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F. M. KIRCHEISEN: NAPOLEON I.
ALLE KECHTE VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1814
BY F. M. KIBC'JIBISEN, GESEVB. DRUCK DBB
SI'AMERS(.H£N BÜCHDRÜCKBRBI IN LEIPZIG
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NAPOLEON I.
SEIN LEBEN ÜND SEINE ZEH
VON
FRIEDRICH M. KiaCHEISEN
BBILDUSaSN. FAKSIS
CARTEX VtlD PLÄXEI
DRITTER BASD
MÜNCHEN USD LEIPZIG 1914 BEI GEOEG JiÜLl.ER
VORWORT ZUM DRITTEN BAND
Dieser dritte Band behandelt — abgeeehen von dem See-
krieg vonl793 bis 1798 — kaum zwei Jahre au8 dem Leben
Kapoleons, doch zwei Jahre, die überaus reiah an wichtigen
Er^gniesen waren. Wir beizten niuem Hdden Ton Mai-
land duioh die Schweiz nach Rastatt, wo er als Vorsitzen-
der der französischen Oesandtechaft den Kongreß mit d^
Vertretern des Deutschen Seichs eröffnete. Trotz seiner
Jugend begrüßte nnd behandelte man ihn allerorts wie einen
Herrscher, so sehr waren seine glänzenden Eriolge in den
lindem, die er wie im Fluge durcheilte, bekannt geworden.
Er schien durchaus nicht -verlegen zu sein, daß man ihm
Huldigungen darbrachte, die nur gekrönten H&nptem zn-
kniiien. Auch in Paris wurde er auf das schmeichelhaftste
empfangBD, doch galt dieser Empfang, den ihm das Volk be-
reitete, mehr dem Friedensschließer als dem siegreichen
Sohlachtenlenker. Das Direktorium hingegen, dae dem Gene-
ral wegen seiner eigenmächtigen Handlungsweise beimFrie-
densabschlnß ronCampof ormido noch grollte, sah ihn ungern
tmd begünstigte seine Entfernung aus der Hauptstadt, da es
des Generals Volkstümlichkeit fürchtet«.
Noch T^Iurend Bonaparte in Italien weilte, hatte ihn
seine Begiemng znm Oberbefehlshaber des Heeres von Eng-
land ernannt. Als eat dann nach Paris zurückgekehrt war,
mußte er sich bei einer Besichtigungsreise nach der Nord-
küste Frankreichs und Belgiens von der Unmc^lichkeit
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übeiveugen, schon jetzt einen Feldzug nach dem Iiiscl-
reiuh zu unternehmen. Vielmehr richteten sich seine Blicke
wieder nach dem Orient, In Gemeinschaft mit Talleyrand.
entwickelte sich der Plan eines Peldzuges nach Ägypten.
Während sicli Bonaparte in Paris und auf der Reise nacli
den Küsten befand, brach in Rom ein Aufstand aus, der
durch französische Waffen niedergeworfen ward. Er hatte
zur Folge, daß Europa um eine neue Republik bereichert
wurde. B^e im französischen Heere ausgebrochene weit-
verzweigte Verschwörung gefährdete das Dasein der Rö-
mischen Republik; das Komplott wurde aber noch recht-
zeitig iint«idrückt, ehe ea dem französischen Einfluß in
Italien von größerem Schaden werden konnte. Auch in die
Angelegenheiten der Schweiz mengte steh das Direktorium
und ließ teils durch List, teils durch Waffengewalt die
wichtigsten Kantone des Landes besetzen.
Der noch während Bonapartes Anwesenheit in Rostatl:
begonnene Kongreß tagte fort. Ein Zvisohenfall in Wien,
der durch Unvoreiohtigkeit des fruizöBisohen Gesandten
Betnadotte verorsocht worden war, hätte die Friedenaarbeit
der Gesaadten beinahe zunichte gemacht und die Kriegs-
fackel von neuem auflodern lassen.
Nachdem der Feldzug nach dem Fhaiaonenlande einmtJ
beso blossen war, ging Bonaparte mib Feuereifer an die Ver-
wirklichung seiner Pläne. Wir folgen ihm von Poiia nach
Toulon, von dort nach Malta, und nachdem diese Feste dea
Johanniterordens den Franzosen in die Hände gefallen war,
nach Alexandria. Bonaparte war glücklich der Verfolgung
Nelsons entgangen. Nach seiner Ankunft in Ägypten machte
er sich sofort an die Eroberung des Landes. Nach einem be-
schwerlichen MfUBch durch die \^'üste schlug er die Mame-
lucken bei KobraMt und den Pyramiden, leitete im ^rbst
von Kairo aus die Verwaltung der neuen Kolonie und machte
gegen Jahresschluß einen Vorstoß nach Suez. Dabei entdeckte
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er die Spuren des alton Kanals, dercheiiials daa Rot© mit dorn
MittoUändischßTi Meere verbunden hatte. Währenddessen
setzte Deaaix dem in der Schlacht bei den Pyramiden ent-
kommenen Murad-Bei nach und vollendete die Erobemng
Oberägyptens bis zu den NUfälien.
Die Vernichtung der französischen Flotte bei Abukir
änderte nicht viel an den weit sc hau enden Plänen Bona-
partes, ebensowenig der Aufstand in Kairo, der liald unter-
drückt wurde. Da es jetzt keine Fi'indi^ mvhr in Ägypten zu
bekämpfen gab, die Beruhigung und dli' Hcsiedching des
Landes immer größere Fortechrü tf maolite, bwuhloli Bona-
partc, die tiirkisclip Macht iti Syrien anzugreifen, um einem
Einfall der Türken in Ägypten ziivor/ukommen. Die Be-
schreibung dieses Zuge.-i nach Syrien wird den vierten Band
meines Werkes eröffnen.
Während der zweite Band fast ausseUlielilicli den itiilieni-
.'ichcn Feldzug der Jahre 1796 und 1707 behandelte, ist dieser
dritte Band nur zum Teil knegenschen Kreigniasen gewid-
met. Rr enthalt zahlreiche Kapitel über politische, diplo-
matische. Ivultur- und fteegeschic'hte. Auch einige .\bschnitt-e
Bind darin enthalten, die Bniiaparte als Privatmann behan-
deln. Besonders gebe ich. wie übrigens auch in den ersten
beiden Banden zuvor, fast lag für lag die Tätigkeit und
den Aufenthalt Bonapartes an. soweit dies durch Einzel-
forschungen festgestellt werden konnte.
Wie m keinem Bande zuvor bni leh in der l-.age gewesen.
Neues zu bringen, sei es an Tatsachen, sei es an üenbacli tu Il-
gen und ft ertsehntzunsren. /um ersten ^[ale erfiilirt der
IjCser die genauen l'-iuzelheiten über die keise bonaparfes
durch die Schwei?^ und wahrend seines kurxen Aufenthaltes
inllastatt und Paris. Dem Plane eines Keldzuges Uiieh Eng-
land, der in den meisten Darstellungen mcht nur völlig
vemaohlBssigt, sondern meist ^ nie ernstlich beabsichtigt
hingestellt wird, ist eine eii^hende Untersuchung gewid-
IX
inet worden, (iicichfalls ist die Frage, wie der Entwurf zum
ägyptiseliKii Feld/upe cutstaiid, fingetieiid erörtert worden.
Ebensowenig war hislier bekannt, dülJ von dem Plan zum
Fcldziige nach Ägypten nielit nur giina wenige, «ondern
sogar viele Personen wußten. Aber aueh in dicKem .Falle
haben die {Je.seliiehtuscbreiber sich zuviel auf Bourrienne
und andere unsichere Menioirenseln'eiber verlassen. Ich
glaube jetzt endgültig das l.linikel. das über diesen beiden
Plänen geschwebt, Lfelichlet und den Zu^;<lllnllenllang fest-
gestellt zn haben. Wcni;: ist. amli liisber iihei- die Fahrt
Ponapartcs nach Ägypten imd das Leben an Hord der Flotte
bekannt gewesen.
Die kriegeriscbeTi h:rei5:nissc .selbst sind seit Erscheinen
der trefflichen Dokumentensajundung über den ägvi>ti-
schen Foldzug des französischen Generals tabsoffi^iers La
Jontjuicre genau beicannt geworden. Aul (Jrund dieses aus-
gezeichneten Werkes und anderer Dokumente habe ich die
Forschlingen La .lonquiere.s noch hier und da erganzen
können. Neues erfalirt der lA'ser aueh aii.s dem Kapitel über
die ägyptischen Zustände vor und wälirend des Einfalls
der FraiiKOsen sowie über die Errichtung des Instituts von
Ägypten und über die Reise llonapartes nach Suez. heliheS-
lich möclite ich auch noi^h die Darstellung dts S,(.kri(g
(]79;i— 17!)7| erwähnen, die hislier in auOerenglischen \\ er-
ken naliezu vollkoiiinien vernachlässigt wurde. Auch über
die Faiirt Xelsona von Gibraltar nach Ägypten, sowie über
die Seeschlacht von Abuür, habe ich auf Grund neu bekannt
gewordener Papiere eine genauere Darstellung als bisher
geben können.
Spezialuntersuchungen haben wohl den Vorteil, die Tat-
sachen und handelnden Personen bis ins einzelne kennen
zu lernen, doch gewinnt man oft ein f alaohes Bild von ihnen.
Nur die Gesamtforschung, die auf Grund der Dokument«
und Sonderforachungen aufgebaut worden ist, wird uns ein
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der Wahrheit nahckoniiiiciulfs lüiil vcrü;iiiL:uiifr Zfitfii
zurückrufen. Soiat es auch bei Napohiun. i> ivonig Sondor-
forschungen entbehrt werden können, so vermag doch nur
(iii' (iesamtforschung, die Darstellung seines ganzen Lebens
\uiilseinerUniwelt,denMannerkcnnenzul;Lsst-ii, wie i'c wirk-
lich war. Jeder Band wird dazu beitragen, uns l iiu^n iinien
Napoleon mit allen seinen Vorzügen, &bcr nin-h mii allen
seinen Schwächen und Fehlem, erstehen ku ianHe,n. Nie werde
ich nii(;h bei meinen Forschungen vor der Wahrheit scheuen
und werde sie immer aussprechen, wenn ich sie entdeckt zu
haben glaube, DeshaJb fort mit allen Landen, aber auch
fort mit allen Verleumdungen und BeBohimpfuDgen, die über
fleii Mann verbreitet worden sind, der GroBes gewollt und
auch Großes geschaffen hat!
Mein Buch ist keine Streitschrift. Auf Grand der Doku-
mente und Einzelforsch ungon Füge Ich Stein auf Stein, bis
das Gebäude fertig ist und lasse mich durch nichts beirren.
Ich stelle zahllose Angaben riehtig, doch ohne dabei früher
verbreitete falsche Ansichten zu erwähnen. Nur bei be-
sonders wiciitigen fällen, wie bei der Entwicklung (1er Pläne
zum Feldzug nach England und iiaili Äi;y|ifen, bei der Dar-
stellung der Schlacht i\n den rvniTiiiden. der Seeschlacht
bei Abukir und spater bei der Firschieliung der (fefangenen
von Jafa und der Vergiftim.u' der re-ikr.\iiketi «rhv ich niich
die entgegengesetzten Ah'iiiMiiLieii im.
Für den dritten Band iiifiiiw (iescliichte Kapoleoiis lialie
ich vorwiegend folgende Abteilungen ineiner [iil>!iograijliie
des napoleoniwchen Zeitallerf^'" benutzt: 1. Kaiid. Abt, I.
Weitgeschiehte: Kap. 1. I'olitiselie (beschichte; :i. Ver-
träge. — Abt. 11. Slaatengewhielite: Knp. I, Frankreich.
A. IVilitifiche Geseliichte: n) DirektoriiLtii : H. Innere (ie-
schichte. e) Heer; 4. Italien; 5. Deutschland; fl. Schweiz;
7. Großbntaimien und Irland; 13. Balkanetaaten. —
Abt. m. Kriege; Kap. I bis 4. Allgemeines, Seeloiege,
XI
Kriegskunst. .SoldatcncrLiiiicriincfpii : Kiip. 7. Rastatt,
1797—1799; Kap. 8. Aavpteri. 1798— 1791). — 2. ISand.
Abt. IV. Napoleon und »eine Familie: 1. Werke: 2. Kor-
respondenB: 3. Biographien; 4. Kmz.elheiton seines I^ebens.
A. .Jugend, 17()9— 1799; Napoleon intime: (i. Familie
Napoleons. — Abi. V. .Memoiren, Korrespondenzen. Hio-
gniplnrn: dw i'er.-ionen, aut die am Anfang eines jeden
Kapitels oder Abschnitts verwiesen wird, £ndlich sind
iLßch die ungedruckten Äbteilimgeii: VI. FlugBohnften;
V IL Reison und VIII. Zeitschriften sowie Naohtr^e zu
erwähnen.
Gern hatte ich bei dieser Gelegenheit angokiindigt. daß
ich den noch ungedruckten Teil meiner ..Bibliographie des
napoleonischen Zeitalters" m Druck gegeben habe, da er
doeh seit ungefähr fiinf Jahren im Manuskript beendet ist.
Ks vergeht fast keine Woche, da(3 ieh nicht aus Deutseli-
land. trankreich. Italien. li.nglaiid, hußland oder irgend-
eincrit leile di-i- A\ clt Anfragen erhalte, wann die übrigen
Bände .m-iner Bibliographie erscheinen werden! Leider muß
ich meine waldreichen Prcunde noch auf einige Zeit vertrö-
sten. Ich habe zehn .lahre meines Ijcbens auf die .-Abfassung
der Bibliographie des napoleonischen Zeitalters verwendet
— leh spreche natürlich von der großen bibhographischen
Sammlung - und habe dabei auch mein Vermögen ge-
opfert, so daß ich gunstigere Zeiten abwarten muß. llir
selbst hegt nichts an der Drucklegung dieses W erkes, denn
ich strebe nicht nach äußerlichem Ruhm, Meine em/ige
Befriedigung hegt m meiner Arbeit, Nur verwahren mochto
ich mich gegen den Vorwurf, der gegen mich erhoben werden
konnte, daß ich die Bibliographie nicht fortsetisen
will, denn sie ist seit Jahren beendet, 'wenn sie auoh
noch nicht gedruckt ist. — —
Mir scheint, daß der Büderschmuck des vorliegenden
Bandes, sowohl was Auswahl als auch Wiedergabe anlangt,
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besonders friit geraten i>t. Jedoch werden diejenifien. die
day Budi duruh blättern, wohl kaum alinen. mit welelien
Kosten und welcher Mühe das Auffinden der oft sehr selte-
nen Bilder verbunden war, und welches Opfer auch mein
Verleger, Herr Georg Müller, für die Anfertigung der zahl-
reichen Druckatöcke gebracht hat!
Aber zufrieden sind doch nicht alle. Ich sehe es an zalil-
reiehen Sctirift«n, die an den Vorlag oder an mich gerichtet
mnd und dringend um Beschleunigung des Werkes bitten.
Diesen Ungeduldigen kann ich nur sagen, daß ich fortge-
setzt an der Pertigatellung meinefl Werkes arbeite. So gern
ich selbst einen baldigen AbachluB des Werkes erwünschte,
so wenig dürfte dies auf Kosten der Güte des Buches ge-
schehen, denn lieber wiQ ich die Feder guiz niederlegen, als
irgeadwelohe wichtige, oft eohwer erreichbare Quellen ver-
nachlässigen, zu deren Auffindung viel Zeit verbunden ist.
Ich bin aber in der angenehmen Lage, meinen Lesern ankün-
dige zu können, daß ich vermutUoh im Laufe des Jahres
1914 in der Lage sein werde, zweiBändefertigzustellen,
die die EreigDisBe bis zum Kaiserreiob führen werden.
Einet dieser Bände, der vierte oder der fünfte, wird ein
ausführliches Personen- und ein geographisches Verzeichnis
der bisher erschienenen Sände entlialten.
Groß ist wieder die Zahl derjenigen, die mir in ii^ndeiner
Weise bei der Herbeisohaffung der Quellen, der Bilder oder
beim Korrekturenlesen geholfen haben. Ihnen sei allen
herzlichst gedankt. Besonders aufopfernd haben üch wieder
meine Stunde Herr Hauptmann Fleischer und Herr Paul
Aretz gezeigt. Erwähnen möchte ich noch außerdem den
unermüdlichen Herrn Gustav Gogitz in lA^n, der mir eine
große Anzahl Bilder hat vervielfältigen lassen, und meinen
Freund, Herr Aboll Ghassem Khan, der mir bei der Über-
tragung der arabischen und türkischen Namen manchen
Dienst erwiesen hat.
xin
Das Übersetzui^sieoht in andere Sprachen, auch ins
Russische, behalte ich mir ausdrücklich vor. Anfragen be-
züglich meiner Werke und deren meiner Prau bitte ich an
mich zu richten.
Genf, im Dezember 1913.
FRIEDRICH M. KIRCHEISEN.
DES ITALIENISCHEN SIEGERS REISE DURCH DIE
SCHWEIZ
(November 1797)
"VTachdeni Bonaparte zwei, drei und noch mehr Feinde zu
Boden geworfen, mehrere große Armeen beaiegt, zer-
streut oder vernichtet, zahlreicheStaatoD und Frovinzeo auf-
gelöst oder neugegründet und den Frieden mit Österreich ge-
schlossen hatte, verließ der Sieger von Italien das Land, wo
er mit einem Schlage zu einem großen Feldherm geworden
frarl Hier hatte er auch seine erste und grSOte liebe, die
Liebe zur unvergleichlichen Josephine durchlebt und um
ihretwillen die schrecklichsten Qualen der Eifersucht er-
Utten.
Viel Ehrungen sollten den jungen General auf dem Wege
durch Frankreich, die Schweiz und Deutschland nach Paris
erwarten. Hit ungeteilter Begeisterung kamen die Bewoh-
ner derStSdte und Dörfer, die er oft wie im Fluge durcheilte,
herbei, um den jugendlichen Helden zu sehen und zu be-
wundem, den Mann, der sich in so kurzer Zeit so unsterb-
lichen Ruhm als Feldherr, Staatengründer und Friedens-
Stifter erworben hatte.
Aber aDe diese Gunstbezeugungen nahm der bereits sehr
verwöhnte General als selbstverständlich, ja gleichgültig
an. Sogar die Ehrungen, die man ihm in Paris darbrachte,
nahm er mit einer Ruhe und Gelassenheit bin, als wären er
und seme Familie seit Generatiimeii an derartige Hiddi-
gungen gewöhnt! Und dooh fror Paris die Stadt, anf die
dam^s <üe Augen der Welt genohtet waxen, die Stadt, die
über Glück und Unglück der Völker zu enteeheiden hatte,
die er ehedem ao sehnsüchtig kennen zu lernen minschte,
und wo er so gern eine Bolle gespielt hätte.
Am 17. November 1797 brach Bonaparte in Mailand auf
nnd begab sieh, von den Adjutanten Marmont, Lavalette
und Buroo, dem Sekretär Bourrienne und dem Arzt Yrati
b^leitet, nach Turin*), Am nächsten Morgen traf er sehr
zeitig in der piemontesischen Hauptstadt ein. Der König
Karl Emanuel II. ließ den General durch Yennittlnng des
Grafen Saint-Macsan einladen, im Schlosse zu bleiben oder
wenigstens beiHofe zuersoheinen. Wegen der sehr gespann-
ten Beziehungen zwischen der französischen und piemonte-
sischen Regierui^; jedoch nahm Bonaparte das Anerbieten
nicht an und zog vor, die wenigen Stunden seines Aufenthal-
tes in Turin beim französischen Gesandten Miot de M^Iito
zu verbringen.
Mit diesem sprach er sehr bemerkenswerte Worte übet die
Ereignisse des 18. Fructidot. „Glauben Sie nicht," sagte er
unter anderem, „daß mich die Übereinstimmung mit den
Ideen derjenigen, welche ich unterstützt habe, dazu veran-
laßt hätte. Ich wollte von der Bückkehr der Bourbonen
nichts wissen, hauptsächlich da sie von der Armee unter
Moreau und Fich^pni zurückgeführt worden wären. Die
im Portefeuille von Antraiguea gefundenen Papiere hatten
mich genügend über die Plane der beiden Generale aufge-
klärt. Kurz, ich will von der Rolle eines Moiik nichts ivissen ;
ich will n'w weder spielen, noch erlaube ich, daß andere sie
•) Jiinot echoint cret spülcr m Jii>jio]n.rtc fi^'rtoß.Mi zu «cm i ji.>(ic>iiioll= Wfin-
det ei Bich in Bern in der Umgebung dee Ccnerals. Lavaletto erwähnt ihn aber
nicht in seineu Brinnenuigm.
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Aber ciieae Advokiiteii von l'aris [damit meint« er
Merlin da Douai und Fiun^ois de Neufchäteau. die an
Stelle Carnot-s und Barthelemys gewählt worden waren],
welche man ins Direktorium einsetzte, verstehen von der ilc-
aierung nichts. Es sind kleine Geister. Ich werde ja sehen,
was sie in Rastatt anfangen werden, lull /»'L-iflc judoch sehr,
ob WUT uns so lange verstehen und ziwaiinnen rifliritt hahen
k nn n I h -n ß daß f 1 t 1 IT
dShllnd ll 11 1
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der Armee von England /u ernt-mien. um midi von Italien
zu entfernen, wo ich Herr und viel unumschränkter als
General der Armee bin. Sie werden sehen, wie sieh die
Sache wenden wird, wenn ich emmal mcht mehr dort bm.
loh lasse Berthier an memer btelle dort, aber er wird un-
mogbch imstande sein, als Oberbefehlshaber zu komman-
dieren, und. ich sage es im voraus, er wird nichts wie
Dummheiten machen. W as mich betrifft, mein lieber Miot.
ao muß ich Ihnen sagen, daß ich nicht mehr gehorchen
kann: ich habe nun emmal den Oberbefehl gekostet und
könnte ihn nicht mehr entbeliren. Mein Entschluß ist ge-
faßt: wenn ich nicht Gebieter sein kann, so werde ichFrank-
T^oh Teiiaseen ! Ich will nicht die Mühe für so viel Dinge
gehabt haben, um alles den Advokaten zu überlassen.
Wae dleseB Land da anbetrifft (er sprach von Piemont), so
wird nicht lange in Frieden sein. Ich habe mein mög-
liebstes getui, um die Ruhe des Königs zu sichern; aber
das Direktorium hat um sich herum eine Menge Patrioten
und Ideologen, die von der Politik nichts verstehen. Sie
werden Italien in Aufruhr bringen und uns eines schönen
Tages verjagen."
Daranf sprach Miot de MiSlito vom Hofe von Turhi. „loh
will nicht hingehen," antwortete Bonaparte, „ich will weder
genwart am Hofi-, finc rntcrhandluiig iiiitcliMii KÖnigwürde
mehr \-crs[irccli£'ii, nU ich halten könnte. Kr « iircle ^icli in
Sioherlicit ghuibcn, nachdem er mich AiisKficluiuiitii'ii umi
Begünntigunf;i!n ainiehnien Hell; und dann «äre ea mit alle-
dem nichts."
Xnch einer kurzen Unterredung mit dem piemontosischcn
Minister des Äußeren, dem Grafen von Prioeen, im fran-
züsisclicn Gesandtschaftsgebäiide, verließ Uonapurte noch
vor lü Uhr die Hauptsta^lt, überschritt am nächsten Tage
den Mont (^enis und traf am 20. abends gegen 6 Ulu- in
Chambery ein. Hier, in der ersten größeren französischen
Stadt bereitete man ihm einen glänzenden Empfang, ließ
ihm zu Ehren die Stadt feierlich beleuchten, und der Stadt-
rat gab gelegentlich der Anwesenheit des Siegers von Italien
ein Fest im btadthause. Einige Burger hatten begeistert
ausgerufen: ,.Ea lebe der Vater der Soldaten" , und diese
Huldigung hatte Bonaparte, wie Marmont erzahlt, am
meisten gefallen.
In der Nacht vom 20. zum 21. November finden wir den
General auf der Heise über Aix. Annecy und bamt-Julien
nach Carouge. der letzten französischen Stadt in der Nahe
von Genf. Hier traf er am Morgen des 21. November ein.
Wiederum ward ihm ein würdiger Empfang bereitet. Der
Rat der Stadt Genf hatte einen seiner btaats.tekretare. den
Burger Didier, über Carouge hinaus zur Bewillkomnmung
Bonapartes entgegengesandt. Er sollte auch den General
fragen, wann dieser die Genfer Abgeordneten empfangen
wolle. Auf der Straße nach Saint-JuHen traf Bonaparte den
französischen General Ponget, der mit seinem Stahe gleich-
falls dem Sieger von Italien entgegengeritten war. Nach
einem kurzen Imbiß in der Herberge zum „Grand Cerf",
und nach abgehaltener Musterung über die kleinei 200 Maan
starke Gamöson und die Nationalgarden von CWouge,
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DIgiiized tiy Cgogle
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vetiieß Bonaparte in einem mit acht Pferden bespannten
Wagen den Ort. Unter G««cbätzdonn^ hielt er gegen
3 Vi Uhr seinen glänzenden Einzug in Genf. Gegen 3*/) Uhr
teaf er beim französischen Besidenten Felix Deaportes,
einem geistreichen Mann, auf der ^ace du Grand-M^zel
ein und empfing in dessen Wohnung etwa anderthalb
Stunden später den Syndikus Gervais mit zwei seiner Kolle-
gen (es waren Butin ond Biruxl), die den General mit
einer feierlichen Bede willkommen hießen. Ans Muigel
an Zdt, oder vielleicht auch aus politischen GrSnden, nahm
er das ihm zu Ehren von der Stadt veranstaltete Festessen
nicht an, sondern erbrachte in GeseOlschaft von drei der
C-enfer Syndizi den Abend in der ^lla des Bendenten Des-
portes in Saint-Jea^ einem Vorort der Stadt.
Ohne Bast und Bube, immer tätig und handelnd, war
Bonaparte bemüht, deb im Interesse seiner Begierung, aber
auch ins^em eigenen, über alleszu unterrichten. Kachdem
Essen hatte er eine Unterredung mit dem Mailänder Grafen
Casatti, der vor kurzem aus Lyon gekommen war, um ihm
eine Verschwörung, die gegen das Leben dra Generals und
des Direktors Barras gerichtet sei, zu entdecken. Im Laufe
der Unterhaltung offenbarte ihm auoh Casatti, daß zwei
Genfer, namens Bontems und Hentsch, die Entweichung
des ehemaligen Direktors Camot aus Paris begünstigt hätten.
Aus Furcht vor der großen Nachbarcepublik mid um Bona-
parte gefällig zu sein, ließ die Genfer B^enmg bdde ver-
haften und vor den General führen. Hontsch, ein Bankier,
der nur Caxnots Gelder verwaltet hatte, vermochte sich
leicht zu rechtfertigen. Bontems lüngegen wurde bis zu
eänem Entschluß des Direktoriums in Haft gehalten, nach
Verlauf eines Monats jedoch wieder freigelassen. Caaatti
wurde nach Paris gebracht, aber auoh er erhielt bald seine
Freiheit wieder.
Bonaparte hatte seine Abreise auf den nächsten Tag,
früh 5 Lhr fpstgenctzt. aber sein Kciaewagcn, der nusgo-
beasert werden mußte, war nicht zur Abfahrt bereit. Wohl
oder ubel mußte Bich daher der General zum Bleiben ent-
schließen. Er gestattete sich einige Stimden der langent-
behrte ii Buhe.
Tn B('glc!tim;r Besiportos', Miirmoiils und einiger Ge-n-
f 1 1 ^ t f I ( maclite er am Vor-
tt \ ü 1 l ^ l von Ceiif. Er wurde
d B II t t 1 1 1 fter, ungekünstelter
Begeisterung beL'riiUt. Mit eroßcin Interesse besuchte er
auch die Bibliothek, die sieh damals im College Cahin
befand.
Endlich, am Nachmittne. war sein Keisewagpn bereit.
Gegen fünfeinhalb L'lir veHielJ er unter Kanonendonner
1 S dtl 11 tt ßea Interesse zeigte.
H tt 1 1 1 1 1 Id I größten Einfluß auf
die tranzosidclio kevoiution austreubt. Trotz der schönen
und verheißungsvollen Worte jedoch, die er den Genfem ge-
sagt hatte, kümmerte sich das französische Direktorium
wenig um diese Stadt, denn wenige Monate später, im
April 1798. wurde Genf von französischen Truppen besetzt
und in die große Nachbarrepublik einverleibt.
Ais der General Bonaparte durch die Schweiz reiste, hielt
sich der aJte Necker auf seinem Schlosse in Coppet auf. Kr
hoffte, daß ihm Bonaparte einen Besuch machen würde.
Aber dieser hatte wenig Interesse für den ehemaligen Finanz-
minister Ludwigs XVI. Der General unterließ deshalb den
Besucli beiNecker. Ebensowenig hatte er Lust, von Genf aus
das Schloß Voltaires, des Philosophen von Femey, zu be-
suchen, da er auch Gründe hatte, mit diesem unzufrieden
Der Oberstleutnant Wurstemberger war von der Bemer
Regierung zur Bowillkommnung des Siegers von Italien an
die Grenze des Waadtlandes gesandt worden und wartete
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bereits M-it acht Tagen iiiigerluldig in t,'op]ict. Auch der
I.andvogt von Nyon, Herl' vnii Hodt, war Jionaparte bis
Coppet entgegengegangen, docli der General Iiielt sicli un-
terwegs nicht auf*}. Beide Abgeordnete konnten dalier
ihren Bewilikonimniinpssgiuß erst in Xyon anbringen. Trotz
der Kürze der Zeit fand Bonaparte (ielcgenbeit, wich hier
fast eine halbe Stunde mit einer alteren Dame, Friiuloin
Agier- PrevoKt, die er von Brienne oder Lyon her kannte,
zu unterhalten.
Er äußerte sieh ilir gegenüber Kehr günstig über den Emp-
fang, den ibm die tionfer bereitet liatten. Unter anderem
soll er auch gesagt babeu: „Wenn diese Stadt nicht frei
wäre, 30 verdiente sie, daü man ihr die Freiheit /urück-
päbe." Interessant ist es, zu beobachten, wie sehr Bona-
parle an alten Hekannten, besonders an denen aus seiner
Jugendzeit hing; sie alle konnten, znmal naclidcm er zu
Macht und Ansehen gekommen war, gewiß sein, von ihm
immer ein freundliches Wort oder eine Gunst zu eriialten!
Uber Rdlie und .Morge« ging es weiter nacli LaAisanne.
Xur in Rolle ließ er halten, um die Witwe des Generals
Lahitrpe zu begrüßen. In Lausaimc kam der General am
22. ^iüvembcr gegen 1 Uhr an. Trotz der vorgerückten
Stunde war die ganze Wtadt auf den Beinen, um den Sieger
über die Heere des deutsehe)! Kaisers von Angesicht zu
Angesicht zu schauen und ku bewundern. Nach eitlem
kurzen Halt im Hotel v.yun „Lion d'Or", wo er vom Laiid-
vogt von Büren empfangen wurde, den er schon von Kor-
lu stallen, ab, da er mit den Genfer Lohnkutschern tlobr'iider Vient einen Ver-
trag abgeaohloasen. hatte. Demzufolge lollleii diese ihn bie noch Ueulaclilsud
briDgon. BU kon vor Coppet war man Im Trab gefahren, aber sie man den Ort
darChquerte, güigen die Ptecde iura rasenden Galopp Ober, ohne daB die Kut-
■cber auf die Znmfe. anndialt«!, hörten. Die ZeiteenoaBen sahrieben diese
BandtimgBiraiBe den Brüdern Vicst zu, die aber offenbar auf Betelil Bona-
porles so solmeU fuhren, da er einem Besoah bei Neoker, deaaen ScbioD eich
dicht BD der StraBe befand, aus dem Wege gehen noUte.
sika her flüchtig kannte*), setzte er seinen Weg gegen
ein und ein halb Uhr fort. Uber Jloudon und Paycrne
crreiehtc man Donididier. Es moelite gegen 7 oder 8 Uhr
morgens gewesen sein. Mit seinen Uegleitern verließ er den.
Wagen und begab sieh in eine schmutzige Dorfkneipe, wo
er Kaffee und Eier verlangte.
Der Sohn des Oberstleutnants Wurstemberger, der seinen.
Vater begleitete und damals fast 15 Jahre alt war, berich-
tete im Alter üb^r diesen Teil der Eeise in intere-ssjuiter
Weise: ..Hier sah ich ihn nun von Angesicht, saß m der
Küche auf einem alten Stuhle, mit gespreizten Beinen vor
dem Feuerherde, auf dem ein so lustiges Feuer Iichterloli
emporloderte, daß die Wirtsleute ein- oder zweimal den
anzubrennen drohenden Schlot mit einem nassen Wisch
kühlen mußten. Auf dem Feuer stand eine gewaltige aber
sclimutzige Kaffeekanne und eine große Eierpfanne voll
Eier zum eichsieden. Bonaparte wärmte sich behaglich
an dem Feuer, heitwarta standen seine zwei oder drei Ge-
fährten. Generale in l'elzrinitzen . . Bonaparte selbst war
ziemlich mager und schlank: das ebentalia sehr magere Gie-
sicht hatte eine dunkle Färbung. Das Profil war stark her-
vortretend. Blick und Ausdruck waren ernst und streng;
seine schwarzen ungepuderten Haare hingen in breiten,
langen geraden Locken — Oreilles de chien — vrie man sie
nannte, zu beiden. Seiten herunter und waren auf seinem
schmalen Bücken weit unten in einem ziemlich schlaffen
Zopf eingebunden, der bis gegen die Mitte des Rückens
herunterhing. Er trug einen blauen Überrock, mit — wenn
ich mich recht erinnere — gesticktem Kragen,
^ Als Met und Kaffee ferUg waren, ging alles in die enge
und schmutzige Gaststube und ordnete sich am den Usch.
*) Dar Benw Landvogt vdd Lousuuib, General von Bürau, vor trübei' auf
Konika in Oarnisoii Kswesen und hatts dort wich die Familie Bomipatt«
kennen gelerni. Bonaparte hatte vohl auch Beziehungen zu BofaweJEensohen
Oflizieien gehabt, doch kannte er sie nicht den Namen nach.
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Bonaparte setzte sich hinter denselben, mit dein lliieken
gegen die Fenster: mein Vater, immer „ Raillif"*), mußt«
sieh neben ihn setzen. Honapai'te schwatzte mit ihm wie mit
einem alten Bekannten. Während den Frühstücks wurde
eine Karte der Schweiz hervorgenommen und von Frie-
densprojekten gesprochen. Bonaparte deutete auf dasFrick-
tal und sagte zu meinem Vater; „Wir geben eudi (der
Schweix) das; ihr werdet zwei steinerne Hrüeken erlialteu,
die euch gegen jedermann, der wagen sollte, euch anzu-
greifen, verteidigen werden." Er hielt meinem Vater seine
Tabaksdose vor, auf welcher ein Miuiaturhild der (ieneralin
gemalt war, und fragte ihn, ob er es erkenne, was mein
Vater, der Josephine in Mailand gesehen hatte, bejahte."
Gegen lü Uhr ging es weiter, und bald darauf kam man in
Murten an, wo man wegen eines kleinen Unfalles, der dem
lieisewagcn zugestoßen war, in der Nähe des Beinhauses
halten mu ßte. Die Legende w ill, daß Bonaparte das Schlacht-
feld von M urten in Hegleitung und unter Führung des Herrn
von Erlacli besucht habe; dem aber ist nicht so.
Bonaparte benutzte vielmehr den unfreiwilligen Aufent-
halt in Murten, uin einer Einladung des Schultheißen von
Oottrau auf dessen Ki'hlosse l''olge zu leisten, wo ihm unter
anderen Kchwcizern auch Louis d'Affiy, der Sohn des ehe-
maligen überstell der Scinveizcrgarden, vorgestellt wurde.
Der General schien grüßen tJefallen an der Unterhaltung
mit diesem schweizerischen Edelmann gefunden zu haben;
aus nalieliegenden Gründen bezog sie /^u li nuf die schweize-
rischen Verhältnisse. Jedenfalls vergäll er ihn iiiclit und be-
zeichnete ihn, als er die Konsulta iui -Jahre 1SU;{ nach Paris
berief, zum künftigen LandauunauLi der Schweiz.
Gegen fünfeinlmlb Uhr abends kam Bonaparte, oder
der „Räuber des Veitlins", wie ihn ein neuerer schweizeri-
acher Gesohiohtflschreiber nennt, in Bern an. Er hatte dem
*) So nannte ihn Bonsparte.
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Oberst Wiiratemberger schon uiiterwc^iü (lau Hcdimern üus-
gesprochcn, daß er sich riclit hiTijrc in tlur Hauptstadt auf-
halten kiinne, da er am niiclistcn Tnpo in Basel einzutreffen
hoffe. Rs scheint, daß ihm der Unfall mit seinem Wagen bei
Miirten sehr zustatten kam, denn nun hatle er einen ^nten
Ci iiml,- nicht zu lange in Bern verweilen /.u miisKeii. .Iwlen-
fiills scheint die Abneigung Boiiapartes gegen {lie aristo-
kratische Regierung des mächtigsten Kanlmiti der Schweiz
auf Gegenseitigkeit beruht v.w liahcn, denn der l'Inipfang in
Bern gestaltete wich iiieiir als kühl : kein einziges ,,\'ivc Hona-
parte" warzuhören. DerHtadtuiajorvunMunilthegriiBteden
Generalim Namen seiner Regierung. Als iionapartc gegen ein
Mitglied der Kcgiening die .\nlJerung tat, man üollc aus dem
Waadtlande einen 1+. Kanton maehen, wurde diese He-
merlvung mit Hoclnnut, fast mit Verachtung abgewiesen.
Nachdem die i'fcrdc gewechselt worden waren, ging es,
ohne daß Bnnaparte da.^ für ilin im Gasthof zum Falken
hergerichtete Nachtmahl berührt hatte, gegen GUhr weiter.
Erst in P'rauhrunnen machte er nach 8 Uhr halt. Da er
nicht ohne miütarischp liedeckung reisen w<)llte,die Husaren
aber unfähig waren, den Kitt fortzusetzen, die versprochenen
Dragoner auch nicht ankamen, umßte rruin bis .Mitternacht
warten, ehe man wenigstens einige Hauern zuBanimenge-
braoht hatte, die zu Pferde steigen konnten! Er vorbrachte
die Zeit inzwischen im Gespräch mit dem Oberstleutnant
Wurstemberger, dem Oiiersirn von Craffenried von Gerzen-
see und besonders mil dem l'atsherrn und Bankier Albrecht
H;i!ler, einem Neffen des (ieneralvcrwalters der Italienischen
Ai'mee, Rudolf Emanuel Haller.
Der Oberst von Graffenried von Gerzensee, der den
(ieneral Bonaparte mit dem Oberst Wurstemberger bis Solo-
thurn hegleitete, hat uns auch eine interessante Charakte-
ristik des jungen Generals aus jenen Tagen hinterlassen.
„Bonapute trug eine einfache Frackunifomi, enganschlie-
11
ßende Beinkleider und Sbefd. die biB an (1r' W ack n rcicli-
ten und mit einer Gtoldfichnur besetzt waren, hcinc Klei-
dung war im allgemeinen aehr einfach. Die herum crfü! lan-
den Haare waren m einen Zopf zusammengebunden, l'.r
war sehr blaß und sehr mager, hust-ete oft. al« wenn er
brustleidend wäre, und seine Brust war eingefallen. l;,r
hatte eine sanfte, weiche fetimtne.
Vor. wahrend und nach dem Abendessen unterhielt er
sich sehr lebhaft, stellte viele tragen an die Herren Wur-
stemberger und Haller. Iiorte iliiieu aufmerksam zu und
schien großes Interesse an ihrer Unterhabung zu nehmen.
Wie es schien, wav er sehr zufrieden. &eino Rede war kurz
und bundic und äußerst interessant. Seine Augen waren
sanft und sprcclicnd. seine &timme angenehm und sein
Mund au.'-riruckHvnil.
W nn n 1 1 II la W t n i 1 d ( ne
rale nchtete, blieben sie .'ituiiim wie v ersteinere und watrten
mcnt, aen Muna auizumaxinen. Auuer aai) iier tjenerm Ju-
not*) bei Tisch einen Bericht über den Schultheißen Steiger
erstattete, habe ich ihn nicht ein einziges Wort sprechen
hören. Auch der General Marmont war sehr zurückhaltend,
jedoch beide Herren benahmen sich außerordentlich hof-
lich gegen uns. Der General Marmont schien ebenfalls bniat-
leidend zu sein und war weiß wie eine Wand. Die drei ande-
ren Herren sah ich nur während des Sasens, denn sie ver-
ließen gleich darauf, das Zimmer."
Am 24. November früh 1 Uhr kam der General mit seiner
Breitling in Solothum an; dann ging es naeh eineiu Halt
von einer Stunde weiter, und gegen 7 Uhr morgens empfing
er in Waldenburg die Abgeordneten der Stadt Basel. Denn
als der General an der Grenze in Lai^^enbrack ai^ekommen
war, hatten ihn die Abgeordneten schlafend angetroffen
und nioht gewagt, ihn zu wecken.
*) Junat wurde eist am 9. Januu ITBfl lum Brigadegeneial ernannt.
12
Schon in Liestal brachte man ihm das lebhafteste Inter-
esse entgegen. Aber noch glänzender als in Genf wurde der
junge General in der Stadt Baad empfangen, als er gegen
12 Uhr daselbst ankam. Man erwiea ihm fast dieselben
Elireii wie einem gekrönten Haupte. Nahezu die ganze Stadt
und die Bewohner der umliegenden Ortschaften waren auf
den Beinen und bildeten Spalier, um die Einfahrt dea in so
kurzer Zeit zu Berühmtheit gelangten jungen Generals zu
sehen !
Zwei Kuriere Bonapartes eröffneten den Zug; ihnen
schlössen sich die Jäger zu Pferd der Basler Freikompagnie
an. Dann folgte eine mit sechs Pferden bespannte Karosse
mit den Abgeordneten des Kantons und darauf der Wagen
des Generals, der von acht Pferden gezogen und von Husa-
ren begleitet war. In einem dritten mit sechs Pferden be-
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spannten Wogen saßen vier Offiziere seiner Un^bung. Ein.
leioliter Wagen mit den Bedi«iten der Offiziere und eine
Äbtdlung Drt^oner besohlosaen den Zug*).
