehler nur
um ein Geringes ungenau.
In der Tabelle 1 bezeichnet Mi das arithmetische Mittel aus den
beiden Berechnungen für die mit Zeichnung bedeckten Flächen, M2 das
gleiche für die ohne Zeichnung gebliebenen Quadratteilstücke. Die mit e
bezeichnete Spalte gibt e = Sollfläche — ( MJ + Afg). Die mit und
überschriebenen beiden letzten Reihen stellen entsprechend den Bezeich-
nungen 3f, und Mt die Differenzen zwischen den beiden EinzelberechnuBgen
desselben Quadratteiles dar.
Aus den Beobachtungsdifferenzen Öt und Ö2 leiten sich die mittleren
Fehler einer Einzelberechnung in guter Uebereinstimmung ab zu
±0,0698% a
44 = ±0,0671% *l x ' /0'
«) Zirkel und Massstab bezw. Anlegemassstab, Quadratmillimeterglaatafel,
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374
von
Tabelle l.
"ST"
qram
qmm
qram
qmm
qmm
1
3058,2
6946,2
- 4,4
-4,5
+ 2,5
2
9593,5
415,2
- 8,7
- 7,0
- 1,7
3
5087,5
4915,5
- 8,0
- i,o
- i,o
4
943,9
9061,0
- 4,9
- 3,0
4- 4,0
5
3885,2
6116,2
- 1,4
- 2,5
- 1,4
6
1023,3
8977,7
- i,o
— 1,8
+ 1,4
7
4124,9
5876,6
- 1,5
-0,2
+ 3,3
8
3451,8
6553,0
- 4,8
- 1,4
+ 1,1
9
4885,0
6113,5
+ Ifi
+ 6,7
4- 2,0
10
6205,8
4792,8
+ 1,4
+ 1,5
+ 6,6
11
4432,6
5564,4
+ 3,0
- 8,9
+ 1,1
12
4584,6
5415,4
± 0,0
- 0,9 + 0,7
13
5989,4
4012,4
- 1,8
- 2,7 + 2,6
- 1,7 , - 5,8
+ 2,2 + 5,3
14
5224,2
4781,0
- 5,2
15
2383,6
7612,6
+ 3,8
16
2184,2
7819,6
- 8,8
— 1,5 — 5,8
17
6115,6
8886,1
- 1,6
- 3,0
+ 1,2
18
1699,8
8305,6
- 5,4
- 0,5
- 3,9
19
2772,0
7230,5
- 2,6
-0,9
- 4,0
20
7583,4
2419,2
- 2,6
— 3,3
- 1,7
21
2708,7
7301,0
- 9,7
- 2,6
— 8,0
22
1077,8
8923,4
- 1,2
- 1,2
+ 1,8
23
6500,8
3499,5
— 0,3
— 0,5
+ 1,0
24
r or 1 r\
6351,0
4h51,4
— 2,4
3,0
- 2,3
25
2299,8
7701,6
- 1,4
- 0,5
- 1,8
26
5098,6
4903,9
— 2,5
- 2,8
- 2,2
27
5080,4
4923,3
- 3,7
- 4,1
- 3,4
28
3250,4
6749,2
+ 0,4
- 1,7
4- 0,7
29
5729,8
4270,6
- 0,4
- 2,7
4- 8,7
30
2872,9
7126,2
+ 0,9
- 1,8
4- 2,6
während sich der mittlere Fehler einer Doppelmesaung zn
u. , = 4- 0,0493
ßSJ*** 0,0475 o/0 W ^ '
ergibt. '
Der mittlere Fehler der Bestimmung einer Quadratfläche von 16,(
ha Grösse wertet sich aus den £ aus zu
ß = ± 0,036 o/0
= + 58 qm,
während er sich nach den vorher berechneten Werten des mittleren Fehlers
einer Doppelberechnung etwa doppelt so gross ergeben musste. Diese
Abweichung hat ihren Grund darin, dass bei der Ablesung der mittleren
Grundlinien in den Teiltrapezen der mit Zeichnung bedeckten Quadrat-
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ve^wSSwSen Ludemann- Genauigkeit von FlÄchenberechnungen etc. 375
flächen da, wo es angängig war, gleichzeitig auch die mittlere Basis des
entsprechenden Teiltrapezes der ohne Zeichnung gebliebenen Teil Hu che ab-
gelesen wurde. Ausdrücklich soll jedoch bemerkt werden, dass eine Addi-
tion der beiden Linienwerte oder gar Reduktion derselben auf die Soll-
länge nicht stattgefunden hat Durch diese Methode, die bei einem Teil
der Quadrate angewendet wurde, ist die Bestimmung einer Quadratfläche
also höchstens um den Betrag des bei der Ausgleichung der einen der
beiden nicht parallelen Trapezseiten sonst bei dem zweiten Teiltrapez be-
gangenen Aniegefehlers verbessert worden. Man durfte diese Art der Er-
mittlung der Grundlinien anwenden, da jede Quadratteilfläche doppelt un-
abhängig ermittelt wurde.
Des weiteren beeinflusst den mittleren Fehler einer Quadratflächen-
ermittlung noch die Differenz, die zwischen dem angenommenen Sollinhalt
von 16,0000 ha und dem tatsächlichen Quadratinhalt besteht, ein Fehler,
der so lange konstant ist, als angenommen werden kann, dass eine Ver-
änderung des Eartenpapieres gleichmassig nach allen Richtungen erfolgt
ist. Jedenfalls ist dem ermittelten Werte ft einige Unsicherheit bei-
zumessen, während den Werten fis und nd> eine grössere Genauigkeit
innewohnt.
Ihre Grösse für verschiedene Flächen ist in Tabelle 2 hingeschrieben.
Tabelle 2.
Fläche
*|
ha
qm
qm
1,0000
7
5
6,0000
34
24
10,0000
70
50
16,0000
109
77
Wenngleich es bei der Flächenberechnung mit der Quadratmillimeter-
glastafel neben der Grösse der Fläche in erster Linie auf die Gestaltung
der Grenzzttge der auszuwertenden Figur ankommt, so dürften doch obige
Beträge der mittleren Fehler stets leicht erreichbar sein, wenn anders
eine gut geteilte Tafel zur Verwendung gelangt, deren Kanten genau recht-
winklig zueinander und parallel zu den Teilungslinien geschliffen sind. Des-
halb muss es verwunderlich erscheinen und auf eine geringe Uebung des
Beobachters oder auf eine fehlerhafte Tafel zurückgeführt werden, wenn
in dem „Beitrag zur Kenntnis der Genauigkeit der neueren Flächenberech-
nungshilfsmittel" von M. Hellmichi) die Quadratglastafel sowohl hinsicht-
lich des Zeitverbrauche als auch der erreichten Genauigkeit hinter den
>) Zeitschrift rar Vermessungswesen, Bd. XXII — 1893 — S. 185 ff.
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376 Brückner. Gefallmesser «im Freihandgebrauch etc. _ zamcmttt rar
19Ö7T
übrigen sonst behandelten Hilfsmitteln, in der Genauigkeit bei gleichem
Zeitaufwand selbst noch hinter dem mit Zirkel und Massstab erzielten
Ergebnis zurückstehen muss.
Gefällmesser zum Freihandgebrauch mit direkter
Ablesung der Reduktion für L = 20 m.
Von Obergeometer Brückner-Weimar.
Im Grossherzogtum Sachsen werden seit 30 Jahren alle Neumessungen
auf trigonometrischer Grundlage unter Anwendung des 20 m-Stahlbandes
und des Gefällmessers ausgeführt. Die Resultate dieser Messungen sind
derart günstig, die Arbeit eine so bequeme, dass sich die anderwärts
wenig zu findende Verwendung des Gefällmessers, abgesehen von der Scheu
vor der Reduktionstafel, nur daraus erklären lässt, dass eine wirklich
zweckentsprechende Konstruktion dieses Instrumentes im Handel fehlt
Nachstehend will ich eine solche vorführen, welche in nahezu 25 jährigem
Gebrauche sich tadellos bewährt hat.
Die handliche Form des Instrumentes gestattet das Tragen am Band
in der Seitentasche des Rockes, dadurch wird die Arretierung während
der Arbeit entbehrlich und es werden Kollisionen mit Winkelspiegel oder
Prisma vermieden.
Die Teilung wird mittels Lupe abgelesen und ist eine doppelte, indem
nach vorn in leicht übersichtlicher Bezifferung die Reduktionen auf 20 m
Länge stehen, während daneben eine von 2 zu 2 laufende Prozentteilung
angebracht ist. — Durch die erstere Teilung wird die Reduktion im ganzen
entbehrlich, infolgedessen an Zeit gespart und gleichzeitig eine Fehler-
quelle ausgeschaltet.
Die zweite Teilung gibt das beste Hilfsmittel für Weg- und Graben-
projekte, Drainagen u. s. w. ab, wobei zu bemerken ist, dass für den Frei-
handgebrauch die Teilung von 2 zu 2<>/0 völlig hinreichend und praktisch
um deswillen ist, weil die Ablesung übersichtlicher wird.
Aus gleichen Gründen ist für die Reduktionsteilung das Intervall von
Google
0,2 m bei Neigungen über 50«/o gewählt, zumal es ratsam ist, schon ton
0,5 Reduktion ab die Ablesung von oben und von unten zu nehmen und
das Mittel einzusetzen, da kleine Abweichungen durch die gezwungen ver-
schiedene Kopfhaltung entstehen können. Die Justierung erfolgt am Hori-
zontalfaden und ist von aussen zu bewirken. Hierdurch ist ein weiterer
Nachteil der jetzt gebräuchlichen Instrumente vermieden , bei welchen die
Justierung am Gegengewicht des Gradbogens angeordnet und daher schwer
zugänglich und unbequem zu handhaben ist. Das Instrument ist richtig,
wenn die Gegenvisuren gleiche Ablesungen geben, und wird berichtigt,
indem der Horizontalfaden auf die Hälfte einer sich zeigenden Differenz
eingestellt wird.
Vielfältige Versuche haben erwiesen, dass eine besondere Zielmarke
fQr die gewöhnliche Messung nicht nöüg ist, vielmehr Hutband, Mützen-
schirm etc. eines Kettenziehers völlig genügen. Für besondere Fälle
können aber leicht Zielmarken auf den Kettenstäben befestigt werden.
Lässt man bei Messung durch Gebüsch, Heide, Getreide u. s. w. das
Band „reiten", d. h. den vorderen Kettenzieher über seinen Kettenstab
treten und das Band flach am Boden hinter sich schleifen, so wird eine
glatte Lage des Bandes erzielt und im Verein mit dem Gefallmesser ge-
langt man zu überraschend scharfen Resultaten.
Die Feldbuchführung ist einfach, da bei nur einiger Uebung im Kopf
addiert und somit bei jedem Schlag die zugehörige Gesamtreduktion ge-
schrieben werden kann — hierin liegt ein unschätzbares Hilfsmittel bei
Absteckungen, indem man die Reduktion der Solllänge zusetzt. — Andern-
falls kann auch die Reduktion jede 20 m für sich geschrieben und die
Addition zu Hause ausgeführt werden. Interpolation von Zwischenmassen
geht nach Verhältnis der Längen.
Bei geneigten Ordinaten wendet man ebenfalls den Gefällmesser an,
schreibt hier aber stets die Reduktion für 20 m in das Feldbuch und
interpoliert zu Hause. — Eine Hilfstafel wird jedem Instrument beigegeben,
in welcher die Einzelreduktion für 1 bis 20 m bei 0,1 bis 6,0 Reduktion
für 20 m übersichtlich angegeben ist.
Das Instrument ist jetzt der Firma R. Reiss zu Liebenwerda gesetz-
lich geschützt und wird von dieser vertrieben. (Nr. 302209 d. G.-M.-R.)
Die Erneuerung der Karten und Bücher des
preussischen Grundsteuerkatasters.
Ein wichtiges Erfordernis für jeden Staat mit geordneter Verwaltung
sind die Karten, aus welchen die Grenzen des ganzen Staates, seiner ein-
zelnen Bezirke, der Gemeinde- und sonstigen Verbände, die einzelnen
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378 Gehrmann. Erneuerung des preuss. Grundsteuerkatasters. ^jggehrmjMr^
Grundstücke. Wege, Strassen, Gewässer, die öffentlichen Anlagen, die Ge-
bäude u. s. w. ersehen werden können. Alle in den Karten dargestellten
Gegenstände müssen in richtiger Lage zueinander gezeichnet sein, die
Karten selbst aber sollen sich als ein in bestimmtem Grössenverhältnis
verkleinertes, auf die Ebene projiziertes Abbild des Landes oder eines
Teiles desselben erweisen. Karten nach dem Augenmass gezeichnet mit
ungefährer Angabe der Lage der Dinge gibt es seit den ältesten Zeiten.
Annähernd richtige, auf Grundlage von Vermessungen hergestellte Karten
kennt man in Deutschland erst seit der letzten Hälfte des 17. Jahrhun-
derts und aus verschiedenen Zeiten des 18. Jahrhunderts. Erst in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden derartige, auf Vermessung
beruhende und zum Teil richtig orientierte Kartenwerke von ganzen
Landesteilen und von zahlreichen einzelnen Gemarkungen. Vollständige
Landesvermessungen kamen in einzelnen deutschen Staaten zur Ausführung,
in Preussen blieb es bei den Anfängen dazu. Erst als nach dem Gesetze
vom 26. Juni 1817 die Generalkommissionen zur Regelung der gutsherr-
lichen und bäuerlichen Verhältnisse eingesetzt und diese Behörden auch
mit der Bearbeitung der Gemeinheitsteilungen nach dem Gesetze vom
7. Juni 1821 beauftragt waren, mussten Vermessungen in grossem Umfang
vorgenommen werden zur Beschaffung der zu diesen Arbeiten benötigten
Karten. Es geschah dies nach und nach je nach Bedarf, ohne dass daran
gedacht wurde, die Vermessungen nach Festpunkten und gegeneinander
richtig zu orientieren, oder später weiteren Gebrauch von den Karten zu
machen. Trigonometrische Festpunkte gab es erst, als die gedachten Ver-
messungen in den alten Provinzen ziemlich beendigt waren. Der Muster-
staat Preussen hat sich auf dem Gebiete des Vennessungswesens gegen
andere deutsche Staaten lange Zeit als rückständig erwiesen. Während
in diesen andern Staaten einheitlich hergestellte, das ganze Staatsgebiet
umfassende Landesvermessungen ausgeführt und dazu Karten beschafft
wurden, sah man sich in Preussen erst bei Erlass des Gesetzes vom
21. Mai 1861, die anderweite Grundsteuerregelung betreffend, genötigt, in
aller Eile ein über den ganzen Staat sich erstreckendes Kartenwerk an-
fertigen zu lassen; dasselbe musste in der kurzen Frist bis zum L Ja-
nuar 1865 vollendet werden. An Vornahme einer Landesvermessung war
nicht zu denken. Es blieb uns übrig, die vorhandenen Kartenwerke zn
kopieren und die Kopien so zu ergänzen, dass sie als Gemarkungskarten
der Grundsteuerregulierung zugrunde gelegt werden konnten. Bezüglich
einiger Flächen, für welche brauchbare Karten fehlten, musste die Ver-
messung und Kartierung im beschleunigten Verfahren nachgeholt werden.
Besser gestaltete sich die Sache für die im Jahre 1866 dem preuss i-
schen Staat hinzugetretenen Gebietsteile. Für einen Teil derselben waren
gute, im Verfahren der Landesaufnahme angefertigte Karten vorhanden,
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vi^£chrtft.IÜf.« Gehrmann. Erneuerung des preuss. Grundsteuerkatasters. 37 £
die nach einiger Ergänzung ohne weiteres als Gemarkungskarten verwendet
werden konnten. Von dem ehemals Königreich Hannoverschen Gebiet
fanden sich viele für das Zusammenlegungsverfahren benutzte Karten vor,
die sich zur Kopierung und Anfertigung von Gemarkungskarten eigneten,
ebenso verhielt es sich mit den im ehemaligen Herzogtum Nassau aus dem
Konsolidationsverfahren herrührenden Karten. Im ehemaligen Kurfürsten-
tum Hessen hatten schon um das Jahr 1800 Vermessungen nach alten
Methoden stattgefunden, und es mussten, da Zeit und Kräfte zur Vornahme
aller nötigen Neumessungen fehlten, von einem Teile dieser alten Karten
Kopien entnommen und diese als Gemarkungskarten eingereiht werden.
Der grösste Teil dieser Karten ist aber durch Neumessung entbehrlich
geworden. Immerhin blieben grosse Flächen übrig, für welche die Karten
gänzlich fehlten oder nicht zu gebrauchen waren. Dies war am meisten
der Fall in der Provinz Schleswig-Holstein. Um den im voraus auf den
1. Januar 1876 festgesetzten Beginn der Steuererhebung nach der neuen
Wertschätzung nicht aufzuhalten, sah man sich gezwungen, in aller Eile
die zur Veranlagung benötigten Karten durch eine rasch fördernde Bussolen-
messung herstellen zu lassen. Diese Karten sind nachher durch vorschrifts-
mässig ausgeführte Neuaufnahmen ersetzt worden.
Als Massstab für die Steuerveranlagung diente nach der Gesetzes-
bestimmung der wirtschaftliche Reinertrag der Liegenschaften. Um diesen
zu ermitteln mussten für jede ertragsfähige Kulturart (Acker, Wiesen,
Weide, Holzung u. s. w.) Klassen gebildet und für jede derselben der Er-
tragswert ermittelt werden. Zugezogenen landwirtschaftlichen Sachverstän-
digen fiel dann die Aufgabe zu, an Ort und Stelle den Boden in die Klassen
einzuschätzen und die Grenzen jedes Klassenabschnitts anzugeben. Die
Ergebnisse der Schätzung wurden zunächst in Feldcoupons und von diesen
in die Karten übertragen. Hieran schloss sich die Berechnung der Flächen-
inhalte der einzelnen Klassenabschnitte und der Besitzstücke. Soweit der
Inhalt der letzteren in vorhandenen Auseinandersetzungsrezessen nach-
gewiesen war, wurde derselbe in der Regel beibehalten. Auch die Namen
von den Eigentümern der Liegenschaften konnten aus den betreffenden
Rezessen entnommen werden ; es musste jedoch, um den derzeitigen Besitz-
stand richtig festzustellen , in jeder Gemeinde und in jedem selbständigen
Verband eine öffentliche Verlesung der einzelnen Grundstücke vorgenommen
werden.
Die einzelnen Kartenblätter jeder Gemarkung erhielten fortlaufende
Nummern, und die durch Eigentomsgrenzen , durch Grenzen der Kultur-
arten u. s. w. gebildeten Parzellen sind dann auf jedem Blatte mit der
Nummer 1 anfangend durchlaufend numeriert worden. Diese Arbeiten
lieferten die Grundlage für das Flurbuch und die Mutterrolle. Im Flur-
buch werden die Parzellen nach Kartenblättern, in der Mutterrolle nach
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Besitzständen geordnet, in richtiger Nummerfolge eingetragen unter An-
gabe der Namen der Eigentümer, der Feldlage, der Kulturart, der Klasse,
des Flächeninhalts und des Reinertrags.
Die Geraarkungskarten bedurften, ehe davon für die Steuerveranlagung
Gebrauch gemacht werden konnte, der Berichtigung durch Nachtragung
der seit der Zeit der Entstehung der Karten vorgekommenen Grenz-,
Kultur- und sonstigen Veränderungen, die je älter die zur Kopierung be-
nutzten Karten waren, desto umfangreicher sich gestalteten. Alle nach
Fertigstellung des Katasterwerkes weiter entstandenen Veränderungen im
Eigentum und im Bestand der Grundstücke sind dann alljährlich in Karten
und Büchern zur Fortschreibung gekommen. Dadurch haben diese Doku-
mente sehr nachteilige Veränderungen erfahren. In den Büchern ist die
richtige Folge der Blatt- und Parzellennummern verloren gegangen. Be-
züglich der örtlich veränderten und neu gebildeten Grenzen ist bestimmt,
dass dieselben zunächst je in eine Ergänzungskarte ein- und von dieser
in ein zweites Exemplar der Gemarkungskarte übertragen werden müssen.
Wenn Parzellen wiederholt einer Veränderung unterliegen, lässt sich die
letzte Veränderung in der Regel nicht mehr an der richtigen Stelle der
Karte deutlich zur Darstellung bringen, und man ist genötigt, Nebenzeich-
nungen zu dem betreffenden Kartenblatt anzufertigen. Bei der Vermessung
von Veränderungen auf Grundlage der aus alten Karten kopierten Ge-
markungskarten stellt sich oftmals heraus, dass die von der Vermessung
berührten Eigentumsgrenzen verschoben sind und örtlich anders hegen als
auf der Karte. Wenn in solchem Falle die Berichtigung sich auf viele
bei der fortzuschreibenden Veränderung gar nicht in Betracht kommende
Parzellen erstreckt, hilft man sich in der Weise, dass die einer Verände-
rung unterliegende Parzelle in ihrer gegenwärtigen Lage vermessen, neu
kartiert und mit den veränderten oder etwaigen Teilungsgrenzen in der
Ergänzungskarte, sowie in einer Nebenzeichnung zum Blatte des zur Fort-
führung bestimmten Kartenexemplars zur Darstellung gebracht wird. Die
Menge der in den Karten eingetragenen, sowie der in Nebenzeichnungen
nachgewiesenen Grenz- und sonstigen Veränderungen, die nebst noch an-
deren Veränderungen auch in den Büchern nachzutragen gewesen sind, ist,
nachdem nunmehr über 30 und 40 Jahre Fortschreibung stattgefunden hat,
so gross geworden, dass der Gebrauch des Katasters sich immer schwie-
riger gestaltet hat. Während in einem neuen Kataster jedes Grundstück
von einem jungen Gehilfen sofort aufgefunden werden kann, kostet es dem
Beamten oftmals Zeit und Mühe, aus einem älteren, viel durch Fortschrei-
bungen veränderten Kataster Auskunft zu geben. Dies wird von Jahr zu
Jahr schlimmer, und damit wird die Notwendigkeit einer Erneuerung aller
älteren Katasterwerke vollständig begründet In einigen Provinzen kommen
noch Zusammenlegungen vor und es rindet hier nach Beendigung des Ver-
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zeiucbrm für Ohrmann. Erneuerung des preuss. Grundsteuerkatasters. 381
1907.
fahrens Erneuerung des Katasters nach Massgabe der Zusammenlegungs-
dokumente statt. Auch wo Rentengüter gebildet und neue Ansiedelungen
durch Teilung grösserer Güter eingerichtet sind, erhält die Katasterverwal-
tung die zur Erneuerung des Katasters erforderlichen Unterlagen. Ferner
ist in jedem Jahreshaushaltsetat eine Summe von 200 000 Mark ausgesetzt
zur Bezahlung ton neuen Vermessungen für die Katasterverwaltung. Da
bei diesen Arbeiten nur Beamte und Landmesser mit Anstellungsberech-
tigung verwendet werden und keiner von diesen für längere Zeit bei den
Arbeiten verbleibt, so werden die Vermessungen ziemlich teuer und nur
mässig gefördert. Es ist daher, wenn man einer Entwertung des Katasters
vorbeugen und den Dienst in den Katasterämtern nicht fortgesetzt mehr
erschweren lassen will, dringend nötig, Vorsorge zu treffen, dass die Er-
neuerung der älteren Katasterdokumente in einer bestimmten Zeitfrist voll-
endet werde. Die Gesamtkosten mögen sich wohl auf viele Millionen Mark
belaufen, würden aber bei Verteilung der Arbeit auf 12 bis 15 Jahre
jährlich nur einige Millionen beanspruchen. Um die Kosten möglichst ein-
zuschränken, müsste auf Heranziehung junger Leute Bedacht genommen
werden, die sich für mässige Bezahlung solchen Arbeiten unterziehen, zu
welchen sie in kurzer Frist ausgebildet werden können. Diesen Personen
wäre keinerlei Aussicht auf künftige Anstellung im Staatsdienst zu er-
öffnen, und nur einer beschränkten Zahl möchte gestattet werden, dass von
ihr die Zeichnerprüfung abgelegt wird. Dagegen hätten alle angenommenen
Personen, die sich als brauchbar erweisen, auf lange dauernde Beschäfti-
gung zu rechnen, sei es im Inlande oder in unsern Kolonien, in denen es
noch für lange Zeit viel zu vermessen gibt. Um für die leichteren Ver-
messungsarbeiten auch junge Leute mit guter Schulbildung zu gewinnen,
wäre es angezeigt, anzuordnen, dass jeder Landmessereleve seine erste
praktische Lehrzeit in einem Neumessungspersonal durchzumachen hat.
Zur Einleitung der Arbeiten müsste eine grössere Zahl von Ver-
messungspersonalen errichtet werden, mit einem Katasterkontrolleur oder
älteren Katasterlandmesser als Vorstand, welcher die trigonometrischen
und polygonometrischen Arbeiten für die Gemarkungen seines Bezirks per-
sönlich oder mit Zuziehung eines entsprechend ausgebildeten Gehilfen aus-
zuführen, nebenbei aber die nach und nach anzunehmenden jungen Leute
auf die Stückvermessung einzuüben hätte. Bei den im Jahre 1870 und
folgende vorgenommenen Grund Steuervermessungen sind aufgeweckte junge
Leute schon nach zwei Monaten so weit ausgebildet worden, dass sie
leichte Stückvermessungen unter angemessener Aufsicht gut ausgeführt
haben. Eine derartige Arbeit hat für junge Leute einen gewissen Reiz,
und bei der Aussicht auf lange dauernde volle Beschäftigung werden sich
genug Personen zur Annahme melden. Sollten deren Kräfte aber nicht
ausreichen, um auch die hauslichen Arbeiten der Kartierung, Kopierung,
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382 Gehrmann. Erneuerung des preusß. Grund6teuerkatasters. ?a^JJi2äSÄ«
191/7.
Flächenberechnung und Registeranfertigung gehörig zu fördern, so werden
da/u geeignete weibliche Personen genug zu haben sein, die Bich mit
massiger Entschädigung begnügen.
Die Grenzvermarkung , welche jeder neuen Vermessung voranzugehen
hat, müsste, um nicht die übrigen Arbeiten aufzuhalten, zunächst auf die
Wiederherstellung verloren gegangener Grenzzeichen beschränkt bleiben
und diese Arbeit dem Personalvorsteher oder einem ihm zugeteilten Land-
messer übertragen werden. In Gemarkungen, die einem Zusammenlegungs-
oder Auseinandersetzungsverfahren unterlegen haben, seit dessen Ausführung
Jahrzehnte verflossen sind, wird die Beseitigung der inzwischen entstan-
denen Lücken und Mängel der Vermarkung viel Zeit in An»pruch nehmen.
Nachdem jetzt verschiedene grosse Städte eigene Kataster beschafft
und der Steuerveranlagung den sogenannten Gemeinwert der Grundstücke
an Stelle der Zuschläge zur staatlich veranlagten Steuer zugrunde gelegt
haben, fragt es sich, ob es nicht zweckmässig sein möchte, auch in den
neu aufzustellenden staatlichen Katastern statt der Ertrags werte die Ge-
meinwerte der Grundstücke zum Ansatz zu bringen. Dafür spricht der
Umstand, dass die vor drei und mehr Jahrzehnten bewirkte Schätzung des
Reinertrags nicht mehr zutreffend ist und eine neue Schätzung in den
Wertsklassen viel mehr Zeit und Mühe kosten würde, als die leichter aus-
zuführende Ermittelung der Gemeinwerte nach Kauf- und Pachtpreisen.
In der Provinzialvertretung für die Provinz Westfalen ist die nicht mehr
zutreffende Schätzung des Reinertrags der Liegenschaften besprochen und
die Vornahme einer neuen, dem gegenwärtigen Zustande entsprechenden
Schätzung als dringend erwünscht bezeichnet worden. Die grossen Kosten
des Verfahrens stehen aber der Ausführung dieser Arbeit hindernd ent-
gegen. Die Schätzung der Grundstücke nach Gemeinwerten, die mit einem
massigen Kostenaufwand durchzuführen wäre, hätte den Vorteil, dass die
Klassifikation in den Büchern wegfallen, sowie dass das Schreibwerk in
den Büchern sich sehr vermindern und sehr einfach gestalten würde.
Die Finanzen des Staates sind in den letzten Jahren mit vielen
Millionen für allerlei Verbesserungen, neuen Einrichtungen u. dergl. in
Anspruch genommen worden. Auch in der gegenwärtigen Tagung des Ab-
geordnetenhauses ist an den staatlichen Organisationen vieles bemängelt,
und man glaubt oft, dass es nur der Vermehrung der Dienststellen und
des Bearatenper8onals bedürfe, um die gewünschten Verbesserungen durch-
zuführen. Daran aber, wie der Betrieb der Dienstgeschäfte bei den ein-
zelnen Stellen zu vereinfachen und zu erleichtern sein möchte, wird nicht
gedacht. Für die Erneuerung der älteren Katasterwerke , durch welche
dem Grundbuch die noch fehlende sichere Unterlage verschafft und der
Dienst in den Katasterämtern zum Vorteil der Grundbesitzer wesentlich
besser gestaltet werden kann, haben sich im Abgeordnetenhause noch keine
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v»™£«n "w£en Prüfungsnachrichtcn. — Personalnachrichten. 383
1907.
Stimmen erhoben. Vielleicht gibt jetzt der in der Kölnischen Zeitung vom
22. März d. J. anter der Ueberschrift: „ Grenzstreitigkeiten und Verschul-
dung des Grundbesitzes u abgedruckte Artikel Anlass dazu, dass die An-
gelegenheit an massgebender Stelle zur Sprache gebracht wird, da der
Schlusssatz wie folgt lautet:
„Mögen die gesetzgebenden Faktoren der Angelegenheit besondere
Aufmerksamkeit widmen und für eine baldige, den Zeitverhaltnissen ent-
sprechende Verbesserung des Katastermaterials Sorge tragen."1)
Gehrmann.
Prüfungsnachrichten.
Landme8serprüfung in Bonn.
Frühjahrstermin 1907 (mitgeteilt am 1. Mai 1907).
Im Frühjahrsterrain 1907 haben von 128 Kandidaten, welche in die
Landmesserprüfung eingetreten sind, bis jetzt 97 dieselbe bestanden.
16 dieser Kandidaten haben noch die Fertigkeit im Kartenzeichnen
durch Anfertigung einer Probekarte nachzuweisen.
10 Kandidaten sind im Laufe der Prüfung wegen Krankheit u. s. w.
zurückgetreten, 19 Kandidaten haben die Prüfung nicht bestanden. Der
Rest hat die Prüfung noch nicht abgeschlossen.
Die umfassendere kulturtechnische Prüfung haben 16 Kandidaten mit
Erfolg abgelegt. Ein Kandidat hat sich zur Verbesserung seiner Prüfungs-
prädikate einer Nachprüfung mit Erfolg unterzogen.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung.
Gestorben: K.-L. Raffel in Aurich.
Pensioniert: St. -I. Habler in Leobschütz, K.-S. Werner in Potsdam.
1) Diesem Wunsche treten -wir von ganzem Herzen bei und haben deshalb
der vorstehenden Abhandlung uneingeschränkt Raum gegeben, obwohl wir gegen
den vorgeschlagenen Weg der Verwirklichung die ernstesten Bedenken hegen
müssen. Einerseits würde durch diesen Weg dem Stande ein weiteres Element
zugeführt, das wohl nur ein Landmesser- Proletariat sein und bleiben könnte;
andererseits würde bei solcher Organisation kaum ein Werk zustande kommen,
welches den modernen Anforderungen an ein dauerverheissendes Kartenwerk
entspricht, — Anforderungen, wie sie seinerzeit gerade das preussische Zentral-
direktorium der Vermessungen mit dem Zusätze aufgestellt hat: „Jede schlech-
tere Ausführung wäre eine nutzlose Vergeudung öffentlicher Mittel."
Die Schriftl.: Steppes.
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B64
Personalnachrichten.
Zelucbrirt für
ftnMuaanww
Versetzt: die St.- 1. Zindler von Drambarg nach Kolberg, l'reuss
von Gardelegen nach Rendsburg, Lappöhn von Tilsit I nach Königsberg,
Albath von Strassburg nach Tilsit I; die K.-K. Vieweger von Rössel
nach Köpenick, Pack von Iserlohn nach Dortmund I, Büttner von
Bublitz nach Stolp.
Befördert: Zum Kat.- Landmesser la: K.-L. Nehm in Aurich.
Ernannt: Zu Kat.-Landmessern Ib: Schlamann, Josef, in Aurich;
Rinteln, Karl, in Allenstein; Wolff, Otto, in Lüneburg; Wiegmann,
Robert, in Potsdam; Grand, Hugo, und Froelian, Franz, in Breslau;
Brandt in Düsseldorf; Dethlefsen in Schleswig; Lips in Münster;
Troll in Oppeln.
Die II. Staatsprüfung für Kat.-Landmesser bestanden: In Berlin:
Iggena, Haas, Kirchesch, Purps, Bauer, Schlemmer, Lambrecht,
Vogt, Wetzel, Abich.
Freie Stellen: Das Katasteramt Posen I im Reg.-Bez. Posen ist
zu besetzen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Merseburg. Versetzt zum 1./7. 07: L.
Tietjens von Meiningen (Sp.-K.) nach Merseburg (g.-t.-B.).
Generalkommissionsbezirk Münster. Etatsm. angestellt vom 1./2. 07:
L. Kayser U, beurlaubt nach Ostafrika. — Versetzt zum 1./4. 07: L.
Austgen von Unna nach Düsseldorf; zum l./Ö. 07: die L. Herinsoeth
vom Urlaub aus Westafrika zurück nach Dortmund, Jungemann von
Münster (g.-t.-B. II d) und Henderkott von Münster (g.-t.-B. Ile) nach
Berleburg.
Städt. Vermessungsamt Gelsenkirchen. Am 1. April ist der
L Landmesser Franz Förster ausgeschieden, um in Buer (Westf.) die
Stelle eines Amtslandmessers zu übernehmen. In seine Stelle ist der IL
Landmesser Richard Hundert eingerückt. Als II. Landmesser ist Land-
messer Fritz Müller aus Olpe (Kreisvermessungsamt) eingestellt.
Inhalt
Wissenschaftl. Mitteilungen: Ueber den Vergleich zwischen mehreren Gleich-
ungen eines Massstabes, von R. Schumann. — Ueber die Genauigkeit von
Flachenberechnungen mit der Quadratmillimeterglastafel, von K. Lüdemann. —
Gefallmesser zum Freihandgebrauch mit direkter Ablesung der Reduktion für
L = 20 m, von Brückner. — Die Erneuerung der Karten und Bücher des
preussischen Grundsteuerkatasters, von Gehrmann. — Prüfungsnachrichten. —
Personalnachrichten.
Vorlag ron Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck ron Carl Hammer, Kgl. Hofbnchdnickaral in Stattgart.
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385
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, obertUMwirat . Dr. O. Eggert, Proftwor
und
23, Kata*tr rbureau.
1907. Heft 16. Band XXXYI.
— 1. Juni. —
Der Abdruck tob Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltung Ist untersagt.
Grösse des mittleren Punktfehlers in der Nähe
des Minimums.
Es seien /, l2 . . . L n durch direkte Messung erhaltene Beobachtungs-
werte, A, X% • • . Xm die als lineare Funktionen zweier Unbekannten (£ rj) zu
berechnenden Verbesserungen der Werte l:
/ ^, = «,1 + *,,-^, Gewicht Pl
(1) : :
f An = aH i + K t] — lH „ pHt
so besteht die Ausgleichung nach der Methode von Gauss bekanntlich
darin, [pXX] zu einem Minimum zu machen. Dies erreicht man durch
Bestimmung der beiden Unbekannten £r/ aus den beiden Gleichungen
(Xormalgleichungen) :
/ = [paa)i+[pab)v-[p.l] =0
(2) 1 s
Der mittlere Fehler einer Beobachtung vom Gewicht 1 ist
der mittlere Fehler der Beobachtung lt ist
""VST
Zeitschrift für Verme.iungiw.ien 1907. Heft 16. 29
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Schulze. Grösse des mittleren Punktfehlers etc. _ gggggftg
1907.
Das Gewicht der Unbekannten ergibt sich infolge der Ausgleichung zu
Hiermit ergeben sich für die mittleren Fehler der Unbekannten
die Ausdrücke:
(6) m t = — /=- , m = —f= .
Sind nun die J als Funktionen der rechtwinkligen Koordinaten x y
dargestellte geodätische Azimute und sind demzufolge gq die Verbesse-
rungen der mittels zweier Beobachtungswerte l berechneten vorläufigen
Koordinaten x0y0 des zu bestimmenden Punktes, so bezeichnen die Aus-
drücke (3) und (6) den mittleren Fehler der Richtungsmessung und die
mittleren Fehler der Koordinaten des zu bestimmenden Punktes.
Der mittlere Punktfehler ist dann gegeben durch den Ausdruck:
(7) mP — y mg -f mn — ft y
ifla] [pbb] - [pab]* '
Sind die Gewichte p und die Entfernungen r der gegebenen Punkte
von dem Neupunkt gleich gross, so geht der Ausdruck (7) über in
(8) mr = r
9 Y[itin* (^Pfc — <pi)}
g ist hierin die Zahl 206 265, wenn die Verbesserungen k in Sekunden
der Sexagesimalteilung erhalten werden sollen.
Sind auch noch die n Strahlen l gleichmässig über den ganzen Hori-
zont verteilt, so erhält der Ausdruck (8) die einfache Form*):
(9) mp= a ■
1. Wir wollen nun für die folgenden Untersuchungen den in der
Formel (9) gekennzeichneten Spezialfall voraussetzen.
Bezeichnen v, vt . . . vn Verbesserungen der Beobachtungen /, für die
nicht die Bedingung des Minimums erfüllt ist, so können wir setzen:
(10) J + = h +
I 1
rH = An -h *» •
Dann ist
(11) [pvv] = \pXX\ + 9[pif]+ [P««3.
Die Verbesserungen e lassen sich als lineare Funktionen der Koor-
») Vergl. diese Zeitschr. 1906, S. 585 ff.
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^SSmSmSmm Sebalze- Grösse des mittleren Punktfehlers etc. 387
dinatenverbesserungen £' rf darstellen , wo letztere sich jedoch auf den
ausgeglichenen Punkt beziehen, nämlich:
/ »i «t t + K n'
(12) *"^ftW
J • •
ff
( *„ = a* £' -f 6H i?'.
Es ist dann, unter Beachtung der Gleichung [aft] = 0:
[P**] = (*.£ + M-',)(«i £' + *,*)
• •
+ (a„£+ M - *.) («. I' + <fl
(13) ' ' [j>^e] = 0.
Ferner ergibt sich unter den gemachten Voraussetzungen:
[ptt] = [aa)$'*+ [bb]
= £ J*'"*1 Vi + (?« + •) + (Vi + 2 «>+••■ + «»" (?>i 4- ^T^T o)| r 1
+ 5 + C0Ä' + a) + C0Ä* (*+*•)+••• + C0Ä* (f i + »)]
Um die Summe in den J j zu berechnen, setzen wir:
#m» x = -2— — co* 2x, co** ar = y -f cos 2 x.
Dann erhalten wir:
<14) [»•„>]; = » - «"<«*+»=!
(15) [«>»>]; = £ + jpgtt + j^«)^
und hiermit:
Nun ist aber a = — , folglich ist st« na = 2jt es 0. Mithin
fällt in Gl. (16) rechter Hand das zweite Glied fort, und es wird:
(17) [pes] = 2^ (r*
i
Bezeichnen wir nun mit M den Ausdruck:
<>«> * = VW-
so ist nach dem Vorhergehenden:
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388
Schulze. Grösse des mittleren Punktfehlere etc.
M* = p* +
Z*tUcfarlft für
Vonne»»aag»we8«
oder
(19)
M* —
wo
ipeei
n Q
M
o*
n-2 '
2r»
n
n-2 '
2r»
n
n-2 "
2r»
o1,
der lineare Abstand der beiden Punkte P(x+£', y+tf) 1111(1 ^<*»> 18t- Der
Punkt !*(*,) entspricht 'der Bedingung [ p X X] = Minimum.
Bezeichnen wir mit MP den Ausdruck:
M.r 2
(20)
e V» '
so können wir Jip als den dem Punkte y-f^') zukommenden mitt-
leren Punktfehler ansehen. Aus (9) und (19) ergibt sich dann die Beziehung:
2o»
— mV =
(21)
Setzen wir nun
(22)
so erhalten wir aus (21):
(23) £ = yi+
n-2'
x . mP,
2x»
m r n — 2
Mit Hilfe dieser Gleichung haben wir die nachstehende Tabelle be-
rechnet, die ein deutliches Bild liefert von den hier vorliegenden Ver-
hältnissen, ji
Tabelle für das Verhältnis — .
X
3
4
6
6
N
7
8
9
10
0,1
1,01
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
00
1,04
1,02
1,01
1,01
1,01
1,01
1,01
1,00
0,3
1,09
1,04
1,04
1,02
1,02
1,02
1,01
1,01
0,4
1,15
1,08
1,05
1,04
1,03
1,03
1,02
1,02
0,5
1,22
1,12
1,08
1,06
1,06
1,04
1,03
1,03
0,6
1,31
1,17
1,12
1,09
1,07
1,06
1,05
1,04
0,7
1,41
1,22
1,15
1,12
1,09
1,08
1,07
1,06
0,8
1,51
1,28
1,19
1,15
1,12
1,10
1,09
1,08
0,9
1,62
1,35
1,24
1,19
1,15
1,13
1,11
1,10
1,0
1,73
1,41
1,29
1,22
1,18
1,15
1,13
1,12
Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass der mittlere Punktfehler Ji des
Punktes P(x + £\ y-H') um weniger als 10 Prozent grösser ist als m für
Digitized by Googl
Zeitschrift für Schulze. Grösse des mittleren Punktfehlers etc. 389
f u uMMimi ■ wmm
1007.
alle Punkte, deren Abstand a von dem dem Minimum entsprechenden Punkt
JP(,,) kleiner ist als 0,32 m für n = 3
„ 0,45 m „ „ = 4
„ 0,55 m „ „ = 5
n m n r = 6
„ 0,73 m „ m = 7
a 0,80 m „ „ = 8
, 0,85 m „ „ = 9
„ 0,90 m „ n = 10.
Je mehr Strahlen also zur Bestimmung des Neupunktes P rv heran-
gezogen werden, um so grösser darf der Abstand o sein, ohne dass eine
Verschlechterung des mittleren Punktfehlers m um mehr als lJl0 seines
Betrages zu befürchten ist. Mit anderen Worten: Je mehr Strahlen
zur Punktbestimmung benutzt werden, um so geringer ist die
Anforderung an die Rechenschärfe bei der Ausgleichung.
Für einen rückwärts eingeschnittenen Punkt ist in Formel (23) unter
der Wurzel im Nenner n — 3 statt n — 2 zu setzen. Der Abstand a
darf demnach beim Rückwärtseinschnitt für gleiche Werte von — nicht
ganz so gross sein, als in der Tabelle angegeben ist.
2. Es ist der Mühe wert, festzustellen, welche Genauigkeit bei der
Ausgleichung ausreicht, um für den aus der Ausgleichung hervorgehenden
Punkt P(,,) Koordinaten von solcher Schärfe zu erhalten, dass der mittlere
Koordinatenfehler unter allen Umständen um höchstens l/M seines Betrages
verschlechtert werden kann. Der mittlere Punktfehler würde sich dann
um höchstens i/10 seines Betrages ungenau ergeben. Die Rechenschärfe
von im Endergebnis ist praktisch vollauf genügend.
In dem von uns betrachteten Spezialfall haben die Fehlergleichungen
die Form:
K = y (*'» 9>i • i — ™*<Pi — h
K = f (**<*i + a)f-ca.(9 + a)*)-/t
• • • •
. . . • • .
1~ = («« (9i + »-1 • «) I - cos + M-l . O) fj) — /„.
Die Normalgleichungen lauten:
[aa]§ — [al] = 0
[bb] n — [bl] = 0
oder
[sin* <pt]; S = j[sin<pt.lt];
[coffin = - y[«t
Digitized
oder
(25)
390 Schulze. Grösse des mittleren Punktfehlers etc. „ z*x**rut mr
VirnMia&ciwewo
18077
Durch Einführung der Werte für [sin* qt,]" und [cos* <ju]" gehen diese
beiden Gleichungen über in folgende:
w| = 2~ [sin <pt. /,]"
2 f
i * = ire
Aus diesen beiden Gleichungen erhalten wir weiter:
r + ,» = *» = | [vj - 2 [/, h . co« - fi)] \
oder
(26) z = ^ V['«fI - 2 [J, . co« - p, )].
Dieser Ausdruck bezeichnet den Maximalwert von § bezw. 17. Soll
der Grenzbedingung der Katasteranweisung IX:
^ 15" in III. 0. bezw. < 25" in IV. Ordnung
unter allen Umständen genügt werden, so muss die Bedingung erfüllt sein:
(27) [kk]; - 2 [44. cos < ^ bezw. < M*.
Für den Ausdruck [pXX] besteht nun allgemein die Beziehung:
[PXX\ = [pll] -[pal\§- [pbl\ n.
Mithin erhalten wir in diesem Falle, nachdem wir auf beiden Seiten durch
n — 2 dividiert haben, unter Fortlassung der gleichen Gewichte p :
_ M »9* fH i ,a
~~ n-2 2(W-2)r« l§ rh
In dieser Gleichung ist bei einer Variation von yfi das erste Glied
rechter Hand als konstant zu betrachten. Die Differentiation ergibt dem-
nach folgendes:
(28) = ^LJfr* (Mt+l.**
Es handelt sich nun um die Ermittlung der Beträge von £ und f.
Wenn die vorläufigen Koordinaten x0y0 mit Hilfe zweier Strahlen bestimmt
wurden, die sich unter einem günstigen Winkel schneiden, so kann £ bezw.
17 keinen grösseren Wert erhalten als e nach Gl. (26).
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Schulze. Grösse des mittleren Panktfehlers etc. 391
isw:
Für die dritte Punktordnung gilt nach der Anweisung IX die Fest-
setzung z9 <
r — '
d. h. für r = 3 4 5 6 7 8 9 10 km
ist § < 22 29 36 44 51 58 65 73 cm.
Für die vierte Punktordnung schreibt die Anweisung IX vor:
< 25-,
r —
d. h. für r — 1 2 3 km
ist £ < 12 24 36 cm.
Ersetzen wir in Gl. (28) die Summe in der Klammer rechts durch
zdz und gleichzeitig dp, durch 0,1 /i, so erhalten wir:
l*% = ; 5oT-r <"**)•
(n — 2) rs
4 r*
Durch Multiplikation dieser Gleichung mit erhalten wir:
<*>
und demzufolge ist der Absolutwert von dz:
(30) =
20z
Zufolge der Gleichung (30) ist also dj? direkt proportional dem
Quadrat des mittleren Punktfehlers m und umgekehrt proportional der
Entfernung des berechneten Punktes von dem Punkt, der dem Minimum
von [pXX] entspricht.
Der Wert von m ist naturgemäss ein schwankender. Als Durchschnitts-
wert können wir jedoch den aus dem Dreiecksnetz der Landesaufnahme
sich ergebenden durchschnittlichen Punktfehler annehmen. Dieser beträgt
10 cm in 2. Ordnung, bei einer durchschnittl. Strahlenlänge von 8 km,
10 cm „ 3. „ „ „ „ „ „ 3,5 km.
Hiermit berechnet sich
für r = 3.5 km für r = 8 km
m2 = 100 cm2 m2 = 100 cm2
e = 25 cm z = 58 cm
und weiterhin für r = 3,5 km
n = 3 4 5 6 7 8 9 10
dg = 0,6 1,6 3 4,8 7 9,6 12,6 16 cm.
~j- = 0,024 0,064 0,12 0,19 0,28 0,38 0,50 0,64
und für r = 8 km
* = 3 4 5 6 7 8 9 10
dz = 0,26 0,69 1,3 2,1 3,0 4,1 5,4 6,9 cm
~ = 0,0045 0,012 0,022 0,036 0,052 0,071 0,093 0,119.
Digitized
392 Schulze. Grösse des mittleren Punktfehlers etc. ^gehrtft nir^
dz
Die Werte für — verhalten sich also umgekehrt wie die Quadrate der
Zielweiten.
Da nun 5 Strahlen in der Regel völlig genügen zur sicheren Fest-
legung eines Punktes durch Rückwärts- oder durch Vorwärtseinschnitt,
wenn diese Strahlen nur möglichst gleiche Winkel einschliessen, so haben
wir demnach das Ergebnis, dass bei der Ausgleichung eines derartig im
System zweiter bezw. dritter Ordnung der Landesaufnahme festgelegten
Punktes die Koordinatenverbesserungen | rj nur bis auf ljM bezw. 1/6 ihres
Betrages genau sein brauchen. Damit ist erwiesen, dass der 25 cm-
Rechenstab, mit einer Durchschnittsgenauigkeit von 0,3 Prozent, für die
Bildung und Auflösung der Normalgleichungen in diesen Punktordnungen
vollständig ausreicht. Für die Genauigkeitsberechnung im Anschluss an
die Ausgleichung reicht der 25 cm-Rechenstab erst recht aus.
Um nun die Richtigkeit der vorstehenden Sätze auch bezüglich der
vierten Punktordnung (nach der Einteilung der Anweisung IX) zu prüfen,
wollen wir für diese den mittleren Punktfehler gleich Vwooo der Strahlen-
länge annehmen.
Dann erhalten wir
1. Für r = 1 km:
m = 2,9 cm, m* = 8,2 cm« e = 12 cm;
mithin für n = 3 4 5 6 7 8 9 10
de = 0,1 0,27 0,5 0,8 1,2 1,6 2,2 2,7 cm
= 0,008 0,023 0,042 0,067 0,100 0,133 0,183 0,225.
2. Für r = 2 km:
m = 5,7 cm, m* = 32,7 cm«, e = 24 cm;
mithin für w = 3 4 5 6 7 8 9 10
de = 0,2 0,6 1,0 1,6 2,4 3,3 4,3 5,5 cm
4* = O»008 °'025 O'042 °'067 °'100 °'137 °'179 °'229'
3. Für r = 3 km:
m = 8,6 cm, m* = 73,6 cm1, z = 36 cm;
mithin für n = 3 4 5 6 7 8 9 10
de = 0,3 0,8 1,5 2,5 3,6 4,9 6,4 8,2 cm
— = 0,008 0,022 0,042 0,070 0,100 0,136 0,178 0,228.
Damit ist also auch für die Punktbestimmung vierter Ordnung der
Nachweis dafür erbracht, dass der 25 cm-Rechenstab ausreichend genaue
Resultate der Ausgleichung verbürgt, wenn die Näherungskoordinaten mit
möglichster Schärfe berechnet sind.
Stettin, im Februar 1907. F. Schulte.
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z«iuchrtft rar Hammer. Koloniale Landesvermessung.
393
Koloniale Landesvermessung.
Yon £. Hammer.
Unter dem vorstehenden Titel hat in den „Allgemeinen Vermessungg-
nachrichten« (Verlag von Reiss, Liebenwerda), 18. Jahrg. Nr. 32 (11. No-
vember 1906, S. 337 ff.), der Kgl. Landmesser Assmuth in Arnsberg
einen Aufsatz veröffentlicht , der Vorschläge zur Verbesserung der Kolo-
nialvermessungsmethoden enthält. Dabei ist viel Beherzigenswertes, auf
der andern Seite aber auch Missverständliches und Unrichtiges. Eine Be-
sprechung des Aufsatzes und eines zweiten durch ihn veranlassten in
unserer Zeitschrift wird um so mehr gerechtfertigt sein, als sein wichtiges
und höchst zeitgemässes Thema hier in den letzten Jahren ziemlich ver-
nachlässigt worden ist.
Der Verfasser geht davon aus, dass unsere heimischen, für Flachen
von hohem Wert ausgebildeten Vermessungsmethoden sich nicht für Kolo-
nialgebiete eignen. Insbesondere sei das System der Grundlegung der Ver-
messung auf dem Weg der Triangulation nicht anwendbar, oder wenigstens
meist ganz unzweckmässig. Als Uebersicht genüge für die kolonialen Zwecke
in der Regel eine Karte in 1 : 100000 ohne Höhenlinien, nur von einzelnen
Teilen einer Kolonie sollten bei steigender Entwicklung genauere Aufnahmen
gemacht werden. Für jene Uebersichtskarte könne man sich aber die Grund-
lage auf einfachere und billigere Weise als durch Triangulierung verschaffen.
Von den positiven Vorschlägen des Verfassers ist der wichtigste der,
dass die der Vermessung einer Kolonie zugrund zu legenden Festpunkte
statt durch ein Dreiecksnetz durch die direkte (sog. astronomische) Er-
mittlung der geographischen Koordinaten dieser Punkte zu gewinnen seien.
Dabei habe „die Bestimmung der geographischen Breite, der Polhöhe (so)
und der Richtung des Meridians des betreffenden Punktes in der gewöhn-
lichen bekannten Weise durch Beobachtung eines Fixsterns" zu geschehen
und diese Methode liefere „genaue Resultate", dagegen sei „die Längen-
bestimmung ungenau" und „für geometrische Punktbestimmung nicht brauch-
bar". Es sind hier die Längenmethoden ohne elektrische Zeitübertragungs-
signale gemeint. Deshalb soll „eine andere Bestimmung der geographischen
Längen eintreten und zwar mit Hilfe der drahtlosen Telegraphic". Die
weiter vom Verfasser für diesen seinen Hauptvorscblag aufgestellten Sätze
sina unten näher zu besprechen.
Zunächst ist hier anzufügen, wie der Verfasser sich die weitern Auf-
nahmestufen denkt. Dieser zweite Vorschlag lautet so : Für die Aufnahme
in 1 : 100 000 sollen die „ astronomischen " Festpunkte nicht etwa durch
lange Polygonzüge, die mit Messband und Theodolit oder auch nur Bussole
zu bearbeiten wären, oder durch Theodolittachymeterzüge (die bekanntlich
Jordan nach dem Vorgang von Grenzvermessungen in Teilen der Ver-
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394 Hammer. Koloniale Landesvermessung. ^^uchrtrt wr^
einigten Staaten empfahl) oder Bassolentachymeterzüge miteinander ver-
bunden werden; vielmehr denkt sich der Verfasser von jenen direkt nach
geographischen Koordinaten („ astronomisch u) bestimmten Festpunkten aus
(die etwa unsern Dreieckspunkten I. bis III. Ordn. entsprechen) zunächst
eine genügende Zahl von „ Zwischenpunkten u durch graphisches Ein-
schneiden festgelegt (so dass diese Zwischenpunkte den trigonometrischen
Punkten IV. Ordn. und den Beipunkten entsprechen), und nun erst kommen
die Polygonzüge und ein rohes Liniennetz, wobei die Längen der Seiten
in beiden Fällen durch den Schrittzähler ermittelt werden sollen (bei
kürzern Linien selbst durch Schätzung). Man sieht, der Verfasser gründet
seine topographische Aufnahmsmethode wesentlich auf das Verfahren, das
man als geographische Landmessung bezeichnen kann, nämlich auf die
Methoden, die zur Itinerarführung des Reisenden in wenig erschlossenen
oder noch gar nicht betretenen Gegenden zur Verfügung stehen, nur soll
die zweite der geographischen Koordinaten der direkt zu bestimmenden
Festpunkte, die Länge, genauer ermittelt werden, als es vorläufig dem
Reisenden möglich ist, mit Hilfe der drahtlosen Telegraphic
Auch für die Kleinmessung (zum Zweck der Ermittlung der Flächen
der einzelnen Grundstücke), wenn der Ausdruck hier noch zulässig ist, wo
z. B. in „Südwest- eine mittelgrosse Farm 10000 bis 20000 ha umfasst,
werden noch Vorschläge gemacht. Dass beim Kaufpreis von z. B. 1 Mk.
für das ha der Kostenaufwand für eine nach unsern deutschen Begriffen
und Messungsmethoden „genaue" Bestimmung der Flächeninhalte nicht zu
rechtfertigen wäre, ist ohne weiteres klar. Man wird sich für viele Fälle
mit der Ansicht des Verfassers einverstanden erklären können, dass nach
Vereinbarung und Festsetzung einer Anzahl wichtiger Grenzmarken (die
dann auch für den Fall festzuhalten sind, dass etwaige spätere genauere
Messung der Fläche beträchtliche Abweichung von der gleich zu erwähnen-
den ersten Flächenangabe zeigt) die Linien des Grenzzugs mit Hilfe der
aus den Koordinaten berechneten Azimute abgesteckt werden, ohne dass
auf „genaue" Geradlinigkeit dieser Strecken zwischen weit voneinander
entfernt liegenden Grenzmarken zu achten wäre; die Flächenbestimmung
wird dann selbstverständlich auf Grund einer Karte verhältnismässig kleinen
Massstabs mit Hilfe des Planimeters gemacht. Fehler dieser ersten Ver-
messung von Vioo der Fläche, auf die man sich wird gefasst machen müssen,
erscheinen zwar an sich bedeutend, sind aber selbst bei Farmgrössen von
10000 oder 20000 ha angesichts des niedrigen Kaufpreises unbedenklich.
Jedenfalls hat der Verfasser recht, wenn er sagt, das Hauptinteresse der
Farmer liege nicht darin, „möglichst genaue Flächen zu bekommen, son-
dern Farmen angewiesen zu erhalten in einer solchen Lage, dass sie diese
möglichst wirtschaftlich ausnützen können und dass die ihnen einmal über-
gebenen Flächen dauernd durch Marken festgesetzt sind."
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«•«rawronSJMen Hammer. Koloniale Landesvermessung. 395
1907.
Der vorstehenden kurzen und unvollständigen Inhaltsangabe mögen
nun einige Bemerkungen zur weitern Würdigung dieser Vorschläge folgen.
Was den ersten und in gewissem Sinn wichtigsten angeht, die sonst von
der Triangulation gelieferten Festpunkte wegen der Kosten und der in
vielen Fällen sehr grossen Schwierigkeiten dieses Verfahrens zu ersetzen
durch direkt nach geographischen Koordinaten bestimmte Festpunkte, so
sei (übrigens selbstverständlich nur nebensächlich) daran erinnert, dass
dieser Vorschlag nicht neu ist, wie Herr Assmuth und besonders der
Verfasser eines zweiten, in den Allg. Vermessungsnachrichten (19. Jahrg.,
1907, Nr. 1, S. 2 ff., und Nr. 4, S. 45 ff.) erschienenen Aufsatzes: „Die
Vermessung unserer Kolonien1*, Herr Ingenieur Werner-Bleines, an-
zunehmen scheinen. Abgesehen davon, dass wie oben angedeutet, jeder
Reisende bei der Aufnahme seines Itinerars diesem Vorschlag gemäss ver-
fahren muss, ist dieser auch schon bei etwas genauem Messungen im
grossen befolgt worden: i. B. beruht die chilenisch-argentinische Grenz-
vermessung, soweit die chilenische Kommission in Betracht kommt, statt
auf Triangulierung auf Polygonzügen (mit z. T. sehr langen, indirekt ge-
messenen Seiten), die Tälern folgen konnten, statt dass wie bei der Trian-
gulation Gipfelstationen zu besetzen waren, und die zwischen direkt („astro-
nomisch") bestimmte Punkte als Ausgangs- und Knotenpunkte eingepasst
sind. Die direkten geographischen Koordinaten dieser Festpunkte sind,
was die Polhöhe betrifft, durch kleine, leicht transportable Instrumente
nach der Methode der Zenitdistanzdifferenzen im Nord- und im Südzweig
des Meridians, was die Längenunterschiede angeht, durch Zeitsignale mit
Hilfe des elektrischen Telegraphen (auf Nebenpunkten selbst durch Okkul-
tationen von Sternen durch den Mond) bestimmt i) Zwischen — 23° und
— 41° Breite stand auf 20 Stationen zu beiden Seiten der Anden der
Telegraphendraht zur Bestimmung der Längendifferenzen zur Verfügung;
die Stationen lagen zwischen 67° und 740 W. Länge von Gr. — Was
Assmuth S. 340 und 341 a. a. 0. über die telegraphische Längenbestim-
mung mit und ohne Telegraphendraht sagt, ist vielfach irrtümlich: die
seitherige Methode könne Lftngenunterschiede bis auf Vi Zeitsekunde geben
(230 m in Ostafrika, etwa 200 m in Südwest); er glaube aber, dass die
Genauigkeit der Zeitbestimmungen auf i/io' gebracht werden könne (ent-
sprechend 1",5 Fehler der geographischen Lange im Bogen oder einem
Linearfehler von ljb der vorhin angegebenen Zahlen). Und Werner-
Bleines irrt ebenfalls, wenn er (a. a. 0. S. 6, S. 45) erst von der Zukunft
Apparate und Ergebnisse erhofft, die die Längenbestimmung auf tele-
*) Vergl. über die Methoden den Aufsatz von Prof. Bertrand: „Methods
of Survey employed by the Chilean Boundary Commission in the Cordillera of
the Andes", Geogr. Journal 1900, Septbr.; sowie mein Referat in der Zeitschr.
f. Verm.-Wesen 1901 (XXX), S. 263-267.
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396 Hammer. Koloniale Landesvermessung. v«TOMs^lfU^£«n
graphischem Weg über die Genauigkeit des Handsignals mit dem Morse-
taster hinausführen und auch das europäische Langennetz „mit grösserer
Genauigkeit als bisher festzulegen" gestatten sollen; er erinnert an den
dnst ein, der auch fiber den neuesten französischen und englischen Mes-
sungen ffir den fundamentalen Längenunterschied Greenwich — Paris ge-
waltet hat. Wir sind von jener ffir Westeuropa freilich noch etwas miss-
lichen Unsicherheit in Mitteleuropa schon jetzt so ziemlich ganz unab-
hängig, in Deutschland besonders durch die Bestimmung der Längendifferenz
Potsdam— Greenwich durch Geh. Reg. -Rat Albrecht (vom geodätischen
Institut), dem die Methodik der feinen telegraphischen Längenunterschiede
so viel verdankt (1903 1). In der neuesten Ausgleichung des europäischen
Längennetzes durch den Genannten (1905«) ist nachgewiesen, wie gering
heute die m. F. der Längendifferenzen ffir die europäischen Hauptpunkte
sind. Alle die neuern Arbeiten von Albrecht Ober telegraphische Be-
stimmung von Längendifferenzen zeigen den hohen Genauigkeitsgrad, der
sich mit Hilfe des „unpersönlichen" Registriermikrometers von Repsold
erreichen Hess. 3) Freilich ist diese grosse Genauigkeit von z. B. Vw* *fn'
die einzelnen Signale nur möglich bei den geübtesten Beobachtern, den
vollkommensten Instrumenten und Austausch von Beobachtern und Instru-
menten, und sie kann deshalb nicht überall festgehalten werden. Aber an
sich wird, um auf den Hauptvorschlag von Assmuth zurückzukommen,
zu dessen Durchführung Werner-Bleines interessante Einzelheiten gibt,
der Vorzug der Anwendung der drahtlosen Telegraphie ( — die Funken-
telegraphie ist ja bereits eigentlich überholt — ) nicht in einer Erhöhung
der Genauigkeit der Längenunterschiede bestehen, sondern in der Mög-
lichkeit, beliebig viele in Einer Messungsoperation, d. h. durch Auffangen
der an einer Station gegebenen Zeitzeichen auf beliebig vielen Feldstationen
zu bestimmen. Diese wichtige Anwendung der drahtlosen Telegraphie
musste sich sofort jedem aufdrängen, nachdem die ersten Versuche ge-
lungen waren und die sich rasch erfüllende und erweiternde Hoffnung be-
stand, immer grössere Entfernungen überwinden zu können, ohne die Kosten
ins Unerreichbare zu steigern. Von der „Verwendung der Funkentele-
graphie zu Vermessungszwecken" als „etwas völlig Neuem" zu sprechen
(W.-Bl. S. 2), geht also nicht an; sie ist z. B. als selbstverständlich schon
in meinem 2. Bericht fiber die „Geographische Landmessung" im „Geo-
graphischen Jahrbuch" Bd. XXV*) erörtert. Seitdem hat Albrecht Ver-
suche über die Ausführung, besonders die erreichbare Genauigkeit an-
») Die oben genannte Messung ist veröffentlicht in: Veröffentl. des Preuss.
Geod. Inst., N. F.. Nr. XV, Berlin 1904: Bestimmung der Längendifferenz Pots-
dam— Greenwich im Jahre 1903.
*) Astron. Nachrichten Nr. 3993 (1905).
«) Vergl. z. B. schon Astron. Nachrichten Nr. 3699 (1901).
*) Gotha 1902, S. 384.
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Zeiucürirt für
VenuMJiunirswMen
1907.
Hammer.
Landesvermessung.
397
gestellt mit dem für die feinern Messungen wichtigen, ja eine Lebensfrage
der Methode vorstellenden Ergebnis, dass eine Abhängigkeit der Resultate
für die Zeitdifferenz der beiden Stationen von der Stromintensität nicht
in merklichem Betrag nachweisbar ist.*) Die Genauigkeit ergab sich als
dieselbe für die Längenunterschiedsbestimmungen mit Hilfe der Draht-
telegraphie und mit Hilfe der drahtlosen Telegraphic
Ein wesentlicher Irrtum Assmuths scheint mir darin zu liegen, dass
er sagt, man kenne genau die Genauigkeitsgrenze seines Vermessungs-
systems; er betrachtet nämlich stets nur die erreichbare Messungs-
genauigkeit in den direkt ermittelten geographischen Koordinaten und
lässt die Lotabweichungen ganz ausser Betracht. Ueber die Grösse
und Richtung dieser Abweichungen der Richtungen der Lote in den Be-
obachtungspunkten von den Normalen des Referenzellipsoids ist nun aber
in Wirklichkeit a priori gar nichts bekannt und man bestimmt sie
bekanntlich durch Vergleichung der Ergebnisse direkter Polhöhen-, Azimut-
umi Längendifferenzbestimmungen mit den Resultaten geodätisch übertra-
gener, d. h. aus Triangulierung berechneter geographischer Koordinaten. Wir
können nur sagen, dass im allgemeinen in Gebirgsländern und nahe ihrem
Fuss beträchtliche Lotabweichungen vorhanden sind ; damit ist aber keines-
wegs gesagt, dass nicht auch schon ferne von Gebirgen grosse Lotstörungen
nachgewiesen worden sind, besonders in Gegenden mit starken tektonischen
Unregelmässigkeiten. Vergleicht man die aus direkt bestimmten, (auf die
tatsächlich vorhandenen Lotrichtungen sich gründenden) geographischen
Koordinaten auf dem Referenzellipsoid berechneten Entfernungen von
Punkten mit den aus der Triangulation bestimmten Entfernungen dieser
Punkte, so ergeben sich oft sehr bedeutend werdende Unterschiede. Für
die Zwecke genauer Landesvermessungen wären aus direkten geographischen
Koordinaten berechnete Entfernungen ganz unbrauchbar, und man muss
vorsichtig sein, wenn man sie auch nur roheren Messungen, wie es Ass-
mut h tun will, zugrund legt; vergl. meine Bemerkung Zeitschi. f. Venn.
1901, S. 266 für die chilenische Messung, wo im Messungsgebiet nordsüd-
liche Lotabweichungen bis 25" (Verschiebung der Punkte im Meridian bis
800 m entsprechend) vorkamen. Sehr grosse Lotabweichungen (30" und
») Vorversuche s. Astron. Nachrichten Nr. 3982 (1904); Hauptversuch an
der Strecke Potsdam -Brocken , wobei die Signale von der Station Nauen ge-
geben wurden, 82 km von Potsdam, 183 km vom Brocken entfernt. Ergebnisse
mitgeteilt in einem Zirkular vom Oktober 1906; Referat von Hammer in Peter-
manns Geogr. Mitteilungen, Gotha 1906, Heft XI. Während der Drucklegung
ist die ausführliche Darstellung der Beobachtungen von Alb recht und seiner
Mitarbeiter zur Bestimmung der Längendifferenz Potsdam— Brocken im Jahre
1906 erschienen in der Veröff. des Kgl. Preuss. Geod. Inst, N. F. Nr. 31, deren
Titel der eben genannte ist (Untertitel: Versuche über die Anwendbarkeit der
drahtlosen Telegraphic bei Längenbestimmungen), Berlin, Stankiewicz, 1907.
398 Hammer. Koloniale Landesvermessung. v8TOMSunf^on
1907.
mehr) sind freilich im ganzen selten, aber man ist, wie schon angedentet,
ohne die Möglichkeit der Untersuchung, im allgemeinen völlig im Unklaren
über Art und Betrag der Lotstörungen. Um zu zeigen, um welche relative
Entfernungsfehler es sich hier leicht handeln kann, sei nur ein Beispiel
aus meiner eigenen Praxis angeführt i): Zwei Punkte Bitz und Mössingen
auf der westlichen schwäbischen Alb und in der Nähe ihres Fusses
haben nach der Triangulation einen Abstand von rund 18,5 km von-
einander, der Erdbogen zwischen beiden ist also (nur ganz wenig kleiner
als) 10*. In den zwei Punkten, die in geographischer Länge wenig ver-
schieden liegen , sind aber meridionale Lotabweichungen von — 3",9 und
-j-2",8 vorhanden, d. h. der Bogen zeigt in seinen Endpunkten eine „rela-
tive meridionale Lotkonvergenz u von nahezu 7", oder: die Entfernung der
zwei Punkte, aus ihren direkt bestimmten geographischen Koordinaten auf
dem Referenzellipsoid berechnet, würde um über 200 m anders, relativ um
rund 1/90 anders ausfallen als nach der Triangulierung ! Und derartigen,
u. U. noch weit grössern Fehlern ist man stets ausgesetzt, wenn man
Abmessungen aus noch so genau bestimmten direkten geographischen
Koordinaten berechnen will. Deshalb ist neuerdings mit Recht auch bei
Reisenden die früher viel empfohlene „astronomische Basis M einer flüch-
tigen Triangulation in Verruf gekommen: wenn man auf zwei gegenseitig
sichtbaren Punkten in passender Entfernung (10, 20, 30 km) je die Pol-
höhe und auf dem einen das Azimut nach dem zweiten (oder auf beiden
je das Azimut nach dem andern) Punkt misst, so könnte man, bei genügend
feinen Messungen, die Entfernung der zwei Punkte auf einem Ellipsoid
von anzunehmenden Abmessungen ziemlich genau berechnen, wenn eben
die Lotabweichungen nicht wären, d. h. wenn die Lotrichtungen in den
zwei Punkten mit den Ellipsoidnormalen zusammenfallen würden.
Die letzten Bemerkungen führen zu einem Exkurs über eine beson-
dere Aufgabe der kolonialen Grossmessung, die Absteckung einer „mathe-
matischen" Linie als durch Verträge festgesetzter Grenzlinie; der Exkurs
wird um so mehr berechtigt sein, als Werner-Bleines S. 47 a. a. O.
auch auf die neue Absteckung der Grenzlinie zwischen deutschem und
englischem Gebiet in Südwestafrika zu sprechen kommt Sehen wir von
den Grenzsäumen Ratzels ab (— dieser grosse Geograph hat vielfach
darauf hingewiesen, dass sowohl in der physischen wie in der politischen
Geographie die Grenzlinie eigentlich durch einen Grenz s au m, eine Grenz-
fläche zu ersetzen sei; insbesondere seien auch z. B. die scharfen poli-
tischen Grenzlinien zwischen den Staaten Afrikas auf unsern Karten
theoretisch-kartographische, unafrikanische Dinge; gerade hier in Afrika
wird aber jetzt, freilich nur unter der Einwirkung der Europäer, ein
') Hammer, Astronom. Nivellement durch Württemberg etwa entlang dem
Meridian 9° 4' östl. von Gr., Stuttgart 1901.
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veraw^^^v^en Hammer. Koloniale Landesvermessung. 399
„Grenz säum" am den andern in eine Grenzlinie verwandelt! — ), so
stehen den „natürlichen" Grenzen der Staaten (Meeresküsten, Ufer von
Seen, „Mittellinien" oder Ufer von Flüssen, „ Kammlinien w von Gehirgen
u. s. f.) „künstliche" Grenzen gegenüber. Bei jenen ist die Linie an
sich in der Natur mehr oder weniger scharf gegeben und wird nur darch
ihre Beschaffenheit oder durch Herkommen oder Vertrag zur Grenzlinie
(— übrigens sind solche „natürlichen" Linien oft genug so wenig scharf
definiert, dass Streitigkeiten nicht ausbleiben, man denke nur an die
Kamm- oder Gipfellinien von Gebirgen, oft mehrfacher Kettengebirge wie
bei den Anden zwischen Argentinien und Chile — ); bei diesen ist die
Grenzlinie erst von Menschenhand herzustellen und zu bezeichnen, obwohl
auch für solche Linien an und für sich vielleicht gleichfalls eine Art natür-
licher Definition bestehen kann, wie z. B. bei den „mathematisch-geo-
graphischen" Linien. An Linien für künstliche Grenzen kommen beson-
ders gerade Linien in Betracht, andere mathematische Linien, z. B. Kreis-
linien, sind (die Parallelkreislinien der Erdoberfläche ausgenommen, s. u.)
selten, und nur ganz ausnahmsweise sind noch andere „künstliche" Linien
angewandt worden, z. B. eine „Parallele" zu einer natürlichen Linie in
gewissem konstantem „Abstand" von dieser, wie an der viel umstrittenen,
erst kürzlich durch Schiedsspruch fixierten Grenze zwischen Britisch-
Columbia und dem Südstreifen von Alaska auf der langen Linie vom Elias-
berg bis zur Dixoneinfahrt herunter. Die gerade (und polygonale) Grenz-
linie ist uns von der Umgrenzung der einzelnen Grundstücke in allen
Kulturländern her als die normale Grenze so geläufig geworden, dass wir
sie kaum mehr als künstlich empfinden; auch die politischen Grenzen in
den europäischen Staaten (Gemeinde-, Bezirks-, Kreis- u. s. f. Grenzen)
sind zum grössten Teil ebenfalls Polygonalgrenzen, nämlich eben Grund-
stücksgrenzen, mit allerdings meist so kurzen Geradenstücken in so stark
wechselnden Azimuten, dass selbst bei nicht sehr kleinem Massstab der
Kartendarstellung der Eindruck der „unregelmässigen" Grenzlinie entsteht.
Um so stärker ist der Eindruck der „Künstlichkeit" bei einer sehr langen
geraden Grenzlinie, wie wir sie in überseeischen Staaten und Kolonial-
ländern finden, man denke nur an die „Schachbrett"-Karten der Union
und die ähnliche Einteilung Australiens. Zu diesen langen geraden Grenz-
linien gehören besonders Meridiane der Erdoberfläche. In der Tat
zählen ja die Meridiane jeder Umdrehungsfläche zu den geodätischen
Linien dieser Fläche ; auf Kartendarstellungen kleinerer Teile der Ellipsoid-
oberfläche erscheinen deshalb die Meridiane, besonders in der Nähe der
Mitte der Karte, stets ohne merkliche Krümmung. Anders bei der zweiten
Schar „mathematischer" Linien der Erdoberflüche, die zu langen künst-
lichen Grenzlinien verwendet zu werden pflegt, den Parallelkreisen;
sie sind keine geodätischen Linien und erscheinen deshalb schon in Ab-
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400 Hammer. Koloniale Landesvermessung. ^zduehrifwur^
1907.
bildungen kleiner Stücke der Ellipsoidoberfläcbe und in grossen Mass-
stäben merklich gekrümmt (wenn nicht überhaupt eine Kartenprojektion
vorliegt, in der alle Parallelkreisbilder Gerade sind, wie bei der Mercator-
abbildung u. 8. f.). Dieser Unterschied zwischen Meridian und Parallel-
kreis zeigt sich besonders auch in folgender Betrachtung: bestimmt man
in einem Standpunkt mit gewisser geographischer Breite -t~9o der Erd-
oberfläche das Azimut eines Zielpunkts, so kann man die Richtung der
Nordsüdlinie , ebenso die Richtung W. — 0. in dem Standpunkt abstecken.
Denkt man sich diese Absteckung tatsächlich ausgeführt, so liefert die
beliebig weit fortgesetzte „geradlinige" Verlängerung der Linie N.-S. nach
beiden Richtungen hin den durch den Standpunkt gehenden Meridian
(wobei von etwaiger Lotabweichung im Standpunkt abgesehen ist). Die
beliebig weit fortgesetzte „geradlinige" Verlängerung der Richtung W.-O.
nach beiden Seiten liefert dagegen (unter derselben Voraussetzung) nicht
den durch den Standpunkt gehenden Parallelkreis, sondern zunächst den
L Vertikalschnitt, und von dieser „Geraden" weicht, nach beiden Seiten 0.
und W. hin, der Parallelkreis allmählich gegen N. hin (nördl. Halbkugel) ab ;
nur in einem Punkt mit <r0 = 0° wäre keine Abweichung zwischen den
beiden genannten Linien vorhanden (die Ostwestlinie ist hier der Aequator,
der einzige Parallelkreis, der zugleich geodätische Linie ist), je grösser
aber q>0 ist, desto rascher weicht die Parallelkreislinie von der „Geraden"
des I. Vertikals ab: man betrachte den Fall, dass <p0 sehr nahezu 90° ist
(Punkt nahe dem Pol der Erde), wo der Halbmesser der Parallelkreis-
bogenlinie gleich dem sphärischen oder sphäroidischen Polabstand des
Standpunkts wird. Wenn man in beliebigem Standpunkt <po den durch
den Punkt gehenden Parallelkreis der Erdoberfläche nach Art der Kreis-
bogenabsteckungen der technischen Geodäsie (Eisenbahnbau) auf bestimmte
Strecken, z. B. 100 km nach beiden Seiten hin, abstecken will, so ist
nach Herstellung der „Geraden", die den Meridian des Standpunkts senk-
recht schneidet, ein diese Gerade berührender Kreisbogen abzustecken,
dessen Halbmesser nicht etwa gleich dem Halbmesser r0 des Parallelkreises,
a cos <p0
d. h. auf dem Ellipsoid (a, e) nicht = .— V . ist, sondern dessen
Halbmesser r* der sog. „geodätischen Krümmung" des Parallelkreises
entspricht, nämlich ft ?J!?9p
V^l — e* sin* <p0
beträgt (Auf jeder Rotationsfläche ist nach der Bonn et sehen Formel
der Halbmesser der „geodätischen Krümmung" eines Parallelkreises gleich
der Seitenlinie des Drehungskegels, der die Rotationsfläche in diesem Pa-
rallelkreis berührt. Man betrachte für r' wieder die Grenzfälle qp0 = 0
und qp0 sehr nahezu = 90«; im ersten wird r* = ao, im zweiten mit
90° — q>0 = A <p0 wird r' = y^* ^ • —~) • Ist z. B. <pQ = 49 o 0' (s. u.),
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^zeiucbrtft mr^ Hammer. Koloniale Landesvermessung. 401
so hätte man, um einen Bogen des durch den Punkt gehenden Parallel-
kreises abzustecken, dem Kreis, der die senkrecht zum Meridian abge-
steckte „Gerade" berührt, den Halbmesser (Bessel) f = 5554357 m (im
Meeresniveau) zu geben, d. h. die Parallelkreislinie 49 o weicht von der
genannten „Geraden" in den Entfernungen 25000, 50000, 75000, 100000 m
Entfernung vom Standpunkt (nach 0. oder W.) um die Beträge 56,3 m,
225,0 m, 506,4 m, 900,2 m ab; selbst für nur 10000 m Entfernung ist
die Abweichung 9 m, fur 1000 m Entfernung 9 cm.
Ganz ebenso einfach ergeben sich aus dieser Betrachtung der Kreis-
bogenabsteckung mit dem Halbmesser r' die Winkelabweichungen
der Zielungen in einem bestimmten Punkt des Parallels nach andern nicht
zu weit entfernten Punkten dieses Kreisbogens von der Ost- Westrichtung
im Standpunkt („Gerade" des I. Yertikals). Diese Abweichung Aa" be-
trägt nämlich für die Zielung nach einem Kreisbogenpunkt, dessen Meri-
dian um A\" in Länge verschieden ist vom Meridian des Standpunkts,
offenbar einfach Aa" = $A X" sin <p0 ,
wie oft ziemlich umständlich abgeleitet wird. Z. B. ist für den vorhin ge-
25000
nannten Punkt in 25000 m Entfernung vom Standpunkt A\" — p",
wenn wieder r0 in Metern den wirklichen Halbmesser des Parallelkreises
qp0 = 49° am Ellipsoid bedeutet, oder [Bessel]
AA" = ——-—•206265'' = 1230", 16
[6.6224136] iaw 'lo
und damit Aa" = 464",2 = 0° 7' 44",2, übereinstimmend mit Aa" =
^•206265».
Das Beispiel <p0 = -f- 49 0 ist deshalb gewählt , weil dieser Parallel-
kreis in dem hier betrachteten Sinn einer der wichtigsten der Erdober-
fläche ist: die Grenzlinie zwischen den Vereinigten Staaten und Canada
auf der ganzen langen Strecke vom Lake of the Woods (rund 95 o W.
von Gr.) gegen Westen bis zum Stillen Ozean (Georgiastrasse 123° W. Gr.)
ist der genannte Parallelkreis, wie denn die Union das klassische Land
der langen geraden und Parallelkreisbogen- Grenzlinien ist. Selbst in den
Nenengland-Staaten, wobei freilich hier die ursprünglichen mathematischen
Definitionen der Grenzlinien z. T. zu gunsten konventioneller endgültiger
Grenzlinien verlassen sind; z. B. ist als Grenzlinie zwischen dem N.-O.
des Staates New- York und Canada, sowie zwischen Vermont und Canada
nicht die ursprünglich definierte, 45 o Breite, festgehalten, sondern es ist
endgültig ein diesem Parallel allerdings sich ziemlich anschliessendes Po-
lygon mit langen Seiten vereinbart, was freilich nicht verhindert hat, dass
durch die neuesten Grenzrevisionen zwischen den Nordoststaaten und
Canada festgestellt wurde, dass Fabrikgebäude u. s. f. auf der Grenzlinie
Zeitschrift für VermeMungiweien 1907. Heft 16. 30
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402 Hammer. Koloniale Landesvermessung. vSESSSSSiSUd
1907.
selbst stehen, an denen dann auf der Ost- und Westseite die Grenze durch
ein rotes Farbband bezeichnet wurde, i) Oft freilich ist eine Aenderung der
ursprünglichen Grenzdefinition nicht mehr möglich, vergl. z. B. über die
neue Absteckung des grossen Kreisbogens, der den Norden des Staates
Delaware in der Nähe von Wilmington umgrenzt und der hier im Zu-
sammenhang mit den obigen Bemerkungen über Absteckung grosser (Pa-
rallelkreis-) Bögen angeführt sein mag, meine kurze Mitteilung in dieser
Zeitschr. 1897, S. 437 ; in neuen Kolonialländern dagegen ist es angezeigt
womöglich die ersten schematischen Grenzdefinitionen ganz oder z. T. auf
Grund weiterer Uebereinkommen durch natürliche Grenzen zu ersetzen.
So hat man z. B. kürzlich an der afrikanischen deutsch- englischen Grenze
zwischen Kamerun und Nord- Nigeria den „50 km-Kreis um Jola", der in
Deutsch- Adamaua einschneidet, etwa zur Hälfte durch ihm sich nähernde
natürliche Grenzlinien ersetzt (und auf den übrigen Teilen dieser Grenz-
linie sind „die schwer zu bestimmenden Bögen durch gerade Linien er-
setzt" worden) und auch die lange Grenzgerade zwischen einem (nicht
genügend genau definierten) Punkt am Tschadsee und einem Punkt am
obern Benuö ist z. T. durch natürliche Grenzstrecken ersetzt worden.*)
Man muss es besonders den Engländern lassen, dass sie im zweckmässigen
^frontier making" durch grosse Uebung Meister geworden sind. —
Der vorhin genannte neueste Bericht der C. and G. Survey der Ver-
einigten Staaten teilt u. a. mit, dass die Feldarbeiten zur Festlegung der
Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Canada (Parallel 49°) nun
auch im Westen von den Rocky Mountains, wo bisher die Grenze nur auf
dem Papier bestand, beendigt seien.») Die Arbeiten zur Absteckung der
ältern Teile des Parallels 49°, zwischen dem Lake of the Woods und
dem Felsengebirge, sind schon vor 30 Jahren beschrieben worden in dem
Werk der „ü. S. Boundary Survey"*). Danach sind einzelne Punkte de>
Parallels 49° durch direkte („astronomische") Polhöhenbestimmungen auf-
gesucht und es sind in diesen Punkten auch Azimute direkt gemessen worden.
Diese Stationen lagen durchschnittlich etwa 36 km (20 miles) voneinander
entfernt; auf den ersten 4 Punkten hat die amerikanische und die eng-
») Vergl. Report of the Superintendent of the Coast and Geodetic Survey
of the U. S., 1905/06. Washington, Government Printing Office 1906, S. 82.
*) Vergl. dazu u. a. Marquardsen im Globus, Bd. 90, Nr. 18 (8. No-
vember 1906).
•) Angeführt sei hier auch noch die im Sinn unserer Grenzlinienbetrachtung
und auch in andern Beziehungen lehrreiche Veröffentlichung von H. Gannett
über die Grenzen der Vereinigten Staaten, sowie der einzelnen Staaten und Terri-
torien „with an outline of the history of all important changes of territory*,
in 3. Aufl. als Bull. Nr. 226 (Series F, Geogr. 37) der U. S. Geological Survey,
8° (145 S ), Washington 1904 erschienen.
«) Washington 1878.
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Hammer. Koloniale Landesvermessung.
403
lische Kommission gemeinschaftlich gearbeitet und die Breiten mit einem
Fehler von nicht über 0",1 (gleich 3 m) gemessen, wonach der Punkt noch
schieben war. Später haben die zwei Kommissionen getrennt abwech-
selnde Stationen besetzt. In jeder Station wurde auch das Azimut direkt
beobachtet (nach einer „bullVeye lantern", die ungefähr in der Richtung
des I. Vertikals in 1 1/2 bis 5 Jcm Entfernung vom Standpunkt aufgestellt
wurde) und so die Richtung des I. Vertikals oder mit Hilfe der Aa" (s. oben)
und der Entfernung weitere Punkte des Parallels 49 0 eingemessen. Es
kamen dabei Widersprüche von einmal weit über 200 m und vielfach weit
mehr als 100 m beim Anschluss an die nächste Station zu Tag, die fast
ganz den Lotabweichungen zuzuschreiben sind und „Vermittelung" der
„unregelmässigen" Linie des „astronomischen" Parallels erforderten. Im
ganzen ist also hier am geoidischen Parallel festgehalten und dieser ist
nach übereinkömmiicher Ausgleichung vermarkt, es ist auf Zugrundlegung
einer Triangulation und auf geodätisch bestimmte geographische Koordi-
naten für einen „regelmässigen" ellipsoidischen Parallel verzichtet. Nach
unsern heutigen Kenntnissen wäre eigentlich bei der Verwendung so scharf
bestimmter direkter geographischer Breiten noch Rücksicht zu nehmen ge-
wesen auf die sog. „ Erdachsenschwankung" (besser Veränderlichkeit der
Polhöhen). Ist die Amplitude der Breitenschwankung nur 0",4 = rund
12 m, so gibt dies pro 1 km Grenzlänge schon 1,2 ha Schwankung in der
Fläche oder bei etwa 2000 km Länge der Grenze vom Lake of the Woods
bis zum Pazifischen Ozean 20 bis 30 qkm (bei 0*,5 Amplitude 30 qkm),
die nach der „astronomischen" Definition der Grenzlinie heute als bri-
tisches und nach 7 Monaten (die Periode zu etwa 420 Tagen gerechnet)
als amerikanisches Gebiet angesprochen werden könnten.
Dieser grossen amerikanischen Grenzparallelkreisabsteckung werde
zur Seite gestellt die schwierige deutsch-englische Meridian -Grenzlinien-
vermessung zwischen Deutsch-Südwestafrika und Britisch-Betschuanaland. 1)
Die Grenze zwischen den zwei genannten Gebieten ist, von der S.W.-Ecke
des „ Caprivi-Zipfels " aus, s. Zt. vereinbart worden als der Meridian 21°
E. G. bis zum Schnitt mit dem Parallelkreis — 22 0, sodann folgt die Grenze
diesem Parallel bis zum Schnitt mit dem Meridian 20° E.G.; dieser Meri-
dian bildet die fernere Grenze auf fast 700 km Länge gegen Süden, näm-
lich bis zu seinem Schnitt mit dem Orange River, worauf endlich dieser
Fluss die „natürliche" Grenze zwischen Südwest und dem Kapland bis
>) Ausgeführt durch den englischen Bevollmächtigten Lieut.- Col. La ff an
und die deutschen Bevollmächtigten Leut. Wettstein und Oberleu t. Döring,
unter Leitung von Sir David Gill (dem K. Astronomen am Kap-Observatorium);
mit deutschem und englischem Text, Fol., Berlin, Mittler 1906. Kurzes Ref. von
mir in Peter manns Geogr. Mitteilungen, 1907, Heft I.
um Ay — y —490, d. h. um
9"
- Um, 49« nach S. oder N. zu ver-
404 Hammer. Koloniale Landesvermessung. ^jz«iucfarift^ur^
1 W/7»
zum Meer vorstellt. Es konnte hier von einem Ersatz der „ geraden u
(Meridian-) Grenzlinien durch irgendwelche natürliche Grenzen keine Rede
sein and die 133 Grenztafeln (im südlichsten Teil des Meridianstucks 21°,
längs dem kurzen Parallelkreisbogen — 22° and entlang dem Meridian-
stück 20o, hier Nr. 19 [Ecke] bis Nr. 133 am Orange River) konnten sich
nur an diese erste Definition der Grenze halten. Werner-Bleines macht
a. a. 0. S. 47 aufmerksam auf die lange Zeit, die nach der seitherigen
Methode, nämlich mit Hilfe einer oft zu weiten Ausbiegungen genötigten
Triangulation erforderlich war, sowie auf die sehr hohen Kosten. Aber
man muss sich — und damit kehren wir zum Ausgangspunkt unseres Ex-
kurses zurück — , wie mehrfach angedeutet, in solchen Fällen, wo an der
ursprünglichen Definition mathematischer Grenzlinien, „Meridian 20 °" oder
„Parallelkreis 49 °u wie in der Union, festzuhalten ist, vor allem die Frage
vorlegen: Soll der Meridian oder der Parallelkreis als „astronomisch"
oder als geodätisch definiert gelten, d. h. durch Punkte mit direkt
bestimmten geographischen Koordinaten oder durch Punkte mit aus
einer Triangulation ellipsoidisch berechneten geographischen Koordinaten
festgelegt werden? (Wobei wir hier absehen von der u. U. grosse Schwierig-
keiten bietenden Beschaffung der Fundamental länge.) In den Grenz-
verträgen ist bis jetzt auf diesen durch die oben mehrfach erwähnten
Lotabweichungen bedingten Unterschied selten oder nie ausdrücklich
Rücksicht genommen worden; und doch kann es sich hier um recht prak-
tische Dinge handeln. Nehmen wir an, es sei an einer bestimmten Stelle
des oben besprochenen Grenzparallels 49° zwischen den Vereinigten Staaten
und Canada ein reicher Goldgang gefunden worden, der nach Ausweis der
auf Grund einer Triangulation gesetzten Grenzzeichen, aber vor end-
gültiger gegenseitiger Anerkennung dieser Zeichen, gerade noch
dem Gebiet der Union angehöre; eine sofort angestellte direkte Messung
der Polhöhe, mit einem Zenitfernrohr oder selbst einem nicht sehr grossen
Universal u. dgl. leicht in einer Nacht auf 0",1 = 3 m in der Richtung
N.-S. zu erhalten, zeigt aber die Polhöhe 49° 0' 10*. Zu welchem Gebiet
gehört nun der Gang, d. h. wird man nicht von Seiten Canadas sich an
die „astronomische" Definition zu halten suchen? Aehnlich für eine afri-
kanische Meridiangrenze etwa in der Nähe von Diamantfeldern u. s. f.
Bis jetzt sind die der „astronomischen" Definition entsprechenden „un-
regelmässigen", nämlich geoidischen, (fast) nur auf direkt gemessenen
Polhöhen beruhenden Parallelkreislinien als gleichbedeutend mit den
„regelmässigen" Parallelkreislinien abgesteckt worden, die sich auf Grand
geodätisch übertragener Punkte ergeben. Bei Meridianen sind bis jetzt
wohl nur die „regelmässigen" Linien der zweiten Art angewendet worden.
Dass in den Verträgen zunächst auch stets solche „regelmässige" Linien
als Parallelkreise und Meridiane gemeint sind, scheint sich aus der Ana-
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z*iuehrift nr^ Hammer. Koloniale Landesvermessung. 405
logie der „geraden" Linien (geodätisch geraden Linien) za ergeben, die
als Verbindungslinien zweier nach geographischen Koordinaten ge-
nannten Punkte (X, qp,) und (A2 <pg) in den Vertragen u. s. f. vorkommen ;
bei ihnen können Zweifel nur in Beziehung auf die Definition der <jp)
der Endpunkte, nicht aber, selbst bei grosser Länge der „geraden" Linie,
über den Verlauf der Linie selbst entstehen, nachdem jene Endpunkte
fixiert sind.
Das Assmuth- Werner-Ble ines'sche Vermessungssystem liefert an-
nähernd geoidische („unregelmässige") Parallelkreise und Meridiane als
Grenzlinien. Das wäre nun freilich vielfach nicht von grosser Bedeutung,
z. B. bei der eben besprochenen Meridiangrenze in Südwest. Aber far
andere Vermessungszwecke müssen direkte geographische Koordinaten
und Azimute und geodätisch übertragene Positionen und Azimute aus-
einandergehalten werden.
Werner-Bleines schliesst seinen Aufsatz mit dem Hinweis darauf,
dass er in den Ausführungen von Assmuth eine Erwähnung der in Ost-
afrika bereits praktisch gebrauchten Photogrammetrie (oder besser der
Stereophototopographie) vermisse, namentlich für Felspartien und Hoch-
gebirg anzuwenden; überhaupt solle die „ Lichtbildkunst" herangezogen
werden zum Skizzieren, zum Festlegen von Haupt- und Nebenpunkten, so-
lange noch gute Karten grossen Massstabs fehlen, u. s. f. Die Anwendung
des von Assmuth empfohlenen Schrittmessers für die Kleinmessung werde
nur bei stark bewaldetem Gelände angebracht sein. Man kann diesen Be-
merkungen zustimmen; insbesondere ist auch nach den Erfahrungen der
•deutschen Marine bei der Aufnahme von Küsten u. s. f. kein Zweifel
darüber möglich, dass die schönen Pulfrich sehen stereophototopographi-
«chen Instrumente wertvolle Dienste fur die koloniale Landesaufnahme zu
leisten berufen sind. Gewundert hat mich aber noch, dass keiner der beiden
mehrfach genannten Verfasser mit einem Wort der automatischen Instru-
mente von Thomas Ferguson Erwähnung tut, von denen besonders der
(in Deutschland bereits nachgeahmte) Zyklograph bei kolonialen topo-
graphischen und Stückmessungen unter gewissen Umständen ein höchst
willkommenes Hilfsmittel werden kann. Ich verweise deshalb hier nochmals
auf das kleine Buch von Ferguson selbst und auf einige Referate. i)
*) Th. Ferguson, Automatic Surveying Instruments and their practical
use on land and water. With an introduction by E. Hammer. London, Ball
and Danielsson, 1904. Anzeige dieses Büchleins von S. Günther in Petermanns
Geograph. Mitteilungen 1905, Lit.-Ber. Nr. 287; ausführlicher Bericht von Koll
in der Zeitschr. f. Vermessungswesen 1905, S. 245 — 251. Einige Erfahrungen
mit dem Pedographen habe ich schon in Petermanns Mitteilungen 1903, Heft VIII
mitgeteilt und Referate von mir über Pedograph und Zyklograph finden sich auch
in der Zeitschr. f. Instrumeutenkunde (1903, S. 277—280 und 1904, S. 57—60).
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406
Bücherschau.
BUcherschau.
Rechte der Angestellten und Arbeiter an den Erfindungen ihres Eta-
blissements. Für Juristen, Gewerbetreibende, Patentanwälte, Tech-
niker und Ingenieure von Dr. Bolze, Reichsgerichtspräsident a. D.
Leipzig, Akademische Verlagsgesellschaft m. b. HM 1907.
Die erörterte Frage kommt zwar für die Angehörigen unseres Faches
selten zu einschneidender Bedeutung; sie ist anscheinend so recht den
Chemikern auf den Leib geschrieben. Dennoch mag auf die in jeder Hin-
sicht vornehm gehaltene Schrift hingewiesen sein. Der Verfasser kommt
zu dem Schlüsse, dass der Funktionär durch seine Stellung, der er sich
wohl durch Kündigung und Austritt, aber nicht durch Verheimlichung und
Proteste entziehen kann, gebunden ist wie ein Gesellschafter, der auch Er-
findungen und andere Erwerbungen, welche in die Branche der Gesellschaft
fallen, nicht für sich zu eigenem Vorteil machen darf. SU.
Der gewerbliche Rechtsschutz in Deutschland. Von B. Volksdorf, Patent-
anwalt in Berlin. Aus Natur und Geisteswelt, Sammlung wissen-
schaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen. Verlag von B. G.
Teubner in Leipzig, 1906.
Mit der vorliegenden kleinen Arbeit soll in erster Linie, wie der Ver-
fasser in der Vorrede sagt, die Aufgabe gelöst werden, die leitenden Ge-
danken des deutschen gewerblichen Rechtsschutzes gemeinverständlich dar-
zustellen, um dem Publikum, das das Vorhandensein von Gesetzen für
Patent-, Muster- und Zeichenschutz zwar kennt, ihnen aber doch mehr
oder weniger verständnislos gegenübersteht, die Möglichkeit zu geben, in
Sinn und Wesen dieser Gesetze einzudringen. Während sich die beiden
ersten Kapitel mit Entstehung und Entwicklung des Erfindungsschutzes,
dann Patent und Erfindung beschäftigen, bringt das dritte Hauptkapitel
eine ausführliche Behandlung des deutschen Patentrechtes. Die folgenden
Kapitel 6ind dem Musterrecht und dem Warenzeichenrecht, dann den inter-
nationalen Verträgen und dem Ansstellungsschutz gewidmet Ein Anhang
bringt das Reichsgesetz betreffend die Patentanwälte. Ein kurzes Sach-
register ist beigegeben.
Wer sich für die Sache interessiert und nicht etwa das grössere Werk
von Dr. F. Damme besitzt, wird auch aus diesem Werkchen eingehende
und gründliche Belehrung schöpfen. Sts.
In Heft 11 dieses Jahrgangs der Zeitschr. f. Vermessungsw. wurde
des am 14. März in Zürich verstorbenen Prof. Dr. Rebstein in kurzem
Nachruf gedacht. Durch nachfolgende Ausführungen soll ein gedrängter
Ueberblick über die wissenschaftliche Tätigkeit dieses Mannes folgen.
Mit Prof. Dr. Rebstein ist ein Mann aus dem Leben geschieden,
welcher seinem Vaterlande während vier Jahrzehnten wertvolle Dienste
geleistet und auf das Vermessungswesen der Schweiz entscheidend ein-
gewirkt hat. Nachdem Rebstein die Industrieschule in Winterthur durch-
laufen hatte, trat er im Herbst 1857 als Studierender in die eidg. poly-
technische Schule in Zürich ein, studierte daselbst zuerst an der Ingenieur-
abteilung, um dann später an die Abteilung für Fachlehrer überzutreten.
Prof. Dp. J. J.
t.
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tJSSSSSS&m Rosenmund. Prof. Dr. J. J. Rebstein f. 407
wo er sich mit besonderem Eifer seineu Lieblingsfächern, der Mathematik
und Geometrie, hingab. Nach Vollendung seiner Stadien in Zürich begab
er sich zu seiner weiteren Ausbildung nach Paris, woselbst er während
eines Jahres dem Unterricht im College de France folgte. Im Jahre 1861
wurde der erst 21 Jahre zählende Gelehrte als Lehrer und bald darauf
als Professor für Mathematik und Physik an die damals als eine der
besten im Schweizerlande geltende Kantonschule in Frauenfeld berufen;
1877 erfolgte seine Berufung an die Industrieschule Zürich, nachdem er
sich schon 1873 als Privatdozent am eidg. Polytechnikum habilitiert hatte.
1898 erhielt er die Ernennung zum ordentlichen Professor an der letzt-
genannten Anstalt zum Unterricht in den Fächern für Katasterwesen, Aus-
gleichungsrechnung und Versicherungstechnik.
Rebstein hatte sich schon in jungen Jahren mit besonderer Freude
den Gebieten der angewandten Mathematik zugewandt. Als es sich in den
Jahren 1864 — 68 darum handelte, einheitliche Vermessuugsvorschriften zur
Ausführung des Katasters für eine grössere Zahl schweizerische Kantone
zu vereinbaren, wurde Rebstein in die vorberatende Kommission gewählt.
Dabei erwarb er sich besondere Verdienste, indem er der Einführung des
Polygonalverfahrens bei Katastervermessungen zum Durchbrach verhalf.
Mit der den Verhandlungen folgenden Bildung des schweizerischen Geo-
meter-Konkordats wurde Prof. Rebstein in den Prüfungsausschuss für Geo-
meter gewählt, dessen Präsident er von 1887 bis zu seinem Lebensende
war. Ihm gebührt auch ein besonderes Verdienst an der Hebung der
wissenschaftlichen Kenntnisse der schweizerischen Geometer. Er verfolgte
mit besonderem Interesse die Fortschritte, welche in Deutschland auf dem
Gebiete der Kleinvermessungen gemacht wurden; wo er Neuerungen ent-
deckte, welche er gut fand, suchte er sie auf schweizerische Verhältnisse
zu übertragen. Eine grosse Zahl von Vermessungen hatte Rebstein als
Experte oder Verifikator zu begutachten.
Seit 1888 war Prof. Rebstein auch Mitglied der schweizerischen geo-
dätischen Kommission und damit einer der Delegierten der Schweiz für
die internationale Erdmessung.
Trotzdem die geschilderte Tätigkeit die Vollkraft eines Mannes ganz
in Anspruch nehmen könnte, hatte sich Rebstein noch auf ein anderes
Gebiet der angewandten Mathematik geworfen: die Versicherungstechnik.
Er war langjähriger Revisor einer grossen schweizerischen Versicherungs-
anstalt und eine gesuchte Persönlichkeit als Experte zur Aufstellung ver-
sicherungstechnischer Gutachten. Seine Kollegen des eidg. Polytechnikums
verdanken ihm die technischen Grundlagen für die Witwen- und Waisen-
etiftung dieses Institutes, welche er mit ganz besonderer Sorgfalt ausführte.
In Würdigung seiner hervorragenden Verdienste auf dem Gebiete des Ver-
sicherungswesens wurde er 1905, bei Anlass des 50-jährigen Jubiläums
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408 Personalnachrichten.
des eidg. Polytechnikums, von der philosophischen Fakultät der Univer
sität Zürich zum Doctor phil. honoris causa ernannt.
An literarischen Arbeiten Rebsteins seien hier erwähnt: Lehrbuch der
praktischen Geometrie (1868), Bericht Uber eine Parzellarvermessung des
Kantons Zürich (1883), Mitteilungen über die Stadtvermessung Zürich
(1892). Mit besonderer Vorliebe Ubernahm der Verstorbene Rezensionen
über Lehrbücher geodätischen Inhalts. So stammen aus seiner Feder die
Referate in der „Zeitschr. f. Vermessungsw. ■ über „Helmert, die raathe-
matischen und physikalischen Theorien der höheren Geodäsie, Bd. II4*
(1885), „Jordan, Handbuch für Vermessungswesen, Bd. 1 und 2, zweite
Auflage" (1878/79), „F. G. Gauss, die trigonometrischen und polygono-
metri8Chen Rechnungen in der Feldmesskunst u (1893).
Mit Prof. Dr. J. J. Rebsteins Hinscheiden wird sein Name nicht ver-
klingen. Sein Eintluss, speziell auf dem Gebiete des Vermessungswesens,
wird noch lange fortleben und manche schöne Frucht seines Wirkens wird
nachträglich noch zur Reife gelangen. Rosenmund.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Das Katasteramt
Brandenburg a/H. im Reg.-Bez. Potsdam ist zu besetzen. — Dem Kat.-
K un troll nur a. D. Steuerinspektor Arnold Kukutsch zu Königsberg i/Pr.
wurde der Rote Adlerorden 4. Kl. verliehen.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Cassel. Erhöhung der Monatsdiäten vom
1./10. 06 ab auf 160 Mk.: L. Ewald in Fulda; auf 180 Mk.: die L. Hup-
bach in Schmalkalden, Viereck in Eschwege, Krantz und Springer in
Marburg. — Versetzt zum 1./7. 07: L. Jörgens von Marburg in den Be-
zirk der G.-K. Düsseldorf. — In den Dienst neu eingetreten am 1./6. 07:
L. Beermann in Fulda nach Rückkehr aus dem Kolonialdienst.
Generalkommissionsbezirk Hannover. Versetzt zum 1./4. 07: die L.
Jatho von Hannover (g.-t.-B. III) nach Duderstadt (Sp.-K.), Schweimer
von Hannover (g.-t-B. I) nach Posen (Ansiedl.-Komm. als Oberlandmesser);
zum 1./5. 07: L. Mahler von Hann.-Münden nach Hannover (g.-t.-B. I).
Königreich Bayern. Katasterverwaltung. Zu Mess. -Assistenten
wurden ernannt die gepr. Geometerpraktikanten Max Hügerich bei der
kgl. Regierung von Oberfranken (Mess.-Beh. Bamberg I), dann Heinrich
Träxler und Joseph Prasser bei der kgl. Regierung von Unterfranken,
K. d. F. in Würzburg.
Königreich Württemberg. Landwirtschaftliche Verwaltung.
Unter dem 6. Mai 1907 wurde die Stelle eines Geometer- Kulturtechnikers
bei der Kulturinspektion für den Xeckarkreis dem Assistenten Fr ick auf
dem Revisionsbureau der Zentralstelle für die Landwirtschaft, Abteilung
für Feldbereinigung, übertragen.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Grösse des mittleren Punktfehlers in der Nähe
des Minimums, von F. Schulze. — Koloniale Landesvermessung, von E. Hammer.
— Bücherschau. — Prof. Dr. J. J. Rebstein f. — Personalnachrichten.
Verlag too Konrad Wittwer in Stattgart.
Druck tob Carl Hammer, Kgl. Hofbnchdraokerel in Stuttgart.
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ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat Qnd Dr. O. Eggert, Professor
HUnchen 23, Kataiterbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 17. Band XXXVI.
11. Juni. ?-<
Der Abdruck von Original- Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung 1st untersagt. —
Die mittleren Fehler der Unbekannten bei Näherungs-
ausgleichungen.
Die Abhandlung des Herrn Landmessers Fr. Schulze im vorher-
gehenden Heft dieser Zeitschrift gab Veranlassung zur allgemeinen Er-
örterung der folgenden Frage: Aus einem System von Fehlergleichungen
werden zwei Unbekannte nicht nach der Methode der kleinsten Quadrate,
sondern nach einem von letzterer abweichenden Verfahren gefunden. Um
welche Beträge vergrössern sich hierbei die mittleren Fehler der Unbe-
kannten gegenüber ihren Minimalwerten?
Es mögen die Fehlergleichungen
(i) ....
• • * •
= a„X + bHY
vorliegen, in denen die Grössen X und Y die wahren Werte der Unbe-
kannten, die Grössen l die Beobachtungen und die Grössen e die wahren
Werte der Beobachtungsfehler bezeichnen. Urn die Unbekannten X und Y
durch die n Grössen l -|- £ auszudrucken , wobei n > 2 sein soll , multi-
plizieren wir die Gl. (1) der Reihe nach mit den zunächst willkürlichen
Koeffizienten er,, a2 . . . an und hierauf mit ßu ß2 . . . ßH und bilden jedes-
mal die Summe, wodurch wir erhalten
[al) + [ae] = [aa)X+[ba}Y
W + iß*] - [*ß\x + [*ß] r,
Zeitschrift für VermeMungiweien 1907. Heft 17. 31
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410 Eggert. Die mittleren Fehler der Unbekannten etc. YamJSSSSSwMen
1907.
Da die beiden Glieder \*e] und [($£] infolge der Unkenntnis der wahren
Beobachtungsfehler nicht bestimmt werden können, so müssen sie vernach-
lässigt werden, und es lassen sich somit nur Näherungswerte x und y der
Unbekannten berechnen. Je nach der Wahl der Koeffizienten a und ß
werden die x und y andere Werte annehmen. Zur Vereinfachung führen
wir für die a und ß die Bedingungen ein:
[aa] = 1 [4 a] = 0
[aß] = 0 [bß] = 1
(3)
und erhalten
(4)
x = [o/] = o, /, 4" °i h 4" • • • "4~ °" '»
V = [ßl] = ßl h + ß*h +•..-»■ ß»U •
Ist der mittlere Fehler der Beobachtungen, die wir der Einfachheit
wegen als gleich genau ansehen, gleich /*, so ist
1 ' t*\ = o?," + es + • • • ■+■ w** = *a
Von der Wahl der Koeffizienten a und 0 wird also auch die Genauigkeit
der berechneten Unbekannten abhängen, und wenn die letzteren der Methode
der kleinsten Quadrate entsprechend ermittelt werden, so erhalten fu und
bekanntlich ihre kleinsten Werte. Die Bedingungen hierfür sind
[act] und [ßß] ein Minimum,
wobei jedoch die Gleichungen (3) erfüllt bleiben müssen. Somit sind die
partiellen Differentialquotienten der Funktionen
[a«]-2M[««]-D-2*,[A«]
und [ßß)-2k9[aß] _2M[6fl-D
gleich Null zu setzen.
Wir beschränken uns auf den ersten Ausdruck (6) und erhalten die
bekannten Gleichungen
o, — <*! L\ — 6, kt — 0
o, — a.A-, - btkt = 0
(7J : : : :
• * • ■
a„ — — &t — 0,
die in die Gleichungen (3) eingeführt geben:
[«<*]*, + [<*&]*, = 1
1 + = 0.
Werden aus (8) die Koeffizienten kt und berechnet, so ergeben
sich aus den (7) die Grössen a, und es kann dann nach (4) derjenige
Wert der Unbekannten x berechnet werden, der den kleinsten mittleren
Fehler hat. Man erhält
m k m . _ -[«&]
1 ' 1 [aa] [bb] - [ab]* » [aa] [bb] — [ab]*
und
V [aa] [bb] - [ab]* '
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V
zoiuchrift für Eggert. Die mittleren Fehler der Unbekannten etc. 41 1
Entsprechend findet man
(10b) y~ [aa}[bb)-[ab}* '
Im Anschluss an die vorstehende, lediglich Bekanntes wiedergebende
Entwicklang soll die im Anfange aufgeworfene Frage behandelt werden.
Der Wert der Unbekannten x wird von der Methode der kleinsten Qua-
drate abweichen, wenn in jeder der Gleichungen (7) die Null rechterhand
durch eine andere Grösse Ax bezw. A2, . Am ersetzt wird. Die Grössen
A müssen jedoch so gewählt werden , dass , wenn an die Stelle der l die
Werte l -j- e gesetzt werden, die berechneten Unbekannten mit den wahren
Werten der Unbekannten übereinstimmen. Diese Forderung wird, wie wir
«piter sehen werden, erfüllt, wenn als Zusatzgrössen A die Beobachtungen
I benutzt werden, nachdem sie mit einer beliebigen Konstanten c multi-
pliziert sind. Die Gleichungen (7) gehen dann über in
(11) f 1 = a\k'1 + bik>t +
* • • ■
• • • ■
wobei die Koeffizienten kf nicht mehr mit den k identisch sind. Sie er-
geben sich vielmehr aus den Gleichungen
[«o]f1 + fa*]f1 = 1 -e[al)
[«*]*\ + [**]**. = -lM,
die aus (11) und (3) hervorgehen. Hieraus findet man
_ (l-c[al))[bb) + c[b[)[ab)
1 ~" [oaj [6 6] — [ab]*
_ -c[bl) [aa)-[ab] (l-e[al))
~ ' [««] —
oder nach (9) und (10)
Durch Einsetzen dieser Werte in die Gl. (11) erhalten wir
a\ = a, kx bx kt — c (at x -\- bx y — lx)
a\ = a%kx-\-btki — c{atx + bty — lt)
(14j • • •
• • • •
• » * •
a'„ = a»^ -{- 6„Ä-t — c (o»ar + bmy — ln) ,
and wenn die nach der Methode der kleinsten Quadrate gefundenen Ver-
besserungen der Beobachtungen mit Xv Xt . . . h» bezeichnet werden,
a\ = o, — cXx
(15) =
• • •
. . .
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412 Eggert Die mittleren Fehler der Unbekannten etc.
Für die erste Unbekannte ergibt sich der Wert
(16) x' = «',/, + «',/,+ ... + «'„/„,
in dem jedoch die a' nicht mehr unabhängig von den Beobachtungen l
sind. Nach (15) ist somit
(17) *< = [al] -c[JLJ] = [al] + c [AA] ,
und da die Verbesserungen X gleich Null werden, wenn statt der l die
wahren Beobachtungen eingeführt werden, so geht in diesem Falle der be-
rechnete Wert zf in den wahren Wert X der Unbekannten über. Es führt
also in der Tat die Berechnung der Koeffizienten a' nach den Gleichungen
(11) zu einem brauchbaren Ausgleichungsverfahren.
Zur Berechnung des mittleren Fehlers von xf haben wir
^HW+W* -Hm;))'
oder in einfacherer Bezeichnung
(18) ffe = (ft* + K + • • • + f.1) *A
Aus (16) und (14) ergibt sich
U « «, - c(** + *t* - 2/, + [«/] I* + [*q f*) ,
und da nach (10)
dx a\[bl>] — bl [ab] dy i,[ao] — >,[afc]
ist, so wird fx =
01 rl ^ lJ< • [««] [Äft] — [ai]1 )
oder = o, — 2c(alx + 6,y — lt) = o, — 20^.
Berechnen wir ebenso f2, fs . . ,fmt so erhalten wir im Zusammenhange
U = <*l-2cAl
U = «2 -2cÄt
• • ■
fm = On — 2cXn.
Hieraus ergibt sich durch Quadrieren und Summieren
[ff] = [aa]-4c[aA] + ic*[AA]
und da [o A] = 0 ist, so ist auch
[ff] = [««] + 4c»[^], also
(19) t>*x. = f^+4c*\AA]f*>.
Der mittlere Fehler einer Beobachtung wird aus der Gleichung
berechnet, folglich kann für (19) auch gesetzt werden
(20) uv = + ^-VW .
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z«it«nrift rar Puller f. Bemerk, zur Aufg. des Rückwärtseinschneidens. 413
snneMunnweaeD
Nach (4) und (17) ist
x' — x — c [X X] ,
folglich ist 4 c« [X X]* = 4 ix* - x)\ also
4 ix' — x)*
(21) jf«.- „_g ■
Auf demselben Wege findet man
4 _ v)s
(22) f<V •
Sind insbesondere die Unbekannten x und y die Koordinaten eines
Punktes, so sind durch die Gleichungen
und 3f's = pV + a<V
die mittleren Fehler der beiden Punktbestimmungen gegeben, und be-
zeichnet A den Abstand beider Punkte, so ist
4A*
(23) = 3i» +
«-2 '
Man sieht, dass die an sich willkürliche Annahme der Gleichungen (18)
and (20) in der Abhandlung des Herrn Landmessers Schulze bis auf den
Faktor 4 zu dem auch in der vorstehenden allgemeineren Entwicklung
gefundenen Resultat führt. 0. Eggert.
Bemerkungen zur Aufgabe des Rückwärtseinschneidens.
Für die Berechnung vorliegender Aufgabe sind verschiedene Formeln
entwickelt und zur Anwendung gebracht worden; die verbreitetste ist die
Burkhartsche Formel mit dem Hilfswinkel sie lautet
JLiL^ = ig "* ^ + »
bei deren Anwendung über die Vorzeichen von qp -j- y und qp — tp in jedem
Falle, namentlich wenn die Winkel a und ß grösser als 180° sind, Ent-
scheidung getroffen werden muss. Für eine koordinatenmässige Be-
rechnung empfiehlt sich u. E. der von uns in dieser Zeitschrift 1899 S. 150
gebrachte Vordruck, da bei Benutzung desselben aus den gegebenen Grössen,
d. h. den Koordinaten der 3 Punkte und den beiden gemessenen Winkeln
unmittelbar die Koordinaten des gesuchten Punktes erhalten werden. Hier-
bei ist es ohne Bedeutung, ob die Winkel « und ß grösser oder kleiner
als 180° sind; man hat lediglich, um allgemein gültige Formeln zu er-
langen, diese Winkel in rechtslänfigem Sinne zu zählen, wie wir das in
dieser Zeitachrift 1904 S. 697—699 näher erläutert haben. Ferner ist es
vollkommen gleichgültig, in welcher Weise die Numerierung der gegebenen
Punkte angenommen wird.
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414 Poller f. Bemerk, zur Aufg. des Rückwärtseinschneidens. zaiuehrin m
vtrnwnmawMMi
UK
Ist der eine oder andere der Winkel a and ß sehr klein, so erscheint
es zweckmässig, den Punkt 0 so anzunehmen, dass in die Berechnung der
kleine Winkel a nicht eingeht, da sonst die Grössen a ctg a und b ctg a
sehr gross ausfallen, was für die Rechnung nicht bequem ist Dieselben
Rücksichten sind bei Verwendung der Burkhartschen Formel zu beachten,
worüber schon Prof. Jordan in seinem Handbuche der Vermessungskunde
nähere Angaben gemacht hat. Ein passendes Beispiel gibt die 3. Auflage
dieses Handbuches S. 248, aus welchem hervorgeht, dass bei dem kleinen
Winkel a = 0° 40' 22" auch die Genauigkeit eine Einbusse erleiden soll.
Um diese Verhältnisse auch für unsere Formeln darzulegen, haben
wir dasselbe Beispiel nach dem Vordruck 1899 S. 150 in dreifacher Weise
durchgerechnet, indem wir jeden der Punkte Waterloo, Aegidius und Kreuz
mit 0 bezeichneten ; damit erhält man nachstehende Ergebnisse, die mittels
sechsstelligen Logarithmen gewonnen sind.
Nr.
1
2
8
Waterloo
Aegidius
Kreuz
2
ß
x
15269,33
15269.33
15269,33
| o I h I o * ti I
Kreuz Aegidius 335 42 22 j 385 Ol 60 j + 95001,91
Kreuz | Waterloo 0 40 22 , 24 58 10 + 95001,91
Waterloo Aegidius 24 17 48 35!* 19 38 ■+ 95001,90
Aus dieser Zusammenstellung folgt, dass trotz der
bei 2 und 3 eine wesentliche Abweichung bei den Endkoordinaten nicht
eintritt, also hinsichtlich der Scharfe der Rechnung ein so bedeutender
Unterschied, wie von Prof. Jordan an angegebener Stelle gefunden wurde,
bei Verwendung unserer Formeln nicht zu erkennen ist. Da uns nun ein
plausibler Grund für die Abweichungen S. 248 nicht einleuchtete, haben
wir die Berechnung nachgeprüft und gefunden, dass der Winkel y a *
anstatt — 20<> 29' 2,9" lauten muss: — 200 28' 58,8" und daher
10 26' 51,7"; v = 42° 24' 49,3" entsteht. Hiermit erhält man
<f> =
log
sin a
sin <p = 3,133383 ; log
sinß
sintf, = 3,133382,
d. h. eine genügende U Übereinstimmung, während sich nach Prof. Jordan
ein logarithmischer Widerspruch von 0,000008 ergab.
Wir ziehen aus vorstehendem den Schluss, dass die hier behandelten
Formeln auch dann zu befriedigenden Ergebnissen führen, wenn der eine
oder andere der Winkel a und ß klein ist, es jedoch für die Berechnung
vorteilhaft erscheint, wenn die Anordnung derart gewählt wird, dass ein
kleiner Winkel in der Rechnung nicht erscheint.
Saarbrücken. Puller f.
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v«£me«™ "™«n Kahle* Fern8Pruch mit Wink" und Schallzeichen etc. 415
Fernspruch mit Wink- und Schallzeichen bei
Vermessungsarbeiten.
Wenn bei Arbeiten im Felde der einfache Zuruf zur Uebermittlung
einer Nachricht von einem Beobachtungsstand zum andern oder vom Be-
obachter zum Gehilfen infolge zu grosser Entfernung oder sonstiger un-
günstiger Verhältnisse nicht mehr ausreicht, ein Hin- und Rückgang zuviel
Zeit wegnehmen würde und der Beobachter das Instrument nicht verlassen
kann, lassen sich zur gegenseitigen Verständigung Zeichen aus den beiden
im Land- und Seeheere gebrauchten Winkeralphabeten mit Nutzen ver-
wenden. Es sind dies
1. das namentlich beim Seeheere verwandte Alphabet für Winkerflaggen
(vergl. Dienstvorschrift Nr. 379: Vorschrift für den Gebrauch der
Winkerflaggen vom 27. Januar 1903);
2. das Morsealphabet mit Signalflaggen (vergl. Dienstvorschrift Nr. 405 :
Vorschrift für den Gebrauch der Signalflaggen vom 29. März 1906).
Die beiden Alphabete sind auf den folgenden Seiten einander gegen-
übergestellt und zwar in einer von den Dienstvorschriften abweichenden,
für den Gebrauch etwas bequemeren Anordnung und beim Morsealphabet
unter Beifügung von sonst im Telegraphendienst üblichen Zeichen, wie
Bruchstrich u. a.; als Anrufzeichen (an Stelle von ft) können auch Halb-
kreise über dem Kopfe gegeben werden.
Die Anwendung des Winkerflaggenalphabetes erfordert bei den
ersten 7 Buchstaben Zeichengeben mit einem Arm, bei den übrigen Buch-
staben und Signalen Zeichengeben mit beiden Armen, sowie bei grösseren
Entfernungen eine Verlängerung der Arme durch kleine Flaggen oder läng-
liche Flaggenrahmen. Der Empfänger sieht die Zeichen in umgewendeter
Form und stellt sie sich so vor, wie er sie geben würde. Um die be-
obachteten Zeichen niederschreiben oder sie beim Beobachten zu einem
Fernspruch vereinigen zu können, muss er ihren Buchstabenwert im Ge-
dächtnis haben. Beim Heere diktiert der „Leser" die mit Feldstecher
beobachteten Buchstaben dem ^Schreiber", ein dritter, der „ Geber", gibt
die Antwortzeichen. Nach der Dienstvorschrift soll die Schnelligkeit des
Fernsprechens mit Winkerflaggen bis auf 10 Worte in der Minute ge-
steigert werden ; geübte Signalgasten des Seeheeres, bei dem für die sehr
zahlreichen Mitteilungen von Schiff zu Schiff und Schiff zu Land ungleich
mehr vom Winkerspruch Gebrauch gemacht werden muss als beim Land-
heere, bringen es nahezu auf die doppelte Wortzahl. Hinsichtlich der
Entfernung rechnet die Dienstvorschrift bei klarem Wetter, guter Beleuch-
tung, geeignetem Hintergrund und Benutzung von guten Feldstechern mit
einer Verwendbarkeit bis zu 3 km. Die hier angegebenen Zeichen ent-
sprechen zugleich denen für die Benutzung zweiarmiger Zeichenwinker
416 Kahle. Fernspruch mit Wink- und SchaUzeichen etc. yJ^^J^
1WJ7.
Das Wü?Äerfla<tfäe/?a{/a6eL
Zusammen gestellt aus der
Dienstvorschrift M379 vom 27. /. 03.
— tinker A rr?i
_ rec/rterArm
1
Ii L • z
Anruf _ (ft)fbisdasSrgrnal
m Je (kommen!) auf der andere/t
Station gegeben wird.
Je
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chert:
7)
\
72
\
'Zahlen
folgen.
>
Suchstad
fb/perr:
Wortende oder Verstanden,:
jYicftt i erst an den : N ^
Aric/it zu setzen nicht zuerkennen:
(y)
(w)
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Zeitschrift fur Kahle. Fernspruch mit Wink- und Schallzeichen etc. 417
Y»rn>e**untc*w
190T
Zttsant7?ien gestet/t aus der
Dienstvorschrift JV?^oS vom 29. 3. 06.
Für Abgabe :
FürAtina/tme :
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Anruf
Gegen ruf (frommen
Warten:
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Trennung:
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Verstanden: Ü
Wortsc/rluß: \
Telecfr. - scntuß :
Ü O Ü
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Warten
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y
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7
8
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418 Kahle. Fernspruch mit Wink- und Schallzeichen etc. y^J^^1*^
1907.
(Semaphore) an der Küste und bei den Heeresübungen, i) Wie man sieht,
setzen sich die Zeichen von h ab aus den 7 ersten einarmigen Zeichen
in der Weise zusammen, dass Ä = a + 6, ■' = a + c u. s. f. Durch Vor-
setzung des Zeichens > wandelt sich die Bedeutung der Zeichen von a
bis k in die der Ziffern von 1 bis 0, bis das Zeichen \ andeutet, dass
die nunmehr folgenden Zeichen wieder Buchstaben bedeuten. Vokale und
Endungen werden, wo es ohne Sinnentstellung angeht, fortgelassen.
Der Gebrauch des Morsealphabetes erfordert nur einarmige oder
einseitige Bewegungen. Die Punkte der einzelnen Buchstabenzeichen werden
durch Bögen von 30—45°, die Striche durch s/4 Halbkreise gegeben und
zwar entweder (in Ermangelung von Flaggen und bei mässigen Entfer-
nungen) mit dem rechten Arm und Taschentuch von oben nach der Seite
hin, oder (bei grösseren Entfernungen) entsprechend der Dienstvorschrift
in folgender Weise: Der Geber fasst mit der Linken den Fuss des Flaggen-
stockes (Fluchtstabes), mit der Rechten den Stab einige Dezimeter höher;
in der Ruhestellung ist dann der Stab mit 30° Scheitelabstand nach der
linken Körperseite geneigt. Die mit der Flagge zu schwenkenden Bögen
von 2/8 und l»/4 Quadrant werden durch entsprechende Bewegungen der
Rechten nach der rechten Körperseite hin und entgegengesetzte mit der
Linken ausgeführt. — Bei Triangulierungsarbeiten mit Heliotropen kann
man die Morsezeichen mit vorgehaltenem dunkelroten oder blauvioletten
Glas geben oder durch entsprechende Lichtlängen mittels Drehung eines
auf der Holzplatte des Heliotropen in der Ziellinie senkrecht eingesteckten
Zeichengebers (Stäbchen mit einem durch einen Schlitz eingeschobenen
Kartontäfelchen) um 90 Grad. Bei den Heliographen des Heeres wird der
Spiegel mittels eines Tasters auf- und niedergeklappt. Zeichen des Morse-
alphabetes lassen sich auch als Töne, mit Pfeife, Hupe oder Horn, zur
gegenseitigen Verständigung verwenden, was namentlich bei Fluchtungen
über dichtes Gebüsch, Gewächshäuser und dergl. bin, wo nur die Spitze
des verlängerten Fluchtstabes sichtbar ist, ferner bei topographischen Ar-
beiten im Walde von Nutzen werden kann. — Solange dem Auge oder
Ohr des Empfängers das Morsealphabet noch nicht geläufig ist, so muss
er die Punkte und Striche einem Gehilfen diktieren, oder sie auf eine
hochgehaltene Schreibfläche niederschreiben. — Ein Fernspruch erfordert
mit dem Morsealphabet 4 bis 5 mal mehr Zeit als mit dem zweiarmigen
Winkerflaggenalphabet. Die Dienstvorschrift rechnet mit einer Steigerung
bis zu 10 Worten in 5 Minuten; dabei sollen die einzelnen Punkte und
Striche eines Buchstabens um eine Punktlänge, die Buchstabenzeichen unter
l) Weiteres über das Fernsprechen mit Schiffsflaggen , Semaphoren und
Racketen findet man in dem gut ausgestatteten Taschensignalbuch der
Flaggenfabrik F. Reinicke-Hannover (Hannoverund Leipzig 1902, Hahnsche
Buchhandlung).
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veraM8u?f8lJ£«n Werkmeister. HerstelL von Tiefdruckplatten in Kupfer. 419
1907.
sich um 5 Punktlängen auseinanderliefen. Dagegen scheint die Verwen-
dungsweite eine viel grössere zu sein, sie soll unter günstigen Verhältnissen
7 km erreichen. Da auch im Reichatelegraphendienst das Morsealphabet
angewandt wird, so liegt seine Verwendung beim Fernsprechen im Heere
wie anch gebotenenfalls bei Vermessungsarbeiten näher als die des zwei-
armigen Winkerflaggenalphabetes.
Im Vermessungswesen mag das Bedürfnis einer Anwendung derartiger
Zeichen zur leichteren Verständigung auf grossere Strecken hin insbeson-
dere bei Kleintriangulierungsarbeiten , Zuglegung mit sehr langen Seiten,
Abschnüren langer Strecken in verkehrsreichen Strassen, schwierigen
Durchfluchtungen , Erkundung für den Anschluss von Bodenpunkten an
Hochstände auf Türmen bei beschrankter Durchsicht und bei topographischen
Aufnahmen auftreten. K.
Ein neues Verfahren zur Herstellung von Tiefdruck-
platten in Kupfer.
Aus Anlass der 78. Versammlung deutscher Aerzte und Naturforscher,
die im September des vorigen Jahres in Stuttgart abgehalten wurde, ver-
anstaltete das bekannte kartographische Institut von H. Fetters in Stutt-
gart eine kleine Sonderausstellung, die den Zweck hatte, die Anwendungs-
fähigkeit eines neuen, von dem Inhaber des genannten Instituts — Herrn
Metzeroth — erfundenen Verfahrens zur Darstellung zu bringen.
Die Hauptvorteile, die die Kupferplatte beim Kupferstich und der
Heliogravüre gegenüber dem Stein (neuerdings auch Zink) bei der Litho-
graphie, und dem Aluminium oder Zink bei der Photolithographie bietet,
liegen in der unbegrenzten Korrekturfähigkeit der Kupferplatte und der
bequemen Handhabungs- und Aufbewahrungsweise der nur wenigen Milli-
meter dicken Metallplatte gegenüber dem unhandlichen und umfangreichen
Stein. Nachdem die galvanischen Korrekturverfahren bei der Kupferplatte
so weit ausgebildet sind, dass das die Platte schädigende ..Ausklopfen"
von ihrer Rückseite her nur noch bei kleineren Korrekturen in Betracht
kommt, ist der Wunsch, die Originaldruckplatte einer Karte in Kupfer
herzustellen, noch grösser geworden. Aus verschiedenen Gründen ist es
jedoch nicht immer ohne weiteres möglich, zum Kupferstich oder zur Helio-
gravüre überzugehen; vielfach wird es z. B. der Fall sein, dass die für
den Kupferstich nötigen Arbeitskräfte fehlen, wogegen gutgeschulte Kräfte
für die Steingravüre zur Verfügung stehen; oder ist es nicht leicht mög-
lich, die Originalzeichnungen in einer so vollkommenen Weise herzustellen,
wie es ein mechanisches Reproduktionsverfahren — die Heliogravüre —
erfordert. Oft liegt der Fall auch so, dass ein Kartenwerk schon ganz
oder doch zum grossen Teil in Stein graviert vorliegt, wobei die Gefahr,
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420 Bücherschau. „ Z4nt*cnnfi nir
1907.
dass einzelne Steine durch „Springen" in der Druckpresse oder öftere und
grössere Korrekturen gebrauchsunfähig werden, sehr gross ist
Das von Herrn Metzeroth erfundene — inzwischen zum Patent an-
gemeldete — Verfahren löst nun die Aufgabe, von irgend einer Druck-
platte eine Tiefdruckplatte in Kupfer herzustellen, auf der die Korrekturen
wie auf einer gewöhnlichen Kupferstichplatte vorgenommen werden können.
Die Originalplatte, von der die Kupfertiefdruckplatte hergestellt werden
soll, kann ein Tiefdruck (Stein-, Zinkgravüre), ein Flachdruck (Photolitho-
graphie) oder ein Hochdruck (Holzschnitt, Zinkographie) sein: die Platte
muss nur so beschaffen sein, dass noch ein guter Abdruck von ihr zu
fertigen ist.
Der Vorgang bei dem Verfahren ist folgender : Von der in Kupfer zu
übertragenden Druckplatte wird auf sogenanntem Umdruckpapier mit Hilfe
einer fetten Farbe (Umdruckfarbe) ein Abdruck hergestellt, der in der
beim Umdruck üblichen Weise auf eine gehämmerte Kupferplatte über-
tragen wird, auf welcher die zunächst nur in Druckfarbe gegebene Zeich-
nung in eigenartiger Weise erhöht wird; die so behandelte Kupferplatte
wird nun so lange in den galvanischen Trogapparat gehängt, bis Kupfer
in der Höhe der künstlich erhöhten Zeichnung (Druckfarbe) auf der Platte
sich niedergeschlagen hat Nach Auswaschen mit einer die Druckfarbe
lösenden Flüssigkeit (z. B. Terpentinöl) ist die gewünschte Tiefdruckplatte
gewonnen. Da die Herstellung eines genau masshaltigen Umdruckes für
einen tüchtigen Drucker keine Schwierigkeit bietet, so ist es möglich, die
Druckplatten nach dem eben angedeuteten Verfahren genau in derselben
Grösse der Originalplatte auszuführen.
Wie die ausgestellten Probedrucke zeigten, stehen diese den Drucken
von gestochenen Kupferplatten an Schärfe kaum nach. Die von dem
Institut von H. Petters für die Kgl. Preussische Landesaufnahme, die die
Ausübung des Verfahrens für sich erworben hat, nach Steingravüren aus-
geführten Aufträge sind durchweg nach Wunsch ausgefallen.
Da das Metzerothsche Verfahren, wie schon gesagt, auf alle Druck-
arten angewandt werden kann, so wird ihm nicht nur in der Karten-
reproduktion eine Zukunft beschieden sein.
Stuttgart, Januar 1907. P. Werkmeister.
Bücherschau.
Clouth, F. M. Tafeln zur Berechnung goniometrischer Koordinaten.
3. Aufl. Lex.-8<>. VIII, 202 S. Halle a/S., Nebert, 1906. Geb.
7,50 Mk.
r * Tafeln zur numerischen Berechnung der bei der Landmessung häufig
gebrauchten Ausdrücke s . sin a und s . cos a, in der geodätischen Praxis
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Btlcher.sc hau. 421
Koordinatentafeln genannt, werden schon seit fast 80 Jahren bei land-
messerischen Arbeiten benutzt. Die bekanntesten Tafelwerke dieser Art
sind im Handbuch der Vermessungskunde von Jordan, Bd. II, 6. Aufl.,
S. 268 aufgezählt. Heute stellt man an derartige Tafeln hauptsächlich
kurz folgende Anforderungen: Fehlerfreiheit, angemessene Intervall grosse
bezw. bequeme Interpolationseinrichtung, Ziffernanordnungen und Ziffern-
material, die das Gehirn möglichst wenig anstrengen und gegen Versehen
schützen, endlich wird wohlfeiler Preis verlangt.
Die hier zur Besprechung vorliegenden Tafeln von Clou th erschienen
in erster Auflage (Mayen 1870) als eine Erweiterung des zweiten Teiles
der von Steuerrat Ulf fers herausgegebenen Tafeln. Nach einer freund-
lichen Mitteilung des Herrn Steuerrats Degenhardt zu Coblenz ist die
erste Auflage der Ülfferschen Tafeln 1833, die zweite 1854 erschienen.
Die heute in den Fachkreisen mehr bekannte dritte erweiterte Ausgabe
wurde 1868 zu Coblenz im Selbstverlage herausgegeben. Ihr folgte im
Jahre 1870 noch eine vierte unveränderte Auflage. Der erste Teil der
ülfferschen Tafeln (III. Ausg.) stellt eine ähnlich wie die Koordinaten-
tafel angelegte Cosecantentafel dar, die zur Auflösung von Dreiecken nach
dem Sinussatze neben der eigentlichen Koordinatentafel benutzt werden
soll. Auch Clouth gab im Anschluss an die erste Auflage seiner Koordi-
natentafel eine Cosecantentafel (Trier 1879) in erweiterter Form heraus.
Da die Clouthsche Tafel in runden Intervallen von Minuten neuer
Teilung fortschreitet, hat sie hauptsächlich in den Ländern, wo diese Tei-
lung zur Anwendung kommt, insbesondere auch im Auslande, Aufnahme ge-
funden. Neben der Centesimalteilung ist auch Sexagesimalteilung angegeben.
Durch diese Einrichtung lassen sich aber im allgemeinen Rechnungen mit
Benutzung alter Teilung nicht so bequem durchführen, als mit Tafeln, deren
Winkelargumente direkt nach alter Teilung angeordnet sind, wie z. B.
den früher in.Preuasen viel gebrauchten Tafeln des Forstmeisters C. F.
Defert (L Aufl. Berlin 1868) und den heute wegen ihrer Zweckmässigkeit
mit Recht sehr geschätzten „ Polygonometrischen Tafeln14 von F. G. Gauss
(Halle 1893).
Die Koordinatentafel von Clouth erschien 1892 in anastatischem Neu-
druck nur für das Ausland und jetzt liegt die dritte Auflage in Neu-
bearbeitung vor. In der allgemeinen Form ist die Tafel dieselbe ge-
blieben. Durch Verwendung besserer Ziffernformen und Abteilung in den
Zeilen und Spalten ist an Uebersichtlichkeit viel gewonnen. Wie in der
ersten Auflage werden von 1' zu 1' neuer Teilung die 10 fachen Sinus und
Cosinus fünfstellig, die 20, 30, . . . 90 fachen dreistellig angegeben. Neben
der Centesimalteilung findet sich am Rande die Sexagesimalteilung, die
dementsprechend um rund 1\<i' a. T. fortschreitet. Der Tafel ist zur Inter-
polation der Sinus- und Cosinuswerte nach Sekunden n. T. eine Hilfstafel
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422 Haffner. Grundbuch und Steuerkataster. Zeitschrift für
beigegeben, die nach Ansicht des Referenten keine wesentlichen Vorteile
bietet. Auf Seite IV bis VII gibt der Verfasser eine elementare Anleitung
zur Koordinatenberechnung, die durch Anwendung einer Figur und einiger
Formeln, namentlich mit Rücksicht auf die Verwendung der Tafel in den
verschiedensten Ländern, einfacher und Ubersichtlicher gehalten werden
könnte. Eine grössere Anzahl Druckfehler, insbesondere auch Abrundungs-
fehler, welche die erste Auflage enthielt, ist beseitigt.
Die Tafel wird in ihrem neuen Gewände vor allem dort, wo sich die
Centesimalteilung eingeführt hat, neue Freunde finden, zumal bei geschmack-
voller Ausstattung der Preis von 7,50 Mk. für das in Leinen gebundene
Exemplar als angemessen bezeichnet werden kann.
Bonn, März 1907. C. Müller.
Grundbuch und Steuerkataster.
Im Heft 5 der Zeitschrift für Vermessungswesen vom 11. Februar d. J.
hat Herr Steuerrat Gehrmann unter obiger Bezeichnung einen Aufsatz
veröffentlicht, der einige Irrtümer enthält.
Von einzelnen unrichtigen Angaben wie S. 112: „Reichsgrundbuch-
ordnung vom 24. März 1899" statt „R. vom 24. März 1897", S. 113:
„Gesetz vom 3. Mai 1850, betreffend den unbelasteten Abverkauf kleiner
Grundstücke von belasteten andern Grundstücken u statt „Gesetz vom
3. März 1850, betreffend den erleichterten Abverkauf kleiner Grundstücke",
S. 115: „Verordnung vom 13. Dezember 1899" statt „Allgemeine Ver-
fügung vom 20. November 1899" will ich absehen und nur auf die beiden
Vorschläge eingehen, die Herr Steuerrat Gehrmann für zu erlassende Be-
stimmungen zu machen hat.
Auf S. 113 unten ist gesagt, Unschädlichkeitszeugnisse könnten nur
für landwirtschaftlich benutzte Grundstücke erteilt werden. Der § 1 des
Gesetzes vom 3. März 1850 heisst: „Jeder Grundeigentümer, sowie jeder
I^hns- und Fideikommissbesitzer ist befugt, einzelne Gutsparzellen gegen
Auferlegung fester, nach den Vorschriften der Ablösungsordnung ablösbarer
Geldabgaben oder gegen Feststellung eines Kaufgeldes, auch ohne Ein-
willigung der Lehns- und Fideikommissberechtigten, Hypotheken- und Real-
gläubiger zu veräussern, sofern bei landschaftlich beliehenen Gütern die
Kreditdirektion, bei andern die Auseinandersetzungsbehörde bescheinigt,
dass die Abveräusserung den gedachten Interessenten unschädlich sei."
Dies Gesetz gilt also allgemein — auch wenn von Hofräumen und
Hausgärten Flächenstücke abgetrennt werden sollen — , sofern nur den
Berechtigten eine Entschädigung gewährt wird, und findet nur bei unent-
geltlichen Abtretungen keine Anwendung. Es besteht aber ferner das
Gesetz vom 15. Juli 1890, betreffend die Erleichterung unentgeltlicher Ab-
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Zeitschrift für Haffner. Grundbuch und Steuerkataster. 423
V«Tme«aun«»was«n
1907.
tretungen einzelner (Jutsteile oder Zubehörstucke zu öffentlichen Zwecken,
durch welches jeder Grundeigentumer berechtigt ist, ohne Einwilligung der
Berechtigten zu öffentlichen Zwecken unentgeltlich Land abzutreten, falls
die Kreditdirektion bezw. die Auseinandersetzungsbehörde ein Unschädlich-
keitszeugnis ausstellt. Die Gesetzgebung dürfte also hier schwerlich eine
Lücke haben.
Auf S. 115 unten sagt Herr Gehrmann, die nach der Anweisung für
die Kata8terfort8chreibung gebildeten Teilstücke u. s. w. würden jetzt erst
in das Grundbuch übernommen, wenn für die neu entstandenen oder ver-
änderten Parzellen die Auflassung stattgefunden habe oder dieselben Gegen-
stand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen seien. Damit sind, wie aus
den vorhergehenden Darlegungen wohl zu entnehmen ist, die in die so-
genannten vorläufigen Fortschreibungsprotokolle übernommenen Verände-
rungen gemeint, die nur bei solchen Teilungsmessungen aufgestellt werden,
welche lediglich zu dem Zwecke beantragt werden, die entworfenen Trenn-
stücke zu veräussern, falls und soweit sich Käufer dafür finden. Diese
vorläufigen Fortschreibungsprotokolle und die zu ihnen gehörenden ab-
gesonderten Ergänzungskarten werden aber — wenigstens solange nicht
das Zustandekommen des Teilungsentwurfs gesichert erscheint — nicht in
das Kataster übernommen. Auch werden den dabei neu entstandenen oder
veränderten Flächen abschnitten vor der wirklichen Uebernahme keine end-
gültigen Parzellennnmmern gegeben. Daher ist der von Herrn Gehrmann
gezogene Schluss nicht richtig: „Dies hat zur Folge, dass der in den
Katasterkarten und -Büchern nachgewiesene tatsächliche Bestand der
Grundstücke bei der Führung des Grundbuchs unberücksichtigt bleibt,
wenn die Beteiligten es unterlassen, die Berichtigung zu beantragen. u
Denn der tatsächlich in den Katasterkarten und -Büchern nachgewiesene
Bestand wird den Amtsgerichten, soweit er ihnen nicht im Laufe des
Jahres bekannt wird, durch die Flurbuchs- (und Gebäudesteuerrollen-)
Anhänge mitgeteilt, deren üebereinstimmung mit den betreffenden Ur-
schriften amtlich zu bescheinigen ist (vergl. den Aufsatz des Herrn Steuer-
rats Gehrmann in Band 17 dieser Zeitschrift, Seite 229, Zeile 14—18).
Ergänzende Bestimmungen zur Grundbuchordnung dürften daher m. E.
nicht in Betracht kommen. Vielleicht könnten aber vom Finanzminister
Bestimmungen getroffen werden, dass bei solchen nicht zur Ausführung
gekommenen Teilungsentwürfen festgestellte Ungenauigkeiten des Katasters
in Hinsicht auf den Flächeninhalt, die Situation, die Kulturarten u. s. w.
von Amts wegen berichtigt werden müssen. Diese Berichtigungen des Ka-
tastens würden dann auch ohne weiteres ins Grundbuch übernommen werden.
Charlottenburg. Haffner, Katasterlaudmesser.
424
Vereinsangelegenheiten. — Personalnachrichten. Zeitschrift rar
Vereinsangelegenheiten.
Unter dem Namen „Landmesser verein Trier" hat sich dortselbst
eine Vereinigung von Fachgenossen als Zweigverein des Deutschen Geo-
metervereins gebildet. An Mitgliedern zählt derselbe bereits 28 Herren,
von denen 20 gleichzeitig dem Hauptverein angehören.
Es steht zu erwarten, dass mit der Zeit durch weiteren Beitritt der
neue Verein sich zu einem kräftigen Bezirksverein auswachsen wird.
Die Versammlungen finden regelmässig monatlich statt und zwar bis
auf weiteres jeden ersten Sonnabend im Monat im Restaurant Kuffs, Neu-
strasse. Alle durch Trier kommenden Kollegen sind gern gesehene Gäste.
Der Vorstand setzt sich aus folgenden Herren zusammen:
Vorsitzender: Katasterinspektor Riedel.
Schrift- und Kassenführer : Katasterlandmesser Ky Iburg.
Erster Beisitzer: Kgl. Oberlandmesser Schaafhausen.
Zweiter Beisitzer: Katasterkontrolleur a. D. Scher er.
I.A.: Kylburg, Schriftführer, Kronprinzenstr. 18a.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Zu besetzen sind die
Katasterämter: Ostrowo im Reg.-Bez. Posen, Beeskow im Reg.-Bez.
Potsdam, Schöneck im Reg.-Bez. Danzig, Los lau im Keg.-Bez. Oppeln,
Verden im Reg.-Bez. Stade und Greifenhagen im Reg.-Bez. Stettin.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Erhöhung der Monatsdiäten
vom 1./4. 07 ab auf 200 Mk.: die L. Göbel in Cöln, Gronau, Lugau
und Bader II in Düren, Bartels in Eitorf, Hüppermann in Aachen,
Davids in Adenau, Störmer in Remagen; auf 180 Mk. : die L. Paulus
und Plaster in Neuwied, Bergmeier in Cöln, Gropp in Euskirchen,
Heinemann in Düsseldorf, Sikorski in Wetzlar; auf 160 Mk.: die JL
Braun III und Cronrath in Trier, Kriger in Adenau, Braubach in
Remagen, Wiese, Klander und Schmiele in Wetzlar, Schallenberger
und Rudolph in Poppelsdorf, Klöckner in Düren. — Etatsm. angestellt
vom 1./4. 07: L. Heckmann in Remagen.
Königreich Sachsen. Den ßezirkslandmessern und Venn. -Ingenieuren
Heinze in Döbeln, Kunis in Chemnitz und Süsse in Meissen ist der
Titel und Rang eines Oberlandmessers in der 4. Klasse der Hofrangordnung
verliehen worden; Oberverm. -Inspektor und Stellvertreter des Vorstandes
des Domänenverm.-Bureaus Göllnitz in Dresden hat das Ritterkreuz L KL
vom Albrechtsorden erhalten. — Vom 16. Mai 1907 ab ist der Diplom-
ingenieur Hermann Kr ohne zum Vorbereitungsdienste für das höhere Ver-
messungswesen beim Zentralbureau für Steuervermessung zugelassen worden.
Inhalt.
Wissensch aft I. Mitteilungen: Die mittleren Fehler der Unbekannten bei Nähe-
rungsausgleichungen , von 0. Eggert. — Bemerkungen zur Aufgabe des Rück-
w&rtseinschneidens, von Puller f. — Fernspruch mit Wink- und Schallzeichen
bei Vermessungsarbeiten, von Kahle. — Ein neues Verfahren zur Herstellung von
Tiefdruckplatten in Kupfer, von P. Werkmeister. — Bücherschau. — Grund-
buch und Steuerkataster, von Haffner. — Vereinsangelegenheiten. — Personal-
nachrichten.
Vorlag »on Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck yon Carl Hammer, Kgl. Hofbnchdroekerei in Stuttgart.
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425
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteiwmt Md Dr. O. Eggert, Profewor
Manchen 22, KaUuterbureau. Danxig-Lan^fahx, Ahornweg 10.
1907. Heft 18. Band XXXTI.
— 91. Juni. —
Der Abdruck tob Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er*
Jaobnis der Schriftleitung ist untersagt.
Ueber Grundlinienmessungen mit dem neuen
Invardraht-Apparat.
Von E. Hammer.
L Einleitung. Seit der schwedische Geodät Jäderin vor jetzt 30
Jahren die Anwendung freihängender Metalldrähte zu feinern direkten
Messungen von Entfernungen tatsächlich durchführte, hat dieses Verfahren
der Drahtmessung der Grundlinien rasche Fortschritte in Beziehung auf
Genauigkeit und Schnelligkeit gemacht Der grösste war zweifellos damit
möglich, dass vor wenigen Jahren an Stelle der Doppeldraht- Apparate
(Stahl und Messing), deren Komponenten zum Zweck genügend genauer
Berücksichtigung der Längenänderungen des Messdrahts durch Temperatur-
Inderungen zu vergleichen waren, oder der nur bei Nacht, d. h. bei ge-
ringen und langsamen Temperaturänderungen zu benutzenden Eindraht-
(Stahldraht-) Apparate, für die Drähte ein Material zur Verfügung ge-
stellt wurde, dessen ausserordentlich kleine Wärmeausdehnung endgültig
znm Eindraht-Apparat und zur Messung bei Tag überzugehen gestattete.
Dieses Material, das sog. Invar, ist eine Nickel-Stahl-Legierung (64 v. H.
Stahl, 36 v. H. Nickel); die Stäbe, Drähte und Bänder aus Invar haben
Temperatur koeftizien ten, die nur w20. 1 M , l/^ und weniger von dem des
Stahls betragen, ja es ist gelungen, einzelne Stücke herzustellen, die inner-
halb ziemlich weiter Temperaturintervalle auch bei sehr feinen Mass-
vergleichungen gegen die Temperaturänderungen indifferent sich verhalten ;
während ein Temperaturfehler des Stahldrahts oder Stahlbands um 1° die
Länge um Viooooo unrichtig macht, ist es, auch wenn die fünfmal so grosse
Zeitschrift for Vermeitungiweten 1907. Heft 18. 32
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426 Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht- Apparat, iwjjctelftlfcr
Genauigkeit festgehalten werden soll, ^/sooooo* nicht erforderlich, die Tem-
peratur eines Invardrahts oder -bands auf 1° oder selbst 2 bis 3° genau
zu kennen. Da ferner durch die Mitglieder des internationalen Mass- und
Gewichtsbureaus in Breteuil bei Paris, denen wir die jetzt möglichen An-
wendungen des Invar verdanken, dem Jäderinschen Messapparat verbesserte
Einrichtungen gegeben wurden, so ist ein Bericht über die Sache in dieser
Zeitschrift um so mehr angezeigt, als auffallenderweise bis jetzt fast nichts
darüber hier zu lesen war.i)
Zur allgemeinen Orientierung über die feinere Draht- und Bandmessung
im Vergleich mit andern Basismessverfahren kann der eben erschienene
Band III von Jordan-Reinhertz, Handbuch der Vermessungskunde2)
bentttzt werden, wo auch einige Literatur zusammengestellt ist. Speziell
die neuen Erfahrungen über Invardrähte und die neuen Einrichtungen des
Grundlinien- Drahtmessapparats haben Benoit und Guillaume, die Direk-
toren des Mass- und Gewichtsbureaus, in einer besondern Broschüre be-
schrieben, s) Im folgenden sind zunächst nach dieser Schrift einige An-
l) Ich darf wohl bei dieser Gelegenheit nochmals hinweisen auf meine An-
regung in d. Z. 1901 (XXX), Anmerkung S. 362—364. Fortlaufende, z. T. zu-
sammenfassende Berichterstattung Ober die Arbeiten und Fortschritte auf geo-
dätischem Gebiet würde mir ausserordentlich wichtig erscheinen. Wir haben in
der Z. freilich die fleissige „ Literaturubersicht u; aber ist in der Tat mit einer
Titelsammlung dem Bedürfnis genügt? Für wissenschaftliche Studien allerdings
muss man sich die Originalarbeiten verschaffen; bei der ausserordentlichen Zer-
streuung der ▼ermessungstechnischen Literatur wird dies aber selbst nicht allen
wissenschaftlich Arbeitenden möglich sein und für sehr viele Andere waren Re-
ferate oder selbst nur kurze Inhaltsangaben und Notizen über die Er-
gebnisse der wichtigsten Arbeiten dringend erwünscht. Man sehe doch nur
einmal benachbarte Wissensgebiete an, z. B. die Astronomie oder die Geographie,
die zudem beide weniger praktische Ziele verfolgen, als die Vermessungstechnik,
wenn die wissenschaftliche Geod&sie ausser Vergleich bleiben soll, oder die Mathe-
matik. Ist der „ Astronomische Jahresbericht" (Berlin, Dümmler), den der leider
zu früh seiner Aufgabe entrissene Wislicenus begründet hat und den nun Ber-
berich fortführt, jährlich ein starker Band, in dem auch der Geodäsie (die
doch sonst nicht mit Unrecht als selbständig angesehen sein will) ein bescheiden«
Plätzchen gegönnt ist, überflüssig? Oder sind die Literaturberichte der ,Peter-
mannschen Geographischen Mitteilungen" (Gotha), der .. Annales de Geographie6
(Paris) u.s. f. für die Geographen überflüssig? Wird auch nur Ein Mathematiker
die „Revue semestrielle des publications matbematiques" (Amsterdam) oder das
„Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik" (Berlin) [trotz der verspäteten
Berichterstattung dieses Jahrbuchs] für überflüssig erklären?
9) Stuttgart 1907, S. 122—132 und S. 141—142.
s) Les nouveaux appareils pour la mesure rapide des bases geodesiques:
Annexe aux „ Proces-verbaux des Stances du Comite international des Poids et
Mesures", Sessiou de 1905. — Zweite, stark erweiterte Auflage unter dem-
selben Titel, Paris. Gauthier- Villers , 1906. — Referat vom Schreiber d. Z. in
der Zeitschr. f. Instrumentenkunde XXVI (1906), S. 223—226.
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rnSmo Hammer. GrundlinienmeBSungen mit Invardraht-Apparat. 427
1907.
gaben fiber die Invardrähte selbst gemacht, sodann ist, ebenfalls nach der
Broschüre und nach dem für die Technische Hochschale Stuttgart ange-
schafften Exemplar des Guillaume-Carpentier sehen Basismessapparats,
kurz die Einrichtung des Apparats beschrieben, endlich werden einige eigene
Erfahrungen beim Gebrauch dieses Apparats mitgeteilt und Angaben über
anderswo in letzter Zeit erhaltene Resultate angehängt.
2. Die Inwdrähte. Die Pariser Erdmessungsversammlung vom
Jahr 1900 hat dem internationalen Mass- und Gewichtsbureau zu Bre-
tenil den Wunsch ausgesprochen, es möge die Anwendung der Invardrähte
für die Grundlinienmessung studieren. Die beiden eben genannten Direk-
toren des Bureaus haben dies mit grossem Erfolg getan und haben zu-
gleich im Verein mit dem Konstrukteur Ing. Carpentier wesentlich ver-
besserte Einrichtungen für den Basismessapparat selbst angegeben. Das
grösste Verdienst bei der Sache hat sich Ch. £d. Guillaume erworben.
Die bei den neuen Grundlinienmessapparaten verwendeten Nick ei-
st ahldrahte werden in dem französischen Stahlwerk Imphy hergestellt;
sie haben für gewöhnlich (nahe wie bei Jäderins Stahl- und Messingdrahten)
die Länge 24 m und rund 1 •/, bis 1 »/4 mm Stärke. Die im Mass- und
Gewichtsbureau untersuchten Drähte sind fast alle aus Invarstücken ge-
fertigt, denen zwischen 0° und 40° folgende mittlere Temperaturausdeh-
nangen zukommen:
Invar 259 : (+ 0,028 — 0,00232 f) 10- 6
, 617 : (+ 0,337 + 0,00007 t) 10 - •
„ 715: (+0,094 — 0,00026 0 10-«
so dass der Einfluss des Temperaturfehlers 1 0 auf die Länge von Drähten
259 rund ^oooooo» a&f die Länge der Drähte aüs 617 rund Vsoooooo» auf
die Länge der Drähte aus 715 Viaoooooo beträgt. Bemerkt sei für hier
und das folgende ein für allemal, dass alle Wärmeausdehnungszahlen für
die 24 m- Drähte unter den Umständen bestimmt sind, unter denen die
Drähte praktisch verwendet werden, nämlich bei 10 kg Zugspannung
(s.u.); sie stellen also nicht die wahren Wärmeausdehnungen vor, sondern
die durch die der genannten Zugspannung entsprechenden elastischen De-
formationen veränderten WTerte. (Im Gegensatz zu andern Metallen und
Legierungen werden die elastischen Formänderungen des Invar mit stei-
gender Temperatur etwas geringer; die Temperaturausdehnung des Invar
unter Zugspannung ist etwas kleiner als die Ausdehnung ohne Zug-
spannung.)
üeber die Art der Feststellung der Drahtlängen bei bestimmter Tem-
peratur und bestimmter Spannung (und Erschütterungszustand, s. u.) sei
hier nur gesagt, dass das Grundmass eine durch Striche auf Nickelplatten
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428 Hammer. Grundlinienmessungen mit Inwdraht- Apparat. y^^^JJJ^^
bezeichnete, unterirdische, in 4 m-Stücke geteilte 24 m-Strecke ist, deren
Länge selbst im Laufe des Jahres mehrfach kontrolliert wird.
Für den praktischen Gebrauch der Drähte müssen diese z. T. (Trans-
port) gerollt werden; es ist selbstverständlich sehr wichtig, dass der
Draht zwischen dem Zustand der Aufrollung und dem der Ausstreckung
innerhalb der Grenzen der elastischen Deformationen bleibt. Nach den
Erfahrungen der Verfasser trifft dies für die 1,7 mm-Invardrähte zu, wenn
der Uebergang zwischen den Krümmungshalbmessern 25 cm und a> liegt;
wenn der Aufrollungshalbmesser kleiner wird als 25 cm, so erleidet der
Draht im Lauf der Zeit wesentliche dauernde Veränderungen. Die Trommel,
auf die die Basismessungsdrähte aufgewunden werden, hat denn auch
50 cm Durchmesser (s. u.). Unmittelbar nach der Herstellung werden die
Drähte auf einem Zylinder von ebenfalls 50 cm Durchmesser sehr allmäh-
lich von 1000 auf etwa 20 o abgekühlt; und auf Rollen mit demselben Durch-
messer werden sie versandt.
An den Enden der Drähte sind kurze, in Millimeter eingeteilte Mass-
stäbchen aus Invar angebracht. Da die Tangenten an die Drahtkurve in
den Endpunkten des 24 m langen und normal (mit 10 kg) gespannten
Drahtes eine Neigung von 0,024 (oder 1,37°) gegen die Horizontale haben,
so würde man sehr merklich verschiedene Ablesungen an den Strichen,
deren Entfernung an den Drähten verglichen werden soll, erhalten, je
nachdem die Teilkante des am Draht befestigten Ablesemaasstäbchens über
oder unter dem Draht liegen würde. Die Massstäbe sind deshalb neuer-
dings in der Art gekröpft angeordnet, dass ihre Teilkante in der Fort-
setzung der Achse des Drahtes liegt. Ausführlich mitgeteilte Versuche
zeigten, dass die jetzige Form der Massstäbchen den Anforderungen ge-
nügt. Die von den einzelnen untersuchten Drähten gelieferten Zahlen be-
weisen grosse Konstanz der Drähte während langer Dauer; weite Trans-
porte und ebenso die periodische Spannung mit 10 kg brachten keine
nachweisbaren Veränderungen der Drahtlängen hervor. Grössere Span-
nungen, denen einige Drähte versuchsweise ausgesetzt wurden, erzeugten
dagegen starke dauernde Dehnungen, die bei der wieder auf 10 kg ge-
brachten Spannung gemessen wurden; so war bei einem (ältern) Draht von
2,2 mm« Querschnitt bei 20 kg Belastung nach 45 Stunden die dauernde
Dehnung noch 0,00 mm, bei 30 kg nach 51 Std. 0,11 mm; bei 40 kg nach
6 Std. 0,12, nach 31 Std. 0,16, nach 47 Std. 0,16 mm; bei 50 kg nach
8 Std. 0,19, nach 24 Std. 0,31, nach 72 Std. 0,39, nach 100 Std. 0,43,
nach 142 Std. 0,41 mm; bei 60 kg nach 95 Std. 0,59 mm.
Einer der Drähte ist auch noch viel stärkern Belastungen ausgesetzt
worden, zwischen 60 und 160 kg von je 10 zu 10 kg; die Dauer der Be-
lastung betrug im allgemeinen je 1 Tag, mit 160 kg 3 Tage; fur den
stärksten Zug von 160 kg oder 73 kg pro mm2 war die dauernde Ver-
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längerang 0,00066 der Länge, etwas über i/io der elastischen Verlängerung
anter derselben Belastung, während bei 50 kg Zug die dauernde Verlänge-
rung nur Viöo der elastischen war. Die jetzigen Drähte werden nor 24
Standen dem Zag 60 kg ausgesetzt, was vollständig aasreicht zur Erprobung
der Härtung der Drähte u. s. f. Neuerdings hergestellte Drähte sind härter
als diejenigen, auf die sich vorstehende Zahlen beziehen; die dauernde
Verlängerung unter 60 kg während 24 Stunden ist im Mittel nur noch
0,2 mm für 24 m.
üeber die Wirkung zahlreicher Aufrollungen (auf eine Trommel und
frei) und Abrollungen der Drähte und längerer Aufbewahrung in auf-
gerolltem oder in mässig gespanntem, gestrecktem Zustand sind ebenfalls
zahlreiche Versuche angestellt worden. Die ersten Aufrollungen auf eine
Trommel von 50 cm Durchmesser nach einer Streckung machen die Drähte
kürzer; jedoch liegen schon nach fünf Aufrollungen die Veränderungen
innerhalb der Beobachtungsfehler. Die Drähte wurden nach 60 Aufrollungen
wieder 24 Stunden lang dem Zug 60 kg ausgesetzt und zeigten sich dann
etwas länger als zu Beginn. Freie Zasammenrollungen zeigten denselben
Gang der Länge wie die ersten Aufrollungen auf die Trommel. Mehr als
12 000 Ablesungen haben endlich die praktisch genaue Unveränderlichkeit
längere Zeit gerollt aufbewahrter Drähte gezeigt.
Eine merkwürdige und für den Zweck, für den die Drähte bestimmt
sind, etwas unheimliche Beobachtung ist noch näher untersucht: starke
Erschütterungen der Drähte verändern ihre Länge, gleichzeitig wird aber
allerdings ihre Stabilität erhöht. Die Drähte wurden ausserhalb der End-
massstäbchen ergriffen und gegen den Fussboden geschlagen ; dabei erhielt
z. B. der oben bereits angeführte Draht A„, der durch 160 kg Zug in 3
Tagen eine dauernde Verlängerung von etwas über 16 mm erfahren hatte,
nach 100, 300, 500, 1000, 1500, 2500 Schlägen gegen den Fussboden eine
Verkürzung um 1,34, 3,20, 4,04, 5,21, 6,75, 8,88 mm. Nach etwas über
3000 Schlägen zerbrach der Draht, so dass der Versuch nicht zu Ende
geführt werden konnte. Aber auch an andern Drähten, die weniger starken
Streckungen ausgesetzt worden waren, hat sich gezeigt, dass eine genügende
Zahl von Stössen (Schlägen) ihre Länge unter das vor der Streckung vor-
handene Mass zurückbrachte; so hat sich z. B. ein Draht, der unter der
Belastung von 100 kg um 0,88 mm länger geworden war, um 1,92 mm
verkürzt nach 100 Schlägen, 3,32 nach 300, 3,77 nach 500 Schlägen, er
ist also im ganzen am fast 3 mm anter die Anfangslänge vor der Streckung
zurückgegangen. Deutlich zeigte sich stets, dass die starken Erschütte-
rungen das Material des Drahts in eine grössere Konstanz überführten,
als sie bald nach der Drahtziehung vorhanden war. Gegenwärtig werden
die Drähte zuerst 200 mal geschlagen, bevor die Endmassstäbchen ange-
bracht werden, nach deren Befestigung 24 Stunden lang dem Zug 60 kg
Digitized
430 Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht-Apparat. ^u^hrirt rnr^
ausgesetzt, endlich von neuem, meist 100 mal, geschlagen. Diese letzten
100 Erschütterungen bringen in der Regel 0,6 bis 0,7 mm, sehr selten 1 mm
Verkürzung. Die Erschütterungen, denen die Drähte beim Feldgebrauch
ausgesetzt sein können, erreichen bei weitem nicht die Intensität jener ab-
sichtlichen Stösse; es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch schwächere
Erschütterungen, wenn sie sehr häufig eintreten, z. B. das Rütteln bei
langen Eisenbahntransporten, eine merkliche Verkürzung der Drähte her-
vorbringen können. Hierüber fehlen noch genügend lange dauernde Er-
fahrungen, ebenso über die Konstanz der Drahtlängen überhaupt, besonders
wenn die Drähte vielen Transporten ausgesetzt waren.
Das Neupolieren rostig gewordener Drähte hat in manchen Fällen
schwach« Verlängerungen hervorgebracht.
3. Der Basismessapparat. Dieser enthält ausser den Drähten von
24 m Länge zwischen den Nullpunkten der Ablese-Kantenmassstäbchen (in
der Regel werden einem und demselben Apparat zwei Drähte beigegeben)
folgende wesentliche Teile: 1. An den Drahtenden ausserhalb der Mass-
Stäbchen sind starke Schnüre befestigt, an deren Enden je das Gewicht
von 10 kg anzuhängen ist, der konstante Zug, unter dem der Draht beim
Gebrauch stehen muss. 2. Diese Schnüre zum Tragen der Gewichte sind
über Rollen geleitet, die an je einem starken Stativ mit weit vorstehender
Spreize befestigt sind. Diese zwei Stative mögen Spannstative heissen;
vergl. die Fig. 1. 1) 3. Ausser ihnen ist eine Anzahl (mindestens 4, besser 6)
gewöhnlicher Dreibeinstative notwendig, die wir Ablese- oder Marken-
stative heissen wollen. An Strichmarken auf dem Kopf dieser Stative,
die in Entfernungen von 24 m voneinander fest aufzustellen sind, werden
nämlich die Endmassstäbchen der Drähte abgelesen. Jede der Marken
wird durch einen feinen Kreuzschnitt auf dem Kopf eines über einer
Bronzeplatte sitzenden verschiebbaren und feststellbaren Bolzens gebildet.
Die Bronzeplatte trägt noch einen seitlichen Zapfen zum Aufstecken eines
Zielzeichens und 4. das Nivellierfernrohr mit Libelle. Im Fokus (der
Entfernung 24 m entsprechend) ist eine photographische Strichskale an-
gebracht, deren Teile je der Drahtsehnenneigung i/iooo entsprechen, so
dass man die Neigung der Drahtsehne unmittelbar auf i/10000 ablesen kann.
5. Das Alignementsfernrohrist ebenfalls auf den Bolzen des Marken-
stativs aufzustecken. 6. Vor und nach dem Gebrauch ist der Draht oder
sind die Drähte von der Trommel ab- und auf sie aufzurollen. Die
Trommel ist aus Aluminium und hat 50 cm Durchmesser; die Aufroll-
*) Zur Fig. 1 ist zu bemerken, dass bei der Zeichnung der Markenstative
und der Spannstative keine Rücksicht genommen ist auf die Vergrösserung des
llöhenmassstabs gegen den Längenmassstab. Der vordere Strebenfuss des Spann-
stativs steht selbstverständlich nicht 4 m, sondern nicht ganz 2 m weit vor, u. s. f.
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y^lSw^Zm Hammer- Grundlinienmessungen mit Invardraht- Apparat. 43}
1907.
Vorrichtung mit Haspel ist sehr einfach und sicher wirkend. 7. Von den
Nebenapparaten, wie sie Carpentier seiner Ausführung beigibt, sind etwa
noch folgende zu nennen: ein feiner Senkel zum Auf- und Abloten am
Anfangs- und Endpunkt (oder einem besonders zu setzenden Hauptzwischen-
punkt, für den ein besonderes Metallstück beigegeben wird) der Grund-
linie (über den Lotstab an Stelle des Lotes s. u.); ein Hilfsdraht von
8 m Länge und ein Invarband von meist 4 m Länge, die den Anschluss
an die Endpunkte der zu messenden Strecke ermöglichen; u. s. f. Beim
Gebrauch der Instrumente auf dem Feld ist wichtig, dass die Aufstellung
der Markenstative stets auf grössere Strecken voraus geschehen kann,
dass also eine genügende Anzahl solcher Stative und ebenso ge-
nügendes Hilfspersonal zum Ausrichten und zum Ablesen der Nei-
gungen (am besten vor- und rückwärts) vorhanden ist. Der Draht wird
beim Transport zur nächsten Lage an den Karabinerhaken ausgehängt und
an den Enden frei getragen. Die zwei Gewichte von je 10 kg können an
den zwei Spannstativen befestigt und nach Wiederaufstellung der Stative
wieder eingehängt werden. Die Ablesung der Endmassstäbchen an den
Strichmarken der Markenstative, mit der Lupe auf 0,1 oder 0,05 mm,
moss, nachdem die Spannstative aufgestellt und die Kanten der Mass-
stäbchen des freihängenden und mit 10 kg gespannten Drahts an die
Marken herangebracht sind, auf Kommando von den zwei Beobachtern
gleichzeitig geschehen (Rufe: Achtung! .... Top!, dabei Ablesung).
Es ist zweckmässig, die Ablesungen ein paarmal zu machen, nachdem
allemal durch leichtes Ziehen der Drahtschnüre über die Rollen die Draht-
lage um je etwa 1 cm verändert worden ist Für die Temperaturkorrek-
tionen wird man sich für seinen Draht eine Tabelle berechnen; die Kor-
rektionen wegen der Neigungen der Drahtlagensehnen (und die sehr kleine
Korrektion wegen Deformation der Kettenlinie bei starken Neigungen) sind
für die 24 m-Drahte der ausführlichen genauen Tabelle unmittelbar zu ent-
nehmen, die Guillaume der oben genannten Schrift beigegeben hat.
Auf die langen Drähte (z. B. 72 m mit 20 kg Spanngewicht u. dgl.),
wie sie in der Union gebraucht werden und für die Guillaume ebenfalls
Studien und z. T. Tabellen mitteilt, ist im vorstehenden und folgenden
absichtlich nicht näher eingegangen.
Erwähnenswert ist noch, dass der Preis der neuen Basismess-Vorrich-
tuDg im Vergleich mit den Apparaten mit starren Stäben und Schrauben-
raikrometern nicht hoch ist; die Stuttgarter Einrichtung (s. unten) hat etwa
1600 Mk. gekostet.
4. Erste Melsungen mit dem Stuttgarter Apparat. Der vorstehen-
den kurzen Beschreibung entspricht Anordnung und Anwendung des für
die Technische Hochschule Stuttgart zu Anfang 1906 erworbenen Apparats:
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432 Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht-Apparat. y^SJg^JJJ,
SpannstatiDl «
A
Basis-Anfang
Maßstab /up
_________
es sind zwei 24 m-Drühte, daneben ein 8 m-Draht and ein 4 ra-Band vor-
handen, neben den zwei Spannstativen mit den 10 kg- Gewichten aber nur
vier Markenstative (zur raschen Arbeit wären sechs notwendig). Die Haupt-
drähte Nr. 62 and Nr. 63, sowie der 8 m-Hilfsdraht Nr. 53 haben alle
drei eine Wärmeausdehnnng (Bestimmungen von 1905/06; endgültiges Zeug-
nis im Mai 1906 in Breteuil aasgestellt), die sich, stets bei 10 kg Span-
nung, s. oben, ergibt aus
l, xs l0 (1 + 0,000 000 793* + 0,000 000 (XX) 16*«).
Dabei sind die Längen der freihängenden, mit 10 kg gespannten Drähte
bei 150 C. Temperatur in internationalen Metern:
Nr. 62 . . 24 m + 0,68 mm
Nr. 63 . . 24 m 4- 0,19 mm
Nr. 53 . . 8m — 0,23 mm.
Zu bemerken ist, dass die drei Drähte seit Lieferung des Apparats (An-
fang 1906) bis zur ersten der im folgenden erwähnten Messungen fast
stets auf der Trommel aufgerollt waren, nur zu Versuchszwecken 3 bis
4 mal fur kurze Zeit abgerollt; ebenso waren sie vom 6. bis 14. Juni und
vom 14. Juni bis 5. September aufgerollt. Nach dem Abrollen des Drahts
zeigen sich an dem ausgestreckten Draht trotz der Spannung mit 10 kg
sehr deutlich die Spuren der Rollung, wenn man dem gespannten Draht
entlang sieht; doch ist ein Einfluss auf die Länge, wie es scheint, nicht
nachweisbar. Mein Hauptbedenken war von Anfang an, ob bei der Her-
stellung einer neuen Drahtlage (Neuaufstellung der Spannstative) die Mass-
stäbe an den Drahtenden nicht an die Marken auf den Ablesestativen an-
stossen und dadurch die unveränderte Lage dieser Kreuzschnittmarken
gefährden möchten. Bei der einen der im folgenden angegebenen Messungen
(Nr. 10) mag diese Fehlerquelle ihren
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möglicherweise stark schiefe Stellung einer Führungsrolle (für die Schnur
am Spannstativ) gegen die Richtung der zu messenden Linie ist nicht ohne
Bedenken, da die tatsächliche Drahtspannung dadurch merklich von der
Normalspannung 10 kg abweichen kann; von mir angestellte besondere
Versuche mit Federdynamometern haben allerdings zu negativen Ergeb-
nissen geführt
Mit den Drähten 62 und 63 siud an einer am Nordrand des mittlem
Teils des Exerzierplatzes bei Cannstatt („Cannstatter Wasen") längs dem
Feldweg Nr. 91 angelegten Basisstrecke AB von 436 m (die geradlinig
BC = rund
780 m verlängert
ist) bisher im gan-
zen 12 Versuchs-
messungen von den
beiden Assistenten
für Geodäsie an der
Technischen Hoch-
schule und einigen
Studierenden und
Eingeladenen unter
meiner Aufsicht
ausgeführt worden,
über die zunächst
einige Mitteilungen
folgen. Die Punkte
A, B, C sind durch
Kreuzschnitte auf
Fig. 2.
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434 Hammer. Grandlinienmessungen mit Invardraht-Apparat. fjjjSSlmm
1907.
den Köpfen von Messingbolzen unterirdisch vermarkt, wobei diese Bolzen,
etwa 50 cm unter dem Boden und mit Backsteinen Uberdeckt, in starken
Betonklötzen sitzen, deren Fundament in frostfreie Tiefe hinabgeht. Das
Heraufloten der Punkte A und B (die Strecke BC ist zunächst nicht in
die Messung aufgenommen) ist nur bei der ersten Messungsgruppe mit den
feinen Loten, bei den zwei spätem mit seitlich aufgestellten Theodoliten von
einer Nadel im Kreuzschnitt aus in beiden Fernrohrlagen gemacht; über einen
Lotstab dazu s. u. in 5. Die Messungsbahn ist der Rand eines chaussierten,
z. T. etwas mit Gras bewachsenen Wegs, für die ganz sichere Aufstellung
der Markenstative nicht sehr günstig. Die Neigungen der 24 m-Strecken sind
gering, im Maximum etwa 1 i/2°/0. An den Kantenmassstäbchen des Drahts
ist mehrfach gleichzeitig abgelesen (4 bis 5 mal), wobei festgehalten wurde,
dass der grösste Unterschied der einzelnen Ablesungsdifferenzen (vorwärts
minus rückwärts, an Ort und Stelle gebildet) nicht über 0,2 mm steigen
sollte. Die Thermometer zur Ablesung der Drahttemperatur waren in
Metallhülsen eingeschlossen. Als Beispiel für Aufschreiben und Rechnung
stehen hier zwei beliebige Lagen der ersten Messung mit dem Draht Nr. 62.
Datum: 1906, Juni 6. Strecke AB. Draht Nr. 62.
Lage Nr.
Ab-
lesung
vor-
wärts
mm
Ab-
lesung
rück-
wärts
mm
v — r
Neigung:
N, = vorw.
N3 = rückw.
Temperatur
(Mittel)
v — r
+ *
+ T
Bemerkungen j
Neigungs-
korrektion
N mm
Temperatur-
korrektion
T mm
10
33,3
17,8
40,16
32,5
24,2
68,2
52,1
74,9
67,3
59,1
— 84,»
-34,8
-34,7,
-34,8
-34,9
Ni — 0,0036
JV4 as 0,0032
+ 17» 2
leich-
ter
Wind
0,0034
— 34,83
tf=-0,14
T=-»-0,04
— 34,93
18
55,4
41,6
36,3
41,4
51,9
33,7
19,8
14,4
19,5
30,1
+ 21,7
+ 21,8
+ 21,9
+ 21,9
+ 21,8
Nt = 0,0023
.V, as 0,0027
-r- 18°,8
leicn-
ter
Wind
i
0,0025
+ 21,82
N= — 0,08
7/ = + 0,07
+ 21,81
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zeitscbrin mr Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht-Apparat. 435
Die folgenden 12 Messungen sind auf die angedeutete Art erhalten:
Basisstrecke AB bei Cannstatt, rund 436 m lang.
I
1906,
Juni
6.
Draht
Nr.
62
62
63
63
sung
Nr.
1
2
3
4
Ergebnis
für
AB
m
435,8619
,8616
435,8590
,8618
Temperaturen,
sonstige
Notizen über
das Wetter
Bemerkungen
(Lotung in A und B)
Mittl. Meinung
geschMrindigkeit
1 der einfachen
Messung pro
Stande (einschl.
Zeit für die An-
schlüsse in A
B)
.+ 16° bis 23°.
J Wetter im
r ganzen nicbt
} ungünstig,
i leichter Wind
1 bei mehr-
/ fächern Son-
nenschein.
Die Beobachter und
Messgehilfen alle ganz
unvorbereitet , erstmals
an dem Apparat.
Der Messdraht wird
mit den Spannstativen
(aber selbstverständlich
an diesen eingehängten
Gewichten) vorgetragen.
Lotung mit dem Fa-
denlot
225 m
1906,
Juni
14.
63
63
5
6
7
8
435,8614
,8609
435,8638
,8600
, + 10°,5 bis
j 16».
f Bedeckt, Re-
gen, windig,
z. T. stark ;
im ganzen
ungünstig.
Die Beobachter und
Messgehilf. zur Hälfte
bei der vorigen Messung
beteiligt, zur Hälfte neu.
Der Messdraht wird
beim Vorrücken von den
Spannstativen abge-
hängt.
Lotung mit seitlich
aufgestellten Theodo-
322 m
1906,
Sept.
6.
9
10
11
12
436,8597
Hiei
,8648 J 8
■ f fa
435,8600
,8635
4- 16° bis 33°.
Anf. star-
ker Wind,
der die Mes-
sung z. T.
fast unmög-
lich macht, ,
später immer
noch stark
windig, Son-
nenschein ;
im ganzen sehr
ungünstig. :
Die Beobachter zum
erstenmal tätig, die
Messgehilfen bei den vo-
rigen Messungen betei-
ligt.
Messdraht beim Vor-
rücken abgehängt.
Lotung mit seitlich
aufgestellten Theodo-
liten.
338 m
Von den zwei wichtigsten Fragen bei derartigen Messungen, den
Fragen nach Genauigkeit und nach Schnelligkeit der Messung, ist
die zweite durch die letzte Spalte der vorstehenden Tabelle beantwortet.
Es ist dabei zu betonen, dass die für den Anschluss in A und B ein-
schliesslich Aufloten an diesen Endpunkten der nur 436 m langen Strecke
erforderliche, verhältnismässig lange Zeit im Gesamtzeitaufwand nicht ab-
gezogen ist, so dass die angegebenen Zahlen nicht die reine „Messungs-
geschwindigkeit" vorstellen. Diese kann leicht auf 500 m in der Stunde
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436 Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht- Apparat. v ss«ittehitft
1907.
gebracht werden (unsere grösste Stundengeschwindigkeit am letzten Mes-
sungstag war 430 m). ja wenn man sich mit wenigen Ablesungen der Mass-
Stäbchen an den Marken der Markenstative begnügt, noch weiter, auf wohl
a/4 km gesteigert werden, ohne dass die Genauigkeit beeinträchtigt wird.
In dieser Beziehung ist also die Drahtmessung der Messung mit starren
Stäben jedenfalls vielfach überlegen. Dafür ist die Genauigkeit geringer.
Die vorstehenden ersten Versuche von zum grössten Teil (bei der ersten
Messung durchaus) unvorbereiteten Beobachtern und Messgehilfen zeigen
folgende Genauigkeitszahlen, stets für eine Messung der Strecke 436 m
und stets nur aus der innern Uebereinstimmung der Messungen,
übrigens bei I. bis Y. ohne Unterscheidung der Drähte berechnet:
I. Die vier Messungen vom \ je ohne /m« F. einer Messung + 1,39 mm
6. Juni 1906 1 ünterschei- j oder i/simoo der Strecke 436 m,
I dung der mit l
II. Die vier Messungen vom f Draht Nr. 62 )m« F» ein** Messung + 1,65 mm
14. Juni 1906 f und ) oder Vmooo der Strecke 436 m,
\ Draht Nr. 63/
III. Die vier Messungen vom [ausgeführten! m« F. einer Messung + 3,79 mm
5. September 1906 / Messungen \ oder Vnsooo der Strecke 436 m.
Die letzte Zahl ist ungünstig; eine Genauigkeit von wenig über Viooooo
lässt sich schliesslich mit viel einfachem Hilfsmitteln erreichen. Die 10.
Messung (2. mit Draht 62 am 5. Sept. 1906) 435,8543 m, oben mit
unterstrichen (Minimalwert der sämtlichen Ergebnisse; der Maximalwert
ist am 14. Juni 1906 mit Draht 63 erhalten worden, 435,8638), ist bei
der Messung selbst als zu beanstanden bezeichnet: bei mehreren Draht-
lagen ist nachweislich durch Anstossen der Massstäbchenenden an die die
Schnittmarken tragenden Bolzen der Stand dieser Marken gestört worden,
auch muss ein Ableseversehen vorgekommen sein. Man ist berechtigt,
diese 10. Messung wegzulassen; geschieht dies, so treten an die Stelle der
letzten Zahlen IH. die folgenden, allerdings aus nur drei Messungen (1 mit
Draht 62, 2 mit Draht 63) berechneten:
IH'. Drei Messungen vom ) ohne Unterscheid. ( m. F. einer Messung + 2, 1 1 mm
5. Sept. 1906 S der Drähte ( oder Vaosooo de* Strecke 436 m.
Die m. F. einer der Messungen, in der angegebenen Art ohne Unter-
scheidung der zwei Drähte berechnet, bewegen sich also für die drei
Messungstage (der erste günstige, die zwei andern ungünstige bis sehr
ungünstige äussere Umstände bietend) zwischen rund V210000 ^d
Vsimooo der Länge; am letzten Messungstag ist besonders starker Wind als
die Messung, besonders zu Anfang, fast unmöglich machend zu bezeichnen.
In andrer Gruppierung der Messungen erhält man folgende Zahlen:
IV. Einfaches Mittel der 12 Messungen aller drei Tage, ohne Ausschei-
dung von Nr. 10 und ohne Unterscheidung der zwei Drähte,
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v raäSft £■ Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht- Apparat 437
AB = 435,8606 m, m. F. einer Messung ±2,37 mm oder Viwooo
der Lange;
Y. Einfaches Mittel der 11 Messungen, mit Weglassung der Messung
Nr. 10 und ohne Unterscheidung der zwei Drähte, A B = 435,8612 m,
m. F. einer Messung ±1,40 mm oder V312000 der Lange;
ferner mit Unterscheidung der zwei Drähte:
VI. Einfaches Mittel der 6 Messungen mit Draht Nr. 63, AB = 435,8612 m,
m. F. einer Messung ±1,82 mm oder V240000 der Länge;
VII. Einfaches Mittel der 5 Messungen mit Draht Nr. 62 (Weglassung von
Nr. 10), AB — 435,8611 m, m. F. einer Messung +0,86 mm
oder Vfiosooo der Länge.
Die Abweichungen der vier Ergebnisse IV. bis VII. für die Länge AB
untereinander sind gering, Max. 0,6 mm bei 436 m Länge; die berechneten
m. F. einer Messung bewegen sich zwischen ganz rund V200000 ™d Vsooooo
der Länge.
Aus den wenigen vorstehenden Erfahrungen scheint sich mir zu er-
geben, dass bei günstigem Wetter (windstille Tage mit bedecktem Himmel
oder auch sonniges Wetter mit leichtem Wind; stark windiges Wetter
macht die Messung unmöglich) die Genauigkeit ± Vsooooo der Länge (von
rund 1/2 km) für eine Messung, aus der innern Uebereinstimmung der
Messungen berechnet, sich auch mit wenig geschultem Personal und bei
Festhaltung einer reinen Messungsgeschwindigkeit von rund 1/2 km m der
Stunde nicht schwer erreichen lässt.
Auf weitere Fehlerdiskussionen, besonders auf die systematischen
Fehler und die persönlichen Fehler, soll hier nicht eingegangen werden;
wenn mehr Messungen unserer Basisstrecke aus einem längern Zeitraum
vorliegen, hoffe ich darauf zurückzukommen. Erwähnen darf ich vielleicht
noch, dass ich eine von Geodäten ziemlich gut besuchte Demonstration der
Messung (mit kurzem einleitendem Vortrag) an unserer Basisstrecke AB
auch bei Gelegenheit der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte
in Stuttgart, September 1906, veranstaltet habe.
5. Andere Erfahrungen. Aus der schon verhältnismässig grossen
Zahl günstiger Erfahrungen über die Anwendung der Invardrähte seien
hier nur folgende drei, mit den literarischen Nachweisen, angeführt:
a) Ueber seine zahlreichen Messungen der „Potsdamer Hilfsbasis" von
240 m Länge berichtet Prof. Borrass vom Kgl. Preuss. Geodätischen
Institut in dem „Jahresbericht des Direktors«. 1) 2) Der bei diesen Mes-
sungen beteiligte österreichische Geodät Dr. Semeräd hat ferner über
») April 1904/05: Veröffentlichungen, N. F. Nr. 22, Potsdam 1905.
») April 1905/06: Veröffentlichungen, N. F. Nr. 26, Potsdam 1906.
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438 Hammer. Grundlinienmessungen mit Invardraht-Apparat. y z«"»chmt
1967!
einen Teil davon kurze Mitteilung gemacht in der Schrift: „Geodätische
Längenmessung mit Invardrähten" , nebst einigen Worten zur Erläuterung
der Einrichtungen. *) Prof. Borrass diskutiert besonders genau und ein-
gehend die Messungsfehler ; im ganzen liegen jetzt nicht weniger als 128
Messungen der Potsdamer Hilfsbasis vor, die bei den neuern Messungen
erlangte Genauigkeit ist sehr hoch. Zu erwähnen ist besonders noch, dass
Borrass durch die Einfuhrung von Kugellagern für die Schnurrollen am
Strebenstab der Spannstative jede Reibung beseitigt hat, die die Konstanz
der Drahtspannung stören könnte, ferner dass das Loten an den Basis-
enden mit Hilfe eines von Borrass angegebenen Lotstabs mit 13"- Libelle
statt des Fadensenkels ausgeführt wurde.
b) Eine deutsche Anwendung im grossen ist die von Borrass 1903
durchgeführte Messung der Schubiner Basis, bei der sich mit den be-
nützten vier Drähten die Längen ergaben (auf 1 mm abgerundet):
5119,177, 5119,175, 5119,191, 5119,185 m,
so dass dem Mittel dieser vier Zahlen, 5119,182 m, wenn die Abweichungen
als zufällige Messungsfehler aufgefasst werden, der m. F. ^3,8 mm zu-
kommt (Vi 3*0000 der Länge bei 5120 m; der m. F. der einzelnen Messung
ist doppelt so gross). Die Basis ist bei ungünstigem Wetter gemessen
worden, Geschwindigkeit im Durchschnitt 1,9 Minuten für die Drahtlage
(a/4 km in der Stunde). Ueber die neue Messung der Grundlinie bei Gum-
binnen durch die Trigonometrische Abteilung der Preussischen Landes-
aufnahme ist meines Wissens erst die Notiz in dieser Zeitschrift") in die
Oeffentlichkeit gelangt.
c) Eine sehr bemerkenswerte Anwendung des Messungsverfahrens ist
im März vor. Jahres (1906) durch Mitglieder der Schweizerischen Geo-
dätischen Kommission (Rosenmund-Zürich, Gautier-Genf, Riggenbach-
Basel), in Anwesenheit von Direktor Guillaume selbst, im Simplontunnel
gemacht worden. Ausser den Genannten waren 8 Ingenieure, 11 Studie-
rende aus Zürich, 48 Arbeiter bei der Messung beschäftigt. Eine kurze
Mitteilung darüber von M. Gensbauer tin dot man in der Zeitschrift des
Oesterr. Ing.- und Arch.- Vereins 8), etwas eingehender ist die vorläufige,
der Budapester Erdmessungskonferenz 1906 vorgelegte Mitteilung von
R. Gautier *), wo die für die Messung auf einem Schienenstrang (und in
der Dunkelheit) erforderlichen Abänderungen der oben angegebenen An-
l) S. A. aus der „Oesterr. Zeitschr. f. Vermessungswesen" , III. Jahrgang
(S. 5—20), Wien 1905; vergl. auch meine Notiz in der Zeitschr. f. Instrumenten-
kunde XXVII (1907), S. 21.
») Zeitschr. f. Vermessungswesen 1906, S. 528.
') Bd. LVIU (58. Jahrg.) 1906, Nr. 25, 22. Juni 1906.
4) Quelques dorniges sur la mesure de la base geodösique du Tunnel du
Simplon. 14 8. 4°.
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zeiuchrm rur Hammer. GrundUnienmessungen mit Invardraht- Apparat. 439
Ordnung besprochen werden. Die gemessene Strecke ist hier 20146 m
lang (nebenbei bemerkt nur um nicht ganz 0,6 m abweichend vom Trian-
gulationsergebnis von Rosenmund). Die erreichte Geschwindigkeit be-
trug etwa 550 m in der Stunde; bei 6- oder gar 4-stündiger Schicht hätte
sie gesteigert werden können. Es muss als eine bisher ganz unerhörte
Leistung bezeichnet werden, wenn die Strecke 40 km (die 20 km hin und
zurück) mit einer Genauigkeit» die der der Messung von Grundlinien
entspricht, in 5 Tagen gemessen wird, wie es hier im Simplon bei grossen
Schwierigkeiten der Messung geschehen ist. Die erlangte Genauigkeit wird
endgültig erst später bekannt werden, sie ist aber den vorläufig berech-
neten Ergebnissen nach jedenfalls sehr hoch.
6. Schlusswort. Es ist kein Zweifel darüber möglich, dass die
Jäderinsche Methode der Messung geodätischer Grundlinien mit frei-
hängenden Drähten durch Einführung des Invardrahts und durch die im
Torstehenden kurz beschriebenen Apparate wesentliche Verbesserungen in
Raschheit, Bequemlichkeit und Genauigkeit erfahren hat. Die Genauig-
keit der Basisapparate mit starrem Massstab und mit Schraubenmikro-
metern lässt sich mit den Drähten wohl nicht sicher erreichen, dagegen
ermöglicht die mit diesen erreichbare Geschwindigkeit der Messung die
direkte Bestimmung zahlreicher (und wohl vielfach auch wieder längerer)
Triangulierung8grundlinien und damit Einschränkung der bisher die Trian-
gulation fast ganz beherrschenden Horizontalwinkelmessung, sowohl in den
Basisnetzen (falls noch überall besondere Netze nötig bleiben), als im
Haaptnetz selbst. Die relativ immer noch sehr hohe Genauigkeit O/moooo
der Länge für Eine Messung) zeigt die direkte Messung mit dem Invar-
draht im Vergleich mit der Bestimmung durch Horizontalwinkelmessung
auch bei nicht sehr ausgedehntem Netz in Beziehung auf Genauigkeit im
Vorteil. Man vergleiche noch, was im neuesten „Report of the U. S.
Coast and Geodetic Survey"1) gesagt wird: Man hat in Amerika die Ar-
beit mit 50 m-Stahlbändern und 50 m-Nickelstahlbändern miteinander ver-
glichen; „die Ergebnisse der Nickelstahlbänder bei Tag waren durchaus
besser als die der Stahlbänder bei Nacht1* .... „Die Anwendung von
Nickelstahldraht in der Messung der Grundlinien ist ein entschiedener
methodischer Fortschritt in der Bestimmung der gewünschten Grössen,
da man die Ergebnisse mit geringem Kosten ohne Verlust an Genauigkeit
und ohne die Notwendigkeit erhält, die Bänder oder Drähte im Feld mit
dem auf 0° erhaltenen (mit Eiskühlung versehenen) Normalmass zu ver-
gleichen. u So wird man wohl allenthalben rasch vollends die Jäderin-
l) Für 1906/06, Washington 1906; S. 9, S. 47. Ueber die Art der Band-
messung mit Stahlbändern in den Vereinigten Staaten vergl. Report fttr 1901,
Anhang 3.
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440
sehen Doppeldrähte zu gunsten der Invardrähte aufgeben, wenn auch ge-
legentlich vielleicht vorläufig noch neben dem eigentlichen Messungsdraht
aus Invar der Doppeldraht zur Bestimmung der Temperaturkorrektion bei-
behalten wird.i)
Das einzige Bedenken ist oben bereits gestreift: die z. T. sehr merk-
würdigen Eigenschaften des Materials legen die Vermutung nicht genügen-
der zeitlicher Eonstanz des Molekularzustands und damit der Gleichung
eines Drahts nahe und Etalonierungen der Drähte werden sich in der Tat
als verhältnismässig häufig notwendig zeigen; z. B. ist die Wirkung von
Bahntransporten u. dgl. auf die Drähte einigermassen zu fürchten. Auf
der andern Seite werden schon heute diese Befürchtungen auch sicher über-
trieben; vergl. dazu z. B. die Angaben von Stromeyer über Beobach-
tungen des Uhrmachers Milne in Manchester an einer Pendeluhr und an
einem Chronometer») (der Nickelstahl wird besonders auch als Material
für die Pendel der Pendeluhren und die Unruhen der Chronometer in
feinen Taschenuhren verwendet), die sicher nicht durch Veränderungen
am Metall zu erklären sind.
BUcherschau.
Kuhnen, Prof. Dr. F. und Furtwängler , Prof. Dr. Ph. Bestimmung der
absoluten Grösse der Schwerkraft zu Potsdam mit Reversionspendeln.
(Veröffentl. des KgL Preuss. Geodätischen Institute, Neue Folge
Nr. 27.) XVI + 390 Seiten und 4 Tafeln. Berlin 1906.
Bei der grundlegenden Bedeutung, die die Schweremessungen für die
Bestimmung der Gestalt der Erde haben, ist es eine der wichtigsten Auf-
gaben des Geodätischen Instituts in Potsdam, neben den relativen Schwere-
messungen auch eine möglichst genaue Bestimmung der absoluten Grösse
der Schwerkraft auszuführen. Es wurde daher auch bei der Errichtung
des neuen Instituts gleich darauf Rücksicht genommen und ein besonderer
Beobachtungsraum dafür, „der sog. Pendelsaal", in geschützter Lage in-
mitten des Gebäudes erstellt.
l) So ist man z. B. verfahren bei der Messung der zweiten Grundlinie
(Gwibi-Basis) für die Triangulation von Rhodesia; diese Grundlinie ist 1900 ge-
messen worden und 21,7 km lang, die andere (erste) Grundlinie, die Inseza-
Grundlinie, ist 1898 mit Stahl- und Messingdrahten gemessen worden und 18,9 km
lang. Vergl. über diese Grundlinien : Geodetic Survey of South Africa, vol. III..
Report on the Geodetic Survey of part of Southern Rhodesia by A. Simms,
Government Surveyor (under the direction of 8ir David Gill). Fol., Cape Town
1905, S. 1 bis 15 und S. XIII bis XIV.
») Nature (London) Nr. 1914 vom 5. Juli 1906 (Bd. 74, S. 223).
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Bacherschau. 441
Bei den ersten Versuchen mit einem neu konstruierten Sekunden-
pendel und einem gleich schweren Halbsekundenpehdel hatte Trof. Helmert
einen auffälligen Unterschied zwischen den beiderseitigen Resultaten ge-
fanden, der auf die Biegung der Pendelstange, einer bisher unberücksich-
tigten Fehlerquelle, zurückgeführt werden konnte. Es entstand daher der
Wunsch, gleichzeitig mit der Bestimmung der Schwerkraft eine Vergleichung
von anderen Pendelapparaten vorzunehmen und nachzuforschen, ob nicht
noch weitere Fehlerquellen die früheren Resultate gefälscht haben. Aus
diesem Grund wurden die beiden Reversionspendel der österreichischen Grad-
messungskommission, mit welchen v. Oppolzer den bis dahin besten Wert
der Schwere [bestimmt hatte, und das italienische Reversionspendel zum
Vergleich herbeigezogen. Ausserdem wurde statt des oben genannten, stark
biegsamen Pendels ein neues, festes verwendet.
In der vorliegenden Abhandlang werden die weit ausgedehnten und
mit vieler Sorgfalt angestellten Untersuchungen mitgeteilt. Zuerst schwangen
die Pendel mit Schneiden auf ebener Unterlage (I. Teil, S. 1 — 236), dann
wurden ebene Flächen an die Pendel angebracht, die auf einer fest-
stehenden Schneiden schwingen mussten (II. Teil, S. 237—318).
In der Einleitung ist eine kurze Darstellung der Theorie gegeben,
woruuer aui uie ausiunriicne i/arsteiiung von r . rv. n eiTnen, r>eiiragc zur
Theorie des Reversionspendels, Veröff. des Geod. Inst. 1898, verwiesen
werden kann. In einzelnen Punkten aber wurde hier die Theorie noch
erweitert und ergänzt, so daas für ähnliche Arbeiten auch hierauf zurück-
gegriffen werden muss.
Sämtliche Pendel konnten auf dem gleichen Stativ, das besonders fest
konstruiert war, und mit den gleichen Schneiden schwingen, so dass also
diese Fehlerquellen einmal für alle Pendel gleich waren. Dann aber wurden
noch die zu jedem Pendel gehörigen Schneiden benutzt, wodurch der Ein-
tfuss derselben besser studiert werden konnte. Durch die Verwendung der
Schwingungsflächen vollends wurde die Ungleichheit der Schneiden zu eli-
minieren gesucht.
.
Wie nun aber die Resultate ergeben , ist die letztere Methode der
anderen durchaus nicht überlegen, während man gerade dadurch doch die
Sicherheit in der Lftngenbestimmung zu erhöhen hoffte.
* * » •
Der III. Teil bringt eine besonders eingehende Genauigkeitsuntersuchung,
auf die im einzelnen hier nicht eingegangen werden kann. Der mittlere
Fehler des Resultats setzt sich aus dem Fehler der Schwingungsbeobach-
tungen und dem der Längenmessungen zusammen. Der erstere wird nach
S. 359 für die Sekundenpendel
ZeiUehrift fBr Vennewnngiweaen 1907. Hgfl 18. 33
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442
Bucherscb.au.
mit Schneiden mT = + 16 . 10~7 Sek. und mL =s + 3,3 ^
mit Schwingungsflächen = + 13 = +3,0
der letztere: resp. mL = +3,4 p; mL — ±2,7 p
35 ± M = ± 1,4.