Vor dem St. Albantors wurde Bonaparte von dem fran-
zösischen Geschäftsträger Bacher, von dem Baaler Bürger-
meiater Bnxtoif, vom Oberzunftmeister Peter Oohs, sowie
von den vier Qeheim- und Krtegeräten Burkhardt, Rosen-
burger, Iselin und Faxavioini bewülkomnmet. Er stieg im
Hotel zu den „Drei Königen" ab und konnte vom Fenster
des Speisezimmers aus zum eraten Male den Bhein .sehen,
den er späiter so oft als Sieger aber auch bisweilen als Be-
siegter üb^Bchreiten sollte !
Bonaparte beantwortete die Anrede des BürgrarmeiBters
Buxtorf in einer Weise, die ein gewisses AOBbehagen erregte.
Man fand vor allem den Vergleich mit Genf sehr ungeaohiokt,
denn man wußte, daß es bald mit der Unabhängigkeit die-
ser Schwesterrepublik vorbei ^n werde. Buxtorf war der
Vertreter der gemäßigten Aristokraten, während der Ober-
zunftmdster Ochs <Ue Demokriiten vertrat. Beide Par-
teien hofften viel von Bonaptu^ und von der französischen
Be^emng, doch soUten beide in ihren Hoffnungen bitter
getäuscht werden I
Kach einer kurzen Unterhaltung mit dem General
Uufour, Featun^^kommandanten von Hüningen, der Bona-
parte in aüner begeisterten Anrede als den größten Hann
der Welt bezeichnete, bestieg der Oberbefehlshaber gegen
5 Uhr seinen Reisewagen. Ehe er weiter fuhr, sprach er auch
*) Ea gibl einen sehr intereesaulen Holzschnitt von C. von Mecbel, der den
Emsug Bonaportoa in BaacI daratellt. Überhaupt aclifimt dcc Genoral dto
Basier Künstler saht btf»i:li[iftißt. ai haben, denn man besitzt nocli oinon
holoncrten at.ieli von SI, Woeh-r hus iincn ^'nciii. Jii.ltf l.-t7,trri>s Bild
für sclir ciiiirdliUTiiHiNeli und itilf iej..!,inl : i,l «eil rnifernt v.m d™
und ItaniuaisclicJi l'Qrtrateii jener /.eil. Dur htiuii lat nelir weiug bekannt;
ich habe ihn deebalb und seiner Onginebtat wegen als Titelbild diese«
Bandes gewählt.
11
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noch mit llengaud*), dem Abgesandten dos DirektoriumB.
Dieser sollt« in der Geachichte der Schweiz der nächsten
Monate bald eine berüchtigte Rolle spielen. Dann ging die
Reise weiter, und in kürneater Zeit befand der General sich
auf deutschem Boden.
•) .Tosppii Slangaud, ein Verwandter ReubellK, aus Bolfort gübüitig. war
Knde Septomber 1787 in die Htliweii gesiindt »ordeii. am die AiiswoiauiiB
des englischen Oeflandten Wickliain zu vurlangun. Am 2.1, Dimetnbfr unirde
■ ■T an Stolle Bsclivra Gescliäftxträgcr der Franzi>..iH<'lieii Rp|)iib1ik bei der
Sclm-i-izerischeii kSidgeiiaawnw'liBrt. Sclion im Soiniiirr (!e;< fol^.'TidL'ii JalirPH
«•urdf ..r ablK-nifpn und vi-rlicO \m .Tiili die Spliivcii.
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Bonaparte hat sich im ganzen drei und einen halben Tag
TOD Dienstag nachmittag, den 21. November, bia Freitag
abend, den 24. November, auf ßchwrazeriaohem Boden auf-
gehalten. Man hat diese Böse öfters für eine culitäliBohe
Erkundungsreise des wtblickenden Generale gehalten. Es
scheint aber, daß man den Ideen Bonapartes za weit tot-
gegriffen und ihm Abdchten unterschoben hat, die er gar
nicht hatte.
Die Beise duroh die Schweiz war durchaus eine Notwen-
digkeit für ihn, um nach Rastatt zu gelangen, und er tat
altes, um die Fahrt zu beschleunigen. Man weiß, daß Bona-
parte im Sommer 1797 Absichten auf eine Militäraixaße
von Frankieich nach Italien durch das Wallis hatte. Dieser
Plan wurde aber vermutlich aufVeranlassui^deaschweizer-
freundliohen, damals gestützten Direktors Biniih^iemy am
13. Juli abschlSgig beschieden. Infolgedessen wurden auch
keine weiteren Schritte in dex Sohwdz getan. Wenn der
General von neuem auf diese Angelegenhedt hätte zurück-
kommen wollen, dann wurde er gewiß smnen Weg über den
Simplon genommen haben, denn in Sitten hätte 'er am be-
sten die Ansichten der führenden Walliser H&mer kennen
lernen können. Natürlich benutzte Bonaparte bei seiner
Durchreise durch die Kantone Genf, Bern mit dem Unter-
tanehland Waadt, Solothum und Basel, seiner Gewohnheit
gemäß die Gelegenheit, über die sohweizeiisohen VerhSlt-
nisse Erkundigungen einzuziehen, die ihm später einmal
zu statten kommen konnten.
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ZWEITES KAPITEL
DIB SCHWEIZ AM ENDE DES ACHTZEHNTEN
JAHRHUNDERTS
leit Berlin der Neuzeit machte sicH in den meisten euro-
O päiaclieii Ländern der Wunsch nach Vereinigung zu einem
engerenStsatBwesen bemerkbar. InderSchv^izeriechenEid-
genoaeenBchaft hingegen war im Laufe der Jahrhunderte ge-
radedBsQegenteU,eineofFenbareZer8pljitterung, eingetreten.
Trotz der verschiedenen Bündnisse, der Land&iedens-
schlüsae and der Verpflichtungen dieser oder jener Orte, eich
im Kriegsfälle zu unterstützen, trotz des Vororts und der
TagsatzuDg bestand in der Schweiz in der Tat kein Staaten-
bund. Die Schweizerische Eidgenossenschaft konnte nicht
als ein einheitlicher, fest zusammengefügter Körper mit
Haupt imd Gliednn, betrachtet werden. Jedes Land, sowohl
verbündete Orte als Zugewandte, war ein völlig onabhäi^-
ger Staat mit eigener Verfassung imd erkannte kein höhe-
res Recht über sich an.
Im Inneren der Eidgenossenschaft herrschte die be-
schränkteste Kleinstaaterei. Der frühere Unternehmungs-
geist bestand nicht mehr; man war nur darauf bedacht, das
seit Generationen Erworbene zu hüten. „Jeder für sich,
doch keiner für alle" schien der Wahlspruch zu sein. Selten
gelang es einem Kanton*), den Nachbarstaat oder sogar
mehrere Staaten zu einem gemeinsamen, für das Wohl der
■) .£anh]n" ist die französische CbeTHliung dea dputanlicn „Ort". Abernst
seit dem Jabre ITBS wurde die Beaeicbnung „Kanton" üboi«ll angcnommon.
17
ganzen Eidgenossenschaft nutzbringenden Friedenswerk zu
bewegen. Es gab weder eine einheitliche Münze, noch gute
Postverbindimgen, noch eine fahrbare Straße naoh Italien.
Dachte doch jeder Staat nicht weiter als bis an die Grenz«
seines eigenen Gebiets «nd an die nächstliegenden Vorteile;
sonst würde er den Nutzen einer guten Straße, zum Beispiel
über die Alpen, die im Interesse der gesamten Eidgenossen-
schaft lag, gar bald erkannt haben. Überall überwogen die
kloinstaatlicben B^trebungen, die eine kräftige, gesunde
Politik nach außen hin nicht aufkommen ließen. So stritten
sich Zürich und Schwyz 30 Jahre lang um gewisse Rechte
auf dem Zürichsee, und mehr als einmal drohte der Krieg
wegen dieses Streites zwischen beiden verbündeten Orten
auszubrechen!
Obgleich die Schweiz wegen ihrer vorzügliciien Söldner
seit Jahrhunderten einen europäischen Rni genoß, und die
beutegierigen Nachbarn die 120 000 wehrfähigen Männer
fürchteten, die die gesamte Eidgenossenschaft aufzubrin-
gen vermochte, so stand es doch sehr schlimm mit dem Bun-
desheere. Dies lehrten auch die Ereignisse des Jahres 179S
zur Genüge. Tllaii besaß weder einen gemeinsamen Schatz,
noch Mittel, um ein Bundesheer zabesolden, noch hatte man
einen Bundosgeneral.
Den wichtigsten und ältesten Bestand der Schweize-
rischen Eidgenosse uachaft bildeten die dreizehn Orte. An der
Spitze standen die acht alten Orte: Zürich. Bern, Luzcrn, Uri,
Schwyz, Üntcrwaldcn ob und nid dem Kernwald, Zug und
(Slams. Dann folgten die fünf jüngeren Orte: Basel, Frei-
burg, Solothum, Schaff hausen und AppenicelL Alle waren
untereinander verbündet und hatten sich im Kriegsfälle
HiKe zu leisten. Obgleich das Bündnis im allgemeinen auf
Gleichberechtigung beruhte, so hatten die alten acht Orte
doch gewisse Sondervergünstigungen, zum Beispiel das freie
Kriegs- und BündniBrecht.
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Set ((^»(igecifi^e UtfuHilintt.
1»
Diesen dreizeliii Orten Hclilussen sich die Untertanenlande
an, die in eigentliche Untertanen und gemeine HerrBchaften
oder Vogteien zerfielen, Sie wurden meist von Landvögten
mit großer Willkür behandelt und hatten nur wenige Ver-
günstigungen. Bern besaß die Waadt und einen Teil des
heutigen Aargau, Uri das Urseren- und Livinental, Glarus
die Grafscliaft Werdenberg usw.
Einige der dreizehn Orte besaßen gleichzeitig gemeine
Herrschaften; so teilten sich Bern und Frf'il)iii!; in iM-and-
son. Hurten, Bchwareenhurg und Orhe-E( li:illi'ii>, die l^iin-
tone Zürich, Bern und Ularus in die Gnifsuhalt Bailon,
RapperswÜ und das untere Freiaint im Aarsiau.
Schließ] h t ] n 1 1 St i 1 / a It
größerem oder nermaerem Abhaneiekeits Verhältnis zu den
d InOt h n i ¥ b Site II d
•Stadt Kanlvt Callen. die Htudt Biel und das Wallis.
In 111k \ 1 It ! S 1 z 1
Eidgenossenachaft befanden sich Graubunden, oder wie der
Kanton damals hieß ..die drei Bunde m Ratien ". femer die
Stadt Mulhausen, die ein ..ewiges Bündnis " mit den drei-
zehn Orten geschlossen hatte, und das welüiche Fürsten-
tum Neuchätel, das nur mit einigen der dreizehn Orte ver-
hüll tk-t war.
Am lo.^eston war wohl die i^tollung der Stadt (ienf zur Kid-
gennssen.whüff , 8ie stand mit den beiden wichtigsten Kan-
tonen Hern und Zürich im Uiindnis, doch war sie ebensowe-
nig wie Neueliätel zur Tagsal/.ung zugelassen. L'rsprünglich
eine ai istükralisehe liepubük. lialleti in Genf die demokrati-
sohcn Elemente im J-aufe di-x IK. Jahrhunderts immer niehr
Einfluß erlangt und so den AriK-MulJ an die Französisuhe
Repuhlik erleiehlert. l^is;eTi artig war aueb die Rteilimg des
Fürstbisohofs von Basel zu den dreizehn Orten; er war
zwar ein Eeichsfürst, doch war er niit Biel und Bern ver-
bündet. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts lösten sich seine
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licxictiiingcn zur Bohweizeriaohen EidgenossenBchaft immer
Im Cchirge, dem ^riilJeicTi Teile der Scluveiz. vo die lie-
woliner iideh in fieiem XaturKuwt:uKi lebten, «ar die deuio-
kratisclie Regien.ngrfform vorlierr^eliend. In der Khi-w- und
in de!iMittelgebirgenliingef!;en, wo nicli der größte, wielitig-
9te. gehiidetKte und gewerliefleißigwte Teil der Bevölkerung
befand, liatten sieli in den versoldedenen Kantonen ariülo-
kratisclie Regierungen gebildet.
AIm ein Muaterland in der Solnveiz, überhaupt in patiz
Europa, galt der ..Staat und dii^ Republik Bern" .eine reine
Patrizieraristokrat io. Hurke hielt das Berner Volk für das
glüeklichste und das Land für dan am besten verwaltetste
der Erde. Bern stand /war Zürieli im Rnntte naeh, doeli war
er der wiehtigste, angesehenste und volkreichste Kanton
der Eidgenossenschaft, das Preiilien der Schweiz. Er zählt«
gegen 400000 Einwohner, deren Geschiek in den Himdendes
tüchtigen Sehiiltlieißen Nikolaus Friedrieb von Steiger lag.
Die HeLsenden, die im 18. .lalu hundert die S<;hweiz be-
suchten, sind Vül! des 1-obes, das sie dem lierner Staatswe-
sen im Vergleich zu den Naelibarstaaten zollen. Und in der
Tat war da-s Lob nieiit unverdient. Seit dem .Jahre 1712 ge-
noß das Land einer Hube, wie kein zweiter Staat der alten
und neuen Zeit aufzuweisen halte. lOin gesunder, arbeit-
samer, wenn auch ein wenig nüchterner Volksstamm be-
arbeitete seit Menschcnaltern den Boden, und eine wci.se Ver-
waltung tat das übrige, um den Wohlstand der ]^cwollner
des I^andes in jeder Hinsieht zu heben. t>b|;le!ch es in der
Republik Bern fast keine direkten Steuern gab. konnte der
Staat nicht allein die Kornmagazine imd Zeughäuser füllen,
gute Straßen anlegen und prachtvolle Gebäude aufführen
lassen, sondern es gelang ihm auch, von den jälirlichen Ein-
künften etwas beiseite zu legen. Die Überschüsse der Ein-
künfte des Kantons wurden teils im Auslande teils im In-
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lande gut und sicher angelegt, und der Staatsschatz schwoll
gegen Ende des 18, Jahrhunderts bis auf über 30 Millionen
Franken an. Begreiflicherweise erregte der Beichtum des
Staates tind seiner Bewohner den Neid der beutegierigen
Nachbarn, besonders der Franzosen, die eioli vohl gehütet
haben würden, sich in die inneren Streitigkeiteii der Schwei-
zer einznmiBch^ wenn nicht in der Feme die gefüllten
Goldsäcke geloekt hätten!
hl äbnliofaer Weise wie in Bern waren die Staatswes^
in Lnzem, SVeiburg and Solothum gebildet, nur war hier
die Bevölkerung katholisch im Gegensatz zu dem reformier-
ten Bern.
Seitdem die sowohl kirchiiuhe als auch politisclie Beform
Zwingiis in Zürich Verbreitung gefunden hatte, galt Luzem
als der Vorort des Kathohzismus in der Schweizerisohcoi Eid-
genossenschaft. Freiburg, dessen Bevölkerung zum größten
Tdle französisch war, hing vollkommen von Frankreich ab
und stellte diesem Staate verh^tnisrnSBig die meisten Söld-
aer der Schweiz. Mit Solothum stand es nioht besser als
mit Freiburg; hier befand moh auoh der Sitz des fiamösi-
sohen Gesandten.
Der Stellung nach war Zürich der erste, der Größe nnd
Hacht nach aber der zweite Kanton der Schweizerischen
Eidgenossenschaft. Hier herrschte seit Jahrhunderten die
Zunfttuistokratie. Obgleich die Bürger der Stadt die ganze
Macht an sich gerissen hatten, so war doch im allgemeinen
die Kegierung gut und auch für die Landbevölkerung nicht
zu drückend. Wie im Kanton Bern gelang es der Obrigkeit
auch hier, Ersparnisse zu machen. Und dennoch gab de be-
trächtliche Summen für Anlegung von Kommagazinen,
Krankenhäusem und für andere wohltätige Einrichtungen
aus. Gkmz besonderen Wert legte die Begierung auf das BO-
dongswesen und verdrängte somit die Stadt Basel, die sät
Jahrhunderten auf diesem Gebiete die erste Stellung in der
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Schweiz einnahm. Zschokke rühmt in seiner „Sei bstso hau"
die hohe Kultur an den Ufern des Zürcher Sees, besonders
in Stäfa. Dort waren ui den neunziger Jahren des 18. Jahr-
hunderts Unrulien auagehrochen. Er fand nicht nur in den
armen Bauernstuben die Schriften Wielands, Iseiins und
Mosers, sondern in den Dörfern auch Liehhabertheatcr und
Leeegeseliachaften. In Religionssachen war man jedoch
wenig duldsam; man zeigte sich ebenso hart in den refor-
mierten Kantonen als in den katholischen Staaten der
Schweizerischen Eidgenosse nach aft. Die poUzeilichen Ver-
ordnungen waren gleichfalls sehr streng, fast überstreng,
denn sie regelten das alltägliche Leben bis ins kleinste und
bestraften vor allem jeden Aufwand. Aber im allgemeinen
ertrug man sie gern, denn das Volk sah die wohltuende
Wirkung einer strengen aber gerechten Regierung.
Die Kantone Basel, Schaffhauaen und Sankt Gallen hatten
ähnliche Verfassungen wie Zürich. Basel war im Laufe des
18. Jahrhunderts durch seine günstige Lage, dicht an der
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Oienze von Deutschland und Prankreici, äaa widitige
Fabrik- und HftndelBBtedt geworden. Audi hier hatte der
Bürger große Vorrechte vor dem Bauer. Die efaemals be-
rühmte einzige Umversität war infolge der materieUen In-
teressen der Basier zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken
und sollte fiah erat im Id. Jahrhundert wieder erheben.
Die Verfassung dee Kantons war ein w^g demokrati-
scher als in Züiioh. Auch in Ba«el waren die Landbewohner
von den meisten Vorrechten anagKohlosBen.
In der Stadt Sankt Gallen war schon vor hundert Jahren
eine blühende Industrie zu Hause, die eine groBe Anzahl
von Arbeitern aus den Nachbarkantonen beschäftigte. Bs
war eän leinw Stadtkanton ohne großes Hinterlimd.
Sine eigenartige Stellung nahmen die Monarchien Sankt
Gallen und Neuch&tel auf dem Boden der Sckweizerisdien
EidgeiuKsenschaft ein. X>er Fürstabt von Sankt Gallen ver-
fügte über einen der größten Kantone der Schweiz und hat-
te daa Tiertgrößte Kontingent zum Bundesheer zu stellen.
Sankt Gallen war fast eine absolute Monarchie, denn das
VoJk hatte nahezu keine politischen Rechte.
Das weltliche Fürstentum Neuoh4tet gehörte zwar seit
dem Jahre 1707 dem König ron Preußen, doch bestand die
Herrschaft des Prenßenkönigs nur dem Kamen nach. In
Wirklichkeit lag die Macht des Landes in den Himden
des Keuohäteler Adels.
In den Gebirgskantonen Schwyz, Uri, Ob- undNidwslden,
Glarus, Appenzelli Inner- und Außeroden und Zug herrschte
hingegm die reinste Demokratie. Ke Landgemeinden,
die aus allen erwachsenen Männern ohne XTntersohied be-
standen, entttohieden über Wohl und Wehe des Landes.
Im Frühji^ wurde die Maiengemeinde einberufen. Dort
wurde alles erledigt, wae das Land anging. la diesen Kan-
tonen, vielleicht von Glarus abgesehen, bemerken wir noch
ein Stück Mittelalter, mit allen seinen Schatten- und liobt-
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aeiten. Für den oberflächlichen Reisenden und Beschauer
allerdings waren diese Geb irgskan tone ohne Steuern, ohne
Polizei, ohne Soldaten, ohne Zunftzwang ideale Staaten;
einem tieferen Beobachter aber entgingen die Sohw&ohen,
zum Beispiel Mangel an persönlicher Sicherheit und der
fanatische Beli^onseifer, durohaus nicht.
Bndlich sind noch das Wallis und Graubünden zu er-
wähnen. In beiden Ländern bestand eine primitiTe Ver-
fassung, doch trat dasVolk nicht in der Landsgemeinde zu-
sammen, Bondem übte daa Referendum aus. Eigentlich
bestand das Wallis aus sieben kleinen Bepubliken, deren
Angel^jenheiten vom Landrat erledigt wurden. In diesem
Kanton herrsohten wohl die UTSprängliohsten Zuetfinde der
Schweiz; Viehzucht und Äckerbau standen auf einer sehr
tiefen Stufe. Auch war das Volk sehr faul und fanatisch.
Besser sah es in Craubünden oder in den Drei Bünden
von Bätien aus, wenigstens was Wohlstand, geistige Bil-
dung und ÄrbeitsfleiB anlangt. Hingegen waren die Amter
im Besitze «niger vornehmer Familien, die sich vorwi^end
in fremden Kriegsdiensten Ansehen und Vermögen erwor-
ben hatten.
Am schlimmsten war es mit den gemeinen Herrschaften
bestellt, die zweien oder mehreren Kantonen zusammen
gehörten. Hier wäre ÜLsbesondere der Tessin zu nennen.
Dem Beieenden, sogar dem tiefer Beobachtenden bot
dieses aus über 20 Ländohen bestehende Staatcngobilde je-
doch einen sehr günstigen Anblick dar. Die Bewohner dieser
mehr oder weniger an Sprache, Sitten, Religion und Ver-
lesung verstriüedenen Staaten lebten ruhig und glücklich
dahin und schienen sifdi wenig um die große Politik der
Nachbarländer zu bekümmern.
In der Tat war auch die wirtschaftliche und gesellschaft-
liche Lage der Schweiz am Ende des 18. Jahrhunderts ver-
hälbiismäßig gut. Der Bauer war zumeist Besitzer des von
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ihm bearbeiteten Bodens, und die Industrie erntUixte in den
Städten und den umgebenden Dörfern zahlreiche Bewoh-
nfli. Obgleich der strengste Zunftzwang bestand und die
Klassen weit voneinander eohied, so waren doch kdne trif-
t^en Grflnde vorbanden, die eine StaatsumwSlzai^, wie in
Frankreich, nötig gemacht hätten.
Das größte Unglück für die Bchweizetische Eidgenossen-
schaft war ihre Sohwüohe nach außen hin. Wie schon
früher ausgeführt worden ist, gab es tatsächlich keine ein-
heitliche Schweiz, und jeder Kanton war mehr auf seme
Sonderinteressen als auf die der Gesamtheit bedacht. iDieser
Zustand mußte unbedingt den Fall der alten Schweiz, die
unglücklichen Tage von Solothnm, Freiburg, Neuene^ und
Fraubrunnen hrobeiführen. Senn als der F^nd im Januar
1798 endlich auf aohweizerisohem Bodrai stand, der seit
Jahrhunderten von keinem fremden He^ betreten worden
war, als endlich Bern am 28. Januar die verbündeten Orte
um Hilfe anging, da war es schlimm mit dem Ergebnis be-
stellt. Nur wenige tausend Mann wurden von den anderen
Kantonen zusammengebracht, und diese zusammengewär-
f^ten Slfstrappen, ohne jegUohe Einheit und ohne tüohläge
Führut^, versagten vollkommen in den Stunden der Ge-
fahr!
Von allen Nachbarländern hatte Frankreich, mehr noch
als das Deutsche Reich, den größten Einfluß auf die Schweiz.
Standen doch nicht weniger als 12 Begimenter von 28, die
die Schweiz von altersher in fremden Staaten unterhielt, in
französischem Sold. Es ist begreiflich, daß sich allrän durch
diesen Umstand die Beziehungen der Schweiz zu Prank-
reich besonders eng gestalten mußten.
In den ersten Jahren der französischen St aat^um wälzung
betrachtete man in der Schweiz die Vorgänge in dem großen
Naohbarstoate mehr mit Neugierde als aus Furcht, durch
die öffenthohe Meinung gezwungen zu werden, auch im
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eigenen I^ande Veränderungen vornehmen zu müssen. Als
sich aber in Pa.ris ein Schweizerklub zu bilden begann, und
zahlreiche des Landes verwiesene pohtische Flüchtlinge
auch in der französischen Hauptstadt Propaganda für eine
Demokratisierung der Schweiz niacliten, da galt es, aUmäh-
lieh Stellung zu den neuen Ideen zu nehmen.
Nach ujid nach fing es auch an, in den Untertanenländem
unruhig zu werden, denn die freiheitlichen Bestrehungen
fanden immer uielir Eingang in den Nachbarstaaten Frank-
reichs. Die .\ufst.andsversuche in der Waadt im Herbst 1790
und im Herbat 1791 wurden jedoch von den Bemem schnell
unterdrückt. Auch die Unruhen im Wallis im Jahre 1790
nahmen ein schnelles Ende.
Tiefen Eindruck auf die Eidgenossenschaft maehte der
Storm auf die Tuilerien am 10. August 1792, der zahllosen
Schweizern das Leben kostete. Es wäre beinahe damals zu
einem Bündnis der Schweiz mit Österreich und Preußen
gekommen, um die Revolutionggefahr von dem übrigen
Europa abzulenken. Dem weitachauenden, würdigen Ber-
ner Schultheißen von Steiger gelang es aber nicht, die Kan-
tone zu einem gemeinsamen, entschiedenen Handeln zu be-
wegen. Gerade jetzt n^ie die beste Gelegenhüt gewesen, das
Sohweizervolk aus der hundOTtjährigen Buhe und Sorg-
l(»igkflit ao&urütteln und Maßnahmen für die Sicherheit
der Grenzen zu treffen. Zwar forderte Bern am 17. August
I^burg, Solothum und Luzem zu einer Beratung auf, um
Bilaßnahmen im Falle eines französischen Angriffes zutref-
fen. Freiburg und Solothurn, die den waten feindlichen Stoß
auszuhalten gehabt hätten, waren wohl zur Tat bereit, doch
verhinderte die Bemet Friedenspartä, und zwar nicht am
wenigstenanf denBatdes VorortsZüriohlda, ernsteHaßnah-
men. Das Land sollte noch sechs Jahre lang von den unheil-
vollenKriegs wirren verschont bleiben, um dann umso stärk»;
verschiedenen feindlichen Einfällen ausgesetzt zu werden!
27
Auf Grund des Bestrebens, Prankrdoh auf die ,jiat&r-
liohen Grenzen" anszudehnen, beschloß der kriegalustige
Nationalkonvent im Herbst 1792, einen Handstreich auf
Genf zu untemehnien. Donk der Wachsamkeit der Bemer
Kegierung konnte die Gefahr noch abgewendet werden,
ehe der Plan zur Ausführung kam. Hehr Glück sollte
die firanzösische Regierung mit dem Pruntmt (Forreatruy)
haben, das sich am 27. November 17S2 als „Bftui^<>lÜBche
Bepublik" (ß4publique rauracieime) bildete nnd dann im
nächsten Frühjahr als Departement Mont Terrihle in die
französische Bepnblik einverleibt wurde. In den nächsten
Jahren besserte sich ein wenig das Verhältnis zwischen bei-
den Staaten, wohl nicht zum wenigsten durch die Geechick-
liohkeit und den Takt des französischen Gesandten Bor*
th^my. Die Einverlcibungsgelüste der Pariser Machthaber
wurden daher einstweilen aufgeschoben.
Wenn aber die Regierungen der schweizeriecheoi Kan-
tone keine MaBnahmen trafen, um ihre Unabhängigkeit
nach auBen hin durch entschiedene Haltung und durch
Aufstellung eines Heeree zu wahren, so unterließen sie es
doch nicht, jede Veränderung im Innern zu unterdrücken.
Im Sommer 1794 waren in Stäfa, im Kanton Zürich, Un-
ruhen ausgebrochen, die von der Regierung mit größter
Strenge unterdrückt wurden. Noch schlimmer war das
Stra^ericht, als sieh die Aufstandsversuohe im nächsten
Jahre mit größerer Heiligkeit auch in den Nachbardörfern
wiederholten.
Meia Erfolg hatte die revolutionäre Bewegui^ im Ge-
biete des Abtes von Sankt Gallen im Jahre 1796. Der alte
Fürstabt Beda sah sich zu Zugeständnissen gezwungen, die
nach seinem im niohsten Frühjahr erfolgten Tode auch
von seinem Nachfolger nicht widerrufen werden konnten.
Der Au^leioh führte zur Einsetzung einer Volksvertretung
im Sommer 1797.
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Als durch die Friedensschlüsse von Basel und, zivei Jahre
darauf, von Campoformido die Zahl der Feinde der Franzö-
sischen Bepublik vermindert worden war, bekam man in
Paris wieder Lust, eich mit der Schweiz zu beschäftigen.
Barthelemy, der beate IVeund der Schweiz, der jahrelang
in den Berichten an seine Regierung zum (Juten geredet
hatte, war aus dem französischen Direktoriuni gewaltsam
entfernt worden und befand sich auf dem Wege nach Biaof
mary! Die Kriegspartei, die vor allem durch Reubell und
Bonaparte in Frankreich vertreten war, bekam jetzt freie
Hand und wurde immer anmaßender.
Aber in der Schweiz erkannte man die drohende Gefahr
erst, als es zu spät war! Iin Ausland lebende Schweizer, wie
der Historiker Johannes llüllcr, der im Auftrage der öster-
reichischen Regierung im Sommer 1797 eine Reise durch die
Schweiz unternahm, oder der Botschafter der Stadt Frank-
furt, Johann Gottfried Ebel, verfehlten nicht, mündlich
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oder schriftlich auf die beängstigenden Absichten der ban-
zösiachen Regierung hinzuweisen.
Noch im letzten Äugenblick, als es noch Zeit für die
Bemer Regierung war, einen entscheidenden Schritt zu tun,
achrieb Tacharner, der eidgenössiache Gesandte auf dem
Kongreß in Bastatt, am 2. Januar 1798 in seine Heimat:
„Frankreich wiU uns revolutionieren in der Absicht, uns
brandschatzen und beherrschen zu können; Frankreich,
will eine Celdextorsation, und Mutach und Tillier werden
in Paris nichts ausrichten, weil das Direktorium eine große
Kontribution in der Schweiz bereits beschlossen hat. Von
der GeaamtBoh'weiz hofft es 60, von Bern 24 IfiHioiira zu
erhalten, und niohts mehr wird nna von der beabaiohtigten
SpoUation rettenkönnen als derentsohlo68enste>A^erBtand;
dieser allein wird unseren Negotiationeo Nachdruck geben
und uns selbst bei Bonaparte Ächtung verschaffen) weil er
Mut und Tapferkeit ehrtt"
Schon die Abtrennung des Veltlins im Sommer 1797*)
hatte keine Folgen nach sioh gezogen, das heiSt, kdnen
Widerstand von säten der Schweiz hervorgemf^ Die
Bitte der französischen Biegierung, die Emigranten aus-
zuweisen, wurde immer dringender, und die schwachen
Kantone beeilten sich meist, den Wünschen des französi-
') Vgl. den zweiten Band, Säte 401 bis 402.
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aclien Direkt oriuins sofort nnchzukomnicn. Sogar als der
französische Geschäftsträger llengaud, im Namen seiner
R«gieninf;, am 7. Oktober 1797, auf Crund eines Befelile
vom 15. September, die Ausweisung des pTigliscben Apeuten
Wickham aus der Schweiz verlangte, wurde üvieli diesem
Wunsche des Direktoriums entsprochen, und Wickliajn ver-
ließ, wenn auch freiwillig, den Schweizerboden.
Die Schweiz war reif, überreif für einen feindlichen
Einfall!
31
DRITTES KAPITEL
BONAPARTE IX KASTATT. — DIE GESANDTEN
DES DEUTSCHEN REICHS UND DER FRANZÖSI-
SCHEN REPUBUK. — ER3TE VERHANDLUNGEN
(November bis Dezember 1797)
t^ber Miilllioiin, Ereiburg im Brt'i.igau und Offenburg ging
,■ es jetzt in schnellem Lauf auf liatitatt zu. Durch Müll-
heim reiste Bonaparte am 24. November 17!)7 nachts um
ein haib zehn Uhr und wurde vom Geheimrat Groos auf
badischem Gebiet begrüßt. In Freiburg scheint der General
nicht sehr beliebt gewesen zu sein; jedenfaUs hielt er sich
dort nicht hinge auf. Er kam zwischen 1 und 2 Uhr an,
nahm seinen Aufenthalt im Gaathaua zum Möhren, und,
naclideni die Pferde gcweclisolt worden waren — man
brauchte nicht weniger als 22 — ging nach ein und einer
halben Stunde wieder weiter nacii Offenburi;, Diese Stadt
war damals das Hauptquartier des Generals ^^ugereau, der
für seine Verdienste vom 18. Fructidor am 23. September
17<j7 zum Obergeneral der Rhein- und Moselarmee und
dann nach Koches Tod auch vorübergehend zum Befehls-
liaber der Ranibre- und llaafiarniee ernannt worden wex.
Hier kam es ku einem unliebsamen Zwischenfall zwischen
Napoleon und Augcrcaii. Nach den Bonapart« günstig
gesinnten Zeugnissen, vor allem aber nach denen seines
Adjutanten Lavalctte*), habe der General vor Augereaus
Hause tialt gemacht und diesen bitten lassen, lierunter-
*) I.BVBleUe WBT zvai Augenzeuge der Vingänge, die sicli in der Drogebuug
BonApartee währand dieser Reise absiüelten. doch darf nun nicht vergeoen,
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zukommeQ, da es ihm an Zeit fehle, liici^er aufzuhal-
ten. Der ehemahRe Untergeni.Tal der Itahonischeri Armee
habe aber antworten hiasen. er stn fienulc: mit dem Anklei-
den beschäftigt. In Jihnlieher Weise, auch ungünstig für
Augereau, stellen Marniont, ebenfalls als Augenzeuge, und
Boulay de la Jleurthe den Vorgang dar.
General Gouvion Samt-Cvr, der seclia Divisionen der
Armee Deiit^icldands befehligte, widmet diesem kleinen
Kreignis in seinen nnhtanaehen Memoiren, die übrigens
\-<>r decien Lavalettes erschienen, mehrere &eiten. Er ver-
teidigt seinen ehemaligen Vorgesetzten, obgleich er dessen
Sobwächen durchaus nicht ubersieht. Augereau habe naeh
Gouvion Saint-Cvrs Aussage die Absicht gehabt, Bona-
parte den glänzendsten Empfang zu bereiten und ihm zu
Ehl en über einen Teil seiner Truppen Musterung KU halten,
hiniajiarte habe ihm aber einen Streich gespielt, weil er in
eitlem Dorfe vor üffeiiburg Halt gemacht hätte und trotz
der VorsteJhmgen dea Adjutanten Augereaus sich nioht ins
Hauptquartier liegebon wollte, obgleioh er dort von dem
General erwartet Murde,
Augereau war ein überaus eitler, üclbst bewußter und
prunksüclitiger Menacli. Er hatte sich iveder bei der Ita-
lienischen Armee, noch weniger aber bei den Heeren an den
( Frenzen Deutschlands Freunde schaffen Ifönnen. Trotzdem
scheint es, daß man von Seiten der Verehrer Napoleons den
unbedeutenden Vorgang unnötigerweise zu Ungunsten Au-
gereaus aufgebauscht hat. Es ist wohl möglich, daß dieser
die Absicht gehabt hat, seinem ehemaligen Vorgesetzten
bei dessen Durchreise durch Offenburg einen ehrenvollen
Empfang zu bereiten. Die Umstände waren aber ungünstig,
und ßonaparte hatte groüe Eile, nach Rastatt zu kommen.
Sollte es sich tatsächlich so verhalten haben, wie uns
das er Mine Memoirea wlUireiid der ReetouratiDiuieit, also inmitten des be-
ginnenden Napoleonkultos fem in der Verbannung am dem Oedichtnit nie-
derschrieb.
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Lavalett« in seinen Erinnerungen berichtet, daß Augereau
mit Ankleiden*) beschäftigt war, so kann man ihm doch
nicht eine tinchrerbictige Haltung Bonaparte gegenüber
vorwerfen, weil er nicht an den Wagen des ihm damals im
ßange gleichstehenden (ienerals gekommen ist. Denn ein
General im Nachtanzug und mit Seifenschfliim im Gesicht
würde ge^^^ß kein zu würdiger Anblick für seinen Kollegen
von der Italienischen Armee gewesen sein!**)
Man näherte sich immer mehr dem Orte der vorläufigen
Bestimmung Bonapartes. Kurz vor Rastatt, am Nachmit-
tag des 25. Novembers, erreichte ihn eine Abteilung Szekler
Husaren, die dem französischen Gieneral das Geleit geben
sollten. Endlich gegen 10 Uhr abends kam der kleine Zug
in Sicht der festlich erleuchteten badischen Stadt. In einem
von acht Pferden gezogenen Wagen, der von der Begleitung
des Gener als und von k aiserlichen H usaren u mgeben war, hielt
Bonaparte seinen Einzug in Rastatt. Ei' wurde von seinem
früheren Generalstabschef Berthier, der bereits am 19. No-
vember abends eingetroffen, sowie von Murat, der seinem
General nach Rastatt vorausgeeilt war, ferner von den
Generalstabaoffizieren Sulkowski und Colbert empfangen.
Colbert war völlig von der Größe seines Oberbefehlshaber
hingerissen. „Da ist mein großer Mann," rief er begeistert
aus, „für den ich mich aufopfern würde. Je länger ich ihn
*) Hanh einigen Angaben ist Bonapoite nach HitMniaaht dnrch Offenlnng
gekimunen; vermulUchaberhater diew Stadt am irilclutai Morpm nach Ta-
gesanbruch durchreist.
**) Dia „Correspondauce loAdil«, ofRdells eCconfldeiitJdle delfapoMon Bodb-
parle" verzdohuet eiaea Briet Augereans an Bonaparte ans jenen Tagen, der
Kugnniten Augereaui ipricht. Man liest darin: „Sie ätid no unerwartet in Ot-
tenburg angekoniraen, als venn Sic au.i den Wolken gefallen waren. Sie haben
damit einem Ihrer aheraaligen rnterfülirer pinon sehlwliten Streich gespielt.
siohBrlieh nicht das Vergnügen cntyeliPn linbeii laNsen. Sie in iiniannen. Wis
man mir sagt, iat Baatatt niclit gerade der beqiioiiisto und angeiielmiste
Aotenthaltaort der Welt, und ich sende Itinen dotier meinen Adjutautai
FoomiM'. £r ist beauftragt, Ihnen einen Wagen, Pferde, kurz alles, was in
seiner Uacht steht, ztir Vertilgimg zu Btrllm."
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sehe, desto stärker finde ich ihn. Ich kenne Männer von
großem Verdieoat und großen Talenten, aber keiner besitzt
ein HO vollkomme nee Genie wie er. Ich habe Männer ge-
sehen, die Großes mit großen Mitteln vollbracht haben, aber
er, er weiß dieae Mittel erat zu schaffen!"
Der Freiherr Drais von Sauerbronn, das Haupt der
Eaatatter Kongreßpolizei, geleitete den General nach dem
östhch der Stadt gelegenen Schlosse, das durch Packeln er-
leucht etwar. Dort wurde Bonaparte vom General Grafen
Älerveldt begrüßt, den er bereits aus Itahen gut kannte.
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llerveldt war am Abend des 24. November in Rastatt an-
gekommen, während sich die beiden französischen Unter-
händler Treilhard und Bonnierd'Arco bereits seit dem 18. in
der Kongreßstadt befanden. Auch sie machten dem italie-
nischen Sieger sofort nach seiTiem Eintreffen einen Besuch,
Naelideiu Uonapitrte von Bertliii-r dvn vom liii-ekloriain
ratifixii'ilen Friedensvertrag von ( aniiioiiiiiuido ^on ie neine
Vollmacht als Präsident der frarii^ö.-isi'lieii (Jcsundi^cli.ift
empfangen hatte, Kog er Meli in die von .Mural für iliii aus-
gewählten Gemäelier im Heiken l-'liieel des Sehlossi S y.uvm-h.
Das Seldüll gehörte früher dem l'iin/en l.lld^^ ii; von
Baden. Hier war am ü. Mär/ 1711 duidi den ilar^eiiall
Villnrs und den Prinzen Kugcn von Savoyen der Frieden
zwischen Frankreich und dem Deut sehen Kaiser abgeschlos-
sen worden. Wohl auch aus iWc^om Grunde war die Wahl
auf tlie kleine hadisi he Stadt gefallen. Den folgenden Tag.
den Noveinlier, verbrachte Büna])arte im Schlosse, nin
sich von den An.strengungcn der Ecise etwas zu erholen.
Er erstattete ancli dem Direktorium Bericht über seine
Fahrt von Mailand bis hierher. Bereits am Abend gegen
8 l lir eiii])fing er die badlsche „Subdelegation". Sie weilte
eineStunde bei ihm und war mit dem liebenswürdigen Emp-
fang sehr zufrieden.
Mit großer Ungeduld und Unruhe, nicht minder mit un-
bestimmten Hoffnungen waren die Augen des gesamten
Europas, besondei^s aber der zahlreichen Staaten Deutscli-
lands auf den in Haslalt /Ufiamnu'ntret enden Kongreß ge-
richtet. Sollte doch dem Vertrag von (.'ampoformido erat die
richtige Gültigkeit und, durch einen dauernden Frieden zwi-
schen Frankreich und dem Reiche, ein würdiger Abschluß
verliehen werden. Viele Schwärmer erhofften von dem Kon-
gi'eß die Wiederherstellung des alten Deutschen Reiches in
seiner ehemaligen Größe und Herrlichkeit, wie das aus den
z^ilreichen Flugschriften hervoi^ht, die damals, besondet«
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m dentecher Sptache. erschienen: Andere Tagesschnft-
Bteller dagegen sahen schärfer und bereHrtcii. nlirnlinRs
hl b b htgt se 1 ! I I ff I 1
Meinung auf den für Deutschland so uiili.-ih olli-ji Hlit-iu-
bund vor oder sahen im voraus die dorn Rcii'lic droherKif-n
Gefahren. War es doch allbekannt, dnll Ostcnoicii auf
Preußen, und Preußen auf Osterreich ncidis^rli waren, fiaö
^ieh jedes Land auf Kosten des andern oder des Reiches
bcif ichem wollt«, während die anderen weltlichen oder
L'eisUichen Fitrslen statt des Wohles der Gesamtheit nur
das eiL'fiip im Anao hfibidtonl
I) 1 I t, I tt n P I b d b h
hii Ton der heili.n;n Stlirifl: ..lliid i-s L'eachah. da Bona-
1 1 11 i I tt 1 1 1 1 H 1
( t S i ft U t III t dt d
1 t 1 R t t 11 11 I lac R h
mit Liat faiiL-on und tiit.-n u-olllcn. Und da« Ücicli nah. daß
&t 1 f, k 1 I ! I M S 1
t bet bt b ! L i L 1 1 III i t
h b k t 1 j I W 1 1 1 I 1 h 1
aa^fe euch; einer unter euch isI h. dcf inicli verraten wirdr
U d h d p ß 1 11 t fl t 1 k 1 Ol
.Was wollt ihr mir geben, so will ich iliii >-nrh vcriiilcn !'