Mittelt man alle Bestimmungen, so erhält man als Endwert für eine
einmalige Bestimmung der Pendellänge einen mittleren Fehler
bei den Schneiden bei den Schwingungaflachen
für die Sekundenpendel + 4,5 /i ± 4,2 ^
für das Halbsekundenpendel + 4,0 fi ± 7,6 p.
*
Das Endergebnis wird auf verschiedenen Wegen hergeleitet und dafür
(S. 369) als definitiver Wert der Länge des Sekundenpendels in Potsdam:
L = 994,239 + 0,003 mm und daraus
die Schwerkraft g = 981,274 ± 0,003 cm . sek«
angegeben.
Die Yergleichung mit den Resultaten anderer Schweremessnngen, bei
denen die systematischen Fehler durch difterentielle Bestimmungen mög-
lichst eliminiert sind, zeigt die folgenden Werte, auf Potsdam reduziert:
Beobachtungsort
Beobachter
Schwerkraft übertragen
nach Potsdam
Mittlerer Fehler
Madrid
Paris
Königsberg \
Gold enstein ^
Berlin )
Rom |
Barraquer
Defforges
Bessel \
Schumacher >
Peters )
Pisati und )
Pacci (
981,270 cm
282
254
274
± 0,005 cm
± 0,010 (?)
± 0,006 (?)
± 0;008
Die letzten beiden Werte sind mit einem Fadenpendel, also nach einer
völlig anderen Methode bestimmt worden. Es ist daher die gute Ueber-
einstimmung dieser neuen Messungsreihe von Rom besonders bemerkenswert
Die Uebertragung des Oppolzerschen Wertes von Wien nach Potsdam er-
gibt unter Berücksichtigung der Biegungskorrektion von —0,005 cm den
Wert g = 981,273 cm, so dass damit die vielen relativen Messungen,
welche sich auf diesen Wert stützen, fast ungeändert auf das neue System
bezogen werden können. Messerschmüt.
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zeiueiirm Ot Neue Schriften über Vermessongswesen. 443
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Berlin 1907.
Unschädlichkeitszeugnis.
• In dem in Heft 5 dieses Jahrgangs der Zeitschrift für Vermessungs-
wesen abgedruckten Aufsatz des Herrn Gehrmann mit der Ueberschrift:
.Die Ueberein8timmung zwischen Grundbuch und Kataster- wird auf
8. 118 das Gesetz vom 3. März 1850, betreffend den erleichterten Ab-
verkauf kleiner Grundstücke, erwähnt, wonach es den Grundeigentümern
möglich gemacht ist, kleinere Teile auch ohne Einwilligung der Hypothekar-
gläubiger zu veräussern, wenn bei landschaftlich beliehenen Gütern die
Kreditdirektion, bei andern die Auseinandersetzungsbehörde bescheinigt,
dass die Abveräusserung den Interessenten unschädlich ist. Der Verfasser
ist der Ansicht, dass von diesem Verfahren noch wenig Gebrauch gemacht
wird, weil es nur für landwirtschaftlich benutzte Grundstücke gilt und
keine Anwendung findet, wenn von Hofräumen und Hausgärten Flächen-
stücke zu Strassen, öffentlichen Anlagen u. s. w. abgetrennt werden sollen.
Demnach scheinen ihm die später über diese Materie erlassenen Gesetze
nicht bekannt zu sein, und es mag deshalb vielleicht angebracht sein, an
dieser Stelle kurz darauf aufmerksam zu machen.
Das Gesetz vom 3. März 1850 war allerdings nur für landwirtschaft-
lich benutzte Grundstücke bestimmt, es hat aber, einem später hervor-
getretenen Bedürfnisse Rechnung tragend, durch die Gesetze vom 25. März
1889 (Ges.-Samml. S. 65) und vom 15. Juli 1890 (Ges.-Samml. S. 226),
betreffend die Erleichterung unentgeltlicher Abtretungen einzelner Guts-
teile oder Zubehörstücke zu öffentlichen Zwecken, gewissermassen eine Er-
weiterung erfahren, in dem Sinne, wie sie der Verfasser bei dem erst-
genannten Gesetze vermisst. Der § 1 des Gesetzes vom 15. Juli 1890
lautet, analog dem § 1 des. Gesetzes vom 3. März 1850:
„Jeder Grundeigentümer, sowie jeder Lelms- und Fidefltommissbeaitzer
ist befugt, einzelne Gutsparzellen auch ohne Einwilligung der Lohns- und
Fideikommissberechtigten, der Hypotheken- und Realgläubiger zu öffent-
lichen Zwecken unentgeltlich zu veräussern, sofern bei landschaftlich
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wSSSSSSmmm Vereinsangelegenheiten. 446
1907.
beliehenen Gutern die Kreditdirektion, bei andern die Auseinandersetzungs-
behörde bescheinigt, dass die Abveräusserung den gedachten Interessenten
unschädlich sei.
Ein solches Unschädlichkeitszeugnis darf nur erteilt werden, wenn
das abzutretende Trennstück im Verhältnis zu dem Hauptgute von ge-
ringem Wert und Umfange ist und wenn die durch die öffentliche Anlage
herbeigeführte Wertserhöhung des Hauptgutes den Wert des Trennstückes
erreicht."
Bei der grossen und raschen Ausdehnung, die die Industriestädte in
den letzten Jahrzehnten genommen haben, kann es nicht ausbleiben, dass
von diesem Gesetz des öftern Gebrauch gemacht werden muss, um kleinere,
zu den öffentlichen Strassen und Plätzen fallende Flächen, deren Abtretung
auf Grund des Fluchtliniengesetzes und der im AnschluSs daran von den
Gemeinden erlassenen Ortsstatute kosten- und lastenfrei zu erfolgen hat,
die aber sehr oft von den Hypothekengläubigern nicht gutwillig freigegeben
werden, in den Besitz der Gemeinden zu bringen. Ganz besonders kommt
dieses Gesetz den Stadtgemeinden zugute, bei Strassenerbreiterungen und
Durchbrüchen in ältern Stadtteilen mit engen, den Terkehr der modernen
Grossstadt hindernden Gassen.
Elberfeld. E.
* * *
Nachtrag.
Bei diesem Anlasse erfülle ich die unlieb im Rückstände gebliebene
Pflicht, auf die Schrift:
Die Grundbuchberichtigung bei Abverkauf, Austausch und
unentgeltlicher Abtretung belasteter Grundstücke ohne
Einwilligung der Gläubiger und Berechtigten auf Grund von
Unschädlichkeitszeugnissen nach den Preussischen Gesetzen vom
3. März 1850, 27. Juni 1860 und 15. Juli 1890 (S. Art. 20 A.-G.
z. R.-G.-B.-O.) von A. Drees, Generalkommissions-Sekretär. Münster
i/W., Selbstverlag.
nachträglich aufmerksam zu machen'. Steppes.
Vereinsangelegenheiten.
Auf Wunsch des vorbereitenden Ausschusses für die Gründung eines
Landmesservereins in der Provinz Sachsen bringen wir nachstehend den
an die dortigen Berufsgenossen gerichteten Aufruf zur Kenntnis unserer
Mitglieder.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins.
446 Vereinsangelegenheiten. z*iuciirm far
1907.
Halle-Merseburg, im April 1907.
Sehr geehrter Herr Kollege!
In allen Berufszweigen wird immer mehr die wichtige und brennende
Frage in den Vordergrund gedrängt: „Wie soll bei dem ungeahnten Auf-
schwung unseres Volkes auf gewerblichem und wissenschaftlichem Gebiete
die Vor- und Ausbildung der Jünger unseres Standes sich gestalten ?*
Auch in dem Landmesserstande, dem die Neuzeit so grosse, wichtige
und vielgestaltige Aufgaben gestellt hat, und dessen Arbeiten bei der
enormen Steigerung des Bodenwertes zu den verantwortungsvollstem zu
rechnen sind, ist es nicht anders. In unseren Fachzeitschriften sind zahl-
reiche Artikel erschienen, welche diese Frage eingehend erörterten ; in den
Versammlungen verschiedener Fachvereine, sowie auf denjenigen des Deut-
schen Geometervereins stand die Vorbildungsfrage wiederholt auf der Tages-
ordnung und wird bei späteren Versammlungen so lange im Mittelpunkte
der Verhandlungen stehen, bis sie im günstigen Sinne gelöst ist.
Auf der 25. Hauptversammlung des D. G.-Vereins, welche im Juli v. J.
in Königsberg i/Pr. stattfand, wurde, wie schon früher, die volle Reife
einer 9-klassigen höheren Schule als Vorbedingung für den Eintritt in den
Landmesserberuf verlangt und einstimmig beschlossen, in diesem Sinne bei
den massgebenden staatlichen Behörden vorstellig zu werden. Hoffen wir.
dass die diesmaligen Vorstellungen einen besseren Erfolg haben als die
früheren.
Bei der Königsberger Hauptversammlung waren alle deutschen Bundes-
staaten und preussischen Provinzen durch Delegierte der Landes- und Pro-
vinzialvereine vertreten bis auf die grosse und reiche Provinz Sachsen.
In dieser gesegneten Provinz sind etwa 300 Landmesser tätig, die doch
sicher alle freudig dem Vorgehen des D. G.-V. zustimmen, welches die
Hebung unseres Standes zum Ziele hat, obgleich ja der Mangel eines Land-
messervereins in unserer Provinz den Anschein einer Interesselosigkeit
unsererseits an der Entwicklung unseres Landmesserstandes erwecken könnte.
Diesem Mangel müssen wir abhelfen; denn je grösser die Zahl der
Einzelvereine, die durch den D. G.-V. vertreten werden, je grösser deren
Mitgliederzahl, um so nachdrucksvoller können wir unsere Standesinteressen
nach allen Seiten hin verfechten.
Bisher hat es wohl nur an der Anregung zur Gründung eines Pro-
vinzialvereines gefehlt und deshalb halten wir es für unsere Pflicht, diese
Gründung bei unseren Fachgenossen in Anregung zu bringen. Der Land-
messerverein für die Provinz Sachsen wird nicht nur lebensfähig sein, son-
dern erfolgreich an den gemeinsamen Aufgaben unseres Berufs mitarbeiten
und die Hebung unseres Standes fördern können, wenn sich alle Kollegen
der verschiedenen Verwaltungszweige fest zusammenschliessen!
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z«iuehrtft rar Zur Titelfrage. — PerBonalnachrichten. 447
VtfiBMannffflwesen
ME
Deshalb bitten wir alle Kollegen unter Benutzung der beiliegenden
Karte uns baldmöglichst mitteilen zu wollen, ob sie dem Vereine beitreten
wollen, damit wir bald in die Lage kommen, eine Versammlung zum Zwecke
der Wahl eines Vorstandes, Festsetzung einer Vereinsordnung etc. ein-
berufen zu können.
Mit kollegialischem Gruss
Der vorbereitende Ausachuss :
Herwig, Stadt-Vermessungsinspektor.
Jakobsen, Kgl. Kat. -Kontrolleur u. Steuerinspektor. Kohl, Kgl. Landmesser.
Merensky, Kgl. Landmesser. Müller, Kgl. Landmesser.
Schlinke, vereid. Landmesser u. Ingenieur. Schmidt, Katasterlandmesser.
Zur Titelfrage.
Thüringer Landmesserverein. Zur „Titelfrage u wird auch weitere
Kreise interessieren, dass im Herzogtum Meiningen das bisher den ge-
prüften Geometern (Abiturienten) bei den Katasterämtern verliehene Dienst-
prädikat „Katasterassistent" abgeschafft und den betr. Kollegen das
Prädikat „Katasterlandinesser" verliehen worden ist.
Im Herzogtum Gotha erhalten die von der Preussischen Prüfungs-
kommission geprüften Landmesser schon länger das Prädikat „Regierungs-
landmesser*, während der „Assistentenu-Titel den Gehilfen (für die
eine Prüfung nicht vorgesehen ist) verliehen wird.
Was soll man aber sagen zu der neuesten Regelung der „Titelfrage"
im Fürstentum Schwarzburg- Rudolstadt? ! Dort erhalten die Ge-
hilfen mit Volksschulbildung das Prädikat „Katastergeometer",
und die geprüften Feldmesser mit Primareife die Bezeichnung „Kataste r-
astistent". —
Was wohl die Preussischen, Bayerischen, Sächsischen u. a. Kollegen
sagen werden, wenn sie einmal eingehender von den buntscheckigen Thü-
ringischen Verhältnissen unterrichtet werden? —
I. A. : Schönwetter, Reg.-Landmesser als Schriftführer.
Personalnachrichten.
Königreich Preusaon. Katasterverwaltung.
Versetzt sind: die Kat.-Kontrolleure , Steuerinspektoren Albath in
Strasburg W.-Pr., Dziegalowski in Kolberg, Holste in Bentheim, Lap-
poehn in Tilsit, Preuss in Gardelegen, Seydel in Stolp i/P., Zindler
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448 Personalnachrichten. _ Zeitschrift m
Veraesaun«wa»€ri
in Drambnrg, sowie die Kat.-Kontrolleure Brockmann in Bersenbrück,
Büttner in Bnblitz nnd Vieweger in Rössel in gleicher Diensteigenschaft
nach Tilsit bezw. Kiel (Kat.-Amt II), Osnabrück, Königsberg i/Pr., Rends-
burg, Kiel (Kat.-Amt III), Kolberg, Bentheim, Stolp i/P. nnd Köpenick;
der Kat-Sekretär, Steuerinspektor Hermann in Lüneburg als Kat.-Kon-
trolleur nach Gardelegen, St-L Kölligs von Dierdorf nach Bochum II,
K.-K. Blasweiler von Waldbroel nach Dierdorf.
Befördert: Zu Kat.-Kontrolleuren bezw. Kat-Sekretären : die K.-L,
Massmann von Stralsund nach Dramburg, Borsutzky von Sigmaringen
nach Rössel, Marx von Osnabrück nach Bublitz, Wechsung von Minden
nach Herford I, Tiedemann von Magdeburg nach Blumenthal, Faulen-
bach von Cöln nach Bersenbrück, Krefft von Posen nach Strasburg W.-
Pr. — Zu Kat-Landmessern Ia: die K.-L. IbTemme in Münster, Wieg-
ln ink von Arnsberg nach Minden, Riedel von Frankfurt nach Cöln und
Rohling in Osnabrück.
Landwirtschaftliche Verwaltung. Generalkomm.-Bez. Münster.
Erhöhung der Monatsdiäten vom 1./4. 07 an auf 200 Mk.: die L. Duhr
in Paderborn, Preusser in Medebach, Blömeke in Olpen, Voswinkel
in Siegen, Wiesmann in Laasphe; auf 180 Mk: die L. Oessenich in
Brilon, Stute in Medebach, Seekamp in Bünde; auf 160 Mk.: Mauth II
in Dortmund.
Stadtverm.-Amt Königsberg i/Pr. Die Stadtgeom. Voglowski
und Heinrich sind zu Oberlandmessern ernannt. — Landm. Moritz 1
ist als Stadt geometer etatsmassig angestellt — Neu eingetreten sind der
Kat-Landm. Moritz H und der Stadt. Landm. Ottsen vom Vermessungs-
amt der Stadt Berlin.
Königreich Sachsen. Verm. -Assessor Jentsch vom 1. Juni ab in
das Domänen-Verm.-Bureau versetzt; Verm. -Refer, präd. Verm.-Assessor
Felix Müller zum Verm.-Assessor, technischer Hilfsarbeiter Dipl.-Ingenieur
Därrschmidt zum Verm.-Referendar ernannt.
GrosBherzogtum Hessen. Dem Grossh. Hess. Geometer 1. Kl. Hein-
rich Müller in Darmstadt wurde von der techn. Hochschule zu Stuttgart
der Grad eines Diplomingenieurs verliehen, nachdem er die Diplomprüfung
im Gesamtgebiet der Geodäsie bestanden hatte.
Inhalt.
WIssenschaftl. Mitteilungen: Ueber Grundlinienmessungen mit dem neuen
Invardraht- Apparat, von E. Hammer. — Bücherschau. — Neue Schriften Ober
Vermessungswesen. — Unschädlichkeitszeugnis. — Vereinsangelegenheiten. —
Zur Titelfrage. — Personalnachrichten.
• , Verl»« tob Konrad Wittwar in Stuttgart.
Druck you Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
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449
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuerrat un<J Dr. O. Eggert, Professor
München 23, Katasterburtau. Daniig-Langfuhr, Ahornweg 10.
*4
1907. Heft 19. Band XXXYI.
— t Juli.
Oer Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Genauigkeitsversuche mit einem Bohneschen Aneroide
auf Eisenbahnfahrten.
Von Dr.-Ing. Albert Schreiber, Kgl. Sachs. Eisenbahn-Bauinspektor.
Die nachstehend mitgeteilten Beobachtungsreihen, die durchgängig auf
Eisenbahnfahrten gewonnen worden sind, bieten einiges Interesse, obwohl
es von vornherein nicht zweifelhaft sein kann, dass die Folgerangen, die
sich aus diesen Beobachtungen ziehen lassen, nicht ohne weiteres ver-
allgemeinert werden können, denn die äusseren Einwirkungen auf das
Aneroid, die durch den Transport desselben bedingt werden, sind bei
Eisenbahnfahrten, wo das Aneroid auf gepolsterter Unterlage ruht, dabei
aber sich ständig in ziemlich gleichmässiger Erschütterung befindet, ganz
anderer Art als bei Fusswanderungen. Nichtsdestoweniger glauben wir,
die Ergebnisse im Anschlüsse an unseren Aufsatz, Jahrgang 1906, S. 529
dieser Zeitschrift, mitteilen zu dürfen, weil sie immerhin gestatten, die
a. a. 0. für dasselbe Instrument ermittelten Genauigkeitsangaben nach-
zuprüfen, bezw. zu vervollständigen, und weil sie Aufschluss geben über die
Grösse und das Verhalten derjenigen Fehler der barometrischen Höhen-
messung mit dem Aneroide, welche als von elastischen Nachwirkungen her-
rührend zu betrachten sind. Die bisher bekannt gewordenen Unter-
suchungen!) über elastische Nachwirkungen sind aus Beobachtungen unter
künstlicher Druckänderung abgeleitet.
*) Reinhertz. Ueber die elastische Nachwirkung beim Federbarometer.
Zeitschr. f. Instrumentenkunde, VII. Jahrgang, 5. Heft 1887. — Hebe. Ueber
die Prüfung von Aneroiden. Zeitschr. f. Instrumentenkunde, XX. Jahrgang,
9. Heft 1900.
ZeiUchrift für Vennesiung»we«en 1907. Heft 19. 34
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460 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. Ve^£^lr^w^en
Ausserdem ist zu bemerken, dass die nachstehend mitgeteilten Be-
obachtungen ausschliesslich an Punkten bekannter Höhenlage stattgefunden
haben, so dass die anschliessenden Fehleruntersuchungen sich auf wahre
Fehler beziehen, während die in unserem früheren Aufsatze angestellten
Betrachtungen sich nur auf scheinbare Fehler stützten. Die in die Rech-
nung als bekannt eingeführten N. N.-Höhen derjenigen Punkte, an denen
das Aneroid abgelesen worden ist, sind zwar in Rücksicht darauf, dass der
Ort, an welchem sich das Aneroid im Augenblicke der Ablesung während
des Aufenthaltes auf den Bahnhöfen befand, in der Eile nur geschätzt
werden konnte, wodurch wegen der geneigten Lage der Stationen Unsicher-
heiten in die betreffenden Höhenangaben gekommen sind, mit einem Fehler
von etwa +0,1 m behaftet. Immerhin wird man diese Höhen im vor-
liegenden Falle als wahre Höhen betrachten können.
Die Beobachtungen.
Sie wurden auf den 16 Verkehrsstellen (nachstehend mit 1 — 16 be-
zeichnet) der Linie Mügeln — Geising an drei verschiedenen Tagen im Mai
und Juni 1905, jedesmal auf der Berg-, sowie auf der Talfahrt angestellt,
so dass im ganzen 96 Barometerablesungen, für jeden Punkt 6, vorhanden
sind. Die Linie ist 36,1 km lang und überwindet ohne verlorene Stei-
gungen einen Höhenunterschied von 470,1 m. Die einfache Fahrt dauerte
etwa 2 Stunden 10 Minuten. Auf jeder Station wurden, nachdem der Zug
zum Stehen gekommen war, der Luftdruck, die Instrumenttemperatur, die
Uhrzeit und an einem ausserhalb des Wagens im Schatten aufgehängten
Thermometer die Lufttemperatur abgelesen. In der Tabelle I sind sämt-
liche Beobachtungen aufgeführt mit Ausnahme der gemessenen Instrument-
temperaturen. Die diesen entsprechenden Wärmeverbesserungen von
— 0,01 mm für 1° C. sind vielmehr au den Aneroidablesungen bereits
angebracht, wobei auch hier besonders bemerkt wird, dass diese Wärme-
verbesserung nicht weiter ins Gewicht fällt, weil die Temperatur des
Instruments bei keiner Fahrt um mehr als 4° C. geschwankt hat. Die
mit U, p und t überschriebenen Spalten enthalten nacheinander die Uhr-
zeit, den korrigierten Druck in mm und die Lufttemperatur in C°. In
der Spalte U sind die Zeiten nach 6h N. durch Unterstreichen der Mi-
nutenziffern gekennzeichnet und in der Spalte p ist allenthalben die
Ziffer 7 vorangesetzt zu denken.
Wie aus Tabelle I ersichtlich, ist bei der I. Reise die Talfahrt auf
3 Stunden unterbrochen worden; während dieser Zeit hatte der Luftdruck
um 1,04 mm abgenommen. Nebenbei wird noch bemerkt, dass während
der Pause zwischen der Berg- und der Talfahrt das Aneroid bei der II.
Reise in der Höhe 591 m verblieben ist, während es bei der I. Heise
während der Mittagszeit auf einer Fusstour in die Höhe 750 m (Höhen-
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Schreiber. Geuauigkeitsverguche mit einem B. Aneroide. 451
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452 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. Zeitschrift nir
Tabelle II. Bergfahrten.
Zwischen
Wahrer
Höhen-
unter-
schied
m
I.
II.
III.
Gemess.
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10,7
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marke am Rathaase in Altenberg), bei der III. Reise auf die Höbe 834 m
(Höhenmarke am Beobachtungspfeiler auf dem Aussichtsturme des Geiging*
berges) verbracht wurde.
Berechnung der Beobachtungen.
Sie ist in dem Sinne vorgenommen worden, dass die Beobachtungen
jeder der 6 Fahrten zwischen die Punkte 1 und 16 interpoliert, und die
so erhaltenen Höhen der 14 Zwischenpunkte mit den in der 2. Spalte der
Tabelle I angegebenen wahren Höhen verglichen wurden. Sämtliche Rech-
nungen sind mit dem Rechenschieber ausgeführt worden.
Die spezielle Berechnung der Höhen wurde aus Gründen, die sich
aus den weiteren Betrachtungen von selbst ergeben, nach vier verschie-
denen Methoden, die im folgenden unter 1. bis 4. näher beschrieben sind,
durchgeführt.
1. Diese Berechnung erfolgte nach Höhenunterschieden der auf-
einander folgenden Punkte unter Berücksichtigung sämtlicher gemessenen
Lufttemperaturen. Es wurden demgemäss, zunächst ohne alle Rücksicht
auf die während der Beobachtungen stattgefundenen Laftdruckänderungen,
welche Übrigens, wie aus Tabelle I ersichtlich, ziemlich erheblich (z. B.
bei der L Reise vom Morgen bis zum Abend 2,99 mm) waren, die Druck-
unterschiede gebildet und jeder durch Multiplikation mit
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»mwSÄvSSea Scnreiber- Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 453
Tabelle III. Talfahrten.
Wahrer
I.
II.
III.
Zwischen
Höhen-
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13. -14.
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17,1
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27,7
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28,6
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4,90
14.-15.
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437
15.-16.
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39,00
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45,00
760 273 + t
~p 273—
auf 760 mm Druck und 0° Temperatur zurückgeführt in ähnlicher Weise,
wie wir dies bei der Berechnung der Liliensteinbeobachtungen (vergL den
Aufsatz Jahrgang 1906 S. 533 dieser Zeitschrift) gehandhabt haben. In
dem obigen Faktor zur Reduktion der Druckdifferenzen bedeutet p den
mittleren beobachteten Druck und t die mittlere beobachtete Temperatur
zwischen je zwei aufeinander folgenden Punkten.
In der Tabelle II sind die für die Reduktion erforderlichen Daten,
sowie die reduzierten Druckdifferenzen für die Bergfahrten zusammen-
gestellt, ebenso in Tabelle III für die Talfahrten.
Aus diesen Druckdifferenzen wurden die Höhenunterschiede der auf-
einander folgenden Punkte gebildet , indem jede reduzierte Druckdifferenz
mit 470,1, d. i. der wahre Höhenunterschied der Punkte 1 und 16, multi-
pliziert und durch die Summe der 15 reduzierten Differenzen auf der be-
treffenden Fahrt dividiert, also z B. bei der I. Bergfahrt mit ^ ^ multi-
pliziert wurde. Die so berechneten Höhenunterschiede sind in der Ta-
belle IV zusammengestellt, in der auch die entsprechenden wahren Höhen-
unterschiede beigesetzt sind.
Durch diese Abstimmung auf den Sollunterschied zwischen den Punkten
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454 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroid e. iSgggftnr
Tabelle IV. Höhenunterschiede.
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17,6
17,2
3.— 4.
14,3
14,5
15,1
12,2
13,9
14,6
15,1
4.— 5.
223
22,1
22,3
22,8
21,9
22,7
23,4
5.— 6.
173
18,2
16,9
17,7
183
16,6
16,7
6 .— 7.
31,9
31,7
31,6
32,1
33,8
33,8
333
7.— a
22,1
21,9
22,8
22,1
22,0
22,0
22,6
8 .— 9.
45,0
45,5
44,0
453
45,4
45,3
443
q in
14)4
14,6
17,3
14,2
14,7
143
153
10.-11.
35,1
34,5
35,1
34,3
35,8
36,1
35,3
11.— 12.
30,0
31,0
30,5
31,3
30,4
30,1
30,0
12.-13.
34,3
34,2
34,4
353
32,7
34,4
34,6
13.-14.
523
51,6
51,9
523
51,5
52,1
51,2
14.-15.
51,6
50,9
50,4
523
50,7
51,9
50,9
15.-16.
67,8
68,2
683
65,9
68,1
66,0
65,6
470,1
470,1
470,1
470,1
470,1
470,1
470,1
1 und 16 ist nun auch der Fehler, welcher von den zeitlichen Luftdruck-
änderungen herrührt, wenigstens bis zu einem gewissen Grade eliminiert.
Man erkennt aber sofort, dass diese Berechnung der Höhenunterschiede
insofern nicht einwandfrei ist, als die Verteilung des Schlussfehlers nicht
proportional der Zeit, sondern proportional den Höhen vorgenommen
worden ist. Die Verteilung proportional den Höhen würde bekanntlich
nur dann voll gerechtfertigt sein, wenn man annehmen könnte, dass die
SchlussdifFerenz allein von einem Teilungs fehler oder vom Fehler in der
Lufttemperatur herrührt, was aber hier, wie bereits angedeutet, keineswegs
der Fall ist.
Aus Tabelle IV erhält man in einfacher Weise die Fehler der berech-
neten Höhenunterschiede, die in Tabelle V zusammengestellt sind. Die
Fehler müssen für jede Fahrt zusammen 0 ergeben.
2. Während bei der ersten Berechnung eine Berücksichtigung der
notierten Uhrzeiten überhaupt nicht stattgefunden hat, wurden die letzteren
bei der zweiten Berechnung dazu benutzt, um zunächst die Aneroidablesungen
zu verbessern dergestalt, dass die verbesserten Ablesungen den Druck an-
geben, welchen man erhalten haben würde, wenn der Druck am Punkte 1
wahrend des ganzen Tages im Beobachtungsgebiete konstant geblieben
wäre. Wie hier eingeschaltet werden möchte, ist nicht berücksichtigt
worden, dass zeitliche Luftdruckänderungen in verschiedenen Höhen be-
Digitized by Google
^uSSwwen Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aucroide. 455
lwr.
Tabelle V. Fehler der Höhenunterschiede in m.
Zwischen
I.
n.
III.
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
L— 2.
2. - 3.
3. - 4.
4. - 5.
5- 6.
a— 7.
7. - a
8. - 9.
9. -10.
10. — 11.
11. -12.
12. -13.
13. -14.
14. -15.
15. -16.
+ 0,6
- 0,3
- 0,2
+ 0,2
- 0,7
H- 0,2
4- 0,2
- 0,2
+ 0,6
- 1,0
+ 0,1
+ 0,7
+ 0,7
- 0,4
+ 1.4
+ 1,1
- 0,8
0
+ 0,6
-+- 0,3
- 0,7
f 1,U
- 2,9
0
- 0,5
- 0,1
+ 0,4
+ 1,2
1,0
+ 1,4
- 03
+ 2,1
- 0,5
- 0,2
- 0,2
0
Oft
+ 0,2
+ 0,8
- 1,3
- 1,5
- 03
- 0,9
+ 1,9
+ 1,1
— 0,3
+ 0,4
+ 0,4
— 1,0
— 19
+ 0,1
-0,3^
-0,7
— 0,4
+ 1,6
+ 0,8
+ 03
— 03
+ 0,9
-0,1
— 0,3
- 0,4
+ 0,9
— 1,9
+ 0,1
OR
-0,4
- 1,0
- 0,1
-0,1
+ 0,2
— 0,3
+ 2,8
0
+ 0,3
- 0,8
- 1,1
+ 03
- 1,6
-0,5
- 1,1
- 0,2
0
-03
-h 1,1
+ 0,7
+ 2,2
0
0
0
0
0
0
kanntlich nicht gleichen Verlauf zeigen. Der Einfluss, der auf die berech-
neten Höhen durch diese Vernachlässigung ausgeübt wird, ist aber, wie
eine besondere Untersuchung ergibt, so gering, dass er selbst vernachlässigt
werden kann.
Die Berechnung der Verbesserungen wegen der zeitlichen Luftdruck-
änderungen hätte am einfachsten in der Weise erfolgen können, dass man
die am Punkte 1 zwischen Anfang und Ende der Tagesreise beobachtete
Drockänderung auf die einzelnen Ablesungen proportional der Zeit ver-
teilte. Man ging aber, um die sämtlichen Ablesungsdinerenzen zwischen
Berg- und Talfahrtbeobachtung, von denen jede einen Aufschluss über den
zeitlichen Verlauf der Druckänderungen gibt, zu verwerten, noch einen
Schritt weiter, indem man für jede Reise auf sämtlichen Punkten die Diffe-
renz zwischen den beiden Beobachtungen der Bergfahrt und der Talfahrt
bildete und auf Millimeterpapier derart auftrug, dass die Druckänderung
als Funktion der Zeit erscheint. Man kann dann aus der Form der Kurve
ohne weiteres einen Schluss auf den Verlauf des Luftdruckes während der
Beobachtungen ziehen. Dass letzterer sich z. B. bei der III. Reise durch-
aus nicht proportional der Zeit geändert hat, ersieht man schon aus der
Tabelle I, aus der hervorgeht, dass zwar am 23. Juni 1905 zwischen
10 Uhr V. und 9 Uhr N. der Luftdruck im allgemeinen zugenommen hat,
dass er aber während der Nachmittagsstunden eine Zeit lang im Abnehmen
Digitized by Google
456 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. ^Wfjgjgnt*^
Tabelle VI. Verbesserte Luftdruckbeobachtungen.
Station
1
L
—
Talfahrt
II.
III.
Bergfahrt
—
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
1.
42,81
42,77
53,17
53,17
50,60
50,60
2.
41,66
41,66
52,0b
52,0 <
49,o9
ACt Of\
8.
40,16
40,20
Vi, Ol
47 ftfi
A
Oo,£aJ
49 41
49 HS
48 50
46 52
Willi
5.
36,96
36,97
47 49
47 4ft
44 47
44 4Fi
6.
35,43
35,49
4S QO
49 QQ
49 07
7.
32,70
32.77
43 13
•40,10
4i) nn
8.
30,82
30,80
41,21
41,17
38,05
38,02
9.
26,91
27,04
37,27
37,35
34,08
34,08
10.
25,68
25,55
36,07
36,09
32,77
32,73
IL
22,73
22,61
33,18
33,04
29,60
29,63
12.
20,09
20,07
30,53
30,47
26,98
27,02
13.
17,20
17,18
27,55
27,67
23,99
24,00
14.
12,85
12,85
23,24
23,24
19,50
19,53
15.
08,60
08,66
18,88
18,95
15,05
15,12
16.
02,97
02,95
13,33
1333
09,54
09,46
begriffen gewesen ist. 1) Durch Konstruktion einer Kurve, die sich den
aufgetragenen Punkten möglichst anschliesst, wurden die Druckdifferenzen
graphisch ausgeglichen, und die ausgeglichenen Werte vom Millimeterpapier
abgegriffen und je zur Hälfte an den zusammengehörigen Beobachtungen
der Berg- und Talfahrt angebracht. Wegen Raummangels muss es versagt
bleiben, die Kurven hier darzustellen und auf die Ermittlung der Ver-
besserungen weiter einzugehen. Das Verfahren dürfte aber durch die vor-
gängigen Bemerkungen genügend erläutert sein, zumal da es sich ohne
weiteres durch einfache Anschauung selbst darbietet.
%) Prof. Dr. Schreiber hatte die Güte, uns die auf der 3 km vom Punkte 16
gelegenen meteorologischen Station I. Ordnung Altenberg (756,2 m über N.N.)
an den 3 Reisetagen beobachteten Barometerstände mitzuteilen.
Barometerstände von Altenberg auf 0° reduziert.
Datum
70 V.
2° N.
9° N.
Tages-
mittel
.
20. V. 05
689,9
688,7
687,1
688,57
22. VI. 05
700,4
699,1
698,5
699,38
23. VI. 05
697,9 697,7
698,5
698,03
Durch diese Zahlen werden die obigen Bemerkungen bestätigt
Digitized by Google
mw*S£™n Scnreiber' GenauigkeitßverBuche mit einem B. Aneroide. 457
Tabelle VII. Bergfahrten.
Wahrer
Höhend
I.
II.
III.
Zwischen
unter-
Reduz.
Gemess.
Reduz.
Gemess.
Reduz.
schied
m
Druckdifferenz
I.— 2.
Ii A
14,0
1 15
1,25
1,11
1,20
1,21
158
2.— 3.
17,5
1,63
1,59
1,73
1,58
1 67
O A
3.— 4.
t A O
14,3
1 26
137
1,06
1,15
1,31
4.— 0.
22,3
1 92
2,09
1,99
2,16
2,03
2 16
5.— 6.
li,5
1.55
1,70
1,53
1,67
1,48
1.57
6.— 7.
31,9
2,73
3,00
2,76
3,03
3,00
321
7.— 8.
22,1
1,88
2,07
1,92
2,11
1,94
2,08
a— 9.
45,0
3,91
4,32
3,94
4,35
3,97
4,26
9 —10
14 4
traft
1,23
1,37
1,20
1,33
1,31
1,41
*
10.-11.
35,1
2,95
3,28
2,89
3,21
3,17
3,42
11 10
au,U
2,64
2,94
2,65
2,96
2,62
2,84
12-13.
34,3
2,89
3,23
2,98
3,33
2,99
3,25
13.-14.
523
4,35
4,88
4,31
4,85
4,49
4,90
14.-15.
51,6
4,25
4^0
4,36
4,93
4,45
4,88
15.-16.
67,8
5,63
6,40
5,55
6,31
5,51
6,10
470,1
39,84
44,33
39,84
44,31
41,06
44,42
Tabelle VIII. Talfahrten.
Wahrer
Höhen-
I.
II.
III.
Reduz.
Zwischen
unter-
Gemess.
Reduz.
Gemess.
Reduz.
Gemess.
schied
m
Druckdifferenz
1— 2.
14,0
1,11
1,19
1,10
1,21
1,21
1,29
2.- 3.
17,5
1,46
1,57
133
1,68
1,53
1,63
3.- 4.
143
130
1,40
1,19
131
1,34
1,43
4 - 6.
223
1,93
2,09
1,87
2,06
2,07
2,21
5.-6.
17,5
1,48
1,60
1,58
1,74
1,48
1,58
6.- 7.
31,9
2,72
2,95
2,88
3,19
2,97
3,19
7.- 8.
22,1
1,97
2,13
1,85
2,06
1,98
2,13
8.- 9.
45,0
3,76
4,10
3,82
4,24
3,94
4,25
9.-10.
14,4
1,49
1,63
1,26
1,40
1,35
1,46
10.-11.
35,1
2,94
3,29
3,05
3,39
3,10
3,36
11.-12.
30,0
234
2,85
237
237
2,61
2,84
12-13.
343
239
3,24
2,80
3,14
3,02
3,29
13.-14.
52,3
433
4,88
4,43
4,95
4,47
4,89
14.-15.
51,6
4,19
4,74
4,29
4,82
4,41
4,85
15.-16.
673
5,71
6,49
5,62
6,35
5,66
6,27
470,1
39,82
44,15
39,84
44,41
4U4
44,67
Digitized by Google
458 Schreiber. Genaaigk.itever.uche mit eine* B. Ceroid..
Die verbesserten Luftdruckbeobachtungen sind in Tabelle YI zu-
sammengestellt and hierauf ganz wie bei der ersten Berechnung durch
Bildung der Druckdifferenzen fur die aufeinanderfolgenden Punkte und
Reduktion der ersteren auf 760 mm und 0° Lufttemperatur weiter behan-
delt worden. In Tabelle VII sind die gemessenen und die reduzierten
Druckdifferenzen für die Bergfahrten, in Tabelle VIII desgleichen für die
Talfahrten aufgenommen.
Obgleich wir, wie bereits vorausgeschickt, die Beobachtungen nur
interpolatorisch behandelt haben, wobei also der barometrische Fehler der
Gesamthöhe 1—16 nicht besonders in die Erscheinung tritt, sondern ver-
teilt wird, wollen wir hier das Ergebnis der sechsmaligen Messung dieser
Gesamthöhe ermitteln. Die Druckdifferenzen aus Tabelle VII und VIII
zwischen den Punkten 1 und 16 sind in Tabelle IX nochmals zusammen-
gestellt; ausserdem sind sowohl die Mittel zwischen Berg- und Talfahrt
für jede Reise, sowie die Mittel für die drei Bergfahrten und für die drei
Talfahrten beigesetzt.
Tabelle IX. Druckdifferenz L — 16. in mm.
I.
II.
III.
Mittel
Bergfahrt .
44,33
4431
44,42
44,35
Talfahrt . .
44,15
44,41
44,67
44,41
Mittel . .
44,24
44,36
44,55
4438
Die Druckdifferenz 1—16 ist also im Mittel aus 6 Beobachtungen zu
44,38 mm gefunden worden. Der Sollwert dieser Druckdifferenz findet
sich, wenn man den wahren Höhenunterschied 470,1 durch den Höhen-
unterschied s für 1 mm Druckabnahme bei 760 mm Luftdruck und 0°
Temperatur dividiert. Ist aber q die Dichte des Quecksilbers bei 0° und
J04* die Dichte der feuchten Luft, beim Normalzustande im Meeresspiegel
und unter 45 o Breite gemessen, so ist bekanntlich
-jfr a + #«!■»> (i+ "* ).
worin 0, qj, r, H bekannte, von Jordan gebrauchte Bezeichnungen sind,
und nach letzterem (vergl. Vermessungskunde Bd. II)
J0« = 0,00129277 . 1,00021 (l - 0,377 - )
= 0,00128959, P
mit H = 356 m, <p = 50° 45',
ß = 0,00265, r = 3700000 m
Digitized by Google
zoiuchrift «r Schreiber. Genauigkeit versuche mit einem B. Aneroide. 459
ist, wenn man den mittleren Dunstdruck 1) e = 9,2 mm und p = 760 mm
setzt. Da g= 13,59593 ist, ergibt sich s = 10,559 m und der wahre
Wert der reduzierten Druckdifferenz
410>l
To^oT = 44)52 mm'
Die Abweichung des beobachteten Wertes vom Sollwerte beträgt also
nur 0,14 mm oder 3°/^ und würde schon hinreichend erklärt sein, wenn
z. B. sämtliche Lufttemperaturen um durchschnittlich 0,9 0 C. zu niedrig
gemessen wären. Wir schliessen daraus, dass eine eigentliche Teilungs-
korrektion im Intervalle 760—700 für das Instrument nicht besteht.
Aus den Tabellen VII und VIII ergeben sich die Höhenunterschiede
der aufeinanderfolgenden Punkte ganz wie bei der ersten Berechnung aus
den Tabellen II und III die Höhenunterschiede in Tabelle IV. Die Ver-
teilung des Schlussfehlers proportional den Höhen ist im vorliegenden Falle
gerechtfertigt, weil die Schlussfehler nach Anbringung der Verbesserungen
wegen der Aenderung des Luftdruckes als im wesentlichen von Temperatur-
fehlern herrührend zu betrachten sind. Die Fehler der berechneten Höhen-
unterschiede sind in Tabelle X zusammengestellt.
Tabelle X. Fehler der Höhenunterschiede in m.
I.
IL
hl
Zwischen
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
1.- 2.
+ 0,7
+ 1,3
+ 13
+ 1,2
+ 0,4
4- 0,4
2.- 3.
+ 0,2
+ 0,8
-0,9
-03
- 0,2
4-03
3.- 4.
- 0,2
- 0,6
+ 2,1
4-0,4
- 0,2
- 0,7
4— 5.
+ 0,1
+ 0,1
- 0,6
+ 0,5
- 0,8
- 1,0
5.- 6.
- 0,5
+ 0,5
- 0,2
— 0,9
+ 0,9
4- 0,9
6.- 7.
4- 0,1
+ 0,5
- 0,2
- 1,9
- 2,1
- 1,7
7.- 8.
+ 0,2
- 0,6
- 0,3
+ 03
4- 0,1
— 0,3
8.- 9.
- 0,8
+ 1,4
- 1,1
+ 0,1
- 0,1
4- 0,3
9.-10.
- 0,1
- 3,0
+ 03
- 0,4
- 0,5
- 1,0
10.-11.
+ 0,3
+ 0,1
+ 1,0
- 0,8
- 1,1
- 0,3
11.-12.
- 1,2
- 0,4
-1,3
-0,4
0,0
4-!0,l
12.-13.
+ 0,1
- 0,2
- 1,0
+ 1,1
- 0,1
- 03
13.-14.
+ 0,5
+ 0,3
+ 0,8
- 0,1
+ 0,4
4- 0,8
14.-15.
+ 0,7
+ 1,1
- 0,7
+ 0,6
0,0
+ 0,6
15.-16.
- 0,1
-13
+ 03
+ 0,6
+ 33
+ 1,9
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
*) Die Tagesmittel des Dunstdruckes auf der meteorologischen Station Alten-
berg (766,2 m über N.N.) waren an den 3 Reisetagen bezw. 8,43, 8,80, 8,33 mm.
Nimmt man in der vielfach üblichen Weise an, dasB der Dunstdruck nach unten
auf je 100 m um 0,17 mm zunimmt, so ergibt sich die für unsere Beobachtungen
(mittl. Höhe 356 m über N.N.) einzuführende Dunstspannung im Mittel zu 9,2 mm.
Digitized by Göogle
460 Schreiber. Genauigkeitsversucke mit einem B. Aneroide. MJg
3. Diese Berechnung unterscheidet sich von den beiden vorgenannten
dadurch, dass die gemessenen Lufttemperaturen überhaupt nicht in Rech-
nung gezogen wurden. Die Lufttemperatur wurde vielmehr für jede Reise
konstant angenommen. Die Druckbeobachtungen wurden hier nach Ta-
belle VI, also wegen der zeitlichen Druckänderungen verbessert, ein-
geführt.
Hier wurde nicht nach Höhenunterschieden der aufeinanderfolgenden
Punkte gerechnet, sondern es wurden direkt die N.N.-Höhen bezw. zunächst
die Höhen der einzelnen Punkte über dem Punkte 1 ermittelt und zwar
nach einer Interpolationsformel, die wir eigens für diesen Zweck ermittelt
haben, wobei die Verteilung des Schlussfehlers proportional den Höhen
stattfindet
Bezeichnet Aq die gemessene Druckdifferenz für den Höhenunterschied
zwischen den Punkten 1 und 16, wie sie für jede Fahrt aus Tabelle IX
zu entnehmen ist, ferner po den beobachteten Druck auf Punkt 1, p den
beobachteten Druck auf irgend einem der anderen Punkte, und p0 — p = 4,
so kann man die Erhebung h des Punktes, an welchem der Druck p be-
obachtet worden ist, über dem Punkte 1 durch
Ä = AA+BA* + * (1)
ausdrücken und mittels einer einfachen Reihenentwicklung der Funktion
h^Kloff^L (2)
die Koeffizienten Ay B und C derart bestimmen, dass für A = J0 die
Funktion h den Wert h = 470,1 m annimmt. K ist eine vorlaufig un-
bestimmt gelassene Konstante. Die Ermittlung von A, B und C hat keine
Schwierigkeiten und ergibt
a - A/i _4> A°L\
~~ A0\ 2p0 12p0*)
0 =
»0
***** '
Nimmt man in Gleichung (1) für A den Wert Äo : A0 und für B and
C den Wert 0, so hat man die gewöhnliche proportionale Interpolation
bezw. die Rechnung mit sogenannten Höhenstufen nach Babinet, wie man
sie wohl bei kleineren Höhenunterschieden häufig anwendet. Bei grösseren
Höhenunterschieden, wie im vorliegenden Falle, kann man aber die Glieder
mit A* und 4» nicht entbehren, da das letztere noch bis zu 0.5 m
austrägt.
Die numerische Berechnung der Koeffizienten ist einfach und ergab
die in Tabelle XI verzeichneten Werte.
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«gwMftgte. Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 461
Tabelle XI.
Koeffizienten zur dritten Berechnung.
A
B
C
Bergfahrt
Talfahrt
11,480 11,487
0,00772 I 0,00776
0,0000070 i 0,0000070
IL
Bergfahrt
Talfahrt
11,486
0,00763
0,0000076
11,485
0,00763
IXIIIII
76
III.
Bergfahrt i Talfahrt
11,133
11,111
0,00740 ! 0,00740
0,0000066 i 0,0000066
In Tabelle XII sind die Höhen zusammengestellt, wobei wir be-
merken, dass der Ausdruck Höhen in geodätischem Sinne nicht ganz kor-
rekt ist, da es sich vielmehr auch hier, streng genommen, nur um Höhen-
unterschiede handelt. Wir wollen aber diese Bezeichnung gebrauchen, um
die Erhebungen der einzelnen Punkte Über dem Punkte 1 — wozu nur
in allen Fällen die Konstante 120,9 zugefügt worden ist — von den Höhen-
unterschieden der aufeinanderfolgenden Punkte zu unterscheiden.
Tabelle XII. Höhen.
fl
o
1
Wahre
Höhe
L
a
III.
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
L
120,9
•
2.
134,9
134,1
133,7
133,6
133,5
134,4
1343
3.
152,4
151,4
150,5
162,0
1512
152,1
151,4
4.
166,7
166,9
166,5
164,2
164,9
166,6
1663
5.
189,0
188,1
187,8
1874
186,4
189,4
189,5
&
206,5
206,0
204,9
204,9
204,8
206,0
206,1
7.
238,4
2373
236,6
237,0
238,3
239,9
239,5
8.
260,5
259,7
259,5
259,4 .
259,8
261,9
261,9
9.
306,5
305,6
303,5
306,4
304,5
307,0
306,6
10.
319,9
320,0
321,0
319,5
319,3
321,8
321,8
IL
356,0
3543
355,9
353,7
355,3
358,2
357,3
12.
385,0
386,0
386,9
384,9
385,6
388,1
387,1
13.
419,3
420,2
420,1
420,3
419,0
422,4
421,9
14.
471,6
472,0
471,7
471,7
471,7
474,5
473,4
15.
523,2
523,1
522,2
523,9
523,1
526,3
524,7
16.
591,0
•
•
•
•
»
•
Aus Tabelle XII lassen sich nun wieder die Fehler der Höhenunter-
schiede ableiten. Dieselben sind in Tabelle XIII verzeichnet.
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462 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. r«gggg**J
Tabelle XIII. Fehler der Höhenunterschiede in m.
I.
Ii.
HL
ZiWiscnen
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
1 .0
+ 1,2
+ 13
+ 1,4
+ 0,6
+ 0,6
ii. — o.
+ 0,2
+ 0,7
— 0,9
- 0,2
— 0,2
+ 0,4
O. —
- 0,2
- 0,7
+ 2,1
+ 0,6
- 0,2
— 0,6
A R
4. — O.
+ 0,1
0
- 0,6
+ 0,8
— 0,5
- 0,9
0. — O.
- 0,4
+ 0,4
- 0,3
— 0,9
+ 0,9
+ 0,9
A 7
ö. — f«
+ 0,1
+ 0,2
— 0,2
- 1,6
— 2,0
- 1,5
7 ft
+ 0,2
- 0,8
— 0,3
+ 0,6
+ 0,1
- 03
Q Q
O. «7.
-0,8
4- 1,0
- 1,0
+ 0,2
- 0,1
+ 03
9.— 10.
-0,1
- 3,1
+ 03
-03
- 0,4
-03
10.-11.
+ 0,3
+ 0,2
+ 0,9
- 0,9
- 13
- 0,4
1 1 —12
- 1,2
0
- 1,2
- 0,3
+ 0,1
+ 0,2
12.-13.
+ 0,1
+ 0,1
- 1,1
+ 0,9
0
- 0,5
13.-14.
+ 0,5
+ 0,7
+ 0,9
- 0,4
+ 0,2
+ 0,8
14.-15.
+ 03
+ u
— 0,6
+ 0,2
— 0,2
+ 03
15.-16.
- 0,1
- u
+ 0,7
- 0,1
+ 3,1
+ 1,5
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
4. Auch bei dieser Berechnung sind die gemessenen Lufttemperaturen
nicht eingeführt worden. Es wurde aber im Gegensatz zur dritten Berech-
nung die Temperatur nicht konstant, sondern mit der Höhe linear ab-
nehmend angenommen«
Der Berechnung wurde dementsprechend eine Barometerformel zu
gründe gelegt, die weniger bekannt ist, weil sie in den landläufigen Lehr-
büchern der Geodäsie und Physik nicht behandelt ist. Sie lautet
-*(l-(Ö*)-
(4)
Die Ableitung der Formel erfolgt nach Dr. Paul Schreiber*) aus der
gewöhnlichen Laplaceschen Differentialgleichung
dh + T - °»
(5)
worin R = 29,3 die Konstante des Gasgesetzes, genommen fur 1 kg atmo-
sphärische Luft, und T die absolute Temperatur bedeutet, die man in der
Form T = T0-ah (6)
als Funktion der Höhe einzuführen hat; hierbei ist T0 die absolute Tem-
peratur für einen Punkt mit Ä = 0, wo der Druck p0 beobachtet worden
l) Prof. Dr. Paul Schreiber. Die Zustandsgleichungen einer Luftsäule.
-(Barometrische Höhenformeln). Zweite Mitteilung. Zivilingenieur, Jahrg. 1894,
Seite 811. .
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Zeitschrift «r Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 463
ist, and a die Abnahme der Temperatur für 1 m Erhebung in der Atmo-
sphäre. Die Integration ergibt dann
-*(-<#■)•
(7)
woraus Gleichung (4) folgt, wenn man
— =a R' und oÄ = i (8)
a k
als Konstante einführt. Die Zahl a ist zwar im allgemeinen Falle erst
aus den angestellten Temperaturbeobachtungen zu bestimmen, soll aber
im vorliegenden Falle zu a = -,J6 angenommen werden, was den Ergeb-
nissen 1 ) einer grösseren Anzahl von Messungen entspricht, die von hervor-
ragenden Forschern zum Zwecke der Ermittlung der Temperaturabnahme
mit der Höhe, meistens auf Luftballonfahrten, vorgenommen worden sind.
Mit diesem Werte von a wird
k = * nind = 6.
a Ii
Die Konstante K' lässt sich durch die Beobachtungen in derselben Weise
wie die Konstante K bei der dritten Berechnung (Gleich. 2) bestimmen.
Um die Barometerformel (4) für unsere Beobachtungen bequem ver-
wenden zu können, haben wir sie ebenso wie die gewöhnliche Barometer-
formel (2) in die Form
Ä = A'A + + (9)
gebracht, worin
~ "i," V 2k p0 12 Ar« ' p*)
oder mit k = 6
zf0 V 12 p0 4ffif Po* /
216 po' 40
*) Vergl. hierzu die von Bauernfeind gegebene Zusammenstellung in seinem
Werke : Beobachtungen und Untersuchungen über die Genauigkeit barometrischer
Höhenmessungen u. s. w. München 1862, S. 120. Von den Meteorologen wird
neuerdings vielfach der Wert a = 0,005 angenommen. Der entsprechende Wert
yon * ist 6,8.
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464 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. ^zMu^uitx tax
1907.
Die Vergleichung der Ausdrücke (10) mit denen unter (3) zeigt ohne
weiteres, dass die gewöhnliche Barometerformel (2) nur ein spezieller Fall
der Formel (4) für k = oo ist, denn man hat
„_ *-l _ l, , . J_. (k-l)(2k-l) 1_
l Z 2* ~ 2 ' 12k* 12 ' * = « 6*' ~~ 3 *
Dass dem so sein muss, erkennt man auch auch aus der 2. Gleichung
(8), die für a = 0, also bei Annahme konstanter Temperatur k = oo gibt.
Die Gleichung (4) nimmt mit a = 0, k = oo die unbestimmte Form
oo . 0 an.
Zur Barometerformel (4) bemerken wir, dass sie bereits von Bauern-
feind i) in dem auf Seite 463 erwähnten Werke in der Form
(f)V = f (4 a,
\ Po f *0
mit ^—^ — = -g abgeleitet worden ist.
Hierin bedeutet q eine Konstante = 1,2, die Bauernfeind aus Beobach-
tungen ermittelt hat. e und e9 sind aber hier nicht die Meereshöhen,
sondern die Höhen der oberen Grenze der Atmosphäre über den betreffen-
den beiden Punkten, sind also von einem Punkte an der Grenze der Atmo-
sphäre gerechnet , in dem der Druck 0 und die Temperatur — 273 9 C.
ist. Um die Seehöhe einzuführen, hat man
z — zQ — h
zu setzen und erhält hiermit
* = '«(1-(i)1)- <4b>
Man erkennt hieraus zugleich, dass die in (4) eingeführte Konstante
K' = z0 die Höhe der Atmosphäre über dem Ausgangspunkte der Beobach-
tungen (hier Station 1) bedeutet
Zuerst ist die Barometerformel (4), jedoch etwas anders zusammen-
gesetzt, unseres Wissens von Bayer«) angegeben worden.
Es erscheint nützlich, hierzu weiter zu bemerken, dass die Barometer-
formel (4) auch direkt aus der mechanischen Wärmetheorie folgt, wenn
man annimmt, dass die Temperaturverteilung in der Atmosphäre dem
adiabatischen Gesetze entspricht. Nach diesem ist bekanntlich das Produkt
P" = -*T <»)
bei adiabatischen Zustandsänderungen konstant, wobei v das Volumen der
Gewichtseinheit und y die Dichte der Luft, ferner c den Quotienten ans
der spezifischen Wärme der Luft cp bei konstantem Druck und der spezi-
fischen Wärme c, bei konstantem Volumen, also eine Konstante und zwar
*) VergL a. a. 0. S. 110.
*) Poggendorfs Annalen, Band XCVIII, S. 371.
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zeiueann rar Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 465
1907.
e = ^- = 1,414
c
ist. Die Differentialgleichung
dp = — ydh
nimmt dann, wenn man nach (12) einführt
7 = Cpe, (12 a)
worin C eine Konstante ist, die Form an
— ~- = Cdh.
PT
Durch Integration und Einführung der Grenzen ergibt sich hieraus
oder wenn man alles Konstante zusammenfasst
Hierbei wird also e
* = 7=T = 8'4-
Verbindet man noch die aus (12) und (12 a) folgende Gleichung
pv — C-<
mit dem Gasgesetze pv _ jj^
und wendet beide Gleichungen auf die Zustände p, v, T und p0, v0, T%
an, so kann man schreiben
Durch Vergleichung mit (13) wird nun, wenn man — eliminiert,
Da aber, wie leicht einzusehen
C - 1 -
so folgt c_\
r= r.-^-.*, eis)
womit (vergl. Gleichung 6)
c-1 _ 1 l . .
" Ä.c 29,3.3,4 ~~ 100 Wir(L
Man gelangt also durch Annahme adiabatischer Temperaturänderung l)
zwar wieder zu dem Gesetze der linearen Temperaturabnahme mit der
Höhe, das in der Schreiberschen Barometerformel (4) und auch von Bauern-
feind in der Formel (11) zunächst als Annahme zugrunde gelegt ist; man
erhält aber bezüglich des Betrages der Temperaturänderung (auf 100 m
») Näheres hierüber vergl. z. B. Riecke, Lehrbuch der Physik, Leipzig
1902, IL Band, § 682.
Zeitschrift for Vennestuogsweien 1907. H«ft 19. 35
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466 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. ^^trin n*^
1907*
1°C.) eine Abweichung von den Ergebnissen der Beobachtung (auf 176 m
1 0 C). Ans diesem Grunde haben wir vorgezogen, mit k = 6 zu rechnen.
Der Vollständigkeit halber fügen wir hinzu, dass die Barometerformel
(4) mit k = 6 auch von Schlemüller i) auf Grund der dynamischen Gas-
theorie in der Form
entwickelt worden ist, worin T0, wie vorher, die absolute Temperatur am
unteren Punkte, also für A = 0, wo der Druck p0 herrscht, bedeutet. «)
Die nach (10 a) berechneten Koeffizienten sind in Tabelle XIV zu-
sammengestellt.
Tabelle XIV. Koeffizienten zur 4. Berechnung.
I.
II.
III.
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
A'
11,533
11,539
11,537
11,537
11,185
11,163
B>
0,00647
0,00648
0,00639
0,00639
0,00621
0,00621
C
0,0000055
OjOOOOOoö
0,0000053
0,0000053
0,0000052
0,0000052
Hieraus sind die Höhen, sowie in Tabelle XV die Fehler der Höhen-
unterschiede berechnet.
Tabelle XV. Fehler der Höhenunterschiede in m.
I.
II.
III.
Zwischen
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
Talfahrt
Bergfahrt
L— 2.
+ 0,7
+ 1,2
+ 1,2
+ 13
+ 0,5
+ 03
2.- 3.
+ 0,2
+ 0,6
— 03
- 0,1
— 0,2
+ 0,4
3.- 4.
— 0,3
- 0,7
-1- 13
+ 0,4
- 0,5
- 0,7
4.- 5.
+ 0,1
- 0,1
- 0,7
+ 0,7
- 0,5
- 03
5.- 6.
— 0,5
+ 0,3
— 03
— 0,8
+ 03
+ 0,7
6.- 7.
0,0
+ 0,1
- 03
- 1,7
- 2,1
- 1,7
7.- 8.
+ 0,2
- 03
- 0,3
4- 0,4
+ 0,1
- 03
8.- 9.
- 0,8
+ 0,8
- 1.2
+ 03
0,0
+ 0,4
9.-10.
- 0,1
- 3,0
+ 0,3
- 0,5
- 0,6
- 1,0
10.— 11.
+ 0,3
+ 0,4
+ 1,0
- 0,8
- 1,1
- 0,1
11.-12.
- 1,2
0,0
- 1,3
- 0,4
- 0,1
- 0,1
12.-13.
+ 0,2
+ 0,1
- u
+ 1.1
- 0,2
- 0,4
13.-14.
+ 0,6
+ 0,8
4- 1,2
- 0,3
+ 0,5
+ 0,9
14.-15.
+ 0,5
+ 1,2
- 0,5
-1- 0,2
- 0,1
+ 0,5
15.-16.
+ 0,1
- 0.9
+ 0,9
+ 0,2
+ 3,5
+ 1,7
0,0
0,0
0,0 I
0,0
0,0
0,0
l) Wilhelm Schlemüller. Der Zusammenhang zwischen Höhenunter-
schied, Temperatur und Druck in einer ruhenden, nicht bestrahlten Atmosphäre,
sowie die Höhe der Atmosphäre. Prag, 1880.
") Vergl. hierzu auch die Dissertation des Verfassers: „Beitrag zur Berech-
nung barometr. bestimmter Höhenunterschiede." Borna-Leipzig, 1907. S. 8 ff.
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veraeM??£wwren Schreiber- Genauigkeits versuche mit einem B. Aneroide. 467
Genauigkeitsbetrachtungen.
Zunächst können wir aas Tabelle VI die Differenzen zwischen je zwei
Ablesungen jeder Reise auf jedem einzelnen Punkte bilden und erhalten
für den mittleren Wert dieser 48 Differenzen
d — ± 0,058 mm.
Hieraus erhalten wir für den mittleren (unregelmässigen) Fehler einer
Luftdruckbeobachtung
m = = ± 0,041 mm
in guter Uebereinstimmung mit dem aus unseren Liliensteinbeobachtungen
abgeleiteten Werte
m = ± 0,04 mm.
Schmidt i) gibt für diesen Fehler bei Naudetschen Aneroiden ±0,11 mm
an. Der Wert + 0,04 mm gilt übrigens unter den ungünstigsten Umständen,
d. h. insbesondere für das im Transporte befindliche Aneroid unter starken
Druckänderungen. Wenn sich das Aneroid an einem bestimmten Orte in
Ruhe befindet, so wird man durch Vergleichung mit einem feinen Queck-
silberbarometer oder mit einem gleichartigen Aneroide zu einem viel ge-
ringeren mittleren Fehler einer Luftdruckmessung gelangen. Schmidt hat
a. a. 0. bei demselben Naudetschen Aneroide, für welches die obige Fehler-
angabe + 0,11 mm gilt, durch Yergleichungen im Ruhezustande den Fehler
0,07 : Y2 = Hr 0,05 mm gefunden. Wir sind zwar nicht in der Lage ge-
wesen, derartige Yergleichungen mit dem vorliegenden Bohneschen Aneroide
anzustellen, glauben aber, aus dem Verhalten der Naudetschen Aneroide
schliessen zu dürfen, dass dieser Fehler bei dem Bohneschen Instrumente
nicht grösser als ±0,03 mm ist.
Hammer») erhält den Instrumentfehler bei Bohneschen Aneroiden
neuerer Konstruktion zu m = ± Vis mm, bemerkt aber, dass er wahr-
scheinlich zu + 1/m nun anzunehmen sei, weil in dem ersten Werte noch
der Einfluss der atmosphärischen Störungen enthalten ist. Die zweit«
Angabe wird durch unsere Untersuchungen bestätigt.
Wir haben weiter aus den Tabellen V, X, XIII und XV, in denen
die wahren Fehler der Höhenunterschiede zusammengestellt sind, den
mittleren Fehler eines Höhenunterschiedes berechnet. Aus den 4 Tabellen
ergeben sich nacheinander durch Quadrierung der 90 Höhenunterschiede
für die 4 Berechnungen
Ml=V"^=± 0,93 m
l) Dr. Max Schmidt. Ueber den praktischen Wert Naudetscher Aneroide,
München. 1876. S. 13.
*) Hammer, Genauigkeitsversuche pp. Zeitschrift für Vermessungswesen.
XIX. Band. 1890. S. 79.
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468 Schreiber. Genaoigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. _ zeinebrm m
= VT?" ±°-91m
Wir überzeugen uns hieraus zunächst, dass die Berechnung nach den
4 verschiedenen Methoden auf den mittleren Fehler eines einmal gemessenen
Höhenunterschiedes keinen bedeutenden Einrluss ausgeübt hat. Wir können
diesen Fehler vielmehr rund zu + 0,90 m, den wahrscheinlichen Fehler zu
ic = ± 0,60 m
annehmen, bemerken aber ausdrücklich, dass sich dieser Fehler zunächst
nur auf Höhenunterschiede zwischen 0 und 70 m beziehen kann.
Um darzutun, dass die Genauigkeit des vorliegenden Bobneschen In-
strumentes die der älteren Naudetschen Aneroide ganz bedeatend über-
wiegt, wollen wir aus der älteren Literatur einige uns bekannt gewordene
Genauigkeitsangaben zitieren.
Bauernfeind i) hat einen Höhenunterschied von 6,91 m durch 28
Messungen bestimmt, w — + 0,90 m.
Bauernfeind berichtet a. a. 0. auch über Messungen auf Eisenbahn-
fahrten. Für diese Messungen die in ähnlicher Weise angestellt wurden,
wie die unsrigen, hatte Bauernfeind in München und Regensburg Kontroll-
beobachtungen angeordnet, welche bei der Berechnung der wegen der zeit-
lichen Aenderungen des Luftdruckes zu verbessernden Barometerstände
in Betracht gezogen wurden, insofern die Beobachtungen an dem im Eisen-
bahnwagen mitgeführten Aneroide nicht selbst genügenden Aufschluss gaben
über die zeitllichen Luftdruckänderungen. Insoweit lassen sich also die
Baaernfeindschen Fehlerangaben nicht ohne weiteres mit den unsrigen
vergleichen, weil diese sich auf Beobachtungen beziehen, die durchaus mit
einem einzigen Aneroide angesteltt sind. Dafür beziehen sich aber die
Bauernfeindschen Angaben auf Seehöhen, bezw. auf Höhenunterschiede
gegen den Anfangspunkt der Reise, so dass es sich bei Bauernfeind teil-
weise um grössere Höhenunterschiede handelt, als in unserem Falle.
Andrerseits wieder kommen unter den Beobachtungen Bauernfeinds sehr
kleine Höhenunterschiede vor, die den Fehler ungünstig beeinflussen, weil
bei kleinen Druckdinerenzen die Instrumentfehler infolge der Trägheit des
Instruments, die in der unvollkommenen Elastizität seiner Hauptteile ihren
Grund hat, ganz bedeutend in den Vordergrund treten. Im ganzen ge-
') Bauern feind, Beobachtungen und Untersuchungen über die Eigen-
schaften und die praktische Verwertung der Nandetschen Aneroidbarometer.
München, 1874, S. 86 ff. . •
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r^inSSSwem Scbreiber- Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 469
nommen lassen sich die nachstehenden Fehler mit dem nnsrigen w = 0,60 m
vergleichen.
Die Bauernfeindschen Angaben sind folgende:
a) 16 Beobachtungen: Grösster Höhenunterschied zwischen dem höchsten
und tiefsten Punkte 186 m. Luftlinie 34 km. to = 1,04 m,
b) 21 Beob. Grösster Unterschied 141m. Luftlinie 83 km w = 1,03 m,
c) 20 „ „ * 131 „ 62 „ w = 1,18 m,
d) 26 i „ „ 78 „ „ 54 „ w = 1,12 m.
Schreiber1) hat für seine Messungen (Fusstouren) den wahrschein-
lichen Fehler bei einer Höhenmessung zu w = 1,4 m angegeben. Hierbei
sind jedoch wie bei Bauernfeind zwei Aneroide verwendet worden und zwar
dergestalt, dass beide Aneroide in Bewegung waren und die beobachteten
so dirigiert wurden, dass sie zu bestimmten Zeiten nacheinander auf sogen.
Hauptpunkten eintrafen; aus den Beobachtungen an letzteren konnte eine
sogen. Druckkurve ermittelt werden, die Aufschluss über die zeitlichen
Aenderungen des Luftdruckes gab.
Schoder2) hat das Aneroid ebenfalls auf Eisenbahnfahrten untersucht
and aus 47 Messungen bei einer grössten Höhendifferenz von 114 m
w = 0,87 m erhalten. Die Dauer zwischen 2 Ablesungen unten und oben
betrug im Mittel 10 Minuten, während sie bei unseren Beobachtungen etwa
S Minuten betrug. Ein Standbarometer kam bei diesen Beobachtungen
nicht zur Verwendung. Die günstigsten Ergebnisse mit Naudet-Aneroiden
auf Fusstouren hat unseres Wissens Schmidts) erzielt. Derselbe erhielt
für Höhenunterschiede bis zu 89 m aus 78 Beobachtungen den wahrschein-
lichen Fehler w = 0,61 m; allerdings lässt sich diese Angabe mit den
nnsrigen nicht vergleichen, weil ein dem Feldaneroid gleichartiges zweites
Instrument als Standbarometer zur Beobachtung der zeitlichen Druck-
änderungen benutzt wurde. Hierbei war die grösste Entfernung des Feld-
aneroids vom Standaneroid nur 11 km. Aus 294 Einzelbeobachtungen,
unter denen allerdings Höhenunterschiede bis zu 300 m vorkamen, erhielt
Schmidt w = 0,70 m. Hierbei ist allenthalben ein Standaneroid ver-
wendet worden.
Wir verweisen hierzu der Vollständigkeit halber noch auf die Ver-
suche von Hammer.*) Dieselben wurden an 6 Punkten, von denen der
oberste gegen den uutersten bei einer Horizontalentfernung von ca. 1300 m
l) Dr. Paul Schreiber. Das Flächennivellement mit Aneroidbarometern.
Zirilingenieur. Band XXI. S. 390.
*) Dr. H. Schoder. Hilfstafeln zur barometrischen Höhenbestimmung nebst
einer Anleitung zur Untersuchung und zum Gebrauch der Federbarometer.
Stuttgart 1874. S. 35.
») Vergl. Fussnote ») auf Seite 467. '
4) Vergl. Fussnote «) auf Seite 467.
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470 Track. Das Pulfrichsche Stahlmessrohr etc. vem^SuSSw^en
1907.
einen Höhenunterschied von 68 m hatte, angestellt, wobei einfache lineare
Interpolation stattfand. Die Zeitdauer eines Ganges, bei dem sämtliche
6 Punkte abgelesen wurden, betrug 25 — 32 Minuten. Bei 6 solchen Gängen
ergeben sich nacheinander w = 0,80, 0,54, 0,27, 0,22, 0,21 und 0,48 m.
Im Durchschnitt erhielt Hammer durch Hinzunahme weiterer Beobachtungen
w = 0,44 m. Aus den gemachten Angaben erkennt man, dass die
Hammerschen Fehlerangaben sich mit den unsrigen nicht vergleichen
lassen, da die Beobachtungen unter ausgesucht günstigen Verhältnissen
angestellt sind. ») (Fortsetzung folgt)
Das Pulfrichsche Stahlmessrohr als Distanzmesslatte
in seiner Anwendung bei stereophotogrammetrischen
Aufnahmen.
Von Hauptmann a. D. Sigismund Truck in Wien.
Die von mir im Verlaufe der letzten Jahre rationell durchgeführten
Genauigkeitsuntersuchungen und praktischen Erprobungen des stereophoto-
grammetrischen Messverfahrens für Ingenieurzwecke umfassten natur-
gemäss auch die Methoden und die Ergebnisse der Standlinienmessung, wo-
durch Anlass zu verschiedenen diesbezüglichen Erwägungen gegeben wurde.
Da bekanntlich ein Fehler in der gemessenen Standlinie mit seiner
ganzen relativen Grösse in den konstruierten Plan eingeht, muss die Länge
der Standlinie mit besonderer Sorgfalt ermittelt werden. Insbesondere ist
anzustreben, die Länge der Standlinie auf i/1000 der Natur genau zu er-
halten.
Die unmittelbare Messung der Standlinie mit geeichtem Stahlmessband
bezw. mit Messlatten kann mit Vorteil nur in ebenem Gelände Anwendung
finden. Im schwierigen Terrain sind mit Bezug auf Raschheit und Ge-
nauigkeit der Messung die optischen bezw. die mikrometrischen Mess-
methoden der Standlinien besonders empfehlenswert.
Aus diesem Grunde hat auch Dr. Pulfrich-Jena bei seinem Photo-
theodolit die Einrichtung für die Messung der Standlinien derart getroffen,
dass eine mit einer hundertteiligen Messtrommel versehene Mikrometer-
schraube (zugleich für die Feinbewegung des Phototheodoliten um die
vertikale Umdrehungsachse bestimmt) und eine horizontale Messlatte
hierfür iu Anwendung gebracht wurden.
Phototheodolit und Messlatte sind während der Messung der Stand-
linie auf den beiden Endpunkten derselben aufgestellt. Die Messschraube
ist so eingerichtet, dass die Höhe eines Schraubenganges zum Abstand
') Ueber die von Koppe und anderen gefundenen Fehler vergl. Jordan,
II. Band, 6. Auflage, 1904, S. 660.
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veSewuSSw^en Truck. Das Pulfrichsche Stahlmessrohr etc. 471
1907.
derselben von der vertikalen Umdrehangsachse entsprechend abgestimmt
ist, wodurch der lineare und der Winkelwert eines Trommelteiles sich
genan ergibt. Die Messlatte ist 1 m lang, in Zentimeter geteilt und ent-
sprechend beziffert.
Die Art der Durchführung der Messung der Standlinie mit den von
Dr. Pulfrich angegebenen Einrichtungen als bekannt vorausgesetzt, ist hier
ganz besonders hervorzuheben, dass man hierbei die Länge der Standlinie,
unabhängig von der Grösse des Höhenunterschiedes der beiden Standpunkte,
ohne jede Rechnung unmittelbar auf den Horizont reduziert in Metern
erhält.
Dieses Messverfahren hat sich auch bei den eingangs erwähnten prak-
tischen Erprobungen sehr gut bewährt.
Ein anderer Umstand kam hier jedoch in Betracht. Sollte eben die
Messung eine Genauigkeit bis auf mindestens i/iooo der wahren Länge zu-
verlässig ergeben, so müssten auf der norizontallatte auch die Millimeter
verlässlich zur Ablesung gelangen, was aber natürlich nur durch Schätzung
derselben erfolgen kann. Die Genauigkeit dieser Schätzung hängt aber
von der Länge der Standlinie und von der Yergrösserung des auf dem
Phototheodolit befindlichen Fernrohres, sowie von der Einrichtung der
Visiervorrichtung ab, denn die Dicke des Vertikalfadens kommt hierbei
naturgemäss auch in Betracht.
Die Länge der Standlinie wird zwar bei normalen Eisenbahnbau-
vorarbeiten 50 m selten überschreiten, es ist Wer aber auch die Ver-
grösserung des Fernrohres mit Rücksicht auf sonstige anderweitige For-
derungen in einem gewissen Grade begrenzt.
Da eine Schätzung der Millimeter vorliegt, müssten Serien von
Beobachtungen vorgenommen werden, um einen wahrscheinlichen Wert bis
auf i/1000 der Länge der zu messenden Standlinie zu erhalten. Aus einer
grösseren Anzahl von Beobachtungsserien zur Bestimmung der Länge von
Standlinien zwischen 30 — 40 m, mit Hilfe der erwähnten Messlatte und
etwa achtfacher Vergrösserung des Phototheodolitfernrohres, ergab sich
im Mittel eine Genauigkeit von nur 1/700 bis Vsoo der mit Stahlband ge-
messenen Standlinienlängen.
Es erschien daher wünschenswert, jene Umstände zu beseitigen, welche
die angestrebte Messungsgenauigkeit ungünstig beeinflussten. Ueberdies
war es geboten, die Latte auch für grössere Längen als 50 m mit Erfolg
verwendbar zu machen und zur Vermeidung von Millimeterschätzungen von
einer Zentimeterteilung abzusehen.
Dr. Pulfrich hat inzwischen die geteilte Horizontalmesslatte eliminiert
und durch die Konstruktion des Stahlmessrohres mit Visiermarken,
die auch in grösserer Entfernung noch gut sichtbar sind, alle oberwähnten
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472
Truck. Das Pulfrichsche Stahlmessrohr etc.
Zeitschrift fttr
Vf— Mimtim—
1907.
Unzukömmlichkeiten,
wie in den unten an-
geführten praktischen
Erprobungen und Ge-
nauigkeitsuntersuch-
ungen ich darzulegen
in der Lage bin, in
sehr zufriedenstellen-
der Weise beseitigt.
Dieses Stahlmess-
rohr ohne sonstige
Teilung (siehe Abbil-
dung) besteht aus drei
ineinanderschieb-
baren, mit weisser Oel-
farbe angestrichenen
Stahlrohren, mit
zusammen vier ring-
förmigen, rotgestri-
chenen Schneiden,
die als Visiermarken
dienen. Die beiden
inneren Schneiden sind
an dem mittleren der
drei Rohre in einem
Abstand von genau
1 m befestigt, wahrend
die beiden äusseren
Schneiden sich durch
Ausziehen der Rohre
auf genau 3 m Ab-
stand bringen lassen.
Dadurch ist man in
der Lage, auch Langen,
wie sie bei Polygonzügen vorkommen, mit entsprechender Genauigkeit
zu messen.
Die drei Rohre werden durch Gewinde an den Rohrenden in feste
Verbindung gebracht. Der genaue Abstand der Schneiden wird durch An-
schläge gesichert. Die Länge der eingeschobenen drei Rohre beträgt 1,2 m.
ihr Gewicht 2 kg. Im Felde werden sie an einem Riemen über der Schulter
getragen, wobei die Schneiden durch Lederkappen geschützt sind. Bei
grösseren Transporten wird das Stablmessrohr in einem Holzfutteral verpackt.
Google
▼otSwwwmm Track. Das Pulfrichsche Stahlmessrohr etc. 473
Die Verbindung des Stahlmessrohres mit dem Dreifuss des Statives
erfolgt mittels des sog. Lattenträgers. Derselbe ist mit einem mit Strich-
kreuz versehenen Fernrohr von schwacher Vergrösserung ausgerüstet und
um eine horizontale, dem Stahlrohr parallel gerichtete Achse drehbar,
dicht unter dem Lager angebracht, wodurch dasselbe während der Messung
mit entsprechender Genauigkeit senkrecht zur Standlinie gestellt werden
kann. Der Lattenträger in fester Verbindung mit dem Fernrohr wird beim
Transport in ein besonderes Futteral gelegt.
Da ich im vorstehenden die Genauigkeit der Standlinienbestimmung
für Ingenieurzwecke im Auge habe, wurden die nachfolgend angeführten
Untersuchungen nur für Längen innerhalb 70 m durchgeführt.
Diese Untersuchungen erfolgten mit dem Phototheodoliten Modell Ii,
9 X 12 cm, der Firma Karl Zeiss in Jena. Die Fernrohrvergrösserung
ist hier ca. achtfach.
Das Ergebnis dieser Arbeiten ist aus der vorliegenden Tabelle ersichtlich :
Fortlaufende
Zahl
Mit Stahl-
messband
gemessene
Standlinie
Anzahl
der Mes-
sungen
Mikro-
metrisch ge-
messene
Standlinie
Anzahl
der
Doppel-
einstel-
lungen
Differenz
zwischen
Messband-
und mikro-
metrische
Messung
Genauig-
keitsgrad
rund
1
66,41 m
doppelt
66,40 m
23
+ 0,01 m
2
48,18 „
48,16 „
17
+ 0,02 „
7,400
3
41,93 „
*
41,95 „
15
- 0,02 „
V««
4
39,76 „
39,77 „
11
- 0,01 „
VitN
5
28,42 ,
n
28,41 u
8
+ 0,01 „
7*00
Wie man sieht übersteigen diese Resultate die angestrebte Genauig-
keit von 7iooo der Länge nicht unerheblich.
Die Genauigkeit der Standlinienmessung mit Hilfe der Mikrometer-
schraube und des Stahlmessrohres hängt hauptsächlich ab:
1. Von der Standlinienlänge bezw. der Fernrohrvergrösserung des
Phototheodoliten, dann von der Genauigkeit der Einstellung der
Visiervorrichtung (Strichkreuz) auf die ringförmigen Schneiden
des SUhlmessrohres.
2. Von der Präzision der Ausfertigung der Mikrometerschraube,
ihrer tadellosen Abstimmung und der Solidität des zur Herstellung
der Schraube verwendeten Materiales.
3. Von der regelrechten Handhabung der Mikrometerschraube wäh-
rend der Messung.
ad 1. Da es vorkommen wird, dass bei Ingenieurarbeiten auch
grössere Distanzen als die Standlinienlängen zur Messung gelangen, wurde
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474 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart.
beim definitiven Phototheodolitmodell die Fernrohrvergrösserung ent-
sprechend erhöht, wodurch auch Entfernungen, wie sie bei Polygonzügen
vorkommen, mit verlasslicher Genauigkeit erhalten werden.
ad 2. Die in der Tabelle angeführten Resultate lassen auf eine
tadellose Ausführung der Mikrometerschraube schliessen. Nachdem die-
selbe gleichzeitig, wie bereits erwähnt, auch für die Feinbewegung des
Phototheodoliten um die vertikale Umdrehungsachse dient, blieb der wich-
tige Umstand zu untersuchen, ob die mit der vollständigen Adjustierung
5,2 kg wiegende, während der Feinbewegung auf die Mikrometerschraube
wirkende Kamera nicht Unregelmässigkeiten in der Funktionierung der
ersteren hervorbringe.
Zu diesem Zwecke wurde unmittelbar nach jeder Einstellung auf die
Schneide die Lesung gemacht, in dieser Stellung die Schraube durch drei
Minuten belassen, und sodann die Ablesung wiederholt, um zu untersuchen,
ob nicht eine selbsttätige Veränderung durch eventuellen Druck der Ka-
mera auf die Mikrometerschraube erfolge. Die in dem Zeitintervall von
je drei Minuten auf derselben Einstellung erfolgten Lesungen blieben ein-
ander gleich. Abgesehen von der verlässlichen Stabilität des Statives gilt
dieser Umstand als Beweis, dass eine selbsttätige Veränderung der Mess-
schraube nicht erfolgte, und da auch die Resultate aller Doppeleinstellungen
untereinander gut übereinstimmten, erhielt man die Gewissheit von der
tadellosen Solidität des für die Herstellung der Schraube verwendeten
Materials.
ad 3. Bekanntlich soll jede Mikrometerschraube, um einen eventuellen
toten Gang unschädlich zu machen, stets im gleichen Sinne der Bewegung
der Schraube eingestellt werden, was hier nicht unerwähnt bleiben soll, da
eine diesbezügliche Unterlassung das Messungsresultat merklich beeinflusst
Aus den Resultaten dieser praktischen Untersuchungen ergeben sich
die Vorzüge der neuesten Pulfrichschen Einrichtungen für Distanzmessungen
im Vergleiche mit den eingangs erwähnten, wodurch die horizontalen Mess-
latten mit Zentimeterteilung bei stereophotogrammetrischen Aufnahmen
nunmehr entbehrlich erscheinen.
Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart.
Von Obergeometer Widmann.
Der in Heft Nr. 8 dieser Zeitschrift vom 11. März 1907 enthaltene
beachtenswerte Aufsatz über die Anwendung der Photographie zur Ver-
vielfältigung bayerischer Katasterpläne, und der Umstand, dass schon von
vielen Kollegen des engeren und weiteren Vaterlandes Anfragen an den
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v.m'.MawwMtn Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart 475
Verfasser dieses gerichtet wurden, in welchen um Mitteilung der in Stutt-
gart angewendeten Methoden der Herstellung und Vervielfältigung von
Plänen kleinen und grossen Massstabes gebeten wurde, gaben Veranlassung,
im nachfolgenden Uber das in verschiedenen Massstäben gefertigte Karten-
werk der Stadt Stuttgart Mitteilung zu machen; um so mehr, als die in
dem erwähnten Aufsatz angegebene Methode der Reduktion von Karten
grösseren Massstabes in solche kleineren Massstabes auf photomechanischem
Wege beim hiesigen Vermessungsamt schon seit einigen Jahren in An-
wendung ist.
Die Mitteilung der Erfahrungen, welche sowohl bei der Anfertigung
von Originalplänen und deren Vervielfältigung, als auch bei der photo-
graphischen Reduktion solcher in die verschiedensten Massstäbe, in Ver-
bindung mit Lithographie und Farbendruck gemacht worden sind, wird
gewiss manchem Kollegen, welchem ähnliche Arbeiten bevorstehen, nicht
unwillkommen sein, und damit würde der Zweck dieser Abhandlung erfüllt.
Die Stadtpläne im Massstab 1 : 600 und 1 : 250.
Mit dem Inkrafttreten der neuen allgemeinen Bauordnung für das
Königreich Württemberg vom 6. Oktober 1872 machte sich insbesondere
in Stuttgart bei Behörden und Privaten das Bedürfnis für neue Karten
grösseren Massstabes fühlbar, da die vorhandenen staatlichen Flurkarten
in den Massstäben 1 : 2500 und 1 : 1250 den Anforderungen der neuen
allgem. Bauordnung, welche in § 61 der Vollziehungsverfügung bei Bau-
konzessionseingaben die Vorlegung von Lageplänen im Massstab 1 : 500
vorschreibt, nicht genügten.
Wenn im zweitletzten Absatz gedachter Vollziehungsverfügung gesagt
ist: „Wo amtliche Karten in dem vorgeschriebenen oder einem grösseren
Massstab gefertigt sind, genügt die Vorlegung von Abdrücken derselben,
welche auf den neuesten Stand richtig gestellt sind", so ergab sich die
Zweckmässigkeit der Herstellung solcher Karten eigentlich von selbst. In-
dessen ging noch eine geraume Zeit vorüber, ehe sich die Stadtverwaltung,
welche Stadtpläne grösseren Massstabes am dringendsten bedurfte, ent-
schloss, die Fertigung solcher Pläne über das bebaute und noch zu be-
bauende Stadtgebiet, sowie deren Vervielfältigung anzuordnen.
Für die Fertigung der erforderlichen Originalpläne gab es nun zwei
Wege. Der eine derselben und zwar der nicht nur den Bedürfnissen der
Gegenwart, sondern auch der Zukunft am meisten dienende wäre der einer
vollständigen Neuvermessung der Stadtmarkung unter Zugrundelegung einer
Neutriangulierung und Polygonisierung gewesen.
Gegen eine Neuvermessung, welcher konsequenterweise auch eine neue
Flächenberechnung und die Anlage eines neuen Primärkatasters, sowie die
Berichtigung der Grundbücher hätte folgen müssen, kam, abgesehen von
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476 Widraann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart ^JS1"1^
1907.
dem hohen Kostenpunkt, namentlich auch der Umstand in Betracht, dass
die vorherige zeitraubende Feststellung der Eigentumsgrenzen und deren
Yermarkung die geometrischen Feldaufnahmen und die Kartierungsarbeiten
erschwert und verzögert hätte. Man entschloss sich deshalb, die Her-
stellung von Stadtplänen im Massstab 1 : 500 und 1 : 250 auf einem anderen,
weniger zeitraubenden und billigeren Weges in Werk zu setzen.
Zu diesem Zwecke wurde im Jahre 1880 zunächst die Prüfung bezw.
Berichtigung der bei der Landestriangtüiening in den 20 er Jahren des
vorigen Jahrhunderts auf der Stadtmarkung Stuttgart bestimmten Dreiecks-
punkte und die Bestimmung weiterer den Bedürfnissen der Polygonisierung
entsprechender trigonometrischer Punkte vorgenommen. An diese Punkte
schlössen sich in ausgedehntem Masse die polygonometrischen Haupt- und
Nebenzüge an, welche möglichst in die Strassen und Feldwege gelegt wurden.
Im angebauten Stadtgebiet nahm man, wo es anging, Parallelen zur Strassen-
achse für die Polygonseiten. In letzteren wurden nach Bedarf Zwischen-
punkte eingewiesen und von diesen in die Hofräume oder in das rückwärts
liegende Gelände kleine fliegende Züge gemessen. Die Polygonpunkte
selbst wurden meist auf die Strassenkreuzungen, jedoch wegen des Strassen-
verkehrs möglichst in die Verlängerung des Trottoirrandes gelegt und mit
eisernen Gasrohrstücken von 2 Zentimeter Lichtweite und ca. 60 Zenti-
meter Länge versichert. Neuerdings werden diese Gasrohrstttcke in einen
Betonklotz eingesetzt und mit eisernen Schutzkappen versehen. Im freien
Felde, überhaupt an Stellen, wo die Polygonpunkte nicht gefährdet sind,
wird die eiserne Schutzkappe weggelassen.
Hier sei gleich bemerkt, dass in der Zeit von 1880 — 1907 im ganzen
31 Punkte trigonometrisch und etwa 1500 polygonometrisch bestimmt
worden sind. Die Zahl der Dreieckspunkte dritter und vierter Ordnung
ist vom Königl. Katasterbureau im Jahre 1902 zum Zweck des Anschlusses
aller grösseren zusammenhängenden Vermessungsarbeiten noch beträchtlich
vermehrt worden.
Den oben erwähnten Polygonisierungsarbeiten folgte die geometrische
Aufnahme der Gebäude- Vorderfronten in den Strassen, sowie aller für den
Strassen- und Kanalbau wichtigen Objekte, wobei die Polygonseiten als
Aufnahmslinien benützt wurden. Wo Eigentumsgrenzen und Grenzsteine
an den Strassen und in den Höfen sichtbar waren, wurden solche eben-
falls aufgenommen.
Wurde so einerseits das Gerippe zur Herstellung der Stadtpläne in
den Maßstäben 1 : 500 und 1 : 250 geschaffen, so dienten andererseits die
geometrischen Aufnahmen der Landesvermessung (Originalbrouillons) und
der derselben folgenden, bis zur Gegenwart fortgesetzten Vermessungs-
arbeiten über die Besitzstandsänderungen, d. h. der geometrischen Hand-
risse der Fortführung, als Ersatz für eine Parzellar-Neuaufnahme. Wo
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rera«."55wMren w»dmann. Dag Kartenwerk der Stadt Stuttgart. 477
dieses gesamte Material zur einwandfreien Fertigung der neuen Karten
nicht ausreichte, wurden geometrische Ergänzungsaufnahmen vorgenommen.
Letzteres war in grösserem Umfange namentlich bei der Fertigung der
Karten über die Altstadt notwendig. Das in den Feldbrouillons enthaltene
Zahlenmaterial wird stets in Abschriften niedergelegt und wie die Feld-
aufnahmen beim Vermessungsamt aufbewahrt Interessenten werden die-
selben zur Einsichtnahme jederzeit gerne vorgelegt. Die trigonometrische
and polygonometrische Punktebestimmung geschieht nach den Grundsätzen
der fur Katasterarbeiten vorgeschriebenen technischen Anweisung. Die in
derselben vorgeschriebenen Berechnungsarbeiten, Konspekte, Einmessungs-
skizzen etc. werden in Abschrift der Kgl. Bezirksgeometerstelle abergeben.
Bei geeigneter Verwendung dieses Materials vollzieht sich eine Ka-
ta8temeume88ung nach und nach ganz von selbst, da alle für die Fort-
führung erforderlichen Neuaufnahmen an das neugeschaffene Polygonnetz
angeschlossen werden können.
Auf Grund der im vorangegangenen geschilderten vorbereitenden Ar-
beiten wurden die Kartenblätter im Massstab 1 : 500 und 1 : 250, zusammen
bis jetzt 115, wovon 19 Blätter in 1 : 250 die enger gebauten alten Stadt-
teile enthalten, angefertigt. Von diesen wurden im Laufe der Zeit 31
teils einmal, teils wiederholt rektifiziert. Man erhält auf diese Weise hin-
reichend genaue Pläne als Unterlagen für die Stadterweiterungsprojekte.
Die zahlenmässigen Bestimmungsstücke des auf dem Plan entworfenen
neuen Strassennetzes können von den nächstgelegenen Polygonpunkten ab-
geleitet und örtlich abgesteckt werden.
Die Kartenblätter in 1 : 500 haben bei einer Seitenlänge von 400 Meter
eine Breite von 300 Meter, sind also Rechtecke. Bei den Kartenblättern
in 1 : 250 ist die Länge 200 Meter, die Breite 150 Meter. Sie sind sämt-
lich orientiert und haben an den Sektionspunkten auf gerade Hunderter
des Netzes der Landesvermessung lautende Koordinaten.
Die Originalkarten wurden bis in die neueste Zeit auf Kartons (Papp-
deckel), welche mit bestem kräftigen Zeichenpapier überzogen waren, auf-
getragen. Jedoch sind die Erfahrungen, welche mit solchen Kartons be-
zuglich des Eingehens (Schwunds) und Unebenwerdens gemacht worden
sind, sehr schlechte. Trotz monate- und selbst jahrelangen Trocknens v o r
ihrer Verwendung schwanden sie beim Auftragen der Zeichnung meist noch
ganz erheblich. Am schlechtesten erwiesen sich diejenigen Kartons, bei
welchen die Zeichnungsbogen mit Leim anstatt mit Stärkekleister auf-
gezogen worden waren.
Neuerdings werden anstatt Kartons gewöhnliche, aber vollkommen
ebene Zinkblechtafeln von 0,7 mm Dicke zur Herstellung der Originalpläne
verwendet. Dieselben werden, damit sie eine rauhe und matte Oberfläche
erhalten, auf beiden Seiten mit verdünnter Salzsäure abgerieben und mit
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478 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart vJSäSS254S!l«
Wasser abgewaschen. Letzteres ist notwendig, damit keine Oxydsalze auf
der Platte bleiben.
Die Platten werden nun auf beiden Seiten mit derselben Sorte guten
glatten Zeichenpapiers mittels dünnen Stärkekleisters überklebt und mehr-
mals unter einer lithographischen Handpresse durchgezogen und getrocknet.
Um ein Loslösen am Rande durch den häufigen Gebrauch zu verhindern,
lässt man den einen der beiden Zeichnungsbogen auf allen vier Seiten
über die Platte vorstehen, biegt die vorstehenden Streifen um und klebt
sie an. Da der Ausdehnungskoeffizient des Zinks = i/899 von 0° bis
1000 C. beträgt, so ergibt sich bei einem Temperaturunterschied von 10° C.
eine Längendifferenz von 0,24 mm auf eine Seitenlänge der Platte von
80 cm. Dieselbe beträgt also etwa die Dicke eines mit der Reissfeder
gezogenen feinen Strichs. Tatsächlich ist bis jetzt eine durch Temperatur-
einflüsse bewirkte Differenz an solchen Platten überhaupt noch nicht be-
obachtet worden, was wohl darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die
Papierschichte einen schützenden Eintiuss auf die Platten ausübt. Jeden-
falls kommt eine so kleine Differenz nicht in Betracht, zumal die Platten
bei gleicher Temperatur normal bleiben mtissei.
Nachdem die Platten mit den Zeichnungsbogen überklebt sind, werden
sie mit Fliesspapier belegt und beschwert Sie sind nach 8 — 14 Tagen
völlig trocken und für das Auftragen der Zeichnung verwendbar.
Was ihre übrigen Eigenschaften betrifft, so sind dieselben geradezu
ideal. Sie liegen stets vollständig eben auf, es lässt sich vortrefflich auf
denselben zeichnen und das Ausradieren veränderter Objekte geht wegen
der harten Unterlage viel leichter und rascher von statten, als bei den
Kartons. Da ferner diese Zinkplatten auf beiden Seiten mit Zeichnungs-
bogen überzogen sind, so können auch beide Seiten zur Fertigung von
Originalplänen benützt werden. 1st die eine Seite einer Platte überzeichnet
und der Plan für die Vervielfältigung auf Pauspapier übertragen, so wird
dieselbe zur Schonung der Zeichnung mit einem Konzeptbogen überklebt,
worauf die andere Seite verwendet werden kann.
Die Kosten einer Zinkplatte von 87 auf 67 Zentimeter, wie sie hier
verwendet werden, betragen mit Papierbogen etwa 3 Mk., wogegen die
Kosten eines auf der Rückseite mit Kalikoleinwand überzogenen und aus
mehreren aufeinandergeklebten Zeichnungsbogen bestehenden Kartons 6 Mk.
überstiegen.
Ist die Situation des Originalplans aufgetragen und alles zur Verfügung
stehende, eingangs beschriebene Material mit dem Kataster, dem Grund-
buche und der Oertlichkeit in Uebereinstimmung gebracht, so erfolgt das
Ausziehen der Eigentumsgrenzen mit starken, das der übrigen Objekte mit
feinen Tuschlinien. Dieser Arbeit folgt der Eintrag der Gewende- und
Strassennamen, sowie der Gebäude-, Parzellen-, Weg- und Wassernummern.
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y£££*£££!mb Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. 479
ferner die Bezeichnung aller öffentlichen und bemerkenswerten Gebäude,
Denkmäler, Brunnen etc. Auf den Strassenkreuzungen und öffentlichen
Plätzen werden auch die entsprechenden Höhenzahlen eingetragen. Jedes
Kartenblatt hat rechts oben auf dem Rande seine Nummer. Die Nummern
der anstossenden Blatter sind auf jeder Seite in der Mitte des RandeB
angeschrieben.
Bezüglich der Vervielfältigung der Kartenblätter in den beiden Mass-
stäben 1 : 500 und 1 : 250 ist zu erwähnen, dass dieselbe vom Jahre 1885
bis 1903 auf lithographischem Wege erfolgte. Zu diesem Zwecke wurde
dem Lithographen eine Kopie der im Originalplan enthaltenen Zeichnung
auf Pauspapier nebst dem Originalplan übergeben. Die Planpause diente
demselben zum Uebertragen der geometrischen Zeichnung Auf den Stein
und nachheriger Gravur. Dem Originalplan entnahm er das Uebrige. War
der Stein graviert, so erfolgte die Herstellung der Auflage, in der Regel
100 Abdrücke, auf trockenem Wege durch Ueberdruck.
Die Kosten der Gravierung und des Drucks eines Kartenblatts, samt
einer Auflage von 100 Stück einschliesslich des Papiers, betrugen durch-
schnittlich 300 Mk.
Seit dem Jahre 1903 werden die Kartenblätter 1 : 500 und 1 : 250
durch direktes Kopierverfahren auf Aluminiumplatten übertragen, von
welchen die erforderliche Auflage unmittelbar gedruckt wird.
Ueber dieses Verfahren, seine Vorteile und Mängel werden weitere
Mitteilungen im nächsten Heft dieser Zeitschrift folgen.
Hier sei noch erwähnt, dass im Jahre 1891 ein Uebersichtsplan der
Stadtmarkung Stuttgart mit Umgebung im Massstab 1 : 10000 und in den
Dimensionen von 81 auf 68 Zentimeter Bildfläche gefertigt wurde. Der-
selbe entsprach einem dringenden Bedürfnis, da ein derartiger Plan über-
haupt nicht vorhanden war. Es wurden in diesem Plan nicht allein sämt-
liche Parzellengrenzen, sondern auch die bis zu jenem Zeitpunkt fest-
gestellten Baustrassen angegeben. Ein Ausschnitt aus demselben wurde
auch mehrere Jahre als Planbeilage zum Stuttgarter Adressbuch verwendet.
Im Jahre 1894 wurde sodann ein weiterer Stadtplan im Massstab
1 : 5000 in zwei Blättern mit je 76 auf 75 Zentimeter Bildfläche gefertigt,
da der Uebersichtsplan 1 : 10000 wegen seines kleinen Massstabes den
Anforderungen der Neuzeit nicht genügen konnte.
Sowohl bei dem Uebersichtsplan 1 : 10000, als auch bei dem das Stadt-
gebiet mit Umgebung enthaltenden Plan 1 : 5000 wurden die auf den
neuesten Stand ergänzten staatlichen Flurkarten in 1 : 2500 auf photo-
graphischem Wege je einzeln in den erforderlichen Massstab reduziert und
die reduzierte Zeichnung auf Gelatineplatten gepaust, wonach sie auf den
Stein übertragen und graviert wurde. Die Herstellung der erforderlichen
Auflage erfolgte durch Ueberdruck in Verbindung mit Farbendruck.
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480 Personalnachrichten. vJ2m5S5"1iSUb
Als ganz besonders lästiger Missstand wurde beim lithographischen
Verfahren empfunden, dass in der Zeit zwischen Ablieferung der Vorlagen
an den Lithographen und der Fertigstellung der lithographischen Arbeiten
bis zum Auflagendruck eine Menge Veränderungen anfielen und nach-
zutragen waren, so dass die Korrekturen fast kein Ende nahmen.
(Fortsetzung folgt)
Personalnachrichten.
Königreich Preuasen. Der Landmesser und Assistent an der geodät.
Abteilung der Landwirt schalt 1. Hochschule zu Berlin, Otto Kerl, ist am
15. Juni d. J. von der philosophischen Fakultät der Friedrich- Wilhelms-
Universität zu Berlin zum Dr. phil. promoviert worden.
Katasterverwaltung. Das Katasteramt Potsdam im Reg.-Bez.
Potsdam ist zu besetzen; desgleichen das Katasteramt Rtidesh ei m, Reg.-
Bez. Wiesbaden, und das Katasteramt Stargard i/P., Reg.-Bez. Stettin.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Cassel. Erhöhung der Monatsdiäten vom
1./4. 07 auf 200 Mk.: die L. Boll und Stock ström in Wiesbaden, Klause
in Limburg, Doerr in Hanau, Schulze in Eschwege, Riehl in Melsungen.
Remy in Dillenburg. — Etatsm. angestellt vom 1./4. 07: die L. Voigt I.
Quester, Steinbichler und Johann in Limburg, Heller in Echwege.
Berge in Bad Wildungen, Scherle in Hanau, Hasselmann und Bilge
in Frankenberg, Sturmhoefel in Witzenhausen, Brand in Dillenburg,
Voigt II in Wiesbaden, Reccius in Rotenburg. — Versetzt zum 1./8. 07:
L. Volland II von Cassel (g.-t-B.) nach Rinteln; zum 1./7. 07: L. Un-
gemach von Frankenberg nach Marburg. — In den Dienst neu eingetreten
am 1./10. 07: O.-L. Kadow in Rinteln. — L. Beermann ist in Fulda am
1./6. 07 nicht eingetreten, sondern im Kolonialdienst verblieben.
Generalkommissionsbezirk Hannover. Gestorben: L. Than in Lingen
am 15./6. 07. — Versetzt zum 1./10. 07: O.-L. Kadow von Münden
(Hann.) nach Rinteln a/Weser, die L. Albrecht und Grenz von Münden
zur G.-K. Cassel; zum 1./7. 07: O.-L. Hanewinkel und die L. Dem-
merich, Röhrig, Bargdorf, Neupert und Frehse von Northeim nach
Göttingen.
Inhalt.
Wissensch aftl. Mitteilungen: Genauigkeitsversuche mit einem Bobneschen
Aneroide auf Eisenbahnfahrten, von Dr.-Ing. A. Schreiber. — Das Pulfrich-
sche Stahlmessrohr als Distanzmesslatte in seiner Anwendung bei Stereophoto-
grammetrischen Aufnahmen, von S. Truck. — Das Kartenwerk der Stadt Stutt-
gart, von W id mann. — Personalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
Prack ron Carl Hummer, Kgl. Hofbnchdrockerai in Stuttgart.
Digitized by Google
4*1
ZEITSCHRIFT fü« VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat Qnd Dr. O. Eggert, Professor
München »a, Katasterbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 20. Band XXXVI.
11. Juli. »-<
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung 1st untersagt.
Genauigkeitsversuche mit einem Bohneschen Aneroide
auf Eisenbahnfahrten.
Von Dr.-Ing. Albert Schreiber, Kgl. Sachs. Eisenbahn-Bauinspektor.
(Schluss von Seite 470.)
Regelmässige Fehler. Elastische Nachwirkungen.
Bei den bisherigen Fehlerbeobachtungen wurde stillschweigend an-
genommen, dass die auftretenden Fehler unregelmässige seien. Dass dem
aber nicht so ist, erkennt man ohne weiteres aus den Tabellen Y, X,
XIII und XV, indem fast für jeden Höhenunterschied die sämtlichen
6 Fehler überwiegend gleiche Vorzeichen aufweisen.
Rechnerisch kann man dies zum Ausdrucke bringen, indem man z. B.
in Tabelle X bei jeder der 3 Reisen für jeden Höhenunterschied die beiden
Fehler für Berg- und Talfahrt zu einem Mittel vereinigt. Die Quadrat-
summe dieser 45 Fehler ergibt als mittleren Wert
Dieser Fehler müsste sich, wenn keine regelmässigen Fehler vor-
handen wären, zu
m* 0,91
VT =w=±0Mm
ergeben. Der beträchtliche Unterschied lässt ohne weiteres auf das Vor-
handensein regelmässiger Fehler schliessen. Noch deutlicher tritt dies
hervor, wenn sämtliche 6 Fehler für jeden Höhenunterschied zu Mitteln
vereinigt werden.
Zeitschrift für Vermenungiweien 1907. Heft 20. ^6
Digitized
482 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. y^^^JJJ^,
1907.
Tabelle XVI. Fehler der Höhen.
a
o
i.
II.
m.
Mittel
Haupt-
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
mittel
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
2.
-1-06
+ 0,7
+ 0,8
+ 0,7
+ 1,4
+ 1,3
+ 1,2
+ 1,2
+ 1,4
+ 1,3
+ 1,3
+ 1,2
+ 1,1
+ 1,2
+ 1,4
+ 1,3
+ 0,9
+ 0,4
+ 0,5
+ 0,5
0,0
+ 0,4
+ 0,6
+ 0,5
+ 1,0
+ 0,8
+ 0,9
+ 0,8
+ 03
+ 1,0
+ U
+ 1,0
+ 0,9
+ 0,9
+ 1,0
+ 0,9
3.
+ 0.3
+ 0,9
+ 1,0
+ 0.9
+ 2,5
+ 2,1
+ 1,9
+ 13
+ 0,6
+ 04
+ 0,4
+ 0,4
+ 0,8
+ 0,9
+ 1,2
+ 1,2
+ 03
+ 0,2
+ 0,3
+ 0,3
+ 0,3
+ 0,7
+ 1,0
+ 0,9
+ 0,6
+ 0,5
+ 0,6
+ 0,5
+ 13
+ 13
+ 1,4.
+ 13
+ 0,9
+ 0,9
+ 1,0
+ 0,9
4.
+ 0,1
+ 0,7
+ 03
+ 0,6
+ 1,7
+ 1,5
+ 13
+ U
+ 2,7
+ 2,5
+ 2,5
+ 2,3
+ 13
+ 1,3
+ 13
+ 1,6
+ 0,5
0,0
+ 0,1
-0,2
- 0,5
0,0
+ 0,4
+ 05
+ 1,1
+ U
+ 1,1
+ 0,9
+ 03
1 — r—
+ 03
+ 1,1
+ 13
+ 1,0
+ 2,0
+ U
+ 0,9
5.
-h03
+ 03
+ 0,9
+ 0,7
+ 1,7
+ 1,6
+ 1,2
+ 1,0
+ 25
+ 1,9
+ 1,9
+ 1,6
+ 1,6
+ 13
+ 2,6
+ 23
+ 0,1
-0,8
-0,4
-0,7
— 1,6
-1,0
-0,5
-0,6
+ 0,9
+ 0,6
+ 0,8
+ 0.5
+ 0,6
+ 03
+ U
+ 0,9
•
+ 0,7
+ 0,7
+ 1,0
+ 0,7
6.
— 04
+ 0,3
+ 0,5
+ 05
+ 2.3
+ 2,1
+ 1,6
+ 13
+ 2,0
+ 1,7
+ 1,6
+ 13
+ 0,6
+ 0,9
+ 1,7
+ 1,5
+ 1,0
+ 0,1
+ 0,5
+ 0,1
— 03
-0,1
+ 0,4
+ 0,1
+ 0,9
+ 0,7
+ 0,9
+ 0,5
+ 0,7
+ 1,0
+ 1,2
+ 1,0
+ 0,8
+ 0,8
+ 1,1
+ 0,8
7.
— 0,2
*
+ 0,4
+ 0,6
+ 0,2
+ 2,6
+ 2,6
+ 1,8
+ 1,4
+ 1,8
+ 1,5
+ 1,4
+ 1,0
-1,3
-1,0
+ 0,1
-05
-0,9
-2,0
-1,5
-2,0
-2,4
-13
-U
-1,6
+ 0,2
0,0
+ 0,2
-03
-0,4
-0,1
+ 03
-0,1
-0,1
-0,1
+ 05
-0,2
a
0.0
+ 0,6
+ 0,8
+ 0,4
+ 1,9
+ 2,0
+ 1.0
+ 0,6
+ 1,8
+ 1,2
+ U
+ 0,7
-1,2
-0,7
+ 0,7
+ 0^
-03
-1,9
-1,4
-13
-2,9
-2,1
-1,4
-13
+ 0,3
0,0
+ 0,2
-0,3
-0,7
— 0,3
+ 0,1
-0,4
-0,2
— 0,2
+ 0,1
-03
Digitized by Google
t«SSS»!n Schreiber- Genauigkeiteversuche mit einem B. Aneroide. 483
Tabelle XVI. Fehler der Höhen. (Fortsetzung.)
Station
I.
II.
III.
Mittel
I
Haupt-
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
Berg- ;
fahrt |
Tal-
fahrt
Berg- ]
fahrt
Tal-
fahrt
Berg-
fahrt
Tal-
fahrt
mittel
■
9.
— 0,5
-0,2
0,0
-0,4
+ 2,9
+ 3,4
+ 2,0
+ 1,4
1
+ 1,0
+ 1,0
+ 1,0
-0,5
-1,6
-0,6
+ 0,9
+ 03
I
-1,1
-2,0
-13
-1,9
-2,4
-1,8
-U
-13
-0,2
-0,7
-0,5
-0,9
-0,4
+ 03
+ 0,6
+ 0,1
-0,3
-0,2
+ 0,1
-0,4
10.
-0,7
-03
-0,1
-06
0,0
+ 0,4
-U
-1,6
+ 1,2
+ 0,4
+ 0,4
-0,2
-1,9
-1,0
+ 0,6
0,0
-13
-23
-1,9
-23
— 3,5
^-2,8
-1,9
-2,5
— 0,3
-03
-03
-U
-13
-U
-03
-1,4
-1,1
-1,0
-0,7
-15
IL
-0,1
0,0
+ 0,2
-0,2
0,0
+ 0,5
-0,9
-1,2
+ 2,0
+ 1,4
+ 1,3
+ 03
— 2,6
-1,8
-0,3
-0,8
-23
-3,6
-3,2
-3,6
-3,7
-3,1
-2,5
-2,6
— 0^
-0,7
-0,6
-1.0
-2,1
-13
-1,2
-13
-15
-1,1
-0,9
-13
12.
-U
-1,2
-1,0
-1,4
— 0,5
+ 0,1
-0,9
-1,2
+ 0,7
+ 0,1
+ 0,1
-03
— 3,0
-2,2
-0,6
-1,2
— 2,6
-3,6
-3,1
-3,7
-3,7
-3,0
-2,1
-2,7
-1,0
-1,6
-13
-1,9
-2,4
-1,7
-U
-1,7
-1,7
-1,6
-13
-13
13.
-1,0
-1,1
-0,9
-1,2
r
— 0,6
-0,1
-0,8
-U
-0,8
-0,9
-1,0
-1,6
-1,4
-1,1
+ 0,3
-0,1
-2,7
-3,7
-3,1
-3,9
-4,0
-3,3
-2,6
-3,1
-13
-1,9
-1,7
-2,2
— 2,0
-13
-1,0
-1,4
-1,7
-1,7
-1,4
-1,8
14.
— 0,3
-0,6
-0,4
-0,6
— 0,2
+ 0,2
-0,1
-03
-1,0
-0,1
-0,1
-0,4
-0,6
-1,2
-0,1
-0,4
-2,5
-3,3
-2,9
-3,4
— 2,9
-2,5
-13
-25
-1,3
-1,3
-1,1
-13
-1,2
-1,2
-0,7
-1,0
-13
-1,3
-0,9
-15
15.
+ 0,4
+ 0,1
+ 0,1
-0,1
+ 1,0
+ 1,3
+ 1,0
+ 0,9
-1,9
-0,8
-0,7
-0,9
+ 0,3
-0,6
+ 0,1
-0,2
-2,8
— 3,3
-3,1
-33
; -2,2
-1,9
-13
-1,7
-1,4
-13
-1,2
-13
-0,3
-0,4
-0,1
-0,3
— 0,9
-0,9
-0,7
-0,9
16.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Digitized by
484 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. T*jgggg,fgM
Die beste Uebersicht Uber den Eintiuss and das Verhalten der un-
regelmässigen Fehler erhalten wir, wenn die Fehler der Höhen zusammen-
gestellt werden. Diese Fehler findet man, wenn in den Tabellen V, X,
XIII und XV die Fehler nacheinander aufaddiert werden. Der Fehler
für die Station mit dem Index n ergibt sich z. B. wenn man die Fehler
der w— 1 vorhergehenden Höhenunterschiede addiert. Diese Fehler der
Höhen sind in Tabelle XVI für die 4 Berechnungen zusammengestellt.
Aus dieser Tabelle kann man den mittleren Fehler u einer Höhe in
gewöhnlicher Weise ableiten und erhält
Die Vergleichung der Werte u unter sich zeigt zunächst, dass die
dritte Berechnung, also Annahme konstanter Temperatur, den besten An-
schluss der Beobachtungen erzeugt
Der Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Werte zeigt, dass
durch die von uns bei der zweiten Berechnung angebrachten Korrektionen
wegen der ungleichmässigen Aenderungen des Luftdruckes die Beobachtungen,
wenn auch nicht wesentlich, verbessert worden sind. Das beträchtliche
Heruntergehen des Fehlers von der zweiten zur dritten Berechnung be-
stätigt nicht nur die längst bekannte Erfahrung, dass bei Interpolations-
messungen das Messen der Lufttemperaturen überflüssig ist, sondern lehrt
auch, dass derartige Temperaturmessungen, wie sie hier angestellt worden
sind, mit beträchtlichen Fehlern behaftet sind und durchaus nicht die
wahren Lufttemperaturen ergeben haben. Die gemessenen Lufttempera-
turen sind im vorliegenden Falle offenbar auch deshalb nicht geeignet,
ohne weiteres in die barometrische Höhenformel eingeführt zu werden,
weil man notgedrungen darauf verzichtet hat, sie mit einer Verbesserung
wegen der zeitlichen (täglichen) Aenderung der Temperatur zu versehen.
Die vierte Berechnung unter Voraussetzung gleichmässiger Temperatur-
abnahrae mit der Höhe gibt gegen die dritte Berechnung unter Annahme
konstanter Temperatur ungünstigere Resultate. Eine Erklärung für diesen
Umstand haben wir nicht gefunden, begnügen uns vielmehr, auszusprechen ,
dass nach unserer Ansicht die Annahme konstanter Temperatur für baro-
metrische Höhenmessungen bei Höhenunterschieden bis zn 500 m und
Interpolation zwischen gegebene Punkte nicht nur genügt, sondern auch
die geringsten Widersprüche zu Tage treten lässt.
Digitized by Google
Zeitschrift fur
1907.
Schreiber.
ersuche mit
B.
Die Vergleichung mit den Werten m (S. 467) beweist nun am deut-
lichsten das Vorhandensein beträchtlicher regelmässiger Fehler, denn die
fi müssten andernfalls mit den entsprechenden m übereinstimmen, weil
beide den mittleren Fehler eines Höhenunterschiedes darstellen und weil
die Fehler der barometrischen Höhenmessung bis zu Höhen von 700 m
über N. N. von dem Höhenunterschiede nahezu unabhängig sind unter der
Voraussetzung, dass die Temperaturfehler eliminiert sind.
Diese Voraussetzung trifft aber in hohem Grade zu, da die Tempe-
raturfehler grösstenteils durch die Rechnung, d. h. durch die Abstimmung
der Beobachtungen auf den Sollunterschied zwischen dem untersten und
obersten Punkte unschädlich gemacht worden sind. Man kann dies aber
auch aus dem Verlaufe der in Tabelle XVI zusammengestellten Fehler
schliessen. Trägt man das Mittel der berechneten Fehler nach der dritten
Berechnung für die 3
Bergfahrten (drittletzte
Spalte), ebenso das der
Fehler für die Talfahrten
(vorletzte Spalte) als
Funktion der Höhe auf,
so erhält man die in den
Figuren 1 und 2 aufge-
tragenen Punkte, die nach
dem Augenmasse durch
Kurvenzüge verbunden
worden sind.
3?
Fig. 1. Bergfahrten.
Fig. 2. Talfahrten.
Wie man aus diesen Figuren erkennt, nehmen die Fehler der Höhen
einen ganz regelmässigen Verlauf. Aus letzterem lässt sich aber leicht
weiter schliessen, dass die Fehler keineswegs von der Temperatur her-
rühren. Denn wäre letzteres der Fall, so würde die Neigung der Kurven-
tangente in jedem Punkt ein Mass für den Temperaturfehler (abgesehen
von einer additiven Konstante) abgeben. Denkt man sich also eine andere
Kurve konstruiert, indem man in jedem Punkte den Differentialquotienten
der Kurve Fig. 1 aufträgt, so würde diese die Temperatur fehl er in den
einzelnen Punkten veranschaulichen. Da aber die Fehlerkurve Fig. 1
etwa in der Mitte einen Wendepunkt aufweist, so würde die abgeleitete
Temperaturfehlerkurve an derselben Stelle ein Minimum aufweisen und
es wurde sich ergeben, dass in der Mitte jeder Fahrt, also etwa in den
Punkten 5 — 11 alle Temperaturen zu hoch angenommen worden sind und
bei den Punkten 1—4, sowie 12— 16 zu niedrig. Ein solcher Verlauf
eines etwa vorhandenen regelmässigen Temperaturfehlers ist aber schlechter-
dings unwahrscheinlich, weil er mit der Tatsache in Widerspruch steht,
dass die Temperatur mit der Höhe abnimmt. Dass die in Fig. 1 und 2
486 Schreiber. GenauigkeitSTersuche mit einem B. Aneroide. ^^zwucbrinjur^
1907.
dargestellten Fehler nicht mit der Temperatur zusammenhängen, kann
auch daraus geschlossen werden, dass die entsprechenden Kurven fur die
erste, zweite und vierte Berechnung fast denselben Verlauf zeigen, wie
für die dritte Berechnung (Fig. 1 und 2).
Dass irgend eine andere lokale Ursache für diesen regelmässigen
Fehler, in erster Linie also etwa ein wellenförmiger Verlauf der Flächen
gleichen Drucks gegen die Niveauflächen vorliegt, ist ausgeschlossen, denn
die Figuren 1 und 2 würden diesfalls die relative Lage der Flachen
gleichen Druckes gegen die Niveauflächen darstellen. Macht schon der
Betrag der Amplitude dieser Wellen (bis zu 1,8 m) eine solche Annahme
ganz unwahrscheinlich, so folgt dies auch aus anderen ähnlichen Beo-
bachtungen, die wir auf der Linie Dresden-Kipsdorf (36 km) zwischen den
Seehöhen 117 und 535 m ebenfalls im Eisenbahnwagen angestellt haben.
Die Berechnung der Beobachtungen ergab nach Grösse und Vorzeichen
denselben Verlauf der regelmässigen Fehler wie in Fig. 1 und 2.
Hiernach ist also anzunehmen, dass wir es mit regelmässigen In-
strumentfehlern zu tun haben. Dass solche aber nicht von der fehler-
haften Teilung der Skala herrühren können, folgt schon aus der Grösse
dieser Fehler (in Quecksilbermass bis 1/6 mm). Da nämlich der ganze
Kreis des Aneroides in 100 mm eingeteilt ist, so würde der Teilungs-
fehler in analytischem Masse bis zu i/eooi oder bis 36 Bogenminuten be-
tragen, was wohl nahezu als ausgeschlossen gelten kann.
Wenn nun der Ursache der regelmässigen Fehler weiter nachgeforscht
wird, so könnte man an eine Exzentrizität des Zeigers denken. Da aber
dieser bei jeder Fahrt sich nur etwa um 150° gedreht hat, so ist diese
Annahme ausgeschlossen, denn die Fehlerkurve würde, wenn eine Ex-
zentrizität vorliegen sollte, nur ein einziges Maximum oder Minimum auf-
weisen.
Es bleibt also nur die Annahme übrig, dass elastische Nachwirkungen
vorliegen. Dass solche hier in die Erscheinung treten würden, war wegen
des verhältnismässig grossen Druckintervalles und in Rücksicht auf die
schnelle Druckänderung, deren Geschwindigkeit bis zu 1 mm in der Minute
betragen hat, von vornherein zv erwarten.
Nach Lage der Sache kann es sich hier nur um solche elastische
Nachwirkungen handeln, die während der Druckänderung auftreten. Diese
sind zuerst von Reinhertz in der auf S. 449 zitierten Abhandlung1) unter-
sucht worden. Er gelangt durch eine einfache Ueberlegung zu dem
Schlüsse, dass die Teilungsverbesserung oder der Gang des Aneroids, d. h.
die Differenz Quecksilberbarometer minus Aneroid als Funktion des je-
weiligen Barometerstandes sich durch eine Kurve darstellen lässt, die sich
») Vergl. a. Jordans Handbuch, II. Band, 6. Auflage, S. 634.
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verm£Sl£5s«n ScnreiDer> Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 487
mit ihrer konkaven Seite, also ohne Aenderung dee Krümmungssinnes an
ihre Tangente im Anfangspunkte der Druckändernng anlegt, nnd bestätigt
dies experimentell an einem Naudetschen Aneroide, dessen Teilungsver-
besserung in Fig. 8 der erwähnten Abhandlung i) durch eine Kurve dar-
gestellt ist
Mit diesen Ergebnissen steht allerdings unsere Fig. 1, welche nach
dem vorhergehenden nun ebenfalls die Teilungsverbesserungen , aber nicht
in mm Quecksilbersäule, sondern in Höhenmass darstellt, im Widerspruche,
insofern die Kurve in Fig. 1 den Krümmungssinn wechselt. Es ist aber
demgegenüber zu bemerken, dass Reinhertz für ein Bohnesches Aneroid,
welches er in derselben Weise wie das im vorigen Absätze erwähnte Nau-
detsche Aneroid auf die elastischen Nachwirkungen während der Bewegung
untersucht hat, eine ähnliche wellenförmige Teilungslinie (Fig. 8) erhalten
hat, wie sie durch die vorliegenden Beobachtungen (Fig. 1) ermittelt
worden ist. Diese Art des Verlaufes der elastischen Nachwirkungen scheint
daher den Bohneschen Aneroiden eigentümlich zu sein.
Reinhertz hat übrigens a. a. 0. (S. 198) den Versuch gemacht, die
Nachwirkung während der Bewegung analytisch als Funktion der Zeit dar-
zustellen und findet, wenn x den in der Zeit, gerechnet vom Beginne der
Druckändernng, infolge der elastischen Nachwirkung zurückgelegten Weg
bedeutet, zunächst für die Geschwindigkeit der Nachwirkung
ff = • +
worin a, b und c positive Konstanten sind, die aus den Beobachtungen
ermittelt wurden und mit dem Tempo der Druckänderung variiren.
Die Integration gibt x als Funktion dritten Grades mit Wendepunkt,
was mit dem für das Bohnesche Instrument angestellten Beobachtungen
übereinstimmt.
Von Interesse ist es nun noch zu bemerken, dass die Teilungslinien
für ab- und zunehmenden Druck (Fig. 1 und 2) nahezu denselben Verlauf
zeigen. Auch dies scheint zunächst mit den Untersuchungen von Reinhertz
(a. a. 0. S. 199) im Widerspruch zu stehen, insofern letzterer feststellt,
dass die bei Druckzunahme und -Abnahme mit demselben Anfangs- und
Endpunkte und demselben Tempo erhaltenen Teilungslinien einander nicht
parallel sind, sondern ähnliche mit ihren konkaven Seiten einander zu-
») Das Wort „Teilungsverbesserung0 wird hier von Reinhertz gebraucht
für Verbesserung wegen der Nachwirkung. Die Neigung jeder Kurventangente
gegen die Tangente im Punkte A (Fig. 1) stellt die Geschwindigkeit der Nach-
wirkung dar. Sie gibt aber, abgesehen von einer Konstanten, auch den Teilungs-
koeffizient an der betr. Stelle, wenn man sich die elastischen Nachwirkungen als
Teilungsfehler vorstellt. Insbesondere stellt die Neigung der Tangente gegen
die Achse A a den Teilungskoeffizienten unter der Annahme dar, daBS für daß
Druckintervall zwischen A und a der (mittlere) Teilungskoeffizient ist.
488 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. r^J2raBÄü
1907.
gewandte Kurven. Dieser Verlauf der Teilungslinien, wie ihn Reinhertz
insbesondere bei Naudetschen Aneroiden gefunden hat, kommt der baro-
metrischen Höhenmessung mit dem Aneroide zugute, weil es dadurch bis
zu einem gewissen Grade möglich ist, die durch elastische Nachwirkungen
entstehenden Höhenfehler zu eliminieren, indem man Beobachtungen bei
ab- und zunehmendem Drucke kombiniert.
Ganz anders ist dies, wie man aus unseren Untersuchungen erkennt,
bei dem Bohneschen Aneroide. Der Verlauf der beiden Teilungslinien ist
ein derartiger, dass die Fehler bei Berg- und Talfahrt sich nicht gegen-
seitig tilgen, worauf bereits im Eingange dieses Abschnittes fS. 481) hin-
gewiesen worden ist. Das Bohnesche Aneroid ist also in dieser Hinsicht
gegenüber anderen entschieden im Nachteile.
Nachdem nun erkannt ist, dass die in unseren Beobachtungen zu Tage
tretenden Fehler zum grossen Teile durch elastische Nachwirkungen ent-
standen sind, kann man weiter schliessen, dass die oben berechneten
mittleren Fehler m und ju in den gewöhnlichen Fällen der Praxis noch
kleiner ausfallen werden; denn es ist ersichtlich, dass unsere Beobachtungen
angesichts des. grossen Druckintervalls und der schnellen Druck Änderung
(Tempo bis zu 1 mm in der Minute) eigens darauf zugeschnitten waren,
die elastischen Nachwirkurgen hervortreten zu lassen.
Nimmt man z. B. in Tabelle XIII die Fehler der Höhenunterschiede
3—4, 4—5, 5—6, 11—12, 12—13, 13—14 heraus, also diejenigen welche
in den Figuren 1 und 2 in der Nähe der Punkte P und Q liegen, wo der
der Nachwirkung entsprechende Teilungskoeffizient sehr klein und nahezu
0 ist (vergl. die Fussnote auf S. 487) die Nachwirkung also unwirksam
bleibt, und bildet aus diesen 36 Fehlern ein Mittel, so ergibt sich der
mittlere Fehler eines einmal gemessenen Höhenunterschiedes zu ±0,71 m,
während wir auf S. 468 m = ±0,87 m erhalten hatten.
In der technischen Praxis werden so grosse Druckintervalle, wie im
vorliegenden Falle, selten vorkommen und es werden ferner die Druck-
änderungen weit langsamer vor sich gehen. Besonders kommt aber den
Aneroidmessungen in der Praxis zugute, dass sich das Instrument in der
Regel in auf- und niedergehender Bewegung befinden wird. Die Nach-
wirkungen werden also in der Praxis, wenn man schnelle Druckänderungen
vermeidet, nur in sehr geringem Grade auftreten und unter den unregel-
mässigen Fehlern verschwinden. Wir haben mehrfach das Aneroid vor
Antritt der Reise und einige Stunden nach Beendigung derselben mit einem
in Ruhe befindlichen Aneroide verglichen und gefunden, dass sich die
Standkorrektion nur um ganz geringe Beträge geändert hatte. Diejenigen
Nachwirkungen, welche durch die während der Reise eingetretenen Druck-
änderungen hervorgerufen worden waren, hatten sich also nach Verlauf
von 2 bis 3 Stunden nach Rückkehr auf den Anfangsdruck verloren, bezw.
Digitized by Google
zeiuchrtft für Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 489
gegenseitig aufgehoben. Die Druckänderungen hatten hierbei bis zu 50 mm
betragen, i)
Weitere Beobachtungen.
Einesteils zur Bestätigung der vorgängigen Bemerkungen, andernteils
um einen anderen Fall der Berechnung von Barometerbeobachtungen vor-
zuführen, teilen wir die Ergebnisse von Beobachtungen mit, die wir am
30. Juni 1905 abends zwischen 6 und 10 Uhr auf der 126 km langen
Strecke Lengenfeld i/V. — Klingenberg angestellt haben. Das Aneroid wurde
auf allen Stationen dieser Strecke abgelesen, auf welchen der Zug anhielt,
und es ist selbstverständlich keine von den Beobachtungen unterdrückt
worden. Das Profil der Strecke ist in Fig. 3 dargestellt (100 fache Ueber-
höhung). Der grösste Höhenunterschied ist 210 m, Dauer der Reise
33/4 Stunden.
Die Originalbeobachtungen sind in Tabelle XVII enthalten.
Dieselben sind hier so verarbeitet worden, dass man mit Hilfe der
wahren Höhen und der gemessenen Lufttemperaturen, indem man von
Punkt zu Punkt mit Höhenstufen rechnete und die Luftdrücke ermittelte,
die man beobachtet hätte, wenn der Luftdruck sich nicht geändert haben
würde und keine Instrumentfehler vorhanden wären. Die Abweichungen
l) Immerhin sind die Aenderungen, denen die Standkorrektionen des Instru-
mentes unterliegen, recht bedeutend. Um einen Ueberblick hierüber zu gewinnen,
babeu wir aus den meteorologischen Beobachtungen auf Station Altenberg (Fuss-
note S. 456), nachdem wir die Schwerekorrektion -j- 0,26 mm angebracht hatten,
durch Interpolation nach der Zeit die Barometerstande in denjenigen Augen-
blicken, in welchen die Aneroidablesungen auf Punkt 16 gemacht worden waren,
ermittelt Diese Barometerstände wurden auf die Niveaufläche des Punktes 16
reduziert, wodurch sich folgende Standkorrektionen für unser Aneroid ergeben.
E. B. bedeutet die Korrektion beim Ende der Bergfahrt, A. T. beim Anfang der
Talfahrt.
Augenblick
1
IL
III.
E. B.
+ 0,43
+ 0,88
+ 2,14
A. T.
+ 1,24
+ 0,88
+ 2,86
Man beachte hierzu die Bemerkungen auf Seite 450 über diejenigen Druck-
änderungen, welchen das Aneroid in der Zwischenzeit zwischen E. B. und A. T.
ausgesetzt worden ist.
Beim Ankaufe des Instrumentes (1904) hat die physik.-techn. Iteichsanstalt
die Standkorrektion in der Drucklage 700 mm zu +0,8 mm für abnehmenden
und zu + 1,2 mm für zunehmenden Druck festgestellt. Am 22. Mai 1905, also
zwei Tage nach der Reise I, wurde eine Vergleichung mit dem ^iormalbarometer
des kgl. meteorol. Instituts in Chemnitz vorgenommen, wobei sich die Stand-
korrektion zu + 1,55 mm ergab. Die Standkorrektion des Instruments schwankt
je nach seiner Benutzung zwischen +0,5 und +1,5 mm.
Die auffällig grosse Standkorrektion bei der III. Reise ist höchst wahr-
scheinlich die Folge eines Stosses, den das Instrument erlitten hat.
Digitized by Google
%m0 rvt m>*b 91 SZ
Fig. 3.
Tabelle XVII.
Wahre
t r*.
Luft-
Station
TT « 1_
Höhe
Zpit
temp.
A
M
V
m
mm
C°
mm
mm
Lengenfeld i/v. . .
389,2
42 i VM
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*"OQ Ol
< 23,21
•
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29,2
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Irfersgriln ....
443,3
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719,02
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-0,21
-0,16
Voigtsgrün ....
456,8
62ii
718,05
28;2
- 0,25
- 0.13
Ebersbrunn ....
430,8
ß30
720,10
27,2
-0,26
-0,10
Stenn
383,2
622
723,96
27,1
-0,21
+ 0,04
Zwickau
289,6
6if
731,73
27,0
— 0,27
+ 0,10
Zwickau
289,6
657
731,89
27,0
— 0,43
+ 0,04
Mosel
259,0
7 07
734,51
26,8
-0,50
+ 0,08
Glauchau ....
246,6
7 17
735,65
26,5
-0,61
+ 0,08
St Egidien ....
284,7
730
732,62
26,1
-0,77
+ 0,07
Hohenstein-Ernsttal .
344,9
744
727,89
25,0
-1,05
-0,06
Chemnitz ....
307,9
808
731,19
25,0
-1,27
0,00
Chemnitz ....
307,9
8iZ
731,30
25,2
-138
-0,01
Niederwiesa . . .
292,2
822
732,67
25,2
-1,44
+ 0,10
Flöha
277,7
838
734,02
24,5
-1,58
+ 0,03
Oederan
408,8
858
723,40
23,8
— 1,93
-0,09
Frankenstein . . .
397,8
910
724,39
23,0
-2,01
-0,04
Kleinschirma . . .
418,3
918
722,74
22,4
— 2,07
-0,01
Freiberg
414,5
92*
723,26
21,5
-2,27
-0,10
Muldenhutten . . .
395,6
988
724,89
20,5
-2,32
— 0,02
Niederbobritzsch . .
408,0
911
723,85
19,8
-232
+ 0,06
Klingenberg . . .
437,8
955
721,43
19,0
-2,41
+ 0,07
dieser Sollwerte gegen die beobachteten Luftdrücke sind die in Tabelle XVII
mit A bezeichneten Werte.
Ans den A sieht man, dass der Luftdruck während der Reise um
2,41 mm im ganzen Beobachtungsgebiete gestiegen ist. Ebenso gut kann
man annehmen, dass die Flächen gleichen Druckes an diesem Tage gegen
die Niveauflächen (Flächen gleichen Potentials) geneigt gelegen haben, dass
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Mticbrift für Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. 491
also der auf den Meeresspiegel reduzierte Druck in Klingenberg am etwa
2 l/a mm grösser war, als zu derselben Zeit in Lengenfeld.
Durch einfache Ausgleichung der 4 findet man unter Annahme gleich-
massigen Verlaufes der Luftdruckänderung die Luftdruckkorrektion in der
Fora A = 0 _|_ bt = _ o,03 - 0,0113 <,
wenn t die Zeit, gezählt vom Beginn der Reise ab, bedeutet.
Hieraus finden sich die übrigbleibenden Fehler v in der letzten Spalte
der Tabelle XVII, wobei [t;J = 0 sein muss. Aus der Quadratsumme er-
gibt sich der mittlere Fehler zu
V
0,1265 ____
S=T Ä 1 °'079
(Im Nenner — 2 wegen der beiden Konstanten a und 6.) Der Schluss-
fehler ist also hier proportional der Zeit verteilt worden.
Wenn man erwägt, dass in dem Betrage ± 0,079 mm ausser dem
Instrumentfehler noch die ganz beträchtlichen Fehler wegen der unregel-
mässigen Schwankungen des Luftdruckes, wegen der Temperatur, wegen
der Unsicherheit in den angenommenen sogen, wahren Höhen und dergl.
mehr enthalten sind, so erkennt man auch aus dieser Beobachtungsreihe
die hervorragenden Eigenschaften des Instrumentes. Der Hohenfehler be-
trägt + 0,95 m.
Auf elastische Nachwirkungen lässt sich aus diesen Beobachtungen
nicht seh Hessen. Regelmässige Fehler sind zwar unverkennbar; sie rühren
aber ohne Zweifel in erster Linie von Schwankungen des Luftdruckes her.
Der grösste Fehler beträgt 0,16 mm.
Dieses Beispiel lehrt, dass bei nicht zu grossen Höhenunterschieden
und langsamen Druckänderungen durch vorkommende Druckwechsel und
Druckschwankungen (vergl. das Profil Fig. 3) die Resultate der Höhen-
messung nicht merklich beeinflusst werden.
Schlussbemerkungen.
Um die Ergebnisse unserer Beobachtungen und das, was etwa noch
weiter daraus gefolgert werden kann, kurz zusammenzufsssen , bemerken
wir folgendes:
1. Der mittlere Fehler einer Luftdruckmessung mit dem Bohneschen
Aneroide beträgt +0,03 bis 0,04 mm; hierin sind aber Fehler, die durch
Standänderungen i) , insbesondere Nachwirkungen entstehen, nicht ein-
*) Dass Standänderungen auch bei Qaecksilberbarometern, selbst bei solchen,
die sich in Ruhe befinden, auftreten, dürfte bekannt sein. Prof. Dr. Schreiber
berichtet z. B. im meteorologischen Jahrbuche für 1900, Chemnitz 1904, über
Vergleichungen seines Reise-Normalbarometers (Fuess Nr. 163) mit dem Normal-
barometer der Kaiserl. Normaleichungskommission in Berlin. Das Mittel der 6
Vergleichungen am 1. Mai 1889 differierte vom Mittel der 8 Vergleichungen am
Digitized by GTTogle
492 Schreiber. Genauigkeitsversuche mit einem B. Aneroide. ^iuchrmjur^
geschlossen. Der erste Wert gilt fur den Zustand der Ruhe, also z. B.
für ein als Standbarometer verwendetes Instrument, der zweite Wert gilt
für das in Bewegung befindliche Aneroid, insbesondere also bei Höhen-
messungen.
2. Die Bohneschen Aneroide sind, solange es sich nicht um absolute
Bestimmungen des Luftdruckes handelt, den feinsten Quecksilberbarometern
an Genauigkeit überlegen. Denn der m. F. einer Luftdruckmessung mit
einem solchen beträgt selbst unter sehr günstigen Umständen + 0,07 mm.*)
3. Die Bohneschen Aneroide eignen sich daher besonders zu Inter-
polationsbeobachtungen, demnach in erster Linie zu Höhenmessungen mit
Festpunktanschluss oder Beobachtungen in Schleifen (Rückkehr auf den
Ausgangspunkt). 8)
4. Bei Höhenmessungen unter Festpunktanschluss mit nur einem
Bohneschen Aneroide beträgt nach unseren Erfahrungen der mittlere Fehler
eines Höhenunterschiedes + 0,90 m, wenn die Höhenunterschiede der auf-
einander folgenden Punkte nicht mehr als 80 bis 100 m betragen.
5. Dieser mittlere Fehler geht auf etwa ±0,75 m herunter, wenn
das Gelände derart ist, dass das Auftreten elastischer Nachwirkungen
nicht zu befürchten steht, also z. B. bei durchschnittenem Gelände mit
verlorenen Steigungen und nicht zu steilen Profilen.
6. Bei korrespondierenden Beobachtungen mit zwei gleichartigen
Aneroiden wird der von dem Instrumente herrührende Fehler einer Druck-
differenz etwa Vo,032 -|- 0,04* = + 0,05 mm betragen. 8) Sind die Be-
obachtungen nahezu gleichzeitig oder wenigstens derart ausgeführt, dass
man die regelmässigen Luftdruckänderungen berücksichtigen kann, so wird
der mittlere Fehler eines Höhenunterschiedes nicht mehr als etwa + 0,65 m
betragen, wenn die Temperaturfehler durch geeignete Festpunktanschlüsse
eliminiert werden können und die vorkommenden Höhenunterschiede Dicht
derart sind, dass das Auftreten elastischer Nachwirkungen zu befürchten ist.
2. Mai 1889 um 0,09 mm. Die Barometer waren während der Nacht unverändert
stehen geblieben. Schreiber bemerkt ausdrücklich, dass er nicht in der Lage sei
eine Erklärung der starken Unterschiede der Resultate beider Tage zu geben.
*) Rühlmann, Die barometrischen Höhenmessungen, Leipzig 1870, S. 85
setzt diesen Fehler ± 0,05'" = +0,11 mm. Jordan, Handbuch der Vermes-
sungskunde, II. Band, Stuttgart 1904, S. 658 nimmt rund 0,10 mm. Der Wert
0,07 mm ergibt sich nach Prof. Schreiber im Jahrbuche 1900, S. 5. Der mitt-
lere Fehler einer Vergleichung des Barometers 163 mit dem Normalbarometer
des Kgl. preus8. meteorologischen Instituts berechnet sich aus 15 Vergleichungen
zu 0,027 . VTö f = 0,105 mm. Da hierin zwei Fehler enthalten sind, hat man
den fraglichen Fehler = ± 0,074 mm.
a) Vergl. hierzu unsere Liliensteinbeobachtungen , auch die von Jordan im
II. Bande des Handbuches (1904, S. 650) gegebeneu Mitteilungen über die Be-
steigung der Cheopspyramide.
5) Bei guten Quecksilberbarometern ist der von den Instrumenten herrüh-
rende Fehler in der Messung einer Druckdifferenz 0,10 bis 0,15 mm.
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vemESun,12i™Sen ScnreiDer- Genauigkeitsverauche mit einem B. Aneroide. 493
7. Wenn wiederholte Messungen angeordnet werden, in der Weise,
dass jeder Punkt zweimal, aber zu verschiedenen Tageszeiten und das
zweitemal mit einem anderen Aneroide abgelesen wird, so wird der mittlere
Fehler eines Höhenunterschiedes oder einer Höhe sich auf etwa +0,5 m
herabdrficken lassen. Eine grössere Genauigkeit und Sicherheit der Be-
obachtungen wird auch schon dadurch erzielt, dass man auf jedem Punkte
gleichzeitig zwei Aneroide abliest
8. Es lassen sich also mit Bohneschen Aneroiden Höhenmessungen
mit einer Genauigkeit ausführen, die für viele technische Zwecke, z. B.
allgemeine Eisenbahnvorarbeiten und dergl., mehr als ausreichend ist.
9. Es ist bei barometrischen Höhenmessungen von grossem Werte,
bei jeder Ablesung die Uhrzeit zu notieren.
10. Bei Messungen mit Festpunk tan schluss kann die Messung der
Lufttemperaturen entfallen. Die Berechnung der Höhen erfolgt zweck-
mässig mit HöhenBtufen, bezw. nach der gewöhnlichen Laplaceschen Baro-
meterformel. Dabei ist in jedem Falle besonders zu überlegen, ob der Schluss-
fehler proportional der Zeit oder den Höhenunterschieden zu verteilen ist.
11. Die Berechnung der Höhen mit Hilfe von Formeln, die die Tem-
peraturabnahme mit der Höhe berücksichtigen, gewährt keine Vorteile.
Solche werden wahrscheinlich erst eintreten bei sehr grossen Höhen-
unterschieden i), wie sie in der Praxis sehr selten vorkommen.
12. Bei grossen Höhenunterschieden und schnellen Druckänderungen
ist das Bohnesche Aneroid nur mit besonderer Vorsicht zu gebrauchen.
Es treten in diesen Fällen elastische Nachwirkungen auf, die einen diesen
Instrumenten eigenen Verlauf zeigen, indem die Nachwirkungen bei ab-
nehmendem und zunehmenden Drucke parallel verlaufen, so dass es nicht
möglich ist, die diesen Nachwirkungen entsprechenden Fehler durch ge-
eignete Kombination von Beobachtungen zu eliminieren.
13. Der mittlere Fehler einer Höhe bei Höhenunterschieden bis zu
500 m beträgt, wenn elastische Nachwirkungen auftreten, etwa +1,4 m.
Hierbei ist Festpunktanschluss behufs Elimination der Temperaturfehler
vorausgesetzt.
14. Eisenbahnfahrten auf geeigneten Streckenprofilen bieten ein vor-
zügliches Mittel zur Untersuchung elastischer Nachwirkungen von Aneroiden.
Aus dem Anschluss der Kurven an die einzelnen aufgetragenen Punkte
in Figur 1 und 2 erkennt man, dass die Nachwirkungsbeträge mit einer
Schürfe bestimmt sind, die der mit künstlichen Druckänderungen und
durch Vergleichung mit einem Quecksilberbarometer zu erzielenden Ge-
nauigkeit durchaus nicht nachsteht.
*) Vergl. hierzu : Prof. Dr. Paul Schreiber, Die Zustandsgieichungen einer
Luftsäule. Zivilingenieur, XL. Band, 1894, S. 328 ff.
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Bücherschau.
Hilfstafeln zur Bearbeitung von Meliorationsaufgaben und anderen wasser-
bautechnischen Aufgaben. Von Georg Schewior, Kgl. Landmesser
und Kulturingenieur zu Münster i/W. — Berlin 1907, Paul Parey.
Preis 7,50 Mark.
Auf 13 graphischen und einer Zahlentafel mit erläuternden Beispielen
wird eine Arbeit geboten, die dem Kulturingenieur von unzweifelhaft em
Nutzen ist. Es dürfte besonders empfehlend wirken, wenn statt einer
eigenen Besprechung das Urteil des Geheimen Bau- und vortragenden Rates
im Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu Berlin, Gerhardt, gegeben
wird, das derselbe über das Werk im Zentralblatt der Bauverwaltung ver-
öffentlicht hat. Er schreibt: „Die erste Tafel zur Bestimmung der Drain-
Rohrweiten ist bekannt; sie entspricht der vom Berichterstatter schon
„1891 veröffentlichten Tafel. Nur hat der Verfasser sich nicht auf die
„übliche Berechnung mit 0,65 1 "Wasserführung auf Hektar und Sekunde
„beschränkt, sondern eine Erweiterung hinzugefügt, die die Berechnung bei
„Wasserführungen von 0,3 bis 2 1 auf ein Hektar und Sekunde ermöglicht.
„Die folgenden sieben Tafeln dienen zur Bestimmung der Wassermengen
„in kleinen und grossen Gräben bei verschiedenen Gefällen, Querschnitten,
„verschiedenen Böschungsneigungen, mannigfachen Sohlenbreiten und Wasser»
„tiefen, sowie bei verschiedenen Rauhigkeitsgraden. Die Veröffentlichung
„dieser Tafeln verdient Anerkennung. Sie sind besser als die denselben
„Zweck verfolgenden Tafeln von Breme, weil sie in den kleineren Ab-
messungen genauer sind und sie gehen auf das Bedürfnis schneller ein,
„als die Tafeln von Schtingel. Eine weitere Tafel ist der Bestimmung
„der Durchflucbtmengen und Geschwindigkeiten in kurzen, voll laufenden
„Rohrleitungen von rundem und eiförmigem Querschnitt gewidmet. Auch
„hier können wir ein Lob aussprechen: Die Tafel ist in mancher Hinsicht
„besser als die Hürtensche Tafel, denn sie enthält die logarithmische Tei-
lung, deren Fehlen wir bei Hürten hatten bedauern müssen. Die letzten
„Tafeln endlich sind zur Bestimmung der AbHussmengen von Ueberfall-
„ wehren, Grundwehren, Schleusen und Brücken, sowie der staulangen und
„Stauhöhen bestimmt. Allen Tafeln sind kurze Erläuterungen beigefügt, die
„klar und verständlich geschrieben sind. Die Ausführung auf starkem
„Papier mit zweifarbigem Druck lässt nichts zu wünschen übrig. Wir sind
„der Ansicht, dass die Benutzung bildlich dargestellter Tabellen für die
„Anstellung technischer Berechnungen grosse Vorzüge hat; sie erspart
„Zeit, Mühe, schützt vor Irrtümern, erleichtert die Uebersicht und ermög-
licht die Ermittlung von Zwischenwerten sowie den Vergleich mehrerer
„Querschnitte zueinander. Die Benutzung solcher Tabellen kann daher
„nicht warm genug empfohlen werden. Die für die Beschaffung aufgewen-
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„deten Kosten werden durch Ersparnis an Arbeitsstunden des technischen
„Personals in der Regel schnell genug eingebracht."
Dies ist ein Lob für den Verfasser der Tafeln, das glänzender und
von berechtigterer Stelle kaum ausgesprochen werden kann. Es kann daher
jedem die Anschaffung der Tafeln nur angelegentlichst empfohlen werden,
um so mehr, als aus den Tafeln für den, der sich in dieselben vertieft,
noch manches herausgelesen werden kann, auf das der Verfasser nicht
ausdrücklich hinweist. So geben viele Tafeln dadurch, dass sich die Er-
gebnisse derselben mit 10 multiplizieren lassen, eine fast unumschränkte
Hilfe. Es wird daher der Gebrauch jeden freuen. Max Eichholte.
Vierstellige polygonometrische Tafeln zur Berechnung und Sicherung der
Koordinatenunterschiede mit der Rechenmaschine. Bearbeitet von
0. Seiffert, Herzoglich Braunschweigischer Landesvermessungs-
inspektor. Braunschweig, Druck und Verlag von Friedrich Vieweg
und Sohn, 1907. Preis kartoniert 2,50 Mk.
Dem Zuge der Zeit entsprechend wird gegenwärtig in Fachkreisen,
nachdem auch Männer in hohen technischen Stellen für die Sache ein-
getreten sind, dem Maschinenrechnen fast allgemein das Wort geredet, in
den meisten Fällen mit gutem Rechte und aus vollster Ueberzeugungstreue.
Der aufmerksame Beobachter macht aber auch gelegentlich die über-
raschende Erfahrung, dass es sich nicht überall um ein eigenes, in ernster
Arbeit gefestigtes Urteil, sondern manchmal nur um ein kritikloses Nach-
beten der Lobpreisungen des Maschinenrechnens und um die Sucht, andere
Rechnungsmethoden als veraltet zu bezeichnen, handelt.
Obgleich das Maschinenrechnen an und filr sich jeder anderen Art
weit überlegen ist, wird es in der Praxis doch nicht überall am Platze
sein. Die bekannten theoretischen Vorzüge des Maschinenrechnens werden
sich eben im allgemeinen nur bei starker Arbeitsteilung und bei Einrich-
tung besonderer Rechenbureaus in die Tat umsetzen lassen. So über-
zeugend das Prinzip der Arbeitsteilung auch ist und so viele Erfolge hierin
aufzuweisen sein mögen, so wird doch unumwunden zugegeben werden
müssen, dass für landmesserische Arbeiten eine starke Arbeitsteilung grosse
Nachteile zur Folge haben kann. Das trifft besonders für diejenigen Ver-
waltungen zu, bei denen das Gelingen schwieriger Landeskulturaufgaben
zum wesentlichen Teile von dem Grade des Vertrautseins des ausführenden
Landmessers mit allen einschlägigen Verhältnissen und von der Kenntnis
des inneren Zusammenhanges der einzelnen in Frage kommenden Arbeiten
abhängt. Auf der einen Seite trägt es nicht bei zur Hebung der Arbeits-
freudigkeit eines Landmessers, dazu auserwählt zu sein, jahrelang im
Bureau die Rechenmaschine zu leiern und die Messungen der Kollegen zu
verrechnen. Besonders gilt das für diejenigen, die das lobenswerte Streben
Digitized by
496
Bücherschau.
besitzen, sich möglichst vielseitig zu betätigen, um dadurch ihre Kennt-
nisse und ihren Blick zu erweitern, sich auch in Umsicht und im Dispo-
nieren bei den Feldarbeiten, die anerkanntermassen weit schwieriger und
aufreibender als die gewöhnlichen Rechenarbeiten sind, zu vervollkommnen.
Auf der anderen Seite wird gerade dem strebsamen Fachmann das Ver-
gnügen, seine eigenen Beobachtungen auch häuslich zu verarbeiten, ge-
nommen. Auch ist er nicht imstande, die Genauigkeit der Messung zu
verfolgen und die in der Veranlagung der Arbeit begangenen Fehler, aus
denen er Lehren für die Folge ziehen würde, zu erkennen.
Für den einzelnen selbständigen Landmesser hängt es von der Art
seiner Tätigkeit ab, ob das Eindrillen auf die Maschine und die An-
schaffungskosten sich bezahlt machen.
Auch ist es in der Natur des Maschinenrechnens begründet, dass auf
Grösse, Zusammensetzung und Kombination der Zahlen keine Rücksicht
genommen werden kann, sondern, wenigstens innerhalb einer Rechnung,
stets nach dem gleichen Schema vorgegangen werden muss. Viel freier,
der Fähigkeit des einzelnen Rechners im Zahlenkombinieren entsprechend,
dem jeweiligen Zwecke der Sache angepasst und daher auch interessanter
und anregender ist das Arbeiten mit anderen Hilfsmitteln.
Diese Ausführungen glaubten wir der Besprechung vorausschicken zu
müssen^ um mit um so grösserem Nachdrucke die eigens für Polygonzug-
berechnungen eingerichteten Seiffertschen Tafeln allgemein auch denjenigen
Fachleuten empfehlen zu können, die teils aus persönlicher Abneigung,
teils aus den angeführten Gründen nicht zu den Freunden des Maschinen-
rechnens zählen. Die Tafeln leisten nämlich nicht nur allein für das
Maschinenrechnen, sondern auch bei Anwendung numerischer oder gra-
phischer Hilfsmittel (siehe auch die Ankündigung) gute Dienste. Unseres
Erachtens sind die Tafeln nicht nur den sogenannten Koordinatentafeln,
sondern auch den anderen Hilfsmitteln zur Berechnung und Sicherung der
Koordinatenunterschiede überlegen.
Die Tafeln zerfallen in zwei Teile. Tafel I enthält die natürlichen
Zahlen für Sinus und Cosinus aller Winkel von Minute zu Minute alter
Teilung zur Berechnung der Koordinatenunterschiede nach den
bekannten Formeln:
Tafel II enthält die mit y 2 multiplizierten Sinus und Cosinus aller Winkel
von Minute zu Minute zur Sicherungsberechnung der Koordinaten-
unterschiede nach den Formeln:
Formelpaar (5)
des Vorworts.
Ax
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zaitKUrtft für Bücherschau. 497
Das Formelpaar (5) ergibt sich aus dem Formelpaar (1) durch die ein-
geführte, bei der Sicherungsberechnung der Richtungswinkel (Neigungen)
von Dreiecksseiten etc. übliche Beziehung:
<p -f- 45° = y Formel (2) des Vorworts.
Wesentlich Neues gegenüber den uns bekannten Tafeln enthält die
Tafel II. Hierin liegt auch in erster Linie die Ueberlegenheit der
Seiffertschen Tafeln.
Man geht mit dem um 45° vergrößerten Richtungs- (Neigungs-)
Winkel in die Tafel II ein, entnimmt ihr das Wertepaar V2sin v» und
V2 cos tf>, multipliziert beide Zahlen mit ^ und erhält durch algebraische
Subtraktion bezw. Addition die Grössen Ay bezw. Ax vollständig unab-
hängig von den Ergebnissen der Berechnung nach Tafel I.
Mit Recht hebt der Herr Verfasser hervor, dass es zur Sicherung
der Koordinatenunterschiede genügt, den grösseren der beiden Werte
aus Tafel II mit s zu multiplizieren. In dem Produkte ergibt sich eine
Grösse, die mit der Summe der Absolutwerte J y und A x übereinstimmen
muss. Mit dieser vereinfachten Proberechnung, die eben nur die Bildung
eines einzigen Produktes verlangt, ist immer dann auszukommen,
wenn die Polygonstrecke nicht genau, oder besser gesagt, nicht nahezu
in der Mitte des Quadranten liegt. Im letzteren Falle würde eine et-
waige Verwechslung von Sinus und Cosinus oder von Ay und Ax des
ganz geringen Unterschiedes der Zahlenwerte wegen in den Koordinaten-
abschlussfehlern verschwinden und somit der Fehler unentdeckt bleiben.
Liegt die Polygonstrecke genau in der Mitte des Quadranten, so muss
unseres Erachtens ein Rechenfehler durch die vereinfachte Probe auf-
gedeckt werden. Es muss aber, wie der Herr Verfasser auch anführt,
zur unabhängigen Probe für den Wert s die Sicherungsberechnung erst
nach Schluss der Einzelberechnung aller Koordinatenunterschiede eines
Zages vorgenommen werden.
Im Vorwort ist gesagt, dass bei der vereinfachten Probe die Werte
der Tafel II auf Grund der Beziehungen (3), nämlich:
V2 sin xf> = sin <p -f- cos tp
y*2 cos tf> = cos q> — sin tpy
mit sin q> und cos <p zu vergleichen seien. Es möge dies an einem Bei-
spiel gezeigt werden. <j> sei 3° 48', alsdann ergeben sich die Werte
Tafel I I Tafel II
0,0663; 0,9978 | 1,0641; 0,9315.
Aus Tafel I erhält man durch Addition bezw. Subtraktion 1,0641; 0,9315.
Wir halten diese Rechnung bezw. Vergleichung nicht für nötig. Auch
schreiben wir, wenigstens für Maschinenrechnen, allerdings im Gegensatz
Zeitschrift für Vennog»ung«wesen 1907. Heft 20. 37
Digitized by Google
498 Bücherschau. wSSSSmSmm
zu manchen Rechnern, nach unserer Uebung Tafelwerte gar nicht auf,
können also eine Vergleichung überhaupt nicht vornehmen.
Die Ueberlegenheit des Maschinenrechnens liegt unseres Erachtens
nicht zuletzt darin, dass eine mechanische Addition der abgedrehten Pro-
dukte ganz von selbst erfolgt und somit direkt die Koordinaten der Punkte
abgelesen werden können. Bei der Rechnung geht man daher zweckmässig
folgendermas8en vor. Man stellt den Wert y des Anfangspunktes ein,
dreht die Produkte s sin q> ab und schreibt die Ordinaten der einzelnen
Punkte direkt in das Rechenheft. Nachdem die Abszissen berechnet sind,
wiederholt man zur Kontrolle die ganze Rechnung unter nochmaliger Be-
nutzung der einfachen Formeln 5 sin g> und s cos <p. Die in den Koordi-
naten des Endpunktes sich zeigenden Abschlussfehler, die, abgesehen von
besonderen Ausnahmefällen, erfahrungsgemäss nur ganz kleine sind, ver-
teilt man im allgemeinen ohne spezielle Ausrechnung, sondern nach
Schätzung, im Bedarfsfalle unter Benutzung des Rechenschiebers. Dieses
einfache Verfahren ohne Hilfs- und Nebenrechnungen entspricht vollkommen
dem Zwecke der Sache, wie auch aus der Abhandlung des Herrn Schrift-
leiters für den wissenschaftlichen Teil dieser Zeitschrift, Professors Dr.
Eggert: „Die Fehlerfortpflanzung in Polygonzügen M im Heft 1 dieses Jahr-
gangs zu entnehmen ist.
Da wir, wie bereits erwähnt, beim Maschinenrechnen abgedrehte Pro-
dukte nicht zu Papier bringen und Additionen bezw. Subtraktionen nach
Möglichkeit vermeiden, so ziehen wir selbst der vereinfachten Sicherungs-
berechnung der Koordinatenunterschiede nach Tafel II die nochmalige
Durchrechnung des Zuges auf vorstehend beschriebene Weise vor. Jedoch
werden viele Maschinenrechner je nach Neigung, Veranlagung, Uebung,
Sicherheit und Streben nach vollständig unabhängigen Proben anderer Mei-
nung sein. Wir glaubten aber hierauf hinweisen zu müssen, um darzutun,
dass das wesentlich Neue des Werkes, nämlich Tafel II und insbesondere
die vereinfachte Sichemngsberechnung, nicht immer dem Maschinenrechnen,
auf alle Fälle aber dem Rechnen mit numerischen oder graphischen Hilfs-
mitteln zugute kommt. Vielleicht gibt das dem Herrn Verfasser Ver-
anlassung, in Erwägung zu ziehen, ob bei einer Neuauflage im Titel die
Worte „mit der Rechenmaschine" nicht besser fortbleiben.
Wie bereits erwähnt, ist die Tafel für alte Teilung eingerichtet.
Besitzer von Theodoliten mit neuer Kreisteilung und sonstige Freunde
der neuen Teilung werden den Wunsch hegen, dass bald auch eine ent-
sprechende Tafel für die neue Teilung erscheinen möge.
Es ist zu begrüssen , dass die Tafel nur vierstellig ist. Auf diese
Weise wird bei guter Uebersicht ein unnötiger Zahlenballast vermieden.
Die Proportionaltafelchen (P. T.) werden manchem Rechner überflüssig
erscheinen. Da die Täfelchen aber in keiner Weise störend wirken, so
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zeiuciirirtfür Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. 499
V e rm eMtuogtWMeii
1907.
werden sie in der wohl zutreffenden Annahme, dass sie nach Ansicht vieler
Rechner zur Vereinfachung der Interpolation dienen, vom Herrn Verfasser
aufgenommen worden sein.
Bei der Durchsicht des Zahlenwerkes bezw. bei vereinzelten Stich-
probenrechnungen haben wir keinen Druck- bezw. Rechenfehler gefunden.
Es kann somit angenommen werden, dass die Tafel frei von Fehlern ist.
Die Tafel ist handlich und übersichtlich. Jede der beiden Tafeln um-
45
fasst nur = 15 Seiten. Der Druck ist klar und deutlich und das Papier
gut und haltbar. Die sonstige Ausstattung ist dem Rufe der Verlagsfirma
entsprechend eine gute.
Wir Bchliessen die Besprechung mit dem Wunsche, dass die Tafel,
ein durchaus praktisches Hilfsmittel für Polygorizugberechnungen, sich
viele Freunde erwerben und insbesondere auf jedem Landmesserbureau zu
finden sein möge.
Cassel, den 30. April 1907. Kummer.
Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart.
■ *
Von Obergeometer Widmann.
(Schluss von Seite 480.)
Für jede in voller Entwicklung begriffene Stadt, in welcher neue Be-
bauungsgebiete der Bautätigkeit und industriellen Unternehmungen er-
schlossen werden müssen, ist die erste Grundbedingung, ohne welche alles
andere unmöglich ist, die Beschaffung genauer Pläne.
Die Arbeit der Herstellung derselben, mittels direkter geometrischer
Aufnahmen auf dem Felde und nachheriger Fertigung der Originalpläne,
ist Sache des Geometers und sowohl geistige, als auch Handarbeit. Wenn
sich dieselbe im Laufe der Zeit auch durch Erfindung arbeitsparender
Gerätschaften einigermassen hat kürzen lassen, so ist diese Kürzung,
gegenüber der grossen Summe geistiger und physischer Arbeit, die dem
Geometer immer noch verbleibt, eine verschwindend kleine.
Wesentlich anders verhält es sich jedoch mit der Vervielfältigung der
vom Geometer auf Grund seiner Feldaufnahmen gefertigten Originalpläne.
Während man in früheren Jahren diese Originalpläne, wie schon im ersten
Teil dieser Abhandlung erwähnt, mühsam von Hand auf Stein übertrug
und dann die Auflage im Wege des Drucks von demselben abnahm, ist
seit etlichen Jahren durch das Zeit und Kosten sparende chemigraphische
Reproduktions-, Reduktions- und Vervielfältigungsverfahren eine förmliche
Umwälzung auf dem Gebiete der Kartographie vor sich gegangen, zu welcher
insbesondere auch die Photographie wesentliche Beihilfe geleistet hat.
Digitized by Gobgle
500 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart p^zgiu^n_mr^
Während man beispielsweise, zum Zweck der Redaktion eines Planes
in einen kleineren Massstab, früher den Pantographen verwenden musste
und mit unendlicher Mühe und grossem Zeitaufwand sich eine verkleinerte
Kopie verschaffte, besorgt diese Arbeit jetzt der photographische Apparat
in tadelloser Weise nach wenigen Minuten, und in ebenso kurzer Zeit wird
diese Reduktion auf Stein, Zink oder Aluminium übertragen und druckfertig.
Es sei deshalb gestattet, im nachfolgenden die verschiedenen neuen
Reproduktions- und Vervieifältigungsverfahren , wie sie auch beim Stadt.
Vermessungsamt Stuttgart seit einigen Jahren angewendet werden, etwas
näher zu beschreiben.
Einige Worte über die verschiedenen Druckarten mögen diesen Aus-
führungen vorangehen.
Es gibt nur 3 Druckarten und zwar
1. Hochdruck oder Buchdruck,
2. Tiefdruck (Kupferdruck und Gravur auf Stein),
3. Flachdruck oder Steindruck, chemischer Druck, Lithographie.
Diese letztere Druckart, der Flachdruck, wird ausschliesslich zur Ver-
vielfältigung von Strichzeichnungen mit höheren Auflagen angewendet, es
sei daher das Wesen dieser Druckart hier kurz erwähnt.
Alois Senefelder fand schon im Jahre 1798, dass sich eine auf glatt
geschliffener Steinoberfläche mit gewissen, entsprechend präparierten Fett-
stoffen ausgeführte Zeichnung mit Druckfarbe einschwarzen und abdrucken
lässt, da die so gezeichneten Stellen die Druckfarbe anziehen und fest-
halten, während die nicht gezeichneten leeren Stellen des Steins rein bleiben,
wenn derselbe während des Einschwärzens mit einer schwach angesäuerten,
wässerigen Lösung von Gummi arabicum feucht erhalten wird. Diese
Druckart hat also ihren Grund in der gegenseitigen Abstossung von Fett
und Wasser. Sie beruht auf der Tatsache, dass die Druckfarbe, bestehend
aus Leinölfirnis und Farbstoff auf der nassen Oberfläche der Druckplatte
keinen Halt findet und überall da abgestossen wird, wo sich keine in die
Poren des Steins eingedrungenen Fettstoffe befinden, während die mit Fett-
stoff ausgeführte Zeichnung die Druckfarbe annimmt.
Bei dieser Druckart liegen beide Teile, derjenige, der die Farbe an-
nimmt, und derjenige, der sie abstosst, in einer Ebene, daher der Name
Flachdruck.
Heute verwendet man als Ersatz für den Stein auch Zink und Alu-
minium. Da die aus diesen Metallen hergestellten Platten jedoch dem
Lithographiestein nahekommende Eigenschaften haben und insbesondere auf
der Oberfläche genügend porös sein müssen , um den angewendeten Sub-
stanzen das Eindringen zu gestatten, so müssen sie vor ihrer Verwendung
entsprechend präpariert werden.
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v/mMjSSwM«n Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart 601
Die Vervielfältigung der Stadtpläne 1 : 600 und 1 : 260 durch
direktes Uebertragen auf Aluminium.
Seitdem wir von der Gravur der Stadtpläne auf Stein (Herbst 1903)
abgekommen sind, ist insofern eine Aenderung in der Herstellung der Vor-
lagen eingetreten, als man die vom Originalplan abgenommene Pause, die
früher nur die reine Situation ohne Schriften etc. enthielt, nunmehr kalli-
graphisch ausstatten musste. Der Originalplan enthält also jetzt nur noch
die Situation ohne alle weiteren Zutaten. In gewisser Hinsicht bietet
dieses einen Vorteil, da man bei einer späteren Rektifikation des Original-
plans nur die veränderte Situation und nicht wie früher auch die Schrift,
Parzellennummern etc. mit ausradieren muss. Die kalligraphisch aus-
gestattete, auf kräftigem Pauspapier hergestellte Pause repräsentiert also
jetzt den vollständig fertiggestellten Plan. Hieraus erhellt, dass eine Mehr-
arbeit bei Anwendung des direkten Kopierverfahrens gegenüber der Gravur
nicht vorhanden ist.
Für die Fertigung der Pausen verwenden wir ein bläuliches, auf der
Zeichenseite nicht glattes Pauspapier der Finna And. Kaut in München.
Wir haben mit demselben bis jetzt gute Erfahrungen gemacht. Es ist
kräftig, ohne spröde zu sein, und wird nicht gelb. Insbesondere verträgt
es Radierungen mit nicht zu scharfem Radiergummi ohne Nachteil. Ra-
dierte Stellen nehmen die Tusche ebensogut an wie vorher.
Soll Zeichnung und Schrift beim direkten Uebertragungsverfahren satt
und deutlich im Druck erscheinen, so ist notwendig, dass beides mit tief-
schwarzer Tusche auf das Pauspapier gezeichnet wird. Blasse Tusche lässt
beim Uebertragen Licht durch und kopiert schlecht. Stark radierte Stellen
geben auf dem Pauspapier Unebenheiten und werden im Kopierapparat
nicht mehr genügend satt auf die Aluminiumplatte gepresst, was zur Folge
hat, dass unterbrochene Linien entstehen.
Ist die Pause vom Originalplan abgenommen und kalligraphisch fertig-
gestellt, dann wird von derselben zunächst eine Lichtpause gemacht, in
welcher die auf der Tonplatte später zu kolorierenden Gebäude und die
Gewässer mit auffallender Farbe bezeichnet werden. Sowohl die Original-
pause, als auch die Lichtpause werden nun der chemigraphischen Anstalt
zur Uebertragung auf die Aluminiumplatte und zur Herstellung der Tonplatte
(diese auf Zink), sowie zur Einleitung des Drucks der Auflage Ubergeben.
Das Uebertragungsverfahren auf Aluminium für den Schwarzdruck ist
folgendes :
Eine Aluminiumplatte wird in Salpetersäure gelegt, damit der auf ihr
haftende Fettstoff und anderes zerstört wird. Sie wird hierauf mit Wasser
abgespült und mit Bimssteinmehl und Schlämmkreide abgerieben, um auch
die letzten Spuren etwa noch vorhandener Salpetersäure zu entfernen und
dieselbe zur Aufnahme der lichtempfindlichen Schichte vorzubereiten.
502 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. _ z«itichrm rar
Die Platte wird sodann in der Dankelkammer mit einer lichtempfind-
lichen Lösung, bestehend aus doppeltchromsaurem Ammon, Fischleim und
Wasser, Übergossen and auf einem Drehapparat in einer Temperatur von
50 — 60° C. Wärme getrocknet. Die so präparierte Platte wird nach dem
Erkalten auf die Originalpause gelegt und zwar so, dass die Bildseite der
letzteren und die lichtempfindliche Seite der Platte aufeinander zu liegen
kommen. In den Kopierrahmen gelegt and zur Erzielung eines innigen
Kontaktes zwischen Bild und Platte fest aufeinander gepresst, werden sie
nun dem Licht ausgesetzt.
Die Expositionszeit beträgt bis zu 20 Minuten und richtet sich nach
der Intensität des Lichts und der Lichtdurchlässigkeit der Originalpause.
Sie wird mit Zuhilfenahme des Photometers bestimmt.
Nach der Belichtung wird die Platte durch einen schwachen, auf die-
selbe gerichteten Wasserstrahl entwickelt Dieser löst die vom Licht
nicht getroffenen Stellen des Fischleimaufgusses auf und schwemmt sie weg.
Die vom Licht getroffenen Stellen desselben bleiben auf der Platte haften.
Um nun beurteilen zu können, ob die Platte richtig belichtet war, wird
dieselbe mit einer Lösung von Methyl-Violett übergössen, worauf das
Spiegelbild der Zeichnung sichtbar wird und klar dastehen soll. Die Platte
wird sodann nochmals in verdünnte Salpetersäure (1 : 10) gelegt , bezw.
entfettet und dann getrocknet. Hierauf wird sie mit feinem Bimsstein-
pulver abgerieben, wodurch die freien Stellen der Zeichnung ganz metall-
blank werden. Die Ränder und andere Stellen der Platte, welche im Druck
nicht erscheinen sollen, werden mit einer wässerigen Lösung von Gummi
arabicum abgedeckt und die Platte sodann mit Ueberdruckfarbe angerieben
(eingewalzt). Um der Druckfarbe Zeit zum Eindringen in die freigelegte
Zeichnung zu lassen, bleibt die Platte einige Zeit stehen, dann kommt sie
wieder in fliessendes Wasser, welches die vom Licht getroffene, noch auf
der Platte haftende Fischleimschicht auflockert, die dann mit einem Watte-
bausch vorsichtig weggerieben wird. Die Zeichnung steht nun schwarz
auf dem Metallgrund der Platte, welche mit Aluminium- Aetze präpariert
nun für kleinere Auflagen druckfertig ist. 1 ) Für den Druck grösserer
Auflagen bedarf die Platte noch einer weiteren Nachbehandlung, bezw. Ver-
stärkung der auf derselben haftenden Zeichnung.
Zum Zweck der Fertigung der Tonplatte für Bezeichnung der Ge-
') Unter Aetzen versteht der Steindrucker diejenige Zurichtung der Druck-
plattenoberfläche mit durch eine Säure schwach angesäuerter Lösung von Gummi
arabicum in Wasser, welche die Abstossung der Druckfarbe von den leeren,
nicht überzeichneten Stellen der Druckplatte bewirkt Für den Auflagendruck
muss die Aetzung in verstärktem Masse wiederholt werden. Bei hohen Auflagen
wird das Aetzen je nachdem so weit getrieben, dass Schrift und Zeichnung etwas
erhaben auf dem Stein steht Dieses Hochätzen hat aber mit dem früher er-
wähnten Hochdruck nichts zu tun.
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zeiucfcrtftwr^ Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. 503
1907.
bände und Gewässer, letztere mit Flusslinien, wird von der Aluminiumplatte
ein sogenannter Klatschdruck abgenommen und derselbe auf eine Zink-
platte übertragen. Die zu kolorierenden Objekte werden auf dieser mit
lithographischer Tusche angelegt, worauf auch die Tonplatte druckfertig
ist und der Ton in die Auflage eingedruckt werden kann. Die ganze
Arbeit, vom Tage der Uebergabe der Vorlage bis zur Ablieferung der
Auflage kann durchschnittlich in 6 Tagen bewältigt werden.
Die Kosten belaufen sich bei einer Auflage von 100 Abdrücken in
Schwarz- und Tondruck ohne Papier auf 60 Mark. .
Die Abdrücke sind schön, kommen einem guten lithographischen Ueber-
druck, von dem sie kaum zu unterscheiden sind, nahezu gleich und sind
in allen Details der Originalpause getreu. Eine Verzerrung oder Ver-
änderung des Massstabes der Originalpause ist durch die Art der üeber-
trafrunK völlig ausgeschlossen.
Die bis jetzt an den Abdrücken beobachteten Differenzen gegen das
Sollmass 60 X 80 Zentimeter steigen in der Breite bis zum Betrage von
— 0,7 mm, in der Länge nur etwa bis —0,3 mm und sind auf das un-
vermeidliche Schwinden des Pauspapiers (der Originalpause) zurückzuführen.
Gegenüber der im folgenden beschriebenen Photolithographie hat das
direkte Uebertragungsverfahren auf Aluminium den Vorzug, dass es billiger
ist, da die photographische Aufnahme wegfällt. Zu bedauern ist nur, dass
die Genauigkeit der auf Zinkplatten hergestellten Originalplane durch das
Schwinden der Originalpause wieder verloren geht. Ueber diesen Miss-
stand wird man wohl nie ganz hinwegkommen.
Was nun die Aufbewahrung der die Zeichnung und Schrift enthalten-
den Aluminiumplatten für etwaige weitere Auflagen, oder für Rektifikation
der Zeichnung anbelangt, so ist eine solche nicht unbedingt erforderlich,
da sich von der aufbewahrten Originalpause jederzeit eine neue Druck-
platte herstellen lässt Letzteres ist ohnedies bei grösseren Aenderungen
in der Zeichnung nötig.
Die Herstellung und Vervielfältigung des Stadtplans 1 : 5000
in 8 Blättern durch Photolithographic.
Der im Sommer 1894 bearbeitete, im Jahre 1895 lithographierte
Stadtplan 1:5000 in 2 Blättern, dessen Gravierung und lithographische
Vervielfältigung einen Aufwand von 3350 Mk. verursacht hatte, musste im
Herbst 1900 einer durchgreifenden Ergänzung unterzogen werden.
Im April 1901 konnte der rektifizierte Plan sodann wieder neu aus-
gegeben werden. Die lithographische Ergänzung desselben kostete 3080 Mk.
Die beiden Originalsteine waren aber durch das viele Schleifen etc. schon
so schlimm zugerichtet, dass sie einer weiteren Rektifikation Schwierig-
keiten bereiten mussten.
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504 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. YSmS^n ^«n
1807.
Als man nun im Jahre 1904 abermals in die Lage kam, den Plan
ergänzen zu müssen, und sich inzwischen die neuen Stadterweiterungs-
projekte Uber die Grenzen desselben hinaus ausgedehnt hatten, ferner auch
noch die Eingemeindung der Stadt Cannstatt hinzukam, stand man vor
der unabweislichen Notwendigkeit, einen ganz neuen erweiterten Stadtplan
in 1 : 5000 anzufertigen.
Um das lang dauernde Gravieren auf Stein und das Korrekturlesen
zu umgehen, entschloss man sich, den Plan auf photolithographischem Wege
herzustellen. Derselbe wurde den veränderten Verhältnissen entsprechend
nach allen Seiten ausgedehnt und anstatt in 2 in 8 Blätter zerlegt. Letz-
teres war einerseits dadurch bedingt, dass man in Stuttgart noch nicht in
der I,age war, photographische Aufnahmen von mehr als 60 X 70 cm
Bildfläche zu machen, andererseits erreichte man durch die Zerlegung in
8 Blätter den Vorteil, ein einzelnes, stark verändertes Blatt rektifizieren
zu können, ohne die Rektifikation auch zugleich auf die weniger ver-
änderten Blätter ausdehnen zu müssen. Dass mit dieser Einteilung auch
den Interessen des kartenbedürftigen Publikums gedient war, hat sich in
ganz überraschender Weise gezeigt. Die Nachfrage nach den einzelnen
Blättern ist seit Herausgabe derselben, gegenüber früher, ganz enorm
gestiegen.
Bezüglich des Kostenpunktes ist zu erwähnen, dass der Stadtplan
1 : 5000 in seiner jetzigen Ausdehnung lithographisch neu hergestellt
9500 Mk. gekostet hätte. Nach dem neuen photolithographischen Verviel-
fältigungsverfahren kostet derselbe nur noch 3252 Mk. Unter dieser
Summe ist der Druck einer Auflage von 600 Exemplaren pro Blatt samt
Papier inbegriffen.
Was nun die Herstellung dieses Planes betrifft, so war dieselbe analog
den staatlichen Katasterplänen in 1 : 2500 zu bewerkstelligen. Er enthält
wie diese alle Gebäulichkeiten und alle Parzellen grenzen etc. in geo-
metrischer Darstellung; ferner die Gebäudenummern, Bezeichnung der
öffentlichen Gebäude und Anlagen, sowie auch der Privatgebäude von all-
gemeinem Interesse. Insbesondere enthält er die Stadterweiterungsprojekte
in übersichtlicher Darstellung und ist mit Höhenkurven versehen. Seine
Randlinien sind jedoch nicht orientiert, sondern mit Rücksicht auf die
Lage Stuttgarts von der Nordrichtung nach links um 45° a. TM also nach
Nordwest gedreht.
Die 8 Originalblätter wurden auf Pauspapier im Massstab 1 : 2500
gezeichnet, i) Sie haben eine Bildfläche von 94 X 95 cm. Als Grundlage
») Die Verwendung von Pauspapier für die Herstellung der Originale er-
möglichte es, die masshaltigen Flurkarten-Abdrücke und die Ergänzungskarten
nebeneinander zu verwenden, d. h. man entnahm ersteren das Gerippe der Si-
tuation und die nicht veränderten Objekte; den Ergänzungskarten die Verände-
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ÄSSwt Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stattgart. 505
1907.
für die Situation warden von der Kgl. Lithographischen Anstalt massbaltige
Flurkartenabdrücke (Trockendrücke) bezogen. Gleichzeitig wurden auch
die staatlichen Ergänzungskarten und die vorhandenen Stadtpläne benützt
Ferner wurden alle neuerdings vorgekommenen Veränderungen, ebenso alle
in Angriff genommenen Neubauten nachgetragen. Wenn also eines der 8
Blätter zur photographischen Reduktion in den Massstab 1 : 5000 kam, so
enthielt es tatsächlich den allerneuesten Stand. In demselben sind nicht
nur die Situation und die Schriften, sondern auch die verschiedenen Sig-
naturen enthalten, so dass der vollständig fertige Plan, in den entsprechen-
den Massstab photographisch reduziert, auf die Druckplatte gelangte.
Es war auch in diesem Fall wieder notwendig, dass Zeichnung und
Schrift nebst Signaturen schön und scharf mit schwarzer Tusche gefertigt
waren.
Die Höhenkurven sind, wo städtische Spezialpläne über solche vor-
handen waren, diesen entnommen, während die fehlenden Teile aus den
Höhenkurvenkarten des Kgl. Statistischen Landesamts in 1 : 2500 erhoben
wurden. Auch die Höhenkurven wurden auf Pauspapier gezeichnet und
mit der Situation genau in Uebereinstimmung gebracht.
Sowohl die Originalpause, welche Situation und Schriften enthielt, als
auch die Höhenkurvenpause (beide in 1 : 2500) wurden nun je auf ein mit
weissem Zeichenpapier überzogenes Reissbrett, auf welches das genaue
Netz des Kartenblattes gezeichnet war, gespannt. Etwaiger Schwund der
Pausen, gegenüber dem Soll mass, wurde durch Auflegen feuchter Makulatur
und sofortiges Festkleben der Pausen nach erreichter Genauigkeit beseitigt.
Es sei übrigens hier ausdrücklich bemerkt, dass der Schwund der Pausen,
sofern solcher ein nach Länge und Breite proportionaler ist, auf die photo-
graphische Reduktion des Plans in den gewünschten Massstab von keinem
Einfluss ist, da der photographische Apparat genau auf das Soljmass ein-
gestellt werden kann.
Die photographische Reduktion ist eine sogenannte Prisma-Aufnahme,
d. h. das Objektiv enthält ein Prisma.
Auf dem nach der Aufnahme entwickelten Negativ erhält man von
der Schichtseite aus betrachtet ein aufrechtes verkleinertes Bild des Plans.
Die Kopie von diesem Negativ auf eine Aluminiumplatte zeigt somit das
positive Spiegelbild des Originals. Die Uebertragung des Negativs auf
die Aluminiumplatte geschieht folgendermassen :
Die Aluminiumplatte wird in der Dunkelkammer mit einer licht-
rungen. Ebenso konnten die Stadterweiterungsprojekte den dieselben enthalten-
den Plänen des Tiefbauamtes entnommen werden. Diese auf Pauspapier her-
gestellten Originale in 1 : 2600 werden seit ihrer Fertigung zur Herstellung von
Lichtpausen fur die städtischen technischen Aemter in ganz ausgiebigem Masse
verwendet.
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506 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart.
empfindlichen Brom-Eiweisslösung übergössen und getrocknet Das Negativ
wird sodann mit der Bildseite (Schichtseite) auf die lichtempfindliche Alu-
miniumplatte gelegt und kopiert. Der weitere chemische Prozess ist nun
derselbe wie bei dem weiter oben geschilderten direkten Kopierverfahren,
nur mit dem Unterschied, dass dort die unter der Zeichnung liegenden
Stellen der Platte nicht vom Licht getroffen werden, während hier (auf
dem Negativ) die Zeichnung glasklar steht, die Lichtstrahlen also durch-
lässt und ibre Einwirkung auf die lichtempfindliche Schicht gestattet.
Schwärzt man nun die belichtete Platte mit Ueberdruckfarbe ein, legt
sie ins Wasser und entwickelt sie, so lösen sich alle vom Licht nicht ge-
troffenen Teile ab und die Platte enthält dann nur noch das druckfertige
Spiegelbild des Originalplans, welches wie die weiter oben beschriebenen
direkten Kopien behandelt wird.
Man könnte nun den Auflagendruck von dieser Platte bewerkstelligen.
Allein mit Rücksicht auf die spätere Rektifikation des Plans wird die
Platte auf Stein umgedruckt, da sich Korrekturen auf der Aluminiumplatte
nur schwer ausfahren lassen.
Zum Zweck der Herstellung der verschiedenen Farbentöne werden
vom Ueberdruck auf Stein, also von der Situation, Klatsch drücke abge-
nommen und auf Stein bezw. Zinkplatten übertragen, auf welchen dann
die Farbtöne mit lithographischer Tusche ausgeführt werden. Der Auf-
lagendruck kann sodann ungehindert erfolgen.
In der Regel lassen wir von jedem Blatt 600 Abdrücke fertigen,
wovon 100 Stück, für verschiedene technische Zwecke bestimmt, teils ein-
zelne Farben enthalten, teils ganz in schwarz gehalten sind.
Was die Genauigkeit der photographischen Aufnahme betrifft, so Hess
man eine Differenz von +0,1 mm zu, ebenso auch beim Ueberdruck auf
den Stein. Häufig wirkten jedoch die Differenzen in entgegengesetzter
Richtung, so dass sie sich aufhoben.
Wir wissen nicht, inwieweit andere deutsche Städte das photolitbo
graphische Verfahren, zum Zweck der Reduktion von Plänen in der oben
beschriebenen Weise und deren m as sh alt ige Vervielfältigung mit Ver-
wendung von Farbendruck, bis jetzt angewendet haben; allein wir werden
nicht zu weit gehen, wenn wir das Recht der Priorität, wenigstens was
Württemberg betrifft, für uns in Anspruch nehmen.
Die Kosten der photolithographischen Vervielfältigung sind pro Blatt
im einzelnen folgende:
1 photogr. Aufnahme der Situation etc. samt Aluminiumplatte Mk. 50. —
1 dto. der Horizontalkurven samt „ „ 50. —
Herstellung der Farbenplatten und Druck von 600 Exemplaren n 306. 50
Sa. : Mk. 406. 50
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yÄSSjjSw'Sen Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. 507
Für 8 Blatter ergibt sich 8 X 406,5 = 3252 Mk., wie schon früher
für die Gesamtkosten des Plans angegeben wurde.
Die photographischen Aufnahmen wurden von der chemigraphischen
Kunstanstalt von £. Schreiber, die zugehörigen lithographischen Arbeiten
von der lithographischen Kunstanstalt von Max Seeger hier ausgeführt.
Seit dem Erscheinen des Plans wird je ein Exemplar der einzelnen
Blätter, abgesehen von Parzellengrenzänderungen, insoweit auf dem neuesten
SUnd erhalten, als dieses die Erstellung von Neubauten betrifft In dieses
Fortführungsexemplar werden auch neue oder veränderte Strassennamen,
Bezeichnungen neu entstandener öffentlicher Gebäude und sonstige zur
amtlichen Kenntnis gelangte Aenderungen eingetragen. Endlich werden
auch Unrichtigkeiten in Schrift und Zeichnung auf demselben ausgemerzt.
Das weitere für die Rektifikation eines Blattes erforderliche Material kann
später auf einfachere Weise den fortgeführten Flurkarten entnommen werden.
Wir sind so jederzeit in der Lage, annähernd zu übersehen, wie stark
die einzelnen Blätter verändert sind, und haben ein auf dem neuesten
Stand befindliches Bild der fortschreitenden Stadterweiterung. Insbeson-
dere aber dienen uns diese Fortführungsblätter zur Evidenterhaltung
unseres Adressbuchplans.
Was nun die Vorzüge des photolithographischen Verfahrens gegenüber
der Gravur auf Stein oder Kupfer betrifft, so sind dieselben folgende:
1. Das zeitraubende Uebertragen der Zeichnung von Hand fallt weg.
2. Durch das photographische Verfahren werden alle Uebertragungs-
fehler vermieden.
3. Das zeitraubende Gravieren von Zeichnung und Schrift fällt weg.
4. Das Lesen der Korrekturen beschränkt sich auf ein Minimum.
5. Das photolithographische Verfahren ist infolge der angeführten Vor-
teile ein viel billigeres. Ein grosser Vorzug liegt insbesondere darin,
dass die Platte schon kurze Zeit nach Fertigstellung der Originale
druckfertig ist, ferner dass an der Genauigkeit der Zeichnung nichts
verloren geht und nur Schönheitsmängel zu korrigieren sind.
Bezüglich des grösseren Aufwandes an Zeit für die Schönheit
von Zeichnung und Schrift ist hervorzuheben, dass derselbe durch
die Zeitersparnis beim Korrekturlesen aufgewogen wird.
6. Die Originale können in verschiedene Massstäbe vergrössert oder
verkleinert werden. Verkleinerungen nehmen an Schärfe zu.
Was nun die Nachteile des photolithographischen Verfahrens betrifft,
so ist zu sagen, dass solche in der beschränkten Korrekturfähigkeit liegen.
Doch lassen sich bei sorgfältiger Behandlung mehrere Korrekturen auf
ein und derselben Stelle des üeberdrucksteins ausführen.
Im Vergleich mit Gravur auf Stein oder mit Kupferstich muss hier
aber unumwunden zugegeben werden, dass, was die Feinheit der Zeich-
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508 Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart fSSSSSSnmm
1907.
nang und Schrift anbelangt, diese Verfahren unübertroffen sind. Allein
sie sind viel zu teuer, um sie der Allgemeinheit zu unterbreiten, und man
muss, um grössere Auflagen drucken zu können, eben doch Umdrucke
auf Stein machen : letzteren aber kommt die Photolithographie an Feinheit
und Schärfe völlig gleich.
Neue Uebersichtspläne im Mae a st ab 1 : 10000.
Als am 1. April 1905 die Nachbargemeinden Untertürkheim und
Wangen zur Stadtmarkung gezogen wurden, musste man daran denken,
einen üebersichtsplan , der die ganze neue Stadtmarkung umfasst, an-
zufertigen. Derselbe kann alsdann auch als Planbeilage zum Adressbuch
benützt werden. Da diese Arbeit jedoch eine sehr umfangreiche ist, ent-
schloss man sich, dieselbe auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben
und dem Adressbuch für die nächsten Jahre nur eine gesonderte Plan-
beilage über die neuen Vororte Untertürkheim und Wangen in 1:10000
beizugesellen. Der Uebersichtlichkeit wegen wollte man diesen Plan in
mehreren Farben geben; Situation rot, Schrift und Signaturen schwarz,
Höhenkurven und Gewässer grau, ferner grüne Flächentöne in verschie-
denen Abstufungen.
Man fertigte zu genanntem Zweck die Situation in 1 : 5000 mit tief-
schwarzer Tusche auf feinkörniges Zeichenpapier. Sodann wurden in die-
selbe die Horizontalkurven und Gewässer violett eingezeichnet.
Um auf einfache Weise eine gute Unterlage für die getrennt zu fer-
tigende Schriftzeichnung zu bekommen, liess man sodann von der Situation
eine direkte Kopie auf Aluminium und von dieser einen sog. Blaudruck
auf feinkörniges Zeichenpapier machen, auf welchem die Vorlage für den
Schwarzdruck der Schrift und der Signaturen gefertigt wurde. Die in
der Situation violett eingezeichneten Horizontalkurven und Gewässer wur-
den auf einem besonderen Pauspapierbogen schwarz nachgezeichnet Man
erhielt so 3 Originalvorlagen für die photolithographische Reduktion,
welche nach ihrer Uebertragung auf den Stein nur noch zusammengedruckt
zu werden brauchten. Hierdurch wurde die lithographische Arbeit für
diesen Plan auf das Mindestmass beschränkt.
Die direkte Kopie des Originalplans auf Aluminium in 1 : 5000 wurde
sodann für technische und andere Zwecke ebenfalls vervielfältigt, nachdem
man die Vorlagen für Schrift und Signaturen, sowie für Kurven und Ge-
wässer übertragen hatte.
Zurzeit werden die Vorlagen für einen die Gesamtmarkung von Stutt-
gart umfassenden Üebersichtsplan im Massstab 1 : 10 000 ausgearbeitet.
Um diesem Plan die denkbar grösste Korrekturfähigkeit zu geben, wird
derselbe auf Kupfer ausgeführt werden.
Nach den vortrefflichen Resultaten, die wir mit der Anwendung des
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vwmSwMec Widmann. Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart. 509
photolithographischen Redaktions- und Uebertragnngsverfahrens erreich^
hatten, lag es nahe, dasselbe auch zur Redaktion and Vervielfältigung von
Plänen in jeden beliebigen anderen Massstab zu benutzen. So wurde ein
Uebersichtsplan über die Gesamtmarkung von Stuttgart mit Vororten in
Terrainschraffnr im Massstab 1 : 25000 gefertigt und nach diesem Ver-
fahren in demselben Massstab and in den Massstäben 1 : 30 000, 1 : 50 000
und 1: 100000 für verschiedene technische Zwecke und für das Adress-
buch in vielen tausenden von Abdrücken vervielfältigt. Ferner wurden auf
dieselbe Weise z. B. 4 Pläne des Massstabs 1 : 250 in einen solchen des
Massstabs 1 : 500 und solche in 1 : 500 in 1 : 1000 reduziert , auf Stein
znsammengesetzt uud dann vervielfältigt. Die auf diese Weise entstan-
denen Stadtpläne in 1 : 1000 dienen neuerdings als Unterlagen für die Aus-
arbeitung weiterer Stadterweiterungsprojekte.
Die Stadterweiterungspläne 1 : 1000 and deren Reduktion in den
Massstab 1 : 2600.
Von denjenigen Gebieten der Stadtmarkung, über welche noch keine
zusammenhängenden Detailpläne zum Zweck der Ausarbeitung der Stadt-
erweiternngsprojekte vorhanden sind, werden solche im Massstab 1: 1000
von dem Geometerpersonal des städtischen Tiefbauamts aus den Kataster-
akten (Originalbrouillons und Fortführungshandrissen) zusammengetragen.
Diese Pläne haben kein bestimmtes Format, ihre Grösse richtet sich
vielmehr nach der Aasdehnung des zu bearbeitenden Gebiets. Sie werden
mit Horizontalkarven von 2 zu 2 Meter Höhenabstand versehen und bilden
dann die Grundlage zur Projektierung der neuen Baustrassen.
Die neu projektierten Strassenzüge werden mit roten Linien ein-
gezeichnet Die Baulinien selbst erhalten rote, die Bauverbotslinien dunkel-
grüne Farbenbänder; Vorgärten werden hellgrün, die bestehenden Wege
gelb koloriert Aeltere, schon bestehende Baulinien werden braun bandiert.
Diese farbig behandelten Stadtpläne werden, um sie zunächst den
bürgerlichen Kollegien vor den Beratungen zu ihrer definitiven Feststellung
einhändigen zu können, in den Massstab 1 : 2500 photographisch reduziert
und vervielfältigt. Hier kann weder das direkte Kopierverfahren noch die
Photolithographie in Betracht kommen, da beide Verfahren keine Halb-
töne der Farben zu geben vermögen. Diese Pläne werden vielmehr mittels
Lichtdrucks vervielfältigt. Derselbe ist ein photomechanisches Ver-
fahren, bei welchem die auf einer dicken Glasplatte aufgegossene und be-
lichtete Chrom-Gelatineschicht im Sinne der chemischen Druckart direkt
zum Druck benützt wird und Halbtöne gibt.
Die auf den Originalen farbig behandelten Stellen erscheinen auf den
Abdrücken in ihren verschiedenen Tonstärken und sehen wie Photographie
aus. Durch die sogen. Filter (eingeschobene farbige Gläser) können bei
Zeitsebrin rar
▼«rmanvmgfwi
510 Aus den Zweigrereinen.
der photographischen Aufnahme Farhen zurückgehalten oder ganz
geschaltet werden.
Die Vorgänge, nach welchen die Herstellung dieser Lichtdruckplatten
erfolgt, hier im Detail zu schildern, würde zu weit fuhren.
Bringt man die belichtete Platte in fliessendes Wasser, um alles un-
belichtete Chromsalz aus der Gelatineschicht zu entfernen, so sieht man
auf derselben ein deutliches Relief der Zeichnung entstehen. Nach gutem
Auswässern wird die Platte getrocknet. Walzt mau sie jetzt mit Drucker-
schwärze ein, ähnlich wie beim Lithographiestein, so wird sich die an-
gefeuchtete Lichtdruckplatte genau wie dieser verhalten, d. h. die trockenen
Stellen halten die Farbe fest, die feuchten stossen sie ab; ja noch mehr,
die Platte nimmt die Druckfarbe genau im Verhältnis zur Kraft der Be-
lichtung an und gibt sie auch in diesem Verhältnis wieder an das Papier
ab. Man erhält somit Abdrücke in Halbtönen, wodurch es möglich ist, im
Tonwert getreue Abbildungen der Originale durch Druckfarbe auf der
Schnellpresse wiederzugeben. Der Druck selbst kann schon 2 — 3 Tage
nach der Aufnahme bewerkstelligt werden.
Die Genauigkeit der Abdrücke kann bis +0,1 Millimeter gesteigert
werden. Hinsichtlich der Kosten sei noch erwähnt, dass dieselben sich in
den bei uns üblichen Formatgrössen 67 X 42 Zentimeter auf 2 */t Pfennig
pro □ Zentimeter belaufen. Bei einer Auflage von 100 Abdrücken be-
laufen sich dieselben in der Regel auf 70 Mk. —
Wir können unsere Ausführungen hier abschliessen und tun dieses mit
dem Wunsche, dass dieselben nachsichtig aufgenommen werden mögen, da
sie sich mehr, als beabsichtigt war, in die Länge gezogen haben.
Stuttgart, im Mai 1907.
Aus den Zweigvereinen.
Berieht über die 9. Hauptversammlung des Vereins Mecklen-
burgischer geprüfter Vermessungs- und Kulturingenieure,
abgehalten zu Schwerin am 9. Februar 1907.
Nachmittags 3 Uhr versammelten sich im Hotel de Paris 15 Mit-
glieder. Um 3i/4 Uhr eröffnete der 1. Vorsitzende, Kollege Peltz, die
Versammlung und gibt nach Begrüssung der Erschienenen den Jahres-
bericht, woraus zu erwähnen ist, dass der Verein nach Austritt des Inge-
nieurs Pecht-Teterow einschliesslich des Ehrenmitgliedes 29 Mitglieder
zählt; im Anschluss hieran weist er auf den 80. Geburtstag unseres Se-
niors. Kollegen Renard, hin, dem eine Deputation die Glückwünsche des
Vereins übermittelt hat, und auf den Tod des Distriktsingenieurs a. D.
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z«iuchrm «r Aus den Zweigvereinen. 511
1907;
0. Voss-Schwerin, des Professors Reinhertz-Hannover und des Ver-
messungsdirektors Walraff-Düsseldorf, der lange Jahre den Vorsitz im
Rheinisch - Westfälischen Geometerverein geführt hat. Die Versammlung
erhebt sich zu Ehren der Verstorbenen.
Punkt 2. Der Kassier teilt mit, dass der Verein im letzten Jahre
eine Einnahme von 186,78 Mk. und eine Ausgabe von 121,73 Mk. hatte,
so dass ein Kassenbestand von 65,05 Mk. vorhanden ist. Die Kassen-
revisoren haben die Bücher, wie immer, in tadellosem Zustande gefunden,
worauf dem Kassier von der Versammlung die Entlastung erteilt wird.
Punkt 3. Kollege Peltz schlägt vor, die Versammlung wolle be-
schliessen, dass der 1. Vorsitzende, da ihm ja satzungsgemäss die Ver-
tretung des Vereins obliege, ohne weiteres berechtigt sein soll, auf den
Hauptversammlungen des Deutschen Geometervereins unseni Verein zu ver-
treten und seine Interessen wahrzunehmen. — Der Antrag wird angenommen,
wobei aber ausdrücklich hervorgehoben wird, dass der Verein nach wie
vor für die Hauptversammlungen einen Delegierten erwählen und ihm aus
der Delegiertenkasse den üblichen Reisezuschuss geben wird, wogegen der
1. Vorsitzende, wenn die Delegiertenwahl nicht gerade auf ihn fällt, die
Reisekosten selbst zu tragen hat; es ist aber vollkommen in das Belieben
des 1. Vorsitzenden gestellt, die Hauptversammlung zu besuchen oder nicht.
Punkt 4. Besprechung über Vorschriften bei Neuvermessung von
Städten. Hierzu wird ein Schreiben des Kollegen Vogel er über Fehler-
grenzen verlesen und auf dessen Artikel in der Zeitschrift für Vermessungs-
wesen hingewiesen. Nach längerer Besprechung über das vorliegende Thema
beschliesst man, hierauf zu geeigneter Zeit später zurückzukommen.
Zu Punkt 5 schildert Kollege Peltz, der im Vorjahre als Dele-
gierter des Vereins die Hauptversammlung zu Königsberg besuchte, seine
dort empfangenen Eindrücke; von einem Bericht über die Versammlung
nimmt er Abstand, da ein solcher seinerzeit ausführlich von der Zeitschrift
für Vermessungswesen gegeben wurde.
Punkt 6. Kollege Renard hielt über das Thema: „Wie schafft
man kleinen Grundbesitz und wie steuert man der allgemeinen Landflucht"
einen Vortrag, den er vermöge seiner langjährigen Erfahrungen ausser-
ordentlich interessant zu gestalten wusste. Lebhafter Beifall lohnte den
Redner für die interessanten Ausführungen.
Punkt 7. Hieran anschliessend brachte Kollege Peltz längere Aus-
führungen über Schaffung kleinen Grundbesitzes. Die Versammlung folgte
diesen hochinteressanten Ausführungen mit gespanntester Aufmerksamkeit
und brachte dem Redner für seinen inhaltsreichen Vortrag lebhaftesten
Dank dar.
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512 Personalnachrichten. vÄSSSfcX.
Punkt 8. Der erste Antrag des Kollegen Rühring, der Verein
wolle dem Heimatband Mecklenburg korporativ beitreten, wurde von der
Versammlung angenommen, dagegen lehnte man den zweiten Antrag auf
Veröffentlichung unserer Tagesordnung in den Zeitungen mit der Begrün-
dung ab, dass die Kosten zu hoch seien, und dass diese Veröffentlichung
dadurch überflüssig würde, dass die grösseren Tageszeitungen des Landes
über unsere Hauptversammlung kurze Berichte erhielten und diese bereit-
willigst abdruckten.
Punkt 9, Für die Sommerversammlung wird Schwerin in Vorschlag
gebracht und eine Beteiligung seitens der Damen in Aussicht genommen.
Punkt 10. Die Vorstandswahl hatte folgendes Resultat:
1. Vorsitzender: Distriktsingenieur Peltz- Güstrow.
2. „ : Stadtingenieur Rühring- Rostock.
1. Schriftführer: Kammeringenieur Timm -Schwerin.
2. „ : „ Bol dt- Schwerin.
Kassier: Eisenbahngeometer Stüdemann-Schwerin.
Zu Kassenrevisoren wurden die Kammeringenieure Wrede und Fensen
zu Schwerin wiedergewählt.
Punkt 11. „Allgemeine fachwissenschaftliche Besprechungen" wurde
Wegen vorgerückter Zeit abgesetzt.
Im Anschluss an die Versammlung fand unter allgemeiner Beteiligung
ein Abendessen statt, woran sich noch im Restaurant Dabeistein ein ge-
mütliches Beisammensein anschloss.
Personalnachrichten.
Königreich Bayern. Katasterverwaltung. Die Stelle des Vor-
standes der Messungsbehörde Kemnath wurde dem Messungsassistenten
bei der Regierungs-Finanzkammer von Mittelfranken Mich. Welsch unter
Ernennung desselben zum Bezirksgeometer 2. Kl. verliehen; der Bezirk s-
geometer 2. Kl. Eug. Burgartz, Vorstand der Messungsbehörde Über-
dorf, zum Bezirksgeometer 1. Kl. ernannt.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Genauigkeitsversache mit einem Bohneschen
Aneroide auf Eisenbahnfahrten, von Dr.-Ing. A. Schreiber. (Schluss.) —
Bücherschau. — Das Kartenwerk der Stadt Stuttgart, von Widmann. (Schluss.)
— Aus den Zweig vereinen. — Personalnachrichten.
Vorlag tou Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck von Carl Hammer, Kgl. Hofbachdnickerei in Stuttgart.
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B13
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat und Dr. O. Eggert, Professor
MUnchen M, Kataaterbure&u. Daniig-Lajigfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft IL Band XXXVI.
— 21. Jtdi. ?-<
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung 1st untersagt.
Erweiterung der pythagoräischen Rechenscheibe
von Roether.
Von K. Lädemann, Landmesser in Zehlendorf.
Der Bezirksgeometer Roether in Würzburg hat seine Rechenscheiben,
über welche in dieser Zeitschrift schon des öfteren i) berichtet worden ist,
vor einiger Zeit in neaer Auflage herausgegeben 2) und sie, mit Ausnahrae
der Präzisionsrechenscheibe, mit zwei neuen weiteren Teilungen ausge-
stattet. Von diesen ist die eine, welche die Logarithmen der Peripherie-
zahlen enthält, zur gelegentlichen Benutzung bei der Auswertung von Wur-
zeln höherer Ordnung bestimmt. Die andere mit segm X bezeichnete Skala
erstreckt sich von 0,667 bis 0,785 der Peripherieteilung und soll die um-
ständliche Flächenberechnung von Kreisabschnitten, die ja namentlich im
modernen Städtebau so oft vorkommen, beseitigen, wenn Sehne s, Sehnen-
höhe h und Radius r gegeben sind.
Man hat zunächst auf der Rechenscheibe den Quotienten hjr als Argu-
ment für den Eingang in die segm X-Skala zu bilden und dann F=h.8.{X)
zu bestimmen, eine Rechnung, die auf der sehr praktischen Rechenseheibe
in wenigen Sekunden auszuführen ist.
Beispiel: » = 7,84 m X = */r wm 0,3785
h — 1,896 m (vi) = 0,6965
r = 5,00 in F = 1,895 . 7,84 . 0,6965 = 10,34 qm
4) Bd. XVI (1887), 8. 802. — Bd. XXVIII (1899), S. 697. — Bd. XXXII
(1903), S. 593. — Bd. XXXVI (1907), S. 246.
*) Bei dem optischen Institut Biow in Würzburg.
Zeitschrift für Vermessungiweien 1907. Haft 21. 38
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614 Läska. Geschichte des RQckwartseinschneidens.
oder für den Halbkreis:
8 = 10,00 m X = 1,00
h = 5,00 „ (JL) = 0,785
r = 5,00 „ F = 89,25 qm.
Sind nur Sehne und Radius gegeben, so hat man s/2:r = smo und
mit der Rechenscheibe — sin a = 1 — cos a und (1 — cos a) r = h.
Hierin bezeichnet « die so benannte Teilung der Rechenscheibe.
Beispiel: « = 8,00 m 2 : 5,0 = 0,8
r = 5,00 „ M . 0,8 = 0,4
0,4 . 6,0 = 2,00 = h
8,0 . 8,0 . (Ä 0,4) = 11,17 qm = F.
Sollten die Segmentflachen sehr gross werden, so dass die mit der
gewöhnlichen Bureauscheibe erreichbare Genauigkeit nicht ausreicht, so
empfiehlt es sich, die Multiplikation mit der Maschine, Produktentafel,
logarithraisch oder sehr zweckmässig auch mit der Präzisionsrechenscheibe
auszuführen. Zu diesem Zweck sei im folgenden eine vorläufig berechnete
Tafel der Funktion segm X gegeben, welche für das Intervall 0,05 des
Arguments h/r die Werte (X) dreistellig liefert. Es wird beabsichtigt, eine
allen Ansprüchen genügende vierstellige Tafel für ein kleineres Intervall
als 0,05 später zu geben.
h/r
U)
h\r
(*)
h/r
W
0,00
0,667
0,35
0,694
0,70
0,734
0,05
0,670
0,40
0,699
0,75
0,741
0,10
0,674
0,45
0,704
0,80
0,749
0,15
0,677
0,50
0,709
0,85
0,757
0,20
0,681
0,55
0,715
0,90
0,766
0,25
0,685
0,60
0,721
0,95
0,776
0,80
0,690
0,65
0,727
1,00
0,785
Zur Geschichte des Rückwärtseinschneidens.
Von W. Laaka.
Das bekannte Problem, welches Snellius in Eratosthenes Batavus
1617 in die Vermessungskunde einführte, trägt seinen Namen nach Potbe-
not, welcher es 1692 von neuem behandelte. Die deutsche Literatur be-
sitzt nun ein Werk aus dem Jahre 1673 (Summa geometriae practicae etc.,
Nürnberg) von M. Abdiam Trew (Treu), einem Professor der Univer-
sität zu Altdorf, in welchem das Problem ziemlich ausführlich behandelt
und eine geometrische sowie trigonometrische Lösung desselben gegeben wird.
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|£S&SSm Usk* Ge8ch*chte d«8 Rückwärtaeinschneidens. 515
1907*
Die Formulierung ist nachstehende:
„Gesetzt, ich stünde Fig. 3. auf dem Punct Z>, observirte
mit einem Instrument die drei Ort A, B, C und kftme mir der
Winckel ADB = 18° 407, BD C = 43° l<y. Die Latera des tri-
anguli ABC (welche in einer Landschafft drey Stadt, in einer
Stadt drey Thürrae, oder was dergleichen sein möchten) wüste
ich wie lang sie wären, nemlich AB = 40, BC an 96, AC= 124.
aus diesem distantiis solcher Ort voneinander, und den obser-
Tirten Winckeln, soll ich finden wieweit von D dahin sei."
Hierauf folgt eine Auflösung und hernach das Interessanteste (S. 393):
„Ich hab aber dieses Stücklein von einem fürnehmen Inge-
nieur, welcher in Nürnberg nicht unbekant, Uberkommen, und
hab es zwar vor diesem in meiner Geodaesia Universali allegirt,
aber, weil ich vermerkt, dass es gemeldter Ingenieur nicht gern
sähe, .... auch (ich) nicht gerne den Namen hatte / als wolte
ich meine labores mit fremden Federn zieren, habe ich dazu-
maln die Solution nicht beygesetzt"
Das oben erwähnte Werk von Trew erlebte drei Auflagen. Die erste
in 8°, 1641 ebenfalls zu Nürnberg, die zweite ist die mir vorliegende und
eine dritte 1718 wurde von Doppelmayer besorgt. (Man vergl. hierzu:
Kastner, Geschichte der Mathematik, 3. Band, 8. 302 u. f.)
Die Geodaesia universalis, von welcher oben gesprochen wird, ist
der Titel der Auflage vom Jahre 1641 (welche ich nicht einsehen konnte).
Da sich dort das Problem wenn auch ungelöst vorfindet, so ist damit
bewiesen, dass es frühzeitig genug gewürdigt worden ist.
Bemerkt soll noch werden, dass die Vorrede der Ausgabe von 1673
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516 Wellisch. Einfache Begründung der Meth. d. kl. Quadr. y^Zg™*^
mit „Datum ex Musaeo Altdorffino den 8. Dec. Anno 1662 u abgeschlossen
ist Um die Art und Weise der Auflösung (Trew rechnet mit trigono-
metrischen Funktionen) zu charakterisieren, setzen wir die Fig. 3 der
Tafel TT her, welche wohl keinerlei Erklärung bedarf, sobald man sich
nur vergegenwärtigt, dass die durch beiden Kreismittelpunkte Q und H
gehende Gerade senkrecht auf der Distanz BD sein muss, so dass es nur
auf die Bestimmung des Dreieckes BGH ankommt.
Die Auflösung ist also jene von Snellius (vergl. Geisler u. Jordan
in der deutschen Zeitschr. f. Venn. 1892, S. 299), aber Trew gibt an,
sie selbständig gefunden zu haben. Sein Gewährsmann habe ihm nicht
mehr „als den Abriss, in welchen die drey latera in zween cir-
culos eingeschlossen, den moduus solvendi aber weiter nicht
communizirtu, weil aber, wie er weiter fortfährt, „ziemlicher Nutz
zu Bereitung der Land-Charten daraus erfolgen kan, hab ich
solcht solutionem hiemit von mir geben wollen."
Nachdem Schickhart, welcher 1624 eine andere Auflösung gab, selbst
nichts publizierte, so verdient Trew, welcher 1641 jedenfalls, wenn nicht
schon früher, eine trigonometrische Auflösung gefunden hat, sicher neben
Collins, Townley und Pothenot genannt zu werden.
Ueber den Autor berichtet Poggendorff (Biogr. Lex. II, S. 1134):
Geboren 1597 zu Ansbach, wurde 1636 der Nachfolger von Schwenter
und starb 1669 zu Altdorf, also 4 Jahre vor dem Erscheinen des obigen
Werkes. War überaus fleissiger Schriftsteller. Von ihm erschien 1636
ein Manuale geometricae practicae s. geom. Hilfsbüchlein. Sonst war er
hauptsächlich auf astronomischem Gebiete tätig.
Eine einfache Begründung der Methode der kleinsten
Quadrate.1)
Von S. Welliaoh, Wien.
Gauss hat bekanntlich zwei Versuche unternommen, seine Aus-
gleichungsmethode durch Anknüpfung an die Wahrscheinlichkeitsrechnung
zu deduzieren.
Die erste Begründung stützt sich auf das dem arithmetischen Mittel
angepasste hypothetische Fehlergesetz, das durch die Exponentialfunktion
ausgedrückt erscheint und für eine unendlich grosse Anzahl von Beobach-
tungen strenge Gültigkeit besitzt.
») Auszug auB einer in der „Oesterr. Z. f. V." im Erscheinen begriffenen
Abhandlung.
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z«it.ehiitt«r Wellisch. Einfache Begründong der Meth. d. kl. Qoadr. 517
Die zweite Begründung ist anf der selbständigen Definition des mitt-
leren Fehlers der Beobachtungen aufgebaut, dessen willkürliche Wahl
durch die Allgemeinheit und Einfachheit ihrer Folgerungen gerechtfertigt
wird, wofür aber die Beziehung besteht:
.+ 00
/** = — — / t>s .dv
Gauss hat die aus dem mittleren zu befürchtenden Fehler n ge-
gebene Anknüpfungsart an die Wahrscheinlichkeitsrechnung der Älteren
Begründung aus dem Grunde vorgezogen, weil sie — obwohl auch nicht
frei von jeder Willkür — wenigstens von dem hypothetischen Fehlergesetze
und von der Anzahl der Beobachtungen unabhängig erscheint.
Es soll nun hier versucht werden, das Prinzip der kleinsten Quadrat-
summe sowohl unabhängig von dem exponentiellen Fehlergesetze und der
Anzahl der Beobachtungen, als auch ohne Benützung des willkürlich ge-
wählten mittleren Fehlers, aber unter Zugrundelegung des axiomatischen
Satzes vom arithmetischen Mittel, und zwar ohne weitere Ein schränkungen
oder Voraussetzungen zu begründen.
Die Wahrscheinlichkeit a> für das Eintreten einer bestimmten Fehler-
grösse t; ist allgemein dargestellt durch das Symbol
Sind nun t>, v% t?8 . . . die Widersprüche , die in einer vorliegenden Reihe
von Gleichungen auftreten, nämlich
«i x + *i V + ei z — h — ri Gewicht j>l
+ h*y + ci* — lt = *s » P%
so ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Widersprüche mit den noch un-
bestimmten Näherungswerten der unbekannten Elemente x, y< z gleich-
zeitig erscheinen, nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung aus-
gedrückt durch das Produkt:
Q = yCpJ.y («",). (2)
Es werden nun diejenigen Werte der Unbekannten die wahrscheinlichsten
sein, für welche die Wahrscheinlichkeit Q den grössten Wert erlangt,
denn dann erzeugt das Wertsystem der Unbekannten die wahrscheinlichste
Verbindung der übrigbleibenden Widersprüche oder Fehler. Da jede
Aenderung der voneinander unabhängigen Unbekannten auch alle Wider-
sprüche beeinflu8st, wodurch auch das Wahrscheinlichkeitsprodukt ge-
ändert wird, so hat man für die Bedingung des Maximums von Q die
Relationen: afl afi afl
ix~ ~ "57 = 0 ~5T = a
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618 Wellisch. Einfache Begründung der Metb. d. kl. Quadr. _ziuoaim
Behandeln wir zunächst die erste Unbekannte x und beschranken wir
uns der Einfachheit halber auf drei Fehlergleichungen, so hat man
ü? - ^(»M • f W) + ^ (fW • rW) + (f W • fW) = o
oder mit Beziehung auf (2):
ggfrjj t _ö_ , 8y(»a) # _Q_ d<p(rs) Ö = 0
dx y(r,) dar 9>(ra) ' dx <p(vs) 1
wofür nach Kürzung durch die konstante Grösse Q auch gesetzt werden kann:
9<p(rt) dv± d<p(ct) # dr^ dyfoa) # _ 0
d©,.y(p,) d* dPf9(0t)" das d*t«9(*»)
oder übersichtlicher:
»m> |£ + *w |a- + = °- <3>
Behufs Bestimmung der einzelnen Glieder dieser Gleichung betrachte
man den einfachsten Fall der wiederholten direkten Beobachtung einer
einzigen Unbekannten entsprechend dem Gleichungssysteme:
x — /, ss rx Gewicht pt
* — h = r« n
* - *» = ' . n Pt
woraus als wahrscheinlichster Wert der Unbekannten das allgemeine arith-
metische Mittel hervorgehen soll. Es vereinfacht sich dann die Gl. (3),
da in diesem Falle sämtliche Differentialquotienten der Widersprüche nach
der Unbekannten der Einheit gleich werden, wie folgt:
+ VO't) + = 0. (4)
Soll nun diese Gleichung (4) mit dem arithmetischen Mittel überein-
stimmen, für das die Bedingung besteht, dass alle mit den Gewichten
multiplizierten Widersprüche untereinander sich aufheben, d. h.
[p '1 = Pi '\ + Pt ''j + P» — Ö , (5)
so müssen die mit einem unbestimmten Faktor k multiplizierten Glieder
von (5) identisch sein mit den korrespondierenden Gliedern von (4), also:
Setzt man nun diese Werte in die bisher in suspenso gelassenene Gl. (3),
so erhält man:
*A * a* + kp'*> dx + = 0
oder nach Kürzung durch k und bei analoger Behandlung der übrigen
Unbekannten y, e:
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F.ra«.c£5SwfLD WoUf' Prüfuß?8v0r8chriften fttr Diplomingenieare etc. 619
1907.
Diese Gleichungen stellen aber nichts anderes dar, als die gleich Null
gesetzten partiellen Differentialquotienten der Minimumsbedingung
[pw] — min.
Bildet man die partiellen Differentialquotienten der Widersprüche nach
allen Unbekannten aus den Fehlergleichungen (1), nämlich:
09 ^ de _ b de _ c
■ dx ~ a dy ~ Wz ~~
und substituiert sie in (6), so ergeben sich die Bedingungsgleichungen:
[par] = 0 [p b r] = 0 [per] = 0,
welche, so wie das arithmetische Mittel im einfachsten Falle, die praktisch
wahrscheinlichsten Werte im allgemeinen Falle mit Hilfe der daraus ab-
leitbaren Normalgleichungen hervorbringen.
Es ist damit ohne Bezugnahme auf die Summe der Fehlerquadrate
oder des als Funktion dieser Summe definierten mittleren Fehlers eine
einfache und allgemeine Deduktion des Gauss sehen Ausgleichungsprinzips
erbracht, und zwar in einer Form, wie sie zur Einführung in die metho-
dische Ausgleichungsrechnung für den ersten Unterricht wohl am geeig-
netsten erscheinen dürfte, da sie lediglich den eines strengen Beweises
nicht erst bedürfenden Satz des arithmetischen Mittels ohne Benützung des
exponentiellen Fehlergesetzes zugrunde legt.
Die Prüfungsvorschriften für Diplomingenieure und ihre
Nutzanwendung auf die Landmesserausbildung.
Von Landmesser H. Wölfl, ständ. Assistent an der Technischen Hochschule
zu Berlin-Charlottenburg.
In seinem Artikel „Studiengang des preussischen Landmessers im
Vergleich zu dem des sächsischen Vermessungsingenieurs" kommt Kollege
Schulze hauptsächlich auf das Studium des sächsischen Vermessungs-
ingenieurs an der Technischen Hochschule in Dresden zu sprechen. Es
dürfte jedoch vielleicht nicht unangebracht sein, einmal einen Blick zu
werfen auf die Prüfungsvorschriften für Diplomingenieure an den preussi-
schen technischen Hochschulen und aus ihnen gegebenenfalls Nutzen zu
ziehen für eine bessere Ausbildung der Geodäsie-Studierenden.
Von den Studierenden des Bauingenieurwesens, das hier wohl haupt-
sächlich in Betracht kommt, wird bekanntlich verlangt ein achtsemestriges
Studium, in dem nach vier Semestern die Vorprüfung und nach weiteren
vier Semestern die Hauptprüfung abzulegen ist. i) Bei der Meldung zur
Vorprüfung sind Zeichnungen aus folgenden Gebieten einzureichen : a) der
') Acht Semester, von denen mindestens drei nach bestandener Vorprüfung.
520 Wolff. Prüfungsvorschriften fur Diplomingenieure etc. ^gjSSSSÄ«
darstellenden Geometrie, b) der graphischen Statik, c) der Baukonstruk-
tionslehre, d) der architektonischen Formlehre, e) der Maschinenkunde,
f) der Geodäsie. Sämtliche Zeichnungen müssen Studienergebnisse sein.
Es gibt nicht wenig Studierende, die zum Vorexamen ca. 40 Entwürfe ab-
geben ; auch zum Haupt- oder Diplomexamen wird eine entsprechende An-
zahl Entwürfe verlangt; ich kenne Studierende, die zum Vor- und Haupt-
examen zusammen ca. 70 Zeichnungen abgegeben haben. In der Geodäsie
z. B. wird ein Höhen- und ein Lageplan verlangt. Beide sollen nicht etwa
nur Zeichenübungen sein, sondern sind nach dem Material der Feldübungen
anzufertigen, an denen der betreffende Studierende teilgenommen haben
muss. Der Lageplan stützt sich auf eine Polygonisierang, deren Koordi-
natenberechnung von den Studierenden auszuführen ist. Am Schlüsse des
Sommersemesters wird ausserdem z. B. an der Technischen Hochschule
in Charlottenburg noch eine mehrtägige Tachymeteraufnabme veranstaltet,
bei der die Teilnahme eine freiwillige ist. Bei derselben wird nochmals
im Zusammenhange das Streckenmessen, Winkelmessen, Nivellieren, Tachy-
metrieren etc. geübt. Viele Studierende arbeiten diese Aufnahme statt
des Lageplans oder ausser demselben aus, ein Beweis dafür, dass die Lust
etwas zu lernen, vorhanden ist. Dass die Bearbeitung einer Tachymeter-
aufnahme für den Bauingenieur sehr wertvoll ist, wird jeder zugeben, der
weiss, in welchem Umfange heute in der Praxis von der Tachymetrie Ge-
brauch gemacht wird. Dass eine grosse Anzahl von Studierenden auch
aus dem Praktikum H mehrere Aufgaben zum Teil mit Anwendung der
Ausgleichungsrechnung ausarbeitet, möchte ich nur nebenbei erwähnen.
Alle diejenigen Landmesser, welche an technischen Hochschulen stu-
diert haben, werden zugeben, dass diese Entwürfe ausserordentlich wertvoll
sind. Sie zwingen den Studierenden das durchzuarbeiten, was im Kolleg
vorgetragen ist, veranlassen ihn in Werken nachzulesen, so seine Lücken
auszufüllen, oder kurz gesagt: sie bringen den Studierenden erst dazu,
auch wirklich zu studieren.
Trotzdem das geodätische Studium doch auch ein technisches Stu-
dium ist, was nicht genug betont werden kann, werden an der Landwirt-
schaftlichen Hochschule in Berlin und an der Akademie in Bonn nur Ent-
würfe bezw. Studienergebnisse in Kulturtechnik verlangt von den Studie-
renden, die die umfassendere kulturtechnische Prüfung ablegen wollen.
In Geodäsie bestehen wenigstens in Berlin im allgemeinen keine Bestim-
mungen, die irgendwelche Ausarbeitungen vorschreiben, ausgenommen,
dass die Herren, die im Oktober das Examen ablegen wollen, eine be-
stimmte Anzahl Arbeiten abgeben müssen. Die sogenannte Probekarte
8chlie8se ich von vornherein bei dieser Betrachtung aus. Da es sich haupt-
sächlich um die Ausarbeitungen von Messübungen handelt, so sind die-
selben für die praktische Ausbildung des Studierenden von grossem Werte.
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y^lSÜn1'^« Wolff" Prufnng8™r8chriften fttr Diplomingenieure etc. 521
Auch die weniger fieissigen sind so angehalten, eine Aufgabe vollständig
durchzuarbeiten, sich im Rechnen zu üben und eine Vorstellung von
der Genauigkeit ihrer Messungen zu bekommen. Ausserdem würden durch
diese Massregel die einzelnen Gruppen gezwungen sein, die üebungen im
Felde auch wirklich zu Ende zu führen; die Teilnehmer würden ge-
halten sein, dieselben regelmässig zu besuchen und auch tatsächlich mit-
zuarbeiten. Ein Eingriff auf die akademische Freiheit kann ein solches
Anhalten zum Arbeiten nicht sein; denn dann wäre z. B. jedes Examen
an und für sich eine Verhöhnung derselben. Im Gegenteil, nur der fleissige
Student ist im Grunde genommen wahrhaft akademisch frei.
Ausser diesen Ausarbeitungen von zweckmässig gewählten Mess-
übungen müssten noch Studienergebnisse (semesterweise) abzuliefern sein,
wie solche an der Technischen Hochschule in Dresden von den Vermes-
sungsingenieuren verlangt werden. Nach den dortigen Vorschriften müssen
sich unter den einzureichenden Arbeiten befinden:
I. Zur Vorprüfung:
1. Zeichnungen aus der darstellenden Geometrie;
2. Uebungsblätter aus dem technischen und Planzeichnen;
3. Ausarbeitungen aus den geodätischen üebungen und Praktika;
4. Skizzen geodätischer Instrumente.
II. Für die Hauptprüfung:
1. Ein Höhen- und Lageplan nach eigener unter Aufsicht des Do-
zenten gefertigten Aufnahme;
2. Ergebnisse der geodätischen Rechenübungen und Ausarbeitungen,
enthaltend:
a) Bearbeitung eines kleinen Dreiecks und Höhennetzes,
b) Bearbeitung einer Grundstückszusaramenlegung und Teilung,
c) Katasterkarte für eine kleinere Gemeinde,
d) Messtischblatt nach eigener Aufnahme,
e) Darstellung eines Flurteiles nach eigener auf Grund eines
Polygonnetzes gefertigten Aufnahme,
f) Reduktion einer Spezialkarte und Ausführung der verkleinerten
Karte in topographischer Manier,
g) Bearbeitung einer Trassierung,
h) Zeichnungen aus der Kulturtechnik.
Ausserdem ist noch eine Diplomarbeit zu fertigen.
Welche von diesen Bestimmungen für preussische Verhältnisse aus-
zuwählen sind, wird an massgebender Stelle zu erwägen sein. Jedenfalls
ist es wichtig, dass in dazu anzusetzenden Uebungsstunden die
Studierenden die bezüglichen Entwürfe und Ausarbeitungen anfertigen
müssen, damit eine gewisse selbständige Bearbeitung erreicht wird. Keiner
wird bestreiten können, dass durch eine solche Art des Studiums die
522 Ständer. Vorschlag zum Zusammenlegungsverfahren. Zeitschrift rur
während der Elevenzeit erlangten Kenntnisse vertieft, die theoretischen
Vorträge der Dozenten mehr zum Bewusstsein kommen werden nnd ein
besserer Uebergang zwischen Theorie und Praxis erreicht wird« Wie
mancher studierende würde dann gezwungen werden, nicht erst im letzten
Semester intensiver zu arbeiten oder nicht erst durch einen öfteren un-
günstigen Ausfall der Prüfung zu erkennen, dass er zum geodätischen
Studium nicht tauglich ist.
Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen, in denen ich mich
mehr mit der inneren Einrichtung des Stadiums beschäftigt habe. Es ist
klar, dass ich dabei eine mindestens sechssemestrige Studienzeit voraus-
setze, in der ein solchen Anforderungen entsprechender Studienplan durch-
gearbeitet werden kann. Bei einer Verlängerung des Studiums liesse sich
noch manche Aufgabe anführen, die direkt der Praxis entnommen,
in den üebungen zu behandeln wäre, manche Rechenübung einschalten,
die vollständig durchgeführt der jetzt so oft vorkommenden Unsicher-
heit im Rechnen nachhelfen könnte.
Welche Art der Vorbildung genügt, welche Elevenzeit, welche Zeit
der Ausbildung nach dem Studium, das sind Fragen, die genugsam er-
örtert wurden. Vor allen Dingen jedoch ist bei dem Entwurf einer neuen
Landinesserordnung zu bedenken, dass der Landmesserberuf ein tech-
nischer Beruf ist, der bestimmte technische Fertigkeiten voraus-
setzt, die nur durch die Uebung zu erlangen sind, dass die Ausübung
desselben Peinlichkeit und Sorgfalt, also Charakterfestigkeit, erfordert und
ein Gefühl der Verantwortung, das man von so jungen Landmessern, wie
sie heute von der Hochschule kommen, kaum erwarten kann. Als Bei-
spiel für eine sachgemässe Ausbildung mögen dienen die Vorschriften bei
andern technischen Berufsarten, besonders die für die Berufsarten gleichen
Standes in andern Deutschen Staaten, hauptsächlich die in Mecklenburg
und Sachsen. Ein Erfolg aller Bestrebungen ist aber nur zu erlangen
durch ein geeinigtes und übereinstimmendes Vorgehen von hervor-
ragenden Vertretern der Theorie und Praxis.
Ein Vorschlag zum Zusammenlegungsverfahren.
In der landwirtschaftlichen Presse rindet man fast täglich Klagen über
die Entvölkerung des platten Landes, über den Zuzug zur Grossstadt.
Fast scheint es, als ob das treffliche Wort: „Nihil melius, nihil nomine
libero dignius quam agricultural keine Gültigkeit mehr hat. Mancherlei
Vorschläge werden gemacht, um die bäuerliche Jugend und jugendliche
Landarbeiter der Landwirtschaft zu erhalten; denn dies ist die Vor-
Von Franz Ständer in Altenkirchen (Westerwald).
Digitized by Googl
zeiuchrirt wr Ständer. Vorschlag zum ZuBammenlegungsverfahren. 523
bedingung, am den Ackerbau in dem bisherigen Umfange weiterzufahren
and möglichst noch intensiver za gestalten.
Es soll nan der Nachweis versacht werden, class auch die in der
Landwirtschaftlichen Verwaltung beschäftigten Vermessungsbeamten bis zu
gewissem Grade zor Verhinderung der Abwanderer vom platten Lande
beitragen können, insbesondere, wenn ihnen selbst eine grössere Selb«
ständigkeit unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit für die Landeskultur
eingeräumt wird.
Sobald eine Zusammenlegung beantragt ist, befindet sich die bäuer-
liche Bevölkerung in einer begreiflichen Unruhe. Können dann nach drei-
biß vierjähriger vermessungstechnischer und kulturtechnischer Tätigkeit
die neuen Pläne in Besitz genommen werden, so erwächst mit einem
Schlage der Bevölkerung insbesondere in gebirgigen Gegenden eine solche
Fülle neuer Arbeiten, dass dieselben meist erst in einer längeren Zeit-
periode ausgeführt werden können. Unter den neuen Arbeiten nenne ich
in erster Linie den Ausbau des Wege- und Grabennetzes, des Meliorations-
projektes, sodann Umpflügen von alten Wegen, Rainen, Ufern, Ausfüllen
alter Hohlwege, Urbarmachen von Unland, Anlage von Drainagen. Hierzu
kommt noch die Aufgabe, den neuen Besitzstand, der sich vielfach aus
den ehemaligen Parzellen verschiedener Besitzer zusammensetzt, auf den
gleichen Kulturzustand zu bringen. Ferner entsteht dadurch Zeitverlust,
dass vielfach in der ersten Zeit nach Antreten des neuen Besitzes Umwege
gemacht werden müssen; denn die neu projektierten Wege sind bei der
Uebernahme der neuen Pläne noch nicht ausgebaut, während des Ausbaues
gesperrt; nach dem Ausbau sind im ersten Jahre die nicht befestigten
Wege besonders bei Aufträgen noch schlecht fahrbar. Die Interessenten
sind zwar meist nicht direkt durch eigene Arbeit an dem Wegeausbau
beteiligt; aber Arbeitskräfte, die sonst in der Landwirtschaft tätig waren,
werden durch den Ausbau innerhalb eines oder zweier Jahre den Inter-
essenten entzogen.
Alle diese Uebelstände werden sich zwar nie ganz beseitigen lassen;
wesentlich herabgemindert werden sie aber, sobald die vorhandenen Kultur-
arbeiten sich auf einen längeren Zeitraum erstrecken. Natürlich würde
ein in die Länge gezogener Wegeausbau nach Antreten des neuen Besitzes
eher einen Nachteil bedeuten. Mein Vorschlag lautet: „Teilweiser Ausbau
der Wege und Gräben alsbald nach Genehmigung des Wegeprojektes in
einer Zeit, wo landwirtschaftliche Arbeiten wenig drängen. "
Mancherlei Schwierigkeiten werden allerdings dem Sachlandmesser
erwachsen. Zunächst muss angestrebt werden, dass die Interessenten für
geeignete Wege den Ausbau, der meist 1 bis 3 Jahre vor Antreten des
neuen Besitzes begonnen werden kann, ohne Entschädigung gestatten.
Die Vorteile müssen den Interessenten möglichst in einem Termine klar-
Digitize
524 Bücherschau. tÄSKBpÄü
1907.
gelegt werden; es gelingt dann meist für den Ausbau eines Teils der
Wege die Zustimmung der Interessenten zu erlangen. Insbesondere werden
für einen früheren Ausbau Ortsverbindungswege und Hauptwirtschaftswege,
die schon vorhanden, aber durch Auf- und Abtrag ein besseres Gefalle
erhalten sollen, ferner neu projektierte Wege, die durch wenig gutes Land
oder Holz führen, in Frage kommen. Nach Antreten der neuen Pläne
können diese ausgebauten Wege dann sofort benutzt werden, wodurch die
Bewirtschaftung von vornherein erleichtert wird. Notwendige Kultur-
arbeiten auf Feldern, die durch vorher ausgebaute Wege erschlossen sind,
können jetzt sofort und nicht erst 1 bis 2 Jahre nach Antreten des neuen
Besitzes vorgenommen werden.
Es kommt ferner hinzu, dass der Ausbau während der Wege- und
Grabenaufraessung und anderer örtlichen Arbeiten von dem Sachlandmesser
besser kontrolliert werden kann. Der Wege- und Grabenausbau müsste
in eine Zeit gelegt werden, in welcher landwirtschaftliche Arbeiten wenig
drängen, also meist in die Zeit nach der Kartoffelernte bis zum ersten
Grasschnitt des nächsten Frühjahrs. Bei dieser Art der Bearbeitung
finden landwirtschaftliche Arbeiter aus der Gemeinde selbst, Söhne von
Zusammenlegungsinteressenten auf Jahre hinaus Beschäftigung. Mancher,
der sonst wegen nicht ausreichender Tätigkeit in der Landwirtschaft nach
der Ernte Fabrikarbeiter geworden wäre, bleibt der Landwirtschaft er-
halten. Je mehr Kräfte aber der Landwirtschaft erhalten bleiben, um so
vorteilhafter ist es. Man wende nicht ein, dass viele einen andern Beruf
ergreifen müssen, da sie sich auf ihrer Scholle nicht ernähren können.
Mag dies für manche Gegenden besonders bei grossem Kinderreichtum
zutreffen; im allgemeinen fehlt es aber an landwirtschaftlichen Arbeits-
kräften. Im übrigen wird durch eine Zusammenlegung der Grundstücke
meist auch ein intensiverer Ackerbau rentabel ; dieser erfordert aber wieder
mehr Arbeitskräfte. Wird es dem Landmesser ermöglicht, so die land-
wirtschaftlichen Interessen wahrzunehmen, so wird gewiss ein Grund zur
Unzufriedenheit bei Uebernahme der neuen Pläne beseitigt.
Bücherschau.
Astronomisch-Nautische Ephemeriden für das Jahr 1909. Deutsche Aus
gäbe. Vom K. K. Maritimen Observatorium zu Triest herausgegeben
unter Redaktion von Dr. F. Bidschof. Jahrg. XXII. Triest 1906.
gr. 80. XX -}- 188 S.
Bei Gelegenheit des Erscheinens des XXII. Jahrgangs möchte ich die
Leser unserer Zeitschrift nochmals hinweisen auf dieses für viele Zwecke
sehr bequeme, handliche astronomische Jahrbuch. Als Auszug aus dem
Nautical Almanac (zum kleinen Teil auch aus der vom Marineamt der
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v.SSESSSw'Sen Bücherschau. 525
Vereinigten Staaten herausgegebenen American Ephemeris) bearbeitet, geht
ea in der Genauigkeit der Angaben nicht so weit wie die genannten grossen
Jahrbücher, aber weiter als neuerdings das deutsche „Nautische Jahrbuch":
während in diesem bei den Gestirnsörtern in den AB auf 1«, in den ö
auf 0',1 abgerundet wird, ist in der vorliegenden österreichischen Ephe-
meride wie bisher 0«,1 in den AB, in den Ö l" festgehalten, so dass sie
zur Rechnung so ziemlich aller Uebungsmessungen in Zeit- und geogra-
phischen Ortsbestimmungen an den Technischen und Landwirtschaftlichen
Hochschulen ausreichen. Der Inhalt ist der übliche: die jedem Monat ge-
widmeten Seiten I bis XII geben ausführliche Ephemericten der Sonne (von
Tag zu Tag; dabei ist diesmal neben der öq im mittlem Greenwicher
Mittag und der stündlichen Aenderung und neben der öq im wahren Green-
wicher Mittag deren Aenderung für 1° W.-Länge von Gr. angegeben),
sowie des Mondes (in den weniger rasch veränderlichen Stücken Halbmesser
und Horizontalparallaxe von 12 zu 12 Std., in Ali und d von 1 zu lh
mit Veränderungen für lm), endlich der vier hellen Planeten von Tag zu
Tag mit stündlichen Aenderungen. Scheinbare Oerter sind ferner (von 10
zu 10 Tagen für die Polsterne, von 20 zu 20 Tagen für die andern) für
5 Nordpolarsterne und den einen heilern Südpolarstern (a Octantis) und
für 256 weitere Sterne bis zur 4. und 4,5. Grösse angegeben, während der
Schluss des Buchs eine Anzahl teils veränderlicher, teils nicht veränder-
licher Tafeln liefert. Bei der Kimmtiefentafel sind die Korrektionen nach
Fregattenkapitän Koss wegen ungleicher Wasser- und Lufttemperatur
berücksichtigt. Voraus berechnete Monddistanzen enthalten die Astrono-
misch-Nautischen Ephemeriden nach dem Vorgang grosser astronomischer
Jahrbücher seit einigen Jahren keine mehr; es ist aber für den Fall, dass
Monddistanzen gebraucht werden, einfache Anleitung zur eigenen Berech-
nung gegeben. Ebensowenig werden Elemente für Okkultationen geliefert.
Ceterum censeo: könnte nicht der Preis herabgesetzt und könnten
nicht die Sternephemeriden in Beziehung auf die Zahl der aufgenommenen
Sterne erweitert werden? Hammer.
Ltne, 0., Berggewerkschaft s-Markscb eider. Ergebnisse der magnetischen
Beobachtungen in Bochum im Jahre 1906. 14 S. 4° mit 1 Tafel.
Auch diesen Jahrgang der Beobachtungen der Deklination der Magnet-
nadel zu Bochum, Westfalen (Beobachtungsstation g> = 51° 29',5, X =
Ob 28m,9 E. Gr., H = 115 m) möchte ich hier mit einigen Worten an-
zeigen. Er enthält, wie seine Vorgänger, die aus den Magnetogrammen
abgelesenen Deklinationswerte für jede Stunde M. E. Z., Tages- und Mo-
natsmittel, Maximum und Minimum für jeden Tag, eine Klassifikation der
taglichen Deklinationskurven, wobei diesmal statt der frühem Nummern
1 bis 5 nur noch die Nummern 0, 1, 2 für ruhige, gestörte und stark
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526 Hochschulnachrichten. — Vereinsangelegenheiten. vJ!2?l,lftwrLc
gestörte Tage gebraucht sind, entsprechend dem Beschluss der internatio-
nalen erdmagnetischen Konferenz zu Innsbruck, September 1905. Die
Deklinations-Tageskurven des Berichtsjahrs sind im allgemeinen ruhiger
als die des vorhergehenden Jahrs; die Differenz Max.— Min. der Dekli-
nation an einem Tag überschreitet 30' nur an 5 Tagen des Jahrs 1906,
den Betrag 20' an 12 Tagen. Die aus den Stundenmittelwerten aller
Tage abgeleiteten Monatskurven der Deklination zeigen Amplituden von 5'
im Januar, November, Dezember, im März schon über 9', Mai, Juni, Augost
10—11', im Juli (Max.) 11 Vi'* Der grösste Tageswert der Deklination
ist durchschnittlich in allen Monaten um 2h N.-M. (M. E. Zeit = rund
li/ih Ortszeit) vorhanden (im September und Oktober ist das Mittel der
lh- Ablesungen ebenso gross). Die Deklination hat von 1905,5 bis 1906,5
ziemlich regelmässig um 4',7 abgenommen, von 120 27',2 auf 12° 22',5;
bildet man für alle 12 Monate 1906 und 1905 die Abnahmen dieser Mo-
natsmittel in dem Jahr Januar 1905 bis Januar 1906 u. s. f. bis Dezember
1905 bis Dezember 1906, so sind alle diese 12 Zahlen zwischen den Grenzen
4',2 und 5',4 enthalten; die Abnahme der Deklination von Monat zu Monat
1906 dagegen bewegt sich zwischen den Extremen O'.S (vom Januar zum
Februar; die Abnahmen vom Juni zum Juli und vom August zum Sep-
tember betragen auch (yj) und 0',1 (Februar zum März; Mai zum Juni;
Oktober zum November). Hammer.
Hochschulnachrichten.
Die landwirtschaftliche Akademie Bonn-Poppelsdorf wird im lau-
fenden Sommer-Halbjahr (1907) nach vorläufiger Feststellung von ins-
gesamt 491 (478) Studierenden besucht und zwar von 479 (460) ordent-
Jichen Hörern und 12 (11) Hospitanten.
Unter den ordentlichen Hörern befinden sich:
Studierende der Landwirtschaft 149 (148)
„ „ Kulturtechnik und Geodäsie 330 (312).
(Die entsprechenden Zahlen des letzten Wintersemesters sind znm
Vergleich in Klammern beigefügt.)
Vereinsangelegenheiten.
Es wird hiermit bekannt gemacht, dass am L und 2. Juni d. J. ein
neuer Fachverein unter dem Namen: „Verein preussischer Land-
messer im Kommunaldien8tu gegründet worden ist, der seinen Sitz
in Cassel hat.
Der Vorstand dieses Vereins setzt sich aus nachstehend genannten
Herren zusammen:
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z«iucbrifi für Personalnachrichteo. 627
e natmunwes en
Vorsitzender: Stadtvermessungsinspektor Blumenau er in Cassel.
Stellv. Vorsitzender: Stadtvermessungsinsp. Schmitten in Cottbus.
Schriftführer: Stadtgeometer Strinz in Bonn.
Zahlmeister: Stadtlandmesser Dr. Strehlow in Oberhansen (Rh Id.).
Der nene Verein ist dem Deutschen Geometerverein als Zweigverein
beigetreten.
Berlin, im Juli 1907.
Die Vorstandschaft des Deutschen Ceometervereins.
P. Ottsen.
Personalnachrichten.
Königreich Preuasen. Katasterverwaltung. Den Katasterinspek-
toren, Steuerräten Kayser in Frankfurt a/0., Braun in Oppeln und
Giesel in Liegnitz wurde der Rang der Räte IV. Klasse verliehen.
Die Katasterämter Hochheim im Reg.-Bez. Wiesbaden, Sullenschin
im Reg.-Bez. Danzig, Kosel und Kupp im Reg.-Bez. Oppeln sind zu be-
setzen.
Der Kat.-Kontr., Steuerinsp. Haller in Dortmund ist zum Kataster-
inspektor bei der Kgl. Regierung in Magdeburg ernannt worden.
Versetzt sind: der Kat.-Insp., Steuerrat Schaetzke von Magdeburg
nach Erfurt; die Kat-Kontr., Steuerinsp. Hillert von Beeskow nach Nord-
hausen (Kat.-Amt 2), Kölligs von Dierdorf nach Bochum (K at.- Amt 2),
Nowak von Loslau nach Flensburg (Kat.-Amt 2), Zachariae von Verden
nach Wandsbek (Kat.-Amt 2), sowie die Kat.-Kontr. Blas weiter von
Waldbröl nach Dierdorf, Georgii von Schöneck nach Bramstedt, Vollmer
von Greifenhagen nach Essen (Kat.-Amt 3); der Kat.-Kontr., Steuerinsp.
Eitz in Potsdam als Kat.-Sekretär an die Kgl. Regierung daselbst.
Dem Kat.-Kontr., Steuerinsp. Wulff in Herford ist die Verwaltung
des Kat.-Amts Herford 2 und dem Kat.-Kontr. Pack in Unna die Ver-
waltung des Kat.-Amts Dortmund 1 übertragen worden.
Bestellt sind: zu Kat.-Kontrolleuren : die Kat-Landmesser Günther
von Cassel nach Schöneck, Grussdorf von Magdeburg nach Greifenhagen,
Hu ebner von Gumbinnen nach Loslau, Mews von Aachen nach Beeskow,
Peitzsch von Cöln nach Verden, Rupp von Sigmaringen nach Waldbröl,
Schermer von Wiesbaden nach Beetzendorf, Tiedemann von Magdeburg
nach Blumenthal, Wechsung von Minden nach Herford (Kat.-Amt 1).
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Erhöhung der Monatsdiäten
anf 160 Mk. vom 1./4. 07 an: L. Crusius in Cöln; vom 1./5. 07 an:
L. Mendel in Düsseldorf. — In den Dienst neu eingetreten: L. Stock-
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528 Briefkasten der Schriftleitung. f zeiuchrin^
hardt in Düsseldorf (g.-t-B.) am 1./7. 07 zur dauernden Beschäftigung ;
die L. Gerke, Bernhardt, Meitzner, Seyd und Döker in Düsseldorf
(g.-t.-B.) am 1./7. 07 zur vorübergehenden Beschäftigung.
Generalkommiasionsbezirk Münster. L. v. Berckefeldt von Soe*t
nach Wesel versetzt (1./7. 07).
Königreich Sachsen. Vom 1. Juli 1907 ab Verm.-Assistent Arno
Bosch ke zum Finanzlandmesserassistent ernannt und der verpfl. Feld-
messer Johannes Theodor Rein icke als technischer Hilfsarbeiter bei dem
Zentralbureau für Steuervermessung angestellt. — Dem Oberlandmesser
Schulze, Bezirkslandmesser in Zwickau, ist anlässlich seines U ebertritt s
in den Ruhestand das Ritterkreuz 2. Kl. vom Verdienstorden verliehen
worden.
Grossherzogtum Mecklenburg - Schwerin. Die Vermessungs- und
Kulturingenieure Rudolf Buss und Alfred Brumm sind am 1. Juli als
Beamte des Finanzministeriums, Abteilung für Domänen und Forsten, an-
gestellt und zu Kammeringenieuren ernannt.
Briefkasten der Schriftleitung.
An versch. Herren Mitarbeiter. Ich sehe ja wohl, dass ich die
Schreibweise „Büro" schliesslich doch Uber mich ergehen lassen muss, so
sehr sie mir, um deutsch zu reden, contre coeur geht Ich meine, man
sollte das Bureau aus der deutschen Sprache ausmerzen, nicht aber dessen
Einbürgerung durch deutsche Schreibweise fördern. Wenn es aber sein
muss, will ich das „Büro" schliesslich noch verschlucken.
Ganz unverdaulich aber ist für meinen Schriftstellermagen der ebenso
sinn- als sprachwidrige Gebrauch des: „es erübrigt sich". Da die Vor-
liebe für diese — oft in gerade entgegengesetzter Bedeutung gleichmassig
gebrauchte — Wendung selbst in Reporterkreisen endlich abzuflauen scheint,
bitte ich davon nach besten Kräften in dieser Zeitschrift abzusehen.
Die Sprachreiniger unter uns haben schon öfter Verwahrung eingelegt
gegen Fremdwörter. Ich bitte also, — wenn ich auch der Ansicht bin,
dass Fachausdrücke toter und lebender Fremdsprachen so lange nicht
zu vermeiden sind, als nicht deutsche Wörter dafür massgeblich und ein-
heitlich festgesetzt oder doch vereinbart sind, — Fremdwörter und fremd-
sprachige Wendungen zu vermeiden, wenn dafür, vielleicht auch nur mit
einigem Nachdenken, deutsche Worte und Wendungen zu finden sind.
Steppes.
Inhalt. '
Wissensch aftl. Mitteilungen: Erweiterung der pythagoraischen Rechenscheib«
von Roether, von K. Lüdemann. — Zur Geschichte des Ruckwartseinschneiden«,
von W. La ska. — Eine einfache Begründung der Methode der kleinsten Qua-
drate, von S. Wellisch. — Die Prüfungsvorschriften für Diplomingenieure und
ihre Nutzanwendung auf die Landmesserausbildung, von H. Wolff. — Ein Vor-
schlag zum Zusammenlegungsverfahren, von Fr. Ständer. — Bücherschau. —
Hochschulnachrichten. — Vereinsangelegenheiten. — Persenalnachrichteo. -
Briefkasten der Schriftleitung.
Verlag tod Konrad Witt wer in Stuttgart.
Druck von Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdrockerei in Stuttgart.
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529
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat nnd Dr. O. Eggert, Professor
München 22, Kataaterbureau. Dansig-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 22. Band XXXVI.
— ■>-• 1. August.
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitnng ist untersagt.
Herr Obersteuerrat C. Steppes
konnte am 24. Juli d. J. auf eine 25 jährige Tätigkeit als Schrift-
leiter dieser Zeitschrift zurückblicken.
Am 24. Juli 1882 auf der 11. Hauptversammlung des Deutschen
Geometervereins in Hannover an Stelle des zurückgetretenen Regie-
rungsfeldmessers Lindemann zum Mitredakteur der Zeitschrift für
Vermessungswesen gewählt, trat er das ihm übertragene Amt sofort an.
Was Herr Steppes in dieser Stellung und als Vorstandsmitglied
während seiner langjährigen Tätigkeit für den Deutschen Geometer-
verein und für unsere Standesinteressen Hervorragendes geleistet
hat, ist in den weitesten Kreisen der deutschen Kollegen hinläng-
lich bekannt.
Die unterzeichneten Mitglieder des Vorstandes sind daher der
ungeteilten Zustimmung aller Vereinsmitglieder sicher, wenn sie diesen
freudigen Anlass benutzt haben, dem hochverehrten Jubilar auch in
äusserer Form den Dank des Vereins zum Ausdruck zu bringen.
Wir haben namens des Deutschen Geometervereins Herrn Ober-
steuerrat Steppes als Ehrengabe einen Schreibtischstuhl gestiftet
und ihm ausserdem eine künstlerisch ausgestattete Adresse gewid-
met, die nachstehenden Wortlaut hat:
Zeitschrift für Venneitungiweaen 1907. Haft 22. 39
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630
Adresse an Herrn Obersteuerrat C. Steppes.
Zeitschrift fUr
Hochgeehrter Herr Obersteuerrat!
Am heutigen Tage sind 25 Jahre vergangen, seitdem Sie durch das
Vertrauen der Mitglieder auf der 11. Hauptversammlung des Deutschen
Geometervereins zu Hannover zum Schriftleiter der Zeitschrift für Ver-
messungswesen gewählt worden sind. Ein volles Viertel-Jahrhundert haben
Sie mit nie ermüdender Hingebung die Geschäfte der Schriftleitung für
den volkswirtschaftlichen, rechts wissen schaftlichen und sozialen Teil ge-
führt. Neben dem Schriftleiter für den geodätisch-wissenschaftlichen Teil
ist es im hohen Masse Ihr Verdienst, die Zeitschrift zu einem Fachblatte
ausgestaltet zu haben, das an Umfang, Vielseitigkeit und Ansehen un-
erreicht dasteht. In uneigennützigster Weise haben Sie stets Ihre glän-
zenden Geistesgaben und Ihre hervorragenden fachmännischen Erfahrungen
in den Dienst des Vereins gestellt und damit Grosses zum Gelingen der
Vereinsbestrebungen beigetragen.
Als die berufenen Vertreter des Deutschen Geometervereins möchten
wir, einem Herzensbedürfnisse folgend, Ihnen am heutigen Tage den
schuldigen Dank der deutschen Kollegenschaft für Ihr langjähriges ge-
segnetes Wirken zum Ausdruck bringen, allein es fehlen uns dazu die
geeigneten Worte.
Möge Ihnen daher das stolze ßewusstsein, dass Ihr Name bis in die
fernsten Zeiten mit der Geschichte des Deutschen Geometervereins eng
verbunden sein und stets an erster Stelle genannt werden wird, Ersatz
dafür sein.
Mit unserem herzlichsten Glückwunsche zum heutigen Tage ver-
binden wir die Bitte, zum bleibenden Andenken an das 25 jährige Schrift-
leiter-Jubiläum, sowie als ein äusseres Zeichen des Dankes und der Ver-
ehrung den beifolgenden Schreibtischstuhl freundlichst annehmen zu
wollen.
Wir knüpfen daran den aufrichtigen Wunsch, dass Sie sich dieser
Ehrengabe noch recht lange erfreuen, und ein gütiges Geschick Sie noch
viele Jahre in bisheriger Gesundheit, Rüstigkeit und Geistesfrische er-
halten möge zum Wohle Ihrer Familie und zum Nutzen des Deutschen
Geometervereins.
Berlin, den 24. Juli 1907.
P. Ottsen,
Vorsitzender.
A. Hüser,
Kassierer.
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TiroMÄur'iwesen ^ummer- Schätzungs- und KartieruiigsuntersuchuDgeiL 631
Mitteilung von Beobachtungsergebnissen
Uber die Schätzungs- und Kartierungsgenauigkeit
an Massstäben und Kartierungsinstrumenten.
Eine Voruntersuchung über die zweckmässige Art der Kartierung
von Kataster- lind sonstigen Grundstückskarten und über deren
weitere geometrische Auswertung.
Von Oberlandmesser Kummer- Cassel.
Es herrschen noch vielfach unrichtige Vorstellungen darüber, mit
welcher Genauigkeit das geübte Auge Brachteile eines Intervalls an pris-
matischen Massstäben abzuschätzen vermag. Hierin ist auch der Grund
zu suchen, warum dieser handlichste aller Massstäbe noch verhältnismässig
wenig zum Ablesen von Massen aus Karten und zum Abstechen von Punkten
für Kartierungen benutzt wird. Man hängt noch zu sehr an dem Ver-
fahren mit Zirkel nnd Transversalmassstab und mag sich in hergebrachter
Gewohnheit auch nicht dazu entschliessen, dem Arbeiten mit Kartierungs-
instrumenten Geschmack abzugewinnen. Mitunter wird sogar die Behaup-
tnng ausgesprochen, dass der Zirkel und Transversalmassstab sowohl hin-
sichtlich der Genauigkeit und Schnelligkeit der Arbeit, als auch hinsicht-
lich der Sicherheit gegen grobe Fehler an erster Stelle stehe. Es dürfte
daher zur Klärung der Sachlage dienen, einige Untersuchungen mitzuteilen
und daran Betrachtungen zu schliessen.
L Feststellung des mittleren Schätzungsfehlers an prismatischen
§ 1. Art der Beobachtung.
Zur Untersuchung wurden Kartierungsinstrumente nach Homey er
und Waue in den Massstabsverhältnissen 1 : 1000, 1 : 1500 und 1 : 2000
benutzt. Die Grössen des kleinsten Skalenfeldes, das die Bezeichnung J
führen möge, betragen somit V% % V2\ i/Ä V% mm. Die Beobachtungen
sind derart angeordnet worden, dass jede der 20 Intervallstellen in jeder
Gruppe an jedem der 3 eigens zu diesem Zwecke an den Schiebedreiecken
unabhängig vom Nonius angebrachten Strichen (Zeigern) einmal vorkommt
Der Gang des Verfahrens ist folgender. Nachdem für die An fangs Stellung
die Ablesungen am Nonius und an den Zeigern genommen waren, wurde
das Schiebedreieck mittels des Nonius nun einen vorgeschriebenen Betrag
an dem Massstabe verschoben und dann am Nonius dieser Wert auf 1/4
der i/10 J betragenden Nonieneinheit abgelesen, bevor zur Abschätzung der
Intervallstellen an den 3 Zeigern geschritten werden konnte. Sämtliche
Ablesungen sind mit freiem Auge, also ohne Benutzung einer Lupe aus-
geführt. 7 verschiedene Verteilungsmuster, die sich über 10 kleinste
Digitized by Google
532 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. yJ^^^^J^
1907. **
Skalenfelder erstreckten, wurden für jeden der 3 Massstäbe je einmal zur
Anwendung gebracht. Es liegen somit für jeden Massstab 420, also im
Durchschnitt für jede der 20 Intervallstellen 21 Beobachtungen vor. Diese
letztere Zahl verdreifacht sich noch, da zur Bestimmung des Fehlers jeder
einzelnen Intervallstelle die Beobachtungen der beiden Nachbarinten au-
steilen mitbenutzt wurden. Das konnte wegen der Unsicherheit in der
Schätzung und ferner schon deshalb geschehen, weil es nicht auf eine
strenge wissenschaftliche Untersuchung ankam, zu welcher noch grössere
und auch noch kleinere Skalenfelder hätten herangezogen werden müssen,
sondern auf die Führung eines den Bedürfnissen der Praxis entsprechenden
Nachweises über die Grösse und die Art dieser Fehler.
Es möge angeführt werden, dass die Ablesungsgenauigkeit am Nonius
eine für die Untersuchung genügende ist und dass Teilungs fehler an den
Massstäben nicht wahrgenommen sind. Es wurde aus mindestens 30 Be-
obachtungen für jeden der 3 Massstäbe der Abstand der Nullstriche zweier
Nonien mit einem mittleren Fehler einer Beobachtung von 1,4; 1,2 und
1,1 i/100 mm festgestellt. Die Gesamtverschiebung am Massstabslineal
umfasst 20—25 kleinste Skalenfelder. Da im allgemeinen der mittlere
Schätzungsfehler 8/10 des abgelesenen Masses nicht wesentlich übersteigen
soll, hatte es Zweck, an dem Massstabe mit 1,41 mm Intervallgrosse 1/4
der Nonieneinheit noch abzulesen, während für den Massstab mit 0,71 mm
Intervallgrö8se die Abschätzung auf Vs der Nonieneinheit voraussichtlich
die gleiche Genauigkeit geliefert hätte. Jedoch wurde der Gleichmässig-
keit wegen so verfahren, wie vorstehend beschrieben worden ist.
Die Anführung einer Beobachtungsreihe, sowie der Fehlergleichungen,
welche der Berechnung zugrunde liegen, kann unterbleiben. Ich verweise
dieserhalb auf meine in den Heften 8 und 9 des Jahrg. 1897 dieser Zeitschr.
mitgeteilte Abhandlung: „Genauigkeit der Abschätzung mittels Nivellier-
fernrohresu, an die ich mich auch in einigen anderen Punkten anlehne.
§ 2. Berechnung des mittleren Gesamt- und des einseitigen
Schätzungsfehlers der einzelnen Intervallstellen.
Die Erfahrung lehrt, dass beim Abschätzen der Intervallbruchteile
regelmässige Schätzungsfehler begangen werden. Die Abschätzung wird
im allgemeinen gewonnen, indem man die links und rechts am Zeiger lie-
genden beiden Teile eines Intervalls vergleicht. Den schmalen Streifen
schätzt man im Verhältnis zu dem breiten zu klein. Auch vernachlässigt
man im allgemeinen die Stärke des Zeigerstriches. Der Gesamtschätzungs-
fehler setzt sich also zusammen aus einem einseitigen und aus einem zu-
fälligen. Der einseitige wird bei gegebener Intervallgrösse lediglich durch
die Intervallstelle und durch die Stärke des Zeigerstriches bestimmt. Da
es für die Praxis hauptsächlich auf das Endergebnis ankommt und ferner
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zoitacbrirt nir Kummer. Schätzungs- und Kartierunga Untersuchungen. 533
die Art der Abschätzung von der persönlichen Eigenart des Beobachters
abhängt, soll im nachstehenden auf die Ursachen der Fehler nicht speziell
eingegangen werden. Nur im § 10 wird im Vergleich zum Abstechefehler
eine kurze Betrachtung gegeben werden.
Nach dem eingeschlagenen Beobachtungsverfahren treten im allge-
meinen die sämtlichen Intervallstellen in einer Gruppe gleich häufig auf.
Die Aasgleichungsunbekannte wird somit richtig gefunden und die sich
ergebenden einzelnen Fehler sind Gesamtschätzungsfehler der betreffenden
Intervallstellen. Diese Werte sind far jeden der 3 Massstäbe geordnet
worden nach Intervallstellen. Aus der Zusammenstellung ergab sich deut-
lich, dass in der ersten Hälfte des Intervalls die Fehler der einzelnen
Beobachtungen vorwiegend positiv, in der zweiten Hälfte dagegen nega-
tiv waren. Die einseitigen Fehler % wurden gefunden als die arithme-
tischen Mittel sämtlicher Werte, während die mittleren Gesamtschätzungs-
fehler q> auf die bekannte Weise aus den Einzelfehlern berechnet worden sind.
Die Tabellen 1 und 2 enthalten die Ergebnisse der Beobachtungen,
sowie die aus der in den beiden nächsten Paragraphen behandelten Aus-
gleichungsberechnung hervorgegangenen Werte für die mittleren Gesamt-
und einseitigen Schätzun gs fehler , als auch die Grössen der sich hieraus
ergebenden zufälligen Fehler.
In Tabelle 1 sind die Ergebnisse des Verfassers, in Tabelle 2 für
das Intervall 8/s V 2 mm diejenigen zweier anderer Beobachter, der Herren
Zeichner Kroll und Arlitt, zusammengestellt worden.
Die Fehler der Tabelle 2 sind durchweg kleiner als die entsprechen-
den der Tabelle 1. Es hat dies seinen Grund darin, dass die Beobachter
für Tabelle 2 in ihrer Eigenschaft als Zeichner im Abschätzen und Ab-
wägen kleiner Masse besonders geschult sind und ständig in der Uebung
bleiben, während der Verfasser eine Reihe von Jahren hindurch derartige
Arbeiten Oberhaupt nicht ausgeführt hat.
Die einseitigen Fehler des Herrn Kroll sind sehr klein, nicht nur
allein absolut genommen, sondern auch im Verhältnis zur Grösse der Ge-
samt- und zufälligen Fehler. Es beweist dieser Umstand, dass die abso-
luten Grössen der einseitigen Fehler im wesentlichen von der persönlichen
Schätzungsart des Beobachters abhängen.
Aus den in den Tabellen aufgeführten Beobachtungsergebnissen ist zu
entnehmen, dass sowohl die Gesamt- als auch die einseitigen Fehler als
Funktion f(i) der zugehörigen Intervallstelle i dargestellt werden können
durch eine Interpolationsformel, welche mit qp bezw. mit % die Eigenschaft
gemein hat, streckenweise anzusteigen und wieder abzunehmen. Eine
solche Funktion ist:
9 J = /(/) = «o-f«, sin i + a, sin 2i + . . . + i, cos i +bt cosSi + . . .
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534 Kammer. Schätzung«- und Kartierungsuntersuchnngen. zeiuchrin fto
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536 Kummer. Schätzung»- und Kartierun gs Untersuchungen. v<^^^n J1^^
1907*
§3. Berechnung der Interpolationsgleichungen, darstellend die
mittleren Gesamtschatzungsfehler q> und die einseitigen Fehler %
für die einzelnen Intervallstellen.
Nach der angefahrten Formel sind in gleicher Weise, wie in dieser
Zeitschrift, Jahrgang 1897, S. 243 ff., die nachstehend aufgeführten Inter-
polationsgleichungen jedoch unter Anwendung des 0,25 m langen Rechen-
schiebers gefunden worden:
1. Intervallgrösse V2 mm.
<p = + 4,30 -|- 0,12 »in i - 0,83 »in 2 i — 0,47 co» i — 0,63 co« 2 i
x = - 0,12 + 3,15 tin i - 0,64 »in 9a - 1,22 cos i + 0,53 eo» 2 ».
2. Intervallgrösse 2/3 V^2 mm.
9> = -h 3,80 -j- 0,05 »in i + 0,36 »in 2i + 0,05 co» i — 0,61 eo» 2»
x = 0,04 + 3,36 »in i — 0,22 »in 2i + 0,31 co» i — 0,08 co» 2«.
3. Intervallgrösse i/2 V2 mm.
9 = + 3,36 — 0,18 »in i — 0,29 «in 2» — 0,07 eo» i — 0,44 co» 2 i
r = — 0,04 + 2,62 »in i + 0,06 «m 2 t — 0,81 eo» i + 0,16 co» 2 t.
4. Intervallgrösse */e V2 mm.
a) Beobachter Kroll:
<p = + 2,84 — 0,20 *m I — 0,22 »in II + 0,12 co« t — 0,28 co» 2 t
» = + 0,03 + 0,76 »in i + 0,24 «m 2 t -f- 0,06 co« i + 0,10 co« 2 1.
b) Beobachter Arlitt:
<p = + 2,71 — 0,07 «vt t -f 0,01 »in 2 1 + 0,16 cos i — 0,68 co« 2 1
x = - 0,08 + 2,14 «t» t + 0,22 »in 2 1 + 0,38 co* t + 0,21 co« 2 i.
In den Figuren 1 und 2 sind die Interpolationskurven dargestellt.
Die beobachteten Werte sind bei den Kurven für Kroll und Arlitt weg-
gelassen, um die Deutlichkeit des Bildes nicht zu beeinträchtigen. Der
Verlauf der Kurven in Fig. 1 zeigt, dass der Gesamtschatzungsfehler in
der Mitte des Intervalls und an dessen Grenzen am kleinsten, dagegen
in den Intervallstellen 0,25 und 0,75 am grössten ist. Aus Fig. 2 ist
zu ersehen, dass am Anfang, in der Mitte und am Ende des Intervalls
der einseitige Fehler verschwindet. Bei den Stellen !/4 und */4 des
Intervalls erreichen die Fehler ihre grössten Beträge derart, dass die
Abschätzung zu nahe an den zunächst gelegenen Strich herankommt.
Wenn diese Fehler auch verhältnismässig klein sind, so können sie bei
Beobachtungen, die besondere Schärfe erfordern, nicht vernachlässigt
werden, i) Es sind daher in solchen Fällen die Beobachtungen vor ihrer
') Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die Abschätzungen der Flächen
an graphischen Hilfsmitteln, z. B. an der Hyperbeltafel, um einen geringen Be-
trag einseitig falsch sind. Die Grösse dieses Betrages ist abhängig von der Inter-
vallstelle und dem jeweiligen Abstände der Kurven an der Schätzungsstelle.
Wenn auch zugegeben werden soll, dass das von Herrn Kollegen Mülle r-Berle-
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v Vf.
. Vf.
O St- %V2«rufr^.
weiteren Verwendung von den einseitigen Fehlern zu befreien, wenn man
nicht von vornherein ein schärferes Verfahren vorzieht.
§ 4. Berechnung des mittleren zufälligen Schätzungsfehlers.
Nachdem aus den Interpolationsgleichungen sowohl die Werte qp als %
gefunden sind, ergibt sich der mittlere zufällige Schätzungsfehler <p, gemäss
bürg im Heft 11 des Jahrganges 1905 der Verbandszeitschrift Preussischer Land-
messenrereine, sowie im Heft 12 des Jahrganges 1905 der Zeitschrift des Rhei-
nisch-Westfälischen Landmesservereines vorgeschlagene Verfahren unter Aus-
nutzung der massgebenden Urzahlen im allgemeinen etwas günstigere Ergebnisse
liefern mag als die rein graphische Festlegung, so ist doch immer im Auge zu
behalten, dass wegen der einseitigen und zufälligen Schätzungsfehler nur bei
wenig scharfer Kartierung durch das Abschieben der Urzahl eine wesentliche
sachliche Genauigkeitserhöhung zu erwarten steht
B38 Kummer. Sch&tzungs- und KartierungBuntersuchungen. ^zeRacbriftrür
1W/7«
Fig. 2.
X^-vi^
° ö^'^VS^^.
der Formel ^ = V g>* — t2. Die ans den ausgeglichenen Unterlagen be-
rechneten Werte q>x sind in den Tabellen 1 und 2 angeführt und in der
Fig. 3 dargestellt. Das wichtige Ergebnis ist, dass dieae Werte abgesehen
von geringen Schwankungen in allen Intervallstellen im allgemeinen als
gleich gross, wenigstens vom praktischen Standpunkte anzusehen sind.
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4 oo 0,2s
0,SO
^-VT
In der Reinzeichnung zur Fig. 3 sind für die erste Hälfte des Inter-
valls die Beschreibungen der Kurven „Krl. und Arl.a verwechselt worden.
§ 5. Beziehung der Schätzungsfehler zur Grösse des
Skalenintervalls.
Wenn auch eine scharfe Untersuchung über die Abhängigkeit der
Fehler von den Grössen der Skalenfelder nicht angestellt werden kann,
weil hierzu die Beobachtungen nicht ausreichen und insbesondere grössere
Intervalle hätten herangezogen werden müssen, so ist es vom praktischen
Sundpunkte besonders mit Rücksicht auf die später behandelten Absteche-
fehler erwünscht, gerade für die Gebrauchsintervalle in eine Erörterung
der Frage einzutreten. Ferner dürfte es interessant sein, eine Vergleichung
mit den Ergebnissen anzustellen, die Herr Prof. Dr. Reinhertz gefunden
540 Kummer. Schätzungs- und Kartieruugs Untersuchungen. ^ z«iud>rirt
hat (vergl. diese Zeitschr. Jahrg. 1894, S. 613, Tabelle 18). Dem Zwecke
der Sache entsprechend sind die in Tabelle 1 angeführten Durchschnitts-
werte benutzt worden. Zur Entscheidung der Frage wurden die Werte
<», <f>i und % durch J und VT dividiert. Die Zusammenstellung in Ta-
belle 3, welche sämtliche Grössen in mm enthält, zeigt, dass der Anschluss
durch die Interpolationsformeln
q> = o . «7; g>j = b . «7*; % = c .J
keine genügende ist, dass dagegen die Formeln
sich den Beobachtungen mit durchaus ausreichender Genauigkeit an-
schmiegen.
Tabelle 3.
1,41
0,94
0,71
V'J
1,19
0,97
0,Si
0,0430
0,0380
0.0336
0,0367
0,0298
0,0277
0,0215
0,0217
0,0173
0,0306
0,0404
0,0472
a t
ai~VJ
0,0362
0,0392
0,0400
-9
0,0254
0,0317
i Vi
IXI-M
7
0,0391- 0,0330
0,0152
0,0231
0,0244
0,0181
0,0224
6
0,0312
0,0204
Mittel 0,0385
Hieraus folgt: q> = ± 0,0385 VJ_
Vl = ± 0,0312 V^ J
% = 0,0204
Die Fehler wachsen also proportional der Quadratwurzel
aus der absoluten Grösse des Intervalls.
Rechnet man den Wert q> = 0,0385 VJ um in den relativen Fehler t»,
so erhält man m = Prof. Reinhertz gibt -^=- an, also unter-
scheiden sich beide Werte nur durch die Güte der Beobachtung, lassen
sich aber im Prinzip durch dieselbe Interpolationsformel wiedergeben.
Gleiches Ergebnis ist übrigens auch beim Abschätzen an einer Nivellier-
skala gefunden worden.
Nachdem nunmehr das Wachstum des Fehlers mit der Intervallgrösse
feststeht, kann auch aus den Ergebnissen der Tabelle 2 eine Interpolations-
formel berechnet werden. Unter der im allgemeinen zutreffenden Annahme,
dass die Mittelwerte beider Herren das summarische Resultat von Beobach-
tern, die im Schätzen an kleinen Massen geübt sind und auch ständig in
der Uebung bleiben, darstellen, mögen mit Rücksicht auf die Untersuchungen
des § 15 die Ergebnisse mitgeteilt werden. Es kann ja allerdings keinem
Zweifel unterliegen, dass für scharfe Untersuchungen das eingeschlagene
Verfahren unter Benutzung nur einer Intervallgrösse nicht ausreichend ist.
Dem vorliegenden Zwecke genügt es aber. Es wurde deshalb mit Rück-
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«r Kummer. Schätzongs- und Kartierungsuntersuchungen. 541
sicht auf Zeit- und Arbeitsersparnis ton weiteren Beobachtungen abgesehen.
Das Resultat der Rechnung ist folgendes:
<p = ± 0,026 VT
Vi — ± 0,023 VT
t = 0,010 VT
Es sind also, wie schon im § 2 hervorgehoben worden ist, die Fehler noch
wesentlich kleiner als die vom Verfasser ermittelten.
Zu bemerken ist, dass die Abschätzungen in Tabelle 2 rund */i Jahr
später ausgeführt sind, als die Kartierungsuntersuchung des Abschnitts II.
§ 6. Beziehung zwischen dem Gesamt-, zufälligen und ein-
seitigen Schätzungsfehler.
Aus den Interpolationsgleichungen zu Tabelle 3 des § 5 berechnet man
JtL = o,81 — = 0,53.
9 9
Gute Uebereinstimmung mit diesen Werten zeigen die Beobachtungen
Ar litt in Tabelle 2. Dieselben ergeben für:
lL = 0,83 -^- = 0,50,
9 9
während für die Kr oll sehen Beobachtungen des geringen einseitigen Fehlers
wegen die Verhältniszahlen sich stark abweichend gestalten.
Im grossen und ganzen lässt sich sagen, dass der zufällige
rund */5 so gross ist wie der Gesamtfehler, während der ein-
seitige Fehler im Durchschnitt etwa halb so gross wie der Ge-
samtfehler ist. An den Feldgrenzen und in der Mitte des
Feldes verschwindet der einseitige Fehler, während er bei i/4
und 8/4 des Intervalls rund ?/10 der Grösse des Gesamtfehlers
erreicht.
§ 7. Hauptergebnis über den Schätzungsfehler.
Das Schlussergebnis ist folgendes:
Es lassen sich die Intervallstellen an einem Massstabe für
die Zwecke der gewöhnlichen Praxis hinreichend genau auch
ohne Lupe abschätzen. Ein Nonius ist für die Gebrauchsinter-
valle nur für scharfe Arbeiten erforderlich. Im allgemeinen
genügt ein Zeigerstrich, der beim Ablesen von Massen ans der
Karte durch die Nadelstiche ersetzt wird. Bei den gewöhn-
lichen praktischen Arbeiten kann man stets den Nonius ent-
behren. Es wird dann die Arbeit nicht nur allein vereinfacht
und beschleunigt, sondern auch das Ergebnis leichter gegen
grobe Fehler geschützt und das Auge des Beobachters am we-
nigsten angestrengt werden. (Fortsetzung folgt.)
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542
Heyde. Untersuchung einer Kreisteilung.
Untersuchung einer Kreisteilung.
Als vor einigen Jahren die Beschreibung meiner selbsttätigen Kreis-
teilmaschine nnd meiner Hohlschraube in der Zeitschrift für Instrumenten-
Beobachtungen
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+ 33
-33
10
190
2,6
190
10
4,8
+ 7,4
— 2,2
+ 3,7
-U
20
200
3,0
200
20
4,5
4-7,5
-13
+ 3,75
-0,75
30
210
13
210
30
5,1
+ 6,9
-3,3
+ 3,45
-1,65
40
220
3,0
220
40
4,2
+ 7,2
-1,2
•
+ 3,6
-0,6
50
230
4,2
230
50
4,2
+ 8,4
+ 0,0
+ 4,2
+ 0,0
60
240
3,9
240
60
3,6
-»-73
+ 0,3
+ 3,75
+ 0,15
0,130
70
250
4,2
250
70
3,3
+ 7,5
+ 0,9
+ 3,75
+ 0,45
0,423
80
260
5,1
260
80
2,7
+ 73
+ 2,4
+ 3,9
+ 1,2
1,182
90
270
5,7
270
90
2,1
i
+ 7,8
+ 3,6
+ 33
+ 13
1300
100
0,4
280
a i
ö,l
+ 83
+ 23
+ 4,25
+ U5
1,132
110
290
6,9
290
110
0,9
+ 7,8
+ 6,0
+ 3,90
+ 3,0
2,819
120
300
63
800
120
0,7
+ 7,0
+ 5,6
+ 33
+ 2,8
2,425
130
310
73
310
130
-0,4
+ 7,1
+ 7,9
+ 3,55
+ 3,95
3,026
140
320
6,6
320
140
-0,4
+ 6,2
+ 7,0
+ 3,10
+ 330
2,250
150
330
6,6
330
150
0,4
+ 7,0
+ 6,2
+ 3,50
+ 3,1
1350
160
340
6,7
340
160
1,1
+ 73
+ 5,6
+ 3,90
+ 23
0,957
170
350
73
350
170
0,0
+ 73
+ 7,8
+ 3,90
+ 3,9
0,677
66,90
+ 18371 -
- 1,657
i
Jf =
3,71
16,714
Vor der
0,191
0,255
0325
0386
23,544
tang q> = = 54° 37' 44",0
1 23,544 1 16,714
"9" -^r = ~9 ■ -itr = 3 '20816-
UIQ111Z6O uy VjUU
Heyde. Untersuchung einer Kreisteilung.
543
künde (Oktober 1904 und März 1905) veröffentlicht wurde, sprach der
Herr Referent, Professor Dr. Hammer in Stuttgart, den Wunsch aus, dass
baldmöglichst weitere Angaben über die Teüungsgenauigkeit der Maschine
folgen möchten. Das Streben, mit der Maschine die grösstmögliche Voll-
Aasgleichung
e cos 1
+
Nach der Ausgleichung
9 =
3,20816 .
J_ 540 37< 44« 0 sin <p = e'
3300
1,063
0,705
1,429
0,460
«1:1:1.
0,075
0,153
0,200
1,026
1,400
2,539
2,681
2,685
2,631
3341
10390
1,210
0,563
2,723
0,360
0,000
0,023
0,203
1,440
3,240
1,323
9,000
7340
15,603
12,260
9,610
7,840
15,210
315
305° 22' 16",0
»
n
— 2,6160
335
345
355
5
15
45
55
75
85
95
105
115
■
n
n
i»
11
11
11
H
»
»
»
9
n
n
11
»
it
»
+0,436 - 23,980
+ 0,436
99,328
-23,544
Der mittlere Beobachtung« fehler ist
-13231
— 1,3370
- 0,8102
-0,2589
+ 0,9003
+ 03504
+ 13746
+ 1,8571
+ 2,2832
+ 2,6398
+ 23163
+ 3,1042
+ 3,1977
+ 3,1941
+ 3,0934
+ 23987
+ 0,6840
+ 1,1538
+ 1,0731
-03190
— 0,2102
-0,2589
+ 0,1503
+ 0,4004
+ 0,1746
+ 0,0571
+ 1,1332
-0,3602
+ 0,1163
— 03458
— 03023
+ 0,0941
+ 0,2934
- 1,0013
0,4679
1,3313
1,1515
0,0980
0,0442
0,0670
0,0226
0,1607
0,(005
0,0033
1,2842
0,1359
0,0135
0,7154
0,0914
0,0089
0,0861
1,0262
6,7386
m
= V 55 = °'65"-
Am 5./6. 07 beobachtet an dem 50 cm automatischen Kreisteil -
maschinenkreise an der mit der Bewegungsschraube hergestellten Teilung.
Berechnet im Juni 1907.
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544 Heyde. Untersuchung einer Kreisteilung. wSSSSStH
kommenheit zu erreichen, hielt mich bisher davon ab, die beobachtete
Fehlertabelle zu veröffentlichen. Ich hatte die Vollendung einer Maschine
von 1 m Kreisdurchmesser abwarten wollen, um die an derselben gemachten
Beobachtungen, deren höchste Vollendung ich aus bisher gemachten Er-
fahrungen erwarten durfte, zu veröffentlichen. Durch den Aufsatz: „Unter-
suchung eines Repetitionstheodoliten ■ in Heft 14, 1907 der Zeitschrift für
Vermessungswesen von Herrn Landmesser Lüdemann wurde ich jedoch
veranlasst, nicht bis zur Fertigstellung der 1 m - Teilmaschine zu warten,
sondern die Beobachtungen und die Fehlerausgleichung an einer im April
ds. Js. fertiggestellten selbsttätigen Kreisteilmaschine meiner Konstruktion
von 50 cm Kreisdurchmesser der Oeffentlichkeit zu übergeben. Nach voll-
standiger Fertigstellung der 50 cm-Maschine wurde eine neue Originalteilung
auf dem Kreise genau so hergestellt, wie die Teilung auf einem auf der
Maschine zu teilenden Kreise. Anfang Mai wurde die Teilung unter zwei
um 180 Grad verschieden stehenden Mikroskopen untersucht und nach
Jordan ausgeglichen.
Der besondere Wert der Teilung liegt darin, dass die selbsttätige
Maschine stets gleiche Teilungen gewährleistet. Kopierteilungen sind immer
verschieden, selbst wenn solche von einer noch so vollkommenen Original-
teilung durch Menschenhände übertragen werden, da persönliche Fehler un-
vermeidlich sind. Die selbsttätige Kreisteilmaschine mit Hohlschraube
meiner Konstruktion macht keine persönlichen Fehler ; sie arbeitet einmal
wie das andere Mal und gewährleistet somit stets gleichwertige Teilungen.
Selbsttätige Teilmaschinen, deren Bewegung durch Tangentschrauben
bewirkt wird, können nie auf die hohe Vollendungsstufe gebracht werden,
wie die meiner Konstruktion, denn eine Tangentschraube wird stets jedem
Fehler in den Zahneinschnitten der Peripherie folgen. Nach meinen Be-
obachtungen lässt sich auch bei Anwendung mehrerer Tangentschrauben
nicht die Genauigkeit erreichen wie mit einer Peripherieschraube. Vor-
bedingung hierfür ist allerdings die höchste Vollendung in den Zahn-
einschnitten des Kreisumfange8, und diese Vollendung fordert viel Erfahrung,
die nur durch eingehendste Beobachtung der wenn auch scheinbar un-
bedeutendsten Erscheinungen bei den Arbeiten an den Maschinen erlangt
werden kann.
Ich behalte mir vor, in einer späteren Veröffentlichung auf die ausser-
ordentlichen Schwierigkeiten näher einzugehen, die sich mir bei meinen
Arbeiten entgegenstellten, bevor es mir gelang, die grosse Vollkommenheit
bei meinen Teilmaschinen zu erreichen.
Dresden, Friedrichstr. 18. Gustav Heyde,
Math.-mech. Institut u. opt.
Präzisions- Werkstätten.
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zeiucbrtft «r Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. 545
Eine „halbamtliche" Anleitung zur Feldmessung
aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts.
Von E. Hammer.
Unter den zahlreichen Traktaten über die Feldmessung aus der zweiten
Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von denen in
den letzten Jahrgängen dieser Zeitschrift einzelne besprochen und analysiert
worden sind, verdient einer, der hier noch nicht erwähnt wurde, besondere
Beachtung, weil er jedenfalls eine der ersten neuzeitlichen, „auf amtliche
Veranlassung u entstandenen Anleitungen zur Stuckmessung und also einen
anmittelbaren Vorgänger unserer Katastervermessungsvorschriften vorstellt
and weil er zugleich für die Geschichte der Triangulation Interesse bietet.
Das Buch, dessen Verfasser nicht genannt ist, erschien 1616 in
Manchen; der vollständige, zweifarbig gedruckte Titel lautet:
„©n begrünbter unb nerftänbiger Seridjt / non bem ftelbmeffen / rote man
Werfer, Seifen, ©orten, £öl$er / 2öege unb anbre ©runbftutf / jßret gröffe
naa) / nnb roie oil beren jebeä ^u^arten / SHueten unb 6d)ued> eigentlich in
ivi) ^alte / meffen / auch biefelbige in etliche gleiche ober ungleiche Zfyail ab«
teilen fol.
dergleichen / roie folate ©rünb / naa) jbjc jebeö fioxm unb ©eftalt / in
ben ©runb gelegt / bem ueqüngten SJtafjftab nach auffgeriffen / nnb folgenbä
auff bem ^ßappier letchtltcher als ju §elb mögen gemeffen werben.
^tern / roie man bie roeite von einem Ort jum anbern / als jroifchen
3tätt / ©chlöffer / Dörffer unb anberö meffen / auch berfelben SKeuier onnb roie
fic ju 2anb gelegen / auff baä ^appit reiften fol.
Wt einem furzen nnberria)t / roie man bife meffereu an allen Drten
leichtlich brauchen fünbt".
©ebrucft ju München / burch Nicolaum Heinricum / 3m $ah* /
M. DC. XVI.
In der Vorrede wird darauf hingewiesen, wie schlimm es mit den
Angaben über die Flächen der Grundstücke bestellt sei, trotzdem dass die
Kunst der Feldmessung in der Geometrie ihren sichern Grund habe und
genug deutsche und lateinische Traktate und Bücher darüber ausgegangen
seien. Dabei wird gewarnt vor dem Werk Jakob Köbels, Stadtschreibers
in Oppenheim (bekanntlich eine stehende und berechtigte Warnung in fast
allen Lehrbüchern der Feldmessung, noch bis in viel spätere Zeiten hinein),
das, z. T. durch Nachdruck, grosse Verbreitung erlangt hatte, während
Ton den Werken „fümemmer Mathematics namentlich die geometrische
Praktik von Christoph Clavius zum weitern Studium empfohlen wird.
Bei Gelegenheit der in den Fürstentümern Ober- und Niederbayern vor-
genommenen Erneuerung und Verbesserung der Polizei- und andrer Ord-
Zeitichrift fttr Vermessungiwesen 1907. Heft 22. 40
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546 Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. zaiucnnn nir
19C7.
nungen, besonders auch der Forstordnung, sei befohlen worden, ,bofc im
ganzen Sonb / ein burcbgefyenbe gleiche groffe bcr $ucbarten ober ^agtoercb an
liefern / SStSmäbern / #öl$ern / ©orten onb anbern ©rünben (fo oil fauffenS
onb oertauffenö / onb anberer Contract halben / in acht nemmen ift)* fest-
gehalten werden solle, „auch benebe no beooldjen toorben / einen oerftänblicfaen
begrünbten Bericht / onb 3$nbenoeifung juuergreiffen / onb in 2mcf guuertigen /
aufe roelcbem / mit geringifter 2Mhe ed möglich / biejenige / fo hieju tauglich
fein möchten / bae $cft>meffen begriffen / onb nicht allein jbjien / onb benen /
bie beffen in fauffen onb oerfauffen onb anbenoeg bebürfftig / ju nufcen onb
gutem gebrauchen / fonbern auch anbere onberrichten fünben".
Dieser höhern Orts „bevolchne" Traktat ist nun also in München 1616
herausgekommen (und, wie gleich bemerkt sein mag, 1665 in neuer er-
weiterter Auflage noch weiter verbreitet worden1); er stellt einen kl. 4°-
Band von 207 Seiten vor und wird seinem Zweck der möglichst einfachen
populären Belehrung über die Elemente der Feldmessung ganz gut gerecht
Er ist in 5 Teile zerlegt: der erste (11 Kap.) ist eine Einleitung über
geometrische und feldmesserische Begriffe (Juchart, „(Sreufcruete*, „Greufc*
fd)ued)* u.s. f. [geuierte ÜHafi, d. h. Quadratmass oder Flächenmass im Gegen-
satz zu dem „ainfachen 3Raj$"]; Rute, Schuh; rechter Winkel, Hypotenuse,
Katheten, Horizontal- und perpendicular Lini; Parallelen; Konstruktion
des Dreiecks aus den drei Seiten; Konstruktion des Quadrats; Einteilung
von Strecken, Proportionallinien; von dem Circul und seinen Teilen). Der
zweite Teil (15 Kap.) ist eine Anleitung zum Rechnen (die 4 Spezies
und ihre Anwendung in der Feldmessung ; Quadratwurzelausziehen, Rechnen
mit Brüchen, Regel detri). Der dritte Teil (15 Kap.) handelt „tum
9Jteffung ber GJrunbftucf ju $elb unb £>ol$* und zwar sowohl in „ regulierten "
wie in „nicht regulierten Figuren" (wobei unter jenen der Kreis und seine
Teile ziemlich ausführlich behandelt werden, kurz auch die regelmässigen
Polygone ; unter diesen beliebige Dreiecke, ferner „gleicbtool überlengte, boch
etlicher maffen fromme 2lecfer*); auch Berg und Bühel (die Notwendigkeit
horizontaler Strecken) werden nicht vergessen. Der vierte Teil (6 Kap.)
ist der „2lbtbailung ber gelber ober anberer ©runbfruefen* gewidmet, der
fünfte (9 Kap.) bespricht die „Grundlegung" und die dazu gehörigen
Instrumente, s. u.
Es fehlt hier der Raum, einen eingehendem Ueberblick über den
ganzen reichen Inhalt des Buchs zu geben; ich muss mich darauf be-
schränken, im folgenden einige für die Geschichte der Feldmessung wich-
») Diese neue Auflage war mir schon länger bekannt (sie ist z. B. auch in
der Bibliothek der Landwirtschaftlichen Hochschule Poppelsdorf vorhanden); die
Kenntnisnahme der geschichtlich selbstverständlich wichtigern ersten Auflage
verdanke ich Herrn Professor La ska in Lemberg, dem ich auch hier bestens
danken möchte.
^zeuactortftjür^ Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. 547
19ÖT.
tige Punkte namhaft zu machen, wobei besonders die instrumentellen Hilfs-
mittel kurz betrachtet werden sollen.
Noch zur Zeit des Erscheinens dieses halbamtlichen bayerischen Lehr-
buchs der Feldmessung (und noch bekanntlich Jahrhunderte später), war
von der Erfüllung des Wunsches Eines Masses, Eines Gewichts, Einer
Münze im Reiche, den schon 100 Jahre zuvor die Bauern im grossen
Bauernkrieg in mehrere Redaktionen ihrer XII Artikel aufgenommen hatten,
keine Rede ; nicht nur von Land zu Land oder von Reichsstadt zu Reichs-
stadt waren der Fuss, die Rute, der Morgen u. s. f. so verschieden wie
die Gewichte und die Geldsorten, sondern auch in einem und demselben
Staat waren an verschiedenen Orten häufig verschiedene Masse im Ge-
brauch, z. B. auch für verschieden benützte Grundstücke verschiedene
Masse, so dass durch Wechsel der Bodenbenutzung u. dergl. grenzenlose
Verwirrung entstand. In Bayern z. B. war die Juchart (für die Aecker)
grösser als 1 Tagwerk (für Wiesen, Gärten, Wald); es wurde deshalb zur
Zeit unseres Traktats, wie schon oben angedeutet, „in ben [Jürftenthumben
Cbern onb Bibern SBanrn georbnet / bajj in bifen fianben burd)gehcnt ein
gleiche SDiefferen fetm onb / fo oil man fidj im nerfauffen onb lauffen fürnemb*
(id) barnad) ju richten haben mag / bie Xagmerd) fo grojj aid bie ^ucharten
gemeffen werben foUen.* Es war freilich ein schon sehr altes Ueberein-
kommen , dass die Juchart 400 „(Sreufcrueten* (Quadratruten) gross sein
solle, z. B. 25 Ruten lang, 16 breit ; aber die Rute wnrde bald zu 12, bald
zu 16, bald zu 10 Fuss gerechnet, und in Beziehung auf den „©djuecb/
selbst herrschte die grösste Willkür. Mit üeberzeugung tritt der Verfasser
unseres Traktats für die 10-füssige Rute ein, die schon „die Alten u be-
nützt hätten (decempeda, daher Feldmesser ausser agrimensor u. s. f. auch
decempedator) und die für die Rechnung viel bequemer sei als die andern.
Es ist in der Geschichte der Feldmessung noch nicht genügend klargelegt
(worauf ich hier schon einmal hingewiesen habe), wie aus der 10-füssigen
römischen Rute die 12- und 16-füssige geworden ist. — „Huf? bafc aber
wegen ber ©erd)fd)ued) / alä nach melden alle SReffereo gerid)t ift / fein jtr
fene / onb mennigflid) wife / roie lang ein 2Hünd)ner 38erchf<$uecfc feue / ift
hier Ben bie wahre leng eine« halben 3Künd)ner Sßerc$fcfuiecb8 ber 6 3oH hat /
mit n. o. auff ber fenten abgeriffen.* An dieser Figur sind die 6 Zoll des
halben Fusses je in i/2-Zolle geteilt, der letzte Zoll in */4 Zoll und der
letzte Halbzoll in 4 Linien (es wurde also ein Zoll nicht = 12, sondern
= 8 Linien gerechnet). Die Masse der ganzen Zolle, in der Nähe der
untern (dem Text zugewandten) Kante und in der Richtung von n. nach
0. zu gemessen, sind auf dem mir vorliegenden Abdruck der Reihe nach:
24,2, 24,2, 24,4, 24,1, 24,2, 24,1 mm (Summe 145,2 mm), im ganzen ge-
messen die 6 Zoll = 145,3 mm lang. Der Münchner „Werchschuech"
wäre hiernach, ohne Rücksicht auf den Papiereingang, 290,6 mm lang ge-
548 Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. y^gjgggS^
wesen. Nach der „Bayerischen Landesvermessung", München 1873, S. 33
ist nach der Kgl. Verordnung vom 28. Februar 1809 1 Bayr. Fuss =
129,38 Par. Lin. der Peru-Toise bei 13° R- oder 291,86 mm lang:
der Unterschied von 1 V* 111111 gegen das Mass des amtlichen Lehrbuch*
von 1616 kann wohl ganz dem Papiereingang zur Last gelegt werden, so
dass der bayrische Fuss und die bayrische Hute ss 10 Fuss durch Jahr-
hunderte unverändert geblieben sind (ähnlich wie in Württemberg der
[ziemlich kürzere] Fuss von der Zeit Herzog Christophs bis zur allgemeinen
Landesvermessung). Von den früher in Deutschland üblich gewesenen
Fussen nähert sich, nebenbei bemerkt, dieser bayrische (neben dem han-
növerischen und oldenburgischen) am meisten dem altrömischen Fuss von
rund 296 mm und man denkt unwillkürlich an dessen Erhaltung (Augs-
burg u. s. f.).
Bei der Berechnung der „regulierten" Figuren werden in der Regel
Näherungswerte der irrationalen oder transzendenten Zahlen gebraucht;
so beim Kreis für n, dem allgemeinen Brauch der Zeit entsprechend,
22
-y (Kreis mit 28 Schuh Durchmesser hat 88 Schuh „Um&freijj" und 616
,6reu$fd)ued)" Fläche), beim gleichseitigen Triangel von 6 Ruten Seite
wird die Höhe (die mittel Lini) zu 5i/6 Ruten angegeben (statt 5,196...,
so dass der Fehler nur i/1850 oder 0,074 v. H. beträgt). Uebrigens werden
die regulierten Figuren von geraden Linien im Gegensatz zu manchen
andern Lehrbüchern der Zeit als praktisch wenig wichtig mit Recht kurz
abgemacht; für das regelmässige Fünfeck findet sich keine Regel, das
Sechseck ist durchs Dreieck erledigt (mit der Seite 6 erhält man nach
der obigen Dreiecksregel für die Fläche des Sechsecks 93 s/5f wie auch in
die Figur eingeschrieben ist, statt 93,53...). Bei der Kreislehre, in der
populäre Ausdrücke, wie Zirkelschnitz (Sektor), Poltz (unser „Pfeil") zur
Senne u. s. f., gebraucht werden, ist auf Archimedes „De dimens.
eirculiu verwiesen, bei andern Figuren auf Euklid, Heron, Pappus,
von zeitgenössischen Autoren auf Reinhold, Zubler, Landsperg,
Pitiscus, Clavius (s. oben), auf diesen z. B. wegen des Beweises der
rregula vera" für die Berechnung der Dreiecksfläche aus den 3 Seiten.
Diese (Heronische) Regel nennt der Verfasser „in her gelbmefferen faft bie
aller beftc unb nüfclid&fte / bero megen einer bie £ernung unb tra% bie
Ouabratnmrfcel ttuj$ju$tef)en gern über ftd) nemmen fol." Es wird bei dieser
ersten und Hauptregel zur Dreiecksberechnung auch der „jweiffel er*
läutert" , dass z. B. das Dreieck mit den Seiten 6, 8, 10 soll 24 „Platz"
haben, das Dreieck mit den Seiten 6, 8, 12 dagegen nur 21 Vs- ^ie
zweite Regel zur Dreiecksberechnung ist selbstverständlich die mit
Benützung der Höhe, der ^perpendicular fiini uon einem fpu) auff bie
gegenüberltegenbe fenten" ; diese perpendicular Linie vermehrt „in ben falben
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zeitücbrift für Hammer. Halbamtliche Anleitung znr Feldmessung etc. 549
ifwil ber fenten" gibt ebenfalls die Dreiecksfläche und es ist „biefe Siegel
sei ben gelbmeffern am metften gebräu^ig / meil fie bei erften" (der Heroni-
schen Formel aus den drei Seiten) „etronn feinen 6erid)t haben. 33nb rote
»ol bie erffe in ml weg nüfclid)« tft", so werden doch auch der zweiten
ihre Vorteile zuerkannt, sowohl auf dem Papier, wie auf dem Feld (s. u.).
An „nicht regulierten" Figuren werden besonders für die verschiedenen
Arten des Vierecks eine Reihe von Spezialregeln zur Flächenberechnung
aufgestellt; im allgemeinen werden aber selbstverständlich „nicht regu-
lierte" Figuren in Dreiecke zerlegt. Dabei wird hier auch eine Regel zur
Berechnung der durch die Höhen eines Dreiecks gebildeten Seitenabschnitte
and der Höhen selbst aus den gemessenen Seiten angegeben, also doch
zur Flächenberechnung die bei den Feldmessern „am maiften gebräuäjige*
Regel der Heronischen vorgezogen. Der Verfasser wendet jene Regel an
auf das Dreieck mit den Seiten 12, 16, 20, ohne anzugeben, dass dieses
Dreieck rechtwinklig (und rational) sei, obwohl er schon oben den ratio-
nalen Inhalt des Dreiecks mit halb so langen Seiten berechnet hat; auch
ist ein Fehler in der Rechnung: für die Hypotenusenabschnitte wird zwar
richtig 71/s und 12*/6 gefunden (wie, in unserer Schreibweise, aus *+y
= 20, 122 — ** = 162 — y* oder y* — aß = 162 — 12«= 4.28 = 112,
112 6
also y — x=z -gg- = 5-jQ- leicht hervorgeht), aber die Höhe selbst ist
nicht richtig berechnet. Wird sie mit A bezeichnet, so ist 20 . A = 12 . 16,
3 93
ft = 9y (genau), nicht wie der Verfasser angibt 9-pr- oder „föier gar
10 SRuten / olfo / bafe man mit bem meffcn / ee* feoe mit einer €5<£nur ober
SReferuten / ben Abgang an 10 SRuten / nicbt fpüren fünbt." Und nun, nach
Rechnung der Höhe, sei auch leicht der Inhalt zu finden (woraus eben
hervorgeht, dass der Verfasser die Rechtwinkligkeit des Dreiecks nicht be-
1 1 93
merkt hat : es ist F = ¥ • 12 • 16 = 96 „Creutzrueten", nicht 0 • 20 • 9 ^
Auf dem Feld dient zur Aufsuchung der Lotfusspunkte der „Winkel-
haken-, ein auf einen Stab (mit Lot) gesetztes Winkelmass mit zwei zu-
einander senkrechten Absehen, durch Spitzen auf den Schenkeln des
Winkelmasses gebildet. Zur Ablesung des Flächeninhalts beliebiger ebener
Figuren, nachdem diese der Messung entsprechend „in Grund gelegt" sind,
wird ein rete oder „Gföttetltti* benützt, ein aus Fäden auf einem Holz-
rahmen hergestelltes „ Schätzquadrat" nach heutiger Bezeichnung, wobei
der Längenmassstab i/t Zoll = 5 Ruten , d. h. 1 : 1200 zugrund gelegt
wird. Jedes der 36 Quadrate des im 4. Teil, Ende des 6. Kapitels, ab-
gebildeten Gätterlins ist 25 Creutzrueten gross und eines der Quadrate
ist nochmals in 25 Teile zu je 1 Kreuzrute zerlegt gezeichnet, allerdings
ohne Angabe, wie diese Unterteillinien herzustellen wären. Jedenfalls ist
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550 Hammer. Halbamtliche Anleitnag zur Feldmessung etc.
dieses bereits im Titel des Werks angedeutete Verfahren, die Inhalte der
Grundstücke erst nach dem Zugrundlegen zu bestimmen und zwar auf dem
Papier wleichtli($er olö ju ftelb", geschichtlich bemerkenswert.
Von grossem Interesse sind ferner in dem Buch die Angaben Uber die
und die Abbildungen der bei der Grundlegung gebrauchten Instrumente;
der Verfasser sagt, man werde zwar vielleicht eine Abhandlung darüber un-
nötig finden angesichts des Traktats des Levin Hulsius, aber es sei
nicht jedermanns Sache, viele Bücher zu kaufen, auch könne nicht jeder
die langen Magnetnadeln haben, die nach H. gebraucht werden. Der Ver-
fasser sieht dann auch bei mehreren der Winkelmessinstrumente, die er
anzufertigen und zn gebrauchen lehrt, ganz von der Bussole ab. Nur das
erste hat eine kleine Bussole in der Mitte, aussen einen grössern geteilten
Kreis (1 Schuh Durchmesser), so dass die gradus gross ausfallen, wäh-
rend bei Hulsius, wo die Magnetnadel selbst die gradus zeigen müsse,
diese nur klein sein können; ein Zeiger ist um den Mittelpunkt drehbar
und aussen ist an der einen Seite des viereckigen Rahmens das Spitzen-
ziellineal angeschlagen. Die Magnetinstrumente haben den Vorteil, dass
der Fehler sich nicht fortpflanze, indem man auf jedem Stand vom vorigen
unabhängig sei, während bei den Instrumenten ohne Magnetnadel auf die
vorige Ecke zurückgesehen werden müsse; trotzdem seien Instrumente
dieser zweiten Art an Genauigkeit weit überlegen. Ein Scheibeninstrument
mit 2° -Teilung (1 Schuh Durchmesser) und Spitzenabsehen, auf einem
Fussstab mit 4 Stellschrauben stehend und in Beziehung auf die Höhe
des Absehens regulierbar, wird aufs genauste beschrieben und durch 3 Fi-
guren erläutert. Ausser diesem Theodolitvorläufer wird noch ein drittes
Winkelmessinstrument, gleichfalls ohne Magnetnadel, beschrieben und ab-
gebildet, mit zwei um den Mittelpunkt drehbaren Regeln mit Spitzenabseh-
linien und ebenfalls 2 "-Teilung; ein zu messender Winkel wird hier gleich-
sam „in den Zirkel genommen".
Zur Messung mit Hilfe dieser Scheibeninstrumente gehört ferner noch
ein Werkzeug zur Längenmessung („oon einem Od jum anbern"), ent-
weder hänfene oder besser härene, mit Wachs bestrichene oder in Oel
gesottene Schnüre, oder aber besser zwei hölzerne Rutenstäbe, je 2 R.
= 20 Schuh (= rund 5,8 m) lang. Der sicherste und gewisseste Weg
der Längenmessung sei der, dass man durch zwei Mann zwei solche Zwei-
rutenstangen zusammenstossen lasse („wo eS feinen SBerg Ijat*) und zwar
längs zwischen den zwei Punkten gespannter Schnur. Freilich war damals
(und bekanntlich auch viel später noch) das Niederlegen der Stangen auf
den Boden nicht beliebt, vielmehr „faft om maiften gebräuebig" die Methode
des Ruten-„ Schlagens", wobei zwischen den einzelnen Ruten „zugegeben"
werden musste. Durch Uebung und Fleiss könne man auch mit dieser
Methode gute Ergebnisse erhalten; aber besser sei das Aneinanderfügen
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t
zeiuchrifi mr Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. 65 1
VenoMiaDKiwuen
1901
zweier Stangen anf dem Boden. Auch die Messkette statt der Mess-
schnur wird erwähnt, 5 oder 6 R lang (= rund 14 1/2 oder 17 1/2 m)'-
„roolte aber jemanb tyme ein Äettemle von aelötten / aber aemeten gleidjlen
aufc SJtefftng ober Äupffer .... mad)en laffen / bad mere bie befte onb ftdjerfte
©djnur". Zur Bestimmung der horizontalen Strecken an „Berg und Bühel«
werden verschiedene Methoden angegeben : Staffelmessung, Verwendung des
bekannten „geometrischen Quadrats" (zur Reduktion schief gemessener
Strecken auf die Horizontale mit Hilfe einer Proportion) u. s. f.
Unterschieden wird immer zwischen „in Grund legen" und „sonsten
ein Grundstuck messen" (nur um den Inhalt zu bestimmen); doch sei die
Längenmessung in beiden Fällen dieselbe. Die Messungsmethode beim
Grundlegen ist für polygonal begrenzte Grundstücke im allgemeinen eine
Umfang8zugmessung mit Aufstellung des Winkelmessers in jeder Ecke
und Messung aller Seiten, wobei die Richtungsablesungen auf i/2, Vs oder
1/4 eines Grades (i/4° sei wohl der kleinste mögliche Teil) gehen sollen;
in dem aufgeführten Beispiel wird aber nur auf 1° abgelesen: Für ein
Fünfeck lauten nämlich z. B. die Feldbuchzahlen wie folgt, wobei die An-
wendung des ersten Winkel mess instruments vorausgesetzt wird, bei dem
der Magnet von der vorhergehenden Ecke unabhängig macht und in jedem
Stand nur Zielung zur folgenden Ecke notwendig ist:
Stanbt. ®rab. SHueten.
1 120 40
2 85 60
3 113 80
4 96 50
5 122 70
40 Ruten lang soll die Seite 1-2 sein, 60 = 2—3, 70 = 5—1.
Die Figur entspricht aber nicht diesen Ablesungen, die überhaupt nicht
untereinander verträglich sind (wie man schon an der Winkelsumme 536°
statt 540° sieht). Auch mit den einfachen Auftragsmitteln unserer Vor-
lage werde man oft finden, dass die Figur auf dem Riss nicht schliesse;
es wird zur Kontrolle die Messung von Diagonalen empfohlen („im Greu$" ;
Zwerchlinien) , im vorstehenden Beispiel etwa 2 — 4 = 97, 3—5 = 112
Ruten. Auch für die Anwendung des zweiten und dritten Winkelmess-
instruments (s. oben, ohne Magnetnadel) werden Regeln und Beispiele
angegeben.
Das Haupt instrument zum Auftragen der Winkel ist ein „Inducto-
rium" („mod)te nid)t übel ;u Xeutfd) ein ouffjug genennet roerbe"), das an-
zufertigen gelehrt wird durch Beschreibung und Abbildung; es ist ein
Regel-„ Transporteur" von 10 Zoll Durchmesser, ebenfalls mit 2°-Teilung.
Dazu gehört ferner für die Strecken ein verjüngter Massstab, von dem
wieder 5 Zoll (in 3/4 natürlicher Grösse) gezeichnet werden (289,6 mm
Digitized by
B52 Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. ^^luchrift rai^
Länge des Fusses entsprechend, s. oben 290,6) und wobei i/t Zol> des
Massstabs 10 Ruten Feldlänge vorstellen soll. Es wird demnach im Massstab
1:2400 aufgetragen; nicht nur die Länge des Fusses ist also in Bayern
und in Württemberg durch Jahrhunderte unverändert geblieben, sondern
auch der übliche Massstab der Grundrissdarstellung (bei der bayrischer
Landesvermessung allerdings 1 : 5000, aber in dem kleinparzellierten Unter-
franken 1 :2500, in Württemberg durchaus 1 : 2500) ist so ziemlich fest-
gehalten worden.
„Ohne Instrument", d.h. ohne Winkelmessinstrument, kann „ein $elb*
grunb ober anberer $la$ / burd) roeldjen man geben fan" , in Grund gelegt
werden durch Längenmessung allein, wie am Beispiel eines Sechsecks ge-
zeigt wird, in dem ausser den 6 Seiten 1, 2; 2, 3; 6, 1 die 5
„Zwerchlinien" 1, 3; 2, 4; 3, 5; 4, 6; 6, 1 gemessen werden; sonder-
bar, dass die zyklische Eckenvertauschung bei den Diagonalen nicht um eins
weiter fortgesetzt ist (zu 6, 2), so dass vollständige Symmetrie der Mes-
sungen vorhanden wäre; zuviel ist ja im Vergleich mit einfacher geo-
metrischer Bestimmung ohnehin schon gemessen (11 statt 9 Stücke), so
dass Kontrollen entstehen. Ein zweites Sechseckbeispiel zeigt genau die-
selbe Unsymmetrie. Eine fernere Methode zur Aufnahme von polygonalen
Grundstücken bedient sich der Lote mit Hilfe des Winkelhakens von ein-
zelnen Ecken auf verschiedene Seiten und Diagonalen; alle Ecken eines
Polygons auf eine einzige Aufnahmslinie anzuwinkeln wird nicht gelehrt.
Zu den interessantesten Dingen unseres Buchs gehört das letzte (9.)
Kapitel des 5. Teils: „28ie man ein weite uon einem Ort ju bem anbern
meffen / aud) ganjje SHeutr mit 3)örffer unb Rieden in ©runb legen fünbe* ;
der Verfasser sagt, dieser Gegenstand gehöre freilich eigentlich nicht in
seinen Traktat, der sich nur mit Feldmessung beschäftigen soll, er werde
aber für die beigefügt, die auf dem Land wohnen und messen lernen
möchten, „rote roeit etroan an ein Ort were / roelcbc« er not thme ftebt / $ttm
rote roeit jroan corner ooer meor von etnanoer entlegen / aua) etroan iu]t
haben / fein £>ofmard) ober ©ertebt auff baä fyappit ju bringen / ober fonfxen
furfcroeil halben / fid) mit folcher meffereu belufKgen." Von diesen land-
messerischen Aufgaben werden vier behandelt: 1. „ein Seite gumeffen /
roelcbe tft jroifdjen beinern 9lug / unb bem bing baft bu ftheft", z. B. die Ent-
fernung vom Standpunkt zu einem Turm, gelöst mit Hilfe eines Winkel-
hakens „mit bret ©pi^len" (s. ob.) aus ähnlichen Dreiecken; die 2. Auf-
gabe, „rote roeit *roeu Ort oon etnanber feuen" zu messen, erläutert die An-
wendung des „Jakobsstabes" (dessen Gebrauch aber schon damals stark
zurückgegangen war): die 3. Aufgabe, „auff *roenen hohen Bimmen ftumeffen /
rote roeit etlicfae SDörffer von etnanber Ilgen / unb fold)e aud) / rote fte Itgen /
auff baö happier jubrtngcn", benützt eine mit Regel versehene Gradscheibe,
die mit Hilfe eines darauf gelegten „geredeten niereefigen flompafj* so ge-
mtmmm Hammer. Halbamtliche Anleitung zur Feldmessung etc. 553
richtet wird, dass die Linie 0°— 180° die Richtung des Meridians erhält.
Die Richtungswinkel (Azimute) der einzelnen Punkte werden dann der Reihe
nach an der Regel abgelesen und zwar geschieht dies auf den beiden
Standpunkten (beiden „Zürnen*), deren gegenseitige Lage als bekannt
vorausgesetzt wird. Das Beispiel bestimmt von der Standlinie München-
^ameratnrff* aus die Lage der Punkte (Türme) „21mlftra)ett / Unber
©enbling / #abem / ßemmaten / grcnman / gering". Die Richtungsable-
sungen sind:
3?on bem $lmrn ju SJlünctycn mi^.
»uff
, tyaltixfyn 206
( £(>aIfiro5en
250
nnbcr ©enbling 214
ipabem
271
£abern 251
©enbtling
275
ßemmaten 294
©rab.
Suff
jtemmaten
300
^renman 28
9Jfündf)en
310
gering 47
Srenman
351
* 9tamerötorff 130 ■
{ gering
7
$on bem Sfjurn 31t SRamerSborff aufc.
©rab.
Zur Grundlegung („Abriss" sagt hier der Verfasser) werden diese
einfachen Vorwärtsschnitte von den Endpunkten einer Standlinie aus selbst-
verständlich zeichnerisch verwertet; die Entfernung München-Ramerstorff
(Standlinie) wird gleich 2400 „Werchschuech" gesetzt und dementsprechend
auf dem Papier in 24 Teile zu je 100 Werkschuh geteilt, an denen man
dann die durch die Konstruktion bestimmten Entfernungen abmessen kann.
Auch der Fall wird erörtert, „mann ein Sini eine« Dorffs burc£ beeber Circul
centra gierig / tmb fto) mit feiner anbern Linien abfajnitte / bafc man bie roeite
in baffetb 2)orff nic^t roiffen fünbte / fonber man müfte auff einen anbern £f)urn
gelm." Man käme also damit schon zur Methode des mehrfachen Vorwärts-
einschneidens. Auch wird bei bedeutenden Entfernungen zu langer Stand-
linie gemahnt, um „fdjrege* Schnitte zu vermeiden, endlich „bei je^lung
ber ©raben gueten fletjj jubraudjen*, da ein halber Grad einen „groffen
Strtfjumb* mache. Am Schluss des ganzen Werks, wo zur Ausdauer ge-
mahnt wird, wenn das Ergebnis „einer ober anberer 5Jlefferen / nidjt alöbalben
mürbe zutreffen*, wie denn „oljne bie Übung nichts troUfomen ift*, wird noch-
mals betont, „mann auff bem ^nftrument nur nmb ljA eines ©rab8 gefettet
würbet / bafi eS in bie roeite mnb ein merä*liä;8 fehlet / rote bie roiffen / roeldje
mit bem f treffen gu bem 3if)l erfafjrung fyaben*. Auch hier sieht also wohl
der Verfasser einen Ablesefehler von 15' als höchste erreichbare Genauigkeit
an (s. oben).
Die 4. Aufgabe endlich ist „Gtliaje nnberfdjiblidje Ort / oon jroanen
Orten (roeldje fünften in ben 2lbrijj nidjt fommen foKen) ofyne (nlff eines 60m*
pafc / in ben Örunb julegen / tmb roie roeit eines oon bem anbern feue / ju*
mefjen." Auch hier wird einfach vorwärts eingeschnitten von den Endpunkten
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554 Vogel. Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute. v^SSSSS?"^^
1907.
einer Standlinie aus i „jroan Ort nad) beinern gefallen" gewählt), die durch
Stangen bezeichnet werden, und das Scheibeninstrument wird in jedem
dieser Punkte diesmal so gerichtet, dass die Linie 0<> — 1800 in die Stand-
linie fällt» In dem vom Verfasser gegebenen Beispiel ist die Standlinie
380 Schuh lang (im Abriss wieder in Ruten, d. h. 38 gleiche Teile zerlegt);
die aus der Konstruktion abgelesenen und eingeschriebenen Entfernungen
der vorwärts eingeschnittenen Punkte untereinander und von den zwei End-
punkten der Standlinie zeigen aber in sich ziemlich grosse Widersprüche.
Diese Punktbestimmungen durch Einschneiden mit Hilfe von „ Scheiben-
instrumenten u, graphisch-mechanisch möchte man sagen, sei es mit, sei es
ohne Benutzung der Bussole, die Vorläufer der Triangulierung , wie sie
unser Traktat in den zwei zuletzt besprochenen Aufgaben vorführt, sind
bekanntlich schon weit früher benützt worden. Speziell in Bayern hat
Philipp A p i a n bei den Aufnahmen zur Karte von Ober- und Niederbayern,
deren Herstellung ihm von seinem Herzog um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts übertragen wurde, von diesen Methoden (wie es scheint, auch
schon vom Rückwärtseinschneiden) Gebrauch gemacht; die Niederschrift
seiner Winkelmessungen ist neuerdings auf der Münchner Bibliothek ge-
funden worden. Man darf deshalb den gewaltigen Schritt vorwärts nicht
geringer anschlagen, den genau gleichzeitig mit unserem Traktat der
„Eratosthenes Batavus0 (Snel) getan hat, indem er die eigentliche
Triangulierung in Form der Dreieckskette und des Dreiecksnetzes begründete.
Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute.
Von P. Vogel-Würzburg.
Die Wünschelrute unserer Altvorderen ist wieder modern geworden.
Es ist deshalb vielleicht nicht nur von historischem Interesse, wenn wir
im nachfolgenden ihren Gebrauch und ihre Anwendung für Grenzfest-
stellungen erörtern sehen, auch ist es nicht allein die Freude meinerseits
über die erfolgreich durchgeführte Grenzfeststellung durch meinen Namens-
vetter, den Rutengänger Christian Vogel, was mich veranlasst, in diesen
Blättern auf dieses Instrument wieder zu verweisen, sondern mit der virgula
mercurialis mag vielleicht dem einen oder anderen Fachgenossen in Fällen,
in denen die sonst üblichen Methoden versagen, ein neues Hilfsmittel an
die Hand gegeben werden.
Allerdings, der hochgelahrte Job. Jodocus Beck, Jctusi), Hochgrävlich
Hohenloh-Neuensteinischer und Hochgrävl. Giechischer Rath, der Hochlöbl.
Republique Nürnberg Consiliarius, bey der Universität Altdorf Pandectarum
Professor publicus et Facultatis Juridicae Assessor Ordinarius, dessen
l) Abkürzung für juris consultus.
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TraüSSSw'äen Vo8e1' Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute. 555
Tractatus de jure Ii mit um') die nachstehende Abhandlang entnommen
wurde, erachtet die virgula mercorialis nicht gerade fur vollwertig, aber er
ist andererseits als Jurist viel zu gewissenhaft, als dass er die Vollständig-
keit seines — nebenbei gesagt ausserordentlich gründlichen and gehalt-
reichen — Werkes auch in dieser Beziehung ausser Acht gelassen hätte.
Er hebt deshalb in der Vorrede zur dritten Auflage des Buches die Er-
gänzung des Stoffes durch das Capital „von Beweiss der strittigen Gränzen
and Markungen durch die Wünschel-Ruthe" eigens hervor und ich wünsche
mit dem gelehrten Verfasser, „dass dem geneigten Leser auch diese zu
seinem Besten unternommene Arbeit gefallen, und er viel Nutzen daraus
ziehen möge . . .M
Caput XIV.
Von
Beweiss der strittigen Gränzen und Markungen durch die
Wünschel-Ruthe.
Observatio L
[Zur Erweissang der strittigen Gränzen ziehen einige auch die Wünschel-Ruthe.]
1. Zur Er we issung der strittigen Gränzen and Markungen ziehen einige
ancb die Yirgulam Mercurialem, die Wünschel-Ruthen; und hat solche
Art / die Gränzen zu untersuchen nnd ausfindig zu machen der König
in Pohlen / und Churfürst von Sachsen / ad instantiam des Klägers,
in causa Andreas Sonntags / contra Hanns Bachmann / zugelassen,
and den 11. August i A. 1703. an den Amtmann zu Stollberg / folgender
massen rescrxbirt: können geschehen lassen / dass wann die Bereinung
nach Innhalt unserer von 8. Maji dieses Jahrs ergangenen Resolution vor-
genommen wird / der Ruthen- Gänger Christian Vogel dazu gezogen
werden möge; wie Rivinus bezeuget
in Enuntiat. Jur. ad Ordinat. process. Saxon, tit. 28 Enuntiat. 8.
[Welche aber als ein sicheres und richtiges Mittel, die strittigen Gränzen zu er-
weisen, nicht angenommen werden kan.]
2. Dass aber die Wünschel-Ruthe als ein sicheres und richtiges
Mittel der strittigen Gränzen und Markungen zu erweisen, dahero nicht
anzunehmen seye, weiln in denen Rechten nichts zum Beweiss adtnittirt
wird, dessen Ursach nicht klar und offenbahr, und sich nicht begreiffen
lässet; die Operation mit der Wünschel-Ruthen hingegen annoch gar
vielen Zweifel unterworffen, was aber zweifelhafft / als wie die strittigen
Gränzen und Markungen / durch das / was ebenfalls annoch
zweifelhafft / dergleichen die Wünschel-Ruthen ist, keineswegs er-
wiesen werden kan; solches alles ist von Joh. Frider. Wernhero mit
mehrern deducirt worden
') Dritte Auflage. Nürnberg und Frankfurt 1739.
556 Vogel. Grenz feststellungen mit der Wünschelrute. z«iuchnrt nir
19C7.
in dmertat. de finib, per virgul. Mercurial tum investigand. in-
gleichen in seinen vindiciis dissertationis de finib. per virgul. mere,
non investig.
Observatio II.
[Wie die Operation mit der Wünschel-Ruthe vorgenommen werde?]
AUf was Art und Weiss die Operation mit der Wünsche! -Ruthen
vorgenommen werde / dieses beschreibt Bivinus in Enunciat. Jur. tit 28
Enunciat. 8, welche wir, weiln gedachter Autor nicht in aller Hände,
CuriositM halber, allhier mit beyrucken wollen: den 9. April A. 1704.
Hat sich der Herr Amtmann / nebst mir dem Actuario an den, in strit-
tigen Reinungs-Sachen / Andreas Sonntags Kläger eines contra
Hanns Bachmann Beklagten anders Theils, zur Besichtigung be-
stimmten Ort begeben, da denn an Seiten Klägers erschienen Kläger
in Person, nebst seinem rechtlichen Beystand Herrn Balthasar Hübnern,
Juris Pract. in Chemnitz, und an Seiten Beklagten er selbst, nebst Johann
Claussen, Richtern, und Samuel Schindlern, Gerichts- Schoppen zu Nieder-
dorff, in deren so wohl, als anderer Personen aus Pfaffenhayn und Nieder-
dorff Gegenwart die Besichtigung wegen der irrigen Reinung vorgenommen,
und an Seiten Beklagten durch gedachten Richter und Gerichts-Schöppen
zu Niederdorff an Samuel Schindlers Guth ein Reinstein, welchen die Ge-
richte zu Niederdorff von ohngefehr 17. Jahren wollen gesetzet haben, bey
einer gelagten Fichte gezeiget, und fernerweit nach den so genannten Gold-
Bächlein zu, /. auf einander folgende Reinsteine in einer scrie, woran der
letztere ohne einen bey einem alten Stock, der letzte aber auf einem kleinen
Hügel stunde, und von diesem hernach die Reinung vollends biss an ob-
bemeldetes Gold-Bächlein fortgieng, gewiesen worden, welches obgedachter
beyder Personen Vorgeben nach, die Reinung zwischen beyder Partheyen
seyn solte. Weil aber Kläger Andreas Sonntag solche keineswegs agnos-
ciren wollen, sondern derselben beständig widersprochen, und darneben an-
gesuchet, es möchte nunmehro der Herr Amtmann durch gegenwärtigen
Ruthengänger die rechte Reinung suchen lassen, so hat der Herr Amtmann
gedachten Ruthengänger, Nahmens Christian Vogel, so wohl dem fol. 47
befindlichen all ergnädigsten Befehl zu folge, als auch, weil beyde Partheyen
nach Inhalt der Acten dissfalls auf gewisse Masse wohl zufrieden gewesen
und eingewilliget, bei der Bereinung adhibiret, und ihm, nach scharffer
Verwarnung keiner Parthey etwas zu Liebe oder zu Leid zu thun, sondern
sein Gewissen dabey zu observiren, erlaubet, eine andere gültigere Berei-
nung, als obbeschriebene, zu suchen und anzuzeigen, wann er dergleichen
zu finden vermeinete. Hierauf bat erwehnter Ruthengänger, man möchte
ihm Zeit lassen, dass er eine andere und ältere Bereinung aufsuchen könnte,
weil er hier gar nicht bekandt wäre, und erwarten müste, wo ihn seine
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veme^uniiwMOT VogeL Grenzfestatellungen mit der Wünschelrute. 557
1007. "
Rathe zuführen oder anzeigen würde, wobey er fragte, wie die Partheyen
hi essen, und als man ihm solches gesagt, schnitte er seine bereits in Händen
habende Ruthe, welche, so viel man sehen können, von einem birckenen
Keiss gewesen, vollends zurechte, ging darauf mit selbiger so wohl von dem
Herrn Amtmann und mir dem Actuario, als auch von beyden Partheyen,
ingleichen von denen obgedachten beyden Gerichts-Personen und anderen
Anwesenden begleitet, durch beyder strittiger Partheyen Gehöltze quer
durch, weil er seinem Vorgeben nach auf solche Art auf die rechte Rei-
nung ohnfehlbar kommen müste, wie denn auch bald darauf die Ruthe
oben ohnweit dem Gold-Bächlein schlug, wobey der Ruthengänger vorgab,
dass er nunmehro auf der rechten Reinung sey, wendete sich hierauf etwas
zur linken Hand und als er nach wenigen Schritten zu einer eingreifischen
Tanne kam, schlug die Ruthe noch schärfer als vorhero, und gab der
Ruthengänger vor, es müste bey jetzt gedachter Tanne ein Reinstein stehen,
wiese auch zugleich den Ort an, wo selbiger stehen solte. Als nun auf
des Herrn Amtmanns Verordnung an dem angezeigten Orte nach gegraben
wurde, fände man einen grossen Kieselstein, welcher, als er ausgegraben
ward, ziemlich lang, auch in die Länge und mit dem spitzigen Ende in
die Erde gesetzet war, wobey sich auch zwey Zeugen1) fanden, welche
gleichergestalt etwas lang, und in die Länge in die Erde neben dem grossen
Kieselstein gesetzet waren, von diesem Stein gieng der Ruthengänger weiter
hinterwärts nach dem Gold-Bach zu, da denn an diesem Bach die Rathe
in eine Grube, bey welcher ein klein Fichtgen zum Merkmahl gezeichnet
wurde, am äussersten Ufer obgedachten Bächleins schlug, wobey der Ruthen-
gänger abermahls vorgab, dass bey solchem Bächlein die rechte Reinung
von unten her sich annenge, es wäre aber kein Stein da, sondern es reinete
allda mebrgedachtes Bächlein, dannenhero der Ruthengänger wieder zurück
und vorwärts gieng, und als er bey dem zu erst gezeigten Stein wiederum
vorbey passiret, and etliche Schritte forder gegangen war, schlug die Ruthe
wiederum in ein Loch, so in die Erde gemacht war, und einem solchen
Loche, worinnen ein Reinstein gestanden, gantz ähnlich sähe, wie denn
auch die Ruthe sich so stark gegen selbiger zöge, dass der Ruthengänger
selbige kaum wiederum in die Höhe bringen kunte, und dannenhero vor-
gab, es habe darinnen ein Reinstein gestanden, sey aber heraus genommen
worden. Hierüber referirte Kläger, dass dieses eben das Loch wäre, wo-
raus derjenige Stein, Zeit des Litigii gegraben worden, von welchem er
') D. h. Steinunterlagen, „welche man Zeugen / Geheimnus / Markzeichen /
Losszeichen oder Jungen / item, Beleg / Gemerk / Beylagen nennt, die Italiaener
heissen sie Guardia, die Franzosen la Guarde, oder insgemein les Garens, im
Herzogthum Wueriemberg nennen sie die Unterganger Eyer / und sehen so gleich
bey Hebung der Markstein nach, ob der Stein seine Eyer habe / oder nicht."
Tract, d. j. I. cap. V. obs. IL
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558 Vogel. Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute. Va™^r,fJwf^on
etliche mahl in Actis Erwehnnng gethan, und gemeldet, dass ein Stein,
welchen er zwar damahls nicht eigentlich vor einen Reinstein gehalten,
daselbst wäre ausgehoben worden ; Weiter vorwärts schlug die Ruthe aber-
mahls, da denn beym Aufgraben wiederum ein länglicht und spitziger Kiesel*
stein zu finden war, welcher mit der Länge tieft" in der Erde stack, und
war an der Spitze jetzt gemeldten Steines ein Zeuge, der gleichfalls etwas
lang war, zu sehen; Noch weiter vor, schlug die Ruthe wieder auf einen
erhobenen mit Moss bewachsenen Hauffen Erde, woselbst des Ruthengängers
Vorgeben nach, ein Stein gestanden oder noch stehen müste, im Nachsuchen
wurde aber nichts gefunden, jedoch observiret, dass ehemahls an diesem
Orte ein Baum, wovon der alte Stock noch umgestürtzet da lag, vom Winde
mit samt der Wurtzel umgerissen worden, und der 8tein vielleicht mit Erde
verschüttet und verwachsen seyn möchte, massen jetzt gedachter mit Moss
bewachsener Häufte wohl einer Elle hoch war: Endlich schlug auch letzlich
die Ruthe nochmahls, da sich im Nachgraben abermahls ein länglicht und
spitziger Kieselstein mit 2 länglich spitzigen Zeugen befände, welche alle
mit denen Spitzen in der Erden standen, und war der grosse Stein etwas
auf die rechte Hand gesuncken, zwey Ellen von diesem Stein fände sich
auch ein Loch, worinnen des Ruthengängers Meynung nach auch ein Rein-
stein gestanden, und wäre solcher ein Eckstein gewesen, welcher die Quer*
Reinung würde angedeutet haben, weil daselbst eines andern Bauers Holtz
angienge, und sich jetzt beschriebene Reinung hier also endete; Worbey
hiernächst zu merken war, dass alle obgedachte von dem Ruthengänger
angezeigten Steine sehr verwachsen waren, tieft" in der Erde Stacken, und
allem Ansehen nach wohl vor langer Zeit und mit Fleiss mochten 6eyn ge-
setzet worden; Ferner bemerckte man, dass beklagten Hanns Bachmanns
Gut in gerader Linie auf den vom Ruthengänger letzt angezeigtem Rein-
stein zugieng, wie er solches auch selbst bekennen muste, und von diesem
Stein stunden die übrigen angegebenen Steine gleichfalls alle nach einander
in gleicher Reyhe, bis zu obgedachtem Gold-Bächlein, dass man also an
der vom Ruthengänger angegebenen Reinung, dem Augenmasse nach, fast
nichts auszusetzen hatte, sondern vielmehr, allen Umständen und aller Ver-
muthung nach, dieses vor die rechte Reinung halten muste, weil sonst,
wenn die von Johann Claussen, Richtern, und Samuel Spindlern, Gerichts-
Schöppen zu NiederdorfT, angewiesene und Eingangs berührte Reinung,
Beklagten Vorgeben nach, die rechte seyn solte, Beklagten Gut, welches
doch, wie oben angemercket worden, vom Dorffe heraus in gleicher Linie
auf den vom Ruthengänger letzt angezeigten Stein, und von dar förder an
das Gold- Bächlein, welches die allgemeine Reinung aller an selbiges
stossende Güter ist, gehet, von diesem jetzt gedachten Stein, welches der
erste am strittigen Orte ist, zur rechten Hand hinein, einen grossen Bogen
von 84. Ellen lang machen müste, da doch nicht zu vermuthen, dass bey
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Vogel. Greazfeststellungen mit der Wünschelrute. 559
Beklagten Gute ein so excessive krumme Reinung sey gemachet worden,
wie denn auch Beklagter, als er die vom Ruthengänger angezeigten und
ausgegrabenen Reinsteine gesehen, nicht viel darwider sagen kunte, son-
dern selbst vorgab, er müste gestehen, dass mehr besagte entdeckte Rein-
steine auf die übrigen Reinsteine, welche auf seinem unstrittigen Grund
und Boden stunden, accurat t raffen. Endlich hat der Herr Amtmann den
strittigen Platz abmessen lassen, da sich denn befunden, dass selbiger vorne
von Samuel Schindlers Reinung hinauf 84. Ellen, und hinten beym Goldbach
144. Ellen breit sey, in der Länge aber oben bey der von Gerichten zu
Niederdorff angegebenen Reinung 288. Ellen, und unten bey des Ruthen-
gängers gefundenen Reinung 258. Ellen austrägt; Womit also diese Be-
sichtigung sich geendiget, und habe ich alles, wie ich es angesehen, ge-
höret und befunden, nachrichtlich anhero registriret.
Observatio III.
[Den Ruthengänger mit einem Eide zu belegen, ist von keiner Notwendigkeit.]
1. DAss der Ruthengänger zu vorhero mit einem Eid ad hunc actum
belegt werde, als wie ansonsten bei denen Feldmessern zu geschehen pflegt,
ist von keiner Nothwendigkeit / massen zwischen beeden ein grosser
Unterschied darinnen vorwaltet, dass durch der Feldmesser Gut-
achten die Irrungen derer Benachbarten wegen der anstoßenden Gütter
entschieden werden; Hier aber redet die Sache selber /ob Gräntz-
und Mareksteine an demjenigen Ort sich befunden, den die Ruthe
anzeigt.
2. Dahero hat der SchÖppen-Stuhl zu Leipzig in vorangeführter
causa Andreas Sonntags / contra Hanns Bachmann / auf die von
dem Beklagten, nach der in beeder Partheyen Beyseyn vollbrachten Operation
und Erkundigung der Gränzen / dem Ruthengänger opponirte Ex-
ception, dass er ad hunc actum nicht beeidiget worden seye / nicht
regardirt, sondern den Actum vor gültig erkannt, wie Rivinus cit. loc,
bezeiget; jedoch führet er dabey an, dass als A. 1700 d. 13. Septembr.
der zwischen Sr. Churfürstl. Durchl. zu Sachsen / und dem Herrn
Graven zu Tetzschen strittige so genannte Kriegwald oder Streitholtz
an der Böhmischen Gränze / in Augenschein genommen, und die
Gränzen, vermittelst der Wttnschel- Ruthen untersucht und ausfindig
gemacht werden sollen, der Ruthengänger vor dem Beamten zu Pirn /
nachfolgen Eid zu vorhero abgeschwohren habe:
[Eidesformel dess Ruthengängers.]
Demnach der zwischen Sr. Königl. Majestät in Pohlen / und
Churfürstl. Durchl. zu Sachsen / und den Herrn Graven zu
Tetzschen strittige sogenannte Kriegwald oder Streitholtz an
der Böhmischen Gränze / nebst Zuziehung meiner / in Augen-
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560 HochBchulnachrichten. — Personalnachrichten. ^^jueminj^
schein genommen /und hierzu vereidet werden soll, als schwöhre
ich Christoph Vogel zu GOtt dem Allmächtigen einen leiblichen
Eid / dass ich hierbey mit meinem Rathengänger / nach meinem
Gewissen handeln / die Gränzen richtig angeben / nnd alles /
wie es sich befindet / der Warheit gemäss anzeigen / auch
hierbey niemandem zu Lieb oder Leid etwas thun oder vor-
geben / mich auch 6onsten dissfalls allenthalben der Warheit
gemäss verhalten will / so wahr mir GOtt helf und sein heiliges
Wort durch Christum.
Hochschulnachrichten.
Professor Dr. Philipp Furtwängler, welcher seit 1. November 1904
als Professor der Mathematik an der landwirtschaftlichen Akademie Bonn-
Poppelsdorf wirkte, ist zum 1. April d. J. an die technische Hochschule
nach Aachen berufen worden.
Die Akademie, insbesondere die Geodätische Abteilung, verliert da-
durch eine ausgezeichnete Lehrkraft, da Herr Professor Furtwängler in-
folge seiner früheren langjährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Hilfs-
arbeiter am geodätischen Institut zu Potsdam den mathematischen Unter-
richt für die angehenden Landmesser ganz besonders zu beurteilen wusste.
Als Mathematiker ist für den 1. Oktober d. J. der Privatdozent an
der technischen Hochschule zu Berlin und Lehrer an der technischen Mi-
litärakademie, Professor Dr. Gerhard Hessenberg berufen worden.
Personalnachrichten.
Königreich Bayern. Der gepr. Geometerpraktikant Karl Barthel-
mess, zurzeit bei der Mess.-Beh. Kempten, wurde zum Messungsassistenten
bei der Regierung von Mittelfranken, Kammer der Finanzen, der gepr.
Geometerpraktikant Hans Arnold, zurzeit bei der Mess.-Beh. Oberdorf,
zum Messungsassistenten bei der Regierung von Schwaben und Neuburg,
Kammer der Finanzen, ernannt und der Mess.-Assistent Karl Reinmund
von der Funktion eines ständigen Hilfsarbeiters bei der Mess.-Beh. Regens-
burg enthoben und der Regierung der Oberpfalz und von Regensburg,
Kammer der Finanzen, wieder zur Dienstleistung zugeteilt, dann der gepr.
Geometerpraktikant Jos. Schmid, zurzeit bei der Mess.-Beh. Ingolstadt,
zum Messungsassistenten bei der Regierung der Oberpfalz und von Regens-
burg, Kammer der Finanzen, ernannt.
Inhalt
Jubiläumsgruss an Herrn Obersteuerrat C. Steppes. — Wissenschaft!. Mittei-
lungen: Mitteilung von Beobachtungsergebnissen über die Schätzungs- und Kar-
tierungsgenauigkeit an Massstäben und Kartierungsinstrumenten, von Kummer.
— Untersuchung einer Kreisteilung, von G. Heyde. — Eine „halbamtliche" An-
leitung zur Feldmessung aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, von E. Hammer.
— Grenzfeststellungen mit der Wünschelrute, von P. Vogel. — Hochscfaul-
nachrichten. — Personalnachrichten.
Verlag Ton Konrad Wittwer in Stattgart.
Druck von Carl Hammer, Kgl. Hofbnchdruclterei in Stattgart.
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561
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obersteuerrat und Dr. O. Eggert, Professor
München 22, Katasterbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10.
-H-
1907. Heft 23. Band XXXYI.
11. August. ?-<
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne Torher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltung ist untersagt.
Mitteilung von Beobachtungsergebnissen
Uber die Schätzungs- und Kartierungsgenauigkeit
an Massstäben und Kartierungsinstrumenten.
Eine Voruntersuchung über die zweckmässige Art der Kartierung
von Kataster- und sonstigen Grundstückskarten und über deren
weitere geometrische Auswertung.
Von Oberlandmesser Kummer-Cassel.
(Fortsetzung von S. 641.)
II. Feststellung des KartierungsfehlerB.
§ 8. Vorbemerkung.
Als erster und wichtigster Anhaltspunkt zur Beurteilung der Schärfe
der Kartenzeichnuog dient die Untersuchung über die Genauigkeit der
I'unktabstechung hinsichtlich des Sollmasses in der Linie und der seitlichen
Ausweichung aus der Geraden selbst. Da es ferner für die Zwecke der
Praxis nicht nur allein auf Genauigkeit ankommt, sondern auch auf die
Schnelligkeit und Sicherheit, mit der die Arbeit voranschreitet, so sind
mit den gebräuchlichen Instrumenten, wie prismatischer Massstab und
Kopiernadel, Transversal massstab und Zirkel und mit eigentlichen Kar-
tierungsinstiumenten Versuche gemacht worden unter gleichzeitiger Notie-
rung des Zeit\erbrauches. Um möglichst einwandfreie Ergebnisse zu er-
halten, ist die Funktabstechung von verschiedenen Herren Zeichnern und
solchen Zeichneranwärtern ausgeführt worden, die sämtlich Uebung im
Zeichnen haben. Ausdrücklich sei jedoch bemerkt, dass die Beobachter
Zeitschrift für Yermeisungswesen 1907. Heft 23. 41
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562 Kummer. SchätzungB- und Kartierungsuntersuchungen. ■JJJJJSJSJS—
bislang am prismatischen Massstab noch sehr wenig kartiert und die Kar-
tiernng8instrumente bei ihren Arbeiten ebenfalls nicht besonders häufig
benutzt haben, dagegen aber in der Anwendung des Zirkels und des Trans-
versalmassstabes gute Uebung besitzen.
A. Bestimmung des mittleren Abstechefehlers an prismafischen
Massstäben.
§ 9. Art der Beobachtung.
Nach den Betrachtungen des Abschnittes I ist zu vermuten, dass auch
beim Punktabstechen am prismatischen Massstabe einseitige Fehler be-
gangen werden, die abhängen von der Intervallstelle und der Grösse des
Skalenfeldes. Es ist daher erforderlich, dass zunächst diese Vorfrage ent-
schieden und nicht nur ein mittlerer Gesamtfehler für alle Intervallstellen
festgestellt wird. Zur Untersuchung wurde das in Fig. 4 der Deutlichkeit
der Zahlen wegen im Massstabe 2 : 1 mitgeteilte Schema der Abstechung
so entworfen, dass jede der 20 Intervallstellen einmal in jeder Serie vor-
kommt. Die entsprechenden Beobachtungen der oberen und unteren Reihe
dienen gleichzeitig zur Feststellung der Grösse, um welche die Punkte
seitlich aus der Linie ausweichen. Folgendermassen wurde vorgegangen.
Zunächst wurde eine Linie an einem Lineal (Kartierungsdreieck) mit hartem
Bleistift scharf gezogen und ein Punkt in derselben abgestochen. An
diesen Punkt wurde der Nullpunkt oder ein sonstiges rundes Mass, z. B.
100,00 eines metallenen prismatischen Massstabes, der für die Zwecke der
Untersuchung als frei von Teilungsfehlern gilt, mittels Lupe scharf an-
gelegt und bei dem Mass 46,00 bezw. 146,00 auf der Bleilinie ein Punkt
abgestochen. Nun wurde nochmals unter Benutzung der Lupe das Mass 0
scharf angelegt bezw. kontrolliert und ebenfalls mit Lupe das Mass für
den abgestochenen Punkt bei 46,00 scharf nachgelesen und notiert. Erst
nach dieser Festlegung des Massstabes zum Anfangs- und Endpunkte der
Linie erfolgte die Abstechung der 20 Intervallpunkte und zwar ohne Be-
nutzung einer Lupe. Kartierung mit Lupe ermüdet das Auge and
beeinträchtigt die Arbeitsleistung.!)
Die beiden Punkte bei 0 und 4C « Unfern das Gerippe für die Unter-
suchung und dienen gleichzeitig dazu, einen etwaigen Betrag der Aende-
rung des Kartenpapiers und der Ungleichheit der Metereinheiten zwischen
prismatischem Massstabe und der Einteilung am Lineale des Kartierungs-
instrumentes, mit welchem dann die abgestochenen 20 Intervallpunkte auf
ihre richtige Lage untersucht wurden, zu beseitigen. Diese Elimination
ist jedoch praktisch niemals nötig gewesen. Bemerkt sei, dass der mittlere
Einstellfehler der Linealkante des Dreiecks am Kartierungsinstrument auf
") Der gegenteiligen Ansicht, siehe diese Zeitschrift Jahrgang 1905, S. 769,
▼ermögen sich die Herren Beobachter und der Verfasser nicht anzuschliessen.
^zaitaehrift fttr^ Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. 563
!
Fig. 4.
n — n — i — i i »I i — i i i i i — m — rn — rn r~
5
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( ^*rv scbpfic&cls Riefet/ ^4*C*<J*Tlt/.)
die Mitte eines abgestochenen Punktes nach den vom Verfasser angestellten
Ermittlungen aus je 30 Beobachtungen erhalten wurde in den Massstaben
1 : 1000 zu 2,0 Vioo mm
1 : 1500 „ 2,0 „ n
1:2000 , 1,8 , „
Es liegt die Vermutung nahe, dass die Fehler noch kleiner ausfallen
für Beobachter, die ständig mit Kartierungs- und Schätzungsarbeiten be-
schäftigt sind. Die Beobachtungen (siehe Tabelle 4) bestätigen die An-
nahme. Die Ablesungen sind auch von den Herren, welche die Punkt-
abstechung ausgeführt haben, vorgenommen worden, selbstredend ohne das
Sollergebnis, das erst nach ausgeführter Mittelbildung in die Tabelle ein-
getragen werden durfte, zur Hand zu haben, und sich in irgend einer
Weise beeinflussen zu lassen, was ja bei der scharfen Ablesung am Nonius
sowieso als ausgeschlossen erscheint. Ausserdem hatten die Herren keine
Kenntnis von der Art und der Grösse der Fehler. Es ist also die Methode
der Prüfung eine scharfe im Verhältnis zu den Fehlern der Abstechung
selbst.
Digitized b
564
und Kartierungsuntersuchungen.
Verm MMR
1907.
Tabelle 4.
Ablesung
i I n
Mittel .
Sollwert
•
Einzelfehler l
Vioo mm
0 4- 00
•
a) Obere Reihe:
0 + 00 1 0 + 00 0 + 00
4 + 20
4
+
20
4 + 20
4
+
15
—
5
6 + 62
6
+
62
6 -h 62
6
-r-
65
+
3
8 + 22
w 1
8
+
25
8 + 24
8
+
20
4
10 -t- 42
10
+
42
10 + 42
10
+
40
—
2
12 + 50
12
52
12 + 51
12
50
1
14 + 72
14
+
72
14 + 72
14
+
70
2
16 + 92
16
+
92
16 + 92
16
+
95
+
3
18+55
18
+
52
18-(-54
18
+
45
9
20 + 80
20
+
82
20 + 81
20
+
85
+
4
22 + 58
22
-t-
58
22 + 58
22
+
60
+
2
24 + 75
24
+
72
24 + 74
24
+
80
+
6
26 + 35
26
+
35
26 + 35
26
+
30
5
28+10
28
+
10
28 + 10
28
+
05
5
30 + 35
30
+
35
30 + 35
30
+
35
0
31+98
31
+
98
31+98
32
+
00
+
2
34 + 25
34
+
22
34 + 24
34
+
25
+
1
36 + 05
36
-t-
05
36 + 05
36
+
10
5
38 + 82
38
+
85
38 + 84
38
+
90
+
6
40 + 52
40
+
50
40 + 51
40
+
55
+
4
42 + 65
»
42
+
68
42 + 66
42
75
+
9
46 + 00
46 + 02
46 + 01
46 + 00
0 + 00
0 + 00
4 + 28
4 + 22
6 + 70
6 + 65
8 + 32
8 + 32
10 + 48
10 H
r 45
12 -i
h 52
12 + 50
14 + 70
14 + 68
16 -
h 92
16 H
h 92
18 + 50
18 + 50
20 -
h 78
20 H
h 72
22 + 65
22 -
- 62
24 + 78
24 h
- 78
26 + 42
26 -
- 45
28 -
- 00
28 -
h 05
30 -
-35
30 -
r 38
32 -
- 05
32 H
h 02
34 -
- 15
34 H
h 15
36+18
36 + 20
38 + 90
38 + 88
40 + 52
40 + 50
42 + 68
42+65
46 + 00
45 + 98
b) Untere Reihe:
| 0 + 00 | 0 +
00
4 + 25
6 + 68
8 + 32
10 + 46
12 + 51
14 + 69
16 + 92
18 + 50
20 + 75
22 + 64
24 + 78
26 + 44
28 + 02
30 + 36
32 + 04
34
15
19
+
36 +
38 + 89
40 + 51
42 + 66
4
+
15
-10
6
+
+
65
- 3
8
20
-12
10
+
40
- 6
12
-f-
50
— 1
14
+
70
16
+
95
u
18
+
45
— 5
20
+
85
+ 10
22
+
60
24
+
+
80
+ 2
26
30
-14
28
05
. ±\
30
+
35
32
+
00
— 4
34
+
25
+ 10
36
+
10
- 9
38
+
+
90
+ 1
40
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1907.
Es wurden Beobachtungen angestellt für die Intervallgrössen 1,00,
0,67 und 0,50 mm bezw. Massstabsverhältnisse 1:1000, 1:1500 und
1 : 2000. Damit für das letzte Intervall einzelne Stiche der Zeichnung
nicht zu nahe aneinander kamen, sind die doppelten Beträge der in Fig. 4
angegebenen laufenden ganzen Intervalle abgestochen worden. Für jedes
Massstabsverhältnis sind von drei Herren je drei Serien bearbeitet, die
zusammen zu einer gemeinsamen Berechnung vereinigt wurden. Für jede
Intervallstelle liegen 18 Beobachtungen vor. Da in gleicher Weise wie
bei den Schützungsfehlern die Ergebnisse der beiden Nachbarintervalle zur
Berechnung der Fehler mit herangezogen sind, so ergeben sich für jede
Intervallstelle 54 Einzelfehler.
§ 10. Berechnung des mittleren Gesamt- und des einseitigen
Abstechefehlers der einzelnen Intervallstellen.
Das in Tabelle 4 angeführte Beispiel (Massstab 1 : 1000) erläutert den
Gang der Berechnung der Einzelfehler. Die Ablesungen I sind von 0 bis
46 steigend, die Ablesungen II nach erneuter Anlegung der Punkte 0 und
46 in rückläufiger Folge gewonnen worden. Die erhaltenen Fehler der
Abstechung wurden nun nach Intervallstellen geordnet in Tabellen zu-
sammengestellt in gleicher Weise, wie das bei den Schätzungsfehlern ge-
schehen ist. Die Einzelfehler für das Intervall 1,00 mm sind in Tabelle 5
angeführt worden. Aus der Zusammenstellung (Reihen für Summe und
Gesamtsumme) ergab sich, dass für alle Kartierer in der ersten Hälfte des
Intervalls die Fehler der einzelnen Beobachtungen im grossen und ganzen
negativ, in der zweiten Hälfte dagegen positiv waren. Es zeigte sich
also gerade das Gegenteil von dem, was bei der Abschätzung gewonnen
worden war.
Während bei der Abschätzung der Lage eines Zeigerstriches
zum Intervall man stets zu nahe an den zunächst gelegenen
Intervallgrenzstrich heranschätzt, bleibt man beim Abstechen
von diesem Striche zu weit ab. Diese Erscheinung findet vermutlich
ihre einfache Erklärung darin, dass man im allgemeinen i) sowohl die
Stärke des Zeigerstriches beim Abschätzen, als auch die Stärke der Nadel-
spitze beim Abstechen vernachlässigt und die freien Teile a und b des
Intervalls miteinander vergleicht, von denen in der laufenden Richtung a
links und b rechts vom Zeiger oder von der Nadel liegen. Die Stärke
des Zeigerstriches bezw. der Kopiernadelspitze sei d. Man schätzt die
Intervallstelle zu - * g • «7. Es befindet sich aber die Mitte des Zeigers
') Die Beobachtungen an den Feldgrenzen sind natürlich ausgenommen.
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Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. y^ucimn Mg
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1907.
Kummer. Schätzunga- und Kartierungsuntersuchungen. 567
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568 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. ^Zeitucinirt rar
bei dem Werte {j—d)-\- ^. Es ist also der von d abhängige
Teil des einseitigen Fehlers, der mit %' bezeichnet sei:
r' - d a J
t = — • a.
2 a -f- b
In der ersten Hälfte des Intervalls ist der Bruch — " .- < i/2 , in der
zweiten dagegen — ■ b > >/2, mithin ist %' in der ersten Hälfte des Inter-
valls positiv, in der zweiten dagegen negativ. Umgekehrt ist der
Vorgang beim Kartieren. Man sticht (j—d)+ * ab, will aber
a + & ' ^ erhaiten.
In der Tabelle 6 sind die Ergebnisse der Beobachtung, sowie die aus
der Ausgleichung errechneten Werte aufgeführt. Die Interpolation ist auf
die gleiche Weise wie bei den Schätzungsfehlern vorgenommen.
§11. Zusammenstellung der Interpolationsgleichungen, darstel-
lend die mittleren Gesamtfehler q> und die einseitigen Fehler %
bei Abstechung der einzelnen Intervallstellen.
1. Intervallgrösse 1,0 mm.
ff = + 5,24 + 0,74 sin i — 0,31 sin 2» — 0,53 cos i — 0,81 cos 2»
t = — 0,58 — 2,51 sin i + 0,21 sin 2 i + 1,06 cos i — 0,54 cos 2i.
2. Intervallgrösse 0,67 mm.
rp = + 3,69 -f 0,04 sin i — 0,08 sin 2i — 0,36 cos f — 0,71 cos 2 i
t = — 0,50 — 1,13 «»» i — 0,35 mn 2 » -f- 0,30 cos i — 0,01 cos 2 L
3. Intervallgrösse 0,50 mm.
f aa -|- 4,84 + 0,63 st* 1 — 0,01 si» 2i + 0,43 cos 1 — 0,34 cos 2 1
1 = — 0,55 — 2,50 «'/» i + 0,02 siw 2 1 — 0,08 cos 1 — 0,23 cos 2 #.
In den Figuren 5 und 6 sind die Interpolationskurven gezeichnet mit
den beobachteten Werten. Der Verlauf der Kurven in Fig. 5 zeigt, dass
der Gesamtfehler an den Feldgrenzen und in der Mitte des Intervalls am
kleinsten, dagegen bei i/4 und s/4 des Intervalls am grössten ist. Aus
Fig. 6 ist zu ersehen, dass an den Feldgrenzen die einseitigen Fehler ver-
schwinden und im allgemeinen auch in der Mitte des Intervalls. Bei den
Stellen i/4 und »/4 des Intervalls erreichen die Fehler ihre grössten Be-
träge derart, dass, wie bereits erwähnt worden, die Abstechung im
Gegensatz zur Abschätzung zu weit ab von der zunächst gelegenen
Intervallgrenze erfolgt.
§ 12. Berechnung des mittleren zufälligen Abstechefehlers.
Die aus den ausgeglichenen Werten <p und % gemäss der Formel
9, = V^gp2 — t* errechneten Abstechefehler qp, sind in der Tabelle 6 an-
geführt und in der Fig. 7 gezeichnet worden. Das Ergebnis ist, dass
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VfnS&SiM Kammer- Schätzung«- und Kartierungsuntersuchungen. 569
1907.
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diese Fehler, ähnlich wie die zufälligen Schätzungsfehler, abgesehen von
geringen Schwankungen, wenigstens vom praktischen Standpunkte im all-
gemeinen als gleich gross in allen Intervallstellen angesehen werden können.
§ 13. Beziehung des Abstechefehlers zur Grösse des
Skalenintervalls.
Zur Untersuchung über diese für die Kartierungsarbeiten sehr wich-
tige Frage können nur die Ergebnisse für die Intervalle 1,0 und 0,5 mm
benutzt werden, da diese von den gleichen Beobachtern gewonnen sind.
Ein Blick auf die Tabelle 6 und auf die Figuren 5—7 zeigt, dass die Er-
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gebnisse für diese Intervalle als gleich gross bezeichnet werden können.
Die ganz geringen Beträge, um welche die Beobachtungen am 0,5 mm
Intervall im Durchschnitt kleiner sind als die entsprechenden am 1,0 mm
Skalenfeld, schreibe ich im wesentlichen den üebungseinflüssen zu.1) Es
') Obgleich es praktisch für die Gebrauchsintervalle ohne Bedeutung ist,
möge doch nicht unerwähnt bleiben, dass vom theoretischen Standpunkte aas
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571
Fig. 7.
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sind nämlich die Beobachtungen am kleinen Skalenfeld rnnd »/4 Jahr später
ausgeführt als die am grösseren Felde und zwar, nachdem die Beobachter
betrachtet nach den Untersuchungen des § 5 die Kartierungsfehler am 0,5 mm
Intervall um einen genügen Betrag kleiner sein müssen als am 1,0 mm Intervall.
Torausgesetzt wird dabei — vergl. auch die Werte der Tabellen 7, 8 und 9 — ,
dass der lediglich von der Punktabstechung , also nicht von den Schatzungs-
fehlern herrührende Teil des Kartierungsfehlers für alle Massstabsverhältnisse
gleich gross ist. So errechnet sich z. B. aus den Durchschnittswerten der Ab-
stechefehler und unter Benutzung der am Schlüsse des § 5 angeführten Inter-
polationsformeln der von den Schätzungsfehlern unabhängige Betrag des Gesamt-
kartierungsfehlers mit guter üebereinstimmung zu
± 4,66 V,oo mm für J = 1,0 mm
±4,44 „ „ .7=0,5
Digitized by Google
572 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuehungen. rifi}j*jBjf*,f*
1907.
in der Zwischenzeit bei ihren praktischen Arbeiten viel den prismatischen
Massstab angewandt hatten, was eben bei Beginn der Untersuchungen, wie
bereits hervorgehoben, nicht der Fall gewesen war. Dass die von andern
Beobachtern am 0,67 mm Intervall gewonnenen Ergebnisse durchweg kleiner
sind, erklärt sich dadurch, dass bei den hiesigen praktischen Arbeiten
dieses Intervall fast ausschliesslich zur Anwendung kommt Auch ist die
Kartierungsschärfe abhängig von der Leistungsfähigkeit des Auges und
der Sicherheit der Hand.
Während beim Abschätzen der Intervallstellen die Fehler
mit der Quadratwurzel aus der absoluten Grösse des Intervalls
wachsen, ergeben sich beim Abstechen für die Gebrauchsinter-
valle die Fehler für alle Intervalle gleich gross.
§ 14. Beziehung zwischen dem Gesamt-, zufälligen und
einseitigen Abstechefehler.
Dem Zweck der Sache entsprechend bilden wir aus den Durchschnitts-
werten der Tabelle 6 die Quotienten ~- und ~~ für die Intervallgrössen
und erhalten:
J
Vi
r
9
9
1,00
0,92
0,36
0,67
0,97
0,24
0,60
0,93
0,34
Durch-
schnitt
0,94
0,31
Es ist also im allgemeinen der zufällige Fehler nur um einen geringen
Betrag kleiner als der Gesamtfehler und der einseitige rund l/g so gross
als der Gesamtfehler. Au den Feldgrenzen und in der Mitte des Feldes
verschwindet der einseitige Fehler, während er bei 1ji und 8/4 des Inter-
valls rund */J0 der Grösse des Gesamtfehlers erreicht.
§ 15. Beziehung zwischen den Schätzungs- und Abstechefehlern.
Da nach den Betrachtungen des § 13 die Abstechefehler für die Ge-
brauchsintervalle der Praxis nicht abhängen von der Grösse des Inter-
valls, bilden wir aus den Durchschnittswerten der Tabelle 6 Gesamt-
mittelwerte. Diese stellen mit ausreichender Genauigkeit die Ergebnisse
der Durchschnittsabstechefehler dar. Dividiert man diese Werte durch die
am Schlüsse des § 5 angeführten Interpolationsformeln der Ihirchschnitts-
schätzungsfehler, so erhält man Aufschluss über die Genauigkeit zwischen
Abstechung und Schätzung. Es ist mir sehr wohl bekannt, dass vom theo-
retischen Standpunkte zur Berechnung des Yerhältnismasses die Quadrate
der Fehler gebildet werden sollten. Den Praktiker aber interessiert in
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zeitÄctiriftjür Kummer. Schätzung*- und Kartierungsuntersuchungen. 573
erster Linie das Verhältnis der Fehler selbst. Es ergeben sich folgende
Yerhältnisgrössen : 1,77
cm — ...
<P
r<Fi ------
1,87
1,45
VJ
Hieraas folgen für die Gebrauchsintervalle die nachstehenden Verhältnis-
zahlen :
J
r 9
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Durchschnitt
1,00 mm
1,77
1,87
1,45
1,7
0,67 „
2,16
2,28
1,77
2,1
0,50 „
2 dU
2.63
2,04 .
2,4
Je kleiner das Intervall ist, desto grösser ist also die Verhältniszahl
zwischen Absteche- und Schätzungsfehler. Summarisch aber lüsst sich
sagen, dass für die Gebrauchsintervalle der Abstechefehler doppelt
so gross als der Schätzungsfehler ist.
B. Bestimmung des mittleren Abstechefehlers mit Transversalmassstab
und Zirkel.
§ 16. Beobachtung und Berechnung.
Die Beobachtungen wurden in gleicher Weise angestellt, wie im § 9
beschrieben worden ist, jedoch mit dem Unterschiede, dass nur eine Serie
von jedem Beobachter gewonnen wurde. Die Anzahl der Einzelfehler
(40 Stück) genügt vollkommen zur Berechnung der mittleren Fehler für
jeden einzelnen Beobachter, da entgegen den Beobachtungen am prisma-
tischen Massstabe von verschiedenen Intervallstellen keine Rede sein kann.
Aach wurden die von je 3 Herren für Wie einzelnen Massstabsverhältnisse
erhaltenen Ergebnisse zu einer gemeinsamen Berechnung vereinigt. Die
Tabelle 7 enthält die Ergebnisse der Berechnung.
§ 17. Betrachtung über den einseitigen Fehler.
Die Tabelle 7 zeigt deutlich, dass alle 6 Beobachter gleichmfissig
einen verhältnismässig hohen einseitigen Fehler begehen, derart, dass jeder
abgestochene Punkt zu nahe an den Endpuukt herankommt und zu
weit vom Anfangspunkte entfernt liegt.
Um festzustellen, ob dieser Fehler von der jeweiligen Spannweite des
Zirkels abhängt oder nicht, sind von dem Herrn Arlitt in den Massstabs-
verhältnissen 1 : 500 und 1 : 3000 die gleichen Beobachtungen noch nach-
geholt worden. In der Tabelle 8 sind die Ergebnisse der 4 Massverhält-
nisse zusammengestellt.
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674 Kummer. Schätzung«- und Kartierungsuntersuchungen. tjWWgBar
1907.
Tabelle 7.
Zusammenstellung der mittleren Abstechefehler mit Transversal-
massstab und Zirkel.
Beobachter
9
Vi oü mm
r
I/ioo mm
9i
Vioo mm
Mergard
V i tab 1 : I
+ 3,3
4,3
5,7
1000.
- 2,2
- 1,3
- 3,0
± 2,5
4,1
4,8
Im ganzen ....
± 4,5
- 2,2
± 4,0
Kroll
Kaiser
Massstab 1 :
1 ± 3,4
1,9
5,0
1500.
- 2,0
- 0,9
- 3,1
± 2,7
h*
4,0
Im ganzen .... ±3,7 — 2,0
± 3,1
Massstab 1 : i
± 4,4
8,5
4,5
»000.
- 3,4
- 1,3
- 1,7
± 2,8
3,2
4,2
Im ganzen ....
± 4,1
- 2,1
± 3,5
Gesamtdurchschnitt .
± 4,1
- 2,1 ± 3,5
Tabelle 8.
Länge der Zeich-
nung in cm
Massstab
9
Vioo mm
X
V.oo mm
9x
Vioo mm
9,2
1 : 600
± 4,7
- 2,8
± 3,9
4,6
1 : 1000
5,7
— 3.0
4,8
4,6
1 : 2000
4,5
- 1,7
4,2
3,1
1 : 3000
4,8
— 8,3
3,4
Durchschnitt
± 4,9
- 2,7
± 4,1
Es zeigt sich also, dass der einseitige Fehler von dem Abstände des
abzustechenden Punktes vom Anlehnungs- bezw. Ausgangspunkte für die
Gebrauchsspannungen unabhängig ist.
Weiter zeigt die Tabelle, wie von vornherein zu vermuten war, dass
die Fehler für alle Massstabsverhältnisse gleich gross sind.
§ 18. Beziehung zwischen dem Gesamt-, zufälligen und
einseitigen Fehler.
Nach Erledigung der Frage des § 17 bilden wir aus den Mittelwerten
der Tabelle 7 für je 3 Beobachter nach Massstabsverhältnissen getrennt
die Quotienten ^ und -* und erhalten:
9 9
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zjnjchrift Wr Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. 575
Massstab
*
9
<P
1 : 1000
0,89
0,49
1 : 1600
0,84
0,64
1 : 2000
0,86
0,61
Durchschnitt
0,86
0,51
Es ist also der einseitige Fehler halb so gross als der Gesamtfehler.
Der zufällige beträgt infolgedessen i/i Vä des Gesamt fehlers. Die Ergeb-
nisse stimmen annähernd mit den entsprechenden summarischen beim Ab-
schätzen am prismatischen Massstabe in § 6 überein, während wegen des
verhältnismässig kleinen summarischen einseitigen Abstechefehlers am
prismatischen Massstabe sich die Verhältniszahlen im § 14 etwas anders
gestalten.
C. Bestimmung des mittleren Abstechefehlers mit Koordinatenschieber.
§ 19. Beobachtung, Berechnung und Schlussfolgerung.
Die Beobachtungen wurden in gleicher Weise angestellt wie diejenigen
mittels Zirkels und Massstabes. Als Kartierun gsinstrument wurde das
Homey er sehe benutzt und die Einstellungen unter Benutzung des Nonius
gewonnen. Die Tabelle 9 enthält das Nähere.
Tabelle 9.
Zusammenstellung der mittleren Abstechefehler am Kartiernngs-
instrnment mit Nonius.
Beobachter
9
Vioo mm
r
Vioo mm
9>i
Vioo mm
Arlitt
Massstab 1 :
± 2,9
2,6
2,0
1000.
- 0,4
- 0,2
+ 0,5
± 2,8
2,6
1.9
Im ganzen ....
± 2,5
0,0
± 2,6
Kroll I
Massstiib 1 :
± 2,8
2,9
3,9
1500.
+ 1,2
- 1,2
- 1,3
± 2,6
2,6
3,7
Im ganzen ....
± 3,2
- 0,3
± 3,2
Mergard
Arlitt
Massstab 1 : S
± 2,7
2,5
2,8
K)O0.
— 0,3
+ 0,8
- 0,7
± 2,7
2,4
2,7
Im ganzen ....
± 2,7
- 0,1
± 2,7
Gesamtdurchschnitt .
± 2,8
- 0,1
± 2,8
Digiti
576 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. ^^uchrtfi^ur
Es zeigt sich also, wie von vornherein za vermuten war, dass ein
einseitiger Fehler im allgemeinen als nicht vorhanden anzunehmen ist.
Wenn auch die von einzelnen Herren erhaltenen, in der Tabelle 9 an-
geführten Werte von der persönlichen Eigenart der Beobachter beeinflusst
sein mögen, so sind diese Werte vom praktischen Standpunkte ohne jede
Bedeutung und zum Teil auch in der Unsicherheit der Untersuchung be-
gründet. In der Summe aller Beobachtungen verschwindet der Fehler.
Diese Tatsache ist der beste Beweis dafür, dass ein einseitiger Fehler im
allgemeinen nicht vorhanden ist. Der zufällige Beobachtungsfehler ist also
zugleich der Gesamtfehler.
D. Befrachtungen über die unter den Abschnitten A, B und C
behandelten Kartierungsmethoden.
§ 20. Vergleichende summarische Zusammenstellung der
einzelnen Fehler.
In der Tabelle 10 sind die Gesamtergebnisse für die einzelnen Inter-
valle bezw. für die diesen entsprechenden Massstabsverhältnisse zusammen-
gestellt unter Beifügung der auf die Kartierung eines Schemas verwendeten
Arbeitszeit in Minuten. Die angeführten Minutenzahlen sind Mittel aus 9
bezw. aus 3 Werten.
Tabelle 10.
Intervallgrösse
bezw.
Massstabs-
verhaltnis
Zeitverbrauch
in Minuten
9
9t
X
de
9
A B
c u- c
Verhält!
r Fehler
Vi
A B
c u* C
m'8zahl
r
A
B
en
des Zcit-
verbraucbs
Ii C
A A
A. J = l,C0mm
10
5,2
4,8
1,8
2,1
1,9
0,8
B. 1:1000
20
4,5
4,0
2,2
1,8
1,6
—
2,0
Ts
C. 1 : 1000
18
2,5
2,5
A. J — 0,67 mm
14
3,7
3,6
0,9
1,2
1,1
0,5
B. 1 : 1500
22
3,7
3,1
2,0
1,2
1,0
1,6
C. 1 : 1500
15
3,2
3,2
A. J = 0,50 mm
10
4,8
4,5
1,7
1,8
1,7
0,8
B. 1 : 2000
20
4,1
3,5
2,1
1,5
1,3
2,0
C. 1 : 2000
15
2,7
2,7
1.5
Gesamtdurchschn.
A
11
4,6
4,3
1,6
1,7
1,5
0,7
m —
1,6
21
4,1
3,5
2,1
1,5
1,3
1,»
1,4
C
16
2,8
2,8
1
-
1,5
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JSBKSÄi Kummer- Schätzung*- und Kartierungauntereuchungen. 577
Aus der Tabelle, insbesondere aas den Gesamtdurchschnittszahlen
ergibt sich, dass die Kartierungen mit Koordinatenschieber (C.) rund 1 1/2-
mal so genau sind, als die mit prismatischem Massstabe sowie die mit
Zirkel und Transversalmassstab (A und B). Die Kartierungen zu A und
B sind als gleich genau anzusehen. Der ganz geringfügige Unterschied,
um welchen die Gesamt- und die zufälligen Fehler zu B kleiner sind als
die entsprechenden zu A, wird aufgehoben dadurch, dass der durchschnitt-
liche einseitige Fehler der Methode A nur ?/10 des Betrages der Methode
B ausmacht. Die in neuerer Zeit hier und da aufgestellte Behauptung,
dass die Kartierung mit prismatischem Massstab genauer sei als mit Zirkel
und Transversalmassstab, ist nicht zutreffend.
§ 21. Schlussfolgerungen.
Was die absolute Grösse der Fehler anbelangt, so genügen die Er-
gebnisse der Methoden A und B den an die Genauigkeit der Kartenzeich-
nungen zu stellenden Anforderungen. Berücksichtigt man den Zeitverbrauch,
so steht der prismatische Massstab an erster, der Zirkel und Massstab
aber an letzter Stelle. Nach den Zusammenstellungen der Tabelle 10 ist
die Arbeitsleistung mit prismatischem Massstab rund doppelt so gross als
diejenige mit Zirkel und Massstab, während diejenige mit Homeyers Koor-
dinatenschieber in der Mitte liegt Es ist also zweckmässig, die Spezi al-
kartierung, insbesondere bei Neukartierungen, unter Benutzung von Instru-
menten auszuführen, die auf der Abschätzung und Abstechung der Inter-
vallstellen am prismatischen Massstabe beruhen. Den Zirkel und Trans-
versalmassstab sollte man schon aus Sparsamkeitsgründen nicht anwenden.
Ferner dürfte noch zu berücksichtigen sein, dass das ständige Springen des
Blickes vom Transversalmassstab zur Karte dem Auge nicht zuträglich ist.
E. Bestimmung des mittleren Ausweichefehlers aus der Linie
bei der Punktabstechung.
§ 22.
Bevor ein endgültiges Urteil über die zweckmässigste Art der Kar-
tierung gefällt werden kann, muss der Betrag der seitlichen Ausweichung
aus der Linie, in welcher die Abstechung erfolgt, festgestellt werden.
Wenn auch die Erfahrung lehrt, dass dieser Fehler im allgemeinen ver-
hältnismässig klein ist, so erregt es doch Interesse, die wirkliche Grösse
kennen zu lernen und festzustellen, ob bei den verschiedenen Methoden
der Kartierung diese Fehler ebenfalls verschieden gross sind.
Zur Untersuchung dienten die nach dem Muster der Fig. 4 für die
Betrachtungen der Abschnitte A — C angestellten Kartierungen, indem die
Abweichungen der Abstände der entsprechenden Punkte der oberen und
unteren Reihe mit ihren Sollwerten verglichen wurden. Die Sollwerte selbst
Zeitschrift für Venneiiungiweten 1907. Heft 23. 42
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578 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. _HtMOaa rur
ergaben sich aus den 4 Anlehnungspunkten bei 0,00 bezw. 100,00 und
46,00 bezw. 146,00. Die als massgebend anzusehenden Abstände der ent-
sprechenden Anlehnungsp unkte wurden aus dem Mittel von 6 am Koordi-
natenschieber mit Nonius gewonnenen Beobachtungen gefunden. Durch
Proportionalverteilung der Differenz in den Abständen der Anfangs- bezw.
Endpunkte auf die der Untersuchung zu unterwerfenden 20 Zwischenpunkte
wurden die Sollwerte der einzelnen Abstände gefunden. Die abgestochenen
Werte wurden auf den Zeichnungen ebenfalls mittels Koordinatenschiebers
mit Nonius doppelt und zwar in steigender und fallender Reihe nachgelesen.
Die doppelte Beobachtung geschah nicht nur allein zwecks Erhöhung der
Schärfe der Untersuchung, sondern auch zur Erkennung und Beseitigung
etwaiger Fehler beim Ablesen der Ergebnisse. Die Differenzen der Mittel-
werte gegen die Sollwerte dienen zur Berechnung des mittleren Fehlers
eines Punktes. In der Tabelle 11 sind die mittleren Fehler für den
prismatischen Massstab, Zirkel- und Transversalmassstab und Kartiemngs-
instrument nach Homeyer und zwar in den Massstabsverhältnissen 1 : 1000,
1 : 1500 und 1 : 2000 angegeben.
Tabelle 11.
Zusammenstellung der mittleren Aasweichefehler Ö aus der Linie.
Beobachter
Prismatischer
Massstab
6 in 7, oo mm
Zirkel u. Trans-
versalmassstab
Kartierungs-
instrument
Intervall 1,00 mm. Massstab 1 : 1000.
Hunstein .... i 1,7 ±1,6
Mergard .... 1,7 1,5
Arlitt 1,7 1,5
| ± 1,4
1,1
1,4
Im ganzen ....
± M
± 1,5
± 1,3
Intei
•vall 0,67 mm. Ä
± 1,4
2,2
lassstab 1 : 1500.
± 1,3
1,4
1,7
± M
1,0
2,5
Im ganzen ....
± 1,6
± 1,5
±M
Inter
Hunstein ....
Mergard ....
Arlitt
vall 0,50 mm. Ä
± 1,7
1,1
1,6
[assstab 1 : 2000.
± M 1
1,0
1,1
± 1,1
1,1
1,6
Im ganzen ....
± 1.6
± 1,2
± 1,8
Gesamtdurch8chnitt
± 1,6
± 1,4
± M
Das Ergebnis ist, dass für alle Beobachter und für alle Beobachtungs-
methoden der Fehler als gleich gross und frei von einem einseitigen Be-
Digitized by Google
Y«™iLctrlfl 'lir«« WeUisch. Ueber Prinzipien der Ausgleichungsrechnung. 679
TT"
trage anzusehen ist. Das für die Praxis wichtige Resultat ist ferner, dass
die Fehler sehr geringfügige und abgesehen für das Arbeiten mit Koordi-
natenschieber als verschwindend klein zu den übrigen Fehlern betrachtet
werden können. Es erübrigt sich daher, aus den Werten der Abschnitte
A — C und E Gesamtabstechefehler gemäss der Formel 9, = Vqp*-|-d*
zu berechnen. Die Werte <j> der Abschnitte A — C können vom praktischen
Standpunkte als gleich gross mit den Werten qp. bezeichnet werden.
(SchlusB folgt.)
Ueber die Prinzipien der Ausgleichungsrechnung.
Von S. Wellisch, Wien.
I.
Sind zur Bestimmung mehrerer Unbekannten überzahlige Beobach-
tungen angestellt worden, so ist es die erste Aufgabe der Ausgleichungs-
rechnung, die von den unvermeidlichen Messungsfehlera möglichst befreiten
Werte der Unbekannten zu ermitteln.
Betrachten wir beispielsweise die Aufgabe der Punktbestimmung durch
Vorwärtseinschneiden, welche darin besteht, dass von mehreren Fixpunkten
aus Richtungen nach dem zu bestimmenden Punkte beobachtet werden,
dass dann zunächst mit Hilfe zweier ausgewählter Richtungen eine ge-
näherte Lage dieses Punktes ermittelt und hierauf mit Zuziehung der
überschüssigen Strahlen, welche infolge der unvermeidlichen Beobachtungs-
fehler mit den beiden zuerst gewählten Strahlen ein Fehlerpolygon bilden,
der Näherungsort durch Veränderung der Strahlenrichtungen derart ver-
schoben wird, dass sämtliche Richtungen in einem einzigen Punkt«, dem
ausgeglichenen Punkte, zusammentreffen.
Es liegt nun nahe, dieses Zusammentreffen dadurch zu bewirken, dass
sämtliche Eckpunkte des Fehlerpolygons oder alle Strahlenschnitte zu
einem einzigen Punkte nach dem Prinzip des arithmetischen Mittels
in der Weise vereinigt werden, dass durch Mittlung der Koordinaten aller
Strahlenschnitte mittlere Koordinaten berechnet werden. Aber der diesen
mittleren Koordinaten entsprechende Punkt, welcher mit dem Schwerpunkt
aller Strahlenschnittpunkte zusammenfällt und für welchen die Summe der
Quadrate aller Abstände von den Polygoneckpunkten ein Minimum ist, ge-
nügt dann nicht den Prinzipien der methodischen Ausgleichung.
Denn die Methode der kleinsten Quadrate, von Jordan die „Königin der
Ausgleichungen" genannt, verlangt von dem Neupunkte, dass bei gleich
genauen Messungen die Summe der Quadrate der durch die Ausgleichung
bewirkten Richtungsänderungen oder der Aenderungen der gemessenen
Winkel ein Minimum werde.
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580 Wellisch. Ueber Prinzipien der Ausgleichungsrechnung. ^J^SSw^
1907.
Es könnte daher mit Recht die Frage erhoben werden, ob dieses
Minimumsprinzip auch wirklich immer die besten Endresultate liefert, oder
ob es in besonders wichtigen Fällen nicht angezeigter erscheint, nicht die
direkten Beobachtungen selbst, sondern bestimmte Funktionen der Beobach-
tungen möglichst wenig zu verändern. Diese Frage kann nach einem Aus-
spruche Simony8 nur empirisch entschieden werden. !)
Behandelt man die Aufgabe des Einschneidens nach dem Bertot sehen
Verfahren, so werden hierbei nicht die Quadrate der reinen Richtungs-
änderungen t>, sondern die Quadrate der Normalabstände X des Mini-
mumspunktes Ton den Yisierstrahlen s, also die Quadrate der Funktionen
X = auf ein kleinstes Mass gebracht. Während die Methode der
kleinsten Quadrate ihre Minimumsbedingung durch die Gleichung
[vv] = min bezw. [pvv] = min
mathematisch zum Ausdrucke bringt, kleidet sich die Minimumsbedingung
des Bertot sehen Verfahrens in die Form :
[s*vv] = min bezw. [ps*vv] = min,
worin unter p die Genauigkeitsgewichte verstanden werden.
Beide Minimumsbedingungen lassen sich auch in eine allgemeine Formel
zusammenfassen, welche auf einem allgemeineren Grundsatz beruht, wonach
die Koordinaten des Näherungspunktes durch Ausgleichung so verändert
werden, dass — abgesehen von den Genauigkeitsgewichten — die Summe
der noch mit besonderen Gewichten multiplizierten Quadrate der Richtungs-
änderungen ein Minimum werde. Nimmt man nun als besondere Gewichte
die Einheit, so geht das allgemeine Ausgleichungsprinzip in die Gauss-
sche Methode der kleinsten Quadrate über; wählt man hierfür die Qua-
drate der Strahlenlängen s*, so kommt man auf das Bertot sehe Verfahren.
Zwischen diesen beiden Sonderfällen gibt es aber noch einen dritten
Fall, nämlich die „Methode der kleinsten Produkte", bei welcher die
einfachen Strahlenlängen 8 als besondere Gewichte auftreten und die Mini-
mumsbedingung folgende Gestalt annimmt :
[svv] = min bezw. [psvt;] = min.
So wie das arithmetische Mittel lassen auch die beiden mit der Methode
der kleinsten Quadrate verwandten Methoden eine mechanische Deutung
zu, welche beweist, „ dass die Ausgleichung gegebener Beobachtungen nach
der Methode der kleinsten Quadrate für weite Forschungsgebiete als ein
*) Vergl. Prof. Dr. Oskar Simony: „Ueber die Anwendbarkeit der Fehler-
wahrscheinlichkeits- und Ausgleichungsrechnung auf Ertragsbestimmungen a in
der „Zeitschrift für das landwirtschaftliche Versuchswesen in Oesterreich", Wien
1905, S. 1125.
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veTOM^.J^Un Wellisch. Ueber Prinzipien der Ausgleichungsrechnung. 581
1907.
der Natur des Gegenstandes angepasstes Verfahren zu betrachten
ist."1) Während das B er to tsche Verfahren den Minimumspunkt mit dem
Schwerpunkt aller Fusspunkte seiner Normalabstände von den gegebenen
Strahlen zusammenfallen läset, wobei die Genauigkeitsgewichte die Massen
der Fusspunkte repräsentieren, erklärt unsere Methode den Minimumspunkt
als die Gleichgewichtslage des Knotenpunktes eines von gegebenen Kräften
beanspruchten elastischen Subsystems, in welchem die Genauigkeitsgewichte
den Elastizitätsmodul des Stabmateriales darstellen. Die Methode der
kleinsten Quadrate aber erscheint im Sinne dieser mechanischen Deutung
als Spezialfall der beiden übrigen Methoden.
Denn die Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate ist im vor-
liegenden Falle in aller Strenge nur dann berechtigt, wenn die Voraus-
setzung durchaus gleicher Strahlenlängen erfüllt ist Trifft dies aber nicht
zu, was in der Regel der Fall ist, so ist eine strengere Methode, die auch
die Strahlenlängen in Rechnung zieht, zur Ausgleichung berufen, wie denn
auch das Bert o tsche Verfahren, welches allerdings nur zur Lösung von
Einschneideaufgaben anwendbar erscheint, die Quadrate der Strahlenlängen,
die Methode der kleinsten Produkte aber die linearen Strahlenlängen als
Gewichte einfuhrt. Der letztgenannten Methode kommt im Gegensatze zur
beschränkten Anwendbarkeit der beiden anderen Methoden insofern eine
allgemeinere Bedeutung zu, als sie unter allen Umständen und ohne Aus-
nahme zur Lösung der verschiedensten Ausgleichungsaufgaben mit grösserer
Berechtigung herangezogen werden kann. Denn es scheint uns weit glaub-
würdiger und vorteilhafter, Uberhaupt plausibler, eine Ausgleichung nach
dem „Prinzip des Gleichgewichtes" durchzufuhren, als sich hierzu
der „Theorie des Zufalls u zu bedienen, und zwar aus dem triftigen Grunde,
weil die Anwendung des mit dem natürlichen Erhaltungsprinzip innig
verflochtenen Gleichgewichtsprinzips von der Anzahl der Beobachtungen
vollständig unabhängig ist, während die Wahrscheinlichkeitstheorie nur für
eine unendlich grosse Anzahl von Beobachtungen volle Gültigkeit besitzt.
Entsprechend der mathematischen Formulierung der drei Minimuras-
bedingungen nimmt die Methode der kleinsten Produkte gleichsam eine
Mittelstellung zwischen den Methoden von Gauss und B er tot ein und es
stellt sich auch tatsächlich der Minimumspunkt P der Methode der kleinsten
Produkte stets in die ungefähre Mitte zwischen den Punkten Q und B der
beiden anderen Methoden.
Selbstverständlich kann aber durch irgend ein Verfahren jeder der
drei Punkte Q, P und B erhalten werden, wie überhaupt eine der ge-
l) Simony, a. a. 0. S. 1125.
*; „ Ueber das natürliche Erhaltuugsprinzip" siehe „Zeitschr. f. Mathem. u.
Phjl.* 52. Bd. 1905, S. 202.
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582 Welhsch. Ueber Prinzipien der Auggleichungsrechnung. ^«tuetorift rar
1907.
nannten Methoden in eine andere übergeht, wenn entsprechende Gewichte
eingeführt werden , weshalb man eigentlich allgemein von einem „ Prinzip
der kleinsten Summen u reden sollte, ton welchem die drei gegenständlichen
Methoden nor spezielle Fälle sind. (Vergl. „Ueber das natürliche Erhal-
tungsprinzip".)
II»
Als praktisches Zahlenbeispiel benützen wir die in der österreichischen
„Instruktion zur Ausführung der trig, und polyg, Vermessungen" durch-
geführte Bestimmung des Punktes 3 durch Vorwärtseinschneiden aus den
fünf gegebenen Netzpunkten: „Spielberg, 4, 1 , Hadi und Neuer Berg".
Es lauten die nach der allgemeinen Form
a . dx -\- b . 4y -\- u> = Q
gebauten Vermittlungsgleichungen und die zugehörigen Gewichte s:
-f 51*2 .dx — 10-3 . dy-f 1-3 = Ö s = 395
-h 70*4 -f 23-6 — 1-7 = 0 2*78
+ 53 8 -h 61-5 + 0'8 = 0 252
— 41-3 6*6.* '• x=r 0 2*72
— 1142 — 1821 — 0-7 = 0 0-96.
Die numerische Auflösung dieses Gleichungssystems nach den drei
gegenständlichen Methoden, welche mit den Buchstaben Q (Quadrate),
P (Produkte) und B (Bertot) bezeichnet sind, liefern folgende Resultate,
wozu bemerkt wird, dass auch die entsprechenden Minimumspunkte in der
beigefügten Fignr mit denselben Buchstaben beschrieben sind :
Q . . dx = —0-0150 m dy = -J- 0-0090 m
P . . dx = —0 0143 m dy — 4-0*0127 m
B . . dx = —0-0137 m dy = -f 0*0178 m.
Dieselben durch methodische Ausgleichung erlangten Resultate erhält
man aber auch auf einem indirekten Wege. Berechnet man nämlich aus
den fünf Vermittlungsgleichungen durch Kombination je zweier Gleichungen
die zehn Koordinatenpaare dxx dyl — dx% dyz u. s. w. :
dx
dy
Schnittpunkt 1 . .
. —0-0068
-f- 0*0924
2 . .
. — 00238
4-0-0078
3 . .
. - 0-0200
4-0*0263
»
4 . .
. —00232
4-0-0107
n
5 . .
. + 0-0403
- 0*0483
»i
6 . .
. -f- 0-0090
+ 0-0452
9
7 . .
. 4" °*0322
- 0 0240
n
8 . .
. — 00343
4-0-0170
n
9 . .
. — 00370
4-0*0194
n
10 . .
. — 0-0338
4-0-0174
Mittelpunkt A . t>i = — 0'0097 dt) = -j-00164
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Zeitschrift für Wellisch. Ueber Prinzipien der Ausgleichungsrechnung. 583
9
10.
B
©
+ X
[tlx]
ond bildet man daraus die arithmetischen Mittelwerte Öv — -^p und
öb = welche in der Figur den mit Ä bezeichneten Punkt reprä-
!0 stellt dieser Punkt wohl immer einen guten Näherungsort des
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684 Wellisch. Ueber Prinzipien der Ausgleichungsrechnung. Vef£j£jj$J™,££
zu suchenden Punktes 3 dar, er entspricht aber weder der wahrschein-
lichsten, noch der natürlichsten, noch Uberhaupt der plausibelsten Lage
desselben. Legt man jedoch den einzelnen Koordinatenpaaren Gewichte
bei, welche wie folgt bestimmt werden:
/ » (ff. — ff.)
9t = (<*A - «»M" = \\9 1 u. s. w.
und bildet man die allgemeinen arithmetischen Mittel:
Stl^L = _00150 = + 00090,
so erhält man genau die aus der Methode der kleinsten Quadrate resul-
tierenden Koordinaten, d. i. die wahrscheinlichste Punktlage. Setzt
man hingegen die Koordinatengewichte in folgender Weise zusammen:
«n» (<7, — O
«*»* (ff, — ff,)
nt — sxstgt = — - — —— u. 8. w.,
so ergibt sich durch Bildung des allgemeinen arithmetischen Mittels das
Resultat der Methode der kleinsten Produkte oder die natürlichste
Punktlage:
[n d x) = _ 0 0143 \n^W = + 0 0127
Analog erhält man den Bertotschen Punkt durch Einführung der Gewichte:
*i = V's'fi = *»»' (** — *i) *j = Wft = ««' (*s — ffc) u. s. w.
III.
Setzt man in den Ausdruck für die Minimumsbedingung der Methode
der kleinsten Produkte [svv] = min an Stelle der darin vorkommenden
Richtungsänderungen v die entsprechenden Querabstände X = —p so er-
hält man, da g konstant ist, die Minimumsbedingung in der Form:
m - CT = *
Demnach hat das Ausgleichungsprinzip der Methode der kleinsten Produkte
allgemein folgenden Wortlaut: Es ist die Summe der auf die Längeneinheit
bezogenen Fehlerquadrate ein Minimum, wobei die Fehler durch Längs-
oder Querverschiebungen ausgedrückt sind, je nachdem es sich um Längen-
oder Winkelmessungen handelt.
Der Fall mit Längsverschiebungen kann auch auf die Aufgabe des
Vorwärtseinschneidens dann angewendet werden, wenn hierzu keine Winkel-
oder Richtungsbeobachtungen, sondern blosse Längenmessungen angestellt
Digitized by Google
▼•rataiun iwSen Welli8cn- Ueber Prinzipien der Ausgleichungsrechnung. 585
r " 1907.
'werden. Misst man die Entfernungen s der gegebenen Netzpnnkte von
dem zu suchenden Punkte, so ist durch zwei Strecken die Lage des Neu-
punktes eindeutig bestimmt; die übrigen Streckenlängen ermöglichen die
Ausgleichung des Neupunktes. Die Methode der kleinsten Quadrate bewirkt
diese Ausgleichung in der Art, dass die Summe der Quadrate der absoluten
Längenänderungen ein Minimum wird. Dann erleiden aber die gemessenen
Längen nicht jene Aenderungen, welche ihnen in Gemässheit des Fehler-
gesetzes der Längenmessung zukommen sollten. Um diesem Fehler-
gesetze Genüge zu leisten, müssen sämtliche Längenänderungen, sofern sie
nur von allen systematischen Teilen befreit sind, nach dem Quadrat-
wurzelgesetze erfolgen, d. h. es sind die Quadrate der Verbesserungen
mit Gewichten zu multiplizieren, welche den gemessenen Entfernungen 8 um-
gekehrt proportional sind, so dass die Minimumsbedingung wie folgt lautet:
Die natürlichste Ausgleichung findet also nach dem Satze statt, dass die
Summe der auf die Entfernungseinheit reduzierten Quadrate der Ver-
besserungen ein Minimum wird. Mit dieser Minimumsbedingung ist aber
nichts anderes als der Fundamentalsatz der Methode der kleinsten Pro-
dukte i) ausgesprochen.
Es ist auch gleichzeitig damit dargetan, dass die Ausgleichung nach
dieser Methode ohne Ausnahme so erfolgt, dass die den Beobachtungen
erteilten Verbesserungen am besten in Uebereinstimmung mit den
Anforderungen der Längenmessung gesetzt werden. Die eingangs
aufgeworfene Frage, welches Minimumsprinzip die Resultate der Wahrheit
wirklich am nächsten bringt, kann jetzt bestimmter entschieden werden.
Reinhertz gelangt nämlich in seinem Aufsatze über Kleintriangulierungen
in der Zeitschr. f. Vermessungswesen 1892, S. 458 zu dem Schlüsse: „Die
beste gegenseitige Punktlage würde nun eine solche sein, bei welcher die
mittleren Fehler der Punktabstände mit den Längenmessungsfehlern in Be-
ziehung stehen. w Dieser Bedingung am meisten entspricht aber jener Wert
für die Strahlengewichte, welchen die Methode der kleinsten Produkte vor-
schreibt, nämlich das natürliche Gewicht — bezw. ~, je nachdem gleiche
oder ungleiche Genauigkeiten in Frage kommen.
Betrachten wir noch zum Schlüsse die methodische Ausgleichung eines
Nivellements. Bezeichnen h1hthn... die Gefälle der einzelnen Zug-
längen s, s2 h • • • einer Nivellementschleife ; v, v2 1'5 . . . die betreffenden Ge-
fällsverbesserungen und pi PiPs . . . die zugehörigen Gewichtszahlen , so
l) „Der Fundamentalsatz der Methode der kleinsten Produkte" in „Oesterr.
Zeitschr. f. Verm. u 1905, S. 153.
Digitized
586 Skär. Grundbuch-Führung.
lautet die Bedingung für die Fehlerausgleichung nach der Methode der
kleinsten Quadrate:
[pvv] = min.
Nimmt man die Gewichte entsprechend dem mittleren Nivellierungsfehler
M = k Va
umgekehrt proportional den Längen s an, so erhält man für die Mini-
mumsbedingung den Ansatz:
wie ihn die Methode der kleinsten Produkte vorschreibt, woraus auch hier
wieder hervorgeht, dass die Gausssche Methode unter Zugrundelegung
des Quadratwurzelgesetzes für den Nivellierungsfehler mit unserer
Methode vollkommen übereinstimmt.
Grundbuch-Führung.
In Heft 17 der Zeitschrift für Vermessungswesen vom 11. Juni 1907
beabsichtigt Herr Katasterlandmesser Haffner Irrtümer in dem Aufsatz
„ Grundbuch und Steuerkataster * des Herrn Steuerrats Gehrmann richtig
zu stellen.
Herr Haffner sagt mit Recht, dass Unschädlichkeitszeugnisse nicht
nur für die lastenfreie Auflassung von Grundstücksteilen einer landwirt-
schaftlich genutzten Besitzung, sondern für alle Besitzungen ohne irgend
welche Ausnahme ausgestellt werden können. Schon allein infolge der
grossen Ersparnis an Zeit gegenüber den sonst erforderlichen Verhand-
lungen mit den Realgläubigern werden die Unschädlichkeit szeugnisse bei
der Abveräusserung von kleinen Teilen aus bebauten und landwirtschaftlich
benutzten Grundstücken zur lastenfreien Auflassung verwendet.
Herr Haffner ist aber im Irrtum, wenn er die Richtigkeit der Folge-
rung des Herrn Gehrmann anzweifelt, dass der in den Katasterkarten und
Büchern nachgewiesene, tatsächliche Bestand der Grundstücke bei der
Führung des Grundbuches unberücksichtigt bleibt, wenn die Beteiligten es
unterlassen, die Berichtigung zu beantragen.
Die Reichsgrundbuchordnung vom 24. März 1897 fordert zwar im
§ 2 die Bezeichnung der Grundstücke in den Grundbüchern — nämlich
bei ihrer ersten Einrichtung — nach einem amtlichen Verzeichnis (in
Preussen das Grundsteuerkataster), es besteht aber keine entsprechende,
gesetzliche Zwangsvorschrift, dass nach den dem Grundbuchamt jährlich
zugehenden Flurbuchs- oder Gebäudesteuerrollenanhängen eine Fortschrei-
bung der Grundbücher analog der katasteramtlichen Fortschreibung zu
erfolgen habe.
igitized by Google
Die Uebernahme der im Kataster vorgenommenen Veränderungen der
Grundstttcksbezeichnung, welche bei einem ordnangsmüssigen Kataster die
beabsichtigte Aendernng der Rechte an einem Besitzstock nur vorbereiten
soll, bedeutet auf alle Fälle eine Eintragung in das Grundbuch, die von
den §§ 13 und 29 der Grundbuchordnung betroffen wird. Die Reichs-
grundbuchordnung sagt im § 13. dass eine Eintragung im Grundbuche,
soweit das Gesetz nicht ein anderes vorschreibt, nur auf Antrag erfolgen
8 olle; der § 29 gibt die Form der Anträge an.
Die Fortschreibung im Kataster bedeutet für das Grundbuch die Fest-
legung der verabredeten Aenderung der bestehenden Rechtsobjekte in dem
amtlichen Verzeichnis (§ 2 der Reichsgrundbuchordnung), die Eintragung
der neuen Rechtsobjekte in das Grundbuch beseitigt die alten und besorgt
die Sicherung der neuen Rechtsobjekte. Kommen die im Kataster in ihrer
Begrenzung festgelegten Teilgrundstticke nicht zur rechtlichen Festlegung,
so besteht vom Rechtsstandpunkt aus auch für die Uebernahme der ka-
tasteramtlichen Fortschreibung in das Grundbuch keine Veranlassung, da
ja der alte Rechtszustand verbleibt.
Die So 11 Vorschrift der §§ 13 und 29 der Reichsgrundbuchordnung
beachten allerdings viele Grundbuchämter aus praktischen Erwägungen
nicht, sondern streben in den Jahreszeiten, welche keinen grossen Grund-
stücksverkehr zeitigen, das Grundbuch mit dem Grundstücksverzeichnis des
Steuerkatasters in völliger Uebereinstimmung zu erhalten, weil durch diese
Fortführung des Grundbuches der Grund stücksverkehr erleichtert und Ver-
wirrungen, die durch wiederholte Fortschreibung des Katasters sonst ver-
ursacht werden, vorgebeugt wird.
Hätte von Amts wegen die Uebernahme der katasteramtlichen Fort-
schreibungen nach den Anhängen zu erfolgen, würde die Gerichtskasse
2. B. nicht berechtigt sein, für Fortschreibungen im Grundbuche Kosten
zu erheben. Vom Verfasser hat sogar eine Gerichtskasse infolge eines
Monitums des Rechnungsrevisors die Kosten für eine von Amts wegen in
das Grundbuch übernommene Fortschreibung abgefordert.
Gegenüber der Darlegung des Herrn Haffner muss ich der Folgerung
des Herrn Gehrmann beitreten. Für Gemeinden mit häufigem Besitz-
wechsel und zahlreichen Parzellierungen muss auch ich es als notwendig
bezeichnen, dass zur Erhaltung der guten, ersten Verbindung des Grund-
buches mit dem Steuerkataster ergänzende Bestimmungen über die Fort-
schreibung der Katasterbezeichnung im Grundbuche erlassen werden, i)
') Dies dürfte der wesentlichste Punkt in der Frage nach einer gedeihlichen
Ausgestaltung des deutschen Grundbuches sein, wenn dasselbe wirklich eine
segensreiche Einrichtung und nicht ein unheilvoller Hemmschuh für den Eigen-
tums- und Kreditverkehr werden und bleiben soll. Es wird auf diesen Gegen-
stand daher wohl noch vielfach und eingehend zurückzukommen sein. Steppes.
Digitized by Google
588
Vogler. Zur Ausbildungsfrage.
v.
Zeiuchria fUr
Diese Forderung wird sicher von der Mehrzahl der Grundbuchrichter
unterstützt werden, weil die Grundstückseigentümer in der Regel die Ueber-
nahrae einer Katasterfortschreibung in das Grundbuch nicht beantragen
werden, wenn ein beabsichtigtes und im Kataster bereits vorbereitetes
(Einwendungen gegen das „ Schlusswort " S. 818 dieser Zeitschrift)
Mich einen Gegner der vom Geometerverein seit langem für nötig
erachteten Hebung der Fachausbildung zu nennen, scheint mir darum un-
zulässig, weil ich seit fast drei Jahrzehnten, und nicht ohne Erfolg, für
den preussischen Landmesser bessere Bürgschaft einer geeigneten Vor-
bildung und bessere Übereinstimmung der Studiendauer mit dem Lehrstoff
befürwortet habe. Von meinem Vortrag gleichen, von mir noch heute
vertretenen Inhalts auf der 17. Hauptversammlung des Deutschen Geometer-
vereins zu Berlin 1891 erbat sich der Vorstand des Vereins sogleich
während der Sitzung die Niederschrift, um sie noch vor den eigentlichen
Sitzungsberichten in dem Organ des Vereins zu veröffentlichen. Das galt
dem Helfer, nicht dem Gegner.
*) Einem Wunsche des Herrn Verfassers, wie des Herrn Vereinsvorsitzenden
entsprechend, bringe ich diese „ Einwendungen" zum Abdrucke, obwohl ich die
Angelegenheit mit dem Abdrucke der beiderseitigen Aeusserungen in Heft 12
gern abgeschlossen hatte. Um wenigstens jetzt einen Abschluss zu ermöglichen,
überlasse ich das Urteil über alle jene Einwendungen, welche sich auf Aus-
legungen und Eindrücke der — gewiss auch mir sehr unerfreulichen — Polemik
in Heft 12 beziehen, dem geneigten Leser. Zu den zwei Punkten der Ein-
wendungen, die sich wirklich um Tatsachen drehen, bemerke ich folgendes:
1. Was den Vortrag vom Jahre 1891 anbelangt, so wurde derselbe von der
Vorstandschaft, der ich damals längst angehörte, so hoch geschätzt, weil er in
der Tat triftige Gründe für die Notwendigkeit des Abituriums beibrachte, gegen
deren Gewicht die allerdings damals schon befürwortete Ausnahme für besonders
talentierte junge Leute in den Hintergrund trat Die heutige Stellungnahme
des Herrn Geh. Reg.-Rats wird aber allgemein dahin aufgefasst, dass er jetzt
die Primareife in der Hauptsache beibehalten und das Abiturium nur fakultativ
für solche Schüler eingeführt wissen möchte, die nach unserer Ansicht dem
Fache am besten ganz fern bleiben sollten.
2. Wie eine Feststellung der Aufsichtsbehörde, dass in zehnjährigem
Durchschnitt 75°/0 aller in die Prüfung Eingetretenen — die Kandi-
daten der ersten, der zweiten, der dritten Prüfung zusammengenommen (Wort-
laut auf S. 304, Heft 12) — die Prüfung nicht bestehen, die Grundlage einer
Beweisführung abgeben könne, wonach in der zweiten und dritten Prüfung doch
noch weitere 20°/0, im ganzen also durchschnittlich 95°/0 die Prüfung bestehen
sollen, ist und bleibt mir unverständlich. Stepp*».
Rechtsgeschäft unterbleibt.
Skär, Gemeindelandmesser.
Zur Ausbildungsfrage.1)
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jtfMMR für Vogler. Zur Ausbildungsfrage. 589
IK*"
Ich habe S. 308 weder dem Wortlaut nach dem Sinne nach aus-
gesprochen, alle von Andersdenkenden vertretenen Ansichten seien Un-
gereimtheiten. Mit diesem Ausdruck hatte ich lediglich den inneren
Widerspruch belegt, mir S. 49 zuzubilligen, dass Dauer und Gestaltung
des Hochschulstudiums meine Ausgangspunkte waren, S. 51 aber mich zu
beschuldigen, sie seien nur ein Deckmantel gewesen, um darunter der un-
eingeschränkten Forderung des Abituriums zu widerstreben; einen inneren
Widerspruch, um so unerwarteter, als dieser Punkt brieflich erörtert
worden war. Ob ich die schroffe Stellung zur Aus bildungs frage , die mir
S. 503 v. J. zugewiesen ward, durch Stillschweigen anerkennen wollte
oder nicht, darüber hatte füglich ich selbst zu entscheiden.