Bonaparte spricht dem Reich das Urteil: .Wn- IiuIhu . in
Ciesetz. und nach dem Gesetz muß es i^i-ilK^ii" Tial/.
B IH D t dt d "\\ 1
lltlk Slll 1 DK bilt
r I i ß 7 t It 1 d ßda^fg \ Ik
Ib Ld Ißil I (Jl II I Iß
Mgk gtdDRI 1 \] I
Brust und kehrte w-iodcr um."
uugieicn ea ststir £u uuuauem ist, uall ein ucntscncr .uuiin,
nie Joseph Görres, das Heil Deuteohlanda and der Zukunft
von derFranzösiBchenBepublik erwartete, so muß man doch
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ataiinei), wie dieser junge 21jiihrige xMann schon ao richtig
die Folgen der Ubergabe der Sfadt ilainz an die Franzosen,
die zu Beginn des Kongressen erfolgte, zu beurteilen ver-
stand. Er schrieb; „Am IJO. Dezember 1707, am Ta;ie des
Überganges von Muiuz, nachmittags um ;) Uhr, starb zu
Regensburg in dem blühenden Alter von 955 Jaliren, 5 5Io-
naten, 28 Tagen sanft und selig, an einer gänzlichen Eut-
kräftung und an hinziigckomnienem Schlagfiusse, bei völli-
gem Bewußtsein und mit allen beihgen Sakramenten ver-
sehen, das heilige römische ii«icli. . . . Der Verstorhcnf seizt
die Fränkische Republik als rechtmäßige Erbin <les linken
ßheinufcrs ein und bittet sie, das kleine aber gutwillig ge-
gebene Geschenk als ein Zeichen seiner Hochaehtung und
Liebe anzunehmen. . . . Die kaiserlichen Einkünfte fallen
an das Armenhaus in Repensburg, die Prälaten- und an-
deren Bänke Bn die Universität Heidelberg, die Reieha-
armee an den Landgrafen von Hessen- Kassel, um sie nach
England, Amerika oder Ostindien zu verhandehi. Testa-
mentaexekutor wird seine Ex/fllcn/. der (ieneral ßonaparte.
Die Reichsdojjutalioii in Rastatt soll ihre Sitzungen per-
manent erklären und sich dann mit dem Abschluß eines
ewigen Friedens beschäftigen: jeder Artikel darf aber in
nicht weniger als ÖO <J(H> bitzungen abgetan werden ! '
In Wirklichkeit glaubten wohl die wenigsten verstandi-
gen und weit sc Ii au enden Leute an die Dauer des zu Canipo.
formido abgesehlossenen Friedens. Das Direktorium war
gegenwärtig kriegeriseher wie je gesinnt, und einige .Mit-
glieder demselben halten den von Bonaparte ahgeschlusse-
nen, aUcrdiiigs vom Volke mit Begeisterung und Cenug-
tuuug aufgenommenen Frieden von Campnformido nur mit
Widerwillen gutgeheilicn. Wie im zweiten ISande der Ue-
schichte Napoleons ausführlicher dargestellt wurde, war
Osterreich vielleicht noch weniger mit dem Ahechluß der
Friedensverhandlungen einverstanden gewesen als Frank-
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SSaft«
tu ju 5aitipo 3iinnlb6 r(fljt|tqnn
II g(a|l«»t lalificitt nitttn
Tili tu.
r t m ( n ,
179 g.
Tilelwiedetgsbo einer sellsnen Brawhan! ober dea KusUtter KongroS.
(Baiiuiiluiii KlRbalHDj
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reioh, denn es hielt sich durchaus nicht für besiegt und war
allmählioh viedei zum Bewußtsein seiner Kraft gekommen.
Thugut wäre sofort wieder zum Losschlagen bereit gewesen,
wenn er auf einige Bundesgenossen, vor allem auf den Bei-
stand Kußlanda, hätte rechnen können.
Xach dem 20. Artikel des am 17. Oktober I7d7 in Gampo-
formido abgeschlossenen Friedens beabsichtigte man in
Rastatt ein Kongreß einzuberufen, auf welchem einzig und
allein die Vertreter des Deutschen Reiches und der Franzö-
sischen Republik zusammentreffen sollten. Man gedachte
aber nicht nur den Frieden zwischen dem Reiche und Frank-
reich zum Abschluß zu bringen, die Ratifikationen zum
Rieden von Campoformido auszuwechseln, sondern es soll-
ten auch auf Grund der ebenfalls am 1 7. Oktober des Jahres
unterzeichnetengeheimenZuaatzkonvention Beatimmungen
wegen der Übergabe der Stadt und Festung Mainz an die
Franzosen und Venetiena an Oaterreich getroffen werden.
Da seit dem Beginn der Revolutionsfeldziige die mit
Frankreich imStreite befindlichen MBclitociicdiplomatischen
IJczicliiingen zur Republik abgcbrorlirn hatten, so suchte
jeder Staat, tier irgend etwas mit Fnuikreieh ku regeln hatte,
eine .■Anknüpfung in Rastatt, indem er einen oder mehrere
Vertreter liahin beorderte. Der Zuspruch zum Kongreß war
daher außerordentlich rege; die gcwimtf Friedensdeputation
zählte nicht weniger als 76 Personen*)! Seligst Staat<~n wie
Riißland und Schweden, sogar Genua, Lueea, der l'apst und
der Malteaerorden suchten mit mehr oder \ieniger Erfolg
ihre Vertreter beim Freihcrm von Albini zu beglaubigen!
Bereits am 18. August 17!)5 war vom Reiche aus eine
Friedennabordiiung von je liinf katlioüselien und protestan-
tischen Keii lis>-t iiiidrii i-ru:> uut nml .uiw. ( )Utnber desselben
•) Noclidr-m .,Uu8«iltt-rKoiif!ri:-UI,isci.eiLL.iichfürd»a.)nlir 17BB" brlrug die
OeeaiDtzalil der anu BBeiiden BevoUitincJiligton und deren Sekrete le. Adjutan-
ten und IMeneticfaafl niclit weniger bIb 516 Peraonen!
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.lahips die Rangordnunn fe:^tfn.>s<'t/.t iviiidea*). Hii,.ii Voll-
maclitcTi edtspreuheiid durften die Vertretor der zehn
Reichsstande nur auf Grundlage der Unversehrtheit des
iieiclies verhandeln. Jet7,t, am 1. November 171)7, ergingnun
die kaif^crliclie Aufforderung an die Keichsstände, ihre De-
putierten nach lia-Htatt zu entwenden. Obgleich der Kaiser
in den geheimen Artikeln des Vertrages zu Campoformido
der FranzÖHischen Republik seine „guten Dienste" angebo-
ten hatte, um Frankreich das linke Rheinufer zu verschaf-
fen, so verlangt« er doeh in der Verordnung vom 1. No-
vi'mber, die Reichsstände möchten „dem großen ErhaltungH-
gesetz der Einheit und Gesamtheit des Deutselien Reiches
in geaetzlicher Verbindung mit dessen Oberhaupt unverän-
derlich getreu, das gemeinsame Wohl des deutschen Vater-
lanties mit edlem Pflichtgefühl und deutscher St andhaftig-
keil wirksam unterstützen und also vereint mit ihrem Reichs-
oberhaupte den längst gewünschten, auf die Basie der Inte-
grität des Reiches und seiner Verfassung zu gründenden,
billigen und anständigen Frieden bestens befordern und be-
schleunigen!" Es waren nur leere Worte, um den Beiche-
ätänden Sand in die Augen zu streuen. Wa5 ging den Kaiser
das Reich an, das in seinen letzten Zügen lag? Er wollte ja
doch nur seine Hausmacht vergrößern!
Am 17. November traf der Freiherr von Albini, der Hot-
kanzler des Kurfürsten von Mainir, in Rastatt ein. Er sollte
den Vorsitz auf dem Kongreß führen. Albini war einer der
erst«n, der in dem Schlosse Wohnung n^ilirn. Seit Anfang
des Monats war es vom badischen Minister rrciherm von
Edelsheim mit großer Mühe und nicht geringem Kostenauf-
wand instand gesetzt worden, um so vielen OSsten ange-
nehme und passende Unterkunft zu verschaffen.
Die Vertreter der verschiedenen Mächte, die .gm Kongreß
'IDie [ünfkatholiechenBeiohsBtSndEi waren: Mhiiiz, Kutsaclieeii, Oatoircicli,
Bayamund Wüiabuig idia fünf protMtantiaehon ; Bcomon (Hannover), Hess™-
Dinnatadt, Baden und die beiden BdcbasCidte Augsburg und Frankfurt,
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t«iliieli(iien wollten, kamen ziemlich unregelmäßig an. Wenn-
gleich der Kongreß einen Monat nach Unterzeichnung des
Friedens von CampoEormido, also am 16. November, er-
öffnet werden sollte, ivaren bis zu diesem Tage nur die
wenigsten Mitglieder eingetroffen. Da nach früheren diplo-
matischen Gebräuchen dem zuletzt Angekommenen der
erste Besuch gemacht werden mußte*), so war es den öster-
reichischen Bevollmächtigten förmlich befohlen worden, so
spät wie möglich in Rastatt zu erscheinen. Der Graf Metter-
nich, der wichtigste Vertreter des Kaisers, traf sogar erst
einige Stunden nach dem Aufbruch des Generals Bonaparte
nach Paris in Rastatt ein!
Franz II, hatte eine zahlreiche Gesandtschaft nach Rastatt
gesandt, die ihn in seiner Eigenschaft als deutschen Kaiser,
als König von Ungarn und Böhmen und als Erzherzog von
Ostreich auf dem Kongreß vertreten sollte. Der Graf
Franz Georg Karl von Mettemich-Winneburg, der aus alter
und angesehener Familie stammte, hatte seinen Herrn als
deutechen Kaiser zu vertreten; gleichzeitig war er der kai-
serliehe Kommissar, oder in der damaligen Sprache, der
kaiserliche „Plenipotentiarius".
Der Graf hatte viel Glück in seinem Leben gehabt und
war fast ohne besondere Vexdieuste von Stufe za Stufe höher
genickt. Ol^leich er keine großen Fiüügkeiten und keine
diplomatische Geschicklichkeit besaß, ao verstand er doch
in würdiger und glanzvoller Weise seinen kaiserlichen Herrn
zu verbeten. Dieser Eigenschaft wegen verdankte er wohl
seine Stellung als Haupt der kaiserlichen Abgeordneten.
Treilhard entwirft in seiner Depesche an Talleyrand, kurz
nach seinem Besuche bei Metternich, ün nicht zu schmei-
*) iWlhsnl und Bannier nuohtsn dem Qraten HattsniiDh am 6. TttamabtiT
den enten Beuich. Auf Gnmd dea 23. Artikels des Fliedens von Campotonni-
do wu vereinbart wordan, daO in Zulconft dawelbe Zenmonidl wie früher
zwischen dem Kaiser und dec Kraiiz5etaohen Republik beibehdtea worden
sollte.
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chelhaftes Bild von dem Grafen von Metternich-Winne-
burg. Er schien ihm kalt, stolz, unveraehiinit, wenn es notig
war. sehr förmlich, jede seiner Bewegungen abgemessen, vor
allem aber befürchtete er, 7.ii ehrlich 7,n erscheinen. Mit
einem Wort, er war ein Erzdeutscher, was die Etikette be-
traf, im Grunde ein Mann von wenig Geist, infolcedessen
selir hartköpfig, kurz, gerade das Gegenteil von einem Men-
schen, den man für die Unterhandlungen notig hatte.
nein Sohn, der spatere Fürst Metternich, befand sich eben-
falls m Begleitung seines Vaters m Rastatt, doch zunächst
ohne Amt. Erst am 28. Dez.eiuber erhielt er eine offlzieUe
II n 1 B 11 1 £,t (, des stfal s he
(Grafen-Kollegiums katholischen Teils". Er kam aber erst
nach der Abreise Bnnapnitcj; an und hatte somit keine Ge-
legenheit, seinen spateren profJen (.ecner schon jetzt per-
aonhch kennen zu lenieii.
Caf Cbltt tlnJU lln
Adelsgeschlecht. Wir haben ihn schon wahrend der Ver-
handlungen zu Udme und Paseanano als einen der tüch-
tigsten österreichischen, überhaupt der damaligen Diplo-
maten kennen gelernt. Auch in Rastatt entfaJtete er eine
außerordentliche Tätigkeit, mclit zum wemgsten ale Iie-
beuBwurdiger Gesellschafter, doch fehlte ilim. wie den mei-
sten Stoatsmännern jener Zeit, der nationale Sinn. ErdÜente
dem Herrscher, dem er sein Kcinnen und Wollen gewidmet
hatt«, mehr aus Pflichtgefühl, Ehrgeiz und Ergebenheit, als
ans Liebe zur Sache, und um seinem Vaterlande einen Dienet
xa erweisen. Er vertrat den Kaiser als König von Ungarn und
Böhmen. Viel iat über die leichten Sitten Cobenzla wilhrend
dee Kongresses gesprochen worden, doch in keiner Weise
findet man irgendwelchen weiblichen Einfluß auf die diplo-
matischen Unterhandlungen.
Die Chronik jener Zeit erzählt uns allerdings von dem
Grafen eine amüsante Anekdote. Ais Cobenzl im April 179S
43
eiiig nach Wien reisen mußte, fehlte ihm sein Wagen, Er
hatte ihn seiner Freundin, einer Sängerin freburgt. damit
diese nath Stnißburg zurückkehren konnte. Unglücklieher-
weiKe traf die „Citoyenne Hyaeinthc" unterwegs einen an-
dern Freund, dem sie ihrerseits in liebenswürdiger Weise
den Wagen Cobenzls zur Verfügung stellte, damit dieser
schneller und bequemer niWih Frankfurt reisen könne! Das
Gefährt kam aber nicht zuriick, und ticr w ürdige Vertre-
ter des KönigH von Ungarn und Böhmen mulitc sich eines
gewÖhnHchen Mietwngons hedionon, um in die Österreichi-
sche Hauptstadt zin iickzukehren. Aber auch der Graf von
Metternich-W'inncbui'g war ein galanter Mann und war be-
strebt, „den Euf cinea eben so artigen Mannes wie Cobenzl"
Der dritte Vertreter lios Kaisers als Erzherzog von Öster-
reich war der üruf Lclirbaeh, wie Mctternieh von altem
Reicheadek Über ihn sind die Rtiiumcn geteilt. Man schil-
dert ihn als cingebikict. schwiit/siichtig, grob und dreist.
Gleichzeitig aber war er tätig und in den Geschäften be-
wandert. Kr hatte grofe Kenntnisse in den verwickeltsten
Reiehsangelegenheiten. Im allgemeinen war Lehrbach nicht
beliebt, am wenigsten vicilcicht bei Albini, der mit ihm
manciirnal aneinander geriet, in seinem Wesen war der
Graf ebenso Soldat wie Diplomat. Er hatte im Frühjahr
in Tirol bei der Volksei hcbiuig gegen die Franzosen seinem
kaiserlichen Herrn nicht unwichtige Dienste geleistet.
Der Präsident <les Kongresses, oder wie die damalige di-
plomatische Sprache sich ausdrückte, der „Directorialia der
Deputation" war der Freiherr von Albini, der das ganze
Vertrauen seines greisen Herrn, des Kurfürsten von Mainz,
genoß. Obgleich nicht ohne Fähigkeiten, besaß Albini doch
wenig moralischen Halt und schwankte in seinen politi-
schen Ansichten hin und her. Als der Kongreß unverrichte-
ter Sache auseinanderging, und der Krieg von neuem au»-
U
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DlgiiizedtiyCQOgle
brach, kämpfte er als ;\iifülirer der fränkischen Bauern
tapfer gegen die Fmnznsen.
Er vermochte Kwar niclit das Rerinpstc zu tun, mn die
Übergabe der Stadt Mainz an die Franzosen zu verhindern,
doch gelang es ihm, siel) das Vertrauen t-eines Herrn, des
Kurfürsten und Erzbischofs^ Friedrieh Karl .Joseph von
Krtlml, und nach dewwn Tode im Jahre 18(1^, das seines
Nachfolgers, def Freiherrn von Dalberg, 7.11 erhalten.
Kursachsen wurde durch den tirafen von Loben*), einen
Überall beliebten, patriotiBch gesinnten iin<l recht schaff enen
Mann vertreten. Bayern hatte den (Irafen l'reyaing ge-
sandt. Am ] (i. Februar 1 TOS wurde dieser durch den Grafen
von Horawitzky**) abgelöst; ilie « ichtigste KoHe der baye-
riachen üesandtscliaft spieUc aher der Ceheiuirat Zentner.
Ber Domherr und ("Icheimriit (Irul Ftitdiich Luthar von
Stadion vertrat, obgleifli micli vcrhiiltiiismiilJig jung, den
Fürstbischof von VViirzburg. Dasprotc.-t antisc he Herzogtum
Bremen (Hannover) hatte den Freiherrn von Ueden, einen
tüchtigen und geschäft.^igewandtcn -Mann, nach der Kongreß-
stadt gesehickt; ihm zur Seite stand der .schon damals sehr be-
kannte Völkerrechtlich rcr Professor Marlens aus ClfHtingen.
Der Minister Frcilicrr von Ratzert war der { Ics.indtc dc.<
I-ands;i-;ifenvou Hcssen-Darmsladt, iJcrStaatsminister Frei-
herr von I';dcl^hcim und der (ieheiuirat Kruiuanuel Meier
waren Abgeordnete des Markgrafen von Baden. Die freien
Städte Augäburg und Frankfurt hatten die R'alo Pflummem
und Schmidt, hczichcntHch die Riiiedünderrode und Schwei-
zer nach Ra.ftaTt gesehickt.
Außer den zehn Keiehssliindi'n halten aller auch notli die
meisten anderen Staaten Deutschlands ihre Vertreter auf
dem Kongreß von Rastatt. An der S))itKe der preußischen,
oder wie es amtlich hieß „kurbrandenburgischen" Gesandt-
*) Er wurde im Februar 1798 durch den Grafen von Hohenthal ssetst.
**) Seit dem 11. Hän 1799 Freiherr von Rechberg.
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Boh&ft stand der Graf Johann Eustachius von Schlitz, genannt
von Görtz, der schon unter Friedrich dem Großen verschie-
denr wichtige Posten bekleidet hatte. Er war ein alter Herr
mit silberweißen Haareri und liebenswürdigem Wesen. Ihm
iieigeordnet waren der frühere Gesandte in London, Freiherr
von Jacobi-KlÖst, Herr von Dohm und Karl Heinrich von
Lang, alles bekannt« Namen. Görtz und von .lacobi-Klöflt
kamen am 15., Dohm langt« am 23. Dezember in Un.';tatt an.
Aber auch viele nichtdciitschc Staaten hatten trotz des
20. Artikels des Friedens vim Campoformido ihre Vertreter
nach Rastatt gesandt, um ilire Kcehlc, oder besser. An-
sprüche, zu wahren und Beziehungen anzuknüpfen oder
»■ieder aufzufrischen. So ließ sieh der König Friedrieh VI,
von Dänemark als Herzog von Holsteiu-GHiekstadt diirch
den K am merberm Freiherr n von HotienkrauK und den Lega-
lionsrat von Eggers, der König Oustuv 1\'. von Schweden
als Herzog von Pommern und als Bürge des Westfälischen
Friedens auf dem Kongreß vertreten*). Die liatavische Re-
publik hatte zuerst den Agenten Buch, dann den Gesandten
von Graflvold**), die Zisalpinisehe Hepublik den später so
bekannt gewordenen Ciafiii \\v\a\ ^\'Kn\ nacli Hastatt lie-
fohlen. Endlich nuwhu\ ahEC-elieii von kieineien Staaten,
noch die .schweizerische CesandtHchafl erwälint werden, an
deren Spitze Karl Ludwig von Tscharner und Kai! Ludwig
von Haller standen.
Man sieht, dafl der Zuspruch zum HasliUter Kongreß
äußerst rege war, denn jeder Staat, der etwas zu gewiiLiien
hoffte, liatte ver.'^ucht, sich daselbst vertreten zu lassen,
Meist war es ja nur die Absicht, sich über die Politik der
■1 DorsehwodiBchc Grat von Fcraon.diT den Fmiiio-ciMvifri^ iiOfllirrfit licTn
gleich unangenehm war und nicht zu den Künf!rcUi criiou(iIiinK<n ziip.'l.ii=si.'n
wnrdo, vorließ ßaatatt nach einigen Monaten. Mclir Glück hutti: dir Ftci-
berr von Bildt, der sich am 14. Müte ala herzoglich vorpommerarrlicr Fartikii-
largesondt«! xu begtoabigen auehtc.
") Btät Ai«ust 1708.
47
großen Machte zu onoiUKTcri oder öich unter Ostcrreichfi
oder Preußens l'ittichc zu beceben. Es wurde ein auscedehn-
f er. eifriger Handel getrieben, iiiii sinli die (.unst der großen
Hünen und deren l^ekretare. ja sopar deren Bediente und
K.oelie zu verschaffen! Nat'li den qebemien Papieren emer
reichrifiirat hellen (.iOriundUchaft erlüelt ein französischer
Gesun<lt.wlinftsse];r(;tär luii 21. PVbnmr 17!)8 22fi (iiilden.
der .Sekretiir üonniers am Hi. Jlärz 27r). « eni<re Ta^e später
der Sekretär TreiUiards miU (iuldeii. die Hedienten nattirlich
in den entspreelienden \ erlialtnisseTi.
Es war nicht, einmal IciehL Zutritt zu den Vürziinmern
der wichtigeren (gesandten, vor allem der französischen, zu
erhalten, und man mußte alle Li^t anwenden, um zum Ziele
zu gelangen. Jcdentalis stand schon vom Anfang an dir
Sache der geistlichen l'iir.sten sein- M hleulit. wenn man be-
denkt, daß sogar die Kammerdiener einen üroßen Lnter-
schied maohten, und sie den geistlichen \eitretern nur
sohwier^ Zutntt zu ihren Herren erlaubten !
Allen diplomatischen Gebrauchen zum Trotz hatte die
franzosische Regierung nur zwei Vertreter nach Rastatt ge-
schickt, denn Bonaparte hielt sich nur wenige Tage auf und
Qfthm an den eigentlichen Unterhandlungen nicht teil.
Jean Baptiste Treilhard, ein tüchtiger Jurist in gesetztem
Alter, hatte während der ersten Jahre der Revolution eine
hervorragende Rolle gespielt. Er war Abgeordneter des drit-
ten Standes in der Konstituierenden Versammlung gewesen
und behielt auch seinen Sitz im Konvent bei, in dem er
vom 27. Dezember 1792 bis 10. Januar 179U Präsident war.
Femer wurde er in den Wohlfahrtsausschuß gewählt und
war während des Monats Kivöse de.s .Jahres l\' J'räsident
desBates der Fünfhundert, Ob^vleieh er wahrend des Pro-
zesaea Ludwige XVI, für den Tod des Königs gestimmt hatte,
so gehörte er doch nicht zu den Anhängern Bobespierres.
Nachdem er im Mai 1797 aus dem Rate der Fünfhundert
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ausgeschieden war, führte er in GemeiiiBchaft mit Bonnier
die Unterhandlungen mit Lord Malmesbury in Lille und
wurde dann nach deren ergebniBloaem Ausgang nach Ra-
statt gesandt*). Als Fran^ois de Neufchäteau im Jahre 1798
auB dem Direktorium ausschied, wurde Treilhard vom Rate
der Ahcn mit 166 Stimmen zum Direktor gewählt.
Treilhard war zwar fast noch ein Neuling im diplomati-
schen Dienst, seine politischen Ansichten standen aber be-
reits fest. Er war immer einer von denen gewesen, die im
Konvent die Rheingrenze verlangt hatten. Er war wenig be-
redt. Seine Umgangsformen waren die der neuen französi-
•) Zuvor, am 13. Oklnbi-r 1797, wür c-r iiHii CeBandt^.i in Xeapol ftnnnnt
norden, aber phe rr aeinP Hpisf antpetfi. lii.nnii-. i-rliifll c-r tlip npiip Hi-»lim-
nmng.
49
I
Bcheii Gi-sellsciiiift. ;.tancicii also ganz im i.;egeiisatz zu denen
der nach der ehemaligen franzi wiächen Sitte erzogenen deut-
schen Dipinniaten. Oft le^e er sich mit den Armen und der
BruM auf ilen Tisch, wenn er sich in der Sitzung befand. |
Man kau« sich leiclit die Entrüstung der wohlerzogenen, |
%'omehmen deutschen Diplomaten vorstellen ! Sonderbarer-
weise nannte ihn der junge Metternich verschiedentlich in
den Briefen an seine Fran „äußerst höflich". Auch der Frei-
herr von Edelsheim Mar von dem ..guten Empfang Bona-
partes und von den verbindlichen Manieren der Bürger Mi- j
nister TreiDiard und Bonnier" ent/.iickt. Allerdinga rühren
die Zevipiiidse vom Anfang Dezember 1797 her, ehe noch die
eigentlichen YerhandUmpen begonnen hatten.
Treilhard wurde am 27. Oktober ernannt und war der
hauptsächlichst« Vertreter der fianeösiacheD Gesandtechaft.
Der andere Bevollmächtigte, Ange Elisabetli Louis Bon-
nier d'Arco« war ein ehemaliger Adlige tmd vor derKevo-
lution Präsident des Gerichtshofes von Montpellier gewesen.
Er wurde in die Gesetzgebende Yersammlung und dann io
den Konvent gewählt und stimmte ebenfalls für den Tod des
Kimigs. Nach denergebnislosen Verhandlungen in Lille, ward
er mit Treilhard nach Rastatt geschickt und w-urde, als man
Treilhard durch Jean Debrj' ersetzte, das Haupt der fran-
zödsohen Gesandtschaft.
Seiner Freundschaft mit Beubell, mit dem er während des
Kongresses einen legen privaten Briefwechsel unterhielt,
verdankte er die Emeimung zum Bevollmächtigten. Sie
erfolgte am 31. Oktober 1797.-
Bonnier war meist leidend, deshalb in seiner Unterhal-
tung oft nn&eundliob, mürrisch und hart. Er verstand es
aber, sich mehr Stunde zu erwerben als sein Kollege
Treilhu'd, dem er an Kenntnissen und diplomatischer Ge-
schicldichkeit nicht gewachsen war. Er blieb in Rastatt
bis zum Abbruch der Unterhandlungen und wurde später
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mit DSbcy and Roberjot toil östeneichischen Husaren
ermordet.
CJeneralsekretär der französischen Gesandtschaft war der
KIsiisser Rosenstie), ein bescheidener aber befähigter Mann.
<icr von Talleyrand für diesen Posten beatiniint worden war.
Er beherrschte beide Sprachen vollkoniineii und war des-
halb von großem Nutzen. Da er mit dem llinister von
Gatzcrt, dem hossen-dnrmatädti seilen Abgesandten, vcr-
arhwägert war, erfuhr er oft von Dingen, die den Franzosen
.selir angenehm sein konnten. Ro.sen.stiel kam ei>>i um 1:2. De-
zember 1797 in Rastatt an. Währenddessen erh^digte Treil-
hard selbst alle für ihn bestimmten ;\jbeiten.
Bonaparte war mit größter Sclinelligkeit durcli Italien,
Frwikreich, die Sehweiz und Deutschland gereist, um recht-
zeitig in Rastatt einzutreffen und die Unterhandlungen mit
den österreichischen Abgeordneten zu beginnen. Kr- war da-
her sehr erstaunt und ärgerlich, daß noch keiner von ihnen
angelangt war. „Es ist nicht schön von den Osterreiehern,''
sagte er, „daß sie mich und die doulsehen Kolleuen so lange
warten lassen. Ich bin durch die Huliliir.ni-.'u, <\i.- mim mir
auf meiner Reise überall erwies, aiiljeinidiiillifh aufgehal-
ten worden und habe deshalb befürchtet, zu spät zu kom-
men. Ich sehe aber, daß meine Sorge nnbegriindet war."
Sein Verdruß würde gewiß größer gewesen sein, wenn er ge-
wußt hätte, daß den österrdc)iischen lfevollma< hl igten di-
rekt anempfohlen worden war, nach ihm an/nkoinmeul
Denn so verlangte en die k!U^;erliclLc \"orHclirift !
Nur der General (irat von .Mervcidt, der voiii Kaiser auf
Orund des .\rtikc!s der Zusat/aktc /.um frieden von Cani-
Jioformidn betreffs der Käinnung und der Ul-ergah,- <k-i
Festung Mainz zum Abgeordneten ernannt worden war,
befand Bich seit dem 24. November in Raatatt. Er hatte je-
ioeb noch keine Vollmachten erhalten. Erst am 27. Novem-
51
bcr kam der Graf von Lolirbach an, der aber den Kaiser nur
a!s Erzlierzog von Ostcrrcicli zu vortreten hatte.
Doimpartc empfing am Slorgen des 28. November den
Major von Stetten, der im Auftrage des Markgrafen von Ba-
den gekommen wiir, dem General für die am Tage zuvor be-
wiesene .\ufiJierksamkeit zu danken. Bonaparte hatte näm-
lich am zl. November seinen Adjutanten Ju not*) nach Karls-
ruhe zum greisen Markgrafen Karl Friedrich gesandt, um
di^en im Namen des franzosischen Oberbefehlshabers auf
badischem Gebiet zu begrüßen.
Gegen Mittag desselben Tages erfiielt dann der Obergene-
ral vom Freiherrn von Albini den ersten Besuch, darauf den
des Graf en von Fersen und gegen 8 Uhrabends den der übrigen
in Rastatt anwesenden Mitglieder der B«ichsdeputation.
In großer Generals uniform ging Bonaparte den Gesand-
ten bis zur Türe des V'orzinimera entgegen und begrüßte zu-
vorkommend die Vortreter der verschiedenen Staaten. Mit
ganz besonderer Auazeichnung sprach er mit den Vertretern
der Reichsstädte Augsburg und Frankfurt.
Ohne eine bestimmte Rangordnung zu beobachten, nahm
man um den Kamin herum Platz und begann zwanglos zu
plaudern. Jeder Abgeordnete suchte so schnell wie möglich
auf den Gegenstand zu sprechen zu kommen, der ihn am
meisten interessierte, und trachtete, Bonaptutes geheime
Absichten zu ergründen. Nach einigen einleitenden Worten
über die ungünstige Lage des Schlosses, den Hchlecht ge-
wählten Ort und nach den nie fehlenden Bemerkungen übra
die Langsamkeit des Kaisers begann man wichtigere Gegen-
stände ine 'Gespräch zu ziehen.
Albini frt^te den General ohne Umschweife, wo der Kur^
*) NichtHumont, vUolt angegeben wild. JunolhBtteriohiiiKularulieire-
nig taktvoll benommen und eine Sinladung lam Esaen mm Hofe Eari Friod-
Ticha auBgesdilogen. Bonaparte sandte Jetzt erat nm 30. November «einen Ad-
jutanten Marmont jiach der bwliachen Hauptstadt, um dem Markgraien für
die fbersendung von vier Pferden zu danken.
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fürst seinen Wohnsitz nehmen solle, wenn ilmi Mainz gc-
nommen werde. Er erhielt eine ihn miT wenig befriedigende
Antwort. Der Craf von Stadion, der im geistlichen Gewand
erschienen wur und et^vus iiiler die Zukunft des Fürstbi-
schofs von Wiirzbiirg erfnbren wollte, wurde von Bonaparte
nicht be?nnderH sanft mit den Worten angerodet „Die deut-
schen Jiiachöfe sind geistHche Regenten und Kriegaleute zu-
gleicli." Dann bemerkte er höhnisch: ,,\Vic stimmen diese
Titel miteinander überein ? Wie sind sie im Evangelium be-
gründet ? Die Kurfürsten von Trier, Köln imd Mainz reden
immer vom Himmelreich; aber ihre Schlösser und Reich-
tümeraindfürsieeinHindcmis, hinein zu gelangen. WiEisen
sie nicht, daß das Evangelium , sagt: .Die Reichen werden
nicht ins Himmelreich gelangen?'"
Die Unterhaltung ward immer einseitiger, und schließlich
sprach Bonapartenurnoohganzalldn. Uber die Reich »Verfas-
sung äußerte er sich mit Geringschätzung. Es sei kein Zu-
sammenliang luiter den einzelnen Gliedern des Deutschen
Reichs; die einen fülirten Krieg, während sich die anderen
neutral verhielten. Es sei gewiß schwer, zum Frieden zu
kommen. Und ließe sich dieser auch nicht binnen 24 Stun-
den schließen, so glaube er doch, innerhalb 24 Tagen zum
Abschluß zu kommen. Meist stimmten ihm die Abgeordne-
ten mit verbindlichen iiedeiis^irten bei.
Wenn auch manche Wrlretcr der liei.'hsdeputation liarte
Worte aus Bonapartes -Munde hören niuÜtcn, so erging es
(loch keinem so scldecht wie dcrti (.irafcn von Fersen, der
(icn König von Schweden als liiirgcn des westfülisiOicii i'rie-
ilpns 7.U vertreten hatte. Die Waid des seliwedisehen ilerr-
^thcrs war entschieden unglücklich aUHgefaüen, di^iin Wersen
»ar unter Ludwig XVI. Gesandter in Faris gewesen und dem
jetzigen republikanischen Frankreich wegen seiner Freund-
schaft zm ehemaligen königlichen Familie sehr verhaßt.
Als der schwedisehe Gesandte am Nachmittage des 28.No-
53
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vember bei Bonaparte erschien, richtete der General so-
gleich die Frage an ihn, wer gegenwärtig schwedischer Ge-
sandter in Paris sei. Fersen mußte ausweichend antworten,
denn der Baron von Stael, der den König von Schweden bei
der Republik vertreten hatte, aber aus allerlei Criinden eelir
»ngern von dcv frunzösiBchen Kogierung gesehen wurde, war
von t^iMiK.'!!! Posten abberufen worden. Das Direktorium
hatte indes auch den an seiner Stelle ernannten Geöchäftfi-
träger nicht angenommen. Schweden besaß somit gegen-
wärtig keinen diplomatischen Vortreter in Paris.
Nach einigen einleitenden l.iemrrkungen sagte ihm Bona-
parte ungefähr folgendes: ,, I )ie friiir/Jwische Nation und das
Haus Schweden sind w-it uiclnerfii ■lahrhundcrten verbün-
det. Sie liaben sieh Re^cnsciti!: uiiter>=Lützt, um den Ehrgeiz
eines iiber)i)iilif!en Herisclierhauses zunichte zu machen,
das in den vergangenen .iiilirhuntlerten mit einiger Aussicht
nach der Universalmonarchie strebte. Eine Macht, die für
Schweden gefährliclier ist, weil sie ihm naher liegt, macht eti
ihm zu einer niclit weniger gcbieterisclien l'tliclit, gegen die
Französische Republik rücksichtsvoll zu verfahren, und sie
verbindet in geographischer Hinsicht das politische System
der beiden Mächte. Wie soll man sieh nun das Benehmen des
schwedischen Hofes erklären, der es sieii. nie es scheint, an-
gelegen sein läßt, bei ji'der (k'lc^H'iilieit, sei es nach Paris,
sei es zu den versehiedeiK-ii liaiizr>üi«'licri Bevollmächtigten,
Agenten, Minister odci- Ce^andte y.u !;tliicken, die persönlich
jedem französisrhen Bürger von l^rund aus zuwider sind!
Der Konig v..n ^^einveilen win de ^ielleriich nicht einen Ge-
sandten mit Gleiehgöltigkeit betraeliten, der versucht hätte,
das Volk in Stockholm auf/.u wiegeln. Nein, mein Herr, die
Pranzüsi.sehe Republik wird es nicht dulden, daß Männer, die
durch ihre Beziehungen, zum ehemaligen französischen Hof
nur zu bekannt sind, die vielleicht auf der Emigiantenliate
Btehen, die Geaaoidtea des ersten Volkesder Erde höhnen. Ehe
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das Iranzösieche Volk auf Politik und Vorteil liikksiclit
iiimmt,wirdesvoraUemtuii,waae8eeinerWürdesdiuldigiBt."
Diese Unterhaltung, die Bonaparte an Talloyrand, den
Minister der auawärtigen Angelegenheiten, nach Paris be-
richtete, wird im allgemeinen durch Cobenzl und Lehrbach
an ihre Regierung bestätigt. Fersen zog sich als echter
Höfling mit Geschick aus der unangenehmen Lage. Er sagte,
er würde über die Unterredung mit dem General nach Stock-
holm berichten, und verließ, von Honaparte bis zur Tür
b^leitet, das Zimmer. Er machte jedorli no(;h verschiedene
Versuche, um am Kongreß teilKunehmen, ist also nicht,
wie oft berichtet wird, sogleich al^reist. Erst nach vier
Monaten verließ er Rastatt, da er sah, daß er nichts aus-
richten konnte.
Am Abend desselben Tages, am 28. November, kam endlioh
Cobenzl mit einer zahlreichen Begleitunginder Kongre Bstadt
an. Er ließ dem General Bonaparte sofort seine Ankunft mel-
den. Den diplomatischen Gebräuchen entsprechend, machte
IhmBonapacte, von einomglänzenden Generalstab umgeben,
am näohaten Mittag den ersten Besuch ; er stattete auch an
demselben Tage dem Grafen von Lehrbach und dem Ftei-
herm von Albini, sowie nachmittags gegen 2 Uhr dem IVei-
herm von Edelsheim seinen Gegenbesnoh ab. Den an-
deren Abgeordneten, die meist außerhalb des Schlosses
wohnten, sandte er nur seine Adjutanten mit der Entschul-
digung, er sei zu beschäftigt, um selbst zu kommen.
Am Kachmittag empfing Bonaparte auch den Gegen-
besuch des österrMohiscben außerordentUahen Gesandten.
Bs waren außer dem Grafen Cobensl die Generale Grafen von
Merveldt und Baillet de Latour, letzterer in seiner Eigen-
schaft als Obetstkommandierender der kaiserlichen Heere
in Deutsohland.
Bonaparte und seine Regierung hatten es natürlich sehr
eilig, in den Besitz der Festung Mainz zu gelangen. So-
56
bald man sich über dio Art der Auswechslung der Rati-
fikationen der Frio<ienKurkiinrfen von Campoformido ver-
ständipl liattf. I)egaini man zu plaudern. Die beiiien an-
deren fnuizösiiichGn Abgesandten Treilhard und Hannier
d'Äreo nahmen an den Unterhandlungen nicht teil, dagegen
war außer dem General Grafen Merveldt noch der Feld-
zeugmeister (iraf de Latour anwesend.
Am ;iO. Xovcmber fand die eigentliche Ausweclishmg der
Ratifikationen dea Friedens von Campoformido statt, die
der General Bcrthier, bcziehungswciüe der Graf von Uobenzl
mitgebracht hatten. Darauf trat man sogleich wegen der
Abtretung von Mainz in Unterhundlnnfr, A'icl war nicht
mehr 7.n regeln, dit man schon in licr ^ehi-iiiicn Überein-
kunft vom 17. ()kti)l)erdie allgeriieiucu Fragen vollständig
erledigt liatte. Übrigens sind uns keine Einzelheiten über
diese Unterhandlung vom ;iU. November bekannt geworden.
fJonaparte war an diesem Abend licRonder.s liebenswürdig.
Erbehielt die drei ö.sterreicliiselien Unterhändler zum Abend-
essen bei sieh. Der Freiherr von Albini warebcnfailn zugegen.
Bonaparte sagte dem FeldzeugmeiHter Grafen de Latour
wepen seiner ausgezeicluieten Fülii'un;: im voi jälirigen Feld-
zug von TJcutsclilnnd allerlei Ai ti^kriten. Kr vciteilte auch
an die Grafen Uolienzl und.Mcrveldi werl v,.lle Geschenke*).
Für den Freiherrn von Degelmann. der den Frieden von
Campoformido rjiitnnter/.eichiiet lialte, bestimmte er eine
mit lirillantcn Ix'sctzte Hutspange. Uer Manpiis von
Gallo, (lerriienfidls ;m den l'ntcrliandlungen in Udine und
Pas-sariaiii) Icil^-cnoiumen luitte, .sollte ein mit Brillanten ge-
."chmiiektes Aeliseiatüek erhalten, das 100 OÜO Franken wert
war. Bonapacte kam aber von seiner Absicht ab und gab
Anfang ^Vpril dem General Berthier den Auftxag, das für
•) Die preußischen "Gegüldtan meldeten am 26. MBn 1798 ihtem Hof. daB
Graf Cabenil von Bonaparte — vermutlii^ dunth Vennittlung von deraan
Adjutanten Lavalette — noch eine Uhr mit Diamanten Im Wert von 40 000
Dulden erhalten habe.
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deQ Marquis von Gallo beatiiiimte Geschenk zu verkaufen,
konnte man das dafür erlöste Geld doch besser für den ägyp-
tischen Feldzug verwenden !
Auf Sankt Helena bemerkt« der gefallene Kaiser einmal
zum General Gourgaud: „Ich verteilte in Rastatt viele Ge-
schenke, denn ich hatte viel Geld ans Italien mitgebracht.
Die beiden armen Gesandten (es sind wohl Cobenzl und
Merveldt gemeint) waren ganz verblüfft, daß ich so viel Geld
hatte, denn sie waren sehr knapp daran."
Bei einer anderen Gelegenheit sagte er jedoch, daß er kaum
300 000 Franken mit aus Italien gebracht hätte. Entweder
57
vergaß er versehentlich eine Null, oder ei gab die Summe
abaichttich ao gering an*).
Ohne großeSthwierigkeiteiieinigttnsichdie beiderseitigen
Unterhändler liinsiulitlich der Abfassung des Vertrags zur
Räumung von Main/, und ^'enetien. Am i . Dezember bereits
konnte Bonapiirlc ^t;inc Adjutnnten Murat und Colbert mit
dem ratifizierten l''rieden^vortrag des Kaisers nach Paris
senden und gleieliKnitig unterwegs seine Ankunft anmelden,
damit überall Pferde für den Obergeneral bereit stünden. Er
selbatbegab sich zum Grafen Coben?,!, um die letzten Punkte
der militärischen Konvention zu beraten. Gegen 6 Uhr
kam man zum Abschluß. D.r; rntor/.rirlmimg wMrdc unf den
niichsten Mittag festge.wl/l, Unccihikiif;, di'ii Vertrug noch
andemselbenTage/.uuntcr/eichiien, begalxT wich iilicr Tiach
dem Abendessen nocbmals v.u dem örfterri'iehiselien Diplo-
maten. Man wurde ne!ineli einig. l)ie endüLiltigen Selirift-
stücke wurden in zwei li.\einplaren inisgcfertigt, und gegen
Mitternaeiit konnten sie uiileri'.oieiinel werden.
Aufgrund de^ Ahkninrnens voiii 1 . Dezember sollten die
Franzosen am 10. Dezember die Festung Mainz einschließen,
die Österreicher die Reichsfestungen Mannheim, Philipps-
burg, Ehrenbreitstein, Ulm, Ingolstadt und Würzburg räu-
men und bis zum 25. Dezember sieh hinter den Inn, teil-
weise bis Innter den I.«ch zurückziehen. Die Franzosen
dagegen sollten Venetien am 25. Dezember zu räumen
beginnen, damit die Österreicher am 30. des Monats von
dem veneUanisoben Gebiete Bedtz ergreifen könnten.
*} BonapBThi erhielt als Obergmeial jähiUidi 40000 E^anksn, als ibgM^Bd-
tec zum Kougiel) monatliob 6000 Fr. Für die erste Einriohtaug bekam jeder
dar UnterhSodUir SOOO Fr. Die Bebeimkoeteu wurden besonders berechnet.
AnEong Deiember teilte TBlIc^rraiid den in Bastett zurUokgeUiebeDeD Oe-
■andten mit, daS ihr monatliohn Oeholt auf 7000 Fi. erhSht sei, da sie
würdig aullreteii sollMn.
SS
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VIERTES KAPITEL
BONAPARTES RÜCKKEHR NACH PARIS
Empfang bei der Begienmg. — Sein Privatleben. — Er-
nennting zum Mitglied des Instituts. — Seine Pläne
(Dezember 1797)
/ ihne sich Ruhe zu gönnen, reiste der General Bonaparte
fast unmittelbar nach Unt«r Zeichnung des Vertrags vom
1. Dezember aus Rastatt ab. Am 2. Dezember, früh 3 Uhr,
verließ er die Stadt und maohtf siüli auf den Weg nach
Paris, Daa Direktorium wünschtp, lialJ iT sirli s(ii;leich noch
der Hauptstadt begebe, sobald die liutifikaf iom-n des Frie-
dens von Campoformido ausgewechwuli und X fitüfiiiiigenfür
den Einmarsch der Franzosen in Mainz getroffen seien. Viel-
leicht ivoUten die Direktoren ihm niolit (iaa VerdioiiKt gön-
nen, die Unterhandlungen wegen der Abtretung des linken
Rheinufera 7.\i einem glücklichen Abschlüsse zu bringen,
denn tiaduroh wäre Bonapartea Volkstümlichkeit in Frank-
reioli noch gehoben worden.
„Es ist ungeduldig," schrieb Lürevclliere-Lepeau-x am
26. November im Namen doH Direktoriums an den Gene-
ral, ,,8ie zu sehen und mit Ihnen über viele wichtige Au-
ge,] e^renh ei ten des Vaterlandeft zu sprechen. Deshalb wünacht
es, daß Sie nelbst die .A.u.sweehshniy; der Ratifikationen und
den Bericht über die Verfügungen überbringen, die Sie für
den Einmarsoh der Franzosen in Mainz getroffen haben . . .
Ihre augenbllokliche Reise nach Paris wird gleichzeitig den
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Wmisch des T>iiTktnHiiiiis erfüllen. Ihnf.n öffcntlicli seine
aulJecordentlirlie Ziifripdenlieit -m beweisen und Ilinen ge-
genüber der erste Vermittler der Dankbarküit des Vulk&s
zu »ein. Es ist übrigens notwendig, duß Sie die Absiüht«n
des Direktoriums wegen der späteren Folgen der Opera-
tionen, mit denen Sic bctnmt sind, kennen lernen . . ."
Der Brief der Regierung war am ^10. November in liastatt
eingetroffen, und der General hatte dem Direktorium ao-
gleicli seine Abreise für den nächsten oder übernäclisten Tag
angekündigt.
Trnt7. seiner .lugend hatte Bonnpiirte es verstanden, sich
überall, u'o er hinkam, besondere .Achtung zu erwerben. 1
Selbst die in (iescliSften ergrauten (iesündten oder Staats-
männer ordneten sich dem tienerul unter und wurden von
seinem Genie mit fortgerissen. In einem Schreiben des Kon-
grcßabgeorducten Treilhard an Tallcyrand vom 2. Dezem-
ber heißt es; ..Seit einigen Tagen, seitdem Bonaparte an-
gekommen ist. liat sich der Schauplatz der Handlung ein
wenig belobt . . .-, und gegen Schluß des Briefes: „Halten
Sie JJonaparte so iverng wie möglich in Paris zurück, er ist
hier in jeder Beziehung notwendig. , .: ich erwarte seine
Rückkehr mit der lebhaftesten Ungeduld."
Von den Generalen Bertliier und Ghampionnet, sowie von
einigen Adjutanten begleitet, machte sich der Oberbefehls-
haber auf den Weg. Er hatte aiia seiner näheren Umgebung
niir Lavalotte in Rastatt zurückgelassen, teils, weil dieser
wegen seines Verhalten« vor dem 18. Fructidor dem Direk-
torium unangenehm war, teils, diimit er ihn von allem
Wissenswerten, vor allem aber von dem ,, diplomatischen
Qeschwätz" unterrichten könne*). Auch ein Teil von Bona-
*) Außer LavBletto wat nooh der Legationssekiotir Peiret, den Bonsptutc
b«rFits in Udine verwendet hatte, in Rut«tt EorückirebUeben. — Von Rastatt
her rühren die ersten Bedehungen des jungen Metternicli zu Lavatette;
beide scheinen groOes Inleresao aneinander gefunden zu haben. Lavalstle
und Perret begaben eicli erst am 27. Män nach Paria.
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partes Dienerschaft und sein Reisewagen waren in Ra-
statt zurückgeblieben, um überall glauben zu machen, daß
er bald wiederkommen werde. Obgleich auch das Direk-
torium anfänglich gewünacht liatte, daß der General nach
Rücksprache mit den führenden Männern Frankreichs wie-
der nach Rastatt zurückkehren möchte, um die Verhand-
lungen zu Ende zu führen, so wußte doch Bonaparte sehr
genau, daß er auf die Dauer den Schlichen und der Lang-
Bamkeit der damaligen Diplomaten nicht gewachsen sei,
und daß sein Ruf als Unterhändler nur leiden würde, wenn
er nach dem Kongreßort zurückkehrte und dort seine Zeit,
statt mit Taten, mit Worten vergeudete!
Am 2. Dezember früh gegen achteinhalb Uhr traf Bona-
parte mit seiner Begleitung in Straßburg ein und wurde
vom General Dommartin, einem seiner früheren Unterfüh-
rer, und einer großen \'olksmenge außerordentlich begei-
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fitert empfangen. Er liiplt sich ahi;r nicht lange auf, aondem
nahm seinen Weg über Kaarburg, Blamonf, Luni'Ville nach
Nancy, wo er am Abend des nächsten Taget* ankam. Uber-
all, wo sich der General zeigte, wurde er mit ungekünsteltem,
wahrem Tubel empfangen, denn man sah in ihm nicht allein
den großen Peldherrn, unndern auch den Wiederhersteller
des Friedens. Hchou seit langem war das Land zum Frieden
geneigt. Uberall fehlte es an kraftigen Männerhänden, um
den Boden zu boMtellcn oder die Webstühle und Maschinen
in den Industriegebieten 7,u bedienen.
Obgleich lionapaife in Nancy einer ihm zu Ehren ge-
gebenen Theatervor.steliung beiwohnen mußte, brach er,
Heiner CJe«'ohnheit gemäß, am nächsten Tage schon in den
ersten Morgenstunden auf, berührte Toul, Chälons-sur-
Marne, Epernay und am nächsten Tage Chät«au-Thierry.
La Ferte und Meaux. Am 5. Dezember früh gegen 5 Uhr
kam der von den Parisern mit Sehnsucht und begreiflicher
Neugierde erwartete General mit Berthier und Champion-
net in der Haujitstadt an. Er stieg in seinem kleinen Hause
in der Hue Chantereine Nr. 6 ab*).
Trotz der eiligen Reise, auf der er kaum Zeit gefunden
hatte, einige Stunden zu schlafen, bestieg der General mit
Championnet kaum eine Viertelstunde nach seiner Ankunft
einen Wagen, um nach dem Lu.xembourgpalast zu eilen
und sich dem Direktorium vorzustellen. Er wurde sogleich
von Barras in dessen Frivatwohnung, wo sich auch die
anderen Direktoren eingefunden hatten, empfangen.
Je nach den verschiedenen politischen Ansichten, der Zu-
*) Uta Hnu, däa Bonaparto in der Kuc CliBnUTvinD bewohnte, gsbSrta
eigentlich noch der Frau dea Sehe Iis pif Lore Taltiia. Trotzdem [ieS joaephms
nährend der Abweeenlieit ihroq .ManiK'U in Italiou croBe bauLiclie VerSnde-
rungen und Versuhönerungen darin l umc hnicn. deren Kosten aich anf flbfr
100000 Franken beliefen. Erst am 31. Mün 179S kaufte Boaaparte das
Haus für die Summe von 52 400 Franken. Nach seiner Bückkehr am
Italien war dio Rede davon, ihm das SchtoO Chtunbord und ein Haus in
Poris vom Staate auH zu schenken, doch die Direktoren waiea dagegen.
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neigung oder Abneigung der Mitglieder des Direktoriuiiirt
für den jiinjten Oeneral, gestaltete sich dessen 'Empfüng
.tiieh in verseil iecteiicr Weise. Heiß und mit oltenen Annen
nahmen ihn Barraa nnd Lareveliiere-Lcpcaux auf, fretind-
sc-haftlich Hurde er von Eeubell und kalt von Fran9oi9
de N'piifchäteau nnd Merlin de Douai empfangen. So be-
riL'htete wenigstens der prenßiseho Ccsandte von SiUidoz-
liollin am 8, Dezember n;uOi H^inse.
Bereiis :un sell>cii Al)end )ii;Lciite iäurras dem General
lionaparle seinen l legenlie^iu h. Viele interesHnnte und für
die Geschitlite Frankreichs dor näeliwten Zeit wichtige Dinge
mögen an jenem Abend /.wiselien beiden .Männern y.iir Sjira-
che gekinnmen seini
Nach dem Direktorium galt Jionapartea nächster Resnth
nicht dem Kriegsini niater Scherer, seinem eigentlichen Vor-
gesetzten, über dessen Kopf hinweg er ganz eigenmächtig
/.II handeln gewohnt war, sondern Talleyrand, dem Mi-
nister der auswärtigen Angelegenheiten, dem zu jener Zeit
iiaeh den Fünf Männern einflußreichsten Mann in Paris.
Ilonaparte hatte Talleyrands große Geschicklichkeit in
^taatsmännischen Dingen bereits im Laufe des vergangenen
-lahres schätzen gelernt und war bald nach dessen Eintritt
ins Ministerium mit ihm in regen Briefwechsel getreten.
Mit scharfem Bliek und praktischem Simi hatte er in dem
neuen Minister des Äußern bald den Mann erkannt, der
iieinen Zielen nützlich sein konnte. Ilm wollte er sich Kum
Freunde machen. Beide Männer kannten sich noch nicht
persönlich. Talleyrand hatte auch bald begriffen, daß Bona-
parte der Mann der Zukunft \ind ilini selbwt in diplomati-
schen Angelegenheiten überlegen sei.
Er empfing den Sieger von Italien am (i. Dezember früh
gegen 11 Uhr und war von dem ersten Eindruck, den Bona-
parte auf ihn machte, sehr entzückt. Die erste Unterhaltung
wurde von selten des Generals ganz vertraulich gefiilirt.
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Plötzlich sagte er ganz unTenuibtelt zu TaUeyiand: „Sie
sind der Neffe des Erzbiscbofs von Reims, der sich in der
Umgebung Ludwigs XVIIL befindet. Ich besitze auch
einen Onkel, der in Korsika Archidiakon ist und mich er-
zogen hat. Wie Sic wissen, ist in Korsika ein Archidiakon
dasselbe wie ein Bischof in Frankreich."
Es konnte sich beim Minister des Außem in der Rue
du Bac, im ehemaUgen Palast Gallifet. zunächst nur um
einen kurzen offiziellen Besuch handeln, denn es befanden
sich bei Talleyrand eine Menge Leute, die durch Vermitt-
lung des Ministers den berühmten General, dessen Nameii
in aller .Munde war, so b;ilil wie niiiglidi sehen und sprechen
wollten.
Auch ]i'rau von Stacl wartete sehnsüchiig darauf, den
Mann, den sie .sclion wklirend seiner italienisclien Siege mit
Briefen überschüttet hatte, iiersünlich kennen zu lernen.
Wenn man den Memoiren Bourrienncs Glauben schenken
darf, so hatte sich Bonapnrtc über die begeisterten Äuße-
rungen dieses ,,l!laust.nuii]ifes", wie er die Tociiter Xeckera
nannte, lustig gemacht und niemals auf diese Epistel ge-
antwortet. Frau von Stael heß sich aber nicht abschrecken
sondern wartete bereits seit 10 Uhr früh auf den Besuch des
Generals, der für 11 Uhr früh angekündigt worden war-
Bonaparte richtete zwax einige verbindliche Worte an sie,
als sie ihm von Talleyrand vorgestellt wurde, doch dabei
blieb ca.
Trotz de-s Hasses, den Frau von Stael ihr gan/.cs Leben
hindurch Napoleon gegenüber bewahrte, urteilte sie über
ihn Kiemlich unparteiisch in ihren nach ihrem Toile er-
schienenen „t'onsideratiiins siir l.a rcvoliition frun^aise".
Dort schildert sie die erste Hegegnung mit dem jugend-
lichen Sieger mit folgenden Worten: ,,Ich fand keine Worte,
als er mir sagte, er habe meinen Vater vergebens in Coppet
gesucht und bedaure, in der Schtreiz gewesen zu sein, ohne
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ilia gesehen zu haben. Ah ich mich jedoch ein wenig von
meiner bewnndernden Verwirrung erliolt hatte, stieg ein
sehr ausgesprochenes Furclitgefiild in mir auf.
Bonaparte besaß damals keinerlei Macht, man gliiulite
sogar, daß er sehr unter dem .Mißtrauen des Direktoriums
zu leiden hätte, und so war die Furcht, die er einflößte,
nur eine Folge des .«elt-iamon Kindrueke«, den seine Per-
sonhchkeit auf alle machte, die mit ihm m Berührung kn-
iiien. Ich hatte sehr achtunggebietende Manner gesellen,
ich war auch wilden Mannern begegnet, aber der Eindruck,
den Bonaparte auf mich machte, erinnerte mich weder an
die einen noch an die anderen. Bei den verschiedenen Ge-
legenheiten, die sich mir boten, ihn wahrend seines Auf-
Duthaltes in Paria zu sehen, bemerkte ich sehr bald, daß
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man seineti Charakter nicht in allgemein üblichen Worten
auseinandersetzen konnte. Er war weder gut, noch heftig,
noch sanft, noch grausam nach der Art der uns bekanntea
Menschen. Ein solches Wesen, das nicht seinesgleichen
hatte, konnte weder Zuneigung erwecken noch empfmden;
er war mehr oder auch weniger als ein Mensch ! Sein Wesen,
sein Geist, seine Sprache, alles an ihm hat ein fremdes Ge-
präge, und das ist ein Vorteil mehr, um die Franzosen zu
unterjochen."
Obgleich sich der französische Obergeneral gar nicht um
Frau von Stael bekümmerte, die damals mehr als Tochter
des ehemaligen FinanKiiiiiiisters Xccker als wegen ihrer
Scluiften bekannt war, fanil diuse iloch Öfters Gelegenheit,
sich dem jungen Sieger xu näh(;rn. Aber sie fühlte sich nie
recht behaghch in seiner Xähe. ,,Weit entfernt," .sclirieb
sie, „daD ich in Zukunft grnljrri' Wiclierheit gewaiui, Ki-hüch-
terte er mich immer mehr ein, je öfter ich ihn sah. Ich hatte
ein unbestimmtes Gefühl, daß keinerlei Herzensbewegung
Einfluß auf ihn habe. Er betrachtet einen Menschen wie
eine Sache, aber nicht wie seinesgleichen. Er haßt nicht
mehr, als er liebt. FUr ihn existiert nur er selbst; alle anderen
GoBChdpfe sind Nummern. Seine Willenskraft besteht in der
unerschütterlichen Berechnung seines Egoismus. Er ist ein
gesohickter Schachspieler, für den die Menschheit die Ge-
genpartei bildet, die er schachmatt zn setzen sich vor-
ninunt. Er verdankt seine Erfolge ebenso den Eigenschaf-
ten, die ihm fehlen, vie den Fäh^ikcnten, die et besitzt.
Weder Mitleid, noch Reize, noch Bcligion, noch das Ver-
knnpftsein mit irgendwdcher Idee können ihn von seinem
Hauptziel abwende Er ist, wenn es äch um seine Inter-
eesen handelt, das, was der Gerechte für die Tugend sein
soll: wenn das Ziel gnt wäre, würde die Hartnäckigkeit,
mit der er es verfolgt, schon sein.
Jedesmal, wenn ich ihn sprechen hSrte, war ich von seiner
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Überlegenheit überrascht, und doch hatte sie nichts mit
der Überlegenheit von Männern gemein, die Studium oder
(icsellschaft unterrichtet und gebildet haben, wie Kngland
und Frankrcieh viele solche Beispiele aufweisen können.
Aber seine Reden ließen die Umatände ahnen, wie der Jäger
Beine Beute wittert. Bisweilen erzählte er die [lolitischen
und militürisclien Ereignisse seines Lebens auf eine sehr
interessante Weise. Ja, er liatte sogar, wenn ei' Heiteres
berielitete. etwas von der italienischen Einbildungskraft.
Nichts konnte jedoch meine unüberwindliche Abneigung
vor dem, was ich in seinem Innern bemerkte, he„siogen. Ich
fühlte in seiner Seele einen kalten, scfmcidenclen Dolch, der
eisige Wunden schlug, ich fühlte in seinem Geiste eine tiefe
Ironie, der nii:hti5, weder das Erhabene, noch das Scliiine,
ja nieht einmal sein Kuhni entging. Denn er verachtete die
Xation, deren Beifall er orheisehto. und kein Funken von
Begeisterung mischte sich in sein Bedürfnis, die Mensch-
heit in Erstaunen zu setKcn . . . Niemals habe ich in seiner
Gegenwart frei zu atmen vermocht."
Mit einer Beaclireibung des iiiißeren Mensehen und einer
Beurteiicng seines Verhaltens in der Gesellschaft beaciiließt
Frau von Stael ihre interessante Charakteristik: ,,Sein da-
mals mageres, blasses Gesicht war ziemlich angenehm . , .
Da er klein von Gestalt, sein Oberkörper aber viel länger
als seiTi Unterkörper ist, sieht er weit besser zu Pferd aus,
als wenn er geht ; im großen und ganzen ist es nur der Krieg
allein, der wahrhaft für iim paßt.
In Gesollschaft gibt er sich linluseh. ohne gerade .schüch-
tern zu sein. Wenn er sich zusammennimmt, liat er etwas
Verachtendes in seinem Wesen, und wenn er sich unge-
zwungen gibt, ist er gewöhnlich. Das Verachtende kleidet
ihn besser, daher verfehlt er auch nicht, es immer zu zeigen.
Infolge seiner natürlichen Veranlf^ung zum Herrenmen-
Bohen richtete er bereits vie ein Fürst unbedeutende Fragen
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alle diejeiuger
Überlegenheit des Fragestellers über denjenigen klarlegen,
der sich auf diese Weise auafragen laßt. Er liebte es. die
Leute in Verlegenheit zu bnngen. indem er ihnen Unange-
nehmes sagte...-
Jedenfalls übte Bona|.iiru- t-iiu ii svUr großen Einfluß auf
1 F d III 1 It ar
L en Bonapartc gl I ff \ Ih
Bruder werde ich blöde, weil ich ihm gefallen möchte. Ich
weiß plötzlich nichts mehr, möchte mit ihm sprechen, suche
nach Worten und drehe meine Sätze hin. und her. Ich wUl
ihn 7.\s'ingcn, wich mit mir zu beschäftigen; mit eiiifin Wori.
ich hm m seiner (.eirennart dumm wie eine Gans. "
Interessant ist es. dem Urteile der sreistreichen (ienfer
Schriftstellerin die htcrarischfLi Porträte zweier, zu jener
Zeit m Paris lebenden Deutschen e]iti;cgcn/.i ist eilen, deren
Namen leider unbekannt geblieben sind. f5eidc haben Bona-
parte gesehen, beide urteilen unmittelbar unter dem Ein-
druck der Ereignisse in Biicfen nach der Heimat. ,, Bona-
parte ist klein 1111(1 schmüclitig," berichtet der eine Augen-
zeuge Ende des Jahres 1797, , .Stellung, Gang und Gebärde
sind mehr die eines Alten als eines Jünghngs. Die Trocken-
heit seiner Gesichtsmuakeln und die etwas olivenfarbige
Haut geben ihm Finsterheit. Sein blaugrau und bräun-
liches Auge hat weder Feuer noch Schönheit; es liegt tief
unt«r der Stirn, wodurch die Wirkung seines Blickes ver-
mehrt wird, der ohne Anmut ist aber Haltung und Dauer
besitzt. Interessanter machte Bonaparte der festen TeOe
Bau. Oberhalb breit, sohlieBt das Gesicht länglich nach
unten schmal ab. Ganz leicht erhebt eich die Stirn über die
Nasenwurzel. Übrigens liegt erstere, eine reine Fläche, mit
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dem ßik'ken der Xasc iti einer fasi setikieeliteti l.iiiie. Üie
Xase hat einen überaus edlen ChiirnUter: niclits rici.^thigefi
scheint f^ie ein zarter Knoriiel. dessen Hiejisanikeit M-lir
empfäti^lieli ist, (Jeraile. -:il>l ilu- iler Ausihnrk de.s Mundes
eine sanfte ^eHilliw- Jiie^iniir. Der .Mnml ist lialliriuuk «eil-
sesehlit/t. das Kinn spitz, und stark lieiviusleeliend. die
IviTinladeii hin.üfizen -/.eirliTien sieii scimaeli. was niieii der
Mf-inun!2 der l'lix siopnimiei, ein sein- !;ntes Mt-rkmal isl.
indem <ias Gefientcü grnlje Arii inalii iit lieileuten >i>]].
feil habe lioual)arfe niebt mir t;eselien, Hindern aurli ge-
liort, uTid er ist mir in beiden als ein wirklieli an-gf/.eieh-
netcr ^lenseli ersehienen. Wns er sii^'te, war last lieständig
lics.sfr. als was die hinderen t.'e.-;igl liatten : tausenderlei
wunderlich zusammengeraffte, oft alltägliehe Komplimente,
alle die welken Blumeneträußchen, die man ihm über-
brachte, erwiderte er jedesmal mit Feinheit, Geschmack
und Grazie.
Jionajiartes (-iesiebtsKilgf /.usaninien^enniunien sind hai'-
moniseh. voll edler ^\"iirde und haben viel Einladendes; «ad
ich aber nicht erwartet hatte, war, um seinen Mimd ebenso-
viel naive Gutmütigkeit /u finden, als ieh l'\'inheit antraf."
In einem anderen, vom l.'i. Mär/. I7!)S dadeilen Briefe
heiiJt P6 von .i^onaparte : ..Denken Sie sieh i'inen kleinen
Mann- wohl eb.'iis-. klein ..Is dei g.v.l.le I-Vii^drieh war
von sehr ie<ji'Ini,"n,li:.!eiii unil /aiLeni Kia']i,'i'linii. niEiger. aber
fest in «ieh 7.nsainnient;ednin<ieri. mit verhällnisniiU3ig gr,>-
IJem Ko()l'e, edler, fein^ewülbter Stirn, dunkelblauen Augen
und starkem, dunkelbraunem Haar; die Xaso grieelnseli
gerade mit der Stirn fortlaufend, unten fn,st naeh dem
Munde zuhängend, einen .Mund voll Mcnsehlielikeit und
Grazie, das gedrungene Kinn et\^"a'? hervortretend, so haben
Sie ein ziemlieh treues Bild voq diesem merkwüi-digcn Men-
. sehen, dem auch alle französisohen Kupferstiche, die man
von ihm hat, mehr oder weniger ähnlich sind. Seine Be-
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wegUDgcoi Bind immer lebh^ und dooli voll Anstand und
Wiirde. Sie können ihn eine holie Treppe mit fünf bis seolu
Sprüngen herunterkommen sehen, und doch steht er mit
dem letzten Sprunge im schönsten Anetaad und mit heroi-
scher Würde da. Wo seine Augen nichts BcBtimmtes zu
fixieren haben, sind sie fast immer in die Höhe geriohtet;
das war mir jedesmal am wahrer Genuß, in das schöne^
tiefe, gefühlvolle Auge zu blicken, das auch die seltene
Eigenschaft mit dem schönen Auge des großen und guten
Friedrich gemmn bat, ebenso fürcbterliob streng als ein-
nehmend freundlicb zu sein."
Die Direktoren hatten den 10. Dezember 1797 bestimmt,
um den Sieger von Italien in feieilioher Sitzong zu emp-
fangen, sowie die am 17. Oktober 1797 in Campoformido
unterzeichnete und vom Kaiser ratifizierte Itiedensurkunde
in Empfang zu nehmen.
Die größten Vorbereitungen waren getroffen worden, am
das Fest so glänzend und so feierlich wie möglich zu ge-
stalten. Der große Hof*) des Luxem bourgpalastes war mit
Waffen und Fahnen geschmückt, die man in den RevcJu-
tionsfcldzügcn erbeutet hatte. Um nicht den UnffiUen d«
Witterung ausgoRctzt 7.u Hein, hatte man den Hof mit einrai
riesengroßen blau- weiß -roten Zelt überspannt, das an den
Seiten durch goldene Borten und Quasten verziert war.
Im Hintergrund des Hofes, oberhalb eines für die fünf
Direktoren bestimmten erhöhten Trittes erblickte man drei
Statuen, die den Frieden, die Freiheit und die Gleichheit
darstellten. liechts und links des Sitzes der Direktoren be-
fand sich ein riesiges Amphitheater, wo die zahlreichen Be-
hörden und nicht weniger als 1200 Mucker Platz nebmeu
sollten.
'] Niobt der kleine Hof, wie Harmont und andere UemoirenHhreiber bd-
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ISn Teil der IMb&ien, die Fenster des Palastes, die nach
dem Hofe zu lagen, und die DScber -waren von zahllosen
Neugierigen besetzt, die bei derartigen Gelegenheiten nie
fehlen und sich gewöhnlich für die Hauptpersonen des Ta*
ges halten.
Gegen 10 Uhr &üh verließ Bonaparte seine Wohnung und
begab sieh in einem dnfachen Wagen, von den Generalen
Berthier, Joubert und C!hampionnet begleitet, naeh dem
Lnzemboui^. Bas Wetter war kalt und unfreundlich. Den-
noch waren alle Straßen und Kais, die nach dem Direikto-
rifUgebSode führten, von einer schaulustigen Menge wie be-
sät. Besonders groß war der Andrang am Pont Neuf; ver-
stärkte KaTalleriepatrouiDen schienen die b^dlge Ankunft
des Generals Bonaparte anzuzeigen. Jedoch sollte die Hoff-
nung der meUten, den Sieger zu sehen, getäuscht werden.
Seitdem sich Bonaparte in Paris befand, war es aeäa eif-
r^stes Bestreben, sich den Blicken und dem Befall der
Menschen zu entziehen. Er Mtte es gern gesehen,' wenn ihn
das Birektarium auch von dieser Schaustellung entbunden
haben wärde, da er sieh darin gefiel, sich ma als einen
einfachen Bürger zu betrachten.
Sein Wagen nahm den Weg durch die entlegensten Stra-
ßen. Bann übeisohritt man die Seine auf dem Pont Kational,
folgte dem Quai Voltaire, dann dem sich daxan anschlie-
ßenden Quai Maiaquais und bog nach rechts in die Bue
de Seine ein, die direkt auf das Luxembourggebäude führt.
In dßc Nähe der Kirche Saint-Sulpioe war der Mensoh^-
aoflauf am größten, und nur mit Muhe kcmnte der Wagen
des Generals hinduxchft^iren.
Endlich, um 11 Uhr, hielt der Wagen. Ber General begab
sich in den Hof des Kleinen Luxembourg und ging in die
Privatwohnung des Direktors LarevelMrfl-L^peaux hin-
auf, wo sich die anderen vier Direktoren bereits befanden.
Talleyruid war ebenfalls dort und stellte dem Birektorium
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d«i neuen preußisohen GeBimdten von Sajidoz-RoUin nod
den Abgeotdneten von Basel, Feter Ochs, vor. Sandoz-
KoUin benutzte die Gelegenheit, den General in ein langes
Gespräch zu verwickeln und »hielt die Eriaufonia, Bona-
parte in seiner ^vatwohnung besuchen zu dürf«i*).
bizvischai langten die übrigen Minieter, das di{kIoma-
tische Korps, der Gteneralstab der 17. Militäidiriaion (Paris)
an. Die Ititg^ieder des Seinedepartements und der Stadt
Paris veisammelterL sich w^irenddeBBfin beim TXrekbor
Francis de Neufoh&teau.
Gegen Mittag kündigten die im Garten des Luxembourg
aufgestellten Geschütze den Beginn des £W»s an. Die Mu-
sik an der Spitze, daran sich anschließend die verschiedenen
Körpereofaaft^ Beamten und Offiziere, zuletzt die fünf
Direktoren im römischen £oatäm, sezte sich der stattliche
Zug in Bewegung, wandte sich auf das groBe Tor zu und
begab sich in den großen Hof, wo die Feierlichkeit statt-
finden sollte.
Etwa um zwölfcinhalb Uhr gab Barras Befehl, die Mini-
ster des Kriegs und der auswärtigen Angelegenheiten, Soh^
rer und Talleyrand, sowie die Generale Bonaparte, Joubert
und den Brigadeohef Andi4osBy, dio noch in der Privat-
wohnung des Direktors Larevelherc-X.opeaux geblieben wa-
ren, holen zu lassen.
Als die Menge die fünf Direktoren erblickte, wmrden diese
mit Beifallsrufen empfangen ; aber auch Stimmen der WQß-
gunst ließen sich im Volke vernehmen. Als dann Bonaparte
mit seinen Begleitern erschien, erhob sich ein nicht enden-
wollender Jubel, und die Rufe „'Es lebe die Republik", „Es
*J Sandoz-Höllin berichl^l« lun 1 1 . Dräembpr in auaführlichec Weise über dka
Frat und dia UaterhnllunB. die er mit Bonsparte gehabt halte, nach Hause.
Bs heiCt unter anderem darin: „loh habe mich dem General nähom und mit
ihm Bproohen könnm. Sein Wesen ist trocken und Eurüaltliallend gegen su-
diin^ohe Nengiarde. aber offen, liebenswürdig, ja selbat vertiaoIiDh 8*8^°
diejenigen, die beauftragb Hiiid, mit ilim xa sprechen. Ich habe dim selbst
an mir arfahren."
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Ie))p (!ie große Nation" wurden noch durch die Worte „Es
lebe Bonaparte" übertönt.
Fraii von Staei, die Freundin TaUfviandM. wniinte natür-
lich auch dem Schauspiel bei, das /n Khrcn des von ihr
danialü noch so sehr verehrten und bewunderten Helden
von Italien gegeben wurde. Sic schreibt in ihren ,.(>Dn-
sidcrations sur la r^voiution fran9aisc": ,, Honaparte er-
schien ganz einfach gekleidet, gefolgt von seinen Adjutan-
ten. Sie waren alle viel größer als er: die .Achtung jedocli,
die sie ihm bewiesen, vcranlaßte sie immer, in gebüektcr
Stellung vor ihm /u ntehon. Die Elite Frankreichs, die zu-
gegen war, überhäufte den siegreichen üeneral mit ßeifalln-
rufen. Er war die Hoffnmij; eines jeden; Republikaner,
lioyaüstcn, alle sahen die CJcgenwart oder die Zukunft auf
>i'ine tniichtigc Hand gfstülzi.^^
Als lionn|inrtc m Hofe d,'s I .uxemhourg erschien, schwieg
die Musik einen .Vu^enblick. eine Artilleriesalve ertönte,
und unter furtgcset/.tcn Bcifiillsrnfen wurde der „Befreier
lralicns'% der ..]''ncdcnsstiftcr des Festlands" von dem
-Minister des Tnncm am gi-o(Jen Tor empfangen.
Von seinen Generalen und Adjutanten umgeben, näherte
sieh Bonaparte in eiDfacher Felduniform, ruhigen Schritts,
mit bescheidener Miene der Tribüne der Direktoren, Die
Musik ließ jetzt die Hymne an die Freiheit ertönen, und die
Anwesenden stimmten in den Kehrreim mit ein. Ent-
blößten Hauptes erwarteten die Direktoren und die an-
wesenden Körperschaften stehend den jungen Sieger, der
von TaJleyrand den Kegierungsmitgliedom in feierlicher
Weise vorgestellt wurde.
Nachdem Talteyrand eine geschickte, meisterhafte ßede
gehalten hotte, ergriff Bonaparte das Wort. In kurzer, mar-
kiger, BoldatiacherWeise sagte er: „Bürger Direktoren! Um
frei zu sein, mußte dos französische Volk die Fürsten be-
kämpfen.
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Um eine auf vernünftigen Grundsätzen begründete Ver-
faBBung zu erhalten, hatte es Vorurteile zu besiegen, die sät
achtzehn Jahihunderten eingawurzelt waren.
Die Verfassung des Jahres III und Sie haben alle dieee
Hindemisse überwunden.
Seit zwanzig Jahrhunderten ist Europa nacheinander von
der Kirche, dem Lehnswesen und dem Königtum beherrscht
worden; mit dem Frieden aber, den Sie geschlossen haben,
beginnt die Ära der repräsentativen Regierungen!
Es ist Ihnen gelungen, die große Nation zu bilden, dra^n
weites Gebiet nur deshalb beschränkt ist, weil die Natur
selbst die Grenze bestimmt hat.
Sie haben mehr getan!
Die beiden schönsten Teile Europas*), ehemals so berühmt
durch Künste, Wissenschaften und die großen Mtmner, de-
ren Wiege sie waren, sehen unter den schönsten Hoffnungen
den Genius der Freöheit aus den Gräbern ihrer Ahnen er-
stehen.
Das sind zwei Sockel, auf welche das Sohioksat zwei mäch-
tige Nationen stellen wird!
Ich habe die Ehre, Ihnen den in Campoformido unter-
zeichneten und Ton seiner Mlajestät dem Kaiser ratifizierten
Vertrag zu überreichen.
Der Frieden sichert die Freiheit, das Gedeihen und den
Buhm der Bepublik!
Wenn daa Glück des traazöüschen Volks auf den besten
Grundgesetzen aufgebaut ist, wird ganz Europa frei sein!"
Die kurze aber kraftvolle Rede verfehlte nicht ihren Ein-
druck. Die tiefer Beobaditenden deuteten de auf ihre Weise
und glaubten besonders aus dem letzten Satz zu ersehen,
daß Bonapartes Ehi^eiz. der berühmteste General der Re-
publik zu sein, noch nicht befriedigt sei. Die Menge aber
begrüßte die Ansprache des großen Itallkers mit lautra
*) und Italien und Holland ifemeial.
74
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Rufen: Es lebe die Republik! Es lebe Bonaparte! Bs lebe
der General der großen Armee! Die Rufe wurden von den
entfernt Sitzenden weiter getragen und auf dem Platze und
den angrenzenden Straßen von der dort versammelten
schaulufitigon Volksmenge begeiflterfc wiederholt.
Barras dankte dem General in einer langen, schwülstigen
Rede, die nicht viel Inlialt, desto mehr aber nichtssagende
Redensarten hatte. Als er beendet hatte, küßte er Bonapart«
im Namen des französischen Volkes. Die anderen Direktoren
ahmten seinem Beispiele nach; jeder gab ihm den Bruder-
kuD.
Darauf führte der Minister des Innern den General an
seinen Lehnstulil zurück, den man ihm vor der diplomati-
75
sehen kor]>orsili!ifl. zurec
htuestelll
liatte. Das Orcliester
stnmnte tlen ..(Jinnt. de rr
■tour- an.
KU weleheni -Mehiil die
Musik iitul ( lienier den Text ^enia<
■lit hatten.
Jt'tzt ersehifii dei' Kriei
iHui sfellle dem Direk-
toniiin den I)iviHiorLs;;enei
-al .loül)er
t und den lirigadechef
Andreossv vor. Andrer^^is
III General Bonaparte
vor seiner A)ireise aii-= It;
1 [ 1 1 1
:t ragt worden, der Rc-
gieriiiift die i'iihiie xii iib^
■1 Illingen.
tiie die Gesetzgebende
Körperschaft dem ll^diei
11 1 n H
[■ei'e gesulienkt hatte.
Aach einer lanj:;en Jiede d
KlK .
iiiiistera erfmffen Jou-
bert. und AiidriW^^v ehenf
Ii ii W
Der l'iiisi<Ie]it de- Direl
laliKi die ilnii dar;iobo-
tene hiüiiie III Kiiipt.itm. i
i^nilUr dei
1 (ieiieraleii der llülie-
II t 1 ^ ul lim 1 1 1 (It und
Andrcossv wieder \'\:Ü7. ;;enoiiiJiien liatteii. stiiiiinTe die
Musik den h^nil de de|)arl an. und die ^il/un^: wurde
aufgehoben. Alle kelirten in (h'rselbcii (.>rdiiuiiL' -/.uruek. wie
SIC gekoninien waren.
Dir Peiedichkeit Iii i i \I t i Mi Ce-
deikfii II Ii u I Ii tll I ii ii Ii I I iid^ iKibeii
waren. ]-:iii -lUin/endiT Hall beendete diesen TaL'.
Trolz der firoljen UlanzciiUali uns Gestaltete sieh die Feier-
lichkeit inil,ii\enibour}! kalt. Man wuüteselirwohl.daß keine
wahre Preundschaft nwiselien Isonaparte und dem Direkto-
rium bestand noeli bestehen konnte. Dazu war das Direkto-
rium zu unbebebt. .lederniann selinle sich nach einer An-
deninii der Dnise und nach dem kommenden Mann, den man
m Honaparte erbliekli'. ..\\ enn der ( )rt der Handlung grofi
und Bewunderung erregend war. schreibt Doulcet de Pon-
tecoulant in seinen krninernnKen, ..so kann man sagen. daLI
wenigstens diese.'i Mal die handelnden Personen ganz auf
der Hohe standen. Niemals, bei keiner Gelegenheit seines
Lebens, zeigte Bonaparte eine edlere Beredsamkeit, eine
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\ DÜetidetere Klugheit. Seine Kleidung war ernst, seine Hal-
iviriLT kalt, bescheiden und doch voller Würde. Seine Rede
war kin-/., iilx^r jeder Satz enthielt einen Oedanken und
<i■\m'^^ tief durchdacht zu sein."
Der scharte Beobachter Thibaudeaii sagt in seinen „M6-
nioires Bur la Convention et le directoire" von Btmaparte in
jenen Tat;en: ..hr l>eobachtet^> die l'arteien. hielt es aber
scheinbar mit keiner. Es war besonders dem Direktonum
eine sc-lnveve l!\irde. einen sief;reicheii General um sich zu
haben, der keine BeyL-haft^unt; hatte, -leder Direktor, der
sich mit liiiii maß, war von seiner üroße iibenasciit. Mit
-I.Ti Tiicrmuioriiinern BarrfiiS und Tallicn unterhielt er Be-
/.'(■nuiiüen. Die Jakobiner, die immer einen wunderbaren
Instinkt besitzen, ihre leinde zu wittern, zoj^erteii luoht.
den Sieger von Italien öffentlich anzugreifen, Sie begannen
damit, seinen Ruf zu untergraben, um seinen Einfluß zu
venmndeiTi. Bonaparte aber bcnrieille seine Lage sehr nch-
lif; und sah voraus, daß iiuiii D^dd seine Verdienste ver-
sessen und seinen kiiliiii t)e?i liiiiipfen wurde, wenn er m
I'ans auf seinen Lorbeeren ciusohluiumerte."
Nach dem ihm zu Ehren gegebenen l'esle im Luxem-
bourgpalast und nach einein Kssen beim Direktor Ulerliii
de Douai an einem der nächsten Tatte. wo unter anderen
auch die Generale Berthier. Desaix. hieber. Joubert und
der Bchweizoriache Abgesandte Ochs zugegen waren, zog
Mch Bonaparte wieder vollkommen ins Privatleben zurück,
i'bizieich die Bbcke der verandeiangbebenden Pariser auf
:)iii als den Mann genchtet waren, von dem man sich das
Heil des Landee versprach, suchte er Bich — absichtlich
oder sohembai — so viel wie moghch der Öffentlichkeit zu
entzieheu.
Er speiste fast immer zu Hause im kleinen EYeundes-
kreise. Von seiner Familie hatte er nur den jungen J^röme
bei Bich, den er aber sehr bald im College von JuiUv unter-
77
braclite. Frau Bonaparte hffand sioli damaln nicht in Paris.