Ich habe nirgends, weder dem Wortlaut noch auch dem Sinne nach,
noch auch nur andeutungsweise, gegen die Vertreter der unbedingten
Maturität den Vorwurf schmutziger Gewinnsucht auf Kosten des Nach-
wuchses erhoben. Nur der Art, wie für Maturität und dreijähriges
Studium auf Kosten der Hochschule Propaganda gemacht wurde, galt
mein Einspruch. An diesem Tatbestand können andersartige Deutungen,
wenn auch noch so zahlreich, nichts ändern.
Ungerechtfertigt ist die Beschuldigung, ich griffe aus der Debatte nur
untergeordnete Punkte heraus, ohne auf die Kernpunkte näher einzugehen,
Ober die ich mich angeblich in Schweigen hülle. Es ist dies auch in
bezug auf die Statistik der Prüfungserfolge nicht richtig. Tatsächlich
war der Gegenstand, der elementararithmetischer Natur ist, durch meine
Darlegung S. 303—305 vollkommen aufgeklärt. Ich unterschied den
Prozentsatz (1) derer, die in die Prüfung eintreten und sie bestehen,
ferner den Prozentsatz (2) derer, die in das Studium eintreten und ihr
Ziel erreichen, von dem Terminssatz, nämlich dem Prozentsatz (3) der
im einzelnen Termin bestehenden. In (1) wird jeder Kandidat nur ein-
mal als eingetreten gezählt, wogegen in den Zahlen, aus denen man
Durchschnitte für (3) ableitet, die zum zweitenmal geprüften zweimal,
die zum drittenmal geprüften dreimal als eingetreten, jeder aber gün-
stigenfalls nur einmal als bestanden gerechnet wird. Infolgedessen müssen
die Prozentsätze (3) im Durchschnitt erheblich kleiner ausfallen als (1).
Diese ein/ache Wahrheit wird beharrlich übersehen. Für (1) und (2)
können nur auf dem mühsamen Weg meiner Nachträge in Heft 1 d. J.
strenge, von Hypothesen unabhängige Zahlen gewonnen werden, während
für (3) periodische Mitteilungen über den Ausfall der Prüfung im ein-
zelnen Termin oder in den beiden Jahresterminen zusammen vorliegen.
Die Zahlen, die nun S. 315 meinen unumstösslichen statistischen Erheb-
ungen für (1) und (2) entgegengestellt werden, sind unbeschadet ihres
amtlichen Ursprungs nichts als Terminsdurchschnitte von der Gattung (3)
und können mit (2) überhaupt nicht, mit (1) nur auf Grund von An-
Digi
690 Vogler. Zur Ausbildungsfrage, ^lucbrtnjtix^
nahmen verglichen werden. Die schlimmere der Zahlen von S. 315 gibt
einen Terminsverlust von 9 -f- 16 = 25 °/0 an. Setzt man dementsprechend
(3) es 75°/0 als für alle drei Gattungen von Prüflingen mehrere Jahre
lang gültig und nimmt ausserdem an, dass immer nur 80°/0 der Durch-
gefallenen jeder Gattung die nächst höhere Prüfungsstufe betreten, so er-
hält man eine Zahl (1): 100 nach dem Ansatz:
"Ii + lU • */• • 3/4 + V* • */• • l/i • AU • 8/4 = 0,93;
oder 3/4 = a und */& = b gesetzt, die Formel für 0,01 . (1):
o + a (1 — a) . b -f- a (1 - a) * . 6*.
Sie nimmt den unerbittlich richtigen Zahlen (1) = 95% meiner Nachträge
in Heft 1 d. J. das üeberraschende, das sie für viele haben mochten, die
immer nur die Zahlen (3) nennen hören, sie sorglos mit (1) oder (2) iden-
tifizieren und dann Schlüsse daraus ziehen, zu denen nicht einmal die
echten (1) oder (2) ausreichen würden. Hierauf bezieht sich mein Ver-
gleich von den verwechselten Längen- und Höhenzahlen und dem Schluss
auf die Vorflut, der S. 315 unvollständig wiedergegeben wird und damit
seinen ernsthaften, objektiv eindringlichen Inhalt verliert. Eindringlich
genug lehrt die berichtigte Seyfertsche Zahl, dass in Bonn von 1883 bis
einschliesslich 1905 die Gesamtzahl derer, die ins Landmesserstudium
eintreten ohne ihr Ziel zu erreichen, kleiner als 14°/0 bleibt, (2) demnach
grösser als 86°/0 wird. Der Natur der Sache nach muss aber (1) noch
grösser sein.
Es ist also nicht richtig, dass ich einen Trugschluss begehe, und
ebensowenig richtig, dass ich über einen wichtigen Punkt der gegnerischen
Statistik vollständig schweige. Ich selbst gebe, wo ich davon spreche, für
Berlin den unerfreulichen Termins durchschnitt (3) = 75<>/0 zu. Von einem
Verhüllen durch Schweigen kann darum nicht die Rede sein, sondern nur
vom Weggehen über bereits Erledigtes.
Geradeso verhält es sich mit der Frage: Landwirtschaftliche oder
Technische Hochschule. Soweit sie in meine Abwehr gehörte, nämlich
in der Form: Landwirtschaftliche und Technische Hochschule oder Land-
wirtschaftliche allein, habe ich sie in meinen beiden ersten Verteidigungs-
schriften historisch behandelt und für meine Zwecke erledigt.
So wenig ich ausgesprochen habe, Beamtensöhne seien immer Talente,
so wenig habe ich, sei es dorn Wortlaut oder dem Sinne nach, behauptet,
die Vertreter der Maturität wollten den talentierten Primareifen aus
selbstsüchtigen Motiven das Geld für Erlangung der Maturität gewisser-
massen aus der Tasche stehlen. Meine Frage: „Welches Recht hat man,
dem Begabteren das Studium zu verteuern oder vielleicht ganz abzu-
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Zeitschrift rur Personalnachrichten. f^QI
T«nne«iunjf«we«en wm.
1907.
schneiden?" stemmt sich gegen die Gleichmacherei und die Vorurteile
unserer Tage, ohne Rücksicht auf deren Motive.
Unzutreffend ist ferner die Behauptung, ich verstiege mich zu der
Unterstellung, als hätten durch die Verwertung der fehlgegriffenen Seyfert-
schen Zahl die Hälfte der preussischen Oberlandmesser als verdorbene
Studenten bezeichnet werden wollen. Ich billige vielmehr sowohl dem
Urheber als dem Verbreiter der Zahl guten Glauben zu, frage aber im
unmittelbaren Anschluss daran S. 305 zweifelnd, ob auch mir dieselbe
Vergünstigung zuteil würde , falls ich durch eigenen Irrtum oder unbe-
sehene Uebernahme eines fremden die Hälfte der Oberlandmesser, selbstver-
ständlich nicht mit Willen, aber doch in der Tat, zu den verdorbenen
Studenten gerechnet hätte. — Das ist sicher kein Hauptpunkt der De-
batte, aber es mag ihr Schluss sein.
Ch. A. Vogler.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung.
Gestorben: St.-I. Wulff in Herford EL
Pensioniert: St.-I. Kolb in Görlitz.
Ernannt: K.-K. 8L-L Haller in Dortmund zum Katasterinspektor
bei der kgl. Regierung in Magdeburg.
Zu besetzende Aemter: die Kat.-Aemter Kosel im Reg.-Bez.
Oppeln, Freystadt im Reg.-Bez. Liegnitz, Hofgeismar im Reg.-Bez.
Cassel, Isenhagen im Reg.-Bez. Lüneburg.
Versetzt: K.-K. Anders von Freystadt nach Görlitz; ferner der
K.-I. St.-R. Schaetzke von Magdeburg nach Erfurt, die K.-K. St.-I.
Hillert von Beeskow nach Nordhausen (K.-A. 2), Kölligs von Dierdorf
nach Bochum (K.-A. 2), Nowak von Loslau nach Flensburg (K.-A. 2),
Zachariae von Verden nach Wandsbek (K.-A. 2), sowie die K.-K. Blas-
weiler von Waldbröl nach Dierdorf, Georgii von Schöneck nach Bram-
stedt und Vollmer von Greifenhagen nach Essen (K.-A. 3), der K.-K.
St-I. Eitz in Potsdam als Katastersekretär an die Kgl. Regierung da-
selbst; endlich K.-L. Ib Weber von Oppeln nach Osnabrück, die K.-L. Ia
Haas von Trier nach Sigmaringen und Lehmann von Wiesbaden nach
Coblenz.
Uebertragen: dem K.-K. St.-I. Wulff in Herford die Verwaltung
des K.-A. Herford 2 und dem K.-K. Pack in Unna die Verwaltung des
K.-A. Dortmund 1.
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592 Personalnachrichten. _ zeiucorm nir
Verme*»ung»we»en
19077
Befördert: Zum Kat-Landmesser la: K.-L. Ib Michaelis von
Köslin nach Gambinnen.
Bestellt sind: Zu K at. -Kontrolleuren: die K.-L. Günther von Cassel
nach Schöneck, Grussdorf von Magdeburg nach Greifenhagen, Huebner
von Gumbinnen nach Loslau, Mews von Aachen nach Beeskow, Peitzsch
von Cöln nach Verden, Rupp von Sigmaringen nach Waldbröl, Schermer
von Wiesbaden nach Beetzendorf, Tiedemann von Magdeburg nach Blu-
menthal und Wechsung von Minden nach Herford (K.-A. 1).
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Aus dem Dienst ausgeschie-
den am 1./8. 07: L. Förster in Aachen zwecks Eintritt bei der Stadt
Duisburg; L. Seyd tritt vorläufig nicht bei der landwirtschaftlichen Ver-
waltung ein.
Generalkommissionsbezirk Königsberg i/Pr. Versetzt zum 1./4. 07:
L. Michalowski von Heydekrug nach Tilsit — Neu eingetreten sind am
5./6. 07: L. Hoffmann in Loetzen (Sp.-K.); am 20./6. 07: die L. Brandt
in Loetzen (Sp.-K.) und Siede in Braunsberg (Sp.-K.); am 27./6. 07:
L. Michaeli! II in Braunsberg (Sp.-K.).
Königreich Bayern. Gestorben: Kreisober geometer Weninger in
Regensburg, Obergeom. Schmidt bei der Kgl. Flurbereinigungskommission.
— Bezirksgeom. 1. Kl. und Vorstand der Mess.- Beb. Weissenburg Gustav
Hochrein zum Kreisobergeometer der Reg.-Finanzkammer der Oberpfalz
und von Regensburg befördert; auf die Stelle des Vorstandes der Kgl.
Mess.-Beh. Weissenburg i/B. der Obergeom. des Kgl. Kat.-Bureaus Ludwig
Seifferlein unter Ernennung desselben zum Bezirksgeometer 1. Kl. auf
Ansuchen versetzt. Der zum Mess.-Assistenten bei der Reg.-Finanzkammer
von Mittelfranken ab 1. August ernannte Geometerpraktikant Karl Barth el-
mess in Kempten wurde von der Verpflichtung zum Antritte dieser Stelle
auf Ansuchen entbunden und beginnend mit dem gleichen Zeitpunkt zum
Mess.-Assistenten bei der Regierung von Schwaben und Neuburg, Kammer
der Finanzen, ernannt; dann vom 1. September ab der gepr. Geometer-
praktikant Johann Schnappauf, zurzeit bei der Mess.-Beh. Abensberg, zum
Mess.-Assistenten bei der Regierung von Mittelfranken, Kammer der Fi-
nanzen, ernannt.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Mitteilung von Beobachtungsergebnissen über
die Schätzungs- und Kartierungsgenauigkeit an Massstäben und Kartierungsinstru-
menten, von Kummer. (Fortsetzung.) — Ueber die Prinzipien der Ausgleichungs-
rechnung, von S. Wellisch. — Grundbuch-Führung, von Skftr. — Zur Ausbil-
dungsfrage, von Ch. A. Vogler. — Personalnachrichten.
Verlag ton Kotirad Wittwer in Stuttgart.
Carl Hammer, Kgl. Hofbachdruckerei in Stuttgart.
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593
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN-
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuerrat ^ Dr. O. Eggert, Professor
**—
1907. Heft 24. Band XXXTI.
21. August.
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnls der Schriftleitung ist untersagt.
Mitteilung von Beobachtungsergebnissen
über die Schätzungs- und Kartierungsgenauigkeit
an Massstäben und Kartierungsinstrumenten.
Eine Voruntersuchung über die zweckmässige Art der Kartierung
von Kataster- und sonstigen Grundstüokskarten und über deren
weitere geometrische Aaswertung.
Yon Oberlandmesser Kammer-Cassel.
(Schluss von S. 579.)
in. Betrachtungen über die zweckmässige Art der Kartierung
der Kleinaufnahme.
§ 23.
Bei Neakartierangen wird bekanntlich vor Beginn der Auftragung der
Kleinaafnahme die Abstechung der sämtlichen nach Koordinaten berech-
neten Punkte auf Grund des Quadratnetzes bewirkt.
Es gilt als vornehmster Grundsatz, im Anschluss an diese in der
Karte scharf nachgewiesenen Stiche die Kleinkartierung unabhängig von
etwa ausgezogenen Messungslinien zu bewirken.
Als ein wesentliches Erfordernis aus Gründen der Korrektheit, der
Sparsamkeit und der Schonung der Karte zugleich gilt der Grundsatz, auf
der Karte nur die unbedingt notwendigen Stiche zu machen und möglichst
wenig Hilfslinien in Blei zu ziehen. Es sind also bei der Kleinkartierung
möglichst nur die im Liniennetzrisse nicht enthaltenen Messungspunkte
und die Grenzpunkte abzustechen. Alle Hilfspunkte in der Messungslinie,
Zeitschrift für Verme.iungtwo.en 1907. Heft 24. 43
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594 Kummer. Schätzung*- und Kartierungsuntersuchungen. fSSSSSJSm
z. B. die Einteilung der Länge in runde Masse von hundert zu hundert
Metern oder dergleichen und insbesondere die Fussmasse der durch recht-
winklige Abstände festgelegten Punkte sind in der Karte nicht nach-
zuweisen.
Das Kartieren mit Zirkel, Transversalmassstab und Dreieck erfordert
aber das Abstechen dieser Punkte, ist also schon deshalb ungeeignet.
Hierzu kommt noch der weitere grosse Nachteil, dass durch das
wiederholte Einsetzen der Zirkelspitzen in die Anlehnungspunkte der Wert
der Karte herabsinkt, indem die Stiche der Messungspunkte stark beschä-
digt werden. Was Zeitverbrauch und Genauigkeit anbelangt, wird auf
§§ 20 und 21 verwiesen. Das Arbeiten mit Zirkel und Massstab muss als
veraltet und unzeitgemäss bezeichnet werden.
Der prismatische Massstab bleibt nach vorstehenden Betrachtungen
auf die Abstechung innerhalb einer Geraden beschränkt.
Sobald rechtwinklige Aufnahmen — bei einer guten und zweck-
entsprechend durchgeführten Messung kann diese Methode insbesondere
bei krummlinig begrenzten Figuren und bei ungünstigen Geländeverhält-
nissen nicht entbehrt werden — in Frage kommen, muss zweckmässig zum
Kartierung8instrument gegriffen werden.
Diejenige Instruraentengattung, die unseren Forderungen in möglichster
Strenge nachkommt und welche sich zugleich bei genügender Schärfe als
die am schnellsten zum Ziele führende und für das menschliche Auge am
wenigsten austrengende erweist, muss als die zweckmässigste bezeichnet
werden.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass bei Neukartierungen fast durch-
weg nur eine geringe Grösse zwischen dem gemessenen Masse einer Linie
und der auf der Karte abgegriffenen Länge zu verteilen ist Mit allen
mir persönlich bekannten erfahrenen Zeichnern bin ich darin einer Meinung,
dass die Proportionalverteilung dieses Abschlussfehlers auf die Zwischen-
masse von jedem einigermassen gewandten Kartierer spielend im Kopfe
ohne spezielle Rechnung, also rein nach Gefühl richtig bewirkt wird. Man
kann also für Neukartierungen, ohne Einbusse an der Arbeitsleistung zu
erleiden und ohne eine ermüdende Rechnung nötig zu haben, ohne weiteres
von einer- Vorrichtung am Kartierungsinstrumente , welche die Verteilung
mechanisch bewirkt, absehen. Je einfacher der Apparat ist, je besser
und je leichter und je schneller ist derselbe zu bedienen.
Aus den Untersuchungen über die Schätzungsgenauigkeit am ein-
geteilten Massstabe sei nochmals hier als wichtig hervorgehoben, dass ein
Nonius am Kartierungsinstrument zum Einstellen des Verschiebungsmasses
aus Gründen der Genauigkeit nicht nötig ist. Besonders zeigen dies die
Ergebnisse der Tabelle 2. Die Werte <f dieser Tabelle sind kleiner als
die Gesamtdurchschnittswerte der Kartierungsfehler q> in der Tabelle 9.
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vemewäiSÄen Kummer- Schätzung*- und Kartierungsuntersuchungen. 595
Ferner lehrt die Erfahrung, dass die Abschätzung au einem Zeigerstrich
schneller und auch sicherer gegen Versehen bewirkt wird als an einem
Nonius. Auch ist sehr wohl zu berücksichtigen, dass das Auge beim Ent-
langführen des Ordinatenschiebers am Abszissenlineal den Zeigerstrich sehr
leicht beobachten kann. Das Auge wird aber durch das beim Bewegen
eines Nonius scheinbar entstehende Liniengewirr stark angegriffen. Diese
Tatsache werden insbesondere alle etwas nervös veranlagten Naturen
unbedingt bestätigen.
Dass der Nonius am Kartieruugsinstrument im allgemeinen uberflüssig
ist, hatte Nagel erkannt, indem er sein bekanntes Longimeter nur mit
einem Zeigerstrich versah. Die Kartierungsinstrumente der neueren Zeit
sind aber leider in Yerkennung der Schätzungsfähigkeit des menschlichen
Auges fast durchweg mit Nonius versehen.
Die Kartierungsinstrumente kann man abgesehen von vielen Konstruk-
tionseinzelheiten in zwei wesentlich verschiedene Arten einteilen. Bei der
einen Art liegt die Verschiebungslinie parallel, bei der anderen schräg zur
Messungslinie. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die erstere Art,
Koordinatographen oder auch Ortographen genannt, die natürlichste Kon-
struktion bildet und zugleich die einfachste Handhabung gewährleistet.
Wenn trotzdem die zweite Art mit schräg zur Messungslinie (Winkel von
45°) liegenden Massstabe besonders in neuerer Zeit bevorzugt wird —
von dem Auftragen von Koordinatenpunkten im Anschluss an das Quadrat-
netz sehe ich ab — , so mag man sich von der Annahme haben leiten
lassen, dass die grössere Teilung des Massstabes (V2fach gegenüber der
ersten Art) die Genauigkeit der Einstellung bezw. der Ablesung erhöhe.
Das trifft aber weder beim Nonius noch beim Zeigerstrich zu, wie die Ge-
nauigkeitsangaben im § 1 über die Ablesung am Nonius, sowie die Unter-
suchung des § 5 über die Beziehung des Schätzungsfehlers zur Grösse des
Intervalls zeigen. Auch der Umstand, dass die parallele Kathetenverschie-
bung nur den -^j- fachen Betrag der Hypotenusenverschiebung des Drei-
ecks ausmacht, ändert hieran in sachlicher Hinsicht nichts, schon im Hin-
blick auf die Betrachtung des § 15.
Mit den Instrumenten der zweiten Art, wie z. B. dem Longimeter
von Nagel und dem Homeyerschen Koordinatenschieber, können Punkte
nach Abszissen und Ordinaten ohne Zeichnung von Linien und ohne Aende-
rung der I>age des Abszissenlineals nicht aufgetragen werden. Mit Waues
Universalkartierungsinstrument kann das allerdings geschehen, wenn noch
ein besonderer Ordinatenschieber zur Verfügung steht. Jedoch haftet dem
Verfahren der Nachteil an, dass die Ordinaten von den auf der Karte
ausgezogenen Messungslinien abhängig gemacht werden müssen. Bei den
Instrumenten der ersten Art fällt dieser Nachteil weg, vielmehr erfolgt
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596 Kummer. Schätzung*- und Kartierungsuntersuchungen. _ zeiuehrm rar
vertu eagangnwai so
hier der Anschluss direkt an die in der Karte nachgewiesenen Stiche. So
sinnreich das Wauesche Universalinstrument in der Tat konstruiert ist, so
wenig Vorteile bietet sein Gebrauch für Kartierungen von Neumessungen,
denn die beiden Vorzüge, die das Instrument unstreitig besitzt, nämlich
erstens mechanische Berücksichtigung von Papierveränderung bezw. der
Differenz zwischen Feld- und Kartenmass und zweitens Verwendung in
allen beliebigen Massstäben, fallen für Neukartierungen, bei welchen haupt-
sächlich Kartierungsinstrumente benutzt werden sollen, überhaupt nicht
ins Gewicht.
Die Instrumente der zweiten Art, denen im allgemeinen ein besonderer
Ordinatenschieber nicht beigegeben ist, verlangen zur Kartierung der von
einer Linie aufgenommenen Punkte mehrere Operationen, nämlich Ab-
schieben der Abszissen und Ziehen der Ordinatenlinien , Abschieben der
Ordinaten und Ziehen der Striche an der Kante des Dreiecks, Abstechen
der Schnittpunkte der Linien mit Kopiernadel in das Kartenpapier.
Das Arbeiten mit den Instrumenten der ersten Art gestaltet sich ein-
facher und geht schneller von statten, indem nach der Einstellung des
Abszissenlineals die Abszisse jedes einzelnen Punktes eingestellt und im
Anschluss hieran jedesmal die Ordinate abgestochen wird, ohne dass eine
Linie auf der Karte zu ziehen nötig ist.
Nach der Entscheidung, dass die Instrumente mit parallel zur Mes-
sungslinie liegender Grundlinie (Abszissenlineal) als die geeigneteren an-
zusehen sind, kann die weitere wichtige Frage beantwortet werden, in
welcher Weise am zweckmässigsten die Ordinaten abzustechen sind.
Bei den gebräuchlichen Instrumenten unterscheidet man zwei wesent-
lich verschiedene Einrichtungen. Entweder wird am eingeteilten, abge-
schrägten Massstabe des Ordinatenschiebers mittelst Kopiernadel die Inter-
vallstelle abgestochen (z. B. beim Bambergschen Instrumente), oder der
Ordinatenschieber enthält in seiner Mitte einen mit Pikiernadel und Tupfer-
vorrichtung versehenen Einstellschieber (z. B. beim Ortographen nach Peltz-
Krille oder beim Liniennetzkartierungsinstruraent von de Courbiere).
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass vom theoretischen Stand-
punkte die letztere Einrichtung als die elegantere bezeichnet werden muss,
weil die Genauigkeit der Ordinatenauftragung — tadellose Konstruktion
der Tupfervorrichtung vorausgesetzt — der Abszissenein Stellung so gut wie
gleich kommt, während dem ersteren Verfahren mit Abstechen der Inter-
vallstelle der nicht zu verkennende Widerspruch der ungleichen Genauigkeit
zwischen Abszisseneinstellung und Ordinatenabstechung anhaftet. Nach
§15 ist nämlich für die Gebrauchsintervalle der Abstechefehler rund
doppelt so gross als der Schätzungsfehler. Der Praktiker nimmt aber
einen kleinen theoretischen Widerspruch gern mit in den Kauf, wenn seine
Methode ein bequemes, übersichtliches und ausreichend genaues Arbeiten
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zeiucürm für Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. 597
gestattet und ausserdem die Gefahr des Einreissens der Nadel in das
Papier, der man andernfalls durch das hier und da doch eintretende Haften-
bleiben der Nadel der Tupfervorrichtung im Kartenpapier beim Weiter-
bewegen des Ordinatenschiebers ausgesetzt ist, von vornherein ausgeschlossen
bleibt. Bequem und übersichtlich ist das Arbeiten beim Abstechen der
Intervallstelle am eingeteilten Massstabe schon deshalb, weil die jeweilige
Arbeitsstelle durch den Ordinatenschieber nicht verdeckt wird, während bei
den Instrumenten mit Pikiernadel und Tupfervorrichtung diese direkte
üebersicht fehlt. Die Untersuchungen der §§ 10—12 bestätigen zur
Genüge, dass die Abstechung der Intervallstellen mit ausreichender Ge-
nauigkeit erfolgt. Auch dürfte es mit Rücksicht auf die Fehler der
Auftragung der Koordinatenpunkte zweckmässig sein, die Genauigkeit der
Kartierung der Kleinmessung auf Kosten der Üebersicht der Arbeit und
der Handlichkeit des Instruments nicht zu weit zu steigern. Nach den
Endergebnissen der Tabelle 9 zu urteilen, wird der mittlere Fehler eines
nach Koordinaten in ein Quadratnetz mittelst Homeyers Koordinatenschiebers
aufgetragenen Koordinatenpunktes 4—5 i/100 mm betragen, also auch nicht
wesentlich kleiner sein als die Durchschnittswerte der Tabelle 6. Aus
den angeführten Zweckmässigkeitsgründen kann in der behandelten Kar-
tierungsart ein sachlicher Widerspruch gegen die im Abschnitt V nach-
gewiesene Genauigkeit der Punktauftragung mittelst Coradischen Koordi-
natographen nicht gefunden werden. Ich halte daran fest, dass die in
Tabelle 6 angeführte Genauigkeit der Kleinkartierung den praktischen Be-
dürfnissen genügt. Wird ausnahmsweise erhöhte Genauigkeit erforderlich,
so ist eben Kartierung in entsprechend grösserem Massstabsverhältnis
geboten, i)
Da man auf Grund eines eingehend berechneten und nach Koordinaten
aufgetragenen Liniennetzes die Kleinkartierung bewirkt, so wird es nur
ausnahmsweise und auch nur bei ganz günstigen Geländeverhältnissen oder
bei grossem Grundstücksbestande vorkommen, dass der Abstand benach-
barter Kleinpunkte ein verhältnismässig grosser ist. Es empfiehlt sich
daher im allgemeinen mit kleinen Instramenten zu kartieren. Neben der
grösseren Handlichkeit eines kleinen Instrumentes füllt noch der Umstand
ins Gewicht, dass Unebenheiten der Zeichentischplatte weniger schädlich
auf die Genauigkeit der Zeichnung einwirken als bei Anwendung von Instru-
menten mit längerem Abszissenlineal und grösserem Ordinatenschieber.
Da Ordinaten zu beiden Seiten der Messungslinie abzustechen sind,
muss das Abszissenlineal im halben Abstände der Breite des Ordinaten-
l) Eine weitere Konstruktion zum genauen Absetzen der Ordinaten unter
Anwendung eines Messkeiles enthält der Auftrageapparat nach Seyfert. Dieses
Instrument ist dem Verfasser nicht durch praktischen Gebrauch, sondern nur aus
der Literatur (Jahrgänge 1896/97 dieser Zeitschrift) bekannt.
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698 Kummer. Schätzung»- und Kartierungsuntersuchungen. y^ESES"!^«
Schiebers parallel zur Messungslinie gelegt werden. Diese Lage erhält
man am schnellsten, indem man ausser dem Abszissenlineal noch ein ein-
geteiltes Massstabslineal in genau halber Breite des Ordinatenschiebers
benutzt. Dieser Massstab dient zugleich zum Abstechen von Punkten in
geraden Linien, was z. B. bei Kartierungen von Zusammenlegungsarbeiten
(Wege- und Planaufmessungen) ständig vorkommt.
Aus vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass ein Kartierungs-
instrument, wie das in lfd. Nr. 1047 des Preisverzeichnisses der Firma von
R. Reiss in Liebenwerda, Ausgabe 1905/06, bezeichnete, jedoch mit einem
Zeigerstrich an Stelle des Nonius versehene, als das zweckmässigste für
die gewöhnlichen Neukartierungen anzusprechen ist. i) Solche Instrumente
sind im technischen Bureau der Königl. Generalkomraission zu Cassel seit
etwa Jahresfrist im Gebrauch und haben sich nicht allein vorzüglich be-
währt, sondern auch die verschiedenen dort vorhandenen Instrumente
anderer Konstruktion so gut wie verdrängt.
Es möge noch erwähnt werden, dass das Abszissenlineal dieser Instro-
mente genügend fest auf dem Zeichenpapiere ruht, so dass eine Verschie-
bung kaum vorkommt. Legt man nun vollends das Massstabslineal an das
Abszissenlineal an, so ist eine Veränderung der Lage des Apparates wäh-
rend der Arbeit bei nur einiger Vorsicht vollständig ausgeschlossen.
Auch sei hier darauf hingewiesen, dass die Arbeit mit prismatischem
Massstabe oder mit Kartierungsinstrument am schnellsten und sichersten
von statten geht, wenn der Wert des kleinsten Intervalls des eingeteilten
Massstabes 1 m in dem betreffenden Massstabsverhältnis entspricht. Selbst-
redend kommen hier nur die gebräuchlichen Verhältnisse 1 : 1000, 1 : 1500
und 1 : 2000 in Frage. Ist, wie das in neuerer Zeit vielfach geschieht,
z. B. für das Verhältnis 1 : 1000 das Intervall 1 mm nochmals in halbe
mm eingeteilt, so wird das Abschätzen und Abstechen nur erschwert und
ausserdem eine Fehlerquelle zu groben Versehen gegeben. Dass durch
diese nochmalige Einteilung die Genauigkeit der Punktabstechung nicht
erhöht wird, beweist die Betrachtung des § 13.
IV. Betrachtungen über das Abgreifen von Massen aus der Karte.
§ 24.
Zur erschöpfenden Behandlung der Kartierungsfrage gehört auch die
Untersuchung über die zweckmässige Art der Entnahme von Massen aus
der Karte. Nicht nur für die Zwecke der Kartierung selbst steht das in
Frage, sondern auch zur Flächenberechnung sowie zur Ermittlung von Ab-
steckungsmassen für neue Eigentumsgrenzen und für andere technische Ar-
l) Auch ist es praktisch, ausser der linksl&ufigen noch eine rechtsläulige
Bezifferung auf den Abszissen- und Massstabslinealen anzubringen.
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T«gtMijrttt Wr^ Kummer. Schätzung*- und Kartierungsuntersuchungen. 599
beiten mehr werden nicht direkt messbare oder aus Zweckmässigkeits-
bezw. Sparsamkeitsgründen nicht gemessene Längen graphisch ermittelt.
Wenn auch alle bekannten Methoden der Ablesung von Massen aus
Karten der Grösse der Kartierungsfehler wegen sachlich als gleich genau
bezeichnet werden können, so erregt es doch ein gewisses Interesse, die
Genauigkeit der bekannten Methoden unter der Annahme fehlerfreier Karten
kennen zu lernen, um daraus Folgerungen abzuleiten.
Unter Benutzung des prismatischen Massstabes kann, abgesehen von
der verschiedenen Grösse der einseitigen Schätzungsfehler der Intervall-
stellen, der mittlere Schätzungsfehler als der V 2 fache Betrag der nach-
gewiesenen Ablesungsgenauigkeit angesehen werden. Zur Bestimmung eines
zahlenmässigen Wertes und zum Zwecke der Vergleichung mit anderen
Methoden sind die Interpolationsformeln am Schlüsse des § 5 zum Anhalt
genommen worden. Aus diesen für das Intervall 1,0 mm gültigen Zahlen
sind nach dem in demselben Paragraphen festgelegten Wachstum des
Fehlers mit dem Intervalle die Werte für J = 2 mm berechnet worden
(Tabelle 12). Wenn auch besonders diese letzten Zahlen keinen Anspruch
auf theoretische Schärfe machen können, so zeigen sie doch zur Genüge,
dass die Ablesung eines Masses von einer Karte in 1 : 1000 mittelst
einer Parallelglastafel, die in Intervalle von 2 zu 2 mm eingeteilt ist,
genügend genau ist im Verhältnis zur Kartierungsschärfe. Praktisch
findet dieses Verfahren vielfach Anwendung, indem zum Zwecke der
Flächenberechnung die halben Masszahlen von Höhen abgelesen werden.
Die entsprechenden Werte mit Koordinatenschieber nach Homeyer sind
aus den im § 9 angeführten Einstell fehlem der Linealkante auf einen
Stich gerechnet worden (Tabelle 12). Um auch ein Urteil darüber zu ge-
winnen, welche Genauigkeit der Zirkel und Transversalmassstab gewährt,
wurden von jedem der in Tabelle 12 genannten Beobachter 210 Strecken
abgegriffen. Benutzt wurden die Kartierungsschemata der Untersuchungen
im Abschnitt II unter A, B und C für den Massstab 1 : 2000. Es wurden
im Anschluss an die daselbst angestellten Beobachtungen die Entfernungen
sämtlicher Punkte von dem Nullpunkte sowohl in der oberen als auch in
der unteren Reihe abgegriffen. Zum Schutze gegen einen etwaigen groben
Fehler sind die Ablesungen wiederholt worden, jedoch zur Berechnung nur
die Ergebnisse der ersten Beobachtung benutzt. 1 ) Aus den Differenzen gegen
die scharf bekannten Sollwerte sind die in Tabelle 12 unter B angeführten
Fehler berechnet worden. Es zeigte sich bei allen drei Beobachtern ein
nicht unbedeutender, wenn auch in der absoluten Grösse schwankender und
durch die persönliche Eigenart und die Stellung der Zirkelspitzen be-
») Von jedem Beobachter ist die Uebereinstimmung der Metereinheiten der
Massstäbe und Instrumente scharf geprüft und auf Papierausdehnung geachtet
worden.
600 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. zeiucbrtn rar
VSITnMIQOflWMMl
stimmter einseitiger Fehler in dem Sinne, dass jedes Spann mass zu
gross erhalten wird. In demselben Sinne wurde bereits im § 17 und in
den Tabellen 7 und 8 gezeigt, dass jeder abgestochene Punkt von seinem
Anlehnungspunkte zu weit abliegt. Es muss also beim Zirkel und Mass-
stab, abgesehen von den zufälligen Fehlern, die abgegriffene Entfernung
für jeden kartierten Punkt einer Linie vom Anfangspunkte aus gerechnet
um die Summe der einseitigen Kartierungs- und Ablesungsfehler zu gross,
dagegen vom Endpunkte aus gerechnet um die Differenz beider Fehler
zu klein sich ergeben. Auch diese Tatsache spricht gegen die Verwen-
dung des Zirkels und Massstabes bei Neukartierungen, wenn auch die
Grösse der Fehler für die gewöhnlichen Arbeiten nicht von wesentlicher
Bedeutung ist und nicht verkannt werden soll, dass auch beim prisma-
tischen Massstab in ungünstigen Fallen z. 6. bei Aufeinanderfolge der
Intervallstellen l\A und die einseitigen Kartierungsfehler der beiden
Punkte entgegengesetzter Natur sind, also in der Spannlänge sich sum-
mieren.
Tabelle 12.
Zusammenstellung der mittleren Abgreifefehler von aus der Karte
entnommenen Hassen.
Instrument
<r
in 710o mm
t
in 7»oo mm
Vi
in VIO0 mm
A. Prismat. Massstab
bezw. Glastafel.
±3,7
5,2
2,0
2,8
±3,2
4,5
Intervallgrösee
1,0 mm
2,0 „
B. Zirkel und Trans-
versalmassstab.
± 3,4
3,6
5,9
-1,6
-1,6
-4,2
± 3,1
3,2
4,1
Beobachter
Hunstein
Mergard
Arlitt
Durchschnitt
± 4,4
-2,4
±3,7
C. Homeyers Koordi-
natenschieber.
± 2,8
0,0
± 2,8
V. Berechnung des mittleren Fehlers der Punktauftragung mit dem
Coradischen Eoordinatographen. 1 )
§ 25.
Die schwierigste und zugleich verhältnismässig viel Zeit erfordernde
Kartierungsarbeit ist bekanntlich die Anfertigung eines guten Quadratnetzes
und die Auftragung der nach Koordinaten berechneten Messungspunkte.
Unter den Instrumenten, die zur Vornahme dieser Arbeit dienen, zeichnet
sich hinsichtlich der Schnelligkeit als auch der Genauigkeit der Coradische
') Siehe diese Zeitschrift Jahrgang 1905, Seite 788 und 789.
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TtmoStn^woUn Summer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. 601
Koordinatograph aus. Wenn auch dieses Instrument nicht nur allein der
Anschaffungskosten als auch der Uebung in seinem -Gebrauche wegen, ohne
welch letztere ein rationelles und genaues Arbeiten nicht denkbar ist, für
kleine Vermessungsbureaus wenig Bedeutung hat, so dürfte es nicht ohne
wissenschaftliches Interesse sein und für grössere Vermessungsämter auch
praktischen Wert haben, eine Untersuchung aber die Genauigkeit der
Punktauftragung mitzuteilen.
Zur Untersuchung wurde ein im technischen Bureau der Königlichen
Generalkommission zu Cassel seit etwa 2 Jahren im Gebrauch befindliches
Instrument neuerer Konstruktion benutzt. Die Funktabstechung geschah
durchweg durch den Herrn Zeichner Völkel, welcher bereits längere Zeit
hindurch die Bedienung des Apparates mit Geschick und Umsicht versehen
hat. Die Genauigkeitsuntersuchung erfolgte durch den Verfasser.
Zur Erhöhung der Genauigkeit trägt es wesentlich bei, dass die
Führung des Instruments nicht ruckweise, sondern gleichmässig erfolgt
zwecks Vermeidung von Spannungen und Dehnungen, dass ferner bei der
Punktabstechung nach Möglichkeit in einer Richtung vorgegangen wird,
ebenso wie bei den Trommeleinstellungen. Der grosse und schwere Wagen
(s-Achse) wenigstens sollte nach Möglichkeit nur in einer Richtung ge-
schoben, also eine Umkehr während der Auftragung eines Blattes vermieden
werden, während für den leichten Wagen (y- Achse) eine Umkehr einmal
weniger schädlich und andererseits überhaupt nicht zu umgehen ist, sobald
der schwere Wagen nur in einer Richtung geführt wird.
Zunächst wurden 4 Kartenblätter auf die Genauigkeit der Abstechung
der Quadratnetzpunkte geprüft. Die Punkte wurden in den Quadratnetz-
und den Diagonalrichtungen untersucht sowohl auf ihre Lage in geraden
Linien, als auch auf den Sollabstand in den Linien unter Benutzung eines
metallnen Lineals (Sägeblatt) und eines in mm scharf eingeteilten, 0,5 m
langen, prismatischen Massstabes. Bei der ersten Prüfung auf Geradlinig-
keit durch Anlegen des Lineals konnten mit dem blossen Auge wahrnehm-
bare Fehler überhaupt nicht festgestellt werden. Die an dem Massstabe
für die zweite Untersuchung hinsichtlich der Abstände der Punkte gewon-
nenen Ablesungen wurden besonders für die Diagonalrichtungen um die
einseitigen Schätzungsfehler der einzelnen Intervallstellen verbessert. Auch
ist Rücksicht genommen worden auf die Aenderung des Kartenpapiers und
die Verschiedenheit der Metereinheit der zur Abstechung und Prüfung be-
nutzten Massstäbe zur Zeit der Ausführung beider Arbeiten. Die aus der
Ausgleichung hervorgegangenen mittleren Fehler der Abstechung in den
Linien betrugen rund s/100 mm. Da diese Werte der vom Verfasser ge-
fundenen Ablesungsgenauigkeit an dem Massstabe entsprechen, konnte
die Methode der Untersuchung als ausreichend zur scharfen Bestimmung
der Leistungsfähigkeit des Instruments nicht erachtet werden, wenn da-
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602 Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. Ve^l^riri^6D
19U7*
durch auch der Beweis geliefert worden ist, dass den Anforderungen der
Praxis Genüge geleistet wird.
Um die Genauigkeit der Ablesung zu erhöhen, wurde bei den wenigen
zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln zum Kartierungsinstrument mit No-
nius geschritten. Es lag nahe, die Längen der Messungslinien auf der
Karte abzugreifen und mit den aus den Koordinaten errechneten Sollwerten
zu vergleichen. Die Ablesungen wurden für jede Länge doppelt ausgeführt
und zwar in umgekehrter Zeitfolge. Das Mittel wurde den Berechnungen
zugrunde gelegt. Soweit erforderlich, wurde auch auf Papierveränderung
Rücksicht genommen. Die so erhaltenen mittleren Fehler einer Länge
entsprechen zugleich der Unsicherheit der Gesamtauftragung eines Punktes.
Untersucht wurden auf diese Weise 5 Kartenblätter, 3 Stück im Mass-
stab 1 : 1000 mit im ganzen rund 160 Strecken und 2 Stück im Massstab
1 : 1500 mit im ganzen rund 180 Strecken. Aus sämtlichen Beobachtungen
wurde errechnet der mittlere Fehler der Auftragung eines Punktes zu
a) für Massstab 1 : 1000 ± 2,9 cm,
b) „ „ 1 : 1500 ± 4,1 cm.
Das gibt umgerechnet in natürliche Grösse 2,9 bezw. 2,7 i/
Unter den 3 Blättern im Massstabe 1 : 1000 befand sich zufälliger-
weise eins mit nur 23 Strecken. Es erscheint daher angebracht, den nur
wenig Raum einnehmenden Gang der Rechnung an diesem Beispiele zu er-
läutern. Zuvor muss jedoch die Theorie kurz mitgeteilt werden.
Bezeichnet man die prozentischen Beträge für Verzerrung des Papiers
in der z-Richtung mit p und in der ^-Richtung mit q, so ist die prozen-
tische Aenderung einer Linie, die von den Achsen die Stücke a und b ab-
schneidet, p* = ° ^ p q l\ Nach der Formel sind die Beträge p und q
als Unbekannte aus den Beobachtungen aller Strecken durch Ausgleichung
errechnet worden und zwar wurden zweckmässig die Werte a und b nicht
in natürlicher Grösse angegeben, sondern als Verhältniszahlen zur Grösse
einer Quadratseite. Die Zahlen haben also lediglich die Bedeutung von
Gewichten. Der Bequemlichkeit wegen wurden nur 5 Gruppen gebildet, in
welche die Beobachtungen eingereiht worden sind und zwar in
Gruppe 1 die Strecken, für welche annähernd a = 1 und b = 0 sind.
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2
n
»
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a = 0
n
b= 1
*
»
3
»
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n
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n
a = 1
n
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4
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n
n
n
n
a= 1
n
o = i/2
n
n
5
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n
n
r>
V
rt
b= 1
»»
Nachdem die Beobachtungsergebnisse gemittelt waren, wurden die
Fehler d der einzelnen Strecken gebildet und in die betreffende Gruppe
eingetragen und zwar in cm unter Beifügung der Länge der Strecken in
>) Nach Jordans Handbuch, Band II.
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zeiuchrm fur Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen.
der Einheit 100 m. Mit den ans den Gruppen erhaltenen 5 Werten -^r,
die mit l bezeichnet werden mögen, wurden die Normalgleichungen zwecks
Errechnung der Unbekannten p und q aus den folgenden Fehlergleichungen
abgeleitet : Xt = — h + p
h = —h • + <1
h = - h + ll*P + 1t2<I
h = ~h + *l>P + lls<l
h = -h + 'kp + 'Uq-
Aus den Werten p und q, den prozentischen Verbesserungen der
Beobachtungen für die Gruppen 1 und 2, folgen leicht die prozentischen
Verbesserungen der Beobachtungen für die Gruppen 3—5 gemäss der an-
O* P -f- 6* Q
geführten Formel p' = — _jr6t • ^a es nnr au* die möglichst korrekte
Elimination der Betrüge p und q ankam, welche nicht nur allein die Karten-
änderung, sondern auch gleichzeitig eine etwaige Verschiedenheit in der
Metereinheit der verschiedenen Massstäbe zur Zeit der Beobachtungen ent-
halten, jedoch die Unsicherheit in der Bestimmung der Werte p und q
selbst wenig Interesse bietet, so ist von einer Berechnung der mittleren
Fehler dieser Grössen Abstand genommen worden. Die Tabelle 13 weist
den Gang der Rechnung kurz nach.
Aus den bleibenden zufälligen Fehlern ergibt sich ein mittlerer Fehler
2 2
der Punktauftragung von ± j^q cm = ± 2»2 Vioo mm. Da8 Ergebnis
ist günstiger als dasjenige aus den sämtlichen Beobachtungen der 3 Karten-
blätter. Es mag das seinen Grund in der geringen Anzahl der Beobach-
tungen und dem Zufall haben. Zum mindesten zeigt das Resultat wenig-
stens, dass der Koordinatograph bei korrekter Bedienung vorzüglich ar-
beitet. Würde man den offenkundigen einseitigen Betrag nicht anbringen,
so errechnete man aus den d einen Betrag von 4,7 J/ioo mm-
Die Forderung, dass jeder aufgetragene Koordinatenpunkt zu seinen
4 massgebenden Quadratnetzpunkten richtig liegen muss, ist durch vor-
stehende Untersuchung nicht geprüft. Diese Bedingung wird zwar ohne
weiteres erfüllt sein, sobald nur die Abstechung der Koordinatenpunkte
nicht erst nach der Auftragung sämtlicher Netzpunkte erfolgt, sondern
durch abschnittweises Vorwärtsschreiten der Arbeit die benachbarten
Punkte ihrer natürlichen Lage entsprechend auch zeitlich aufeinanderfolgend
auf dem Kartenbogen abgestochen werden. Es gehört jedoch zu einer
gründlichen Untersuchung Uber die Leistungsfähigkeit des Instruments,
auch hierüber Betrachtungen anzustellen. Zu diesem Zwecke wurden Koor-
dinaten mittels Homeyers Koordinatenschieber mit Nonius abgelesen im
Anschluss an die jeweils benachbarten 4 Quadratnetzpunkte. In beiden
Achsenrichtungen wurden die Beobachtungen doppelt ausgeführt und bei
604 Kummer. Sch&tzungs- und Kartierungsuntersuchungen. Zeitschrift nir
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Digitized by Google
zeiuchrift «r Kummer. Schätzungs- und Kartierungsuntersuchungen. 606
jeder einzelnen Messung an alle 4 Quadratnetzpunkte angeschlossen. Um
die Ablesungen der zweiten Beobachtung möglichst unabhängig von denen
der ersten zu gewinnen, ist nach Anlegung des Dreiecks an das zweite
Punktpaar des Quadratnetzes das Lineal auf die Sollablesung gestellt und
dann die Einstellung und die Ablesungen für den Koordinatenpunkt und
für das erstere Punktpaar des Quadratnetzes gewonnen. Die Differenz
der Gesamtlänge gegen den Sollwert wurde proportional den beiden Teil-
naten des Punktes gemittelt werden konnten.
Durch dieses Verfahren sind einerseits die Fehler in der Abstechung
der Quadratnetzpunkte teilweise in das Ergebnis übernommen, andererseits
ist dafür Sorge getragen , dass sowohl der etwa vorhandene Betrag der
Ungleichheit der Metereinheit der beiden zur Zeit der Abstechung und
Nachlesung benutzten Massstäbe als auch der Einfluss der Kartenpapier-
au8dehnung aus den Beobachtungen beseitigt worden sind.
Bezeichnet man mit e die Abweichung des abgegriffenen Wertes von
den feststehenden Koordinatenzahlen , so findet man aus den sämtlichen
Beobachtungen den mittleren Fehler der Abstechung eines Punktes in einer
sucht worden und zwar wurden der Kürze wegen nur die Koordinaten
sämtlicher Polygonpunkte nachgelesen, die aufgetragenen Kleinpunkte aber
ganz unbeachtet gelassen. Beim Punktauftragen des ersten Blattes im
Massstabe 1 : 1000 wurden absichtlich erst alle Netzpunkte und dann erst
die Koordinatenpunkte abgestochen, beim zweiten Blatte im Massstab
1 : 1500 kamen dagegen in üblicher Weise die Punkte ihrer natürlichen
Lage entsprechend nacheinander an die Reihe. Es zeigte sich deutlich
beim ersten Blatte, dass infolge der angeführten ungünstigen Anordnung
der Punk tab stechung benachbarter Netz- und Koordinatenpunkte die er-
haltenen Abschlussfehler € einseitig entstellt sind, was seinen Grund in der
"Verzerrung des Papiers und in dem durch die Anordnung der Abstechung
vielleicht entstandenen toten Gange des grossen Wagens («-Achse) hat.
») Wenn auch dieser Wert nicht streng richtig ist, so genügt er doch den
Zwecken der Praxis vollkommen. Für Punkte, die in der Nähe eines Netz-
punktes liegen, liefert der Ausdruck entschieden richtige Ergebnisse. Für die
wenigen Punkte, die in der Mitte eines Quadratnetzes sich befinden, ist der Wert
2» allerdings zu gross angenommen wegen der Verteilung der abgegriffenen
Streckenlänge gegen das Sollmass , und des Umstandes , dass die Fehler der 4
Netzpunkte sich teilweise wieder ausgleichen. Soviel steht jedoch fest, dass für
fast alle Punkte ein zu grosser mittlerer Fehler erhalten würde, wenn man in
obige Gleichung anstatt 2n den Wert n einsetzt. Theoretisch richtig wäre es,
eine Fehlergleichung aufzustellen. Als Praktiker rechnet man aber besonders
für Genauigkeitsuntersuchungen lieber nach bequemer, wenn auch nur näherungs-
weise richtiger Formel.
Richtung nach der Formel /u
Zwei Kartenblätter
unter-
Digitized by Google
606 Kummer. Schäteungs- und Kartierungsuntersuchungen. i
Bei dem zweiten Blatte wurde ein derartiger offenkundiger Fehler nicht
festgestellt. Die Tabelle 14 enthält die einzelnen Abschlussfehler gegen
die Sollwerte und weist das Ergebnis der Rechnung kurz nach. Sämtliche
Fehler sind in cm zu verstehen.
Tabelle 14.
Zusammenstellung der Beobachtungen und Berechnung der
mittleren Punktfehler.
Massstab 1 : 1000.
MassBtab 1 : 1600.
Abschlussfehler e.
1.) Abszissenrichtung.
-6, -8, +2, -4, -4, -2, -7,
-2, -6, 0, -5, -9, -3, +2,
-1, -8, -9, -7.
+ 2, +7, -1-7, -1-4, +6, + 5, 4-6,
-2, +1, 4-1, 4-4, 4-1, +8, 4-7,
4-6, 4-2, 4-4, 4-8.
4-8, -7, 4-6, +2, 4-4, -8, -4,
4-1, — 1, 0, 4- 8, - 6, 4- 6, — 7, 0,
-3, -hl, 4-8,4-6,-5,0,-8,0,
4-6.
Einseitiger Betrag.
4L I 4. JL n_ o.
18 | ^ 24
2.) Ordinatenrichtung.
-6, 4-3, -4, -hl, 4-6, + 4, -4,
+ 2, 4-7, -3, -5, -1, 4-2, -5,
+ 4, -6, 4-2, -4, 4-3, -2, 4-1,
-3, 4-1, 4-8.
Einseitiger Betrag, i)
+ " I + 2 - o.
^ 18 j ^ 24
Mittlere zufällige Fehler.
1. ) (*x = ± 2,4 I 1.) r*= ± 3,4
2. ) ?y = ± 1,8 I 2.) ?y = ± 2,9.
Mittlerer Punktfehler
±3,0 | ±4,4
in natürlichem Masse:
± 3,0 7,00 mm | ± 3,0 »/*. mm.
Wenn auch die nachgewiesenen einseitigen Fehler for die gewöhnliche
Praxis ohne Bedeutung sein mögen, so sollte man doch stets korrekt vor-
gehen besonders dann, wenn viele Punkte auf ein Blatt aufgetragen werden
müssen. Da hierdurch nach einiger Uebung wenigstens beim Vorhanden-
sein eines richtig gezeichneten Liniennetzrisses die Arbeit nicht verzögert
wird, so liegt überhaupt kein Grund zur Abweichung von dem korrekten
Verfahren vor.
') Die als Mittel aus allen Beobachtungen errechneten einseitigen Betrage
stellen selbstredend nur Näherungswerte dar.
Digitized by Googlej
Muefcrut für Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. 607
Als summarisches Ergebnis der vorstehenden Untersuchungen gilt
folgendes :
1. Als die zweckmässigste, genaueste und schnellste Quadratnetz- und
Koordinatenpunktabstechung ist diejenige mittels Coradischen Koordinato-
graphen anzusehen. Das Instrument muss jedoch durch einen eigens
hierauf eingeübten Techniker bedient werden.
2. Die Kleinkartierung im Anschluss an 1. erfolgt am besten unter
Benutzung des prismatischen Massstabes und der Kopiernadel bezw. eines
Kartierungsinstrumentes mit parallel zur Messungslinie liegendem Abszissen-
lineal. Mit dem Instrumente arbeitet sich am sichersten und bequemsten,
wenn der Ordinatenschieber an der abgeschrägten Kante einen eingeteilten
Massstab aufweist und zur Einstellung des Abszissenmasses nur ein Zeiger-
strich vorhanden ist
3. Für Neukartierungen ist der Transversalmassstab und Zirkel un-
geeignet.
4. Zum Zwecke der Entnahme von Massen aus der Karte leisten der
prismatische Massstab und die Parallelglastafel bei gleichzeitiger Schonung
der Karte vorzügliche Dienste.
5. Die Genauigkeit der Kartierung ist ausreichend, um auf einer in
zweckentsprechendem Massstabe entworfenen Karte entweder vollständig
graphische oder gegebenenfalls halbgraphische Flächeninhaltsberechnungen
auszuführen.
6. Diejenigen graphischen Berechnungsmethoden , welche nur an die
Kartenstiche anschliessen, also unabhängig von den ausgezogenen Linien
bleiben, sind im allgemeinen als die besten anzusehen. Insbesondere gilt
das von verhältnismässig kleinen Flächen.
7. Für besonders genaue Arbeiten sind die einseitigen und persön-
lichen Fehler, die allen Beobachtungen anhaften, zu bestimmen und in
Rechnung zu ziehen. Vorrichtungen an Instrumenten, die die Erreichung
hoher Genauigkeit bezwecken, dabei aber die Beseitigung der einseitigen
und persönlichen Fehler nicht zur Folge haben, sind ebenso wertlos wie
zweckwidrig.
Streifzüge auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens.
Die Anfänge des Eisenbahnwesens führen uns in das graue Altertum
zurück. Auf in Stein ausgehauenen Spurstrassen — Tempelstrassen —
wurden die Opferfuhrwerke der Griechen bewegt. Diese mit Ausweichen
versehene Strassen zeigen in ihren Resten eine Spurweite von 5' 4" eng-
lisch. Bei den Römern finden wir keine Spurstrasse, sondern statt deren
§ 26. Schlussbemerkung.
Von Fr. Hölscher-Hannover.
Digitized by Google
008 Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. _ z«iuchrirt rar
Vermeiiting«wesen
1907.
ein weit angelegtes Netz von Heeresstrasse, namentlich in Südeuropa. Zu
Anfang des 12. Jahrhunderts begegnen wir den Spurstrassen in mittelalter-
lichen Städten, als Holzbahnen erscheinen sie im Harz und in England,
wo sie dem Güter- und Steinkohlenverkehr dienten. Um die Mitte des
18. Jahrhunderts versuchte man sie mit Eisenschienen zu belegen, welche
auf Langhölzern befestigt waren. Diese ruhten auf Querhölzern. Später
ersetzte man die Holzunterlage durch Steinblöcke und befestigte auf diesen
die Schienen. Um 1800 wandte man die sogenannte Fischbauchschiene an,
bis man schliesslich zu der jetzt üblichen Form überging.
Die Schienen wurden anfangs in einer Länge von 1—1,5 m gegossen,
erwiesen sich aber bei zunehmenden Lasten und grösserer Schnelligkeit als
wenig geeignet, so dass man 1808 auf englischen Bahnen anfing, dieselben
aus Schmiedeeisen zu fertigen. 1820 ging man zum Walzen der Schienen
über; dieselben wurden auf Querschwellen befestigt und bildeten so die
Grundlage unseres jetzigen Oberbausystems. Man unterscheidet derselben
hauptsächlich drei: das englische, amerikanische und das deutsche. In
England starke Bettung, wenige aber starke Schwellen, daher solide und
teuer. In Amerika schwache Bettung, dicht gelagerte Schwellen mit Lang-
hölzern und den darauf befestigten Schienen, daher billig und schnell her-
zustellen. Das deutsche Oberbausystem hält sich in der Mitte von beiden,
25—50 cm starke Bettung, dauerhafte Schwellen und solide Schienen,
welche mit Hakennägeln oder Schraubennägeln befestigt sind. Die Schienen
sind durch Laschen verbunden, der Stoss meist schwebend. Der Quer-
schwellenoberbau ist vorherrschend. Rastlos wird an der Weiterentwick-
lung gearbeitet, um die Betriebssicherheit zu erhöhen und die Schnellig-
keit und den gleichmässigen Gang der Fahrzeuge zu fördern. — Auf guss-
eisernen Schienen konnte man nur leichte Lasten bewegen. Schwere Lasten
waren den schmiedeeisernen Schienen vorbehalten. Menschen und Pferde
waren anfangs die bewegenden Kräfte. Dann benutzte man vorhandene
Steigungen, um einen herabrollenden einen anderen hinaufziehen zu lassen.
Später wandte man stehende Dampfmaschinen an. 1784 erhielt Watt auf
bewegliche Dampfmaschinen ein Patent. 1805 erscheint die erste brauch-
bare Maschine in England auf der Bildfläche, aber wunderbar, man hielt
die Reibung der glatten Räder nicht für ausreichend zur Fortbewegung
schwerer Züge auf starken Steigungen und erging sich in den verschie-
densten Versuchen, das Problem zu lösen. Erst 14 Jahre später gelang
es Georg Stephenson, diese irrige Ansicht zu beseitigen. Seine Maschinen
mit glatten Rädern bewegten sich fort auf glatten Schienen. Am 24. Sep-
tember 1825 fuhr der erste Personenzug von Stokton nach Darlington.
Am 15. September 1830 wurde die Linie Manchester - Liverpool eröffnet
und Ende der dreissiger Jahre waren die Hauptstädte Englands unter-
einander verbunden. Die Entwicklung des Eisenbahnwesens in Deutsch-
zed by Google
mnmtti&m Hölscher. Streifzöge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. 609
land beginnt zu Anfang der dreissiger Jahre. 1835 wurde Nürnberg- Fürth
eröffnet, 1836 Leipzig-Dresden, 1838 Potsdam-Berlin und die erste Staats-
bahn Braunschweig - Wolfenbüttel. Um 1830 waren etwa 67 km deutsche
Eisenbahnen im Betriebe, um 1870 etwa 28 000 km und am Schlüsse des
vorigen Jahrhunderts annähernd 39000 km. Die Gesamtlänge sämtlicher
Bahnen der Erde betrug 1904 etwa 886000 km, d. h. mehr als das zwei-
fache der mittleren Entfernung des Mondes von der Erde. Amerika steht
oben an, dann folgt Europa. Von den einzelnen Staaten weisen die Ver-
einigten Staaten Nordamerikas das grösste Netz auf, dann kommen Deutsch-
land, Russland, Frankreich, Britisch-Ostindien, Oesterreich-Ungarn, Gross-
britannien und Irland u. s. w. Die Gesamtanlagekosten aller im Betriebe
befindlichen Eisenbahnen können auf 180 Milliarden Mark veranschlagt
werden. Im Deutschen Reiche sind etwa 14 Milliarden Mark in Eisen-
bahnen angelegt, von welchen etwa 90°/0 dem Staate angehören. In Eng-
land, Frankreich, den Vereinigten Staaten und Italien sind die Privatbahnen
vorherrschend. Russland erfreut sich der billigsten Fahrpreise und als
schnellster Zug gilt der Atlantic-City-Express mit 107 km Geschwindigkeit
in der Stunde. — Wir stehen am Anfange des zwanzigsten Jahrhunderts.
Das vergangene stand unter dem Zeichen des Dampfes und die gewaltigen
Veränderungen, welche namentlich in der zweiten Hälfte desselben ein-
getreten sind, haben ihre Ursachen in der grossartigen Entwicklung des
Verkehrswesens. Das begonnene Jahrhundert wird an der Entwicklung und
Vollendung weiter arbeiten unter Zuhilfenahme der elektrischen Energie.
Aber mögen auch die Eisenbahnen mit Dampf oder elektrisch betrieben
werden, ihre kulturelle Mission wird von Jahr zu Jahr steigen, und Recht
hat unser grosser verstorbener Kanzler Fürst Bismark, wenn er am
i. April 1890 zu Eisenbahnbeamten, die ihm zu Ehren seines Geburtstages
einen Fackelzug brachten, sagte: „Es sind in unserer Zeit zwei Pole, um
welche sich die materielle Entwicklung dreht, Kohle und Eisen. Die Ver-
schmelzung, das Zusammenwirken dieser beiden Elemente ermöglicht das
Eisenbahnwesen, ohne dasselbe würde diese enge Verbindung nicht statt-
finden. Erst durch dieses Beförderungsmittel ist die ganze moderne Ent-
wicklung bewirkt worden, und so sind die Eisenbahnen, ihre Leiter und
Beamte die eigentlichen Träger der Kultur."
Es ist begreiflich, dass die Vorarbeiten zu diesen gewaltigen Kunst-
strassen einen hervorragenden Faktor in der Technik bilden, und in der
Tat setzt das Trassieren neuer Eisenbahnen die ganze Wissenschaft und
die Erfahrung des mit der Eisenbahntechnik vertrauten Ingenieurs voraus.
Die richtige Auswahl der Linie ist von der grössten Tragweite für die
Lebensfähigkeit einer Bahn, und manche derselben hat nicht konkurrieren
können, weil bei den Vorarbeiten nicht wieder gut zu machende Fehler
unterlaufen sind. Unter Eisenbahnvorarbeiten versteht man diejenigen
Zeitichrift för VennesBongiwewn 1907. Heft 24. 44
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610 Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. v£SSSSÜmm
Arbeiten, welche erforderlich sind, um 1. eine Eisenbahn im Projekt fest-
zustellen, 2. sie auf dem Gelände festzulegen, 3. die Zweckmässigkeit der-
selben zu beurteilen und 4. die Anlagekosten zu ermitteln. Die Vor-
arbeiten werden gewöhnlich eingeteilt in allgemeine und spezielle. Beide
Teile unterscheiden sich sowohl durch den Umfang als auch durch die
Güte und Genauigkeit der gemachten Erhebungen.
Die allgemeinen Vorarbeiten sollen eine Grundlage gewähren zur Be-
urteilung der Bauwürdigkeit der zu bauenden Bahn, sowie des Wertes
derselben für den zu erschliessenden Landesteil mit bezug auf Handel.
Gewerbe und Landwirtschaft. Zu diesem Zwecke ist in Preussen üblich
die Anfertigung einer Uebersichtskarte , der erforderlichen Lage- und
Höhenpläne, eines allgemeinen Kostenanschlags, einer Denkschrift und einer
Ertragsberechnung nebst Betriebsplan. Die Uebersichtskarte besteht aus
einer Generalstabskarte im Massstab 1:100000, in welche der Bahnzug
mit kräftiger, zinnoberroter Linie eingetragen wird. Die letztere wird in
Kilometer eingeteilt mit Stationen von 5 zu 5 km. Die Lage- und Höhen-
pläne sind im Massstab 1 : 10000 für die Längen und dem 20 fachen für
die Höhen aufzustellen und zwar nach Massgabe eines vom Herrn Minister
der öffentlichen Arbeiten herausgegebenen Musterblattes, wobei die Be-
stimmungen des Zentraldi rektori ums der Vermessungen im Preussischen
Staate Über die Anwendung gleichmässiger Signaturen für topographische
und geometrische Karten, Pläne und Risse zu beachten sind. Ausser den
preussischen Generalstabskarten kommen als Uebersichtskarten noch in
Frage die Payesche Karte in 1 : 100000 und die Messtischblälter in
1 . 25 000. Letztere haben den Vorzug, dass sich in denselben die Hori-
zontalkurven befinden. Die Karten sind indess noch nicht für den ganzen
Umfang der Monarchie fertiggestellt. Oldenburg, Hessen, Bayern und
Holland besitzen gute Uebersichtskarten im Massstabe 1 : 50000, und diesen
schlie8sen sich an die Karten der Schweiz in 1:80000.
Nachdem in eine solche topographische Karte eine Linie eingezeichnet
ist, welche dem Anschein nach den Bedingungen einer guten Eisenbahn
entspricht, ist zunächst alles für die Feldarbeit vorbereitet, und die Auf-
nahmen können beginnen ; die aus Landmessern und Technikern bestehende
Kolonne rückt ins Feld. Der Landmann betrachtet den Schienenweg wie
jede Art der sich in seinen heimatlichen Fluren entwickelnden industriellen
Tätigkeit vielfach noch mit misstrauischem Auge, und seine Stimmung wird
nicht besser gegen die Eisenbahn, wenn er sieht, wie die Messkette durch
üppige Saaten gezogen wird und Hecken und Strauchwerk unter der Axt
fallen. Bei Vorarbeiten, welche Schreiber dieses in Holland auszuführen
Gelegenheit hatte, musste polizeiliche Hilfe in Anspruch genommen werden,
um das Durchbogen zu erzwingen. Nach § 5 des preussischen Enteig-
nungsgesetzes vom 11. Juni 1874 bedarf es zur Ausführung der Vorarbeiten
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^uctjifijjj^ Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. 611
der obrigkeitlichen Erlaubnis. Dieselbe wird in Preussen von dem Mini-
sterium der öffentlichen Arbeiten erteilt. Dasselbe verfugt an die Ober-
präsidenten und diese an die Regierungen, welche die Gestattung der Vor-
arbeiten bekannt machen und die Lokalbehürden veranlassen, der Vornahme
der Vermessungen keine Hindernisse in den Weg zu legen. Um die Grund-
eigentümer sicherzustellen, kann von dem Unternehmer die Gestellung einer
Kaution verlangt werden, von welcher der Fiskus jedoch entbunden ist.
Die Vermessungen haben zunächst die Aufgabe, möglichst umfangreiche
Höhenzahlen für das Gelände zu ermitteln und in die vorhandenen Karten
einzutragen. Dieses kann auf verschiedene Weise geschehen:
a) durch geometrische Liniennivellements,
b) durch geometrische Flächennivellements,
c) durch Aneroid- und Tachymeteraufnahmen,
d) durch Rückwärtseinschneiden der hervorragendsten Tunkte und
Ableitung deren Höhenlage aus den trigonometrischen Höhen der
Landesaufnahme.
Bei den Liniennivellements wird zunächst versucht, die in der Karte
angedeutete Trace draussen abzustecken, wobei es vorderhand nur darauf
ankommt, hohe Signale in die Brech- oder Winkelpunkte aufzustellen und
die einzelnen geraden Linien durchzufechten. Sodann werden in diese
geraden Linien auf alle 200 — 300 m Signalstangen aufgestellt. Bei diesen
Versuchen, die Linie durchzufechten, stösst man selbstredend auf mannig-
fache Hindernisse, hier sind Geländeerhebungen zu vermeiden, dort Häuser-
komplexe zu umgehen. Durch Vermeidung und Beseitigung solcher Hin-
dernisse ergibt sich indes schon ein berichtigter Linienzug, welcher in
bestimmterer Form erscheint und nunmehr als Grundlage für die generellen
Längen- und Höhenbestimmungen dienen kann. Diese Linie wird statio-
niert und nach der Verschiedenartigkeit des Geländes mit 45—60 cm
langen Terrainpfählen versehen. Bezüglich der Kurven macht man bei den
generellen Vorarbeiten nicht viele Umstände. Nachdem die Winkel mittels
eines Winkelinstrumentes oder durch Linienkonstruktion bestimmt sind,
werden nach dem Röhnke oder einem andern Handbuche die Tangenten-
und einige Zwischenpunkte bestimmt. Die Höhenmessungen unterscheidet
man in Längen- und Quernivellements. Bei ersteren werden alle bei der
Stationierung gesetzten Pfähle und ausserdem noch die Sohlen der Bäche,
Gräben u. s. w. einnivelliert und die Höhen auf Normalnull bestimmt. Die
Querprofile werden mit Hilfe des Winkelspiegels, Winkelkreuzes oder des
Winkelprismas abgesteckt und sodann in denselben die charakteristischen
Punkte des Geländes einnivelliert, wobei man die Latte direkt auf den
Boden setzt. Bei stark geneigtem Gelände bedient man sich des Staffel-
nivellements. Die Querprofile werden namentlich im hügeligen Gelände
auf alle 100 — 200 m der Längenachse und in einer seitlichen Ausdehnung
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612 Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. _ zeiuchrin wr
v •rawnnfiv p*e d
1907.
von 200 — 400 m Länge aufgenommen, so dass mindestens bei jeder Höhen-
differenz von einem Meter ein Punkt bestimmt werden kann. Ergibt sich
bei diesen örtlichen Geländeuntersuchungen eine Trace, welche nicht mehr
durch Querprofile in den Bereich der Hauptlinie zu bringen ist, dann
werden Varianten oder Nebenlinien bearbeitet und ähnlich behandelt wie
die Hauptlinien. Bei flotten Vorarbeiten huldigt man dem Prinzip der
Arbeitsteilung, indem einer die Linie absteckt und stationiert, ein anderer
das Längennivellement mit seinen Anschlüssen an die höchsten Wasser-
stände, Pegel, bekannte Festpunkte u. 8. w. ausführt und ein dritter die
Querprofile besorgt. Was die zu erzielende Genauigkeit der generellen
Höhenaufnahmen anbetrifft, so fehlen amtliche Bestimmungen darüber,
indes erscheinen die Vorschriften des Landmesserreglements vom 9. März
1871 übergenau und können unbeschadet der Güte der Arbeiten wesentlich
weiter gezogen werden.
Sollen die erforderlichen Höhen durch Flächennivellements ermittelt
werden, so versieht man sich mit Auszügen aus den Katasterkarten und
bestimmt, den Wegen, Wasserläufen, Eigentums- und Kulturgrenzen fol-
gend, die Höhenlage der charakteristischen Geländepunkte. Die Längen
werden durch flüchtige Latten- oder Kettenmessungen oder auch durch
Schrittmasse ermittelt. Die Höhenmessungen gehen von festen Punkten
aus und schliessen auf solche ab. Falls es an solchen An- und Abschluss-
punkten fehlt, so wird die Nivellierung eines Längszuges unerlässlich, and
man spart dann eigentlich nur die Querprofile. In Verbindung mit diesen
Methoden macht man neuerdings vielfach Gebrauch von den Tactaymeter-
aufnahmen, nachdem diese Instrumente auf eine bedeutende Stufe der
Leistungsfähigkeit gebracht worden sind. Mit dem Hammer-Fennelschen
Tachymeter und dem Puller-Breithauptschen Schnellmesser kann ein geübter
Techniker die Tagesleistung wesentlich erhöhen. Bezüglich der Handhabung
der Instrumente und der Arbeitsmethode sei auf die zahlreichen Aufsätze
des verstorbenen Ingenieurs Puller in dieser Zeitschrift verwiesen. Die
Aneroidmessungen empfehlen sich zur Aufklärung des Geländes im Hügel-
und Gebirgsland. Bei einiger Uebung kann man leicht 200 Punkte in
einem Tage bestimmen. Die Instrumente von Naudet- Paris, Bohne*- Berlin
und Goldschmidt-Zürich sind bekannt. Es ist zweckmässig, die Aufnahme
mit dem Aneroidbarometer im Anschluss an ein Netz von festen Höhen-
punkten auszuführen; die letzteren müssen durch ein geometrisches Ni-
vellement bestimmt werden. Die durch Luftdruckschwankungen veranlassten
Fehler gleichen sich so am besten aus, und wird dann meistens die An-
wendung eines Standbarometers überflüssig.
Abweichend von diesen angegebenen Methoden ist mehrfach namentlich
auch von dem verstorbenen Herrn Professor Dr. Jordan empfohlen, von
einer Linienabsteckung mit ihren Höhen- und Längenmessungen abzusehen,
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zauchrmmr Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. 613
YtnnMrangftWMttii
1907.
vielmehr in entsprechenden Abständen Punkte durch Rück wärt seinschneiden
zu bestimmen und deren Höhenlage aus den trigonometrischen Höhen der
Landesaufnahme abzuleiten. Diese Punkte werden durch Tachymeterzüge
miteinander verbunden. Nach einem auf Seite 402—404 des Zentralblattes
der Bauverwaltung für 1895 befindlichen Aufsatze sollen in einem Tage
etwa 0,6 km bearbeitet werden, wogegen der Hannoversche Landmesser-
verein in einem von ihm bearbeiteten Gebührentarife die Tagesleistung auf
0,4 km veranschlagt. Um die Höhen aus den trigonometrischen Punkten
herleiten zu können, müssen die Entfernungen bekannt sein. Die letzteren
ergeben sich aus den Katasterkarten, in welchen die Koordinaten-Netzlinien
vorhanden sind, und in welche die durch Rück wärt seinschneiden bestimmten
Punkte eingetragen werden. Diese Netzlinien sind meistens in den durch
Xeamessung entstandenen Karten enthalten, nicht aber in den durch so-
genannte Feldvergleichung unter Benutzung alten Materiales entstandenen
Karten. Hier wird man unter Umständen auf Schwierigkeiten stossen,
welche die Eisenbahntechniker veranlassen möchten, den altgewohnten Weg
nicht zu verlassen. Würde die Kleintriangulation der Landesaufnahme
völlig durchgeführt sein, stehen Dreieckspunkte zum Anschluss in genügen-
der Anzahl zur Verfügung, dann dürfte dieser Art der Geländeaufklärung
schwerlich eine Berechtigung abzusprechen sein.
Hiermit sind nun für generelle Vorarbeiten die Vermessungsarbeiten
beendet, und nachdem noch die Entschädigungen für Flurbeschädigungen
aasgezahlt sind, wird das Personal aus dem Felde zurückgezogen, um auf
Grand des Gemessenen das Projekt aufzustellen.
Die Bureauarbeiten kann man in 4 Stadien einteilen und zwar
a) die Herstellung des Situationsplans, des Längenprofils und der
Querprofile ;
b) die Massenberechnung, d. h. die Berechnung der Auf- und Abträge;
c) die Massendisposition, d. h. die Bestimmung der Art und Weise
der Verwendung der Abtragsmassen und der Beschaffung der
Auf t rags ma ^sen ;
d) die Kostenberechnung.
Nachdem die Nivellements rechnerisch einer genauen Prüfung unter-
zogen worden sind, wird das Längenprofil im Massstab 1: 10000 für die
Längen und 1 : 500 für die Höhen aufgetragen und sodann die zweck -
massigste Gradiente dem bildlich dargestellten Gelände angepasst. Je nach
dem Charakter der Bahn, ob dieselbe im flachen Lande, im Hügellande
oder im Gebirge liegt, werden die Maxiraalsteigungen angenommen. Das
Längengefälle, welches die Hauptbahn in der Regel nicht überschreiten
soll, beträgt im Flachlande 1 : 200, im Hügellande 1 : 100 und im Gebirge
1 : 40. Zwischen Gegengefällen oder Gegensteigungen von 1 : 200 und
darüber soll eine horizontale Strecke, womöglich von der Länge eines
614 Hölscher. Streifzüge auf d. Gebiete d. Eisenbahnwesens. _ aeiucnnn mr
v Venne«*unK»weien
1907.
Güterzuges, eingelegt werden. Unter dem Längenprofil kommt die Situation
zur Darstellung und in diese wird die Bahnlinie mit einfacher zinnober-
roter Linie eingetragen. — Was die Kurven anbetrifft, so soll womöglich
bei Bahnen im Hachen Lande der Krümmungshalbmesser nicht unter 1100 m,
im Hügellande nicht unter 600 m und bei Gebirgsbahnen nicht unter 300 m
betragen. Radien unter 180 m sind unzulässig. Der Uebergang aus der
geraden Strecke in die Kurve ist durch eine Parabelkurve zu vermitteln.
Zwischen zwei entgegengesetzten Kurven soll ausserdem eine gerade Strecke
von mindestens 50 m Länge liegen und in den steilen Steigungen der Bahn
sollen möglichst flache Kurven angewendet werden. Bahnhöfe erhalten in
der Regel eine horizontale Strecke von 900 m, mindestens aber im Hügel-
lande von 550 m und im Gebirge 180 m. Grössere Steigungen als 1 : 400
sollen auf Bahnhöfen nicht vorkommen. — Auf die Massenberechnuog,
Massendisposition und Kostenberechnung näher einzugehen, würde zu weit
fuhren; erwähnt mag noch werden, dass alles überschläglich und summa-
risch ermittelt wird. So können bezüglich des Grunderwerbes die Flächen
aus den mittleren Bahnbreiten ermittelt werden, wobei man für Parallel-
wege, Schneewälle, Rampen, Kiesgewinnung und Abgrabungsflächen , sowie
für Wärterhäuser und Dienstland pro km etwa 1—1,50 ha hinzurechnet.
Hierbei empfiehlt es sich, für die verschiedenen Bodenarten reichliche Preise
einzusetzen, da der ortsübliche Preis der Ländereien bei Ausführung von
Eisenbahnbauten um 20 — 50<>/0 und mehr überschritten wird. Für Wirt-
schaftserschwernisse und Umwege, für Kultur- und Nützungsentschädi-
gungen sind entsprechende Zusätze zu machen. Namentlich ist zu berück-
sichtigen, dass in der Nähe der Städte und Dörfer der Preis des Bodens
das doppelte und dreifache und in industriellen Gegenden das 10 — 50 fache
des gewöhnlichen Preises erreichen kann.
Mit den erforderlichen Erläuterungsberichten versehen, werden die
generellen Vorarbeiten, soweit es sich um Staatsbahnen handelt, an das
Ministerium der öffentlichen Arbeiten gesandt, worauf letzteres den Auf-
trag zu den speziellen Vorarbeiten erteilt.
Das Leben bei Eisenbahnvorarbeiten ist, namentlich für junge Leute,
interessant und entbehrt nicht der Romantik. Man rückt des Morgens
früh mit seinen Knappen ins Feld, arbeitet sich rechtschaffen müde, um
sich am Abend unter Kollegen und Freunden zu erholen und zu erheitern.
— Vorarbeiten bei günstiger Jahreszeit können auf längere Zeit an Bureaa-
räume gefesselte Techniker wie eine Badekur wirken und haben dabei
das Angenehme, dass die Auslagen meist gut erstattet werden. Die Orts-
eingesessenen freuen sich der lebensfrohen Herren und verfolgen den Gang
der Arbeiten mit grossem Interesse. Ja mancher junge Kollege hat bei
den Eisenbahnvorarbeiten einen Schatz gefunden, dessen Wert er von Jahr
zu Jahr mehr zu würdigen lernt, und der ihm auch über unausbleibliche
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zeiwchrtfi für Prüfungsnachrichten. 615
1907.
schwere Stünden seines Berufslebens hinwegzuhelfen weiss. — Er verdankt
der Eisenbahn sein Glück!
Drum lasset erschallen des Flügelrads Lob,
Sein Dienst liegt uns allen als Ehrenpflicht ob.
Und ruft uns der Herrscher, wir alle sind da
Und halten den Treueid! — dem Kaiser hurra!
(Liederbuch für Eisenbahnvereine.)
Prüfungsnachrichten.
Verzeichnis der Kandidaten, welche bei der Kgl. Prüfungskommission für
Landmesser in Berlin im Herbsttermine 1906 die Landmesserprüfung
bestanden haben:
1. Brack, Hans.
2. Koberg, Max,
3. Krause, Max,
4. Nüsse, Hennann,
5. Rick, Karl,
6. Sauerbrey, Kurt,
7. Schüttelhöf er, Gerhard,
8. Weigert, Alfred,
aus Marggrabowa, Ostp
„ Oelde, Westfalen.
„ Striegau, Schlesien.
„ Hannover.
„ Lüneburg.
„ Hildburghausen.
„ Berlin.
„ Brzezinka, Schlesien.
Verzeichnis der Kandidaten, welche im Frühjahrstermin 1907 bei der
Kgl. Prüfungskommission für Landmesser in Berlin die Landmesserprüfung
bestanden haben:
1. Andersen, Dietrich,
2. Arendt, Erich.
3. Baranowski, Franz,
4. Beyer, Georg,
5. Böhm, Oskar,
6. Brandt, Ernst,
7. Brock, Ewald,
8. Brockhoff, Wilhelm,
9. Buhl, Hans,
10. Clausen, Nikolai,
11. £> it trie h , Friedrich,
12. Ebel, Walter,
13. Eichhorst, Hermann,
14. Elten, Werner,
15. Enders, Gustav,
16. Erdmann, Hugo,
17. Fehr, Ernst,
18. Fromm, Ernst,
19. Gebhardt, Friedrich,
20. Geck, Heinrich,
21. Gehler, Bruno,
22. Graf, Hermann,
23. Grunwald, Emil,
24. Held, Karl,
25. B enzold, Kurt,
26. Hintze, Otto,
27. Hoffmann, Kurt,
28. Hüb n er, Alfred,
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Sonderburg.
Hermannsrode, Kreis Stargard.
Neustadt a/ Pinne, Kreis Neutomischel.
Posen.
Breslau.
Goldap.
Rhein, Kreis Lötzen.
Geseke, Kreis Lippstadt.
Vieselbach, Grossh. S.-Weimar.
Husum.
Hohenlohehütte, Kreis Kattowitz.
Berlin.
Eberswalde, Kreis Oberbarnim.
Tillitz, Kreis Strasburg.
Welkers, Kreis Fulda.
Lewinno, Kreis Neustadt, Westpr.
Waldau, Kreis Königsberg i/Pr.
Berlin.
Magdeburg.
Dortmund.
Berlin.
Calbe a'S.
Schönfeld, Kreis Pr.-Holland.
Clauen, Kreis Peine
Okollo, Kreis Bromberg.
Braunschweig.
Berlin.
Stettin.
616
PrüfungBnachrichten.
29. Ihlenburg, Gustav,
80. Jacoby, Georg,
31. Jokisch, Hugo,
32. Kamolz, Otto,
33. Kedor, Bruno,
34. Kindler, Bruno,
35. Klass. Benno,
36. Knoll, Rudolf,
37. Koch, Johannes,
38. Kohn, A nur.
89. Kösters, Konrad,
40. Krause, Otto,
41. Kretschmann, Erich,
42. Krey, Heinrich,
48. Kahn, Edmund,
44. Lehmann, Bruno,
45. Meitzner, A nur,
46. Menzel, Hugo,
47. Merkisch, Otto,
48. Mertz, Gerhard,
49. Metzner. Hans,
50. Meyer, Alois,
51. Michaelis, Paul,
52. Neumann, Wilhelm,
53. Ohmke, Max,
54. Puls, Konrad,
55. Reichardt, Robert,
56. Rosenthal, Louis,
57. Saffran, Max,
58. Sandow, Kurt,
59. Sawallich, Alfred,
60. Schelz, Oskar,
61. Schlue, Kurt,
62. Schlutter, Karl,
63. Schmidt, Wilhelm,
64. Schröder, Kurt,
65. Schröter, Max,
66. Schultze, Hans,
67. Schulz, Ernst,
68. Schulze, Otto,
69. Seyd, Julius,
70. Seyfert, Friedrich,
71. Siede, Georg,
72. Simon, Georg,
73. Skwarra, Otto,
74. Stockhardt, Wilhelm,
75. Stüwe, Ernst,
76. Sust, Otto,
77. Techel, Max,
78. Theiler, Hans,
79. Trog, Ernst,
80. Wendt, Richard,
aus
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Oschersleben.
Berlin.
Charlottenburg.
Zerabowitz, Kreis Rosenberg, Schles.
Berlin.
SulmierschQtz, Kreis Adelnau.
Halle a/S.
Cottbus.
Leimbach, Mansfelder Gebirgskreis.
Dt.-Krone.
Delbrück, Kreis Paderborn.
Nickelshagen, Kreis Mohrungen.
Marienfelde, Kreis Marienwerder.
Kleinwisch, Kreis Steinburg.
Breslau.
Schlochau.
Berlin.
Barmen.
Roggen, Kreis Neidenburg.
Brieg.
Berlin.
Grosskönigsdorf, Landkreis Cöln.
Osnabrück.
Plötzensee, Kreis Niederbarnim.
Bromberg.
Berlin.
Gro88monra, Kreis Eckartsberga.
Weiberg, Kreis Büren.
Mohrungen.
Berlin.
Bromberg.
Marienfelde, Kreis Marienwerder.
Stettin.
Heyen, Herzogt. Braunschweig.
Lübeck.
Lübben.
Ostrow, Kreis Osternberg.
Berlin.
Reetz, Kreis Arnswalde.
Berlin.
Obermastfeld, Herzogt. S.-Meiningen.
Creypau, Kreis Merseburg.
Berlin.
Bischofrod, Kreis Schleusingen.
Sucholasken, Kreis Lötzen.
Salzungen, Herzogt. S.-Meiningen.
Lüneburg.
Posen.
Elmshorn, Kreis Pinneberg.
Carolath, Kreis Frevstadt, Schles.
Seehausen, Kreis Wanzleben.
Arnsfelde, Kreis Dt.-Krone.
Inhalt
Wissenschaft I. Mitteilungen: Mitteilung von Beobachtungsergebnissen über
die Schätzungs- und Kartierungsgenauigkeit an Massstäben und Kartierungsiustru-
menten, von Kummer. (Schluss.) — Streifzüge auf dem Gebiete des Eisenbahn-
wesens, von Fr. Hölscher. — Prüfungsnachrichten.
Verlag Ton Konrad Wittwer in Stattgart.
Druck Ton Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
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617
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Oberotouerrat and Dr. O. Eggert, Professor
MOnchen 23, Katasterbureau. Danziß-Langfuhr, Ahorn weg 10.
1907. Heft 25. Band XXXTI.
1 ► • 1. September, i-^r
Der Abdruck Ton Original- Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltung 1st untersagt.
Danksagung.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins hat mich anläss-
iich meiner 25-jährigen Zugehörigkeit zur Schriftleitung dieser Zeitschrift
durch die Widmung eines prächtigen Schreibtischstuhles und einer künst-
lerisch ausgestatteten Adresse aufs angenehmste überrascht. Diese freund-
liche Widmung, insbesondere aber die herzlichen Worte der Anerkennung
and die freundlichen und kollegialen Glückwünsche, welche in der Adresse
wie in Heft 22 dieser Zeitschrift meinen bescheidenen Leistungen ent-
gegengebracht wurden, verpflichten mich zum wärmsten Danke und zu
der Versicherung, dass ich — solange es meine Kräfte gestatten — stets
bereit und bemüht sein werde, zur Förderung unseres Berufes und seiner
berechtigten Interessen mein Scherflein beizutragen.
Mit meinem innigsten Danke an den Verein und dessen Vorstand-
schaft bitte ich denjenigen an die Zweigvereine und die einzelnen Vereins-
mitglieder, welche meiner bei diesem Anlasse noch besonders gedacht
haben, vorerst verbinden zu dürfen.
Uffing am Staffelsee, den 20. August 1907.
Karl Steppes,
Königl. Ober-Steuerrat.
ZeitKhrift für Venneiiangtweten 1907. Heft 25. 45
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618
Ferber. Polygonzugsausgleichung etc.
Zeltüchrlft für
Polygonzugsausgleichung
nach der Methode der kleinsten Quadrate mit im voraus
angenommenen mittleren Fehlern.
Die mehr oder weniger strenge Ausgleichung von Polygonzttgen nach
der Methode der kleinsten Quadrate ist schon öfters und in verschiedener
Weise behandelt worden, so z. B. in dieser Zeitschrift Jahrgang 1876
S. 155 von Vorländer, Jahrgang 1887 S. 249 von Fenner, Jahrgang
1889 S. 46 von Jordan und schliesslich in einer im Jahre 1891 im Ver-
lage von Gustav Fock in Leipzig erschienenen besonderen Abhandlung von
Dr. Höckner (vergl. Jahrgang 1892 dieser Zeitschrift S. 455 und Jahr-
gang 1895 S. 113).
In allen diesen Aufsätzen — mit Ausnahme des Jordanschen Auf-
satzes, der sich von vornherein nur mit gestreckten Polygonzügen beschäf-
tigt — werden nach oder gleichzeitig mit der mathematischen Entwicklung
des Rechnungsgangs Annahmen gemacht, um das Rechenwerk bei der
praktischen Anwendung des Verfahrens zu vereinfachen, zum Teil werden
auch durch diese Annahmen der Anwendbarkeit des Verfahrens Beschrän-
kungen auferlegt, so dass es trotz der umfänglicheren mathematischen
Ableitungen nur für gewisse Kategorien von Polygonzügen — nahezu gleich-
seitige und bis zu einem gewissen Grade gestreckte oder auch der Form
regulärer Vielecksteile sich nähernde Züge — angewendet zu werden ver-
mag; vielfach bleibt auch trotz der gemachten Annahmen, die teilweise
recht hypothetischer Art sind, die aufzuwendende Rechenarbeit noch eine
verhältnismässig grosse, so dass man sich fragen muss, ob eine erheb-
liche Arbeitsersparnis im Vergleich zu einer völlig unbeschränkten An-
wendung der strengen mathematischen Entwicklungen erreicht worden ist.
Meines Wissens hat auch keins von diesen Verfahren in weiteren Kreisen
Anwendung gefunden und zwar vor allem wohl aus dem Grunde, weil die
üblichen weniger streng entwickelten, aber doch dem Charakter der Be-
obachtungsfehler genügend Rechnung tragenden Verfahren, vor allem die
Gauss'schen Verfahren der preussischen Katasteranweisung IX, fast allen
Anforderungen der Praxis in bezug auf die Ausgleichung der Beobachtungs-
fehler genügen und dabei einen wesentlich geringeren Zeitaufwand bei der
Ausführung der Rechnungen erfordern, als die mathematisch strengeren
Methoden.
Trotzdem ist es meines Erachtens nicht ohne Interesse, zu prüfen, ob
nicht ein auf die Methode der kleinsten Quadrate gestütztes Ausgleichungs-
verfahren unter gewissen einfachen und plausiblen Voraussetzungen ohne
Von städt.
ktor Ferber in Leipzig.
a) Vorbemerkungen.
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vemie'sunSw^eo Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. 619
anverhältnismässig hohen Mehraafwand von Arbeit nnd Zeit in solchen
Fällen angewendet werden kann, in denen die üblichen Näherungsmethoden
versagen oder doch infolge Fehlens der dabei gemachten Voraussetzungen
nicht mehr mit Berechtigung angewendet zu werden verdienen. Bekannter-
massen bedingen alle jene üblichen Methoden eine möglichst gestreckte
Form der Polygonzüge, möglichst gleichlange Polygonseiten und nicht zu-
viel Brechungspunkte in einem Zuge. Erfahrungsgemäss liegen aber doch
öfters, z. B. in eng und unregelmässig bebauten Stadtteilen und auch in
neuen Stadtteilen, in denen jetzt vielfach bogenförmige Strassen vor-
herrschen, örtliche Verhältnisse vor, wo diese Voraussetzungen für eine
günstige Fehlerverteilung nach den üblichen Regeln nicht zu erreichen
sind, wo vor allem die gestreckte Zugform fehlt, weil sich nicht an allen
Stellen, wo trigonometrische Punkte für den An- und Abschluss derartiger
Polygonzüge erwünscht sind, solche bestimmen lassen und auch nicht immer
durch Auswahl vön Knotenpunkten diesem Mangel abgeholfen werden kann.
In solchen Fällen wird ein nicht zu kompliziertes, ohne umständliche Vor-
bereitungen anwendbares Ausgleichungsverfahren für gebrochene und stark
ausgebogene Polygonzüge erwünscht sein.
Es ist also nicht der Zweck dieses Aufsatzes, an den erprobten und
allgemein anerkannten Kegeln über die zweckmässige Anlage und Berech-
nung der Polygonzüge zu rütteln, sondern einem Bedürfnis, sei es auch
nur ein geringes, für unvermeidliche Fälle abzuhelfen.
b) Grandgedanke des Verfahrens.
Bei der mathematischen Herleitung der Formeln schlage ich an sich
keinen neuen Weg ein, sondern den nächstliegenden der Ausgleichung nach
bedingten Beobachtungen und folge in den Grundzügen dem Entwicklungs-
gange In dem eingangs genannten Aufsatze Vorländers — auf dessen Aus-
führungen S. 157 des Jahrgangs 1876 dieser Zeitschrift ich hier Bezug
nehme — , jedoch mit dem wesentlichen Unterschiede, dass ich von der
Voraussetzung absehe, dass die beiden einen Polygonzug festlegenden
Messungsarten, Längenmessung und Winkelmessung, mit gleicher Genauig-
keit erfolgt sein müssen, da dies ja erfahrungsgemäss fast nie der Fall
Bein kann ; denn die beiden Messungsarten werden fast stets ungleich genau
sein, bezw. ihre Fehler werden ungleiche Wirkungen haben. Der Einftuss
der Längenmessungsfehler Ubersteigt in der Regel den der Winkel-
messungsfehler, und es ist gewiss nicht empfehlenswert, aus diesem Grunde
die Winkel absichtlich weniger genau zu messen, als sie bequem gemessen
werden können, bloss um die Winkelmessungsgenauigkeit nicht grösser
werden zu lassen, als die Seitenmessungsgenauigkeit vorhanden bezw. er-
reichbar ist.
Infolgedessen sind der Seiten- und Winkelmessung stets verschiedene
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620 Ferber. PolygonzugsausgleichuDg etc. ye^SäSm^™»«!
1907.
Gewichte beizulegen, und es wird darauf ankommen, sowohl die Gewichte
der Seiten und Winkel zueinander, als auch die der einzelnen Seiten
unter sich und der Winkel unter sich in Beziehung zu setzen, ähnlich
wie es z. B. von Fenner, Jahrgang 1887 dieser Zeitschr. S. 254 angegeben,
dort jedoch mit der Beschränkung auf möglichst regelmässige und nicht
zu sehr gebogene Zugsform geschehen ist. Anstatt der Gewichte will ich
ohne weiteres die im voraus angenommenen mittleren Fehler der
Seiten und Winkel und zwar bezüglich letzterer nicht die der Brechungs-
winkel, sondern die der Richtungswinkel oder Neigungen in die Aus-
gleichungsrechnung einführen und dabei die Richtungsfehler in Querfehler
umsetzen, um ohne weiteres die Ausgleichung für eine gleiche Art von
Grössen, Längenfehler und Querfehler, beide in Metermass, durchzuführen.
An und für sich wären ja der Methode der kleinsten Quadrate die Ver-
besserungen der direkt gemessenen Grössen, also im vorliegenden Falle
die Brechungswinkel- und die Strecken •Verbesserungen zu unterwerfen.
Es führt aber das eingeschlagene Verfahren zu einem viel einfacheren
Rechnungsgang als jenes und dürfte dabei eine ebenso plausible Grundlage
besitzen, auf die im nächsten Abschnitt bei der Einführung der Minimum-
bedingung (s. S. 623) noch zurückgekommen wird.
Zwischen zwei festen Punkten sei ein Theodolitzug von beliebiger
Form mit verschieden grossen Brechungswinkeln und verschieden langen
Seiten gemessen. Nur bezüglich der Verschiedenheit der Länge der Seiten
sei die Annahme gemacht, dass die Messungsgenauigkeit der Brechungs-
winkel, wenn man sie sich in Winkelmass denkt, noch eine nahezu gleiche
genannt werden kann. Dies geschieht ja bekanntermassen allgemein, und
man braucht auch hiervon nicht abzugehen, solange die Verschiedenheit der
Seiten nicht so gross ist, dass dadurch eine erhebliche Verschiedenheit
der Genauigkeit der Brechungswinkel, in Winkelmass ausgedrückt, hervor-
gerufen wird. Dies wird im besonderen dann nicht eintreten, wenn die
Zentrierung des Instruments und der Signale recht genau uud die Leistungs-
fähigkeit des Instruments nicht zu gering ist. Für die genaue Zentrierung
gibt es ohne besonderen Mehraufwand von Zeit verschiedene Mittel, auf
die ich hier nicht näher eingehen will.
c) Entwicklung der Formeln.
Die gemessenen Brechungswinkel seien ß in der Anzahl n, die daraus
mit Abstimmung auf die Anfangs- und Endneigung berechneten
Neigungen der Polygonseiten », die gemessenen Strecken s in der Anzahl
w — 1, die vorläufig berechneten , unverbesserten Koordinatenunterschiede
A y und A xt ihre wahrscheinlichsten Verbesaerungen v9 und v, , die wahr-
scheinlichsten Polygonseitenkorrektionen a, die wahrscheinlichsten Ver-
besserungen der Neigungen a und schliesslich die diesen entsprechenden
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z«iucbrift für Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. 621
TemtMunnwMaa
1907.
Verbesserungen der Polygonseitenrichtungen 3, in Metermass auf die
Längen s gerechnet.
Eine beliebige Polygonseite des Zugs soll also durch die Ausgleichungs-
rechnung, abgesehen von den Lageveränderungen, die durch die Drehungen
und Verschiebungen der anderen
Polygonseiten hervorgerufen wer-
den, aus der Lage P<_i P< (siehe
Fig. 1) in die Lage P,_i P*t ge-
dreht werden. Die Zusammen-
wirkung der einzelnen Drehungen
und Verschiebungen sei durch
Fig. 2 veranschaulicht. Die erste
Neigung 7, und Strecke 5, kommt
durch die Ausgleichung aus der
Lage (P0)P, in die Lage (P0)(P,);
der Neigungswinkel », erhält die
Verbesserung at bezw. g,, die
Strecke s, die Verbesserung av
Die nächste Polygonseite PjP2
würde ohne die Drehung der Strecke (P0)Pi nach P,P'2 gedreht werden
vermöge der Querverbesserung gs bezw. der Neigungsverbesserung a2 und
der Längsänderung at. Da aber P, nach (P^ fällt, so kommt PXP*%
durch Parallelverschiebung nach (P,) (P2) u. s. f.
Hieraus erhellt auch ohne weiteres (s. Fig. 2), dass die Brechungswinkel
ß durch die Ausgleichung der Neigungen folgende verbesserte Werte (ß)
erhalten, worin mit co die Brechungswinkel- Verbesserungen bezeichnet sind:
•1
Fig. 1.
(A) = A +
«0
- ßo +
«1 —
0
= ßo +
«1
(A) = A +
«,
- A +
«1 —
«i
= ßt +
(A) = ßt +
W,
= A +
«s —
= A +
«•
(A-t) = A-a +
= A-S +
1 = A-i +
0»— l) = A-l +
G>—1
= A-l +
0 -
= A-i +
0
•—1
Vorausgesetzt ist hierbei, dass ein Winkelwiderspruch von vorn-
herein in der üblichen Weise auf die einzelnen Brechungswinkel verteilt
worden ist, so dass ihre Summierung die Differenz der End- und Anfangs-
vermehrt um das »fache von 180° ergibt.
*) Durch die Klammern ( ) sind hier und in der Folge stets die Werte
nach der Ausgleichung bezeichnet
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Fig. 2.
Die obigen Beziehungen zeigen, dass die bei manchen Polygonzugs-
ausgleichungen nach der Methode der kleinsten Quadrate als erste Be-
dingungsgleichung angesetzte Gleichung:
(0) [<o] = 0
bei dem eingeschlagenen Verfahren der Bestimmung von Neigungsverbesse-
rungen an Stelle der Brechungswinkelverbesserungen von selbst eintritt,
also als Bedingungsgleichung nicht mitgeführt zu werden braucht.
Weiter folgt aber, dass die Verbesserung jedes Brechungswinkels an-
zusehen ist als die Differenz zweier Richtungsverbesserungen, die als Quer-
verschiebungen q unter Berücksichtigung der Winkelschenkellängen — wie
später gezeigt werden wird — zusammen mit den Streckenverbesserungen
nach der Methode der kleinsten Quadrate ausgeglichen werden sollen,
allerdings unter der Annahme eines gleichen mittleren Winkelfehlers für
alle Standpunkte in einem Polygonzuge und unter Aufnahme der Richtungs-
fehler der Anfangs- und Endrichtung in die Richtungsfebler für die erste
und letzte Polygonseite, wie dies auch bei anderen Ausgleichungsverfahren
geschieht.
Durch die vorangehende Verteilung des Winkelabschlussfehlers auf die
einzelnen Brechungswinkel erfolgt vorweg eine Korrektion der beobach-
teten Grössen, so dass die so verbesserten Brechungswinkel nicht mehr
den Charakter reiner Beobachtungen besitzen. Vergegenwärtigt man sich
jedoch die bekannte Tatsache, dass die aus den verbesserten Brechungs-
winkeln abgeleiteten Neigungen nichts anderes sind als die Resultate einer
Mittelbildung nach dem Prinzipe des allgemeinen arithmetischen Mittels
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Ferber. Polygonzugsausgleichung etc.
623
für je zwei anabhängige Messungen ungleicher Genauigkeit, deren eine
vom Zugsanfang aus und deren andere vom Zugsende aus mit getrennten
Beobachtungen erfolgt ist, so ist festzustellen, dass trotz jener Korrektion
der Brechungswinkel der Charakter der in die Ausgleichungsrechnung ein-
zuführenden (gemittelten) Neigungen als direkte Beobachtungen aufrecht
erhalten geblieben ist. Unabhängige Beobachtungen sind jene Neigungen
nur insofern nicht, als in jeder Neigung dieselben Beobachtungen ent-
halten sind. Ich verfolge nun bei der Anwendung des Prinzips der Methode
der kleinsten Quadrate nicht den Zweck, gleichzeitig mit den Koordinaten-
wider Sprüchen den Brechungswinkel widersprach zu beseitigen, sondern be-
gnüge mich zur Beseitigung des letzteren mit einer Mittelbildung in der
beschriebenen üblichen Weise und will somit das Prinzip der kleinsten
Fehlerquadratsumme nur zur Beseitigung der Koordinatenwiderspruche in
einer mir plausibel erscheinenden Weise anwenden, wobei ich dem ver-
schiedenen Genauigkeitsgrad jener Neigungen durch Einführung verschie-
dener Gewichte Rechnung tragen werde, worauf ich später zurückkomme.
Zurückverweisend auf Fig. 1 ist nun die Verschiebung eines einzelnen
Punktes von P, nach P*, bestimmt durch:
werden soll, weil hierbei der verschiedenen Genauigkeit der Seiten- und
Winkelmessung nicht Rechnung getragen würde; wohl aber kann man be-
stimmen, dass
werden soll, wenn unter P und p die Gewichte der einzelnen Strecken
und Neigungen verstanden werden, oder
wenn mit M und p die auf irgend welche Weise im voraus ermittelten
mittleren zu fürchtenden Fehler der Polygonseiten und Polygonseiten-
richtungen bezeichnet und a : M = a' , sowie q: p = q' gesetzt werden.
Hierdurch werden die Grössen a und q in ein Abhängigkeitsverhältnis zu
den mittleren zu fürchtenden Fehler der Seiten und Neigungen gesetzt und
diese Abhängigkeit wirkt auf v und somit auch auf die beiden anderen
Komponenten dieses Werts v, und vx ein, so dass auch auf sie das Ge-
nauigkeitsverhältnis der Strecken und Winkel Einfluss erlangt. Es hat
also das eingeschlagene Ausgleichungsverfahren den Zweck, die vorläufige
Lage der einzelnen Polygonseiten, die sich aus den gemessenen Strecken
and den gemittelten Neigungen ergeben hat, noch so zu verändern, dass
die Quadratsumme der Verschiebungen in Länge und Quere unter Berück -
(1) r* = q* + a1 = v\ + r», .
Es wäre nun nicht richtig, zu bestimmen, dass
(2) M = W + M = min
(3)
[Pad] ~\~ [pqq] = min
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624 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. wSSSSSmSm
sichtigung des auf Grand der mittleren Fehler von vornherein zu erwar-
tenden Grads der Verschiebung je nach den in jedem einzelnen Falle vor-
liegenden Koordinatenwidersprüchen zu einem Minimum werde.
Zwischen den Strecken. Neigungen und Koordinatenunterschieden bezw.
ihren Verbesserungen bestehen nun die Beziehungen:
(5) A y — 8 sin v A x — s cos v
(5 a) (Ay) = Ay + r, (dar) = Ax + vm
— (s -\- o) sin (v -j- a) ; = (s ~{- a) cos (v -{- a).
Die Entwicklung dieser Ausdrücke mit Vernachlässigung der quadratischen
Glieder von a und a führt in bekannter Weise mit sina = a und cos a = 1,
weil a sehr klein ist, und mit (5) zu den Ausdrücken:
(6) vp = a stn v 4- — cos v v* = o cos v stn v
und mit (7) ~ = q zu
(8) v, = a sin v -|- qcos v, r, = o cos v — q sin v.
Haben nun die unverbesserten Koordinatenunterschiede Ay und Ax
in ihrer Gesamtheit die Widersprüche w, und wx gegen die aus den ge-
gebenen Koordinaten des Zugsanfangs- und -endpunktes berechneten Soll-
werte ergeben, so bestehen als Bedingungsgleichungen die Beziehungen:
(9) l [%] + «V = 1° *'M v\ + [Q c°* v] + u>, = 0
\ [vx] -f- ir* = [a cos v] — [q sin v] -f w* =■ 0.
Fügt man zu diesen Gleichungen die Minimumbedingung (4)
hinzu und macht in üblicher Weise die Entwicklung mit zwei Korrelaten
kl und &2 (vergl. Jordan, Handbuch 1895, Band I, S. 121), indem man zur
Vereinfachung die Koeffizienten der Bedingungsgleichungen sin y und cos t
mit den zu den entsprechenden a und q gehörenden mittleren Fehlern M
und n multipliziert, so folgen die Normalgleichungen:
(10)
([ M* sin* v] + [ft* cos* v]) . Ar, + ([M* sin v cos v) — [ft* sin v cos »]) . *, + u>, = 0
([Jf» sin v cos v] — [ft* sin v cos v}) . Ar, + ([M* cos* v] + [ft* sin*v]) . *, +tcm = 0,
aus denen mit
( M sin v = A ft cos v — a
( } ( Mcosv = B - ft sin v = b
die Gleichungen
( [AA + aa] t, -h [4B4- «*]*t + w, = 0
([A B 4- a b] *, + [B B + b b] kt 4- u>m = 0
und mit
/ [AA 4- <*o) = [M* sin* v) 4- [ft* cos* p] = X
(13) ] [AB 4- ab] = [M* sin v cos v) — [ft* sin v cos v] == Z
I [BB + bb] = [M* cos* v) 4- [ft* sin* 9] == Y
die Gleichungen
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fSSSSSSnSim Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. 625
( Zkx -f- TAr, + to, = 0
hervorgehen. Hieraas ergeben sich die Korrelaten:
(15) Ar, = (w.Z — w, Y) :N k, = (w,Z — wm X) : N,
worin N=XY — Z* gesetzt ist.
Ferner bestehen, wovon man sich leicht an der Hand der oben an-
geführten Jordanschen Entwicklungen überzeugen kann, die Beziehungen
( o't = = ki At + ktBi und er« = Mt&t
(16) ) 1
I <fi = - ' = kta, -f ktbt „ qt — f*(q4i, sowie o< — — P- ,
wobei durch den Index i irgend welche Seiten- und Richtungsverbesserang
angedeutet sein soll.
Die Verbesserungen v, und v, an die Koordinatenunterschiede Ay und
Ax können dann aus den Gleichungen (8) oder direkt mit kt und k2
ohne Berechnung der Grössen er und q gefunden werden aus:
^ r¥l = *, (Ah + a*,) + kt (A,Bt + a,6,)
(17) \ 9mt = k, (At Bt + a, bt) + kt (B», + 6«,) ,
in welchen Gleichungen er, und q, ausgedrückt sind durch die Gleichungen
(16). Dieses ist der kürzere Weg, da man die Verbesserungen er, und
q, an sich nicht braucht.
Rechenkontrollen bieten sich Schritt für Schritt dar. Die Rechen-
maschine oder auch der Rechenschieber können in weitgehendstem Masse
Verwendung finden. Am besten prüft man zunächst die Richtigkeit der
Grössen Ä, B, a und b mit der Rechenmaschine durch die Produktensummen
[B] = [M . cos v] ,
[b] = — [n . sin v].
Die übrigen Kontrollen sind in den folgenden Formeln ausgedrückt:
Xk, + Zkt = -xc, j l\ [A] + kt [B] = [✓]
Zkx + Ykt = - «r, \ *, [a] + kt [b] = [?']
( [«] = [p.cosv],
(Ha) |
(17 a)
oder
(9 a)
( w = M^*+«*] + *t [*■+*■] =
<l [rF] = [o sin *»] -f- [g co* v] = — tcp
I [p,] — [or cos v] — [q sin v] — — u>x
und (4 a) [o* tf] + [q4 q'} = — «?„ *, — «>„ Ar,.
Diese längere mathematische Entwicklung kann leicht den Anschein
erwecken, dass die praktische Anwendung des Verfahrens viel Zeit und
Arbeit verursacht; dass dies aber nicht der Fall ist, wird im Abschnitt g
gezeigt werden.
Zuvor gehe ich nun über zu dem Wesentlichsten, was zur Anwendung
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626 Ferber. Polygouzugsausgleichung etc
19W7.
des Verfahrens noch nötig ist, zu der Gewichtsbestimmung bezw. der Er-
mittlung der mittleren Winkel- und Streckenfehler vor der Ausgleichung.
d) Mittlere Winkel- und Querfehler.
Wenn sich bei dem Vergleich der Summe der Brechungswinkel mit
der Differenz der End- und Anfangsneigüng ein Widerspruch Wß zeigt, so
verbessert man gewöhnlich zunächst jeden der n Brechungswinkel durch
Wß
— , um den Widerspruch Wß zu beseitigen. Dies soll auch hier ge-
schehen, wie bereits im vorigen Abschnitt bemerkt worden ist.
Mit diesen vorläufig verbesserten Brechungswinkeln ergeben sich die
Neigungen *, und diese haben dann unter der im Abschnitt b gemachten
Annahme, also unter Ausserachtlassung des Einflusses der Seitenverschieden-
heit, die Gewichte
(18) pv = —-^ — r
v r (n — r)
(vergl. Gauss, die trigonometrischen und polygonometrischen Rechnungen
in der Feldmesskunst, 2. Aufl., S. 418), wenn n die Anzahl der Brechungs-
winkel und r die Ordnungsziffer einer Polygonseite, vom Anfang oder Ende
des Polygonzugs ab gezählt, bedeuten.
Diese Gewichtsformel gründet sich, wie hier nebenbei mit erwähnt
sein mag, auf die Ueberlegung, dass das Gewicht einer unverbesserten
Neigung vom Zugsanfang ab gezählt pB = — , vom Zugsende ab gezählt
1 r
pr = ist, dass ferner der Wert der aus den verbesserten
Brechungswinkeln abgeleiteten Neigung, wie auf S. 623 bereits dargelegt
wurde, nichts anderes ist, als das allgemeine arithmetische Mittel der
beiden unverbesserten Werte, die sich aus den Beobachtungen, vom
Anfang und Ende des Zugs ab gerechnet, ergeben, somit das Gewicht einer
solchen verbesserten (vorläufig ausgeglichenen) Neigung durch den Wert
(18a) Pv = Pa + p. = ^ +
r n — r r (n — r)
auszudrucken ist.
Der mittlere Fehler einer Neigung wird demnach
(19) mv = mß V — mß-R>
wenn mß der mittlere Brechungswinkelfehler in dem Zuge ist. Dieser
könnte nun in jedem Zuge besonders aus dem Gesamtwinkelfehler oder
Widerspruch tcß mittels der Formel mß = tcß : berechnet werden,
also nicht im voraus aus Beobachtungsdifferenzen bei Messung zweier
Richtungssätze auf den Polygonpunkten, weil in dem nach der genannten
Formel zu berechnenden mittleren Winkelfehler gleichzeitig die Zentrierungs-
fehler und der Anschlusszwang an die Anfangs- und die Endneigung zum
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wJaSSSSnSm Ferber. Polygonzugsausgleicbung etc. 627
* Sat
Aasdruck kommen. Es lässt sich aber auch gegen eine Bestimmung des
mittleren Winkelfehlers in jedem Zuge für sich aus wß : \/» verschiedenes
einwenden, so z. B. dass der mehr oder weniger gate Abschluss der Winkel
in einem Zuge öfters yon Zufälligkeiten abhängt und vor allem bei einer
geringen Anzahl von Brechungswinkeln kein zutreffendes Genauigkeitsmass
ist. Beispielsweise ergibt ein zufällig widerspruchsfreier Winkelabschluss
mit uß — 0 auch mß = 0, was der Wahrscheinlichkeit nicht entsprechen
dürfte. Weiter ist zu beachten, dass mit ntß = 0 auch alle Grössen mv
und nach der späteren Formel (21) alle Werte mq und p Null werden.
Somit ist in solchem Falle eine Ausgleichung der Querverschiebungen q in
Rücksicht auf die Formeln (16) und (11) unmöglich und die Zugs-
ausgleichung kann sich nur noch auf die Längsfehler a erstrecken, obwohl
doch in Ansehung der Koordinatenwidersprüche wp und trx, die ihren
Grund vielfach auch in den gegebenen Koordinaten haben, Querfehler nicht
ohne weiteres als nicht vorhanden bezeichnet werden können. Gänzlich
ausgeschlossen wäre in Anbetracht der Formeln (9) mit q = 0 auch die
Ausgleichung eines genau gestreckten Zugs nach dem eingeschlagenen Ver-
fahren, sobald die Widersprüche tc¥ und ir. einen anderen Fehler als einen
ausschliesslichen Längsfehler (in der Zugsrichtung) zeigen, was bis zu einem
gewissen Grade stets der Fall sein wird. Wenn aber das Verfahren für
alle Zugsarten anwendbar sein und zu plausiblen Resultaten führen soll,
so muss vor allem die Ausgleichungsmöglichkeit für Längs- und Quer-
fehler aufrecht erhalten werden.
Es kommt daher darauf an, für den mittleren Brechungswinkelfehler
einen Wert zu erhalten, durch den der Anwendbarkeit des Verfahrens
keinerlei Beschränkungen auferlegt werden und der der Beobachtungs-
genauigkeit möglichst nahe entspricht. Ob der angenommene Wert mß
und die daraus abgeleiteten Werte mq oder fi (Formeln 21 und 21a) den
tatsächlichen Verhältnissen angemessen sind, ergibt, wie ich später zeigen
werde, das Ausgleichungsresultat.
Vergegenwärtigt man sich, dass in den aus den Brechungswinkeln ab-
geleiteten Neigungen auch der Anschlusszwang an die gegebenen, trigono-
metrisch bestimmten Neigungen enthalten ist und dass auch bei der Quer-
fehlerausgleichung wie bei der Längsfehlerverteilung die gegebenen Koor-
dinaten eine Rolle spielen, so erscheint es gerechtfertigt, den mittleren
Brechungswinkelfehler durch die Formel
(20) mß
zu ermitteln , wenn die einzelnen Werte Wß : die mittleren Winkel-
fehler in allen Zügen von der Anzahl N sind, auf die das Verfahren an-
gewendet werden soll. Um so grösser die zur Bestimmung des Werts mß
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628 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. veraM*KS™««i
1907.
nach (20) verwendete Zahl der Winkelabschlüsse oder Züge ist, desto
besser wird der Wert mß werden. Will man den Anschlusszwang au die
trigonometrisch bestimmten Neigungen ausser Betracht lassen, so kann man
die Züge in geschlossene Polygone zusammenfassen und den mittleren
Fehler mß ebenfalls nach der Formel (20) berechnen, wenn n die Zahl
der Brechungswinkel in jedem Polygone und N die Anzahl der Polygone
ist. Eine allzu grosse Verschiedenheit dürfen beide Werte nicht aufweisen,
wenn keine erheblichen Netzfehler vorliegen.
Nach der Berechnung von mß nach (20) und mv nach (19) ergibt
sich der mittlere Querfehler für jede einzelne Strecke 8 aus der Formel:
(21) m, = — * = —mß.R in Metern oder
(21 a) f* = 1000m, = 10°°^ mß.R in Millimetern,
wenn man s in Metern einführt.
Hat man mß im voraus ermittelt, was bei dauernder Gleichmässigkeit
der Winkelmessung zulässig ist, so verursacht die Berechnung der Grössen
mq oder u keinen nennenswerten Zeitaufwand. Der Faktor — oder 1000 *
e e
ist im Kopfe schnell berechnet und genügt auf eine Dezimale der Fehler-
einheit (Zentimeter oder Millimeter); für den Faktor R = r r^
kann eine Tabelle angelegt werden mit n als Spalteneingang und r als
Zeilenbezifferung. Als Erleichterung zur Aufstellung dieser Tabelle kann
die Gauss'sche Tabelle in dem S. 626 zitierten Werke (2. Aufl., Teil II,
n 1
S. 93) verwendet werden, indem man J?2 aus e — — und R durch Ra-
dizierung erhält.
Somit beansprucht die Berechnung der mittleren Querfehler i< oder
mq nach den Formeln (21a) oder (21) so gut wie keinen Zeitaufwand und
ist im wesentlichen im Kopfe schnell zu bewerkstelligen.
e) Mittlere Streckenfehler.
Gewöhnlich werden für die zulassigen Abweichungen zweier Längen-
bestimmungen Fehlergrenzen aufgestellt sein, die auf einer theoretischen,
von praktischen Erfahrungen unterstützten Herleitung des mittleren zu
fürchtenden Fehlers einer Längenmessung fassen. Die hierbei gefundene
Formel für den mittleren Fehler einer Längenmessung besitzt in
der Regel die Form:
(22) M =z V'"ii + '"S» + '»**'i oder auch nur M = }/m*8 + m,»7»,
wobei m,, w : und m , die einzelnen den verschiedenen Ursachen entspringen-
den Fehlereinflüsse bedeuten und zwar m, den mittleren An- und Abschluss-
fehler beim Anlegen und Ablesen der Latte oder des Bandes am Anfang
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WmSSSSnnmm Ferber. PolygonzugsauBgleichung etc. 629
und Ende der Strecke, der von der Lange der Strecke unabhängig ist,
mt den mittleren unregelmässigen Fehler der Streckenmessung, der pro-
portional der Quadratwurzel aus s wächst, und ms den mittleren regel-
mässigen Fehler der Streckenmessung, der proportional der Strecke 5
selbst wächst.
In der Regel hat man in einer Tabelle nicht die mittleren Fehler M
selbst , sondern die zulässigen Abweichungen d zweier Längenbestimmungen
berechnet, die sich auf die Formel d — 3 V2 M stützen. Um die Werte
M zu finden, wird man also die in der Tabelle enthaltenen Werte durch
3 V% oder 4 zu dividieren haben, wenn die in die Zugsberechnung ein-
geführten Strecken Resultate einmaliger Messung, oder durch 6, wenn
die eingeführten Strecken arithmetische Mittel zweier Messungsergebnisse
sind. Will man jedoch auch hier, wie bei den mittleren Querfehlern, dem
Anschlusszwang an die gegebenen Punkte Rechnung tragen, so wird man
gut tun, bei Doppelmessung nur durch 4, bei einmaliger Messung aber
nur durch 3 zu dividieren (vergl. Gauss, die trigonometr. und polygono-
metr. Rechnungen in der Feldmesskunst, 2. Aufl., S. 402). i)
Je nach der Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse und der Mes-
songsarten sind die Grössen fHj, füg und »tg in Formel (22) und somit die
Werte für M und d verschieden. Fast immer dürfte aber eine Tabelle
für die zulässigen Abweichungen d nach den verschiedenen örtlichen Ver-
hältnissen und für Latten- und Messbandmessung getrennt vorhanden sein,
aus denen die Werte für M mit dem Eingange 8 mit Leichtigkeit ent-
nommen werden können, so dass die Bestimmung der mittleren Strecken-
fehler M keinerlei Schwierigkeiten begegnet und ebenso wie die Bestim-
mung der mittleren Querfehler p so gut wie keinen Zeitaufwand beansprucht.
Ist eine derartige Tabelle nicht vorhanden, so ist zur Anwendung des be-
schriebenen Verfahrens die Aufstellung einer solchen zu empfehlen, in der
») Bei der Dresdner Stadtvermessung ist z. B. für die in der Stadt aus-
schliesslich mit Latten in der Terrainneigung und nach nivellitischer Ermittlung
der Höhenunterschiede reduzierten Hauptpolygonseiten der mittlere Fehler einer
Streckenmessung zu M = Y\ 0,09 * -\- (0,02 *)■ mm im voraus aus den ge-
schätzten und durch Erfahrung bestätigten Einzelfehlern m, = +1 mm,
m2 = + 0,3 mm für die Längeneinheit und m, = ± 0,02 mm für die Längen-
einheit ermittelt worden, wobei * in Metern gegeben ist. Als zulässiger Unter-
schied zweier Messungsresultate wird d = 3 V2 M gesetzt. Diese Formel ist
auf ihre Anwendbarkeit für Leipzig geprüft und auch hier für geeignet zur
Beurteilung der Streckenmessungsgenauigkeit befunden worden. Da nun in
Leipzig die Polygonseiten seit einiger Zeit nur einmal mit Latten gemessen
und lediglich zum Schutze vor groben Fehlern mit dem Bande nachgeprüft
werden, ohne dass die Bandmessung bei der Bildung der Resultate Verwendung
findet, so sind nach obigem die aus der Tabelle für die Grössen d zu entneh-
d
menden Werte für M zu bilden als - .
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630 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. Vermel' ^J^ieo
man zweckmässig die Werte für M und d nebeneinander und mit dem
zugehörigen s als Eingang auf eine Zeile stellen wird.
f) Mittlerer Gewichtseinheitsfehler, mittlere Beobachtungsfehler
nach der Ausgleichung, mittlere Fehler von Funktionen der aus-
geglichenen Elemente und wahrscheinlichste Verbesserungen der
Seiten und Winkel, i)
Ich schicke einige allgemeine Bemerkungen voraus.
Bei der Ausgleichung mit im voraus — „a priori" — angenommenen
mittleren Fehlern sind, wie auch in den Formeln (3) und (4) ausgedrückt
ist, als Gewichte Zahlen zu denken, die den Quadraten der angenommenen
mittlereu Fehler umgekehrt proportional sind. Dementsprechend ist der
aus der Ausgleichung hervorgehende mittlere Gewichtseinheits-
fehler ÜDt, d. i. der mittlere Fehler einer Beobachtung vom Gewichte 1,
der vor der Ausgleichung gleich 1 angenommen ist. zu definieren durch
die Beziehung:
SJ?** — — wi'j' * mi'#^ * wt'a' • i • • — ■ -_ • • *■ »..• oder
(23) 1 pl p, ps
W = Pl m\% — p, m'f = pt
in
I 2
wenn mit to' die aus der Ausgleichung hervorgehenden mittleren Beobach-
tungsfehler und mit p die zugehörigen Gewichte bezeichnet werden.
Zu berechnen ist 3Jt bei der bedingten Ausgleichung nach der Formel:
(24)
wenn mit v die wahrscheinlichsten Verbesserungen der Beobachtungen,
mit «» die vor der Ausgleichung angenommenen mittleren Fehler, mit
v' die Verhältniszahlen v : m und mit t die Anzahl der Bedingungs-
gleichungen bezeichnet werden.
Das Ausgleichungsresultat wird in der Kegel die im voraus angenom-
menen mittleren Beobachtungsfehler nicht voll bestätigen, sondern andere
mittlere Fehler to' liefern, weil die Ausgleichung noch andere Fehler-
einflüsse als die im voraus erwarteten zutage fördert, oder allgemeiner,
weil die Fehler nicht allenthalben dem angenommenen Gesetz scharf folgen
werden, und zwar werden in dieser Beziehung die Resultate der einzelnen
Ausgleichungsrechnungen, die nach demselben Prinzipe vorgenommen werden,
verschiedene sein.
Die aus der Ausgleichung hervorgehenden neuen mittleren Beobach-
tungsfehler to' werden gemäss Formel (23) aus:
(25) m' ss SR v — = SR.«
') Dieser Abschnitt kann bei der ersten Lektüre des Aufsatzes übergangen
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veTOeMnJ^JSw Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. 631
erhalten, weil man zu Beginn der Ausgleichung einfach p = gesetzt
hat. Die Grössen tw' können also nur dann den Grössen w gleich sein,
wenn sich auch aus der Ausgleichung gleich 1 ergibt, was im allge-
meinen nicht der Fall sein wird und auch nicht der Fall zu sein braucht ;
denn es wird das Ausgleichungsresultat, d. s. die wahrscheinlichsten Ver-
besserungen v, nicht geändert , wenn die Gewichts annähme in jeder ein-
zelnen Ausgleichung in der Weise verbessert wird, dass man neue Gewichte
p = ~- = w*m§ emfQnrt» indem man die im voraus angenommenen
mittleren Fehler m durchweg mit dem zuerst gefundenen 3J? multipliziert
und mit diesen neuen Gewichten die Ausgleichung wiederholt. Allerdings
würde man dann ein neues 9Ji = 1 erhalten ; dies ist aber ohne Bedeutung.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen, die hier angebracht erschienen,
fahre ich in der Behandlung meiner speziellen Aufgabe fort.
An den soeben gegebenen Regeln tritt dadurch keine Aenderung ein,
dass im vorliegenden Falle 2 Fehlerkategorien, Längsfehler und Querfehler,
einer Ausgleichung unterworfen werden. Wären nämlich von vornherein
die wahrscheinlichsten Längs- und Querverbesserungen nicht getrennt mit
a und q, sondern beide mit r. und die Gewichte nicht mit P und p, son-
dern nur mit p, sowie die im voraus angenommenen mittleren Fehler nicht
mit M und u. sondern allgemein mit m bezeichnet worden, so würden die
Beziehungen (23) bis (25) auch in meiner Aufgabe unverändert bestehen.
Es ist zu betonen, dass an den im Abschnitt c gegebenen Ableitungen —
abgesehen von den Bezeichnungen — keine Aenderung eintreten würde,
wenn anstatt der Minimumbedingung (4) der allgemeine Ausdruck
(26)
[«::]=min=t^i
gesetzt würde. Umgekehrt ist nun in meinem speziellen Falle für den
mittleren Gewichtseinheitsfehler in (24) zu setzen:
entsprechend der Formel (4) und mit / = 2.
Es zerfällt also der Radikand dieses Ausdrucks in zwei Teile, von
denen der eine nur von den ausgeglichenen Sri ten Verbesserungen , der
andere nur von den ausgeglichenen Querverbesserungen (nebst Gewichten)
abhängig ist, worauf später noch zurückgekommen werden wird (s. S. 634).
Durch die Ausdrücke, der Formel (25) entsprechend,
(88) M'< = 9JJ Mi und p'< = &fn
würde man die einzelnen vorher angenommenen Beobachtungsfehler Mt
und ft, verbessern können und dadurch diejenigen Beobachtungsfehler er-
halten, die bei Wiederholung des Verfahrens den mittleren Gewichtseinheits-
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632 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. ^jwuchrtijjur^
fehler 3Ji = 1 , wie er ursprünglich angenommen war, ergeben würden;
dies hat aber, wie bereits erwähnt wurde, keinen besonderen Wert, weil
die wahrscheinlichsten Verbesserungen dadurch keine Aenderung erleiden.
Dagegen können unter Umständen die mittleren Fehler der aus-
geglichenen Polygonseiten und Neigungen interessieren, die man als
mittlere Fehler von Funktionen der ausgeglichenen Elemente zu rechnen
haben würde. Die Entwicklung dieser Ausdrücke würde hier zu weit
führen, es seien deshalb nur die Resultate gegeben:
Zu den einfachen Funktionen i) :
qp = (st) mit dem Gewichte -^a- vor der Ausgleichung
gehören die mittleren Fehler nach der Ausgleichung:
als mittlere Fehler der ausgeglichenen Seiten und
(30) W - » „, Yi - «'< r±*x^*ZE*:
als mittlere Fehler der ausgeglichenen Neigungen, beide in Längenmass
ausgedrückt, wobei die Grössen -4,. if, a A durch die Gleichungen (11) und
die Grössen XYZ und N durch die Gleichungen (13) und (15) gegeben
und bereits gerechnet sind.
Die mittleren Fehler der ausgeglichenen Neigungen in Sekunden
findet man aus:
(30a) (mvt) = ~— (/•«) oder auch aus
(30b) («„) = WmVf y 1 X— !^ ,
worin mV{ die mittleren Fehler der Neigungen vor der Ausgleichung ge-
mäss Formel (19) ist.
Der Vollständigkeit halber sei auch noch der Ausdruck für die mitt-
leren Fehler der ausgeglichenen Brechungswinkel gegeben:
der zur Funktion
F _ Oh) = (».+ .)-(«,) = *+ , - „ + ^1+} - '*
Ol -f- l *»
gehört und worin j *+i*h-*-** j mit den Grössen Ä^, und
und nach (19) anzusetzen sind und den mittleren Brechungswinkel-
*) Siehe die Anmerkung auf S. 621.
zed by Googl
iSSSSSfmSm Ferber. Polygonzugsausgleichuog etc. 63$
fehler vor der Ausgleichung bedeutet. Genähert und in der Regel hin-
reichend genau ergibt sich (m^) aus
= V (w*-m)* + (mv<)*~
Die mittleren Fehler nach den Formeln (29) bis (31) wird man nur
in au8sergewöhnlichen Füllen — zu Untersuchungen oder dergl. — rechnen ;
man ersieht jedoch aus den Formeln deutlich, wie die Gewichte der aus-
geglichenen Grössen nach der Ausgleichung gewachsen sind und wie ander-
seits die mittleren Fehler nach der Ausgleichung Vielfache des Gewichts-
einheitsfehlers und der mittleren Fehler vor der Ausgleichung sind, also
je nach der Grösse des Gewichtseinheitsfehlers grösser oder kleiner als
die im voraus geschätzten mittleren Fehler werden können. In der Regel
werden sie grösser sein.
Schliesslich setze ich noch hierher die mittleren Koordinatenfehler
irgend eines Polygonpunktes (P,), die mit tny< und mXi bezeichnet sein
mögen und zu den nachstehenden Funktionen der ausgeglichenen o und q
gehören :
( [(4 ,)][ = [A y}\ + [o sin v][ + \q con r][
\ = [Hl + la 008 v][ - b 8in "I •
Infolge der Uebereinstimmung der Koeffizienten in diesen Gleichungen
Tom ersten bis zum i-ten Koordinatenunterschied mit den Koeffizienten der
Bedingungsgleichungen (9) ergeben sich für die mittleren Koordinatenfehler
verhältnismässig übersichtliche Ausdrücke, deren numerische Ausrechnung
keinerlei Schwierigkeiten bereitet, nämlich:
(33)
In diesen Ausdrücken sind X , Y . X und N wieder die Grössen aus
den Formeln (13) und (15) und entsprechend wurden:
[ii + sij^l,; [BB + bb&^Yr, [AB + abyx = Zt
gesetzt.
Die sich ergebenden Koordinatenfehler m„ und mx fussen selbst-
verständlich auf der Annahme fehlerfreier Koordinaten des Anfangs- und
des Endpunktes, oder richtiger: sie enthalten die etwaigen Fehler der
gegebenen Koordinaten mit in sich, denn sie werden auch von den Ab-
* •
»chlussfehlern wv und wM beeinflusst.
Nach diesen Erörterungen über die mittleren Fehler wende ich mich
nun den Untersuchungen zu, die über die Brauchbarkeit der im voraus
angenommenen mittleren Fehler angestellt werden können, wobei in der
Hauptsache die Beantwortung der Frage von Interesse ist, ob das Ver-
ZeiUchrifl für Vermeiiungiwewn 1907. Heft 25. 46
zed by Google
634 Ferber. Polygonzngsausgieichung etc. virae££n nJ^«n
hältnis der im voraus geschätzten mittleren Strecken- und Winkel-
fehler das richtige ist, denn es unterliegt keinem Zweifel, dass davon,
also von einer richtigen Gewichtabestimmung der Seiten- und der Winkel-
messung, die Brauchbarkeit oder doch die Wahrscheinlichkeit der aus-
geglichenen Verbesserungen abhängt, wie schon mehrfach angedeutet
worden ist.
Abgesehen davon, dass, wie auf S. 631 dargelegt ist, der mittlere Ge-
wichtseinheitsfehler 3Ji nach Formel (27) im allgemeinen nicht gleich 1
werden wird, ersieht man in den Einzelwerten [a'a'] und [q'q*] (obwohl
sie voneinander nicht unabhängig sind, weil aus einer Minimumbedingung
hervorgegangen) doch die getrennten Einflüsse der gleichgewichtig ge-
machten Verschiebungen in Länge und Quere auf den mittleren Gesamt-
fehler. Da nun die Grössen o" und q* Verhältniszahlen zwischen den
ausgeglichenen Verbesserungen und den im voraus angenommenen mittleren
Fehlern sind und ihre Anzahl im Polygonzuge die gleiche ist, so müsste,
wenn sich die Annahme der Gewichte voll bestätigt, mit t = 2
WC] = Wq'} = W
sein. Dies kann infolge ständigen Wechsels der Fehlereinflüsse nicht
immer der Fall sein, wohl aber kann man behaupten, dass die im voraus
erfolgte Schätzung oder Berechnung der mittleren Längsfehler im Ver-
hältnis zu den mittleren Querfehlern im allgemeinen dann eine zutreffende
gewesen ist, wenn aus einer grösseren Anzahl von Ausgleichungsrechnungen,
die nach dem angegebenen Prinzipe vorgenommen werden, sich der Fehler-
teil [a'o'\ nahezu zur Hälfte grösser, zur anderen Hälfte kleiner als der
Fehlerteil [q*q'] ergibt.
Sieht man von einer mittleren Fehlerberechnung nach der Ausgleichung
überhaupt ab, was bei einer umfänglicheren praktischen Anwendung des
angegebenen Ausgleichungsverfahrens in der Regel der Fall sein wird, so
geben die Einzelwerte o' und q' selbst, ihr absolutes Grössenverhältnis zu-
einander, sowie ihre mehr oder minder grosse Abweichung voneinander
auch ohne Berechnung der Werte [&o'} und [q'q4] einen bequemen Ein-
blick in die Fehlerverteilung und ein Kriterium, inwieweit die im voraus
vorgenommene Schätzung der mittleren zu fürchtenden Messungsfehler sich
im einzelnen Falle bestätigt. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass in
einem Rechnungsbeispiel alle Grössen <r*>a', in einem anderen Falle alle
Grössen Ot>q4 werden; soll aber die Fehlerschätzung im allgemeinen
als zutreffend gelten, so sollen die Werte a' und q4 in den einzelnen Aus-
gleichungsrechnungen ihrer absoluten Grösse nach wechseln.
Anders verhält es sich mit den Grössen a und q selbst, die durchweg
mit einer gewissen Regelmässigkeit einem besonderen Gesetze a > q oder
o<q folgen können, je nachdem bei dem angewandten Messungs-
ver fahren die Längenmessungsfehler die Winkelmessungsfehler überwiegen
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verawun nJS« ES8ert- Die Genauigkeit der Nonienablesung. 635
oder umgekehrt. Dieses Gesetz müssen dann auch schon die im voraus
geschätzten mittleren Fehler beider Messungsarten gezeigt haben.
Durch diese Erörterungen sollte also dargetan werden, dass das an-
gegebene Ausgleichungsprinzip ohne grosse Untersuchungen die Möglichkeit
bietet, die im voraus vorgenommene Schätzung der mittleren Fehler auf
ihre Brauchbarkeit zu prüfen und sie nötigenfalls zu korrigieren, wobei es
aber nicht angebracht wäre, eine solche Korrektion nach dem Ergebnis
einer einzelnen oder weniger Rechnungen vorzunehmen, weil die Fehler-
grössen in den verschiedenen Polygonzügen mehr oder weniger von den
normalen Grössen abweichen werden.
Wenn übrigens die Berechnung der mittleren Fehler a priori nach
der in den Abschnitten d und e gegebenen Richtschnur auf ausreichende
Erfahrungen gestützt ist, so werden sich keinerlei Umrechnungen oder
Korrektionen jener Werte als nötig erweisen und es wird dann auch schon
eine vereinzelte Anwendung des Verfahrens zu guten Resultaten führen.
Anderseits erscheint das Ausgleichungsverfahren geeignet, einen Einblick
in die Grösse der Längenmessungsfehler im Vergleich zu den Winkel-
messungsfehlern zu erhalten, wenn hierüber genügende Erfahrungen noch
nicht vorliegen. (Schluss folgt)
Die Genauigkeit der Nonienablesung.
Durch zahlreiche Versuche ist festgestellt worden, dass zwei leuch-
tende Punkte dann noch getrennt wahrgenommen werden, wenn ihr Winkel-
abstand grösser als eine Bogenminute ist, und es wird diese Erscheinung
physiologisch dadurch erklärt, dass zur getrennten Wahrnehmung zwischen
den Netzhautbildern der beiden Punkte mindestens ein Stäbchen der Netz-
hautfläche liegen muss.
Ebenso geht aus zahlreichen Versuchen hervor, dass die sogenannte
„ Breitenwahrnehmung die Beobachtung der Koinzidenz, wie sie bei der
Nonienablesung auftritt, auf viel kleinere Winkel führt; die Versuche geben
hier 10" bis 15" an. *) Vergleicht man diese Werte mit der Genauigkeit
der Nonienablesung, wie sie erfahrungsmässig bei der Winkelmessung mit
grösseren Theodoliten erreicht wird, so zeigt sich, dass die Genauigkeit
der Breitenwahrnehmung viel höher angenommen werden muss, als sie aus
den oben genannten Versuchen hervorgeht. Diese Erwägung veranlasste
mich, die Genauigkeit der Nonienablesung aus einer Reihe von Beobach-
tungen zu ermitteln.
Die in Fig. 1 im Grundriss dargestellte Versuchsanordnung war hier-
bei die folgende : Zwei Kartonblättchen wurden mit je einem Strich von
') Siehe Czapski, Grundzüge der Theorie der optischen Instrumente.
2. Aufl. Leipzig 1904. S. 271.
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636
Eggert. Die
der Nonienablesung.
Zeiucbrirt
etwa 12 cm Länge und 12 mm Breite versehen and in 0 und U mit ge-
ringem Abstand A hintereinander lotrecht, jedoch in verschiedener Höhe
aufgestellt, so dass von vorn gesehen das in Fig. 2 dargestellte Bild ent-
stand. Etwa 11 m vor den beiden Blättchen wurde eine Skala horizontal
aufgestellt, auf der sich ein mit einer kleinen Oefifnung versehener Schieber
bewegen liess. Die Verschiebung konnte auf der Skala abgelesen werden.
Bewegte sich das Auge des Beobachters längs der Skala, so verschoben
sich die beiden Striche infolge der Parallaxe gegeneinander, und es konnte
diejenige Stellung des Auges gefunden werden, für die die Koinzidenz der
Striche eintrat; aus mehrfachen Wiederholungen Hess sich dann die Ge-
nauigkeit der Koinzidenz ermitteln.
Es wurde für verschiedene Werte von A die Koinzidenz 11 mal be-
obachtet , und aus den Skalenablesungen wurde der mittlere Fehler + a
einer Koinzidenz berechnet. Es lässt sich dann die kleinste noch wahr-
nehmbare lineare Verschiebung der beiden Striche angeben. Sehen wir
hierbei den hinteren Strich als feststehend an, so ist die lineare Ver-
j
Schiebung des vorderen Striches gleich + a — , und dies entspricht einem
* A
in Sekunden ausgedrückten Sehwinkel w = + « ~r~ (?"•
Der Sehwinkel w stellt demnach die Genauigkeit dar, mit der die Ab-
weichung zweier Striche von der Koinzidenz beobachtet werden kann.
i
i
»
Fig. 2.
A
s
a
IC
cm
cm
cm
6,0
1167
3,79
2,9
5,2
1U3
2,84
2,5
5,5
1157
3,34
2,9
6,5
1157
3,35
3,3
9,2
1113
2,09
3,3
9,2
1113
1,47
2,3
9,2
1150
2,63
3.8
10,0
1157
2,03
3,1
10,5
1684
4,67
3,6
13,0
1167
2,21
4,5
13,0
1157
1,92
4,0
13,4
1157
1,48
3,1
Fig. t
In der vorstehenden Tabelle sind Versuche bei verschiedenen Werten
von A und s zusammengestellt, die von verschiedenen Beobachtern aus-
geführt wurden. Die Werte der w zeigen nur geringe Schwankungen und
geben den Mittelwert +3,3", der als mittlerer Fehler der Breitenwahr-
nehmung anzusehen ist.
Digitized by Googl
Zeitschrift rar Messerschmitt. Beobachtungen der roagn. Deklination. 637
1907.
Dieser Wert stimmt nun andererseits recht gut mit der Genauigkeit
der Nonienablesung bei der Winkeimessang Uberein. Bei solchen Ab-
lesungen wird mit Hilfe einer Lupe der Scheitel des Sehwinkels etwa bis
auf 50 mm der Teilung genähert, so dass nach dem obigen die Koinzidenz
zweier Striche mit einer Genauigkeit von rund 0,001 mm wahrgenommen
werden kann. Aus dem Radius des Limbus ergibt eich dann der mittlere
Fehler einer Ablesung in Winkelmass ausgedrückt. Hierdurch gelangen
wir zu folgender Tabelle des mittleren Fehlers einer Nonienablesung bei
verschiedenen Limbusdurchmessem, unter der Voraussetzung, dass Teilungs-
fehler vernachlässigt werden können und dass der Nonius zweckmässig
angeordnet ist.
Limbus- Mittlerer Fehler einer
durcbme88er Nonienablesung
±1,9
16 ± 2,6
14 ± 3,0
12 ± 3,5
10 ± 4,1.
Hierzu mögen zwei tatsächlich gefundene Werte des m. F. einer
Nonienablesung zitiert werden. Jordan findet (Handb. d. Venn., Bd. II,
6. Aufl. 1904, S. 250) für den Durchmesser 22 cm den m. F. ±1,95",
Lüdecke ermittelt (Z. f. V. 1907, S. 357) den m. F. für den Durchmesser
18 cm zu ± 2,66", wodurch die oben berechneten Werte bestätigt werden.
Bei kleinen Instrumenten wird allerdings die theoretische Ablese-
genauigkeit nicht erreicht werden, weil bei solchen Instrumenten zur Er-
leichterung der Ablesung die Limbusteilung in der Regel gröber ausgeführt
wird, als es nach dem Durchmesser nötig wäre. 0. Eggert.
Neuere Beobachtungen der magnetischen Deklination
in Deutschland und Oesterreich.
Yon Dr. J. B. Meaeersohmitt in München.
Die erdmagnetischen Messungen haben in den letzten Jahren wieder
grösseres Interesse geweckt, was durch die Vermehrung der magnetischen
Observatorien und durch die Wiederaufnahme magnetischer Landesvermes-
sungen zum Ausdruck kommt. Allein die Observatorien stossen, besonders
in den grösseren und mittleren Städten, auf Schwierigkeiten, da die Ein-
führung der elektrischen Strassenbahnen, bei welchen die Rückleitung des
Stromes durch die Erde geschieht, das Erdfeld meist so stark gestört
hat, dass die Genauigkeit der Beobachtungen darunter leidet. Es müssen
daher die meisten alten magnetischen Warten verlegt werden, wenn sie ihre
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638 Meaaerscbmitt. Beobachtungen der magn. Deklination. V(J211^^rtftwf^eB
1907.
Aufgabe richtig erfüllen sollen. Aus diesem Grunde mussten an Orten
mit langen Reihen schon die magnetischen Messungen ganz eingestellt
werden, während andere Institute auch bald an eine Verlegung denken
müssen. So hat Wien im Jahre 1899 seine magnetischen Messungen
sistiert, die nunmehr durch die Einrichtung eines Observatoriums mit Re-
gistrierinstrumenten in Kremsmünster wieder aufleben sollen. In Kopen-
hagen wurden 1900 die Beobachtungen eingestellt, wofür jetzt in Rude
Skov, 19 Kilometer vom alten Orte entfernt, neue Einrichtungen entstehen:
und ähnlich liegen die Verhältnisse an anderen Orten.
In Deutschland wurde das älteste Observatorium in Göttingen, da*
C. F. Gauss im Jahre 1833 einrichtete, mit dem neuen geophysikalischen
Institute nach dem nahen Hainberg verlegt. Die Messungen konnten jedoch
dort noch nicht aufgenommen werden.
Das Zweitälteste Observatorium Deutschlands, in München, das seine
Entstehung J. Lamont verdankt, war von 1840 bis 1886 in gleicher Weise
unterhalten, dann trat eine Unterbrechung bis zum Jahre 1899 ein, seit
welcher Zeit es, mit Registrierinstrumenten ausgerüstet, am alten Orte
wieder tätig ist. Da aber die Stadt München sich immer mehr und mehr
ausdehnt und die elektrischen Anlagen ganz nahe bis zum Observatorium
gehen, muss auch bereits an eine Verlegung gedacht werden.
Das Marineobservatorium in Wilhelmshaven, das seit 1875 magnetische
Registrierbeobachtungen ausführt, wird wohl noch lange ungestört bleiben.
Anders ist dies mit Potsdam, wo seit 1889 ein magnetisches Observatorium
besteht, das wohl in Bälde stärkeren Störungen ausgesetzt sein wird. Es
wurde daher schon jetzt eine Uilfsstation 19 Kilometer südlich davon, am
Seddiner See, erstellt, um in Zukunft die Kontinuität der Beobachtungen
zu erhalten.
Die magnetischen Observatorien an den Bergwerken in Bochum, Beuthen,
Hermsdorf und das im Entstehen begriffene in Aachen sind mit Registrier-
instrumenten für die Deklination ausgerüstet In Klausthal, Schneeberg und
Freiberg i/S. werden regelmässig Terminbeobachtungen gemacht. Da aber
die letzteren Bergwerke auf den Aussterbeetat gesetzt werden sollen, dürften
die magnetischen Messungen daselbst wohl auch bald ihr Ende erreichen.
In Oesterreich wird gegenwärtig nur in Pola registriert, während in
Kremsmünster und Prag Terminablesungen gemacht werden. In Ungarn
registriert O'Gyalla; ausserdem werden noch an einigen Bergwerken und
Sternwarten magnetische Beobachtungen ausgeführt.
Es ist also immer noch eine recht stattliche Zahl regelmässiger mag-
netischer Beobachtungen vorhanden, die in Zusammenhang mit den mag-
netischen Landesaufnahmen den magnetischen Zustand in Deutschland jeder-
zeit genau abzuleiten gestatten, da die säkularen Variationen der magne-
tischen Elemente sich nur in grösseren Abständen merklich ändern. Diese
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zeiucbrifi für Aleaserschmitt. Beobachtungen der raagn.
639
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640 Messerschmitt. Beobachtungen der magn. Deklination. Ve7^'^£4?£en
Variationen sind auch in den letzten Jahren kleiner, als sie früher waren,
geworden, worauf ich bereits schon früher aufmerksam gemacht habe.
Die vorstehenden Tabellen, welche neben der Deklination noch die jähr-
lichen Aenderungen, nebst deren Mittelwerten, enthalten, bestätigen diese
Annahme.
Aus den Beobachtungen in München kann man eine Interpolations-
formel ableiten, wonach die Deklination dargestellt wird durch:
D = 10» H',0 - 4',79 (f - 1903,5) ,
wenn die Mitte des Jahres 1903 die Epoche und t das gesuchte Jahr be-
deutet. Diese Formel gilt für ziemlich lange Zeit, was man schon daraus
erkennt, dass Ad. Schmidt i) für Potsdam aus einem fast doppelt so langen
Zeitraum die Konstante zu 4',81 findet.
Unter Berücksichtigung eines zweiten quadratischen Gliedes findet
man für München:
D = 10° 13',6 — 4',86 (t — 1903,6) + 0',074 (/ — 1903,6)».
Diese Formel stellt zwar die einzelnen verwendeten Jahresangaben besser
dar, als die erste Formel, eignet sich aber weniger für eine längere Extra-
polation. Es ist übrigens bemerkenswert, dass die entsprechenden Kon-
stanten nach Ad. Schmidt i) für Potsdam 4',81 und 0*,063 betragen, also
ebenfalls nicht viel von den hier gefundenen abweichen.
Auch die anderen magnetischen Stationen geben keine grösseren jähr-
lichen Aenderungen als 5',0 für das mittlere Europa, gegen 6' und 7' vor
etwa 30 bis 50 Jahren.
In den vorstehenden Tabellen sind nun für die letzten Jahre die Dekli-
nationen, bezogen auf die Mitte des Jahres, nebst der jährlichen Abnahme
zusammengestellt. Sie bedürfen keiner weiteren Erläuterungen.
Die täglichen Schwankungen und die Aenderungen im Laufe des Jahres
können dem Diagramm entnommen werden, das in dieser Zeitschrift 1903,
Seite 685 veröffentlicht ist. In dem gleichen Jahrgange Seite 340 sind
ausserdem die Unterschiede der magnetischen Deklination gegen Manchen
für die Orte aller Breiten zwischen 47°,5 und 51°,0 und der Längen öst-
lich von Ferro zwischen 24°,5 und 31°,5, d. h. für Süddeutschland gegeben.
Eine ähnliche Tabelle für Norddeutschland, bezw. für ganz Deutschland
und Oesterreich soll nachfolgen, wenn die nötigen Unterlagen der neueren
magnetischen Landesaufnahmen vorliegen.
München, Erdmagnetisches Observatorium, im Mai 1907.
J. B. Messerschmitt.
x) Der säkulare Gang der magnetischen Deklination in Potsdam. Jahresber.
d. Berliner Meteorol. Gesellschaft für 1906.
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zeiuehrifi für Expert. Ch. Lallemanda Katastertheodolit.
1907.
Ch. Lallemands Katastertheodolit.
G41
Ch. Lalle mand, Membre da Bureau des Longitudes, Directeur du
Nivellement general de la France, Chef du Service technique du Cadastre,
berichtet im 142. Bande (1906) der Comptes rendus de l'Academie des
Sciences de Paris S. 1259 — 63 Uber einen von ihm konstruierten Feld-
messtheodolit (Cercle azimutal a microscopes), der zur Erleichterung und
Beschleunigung der Winkelmessung mit besonderen eigentümlichen Ablese-
vorrichtungen versehen ist. Einer Anregung des Verfassers entsprechend
geben wir im folgenden den wesentlichen Inhalt des Berichtes wieder.
Fig. 1.
Der Horizontalkreis des in Fig. 1 dargestellten Instruments ist in
Zehntelgrade (neuer Teilung) eingeteilt und nach Graden beziffert. Zur
Ablesung dienen zwei Mikroskope mit einem in der Richtung der Teil-
striche liegenden Faden, der demnach die Schätzung der Hundertstelgrade
znlässt. Die Mikroskope sind knieförmig gebogen, so dass ihre Okulare
rechts und links vom Fernrohrokular liegen. Fig. 2 gibt in den Abbil-
dungen A und C in natürlicher Grösse die Bilder wieder, die man im
Gesichtsfelde der beiden Horizontalkreismikroskope sieht; in a — b ist der
Ablesefaden sichtbar.
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642
Eggert. Ch. Lallemands Katastertheodolit
Zeitschrift für
Tai— ww
1907.
Das Fernrohr bewegt sich um eine Kippachse, die exzentrisch in der
Nähe des Okalars angebracht ist, and kann am +30° gegen die Hori-
zontale geneigt werden. Die Ablesung der Höhenwinkel erfolgt an einem
Sektor mit Hilfe eines dritten, ebenfalls gebrochenen Mikroskops, das auf
dem Fernrohr befestigt ist. Die Teilung und Bezifferung des Höhensektors
entspricht der des Horizontalkreises; in der Abbildung B der Fig. 2 ist
das Gesichtsfeld des Ablesemikroskops dargestellt.
Fig. 2.
Die Okulare der drei Mikroskope und das des Fernrohrs liegen un-
mittelbar neben- bezw. untereinander; es kann mithin die Einstellung des
Fernrohrs und die Ablesung der Mikroskope vom Beobachter ohne Platz-
wechsel ausgeführt werden.
Zur schnelleren Lotrechtstellung der Stehachse kann die Platte des
Stativs, die auf einer Kugelkalotte ruht, mit Hilfe einer Dosenlibelle rasch
horizontal gestellt werden, welches Prinzip bekanntlich auch bei den Ni-
vellierinstrumenten des französischen Landesnivellements angewendet wird.
Das Instrument ist von den Mechanikern Ponthus und Therrode,
Paris, 6, rue Victor-Considerant, ausgeführt worden.
Längere Versuchsreihen haben gezeigt, class bei gleichem Kreisdurch-
messer die Genauigkeit der Winkelmessung mit diesem Instrument der-
jenigen mit anderen Ablesevorrichtungen wenig nachsteht. In der nach-
stehenden Tabelle sind die Ergebnisse einiger Versuchsmessungen zu-
sammengestellt, die von Cnvigny, Conducteur des Ponts et Chaussees,
und von Prof. Dr. Reinhertz ausgeführt wurden. Um die wahrschein-
liehen Fehler miteinander vergleichen zu können, sind sie in der vorletzten
Spalte auf den gemeinsamen Limbusdurchmesser reduziert worden, und
Goc
Zeitschrift für Hammer. Nachtrag zur Notiz über Drahtmessungen. 643
man sieht aus dieser Zusammenstellung, class mit Ausnahme des Schrauben-
mikroskops kein sehr grosser Unterschied in der Genauigkeit der ver-
schiedenen Ablesevorrichtungen wahrzunehmen ist
•
Instrument
Horizontal-
kreis
Durch- j Tei]uD(r8_
m^ Intervall
mm
Kleinste
Ablesung
Wahr8cb
einer Wii
bei Able
einem
i
Direkt
gefanden
. Fehler
ikelmessg.
sang an
Zeiger
Auf 160 mm
Durchm.
reduziert
Beob-
achter
1. Nonien-TheodoJit
Ton Brunner . .
160
5 mgr
3,4 mgr
3,4 mgr
Cuvigny
Q Vnnipn-TriPoHnlir
des Serv. geogr.
de TAnn^e . .
122
V»
10 mgr
4,2 mgr
3,2 mgr
n
3 Zahnkrpifi-Theod
von Heyde . .
110
1 gr
1 mgr
4,6 mgr
3,2 mgr
4. Theod. m. Strich-
mikr. von Fennel
130
10'
l'
16"
4,0 mgr
Reinhertz
5. Theod. m. Strich-
mikr. v. Ponthus
u. Therrode . .
100
1'
23"
4,3 mgr
Cuvigny
6. Scbraubenmikr.-
Tbeod. von Chas-
selon ....
138
10'
V
7,7"
2,0 mgr
n
7. Theodolit nach
Lallemand . .
128
Vii
10 mgr
4,7 mgr
3,8 mgr
n
1 gr = 54', 1 mgr = 3,2".
Eggert.
Nachtrag zu der Notiz Uber die Drahtmessungen
der Hilfsbasis bei Cannstatt.
Von E. Hammer.
Der Veröffentlichung in dieser Zeitschrift S. 425 bis 440 über die
ersten 12 Messungen der im Titel genannten Strecke mit Hilfe der 24 m-
Invardrähte Nr. 62 und Nr. 63 möchte ich das Folgende nachtragen.
Am 24. Juni 1907 ist in den Uebungen für die Studierenden der
Geodäsie die zweite Strecke BC, vergl. a. a. O. S. 433, Fig. 2, ebenfalls
mehrfach gemessen worden, ganz in derselben Art, wie es bei den Mes-
sungen 5 bis 12 der ersten Strecke A B geschehen ist. Ich möchte jedoch
die Zahlen für diese ersten Messungen erst zusammen mit künftigen wei-
tern Messungen von BG mitteilen. (Nebenbei sei schon hier bemerkt,
dass die Strecke B C nicht, wie S. 433 angegeben ist, die geradlinige Ver-
längerung von A B vorstellt, die Basis A B C ist vielmehr in B merklich
644 Hammer. Nachtrag zur Notiz über Drahtmessungen. Ve^"J£{j£f*J^
gebrochen, Brechungswinkel ABC = 179® 25',8, so dass bei der Lünge
der Schenkel von 436 m und 786 m die Reduktion der Summe der beiden
Strecken A B und B C auf die geradlinige Entfernung der Punkte A und
C 13,9 mm beträgt.) Dagegen seien hier die Ergebnisse von vier weitem
Messungen der Strecke A B mitgeteilt, die ich im Zusammenhang mit jener
Messung habe ausfuhren lassen, 29. Juni 1907, also etwas über 8/4 Jahre
nach den Messungen 9 bis 12, wenig über ein Jahr nach den Messungen
1 bis 8 derselben Strecke. Die Messungsdrahte sind dieselben schon oben
genannten je 24 m langen Invardrähte, mit denen die Messungen 1 bis 12
gemacht worden sind: sie waren seit Mitte September 1906 mit nur zwei-
maliger kurzer Unterbrechung auf der Trommel aufgerollt Als Beobachter
haben an der Messung teilgenommen Diplomingenieur Werkmeister,
Assistent Fischer und vier Studierende der Technischen Hochschule,
ferner waren beim Transport der Spannstative und der Markenstative
zwei Messgehilfen beschäftigt. Die Strecke ist mit jedem der Drähte je
einmal hin und einmal zurück gemessen worden, wie schon angedeutet, in
derselben Art wie die Messungen aus 1906 ; es ist nur diesmal kurz vor B,
nämlich am Endpunkt der 18ten Drahtlage von A aus, mit Benützung der
dem Basismeßsapparat beigegebenen Hilfsmarke ein Punkt B' vorüber-
gehend vermarkt und es ist bei jeder Messung die Strecke A B'. 18 Draht-
lagen, und am Schluss oder Beginn die rund 3,9 m lange Strecke B' B
mit dem 4 m-Band gemessen. Die Auflotung geschah durchaus mit Hilfe
seitlich aufgestellter Theodolite in beiden Lagen des Fernrohrs. Die Er-
gebnisse sind in derselben Art wie S. 435 notiert (die folgenden zwei
ersten Messungen sind mit Draht 63, die zwei letzten mit Draht 62 ge-
macht), wobei als Drabtl äugen die auch bei den Messungen von 1906
verwendeten, auf der endgültigen Mitteilung aus Breteuil vom Mai 1906
beruhenden, gebraucht sind (vergl. S. 432):
Basisstrecke AB bei Cannstatt, rund 436 m lang.
1.
•
Datum
2.
Draht
Nr.
3.
Mes-
sung
4.
Ergebnis
für
AB
5.
Temperaturen,
sonstige Be-
merkungen
über die äussern
Umstände
6.
Bemerkungen
7.
Mittl. Mestung»-
goschwindig-
keit, m pro
Stunde einf*cb»*r
31 ««-rang
(einschl. Z«it
for Lotting)
1907,
Juni
29.
,
63
63
62
62
13 AB
14 BA
16 AB
16 BA
435,8612
,8630
435,8637
,8637
+ 18« bis +28°;
\ zuerst bedeckter
j Himmel mit
f leichtem Wind,
nachher z. T.
i Sonne, ebenfalls
1 mit schwachem
I Wind. Im
ganzen Wetter
günstig.
Die Beobachter
alle zum erstenmal
an dem Apparat titig.
Messdraht beim Vor-
rücken von den
Spannstativen abge-
hängt. Lotung mit
seitlich aufgestellten
Theodoliten.
Sehr nahezu
400 m.
Digitized by Google
für Hochschulnachrichten. 645
Zu Spalte 5, äussere Umstände der Messung, sei noch bemerkt, dass
es Tags zuvor leicht geregnet hatte, was für die Erhaltung der Stellung
der Markenstative auf dem Weg, an dessen Rand AB liegt, als günstig
zu bezeichnen ist.
Betrachtet man die Abweichungen aller vier Zahlen, ohne Unter-
scheidung der Drähte, ganz aus zufälligen Fehlerquellen entstanden, so
ergibt sich als mittlere Abweichung einer der vier Messungen vom Durch-
schnitt der vier Messungen = + 1,18 mm oder aus der „innern
Uebereinstimmung* der vier Messungen ein mittlerer relativer Fehler einer
Messung von rund + V370000 (De* 436 m Länge). Daa grösste Interesse
bietet der Vergleich der neuen Zahlen mit den Ergebnissen der ersten 12
Messungen. Der Durchschnitt der vier neuen Messungen, Juni 1907,
435,8629 m weicht vom Durchschnitt der 12 ersten Messungen, 1906,
435,8606 oder besser der 11 Messungen (mit Weglassung der Messung
Xr. 10) 435,8611 um 2,3 oder 1,8 mm ab O/190000 oder V240000 der Länge).
Diese Abweichung ist etwas grösser als der durchschnittliche m. F. einer
Messung und um so mehr grösser als der m. F. je einer der Gruppen von
1906 und 1907; aber eine Andeutung über merkliche Veränderung (Ver-
kürzung) der Drahtlängen kann in den vorstehenden Zahlen doch nicht ge-
funden werden, vielmehr kann man sie nur als Bestätigung der genügenden
Erhaltung der Drahtlängen im abgelaufenen Jahr auffassen.
Ich hoffe die Messungen unserer Hilfsbasisstrecke AB regelmässig
fortsetzen und hier gelegentlich wieder über die Ergebnisse berichten zu
können.
Hochschulnachrichten.
Verzeichnis der Landwirtschaftlichen und geodätisch-
kulturtechnischen Vorlesungen
an der KonigL Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin 1.4, loialldenstr. Nr. 42,
im Wintersemester 1907/08.
(Auszug.)
1. Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau. Geh. Reg.-R.
Prof. Dr. Orth: Allgemeine Acker- und Pflanzenbaulehre, 1. Teil: Boden-
kunde und Entwässerung des Bodens. Spezielle Acker- und Ptianzenbau-
lehre, 1. Teil: Futterbau und Getreidebau. Landwirtschaftliches Seminar,
Abteilung: Ackerbau. Uebungen zur Bodenkunde. Grosses agronomisches
und agrikulturchemisches Praktikum (Uebungen im Untersuchen von Boden,
Pflanze und Dünger), gemeinsam mit dem Assistenten Dr. Berju. — Geh.
Keg.-R. Prof. Dr. Werner: Landwirtschaftliche Betriebslehre, etc. —
Prof. Dr. Lehmann: Aligemeine Tierzuchtlehre, etc. — Privatdozent Dr.
646 Hochschulnachrichten. . zeiuctmft nu
1907.
Völtz: Staatliche und private Massnahmen zur Hebung der Tierzucht in
Deutschland. — Privatdozent Dr. Müller: Pferdezucht. — Prof. Dr.
Lemmermann: Neuere Erfahrungen auf dem Gebiete der Agrikultur-
chemie und Agrikulturbakteriologie, üebungen in der Untersuchung und
Beurteilung landwirtschaftlich wichtiger Stoffe. Einführung in die Arbeiten
landwirtschaftlicher (agrikulturchemischer) Versuchsstationen für Fort-
geschrittenere. — Geh. Ober-Reg.-R. Prof. Dr. Fleischer: Die natur-
wissenschaftlichen Grundlagen der Moorkultur. — Prof. Dr. Fischer:
Landwirtschaftliche Maschinenkunde, etc. — Garteninspektor Lindemuth:
Obstbau. Allgemeiner Gartenbau. Weinbau. — Forstmeister Kottmeier:
Forstbenutzung. Forstschutz. Forsteinrichtung. — Regier.- und Baurat
Noack: Landwirtschaftliche Baulehre. — Prof. Dr. Hoff mann: Lagerung
und Behandlung von Getreide. — Zoologe Dürigen: Geflügelzucht und
deren Betriebe.
2. Naturwissenschaften, a) Physik und Meteorologie. Prof.
Dr. Börnstein: Experimental-Physik, L Teil: Mechanik, Akustik, Wärme-
lehre. Mechanik. Physikalische Uebungen. Wetterkunde. — Privatdozent
Dr. Less: Praktische Witterangskunde. Meteorologische Uebungen.
b) Chemie und Technologie. Prof. Dr. Buchner: Anorganische
Experimental-* Ihemie. Grosses chemisches Praktikum. Kleines chemisches
Praktikum. Chemische Uebungen für Landwirte. — Geh. Reg.-Rat Prof.
Dr. Delbrück: Technologie der landwirtschaftlich-technischen Gewerbe
mit praktischen Uebungen, in Gemeinschaft mit Dr. Parow. Brauerei-
betriebslehre und Technologie der Gärungsgewerbe. Seminar für Techno-
logie des Braugewerbes, mit Dipl.-Ingenieur Fehrmann und Dr. Bode. —
Privatdozent Prof. Dr. Marckwald: Analytische Chemie. — Privatdozeot
Dr. Mei8enheimer: Reaktionen organischer Atomgruppen.
c) Mineralogie, Geologie und Bodenkunde. Geh. Reg. -lt. Prof.
Dr. Gruner: Die bodenbiidenden Mineralien und Gesteine. Bodenkunde
und Bonitierung. Praktische Uebungen zur Bodenkunde. Praktische
Uebungen im Bestimmen von bodenbildenden Mineralien und Gesteinsarten.
d) Botanik und Pflanzenphysiologie. Geh. Reg.-R. Prof. Dr.
Kny: Anatomie und Morphologie der Pflanzen, in Verbindung mit mikro-
skopischen Demonstrationen. Botanisch-mikroskopischer Kursus, im An-
schluss an vorstehende Vorlesung: Arbeiten für Vorgeschrittene im bota-
nischen Institut. — Prof. Dr. Krüger: Pflanzenkrankheiten und Pflanzen-
schutz. — Privatdozent Dr. Magnus: Praktikum für Entwicklungsgeschichte
der Pflanzen unter besonderer Berücksichtigung feinerer Untersuchungs-
methoden. Botanisch-mikroskopischer Parallelkursus zu dem von Prof.
Dr. Kny. — Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Wittmac k: Samenkunde. Ver-
fälschung der Nahrungs- und Futtermittel. Mikroskopie der Nahrnngs- und
Futtermittel. Uebungen im Untersuchen von Aehren und Samen für Zucht-
TnamamnnM Personalnachrichten. 647
1907.
zwecke, sowie von (In krauts amen. — Privatdozent Prof. Dr. Kolkwitz:
Allgem. Süsswa8serbiologie. — e) Zoologie and Tierphysiologie, etc.
3. Tierheilkunde, etc.
4. Rechts- und Staats Wissenschaft. Prof. Dr. Auhagen: Agrar-
wesen und Agrarpolitik. Nationalökonomische Uebungen. — Prof. Dr.
Fa ss be mler: Soziale Fürsorge auf dem Lande. Die für den Landwirt
wichtigsten Fragen der Technik, des Zahlungs-, Kredit- und Börsenverkehrs.
— Geh. Ober-Reg.-Rat Pelz er: Reichs- und preussisches Recht.
5. Kulturtechnik. Geh. Oberbaurat von Münster mann: Kultur-
technik. Entwerfen kulturtechnischer Anlagen. Kulturtechnisches Seminar.
— Geh. Oberbaurat Nolda: Wasserbau (Seminar). Brückenbau. Ent-
werfen wasserbaulicher Anlagen.
6. Geodäsie und Mathematik. Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Vogler:
Tracieren. Grundzüge der Landesvermessung. Praktische Geometrie.
Messübungen, gemeinsam mit Prof. Hegemann. Geodätisches Seminar.
Geodätische Rechenübungen. — Prof. Hegemann: Kartenprojektionen.
Das deutsche Vermessungswesen. Uebungen zur Landesvermessung. Zeichen-
übungen. — Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Reichel: Höhere Analysis und ana-
lytische Geometrie (Fortsetzung). Darstellende Geometrie. Mathematische
Uebungen bezw. Nachträge. Zeichenübungen zur darstellenden Geometrie.
Beginn des Wintersemesters am 15. Oktober; der Beginn der Vor-
lesungen wird seitens der Dozenten durch Anschlag am schwarzen Brett
bekannt gemacht. — Programme sind durch das Sekretariat zu erhalten.
Der Rektor der Königl. Landwirtachaftl. Hochschule.
Zuntz.
Personalnachrichten.
Königreich Preuaaen. Katasterverwaltung. Zu besetzen: die
Katasterämter Marggrabowa im Reg.-Bez. Gumbinnen, Neuhaus a/0.
im Reg.-Bez. Stade, St. Vieth im Reg.-Bez. Aachen, Plön im Reg.-Bez.
Schleswig, Herford II im Reg.-Bez. Minden.
Versetzt sind: die Kat.-Kontr. St.-Insp. Schütter von Kosel nach
Stargard i/P., St.-Insp. Wolff von Stargard i/P. nach Potsdam, Anders
von Freystadt nach Görlitz, Friedrich von Kupp nach Kosel; der K.-K.
Paschke in Ostrowo als Katastersekretär nach Lüneburg, sowie der K.-S.
Reiter in Bromberg als Rentmeister und Katasterkontrolleur nach Strelno.
Die K.-L. Käufer in Lüneburg und Wawrzik in Breslau sind zu
Katasterkontrolleuren in Ostrowo bezw. Kupp bestellt worden.
Der K.-K. St.-Insp. Zemke in Hofgeismar ist mit der Wahrnehmung
der Geschäfte eines Katastersekretärs in Bromberg beauftragt worden.
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648 Personalnachrichten. _ z*tt«hjm für
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19077
Der K.-L. Marder in Posen ist zum Katasterkontrolleur in ausser-
ordentlicher Verwendung in Marien werder ernannt worden.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Oeneralkommissionsbezirk Cassel. Etatsm. angestellt vom 1./7. 07:
die L. Boll in Wiesbaden und Klause in Limburg. — Versetzt sind zum
1./9. 07: L. Lichtenstein von Carlshafen nach Hersfeld; zum 1./10. 07:
die L. Krantz und Springer von Marburg und Eckardt von Eschwege
nach Cassel (g.-t.-B.). — In den Dienst neu eingetreten sind am 1./10. 07:
Aus dem Bezirk der G.-K. Hannover: die L. Albrecht in Frankenberg
und Grenz in Fulda. — Aus dem Dienst ausgeschieden ist am U/& 07:
L. Volland U in Cassel, mindestens auf ein Jahr dem Meliorationsbauamt
Brie8en i/Westpr. überwiesen.
Generalkommissionsbezirk Münster. Versetzt sind zum 1./9. 07:
L. Uphues von Münster nach Coesfeld; zum 1./10. 07: die L. Westphal
von Minden nach Wesel, Sziedat von Minden nach Paderborn, Werner
von Paderborn und Bewer von Wesel nach Minden. — Ausgeschieden zum
1./7. 07: L. Rathke in Wesel, zwecks üebernahme der Gemeindeland-
Tnessergeschäfte in Lichtenberg bei Berlin.
Königreich Bayern. Vom 1. Sept. an wurden die Bezirksgeometer
1. Kl. Heinr. Schott, Vorstand der Mess.-Beh. Kusel, und Franz Wagner,
Vorstand der Mess.-Beh. Speyer, wegen Krankheit und dadurch herbei-
geführter Dienstunfähigkeit unter Anerkennung ihrer langjährigen, mit
Treue und Eifer geleisteten Dienste in den erbetenen dauernden Ruhestand
versetzt; die Bezirksgeometer 2. Kl. Karl Burkhardt, Vorstand der Mess.-
Beh. Hersbruck, und Heinrich Söldner. Vorstand der Mess.-Beh. Weissen-
born, zu Bezirksgeometern 1. Kl., zum Obergeometer beim Kat-Bureau der
Kat.-Geometer des Kat.-Bureaus Friedr. Tauber, zum Kat.-Geometer beim
Kat-Bureau der Mess.-Assistent des Kat.-Bureaus Matthias Geiger ernannt.
Königreich Württemberg. Kataster Verwaltung. Unter dem
5. August d. J. wurde die Bezirksgeometerstelle Stuttgart-Stadt dem Be-
zirksgeometer tit. Vermessungskommissär Löf f ler daselbst und diejenige
von Stuttgart -Amt dem Bezirksgeometer Gossenberger in Heilbronn
seinem Ansuchen gemäss übertragen. — Am 5. Juli verstarb Bezirksgeo-
meter a. D. Hegenmaier in Leutkirch, 70 Jahre alt.
Inhalt.
Danksagung. — Wissenschaft!. Mitteilungen: Polygonzugsausgleichung nach
der Methode der kleinsten Quadrate mit im voraus angenommenen mittleren
Fehlern, von Ferber. — Die Genauigkeit der Nonienablesung, von 0. Eggert.
— Neuere Beobachtungen der magnetischen Deklination in Deutschland und
Oesterreich, von J. B. Mess er Schmitt. — Ch. Lallemands Katastertheodolit,
von Eggert. — Nachtrag zu der Notiz über die Drahtraessungen der Hilfsbasia
bei Cannstatt, von E. Hammer. — Hoch sc hu In ach richten. — Personalnachrichten.
Vorlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck Ton Carl Hummer, Kgl. Hofbuchdruckarei in Stuttgart.
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649
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. SteppeS, Ober.teuerrat ond Dr. O. Eggert, ProfMior
1907. Heft 26. Band XXXYI.
— ->-? 11. September. —
Der Abdruck von Original- Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleltong ist untersagt.
Polygonzugsausgleichung
nach der Methode der kleinsten Quadrate mit im voraus
angenommenen mittleren Fehlern.
Von bta.lt. Oberverme88ungsin8pektor Ferber in Leipzig.
(SchluBS von Seite 635.)
g) Rechnungsgang.
Anschliessend an die Bemerkung im vorletzten Absatz des Abschnitts c
(S. 625) soll nun gezeigt werden, welchen geringen Arbeitsaufwand die
Anwendung des Verfahrens bei einigermassen guter Vorbereitung verursacht,
und ich meine, dies und anderes mehr am besten an einem Beispiele tun
zu können.
Za den Vorbereitungen wird die Entwerfung eines passenden For-
mulars, die Vorausberechnung des mittleren Brechungswinkelfehlers mß
(8. S. 626 u. 627), soweit Erfahrungen noch nicht vorliegen, und die S. 629
erwähnte Tabelle der mittleren Streckenmessungsfehler gehören, wenn eine
Tabelle for die zulässigen Abweichungen d nicht vorhanden ist.
Dass nach diesen Vorbereitungen — und erforderlichenfalls auch m i t
diesen — die Ermittlung der mittleren zu furchtenden Strecken- und Quer-
fehler M und fi nur einen minimalen Zeitaufwand erfordert, ist auf S. 628
und 629 bereits dargelegt worden. Ferner mag nochmals erwähnt werden,
dass die Rechnung selbstverständlich mit der Rechenmaschine, einige
Zwischenrechnungen mit dem Rechenschieber, wie jede Polygonzugsrechnung
am schnellsten durchzuführen ist.
Zeitschrift fflr VermurangtwMU 1907. H.ft 26. 47
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650 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. wmSSSSSmSmm
1&07.
Wenn man schliesslich durch einige Erfahrungen die im allgemeinen
zutreffende Annahme der mittleren Fehler M und /i bestätigt gefunden hat
und danach auf die Kenntnis der Grössen o, q, a und o> nach den Formeln
(16) und nach den Beziehungen auf S. 622, also auch auf die Berechnung
der endgültigen Streckenlängen, Neigungen und Brechungswinkel aus den
beobachteten Grössen und ihren Korrektionen verzichten und
nur die endgültigen Koordinatenunterschiede haben will, wie es
ja meistens der Fall sein wird, so kann man mit den Formeln (17) direkt
nach Ermittlung der Korrelaten &, und k2 die Verbesserungen i\ und v,
der vorläufigen Koordinatenunterschiede berechnen. Hierzu braucht man
aber die einzelnen "Werte Ä1, a2, B*, i>2, A B und a 6, deren Niederschrift
bei der Rechnung nach den Formeln (16) und (8) nicht nötig ist.
In dem auf S. 651 u. 652 gegebenen Beispiel, das die Berechnung eines
stark ausgebogenen Polygonzugs mit sehr verschieden langen
Seiten wiedergibt, habe ich alle in der vorliegenden Abhandlung abge-
leiteten Werte — von den mittleren Fehlern nach der Ausgleichung ab-
gesehen — zahlenmässig berechnet, um ein klares Bild der Fehlerverteilung
zu geben. Der lineare Schlussfehler des Zugs icx, = Vw\ -|- toK liegt
etwas über der Grenze der in der Leipziger Stadtvermessung für die mit
Latten und mit dem Mikroskoptheodolit (s. S. 109 und 110 Jahrg. 1895,
S. 329 ff. Jahrg. 1898 dieser Zeitschrift) gemessenen Hauptpolygonzüge
zulässigen Abschlussfehler, wenn man nach den auf S. 629 gemachten Be-
merkungen
max = d = 3 V2M = 4 Vi + 0,09 [«] -+- (0,02 [*])»
setzt, insoweit man überhaupt dieses Kriterium für gebrochene Poly-
gonzüge als zulässig ansehen will.
Die mittleren Streckenfehler M sind aus y = ~ Vi -f- 0,09 s -f (0,02 7)«
und die mittleren Querfehler fi nach der Formel (21 a) mit mß = +4*
(vergl. S. 111 Jahrg. 1895 dieser Zeitschrift) gerechnet.
Der Rechnungsgang dürfte im übrigen aus dem Beispiel selbst klar
ersichtlich sein ; ich habe die Werte t\ und rx , weil ich a und q berech-
net habe, nicht mit der Formel (17), sondern mit der Formel (8) gerechnet.
Will man aber mittlere Fehler nach der Ausgleichung mitrechnen, ist es
besser, auch die Grössen AA, aa, AB, ab u. s. f. niederzuschreiben.
Ueber das Resultat ist folgendes zu sagen:
Zunächst ist zu konstatieren, dass die grossen Koordinatenabschluss-
fehler im wesentlichen auf die Mangelhaftigkeit der Strecken zurückzuführen
sind, denn die Verbesserungen a tibersteigen durchweg die im voraus be-
rechneten mittleren Fehler, ohne dass dabei jedoch unzulässige Werte
(über 3 M) gefunden worden sind. Einen Anteil an diesen verhältnis-
mässig grossen Verbesserungen können auch die gegebenen Koordinaten
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des Zug8anfangs- und -endpunktes haben. Die Verbesseningen q weichen
im allgemeinen nicht erheblich von den mittleren Fehlern ^ ab.
Ks sei noch dem eventuellen Einwand begegnet, dass die grossen
Streckenverbesserungen ihre Ursache auch in einer mangelhaften Gewichts-
annahme haben könnten. Das Resultat der Ausgleichung wird durch eine
andere Gewichtsannahme nicht wesentlich beeinflusst, vorausgesetzt,
dass man bei der Gewichtsänderung innerhalb plausibler Grenzen bleibt.
Rechnet man den Zug noch einmal mit anderen Gewichten durch, indem
man an Stelle der im voraus angenommenen mittleren Streckenfehler Viel-
fache der ursprünglich eingeführten Grössen M einsetzt, die mittleren
Querfehler ^ aber ungeändert laset, so ändert sich selbstverständlich das
Ausgleichungresultat und zwar in der Weise, dass die Streckenverbesse-
rungen noch grösser und die Querverbesserungen noch kleiner werden.
Die sich ergebenden Abweichungen von den Resultaten der ersten Aus-
gleichung sind aber nicht erheblich; so z. B. hat eine neue Ausgleichung
mit neuen Werten M, die wegen der Grösse der Werte a* als 2,5-fache
der ursprünglichen M eingeführt worden sind, in den endgültigen Strecken
Unterschiede bis zu 3,5 mm (bei der ersten Strecke), in den Querverbesse-
rungen bis zu 5,5 mm (bei der letzten Strecke) und in den Koordinaten
Unterschiede bis zu 5 mm (für den Punkt der grössten seitlichen Aus-
biegung Nr. 2002 eine Gesamtverschiebung von 5* = 7 mm) er-
geben. Diese Abweichungen erscheinen bei der wesentlichen Gewichts-
änderung gering, zumal wenn man bedenkt, dass diese Gewichtsänderung
lediglich um ihre Wirkung zu zeigen, vorgenommen worden ist, sonst aber
durch nichts zu begründen ist; denn solche Fülle des Ueberwiegens der
wahrscheinlichsten Streckenfehler im Vergleich zu den zu erwartenden
wahrscheinlichsten Querfehlern (oder umgekehrt) werden immer möglich
sein und haben ihren Grund nicht in einer unzutreffenden Gewichtsbestim-
mung, sondern, insoweit nicht eben ausnahmsweise grosse Messungsfehler
der einen oder anderen Art vorliegen, in den gegebenen Koordinaten der
Zugsendpunkte.
Was geschieht aber nun, wenn man einen solchen Zug, wie den vor-
liegenden, nach einem der Gaussschen Verfahren ausgleicht? Ich habe
auf S. 654 und 655 die Resultate der Ausgleichung von S. 651 und 652
den Resultaten der Ausgleichung nach dem Gauss'schen Verfahren für
gestreckte Theodolitzüge gegenübergestellt, i) Dass unter Umständen
dieses Verfahren zu besseren Resultaten führen kann, als das Gauss'sche
') VergL Gau 88, die trigonometr. und polygonometr. Rechnungen in der
Feldmesskunst, 2. Aufl., S. 418. Obwohl die Unzul&ssigkeit dieses Verfahrens
für stark ausgebogene Züge bekannt ist, wird es doch häufig dann angewendet,
wenn vereinzelte solche Züge unter den in der Hauptsache gestreckten Zagen
einer Vermessung mit vorkommen.
Digitized by Google
654 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. vefmMre25J!iM
Resultate der Ausgleichung des stark aus-
Nach dem Gauss'schen Verfahren
für gestreckte Züge.
Punkt
Brechungs-
winkel-
verbessng.
(Di =
an»! — CU
Neigungs-
ver-
besserung
Quer-
besserung
Strecken-
besserung
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der
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Verbesserungen
der
Torlauf. Koordin.
a = ez q
q = 9Z8
a = 98
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+ 19
+ 35
mm
mm
mm
mm
mm
mm
1298
2000
2001
+ 19
+ 10
+ 6
+ 53
+ 8,5
+ 3,5
+ 3,0
+ 6
+ 3
"+ 9
- 1
- 3
- 1
+ 6
+ 9
-4- 18
— 1
— 4
— 5
2002
2003
2004
1304
0
- 6
- 10
- 19
+ 35
+ 29
+ 19
+ 12,6
+ 10,8
+ 15,6
+ 4,5
+ 4,6
+ 10,4
- 7
- 5
+ 2
- 12
- 10
- 19
+ 11
+ 6
+ 8
-H
- 46
0
+ 27,6
= f,
= U
t In t*)
z = — , r OrdnungsziflFer der Strecken, n Anzahl der Brechungswinkel
l as + 0,0001 007 c = + 0,0000 608
Verfahren fttr stark ausgebogene Züge, wird später an einem anderen
Beispiel gezeigt werden.
Betrachten wir zunächst die Resultate auf S. 654 und 655. Infolge
des Fehlens der jener Berechnungsart zugrunde liegenden Voraussetzungen
ergeben sich ganz erheblich andere Resultate , als aus der Ausgleichung
nach der Methode der kleinsten Quadrate. ' Infolge der Proportional-
verteilung eines nicht richtig berechneten Längeneinheitsfehlers e erhalten
alle Strecken Verbesserungen dasselbe Vorzeichen, was zwar in der Regel
zutreffen, aber nicht unter allen Umständen zu einwandfreien Resultaten
führen wird. Ferner sind die Streckenverbesserungen durchweg kleiner in
der Ausgleichung nach Gauss als in der Ausgleichung nach der Methode
der kleinsten Quadrate — zufällig weichen sie im vorliegenden Falle,
absolut genommen, von den im voraus ermittelten mittleren Fehlern nicht
erheblich ab — , aber der Gesamtlängenfehler, die Summe der einzelnen
Streckenverbesserungen, beträgt in der Ausgleichung nach Gauss + 27,6 mm
und in der Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate nur
+ 15,5 mm. Trotzdem und infolge der zu kleinen Streckenverbesserungea
erleiden die Neigungen und Brechungswinkel im Gauss'schen Verfahren
ganz bedeutende Veränderungen, die durch nichts zu begründen sind.
Digitized by Google
zeiuehrifi für Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. 655
1907.
gebogenen Polygonzugs von Seite 651 nnd 652.
Nach der Methode der kleinsten Quadrate.
Brechungs-
winkel-
verbessng.
Neigungs-
ver-
besserung
Quer-
ver-
besserung
Strecken-
ver-
besserung
Verbesserungen
der
Koord.-Cntersch.
Verbesserungen
der
vorläuf. Koordin.
Punkt
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mm
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+ 0,2
+ 0,5
+ 2,1
- 8,5
- 3,0
- 7,9
+ 9.9
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- 3
+ 5
- 6
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- 12
- 7
- 6
— 8
-15
-24
1298
2000
2001
2002
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W\ Hl
+ 4
— 9
+ 5
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+ 13
+ 7,1
+ 10,3
+ 14,7
+ 5
+ 10
- 9
-13
- 2
+ 8
-33
-46
2004
1.304
0
+ 15,5
= - "»
= — u>.
Berechnet mit mß = ± 4"; ft = -mß.R; B = \ r(w - r) = V z
M= Vi + 0,09 * + (0,02«)».
Dass hieran nicht immer die fälschlicherweise erfolgte Anwendung der
Ausgleichungstheorie für gestreckte Zuge aliein die Schuld trägt, dass also
unter Umständen auch die für stark ausgebogene Züge geschaffenen Aus-
gleichungsverfahren keine Abhilfe bringen, werden die Resultate eines
zweiten Beispiels lehren.
Die bedenklichste Verschiedenheit der beiden Ausgleichungsverfahren
weisen aber die endgültigen Koordinaten auf, wie gleichfalls aus S. 654
und 655 hervorgeht. Die Koordinatenverbesserungen für den Punkt 2002,
die durch Unterstreichung hervorgehoben worden sind, differieren in den
beiden Berechnungen um 18 -f- 12 == 30 mm in der //-Richtung und um
— 5 4~ 15 = 10 mm in der x- Richtung; die ausgeglichene Lage des
Punktes 2002 differiert also in beiden Berechnungen um V3Ö* + 10«
= + 32 mm. Rechnet man die mittleren Koordinatenfehler nach der
Formel (33) (s. S. 633), so erhält man für m, und ma nur je + 12 mm.
Die Resultate des mehrfach genannten zweiten Beispiels sind auf
S. 658 und 659 zusammengestellt. Sie betreffen einen Polygonzug mit noch
grösserer seitlicher Ausbiegung, als sie der erste besitzt. Die Anwendung
des Gauss'schen Verfahrens für gestreckte Theodolitzüge auf diesen Zug
Digitize
656 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. voraäSSKÄ»
erscheint von vornherein unzulässig. Ich habe aber die Fehlen crteilnng
trotzdem nach diesem Verfahren und ausserdem noch nach dem Verfahren
für stark ausgebogene Züge1) und ferner nach der Berechnung des
Punktes der stärksten Ausbiegung als Knotenpunkt«) auch noch nach
einem dritten, dem einfachsten Verfahrens) durchgeführt und alle daraus
gefandenen Ergebnisse den Resultaten der Ausgleichung nach der Methode
der kleinsten Quadrate gegenübergestellt. Der Polygonzug, auf den diese
Rechnungen angewendet worden sind, ist einer Feldmessung niederer Ord-
nung entnommen — Stahlbandmessung und Winkelmessung mit dem Nonien-
theodolit — und aus zwei Zugteilen am Punkte IV künstlich zusammen-
gefügt; dieser Punkt war ein trigonometrisch bestimmter, dessen Koordi-
naten jedoch für die vorliegenden Untersuchungen ausser Betracht geblieben
sind. Um diesen stark geknickten Zug nach der Methode der kleinsten
Quadrate auszugleichen, sind die mittleren Streckenfehler M einfach der
betreffenden Tabelle der preussischen Katasteranweisung IX als Viertel
der zulässigen Abweichungen zweier Längenbestimmungen entnommen —
es lag Doppelmessung vor, vergl. S. 629 — und die mittleren Querfehler
ix Bind mit einem mittleren Brechungswinkel fehler mß = + 20" nach
Formel (21) (s. S. 628) gerechnet, weil die Brechungswinkel in 2 Sätzen
gemessen worden sind (mß == + 0,5' : V^). Die Koordinatenschlussfehler
f9 und fm zu — 28 bezw. — 13 cm sind im Sinne der preuss. Kataster-
anweisung IX durchaus keine unzulässigen; sie zerfallen, im Punkte IV
nach der Knotenpunktsberechnung zerlegt , in — 20 und — 8 bezw. — 9
und — 4 cm, so dass die linearen Schlussfehler der beiden Zugteile noch
nicht einmal die Hälfte bezw. das Drittel der zulässigen linearen Schluss-
fehler erreichen (für die Längen der beiden Zugteile 399 m und 183 m).
Die Vergleichung der Ergebnisse auf S. 658 und 659 liefert ein be-
merkenswertes Resultat. Die wahrscheinlichsten Verbesserungen der Strecken
in dem Ausgleichungsverfahren für gestreckte Züge sind nicht erheblich
verschieden von den nach der Methode der kleinsten Quadrate gefundenen
Streckenverbesserungen — letztere sind immerhin noch etwas kleiner —
und sie besitzen in beiden Methoden das gleiche Vorzeichen. Die Methode
der kleinsten Quadrate liefert aber wesentlich kleinere Neigungs- und
Brechungswinkelkorrektionen als die anderen drei Verfahren. Die grössten
Winkelfehler hat die Fehlerverteilung proportional den Streckenlängen
(nach erfolgter Knotenpunktsberechnung) ergeben, aber auch die Aus-
gleichung als stark ausgebogener Zug hat zu unzulässigen Winkelverände-
rungen geführt. Alles in allem ist gegen die Ergebnisse der Ausgleichung
») Vergl. Gauss, die trigonometr. und polygonometr. Rechnungen in der
Feldmesskunst, 2. Aufl., S. 427.
*) Desgl. S. 433.
») Desgl. S. 480.
zed by Googl
wJSSSSSSSm Ferner. Polygonzugsausgleichung etc. 657
1907.
nach der Methode der kleinsten Qaadrate nichts einzuwenden. Eine gra-
phische Darstellung des Zugs, in zwei Teilen vom Anfangs- und Endpunkt
nach dem Punkte IV zu aufgetragen, unter Zufügung der Koordinaten-
verbesserungen aus allen 4 Methoden in vergrößertem Massstabe, zeigt
deutlich, dass die Ausgleichung nach der Methode der kleinsten Quadrate
die geringsten Verschiebungen in der Lage der einzelnen Polygonseiten
hervorruft. Analytisch ist ja dieses Minimum der Verschiebungen durch
die Minimumbedingung (4) auf S. 623 ausgedrückt, und man kann sich
davon auch zahlenmassig leicht Uberzeugen, wenn man in allen 4 Methoden
die Summe der Quadrate der wahrscheinlichsten Verbesserungen bildet,
nachdem man sie vorher durch Division mit den mittleren zu fürchtenden
Strecken- und Neigungsfehlern in die Grössen or' und q' (vergl. S. 623)
übergeführt hat. Die Quadratsumme [a'a*] -f- [q'qf] ergibt sich aus den
4 Verfahren in der Reihenfolge der Tabelle auf S. 658 und 659 zu:
31 cm«, 76 cm*, 64 cm« und 10 cm».
Bei dem vorliegenden Beispiel hat also gerade das Ausgleichungsverfahren
für stark ausgebogene Züge die grössten Abweichungen vom Prinzipe der
kleinsten Fehlerquadratsumme geliefert.
Die Abweichungen für die ausgeglichene Lage des Punktes der grössten
seitlichen Ausbiegung, Punkt IV, gehen aus der Tabelle S. 658 und 659
hervor; man findet beim Vergleich der zweiten und der vierten Berech-
nung nach der Tabelle Unterschiede von 13 cm in der y -Richtung und
7 cm in der x Richtung, also in Anbetracht der Abschlussfehler von 28
und 13 cm ziemlich erhebliche Differenzen.
Der Mehraufwand von Zeit, den die Ausgleichung nach der
Methode der kleinsten Quadrate im Vergleich zu den Gauss'schen Ver-
fahren mit sich bringt, besteht, wenn zunächst die Anwendung der Aus-
gleichung als gestreckter Zug in Vergleich gezogen wird, im wesentlichen
nur in der Berechnung der Korrelaten kx und Ä-2 nach Formel (15), wozu
die Grössen X, Y und Z nach (13) zu bestimmen sind, nachdem die Multi-
plikationen der Sinus- und Kosinusfunktionen mit M und ft ausgeführt
worden sind. Hiergegen hat im Gauss'schen Verfahren die Berechnung des
Längeneinheitsfehlers e und des Winkeleinheitsfehlers e nach den Formeln
Y[Ay] + X[äx) ma *- Y[Ay] + X[Ax)
und hierzu die Bestimmung der Grössen
Y=[zAp] und X=[zAx]
zu erfolgen. Die übrige Rechenarbeit ist in beiden Verfahren dieselbe.
Ich habe den Mehraufwand von Zeit bei einem Zug von 10 Strecken
zu 30 Minuten gefunden, gewiss ein geringer Zeitunterschied, wenn dabei
brauchbarere Ergebnisse zu erlangen sind.
Digitized by Google
658
Ferber. Polygonzugsausgleichung etc.
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6
660 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. ^luchrtit^mr^
Rechnet man nach dem Verfahren von Gauss für stark ausgebogene
Züge, so bleibt der Zeitaufwand nahezu derselbe wie für gestreckte Züge ;
bestimmt man aber zunächst einen Punkt als Knotenpunkt, so dürfte man
auf dem Wege nach der Methode der kleinsten Quadrate wohl ebenso
schnell zum Ziele gelangen. Ausserdem sind aber auch diese beiden letzt-
genannten Verfahren nur gut anwendbar, wenn die Zugsgestalt eine aus-
gesprochen stark ausgebogene (in einem Punkt geknickte) ist, nicht aber
für mehrfach gebrochene Züge, Zickzackzüge, umkehrende und geschlossene
Polygonzüge, die sämtlich der Anwendbarkeit des Ausgleichungsverfahrens
nach der Methode der kleinsten Quadrate keine Schranken setzen.
Die Verschiedenheit der Ergebnisse nach den verschiedenen Methoden
•
wird selbstverständlich ausser von der Zugsgestalt ganz besonders von der
Grösse der Abschluss Widersprüche abhängen und mit diesen wachsen. Wo
kleine Fehler zu verteilen sind, gibt es auch wenig verschiedene Resultate
der verschiedenen Rechnungsarten. Es können sich aber trotz eines kleinen
Widerspruchs in der einen Koordinatenachsenrichtung grosse Abweichungen
auch in den endgültigen Koordinaten dieser Richtung zeigen, wenn der
Abschlussfehler in der anderen Achsenrichtung erheblich ist.
h) Ein Spezialfall.
Schliesslich dürfte es noch von Interesse sein, wie sich die Berechnung
eines gestreckten oder nahezu gestreckten Polygonzugs nach den an-
gegebenen Regeln des Abschnitts c gestaltet.
Nimmt man einen völlig gestreckten Zug an, so dass man
8ttl V| SS WM Vf — .... — • 8tt% 9
cos vt = COS V, = . . . . = CO» V
setzen kann, so gehen die Formeln (15) über in:
,ft .. , sinv _ . cos v - . cos v - sin v
worin die Grössen:
(35) 2 = — («v *»w • + *»■ cos v) und Q = — (u>, cos v — wm sin v)
zu setzen sind. Ferner ergeben sich für die Streckenverbesserungen a
und die Querverbesserungen q, die Formeln:
(36) a, = 2 j!JV = AP.e q< = Q = p*< « ,
also sehr einfache Ausdrücke, deren numerische Ausrechnung nach der
einfachen Berechnung der Grössen 2 und Q ebenfalls sehr einfach ist.
Vergegenwärtigt man sich, dass die Grössen 2 und Q nichts anderes sind
als der Längsfehler und der Querfehler des gestreckten Zugs, so ergibt
sich, dass in dem abgeleiteten Ausgleichungsverfahren diese Gesamtfehler
auf die einzelnen Strecken und Neigungen lediglich proportional den
Digitized by Google
Vr^l'"_--i^L, Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. 661
Quadraten der mittleren zu fürchtenden Fehler der Strecken und Neigungen,
also völlig im Einklänge mit der Fehlertheorie verteilt werden. Im Ver-
gleich zum Gauss'schen Verfahren geschieht dies mit dem Unterschiede,
dass dort die mittleren Streckenfehler einfach proportional den Quadrat-
wurzeln aus den Streckenlängen, hier aber proportional einem genaueren
Ausdrucke, der sich aus regelmässigen und unregelmässigen Fehler-
teilen gemäss Formel (22) zusammensetzt, angesetzt sind, und mit der
weiteren Verschiedenheit, dass im Gauss'schen Verfahren die Neigungs-
verbesserungen infolge der Annahme möglichst gleich langer Strecken von
diesen unabhängig gemacht sind. Infolge der Voraussetzung nur gestreckter
Züge bedarf es im Gauss'schen Verfahren auch nicht der Berücksichtigung
des für einen Zug konstanten Faktors m^, der in dem hier behandelten
Verfahren in den Ausdrücken für die mittleren Winkelfehler nach Formel
(19) enthalten ist. Auch in dem hier beschriebenen Verfahren würde für
gestreckte Züge die Berücksichtigung dieses Faktors unnötig sein, denn
die Grössen qt bleiben ungeändert, wenn alle Grössen p durch tnß dividiert
werden, und die Grössen o, sind von p unabhängig, ebenso wie die Grössen
qt von M unabhängig sind. Die Querfehler und Neigungsverbesserungen
werden im Gauss'schen Verfahren für gestreckte Züge dann denselben
Grössen der vorliegenden Ausgleichungsmethode gleich, wenn alle Strecken
gleich lang sind.
Die Verbesserungen an die vorläufigen Koordinatenunterschiede er-
geben sich aus folgenden Formeln:
!v9 = e M*i 8inv-\-e co$ v % q
, . mit e = 71ijiT und e = y-jr,
vX( = eM*i cos v — e p*t stn v [M*J [/♦*]
Der Berechnungsgang dieser Werte entspricht vollkommen demjenigen
der entsprechenden Werte im Gauss'schen Verfahren für gestreckte Theo-
dolitzüge und dürfte einen grösseren Zeitaufwand als jener nicht erfordern.
Inwieweit nun dieses Verfahren näherungsweise, aber doch mit ge-
nügend genauen Ergebnissen, auf nicht genau gestreckte Züge angewendet
zu werden vermag, wird man am besten praktisch folgendermassen fest-
zustellen vermögen.
Man bildet aus allen im Zuge vorkommenden Sinusfunktionen und aus
allen Kosinusfunktionen je ein arithmetisches Mittel auf 2 bis 3 Dezimalen,
berechnet mit den so gefundenen sin y und cos ? die Grössen 2 und Q
und sieht zu, welche Abweichungen man erhält, wenn man an Stelle der
Mittelwerte sin f und cos v die Extreme sin »< und cos n einführt. Aus
den hierbei sich für 2 und Q zeigenden Verschiedenheiten wird man be-
urteilen können, ob man das genäherte Verfahren anwenden will oder nicht
In der Regel wird man wohl von dem ausführlichen scharfen Verfahren
dann absehen dürfen, wenn die Verschiedenheiten nur wenige Einheiten
Digitized by Google
662 Ferber. Polygonzugsausgleichung etc. ^^tuctormrer^
des kleinsten in die Rechnung eingeführten Längenmasses (Zentimeter oder
Millimeter) betragen, denn die einzelnen Fehler, die durch ein solches
Näherungsverfahren in den Werten o, und q, und somit auch in den Grössen
vy und v, begangen werden, werden nur Bruchteile der Ungenauigkeiten
in den Grössen 2 und Q sein. Zu beachten ist noch, dass man, wenn alle
Rechenkontrollen stimmen sollen, auch bei der Berechnung der Grössen
v9 und v* die Mittelwerte sin ? und cos t zu verwenden hat.
Eine theoretisch genaue Feststellung des Kriteriums, inwieweit das
abgekürzte Verfahren nach den Formeln (34) und (37) auf nur annähernd
gestreckte Züge angewendet werden kann, dürfte nicht am Platze sein,
weil man im Zweifelsfalle wohl eher zur Anwendung der scharfen Formeln
nach Massgabe des Abschnitts c vorschreiten wird.
i) Schlussbemerkungen.
Die angegebene Anwendung des Prinzips der kleinsten Fehlerquadrat*
summe auf Polygonzugsausgleichungen ist meines Erachtens eine plausible.
Das Ausgleichungsverfahren erscheint mir mit einfachen Mitteln und ohne
Weitläufigkeiten auf alle Formen von Polygonzügen anwendbar und liefert
vermöge der Beschaffenheit der Grössen O' und q' nach den Formeln (16)
einen Einblick in die Fehlerverteilung wie wohl kein anderes. Die prak-
tische Brauchbarkeit der im voraus ermittelten Werte für die mittleren
Fehler M und ^ ergibt das Verfahren von selbst , und infolge der Zu-
sammensetzung der mittleren Fehler M auf Grund des Fehlergesetzes für
die Längenmessungen ist auch dem Einfluss regelmässiger Fehler der
Längenmessung Rechnung getragen, wie sich für gestreckte Züge ans
den Formeln (36) und (37) von selbst ergibt, während man bei ge-
brochenen Zügen überhaupt nicht von vornherein in der Lage ist, einen
konstanten Fehler der Streckenmessung feststellen zu können, sondern ab-
warten muss, ob die Ausgleichung erhebliche, durchweg in einem Sinne
wirkende Streckenfehler hervorbringt. Den geringen Mehraufwand von
Zeit kann man wohl in Kauf nehmen, wenn man gezwungen ist, Polygon-
züge auszugleichen, bei denen die zur Anwendung eines einfacheren Aus-
gleichungsverfahrens nötige Form nicht erreichbar gewesen ist. Dass dies
in der Praxis häufig vorkommt, wird wohl kaum bestritten werden.
Schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass das Verfahren erst der Be-
rechnung der Polygonzüge mit der Rechenmaschine und mit den natür-
lichen Sinus- und Kosinusfunktionen an Stelle der Logarithmen seine be-
queme Anwendbarkeit verdankt.
Leipzig, im April 1907.
zed by Google
zaiwchririjiir^ Aus den Zweigvereinen. 663
IWr*
Aus den Zweigvereinen.
Württembergischer Bezirksgeometerverein.
Am Sonntag, den 28. Juli d. J., fand in Stuttgart die Jahresversamm-
lung des Vereins statt. Vor Eintritt in die Tagesordnung gedachte der
Vorsitzende der im abgelaufenen Vereinsjahr durch den Tod abgerufenen
Kollegen: Volz-Tuttlingen , Hegenmaier-Leutkirch und Zoller-Ravens-
burg, von welchen die beiden ersten sich ausser Dienst befanden, der letz-
tere aber noch im Dienst stand. Ferner wurde noch vom Vorsitzenden
Ausdruck verliehen den allseitig geteilten Gefühlen der Freude und Dank-
barkeit gegen die Staatsregierung und die Ständekammer für Vorlage und
Verabschiedung des neuen Beamtengesetzes, durch welches nunmehr auch
den langjährigen Wünschen und Bestrebungen der Bezirksgeometer nach
Anstellung auf Lebensdauer mit Pensionsberechtigung Rechnung getragen
wird.
Aus den Verhandlungen der Tagesordnung sei hier nur erwähnt, dass
in beiden Ständekammern der Wunsch nach Vereinfachung des Vermessungs-
verfahrens, speziell bei den Feldbereinigungen, laut geworden ist, welchem
Wunsche möglichst entgegenzukommen die Vertreter der Staatsregierung
zusicherten. Eine Vereinfachung dieses Verfahrens ist schon durch Erlass
des Kgl. Steuerkollegiums, Abteilung für direkte Steuern, vom 5. Okt. 1900
gestattet worden; eine weitergehende Vereinfachung auf diesem Gebiet
dürfte nach den in der Versammlung zutage getretenen Ansichten und
Aeus8erungen schweren Bedenken begegnen; jedenfalls dürfte eine solche
weder auf Kosten des Systems der Landesvermessung, noch auf Kosten
der Zuverlässigkeit und Rechtssicherheit in der Fortführung derselben er-
folgen. Von Wichtigkeit in dem Vermessungsverfahren sei es auch, dass
die Grundstücksgrenzen im Bedarfsfalle in Zukunft auf einfache und billige
Weise sicher wieder bestimmt werden können. Eine Vereinfachung und
Verbilligung des Feldbereinigungswesens könnte vielleicht auch auf anderem
Gebiet als dem des Vermessungsverfahrens gesucht und gefunden werden.
Die weiteren Punkte der Tagesordnung gaben zu eingehenderen De-
batten keine Veranlassung. — Der Veranstaltung einer Feier im Jahre 1908
zur Erinnerung an die Gründung des Vereins (früher Oberamtsgeometer-
verein) und dessen 25 jährigen Bestand wurde allseitig zugestimmt und
der Vereinsausschuss mit der Einleitung betraut.
Nach Entgegennahme des Kassenberichts und Wahl der Vorstand-
schaft, in welcher durch Akklamation die bisherigen Mitglieder wieder zur
Leitung des Vereins berufen wurden, war die Tagesordnung erschöpft und
wurden vom Vorsitzenden die Verhandlungen geschlossen.
Reutlingen, im August 1907. Gehring.
-
664 PerBonalnachrichten. _ zeitechrm rar
1W7.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Ordensverleihungen: Dem Oberland-
messer a. V., Vermessungsrevisor Martin Pläbn zu Schneidemühl wurde
der Rote Adler-Orden 4. Kl. verliehen. Der gleiche Orden wurde anläss-
lich der Allerhöchsten Anwesenheit in der Provinz Hannover verliehen:
den St.-L, Katast er kontrolleuren Kortmann in Hannover und Obermann
in Goslar, sowie den Oberlandmessern Kl an der in Duderstadt und Franz
Schulze in Aurich; ferner anlässlich der Allerhöchsten Anwesenheit in
der Provinz Westfalen der Rote Adler-Orden 4. Kl. dem Oberlandmesser
Keller mey er in Monster, dem Oberlandmesser und Vermessungsrevisor
Schlichter in Münster und dem Steuerinspektor, Kat.-Kontrolleur Vi sa-
ri us in Arnsberg, dann der Kgl. Kronenorden 4. Kl. dem Oberlandmesser
Schmeetz bei der Provinzialverwaltung in Münster.
Katasterverwaltung. Gestorben: St.-l. Pickel in Siegen.
Pensioniert: die St.-l. Bahl in Wallmerod, Köhler in Isenhagen.
Schreiber in Strelno, Scharffenorth in Posen I.
Versetzt: St.-K. Deiters von Münster nach Potsdam; St.-I. An acker
von Langensch walbach nach Wallmerod; K.-L. Ia Beust von Posen nach
Cöln; die K.-K. Müller von Angerburg nach Hofgeismar, Buch von Mar-
grabowa nach Posen I, Wortmann von Neuhaus nach Langenschwalbach,
Loewen von St. Vith nach Rüdesheim.
Befördert: Zum Kat.-Inspektor : St.-I. Pfundt von Marienwerder nach
Bromberg. — Zu Kat. -Kontrolleuren bezw. Kat.-Sekretären : die K.-L.
Waetzmann von Posen nach Sullenschin, Schreiber von Königsberg
nach Angerburg, Schmeil von Liegnitz nach Freystadt. — Zu Kat-Land-
messern la: die K.-L. Ib Müller von Trier nach Aachen, Brunkow von
Erfurt nach Marienwerder.
Zu besetzen: Kat.- Amt Siegen im Reg.-Bez. Arnsberg.
Bemerkungen: K.-L. Ib Ernst Meyer zum 1./8. 07 ausgeschieden.—
St.-I. Klauser in Essen ist ab 1./9. 07 zur informatorischen Beschäftigung
in das Finanzministerium einberufen.
Königreich Bayern. Katasterdienst. Vom 1. Sept ab wurde der
gepr. Geom.-Praktikant Eugen Slevogt in Bayreuth zum Mess. -Assistenten
bei der Reg.-Finanzkammer von Oberfranken, der gepr. Geom.-Praktikant
Max S tie 8 8 in Bruck zum Mess.- Assistenten bei der Reg.-Finanzkammer
von Oberbayern ernannt.
Flurbereinigungskommission. Zum Obergeometer bei der Flur-
ber.-Komm. wurde der Flurber.-Geometer 1. Kl. Lorenz Mehler, zum
Geometer 1. Kl. bei der Flurber.-Komm. der Geom. 2. Kl. Anton Brandl
befördert und zum Geometer 2. KL dieser Kommission der Mess. -Assistent
Wilhelm von Seal a ernannt.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Polygonzugsausgleichung nach der Methode der
kleinsten Quadrate mit im voraus angenommenen mittleren Fehlern, von Fe r her.
(Schluss.) — Aus den Zweigvereinen. — Personalnachrichten.
_ . . . .
Verlag von Konrad Wittwer In Stuttgart.
Druck von Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei in Stuttgart.
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ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
*
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Oberateuerrat un<J Dr. 0. Eggert, Protestor
München 23, Katasterbureau. Danxig-Langfuhr, Ahornweg 10.
— -M-
1907. Heft 27. Baud XXXYI.
21. September. •-< — -
Der Abdruck ron Original - Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Neue Tafel zur Berechnung von Kreissegmenten.
Von D. Roether, Kgl. Bezirksgeometer in Würzburg
und K. Lüdemann, Landmesser in Zehlendorf- Wannseebahn.
Im modernen Städtebau werden die Strassen grenzen häufig durch Kreis-
bögen gebildet; demgemäss sind sowohl bei der Berechnung der Block-
flächen, als auch bei derjenigen der einzelnen Bauplätze Segmenttiächen
zu bestimmen.
Als Grundlage dieser Flächenberechnung stehen meistens die Sehne s,
die Pfeilhühe h als gemessene Grössen und der Radius r aus dem Be-
bauungs- bezw. Fluchtlinienplan oder den Absteckungsrissen zur Verfügung.
Bei kleineren Flächen kann der Kreisabschnitt genügend genau als Parabel-
segment aufgefasst und demgemäss zu
flächeninhaltlich ausgewertet werden. Ueberschreiten dagegen diese Flächen
eine gewisse Grösse, die in jedem einzelnen Fall durch die Höhe des ent-
sprechenden Bodenpreises oder aber durch die in den staatlichen Vor-
schriften gegebenen Fehlergrenzen bestimmt wird, so muss man zu einer
Berechnung greifen, die selbst bei Benutzung der entsprechenden Hilfs-
tafeln, welche der Gauss'schen fünfstelligen Logarithmentafel beigegeben
sind, recht umständlich ist. Es stehen hierzu die Formeln
br »(r-M _ r'q «(r-A) r»
~2 2 - 2e 2 = 2 (flrC a ~ 8m a)
zur Benutzung, von denen für Maschinenrechnen die letzte noch die be-
quemste ist.
Zeitichrift for VenneMungaweten 1907. Heft 27. 48
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668 Roether-Lüdemann. Tafel zur Berechn. v. Kreissegmenten, ggggrtttar
Allerdings gibt es einige Näherungsformeln , die jedoch für eine Be-
rechnung unter lediglicher Zugrundelegung gemessener Masse kaum ver-
wendbar sind. So hat Pull er in seiner Arbeit: „Zur Inhaltsbestimmung
eines Kreisabschnittes" in dieser Zeitschrift Bd. XXXIV (1905) S. 162 1)
einige Xäherungsformeln gegeben, welche sich aus der Flächenformel für
das Parabelsegment entwickeln und besonders dann, wenn der Kreis-
abschnitt in einer Zeichnung vorliegt, zur Verwendung geeignet erscheinen.
Ferner entwickelte Wedemeyer ebenfalls in dieser Zeitschrift Bd. XXXV
(1906) S. 216 aus dem von Lambert (Beiträge zur Mathematik § 76)
gegebenen Ausdruck
28 sin (p 4- »in 2<p tp1
9 ~ 18 + 12 COS tp h 8l00 +
eine wiederum bei Entnahme betreffender Rechnungsfaktoren aus einer
Karte und Benutzung einer der Arbeit beigegebenen kleinen Tafel brauch-
bare Formel.
Von eigentlichen Hilfstafeln für die Berechnung von Kreissegmenten
ist nur eine verbreitet, welche sich in dem „Taschenbuch der Mathematik"
von Dr. Ligowski (HL Aufl., Berlin 1893) auf Seite 67 vorfindet. Sie
gründet sich auf die Formel
r»
F = -g- (arc a — «im o) ,
woraus sich ergibt
F (arc a — sin a)
r*n 2*
Die Tafel gibt nun den Quotienten
(arc a — sin a)
* = — u —
von x = 0,000 bis x = 0,500 für das Intervall 0,001 in fünfstelligen
Werten, während x = ist. Aber die Auswertung F= nr*n ist
wegen des Quadrates von r nicht sehr bequem.
Bezirksgeometer Roe the r bestimmte nun eine Funktion X unter der
Festsetzung F= h.s.X
und versah zunächst seine Rechenscheiben mit einer dementsprechenden
Einrichtung, über welche in diesem Jahrgang dieser Zeitschrift auf S. 513
und 514 unter Beigabe einer dreistelligen Tafel für X berichtet worden ist
Nunmehr ist für die Funktion X eine fünfstellige Tafel mit dem Intervall
0,001 des Arguments hfr berechnet worden, die auf S. 666 und 667
wiedergegeben ist.
Zur Entnahme des entsprechenden Wertes X aus der Tafel bildet man
den Quotienten Ä/r, was, da dieser mit drei Dezimalen genügend genau
') Vergl. auch Zeitschrift des Hannov. Arch.- und Ing.- Vereins 1893, Heft 6,
S. 554.
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z*ucbrift für Bacherschau. 669
?«m«Mun«« w e««u
1907.
bestimmt ist, mit dem Rechenschieber oder der Rechenscheibe ausgeführt
werden kann. Sind zur Berechnung einer Segraentflftche nur s und r be-
kannt, so erhält man «/2 _ ^ ^
r
und (1 — cos a) r = (2 sin9 a/2) r = s/2 a/2 = Ä,
so dass man nunmehr den Quotienten hjr bilden kann. Die Auswertung
des Produktes F — h . s . X kann mit der Maschine, einer Produktentafel,
der Roetberschen Präzisionsrechenscheibe oder auch logarithmisch erfolgen.
Beispiel: s = 7,84 m hjr — 0,379
h = 1,895 m X = 0,6969
r = 5,00 m F = 10,49 m.
Für eine sehr grosse Segmentüäche, z. B. einen grösseren Block:
8 = 1586,70 m hjr = 0,391
h = 391,25 m X = 0,6980
r = 1000,0 m F = 43,3316 ha.
Bei Auswertung des Kreisabschnittes nach der strengen Formel ergibt
sich F = 43,3335 ha, während man unter Benutzung der Tabelle in
Ligowskis Taschenbuch F = 43,4545 ha findet, wenn man den Wert n
für das dreistellige Argument x direkt der Tafel entnimmt. Bildet man
Ä/2r vierstellig und interpoliert dann, so erhält man F = 43,3257 ha.
Die Benutzung der Funktion X der Tafel zur Berechnung von Kreis-
segmenten gibt also Ergebnisse, welche für die Zwecke der Praxis durch-
an8 genügend genau sind; die Berechnung ist gegenüber derjenigen nach
der strengen Formel und auch der nach der Tafel in Ligowskis Taschen-
bach bequemer, auch genauer als die letztere.
Bücherschau.
Handbuch der Vermessungskunde von weil Dr. "W. Jordan, Professor
an der Technischen Hochschule zu Hannover. Dritter Band: Landes-
vermessung und Grundaufgaben der Erdmessung. Fünfte erweiterte
Auflage, bearbeitet von weil. Dr. C. Reinhertz, Professor an der
Technischen Hochschule zu Hannover. Mit einem Vorwort von
E. Hammer-Stuttgart. Stuttgart 1907. Preis 15 Mk.
Die 4. Auflage des 3. Bandes des Jordanschen Handbuches der Ver-
messungskunde erschien 1896, die 5. Auflage im Jahre 1907. Aus diesen
Zahlen geht deutlich hervor, dass gegenwärtig unter den in Deutschland
benützten umfangreichen Werken der Geodäsie das genannte Handbuch an
erster Stelle zu nennen ist, und da ich überzeugt bin, dass sich die all-
gemeine Wertschätzung auch auf die vorliegende 5. Auflage des 3. Bandes
übertragen wird, so komme ich gerne dem an mich ergangenen Wunsche
einer Besprechung dessen Inhaltes nach.
Nach dem Tode Dr. Jordans übernahm bekanntlich sein Amtsnachfolger
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670 Bücherschau. „ MtwMW mr
1907.
Dr. Reinhertz die Fortführung des Handbuchs der Vermessungskunde.
Leider war es diesem nicht vergönnt, mehr als eine einzige, nicht bloss
Umarbeitung, sondern teilweise auch Neubearbeitung des dreibändigen Werkes
auszuführen. Bevor er die letzte Feile an den dritten Band legen konnte,
raffte ihn der Tod hinweg, so dass das Vorwort zu genanntem Werke, auf
Wunsch von Frau Professor Reinhertz und der Verlagshandlung, von Herrn
Professor Dr. E. Hammer in Stuttgart besorgt werden musste. In diesem
wird auf einige wesentliche Veränderungen und Ergänzungen im Vergleiche
zur 4. Auflage hingewiesen und im Sinne Jordans dasjenige namhaft ge-
macht, was der Landmesser, um zunächst zu einem Verständnis einer
Landesvermessung etwa für Katastervermessungszwecke zu gelangen, in
erster Linie studieren wird. Vergleicht man die Grösse der beiden letzten
Auflagen des 3. Bandes, so findet man, dass bei gleichem Formate die
Seitenzahl um 83 (auf 750) gestiegen ist. Durch diese Vermehrung einer-
seits und kleinere Auslassungen andererseits wurde u. a. auch Raum für
die Behandlung einiger Methoden zur direkten (astronomischen) Bestim-
mung der Zeit und Polhöhe, sowie des Azimuts einer terrestrischen Rich-
tung gewonnen. Durch teilweise neue Gruppierung des Inhaltes hat die
Ueber8ichtlichkeit gewonnen.
Nach einem kurzen Ueberblick über die Geschichte der Erdmessung
und Landesvermessung (worin vielleicht doch wieder mit einigen Worten
die durch Pendelmessungen gefundenen Abplattungswerte zu erwähnen
wären, weil sich diese durch Gradmessungen noch nicht ebenso sicher ab-
leiten lassen) wird im 1. Kapitel die Haupttriangulierung und die Basis-
messung behandelt in der Weise, dass zunächst die bei der Projektierung
und Erkundung der Netzpunkte im allgemeinen zu beachtenden Grundsätze
angeführt werden, worauf dann Angaben über die Bezeichnung und Ver-
sicherung dieser Punkte im Felde, über die Einrichtungen zur Beobachtung
auf ihnen und zu ihrer Signalisierung (Heliotrope) folgen, und ausserdem
solche über den Theodolit, einige Winkelmessungsarten und damit erreichte
Messschärfe. Nach anschliessender Behandlung der Längenmasskompara-
toren werden Mitteilungen über Basismessapparate und Basismessungen
gemacht und hierbei auch die Verwendung von Invardrähten und -Bändern
zu solchen Grundlinienmessungen, von denen nicht die grösste erreichbare
Schärfe verlangt wird, gezeigt. Die Methoden, nach welchen die Basis
zunächst trigonometrisch bis zur Länge einer Hauptdreiecksseite vergrössert
wird (Basisnetze), die Fehlerfortpflanzung in den anschliessenden Dreiecks-
ketten bezw. Netzen und einige erzielte Basisanschlüsse sind in § 18—23 dar-
gestellt. Der grösste Teil der in den folgenden Kapiteln verwendeten Formeln
aus der sphärischen Trigonometrie und Analysis (Reihenentwicklungen u.s. w.;
Druckfehler für e auf Seite 187) ist im 2. Kapitel zusammengestellt
Das folgende Kapitel handelt vom Erdellipsoid , für das die von der
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zeiuchrifi für Bücherschau. 671
VenneMnn&iweaen
1907.
trigonometrischen Abteilung der PreasBischen Landesaufnahme benützten
Besseischen Dimensionen angenommen werden. Die darin gezeigten Be-
rechnungen von verschiedenen Krümmungshalbmessern, Meridian- und
I'arallelkreisbogenlängen und von Flächenstücken werden durch im Anhange
enthaltene Tafeln sehr erleichtert.
Am häutigsten wird der Landmesser die im 4. Kapitel gemachten Mit-
teilungen über die sphärische Dreiecks- und Koordinatenberechnung mit
Uebergang zum Ellipsoid benützen. Nach Behandlung sphärischer Drei-
ecks- und Vierecksaufgaben mit Benützung des Legendreschen Satzes und
der Soldnerschen Additamentenmethode (deren Vorteile bei umfangreichen
Triangulierungen wieder hervorgehoben werden) wird die Bestimmung der
rechtwinklig sphärischen (Soldnerschen) Koordinaten aus Strecke und Bich-
taogswinkel (und in der Umkehrung) allgemein und an Zahlenbeispielen
erläutert. Die Diskussion der bei Benützung dieser Koordinaten als recht-
winklig ebene Projektionskoordinaten auftretenden Verzerrungen führt dann
zu den rechtwinklig konformen (Gauss'schen) Koordinaten, bei denen zu-
nächst nur die ersten Glieder des nach der Integration der entsprechenden
Differentialgleichung erhaltenen Abbildungsgesetzes berücksichtigt werden.
Der Vergleich der beiden genannten Koordinaten liefert dann wegen
des Umstandes, dass das Schwergewicht der Landesvermessungen jetzt in
der Triangulierung liegt, das Ergebnis, dass die Gauss "sehen Koordinaten
wegen der erheblich kleineren Richtungsreduktionen im Vorteil sind. Daran
anschliessend wird zunächst die Berechnung sphärischer geographischer
Koordinaten aus den Linearkoordinaten (und umgekehrt) behandelt, um
unmittelbar darauf mit Hilfe des verkürzten Breitenunterschiedes auf das
Ellipsoid übertragen zu werden. Weiterhin entwickelte Formeln dienen
zur Umformung der verschiedenen bisherigen Koordinaten auf ein anderes
System, und nach einigen allgemeinen Bemerkungen über Koordinaten-
systeme und Abbildungsflächen schliesst dieses Kapitel mit einer Ueber-
sicht der deutschen Koordinatensysteme.
Im 5. Kapitel wird der Leser mit Normalschnitten und der geodä-
tischen Linie bekannt gemacht; über die Zweckmässigkeit der Reduktion
der beobachteten Richtungen wegen verschiedener Höhe des Zielpunktes
kann man verschiedener Ansicht sein, wenn die Einflüsse etwaiger Lot-
abweichungen (und ev. Aufstellungsfehlereinttüsse, welche bei vorkommen-
den Ziellinienneigungen von 2 Grad mitunter dieselbe Grössenordnung
annehmen) vernachlässigt werden. Nach Aufstellung der Differential-
gleichungen der geodätischen Linien, die unter bestimmten Voraussetzungen
auch die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten einer Fläche ist, wird die
Reduktion der sich auf die Normalschnitte beziehenden Beobachtungen auf
die geodätische Linie gezeigt und einiges über die Bedeutung dieser Linie
für die praktische Geodäsie gesagt.
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672 Bücherschau. . ztiuttnn rar
1907.
Das 6. Kapitel bringt zunächst die Auflösung des sphärischen Polar-
dreieckes in geschlossener Form, seine Differentialgleichungen und die
Lösung durch Reihenentwicklungen mit der Mittelbreite: diese wird auf
das sphäroidische Dreieck (mit geodätischen Linien) Obertragen und dann
folgen weitere Formeln für Soldnersche, querachsige, konforme und kon-
forme konische Koordinaten.
Im 7. Kapitel ist in § 77 — 79 gezeigt, wie das Ellipsoid und die
Kugel konform auf die Ebene abgebildet werden können, dann wird die
konforme Abbildung des Ellipsoids auf die Kugel behandelt (etwas störend
ist es, dass auf Seite 607 u. f. a sowohl das Azimut im Urbild als auch
den Vergrös8erung8faktor für die Abbildung der Längenunterschiede be-
deutet) mit Berechnung der Konstanten dieser Abbildung für die Ganss-
sche Normalkugel, und schliesslich werden bequeme Reihen für die An-
wendung aufgestellt. Auf das bisherige folgt dann die Erläuterung der
Doppelprojektion der preussischen Landesaufnahme, bei der zuerst das
Ellipsoid konform auf die Normalkugel und hierauf (nach ev. Ableitung
rechtwinklig-sphärischer Koordinaten) diese konform auf die Ebene ab-
gebildet wird, wodurch dann hauptsächlich die etwa »/10 der Gesamtarbeit
ausmachenden weiteren Rechnungen in der dritten Netzordnung sehr ver-
einfacht werden.
Das 8. Kapitel bringt die Berechnung des geodätischen Polardreiecks
mit reduzierten Breiten, zu deren Bestimmung scharfe Formeln angegeben
sind, mit Verwendung des sphärischen Hilfsdreiecks , und ausserdem die
Jordansche Auflösung dieser Aufgabe ; weitere sechs Paragraphen enthalten
die allgemeine Theorie der geodätischen Dreiecke und deren praktische
Anwendung an einigen Zahlenbeispielen.
Nachdem bei den bisherigen Entwicklungen die Dimensionen des Ro-
tationBerdellipsoids als gegeben vorausgesetzt waren, wird im 9. Kapitel
die Art und Weise der Bestimmung dieser Grössen durch Breitengrad-,
Längengrad- und Gradmessung schief zum Meridian erklärt. Die teilweise
erheblichen Differenzen zwischen den einzelnen Messungen bieten Gelegen-
heit zu Bemerkungen über Lotablenkungen bezw. -Abweichungen und über
die Ausgleichung astronomisch-geodätischer Netze, worauf kurze Angaben
über die Schwerkraft und über Niveauflächen an der Erdoberfläche auch
dazu dienen, die Verhältnisse zwischen Geoid, Normalsphäroid, Rotations-
ellipsoid bezw. Vergleichsellipsoid klarzustellen, die Bestimmung der Ab-
plattung aus Schweremessungen zu erläutern und die zur Reduktion ni-
vellierter Höhenunterschiede bezw. orthometrischer Höhen auf dynamische
oder Arbeitshöhen wegen der sphäroidischen Gestalt der Erdoberfläche
notwendigen Formeln abzuleiten.
Wie schon eingangs erwähnt, ist ein Kapitel über Orientierung eines
Dreiecksnetzes durch Messung der Polhöhe eines Punktes und des Azi-
UICJIIIZ6Ö Dy VjUU
T*ittMgftMr^ Bücherschau. 673
1907.
mats einer Dreiecksseite zum Inhalt der vorigen Auflage hinzugefügt
worden. Der leitende Gedanke bei Bearbeitung des Kapitels 10 war der,
nur die zweckmässigsten und einfachsten Methoden zur Bestimmung der
genannten Elemente mit Universalinstrumenten, wie sie zur Triangulierung
zweiter oder dritter Ordnung in Frage kommen und etwa mit sog. „Halb-
chronometern u, über die deshalb einige Angaben gemacht werden, für eine
kleinere Landesvermessung kurz zu behandeln. Demzufolge werden die
Zeitbestimmungen durch Höhen Winkelmessungen nach Gestirnen in der
Nähe des ersten Vertikals, die Azimutbestimmungen mit einem polnahen
Sterne und die Polhöhenbestimmung durch Messung von Zirkummeridian-
zenitdistanzen (mit den Reduktionen auf den Meridian bezw. den Pol) all-
gemein und mit Zahlenbeispielen erläutert. Zur Orientierung kleinerer
Landmessungen, d. h. wenn nur eine Genauigkeit von mehreren Bogen-
sekunden angestrebt wird, kann zur Lösung dieser drei Aufgaben auch die
Sonne benützt werden, weshalb derartige Beispiele angegeben sind.
Aus dem Angeführten ist, obwohl die Aufzählung durchaus nicht als
erschöpfend bezeichnet werden kann, die grosse Reichhaltigkeit des In-
haltes deutlich ersichtlich und die vom Verleger (Metzler in Stuttgart)
auf den Druck und die Figuren, sowie auf die Auswahl des Papieres ver-
wendete Sorgfalt entspricht vollkommen der inhaltlichen Gediegenheit des
ganzen Werkes.
Braunschweig, Juli 1907. Hohenfier.
Kulturtechnischer Wasserbau. Handbuch für Studierende und Praktiker
von Adolf Friedrich, k. k. Hofrat, o. ö. Professor an der k. k.
Hochschule für Bodenkultur in Wien. Zweite, umgearbeitete und
erweiterte Auflage. Erster Band: Allgemeine Bodenmeliorations-
lehre — Hydrometrie — Erdbau — Bodenentwftsserung — Boden-
bewässerung — Ausgeführte Anlagen. Mit 488 Textabbildungen und
22 Tafeln. Berlin 1907. Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Verlag
für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen. S.-W., Hedemann-
strasse 10. Preis gebunden 18 Mk.
Der „Friedrich 8 che Wasserbau** gehört unstreitig zu den neu-
zeitlichen Werken, die in erster Linie berufen sind, weite Kreise mit den
Lehren und Regeln des kulturtechnischen Wasserbaues vertraut zu machen.
Die Aufgaben, die auf diesem Gebiete der Lösung harren, haben allmählich
andere Grenzen angenommen, als sie in den Arbeiten der Draintechniker
und Wiesenbauer vorgezeichnet waren. Gemäss der Erkenntnis, dass eine
geregelte Wasserwirtschaft nicht in einseitiger Richtung sich entfalten darf,
sondern bestrebt sein muss, alle Eigenschaften und Kräfte des Wassers
am richtigen Orte und in wirtschaftlichster Weise dem Menschen nutzbar
zu machen, ist der Wirkungskreis des Kulturtechnikers in neue, weit ge-
zogene Bahnen gelenkt worden. An seiner Ausgestaltung hat neben anderen
Fachmännern besonders Professor Friedrich durch Wort und Tat hervor-
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674 Bücherschau. vÄSSÄ.
ragenden Anteil genommen. Das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrungen
und Forschungen spiegelt sich in obigem Handbuche wieder, das als Weg-
weiser auf dem fraglichen Gebiete nicht warm genug empfohlen werden kann.
Das Werk ist bei seinem ersten Erscheinen an dieser Stelle einer ein-
gehenden Besprechung und Würdigung unterzogen worden (Jahrg. 1897,
S. 406). Es wird deshalb genügen, nur auf die wichtigeren Ergänzungen
hinzuweisen.
Die wesentliche Vermehrung des Stoffes bedingte eine Teilung des
Handbuches in zwei Bände, von denen der erste, vorliegende, besonders
dem Bedürfnisse des Landwirts entgegenkommt Der zweite Band, dessen
baldige Herausgabe in Aussicht gestellt ist, wird auch die anderen nicht
rein landwirtschaftlichen Gebiete des Kulturingenieurwesens, darunter die
Wasserversorgung und Kanalisation der Ortschaften, die Stauweiheranlagen
und die Reinigung der Abwässer behandeln.
Die vier Abschnitte des ersten Bandes — Allgemeine Bodenmelio-
rationslehre — der Erdbau — die Bodenentwässerung — die Boden-
bewässerung — und die ausgeführten Anlagen haben bis auf den Erdbau,
der von geringen Zusätzen abgesehen unberührt zum Abdruck gelangte,
gegen früher eine bedeutende Verstärkung erfahren. Von 448 Seiten mit
448 Abbildungen und 15 Tafeln der ersten Auflage ist der Inhalt des
ersten Bandes auf 604 Seiten, 488 Abbildungen und 22 Tafeln angewachsen.
Die Bodenmeliorationslehre bringt eine Reihe wichtiger Neue-
rungen, soweit sie im Laufe der letzten Jahre bekannt geworden sind.
Der Regenmesser nach Hellmann-Fuess, eine Anzahl hydrometrischer
Flügel aus den Wiener Werkstätten Kraft & Sohn, Czeija, Nissel & Cie.
und Ganser sind in vorzüglichen Abbildungen und mit eingehenden Be-
schreibungen dem Kapitel über Hydrographie zugefügt. Sehr lehrreich ist
eine Zusammenstellung der Ergebnisse, die der Herr Verfasser bei an-
gestellten Versuchen zur Ermittlung der Wassergeschwindigkeit mit ver-
schiedenen Werkzeugen gewonnen hat. Hierbei ist auch die mittelbare
Bestimmung durch die Formeln von Ganguillet- Kutter undBazin zum
Vergleich herangezogen.
Ein einfacher Schlämmapparat nach den Angaben des Landeskultur-
ingenieurs Kopecky-Prag ist den „ Bodenuntersuchungen u eingereiht Er
zeigt alle Vorzüge der Schön eschen Einrichtung, hat aber den besonderen
Vorteil, dass die Untersuchung einer Probe nur wenige Stunden in An-
spruch nimmt. Wir verweisen hier zugleich auf die kurze, sehr anziehende
Abhandlung: Die Bodenuntersuchung zum Zwecke der Drainage-
ar bei ten mit besonderer Berücksichtigung der Ausführung mechanischer
Bodenanalysen mittels eines neu kombinierten Schlämmapparates von
Kulturingenieur Joseph Kopecky, Pedologen des Landeskulturrates für
das Königreich Böhmen. Prag 1901.
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Zeitschrift rür Ii ucli erschau. 675
1907.
Neu aufgenommen ist in der Hydrometrie der „Ueberfall" zur un-
mittelbaren Bestimmung von Wassermengen nach dem italienischen
Ingenieur Cipoletti. Cipoletti *) bat in wohlüberlegter Weise durch
trapezförmige Anordnung des Ueberfalles die Veränderlichkeit des Faktors
^ mit zunehmender Ueberfallhöhe in der Gleichung Q = *l9pbhV2gh
beseitigt und eine allgemein gültige Formel erzielt. Für ein eingehendes
Studium der üeberfallanlage sei der Aufsatz des Professors Dr. Luedecke-
Breslau im „Kulturtechniker" (Jahrg. 1904, S. 239) empfohlen. Bei
dieser Gelegenheit möge es gestattet sein, die Aufmerksamkeit der kultur-
technisch vorgebildeten Fachgenossen auf das Organ * i des Schlesischen
Vereins zur Förderung der Kulturtechnik zu lenken. Die vorzüglich ge-
leitete Zeitschrift erscheint in vierteljährlichen Heften und bringt alles
Wissenswerte auf dem Gebiete des kulturtechnischen Wasserbaues. Sie
gammelt die Erfahrungen, berichtet über Neuerungen, macht eingehende
Vorschläge und gibt Anregung zu weiterer Betätigung. Die Vortrefflich-
keit der Zeitschrift wird dadurch genügend beleuchtet, dass sämtliche
prenssischen Meliorationsbauämter zu ihrem Bezüge angehalten sind.
Zur mittelbaren Bestimmung der Wassermengen in Flüssen und
Strömen wird auch die neue Geschwindigkeitsformeis) von Oberbaurat
Siede k- Wien aufgeführt. Sie ist unabhängig von der freien Wahl des
Rauhigkeitskoeffizienten; dafür wird aber die Wasserspiegelbreite als mass-
gebend in die Berechnung einbezogen.
Im Erdbau sei bei den künstlichen Anlagen die Anwendung von
Eisenbetonplatten zur üeberdeckung von Durchlässen und zur Herstellung
tod Brücken mit kleinen Spannweiten hervorgehoben. Die vom Herrn Ver-
fasser zur Berechnung der Abmessungen angegebene Formel entspricht
den prenssischen ministeriellen „Bestimmungen für die Ausführung
von Konstruktionen aus Eisenbeton bei Hochbauten vom
24. Mai 1907. u<) Die hiernach gerechnete, dem Werke beigefügte Ta-
belle für verschiedene Stützweiten und Belastungen setzt die zulässige
Eisenzugspannung at = 1000 kg/qcm und eine mittlere Betondruck span-
') Siehe auch: Cesare Cipoletti, Canale Villoresi — Milano 1886.
*) Der Kulturtechniker, Zeitschrift für Ent- und Bewässerung, Wiesen-
wirtschaft, Moorkultur, Flussregulierung und Wasserschutz, Verwertung städti-
scher Abfallstoffe, Meliorationsgenossenschafts- und Kreditwesen, Auseinander-
setzungswesen und innere Kolonisation. Schriftleiter: Königl. Oberlandmesser
B.Seyfert, Breslau V, Ziethenstr. 1 IL (Preis für Mitglieder von Landmesser-
Tereinen 3 Mk. jährlich.)
') Siehe auch: Studie über eine Neue Formel zur Ermittlung der Ge-
schwindigkeit des Wassers in Flüssen und Strömen. Richard Siedek, k. k.
Baurat im Ministerium des Innern. Wien 1901. Wilhelm Braumüller, k. u. k.
Hof- und Universitätsbuchhändler.
*) Amtliche Ausgabe: Berlin 1907, Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn.
676 Büeherscbau. ^luehrtn rar^
1907.
nung ff» = 30 kg/qcm voraas. Wir hätten gern gesehen, wenn die Eisen-
betonkonstruktionen, besonders aber die nur mit wenigen Worten ge-
streiften „Plattenbalken" eingehender behandelt worden wären. Dieser
in der jetzigen Gestaltung noch ziemlich neue Zweig der ßaumaterialien-
kunde ist in den kulturtechnischen Fachkreisen noch sehr wenig bekannt
Der Unterzeichnete behält sich vor, an dieser Stelle auf den Eisen-
beton und seine Berechnung im Rahmen der obigen ministeriellen Bestim-
mungen des Näheren einzugehen.
Neu ist auch eine Tabelle der Gewölbe- und Widerlagerstarken fftr
steinerne Brücken mit halbkreisförmigen Gewölben bis zu einer Spannweite
von 6 m und bis zu einer Ueberschüttungshöhe von 8 m.
Der Abschnitt Bodenentwässerung weist eine grössere Zahl klei-
nerer Beiträge auf. Es seien nur erwähnt die Drain- Verbindungsstücke
der Firma Specht & Cie. in Sorau N.-L., ferner ein graphisches Ver-
fahren zur Bestimmung der Drainstrangentfernung bei verschiedenartigen
Bodenschichten von Dr. Blaut, die Freistatter Klappdrainage im
Moorboden und eine Abhandlung über Ventildrainage für schwere Ton-
böden nach Landesbaurat Wodicka.
Aufgefallen ist uns, dass auch in der zweiten Auflage die abzufüh-
renden Drainwassermengen nach der Anweisung der Generalkommission für
Schlesien zu 0,31 und 0,37 1 für ha und Sekunde angegeben werden, trotz-
dem bereits in der ersten Besprechung auf das Unzutreffende dieser Werte-
angabe hingewiesen worden ist Hierbei sei bemerkt, daas die im An-
hange enthaltene graphische Darstellung zur Bestimmung der Drainrohr-
weiten nicht etwa auf der vom Herrn Verfasser empfohlenen Giesel er-
sehen Formel v = 20 y - aufgebaut ist, sondern der Vincentschen
Geschwindigkeitsformel v = 3,59 k *\/~ jqp-gg^ und den Koeffizienten der
obigen Anweisung entspricht. Uebrigens ist nach den Untersuchungen des
Professors Dr. Luedecke — Kulturtechniker 1906. S. 125 — die obige
Formel v = 20^/^* von Kulturtechniker Stocken in Schweidnitz
schon im Jahre 1852 aus der Pronyschen Formel v — 26,3^/ -~
abgeleitet worden.
Bei der Entwässerung der Moorböden ist eine dankenswerte Ueber-
sicht über die Ausdehnung der Moore in Preusseu eingeschaltet.
Wir entnehmen derselben folgende Angaben:
Provinz: Flächeninhalt der Moore:
Hannover 102 Quadratmeilen.
Brandenburg 63 „
Pommern 55 -
Posen 37
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£*iu<*rirx mr Bilcherschau. 677
VermeMungtWMen
IHK
Provinz: Flächeninhalt der Moore:
0gtpreas8en . 35 Quadratmeilen.
Schleswig- Holstein 32 „
Westpreussen, Westfalen, Schlesien, Sachsen je 15—16 „
Rheinland 8
Hessen-Nassau 0,25 „
Hannover steht somit bezüglich der Ausdehnung der Moore unter den
Provinzen Preussens an erster Stelle und zeigt auch in bezug auf die
räumlich» Anordnung die grössten geschlossenen Flächen, die zumeist den
Hochmooren angehören. Der Berichterstatter hat gelegentlich der Teil-
nahme an dem diesjährigen, vom Minister für Landwirtschaft, Domänen
and Forsten eingerichteten Lehrgange an der Moorversuchsstation in
Bremen einen Teil der weiten Moorilächen aufsuchen können, die unter
der tatkräftigen Leitung des Professors Tacke, des Vorstehers der Ver-
suchsstation, einer ungeahnten Kultur erschlossen worden sind.
Die Bodenbewässerung wird jetzt mit einer längeren Abhandlung
über den „Wasserbedarf der Pflanzen" eingeleitet Eine Anzahl Tabellen,
io aber die Grösse des nutzbaren Wasservorrates in einer 10 cm starken
Bodenschicht, über den sekundlichen Wasserbedarf zur Anfeuchtung bezw.
Berieselung von Böden verschiedener D urchlässigkeits grade , ferner über
die erforderlichen Zeiten für die Ausbreitung von Wasser über Hänge von
verschiedener Breite, Oberflächenbeschaffenheit und Durchlässigkeit des
Bodens, bilden nebst eingehenden Erläuterungen die Haupterweiterung
dieses Abschnittes.
Für die Berechnung der Wasserverluste durch Versickerung und Ver-
dunstung in Zuleitungsgräben sind zwei einfache, noch wenig bekannte
Formeln aufgeführt. Weiter finden wir bei der „Wasserbeschaffung" neben
den photographischen Ansichten zweier eiserner Schöpfräder die ausführ-
liche Beschreibung eines neuen Hebelmotors von Ingenieur Wodicka.
Besonders wertvoll erscheint die Bereicherung der Sammlung aus-
geführter Anlagen. Wertvoll deshalb, weil nur das Eingehen auf voll-
ständige Projekte völlige Klarheit und Sicherheit in der Beurteilung der
Aufgaben auf dem Ingenieurgebiete schaffen kann. Wir zählen als neu auf:
den Bewässerungskanal von Manosque (Frankreich), die Entwässerungen
in der Provinz Ferrara, die Bonifikation des Agro Romano in Mittelitalien,
die Trockenlegung der Sümpfe an der Tibermündung, die Meliorationen
der Landgüter Tenuta Cervellata und Bocca di Leone, die Kolmationen
der toskanischen Maremmen bei Grosetto und am Lamene bei Ravenna —
alles Werke von hervorragender Bedeutung und grösster Eigenart.
Wir wollen die Besprechung nicht schliessen, ohne der Ausstattung
des Handbuches mit einigen Worten zu gedenken. Die bekannte Verlags-
buchhandlung hat auch hier die grösste Sorgfalt auf Papier und Druck
678 Bücherschau. _ z«it-c*rin «r
1907.
verwandt and das Werk mit einem eigenartigen, dem heutigen Stande der
Buchbinderkunst entsprechenden, vornehmen Einbände versehen.
Schewior-Münster.
Gasser, Dr. M. Eine Basismessung mit Invardraht, Mikroskop und Lope.
71 S., 3 Tafeln. München 1907.
Die Grundlinienmessungen mit dem Invardraht nach der Methode von
Jäderin hat sich so sehr bewährt , dass sie die alte Methode mit festen
Massstäben fast ganz verdrängen wird. Sind ja bereits bei den Grad-
messungsarbeiten auf Spitzbergen und in Ecuador, ebenso wie bei der
Messung der Achse des Simplontunnels , von kleineren Messungen nicht
zu reden, Invardrähte verwendet worden, da sie allein erlaubten, das ge-
wünschte Ziel zu erreichen. Es ist damit auch die Möglichkeit geboten,
von den kleinen Basen abzugehen und grössere Linien direkt zu messen,
oder wenn dieses das Terrain nicht erlaubt, in kurzer Zeit mehrere klei-
nere Grundlinien zu nehmen und so eine genügende Kontrolle zu gewinnen.
Wenn sich nun auch die hauptsächlich durch Ch. Guillaume angegebene
Handhabung des Apparats bewährt hat, so liegt es in der Natur der Sache,
dass weitere Vervollkommnungen möglich sind. Eine solche gibt der
Verfasser in der vorliegenden Arbeit an und belegt sie durch eigene
Messungen. Seine Verbesserungen beruhen hauptsächlich auf zwei Vor-
schlägen, nämlich in der Erhöhung der Standfestigkeit der Ablesevorrich-
tungen und in der Steigerung der Ablesegenauigkeit, ohne dass dabei die
Messungsgeschwindigkeit verringert wird.
Die erhöhte Standfestigkeit bewirkt er dadurch, dass er statt der ge-
wöhnlichen Stative Böcke aus Zement benutzt, in welche die Träger der
Mikroskope u. 8. w. fest eingegossen sind. Die Gewichte derselben betragen
40 bezw. 50 Kilogramm, lassen sich also noch gut transportieren. Ueber-
dies ist dabei wegen der breiten Auflageflächen und der sehr niedrigen
Standhöhe der Schwerpunkt der Böcke nahe dem Erdboden gebracht und
dadurch die Bewegung derselben insbesondere durch Einsinken verringert
Die zweite Verbesserung beruht in dem Ersatz der Lupenablesung
durch Mikroskopeinstellungen. Die Schwierigkeit, die den Drähten bei-
gegebenen Ablesemarken dem Mikroskop und dem frei schwingenden Drahte
anzupassen, konnte Gasser durch eine kleine Hilfsteilung beheben, die auf
dem Drahte aufgesteckt und angelötet wurde.
Auch die Führung und Einstellung des Drahtes wurde durch doppelte
Auflagerung vervollkommnet und die vermehrten Reibungswiderstände durch
besondere Kugellager gemildert oder ganz verhindert.
Zur Prüfung dieser Neuerung wurde mit dem Apparat eine kleine
Basis zwischen der südlichen Parkwache und Feldmoching auf dem alten
verlassenen Landshuter Bahngleise bei München gemessen, deren Länge
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I
fJSS&SnSm Neue Scüriften ÜDer Vermessungswesen. 679
1907.
2760 Meter betrug. Sie wurde an zwei verschiedenen Tagen in zwei
Hälften gemessen and zwar gleichzeitig mit zwei verschiedenen Drähten
von je 24 Meter Länge, wobei die erreichte Genauigkeit 1 : 730000 betrug.
Da die Ablesungen der beiden Drähte jeweilen in entgegengesetzter Rich-
tung erfolgte, so hat man zugleich eine Hin- und Rttckmessung.
Als Ergänzung wurde noch eine dritte Messungsreihe mit Lupen-
ablesung vorgenommen, wobei überdies statt der Betonblöcke leichte Kistchen
aus Holz, jeweilen an Ort und Stelle mit Erde und Steinen ausgefüllt,
verwendet wurden, die die Stative ersetzten. Mit nur sieben Personen
wurde am 9. Juni 1906 die ganze Basis gemessen und am 27. Juli eine
zweite Rückmessung ausgeführt. Die so erhaltene dreimalige Doppelmessung
der Grundlinie ergab die folgenden Werte:
1. Mikroskopische Koinzidenzmessung 2760,1793 m
2. Lupenablesung, Eichung des Drahtes im Bureau
international 2760,1681 m
3. Ebenso, nur mit Bestimmung der Drahtlängen
durch einen Feldkomparator 2760,1769 m
Mittel 2760,1748 m.
Bei den einzelnen Hin- und Rückmessungen kamen Unterschiede bis zu
6 mm vor.
Zum SchlusB betont der Verfasser noch den Vorteil der Doppelmessung
in einer Richtung, wodurch kein wesentlicher Mehraufwand an Zeit erfor-
derlich wird, während die innere Genauigkeit der Messungen bedeutend
gesteigert, Unregelmässigkeiten während der Messung erkannt, ein Ein-
sinken der Mikroskope, ein Verrücken der Schlitten ebenso, wie eine even-
tuelle Drahtverletzung rechtzeitig konstatiert wird.
Es dürften damit die von Gasser eingeführten Veränderungen wohl
als brauchbar erwiesen sein.
Die gemessene Grundlinie wurde durch ein Basisnetz mit 6 Stationen
an die alte Cassinische Basis von 1762 und an die Bonnesche Grundlinie
von 1801 angeschlossen, worüber der Verfasser in seiner Schrift: „Eine
Triangulation im Basisdreiecke Aufkirchen-Münehen-Dachau" schon früher
berichtet hat. Messerschmitt.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Paul Crantz, Arithmetik und Algebra zum Selbstunterricht. Erster Teil.
(128 S.) Aus Natur und Geisteswelt. Leipzig 1906, B. G. Teubner.
Preis 1,25 Mk.
0. Hecker, Seismometrische Beobachtungen in Potsdam in der Zeit vom
1. Januar bis 31. Dezember 1906. Veröffentlichung des Kgl. Preuss.
Geodätischen Instituts, Neue Folge Nr. 30. Berlin 1907. •
680 Haffner. Zur Grundbuchführung in Preussen. ? iMuchnn Ar
0. Hecker, Beobachtungen au Horizontalpendeln über die Deformation des
Erdkörpers unter dem Einfluss von Sonne und Mond. Veröff. des
Kgl. Preuss. Geod. Inst., Neue Folge Xr. 32. Berlin 1907.
Jahresbericht des Direktors des Kgl. Geodätischen Instituts für die Zeit
von April 1906 bis April 1907. Veröff. des Kgl. Preuss. Geod. Inst.,
Neue Folge Nr. 33.
Victor Wessely, Lehrbuch der Kartographie nach Einführung der Terrain-
darstellung in Karten und Plänen. 1. Teil. (269 S.) Kleyers Enzy-
klopädie der gesamten mathematischen, technischen und exakten Natur-
wissenschaften. Bremerhaven und Leipzig. Preis 6 Mk.
Frite Steiner, Vermessungskunde. Anleitung zum Feldmessen, Höhen-
messen, Lageplan- und Terrainzeichnen. 2. Aufl. (156 S.) Halle a/S.
1907. Preis 4,80 Mk.
F. R. Helmert, Die Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten
Quadrate mit Anwendungen auf die Geodäsie, die Physik und die
Theorie der Messinstrumente. 2. Aufl. (578 S.) Leipzig und Berlin
1907, B. G. Teubner. Preis 16 Mk.
Otto Frank, Das Gerippe in den Kriegskarten. Sep.-Abdr. a. d. „Mit-
teilungen des K. u. K. Militärgeographischen Instituts", XXVI. Band.
Wien 1907.
Vinzenz Haardt von Hartenstein, Die Tätigkeit des K. u. K. Militär-
geographischen Instituts in den letzten 25 Jahren (1881 bis Ende 1905).
611 S. mit 3 Tafeln. Wien 1907.
Carl Rohrbach, Sternkarten in gnomonischer Projektion zum Einzeichnen
von Meteorbahnen, Nordlichtstrahlen, Kometenschweifen, leuchtenden
Wolken, Zodiakallicht und anderen Himmelserscheinungen. 3. Aufl.
13 BL Gotha 1907. Preis 1,40 Mk.
0. Eggert, Einführung in die Geodäsie. (437 S.) Leipzig 1907, B. G.
Teubner. Preis 10 Mk.
Zur Grundbuchführung in Preussen.
Von Katasterlandmesser Haffner.
Herr Kollege S k ä r unternimmt in Heft 23 dieser Zeitschrift vom
11. August d. J. den Nachweis, dass die Amtsgerichte nicht gehalten seien,
das Grundbuch nach den von den Katasterämtern ihnen zugehenden Flur-
buchs- und Gebäudesteuerrollen- Anhängen zu berichtigen, und führt zu
diesem Zwecke an, dass es keine entsprechenden gesetzlichen Zwangs-
vorschriften gebe.
. Die Reichsgrundbuchordnung (§§ 1 u. 2 des Gesetzes vom 24. März 1897)
überlas st die Sorge für die Uebereinstimmung von Grundbuch und Kataster
den Anordnungen der Landesverwaltung. Für Preussen hat der Justiz-
minister (§ 29 der Allgemeinen Verfügung vom 20. November 1899) be-
stimmt, dass für das Verfahren behufs Erhaltung der Uebereinstimmung
zwischen den Grundbüchern und den Steuerbüchern die bisherigen Bestim-
mungen massgebend bleiben. Nach diesen (Allgemeine Verfügung des
Justizmini sters vom 5. Juni 1877, Nr. VII der Anlage) sind die Verände-
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veraMiurnmsi!?äen Haffner. Zur Grundbuchführung in Preussen. 681
im.
rungen des Katasters auf Grund der Flurbuchs- und Gebäudesteuerrollen-
Anhänge, so weit zulässig und erforderlich, gemeindeweise in das Grund-
buch zu übernehmen. Für den Endzweck dieser Anordnung erscheint der
Zusatz „soweit zulässig und erforderlich w unwesentlich. Denn über et-
waige ihm unzulässig erscheinende Fortschreibungen hat der Grundbuch-
richter, wie a. a. 0. weiter unten verfügt ist, behufs Aufklärung mit dem
Katasterarate in Verbindung zu treten. Und als nicht erforderlich können
nur diejenigen Angaben der Anhänge angesehen werden, welche bereits
anderweit zur Kenntnis des Amtsgerichts gekommen sind. Diejenigen
Grundbuchämter, welche die Anhänge nicht beachten, handeln also vor-
schriftswidrig. Trotzdem kommen diese Fälle, wie Herr Skär mit Recht
sagt, nicht selten vor; sie sind aber auf missverständliche Auffassungen
der erlassenen Bestimmungen seitens der Grundbuchämter zurückzuführen,
auf Irrtümer, die wohl nur dadurch ganz behoben werden können, dass
die Berichtigung des den preussischen Grundbüchern zur Erfüllung der
Forderung des § 2 der Reichsgrundbuchordnung beigegebenen Verzeich-
nisses der Grundstücke durch einen mit den Einrichtungen der Kataster-
verwaltung gut vertrauten Beamten geschieht. Insofern könnten in der
Tat vom Justizminister ergänzende Bestimmungen zu den bestehenden
Vorschriften erlassen werden.
Bevor jedoch darauf zielende Vorschläge gemacht werden, kann die
Frage aufgeworfen werden, ob die bestehenden Bestimmungen nicht über-
haupt besser durch neue ersetzt werden, welche Irrtümern mehr vorbeugen,
und ob nicht besser allgemein geltende Ergänzungen zur Reichsgrundbuch-
ordnung zu erlassen sind. Letzteres setzt freilich eine einheitliche Rege-
lung des Kataster- und Vermessungswesens im ganzen Deutschen Reiche
voraus, ein Ziel, das wir Landmesser wohl meist erstreben. Es wird
m. E. von Nutzen sein, zunächst die zur Wahrung der Uebereinstimmung
von Grundbuch und Kataster in den einzelnen Bundesstaaten gültigen
Vorschriften zu besprechen und an wirklich bei der Berichtigung des
Grundbuches vorgekommenen Fehlern die ihnen anhaftenden Mängel nach-
zuweisen, eine Aufgabe, der sich vielleicht einige der Herren Fachgenossen
aus den Bundesstaaten unterziehen, i)
') Ich sc h Messe mich diesem Wunsche lebhaftest und mit der Erweiterung
an, dass auch eine kurze Darstellung des bei der Anlage des Grundbuches an-
gewendeten Verfahrens gebracht werden möge.
Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass in vielen, vielleicht in den
meisten Bundesstaaten das Grundbuch durch ungenügende Berücksichtigung der
technischen Grundsätze schon bei der Anlage, wie nicht minder bei der Fort-
führung, statt eine Quelle der Rechtssicherheit eine solche von Besitzstörungen
zu werden droht, welche die Beteiligten geradezu als Rechtsbeugungen empfinden.
Es scheint mir Pflicht gerade unseres Standes, in diese Verhältnisse möglichst
Licht und damit hoffentlich Abhilfe zu bringen. Steppes.
ZeiLchrift für Verme.tnngtwewn 1907. Heft 27.
49
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682 Gesetze und Verordnungen. iSSSSmilmm
1JW7.
Gesetze und Verordnungen.
Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich
hervorragenden Gegenden.
"Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preussen etc.,
verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie,
was folgt:
§ 1. Die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung von Bauten
und baulicheu Aenderungen ist zu versagen, wenn dadurch Strassen oder
Plätze der Ortschaft oder das Ortsbild gröblich verunstaltet werden würden.
§ 2. Durch Ortsstatut kann für bestimmte Strassen und Plätze von
geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung vorgeschrieben werden, dass
die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung von Bauten und baulichen
Aenderungen zu versagen ist, wenn dadurch die Eigenart des Orts- oder
Strassenbildes beeinträchtigt werden würde. Ferner kann durch Ortsstatut
vorgeschrieben werden, dass die baupolizeiliche Genehmigung zur Aus-
führung baulicher Aenderungen an einzelnen Bauwerken von geschichtlicher
oder künstlerischer Bedeutung und zur Ausführung von Bauten und ban-
lichen Aenderungen in der Umgebung solcher Bauwerke zu versagen ist.
wenn ihre Eigenart oder der Eindruck, den sie hervorrufen, durch die
Bauausführung beeinträchtigt werden würde.
Wenn die Bauausführung nach dem Bauentwurfe dem Gepräge der
Umgebung der Baustelle im wesentlichen entsprechen würde und die Kosten
der trotzdem auf Grund des Ortsstatuts geforderten Aenderungen in keinem
angemessenen Verhältnisse zu den dem Bauherrn zur Last fallenden Kosten
der Bauausführung stehen würden, so ist von der Anwendung des Orts-
st at ut s abzusehen.
§ 3. Durch Ortsstatut kann vorgeschrieben werden, dass die An-
bringung von Reklameschildern, Schaukästen, Aufschriften und Abbildungen
der Genehmigung der Baupolizeibebörde bedarf. Die Genehmigung ist
unter den gleichen Voraussetzungen zu versagen, unter denen nach den
§§ 1 und 2 die Genehmigung zu Bauausführungen zu versagen ist.
§ 4. Durch Ortsstatut können für die Bebauung bestimmter Flächen,
wie Landhausviertel, Badeorte, Prachtstrassen, besondere, über das sonst
baupolizeilich zulässige Mass hinausgehende Anforderungen gestellt werden.
§ 5. Der Beschlussfassung über das Ortsstatut hat in den Fällen der
§§ 2 und 4 eine Anhörung Sachverständiger vorauszugehen.
§ 6. Sofern in dem auf Grund des § 2 erlassenen Ortsstatute keine
anderen Bestimmungen getroffen werden, sind vor Erteilung oder Ver-
sagung der Genehmigung Sachverständige und der Gemeindevorstand zu
hören. Will die Baupolizeibehörde die Genehmigung gegen den Antrag
des Gemeindevorstands erteilen, so hat sie ihm dieses durch Bescheid mit-
zuteilen. Gegen den Bescheid steht dem Gemeindevorstand innerhalb zwei
Wochen die Beschwerde an die Aufsichtsbehörde zu.
In Gemeinden, in denen der Gemeindevorstand nicht aus einer Mehr-
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VeraeMÜn'iwMen AU8 de" ^wei8vereinen- 683
1907.
heit von Personen besteht und der Gemeindevorsteher (Bürgermeister)
zugleich Ortspolizeiverwalter ist, tritt an die Stelle des Gemeindevorstands,
sofern nicht in dem Ortsstatate etwas anderes bestimmt wird, der Ge-
meindebeamte, welcher den Gemeindevorsteher in Behinderungsfällen zu
vertreten hat.
§ 7. Für selbständige Gutsbezirke können die dem Ortsstatute vor-
behaltenen Vorschriften nach Anhörung des Gutsvorstehers von dem Kreis-
ausschuss erlassen werden. Der ßeschluss des Kreisausschusses bedarf
der Bestätigung des Bezirksausschusses. Die Bestimmungen des § 2 Abs. 2,
§ 5 und § 6 finden sinngemäss Anwendung.
§ 8. Der Regierungspräsident ist befugt, mit Zustimmung des Be-
zirksausschusses für landschaftlich hervorragende Teile des Regierungs-
bezirks vorzuschreiben, dass die baupolizeiliche Genehmigung zur Aus-
führung von Bauten und baulichen Aenderungen ausserhalb der Ortschaften
versagt werden kann, wenn dadurch das Landschaftsbild gröblich ver-
unstaltet werden würde und dies durch die Wahl eines anderen Bauplatzes
oder eine andere Baugestaltung oder die Verwendung anderen Baumaterials
vermieden werden kann.
Vor Versagung der Genehmigung sind Sachverständige und der Ge-
meindevorstand zu hören. In Gemeinden, in denen der Gemeindevorstand
nicht aus einer Mehrheit von Personen besteht und der Gemeindevorsteher
(Bürgermeister) zugleich Ortspolizeiverwalter ist, tritt an die Stelle des
Gemeindevorstands, sofern nicht durch Ortsstatut etwas anderes bestimmt
wird, der Gemeindebeamte, welcher den Gemeindevorsteher in Behinderungs-
fällen zu vertreten hat.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei-
gedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Tromsö, an Bord M. J. „Hohenzollern", den 15. Juli 1907.
(Siegel.) Wilhelm R.
von Bülow. von Bethmann Hollweg.
Freiherr von Rheinbaben. Beseler. von Arnim. von Moltke.
Holle, zugleich für den Minister der öffentlichen Arbeiten.
(Reichsanzeiger.)
Aus den Zweigvereinen.
Bericht über die 10. Hauptversammlung des Vereins
Mecklenburgischer geprüfter Vermessungs- und Kulturingenieure,
abgehalten zu Schwerin am 29. und 30. Juni 1907.
Am Sonnabend, den 29. Juni, nachmittags 3 Uhr, versammelten sich
im Hotel de Paris zu Schwerin neun Mitglieder, ferner als Gast Ingenieur
Clauberg-Schwerin. Der Besuch war also nur schwach, wohl infolge des
schlechten Wetters, das zu den geplanten Vergnügungen nicht einlud.
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684 Aus den Zweigvereinen, zeiuciutn nt
1907.
Der 1. Vorsitzende, Kollege Peltz, eröffnete kurz nach 3 Uhr die
Versammlung, begrüsste die Erschienenen und gab einen kurzen Bericht
über 'las letzte halbe Jahr. Hierin wies er auf die beabsichtigte Aende-
rung der Satzungen des Deutschen Geometervereins hin, wozu der Vereins-
vorstand sich bereits geäussert und Anträge über die Rechte der Zweig-
vereine gestellt hat.
Weiter gedachte er des Herrn Obersteuerrats Steppes in München,
der im Frühling d. J. auf eine 25-jährige Tätigkeit als Referent in der
Bayerischen Katasterverwaltung zurückblicken konnte. „In dieser Stellung,"
fuhr er fort, „hat der Jubilar so fördernd für unsern Stand gewirkt, dass
ihm die grösste Anerkennung seitens aller Berufsgenossen gebührt. Den
ihm bereits seitens Ihres Vorsitzenden schriftlich aasgesprochenen Dank
und Glückwunsch darf ich hier wohl im Namen des Vereins wiederholen."
Sodann übermittelte der Vorsitzende von unserem Ebrenmitgliede, dem
durch Krankheit leider am Erscheinen behinderten Kollegen Vogeler.
freundliche GrQsse und die besten Wünsche für die Versammlung.
Punkt 2. Hierzu erhält Kollege Bühring das Wort, um die von
ihm beantragte Besprechung über „Erfahrungen mit ewigem Roggenban4
einzuleiten. Dieses ist, wie Redner ausführt, schon vielfach seit langen
Zeiten üblich und wurde früher mit Stalldung betrieben, während man
jetzt Kunstdünger vorzieht. Er hält weit vom Hofe entfernte und sandige
Flächen, sowie einzelne, in den Schlägen verstreut liegende Sandinseln
hierzu für geeignet. Die Kosten betragen nach seiner Mitteilung pro ba
für künstlichen Dünger 60 Mk., für Bestellung, Saat und Werbung ICK) Mk..
i. S. rund 160 Mk. , so dass die Rente schon vom sechsten geernteten
Korn (12 dz pro ha) beginnt; es lassen sich aber Erträge von 14 — 20 dz
pro ha erzielen. Eine Unterbrechung des Roggenbaus durch Anbau von
Serradella hält Redner nur dort für angebracht, wo man auf genügend
Frühlingsregen bestimmt rechnen kann.
Kollege Peltz vertritt die Ansicht, dass der mit Künstdünger ermög-
lichte ewige Roggenbau für die allmähliche Kultivierung und Besserung des
Bodens ohne Wert sei ; deswegen dürfe er nur im Notfalle und im Gross-
grundbesitz Anwendung finden. Im Kleingrundbesitz empfiehlt Redner
Gründüngung mit Stickstoffsammlern; hierdurch verbessert sich der Boden
durch Humusbildung und wird mit der Zeit sogar zum Anbau von Hack-
früchten und rauhem Hafer geeignet.
Kollege Kortüm hält für beständigen Roggenbau eine Düngung mit
flach untergepflügten Lupinen unter einer Zugabe von Kali für sehr gut.
Kollege Renard hält den Anbau von Hackfrüchten alle 4—5 Jahre
als Unterbrechung des ewigen Roggenbaus für notwendig, um der Ver-
quellung des Bodens vorzubeugen.
Man einigte sich darüber, dass der „ewige Roggenbau" mit künst-
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VeraeuuniSw^M AU8 de° Zwei&vereinen- 685
1907.
licher Düngung nur in grösseren Wirtschaften auf kleineren Flächen von
geringer Bodenbeschaffenheit angebracht ist.
Hiermit wird dieser Punkt der Tagesordnung verlassen und dem
Kollegen Bühring der Dank der Versammlung für die interessante An-
regung ausgesprochen.
Punkt 3. Ueber die Grundlagen unserer Rechtsprechung in Wasser-
sachen in der Verordnung vom Jahre 1846, § 32, a, b, c, führte Kollege
Peltz folgendes aus:
Es handelt sich um die „ Bestimmungen des gemeinen und des Mecklen-
burgischen Partikularrechts", welche in der „Verordnung über Entwässe-
rung der Ländereien vom 31. Juli 1846", § 32, Abs. 2 unter a, b, c auf-
geführt sind. Die Verordnung selbst ist bekanntlich durch die neue „Ver-
ordnung zur Beförderung der Ent- und Bewässerungsanlagen14 vom 30.
August 1893 aufgehoben und ersetzt. Die Bestimmungen des § 32 lauten :
a) Der Besitzer des niedriger liegenden Grundstücks ist verpflichtet,
das von dem angrenzenden höheren Grundstück naturgemäss dahin
abtliessende Wasser aufzunehmen: er darf nichts unternehmen, was
den bisherigen Abfluss des Wassers aller Art hindert oder hemmt
b) Der Besitzer des niedriger belegenen Grundstücks ist verpflichtet,
die auf seinem Gebiete befindlichen Wasserwege auf seine Kosten
gehörig aufzuräumen, oder dem Besitzer des höher liegenden Grund-
stücks, nach dessen Wahl, solche dann auf dessen eigene Kosten
zu beschaffende Aufräumung zu gestatten, wann, so oft und insoweit
solche Aufräumung zur Abwendung oder Abstellung eines für das
höhere Grundstück entstehenden Schadens erforderlich wird.
Wenn der Besitzer des höher belegenen Grundstücks von der
Berechtigung zur eigenen Aufräumung der Wasserwege Gebrauch
macht, so darf er sie in keiner grösseren Breite und Tiefe, als der
bisherigen, beschatten.
c) Sowie nach näherer Vorschrift des gemeinen Rechts der Besitzer
eines höher belegenen Grundstücks zu den für die gewöhnliche Acker-
bestellung erforderlichen Vorrichtungen auf seinem Gebiete unbe-
dingt berechtigt ist, so ist er es nicht minder zu sonstigen Ent-
wässerungsanlagen aller Art auf diesem seinem Gebiete, insofern
selbige dem unterhalb belegenen Grundstück keinen Schaden bringen.
Dem Besitzer des letzteren bleiben jedoch gerichtliche Anträge
auch auf die Abwendung eines drohenden Schadens nach wie vor
unbenommen.
Wir haben zunächst die Grundbegriffe festzustellen:
„Abfluss" bezeichnet ganz allgemein die rechtliche Möglichkeit und
Tatsache des Abtiiessens ohne Rücksicht auf Menge und Art des ab-
fressenden Wassers oder auf die Gestaltung des Abflussweges.
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686 Aus den Zweigvereinen. _ zeimcnnrt rar
1907.
Der „naturgemüsse Abflussu wird lediglich bedingt durch das
Gesetz der Schwere, also durch die Höhenverhält nisse des Abflussweges,
ebenso der „bisherige Abfluss" im Sinne des Rechtes durch die, zur
Zeit der Klagestellung zu Recht bestehende Gestaltung der — natürlichen
oder künstlichen — Wasserwege.
„ Wasser we g" kann im einfachsten Falle der ganze Boden sein, auf
welchem dann das Wasser frei über die Grenze fliesst. In den meisten
Fällen wird der Wasserweg die Form einer — natürlichen oder künst-
lichen — Rinne haben, an welche das Recht zur üeberführung des Wassers
auf das niedriger belegene Grundstück gebunden ist.
„Wasser aller Art" begreift sowohl die physikalische und che-
mische Beschaffenheit, wie die Herkunft (aus Brunnen, Drains, Quellen,
Regen u. s. w.).
„Aufgenommen" ist das Wasser von dem niedriger belegenen
Grundstück, wenn jede unmittelbare oder mittelbare Wirkung desselben
auf das höher liegende Grundstück zur Unmöglichkeit geworden ist.
Gehen wir zur Erläuterung des Inhaltes selber über.
Nach c der oben angeführten Bestimmungen hat jeder Grundbesitzer
das Recht, auf seinem Grundstück Entwässerungsanlagen aller Art ein-
zurichten. Er darf das von dem höheren Grundstück aufgenommene
Wasser leiten und vermehren, wie, wo und in welchen Mengen er will, so-
lange er dem niedriger belegenen Grundstück keinen Schaden zufügt.
Der Beginn eines Schadens ist lediglich festgelegt durch das Recht
zur Benutzung der auf dem niedriger belegenen* Grundstück befindlichen
Wasserwege in deren bisheriger (d. h. zu Recht bestehender) Breite und
Tiefe nach a und b der gesetzlichen Bestimmungen. Nirgends ist von
Recht oder Pflicht zur Aufnahme einer bestimmten Wassermenge
die Rede.
„Schaden" ist logisch jede Schmälerung einer rechtlich bestehenden
Möglichkeit, wie denn in c, Abs. 2 ausdrücklich auch die Abwendung
eines nur „drohenden", d. i. noch nicht vorhandenen, sondern nur als
möglich vorauszusehenden „Schadens" vorgesehen ist.
Es folgt daraus:
1. Der Besitzer des tiefer belegenen Grundstücks kann erst dann
Schadensansprüche geltend machen, wenn die Veränderung der Leitung
oder die vermehrte Wasserzuführung auf dem höher belegenen Grundstück
eine Ueberlastung der zu Recht auf dem niedriger belegenen Grundstück
bestehenden Wasserwege herbeiführt oder herbeizuführen droht, der Art,
daBs ausserhalb dieser Wasserwege, sei es mit oder ohne gleichzeitige
Schädigung der Wege selbst, schädliche Folgen bemerkbar oder zu
fürchten sind.
2. Der Besitzer des tiefer belegenen Grundstücks hat die Pflicht, bei
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fmSSSmSm Aus den Zwei?verein«n- 687
•rroewcmgiwenen
Veränderung der Wasserwege auf seinem Gebiete nach Form oder Be-
lastung diese Veränderung so zu gestalten, dass die Leistungsfähigkeit
der Wasserwege zur Aufnahme des von dem oberhalb liegenden Grund-
stück abfliessenden Wassers, welche lediglich von Breite und Tiefe dieser
Wasserwege abhängen, unverändert bleibt, gleichviel, ob diese Leistungs-
fähigkeit den wirtschaftlichen Bedürfnissen zurzeit genügt oder nicht ge-
nügt; aber auch gleichviel, ob diese Leistungsfähigkeit zur Zeit der Ver-
änderung voll ausgenutzt wurde oder nicht.
In allen Fällen also hängt die Entscheidung schliesslich ab von der
Beantwortung der beiden Fragen :
1. Unter welchen zu Recht bestehenden Verhältnissen wurde das von
dem höher belegenen Grundstück abfliessende Wasser bisher durch
das niedriger belegene Grundstück aufgenommen? Welches waren
insbesondere Breite und Tiefe der zu Recht benutzten Wasserwege
auf dem niedriger belegenen Grundstück?
2. Bedingt die beklagte Aenderung
o) eine Ueberlastung der zu Recht bestehenden Wasserwege zum
Schaden des tiefer liegenden Grundstücks einerseits, oder
ß) eine Verminderung der Leistungsfähigkeit der zu Recht bestehen-
den Wasserwege zum Schaden des höher belegenen Grundstücks
andererseits?
Den interessanten Ausführungen folgte die Versammlung mit lebhafter
Aufmerksamkeit und sprach dem Redner ihren besten Dank aus.
Punkt 4. Nach dem Beschluss der vorjährigen Hauptversammlung
des D. G.-V. haben die Zweigvereine Kommissionsmitglieder zu ernennen,
welche demnächst mit den Mitgliedern der Vorstandschaft des D. G.-V.
nähere Vorschläge über die Ausgestaltung der Zeitschrift und die Regelung
der Rechte der Zweigvereine im Hauptverein ausarbeiten und der nächsten
Hauptversammlung unterbreiten. Dabei • sollen Zweigvereine bis zu 500
Mitgliedern eine Stimme, stärkere zwei Stimmen haben. Unser Verein hat
also eine Stimme zu beanspruchen.
Für die Vertretung des Vereins wird Kollege Peltz gewählt, dem
für den Fall, dass zur Vorberatung die Zusammenkunft der Abgeordneten
notwendig wird, eine Reiseentschädigung von 20 Mk. aus der Vereinskasse
zu zahlen ist.
Hiermit wird kurz vor 5 Uhr die Versammlung geschlossen.
Um 5 Uhr unternahm der Verein unter Teilnahme einiger Damen
einen Ausflug mit dem Dampfer zum Kaninchenwerder. Infolge des regne-
rischen Wetters trat man aber schon vor 7 Uhr die Rückfahrt an und
verbrachte den Abend bei fröhlicher Unterhaltung und gutem Wein in
Uhle8 Restaurant. Am andern Tage, am Sonntag den 30. Juni, vereinigten
sich sechs Herren und drei Damen zu einem Ausfluge mittels Dampfers
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688 Personalnachrichten. — Berichtigung. votmÄ?™!«
zur Fähre, wo man ein gemeinschaftliches Mittagessen einnahm. Bei
gutem Wetter machte man nachmittags einen Spaziergang in die herrlichen
Rabensteinfelder Waldungen und zum Pinnower See, auf den man von dem
neu erbauten Aussichtsturm einen grossartigen Ausblick hatte. Voll be-
friedigt von der Tour kehrte die kleine Gesellschaft in heiterer Stimmung
gegen Abend nach Schwerin zurück.
Hiermit schlössen die geplanten Veranstaltungen.
Schwerin, im Juli 1907. W. Timm,
I. Schriftführer des Vereins.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Ordensverleihungen: Kat.-Kontr., Steuer-
in8p. Meid er in Breslau das Ritterkreuz 1. Kl. des Kgl. Süchs. AlbrechU-
ordens; Oberlandmesser Hesse in Meiningen das Ritterkreuz 2. Kl. des
Herzogl. Sachsen-Ernestinischen Hausordens.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Bromberg. Pensioniert zum 1./10. 07:
L. Bauer in Thorn. — Etatsm. angestellt vom 1./4. 07: L. Steindel in
Lissa. — Versetzt zum 1./4. 07: L. Faber von Bromberg nach G.-K.-Be*.
Königsberg; zum 1./10. 07: L. Gehlich von Lissa nach Leobschütz (G.-
K.-Bez. Breslau); zum l./l. 08: die L. Mach von Könitz und Steindel
von Lissa nach G.-K.-Bez. Düsseldorf.
GeneralkommisBionsbezirk Münster. Pensioniert zum l./l. 08: L
Schräder in Lippstadt. — Versetzt zum 1./8. 07: L. Wies mann von
Laasphe nach Paderborn I; zum 23./B. 07: L. Drinkuth von Lippstadt
nach D.-S.-W.- Afrika auf 3 Jahre beurlaubt; zum 1./9. 07: L. Heuder-
kolt von Berleburg nach Lippstadt; zum 1./10. 07: O.-L. Krause von
Paderborn nach Soest I.
Berichtigung.
Auf S. 637 ist eine Namensverwechslung übersehen worden, die hier-
mit berichtigt wird: Zeile 23 v. o. lies „ Lüdemann" statt „ Lüdecke u.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Neue Tafel zur Berechnung von Kreissegmenten,
von D. Roether und K. Lüdemann. — Bücherschau. — Neue Schriften über
Vermessungswesen. — Zur Grundbuchführung in Preussen, von Haffner. —
Gesetze und Verordnungen. — Aus den Zweigvereinen. — Personalnachrichten.
— Berichtigung.
Vorlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
Drnol too Carl Hammer, Kgl. HofbnctadnickereJ in Stnttjrart.
uigmz«
ed by Google
689
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuerrat und Dr. 0. Eggert, Profewor
Mttnchcn 22, Kataitexbareau. Dandg-Langfuhr, Ahornweg io.
*t-
1907. Heft 28. Band XXXYI.
— 1. Oktober.
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schrlftleltnng ist untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
Einleitung.
Kein deutscher Gau weist eine so merkwürdige Geschichte auf, hat
eine so besondere Entwicklung gehabt, ist von so vielen schweren Schick-
saisschlägen, wie blutige Kriege und verheerende Krankheiten, heimgesucht
worden, als das alte Ordensland, spätere Herzogtum Preussen, das berufen
war. dem nachmaligen Königreich den Namen zu geben, das in schwerster
Zeit dem wankendeu Throne die letzte Stütze bot und wo der patriotische
Gedanke zur Wiedergeburt des Vaterlandes zuerst gefasst und in die Tat
umgesetzt wurde. Ein Land, das nach erfolgter Eroberung durch den
deutschen Ritterorden in kurzer Zeit kolonisiert und der Kultur gewonnen
werden musste. Bei dieser eigenartigen Entwicklung des Staates dürfte
eine Voraussetzung, dass sich hier das Vermessungswesen ebenfalls in
anderer Weise betätigt und entwickelt haben muss, als im übrigen Deutsch-
land, ihre vollste Berechtigung haben; wohl aber werden wir eine gewisse
Aehnlichkeit zwischen der Besiedelung Preussens und den römischen Kolonien
nicht verkennen können. WTenn nun auch das Aufsuchen und Zusammen-
führen der Aufschluss gebenden Quellen für einen mitten im anstrengenden
Beruf stehenden Praktiker mangels der erforderlichen Bewegungsfreiheit
mit so mancherlei Schwierigkeiten verknüpft ist, so hat sich Verfasser den-
Zeit.cnrift för Vertneitnng«weten 1907. Heft 28. 50
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690 Hoedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. vJJ*[22£ft f"
noch der Aufgabe unterzogen, innerhalb der ihm gesetzten Schranken von
der Entwicklung des Vermessungswesens in Altpreussen ein möglichst voll-
ständiges Bild und dadurch einen Beitrag zu liefern zu der leider noch immer
ausstehenden lückenlosen allgemeinen Geschichte des Vermessungswesens
in Deutschland, die seit Jahrzehnten das ungeteilte Interesse der Fach-
genossen in Anspruch nimmt. Sind nun auch schon recht zahlreiche und
vorzügliche Beiträge in einzelnen Werken und wie auch namentlich in der
Zeitschr. f. Venn, niedergelegt und hat uns auch schon das bedeutsamste
Werk dieser Art: Jordan und Steppes, „Das deutsche Vermessungswesen,
historisch-kritische Darstellung", Stuttgart 1880, den Weg gezeigt, der zum
Ziele führt, so blieben doch noch einzelne Gaue, wie z. B. Altpreussen.
und dann namentlich die ältere Zeit zu berücksichtigen übrig. Einen Teil
dieser Lücken auszufüllen und so anregend zu wirken, soll der Zweck
dieser Abhandlung sein. Manche Archive und Bibliotheken sind noch zu
durchforschen, viele vergilbte Handschriften zu entziffern und zu verwerten,
ehe daran gegangen werden kann, aus allen diesen Beiträgen ein Ganzem
zu formen.
Um dies umfassende Werk der Geschichte der gesamten Vermessungs-
kunst und Vermessungswissenschaft Deutschlands zustande zu bringen,
mögen sich die berufenen Gelehrten und Fachgenossen jetzt, da Optik und
Präzisionsmechanik, soweit sie unseren Zwecken zu dienen haben, zu einem
gewissen Abschluss gelangt sind und daher keine nennenswerte Vervoll-
kommnung der Instrumente mehr zu erwarten sein dürfte, bald zu gemein-
samer Arbeit vereinigen und mit diesem Werke dem ganzen Stande der
deutschen Geometer denjenigen Platz erobern helfen, der ihm in der wissen-
schaftlichen Welt seit langem schon gebührt.
Ermuntert wurde Verfasser zu vorliegender Abhandlung, ausser durch
das gute Beispiel anderer, namentlich dadurch, dass ihm zufällig der relativ
reiche Quellenschatz, der in den zahlreichen Ostpreussischen Folianten und
Handschriften aller Art des hiesigen Kgl. Staatsarchivs enthalten ist, be-
kannt wurde.
Absichtlich macht Verfasser ausgiebigen Gebrauch von Zitaten —
namentlich aus Handschriften — um die Ursprünglichkeit der alten Sprache
nicht zu verwischen. Wo aber, wie bei der Geometria Culmensis, die in
Altlatein und Mittelhochdeutsch vorliegt, beide Texte aber mitunter nicht
gut übereinstimmen, die deutsche Orthographie zum Teil stark ins Althoch-
deutsche hinüberspielt und ohne Lexikon der Sinn des Textes nur mühsam
ermittelt werden kann, habe ich denselben nur an den wichtigsten Stellen
nach der Urschrift, im übrigen aber in Hochdeutsch wiedergegeben.
Allen denjenigen Herren aber, die es mir in so liebenswürdiger Weise
gestatteten, aus ihren Quellen zu schöpfen und mich so vielfach mit Rat
freundlichst unterstützten, vor allem dem Direktor des Kgl. Staatsarchivs.
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v«ra£cbrlft '•tm Roed(ler- Geschichte de« Verm.-Wesens Preussens etc. 691
Herrn Geheimen Archivrat Dr. Joachim, Herrn Archivrat Dr. Karge und
sämtlichen Herren Staatsarchivaren, dem Vorsteher der Stadtbibliothek,
Privatdozenten Herrn Dr. Seraphim, sowie Herrn Dr. Rohde hierselbst und
endlich dem bereits verewigten Majoratsbesitzer Herrn Adolf Burggrafen
und Grafen zu Dohna-Schlodien, der die grosse Gute hatte, mir die Karten-
und Pläne-Sammlung des gräflichen Hausarchivs zur Durchsicht in das
hiesige Kgl. Staatsarchiv zuzusenden — nun über das Grab hinaus —
möchte ich auch auf diesem Wege meinen verbindlichsten Dank sagen.
Wo in dieser Abhandlung Werke zitiert werden, erfolgt ihre Bezeich-
nung nur das erstemal vollständig: bei Wiederholungen wird dann nur der
Name genannt. Im übrigen werden folgende Abkürzungen eingeführt:
für Zeitschrift für Vermessungswesen: Z. f. V.
„ Allgemeine Vermessungsnachrichten: A. V.-N.
„ Königliches Staatsarchiv zu Königsberg: K. St.-A.
„ Stadtbibliothek zu Königsberg: St.-B. K.
„ Ostpreussischer Foliant im K. St.-A.: O. F.
„ Königl. Generalkommission zu Königsberg: K. G.-K.
„ Festgabe für die Mitglieder der XXIV. Versammlung deutscher Land-
und Forstwirte zu Königsberg i. Pr., Königsberg 1863: Festgabe,
j, Königliche Regierung zu Königsberg: K. R. K.
I. Kurzer geschichtlicher Rundblick Ober Ostpreussen.
Sind die Ueberlieferungen, die uns Aufschluss geben sollen über das
alte Preussenland und dessen Bewohner, deren Verfassung, Sitten und Ge-
bräuche, aus der Zeit bis zum Erscheinen des Ordens „Unserer Frauen
von dem deutschen Hause des Spitals zu Jerusalem" an dessen Grenzen,
nur sagenhaft und spärlich, so dringt auch keine sichere Kunde zu uns
herüber über die Ureinwohner1), die der griechische Seefahrer Pytheas
(um 320 v. Chr.) Guttonen, Tacitus Olestier = Ostleute nennt, die da zu
Anfang des VI. Jahrhunderts ein grosses Bernsteingeschenk an Theodorich
d. Gr., König der Ostgothen, sandten, was das Dankschreiben aus der
Feder des Cassiodorus in dessen Werken beurkundet. 50 Jahre später
weisst Jornandus, der Geschichtschreiber der Gothen und wieder fast
300 Jahre später Eginhard, der Biograph Karls d. Gr., die Olestier in den-
selben Wohnsitzen nach. Der Seefahrer Wulfstan besuchte sie, als er im
Auftrage König Alfreds d. Gr. Handelsverbindungen in den Ländern an der
') Voigt, Geschichte Preussens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergang
des deutschen Ordens. Königsberg 1827, I. S. 561.
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692 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. ? z*u<*rift for
1W7»
Ostsee anzuknüpfen versuchte. Die Galinder, Sudauer und Schalauer im
Süden Ostpreussens werden noch von dem Geographen Ptolemäus im II. Jahr-
hundert angeführt; diese schlössen sich dem allgemeinen Zuge der Völker-
wanderung nicht an. Der alte Volksname Olestier verschwindet aber in
der zweiten Hälfte des X. Jahrhunderts und tritt an dessen Stelle die Be-
zeichnung „Pruzzen" oder „Preussen" i).
Spuren von irgendwelcher feldraesserischer Tätigkeit lassen sich bei
den alten Preussen nicht erkennen, zumal sie der Schrift nicht kundig
waren; doch scheint es, dass sie auch ohne dies ganz gut ausgekommen
sind, wenngleich sie das persönliche Eigentum an Liegenschaften wohl ge-
kannt und geschätzt haben.
Bekannt ist, dass die Vornehmeren einen grösseren Landbesitz hatten,
als die übrigen Freien, die in ihrem Besitztum und Vermögen beschränkt
waren8). Der Einführung des Christenturas setzten die alten Preussen den
zähesten Widerstand entgegen, wobei Adalbert, Bischof von Prag 997 den
Märtyrertod fand, wodurch die Bekehrungsversuche länger als 200 Jahre
aufgehalten wurden. Nach vergeblichen Bemühungen des ersten Bischofs
von Preussen, Christian von Oliva (1208 — 1226) in dieser Richtung unter-
nahm der herbeigerufene deutsche Ritterorden, unterstützt durch Kaiser
Friedrich II und Papst Gregor IX, die ihm das zu erobernde Land im
voraus verliehen, 1230 einen Kreuzzug gegen die heidnischen Preussen,
der nach wechselvollen, äusserst blutigen Kämpfen erst nach 53 Jahren
zur Unterjochung derselben führte. Für diese war es ein Vernichtungs-
kampf gewesen, der viele zur Auswanderung, aber nur wenige zur Annahme
des Christentums bewog.
Wie es in der Natur der Sache lag, hatte der Orden, mit der Er-
oberung fortschreitend, vielfach unter Benützung vorgefundener primitiver
Befestigungen, „Wallberge", über das ganze Gebiet eine grosse Anzahl von
Burgen erbaut, durch die nicht sowohl die Bewohner, als auch die äusseren
Feinde in Schach gehalten werden sollten, und entfaltete gleicherweise eine
grossartige kolonisatorische Tätigkeit. Das Land wurde eingeteilt in Bis-
tümer, Komtureien und Aemter; die unter Verheissung grosser Begünsti-
gungen herbeigerufenen Einwanderer — Handwerker, Künstler, Gelehrte,
Bauern etc. — strömten aus allen Gauen Deutschlands herzu; Städte und
Dörfer wurden gegründet, Rittern, die sich um den Orden verdient gemacht
und freien Preussen, die sich freiwillig unterworfen hatten, wurden Güter
und Grundstücke verliehen: und zwar zu kulmischem Recht, anfangs aus-
schliesslich kölmische Erbzinsgüter nur an Deutsche oder edle Preussen,
Lehngüter an polnische Ritter zu polnischem und slavischem Recht, an
l) Siehe Festgabe, Einleitung.
«) Voigt, L S. 225.
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zeitjebrut nir Roedder. Geschichte de» Verm.- Wesens Preossens etc. 693
Preussen zu preussischem und magdeburgischem Recht, oft aber unter den
verschiedensten Moditikationen. M
Sehr oft wurde die Gründung und Besetzung eines Dorfes, und zwar,
sofern es nach kulmischem Rechte verliehen wurde, in der Regel einem
Unternehmer überlassen, der dann vom Landesherrn und uuter besonderen
Begünstigungen zum Erbschulzen ernannt wurde 2). Neben den selbständigen
Bauern wurden auch sogenannte „Hintersassen" angesiedelt, die weniger
frei als jene waren und auch geringeren Besitz erhielten. So bekamen die
Hintersassen nur etwa 1 bis 3 Haken8), während die Kölmer gewöhnlich
mehrere Hufen oder 6 bis 8 Haken empfingen. Wesentlich kleinere, isoliert
gelegene Grundstücke von i/8 bis 4 Morgen wurden mit sogenannten
„Gärtnern" besetzt, den Gärtnergrundstücken ähnlich war im Kulmerland
der «Schabernack"*).
Rasch, energisch und mit grosser Umsicht hatte der Orden die Be-
siedelung des eroberten, durch die langen Kriege verödeten, an sich aber
zum grössten Teil fruchtbaren Landes in die Hand genommen; unablässig
und mit anerkanntem technischem Verständnis wurde von grossen Gesichts-
punkten aus die Hebung der Landeskultur betrieben, so dass die Ver-
mutung nicht von der Hand zu weisen ist, dass ihm auch tüchtige tech-
nische Kräfte, Landmesser und Ingenieure, zur Verfügung gestanden haben,
wenn auch nicht anzunehmen ist, dass den deutschen Ritterorden auf seinem
Eroberungszuge nach dem Heidenlande Preussen ein Feldmesser begleitet
habe, ähnlich wie bei den Römern z. B. der Feldmesser Baibus den Kaiser
Trajan auf seinem dacischen Feldzuge, da im Jahre 1230 zunächst nur
20 Ritter mit 200 Knappen unter Hermann Balk an der Weichsel erschienen.
So dürften wir aber wohl voraussetzen, dass mit dem Anwachsen und Vor-
wärtsdringen des Kreuzheeres auch Landmesser ins Land kamen.
So wurden Sümpfe entwässert, Flussläufe reguliert und eingedeicht —
wobei besonders die Eindeichung der Weichsel und die Schiff barmachung
der 41 km langen Deime zu nennen sind — Mühlen, Stauwerke, Wasser-
leitungen und Strassen werden angelegt *).
>) Das Nähere b. v. Brünneck, Zur Geschichte des Grundeigentums in Ost-
und Westpreussen, Berlin 1891 und Kretschmer, Die kulmische Handfeste, Marien-
werder 1832.
«) v. Brünneck, S. 59 ff.
*) 1 Haken (slavisches MaaB) = '/« Morgen s. 0. F. 1291, auch Festgabe
für die Mitglieder der Land- und Forstwirte. Königsberg 1863 u. a. 0.
4) Siehe Voigt, VI. S. 578 ff. Jemanden einen Schabernack spielen, soviel
wie ihm einen Possen spielen. Woher die Uebertragung dieser Bezeichnung auf
ein Grundstück stammt, ist dem Verfasser nicht gelungen, zu ermitteln. Etwa
von tabema = Herberge, in der es lustig hergeht, in der mancher Possen ge-
spielt wird? Der Verf.
*) Nach v. Baczko, Geschichte Preussens, Königsberg 1792, II. S. 215: „von
Geometrie hatte man einige Begriffe und die Kirchen und Schlösser bewiesen
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694 Roedder. Geschieht« des Verm.-Wesens Preussens etc. ztiuehrin mr
Die alten Bewohner hatten sich allmählich den neuen Verhältnissen
angepasst und sich mit den Eingewanderten vermischt. Unterbrochen
wurden die Kulturarbeiten freilich öfters durch räuberische Einfälle der
stets unruhigen Nachbarn, vornehmlich der Samaiten und Litauer, Letten,
Masowier, Polen und Tataren, Einfälle, die zum Teil der Orden selbst durch
seine n Heidenjagden14 1) hervorgerufen hatte. Die bei Gelegenheit dieser Ein-
fälle des Ordens in heidnisches Gebiet gemachten Gefangenen wurden diesseits
der Grenze abgesetzt und als Unfreie zu Frohndiensten verwendet. Später,
als friedlichere Zeiten eingetreten waren, wurden sie in der sogenannten
litauischen Wildnis«) in kleinen Anwesen angesiedelt, zu welchem Zwecke
sie die Wildnis lichteten. Im Jahre 1384 gab es zwischen Labiau und
Ragnit nur drei Orte: Laukischken, Mehlauken und Thaurothenen, rings
vom Urwald umgeben.
Seinen Gipfelpunkt hatte des Ordens Macht und Glanz zur Zeit der
Regierung Winrichs v. Kniprode 1351 — 1382 erreicht, er hielt sich noch
mit Conrad v. Jungingen 1393 — 1407, um dann nach der unglücklichen
Schlacht bei Tannenberg 1410 unaufhaltsam zurückzugehen. Die schwer-
sten Wunden aber schlug darnach dem Lande der dreizehnjährige Krieg des
Städtebundes gegen den Orden 1454 — 1466, der von 21000 Dörfern, die
das Land vor dem Kriege gehabt haben soll, nur 3013, fast gänzlich ver-
armt und entvölkert, übrig gelassen und einen Menschenverlust von 30000
verursacht haben soll8). Alles Land westlich der Weichsel und Nogat,
auch Kulmerland, Marienburg, Elbing, Christburg und Stuhm werden mit
Polen vereinigt. Nach einem weiteren 60jährigen Siechtum sank der Orden
1525 dahin, während der letzte Hochmeister, Albrecht v. Brandenburg,
unter dem weiteren Verlust des Bistums Ermland an Polen, den übrig ge-
bliebenen Teil 08tpreussens als weltliches Herzogtum zu Lehen von der
Krone Polens in Empfarg nahm. Hierbei mag erwähnt werden, dass den
Friedensbedingungen gemäss mehrere Fuder Urkunden aus den preussischen
Archiven nach Krakau geliefert werden mussten*), von denen später nur
ein Teil wieder zurückgelangte. Diese von den Geschichtsforschern tief
den damaligen Geschmack in der Baukunst, und da man Kanäle grub, Flüsse
eindämmte und Mühlen baute, so muss man doch auch einige Kenntnisse in der
Wasserbaukunst besessen haben. "
») v. Baczko, II. S. 153.
*) Nach Schickert, Wasserwege und Deichwesen in der Memelniedemng,
Königsberg 1901, S. 3 erstreckte sich diese Wildnis Ober einen mehrere Tages-
reisen breiten Streifen Waldgebiets, der ostlich von Labiau, Wehlau, Wohnsdorf,
Gerdauen, Rastenburg begann.
») Voigt, VIII. S. 705 ff. Die Festgabe gibt dagegen an, dass um 1410 in
Preussen 700 Kirchdörfer und 18368 Bauerndörfer vorhanden waren.
«) v. Baczko, IV. S. 195.
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zeiucürtft mr Roedder. Geschichte des Venn.« Wesens Preussens etc. 695
fMMMMIM
1901
beklagte Massregel hat in den Archiven, wohl auch bezüglich des Land-
messerfaches, fühlbare Lücken hinterlassen.
Mit Energie und Umsicht ging Herzog Albrecht an die gründliche Re-
organisation des Staates auf allen Gebieten der Verwaltung. Gewerbebetrieb
und Künste, die bereits in hoher Blüte gestanden hatten, belebten sich
wieder, die Wissenschaften erhielten durch die Gründung der Universität
zu Königsberg 1541 den erforderlichen Rückhalt. Doch konnte sich das
Land von den schweren Wunden unter ihm, den folgenden Herzögen und
auch nach der Vereinigung mit dem Kurfürstentum Brandenburg kaum er-
holen, da immer wieder neue Stürme über das Land hereinbrachen. An
den äussersten Rand der Erschöpfung geriet es unter Georg Wilhelm
(1619 — 1640) während des schwedisch-polnischen und des 30jährigen Krieges.
Unter dem Grossen Kurfürsten (1640 — 1688), der 1657 die volle Souveräni-
tät des Herzogtums erzielte, hatte Ostpreussen zufolge seiner wechselnden
Bündnisse mit Schweden und Polen, durch Verwüstungen seitens der krieg-
führenden Parteien, namentlich durch den Einfall von 500001) Tataren 1656,
der sich von Lyck bis Insterburg hinauf erstreckte, unendlich zu leiden.
13 Städte, 249 Dörfer und 37 Kirchen wurden eingeäschert, 23000 Menschen
erschlagen, 34 000 kriegsgefangen fortgeschleppt*). Um diesen enormen Men-
schenverlust zu decken, zog der Grosse Kurfürst alsbald neue Ansiedler
ins Land: Niederländer, Engländer, Polen und Franzosen. Wir sehen dann,
bald nach der Königskrönung in Königsberg, die Pest ins Land herein-
brechen, die mit kurzen Unterbrechungen bis 1711 wütete und mehr als */$
(235836), im östlichen Teile allein weit über die Hälfte (154445) der Be-
wohner dahinraffte3); ganze Dörfer waren ausgestorben: in Litauen lagen
60 000 Hufen unbebaut. Hier nun entwickelte der weitblickende König
Friedrich Wilhelm I sein grosses Kolonisationstalent, indem er alsbald
(1716) Schweizer. Mennoniten. Salzburger — von denen 15000 nach Ost-
preussen kamen — ferner Leute aus Böhmen. Anhalt-Dessau, Magdeburg,
Nassau und den Niederlanden heranzog und zum grössten Teil ansiedelte.
Auch begann er zu diesem Behufe mit der Aufteilung von Domänen, wobei
er ein besonderes kleineres Mass, das sogenannte roletzkoische Mass" ein-
führte, auf das wir noch zurückkommen werden.
Allmählich blühte Preussen wieder auf, hatte dann aber wieder durch
die russische Okkupation 1757—1762. mehr noch aber während des un-
*) Horn, Kulttirbilder aus Altpreussen, Leipzig 1886, S. 16. Die Festgabe
gibt dagegen nur 20000 Tataren an.
*) Horn S. 89. Nach der Festgabe starben in der Folge durch Hungersnot
und ansteckenden Krankheiten 80000 Menschen. Siehe auch v. Baczko, V.
S. 204 ff. Nach Schicken, S. 42, 45, wütete in den Jahren 1653—1601 die Pest
in der litauischen Niederung.
3) Horn S. 90. Auch Festgabe.
Digit ^
696 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. .JjSajjgLSL.
glücklichen Krieges 1806 — 1807 durch Franzosen und Russen schwer zu
leiden. Durch die erste Teilung Polens 1772 war Westpreussen, durch
die zweite auch Danzig, Thorn und das Bistum Ermland wieder mit Ost-
preusseu vereinigt worden.
In allen schwierigen Lagen hatte sich der gesunde Sinn der Ostpreussen
bewährt und kam am besten zum Ausdruck durch die von Königsberg
ausgehende patriotische Erhebung des ganzen preussischen Volkes im
Jahre 1813.
Aber die Wunden, die die letzten Kriege dem Lande, insbesondere
der Landwirtschaft geschlagen hatten, kamen, trotzdem alsbald die neuere
Agrargesetzgebung einsetzte, erst in Jahrzehnten zur langsamen Heilung.
II. Rundblick über die Geschichte des Vermessungswesens in Theorie
und Praxis in Deutschland vom frühen Mittelalter bis in die
neuere Zeit.
Mit Hankel ') können wir annehmen, dass die mathematische Wissen-
schaft und mit ihr die Feldmesskunst etwa um 782 über Frankreich vou
Italien aus in Deutschland ihren Einzug gehalten hat und sich hier bald
ausbreitete. Während die damalige römische Wissenschaft des Feld-
messens seitens der Deutschen unverändert übernommen sein wird, dürfte
dagegen die kunst- bezw. handwerkmässige Ausübung des Feldmessens
sich hier den veränderten Verhältnissen binnen kurzem angepasst haben.
Viel war es nicht, was nach Dr. Moritz Cantor die Römer uns überbrachten,
was am besten durch die Schlussworte in seinem Werke über die römischen
Agrimensoren 2) veranschaulicht wird: „die Römer haben für die Feldmess-
kunst der Griechen und für unmittelbar oder mittelbar damit Zusammen-
hängendes, welches ihnen seit dem Heginn der christlichen Aera zuHoss,
eine aufbewahrende Mittelstelle abgegeben. Sie ähneln darin den Arabern,
nur dass sie weniger in sich aufnahmen, entsprechend ihrer geringen mathe-
matischen Begabung. Hinzu erfunden haben sie so gut wie nichts, höch-
stens einige Operationen wirklicher Feldmesskunst. Weggelassen haben
sie von dem, was sie sich angeeignet hatten, auch nicht viel; die falschen,
meistens altägyptischen Näherungsformeln vor allem haben sie niemals
ausser Uebung treten lassen. Was für die Römer gilt, bleibt wahr für ihre
Schüler im Mittelalter. Einzelne hervorragende Geister ausgenommen
nimmt das Verständnis des Aufbewahrten immer mehr ab, aber die Menge
des Aufbewahrten bleibt. Sie ist nicht gross, doch immerhin erheblicher
als man sonst wohl annahm. Dass überhaupt irgend etwas von Geometrie
in die wissenschaftliche Barbarei des frühesten Mittelalters hinüber sich
V) Hankel, Zur Geschichte der Mathematik. Leipzig 1874.
*) Leipzig 1875.
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zrtuctorm rar Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 697
retten konnte, das ist das unschuldige Verdienst der römischen Agri-
raensoren."
Erst mit Beginn des XII. Jahrhunderts nimmt die Mathematik im
westlichen Europa durch die Berührung mit den Arabern in Spanien und
Uebersetzen von deren Schriften einen bedeutenden Aufschwung *). Plato
¥. Tivoli (1116) lieferte die Uebersetzung der Astronomie des AI Battäni
und die Sphära des Theodosius, Athelard von Bath u. a. die Uebersetzung
von Euklids Elementen, ebenso Gherardo von Cremona in der Lombardei
(f 1187), der im ganzen etwa 70 verschiedene Werke übersetzt haben soll,
im folgenden Jahrhundert wurden die mathematischen Wissenschaften wesent-
lich durch Friedrich II von Hohenstaufen (f 1250) 'und Alfons X von
Castilien (1252—1284) gefördert. Die dritte Uebersetzung des Euklid,
welche die beiden ersten verdrängte, lieferte Giovanni Campano aus Novara
(um 1260). Dieser war der letzte der Uebersetzer mathematischer Schriften
aus dem Arabischen ins Lateinische, während — nach langer Periode des
Verarbeitens der bisherigen Fortschritte — vor dem XV. Jahrhundert kein
einziges mathematisch-astronomisches Werk direkt aus dem Griechischen
übersetzt worden ist.
In diese Periode des Sammeins fällt die Entwicklung des Rechnens
durch Einführung des arabisch-indischen Verfahrens mit 9 Ziffern und der
Null nach dem Prinzip des Stellenwertes2). Das grösste Verdienst erwarb
sich hierbei Leonardo aus Pisa (1202—1225, Fibonacci genannt), der in
Algier bei Mohammedanern mathematischen Unterricht genossen hatte3).
Sein grosses Werk „Liber abaci" umfasst das gesamte Wissen der Araber
in Arithmetik und Algebra, in seiner „Practica geometriaeu die Berech-
nung der ebenen Figuren, des Kreises und der Kugel aus den Elementen
des Euklid und Archimedes Schriften: von der Trigonometrie, deren Ge-
brauch er nur der Astronomie zuerkennt, gibt er nur die Elemente. Seine
verdiente Anerkennung fand er namentlich am glänzenden Hof zu Pisa bei
Kaiser Friedrich II.
Im allgemeinen gelangte die Mathematik bis zum XVI. Jahrhundert
nicht wesentlich vorwärts. So zeigte auch das durch den Minoritenmönch
Luka Pacioli (1494) geschriebene mathematische Werk nur geringe Fort-
schritte. Doch ist besonders bemerkenswert, dass man bereits im XIV. Jahr-
hundert die graphischen Darstellungen nach dem Prinzip der Koordinaten
kannte. Auch muss erwähnt werden, dass Regiomontanus (eigentlich Jo-
hannes Müller), Mathematiker und Astronom (geb. 1436), in Deutschland
») Hankel, S. 335 ff.
*) Algorismu8 = modus Indorum. Algorist = Rechenmeister.
*) Cantor bezeichnet ihn, S. 178, in gewissem Grade als Schüler der Römer
und erwähnt seine Werke, „von welchen alsdann mehr als drei Jahrhunderte
eine fast sklavische Abhängigkeit zeigen."
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698 Roedder. Geschichte des Verm.-Weaens Preussens etc. Jjggjgljr^
zuerst das Studium der Algebra l) und auch die Trigonometrie, die er durch
den Gebrauch der Tangente vervollkommnete, eingeführt hat. Regiomontanus
ist auch der Erfinder des Jakobs Stabes.
In dieser und der späteren Zeit beschäftigen sich Gelehrte und Un-
gelehrte viel mit Astrologie, worüber Vorlesungen gehalten wurden an
den Universitäten zu Bologna, Padua, Pisa und wahrscheinlich auch an
anderen.
Wie jede Wissenschaft sprungweise vorgeht, so war dies auch mit der
unsrigen der Fall. So durch Scipione Ferro2), der 1496 — 1525 zu Bologna
Mathematik lehrte und die Wissenschaft mit der Auflösung kubischer
Gleichungen , zunächst von der Form z* -f- m x = " einen gewaltigen
Schritt vorwärts brachte, von dem aber die Geschichte weiter nichts be-
richtet hat. Eine zweite Lösung dieses Problems gelang Nicolo, geb. 1506
zu Brescia, mit dem Beinamen Tartaglia, der durch Cardano um seinen
Ruhm gebracht wurde. Im Gefolge wurden nun auch biquadratische
Gleichungen und solche höherer Ordnung gelöst. Bis Anfang des XVII.
Jahrhunderts rechnet man fast nur mit absoluten positiven Grössen; die
negativen Grössen gebraucht man nur in Form von Differenzen (a — b)
{c — d), nie einzeln. Dass minus mal minus plus gibt, war wohl schon be-
kannt. Harriot, der an der Schwelle einer neuen Zeit steht, ist der erste
Algebraiker, bei dem man bereits zuweilen eine negative Grösse auf einer
Seite der Gleichung allein findet. Durch Bombelli (um 1579) u. a. lernte
man negative Wurzeln kennen, sowie das Ausziehen von Kubikwurzeln aus
algebraischen Gleichungen. Viete (geb. 1540), der einzige hervorragende
Mathematiker dieser Zeit diesseits der Alpen, fand um 1600 die Lösung
einer trigonometrischen Gleichung des dritten Grades. Erst nach seinem
Tode erschien — 1615 — sein Werk über die Zusammensetzung und Trans-
formation der Gleichungen.
Der Schotte Neper = Napier, geb. 1550, f 1617, erfand die Loga-
rithmen8) und gab die erste Logarithmentafel heraus (1614).
Sahen wir nun auch im Laufe der Jahrhunderte hier in der rein-
theoretischen mathematischen Wissenschaft einen merklichen Fortschritt
so ist ein solcher auf dem Gebiete der praktischen Geometrie, insbeson-
') Nach Kastner, Band I S. 56 — Geschichte der Künste und Wissenschaften,
Göttingen 1796—1800, 4. Band — ist Algebra gleichbedeutend mit Regel „Cobs".
Algebra bedeutet eigentlich nur Rechnung, nicht Analysis = Gleichungen. Wenn
eine Zahl gesucht wurde, brachte man die Frage auf eine Gleichung, in der man
alle übrigen Zahlen ausser der Unbekannten schreiben konnte. Diese nannte
man res oder cosa, daher Cosa; man schrieb entweder das Wort res mit Buch-
staben aus oder brauchte statt ihrer ein Zeichen. Die Zeichen + und — nannte
man cossische Zeichen.
*)' Hankel, S. 360 ff.
3) KäBtner, Band I S. 2.
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z«»uchrtfi mr Boedder. Geschichte de» Verm.-Wesens Preussens etc. 699
dere der praktischen Aufgaben des Feldmessens kaum zu bemerken. Im
wesentlichen sind sie noch dieselben, wie die bereits von Enklid und Heron
von Alexandrien gelehrten; selbst die ungenauen altägyptischen Annähe-
rungswerte fanden noch immer, namentlich durch Jacob Köbel l) ihre weitere
Verwendung. Von verschiedenen späteren Autoren wurde er dieserhalb
scharf angegriffen; aber sein Buch hatte wegen der äusserst einfachen,
leicht fasslichen Erklärungen und zahlreichen Illustrationen die weiteste
Verbreitung gefunden. Zum Beispiel lehrt Köbel bei einem Paralleltrapez
mit den beiden Seiten a und b und c und d: F = *T"- X C ~ d ; bei
einem gleichseitigen Dreieck mit der Seite a: F = -y x o; bei einem
a + b
angleichseitigen Dreieck: F= — g — x c* wobei a und b die beiden langen
Seiten sind.
Unter den Autoren finden sich nur einige wenige, die nur Fachmänner
sind, meistens sind es Gelehrte, Mathematiker oder auch Astronomen,
Maler (Dürer), Geistliche etc., die praktische Geometrie lehren, ohne, wie
es scheint, selbst Messungen zu praktischen Zwecken ausgeführt zu haben.
Es könnten sonst nicht wieder und wieder die Aufgaben, Kreise, regel-
mässige elliptische oder Mondfiguren etc. abzustecken und zu berechnen,
ernstlich behandelt werden. Wegen einer Aufgabe letzterer Art wird
Reimers2), der solche seinem Landesherrn als Prüfungsaufgabe für Land-
messerkaudidaten empfahl und sich damit des unlauteren Wettbewerbs un-
fähiger Landmesser erwehren wollte, von Kästner angegriffen3), während
Trew dieselbe ausrechnet *). Das inhaltreichste und brauchbarste Werk
des XVIII. Jahrhunderts über praktische Geometrie dürfte das von Wilke
sein, das auch die damaligen Instrumente ausführlich behandelt s). Wilke
weist in seiner Vorrede auf die Notwendigkeit gründlicher theoretischer
Vorbildung hin, bevor die praktische Anweudung versucht werde. Im
fünften Kapitel stellt Wilke die namentlich für den heutigen I^andmesser,
der so leicht geneigt ist, bei jeder Art Messung die gro sst möglichste
(ienauigkeit zu erzielen, sehr beachtenswerte Forderung: „Bei einer
iedweden Messung muss man beständig auf denjenigen Fall und
Endzweck sehen, welche man sich vorgesetzt hat und jederzeit
J) Jacob Köbel, Geometrey von ktmitlichem Feldmassen. Frankfurt 1610,
8. 9 ff.
*) Kicelaus Reimers, Geodaesia Ranzoviana, Landt-Rechnen und Feldtmessen.
Leipzig 1583. — IV. am Schluss. Auszug in Z. f. V. XXXIV, S. 668 ff.
3) Kästner, I, S. 669.
*) W. Abdiam Trew (zusammen mit Bernhard Cantzler), Summa Geometriae
Practicae. Nürnberg, 1673 S. 107.
») Wilke, Neue und erleichterte Methode, den Inhalt geradliniger Flächen
zu finden. Marburg 1757.
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700 Roedder. Geschichte des Venn.-Wesens Preussens etc.
die Gros sen nur soweit genau bestimmen, als es derselbe er-
fordert, vornehmlich, wenn eine genaue Bestimmung mehrere
Zeit und Kosten verursacht." In seinem zweiten Buche geht Wilke
in einem besonderen Abschnitt „Verteidigung des Verfassers wider seine
drei Göttingenschen Gegner" mit diesen scharf ins Gericht wegen eines
gegen ihn gerichteten Angriffs betreffs der Urheberschaft an einer Aufgabe
zur Entscheidung von Grenzstreitigkeiten und schliesst dabei folgendennassen :
„Man lieset von nichts, als lauter undankbaren Entwendungen Göttingischer
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rar Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 701
Erfindungen, von rauben, stehlen, plündern u. s. f., ia, wo es möglich ge-
wesen wäre, iemanden des gelehrten Todtschlages zu beschuldigen, so würde
man gewiss hiermit nicht an sich gehalten haben. Eine solche Schreib Art
schickt sich vor Zigeuner und dergleichen Raub-Gesindel etc.u
Was nun die praktische Feldmesskunst selbst anbetrifft, so sind zu
den verschiedensten Zwecken seit alters her Vermessungen in Deutschland
ausgeführt worden: sei es nun — und dies vornehmlich — zur Besteuerung
des (Grundeigentums, sei es behufs Vermarkung der Eigentumsgrenzen und
deren Erneuerung, oder zur Teilung von Grundstücken, sei es zu Zwecken
mehr oder weniger ausgedehnter Meliorationen, Auseinandersetzungen, Ver-
Barnim
Abb. 2. Darstellung der Höhenmessung. Aus Hofmanns Octant.
Jena 1612.
koppelungen, oder zur Ausführung von Wege-, Eisenbahn- und Wasser-
bauten, sei es im Dienste der Forstverwaltung, sei es zur Aufnahme von
Städten oder zur Vorbereitung von Stadterweiterungen, Kanalisationen oder
sei es endlich zu Zwecken der Landesaufnahme, Geographie und Militär-
verwaltung.
Die älteste Karte in Deutschland, die zu Grundsteuerzwecken her-
gestellt wurde, dürfte die im Kgl. Staatsarchiv Stettin aufbewahrte Karte
von Vorpommern aus den Jahren 1694 — 1697 sein, die ohne die fehlenden
Distrikte Usedom und Wollin aus 965 Blättern in 1 : 8000 und einer Ueber-
sichtskarte besteht und die im Verein mit den zugehörigen 39 starken, die
Beschreibung des Grund und Bodens in schwedischer Sprache enthaltenden,
Bänden die „schwedische Landesmatrikel" bildet. Die Karten beschränken
sich auf die Bestimmung der Bodengüte, die durch Buchstaben und Farben
kenntlich gemacht ist, während Flurbezeichnungen fehlen. Als von dieser
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702 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. z^ucjinn rer
Sammlung im Jahre 1906 die geodätisch-kulturtechnische Ausstellung hier
mit 2 Mappen des Distrikts Greifswald mit 49 und Distrikt Rügen mit
50 Kartenblättern nebst je einem zugehörigen Folioband Beschreibungen
beschickt wurde, hatten wir Gelegenheit zu bemerken, dass diese Karten und
Beschreibungen wegen
ihrer sauberen , ge-
schmackvollen Dar-
stellung und zweck-
mässigen Hinrichtung
von Fachleuten
Abb. 3. Horizontalwinkelmessung.
Aus Hofmanns Octant Jena 1612.
würdigt wurden,
-ind wir der Ai
dass die Her
dieses Werkes
heitlicher Gedanke be-
herrscht haben muss ').
Darüber, wie sich
nun im Übrigen d;i>
Yennrssuutfswesen in
bezug auf Ausübung
feldmesserischerTätig-
keit jeglicher Art, die
hierbei angewandten
Messungsmethoden und Instrumente, die verschiedenen Feldmasse, sowie
auf die Personalverhältnisse der Landmesser in den einzelnen deutschen
Staaten und Gauen gestaltet und entwickelt hat, gibt das Werk von Jordan
und Steppes: „Das deutsche Vermessungswesen, Stuttgart 1880" im ein-
zelnen Auskunft8).
*) Auf der geodätisch-kulturtechnischen Ausstellung lagen ferner u. a. noch
folgende ältere, besonders bemerkenswerte Kartenwerke aus:
a) aus dem Kgl. StaatsarchiT Düsseldorf:
1. Joh. de Lacu, Karte des Stifts Werden, 1582,
2. Karte der Gegend südwestlich von Köln bis Brühl, mit Bezeichnung des
Burgbannes der Stadt Köln, 1590,
3. Karte streitiger Limiten zwischen den Jülichschen Dörfern Löwenich
und Nöwenich und der Stadt Zülpich, 1595,
4. Jordan von der Waye, Beschreibung der Herrschaft Gimborn, 1610:
b) aus dem Kgl. Staatsarchiv Danzig:
L Gegend aus Lozin, 1599,
2. Umgegend von Danzig, 1603.
*) Bezüglich der Kunst des Kartenzeichnens möge hier noch kurz erwähnt
werden, dass nach Mendthai (Geometria Culmensis, Leipzig 1886) wahrscheinlich
der Astronom Hipparch — 140 v. Chr. der Erfinder, aber der Mathematiker,
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Zeitschrift für Roedder. GeBchichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 703
III. Die alten Vermessungsinstrumente und Utensilien im alten
deutschen Reiche.
Mit Sicherheit dürfen wir annehmen, dass wir von den Römern mit
der Feldmesskunst auch ihre Instrumente übernommen haben, also: Gnomon,
Groma, (Stella), Dioptra, Diopter-Astrolabium, dessen sich zuerst Hipparch
bedient hat, Winkelkreuz, Triangel, Feldzirkel, Messstäbe, Latten, Seile,
wahrscheinlich schon Messketten l), durch Massstriche eingeteilte, mit Blei-
senkeln versehene Signalstangen, an deren oberen Enden kreisrunde, hori-
zontal in je eine schwarze und eine weisse Hälfte eingeteilte Visierscheiben
angebracht waren«), Wasserwage mit Nivellierlatten etc. etc.
Abb. 4. Titelkupfer. Aus Jacob Köbel, Geometrie. Frankfurt 1616,
Bald traten andere hinzu, wie Kreuzscheibe, Bleiwage, Winkelkopf,
ferner der durch Regiomontanus 1436 erfundene Jakobsstab, die Bussole,
der Messtisch (Mensul), erfunden durch Prätorius 1590, (Wilke — 1757 —
gibt zu seinen Figuren 12 — 14 Tab. II an, dass die Messtischplatte mit
Astronom, Geograph und Optiker Ptolemäus — 150 n. Chr. der eigentliche
Schöpfer der sphärischen Trigonometrie und in so vollendeter Form sei, dass sie
weit über ein Jahrtausend nicht überboten wurde. Seine Lehren habe er in seinem
grössten Werke, dem „Almagest", in 18 Büchern niedergelegt, und in seinem
zweiten Hauptwerk, der „Anleitung zum Kartenzeichnen" nach geographischer
Länge und Breite, in 8 Büchern, das wichtigste Handbuch der alten Geographie
geschaffen, an dem sich bis in die Neuzeit die Kunst des Kartenzeichnens herauf-
gearbeitet habe.
*) Bezüglich Altpreussens wird die Kette zum ersten Male im Marienburger
Tresslerbuch — Dr. Joachim, Königsberg 1896, S. 69 unterm 15. August 1400
erwähnt
*) Cantor, S. 21.
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704 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. y^J^JJJ^,,,
Bleiblech überzogen ist, damit die — wohl mittelst Grabstichels darauf aus-
geführten — Zeichnungen wieder ausgehämmert werden könnten), ferner
der verjüngte Transversalmassstab, den Tycho de Brahe1) (geb. 1546,
f 1601 zu Prag) in seinem 17. Jahre, da er zu Leipzig studierte, von seinem
Lehrer der Mathematik, Johann Hommel, gelernt habe, dann Proportional-
lineal, Parallelinstrument, die Bramer beschreibt2), ferner die Zollmannsche
Scheibe, die Wilke in seiner Vorrede erwähnt» (Zum Linienziehen empfiehlt
Trew in seinem „anderen Hauptteil u bereits eine „messene Feder".) Nach
Abb. 5. Herstellung einer Rute. Aus Jacob Röbel, Geometrie.
Frankfurt 1H1«.
Erfindung des Fernrohrs zu Anfang des XVII. Jahrhunderts wurden die
einfachsten Visierinstrumente alsbald mit Fernröhren ausgestattet. Ferner
kamen die Spiegelinstrumente in Gebrauch, wie z. B. Jacob Köbel einen
einfachen Spiegel bereits zum Ilöhenmessen benutzte. Quadrant, Sextant,
Octant, Winkelspiegel und dann die grosse Reihe der immer mehr vervoll-
kommneten Winkel- und Höhenmessinstrumente, Kippregel, Theodolit, Tachy-
ineter, Nivellierinstrument, Gefällmesser, Distanzmesser etc. etc.
Einige auf photographischem Wege hergestellte Abbildungen aus älteren
Werken sind in den Abb. 1—12 wiedergegeben.
») Kästner, S. 643.
') Siehe Benjamin Bramer, Beschreibunge vnd Vnderricht etc. Marpurg 1615.
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Roedder. Geschichte des Verm.-W«
Preussens etc. 705
IV. Die Feldmasse im alten deutschen Reiche.
Augenscheinlich sind die Feldmasse gleichfalls zun ächst von den Römern
übernommen worden, da man in älteren deutschen Werken immer die römi-
schen Masse angeführt rindet.
PROPOKTfLTNIAL.
E
I
Kästner *) bezeichnet deren Ur-
sprung als natürlich (weil sie den
menschlichen Gliedmassen entnom-
men sind), wahrend nach Chri-
stiani2) einzig und allein die Ba-
bylonier ihr Mass- und Gewichts-
system auf natürlicher Grundlage
aufgebaut hätten (und zwar auf
der Länge des Sekundenpendels).
Kästner gibt nun die römischen
Längenmasse aus Apians Kosino-
graphie (1533) Teil XI fol. 17 wie
folgt wieder:
„Digitus habet 4 grana; per
latera contiguatim disposita; Uncia
3 digitos, palmos 4 digitos, dichas
2 palmos; spithama 3 palmos: pes
4 palmos: sesquipes 6 palmos;
gradus 2 pedes, passus simplex 2
pedes cum dimidio, passus geo-
metricus quo vtitur cosmometra 5
pedes, pertica 10 pedes, cubitus
6 palmos, stadium 125 passus,
Leuca 1500 passus, miliare itali-
cum 1000 passus, miliare italicum
8 stadia, miliare germa. 4000 pas-
sus, miliare ger. magnum 5000
passus, miliare germanicum com-
mune 32 stadia."
Weiter — S. 641 — folgt die
Angabe : auf einen Grad werden
gerechnet „60 miliare italica, 15 alemannica communia, 12 sueuica", doch
hatten diese, wie die zugehörigen Flächenmasse in den verschiedenen Pro-
vinzen des römischen Reiches voneinander abweichende Bezeichnungen und
g
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») S. 640.
*) Abhandlung in den Allgemeinen Vennessungsnachrichten (A. V.-N.) 1902,
Nr. 2 über das Sexagesimalsystem.
Zeitschrift für VermfiiuDgiwei«n 1907. Heft 28. 51
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706 Roedder. Geschichte des Verm.-W(
Preussens etc.
Werte. Im übrigen möge verwiesen werden auf die Abhandlung von Hille-
gart in Z. f. V. XXXIV S. 430 ff. Kästner zitiert1) ferner aus ruehlers
Geometrie (Dilingen 1563): die deutsche Meil = 41/2 welsche = 4500
Schritt = 36 gewandten Weg2) = 7500 Gridt = 15000 Daumelen = 22 500
Schuh = 90000 Handbreit
Steinmetz und Zublers „Kurtzer vnd gründlicher Bericht von dem
neuven geometrischen Instrument oder Triangel" (Zürich 1604) gibt im
„andern Kapitel ■ folgende
Paralixl 3§ Ihstrvment
Abb. 7. Parallllineal.
Aus Bramer, Bericht und Gebrauch eines
Proportionallineals. Marburg 1617.
Massangaben:
„12 Zoll machen ein
Werkschuch, 2 Werkschuch
machen ein Ele, 3 Werk-
schuch für einen einfachen
Schritt, 5 Werkschuch ein
geometrischen Schritt. Ein
Rosslauf oder Stadium halt
125 dopleter Schritt oder
625 Werkschuch. Eine
wälsche Meyl halt 5 Sta-
dia oder Rosslauf das ist
1000 dopleter Schritt, oder
5000 Werkschuch. Eine
deutsche Myl halt 4 Wäl-
sche Myl oder 32 Stadia
macht 4000 dopleter Schrit
vnd 20000 Werkschuch.
Die Schwytzer Mylen sind
die grössten in Deutschland,
halt eine 40 Stadia oder
5000 dopleter Schrit,
machen 25000 Werkschuch.
Französische Mylen halt
eine 16 Stadia, das ist
2000 dopleter Schrit,
10000 Werkschuch."
Dazu wird noch folgender Rat erteilt: „zwüschend den beiden Stenden
oder Gemerk zu messen, mach eine Schnur die just 1000 Schuch halte, vnd
allweg von zehen zu zehen ein Knopf gemacht werden, es soll aber ein
solche Schnur zuvor wol mit Wachs bestrichen vnd damit gerieben werden.
») S. 670.
*) = Gewende.
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^^etuchrirt für Roedder. Geschiebte des Yerm.-Wesens Preussens etc. 707
vff das sy sich in dem brachen nit wytter vss einander strecke, so kan
einer mit diser Schnur alles gewüss mässen vnd abtheillen.u
In Deutschland finden wir bald als Längeneinheitsmass meistens die
Lange des menschlichen Fusses angenommen, deren 10 — 18 eine Hute bil-
deten. In einzelnen Gauen wurden schliesslich sogenannte Xormalruten fest-
gesetzt und in öffentlichen Gebäuden oder an Kirchen angebracht; vielfach
fehlten sie aber ganzlich und wurden dann die Ruten je nach Bedarf aus
den Fusslängen verschiedener Personen („wie sie ungefährlich aus der
.Kirche kommen u, nach Köbel) immer erst gebildet.
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708 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc z*iuchrtrt «r
UnHMMRm
So herrschte bis zur Einführung des rheinländi6chen Masses in Deutsch-
land eine ausserordentliche Massverschiedenheit und Unsicherheit.
Abb. 9. Figurentafel aus Wilke .... Halle 1757.
V. Zahlzeichen und Ziffern.
Das älteste Zahlzeichen ist unzweifelhaft der — meistens senkrechte
— Strich zur Bezeichnung der Einheit. Gewiss ist ferner die Verwendung
der Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge für 1 , 2 . . . 9, 10 . . .
by Google
vi^t??brm Wr Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 709
» arm HMM w 6MD
1907.
100 etc. bei den Griechen und Semiten späterer Zeit. l) Einzelne Zahl-
zeichen der Römer, wie C, M sind aus den Anfangsbuchstaben der be-
Abb. 10. Figurentafel aus Wilke Halle 1757.
■ ■
treffenden Zahlwörter entstanden, welche Art Zahlzeichen darzustellen vor
allem bei den Griechen früherer Zeit besonders ausgebildet war. Unsere
Ziffern sind arabisch-indischen Ursprungs2) und sollen zuerst durch Gerbert,
*) Hankel, S. 24 ff. — •) Nach Hankel, S. 183, um die Zeit des V. bis VL
Jahrhunderts n. Chr. von den Indern erfunden.
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710 Roedder. Geschichte des Vera.- Wesens PreusBens etc. m zaiuctrift «r
V«nn— mifi w mot
1907.
der als Papst Sylvester II 1003 gestorben ist, ans Spanien geholt worden
sein1). Jedoch nur langsam kamen sie in den allgemeinen Gebrauch2) und
Abb. 11. Figurentafel aus Wilke Halle 1757.
zwar zuvörderst durch die Kaufleute. Im XIV. und XV. Jahrhundert er-
schienen sie auf Steintafeln an den Kirchen, selten noch in nichtmathe-
') Kästner, Bd. I S. 34. Derselbe, der auch eine „Geometrie" nach Cantor
8. 175 u. a. geschrieben hat. — *) Hankel, S. 341.
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Zeitschrift ittr Roedder. Geschichte des Verm.. Wesens Preussens etc. 711
1907.
matischen Handschriften; erst seit dem Jahre 1549 sieht man sie auf Münzen
and findet ihre allgemeine Verwendung erst um die Mitte des XVI. Jahr-
hunderts. Wie die Ziffern sich aber im Laufe der Zeit, vom XI. bis XVI.
Abb. 12. Figurentafel aus Wilke Halle 1757.
Jahrhundert, verändert haben, bringt Hankel in einer besonderen Tafel,
vortrefflich zur Anschauung.
Die lateinischen Zahlzeichen werden auch durch deutsche ersetzt;
z. B. V durch t>, X durch x und £, L durch I, C durch c, I durch $ oder i;
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712 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Prenssenu etc. r£jSSSS^a
1907.
i oder j ist einhalb; ttj = 3; iiij = 3i/2; io wm ütj = 4; tj = 9; w>n
= 27; rrrr. = 40; Irsjro = 95; «W®£3D8m = 1528; 3HGS(5<S<5<S333
= 1603.
c nnd m wird auch wie ein Exponent eine halbe Linie höher als die
zugehörige Einerzahl gestellt; z. B. u>c = 400; om = 5000.
Des. weiteren wird verwiesen auf das „ Lexicon Abbreviaturarum" von
Adriano Capelli, Leipzig 1901. Diese Zahlzeichen findet man vielfach
noch zu Anfang des XVII. Jahrhunderts in den Ostpr. Folianten des Kgl.
Staatsarchivs zu Königsberg, sowie in den zugehörigen Handzeichnungen
und Abrissen, zum Teil neben den arabischen Ziffern vor1).
VI. Personalverhältnisse der Landmesser im alten deutschen Reich.
Aus Jordan und Steppes möge hier nur kurz wiederholt werden, dass
es an vielen Orten und in vielen Gauen des alten Reiches lange Zeit —
abgesehen von Astronomen und Geographen, die mitunter auch Feld-
messungen ausführten — eigentliche Berufsfeldmesser nicht gab. Vielfach
wurde das Steinsetzen und Feldmessen, wie z. B. in Frankfurt, durch das
Ackergericht, das aus Ratspersonen, Gemeindeangehörigen, Feld- und Acker-
geschworenen bestand, ausgeführt. Dies änderte sich erst mit fortschrei-
tender Kultur, als hier und da Unterlagen für ein zuverlässiges Grundsteuer-
kataster geschaffen werden sollten, womit z. B. im Grossherzogtum Hessen
bereits im XVI. Jahrhundert begonnen wurde, im allgemeinen aber etwa
um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts. Von da ab tritt denn auch mehr
und mehr staatliche Organisation des Vermessungswesens in die Erschei-
nung, wie z. B. in Schleswig-Holstein 17H6. Es werden allerorten Instruk-
tionen, Anweisungen, Prüfungsordnungen erlassen. Wahrend die Landmesser
— legitimiert durch eine „Bestallung" — früher für ihre Arbeit teils nach
•Gebühren-, teils und in seltenen Fällen nach Diätensätzen, mitunter neben
einem „ Deputat", bezahlt wurden, auch mitunter im Gnadenwege eine kleine
Pension — sei es in Geld, sei es in anderen Zuwendungen — erhielten,
gelang es ihnen aber erst in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts in
den meisten Staaten und Verwaltungen die Stellung als unmittelbare Staats-
beamte zu erreichen.
Eine Trennung in Landmesser höheren und niederen Grades ist nur
vereinzelt zu bemerken gewesen, und meistens nur vorübergehend, wie z. B.
in Schleswig-Holstein zu Ende des XVIII. Jahrhunderts.
(Fortsetzung folgt.)
») Siehe auch die in der Z. f. V. XXXni S. 413 ff. durch Drolshagen aus
Manuscripta Pomerauia der Kgl. Univ.-Bibliothek zu Greifswald mitgeteilte Ver-
messungsanweisung aus der Zeit um 1600, worin diese Zahlzeichen zum Teil
gleichfalls noch angewandt sind.
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Wilcke. Berechnung d. fehlenden Stacke eines Vierecks. 713
Berechnung der fehlenden Stücke eines Vierecks,
wenn nach beistehender Abbildung die Seiten a und b, sowie die Winkel
a, ß and y gegeben sind. —
Die unbekannten Winkel ö und e werden in der Regel durch die
beiden Gleichungen
6 + e = 360 -(* + ß + y) (D
tag - ~— = tag i±± tag (45 - X) (2)
bestimmt, jedoch können die Winkel auch nach
der Newtonschen Näherungsmethode gefunden
werden.
Es ist X ein Hilfswinkel, den die Gleichung
, sin 6 b sin a /a
feststellt Wird in der Formel
sin (6 + s) = sin 6 cos e -f- sin e cos 6 (4)
der Winkel ö durch e ausgedrückt , also nach Gl. (3) sin 9 = tagX sin e
und cosö = Vl — tag \* sin £* gesetzt, so folgt:
(f) = - sin (<J + *) + sin 2 • + sin s V 1 — **9 # • •»'» «• = 0. (5)
Diese Gleichung ist durch die erwähnte Näherungsformel aufzulösen. —
Wird für a = 13, 6 = 16, a = 36°, 0 = 44°, y = 120<> angenommen,
so folgt nach Gleich. (5) für d -f- e = 360 — 200 = 160° und 0tM0 =
1,04142 . sin e oder A = 46<> 9' 44", wenn der Näherungswert £ = 73° 25' ist.
■
(/) = - 0,342020 + 0,284867 + 0,059080 = + 0,001927 (statt 0). (6)
Der genauere Wurzelwert ist
e = 73»25' — -jP-. (7)
Kli)
Für die erste Abgeleitete ergibt sich:
(f,) fa$r Ä cos 2s = . 8tn**-e08e _ + yi—tag A* . sins' . co« e (8)
V 1 — ta? . sin e*
— 0,87175 - 4,252806-1-0,017593 = -4,106964 (für e= 73° 250.
Mithin folgt nach Gl. (7) :
0 001927 v
' = 78° 26' " - 4 106964 = 73 ° 25' + 0'°004692
t = 73° 25' -f 1' 36" = 73° 26' 36", mithin
6 = 200 — e es 86° 33' 24".
Durch Wiederholung dieser Rechnung wird der richtige Wert für
t = 73° 26' 12" immer mehr erreicht. Die noch fehlenden Stücke des
Vierecks sind nun leicht zu bestimmen. Wilcke.
i
Digitized by
714 Foi. Watzels Schiebetransporteur. v«™£2£Si2Lb
Wötzels Schiebetransporteur.
In Nr. 13 der Zeitschr. f. Venn. 1907 findet sich eine Beschreibung des
Wötzelschen Schiebetransporteurs von Herrn Professor Wil ski- Freiberg,
die in ihrem letzten Absatz einen Irrtum enthält, den ich nicht unwider-
sprochen lassen möchte, weil dadurch auf die Arbeitsweise der Markscheider
ein falsches Licht fällt
Herr Professor Wilski schreibt:
„Es liegt auf der Hand, dass der Wötzelsche Transporteur eine zeit-
gemässe Fortbildung der alten Zulegeplatte bildet, die unter den Land-
messern seit einem Menschenalter ausser Gebrauch gekommen ist, bei den
Markscheidern aber wohl erst von jetzt ab durch die Erfindung des Hern
Wötzel allmählich in das Hintertreffen gedrängt werden wird."
Dazu ist zu bemerken:
Ganz abgesehen davon, dass die Markscheider von jeher nach ver-
feinerten Methoden oder sonst sehr zuverlässig ausgeführte Kompasszüge
nach Koordinaten berechnen, wenden sie auch schon seit mindestens einem
Menschenalter die alte Zulegeplatte fast nirgends mehr an. Ich arbeite
erst seit 11 Jahren beim Fach, habe aber in der ganzen Zeit noch keinen
Markscheider kennen gelernt, der diese Zulegemethode handhabte. Viel-
mehr werden in den Markscheidereien die Kompasszüge mit einem halb-
kreisförmigen Schiebetransporteur zugelegt, der an einem langen, an den
Zeichentisch festgeschraubten eisernen Lineal gleitet, während die Zeich-
nung mit Berücksichtigung der magnetischen Missweisung auf dem Tisch
festgelegt wird. Der Transporteur hat 20 bis 25 cm Durchmesser und is'
mit einer 50 cm langen Regel versehen, die mit Nonius und Lupe auf die
abzutragende Richtung eingestellt wird. Der Apparat hat in seiner Hand-
habung einige Aehnlichkeit mit dem Transporteur, den Jordan in seiner
Vermessungskunde für die Zulage von Tachymeteraufnahmen beschreibt.
Es fällt aber die Beweglichkeit der gleitenden Basis weg, weil sie nicht
gebraucht wird.
Dieser Apparat ist dem von Wötzel an Zuverlässigkeit weit überlegen
weil bei dem letztgenannten das als Gleitschiene dienende Lineal nur mit
der Hand gehalten wird, wobei naturgemäss leicht Verschiebungen vor-
kommen können. Es ist sogar fraglich, ob der so handlich aussehende
Wötzelsche Transporteur auch im Gebrauche wirklich handlicher ist, weil
man bei seiner Anwendung stets das Augenmerk auf zwei Punkte — den
Kreismittelpunkt und die Kreisteilung — richten muss, während man bei
dem Schiebetransporteur nur auf die Teilung zu schauen hat Ausser-
dem muss bei Benutzung des Wötzelschen Transporteurs von jeder ein-
zelnen Stunde die Missweisung abgezogen werden. Das sind wohl die
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z«ucürift rar Wilski. Persönliche BemerkuDg, betr. die Zulegeplatte. 715
Gründe, weshalb der Transporteur von Wötzel, der schon einige Zeit be-
kannt ist, sich nicht hat einbürgern können. Als Reisetransporteur und fur
kleinere Zulagen ist er gewiss vorteilhaft. In der Markscheiderei wird
er den erwähnten Schiebetransporteur aber nie verdrängen.
Persönliche Bemerkung, betreffend die Zulegeplatte.
Von P. Wilski.
Im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen des Herrn Fox wird ,
es mir gestattet sein, hinsichtlich der Zulegeplatte hier noch ein paar Be-
merkungen aufzuführen.
„Zulegen" ist der bergmännische Ausdruck für „kartieren". Das im
Jahre 1901 erschienene Lehrbuch der MarkBcheidekunde von P. üblich
enthält nun einen Abschnitt, betitelt „Das Zulegen". In diesem Abschnitt
heisst es S. 271: so kann zur endgültigen Zulage verschritten
werden. Diese endgültige Zulage ist nun hauptsächlich nach den bei der
Aufnahme der Grubenbaue verwendeten Instrumenten eine verschiedene.
Für Kompasszüge benutzt man gewöhnlich den Kompass, für Theo-
dolitzüge zeichnet man erst ein Quadratnetz und legt nach Koordinaten zu.
Der ganzen Aufnahme eines Kompasszuges entsprechend verwendet man
beim Zulegen wieder den Kompass und zwar in der Zulegeplatte."
Ea folgt dann etwa 2 1/2 Seiten hindurch Beschreibung und Erörterung des
Zulegens mit der Zulegeplatte. Hierauf gibt Uhlich dann das Zulegen
nach Sehnen oder Tangenten und mittels verschiedener Arten von Trans-
porteuren an. —
Ferner enthält die im Jahre 1902 erschienene dritte Auflage des
Brathuhnschen Lehrbuchs der Markscheidekunde einen „§ 145. Das Zu-
legen." Der Paragraph beginnt mit folgenden Worten: „Das Auftragen
des der markscheiderischen Messung zugrunde liegenden Netzes von
Schnüren wird das Zulegen genannt. Man unterscheidet das mechanische
Zulegen und das nach berechneten Koordinaten. Das erstere geschieht
mit dem Kompass oder mit dem Transporteur, das zweite mit
Zirkel und Massstab." Aus dem Zusammenhange geht dann 10 Zeilen
weiter ausdrücklich hervor, was ja auch an sich selbstverständlich ist:
dass Zulage „mit dem Kompass" hier gleichbedeutend ist mit Zulage
„mittels der Zulegeplatte".
Brathuhn, Dozent für Markscheidekunde an der Bergakademie zu
Clausthal, war selber Oberbergamtsmarkscheider. Er muss daher doch
wohl gewusst haben, was bei den Markscheidern üblich ist.
E. Fox, Oberbergamts-Markscheider.
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716 Wilski. Persönliche Bemerkung, betr. die Zulegeplatte. Va^£S£*
ES
Ferner führen nachstehende Mechanikerwerkstätten in ihren nettesten
Preisverzeichnissen unter „Markscheider -Instrumenten" die Zulegeplatte
auf: Breithaupt, Fennel, sowie das „Versandhaus« in Cassel; Hildebraad
in Freiberg; Neuhöfer & Sohn in Wien; Pessler & Sohn in Freiberg
Sprenger in Berlin; Weiland in Liebenwerda. Die Werkstätten würden dies
nicht tun, wenn die Zulegeplatte längst ausser Gebrauch gekommen wäre.
An der Bergakademie Freiberg fand ich ferner im Jahre 1905, all
ich in meinen Wirkungskreis an jener Hochschule eintrat, neben Koordi-
natenkartierung und der Benutzung verschiedener Arten von Transpor-
teuren die Verwendung der Zulegeplatte zu markscheiderischen Zeichnungen
ganz allgemein üblich. An der Freiberger Bergschule, die von einem her-
vorragend tüchtigen Markscheider geleitet wird, ist die Zulegeplatte gleich-
falls sehr in Gebrauch.
Herr Markscheider Wötzel erörtert schliesslich in der Druckschrift
über seinen Transporteur ausdrücklich die Vorzüge seines Instrumentcheni
vor der Zulegeplatte.
Gegenüber diesen Umständen gibt Herr Markscheider Fox an, dass
„wohl schon seit mindestens einem Menschenalter" die alte Zulegeplatte
von den Markscheidern nicht mehr angewendet würde. Er gehöre 1 1 Jahre
dem Markscheiderfache an, habe aber in dieser Zeit keinen Markscheider
kennen gelernt, der sich der Zulegeplatte bediente.
Letztere Angabe ist übrigens bei der geringen Entfernung zwischen
Zellerfeld und Clausthal, den Wirkungsstätten der beiden Herren Mark-
scheider Fox und Brathuhn, überraschend. Halte ich alle Tatsachen
zusammen, so gewinne ich den Eindruck, dass ich weder „auf die Arbeits-
weise der Markscheider ein sehr falsches Licht geworfen" habe, noch
„einen argen Irrtum" zu berichtigen hätte.
Die Verbreitung eines Geräts ist nicht nur von seiner Güte, sondern
auch von seinem Preise abhängig. Die Zulegeplatte ist ein angenehmes
und für mancherlei wichtige vermessungstechnische Zwecke auch in unserer
Zeit noch brauchbares und gutes Kartiergerät. Aber manche Transpor-
teure bilden ein besseres Hilfsmittel zur Herstellung von Karten. Wenn
man nun aber einmal im Besitz einer guten Bussole ist, so wird meines
Erachtens der hohe Preis eines guten Transporteurs in vielen Fällen
dahin führen, dass man die Zulegeplatte, solange als man es mit dem
Interesse der Arbeit vereinbaren kann, zur Kartenherstellung benützt und
die etwaige Anschaffung eines Transporteurs hinausschiebt. Niemals
könnte man meines Erachtens einem Vermessungstechniker daraus einen
Vorwurf machen. Bekanntlich hat man übrigens gute Transporteure schon
seit sehr alten Zeiten. Ihr hoher Preis wird die Ursache gebildet haben,
dass unter den Landmessern die Zulegeplatte genau so lange üblich ge-
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Bücherschau.
717
blieben ist, wie die Bussole selbst, nämlich bis zu dem Zeitpunkt, wo die
wurde. Nicht ganz unmöglich also, dass auch unter den Markscheidern
die Zulegeplatte vielleicht erst dann ganz und gar ausser Gebrauch kommen
wird, wenn in fernen Zeiten einmal der Kompass im Yermessungsbetrieb
unter Tage grundsätzlich verboten werden sollte. Dass die Erfindung
eines besonders brauchbaren und preiswerten Transporteurs eine zurück-
drängende Wirkung auf die Zulegeplatte ausüben muss, halte ich für un-
bestreitbar, und insbesondere habe ich zu dem, was ich Seite 333 ff. über
den ausgezeichneten Wötzelschen Transporteur gesagt habe, nichts hinzu-
zufügen. Selbstverständlich überlasse ich es Herrn Markscheider Fox
sehr gerne, über die Erfindung seines Kollegen ganz anderer Meinung
zu sein.
Dass ich als Professor der Markscheidekunde Wert auf ein freund-
liches Verhältnis zum Stande der Markscheider lege und es mir fern ge-
legen hat, mit der von Herrn Fox angefochtenen Bemerkung den Mark-
scheidern etwa öffentlich etwas Unangenehmes sagen zu wollen, das der
Abwehr bedürfte, ist wohl eigentlich selbstverständlich, und ich würde es hier
nicht erst aussprechen, wenn nicht die gereizte Ausdrucksweise des Herrn
Fox den Gedanken nahe legte, dass er und mit ihm daher möglicherweise
auch andere meine Bemerkung gar im Sinne eines Angriffs aufgefasst haben.
Tafeln zur Berechnung von Höhenunterschieden aus Horizontaldistanz und
Höhenwinkel in Zentesimal- und Sexagesimal-Teilung. Nebst Hilfs-
tafeln und Anleitungen. Herausgeg. v. eidgenöss. Departement des
Innern. Lex. 8°. XXX, 105 S. Bern, Schweizerische Landestopo-
graphie, 1905.
Das vorliegende Tabellen werk, von Ingenier H. Wild der Schweizer-
ischen Landestopographie bearbeitet und vom Vorstand der Abteilung für
Landestopographie, Direktor Held mit Vorwort versehen , "enthält [als
L Haupttafel „Tangententafeln" für Zentesimalteilung, nämlich bis auf die
dritte Dezimale (1 mm) genaue Werte von a • tg « für die Werte a = 10,
20, 30, ... 90 und für 0 = 0" bis 10' mit dem Intervall V und für
a = 10' bis 51' mit dem Intervall 2\ Die Hauptanordnung ist, wie an-
gedeutet, nach dem Höhenwinkel, nicht nach der Horizontaldistanz ge-
troffen, ganz ähnlich wie bei des Referenten Tafel zur Berechnung des
Höhenunterschieds aus horizontaler Entfernung und Höhenwinkel (für alte
Teilung, Stuttgart 1895). Die zweite Anordnung wäre an sich viel be-
quemer, weil sich bei genügender Ausführlichkeit der Tafel, Intervall 1 m
Anwendung der Bussole für
behördlich untersagt
Bücherschau.
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718 Bücherschau. - t r
in a, das Zusammensetzen des Ergebnisses umgehen Hesse, zu dem
man bei der ersten Anordnung gezwungen ist und das nach der Ansicht
Vieler den Nutzen solcher Tangententafeln zweifelhaft macht. Aber der
Umfang solcher Tafeln (bei den polygonometrischen oder allgemeiner
Koordinaten-Tafeln und bei den Tachymetertafeln ist es im allgemeinen
ganz ebenso) spricht in der Regel gebieterisch mit: während bei der ersten
Anordnung die vorliegende Höhentafel I auf ganz wenigen Bogen in ge-
nügender Ausführlichkeit untergebracht werden kann, müsste sie bei der
zweiten Anordnung 500 bis 600 Seiten umfassen.
Die II. Tafel gibt die Betrage Erdkrümmung minus Refraktion für
log r = 6.8047 und den Mittelwert des Refraktionskoeffizienten 0,13, sowie
eine Uebersicht dieser Werte bei verschiedenen Annahmen für k von 0 bis
0,20. Die Tafeln III a und III d geben (für tachymetrische Messungen)
die Zahlen 100 sin2 a für alte und neue Kreisteilung, während III b, III c
die gegenseitige Verwandlung der zwei Kreisteilungsarten in gewöhnlicher
Form liefern, und III e die Korrektionen der Höhenunterschiede für be-
stimmte Meereshöhen, in denen a gemessen ist. Die Haupttafel IV end-
lich, entspricht I für Sexagesimalteilung, geht zwischen 0° und 10° von 1'
zu V und von 10° bis 46<> von 2' zu 2'.
Ausserdem enthält das vorliegende Werk noch im Abschnitt B der
Einleitung eine Anweisung zur trigonometrischen Höhenmessung überhaupt;
im Gebirge erklärt der Verfasser mit Recht kleinere Höhenkreise mit
Nonienablesung von 20* bis 10* oder 50" für die besten. Dies gilt aber
doch nicht (Anmerkung S. XV) für jeden beliebigen Zweck und ebenso-
wenig ist auf der andern Seite das Schraubenmikroskop am Horizontal-
kreis stets „auch für kleine Instrumente entschieden vorzuziehen". Die
Endformeln des Verf. für die trigonometrische Höhenbestimmung unter-
scheiden sich nicht von den sonst üblichen. Der Abschnitt C gibt eine
„Anleitung zum Gebrauch des Fadendistanzmessers mit vertikaler Latte
bei polygonometrischen Aufnahmen", für Präzisionstachymetrie also, in der
besonders auf die Bestimmung der Konstanten c und k des entfernungs-
roessenden Fernrohrs eingegangen wird; c auf + 2 mm zu bestimmen
(S. XXVI) hat im allgemeinen keinen Wert, es genügt vollständig, es durch
einmalige direkte Abmessung auf 1 cm zu finden, zumal da k durch das
gewöhnliche Verfahren nur. auf + 0,005 oder + 0,01 bestimmt werden
kann. Bei der Veränderlichkeit von k (S. XXVII) sollte vor allem auch
der Einfluss starker Temperaturänderungen des Fernrohrs nicht unerörtert
bleiben. Die Diskussion der Fehler der optischen Entfernungsmessung mit
Hilfe des FadendistanzmesBers dürfte überhaupt tiefer eindringen. Als
Gesamtergebnis findet der Verfasser, dass mit 30 fach vergrösserndem Fern-
rohr und ft = 100 ein wenig ausgebildeter Beobachter (mit der „natür-
lichen" Zielschärfe 30") bei kleinen Höhenwinkeln eine mittlere Genauig-
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zeiu thrift für Russische Geodätische Ausstellung in Moskau 1908. 719
keit von 0,14 v. H. (oder 1/710) der Entfernung, ein guter Beobachter mit
der Zielschärfe 15* eine solche von 0,07 v. H. (Vi 450) erreichen kann,
während das bei äOfacber Vergrößerung überhaupt Erreichbare etwa bei
0,05 v. H. O/2000) der Entfernung liege. Was sagen die österreichischen
Präzisionstachy metriker dazu? Hammer.
Russische Geodätische Ausstellung in Moskau 1908.
Der Verein russischer Landmesser beabsichtigt während seiner im
Januar 1908 bevorstehenden Generalversammlung in Moskau eine Aus-
stellung von geodätischen Instrumenten und Zeichenmaterialien zu ver-
anstalten. Die Ausstellung zerfällt in vier Abteilungen:
I. Mathematische und optische Instrumente (Theodolite, Tacto-
meter, Nivelliere, Bussolen, Aneroide, Sextanten, Latten etc.).
II. Instrumente und Gerätschaften zum Kartieren und Flächen-
berechnen (Rechenmaschinen, Rechenschieber etc.).
III. Vervielfältigungsapparate und Reproduktionen.
IV. Schreib- und Zeichenmaterialien.
Die Organisation der Ausstellung ist einem besonderen Ausschuss
unter der Leitung des Herrn Prof. S. M. So low je ff aufgetragen (Moskau,
Konstantinowsche Landmesser-Hochschule). Die Ausstellung wird in der
Festhalle und den Zeichensälen der genannten Hochschule abgehalten.
Während der Dauer der Ausstellung werden Fachleute berufen werden
und nach Schluss der Ausstellung wird beabsichtigt, ein Referat über die-
selbe zu drucken und unter den zahlreichen russischen Vermessungsbehörden
und Landmessern möglichst zu verbreiten. Die Aufsicht über die Aus-
stellungsgegenstände, deren Aufnahme, Entpackung, Verpackung und Ab-
sendung haben erfahrene Herren aus der Mitte der Lehrer der Hochschule
übernommen, falls der betr. Aussteller keinen eigenen Vertreter hat. Die
Ausstellungsgegenstände können zollfrei eingeführt werden, wobei der Aus-
stellangsaus8chu8s alle Formalitäten und Unterhandlungen mit dem Zoll-
amt tibernimmt. Der Preis fttr die Plätze für die Ausstellungsgegenstände
ist auf 5 Mark pro Quadratmeter festgesetzt, wobei der Ausstellungs-
ausschuss die Plätze verteilen wird.
Die Eröffnung der Ausstellung ist auf den 16. Januar festgesetzt;
Schluss voraussichtlich den 28. Januar. Eg ist deshalb der besseren Orga-
nisation derselben wegen wünschenswert, dass die Ausstellungsgegenstände
nicht später als Mitte Dezember eintreffen.
Die mathematisch - geodätischen Institute von obigem in Kenntnis
setzend, ersucht sie der Ausschuss in Anbetracht der grossen Bedeutung
und starken Entwicklung des Vermessungswesens in der Gegenwart in
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720
Russland an der projektierten Ausstellung teilzunehmen. Ueber Zusage
wolle man den Ausstellungsausschuss möglichst bald benachrichtigen.
Der AussohuBB der Russischen Geodätischen Ausstellung
in Moskau.
Ingenieur Prof. Solowjeff (Vorsitzender).
Ingenieur Doz. Sopotzko (Schriftführer).
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Versetzt zum l./l. 08: die
L. Mach von Könitz nach Jülich, Stein del von Lissa i/P. nach Alten*
kirchen II; definitiv übernommen zum 1./ 10. 07: die L. Stüwe nach Aachen,
Hundert nach Altenkirchen I, Schultz und Kaiser nach Prüm, Schal-
lenberg nach Düsseldorf (g.-t.-B.), je vom Militär, Buch von Düsseldorf
(g.-t.-B.) nach Altenkirchen II, Treude von Düsseldorf (g.-t.-B.) nach
Altenkirchen I; zum 1./9. 07: L. Schmidt I von Düsseldorf (g.-t.-B.) nach
Cöln. — In den Dienst neu eingetreten am 15. /10. 07: L. Wittmar in
Düsseldorf (g.-t.-B.) ; am 1./8. 07: L. Andre* in Cöln (Sp.-K.) zur vorüber-
gehenden Beschäftigung. — Aus dem Dienst ausgeschieden zum 1./10. 07:
die L. Bernhardt in Düsseldorf (g.-t.-B.) und Andre* in Cöln zwecks
Eintritt zum Militär.
Generalkommissionsbezirk Hannover. Verliehen den It. A.-O. 4. Kl.:
den O.-L. Klan der in Duderstadt und Schulze in Aurich. — Versetzt
zum 1./10. 07: die L. Carspecken von Hannover (g.-t.-B. II) in den Be-
zirk Düsseldorf, Reckzeh von Geestemünde in den Bezirk Merseburg,
Schneider von Hannover (Sp.-K.) nach Neumünster; am 20./9. 07: L.
Kunze von Hannover (g.-t.-B. II) nach Stolzenau.
Generalkommissionsbezirk Königsbergi/Pr. Versetzt zum 1./9. 07:
L. Parlow von Sp.-K. Königsberg nach dem geod.-techn. Bureau.
Königreich Sachsen. Gestorben: Verm.-Ing. a. D. Schilling, dann
Oberverm.- Inspektor und Stellvertreter des Verm.-Direktors im Zentral-
bureau für Steuervermessung Georg Konstanz Benno Buchelt, Ritter des
Kgl. Sächs. Albrechtsordens I. Kl.
Grossherzogtum Mecklenburg-Schwerin. Dem vereid. Landmesser
Leonhardt ist vom Rat der Stadt Rostock die etatsm. Stelle eines städt.
Verm.-Ingenieurs bei der Flurbuchbehörde übertragen worden.
Inhalt
Wissenschaft I. Mitteilungen : Zur Geschichte des VenneBsungBwesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von
Roedder. — Berechnung der fehlenden Stücke eines Vierecks, von Wilcke. —
Wötzels Schiebetransporteur, von E. Fox. — Persönliche Bemerkung, betreffend
die Zulegeplatte, von P. Wilski. — Bücherschau. — Russische Geodätische Aus-
steilung in Moskau 1908. — Personalnachrichten.
— — - — . — — — — — _ — — .
Verlag von Konrad Wittwer in Stattgut.
Druck Ton Carl Hammer, Kgl. Hofbachdrackerei in Stuttgart.
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ZEITSCHRIFT für UERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
•.">
herausgegeben von
.« . . ■ ■ *
C. Steppes, Obertteuermt and Dr. O. Eggert, ProfMtor
1907. Heft 29. Band XXXYI.
>-? 11. Oktober.
> * •
Der Abdruck tob Original -Artikeln ohne rorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung Ist untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
•>
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Fr.
(Fortsetzung Ton Seite 712.)
VII. Das Vermessungswesen in Altpreussen von Beginn der Ordens-
herrschaft bis in das XIX. Jahrhundert.
1. Kapitel. Während der Ordensherrschaft.
Kaum hatte der deutsche Ritterorden in Preussen festen Fuss gefasst,
als er die sehr beachtenswerte Bestimmung erliess, dass im ganzen Lande
ein gleiches Mass und zwar das vom Flämischen hergeleitete kulmische
Mass, Geltung haben sollte1). Eine Bestimmung, die wohl nicht überall so-
gleich befolgt worden sein dürfte, da dieselbe später noch öfters wieder-
holt wurde, so z. B. im Jahre 1337 unter Hochmeister Dietrich von Alten-
berg, der mit den vornehmsten Bürgern der grosseren Städte auf einem
Landtage zu Elbing über die Einführung eines gleichen Masses und
Gewichts verhandelte.
Ueber das eingeführte Mass schreibt v. Suchodoletz — § 2 — dass
*) Voigt, IL S. 239 ff.; auch v. Suchodoletz, gegründete Nachricht von denen
im Königreich Preussen befindlichen Längen- und Feldraasse. Königsberg 1772.
Geschrieben 1744. Hiernach habe der Orden dem Kulmerland bereits 1233 ein
Privilegium gegeben und in demselben, Artie. XVI, das Feldmass wie folgt fest-
gesetzt: „Quantitatem mansorum iuxta morem Flamingicalem statuimus obseruari."
Zeitschrift für Vemeiinagiw.'i.n 1907. Heft 29. 02
722 Roedder. Geschichte des Venn.-Wesens Preussens etc. Ve^1l^brlftwr^Jen
1907.
über das flämische Mass keine sichere Nachricht vorläge, aber vermutet
würde, dass dasselbe zur Zeit der Hansa ans Brabant nach Preussen ge-
kommen sei und der Brüggeschen Elle zugrunde läge. Da nach der
Preuss. Geschichte — § 3 — aus der letzten Zeit der Ordensherrschaft
bekannt sei, dass die Rute 7i/2 kulmische Ellen lang war, werde vermutet,
dass vordem die Rute 7*/2 flämische Ellen gehabt habe. Es bliebe aber
ungewiss — § 4 — wie gross ehemals die flammische Elle gewesen sei.
Einen Anhalt gebe wohl die Beschwerde der preussischen Stände 1440, dass
dieselbe zu kurz gemacht worden sei, so dass man damit jetzt 5 Huben
messe gegen 4 in der alten Zeit (nach der Chronica des Caspar Schütz
Lib. IV pag. 137 und nach der Chronica alter Preussen des Matthäus
Waisselius fol. 159, 160). Hiernach käme auf eine flammische Elle 20527/l0
Teile von 1000 Teilen des Rheinländischen Fusses. Dagegen setze der
ehemalige Professor Matheseos vom Gymnasium zu Danzig, M. Friedr.
Büttner, im Anhange seines Kalenders de anno 1683 § 19 eine flaminische
Elle = 2292 Teile von 1000 Teilen des Rheinl. Fusses. Die Richtigkeit
dieser Angabe werde aber bezweifelt, da 4 Hufen dann 6 Hufen, 7 Morgen,
3 Quadratruten gäbe, statt 5 Hufen nach der Angabe der preussischen
Stände i). Zur Sicherung der Unveränderlichkeit der kulra. Rute — § 5 —
waren in der Aussenseite der östlichen Mauer der Kirche zu Culm drei
eiserne Pinnen in der nachstehenden Form eingemauert.
L J • -J
o kulm. Rute b, c d
Elle.
Dieser Punkt wegen der stattgehabten Verkürzung der kulm. Rute kam
auch bei dem Streitverfahren zwischen dem Orden und dem preussischen
Städtebund vor dem Kaiser im Jahre 1453*) zur Erörterung, wobei der
Sprecher des Bundes darauf hinwies, dass das Land nach dem kulmischen
Recht Silberraünzen und flämisches Ackermass habe, das letztere aber ver-
kürzt sei und so zur Erhöhung des Zinses aus 4 Huben deren 5 gemacht
worden wären, worauf der Vertreter des Ordens erklärte, dass die Ver-
kürzung des fläm. Masses nicht des Ordens Schuld, sondern dass sie mit
der Stände Bewilligung bereits vor 80 Jahren erfolgt sei. Gegen die Ver-
kürzung der kulm. Rute hatte man sich durch Verschreibungen in der Weise
zu sichern gesucht, dass wenn bei späteren Nachmessungen das Grundstück
grösser befunden werden würde, als die Handfeste bezw. Verschrei bung
nachweist, das Uebermass dem Grundstück belassen werden sollte8). Nach
dem Untergang der Ordensherrschaft — § 8, v. Suchodoletz — wurde zu-
folge Beschwerde der Stände die kulm. Rute im Bereiche des Herzogtums
*) Hierin hat sich v. S. aber geirrt, denn es ist anzusetzen: 2052,7*: 4
ss 2292« :x, woraus sich x = rd. 5 ergibt. Der Verf.
*) Voigt, TL S. 239 ft*.
•) v. Baczko, S. 874.
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ztfuehrin für Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. 723
wieder um 2 Mannsdaamen verlängert, wovon ein Master in einer eisernen
Stange auf der Kgl. Bibliothek in Königsberg aufbewahrt wurde1), während
in dem an Polen gefallenen Teile des ehemaligen Ordenstaates die gekürzte
Kute beibehalten wurde. Daher kamen später die Bezeichnungen „polnisch-
preussich-kulmisch = altkulmisch und königlich-preussisch-kulmisch = neu-
kulmisch auf, worauf wir in dem Kapitel „Masse" noch besonders zurück-
kommen werden. Wann und nach welchem Masse die 2 Mannsdaumen zu
der Rute gekommen sind8), steht nicht genau fest; 1541 fand die Beschwerde
der Landstände statt; 1560 wurde, wie v. Suchodoletz im Kgl. Geh. Archiv
gefunden (habe), darüber noch verhandelt. Endlich wäre die von den
Ständen erbetene Landesordnung zustande gekommen und unter Markgraf
Albrecht Friedrich den 27. September 1577 durch Druck veröffentlicht.
Dieses Mass wäre ständig beibehalten worden, auch in dem vom Kurfürsten
Johann Sigismund in dem anno 1620 zum erstenmal edierten, als auch vom
Kurfürsten Friedrich Wilhelm 1685 und zuletzt vom König Friedrich Wil-
helm 1 anno 1721 revidierten Landrecht bestätigt worden. Hieraus und
aus anderen Quellen ergäbe sich also, dass das neue Mass 1577 allgemein
eingeführt worden sei3), da auch auf dem Rathause sich eine kleine kühn.
Elle befunden habe, welche mit der Jahreszahl 1577 bezeichnet gewesen
wäre*).
Aus dem ganzen Zeitabschnitt der Ordensherrschaft sind uns über feld-
messerische Tätigkeit nur lückenhafte Aufzeichnungen] auf bewahrt geblieben.
Zuerst wird einer Messung in einer Urkunde des Vizelandmeisters Gerhard
v. Hirzberg vom Jahre 1258 Erwähnung getan, welche über die Ausmessung
und Teilung zwischen dem Gebiet des Ordens und des Bischofs von Sam-
land aufgestellt wurde»). Zur Ausweisung der Grenzen neuer Güter, Dörfer
and Grundstücke bediente sich anscheinend die Ordensherrschaft niemals
eines Landmessers; vielmehr geschah die Anweisung dieser Grenzen meistens
durch einen Ordensbruder, da in den eingesehenen Verschreibungen dies
immer erwähnt wird. Manchmal unterblieb auch diese persönliche An-
weisung und wurde das Gut in den Grenzen verliehen, die der Empfänger
in einer gewissen Zeit, z. B. 24 Stunden, umreiten würde, wozu nur die
l) Diese Rute befand sich auch auf der geod.-kult. Ausstellung 1906 und
wurde durch Herrn Landmesser Stechham und dem Verfasser mittelst Normal-
massstäben richtig auf 4,329 m Länge ermittelt.
*) v. SuchodoleU, § 16.
*) Daselbst, § 17. Siehe auch Reduktionstabelien. Thorn 1855.
4) Nach Kästner, L S. 650, wäre auf dem Altst. Rathause xu Königsberg
eine Muster-Rute mit der Jahreszahl 1577 vorhanden gewesen; vermutlich sei
dies Mustermass bei dem Brande des Rathauses (? d. Verf.) vernichtet worden;
es wäre ein Duplikat der auf der Bibliothek niedergelegten Rute gewesen.
Voigt, I. S. 683.
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724 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. T|l»itw»dl> iir
1907.
allgemeinen Richtungen, topographische Festpankte als Anhalt gegeben
Wurden. Die Flächengrösse der neu ausgelegten Güter etc. ist zweifellos
zunächst lediglich durch Schätzung erfolgt und absichtlich zu niedrig an-
genommen, worden, da sich tei der später erfolgten Aufmessung fast immer
ein ganz erhebliches Uebermass herausstellte.
Der Landmesser wurde daher zunächst wohl nur zur Festlegung der
Aussen- oder Landesgrenzen, zum Abstecken und Bau von Befestigungs-
anlagen etc. und erst später zur Aufmessung der neuen Innengrenzen ver-
wandt.
Die Erhaltung der Innengrenzen war Sache der Obrigkeit und der
Schulzen. So gibtBaczko*) an, dass — allerdings „nicht ganz verbürgt a,
in der Landesordnung des Hochmeisters Siegfried v. Feuchtwangen (1303
bis 1311) bestimmt wäre, dass die Dorfschulzen jährlich einmal die Grenzen
bereiten und die Grenzmale ausbessern, im Versäumnisfalle aber den Schaden
tragen sollten. Dies wurde auch von Obrigkeit wegen durch die Komthure
überwacht, die auch die Grenz Streitigkeiten im Innern zu schlichten hatten*).
Sodann geben uns erst wieder die Eintragungen des Ordens-Tressler-
buches8) aus den Jahren 1400 — 1408 einige Aufschlüsse über landmesserische
Tätigkeit.
Diese Eintragungen sind nun folgende:
unterm 15. August 1400, Bi 59:
„item 4 M.4) ane tirdung dem messer, den acker und woszen*) zu
') Voigt, II. S. 43.
*) Voigt, III. S. 534.
9) Im Druck herausgegeben von Dr. Joachim, Das Marienburger Tressler-
buch. Königsberg 18%.
*) Daselbst sind in der Vorrede folgende Münzwerte angegeben: „1 Preuss.
Mark damals = 4 Vierdung (ferto) = 24 Scot as 45 Halbscot = 60 Schilling
(solidi) == 180 Vierchen (firchen) = 720 Pfennig (denarii), aber auch in 16 Lot
geteilt. Die lötige Mark war damals = 2 Mark 7 V,— 9 Scot. Vossberg (Ge-
schichte der Pr. Münzen) berechnet 1 Pr. Mark für, die Jahre 1393 — 1407 auf
4 Taler 10 Groschen, also 13 Reichsmark, für 1393—1410 auf 12,30 Reichsmark.
1 Schock böhmische Groschen schwankt zwischen 1 M. 12 Scot und 1 M. 10 Sc
(1 Groschen = 18 oder 17 Pfennig.) 1 Mark Finkenaugen = 6 — 6l/t Scot
1 Lübische Mark = 12 — lS'/t Scot. Der Kurs des ungarischen Guldens (oder
Dukaten) schwankt zwischen 11 Scot 15 Pf. und 13 Scot, oder des rheinischen
9 Sc. 24 Pf. und 13 Scot. Daneben erscheinen noch geldrische und lübische
Gulden, Nobel, englische und Gentische, Halbnobel, Franken und Kronen, auch
lübische Weisspfennige."
Nach v. Brünneck, L S. 55, wäre 1 Scot = 150 Pf. heutiger Währung,
4 Scot also = 6 Reichsmark. Nach S.56 entsprach i Mark Pr. Geldes wahrend
der ersten Jahrhunderte ihrer Dauer etwa 36 Reichsmark heutiger Wahrung.
5) Fussnote dazu lautet: „wohl verschrieben aus weszen = Wiesen."
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zaiuchrmrar Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 725
V OrtDAUungSWMSD
1907.
messen; der steinmeister nam das gelt; und 16 Schillinge, dy kethe1)
zu ziehen den knechten; der acker gehört dem karwansherre"8):
unterm 10. Juni 1400, BL 75;
„Itein 12 M. Hamms dem messer von Thomaswalde im gebiete zu
Dirssow, der den Kompthur zu Ragnith erbe gemessen hat bie Labiow,
vor 8 wochen, yo die woche H/2 M. am donrstage nach ptingisten";
unterm 20. Juni 1400, Bl. 79:
„item 2 m. eyme messer, der die land pHegit zu messen, zu Subowicz
am selben tage; her solde des voythes knecht werden zu Samayten";
unterm 23. September 1400, Bl. 86:
„item 8 Scot: und 1 sch. dem pferdemarschalk , als her die wesen
messen Iis, dy kete zu zienu:
unterm 24. Dezember 1400, BL 97:
„und 3 M. dem messer von Samayten, der mit dem voythe hy was":
unterm 8. April 1401, Bl. 110:
„item 1 m. dem messer im gebite zu Dirssow geben am frytage nach
den ostern tagen";
unterm 8. März 1404, Bl. 301: .
„item 3 M. Hannus von Thomaswalde dem messer gegeben als her
dem kompthur zu Xessow messen solde": :'
unterm 11. April 1407, Bl. 423: *
„item 5 M. dem messer von Thomaswalde vor eyn pferdt gegeben,
das ym abeging, als her zwischen Ortilsburg sol gemessen haben am
montage noch Misericordia domini";
unterm 29. Juni 1407, Bl. 429: -
„item 6 m. Michel des kompthurs dyner von Strassberg dem messer
gegeben, als yn unser homeister ken Samayten, die lant zu messen,
vorsant hatte";
unterm 7. Mai 1408, Bl. 481:
„item 1 M. Hannos dem lantmesser zu zerunge, als her ken Ragnith
reyt, am montage vor Stanislai";
unterm 29. Juni 1408, Bl. 486; • • •
-Item 8 m. Hannos dem lantmesser, als her weder von Ragnit qwam
und do gemessen hatte, Petri et Pauli."
Aus diesen Aufzeichnungen dürfte zu schliessen sein, dass der Orden
höchstwahrscheinlich nur über wenige Landmesser verfügte, da er ein und
denselben bald hier, bald da, in weit voneinander entfernten Gegenden be-
schäftigte. Hier und da werden die Landmesser „Knechte", „Diener" des
V) Die erste Nachricht von der Verwendung der Messkette im alten Preussen.
(Der Verf.)
*) Nach Horn, S. 49, lag dem Karwansherr das Geschützwesen, die Büchsen,
das Schirrhans oh.
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726 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. _ z«iuc*rift «r
vermeuanjtrw e« e n
1907.
Voigtes oder Komthurs genannt, was auf ein gewisses abhängiges Ver-
hältnis zu ihnen hinweist. In der Tat werden wir in dieser Vermutung
bestärkt durch eine Urkunde des K. St.-A.*) in „Privilegia des Bisthums
Saraland", die in einer Verschreibung des Bischofs Nicolaus I d. d. Fisch-
hausen den 11. November 1447 für seinen Landmesser Hans Ferdemen*)
besteht, wonach dieser für sich und seine Nachkommnn 4 Haken zu Cragau
im Kammeramt Medenau zu Preussischem Recht erhält, um dafür dem Bi-
schof mit der „landtmosze" zu dienen. Für den Fall aber, dass sie, d. h.
er oder seine Erben, wegen Krankheit oder Unwissenheit dieser Verpflich-
tung nicht würden nachkommen können, sollten ihnen noch 2 Haken ver-
kauft werden und sie dann für die 6 Haken in derselben Weise wie die
andern Vasallen dienen.
So haben wir es hier, im Gegensatz zu den Verhältnissen der meisten
deutschen Gauen, bereits mit einem Stande von Berufslandmessern zu tun,
die für die Verleihung eines Grundstücks verpflichtet waren, jederzeit
Messungen für den Orden auszuführen. Dass sie ausserdem noch durch
Geld entschädigt wurden, ergeben die Eintragungen des Marienburger
Tresslerbuches, wie wir gesehen haben. Hieraus entnehmen wir ferner,
dass dem Landmesser bei seinen weiten Reisen freies Fuhrwerk und zwar
wahrscheinlich eigenes^zur Verfügung stand. Das Geschäft vererbte vom
Vater auf den Sohn.
Wie der Orden auf allen Gebieten der inneren Kolonisation mit grosser
Umsicht und Tatkraft vorging, so auch in bezug auf das Vermessungs-
wesen. So wurde auf Veranlassung des Hochmeisters Conrad v. Jungingen
(1393—1407) eine Vermessungsanweisung: „Geometria Culmensis, Ein agro-
nomischer Traktat" aus der Zeit des Hochmeisters Conrad v. Jungingen,
erlassen, von der man von vornherein sagen kann, dass sie ein sehr be-
achtenswertes Werk darstellt und wahrscheinlich die älteste ihrer Art sein
dürfte. Nach Dr. Mendthai ist die G. C. nur in zwei handschriftlichen
Abschriften erhalten, von denen eine, die er mit A bezeichnet, und auf die
sich seine Druckausgabe im wesentlichen bezieht3), 'aus dem Anfange des
XV. Jahrhunderts stamme und sich in der Kgl. Bibliothek zu Breslau be-
finde, während die andere, von Mendthai mit B bezeichnet, im K. St.-A.
zu Königsberg ruht und der Mitte des XVI. Jahrhunderts angehört. Hier
hat, neben der Druckausgabe die Handschrift B, die aus zwei Teilen, einem
deutschen und einem gleichlautenden lateinischen Texte besteht, vorgelegen,
auf welche letztere sich auch die Seitenangaben im folgenden beziehen.
Die Vermessung umfasst das gesamte Wissen der damaligen Zeit in
der praktischen (Euklidischen) Geometrie in sehr ausführlichem, mit zahl-
>) 0. F. A. 200.
■) Hanus ferdemen terrimensor.
3) Dr. Mendthai, Geometria Culmensis. Leipzig 1**<».
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ztitwhritt rar Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc 727
1907.
reichen Figuren versehenen Text. Es stört wenig, dass die Figuren viel-
fach nicht annähernd massstäblich gezeichnet sind. Der Verfasser dieses
Werkes hat sich nicht genannt, dürfte aber ein gelehrter Ordensbruder ge-
wesen sein. Er bemerkt in seiner besonders blütenreichen Vorrede, dass
er sich in Ansehung des grossmächtigen Fürsten i) Begehren und Bitten,
die ihm als Befehle gelten, unterwunden habe, trotz der Schwierigkeit des
Unternehmens, mit Hilfe Gottes ein Buch über Feldmessung zum Hand-
gebrauch zusammenzutragen2). Der Fürst sei aber zu dieser Anordnung
dadurch veranlasst, dass die Laien-Feldmesser 8) ungelehrt waren in der
Kunst der Zahl und Erdmessung und bei der Messung viel zu irren pflegten
and daraus viel Zwietracht und Streit zwischen Gebietigern, Rittern und
Knechten und anderen Leuten entstand, und damit dies in Zukunft ver-
mindert oder nur einigermassen ausgeglichen werde und jedermann seinen
Acker, Feld und Vorwerk nach rechtmässiger Messung redlich besitzen möge.
Auf S. 5 gibt der unbekannte Verfasser noch besonders an, dass das
Werk heissen soll: „ein Buch des erlauchten Fürsten Herrn Conrad v. Jung-
ingen, Hochmeisters von Preussen, von der praktischen Erdmessung zum
Handgebrauch, aus dem man lernen soll, wie man jegliches Ackerland und
Feld zu messen hat. Und vor allem von der Grenzmessung" — (worüber
aber eine besondere Abhandlung vermisst wird). Dann macht er alsbald
darauf aufmerksam, dass es Dreiecke gibt mit einem rechten, einem stumpfen,
auch 3 spitzen Winkeln, mit 3 gleichen, 2 gleichen und 3 ungleichen Seiten.
Jegliche Messung will er besonders zeigen. Im 3. Kapitel wird die Ein-
teilung des Buches angegeben und in einer Vorrede gezeigt, wie man
mancherlei Handgriffe vornehmen soll. Alle Flächen und Felder, wie sie
auch gestaltet sein mögen, sollen auf die rechtwinklige Messung zurück-
geführt werden, wobei gleich erklärt wird, was denn eigentlich ein „schlichtes
*) S. 3, ihnen gezieme es auch, dass sie von Recht und der Wahrheit nicht
wichen und . . . „ gebet gutte, volle, gedruckte vnd oberflissende mas, dann mit
derselben mosse, do ir sie mete usmesset, do wird euch wider niete ingemessen
in dem zukunftigen leben. Lukas 6."
•) S. 4, „practice geometrie usualis manualis compilando." Siehe auch Mend-
thai S. 7.
3) Es sollte hiernach vorausgesetzt werden, dass es zu jener Zeit hier eine
höhere und eine niedere Klasse von Feldmessern gegeben habe, wofür sich auch
Dr. Mendthai in seiner Einleitung, S. 1, erklärt („mensores litterati und mensores
layci"). Uns will es jedoch scheinen, dass nur eine Klasse bestand — wenig-
stens unter den praktischen Feldmessern, da sonst keine Anzeichen vorliegen,
die auf das Gegenteil deuten. Der Autor nennt die damaligen Feldmesser wohl
deshalb nur „layci", weil sie ungelehrt waren, wenig verstanden, während er selber
wohl gelehrt war, aber keine Praxis hatte, denn sonst würde er seine Anweisung
wohl viel weniger weitschweifig abgefasst haben. Auf S. 37 seiner Handschrift
kommt Autor noch näher auf den Unterschied zwischen gelehrten und ungelehrten
Feldmessern des Näheren zurück. Der Verf.
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728 Boedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. Ye^^£wn^
Feld" sei und auf das erste Buch des Euklid bezug genommen. Ein Feld
zu messen sei nichts anderes, als zu linden, wie oft darin eine gewisse Grösse,
oder Wie oft das Feld in dieser Grösse enthalten ist. Es folgt die Er-
klärung der Quadratischen; die Quadratrute wird mit „Tafel" benannt: der
preuss. Morgen enthält 300 Tafeln.
Auf S. 9—11 werden folgende Massangaben gemacht: „mau soll sich
auch merken, dass die gewöhnlichen bekannten Masse, die wir im Preussen-
lande zur Messung des Ackere gebrauchen, sind: Seil, Ruten, Ellen. Fus>e
und Handbreit mit ihren Teilen, wie hier weiter erläutert wird. Das erste
und kleinste Mass ist ein Fingerbreit, deren 4 eine Handbreit machen
4 Handbreit machen einen Fuss, zwei Fuss eine kulmische Elle, 5 Fuss
einen Schritt und 125 Schritt machen ein Gewende, 8 Gewende machen
eine welsche Meile, 2 welsche Meilen machen eine kleine Rast, aber in
deutschen Landen machen wohl zehn und mehr Meilen eine Rast." worüber
hiernach folgende Verse geschrieben sind:
„Est quater in palma digitus, quater in pede palma.
Quinque pedes passum faciunt, passus quoque centum
r »
Vigintiquinque stadium, si des miliare
Octo facit stadia, duplicatum dat tibi leucam.u
r ,. • . ..
„Ich füge noch hinzu: drei Schritte machen eine Messrute, 10 Me>*-
ruten ein Seil und 3 Seil in der Länge und eins in der Breite machen
einen Morgen, 30 Morgen eine Hufe. Danach ist zu merken, dass eine
deutsche Meile, obgleich sie ungleich lang ist, soll nach dem gewöhnlichen
Masse, linienrecht ausgemessen, 180 Seil lang sein. Und die Landstraße
soll gemeiniglich eine Messrute breit i) sein, woraus ich folgere, dass eiue
*
Landstrasse von einer deutschen Meile Länge 6 Morgen gross sein soll.
Auch sage ich weiter, dass eine Meile im Quadrat 360 Hufen, eine halk
Meile im Quadrat 90 Hufen, eine Viertelmeile im Quadrat 221/2 Hufen hat.
Ich führe auch an, dass eine Meile 5400 Schritte hat und diese machen
27000 Fuss."*)
„Die erste Proposition.
12. Das rechtwinklig-dreieckige Feld soll man also messen: multiplizier»
die den rechten Winkel einschliessenden Seiten miteinander und nimm
davon die Hälfte: dies ist der Flächeninhalt, wie geschrieben steht im
34. Entwurf des Euklides. Multipliziert man aber die Hälfte der einen
x) Horn, S. 250, gibt an, dass nach kulmiscbem Recht jede Wagenstrasse
16 Fuss breit sein sollte. Diese Angabe findet sich auch in § 21 der Feldm.-
In str. vom 20. 11. 1755, die sich auf das Landrecht bezieht.
") Autor hat hier augenscheinlich im ersten Teil seiner Massangaben die
im Abschnitt IV nachgewiesenen, von den Römern übernommenen als Grundlage
benutzt, obgleich im Ordenslande lediglich nach kulmischem Masse gemessen
werden sollte. Auch dies deutet darauf hin, dass er kein Praktiker war.
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zeuse*rm mr Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 729
mit der ganzen anderen, so ist dies dasselbe. Ein Entwarf: es sei ein
rechtwinkliges Dreiecksfeld abc (dazu wird Fig. 1 gegeben. D. V.), 6 der
rechte Winkel, bc und ba sind die den rechten Winkel einschliessenden
Seiten. So lege der Landmesser das Rechtwinkelmass (Winkelkreuz, d. V.)
genau in Punkt b und strecke einen „„ rechten vnd gerichten dreboum""i)
von Punkt 6 auf a und sei die Lage dieser Seite 16 Ruten. Daraach
strecke auf der anderen Seite des Winkelholzes einen Drehbaum von b
nach c und sei die Länge dieser Seite 24 Ruten. Multipliziere 16, die
Länge der Seite ba, mit 12, die Länge der halben Seite 6c, so ist 192
Ruten der Inhalt des vorgelegten Dreiecks. Oder multiplizieren wir 16
mit 24 = 384, so ist die Hälfte davon der Iuhalt des Dreiecks wie vor."
13. Der nächste Abschnitt handelt von der Messung der stumpfwinkligen
Dreiecke, wozu jedoch in Fig. 2 ein spitzwinklig gleichschenkliges Dreieck
gezeichnet ist Die Aufgabe ist wie folgt erklärt : um ein stumpfwinkliges
Feld (Dreieck) zu messen, teile man die dem stumpfen Winkel gegenüber-
liegende Seite in 2 gleiche Teile, so dass die Winkel am Schnittpunkt
dieser Linie gleich gross und zwar je einen rechten werden, lege hier das
Rechtwinkelmass an und ziehe einen Drehbaum nach der Spitze des
stumpfen Winkels. Die Länge des Drehbaumes mit der halben Grundlinie
multipliziert, gibt den Inhalt des Dreiecksfeldes, „man sol auch wissen
das derselb mitteldrebom heist kathetus in dem latein, vnd in dem deutschen,
so wil ich nennen den mitteldrebom" etc.
11 Z. B. es sei ein Dreieck a 6 c, der Drehbaum ad soll gleiche Winkel
fallen auf die Seite 6c, so ist ad ein Mitteldrehbaunu Nun folgt ein
Zahlenbeispiel und eine annähernd richtig gezeichnete Figur dazu. Wenn
nun aber an der Mitte der Grundlinie nicht 2 gleiche Winkel entständen,
Pso ist denn etwas schwer zu finden den mitteldrebom, wenn der muss so
fallen von der laengsten wand in dem Stumpen winckel in einer solchen
geren. Wenn man hat die lengste wand gemessen, do darn* man die
anderen zwo wende nicht messen, darum wiel ich hir setzen eine gemeyne
Regel in der iengsten wand, die kegen dem Stumpen winckel ist, soll man
suchen nahe dem mittelpunct, da man sich vermut, das da gericht sey
kegen dem Stumpen winckel. Und man thut also":
Man errichte eine lange Stange in der Spitze des Dreiecks, die man
weit sehen kann, und strecke den Mitteldrehbaum von der längsten Seite
nach dem stumpfen Winkel zu dem Signal. Dann multipliziere die Zahlen
wie vorher beschrieben ist. (Hierzu ist Fig. 3 gegeben.) Wenn nun der
l) Die Bezeichnung Dreboum = Drebom = Drehbaum wohl von dem mit
beweglichen Linealen oder Armen eingerichteten Instrument „MessegezewL,
„Winkelholz" etc. hergenommen. Später, S. 64, wird auch das Zeitwort nus-
drebome" für ausrichten von Linien gebraucht. Unter Mitteldrehbaum wird ein
Lot, die Höhe eines Dreiecks verstanden. D. V.
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730 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preustens etc. _ z*u**an nir
Mitteldrehbaum den stumpfen Winkel nicht gleich trifft, so tue also: es
S. 15. sei ein stumpfwinkliges Dreieck abc, der stumpfe Winkel sei b, die beiden
Winkel a und c ungleich. Im Mittelpunkte der Seite ae errichte ein Lot
(„strecke einen Mitteldrebom"), das sei de und ginge über b hinaus: so
ermittle in de einen Punkt /*, der mit b in gleiche Höhe liege [-lege das
Winkelmass i) an Punkt f und strecke einen Drehbaum nach &*].
S. 17 Dann folgt ein Abschnitt über die Messung spitzwinkliger Dreiecke,
die analog dem Vorhergesagten in 2 Beispielen mit 2 Figuren erläutert
wird. Kr schliesst mit folgender Ermahnung: „Ich han viel Leyenmesser
gesehen, die der mosse nicht künden, sonder wollten allewege ein legende
wand eines geren meren in einhalbe, die doran stossende*) was und das
ist gar vnrecht. Ich habe auch mit denselben darauf geret und hab sie
vberkommen, das sie gar vnrecht haben gethan. Jedoch so bestehet die
S.20. mosse in dem rechtwinckel geren, im anderen nicht. Also uiel itzund von
der legischen») mosse, ich rathe auch mit vleis, dass sich niemand der
mosse vnderwinde, ehr kane dann wol rechnen, die winckelmasse recht
anlegen, vnnd den drebom wol aufrichten."
Dieser Abschnitt beginnt mit Lösung der Aufgabe festzustellen, ob
ein Dreieck recht-, stumpf- oder spitzwinklig sei. Man quadriere die
Seiten und addiere die beiden kleineren. Werden sie gleich der dritten,
so ist das Dreieck rechtwinklig, das beweise Euklides in der letzten Pro-
position des ersten Buches, und die grosse Seite liegt dem rechten Winkel
S.23. gegenüber. Dies wird durch ein Zahlenbeispiel mit Figur erläutert.
S. 24. Wäre aber die Summe der Quadrate der beiden kurzen Seiten kleiner
als das Quadrat der längsten Seite, so wäre das Dreieck stumpfwinklig;
wäre sie grösser, dann wäre das Dreieck spitzwinklig.
Im folgeuden Abschnitt wird die Aufgabe gestellt und erklärt den
Inhalt eines Dreiecks mittelst eines Instruments (messegezew) zu ermit-
teln. Hierzu bediene sich der Messer eines Werkzeuges, das einen wohl-
ausgerichteten rechten Winkel hat und das man weiter und enger zu
spannen vermag. Dessen beide Seiten sind in. 60 oder mehr bezw. weniger
S. 25. gleiche Teile geteilt — je grösser das Instrument ist, desto sicherer wird
die Messung. Ferner gehört dazu ein Lineal (Regel), das länger sein
muss, als die Entfernung zwischen den beiden Winkelenden; und zwar bei
') Hier, im lateinischen Text, der mit dem deutschen — wie noch an ver-
schiedenen Stellen — nicht gut übereinstimmt, ist das Winkelmass „gnomon*
genannt.
*) d. i. die alte Nähernngs weise: Die Länge der einen Seite mit der halben
der anstossenden multiplizieren. D. V.
Nun folgt: „Dis ist nu der ander Tractatus von der erdmosse aus
der kunstmeisterlichen 4"
8) „Niedrige Messung"?
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zeiuctortn rar Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. 731
vtrsiNraiBwmB
19OT.
der Einteilung der Winkelseiten in 60 Teile möge sie deren 90, also die
eineinhalbfache Länge haben. Ferner gehört noch ein in 60 Teile geteiltes
Lineal zu diesem Instrument, „mit dem viel Mühe und Arbeit erspart wird".
Sodann wird die Anwendung dieses Instruments wie folgt erklärt: es sei
ein Dreieck, dessen 3 Seiten gemessen sind; soviel Ruten oder Seil die
einzelnen Seiten des Dreiecks lang sind, auf soviel Teile stelle die zu-
gehörigen Seiten des Instruments ein ; lege das freie Lineal perpendikulär
so an die Grundlinie, dass das Ende in den Schnittpunkt des gegenüber-
liegenden Winkels trifft, und lese die Anzahl Teile ab, welche der so er-
iiK richtete Mitteldrehbaum an diesem Punkte anzeigt. Diese Zahl multipli-
ziere mit der Länge der halben Grundlinie und du hast den Flächeninhalt
des Dreiecks.
Im folgenden Abschnitt wird gezeigt, wie desselben Dreiecks Inhalt
mittelst dreier Ruten gefunden wird: es sei ein Dreieck abc, dessen Seiten
gemessen sind; nimm 3 gerade Gerten, so lang du willst, teile sie in 30,
40, 60 oder mehr Teile. Von den 3 Ruten füge 2 in ihrem ersten Teil
so fest zusammen, dass sie sich kaum rühren lassen ; die dritte wird dann
so darauf gelegt , dass die Anzahl der Teilstriche des entstandenen Drei-
ecks den Längen der Seiten des im Felde gemessenen Dreiecks entspricht, i)
27. Also die 2 Dreiecke, das eine in dem Acker, das andere an den Gerten,
sind bezüglich der Seiten und Winkel von gleicher Zusammensetzung und
Grösse der Zahl — gemäss der 5. Proposition des 6. Buches des Euklides.
— Dieselbe Zahl, welche nun den Inhalt des kleinen Dreiecks angibt,
stellt auch den Inhalt des grossen Dreiecks dar.
Der folgende Abschnitt behandelt die Ermittlung der Höhe eines
gleichschenkligen Dreiecks durch Rechnung. Bezüglich des rechtwinklig-
gleichschenkligen Dreiecks wird auf die Lösung zu Fig. 1 verwiesen und
das Verfahren bezüglich derartiger spitz- und stumpfwinkliger Dreiecke,
28. die lateinisch „ysocheles" hiessen, wie folgt gezeigt: es seien sämtliche
Seiten des gleichschenkligen Dreiecks abc gemessen. Teile die ungleiche
Seite in 2 gleiche Hälften; quadriere eine Hälfte; dann die Länge einer
2',». Seite, ziehe die kleinere von der grösseren ab und zum Reste suche die
„vierkandtwurtzel". Diese ist der richtige Mitteldrehbaum. Dies wird
durch ein Zahlenbeispiel belegt und hinzugefügt: „in dem ist niekeine er-
runge vnd ist meisterlich, man muss auch hier können calculiren redlichen."
30. Da die Rechnung gemeine Brüche gibt, mit dem Bemerken : „Das exempii
ist etwas schwer zuuornehmen den Leven, dorum so wiel ich setzen ein
*) Hierzu bemerkt Mendthai in seiner Druckausgabe in einer Fussnote, dass
diese beiden hier beschriebenen Instrumente dem Reduktionszirkel und dem
Storchschnabel entsprechen dürften, was nicht zutrifft, da dieselben im Felde
gebraucht werden. Der Autor nennt später auf S. 87 seiner Handschrift das
„rechtwinckelgezew" ein gnomon, das er vorher gelehrt habe zu machen. D. V.
d by (Bi^
732 Roedder. Geschichte des Verm.-Weaens Preussens etc. v^Jä2S5Ä«.
anders, das da geringe sey ane stocke." Es folgt dann ein glatt auf-
gehendes Beispiel.
In derselben Weise wird auch das gleichseitige Dreieck behandelt.
5.33. Der nächste Abschnitt erklärt das Quadrat einer Zahl (die „viereckigt
zal"): 10 mal 10 sind 100. Dies ist die Quadratzahl, 10 ist die Wurzel
und heisst darum viereckig, weil wenn eine Zahl mit sich selber multipli-
ziert wird, ein Quadrat oder viereckiges Feld bringt Nun soll man aus
jeglicher Zahl die Wurzel und das Quadrat finden, was selten ohne Brück
angeht, und zwar so finden, dass merkliche Irrungen und Verfehlungen
vermieden werden: „Und dorauff eine gemeine regel vnd lere geben, das
ist noch verborgen gewest, bis daher, das wiel ich aller offenbaren ao>
5.34. aller zal wie sie zu finden eine viereckigt wurtzel. Das soll man aach
eben merken."
Der folgende Abschnitt lautet :
„De radice quadrata.
Einer itzlichen vorgelegten zal ein quadratewurtzel doraus zihen. AI?
der Algorismus *) spricht, so soll man vnnder der letzten vnngeraden
iiguren gegen der lincken handt, finden eine zal, vnnd die heist fingerzaL
und ist zal under zehen, den soll man in sich füren quadrat, die soll aaff-
nehmen die zal , die ober im steht , all gantz oder so her negste kan
vnnd als vorbas geschrieben stehet in dem Algorismus. Es ist hir zu lane
zu setzen vnd auszusprechen. Wenn das nun gantz geschehen ist, als mac
do leret, so bleibet etwas öber von der vorgelegten zal oder nicht. Bleibet
nicht ober, so soltn vorwar wissen, das die zal ist gewest quadrat vnd
die zal, die voraus funden ist, das ist die gantze rechte wortzelzal. Bleibt
aber etwas ober, so ist es ein zeichen, das die vorgelegte zal nicht quadrat
ist, und die gefundene zal daraus ist die negste wortzelzal, die man d(>-
rinnen gantzen dingen oder zalen mochte finden. Von dem obrigen th»
5.35. also: die obrige zal, die do nicht mag ein gantzes bringen, die soll sein
ein zeler der teyle vnnd die wurtzel, die man funden hat soll man zwei-
fachen, das wirt denn die benummunge der teile."
Es folgt dann die beispielsweise Ermittlung der Seitenlange eine*
(„Vierkanten") Morgens von 300 Quadrat ruten. Die nächste ganze Würze;
aus 300 wäre 17; 11 bleiben Rest als Zähler des Bruches, während der
5.36. Nenner 17 mal 2 = 34 sei. Demnach wäre die gesuchte Wurzel 17 }{
gleich der Seitenlänge des Quadratmorgens. Dann weiter:
„Die sache worumb das man z wiefacht die wurtzelzal ist die: der
*) Algorismus, verschieden geschrieben, wird abgeleitet von dem Namen des
arabischen Mathematikers Mohammed Ben Musa Alkaresmi, s. Mendthai. ks
Mittelalter Rechnung nach dem damals durch die Araber bekannt gewordene?
dekadischen (indischen) Zahlensystem. Auch Bezeichnimg für arithmetische Lehr-
bücher; jetzt jedes regelmässige Rechnungsverfahren.
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fJSSSSSlSmm Ro€dder- Geschichte des Verm.-YVesens Preussens etc. 733
1907.
wende sint zwene, der man eine meret in die ander vnnd ir igliche hat
stucke, vnnd das hab ich darumb hier gesetzt, wenn dieser tractatus setzt
viel von der virkantzaJ. vnnd ire wurtzelzal, und dieser selbe ander trac-
tatus ist noch vff diese zeit verkünde den messern. Es soll auch sein ein
vnnderscheid, vnnder den gelarten und leien messern. Also was der leien
messer kan messen mit dem seile und messeruten lün vnnd her durch-
lauffende die wende, die geuilder 1 1. als sichs geburt, das soll der kunstiger
allein aus der zal der mosse, vnnd der winckel, stillwissende wissen. Es
ist auch mein rotht wer wol messen wiei und redlich, das her ersten lerne
wol rechnen aus den zweien buchern, die do heissen Algorismus, der eine
von gantzen, der ander von teilen. Der messer soll auch wissen, wie er
recht anlegen soll die messegezew, es sey nun ein creutz, oder ein gnomo,
das ist ein rechtwinckelgezew oder ein rechtmessegezew, also ich vorhan
geleret machen mit rechter merkunge der winckel, vnnd doran nicht ein
feie, das man das seil ersten recht strecke, aus dem winckel in den drebom."
Dann folgt ein Abschnitt, in dem die Ermittlung der Höhe und des
Inhalts eines ungleichseitigen Dreiecks in derselben Weise wie bei den
gleichschenkligen Dreiecken gezeigt wird.
39. Der dritte Traktat handelt von den Messungen vierseitiger Felder.
Zunächst wird dabei das Quadrat behandelt und gezeigt, dass ein quadra-
tisches Feld von 300° Seitenlange einen Inhalt von 10 Hufen, eine qua-
dratische Hufe eine Seitenlänge von 94 »/s°> ein quadratischer Morgen eine
solche von 17n/M° hat. Dazu sind auch, wie sonst, die bezüglichen
Figuren beigegeben.
40. Im nächsten Abschnitt wird das Rechteck erklärt und die Berechnung
des Inhalts eines solchen an einem Zahlenbeispiel gezeigt. Ebenso ein
41. Rhombus, hier „Elumhaim", im lateinischen Text „elimihaim" genannt, zu
dessen Inhaltsemiittlung aus einem der stumpfen Winkel ein Drehbaum
aufgerichtet wird, wobei wieder auf Euklid Bezug genommen wird. Es
42. folgt dann die Behandlung eines Rhomboids, eines Feldes, das dem „Elum-
haim" gleich sei: ferner eines „Elmifarifa", eines Feldes mit 4 Seiten und
4 Winkeln, die anders gestaltet seien, als die vorgenannten. In dem zu-
gefügten Beispiel wird zunächst ein Paralleltrapez, dann ein Trapezoid
behandelt und dasselbe in ein Rechteck und ein Dreieck bezw. in ein
45. Paralleltrapez und ein Dreieck zerlegt. Schliesslich wird auch die Ermitt-
l6- lung des Inhalts eines gewöhnlichen Vierecks, das gleichfalls „Elmifarifa"
genannt wird, durch Zerlegung in ein Paralleltrapez und 2 Dreiecke gezeigt.
rUs dieser proposition vnnd aus den andern dy hiruor geschrieben
stehen, magstu finden ein itzliches geuilde eines ackers, der do vier wende
hot. wie es auch gestalt sey. Man soll auch wissen, das man die mosse
») = Felder = Gefilde.
734 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. zductout «r
keines geuildes finden mag ane den rechtenwinckel drebom. Doromb so
mus man alle spitze winckel vnnd stumpwinckliche geuilde brengen zu dem
rechten Winckel, sol die mosse recht vnnd redlich geschehen."
Der nächste Abschnitt ist überschrieben:
als erste die Figur eines Fünfecks beigegeben. Das Verfahren wird vrk
folgt umständlich erläutert : teile zwei in einem Winkel zusammenstossenden
Seiten, so dass die Teilpunkte gleich weit vom Scheitelpunkt des Winkels
entfernt liegen, errichte in den Teilpunkten Zeichen. Danach strecke den
Drehbaum von einem Zeichen zum andern, z. B. hg, teile ihn im Punkt'
m in 2 gleiche Teile. Danach lege das Seil in den Winkel d und strecke
eine Gerade von d über m bis über die Mitte des Polygons. Danacb
verfahre von f aus in derselben Weise und strecke eine Gerade von /"üb*
S.48. ft bis über die Mitte des Polygons. Diese beiden Linien schneiden sich
im Punkte e. Nun hast du ein A fed, dessen Mitteldrehbaum nach dem
Vorhergesagten du finden magst. Danach strecke aus jeglichem Winkel
einen Drehbaum in den Punkt c, der da im richtigen Mittelpunkt des
Polygons liegt. So entstehen 5 gleich grosse Dreiecke mit gleichen Seiten
und Winkeln. Hat man anders recht getan, so werden auch die Inhalte
S. 49. der Dreiecke gleich gross, und wenn du ein A hast, so hast du auch dir
anderen. Nimm also das eine Dreieck fünfmal, so hast du das ganze
Polygon. In gleicher Weise soll man auch verfahren, gleichviel, ob die
Polygone hätten 6, 7 oder mehr Seiten und gleichwinklig wären.