Der „NaiTatcur uiiivcrsel" vom 18. Friniaire (8. Dezember
1797) hatte die Aidtunft der (Jeneralin zwar auf den 20.
oder 21. Frimaire ange,kiindigt, aber Joeephiiic traf erst am
29. oder 30. Dezember*) 1797 in der Hauptstadt ein. Sie
hatte länger ala zwei Monate gebraucht, um von Italien nach
Paris zu gelangen. Zwar behauptete sie, sehr eilig gereist zu
sein, docli hielt sie aich unterwegs überall gern und lange
auf, um die der Onttin des Siegers von Italien gegebenen
Feste bis auf die Neige auszukosten!
Obgleich Micli die Zuneigung Bonapartes zu seiner Frau
ein wenig abgeschwächt hatte, so liebte er sie doch noch
über alles imd zeigte sieh bei den geringsten Anlässen sehr
eifersüchtig. Aber auch jetzt brachte Josephine ihm noch
keine Liebe entgegen und scheint wie früher zu Barras in
vertraulichen Beziehungen gestanden zu haben. Wir kennen
einen Brief, den sie in Eile an Bottot, den Sekretär und Ver-
trauten des Direktors, bei der Llückkehr Bona])artes nacli
Paria richtete. Es karui nur am 21. Februar 1798 gewesen
sein, denn an diesem Tage kehrte Bonaparte aus Brüssel
von einer Besichtigung der Küsten, die er als Obergeneral
der nach England bestimmten Armee unternommen hatte,
nach Paris zurück. ,, Bonaparte ist diese Naeht zurückge-
kehrt", schrieb die Ungetreue. ,,Ich bitte Sie, mein lieber
Bottot, Barraa mein Bedauern auszusprechen, daß ich nicht
bei ihm zu Abend speisen kaim. Sagen Sie ihm, daß er mich
*t F. Hbuoo gibt täi die ROoklcalir Joeepltmeaiiaoh Vvk den 2. Januar I7B8
an, doch Bahreibt der „Ami daa lois" vom 0. NivAae (SB. Dezember 1797)
bcBtinunt: „La cltoysune ipousa de Bonaparte arrive Mjaind'bui eo oatte
comnume." — Diea«r Tag atinnnt onoh mehr mit dem Fest« TaUctyraads.
das am 3. Jen aar stattfand, über^ TaUeyrond Bialte dataelbe sorrrit hin-
ousgaachoben, damit auvh die Gemahlin des Generab Bonap«rt« daran toil-
nehmen Icoiuit«. Wenn Jesephine ent am 8. Jumor in Pari« angekommen
«^iie. hätte der Minister des AuDem nicht die Einladungen forden 3. Januar
erst ain Togo verlier versenden kSnnen I — Noch dem .^urveillant" vom
12. NivAar (1, Januar] kam die Oeneralin am 3D. Deiember in Paris ao.
78
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joaephinp [tnnnpBCle.
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nicht vergeHse. Sie kennen beaaer als irgeiidiemand meine
T.age. Leben Sie wohl, aufrichtige Freundschaft! LaPagerie-
Ronaparte."
Die abgelegene Straße, die Bonaparto bewohnte*), war
jntzt fast ebenso menschenleer wie früher. Der General
i'tiipfing nur wenige Besuche und stattete nur wenige ab.
Er zog die Arbeit in der Zurückgezogenheit dem lebhaften
Treiben der Großstadt vor. Aus Intereaae und gleichzeitig
auch aus Berechnung empfing er Gelehrte, Scliriftatelier
und Künstlet bei sich, um sich den Anschein zu geben, als
ob er deh ganz ins Privatleben zurückgezogen habe. Dies
geschah besonders zu dra Zeit^daer zum Mitglied des Natio-
nalinstituts gewählt wurde. Damals Gnden wir Namen wie
Amaiilt, I^emercier, Laplace, Ducis, Bemudiu de SaJnt-
Keire, Daunou, L^ouv^, M&hul, David, Bouilly unter de-
nen, die tx bevorzugte.
Es schien, aia wollte er der Regierung absichtlich keine
Terlegeoheiten bereiten, da die Zahl der Unzufriedenen
damals sehr groß war. Et wollte keinem seiner Anhänger
Gietegeoheit geben, sieh und ihn bloßzustellen. „Dieses Ver-
halten", schreibt Doulcet de Ptmt^coulant in seinen Er-
innerungen, „verdoppelte sogst die Ungeduld, die alle Klas-
sen der Bevölkerung bewiesen, um ihn zu sehen. Niemals
wurde ein Mann, der dazu bestimmt war, die Geschicke
eines großen Volkes zu leiten, zu Be^n seiner Laufbahn
von einem größeren Gefühl der Zuversicht und Bewunde-
ning umgeben. Die aufgeklärten Männet erkannten ihm
alle Abzeichen eines ebenso vielseitigen als überl^enen Ge-
nies an. Das Volk, das viel mehr mit den Augen als mit dem
') All Bonapoile niu» Abendi nach Hause zurückkehlte — es war in der
Kaclit vom 30. zum 31. Deiember — , sah er, daO Arbeiter damit beHcliältigt
men, die TaltH nüt der Inschrift der StraDe m vechseln und dafür eia
Schild mit der Au&chrilt ,3ae de la Victoire" anzumachen. I>i<r Genera]
war durch diese Au&nerksamlieit des Seinedepartf^mentn überaiin antninehin
ibeiTBBcht.
79
Verstände urteilt, da es so viel Ruhm in einem so jungen
Manne sah, tler in einem Alter, wo iunleiv sieli erst iiT>
WaifenluuKhvurk aiisbilden, «c:li<.ii ao viele Siege davon-
getragen hatte, kam aus düin Staunen, der Anfikeiiiuiiij
und der Aelitung nicht lierau^. Ulierall. wo er sit-h zt-igir.
und sobald die ntteiiLlielic Neugierde ilin unter tlein in-
kognito, mit dein er nieli niiigab, erk;iiiiit lialle, ertüiiteri
ungclieure Zurufe auf deinem Wege, und im Triumph be-
gleitete man ihn nach seiner beselieidencn Wohnung."
Wenn läonaparte auj-fulir. bediente er sieli eines einfachen
Wagens, ohne Begleitung. Selir oft ging er in dem kleinen
Garten spazieren, wo ihm seine Frau t'iin- kh-hn- l'riieke,
„Pont de Lodi", wie sie sie namite. li.iUe liaueii la.ssen.
Eines Tages, so erzählt man sich im \'ölksjnnnde. begab er
sieh in einem einfachen, blauen Rock ohne Abzeichen nm l-
dem Luxembourgpalasl. Die ychildwache kannte ihn nielii
und bat ihn um seine Einlaßkarte. Er antwortet« ruhig uiüi
bescheiden: „Teli lialie keine, doch das Direktorium kennt
mich." Der iL'osferi lielJ sieh aber nicht überzeugen, und
IJonaparte muUte er.-t seinen Niimen nennen. Jetzt grüßtP
die Scliildwaehc mil den ihm zukommenden Ehren, und er
durfte hineingehen.
Eine andere Anekdote mag hier ihren Platz finden, um
zu kennzeiehnen, wie selir es der General verstand, sich be-
liebt zu machen und sich Freunde zu verschaffen.
Am 11. Deüember, es war am Tage nach dem feierlichen
Empfang im Luxernbourg, war Bonaparte bei Fran9ois de
Neufchäteau eingeladen, wo sicli etwa zwanzig der bedeu-
tendsten Mitglieder des Nationalinstituts befanden. Er über-
raschte alle Anwesenden durch die Vielseitigkeit soine-
Wissena, Mit Laplace uid Lagrange sprach er über iNIatiir-
matifa, mit Siey^s über Metaphysik, mit Joseph de Chenicr
über Dichtkunst, mit Gallois über Politik und mit Daunou,
dem ehemaligen einflußreiohen Konventsmitglied, über Ge-
80
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setzgebung. Besonders schätzte er die Unterhaltung mit
DaunoH, da dieser sehr vernünftige Ansichten über Ver-
fassung und Gesetzgebung entwickeltB.
Als der General die Gelelirten Laplace und Lagrange fragt e,
ob ihnen ein erst kürzlich in Italien erschienenen Werk über
Geometrie bekannt sei, worin eine neue Art, den Kreis ein-
zustellen, besclirieben *var, antworteten sie verneinend. Da
nahni Bonaparte einen Zirkel und einen Bleistift zur Hajid
und erklärte schnell die Methode. „General," sagte Laplace
zu ihm, „wir erwarteten aDes von Ihnen lernen zu können,
ausgenommeo Stunden in der Mathematik zu erhalten!" .
Sl
Bonapaite liebte sehr das Theater und ging trotz <i< s
suräolcgezogeneD Lehens, das er führte, oft dahin. Einst, e.-
war am 30. Dezember 1797, gab man den „Horatius Cocle^"
im „Thtötre de la Eepubhque et des Arts". Das Schauspiel
hatte eine nnReheure Mensch enniOTige angelockt. Obgleich
Üonajiarte in /ivilkleidiing erschienen war und sicli im
Hiiiteitii'ijiul .scuiw Lo£fe aufhielt, wurde er doch erkanni.
Die Nnchneiu vun seiner Anwesenheit verbreitete sich
schnell unter der .\lcn^i\ uiiii lange und laute Beifallsrufe
ertonten im .'r^aalc. Der General aber zeigte sich nicht;
er zog sich noch \(eiler in den Hintergrund seiner Lot-'c
zurück und sagt« bescheiden zu emem Herrn in der
Nebenloge: „Wenn ich gewußt hatte, daß die Iiogen so
wenig geschlossen waren, dann wurde ich nicht gekoniiiifii
Ein andermal, es war nach der Rückkehr Josephines naL'ii
Paris, beauftragte er seinen Sekretär, bei der Theatorleitimg
anzufragen, ob man nicht zwei Stücke aufführen könne, die
er sehr bevorzugte, und in denen die Schauspielerinnen
Saint-Aubin und Phillis mitwirkten. Bourrienne hatte de»
Auftrag, beizufügen, nur wenn es „möglich" sei. Der Direk-
tor antwortete geistreich, daß ea nichts „Unmögliches"
gäbe, seitdem der Sieger von Italien dieses Wort aus dem
Wörterbuch gestrichen hätte!
Die Verbannungsgesetze vom 5, und 8. September 1797, die
das Direktorium nach dem Staatsatreiche vom 18. Fructidor
erließ, um sich seiner lästigen Feinde zu entledigen, hatten
auch die Mitglieder des Nntionaünatituts Barth^leniy, Pa-
storet, Sicard, Fontanes und Caniot betroffen. Eü galt da-
her, fünf neue Mitglieder in das Institut zu wählen.
Den Statuten gemäD wurde am 11. November 1797 eine
vorläufige list« von Bewerbern aufgeatdlt, die die aus-
geeolÜBdenen Ifitglieder ersetzen sollten. Dieser AnloB be-
82
DIgilizedby Google
geisterte den Dichter Lebrun zu folgendem vierzeiligen Ge-
dicht über den Sieger von Italien, der in die Section des arts
m^cuiiqiies gew^t werden sollte:
CoUdgues, amantfi de la gloire,
Bonaparte ea est le aoatien;
Pout votre m^anioien
Prenez colm de la vlotoire.
An Stelle CBimots, der früher der Seetion des arts mäca-
niguea der ersten Klasse des NationsJinBtitiita angehört
flEPUBLIQUE fBAN^AlSE.
INSTITUT NATIONAL
DES SCIENCES ET ARTS.
S/ance publique du \ 5 Nivise, an i, contmtngtat
d nintj hcures tris-pfecisti da loir.
Les pones s'ouvriront b quatre heurei.
On entrFn par U porte qui Mt din» l'Mgle
Occidental de !■ C0U( do Lwfit, k t* gtaCM
du Tficgraphe.
BtnlaDkule in einer BITenUlchen Sitiung dei IiutllDt».
hatte, erhielten Bonaparte 411, DUIon 371, Montalembeit
367, Lamblardy 34S, die übrigen zwischen 267 und 106
Stimmen, Am 25. November schritt man auf Veranlassung
der Section des arts mäoaniques zur Aufstellung der end-
gSHigen Liste, die nur die Kamen Bonaparte, Dillon und
Montalembert enthielt.
Dillon und Montalembert waren zwei ausgezeichnete In-
genieure, die sich durch praktische und theoretische Ar-
beiten einen geachteten Namen in Frankreich gemacht hat-
tfln. Bonsparte war zwar ein tüchtiger Mathematiker und
auch als solcher bekannt, aber abgesehen von seinem mili-
tirischen Ruhm waren die Augen der meisten Institutfi-
DIgilizedby Google
mitglieder vor allem deshalb auf ihn gerichtet, weil er Vfah-
reod des italienischen Fcldzugs die Künste tind Wissen*
Schäften ganz besonders begünstigt hatte.
Als dann am 2d. Dezember 1797 die endgSltige Abettm-
tnung stattfand, entfielen auf Um 305, auf IHibm 166 imd
auf Montalembert 123 Stimmen. In be&ondera feierlicher
Weise wurde der General vom damaligen Präsidenten Ga-
rn ob in die Section des orts m4caniques der eisten Klasse
des Nationalinstitats anfgenommen.
Am Tage setner Eroennong richtete er an den Präsidm-
fcen Cunns ^en geschickt abgefaßten, schmeiobdht^ten
Brief, der seine Wirkung auf die Umwelt nicht TerfeMte.
Das Schreiben lautete: „Die Wahl, die die anqjezrächneten
Männer des Instituts getroffen haben, ehrt mich. Ich vkoü,
daß ich lange Zeit ilir Schüler sein muß, ehe ich ibre^lei-
chen werde. Gäbe es eine ausdnicksvcdlete Art, ihnen meine
Hochachtung darzubringen, so würde ich mich derselben
bedienen.
Die wahren, einzigen Erobenrngeu, die hdn Bedauern in
uns zurücklassen, sind die, welche man auf dem Gebiete der
Unwiasenfaeit macht. Die ehrenvollste und zugleich nütz-
liebste Beschäftigung für die Natitmen ist, zur Erweiterung
der menschlichen Ideen beizutragen. Die wahre Macht der
EranzÖEÖschen Bepublik muß künftig darin bestehen, keine
einz^ neue Idee aufkommen zu lassen, die nicht Ha ge-
hört!"
Bs ist bekannt, welch großes Intereeae Bonaparte dem
Nationalinstitut entgegenbrachte. Noch während des ägyp-
tischen Fetdzuges verwendete er Briefpaiüer, auf welchem
zunächst der Titei als Mi^ed des Nattoualimtituts imd
datm erst der als kommandierender General der Armee tDu
Agyptea vorgedmckt war. Mmi konnte die Bescheid^iheit
wirklich nicht weiter treiben! Solange sich der General in
Paris befand, besuchte er die Sitzungen der gelehrten Ge-
84
seUschaft ziemlicli regehiiädig*). Er wurde mit uiitli-reii (.iu-
lehrten auch zu verschiedenen Malen beauftragt, einen Be-
richt über eine eingesandte Arbeit oder Erfindung zu rer-
faseen.
Talleyrand hatte seit langem ilii^ Absiflii, di^ni Sieger von
Italien ein glänzendes Fest zu pehen. das den killten Emp-
fang, den man diesem im Ijuxejnboiirg bereitet hatte, ver-
gessen machen sollte. Aber Joaepliine Bonapartc war noch
nicht in Paris eingetroffen. Sie beeilte sich nicht, nach der
Stadt zu kommen, ohne die sie früher nicht leben zu können
glaubte. Kndlich traf sie Ende Dezember ein, und das Fest
des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten konnte für
den 3. Januar 1798 angekündigt werden.
Ursprünglich poIUp es im ,,.Muwrum'", dem heutigen
Louvre stattfiTtden. Man halte bereits niohr als (iOO Kunst-
werke aus dem Apollos aal ausgeräumt, um genügend
Platz zu haben. Dann aber war man wieder auf das Ge-
sandtach aftsgebäude im Hotel Gallifct, in der Rue de Gre-
oelle, zurückgekommen, obgleich der Ra\mi dort ziemlich
eng bemessen war.
Die Festlichkeil zu Ehren Boiiapartes und de» voji ihm
abgeschlnsaeneri Friedens verlief äußerst glänzend. Mehr
als 50<) Personen waren der Einladung gefolgt. Man war
dem Wunsche des Ministers nachgekomiuen, keinen Schmuck
und keine Kleider englischen Ursprungs zu tragen.
Mit großem Geschick und wahrhaftem Geachmaek hatte
man die Sale mit Nachbddungen der aus Italien mitge-
brachten Kunstwerke geschmückt. Em vortreffltcheN Or-
thcster und Einzelvortrage der Sauger und Schauspieler
Lays, Oheron, Ch^nard und Dugazon trugen zum Uelingen
des -festes würdig bei. Mehrere Direktoren, die -uimater,
■) Bonaporte trohnte den SltEungen vom 31. Dozombei' 1797, *., SO., 24. und
».Januar, «.Februar, 11., 21., 25. und Sl.Mirz, 25. und 3a April 17flt) bn.
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die dipIomaUBoben Yertireter der mit iEVaiikieioh im Ftiedeo
leb^den Mächte, eine Menge berühmter Generale in glän-
zenden Uniformen, hervorragende Politiker, bedeutende
Gelehrte, Schriftsteller nnd Künstle, dazu 200 der sohön-
sten und eleganteaten Frauen von Paris waren ersohietten.
Um 10 Uhr begum äst Ball, und eine halbe Stunde sp&ter
betrat der General Bonaparte in einfacher Zivilkleidnng mit
seiner Frau den Saal. Einen Äugenblick herrschte lautlose
Stille, als der Oberbefehlshaljer erschien. Allw Augen waren
auf den jugendtichen Helden gerichtet; einer zeigte ihn dem
andern, und jeder war von dem Zauber seiner FeiaSnliah-
keit, seiner gewinnenden Liebenswürdigkeit und Einfach-
heit entzückt.
Bald nach 11 Uhr fand ein Bankett statt, bei welchem
nur die Damen saßen, während die Herien hinter ihren
Stühlen standen. Die Generalin Bonaparte 7.n^ be^ioaders
die Aufmerksamkeit auf si(;]i ; hinler ihrem Stulile bemerkte
man ihren Gemahl und TnWeyrnm], der es glänzend ver-
stand, den liebenswürdigen Casii^eher zu spielen. Auf-
fallend war die Liehenswürdigkeit, mit welcher der Gene-
ral Boiiaparte mit (iem Ces.andtcu der Türkei Esseid Ali
8pra<;li; [iian wolltt' davaun entnehmen, daß ein baldige.'^
Bündnis mit der Pforte Zustandekommen werde. Mit einem
Hoch Talleyrands auf eine glückliche Landung in England
endete der offizielle Teil des wohlgelnngenen Festes.
Xauh der Darstellung deri Kmpfungs Bonapartes heini
Direktorium und bei den einflußreichsten Pcrsünlichkoiten
der Jiejmhiik niul nach Schilderung seiner Lebensweise als
Privatmann in Paris sei noch [■estattel. einen Ausblick zu
versuchen.
Phantasiereiehe Geschichtsschreiber wollen genau wissen,
was ein Feldherr oder Staatsmann in dieser oder jener kri-
tischen h&gB seines Lebens gedacht haben könnte. Es ist
86
DIgilizedby Google
auch oft darüber gesproclien worden, dnll Bonaparte aohon
(inmals bestinimtf Absichten tiuf einen Shiiitswlreieb gehabt
hiitt«, der ilim die Allein herrscimft in l'rankreieli verschaf-
fe» sollte. Wenn die« der Fall fiewe^-en ist. so wird er es als
kluger MüTin wielierlieli sorpHam geheim gt'hiiltcn haben, war
er doch gerade in jenen .laliren verschlossener als wiibreiid
irgendeiner Zeit seines Lebens! Erst später, als auch ihn
fler Cäsarenwahn /u packen neliien, wurde er mit teil Ran er,
und seine Feinde nnterliellon es nicht, aus seinen unbedacht
hingeworfenen Worten den grölJteii Xul/.eii /.u /.iehen!*) Ks
ist aber nicht die Aufgabe des kritiselien (iesclnclilsschrei-
hers, KU ermitteln, was llonapartn:' y.u jener Zeit gedacht
haben mag. Man sollte viel mehr uiitersncheii, oh die poli-
tische Lage in Frankreich damals SO beschaffen war, daß der
tJeneral mit Wahrseheinlielikoit auf Erfolg einen Staats-
.'itreich hiitte wagen können, eine Fr^e, die man mit Fug
und Recht verneinen nuiß.
Bonaparte nahm alle die ihm in Paris dargebrachten Hul-
digungen mit Bescheidenheit auf und schien sich ihrer so
weit wie möglich zw entziehen. Sicher ist aber, daß sie ihn
sehr schmeicheUen. Seine Freuode raunten ilim ofl xu. die
an sieh zu reißen, um den überall so verhaßten 18. Fruetidor
vergessen zu machen. Bonaparte war aber klug genug, nieht
:nis seiner Zurückhaltung herauszugehen, denn er wußte
sehr wohl, welches Los ihn treffen würde, wenn das Uiit«r-
nehnieii fehlschlüge. Vorerst mußte er seinen Ruhm ver-
mehren, sieh dem Volke unontbolirlicher machen und die
Herrschaft des Direktoriums noch nnbelifihter werden las-
sen, ehe er selbst entscheidenil in die ( beschicke Frankveichü
eingreifen komitc.
") leli tnöcliU' bei di™er Gelegciüiail miF du« imiiiiirlir ab(!f.'<^lilusm:in tirei-
bKudige Weik „Gespräche Napoleons", Stuttgart 1911—1013, R. Lutz, hin-
wriaen. Iah habe darin nun enten Male die wichti^ten Unteifaaltuiigen
Napt^eoiM roh Minaii Zätgttumtea vCTeintgt,
87
Daß es ihm wegen seiner Ji;^end unmöglich war, Hit-
gfied des Direktoriums zu werden, ist schon in einem frü-
heren Bande eriÄ^Uint worden. Überdies war die B^emng
des Direktoriums viel zu abgewirtschaftet, als daß er ein
Glied dieser verhaßten Regierung zu werden wünschte.
Auch konnte man dem Direktorium damals kdne aUzo-
großen Vorwürfe maeheo, da es, wenn auch wider Willen,
den allgemein gewünschten Frieden mit Österreich bestär
tigt hatte. Der Gedanke, erst im Ausland neue Ijotbeeren zu
sammeln, ehe er höhere Pläne in Angriff nehme, mag ihm
daher immer von nenem im Geiste voi^schweht haben;
und daß dies in einem nüchternen Lande wie Irland oder
England bei den unzulänglichen Hilfsmitteln nicht möglich
sei, sondern nur durch einen Feldzug, der die phantasti*
sehen Franzosen zur Begeisterung hinriß, das wurde ihm,
znmid na«h seiner Besichtigung der Nordküste Frankrüche,
immer klarer!
Das DirekUirium zog Bonaparte während seinOT Anwe-
senlicit in Paris sowohl in militärischen als auch in diplo-
matischen Angelegenheiten oft zu Rate, doch mehr aus
Xotvciuligkcit nU ^uis w ii-k)iflii'iii Interesse. Zwar hatte der
Genci^il (lif .Mcliilicil (l<v Dil i'kt oriiuns für »ich, doch Bar-
ras, i'iiir der w irlil ig-ictL Stüt/cn der Regierung, hatte bald
Eona])iirtcs i'lii'ilcgorilifit in allni Dingen bemerkt und
füreht.'l.- ihn als \.-b,-iil>iihlcr.
Tallcyinnd iin<l Hoiiii|iarle hatten sich bald gegenseitig
crkannl. Siu wnlJtcii, daß ans ciiicni Zu^-aminenarbeiten für
beide IVilo l^rsprießlichcs tüilslrlu'ii kfiunf. Auch Sieyfe,
ÄU <lcni dei- (Icncral dun Ii \"i?riidttliiiig Tallcyranda von
Italirn aus in He7iHiun^' gctrtdt-n war, näherte or sich. Aiu
21. Fviinairi', Mährend eines ICssens liei Franvois de Neaf-
cliäteau, hatte er die erste längere Unterredung mit ihm.
Sieyes war seit dem 21. November 1797 Präsident des
Bates der Fünfhundert. Infolge seines großen Einflusses
86
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ten gegebe nenf Iii la auf ihn, ala einen zweiten ^[onk, zählen
zu können. Wenige Tage nach Bonapartes Riiekkelir nneli
Paris, ea war in der Nacht vom 18. zum Ifl. Dezember 1707,
fand man in versehiedenen Orten der Gemeinde von Saint-
Diii Jfauc ran seh läge folgenden Inhalts: „En lebe der Ktinig!
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BoiiapartC! , rette uns von diesen 800 Schurken*). Es lebe
der Kuiiig! Ernennen wir Bonaparte, daß er diese 800 Schur-
ken ersetze, die unser Hab und Gat verzeluen !" Bonaparte
war aber schlau genug, niemand in Beine Karten sehen zu
lassen, um sich keine Gegner zu schufen.
Vor allem konnte er natürlich auf das Heei zählen. Es
gab dam^, besonders nach dem Tode Hoches, nachdem
Fichegru und Camot unschädlich gemaoht worden waren,
und nach den wenig glücklichen Feldzligen Joordans und
MoreauB in Peutaehlaiid keinen Obergenexal, der eich einer
ähnliche Berühmtheit und Volkstümlichkeit erfreute wie
Bonaparte.
- Alle militärischen und manche <üplomatischen Opera-
tionen am ScUusae des Jahres 1787 und Anfang 1798 ge-
schahen unter seiner direkten oder indirekten Leitung. Er
erteilte den Unterhändlern in Rastatt Voraohiiften, g^b
dem General Hatiy, der Mainz dnoebmen sollte. Befehle
und arbeitete für den General Berthier Instruktionen aus,
als dieser nach Italien ging. Er selbst war der Obergeneral
des nach England bestimmten Heeres, auf das man die
größten Hoffnungen setzte. Berthier befehligte zwar in
Rom, doch tat er nur, was Bonaparte ihm schrieb. Mit
Brune, dran ehemaligen Brigadegeneral der Italienischen
Armee, staml es ebenso. Als Brune Anfang Januar 17B8
mit einer diplomatischen Sendung nach Neapel gehen sollte,
arbeitete Bonaparte für ihn die Vorschriften aus. Als d«m
Brune nach der Schweiz geschickt wurde, gab ihm Bona-
parte mündlich Verhaltungsmaßre^ln mit auf den Weg.
Auch seine wichtigste polittöohe Sohöpfui^ die Zü^pini-
sche Republik, vergaß et nicht. Ende März 1798 wandte er^
sich an das französisohe Direktorium, um Fürsprache für
zwei von ihm eingesetzte Direktoren der Schwesterrepublik
einzulegen.
*) Diu beiden Räte.
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FHAGMENTE AUS TARIS
Trotx clor wi'iiif; kamprAdachaftliclien Beziehungen zwi-
schen den Offizieren der Rhein- und der Italienischen Armee
war es ihm gelungen, sich die wichtigsten Generale dei
Rheinarmee zu seinen Freunden zu machen. Finden wir
doch die Namen eines Desaix, Kleber, Gouvion Saint-Cyr,
Lefebvre und Championnet auf der Liste der nach Eng-
land bestimmten Armee.
Es fehlte Bonaparte aber auch nicht an Feinden. Da war
bfHondcrfi der unversöhnliche, wenig beliebte Augereau, der
si'lion seit dem italienischen Feldzug seinem ehemaligen
Ohrrgencral grollte. Zum Lohn für seine Beihilfe am 18.
l''n[otidi>r war Augereau vom Direktorium zwar zum Ober-
Ijeffhishiiber ^amtlicher Heere am Rheine ernannt worden,
aber nach Bonapartes Rückkehr nach Paris wurde seine
Machtbefugnis auf dossfm Veranlassung hin stark geschma-
lei-l. Es ist offenbar, dall die neue \'erteilung der Heere am
a, Dezember auf Honapartes Einfluß hin erfolgte. Der
frühere Generalat absehet der Italienischen Armee Berthier
win'dc jetzt ihr Oberbefehlshaber. Die Rheinarmee ^vurde
geteilt; den Befehl über die eigentliche Rheinarmee er-
hielt Augereau, den über die Armee von Münz der Geoe-
ral Hatry.
Augereau fühlte sich duroh die Veränderung im Ober-
befehl sehr gekränkt, denn mittelbar hatte er jetzt nieder
von Bonaparte Befehle zu empfangen. Das Direktorium
suchte ihn zwar zu beschwichtigen, tat aber nichts, »un ihn
ganz zufriedenzustellen. Im Gegenteil 1 Als die Bhemarmee
am 29. Januar 1798 aufgelöst worden var, erhielt Augereau
den Befehl über die 10. Divimon in Perpignw, die ge-
gebenenfalls den Kern eines gegen Portugal bestimmten
Heeres bilden sollt«.
Nicht nur in Pozzo di Borgo, sondern auch in einem an-
dern seiner Landsleute, in Bartolomeo Aiena, hatte Bona-
parte einen unversöhnlichen Feind. „Sie kennen diesen
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Mann nicht," sagte Arena vi>n ihm; ,, nachdem er Aiigereau
nach Paris gesandt hat, um den 18. Fructidor zU8tande zu
bringen, hat er iim beim Direktorium in Ungnade fallen
lassen. Er hat die Undankbarkeit so weit getrieben, daß
IT in Erwägung zog, ihn zu verhaften. Er hat in Italien
20 .Millionen gestohlen und alle seine Generale naeh seinem
\ orbilde plündern laasen. Er ist der gefährlichBt« Mann für
die Freiheit!"
Sogar damals schon machte man einen Anschlag auf
Bonapartes Leben. Eine Frau war zu ihm gekommen und
hatte ihm gesEtgt, daß man ihn und die fünf Direktoren
während eines Essens vergiften wiirde. Als der Polizei-
minister Nachforschungen nacb dieser Frau anstellen lieQ,
fuid man sie ermordet in Ihiem Blute liegend. VermutUch
hatten ihre HelferBfaelfer, die sie verraten hatte, diese Tat
vollbraoht.
Die Feinde Bonapartes snohten so viel wie möglich den
Ruf des Oberbefehlshabers zu verkleinem; ja man scheute
sich nicht, schadenfroh seinen baldigen Fall vorauszusagen.
So schrieb Midlet du Fan am 4. Januar 1798 von Freiburg
aus an den Hof zu Wien: „Es ist augenscheinlich, daß der
Stern Bonapartes täglich mehr und mehr erbleicht. Dem
Volke ist er gleichgültig, den Jakobinern flößt er Mißtrauen
ein, und ^en ist er ein Gegenstand der Eifersucht. Weder
Festmähler, noch Lobgesänge, noch Trinksprüche vermoch-
ten die schnell erk^tete Bewunderung wieder zn entfachen.
Man wagt sogar ziemlich sicher vorauszusagen, daß es mit
diesem Manne entschieden zu Ende ist, wenn man ihn nicht
auf einem neuen Kriegsschauplatz in Wirksamkeit setzt,
und wenn ihn nicht ^nige glänzende Erfolge bei der eng-
lischen Expedition über Wasser halten ..."
Und wenige Tage sfSter, am 28. Januar, heißt es in einem
andern Bri^e desselben Mannes; „Bonaparte spielt den Be-
scheidenen und Selbstlosen. Er scheint die Pläne seiner
93
Kotte zurückzuweisen und ist gezwungen, den grenzenlosen
Ehrgeiz, der ihn ia»t verzehrt, zu verbergen, um noch eine
Zeitlantr das Damoklesschwert von sich air^uw cmlcn, das
über seinem Haupte schwebt. Ein Mann, der nicht einmal
üo viel Achtung genoß, daß er sich in Rastatt als Gesandter
halten konnte, scheint nicht in der Lage za sein, die Dikta-
tnr an sich zu reißen."
FONFTES KAPITEL
DAS ENDE DER ALTEN SCHWEIZ
In der Yo^esohiolLte der Revolation der Schweiz im Jahre
1797 Bpieien zwei Uänner, die in ihrem engeren und wei-
teren Vaterlaade eine ungleiche Beurteilung gefunden haben,
öne große Bdle. Es sind der Basler Oherzunf tmeiater Feter
Ochs und der Oberst Friedrich Cäsar Laharpe aus Bolle.
Beide haben großen Einfluß auf die Gesohicke der Gesamt-
Schweiz gehabt, abwr der Erfolg ihres Wirkens war sehr ver-
schieden. Laharpe hatte das Glück, das Woadtland zu
einem der schönste und blühendsten Kantone der Schweiz
erstehen zu sehen, während Oohs, verlassen und vea^;eBsen,
den Undank der Mit- und Nachwelt auf sich lud, da er in
Beinen Bestrebungen scheiterte ! Mehr als hundert Jahre hat
der Much auf dieeem unglücklichen Manne gelastet, und es
Boheint, als ob erst das 20. Jahrhundert ihm Gerechtigkeit
widerfahren lassen und ihn milder beurteilen wollte.
Wie wir borräts gesehen haben, hatte Bonaparte während
mnea Aufenthaltes in Basel großen Gefallen an der Unter-
haltung mit dem Oberzunttmeister Ochs gefunden. Als äasm
der Gweral in Paris mit dem Direktorium und mit Tt^ey-
laad auf die sohweizerisohen Angdegenheiten zu sprechen
kam, m^ er sich dieses Mannes erinnert haben, der ihm ge-
eignet schien, den Vermittler zwischen der Schweiz und
iEVtmkreidi zugunsten des französiBohen Staates zu spielen.
Ende November 1797 brachte der französische Geschäfts-
96
träger Mengaud beim Baaler Aititsbürgermeiater das An-
liegen seiner Regierung vor, man möchte einen von der
französischen Regierung gern gesehenen, geeigneten Mann
nach Paris senden, um mit ihm wegen verschiedener Dinge,
unter anderen wegen Abtretung des Fricktak zu unterlian-
dehi*). Es war augenscheinlich, daß man Oche haben wollt«.
Wm Jluere ^utllükkcliteiidec frunzi^lncher KriegBkiiiiimi!is.ir
und am 30. November reiste dieser nach der französiadicji
Hauptstadt ab.
Ochs war im Jahre 1752 in Nantes geboren, wo sich seine
Eltern vorübergehend aufhielten. Sein Vater war ein Basler.
seine Mutter eine Deutsche, Peter Ochs verlebte seine Ju-
gend teils in Hamburg, teils in Basel; auch unternahm er
') Auf Grund (UvssrrhsWn ArliltclR der geheimen BestimiouiiEPii des Frieden?
v(!n Campofunnido soUte das Frickul vom Kainer an Frankn'[e]i alinetrelcTi
und vondicMMu nocli degenzu bealimmenda GeBeuleiBiuogen mitderSchmi-
96
DlBilijattDyGuoglE
Ulnare Reisen nach Stcaßbu^ -and naoh Paris. Somit mtrde
er gleiofazeitig mit der deutschen und &antSeieoh^ Kultur
verbwit. Der Kaufmannsberuf, für den er bestimmt war,
gefiel ihm nicht lange. Er schied deshalb aus dem v&ter-
lidien Handrishanse in Hamburg aus und erwirkte die Er-
laubnis, in Basel studieren zu dürfe». Nachdem er dort dm
jnristischeti Doktorhut erworben hatte, widmete er siob
größtenteils geschichtliohen Studien, deren wichtigste Frucht
die treffhche neunbändige Qesohiohte der Stadt und Land-
schaft Baad ist*).
Da Ochs besonders in seiner Jugend im Ausland gelebt
hatte, besaß er nicht die Vorurteile seines Stand«. Er fühlte
sich aber auch nicht als Schweizer, sprach nicht den heimat-
lichen Dialekt und kritisierte mit bitterem Spott die klein-
staaüiehen Bestrebungen und spießbürgerlichen Anschau-
ungen seiner Landsleute. Die Zeitgenossen schildern ihn im
allgemeinen als ein^ umgönj^cben, befähigten, liebens-
würdige und gewandten Mann. Seine Liebe zu allem, was
firanzösiBoh wfu*, machte ihn jedoch hlind. was damcds wohl
zu veratehrai war, denn zahlreiche aufgeklärte Ausländer,
vor allem Deutsche, besaßen diese Schwäche.
Nach und nach kam Ochs zu Ansehen und Einfluß in
BaseL Der franz&öaohe Gesandte Borth^ilemy nahm in
seinem Hause Wohnung, und auch der Basler Frieden war
am 5. April 1795 dort abgeschlossen worden. Im folgenden
Jahre wurde Ochs Oberzunftmeister der Stadt Basel und
mit politischen Aufträi^i'n miu'Ii Paris gesandt. Es war daher
') IJor erste Band ^t^.linc: lin I.lIu'. IT Mi, dpt latite erst n«ch »einem TocIp,
im Jalirc 1822. Ocha starb im Julirt- 1821.
7
111 doiipelter Hinmoht verständlich. dalJ die ^\alil auf ihn
fiel, aia Meugaud um Sendung emea Unterhändlers naob
Pans bat.
Die Frage, wer die Einmisehung Frankreiclis in dio schwei-
zeriBChen Verhaltniese veranlaßte. hat sowohl schweizer-
ische eia fremde (leschichtssolireiber langer als ein Jahr-
hundert lebhaft bftiehiitl Igt. Aus Mangel an genugenden Be-
weisen furdiesf (iilt-rjeneAutfa,ssung aber hatmajizalüreiclie
\criiiutunfien aiitsiesteill und weiter ausgebaut. Waren es
die unKiifni;den<'ii Scliueiwr. die in ihrer Heimat und in
Pans sehurten; War es die Mehrheit des Direktonnms, die
der Bemer und der /uricher St aal ssehat-/. loekU;n War es
nur das eine oder das andere eiiilhillrcu lic Mitöln-d d<-r aus-
führenden Resierun^', etwa der L'eldL'ierijie Harras oder der
rücksiehtfilose P.euhell, <lt-i- eine l'rivalangelegenlieit zur
Staatshandluiit; maeheii "ollte. denn er lialte als Anwalt
einen Prozeb ni Jscrn verloren und haßte die Berner? Oder
wollte man die bchweizer bestrafen, weil sie so lange den
Lniigranteii Aufnahme m ihrem gastlichen Lande gewährt
halten ; Oder war es linnaparte, der unbedingt eine Jlilitär-
dur.-li ilcn Wallis iiaeli der Zi'ialpinieclien Republik
und aulierdeiiL l.ekl flü' seine iilierseeisclie Expedition
brauchte'; \'iellcielit war es auch Trtlle\Tand. dem eme In-
trige, eine Jlissetat mehr oder wenmer nichts ausmathte V
Waren es endlich die reiiiiblikanifelien Ideen uberha\iiit,
die ilahin i;iiigen. Frankreieh miL Si:lnvesteiTepiibliken oder
vielriirlii- ]Liii I.i'li.isstaateii y.Li umgeben?
Aul S.Ulk; H..le[ia kkiL'tc NapoleoTi das Dii'cktorium und
Kcubdl m I 1 M M n nun na h kiicn Napole-
ons BeHehriel)eu haT. wnli d;c L';ui/e \ crantwortung auf den
•1 13(ii i t ) 1 n 1 I Mil t tstraüo
durch doQ Wollis c Ti,Hiw„. Um WalliK, I- imtWij Bieli aber dimi frnniÖBisdien
Oesohäfteti^ger gogonUber ablulmond veiholten. AU dann auoh das Direkto-
rium mgon elw^er VerwicklDagen dem Plane vmig gendgt gegenübei-
Btand, hatto Bonsparto die Angulegcaibeit auf sioh bsmhea liim iii
98
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General Bonaparte. Talleyrand auclit die Schuld ebenfalls
auf das Direktorium zu wälzen; schweizeriHche Zeitgenos-
sea endlich Idagen Laharpe und vor allem Ochs an, da
er das vom Direktorium auserwählte, ungüickliclie Werk-
zeug war, das man nach Paria hatte kommen lassen.
Peter Ochs.
Wir aber, wir Nachlebenden, die wir klarer und folglich
kritischer sehen können, wir betrachten die Umwälzung der
Schweiz als eine notwendige Folge der Umstände, als eine
durch zalilreiche Verhältnisse geschaffene Notwendigkeit
im Laufe der Geschicke, nicht zum wenigsten als eine Folge
der vom Direktorium und von Bonaparte beschlossenen
llaßnahmenl
98
Ocha gehörte zu den Leuten, die eine staatliuhe Verändf-
rung in Basel von oben herab, eine Gleichstellung der Land-
bewohner mit den bevorzugteren Städtern anstrebten. Und
wegen dieser Bestrebungen hat er, wenigstens beim VoUte,
immer eine gerechte Beurteilung gefunden. Da die Ange-
legenheit der Regelung der SohadenersatzaneprUche wegen
des FrioktalB gewiß nicht seine ganze Zeit in ÄnBpruch neh-
men würde, 60 wollte er mit den einflußtdchsten M&mem
der B^enmg auch auf den ihn am meisten interessierenden
Gegenstand, die Verfassungsänderung in Basel, zu sprechen
komtn^
Ochs trai am 6. Dezember in Paris ein. Er untedieS nicht,
Talleyrand noch an demselben Tage um eine Äudieiu zu
bitten und gab ihm gleichzeitig den Zweck seiner Sendut^
nach Paris an. Am nächeten Tage machte er beim Diiek-
torialmitf^ed Beubell seinen Besuch, der bereits von
Ochs' Brief an Talleyrand Mitteilung erhalten hatte. Ocha
wurde von Beubell für den 8. Dezember zum Essen in Beine
Privatwohnung im Lnxembouig dnge^oden, und hier fmd
jene denkwürdige Unterhaltung zwischen Bonapatte, Beu-
bell und dem Basier Oberzunftmeister statt, die auf die Er-
eignisse in der Schweiz von größtem Einfluß sein sollte.
Denn schon in den nächsten T^en erf algte die Besitznahme
des Münstertales.
Ooha selbst gibt nns in dem S. Bande seiner Geschichte
von Basel Einzelheiten über diese Unterredung.
Unter den Gasten befanden sich außer Bonaparte und
seiner Gemahlin die Generale Berthier, Murat und Cham-
pionnet. Der Obergeneral war sehr gut aufgelegt, sehr ge-
sprächig und beklagte sich bitter über die Aristokraten in
der Schweiz. Beubell schien derselben Ansicht zu sein, denn
er stieß leise gegen sie Drohungen aus, die Ochs nicht ent-
gingen.