S. 49 Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit den ungleichseitigen Poly-
gonen und erläutert das Verfahren an einem Siebeneck durch Zerlejrum:
in 7 Dreiecke, die einzeln in der bekannten Weise erledigt werden.
5.51. „Vnnd die weise man halde in der messunge einer i glichen vmbreite.
Auch sol man wissen, das alle die winckel, die do eine ho Weite oder
vmbreite han, die sint gleich zwier also uiel rechten winckel, als der Seiten
5.52. sint, ane vier, dy do vmbstehen das mittelpunckt Als ob eine vmbreitf
hot sieben wende, so weren die selben winckel gleich 14 rechten winckeln
ane vier vnnd dieselben vier rechte winckel vmbstehen das punckt da
mitten in der vmbreite."
Im folgenden Abschnitt wird eine allgemeine Regel gegeben zur Er-
mittlung des Flächeninhalts aller Polygone. Man soll im ungefährer:
S.52. Mittelpunkt ein Zeichen aufrichten, das man von den Grenzen des Poly-
53- gons aus sehen kann. Durch Verbindung der Eckpunkte mit dem Mittel-
punkt entstehen dann soviel Dreiecke, als das Polygon Seiten hat, woran*
S.47.
rHir ist der vierte tractatus von den ummereyten, die do vier i)
wende haben, sint schwer zu messen vnnd heissen polygonie.'
Hier werden zunächst die regelmässigen Polygone behandelt und dazo
») Soll heissen „viel". D. V.
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f^MSwMM Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc 735
1907.
die Lösung auf die vorangegangenen zurückgeführt wird. Zum Schlüsse
heisst's: „Hir merck ein iglicher messer: in der mosse des grossen geuildes,
es sein vmbreyten oder ander geuilde, das so gros ist, das man von einer
grenitz nicht gesehen kan zu der anderen, muss viel sichtiger zeichen
^54. stecken vnnd habe dobey wisheit an der mosse, das man gar wol gesehe
die winckel vnnd das messegezew recht anlege und den drebom darnach
strecke gar rechtigüch. Wen eine kleine irrung an dem anbegin machet
ein grosse schelung an dem ende."
Der folgende Abschnitt handelt:
„Von dem wanschaffen geuilde
die aus vnnd ein schloen.u
Ein wanschaffenes Feld sei ein solches, das mancherlei Masse und
aus- und einspringende Winkel hat. Ueber das Verfahren zur Ermittlung
der Inhalte könne niemand eine allgemeine Regel geben, es sei denn, dass
man die ausspringenden Felder „usdrebome" und sie nach den vorher-
gegebenen Lehren einzeln messe. Dazu wird eine Figur gegeben, aus
>.5o. welcher die Zerlegung zu ersehen ist. i)
Der fünfte Traktat behandelt die kreisförmig und krummlinig be-
grenzten. Flächen. Er beginnt mit dem Hinweis, dass lüer gelehrt werden
soll, wie man ein Zirkelfeld in ein Rechteck und rechtwinklige Messung
bringe. Nach einer Erklärung der Kreisfigur wird dann gezeigt, wie der
Durchmesser eines gegebenen Kreises gefunden wird, wobei das Verhältnis
der Peripherie (vramesweyff) zum Durchmesser auf 22 : 7 angegeben wird.
Nachdem u. a. auch gezeigt wird, wie der Inhalt eines „schiebelechten0
».64. (kreisförmigen) Ackers zu finden1), schliesst der Abschnitt mit der Be-
merkung :
„ich gleube auch, das solche geuilde werden selten funden die da
gerade zirckelt sein oder halbzirckelecht, dorumb wil ich nur sagen
von der mosse der wennecbten geuilde"
was im nächsten Abschnitt folgendermassen gelehrt wird: das länglich
rund begrenzte Feld sei darum schwer zu messen, weil es nicht gleich-
mässig rund ist wie ein Kreis, auch so gross ist, dass man nicht von einer
Grenze bis zur andern sehen kann; so müsse man viele Drehbäume strecken
und Abschnitte machen. So entstehen dann Flächen mit viel Seiten, teils
Rechtecke, teils Quadrate und Felder von mancherlei Gestalt. Nachdem
die Krümmungen abgestrichen, soll man in der Mitte jedes Drehbaums8)
ein Lot errichten bis an die Umfangslinie, wie die Figur zeige, und die
Länge derselben mit der halben Seite multiplizieren, woraus sich der an-
■ 65. genäherte Flächeninhalt jedes Abschnitts ergäbe.
i
») In der Figur 27 der Handschrift B fehlt die Linie ffk.
*) „Campi circularis arcam invenire."
') Das heisst in der Mitte der Grundlinie jeder abgeschnittenen Figur.
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736 Boedder. Geschichte des Vernu-Wesena Preußsens etc. v™£jfi£n™Mn
1907.
Endlich schliefst diese Abhandlung mit folgender Schlussanweisung:
S. G6. „Eine gemeine lehre zu aller mosse.
Wer ein feit, das ersten ausgegeben wird von rur*) wortzel recht
messen wiel, der thue also: her vmbreite erst alle grenitz mit den Erb-
herreu, vnnd den die das gut und erbe zu sich nemen wollen, zu dienste
oder zinse vnnd scharwerck, oder welcherley das sey, vnnd mercke wie
das feld gestalt ist. ob es drebomig ist oder nicht, Ist es drebomig, so
mercke ob es in der keinen rechten winckel habe oder nicht. Hat es einen
rechten winckel, so lege das gezew do erst an vnnd las ausdrebome von
beyden seiten des rechten winckels so du forderst kannst. Wer auch, das
der drebom indert ein feld abeschnete von binnen oder bausen, das lege
zu in der rechnung oder Schlahe es ab, als es sich geburt. Wer aber, das
das feit indert einen rechten winckel hette, so mercke wieviel winckel
es habe. Ist es ein vmbreite von viel winckel und rechtwenden, so mOs
es als vor gelart ist. Kannstu aber under einen rechten winckel ane grosse
muhe dorinnen finden, das thue vnnd mercke die abgeschnitene geuilde als
vor. Ist aber das feld krum wendig, so rath ich, das da binnen gemacht
wird ein feit von viereckichten winckeln vnnd denne die abeschnitenen be-
sunder gemessen werden.
Ein itzlich feld \irkanten.
Wenn ich gesagt habe, das ein itzliches feld in die Vierkante gemeine
offenbare mosse sol werden gebracht, so thue denn also: Wenn nun vor-
gelegt wird ein zal eins feldes also, ein feld hat 1864 ruthen ader seil»
das macht mir virkant. So thue also: suche die viereckichte wurtzel von
der vorgelegten zal. die wurtzel zal wird dann die lenge einer itzlichen
wand. Ich spreche das an dem vorgelegten felde igliche wand hat 43 Kütten
oder seil funffzehn seehsvnndachtzigiste theil. Also thue auch in anderen
zalen. Das kann auch niemand hier kennen den die algorisme. Sie sint
auch gut leichte zu leren von einem gutten unterweyser, das ehrs grund-
lich vomimpt. Ein itzlich messer soll haben viel Vernunft vnnd darzu kunst.
Wenn nach der kunst vnnd Vernunft werden alle ding wol ausgericht.
TeMg."
Wir habeu es also hier lediglich mit der Messung von Dreiecken,
Quadraten und Rechtecken und Zerlegung grösserer oder unregelmässig
begrenzter Felder in solche zu tun. Von Winkeln kommt nur der rechte
in Auwendung. Die Berechnung des Dreiecks erfolgt nur aus Grundlinie
und Höhe.
Ob nun. und inwieweit diese Geometrica culmensis ihren Zweck als-
bald erfüllt haben mag, ergibt sich nicht aus den dem Verfasser zu Ge-
sicht gekommenen Handschriften, Büchern. Abrissen und Feldbüchern, von
■« \
*) rauer.
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JSSm&Sim R<>edder- Geschichte dea Verm.- Wesens Preussens etc. 737
denen die ältesten erst aus den ersten Jahren nach dem Untergange der
Ordensherrschaft stammen. Eine gewisse Einheitlichkeit des Verfahrens
ist aber aas allen späteren Dokumenten nicht zu verkennen.
Dazu mag noch erwähnt werden, dass zur Beförderung eines guten
Einvernehmens mit Polen, zur dauernden Festsetzung der Grenzen, Ver-
hinderung von Schleichwegen, die zur Hinterziehung der Grenzzölle dienten,
wie zur Durchfuhrung des Verbots in den Grenzwäldern Feuer anzumachen,
zwischen Preussen und „der Masau" (Masowien) bereits im Jahre 1472 ein
Grenzgericht eingerichtet worden, <la> in den folgenden Jahren mehrfach ab-
geändert wurde l). Ob nun dies Grenzgericht alsbald in Tätigkeit getreten,
ist nicht ersichtlich, wohl aber wurden die strittigen Grenzen mit Masovien
durch eine besondere Kommission von Bevollmächtigten beider Teile in
den Jahren 1517 bis 1520 berichtigt8).
2. Kapitel Seit der Säkularisation,
r 1. Sicherung der Grenzen.
•
Des Herzogs erste Sorge war, die Aussengrenzen des jungen Staates,
die nach den Friedensbedingungen so bleiben sollten, wie sie der Orden seit
.»einer Unterwerfung besessen hatte s), zu sichern, zu welchem Zwecke bald
beiderseits — wie vordem — Grenzkommissionen ernannt wurden, die mit
öfteren längeren Unterbrechungen in der Hauptsache bis zu Anfang des
XVII. Jahrhunderts an den Grenzen mit Samaiten, Litauen und Masovien,
dann auch mit polnisch Preussen und dem Bistum Ermland, beschäftigt
waren. Zusammengesetzt war eine solche Kommission von preussischer
Seite gewöhnlich aus ritterlichen Grossgrundbesitzern, dem Amtshauptmann
oder Voigt, Landrat, Landgerichtsrat, einem Rechtsgelehrten (advocatus
fisci) und einem Dolmetscher, dazu traten noch „zugeordnete Personen",
die Kanzlei. Knechte etc. Bei voraussichtlich längerer Dauer der Bereisung
wurden auch Zelte mitgenommen und in diesen monatelang kampiert. Dann
vermehrte sich das zugeordnete Personal noch um 1 — 2 Köche und einen
Zeltmacher. Landmesser wurden niemals, weder als Mitglieder der Kom-
mission, noch unter den zugeordneten Personen genannt, sondern seitens
des Herzogs direkt beauftragt, sich zu der oder jener Kommission zu be-
geben. Meistens waren bei jeder Grenzregulierungsarbeit von jeder Partei
mindestens 1 Landmesser tätig, die in grösserem Abstände hintereinander
hermassen. Die Kommission der Gegenpartei war ähnlich der diesseitigen
zusammengesetzt, hatte aber unter ihren Mitgliedern mindestens einen geist-
lichen Würdenträger, Bischof oder Probst.
Ebenso richtete Herzog Albrecht seine Fürsorge auf die Sicherung der
Grenzen im Innern, wie er dies in der auf der Tagfahrt zu Marienburg
') t. Baczko IV, S. 195. — *) Daselbst S. 184. - >) Daselbst S. 412.
Zeitschrift for VermeiiungtwHen 1907. Heft 29. 53
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738 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. y^t«hrmjur^
1529 festgesetzten Landordnangl) znm Ausdruck brachte, worin es heisst.
dass zur Schlichtung von Grenz Streitigkeiten ort skundige alte Leute seitens
der Obrigkeit zugezogen, und wenn solche nicht vorhanden, jedem seine
Hufen nach seiner Handfeste durch einen Landmesser abgemessen werden
sollten. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde dann mit der — wie es
scheint — allgemeinen Vermessung sämtlicher Dorfsfeldmarken seitens der
einzelnen Aemter vorgegangen, wobei es in erster Linie auf die Umrings-
grenzen, dann aber auch auf die Einmessung der ertraglosen Grundstücke,
wie Sümpfe, Oedland, Gewässer etc. in allgemeinen Umrissen ankam, wor-
über im Felde Handrisse geführt wurden, von denen aber nur einzelne zn
den Akten gelangt sind. Letzteres lässt wohl die Annahme zu, dass der
Landmesser diese, als sein Privateigentum betrachtend, zurückbehalten un<J
später nur eine (oder zwei) Reinzeichnungen (Abrisse) abgeliefert habe.
Die Güter wurden einstweilen von Obrigkeits wegen unberührt gelassen,
oder nur dann in ihren Aussengrenzen aufgenommen, sobald sie an Dorfs-
feldmarken grenzten. Nur wenige Feldbücher sind späteren Geschlechtern
aufbewahrt geblieben, aber sauber in Tinte hergestellt. Zu den „Abrissen"
wurden Beschreibungen der Feldmarken bezüglich der Grenzen nnd
besonderer Kulturverhältnisse in tabellarischer Form aufgestellt, die Be-
schreibungen wurden dann mit den Abrissen zusammen in dauerhafte, mit-
unter kostbare lederne Einbände, sogenannte „ Grenzbücher" eingebunden.
Leider sind viele von ihnen infolge der so oft über das Land dahingebrausten
Kriegsstürme durch Brand oder Verschleppung verloren gegangen.
Dennoch finden wir im hiesigen K. St.-A. unter dem Titel: „Ostpreussische
Folianten" einige dreissig starke Bände Grenzbücher, Akten über Grenz-
und Justiz i n S n hen, Grenzvisitationen und Grenzhändel etc. und ausser-
dem unter dem Titel „Etats-Ministerium" zahlreiche Akten über Grenz-
sachen wohlaufbewahrt vor, aus denen wir äusserst interessante Aufklärungen
erhalten.
Die ersten Blätter der Akten über die Festlegung etc. der Landes-
.grenzen enthalten meistens die Vollmachten der beiderseitigen Kommissionen,
von preussischer Seite deutsch, von polnisch-litauischer oder ermländischer
Seite meistens lateinisch, oder auch polnisch« geschrieben. Diese Voll-
machten wurden auf das sorgfältigste geprüft und gaben sehr oft zu Aus-
stellungen Veranlassung, wodurch mitunter Verzögerungen von mehreren
Jahren eintraten. Auch sind den Akten vielfach „Instruktionen für die
Grenzkommissarien" einverleibt, wie z. B. folgende:
„Memorial, wie die Amptleuth so an die Lickischen grenitzen gestosser
auff jtzo angesetzten grenitztag handeln sollen", 1545»). Hier folgt dann
») K. St.-A. Etats-Min. Nr. 86 a.
■j K. Bt-A. Etats-Min. Nr. 91g.
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z*a**im nir Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 739
ausführliche Anweisung, dass die Grenzen zunächst begangen werden sollten,
dann: „gutt beweislich grenitz Zeichen von schottungen welche ynwendig
mit steinen beleget, aschen und kohlen beschüttet 1), gemacht, auch solches
dermasseu clerlich verzeichnet werden, damit künftig kein disputation zu
besorgen"; damit die Grenzen desto klarer beschrieben werden könnten,
sollen die Dörfer, die zu beiden Seiten der Landesgrenze liegen (in den
Feldbüchern. Der Verf.) verzeichnet werden. Die Amtleute sollen stets einen
gehörigen Vorrat von Kohlen und Asche zur Hand haben und bei den
beiderseitigen Kommissarien darauf hin wirk en, dass die Grenzzeich en
so dicht gesetzt werden, dass von einem zum andern direkt ge-
sehen werden kann. An anderer Stelle ist vermerkt und ergibt es sich
auch aus zahlreichen Abrissen, dass in die Hügel entweder grosse zutage
tretende Steine oder starke Pfähle eingesetzt wurden, in welche man Kreuze
derart einschnitt, dass jeder Feldmark ein solches zugekehrt war. Die be-
liebtesten Grenzmale waren aber grosse Findlinge, die meistens gleichfalls
mit Kreuzen versehen wurden. Mitunter dienten auch Bäume („ Malbäume tt)
als Grenzzeichen. In den Grenzakten des K. St .- A.. wie auch auf verschie-
denen Abrissen aus den Jahren 1621 — 1622 des gräflichen Archivs zu
Dohna-Schlodien finden sich Vermerke, dass unter die Hügel bezw. Steine :
Glas, Kohle, Zinder (Zinder = sinder = Zinterstein = Hammerschlacke
= Eisenschlacke = Hammerschlag) oder auch Mauersteine untergelegt
wurden.
Sobald die Grenzpunkte durch die beiderseitigen Kommissarien ver-
einbart sind, sollen deren Leute die Grenzhügel aufschütten, wobei immer
„einer vom Adel" dabei bleiben müsse, der darauf zu achten habe, dass
die Hügel auch wirklich in den vereinbarten Punkten errichtet würden.
Zuvor sollen sich aber die Amtleute nach alten Grenzzeichen umsehen und
sobald sie solche finden, den Kommissarien anzeigen. Im Falle aber „in
der Licker Heide" keine solche ermittelt werden sollten, so möge dieselbe,
„um des Friedens und guter Nachbarschaft und Einigkeit willen", zwischen
den Parteien je zur Hälfte geteilt werden. Sobald in einer bestimmten
Richtung vorgegangen werden müsste, so solle dies nach dem „Kompass"2)
oder „Dreybaum" geschehen. Schliesslich sollen, wenn man Landmesser
bedürfen würde, solche durch die Kommissarien von Lyck und Johannis-
burg verschrieben werden. . .,: !j
Sehr ausführliche Instruktionen enthält auch ein Foliant vom Jahre 1591
für die Grenzkommission, die aber erst 1598 in Tätigkeit trat Darin ist
auch darauf hingewiesen worden, .dass bei der Grenzrevision besonders auf
die Rezessierung von 1546 und Grenzrevision von 1584 zurückzugreifen.
1
■) Die erste Nachricht, dass hier in die Grenzhügel unverwesliche Merk-
male wie Aschen und Kohlen hineingetan wurden.
*) Hier ist der Kompass zum erstenmal genannt.
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740 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. zeitic&rtrt für
19(77.
wäre. Auf der Rückseite eines dazu gehörigen Reskripts des Regenten
steht: „Landmesser Herrm. Runge, Jacob Rode, Gallerudis (? Der Verf.)
müssen alle verwandt werden. u
Die aufgerichteten Grenzzeichen scheinen trotz harter Strafbestimmungen
öfters böswilligerweise vernichtet worden zu sein, so dass an besonders
gefährdeten Tunkten längere Zeit Wachtposten Tag und Nacht ausgestellt
werden mussten. Nach der „Deklaration der Grentz-Commission in Preusen"
von 1636 wurde die Strafbestimmung getroffen, dass wenn durch die Ma-
sovischen oder Preussisehen Untertanen die von den Kommissarien auf-
gerichteten Grenzzeichen „zerrissen und verschüttet" würden, für jeden Ge-
schädigten 100 M. polnisch an die Kommissarien zwecks Wiederherstellung
der Grenzen zu zahlen seien.
üeber den Fortgang der Grenzverhandlungen musste öfters dem Her-
zog etc. berichtet werden- Den Schluss des Verfahrens bildete der „Grenz-
abschied" bezw. Rezess.
Um nun einen Ueberblick zu gewinnen über den Gang des Verfahrens
in Grenzregulierungs- und Streitsachen, sowie die Einrichtung der Grenz-
bücher erscheint es am zweckmässigsten, die einzelnen Folianteu durch-
zusehen.
0. F. Nr. 1291, betitelt: „Allerlei Grentzgänge auf der Danziger Neh-
rung, mit Samaiten und Litauen, mit Krmland, auch Grenzen Preussischer
Aemter und einzelner Güter" von 1524 — 42 — 215 Bl. Vorn befinden
sich zunächst verschiedene Massangaben, die später, in Abschnitt VII,
Kapitel 2, Punkt 6 nachgewiesen werden sollen. Dann folgen Berichte,
Verhandlungen, Grenzbeschreibungen etc. Bl. 107 — 111 befindet sich eine
deutsche, Bl. 112 — 113 eine lateinische Abschrift von „Die letzte Con-
cordia Lateinisch vnd Deutzsch zwischen dem ordenn vnd dem Bisthumb
Samblannd belangfide die Grenitzen vff der Falkenheide. Acte 1322."
Bl. 115: „Grenitzenn vnd handlung zwischen dem Bisthumb Samblant
vnnd etwan dem deutzschen orden" 1491.
Am Schluss befindet sich ein Ortsregister.
O.F. Nr. 1292. Lithawische Grentzen mit dem Herzogthumb Preussen
Ao. 1541—46.
B1.167. Nach namentlicher Aufführung der Kommissarien werden hier unter
B1.220. den zugeordneten Personen genannt: „3 Personen, 2 Köche, 1 Kuhknecht,
1 Zeltmacher".
Im Laufe der Verhandlungen wurde die Richtigkeit der gleichzeitig
stattgefundenen Messungen angezweifelt. Mehrere Tage wurden die beiden
B1.290. beteiligten Landmesser, die das Ergebnis ihrer Messungen mitteilen sollten,
* im Lager erwartet. Genannt sind hier im ganzen 8 Landmesser und zwar
Anthonius von Proschkau, Jacob Born, Hans Baumgart, Moritz Perschkau,
Hans Maler, Christof Sackheim, Christof Malwitz und Ventur Schellen-
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tÄSSSh^mi Boedder- Gescheht« des Venn.-Wesens Preussens etc. 741
1307. *
307. berg („vou der Tils") rait welchem letzteren der Unterhauptmann von
Memel sowie den lithauischen Verordneten am Eintiuss der Jura in die
Memel die Messung begonnen hätten. Die polnischen Commissarien zweifel-
ten die Richtigkeit der preussischen Seile an; sie wollten auch ihrerseits
Seile zum Messen hergeben; die ihrigen wären die im ganzen Grossfürsten-
tum Litauen gebräuchlichen zu 75 polnischen Ellen = 1 Schnur1), wovon
180 = 1 Meile wären. Hans Baumgart und der Hauptmann von Tap-
laucken massen dann am 4. Oktober (Jahr V) weiter. Am selben Tage
haben die beauftragten beiden preussischen Landmesser an der Memel
angefangen zu messen und die Arbeit wieder eingestellt, da sie gefunden
hatten, dass das in Benutzung genommene Seil der Litauer um 2 1/2 Ellen
zu kurz gewesen sei. Hierzu erklärte der litauische Bischof den preuss-
ischen Commissarien, dass dies der gestrige Regen verursacht habe und
schlägt vor, neue Seile von Bast zu machen: „das krampe vom regen
nicht ein", worauf dann sofort 3 bastene Seile gefertigt werden. Diese
sollte man dann ferner täglich mit dem „rechten vnd besiegelten mass
richten, vnd vergleichen", woraus man wohl mit Recht schliessen darf, dass
die Grenzkommissionen stets Normalmasse mit sich führten. Bald darauf
schlägt der litauische Bischof vor: mit Rücksicht auf die Brücher, Sträucher.
Fliesse, bei diesem Regen, wobei die Messer nicht vorwärts kommen, die
weitere Arbeit bis zum nächsten Sommer auszusetzen, „denn es werden
von hier bis an das gesaltzen meer kaum vier lager sein*. Sie hätten
3 Tage still gelegen und auf die Messer gewartet und wenn das so weiter
ginge, so würden sie in 3 Wochen nicht zu Ende kommen; so wollten
auch ihre Knechte die Mühe und Arbeit des Messens in solcher Kälte
und Regen nicht über sich laden. Hierauf gingen die preussischen Com-
missarien, unter weitläufiger Erläuterung jedoch nicht ein, sie wollten auch
„viellieber das sie daheim inn ire heusern, by iren weibern vnd b rüdern
privatim leben möchten", aber dies ginge gegen ihr Pflichtgefühl der „Ober-
herrschaft" gegenüber. Nach vielfachen Erklärungen und Gegenerklärungen
bleiben Probst und Bischof bei ihrem Willen, dem schliesslich nachgegeben
werden muss. Der preuss. Dr. jur. Jonas (advocatus risci) erklärt sich
ihre Weigerung jedoch so, dass nicht das Wetter am Abbruch der Ar-
beiten schuld, sondern weil die letzte Messung sehr zu ihren Ungunsten
ausgefallen sei.
Ö5. Hier befindet sich eine rohe Handzeichnung (Feldbuch) über einen
Teil der verglichenen Grenzen.
Die Angelegenheit hat dann anscheinend 6 Jahre geruht, denn wir
finden erst aus den Jahren 1552 und 1556 eine Sachdarstellung, aus welcher
die vollzogene Grenzvergleichung hervorgeht.
> ) = Seü = 10 Ruten.
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742 Roedder. Geschichte des Verm.-WesenB Preussens etc. ^'ÜSS™
0. Fi Nr. 1293 bis 95 sind ohne besonderen Wert für uns.
0. F. Nr. 1296. „Grenitzsachen des Ampts Ortelspurgk wie dem Bis-
thumb Ermlandt. 1654—1601.
B1.63ff- befindet sich die Abschrift einer Grenzbeschreibung vom Jahre 1428.
B1.66. ist ein Abriss im Format 42 : 29 cm „Abriss der strittigen grenitz ge-
brechen zwischen Hohenstein vnd dem Allensteinschen", Es ist dies eine
rohe Federhandzeichnung mit Kolorit des Feldes in grünlich-brauner Farbe-
An einer Langseite eines dreieckigen Streitstücks ist vermerkt: „die alte
rechte grenitz", an der anderen: „soweit hat der Krüger die grenitz ver-
rickt". Dann folgt ein Abriss vom Format 75 : 75 cm, welcher im grossen
Massstab entworfen und als Aquarell ausgearbeitet ist und in dem die
Gebäude — perspektivisch — 8 cm hoch dargestellt sind. Auf der Aussen-
seite steht der Vermerk: „Abriss wegen der strittigen Mühleu etc., darunter
von anderer Hand: „dieser Abriss ist falsch vnd dem Augenschein nicht
grants*.
B1.170. folgen dann „etliche Grenzbeschreibungen das Herzogtum Preussen und
ff
Bistum Ermland betreffend", „Auss den alten Matriculis getzogen*. Teils
lateinisch, teils deutsch von 1464 u. a., darunter päpstliche Kompromisse
zwischen dem Orden und dem Bischof von Ermland von 1417.
0. F. Nr. 1297 ohne besonderen Wert für uns.
0. F. Nr. 129a Grenzbuch der Aerater Rastenburg, Seehesten, mit
Ermland Ao.. 1568—96.
Interessant ist hier die Behandlung des Grenzstreits am Almoyer See,
worüber sich Verhandlungen aus den Jahren 1568, 70, 74, 77, 83, 85 und
86 vorfinden, die Zeugnis ablegen mit welcher Gründlichkeit mitunter
Grenzprozesse geführt wurden.
Zu den vorzunehmenden Zeugenvernehmungen sind am Schlüsse des
Folianten angeheftet:
„Interrogatorien darauff die Zeugen zu
uerhören, eine notturfft erachtet.
1, Wie aldt der Zeuge sey
2, von wannen der geburth
3, Wo er sich heusslich aufgeholten, wess vndertahn er vorgewest vnd
noch istt vnd wie lange,
4, Ob er sein gebeth woll könne? Ob er getauffet vnd zum Hochwürdigen
Sacramendte gehe
5, Weyll er als ein Zeuge hergefordertt, Ob er verstehe was ein Eidt sey,
Was ein falsch Zeugnus vor straff vff Jm trage vnnd das er allhier
zeitlich vnd von Gott ewig gestraffet werde,
6, Ob Jhme dieses Zeugnus Jr keinen gewin gebe oder ob Jhme die Sache
etwas angehe,
7, Ob er von Jemants angelernet oder ermahne«, was er zeugen oder sagen soll.
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Zeitschrift rnr Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. 743
Vff die Haubtsache.
1, Ob er wisse wie die greniz vber dem Sehe Almoyen von alters zwischen
dem Fürstenthumb vnd Bischthamb gangen vnd was vor grenitz-
zeichen gewesen
2, Wie weit jeder Parth getischt
3, Wieviel zuge ein jeder gehabtt
4, Woher er solches wisse, ob er dabey gewesen ob gesehen oder gehortt,
vnd wie offt
5, Wer mehr darumb wisse oder dabey gewesen
ti, Ob er von der umbgefallenen Eichen die itzo im Sehe liegtt vnnd der
abgebranndten Fichten disseits des Sehes wisse,
7, Ob das vor Grenitzen gehaltten
8, Was vor zeichen dabey gewesen,
Vff der Krmbländischen Commissarien Weisung,
1, Ob er die stellstedt gegen den Kessel des Sehes Almoyen wisse
2, Vff wes grundt vnd bdenn die l) sey
3, Ob das eine Grenize sey?
4, Wer sie gemachet vnnd dabey gewesen
5, Ob aide Grenizzeichen gewesen vnd was?
6, Ob die Bischöflichen bis in den Kessel gefischt vnnd wieuiel Jar? Wie
lang es sei zum ersten mall gesehen hat die Bischoflichen im Kessel
zu fischen.
7, Woher ers wisse
8, Ob ers vom Hörensagen oder es selbst gesehen
9, Ob dann von alters in der wildnus zwischen den Sehen Mandauen vnd
Almoyen eine Greniz gewesen vnd wie lange er solches gedenkt
10, Was dan vor Grenizzeichen in solcher Wildnus gewesen
11, Ob solche Greniz gericht vff den Sehe gangen vnnd an welchem orth
12, welch Theill sein Wasser des Sehes in ruigem Besitz gehabet vnnd
wie lange oder welches gefochten worden«).
13, Wer es gefochten
14, Ob die Ambtieute von Sehesten gewusst oder gesehen, das die Bischöf-
lichen bis an den Kessel gefischt vnd nichts dazu gethan
X B das vnderstrichene s) ist bei ezlichen Zeugen zu fragen nicht nötig
geachtet4* etc.
Dann folgt ein:
„Eidt welchen die fürstlichen Zeugen geschworen
Ich gelobe vnd Schwere zu Gott dem Allmechtigen. dass Ich, von
denen Sachen darumb Ich gefraget werde der Rei htsergründtliche Wahrheit
*) Unleserlich. — *) angefochten.
s) Hier gesperrt gedruckt. D. V.
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744 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. yiwxaau\ri ^
1907.
keinen theill zu liebe noch zu leide von mir sagen will, davon soll mich
nicht abhalten gunst oder unganst zusagender Vertröstung noch sonst
etwas anderes, so wahr mir Gott helffe durch sein heiliges worth."
0. F. Nr. 1299. Masurische Grenzen. Pars prima. 1528—1563.
Hierin befinden sich zwei Abschriften von Grenzbeschreibungen be-
treffend die Grenze zwischen Masovien und Preussen von 1343. Zu be-
merken ist über diesen Band besonders, dass die eigentlichen Grenzver-
handlungen erst im Jahre 1554 begannen.
0. F. Nr. 1300. Masurische Grenzen. Pars secundum, 1554 — 1616.
Auch in diesem Aktenstück befinden sich Abschriften älterer Doku-
mente betreffs der strittigen Grenzen: doch ist nichts bemerkenswertes
daraus zu berichten.
0. F. Nr. 1301. Masurisch - Podlachische Grenzvisitation. 1609 bis
1617. Pars III.
In einer Verfügung des Kurfürsten Johann Sigismund vom 23. Januar
1613 an Dr. Myrander wird demselben mitgeteilt, dass Härtel Hunich und
Hans Schiller den Auftrag hätten sich zum 18. Februar nach Prostken zu
begeben, die Grenzen zu untersuchen und in einen Abriss zu bringen: er
solle sich gleichfalls dazu einfinden, den Landmessern „anräthig" sein, und
da es nötig, Dokumente aufnehmen.
Eine ähnliche Verfügung an Hans Schiller vom gleichen Tage befindet
sich gleichfalls bei den Akten, der unterm 25. Februar 1613 von Lyck
aus eine Eingabe an den Kurfürsten macht, worin er berichtet, dass er
sich zufolge des erhaltenen Befehls am verwichenen 18. Februar „zur Lick
gehorsamlichen vnd nun zum andern mahl eingestellt sein Adjunct Bartel
Hunich jedoch sich weder persönlich noch schriftlich gemeldet hätte, wes-
halb der Auftrag nicht habe ausgeführt werden können. Er wäre nun
schon zweimal, jedesmal „etliche 50 Meilen wegsu an Ort und Stelle ge-
wesen und bittet zu genehmigen, dass künftig die beiden anderen Land-
messer die Grenzuntersuchungen allein ausführen, er verschont werden
möge, „in betrachtung, das ich armer diener, nicht ohn gefahr der Reuber,
einen solchen weiten wegk, zwey vnderschiedliche mahl vergeblichen, blos
wegen ihres vngehorsamen aussenbleibens, reysen vnd ziehen müssen*4 etc
Unter demselben Tage meldet der Amtshauptmann von Lyck ebenfalls,
dass Hunich nicht erschienen, Schiller aber von Liebstadt gekommen sei
und nun wieder abreisen müsse. Leider ist nun aber aus den Akten nicht
zu ersehen, ob und wie Landmesser Hunich sein Ausbleiben entschuldigt
hat. Längere Zeit scheint nun die Angelegenheit geruht zu haben, denn
erst unterm 1. Oktober 1616 ist die Ernennung der Grenzkommission in
einer „Instruktion" vermerkt. Die Mitglieder dieser Kommission waren:
„ Botho, Albrecht, Herr von Eylenburg. Landraht, George Schenk Freyherr
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745
zu Tautenburg." die Hauptleute von Loetzen und Riesenburg, Johann My-
rander „vnser Hofraht vndt Advocaty Fisci, der Rechten doctor" u. a. m.
Der Termin zur „Richtigmachung der strittigen Grenzen zwischen vnserm
Herzogthamb Preussen vndt den Grenzen der Fürstentümer Masovien
vndt Podelasch" war auf den 10. Oktober („ stylo novou) angesetzt, wah-
rend die Landmesser Christof Dressler und Thomas Schüllers bereits einige
Tage vorher die strittigen Grenzen untersuchen und „in einen Abriss
bringen" sollten. Unterm 19. Oktober berichten dann die Kommissarien
über die erfolgte Untersuchung und Erledigung der Streitfalle, wogegen
König Sigismund in einem abschriftlich mitgeteilten Reskript d. d. War-
schau den 30. Dezember 1616 seinen Widerspruch gegen die preussischer-
seits erfolgten Festsetzungen erhebt. In derselben Sache erscheint dann
unterm 27. November 1617 eine Verfügung des Kurfürsten an den Haupt-
mann zu Lyck, dass nunmehr die Landmesser „Hans Schiller vndt Conrad
Borcken" (alias Burck) mit den erforderlichen Arbeiten beauftragt wären
und er sie unterstützen möge. In einer Verfügung vom 24. November
1617 ist neben Landmesser Schiller fälschlich auch Landmesser von Dros-
den. statt Conrad Borken geladen.
Damit schliesst dies Aktenstück ohne Kunde zu geben, wann und
wie der Grenzstreit endlich erledigt wurde.
(Fortsetzung folgt.)
BUcherschau.
Hugershoff. Der Zustand der Atmosphäre als Fehlerquelle im Nivellement.
Dissertation zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs der
Kgl. Sachs. Tech ii. Hochschule in Dresden. Borna-Leipzig 1907.
Verfasser hat die bereits früher von Lallemand, Jordan u. a. behan-
delte Untersuchung der Refraktionseinflüsse im Nivellement wieder auf-
genommen und geht hierbei von der Voraussetzung aus, dass in den boden-
nahen Schichten der Atmosphäre die brechenden Flächen, also die Flächen
gleicher Luftdichte, parallel den Geländeformen verlaufen. Da man in
diesen bodennahen Schichten die geringen Veränderungen des Luftdruckes
ausser acht lassen kann, so kommt die obige Annahme also lediglich darauf
hinaus, dass die isothermen Schichten der Atmosphäre als parallel zur
Erdoberfläche vorausgesetzt werden. Der weiteren Untersuchung liegt eine
Formel für die Krümmung 1 : g der Lichtkurve zugrunde, die bereita Hel-
mert (Math. u. phys. Theorien II. Bd., S. 567) benutzt hat, um den Ein-
fluas einer Abweichung der Luftschichten gleicher Dichtigkeit von der
Normalform zu untersuchen. Der für die Veränderung des Brechungs-
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exponenten benutzte Ausdruck dn : dh entspricht völlig dem betreffenden
Werte bei Helmert (a. a. 0. S. 576). Die Berechnung des Refraktions-
einflusses konnte etwas eleganter durchgeführt werden, da 1 : q im vor-
liegenden Falle direkt den 2. Differentialquotienten der Lichtkurve darstellt
Eine zweimalige Integration ergibt dann sofort die Gleichung der Licht-
kurve, wie sie Herr Dr.-Ing. Hugershoff aufgestellt hat.
Die Arbeit gelangt zunächst zu dem wichtigen Ergebnisse, dass die
Lichtkurve im Ruck- und Vorblick symmetrisch verläuft, der Refraktion»-
einfluss also verschwindet, wenn man annimmt, dass Ober dem Erdboden
die Temperatur sich linear mit der Höhe verändert. Dagegen ist Assym-
metrie vorhanden, wenn man für die Abhängigkeit der Temperatur vod
der Höhe eine quadratische Funktion zugrunde legt. Der Verfasser be-
nutzt daher eine Abhängigkeit von der Form t = f0 + &Ä* und zwar zu-
nächst deshalb, um bei seinen Feldversuchen mit 2 Temperaturmessungen
auszukommen. Die Eonstante b ergibt sich dann zu tt — t0, wenn *, die
in 1 m Höhe über dem Erdboden vorgefundene Temperatur bedeutet. Die
Refraktionseinflüsse, die Verfasser auf Grund seiner Endformel unter Be-
nutzung der mit dem Assmannschen Aspirationsthermometer beobachteten
Lufttemperaturen berechnet hat, nehmen erstaunlich, ja man muss fast
sagen erschreckend grosse Werte an.
Das vom Verfasser ausgeführte Versuchsnivellement bietet in mehr-
facher Hinsicht interessante Einzelheiten. Es ist nach dem bekannten
Verfahren von Cohen-Stuart (vergl. z. B. Vogler, Lehrbuch der praktischen
Geometrie, Braunschweig 1894, II, 1, S. 297) jedoch mit der Abänderung
durchgeführt, dass die Neigungen der bei jedem Blicke auf 3 Feldmitten
eingestellten Visuren nicht mit der Libelle, sondern mit der Messschraube
ermittelt wurden. Die Reduktion der Lattenablesung auf einspielende Li-
belle ergibt sich hierbei unabhängig von der Schraubenkon stanten und von
der Zielweite und es lässt sich ausserdem für jeden Blick ein mittlerer
Fehler und weiter ein mittlerer Kilometerfehler lediglich aus den Ergeb-
nissen der Stationsausgleichung herleiten. Eine Ausgleichung der einzelnen
Nivellementslinien nach dem Prinzip des arithmetischen Mittels und eine
Netzausgleichung ergeben zwei weitere Kilometerfehier , die zunächst vom
Verfasser in eingehender Weise diskutiert werden, um nachzuweisen, dass
einseitige Fehlerquellen vorhanden sind.
Dass hier in erster Linie Refraktionsfehler vorliegen, weist Verfasser
dadurch nach, dass er seine Nivellementsergebnisse, nachdem die berech-
neten Refraktionseinflusse angebracht sind, einer nochmaligen Ausgleichung
unterzieht. Der Effekt ist ein ganz ausserordentlicher, indem z. B. der
Schlussfehler in dem Polygon ABC (1226 m) von 2,04 auf 0,44 mm,
und der mittlere Kilometerfehler (aus dem Netze berechnet) von 2,64 auf
1,89 mm zurückgeht. Einigermassen tröstlich erscheint es, dass die Koten
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zeiwchrirt für Bücherschau. 747
1907.
der durch das Nivellement bestimmten Hauptpunkte A und B über C sich
nur um -f~ M2 resp. — 0,27 mm infolge der Berücksichtigung der Re-
fraktionseinflüsse geändert haben, immerhin ein Anhalt dafür, dass diese
Einflüsse, falls sie wirklich die aus der Temperaturannahme t — tu + bil-
ligenden Beträge (für die Seite AB = 450 m bis zu 4,5 mm) erreicht
haben sollten, sich durch die Zusammenfassung der Beobachtungen grössten-
teils eliminiert haben, was sicher nicht immer einzutreten braucht. Es
muss aber betont werden, dass das vom Verfasser vorgelegte Beobach-
tungsmaterial noch nicht ausreicht, um über die Realität der berechneten
Refraktionskorrektionen zweifelsfrei entscheiden zu können. Jedenfalls ist
aber die Frage der Refraktionseinflüsse im Nivellement durch den Ver-
fasser in ein neues Licht gerückt worden.
Den Ausführungen am Schlüsse der Arbeit, die den Gang weiterer
Untersuchungen in der Richtung andeuten, eine Temperaturfunktion von
der Form t = t0 ah -\- bh* zugrunde zu legen — wozu dann allerdings
wie bei Lallemand drei Temperaturbeobachtungen nötig sein würden — ,
ist allenthalben beizustimmen. Zweckmässig wäre es gewesen, wenn Ver-
fasser auch die naheliegende Annahme T = T0.e-mh (T absol. Temp.,
e Basis der nat. Log., m Konstante) verfolgt hätte, für welche ebenfalls
zwei Messungen genügen. Die Integrationen lassen sich in diesem Falle
leicht durchführen.
Leider wird an einigen Stellen das Studium der Arbeit durch Druck-
fehler (in den Formeln) erschwert. Sehr.
Lehr- und Handbuch der ebenen und sphärischen Trigonometrie. Zum
Gebrauche beim Selbstunterricht und in Schulen besonders als Vor-
bereitung auf Geodäsie und sphärische Astronomie bearbeitet von
Dr. E. Hammer, Professor an der Kgl. Technischen Hochschule
Stuttgart. Dritte erweiterte Auflage. Stuttgart 1907, J. B. Metzler-
sche Buchhandlung. XI + 644 Seiten.
Dieses uns hier in dritter Auflage vorliegende Buch ist 1885 in erster
und 1897 in zweiter Ausgabe erschienen und war ursprünglich als Schul-
buch gedacht, hat sich aber jetzt zu einem Lehr- und Handbuch der Tri-
gonometrie ausgebildet, das nach beiden Richtungen hin als mustergültig
zu bezeichnen ist. Nachdem nun auch die 155 historischen Noten, welche
zum Teile schon die zweite Auflage enthält, nach den neuesten Forschungen
ergänzt wurden , eine treffliche geschichtliche Skizze vorausgeschickt ist
und auch sonst noch nach verschiedenen Richtungen Ergänzungen ange-
bracht wurden, wird man wohl nicht leicht nach irgend etwas Wichtigem
vergebens in diesem Buche suchen. Zu dieser Vollständigkeit des Inhalts,
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748 Bücherschau. tÄJSSJSSÄ«
die dasselbe als Nachschlagewerk geradezu unentbehrlich macht, kommt
die Ubersichtliche Einteilung und die pädagogische Behandlung des Lehr-
stoffes, welche schon die beiden ersten Auflagen auszeichneten. Jeder
Gymnasiallehrer, der Trigonometrie zu unterrichten hat, wird für die Fülle
von praktischen Beispielen dankbar sein und aus der durchsichtigen und
eleganten, oft mehrfachen Behandlung derselben für seinen Unterricht
Nutzen ziehen. Der Hochschullehrer aber, dem der vorbereitende Unter-
richt zur Geodäsie obliegt, wird seinen Schülern kein besseres Buch zum
Studium empfehlen können, da der Verfasser, als Professor der Geodäsie
die Bedürfnisse dieser Wissenschaft am besten kennend, sein Werk gerade
nach dieser Richtung mit der grössten Sorgfalt ausgestaltet hat. Uebrigens
sind die Regeln zur exakten Durchführung der Zahlenrechnungen, die Be-
trachtungen über die Erzielung des gewünschten Genauigkeitsgrades bei
diesen, die Herstellung der goniometrischen und trigonometrischen Diffe-
rentialformeln, die zur Erreichung eines solchen notwendig sind, nicht nur
für den Praktiker von Bedeutung, sondern auch für den Mathematiker von
Interesse und sollten bei der Ausbildung unserer Lehramtskandidaten für
Mathematik und Physik, die gewöhnlich erschreckend wenig von diesen
Dingen wissen, sehr betont werden. Sehr wichtig für diese Kategorie von
Studierenden, denen ich dieses Buch auf das dringendste empfehlen möchte,
ist auch die lichtvolle Behandlung der sphärischen Trigonometrie, nament-
lich die allgemein gültige Herleitung der Grundformeln mittels der Koor-
dinatentransformation, die auf Jakob Sturm (1824/25) und Joseph Raabe
(1827) zurückgeht und der Gewinnung des Additionstheorems der gonio-
metrischen Funktionen entspricht. Hier möchte ich besonders auf den
reichen Schatz von praktischen Anwendungen namentlich aus dem Gebiete
der mathematischen Geographie und der sphärischen Astronomie hinweisen,
welche für Geodäten und Lehramtskandidaten gleich wichtig sind.
Von den verschiedenen Ergänzungen, welche die neue Auflage gegen-
über der zweiten enthält , ist wohl eine der interessantesten die in § 59
S. 473— 480 unter dem Titel: „Andere Auflösungen sphärischer Dreiecke"
gegebene. Es werden nämlich daselbst zunächst die graphischen Methoden,
wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt haben, zusammengestellt, so die
Auflösungen mittels Orthogonal- und stereographischer Projektion, ferner
die Merkatorprojektion, die allerdings nicht genauer behandelt ist. Endlich
wird auf die Lösung mittels Tabellen, auf d'Ocagnes Nomographic und auf
die mechanischen Einrichtungen zur Dreiecksberechnung hingewiesen. Bei
all diesen Methoden wird die Literatur insoweit angeführt, als sie zu ge-
nauerem Studium derselben notwendig ist.
Ich stehe nicht an, das vorliegende Werk als das beste seiner Art,
das ich in meiner langjährigen Lehrtätigkeit kennen gelernt habe, zu be-
zeichnen und möchte es namentlich den Studierenden der Geodäsie, wie
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fttSSSSmi Müller. Zur Ausbildungsfrsge. 749
1907.
den Lehramtskandidaten der Mathematik auf das dringendste zum Studium
empfehlen, auch sollte es in keiner Bibliothek eines Lehrers fur Mathe-
matik fehlen.
München. Ä. v. Braunmühl.
Zur Ausbildungsfrage.
Professor Curtius Müller, „
Bonn-Poppelsdorf. den 22' Att^8t 1907'
Herrn Oberlandmesser Plähn in Schneideraühl,
les Vereins der Vermessungsbeamten der
landwirtschaftlichen Verwaltung.
Ihrer Bitte, Ihnen meine Ansicht über die mir notwendig erscheinende
Vorbildung der Landmesser mitzuteilen, will ich in den nachstehenden
Zeilen kurz entsprechen.
Ich halte es zunächst mit Rücksicht auf den Aufbau unserer Mittel-
schulen (Gymnasien, Realgymnasien und Oberrealschulen) im allgemeinen
nicht für zweckmässig, die Lehranstalt nach der Versetzung in die Prima
zu verlassen. Als geeignete Zeitpunkte für den Abgang von der Schule
erachte ich den Abschluss bei Versetzung nach der Obersekunda oder mit
der Reifeprüfung. Schüler, die zu andern Zeiten die Mittelschule ver-
lassen, sind auch nicht einigermassen gleichmässig vorgebildet, und es ist
schwierig, den geodätischen und mathematischen akademischen Unterricht
diesen Verhältnissen anzupassen.
Nach raeinen Erfahrungen im geodätischen Unterricht verfügt der
Durchschnitt unserer Studierenden mit der Primareife nicht über das-
jenige Mass von Denkkraft, Vorkenntnissen, Weite des Gesichtskreises und
Fähigkeit, seine Gedanken geordnet wiederzugeben, auf das der akade-
mische Lehrer rechnen muss, um seinen Lehrstoff zu allseitiger Zufrieden-
heit zu behandeln. Ein ganz wesentlicher Missstand wird dadurch hervor-
gerufen, dass eine grosse Zahl von jungen Männern sich dem Landmesser-
berufe zuwendet, die auf der Schule nicht vorwärts kommen, wie man aus
den erteilten Schulzeugnissen ersehen kann. Diese unfähigen Studierenden
bilden ein grosses Hindernis im akademischen Unterricht, da sie der
Dozent bei der grossen Anzahl nicht unberücksichtigt lassen kann. Es
bedarf daher bei uns einer viel intensiveren Arbeit des Lehrpersonals als
bei andern Studienfächern, um Erfolge zu erzielen. Mit den beswr vor-
Digi
750 Müller. Zur Ausbildungsfrage. v«raM^£^U
gebildeten Studierenden kann nicht das erreicht werden, wozu sie iure
Vorbildung befähigt.
Auffallend ist, dass hier eine grössere Anzahl von Studierenden der
Geodäsie durch die ordentlichen Gerichte und durch die akademischen
Behörden bestraft wird, als in andern Fakultäten. Neben andern Gründen,
die sich hierfür finden lassen, führe ich diese Erscheinung im wesentlichen
darauf zurück, dass sich unter den Studierenden der Geodäsie ein wesent-
lich höherer Prozentsatz von Persönlichkeiten, die für das akademische
Leben noch nicht reif sind, befindet als unter den Studierenden anderer
Studienfächer.
Als geeigneten Abschluss der Schulbildung für ein erfolgreiches gründ-
liches Studium der Geodäsie vermag ich nach Lage der Dinge bei uns nur
das Zeugnis der Reife anzuerkennen.
Ich möchte auch nicht unterlassen , hierbei darauf hinzuweisen , dass
der junge Mann, welcher volle Schulbildung besitzt, leichter in andere aka-
demische Berufe übertreten kann, wenn er seine Unfähigkeit zum Land-
messerberufe selbst erkannt hat, was keine gar zu seltene Erscheinung ist.
Die einjährige praktische Vorbildungszeit vor Beginn des Studiums
halte ich für durchaus zweckmässig. Die praktische Einführung in die
Geodäsie, welche die Bewältigung des Studiums sehr begünstigt, verlangt
eine sehr individuelle Behandlung, die an einer Lehranstalt mit einer so
grossen Anzahl von Studierenden wie bei uns das Lehrpersonal nicht so
durchführen kann als ein Lehrherr, der nur einen oder wenige Zöglinge
ausbildet Gelegentlich der praktischen Ausbildung lernt der Zögling aocb
den wirtschaftlichen Zweck der Messungen kennen, er wird schon hier auf
die grosse Verantwortlichkeit für Mass und Zahl hingewiesen und vermag
auch früh genug zu entscheiden, ob ihm der gewählte Beruf, der an Körper
und Geist besondere Anforderungen stellt, zusagt. Nur solche Landmesser
sollton sich freilich mit der Ausbildung künftiger Landmesser beschäftigen,
die einiges pädagogische Geschick haben und die den Zögling auch mit
geeigneten Arbeiten gewissenhaft beschäftigen können. Die Lehrherren
der Zöglinge müssten mehr als bisher solchen jungen Männern, deren Un-
fähigkeit für den Beruf sie erkannt haben, von der weiteren Verfolgung
der Landmesserlaufbahn abraten.
Das akademische Studium unserer Landmesser sollte nach meinem
Dafürhalten mindestens auf fünf, noch besser auf sechs Semester ausge-
dehnt werden, ohne dass der Stoff wesentlich erweitert wird.
Bei dem jetzigen Zustande sind die Studierenden, namentlich wenn
sie Landeskulturtechnik in umfassenderer Weise mitbetreiben wollen, sehr
belastet. Da das Lehrpersonal durch die umfangreichen Prüfungen stark
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^ zjtaöirtn fifr ^ Hochschulnachrichten. 751
xww«
in Anspruch genommen wird, muss der Vorlesungs- and UebangsBtoff auf
verhältnismässig kurze Zeit zusammengedrängt werden. Ganz besonders
angünstig ist der Umstand, dass diejenigen, welche nach vier Semestern
ihre Prüfung ablegen wollen, nach Schluss des Unterrichts sofort in die
Prüfung eintreten müssen. Es würden meiner Ansicht nach bei weitem
bessere Ergebnisse erzielt, wenn diesen Studierenden, es handelt sich um
die tüchtigsten, Zeit gewährt würde, um sich zu sammeln.
Auf einige andere mit der Organisation des Studiums zusammen-
hängende Fragen will ich hjer nicht weiter eingehen.
Ich möchte nun noch einiges über die weitere praktische Ausbildung
der Landmesser hinzufügen. Nach meinen Erfahrungen sind im allgemeinen
selbst die begabtesten Herren nach Ablegung der Landmesserprttfung nicht
ohne weiteres imstande, selbständig die Landmesserarbeiten wirtschaftlich
sachgemäsB auszuführen. Sie kennen einmal den Geschäftsgang im Ver-
raesBungswesen zu wenig, vermögen noch nicht überall das Wesentliche
vom Unwesentlichen zu unterscheiden und sind nicht imstande, aus den
Messungsmethoden die für den Zweck passendsten auszuwählen. Das sind
Dinge, welche die Hochschule nicht lehren kann. Hier muss unbedingt
eine weitere praktische Schulung eintreten, nicht nur für die beamteten,
sondern vor allem auch für die selbständig arbeitenden, öffentlich ange-
stellten Landmesser.
Am Schlüsse meiner Ausführungen möchte ich noch hervorheben, dass
meiner Ansicht nach Hand in Hand mit der Erhöhung der Vorbildung für
den Landmesser Bestrebungen gehen müssen, billige Hilfskräfte für die
mehr mechanischen Vermessungsarbeiten heranzubilden. Ich verkenne
dabei nicht, dass diese Organisationsänderungen mit Rücksicht auf die
Feldarbeiten manche Schwierigkeit bieten werden.
Hochachtungsvoll und ergebenst
(gez.) C, Müller,
(Mitgeteilt von Plähn.)
Hochschulnachrichten.
Der Observator an der Sternwarte zu München, Professor Dr. Karl
Oertel, ist zum etatsmässigen Professor der Geodäsie an der Technischen
Hoehschule Hannover ernannt worden.
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752 Personalnachrichten. — Druckfehlerberichtigung.
Personalnachrichten.
Königreich Prensnen. Katasterverwaltung.
Pensioniert: St.-I. von Graffen in Plön.
Versetzt: St.-I. Kort von Torgau nach Herford II; K.-K. Gehlen
vom Ausw. Amt nach Marggrabowa; die K.-L. Walter von Posen nach
Breslau, Ben st von Posen nach Coin.
Befördert: Zu Kat-Kontrolleuren bezw. Kat.-Sekretären: die K.-L.
Hürter von Düsseldorf nach Wanne-Eickel, Hirtz von Stade nach St Vith,
Müller von Lüneburg nach Isenhagen, Marder von Posen nach Marien -
werden — Zu Kat.- Landmessern Ia: die K.-L. Schäfer in Düsseldorf,
Krüger in Liegnitz, Stas6 von Arnsberg nach Potsdam. >
Zu Kat. -La mlmes sern Ib ernannt: Halb ach in Cöln. Härkel in
Liegnitz, Stöckel, Leo, in Minden.
Alsbald zu besetzen: Kat.-Amt Essen IV im Reg.-Bez. Düssel-
dorf.
KÖnigreioh Bayern. Beginnend mit 1. Oktober auf die Stelle des
Vorstandes der Kgl. Mess.-Beh. Speyer der Bezirksgeometer 1. Kl. Hein-
rich Schweikart in Lauterecken versetzt. Zum Vorstand der Meas.-Beh.
Lauterecken der Mess. -Assistent Georg Burkard und zum Vorstand der
Mess.-Beh. Kusel der Mess.-Assistent Franz Assmann, beide als Bezirks-
geometer 2. Kl. ernannt.
Elsass-Lothringen. Dem Steuerkommissar a. D. , Steuerrat Ludwig
Engelbach wurde der Kgl. Kronenorden 3. Kl. verliehen.
Druckfehlerberichtigung.
S. 668 Z. 5 v. u. lies jieratellige statt fünfstellige;
S. 669 S. 10 v. o. lies 10,4 qm statt 10,49 m.
Lüdemann.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der Ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von
Roedder. (Fortsetzung.) — Bücherschau. — Zur Ausbildungsfrage, von Prof.
C. Müller. (Mitgeteilt von Plähn.) — Hochschulnachrichten. — Personal -
nachrichten. — Druckfehlerberichtigung.
Verlag von Konrad Wittwer ia Stuttgart.
Druck von Carl Hamner, Kgl. Hofbachdniokerel in Stuttgart.
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753
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obarateuerrat ^ Dr. O. Eggert, Professor
München 33, Kataaterbureaa. Dansig-Langfuhr, Ahornweg 10.
1907. Heft 30. Band XXXTI.
»~i 81. Oktober. —
Her Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Hchrlftleltnng ist untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
(Fortsetzung von Seite 745.)
0. F. Nr. 1302 von 1527—1564 und spater. „Grenzbuch des Vogts
auf Samland, auch über die acht Kammerämter Waldau, Cremitten,
Caymen, Schaken, Rudau, Pobethen, Germau und Wargen etc.u
Dasselbe enthält 99 beschriebene und zwischendurch eine grössere An-
zahl leerer Blätter. Wahrend sich im vorderen Teil fast nur Grenz-
beschreibungen betinden, besteht der hintere Teil fast nur aus Abrissen,
die schwarz, zum Teil aber nur in Blei ausgezogen sind und keinen An-
spruch auf geometrische Genauigkeit machen können. Ausserdem findet
sich unter Blatt 49 eine Karte vom Vorwerk Greiben aus dem Jahre 1654,
von der in Abb. 13 eine Verkleinerung wiedergegeben wird. Diese Karte
dürfte, ausweislich des daneben gezeichneten Transversalmassstabes, mass-
stäblich gezeichnet worden sein, wenngleich diese Vermutung, mangels jeg-
licher Masse in der Karte, nicht bewiesen werden kann.
Von den Grenzbeschreibungen mögen zwei in Abschrift hierunter folgen,
wobei die Frakturschrift der Ueberschriften durch gewöhnliche Schrift er-
setzt wird:
ZeiUehrift fttr VermeMungiwewn 1907. H.ft 30. 54
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754 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. VJ£"£^™J.
Ii
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5 Ii
P | v
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3
ff
Prä,
n
ft
1, „Grenzen des Dorffs Rositten Bl. 4.
Angefallen hart an eines Gn. i) heim hoff am hab2) emlang bis zu
einem pfoll an Kunzner grenz eine gerade wandte)
') Gnädigen. *) Haff. ») Seite, Linie.
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WmSSSSSnSm Roedder* Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 755
1907.
61 seill 3 ratten,
von dem pfoll am habt forder zur rechten handt nach dem gebruch
bis zum pfoll
31 seill
von dem pfoll wider zur rechten handt am gebruch emlang bis in
die gausott hart am Dorn"
48 seill
dornach am czauhne hindern Dorff an die vihtrifft bis zum eines
Gn. herrn hoffs ans hap do erstlich angefangen
23 seill
vnnd helt dise grenz insich
14 '/a haben 6 morgen
das gebruch vnnd das Dorff ist nicht mit einigerechnet
Grenzen des Dorffs Konzen
Am habe an der rosittischen grenz beim pfoll angefahen das hap
emlang gegen Kunzen bis zum grossen stein vngefarlich 2 gewende
vom Dorff
35 seill
forder zur rechten handt nach dem sandtberge bis am Zaun
10 seill
von dar forder vnder dem gebruch bis an die Rosittische grenz
31 seil
von dar zur rechten handt die qwer vber bis wider ans hap
31 seill
vnnd helt dise grenz insich
7 hüben Alj2 morgen.
0. F. Nr. 1303. „Taupiauische Grenzhendell, vornehmlich im Cammer-
Arapt Cremitten" etc. 1572.
Auf Blatt 5 ff. befinden sich interessante „Interrogatoria" bezüglich der
Personalfragen der Zeugen und darunter deren Antworten:
„1, Wie alt er sey. 2t Ob er auch gewin an dieser sachen habe.
3, Wem er den gewin der sachen gönne. 4, Ob er auch geschenke ge-
nommen hat diese kundschaft abzulegen. 5, Ob er auch beten könne."
Die Antworten lauteten:
1, Zeuge Domnick von Pogirben, ein Preuschfrey frstl. Dchl. waldt-
knecht gewesen
1, Sey über 70 Jahre alt, habe im polnischen Kriege sein Harnisch
gefuret vndt damit geritten. 2, Nichts. 3, Hat von einem souiel als
von den andern, mag gewinnen wer da will. 4, Nichts. 5, Ja könne
beten, ist ein frommer Christ.
Digitized
756 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. _ zoiucnnft für
Venneaatmgi w m«
1907.
2, Domnick der ander
1. Im polnischen Kriege hat er den Pflug gehalten. 2. Nichts.
3, Einem souiel dem andern, vndt wem das recht geben wirdt
4, Nichts. 5, Ja, könne beten vndt gehe gern zu Gottes Tisch.
3, Zeuge Melchior ein Landt Schöppe
1, Frstl. Dchl. ins landt sey kommen, hab er die Zeit mit 4 Pferden
fahren können. 2, Nichts. 3, Wem das Recht giebt. 4, Nichts
5, Ja kann woll beten.
4, Zeuge Bernhart ein Frey von Bubeinen
1, Sey über 60 Jahre alt. 2, Nichts, 3, Wem das Recht giek
einer sey Ihm so gutt als der ander. 4. Nichts. 5, Ja kann woll
beten.
5, Zeuge der alte Hoffmann
1, Ist über 60 alt. 2, Nichts. 3, Welchem das Recht gönnt. 4, Nicht .
5, Ja kann woll beten."
0. F. Nr. 1304. „Grenzhandlungen Newhausener Cammer- Aemter
Rudau, Pobethen. Labtau, Wargen, Item Neuhauss, Waldau 1571—85 in
2 Teilen.
2. „Hiernach volgen die Grenitzen des Cammeramptes Rudau, wie die-
selben vff frstl. drchl. zu Preussen etc. habende Commission durch di*
Edlen Ehrenuestenn Alexanders von Rauschken Landvoigt vff SamlaD'1*
ihm Schakschen, George von Eichichten Haubtmann zum Grünenhoff vu-I
Heinz Follern Rustmeistern seindt geortert von Neuem bereint, besteir'
bewellet vnd bepfelet worden auch vnder allen Parten alle gebreehenn hin
vnd beygelegt, damit sich forder keine vnrichtigkeit vff Gotwil nit zn ver-
mutten. Anno 1571."
Vom 10. bis 26. Mai wurde das ganze Kammer-Amt Rudau, und Po-
bethen vom 30. Juni bis 3. Juli erledigt. Zum Schluss der Verhandlungen
bezüglich Pobethen folgt ahnlich wie bei Rudau der Vermerk: „Alhieri^
Gotlob vnd Dank das gantze Cammer-Ampt Bobethen auch zu Ende be-
grenzt, Vnd durch die Fürstlichen Conunissarien alle gebrech vnd ZwW
vnnder den Parteien hin vnd beigelegt worden."
Der zweite Teil beginnt mit dem Jahre 1572. Hierin befindet sich eic
Bericht vom 24. September, der eine interessante Bemerkung bezüglich der
an den Pojerstieter Grenzen vorgenommenen Verrichtungen enthält und w
charakteristisches Schlaglicht wirft einerseits auf die Freiheit des damalig«;
Bericht stiles, andererseits auf den zu jener Zeit noch stark verbreitet«)
Aberglauben, ohne annehmen zu wollen, dass der Berichterstatter in ihm
befangen war. Bl. 57^ heisst's nämlich: „Vonn itzt beschriebener
eichenn rieht fürwertz auff einen Pfahl mit 3 X bezeichnet
dabey ein grosser Stein gelegenn, giebt dem dorff Poyerstidten
einen ortt. Dieser stein so bey diesem Pfahll lieget, hat heintz
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Abb. 14. Feldbuch aus 0. F. Nr. 1304.
feller1) helffen aufriehtenn, vnd an den Pfahl bringenn, Vndwo
er mit dem finger hat hingegriffen, da seindt tief f e löcher in
die steine gewichen, zum Zeuchen, welche ich will beweisenn."
Auf diesen Passus, der in der Handschrift unterstrichen ist. wird der Leser
noch besonders aufmerksam gemacht durch eine an den Rand gesetzte
Federzeichnung, die eine Hand mit lang ausgestrecktem Zeigefinger dar-
stellt. Der Bericht trügt keine Unterschrift.
Hinter den letzten Blättern liegt lose ein sauber in Tinte gezeichnetes
Feldbuch (Abb. 14) „dess Ackerbauers zum Vorwerk Waldau gehörig u, der
durch Hans Taubenheimer gefertigt, sämtliche Masse enthalt, die zur
Flächenberechnung erforderlich sind2). Ausserdem liegt noch ein zweiter
Abriss mit Massen und eine rohe Handzeichnung bei.
») Soll heissen Heinz Foller — d. i. der vorher unter den Kommissarien
genannte Rustmeister selber!
") Das älteste Feldbnch dieser Art, das hier vorgelegen hat.
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758 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. ^J^J^
0. F. Nr. 1305. Grentzhandlungen im Ampt Labiaw zur Visitation
gehörig, den 30. August 1578.
Unter anderem wird hier die Grenzfeststellung des Grundstücks eines
Frstl. Dchl. Briefträgers erwähnt, das Vj3 Haken haben sollte. Auch
diesem Folianten liegen zwei, aber in sehr verblasster Tinte gefertigte
Abrisse bei, welche sämtliche zur Flächenberechnung erforderlichen Mas*
enthalten und an deren Rande die Inhalte der einzelnen mit Buchstaben
bezeichneten Abschnitte aufgerechnet sind.
0. F. Nr. 1306. „Rangnitsche Grentzhandlung zur Visitation gehörig
Anno 1578", den 23. Oktober.
Auch diesem Aktenstück sind einige Abrisse beigegeben, die aber nur
teilweise Berechnungs-, im übrigen nur Längenmasse enthalten.
Im Bericht an den Regenten ist u. a. angegeben, dass des Hauptmann«
von Ragnit Gut Kintschin nach der Handfeste 15 Hufen haben sollte, nach
der Vermessung aber 1 1 Hufen Uebermass ») hätte. Der Schluss des Be-
richts aber lautet: „letzlich die Landmesser betreffendt, gnediger Fürst md
herr achten wir in vndthenigkeit dafür, da man sie so schleunig vf Ihr
Suppliciren nicht weg ziehen lasse, Sondern vf gewisse besoldung yf ein
Jahr od zwei bestelle vnd behandle zu Vergnügung aber itzo der in den
dreyen Aemptern Labiau, Tilss vndt Rangnit gehabten schweren arbeit
iedem etwa ein 50 (Mark, d. V.) gegeben werde.
Solches alles in E. f. Dchl. gnedigen willen vndt Verbesserung vnd-
thenigst anheimstelleudt £. f. Dchl.
Vndthenigste gehorsame
Käthe vndt Dienerr."
Leider schweigen die Akten über die Entscheidung des Fürsten.
0. F. Nr. 1307 und 1308. Zwei gleichlautende Grenzbücher „Bio?
nitsch Grentzen, messung der Dorfschatten vndt Gutter desselben Ambt«
Anno 1580.
Nr. 1307, in Papier und Schrift wohlerhalten, scheint eine spätem
Abschrift des F. 1308 zu sein. In ersterem ist das vorgeheftete Inaalt-
verzeichnis vollständiger als in letzterem.
Die Verhandlungen beginnen mit dem 18. August, dauern bis 14. Sep-
tember und dann im nächsten Jahre vom 12. Juni bis 18. August Ad
jedem Tage werden ein und mehrere, im Durchschnitt — bei ungefähr
83 Arbeitstagen mit 222 behandelten Feldmarken bezw. grösseren bäuer-
lichen Grundstücken — fast deren 2,7 pro Tag erledigt.
Das folgende bezieht sieb ausschliesslich auf Nr. 1308. Der Titel
dieses Folianten lässt noch die Namen „Behm" und „Hans Wüsegin* (Laitf*
>) Wir stossen noch öfter auf ganz bedeutendes „Uebermass"; dies mit
73% der Sollfläche ist aber prozentual das grösste hier ermittelte. Siehe and
0. F. Nr. 1314, 1320, 1328. 1
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WmSSSSSmmm ^oe^^er- Gtochfchte des Verm.-Wesens Preussens etc. 759
1907.
messer, d. V.) erkennen. Nach Bl. 300 folgen einige leere Blätter und
dann ein neuer Titel, und zwar „die begrentzigung der vber Mumlischen
(Memelschen, d. V.) Dorffer, wie sie in iren grentzen gelegen, vnd von den
Herren Commissarien, als Heins Follern vnd Fäustin Nimpschen beschrieben
worden, den 5. Juni 1581."
Der Foliant enthält bei 326 beschriebenen Blättern 148 Abrisse. Titel
und Ueberschriften sind in Fraktur geschrieben; vorn befindet sich ein
Ortsinhaltsverzeichnis. Anscheinend sind sämtliche Dörfer etc., sofern sie
einen besonderen Namen haben, hier behandelt. Für jede Ortschaft wird
zunächst eine Grenzbeschreibung der „Gelegenheit", d. i. Grösse, Boden-,
Ertrags-, auch Wirtschaftsverhältnisse, sowie deren Servituten und Lasten
nachgewiesen und zum Schluss folgt der Abriss, wie z. B. Bl. 290 ff.
Das Dorff Illmonissken
den 18. August begrenzt
Angefangen an einem Pfohl mit 3 X Giebt dem Dorff Illmonissken
ein ortt, vnd Frstl. Dchl. waldt eine wandtwandt1).
Von dann die quer durch den waldt aufwarzt, bis auf ein haubuchen
mit 2 X bezeichnet, ist die wandt zwischen dem Dorf, vnd Fl. Dchl. waldt.
Von dem Bruche als man gehen kann auff ein Tannenbaum mit 2 X
vormerkt, giebt dem Dorff ein Ort vnd den am Wilmansdorf eine wandt.
Von dann bis ins flies Illmans, vnd also das flies abwarzt, die krumb
und gerade, durch die Wiesen bis an einen Pfohll mit 3 X bezeichnet,
giebt dem dorf ein ortt, aber dem waldt eine wandtwandt1).
Alhier bleibet ein Stück waldt zwischem dem Neusassen Perbandt
Tingen, welches Fl. Dchl. zukombt.
Von dann die quer am Acker aufwarzt gangen bis auf den Pfohll
welcher oben beschrieben, mit 3 X bezeichnet, ist dieses Dorffs ortt An-
fang vnd ende.
Wie es in seinen grenitzen. Reinen. Steiners, gewengs vmbher gelegen
also ist es von mahll zu mahll beschrieben worden.
Folget Illmonissken gelegenheit
Das dorf hat laut seines abris vnd nach hubenzahll 4!/g hüben, sint
bishero fünf brodt vnd ein zins gewesen.
Alldo ist acker vnd bodem wie in Granden zu finden, Wiesenwachs die
Notturfft oder auch mehr zu machen, Viehtrifft genügk.
Baw vnd brennholz ein ausskommen, ist also Illmonissken gelegenheit,
wie es der Augenschein gebot, allhier recessiret.
77^P TT-
') Seiten wandt. , , ,/
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760 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens 1* reus sens etc. Zeitschrift m
1907.
Abries des Dorffs Illmonissken
wie es in seinen grenitzen gelegen vnd nach
hubenzahl ausgemessen ist.
4i/2 hüben i).
Abb. 15 aus 0. F. Nr. 1308. Abriss von Illmonissken. 1:1.
Bei Dorf Craudelischken ist unter „ Gelegenheit des Dorffs" folgendes
angegeben :
„Das dorff berchigten Acker aber voller wassergallen, auch kleinen
Moossbrücherlein, welchem mitt aussgrabenn gar leichtlich zu helffen vnd
gutt zu machen wer.
0. F. Nr. 1309. „Grentz- und Justitien-IIendel des Voigtes Wisch-
hause 2) sambt den dazu gehörigen < 'ammer-Embtern alss Lochstedt, Gir-
mau, Tierenbergk, Rudaueu, Medenau, Labtau, 1583." Vorn, wie hinten,
befindet sich je ein Register: im letzteren sind bei jedem Gute auch die
„hinterstelligen Dienstpflichten" derselben angegeben. Am Schlüsse befindet
sich ein Extrakt über alle geschlichteten Handel.
B1.19. Bezüglich der Messung von „Weisseis gutt, darauff er wohnet", wird
besonders hervorgehoben, dass zur Vermessung dieser lOi/a Hufen des-
wegen der ganze Tag draufgegangen sei, weil eine Grenze nicht durch-
geritumt gewesen wäre. Während der Anspruch des Weissei auf Grund
seiner Verschreibung auf 10 Hufen lautete, die nach seiner Ansicht das
B1.7G. Gut nicht hätte, weist der aufgenommene Abriss 10 Hufen 21/* Morgen
') Zeichnung in Origioalgrösse.
*) Fischhausen.
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▼em'Si^w^Jen Roedder- Geschichte des Venn.-Wesens Preussens etc. 761
nach, lieber die quantitativen Leistungen der damaligen Landmesser geben
besonders die hier befindlichen, durch Hans Wosegien aufgenommenen zwei
j Abrisse von Bludau mit Casparshöfen Aufschluss. Diese, sämtlich am
'i. 20. Juni ausgeführten Messungen umfassen eine Fläche von 71 *j% Hufen,
12 m, 621/2 D°. Die beiden Abrisse weisen nur die Längenmasse der
Aussengrenzen nach und wenn man diese, unter Ausschluss einiger doppelt
gemessenen, addiert, so ergibt das eine Gesamtlänge von 401 Seil = 4010°
= 17 600 m, ohne die Ordinatenlängen oder sonstiger Messungslinien, die
zur Ermittlung des Flächeninhalts notwendig waren, aber nicht nach-
gewiesen sind.
Ausser von Hans Wosegien erscheinen hier auch mehrere Abrisse des
3 rgeschwornena Landmessers Nickel Unfug, dessen meiste Abrisse sich
*■ durch Sauberkeit und Xachweisung der zur Flächenberechnung erforder-
lichen Masse auszeichnen.
0. F. Nr. 1310. „Grentzen vnd Justitien Hendel der Vogtey Schakenn
Sambt den dazu gehörigen Cammer-Embtern alss Ceimen, Wargau 1583."
U. Es ist dies der zweite Teil des vorigen, wie auf dem ersten Blatt be-
merkt wird und fängt mit Bl. 309 an.
Die Dorfschaft Blecken klagte, dass sie für ein gewisses Uebermass
(„vberlauff*) 6 Mark Zins geben müsste, während sie doch nicht ihre volle
Hufenzahl hätte, was eine Nachmessung ergeben habe. Demzufolge beauf-
tragten die Kommissarien untenn 4. Dezember den Landmesser Hermann
Runge mit der Nachmessung und ermittelte derselbe laut Abriss 23 H.
23 m 108 D° Feld und 3 H. 14 m 89 O0 „der Freien Wald", zusammen
28 H. 7 '/2 m 47 D°. Es fehlten ihnen also, da sie im ganzen 29 H. 29 m
haben sollten, 1 H. 21 i/2 in. Die Bauern beantragten nun, da ihnen Hans
Wosegien im Februar 64 ihr ganzes Feld mit Wald 34 H. 2 m über-
schlagen, also 5 H. 24i/2 m zuviel gemessen hätte, wofür sie solange jähr-
lich 6 Mark Zins hätten zahlen müssen, ihnen diesen zu erlassen. Diesem
Antrage wurde denn auch stattgegeben.
Ferner beschwerten sich zwei „Freie auf dein Berge hei der Kirche
Caymen", dass ihnen Ao. 64 Hans Wosegien ihr Feld zu 9 H. li/f m
Inhalt ermittelt hätte, während sie ausweislich einer Nachmessung, die sie
hätten ausführen lassen, doch nur die ihnen laut Verschreibung zustehen-
den 8 H. 128 Ruten inne hätten. Sie hätten für das Uebermass zu Un-
recht Zins zahlen müssen. Auch ihrem Antrage auf Erlass des Zinses
wurde stattgegeben.
Eine Andeutung, dass diese grossen Messungs-Differenzen irgendwelches
Erstaunen bei den Kommissarien, oder Folgen für Wosegien nach sich ge-
zogen hätten, findet sich in den Akten nicht, so dass wohl angenommen werden
darf, dass derartiges zu den alltäglichen Vorkommnissen zu zählen war 1).
*) Weiter siehe 0. F. Nr. 1323.
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762 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. z^iuchnrtmr
0. F. Nr. 1311, IIa und 12, ohne besonderes Interesse für uns.
O. F. Nr. 1313. „Grentzbuch vndt Beschreibung derer Dorffer vndt
Grentzen des Ambtes Tapiau z. Z. des etc. Landrat vnd Hauptmann Branden,
durch Christof Hertzog, Churf. Pr. geschworener Landmesser Ao. 1623
und 1624."
Wie gewöhnlich befindet sich vorn ein Ortsregister. Dies Grenzbuch
enthält für jeden Ort des Bezirks eine Grenzbeschreibung und den dazu
gehörigen Abriss, darunter aber auch einige älteren, einige aber auch be-
deutend jüngeren Ursprunges, als auf dem Titel angegeben ist, z. B. au?
den Jahren 1602, 1615, 1676, 1693, 1706 etc. Die Abrisse machen, trotz-
dem viel Kolorit angebracht ist, keinen besonderen Anspruch auf Sauber-
keit und Korrektheit der Ausführung; sie sind in sehr verschiedenem
Format, mitunter nur auf kleinen Zetteln, mitunter auf mehrfach zusammeü-
geklebten Blättern dargestellt. Sie sind vom Verfertiger, der meistenteils
der genannte Herzog ist, unter Angabe der Zeit der Messung, unterschrieben.
Zwischen den Abrissen, zum Teil auf diesen selbst niedergeschrieben, be-
finden sich einzelne Berichte; z. B. ein solcher, der auf der Aussenseite
folgendermassen beschrieben ist: „des Landtmessers Jeremias Kuntzmami
Schuldforderung den 29. Januar 1706:
Autt Verordnung der Königl. Pr. Commission sindt die strittigen
grentzen zwischen den adlichen güttern propelken (Popelken. D. Verf.i
Herrn Capitein von Hirschen, vnd des Herrn Leitnants von Bronserten,
so mit dem Königl. Kirchdorff Golbach (Goldbach. D. V.) die zeithero in
Strittigkeit gewesen, aufs Neue mit grentzsteinen bestättiget worden in
beywesenheit der parten geschehen den 29. Januar 1706.
Folget des landtmessers Kuntzmanns Mühe V. arbeit nebenst Reiss.
V. Kostgelt mit dem Bericht, so bey den vorigen abrissen beschrieben
wird alss
Herr Capitein von Hirschen 12 H.
Herr Leitnant von bronserten 15 rl.
Wegen der Dorffschaft Golbach mit dem Newen abriss begrentzigung
Reiss V. Kostgelt 30 H.
Sr. Hochgebohren Excill. den Herrn Landraht vndt haubtmann zu
Tapiau, wirdt gehorsamst gebetten obige schulden beyzutreiben lassen.
Vorbleibe lebesstag gehorsamster
Diener
Jeremias Kuntzmami.1*
Der zugehörige Abriss mit ausführlichen Erläuterungen und Erklär-
ungen der strittigen Grenzen befindet sich weiter hinten im Folianten.
Vor der Unterschrift steht der Vermerk: „so geschehen den 29. u. 30.
Januar 1706 u. Kuntzmann sagt hierbei auch, dass er unter die Schüt-
tungen und Steine Glas, unter i einiges auch > „ Hammerschlagk" untergelegt
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z«iucürifi oi Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens freuBsens etc. 763
habe. In diesen Abrissen sind die Längenmasse nicht mehr nach Seil
und Ruten, sondern nur nach Ruten angegeben.
In dem im Format 85 : 60 cm angelegten, auf Leinwand aufgezogenen
Abriss von Müller, welcher die Begrenzung von Neuendorf im Amt Tapiau
darstellt, ist die Zeit der ausgeführten Messungen auf den 28., 29., 30.
und 31. (!) November 1647 und die Grösse der Feldmark auf 54 H. 28 M.
135 Q> angegeben. Vorausgesetzt, dass die Messung der Flache auch
hier gemäss der Geometria culmensis durch Zerlegung in Paralleltrapeze,
Rechtecke und Dreiecke erfolgte, jeden-
falls auch dies eine respektable Leistung.
Auf diesem, wie auf einigen anderen
Abrissen verschiedener Grenzbücher, fin-
det sich nebenstehende Figur gezeichnet,
für die keine Erklärung gegeben ist, die
aber wohl die Herstellung eines Winkel-
kreuzes mit dem Mittelpunkt E andeu-
Abb. 16.
ten soll.
O. F. Nr. 1314. Grenzbuch vom Amt Labiau.
Ein in einen festen Deckel gebundener Band, nur Abrisse, aber keine
Grenzbeschreibungen enthaltend. Zwei derselben sind vom Jahre 1648r
die übrigen aus der Zeit von 1662 bis 1704; die meisten seitens der Ver-
fertiger unterzeichnet und zwar von Johann Paul Arnold; Jeremias Kuntz-
mann, der bereits im vorigen Folianten genannt wurde, von dem hier Ab-
risse vorliegen aus den Jahren 1676, 79, 83, 85, 89, 95, 99 und 1704,
der also mindestens 30 Jahre hindurch tätig gewesen Sein muss. Ferner
Wilhelm Daniel Kuntzmann, ein Sohn des vorigen, von dem Abrisse aus
den Jahren 1700 bis 1706 vorkommen; sodann Lukas Schwartz nnd Georg
Sebastian, deren beide Abrisse von 1648 datieren; ferner Sebastian Ber-
rendt (alias Behrendt) von 1662 — 64; ferner Christof Grosch mit Zahl-
zeichen Abrissen aus den Jahren 1666 — 89.
Diese Abrisse sind, was Format, Kolorit, Ausführung etc. anbetrifft,
denen des vorigen Folianten ähnlich, stehen ihnen aber mitunter noch nach,
wenngleich die meisten einigermassen massstäblich dargestellt sind. Sie
sind mit vielen Erläuterungen, welche wohl die sonst üblichen Grenzbe-
schreibungen ersetzen sollten, versehen.
Hl. 79. Auch tindeu wir hier ein spezielles Verzeichnis der „Uebermass-Huben
bey den Ambts-Dörffern im Mehlaukschen District Ao. 1662 im Ueber-
mass befunden aus des Landtmessers Sebastian Berrendts Abris-Buch so
im Ambt vorhanden extrahiere^. t ,(f|
Darin sind bei 20 Höfen bezw.i -Dörfern in Summa an Uebennass:
Digitized b^^öogle
764 Roedder. (^schichte des Verm.- Wesens Preussens etc. xmmmSmm
urbar Landt
unurbar
Unlandt
Summa
69 H. V, M.
20 H. 20% M.
10 H. 9 M.
100 H.
Unzählige kleine Niederlassungen, darunter auch „ Wildtnussbereuter-
Etablissements" auch Xeusaass-Dörfer, von 2 bis 8 Hufen „in der aas-
gebrannten Wildtnuss", werden in diesem Grenzbnch dargestellt und be-
schrieben.
Wir finden hier auf den Abrissen dieses, wie des vorigen Greuz-
buches vom Ostufer der Deime ab sowie rings um die einzelnen oasen-
artigen Siedelungen stets die Bezeichnung „Dchl. Herrn Wildtnuss" bezw.
„Dchl. Wildtnuss* bezw. „ Heide" und ähnliche Bezeichnungen.
0. F. Nr. 1315. „Grentz- Visitationen des Natangschen Kreises, dar-
innen volgende Aembter gehören Brandenburg^ Balga, Preuscheilau, Barten-
stein, Barten, Angerburgk, Loetzen, Oletzko, Lick, Johannisburgk. Reyn.
Seehesten, Rastenburgk" vom 5. November 1575 bis 1583.
Ohne besonderes Interesse für uns.
0. F. Nr. 1316. „ Brandenburgische Grentz: Visitation vnd m derselben
handlung. 1583."
Aus dem Inhalt ergibt sich zunächst, dass darin auch Verhandlungen.
Berichte etc. vom Jahre 1579 ab enthalten sind. Unterm IL Januar 1580
wird mit Rudolf Tippeiskirch verhandelt, der angab, dass von seinen beiden
Gütern jedes 20 Hufen haben sollte, was in Wirklichkeit nicht der Fall
Bl.ll. sei, „da Landmesser Hans WTosegieu Ao. 75 sie beschauet vnd gemessen
habe". Ueber diesen Streit waren bereits im 0. F. Nr. 1315 umfangreiche
Verhandlungen geführt worden, die nun am folgenden Tage dadurch ihren
Abschluss fanden, dass ihm die Kommissarien das Ergebnis der durch den
„waldauischen Landtmesser" ausgeführten Nachmessung vorhielten, wonach
das eine Gut 17i/2, das andere 23 H., er also seine richtige Fläche im
ganzen habe.
BL 15. Als die Kommissarien einen als Grenzmal bezeichneten Stein ausheben
liessen, fanden sie Kohlen darunter, woraus sie schlössen, dass dies der
richtige Grenzpunkt sei.
B1 7a Unterm 12. September 1582 wird die Aufteilung von „Padersort" be-
fl* stimmt. Das Dorf sollte unter 25 Kolonisten, die namentlich aufgeführt
wurden, verteilt werden. Drei von ihnen, darunter der Schulze und der
Krüger, waren dort auf Grund von Verschiebungen bereits ansässig. Da
die Gesamtfläche von 21 H. 9ty« M. nun unter sämtliche Kolonisten zn
gleichen Teilen — und unter Verleihung der noch fehlenden Besitztitel
— ausgegeben werden sollte, so hatte jeder 25*/2 M. zu erhalten. &
wurde dabei bestimmt, dass — gemäss den alten Wirtschaft sgrundsätzen
Digitized by Google
ymSSSSJmm Roedder- Geschichte des Verm.- Wesens PreussenB etc. 765
— 3 Felder anzulegen seien, worin dann jeder einen Plan erhielt. Diese
Einteilung wurde nun am 21. und 22. September durchgeführt.
I1.MO. Zufolge Beschwerde des „ alten Burggrafen Andreass Nostiz", dass
sein Acker nicht die angegebene Grösse von 2 H. hätte, begeben sich „zu
Feuertags Zeitt", Hans Wosegien und Nickel Unfug an Ort und Stelle
und ermitteln, dass der Acker in der Tat 16 M. 61 D° zu klein ist, wor-
auf sich der Burggraf mit der Bitte an den Regenten wendet, ihm wenig-
stens 8 Morgen Ersatz zu gewähren. Er bezieht sich dabei auf seine
treugeleisteten Dienste, und versichert, sich auch ferner gutwillig gebrauchen
lassen zu wollen.
0. F. Nr. 1317. „Prensseylausche Grenitz vnd Justitien -Visitationen
1584 — 1585. Jtem etliche Brandenburgischegrentzsaehen", ferner
0. F. Nr. 1317 a, das Konzept des vorigen, ferner
0. F. Nr. 1318 bringen uns nichts neues.
0. F. Nr. 1319. „Sammlung von Rissen und anderen Nachrichten
über die Grenzen verschiedener in den Hauptämtern Balga und Branden-
burg belegenen adelichen Güthern."
Ein mit starkem Deckel versehener und mit gepresstem Leder über-
zogener, fast nur Abrisse und Grenzbeschreibungen aus den Jahren 1601
bis 1709 enthaltender Band. Darin liegt vorn lose ein Heft mit der Be-
zeichnung: „Acta die Vermessung der adl. Stuttehnschen Güther betreifend".
Hierin zeigt der Besitzer dieser Güter, Landrat von Massenbach, unterm
14. August 1765 dem Justiz-Kollegium in Königsberg an, dass er seine
Güter neu vermessen lassen möchte, und bittet, ihm die Gefälligkeit zu
erzeigen, sowohl dem Kondukteur Schwemmschuch die Kommission der
Vermessung zu übertragen, als auch die Grenznachbarn zu laden. Darauf
folgt eine Verfügung des Kollegiums an den etc. Schwemmschuch, dass
ihm, als vereidigtem Kondukteur, jene Vermessung übertragen sei. Da-
hinter befindet sich ein auf Schweinsleder aufgezogener, kartenmässig sehr
sauber gezeichneter Abriss „von dem gesammten Lande des hochadlichen
Guths Stuttehnen" etc. von 0. W. Schwemmschuch. Rechts befindet sich
eine durch einen senkrechten Strich von der übrigen Darstellung getrennte
Nebenzeichnung, eines dem von Massenbach verpfändeten Waldes von
„Freydenthal", vermessen durch Christof, Albrecht Montanus vom 3. No-
vember 1709. Dann darunter eine Teilung dieses Waldes, „nachgewiesen
von P. Runbeck,- kopiert von Schwemmschuch am 18. November 1765.
Rechts und links der Zeichnung ist je ein Massstab von „100© collm." dar-
gestellt.
Die nun in mannigfacher Form und Ausführung folgenden, aus einem
Zeitraum von mehr als 100 Jahren stammenden Abrisse sind von folgen-
den, uns grösstenteils bekannten Landmessern gefertigt: „Christian Reimer,
Josef Friedlein, Christof Grosch, Christof Hertzog, Christof Voigt, Lukas
Digitized by Goögle
766 Roedder. Geschichte des Verm.-Weaen8 Preussena etc. TZtttietetfi
1907.
Schwartz, Bartel Hunich, Jeremias Kuntzmann, Konrad Burck, Sebastian
Behrendt.
Auch hier sind die Risse von Burck (aus den Jahren 1618 — 1625)
hübsch gezeichnet und gefällig koloriert; seine Baumsignaturen in der
linken Hälfte der pyramidalen Krone braun, in der rechten grün gefärbt,
während sein Zeitgenosse Hunich sie ganz grün darstellt
Des letzteren, ebenfalls saubere Arbeiten werden wir im 0. F. Nr. 1321
— Lickisch Grentzbuch — noch besonders würdigen.
O. F. Nr. 1320. „Grentzbuch des Ambts Rhein vndt Arris
welches im nahmen der Heiligen Dreyfaltigkeit Gottes angefangen, Bei Hoch-
löblicher Regierung des Durchlauchtigsten Hochgeborenen Fürsten vndt
Herrn, Herrn Georg Friedrichen Marggrauen zv Brandenburgk in Preussen
zv Stettin, Pommern, der Cassuben vnd Wenden. Auch in Schlesien zv
Jagerndorf Herzogs, Burggrauen zv Nürnbergk vnd Fürsten zv Rügenn.
Vndt ist durch den Edlen vndt Ehrenuesten Georg Pröcken die zeitt
Hauptmann vff Rheinn vndt Sehisten, Sowohl auch Lorentz Hartenstein
damals Ambtsschreibern, vnd mich Petrum Pistorium verordneten Landt-
messern nach vorhergehendem richtigem maes, auff höchstgedachte Fürst-
licher Durchleuchtigkeit gnedigen berieht, die grenzbestättigung fürgenom-
men wie volget
Im Jahr nach Christi geburtt fünf
zehnhundert vndt im neun vnd neun-
zigsten, den acht vnd zwanzigsten monatstag
Juny."
Im ersten Teil des Folianten befinden sich auf 28 Blättern die Ab-
risse, im zweiten Teil die Grenzbeschreibungen der Dörfer, im dritten Teil
die Grenzbeschreibungen der rgttttere, dero Abrisse welche im anderen
kleineren, vndt zuerst verfertigten Abrissbuch ordentlich nach einander zu
befinden." In den Abrissen sind Signaturen und Kolorit ähnlich wie bei
den im Folianten Nr. 1321 speziell beschriebenen dargestellt, ohne jedoch
diese in bezug auf Gefälligkeit der Zeichnung und Reinheit der Farben zu
erreichen. Dagegen scheinen die dargestellten Gebäude hier mehr ihre
wirkliche Lage im Ort andeuten zu sollen, wie die beigefügte Abb. 17
aus dem Abriss des Dorfes Dombrowken bestätigen mag. Der von Zeich-
nung leer gebliebene senkrechte Streifen, der im Falz des Buches liegt,
beweist, dass hier die Zeichnung in das fertige Buch eingetragen worden
ist, während die Blätter des Lycker Grenzbuches vor dem Einbinden voll-
ständig fertig beschrieben, gezeichnet und koloriert zu sein scheinen. Auch
die vorliegenden Abrisse sind mit mancherlei Signaturen versehen, auch
sind die Flächen der verschiedenen Kulturarten fast durchweg koloriert,
wozu aber schlechte oder schlecht gemischte, zu dick und ungeschickt auf-
getragene Farben verwandt wurden. Die Abrisse sind mit ausgedehnten
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Zeluchrin für
Vtnnswiuinweaen
1907.
Roedder. Geschichte de« Verm.- Wesens Preussens etc. 767
Erläuterungen versehen, so dass die Grenzbeschreibungen fast überflüssig
erscheinen; trotzdem nun noch jeder derselben mit einer ca. 5 cm im
Durchmesser haltenden farbigen Winkelrosette ausgeputzt ist, stehen sie.
was Gefälligkeit, Deutlichkeit und Kolorit anbetrifft, weit hinter den Hunich-
schen zurück. Dagegen halten
die sehr ausführlichen, auch im
Formular angeordneten Grenz-
beschreibungen mit den besten
dieserArt jeglichenVergleich aus.
Hinter den Grenzbeschrei-
bungen befindet sich eine 22 cm
im Dorchmesserhaltende Winkel-
rosette aufgeklebt, die sorgfältig
in 5 zu 5° eingeteilt, durch
Einzeichnung von konzentrischen
Kreisen und Transversalen das
Abgreifen von ganzen Graden
gestattet.
Mitunter bestehen sehr er-
hebliche Abweichungen zwischen
den durch den Verfertiger der
Abrisse ermittelten und den in
den Verschreibungen angegebe-
nen Flächengrössen, so ist z. B.
gesagt auf Bl. 9:
„Woschinitza soll 55 hüben
haben gegen 81 hüben 28 mg.
242 rotten, von diesen werden
die brücher mit 28 M. 242 rtt.
abgezogen, so dass 20 hüben
Uebermass" etc. (Der höchste
Prozentsatz an Uebermass, der
hier bekannt geworden, ist 73°/0. Siehe 0. F. Nr. 1306.)
Bl. 2: „Ogrotken hat auff 55 hüben verschreibung
Befinde im jzigen maes in allem mit Fürstl. Dchl. Seen vnd mit den
zwist1) AB signirt mit Fluss 72 hüben 16 morgen 180 rutten. Vnd dem-
nach Uebermas 17 hüben 16 morgen 180 rutten. Darunter 5 Hube 1 morgen
2681/, rutten an zweie Fürstl. Dchl. Seen vnd an obgedachten zwist. So
dieselbe abgezogen Bleibe Uebermas 12 hüben 14 morgen 21 11/* rutten.
So ihnen aber der zwist mit Claus auch zufallen solte Wehre Uebermas
dreyzebn hüben sechs morgen 180 rutten.
x) Streitstück.
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768 Hu edder. Geschichte des Venn.- Wesens r reus sens etc.
Zeitschrift fur
V«nuea
inmgswi
lwrT
0. F. Xr. 1321. „Lickisch Grentzbuch1) durch Barthel Hunichen ver-
fertiget den 3 Augusti 1601.u
Es ist dies ein stattlicher Baud von 229 Blättern, dessen 44 cm hoher,
28 cm breiter Deckel mit gepresstem Leder überzogen und mit messingeuen
Schliesshaken versehen ist. Die Mitte der Vorderseite des Deckels ziert
eine 5 cm hohe allegorische Figur, die Gerechtigkeit darstellend, umgeben
Abb. 18. Aus 0. F. Nr. 1321. Buchdeckel.
von einer bezüglichen lateinischen Umschrift und Arabesken. In einiger
Entfernung wird dieses Mittelstück von einem rechteckigen Rahmen ein-
gefasst, in welcher vier allegorische Figuren eingepresst sind, welche die
Barmherzigkeit, Güte — Hoffnung, Vertrauen — Treue und Tapferkeit
darstellen und sich 41/2mal wiederholen, so dass im ganzen 18 Figuren
vorhanden sind2). (Fortsetzung folgt.)
l) Statt „u" schreibt Hunich durchweg „ttu, wie es zu seiner Zeit zum Teil
üblich war.
") Siehe Figur Nr. 19.
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Zeiuchrift für
Vermwsnngg
1Ö07.
Detering. Messungsproben aus ägyptischen Dreiecken. 769
3Q6
7535
Messungsproben aus ägyptischen Dreiecken.
Ein höchst einfaches Verfahren zur Erlangung von Messungsproben
für rechtwinklig aufgenommene Punkte im Felde aus Dreiecksberechnuugen
Dach dem pythagoräischen Lehrsatz besteht darin, dass man die benötigten
rechtwinkligen Dreiecke in einer ganz bestimmten Form wählt und zwar
als ägyptische Dreiecke im Seitenverhältnis 3:4: 5. Man setzt auf der
Messungslinie von dem Fusspunkt des rechten Winkels aus </3 des recht-
winkligen Abstandes nach vorwärts oder rückwärts ab und prüft, ob die
Strebe (die Verbindungsgerade zwischen dem aufgenommenen und dem ab-
gesetzten Punkt, also die Hy-
potenuse des zu benutzenden
Dreiecks) »/, dieses Abstandes
beträgt. taoa^\s
In nebenstehendem Beispiele
habe man bei 116.12 einen
Grenzstein mit dem rechtwink-
■
ligen Abstand 9.18 aufgenom-
men. Nun schreibt man 9.18
an besonderer Stelle, dividiert
durch 3, schreibt 3,06 als
Zeile 2, addiert Zeile 1 und 2,
demnächst Zeile 2 und 3 und macht im Kopf die Rechenprobe, ob Zeile 4
das Fünffache von Zeile 2 ergibt. Ebenfalls im Kopf addiert man die
12.24 aus Zeile 3 zu dem Mass 116.12 am Fusspunkt des rechten Winkels
und misst von 128.36 aus die Strebe nach dem Grenzstein, wofür man 15.30
(Zeile 4) erhalten muss.
Die Berechnung nimmt so wenig Platz in Anspruch, dass man sie
bequem am Rande des Feldbuchs niederschreiben kann, auch bei grösseren,
zusammenhängenden Vermessungen. Gerade für diese hat sich das vor-
geschlagene einfache Verfahren praktisch schon sehr gut bewährt.
Langer feld i/W., Mai 1907. Detering, Landmesser.
97S
h
Neugestaltung des Deutschen Geometervereins.
Zu der Neugestaltung des Deutschen Geometervereins, die das Gemüt
jedes vorwärts strebenden Landmessers auf das eingehendste beschäftigen
muss, liegen jetzt zwei Aeusserungen vor, die der eingehendsten Prüfung
wert erscheinen.
Der eine Satzungsentwurf ist vom Deutschen Geometerverein selbst
veröffentlicht und gibt in anschaulicher Weise eine Begründung der beab-
sichtigten Neuerungen. Er klammert sich überall ängstlich an das be-
ZaiUchrift für Vermesiungiweten 1907. Heft 30. 55
Digitized by Google
770 Eichholtz. Neugestaltung des Deutseben Geo meter Vereins, ziuctain ar
stehende Alte sogar im Satzgefüge and im Ausdruck. Ein die Einheit för-
dernder Gedanke, auf den es doch vor allem ankommen muss, wenn wir
nicht am „ Erstreben a bleiben, vielmehr auch endlich etwas erreichen wollen,
ist in dem ganzen Entwurf nicht zu finden und er stellt sich daher als ein
Fühler dar, der die Meinung der Fachgenossen herausfordern will. Dass
dies nicht ganz umsonst geschehen ist, zeigt der zweite vom Rheinisch-
Westfälischen Landmesser- Verein veröffentlichte Entwurf, ein Werk, das
mit dem Unterzeichneten wohl nur wenige von ihm erwartet hätten nach
der Zurückhaltung, die er bisher in vielen Fragen geübt hat.
Der Inhalt des § 3 zeigt den Einheitsgedanken klar und umfassend,
wenn er sagt:
„Zur Erreichung eines möglichst engen Zusammenschlusses der einzelnen
„Vereinsmitglieder untereinander und zur Förderung rechtzeitiger eingehender
„Erörterung brennender Tagesfragen gliedert sich der Verein in Zweig-
Vereine und zwar in Bezirksvereine und Fachvereine. Ordnung und Ge-
schäftsführung der Bezirks- und Fachvereine werden durch eine von der
„Vorstandschaft zu erlassende Geschäftsordnung geregelt. Im übrigen ist
„es den Zweigvereinen unbenommen, der Eigenart ihres Faches oder ihres
„ Bezirkes entsprechende besondere Satzungen aufzustellen, auch steht es
„den Fachvereinen, nicht jedoch den Bezirksvereinen frei, besondere Bei-
träge zu erheben."
Das ist alles, was man billigerweise bei dem heutigen Stande unseres
Vereinswesens, das zersplittert ist, wie bei keinem anderen Stande, ver-
langen kann, und muss deshalb dieser Vorschlag dankbarst begrüsst werden.
Wohl aber lässt sich über den § 4 eine andere Meinung verteidigen.
Er handelt von der Mitgliedschaft und heisst:
„ Ordentliches Mitglied des Deutschen Geometervereins kann jeder auf
„irgend welchem Gebiete des Vermessungswesens tätige unbescholtene Mann
„werden, der als Landmesser, Geometer, Vermessungsingenieur oder unter
„ sonstiger Amtsbezeichnung öffentlich angestellt ist, oder einen der Prüfung
„als Landmesser u. s. w. mindestens gleichstehenden wissenschaftlichen Be-
fähigungsnachweis erbracht hat, oder wer sich auf dem Gebiete der für
„das Vermessungswesen erforderlichen kartographischen und mechanischen
„Hilfsmittel hervorragend betätigt. Von vornherein ausgeschlossen von der
„Aufnahme sind solche Personen, welche durch die Art der Ausübung
„ihres Berufes das Ansehen und die Interessen des Standes schädigen."
Der Satz verrät schon durch seine Länge seinen Mangel an Bestimmt-
heit. Es braucht dabei kaum auf das bezeichnende „u. s. w." hingewiesen
zu werden.
Es wird daher folgende Fassung vorgeschlagen:
§ 4. „Mitglied des Vereins kann jeder werden, der die Prüfung als
„Landmesser in einem deutschen Bundesstaate bestanden hat."
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zeiucftrtn für Eichholtz. Neugestaltung des Deutschen Geometervereins. 771
VflrmeaanngiwMeu
1907.
Damit ist vollständig genng gesagt Dass einer nicht aufgenommen
oder sofort ausgeschlossen wird, der sich seines Standes unwürdig zeigt,
ist in einen späteren Paragraphen zn verweisen.
§ 8 betrifft die Vorstandschaft. Sie besteht jetzt ans 4 Mitgliedern.
Ich schlage für die Folge vor, eine engere Vorstandschaft zu bilden, be-
stehend aus dem Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden, Schriftführer,
Schatzmeister und Schriftleiter, der die täglichen Fragen zu erledigen hat
und daneben einen erweiterten Vorstand zu bestellen, der die allgemeinen,
den ganzen Stand betreffende Fragen zu beraten hat.
Der Gesaratvorstand soll enthalten je ein Mitglied aus Bayern, Württem-
berg, Baden, Hessen, Elsass, Mecklenburg, die Thüringer und übrigen Klein-
staaten, Sachsen und Oldenburg, für Preussen aus je zwei Provinzen 1 Mit-
glied, so dass hier 6 Mitglieder zu wählen wären. Damit würde der Ge-
samtvorstand mit Ein8chluss des engeren Vorstandes aus 15 Mitgliedern
bestehen. Die für diese Vorstandschaft aufzubringenden Kosten würden
nicht viel höher sein, als die, die jetzt der Verein der landwirtschaftlichen
Verwaltung für die Berufung seines Vorstandes mit den Vertrauensmännern
aufwendet.
Der § 9 handelt von der Ehrenmitgliedschaft. Den möchte ich er-
weitert wissen. Er möge ungefähr folgendermassen heissen:
§ 9. „Männer, die sich um das Vermessungswesen im allgemeinen oder
„um den Verein im besonderen verdient gemacht haben, können durch Be-
„schlu8s der Hauptversammlung zu Ehrenmitgliedern ernannt werden. Diese
„ haben alle Rechte der ordentlichen Mitglieder ohne deren Zahlungspflichten.
„Es können aber auch Männer auf ihren Wunsch auf Beschluss der
„Vorstandschaft als ausserordentliche Mitglieder in den Verein aufgenommen
..werden, wenn sie sich um die Landmesskunst durch Herstellung von Hi It's -
..mittein besonders verdient gemacht haben. Diese haben die Beiträge zu
„zahlen, ohne ein Stimmrecht ausüben zu können."
Hierdurch soll denen, die für die Landmesskunst und in ihrem Dienste
sich bemühen, die Möglichkeit gegeben werden, weiteren Kreisen sich be-
kannt zu machen.
Damit wäre die Beurteilung der bis jetzt veröffentlichten neuen Satzungen
im wesentlichen erschöpft. Wünschenswerte kleine Veränderungen in dem
Satzbau und an einzelnen Worten sollen hier nicht erörtert werden.
Im ganzen erscheint der Entwurf des Rheinisch- Westfälischen Land-
messer-Vereins sonst einwandfrei. Nun möchte ich noch zwei Fragen neu
aufwerfen.
Die eine Frage befasst sich mit dem Namen des Vereins.
Soll dieser so bleiben wie bisher. Oder muss er heute nicht heissen
„ Deutscher Landmesserverein «. Als der Verein gegründet wurde, gab es
Geometer überall im Reiche. Heute gibt es fast überall Landmesser. Der
772 Eichholtz. Neugestaltung des Deutschen Geometervereins. zeltet,™ rar
Geometer ist fast ganz ausgestorben. Lassen wir also auch den alten
Namen des Vereins dahinsinken. Damit verhelfen wir zugleich dem § 3
in seiner hier vorgeschlagenen Fassung zu seiner vollen Kraft Treu unserem
Stande wollen wir dies auch im Namen klarlegen.
Die zweite Frage gilt der Hinzufügung einer neuen Bestimmung. Ei
heisse ein
§ 42. „Der Verein hat eine UnterstUtznngskasse, die nach besonderes
„Satzungen verwaltet wird, zu der aber jedes Mitglied beizusteuern hat.
„Dieser Beitrag ist in dem im § 21 bestimmten eingeschlossen."
Es folgen dann die Satzungen im den neuen Verhältnissen angepaßten
Wortlaut der Unterstützungskasse zu Breslau, die mit ihrem Kassenbestandt
an den Deutschen Landmesserverein übergeht.
Und nun eine Erörterung, die bisher ängstlich vermieden ist, aber doch
einmal ruhig überlegt werden muss.
Wir müssen darüber klar sein, dass wenn die jetzigen Zeitschrifte:
der späteren Bezirksvereine eingeben, an ihre Stelle und vielleicht auch ai
die Stelle der Zeitschriften der Fachvereine, etwas anderes gesetzt werden
muss; das ist die erweiterte Zeitschrift des Deutschen Landmesservereiii*.
Die Geschäfte des Schriftleiters können dann kaum noch im Nebenamt vie
jetzt geführt werden. Es muss eine tüchtige Kraft dafür gewonnen werden.
Die kostet mit Rücksicht auf doch mögliche Nebenbeschäftigung rd. 6000 Ml.
Das entspricht ungefähr vielleicht den Aufwendungen, die jetzt die Schrift
leitungen der Landmesser-Zeitschriften im ganzen kosten. Wir erhalt«
dann eine Zeitschrift, die vornehmlich ermöglicht, dass ein Aufsatz den
Lesern nur einmal geboten wird und nicht wie jetzt durch die verschie-
denen Zeitschriften uns gewisse Aufsätze tatsächlich 5 — 6 mal (?) unter die
Augen kommen, eine Verschwendung an Zeit, Mühe und Druckkosten, deren
Höhe meist viel zu niedrig veranschlagt wird. Zu der mühevolleren Be-
arbeitung der Zeitschrift kommen erhöhte Druckkosten und das Porto für
die öftere Versendung. Die Vereinsbeiträge werden sich demnach Ton
7 auf 10 Mk. erhöhen.
Die Bezirksvereine wollen auch leben; ein reger Verkehr in und mit
den Nachbarbezirken soll stattrinden. Deshalb müssen die Bezirksver-
eine auch über Geld verfügen. Nimmt man bestehende Einrichtungen a!.;
Richtschnur, so muss, wenn die Zusammenkünfte auch für Frauen der Mit-
glieder, die zu gewinnen nicht vergeblich sein dürfte, dauernd anziehend
wirken sollen, mit einem Betrag von 4 Mk. für jedes Bezirksvereinsmitglied
gerechnet werden.
Eine vornehme und dabei hochsinnige Denkweise lässt die Unter-
stützung der in Not geratenen Standesgenossen und deren Hinterbliebene
nicht vergessen. Sie kostet für jedes Mitglied 2 Mk.
Damit würde der Beitrag 16 Mk. jährlich betragen. Das ist ein Be-
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zrtueiiriit für Eichholtz. Neugestaltung des Deutschen Geometervereins. 773
trag, mit dem heute schon viele Landmesser rechnen, und der im Hinblick
auf unsere geringe Zahl und auf die Beiträge anderer Berufe, die, und das
mag hervorgehoben werden, wesentlich schlechter gestellt sind als die Land-
messer, ein sehr mässiger genannt werden moss.
Und was werden wir dabei gewinnen?
Eine ruhig sachliche, aber vollständig unabhängige Zeitschrift, die durch
einen vollständig unabhängigen Schriftleiter unverrückbar unsere Bestrebungen
fördert, in einer Weise fördert, wie sie vornehmer und sachgemässer nicht
besser gedacht werden kann. Damit fallen alle unreifen Aufsätze fort, die
unseren Bestrebungen in einzelnen Zeitschriften sicher mehr geschadet als
genützt haben. Es braucht dabei nicht gefürchtet zu werden, dass der
ernste Mann nicht mehr zum Worte kommen kann; es kann ihm aber ge-
sagt werden: „Willst du deiner Meinung nicht vielleicht die und die Form
geben. u Und ich glaube, solche Möglichkeit ist überall von Nutzen. Ge-
festigt und gehoben soll die hohe Warte werden, auf der jetzt unsere Zeit-
schrift steht; dazu gehört ein vollständig unabhängiger Schriftleiter. Da-
mit ist ein grosser Vorteil für unsern Stand gewonnen. Aber noch ein
anderer ist nicht hoch genug anzuschlagen, „die Einigkeit, die uns bei An-
nahme der vorgeschlagenen Satzungen winkt u. Nicht nur auf die Einigkeit
zwischen Süd und Nord, Ost und West, auf die Einigkeit auch der ver-
schiedenen Berufszweige kommt es an und darauf kann nicht dringend ge-
nug hingewiesen werden. Wir Alten leiden unter der jetzigen Zerfahrenheit
bitter, und unsere Gegner beuten diese gründlich aus, indem sie behaupten,
dass wir uns nicht einmal zu einigem und zu zielbewusstem Streben zu-
sammenzufinden wüssten, wo wir doch überall sähen, dass Einigkeit Macht
sei, und möchten uns gerne das Standesbewusstsein überhaupt absprechen.
Wir wollen aus dem an die landwirtschaftliche Hochschule oder gar
die Baugewerkschule verwiesenen in seiner Amtsbezeichnung ungeschützten
Geometer einen anerkannt tüchtigen und geschäftsgewandten Landmesser
machen, der überall, wo er sich zeigt, mit Achtung begrüsst wird, einen
Mann, der nicht beiseite geschoben werden kann, wie wir das jetzt mit
immer steigender Bitterkeit empfinden, die uns zwingt, den jungen Mann
vor dem Eintritt in ein Fach, das ihm keine Genugtuung, keine Anerken-
nung, keine Freude gewährt, dringend zu warnen.
Unseren Stand von dem auf ihm lastenden Drucke zum Wohle des
Staates zu befreien, ihn selbständig zu machen, kann uns kein Opfer zu
gross sein. Ich brauche nicht hinzuweisen auf einen Zweigverein, der im
Umsehen eine bedeutende Summe aufgebracht hat zur Unterstützung seiner
Bestrebungen, die vielleicht doch umsonst ausgegeben sein wird, um zu be-
weisen, dass unser Stand leistungsfähig genug ist, den oben berechneten
jährlichen Beitrag zu zahlen. Ausgaben, die dauernd unser Ansehen för-
dern, können uns nicht zu hoch sein. Schaffen wir doch damit zugleich
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774 Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. v^SäiS^iSU
einen Kitt, der uns dauernd zusammenhält, legen die Grundlage fur einen
Stand, auf den unsere Nachfolger mit Stolz hinblicken dürfen.
Dass uns das gelingen möge, ist gewiss der aufrichtige Wunsch aller
und unser aller Hoffen. Max EichhoUe.
Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen.
Die Vorstandschaft unseres Vereins trat am 11. August d. J. zu einer
Sitzung zusammen, in welcher unter anderem der schon vor längerer Zeit
an die Vorstände der Zweigvereine zur vorläufigen Aeusserung hinaus-
gegebene Entwurf neuer, richtiger wohl erweiterter Vereinssatzungen auf
Grund der eingegangenen Vorschläge abgeändert wurde. Der so abge-
änderte Entwurf wird wohl in Bälde den Vereinsmitgliedern, sei es un-
mittelbar als Beilage der Zeitschrift, sei es durch die Zweigverein>-
vorstände zugehen oder doch bekannt werden.
Dessenungeachtet glaubte ich schon jetzt der vorstehenden Aeusserung
des Herrn Kollegen Eichholtz Aufnahme in dieser Zeitschrift gewahren
zu müssen, weil ich mit ihm der Ansicht bin, dass es besser ist, diese
Fragen schon jetzt im Kreise aller Beteiligten zu besprechen und sich
Uber ihre Berechtigung und Durchführbarkeit klar zu werden, da ausser-
dem die Gefahr bestände, dass die einschlägigen Beratungen der Bevoll-
mächtigten und der nächsten Hauptversammlung ins Uferlose verlängert
werden könnten. Dies war ja auch der Grund, aus welchem die Vorstand-
schaft mit einem Entwürfe hervortreten zu müssen glaubte, den sie ihrer-
seits als Grundlage der Beratungen der Zweigvereine behufs Verhinderung
einer zu starken Zersplitterung der Vorschläge für geeignet erachtete.
Wenn ich mich hier als Verfasser des Entwurfs oder doch des Em-
bryo des von der Vorstandschaft in die Welt gesetzten Entwurfs bekenne,
so geschieht dies nur, um von der Gesamtvorstandschaft den Vorwurf, dass
sie sich allzuängstlich „an das bestehende Alte sogar im Satzgefüge und
im Ausdruck M angeklammert, ab- und auf meine eigenen Schultern binüber-
zuwälzen. So schmal meine Schultern auch sind, so glaube ich diesen Vor-
wurf getrost tragen zu können. Ich möchte hier, wie sonst, durchaus
nicht am Worte kleben. Wenn bessere neue Satzgefüge und Worte ge-
sucht und gefunden werden, bin ich der letzte, der Widerspruch erheben
möchte. Vorerst aber glaubte ich an den seit Jahren unangefochtenen
Satz- und Wortbildungen festhalten zu sollen, soweit eben deren Abände-
rung und Ergänzung nicht durch die vorangegangenen Beschlüsse und die
mit Aussicht auf Gewinnung einer Mehrheit lautgewordenen Wunsche ver-
anlasst war. Denn nach den Königsberger Beschlüssen war dem von der
Vorstandschait aufgestellten .Entwürfe nicht die Aufgabe gestellt, das Be-
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z«itMbrift für Steppes. Zur Umgestaltung der VerehiBsatzungen. 775
» ermMsunciwoABn
1907.
stehende möglichst gründlich niederzareissen, sondern dasselbe zu kräf-
tigerer Entwicklang aaszubauen.
Aas denselben Gründen kann ich — und die Vorstandschaft hat sich
einstimmig auf den gleichen Standpunkt gestellt — den von Herrn Koll.
Eichholtz so warm vertretenen Entwurf des Rheinisch-Westfälischen Land-
messervereins leider nicht für durchführbar erachten. Ich sage leider;
denn ich gestehe ganz offen, dass auch ich die Einrichtung eines Deutschen
Fachvereins, wie sie der rheinisch-westfälische Entwurf fordert, für das
natürlichste und zweckmässigste Vorgehen halten würde, wenn es sich um
eine erst zu schaffende Neugestaltung bandeln würde und nicht mit Ver-
hältnissen gerechnet werden müsste, die nun einmal tatsächlich bestehen.
Die bestehenden Einrichtungen mit Einem Schlage und zwangsweise durch
andere ersetzen zu wollen, die an sich noch so zweckmässig und voll-
kommen sein mögen, hiesse nichts anderes, als die Errungenschaften von
Jahrzehnten preiszugeben, ohne jede Sicherheit, ob dafür etwas Neues und
Besseres erreichbar ist. Wir dürfen doch die Erfahrungen der letzten
Jahre, die Kundgebungen unserer Mitglieder und der Zweigvereine nicht
einfach unbeachtet lassen. Nach diesen Erfahrungen ist einerseits, wie der
Beitritt von Hunderten neuer Mitglieder beweist, der Wille zu festem und
einträchtigem Zusammenwirken in weiten Kreisen vorhanden; andererseits
aber zeigte die weit überwiegende Mehrzahl der Zweigvereine, darunter
gerade auch jene, welche dem Hauptverein die meisten Mitglieder zuführten,
keine Geneigtheit, den Zusammenschluss zu solchem Zusammenwirken auf
dem Wege zu verwirklichen, welchen der rheinisch-westfälische Entwurf in
Vorschlag bringt.
Dieser Entwurf setzt nicht nur voraus, dass jedes Mitglied einem be-
stimmten Bezirk 8 vereine je nach seinem Wohnsitz zugewiesen wird, son-
dern auch, dass die Mitglieder der Bezirksvereine sämtlich Mitglieder des
Hauptvereins sind. Das letztere hat bekanntlich auch die Vorstandschaft
für erstrebenswert erachtet and daher in Königsberg einen Antrag ein-
gebracht, wonach die Zweigvereine angehalten werden sollen, bis zum
Jahre 1910 ihre sämtlichen Mitglieder dem Deutschen Geometerverein
zuzuführen. Gegen diesen Antrag haben sich jedoch in Königsberg so
ziemlich a 1 1 e Zweigvereine, einschliesslich des rheinisch-westfälischen, aufs
allerbestimmteste ausgesprochen, so dass er zurückgezogen werden musste.
Dem dafür von der Königsberger Versammlung angenommenen Wunsche,
es möchten die Zweigvereine künftig nur solche Mitglieder aufnehmen,
welche Mitglieder des Hauptvereins sind oder gleichzeitig werden, sind
zwar einige Vereine durch entsprechende Ergänzung ihrer Satzungen nach-
gekommen. Im übrigen aber haben sich alle Zweigvereine gegen jene Be-
stimmungen des von der Vorstandschaft aufgestellten Satzungsentwurfes
ausgesprochen, welche auf eine baldige Gewinnung aller Zweigvereins-
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776 Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. vÄ2S35J5«
mitglieder für den Hauptverein hinarbeiteten. So war die Vorstandschaft
in ihrer Sitzung zu Erfurt veranlasst, den zweiten Absatz des § 19*/«<
wonach die Bevollmächtigten jener Zweigvereine, von deren Mitgliedern
nicht wenigstens 2 Dritteile dem Hauptverein angehören, nur beratende
Stimme haben sollten, (damit sie nicht im Hauptverein das Mandat einer
zufälligen Mehrheit von dem Hauptverein gar nicht angehörenden Zweig-
vereinsmitgliedern ausüben können, bezw. vielleicht gegen die eigene Ueber-
zeugung ausüben müssen), zu streichen. Ebenso musste die Einschrän-
kung im zweiten Absatz des § 19 1/2 dahin abgeändert werden, dass neue
Zweigvereine nur dann aufgenommen werden können, wenn die Hälfte
ihrer Mitglieder, mindestens aber 25 dem D. G.-V. angehören.
Wenn also schon die Bestimmung eines künftigen Zwangsbeitrittes
zum Hauptverein die Billigung der bestehenden Zweigvereine nicht in der
zur Durchführung des rheinisch-westfälischen Entwurfes nötigen Mehrheit
gefunden hat, so würden wohl sicher einzelne Zweigvereine geradezu zum
Abfall vom Hauptverein gezwungen werden, sobald die Vorstandschaft,
welcher dieses missliche Geschäft nach dem rheinisch-westfälischen Ent-
wurf zugedacht ist, an die „ Ordnung u der Bezirks vereine herantreten wollte.
Denn es müssten dabei wohl vielfach Zweigvereine, die jetzt für sich be-
stehen und dabei ganz nützlich wirken, mit anderen zusammengelegt werden,
oder auch grössere Zweigvereine, die sich nicht als Fachvereine gebildet,
nach geographischen Rücksichten in mehrere Bezirksvereine getrennt bezw.
ihre Mitglieder mehreren solchen zugeteilt werden (z. B. in Rheinland und
Westfalen). Aber auch da, wo die räumliche Ausdehnung der neuen Be-
zirksvereine mit denen der bestehenden Zweigvereine zur Deckung gebracht
werden könnten, müssten diese, wenn sie nicht die dem Hauptverein nicht
angehörenden Mitglieder ausschliessen wollen, was sie nach ihren be-
stimmten Erklärungen nicht wollen, ein Doppelleben führen, einmal als
Bezirksverein mit den dem Hauptverein angehörenden Mitgliedern und
dann als Zweigvereine mit ihren Gesamtmit gliedern. Und wie sieht es in
Süddeutschland aus? Glaubt irgend jemand, der die Verhältnisse nur
einigerma8sen kennt, dass z. B. in Württemberg, wo zwei Zweigvereine
bestehen, die sich nach dem rheinisch-westfälischen Entwürfe als Fach-
vereine darstellen, diese sich zu einem einheitlichen Bezirksverein durch
Gewaltbeschluss zusammenschliessen Hessen, oder dass neben diesen Fach-
vereinen ein Bezirksverein durch äussere Einwirkung und ohne Rücksicht
auf die — mehr oder minder berechtigten, aber tatsächlich bestehenden —
Sonderinteressen Boden gewinnen könnte? Und wie soll es in Elsass-
Lothringen werden, wo erst kürzlich die beiden Fachvereine sich zu einem
einheitlichen Verein zusammengeschlossen haben, oder in Bayern, wo das
— an sich ja nicht erfreuliche — Hin- und Herpendeln zwischen Fach-
vereinen und Gesaratverein endlich wieder einmal zu letzterem geführt hat,
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Zeitschrift für Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. 777
1907.
ohne dass aber ein wirklich einheitliches Zusammengehen aller Berufs-
zweige oder gar eine Begeisterung für die einheitlichen Berufsinteressen
im Gesamtvaterlande sich herausgebildet hätte?
Kurz, die Grundidee, von welcher der rheinisch-westfälische Entwurf
und mit ihm Kollege Eichholtz ausgeht, stellen sich als ein an sich be-
rechtigtes und sicher für die Zukunft erstrebenswertes Ideal dar; aber
dieses Ideal lässt sich, wie viele andere, derzeit nicht erreichen, ohne der
Sache und dem Ziele, über die wir wohl alle einig sind, augenblicklich
mehr zu schaden, als zu nützen.
Es kommen dazu noch andere Erwägungen über Fragen, die der
rheinisch- westfälische Entwurf offen lässt, während sie allerdings Kollege
Eichholtz näher erörtert, insbesondere die Frage des Mitgliedsbeitrags.
Beide gehen davon aus, dass der Vorstandschaft des D. G.-V., wie sie
bisher zusammengesetzt war, ein Ausschuss bezw. eine erweiterte Vor-
standschaft zur Seite zu setzen sei, deren Mitglieder bei allen Veranstal-
tungen, die künftig neben den Vereinssammlungen erheblich zahlreicher
offenbar gedacht sind, Reise- und sonstige Entschädigungen geniessen
sollen. Das würde mindestens ein Verdoppelung, vielleicht auch mehr, der
bisherigen Vereinsausgaben und damit des Vereinsbeitrages bedingen. Die,
man darf fast sagen, Massenbeitritte der letzten Jahre sind aber unter der
Annahme erfolgt, dass der Mitgliederbeitrag eher erniedrigt, als erhöht
werden sollte.
Der Entwurf der Vorstandschaft hat die Frage der Einsetzung eines
besonderen Ausschusses oder einer Verstärkung der Vorstandschaft über-
haupt offen gelassen und den Mehrheitsbeschlüssen der Bevollmächtigten
der Zweigvereine vorbehalten. Sie ging dabei von den tatsächlichen Ver-
haltnissen aus: Es wird niemand behaupten können, dass die Vorstand-
schaft des D. G.-V. jemals in Angelegenheiten, deren Erörterung und be-
schlussmässige Erledigung nicht bis zur nächsten Hauptversammlung ver-
schoben werden konnte, vorgegangen wäre, ohne die Zweigvereine zu hören.
In derartigen Fällen aber eine Versammlung auch nur der Vorstände bezw.
der Bevollmächtigten der Zweigvereine einzuberufen, würde kaum weniger
Zeit beanspruchen, als die Einberufung einer ausserordentlichen Haupt-
versammlung des Vereins. Die Ausgaben des Vereins aber würden bei
Vergütung von Reise und Unterkunft an die Bevollmächtigten sehr erheb-
lich in die Höhe schnellen. Und während bisher die Zweigvereine erfah-
rungsgemäss die — allerdings noch manches Opfer der Beteiligten erfor-
dernden — Kosten der Absendung von Bevollmächtigten willig auf sich
nahmen, wäre es doch recht fraglich, ob die in den letzten Jahren so
zahlreich beigetretenen Mitglieder ihrem Entschlüsse treu bleiben würden,
ob weitere Hunderte von Kollegen — wie es doch eigentlich das Endziel
der beabsichtigten Satzungsänderungen ist, — sich zum Beitritt ent-
Digitized by Google
778 Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. tJBBBBiSw
schliessen wurden, wenn der Vereinsbeitrag nicht nnr nicht erniedrigt,
sondern, wie bei mindester Veranschlagung der rheinisch- westfälischen
oder gar der Eichholtzschen Vorschläge sich ergibt, mindestens verdoppelt
werden müsste.
Ein weiteres Bedenken, wenn auch weniger bezüglich der Möglichkeit
als der Zweckmässigkeit der Durchführung, liegt in der Bestimmung des
rheinisch-westfälischen Entwurfs, wonach alle Abstimmungen lediglich durch
die Bevollmächtigten erfolgen sollen. Es ist ja richtig, dass verschiedene
Ingenieurvereine, dass insbesondere der Deutsch-Oesterreichische Alpen-
verein — Vereine, deren Mitglieder nach Zehntausenden zählen, — eine
derartige Einrichtung getroffen haben. Wir aber sind meines Erachtens
dazu überhaupt zu wenig und jedenfalls vorerst noch zu zersplittert, als
dass wir die allgemeine Abstimmung ohne weiteres von vorneherein auf-
geben dürften. So wenig es bisher vorgekommen ist, dass die Voll-
versammlung sich mit den gründlich vorberatenen Anträgen der Bevoll-
mächtigten in Widerspruch gesetzt hätte, so sicher wird unter den Mit-
gliedern die Lust zur Beteiligung an einer Versammlung schwinden, bei
der sie zwar sprechen, aber nicht mitstimmen dürfen. (Die „blossen
Sprecher" wären ja auch kaum ein Gewinn.) Und darüber gebe man sich
keiner Täuschung hin: Es würde weder den Vertretungen der besuchten
Städte, noch den für unser Fach massgebenden Stellen Eindruck machen,
wenn wir etwa 50 Mann hoch als Bevollmächtigte erscheinen und auftreten
würden, und es würde auch die Vereinssache nicht gewinnen, sondern der
Gefahr der Erkaltung ausgesetzt sein, wenn der zeitweise persönliche Ver-
kehr mit einer grösseren Zahl von Berufsgenossen aus allen Zweigen, aus
allen Staaten des Deutschen Vaterlandes schon jetzt in Wegfall käme.
Zu blossen Bevollmächtigten -Versammlungen und -Abstimmungen mögen
wir, wie zur Verwirklichung des rheinisch- westfälischen Entwurfes über-
haupt, seinerzeit übergehen, wenn einmal das Zusammenwirken von Haupt-
verein und Zweigvereinen sich mehr gefestigt haben wird und das Bedürfnis
der Mitglieder selbst, sich gegenseitig auszusprechen und an den Veranstal-
tungen des Hauptvereins unmittelbar teilzunehmen, ein geringeres werden
sollte. Fürchtet man wirklich, dass inzwischen zufällige Mehrheiten auf
den Versammlungen mit den Beschlüssen der Bevollmächtigten sich in
wichtigen Fragen in Widerspruch setzen könnten, so könnte ja der Mehr-
heit der Bevollmächtigten ein gewisses Einspruchsrecht eingeräumt werden,
welches Mehrheitsbeschlüsse, die für verhängnisvoll betrachtet werden, bis
zu weiterer Klärung der Sache zurückstellen kann. —
Ausser diesen Grundfragen hat Herr Kollege Eichholtz noch verschie-
dene Vorschläge teils behufs Abänderung des rheinisch-westfälischen Ent-
wurfs, teils nach eigenem Erachten zur Sprache gebracht. -«Zunächst sei
hier der Xnme des Vereins- berührt. Die Vorstandschaft glaubte in ihren
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VmmSSSmnSmm Steppes, ^ur Umgestaltung der Vereinssatzungen. 779
Vorschlägen den bisherigen Namen, den wir durch Jahrzehnte geführt, bei-
behalten zu sollen, zumal einzelne Abänderungsvorschläge, wie Verein
deutscher Vermessungskttnstler, nicht ihren Beifall finden konnten. Ueber
die Bezeichnung Verein deutscher Vermessungsingenieure, die der in neuerer
Zeit zu anderer Bedeutung gelangten Bezeichnung unserer Berufsgenossen
als „ Techniker" wirksam entgegentreten, Hesse sich eher reden, wenn nur
nicht die Staaten, welche diese Bezeichnung tatsächlich eingeführt haben,
sich so sehr in der Minorität befinden würden. Ich persönlich könnte
mich auch mit der Bezeichnung als Verein deutscher Landmesser befreun-
den, wenn nur durch Einvernehmen unserer Mitglieder in jenen Staaten,
wo es keine Landmesser gibt, festgestellt würde, dass sie sich durch diese
Umtaufung nicht als ausgeschlossen betrachten. Im ganzen aber dürfte es
doch auf den Namen schliesslich wenig ankommen. Jedenfalls aber dürfte
die von Herrn Eichholtz vorgeschlagene Definierung der Mitgliedschaft:
„Mitglied des Vereins kann jeder werden, der die Prüfung als Landmesser
in einem deutschen Bundesstaate bestanden hat" unannehmbar erscheinen.
Damit ist nicht „vollständig genug", sondern viel zu viel gesagt. So-
lange es in vielen, insbesondere den suddeutschen Bundesstaaten keine
Landmesserprüfungen gibt, würde eine solche Fassung geradezu die Main-
linie wieder aufrichten, und das können wir doch unmöglich wollen und
will gewiss auch Herr Eichholtz nicht. Wenn aber nicht, dann müsste die
Landmesserprüfung doch wieder so definiert werden, wie es der § 4 des
rheinisch-westfälischen Entwurfs tut (S. 770). Die Vorstandschaft hat den
Schlusssatz des rheinisch-westfälischen Entwurfs nachträglich in ihren Ent-
wurf übernommen, weil er die Fernhaltung bedenklicher Elemente ermög-
licht, ohne gewisse missliche Erscheinungen der breiteren Oeffentlichkeit
preisgeben zu müssen. Im übrigen wurde die alte Fassung, die allerdings
etwas kurz und allgemein ist, beibehalten, schon damit die Herren Pro-
fessoren, deren viele mit uns so förderlich in der Zeitschrift zusammen-
gearbeitet haben, wenn sie — gewiss nicht zu unserem Schaden — wirk-
liche Mitglieder werden wollen, nicht etwa eine Prüfung ihrer Qualifikation
zu fürchten brauchen, und damit auch den Herren Vertretern der Fein-
mechanik die Mitgliedschaft gewahrt bezw. die Möglichkeit des Beitritts
eröffnet werden soll. Sie werden ihr Stimmrecht gewiss so wenig wie bisher
missbrauchen. Aber die von Herrn Kollegen Eichholtz vorgeschlagene
ausserordentliche .Mitgliedschaft, der die gleichen Pfiichten auferlegt werden
sollen ohne jegliche Rechte, wird wohl kaum viel Freunde finden. —
Was die Zeitschrift für Vermessungswesen und die Zeitschriften der
Zweigvereine betrifft, so stimmen die Entwürfe des rheinisch-westfälischen
Vereins und der Vorstandschaft im allgemeinen, vielfach sogar wörtlich
überein. Sie gehen davon aus, dass zwar den Zweigvereinen, welche eine
■Zeitschrift nicht herausgeben, und jenen,, welch«, ihie . bestehenden Zeit-
780 Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. 7»™««™"^«»
wig w an
Schriften eingehen lassen wollen, die Zeitschrift für Vermessungswesen in
möglichst weitgehender Weise zur Verfügung stehen soll, dass aber auch
bezüglich des Eingehens der Zweigvereinsschriften ein — nach den mehr-
fach bereits vorliegenden bestimmten Erklärungen auch gar nicht erreich-
barer — Zwang nicht ausgeübt werden soll. Wenn Herr Eichholtz es als
selbstverständlich betrachtet, dass die Zeitschriften der künftigen Bezirks-
vereine und vielleicht auch die der Fachvereine eingehen sollen, so sind
die Uebelstände, welche er als Begründung der Notwendigkeit und Zweck-
mässigkeit solches Eingehens anführt , zuzugeben. Aber künftig sollen ja
die Zweigvereine und ihre mit schriftstellerischen Arbeiten sich befassen-
den Mitglieder sich mehr als bisher an der Zeitschrift für Vermessung!-
wesen beteiligen, und es ist zu hoffen, dass Abhandlungen von wissen-
schaftlichem Werte und allgemeiner Bedeutung künftig in erster Linie von
unseren Mitgliedern der Zeitschrift für Vermessungs wesen zugeführt werden.
Wenn sie dann noch in einer oder der anderen Fachzeitschrift abgedruckt
werden, so ist der Schaden doch wohl nicht so schlimm. Die Aufsätze
aber, welche „unseren Bestrebungen in einzelnen Zeitschriften mehr ge-
schadet als genützt haben*, gehen nach meinen Wahrnehmungen von Kreisen
aus, die unserem Vereine fernstehen oder übelwollen. Und die werden wir
so schnell nicht bekehren können, so bedauerlich diese Erscheinung nach
ist. Im übrigen aber scheint es mir doch recht zweifelhaft, ob das all-
gemeine Eingehen der kleineren Zeitschriften, auch wenn es möglich, über-
haupt nützlich wäre, solange unsere Berufsverhältnisse in den einzelnen
deutschen Staaten noch so grundverschiedene sind und auch die einzelnen
Fächer wenigstens in den grösseren Staaten berechtigte Sonderinteressen
und Sonderaufgaben zu vertreten haben. Es scheint mir mit diesen Zeit-
schriften zu stehen, wie mit den Fachvereinen selbst. Sie sind nur dann
schädlich, wenn sie ihre Ziele losgelöst von dem grossen Ganzen verfolgen,
wenn sie einseitige, der Allgemeinheit schädliche Sonderinteresseu — sei
es im Stillen, sei es lärmend — vertreten. Im Rahmen des Gesanit-
berufes aber kann es nur nützlich sein, wenn sie frisch und fromm für
ihre Sache eintreten; ihr Wirken, ihre etwaigen Erfolge kommen dann dem
Gesamtberufe immerhin zugute.
Auch die Schriftleitungsfrage kann ich, obwohl derzeit persönlich be-
teiligt, nicht ausser Besprechung lassen, nachdem sie hier einmal ange-
schnitten ist. Es ist in der Tat besser, wenn diese Frage offen erörtert
und ausgetragen und nicht bloss hinter den Kulissen besprochen wird.
Um zunächst meinen persönlichen Standpunkt klarzulegen, so gestehe ich
offen, dass ich ungern gerade jetzt die Flinte ins Korn werfen würde, dass
es mir darum zu tun ist , mit darüber zu wachen und daran zu arbeiten,
dass unsere Zeitschrift, mit der ich in so langen Jahren verbunden war.
ohne an ihrem wissenschaftliehen Gehalte einzubüssen, zu der Erweiterung
Digitized by Google
rnSSSraii Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. 781
1907.
ihrer vereinspolitischen, sozialen und sonstigen Aufgaben in einer alle be-
rechtigten Forderungen befriedigenden Weise hinübergeleitet werde. Aber
ich weiss wohl, dass ich dann noch mehr wie bisher auf Nachsicht rechnen
müsste, wenn ich manchmal über dem Hasten des Handelns für die Zeit-
schrift und den Verein das Schreiben von Antworten auf Anfragen u. s. w.
zurückstellen müsste. Vielleicht könnten dem Schriftleiter künftig auch
einige Mittel für Geschäftsbeihilfe bewilligt werden, ohne dass dafür ein
hochnotpeinlicher Rechnungsnachweis erfordert würde. Für die Aufstellung
eines dritten Schriftleiters konnte und kann ich mich derzeit nicht er-
wärmen, weil meine Erfahrungen dafür sprechen, dass der wissenschaft-
liche Teil zwar sehr wohl für sich unabhängig geleitet werden kann, dass
aber im übrigen schon bei monatlich dreimaligem oder gar bei öfterem
Erscheinen der Zeitschrift die Schriftleitung in Einer Hand liegen muss,
wenn missliche Zwischenfälle ausgeschlossen bleiben sollen. Dagegen leistet
einer möglichst vielseitigen und gediegenen Gestaltung des Inhalts der
neuere Vorschlag der Vorstandschaft Vorschub, wonach eine Anzahl stan-
diger Mitarbeiter gewonnen werden soll, die als solche unter Gewährung
besonderer Vorteile ausdrücklich benannt werden sollen. Die Trennung
der Schriftleitung von dem Amte als Schriftführer ist gleichfalls vor-
geschlagen worden und gewiss der Ueberlegung wert. Ich fürchte nur,
dass gerade durch Aufhebung dieser Verbindung die Gefahr herauf-
beschworen würde, dass Vereinsleitung und Schriftleitung schliesslich —
vielleicht ohne Wissen und Willen — getrennte Wege gehen könnten.
Ich bin, wie gesagt, gern bereit, nach diesen Grundsätzen die Schrift-
leitung vorerst weiter zu führen, wenn mich die Mitglieder dazu berufen
sollten. Ich würde es aber natürlich auf die Fährlichkeiten einer Wahl
gar nicht ankommen lassen, wenn ich annehmen müsste, dass in weiteren
Kreisen das Bedürfnis gefühlt wird, einen unabhängigeren — ich weiss
nicht, ob moralisch oder materiell unabhängigeren — Schriftleiter zu ge-
winnen. Auch weiss man ja nieht, wie lange bei mir Gesundheit bezw.
Leben und Arbeitskraft überhaupt noch vorhalten würden und es ist daher
gewiss nützlich, schon jetzt an die Zukunft zu denken.
Der Vorschlag, einen Schriftleiter aufzustellen, der so honoriert wird,
dass er in seiner Aufgabe in der Hauptsache seine Lebensstellung findet,
ist nicht neu. Ich habe ihn mit Winckel schon beim Uebergang zum monat-
lich dreimaligen Erscheinen der Zeitschrift eingehend erörtert. Abgesehen
aber von der Frage, ob es sich um einen Uebermenschen handeln soll, der
zugleich den wissenschaftlichen Teil zu beherrschen vermag, und wie sich
andernfalls die Vertreter der Wissenschaft zu dem unabhängigen Schrift-
leiterstellen, entsteht die weitere Frage: Ist es bei der Zerrissenheit unserer
heutigen Berufszustände überhaupt ratsam, und wenn ja, ist es auch nur
möghcli, der Stellung dieses Schriftleiters jene Dauer zu sichern, die ihn
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782 Steppes. Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen. vjä}£™nf!wnir
erst wirklich materiell unabhängig machen kann, und liegt nicht die Ge-
fahr recht nahe, dass man einen Geist gewinnen könnte, den man dann
schwer, jedenfalls nicht so leicht wie jetzt, würde losbringen können. Mir
scheint also, dass an eine solche Lösung jedenfalls erat herangetreten
werden sollte, wenn die in Frage kommende Persönlichkeit bereits fest-
steht. Vorerst aber scheint es mir ratsamer, es bei der Wahl eines Ver-
treters der Wissenschaft und eines mitten im praktischen Leben stehenden
oder etwa (als Pensionist) durch längere Jahre gestandenen Kollegen zu
belassen, deren Honorar auch bei einiger Anpassung an die heutigen Fleisch-
preise noch lange nicht die von Herrn Eichholtz vorgeschlagene Höhe zn
erreichen brauchte.
Nur ein paar Worte noch zum Unterstützungsverein, so wenig ich diesen
Punkt derzeit erschöpfend behandeln kann. Eine möglichst innige Ver-
bindung dieses für ganz Deutschland gedachten, derzeit vom schlesischen
L.-V. geleiteten Vereins mit dem Hauptverein wäre ja ganz gewiss erwünscht
und zweckmässig. Sie wird auch anzustreben sein. Und wenn bei der
heutigen und hottentlieh künftig noch gesteigerten Mitgliederzahl der Bei-
trag ein verhältnismässig geringer sein kann, so werden auch die Mitglieder
in jenen Staaten, die dem schon vor Jahrzehnten gefassten Beschlüsse des
D. G.-V. Folge gegeben haben, dass die Zweigvereine die Unterstützungs-
frage in ihrem Kreise regeln sollen, keinen Anstoss nehmen, dem deutschen
Unterstützung8verein gleichwohl beizutreten. (Der bayerische Geometer-
verein z. B. hat eine Sterbekasse ins Leben gerufen, welcher jedes Vereins-
mitglied längstens im Zeitpunkt seiner festen Anstellung beitreten moss.
Beitrag jährlich 24 Mk. Dieses Verhältnis bildet das Hindernis für eine
weitere Zwangsbestimmung des Beitritts zum D. G.-V. Sie wird aber kaum
die Mehrzahl der Vereinsmitglieder abhalten, einen kleinen Beitrag noch
zur Deutschen Unterstützungskasse zu entrichten.) Schon jetzt steht aber
fest, dass schon von Aufsichtswegen nicht einfach, wie Herr Eichholtz meint
die Unterstützungskasse „mit ihrem Bestände an den Deutschen Land-
messerverein übergehen" kann. Eine ausgeschiedene Kassenverwaltang
wird immer bestehen bleiben müssen. Es wird sich wohl auch fragen, ob
und wie das neue Vereinsgesetz auf unseren Verein überhaupt einwirken
wird. Diese letztere Rücksicht dürfte es rechtfertigen, wenn die Frage
der Regelung des engeren Anschlusses der Unterstützungskasse an den
Verein — unbeschadet eifrigen Werbens für die Unterstützungskasse —
vorerst zurückgestellt bleibt Die Verhandlungen über die neuen Satzungen
werden solche Entlastung wohl vertragen können. —
Und nun zum Schlüsse. Die Vorstandschaft war sich wohl bewusst
dass ihr Entwurf von mancher Seite als zu wenig weitgehend erachtet
werden wird. Sie musste aber nach den Königsborger Vorgängen davon
ausgehen, dass nicht ein neuer Verein an Stelle des bestehenden gesetzt
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Zeitschrift für Nachruf. 783
Venue»iunK«wMen
1907.
werden soll, dass vorerst nur die Wege geebnet werden sollen, auf welchen
der Verein zu dem Umfange emporwachsen kann und soll, wie ihn die
Durchführung des rhein.-westf. Entwurfes notwendig voraussetzen würde.
Niemand aber wird sich vernünftigerweise weiteren Verbesserungsvorschlägen
verschliessen, wenn sie nur die Gefahr ausschliessen, dass wir im Streben
nach weiteren Eroberungen nicht das mühsam bereits Errungene gefährden,
dass die Jagd nach dem Ideal nicht den gesunden, naturgemässen Fort-
schritt vom Guten zum Besseren in Frage stellt.
Die Hauptsache dürfte doch sein, dass wir uns — ohne lärmende
Agitation, aber mit Ernst und Festigkeit zu dem unerschütterlichen Ent-
schlüsse einigen, unserem Stande und Berufe jene Stellung und jenen Aus-
bau zu erobern und zu erhalten, die er — nicht unsertwegen, sondern um
der öffentlichen Wohlfahrt willen — unabweislich bedarf. Sind wir in
diesem festen Willen einig, dann werden sich leicht die Wege finden, auf
welchen wir unser Zusammenwirken satzungsgemäss am besten regeln. In
diesem Sinne schliesse ich mich den warmen Schlussworten des Herrn
Kollegen Eichholtz von ganzem Herzen an, zumal ich schon über die Gegen-
wart nicht so schwarz und bitter denke, wie es bei ihm der Fall zu sein
scheint Jedenfalls wollen wir uns in dem hoffnungsreichen Schlachtruf
einigen: Durch Kampf zum Sieg! Steppes.
Nachruf.
Am 12. September d. J. verschied nach längerem Leiden auf dem
Weissen Hirsch bei Dresden das langjährige Mitglied des Vereins, der
Kgl. Obervermessungsinspektor Georg Beuchelt
im 52. Lebensjahre.
Am 2. April 1855 in Dresden geboren, besuchte er hier das Annen -
Realgymnasium und widmete sich nach bestandener Maturitätsprüfung von
Ostern 1873 ab an der hiesigen Technischen Hochschule, dem Studium der
Ingenieurwissenschaften. In den Jahren 1876 und 77 unterzog er sich
mit Erfolg den damals vorgesehenen zwei Absolutorialprüfungen. Nun war
er bestrebt, die an der Hochschule erworbenen Kenntnisse durch praktische
Tätigkeit beim Eisenbahnbau zu vertiefen und übernahm zu diesem Zwecke
in der Zeit vom Dezember 1877 bis Ende Juni 1878 die Vertretung des
Betriebsingenieurs beim Bau der Sächsisch-Thüringschen Bahn Zwickau-
Weida. Da zu damaliger Zeit der Beruf eines Bauingenieurs wegen starker
Ueberfüllung wenig Aussicht auf sichere Lebensstellung bot, suchte der
Verstorbene auf Grund der umfassenden geodätischen Kenntnisse, die er
an der Hochschule erworben hatte, um eine Anstellung beim Kgl. Finanz-
Vermessungsbureau nach. Diese wurde ihm auch im Jahre 1879 zuteil.
Hier war er nun mehrere Jahre bei Neumessungen tätig. Am 1. April
1891 erfolgte seine Ernennung zum Vermessungsingenieur im äusseren
Dienste mit dem Wohnsitz in Oelsnitz im Vogtlande. Im gleichen Jahre
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784 Personalxi&cbrichten. verme»«ung«w^MB
19CC.
hatte er sich auch rait Erfolg der Staatsprüfung für den höheren tech-
nischen Staatsdienst im Fache der Geodäsie unterzogen. Nach zweijähriger
Tätigkeit im äusseren Dienste wurde er in das Zentralbureau für Steuer-
vermessung nach Dresden zurückberufen, um hier teils bei der Prüfung
grundsteuertechnischer Angelegenheiten, teils auch bei der Fortführung
der Landestriangulation mit tätig zu sein. Am 1. Januar 1901 erfolgte
seine Ernennung zum Yermessungsinspektor und Stellvertreter des Vor-
standes der genannten Dienststelle. Als solcher wurde ihm am 1. Juli
1905 der Titel eines Obervermessungsinspektors mit dem Range in Gruppe
16 der 4. Hofrangklasse verliehen. Seine Verdienste um das sächsische
staatliche Vermessungswesen fanden Anerkennung durch das ihm am 25. Mai
desselben Jahres von Sr. Majestät verliehene Ritterkreuz 1. Klasse des
Königlich Sächsischen Albrechtsordens.
Dresden. Scharnhorst,
Kgl. Vermessungsinspektor.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Den Kat.-Kontrol-
leuren a. D., Steuerinspektoren Daniel Koll zu Görlitz und Robert Köhler
zu Isenhagen wurde der Rote Adlerorden 4. Kl. verliehen.
Ernannt sind: der K.-S. St.-l. Pfundt in Marienwerder zum Kat.-
Inspektor bei der Kgl. Regierung in Bromberg, sowie der K.-K. St-I.
Klauser in Essen zum Kat.-Inspektor bei der Kgl. Regierung in Münster.
Versetzt sind: der K.-I. St.-R. Deiters von Münster nach Potsdam;
der K.-K. St.-I. Anacker von Langenschwalbach nach Wallmerod; die
K.-K. Buch von Marggrabowa nach Posen (K.-A. I), Hochmann von
Sullenschin nach Hochheim a/M., Loewen von St. Vith nach Rüdesheim,
Müller von Angerburg nach Hofgeismar und Wortmann von Neuhaus
a/O. nach Langen schwalbach; ferner der K.-K. St.-I. Schütz in Hochheira
als Kat.-Sekretär nach Wiesbaden.
Bestellt sind zu Katasterkontrolleuren: die K.-L. Brodersen von
Münster nach Neuhaus a/O., Hirtz von Stade nach St. Vith, Hans Müller
von Potsdam nach Isenhagen, Schmeil von Liegnitz nach Freystadt,
Schreiber von Königsberg i/Pr. nach Angerburg und Waetzmann von
Posen nach Sullenschin.
Dem K.-K. Gehlen ist die Verwaltung des Katasteramts in Marg-
grabowa übertragen worden.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Münster. Etatsm. angestellt am 1./9. 07:
L. Bloincke in Olpe. — Versetzt zum 1./10. 07: L. Kerckhoff vom
g.-t.-B. Münster nach Brilon. — Gestorben am 18./9. 07: L. Schniedt-
mann in Unna.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussen*,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von
Roedder. (Fortsetzung.) — Messungsproben aus ägyptischen Dreiecken, von
Detering. — Neugestaltung des Deutschen Geometervereins, von M. Eichholtz.
— Zur Umgestaltung der Vereinssatzungen, von Steppes. — Nachruf. — Per-
Vorlag won Konrad Wittwer in Stuttgart.
Druck toh Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruokarai In Stuttgart.
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785
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. B. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Oberttouerrmt und Dr. O. Eggert, Protestor
München aa, Katasterbureau. Danzig-Langfuhr, Ahornweg 10,
M-
1907- Heft 31. Band XXXVI.
— 1. November. •~^r—
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schrtftleltong 1st untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
(Fortsetzung von Seite 768.)
Das Werk macht den Eindruck sorgfältiger, gefälliger Ausführung;
mit guter Tinte geschrieben, in den Abrissen sauber und einigermassen
massstäblich gezeichnet und durch Anbringung von Kolorit zweckmässig
verdeutlicht, sticht dasselbe ganz bedeutend ab von ähnlichen Dokumenten
seiner meisten Berufs- und Zeitgenossen. Es bleibt aber dahin gestellt,
ob dieser Abstand nicht ein rein äusserlicher und der eigentliche, durch
das Mass der angewandten Genauigkeit bedingte Wert der Arbeit nur ge-
rade ein der Zeit angemessener ist. Und dies leise Bedenken ist uns gleich
angesichts des ersten Blattes gekommen, denn dort ist ein einzelnes Blatt
in Aktenformat aufgeklebt, das folgenden Vermerk enthält:
„Bartel Hunich, Landmesser hatt alhier in Beschreibung der Land-
grenzen zwischen Preussen, Masovien, Littaven vnd Saraayten weitt geirrett
vnd gefehlet, indeme er sezett vnd schreiben, das der Vierkantichte ge-
mauerte Pfost soll scheiden die drey Fürstenthilmber als Preussen, Maso-
vien vnd das Grossfürstentumb Littaven vnd Samaytten dann solte der ge-
mauerte Pfost oder Pfeiler die drey obenvehnten Fürstenthümber scheiden
vnd vor ein grenzscheidung hallten zwischen Masovien vnd Preussen, so
Zeitschrift für VermcMangeweeen 1907. Heft 30. 56
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786 Roedder. Geschichte des Yerm.- Wesens Preussens etc. v™£hmniI
würde dergestalt dem Herzogthumb Prenssen vnd dessen Einwohnern ein
grosses abgehen. Derowegen kann derselbe Pfeiler der dreyen oftgemelten
Fürstenthümbern ihre Grenzscheidung nicht sein, sondern der Pfeiler
scheidet nur Preussen, Podlechen vnd Samayten. Der Pfeiler hatt mit der
Masovischen Grenze nichts zu thuen, so leget aber von demselben Pfeiler
quer über einseit des Flusses Lyck eine grosse Schüttung, dieselbe scheidet
Masovien vnd Preussen, wie die anno 1437 zwischen dem Fürsten aus dem
Masovien vnd den Kreuzherren getroffene vnd angenommene Vereinigung
klerlich ausweist vnd vermacht [wie auch das Dorff Bogusch im Kön.
Theil vnd das Dorff prostken im Fürstenthumb Preussen die Schütte
scheidet] !) Und giebtt auch solches der augenschein. Drumb hat mw
dieses alhier für künftige nachachtung beigelegett, damit sich ein Jeder-
mann femer darnach zu richten habe. Vnd weil von beiderseits Ao. MW
d. 3 November gewisse Commissarien derentwegen an den ortt deputirt M
gewesen, vnd aber vnuerrichteter sache damals von einander gezogen. AI-
giebt der Commissarien Relation, wie sie es in Augenschein befunden vnd
was daselbsten verlauffen neben ihren Bedenken clerhch nachrichtung, dahin
man den leser will gewiesen haben."
Diese Anmerkung bezieht sich auf die Grenzbeschreibung von Pto*t
ken, Bl. 109 des Grenzbuches.
Vielfach scheinen die Landesgrenzen damals, trotz der häutigen Grew
B1.84. revisionen etc. noch unbestimmt gewesen zu sein. So heisst's z. B. bei
der Grenzbeschreibung von Prafdsisken:
„Von der schüttunge F, die an der lantgrenze leit, helt Prafdsisket
der Pfügerdienst die scheide want an der Littauischen grenzen bis ans A.
da der Anfangk prafdsiskers grenzes ist, da ist keine gewisse lenge n
sezen, ursach das die Landgrenze sehr krumb ist, vnd das dieselbige ms
theil in's Königsche, vnd auch zum theil in's Fürstenthumb preussen sich
windet vnd beuget, wie auch darumb, das dieselbige grenze dieses Jar hir
vf ein ander Jar baldes an einem andern ort gehalten vnd vbergepÖü^:
wird" etc.
In den Abrissen sind die örtslagen sehr anschaulich durch perspek-
tivisch dargestellte, kolorierte Häuser bezeichnet , die aber wohl mehr l)i
Signatur, denn als topographische Darstellung aufgefasst werden müs^r.
Vermisst wird aber auf sämtlichen Abrissen hier die Magnetnadel bez*
ein Kompass, wie er doch auf älteren Rissen, z. B. vom Jahre 1583«) viel-
B1.222. fach schon bemerkt wird. Auch wird in dem Abriss von Lyck die An-
deutung des auf einer Insel im Lyck-See im Jahre 1273 gegründeten Orden-
schlosses, damaligen „Amts", jetzigen Gefängnisses, vermisst.
l) Der eingeklammerte Satz ist im Original als Randbemerkung neben det
Text gesetzt.
*) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 91g, auch 0. F. Nr. 1324.
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z«iuchrtft mr Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 787
1907.
Mancherlei Signaturen, namentlich für die verschiedenen Grenzzeichen,
sind in den Abrissen dargestellt. Die dabei verwendeten Farben fallen
durch ihre Reinheit und Dauerhaftigkeit vorteilhaft auf, was ganz besonders
bei dem ausserordentlich leuchtenden Zinnober zutrifft. Sehr zweckmässig
erscheint die augenfällige Darstellung der verschiedenen Grenzzeichen und
deren Bezeichnung mit Buchstaben. Im Geschmacke der Zeit findet sich
auch eine Andeutung der anzutreffenden Fauna bei einem See*) durch Ein-
zeichnung zweier naturgetreuer Schwäne. Bis zum Blatt 48 sind fast sämt-
liche Flächen, später nur noch die Wasserflächen und die darin befindlichen
Inseln koloriert. Zunächst sind die Frei-, dann die Zinsdörfer im Folianten
behandelt und zwar ist der Grenzbeschreibung jedes Dorfes gleich der zu-
gehörige Abriss angehängt; ein am Ende befindliches alphabetisches Orts-
verzeichnis erleichtert die Auffindung der einzelnen Dörfer. Der letzte aus
drei zusammengeklebten Blättern hergestellte Abriss vom rSchelmindt-Seh
der gross genannt", ist insofern für uns noch besonders interessant, als,
abweichend von den übrigen Abrissen, hier der Flächeninhalt nicht ange-
geben ist, und dies jemand, der sich dazu berufen fühlte und der wohl in
dem Verfasser des erwähnten Vermerks auf der ersten Seite des Folianten
— vielleicht in dem Herrn Amtshauptmann zu suchen wäre — zu folgender
Randbemerkung veranlasste:
„ Grossgünstiger flissiger Herr
wie gross ist denn der See?"
Hierzu Abb. 19 Rüpellen, jetzt „Repellent
Es möge hier eine Abschrift einer Grenzbeschreibung nebst Abriss
von Blatt 23 ff. folgen.
„Rüpellen ein freydorff
das hadt nach folgende grentzen
Erstlich hebet man an bei einer Schütunge die leit nicht
weit vom Seh gros Schelmindt im Abries bey A in Sendt-
ker wandt, die vber den Seh gros Schelmindt weiset, vff
dieser schüttunge stehet ein eingesetzter grosser weiden
Ast, welcher begrünet ist, vndt järlich mehr auswechst,
von da die wandt in dem Freydorff Sendtkenn
21 Seihl
40 2)
fort die gerade bis vf eine Schütunge im Abriss bei B,
die giebt dieser figur einen grossenn oder gar weitenn
winckel Inwerz, weiter von da fort
») Auf Abriss Bl. 5 vom „Malkinnen Sehw.
*) Für Ruten ist das Zeichen X» für Fuss \f gesetzt.
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fSSS&üm
1907.
12 Seihl
•
*
Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 789
• * • *
Nach der gerade zu gehenn, die von der Schütunge B
abweisen thut, vf einer andere schütunge in einem bruchen
einem wieslein, im Abriss bey C zu suchen, die leit gleich
wie die schütunge B auch auf der want vnd giebt dieser
rigur ernenn winiKeii ausswerz, grosser uann i tu tut. von
dieser schüttunge
8 Seihl *
5°
•
die gerade, die von C abweiset, bis vff eine andere
Schüttunge vff der want, im Abriss zu hndenn bey D.
uieseiue gieou dieser rigur einen wmcKei mwerz. grosser
dann rechtt, Von da weiter die want an Sentkenn
9 Seihl
o
1
Gerade zu biss noch vf eine andere schütunge, der heldt
im Aüiiss uas Tj. gieot aiesei rigur einen weiten wincKen
Inwerz, leit auch auf der want, Von da
•
8 Seihl
•
Bis vf eine Schüttuuge vf d (want) im Abris bey G.
die giebt dieser figur zwar einen grossen winckell aus-
werz, doch soll man erstlich von E vf 5 Seihl vnd 1°
einen Eichenpfahl, der beschüt ist vnd 2 a;1) hatt, vf dem
Strien uer o >eini vnu ow nnuenn, \ on uer scnutiunge ix
follendts die want mit Sendkenn zu ende zu gehenn.
4 Seihl
. 20 5'
64 Seihl 5<> 3'
ist die want
Iii«!-; tili OÜIIU"
kenn
Bis vf eine Schütunge, im Abriss bei U. die leit recht
in einem Zaun, inn Klein Galubkenn oder Moneta want,
ist diesess Rupelleu vnd Sendkenn ein ortt. das ist die
want an diesem Dorf mit Sendken, welche heldt, in ihrenn
inwendigen vnd ausswendigenn winckeln liegende, 64 Seihl
o o . > on oa uie want ann vnu hui aem /.iiisuori in
Gahibben oder Monetha
19 Seihl
30 7»/2' an
Klein Galub
■
Eine gerade want bis vf einen Eichenpfahl der 3 x hatt
vnd voll beschüt ist, denn weiset das K im Abris, stehet
in Kleinn Galubben want, ist dieser, vnd dem Ptiügerdorf
Laschken ein Ortt vf dieser want sollen auch schüttunge
St' III, H1IU. /trlUcl Uli l\ \)l J»?5 lltlS v . f UHU Ucl Ol 11UI lUIIf^^
K die want mit dem Pfiügerdortf Laschken,
•
») x = Kreuz.
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790 Roedder. Geschichte des Venn.-Wesens Preussens etc. zaiuchrttt mr
Eine gebogene want, bis an den Seh gross Schelmint,
die leit in inwendige vnd ausswendige winckelln, wie man
sieht im Abris die i) oder schütunge bey M. N.
0. P. Q. R. S. T. vnd V. Die schütunge V leit am Seh
gross Schelmint, T ist eine schüttunge an einem wege,
nicht weit vom Schelmint Seh, vnd die Schütung R leit an
einem andern wege, des man pfleget von Lyck zu halten
nach Pyssanizen, Vnd ann der Schütung V ist der Seh
gross Schelmint die Grenze bis vf die schütung A an Send-
ken da der Anfang gemacht ist.
0. F. Nr. 1322. Holländisch-Liebstädtische Grentz- Visitation Anno 1586.
Ohne besondere Bedeutung für uns.
0. F. Nr. 1323. Hohensteinisch vnd Neidenburgisch Grentzbuch 16032).
Auf dem ersten Blatt ist vermerkt: „geschrieben durch Barthel Hünichen
Anno 1602, Vber 53 Gutter".
Hinter dem Register folgt die Anmerkung, dass die Abrisse des Land-
messers Wosegien vielfach nicht mit der Oertlichkeit übereinstimmten und
eine Neumessung der besonders genannten Güter und Dorfschaften auf
Kosten derselben durch einen „vnvordechtigen tüchtigen vnd geschwornen
Landtmesser erfolgen solle, wozu die Kommissarien ihn, den Barthel Hunich
erfordert hätten8).
Dieses Grenzbuch ist ganz ähnlich dem Lyckischen angelegt und eben-
falls in einen gepressten Ledereinband eingebunden. Vielleicht sind die
Abrisse nicht ganz so sorgfältig als die zu jenem gehörigen gezeichnet.
Dagegen sind hier zum ersten Male die mit dem „Kompass" aufgenommenen
Azimute der Grenzstrecken — hier „Striche" genannt, in den Grenz-
beschreibungen, und zwar in roter Farbe, nachgewiesen, in die Abrisse
merkwürdigerweise aber nicht übernommen. Die Zeichen für Grad sind
„gru oder „0"; für Minute „min." oder „o/0«. Die Genauigkeit der Grad-
angaben findet im Viertelgrad ihre Grenze.
B1.29. Hier wird vermerkt: „Willenbergs Krüger haben 60 Huben, hat zuuiel
28 Hubennu<).
') Unleserlich.
■) Siehe Abb. 20 Dorf Kopitten, jetzt „Kompitten", bei Hohenstein.
s) Es scheint in der Tat, dass Hans Wosegien nicht besonders zuverlässig
oder befähigt gewesen wäre, obgleich wir seine Tätigkeit von 1564—1583 in den
Akten verfolgen können, da auch im 0. F. Nr. 1310 von fehlerhaften Messungen
desselben die Rede ist; auch fällt es auf, dass er erst im Jahre 1581, und zwar
nur auf 1 Jahr, bestallt wurde, wenn nicht etwa anzunehmen ist, dass bei ge-
ringer Befähigung die Bestallungen immer nur auf ein Jahr gewährt und erneut
wurden. Siehe seine Bestallung im 3. Kapitel, Personalverhältnisse.
«) Wegen bedeutender Uebermasse s. 0. F. Nr. 1306, 1314, 1420.
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67 Seihl
50 3' ist die
want lang an
dem Pflüger-
dorf Laschken
0. F. Nr. 1324. Abrisse aus dem Insterburger Bezirk aas den letzten
Jahren des XVI. Jahrhunderts.
Viele dieser Risse, so z. B. aus den Jahren 1589—1592 sind bereits
nüt einer Magnetnadel — mit und ohne Gehäuse — versehen. Barthel
Hunich bezeichnet einen seiner, nur in Tinte gezeichneten und wenig ko-
lorierten Abrisse hier als „Vorriss".
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792 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preusa.en8 etc. z^iuourifi rar
v erme»Kun«iwe»en
1W7.
0. F. Nr. 1325. Ein (eingebundenes) Grenzbuch vom Insterburgischen
Bezirk, wohl die Fortsetzung des vorgenannten, aus den Jahren 1592, 1595.
1609, 1620 etc., aus dem nur zu vermerken wäre, dass mitunter Blätter
vorkommen, deren beide Seiten zur Herstellung kolorierter Abrisse benutzt
worden sind.
Damit schliesst die sehr interessante Sammlung von Grenzbüchern und
Grenzakten.
Die dauernde Erhaltung der fiskalischen Grenzen, gleichviel, ob Landen.
Amts- oder Domanialgrenzen, ist zu allen Zeiten Gegenstand besonderer
Sorge der preussischen Verwaltung gewesen; so verfügt z. B. die gedruckt
vorliegende Verordnung vom 11. Oktober 17041), dass alle Aemter in allen
Provinzen einen oder mehrere Bevollmächtigte zu ernennen hätten, die mit
den Beamten der Ortschaften nicht nur die Landesgrenze, sondern auch die
jedes Amts genau besichtigen und die etwa gefundenen Unrichtigkeiten wo-
. möglich beheben und allerorts „richtige Gräntzen" setzen sollten. Ueber
etwa hierbei vorkommende Streitigkeiten wäre eingehend an die Krone
gutachtlich zu berichten; auch wären die Forstbeamten zuzuziehen. Ail
Schlüsse sind dann Bestimmungen über die Tragung der dabei aufkommenden
Kosten getroffen.
Noch oft wiederholten sich die Regulierungen und Erneuerungen der
Landesgrenzen in althergebrachter Weise, aber nicht mehr in dem Um-
fange, als bald nach der Säkularisation Preussens. Dies ist dagegen unseren
Tagen vorbehalten geblieben. So berichtet die Königsberger Allgemeint
Zeitung in Nr. 128 vom Jahre 1906:
„Berlin, 16. März. (Privat-Telegramm.) Die „„Gemischte Kommission
zur Regelung der deutsch-russischen Grenze zwischen der Ostsee und der
Memeluu, welche im Mai vorigen Jahres wieder zusammengetreten war.
wird, einer Meldung der „Neuen militärpol. Korrespondenz" zufolge, vor-
aussichtlich in diesem Jahre ihre Arbeiten beenden. Die Kommission i>t
im Jahre 1891 eingesetzt worden, in der Absicht, die im Laufe eines Jahr-
hunderts zwar nicht de jure, wohl aber de facto, im Gelände, bis zu ein-
zelnen Stücken von 20 Hektaren, verdunkelte und verschobene Grenzlinie
auf Grund der alten Vertragskarten aus dem Jahre 1796, nach der zweiten
Teilung Polens, endgültig festzulegen. Die Initiative zu dieser Grenz-
regelung ist von deutscher Seite ausgegangen. Auf preussischem Gebiet haben
zumeist Bauern jenen vorgeschobensten Posten deutscher Kultur in der
Ostmark inne. Für diese sind selbst kleine Besitzverschiebungen von wenigen
Morgen von Wichtigkeit. Auf russischer Seite ziehen sich dagegen lane»
l) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 a.
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vemSSm sJelen Roedder- Geschichte des Verm.-Wesens PreussenB etc. 793
der Grenze grosse Majoratsbesitze hin, die naturgemäss an der Eigentunis-
frage kleiner Feld- und Wiesenstücke nicht dasselbe vitale Interesse haben.
Diese Grenzverschiebungen sind oft dadurch entstanden, dass kleine Flüsse
und Bäche im Zuge der Grenzlinie sich ein neues Bett gesucht haben.
Die Grenzkommission hat sich die Aufgabe gestellt, keinerlei Eingriffe
in das Privatrecht zu machen, so dass von einem Wertzuwachs auf deut-
scher oder russischer Seite nicht gesprochen werden kann. Um jedoch mit
ganz klaren Verhältnissen rechnen zu können, ist verschiedentlich die Ge-
radelegung einzelner kleiner Wasserläufe und ihre Eindämmung in ein kanal-
artiges Bett beschlossen worden. Die so gewonnenen geraden Linien sollen
für die Zukunft die Grenze bilden. Die entstehenden Kosten werden gleich-
mässig von beiden Regierungen getragen.
Der südlichste Punkt, der für diese Grenzregulierung in Frage kommt,
ist Schmalleningken auf dem rechten Memelufer, dort wo die Memel die
Grenze in der Höhe Tilsit-Insterburg schneidet
Russland ist in dieser Kommission durch den kürzlich ernannten Militär-
attache in Berlin, Obersten im Kaiserlich Russischen Generalstabe v. Michelson
und zwei Militär-Topographen vertreten. Mit der Führung der Verhand-
lungen auf unserer Seite ist der Generalleutnant z. D. Sommer beauftragt,
der zuletzt Kommandeur der 39. Division in Kolmar i. E. war, und als
eine Kapazität auf dem Gebiete der Landesaufnahme gilt. Ihm ist der
Major im Grossen Generalstabe Wreidner und ein zur Landesaufnahme
kommandierter jüngerer Offizier zugeteilt.
Exzellenz Sommer, der zugleich den Vorsitz in der „Gemischten Kom-
mission" führt, dürfte auch die Verhandlungen mit Russland wegen einer
weiteren Regulierung der Ostgrenze leiten. Es ist aus ähnlichen, wirtschaft-
lichen Gründen eine genaue Festlegung der Grenzlinie von Masuren,
Kulmerland und Kujawien und in den Provinzen Posen und Schlesien,
bis nach der österreichischen Grenze hin, in Aussicht genommen. Die end-
gültige Regelung dieser deutsch-russischen Grenzfrage dürfte jedoch bei der
Kompliziertheit der Aufgabe noch längere Zeit in Anspruch nehmen."1)
') Auch Über eine besonders bemerkenswerte alte Grenzsäule gibt die
Königsberger Allg. Zeitung unter Nr. 385 von 1907 folgende interessante
Nachricht:
Ein Denkmal der Vergangenheit, das in weiteren Kreisen der Provinz
nur wenig bekannt ist und doch eine grössere historische Bedeutung besitzt,
befindet sich in unmittelbarer Nahe von Prostken. Es ist eine nach oben hin
sich verjüngende Säule mit schrägem Dach. Auf der Vorderseite sind drei
Tafeln aus schwedischem Sandstein eingelassen, von denen die beiden oberen
zwei altertümliche Wappen aufweisen, während sich auf der unteren eine lateinische
Inschrift befindet, deren Verfasser der erste Rektor der Universität zu Königs-
berg, Georg Sabinus, der Schwiegersohn Melanchthons, war. In deutscher Über-
setzung lautet dieselbe:
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794 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preassens etc. zotuchrin m
2. Messungsmethoden, Instrumente, Karten etc. Im allgemeinen.
Ueber die hier angewandten Messungsmethoden sind wir fast nur auf
Rückschlüsse angewiesen, die wir am besten aus den vorliegenden Karten
ziehen werden, wenn wir auch mit einer gewissen Sicherheit annehmen
dürfen, dass sich unsere alten Landmesser auch nach dem Untergange der
Ordensherrschaft zunächst noch nach der Geometria culmensis gerichtet
und der alten Instrumente wie des Gnomon, Winkelkreuzes und Triangels
bedient haben werden. Auch gibt ein leider unvollendetes Manuskript des
Königsberger Magister Albr. Linnemann, geb. zu Fischhausen 1603, gest.
1653 „Tractat vom Feldmessen"1) einigen Anhalt über den Stand der feld-
messerischen Wissenschaft hier am Orte. Ohne Zweifel kann dieser Traktat
den besten Werken s. Zt. an die Seite gestellt werden. An Instrumenten
fordert er von einem Feldmesser:
1. „den halben Zirkel, der von Messing sein sol und wohlgetheilt in
180 Grad und ein Grad in etzliche Theilu, im Felde und auf dem
Papier zu gebrauchen ; nebst diesem auch wohl das Messtischlein.
2. Die Messkette sol aus wohl dick gemachtem Draat gemacht seyn etc.
3. Inductorium oder Transporteur.
4. Verjüngter Maasstab oder Scala aus Papier oder Messing.
5. Baaken.
6. Handstöcke, 10 in einer Hand zu halten.
7. Kompass.
„Als in der Vater Reich einst Sigmund August regierte
Und als Markgraf zugleich Albrecht der Erste gebot, —
Jener beherrschte Jagellos, des Doppelnaraigen, Städte,
Dieser der Preussen Reich, weise mit freundlichem Sinn, —
Ward diese Säule gesetzt, die die Fluren der mächtigen Fürsten
Sondert und fest die Mark ihrer Gebiete bestimmt
Im Monat August 1545."
Wie aus der Inschrift ersichtlich, handelt es sich um eine Grenzsäule, die
zum Gedächtnis an eine Grenzregulierung jener Zeit gesetzt wurde, zu deren
Besiegelung eine Zusammenkunft des ersten Preussenherzogs Albrecht I mit
dem Polenkönig Siegesmund August stattfand. An derselben Stelle erfolgte
111 Jahre später der Einfall der Tataren in unsere Provinz, der nach der un-
glücklichen Schlacht bei Prostken (8. Oktober 16B6), in welcher die vereinigten
Brandenburger und Schweden durch die Polen und Tataren unter General Gon-
ziewski geschlagen wurden, so namenloses Unglück über unsere Gegend brachte.
Neuerdings sind die alten Steinplatten mit den Wappen und der Inschrift heraus-
gehoben und dem Prussiamuseum in Königsberg einverleibt worden, wo sie zur
Erinnerung aufbewahrt werden. An ihrer Stelle sind mit Genehmigung der
russischen Regierung sehr gtit gelungene Kopien eingemauert In nächster Zeit
soll eine Einweihungsfeier veranstaltet werden.
') St-B. sign. 89.
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In den Grenzakten
finden wir bald hier
und da Hinweise dar-
auf, dass wenn in einer
bestimmten Richtung
vorgegangen werden
müsste, dies nach dem
„Compas oder Drey-
baumw J) geschehen
solle. Aus Dreibaum
= Dreifuss = Stativ
darf man wohl auf die
Bussole schliessen. Es
bietet sich aber kein
Anhalt dafür, dass die
Bussole hier frühzeitig
anders als zur Durch-
richtung von Linien in
bestimmter Richtung,
also namentlich in Wäl-
dern, ihre Verwendung
gefunden hat. Auf den
Abrissen erscheint die
Magnetnadel etwa um
1 580, anfangs ohne Ein-
fassung, bald mit Ein-
fassung und mehr oder
weniger bunt gezeich-
neter Windrose, als
Compas. Wohl aber
ersehen wir aus einem
1,4 m langen, 1,15 m
breiten, 1583 oder 1584
durch Hermann Runge
gefertigten Abriss der
Gegend von Russ-Rag-
nit bis (russisch) Po-
langen2), dass bei der
Aufnahme hier doch
«r Roedder. Geschichte des Venn.-We
etc. 795
bereits regelrechte Bussolenzüge Anwendung ge-
*) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 91g. Instruktion vom Jahre 1545.
*) Abb. 21. Riss Russ-Polangen, abgebildet nur einen Teil des Risses wieder-
gebend.
796 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. „ zaiuebrut m
VermeMtmowtMB
fanden haben. Die Bussolenwinkel sind nach Graden und 10, 20, 30.
40, 50 Minuten links, die Längen rechts der Strecken in diese Karte
i
eingetragen; das Massstabsverhältnis ist etwa 1:71951. Das hier zani
ersten Male erscheinende Quadratnetz hat eiue Maschenweite von rd. 400
neukulmische liuten. Dafür aber, dass dasselbe zur Kartierung nach
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vÄS2äm 'Sen Roedder- Schichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 797
1907.
Koordinaten aufgetragen sein könnte, finden wir keinen Anhalt und bleibt
nur anzunehmen, dass hier nur die Richtung nach dem magnetischen
Norden durch parallele, gleich weit voneinander entfernt liegende Linien
und die Senkrechten dazu dargestellt werden sollte. Wohl aber entnehmen
wir aus einer zweiten Karte, dass der Aufnahme dieses Distrikts bereits
grosse Dreiecke zugrunde gelegt wurden: z. B. d A. C, Ei), wobei die
Länge Ä C = Vz Meile 13 Seil -f- 2»/4 Meilen 32 Seil, AE (Quergang)
= 2 lj4 Meilen 6 Seil lang ist, während CE in die Karte nicht eingeschrieben
ist. Ausser diesen beiden liegt noch ein anderer, mit einem grösseren
Quadratnetze versehener Abriss vor, der die Fortsetzung des ersten von
Ragnit südwärts bis Smolinken bildet. Runge gibt zu seinen Rissen in
einem Bericht über seine ausgeführten Arbeiten sehr ausführliche Signa-
turen-Erklärungen z. B. über die verschiedenartig gestrichelten bezw.
punktierten („getippelten") Linien und bezüglich der Buchstaben, die er
vielfach anwendet.
Auf vielen Abrissen der älteren Zeit, bis etwa zu Anfang des XVII.
Jahrhunderts, vermisst man den Namen des Verfertigers; diese, wie die
meisten späteren in die Grenzbücher aufgenommenen Risse, sind nicht mass-
stäblich aufgetragen; wo dann ein beliebig gewählter Massstab („Scala",
„Scala perticarura" etc.) erscheint, wird er zunächst durch eine einfache oder
zwei parallele horizontale Linien mit kurzen senkrechten Teilstrichen,
später auch körperlich, als Stab dargestellt, verziert und koloriert. Aus
den auf den Rissen verzeichneten Massstäben ergeben sich die verschieden-
sten Verjüngungsverhältnisse wie 1 : 4669, 4694, 5288, 5566, 8957 u. v. a.
Erst mit der allgemeinen Einführung des rheinländischen Masses gemäss
des Feldmesserreglements von 1813 — bezüglich der Kgl. Domänen etc.
bereits mit dem Feldmesserreglement von 1793 — werden die vorgeschrie-
benen Verhältnisse und zwar zunächst 1 : 5000, dann auch 1 : 4000 u. a. m.
allmählich beliebt. Jedoch sind diese Reglements seitens der Feldmesser
nicht sogleich und überall befolgt worden, denn wir finden einerseits noch
einzelne Karten bis zum Jahre 1820, die noch nach kulmischem Masse,
andererseits solche aus den ersten 70er Jahren des XVIII. Jahrhunderts,
sogar eine Handzeichnung von der Gegend um Labiau aus dem Jahre 1703*),
die bereits nach rheinländischem Masse hergestellt sind.
Etwa um die Mitte des XVII. Jahrhunderts begegnen wir auch dem
mitunter senkrecht dargestellten Transversalmassstab. In den Abrissen der
Grenzbücher sind die Gesamttlächeninhalte der Feldmarken nach Hufen.
Morgen und Quadratruten eingeschrieben; bei denjenigen, die mehr Spezi-
alien, Kultur- und Feldabschnitte etc. nachweisen und Karten im modernen
i
l) Abb. 22. Riss Memel-Polangen, Teil von 21.
") K. St.-A. Etats-Min. Nr. 134 d.
Digitized
798 Roedder. Geschichte des Venn.- WeBens Preussens etc. „ zeiucnrin far
Sinue darstellen, sind die Flächenangaben, nach Feldabschnitten geordnet,
in einer besonderen „Spezifikation" am Rande nachgewiesen. Diese Szezifi-
kationen, auch „ Renvois " genannt, wurden nach Einführung des Feldmesser-
reglements von 1813 durch das im § 34 desselben vorgeschriebene Ver-
messungsregister grösstenteils ersetzt.
Die Abrisse wurden anfangs auf einfachem, zum Teil aus einzelnen
Bogen zusammengeklebtem, rauhem Zeichenpapier, im XVII. und XVIII.
Jahrhundert mitunter auf Pergament papier, gegen Ende des XVII. Jahr-
hunderts aber, und nicht zu ihrem Vorteil, auf mit Leinwand unterzogenem
Zeichenpapier gezeichnet Zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts bürgert sich
fur„Abriss" allmählich die Bezeichnung „Charte", „Karte", „Plan", „Situ-
ationsplan" ein. Der erste Entwurf erhält die Bezeichnung „Brouillon-
Karte", Brouillon-Plan etc. Das Kolorit beschränkte sich anfangs auf die
Grenzzeichen, dann traten die Wasserläufe, Ortslagen — perspektivisch
durch Gebäude und Bäume dargestellt — dann die Kulturarten hinzu. Die
Umschriften, sowie die Signaturen fur Grenzmale, Gebäude etc. sind meistens
so angebracht, dass der Fuss derselben nach aussen zeigt und das Blatt
ringsum gedreht werden muss, um sie leicht lesen zu können. Mitunter
bemerkt man die einzelnen Ackerstücke zylindrisch abschattiert In den
Karten des XVIII. Jahrhunderts bemerken wir überhaupt mehr und mehr
für die verschiedenen Objekte der Topographie Signaturen angewandt Die
ersten Musterblätter hierzu zum Zeichnen militärischer Karten, sehr sorg-
fältig gezeichnet und koloriert, etwa aus dem Anfange des XIX. Jahr-
hunderts bemerken wir in der Kartensammlung des K. St-A.
Von einigem Interesse für uns dürfte noch ein durch Landmesser
Sebastian Behrendt 1653 aufgenommener Abrissi) von den Huben der Neu-
sassen im Ambte Tylssit sein, da^hier, ausweislich der Nachweisung am
Rande und der Innenschrift, zwei dem Sebastian Behrendt zugeteilte Grund-
stücke — Parzelle 14 von 7 H. 25 M. und Parzelle 62 von 4 H. 3 M. Grösse
— verzeichnet sind. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir vermuten, dass
diese Grundstücke einen Teil seiner Altersversorgung ausmachten8), ob-
gleich wir seine Tätigkeit in den Akten bis 1662 verfolgen können. Unter
diesen „Hintersassen" befinden sich der Jägermeister mit mehreren Grund-
stucken, von denen das grösste 130 H. gross ist, ferner der Amtshaupt-
mann von Tilsit gleichfalls mit mehreren Gütern, der Jäger bezw. Forst-
meister, Wildnisbereiter, Holzschreiber, Aratsschreiber, Stadtschreiber, Sekre-
tärin, Pfarrer u. a. m.
Gegen Ende des XVII. Jahrhunderts beginnen die Messungen zur Her-
stellung einer geographischen (., General-") Karte von Ostpreussen, um die
J) Das Original befindet sich im K. St-A. unter Nr. 715 der Kartensamm-
lung, unter Nr. 23 hier abgebildet.
*) Ueber Altersversorgung siehe 3. Kapitel.
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zeiuchrtft für Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. 799
VwmMimigiwenn
1907.
bisher im Gebrauch gewesene Hennenbergersche Karte, die keinen An-
sprach auf geometrische Genauigkeit machen konnte, zu ersetzen. Zunächst
erhielt der Ingenieur und Geograph Josef Naronski vom Kurfürsten den
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800 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens PreusBena etc. z«ittci>rm m
Verme*»ungwwweo
1907.
Auftrag, das Herzogtum Preussen aufzunehmen und eine Karte zu fertigen.
Dieser Arbeit hat derselbe während der Jahre 1660 — 1678 obgelegen und
folgende Bezirke fertiggestellt: Barten, Loetzen1), Angerburg, Frisches Haff,
i
asra. ▼ Vf *^ 's s *
Abb. 24. Naronskis Gen.-Karte 1660—78. Loetzen (Ausschnitt).
Johannisberg, Sehesten, Oletzko, Lyck, Rastenburg, Rhein und Neuhof,
Balga, Brandenburg, Waldau, Caymen, Tapiau, Taplacken, Pr. Eylau, Labiau
und Tauroggen. Langen- und Breitengrade sind jedoch nur auf dem Blatt
„Frisches Haffu angegeben. Die Karten sind sauber koloriert, haben ein
sehr gefülliges Aussehen, die Topographie ist durch zweckmässige, auf
') Unter Nr. 24 hier abgebildet.
Google
v^e«au?5v5ien Uebersicht der Literatur fur Vermessungswesen. 801
einem Blatt erklärte Signaturen ziemlich schart dargestellt; Titel und Um-
schrift sind lateinisch geschrieben. Die Blätter, von denen einzelne auf
Leinwand gezogen sind, haben meistens das Format 45 : 58 cm und sind
teils im Massstab 1:100 000, teils in 1:50000 gezeichnet. Auf jedem
Blatt ist ein Meilen- bezw. Rutenmassstab („Scala Miliaria u, „Miliare ger-
manicum" etc.) dargestellt mit den Angaben 1 deutsche Meile (deren 15
= 1°) = 20000 (pedes Holandicos) oder = 1710 (pedes chelmensium).
Die einzelnen Blätter sind sehr verschieden orientiert; die magnetische
Xordnadel, die auf einigen Blättern fehlt, zeigt mitunter auch nach unten ;
die Richtung des wahren Nordens ist nirgends angedeutet: die Topographie
in der Nähe, der Distriktsgrenzen ist auf den anstossenden Blättern mehr-
fach doppelt gezeichnet.
Als Xaronski mitten in seiner Tätigkeit im Jahre 1678 zu Orteisburg
verstorben war, ordnete der Kurfürst mittelst Reskripts sofort an, dass
dessen Xachlass in bezug auf Karten etc. sogleich in Verwahrung zu nehmen
und ohne seine Genehmigung nicht herauszugeben sei. Sein Nachfolger
wird dann Kammerjunker Samuel von Suchodoletz. —
(Fortsetzung folgt.)
Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen
vom Jahre 1906.
Von M. Petzold in Hannover.
Etwaige Berichtigungen und Nachträge zu diesem Literaturbericht,
die im nächsten Jahre Verwendung finden können, werden mit Dank ent-
gegengenommen.
Einteilung des Stoffes.
1. Zeitschriften.
2. Lehr- und Handbücher, sowie grössere Aufsätze, die mehrere Teile
des Vermessungswesens behandeln.
3. Mathematik, Tabellenwerke, Rechenhilfsmittel; Physik.
4. Allgemeine Instrumentenkunde, Masse; Optik.
5. Flächenbestirnmung, Längenmessung, Stückvermessung, Katasterwesen,
Kulturtechnisches, markscheiderische Messungen.
6. Triangulierung und Polygonisierung.
7. Nivellierung, trigonometrische Höhenmessung und Refraktionstheorie.
6. Barometrische Höhenmessung, Meteorologie.
9. Tachymetrie und zugehörige Instrumente, Photogrammetrie.
10. Magnetische Messungen.
11. Kartographie, Zeichenhilfsmittel; Erdkunde.
12. Trassieren im allgemeinen, Absteckung von Geraden und Kurven etc.
Zeitschrift für Vermesrongiwtsen 1907. Heft 30. 57
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802 1. Zeitschriften. 2. Lehr- und Handbücher etc. V;S££™2«
13. Hydrometrie und Hydrographie.
14. Ausgleichungsrechnung, Fehlertheorie.
15. Höhere Geodäsie und Erdbebenforschung.
16. Astronomie und Nautik.
17. Geschichte des Vermessungswesens, Geometervereine, Versammlungen
und Ausstellungen.
18. Organisation des Vermessungswesens, Gesetze und Verordnungen.
Unterricht und Prüfungen.
19. Verschiedenes.
1. Zeitschriften.
Mitteilungen der Vereinigung selbständiger in Preussen vereideter Land-
messer zu Berlin. Jährlich erscheinen 8 Hefte. Preis 4 Mk.
Zeitschrift für die gesamte Wasserwirtschaft. Organ des wasserwirtschaf;-
lichen Verbandes der westdeutschen Industrie, des Ruhrtalsperra-
vereins und der Talsperrengenossenschaft der oberen Ruhr. Heraci-
geber: Dr. G. Adam in Düsseldorf. Verlag von W. Knapp in Halle a ;
1. Jahrgang 1906.
2. Lehr- und Handbücher, sowie grössere Aufsätze, die mehrere
Teile des Vermessungswesens behandeln.
Ahrens, R. Die Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten
Quadrate und ihre spezielle Anwendung auf die Geodäsie nebst einem
Anhange von Beispielen. Mit 13 Figuren. (IV u. 102 S.) Leipzig 1906.
Göschen. Preis 2 Mk. Bespr. in d. Allgem. Verm.-Nachrichten 1906.
S. 278.
Ambronn, L. Bericht über die astronomischen und geodätischen Auf-
nahmen, welche zum Zwecke der Grenzregulierung zwischen Kamerm
und dem Congo-Fran<,ais in den Jahren 1900 bis 1902 ausgeführt
wurden. Mit Benutzung der Berichte des Expeditionsleiters Hanpt-
mann Engelhardt bearbeitet. Mitteilungen von Forschungsreisendet
und Gelehrten aus den Deutschen Schutzgebieten 1906, S. 181—256.
v. Beeold, W. Gesammelte Abhandlungen aus den Gebieten der Meteoro-
logie und des Erdmagnetismus. In Gemeinschaft mit A. Coym heraus-
gegeben. (448 S. 8° u. 3 Taf.) Braunschweig 1906, Vieweg & Sohn.
Preis 14 Mk., geb. 16 Mk. Bespr. in d. Meteorolog. Zeitscbr. 1906,
S. 576.
Börnstein, R. Leitfaden der Wetterkunde. Gemeinverständlich bearbeitet.
Zweite umgearbeitete u. vermehrte Aufl. (XI u. 230 S., 1 Bl. u. 23 T»f I
Braunschweig 1906, Vieweg & Sohn. Preis 6 Mk. , in Leinw. geb.
6,80 Mk. Bespr. in d. Meteorolog. Zeitschr. 1906, S. 334; d. Mit-
teilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1906, S. 502.
Brathuhn, 0. Handbuch der Markscheidekunst. 2. umgearb. Aufl. Mit
190 Abbildungen. Leipzig 1906, Weber. Bespr. in d. Allgem. Vera.-
Digitized by VjOOQIc
v^M^JSien 2* Lehr" und Handbücher> 80wie grössere AufsäUe etc. 803
. Nachrichten 1906, S. 395; d. Zeitschr. L d. Berg-, Hütten- u. Salinen-
wesen im preuss. Staate 1906, S. 162.
Brough. Mine- Surveying. 2. Aufl. London 1906.
Bruns, H. Wahrscheinlichkeitsrechnung und Kollektivmasslehre. (VIII u.
310 S. nebst 18 S. Tabellen.) Leipzig u. Berlin 1906, Teubner.
Drees, A. Die Grundbuchberichtigung bei Abverkauf, Austausch und un-
entgeltlicher Abtretung belasteter Grundstucke ohne Einwilligung der
Gläubiger und Berechtigten auf Grund von Unschädlichkeitszeugnissen
nach den Preuss. Gesetzen vom 3. März 1850, 27. Juni 1860 und
15. Juli 1890. Münster i/W., Selbstverlag. Preis portofrei 1,10 Mk.
Bespr. in d. Mitteilungen der Vereinigung selbständiger in Preussen
vereideter Landmesser zu Berlin 1906, S. 207.
Fox, E. Planmässige Anlage und Ausführung einer Durchschlagsangabe
mit vorgeschriebener Durchschlagsgenauigkeit. Mitteilungen aus dem
Markscheiderwesen Heft 8, 1906, S. 20—49.
Freybe, 0. Praktische Wetterkunde. Eine gemeinverständliche Anleitung
zur Benutzung von Wetterkarten in Verbindung mit örtlichen Wetter-
beobachtungen. Mit 1 Wetterkarte, 88 Kärtchen und 13 Skizzen.
(VI S. 1 Bl., 173 S., 1 BL, 17 Tafeln.) Berlin 1906, Parey. Preis
in Kaliko geb. 5 Mk. Bespr. in d. Meteorolog. Zeitschr. 1906, S. 190.
Furtwängler, Ph. und Wieehert, E. Geodäsie und Geophysik. L Heft.
(116 S. Lex.-80,) Leipzig 1906. Als VI. Bd. der Enzyklopädie der
mathem. Wissenschaften. Preis 3,40 Mk.
Gauss, F. Cr. Die trigonometrischen und polygonometrischen Rechnungen
in der Feldmesskunst 3. Aufl. Halle a/S. 1906, E. 8trien. Heft I.
Subskriptionspreis 3,50 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. d. Bayer. Geo-
meterver. 1906, S. 124; d. Allgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 159.
Gingel, F, K. Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie.
Das Zeitrechnungswesen der Völker. I. Bd. (XH u. 584 S. Lex.-8°,
6 Fig. im Text, chronol. Taf. u. 1 Karte.) Leipzig 1906, Hinrich.
Preis 19 Mk., geb. in Halbsaff. 22 Mk.
Hamberg, A. Astronomische, photogrammetrische und erdmagnetische Ar-
beiten der von A. G. Nathorst geleiteten schwedischen Polarexpedition
1898. (62 S. Gr.-4° mit 1 Karte u. 8 Textfiguren.) K. Svenska Vet.
Ak. Handl., Bd. XXXIX, Nr. 6. Stockholm 1905. Bespr. von E.
Hammer in Dr. A. Petermanns Mitteilungen 1906, Literaturber. S. 138.
Hann, J. Lehrbuch der Meteorologie. 2., neubearb. Aufl. (XII u. 613 S.
mit 89 Abbild, im Text, 9 Tafeln in Autotypie, 14 Karten u. 4 Tab.)
Uipzig 1906, Tauchnitz. Preis 24 Mk., in Halbfrz. geb. 26,50 Mk.
Bespr. in der Meteorolog. Zeitschr. 1906, S. 49.
Hegemann, E. Lehrbuch der Landesvermessung. Mit 114 Textabbildungen
und einer Karte. Berlin 1906, P. Parey. Bespr. in d. Zeitschr. des
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804 2. Lehr- und Handbücher, sowie grössere Aufsätze etc. Wgugumtk
Bayer. Geometerver. 1906, S. 24; d. Mitteilungen selbständiger in
Preus8en vereideter Landmesser zu Berlin 1906, S. 41; d. Zeitschr. f.
Vermessungsw. 1906, S. 487; d. Zeitschr. d. Rhein.-Westfäl. Land-
messerver. 1906, S. 54; d. Zentralblatt d. Bauverwaltung 1906, S. 108;
d. Allgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 84.
Heinemann, A. Leitfaden und Norma] entwürfe für die Aufstellung und
Ausführung von Wasserleitungsprojekten für Landgemeinden. Berlin
1906, Parey. Preis kartoniert 6,50 Mk.
Klauser und Lahn. Lehrbuch der Vermessungskunde. Bearbeitet und
herausgegeben von A. Cappilleri. 3. Aufl. Mit 109 in den Text ein-
geschalteten Figuren u. einer Tafel. Wien 1906, F. Deuticke. Preis
3 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. d. Bayer. Geometerver. 1906, S. 163;
d. Allgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 288.
Klein, H. J. Handbuch der allgemeinen Himraelsbeschreibung nach dem
Standpunkte der astronomischen Wissenschaft am Schlüsse des XIX.
Jahrhunderts. Dritte völlig umgearbeitete u. vermehrte Auflage der
„Anleitung zur Durchmusterung des Himmels". Braunschweig. Preis
10 Mk.
Lea, S. H. Hydrographie Surveying. Methods, tables and forms of notes.
(180 S. 8°.) London 1906. Preis in Leinw. geb. 8,50 Mk.
v. Lommel, E. Lehrbuch der Experimentalphysik. 12. u. 13. neubearb.
Aufl., herausgeg. von Prof. Dr. W. König. (Xu. 630 S. rait 435 Fig.
u. 1 färb. Spektraltafel.) Leipzig 1906, Barth. Preis 6,60 Mk., in
Leinw. geb. 7,50 Mk.
Lord, H. C. Elements of Geodetic Astronomy for Civil Engineers. (150 S.
8° mit Fig.) Columbus, 0., 1905. Preis in Leinw. geb. 7,50 Mk.
Lorente, H. A. Lehrbuch der Physik. Zum Gebrauche bei akadem. Vor-
lesungen. Nach der 4. von H. A. Lorentz und L. H. Siertsema
bearb. Aufl. und unter Mitwirkung des Verf. aus dem Holländischen
übers, von G. Siebert. 1. Bd. (V u. 482 S. Gr.-8°, mit 236 Abbild.)
Leipzig 1906, Barth. Preis 8 Mk., in Leinw. geb. 9 Mk.
Marcuse, A. Die methodischen Fortschritte der geographischen, geodä-
tischen, nautischen und aeronautischen Ortsbestimmung. Sep.-Abdr.
aus d. Geograph. Jahrbuch, 28. Jahrg., 2. Hälfte. Gotha 1906, Perthes.
Miller, W. und Seidel, G. Instrumentenkunde für Forschungsreisende.
(VIII u. 200 S. mit 134 Abbild.) Hannover 1906, Jänecke. Bespr.
in d. Allgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 327.
v. Neumayer, G. Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen.
In Einzelabhandlungen verf. von L. Ambron n, C. Apstein, P. Asche r-
son u. a. 3., völlig umgearb. u. vermehrte Aufl. in 2 Bdn., mit zahl-
reichen Holzschnitten, photograph. Abdrücken u. 2 lithograph. Tafeln.
Hannover 1906, Gebr. Jänecke. Preis 49 Mk., geb. in Leinw. 51 Mk.
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_11tochrtn ttr 2. Lehr- und Handbücher, sowie grössere Aufsätze etc. 805
verme«»ungrwaa6ii
1907.
Bespr. in d. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens 1906, S. 313,
502, 711 u. 805; d. Annalen d. Hydrographie u. Marit. Meteorologie
1906, a 449.
Peteold, M. Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen vom Jahre 1905.
Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 761—770, 806—813, 917-828,
849—860 u. 873—879.
Reichsmarineamt. Handbuch der Küstenvermessung. L Bd. Text mit 84
Fig. und 5 Bl. Fig. als Anhang. II. Bd. Tafeln. Berlin 1906, Mittler
6 Sohn.
Reichsmarineamt. Lehrbuch der Navigation. 2., umgearb. Aufl. 2 Bde.
Berlin 1906, Mittler & Sohn. Preis 16,60 Mk., geb. 19 Mk. 1. Bd.:
Terrestrische Navigation u. Anleitung zu gelegentlichen Vermessungen.
(XVIII u. 448 S. mit 4 Taf., 162 Fig. im Text u. einem Anhang, enth.
7 Tab. zur terrestr. Navigation.) 2. Bd.: Astronomische Navigation
und Lehre von den Gezeiten. (XVIII u. 448 S. mit 2 Taf., 179 Fig.
im Text u. einem Anhang, enth. 4 Tab. zur Berechnung der Mond-
distanzen.) Bespr. in d. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens
1906, S. 911; d. Annalen d. Hydrographie u. Marit. Meteorologie 1906,
S. 448 u. 609.
Sapiski der kriegstopographischen Abteilung des (russischen) Grossen
Generalstabes. Bd. LXI, 1. u. 2. Teil. St Petersburg 1905. (In
russischer Sprache.) Bespr. in Dr. A. Petermanns Mitteilungen 1906,
Literaturber. S. 109.
«. Schlebach, W. Kalender für Vermessungswesen und Kulturtechnik für 1907.
Stuttgart, K. Wittwer. Preis 3,50 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. d. Bayer.
Geometerver. 1906, S. 318; d. Zeitschr. d. Rhein.-Westf. Landmesser-
ver. 1906, S. 306; d. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 951.
Schmid, C. Technische Studienhefte. Heft 6 : Feldweg- und Waldwegbau,
Feldbereinigung. Beschrieben für Techniker, Geometer, Landwirte,
Forst- und Gemeindebeamte. (158 S. mit 10 Abbild, und 5 Tafeln.)
Stuttgart 1906, K. Wittwer. Preis 4,80 Mk. Bespr. in d. Zeitschr.
f. Vermessungsw. 1906, S. 312.
Steiner, F. Vermessungskunde. (X u. 154 S. 8° mit 133 Abbild, im Text.)
Halle a/S.