Nachdem die Tafel aufgehoben worden war tmd die G«-
100
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ReiibeU den Basler Abgesandten, ihm in eine Ecke des
Spcisi'waales zu folgen, wo bereits drei Lehnseasei, wie es
sihi?!! für den Direktor, Bonaparte und Oclia, bereit.stan-
riiTi. Die [Tnterhaltnnp wurde \ei>*e gefii5irl und konnte von
den anderen (.;äsien niciit f,'eliört werden. H(inii|)äi^e'-iÜ)or-
rnschlf (Jclis sificli durdi die Frji[!e: ..Kr.nnteD'ilH'. Piv^tt'^'- i.': ':
li'n in der Seliwei/. niiiit eine lievolution unternehmen,
wi'nn wir in /weiter Linie ständen?" Oolis will verneinend
^jeantwnrtet haben. Bonaparte si.Il darauf um die Gründe
jiebeten iiahen. warum es nielit ungängig: sei. In längerer
Rede habe ihm der Basier OberKunftnieister ausgeführt,
daß es wegen der Waehsiimkeil dei' l'<iii/ei, der Landvogte,
der geheimen Rate, der engen lie/.iehungen der Regierun-
gen der verscluedenen Kantone imteremander und der-
^eichen nicht moghch sei. Nach mancherlei Abschweifun-
gen, wobei auch Reubell das Wort ergriffen habe, sei Hona-
parte immer wieder auf die .Moghehkeit einer htaatsumwal-
Kung in der Schweiz, und zwar einer baldigen, zu sprechen
Sekorainen. Endlicli habe Ochs zugegeben, daß. wenn eine
Revolution nun einmal statttimleii miissp. diese durcli die
oberen Kiassen der Bevolkerunt;. aber hk'Iu dnreli da'^
Volk geschehen miisse. wie m l'raiikreieiu Kr wurde hei der
nathsten Sitzung am (j. rianuiu' einen Entwurf zu einer \ ei-
fassimgsandcrung vorhrnigen. \ orliiiitig aber solle man Ln-
iiarpe unterstützen nnd Meiiga\id weitere \ oi-selinflen über
sem VerhaUen der Schweiz gegenüber zukommen lassen.
Am lolgenden Tage, am 9. Dezember, fand der Besiieli
des Basier Abgesandten bei Talleyrand statt. Oclis suchte
vergebhch da» Gespräch auf die Angel^enheiten des Frick-
tals zu lenken. Hingegen wurde er zu dem am 10. statt-
findenden offiziellen Empfang des Generals Bonaparte im
LiixemboLii% eingeladen, überhaupt mit allerlei Aufmerk-
Bamkeiten umgeben.
101
Äii^ allen dicrfeii Auszei.'l.nuiigen, wie dem Empfang am
8. beim Direktor Ecubcll, am 10. bei der offiziellen A'orstel-
lung Bonapartes und am 11. beim Direktor ^lerlin de Douai,
wo sich außer anderen Generalen und StaatHmatmern auch
Bonaparte emfaiid, kann man ersehen, daß das Direktorium
lib'd: äer-ßeneral den (Iborzunftmeister für ihre Plane zu ge-
"Diese Bevfivy,i!i;iui2 konntf ihre Wirkiinp auf Ochs nicht
verfolilen. iVutz aller seiner \ (ir/ime war er sehr ehrjieizig
wnd eitel und lufülgede^^^cn kriLikki^. Der damals m Paris
lebendebchloHier Ebel vernu Ute an ihm. .selbHtandjge Würde,
edlen Stolz, Charakter eines Mannes". Ochs hoffte selbst,
eine entscheidende Rolle in der Gieschichte seines Vater-
landes zu spielen. In der Tat aber war und blieb er nur ein
Werkzeug der leitenden Jlänner Frankreichs, Sie ließen
in den Gespräehen, die sie mit ihm führten, klar diircli-
blicken, da(J sie durch einen Widerstand der Schivei?, in
ihren Absichten niclit wankend werden würden. Wir kennen
eine Anzahl Briefe von Ochs an Bonaparte, aber nicht die
Antworten; es ist überhaupt fraghch, ob solche vorhanden
waren. Jedenfalls ist aus den Briefen von Oehs zu entneh-
men, daß er die meisten der darin beliandelten Dinge aueli
mündlich mit Bonaparte besprochen hat. Ochs ging in seiner
Verblendung sogar so weit, daß er der französischen Regie-
rung empfahl, ihre Rechte auf das Münstertal (Val Moutieri.
Erguel und Biel geltend zu machen, sowie Häuser und Grund-
stücke des ehemaligen Bistums Basel und Bürgschaften für
die Freiheit in der Waadt zu verlangen ! Vielleiclit hoffte er
durch diese Zugeständnisse sein Vaterland zu retten. Jeden-
falls hat er in seinen Sehreiben vom 12. und 16. Dezember
an Buxtorf und in denen vom 15. und 18. an den Geheimen
Rat seine Landsleute gewarnt, sich aUzu sehr in Sicherheit
zu ^egen. Obgleich ei befürchten mußte, daß seine Briefe
geöffnet werden könnten, schrieb er einmal nach Hause:
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„Ich sehe Veränrferangcn voraus, und gluckliuli die Kantone,
welche dieselben von sich aus vornehmen! Bonaparte nnd
das Direktorium sind diefechiedarichterfurdie ganze Welt."
In seinen Bestrebungen, veraltete Ansprüche an Frank-
reich geltend zu machen und die Angelegenheit mit dein
Fricktal zu ordnen, scheiterte er. Seine Denkschrift vom
4. Jajiuar 1798 wurde von Talleyrand zu den Akten gelegt,
und man sprach nicht melir davon. Das Direktorium liatfe
ja anderes zu tun, als sich um solche Kleinigkeiten zu küni-
103
mern! Dagegen entwarf Oelw im Auftrage dnfnmzÖeisofaoi
Beigjenuig emeTabaBong für die nnun^eetattcnde Schweix,
die TOD Meriin mit Vcnndemi^eD nfsefien and dann g»iz
rerstümmelt id den dia a^wieixeris^en Landeeg^achen
gedruckt wurde. Ende Februar reiste er von Paris ab und
kam ani 4. März 1T9S in Ba^l wieder an. Dort hatte sich
inzwii^heu die P.t^vdliition voDzt^nt. Er vinde mit großem
Jubel begrüßt und bereite am 6. Man eum KäsidMiteD der
National Versammlung gewählt.
Am Tage darauf, an welchem Oclis die für die Verhält-
nisse der Schweiz so wielitige und verhängnisvolle Unter-
haltung mit Reubell und BL'na|iiirte gehabt hatte, über-
reichte Laharpe dem Direktorium eine Denkschrift. Diese
war von einigen in Frankreich lebenden schweizerischen
Flüchtlingen unter7^ichnet. Se fMderten die franzöeiacfae
Regierung auf, sich in die inneren AngelegenheiteB der
Schweiz zu mischen.
Der Urheber dieser Deuksclirift, Friedrich CSsar I^aliarpe,
ein energischer und befähigter Mann, war zwei Jahre jünger
als sein Landsmann Peter Ochs. Er war in dem reizenden,
am Ufer des Genfer Seo.s gelegenen Städtchen itolle ge-
boren, hatte in (ieni und Tübingen studiert imd den
IJoktorirrad i i w nirbt-n. Daun \(-urde er Sachverwalter in
Bern, liieli <\<,-h aber uii'ht lange dort auf, da er den Druck,
den das alliiiiiihiigf Bern auf sein Heimatland ausübte,
nicht länger mit ansehen konnte. Nur zu oft Heß man ihn
fühlen, daß er als \\'aadtlEiider weiter nichts ala ein „Unter-
tan" sei. Im Jahre 1782 kam er nach Sankt Petersburg, wo
ihm ilie Zarin Katharina II. Hie Erziehung Alexanders
und Konstantins, der Kinder Piiul-^ 1.. :iiivt'rlraiite.
Der Ausbruch der ftanziisisLlieii Revolution erweckte
Hoffnungen in ihm, daß es auch mit der Waadt einmal bes-
ser werdrai würde; liebte er doch über alles aeäaa engere
UM
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Heinuit, zu deren Befreiung ihm jeili's .Miit.^l vccht schien.
An den in den Jahren 1790 und IV'Jl iiusgehioc^henen Auf-
ständen im Waadtlande war er indirekt beteiligt. Seinen
Vetter Amcde Emmanuel*) verurteilte man in Abweeen-
lieit zum Tode, zog das Vermögen seiner Familie ein und
machte sein Verbleiben am rassischen Hofe unmöglich, so
daß er wieder nach der Sohweiz zurüoblKhrte und in Genf
»einen Aufenthalt nahm.
Der Tod seines VetterH im Frühjahr 1796 diente Laharpe
iuni Vonvand, sieh dem französischen Gesandten Barth^-
iemy zu nähern und sich zum Vormund für die vier Kinder,
jiowiß als Vertreter der Witwe dea Generals zu erklären. Die
iiemerHet^ierung aber war nicht geneigt, die Hinterlassenen
des Generale Laharpe zu entschädigen, und sein Vetter begab
sich deshalb im Oktober 1796 selbst nach Paris. In einigen
Flugschriften suchte er von der fraiizösi sehen Hauptstadt
aus auf die Befreiung der Waadt hinzuarbeiten. Schließlich
wurde der Direktor Rcubell aufinerkwaiii auf Laharpe, der
ihm seinen „Essai nur ]a Constitution du paya dt- Vaud" und
andere Sclmft-en über denselben (legenstand zugesandt
liatte. Barthf'lenij- wurde bei der Hemer liegierunt; nouh-
mais vorstellig, und diese erließ am 13. .luü 17i>7 finf Be-
gnadigung der politischen Verbrecher vom Jahre 1791 und
eine Ehrenerklärung des Generals Laharpe, ohne jedoch
seine Familie zu entschädigen. Da Frledricli Cäsar Laharpe
in den Straferlaß nicht mit einbegriffen war, setzte er sein
Wühlen gegen die Bemer Regierung fort, bis endlich die
Abtrennung der Waadt erfolgte!
Am 9. Dezember 1797 übergab Laharpe dem Direkto-
rium eine Ton nooh 18 andren Schweizern unterzeichnete
pefikscbrift, in welcher die feanzösische Regierung ge-
*) Diaes dient« imt Amsiohnung in der It^ianischan Armee. Er war einer
ätr besten DirisioiUbe Bon^nrtea. Durch ein bedauerilcheg Vemehen wurde
er in dar Dunkelheit von aeincD eigenen Leuten am s. Hai 179B bei Codogna
endtoMen. Tgl. den nveiteo Band dleaee Wericea S. 30 und 117.
106
beten wurde, sich in die Streitigkeiten zwischen der Waadt
einerseitH und den Ivantonen Bern nnd Freiburg anderer-
seits ein/.u mischen. Diese .Schrift fulite auf Verträgen,
die längst ihre (JJültifjkeit verloren hatten*). Talleyrand
wurde jedoch vom Direktoriuui aufgefordert, seine Mei-
nung über die Eingabe der Schweizer abzugehen. Wir
kennen zwei Gutachten des franaösi sehen Ministers, eins
ohne Batum, das andere vom 10, Dezember 1797. Beide
weichen etwas \-oneinaii(ier ab, und es scheint, als wäre
Talleyrand von seiner Freundin, der Frau von Stael, be-
einflußt worden, die zaiilreiche Interessen mit ihrer achwei-
/erischen Heiinai verbanden. Jedenfalls empfahl der Mi-
niMter in den. zudteri Schriftstück dem Uirektoriuni. .siol.
einer Einmisehimg in die schweizerischen Angelegenheiten
zu enthalten. Die Ereigniase waren aber Bohon zu weit vor-
geschritten; es gab für das Direktorium und für Bonaparte
kein Zurück mehr.
Dan Direktorium betrachtete sich als Rechtsnachfolger
des früheren Bischofs von Basel und hatte dem General
Gouvion Saint-Cyr von der Rheinarmee Befeld erteilt, die
Landschaft Krgnel. das Münstertal und Neuenstadt zu be-
setzen. Der Oeneral führte ilie Befehle seiner Regierung am
15. Dezember aus und nahm die fremden Gebietsteile für
Frankreich in Besitz. Der (icsohäftatr^er Mengaud hatte
die Eidgenossenschaft erst am 13. von der vom Direktorium
angeordneten Maßnahme benachrichtigt, so daß es gai
nicht möglich gewesen wäre, vorher Einwendungen zu
majjhen !
Gern hätte die französische Regierung ihre Eroberungen
auf dieser Seite der Schweiz fortgesetzt, doch fehlten ihr die
-) Bereits um 11. Scptcinbor 1797 hatte Laharpe dorn Diroktorium eine Dcnk-
Bc)irift ilhnlichen Inhalt« eingereicht, die aber damals ohne Folgen blieb.
Bemerkenswert ist, daß in dieser Sohrilt Labupeg sohon auf den wdJ-
gefUllteii StaatsBchatz Berns hingewiesen wurde, um die Habsooht de* geU-
gierigen Direktorioms ta leiienl
106
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ESSAI
SUR LA
CONSTITUTION
J> V
PATS DE VAUD;
il/jt le Coktnel Frd^ric'Cisar Ljbams.
SECOKDE PARTIE,
cc Oui , je le d^clire , je ne connoltrois rien de
u plus lertible que l'ariitocratie souveriioe de 6ao
n penonnea qui pounoient le rendre inamoribles, spres
s demain birdditürea t et finin^enc comme lei aristo'
» cntet da loui lei ptjri du monde, par touc envakii. v
( OiOfkttl^n JtJUiiateaiiiiti tommtuv , pag. 39. }
J PARIS,
Cbai BATIE1.10T Miei t Imprimenra-Libraiiei ,
xne da Foin Stint-Jacquu , H"- K-
L' AW V DE LA RÄP. ( 1796. )
Abdniidc der entsn Seite des Werke« von F. 0. Lalaipe,
du luni Anattach der KsTolutian im Wudtland viel beitmir.
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(irüinle, /.uiiiiil ilir der Große Hat von liasel xuvorkani und
eine Demokratisierung des Ijandes vornahm. Zwar hatte
man dort noch am 18. Dezember ein Gesuch des Ratsherrn
Peter Vischer abgewiesen, das Gleichstellung der ländlichen
Untertanen mit den Städt«m erstrebte, jedoch sah sii'li die
Regierung durch die drohende Haltung der LarKlIieviilke-
rung, die zahlreiche Schlösser und Gehöfte einiim.'licrtc und
zu anderen Gcwaltmaßregeln griff, gezwungen, am 18. .Ja-
nuar 1798 Rechtsgleichheit zu gewähren. Am ö. Februar
1798 dankte der Große Rat in Basel ab, und eine National-
versammlung von fiO Mitgliedern, 7u deren President Peter
Ochs nach Keiner Riii'kkelir Paris crniinnt wurde, nahm
es auf sich, die künftigen (Je^eliielie des Landes leiten.
Da das franzüsische Direktorium seine Kroberungageiüstc
im Nordwesten der Schweiz nicht weiter verfolgen konnte,
suciite man an einer anderen Stolle und in anderer Weise
zum Ziele zu kommen, indem man dem von Laharpc vor-
gezeigten Wege folgte.
ÜBnde Dezember 1797 ließ das Direktorium den Regie-
rungen von Bern und Freiburg durch Mengaud mitteilen,
daß es die Mitglieder der beiden scliweizeriachen Kantone
für die persönliche Sichcrlieit der Waadtländer, überhaupt
aller Schweizer, ilie sieh an die französische Regienu^ wen-
deten, veraotwmtlieli machen würde. Und um den Worten
mehr Oewiülit zu verleihen, erhielt der General Menard mit der
etwa ] Ü 7()Ü Mann starken ehemaligen Division Massena von
der Italien isc Ii en Armee Befehl, nach den Departenients Aiu,
Jura und Doubs zu marschieren undsich dort so aufzustellen,
daß in kürzester Zeit die Wandt besetzt werden konnte*)-
•) Ex scheint, doß Bonapnrt« bereits nneh seiner Uatcrredong mit Ocha .Iü
Mügliclikoit eincB milititrisehcD Einfalls in die Seliweiz in Betracht zog. Dorn
als Berthier am 10. Dezember Paria verließ, um den Oberbefehl der Italil:^-
msohen Armee an iibernehnieii, nahm er anoh «Den Befehl Bmiapart« initi
die Biviaion Masaena nach Veimii [(wiaoben Genf und Nyon) niBnwhieTen
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Die mit der Bemer Be^erong waadtländisoheii Unzu-
friedeneo mehrten sich. Franzödsohe Agenten schärten in
den Städte und auf dem Luide. Noah aber glaubte man
nicht an die Möglichkrit einer Abwerfung des fremden Joobs.
Die Alteren and Besonnener«! unter ihnen wiesen atif den
mißgltickten Aufstandsversuch Abb ungÜioldiohen Majors
Davel im Jahre 1723 hin. Und als die Bemer R^erimg die
Milizen des Waadtlandes wegen der von Frankreich dro-
henden Kriegegefahr für den 10. Januar 179S eiaberief, da
leisteten, wenn auch nicht ganz ohne Einsohränkung, von
30 Bataillonen 24 den Treueid.
Es deuteten jedooli genügend Anzeichen darauf hin, daß
die Lage in der Waadt gefährlich sei. Die Exzellenzen von
Hern schickten zuerst eine Standeskommission in das
Untertanenland. Dann lieSen de eine Abordnui^ der eid-
genöseisohen Volksvertreter nach Lausanne nachfolgen.
Schließlich sandten sie am 14. Januar den Genend Rudolf
Yon Weiß mit den weitest gehenden militärischen Vollmach-
ten nach Lausanne. Einige am 12. aufgehobene deutsche
Bataillone setzten sich am 20. Januar, am Tage der Ankunft
Menards in Carouge, nach .■Vvenchcs in Bewegung. Aber
dafi alles half nichts, um die gespannten Beziehungen zu
bessern.
Die Lage für die Schweiz war ernst, sehr ernst. Seit der
Besetzung dw Mimstertales und öderer Gebiete befanden
sich die Franzosen nur einen Tagesmarsch von Freibui^,
Bern und Solothum entfernt. In wenigen Stmiden konnten
sie auch von verBobiedeueu Seiten aus die Waadt besetzen.
Nur ein entschiedenes Handeln der Kantone, vor tdlem
Berns, des mächtigsten und am meisten ausgesetzten
Schweizersfcaates, hätte dem Gang der Üingc eine andere
Wendung geben kömien, demi eine würdige und feste Hal-
tung flößt auch dem kühnsten Gegner Achtung ein. Aber
die Partei des wackeren Bemer Schultheißen Steiger war zu
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schwach, und die Anhänger des Altsäckelmeistera von
Frisching, der zum Frieden hinneigte, wurde immer zahl-
reicher und mächtiger.
Ala die Franzosen im Dezember 1797 durch Besitzergrei-
fung einiger Gebiete im Jura zuerst die Bchweizerieche Neu-
tralität verletzt hatten, hatte Bern zwar sofort einige Tau-
send Mann auaheben lassen, aber ein Angriff auf die fran-
zösischen Stellungen wäre einer Kriegserklärung gleich-
gekommen. Man hatte auch um Sendung von schweizeri-
schen Abgeordneten der verschiedenen Kantone gebeten;
diese fanden Bich bald in Bern ein. Hier vereinbarte man eine
IIU
Olgitoad B/ Google
auBerordentliche Tagaatizimg in Aarau, die beiräts am
26. Dezember dort zneammentrat. Der franzosiHGhe Ge-
schäftsträger Mengaud besaß die Dreiati^eit, bioIi ebenfalls
nach Aarau zn begeben, um unter dem Deckmantel eines
Friedensapostels Uneinigkeiten unter den Abgeordneten
hervorzurufen. Es wurde in Aarau viel gesprochen, doch
wenig gehandelt, denn der am 25. Januar 1798 feierlich gelei-
stete BundessohwoT bedeutete nur leere Worte. Am 31. Ja-
nuar ging die Versammluing, ohne etwas erzielt zu haben,
auseinander.
Nach günstigen Schätzungen konnte die Sohweizecisohe
Eidgenossenschaft den Feiaden ein Heer von 120 000 Mann
entgegeustellen, um ihre Grenzen zu verteidigen. Die Wirk-
lichkeit aber war weit von di^r Schätzung entfernt, vor
allem, da nicht alle Kantone ^eichzdtig vom Feinde he-
droht wurden, und maiwhe die Gefahr nicht vor Augen
sfthen. Als Bern endlich am 28. Januar die verbündeten
Kantone um Hilfe tmgii^, da kamen im Laufe des nächsten
Sfonats kaum 5000 Mann zusammen! Und dos geschah
wenige Tage, tinolulcin man sich von neuem in Aarau engste
UnterstiitKimg ^if^lobt hatte!
Die englierzigii [\lcinstaaterei der achweizenachen Aid-
genossenachaft liatte ihre besten itiiciih- tiriimucn, (imiri
jeder Kanton war auf die kleinliciime iitui n(Miirtisiiii.:iiuii8Uf
Weise mir mit seinen Angelegenht
eipene Wohl bedacht. Keiner dachte iiiinui, iim.i m r i luri -
i;ang eine« einzigenStaatea den der |
uach sich ziehen könnte, gleichwie ciie i'junuiniiiiL; i'iim'^
Gliedes des menschlichen Körpers ncn i iki ucs •jtiw/i it .um-
sehen 7.Hr li'olgc hiilien kann! [)ii' iiieiiini i-iiiiiiiiTi wincii
nur mit iluen iimereTi Verhältnissen iii'S(:niiivii!i. und iicTer-
lon ganz geringe o(ier gar keine HiUscruppen. Nur die seiir
bL'droliten Kantone Wolothum und Freiburg hatten emige
Tausend Mann aufgest«Ut.
III
Die Ankunft des französischen Generals Menard in Ca-
rouge bei Genf, am 20. Januar 179^!, hatte den Waadtlän-
dcrd Vertrauen und Zuversicht eingeflößt. Sie hofften jetzt,
<ias IJerner Joch abschütteln zu können, denn der General
aetzte sich sogleich mit dem schweiKerischen Revolutions-
komitee in Nj'on in Verbindurif;. Menard liatte seine Halb-
brigaden in einem Halbkreise südlich am Genfer See und
längs des Juras aufgestellt, damit er in schnellster Zeit von
verschiedenen Seiten aus die Waadt besetzen könne. Er
selbst schlug sein Hauptquartier in Ferney auf und erließ
von hier aus am 23. Januar eine Bekanntmachung, die den
Waadtländern franzÖsiaohen Sahutz veispracb. Die Bot-
schaft kam am Abend in Lanfiaome an. Am naobaten
Morgen, dem 24, Jimuar, wurde hier die Lemamaohe Bepu-
blik ausgemfen. Die Waadtläader benahmen aich jedoch
ihren frübeien Heiren gegenüber aufieroidentlioh gemäßigt.
Der Graieral Weiß, der in franzöeiscben und preußtsohen
Dienaten gestanden hatte, aber doch die Feder besser als
den Degen zu föhien verstand, hatte bei Annäherung der
franzöaiscben Division Lausanne verlassen und sich nach
Tveidan am Neuenburger See zurückgezogen. Dort erst
begann er von seiner diktatorisohen Gewidt Gebrauch zu
machen und einige Truppen um dch zu sammehi.
Nach dm y<a8ohriften des Direktoriums vom 17. De-
zember 1797 sollte der General Ibnard die Truppen von
Bern und Ereiburg aufftnxlem, die Woadb zu verlaes^ falls
die Kegieningen nicht die Besohwerdm ihres ehemaligen
Untertanenlandes tmerkennen wollten. Bereits am 24. Ja-
nuar begaben sich zwei Abgeordnete des Komitees von
Nyon zn Menard und teilten ihm die Trappenbewegungen
der Bemer mit. Der General ergriff sofort die Gelegenheit,
den General von Weiß aufzufordern, die Waadt zu iäum«i.
Sein Adjutant Autier sollte das Schieiben am 2S. dem BeX'
ner Befehlahabei übeibringen. Unterw^ns. zwischen Ifon-
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doD tmd YveFdon, bdm Dorfe Thierrens, stieß der franzö-
sische OSizira beim Einbruch der Nacht auf aohwmerisohe
Vorposten. Sei es aus Absieht, sei es, weil man sich nicht gnt
verständigen honnte, brnt, der eine der beiden französischen
Hasaren der Bedeckung hieb auf einen Schweizer ein, und
dieser streckte, obgleich et schwer verwundet -war, den An-
greifer durch einen Schuß zu Boden. Darauf gaben die an-
deren Schweister Feuer und töteten auch den zweiten fran-
zösischen Husaren. Autier, der in einem Foetwagen ssß,
rettete sich mit Mühe mit den zwei Mit^edem der vor-
läufigen waodtländischen Regierung und ließ den Brief an
den General von Weiß durch einen Dragoner auf einem
anderen Wege an seinen BestimmungBOrt befördern.
Weiß entschuldigte sich zwar, doch kam dieser Vorfall,
der franzöräscfaerseits zu einer unerhörten Verletzung des
Völkerrechts aufgebauscht wurde, den Franzosen sehr ge-
l^n. Dieser „Moid" genügte Menard vollkommen, um
nun der Schw^ gegenüber alle Bücküchten außer acht zu
hissen. Er b^ab sich am 28. Januar nach Lausanne, gab
Befehl, 40OO Mann Hübtruppen auszuheben, und vei^aß
vor allem nicht, als vorläufigen Lohn für die Befreiung vom
fremden Joche eine Zwangsanleihe von 700 000 Franken
aufzunehmen, die allerdings später von seinem Nachfolger
Brune auf 210 OODIVanken herabgesetzt wurde. Am selben
Tage wurden Divonne und Nyon und, von Thonon und
Evian aus, Rolle, Morges und Lausanne vgn franzöBiscben
Trappen besetzt. Am Tage vorher, am 27. Januar, war der
General von Weiß nach Bern zurückgekehrt und hatte so-
mit sedne ruhmlose Laufbahn büendet.
Inzwischen war man in Paris den Plänen zu einem Einfall
in die Schweiz nähergetret«n, Keubell scheint der Ansii;lit ge-
wesen zu sein, daß man sich nur im letzten Augenblick der
Gewalt bediene; der Eifer der waadt!ändist'beuRe]>ublikivmT
und vor allem des ungestümen Mcagaud mag ihn aber zu
8 113
schnellerem Handeln bestimmt haben. Noch ehe der Vorfall
von Thierrena in der französischen Hauptstadt bekannt ge-
worden war, hatte das Direktorium am 26. Januar den
Entwurf einer Kriegscrklürung an die Bemer Regierung
aufgesetzt, der für den General Brune bestimmt war. Dieser
Offizier sollte den General Menard ersetzen, überhaupt den
Oberbefehl sämtiiolLer Truppen übernehmen, die g^en die
Schweiz operierten. In den Briefen Brünes aa Bonaparle
finden sich oft Anspielungen auf die Batsdiläge des Ober-
generals, doch und keine Briefe Bonapartes über diese An-
gelegenheit bekannt. VermuÜioh hat er seinem früheren
Untergeneral mündliche Weisungen erteilt.
Brune erhielt am 28. Janaar vom Kri^smimst^ Schärer
den Befehl, sich sogleich nach Versoix zu herben und dort
den General Menard im Oberbefehl abzulösen. IMeser sollte
nach Korsika gehen. W&hrenddeseen hatte Menard die
Waadt durch seine Untergenerale Bampon und Fijon be-
setzen lassen. Bald aber hatten beide Gelegenheit, zu be>
merken, daß die BeTÖlk^uDg durchaus nicht überall mit
der Bemer Ifeneohaft unzufrieden war!
Brune kam am 4. Februi^ in Lausanne an. Er war ein
sogenannter politischer General und suchte Bonaparte,
unter dessen BefeWen er in Italien gestanden hatte, ver-
geblich uaohznabmen. Er wtur ein !^und des Bürektors
Barras und Verdtmkte dieser Bekanntsohaft die Ernennung
zum kommandierenden General in der Schweiz.
Am 7. Februar übernahm der neue Gener^ den Ober-
l)ef^ übet die dne Kvision. Eine zweite Division, die vom
Bhdniieere genommen wurde, sollte vom mittleren Jura her
über Biel die Bewegungen Brünes unterstützen. Den Be-
fehl über diesen Heeresteü erhielt der General Schauen-
bourg*). Am 9. Februar traf er in Biel ein.
*) Ecb&u«iiboutg nbenuüini den Oburbefeld über diese Divüion an BUUa de»
Qeoenli Qourion Baint-Cyr, der noch Bant giug, um MaBoens sbuilSno.
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In Bern hatte man nun endlich eingesehent daß ea den
Franzosen Emst sei. und daB man dea gleißnorisohen Vor-
spi^elnngen Mengauds oder Brünes keinen Glauben mehr
schenken dürfe, da beide offenbar nur eine Verfassungs-
ve^aderung in den Kantonen bezweckten, um diese zu
schwächen und äa dann leichter zu überwältigen !
Sobald der Anmarsch der Division Schauenbourg in
Bern bekamt worden war, wurde eine neue Verteilung der
Truppen vorgenommen, um den Ai^riff der Franzosen von
Norden und von Süden her besser abwehren zu können.
Das schweizerische Heer war zwar von den besten vater-
ländischen Gefühlen beseelt, doch seine Ausbildung und
Manneszucht HeBen viel zu wünschen übrig. Daa Offizier-
koi p^ war wohl unterrichtet, aber keiner von den höheren
(Iftizicren b&saß genügend Einfluß, um ein Volksheer zu be-
!Vli]igftn. Hätte sich die Bemer Regierung oder der Bemer
Kriegsrat x.u uiiirtii kiiiftigot] EiithfliliilJ aufgerafft, so würde
ein tüciiti^'fr (IciiiTal uolil in d<;i' Lage !;(M\oaen sein, zuerst
Brune und dann Srlmuenhuurg zu sc-ldiigen und zu ver-
nichten, denn da^ srliei/ufrisrlif Wrvv ln'liff si<-li damals
auf nahezu 40 (Hin Alaiui*).
Und wenn au,-li diis frau/-;isi-.clic DiioMoriuni iit-iu^ 'l'rup-
|iou. in. vicllf.i.-h1 l^l.na|n^l■t^■ s.-n>si nai-li der Si luM-i/ gi--
■ihii'kt hÄitf, SD wiiidr vcriiiiitlicli der l-'all di'r S<li\vci/
■.viinii <■(■]■ vdiLstMlU'ii gi'L'aiLgcii. iiiiflricrricits ,kT l''i'Id/,u(i
nAch Agyptcri viclh'irlil yaii/. unlcrl.lifli.'ii sein 1
Ks fcliltc aiHT Icidfr s.mold an ciiiein kräftigen EiitschlulJ
als aui'h an cinoui liirlitigcn (Irncral! Man liatlc sirli /.uitsi
■^'■liallciitnaiit \on UfHv.c. uiiicii gi'hcn'iii'i) Ziiiclirr, -c-
»aiidt. doch als difscr am Ii. \Iär/ in ^KirgriUal ankam, war
Stiirkc ilc's Hoerfs kniiTi ober fitrinKLT ongi>aclilu(!i-n nirdpn.
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Bern bereits gefallen. Inzwisolieti liatte man .'^icli für den
General Karl Ludvig von Erlacli entscliieden, der bisher
die 1. Division befehligte*). Der neue Oberbefehlahaber, ein
tiicbtiger und liefaliigter Offizier, war trotz seines schwacli-
liulien Aussehens ein selir energischer Mann. Er war erst
Jahre alt und hatte seine Zeit meist in französischen
Dieiusten zugebracht. Deshalb war Erlaeh beim Heere und
im Volke wenig bekannt und wenig behebt.
Der Oberbefehlshaber hatte zwar in dem fechultheilien
von Bern, dem tatkraftigen alten Nikolaus von Steider,
emen treuen und ergebenen Freund, doch der Große Rat.
der die wichtigsten Entachlüsse zu fassen hatte, neigte meist
nur zu halben Maßnahmen hin, und die Partei Frischings
gewann allmählich die Oberhand. Mengaud und Brune hat-
ten, um Zeit und Anhänger zu gewinnen, überall bekannt
gemacht, daß die französischen Truppen das Land verlas-
sen würden, wenn die aristokratischen Regierungen durch
demokratische ersetzt würden.
Schließlich war es der Partei Frischings am 2. Februar
gelungen, 52 Vertreter den Volkes in den Großen Rat zu
bringen. Solothurn, Froiliiirg, Lu/.ern, Schaffhausen und
Zürich ahmten dem Beisiiiel Berns in der Demokratisierung
ihrer VerfasBUngen bald mehr oder weniger nach, ohne daß
jedoch hierauf die Franzosen ihre Verspreohiingen gehalten
hatten.
Während des ganzen Monats Februar verhandelte man.
Nachdem Brune seiner Regierung am 6. seine Ankunft in
Latisanne und den Vorfall von Thiorrena gemeldet hatte,
schrieb er: „Wenn der General Menaid meine Voiscliriften
gehabt hätte, wäre er jetset in Bern. Ich bin ärgerlich, zu
spät oder zu früh gekommen zu sein, da die Bemer infolge
unserer Truppenstellung sich in Verteidigungszustand ge-
*) Et wurde im Kotnmando der 1. Divteioa dtnoh den Obent Ludwig von
Wnttpnvj'l ersetzt.
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detzt liaben. Icli habt' iiiiuh nun entschlossen, niieh in Untei-
handlungcn einzulassen, bis der General hei Biel Stellung
genommen haben wirrt. Dann werden die Oligftrchen wohl
tun, was Sie von ihnen verlangen, oder mein Unternehmen
wird nur ein Handstreich sein. Ich glaube jedoch, duli sie
teils aus Furcht, teils aus Gewissenhaftigkeit an sieh aelbMt
Gerechtigkeit üben werden, ohne daß man zu den Waffen
greifen muß. Im letzteren Falle ist es um ao schlimmer für
sie, denn sie haben nicht vemünftig sein wollen."
117
Am 17, Februar schloli Brune in Payenie mit dem Seckel-
meister von Friseliing und dein Oberst von Tsüharaer ei-
nen Waffenstillstand bis zum 26- Februar ab. Er hoffe, än-
ßerte er den schweizerischen Unterhündlem gegenüber, bis
dahin für die Schweiz annehmbare Vorschläge von seiner
ßegierung zu erhalten. Trotzdem aber hatte er den Angriff
auf den 26. Eebruar festgesetzt, da er bis dahin sein Heer
auf 41 000 Mann zu bringen hoffte. Von diesen entfielen
16350 Mann auf Bruno, 6350 auf die Waadtländer Hilfs-
truppen und 19 650 Hann auf die Division des Generals
Schauenbourg im Jura.
Die Ernennung des Generals von Erlaeh zum Oberbe-
fehlshaber der grämten Truppen war am 22. iFebruar er-
folgt. Zum Sitz des Hauptquartiers hatten die Bemer
Kriegsräte die Stadt Aarburg bestimmt. Ein Befehl zum
Vormarsoh wurde aber nicht gegeben. Durch das lange
Zaudern fing schon hie und da die Alannszuoht an, sich zu
lockern, wie dies so oft bei Volksheeren vorkommt, die
nicht durch beständigen, Vormarsch und öftere Sie^e in
Atem gehalten werden. Erlach beschloß deshalb zu handeln,
ehe es zu spät sein würde.
Von 72 seiner Offiziere b^ldtet, erschien der schweize-
rische General am 26. Februar in Bern und begab sich in der
Nacht in die Sitzung des Großw Rate. ,)Ich komme,"
sagte er feierlioh, „um von Ihnen die Erlaubnis zu erbitten,
lieber das Heer zu verabschieden, b3b so vide tiefere
lieute dem Tode auszusetzen und die Schande einer unver-
meidlichen Niederlage in den Stellungen, die man ans an-
zunehmen zwingt, zu ertragen. Es sei denn, daß Sie alle
halben Maßnahmen beiseite lassen, sich der Gefühle der
Ehre und Vaterlandsliebe, die in-Ihnen erloschen zu sun
scheinen, erinnern und mir Befehl erteilen, drai guten Wil-
len und den Wert des tapfersten aller Völker auf die Probe
zu stellen!"
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Seine markige Sprache und seine würtfige Hidtimg mach-
ten großen Sindrack auf die Versammlung, vad der Qener^
erhielt die Erlaubnis, tun 2. Mürz, nach Ablauf dea Waffen-
stiUatandes, zum Angriff vorzugehen.
Brune hatte am 17. und 18. Febmar dem Direktorium
Bericht über seine Unterhandlungen in Fayeme abgestat-
tet. Am 25. früh zweieinhalb Uhr erhielt er die Antwort und
den Befehl, ohne Verzug auf Bern zu marschieren und
Solothum durch den General Sobauenbourg besetzen zu
lassen. Die Vorbereitungen zum Angriff auf die schweize-
rischen Stellungen waren zwar bereits beendet, doch hin-
derte ein reichlicher Schneefall die Ausführung. Der An-
griff wurde infolgedessen vom 26. auf den 28. Februar ver-
schoben.
Sei es nun, daB Brune wirklich nochmals versut^en
wollte, auf friedliche Wdse eine voUkommene Be^erun^
änderung in Bern diirohzufühien, oder sei es, daß er von
den Absichten Erlachs, d^ Angriff za beginnen, erfahren
hatte und eist Schauenbourg Befehle zukommen lassen
wollte, jedenfallfi lud er am 2S. Frisching und Tschamer
noobmalfl zu einer Besprechung in Fayeme auf den 27. Fe-
bruar ein. Bdde begaben sich im Auftrage ihrer Regierung
axi dem imgegebenen T^e zu Brune, doch erst am nächsten
Tage fwd die entscheidende Unterredung statt Brünes
Bedingungen waren aber zu entehrend, als daß sie von den
schweizerisohen Abgeordneten angenommen werden konn-
ten. Sie kehrten in der Nacht vom 28. zum 29. nach Bern
zurück und unterbreiteten am nächsten Tage dem Großen
Eat das französische mtiniatum. Die Vorsehläge Brünes
wurden mit großer Stimmenmehrheit abgelehnt, doch be-
ging man, um Brune nochmals die guten Absichten zu be-
weisen, die große Schwäche, den General Eriach aufzu-
fordern, die Feindseligkeiten vorläufig noch nicht zu be-
ginnen!
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Bereits am 25. Februar hatte Brune semem Untergeiiei al
Schauenbourg Vorschriften für den Angriff auf Solothuru
und auf licrri erteilt. Am 28. gab er dann Befehl, falls keine
neut^n \\'c'Lsui)gon eintreffen sollten, am 1. Marz abends den
Angriff zu beginnen.
Am Abend des 1. März kam eine neue Abordnung der
Berner bei Brune an. Der französische Oberbefehlshaber
war aber niclit gesonnen, den Waffenstillstand zu ver-
längern. AIh die Abgesandten am 2. März nach Bern zuriiek-
kehrten, befanden sich die französischen Kolonnen bereit.s
im Vormarsch, während die eigenen Truppen, die vor Be-
gier braimten, sich mit dem Feinde zu messen, wegen der
schwankenden Maßnahmen ihrer Begiertmg zm- Untätigkeit
verdammt waren.
In «enigPM Tagen sollte der Feldzug beendet sein. Nacli-
ileni SfhimciihoiiTg bereit« am I. Miirz von Biel aus das
SiOiIdI.S lli>niaili weggenommen hatte, griff er am 2. die
feindlit'licii Slnnlkrafte in I^ngnau an, warf sie über den
Hauten und kam gegen Slittag vor Solothurn an. Die Stadt
öffnete bald ihre Tore. Vor der Ubergabe hatt« General von
Büren mit seinen Beraem die Stadt verlaasen, kam aber
fast allein nach Bern zurück, da seine Division sich unter-
wegB zerstreut hatte!
Unterdessen hatte auch Brune seine Bewegung^ am
2. März begonnen. General Pijon griff von Bomont aus
Freiburg an. Auch hier war der Widerstand sehr gering.
Die Stadt übra^b eloh sm Abend, und der Oberst Stetter
zog äoh mit seinen beiden Bemer Bataillonen in die SteUung
bei NeuenegB zurück. Die Sieger setzten sofort tnne neue
Beiperung ein, die von Brune am nächsten Tage gutge-
heißen wurde.
General Rampon hatte den Marsch auf Murten in der
Nacht vom 1. zum 2. März angetreten; die Stadt wurde aber
erst am 3. besetzt.
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DlflilijattDyGuoglE
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Durch den Fall Solothurns auf ilem eine», Freibiivgs auf
dem Emderen Flügel war die Hauptstellung der Schweizer
stark gefährdet worden. Dazu kam die schlechte Lage des
Heeres. Durch die widerspreclienden Befehle hatte es alles
Vertraoen zu seinen Führern und zur Regierung verloren,
und aohon begann es laut Verrat zu rufen. Manche Truppen
ßngen ber^ts an, den Gehorsam zu Terweigem. Tn seiner
Veizweiflung schrieb der General von EMaoh am 3. MKra
an den Srie^at in Bern: „Alles, was ich Euer Gnaden
gestern vorhe^esagt, erfüllt sieh stündlich; von acht Ba-
taillonen, die ich geglaubt hatte, hier zu konzentrieren,
sind daher nur zwä angelangt, von denen im ersten drei
Kompagnien wirklich ohnerachtet aller möglichen Mühen
nach Hause ziehen, gleich wie dne Kompagnie Jlger und
eine Kompagnie Scharfschützen, so daB ich mit einer Kom-
pagnie dem Feinde widerstehen soll. Von den zwei Füsüier-
bataillonen hat eäaa gax nicht marschier«! wollen, und von
den andern hat mir diesen Morgen schon dreimal Herr
Major Manuel sagen lassen, daß sie sich nach Hause vor
Ablauf einer Stunde begeben werden . . . Alles Volk schreit
Zeter über die Offi:deFe und ist überzeugt, daß ne es verraten
und verkauft haben. Da stehe ich mit acht Kanonen vom
gröbsten Geschütz, einer Kompagnie Infanterie und dem
ddgenÖBsischeD Kontingent von Schwyz. Nicht klagen
will ich, nur einen schuldigen Bericht abstatten. Alle Be-
fehle, die ieh gestern erteilt habe, sind widersprochen wor-
den oder unausgeführt geblieben . . . Wenn Euer Gnaden
wollen, daß ich mich wehren soll, so senden Sie mir gleich
vier bis fünf Bataillone."