Strecker, W. Die Kultur der Wiesen, ihr Wert, ihre Verbesserung,
Düngung und Pflege. Ratgeber für Land- und Forstwirte, Kultur-
techniker, Meliorations- u. Verwaltungsbeamte, sowie zum Gebrauche
an allen landwirtschaftlichen Unterrichtsanstalten. 2., vollständig neu
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Preis 5 Mk. Bespr. in d. Kulturtechniker 1906, S. 52.
— Erkennen und Bestimmen der Wiesengräser. Anleitung für Land- u.
Forstwirte, Landmesser, Kulturtechniker u. Boniteure, sowie zum Ge-
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Aufl. Mit 96 Textabbild. Berlin 1906, P. Parey. Preis 2,50 Mk.
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den Text gedruckten Fig. und einer lithogr. Beilage. Stuttgart 1906,
K. Wittwer. Preis 3,50 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. d. Bayer. Geo-
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V. Bd.: Elektrizität u. Magnetismus. II. Mit 215 Abbild. 1. Halft«.
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Abbild. 2. Hälfte. (XII u.S. 433-1404.) 1906. Preis 30 Mk. VI. Bd.
vollständig 44 Mk., geb. in Halbleinw. 46 Mk.
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Flächen , Dampfdiagramme u. s. w. In Umschlag mit Gebrauchs-
anweisung. Hannover 1905, Gebr. Jänecke. Preis 2 Mk. Bespr. in
d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1906, S. 340.
Zimmermann, L. Flächenzirkel. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 272
u. 273.
— Grenzverlegung. Zeitschr. f. Vermessungswesen. 1906, S. 244—249.
— Konstruktion eines Flächenmessers von Semmler. Zeitschr. f. Ver-
messungsw. 1906, S. 386—390.
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Bücherschau.
Hecker, 0. Beobachtungen an Horizontalpendeln über die Deformation
des Erdkörpers unter dem Einfluss von Sonne und Mond. (Veröl
des K. Preuss. Geodät. Institutes. N. F. Nr. 32.) 8° IV -f- 95 S.
VII Tafeln. Berlin 1907.
Das Studium der Bodenänderungen und -Schwankungen, gleichgültig
welcher Herkunft, bildet eine der wichtigsten Aufgaben geophysikalischer
Forschung. Hier aber greift sie zugleich auf das Gebiet der Geodäsie
über, die nicht allein auf die auffälligen Veränderungen ihr Augenmerk
richtet, sondern auch den kleineren Bodenbewegungen Beachtung schenkt.
Ist es ja, wie die Arbeiten von R. Repkewitz (Zeitschr. f. Vera. Bd.
XXVII, 1891) und 0. Eggert (Bd. XXX, 1902) zeigten, möglich, mit
einem Feinnivellement nach den Angaben von Prof. Chr. Vogler äusserst
kleine Bodenschwankungen nachzuweisen, die in erster Linie von der
Sonnenstrahlung und der täglichen Temperaturänderung herrühren, also
oberflächlicher Natur sind.
Will man jedoch die Störungen der Niveautlächen selbst ermittele
so sind andere Methoden vorzuziehen. Insbesondere bietet das Horizontal-
pendel in seiner jetzigen Ausführung das geeignetste Instrument. Hierbei
ist eine günstige Aufstellung Hauptbedinguug, da es sich ja stets nur um
Aenderungen von wenigen hundertstel Millimetern handelt. Ein solch
günstiger Platz fand sich in Portsdam, 25 m unter der Erde, in eisern
Seitenschacht des 46 m tiefen Brunnens der k. Observatorien. Hier konnte
ein Rebeursches Horizontalpendel in fast konstanter Temperatur und in
völlig ungestörter Lage seinen Platz finden und so Aufzeichnungen liefern,
die es erlaubten, mit Erfolg die Deformationen zu studieren, welche der
Erdkörper unter dem Einfluss von Sonne und Mond erleidet.
Diese Formänderungen sind zweierlei Art. Die eine, von der bereits
die Rede war, bezieht sich nur auf die oberen Teile der Erde, wahrend
die anderen den ganzen Erdball beeinflussen. Bei den erst er eu ändert
sich also nur die Oberttächenscholle, es schwankt also das Lot nur schein-
bar. Nach den Potsdamer Ergebnissen ist dieser Sonnen-Strahl udi/s und
Wärmeeinfluss zwar noch in 25 m bemerklich, aber bereits auf etwa V:
des Betrages herabgedrückt, den er an der Erdoberfläche hat. Interessant
dabei aber ist, wie nebenbei bemerkt sein möge, dass diese scheinbare
tägliche Wanderung des Lotes unter dem Einfluss der Sonne sich in ähn-
licher Weise vollzieht, wie die täglichen Schwankungen der Magnetnadel,
wobei insbesondere auch die jahreszeitlichen Amplitudenänderungen in
beiden Fällen in nahe gleicher Weise verlaufen.
Bei der zweiten Art der Deformation, die der ganze Erdkörper erleidet
bleibt die Scholle unverändert, während sich die Richtung des Lotes selbst
ändert, was eine Folge der Attraktionswirkung von Sonne und Mond ist
Die hier vorliegenden Beobachtungen umfassen einen Zeitraum von
2!/a Jahren (1902 — 1905), während welcher Zeit die Bewegungen zweier
senkrecht zueinander montierten Pendel fast ohne Unterbrechung registriert
wurde. Die Nullpunktslage der Pendel blieb zwar während dieser Zeit
nicht konstant, änderte sich aber nur langsam. Die Hauptursache dieser
Bewegung scheint in einem Setzen des gesamten Bruniienmauerwerks zu liegen.
Von der Gravitationswirkung von Sonne und Mond ist die letztere,
grössere, relativ leicht nachweisbar. Hierzu wurden die stündlichen Ables-
ungen nach Mondzeiten geordnet und der harmonischen Analyse, ähnlich den
Meeresgezeiten, unterworfen. Dabei beschränkte man sich auf die 3 Glieder,
welche die Periode des ganzen, halbe und viertel Tages enthielten.
Vergleicht man die gefundenen numerischen Werte der Anziehung
des Lotes durch den Mond mit demjenigen der absolut starren Erde, so
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vÄnw^Mtt Der österreichische Geodät Hofrat Broch. 815
ergeben die Beobachtungen nur s/8 dieses Betrages. Es zeigt sich also,
dass der feste Erdkörper zwar etwas nachgibt, aber doch einer Deformation
einen starken Widerstand entgegensetzt. Er verhält sich etwa so, wie
eine gleich grosse Kugel von Stahl. Wäre die Erde dagegen elastisch,
so würde das Horizontalp endel keine Bewegung anzeigen.
Nicht so auffällig, doch immer noch deutlich lassen sich die durch
die Bonne verursachten körperlichen Gezeiten nachweisen.
Zum SchJuss wird noch gezeigt, dass die Ebbe- und Flutbewegung
der Nordsee weder ihrer Grösse nach, noch wegen der eigentümlichen
zeitlichen Verteilung an den Küsten in den Pendelbewegungen nachgewiesen
werden können. Die Gezeitenbewegungen des Atlantischen Ozeans können
zur Zeit noch nicht abgeschätzt werden, dürften aber auch keinen grossen
Einfluss auf die Lotstellung in Potsdam ausüben. Messerschmitt.
Der österreichische Geodät Hofrat Broch,
Direktor des Triangulierungs- und Kalkulbureaus im k. k. Finanzministe-
rium, feierte im Monat Juni d. J. das fünfzigjährige Jubiläum im
Dienste des katastralen Vermessungswesens. Nur wenigen ist es gegönnt,
auf ein halbes Jahrhundert rastloser und fruchtbringender Tätigkeit in
einem Amte zurückzublicken, und es, wie Broch, von der Pike auf die-
nend bis zur höchsten Stufe der Beamtenlaufbahn zu bringen. Als lang-
jähriges Mitglied des Deutschen Geometervereins und als Teilnehmer der
im Jahre 1896 aus Anlass des 25-jährigen Bestandes des Deutschen Geo-
metervereins stattgefundenen Hauptversammlung in Dresden hat sich Hof-
rat Broch gewiss auch in Deutschland manche Freunde erworben, weshalb
hier anlässlich seines Scheidens aus dem aktiven Dienste eine kurze Notiz
Ober seine Person angezeigt erscheinen dürfte.
Ueber sein Werden und Wirken gibt ein ausführlicher Bericht der
Oesterr. Zeitschr. f. Venn. (Wieu 1907, S. 204) Kunde, dem wir die wich-
tigsten Momente seines erspriesslichen Lebens entnehmen wollen.
Abraham Broch wurde am 21. September 1834 zu Prossnitz in
Mähren geboren und erhielt seine höhere Ausbildung an den technischen
Lehranstalten zu Brünn und Wien. Seine erste Anstellung erhielt er im
Jahre 1857 beim Grundsteuerkataster in Ungarn, wo er im Alter von kaum
23 Jahren als Vermessungsadjunkt U. Klasse angestellt wurde. Im Jahre
1861 zum Adjunkten I. Klasse mit der Zuteilung in das Triangulierungs-
und Kalkulbureau in Wien befördert, hatte er unter der Leitung des Geo-
däten Horsky*) Gelegenheit, bei der grossen Netzausgleichung mitzuwirken,
welche eum Zwecke hatte, die Grundlinien bei Wiener Neustadt (Nieder-
österreich), Party n (Galizien), Radautz (Bukowina) und St. Anna bei Arad
(Ungarn) durch eine doppelte Dreieckskette zu verbinden und die Rech-
nungsergebnisse nach der Methode der kleinsten Quadrate auszugleichen.
Als Trigonometer-Adjunkt, zu welchem er 1863 ernannt wurde, beteiligte
er sich an den praktischen Triangulierungsarbeiten in Ungarn und Nieder-
österreich 1868—1869, leitete er die Reambulierung des trigonometrischen
Netzes im Küstenlande und führte er im Jahre 1870 die Triangulierung
des Gebietes der Landeshauptstadt Brünn durch. Im Jahre 1872 wurde
Broch zum Obertrigonometer ernannt. Als solcher führte er im Jahre
1875 die Triangulierung des Narentagebietes in Dalmatien und 1879 die
Triangulierung des nach dem russisch-türkischen Kriege zu Oesterreich
einverleibten Gebietes von Spizza durch. Zehn Jahre später war er mit
Vorarbeiten für die Schaffung des Evidenzhaltungsgesetzes beschäftigt und
») Bekannt durch das Horskysche Planimeter und das Horskysche Dia-
gramm (siehe Oesterr. Zeitschr. f. Verm., 1. Jahrg., S. 81).
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816
nach Erlassung dieses Gesetzes wurde er in das Finanzministerium ein-
berufen, wo ihm in Anerkennung seiner ausgezeichneten mathematischen
und geodätischen Kenntnisse die Verfassung der ersten österreichischen
Instruktion für Polygonalvermessung anvertraut wurde, die er im Jahre
1887 vollendete und die seither in 5. Auflage erschienen ist. Nachdem
Broch einige Jahre als Direktor des lithographischen Institutes des
Grundsteuerkatasters gewirkt hatte, trat er im Jahre 1891 an die Spitze
des neu organisierten Triangulierungs- und Kalkuibureaus , erhielt 1895
den Titel eines Evidenzhaltungsdirektors in der 6. Rangklasse und 1901
den Titel und Charakter eines k. k. Hofrates. Als sein letztes grosses
Werk ist die im Jahre 1907 erschienene „Instruktion für Messtisch-
aufnahmenu hervorzuheben, die im Vereine mit der „Instruktion für Poly-
gonalvermessungen u als Ersatz der veralteten Katasterinstruktion vom
Jahre 1865 zu gelten hat.
Mit diesen beiden Instruktionen, welche in einem Aufsatze der „ Oester.
Zeitschr. f. Venn." (1907, S. 182) ausführlich besprochen wurden, sind in
Oesterreich ganz neue Grundlagen für Katasteraufnahmen geschaffen worden:
diese Werke allein sichern daher dem Jubilar, der im Jahre 1898 durch
die Verleihung des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse und vor kurzem
anlässlich seines Uebertritts in den dauernden Ruhestand durch Verleihung
des Komturkreuzes des Franz- Joseph-Ordens ausgezeichnet wurde, einen
ehrenvollen Platz in der Reihe der österreichischen Geodäten. Schliesslich
sei noch erwähnt, dass Hofrat Broch zum Mitglied der Staatsprüfungs-
kommission für Geodäten an der technischen Hochschule in Wien ernannt
wurde, in welcher Eigenschaft er noch heute tätig ist
Möge Hofrat Broch, dem die geistige Erziehung seiner Töchterkinder
heute die grösste Freude bereitet, seiner Familie, seinen Freunden und
der geodätischen Wissenschaft noch lange erhalten bleiben! Wellisch.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Landwirtschaft!. Verwaltung. Ausge-
schieden sind: L. Michaelis in Braunsberg zwecks Uebertrittes zor
Katasterverwaltung am 1./ 10. 07. L. Siede in Braunsberg zwecks Ab-
leistung seiner Militärpflicht am 1./10. 07.
Königreich Bayern. Die geprüften Geometerpraktikanten Jobann
Hornef, zur Zeit bei der Messungsbehörde Kaiserslautern, und Felix
Stadler, zur Zeit bei der Messungsbehörde Bergzabern, wurden zu Mes-
sungsassistenten bei der Kgl. Regierung, Kammer der Finanzen, der Pfalz
und der geprüfte Geometerpraktikant David Richter, zur Zeit bei der
Messungsbehörde Günzburg, zum Messuugsassistenten bei der Kgl. Regie-
rung, Kammer der Finanzen, von Oberbayern ernannt.
Königreich Sachsen. Ernennungen: S. Majestät der König
haben allergnädigst geruht, den Vermessungsinspektor Scharnhorst zum
Obervermessungsinspektor und Stellvertreter des Vorstandes des Zentral-
bureaus für Steuer Vermessung, und den Vermessungsassessor Hässler
zum Vermessungsinspektor bei dem genannten Zentralbureau zu ernennen.
Anstellungen: Der gepr. und verpfl. Feldmesser Mörlin ist als
technischer Hilfsarbeiter angestellt worden.
Inhalt.
Wissenschaftl. Mitteilungen: Zur Geschichte des Vennessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von
Roedder. (Fortsetzung.) — Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen,
von Petz old. — Bücherschau. — Oer österreichische Geodät Hofrat Broch. -
Verlag ron Konrad Wittwar in Stattgart.
Druck Ton Carl Hammer, Kgl. Hofbachdraokerel in Stattpart.
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ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGS WESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
C. Steppes, Ober»teuerrat Qnd Dr. O. Eggert, Professor
München 22, Katasterbureau. Danmig-LangYuhr, Ahornweg 10.
-M-
1907. Heft 32. Band XXXTI.
— 11. November. ■ —
- * — —
Der Abdruck von Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitnng 1st untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
(Fortsetzung von Seite 801.)
Eine ansehnliche, wohlerhaltene Sammlung von Abrissen und Karten,
meistens aus den Jahren 1621—1622 und von Conrad Burck aufgenommen,
ruht im Archiv des Burggrafen und Grafen zu Dohna-Schlodien. Dieser
Stammsitz umfasste damals ausweislich des hier wiedergegebenen General-
abrisses1) 44 Güter mit rund 1500 Hufen culm. Die einzelnen Abrisse sind
mit wenig Ausnahmen im Format 45 : 58 cm angelegt und etwa im Mass-
stabe 1 : 4820 gezeichnet2). Die Darstellungen beziehen sich aber fast nur
auf die Umringsgrenzen, Ortslagen, Wege und Wälder. Auf diesem General-
abriss, im Format 50:73 cm, ist der ganze Besitz etwa im Massstab
1 : 49315 dargestellt. Wenn man bedenkt, dass dieser ganze Landstrich fast
ausschliesslich in der Zeit vom 14. Oktober 1621 bis 21. Januar 1622 —
wie aus den auf jedem Riss angegebenen Daten zu ersehen, aufgenommen
ist, so muss dies als eine erstaunliche Leistung angesehen werden. Wenn
wir dagegen aus einem speziellen Bericht des Landmessers Oswald Karwich
an den Kurfürsten entnehmen, dass er im Jahre 1597 im ganzen 532 IL
») Siehe Abb. 25.
*) Siehe Abb. 26, Abriss von Kagenau und Seepothen.
Zeitschrift far Venne«ungiw«en 1907. Heft 32. W
818 Roedder. Geachicbte des Verm.-Wesens PreuBBens etc. y ^^uSiS Um
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Abb. 25. GeneralabriBB von Schlodien (Ausschnitt).
■ (
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Zeitschrift rar Roedder. Geschichte de« Verm.-Wetens Preussens etc. 819
20i/a M. (und im Jahre 1598 noch 131 H. 20 M.) vermessen habe, so müssen
wir wohl schon voraussetzen, dass hier noch einige Besonderheiten mit aufzu-
messen gewesen sind.
Auch im Archiv der Kgl. Generalkommission zu Königsberg ruht eine
grosse, wohlkonservierte Sammlung von Karten, die hier durchgängig einen
landwirtschaftlichen Charakter haben. Am meisten interessieren uns hier
die älteren, die, meistens aus der zweiten Hülfte des XVIII. Jahrhunderts
Digitized b)
820 Boedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. v™£££?J£m
stammend, zur Durchführung der ersten Zusammenlegungen, Separationen
und zur Regulierung gutsherrlich-bäuerlicher Verhältnisse dienten. Zu-
nächst fällt uns aber die im Jahre 1773 hergestellte Kopie eines Risses
von Cierspienten von 1590 besonders auf, da hier die Brechungswinkel der
geradlinigen Aussengrenzen — ganz in moderner Weise — auf einem um
den Scheitelpunkt geschlagenen Kreisbogen eingeschrieben sind, woraus
man schliessen könnte, dass diese Winkel nicht mit der Bussole, sondern
mit der Kreisscheibe aufgenommen worden sind, wenn nicht die Möglich-
keit noch denkbar wäre, dass die Winkelmessung erst durch den Kopierenden
erfolgte. Aber auch dann weicht die Art der Winkelaufnahme von der
hier bis zur Anwendung des Theodoliten gebräuchlichen ab, da bis dahin
1 hier lediglich die Azimute, niemals die Messungswinkel direkt gemessen
wurden.
Vielfach bemerken wir Titel und Ränder der älteren Karten teils künst-
lerisch, mitunter auch recht geschmacklos durch Aquarell- und Federzeich-
nungen ausgestattet. Allegorische Figuren der Landwirtschaft, Jagd,
Fischerei, der Justiz etc., Engel, Wappen, Blumenstücke, Guirlanden etc.
finden vielfach Verwendung. Auf die Zeichnung selbst wird meistens viel
Sorgfalt verwandt, namentlich was die Schrift anbetrifft. Die Geländeober-
fiächengestaltung in einem ökonomischen „Plan des Adl. Gutes Heinrichs-
höfen nebst Janoven und dem Vorwerk Radowen u von Herrmann, KgL
Preuss. Major und vereideter Ing. vom Jahre 1799, ist nach militär-topo-
graphischen Grundsätzen so sauber in Bergstrichen dargestellt, dass der
Plan durchaus nicht überladen erscheint. Die meisten Karten seit etwa
Ende des XVIH. Jahrhunderts sind mit Band eingefasst; die Reinkarten
d. h. die Kopien der Brouillkarten — mit Leinwand unterzogen. —
Nach dieser kurzen Abschweifung verfolgen wir wieder die Herstellung
der geographischen Karte von Preussen.
Durch Reskript des Kurfürsten d\ d. Königsberg den 26. Juni 1683 l)
wird der Hauptmann von Orteisburg davon benachrichtigt, dass der Kammer-
junker v. Suchodoletz mit der Fortführung der durch den verstorbenen
Ingenieur Naronski begonnenen Arbeit beauftragt sei. Es wäre ihm freie
bequeme Wohnung und „Laboratorium auf Unsenn Hause" einzuräumen
und „auff seine vier pferde rauh undt hart futtcr gegen qwitantz zu geben. -
Dieser hat nun bis zum Jahre 1713, unter Benützung der Xaronskischen
Karten, jene Arbeit fortgesetzt, aber gleichfalls nicht vollendet, obgleich er
sich nur mit deu Grenzämtern beschäftigt hat. Karten, die er einfach von
Naronski Ubernimmt, bescheinigt er durch einen Prüfungsvermerk; sobald
er eine Karte noch nicht revidiert hat, wird dies auf ihr vermerkt. Als
ein gewisses Ergebnis dieser Arbeit dürfte aber die im Massstab 1 ; etwa
') K. St-A. Etats-Min. Nr. 48a.
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z«iuchrin für Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussen* etc. 821
VAnocMoutwMtn
1907.
134 357 entworfene Uebersichtskarte „ Delineation Von dem Königreich
Preussen Wie dasselbe in 3 Kreyser gewisse Aembter u die Zeit Haupt-
leute vertheilet worden1). Ungefehr entworfen Ao. 1704u, zu betrachten
sein, obgleich sie als von Johann Wladislaw v. Suchodoletz entworfen, be-
zeichnet wird, denn dieser ist der Sohn des Samuel v. Suchodoletz, der
seinem Vater als Kondukteur zur Hilfe beigegeben worden war und den
wir später als Ober-Deichinspektor wiederfinden werden. Diese Ueber-
sichtskarte macht, was Zeichnung und Kolorit anbetrifft, einen recht ge-
fälligen Eindruck.
Zum Nachfolger des sich auf sein Gut Alt Rosenthal — das ihm aus
Gnaden als Dotation verliehen worden war*) — zurückziehenden v. Sucho-
doletz wurde 1713 der Amtskammerrat und Landmesserdirektor v. Collas
ernannt8), ohne dass dieser aber, wie es sich später ergibt, in den Genuss
des Gehalts seines Vorgängers gelangte. Nachdem v. Collas vom Könige
noch das Patent als Oberingenieur im Königreich Preussen vom 22. Januar
1714 erhalten hatte, wurde ihm durch Kabinettsordre vom 17. August 1714
mitgeteilt, dass der Oberstleutnant und Oberingenieur la Baume, Major
Ingenieur Henning, Ing. Suchodoletz, Kondukteur Maschke und Landmesser
Vlomerus angewiesen wären, sich ihm behufs Aufnahme und Vermessung
der Chatoul-Landereien zur Verfügung zu stellen. Suchodoletz wäre in
Königsberg anwesend, während die übrigen von auswärts geschickt würden.
Er habe einen jeden zu seiner Verrichtung anzuweisen. Hierauf bittet
v. Collas in einer Eingabe vom 5. Oktober 1714 den König, zu genehmigen,
dass der Sous-Ingenieur v. Suchodoletz in Loetzen, der Ingenieur Vlomerus
in Tilsit und der Landmesser Nicolai in Saalfeld wohnen, der eine die pol-
nischen, der andere die litauischen, der dritte die oberländischen Aemter
vermessen könnte. Er berichtet sodann bezüglich der zu fertigenden Ge-
neralkarte von Preussen, „dass es (seiner unmassgeblichen Meinung nach)
eine gar unnütze Arbeit, welche schon vorgebens Ew. Kgl. Majestät woll
70 biss 80 tausend Thlr. gekostet hatt, v. noch woll sofern wieder von
neues angefangen werden solte, Einhundert tausend kosten darf. Es ist
ein grosser Unterscheidt einen Riss durch einen Landmesser, oder einen
Spezialplan durch einen Ingenieur, oder eine rechtschaffene Karte welche
ein Astronomus dabey requiriret, zu machen. Ich will Ew. Kgl. Majestät
eine General-Karte in 12 Bogen zum Druck liefern, alwo kein bebauter
orth mangeln solte, v. so accurat wie man biss dato von einem Orth in
') K. St.-A. Karten saramlung. Die 3 Kreise Messen: Samland, Matangen
und Oberland. Am Rande dieser Karte sind dann 76 Aemter und die ^Tarnen
der damaligen 33 Hauptleute angegeben.
*) K. 8t- A. Etats-Min. Nr. 119? im Jahre 1698. Verschreibung siehe im
3. Kapitel Personalverhältnisse. <
») Ebenda Nr. 48 bb.
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822 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. ^zgxKtxiti m
1907.
Europa gehabt bat, v. dass umbsonst, noch dazu offerire ich die accurate
special Carte von jedem Ambt welche ich schon fertig habe in Duplo" —
das konnte natürlich nur eine Zusammenstellung der Karten des Naronski
und v. Suchodoletz sein.
Nachdem v. Collas im August 17391) sich vom Könige anstatt <b
ihm so oft versprochenen Gehalts des Kammerjunkers v. SuchodoleU eine
Gnade ausgebeten, und im September desselben Jahres die in Kupfer m
stechende Preussische Landkarte nebst Buch eingereicht hatte, wird die-
selbe mittelst Reskripts d. d. Königsberg den 12. Oktober 1739 an die
Regierung seitens des Königs abgelehnt, weil „in obgedachten Karten nicht>
dann ein lehrer Raum zu finden", die Kriegs- und Domänenkammer würde
nicht imstande sein, sie mit älteren Karten bezüglich der Grenzen zu iden-
tifizieren und kollationieren, es wäre dies nur Zeitverschwendung; weil er
ferner alle älteren Karten, die seit 150 Jahren durch französische, hol-
ländische, deutsche, polnische und preussische Geographen, selbst die auf
Kgl. Befehl durch den Ing. Kap. Simon und den Ober-Deichinspektor
v. Suchodoletz hergestellten Generalkabinettskarten verwirft; weil er ferner
dem Anschein nach die im „ Buche - befindliche samländische Spezialkarte
aus des Naronski, wiewohl verkehrt beschrieben, nur bei der Kriegs- und
Domänenkammer befindlichen 13 Spezialkarten, wie die Beschreibung der
Aemter, Städte etc. „aus denen Urbariis ausgeschrieben hat". Diese An-
gaben gehörten aber nur zur Registratur und dürften nicht veröffentlicht
werden. Das vertrüge sich nicht mit dem Eide des v. Collas, den er ik
ehemaliger Kameralist geleistet habe.
Wie aus einem Schreiben der Kriegs- und Domänenkammer vom
21. September 1731 hervorgeht, hatte der Ober-Deichinspektor v. Sucho-
doletz damals den Auftrag erhalten, eine Karte vom Königreich Prenssen
zu fertigen2), die nach Obigem im Jahre 1739 also fertig vorlag. Von
dieser Karte sagt Qoldbeck»), dass sie die grösste und beste Prenssen»
und von der Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1763 auf ftni
Bogen, nebst dem Grundriss der Stadt Königsberg auf dem sechsten Bogen
herausgegeben wäre. Auf derselben sei Ostpreussen in vier Provinzen,
nämlich Samland, Litauen, Natangen und Oberland und jede dieser Pro-
vinzen wieder nach den Bezirken der ehemaligen Hauptämter eingeteilt
Goldbeck nennt dann noch einige andere Karten Ost- und Westpreussen*.
Inwieweit aber die unter Leitung des Kgl. Preuss. Staatsministers Freiherrn
v. Schrötter in den Jahren 1796 — 1802 hergestellte Karte von Ostprenssen
») K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 a.
*) Vermutlich handelt es sich hierbei nur um die Erledigung des durch
Naronski und seinen Vater begonnenen Werkes. Der Verl
») Goldbeck, Vollständige Topographie des Königreichs Prenssen, Königsberg
und Leipzig 1789. 2. Bd. — Bd. I S. 1.
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SÜSSSSw^1" R°«dder- Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. 823
nebst Preus8. - Litauen nnd dem Netzedistrikt , die jene vollständig ver-
drängte, auf ihr etwa aufgebaut ist, entzieht sich unserer Kenntnis.
Als bemerkenswert wäre noch zu erwähnen die Posüerungskarte von
Th. Reimers aus dem Jahre 1739 (etwa in 1 : 350 560) von Rothebude bei
Marienwerder bis Mirunsken1) und von Schmaleningken bis Polangen *) mit
Signaturen für die Belegung durch Posten. So bedeutet z. B.
ein Haus: eine starke Postierung von 3—6 Mann und 1 Unteroffizier,
in einem roten Dreieck in dessen Mitte ein rotes Kreuz: eine Postierung
von zwei Mann,
zwei gekreuzte grüne Aeste: Verhaue,
ein Strich mit je vier Punkten oben und unten: vergraben,
eine Tafel auf einem Pfahl: Plakatstange und Schlagbaum,
ein Kreis mit daraufstehendem Kreuz: ein Dorf, das von einem andern
bedeckt ist,
galoppierender Reiter: Patrouille,
Haus mit drei Türmen: Garnisonstadt u. s. w.
Ausser dieser ist unter Nr. 70 noch eine ähnliche Karte vorhanden,
die von Goldap bis Polangen reicht, ohne Datum ist und etwas andere
Signaturen hat.
Ob und wie sich das Vermessungswesen im Bereiche des Bistums Erm-
land unter polnischer Herrschaft anders betätigt und entwickelt haben mag,
als im Herzogtum Preussen, hat sich aus den eingesehenen Urkunden nicht
feststellen lassen, ist aber kaum anzunehmen; einige Aufschlüsse hierüber
dürften nach Dr. Fleischer aber geben: Scriptores rerum Warmiensium,
Bd. I S. 320, wo in der Ordinancia castri Heylsberg unter den Obliegen-
heiten des Bischöflichen Vogtes auch die Landvermessungen aufgeführt
sind, bei denen ihm der Mensurator zur Seite stand. Ferner die betreffenden
Urkunden der Jahre 1304—1346 und 1365 aus dem Codex diplomatics
"Warmiensis8).
3. Das Vermessungswesen zu Zwecken der Besteuerung,
die Grundlagen des Grundsteuerkatasters.
Eine allgemeine Besteuerung des Grundbesitzes nach Reinerträgen
gab es bis zum Jahre 1861 in den östlichen Provinzen Preussens nicht.
Die. Güter waren durch den Orden an deutsche Ritter als „Erbzinsgüter" 4)
') K. St-A. Kartensammlung, unter Nr. 107 b.
«) Daselbst, Nr. 29.
*) Diese Angaben verdankt Verfasser der Liebenswürdigkeit des Herrn
Kapitelsarchivars Dr. Fleischer-Frauenburg, des Verwalters des Domkapitel-
archivs, das zu durchforschen den Verfasser „die mangelnde Bewegungsfreiheit"
leider hinderte.
«) v. Brünneck I, S. 8.
Digitized
824 Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preassens etc. ^jjtMjrtonr^
1907:
nach kulini8chem Recht, an polnische Ritter als „Lehnsgüter" *) nach pol-
nischem Recht verliehen. Den kleineren Leuten, und zwar den „Köllmem"
(Einwohner) waren Grundstücke nach kulmischem Recht, den „Bauern"
(freien Prenssen) nach preussischem Recht verliehen worden. Daneben
waren Erbschulzengüter, Freigüter, Krug- und Mühlengrundstücke gegründet
worden. Sie alle — mit Ausnahme der Freigüter — waren auf Grund
ihrer Verschrei bungen und Handfesten sehr verschieden belastet *) , mit
Verpflichtungen zum Heeresdienst, Zins der verschiedensten Art, in Geld,
Wachs, Getreide, Abgaben aus Erträgen der Jagd und Fischerei, mitunter
nur mit einem aus geringer Geld- bezw. Naruralienabgabe bestehenden
„Rekognitions"-Zins, durch den die Oberhoheit der Herrschaft anerkannt
werden sollte. In den letzten Jahrzehnten der Ordensherrschaft wurde
anfangs je nach Bedarf, später regelmässig ausserdem ein sogenannter
„Hufen"-, später „General-Hufenschoss", dann „Kontribution" — eine be-
stimmte Geldabgabe pro Hufe — erhoben. Der nach und nach zur öffent-
lichen Abgabe gewordene Rekognitionszins wird allmählich aufgehoben:
die Verpflichtung zum Reiterdienst wird 1713 durch einmalige Zahlung
von 1000 Taler beim Adel und 1000 Mark bei Köllmern und Freien ab-
gelöst. *) Durch die „ Assekuration" vom 17. Dezember 1732 wurden alle
im Königreich Preussen gelegenen Lehne ohne Unterschied aufgehoben.
Ausgenommen hiervon wurden nur diejenigen Lehne, deren Heirafall un-
mittelbar bevorstand, sowie diejenigen, auf welche bereits „Anwartungen"
erteilt waren. Für die aufgehobenen Lasten und Dienste wurde ein fixierter
Kanon eingeführt.4) Durch das Edikt vom 9. Oktober 1807 wurde u. a.
der freie Erwerb der Güter, die Aufnahme von Hypotheken erleichtert,
Teile der Lehne in Erbpacht zu geben gestattet. Durch das Edikt vom
14. September 1811 und dessen Deklaration vom 29. Mai 1816 erlangten
die Bauern, sofern sie überhaupt sogenannte „Lassbauern" oder „lassi-
tische Bauern", überhaupt regulierungsfähig waren, das Eigentum von */s
oder der Hälfte ihrer zu erblichem oder nicht erblichem Kolonatrecht
besessenen Grundstücke, wogegen der andere Teil dem Herrn freigegeben
wurde. 5)
Als die ersten Anfänge des Katasters könnten immerhin die Grenz-
bücher angesehen werden, auf Grund deren später die zur Erhebung der
Kontributionen erforderlichen Register = „Catastra" aufgestellt wurden. Aus
dem Kgl. Patent vom 13. Oktober 1718«), das hierunter wörtlich wieder-
gegeben werden soll, geht nun hervor, dass damals bereits ein derartiges
Kataster bestand und auf dem Laufenden erhalten werden sollte. Das
») v. Brünneck II, S. 8. — *) Daselbst II, S. 25. — s) Daselbst n, S. 12«.
4) Daselbst II, II. Abt: Die neuere Zeit, S. 92.
ft) Das. S. 145 ff.
a> S. auch Koch: Die Agrargesetze des Preuss. Staate«. Breslau 1843.
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vezguchrift fjr^ Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preuseens etc. 825
Reskript vom 29. Mai 1725 an die preussische Regierung, worin gesagt
ist, dass die Regulierung der Grenzen der Städte und Pfarrhufen zur Ein-
richtung des Katasters nötig sei1), gibt aber wohl der Deutung Raum,
dass unter „Einrichtung" eigentlich „Neueinrichtung" zu verstehen ist.
Nach den durchgesehenen Folianten späterer Jahre Ober Kontributions-
sachen8) zu urteilen, ist das Kataster in den einzelnen Aemtern und zu
verschiedenen Zeiten nicht nach einem einheitlichen Formular aufgestellt
worden, was wegen der Verschiedenheit der einzelnen Steuem, von denen
einige nur periodisch oder vorübergehend zur Erhebung gelangten, wie
z. B. Haferstrohgelder, Horn- und Klauenschoss etc., auch nicht gut an-
ders anging.
Als Beispiel möge hier nur ein Formular mitgeteilt werden von der
rKontributions-Prästations-Tabelle" von dem adligen Gute Bömenhöfen,
zum Amt Brandenburg gehörig, aufgestellt durch den Landrat v. Tettan
am 8. Februar 1785.
Namen und
Qualität
der
Einsassen
und
Grundstücke
=====
Besitzen
an Contri-
buablen
Lande
nach
Culmischem
H. M. □«
Und davon wird
entrichtet
An
General-
Huben-
schoss
Rtl. gr.U
An
Ritter-
dienst-
gelder
IUI.
gr.
in
Summa
Rtl. gr.lJk
Ausserdem werden
noch entrichet
An
Bey-
schlags-
gelder
Rtl.
gr.
An
nxierter
Trank-
steuer
Rtl.|gr.
!
Zu welchem Zeitpunkt nun statt der Bezeichnung: „Kontribution" all-
gemein: „Grundsteuer" in Gebrauch kam, hat sich nicht mit Sicherheit
feststellen lassen: jedenfalls aber war ausweislich der oben bezeichneten
Kontributionsakten im Jahre 1822 in Altpreussen die ältere Bezeichnung
noch gebräuchlich.
Nach Dr. v. Bitter 3) beschränkte sich die Steuerreform von 1820 auf
die Bestimmungen in den §§ 4 und 5 des Abgabengesetzes vom 30. Mai
(G.-S. 134), dass die Grundsteuer, wo sie seit 1789 eingeführt oder erhöht
«ei, ein Fünftel des Reinertrages nicht übersteigen solle (I, S. 748).
*) K. St-A. Etats-Min. Nr. 48 a.
*) Daselbst. Regierung Königsberg, Abt. III: Kontributionssachen.
3) Dr. v. Bitter: Handwörterbuch der Preuss. Verwaltung. Leipzig 1906.
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826 Roedder. Geschiebte des Venn.-Wesens Preussens etc.
Die Katasterverwaltung, die in anderer Gestalt in den beiden alten
westlichen Provinzen behufs Aufnahme des Grundsteuerkatasters 1820 ge-
bildet wurde, ist 1834 und 1855 geändert und 1861 auf die Östlichen Pro-
vinzen übertragen (S. 898) und zwar durch das Gesetz vom 21. Mai 1861
betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer. Im übrigen s. Jordan
und Steppes.
„Patent vom 13. Oktober 1718 über Teilung von Gütern." i)
Demnach Seiner Königlichen Majestät in Preussen etc. etc. etc. Unserm
allergnädigsten Herrn / allerunterthänigst angezeigt worden / wie in dero
Königreich Preussen / bey Itegulirung des bekannten neuen modi contri-
buendi sich gar viele Difficult a ten und Confusiones daher hervorgethan
dass die Vasallen und Posessores öffters bey Verkauff- oder Vertauschung
derer Güter und Grundstücken / auch sonst aus andern öffters eigennützigen
Ursachen sothanen Güthern andere Nahmen gegeben / als die in denen
darüber ertheilten Privilegien enthalten. Dahero die Catastra und Schoss-
register von Zeit zu Zeit immer unrichtiger geworden / so dass keine rich-
tige Hufen-Zahl auszufinden gewesen / vielmehr öffters gewisse Güther gar
vor verlohren gehalten / die doch nach denen Catastris vorhanden seyn
sollen und müssen. Wie denn eben diese eingerissene Unordnung / son-
derlich bey dem gegenwärtig einzuführenden General-Hufenschoss viele
Tnconvenientzien verursacht hat / indem bey den zerrissenen / und in
mehrere Theile repartirten Gütern / die hernach bebauet / und mit andern
Nahmen benennet worden / fast nicht möglich ist, ein richtiges Fundament
und zuverlässige Nachricht von dem Zustande derselben auszufinden. So
haben Sr. Königl. Majestät aus vorerwehnten und andern bewegenden Ur-
sachen allergnädigst resolviret und gut gefunden / dass forthin Niemand
von dero Preussischen Vasallen und andern Besitzern ohn bewegliche
Güter / er sey wer er wolle / frey stehen solle / von denenselben vor sich
einige Abtheilung oder Abschnitte sothaner Güter und derer Hufen oder
sonst einige Veränderung / wodurch die Catastra alteriret werden können /
zu machen / weniger dergleichen getheilten Stücken andere Nahmen zu
geben / ehe und bevor er sich bey der Preussischen Regierung und Com-
missariat gemeldet / und sein Dessein umständlich angezeiget / auch mit
demselben conveniret / wie die Grundstücke quaestionis vors künfftige in
denen Catastris aufgeführt / und versteuret werden sollen / und zwar dieses
bey Nahmhaffter Straffe / nehmlich einhundert Gulden vor jede Hufe / so
dergestalt ohne Unsers Preussischen Commissariats Vorwissen von denen
Gütern abgerissen und an einen andern transferiret wird. Befehlen dem-
nach dero Preussischen Regierung hierdurch allergnädigst / diese Sr.
König]. Majestät allergnädigste Intention und Willens-Meinung durch
" • »
») K. St.-A. Etats-Min. Nr. 23 b — gedruckt
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v*£2S55£ Stm Rocdder- Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 827
1807.
Publicirung gegenwärtigen Patents zu jedermanns Wissenschaft zu bringen /
auch dass solchen überall gebührend nach gelebet und die Contravenienten
gestraffet werden mögen / durch die Fiscalische Bedienten besorgen und
invigiliren zu lassen / dero Preussisches Commissariat aber hat sich hier-
nach gleichfalss wie auch sonst jedermänniglich allerunterthänigst zu
achten. Signatum zu Berlin den 13. Octobr. 1718
Fr. Wilhelm
(L. S.) F. W. v. Grumbkow.
König Friedrich erneuert unterm 8. September 1745 dieses Edikt, in
welchem auch diejenige Obrigkeit, welche dawider handelt und die ver-
botenen Kontrakte in die Gerichtsbücher einträgt, mit Strafe bedroht wird.
Dasselbe wird dann durch das Publicandum vom 25. Januar 1796
des Königs Fr. Wilhelm erneut und verschärft.
4. Das Vermessungswesen In Auseinandersetzungsgeschäften.
Es ist des grossen Kurfürsten Verdienst, zu Preussens Agrarverfassung
den Grundstein gelegt zu haben, i) indem er historische Tabellen anlegen
liess, die, eine vollständige Gewerbe- und landwirtschaftliche Statistik ent-
haltend, zunächst den Zweck hatten, die ländlichen Güter zu vermehren,
eingezogene Höfe wiederherzustellen, die Wirtschaften der Domanialbauern
zu überwachen, ihm Uberhaupt als Grundlage für seine gesamte Agrarpolitik
dienen sollten; ungeachtet der schweren Prüfungen, denen Ostpreussen
durch die vielen kriegerischen Ereignisse während seiner Regierung so oft
unterworfen war. Trotz dieser Schwierigkeiten, die sich durch das Herein-
brechen der Pest noch ausserordentlich vermehrt hatten, sehen wir Fried-
rich Wilhelm I diese Politik mit weitausschauendem Blick erfnssen und
mit grossem Erfolg fortsetzen.8) Auch Friedrich der Grosse verfolgte
diesen Weg. Insbesondere richtete dieser sein Bestreben auf die Auf-
hebung der sog. „Gemeinheiten", Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigen-
tums in den Liegenschaften, sowie auf die wirtschaftliche Zusammenlegung
dort, wo Yorwerke mit bäuerlichen Grundstücken im Gemenge lagen.
Die Ordre vom 23. Mai 1763 galt der Beförderung der Separationen,
womit anfangs die ' Justizkollegien , später besondere landwirtschaftliche
Kommissionen betraut wurden. Das erste organische, für die Provinz
Schlesien erlassene Gesetz vom 14. April 1771 ging in das Allgemeine
Landrecht über und war wenigstens für die Ritter- und Freigüter von
grossem wirtschaftlichen Vorteil, während die Bauern beharrlich den alten
Zustand aufrecht erhielten und höchstens auf die Ausweisung ihres Anteils
') Das Preussische Gemeinheits- uud Forstteilungs- Verfahren. Von einem
höheren praktischen Beamten. Neuwied und Leipzig 1882. Einleitung s. Wich
Koch, S. V ff.
•) S. Abschnitt I. , . .
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828 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. fj&jjSB&j)^
an der Weide in einem Stücke zur gemeinschaftlichen Benutzung ein-
willigten. Andererseits scheiterten seine Versuche, die Leibeigenschaft
wenigstens in den Domanialgütern aufzuheben, an dem Widerstreben de*
Adels.
Ueber das Verfahren, das zur Durchführung einer Zusammenlegung
in dieser Zeit eingeschlagen wurde, möge folgendes Beispiel dienen.»)
In einem Gesuch der beiden Brüder v. Suchodoletz auf Alt-Rosenthal *)
im Amt Rastenburg, d. d. Königsberg den 19. Juli 1769, bitten diese den
König, unter Aufhebung der bisher obwaltenden, höchst schädlichen Ge-
meinheiten „uns und einem jeden der Immediat-Dorfschaft Alt Rosenthal"
unter Zuziehung eines „artis periti" seine besonderen Felder und Grenzen
zumessen zu lassen. Darauf ergeht das Königl. Reskript, dass die Kriegs-
und Domänenkammer nach der eigenhändig vollzogenen Circulair-Verord-
nung vom 22. April 1766 8) wegen Auseinandersetzung der Gemeinheiten
zu verfahren und zunächst festzustellen habe, ob eine besondere Ver-
messung stattfinden müsse. Diese wurde für nötig befunden. Unterm
1. August 1769 erfolgt die Ernennung der Kriegs- und Domänenräte Filius
und Jacobi als Kommissarien zur Wahrnehmung der Königlichen Interessen,
während die Regierung einen Justizrat und zwei „Wirtschaftsverständige"*)
aus dortiger Gegend ernennt. Unterm 22. Oktober 1769 reichen diese fünf
Kommissarien den Rezess ein und berichten, dass Kondukteur Schwemm-
schuch beauftragt worden sei, die Einteilung und Vermessung nach der im
Protokoll enthaltenen Vorschrift „legaliter zu begründen" etc. In diesem
Rezess wird jede Abfindung ihrer zukünftigen Lage nach sehr genau be-
schrieben. Ausweislich der Eingabe der Gebrüder v. Suchodoletz vom
25. Juni 1770 weigerten sich die Bauern, die vom „Beamten zu Rasten-
burg" aufgestachelt waren, beharrlich die Absteckungen des p. Schwemm-
schuch anzuerkennen, weshalb dieser die Arbeit abgebrochen habe und ab-
gereist sei, worauf der Landmesser bereits unterm 28. Juni ej. a. den
Auftrag erhält, die Absteckungen sofort wieder aufzunehmen und zu Ende
zu führen, was denn auch, aber erst im folgenden Jahre, geschah. Mittler-
weile hatte auch die Geistlichkeit gegen ihre Abfindungen Einspruch er-
hoben. worüber es zum Prozess kam, der aber alsbald durch eine ab-
weisende „Resolution" zu ihren Ungunsten entschieden wurde.
Hier sehen wir also, dass die wirtschaftliche Zusammenlegung von in
vennengter Lage befindlichen Grundstücken einer Feldmark von ca. 63
l) Entnommen aus K. St-A. Etats-Min. Kr. 119?.
*) Nachkommen des ehem. Kammerjunkers Samuel v. Suchodoletz, dem
22 H. in Alt-Rosenthal 1697/98 zn kulmtschen Rechten verliehen worden waren.
S. auch unter 3. Kapitel, Personalverhältnisse.
•) Leider nicht bei den Akten.
4) Grossgrundbesitzer.
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v^mESnSSvSSen Roedder- Geschichte de» Verm.- Wesens Preussens etc. 829
Hufen, wovon der gutsherrliche Anteil von 20 Vs H. — wie auch die im
Archiv der K. G.-K. befindliche Karte von Schwemmschuch de 1771 nach-
weist — ohne Zuziehung eines Landmessers und ohne spezielle Bonitie-
rung i) ohne vorherige ersichtliche Berechnungen, durch eine Kommission
von 3 Juristen und 2 landwirtschaftlichen Sachverständigen, lediglich auf
dem Felde entworfen, und nachher erst der Landmesser herbeigerufen wird,
um die projektierten neuen Grenzen aus dem Protokoll ins Feld zu über-
tragen. Dass dies Verfahren bei den kleinen Besitzern keinen Anklang
fand, soll uns nicht wundernehmen. Allem Anschein nach haben wir es
hier nicht mit einem vereinzelten Fall zu tun, denn die Titel der Karten
mttssen uns darauf fuhren; so z. B. lautet derselbe auf einer anderen Karte
desselben Archivs folgendermassen: „Plan von dem Cöllmischen Chatoul 2)
Dorfe Kl. Birkenfeld, welches nach dem von Einer Commission untenn
23. October 1773 aufgenommenen Rezess speziell vermessen und separiert,
wie dann aus beykommendem Protokoll vom 23. December 1773, speziellen
Berechnung und diesem Plan nach denen Litti .... zu ersehen verfertigt
von C. Werdennann, Kgl. Preuss. Conducteur."
Wenngleich eine spezielle Bonitierung des Bodens nach Klassen erst
durch das Feldmesserreglement von 1813 bezw. durch das ihm angehängte
Muster zu einem Vennessungs-Bonitierungsregister allgemein eingeführt
wurde, so finden sich solche Bonitierungen vereinzelt aber auch schon
früher vor, z. B. auf dem im Archiv der K. G.-K. befindlichen „Vermes-
sungsplan des Hochgräfliche ii Bauerndorfes Camplack" vom Jahre 1787.
Erst mit dem berühmten Edikt vom 9. Oktober 1807 über den erleich-
terten Besitz und den Gebrauch des Grundeigentums beginnt die neue or-
ganische Agrargesetzgebung, die im Edikt vom 14. September 1811 und
dessen Erläuterung (Deklaration) vom 29. Mai 1816, der Kgl. Verordnung
über Einrichtung der Generalkommissionen vom 20. Juni 1817, die Ge-
meinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, die Verordnung vom 30. Juni
1834 u. a. m. ihre natürliche Fortsetzung fand.
Plötzlich hat sich den preussischen Landmessern ein ungeahntes
weites Arbeitsfeld eröffnet, auf dem sich hier im äussersten Osten, wo die
Landwirtschaft vollständig darniederlag, alsbald die emsigste Tätigkeit ent-
wickelt. Sie beginnt mit der planmässigen Durchführung der Regulierung
der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, soweit diese nicht bereits früher
erledigt ist. Dann folgten die Separationen, die dann der Hauptsache nach
innerhalb eines Menschenalters gleichfalls abgeschlossen waren.
*
•) Obgleich in der Instruktion „vor die Landmesser des Königreichs Preussen*
vom 20. November 1755, § 24 und 26 für die Kgl. Vorwerke bereits eine Klassi-
fizierung der Aecker und Wiesen nach „gut4, „mittel" und „schlecht" vor-
geschrieben war.
*) Ueber Chatoul-Güter etc. s. Goldbeck I, 8. 64.
Digitized
830 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. T ^^^J^«,
19077
Mittlerweile erscheint auch das „Allgemeine Reglement för die Feld-
messer im Preussischen Staate" vom 29. April 1813, das auch die fttr die
damalige Zeit erforderlich erachteten technischen Anweisungen enthält.
Den gutsherrlich-bäuerlichen Regulierungen wurden meistens die vor-
handenen Karten zugrunde gelegt, seltener wurde zu einer Neumessimg
geschritten, während bei den Separationen gewöhnlich umgekehrt verfahren
wurde. Mitunter wurden beide Verfahren , Regulierung und Separation,
gleich miteinander verbunden. Die Neumessungen erfolgten fast ausnahms-
los nach elementarer Dreiecksmethode unter ausgedehnter Verwendung der
Bussole zur Aufnahme einzelner Züge oder Polygone — wie das Nähere
aus Jordan und Steppes zu ersehen. Mitunter stossen wir auch um 1800
herum noch auf eine Messtischaufnahme, wie z. B. aus dem „Brouillon-
Plan von dem Dorfe Gobienen von Barthutt, Kgl. Conducteur" *) ersicht-
lich ist. Die neu hergestellten Karten haben ein sehr verschiedenes Format.
Oefters und zwar bei grossen Feldmarken stossen wir aber auch auf be-
deutend umfangreicher, aus mehreren Blättern zusammengeklebte, da jede
Karte nur aus einem Blatte bestehen durfte. Sämtliche Grenzzeichen
wurden in der Karte mit kleinen fortlaufenden Nummern bezeichnet, die
riangrenzen erhielten auf der einen Seite das Azimut nach Grad und
Viertelgrad (dazu -|- oder — für etwas mehr oder etwas weniger als ein
Viertelgrad), auf der anderen Seite die Entfernung von Grenzzeichen zu
Grenzzeichen beigeschrieben. Die Richtung des magnetischen Nordens ist
auf den Karten seit etwa 1820 durch je 1" dec. untereinander entfernte
parallele rote Linien, an deren einer die beobachtete Abweichung von der
wahren Mittagslinie beigeschrieben werden sollte,*) was aber sehr oft nicht
geschah. Wo dies geschah, wurde sie aber jahrzehntelang auf -f- 13° 35',
auch -f- 13 i/2o, mitunter auf -f-133/4o angegeben.»). Der alte Besitzstand
wurde in der Karte schwarz, die Bonirierung und die neue Planlage rot
dargestellt. Am Rande der Karte findet man die alten Eigentümer nach-
gewiesen und jedem ein kleiner Buchstabe als Signatur beigeschrieben,
während in die alten Stücke teils nur diese Buchstaben, teils daneben noch
die Namen der Eigentümer fein eingetragen sind. Bei grösseren Feldmarken
sind die drei üblichen Felder noch in Schläge eingeteilt, die durch grosse
x) K. St-A. KartenBammlung Nr. 120.
*) S. Feldra.-Rgl. von 1813, § 28.
*) Ueber die magnetische Deklination für Königsberg verdankt Verfasser
folgende dem „Atlas für Erdmagnetismus" von Dr. H. Fritsche, Riga 1903 ent-
nommene Angaben der Liebenswürdigkeit des Observators der Kgl. Sternwarte
Königsberg, Herrn Professor Dr. Fritz Cohn. 1600: — 5°,5; 1700: + 7°,0;
1780: -f ll<>f6; 1842: + lP.O; 1915: + 4Ö,3, welche Daten auch mit den in
Dr. Friedr. Wilh. Dünkelberg, Enzyklopädie und Methodologie, Braunschweig,
1883, Bd. I, S. 84, veröffentlichten und durch Interpolation ergänzten Angaben
genügend übereinstimmen.
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zeiuchrifi für Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 831
lateinische graue Buchstaben bezeichnet sind. Die neuen Pläne erhielten
grosse rote Buchstaben, denen, wenn der betreffende Empfanger noch
mehrere Pläne erhielt, kleine Ziffern angehängt wurden, auch wurden in
die neuen Pläne die Namen der Empfänger rot eingeschrieben. Die Wege.
Gräben und Gemeinstttcke erhielten schwarze Buchstaben im alten, rote
Buchstaben als Bezeichnung im neuen Zustande. Während die Brouillon-
karte meistens auf unaufgezogenem Papier gezeichnet war, wurde die von
jener kopierte Reinkarte stets auf mit Leinwand unterzogenem Papier her-
gestellt.
Was das Projektverfahren selbst anbetrifft, so war es im wesentlichen
dasselbe wie noch heute. So erfolgte nach der Kartierung des alten Be-
sitzstandes zunächst die Bonitierung, der allerdings eine komplizierte Rein-
ertragsberechnung nach Motzen Roggen zugrunde gelegt war, und zu der vom
Feldmesser Abzeichnungen („Coupons") in Handrissformat von der Broufllon-
karte auf durchsichtigem Papier vorbereitet waren. Nach der seitens des
Kommissars unter Teilnahme von zwei Boniteuren aufgestellten Klassen-
feststellung ging die spezielle Bonitierung unter Leitung des Feldmessers
vor sich. Nach erfolgter Kartierung und Berechnung des Ergebnisses wurde
dann das Vermessungs- und Bonitierungsregiater nach dem zum Feldmesser-
reglement von 1813 gegebenen Muster aufgestellt, woraus dann die Nach-
weisung der einzelnen Besitzstände, die „Spezial-Extrakte" ausgezogen
Wurden. Nach Anerkennung des Yerm.-Bon.-Registers durch die Beteiligten
stellte der Kommissar das Rohsollhaben, Kommissar und Feldmesser ge-
meinsam dann die generelle Plandisposition, der Feldmesser dann das reine
Sollhaben jedes Beteiligten auf, nachdem die neuen Wege, Gräben und Ge-
meinstücke bereits berechnet und die Werte der eingehenden Wege etc. in
Zugang gebracht waren. Nun wurde der neue Plan berechnet, auf der
Karte fixiert und nach Prüfung im Landeskulturinteresse durch die K. G.-K.
örtlich abgesteckt, vermarkt und aufgemessen, wobei sämtliche neue ^an-
grenzen mit der Bussole aufgenommen wurden. Neben der hiernach er-
gänzten Karte wurde dann ein sogen. „Behügelungsregister" als Anhang
zum Rezess aufgestellt, in dem die Grenzen jeder neuen Plananlage nach
Entfernung und Azimut genau beschrieben wurden. Dieses Register war
ein ebenso zweckmässiges, als wertvolles Dokument, auf das öfters heute
noch bei Grenzstreitigkeiten, namentlich wenn die Karte gelitten hat, zurück-
gegriffen wird.
Die Planlegung selbst ist sehr verschieden ausgeführt worden, je nach
der Ansicht der projektierenden Beamten oder auch besonderen Wünschen
der Beteiligten, beeinüusst vielfach durch das anfängliche Widerstreben der
hier (mit Ausnahme von Litauen) an geschlossene Dorfslage gewöhnten
Besitzer gegen den Ausbau. So entstanden, um Wege zu ersparen, mit-
unter Pläne von sternförmiger Figur.
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832
Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc v^^^^
1907.
Da es bei grossen Feldmarken mit langgestreckten und ausspringenden
Schlägen in vielen Fällen nicht möglich war, eine gute Planlage zu er-
zielen, ohne dass ein oder mehrere Besitzer hinausgelegt wurden, so er-
hielten diejenigen, die sich entweder freiwillig zum Ausbau meldeten, oder
schliesslich — mitunter durchs Los — dazu gezwungen werden mussten, von
den übrigen eine Unterstützung, sei es durch Leistung von Hand- und Spann-
diensten oder Lieferung von Materialien zum Abbruch und Wiederaufbau
der Gebäude, sei es durch Ueberweisung von Teilen ihres Sollhabens oder
endlich durch Beiträge in barem Gelde. Diese Ausgebauten erhielten dann
ihre Abfindung in einem Plane, in dessen Mitte die Hof stelle errichtet
wurde. War dies an sich schon eine ideale Abfindung, so stellte es sich
im Laufe der Jahre recht augenscheinlich heraus, dass diesen Hinaus-
gesetzten das bessere Los zuteil geworden war. Da die Aussenschläge,
die sie erhalten batten, hekanntermassen sich immer in niedrigerem Kultur-
zustand befinden, als die Binnenschläge, daher niedrig bonitiert waren l), so
hatten sie für ihr Sollhaben eine relativ grössere Fläche erhalten, als die
Dorfsinsassen, die sie durch rationellere Bewirtschaftung schnell mehr und
mehr in die Höhe brachten. Diese Abbaugrundstücke haben dann später
meistens einen oder mehrere benachbarte Bauernhöfe aufgesogen und sich
in selbständige Gutsbezirke umgewandelt.
Wenn schon die Verordnung vom 30. Juni 1834 Ent- und Bewässe-
rungen, Regulierung der Vorflut und sonstige Meliorationen als Neben-
geschäfte der Separationen vorsieht, so ist wÄhrend der ersten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts in dieser Beziehung hier noch nicht viel geschehen.
Es fehlte hierzu einmal an Zeit — da die Separationen möglichst schnell
durchgeführt werden sollten — dann an Personal, ferner an Geld und nicht
zum wenigsten an Verständnis für jegliche Boden- etc. Melioration bei den
Beteiligten. So begnügte man sich mit der Auslegung der erforderlichen
Wege und Gräben — deren Einrichtung meistens ohne Kontrolle den
Interessenten selbst überlassen blieb — und die Regulierung der notwen-
digsten Vortlut.
(Fortsetzung folgt)
') Nach den technischen Instruktionen sollte auch damals schon der (vor-
übergehende) bessere oder geringere Düngungszustand bei der Bonitierung nicht
berücksichtigt werden; es ist aber zweifellos diese Vorschrift früher nicht ge-
nügend beachtet worden, wie Verfasser aus öfteren Vergleichungen der Grund-
steuerbonitierung mit der damaligen Separationsbonitierung, wie auch durch Ver-
gleichungen der Bodenmischungen an Ort und Stelle entnommen hat.,
• . . .
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rmwonjpwmn Liter»turöber«cht- — 6- Triangulierung, Polygonisierung. 833
Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen
vom Jahre 1906.
Von M. Petzold in Hannover.
(Fortsetzung von S. 818.)
6. Trianguliening und Polygonisierung.
Fuchs, K. Das Pothenotsche Problem im Räume. Ost err. Zeitschr. f.
Vermessungsw. 1906, S. 173—175 u. 298—300; Zeitschr. f. Vermes-
sungsw. 1906, S. 425—429.
Haller. Neutriangulierung in Württemberg. Ein Beitrag zur Genauigkeit
alterer Triangulierungen. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 785— 800.
Harksen. Berechnung von Stand- und Zielexzentrizitaten. Allgem. Verm.-
Nachrichten 1906, S. 345—348.
Hott. Determination simultane^ de deux points au moyen des construc-
tions graphiques ä grande Schelle. Comptes rendus (Paris) 1906,
142. Bd., S. 421—424.
Kopsel. Eine trigonometrische Aufgabe. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906,
S. 568—577.
Ldska , W. Differential - geometrische Konstruktionen beim Rück wärt 8-
ein8chneiden. Oesterr. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 267 — 271.
— Zur Aufsuchung verloren gegangener Punkte. Oesterr. Zeitschr. f.
Vermessungsw. 1906, S. 65—71.
Löschner, H. Ueber den Anschluss von selbständigen Triangulierungen an
solche höherer Ordnung. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 377— 382.
Nyholm, H. V. og Thygesen, P. En Unders0gelse vedmende de tillade-
lige Graenser for Vinkelsumsfejlen og Gäbet ved Polygonmaaling.
Tidsskrift for Opmaalings- og Matrikulsvaesen 1906, 4. Bd., 7. Heft,
S. 193—202.
Schulte, Fr. (Stettin). Einige Bemerkungen zur Berechnung der vorläufigen
Koordinaten eines nach 3 Punkten rückwärts eingeschnittenen Punktea
im Schema des trigonometrischen Formulars 1 1 der Katasteranweisung
IX vom 25. Oktober 1881. Aügem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 208
bis 214.
— Wiederherstellung verloren gegangener Punkte des Polygonnetzes.
Allgem. Verm.-Nachricbten 1906, S. 321-326 u. 361—370.
Semcrdd, A. Versicherung der Polygonpunkte. Oesterr. Zeitschr. f. Ver-
messungsw. 1906, S. 129-134 u. 1 Tafel.
Stewart. Field methods of triangulation in the Plains Country in Montana.
Engineering News 1906, 55. Bd., S. 407—409.
Suckow. Die Wiederherstellung verlorener Polygonzüge. Zeitschr. f. Ver-
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Zeitschrift für YermoMung«weieu 1907. Heft 32. 69
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834 7. Nivellierung, trigonometrische Höhenmesauug etc. _zm*m*
Ullrich, JET. Die Triangulierung des Oberschlesischen Industriebezirks.
Mitteilungen aus dem Markscheiderwesen, Heft 8, 1906, S. 11—19 u.
Tafel IIL
Wedemeyer, A. Rechenverfahren zur Böhlerschen Basismessung. Annalen
d. Hydrographie u. Marit. Meteorologie 1906, S. 131—134.
Wellisch, S. Punktbestimmung durch räumliches Einschneiden. Oesterr.
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Claude, A. et Driencourt. Description d'un niveau autocollimateur a hori-
zon de mercure. Comptes rendus 1906, 143. Bd., S. 394 — 397. Beipr
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Claude und Driencourt. Ein neues Nivellierinstrument. Aus dem Frau-
zösischen von Fr. K. Geist. Allgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 364
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Comptes rendus (Paris) 1906, 142. Bd., S. 337 u. 338.
(Schluss folgt.)
Geodäsie und Universität.
An der Königlichen Universität zu Greifswald finden seit 5 Jahren
geodätische Exkursionen unter Leitung des Ordinarius für Geographie,
Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Credner und des Unterzeichneten
statt. Der diesjährige Ausflug richtete sich nach einem Gute, das im
Wege der Rentengutsbildung aufgeteilt wird, nach der ehemaligen Domäne
Gerdeswalde bei Horst im Kreise Grimmen. Es nahmen ungefähr 40
Herren, meist Studierende der Geographie und der Mathematik, teil, ferner
der Professor der Mathematik Dr. Vahlen und der Privatdozent für
Geographie Dr. Braun. Bei den praktischen Vorführungen, die den
Zweck hatten, die Grundzüge der Landesaufnahme anschaulich zu machen
und die Handhabung der gebräuchlichsten Instrumente an praktischen Bei-
spielen zu erläutern, assistierte der Königliche Landmesser Noack. Für
die Darbietungen war mit Absicht ein Gut gewählt, von dem bereits
Flächen- und Höhenmessungen vorlagen, um die Beziehungen zwischen
dem Gelände und seiner Darstellung durch örtliche Hinweise klarlegen zu
können.
Ich muss gestehen, dass mir die Auswahl des vorzutragenden Stoffes
und die Art seiner Behandlung einige Schwierigkeiten machte, als die Auf-
gabe zum ersten Male an mich herantrat. Es ist nicht leicht, im Rahmen
eines 3— 4 stündigen Vortrages einen Ueberblick über das grosse Gebiet
der Landesaufnahme zu geben, ohne in die Gefahr der Oberflächlichkeit
zu geraten. Alles, was nicht unmittelbar zur Horizontal- und Vertikal-
aufnahme der Erdoberfläche gehört, wurde ausgeschaltet. Die grossen
Gebiete der Flächenberechnung, -Absteckung und -Teilung, die Kurven-
absteckung, die geographische Ortsbestimmung, die Photogrammetrie u. a.
mehr mussten, z. T. auch wegen Mangels der nötigen Instrumente, ausser
Betracht bleiben. Der Aufenthalt im Freien verbot selbstredend eine
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846 Drolshagen. Geodäsie und Universität nrzu^„u
weitgehende Anwendung von mathematischen Formeln, wie Oberhaupt die
Verschiedenheit der Vorbildung der Zuhörer eine möglichst elementare und
anschauliche Vortragsweise verlangte. „
Bei der zunehmenden Würdigung der geodätischen Wissenschaft in
weiteren Kreisen (vergl. u. a. Truck, Geodäsie für Geographen, Z. f. V.
1907, Heft 13) glaube ich dem Stande einen Dienst zu erweisen, wenn ich
für ähnliche Fälle die Art der Greifswalder Vorführungen hier kurz wieder-
gebe, ohne auch nur entfernt den Anspruch erheben zu wollen, hiermit
etwas Mustergültiges zu bieten. Die Zusammenstellung ist geboren aus
der wiederholten Beobachtung des Interesses und des Verständnisses meiner
Zuhörer.
Unbedingt erforderlich ist die Unterstützung des Vortrages mit Hilfe
durch Umdruck vervielfältigter Handzeichnungen. Auf diesen hatte ich
diesesmaJ dargestellt: 1. Das Wesen des Koordinatensystems. 2. Das tri-
gonometrische Netz der Feldmark (1 : 25 000) mit Angabe des Nullpunktes.
3. Das Polygonnetz (1 : 20000). 4. Eine Einzelaufmessung von einer Po-
lygonseite aus. 5. Die Längenmessung mit formelmässiger Erläuterung der
Gefällreduktion. 6. Eine rein geometrische Aufnahme eines kleinen Grund-
stücks mit Flächenberechnung. 7. Das Schema eines Nivellements mit
Tabelle. 8. Einen ausgewählten Geländeausschnitt mit Höhenzahlen und
Schichtenlinien (1 : 2000). 9. Die Darstellung desselben Ausschnittes nach
dem Messtischblatt der Landesaufnahme (1 : 25000). 10. Zwei Vertikal-
schnitte dieses Geländes mit ihrer Ableitung aus den Schichtenlinien in
unverzerrter und verzerrter Darstellung.
Der freie Vortrag selbst gliederte sich folgendermassen : 1. Er-
klärung der Oertlichkeit und des Horizontes. 2. Abriss der Geschichte
der Landesaufnahme und des Kartenwesens — ausgehend von den be-
kannten älteren Werken und Atlanten, sowie den primitiven Methoden der
damaligen Aufnahmen überleitend zu den Basismessungen und den exak-
teren Methoden des 19. Jahrhunderts. Erwähnt konnte hier werden die
hervorragende schwedische Landesaufnahme Vorpommerns 1694 — 97 im
Massstabe 1 : 8000 und die zugehörigen Uebersichtskarten. (Ich hoffe noch
Gelegenheit zu finden,, dieses Werk in einer grösseren Arbeit an dieser
Stelle würdigen zu können.) 3. Die verschiedenen Zeitabschnitte der Kgl.
Landesaufnahme und ihre Beziehungen zum Buchhandel. 4. Hinweise auf
die verschiedenen älteren Detailkarten der Auseinandersetzungsbehörden,
der Forst- und Katasterverwaltungen, sowie endlich auf die modernen Neu-
messungswerke. 5. Geodätische Grundbegriffe, Gestalt der Erde mit
Kartenprojektion und Koordinatensystemen. 6. Die einfache Längenmessung,
Staffelung und Gefällmesser. (Der Wolzsche Gefällmesser hat sich übrigens
auch bei verschiedenen geographischen Aufnahmen im In- und Ausland
sehr bewährt) 7. Die Flächenmessung nach Koordinatenmethode; Vor-
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V e re insn ach rich ten.
847
führung des Winkelprismas. 8. Die Winkelmessung mit Theodolit and
Boussole; Theorie der Instrumente; Triangulation und Polygonisierung.
9. Die Detail auf nahine mit Hilfe der polygom »metrischen Liniennetze.
10. Der Messtisch; seine Theorie und Handhabung in Verbindung mit
einer kleinen Aufnahme. (Den Messtisch hatte Herr Professor Vahlen aus
seiner Instrumentensammlung freundlichst zur Verfügung gestellt; die Uni-
versität besitzt deren zwei.) 11. Die Distanzmessung in Verbindung mit
Messtiscbaufnahme. 12. Die Höhenmessung; Theorie und Anwendung des
Nivellierinstruments; Erklärung des Niveaus, des Normalhorizontes und
der Höhenmarken. 13. Die Darstellung des umgebenden Geländes in Höhen-
zahlen, Schichtenlinien und Schnitten.
Bei einer grösseren Zahl von Teilnehmern ist die Mitwirkung meh-
rerer Landmesser unbedingt erforderlich, weil gerade die praktischen
Uebungen an den Instrumenten einen grossen Zeitaufwand erfordern, wo-
runter die Geschlossenheit des Vortrages leicht verloren gehen kann. Sehr
wünschenswert ist auch, wenn alle Instrumente in mehreren Stücken vor-
handen sind.
Seit diesem Semester liest übrigens auch Professor Dr. Vahlen auf
•höhere Anordnung ein Kolleg über angewandte Mathematik, das besonders
die Geodäsie und ihre Instrumentenkunde eingehend behandelt. Bei den
erforderlichen praktischen Uebungen wurde der Dozent von Landmesser
Noack mehrfach unterstützt
Mit diesem Hefte geht den Mitgliedern des Deutschen Geometer-
vereins der Abdruck eines Gesuches zu, welches die Vorstandschaft im
Verfolge eines Beschlusses der letzten Hauptversammlung an die am Er-
lasse der Landmesserordnung beteiligten preussischen Ministerien ein-
gereicht hat.
Ein längerer Aufschub dieses Vorgehens war aus verschiedenen Grün-
den nicht möglich. Daneben wird aber die von der letzten Hauptversamm-
lung gewählte Kommission eine allgemeine Denkschrift über die Fach-
ausbildung und Vorbildung ausarbeiten, welche seinerzeit allen deutschen
Staatsregierungen eingereicht werden soll.
Eine grössere Anzahl von Abdrücken der Anlage ist noch vorrätig
und wird den preussischen Vereinen eine entsprechende Anzahl durch
Herrn Oberlandmesser a. D. Plähn in Schneidemühl (Posen) zugehen.
Greifswaldf im Juli 1907.
Drolshagen,
Königlicher Oberlandmesser.
Vereinsnachrichten.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins.
P. Ottsen.
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H4H Personalnachrichten. _ Zeiuchrtrt rtr
Vame-uapw««*
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Dem Kat-Inspektor,
Geh. Regierangsrat Hermann Meyer zu Berlin wurde die Kgl. Krone zum
Roten Adler-Orden 3. Kl. mit der Schleife verliehen, ferner dem Kat.-
Kontr., St.-lnsp. Johann Krämer zu Vohwinkel im Kreise Mottmann,
dann den Kat.-Kontr. a.D., St.-lnsp. Adam Karst zu Rüdesheim a/Rh.
und Peter Boehl zu Pfaffendorf, bisher in Walmerod, und dem Kat.-Sekr.
a. D., St.-Insp. Robert Henss zu Wiesbaden der Rote Adler-Orden 4. Kl.
Pensioniert: St.-I. a.D. Kolb in Görlitz und St.-I. Krämer in
Vohwinkel.
Versetzt: St-I. Meyer von Emden nach Torgau, K.-L. Ia Weber
von Osnabrück nach Cassel.
Befördert: Zum Kat.-Kontrolleur bezw. Kat. -Sekretär: K.-L. Em-
merich von Cassel nach Emden.
Ernannt: Zum Kat.-Landm. Ib: Tillmann, Julius, in Düsseldorf.
Zu besetzen: Das Kat.-Amt Gelsenkirchen, Reg.-Bez. Arnsberg.
i
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Versetzt zum 1./12. 07:
L. Tessendorf von Remagen nach Sigmaringen; zum l./l. 08: L. Klinke
von Altenkirchen nach Aachen. — Aus dem Dienst ausgeschieden sind am
1./10. 07: L. Mauderer in Siegburg; am l./l. 08: L. Beitlich in Adenau.
Generalkommissionsbezirk Frankfurt a/O. Versetzt zum 16./8. 07:
die L. Hinterthür von Frankfurt a/O. (g.-t.-B.) nach Stolp-Pom. (M.-B.),
Timpe von Soldin nach Frankfurt a/O. (g.-t-B.); zum 1./9. 07: die L.
Neidhardt von Frankfurt a/O. (g.-t.-B.) nach Neustettin, Hennig von
Neustettin nach Frankfurt a/O. (g.-t-B.).
Königreich Württemberg. Katasterverwaltung. Unterm 5. Ok-
tober 1907 wurde die Bezirk Bgeo met er stelle in Tuttlingen dem Hilfs-
geometer Blick le daselbst übertragen. — Gestorben am 29. August d. J.:
Oberamtsgeometer a. D. Mettler in Gaildorf, 80 Jahre alt.
Inhalt.
Wissen schaftl. Mitteilungen : Zar Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von
Roedder. (Fortsetzung.) — Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen,
von Petz old. (Fortsetzung.) — Geodäsie und Universität, von Drolshagen. —
Vereinsnachrichten. — Personalnachrichten.
Vorlag TOD Konrad Wittwer In Stuttgart.
Druck tod Carl Hammer, Kgl. Hofbnohdiuokarel in Stuttgart.
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849
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN,
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Oborttouerrat ^ Dr. O. Eggert, Professor
MUncben M, Katasterbureau. Danzig- Lang fuhr, Ahorn» eg 10.
1907. Heft 33. Band XXXTI.
21. November.
Der Abdruck ton Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schrirtleltuiiff 1st untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Aitpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
(Fortsetzung von Seite 832.)
5. Das Vermessungswesen im Dienste der Landesmelioration, des Wege-,
Wasser-, Befestigungs- und Städtebaues u. s. w.
Das grossartigste Werk der Landesmelioratiou, wie des Wasserbaues
in Ost- und Westpreussen ist unstreitig die Eindeichung der Weichsel- und
N'ogat-Niederung, die bereits im Jahre 1288 durch die deutschen Ordens-
ritter begonnen und gegen die Xeige des XIV. Jahrhunderts beendigt worden
ist1)» die a°er im Laufe der Jahrhunderte tortgesetzt, sei es zufolge all-
mählicher Erhöhung der Flusssohlen, sei es zufolge der zahlreichen Deich-
brüche*) ergänzt, erhöht oder weiter hinausgerückt werden musste. Es ist
daher anzunehmen, dass die Landmesser an der Weichsel und Nogat fast
ununterbrochen eine rührige Tätigkeit entfaltet haben müssen, wovon auch
einige unter Nr. 691—693 der Kartensammlung des K. St.-A. befindliche
*) Alsen und Fahl, Haupterläuterungsbericht zu den Projekten der Regu-
lierung der Weichselmündungen. Danzig 1877. S. Ii.
*) S. 57—63 das. sind aus der Zeit von 500 Jahren, von 1370—1876 nicht
weniger als 108 Katastrophen nachgewiesen, wobei in verschiedenen dieser Fälle
mehrere Deichbrüche zu gleicher Zeit stattgefunden hatten.
Zeitichrlft für Vennei.ongiweten 1907. Htft 3:5. 60
i
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850 Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. „ z^ucutfi rur
Yermetinnjr« e*i t
1907.
Pläne au6 den Jahren 1754 — 1782 Zeugnis ablegen, während die älteren
zahlreichen Risse und Pläne nach Danzig abgegeben worden sind.
Nächst der Weichsel und Nogat ist der grosse und der kleine Fried-
richsgraben (Greituschke) zu nennen, die beide in der Zeit von 1689 — 1697
durch die Gräfin Katharina zu Waldburg hergestellt wurden, nachdem be-
reits seit 1415 — 1420 verschiedene kleinere Gräben (Ordensgraben) und
Kanäle (der neue Graben zwischen Sköpen und Lappienen 1613 — 1616) u. a.
gebaut i), die neue Gilge kanalisiert und der grösste Teil der Memel-.
Russ- und Gilge-Niederung eingedeicht und zahlreiche Projekte zur Be-
seitigung der wieder und wieder eingetretenen Deichbrüche, wie zur Ver-
besserung der Schiffahrt aufgestellt, verworfen und wieder aufgestellt worden
waren. An Stelle des kleinen Friedrichsgrabens wurde 1833—1834 der
Seckenburger Kanal angelegt, zu welchem nach dem im K. St.-A. unter
Nr. 156 der Kartensammlung befindlichen „Plan von der Situation de-
Kleinen Friedrichsgrabens oder Greituschke" bereits im Jahre 1752 durch
Le Bergius das Projekt entworfen war. Die neue Trace ist in diesem nach
dem kulm. Massstab 1: ca. 15 468 gezeichneten Plan rot dargestellt. Im
Zusammenhange stehen mit diesen Kanalbauten die bereits etwa 1578 aut-
gestellten Anschläge des „Bau- und Strommeisters " Olly über die Regulie-
rung der Ströme Kuckernese, Gilge und Sekaltecken*), worin verschiedene
Durchstiche, Buhnen (Tämme) zu 6 0 lang, 2<> breit und 10 hoch — und
zwar für die Gilge im Kostenbetrage von 54 345 M. 36 Sch., für die Se-
kaltecken in der Höhe von 101 150 M. — vorgesehen werden. Dazu wird
bemerkt, dass „der alte Graben, der aus der Wippe nach Labiau zu geht,
den die Kreuzherren haben graben lassen", 1620 Ruten lang und wieder
verfallen sei und dass, wenn er noch um weitere 2400 Ruten verlängert
werden würde, keine Witinne mehr über das Haff zu fahren brauche. Hier-
für werden dann 48000 M. veranschlagt. In diesen Akten sind dann noch
bis zum Jahre 1611 verschiedene Besichtigungen, Anträge auf Regulie-
rungen etc. zu verfolgen, die sich zum Teil auch auf den Pregel erstrecken.
Im übrigen möge betreffs dieses Niederungsgebietes auf das vortrefflich»'
Werk von Schickert verwiesen werden.
An anderen Orten der Provinz scheinen sich die Wasserbauten lange
Zeit auf Räumung der Flussbette, Wiederherstellung beschädigter Ufer.
Errichtung kleinerer Deiche, Ausführung geringerer Korrektionen u. s. ir,
beschränkt zu haben, worüber im K. St.-A. zahlreiche Akten vorhanden
sind 3), u. a. auch ein rPlan des Projekts von der Fleessbarmachung einiger
Flüsse in der Osteroder Forst" von 1720. Ferner ein Projekt zur Durch-
*) Siehe Sihickert, Wasserwege und Deichwesen in der Memelniederune.
Königsberg 1901. S. 52, 626 und weiter.
*) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 134 d; — bei Schickert nicht erwähnt.
') Etats-Min. Nr. 31 g.
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v^SwSSSJSen Roedder- Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 851
stechung zweier Krümmungen der Passarge vor der Mündung ins Haff vom
Jahr 1764. Die Durchstiche hatten eine Lange von 105 0; der Kosten-
anschlag von Lilienthal schloss ab mit 7774 Rthl. 74 Gr. Das Projekt
kam zustande, wonach wegen Austausch von Flächen ein Rezess zwischen
Preussen und dem bischöflichen Ermland aufgenommen wurde.
Zur dauernden Erhaltung der Deiche und Uferschutzbauten etc. erging
für das Weichselgebiet bereits unterm 30. März 1755 eine „Erneute und
verbesserte Dammordnung zur Erhaltung der Weichseldämme in der Marien-
werderschen Niederung in Preussen", wonach der Ober-Deichinspektor, dem
Dammmeister unterstanden, die Anschläge über Stromregulierungen etc. zn
machen und die Abnahme auszuführen hatte 1 )• Die erste Damm- und Ufer-
ordnung für Ostpreussen wurde unterm 12. April 1787, die „Allgemeine
Deich- und Uferordnung für Ostpreussen und Litauen" unterm 14. April 1806
erlassen*).
Erst seit 1810 wurden in der Memel-Niederung Pegel aufgestellt8).
Eine grössere Anzahl von Landmessern, deren Namen wir vordem auf
Grenzabrissen, Karten für landwirtschaftliche Zwecke etc. bemerkt haben,
finden wir auch hier im Wasserbau beschäftigt, so z. B. Conrad Burck,
jetzt Baumeister, 1633 und 1641 das Memelstromgebiet bereisend. Lucas
Schwartz, Ingenieur und Landmesser 1639, v. Collas 1715, v. Suchodoletz
1731 Deich-, später Ober-Deichinspektor (f 1752), sowie eine grössere
Anzahl von Landmessern, denen wir noch nicht begegnet waren4).
Aus der Karten Sammlung des K. St.-A. sind schliesslich noch zu er-
wähnen:
„Plan von der Königsberger Wasserleitung" von Kuntzmann 1670.
„Von der Lage nach Vermessung und Nivellement zu Anlage einer neuen
Wasserleitung zum Behufe dem Publicen Brunnen in der Stadt Drengfurt "
1762. Verschiedene Pläne von den Häfen und Seetiefs zu Memel und
Pillau. Verschiedene Stromkarten; wie Stromkarte von dem neuen Fried-
richsgraben von Unfried 1722, in 13 Sektionen; vom Guber-Fluss von
v. Suchodoletz 1742; vom Beek-Fluss von Runbeck 1743; vom Pregel 1783,
von der Passarge 1786, der Alle 1798 und 1801. der Gilge 1804, der
Deime 1814 u. a. m. Ferner Nivellementsprofile: von der Wasserleitung
aus dem Oels-See nach der Mahl-Mühle der Stadt Seeburg, von Stritzing
1802: vom Schoben-, Grammer-, Lelesker- und Kallen-See. in 11 Blatt
von Schulz 1803; vom Nemonien-Strom 1805; Nivellement der frischen
Nehrung, von Petersen 1823 u. a. m., die sämtlich mehr oder minder be-
redtes Zeugnis ablegen vom Stande der Wassel bautechnik dieses Zeit-
abschnittes.
») Etats-Min. Nr. 141a.
") Schickert, S. 115 und 165. — •) Das. S. 117.
*) Siehe Schickert.
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K62 Roedder. Geschichte des Verm.-Weiens Preussens etc. zeiuchrtn rax
Nachdem im Jahre 1810 die allgemeine Setzung von Pegeln an den
Hauptströmen und in den öfters von Ueberschwemmungen heimgesuchten
Niederungsgebieten begonnen hatte, erscheinen vom Jahre 1811 ab regel-
mässig jährlich „ Wasserstandskarten der HanptHüsse im Ostpreussischen
Regierungs-Departement", von denen eine grössere Anzahl sich gleichfalls
in der Kartensammlung des K. St.-A. befindet. So war der Grund gelegt
worden zur Sammlung von statistischem Material, dessen ganzlicher Mangel
namentlich in der Niederung des Memel-Deltas schwer empfunden worden
war, und das am wenigsten der Wasserbau entbehren kann.
Mit der Befreiung des Grundbesitzes von seinen Fesseln durch Ein-
führung der Agrargesetze von 1807—1821 erkannte der preussische Staat
auch die Notwendigkeit, durch den Bau von Kunststrassen den öffentlichen
Verkehr zu erleichtern. So beginnen die Vorarbeiten zu zahlreichen Chaus-
seen unmittelbar nach Beendigung des Freiheitskrieges 1815. zunächst
von Königsberg in der Richtung nach Berlin und andererseits nach der
nissischen Grenze: ferner nach Bartenstein und weiter südwärts, von Wehlau
nach Friedland, Quednau-Trutenau ; dann für die litauische Kunststrasse:
für die Strasse Königsberg-Skaisgirren über Labiau: Bartenstein-Bischof-
steiner Kunststrasse u. a. m. , worüber zahlreiche Pläne und Handzeich-
nungen bis zum Jahre 1839 im K. St.-A. aufbewahrt sind. Manche Pro-
jekte sind mehrfach umgearbeitet und manche haben noch eine Reihe von
Jahren auf ihre Ausführung warten müssen. Inzwischen wurden aber die
alten Heerstrassen fortgesetzt verbessert und gelegentlich der Separationen
vor allem verbreitert.
So wie wir hierbei auf Namen von I,andraessern stossen, die wir be-
reits bei anderer Gelegenheit kenneu gelernt haben, so begegnen wir ihnen
auch beim Befestigungs- und Städtebau. Der bekannteste von ihnen ist
Conrad Burck (auch Borck), der im Jahre 1628 vom Kurfürsten angefragt
wird, wie weit er mit dem Bau der Schanzen bei Königsberg gediehen sei i).
In der Kartensammlnng des K. St.-A. liegen dazu zwei Abrisse aus dem
Jahre 1624 vor, die einige Schanzen am Oberteich bei Königsberg nach-
weisen und höchstwahrscheinlich von Burck herrühren. Ausserdem befinden
sich dort noch einige ähnliche aus ungefähr derselben Zeit stammende
Risse mit Darstellungen von Bastionärbefestigungen an anderen Stellen der
Stadt. Auch auf einigen Abrissen von Schlodien und Carwinden«) aus dem
Jahre 1628, und wohl ebenfalls von Burck sind Befestigungsanlagen nach
dem Bastionär- und Polygonalsystem dargestellt, denen hier auch Profile
beigegeben sind, die Wall, Palisaden, Verhaue und Graben nachweisen.
Unter anderen Veranschlagungen liegt der Kartensammlung des K. St.-A.
auch bei ein „Ueberschlag denen Materialien und Kosten welche erfordert
') K. St.-A. Etats-Min. Nr. 8«b.
*) Im gräflichen Archiv zu Schlodien.
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ZMuctriR nir Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens rreussens etc. Hb'd
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werden um 20 Bastions nebst ihren Courtinen in der Stadt Königsberg mit
Sturmpfählen zu versehen" von Lilienthal 1787.
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vera^STiw^n Roedder- Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 855
Wir begegnen hier auch verschiedenen Stadtplänen, so z. B. einer
grösseren Anzahl von Rissen und Plänen von Königsberg und einzelnen
Teilen der Stadt vom XVI. Jahrhundert abi), ferner liegt vor ein Riss von
I3raunsberg iu zwei Blatt von 1635, ein Spezialplan von Memel von 1680
u. a. ra., schliesslich bemerken wir (unter Nr. 113) einen Plan der Stadt
Domnau „so den 25 Mart. 1776 grösstenteils eingeäschert worden" von
Vetter, im April ej. a. , etwa im Massstab 1 : 3333 nach rheinländi schein
Masse aufgetragen, der einen einfachen Fluchtlinienplan im modernen Sinne
darstellt und hier wiedergegeben wird2). Die abgebrannten Gebäude sind
darin grau, die stehengebliebenen gelb angelegt, während die projektierten
Strassentiuchten, die namentlich am Markt die Grundstücke ziemlich rück-
sichtslos durchschneiden, in schwarzen Linien eingezeichnet sind. Einem
auf dem Plan befindlichen Vermerk zufolge wurde das Projekt bei der
K. R. K. geprüft. Die beigefügte Zeichnung (Abb. 28) ist nach einer Photo-
graphie hergestellt. Die stehengebliebenen Gebäude sind darin schraffiert;
die neuen Strassentluchtlinien stark schwarz ausgezogen; die Bezeichnungen
der Grundstücke mit Nummern und die Namen der Eigentümer sind fort-
gelassen worden.
Wie der Bürgermeister der Stadt Domnau dem Verfasser zufolge einer
Anfrage mitteilte, ist dieser Fluchtlinienplan im wesentlichen auch durch-
geführt worden.
6. Die Feldmasse In Ost- und Westpreussen.
Sehen wir uns nach den ältesten Nachrichten über Feldmasse um, so
finden wir in der Geometria culmensis3) folgende Angaben:
4 Fingerbreit = 1 Handbreit, 4 Handbreit = 1 Fuss, 2 Fuss = 1 kulm.
Elle, 5 Fuss = 1 Schritt, 125 Schritt = 1 Gewende, 8 Gewende = 1
welsche Meile, 2 welsche Meilen = 1 kleine Rast, in Deutschland machen
wohl 10 und mehr Meilen eine Rast; 3 Schritt = 1 Messrute, 10 Mess-
ruten = 1 Seil, 3 Seil lang und 1 breit machen einen Morgen, 30 Morgen
1 Hufe*), 1 deutsche Meile = 180 Seil.
*) Siehe Abbildung 27, den ältesten Stadtpian von Königsberg darstellend,
der nach Armstedt, Bötticher u. a. im Jahre 1572 hergestellt ist, dessen Auf-
nahme aber bereits in der Zeit «wischen 1532 und 1551 durch Georg Braun er-
folgt sein dürfte, wie Beckherrn in einer Abhandlung über die Geschichte der
Befestigungen Königsbergs — Altpr. Monatsschrift, Bd. 27, S. 397 — nachweist.
*) Siehe Abb. 28.
») Handschrift B. S. 9.
*) Ausserdem gab es hier noch sogen. Haken- oder Hackenhufen, welche
= */s der gewöhnlichen waren, s. Einl. zur Geom. culm., auch Festschrift S. 28,
ferner 0. F. Nr. 1291 u. a.
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856 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesena Preussens etc. _^ttjggaru
Die Landstrasse »oll gemeiniglich eine Messrute *) breit sein . so
dass eine Landstrasse von 1 deutschen Meile Länge 6 Morgen gros*
sein soll.
Irgendwelche Angaben, die bestätigen, dass im alten Freussen zur Zeit
der Ordensritter die Massbezeichnungen Fingerbreit, Handbreit, Fus>.
Schritt, Gewende anders als zu ungefähren Längenbestiinmungen oder zo
Wirtschaftszwecken gebraucht wurden, sind nicht bekannt geworden, so
dass wohl anzunehmen ist, dass hier lediglich nach Ruten (bezw. Seil).
Morgen uud Hufen gemessen worden ist, wie dies auch durch v. Suchodc-
letz bestätigt wird.
Um nun auch zu zeigen, wie wenig zuverlässig die älteren derartigen
Angaben mitunter sind, mögen hier einige Notizen wiedergegeben werden,
die einem der Folianten Uber Grenzvisitationen vorgeheftet sind; z. B- ist
0. F. Nr. 1291 aus den Jahren 1524—1542 „Allerley Grenzen. Grenz-
gänge auf der I ) unziger Nehrung, mit Samaiten und Litauen, mit Erratend,
auch Grenzen Preussischer Aemter und einzelner Güter" angegeben, dass
1 Faden«) = 3 Ellen, 13050 Elton = 1740 Ruten = 174 Seü = 1 Meile
sei, und dann sind Vergleiche angestellt zwischen der Länge einer litauischen
und einer preussischen Meile. Je nachdem nun der Faden zu 3, 31/* u. s. w.
Ellen gerechnet würde, je nachdem sei die preussissche Meile grösser oder
kleiner als die litauische. Als Zahlzeichen sind hier noch die alten Buch-
staben e, I, o, t u. s. w. gebraucht. Hinter diesen und vor den folgenden
Angaben ist ein Zettel mit folgendem, von anderer Hand geschriebenen
Vermerk aufgeklebt:
„aus diesem Bericht der Landmasse von Huben, morgen etc. mag
wol nichts gründtliches, darauff man sich verlassen konte, ausgegeben vnd
mitgetheilet werden. Weil darinnen sehr viel falsch berichtet vnd conclu-
diret wirdt.
M. Memus.u
Nun folgt der weitere Text der ursprünglichen Handschrift unter der
Ueberschrift: „Morgen vnd hueben massu etc.
„Item ein Rutenn ist lang 7»/2 eilen vnd 2 Daumen von einem
Manne»)
*) Horn gibt auf S. 250 an, dass nach kulm. Recht (V. 14) jede Wagen-
strasse 10' breit sein sollte.
*) Faden — Klafter nur im kaufmännischen Gewerbe gebräuchlich,
3) D. i. ist die neukulmische Rute, die im Herzogtum Preussen offiziell er>t
1577 eingeführt wurde, s. v. Suchodoletz § 17 und in den verschiedenen Reduk-
tionstabellen.
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liitiHilll für Koedder. Geschichte des Vernu-Wt
Kuten
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30
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4
4 1/4 minus
4
3i/2
3
ist i/8 morgen
Ruten
ist ein morgen u
► breit
Vs minus
V< minus
Man sieht auf einen Bück, wie sehr fehlerhaft diese Tabelle ist; so
wäre % M. = 100 DK und 1 M. wäre je uachdem = 400 ; 300: 315: 280;
292.5; 300; 302.& 300; 316,88; 332.5: 290,62; 320: 318,75; 360; 332.5
und 300 DK.
Ferner wird noch angegeben: 20 M. = 1 Hacken, 30 M. = 1 Hufe.
Dauu folgt noch eine der vorigen ähnliche Tabelle, aus der zu ersehen ist,
wieviel Ruten nach Länge und Breite ein Morgen gibt.
Diese Tabellen finden sich in 4facher Ausfertigung noch unter Nr. 48 aa
des Etats-Min.. auf deren Titelblatt vermerkt ist: „diess yst der zetel des
hübe Mass wie mann hübe vnd morge messen sol vss des alten landmessers
buch verzeichnet von dem alten Bernstein Meister seliger empfangen u 1520.
Hinter der zweiten Tabelle folgt in unserem (). F. sodann ein Auszug :
„von Messeruthen aus dem Ratbuch in der Altenstath Konigsperck" , der
mit der Angabe beginnt: „die erste vnd kieiuste mass ist finger breit" und
im übrigen mit den Massangabeu der Geometria culmensis bis einschliess-
lich des Verhältnisses zwischen Meile und Rast übereinstimmt. Es folgen
dann nocli mehrere andere gleichlautende Massangaben, „muh der Licki-
• * m m *uvw mr m mr mm mm ms m w mmy m «- ■ m m • » » m * i_ * m v-> mf-rn. mm w mr t-mmmmm, mm mr mr mm * mm • • mm mr mm mmj mr mt ™» — —
sehen Handfeste", „nach der Landtmesser mass von Johanspurck" „Her
Dietrichs von Lobenhausen Bericht wie man morgen vnd hüben messen solu,
„ein ander Bericht, wie es der aide Landrichter in seinem Buche gesagt
vnd gehalten hatte" — „item ein geliert feit 20 Rutten langk vnd breit
ist ein morgen", „Eyn ander form hüben zu messen", dazu ähnliche Ta-
bellen wie vor. wobei am Schluss wieder 180 Seil = 1 Meile gesetzt wird.
Ausserdem werden auf Bl. 20 verschiedene Meilenlängen angegeben, je nach-
dem der Faden oder die Klafter zu 3, 3V4. 3 und einhalbviertel, 3y,6 ge-
rechnet wird. Im ersteren Falle wäre die Preuss. Meile 6 Seil länger als
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858 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. „ zauehrtfi rar
die litauische. Es sind dies Angaben, die sieh mit den eingangs erwähnteu
fast vollständig decken. Auf BL 21 werden einige Entfernungen zwischen
bekannten Orten, z. B. zwischen Königsberg und Memel = 18 Meileo,
mitgeteilt.
Im 0. F. Nr. 1292 aus den Jahren 1541—15461) wird vermerkt, das*
75 poln. Ellen = 1 Schnur und 180 Schnur = 1 Meile wäre.
Am sichersten verfolgen wir nun die Entwicklung der Massverhältnisse
an der Hand der „Reduktionstabellen der in der Provinz Preusseu vor-
kommenden Längen- und Flächenmasse — ohne Angabe des Verfassers —
Thorn 1855, 2. Aufl., die folgeudermassen eingeleitet wird:
„Durch die kulmische Handfeste vom 28. Dezember 1233 führte der
deutsche Orden das flämische Ackermass in Preussen ein. Es ist das jetzige
altkulmische Mass, teilt die Hufe in 30 Morgen zu 300 DR und misst
dessen Längenrute 1915,8201 Pariser Linien (= 4,3217627 m. D. V.) . . .
Im Herzogtum (spätem Königreich) Preussen wurde vom 27. September
1577 ein anderes Eeldmass, dasneukulmische Mass, eingeführt. Es
teilt die Hufe gleichfalls in 30 Morgen zu 300 GR und seine Längenrate
misst 1945,73305 Pariser Linien (= 4,38924116 ra. D. V.) . . .
Dasselbe galt in diesem Lande bis zum Jahre 1721, in welchem die
damalige Kgl. Generalvermessungskommission den Gebrauch des oletz-
koschen Masses befahl*), welches die Hufen und Morgen wie die vorigen
teilt und dessen Längenrute 1848,44639 Pariser Linien (= 4,1697791 m.
D. V.) . . . hat. Später bestimmte das Feldmesserreglement vom 20. No-
vember 1755, dass in den zum Königreich Preussen gehörigen Landen bei
Vermessung von: adligen, kölmischen, Frei- und Chatoul-Gütern das neu-
kulmische. königlichen Bauerngütern das oletzkosche, königlichen Do-
mänen das magdeburgische Mass8) in Anwendung kommen sollte und
erhielt dieses Reglement nach der Wiedervereinigung von polnisch Preussen
mit dem Königreiche auch in den Landen des ersteren Geltung, doch mit
der Massgabe, dass bei der Vermessung von Privatgütern in polnisch
Preussen das altkulmische Mass nach wie vor angewendet werden sollte.
Bei dem Gebrauch dieser verschiedenen Masse blieb es, bis das Feldmesser-
reglement vom 28. Mai 1793 dem ein Ziel setzte und bestimmte, dass alle
Vermessungen, sowohl von Königlichen als von Privatgrundstücken nach
dem magdeburger Masse geschehen sollten, und das Feldmesserregle-
ment vom 29. April 1813 bestätigt dieses mit der Bestimmung, dass alles
Flächenmass in Morgen, Quadratruten und in Zehn- und Hundertteilen der
letzteren anzugeben sei.
') Bl. 302ff.
*) Nach v. Suchodoletz § 9 durch Friedrich Wilhelm I eingeführt; jeden-
falls aber wohl auf dessen Veranlassung. Der Verf.
') Eine Fussnote 'dazu gibt an, dass dies gleich dem preussiarhen sei.
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zeitBcbrift für Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 859
Die Mass- und Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816 bestimmte, dass
der rheinländische (mit dem Magdeburger gleich lange) Fuss für den
ganzen preussischen Staat das Grundmass bilden sollt«. Er niisst 139,13
Pariser Linien und wird in 12 Zoll zu 12 Linien geteilt, 12 Fuss sind
1 Rute. Bei Feldvermessungen soll diese 12füssige Rute in 10 geometri-
sche Fusse zu 10 Zoll und 100 Linien eingeteilt werden, also die Quadrat-
rute in 100 geometrische Quadratfuss und der Quadratfuss in 100 geo-
metrische Linien.
Nach vorstehender Auseinandersetzung war das gesetzliche Feldmass:
1. Im Regierungsbezirk Gumbinnen, im Regierungsbezirk Königsberg
(mit Ausschluss der ermländischen Kreise Braunsberg, Heilsberg, Rössel
und Allenstein), im westpreussischen Kreise Rosenberg und in dem rechts
der Weichsel belegenen Teile des Kreises Marienwerder
bis 1577 das altkulmische,
von 1577 bis 1721 das neukulmische,
von 1721 bis 1755 das oletzkosche l),
von 1755 bis 1793
bei adeligen, kölmischen, Frei- und Chatoul-Gütern das neukulmische,
bei Königlichen Bauerngütern das oletzkosche,
bei Kömglichen Domänen das magdeburgische (duodezimal),
von 1793 bis 1813 das magdeburgische (duodezimal),
von 1813 das magdeburgische (dezimal) und spater (von 1816 ab)
dasselbe unter der Benennung preussisches Mass.
2. In den ermländischen Kreisen ßraunsberg, Heilsberg, Rössel und
Allenstein (das Ermland), im Regierungsbezirk Danzig, im Regierungsbezirk
Marienwerder mit Ausschluss des Kreises Rosenberg, dem rechts der
Weichsel belegenen Teile des Kreises Marienwerder, und der Kreise Deutsch-
Crone und Flatow, soweit sie nicht zu polnisch Preussen gehört haben
bis 1772*) das altkulmische,
von 1772«) bis 1793
bei allen Privatgütern das altkulmische,
bei Königlichen Domänen das magdeburgische (duodezimal),
von 1793 bis 1813 das magdeburgische (duodezimal),
von 1813 das magdeburgische (dezimal) und von 1816 ab dasselbe
unter der Benennung preussisches Mass.
Was den Kreis Deutsch-Crone und die nicht zu polnisch Preussen
( Pommerellien) gehörenden Teile des Kreises Flatow anlangt, so haben wir
') Wie weiter nachgewiesen werden wird, ist dies nicht ganz richtig, denn
das neukulmische war noch für verschiedene Zwecke beibehalten worden. D.Y.
*) Nicht 1771, sondern durch das Zirkular vom 28. Oktober 1773 eingeführt;
s. Edikten-Sammlung des K. St.-A. S. 2467 vom Jahre 1773.
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860 Roedder. Geschichte des Verm.-WesenB Preussens etc. ^««gmiir^
über die dort bis zur Einverleibung in den p russischen Staat (1772) üb-
lich gewesenen Feldniasse nichts Genügendes erfahren können. Ehe wir
daher vielleicht Ungenaues mitteilen, übergehen wir diesen 1 Landstrich jetzt
gänzlich und behalten uns die weiteren Mitteilungen vor."
Merkwürdigerweise hat der unbekannte Verfasser Wer unterlassen, das
„Teichgrü her "-Mass zu erwähnen, das v. Suchodoletz in seinen Tabellen
mit nachweist und dessen auch Eytelwein in seinem Werke „Vergleichungen
der in den Kgl. preussischen Staaten eingeführten Masse und Gewichte b.
Berlin 1798, S. 6, Punkt 4 mit der Bemerkung erwähnt, dass eine Teich-
gräber-Rute = 15 Fuss rheinländisch wäre1), v. Suchodoletz sagt hierüber
in § 27: 1 Kgr. Pr. kulm.Rute*): 1 Teichgräber-Rute = 13985 : 15000.
_ $28: 1 oletzkische Rute : 1 „ „ = 1 3285»/4 : 1 5000.
r §29: 1 rheinländisehe Rute: 1 r r = 5 4
und vergleicht dieses Mass in seinen Tabellen wie folgt:
in Tab. I, 1 Rute Kgr. Pr. kulm. = 13' ll^'W Teichgräber,
n n H, 1 „ oletzkisch = 13' 3«//
r „ III, 1 „ rheinl. =12* „ u. s. w.
Es sei ferner darauf aufmerksam gemacht, dass der unbekannte Ver-
fasser der zuerst erwähnten Reduktionstabellen (Thorn 1855) sich irrt, wenn
er angibt unter 1. im Regierungsbezirk Gumbinnen, Königsberg etc. galt
als gesetzliches Feldmass von 1721 bis 1755 das oletzkosche, denn das
neukulmische war noch in Geltung geblieben und zwar für adlige, kölmissche.
Frei- und Chatoul-Güter8) und blieb es noch bis 1793.
v. Suchodoletz sagt über das oletzkosche Mass in $ 9: Friedrich
Wilhelm I führte 1721 bei der Ao. 1721 in Oletzko gehaltenen Kommisssion
ein neues, das oletzkische Mass ein, das nur zum Messen von Domänen-
ländereien dienen sollte und daher auch Kainmermass genannt wurde. Auch
Eytelwein bestätigt dies S. 6, Punkt 3: die oletzkosche Rute ist 1722 4)
bei der damaligen grossen Vermessungskommission unter Direktion des
Ingenieurs v. Rosse eingeführt worden. Mit ihr sind die Oerter in Ost-
preussen und Litauen als Kgl. Domänenstücke vermessen, die nachher auf-
geteilt wurden. Lange scheint in seinen Reduktionstabellen, Berlin 1805.
seinen Vermerk S. VIII, Punkt 7 aus Eytelwein übernommen zu haben.
Es erscheint übrigens auch ausgeschlossen, dass die Stände sich die all-
gemeine Einfühlung der verkürzten Rute — nachdem sie im Jahre 1577
die Einführung der verlängerten (neukulmischen) nach karten Kämpfen
') S. auch „Instruktion vor die Landmesser des Königreichs Preussen" vom
20. November 1756, § 5.
*) D. L neukulmisch.
") Durunter sind auch unzweifelhaft die Bauerngüter gemeint. Der Verf.
4) Soll heissen 1721. Der Verf.
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ÜSSnSS mr n Rocdder- Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. 861
durchgesetzt hatten — hätten gefallen lassen. Dagegen erscheint es er-
klärlich, dass die Domänenverwaltung bezw. die „Generalvermessungskom-
mission" bei der Einführung der verkürzten (oletzkoischen) Rute zum Zwecke
der Verwendung bei Aufteilung von Domänen lediglich das fiskalische Inter-
esse im Auge hatte.
Nun wird in der „Reduktionstabelle sämtlicher in Ost- und West-
preussen und Litauen vorkommenden Feldmasse, Hohenstein 1847" —
ohne Angabe des Verfassers — die Einführung des oletzkoischen Masses
im Jahre 1722 *), Übereinstimmend mit v. Suchodoletz und Eytelwein, gleich-
zeitig aber auch angegeben, dass durch den Kabinettsbefehl vom 30. August
17502) für die Kgl. Domänen das neue Mass in diesem Jahre (also nicht
erst 1755, wie in den anderen Tabellen vermerkt ist, d. V.) eingeführt
worden sei. Dieser Kabinettsbefehl ist nun leider in der Ediktensammlung
nicht aufzufinden.
liierunter möge nun ein kurzer, in etwas veränderter Form gebrachter
Auszug aus der am geeignetsten erscheinenden „ Reduktionstabelle" von
1855 wiedergegeben werden, deren Spalte „metrisch" durch den Verfasser
hinzugefügt worden ist. (Siehe Tabellen S. 862 u. 863.)
lieber die aus besonderer Veranlassung erfolgte Festsetzung einer
Meile möge hier noch ein Auszug aus v. Suchodoletz § 24 folgen : 1 Meile
war 1800 Kgr. Preuss. Culm. Ruten gerechnet. Im Amt Brandenburg be-
fanden sich zwei solche richtig abgemessene Meilen. „Die eine fängt sich
an beym Schlosse Brandenburg allwo am Landwege beym Eingange auf
das Amtshaus ein achteckiger hoher Stein mit der rebersehrift gesetzt ist:
Bey diesem Dorfe, Padersort genannt, stehet der andere Stein, wenn
man von Brandenburg kommet, linker Hand, ohnweit den Hecken.
Die andere Meile ist gemessen zwischen der Stadt Kreutzburg und
dem Dorfe Liebnicken.
Davon hat man in des Amtes Brandenburg Abriss-Buche folgende Be-
schreibung: ....
„nachdem die Werke der Schneider, Schuster und Schmiede zu Kreutz-
burg mit den Liebnickern viel Zwist und Zank gehabt, weil die Werke den
Liebnickern nicht gestatten wollen, dergleichen Handwerker zu halten:
') Soll heissen 1721. Der Verf.
*) Im Feldmesserreglement von 1755 § ist der 13. August angegeben.
Anfang
einer Meile
1613
bis
Padersort
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862 Roedder. Geschiebte des Venn.-WesenB Preussens etc.
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SSSSSnmrn Roedder- Geschichte des Verra.- Wesens Preussens etc. 863
Pariser
Linien
1848,44639
Pariser
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864 Roedder. Geschichte des Verm.-AV esens Preussens etc. „ zwucbmt rar
1907.
dahero die Liebnicker bey dem Wohlgebohrnen Herrn, Herrn Fabian dem
JQngern, Burggrafen und Herrn zu Dohna, ('hurfürstlichen, Brandenburg-
Sehen Preussischen Landrath, Rittmeistern und Hauptmann auf Branden-
burg, sich darüber beschweret und gebeten, durch einen geschwornen Land-
messer den Weg von Kreutzburg bis Liebnicken überschlagen zu lassen,
ob derselbe eine Meilweges oder aber weniger oder mehr halte, damit sie
wissen könnten, ob sie solche gedachte Handwerksleute zu halten, befujrt
seyn oder nicht. Als ist auf Ihro Gnaden, des Herrn Hauptmanns Yer-
abscheidung und Anordnung, in Beysein des Amtsschreibers zu Branden-
burg, Augustin Wochen, von Amtswegen den obgemeldten Werks- Aeltesten
und Liebnickers, das Maass den 4. Juni durch (Jonrad Burcken, Preussi-
M'hen bestalten und beeidigten Landmessers, am Stadtthor zu Kreutzbnrg
angefangen und fort bis an der Stand- und Caverer-Feldscheidung 285
Ruthen, von da bis Caverer 315 Ruthen, an dem Dorf vorbey bis es sich
endet 200 Ruthen, weiter bis an den Globuhner Brück übers Fliess über
.'»00 Ruthen, den Weg aber nach Globulinen ungemessen bleiben lassen nnd
zur rechten Hand am jetzterwühnten Fliess den Kirchenweg nach Liebnick,
bis diese zwei Wege wieder zusammen kommen, 300 Ruten, von hier ab
bis an der Globuhner und Liebnicker Feldscheidung 200 Ruthen, und end-
lich von derselben bis in's Dorf Liebnicks, für des Frey es Friedrich Bieders
Thüre, 200 Ruten gemessen. Summa zusammen 1800 Culmische Raten
oder 10800 einfache Schritte, welche in diesem Herzogthum Preussen fflr
eine Meilwegs gerechnet werden, daselbsten ein Stein den 5. .Tunii gesetzet
und aufgerichtet, darinnen die Buchstaben M, V. K. nebst der Jahreszahl
gehauen worden. Actum vt supra A. 1620. u
„Dass diese Messung, einer Preussischen Meile 1800 Ruten gerechnet,
von der Stadt Kreutzburg bis in's Dorf Liebnicken, vorbeschriebener masseu
in Ao. 1 620 in diesem Amte vollenzogen, der bezeichnete und gesetzte Stein
annoch vorhanden, die Beschreibung auch der Posteritet zur Nachricht dieses
Amtes Abriss-Buche ingrossiret und in demselben nach dem Register No. 26
von Wort zu Wort, wie obstehet, befindlich ist, wird auf gebührendes An-
suchen der Königl. Stadt Graudenz, der Wahrheit zur Steuer, hiermit be-
zeuget, und dieses Vidimus unter dem Amtssiegel und meiner Unterschrift
glaubwürdig extradiret." „Geschehen auf dem Churfürstlichen Hause Bran-
denburg den 25 Juni 1681
(L. S.) Heinrich Püning
Amt-Schreiber. "
In einigen Reduktionstabellen sind auch die polnischen und litauischen
Masse angegeben, und zwar 10 poln. = 1,185930 preuss., 10 litauisch
= 1,293750 preuss., doch können wir von diesen in Preussen nie offiziell
eingeführten oder verwendeten Massen wohl ganz absehen.
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verawSJIJä«! Rocdder- Geschichte dea Verm.- Wesens Preussens etc. 865
Nach Durchsicht der verschiedenen und umfangreichen Kartensamm-
lungen werden wir aber die Ueberzeugung gewinnen müssen, dass die
verschiedenen Massedikte und Vorschriften in der Praxis teils sehr lang-
sam befolgt, teils aber auch überholt wurden. So rinden wir, wie im zweiten
Abschnitt bereits kurz bemerkt, noch bis zum Jahre 1820 einzelne Karten,
die auf neukulmischem Masse beruhen, andererseits eine Handzeichnung vor
von einem Teile der Stadt Labiau mit Umgebung vom Jahre 1703 '), die
bereits nach rheinländischem Masse aufgetragen worden ist, während dieses
Mass zu Graben- bezw. Dammbauten im Jahre 1721, allgemein in Preussen
aber 1813 eingeführt wurde. Immerhin erscheint es von der allergrössten
Wichtigkeit, sobald es sich bei älteren Karten in zweifelhaften Fällen darum
handelt, festzustellen, welches Mass ihr zugrunde gelegt ist, die Zeit der
Kartierung, den Bezirk, zu dem die betreffende Feldmark gehört und die
Eigenschaft des Grundstücks mit in Betracht zu ziehen.
Wie zähe die Landbevölkerung, wie auch der Techniker am Alther-
gebrachten hängt, möge auch der Umstand beweisen, wie trotz der Be-
stimmung des Feldmesserreglements von 1813, dass alles Flächenmass
fernerhin in preuss. Morgen und deren zehn- und hundertteiligen Teilen
angegeben werden solle, die Bezeichnung nach kulmischen Hufen neben
preuss. Morgen bis zur Einführung des metrischen Masses nie ganz, weder
aus dem landwirtschaftlichen Betriebe, dem öffentlichen Leben, noch aus
unseren Rezessen verschwunden ist. Der einfache Bauer spricht noch
heute von seiner Viertel-, halben, ganzen Hufe, in zweiter Linie aber erst
von „Morgen", während ihm der Begriff von ha, ar, qm überhaupt
nicht sympathisch ist. Bezüglich der Rechnung nach Hufen können wir
den Grund zu diesem konservativen Verhalten der Landbevölkerung darin
suchen, dass früher Lasten und Rechte vielfach nach dem nominellen Hufen-
besitz der Grundstücke verteilt waren und bei Ablösungen und Separationen
dann immer auf diese durch Rezesse festgelegten Teilnahmeverhältnisse
zurückgegriffen werden musste. Die Morgen-Rechnung aber zieht der Land-
wirt deshalb der Berechnung nach ha vor, weil einmal ein Morgen leichter
zu übersehen ist als ein Hektar und 1 Scheffel Roggenaussaat durchschnitt-
lich (bei extensiver Wirtschaft) für 1 Morgen passt.
(Fortsetzimg folgt)
») K. St.-A. Etats-Min. Nr. 134 d.
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Herrn Landmessers Detering auf S. 769 d. Z. dieses Jahres möchte ich
auf die von mir in der Verbandszeitschrift preussischer Landmesservereine
von 1905 zu Heft 8 veröffentlichten „zwei Tabellen zur Kontrolle recht-
winklig gemessener Abstände", besonders Tabelle II, hinweisen. Auf sieben
Seiten sind zu der kurzen Kathete bis zu 1000 m Länge die zugehörigen
beiden anderen Stücke unmittelbar abzulesen. In einen festen Deckel ein-
geheftet, nur 10 cm breit, ist dieselbe bequem im Felde mitzuführen.
Königsberg i/Pr. Roedder.
Ziele der Landmesser in Preussen.
Seit Jahrzehnten sind die preussischen Landmesser aller Klassen —
Beamte und Nichtbeamte — erfolglos bemüht gewesen, die ihnen nach
der Bedeutung ihrer Tätigkeit in Staats- und volkswirtschaftlicher Be-
ziehung und nach ihrer wissenschaftlichen Ausbildung zukommende Stellung
im Staatsleben eingeräumt zu erhalten.
Es soll nicht gerade behauptet werden, dass sich des Landmesser-
berufs bisher niemand angenommen habe; denn es ist seiner bei den Ver-
handlungen im Abgeordnetenhaose schon einigemale in dankbar anzuerken-
(Schluss folgt.)
Messungsproben.
Digitized by
874 Ziele der Landmesser in Preussen. y^^f^
1907.
nender Weise gedacht worden. Ausser zustimmenden Worten bat ihr
Bestreben aber einen wesentlichen Erfolg bisher nicht aufzuweisen vermocht
Ist es daher zu verwundern, wenn sich namentlich in den Kreisen
der älteren landmesserischen Beamten und Landmesser eine gewisse Hoff-
nungslosigkeit zu erkennen gibt, die stellenweise der bitteren Empfindung
einer nicht genügenden Würdigung ihrer Tätigkeit und dem Gefühl einer
verfehlten Berufswahl Raum gibt? Wird die Berufstätigkeit nicht durch
solche Umstände ungünstig beeinflusst? Und sind die Schärfen, die sich
an manchen Punkten z. B. bei den Beziehungen zwischen Landmessern
und andern Stellen zeigen, nicht grösstenteils ebenfalls auf jenen Umstand
zurückzuführen?
Die Frage, welche Ursachen diesen Erscheinungen zugrunde liegen,
ist nicht schwer zu beantworten. Es genügt schon ein Hinweis auf die
zersplitterten Yereinsbestrebungen der Landmesser und auf das hierdurch
zu erklärende Fehlen grosszügiger einheitlicher Bestrebungen, welche u. E.
nicht zum wenigsten Folgen ihrer überaus grossen dienstlichen Inanspruch-
nahme besonders durch die anstrengende und ermüdende Feldtätigkeit
sind. An praktischem Sinn, an Tatkraft und Opferwilligkeit fehlt es den
Landmessern nicht; — das haben sie schon oft bewiesen. —
Die Einzelvereine sind in ihrer Wirksamkeit für engere Zwecke ge-
wiss sehr nützlich und nicht zu entbehren, für grosse Fragen allgemeiner
Bedeutung kann aber nur der Zusammenschluss auf ein einheitliches Ziel
von Wirksamkeit sein. Die bei den Einzelvereinen nicht selten ohne Rück-
sicht auf das Ganze in die Tat umgesetzten Bestrebungen auf Verbesserung
von Verhältnissen allgemeiner Bedeutung schadet oft der allgemeinen
Sache; denn man fragt mit Recht, warum das besondere Bestreben nur auf
diesen Teil des Berufskreises beschränkt ist, während von anderen Teilen
ein solches Bestreben nicht zu erkennen gegeben wird.
Sollte denn eine Besserung auf diesem Gebiet tatsächlich nicht mög-
lich sein?
Haben auch die Bemühungen älterer Berufsgenossen auf diesem Ge-
biete einen Erfolg nicht gezeitigt und erscheint ihr Interesse für die Sache
auch stellenweise erlahmt, so ist doch bei den jüngeren Berufsgenossen
noch ein stets reges Bestreben für die Berufsfragen vorhanden; oder
wollten auch diese etwa die Hände mutlos in den Schoss legen?
Nur die regelrechte Verfolgung des gemeinschaftlichen Teiles der
gesteckten Ziele kann von Erfolg begleitet sein und hierbei ist es zunächst
erforderlich, dass über jedes Ziel und die einzuschlagenden Wege völlige
Ueberein8timmung besteht.
Wohin soll es führen, wenn von der Allgemeinheit der preussischen
Berufsgenossen die Einreihung der beamteten Landmesser in die ihnen
zukommende dritte Wohnungsrgeldturifklasse4 «rstrebt wird, aber abweichend
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Zeitschrift rür Missverhältnisse in der Besoldung der preasg. Landmesser. 875
hiervon in der Eingabe eines Einzelvereins die Möglichkeit der Errichtung
einer besonderen Stufe erörtert wird? Schadet das nicht der allgemeinen
Ist es nicht ebenso schädlich, der im Berufskreise allgemein aner-
kannten Notwendigkeit des Abituriums als Vorbildung durch vereinzelte
Stimmen Abbrach zu tun und ist es in dieser Beziehung nicht auch sehr
unzweckmässig, der Annahme ungenügend vorgebildeter Eleven stellenweise
noch Raum zu geben?
Wäre es nicht unpraktisch bei der augenblicklichen Sachlage die
Rangfrage anzuschneiden?
Nichts zur Unzeit, aber auch nichts zu spät und jederzeit nur
das Erreichbare wollen wir erstreben.
Als die augenblicklich brennendste Frage muss die richtige
Einreihung der beamteten und nichtbeamteten preussischen Landmesser
in die jetzt bestehenden Besoldung - bezw. Bezahlungs- Reglements angesehen
werden, da diese Frage schon seit Jahrzehnten der Erledigung harrte, noch
ehe an die hiervon gänzlich unabhängige Gewährung von Teuerungsaufbesse-
rungen — die wohl noch in der Ferne liegen — gedacht werden konnte.
Sodann wird die nächstwichtige Frage des Abituriums baldigst zu
erledigen sein. Hierauf ist die weitere Ausbildung der Landmesser zu
verbessern und erst dann kann das übrige den sich ergebenden Konse-
quenzen vorbehalten bleiben.
Dringend muss gewünscht werden, dass sich die einzelnen Teile des
Berufskreises in einheitlichen Zielen zusammenfinden und diese sach gemäss
zu erreichen sich bestreben. Bei der praktischen Sinnesart der Land-
messer ist nicht anzunehmen, dass es zur Klärung der Bestrebungen
grosser Mühe bedürfen wird. R. Sch.
Die Behebung von Missverhältnissen in der Besoldung
der preussischen Landmesser.
Zurzeit wird von der Preussischen Staatsregierung ein Gesetz über die
Aufbesserung der Einkommensverhältnisse der Beamten ausgearbeitet, und
es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die entsprechende Vorlage schon
im kommenden Winter dem Landtage zur Beratung überwiesen und dann
gleichzeitig eine allgemeine Regelung der Beamteneinkommensverhältnisse
erörtert werden wird.
Wir Landmesser stehen vor einem Wendepunkt. .
Gelingt es uns jetzt, die Abstellung einiger uns schon lange be-
drückenden Missverhältnisse zu erreichen, so ist Aussicht vorhanden, dass
dem Landmesserberuf innerhalb des preussisohen Beamtenorganismus, in
Sache ?
876 Missverhältnisse in der Besoldung der preuss. Landmesser. T zggcgit «r^
■Hi
absehbarer Zeit die zukommende Stelle eingeräumt werden wird. Gelingt
uns das jetzt nicht, so droht die Gefahr, dass unser berechtigtes Streben
nach richtiger Bewertung unseres Berufes auf Jahre hinaus lahm gelegt
werden wird. Es liegt wohl auf der Hand, dass die Staatsregierung nach
Verabschiedung eines allgemeinen Gesetzes nicht schon nach wenigen Jahren
Einzelfragen in einem den soeben geoffenbarten Grundsätzen nicht ent-
sprechenden Sinne entscheiden oder sich gar zu Abänderungen ver-
stehen wird.
Es erscheint uns daher für jeden Berufsgenossen, der seinen Beruf
lieb bat, als unabweisbare Pflicht, in dieser Zeit selbsttätig aufklärend
auf massgebende Stellen zu wirken, damit nicht durch Versagung der
äusseren Anerkennung der beamteten Landmesser die Ausübung unseres
Berufes gehemmt wird, sondern durch eine angemessene Besoldung der
beamteten Landmesser die volkswirtschaftliche Bedeutung des Landmesser -
berufs ins rechte Licht gestellt und seiner freien Betätigung auf den Ge-
bieten der Feststellung und Sicherung des Grundbesitzes und der rationellen
Bodenverteilung Rechnung getragen wird.
Bei der grossen Zahl der Reformvorschläge aus allen Kreisen der
preussischen Beamtenschaft werden naturgemäss nur solche auf Berück-
sichtigung rechnen können, welche nichts Unbilliges verlangen und sich
im Rahmen der von der Staatsregierung und dem Landtage geplanten
Regelung, welche sich allein auf die Einnahmeverhältnisse der Beamten
beziehen wird, bewegen. Im beeondern wird auch die vom Landtage im
Frühjahr gegebene Anregung auf Verringerung der Besoldungsklaasen zu
beachten sein.
Damit ist uns Landmessern, die wir die weitere Entwicklung unseres
Berufes im Interesse des Staates fördern wollen, der Weg deutlich vor-
gezeichnet. Jetzt müssen die Landmesser aller Zweige die Erörterung
der Einnahmeverhältnisse in den Vordergrund stellen gegenüber allen
anderen Fragen (einschliesslich der Kardinalfrage unseres Berufes, der
V orbildungs trage) , deren gründliche Behandlung, seitens der leitenden
Stellen zurzeit nicht zu erwarten ist. Die Landmesser müssen ihre bezüg-
lichen Bestrebungen auf eine gemeinsame Basis bringen und gemein-
sam vertreten.
In üebereinstimmung mit den Aeusserungen in der Fachpresse glauben
wir als solche schon bei den Etatsberatungen gemeinsam zu vertretenden
erreichbaren Wünsche folgende betrachten zu dürfen:
1. Die gleiche Besoldung für die Landmesser aller Staatsdienst-
zweige, d. h. die Beseitigung der durch nichts begründeten Zurück-
setzung der Landmesser der Staats-, Eisenbahn- und Bauverwal-
tung gegen die überwiegende Mehrheit der beamteten Landmesser,
die der Kataster- und landwirtschaftlichen Verwaltung angehören.
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wmSSSgmS&m 1UaBMriklUlBi>M in der Besoldung der preuss. Landmesser. 877
2. Die Gewährung des Wohnungsgeldzuschusses der Klasse III für
alle Landmesser im Staatsdienst, da die Einreihung in diese
Klasse der verantwortlichen dienstlichen Leistung, der wissen-
schaftlichen Vorbildung und dem tatsächlichen Wohnungsaufwand
der beamteten Landmesser entspricht und andererseits durch die
hieraus folgende höhere Gesamteinnahme den beamteten Land-
messern ein ihrer beruflichen Leistung schon etwas mehr ent-
sprechender Entgelt geschaffen würde.
3. Die Reform der unzeitgemässen Bezahlungssätze des veralteten
Landmesserreglements.
Möchten die preussischen Landmesser aller Zweige sich den Ernst
der augenblicklichen Lage vor Augen halten und der Gemeinsamkeit ihrer
Interessen eingedenk sein. che.
So wenig es in den Aufgaben dieser Zeitschrift gelegen sein könnte,
einseitige materielle Interessen der Berufsangehörigen zu vertreten , so
scheint es uns indessen ein berechtigtes und allgemeines Interesse der
preussischen Landmesserbeamten, ja des ganzen Standes zu sein, dass
diesen Beamten bei der für Preussen in Aussicht stehenden Neuregelung
der Bezüge jener Platz auch wirklich angewiesen werden möchte, auf
welchen sie nach ihrer Vorbildung und den so sehr gesteigerten Anfor-
derungen an die Dienstleistungen Anspruch haben dürften.
Wir haben daher den vorstehenden beiden Abhandlungen hier Kaum
gegeben und halten uns für verpflichtet, auch auf den nachstehenden, uns
zur Veröffentlichung übergebenen Schriftsatz zu verweisen, der von den
Unterzeichnern den Herren Regierungspräsidenten von Gescher, General-
kommissions-Präsidenten Ascher und dem Eisenbahndirektions- Präsidenten
bezw. der Eisenbahndirektion Münster einzeln mit der schriftlichen Bitte
um Befürwortung bei den Herrn Ministern der Finanzen, der Landwirt-
schaft und der Öffentlichen Arbeiten überreicht ist und dem Vernehmen
nach auch von diesen Stellen aus entsprechend höheren Orts vorgelegt
worden sein soll. Steppes.
Das Gesuch lautet:
Münster, den 8. September 1907.
Bei bezüglichen Besprechungen im Kreise hiesiger, den verschiedenen
Zweigen der Preussischen Staatsverwaltung angehörigen beamteten Land-
messer ergab sich die einmütige Ansicht, dass die zeitigen Verhältnisse
es recht und billig erscheinen lassen dürften, die Bitte um Behebung
folgender in unseren Berufskreisen seit langem gemeinsam beklagten Um-
stände zum Gehör der entscheidenden Instanzen zu bringen.
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878 Missverhältnisse in der Besoldung der p reuse. Landmesser. ^Wgrnjamm^
Wir erbitten:
1. die Gewährung des Wohnungsgeldzuschusses der Tarifklasse III
für die beamteten Landmesser der landwirtschaftlichen und der
Katasterverwaltuiig, sowie der Eisenbahn- und allgemeinen Bau-
verwaltung an Stelle des Satzes der Tarifklasse IV;
2. die Gleichstellung der beamteten Landmesser der Eisenbahn-
und allgemeinen Bauverwaltung im Gehalt mit den entsprechenden
Beamtenklassen der landwirtschaftlichen und Katasterverwaltang
und
3. den Erlass einer zeitgemässen Landmesserordnung an Stelle des
unter anderem auch mit seinen Bezahlungssätzen veralteten Feld-
messerreglements vom 2. März 1871 nebst seinen Ergänzungen.
Die Frage der Vor- und Ausbildung der Landmesser soll hier eben-
sowenig berührt werden, wie die wegen der Teuerungsverhältnisse geplante
Aufbesserung des Einkommens der Staatsbeamten.
Es liegt nicht in unserer Absicht, alle Gründe aufzuzählen, welche die
Verbesserung der zur Zeit obwaltenden Verhältnisse im Sinne unserer
obigen Ziele erheischen, immerhin dürften aber die wesentlichsten Punkte
der tatsächlichen Verhältnisse wie folgt zu kennzeichnen sein:
Zu 1:
Der grös8te Teil der beamteten Landmesser erfüllt in seiner selb-
ständigen Berufsausübung eine verantwortliche Funktion, die nach den
Voraussetzungen der Grundeigentümer und Behörden ein Mass des Ver-
trauens und der wissenschaftlichen Vorbildung bedingt, welches über das
den Beamten der IV. Wohnungsgeldtarifklasse im allgemeinen zukommende
erheblich hinausgeht. *)
Der Einwirkung dieser Tatsache auf seine Stellung im öffentlichen
Leben kann sich der beamtete Landmesser nicht entziehen, und dieses
findet naturgemäss zunächst auch bei der Befriedigung des Wohnungs-
bedürfnisses seinen Ausdruck. So ist denn auch sein Wohnungsaufwand
in der Regel höher als bei den sonstigen Beamten der Tarifklasse IV.
Eine Statistik würde ergeben, dass der übliche Wohnungsaufwand der
beamteten Landmesser denjenigen der bestgestellten des nicht wissen-
schaftlich gebildeten Teiles der übrigen Beamten jener Tarifklasse all-
gemein überschreitet.
Für die vorliegende Frage kann ferner das Verhältnis des beamteten
Landmessers zu dem beamteten Zeichner, dessen ständige Mitarbeit bei
>) Zur Ausbildung des Landmessers ist ausser der praktischen Vorübung
ein viersemestriges akademisches Studium vorgeschrieben, das vielfach mindestens
um ein Semester überschritten werden muss.
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v«rmeS*ulilf«weten MissverllältniBSe 10 (lei Besoldung der preuss. I .andmesser. s,y
1907.
Ausübung seiner Tätigkeit vorgesehen ist, nicht unberücksichtigt bleiben.
Es bedeutet für den Landmesser ein drückendes Missverhältnis, wenn er
sich in dieselbe Wohnungsk lasse eingereiht sieht, der die beamteten Zeich-
ner gleich den Regierungskanzlisten angehören. Es wäre unbillig z. B.
dem Katasterkontrolleur kein anderes Wohnungsbedürfnis zuzugestehen,
als das des ihm dienstlich beigegebenen Katasterzeichners.
Dass ausser den höheren auch noch andere Beamte der dritten
Wohnungsgeldtarifkla8se eingereiht werden, ist nichts neues, denn es
finden sich bisher schon dieser Klasse zugerechnet z. B. die Vorsteher
bezw. Revisoren des Rechnungswesens bei den Provinzial-Steuerdirektionen
und Oberlandesgerichten, ferner die Rendanten der Hauptkassen, die
Provinzial-Rentmeister, also solche Beamte, von denen eine besondere
wissenschaftliche Vorbildung, wie sie von dem Landmesser verlangt wird,
nicht gefordert wird.
Zu 2:
Die Tätigkeit der Landmesser in den vier Verwaltungen ist im all-
gemeinen als gleichwertig zu erachten, wie ja auch für den Eintritt in
den Dienst dieser Verwaltungen die gleiche landmesserische Vorbildung
verlangt wird. Unbeschadet ihrer Sondertätigkeit auf den Gebieten des
Eisenbahn- und Wasserbaues wird von den Landmessern der Eisenbahn-
und allgemeinen Bauverwaltung das gleiche Mass der Verantwortlichkeit
in allen Landmesserarbeiten gefordert, wie von den beamteten Landmessern
der beiden übrigen Verwaltungen. Auch den Landmessern der Eisenbahn-
und Bauverwaltung bleibt die mit der mühseligen und entbehrungsreichen
Feldtätigkeit verknüpfte gleichzeitig geistige und körperliche Anstrengung
nicht erspart.
Es dürfte wohl kein natürlicher Grund zu finden sein, die Gehälter
der beamteten Landmesser geringer zu bemessen, als die der gleichartigen
Beamten der Kataster- und landwirtschaftlichen Verwaltung.
Die Beseitigung dieser Ungleichheit dürfte sowohl im Interesse der
eigenen Verwaltung als auch im allgemeinen Staatsdienstinteresse liegen.
Zu 3:
Es ist wohl keine sachverständige Instanz zu finden, die das Fehlen
einer zeitgemässen Landmesserordnung nicht schon längst als einen grossen
Uebelstand empfunden hätte.
Nach Einführung der Grundbuchgesetze ist diesen für das Vermes-
sungswesen einschneidenden Gesetzen und ihren durch die Rechtssprechung
und Praxis gegebenen Konsequenzen in einer entsprechenden Landmesser-
ordnung noch nicht gefolgt worden. Die Bezahlungssätze des bisherigen
Landmesserreglements wurden schon bei früheren Gelegenheiten nicht zeit-
gemäss reformiert.
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880 Nachruf. — Personalnachrichteii. ^j-iuchrm
Die Schwierigkeit der Aufgabe ist wohl bekannt, ihre baldige Lusan.',
deren in den einschlägigen Veröffentlichungen von Jahr zu Jahr gedacht
ist, erscheint allen Seiten dringend erwünscht. Dieselbe würde nicht
wenigsten auch von den Grundeigentümern begrüsst werden.
Koulen, Schnieber, Meincke,
Eisenbahn-Landmesser, Steuerinspektor. Generalkommissione-
Rechnungsrat.
Kühn,
Landmesser der allgemeinen Bauverwaltung.
Nachruf.*)
Am 22. September er. verschied im Sanatorium Schlachtensee nach
langen, schweren Leiden der Stadtlandmesser
Richard Kühn in Zoppot.
Wir verlieren in ihm einen lieben Kollegen, dessen Andenken wir
stets in Ehren halten werden.
Danzig, im Oktober 1907.
Der Vorstand der Ortsgruppe Danzlg des D. G.-V.
*) Der Abdruck ist unlieb verspätet. SU.
Personalnachrichten.
Königreich P reu säen. Katasterverwaltung. Das Katasteramt
Witten im Reg. -Bez. Arnsberg ist zu besetzen.
Landwirtschaftliche Verwaltung. Generalkomm.-Bez. Münster.
Versetzt zum 1./10. 07: die L. Jungemann von Berleburg nach Essen.
Hartmann I von Olpe in den Bezirk der G.-K. Merseburg; zum l./l. 08:
L. Poppe von Meschede in den Bezirk der G.-K. Merseburg.
Kommunalverwaltungen. Landmesser Lüde mann, bisher bei der
Vermessungsabteilung des Gemeindebauamtes Zehlendorf - Wannseebahn.
wurde zum zweiten Landmesser in Remscheid gewählt.
Stadt Hannover. Der städtische Oberlandmesser Siedentopf, Per-
sonalvorsteher und Leiter der Neuvermessung Hannover, ist zum städtischen
Vermessungsinspektor ernannt worden.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Zur Geschichte des Vennessungswesens Preu&Ben*.
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, tod
Roedder. (Fortsetzung.) — Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen,
von Petzold. (Fortsetzung.) — Messungsproben, von Roedder. — Ziele der
Landmesser in Preussen. — Die Behebung von Missverhältnissen in der Besol-
dung der preussischen Landmesser. — Nachruf. — Personalnachrichten.
Verlag tod Konrad Witt wer in Stuttgart.
Druck tod Carl Hammer, Kg). Hofbachdruckerei in Stuttgart.
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881
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuerrat ^ Dr. O. Eggert, Professor
München M, Kataaterbureau. Danaig-Langfubr, Ahornweg 10.
-M-
1907. Heft 34. Band XXXVI.
«>-• 1. Dezember. T-^- —
Der Abdruck Ten Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
(Fortsetzung von Seite 865.)
*
3. Kapitel. Die Personalverhaltnisse der Landmesser in
Altpreussen nach der Säkularisation.
1. Prüfungen.
Aus allen Bestallungen, die uns zu Gesicht gekommen, geht deutlich
hervor, dass — mit seltenen Ausnahmen — kein Landmesser als solcher
angenommen und mit Messungen rar den Staat beauftragt wurde, der nicht
vorher auf seine Qualifikation geprüft worden wäre. Eine bestimmte Prü-
fungskommission für Landmesser bestand in Preussen bis zur Einrichtung
der Ober- Baudepartements, also etwa bis gegen Ende des XVIII. Jahr-
hunderts, nicht, vielmehr genügte in der Kegel das Zeugnis eines Magisters
oder ^Professor Matheseos u, der die Prüfung mitunter, auch ohne vorher
seitens des Herrschers dazu beauftragt worden zu sein, vornahm, wie wir
aus den folgenden Auszügen ans den Akten des K. St.-A., Etats-Min., er-
sehen werden. Oft und namentlich seit Anfang des XVIII. Jahrhunderts
wurde mit der Prüfung ein Mathematiker und ein praktischer Landmesser
in der Stellung eines Ingenieurs oder Baumeisters von Fall zu Fall be-
auftragt.
Zeitschrift far Vennetivngewtftn 1907. Heft 34. t)2
Digitized by Google
882 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. i*£%tciiriri**m
1907. **ac
So bittet Martin Nagel unterin 26. November 1595 in einer Eingabe ')
an den Markgrafen Georg Friedrich, mit der Begründung, dass er bei dem
Magister M. Menius1) die Kunst des Landmessens recht und gründlich
erlernt habe, worüber das beigefügte Prüfungszeugnis des Magisters Aus-
kunft gäbe, und weil er auch der litauischen Sprache mächtig sei, er nun
auch seit 17 Jahren dem Amt Insterburg als Fischmeister und Kornschreiber
treu gedient habe, ihn für das Amt Insterburg als einen Landmesser ver-
ordnen und ihm auch den üblichen Unterhalt etc. wie den anderen Land-
messern gewähren möge. Dieser Eingabe liegt auch ein Bericht des Amts-
hauptmanns bei, worin Nagel zur Annahme empfohlen und die Anstellung
noch eines Landmessers wegen der vielen vorliegenden Arbeiten im Li-
tauischen als dringend erforderlich bezeichnet wird.
Aus einem Reskript des Kurfürsten Friedrich III vom 10. April 1700»)
ergibt sich, dass des Notars Christian Reimers Sohn Christian durch den
Kammerjunker v. Suchodoletz in der Geometrie geprüft und für tüchtig
befunden worden ist und die Bestallung des Reimer als Landmesser in
Aussicht gestellt wird. Die Kgl. Regierung empfiehlt in einer Eingabe an
den Kurfürsten vom 13. Mai 1700 die Bestallung, worauf dieselbe wohl
alsbald erfolgt sein dürfte, denn unterm 31. März 1705 gewährt der König
dem Landmesser Christian Reimer das Gehalt des verstorbenen Land-
messers Grosch.
Landmesser Jeremias Kuntzmann bittet den Kurfürsten zu Anfang des
Jahres 1700*) um Zulassung seines Sohnes Daniel Wilhelm zur Prüfung
und demnächstigen Anstellung als Landmesser. Diese Prüfung erfolgt
zufolge Reskripts vom 12. Februar durch die Professoren M. David Biasing
und M. Christian Salm und fiel laut des den Akten beigefügten Zeugnisses
günstig aus. Aus verschiedenen, bis zum Jahre 1714 vorliegenden Ab-
rissen etc. ergibt es sich, dass Daniel Wilhelm Kuntzmann alsbald auch
angestellt ist.
Durch das Reskript vom 22. Oktober 1708 5) hatte der König auf da*
vorangegangene Gesuch der Preussischen Kammer um Annahme des von
ihr als qualifiziert erachteten Christian Heilsberger angeordnet, dass dieser
zunächst „ durch einen Professor Matheseos und etwa Unsern Sous-lngenieur
von Unfriedt" auf seine Geschicklichkeit und Qualität zu prüfen sei.
Nachdem diese Prüfung günstig ausgefallen war, verfügt der König unterm
23. März 1709 an die Kammer, dass er den pp. Heilsberger durch Reskript
vom 9. März ej. a. zum Landmesser bestellt und angenommen habe, und
befiehlt, ihn in Eidespflicht zu nehmen.
l) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
") Mathias Menius, geb. 1544 zu Danzig, starb am 3. Jan. 1601 zu Kbg.
»)— 6) K. St-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
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mSSiSi&m ^oedder. ^schichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 883
23. Juni
Laut Reskript d.d. Friedrichsberg den j ,. 16971) gibt Kurfürst
Friedrich HI der Regierung bekannt, dass er den Leutnant Franz Abel
Stangenwald zum „hiesigen Landmesser" tiestellt habe, unter der Voraus-
setzung jedoch, dass er durch „einige der sachen verständige Lenthe umb
seine zu solcher Bedienung habende Capacität tentirt werde undt dass er
dabey auch kein absonderliches gehalt bekommen, sondern mit demjenigen
sich contentiren soll, was Ihn vor seine arbeit die Billigkeit nach in den
Aerabtern undt von den Unterthanen wirdt gezahlet werden." Aber erst
unterm 13. September 1713 erscheint ein Reskript ran den Amts-Cammer-
Bat v. (Jonas'*, wonach der pp. Stangenwald infolge seiner Bewerbung um
die durch den Tod des Montanus frei gewordene Landmesserstelle zu
examinieren sei.
Unterm 29. Dezember 1703«) fordert der König den Hauptmann von
Memel zum Bericht auf über die Qualifikation des Proviantamtsverwalters
und Bauschreibers Philipp Friedr. Doryen zum Landmesser, ohne dass aus
den Akten ersichtlich, was darauf geschehen ist, bis das Amt, unter Ueber-
reichung eines Memorials und eines Risses, am 1. August 1714 berichtet,
dass der Ingenieurkapitän Doryen, der früher in der Kurmark Branden-
burg, ehe er nach Memel versetzt worden wäre, der Landmessung obgelegen
habe, als Landmesser angenommen zu werden wünschte, und befürwortet
dies Gesuch mit der Begründung, dass ein Landmesser dort dringend ge-
braucht würde. Der König fordert darauf unterm 4. August 1714 den
mehrerwähnten v. Collas zum Bericht auf, der leider — wie auch das
Ergebnis — nicht aus den Akten ersichtlich ist.
Ebensowenig geben uns die Akten darüber Aufschluss, ob das Gesuch
der Kammer an den König vom 12. März 1714«) um Zulassung des Stu-
denten Johann Daniel Nicolai — an Stelle des verstorbenen jüngeren
Kuntzmann — zur Prüfung und Bestallung als Landmesser Erfolg hatte,
was aber anzunehmen ist, da er besonders „wegen seiner guten Studien
und Wissenschaften in Mathematik und Jura", auch wegen seines guten
Betragens und frommen I^benswandfels sehr warm empfohlen wurde.
Die Kriegs- und Domünenkammer berichtet unterm 23. Juni 1760 4)
an den damaligen russischen Gouverneur. Baron von Korff, dass für den
»)— ») K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
*) K. St-A. Etats-Min. Nr. 48 aa. Hieraus entnehmen wir auch, dass Land-
messer Scharlock auf Befehl des russischen General en chef, Reichsgrafen von
Ferm or, gelegentlich seines Durchmarsches durch Königsberg im Jahre vorher
an einem Teil der „ordinären Poststrasse von Königsberg" einerseits am Strande
entlang bis Memel und andererseits über Pr.-Holland bis Marienwerder Werst-
pfähle eingesetzt hatte.
Ueber diese Arbeit stellt Scharlock folgende Abrechnung auf:
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884 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. „ zeiuciuift rar
VamwraocswAscn
uSr.
verstorbenen Landmesser Scharluck noch kein Ersatz in Vorschlag ge-
bracht werden könne, da „die dazu geeigneten Leute nicht so leicht zu
tiriden wären."
Unterm 7. August 1760 bewirbt sich dann Christian Gottfried Seelig-
uiann in einem Gesuch an die „Allerdurchlauchtigste, Grossmächtigste
Kaiserin und Selbsthalterin aller Reussen, Allergnädigste Kaiserin und
Frau", mit der Begründung, dass er sich besonders auf die mathematische
Wissenschaft und Geometrie gelegt, solche auch mit Nutzen viele Jahre
öffentlich und privatim gelehrt habe. Dies Gesuch erläutert der Petent
bereits unterm 9. August ej. a. mit dem Hinweise darauf, dass er bereits
verschiedene, speziell angegebene Güter vermessen habe und beruft sich
noch auf das Zeugnis des Professors Langhans. Hierauf verfügt der
29. Juli
Gouverneur unterm r— : , also am selben Tage an die Kriegs- und
9. August
Domänenkammer, den pp. Seligmann noch erst in den zum Landmessen
nötigen Wissenschaften durch den Lizentrat Lilienthal prüfen zu lassen.
Nachdem diese Prüfung bereits am 14. August stattgefunden hatte und zur
Zufriedenheit ausgefallen war, erfolgte die Bestallung und Vereidigung, wie
aus seinem an die Kaiserin gerichteten Dankschreiben vom 1./12. Sep-
tember 1760 hervorgeht. Auch wurde seine dabei ausgesprochene Bitte um
Krlass der Bestallungsgebühr und Gewährung des üblichen Gehalts ge-
nehmigt.
Hiernach ist wühl anzunehmen, dass vor dem Inkrafttreten des Er-
lasses vom 24. Dezember 1804, wodurch auch an der Ostpreussischen
Kammer eine Examinationskommission für Feldmesser eingerichtet wurde,
wohl selten ein Feldmesserkandidat aus Ostpreussen sich zur Prüfung der
Ober-Baudeputation zu Berlin gestellt haben wird und hier die Prüfungen
bis zu diesem Zeitpunkt in althergebrachter Weise vor sich gegangen sein
werden. Viele freilich, die auswärts heimisch waren und in Berlin die
Prüfung abgelegt hatten, mögen dann hierher gelangt sein.
„ Specification
von den Kosten vor Satzung der Werstpfahle von Koenigsberg bis Marienwerder
und von Koenigsberg bis Memel
vor einen Zimmer-Gesellen . . . . 10 rtl.
„ Öehl und Schwartz-Bal! .... 1 rtl. 30 gr.
„ meine Arbeit 40 rtl.
Zusammen 51 rtl. 30 gr.
Koenigsberg den 23. April 1759. Scharlock, Landmesser."
Die Gesamtkosten für die ganze Strecke ergaben sich schliesslich auf
661 rtl. 51 gr.
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*6i Mcijrift x«ir Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preusseus etc. 885
Verm «uu£f*ir Men
2. Anstellung, Bestallung, Instruktion, Vereidigung und Besoldung.
Die älteste im K. St.-A. ermittelte Bestallung eines Landmessers des
Herzogtums Preussen ist die seitens des Markgrafen Georg Friedrich
unterm 25. Oktober 1581 für Hans Wusgien (alias Wosegin), wie er sich
selber schreibt, nur auf ein Jahr ausgestellte. l) Da es nicht wahrschein-
lich ist. dass dieser bereits seit ca. 1564 amtlich beschäftigt gewesene
Landmesser, dessen Namen wir seit diesem Jahre auf vielen Rissen und in
zahlreichen Grenzverhandlungen begegnet sind, bis zum Jahre 1581 ohne
Bestallung geblieben sein wird, zumal in anderen, späteren Bestallungen
der Tag des Inkrafttretens derselben mit dem Bemerken mitunter fest-
gesetzt wurde, dass sie jährlich um dieselbe Zeit endigen sollten, so können
wir wohl auch bei Wosegien annehmen, dass seine erste Bestallung bereits
früher ausgesprochen war, wenn nicht etwa die in der Fussnote zum
(>. F. 1323 niedergelegte Vermutung mehr für sich haben sollte. Im
übrigen kann wohl angenommen werden, dass die jährliche Erneuerung
einzelner Bestallungen weniger wegen der Legitimation der beamteten Land-
messer, als wegen allmählicher Aufbesserung ihrer Bezüge beliebt gewesen
sein wird. Wosegiens amtliche Besoldung wurde in der Bestallung auf
100 M.*) — quartaliter zu 25 M. — festgesetzt und ihm gleichzeitig
6 .Schffl. Korn, die er dem Komhaus zu Königsberg und zu Neuhausen,
und ß Schffl. und 1 Last Hafer, die er nach Waldan schuldig wäre, er-
lassen. Am Schluss wird folgendes verordnet: „Werne er auch sonstenn
durchs Mass dienett deme soll er nicht mehr, nebenn futter vnd Mahll
denn voun .Ider Hubenn Vier groschen zunehmen macht habenn.*
Der <). F. Nr. 13042 enthält auf 305 Blatt verschiedene Bestallungen
aus der Zeit von 1613 bis 1645. worunter sich auch zwei Landmesser-
bestallungen befinden, und zwar:
BI. 238. „Sebastian Berendtsen Abschiedt.
Von Gottes gnaden Wier Georg Wilhelm Marggraf zu Brandenburgk
des HeyL Rom. Reichs Ertz Cemmerer vndt Churfürst in Preusseu. zu
Jülich. Cleve, Berg. Stettin, Pommern, Herzogk. thnn kundt mit diesem
l) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 4« a.
rj Nach Nelckenbrechere Taschenbuch der Münz-, Mass- und Gewichtskunde,
Berlin 1808. gelten in Königsberg:
I ' I
1 Rthaler Prss. Gulden Prss. Groschen Schillinge f Pres. Pfennige
270
1680
540
' :; ,
4 Vi M. dieser Zeit = 1 Rthlr, jetzt etwa den 8-fachen Wert.
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886 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesena Preussens etc. „ zetuebiut m
ünsenn offenen brief gegen iedennaimiglichen . Nachdeme wier den Ehr-
samen, Ungern lieben, getreuen Sebastian Berendtgen zu Vnterschiedhchen
mahlen in Landmesgen gebrauchet, Vndt bighero keine gewisse begtalluni:.
vndt Vnterhalt gehabt: Algs geindt wier dahero bewogen gedachten Se-
bagtian Berendtgen zu Ynsern Diensten Vor andern zu befordern. Vndt
Ihme Vor einem l^andtmesser zu begtallen, Immassen wier ihme auch hier-
raitt zu Ungerm Diener und Landtmesser angenommen Vndt bestallet haben
wollen, dergestaldt. das er Vns seinen geleisten Pflichten nach, gewirig1)
treu halt sein soll, Vnsern Nuzen, in allem mitt höchgten Vermögen fer-
dern, schaden Vndt nachtheill aber soviel an ihm ist, verhütten. Wen,
Wie offt Vndt wohin er in diesem Unserm Herzogthumb Preugsen zn
Streckung des Maasgeg Vndt Vnterguchung der Irrigen, Vndt zwistigen
grenzen gelordert wirdt sich gehorgam, Vnd willig finden, auch dabei auf-
richtig Vudt unparteysch , wie es einem Ehrlichen Vndt gewissenhaften
Biedermann eignet Vndt wollanstehet Verhalten, geine Verrichtung in klare
Vndt deutliche Abrigse mit Verzeugnus der wenden lenge der Ecken grös»e
Vndt andern Vmbstenden mehr bringen, Vnd dieselben iedesmahls Vnser
Cammer Registratur richtig einantwortten. Dahingegen wollen wier ihm
zum Jährlichen Vnterhalt hundert Marek an geldte. Eine Marek 36 ß zu
einem bahr stiebein. Sechszehn Schffl. Korn, Vndt ein gewöhnlich hoffkleidt
zu reichen Verordne« auch Vnsern Dienern allhie bey hoffe die obige*
specitieirtes in Henden. Vndt zuuernehmen haben quartaliter aussfolgen zn
lassen, hiennit gestr. anbefohlen haben. Vndt wen er Vnsere sachen
zuuerrichten hatt nebenst der Postfuhre, auch die notdürfftige IJefenuig
auss Vnsern Embtern reichen lassen. W en er aber in andern privat sachen
gefordert wirdt, hatt er sich alssdan mit den requirenten seines Verdienstes
halber der billigkeit nach zuuergleichen. Vndt sol diese bestallung von
dato anfangen, Vndt jährlichen Vf diese zeitt sich wiederum!) Enden.
Alleg treulichen Vndt Vngefehr. Vhrkundlichen mit Churtl. Secret bekreff-
tigett. Datum Königsbergk den 1 Octobris Anno 1639 2)
(L. S.) Andreas Von Kreytzen etc.
Hl. von Tettan."
•) = gewärtig.
*) Ausweislich eiuer Angabe in den Akten des K. St.-A. Luts-Min. St. 1j*
bezog Sebastian Behrendt zu Insterburg im Jahre 1664 „halb« Bestallung'*, die
in folgendem Traktament bestand: 100 M., 15 Schffl. Roggen, 15 Schffl. MaU>
IV, Schffl. Hafer^l ^ GrOtM, 1 Schffl. Erbsen, 1 Seite Speck, »/. Butter,
1 Schock Käse, •/. Ochs. Tonne Sali, Kleidergeld 30 M., Hauszins 20
Brennholz, 1 Last 31 »/« Schffl. Hafer. Ein Baumeister vom Hof- und Wasser-
bau hatte Ao. 1623 : 500 M„ 2 Hofkleidimgen, 50 Schffl. Korn, 30 Schffl. M*Ja
6 Fass Bier, 2 Achtel Holz (das er mit dem Zimmermann zu teilen hatte). Anf
Reisen wöchentlich 2 M. Kostgeld.
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Zeitschrift fur Roedder. Geschichte des Venn. -Wesens Preussens etc. 887
V*rn>«e«unit«wM«n
1907.
Der auf IM. 174 ff. befindliche Abschied für Lukas Schwartz vom
9. November 1633 hat mit vorstehendem fast gleichen Wortlaut.
An anderer Stelle finden wir das
,Ober-Ingenieur.s-Patent. i)
Wir Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden König in Preussen etc.
thun Kundt und fügen hiemit zu wissen, dass gleich wie Wir an denen
getreuen, Heissigen und nützlichen Diensten, welche uns unser Preuss.
( 'ammer-Rath und Landt-Messer Director de Collas bisher geleistet eiu
allergnädigstes Gefallen tragen, auch bey denen ihm aufgetragenen Ver-
richtungen, desselben Capacitaet und in der Curil. Architecture erlangte
gute Wissenschaft sattsahm verspüret: Wir dennanhero bewogen worden
ihn zu unserm Ober-Ingenieur in unserm Königreich Preusseu allergnädigst
zu bestellen und anzunehmen. Thun dass auch hiemit und in Kraft dieses
Patents also und dergestalt Kundt, dass tms derselbe wie bisher so auch
ferner getreu, hold und gewärtig seyn soll, Unsern Nutzen und bestes
wissen suchen und befördern, Schaden und Nachtheil aber äusserster Mög-
lichkeit nach verhüten, warnen und abweudeu helfen, welches Wir ihm von
Zeit zu Zeit allergnädigst anbefehlen und committiren werden Treulich und
Heissig exsequiren und bewerkstelligen. Bey denen in Unserm Königreich
Preussen vorfallenden Grentzstreitigkeiten jedes Mahl mit zugegen seyn
und die Aussmessung dabey ptiichtmässig übernehmen, auch alle unsere
dortige Schlösser, Häuser, Vorwercker, Mühlen, Brücken, Thämmen und
Schleussen sorgfältig acht haben, was dabey zu unsern Interesse neu an-
zulegen, zu repariren und zu verbessern gebührendt anzeigen und davon
an Uns berichten; die dabey nöthige Abrisse, Plans und Zeichnungen besten
Fleisses verfertigen, ausarbeiten und Uns selbige einsenden, im übrigen
alle auch dasjenige Thun und verrichten soll, was einem treuen Diener,
Heissigeu, erfahrenen und verstündigen Ober-Ingenieur eignet und gebühret,
desselben Eydes-Ptiiehtes erfordern und unser allergnädigstes Vertrauen
desshalb zu ihm gerichtet ist. Vor solche seine noch fernerhin leistende
Treue allerunterthänigste Dienste wollen Wir unserm Ober- Ingenieur
de Collas bey dieser Charge und allen ihm dafür zustehende Praerogativen
und Gerechtsamen zu aller Zeit schützen und maiuteniren. Ihm auch den
Rang als Obrist Lieutenant in Gnaden beigeleget haben; Allermassen denn
auch unsere Preuss. Regierung, Cammer und übrige Collegia sich darnach
zu achten ihm de Collas als unsern Ober-Ingenieur zu erkennen, denselben
auch in denen ihm aufgetragenen in solche Function laufenden Verrich-
tungen erfordernd. Falls Kräftigst die Handt zu bieten. Das zu Uhrkundt.
haben Seine Königl. Maj. dieses Patent eigenhändig unterschrieben und
') K. !>t.-A. Etats-Min. Nr. 4« bh.
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888 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc.
dero Gnaden Insiegel bedrucken lassen. So geschehen und gegeben
Herlin d. 22 Januar 1714.«
Hierunter mag nun eine Landmesserinstruktiou wiedergegeben werden:
„Instruction1) darnach sich Nickel Vnfuge Landtinesser
richten. Vnd darauff seine Eidts Pflicht leisten soll.
Krstlichen soll ehr line ein Rechtes vnbetriegliches Mass, vnd was*
zu demselben gehörig, vff. Fr. Dchl. Vneosten, mit dem ehisten vor die
handt schaffen. Vnd mit demselben im Messen Menniglichen, dem Armen
alss dem Reichen, ohne einig ansehen der Personen, gleich vnd Recht thue.
2. Wass er vff beuelich. Ider zeitt auss vnd Abmessen wirth ehr
alle Wende vlissig verzeichnen. Auch nach dem Zirckel in Abriss vnd
gewisse Clerliche zusammen Rechnungen in ein besonders buch reinlich
bringen. Kr soll sich auch ferner in dieser Kunst des huebeu vnd I Jindt-
messens. wie auch im Abwegen der Wasser, vnd wass zu der Geometria
gehöret, vleissig vben. vnd wass ehr nicht kan, von andren erfareii vnd
lernen. Damit ehr also Fr. Dchl. Meinem gnedigsten Fürsten vnd HG.
desto bekquemer vnd nützlich zudienen.
3 . Kr soll auch von Niemanden vmb betrugs vnd einigen Vortheil
willen einige geschenck. gifft oder gaben nehmen, sondern sich an seinem
geordneten Vnderhalte genügen lassen. Es were dan. das ehr vff anderer
Leuthe begeren zu messungen des Irigen. davon Fr. Dchl. nichtes abginge,
gebrauchet wurde, mag er dauor, wass Landvblich seine gebühr nehmen.
4. Wo wegen des ungelegenen boesen Wetters die Messunge ein-
gestellet wurde, vnd man ihm. Ks wehre im schreiben oder sonst zu einer
Khnlichen Verrichtung gebrauchen könne . soll ehr sich darzu gutwillig.
Zu Fr. Dchl. Nutz gereichende finden lassen dafür ehr dan vierzigk gulden
an gelde den freyen Tisch für seine person, ein gewonlich hoffkleidt vnd
ein bar stiefel haben soll. Vnd wass Ime also vertrauet wirth. bei sich
biss in seine Gruben behalten
Fabian um Lehndorf
Friedrich — Dobeneck
Justin Nymptsch
Hans . . . .u (unleserlich).
Wie für jeden Beruf, z. B. für Amtleute. Amtschreiber. Hüchsennieister.
Bibliothekare. Kammerjunker, Kammerknechte. Fischmeister. Hausvogte.
Kellermeister. Köche, Pastetenbäcker, Witscherinnen etc. etc. ausweislich
der rEidbücheru2) besondere Kidesformeln vorgeschrieben waren, so auch
') K. St.-A. Etat8-Min. Nr. 48. Auf der Rückseite ist die Jahreszahl 1#1
vermerkt, die auch übereinstimmt mit der Tätigkeit des Unfug als Landmesier
*i K. st.-A.
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zeiuchrift für Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. 889
fW— WWW
für Landmesser: z. B. eine solche unter Georg Friedrich (1577—1603)
erlassene, die folgendermassen lautet i):
„Eidts Pflicht Nickel Vnfuges I
Ich gelobe und schwere, dem Durchlauchtigsten, Hochgebornen Fürsten
vnd H@. H@. Georg Friedrichen Marggraf zu Brandenburgk in Preussen,
auch zu Stettin. Pommern, der Cassuben vnd Wenden, Auch in Schlesien
zu Jegerndorff pp. Hertzogenn, Meinem gestr. Fürsten vnd H(5., das ich
Sr. F. G. treu vnd hold sein, derselben bestes wissen, schaden vnd Nach-
theil aber vorkommen, vnd mich in allem, wie einem getreuen Diener eignet
verhalten, sonderlichen aber den In meiner Instruction einuerleibten Puncten
das landt vnd hüben messen belangende verhalten will. So war mir Gott
helffe vnd sein heiliges worth."
Hinter der Eidesformel ist in vielen Füllen von den Vereidigten selbst
beurkundet, dass sie und in wessen Gegenwart auf jenen Eid verpflichtet
worden sind. So z. im 0. F. Nr. 13038, Bl. 118 ff. wie folgt:
„Landmessers Eydt
Ich N. N. gelobe vnd schwere, das Ich dem Durchlauchtigsten Hoch-
gebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn Georg Wilhelm8). Marggrafen zu
ßrandenb. des Hey. Röm. Reichs Erzkämmerers vnd Churfürsten In
Preussen, zu Jülich, Cleve vnd Bergen, p. Herzogen p. Meinem gnedigsten
Fürst vnd Herrn treu vnd gehorsamb sein will») vnd dass Landmessen der-
massen vnd also verrichten, wie Ich's gegen Gott, Ihr. Churf. Dchl. vnd
dan vor Jedermenniglichen weiss zuuerandworten vnd mich hierin niemand*
zu lieb vd. leidt. weder gifft, gaben, geschenk, gunst. freundschafft oder
feindschafft oder wie die immerhin nahmen haben kan oder erdacht werden
mag, abhalten, verhindern noch verführen lassen, sondern allein Gott für
äugen haben die vnd soviel sich mein Verstandt erstreckt, alle wende, ortt
vnd winckel. buchten vnd krümmbden vleissig anmercken, berechnen, die
hubenzahl recht vleissig calculiren vnd anzeigen, vnd in abris bringe, da-
mit also durchs mas jedem Theil, es treffe welches wolle, geschehen vnd
widerfahren möge was reiht ist, So war mir Gott helffe vnd sein hey-
liges wortt."
„rAo. 1612 hab ich Theophilus Menius4) diesen Eidt auf be fehlich der
oberräte abgelegt den 4 Augusti In beysein H@. Kammerschreiber Leonhardt
Schmiedlein vnd mein Pretory5).""
») K. 8t.-A. Etats-Min. Nr. 15 b.
*) Im Original stand ursprünglich: Johann Sigismund.
3) „Vnd das Landmessenu ist am Rande des Originals zugeschrieben und
der dafür ursprünglich lautende Text : „vnd diesen meinen Dienst im Landmessen"
gestrichen.
*i Der Name steht am Rande.
<••> ?
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890 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. „ zetmcjirtft ftir
> ernienniHJWMPc
1907.
„„„Diesen Eydt halt ("unrat. Burck in gegenwart des H@. Canuner-
schreiber vndt meiner auf Bevelch der H@. Regiments Rathe1) abgelegt
den 9 February 1616 etc.uuu
Dann ist noch die Vereidigung von fünf anderen Landmessern beur-
kundet, darunter die des Sebastian Behrendt unterm 7. Februar 1622.
Etwa 150 Jahre später lautete die Eidesformel für Landmesser schon
wesentlich kürzer, wie aus dem Ostpr. Folianten Nr. 13042 Bl. 115 zu er-
sehen ist, und zwar
„Eid eines Landmessers
Nachdem Seine Königl. M a. jest, von Preussen etc. Mein II gnädigster
König und Hen' mich N. X. als Landmesser bey dem Königlichen Hoff-
gericht und übrigen Justice-Collegiis im Königreich Preussen Allergnädigst
angenommen haben: Als schwöre und gelobe ich zu Gott, dass ich bei denen
Vermessungen und Untersuchungen, auch was mir sonst von Einem König-
lichen Hoff Gericht auch denen Justice-Collegiis aufgetragen werden möchte,
mich überall dergestallt bezeigen und aufführen will alss es einem ehrlichen.
Treuen Diener und zuverlässigen Landmesser eignet und gebühret. So
wahr mir Gott helffe und sein heiliges Wort!li
Hierunter wird beurkundet, dass am 26. November 1767 Weiss und
am 11. Januar 1781 (oder 1787?) Pottien vereidigt worden sind. —
Bezüglich der Besoldung der beamteten Landmesser bis zum Erscheinen
des Feldmesserreglements von 1755 u. w. sind wir lediglich auf die Fo-
lianten des K. St.-A. angewiesen. Hiernach bestand dieselbe — wie wir
zum Teil bereits gesehen haben — teils aus einem festen Gehalt in Geld
— mitunter neben weiteren Gebühren — teils aus Naturalien, das sogen.
„ Deputat u, das mitunter auch in Geld umgesetzt wurde, bei freiem Fuhr-
werk wie bisher. Für Privatarbeiten waren besondere Gebühren in Geld
und Freitisch neben freiem Fuhrwerk bezw. Futter für die Pferde fest-
gesetzt. Die Höhe der Besoldung war sehr verschieden; mitunter wurde
auch nur „ halbe u Besoldung verliehen. Mit welchem Zeitpunkt die Natu-
ralienleistungen an die Landmesser ausser Freitisch während der Messungen
neben dem Gehalt aufgehört haben, lässt sich mit Sicherheit nicht ermitteln,
wahrscheinlich aber mit dem Inkrafttreten der Feldmesserinstrnktion von
1755 (s. $ 29). Ebenso unklar ist es einstweilen noch geblieben, von wann
ab überhaupt keine feste Besoldung, sondern nur Gebühren und Diäten
bewilligt wurden; jedenfalls gab es noch feste Besoldung, solange die
8§ 109 und 110 des Feldmesserreglements von 1813 noch in Geltung waren.
Einige Auszüge aus den verschiedenen Zeitabschnitten werden genügen,
um über diese Verhältnisse einigermassen unterrichtet zu sein.
Ein Baumeister vom „Hof- und Wasserbau" hatte Ao. 1623 *) 500 M„
■) ? *) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 15 a.
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/♦lucimrt für Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 891
2 Hofkleidungen, 50 Schffl. Korn. 30 Schffl. Malz. 6 Fass Bier, 2 Achtel
Holz, nebst .... (unleserlich. D. V.), das er mit dem „Zimmermann" zu
teilen hatte. Auf Reisen wöchentlich 2 M. Kostgeld.
Conrad Burk bezog für die Mohleninspektion und bei den Baumeiste-
reien (etwa 1623) i) 400 M., aus dem Haferstrohgeld 78 M., Fleisch und
Kostgeld aus der Kammer, 1 Last Malz, 1 Last Roggen. 3 Last Hafer,
freien llufbeschlag für 2 Pferde. 2 Tonnen Grob = 7 Tonnen Kleinsalz.
2 fette Schweine. 2 gewöhnliche Hofkleidungen, 6 Achtel Brennholz, freie
Wohnung im Bauhof und auf Reisen täglich 1 Fl.
Als Landmesser und Ingenieur erhielt er 1623 noch 101 M. 36 ß. Be-
soldung und Stiefelgeld, 1 Hofkleid, 5 gr. ]>er Hufe zu messen, freien Tisch
in den Aemtern.
Landmesser Lucas Schwartz — 16232) — 200 M., 3 Schffl. Roggen.
30 Schffl. Malz, 3 Schffl. Gerste, 3 Last 5 Schffl. Haler, 2 Schffl. Erbsen.
2 Seiten Speck, •/< Tonne Butter, 12 „gnab-Käse", 1 Ochs, 2 Hofkleidungen.
40 M. Hauszins, 6 Achtel Brennholz, 1 Tonne grob Salz, freien Huf-
beschlag, 56 gr. täglich (Jahrgeld) (Diäten) „wenn er misset". 5 gr.
pro Hufe.
Landmesser Heiner8), der 1752 verstorben ist, hatte bezogen an Ge-
halt 160 Rthl. und für «/s Holz 30 R*M. Es ist dies der letzte Land-
messer, bei dem noch Deputat erwähnt worden ist.
Zufolge Klage des Landmessers Christof Grosch ordnet der Kurfürst
mittelst Reskripts vom 26. Mai 1680 an, dass demselben das bisher ihm
verweigerte Gehalt und alles was ihm zusteht, gereicht werden soll. Seine
Bezüge ergeben sich wie folgt*):
„Ausweislich eines Auszuges des Königl. Kammer- Registrators Man-
they aus
„des Sambdl. Holz Schreibers belege de Anno 1684 sub Nr. 54 vnd
de Anno 1691 sub Nr. 57 hat Christof Grosch, Königlicher Land Messer
an gehalt vnd Deputat stücken genosen was folget
Besoldung 200 M.
Hofkleidung . .
Hausszins . . .
2 Achtel6) Butter
12 Schock Käse
1 Thonne grobsalz
1 Deputat Ochsen
2 Seiten Speck
30 Schffl. Korn
60 M.
40 M.
3) K. St.-A. Etats-Min. Nr. 15 a.
«) Ebenda, Etats-Min. Nr. 48 bb.
«) 1 Achtel zu 33 Pfd. netto.
igitized by Google
K!J2 Koetlder. Geschichte des Verm.-W*
3 Schffl. Gerstengrütze
30 Schffl. Maitz
2 Schffl. Erbsen
3 Schffl. Habergrütze
3 L1) 2% Schffl. Haber auff 2 pferde
6 Fuder Heu
:
Diese Deputat -
stücke werdeu
jährlich nach der
Kammer Taxa
bezahlet
5 Schock Strohe 1
Papier geldt od. Freypapier geg. Qvitantz."
Fin besonderes Heft mit der Aufschrift r Regulierung der Landmesser-
Dieten bey Vermessung der Gütter betr.*2) gibt uns eine ganze Reihe inter-
essanter Aufschlüsse über die Entwicklung eines Streites zwischen einem
Landmesser und dem Königsberger Löbenichtschen Hospital wegen Ver-
gütung für Vermessungen, welcher Streit mit ein Anlass gewesen sein dürfte
zur alsbaldigen Aufstellung der Landmesseriustruktion von 1755.
Auf eine Vorstellung des Hospitalkollegiums verfügt König Friedrich
d. Gr. unterm tf. Februar 1749. dass dem Ingenieur Rombeck8) für etwa
ihm künftig aufzutragende Vermessungen die Diäten „petirtermassen4* zu
regulieren waren, worauf das »grosse Hospital" unterm 15. Februar ej. a.
eine weitere Beschwerde an den König dahin richtete, dass Landmesser
Rombeck wohl den Grenzstreit, welcher solange zwischen dem Hospitals-
gute Guttenfeld und dem Gute Dahlheim schwebte, beseitigt habe, aber den
zur endgültigen Erledigung der Sache unentbehrlichen Riss bis zu seiner
völligen Befriedigung zurückbehalte, während ihm das Kollegium doch nicht
zum Schaden der Hospitalkasse mehr bewilligen könne „als* im Land Recht
P. 11 Lib. IV Tit. XX art. 1 S 7 pag. 208 verordnet" sei. Sie bitten
min und weil es auch dem ganzen Lande, wie jedem Privaten, sehr daran
gelegen sei zu wissen, was sie gegebenenfalls einem Landmesser zu zahlen
hatten, tun eine entsprechende Verordnung, um so mehr da p. Rombeck
gemäss „ allergnadigsten Königl. Rescripts vom 17. December 1748 zufolge
eben derjenige seyn soll, den ein jeder privatus zu brauchen schuldig ist. -
Sie weisen noch darauf hin. dass p. Rombeck im obigen Falle während
der Vermessung von Guttenfeld freie Verpflegung am Orte gehabt habe,
und fragen dazu an. wieviel der Hospitalskasse dafür wohl in Rechnung
gebracht werden solle. Unterm 2. April 1749 verfügt der König an die
^Landrechts-Commission". sie sollte sich zudem mit dem Ingenieur Rom-
beck durch das Oberburggrftfliehe Amt unterm 26. März aufgenommenen
Protokoll gutachtlich äussern. In diesem Protokoll gibt Rumbeck an. dass
die Bestimmungen des vorgedachten Landrechts sich einzig und allein nur
„auf die Vermessungen der Huben disponiret". die dieser Arbeit aber vor-
») 1 Last = 60 Schffl. — alte Berliner.
•) K. St-A. Etata-Min. Nr. 48 bb.
*) Der auch Rnmbeck, meistens aber „Runbeck* geschrieben wird.
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tÄhhulh ffim Roedder- Geschichte des Vera.- Wesens Preussens etc. 893
1907.
ausgehenden, sowie nachfolgenden dabei nicht einbezogen seien, wie die
Praxis beweise. Der über 40 Jahre „in Salario und Bedienung gestandene
Landmesser Reimer6 habe allezeit neben freiem Angespann und seinem
notdürftigen Unterhalt für eine General- Vermessung 45 Groschen, für eine
Spezialmessung 1 Rthl. für die Hufe erhalten. Wenn mit letzterer gleich
eine spezielle Einteilung zu verbinden war, so habe er 1 Rthl. 45 gr., auch
wohl 2 Rthl., für einen dazu gefertigten Riss habe er nach Proportion des
Planes 4 a 8 Rthl. unweigerlich erhalten. Dies wäre wohlbegründet,
weil ein „extraordinairer Landmesser, welcher kein Tractament genösse",
sondern von seiner mühsamen Arbeit leben solle, zumal er im Herbst und
Winter still sitzen und müssig gehen müsse, die Erfahrung auch gelehrt
habe, dass sogar im Sommer öfters Mangel an Arbeit einträte. Er selbst
habe seit seiner am 7. November 1748 erfolgten Bestallung „bis datir
noch keine Arbeit erhalten und wolle doch leben. Er beansprucht dem-
zufolge für eine Generalvermessung 60 gr., für eine Spezialvennessung 4 Ii.,
für eine solche mit Spezialeinteilung 2 Rthl. pro Hufe; der Abriss müsste
besonders vergütigt, ihm auch freie Hin- und Rückreise, sowie freie Ver-
pflegung gewährt werden. Bas Landrecht behandle nur schlechtweg das
„Hubenmass", es wäre aber zu bemerken, dass meistenteils bei allen Gütern
die Grenzen mit Holz und Strauch bewachsen seien, die der Landmesser
erst räumen lassen müsse. Ehe ein „Huben Maass mit Fundament voUen-
zogeu werden könnte", müsse er zuvor Linien abstecken. Darnach wären
auch „Grenzmahle und Steine" zu setzen. Alle diese Arbeiten gehörten
nicht zum Hubenmass. Abgesehen hiervon wären mitunter nur Grenz-
regulierungen oder Aufsetzen von Grenzmalen auszuführen, wobei auf die
Hufenzahl nicht reflektiert werden könne. Für solche Arbeiten habe der
I,andmesser bisher 4 tl. für den Tag „accordiret", wobei die Setzung der
Grenzmale noch besonders bezahlt worden sei. Wenn aber Sr. Majestät
dem Landmesser ein hinlängliches „Tractament" gewähren wollte, so könnten
diese Vergütungssätze in etwas abgeändert werden. Ein Besitzer, der
einige Hufen vermessen liesse, könne dem Landmesser seine nicht nur teuer
erlernte Kunst, wobei er viel kostbare „Instrumente" brauchen müsste,
sondern sehr mühsame und „marterliche" Arbeit, nach Billigkeit und Ver-
dienst bezahlen: weshalb er auch das devoteste Vertrauen habe, dass es
bei der bisherigen „Usance" nach wie vor werde belassen werden.
Die Mitglieder der Landrechtskommission, deren besondere Titel auf
der Aussenadresse der Kabinettsordre speziell angegeben sind, begutachten
die Ansprüche des p. Rombeck verschieden. W. L. von der Groeben äussert
sich am ausführlichsten: die Ansprüche des p. Rumbeck wären sehr hoch:
da Güter von 100 und mehr Hufen zur Vermessung kämen, würde es dem
einzelnen Besitzer sehr schwer fallen, solch hohe Kosten zu tragen; er
scjblägt Diäten von 4 H. bis 4 H. 15 gr. bei freier Fuhre und Verpflegung
Digitized by Google
894 Roedder. Geschiebte des Venn.-Wesens Preussens etc.
vor: der Ingenieur sollte vor den anderen Coinmissarien nichts voran»
haben, da diesen die Erlernung der Wissenschaften und Anschaffung einer
Bibliothek weit mehr kostete, als dem Landmesser die Erlernung der Ijuid-
messkunst und Anschaffung seiner Instrumente; die Bezahlung nach Ge-
bühren wäre keine gerechte mit Rücksicht darauf, dass ein Gut im guadrat
und eben läge, während ein anderes, mit Wäldern, Brüchern und Morast«
bedeckt, weit mehr Arbeit beim Vermessen verursache als jenes. Da für
die Anfertigung des Risses 1, 2, 4, 6, 8 bis 10 Thlr. bezahlt werden müsste.
könne der Landmesser, der sein Metier erlernt habe, diese Arbeit nicht
für so marterlich ausgeben und könnte nicht schwieriger sein, als die Ab-
fassung der Urteile und Berichte dem Commissar. Nunmehr sei Land
messen keine Zauberkunst, koste auch nicht soviel zu erlernen, als man
den Leuten gern weiss machen wollte: ein tüchtiger Handwerker, z. B. eü
Kleinschmied müsse teuereres Werkzeug haben als ein Landmesser: dk
marterliche Arbeit hätte auch nur dann etwas auf sich, wenn man durch
Sumpf und Morast müsse, solches geschähe aber immer in Gesellschaft,
denn wenn einer ein gewissenhafter Commissarius sein wolle, dürfe er sich
vom Landmesser nichts handwerksmässig vorreden lassen, sondern müs^
mitgehen und zusehen, was der Landmesser vornimmt. Durchweg Diätes
für Vermessungen zu bewilligen, sei auch bedenklich, weil solches zu vielem
Zeitverbrauch Anlass geben könnte. Vor 8 oder 9 Jahren wäre er bei
einer Vermessung zugegen gewesen, von der angenommen worden war. da??
sie wenigstens 4 Tage dauern würde; da es aber nicht seine Sache ge-
wesen wäre, sich dabei lange aufzuhalten, habe er gesorgt, „dass wir mit
Sonnenaufgang anfingen, auff den abend hatten wir sechs und dreissi*
hüben gemessen und mussten wenigstens das vierte theil durch Sumpf and
Wasser waten. Täglich kan man wohl das nicht ausshalten, nichts desto-
weniger kan man viel aussrichten wenn man nur will." Nun schlägt er
folgende Vergütung des Landmessers bei freier Verpflegung vor:
a) für eine einfache Vermessung der Hufe für ein Gut von 10 — 20 Hufen
45 gr. pro Hufe (an einem Tage könne der Landmesser danach 5—10
Rthl. verdienen, wenigstens aber 21/2 — & Rthl.)
von 25—40 Hufen: 5 Achtehalber1) 1 _ „ „ ,
,„ „ÄÄ nn [für die Hufe:
d 45—100 33 gr. S
b) für eine spezielle Vermessung könnte 1/4 zugeschlagen werden („zwe?
Diagonallinien haben wo nicht alle doch die Meiste Schwierigkeiten^
wenn aber eine höchst spezielle Vermessung erfordert würde, könnte
von der Hufe i/s mehr zugegeben werden und in diesem letzten
Falle der Riss noch besonders nach Verhältnis der Hufenzahl ver-
gütigt werden, so dass ein Riss von 100 Hufen 10 Rthl. brächte.
l) 1 Thlr. = 12 Achtehalber su 7»/t gr.
Digitized by VjOOQle
fmSSSSmSLa Roedder- Geschichte des Verm.-Wesens Preussena etc. 895
1907.
Er schliesst mit den Worten: „mich dünkt auff die Art wird ein Land-
messer Überflüssig bezahlet, kan anch noch was erübrigen anff die Zeiten
wann er nichts zu thun hat. Wer indessen ein Metier erwehlt was nicht
täglich gilt, muss suchen Neben Arbeit zu haben, damit er nicht mtissig
bleibe" W. L. v. d. Groeben.
Den 15. April 1749."
Daneben ist noch zugeschrieben:
„Dieten die Reise Tage 3 fl., item bei Setzung der Grenzmahle. u
v. Werner äussert sich unterm 19. April ej. a. folgendermassen: wenn
bei Diäten nicht zu besorgen wäre, dass die Herren Landmesser mehr Zeit
als nötig ist auf eine Vermessung anwenden möchten, so hielte ich es für
das beste; indessen könnte doch ein „ temperament" getroffen und dem-
jenigen, der einen Landmesser braucht, die Wahl gelassen werden, ob er
ihm Diäten a 1 Rthl. p. Tag nebst freier Zehrung oder hufenweise seine
Bezahlung nebst freier Kost zahlen wolle und schlägt vor:
wenn keine besondere Schwierigkeiten bezüglich der Grenzen, un-
zugängliche Strecken etc. vorliegen und nur der Umfang des Gutes
zu messen, die Dorfslage. Teichstellen, Wälder etc. nur ungefähr
anzugeben sind
bei 10—25 Hufen: 45 gr. i
„ 25—45 „ 30 gr. j p. Hufe.
„ 45—100 r 24 gr. )
für den Riss 2—3 Rthl. bezw. 4—5 Rthl. bezw. 6—8 Rthl. noch
besonders.
Für besondere Schwierigkeiten, z. B. Grenzräuraen. Grenzmale
mühsam aufsuchen etc. ist er geneigt Diäten zu bewilligen. Für eine
spezielle Vermessung wäre die Hälfte der Gebührensätze, wenn nur
ein Teil des Gutes speziell zu vermessen wäre, für diesen Teil nur
Vs der Gebühren zu gewähren. Für die Copierung eines Risses
einer generellen Messung mit bis 10 Winkeln 4 fl., für jeden Winkel
mehr, noch 15 gr. Mehr als 30 Winkel sollen nicht berechnet werden.
Für Risse spezieller Messung soll das Doppelte vorstehender
Sätze gewährt werden. Das Setzen der Grenzmale geschähe gegen
Diäten.
Unter dem gleichen Tage schlägt Kobe eine Vertagung dieser Ange-
legenheit bis nach Erscheinen des in der Arbeit befindlichen neuen All-
gemeinen Landrechts vor. das die Gebühren, Diäten, Sportein etc. voraus-
sichtlich regeln werde.
R. J. v. Sahme pflichtet diesem Gutachten unterm 20. April ej. a. bei
und schlägt dabei vor, zunächst mit der Kriegs- und Domänenkammer zu
konferieren, da die Landmesser daselbst ihre Bestallung erhielten. Er meint
aber, dass man dem Landmesser Diäten, und zwar 1 Rthl. und freie Ver-
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896 Meysen. Schrägmessung mit Latten. rSSSSSuSm
piiegung bezw. 2 Kr hl. uhue diese gewähren müsse. Die Abrisse wären
verhältnismässig zu vergüten, wobei er erwähnt, dass die Herren Graten
v. Schlieben dem II@. Landmesser Reimer für einen Riss in der grossen
Wessolowschen Grenzsache 50 Rthl. haben bezahlen müssen.
Tribunalsrat Dr. Pauli erklärt unterm 22. ej. m., dass den Landmessern
statt der Gebühren Diäten zu bewilligen waren und will ihnen, weil sie
Instrumente zu gebrauchen hätten und unstreitig mehr Arbeit und Akkura-
tesse verwenden müssten als die dabei anwesenden Kommissarien, 6 rl. tät-
lich nebst „freier Fuhr und Zehrung a gewahren.
Kiesewetter tritt unterm 29. ej. m. dem Gutachten des TribuualraN
v. Sahme ohne weitere Erklärungen bei.
Lübeck und Graf v. Schlieben schliessen sich unterm 5. Mai ej. a. dem
p. Pauli an, Graf v. Schlieben jedoch mit dem Zusatz, dass für den Ab-
ritt von 6—10 Hufen 6 TU., bis 50 Hufen 12 Rthl., bis 100 Hufen und
wenn bei kleineren besondere Schwierigkeiten in Betracht kämen, 20 Rthl.
zu gewähren seien.
Damit schliesst das interessante Aktenstück.
(Fortsetzung folgt)
Schrägmessung mit Latten.
In den letzten dreizehn Jahrgängen der „Zeitschrift für Yermessungs-
wesenu findet sich eine grössere Anzahl von Aufsätzen, welche das Messen
mit schräger Lattenlage oder als Hilfsmittel hierzu konstruierte Instra-
mente behandeln. Dieses, sowie die nicht wenigen Erörterungen dieser
Materie an anderen Stellen, beweisen einmal, dass ein ziemlich weitgehen-
des Interesse an der Schrägmessung mit Latten besteht und zweitens, dass
dass die bisher erdachten Methoden und die heute zu Gebote stehenden
Instrumente doch nicht den Anforderungen genügen, die man hinsichtlich
der Genauigkeit und Bequemlichkeit stellt.
Herr Oberlandmesser Deubel führt in nZ. f. V.u 1906, S. 60 ff. kurz
die wichtigeren der bisher vorhandenen Instrumente an und erwähnt ihre
Hauptnachteile. Schliesslich empfiehlt er die Verwendung einer Schräg-
wage zur Bestimmung des Neigungswinkels und eines Messkeiles, um d&>
Stück g = V L* -|-Ä2 — L der Latte vorzulegen. Es scheint auch prak-
tischer zu sein, die runde Länge der Messlatte L durch einen Vorlege-
massstab oder etwas Aehnliches auch in der Horizontalprojektion her-
zustellen, als durch die Reduktion der schrägen Lange eine ganz unrunde
Horizontallänge zu erhalten. Die bei der Reduktion notwendige Rechen-
arbeit könnte allerdings dadurch sehr vereinfacht werden, dass man Hilfs-
täfelchen benützte, welche die Grösse L.cosa angeben (Gauss, polygono-
metr. Tafeln). Bei der Messung ganzer Längen ohne zu bestimmende
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Meysen. Schrägmessung mit Latten. 897
Zwischenpunkte würde die Rechenarbeit also nicht sehr bedeutend sein;
sind aber Zwischenpunkte vorhanden, so ändert sich das wesentlich, die
fortwahrend nötige Rechenarbeit, für deren Richtigkeit man auch nur durch
Doppelrechnung eine Probe gewinnt, wird recht lastig. Noch mehr aber
wird dies der Fall sein, wenn es sich um Absteckung von Längen handelt.
Die Grundbedingung, der ein Instrument zur Messung in geneigter
Lattenlage genügen müsste, wäre also, Rechenarbeit nach Möglichkeit zu
beschränken. Dieser Forderung, die Herr Oberlandmesser Deubel in dem
zitierten Aufsatz vertritt, nähert man sich entschieden, wenn man die
runde Länge der Messlatte in der Horizontalen zu erhalten trachtet, an-
statt die schrägliegende Lattenl&nge auf ein unrundes Mass in der Hori-
zontalen zu reduzieren. Das Mass, welches zu diesem Zweck der schrägen
Latte vorzulegen ist, z = VL* -\-h* — L = lC~ l), wird nach
dem Deubel8chen Verfahren durch Ablesen des Neigungswinkels an der
Schrägwage bestimmt und dann mittels des Keiles bezw. Vorlegemassstabes
vorgelegt. Der Gehilfe, dem mau diese Arbeit schon anvertrauen muss,
hat also eine dreifache Operation auszuführen, nämlich 1. die IJbelle der
Schrägwage einspielen zu lassen, 2. den Neigungswinkel abzulesen und
3. das dem Neigungswinkel entsprechende Mass vorzulegen.
Bei allen drei Operationen können auch bei einem gewissenhaften Ar-
beiter Versehen vorkommen; bei der zuerst genannten vielleicht weniger,
als bei den beiden letzten. Dieser Punkt sowie der, dass das Verfahren
doch ziemlich umständlich ist, legen den Gedanken nahe, ein Instrument
zu konstruieren, bei dem wenigstens das Vorsetzen des Additamentes auf
mechanischem Wege geschieht.
Den Erfolg meiner Bemühungen nach dieser Richtung hin stellt die
Idee zu einem Instrumente dar, die ich in nachfolgendem gebe. Ich be-
merke im voraus, dass ich auf eine Anzahl von Missständen aufmerksam
geworden bezw. gemacht worden bin, die eine praktische Verwendung des
Instrumentes in der vorliegenden Form zweifelhaft erscheinen lassen. Der
Zweck der Beschreibung ist, zu dem Versuch anzuregen, ob das Problem
nicht auf diesem Wege zu lösen ist, bezw. ob die am Schluss erwähnten
üebelstände sich nicht abstellen lassen.
Das Instrument, dessen Gesamtansicht Fig. 1 gibt, ist mit drei Schar-
nieren s mit der Latte verbunden und besteht im wesentlichen aus drei
Teilen, dem Zulegemassstab m, der IJbelle / und der Laufkurve k. In
Fig. 2 und 3 ist der wichtigste Teil des Instrumentes in grösserem Mass-
stabe dargestellt. Die Libelle ist an dem einen Ende mit dem Massstab
in der bekannten Weise durch den Zapfen b verbunden, dass sie um den
Punkt c vertikal drehbar ist. Am anderen Ende liegt sie mittels des
winkelförmigen Aufliegers d lose auf der Lauf kurve k auf, welch letztere
Zeitachrift für Verme»8UiigBwe»en 1907. Heft 34. 68
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898
Meysen. Schragmessung mit Latten.
Z«iuchrtft ftir
durch eine Rippe dargestellt ist, die sich auf der dem ganzen Instrumente
Halt gebenden Rückwand g befindet (in Fig. 4 und 5). In den Schar-
nieren s befinden sich Nuten a, in denen der Massstab beweglich ist. Die
Anwendung des Instrumentes würde so vor sich gehen, dass man den
Massstab und damit auch die mit ihm verbundene Libelle vorzieht, bis
die Libelle einspielt.
Dies ist bei horizontaler Lattenlage der Fall, wenn der Massstab-
auszug = 0, die Libellenachse parallel der Latte ist. Fig. 1 — 3 zeigen
diese Lage. Die schematische Fig. 6 zeigt den Fall, dass die Latte schräg
liegt. Der Mass stab und die Libelle sind vorgezogen, das auf der Lauf-
schiene /,- aufliegende Ende der Libelle ist auf dieser hinaufgeglitten,
bildet also mit Massstab, Latte und Gelände einen Winkel «, der dann
gleich dem Neigungswinkel des Geländes ist, wenn die Libelle horizontal
liegt, also einspielt. Das Massstabstück, welches über das Lattenende
herausragt, ist z = l(— l), also gleich dem Stück, welches, zu
der Lattenlänge L addiert, die Projektion des horizontalen L darstellt.
Hat man die Aufgabe, die Entfernung zweier Punkte in geneigtem
Terrain zu messen, so braucht man nur in jeder Lattenlage für das Ein-
spielen der Libelle zu sorgen und sodann an das Ende des Auszuges die
nächste Latte anzulegen. Man braucht also keine Ablesung zu machen,
kein bestimmtes Mass vorzusetzen und keine Rechnungen zu machen. Mau
würde Arbeit sparen und Fehlerquellen vermeiden.
Die Länge des herausgezogenen Massstabstückes hängt ab erstens von
der Länge der Libelle und zwar vom Drehpunkt c bis zum Auflagerpunkt
von d, nämlich A, zweitens von der Gestalt der Kurve. Andererseits ist
e eine Funktion von Lattenlänge L und Neigungswinkel a. Also ist der
Verlauf der Kurve durch die Stücke L, l und a bedingt, wo l die Libellen-
länge bezeichnet. Sind die Beziehungen bekannt, welche zwischen Kurve
und den drei Stücken bestehen, so kann man beliebig viele Punkte der
Kurve ermitteln. L und l sind als konstant zu betrachten (wenigstens bei
demselben Apparat) und a hätte dann alle seine Werte zu durchlaufen.
Der Scheitel der Kurve A wäre zuerst zu bestimmen. Seine Ent-
fernung vom Massstab muss dieselbe sein wie die von c, die an sich be-
liebig ist. Seine Entfernung vom Lattenende und Instruraentenende ist
13
Fig. 1. Gesamtansicht.
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vmmwwMan Meysen. Schrägmessung mit Latten. 899
zu erlassen ist; in folgendem wurde als Maximalwert von a 30 o ange-
nommen, so dass bei L ss 6 in, z — 773,5 mm ist. Hiermit ist die Lage
von A eindeutig bestimmt.
Die Parallele zn Latte und Massstab sei die jc-Achse eines Koordi-
natensystems, dann ist (Fig. 6)
(1) y = / . »in o.
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900
Meysen. SchrAgroessung mit Latten.
Zeitschrift
Fig. 4.
Schnitt
Fig. 6.
z, die Länge des Massstabauszuges, ist auch die Länge des Weges, den
der Punkt c durchläuft, so dass
(2) x = z + l .cosa — l.
Da e der Gleichung e — L(-^g a — l) entsprechen muss, ist
(3) + eaiu-l,
mit cos a erweitert :
L — L cos a I cos* a — I cos a
x— 1
cos a
x =
1 -
(4)
Es ist
X =
cos a
1 — cos a
cos a
. 1 — cos a _
L — (/ cos o)
cos a
(L — I cos et).
cos a '
V— y"
cos a — - 1 - - .
Dies in (4) eingesetzt, gibt:
l —
(5)
x —
Vf-y'
V>-
Die weitere Entwicklung der Formel geht ganz einfach vor sich:
x ypzr^ — LI — L VF^y* _ i y/W^J* + p - y%
V'^—y1 + 1 + x) = LI — y»
y( 9 L + l + x
, L»/» -4- /* + y* + 2 L Ja — 2L/y» — 2 Z8 y»
_ y — ~L» /" + -f 2 LI -f- 2Ix -f 2/a-
L*t* + Z« + Z'or» + 2 Li" + 2L/»x + 2Px — L*y* — l*y* — *V
— 2L/y«-2L*y»-27xy»
= L«l» + 2Lf» — 2Lly* + J4 — 2/»y' + y4;
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aaucurtft mi Meysen. Schrägmeusung mit Latten.
901
/
Fig. K.
nach Ausscheidung der auf beiden Seiten gleichen Glieder:
rr'-fi LP* + 2 l*x — LV - *V — 2/ary« + /V — -= 0
/s(x,+ 2/.x+2/^-y,(js + 2/^ + 2/T)4-y> (/« - y») - y* = 0
(6) (I1 - V*) Cy* + *• + 2 .r [I + /]) A V = 0.
Dieses ist die Gleichung der Kurve in impliziter Form; dieselbe weiter
auszuführen, dürfte kaum Wert haben.
Ist das Instrument mit Libelle und Laufkurve versehen, so ist in
einer gegebenen Neigung das Additament z bestimmbar, ohne dass man
den Neigungswinkel selbst kennt. Häufig kann es aber von Wert sein,
diesen Neigungswinkel zu ermitteln; dieses ist leicht möglich, wenn man
auf dem Massstab eine Teilung anbringt, welche die Werte von a für den
jeweiligen Stand des Apparates und der Lage anzeigt. Da e von L und
a abhangt , L aber konstant ist, sind nur die Werte von z für af zu er-
mitteln und auf dem Massstab abzutragen. Sind dann die entsprechenden
a an die Teilstriche geschrieben, so ist nur am Lattenende auf dem Mass-
stabe abzulesen, wo zu diesem Zwecke eine kleine Marke vorzusehen wäre.
In Fig. 7 ist ein Teil des Massstabes vergrössert dargestellt, und
diese Teilung für a erscheint, wie auch in Fig. 3, in der Mitte, der mit
II überschriebenen Skala. Statt der Neigungsangabe in Graden würde
mancher eine Teilung nach Prozenten vorziehen.
In nachstehender Tabelle sind die Werte für z in »/io mm angegeben
von Grad zu Grad, denen zur Uebersicht der Prozentwert gegenüber-
gestellt ist.
Yon L und a ist auch der Höhenunterschied zwischen Anfangspunkt
der Latte und Ende des Massstabes eine Funktion; es ist (Fig. 6!)
J At =c (L + #)* — Z,*, also e = Vi.» +4 At - L. Diese Abhängigkeit
902 Meysen. Schrägmessung mit Latten. z«i«cbrm rar
* = l) _ _ ,
\ cos a l {L = 5 m.)
mm M A
a in '
= %
m in Vio mm
L_====_J
a in 0
= 7o
m Smm I /
x in Vio mm
1
1,75
8
16
28,67
2015
2
3,49
30
17
30,67
2284
3
5,24
68
18
32,49
2572
4
6,99
122
19
34,43
2881
5
8,75
191
20
36,40
3209
6
10,61
276
21
38,39
3558
7
12,28
876
22
40,40
3926
8
14,05
491
23
42,45
4318
9
15,84
623
24
44,62
4781
10
17,63
771
25
46,63
5181
11
19,44
986
26
48,77
5630
12
21,26
1118
27
50,95
6116
13
23,09
1316
28
53,17
6621
14
24,93
1531
29
56,48
7167
15
26,79
1764
30
57,74
7736
wurde für die Skala I nutzbar gemacht. Lägst man Ah in Intervalleu
von 5 oder 10 cm alle Werte durchlaufen von 0 bis 285 bezw. 280 und
schreibt diese Ah an die für z gefundenen, auf dem Massstab markierten
Längen, so erhält man die Skala I. Für den vorliegenden Fall ist
Ah = 285 bezw. 280 cm die obere Grenze, da einem JA = 290 cm
schon ein e — 780,1 mm entspricht, während der Massstab nur 773.5 mm
lang ist. Die Intervalle von Ah sind in nachfolgender Tabelle zu 10 cm
angenommen und z bis auf i/l0 mm berechnet.
• •
z — VL* + Ah* — L. (L = 5 m)
Ah
in cm
z in '/in mm
Ah
in cm
* in Vio mm
Ah
in cm
z m yw mm
10
10
110
Ü96
210
4281
20
40
120
1420
220
4626
30
90
130
1662
230
40
160
140
150
1923
240
5462
60
250
2201
260
5902
60
359
160
2498
260
6356
70
488
170
2811
270
6824
80
686
180
8141
280
780«
i 90
804
190
3488
(290)
(7801)
100
990
200
3852
Ausser diesen beiden Skalen sind in Fig. 7 noch zwei weitere Tei-
lungen vorgesehen: Skala III, eine einfache Millimeterskala, soll dazu
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Zeitschrift für
Meysen. Schrägmessung mit Latten.
903
für inmitten der Latte fallende Punkte die von der Lattenablesung
abzuziehende Reduktion zu bilden. Die Skala IV, in Fig. 7 als auf der
Massstabsunterseite befindlich dargestellt, ist eine Teilung nach Böschungs-
verhältnis. Es ist (Fig. 6)
L
1 : x = Ah : L, also x —
oder umgeformt z =
(y«+i"-0-
(L = 5 m)
Hieraus ist wieder e für beliebige x zu berechnen:
1 : x
• En Vi« mm
. — —
1 : x
z in Vi« mm
1 : 1
20710
1 : 6
690
10090
7
510
i V«
7686
440
2
5900
8
390
2 V«
4615
9
310
»V,
3850
10
250
'••/«
3200
12
170
3
2705
15
110
•Vi
2000
20
60
4
1540
25
40
5
990
30
30
Da der den Böschungsverhältnissen 1 : 1 und 1 : 1 1/, entsprechende
Neigungswinkel a > 30° ist, sind allerdings diese beiden, die gerade die
wichtigsten sind, auf dem 773,5 mm langen Massstabe nicht darstellbar.
Allgemein wäre noch anzugeben, dass unter dem Massstabe sich noch
eine Unterlage u befindet, um eine wesentliche Durchbiegung des Mass-
stabes zu verhindern. Denselben Zweck verfolgt die Fonn des Quer-
schnittes des Massstabes (vergl. Fig. 4!). Die Empfindlichkeit der Libelle
dürfte nicht zu gross gewählt werden (2' — 1' Angabe ?), um die Schnellig-
keit des Arbeitens nicht zu beeinträchtigen. Bei der praktischen Be-
nutzung im Felde mtisste man , wie eingangs schon erwähnt , die Hand-
habung des Instrumentes dem Arbeiter überlassen, was m. E. auch ohne
Bedenken wäre, da es eben nur nötig ist, den Massstab soweit heraus-
zuziehen, bis die Libelle einspielt, wobei Fehler nur bei sehr grober Fahr-
lässigkeit möglich wären. Auch die etwa benötigten Höhenangaben könnte
der Hilfsarbeiter wohl ablesen.