Der Bericht sagt mehr als eine lange Beschreibung der
Lage des Heeres. Als der Brief in Bern ankam, fand dort
eine große Veränderung im Schöße der Be^emng statt
und trug dazu bei, die Lage noch mehr zu verwirren. An
die Stelle des G^Qen Rates, der am 4. März abdankte, trat
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eine vdrlÜufiKe RtigicruiiK von lOo Mitj^liedein mit Fri-
sching an der Spit7.c. Als der n\tc Steiger am Ende der
Sit/nng vo[i .seinem Prasiiienierisl iililc aufstand und dei
Siiiil verlielJ. um ilm nie «iedt-r xu botreleii. I.emäulitiiit.
aich der ganzen Versammlung tiefe Bewegung, begrub man
docli an diesem Tage das alte Bern, dessen Regierung
600 Jahre gedauert hatte!
Obgleich man eine neue Regierung eingesetzt hatte, um
Brune zu gefallen und vielleielit p;unstiL'ere Hociingungen
von ihm /.u erlialten, hesiiB docli die neue KecLerung nocli
soviel Würde, den Antrag des Generals, die HaupUtad;
mit 600 Mann zu besetzen, abzuweisen !
Die Waffen iiatten nun das letute Wort zu .sprechen.
Die Bemer hatten bei Laupen. Gummen und ?<eu<;neg-
an der Sense Stellung genommen. (Jeneral Pijon griff sii-
am 5. März an und warf sie naeh teilweise sehr heftigen^
Ringen zurück. Durch die Kaltblutiskett einiger Schari-
achützenkompagnien aher i\ urde die \ erfolgung in der
Naeht zum Stillstand gebracht . urul der Oberst von (*raffen-
ried eilte nach Bern, um alle dort befindlichen Truppen
herbeizuholen. Dann griff er am nächsten Morgen früh
9 Uhr den doppelt iiberlegenen Feind beim Wangenhubel.
nordweethch von ^leuenegg, an und warf die Franzosen
schließlich bis über die Sense zurück. Anstatt den Erfoi;:
auf dem anderen Ufer dea Flusaes fortzuaetzen. mußte niaii
jedoch die Verfolgung des Feindes aufgeben, da am Nach-
mittag die traurige Mitteilung im Lager eintraf, daß Bern
in die Hände der Franzosen gefallen sei!
In/wiachen hatte namheh Sehaiicnbourg am 5. Mäiv
früh die läemer bei Frauenbrunnen angegriffen. Dort bi'-
fandeii sich kaum 1000 iMann, denn die meisten Truppen,
die Erlach noch treu gebheben wai«n, standen längs der
Straße von Solothom naoh Bern und folgten schon nicht
mehr den Anordnungen ihres Oberbefehlshabers! Südliob
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von Frauen brunnen, itn Grauholz, befand sich Erloch eetbet
und bei ihm sein Freund, der ehrwürdige Schultheiß Stei-
ger, der mit ihm siegen oder sterben wollte. Xatiirlich
konnte das Häuflein Truppen den wiedorli ollen Angriffen
der sieggewohnten Franzosen nicht lange «t and halten.
Gegen 2 Uhr mittags zog Schauenbourg in dem stolzen
IJcm ein, das seit Jahrhunderten keinen Feind vor seinen
Toren gesiehen hatte. BniiiP folgte am 6, 'SMin. von Neuen-
i'gg hei' und iüieniahm den Olierbefehl iiher siiintlielie tr^iu-
iiöf? lache Truppen.
Erlach suchte sich nach dem Bemer Oberland durchzu-
schlagen, doch imterwegs wurde er von seinen eigenen
Truppen, die ihn als Landesverräter ansahen, erschlagen.
So ging mit einem stolzen Staate auch ein edler Mensch
zugrunde, der vor allem die Interessen seines Vaterlandes
im Auge gehabt hatte und ein würdigeres Scliicksal ver-
dient hättel Steiger hatte das Glück, in der allgemeinen Ver-
wirrung zu entkommeD*) und nach Deutschland zu ent-
Sieben, wo ec im nächsten Jahre starb.
*) „bh war elnea Augenblick in Qelabr, elrooidet m weiden, wie Erlaeh",
■chiieb er am 28. HBn an aelne Tochter in Raad. „BSa Teil der Soldaten,
mit denen ich im TtxUea war, umgab miob, and einige Baoern veceinigten
'ich mit ihnen tmd befr^ten mioh von etwa htmdert laaendsn und beaotfMtan
SchurliBii."
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SECHSTES KAPITEL
DER KONGBESS VON KASTATT NACH BONA-
PABTES ABREISE. — SENDUNG BERNADOTTES
NACH WIEN. — DIE KONPEREiraEN VON SELZ
(Dezember 1797 bis JuU 1798)
"TVie lu-iiere Wc-If gcHfliuluelu-iiiLt kaiuii t^in zweitem* Beispiel
L ' vonoinerVcr.inmnilung von Diplomaten, die iinwiehtigen
und ncbonf;üchliclicn I-Vagoii wfit mohr licdoufiiiia licimaß
aia hraieiit enden und srli wer wiegende ci. Selten sind wolil
mphi- Ströme von Tinte ■jeflosM'ii als filier diesen unseligen
Kongreß vi.n Hitstatl! Kr war .'in würdiger Al)se}ihil.l des
Heiligen JiÜJLiisclieii Rdehr, Deutselier Nation;
Naelidem man ^^ieh Tage und Woehen lang über die uii-
lergeordnetsteii Dinge, über Kiikel leangelegenheitcn, die
Aniiiiliiiir kAvv \"riv,( riung i\rr \ oiltnaeliten der beteiligten
Ktaal-iiiaiinec l iUeii Ii ,i1 1 1-, ,1:1 1 1 rtiaii eiullieli an die Un-
ferhamüiingen. .|el/.t aber wurile es fast noeh sehliminei'!
Neid, Mißgunst und Haß zviselien den tranzösiselien und
deutschen Abgeaandten, vor allem aber zwiHclion den öster-
leiehisi-tien und preußischen waren ao groß, daß einsichts-
volle üeni teÜer schon beim Zusammentritt des Kongresses
fiiliHeii, man werde nie 7,u einem befriedigenden Abschluß
kommen. Alle suchten ihre Sonderinteressen zu vertreten.
Das Deutsche Bdch achien sie nicht* anzugeben t So schloBsen
aieh die Vertreter der kleinen deutschen Staaten an Östo-
124
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reich oder Preußen, ja selbst m den Srbfeind Frankreich
an! SohlieQIioh bannte mm üob, naobdem man länger als
ein Jahr bin und ber verbandelt hatte, ohne etwas erreicht
za haben!
Preußen war auf Österreich eitersüchtig und suchte auf
Kosten des Beiohs und im EinTerständuiB mit Frankreich
Gebietsvergrößerungen in Franken und Westfalen zu er-
langen. Öeteneich mißgönnte natürlich Preußen die ge-
ringsten Vorteile. Da es Frankreich behilflich war, die
Rheingcenze zu erlangen, hoffte es, nicht nur so schnell wie
möglich in den Besitz des noch von den Franzosen besetzt
gehaltenen Venetiens zu gelangen, sondern es gedachte ndt
auch Bayerns zu bemächtigen. Die kleinen Reichasl^de
unterstützten mehr oder weniger die Forderungen Preußeoa
oder ÖsterreichB, meist aber waren sie auf ihren eigene
Vorteil bedacht. NatürUch geschah dies immer auf Kosten
des Reichs und der geistlichen Besitzungen.
Frankreicli hatte infolgedessen verhältnismäßig leichtes
Spiel. Es versprach Oötcrrüieli Bayern, obgleich es nie wil-
lens war, diesen Plan zu unterstiit/.en, da es dann Preußen
gegen sicii gehabt hätte. Diesem I^ande hingegen sicherte
es \'ergrü]lcriingen zu, wodurch es sich, wenn es sie wirk-
lieh bewilligt hätte, Österreich ■/.um Feinde gemacht hüben
würde. Infolge die:^er Taktik über war Frankrcict! ]m Lauf-
der Verhandlungen allniälilich in eine Snckg.Tsr^c geraten,
denn es hatte mit l)oi(ien Miii lilcn vdllkoiiiiiR'ü w iderspre-
ehentle Verträge abgeselilos-^-d. .Mit Ösleneicli 1 1 Eitle t-s ver-
einbart, daß Preußen kviw iMUsi liiidiguiigen lialieii sollte,
diesem hingegen hatte es gewisse Ent^eliädigungen und Ah-
rurKlnngen gegen Aüsweebsluiig der linksrlieiniseben Bi-
sitzungen ver;f[irocbenl Kur iin einem Grundsatz hingen
die franzüsiaehen Vertreter ihren Instruktionen gemäß
fest: das ganze linke Bheinufer zu erwerben, koste es, was
es wolle!
126
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Von beiden Seiten kam man ^kh niclit sonderlich ent-
ien. die Unlerliuiidlunpeu m sclnioll nie möglich zum Ab-
■ liluB zu lii-ingc^i. Ihittf m:u\ nich mündlich ZugeatÜnd-
■ L'iMuaeiu, uriii diüni-'te der (iegner auf schriftliche For-
iimliernng, so huchte man durch allerlei Ausflüchte sich
dessen zu entziehen. War man dann einmal so weit, daß
uian einen Entwurf an seine Regierung senden konnte,
dünn d\irft-e man geiv-iß sein, daß durch allerlei Einflüsse die
i jitschciiliing verweigeri wiTdc!
Es wiir jedenfalls eine sehr si'hliiue Politik vnii v;iten des
Dircktüiiums. den General HmiaiJarle als Haupl Vertreter
nach Rastatt zu senden. Er hatte sieh in kür^.ester Zeit nicht
aliein einen glänKendeti Namen als FeldhciT gemiieht, aon-
dern sich auch als gesuhiekter Unterhändler große Ver-
dienste en,vorbeii. ^lan wußte sowohl in Paris als auch in
Wien, daß Honaparte welbat nicht vor den verwickelt steil
Fragen /iniiekschrcekte und mit ihnen gegebenenfalls wie
,\!exandei- der Große mit dem gordischen Knoten verführe.
.413 die Kegicruug ihn am 26. Oktober 1797 zum Abseliluß
des Friedens von Campoforniido beglückwünschte und ihn
gleichzeitig zum Haupt der Gesandtschaft in Hastatt er-
nannte, fügte Larevelliere-Lepeaux im Namen des Direk-
toriums hinzu: ,,Ihre Gegenwart und Ihr Genie werden den
langsamen Gang der germanischen Unterhandlungen be-
schleunigen,"
Eigentlich fand man es sonderbar vom Direktorium, daß
es den General Bonaparte nach Rastatt sandte, da dieser
doch den Frieden von Carapoformido abgeaehlossen hatte.
Mit anderen Worten also sollte er, der mit den österreichi-
schen Unteriiändlem in Udine und Passeriano Far^aphen
für Paragraphen dniohgesprochen hatte, dem Vertrag jetzt
eine ganz andere Auslegm^ geben! Hätte er länger in Ba>
statt verweilt, so wäre er manchmal gewiß in eine seltsame
Lage versetzt worden.
127
I
Mwist nicht genau unterrichtet, ob Bonaparte wieder naen
Rastatt zurückkehren sollte oder nicht; vermutlich ist »icii
die Regierung selbst nicht darüber klar gewesen. Jedenlallä
\ag es dem General persönhch durchaus nicht daran, dcl
am grünen Tiiwh mit don deutschen Diplomaten hemm
zustreiten, die ihm in Etikettefragen sicherlich weit über
legen v/aienl Klug war es jedoch vom Direktorium, wen^
stena einen Mann von europSieohra Bedeutung zum Hanp
der französischen Gesandtschaft Jn Rastatt ernannt zu ha
ben. Als Bonaprate wieder nach Paris zurückgekehrt war
drohte die jEuuutösieche Begienmg bestäiLdig, den Geners
von neuem nach Rastatt zu senden. Man fürohtete don
aäa Kommen, denn die öeterreichischen Diplomaten wüßt«!
genau, daß es keine Kleinigkeit war, mit diesem Warn zu ua
terhandeln, der sich weniger wie irgendedn republikanische!
Unterhändler um althei^ebraohte Formen bekümmerte!
In den Briefen, die der junge üifettemiah in jenen Tagen
an seine Frau nach Hause schrieb, kehrt fast beständig die
Bemerkung wieder: ,^an vermutet, daß er (Bonaparte) in
etwa acht Tagen nach Rastatt zurückkommen wird", oder:
„Man erwartet ihn am nächsten Dienst^", oder: „Wir er-
warten ihn morgen." Der Freih^ von Edebheim berichtet
an den Kurfürsten Karl Friedrich von Baden, daß 'Bona-
parte am 1 8. oder 19. Dezember in Rastatt ankommen werde.
Dann wird dessen Ankunft für den 31. Dezember angekün- '
digt ; endlich spricht man davon, daß der General am 26. Fe-
bruar 1738 von Paris abreisen solle. In den anderen Gesandt-
Bchf^beriohten und Privatsehreiben liest man ähnliohe Be-
merkungen. Man sieht, wie schon damals der Name Boiw-
jMurte in aller ^htnde war und seine Wirkung nicht vericUt«!
Aber auch der General wies den Gedanken, wieder nach
Rastatt zu gehen, nicht ganz von sieh. Schrieb er dooh nocb
am 24. Januar 1798 an Berthierr„£!B ktmn möglioh seiOr
daß ich in diesen Tagen nach Rastatt reisen werde."
128
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Auf Grund de» am I. Dezember in Rastatt abgeechlosBe-
iien Räumungs vertrage war der General Hatry, der Ober-
befehlshaber iler Mainzer Armee, am 16. Dezember bei Oppen-
heim über den Rliein gegangen und hatte die Festung Mainz
von allen Seiten eingeaohloaaen. Am nächsten Tage fordert«
er den kurmamziachen General von Ruedt auf, die Festung
zu ubergeben. Dieser widersetzte sich zuniichat dessen im
Namen des Kurfiiraten: schließlich aber fügte er sich den
Umstanden, da er auf eine Unterstützung der Österreicher
niolit rechnen konnte. Am 28. Dezember fand die über-
gäbe .-^tiitT, und ;un 30, bfsrtztcn franzöaischo Tnippori die
alte Reichsstadt. .Tosef Giirrps, der ganz F ran irosen freund
geworden wttr. wcliriob am Neujalirstage: ..Wie iwt verloren,
diese Sternsdian/e des Despotismue. TOrschnitten der Saum
der berüchtigten Reich ein tcgritüt. "Die Freiheit hat ihr Ei-
gentiini wieder in Besitz genommen; vernichtet ist die Hoff-
nung unserer Despoten, abgeworfen die alte Brücke, die sie
noch mit dem linken Bheinufer verband. Trauert . Despoten I
Die Ühergnlie von :\Iainz iiat Eueh den Todesstoß versetzt:
freut Fiieli. N'ationen. Km'e Sache hat gesiegt, die Arme
Eurer WidersiU'lier sind gelülinit. ihre Rtärke ist von ihnen
gewichen : freut Kiicli. Hcwohner des linken Uheiniifers, der
Vulkan, der auf die ^'ertcidigiing Eurer und ihrer Freiheil
Flammen und Lava spie, ist erlnsehen!"
Nicht so sclinell sollte die Räumung Vi-netiens d\ircb die
Franzosen und die Übernahme des tiebiet.s durch die Ortter-
reicber erfolgen! Nacb derselben Ubereinkunft vom 1. De-
zember mußten die Franzosen bis spätestens den ^SO. De-
zember 1797 das venetianische flebiet verlassen haben, Gc-
neral Berthier war von seiner Refrierunp beauftragt worden,
die Verhandlungen hinsichtlich der Ubertiabe Venetiens mit
dem General Mack zn leiten. Aber bis zum -Januar ITStS
hatte er noch keine Befehle au« Pari.'i erhalten, das Land
den Österreichern zu übergeben. Thugut kam daher in nicht
geringe Unriihe, da er glaubte, es sei der französischen Re-
gierung mit der Räumung Venetiens nicht ernst gewesen.
Die Verzögerung hatte aber nichts weiter auf sich, und das
von den Franzosen inzwischen aufs äußerste ausgesogene
ungliiekliehe Gebiet konnte am 18. Januar 1798 von den
Österreichern in Besitz genommen werden.
Als die eigentlichen Verhandlungen in Rastatt begannen,
waren die Beziehungen der am lebhaftesten beteiligten {Staa-
ten Österreich, Preußen und ^Frankreich äoSeist gespannt.
Osterreich hatte im Frühjahr 1797 die preußische Yermitt-
130
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hing nicht angenommen, und die Beziehungen waren seit-
dem nicht besser geworden.
Der Abschluß des Friedens von Cainpoforniido hatte
Preußen außerordentlich überrascht. Eeiibell, der dem
preußischen Gesandten Sandoz-Rollin sehr geneigt war, ver-
hehlte diesem nicht, daß auch er persönlich nicht mit dein
Abschluß dieses Friedens einverstanden sei. Er hoffe aber
wenigstens, auf dem Kongresse mit den Preußen Hand in
Hand zu gehen. „Die Österreicher sind Schwätzer, Recht-
haber, Ränkeschmiede und Lügner", äußerte er sich zu
dem neuen preußischen Gesandten; „man kann seine Ge-
131
duld und Beine Lunge an ihnen übi-nl" Dor Tod des alten
Königs Friedrich Wilhelm II,, der am lö. isovember 1707
erfolgte, mag gewiß dazu beigetragen haben, eine Verstän-
digung zwischen Preußen und Frankreich hin au S7.ii schie-
ben, denn der neue Herrscher Friedrich Wilhelm III. war
noch zu jung und unerfahren, um selbständig in die große
Politik einzugreifen. Frankreich machte großeVerii ei Bungen.
Außer den bereits versprochenen Entschädigungen sollte der
preiißisclie König die Kaiserkrone und die Stadt Hamburg
erhalten und den Vermittler zwischen Frankreich und Eng-
land spielen. Friedrich Wilhelm III. wies aber ^e Angebote
zurück. Erst wollte er erfahren, was man Österreich in
Campoformido versprochen hatte!
Der Gang der Verhandlungen war äußerst umständlich.
Jedes einzelne Mitglied der Reich sab Ordnung las seine "Vor-
schlage vor; dann wurde darüber verhandelt, und der „Di-
rectonalis faßte die einzelnen Vorschläge in einem soge-
nannten ..Conolusium" zusammen, das in der nächsten Sit-
zung ..ajustiert" wurde. Darauf wurde der Beschluß der
kaiserlichen ,,Plenipot«nz" übersandt, und diese übermit-
telte dann das Schriftstück, das in deutscher Sprache abge-
faßt wnr. den französisclien Bevollmächtigten. In irgend-
welchen mündlichen Verkehr traten die beiden Parteien je-
doch nicht; man kffim Bich daher denken, 'wie lange die Ant-
wort, die oft umstöndlich beraten würde, auf sioh wart«D
ließ.
Am 9. Dezember 1797 hielt die Beäefasdeputation endlich
die erste Sitzung ab. Natürlioli begann eie mit nichtigen
Streitigkeiten über den Vorsitz imd allerlei Freien der
Etikette. Als dann am 16. Dezember der ÄustaiiBoh der
Vollmachten der französischen BemUmächtigten und der
Beiofasabordnung erfolgen BoUte, da erklärte TreLÜtard, öaä
diese unannehmbar seien, da sie auf Grundlage derUnteübat-
keit des Beicha abgefaßt wären. Nachdem diese Angelegra-
132
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wiederliolte er am nnchatcii Tage in aluiliclieii \\ orti'ii tli'ii
österreiehiaeheii Abgeordneten. Die Reichsdcpiittttion be-
riet am 22, Januar das franzosische Verlangen, doch da es
Bich mit der Unverietzhchkeit des Reiclia nicht vcrciri-
133
barte, so erklärte man es für tinannehmbar. Am 28. Ja-
nuar wiedrabolteii die franzöeisohen SevoUmäohttgten ihre
FoTdenmg. SchlieBlioh kam mau nadi neuen VerhaadlungeD
im Sohoile der Deputation daMn, Frankreich die Hälfte
des linken Bheinufers anzubieten. Hit» geschah am 26. Fe-
bruar. Am 1. und 2. MStz wurde das Conolusium angenom-
men ui^ am nächsten Tage durch den Grafen Mettemioh
den SVainzosen übersandt. Diese antworteten bereits am
4. März durch eine Art Ultimatum, daß sie eine bejahende
oder verneinende Antwort auf ihre Vorschläge ei'^ arteten.
Endlieb nach nochmaligen langen Beratungen gab die
Reiohsabordnung nach, und der Beschluß wurde den Fran-
zosen durch Metternich am 11. A&irz äberr^ht.
Treilhiird iiiid lionnior ruilinu-i, do.i l)r|puti!lionHheaclilulj.
die AlitretiKig des ganzen linken Kliciiiufers tietreffend, an
und cntfregiiclen, dall sie daw rechte Ufer des Jjlusses erst
nai^li dem abgeNuhloMst'iien Friedun mit dem lleich räumen
könnten. Xaclideni die erste Hiiuplfrage geregelt aei, könne
nun am-h die zweite, die Entsclindignngsfmge durch Siiku-
lai'isation geislliciier licsitKungen geregelt werden. Die De-
putation lioli (.■milii'h am 4. April antworten, daß im
Gruiulsat/. bereit sei. die Knt.si'liadiguiigen durch Sükidari-
sation zn bewirken.
Die Siikularisalinnsfrage f^licll jedoch auf groHe Schwie-
rigkeiten, denn es niiiBte vurher erst ein Einvernehmen
zwisclien PienBeii un.l Österreich hergestellt werden, und
das war sicherlich nicht leicht durchführbar. Sehr richtig
kennzeichnet Talleyrand die damalige Lagia in einem Brief
an Treilhard vom 7. Februar 1798:
134
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.,Weiiii ich an Tliror Stelle wäre, so wurde loh folgendes
tun: Mir sohemt, em ächiedsapniob setet einen Sbmt vor-
aus. In der Lage, in der Ste aieh befinden, zwisohen zwei
Mächten, die sich schwer verstiindigen können, müßte es
Ihr erstes BemShen sein, Neid und Erbitterung hervorzu-
rufen, ja sogar einen Streit anzuregen und aufrechtzuer-
halten, um dann Ihre Vermittlung notwendig zu machen.
Denn sie kann nur dann mit Leichtigkeit und Vorteil zur
;\jiwendung kommen, wenn sie angerufen wird. Man muß
die Leute erat uneinig machen, wenn man sie zusammen-
bringen will! Diese hier haben vortreffliche Anlagen, sich
/.II hassen. Benutzen Sie das, um sie dahin zu briiigfii. ivu
wir sio haben wollen!"
Andorersfüts war ■
man sich so
wohl in Wien ids aiieli in
Berlin tinnihi^r einis.
rIpilJ man n
ur duirli rin L^piiK-inuameB
\orgelien gegen hai
iUn-id, /.Uli.
/i K . 1, L_i II X uiile, und
rl sei, die n
issiH,:l.e \ fi-iiLiilkiiis anzu-
niton. Rrleu.'litort wi
Ilde ilie prc
iiIlisch-ÖBtern-iciiiiic-lic Aii-
nälu-mif; durch die 1'
,rhitt*rini£r (
ier prpiilii«.;hcn(;esaniltrii.
.iie von TieiUiaid iii
Iii lioiiiuer
in fast noülj iinluifliulicirr
und gröberer \\ eise
behandelt \
undui >U <U< <.,lMi(uhi
sehen Abgeordneten.
jn einem Briofr vo
ni 13. .Mär/.
17iW stellte es ThiiL'Ut. di'iii
(;ralen (.'obt-uzl ^iiilif
'iiu. siuli d.-
n l'reulieii vm niiliern und
<lcr<;n Ahsiclileii y.u
GeL'el>etU'ufidls m>IIi^.
ben/J uuch mit den
1 Abgr-siuidten einen Ver-
Iragscntwiirf aiit.sct/.
livaehte diesen \ orsehlag
seines .\hTiiMters als <
-igciicu (,(■<!
anken auf, und nach ver-
.-iliiedc-iieii Vei-iiiiiKiluni;c4i. l'ai^
ii- März 1798, mit Cort/.
und Juüubi - - wcdet
■ .Dohm iin,.)
1 r^ehrbaeh nahmen daiaii
Uli dib.itdi ei III
aui \uU i„
«•iiltt'urf aus. der zwar den
Beifall der Preußen,
aber niclit den dea Grafen Lehrbach
fondl Dieser hielt es für unmöglich, daß man gleichzeitig
den geistlichen und weltlichen Fuisten eine Entschädigungs-
135
pfliaht auferle^ und doch die weLtliohen Fürsten davon
freispraab! CobenEl maßte räch von den bereohfigten Ein-
wänden seineB Kt^egen, der den Preußen übrigens miS-
trauto, überaeugen. Er teilte dem Ckaien GSrtz mit, daß
er die von Lebrbaob M^efoohtene Klausel nicht e^ehmen
kinme. '
In Wien und Berlin war man jetzt im Grundsatz für ^ne
Annäherung beider Staaten. Thugat hatte mit dem preoBi-
Bohen GesEmdten Grafen Keller ebenfalla unterhandelt; nur
in dOT Entsohädigungafrsge konnte man südi nicht einigen. !
InswiBchen hatte Franz II. sich an Faul I. gewandt und !
ihn gebeten, den Vermittler zwischen Preußen und Oater' |
reich zu spielen. Der Kaiser war daher sehr ftoh, daß der |
Zar am 19./27. März 1798 antwortete, daß er nicht nur die
Bolle eines Vermittlers zwischen beiden Mächten annehme, j
sondern daß er schon duroh seinen Gesandten in 3Ber]inähn' i
liehe Vorschläge unterbreitet habe. Femer wünsche er
engen Anschluß an Österreioh und Preußen und hoffe auch, i
Großbritannien und Dänemark für seine Abstohten zn ge-
winnen.
Inzwischen hatte Bonaparte an Oobenzl geschrieben, äaii i
er nicht wieder nach Bastatt kommen würde. Cobenzls An-
wesenheit war jetzt nicht mehr so notwendig wie früher, eis
man nocli mit der Möglichkeit der Rückkehr Bcmapartes
nacii der Kongreßstadt reclmen konnte, undao erhidt » von
Thugut am 12. April die Auffordei ung, nach Wien zurüokzn-
kehren. Drei Tage später finden wir den Grafen bereite auf
dem Wege nach der österreichischen Hauptstadt.
Alles war im besten Gange. Kine Einigung Preußens mit
Osterreich durch russische Vermittlung schien auch naie
bevorstehend. Da trat ein Ereignis ein, mit dem man am
wenigsten gerechnet hatte, und das den Frieden auf einige
Zeit stark bloßstellte.
136
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II.
Noch als sich Bonaparte in Boatatt befand, kam er mit
Cobenzl auf die gegenseitig zu ernennenden Graandten zu
sprechen. Xbugut aber wußte aus anderen Hauptstädten,
wie schwer ob sei, mit den Tertretem der französischen Re-
publik zu verhandeln. Er hatte deshalb immer gezögert,
den seit vielen Jahren freien Qesandtenposten in Paris be-
setzen zu lassen.
Der Öateireiehisohe Minister war daher nicht wenig ei-
Btaunt, als nn neuer &anzö«Baher Botschafter in Gestalt
des Generals Bemsdotte am 8. Februar 1798 abends in
Wien^trafl Bemadottewaram II. Januar zum Geetuidten
in Wien eonannt worden und hatte von s^er Regierung
Befehl erhalten, sieh ohne Vorschriften, ohne das voUstän-
dige GestmdtscfaaitspeiBonal*) und ohne Paß von Nailand
aus, nach der österreichisohen Hauptstadt zu begeben. Man
hatte nicht gewagt, ihn an der Grenze anzuhalten, da Bei-
nadotte er^trte, er werde es als einen Akt der Peindsehg-
k^t aaxsehen, weim man ihm Schwierigkeiten mache, seinen
Weg nach Wien fortznseteen. Bonaparte hatte es zwar auf
sioh genommen, Cobenzl von der Ernennung Bemadottes
zum Botschafter beim Kaiser zu benachrichtägen; die Er-
eignisse spielten sich aber so schnell ab, daß Cobenzl erst
dmxjb Privatnochricht^ oder aus Zeitungen die Ankunft
BemadotteB in Wien erfulir!
Obgleicii das französische Direktorium wich nicht ein-
mal die y\ü\\v. gfnoiiimen hatte, bei der kaiserlichen HeK't^-
riuig anzufragen, ob Bernadotte als CJesanrltcr ani^i'iieli m
sei, nahm man wohl oder ühel den n<:m-u J.lnl^i-iuifli i- in
•) Ee begleiteten ihn uur der Adjijtft.ii, Villiii.-, <hr i,. [.;■■» Uj Llr.iiJiriiL/..iin/ii n'
Oiraid und ToDSMint and der Sekretär ViJlot-Fr^vilk-. Der miilL-n: ä<'kr<'tHr
GatidiD aolUa mit den Votsohiifteii nud dem Bottlüesel xai Oebeimsahrif t aus
Farä kdnuoKi; ebenao wai der auden Adjatani Maurin nooh nicht in Wien
137
Witil Ks war jedoi'li iiiir /.u natürlich. dalJ <i< h iiiit^r
den ubwaltendeu Zustanden der Empfang Bernndottcs nieht
zu glänzend gestalten konnte!
Xaoh Talleyrands Vorscliriftcn, die vom 17. -lanuar da-
tiert und nac'h den \'()rtiängen in Rom ausgefertifit worden
waren, war die .Stellung BernadoEtcs zunächst als ein Be-
obachtungajioHten podaclu. Er sollte so wonig wie nuiglich
auf die italienisclien Wrliähnisse zu spret'hen konmieii und
jede Einmisuhung Neapels in die romi.schen .-Viigelej^enhei-
ten zu verhindern suchen. Gegebenenfalls durfte <?r sofort
den Krieg erklären. Wegen der wenig geklärten Lage in
Deutsellland crliLflt Bernadolle von Taileyrand zunächst in
bezuf! auf die deutschen Veibültnisse noch keine Weisunt:.
Dagegen üullte er die russischen und englischen EiiiflÜÄSt
in Wien zu ergründen suchen und die .^iüglichkeit einer
Wiederherstellung Polen.s zur .Sprache bringen.
Die Aufgabe des neuen franKÖsischen Gesandten war
diinOiaus nicht leicht, /.uiual man die diplomatischen Be-
ziehungen zwischen Frankreich und Österreich, die jahre-
lang unterhrochon waren, von ueiieui anknüpfen mußte.
Um dies auszuführen, hiittc o i-mi-- anderen .Mannes be-
duril als Bernadotie! Denn wenn dic-^er .^icli auch später
zu i'inein tiii-litiiren Dijdüniatcn entwickelte, so war er doch
daiiiiii-- iir-ch i'iii junger Hitzkopf, der, von jakobinisehen
Ifhicii diiii-lMlniiü-'eti. geradewegs aufs Ziel los ging. Später
eihieken zwar lici'nadotte, sowie aiich die anderen auswär-
tigen \'f'iirett'r ankreichs als Ergänzung zu ihren Vor-
ncluifien iio< li allgeijieine Verhaltungsmaßregeln, die, wenn
man sie richtig verstanden und befolgt hätte, gewiß zum
•) Aus SparsaiiiktitBirnikhiL-Jiteii v^ullte der Kaiser nur eitieii Gfsandloi
zwoilcr Klsnao, olsci t-iiii-ii Ijcvolliiiüeliliglf n Minister, iincli Paris senden, Dtt
FV-ilHTT von DegL-lrnjunn wurde zu diesem Posten bestimmt. Da atjer die
FnuiEÖiiischE itcpublik einen Botschafter nach Wien gesandt hatt«, so dachte
man daran, auch einen Oeaaudt«n emter Klasse zu emennea. Doch bHeb ca
HchlieljUch beim alii-a, so doB Uexelniann ab bevoUiaftohtigter Uinixt« nach
Paria ging.
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DlflilijattDyGuoglE
Vorteil dor f r an zösischen Gesandten ausgefalifii v* iin;ii. Zu-
dem hatt« Uernadotte nur ganz junge I-eute Adjutanten
und Sekretären, die ilun wegon ilirt'r genngen l^beneer-
fahmng viel mehr schadeten als nützten, war daeh der äl-
teste der beiden Adjutanten kaum 2ö Jahre alt*).
Brst am 21. ]'\'i)[-u;ir ian<l (li<' ofti/.icllc \'oi-stelluilg Bema-
dotles iK'im Fn-iherni von 'riiufiiU siall. und am 2. März
iLnfla££ri crtolf^te der Empfang beim Kaiser.
iJurrh ein feine« einschmeichelndes Henehmeti halti' ein
lie^^inilter viel hei Thugiit und bei den einflufiieicbeii l'er-
^iinliehkeiten des J^ande» erreichen kiinnen. Bernatlotte hin-
gegen verschaffte sich durch sein herbes, herausforderndes
und unhöfliches Verhalten bald viele Feinde. Er beging so-
gar die Unklugheit, den Erzherzog Karl, der schon damals
der volkstümlichste Mann in Wien war, zu beleidigen.
Unter dem Adel vermochte Bemadotte nur wenige Be-
ziehmigen anzuknüpfen; etwas mehr Glück hatte er in den
iinttleren Schichten des Volkes, die durch die Lasten des
Krieges am meisten zu leiden gehabt hatten. Hei dem ide-
cieren Volke dagegen fielen seine immer zur Seliau ffctrage-
nen Gleiclihoitsideen auf unfruchtbaren Boden.
Die Wiener Polizei hatte uatiirlieli ein ivaclisamos Auge
Mif den unliebsamen Gast und das Gesandtsc haftspersonal ;
sie tat alles, um ihnen den Aufenthalt so imangenelini wie
möglich zu gestalten. Bemadotte zahlte mit gleicher Münze.
Darin übertrafen ihn noch seine Sekretäre und Adjutanten,
(lii^ sich über die österreichischen Zustünde lustig machten
Mnc! besonders an öffentlichen Orten und in den Theatern
lieii Unwillen des Volkes durch ihr wenig taktvolles Beneh-
men herausforderten. Bernadotteseinerseitshm^l'.wertfüik'li,
daß die Emigranten den Orden des Heiiigen Ludwigs tragen,
daß man im Hofalmanach Ludwig XVlIl. noch als König
von Erankreiok anführe, und über ähnliche NiohUgkeit«n.
*) Oaudin kam ent um 22. Februar und Maurin Anfimg April in Wien an.
139
Ebensowenig wie bei den Wienern war Eerniidotte unter
seinen Kollegen beliebt. Er stattete nur dem Gesandten der
Pforte und dem von Spanien Besuche ab; den Gesandten
zweiter Klasse sandte er gedruckte Karten, auf denen
geschrieben stand, daß er ihren Besuch annehmen würde.
Sein Verkehr beschränkte sich fast ausschließlich auf die
Vertreter der mit Frankrdcti befreundeten Gesandtacliaf- '
ten TOD SpanieOf Bardinien, der BatavisoheD Bepofalik und i
von KeapeL Alle diese IDiplomaten aber verkehrten mit ihm
mehr aus Zwang als aus Neigui^, denn die I<&nder, deren |
Inteiessen sie Ti^traten, waren bisher von der FranzoeisoheD j
Bepablik nicht gerade mit Gunstbezeugung^ überhäuft
worden!
Wegen der Krankheit der Kaiserin Maria Theresia, die {
am 1. ABirz einer Tochter das Leben geschnikt hatte, Ua- ^
den damals in der Hofburg keine größeren Festiiobkeiten .
statt. Erat am 8. April, am T^ eines großes Empfangs .
beim Hofe, machte Bernadette die Bekanntschaft der Moo-
aichin. 3e schien sehr Uebeiuwüzdig, auch der Kaiser un-
terhielt sich eine Yiertelstande lang mit dem fianzonsoheD
Gesandten, natürlich zum größten A^^r des patriotisch ge-
sinnten Adels. '
Obgleich Bemadotte versucht«, die Absichten des ruBÖ-
sehen Gesandten Grafen Andrei Kasumowsld und des eng-
lischen Gesandten Iiord Auokland zu erforschen, so kam er
natüriioh in seinen Bestxebungen nioht weit, denn beide wa-
ren erprobte I%lomaten, die sich von einem Neuling vk
ihm nicht ausforschen ließen. Auch bei Thugut nnd den
führenden österreichischen Persönlichkeiten sollte er nicht
viel Glück haben!
Sein politischer Erfolg war daher in Wien so viel wie nnS-
Nur glaubte er ermittelt zu haben, daß ein neues Bündnia
gegen Frankreich im Entstehen begriffen sei.
Da keine Aussichten vorbanden waren, daß eich Bema-
140
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Olgdizad B/ Google
dottes Beziehlingen ziun ^i!^tp^^ei^:hiKolleIl Miiiififfr und v.w
den nicht mit Frankreich verliiiniieten oder befieiindcteii
diplomatischen Vertretern bessern würden, bat er, zumal
er den Gesandtschaftspoeten in Wien nur mit ^^■ider\^■ilIen
angenommen hatte, am 12. April den Minister Talleyrand
um seine Abberufung, Er liabeaeine Aufgabe erfüllt.soweites
möglich gewesen sei, und ersuche nun das Direktorium, ihn
wieder als General im Heere zu verwenden,
Inzivischen aber trat ein Vorfall ein, der ihn verEinlaßte,
aus Wien abzureisen, ehe er von Beiner Regierung den Be-
fehl dazu erbaltm hatte.
Die fi!ui/,ösi.-^r]R' l^i-.aiKllM>baft befand sich im erst«n
Stock deii olit.'mLils !h:m riir^teii Karl von Lieelitenstcin ge-
böriscn Hnuws in der Wallner.straßc. Um auch äußerlich
die neuen französi^t'hen Ideen zur Schau zu tragen, wie ihm
da.'! erst kürzlich voci Talleyrand wieder ins Gedäclitnis ge-
rufen worden war. hatte Beniadotte einem Wiener .Maler
den Auftrag gegcljcn. ein Wappenschild zu malen, auf dem
die Göttin der l'reilieit abgebildet sei. Ea sollte an dem
Haus, worin .sieli der Sitz der Gesandtschaft befand, ange-
bracht werden. Seit der Gründung der Republik war das
Arcliivsifgel durch ein neues er.setzt worden, das eine Frau
daiMlellte, die sieli mit der einen Hand auf ein Bündel
i^tützte und mit der anderen eine Picke hielt, auf dorea
Spitze sich die .lakobiiierjnütze, das Zeichen der Freiheit,
befand. VAn ähidielies läild sollte das von Hernadotte be-
stellte Wapi)en schuiücken.
Die Polizei schien aber von dein Vorliuhcn des franziidi-
sehen (iesandteu Wind bekommen zu liaben, denn sie ver-
nnlalJle den Kiinsth>r, gegen eine gewisse Kntscbüdigung
die j'Vrtigsiellung des lüMes zu verzügern. Als es endholi
fertig war, war es so liälilicb ausgefallen, daß der franzö-
siache Gesandte befahl, es nicht zu verwenden, sondern ein
anderes in Paris in Auftr^ zu geben. Inzwischen sollte die
149
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ilreifarbiiie französisclie Fitline di^n Platx einiif limeii. dcT
für das Wappen bestinnnt var, Rfrnndotte rntwcliiod dica
aus cigftipr Machtbefugnis, ohne, vom Dirfk-toriiim dazu
bcaTiftragt ivordcn kii seir:. .Icdeiifalls war eine bisher
injcli nie vnruekiinirnene Tatsache, (iail niaii in Wien eine
fremde Fahiir an riiicni (iesiiiidtKiiliiit'l ^H<'l'^'Hde angebracht
hatte.
Nooli an lieniwelben Tage, an welclietii liernadntte den
-Minister des AulScrn in Paris hat, ein Wappen anfertigen
zu lassen, wurde <he fritn/./isiscIie i''aliue*| ani Hause auf-
gehißt, Ea war am 13, A|>ril, /.wischen f) und Ii Uhr abend«.
Ziinäehat fiel die Fahne den «cnipcn Leuten, die der
Wog um diese Zeit durch die Wallnerstraße führte, nicht auf.
-■Ulmählieh ».lier entstanden (lrii])|icn von Neugierigen, und
man stritt siih iibci' i\fu 7,\\i-rk der französischen Flagge
hin unil lier, Teils liicll man --ie für einen französischen
Freiheilsbiiuni, teils glauluf iii;iu ein Sinnbild darin 7ai er-
blieken, dalJ die Frünznscn Wien als eine eroberte Stadt bc-
lra<^hteteii!
Es war gerade ein .I:ihr lier. daß die Wiener ^ich intnlge
des Aniniirsches Bon^ipartes in grolJcr ( iei'alu' befunden
liiitten, und in wenigen Tagen wollte man die voi- einem
■lahre glücklich ahgewendete (icfahr feierlich lieL;elien, Hie
Oemüter waren daher sehr nnfgeregl. und die \'i>ll;-mengr
vor der Gesandtschaft wurde immer griiller. Der Pohzei-
direktor von der Leyen und 8])äter ein Adjutant des Stadt-
kommandanten begaben sich, um Unheil zu verhüten, zum
*j Die blau-neiQ-rote Fehnt war un uiner langen Starke auf dem Balhou
()«■!. G«iani!t*i-haft*igelilinrf<-H b^fc-t-tift. Rn nie nur kurze Zeit lu seilen wnr.
mil tlie Nfifht bald lu-iriribnw h. hatUi sii^h daa Volk Bllerlci falaoh« VorBlel.
.I. Lit.,.i:Ur,i, I>an.ltTlii..KüK ü,i,!>:t man di« *jfc-in('rkiing, d"- Valuu' ^i'i «'L^hs
KUen lang gewesen und habe die Inschrift „LiberW, feaüto üu la mort"
geUagen. Dem ist aber nioht ao. I>ie FaJmePStange war allenlings sehr lutg,
das Fahnentnch aber viel klraner. Auf der einen Seite war aufgedruckt
■.R^abliqne tranfalBe" und auf der anderen Seite „AmbasBade de Vienne".