Der eine oder andere mag vielleicht an den vielen Teilungen des
Massstabes Anstoss nehmen. Demgegenüber wäre zu bemerken, dass zur
Längenmessung nur die Millimeterskala (und auch diese nicht unbedingt)
erforderlich ist. Sollen Höhenmessungen ausgeführt werden, so ist Skala 1
z weckmässig, sie kann aber ebenso wie II und IV durch III ersetzt werden,
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904
Meysen. Schräginessung mit Latten.
Zmucürirt
•.,0
r
1»W
wenn man sich zur Ermittlung von Ah in I, a in II und x in IV der vor-
stehenden drei Täfelchen bedient.
Dass die Laufkurve im Anfang etwas sehr schnell steigt, ware ein
l'ebelstand, der sich jedoch durch Ueberspringen der ersten beiden Grade
beheben lässt, zumal man bei derartig mini-
malem Gefälle kaum eine Reduktion mit einem
Instrument vornehmen wird.
Schwerwiegender als diese Bedenken
dürften andere Uebelstände sein. So mus*
z. B. das instrumenttragende Lattenende stets
talwärts gerichtet sein, so dass man mitunter
die Latte herumdrehen müsste. Auch Empfind-
lichkeit gegen Stoss, Schlag und Schmutz wäre
zu befürchten; schliesslich würde wohl Ge-
wicht und Preis ziemlich hoch sein.
Mit der Veröffentlichung bezwecke ich,
zu dem Versuche anzuregen, ob das Problem
nicht auf diesem Wege zu lösen ist, be-
ziehungsweise ob die erwähnten Fehler und
Uebelstände sich nicht abstellen lassen.
Ein anderes Verfahren der Messung mit
aufliegender Latte in geneigtem Terrain wen-
det Herr Steuerinspektor Hasse in Godes-
berg an. Bekannt ist das in Jordan, Hand-
buch der Vermessungskunde Bd. II, Seite 40
(3. Aufl.) angegebene Näherungsverfahren,
wonach der Höhenunterschied in dm zwischen
Lattenanfang und -ende quadriert das der
schrägliegenden Latte hinzuzufügende Addi
tament in mm ergibt. Aehnlich schliesst
Herr Steuerinspektor Hasse aus dem Höhen-
unterschied auf das vorzusetzende Stück.
Er hat eine Anzahl — beiläufig 10 Stück -
4 mm starke Blätter aus Holz in der in Fig. 8
angedeuteten Weise so angeordnet, dass sie
um die durchgehende Achse o fächerartig ein-
zeln drehbar sind. Auf den einzelnen Blat-
tern sind Zahlen sowohl auf der Oberseite
wie auf der Breitseite eingebrannt, nämlich 20 , 26 , 35 , 40 , 45 , 49 , 53,
57, 60, 63. Diese Zahlen geben den Höhenunterschied in cm an, bei dem
•
ein, zwei, drei . . . oder zehn Blätter von je 4 mm Dicke zwischen zwei
aufeinanderfolgende Latten geschoben werden muss. Er misst also den
i
i
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vSSSSSStSmm Haramer- 2- Nachtrag über Draht-Grundlinienmessung. 905
1907*
Höhenunterschied, rundet diesen auf die nächstliegende Angabe der ein-
zelnen Blätter ab, dreht dann die überflüssigen Brettchen um die Achse
und setzt die nötige Anzahl dem Lattenende vor.
Die Verwendung von 10 Blättern erscheint mir nicht ausreichend, da
40 mm Additament einem Neigungswinkel von nur ca. 7° J1 120/0 ent-
sprechen: jedocb kann man die Anzahl ja beliebig erhöhen.
Fig. 8. Fig. 9.
Zur Höhenmessung benutzt Herr Hasse eine sehr praktisch konstruierte
Libelle. Dieselbe, eine It Öhrenlibelle, ist in Fig. 9 dargestellt und er-
möglicht eine Benutzung sowohl zum Horizontallegen einer Latte wie auch
zum Senkrechtstellen einer Bake. Drehbar um den Zapfen a ist ein kasten-
förmiger Deckel angeordnet, der beim Horizontallegen mit der Libelle
einen Winkel bis zu 180° bildet. Soll eine Bake senkrecht gestellt werden,
so ist die Drehung bis auf 270° zu machen. In einfachster Weise ist so
eine Anschlag!) belle mit einer Libelle zum Horizontallegen verbunden.
In der Fig. 9 ist die Stellung I des Deckels zum Horizontallegen
einer Latte und die Stellung II zum Lotrechtstellen einer Bake angedeutet.
Barmen, den 27. Juli 1907. G. Meysen.
Zweiter Nachtrag zu der Notiz Uber die Draht-
Grundlinienmessungen bei Cannstatt.
Von E. Hammer.
Als Fortsetzung der Mitteilung S. 643 — t>45 dieses Bandes möchte
ich hier doch noch einige Worte beifügen über die Messungen der Strecke
JBC, vgl. die Lageplanskizze S. 438 des ersten Aufsatzes. Die Angabe
S. 644, bei der Wiederholung der Messung von AB am 29. Juni 1907
seien alle Beobachter zum erstenmal an dem Apparat tätig gewesen, itt
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906 Hammer. 2. Nachtrag Uber Draht-Grundlinienmessung. fJSSSgSSSm
nämlich nicht zutreffend; ein Teil der Beobachter (besonders Dipl.-Ing.
Werkmeister und Assistent Fischer) hatte bereits 5 Tage vorher an
der erstmaligen Messung der Strecke BC teilgenommen. (Das Versehen
ist dadurch veranlasst, dass zuerst für beide Messungen, vom 24. und
29. Juni d. J. , die Ergebnisse zusammen hier mitgeteilt werden sollten,
wie aus dem Text S. 643 und 644 hervorgeht.)
Die Strecke BC, über den freien, ebenen Exerzierplatz führend
(vgl. Skizze S. 433, wo statt 780 zu setzen ist 785 m), ist nur je einmal
mit Draht 62 und mit Draht 63 gemessen. Die Gerade war durch Pflöcke
in je 100 m Entfernung ausgefluchtet. Zur Reduktion sind die Draht-
gleichungen vom Mai 1906 (s. S. 432) verwendet, die auch S. 644 bei
AB benützt worden sind.
Basisstrecke BC bei Cannstatt, rund 785 m lang.
1.
Datum
2.
Draht
Nr.
3.
Mes-
sung
4.
Ergebnis
für
BC
ö.
Temperaturen,
sonstige Be-
merkungen
über die Äussern
Umstände
6. 7.
MitÜere 31«.
«ungugetchrö
digkeit,
Bemerkten -J-J-
engen und A>
1
» i
1907 62
Juni
24. Öfl
•
|
17 BC 785,4684
IBCB 785,4693
-r-150bis + 200C
Wetter im ganzen
günstig:
Himmel nur
wenig bedeckt,
aber zeitweise
leichter Wind.
Die Beobachter alle
zum erstenmal an
dem Apparat tätig ;
6 Beobachter, 2 Mess- ungefähr
gehilfen.
Lotungen mit seitlich 220 m.
aufgestellten Theo-
doliten.
Die verhältnismässig geringe Messungsgeschwindigkeit hat ihren Grund
in der erstmaligen Arbeit der Beobachter, ferner in ziemlich langem Auf-
enthalt* bei Anwendung des 8 m-Drahts und des 4 m-Bandes beim An-
schluss in C (Messung 17) und in B (Messung 18). Der Unterschied
zwischen den beiden Messungen beträgt nur 0,9 mm oder rund Vstoooo
der Länge. Die Messungen zeigen jedenfalls, dass ein Unterschied im
Verhalten der Länge der Drähte Nr. 62 und 63 nicht nachweisbar ist,
wie auch die Messungen Nr. 18' bis 16 für AB einige Tage später be-
stätigten.
Nimmt man als Ergebnis der beiden Messungen für BC die Zahl
785,4688 und als Ergebnis der 15 Messungen für AB (Nr. 1 bis 12, ohne
10; Nr. 13 bis 16) den Wert 435,8600+ 11 ' °>0011.± 4 ' °'0<29 (Vgl.
S. 437 und 645) = 435,8616 (wobei, wie die Mittelung zeigt, angenommen
ist. die Drahtgleichungen haben sich 1906/07 nicht verändert und
es seien keine in Betracht kommenden persönlichen Fehler vorban-
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^JSSSpSSm Literaturübersicht- — 18- Organisation des Verm.-Weaens. 907
den; dies ist selbstverständlich auch für BC vorausgesetzt), so würde sich
also nach den bisherigen Messungen ergeben
AB + BC = 1221,3304 m.
Nach Anbringung der S. 644 angegebenen Reduktion wegen Knickung der
Grundlinie im Punkt B, — 13,9 mm, würde damit die geradlinige Ent-
fernung der Punkte A und C vorläufig
AC = 1221,3165 m.
Ich horte, die periodischen Nachmessungen (S. 645) auf die ganze 1,22 km
lange Grundlinie ausdehnen zu können.
Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen
vom Jahre 1906.
Von M. Petzold in Hannover.
(Schluss von S. 873.)
18. Organisation des Vermessungswesens, Gesetze und Verord-
nungen, Unterricht und Prüfungen.
Assmuth, H. Koloniale Landesvermessung. Allgem. Verm.-Nachrichten
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Bayerische Allerhöchste Verordnungen, die Vorbedingungen für den baye-
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1906, S. 243—251; Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 631—633.
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Emelius, A. Das Vermessungswesen in den deutschen Schutzgebieten
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— Katasterwesen und Vermessungsbeamte im Königreich Italien. Allgem.
Verm.-Nachrichten 1906, S. 173-177 u. 186—188.
— Vermessungs- und Katasterwesen im. Grossherzogtum Luxemburg.
AUgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 261—263.
Finaneministerium, Kgl. bayer. Bekanntmachung, den Vorbereitungsdienst
der Geometerpraktikanten betr. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906.
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Fttch, Ch. H. Public land surveys by Government engineers in Indian
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908 18. Organisation des Vermessungaweaena, etc. v^^^i
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Geodätisches Institut, Kgl. preuss. Veröffentlichung, neue Folge Nr. 26.
Jahresbericht des Direktors des Königlichen Geodätischen Instituts für
die Zeit von April 1905 bis April 1906. Potsdam 19041.
Hammer (Strassburg). Zusammenlegung oder Flurbereinigung 3? Zeitschr.
f. Vermessungsw. 1906, S. 326—341 u. 356—371.
Harksen. Die Uebernahme von Neumessungsergebnissen zum Grundbach.
Allgem. Verm.-Nachrichten 1906, S. 249-254, 265-277. 306-31«
u. 329—336.
Hillegaart. Die Besoldungsverhftltnisse der Vermessungsbeamten in deut-
schen Stadtverwaltungen. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 149-161.
Hillmer, G. Die Landesvermessung und die geologische Vermessung in
den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Zeitschr. d. Rhein.-Westf.
Landme8server. 1906, S. 33—41, 59—67 u. 100—110.
— Ueber die Ausbildung der Vermessungstechniker in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 299—311
Jrion, A. Ausführung und Fortführung des Vermessungswerks der Haopt
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Der Kulturtechniker 1906, S. 225 u. 226.
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gebieten. Zeitschr. d. Khein.-Westf. Landmesserver. 1906, S. 67—74.
miUürgeographisches Institut, fc w. k. fisterreich. Inhaltsverzeichnis der
in den Bünden I bis XXV der Mitteilungen des k. u. k. Militärgeograph.
Instituten enthaltenen wissenschaftlichen Aufsätze. Mitteil. d. k. u. k.
Militärgeograph. Institutes XXV. Bd. 1905 (gedr. 1906), S. 191 -21>
— Leistungen des k, u. k. Militärgeograph. Institutes im Jahre 190f>.
Mitteilungen des k. u. k. Militärgeograph. Institutes XXV. Bd. 19$
(gedr. 1906), S. 3—45 u. Tafeln 1—5.
Neumann. Einige Fragen bei Grensfeststellungen. Allgem. Verm.-N»cb-
richten 1906. S. 374—379.
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fSSSSStSmm ia 0r&ani8Ätion de9 Verraessungswesens, etc. 909
() est er reich ische Kommission für die Internationale Erdmessung. Proto-
koll über die am 29. Dez. 1905 abgehaltene Sitzung. Wien 1906,
Selbstverlag der Österreich. Komm. f. d. Internat. Erdmessung.
Pähl. Innere Besiedelung unter Berücksichtigung der vorhandenen Renten-
gutsgesetze. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 935—950.
Riemann. Einiges für die Kulturtechnik Bedeutsame aus dem Wasserrecht.
Vortrag mit Besprechung. Der Kulturtechniker 1906, S. 78 — 90.
Rintelen, F. Die Rechtsprechung zu den preussischen Gesetzen über Ge-
meinheitsteilungen (Servitut - Ablösungen , Grundstücks - Zusammen-
legungen) mit Ausschluss der Verfahrensvorschriften. Nach der Zeit-
schrift für Landeskulturgesetzgebung bearbeitet. Berlin, Parey. Preis
14 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. d. Rhein.- Westf. Landmesserver. 1906,
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Schnitze (Düsseldorf). Ueber Baulandumlegung und Ausführung einer
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Schulze, Fr. Der Studiengang des preussischen Landmessers im Vergleich
zu dem des sächsischen Vermessungsingenieurs. Zeitschr. f. Vermes-
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Schumacher. Die Zusicherung der Grösse beim Verkaufe von Grundstücken.
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Rhein.- Westf. Landmesserver. 1906, S. 213—216.
Spöttle, J. Das kulturtechnische Demonstrationsfeld bei der Kgl. Akademie
für Landwirtschaft und Brauerei in Weihenstephan. Der Kulturtech-
niker 1906, S. 325—330 u. 2 Planbeilagen.
Steppes, C. Ueber bayerische Katastervermessungen, insbesondere Städte-
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Deutsch, S. Der Wasserbau, ein Handbuch des Bauingenieurs. 2 Bände
mit im ganzen 353 Textabbildungen und 69 Tafeln. Leipzig 1906.
Voigt. Preis jedes Bandes geb. 7,50 Mk. Bespr. in d. Allgem. Verm.-
Nachrichten 1906, S. 284.
Intee, 0. Die geschichtliche Entwicklung, die Zwecke und der Bau der
Talsperren. Für den Druck vorbereitet von Link. Sonderabdruck aas
der Zeitschr. des Vereins deutscher Ingenieure. (48 S. 4<> mit 152
Abbild, im Text und auf 3 Tafeln.) Berlin 1906, Springer. Preis geh.
2 Mk. Bespr. in d. Zentralblatt d. Bauverwaltung 1906, S. 638.
Jordan. Die nationalen Eigentümlichkeiten der Siedelung der Germanen.
Zeitschr. f. Vermessungsw. 1906, S. 73—78 u. 95—100.
Nüschmann. Der Spülversatz beim Kohlenbergbau. Zentralblatt d. Bau-
verwaltung 1906, S. 323—326.
Oertel, K. Generalmajor Carl von Orff. Vierteljahrsschrift d. Astronom.
Gesellschaft 1906, S. 3— 13 u. Porträt.
Hochschulnachrichten.
Königliche landwirtschaftliche Akademie Bonn -Poppelsdorf
in Verbindung mit der
Rheinischen Friedrich- Wilhelms-Universität Bonn.
An der landwirtschaftlichen Akademie zu Bonn-Poppelsdorf werden im
Winterhalbjahr 1907/08 folgende Vorlesungen und Uebungen gehalten:
1. Prof. Dr. Hansen: a) Allgemeine Tierzucht (I. Teil: Züchtungs-
lehre), wöchentl. 2 st. b) Allgemeine Tierzucht (II. Teil : Fütterungslehre),
2 st. c) Pferdezucht, 1 st. d) Uebungen zur Fütterungslehre, 2 st. e) Land-
wirtschaftliche Demonstrationen auf dem akademischen Gute Dikopshof.
2. Prof. Dr. Remy: a) Boden- und allgemeine Pflanzenbaulehre, 2 st.
b) Hackfrucht- und Handelsgewächsbau, 2 st. c) Demonstrationen zur
Boden- und Pflanzenbaulehre, 1 st.
3. Prof. Dr. Aereboe: a) Betriebslehre, 3 st. b) Landwirtschaftliche
Buchführung, 1st. c) Landwirtschaftliches Seminar, 1st.
4. Prof. Dr. Gieseler, Geh. Reg.-Rat: a) Experimental-Physik (Elek-
trizität und Mechanik), 2 st. b) Physikalisches und maschinelles Praktikum.
48t. c) Landwirtschaftliche Maschinenkunde (II. Teil), 1st. d) Elemente
der Mechanik und Hydraulik mit Uebungen, 2 st.
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Hochsc hu In ac brich ten .
911
5. Prof. Dr. Kreusler, Geh. Reg.-Rat, Direktor: a) Anorganische
Experimental- Chemie, 4 st. b) Chemisches Praktikum, 4 st. (Vermehrte
Stundenzahl nach Bedarf.) c) Landwirtschaftliche Technologie, 2 st.
6. Prof. Dr. : a) Anatomie und Physiologie der Pflanzen, 4 st.
I» Mikroskopische Uebungen (gem. mit Priv.-Doz. Dr. Kör nicke), 4 st.
7. Prof. Dr. Hagemann: a) Anatomie und Physiologie der Haus-
säugetiere , 3 st. b) Vererbung und Fortpflanzung der Säugetiere , 1 st.
c) Spezielle Gesundheitspflege der Haustiere, 1 st. d) Tierphysiologisches
Praktikum, 2 st.
8. Prof. Huppertz: a) Land wirtschaftl. Baukunde, 1st. b) Brücken-,
Wehr-, Schleusen- und Wegebau, 3 st. c) Bautechnische Uebungen, 4 st.
d) Fischzucht, 1 st.
9. Prof. Müller: a) Trassieren, für L Studienjahr, 2 st. b) Aus-
gleichungsrechnung, für L Studienjahr, 1 st. c) Geodätisches Rechnen, für
L Studienjahr, 1st. d) Ausgleichungsrechnung, für II. Studienjahr, 2 st.
e) Geodätisches Seminar, für II. Studienjahr, 2 st. f) Geodät. Uebungen:
I. Stadienjahr: Nivellieren, Ausgleichungsrechnung und geographische Orts-
bestimmung; II. Studienjahr: Ausgleichnngsrechnung, Trassieren, 2 Tage.
10. Prof. Hillmer: a) Landesvermessung, für II. Studienjahr, 2 st.
b) Land mess- und Instrumentenlehre, für I. Studienjahr, 2 st. c) Geodä-
tisches Seminar, für II. Studienjahr, 2 st. d) Darstellende Geometrie, für
I. Studienjahr, 1 st. e) Geodätische Uebungen : I. Studienjahr : Landmess-
lehre und Zeichnen; II. Studienjahr: Landmess- und Instrumentenlehre,
Landesvermessung, 2 Tage.
IL Prof. Dr. Hessenberg: a) Sphärische Trigonometrie, für I. Stu-
dienjahr, 1st. b) Kartenprojektionen, für I. Studienjahr, 1st. c) Analy-
tische Geometrie, für I. Studienjahr, 2 st. d) Höhere Analysis, für I. Stu-
dienjahr, 3 st. e) Mathematische Uebungen, 4 st.
12. Garteninsp. Beissner: a) Obstbau, 2 st. b) Allgemeiner Garten-
bau, 1 st. c) Demonstrationen im botanischen Garten.
13. Kreistierarzt Bongartz: Seuchen und innere Krankheiten der
Haustiere. 3 st.
14. Sanitätsrat Dr. Firle: Persönliche u. soziale Gesundheitspflege, 1st.
15. Forstmeister Hoff mann: a) Forst- und Jagdgeschichte, 1st.
b) Forsteinrichtung, 2 st.
16. Regierungs- und Baurat Künzel: a) Technische Fragen der all-
gemeinen Kulturtechnik, für I. Studienjahr, 2 st. b) Kulturtechnische
Uebungen, für II. Studienjahr, 4 st.
17. Prof. Dr. Laspeyres, Geh. Bergrat: a) Mineralogie, 2st. b) Mi-
neralogische Uebungen, 1 st.
18. Prof. Dr. Ludwig, Geh. Reg.-Rat: Landwirtschaftliche Zoologie
(I. Teil), 3 st.
19. Dr. Po Ii s, Direktor des Aachener Meteorolog. Observatoriums:
Witterungskunde, 1 st.
20. Prof. Dr. Schumacher, Amtsgerichtsrat: I^andwirtschaftsrecht, 3 st.
21. Priv.-Dozent Dr. Weber: a) Volkswirtschaftslehre, 2st. b) Volks-
wirtschaftliches Seminar, 1 st.
22. Priv.-Dozent Dr. Wygodzinski: a) Einleitung in das Genossen-
schaftswesen , 1 st. b) Seminar über Genossenschaftswesen und ländliche
Wohlfahrtspflege, 1st.
Ausserdem finden landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche, kulturtech-
nische u. s. w. Exkursionen in die nähere Umgebung, sowie in die benach-
barten Provinzen und in das Ausland (Belgien, Holland, England) statt.
Die Aufnahmen neu eintretender Studierender beginnen am Dienstag
15. Oktober und finden bis einschl. Dienstag den 5. November 1907 statt.
Später eintreffende Studierende haben die Genehmigung zur nachträglichen
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912 Aus den Zweigvereinen. — Druckten lerberichtigung. Zeitschrift n»
VenneMungiwewn
Immatrikulation bei der Universität, unter Angabe der Gründe ihrer \er-
späteten Meldung, schriftlich bei dem Kurator der Universität nachzuanchen.
Auf Anfragen wegen Eintritts in die Akademie ist der Unterzeichnete
gern bereit, jedwede gewünschte nähere Auskunft zu erteilen. Prospekte
und Stundenpläne versendet das Sekretariat der Akademie auf An-
suchen kostenfrei.
Bonn, im Juli 1907.
Der Direktor der Kgl. landwirtschaftlichen Akademie:
Kreusler, Geheimer Regierungsrat.
Aus den Zweigvereinen.
Hannoverscher Landmesserverein.
Der Hannoversche Landmesserverein blickt in diesem Winterhalbjahre
auf 25 Jahre seines Bestehens und Wirkens zurück. Pflege der Fach-
wissenschaften, Förderung der Standesinteressen und Mehrung und Hebung
der Kollegialität waren die leitenden Motive zu seiner Gründung. Als
Glied eines Ganzen ist er diesen Motiven stets getreu geblieben und be-
strebt gewesen, die Kollegenschaft in Stadt und Provinz Hannover zu-
8ammenzuschliessen und die Standesinteressen zu heben und zu wahren.
In den Vereinsversammlungen vom 12. Oktober und 2. November d. J.
wurde beschlossen, das 25-jährige Bestehen des H. L.-V. am Sonnabend,
den 18. Januar 1908 festlich zu begeben.
Dem Verein würde es zur Ehre gereichen, auch seine ehemaligen Mit-
glieder, welche das Geschick in entferntere Gegenden verschlagen hat und
welche infolge der hierdurch bedingten geringen Beziehungen die Mitgliedschaft
zum H. L.-V. gelöst haben, gelegentlich dieser Feier begrüssen zu können.
Nähere Mitteilungen über Art und Weise der Feier werden allen ehe-
maligen und jetzigen Mitgliedern demnächst zugehen.
Die diesjährige Hauptversammlung findet am Sonnabend,
den 7. Dezember d. J., abends 8Uhr, im „Waterloo-Hotel, Hannover,
Andreaestrasse 4 statt. In Anbetracht der Wichtigkeit der bereits bekannt
gegebenen Tagesordnung wird nochmals um zahlreiches Erscheinen gebeten.
Das im Anschluss an die Hauptversammlung übliche Herrenessen findet
mit Rücksicht auf die bevorstehende Jubiläumsfeier nicht statt.
Hannover, Vossstrasse 28.
Der Vorstand des Hannoverschen Landmesservereins.
I. A. : Jordan, Schriftführer.
Druckfehlerberichtigung.
Seite 813, 5. Zeile: Röthlisberger statt Röthlingersberger.
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen : Zur Geschichte des Vennessungswesens Preusseas,
insbesondere Altpreussens, auß der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, von
Roedder. (Fortsetzung.) — Schräguiessung mit Latten, von G. Meysen. —
Zweiter Nachtrag zu der Notiz über die Draht-Grundlinienmessungen bei Cann-
statt, von E. Hammer. — Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen, von
Petzold. (Schluss.) — Hochschulnachrichten. — Aus den Zweigvereinen. —
Druckfehlerberichtigung.
Druck *on Carl Hamm«, Kgh Hofbucbdruckerei In Stuttgart,
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913
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
w ■
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, ObersUuerrat Qnd Dr. 0. Eggert, Profestor
■ H
1907. Heft 86. Band XXXVI.
— «>-t 11. Dezember, —
Der Abdruck yon Original -Artikeln ohne vorher eingeholte Er-
laubnis der Schriftleitung ist untersagt.
Zur Geschichte des Vermessungswesens Preussens,
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis
in das 19. Jahrhundert.
Von Ober-Landmesser Roedder in Königsberg i. Pr.
(Schluss von Seite 896.)
3. Dienstliche Verhaltnisse der Landmesser, Revision ihrer Arbeiten und
ihrer Instrumente.
Sei es, dass sich die Sesshaftmachung des Landmessers nicht bewährt
hatte, weil er die Bewirtschaftung seines Grundstücks grösstenteils fremdeu
Händen Überlassen musste, sei es, dass seine Erben dem Fache untreu
wurden, oder ihm nicht gewachsen waren: in keinem Falle finden sich An-
zeichen in unseren Quellen dafür, dass jene Einrichtung aus der Ordens-
zeit im Herzogtum beibehalten worden sei. Dafür tritt der Charakter des
Beamten mehr und mehr hervor. Ohne Prüfung keine Anstellung als Land-
messer; Bestallung in aller Form; Vereidigung; Revision ihrer Arbeiten
und ihrer Instrumente; Festlegung ihrer dienstlichen Obliegenheiten durch
Dienstvorschriften, Instruktionen, Reglements; Regelung ihrer Gebühren und
Diäten; Altersversorgung, das sind die Faktoren, die sich hier mehr und
mehr entwickeln und die wir einzeln in ihrem Wandel betrachten müssen,
um das wahre Bild des alten Landmessers richtig auf uns wirken lassen
zu können.
Eine Trennung zwischen einer höheren und einer niederen Klasse von
Landmessern gab es nicht. Zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts wurde
Zeitschrift for Vermeiiungiweien 1907. Heft 85. 64
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914 Roedder. Geschichte des Venn.- Wesens Preussens etc. ^uctrtnj^
wohl ein grösseres Personal von Landmessern und Ingenieuren einem Ober
Ingenieur und Landmesser-Direktor (v. Collas) zwecks Herstellung einer
geographischen Karte unterstellt, doch war dies nur eine vorübergehende
Erscheinung. .Ingenieur** nannte sich anscheinend jeder Landmesser, der
Messungen grösseren Urofangs, meist zu geographischen Zwecken, ausführte
Auch können wir absehen von den zum Baufache übergehenden Landmessern
da die beiden Fächer allmählich vollständig voneinander geschieden wurden
Diese Trennung setzte hier bereits anfangs des XVII. Jahrhunderts ein.
wobei es anfangs — wie wir alsbald sehen werden1) — noch vorkam, da*,
ein Landbaumeister wegen zu geringen Einkommens sich um Verleihung
einer bedeutend besser dotierten Landmesserstelle bewarb. Im übrigen ma:
auf Jordan und Steppes. II. S. 7 ff, verwiesen werden.
Sehr mannigfaltig sind die Titel der Landmesser, denen wir in Rissen
Karten, Akten etc. begegnen und die hierunter zusammengestellt werden
bestallter Landmesser, Preuss. und bestallter Landmesser, geschwomei
Feldmesser, geschworner, bestallter Landmesser. Churfürstl. bestallter Ijuid-
messer, Churf. Preuss. geschworner Landmesser, Durchl. geschworner Land
messer und Geograph, Köllm. und Pomerelli scher Landmesser, Ingenieur
Sous-Ingenieur, Sr. Churf. D. zu Brandenburg wolbestallter Geom. Ing. und
Geograph, Churf. Brandenb. Preuss. beeidigter Landmesser, Geometer, Geo-
meter in Prussia, vereideter Ingenieur, Ober-Ingenieur, Fürstl. Durchl. Land
messer, Ihre Kgl. Majestät in Pr. geschworner Landmesser, Landmesser-
Director, Kgl. Prss. verpflichteter Landmesser, Sr. Kgl. Maj. verordnete!
Landmesser, Geom. Warm., Conducteur, Kgl. Conducteur. geschworner Con-
ducteur, Ostpr. Regierungs-Conducteur, Kgl. Ostpr. Cammer-Conducteur, Kgl
Westpr. Cammer-Conducteur, Geom. Jurate, Geom. Rg. jur., Laudschaftv
Conducteur, Kgl. Regierungs-Conducteur, Pr. Regierungs-Bau- und Land-
schafts-Conducteur, Vermessungs-Revisor. Vermessungs-Inspektor etc, etc.
Disziplinarisch scheinen die Landmesser bis zur Zeit der ErrichUinr
der Generalkommissionen nur dem Landesherrn untergeordnet gewesen zu
sein. Sie empfangen in der Regel ihre Aufträge direkt von ihm, berichten
an ihn mindestens alljährlich eingehend über die von ihnen erledigten Ar-
beiten, erscheinen mitunter bei Hofe zwecks persönlicher Berichterstattung
beklagen sich direkt bei ihm über jegliche ihnen widerfahrene Unbill, u>-
besondere sobald ihnen ihre Emolumente nicht gemäss ihrer Bestallung
gereicht werden etc. etc.. wie wir aus den folgenden, aus den verschie-
densten Akten des K. St.-A. zusammengesuchten Notizen ersehen können
Feldmesser Hermann Rung*) richtet im Jahre 1585 an die „Gestrenge.
Edle. Ehrenueste Achtbare vnd hochgelarthe grossgünstige Herren Com-
>) Landbanmeister Rnnbeck 1748.
s) K. 8t-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
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atfcfartft fur Roedder. Geschichte de« Verm.- Wesens Preussens etc 915
missarien", denen er zugeordnet war, das Gesuch, ihm dazu zu verhelfen,
dass ihm auf Kosten des Markgrafen ein Junge zur Hilfe überwiesen werde,
dem „10 A an gelde, ein kleidt, ein par styefeln 4 pahr schuh u zu ge-
wahren sei und Freitisch in der Hofstube, wenn Rung nach Königsberg käme.
Landmesser Georg Ulrich Seyfried1) beklagt sich bei den Markgrafen
unterm 11. Juni 1593 über unzureichende Besoldung.
Landmesser Jakob Rode") berichtet im Jahre 1595 dem Markgrafen,
was er im vergangenen Jahre gemessen habe und bittet, ihm sein Kostgeld
nicht länger vorzubehalten.
Landmesser Nik las v. Eitelbach3) bittet unterm 19. Dezember 1629
den Kurfürsten, unter Darlegung seiner misslichen Verhältnisse, um ein
Hofkleid.
Landmesser Hans Flügel*) bittet den Kurfürsten 1G38, ihm, „dem
armen abgelebten Manu, der 36 Jahre mit Messen treu gedient habe, für
den vo enthaltenen Lohn von 3084 M., wofür ihm im Angerburgschen
11 H. 24 M. verliehen worden seien, die er aber nicht in Besitz bekommen
habe, ihm nunmehr 2 Laschen5) und ein verfallenes Triangel6) frei von
allen Lasten und dazu eine Kruggerechtigkeit zu verleihen.
Zwischen dem Ingenieur und Geographen Josef Naronski und der
Kurf. Rentkammer schwebten langwierige Streitigkeiten wegen der ihm zu-
gesicherten Vergütungen. Die Kammer wollte ihm für diejenigen Tage,
an denen er häusliche Arbeiten verrichtete, kein Kostgeld zahlen und blieb
überhaupt mit den Zahlungen sehr im Rückstände, obgleich der Kurfürst
99 Juni
durch Reskript vom p' 1671') zufolge einer Beschwerde des Naronski,
dessen Befriedigung anbefohlen, auch die Kammer zum Bericht darüber auf-
gefordert hatte, ob Naronski nicht geneigt wäre, auch bei Potsdam Auf-
nahmen zu machen. Er hatte an Kostgeld für sich und zwei Diener täg-
lich 3 H. polnisch und für seine Pferde Vi Schflfl. Hafer zu fordern, welche
Bezüge bei der Abrechnung von seiner „Gage" in Abzug gebracht wurden,
also nur eine Art Vorschuss darstellten8). Eine den Akten beiliegende
Nachweisung lautet folgendermassen :
„Vermöge Churf. Bestallung soll der Landmesser Naronski haben
jährlich
«) bis *) K. St-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
") = Streifen.
') ein Festungswerk, Schanze (bei Memel).
'» K. St-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
*) Dies widerspricht aber der sonstigen Gepflogenheit jener Zeit, wie auch
der folgenden Rechnung.
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916 Roedder. Geschichte des Verm.-Weaens Preussens etc. yjgjggjg,
288 Thlr. vor sich als Monatlich 24 Thlr. an gehalt
60 „ Jahrgeldt vor einen Gehülfen (später 64 Thlr.)
128 u diesen vndt noch einen Gehülfen ä 10 Thlr. 60 im*.
Monatlich an Kostgeldt
476 Thlr.
Thut vom 23 Jan. ao 63 biss 23 Jan. 1672 in 9 Jahr
4284 Thlr.
vndt
27 Last 22 V* Seht) 1 haber in diese Jahr alss jährlich
3 Last 2Vt Schffl.u
Man war ihm laut Abrechnung von 1669 schuldig gewesen: 4120 M.
13 gr. 3 ^ und 12 Last Hafer im damaligen Werte von 540 M., ausser-
dem für das „Logiainent", das er sich selbst habe mieten müssen, 260 M.
und für eine Witinne zur Ueberführung seiner Sachen nach Tilsit noch
60 M., zusammen also 4980 M. 13 gr. 3 ^.
In einer Eingabe ohne Datum beschwert sich Naronski besonders über
den Kammermeister Schwartz, dass er ihn bei der Arbeit hindere und ihm
zu verstehen gäbe, dass er damit nicht fortfahren solle. Auch klagt er,
dass die Amtsschreiber und andere Bediente in den litauischen Aemtern
ihm die Namen und Verzeichnisse aller Dörfer und Plätze nicht vollständig
herausgäben.
Ks liegt ferner ein Konzept einer Eingabe an den Markgrafen, ohne
Ortsbezeichnung, Datum und Unterschrift, vor1), das allem Anschein nach
ebenfalls von Naronski herrührt, worin Schreiber sich verpflichtet, inner-
halb zweier Jahre den ganzen Abriss des Herzogtums Preussen abzuliefern,
falls ihm für diese Zeit zwei Gehilfen und ein Schreiber zugeteilt und ihm
auch sein Guthaben aus dem Jahre 1668 von 800 Rthl. — „wenn's nicht
amiers sein kann* — aber wenigstens 300 Rthl. abgezahlt werden würden.
Gleichzeitig bittet er um die Zuweisung eines Koadjutors auf diese zwei
Jahre, der jährlich 500 Rthl. und freies Futter für die Pferde haben müsste
und macht schliesslich Vorschläge, wie diese Mehrkosten aufzubringen wären.
In nicht weniger als fünf verschiedenen Eingaben teils aus dem Jahre
1668 datiert, teils ohne Zeitangabe, wendet sich „Sr. Churf. Dchl. ge-
schworner Geometer11 Jeremias Kuntzmann2) nut inständigsten Bitten um Be-
zahlung für ausgeführte Messungen aus den Jahren 1667 und 1668 an den
Kurfürsten. Zweimal hat er die Tragheimer und Sackheimer Wiesen durch-
gemessen und in 120 Stücke eingeteilt, wofür er 159 M. liquidiert, zu denen
nacher noch 27 und 18 M. hinzukommen, so dass sich seine Forderung
schliesslich auf 204 M. belief. Das letzte Gesuch des Bittstellers möge
hier wiedergegeben werden:
.»Tä St-A. Etats-Mm. Nr. 48 a.
*) Ebenda, K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
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«r Roedder. Geschichte des Verau-Wesens Preussens etc. 917
I B Durchlauchtigster Churf ürst
.; Allergnädigster Herr.
Wie ungern E. Churf. Dchl. mit t diesem meinem dehmflhtigen Suppli-
cate Molest falle so kan ich doch auss dringender noht E. Churf. Dchl.
nicht Vmbgang nehmen in dieser schweren nahrlosliegenden Zeit dass man
fast nicht weiss womit ich mich vnd die Armen Meinigen erhalten soll, so
werden sich Ew. Churf. Dchl. gnädigst zu erinnern wisen das auff mein viel-
feltiges Pflähen vnd Bitten wegen meines schweren Vordiensten Lohns der
204 M., die ich von Ew. Churf. Dchl. zu fordern habe, vnd ich bis dato
nicht das geringste davon hab habhafft werden können, vndt ich auch mit
bahren mittein nicht kan befriedigt werden, Alss ist abermahlen, mein deh-
mtthtigstes Bitten vnd ptiehen, Ew. Churfl. Dchl. geruhen allergnädigst vnd
lassen mir die 10*/8 Morgen wiese wachs Alss ein Vebermass in den Sack-
heimschen Wiesen zwischen beiden Pregeln gelegen vor ein billigen grundt
zinss vor 5 oder 6 M. jährlichen zu verzinsen vndt da sie doch ohn dass
gar schlecht sindt vndt ein Theil mit Strauch bewachsen, vndt vntter Ihr
Churfl. Dchl. hohe handt vndt Siegel zu vorschreiben, solange dass ich sie
zu genüssen habe, bis6 ich meine obige 204 M. bahr auss gezahlet werde
lebe in der hohen hoffnung Ew. Churfl. Durchl. werden sich alss seinen
geringen Diener in gnaden erhören, vnd gnädigst vorabscheiden, bin ich
Lebs Tag mit den Armen Meinige vor Ew. Churfl. Dchl. zu Tag vnd nacht
in vnser Tägliches gebett einzuschliessen, vnd gehorsamst zu bedienen
lebs Tag Verbleibe Sr. Churf. Dchl.
gehorsamster Diener
Jeremias Kuntzmann
Sr. Churf. Dchl. geschworner
Geomtr. pp.u
Aus einem Bericht nebst beigefügtem Protokoll der Churf. Rentkam-
mer ergibt es sich aber, dass die betreffende Wiese im Eigentum eines
anderen wäre, also nicht dem p. Kuntzmann vergeben werden könnte. Wie
er dann zu seinem Gelde gekommen ist, ergeben die Akten nicht. Von
ihm liegt aber bereits aus dem Jahre 1669 wieder eine Rechnung über
45 M. vor, an deren Rand eine mit „von Wallenrods und „von Tettau14
unterzeichnete Anweisung folgenden Inhalts niedergeschrieben ist:
„Diese Landtmesser Arbeit soll aus Churf. Pr. Rent Kammer
mit Sieben vndt zwantzigk M. gezahlet vndt verrechnet werden,
Koenigsbergk den 20 May Anno 1669",
ohne dass die Herabsetzung des Betrages von 45 auf 27 M. irgendwie be-
gründet worden wäre.
Ferner liegt eine Verfügung des Kurfürsten vom 17. Juni »16.86 an
den Ober-Burggrafen vor. sich zu einer beigefügten Eingabe des p. Kuntz-
Digitized by
918 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preussena etc.
mann zu äussern, der wiederum eine Forderung von 500 M. hatte und weil
er nicht bar befriedigt werden konnte, und den Kurfürsten bat, ihm den
auf seinem in Sackheim belegenen Grundstück lastenden jährlichen Zins
von 6 M. 5 gr. in Gnaden zu erlassen und ihm dazu eine KruggerechÜ!!-
keit nebst einer Hökerei zu verleihen. Weiteres hierüber ist aus den Akteu
nicht zu ersehen. —
In einer Eingabe au den König bittet der „Oberlftndiscbe" Baumeister
Hindersini) zu Anfang des Jahres 1725 um Anweisung von wenigstens
200 Thlr. für seit dem Jahre 1717 in dem ihm anvertrauten Bezirk aus-
geführte Dienstreisen, die einzeln angegeben im ganzen über 300 Meilen
ausmachen.
Landmesser Barthel Hunich») richtet Ende 1598 an den Markgrafen
ein Gesuch, ihn des weiten beschwerüchen Weges halber nicht in den Anger-
burgisch-Insterburgischen Bezirk zu schicken und beschwert sich dann,
dass er vielfach verdächtigt werde, unrichtig gemessen zu haben. Ins-
besondere beklagt er sich über (tandmesser) Christof Voigt, der das Dorf
Lampischken nachgemessen und 40 H. gross befunden, dass er es selbst
aber ein Jahr zuvor aufgenommen und auf 41 H. 5 M. ermittelt habe. Voigt
hätte üble Nachrede Uber ihn geführt und den Leuten gegenüber sich als
den allein richtig arbeitenden Landmesser hingestellt, der auch allein befugt
sei, Nachmessungen auszuführen. Hunich habe ihm aber bewiesen, dass
er über ihn wissentlich falsch geurteilt, worauf Voigt den Abriss wieder
zu sich genommen und die Flächengrösse auf 41 H. abgeändert habe,
leider geben uns die Akten keinen Aufschluss darüber, ob und wie diese
Sache weiter verfolgt worden ist; den Namen Christof Voigt finden wir
ferner noch auf Abrissen bis zum Jahre 1605.
Obgleich das folgende Dankschreiben8) nicht an den Fürsten gerichtet
ist. so möge.. es zur Beleuchtung der damaligen Verhältnisse dennoch hier
Platz finden:
Nach dem weile ich zu Endesbenandten Auff Sr. Dchl. gnädigsten Be-
fehl dass gutt Dittlaucken mit den Cölmischen Maass vntersucht vndt die
greutzen in Richtigkeit gebracht, vndt vor die gethane Arbeit von Sr. hoch-
Edle gebohrn gestreng. Hß. Obersten Pierre de la Cave seyn Richtig Con-
tentiret worden, wesswegen ich mich zum höchsten vor gutte bezahlung
Thun bedanken, vndt gebührende Thue Cuitiren vndt verspreche ich mieb
wieder mit gehorsambt Dienst jegen Sr. gestreng. Herd, zu bedienen so ge-
schehen im Monat Decembris Anno 1667
Jeremias Kuntzmann
Sr. Churfl. Dchl. geschworner Ldtssr.*
') K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 bb.
*) K. St-A. Etats-Min. Nr. 48 a.
») Daselbst, Privilegien-Buch.
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z^iuoürm nu Koedder. üeBchichte des Verm.- Wesens Preusaens eU\ 919
Ferner bemerken wir ein Gesuch des polnischen Hauptmanns der Ar-
tillerie Martin Rehmi) d. d. Königsberg den 31. Marz 1701 an den König
um Anstellung als Landmesser in Preussen, wobei er sich darauf bezieht,
dass er von Jugend auf sich „mit den Theorien wie Praxis in den Wissen-
schaften der Geometrie, Fortiiikation, Wassergebäuden. Zivil- Architektur
und Artillerie beschäftigt habe.0
In einem Reskript des Königs an den Hauptmann zu Kagnit wird
diesem mitgeteilt, dass der Landmesser (Daniel. Wilhelm) Kuntzmann sich
beschwert habe, dass ihm einige Dorfschaften „ partialitet imputirten - und
er sie in der Massstreckung „laidirt" haben sollte, weswegen er um Satis-
faktion prätendiret habe. Es wären die Namen der Ankläger zu ermitteln,
damit dem p. Kuntzmann die erbetene Satisfaktiou gegeben werden könne.
Nachdem Ober-Ingenieur etc. v. Collas, wie wir bereits gesehen haben,
im Jahre 1714 vom Könige beauftragt worden war, eine Geueralkarte vou
Preussen zu fertigen und unter Ausfertigung eines Patents ihm ein grösseres
Personal zur Verfügung gestellt, das aber wohl nicht lange zusammen-
geblieben, die Karte anscheinend fertig war und er keine Arbeit hatte,
wandte er sich in einem Gesuch vom 1. Januar 1738 wie'derum an den
König um Beschäftigung, dies Gesuch damit begründend, dass er sich bei
den im Dienste der deutsch- und litauischen Doinänenkammer ausgeführten
Verrichtungen so betragen habe, dass niemand etwas bezüglich seines Fleisses,
der Treue gegen des Königs Interessen und seiner Kapazität zu tadeln ge-
funden habe, er nun aber nach Aufhebung der Kammer seiner Funktion
verlustig gegangen sei. Nachdem er seine in Natangen und Litauen zer-
streut gelegenen Güter an den König verkauft und seine Kinder versorgt
seien, möchte er „ diesem gesegneten Preusseulande" weitere Dienste leisten;
er bitte „ allerunterthänigst gehorsarabst" „Ew. Königl. Majestät wollen die
liebreichen Strahlen dero hohen Gnade noch ferner auf mich scheinen lassen
und mir meine wirklichen Ober-IngenieurB und Landt Messers Directers
Function allergnädigst würdigen44 etc. und mich „sowohl bey vorfallenden
Grentzstreitigkeiten. Verfertigung und Reparirung der Festungen, Schlösser
verwenden, Mühleu. Thämme, Schleussen etc. als auch anderen zu dieser
Function gehörigen Commissionibus zu gebrauchen." Er habe eine genaue
Kenntnis von Preussen erlangt, wovon seine auf eigene Kosten zu Papier
gebrachte „Land Charte u Zeugnis an den Tag lege, auch habe er rbey
dieser Function kein Salarium biss dato genossen." • •'
Nichtsdestoweniger erklärt die Kriegs- und Domänenkammer in einem
Schreiben vom 28. März 1738 an die Königl. Regierung, dass z. Z. keine
Gelegenheit wäre, den p. v. Collas zu beschäftigen.
Auch die Karte wurde, wie wir bereits gesehen haben, im Jahre 1739
vom Könige abgelehnt.
') K. St.-A. Etats-Min. Nr. 46 bb.
Digitized b)
020 Roedder. Geschichte des Verm.-Weiens Preuasens etc. v^1^^inwfQr
1907.
Hier mögen nun verschiedene Nachrichten über den bereits erwähnten
Kammerjunker v. Suchodoletz folgen, die hier im Zusammenhange eine
Ueber sieht gewähren über die Beschäftigung und den I^bensgang des
v. Suchodoletz.
, . Kammerjunker Samuel v. Suchodoletz der 1683 den Auftrag erhalten
hatte, die durch Naronski begonnene Herstellung einer Generalkarte von
Preussen fortzusetzen, ist im Jahre 1686 im Neidenburger Bezirk beschäftigt
und siedelt 1689 nach Rastenburg über. In einem Reskript des Kurfürsten
7
an die Ober-Räte d. d. Coin an der Spree den ^ März 1689 wird er-
wähnt, dass p. v. Suchodoletz sich im dortigen Hoflager eingefunden und
unter Vorlage von Karten Bericht über seine bisherige Tätigkeit abgestattet
hätte. Man wäre mit ihm sehr zufrieden und hoffe, dass er mit gleicher
„ exactitude" fortfahren werde. In einem Reskript an die Preuss. Amts-
kammer von gleichem Datum wird angeordnet, dass dem p. v. Suchodoletz
wie bisher freie Wohnung zu gewähren sei und Schreib- und „Royal-Papier".
sowie Leinwand zum Unterziehen der Karten geliefert werde. In einem
Reskript vom .15. August 1691 an v. Suchodoletz, der mittlerweile nach
Osterode übergesiedelt war, wird zufolge Beschwerde der Deputierten der
Aemter Osterode, Gilgenburg und Dt. Eylau und „ verschiedener vom Adel
daselbst" darüber, dass er die Vermessungen („ Massstreckungen u) ohne
sie vorher zu benachrichtigen und sie eingewilligt hätten, ausgeführt habe,
angeordnet, dass er die Arbeit seiner Instruktion gemäss auszuführen habe.
In einer Eingabe an den Kurfürsten vom 19. August bittet v. S. um An-
ordnung, dass die bischöfliche Grenze von Culm und Loebau geräumt werden
möge. Zwischendurch erfolgen zahlreiche Erlasse an die verschiedenen
Aemter, dass sie den v. S. in seinen Unternehmungen unterstützen mögen.
Unterem ~ Juni 1693 beschwert sich wieder der Adel beim Kurfürsten da-
rüber, dass v. S. gegen ihren Willen ihre Güter messe, was nach ihrer, wie der
Ober-Räte Ueberzeugung seiner Instruktion und dem Landrecht zuwider sei.
Es sollten doch nur die Aemter gemessen werden: die Güter hätten kein
Interesse daran, höchstens wären nur die Umringsgrenzen in den Abrissen
12
darzustellen, worauf das Reskript vom — ~ Juli ej. a. an die Oberräte an-
ordnet, dass niemand gezwungen werden solle, sein Gut messen zu lassen.
solange es nicht an ein Amt grenze: in diesem Falle aber müsste es mit-
gemessen und verzeichnet werden, v. S. wendet sich dieserhalb unterm
15. November ej. a. nochmals und mit der Begründung an den Kurfürsten.
dass er keinen Ort aus dem General-Abriss* auslassen möchte und beklagt
sich gleichzeitig darüber, dass er nicht die hier zulande üblichen Reise-
- ••- « 25. November . • j
kosten bekäme. Durch das Reskript vom ~5 Dezember a* Än *
») K. St.-A. Etats-Min. Nr. 48 a.
Digitized by Google
yjg^BjJSM Roedder- Geschichte des Verm.- Wesens Preussens etc. 931
aber besonders ungeordnet, dass die an die Aemter grenzenden adligen
Güter nur „generaliter" übermessen werden sollten. Unterm 1. Janaar 1696
richtet v. S. an den Kurfürsten von Neidenburg aus eine Beschwerde, dass
einer seiner Knechte mit Namen Martin Wegner, den er zwecks Einkaufs
von Yiktuaüen nach der Stadt geschickt hätte, im Trünke den Werbern
des Majors v. Pannewitz aus Pillau in die Hände gefallen sei und . nicht
wieder herausgegeben würde, und bittet um entsprechende Verfügung, .hier-
auf ersuchte die Regierung den Kommandanten von Pillau um Freigabe des
Wegner, die derselbe denn auch unterm 26. Januar verspracji. (|
Im Jahre 1698 wird dem p. v. S. durch Verleihung des Gutes Alt
Kosenthai bei Rastenburg eine besondere Auszeichnung zuteil, nachdem der
' * 30. Mai '
Kurfürst durch Reskript vom -5 — = — r 1696 die Absicht hierzu der Regie-
y • «j qui
rung kundgegeben und von ihr Vorschläge verlangt hatte. Hierin heisst es
11. a: „Es hat Unser Kammerjunker Samuel de Suchodoletz, in Geogra-
phischer Beschreibung Unsers Hertzogthumbs Preussen und sonst. Uns
bishero viel angenehme Dienste geleistet dabey aber vor sich und: seine
Familie wenig erwerben können" etc. in
Die Verleihung$urkunde lautet auszugsweise folgendermassen : -i ; M es
werden dem de Suchodoletz 6 Hufen im Dorfe Alt Rosenthal. Rastenburgischen
Amtes. wTelche der Bartensche Amtsschreiber Johann Caspar Franoir {bis-
her besessen hat. samt den darauf befindlichen Gebäuden, Aussaat, Vieh
und ganzem Inventar und ausserdem noch 10 andere wüste Hufen dort,
im ganzen also 16 Hufen zu „adl. culm. Recht " verliehen, freie Jagd, freie
Fischerei zu Tisches Notdurft mit kleinem Gezeug in speziell namentlich
aufgeführten Gewässern, eine Rossmühle frei zu bauen, verliehen, dergestalt,
dass „Unser Karamerjunker v. Suchodoletz. seiner Ehegattin und Kinder,
auf ihre Lebenszeit zu gebrauchen und zu gemessen" und zwar „auf 10
Jahre frei von allen oneribus auch von Hubenschoss, Aceise, Trank- und
Kopfsteuer, Horn- und Klauenschoss". Später soll er nur die onera pub-
lica gleich andern vom Adel zu tragen schuldig sein. Auch das nötige
Bau- und Brennholz wird ihm bewilligt. Auch wird verfügt, dass wenn er
oder die Seinigen den in Alt Rosenthal vorhandenen freien „Cöllmischen
Krug mit den dazu gehörigen Huben" etc. käuflich an sich bringen sollte,
dass er diesen dann zu eben denselben „adl. köllm. Rechten" etc. wie die
oben gedachten 16 Huben frei gebrauchen soll, doch mit der Bedingung,
dass -wenn die 16 Huben über kurz oder lang nach seinem, seiner Ehe-
gattin und Kinder Tod wieder an Uns fallen, dieser Krug nebst Hu^n,
zugleich an Uns fallen", seinen Erben das dafür gezahlte Kaufgeid nebst
den an die Huben und Gebäude verwendeten Meliorationskosten erstattet
werden. • r
-Urkundlich gegeben Cöln den ^ August 1698.
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922 Roedder. tiewhicht« des Verm. -Wesens PreuBBens etc.
Einer Erbverschreibung vom 18. Mai 17531) zufolge werden die 22
Hufen an Alt Rosenthal einem Neffen v. Suchodoleta — wahrscheinlich
einem Enkel des Kammerjunkers — zu denselben Rechten wie diesem ver-
lieben.
Schliesslich sehen wir das Gut noch im Jahre 1770 im Besitze zweier
Bruder v. Suchodoletz, jedenfalls direkte Nachkommen dritten oder vierten
Grades des Kammerjunkers , die die Zusammenlegung ihrer Grundstücke
bewirkten, also mittlerweile freie Eigentümer geworden waren«).
Unser Kamnierjunker hatte aber mancherlei Schwierigkeiten zu über-
winden gehabt, um sich auf dem Gute einzurichten und es zu erhalten:
so fehlte es z. B. an den nötigen Baumaterialien, um seineu sonst nicht
zu erhaltenden Leuten — wie er in einem an den Kurfürsten gerichteten
Gesuch erklärt — die notwendigen Wohnungen bauen könnte. In einer
Eingabe an den König vom 24. März 1706s) klagt er darüber, dass ihm
der Staitz seiner 16 Hufen nebst Krug, der zur Subhastation gekommen
wäre und auf den er zufolge seiner Verschreibung das Vorrecht zu haben
glaube, bestritten würde, er aber keinen Prozess führen könne. Nach
vielerlei Verhandlungen kam es endlich auf Anordnung des Königs vom
28. April 1717 zu einem Vergleich zwischen v. S. und dem Amtsschreiber
Stephani zu Rasteuburg, der den Krug in der Subhastation erworben hatte,
dahin, dass v. S. für den Krug 2400 fl. zahlte. —
Jedenfalls zufolge einer an ihn ergangenen Aulforderung übersendet
v. 8. unterm 18. April 1706 dem Könige „hierbey kommendt, zwahrinder
Eyll verfertiget , in Einem Futeral bey der Post aller untertänigst nnd
PHiohtmassig nach einer in Fractur beigefügten „ Spezifikation 11 General-
I .andeß-Grentz-Carten. u
Ein Bericht des stellvertretenden Amtshauptmanns zu Memel („Müni-
mel") an den König vom 25. November 1708 4) meldet, dass v. S. dort an-
gekommen, bei der ungünstigen Witterung und teils seines Alters wegen
bis dato nichts habe vornehmen können; er verlange auf 30 Tage 180 M.
Kostgeld voraus, sei dabei schroff aufgetreten und habe erklärt, dass er
vor Empfang des Kostgeldes, wozu im dortigen Etat nichts vorgesehen sei.
mit der Arbeit nicht beginnen könne. Im Reskript des Königs vom
t. Dezember ej. a. wird dem Amt Memel mitgeteilt, dass sich der Kainmer-
junker auch an den König gewandt und erklärt hätte, dass er wegen Schulden
nicht von Memel fortkönne, er nach Tilsit überwiesen sei, wo er das Kost-
geld empfangen würde und verfügt, dass ihm in Memel darauf aber eine
») K. 8t-A. Etats-Min. Nr. 119?.
*) Ueber Aufhebung der Lehne s. v. Brünneck, II., Die Lehngüter !S. Wff
') K. St-A. Etats-Min. Nr. 119?.
«) Daselbst, Nr. 48 a.
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imiSiSTii??»!! Roedder öwchieäte des Venn.- Wesens Preuaaens etc. 923
Abschlagszahlung zu leisten wäre. Im Bericht d. d. Memel den 5. De-
zember ej. a. erwähnt v. S. eines Durchbruchs der Nehrung bei Sarkau und
bittet wiederum um Anweisung des Restes seines Kostgeldes in Tilsit, wor-
auf die Anweisung unterm 13. ej. m. erfolgt.
In einer Eingabe vom Juni 1710 wendet sich v. S. beschwerdeführend
an den König, dass er in Loetzen als Amtsdiener geführt werde und man
von ihm die Kopfsteuer von 7 Rthl. 13 gr. zwangsweise habe einziehen
wollen. Er habe seit der Zeit seiner Anwesenheit im Königreich Preussen
alle Abgaben an den Hof zu entrichten gehabt und beliefen sich diese laut
beigefügter Spezifikation, ohne „ Confirmation u nnd der Postgelder auf
717 Rthl. 74 gr. Er könne nicht in Berlin und Preussen zugleich Steuern
zahlen. Aus dieser Spezifikation geht hervor, dass v. S. gezahlt hat u. a.
bei der Krönung 41 Rthl. 60 gr., „an der Receptura alle Jahr einbehalten
306 Rthl. 80 gr., 1697 an Kopfsteuer 20 Rthl. etc.
Ein Reskript des Königs an die Pr. Regierung und Kammer verlangt
gutachtliche Aeusserung, ob v. S. noch weiter zu beschäftigen wäre. Der-
selbe habe noch einige Karten und Risse, die er bei sich hätte, dem Könige
offeriert nnd dabei ein Bittgesuch — das aber nicht beiliegt — eingereicht.
Der Bericht der Regierung hierauf vom 29. Mai ej. a. lautet dahin, dass
die auf Zeit bewilligte Besoldung des v. S. im Verhältnis zu seiner Arbeit
recht ansehnlich gewesen, und wäre ihm auch bereits sein Sohn als Kon-
dukteur gegen besondere Vergütung, aber ohne Versprechung der Succes-
sion beigegeben. Amts-Kammerrat v. Collas habe darauf bereits ein grosses
Anrecht und wäre wegen seiner Geschicklichkeit zum Direktem- sämtlicher
Landmesser ernannt und der Kondukteur v. S. könne den Vergleich mit
ihm nicht aushalten. Der König möge befinden; befürwortet wird aber eine
Berücksichtigung des Kammerjunkers v. S., damit „Er doch nöthige Lebens-
mittel behalte und als ein alter Diener nicht zuletzt darben möge."
Ein Reskript des Königs vom 24. Juni 1723 befiehlt dem Kammer-
j unker die Einreichung noch einiger Zeichnungen und Karten, die er noch
hinter sich hätte.
Endlich liegt uns ein Bittgesuch des v. S. d. d. Rudowken den 8. Ok-
tober 1723 an den König vor. Er wäre nun 74 Jahre alt. krank und
schwach; seit 1713 seiner Stellung enthoben i); seit 1718 wäre ihm die
monatliche Pension von 10 Rthl. entzogen; die Hufen in Rosenthal, die
ihm zeitlebens verliehen seien, wären mehr als die durfnachbarlichen belegt,
und zwar solle er jährlich 61*/8 Rthl. Hufenschoss zahlen ; er wüsste nicht,
wovon er leben solle. Er schliesst mit den Worten: „Gott vom Hohen
Himmel Erbarme Sich, und Ew. Königl. Majestät, Ist doch unser (leben
») An anderer Stelle findet sich die Angabe, dass er seit 1678 im Dienst
ware. • Der Verf.
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#24 Roedder. Geschichte des Verm.- Wesens Preusaens etc. y^J^J™^
nach Gottes willen, heute Rott, und morgen todtu, — 1724 war er noch
am Leben. — -r •
Unterm 17. Juli 172Ö liegt ein Gesuch des Landbaumeisters GottschedtM
an den König vor, ihm sämtliche im Bereich seines Departements, das die
Aemter , Anger bürg , Barten, Johannisburg, Loetzen, Lyck, Ottelsburg
Oletzko, Rastenburg, Rhein und Seehesten umfasst, vorkommenden Ver-
messungen zu Ubertragen, während diese Aemter unter die vier Landmesser
bezw. Baumeister v. Hindersin, Fischer. Hummius und den Antragsteller
seitens der Jvriegs- und Domänenkammer zu jener Zeit verteilt waren.
Der König verfügt unterm 3. Januar 1729 an den Landbaumeist«
Hindersin8). d\ass, da ihm bereits verschiedentlich aufgegeben sei, die tod
der Grenzkommission im Oberlande festgesetzten Grenzen zu regulieren und
zu vermarkea, von, ihm aber bis zur Stunde noch kein Bericht eingegangen
sei. so werde ihm befohlen, „ohne den geringsten Anstand und längsten*
binnen 14 Tagen u Bericht einzuschicken. Gemäss Berichts eines Kom-
missars an den König vom 2. Januar 1732 wäre dem p. Hindersin bereits
unterm 16. September 1730 seitens des Königs bei Vermeidung einer
Strafe des Einziehens eines Quartals von seinem „Tractament" anbeföhle»
worden, jenen Bericht einzusenden. Da dies bis jetzt nur mündlich an des
Berichterstatter, aber nicht schriftlich an den König erfolgt sei, wird Be-
fehl erbeten, ihm die Einsendung des Berichts binnen 6 Wochen bei Ver
meidung einer Strafe von 20 Rthl. aufzugeben. Unterm 23. Januar 1732
berichtet Hindersin endlich an den König, dass er sich sofort nach Emp-
fang des ersten Befehls bei seinen Aemteru gemeldet habe , die Grenz-
regulierungsakten aber nicht hätte erlangen können. In einigen Aenitern
die er nennt, wäre alles bis auf geringe Reste erledigt, die übrigen mögen
erst gezwungen werden, ihm die Akten zugänglich zu machen.
Endlich finden wir noch einige Schriftstücke8) vor, die den aus Schweden
stammenden als , Landbaumeister bestallten" Runbeck betreffen, den wir
aus einem Streit mit dem Löbenichtschen Hospital zu Königsberg bereit;
kennen gelernt haben. Dieser richtet unterm 4. April 1748 an den Koni?
die Bitte, ihn von seiner Stelle als Landbaumeister zu entbinden, da er bea
dem Gehalt von 120 Rthl. nicht bestehen könne. Nachdem dies Gesuck
tienehraiRt war, bat er um Anstellung und Verpflichtung als Landmesser,
welche Bitte der König unterm 7. November 1748 gleichfalls genehmigte
Endlich bittet Runbeck unterm 17. Januar 1752 den König um Gewährung
des Gehalts etc. des „vor kurzem verstorbenen" Landmessers Reimer, welche
Bitte aber mit dem Bemerken abgeschlagen wurde, dass diese Stelle bereit
dem Landmesser Scharlock verliehen worden sei.
Von einer regelmässigen und allgemeinen Ueberwachung der Land-
. • m.*. . ••»(. • "i
■H») K; St.-A. Etats-Min. Nr. 48 a.
Digitized by Google
zeiucärut iur Rocdder. Geschichte des Verna.- Wesens Freussens etc. 925
messer und Prüfung ihrer Arbeiten und Instrumente ist kaum vor dem fir-
lass der Instruktion vom 20. November 1755 und auch hier — in § 10 —
nur erst in betreff der Messketten, die Rede gewesen. Einzelne derartige
Revisionen und Prüfungen haben allerdings auch vordem bereits statt-
gefunden. So erstattet Dr. Menius unterm 1. März 1598 einen Bericht an
den Markgrafen über eine ausgeführte Prüfung von « Abrissen der Land-
messer Christof Hertzog, Oswald Kanrich und Peter Pistorius. Die Abrisse
wurden richtig und wohlberechnet befunden, ob aber die Aufnahme selbst
mit der Wirklichkeit übereinstimme, das überlässt der Berichterstatter alles
dem Landmesser auf Eid und Gewissen. Die Kette von dünnem Eisen-
draht, deren Oesen sich bei starkem Anziehen reckten, will derselbe nicht
verwandt wissen. Während die des Hertzog und des Pistorii mit dem
richtigen Mass Ubereinstimmten , wäre die des Kanrich um - einen halben
Schuh zu kurz befunden, aber darnach gleich verlängert worden. Er schliesst
mit dem Wunsche, dass alle Landmesser ihre Ketten mit dem rechten Ma*>
vergleichen und darnach berichtigen möchten.
Eingehender als die Instruktion von 1755 beschäftigt sich schon das
„Erneuerte Reglement für die Feldmesser" vom 28. Mai 1793 und zwar im
§ 3 mit der Prüfung der Instrumente und in § 19 mit der Prüfung der
Arbeiten, während das „Allgemeine Reglement für die Feldmesser" vom
29. April 1813 die Prüfung der Instrumente in § 8 nur kurz, dagegen die
Revisionen der Arbeiten in den §§ 67 — 81 sehr ausführlich, unter Fest-
setzung der Fehlergrenzen für Messungen und Nivellements, behandelt.
Wesentlich wird hierin auch im Feldmesserreglement vom 1. Dezember 1857
nichts geändert, das in § 3 auch die Disziplinarverhältnisse regelt.
So ungleich die Besoldung der Laudmesser zu den verschiedenen Zeiten
war, so ungleich gestaltete sich ihre Versorgung im Ruhestand. Eine Pen-
sion wurde bis in die neuere Zeit nur im Gnadenwege gewährt, da es einen
Anspruch darauf nicht gab. In einzelnen Fällen wird dem Landmesser
neben oder an Stelle einer Pepsion in Geld ein Grundstück verliehen, wie
wir bei v. Suchodoletz gesehen haben, der 1698. noch während seiner Dienst-
zeit, Alt Rosenthal erhielt. Ferner ist auch wohl anzunehmen, dass die
beiden Grundstücke, die auf dem Seb. Behrendtschen Abriss von 1653 als
.Eigentum des Landmessers nachgewiesen sind, eine Dotation für seine mehr
als dreissigjährigen Dienste bildeten. Auch liegt es nahe, anzunehmen,
dass das Grundstück des Job. Flügel, das ihm laut seiner Eingabe von
1638 an den Kurfürsten wohl verliehen worden war, er aber nicht erlangen
konnte, zum Teil wenigstens eine Dotation war. Diese Grundstücke wurden,
wie wir aus der Verschreibung des v. Suchodoletz gesehen haben, nur zur»
4. Altersversorgung der Landmesser und Schlusswort.
Digitized by Google
926 Roedder. Geschichte des Verm.-Wesens Preussens etc. m z*iuehr«t m
Nutzniessung auf Lebenszeit verliehen und war daher in vielen Fallen nor
eine Zuwendung von mindestens zweifelhaftem Werte, da solch ein Grund-
stück meistens vorher gleichfalls von einem altersschwachen I^andmesser,
oder sonstigein Beamten, bewirtschaftet worden war. der wenig oder nichts
zur Verbesserung desselben tun mochte aus Furcht, den Nutzen davon nicht
mehr ziehen zu können. So finden wir in den Akten Antrage, die darauf
abzielten, eine grössere Besitzung lieber mit einer Kruggerechtigkeit etc.
vertauschen zu wollen.
Wesentlich gunstiger gestalteten sich die Verhaltnisse der I>andmesser
mit Beginn der Tätigkeit der Generalkommissionen, da das Reglement von
1813 einige wesentliche Aufbesserungen ihrer Gebühren und Diäten ge-
bracht hatte. So wurde auch dem Landmesser die Verwendung von Ge-
hilfen, selbst in grösserer Anzahl gestattet, für die er l/i der Feldmesser-
gebühren erhielt, so dass — wenn wir annehmen, dass der nominelle Wert
des Geldes seit 1613 um etwa das 4 bis 5 fache gestiegen ist, die damaligen
Diäten von 6 M. also heute 24—30 M. wert sein würden - fleissige, tüch-
tige und wirtschaftliche Landmesser der landwirtschaftlichen Verwaltung
seit dieser Zeit und solange die Separationen andauerten, wenn sie nicht
etwa durch Krankheit oder Unglücksfälle behindert wurden, unfehlbar zum
Wohlstande gelangten. Viele von diesen siedelten sich auf grösseren oder
kleineren Besitzungen an; andere gründeten Fabriken, Schneidemühlen.
Holzgescbäfte, Ziegeleien etc. etc. Manche Güter und manche dieser An-
lagen sind noch heute in den Händen der Nachkommen dieser alten Land-
messer, oder tragen wenigstens noch ihren Namen. Wie überall wo viel
Licht da auch viel Schatten sein muss, so wollen wir auch hier nicht über-
sehen, dass das damalige Besoldungssystem für diejenigen, die unverschuldet
frühzeitig arbeitsunfähig wurden, oft grosse Härten im Gefolge hatte und
daher von der Allgemeinheit nicht mehr zurückgewünscht werden kann.
Und doch war dies die Glanzperiode des preussischen I^androessers. die
wir Aeltere zum Teil noch als Kinder gekannt haben. Seinem Einkommen und
der anerkannten Wichtigkeit seiner Tätigkeit entsprechend, erfreute er sich
einer sehr geachteten gesellschaftlichen Stellung, wozu der Umstand wohl
beigetragen haben mag, dass sich auch verabschiedete Offiziere gern dem
Landmesserberufe widmeten. Diejenigen Landmesser der Generalkorainis-
sionen, die landwirtschaftliche Kenntnisse mitgebracht oder sich im Laufe
der Zeit in genügendem Umfange angeeignet hatten, wurden später Oeko-
nomiekommissare und beschlossen ihre Lauf balm als Oekonomiekommiesions-
bezw. Oekonomieräte in dem Bewusstsein, dass sie auch in dieser 8tellun?
segenbringend gewirkt hatten an der ersten grossen Bodenreform Preussens.
deren Ergebnisse dem Abseitsstehenden nicht so offenkundig erscheinen,
als etwa ein monumentales Gebäude, oder eine kühngespannte Brücke, oder
etwa eine an steilen Hängen hinaufgeführte Zahnradbahn, die die Bewunde-
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Egerer. Nomogramme mit binaren Skalen. 927
* •
rung aller Welt erregen. Und doch hängt von einem mehr oder weniger
zweckmassig ausgelegten Auseinandersetzungsplan — dessen Urheber trotz
de6 entgegenstehenden Wortlauts der technischen Instruktionen eto. natur-
gemäss stets der Landmesser ist und sein wird — sei es hinsichtlich der
Planlage an sich, sei es hinsichtlich des den Plan mit bedingenden Wege-
und Grabennetzes, der Ent- und Bewässerungsanlagen, in gewig
das Wohl und Wehe ganzer Gemeinden auf Generationen hin ab.
tritt der Privatlandmesser in unserem Zeitabschnitt
über dem durch irgend eine Behörde beschäftigten vollständig
Jeder erstrebte die Stellung eines „für die Oeffentlichkeit Angestellten" au
erlangen und erhielt sie bei genügender Leistung über kurz oder lang jeden-
falls. Nur zu den seltensten Ausnahmen mag es gehört haben, dass jemand
von Hause aus den Beruf eines Privat landmessers für Lebenszeit freiwillig
wählte.
Nach alledem dürfen wir wohl mit einer gewissen Berechtigung unserer
Ueberzeugung dahin Ausdruck geben, dass der Stand der Landmess-Kunst
und Wissenschaft in Altpreussen, seitdem es der Kultur erschlossen wurde,
zu allen Zeiten einigermassen gleichen Schritt gehalten hat mit dem im
übrigen Preussen, wie in Deutschland überhaupt, wenn auch eine, durch
die kolonisatorische Entwicklung des Landes bedingte eigenartige Entfal-
tung und Betätigung des Vermessungswesens hier nicht zu verkennen ist.
Nomogramme mit binären Skalen.
Die Vorteile graphischer Ermittlung von Funktionswerten gegenüber
der mittels Zahlentafeln sind in dieser Zeitschrift des öfteren hervor-
gehoben worden. Namentlich wenn die gesuchte Grösse eine Funktion
mehrerer Veränderlicher ist, sind Zahlentafeln mit mehreren Eingängen
meist umfangreicher, weniger übersichtlich und bezüglich der Interpolation
unbequemer, bei grösserer Anaahl der Veränderlichen überhaupt nicht
mehr anwendbar. In letzterem Fall liefern häufig Nomogramme mit bi-
nären Skalen i) eine einfache Auswertung der Unbekannten, wie dies im
folgenden an einigen dem Gebiet der Geodäsie entnommenen Beispielen
gezeigt werden soll. Zuvor mögen einige Bemerkungen über Diagramme
mit 1 nnd 2 Argumenten vorausgeschickt werden.
Im Jahrgang 1906 dieser Zeitschrift 8. 801 hat Herr Professor Dr.
Hammer an die graphische Darstellung der Gleichung
ft («>«/.« (1)
») d'Ocagne: Traits de Nomographic, Paris 1899. Enzyklopädie der
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durch zwei auf beiden Seiten einer Achse gezeichnete Längenteilungen er-
innert und dieses Prinzip angewandt auf die Tabulierung des AdditamenU
als Funktion der Seitenlange. Beispiele, bei denen diese Art von Tal ein
angezeigt ist, gibt es in der Geodäsie und geodätisch-praktischen Astro-
nomie ungezählte. Nur einige wenige seien genannt: Fehlergrenzen fflr
Messungen aller Art; Richtungskoeffizienten pro 1 km Entfernung beim
Einschneiden von Punkten; Massverwandlung (z. B. Fussmass in Meter-
mass) ; Berechnung der Rechnungshilfsgrösse E = c -j- k . I bei tachy-
metri8cher Messung (z. B. wenn k nahezu = 100 so, dass man die Re-
duktion von 100 l auf E tabuliert) ; ferner Reduktion nivellitisch bestimmter
Hohen wegen Lattenfehlern (an einer, Meereshöhe bedeutenden, Strichteilung
wird ein die Teilung fur die Lattenkorrektion enthaltendes Gummiband
befestigt, dessen Länge entsprechend der Veränderlichkeit der Latten-
korrektion verändert werden kann); Tafeln fur terrestrische und astrono-
mische Refraktion, Höhe und Azimut des Polarsterns für bestimmten Ort
als Funktion der Zeit, Zeitverwandlung u. a.
Im Gegensatz zur Darstellung der Gleichung (1) durch eine Kurve
(kartesische Tafel für ein Argument) erfordern Nomogramme von ge-
nannter Anordnung meist kleineren Raum und sind auch im Gebrauch
bequemer.
Gleichungen zwischen 3 Veränderlichen (2 Argumente) werden dar-
gestellt durch:
1. Kurvenisoplethen (kartesische Tafeln, Vogler-Lalanne i ;
2. Punktisoplethen (abaqaes ä alignement, d'Ocagne);
3. Hexagonale Tafeln (Lallemand). . - .
Das Prinzip der Kurvenisoplethen ist bekanntlich dieses: Die
abzubildende Gleichung
fl*f*) = 0 (8)
stellt eine Fläche vor, deren Schnittkurven mit den Horizontalebenen
* = c (c variabel) gezeichnet werden, wobei man an jede solche „Niveau-
linie'1 („Isoplethe") den ihr zukommenden Wert von c anschreibt. Sind
x = a und y = b die Argumente , so liest man den Wert der gesuchten
Funktion ß = F(ab) an der durch den Punkt (ab) gehenden Isoplethe
ab. Der Entwurf eines solchen Diagramms wird besonders einfach und
genau, wenn die Kurven „c" Gerade sind, sei es nun, dass die darzustellende
Gleichung eine Geradenschar mit den Achsenabschnitten a und ß:
oder — und dies ist der einfachse Fall — ein Strahlenbttschel durch den
Koordinatennullpunkt y _ mx
vorstellt In letzterem Fall werden die Geraden nur am Rand des Dia-
gramms angegeben und mittels eines im Nullpunkt befestigten Fadens je-
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üeiucbrift für Egerer. Nomogramme mit binären Skalen. 929
Vermefiaunijswwen
■NC
weils hergestellt. Viele Gleichungen der Geodäsie lassen sich in dieser
Weise behandeln: erinnert sei nur an Strahlendiagramme zur Berechnung
des Höhenunterschieds bei der halb trigonometrischen und tachymetrischen
Höhenbestimmung [in letzterem Fall entwirft man das Diagramm mit Rück-
sicht auf die Konstante des Instruments, so dass man nicht mit E, son-
dern mit dem abgelesenen Lattenabschnitt eingeht; z. B. erhalt man, wenn
o nahezu = 100 ist, die für topographische Zwecke stets genügende Nähe-
rungsgleichung für die Reduktion von 100 l auf die Horizontaldistanz e :
100 l — e + c == l . (100 sin* a — 6 coa* a), wo 6 = k — 100] ,
ferner Nomogramme für die so häufige Gleichung b = (z. B. bei
Präzisionsnivellements Korrektion der Lattenablesnng wegen Libellen-
ansschlags, Querverschiebung bei der graphischen Ausgleichung mehrfach
bestimmter trigonometrischer Punkte); Tafeln für die sphärischen Kor-
rektionsglieder im Soldnerschen Koordinatensystem u. a.
Werden die laufenden Koordinaten in den Gleichungen der 3 Kurven-
scharen, aus welchen eine Kurvenisoplethentafel besteht (zwei derselben
sind Geradenscharen parallel den Koordinatenachsen), nicht mehr als Punkt-
koordinaten, sondern als Linienkoordinaten betrachtet, so entstehen an
Stelle jener drei Kurvenscharen mit den Koten x y e drei (gerad- oder
krummlinige) Punktreihen für die Veränderlichen x y e. Zu gegebenen
Argumenten x und y findet man die Funktion e — F(xy), wenn man die
den gegebenen Werten x — a , y = b entsprechenden Punkte der Punkt-
reihen (x) und (y) durch eine Gerade verbindet und im Schnittpunkt dieser
Geraden mit der Punktreihe (*) den gesuchten Wert abliest. Der Vorzug
dieser „Methode der fluchtrechten Punkte" (Mehmke) besteht in
grösserer üebersichtlichkeit, bequemerer Handhabung und einfacherer Kon-
struktion. Letztere wird wieder besonders einfach, wenn die Träger der
Punktreihen Gerade sind. So hat Herr Professor Laska im Jahrgang
1905 S. 753 dieser Zeitschrift die Gleichung .
m
dargestellt durch zwei parallele und einen sie schneidenden Skalenträger
(m = Länge des letzteren zwischen den ersteren). Fig. 3 gibt ein Bei-
spiel mit drei parallelen Trägern.
Der Grundgedanke der hexagonalen Diagramme endlich ist der:
In einem schiefwinkligen Koordinatensystem mit dem Achsenwinkel 120°
ist die Projektion eines Radiusvektors auf die Halbierungslinie des Achsen-
winkels gleich der Summe seiner Projektionen auf die Koordinatenachsen.
Sie lösen also Gleichungen von der Form:
1 •- m+m**n*). (3)
Zeitschrift für Vermeniungtweien 1907. Heft 35. 65
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930
Egerer. Nomogramme mit binären Skalen. zaiuchrirt rur
Mittels der erwähnten Arten von Rechentafeln lassen sich anter Zu-
hilfenahme binärer Skalen häufig auch Beziehungen zwischen mehr als
drei Veränderlichen zeichnerisch auswerten.
Aus einem Isoplethendiagramm fur die Funktion z = f(xy) kann
ohne weiteres auch der Wert von x in Funktion von y und z und der von
y in Funktion von * und x entnommen werden. Die Abszisse des Schnitt-
punkts der Geraden „yu mit der Kurve „*M gibt den Wert der Funktion
<p (y*), die Abszissenskala heiast in diesem Fall nach Lallemand binär.
Ebenso kann eine binäre Skala der Funktion zweier Veränderlichen «
B i
und v entstehen aus zwei Kurvenscharen mit den Isoplethen u und v und
den Gleichungen
« = tx{*p) und v = ft(*y).
Die Abszisse des Schnittpunkts der Kurven nuu und mvu liefert den ge-
suchten Wert * = y» (uv).
Es folgen nun einige diesbezügliche Anwendungen.
1. Zunächst ein Beispiel mit nur zwei Argumenten, bei dem die Her-
stellung des Diagramms durch Verwendung binärer Skalen besonders
x
Fig. t
bequem wird. Das zweite und dritte Glied in der Formel für die Meri-
diankonvergenz lautet:
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?eraäärtf\i!äen Egerer. Nomogramme mit binären Skalen. 931
Ist die verlangte Genauigkeit in c z. B. 0,01", so kann man fttr Württem-
berg N konstant setzen. Die darzustellende Gleichung hat dann die Form:
c = für?) + /•«(**)•
Fig. 1 löst diese Gleichung nach dem hexagonalen Prinzip, wobei
die Koordinatenachsen OX und 0 Y binäre Skalen sind. Auf OX entsteht
— unter Verwendung eines auf transparenten Stoff gezeichneten recht-
winkligen Achsenkreuzes — der Wert der Funktion f(y<j>) als Abszisse
des Schnittpunkts der Geraden nyu mit der Kurve „q>u (Wendeparabel);
ebenso wird auf OY der Wert der Funktion fx{yy) erhalten. Die Sum-
mierung dieser beiden mit Bleistift markierten Werte besorgt dann ein
zweites auf Pauspapier gezeichnetes Achsenkreuz, dessen Achsen OX',
OT', 0*Z* je einen Winkel von 60° unter sich einschliessen; c wird am
Schnitt der Achse OZ' und OZ abgelesen. Fig. 1 ist auf i/s reduziert
Massstab für dir y: 1 km = 0,5 mm; für die c: 1" = 50 mm).
Beispiel: f = 48° 8', y — 188 km (Frauenkirche München) gibt
c = 3,16".
2. Die negative Reduktion As = (s0 — s) von der eben berechneten
Strecke «o auf die sphärische Strecke 8 im Soldnerschen Koordinaten-
system beträgt pro 1 km der Strecke1):
wobei * der Richtungswinkel der Strecke, y und yx die Ordinaten der
Endpunkte, Ii der Erdhalbmesser (Württemberg R = 6388 km). Die
Gleichung enthält drei unabhängige Veränderliche: <p, y, r/L.
Setzt man 7?. y und yy in km ein, so erhält man As in cm aus:
c08' 9 /«x
In der auf die Hälfte reduzierten Fig. 2 sind die Gleichungen (6) und (7)
durch zwei Isoplethendiagramme mit gemeinschaftlicher, d. h.
binärer X-Achse dargestellt. In dem Koordinatensystem OX, OY ist
die Gleichung (7) abgebildet. (Die Isoplethen heissen vyu oder „ytu, gehend
von 50 bis 110 km; die Abszissenachse ist um y = 50 nach links parallel
verschoben.) Gleichung (6) stellt ein Geradenbüschel durch den Ursprung
vor mit Richtungskoeffizient M = -gj -~ ; einzelne Individuen desselben
von 10« zu 100 sind im rechtsseitigen Teil der Figur (Achsen OX und
O Y') unten am Rand angegeben. Parallel OX sind von cm zu cm die Ver-
tikalen der As gezeichnet. Die Bestimmung von As aus diesem Nomo-
1 ) Vorschriften betreffend die Erhaltung und Fortführung der Flurkarten
und Primärkataster im Königreich Württemberg.
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932
Egerer. Nomogramme mit binaren Skalen.
Zeitschrift fur
gramm kommt auf eine graphische Elimination von x aus den Gleich
engen (6) and (7) hinaas: Unter Zuhilfenahme eines auf Pauspapier gt-
xeichneten rechtwinkligen Achsenkreuzes erhält man mit den Argumenten
V — yi = &i eine bestimmte Horizontale 0*B durch den Schnittpunkt
X
10
\
B
WS
Fig. 2.
0' der Vertikalen 0' A (y = b) mit der Isoplethe y, = bx (diese Hon-
zontale schneidet auf ÖX den Wert von x ab). Ein in 0 befestigter
Faden wird unterhalb des Pauspapiers Uber den dem Argument <p der
Randteilong entsprechenden Punkt gespannt und im Schnitt desselben mit
jener Horizontalen is an der Vertikalen abgelesen.
Beispiel: y = y, = 103 km (Maximalwert der Ordinate in Württem-
berg), <p = 0° gibt A8= 13,5 cm; d. h. eine in der Entfernung y = 103 km
parallel zur X-Achse verlaufende, 1 km lange, Strecke ergibt sich bei ebener
Berechnung um 13 cm zu lang. Die Maximalverdehnung der wurtteni-
bergischen Flurkarten (4000' = 1145,69 m Seitenlänge) in Richtung Nord-
Süd beträgt also ca. 15 cm.
In analoger Weise lässt sich der Unterschied zwischen sphärisch un-
eben berechnetem Richtungswinkel graphisch berechnen (5 Veränderliche
2 binäre Skalen).
3. Zum Schluss noch ein Nomogramm mit Punktisoplethen, welche;
zur Berechnung von Polhöhemessungen nach der Methode der Circnm-
meridianhöhen von Polarstern und Südsternen verwendet wurde (August
und September 1903: dWu = 90 - jp = 88° 47' 10" bis 88M7'30"
geogr. Breite: <p = 48° 5' bis 480 35').
Zur Reduktion der zu beliebiger Zeit beobachteten Polarishöbe tä
den Pol hat man die Gleichung:
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Zeitschrift für
Egerer. Nomogramme mit binaren Skalen.
933
• •
■n o
i" ■ 1 — 1 r 1 i - ' — 1 — 1 —
&
•
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i r— ^ — i rr— t 1 ^ 1
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1 l * 1
i V, 1
i i 4, i — i — i
— r—
1-5 »» I
i /
00
s
1 f»"!* 1 (o")*
oder mit den Bezeichnungen der Albrechtschen Tafel:
9 = h-pco»t + M «w« r -f A'.
* > ...
Die Berechnung des Glieds:
934 Egerer. Nomogramme mit binären Skalen. zejueunn nu
ß = g l^f - tg ff sin* t = Jf a/#i» < (8)
geschieht mittels Fig. 3. Die Gleichung enthält 4 Veränderliche c. j>.
<p und t.
Durch Logarithmieren erhält man aus (8):
log M = log [| J + log tg <p j
Zop IT = /op c — 2 Zop sin t. )
(10)
Es handelt sich wieder um graphische Elimination ton log M mittelt
einer binären Skala.
Setzt man in Gleichung (9):
[1 '( p")1 1
2 o ' J ^ y = »tj.logt!/ <p,
wo Wj und >»2 willkürliche Konstante, die mit Rücksicht auf die verlang»
Genauigkeit zu wählen sind — sie mögen im folgenden Module (d'Ocapes
genannt werden -— , so wird aus (9):
log M = JL + * (9ai
ff* i mj
Diese Gleichung stellt, wenn M veränderlich gedacht ist, eine Parallelen-
schar vor, deren Individuen von den Achsen die Stücke (m, log M) und
(m., log M) abschneiden. Die Konstruktion dieser Parallelen erfolgt am
einfachsten so, dass man ihre Schnittpunkte mit dem vom Ursprung u:
sie gefällten Lot 0 Z berechnet. Es fragt sich also , wie dieses Lot ein-
zuteilen ist, damit man an jedem seiner Punkte ohne weiteres das -Af*
der durch ihn gehenden Parallelen abliest. Für die Module ml »4 w$
der Skalen OX% OY, OZ besteht die aus Fig. 4
abzulesende Beziehung :
mt = . mim* . (12)
Die Isoplethe „10" (log M = 1) hat von 0 den
Abstand w,, somit Abstand der Isoplethe -M'
von 0 = mülog M (dass OZ nicht eingeteilt w
werden braucht, werden wir unten sehen). Für
Y" den Richtungswinkel des Lots OZ mit der I-
Achse hat man:
tg V = — • (U)
Im vorliegenden Fall wurde mit Rücksicht auf das sogleich 10 be-
schreibende Punktisoplethennomogramm zunächst
ml = 15000 und m3 = 7000
gewählt. Gemäss Gleichung (12) ergibt sich dann = 7900. Der Or-
sprung des Koordinatensystems 0 entspricht ö = 88° 47' 30" und ? =
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v«mU*hrtfl "wen Egerer. Nomogramme mit binären Skalen. 935
48° 5'. Nach Gleichung (11) wird hiermit der Abstand der Striche für
6 = 88° 47' 10" und q> = 48° 35' von 0 je = 60 mm. Da die Differenzen
der Logarithmen der in Betracht kommenden Werte von 6 (von 2 zu 2")
und tg qp (qp von 2' zu 2' ) genügend gleich sind , so sind die logarith-
mischen Skalen OX und OY vollständig regulär, ihre Einteilung kann also
linear zwischen die zwei extremen Werte erfolgen.
Den Werten <p = 48° 5' 6 = 88° 47' 30" entspricht M = 51,10
q> = 480 35/ # — 880 47/ io« u M = 52t50.
Weitere Werte von M braucht man nun nicht zu kennen: die gemäss
(13) zu konstruierende, den Wert M angebende, Achse OZ dient als der
eine Argumententräger für die nach der Methode der fluchtrecbten Punkte
mit drei parallelen Skalen darzustellende Gleichung (10):
log c = log M -\- 2 log sin t.
Zwischen diesem Träger von M und dem in bestimmtem Abstand zu
ihm parallel gezogenen Träger fur 2 log sin t (Modul m4) wird auf eben-
falls dazu paralleler Skala (Modul m§) der Wert von c abgelesen. Es
handelt sich nun um die Wahl der Koeffizienten m8 m4 tn5. Gemäss dem
der Methode zugrunde liegenden Prinzip müssen dieselben der Gleichung:
— + — = - (U)
mi, w4 mh
genügen. Nachdem ms bereits = 7000 gewählt ist, kann man noch einen
Modul beliebig annehmen. mh möge so gewählt werden, dass der gesuchte
Wert c überall noch auf 0,1" richtig erhalten wird; demnach möge das
kleinste Intervall der Skala „c" 4 mm betragen. (Fig. 3 ist auf die Hälfte
reduziert) Zur Bestimmung von mh hat man also:
m6 . (log 52,60 - log 61,50) = 4.
Hieraus m6 = 480 und damit gemäss (14) : m4 = 515.
Die Skala der f wird von t — 30° bis 90° (90 bis 150, 210 bis 270,
270 bis 330°) gezeichnet. (Für t zwischen 0 und 30, 150 und 210,
330 und 360° wird nach der für Südsterne geltenden, ebenfalls graphisch
dargestellten Reduktionsformel gerechnet.)
g> = 480 5'; « = 880 47' 30"; * = 30© gibt c = 12,776
qj = 48° 35'; ö = 880 47' 10"; t = 900 gibt c ea 52,50.
Damit Gesamtlänge der Skala c: Lh = 295 mm,
n n n „ <: X4 = 310 mm.
Um das Nomogramm auf kleinerem Kaum unterzubringen, zerlegt
die Skala für t in zwei Teile: I von 30° bis 450
II von 460 bis 900.
Die Grenzen der entsprechenden „cu-SkaJen sind dann:
I c = 12,775 bis 26,25
II 0 = 25,55 bis 52,50.
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936 Hammer. Bemerkung zu der Aufgabe S. 713.
U»ciiriri na
Es handelt sich nun noch um die Abstände der Skalenträger; für
dieselben muss bestehen (Fig. 5):
(15)
-x
M c
Fig. 6.
d — x mA '
Wählt man für die Träger „f" vom Träger „M" die Abstände d =
und 240 mm, so werden die entsprechenden Abstände der Träger „cu =
232,8 bezw. 223,5 mm. Die Einteilung der Skalen
(2 ro4 log sin t) und (m6 log c) geschah von der von 0
auf die Trägerrichtung gezogenen Senkrechten aus.
Beispiel: g> = 48° 3P5'; Ö = 88° 47' 16,5":
t = 41° 22'; c == V
Man zeichnet auf Pauspapier drei Achsen mit
Ursprung 0*; 0*X' und 0T' stehen senkrecht zu-
einander, die dritte O'Z* schliesst mit & T den Winkel
(90 — ip) ein. Dieses Achsenkreuz legt man so auf das
Nomogramm, dass die zwei Hauptachsen durch die
Punkte <p = 480 31,5' und ö = 88° 47' 16,5" gehen; die dritte Achse OZ'
schneidet den Träger nMu in S. Man verbindet nun S mit dem Punkt
t = 41° 22' auf der Skala I von t und liest an der entsprechenden Skala
I von c den gesuchten Wert c = 22,85 ab (richtiger Wert c = 22,81).
Zur Vermeidung von Versehen lege man zwei zusammengehörige Skalen
von c und t mit derselben Farbe an.
Der Wert von 3f ist für eine Beobachtungsstation konstant. Es wird
daher nach Ermittlung des Punktes S mittels des erwähnten Achsenkreuze«
das eine Ende eines Fadens in S befestigt, das andere Ende der Reihe
nach über die den beobachteten Uhrzeiten entsprechenden t gespannt und
jeweils das zugehörige c abgelesen.
Stuttgart, Juni 1907. A. Egerer.
Bemerkung zu der Aufgabe S. 713.
1. Da ich hier ebenfalls schon mehrfach auf die Auflösung ähnlicher
Aufgaben durch Annäherung hingewiesen habe (vgl. z. B. Zeitschr. f. Venn.
1895, S. 601/02, 609, 617/18 und neuere Aufsätze), so mögen mir zu der
im Titel genannten Notiz folgende Bemerkungen gestattet sein.
Bei der einfachen, praktisch so wichtigen Snelliusschen Vierecks-
aufgabe, die Herr Wilcke S. 713 behandelt und die ich a. bereits a. 0.
im gleichen Sinn behandelt habe, wird ja kaum der Fall eintreten, dass
die „übliche" Auflösung „nicht auswendig vorrätig ist oder nicht rasch
genug entwickelt werden kann"; dagegen wird nicht selten die iweiw
Vorauisetzung der Annäherungsrechnung zutreffen, nämlich die, dass bereite
ein ziemlich guter Näherungswert der Unbekannten vorliegt. Hier und in
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gffgffrtft ftf Hammer. Bemerkung zu der Aufgabe S. 713.
937
ähnlichen Fällen wird man bei der Annäherung der regula falsi im all-
gemeinen den Vorzug geben, weil sie nicht die Aufstellung eines neuen
analytischen Ausdrucks verlangt. Bei Anwendung der üblichen Bezeich-
nungen, vgl. die Figur, gegeben a, 6, y, ge-
raessen a, ß. besteht die Gleichung
sin iff a lain a
— = ' - - = m (1)
stntp b J an ß v '
(so sollte man rechts für das gegebene sin-
a tin ß
Verhältnis m immer schreiben, nicht
b sin a
denn a j sin a und b / sinß sind die Werte, die
man nachher bei Auflösung der Dreiecke A CP
und BCP abermals braucht), oder, wenn z. B.
S> als die zunächst zu berechnende Unbekannte
angesehen und der gegebene Winkel
360°-(a + /J + y) = 6 (2)
gesetzt wird:
stn tf>
„n(ö — tj>j ~ K?}
Die Auflösung dieser Gleichung durch Verbesserung eines Näherungswerts
nach der regula falsi ist äusserst bequem, nachdem m ein für allemal
berechnet ist. Im Beispiel von S. 713 mit a = 13, b= 16, 7 ±s 120°,
a = 36°, ß = 440 ist ö = 1600 und, bei 6-stelliger Rechnung, m —
0,960230. Die Näherungswerte V = 73° 28' und y" = 730 25' geben
auf vier oder fünf Zeilen Rechnung:
V = 73» 28'
y = 78« 26'
6~rf>' =86° 32'
6 - iff" = 86« 36'
sin y
.»1 = -j-0,000 180 etatt 0
m = -0,000118 statt 0;
sin (6 — ip')
sin iff"
sin (6— "^0
man erhält also ohne weiteres, als Korrektion am Näherungswert iff", für
Rechenschieberechnung bequem, den Betrag
118
+ 180"
= 4- 71" = 4- 1' 11" oder
9 = 86° 38' 49"
1184-180
tp = 78° 26' 11",
und die 6-stelligen log sin q> und log sin iff für Doppelrechnung von P C
zeigen sofort, dass die Rechnung beendet ist. Selbstverständlich könnten,
statt m aufzuschlagen, auch gleich die Logarithmen der zwei Ausdrücke
für CP:
a I sin a . sin tp und b / sin ß . sin iff, (4)
die sich schliesslich identisch ergeben müssen, miteinander verglichen
werden, wie es Z. f. V. 1896, S. 601 geschehen ist.
Ein Vorteil solcher regula falsi- Annäherung wird oft nicht beachtet,
der des anschaulichen Hinweises auf die „Genauigkeit" der Rechnung.
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938 Hammer. Bemerkung zu der Aufgabe S. 718. ^^uchrm fir
Im vorliegenden Fall kommt auf 3',00 = 180" Aenderung in v nur eine
Aenderung von 298 Einheiten der 6. Dezimale in sin + \ sin (ö — *) ; es
ist damit gezeigt, dass (unter der Voraussetzung linearen Verlaufs der
/*(*) für die hier gebrauchte kurze Strecke, der genügend genähert zu-
trifft), die 0^,01 oder genähert die i/t" dnrcn 6-Btellige Rechnung nicht
gesichert werden kann. Man würde also wohl (s. u.) 5-6tellig nicht die
oM in a; und y» sicher erreichen können. Der Grund liegt auf der Hand:
das Beispiel ist für sicheres Rückwärtseinschneiden von P ungünstig,
(a -f- /? -f- y) und damit (<p -|- 1>) unterscheiden sich nur um 20° von 180
P liegt nahe dem gefährlichen Kreis A, C7, B. Rechnet man in der Tat
5-, 6-, 7-atellig direkt nach den gewöhnlichen Formeln
l 2 2 2
(6) ' tg = ig 1.^(46«+^), wo
„X,^± tat,
b j sin ß
so findet man
5- Btellig (auf 1" interpoliert)
q = 86° 33' 59", * = 730 26' 1" (also rund 0',2 Fehler) :
6- stellig (auf OM interpoliert)
<p = 86° 33' 49",7, y = 73° 26' 10",3 (die" noch nicht richtig) ;
(ebenso 6-stellig mit Benützung meiner 6-stelligen Tafel der
1-LX
log die das Aufschlagen von X entbehrlich macht);
7- 8telhg (ohne Beachtung der - Striche bei Schrön)
q, = 86° 33' 48",2, V = 73« 26' 11",8,
so dass also 7- st ellig gerechnet werden müsste, wenn man unter Voraus-
setzung der Fehlerfreiheit der Daten nur die * in <p und ^ sichern wollte.
2. An und für sich hindert nun nichts, bei der Annäherung statt der
regula falsi die Newtonsche Methode zu verwenden (Schnittpunkt der Tan-
gente der Funktionskurve in einem Punkt nahe der Abszissenachse mit
dieser statt Schnittpunkt der 8ehne zwischen zwei zu beiden Seiten der
Abszissenachse liegenden nahen Punkten mit der Abszissenachse), und es
scheint der Zweck der Notiz S. 713 gewesen zu sein, hierauf aufmerksam
zu machen. Eine Vereinfachung gegen die in 1. angedeutete Rechnung
tritt aber nicht ein: auch hier müssen zwei Werte direkt gerechnet werden,
der den die Funktion selbst und der den ihre Ableitung für den Nähe-
rungswert annimmt; und wenn es auch meist genügt, diesen zweiten Wert
weniger genau zu rechnen, so muss dafür die zweite (abgeleitete) Funktion
erst gebildet und oft erst anf eine für die Rechnung bequeme Form ge-
bracht werden. Durch nichts ist aber Veranlassung gegeben, sich den
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Hammer. Bemerkung tu der Aufgabe S. 713.
939
Weg dieser Newtonschen Auflösung selbst auf so künstliche
Art zu erschweren, wie es der Verfasser der Notiz S. 713 tut.
Gehen wir wieder aus von der Gleichung (3):
- , . »in tp
(8)
als der durch das Näherungsverfahren nach V aufzulösenden, so erhält
man doch ohne weiteres
' w di> »in*(6 — if>)
(6)
nnd es ist somit die an einem bestimmten Näherungswert *o anzubringende
Verbesserung A% gegeben durch
Dieser einfache Ausdruck, den man sofort hinschreiben kann, löst die Auf-
gabe vollständig. Nachdem wie oben (6-stellig)
m = 0,960 230
berechnet ist, sieht demnach die vollständige Rechnung für Y>, mit allea
Zahlen, folge ndermassen aus (r bedeutet den Rest . — m) :
\ »in (ö — ipü)
Näherungswert y»o = 73° 28'.
Bin %
9.981 662
= 73« 28'
»in (6 — 1>0)
9.999 205
6 — tp0 = 86° 32'
9.982 467
0,960 410
m = 0,960 280
— r
6.255 n
sin* (6 - ifo)
9.998
E »in 6
0.466
9'
3.536
(4 *)'
0.256 »
r = -+-0,000180
4*o = -l',80
* = 73° 28' 00" — i' 48" = 78° 26' 12"
und man sieht sofort, dass man die Rechnung nicht zu wiederholen braucht,
ferner dass für etwaige Wiederholung die Form r . C% hier — r . 10040*
genügt (Rechenschieber, z. B. für 7 -stellige Hauptrechnung ; 10040 =
Num . log [9.998 -f- 0.466 + 3.536]).
8. Bei dieser Gelegenheit sei noch auf ein Gauss'sches direktes
Rechnungsverfahren zur Snellius'schen Vierecksaufgabe aufmerksam ge-
macht, das vor einigen Jahren aus dem Nachlass von Gauss bekannt
gemacht wurde (Werke, herausgeg. Ges. Wiss. Göttingen, IX. Band, be-
arbeitet von Prof. Dr. Krüger -Potsdam, Leipzig, Teubner, 1903, S. 238)
nnd das auch Galle in seiner kürzlich erschienenen „Geodäsie" (Leipzig.
Göschen, 1907, S. 200/201) anführt Der Einwand der ünsymmetrie,
den man gegen das Verfahren (wie gegen die vorstehenden Näherungs-
verfahren) erheben kann, ist nicht von Bedeutung, weil sofort nach Be-
stimmung des einen der Winkel sich die ziemlich durchgreifende Kontrolle
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940 Uebereinstimmung von Kataster und Grundbuch etc.
nach (4) ergibt. Wenn aber auch das Gauss'sche Verfahren das übliche
schöne symmetrische (in der Regel nach Burckhardt benannt, obwohl
die Spuren sich weiter rückwärts verfolgen lassen) nicht verdrängen kann,
so ist es doch an sich von Interesse; welche kleinste Nebenbemerkung
unseres grossen Meisters wöre es nicht?
Setzt man, mit den oben gebrauchten Bezeichnungen,
« + ß + Y = « (8) [= 360« — 6 nach (2)]
und , . t
a sin a 1
to1 u = •
b J sin ß cos s 1
so ist der Winkel <p zu berechnen ans
tg (1809 — <p) = tg e . cos' f* oder also
tg<p = —tgs. cos9 f4 ,
womit wieder die Seiten PA, PC, PB (die mittlere PC doppelt zur
Kontrolle für die Winkel <p und ^) berechnet werden können. Mit Be-
nützung des Hilfswinkels p aus (9) gelingt es nicht, einen genügend ein-
fachen Ausdruck auch für V *u finden, und die Wiederholung der ganzen
Rechnung, für ? nach
1
(9)
(10)
tg* v
a f sin a cos e
tg *
— tgs.cos*v
ist zu umständlich (wenn auch die Kontrolle noch etwas weiter durch-
greifen würde, als die des gewöhnlichen Rechnungswegs), mit Rücksicht auf
das oben über PC Gesagte auch nicht notwendig.
1st e > 180°, so wird tg* p negativ, also p imaginär; doch hat
dies, wie Galle bemerkt, nichts zu sagen, indem man nach cos* p =
% .j. tg*p mit Hilfe der Subtraktionslogarithmen weiterrechnen kann.
Dieser Fall liegt in dem schon oben angeführten Wilck eschen Beispiel
vor. Mit £ = 200° wird
also mit Benützung der Bremikerschen Subtr.-
Logarithmen log (1 + tg* p) = 8.33955 n
und damit vollends
9.56 107 n
1.66 045 n
a 1 sin a
1.344 724
E (b/sin ß)
8.637 661
1
0.027 014 n
cos e
0.009 389 n
— tg e
1_
tg 9
1.22 152
<p = 86° 88' 49".
Hammer.
Die Erhaltung der Uebereinstimmung von Kataster und
Grundbuch im Grossherzogtum Hessen.
Die hessische Gesetzgebung mit Ausführungsvorschriften zur Grund-
buchordnung legt im wesentlichen zur Erhaltung der Uebereinstimmung
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zeitwhrtft rar Üeberein8timmung von Kataster und Grundbuch etc. 941
V 6ITD ASBQnffli WBSOD
zwischen Grundbuch und Kataster fest, was früher zu Recht bestand.
Die Unterschiede zwischen früher und jetzt interessieren hier ebensowenig
wie der Umstand, dass die Anlegung des neuen Grundbuchs noch nicht
beendet ist.
In den Gemarkungen mit neuem Grundbuch ist jede Auflassung und
jede Veränderung an dem Bestände eines Grundstücks vom Grossh. Amts-
gericht im Grundbuch zu wahren und nach erfolgter Wahrung in die Liste
der Eigentums- und Bestandsveränderungen einzutragen. Bestandsverände-
rungen können nur auf Grund von Messbriefen im Grundbuch zum Eintrag
gelangen. Diese Messbriefe müssen vor dem Eintrag von dem Grossh.
Kreisvermessungsamt geprüft sein und in doppelter Ausfertigung dem Ge-
richt vorgelegt werden. Das Kreisvermessungsamt darf die Prüfungs-
bescheinigung nur erteilen, wenn dem Katastereintrag eines Messbriefes
nichts im Wege steht. Ein Messbriefexemplar kommt zu den Gerichts-
akten, das andere zur Liste der Eigentums- und Bestandsveränderungen.
Am Schlüsse eines jeden halben Jahres, Anfang Januar und Anfang
Juli, teilt das Grossh. Amtsgericht die Liste der Eigentums- und Bestands-
veränderungen nebst den zugehörigen Messbriefen, getrennt nach Grund-
buchbezirken (Gemarkungen), dem Grossh. Kreisvermessungsamte mit.
Letzteres wahrt die Aenderungen im Kataster und den Ortsgrundbüchern.
(Die früheren Grundbücher werden als Ortsgrundbücher weitergeführt.)
Die durch die Messbriefe nachgewiesenen Planänderungen werden in den
zum Ortsgrundbuch gehörenden Karten gewahrt, die Messbriefe alljährlich
in die nach Flur- und Nummerbezeichnung geordnete Messbriefsammlung
gemarkungsweise eingereiht. Bei dem Gericht befinden sich keine Karten,
die eigentlichen, bei der Katastervermessung von dem Katastergeometer
aufgestellten Originalkarten befinden sich bei dem Kreisvermessungsamt
und werden nicht fortgeführt; die zu den Ortsgrundbttchern gehörenden
Karten sind genaue Kopien; in denselben wird durch Durchstreichen der
Grundstücksnummer kenntlich gemacht, dass an dem betreffenden Grund-
stück eine Aenderung vorgekommen ist. Die Aenderungen werden in den
Supplementband eingetragen; dieser Band enthält dieselben Kartenblätter
(Abteilungen) wie der Kartenkopienband, ursprünglich aber keine einzelnen
Grundstücke, sondern nur Gewannumfänge. In diesen Supplementband
werden alle Aenderungen eingetragen. Die hierin jeweils freien Flächen
sind seit der Parzellen- (Kataster-) Vermessung unverändert geblieben. —
Die eigentlichen Katasteränderungen: 1. Aenderung der Grundstücks-
kennziffer, 2. Inhaltsberichtigungen, 3. einfache Kulturveränderungen, ohne
Bestandsveränderung, wenn z. B. ein ganzer Bauplatz zur Hofreite wird,
werden zuerst im Kataster gewahrt. Die diesen Einträgen zugrunde lie-
genden Messbriefe, soweit solche nötig sind, werden dem Grossh. Kreis-
vermessungsamt in einfacher Ausfertigung von den Interessenten vorgelegt.
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942 Wettbewerb für Bebauungspläne. v^^q^J^b
Das Kreisvermessungsamt legt alljährlich im Anfang des Oktober dem
Grossh. Amtsgericht für jeden Grundbuchbezirk ein Verzeichnis der im
vergangenen Jahre vorgekommenen Katasteränderungen zum Eintrag ins
Grundbuch vor. Macht ein besonderer Umstand den Grundbuchseintrag
einer Katasteränderung früher nötig, will z. B. jemand auf ein neuerbautes
Haus eine Hypothek aufnehmen und daher seinen seitherigen „ Bauplatz"
als „Hofreite" im Grundbuch eingetragen haben, so ist von dem Kreis-
vermessungsamt auf Antrag des Interessenten nach erfolgter Kataster-
wahrung ein Auszug aus dem Verzeichnis der Katasteränderungen zu fer-
tigen und dem Grossh. Amtsgericht zur Wahrung im Grundbuch vorzulegen.
Die Wahrung in den Ortsgrundbüchern ist wie bei der Wahrung der
Listen. — Uebereinstimmung zwischen Kataster, Ortsgrundbuch und Grund-
buch ist bei der Anlegung des neuen Grundbuchs hergestellt worden. Das
Sachregister ist der vom Kreisvermessungsamt aufgestellte Katasterauszng.
das Grundbuch ist nach dem Ortsgrundbuch aufgestellt, Widersprüche sind
bei der Anlegung ausgeglichen worden.
Hiernach ergibt sich, dass in Hessen hinreichend Vorsorge zur Er-
haltung der Uebereinstimmung zwischen Kataster und Grundbuch ge-
troffen ist. P.
Wettbewerb fllr Bebauungspläne.
Im Norden Berlins, umgeben von meilenweiten königlichen Forsten,
liegt an der Nordbahn der Fideikommissbesitz der altangesessenen Familie
der Freiherrn von Veltheim auf Schloss Schönrliess, bestehend aus den
Rittergütern Schöntliess, Stolpe und Glienicke. Ca. 8000 Morgen (2000 ba)
dieser Güter sind mit herrlichem, alten Kiefernwalde bestanden. Nament-
lich zeichnet sich der zwischen den Stationen Hermsdorf und Stolpe ge-
legene Teil zu beiden Seiten der Bahn durch hervorragende landschaftliche
Schönheit aus. Das sehr wellenförmige Gelände mit grösserer Anzahl
verhältnismässig beträchtlicher Bergkuppen, in mannigfaltiger Abwechslang
von hohem und niederem Baumwuchs bestanden, ist bequem von Berlin
aus mit der Nordbahn in ca. 30 Minuten Fahrt zu erreichen.
Gerade dieser schönste Teil des von Veltheimschen Forstes in einem
Umfange von ca. 700 ha soll nunmehr von einer grossen Berliner Terrain-
gesellschaft für die Bebauung erschlossen werden.
Die im Süden und Norden angrenzenden Kolonien Herinsdorf und
Hohenneuendorf zeigen durch ihr stetes Aufblühen, wie das Bedürfnis nach
Wohnstätten inmitten freier Natur und die Erkenntnis der mit dem Er-
werb solcher Wohnstätten verbundenen Vorteile für das Wohl der Fa-
milien sich mehr und mehr Bahn bricht.
Inmitten des Forstes und zwischen den Stationen Hermsdorf und
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VtfmMmjwln Gesetze und VerordBungen. — Vereinsaachrichten. 943
Stolpe soll ein neaer Personenbahnhof errichtet werden. Von diesem aus
wird sich voraussichtlich die Besiedlung des Geländes nach allen Seiten
fortschreitend sehr schnell entwickeln. Durch grosszQgigen Ausbau der
Verkehrseinrichtungen, Herstellung öffentlicher Anlagen und Plätze unter
kunstsinniger Benutzung der natürlichen Geländeschönheiten soll hier die
Grundlage zu einer modernen Wald- und Gartenstadt geschaffen werden.
Um die auf diesem neuen Gebiete bereits mit Erfolg tätigen Inge-
nieure und Architekten zur Mitarbeit anzuregen, und um Vorbilder für
die Aufstellung eines zweckentsprechenden Bebauungsplanes zu gewinnen,
wird von genannter Gesellschaft die Herstellung von Entwürfen zum Be-
bauungsplan im öffentlichen Wettbewerb ausgeschrieben, wofür Mk. 15 000
Preise bewilligt sind.
Man vergleiche das Inserat in der Beilage zu Heft 33.
Gesetze und Verordnungen.
Gr os anerzog tum Mecklenburg.
In einem „ Rundschreiben vom 2. November 1907, betreffend die dienst-
liche Stellung der Distriktsingenieuretf des Grossherzogl. Mecklenburgischen
Finanzministeriums, Abteilung für Domänen und Forsten, ist den Distrikts-
ingenieuren in wesentlichen Teilen ihrer amtlichen Tätigkeit ein Stimm-
recht innerhalb der Amtsbehörden eingeräumt worden.
(Mitgeteilt von PeUz.)
Vereinsnachrichten.
Der gegenwärtigen Nummer ist für die Mitglieder des Deutschen Geo-
metervereins ein Abdruck des Entwurfs neuer Satzungen beigefügt, welcher
nach erfolgter Begutachtung seitens der Zweigvereinsvorstände von der
Vorstandschaft unter Berücksichtigung der eingegangenen Abänderungs-
vorschläge vorläufig festgestellt worden ist und in dieser Fassang der
nächstjährigen Hauptversammlung in Erfurt zur Beratung und Beschluss-
fassung unterbreitet werden soll.
Die Mehrzahl der Zweigvereinsvorstände hat die betreffenden Para-
graphen des ursprünglichen Entwurfs, in denen die grundsätzlichen Be-
stimmungen für den beabsichtigten engeren Zusammenschluss nach Mass-
gabe iles Beschlusses der Königsberger Hauptversammlung zum Ausdruck
gelangt waren, abgelehnt. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, jeden
Zwang nach dieser Richtung hin als zurzeit undurchführbar fallen zu lassen.
Infolgedessen wird von einer ausserordentlichen Einberufung der zur
Vorberatung der Reorganisationsfrage in Aussicht genommenen Kommission
abgesehen werden und die weitere Behandlung dieser Angelegenheit ge-
legentlich der nächsten Hauptversammlung in der Abgeordnetensitzung er-
folgen können.
Die VorstandBchaft des Deutschen Geometervereins.
P. Ottsen.
Digitized by
944
Personalnachrichten.
Zeitaebrirt ftu
■ mmwm
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung.
Pensioniert: St.-I. von Graf fen in Plön.
Zu Steuerinspektoren ernannt: die K.-K. Bruckisch in Wongrowitz,
Mätzner in Genthin, Rück in Wanzleben, Wallstab in Osterburg.
Versetzt: die K.-K. Kraiger von Wanne nach Siegen, K eis er von
Kiautschau nach Plön, Meyer von Emden nach Torgau; St.-I. Keller von
Gelsenkirchen nach Essen IV.
Befördert: Zu Kat-Kontrolleuren bezw. Kat.-Sekretären : die K.-L.
Ben st von Posen nach Gelsenkirchen (kommissarisch), Gregor von Cassel
nach Rybnik (komm.), Emmerich von Cassel nach Emden. — Zum Kat-
Landmesser Ia: Jänichen von Merseburg nach Cassel.
Zu K at. -Landmessern Ib ernannt: Knichale, Ewald, in Merseburg.
Manko, Karl, und Sielaff in Köslin.
Bemerkung. K.-K. Stumm in Rybnik zum 1./12. 07 ausgeschieden.
Landwirtschaftliche Verwaltung.
Generalkommissionsbezirk Düsseldorf. Versetzt: L. Louis von
Dflren III zum l./l. 08 nach Düsseldorf (Spez.-Komm.). — Die Fachprüfung
haben bestanden am 21./ 11. 07: die L. Kappel in Düren I, Lehmann
in Dören III, Paulus in Neuwied. — Neu eingetreten ist am l./ll. 07
zur vorübergehenden Beschäftigung: L. Cosslar in Cöln (Sp.-K/).
: Kommunalverwaltung. Landmesser Oswald Breuer wurde als
Stadtlandmesser in Coblenz angestellt
Allgemeine Bauverwaltung. Der Kgl. Landmesser Heimsinski
ist seit 1. Juli 1907 als solcher ins Ministerium für öffentliche Arbeiten
berufen worden. Der Kgl. Landmesser Butschkow ist zum 1. Jan. 1908
von Breslau zur Wasserbauinspektion in Cöpenick, der Kgl. Landmesser
Neuendorf von Schwedt nach Breslau zur Oderkanalisierung versetzt
worden.
Königreich Bayern. Der im zeitlichen Ruhestande befindliche Be-
zirksgeometer 1. Kl. Max Stark in Velburg wurde bis auf weiteres im
Ruhestande belassen; der im zeitlichen Ruhestande befindliche Bezirks-
geometer 1. Kl. Anton Burkhart in Friedberg wegen Fortdauer seiner
durch Krankheit herbeigeführten Dienstunfähigkeit auf die Dauer von wei-
teren sechs Monaten im Ruhestande belassen.
Königreich Württemberg. Seine Maj. der König haben am 19. Nov.
ds. J8. die Stelle eines Revisionsgeometers bei der kgl. Zentralstelle, Abt
für Feldbereinigung, dem Bereinigungsfeldmesser Gustav Huber in Böb-
lingen mit dem Titel und Rang eines Obergeometers übertragen.
Inhalt.
Wissenschaft! . Mitteilungen: Zur Geschichte des Vermessnngswesens Preussens.
insbesondere Altpreussens, aus der ältesten Zeit bis in das 19. Jahrhundert, too
Roedder. — Nomogramme mit binären Skalen, von A. Egerer. — Bemerkung
zu der Aufgabe S. 713, von Hammer. — Die Erhaltung der Uebereinstimmnur
von Kataster und Grundbuch im Grossherzoetum Hessen, von Porth. — Wett-
bewerb für Bebauungspläne. — Gesetze und Verordnungen. — Vereinsnachrichten.
— Personalnachrichten.
Verla» ron Konrad Witt wer in Stuttgart.
Druck tob Carl Hammer, Kgl. Hofbuchdruckerei In Stuttgart.
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U45
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Unter Mitwirkung von Dr. E. Hammer, Professor in Stuttgart
herausgegeben von
C. Steppes, Obertteuerrat und Dr. O. Eggert, Profewor
1907. Heft 36. Band XXX TL
■>-• 2L Dezember. «-<■
Der Abdruck toh Original- Artikeln ohne vorher eingeholte Er«
laabni.s der Schriftleitung Ist untersagt.
Zur Berechnung der Höhe aus den drei Seiten
eines Dreiecks.
Von Dr. Artus Grünert, städtischem Landmesser in Wiesbaden.
Häutig ist es bei geodätischen Rechnungen vorteilhafter, ein schon
näherungsweise bekanntes Resultat zu benutzen und nur die Differenz
gegen den gesuchten Wert herzuleiten, als die Rechnung von Anfang an
streng durchzuführen.
Diese Methode führt auch bei der in der Praxis oft erforderlichen
Ermittelung der Höhe und der Abschnitte der Grundseite aus den drei Seiten
eines Dreiecks schneller zum Ziel als die Benutzung der üblichen Formel :
(Trigonometrisches Formular Nr. 15 der Preuss. Katasteranweisung IX).
Im folgenden sei eine elementare Herleitung der in Frage kommenden
Formel, sowie ein Beispiel ihrer Anwendung gegeben.
Zur Einheitlichkeit möge als Bezeichnungsweise die der Preussischen
Katasteranweisung IX gewählt sein. Dementsprechend nennen wir die
näherungsweise bekannte Höhe b, die aus ihr und den Seiten 6 und c des
Dreiecks nach dem Pythagoräischen Lehrsatze erhaltenen vorläufigen
Werte der Abschnitte der Grundseite p und q, und die entsprechenden
Additamente rfb, dp, rfq, so dass
f) + df) = h, p-|-rfp = j>, q-fdq = g
a — (P + <l) = dp + dQ 8ei gleich „da".
Zeitschrift für Yenneieungiweien 1907. Heft 3«. 66
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946
Daun ist
Grünert. Berechnung der Höbe etc.
ZeiUchrtfl Wr
(l, + db)« + (p + dn)« = b'
(b-f db)» + (q + dq)» = c«, also
(p -|- dp)« — (q + q)» = 6» — c« , und,
da ft* — p' = b» = c« — qs s
r/p* — dq»-|-2pdp — 2qdq = 0.
Da aber dq = da — dp ist, ergibt sich
2<fp (p + q + rfa) = da* + 2q . da
Analog erhält man
rfp = +
p . d a , da*
*<= „ + 2«
da»
Der Zahlenwert von wird bei relativ kleinem da vernachlässigt
werden können, so dass
p . da
dp jl
dq
M
Die Berechnung des Additaments kann leicht mit dem logarithmischen
Rechenschieber erfolgen, während sich zur Rechnung nach dem Pythago-
l äischen Lehrsatze mit Vorteil eine graphische Tafel anwenden läset.
Der Gang der Rechnung gestaltet sich danach unter Benutzung
Formularschemas folgendermassen:
p - ± V* -T"
q = ± y/7«—
da = a — (p-f-q)
dp
q . da
a
P + dp
3
P + <7
± W —
a (Rechenprobe)
a
50,00
a
49,36
da
+ 0,64
a !
*
40,00
P
+ 17,69
dp
+ 0,41
c
30,00
q
+ 31,77
b = 24,30
A = 24,00
50,00
-j-18,00
+ 82,00
da*
Ist die genäherte Höhe so wenig genau, dass der Zahlenwert von -g- —
nicht vernachlässigt werden darf — die Summe der so berechneten Ab-
schnitte ist dann nicht gleich der Grundseite — , so kann der berechnete
Wert von h als der vorläufige angesehen and die Rechnung wiederholt
werden, falls man nicht vorzieht, in diesen Fällen die strenge Formel zu
benutzen. Ist schon eine Kartierung vorhanden — was bei städtischen
Messungen fast immer der Fall sein wird — , so ist es natürlich vorteil-
hafter, statt der Höhe den kleineren Abschnitt der Grundseite abzugreifen,
und aus diesem die vorläufigen Werte der Höhe und des anderen Ab-
schnitts der Grundseite zu berechnen. —
Digitized by Googl
Zeitschrift für Böhler. Schleichers Univeraaltransporteur. 947
In geeigneten Fällen laset sich dieses Verfahren auch mit Vorteil zur
Berechnung des Inhalts aus den drei Seiten eines Dreiecks anwenden
Schleichers Universaltransporteur.
In der Zeitschrift für Vermessungswesen 1907, S. 333 stehen wichtige
Worte von Professor Dr. Wilski, dem Dozenten für Geodäsie und Mark-
scheidekunde in Freiberg i/Sa., fiber eine Transporteurneuerung.
Den bei mir im Reichskolonialamt mit graphischen Konstruktionen
aus tachymetri8chen Aufnahmen und Kompassmessbandzfigen beschäftigten
Vermessungstechniker Schleicher machte ich auf diesen Wötz eischen
Schiebetransporteur aufmerksam, weil ich aus eigener praktischer Erfah-
rung eine solche Neuerung für einen ebenso wertvollen Fortschritt hielt
wie Wilski.
Ich wies ihn dabei auch auf die im Vorjahre beschafften Kompass-
dreiecke aus wasserklarem, 3 mm starkem Zelluloid nach G. Pellehn
(Urteile vergl. in Ann. d. Hydrogr. 1905, Heft VI oder Marine-Rundschau
1905, Heft 6) hin und Hess beide Instrumente von ihm begutachten.
Das Resultat war, dass er ein für unsere Zwecke noch geeigneteres
Instrument erdachte, welches allseitige Verwendung finden wird, da es
gleichzeitig das bequemste Eartierungsinstrument fur rechtwinklige Koor-
dinaten darstellt.
Dasselbe verdient mit Recht den Namen „ Universaltransporteur weil
es die Uebertragung aller vorkommenden Vermessungen auf das Karten-
papier in einfachster und praktischster Weise vorzunehmen gestattet.
Nachstehende von Schleicher verfasste Erklärung mit den Figuren 1
bis 3 wird die Zweckmässigkeit und Handhabung seiner Erfindung im ein-
zelnen näher erläutern. —
„Der Universaltransporteur besteht aus einer Zelluloidplatte von etwa
3 mm. Fig. 1 stellt denselben in bestimmtem Grössenverhältnis dar.
Jedoch kann auch jede beliebige Grösse gewählt werden. Ein Verziehen
der Platte ist nicht denkbar, wie der Gebrauch der Kompassdreiecke be-
wiesen hat. Die Anordnung der Teilung soll sein wie in Fig. 1. An Stelle
der Linearteilung 1 : 1000 kann auch jedes andere Massstabsverhältnis
angebracht werden.
Anwendung. 1. Beim Kartieren von Kompassmessbandzfigen, It ine -
raren, Schiffskursen u. dergl. Vom Punkt H aus (siehe Fig. 1) ist ein
Kompassmessbandzug gemessen. Anfangsazimut 225°. Strecke 40 m. Nächste
auf dem Papier vorgezeichnete Parallele zu Magnetisch Norden, Linie A-B.
Man lege den Transporteur so auf die Linie AB, dass das Zentrum
des Transporteurs und der Teilstrich 225° mit dieser Linie zusammen-
fallen. Ein beliebiges Dreieck G legt man nun an die Kante F oder D
und verschiebt den Transporteur so, dass die Kante C den Paukt H
schneidet. Jetzt legt man das Dreieck an die Kante E und verschieb:
den Transporteur, bis der Nullpunkt der Teilung an Kante C mit Punkt B
zusammenfällt. Setzt man nun noch die Strecke 40 m ab, so ist der
Punkt X kartiert. Nun wird für die Kartierung des nächsten Punktes
auf dem Punkt X ebenso verfahren wie auf Punkt U. Diese Operationen
sind in der Figur weiter nicht dargestellt.
Vorteile: Das zum Kartieren zu benutzende Papier braucht nur ooeb
in 10 oder 5 cm Quadrate geteilt zu sein. Die Details lassen sich in-
folgedessen viel klarer darstellen als auf Millimeterpapier, weil die vielen
die Zeichnung störenden Linien fortfallen, auch werden die Augen nicht
60 angestrengt.
2. Beim Auftragen von tachymetrischen Aufnahmen. Auf Punkt J
ergaben die Tachymeterablesungen die in Fig. 2 angegebenen Werte. Um
Digitized by Google
für Böhler. Schleichers Universaltransporteur.
949
dieselben aufzutragen, legt man das Zentrum des Transporteurs auf einen
beliebigen Punkt (hier «7» der Anfangsrichtung J-K und lässt den Teil-
strich (360° minus 390) — 3210 mit derselben zusammenfallen. Nun ver-
schiebt man den Transporteur so lange, bis die Kante C den Ausgangs-
tV
z*
(KV
c ^ —
*H f
t - 1 .j
■
...1..J...J
■\\ 1 R
■lux \
\ X
«ft, \v >
4!
w
Hälfte rerAtcnr't
punkt J der Anfangsrichtung schneidet, und zieht die Hilfslinie J-P.
( Diese Operation fällt weg, wenn beim Anvisieren der Anfangsrichtung der
Horizontalkreis auf Null eingestellt wurde.) Unter Benutzung dieser Hilfs-
linie lassen sich nun leicht die im Felde far die Geländepunkte abgelesenen
Werte kartieren. Beispielsweise 112° mit 43 m für den Punkt M. Der
Transporteur wird so angelegt, dass das Zentrum mit dem Punkt J\ der
Teilstrich 112 9 mit der Richtung P zusammenfällt. Man verschiebt jetzt
den Transporteur so, dass die Kante C durch den Punkt J geht, und setzt
die Entfernung 43 m ohne weiteres an
der Teilung der Kante C ab. (Diese
Operation kann man sich leicht in
der Fig. 2 vorstellen, wenn man sich
an Stelle des dort nur der Darstellung
der Richtungen wegen schematisch
eingezeichneten Instrumentes dieses in
natürlicher Grösse vor Augen führt.)
Vorteile: Das Ziehen der ein-
zelnen Strahlen fällt fort. Ebenso die
Verwechslung der Strahlen beim Ab-
setzen der Entfernung. Das dauernde
Festhalten des Transporteurs, wobei
Verschiebungen sehr leicht vorkom-
men, ist nicht mehr nötig.
3. Zur Kartieruog von Details. Von einer Messungslinie sind drei
Punkte aufgenommen, wie in Fig. 3 dargestellt. Um den Punkt T zu
kartieren, legt man den Transporteur mit dem Teilstrich 45 m der Teilung
W auf den Anfangspunkt JR und lässt die Mittellinie des Transporteurs
mit der Linie R-U zusammenfallen. Dann setzt man die Entfernung an
Digitized by Google
950 Schreiber. Der Kurvenmesser. ^zgmmm
der Kante 0 nach Unks ab. Bei Punkt V legt man den Teilstrich 90 m
auf den Anfangspunkt R und setzt 24 m nach der anderen Seite ab u.s.i.
Sollen Aufnahmen, welche mit einem rechtsläufig geteilten Kompaß
gemacht wurden, aufgetragen werden, so lassen sich leicht die Zahlen für
die rechtsläufige Teilung in Tusche an die Gradeinteilung schreiben.
Ebenso die Zahlen für die Linearteilung, wenn ein anderer Massstab ge-
wünscht wird." —
Zum Sclüuss führe ich noch an, dass Schleicher auch die Einrich-
tung des Wötz eischen Schiebetransporteurs aus Metall vervollkommnet
hat, indem er durch die Anbringung eines Schlitzes mit Teilung an den
Stegenden (Fig. 4) die Ausführung als Vollkreistransporteur ermöglicht, wo-
durch ein bedeutender Vorteil gegenüber dem Wötzelschen Halbkreis er-
zielt wird. (Vergl. S. 834 d. Zeitschr.)
Denn 1. ist eine Kopfrechnung beim Kartieren nicht mehr nötig, wenn
die zu konstruierende Richtung zwischen 180<> und 360° liegt, und 2. er-
folgt beim Vollkreistransporteur das Anlegen und Abschieben sicherer,
weil die Anlegeseite dann länger wird als die verhältnismässig schmale
Seite des Halbkreistransporteurs.
Berlin. H. Böhler.
Der Kurvenmesser (Bauart Dr. Heubach).
Von Dr.-Ing. A. Schreiber.
In Xr. 33 der Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen
führt Herr Dr. Heubach ein Verfahren vor, um mit Hilfe einer einfachen
Vorrichtung Kreisbögen abzustecken und in vorhandenen Kreisbögen die
richtige Gleislage nachzuprüfen. Herr Dr. Heubach ist von der Ansiebt
ausgegangen, dass das in der Bahnunterhaltung übliche Verfahren (Mess ans
des Stiches mit Hilfe von Schnure und Schmiege) gegenüber den Anforde-
rungen, die man neuerdings an eine gute Gleislage zu stellen hat, nicht
mehr standhält ; denn wenn man durch solche Stichmessungen ein richtiges
Bild von der Gleislage gewinnen will , muss man die Messung mit sehr
kurzen Sehnen (5—10 ra) und etwa in Abständen von 2 m durchführen.
Dann werden aber die Stichmasse (Pfeilhöhen) wenigstens bei grösseren
Radien so klein, dass ihre Ermittlung mit den gewöhnlichen Hilfsmitteln,
wie sie für die Bahnunterhaltung in Frage kommen, auf Schwierigkeiten
stösst. Dass die Stichmessung in der Sehnenmitte geradezu wertlos ist.
wenn man zu grosse Sehnen nimmt, ist einleuchtend. Vergl. hierzu aneb
den Aufsatz von Hansen: Gleisrichtung in Bogen. (Zentralblatt der Bau-
verwaltung, Nr. 14 vom J. 1907.) Der Verfasser berichtet hier über die
z. B. an einem Bogen von 800 ra Halbmesser vorgefundenen Unregel-
mässigkeiten. Die Krümmungen dieses Bogens, gemessen in Abständen
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z«iueiirm für Schreiber. Der Kurvenmesser. 951
VermeftBimfawM«n
1907.
vou 1 m mit einer Sehne von 5 m, wechselten zwischen 325 und 2000 m.
Dabei fanden sich, wenn an ein and derselben Stelle die Krümmung das
eine Mal mit einer Sehne von 36 m, das andere Mal mit einer solchen
von 5 m gemessen wurde, weit voneinander abweichende Halbmesser (z. B.
1300 bezw. 2000 m). »)
Herr Dr. Heubach kommt auf das bekannte Einrückungsverfahren von
der verlängerten Sehne aus (vergL beistehende Figur) zurück, ein Ver-
fahren, das in den Kreisen der Bauingenieure vielfach als die Schacht-
meistermethode bezeich- /
net wird. (Vergl. z. B. /
Jordan, Handbuch d. Ver- ./\$*
messungskunde, II. Band, t^,y s
6. Aufl., S. 829.) Die zu-
gehörige einfache Mess- )r
Vorrichtung besteht aus $JSy0'
drei Fluchtstaben, einem J^^%
Bandmasse von 10 m , .^^^Vfi
Länge, dessen eines Ende
mit einem Mikrometer versehen ist, um die Länge von 10 m (bei Ab-
steckung scharfer Bögen) um einige mm verkürzen zu können, sowie aus
einem Ordinatenmassstabe , der sich beim StrafTziehen des Bandes senk-
recht zur Bandrichtung einstellt, indem ein am Massstabe angebrachter,
senkrecht zu diesem stehender Schenkel in der Bandrichtung festgehalten
wird. Bei dieser Einrichtung wird mit konstanter Sehnenlänge, in der
Regel 8 = 10 m, gearbeitet. Die Ordinaten lassen sich mit Hilfe eines
Schiebers auf dem Ordinatenmassstabe, dessen Teilstriche nach den Halb-
messern beziffert sind, sehr genau abstecken, bezw. auf einer Zentimeter-
teilung, die ausserdem angebracht ist, ablesen. Die praktische Verwend-
barkeit des Verfahrens, welches sich bisher bestens bewährt hat, ist ins-
besondere auch darin begründet, dass die auftretenden Ordinaten y2, wie
leicht einzusehen ist, ungefähr achtmal so gross sind, als die Pfeilhöhen
bei derselben Sehnenlänge.
Der Ordinatenmassstab trägt übrigens ausser der Zentimeterteilung
zwei mit Halbmessern bezifferte Teilungen, die eine für die Ordinaten y2,
die andere für die etwa halb so grossen Ordinaten y,.
Bei Entwicklung der Theorie dieses Absteckungs Verfahrens ist Herr
Dr. Heubach von den bekannten beiden Näherungsformeln (Bezeichnungen
siehe Figur) ausgegangen:
3C % ^ ^
* -ft wt)
l) VergL hierzu auch den Aufsatz von Bräuning: Ueber Gleisbogen.
(Zentralblatt der Bauverwaltung, Nr. 12 v. J. 1907.)
') Vergl. auch Hütte, 1906, S. 518 und 519.
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(8)
952 Schreiber. Der Kurrenmesser.
wobei R den Bogenhalbmesser bedeutet, sowie von den Gleichungen
+ - *Ä *«8 + y*s » A
Aus den links übereinanderstehenden Gleichungen ergibt sich durch
Auflösung nach x% und y,
*, = Y2 R(V _ B) (i)
Vi = V«f + - /? (8)
aus den anderen beiden in analoger Weise
„ = y'(. + f _ | . tu
Diese Näherungsformeln sind für praktische Zwecke ungeeignet, und
wie hier nachzuweisen sein wird, für kleinere Halbmesser angenau. K-
dürfte mit Rücksicht auf die an dem Apparate angebrachten Vorrichtungen
zum genauen Einstellen der Abszissen (Mikrometer) und zum Einstellen
der Ordinaten (Schieber) nicht zulässig sein, Formeln zu verwenden, in
denen Betrüge von über 1 mm vernachlässigt sind, zum mindesten, was die
Ordinaten anlangt. Die Notwendigkeit einer einwandfreien Berechnung der
x und y ergibt sich auch daraus, dass das vorliegende Einrückungs-
verfahren an sich hinsichtlich der Fehlerfortpflanzung schon sehr ungünstig
ist, und auch ein konstanter Fehler in den Ordinaten starke Verschwen-
kungen erzeugen muss, wenn es sich um lange Bögen handelt
Die Entwicklung auf Grund der Näherungsformeln (A) ist im vor-
liegenden Falle auch deshalb nicht angebracht, weil sich für yj und
x,2. i/o die strengen Werte in geschlossener Form leicht anschreiben lasseu
Bezeichnet g> den zur Sehne 8 gehörigen Zentriwinkel, so gilt
* = 2 Rain j-
0, = a coa I </, = * **» |
xt = % coa tp y, = « sin <p
und es ergibt sich durch Elimination von qp
*9
(1 •)
(2 a)
a*
Diese Werte lassen sich übrigens auch ohne Beiziehung goniometrischer
Funktionen leicht aus der Figur direkt ableiten.
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vem^unIlw^n Schreiber. Der Kurvenmesser. 953
strengen Formeln sind weit einfacher, als die unter (1)— (4) ent-
haltenen Näherungsformeln, ond es dürfte sich schon ans diesem Grunde
empfehlen, die Näherungsformeln fallen zu lassen.
Die Formeln (1 a) und (4 a) lassen sich aber durch Reihenentwicklung
noch weiter vereinfachen und es wird dann
*, = . - ;l <5)
y* = 7? 8 Ä» ' (8)
Die Reihenentwicklungen sind hierbei soweit fortgesetzt, dass die ver-
nachlässigten Glieder für s = 10 m bei Radien von 100 m und mehr
nicht grösser als 1 mm werden. Für noch kleinere Radien würde es bei
den Formeln (la) bis (4a) zu verbleiben haben, falls man nicht fürs klei-
nere Werte, etwa 8 = 5 m, nimmt.
Um z. B. die Formel (4) des Herrn Dr. Heubach mit Formel (8) zu
vergleichen, kann man die rechte Seite von (4) entwickeln. Man erhält
Ii ä» '
Daher gibt Formel (4) Werte, welche um
7 ««
8 R%
zu klein sind, also für 8 = 10 in und R = 100 m einen Fehler von 9 mm
und für Ii = 200 m immer noch einen Fehler von reichlich 1 mm.
Nun ist zwar, wie aus der dem Apparate beigegebenen Beschreibung
hervorgeht, die Anwendung der Sehne s = 10 m nur für Radien von
200 m und darüber gedacht, während für kleinere Radien die Sehne s =
5 m genommen werden soll. Zu diesem Zwecke sind auf der Rückseite
des Ordinatenmassstabes entsprechende Teilungen angebracht Der Fehler
der Formel (4) beträgt aber z. B. für 8 = 5 m und 22 = 50 m immerhin
reichlich 4 mm.
Es ist daher notwendig, die an dem Massstabe angebrachte Teilung
nach Massgabe der Formel (8) richtig zu stellen.
Bemerkenswert ist ferner die Anwendung des Kurvenmessers für Ab-
steckung von Uebergangs kurven, wie sie Herr Dr. Heubach in Nr. 62 der
Zeitung des V. D. E.-V. vom Jahre 1907 empfiehlt. Zur Absteckung der
Uebergangskurve ist es nur nötig, die Ordinate y.z von Sehne zu Sehne um
einen konstanten Betrag zu vergrössern, bis sie denjenigen Betrag erreicht
hat, der dem Halbmesser R des anschliessenden Kreisbogens entspricht.
Es entsteht durch diese Manipulation eine Kurve, deren Krümmung l:g
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964 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. j^TflffTl,,
INK
von dem Betrage 0 bis zum Betrage 1 : R proportional der Abszisse x
wächst. Die Differentialgleichung der abgesteckten Knnre ist also
(Py x
dm* ~ TR'
wenn l die Länge der Uebergangskurve, d. h. diejenige Abszisse bedeutet,
zu welcher der Krümmungshalbmesser y = R gehört. Diese Differential-
gleichung stellt in der Tat die kubische Parabel dar.
Die von Herrn Dr. Heubach angegebene Vorrichtung setzt also in den
Stand, das Einrückungs verfahren , welches bisher nur fttr untergeordnete
Zwecke angewendet worden ist, auch für solche Absteckungen beizubehalten,
wo es auf grössere Genauigkeit ankommt. Dass bei diesem Verfahren
ganz erheblich an Zeit gespart wird, und dass es, was die Hauptsache ist,
in ganz mechanischer Weise und ohne jede Tabelle ausgeübt werden kann,
dürfte einleuchten.
Der Kurvenmesser wird von der Firma R. Reiss in Lieben werda
angefertigt und vertrieben. (D. R.-P. angem.)
Niedersedlitz, im Oktober 1907.
Die Entstehung und Entwicklung der Bauerngüter
in der Provinz Hannover.
Vortrag, gehalten in der Versammlung des Hannoverschen Landmesservereins
am 7. April 1907, von Stadtlandmesser Jordan, Hannover.
M. H. ! Die jetzige Provinz Hannover, welche erst im Laufe des vorigen
Jahrhunderts aus einer Reihe von früher selbständigen Territorien zu einem
Ganzen vereint wurde, umfasst vornehmlich den ehemaligen Karstaat Han-
nover mit den Fürstentümern Calenberg, Göttingen, Grebenhagen und
Lüneburg, den Grafschaften Hoya, Diepholz und Hohnstein, die Herzog-
tümer Bremen und Verden und das Land Hadeln. Ferner gehören ihr an
die Fürstentümer Osnabrück, Hildesheim und Ostfriesland, die Niedergraf-
schaft Lingen, Kreis Emsbüren, das Eichsfeld, die Standesherrschaften
Arenberg-Meppen und die Grafschaft Bentheim.
Nach den Bernfszählungen von 1882 und 1895 steht die Landwirt-
schaft in der Provinz Hannover mit durchschnittlich etwa 50% der Haupt-
berufstätigen im Vordergrunde, während auf Industrie und Gewerbe etwa
40°/o nnd auf Handel und Verkehr etwa 100/0 fallen. Wenn nun auch
die Ergebnisse der diesjährigen Berufszählung für Industrie und Gewerbe,
sowie für Handel und Verkehr einen höheren Prozentsatz nachweisen
werden, die Landwirtschaft also zurückgegangen sein wird, so ist der
Bauernstand dennoch stark verbreitet, was für den Nationalwohlstand von
gröbster Wichtigkeit ist.
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z*"Mhrirtnir Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. 955
Werden die Wirtschaften eingeteilt in Grossbetriebe, mittlere Betriebe
um! Kleinbetriebe, so nehmen1) die ersteren durchschnittlich 6,46 o/0 der
Gesamtfläche für sich in Ansprach and die letzteren 10,18%. Die mitt-
leren Betriebe, wozu alle diejenigen mit einem Besitz von 5—100 ha ge-
rechnet sind, beherrschen mit 83,36 o/0 den weitaus grössten Teil des
Landes.
Diese Grundeigentumsverteilung verbürgt einen allgemeinen Wohlstand
der hannoverschen Bauern, wie ihn nach den Statistiken der Einkommen-
und Ergänzungssteuer der Osten mit seinen Grossbetrieben nicht aufweist.
Wie nun die Landwirtschaft aus dem frühesten und rohen Zeitalter,
welches dem Ackerbau und den Kräften der Menschen erdrückende Lasten
auferlegte, sich zur Jetztzeit durchgerungen und sich zur heutigen Blüte
emporgeschwungen hat, will ich versuchen kurz zusammenzufassen.
Wie die Forschung lehrt 2), ist die Weser, welche die Provinz Han-
nover von Süd nach Nord durchströmt, von jeher eine alte Völkerscheide
gewesen; denn rechts von der Weser sind ursprünglich die Finnen und
links der Weser die Kelten ansässig gewesen.
Die kulturlosen Finnen8), welche als Nomadenvolk über Russland
in die Norddeutsche Tiefebene eingefallen waren, sind bereits im 4. Jahr-
hundert v. Chr. von germanischen Stämmen, den Sachsen und Friesen,
welche teils ihren Sitz zwischen Saale und Harz hatten und nördlich der
Weser bis an die Nordseeküste vordrangen, teils den Weg aus dem Elbtal
dorthin nahmen, nach Skandinavien verdrängt worden. Die Kelten 4),
welche bereits zu Pytheas1 Zeit, 300 v. Chr., ansässig geworden waren,
standen schon als Hirtenvolk unter patriarchalischer Leitung. Sie lebten
in grossen Familien, die mit Weib und Kind unter einem Dache wohnten.
Als Grundlage ihrer Kultur ist die Clanverfassung zu erkennen. Den ein-
zelnen Clanhäuptlingen, an deren Spitze der König stand, wurden je nach
Beschaffenheit des Bodens bestimmte Weideflächen zugewiesen. Gleich
grosse Weidereviere und Herden bedingten für die Wirtschaft eine un-
gefähr gleich grosse Anzahl von Hausgenossen, über die der Familien-
vorstand väterliche Gewalt ausübte. Als später, bei zunehmender Bevöl-
kerung, diese grossen Familien nur noch schwer ihren Lebensunterhalt
schaffen konnten und Mangel an Weideplätzen eintrat, raussten sie nach
und nach zum Ackerbau übergehen. Zu diesem Zweck wurde an eine
Teilung des Landes herangegangen. Den einzelnen Clanmitgliedern wurden
gleich grosse Kämpe — je nach Bodenbeschaffenheit ca. 15 bezw. 30 ha
— zugeteilt, auf denen sie zum eigenen Unterhalt selbständige Wirt-
■
") Sering, Die Vererbung des landlichen Grundbesitzes im Königreich
Preussen. VI. Provinz Hannover. Seite 7 ff.
•) Meitzen I, 34, 50.
») Meitzen II, 16 und 666. - *) Meitzen I, 174, 224; II, 90, «49.
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956 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. Tl*ffffiflj,^;„,
19OT.
-chatten einrichteten. Hierdurch sind die Einzelhofe entstanden, die sich
links der Weser überall vorfinden. Dass diese Höfe keltischen Ursprungs
sind, lässt sich mit einiger Sicherheit aas den Sporen der ursprünglichen
Form der keltischen Siedelung in Irland nachweisen, wohin die Kelten
durch das Vordringen der germanischen Stämme verschlagen warden und
wo sie sich dauernd festsetzten.
Wie alle Nomadenvölker , welche den Drang zum Wandern nnd Er-
obern in sich fühlen, lebten auch die Germanen i) als Hirtenvolk mit
sporadischem Ackerbau. Aach sie massten, als bei zunehmender Bevöl-
kerung der Lebensunterhalt nicht mehr in der Hauptsache durch die
Herden gedeckt werden konnte, dem Drucke der Verhältnisse folgen nnd
grössere Flächen lindes dem Ackerbau nutzbar machen. Die Berichte
Caesars beweisen, dass sie bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. wenn auch
noch nicht zur festen Siedelung, so doch zur Sesshaftigkeit gelangt waren.
Nach den ältesten Ueberliefernngen *) , den Gerichts- und Heeres-
verfassungen, lebten die Germanen in Lagergenossenschaften von 120 Fa-
milien, die je 120 Waffenfähige stellen mussten. Die Beschaffung der zur
Ernährung dieser Stammesgenossen erforderlichen Lebensmittel, wie Ge-
treide, Fleisch und Milch, bedingte die Bewirtschaftung einer bestimmten
Fläche Ackerlandes und die Haltung ziemlich gleich grosser Herden.
Durch letztere ward, unter Berücksichtigung der Güte des Bodens nnd dem
hiervon abhängigen Graswuchse und Waldbestande, die Grösse der Gaue
dieser Hundertschaften gegeben.
In diesen Revieren vermochten die Stämme zunächst noch der alt-
gewohnten Herdenwirtschaft nachgehen, aber auf die Dauer der Zeit war
dieses durch den Zuwachs der Bevölkerung ausgeschlossen; sie mussten
zum Ackerbau übergehen.
Wir kommen nun zur alten Hufenverfassung, wie wir sie überall im
rein deutschen Volksgebiet vorfinden, s)
Denjenigen Familienvätern, die sich dazu verstanden, die Herdenwirt-
schaft aufzugeben, wurden in Sippen von 10—30 Familien im Verhältnis
ungefähr gleich grosse Komplexe Landes zugewiesen, welche scharf begrenzt
wurden. Von der Benutzung dieser den Ansiedlern zugewiesenen Gemar-
kungen waren alle anderen Volksgenossen, die sich nicht ansiedelten, aus-
geschlossen. Für sie verblieb allein die um die einzelnen Gemarkungen
Hegende gemeine Mark, während für die Ansiedler die wirtschaftliche
Nutzung an letzterer nicht ausgeschlossen war; ihnen stand das Echtwort
an der Mark zu.
Die Siedler selbst teilten die Dorfmark unter sich nach Hufe und
Gewanne. Die Hufe galt als ein ideelles Teilstück der Gemarkung; die
») Meitzen I, 136. — ») Meitzen I, 140.
») Meitzen I, 73. 76, 155, 160; II, 684.
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?«raMM^ptwMM Jordan' Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. 957
Hufe ward daher wohl innerhalb einer Gemarkung gleich gross , aber in
verschiedenen Gauen verschieden. Da alle gleichberechtigt waren, wurde
der Grund und Boden in Gewanne geteilt, wodurch die zu einer Hufe
gehörigen Besitzstücke über die ganze Flur zerstreut zu liegen kamen.
Ebenso sind die Gehöfte und Hofstellen von gleichen Grössen angelegt
worden.
Ausgeschlossen ist es allerdings nicht, dass Vornehmen mit einer An-
zahl Hintersassen und Reichen, die in der Lage waren, andere mit Gerät
and Vieh auszustatten, bezw. Freie und Knechte zur Arbeit stellen konnten,
mehrere Anteile zugewiesen wurden, wofür sie dann aber auch nach An-
zahl der Hufen den allgemeinen Pflichten nachkommen mussten.
Die Bewirtschaftung, für welche der Teilung gemäss der Flurzwang
galt, wird sich erst langsam entwickelt haben. Es werden zuerst die be-
reits vorhandenen Ackerstücke geteilt worden Bein, denen dann die all-
mähliche Aufteilung von anderen Gewannen folgte. Nachdem nach gewisser
Zeit den Wirten soviel zugeteilt war, dass sie den Anforderungen des
Unterhaltes der ihrigen gerecht werden konnten, Hessen sie die noch vor-
handenen Landflächen als Gemeingut oder Almende zur gemeinschaftlichen
Weide- bezw. Holznutzung liegen.
Solche Wirtschaftsführung der Hüfner i) konnte aber auch nur wieder
eine geraume Zeit hindurch ausreichen; für eine Ernährung des Nach-
wuchses der Bevölkerung waren die Stellen zu klein. Die Nachkommen
mussten entweder in der Mark roden oder, was anfänglich bequemer und
näher lag, sie wurden durch Erbteilung auf Hufenanteilen der Väter an-
sässig. Die Folge davon war, dass die Almenden weiter aufgeteilt und
den Hüfnern wie den Neubauern, letzteren natürlich im Verhältnis zum
Stammhofe, weitere Hufenanteile zugewiesen wurden.
Auf diese Weise bildete sich ausser der Dorfgenossenschaft der
alten Hüfner die Gemeinde der ansässigen Wirte.
Durch zu leistende Entschädigungen, wie Hutungsgelder und sonstigen
Zins, erreichten die Neubauern die Mitbenutzung der noch freien Almenden,
wodurch den Hüfnern die ausschliesslich alleinige Benutzung der Almenden
immer mehr und mehr entzogen wurde. Jedoch sind trotz all dieser Ein-
flüsse noch in jeder Dorfgemeinde Reste der Almenden des alten Volks-
randes, wenn auch nur in kleinen Teilen, wie in kleinen Waldbeständen
und Wiesen, Angern, Plätzen, Wegen, Gräben, Sandgruben etc., bis auf
die Jetztzeit erhalten geblieben, welche noch heute im ausschliesslichen
Eigentum der Hofgenossenschaften, der alten Hüfner, stehen.
Im Laufe der Zeit mussten aber auch all die andern Stammesgenossen
der einzelnen Gaue vom Hirtenleben zur Siedelung schreiten; auch sie
teilten die ihnen gruppenweise zugewiesenen Dorfgemarkungen nach Hufe
») Meitzen I, 162.
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958 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Pror. Hannover. ?£J££KSJ£«
und Gewann. Gleich den alten Hafnern stand auch ihnen ausserdem die
Nutzung an der gemeinen Mark zu, womit die Verbände der Mark-
genossenschaften zu begründen sind.
Obgleich die Friesen, welche, wie eingangs gesagt, bereits etwa 40u
v. Chr. an der Meeresküste seashaft geworden sein sollen, auch wie die
übrigen germanischen Stämme zu Hundertschaften in Gauen lebten, tragt
ihre Siedelungsweise im Gegensatz zu der oben beschriebenen einen voll-
standig fremdartigen Charakter.
Da ihnen nur magere Landstreifen zwischen Meer und Heide aut
Marsch und Moor zur Verfügung standen, reichte den Volksgenossen bei
zunehmender Bevölkerung zur sicheren Existenz der Landbau allein nicht
aus, sondern sie mussten auch die Herrschaft über das Wasser zu ge-
winnen suchen.
Die ursprüngliche Siedelung konnte nur auf der Geest zwischen Marsch
und Moor vor sich gehen, und um sich vor der Flut zu schützen, waren
sie genötigt, höhere Lagen aufzusuchen, oder sie mussten den Aufbau von
Dämmen vornehmen, auf denen sie dann später ihre Höfe errichteten.
Auf diese Weise finden wir in Friesland Dorfanlagen und Einzelhöfe,
beide mit blockförmig gestalteter Einteilung des Landes. Eine Hufen
Verfassung bestand niemals, Abgaben und Heerbannsordnung richteten sieb
von jeher nach dem Werte des Besitzes.
Die streifenförmig angelegten Kolonien und die gewannmässigen Esch«
gehören nicht der ältesten Siedelung Frieslands an, sondern sind erst im
10. und 11. Jahrhundert entstanden.
Die Siedelungen links der Weser i) haben sich jedoch nicht ans des
Gauen heraus entwickelt Die germanischen Stämme, welche zur Zeit des
Eindringens in das Keltenland noch nicht zur Siedelung geschritten waren,
sondern noch als Hirtenvolk lebten, machten sich die im unterworfenen
Keltengabiet bereits eingerichteten Höfe zunutze und betrieben die Wirt-
schaften familienweise mit Hilfe der zurückgebliebenen Unterworfenen
weiter. Da die Familien die Wirtschaften in genügender Grösse vorfanden
war eine weitere Reservierung von Landflächen zur noch weiteren Aus-
dehnung derselben nicht erforderlich.
Die AI men den des alten Volkslandes mit all ihren Eigentümlichkeiter
kommen daher in Wegfall, und wir finden hier nur die gemeine Mark
vor; den zu einzelnen Bauernschaften vereinigten Einzelhöfen stand nar
das Echtwort an der Mark zu.
Neben diesen volkstümlichen Dorfgrttndungen , welche sich nur durch
friedliches Auseinandersetzen der einzelnen Ansiedlergruppen und in Frie-
denszeiten entwickelt haben können, entstanden zur Karolingerzeit weitere
Anlagen, die aus Anordnungen von Grundherren hervorgingen. Der Ur-
») Meitzen II, 69, 96.
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MtMhrin cur Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. 959
VaraeMungiwenen
sprang hierzu liegt in der erstarkenden Königsgewalt, mit der sich gleich-
zeitig eine Aristokratie entfaltete, welche durch die bevorzugte Stellung
zum Könige auch unter den Volksgenossen bedeutendes Ansehen erreichte.
Die Könige nahmen das noch freie Volksland zunächst als Eigentum
für sich in Anspruch. Wenn auch den Ansiedlern die Nutzungsrechte
hieran zustanden, so war dieses doch nur von geringem Einfluss. Vor
allem waren sie aber durch die Inbesitznahme in den Stand gesetzt, den
Aufwand des Hofes, die Belohnungen der Heerführer und sonstigen Ge-
treuen daraus zu bestreiten. Sie konnten das Land an Bauern zur Bewirt-
schaftung zinspflichtig austun, um es ertragsfähig zu machen, oder sie
konnten es als Entschädigungen verleihen, was im Laufe der Zeit die Macht-
entfaltung der Herzöge, Grafen, Beamten und der Kirche zur Folge hatte.
Ganz gleich, ob jenen Grossen solche Verleihungen zu Sondereigen
oder als Lehen zugebilligt wurden, um den Grund und Boden möglichst
schnell für sich nutzbar zu machen, taten auch sie denselben wieder zins-
i »tüchtig an Bauern aus. Entweder teilten sie, altem Herkommen gemäss
und um alle gleicbmässig zu bedenken, das Land nach Hufe und Gewann:
oder sie überliessen es den in der Nähe Ansässigen in zusammenhängen-
den Komplexen in Hufengrösse, quadratischer oder unregelmässiger Form.
Auf diese Weise entstanden einesteils Dörfer, die der ursprunglichen Sie-
delung vollständig gleichkamen, deren Hufner jedoch in Hörigkeit standen,
und anderenteils Besitzungen mit bisher fremdartigem Charakter.
Die Kirche, welche anfänglich ihre Besitzungen selbst bewirtschaftete,
folgte nicht nur bald den gegebenen Beispielen, sondern machte die alt-
ansässigen Hüfner der Nachbarsiedelungen zum Teil frohndienstpflichtig.
Ala dann zur Zeit der Christianisierung ihre Macht immer mehr heran-
wuchs, scheute sie sich nicht, auf die um ihr Seelenheil geängstigten
Bauern derartig einzuwirken, dass diese sich samt ihren alten angesessenen
Höfen ihr zu eigen gaben. Die Könige, welche durch das Wirken der
Kirche den gewünschten, immer engeren Zusammenschluss des Volkes ent-
stehen sahen, verliehen, um sich das Ansehen im Volke zu erhalten, Stif-
tung auf Stiftung, bis sie zu der Einsicht kamen, dass die kirchliche Macht
überhandnahm, und sie schliesslich Anordnungen trafen, um solchem wei-
teren Vorgehen zu steuern.
Allmählich übte auch die Königsgewalt ihren Einfluss aus auf das
rein deutsche Grundeigentum, welches als freies Eigentum der alten Siedler
ganz und geteilt vererblich war, und im Falle des Aussterbens oder völliger
Verschuldung ihr Eigentum wurde. Erbenlose oder verschuldete Höfe und
solche, deren Besitzer in Strafen verfielen, gingen an den König über, der
sie wieder an Grafen oder Bevorzugte verlieh. Verstand es dann ein solch
neuer Besitzer auf die übrigen Hüfner seinen Einfluss und seine Macht
geltend zu machen, so kam es wohl vor, dass alle Hüfner zur Hörigkeit
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960 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover, ^tjajft nir^
1907. D
herabgedrückt wurden, gaben doch schon viele, um sich der Heerbannslast
zu entzieheilt ihre Eigenhörigkeit preis.
So wurde das Land schon früh mit einer bedeutenden Zahl Gross-
er und be sitz er durchsetzt, die nicht nur auf die Volksgenossen einen mehr
oder weniger grossen Zwang auszuüben imstande waren, sondern auch das
althergebrachte Erbrecht, wonach die Sohne bezw. Töchter das Anrecht
am Grundeigentum hatten, das eventuell in der Familie teilbar war, be-
deutenden Abänderungen unterworfen.
Gleicnmässig durchgeführt wurden die allmählich entstandenen Rechte
der Grossgrundbesitzer durch die Verfassung der Villikation im 11. und
12. Jahrhundert.
Diese Verfassung 1 ) bestimmte die Herrschaft über Menschen und
Land, welche von einem Herrenhof, der entweder Besitz des Königs, des
Adels oder der Geistlichkeit war, über einen Komplex von Bauernhöfen
und deren Besitzer und Knechte ausgeübt wurde. Ausser wenigen Hof-
besitzern, denen der Besitz seitens des Königs für geleistete Dienste zum
ausschliesslichen Eigentum verliehen, verfielen alle Bauern, ob hörig oder
nicht, ob frei oder unfrei, in Villikationshörigkeit.
Man Unterschieds) angesessene und ungesessene Laten; jeder Late
hatte einen Kopfzins zu zahlen. Das kleinbauerliche Gut, welches als
Latenhufe galt und von einem angesessenen Laten, bezw. einer Latenfamüie
bewirtschaftet wurde, war zu festgesetzten Natural- und Geldabgaben und
Dienstpflichten am Frohnhofe verpflichtet. Der ungesessene Late war dem
Herrn für gewisse Zeit dienstpflichtig, im übrigen aber freizügig.
Sofern der Herrenhof nicht vom Herrn selbst bewirtschaftet wurde,
wurde die Verwaltung einem Laten oder Bevorzugten übertragen, der dann
als Meier oder Villikus fungierte. Dieser hatte dafür zu sorgen, dass die
Landwirtschaft richtig betrieben wurde, und die Abgaben einzutreiben.
Auf das Familienleben griff die Villikation derart ein, dass die Ein-
gehung einer Ehe der Genehmigung des Herrn bedurfte. Heiraten der Hörigen
mit Freien waren anfänglich verboten. Vom Willen des Herrn hing es ab.
Heiraten zwischen Hörigen verschiedener Herren durchzuführen. Mann
oder Frau mussten sich, wenn sie in einen fremden Hof einheiraten wollten,
zuvor von ihrem bisherigen Herrn freikaufen und ausserdem demjenigen,
welchem sie hörig wurden, zur Erlangung der Einwilligung eine bestimmte
Abgabe leisten.
Folgen solcher Ungenossenehen zeigten sich im Erbgange. Während
die Latennachkommen an der Lathufe und später auch am beweglichen
Nachlass das Erbrecht hatten, hing es bei den Ungenossenehen von der
J) Wittich, Die Grandherrschaft in Nordwestdeutschland. 1896. S. 274 ff.
») Witticb, S. 288 ff.
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vera£«un?«w£«i Jordan* Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. 961
1907.
Willkür des Herrn ab, nach Ableben des Laten das ganze Latgut ein-
zuziehen, oder es den Nachkommen zu belassen.
Die kraft Willens des Herrn festgesetzten Pflichten und Rechte i)
bildeten das jeweilige Hofrecht, wodurch jedem Laten die wirtschaftliche
Grundlage seiner Existenz gesichert wurde.
Der Meier war befugt 2) alle Rechte des Herrn wahrzunehmen, aber
ein eigenes Recht auf die Verwaltung der Villikation hatte er nicht. Für
seine Amtswaltung wurde er entweder entschädigt durch einen bestimmten
Anteil des Betrages der Villikation, oder es wurde ihm ein Hufengut zur
eigenen Wirtschaftsführung überwiesen. Der Ertrag des Herrenhofes
musste dem Herrn zu seinem Bedarf voll abgeliefert werden.
Durch die bevorzugte Stellung3) gegenüber den Lathüfnem, Freien
und Unfreien schlössen sich die Meier bald zu einem besonderen Stande
ab; sie wurden Ministeriale der Herren, und da sie als solche auch Kriegs-
dienst leisten mussten, standen sie, wenn auch selbst hörig, in jeder Be-
ziehung über allen übrigen Hörigen.
Als nach einiger Zeit die wachsenden Bedürfnisse der Herren nicht
mehr aus den Herrenhöfen allein gedeckt werden konnten*), wurden dem
Villikus die Abgaben der Laten gegen feste Natural- und Geldleistungen
zugebilligt. Der Meier hatte nun nicht mehr wie anfanglich die Verwaltung
der Villikation, sondern er war somit für eine bestimmte Leistung per-
sönlich haftbar.
Durch das Bestreben der Meier, das ihnen so übertragene Amt für
sich erblich zu gestalten, wurden die Villikationsherren um ihr Eigentum
besorgt und schlössen mit den Meiern Vertrage auf bestimmte Zeit ab,
wonach dieselben gegen Leistung lediglich festgesetzter Abgaben ein be-
grenztes Recht auf die Villikation erhielten ; sie wurden zu Zeitpächtern. s)
Nach diesen Verträgen wurde der Meier aber nicht nur Landpächter,
sondern er erwarb auch für die Zeit seiner Pacht die Herrschaftsrechte
Uber die Laten.
Die Laten beschwerten sich bald über die Härten, die der Villikus
ihnen auferlegte. Um ihnen zu helfen und gleichsam die Rechtsanraassungen
der Meier zu beseitigen, trennten die Grundherren fast überall den Herren-
hof von den Lathufen und verpachteten den ersteren dem früheren Villikus
zu Meierrecht und nahmen die Lathufen wieder in eigene Verwaltung, e)
So vorteilhaft das Meierverhältnis, so nachteilig die Verwaltung der
lathufen. — Die Vögte, welche in den Villikationen das Polizei- und
Grrichtswesen ausübten , behaupteten ihre hergebrachten Rechte und
drückten so die Laten mit den Vogteilasten.
Der Ertrag der Villikation wurde so immer geringer, zumal der durch
l) Wittich, S. 294. - *) Witticb, S. 304. - 3) Witticb, S. 307.
*) Wittich, S. 312. - 5) Wittich, S. 316 tT. - •) Wittich, S. 317 ff.
Zeitschrift for Vennessangswewn 1907. Heft 36. 67
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962 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. ^JJJJ^gyjr^
das Hofrecht festgesetzte Zins für die Bauerngüter zu den gestiegenen
Werten der Bodenprodukte in keinem Verhaltnisse mehr stand.
Zur Beseitigung all dieser Missstande wurden zunächst die Vögte von
den Grundherren durch einmalige Entschädigungen abgefunden und im
Anschluss hieran knüpfte sich die Aufhebung der Villikationsverfassnng. i)
Die Grundherren gaben ihre Herrschaft über die Menschen preis, der
Late wurde wieder frei, büsste aber sein erbliches Recht an der Lathafe
ein, denn ein solches hatte er nur als Höriger kraft des Hofrechtes.
Diese Umwälzungen durchzuführen kosteten den Vülikationsherren
manche Summe Geldes, denn die Lathtifner pochten auf das mit der Zeit
entstandene Hörigkeitarecht, sie erreichten aber ihren Zweck : sie bekamen
die volle Verfügungsgewalt über das Grundeigentum in ihre Hände.
Um nun einen grossen Verwaltungsapparat zu vermeiden, vereinigten
die Grundherren mehrere Lathufen zu je einem Bauerngut und verpachteten
diese, wie die Herrenhöfe, an als Wirte gut befundene Laten zu Meierrecht
Obgleich es den Herren nunmehr zustand, die Meier nach Gelegenheit
zu setzen und zu entsetzen, erwarb dennoch jeder Meier allmählich einen
Rechtstitel an einem Teile der Nutzung des Gutes1): ihm gehörig wurden
die von ihm während der Pachtzeit erbauten Gebäude auf dem Hofe, die
Ernte der von ihm in das Feld gebrachten Saat und der Mist auf dem
Hofe und im Felde. Bei einem eventuellen Abziehen des Meiers musste
ihm solches Eigentum entschädigt werden. Eine Folge hiervon war, erstens,
dass die Herren die Meier nur wegen rückständigem Zins oder sonstiger
Verschulden absetzten und zweitens, dass der Meier meistens zeitleben.*
das Gut bewirtschaftete und nach seinem Tode es einer seiner Söhne
übernahm.
Nunmehr8) wurden von den Grundherren die einzelnen Grenzen der
Dorfgemarkungen festgesetzt und zur Aufrechterhaltung der Ordnung and
Eintreibung der öffentlichen Abgaben des Gerichts- und Kriegswesens
mus8ten sich die angesessenen Meier zu Gemeinden zusammenschliessen,
an deren Spitzen die Gemeindevorsteher standen.
In den althannoverschen Provinzen, einschliesslich des Fürstentums
Hildesheim, aber mit Ausschluss der Fürstentümer Göttingen und Gruben-
hagen, vollzogen sich diese Umwälzungen im 13. und 14. Jahrhundert fast
Uberall. 4) Dass die Auflösung der Villikationsverfassung hier nicht überal.
durchgeführt wurde, ist damit zu begründen, dass entweder die Meier ein
dauerndes Recht an den Villikationen für sich in Anspruch nahmen und
infolgedessen die Freigabe der Lathüfner nicht möglich war, oder dass die
Grundherren die Herrschaft über die Menschen überhaupt nicht preisgeben
wollten.
») Wittich, S. 323 ff.
■) Wittich, S. 340. - ») Wittich, S. 851 ff. - «) Wittich, S. 360 ff
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rimffffiffiin Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. 963
I9C7.
Bis zu Ende des 15. Jahrhunderts sind hier jedoch, ausschliesslich
der Gebiete von Hoya-Diepholz, wohl alle noch bestehenden Villikations-
verbände aufgehoben worden, wenigstens sind von dieser Zeit ab die Unter-
schiede zwischen den Laten- und Meiergütern verschwunden. In Hoya-
Diepholz gab es neben den Meiergütern noch eine Reihe Latgüter, die
meistens eigenbehörig geblieben waren, deren Besitzrecht aber doch stark
vom Meierrecht beeinflusst wurde.
Ganz abweichend hiervon gestalteten sich die Verhaltnisse im Fürsten-
tum Osnabrück, wo die Umgestaltung ausschliesslich erst Ende des 15.
Jahrhunderts vor sich ging. Hier wurden die Laten nicht freie Meier,
sondern sie behielten als Eigenbehörige die alte Hörigkeit und das alte
Besitzrecht.
Den nachhaltigsten Einfluss auf die weitere Fortführung der Meier-
güter übte die Anfang des 16. Jahrhunderts entstehende Staatsgewalt aus.
Die Landesherren brauchten zur Deckung der Kosten für die inzwischen
gebildeten Söldnerheere und des immer grösser werdenden Aufwandes des
Hofstaates grösserer Geldmittel und waren so gezwungen, die Bauern-
güter steuerpflichtig und zur Bewirtschaftung der Staatsgüter dienstpflichtig
zu machen, i)
Mit der eben erwähnten Aenderung des Kriegswesens hörte auch für
die Grundherren, sofern sie dem Adel angehörten, die bisherige Berufs-
tätigkeit, den Rossdienst zu leisten, auf. Fürsten wie Adelige richteten
daher für sich durch Einziehung von Meierhöfen eigene Landwirtschaften
ein, zu deren Bewirtschaftung sie die gesessenen Meier ihrer Bezirke zum
Frohndienst heranzogen. Diese so zu Herrensitzen umgestalteten Meier-
güter waren als Rittergüter dienst- und steuerfrei. Die Ritter lebten
nun vom Ertrage ihrer Güter und von den Zins- und Naturalabgaben ihrer
gesessenen Meier. Die Versuche der Ritter, mehrere Meiergüter ihren
Rittergütern zuzulegen, sowie die Abgaben ihrer Meier zu steigern, wurden
vom Landesherrn vereitelt, denn er hatte zur Erhaltung der Steuern an
dem Fortbestehen der Meiergüter in ihrer jetzigen Gestalt und Zahl das
grösste Interesse.
Da es den Grundherren somit unmöglich war, ihre Einnahmen aus
den Meiergütern zu steigern, verloren sie das Interesse, die Meiergüter
nach abgelaufener Pachtzeit wieder zu verpachten und überliessen die Güter
dauernd den Meiern bezw. deren Nachkommen. So wurde durch die Ein-
wirkung des Staates das unerbliche Besitzrecht allmählich zu einem erb-
lichen umgestaltet. Dass die Meiergüter tatsächlich schon zu Ende des
16. Jahrhunderts und zu Beginn des 17. Jahrhunderts als erblich und
sogar als unter den Nachkommen teilbar angesehen sind, geht aus den
Verfügungen des Herzogs Heinrich Julius vom 3. April 1593, 2. April 1601
i) Witticb, S. 37« ff.
Di
904 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. UttMkrm rar
und 29. Mai 1612 l) für die Obergrafschaft Hoya, aus der Polizeiverord-
nung des Herzogs Christian vom 6. Oktober 1618*) für das Fürstentum
Lüneburg, für die Niedergrafschaft Hoya und für die Grafschaft Diepholz,
sowie aus der Lüneburgischen Kirchenordnung vom 16. Augost 1643 8)
deutlich hervor.
Während die ersteren jede eigenmächtige Verfügung der Hauern hinter
den Grundherren her verbieten, setzen die letzteren die Geschlossenheit
sämtlicher Güter fest.
Kaum war in allen Territorien das gleichmässige, erbliche Besitzrecht
für die Meier endgültig zum Durchbruch gekommen *), und der 30-jährige
Krieg mit seinen fortwährenden Kontributionen und schrecklichen Ver-
wüstungen setzte ein. Die Bauerngüter wurden immer höheren Steuern
und drückenderen Lasten unterworfen, die sie auf die Dauer nicht im-
stande waren aufzubringen. Die Meier sahen sich zur Aufbringung der
Abgaben gezwungen, trotz Verbotes, Teile ihres Besitzes an Kötter oder
Anbauern zu veräussern oder zu verpfänden; viele gerieten in Konkurs
und wurden wegen rückständigem Zins abgemeiert. Andere wieder gaben
ihre Höfe freiwillig auf, oder fielen samt ihren Familien kriegerischen Er-
eignissen zum Opfer.
Die wüst gewordenen Höfe blieben brach liegen, oder sie wurden von
den Grundherren stückweise an Bauern, Anbauern oder Häuslingen ver-
pachtet; seltener zogen sie die Höfe ganz ein, um sie mit den Rittergütern
zu vereinigen. Da die Rittergüter und die Güter der geistlichen Würden-
träger, sowie die unmittelbar von diesen genutzten Ländereien steuerfrei
waren, und die Kötter, Anbauern und Häuslinge, als Nichtgemeindemitglieder
gesetzlich nicht in der Weise zu den Steuern herangezogen werden konnten
wie die Meier, begannen die Steuerquellen zu versiegen.
Der Staat sah sich daher genötigt, schon während des Krieges auf
die Wiederbesetzungen der wüst gewordenen und eingezogenen Höfe zu
drängen; aber trotz Drohungen, teilweisem Erlass der Steuern und des
rückständigen Zinses Hessen sich die Bauern anfangs nicht bewegen, die
Höfe wieder anzunehmen, zumal dieselben durch teilweise Veräusserungen
nicht fähig waren, die auf ihnen ruhenden Lasten zu tragen.
Um die Höfe wieder steuerkräftig zu machen, mussten sie zunächst
wieder auf ihre frühere Grösse gebracht werden. Zur Erreichung dieses
Zieles erfolgte nach Friedensschluss Ende des 17. Jahrhunderts die Re-
dintegrierungsgesetzgebung und zwar durch die Verordnungen vom 8. Juni
1691 und 1. Juli 1699.5) Teils wurden die von den einzelnen Höfen ver-
') Oppermann. Sammlung der auf das Meierrecht bezüglichen Verordnungen.
1854. S. 1, 3 und 6.
*) Oppermann, S. 11 ff. — ») Oppermann, S. 123.
*) Wittich, S. 395 ff. — ») Oppermann, S. 78 und 57.
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zeiucbrift rar Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. 965
verm wrongs w6»en
pfändeten oder veräusserten Landkomplexe durch Eingreifen der Staats-
gewalt denselben wieder zugelegt, teils wurden die Redintegrierungen von
den Grundherren selbst mit Gewalt durchgeführt.
Jahrzehnte dauerte es, bis die Redintegrierung allerorts zur Durch-
führung kam, erst mit Beginn des 18. Jahrhunderts galt sie als vollendet.
Ueberall war das alte Meierrecht wieder neu entstanden und auch das
Besitzrecht an den eigen l < hörigen Gütern in Hoya-Diepholz war völlig zu
Meierrecht umgewandelt worden. Während aber vor 100 Jahren die
Grundherren das volle Eigentumsrecht am Grund und Boden hatten, stand
ihnen nunmehr solches nur noch dem Namen nach zu: tatsächlich waren
sie nur Abgabenberechtigte, und der Staat hatte das Verfügungsrecht für
sich in Anspruch genommen. Die Meier hingegen erreichten durch die
Hilfe des Staates das erbliche Nutzungsrecht an ihren Gütern, welches
ihnen nur noch bei schlechter Wirtschaftsführung genommen werden konnte.
Die grundherrliche Verfassung als solche wurde auch im 18. Jahr-
hundert beibehalten, aber der Staat machte sie immer mehr seinen Zwecken
dienstbar, i)
Infolge der noch anhaltenden Kontributionen versuchten die Grund-
herren abermals Zins und Dienst der Bauern zu erhöhen. Der Bauer ver-
mochte aber bei den erhöhten Abgaben den Haushalt und Ackerbau nicht
in geordneten Verhältnissen zu erhalten und die Steuern zu tragen. Der
Staat erliess von neuem ein Verbot der Zinssteigerung und befahl dort,
wo es den Grundherren gelungen war, die Erhöhungen einzuführen, alle
Meierzinsen wieder auf die althergebrachte Höhe zu ermässigen. Die
Recht« der Grundherren wurden allmählich derart beschränkt, dass sie
nicht mehr in der Lage waren, von den Nachkommen der Meier den Guts-
nachfolger zu wählen. — Das Erbrecht wurde zunächst durch das so-
genannte Successionsedikt vom 19. Mai 1702 und 20. Januar 1720 2) für
Lüneburg und die Grafschaft Hoya kodifiziert. In den Grafschaften Hoya-
Diepholz und im Herzogtum Bremen- Verden gelang es sogar den meisten
Meiern, Zinsen und Dienste zu Geld zu setzen und freie Eigentümer zu
werden.
Aber selbst auf dieses freie Eigentum richtete der Staat sein Augen-
merk, indem er die willkürliche Zerstückelung dieser Höfe verbot und die
Erbfolge in diesen durch Verordnung vom 8. April 1766 3) bestimmte.
Gestattet wurde jedoch, mit Genehmigung der Regierung Vollhöfe in Halbe-,
Drittel- oder Viertelhöfe zu teilen, wenn sich die Anerben verpflichteten,
selbständige Wirtschaften einzurichten, und die neuen Höfe fähig waren,
die auf sie im Verhältnis fallenden öffentlichen Abgaben zu tragen.
Das auf die bäuerlichen Verhältnisse am stärksten eingreifende Unter-
») Witüch, S. 409. — ») Oppennann, S. 84 ff.
») Oppennann, S. 98 ff.
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966 Jordan. Entwicklung d. Bauerngutes i. d. Prov. Hannover. v^J^JJ5w!S«i
nehmen des Staates im 18. Jahrhundert war die Abstellung der Dienste
an den Domänen des Kurstaates, i)
Die Anregung hierzu gaben die Verwüstungen des siebenjährigen
Krieges, wodurch die Bauern wieder mit Lasten überbürdet wurden. Jahre-
lang zogen sich jedoch die Verhandlungen bezüglich der Abstellung der
Frohndienste hin, bis es im Jahre 1775 gelaug, eine Norm hierfür zu linden.
Die Spann- und Handdienste, sowie die Naturaldienste wurden bis auf
geringe Diensttage zunächst für 30 Jahre zu Geld festgesetzt. Zur künf-
tigen Bewirtschaftung der Amtsgüter hätte es eines umfangreichen Gesindes,
einer bedeutend grösseren Anzahl Pferde und eines grossen Inventars be-
durft, und da hierdurch eine rationelle Wirtschaft schlecht durchführbar
war, mussten diese Wirtschaften durch Verpachtungen entlegener Grund-
stücke oder durch Ablösungen von Vorwerken, die an Meier verpachtet
wurden, auf ein gewisses Mass verkleinert werden, oder sie verschwanden ganz.
Die Ablösung der Dienste war erreicht und gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts fast ausschliesslich durchgeführt. Die Grundherren wurden ledig-
lich Rentenempfänger, alle übrigen Rechte hatten sie an den Staat ab-
getreten; die Meier dagegen waren nunmehr der Grundherrschaft des
Staates unterworfen.
Durch die englisch- französischen Kriegswirren kam dann 1807 der
Kurstaat in französischen Besitz und alle persönlichen Verpflichtungen der
Bauern, wie Halseigenschaft, Eigenbehörigkeit, Bedemund etc. wurden ohne
Entschädigungen der Berechtigten abgelöst. Die Meiergüter wurden für
zinspüichtiges Eigentum der Meier erklärt und ausserdem wurde diesen
die Berechtigung erteilt, alle noch bestehenden Dienste, Naturalzinsen und
Zehnten durch Kapital abzulösen.
Geldzinsen waren mit dem 20-fachen Betrag und die Naturalzinsen
und Zehnten mit dem 25-fachen Betrag des Durchschnittswertes der letzten
30 Jahre ablösbar. So günstig solche Gesetze für die Bauern waren, so
ungünstig wirkten sie auf die Grundherren ; büssten sie doch so alle Rechte
an den Meiergütern allmählich ein.
Als aber 1813 Napoleons Kraft gebrochen und 1814 der Kurstaat zum
Königreich erhoben war, stellte die hannoversche Regierung den alten
Zustand, die ländliche Verfassung des 18. Jahrhunderts wieder her. Die
Ablösung aller grundherrlichen Lasten wurde wieder verboten und in vielen
Fällen wurden die alten Ablösungsverträge gegen Rückzahlung des Löse-
geldes für ungültig erklärt.
Zur Deckung der bedeutenden Kriegskosten wurde im Anschluss hieran
eine hohe Grundsteuer eingeführt, die nach dem Reinertrage des Grund
und Bodens bestimmt wurde. Die überall gleichmässige DurchfOhrun?
dieser Steuer, ohne Rücksicht auf die bestehenden, schon immerhin un-
') Wittich, S. 413 ff.
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zeiuciirirt rar Hochschnlnachrichten. 967
gleich massigen grundherrlichen Abgaben, gebar die grössten Ungerechtig-
keiten, welche die Notwendigkeit der Befreiung des Grundeigentums ent-
stehen liessen. Aber trotz der Aufregungen unter der Landbevölkerung
gingen noch zwei Jahrzehnte in das Land und erst am 23. Juli 1833 *)
wurde die Ablösungsordnung veröffentlicht, wonach alle grundherrlichen
Verhältnisse für ablösbar erklärt wurden.
Mit der Ablösung der auf den Höfen ruhenden grundherrlichen Lasten,
wobei zur Aufbringung der erforderlichen Geldmittel unter gewissen Voraus-
setzungen die Veräusserungen von Grundstücken bis zum Betrage eines
Sechstels des Hofes gestattet wurde, erwarben die Besitzer das volle Eigen-
tum. Ferner bestimmte die Gesetzgebung die Erbfolge im Hofe, das An-
erbenrecht und die damit in Verbindung stehenden Abfindungen. Der
hannoversche Staat hatte somit die Herrschaft der Grundherren beseitigt,
übte allerdings die öffentliche Grundherrschaft weiter, indem er die länd-
liche Verfassung aufrecht erhielt, jedoch verdankt die Provinz Hannover
der Auflösungsgesetzgebung die Höhe ihrer Landwirtschaft.
Die staatliche Grundherrschaft wurde dann, als 1866 Hannover Preussen
einverleibt wurde, einige Jahre später von der preussischen Regierung,
welche von einer liberalen Weltanschauung durchdrungen war, noch beseitigt.
In den ehemaligen Fürstentümern Göttingen und Grubenhagen, wo die
Villikationsverfas8ung des 11. und 12. Jahrhunderts nicht völlig zur Auf-
hebung gelangt war und wo um diese Zeit die Meier noch blosse Zeit-
pächter waren, wurden auch diese schliesslich 1870 ermächtigt, gegen Er-
legung des 25-fachen Betrages der Pacht das volle Eigentum zu erwerben.
Mit dem hannoverschen Höfegesetz vom 2. Juni 1874 wurde endlich
die Anerbengutseigenschaft für den Hof durch Eintragung in die Höferollen
begründet. All die Härten und Unzuträglichkeiten für die Beteiligten zu
beseitigen, welche auch noch dieses Gesetz zutage gefördert, wird die Ar-
beit der zurzeit eingesetzten Kommission sein, welche sich mit der Vor-
bereitung einer Novelle zum hannoverschen Höfegesetz befasst.
Hochschulnachrichten.
Wie von beteiligter Seite mitgeteilt wird, feiert die geodätische Fa-
kultät der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin im Laufe des
Februar nächsten Jahres ihr 25-jähriges Bestehen. Unter grösserer Be-
teiligung von seiten des Landmesserstandes aus der Praxis wird eine wür-
dige Feier von der jetzigen Studentenschaft veranstaltet werden. In Rück-
sicht auf das schnelle Aufblühen und die Bedeutung unseres Standes wird
bei allen technischen Berufen, die auf akademischer Grundlage beruhen,
eine freudige Anteilnahme an dieser Feier erhofft.
Ein näherer Hinweis, sowie die Mitteilung des Festprogramms wird
in einer der nächsten Nummern veröffentlicht werden.
») Opperinann, S. 111.
Digitiz
908 b teuerrat Scherer f. — Personalnachrichten. m zajuctirtrt rar
Vame*aung»wes«D
Steuerrat Scherer t.
Plötzlich und unerwartet wurde am 29. v. Mts. eines unserer ältesten
Mitglieder, Herr Steuerrat Scherer zu Cassel, aus dem Leben abberufen.
Im Begriffe, eine Dienstreise anzutreten, wurde er in der elektrischen
Strassenbahn vom Schlage gerührt und verschied schnell, ohne das Be-
wu88tsein wieder erlangt zu haben. Mit Scherer ist ein hervorragender
Fachmann und liebenswürdiger Kollege aus dieser Welt geschieden. Seine
hervorragenden Eigenschaften als Beamter sind in weiten Kreisen bekannt
und von Allerhöchster Stelle durch Verleihung hoher Orden und des Hanges
der Räte 4. Klasse anerkannt worden. Seinen jüngeren Kollegen, nament-
lich den ihm unterstellten jungen Katasterlandmessern ist er stets ein un-
ermüdlicher Lehrer und Förderer gewesen. Was ihn aber allen seinen
sonstigen Fachgenossen lieb und wert machte, war die unumwundene An-
erkennung, die er den Arbeiten und Leistungen der in andern Verwaltungs-
zweigen tätigen Landmesser zuteil werden Hess. Sein tragischer Tod wird
von allen, die ihn kannten, tief betrauert.
Friede seiner Asche!
Cassel, im Dezember 1907. H.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Katasterverwaltung. Zu Steuerinspek-
toren sind ernannt: die Kat.-Kontrolleure Benkelberg in Neunkirchen,
Bobbert in Hamborn, Boysen in Hadersleben, Bruckisch in Wongro-
witz, Busse in Pinneberg, Haff mans in Ottweiler, H an ekel in Schmiede-
berg, May in St. Wendel, Maetzner in Genthin, Michel in Opladen,
Otto in Essen, Rück in Wanzleben, Schneider in Lebach, Tschapke
in Wohlau, Walstab in Osterburg und Wehn in Rotenburg; ferner die
Kat.-Kontrolleure Bach mann in Altlandsberg , Bockel in Lübbecke,
Kmlr es in Gemünd, Gries in Lüdenscheid, Niedling in Hünfeld,
Preutenborbeck in Tecklenburg, Dr. Raasch in Kattowitz, Rost in
Könitz, Schneider in Eupen, Tag in Homburg v. d. H., Thiwissen in
Frankfurt a/O., Warkenthien in Heinsberg und der Kat.-Sekretör Holz-
graefe in Stralsund.
Versetzt sind: die Kat.-Kontrolleure St.-I. Keller von Gelsenkirchen
nach Essen (Kat-Amt 4) und Kraiger von Wanne nach Siegen.
Bestellt sind zu Kar. Kontrolleuren : die K.-K, Hürter von Düssel-
dorf nach Wanne-Eickel und Marx in Bublitz.
Druckfehlerberichtigung.
S. 713, Gleichung (8) muss lauten:
, sin e9 cos e . . r- t= — : —
(f) = tag Xcos2e - + V 1 — tag Xs sin e> . cos e.
V 1 — tag X* sine*
Inhalt.
Wissenschaft!. Mitteilungen: Zur Berechnung der Höhe aus den drei Seiten
eines Dreiecks, von Dr. A. Grüner t. — Schleichers Universaltransporteur. von
H. Böhler. — Der Kurvenmesser (Bauart Dr. Heubach), von Dr. A. Schreiber.
— Die Entstehung und Entwicklung der Bauerngüter in der Provinz Hannover,
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Canncl, C. Müller, Professor in Honn - Poppelsdorf . K. Raltk, Revisor in Stuttgart. Fr. V. Sokaal, Ober-
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Teil I. Allgemeiner Teil. Terminkalender für das Jahr 1906. Sonnen-
aufgang and -Untergang. Notizen zum Kalender. Notizen ans dem Post-, Eisenbahn-
and Telegraphen-Verkehr. Linderstatistik. Geographische Koordinaten. Schreibkalender
mit astronom. Ephemeriden. Schreibpapier.
Teil II. Tafeln und Formeln. (Die Tafeln in neuer Teilung sind durch
farbiges Papier kenntlich gemacht).
Teil III. Vermessungswesen. Methode der kleinsten Quadrate. Instrumenten-
knnde. Flachenberechnung, Flächenteilung und Grenzregelung. Polygonometr. und tri-
gonometr. Punktbest imrannp. Ausgleichung von Pnnkteinschaltnngen. Absteckungaarbeiten.
Nivellieren. Trigonometr. und barometr. Höhenmessungen. Höhenanfnahmen. Zeitbe-
stimmung. Verzeichnis der Koordinatensysteme. Höhen null punkte in Europa. Stadtver-
messung. Bestimmungen für Vorarbeiten in Preussen. Fortschreibungsvermessungen.
Tell IV. Bau- und Kulturtechnik. Landwirtschaftliches. Erdban. Wegebau.
Bruckenbau. Wasserbau. Angaben über Baumaterialien. Meteorologie. Drainage. Wiesen-
bau. Moorkultur. Wege- und Grabennetse bei Grundstückszusammenlegungen.
Anhang. I. Neues auf dem Gebiete des Vermessungswesens. II. Übersicht der
in Deutschland bestehenden Geometervereine. Personalverzeichnis der Vermessungsbeamten
Deutschlands. Statistik der Vermessungsbeamten Deutschlands. Auszug ans den Ge-
bührenordnungen.
Die im Jahre 1905 eingeführte Neuteilung in 4 Teile hat sich bewährt und ist
deshalb auch für den Jahrgang 1908 beibehalten worden.
Der I. Teil wurde dorch Angaben über Eisenbahntarife und eine Tabelle zur Be-
stimmung der Sonntage für die Zeit von 1683 bis 2099 des Gregorianischen Kalenders
bereichert. Bei dem II. Teil wnrden die Tabellen, soweit dies erforderlich war, ver-
bessert; die mathematischen Formeln wurden ergänzt.
Im III. Teil wurden die preussischen Bestimmungen über den Anschluss von Neu-
messungen an die trigonometrische Landesaufnahme aufgenommen und das Kapitel »Eisen-
bahnvorarbeiten« durch ein Kapitel über »Die hauptsächlichsten, für den Landmesser
wichtigsten amtlichon Bestimmungen zur Ausführung von Vorarbeiten in Preussen« ersetzt.
Das Kapitel über Stadtvermessungen und das über Höhenanfnahmen wurden erweitert,
letzteres anter anderem durch einen kurzen Abriss über photogrammetrische Aufnahmen.
Wesentliche Veränderungen enthält der IV. Teil. Das Kapitel über Landwirtschaft :
»Bodenklassifikation, Düngung, Fruchtfolge, Ertrag der Futterpflanzenc ist neu hinzuge-
kommen, der Brückenbau wurde erheblich vermehrt, ebenso das Kapitel über Meteorologie,
bei welchem der neu eingeführte Wetterdienst im Deutschen Reich beschrieben ist.
Im Anhang endlich hat Professor 0. Müller das Neueste auf dem Gebiete des Ver-
•aessungswesen in einem 3. Berichte in knapper aber übersichtlicher Form zusammengestellt.
Gefl. Bestellungen nimmt jede Buchhandlung, wie auch der Verlag von Konrad
Wittwer in Stuttgart entgegen.
Verlag von Konrad Wittwer in Stuttgart
Patentlibelle Reiss-Zwicky.
D. R. P. 160 696. — K. K. Ö. P. 18 336.
Eine Mitteilung aus der Praxis über die
Patentlibelle Reiss-Zwicky:
Magistrat der Königl. Haupt- und Residenzstadt Breslau,
Städt Vermessungsamt
Breslau, 81. Mai 1906.
Herrn R. Reise in Liebenwerda teilen wir auf Wunsch gern mit,
dass sich die neue Libelle „Patent Reiss-Zwicky" sehr gut bewährt.
Die Justierung ist überraschend einfach und sicher und in wenigen Mi-
nuten zu bewirken. Die bei den sonst üblichen vertikalen Justierung
schrauben unvermeidlichen Spannungen fallen dabei ganzlich fort.
ist in Aussioht genommen, sämtliche hier in Gebrauch befindlichen In-
strumente mit dieser Libelle zu versehen und können wir die willkommene
Neuerung wärmstens zur Einfuhrung empfehlen.
Städtisches Vermessungsamt
(L. 8.) gez.: Behuneck.
Instrumente mit der Patentlibelle Reiss-Zwicky sind nur
aus meinem feinmechanischen Institut oder von den nach-
verzeichneten Lizenznehmern :
F. W. Breithaupt & Sohn. Cassel.
Georg Butenschön, Bahrenfeld,
Dennert & Pape, Altona a. E.,
Gunther & Tegetmeyer,
Braunschweig.
Gustav Heyde, Dresden.
Carl LUttig. Berlin.
zu beziehen.
Neuhöfer & Sohn, Wien,
Th. Rosenberg, Berlin,
R. Ross, Essen,
C. Sickler, (Inh. C. Scheurer)
Karlsruhe i. B.
Ed. Sprenger, Berlin.
Feinmechanisches Institut
R. REISS, Liebenwerda.
Königl. Hoflieferant.
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und einer ca. 20 cm langen dünnen
V« mm Wandstärke habenden Hannes-
mann-Stahlhülse.
Der Holzstab ist derartig in die Hülse und
Spitze eingetrieben, dass ein Lockern besw. Ab-
brechen desselben unmöglich ist; die Stahlspitze
selbst ist durch künstliche Schweissung mit der
Hülse in innige Verbindung gebracht, so dass beide
Teile, Hülse und Spitze, wie von einem Stück her»
gestellt erscheinen. Das frühere Abspringen der
Fluchtstäbe basierte namentlich auf ungenügender
Befestigung oder Anfaulen des Holzstabes direkt
oberhalb der Spitze.
Bei den früheren Fluchtstäben ging der
Holzstab nur ca. 10 cm in die eiserne Spitze;
da sich diese Befestigung nicht bewährte, führte
man Spitzen mit Verlängerungslaschen ein. Auch
letztere sind nicht sehr dauerhaft, da der Holz*
stab durch die vielen Schrauben sehr geschwächt
wird.
Alle diese, bis jetzt hervorgerufenen Miss-
stände werden durch Dämmigs neukonstruierte
Fluchtstabspitze aufgehoben. Die Stahlhülse ver-
hindert, dass der Holzstab mit dem Boden in direkte
Berührung kommt und ist in zweiter Linie derartig
lang, dass selbst im weichsten Boden ein Lotrecht-
stellen des Stabes möglich ist, ohne dass die Holz-
teile mit dem feuchten Boden in Berührung kommen. Bei steinigem Terrain ermög-
licht der Stab durch die grosse Härte der Spitze, in Verbindung mit der 8tahlhülse,
ein leichtes Aufpicken des Steinbodens und somit ein leichteres Feststellen des
Fluchtstabes. Dämmigs Fluchtstab ist bei grosser Billigkeit dauerhaft und solid.
Zur Herstellung der Holzstäbe wird nur astreines, durchaus getrocknete«
und gut gepflegtes polnisches Kiefernholz verwandt.
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Die StUbe sind gut nnd preiswert nnd kftnnen bestens empfohlen
werden. Waltenberger, Vorstund der K. Messungsbehörde,
Bad Reichenhall.
Die Flnchtstäbe finden in Betreff der Konstruktion und des Aus-
sehens meinen Beifall.
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Faktoren können aus den Tafeln ohne Addition, lediglich durch Nebeneinander-
stellen der Tafelangaben ermittelt werden, ein Vorteil, den noch keine
Rechentafel aufzuweisen hat. Multiplikationen von drei- und vierstelligen
mit bis sechsstelligen Faktoren erfordern nur eine Addition, bei anderen Tafeln
jedoch zwei und mehr Additionen.
Produkte aus fünf- und sechsstelligen mit bis sechsstelligen Faktoren
erhält man durch nur zwei Additionen, bei anderen Tafeln jedoch erst durch
drei und mehr Additionen.
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Verlag von Konrad Wittwer in Stuttgart.
Inh altsverzeichnis
der
Zeitschrift für Vermessungswesen
Band I-XXXIII, Jahrgang 1872—1904,
herausgegeben von der
Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins
24 Bogen im Format der Zeitschrift für Vermessungswesen
geheftet M. 5.—, in Originalhalbfranz gebnnden M. 6.80.
Inhaltsverzeichnis:
A. Sachliches Inhalts- Verzeichnis.
L Teil. Theorie und Technik der Messungsmethoden.
L Literarisches. — 2. Mathematik (Physik); Tabellenwerke; Rechen-
hilfsmittel. — 3. Allgem. Instrumentenkunde. — 4. Längenmasse;
Langenmessuug; Längenmessinstrumente und Zubehör. — 5. Winkel-
(Richtungs-) Messung; Winkelmessinstrumente und Zubehör; Winkel-
absteckungsinstrumente. — 6. Triangulierung und Polygon isierung. —
7. Höhenmessung. — 8. Tachymetrische Messungen und Instrumente. —
9. Topographie, topograph. Aufnahmen etc. — 10. Tracierung und Vor-
arbeiten. — 11. Stückvermes8ung, lineare Messungen, Liniennetze etc.
— 12. Flachenmasse, Flächenbestimmung, Flächenteilung u. s. w. —
18. Fehlertheorie und Ausgleichungsrechnung. — 14. Höhere Geodäsie.
— 15. Astronomie, Nautik, Erdkunde etc. — 16. Geschichtliches.
II. Teil. Vermessungswesen der Staatsbehörden und
Kommunalverwaltungen.
17. Katastervermessungswesen. — 18. Vermessungswesen der A
einandersetzungs- (Zusammenlegungs-) Behörden. — 19. Eisenbahn
vermessungswesen. — 20. Stadtvermessungswesen. — 21. Allgemeine
Organisation des Vermessungswesens. — 22. a) Gesetze, Verord
nungen. b) Richterliche Entscheidungen.
III. Teil.
28. Hochschulnachrichten, Unterrichtswesen, Prüfungen. — 24. Per-
sonalien — 25. Vereinsangelegenheiten. — 26. Verschiedenes.
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B. Verf asser- Verzeichnis
in alphabetischer Anordnung.
Das Werk wird demnach nicht nur denjenigen, welche dl
„Zeitschrift für Vermessungswesen" seit längeren Jahren berei
bezogen haben, ein willkommener Nnchschlage-Behelf sein; es wi
überhaupt jedem Fachmann einen zuverlässigen Hinweis auf alle
hervorragenden Veröffentlichungen der Fachliteratur von 1872 bis
zum .lahre 1904 bieten.
Bestellungen auf das Werk nimmt jede Buchhandlung, wie
auch die Expedition der „Zeitschrift für Vermessungswesen" (Konrad
Wittwer) in Stuttgart entgegen. Mitglieder des D. Geoiu.-Ver. In-
halten das Inh.-Verzeiehnis laut Abmachung mit der Vorstandschaft
bei direktem Bezug von der Verlagshandlnng zu M. 3.50 ge-
heftet. M. 5.30 in Org.-Halbfrz. gebunden (exklus. Porto).
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sowie für die früheren Jahrgänge herstellen lassen und gebe die-
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Bd. XXXVI. XXXV. XXXIV. XXXIII. XXXII. XXXI. XXX.
(1907) (1906) * (1905) (1904) (1908) (1902) (1901)
XXIX. XXVIII. XXVII. XXVI. XXV. XXIV. XXIII.
(1900) (1899) (1898) (1897) (1896) (1895) (1894)
XXII. XXI. XX. XIX. XVIII. XVII. XVI. XV. XIV.
(1898) (1899) (1891) (1890) (1889) (1888) (1887) (1888) (1886)
x. ix. viii. vn. vi. v. rv.
(1881) (1880) (1879) (1878) (1877) (1876) (1876)
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XIH. XII. XI.
(1884) (1889) (1889)
ni. ii. i.
(1874) (1878) (1873)
dto. — zum Inhaltsverzeichnis Band I — XXXIII.
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