143
französischen Botacliafter und fordert oii ihn auf, die Fahne
entfernen zu lassen. Man befiireliteto, daß das Volk noch
nieiir aufgereizt werden könnte, denn es war das Gerücht
verbreitet \sorden. dalJ iSernadotte einen Äufatuid gegen
den Kaiser ins Werk leiten \s ollte.
in pcht republikanischer i)reiKtigkeit antwortete der
französische Gesandte, die Falnie liliebc hängen, selbst wenn
er sie mit dein Säbel in der Hüiid verLeidij^en noUt«. l'ui
seinen Worten mehi' Xauhdruek zu verleihen, ging er in
großer Uniform vor dem Hausse auf und ah und versiicliti-
durch Drohungen di{! Menge zu veranla-'isen, .sieh zuriii k-
ziizieheo.
Da die ÜHleneicId-i lK ii lU'hJinlru .,ahen. dull Beinadolte
nicht nachgehen würde, so wäre es ihre Pflicht geweweu.
sofort bewaffnete Maeht herbeiKU holen. Die endgiltige Re-
gelung desStreitfalles hätte die Polizei dann den Diplomat i'ii
überlassen können. Man neheint aber zu jener Klunde, es
war gegen 7 Uhr uheiids, den Knist der Lage mit, ihren Fulgeri
noch nicht erkannt m haben.
Von Stunde zu Stunde wurde die \'<)lksnicngc drohendei.
Steine flogen gegen die Fenster, die liakl keine Keheihen
mehr aufzuweisen hatten. Km besonders mutwilliger l!ur-
Mohe, der Sehornsteinfegerlehrling Kugler aus äeliwabcii.
stieg sogar bis zum Balkon des Hauses hinauf und riß die
Fahne herunter. Halb zerfetzt und verbrannt*) wiirde sie
von der wütenden Menge bis zum Schlosse geschleift und
dorl dem Offizier d<T Wache übergeben.
Nitlit zulrieden mit der Kntfernung der Fahne, wurde
das Volk, das von einigen Führern noch mehr gegen die
Franzosm auf gestachelt wurde, immer heftiger. Es begnügte
steh nicht mehr, das Qebäude mit Steines zu bewerfen, eoa-
*) VnlenregB tiat das aufgelegte Volk den Wagen des FOntm OoUnedo.
Mau entriß seinen Dienern die Faokeln, um damit die veriiaBts baiuiluaolB
Fuhne eu verbrannen.
144
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dem sprengte achlicßlirh das Tor :nii iitu! vcrKiiehte, die
Treppe Iii nauf zusteigen. Aber Berniuliitrc liatt(^ sich mit
dem Personal der Oesantttsdh.ift diirt auffiestellt und suchte
den Eingang in seine Wolmuiii; y.n verhindern. Es fielen ho-
Sar Schüsse von Seiten der Franzosen, die aber von der
Monge nieht erwidert wurden. Diese begnügte sich, den Wa^
!>eri des franzosinclien i -esnndten und alles, wa« ihr in den
Weg kam. y.n i'.ertnnniueru.
Bereits gegen « L hr aheiids liattc fSeniadotte wetjen des
N'orfalk an den Freilierrri von Thugiit L'esehriel)en: etwas
s^päter wiederholte er seine lütte und fiürte bei. daß die
Mhn \ T r bei il ^E- . I le ( le h/eitiE 1 it
er um l'^nisehreiten der bewaffneten Macht, ['erner ver-
lin^tt 1 '.uni. P < fdNdumll lli^ Cu f,t i m„
geschehe, und die 1' ahne von neuem an fiemem Hause an-
gebracht wnrde.
Kurz, vor Mitternaclit wandte er sieh 7,mn letzten Male
iin den österreichischen Minister und bat um umgehende
Zustellung seiner Pässe. Endlich nach Mitternaclit. fiinf
stunden, nachdem sich der lolizcidircktür zum franzosi-
^chen (icsandten besehen hatte und man voraussetzen
mullt«. daü der Volksauflauf crößere .Vusdehnunir anneh-
men würde, trafen Infanterie und Kavallerie ein. In kurzer
Zeit wurde nun die Menge aus dem Gesandl^i liaft^LTbliLLdc
und den unihegenden htrafjcn entfernt, -fel/i In-Lfiit) sicli
imcli der Freiherr von Dcgelmann. der altf hevollmüchtigter
.^UlUster nach Pari.s gehen sollte, /.u Benuiiiotte, um ihn zu
benihigen. Er veriieli den friin/ösischen Gesandten bald
wieder, um in Kürze mit einem Seineiben des Herrn von
Thugut zurückzukehren, worin der östen-eichiflohe Minister
sein TSedüuem wegen des \'orfalle8 au.^driiokte und die Be-
strafung der Schuldigen versprach.
Am nächfiteoi Tage tat der Kaiser, bei dem dch Bema-
dotte iDzwisohen über das naohUseige Verhalten Thugots
10
146
Imttc heschweren la.ssen, alles, um einen Bruch mit der
Französischen liepublik zu vermeiden. Gef;en\värtifT der.
Krieg von neuem beginnen, lag durchaus nicht in der Ab-
sicht der leitenden Männer OsterreichB, denn Thiignt wolltr
sich erst die Hilfe anderer Staaten verschaffen, ehe er wiedei
zu den Waffen greifen ließ. Bei den Franzosen stand e-
nicht anders. Bonaparte war völlig mit seiner uberseeischen
Expedition beschäftigt, und nichts wäre ihm uncrwünsch-
t«r gekommen, als wenn die Knepsfackel auf dem Pest-
lande von neuem aufgelodert wäre! Der unliehwanie Zwi-
schenfall mußt^- daher eine friedliche Losunü finden, die von
beiden Seiten ersehnt ward.
Bernadütte l>ef*ali damals noch wenig Verstündiiis für
höhere Politik. Der Besuch des Kabinettsministers Grafen
Franz CoUoredo konnte ihn auch nicht licnihigen. Eine Be-
kanntmachung des Staats- und Pnliwiniinistei-s Grafen von
Bergen, in welcher der Kaiser die Bevölkerung seiner Haupt-
stadt 7.m Kuhe mahnen lielJ. lira<>hte den französischen Ge-
sandten noch mclir nnf, da sie ihm zu mild abgefalit dünkte.
Wiederholte Versuche des Freiherm von Degelmann, so-
wie des Ministers des Innern Grafen Saurau, ßemadotte zu
beschwichtigen, schlugen ebenfalls fehl. Der französische
Botschafter wollte unbedingt, daß man die Fahne wieder
anbrächte. Man kam jedoch seinem Wtmsche nicht nach,
und so verließ er am näohstenSonntag mittags, den 16. April,
mit seiner Begleitung die KsiBeTstadt. Thugut hatte ihm
Torsiohtigerweiee eine starke Bedeckung mitgeben lassen.
Ohne weiteren Unfall gelangte die framÖBiBche Gesandt-
schaft bis an die Grenze des Reichs. Am 23. Äjiril traf
Bemadotte in Rastatt ein*).
•) Stet am 16. Hai nluelt Bemadotte von TbUbttbikI die MitteQong. daC et
am 13. Hai xam Befehlshaber der Ililitfirdivision in StraBfamg enuumt wor-
dsD sei. Er ^ubta uoh aber dundi dieae Ernennung ■nrQokgeBetst, be(alj
siob aofort netäi Paria und erhielt am S7. Uai den Poaten eines bevollmächtig-
ten Hinisters bei der Batavischen R^wblUc.
146
Digllized by Google
Unterwegs riciitete er aus Wels ein «eitere« Sehreiben nn
Taileyrand, denn er hatte den Minister des Äußeren schon
von Wien aus kurz von dem Z\vischenfall in Kenntnis ge-
setzt*). In diesem zweiten, am 16. April abgefaßten Schrei-
ben, heißt eti unter anderem; „HiPKe Bösewichte haben den
Plan gefaßt, die französisclie Gesandtschaft zu ermorden
und unsere Köpfe auf Piken durcli die Straßen zu tragen.
Der ebenso feige als barbarische Russe konnte während des
Tages weder sein Verlangen noch seine Hoffnung verbergen.
Der schurkische, nichtswürdige Thugut, der unter der Laat
seiner Verbrechen und Jahre einherschreitet, erwartete
•) Diu crato Dcpeseliu Bcmndoth^a kam am 23. April in den ersten Horgen-
147
jeden Augenblick, daß man ihm die Meldung brächte, vir
hätten aufgehört, zu leben ! Der englische Gesandte nüBt
sich selbst den Ruhm dieses Tages bei und macht denen,
die die Ausführung übernahmen, den Vorwurf, daß sie sich
mit einem halben Erfolge begnügt hätten. Es war die Ab-
sicht dieser (frei Tiger, daß wir erwürgt worden wären !"
Wie wankelmütig ist doch der Mensch, wie schwankt der
Mann, Avr auf Kosten anderer emporzukommen sucht, in
seinen Ansichten und AVertschiitzungen hin und her! Nichts
ist ihm heilig, wenn er nur zum Ziele kommt ! ,, Diese ebenso
feigen als harbarisehon Russen" wurden etwa ein Jalirzehnt
später Bevnaciotte,'! beste Freunde, und der Mann, um dessen
Gun^t er seit seiner Hpkanntwchaft mit ihm ijuhlte, wurde
zum ,, Usurpator", zum „Ogre corse", den es mit allen Mit-
teln zu hckämpfon galt. Bemadotte war nicht der einzige,
der so handelte ; und doch hatte ihm Napoleon nur Gutes ge-
tan! Es gibt noch Hunderte von Staatsmännern und Gene-
ralen jener Zeit, die ihre ]\feinung änderten wie die Wetter-
fahnen ihre Biclitung. Es sind sogar zahlreiche gekrönte
Häupter unter denen, die einat überglücidich waren, einen
liebenswürdigen Blick, eine Gunstbezeugung, ein freund-
liches Wort von Napoleon zu erhaschen. Als aber des Kai-
sers Stern erblich, waren sie die ersten, die ihn verließen
und beschmutzten !
Der Vorfall, der sich vor und in dem französischen Gte-
sandtschaf tage bände zu Wien ereignete, war außerordent-
lich bedauernswert, ^lan kann die Quellen auslegen wie
man will, es hli'ibt iiniufr zu beklagen, daß die Wiener Po-
lizei nicht beizeiten wirksam eingriff, und daß Thugut, der
gewiß rechtzeitig von dem Aufruhr Kenntnis erhielt, nicht
sogleich Jlaßnahmen traf, um Soldaten aus den Vorstädten
herbeizurufen. Mögen sich Bemadotte und seine Leute noch
so herausfordecnd benommen haben, die erhöhte petsön-
Uche Sicherheit eines Gesandten, die allgemaöi sogar nüt
148
Digiiizedliy Google
TJnvedetzliolikeit bezeichnet wird, ist seit dem Altertum an-
erkannt und eine der erst^ Vorrechte des diplomatischen
VertxeterB eines I^andes!
Das Verhalten Bemadottes in Wien fand natürlich ver-
aohiedentliche Benrt^nng. Beeondeis aoharf richteten ihn
die diplomatisofaen Vertreter Osterreit^ im Auslände.
Der Saterreichische Gesandte in Bralin, der alte Fürst
Heinrich XIV. von ReuB, schrieb entrüstet über diesen Vor-
fall an seinen Koliken in Petersbmg, den Grafen Dietrioh-
stein, in ^nem Privatbriefe : „Empört sich nicht jeder Trop-
fen Muts in jeglicher ehrlichen Brust übra: das beöllose Be-
tragen dieses niohlosen Jakobiner-^oheuBaUt O, möchte
doch die Bache Gottes ffl^nroohen und diese Höllenbrut zer-
knirsGhen, und der guten Sache endlich die Oberhand ge-
winnen laasenl Dies nur lasse mioh der Himmel erieben,
dann will ich mioh gern zu nnaero Vätern schlafen legen 1"*)
Während man in Wien den Vorgang so harmlos wie mög-
lich hinzustellen suchte, tat man in Paris das Gegenteil.
Man glaubte sich schwer gekränkt und nahm an, daß es wie-
der zum Kriege kommen würde. Erst am 23. April hatte
Bonaparte an den Obergenoral Brune, sowie an die Generäle
Baraguay d'Hilliers und Desaix ge.schrieben, daß sie die für
die beabsichtigte überseeische Expedition y.n mt wendenden
Truppen wieder ausschiffen sollten. DieKc Soldaten hiitte er
dann dem Obergeneral Brune zur Verfügung gestellt, denn
er glaubte, in Italien den ersten Angriff der Österreicher
erwarten zu müssen. Noch am 24. April früh war man ent-
schlossen gewesen, die Sache bis zum Äußersten gehen zu
lassen.
Aber am 25. AprU war die Stimmung umgeschlagen. Was
war gescliüheii '! Es scliüint, als ob es Bonaparte und Talley-
rand, die mit ihren orientalischen Plänen beschäftigt waren,
*] In Shclichor Weise sprach sieh der Junge Uettemiota seinei Frau gegenOber
in einem Brief aus Bsatatt auB.
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gelungen war, d Direktorium nmzostiiiuiien und es zu einer
friedlichen Beilegung des Vorfalls in Wien in bev^en.
AuBBchlaggebend wird aber die Ankunft des franzÖdscheo
Ges&iultechaftesekietärs T^ot-Fr£viIle ans Wirai, der Ein-
zelheiten über den Vorfall brachte, .sowie das bald darauf
erfolgte Eintreffen eines kaiserlichen Kuriers gewesen sein.
Jedenfalls hatte sich Bonaparte dem Direktorium angebo-
ten, selbst nach Rastatt zu gehen, um die Angelegenheit mit
den Oi^terreichem auf friedliche ^Veise abzoschlie&en*). Id
der Tat konnte der Regierung ein neuer Krieg nur die größ-
ten Ungelegenheiten bereiten, denn weder die äußere noch
die innere Lage der Französischen Republik waren so be-
schaffen, daß man sich in einen neuen Kri^ einlassen
konnte.
Zur Klärung der unsicheren Lage mag der Umstand viel
beigetragen haben, daß Thugut sofort nach dem Vorfall ein
Schreiben an Talleyrand abgefertigt hatte, worin er den im-
sngenehnien Zwischenfall aufzuklären suchte. Er beteuerte
dieFriedensliebeseinesHerrsohere und kündigte gleichzeitig
die Abreise Degelmanns nach Paris an. Bonaparte seiner-
seits schrieb am 25., als sich das Direktorium endlich su
einer friedlichen Beilegung des Vorfalls bereit erklart hatte,
an Cobenzl : „Um alle dunklen Wolken zu zerteilen und eine
schnelle, wirksame Erklärung zu erhalten, die den Frieden
befestige oder den Krieg entscheide, hielt man es für nütz-
lich, daß ich eine Zusammenkunft mit Ihnen oder einem
andern, von Seiner Majestät dem König von Ungarn und
Böhmen betrauten Gesandten hätte.
Trola meines Widerwillens, mein Herr, gegen die diplo-
matischeljaufbabn und gegen diplomatische Vorhandlungen,
habe ich sofort diese Gelegenheit ergriffen, um Europa und
Seine kaiserliche Majestät von dem Wunsche Frankreichs
*) Vnt BcBchluQ Bclieint solart nach Ankunft des Kuriers geCaSt woidep ta
Bein. Dor Entwurf ist Von der Hand MerÜna.
160
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y.u über/fugeil, ilaß (-.< die Solircn ki'u i-iiies Krietics veniici-
(IfU möchte, der für imscirn ariiKMi Eriltcil vuii u (i berechet i-
luiren Foigon wäre. Sinvett es vun mir ulihiiiif;!. suche ieh
ilfis iViedensiveik /.u belest ifjeii. das icli für dauernd j;e-
Ualten, «eil wir es, ubgeselieii von den üiihtiiiisflieri Ereig-
nissen, auf <leiii gef^ensei eigen Wühle der l)ei(ieii Staati-ii
begründet hatten!
Wenn wir alle Leiden seliafteii Iteiseit« liisseii, wird t^s uns
nicht schwer fallen, allen Argwohn zu heben, alle Interessen
auszugleichen, die Intrigen der Mächte zu vereiteln, denen
die Leiden des Erdteils gleichgültig sind. Sie suchen nur eine
Gelegenheit, bei sich Frieden zu hahcu, ijidern sie hier Un-
ruhe stiften . . .
Wenn aber das Wiener Kabinett von dem Kinfhill oder
<len besonderen Intere.ssen geleitet würde, die, wie es srlieiul,
die Maßnahmen der Polizei am 24. Gerniinal ( Aju il) ge-
leilet haben, dann bleibt dem französischen \'olke niclits
weiter übrig, als sieh aus der Zahl der euro])iiis<.lieii Aliiclitc
^Ireiehen zu lassen oder hclbat das Haus üstcrieii^li daraus
/.u streichen. Es wird aich ein fui-elitbarer Kampf entwik-
ksln, der eine weite militärische Laufbahn darbietet, an den
indes der Mann, der die I^eiden eines solchen Krieges kennt,
nur denken kann mit dem Fluche auf den Lippen gegen die
Völker und deren Nachkommen, die diesen Krieg hervor-
gerufen haben! , . ,"
Wenige Tage naoh Abgang dieses Schreibens teilte er am
'28. April dem \'iKeaduiii'al liiueys und den Generalen
Kleber und Caffarelli mit, dulJ seine Abreise um emige
Tage verschoben werden müsse; er hoffe jedoch, daß ibr
keine emstliehen Hinderungsgründe im Wege stehen würden.
Auf alle Fälle entwarf er für den General Brune einen
Plan zur Verteidigung Italiens, wenn es zum Kriege mit
Österreich kommen sollte, und sandte ihn an Aforlin de
Douai, der damids Präsident des Direktoriums -war.
161
Obgleich der General Bonaparte alle Vollmachten von
seiner Regierung erhalten hatte, die Angelegenheit wegen
des Zwischenf alle in Wien mit Cobenzl persönlioh iu Rastatt
zu erledigen, entschied er sioli doeh in letzt» Stunde andere,
da er glaubte, daß man aiioh ohne ihn zum Ziele kommen
würde. In der Nacht vom 3. zum 4. Mu verlieS er Farie, um
sich nach Toulon zu begeben.
III.
Die Besprechungen in Selz im Frühjahr und Sommer 17flS
können als eine Art Zwischenspiel zum Raetatter Kongreli
angesehen werden. Das Ergebnis dieser Vcrliaiidl«ng*-ii
konnte nichts anderes als ein MiUerfoIp auf l)ciili;n Si-iten
sein. Frankreich hoffte, für die Kränkung; scinct! Cesandten
in Wien Genugtuung zu erhnlt-en. Diew war ahcz- bt'rcit> dujvh
Thugiit geMcht'heu, soweit es iu desst'n Macht und Abäiflu
stand, eine solelie /.n gebüii. Andererseits hoffte der üsler-
reictiiwrlie Hof clurcji Sonderverhandhmgen, EntschÜdigim-
geu i(i Italien erlangen, ohgleicli das französische Direk-
ttiriuiu von voriilicrein cutschlosseu war, diese Frage über-
haupt nicht zur Verhandlung zuzulassen. Du weder die
französirtehe Itcgierung noch der Freiherr vou Thugiit be-
reit waren, Ziigestiiudnisse zu machen, so konnte man we-
nigstens froh wein, dal.l die Beendigung der Konferenzen
keinen Bruch Kwisfheu heideu Mäditirn herbeifiihrtel
Seil den langwierigen \ <TlLaTidlungen von Leoheti und
Udine war es beständig; Thuguts Absicht gewesen, von dem
verantwortlichen Posten eines Ministers des Äußeren zu-
rückzutreten. .Diese Stelhmg hatte ihm außerordentlich viel
Arbeit, aber wenig Anerkennung seiner rastlosen und auf-
regenden Tätigkeit gebracht. Er hätte sich lieber mit dem
Posten eines Konferenz-Marineministers begnügt und sich
mit der Verwaltung der durch den Frieden von Campo-
formido an Osterreich gekommenen italienischen Provinzen
beschäftigt.
152
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Thuguts Abschiedsgesuch wurde aber mir 7.um Teil an-
genommen. IDr blieb als Konferenzininiater weiterhin im
Amte und erhielt in dem Oiafen Cobenzl eineo Mitarbeiter,
der zum größten Teile die Geschäfte eines Ministers des
Äußern übemalim.
Aber kaum war die Ernennung Cobenzls erfolgt, als man
am 2. Mai in Wien die Nachricht erhielt, daß der General
Bonaparte, das Haupt der französiechen Friedenegesandt-
schaft, seibat wieder nach Rastatt kommen wolle, um alle
strittigen Punkte zwischen der IVanzösischen llepublik
und dem Kaiser selbst mit dem Grafen Cobenzl zu erledigen.
DeshiJb führte Thngut vie vordem die GeecfaSfte des Mi-
nieteriiims des Auswärtigen weiter, denn es galt als ausge-
macht, daß Cobenzl der AuHorderung Bonapartes Folge lei-
sten müsse.
Kit dngebendea Yorschriften versehen, reiste Cobenzl
am 8. Mai von Wien ab und traf in der Nacht vom II. zum
12. in Rastatt ein. Er \rax nicht wenig überrascht, weder
Sonaparte dort vorzufinden, noch etwaa Bestimmtes über
dessen bevorstehende Ankunft erfahren zu können! Einige
Tage später erHelt er äuxch Talleyrand die Mitteilung,
daß der General nioht kommen würde. Dem Briefe desfoan-
zöaiachen Ministers WM ein Schreiben Bonapartea vom 4. Mai
beigeschlossen, in dem dieser Cobenzl mitteilte, daß er im
Begriff gewesen sei, sich nach Rastatt zn hieben; da er
jedoch erfahren habe, daß Cobenzl nach Wien gereist sei,
habe er seine Reise aufgegeben. In einem ausführlicheren
Brief vom 12. Mai machte Talleyrand Cobenzl die Mitteilung,
daß an Bonapartes Stelle Franfois de Neufchfiteau mit ihm
unterhandeln werde.
Fran^ois de Nenfchätean war soeben aus dem Direkto-
rium anageschieden. Da es verfassungsgemäß einem ehe-
maligen Direktor nicht erlaubt wax, sich innerhalb zweier
Jahre nach Aufgabe seines Amtes aus der IVanzösieohen Re-
1S3
publik zu entfernen, so schlug Talleyrand dein iist^rreichi-
sohen Unterliändler vor, da* kleine Städtuheii Sei/, auf dem
linken Rheinufer, das damals zu Frankreich gehörte, zum
Sit/, der Verhandlungen zu wählen. Cobenzl schien die Wahl
des französischen Unterhändlers nicht zu milJfailen, denn
man halle ilnii diesen sehr vorteilhaft geschildert. Er ent-
Bchie<l wich daher, ZU bleiben.
Frani;oiB de Neufchäteau war damals ein Mann von
48. Jahren. Er hatte schnell seinen Lauf Inder Welt gemacht.
Kr war sehr hegabt und hatte sich mehr auf schöngeistigem
als politiBcheni<Jebiet einen geachtetenNamenerworben. Im
Jahre I7!ll wiii di' er Sekretär der Gesetzgebenden Versamm-
luiiji, dann Präsident derselben Körperschaft. Er behielt auch
seinen Sitz als Abgeordneter im Konvent. Nachdem er vom
]('). Juli bis 14, Spptcndier I7i»7 Minister des Innern gewesen
war, kam er lui Stelle Canicls ins Dirfklorium, schied aber
am 9. Mai I7!I8 wicili-r aus. Spater schloß er aich Napoleon
an, trat in den Senat und wm-de im Jahre 1808 zum Reichs-
grafen ernannt.
Fran^ois de .Xeufcliäleau war sanften Charakters und dem
Kriege abhold. Die Zeitgenossen schildern ihn als einen ver-
söhnlichen, ehrlielien Manu mit guten Umgangsformen, alec
ganz das Gegenteil von Treilhard und Bonnier! Im Direk-
torium hatte er anfangs nur eine untergeordnete Rolle ein-
genonnnen und sich vorwiegend mit dem Elementarunter-
richt beschäfti^it. Krst s]iä(er liatle .sich Reubell mit ihm in
die li:rlcdLf.aniL: i\cr rliplouiaiisi'heii AngelegeidiciLen geteilt,
Nach seinen \ or^chi-illcu diErtlr I-'ninv<>is de Noiifchäteau
über Koni. Tn^cuia iiiul die Scliwciz unterha7idclii.
dofli mir iWfi i li-cn-inudi-, die iiiclil in Uastüttzur VYAy.v
koiiuiieLisolllL-i,, Al-i> liuh rier ■A\u-iiv S'Uz den ersten wiediT
auf ! Dann haUu er wogen der Bernadottc angetanen Belei-
digungen Genugtuung zu fordern. Weitere Vorschriften er-
hielt er erst später. Der ehemalige Direktor schien, ^e er
I5i
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selbst später einmal an Tallevraiid achrieb, nur deshalb nacb
Welz gesandt worden /ii sem. um das Niebtkomnien Hoiiii-
l>artes ( "obeiizl gcgeniiber zu cntsi^liuliligeM.
Cohenil It I II ( t f i jiwiinlige
Verhalten Bernudotits in \\ ii>n \ iTiiiiii/c n. denn man be-
tra<;hlct(' I I cnllirlir.iL
L'rhelH.T d I 1 \| I I I Il-1(h>/.u-
liesteheii. 1 J Uli I \ .■.aiLlliiuls
bestrafen woiie. tiaupcsauruicn aoersume nur «jcaandte ver-
suchen, Eutechädigungen für den Kaiaei in Italien heraus-
zuschlagen und die Büokgabe Roms an den Papst verlangen.
155
Am 30. Mai 1798 begab Bich Cobcn/.l y.um erstenmal auf
das linke Rheinufer nach Selz, und wurde dort von b'ran-
(ois de Neufchäteau sehr liebenswürdig empfangen. Der An-
fang schien günstig zu sein. Beide Unterhändler kamen ii ber-
ein, die beiderseitigen Ansprüche in Form von Denkschrif-
ten zusammenKufasscn und sie bei der nächsten Zusammen-
kunft vorzulegen. Gleichzeitig überreichte Fran^ois de Neuf-
chäteau seinem Kollegen eine sehr schöne Büste Bonapartes
in Marmor. Cobenzl dagegen machte dem französischen T^n-
terbändler im Auftrage seines kaiserlichen Herrn für den
General Bonaparte einen reich mit Edelsteinen geschmück-
ten Säbel, der auf 80 000 Gulden Wert geschätzt wnrde, zum
Geschenk.
Im Laufe des Jlonats Juni fanden in Selz verschiedene
Sitzungen der beiden Diplomaten statt. Es wnrde viel ge-
sprochen und imterliandelt, doch konnte man zu keinem be-
friedigenden Ergebnis gelangen. Der französische Unter-
händler forderte Genugtuung für Bernadette: das Wiodi i-
anbringen der Fahne durch österreichische Offiziere oder
Beamte und Bestrafung der Übeltäter ! Wenn dies geachelien
sei, dann werde man auf die österreichischen Forderung^
eingehen,
Cobenzl hingegen bielt EÖch fest an seine Vorschriften,
keiae offizielle Genugtuimg zu leisten und war im übrigen
bestrebt, den zweiten und wichtigeien Teil sdner Instrok-
tioaen znr Ausführung zu bringen. Er suchte vor aUem in
Italien für den Kaiser und für den Papst EctBchädigungen
zu erlangeiL Aber davon wollte Fran^ois nichts wissen! Er
hatte die österrelohisohe Denkschrift, die ihm Cobenzl über-
geben hatte, nach Paris gesandt tmd über die weitezen Un-
terhandlungen bmchtet. An Stelle Fraa^^ de NeufchS-
teauB war Treilhtad ins Direktorium geirälilt worden*). In
Abwesenheit ßeubells arbeitete er am 7. und 10. Juni neue
*) Er verlioB am 19. Mal Rastatt, um di« neue Wörde antitntluiicn.
156
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^ orsclmfton fiir den Lnterhandler in Selz a\iH. die die f;c-
spaiiTitc I.aüo nur mn-h vprsnlwrftori. Fran^ois sollte noch-
imtls (•i'mi'juuuüT liir den heriiiidotte angetanen Schimpf
■. LTlaiiL'1.11. aut Italien üll'Ii abiT gar nicht emlafisen und
»cgii-n der Deutschland betretfunden Anftelegenheiten auf
Ftastatt verweisen, da dort der (trt für diew Uewliäfte sei.
Jio unterhandelte man in den niiehstenSit/.ungeu ergebnis-
los, obgleidi derTtminimerliöflicli undKiivorkoiumend blieb,
i .- >;cliien jedem der beiden Diplomaten, als ob der andere
1 1 II- l. nterliandhmgen nur bin.nisse hieben " olle. um /eit /,n
L'eniimen, damit ihre Regierungen waiirenddessen einen
neuen Kneg vorbereiten konnten, Schüeßlieh teilte Fran-
C018 de Neufchateau im Namen seiner Regierung dem Gra-
fen Cobeozl mit. daß die franzosische Regierung verzichte,
eme offizielle Genugtuung für Bemadotte ku erhalten. Eb
genage dem Direktorium, wenn die österreichische Regie-
rung die Schuldigen bestrafe und den matenellen Schaden
ersetze. Vielleicht wollte man in Pans freie Hand für den
ägyptischen Feldzug haben und gegenwärtig emen Kneg
vermeiden. Oobenzl jedoch blieb fest, denn inzwischen hatte
er von der Besitznahme Maltas durch Boiiaparte erfahren.
Bie Schweiz war auch größtenteils von französischen Trup-
pen besetzt worden. Was würde der Welt noeh bevorstehen,
wenn das so weiter ginge 7
Cobenzl glaubte nicht mehr an die Aufrichtigkeit des Di-
rektoriums, den Frieden zu erhalten, denn das wahre Ziel
der überseeischen Expedition Bonapartes war ihm damals
noch nicht bekannt, „Es bleibt Eurer Majestät nur übrig",
'ichrieb er an den Kaiser, „zu den Waffen zu greifen. Frank-
reich ivill, nach dem, was in Italien und der Schweiz vorge-
fallen ist, nicht zurücktieten noch unsere Grenzen ausdehnen
lassen. Das Direktorium wänaoht zwar noch keinen offenen
Streit. Eb ist aber augenscheinlichf daß ein bleibender Frie-
den nur dann möglich ist, wenn unsere gerechten Beschwer-
157
den erledigt und die wesentlichen Interessen unserer Mo-
narchie befriedigt werden!"
Erreicht wurde also trotz des persönlichen guten Willens
der Unterhändler in Selz nichts. Es erfolgte aber (UK'h kein
Bruch der diploninti.tclien Beziehungen, sondern man scIiipH
in der ]et7,t«n SitKunfi vom 7. .luli nh gute Freunde. Kacli-
deni sich Cobenz! vergewissert, dalJ Fran^'oiK am 9. Juli IScl?
verlassen hatte, reiste er am 10. nach Wien ab, wo er be-
reits am \ eintraf. Kr war bis nach der Al>reise des fran-
zösischen rnterliändlers gebliehen, damit man seiner Re-
giei iuig nicht den Abbnicli der friterhandlungen zur Last
legeii könne.
nie leitenden Staatsmänner Österreichs waren naeh den
crgelmisloKcn Verhandlungen in Selz entschlossen, nicht
früher an einen wirkliclien Frieden mit l'"rankreich zu glau-
ben. ;i]s bis die l''r:in/,osen die Schwei/ und Italien verlassen
hä1 ten. und l>is die verloren gegangenen österreichischen (!e-
bicte wieder gewonnen wären. Um mit Erfolg die Fraiizo-
sisclic Kcpuhlik zu bckiini]ifcn, daxu bedurfte man kräfti-
ger Bundesgenossen, vor allem a,ber hoffte man auf ein
tätiges Eingreifen des neuen Zaren Faul 1. 1
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SIEBENTES KAPITEL
DAS ENDE DES KIRCHENSTAATS
(September 1797 bis März 1798)
VERFARSUNfiRÄNDERTlNO !N DER ZISAL-
l'INIS('HI';\ RKITHI.IK
(Februar Iiis Dezember ITHa)
1.
Boiiaparte verfolgte dem KirclieiiHtaat gegenüber eine
andere Politik als das Diroktorium*). Die f^i'gii'riiriir. vor
allein Larevelliere-ljepeaiix und später auch .Merlin de
Douai, waren für eine Auflösung der päpstlicben Herrschaft.
Booaparta hingegen wollte, teils aus nulitäriachen und poli-
tisohen Gründen, teils, um mehr Hilfsquellen aus Kom zu
ziehen, den Papst schonen. Er riet daher zur Mäßigung.
Hätte er im Februar 1797 die Dinge auf die Spitze ge-
trieben, so wäre der Krieg mit Neapel unausbleiblich ge-
wesen. Und gerade damals machte der Kaiser große An-
strengungrak, um nochmals das Kiiegeglüok auf die Probe
zu stellen und Italien wieder zu erobern. Bei einem Zu-
sammeDstoß mit Neapel wäre Bonapartes Heer wischen
zwei Feuer geraten und die französische Herrschaft in
Italien sehr gefährdet worden. Femer hätte fVankreioh,
falls ea im Frühjahr 17Ö7 der weltlichen Ma<;ht des Papstes
ein Ende geniaeht, niemals su viele Millinaen und Kunst-
•) Vgl. daiu (la.'i 10. Kapit,-! des im-il"ri Ballcll■^'. Hi;it/- iJ-fl— 2H7.
159
schätze aus dem Kirchenstaate gezogen, denn man hatte
sich mit der Zahluog einer Kriegsateuer durch den Vertrag
von Tolentino, wenn auch wider Willen, einverstanden er-
klärt.
Die ungeheuren Kriegskosten, die Auslieferung und Weg-
fühnmg zahlreicher Kunstwerke, die Unterschleife Hallerti.
des General Verwalters der Finanzen, und der übrigen fran-
zoaischen Zivilkornmissare brachten in Rom allmählich eine
Erbitterung hervor, die einen baldigen Ausbruch von Feinti-
seligkeitcn gegen die verhaßten Fremden vermuten ließ.
Das gerade war es, was die leitenden Kreise Franhreicbf
wünschten, denn nach dem 18. Fructidor war die Kriegs-
Partei in Paris immer stärker und anmaSender geworden.
Der Frieden mit Österreich war abgeschlossen, der mit dem
DeutBohen Beiohe stand bevor. Man hatte jetzt die HSnde
frei, lim den Einfluß Frankreiobs und seiiie Maohtbefng-
nisse auszudehnen. Man befürohtete dnrohans moht mebr,
mit Neapel in offene Zwistigkeiten zu geraten, gesohwe^
denn mit Rom, das nooh im Februar 1797 Beine unglaab-
liebe militäriBohe Schwäche bewiesen hatte.
Da Caoault den Papst mit zu viel Achtung behandelte,
hatte das Direktorium Joseph Bonapwrte zum GesimdteD
in Rom ernennen lassen. Am 1. Angust trat dieser seinen
neuen Posten an. Joseph war ein Mann von gemäßigten
Grundsätzen und in diplomatischen Dii^en wenig eifahreiL
Uber seine Rolle in Rom ist nicht viel bekannt; er scheint
aber persönlich zu den Bepnblikanem im Kirchenstaat
nicht in Beziehung getreten zu sein.
Das Direktorium war jetzt zn einem Bruch mit dem Papst
bereit. Schon am 10. Oktober 1797 hatte TaQc^and im Auf-
trage des Direktoriums w den neuen friuizösiBoben Ge-
sandten in Rom in diesem Sinne schreiben müssen. Die
große Sohu^ der diplomatischen Agenten niederen Grades
tat das ihrige, um, so viel sie konnte, Unfrieden und Unzu>
160
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friedenheit zu stiften, wußte sie doch sehr wohl, daß sie im
Palazzo Corsini, dem Sitze der französischen Gesandtschaft,
immer Schutz und Unterstützung fuiden ^viirde.
Daß Pius VI. die Zisalpmische Repubhk anzuerkennen
verweigerte, und den General Marquis de Provera, der den
"Franzosen so oft auf Seiten der Österreicher im Felde gegen-
tanden, zum Oberbefehlshaber der päpstlichen Trup-
pen ernannt hatte, trug nicht wenig dazu bei, die Beziehun-
gen zu Frankreich zu verschlimmern.
Eine CJelegenheit, sich in die inneren Angelegenheiten des
Staates einzumischen, sollte sich den Franzosen gar bald
bieten. Am 27. Dezember 1797 kam es in der Nähe der fran-
zösischen Botschaft zu einem Auflauf, der am nächsten Tag
f^ößeren Umfang annahm. Unruhestifter hatten einen
päpstlichen militäriachen Posten angegriffen, waren aber
11 m
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zurückgeworfen worden und suchten Schutz im Bereiche
der französischen Gesandtschaft. Ein Teil der päpstlichen
Soldaten verfolgte die Aufriihrcr bis in den Hof. Es war ge-
rade Essenszeit. Joseph Bonaparte eilt«, von den Generalen
Duphot und Sherlock, dem jungen Eugen Beauharnais umi
anderen Offizieren seines Gefolges begleitet, in den Hof und
machte den eindringenden päpstlichen Soldaten heftipe
Vorwürfe, daß sie das Gesandtschaftsrecht auf die groben
Weise zu verletzten wagten. Bei dieser Gelegenheit wunif
der junge General Duphot getötet. Nur mit Mühe koniitr
man den verstümmelten und beraubten Leichnam im Ge-
sandteoliaft^liäude in Sicherheit bringen.
!Bb ist schwer, sich ein genaues Bild über diese Yot^sip
vor der (ranzSsisohen Geeandtscbeft und beeondas über
den Tod Duphots zu bilden, .denn die Mcdnungen der Aogeii'
zeugen gehen anSerordentUch auseinander. Auch Aex Be>
riebt Joseph Bonapartes an seine Begierung, der in grÖBfer
Eile und Bestürzung abgefaßt wurde, verschafft uns beiiie
Klwhät. Jedenfalls sind die Depesche des spanischen Ge-
sandten Azara und des pieußisoh^ LegaläonssekretSTs dem
römischen H<rfe entschieden ungünstig.
Joeepli Bonaparte war uhec den Tod des Mannes, der die
Absicht hatte, sich in deniüobBten Tagen mit aräner Schwä-
gerin zu verheiraten, und über die Verletzung des Gesandt-
schaftsrechts außer sieh. Trotz aller VorsteQungen des be-
freundeten Gesandten von Spanien, Chevalier d' Azara, imd
des GeschSftstrt^^ des GroSherzogs von Tosoana, An^»-
lini, vor allem aber des päpstlichen StaatssekretöirB, Kudinal
Doria Pamfili, änes gemäßigten und einächtsvtdlenMannc^.
beschloß Joseph Bonaparte unveiztigliob abzureisen. \m
29. Dezember früh brachte er seine Al»iaht zur Ausführung.
Nichts konnte dem IHiektortum imgenehmfflr sein, ai£
diese von der päpstiioheu Regierung ganz unversohnidete
Verletzung des Völkerrechts!
162
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i
Die Nachricht von den Vorfällen in Rom kuni jim 11. .fn-
nuar 1798 in Paria an. Sogleich vereinigtpn sich die Direk-
toren in auilerordentliehcr Sitzung und beriefen auch Honii-
(larlc liazii. Zuerst wollte man die üuüersten Maßnahmen
treffen, den Papst absetzen und den Kirehenstaat der Zis-
alpitüachen Peijublik einverleiben. Der General riet aber
auch jetzt noeh zu einer ruhigeren lietraehtung der Sach-
lage und sprach Joseph gegenüber ^eine Ünzufriedenheit
über die Rreignisae in Rom aus. Im Auftiape des Direkto-
riums, besonders unter Mitwirkung dc^ daniuhgen Präsi-
denten Merlin de Douai, erteilte Bunajiarte dem Generai
Berthier, der nach seinem Abf,'ang*) das ItaHeniselie Heer
befehligte, in einem Schreiben vom 1 1. .lanuar eingehende
Vorschriften über einen nach Rom zu unternelimenden
Marsch, Das Schriftatiick zeugt von einer gewissen Eüe, und
es mangelt ihm an Klarheit und Schärfe.
Berthier sollte einige bereits auf dem Wege nach Frank-
reich befindliche Halbbrigaden auflialten, um seine Trup-
pen zu verstärken und dann so schnell wie mögHeh naeli dein
Kirchenstaat marschieren. Ki'sl in Macerata sollte er ein
Manifest gegen den l'apst erlassen, daß er käme, um die
Mörder des Generals Dujihot zu bestrafen. In Rom ange-
kommen, hatte er den Auftrag, die Häupter der Gegner
Frankreichs, vor allem den Kardinal Albani, verhaften au
lassen. Ferner war ihm ans Herz gelegt worden, seinen gan-
zen Einfluß aufzubieten, um eine Römische Republik ein-
zurichten, ohne daß er sich jedoch selbst daran beteilige.
An demselben Tage fertigte Bonnparte auch \'orschrif-
ten für den General Brune ans, der als anUerordctilliclu r
einer Besi-t/iiii;^ des Kirc!u.:u^hiul- iih/iilKilU>;i U)i.| ihiii di.-
■} BenbiST hat!« am 12, Dtsamboc 17B7 Befelil erholten, Parm zu verlasiieD,
um aioh naoh Mailand EU begeben, wo et am IS. oder IB. Dezember eintieHen
aoUSo.
11*
daraus entstehenden (iplahren vor Augen zu führen. Jeden-
falls wurde Brune beauftragt, wenn es sein müßte mit cineni
sofortigen Einfall zu Wasser und zu Lande zu drohen.
General Berthier war wenig von der Ehre erbaut, da!-
man ihn mit dem Befehl über eine Straf expedition nacli
Rom betraut hatte. Er war zu unselbständig, ein Heer z\:
befehligen und fürchtete auch die Verantwortlich krit, dif-
ein sol eil er Posten mit sich bringt. Viel Heber wäre er Bona-
partes Generalat absehe f der Armee von England*) geweeen,
statt die Kassen für dessen Heer füllen zu müssen, wie ^
flieh Bonapart« gegenüber beklagte!
Am 18. Januar erhielt Berthier den Befehl Bonapartes,
und noch am Ende desselben Monats setzte er sich von
Ancona aus in zwei Kolonnen, von denen die eine über Ma-
cerata, Tolentino und Serravole, die andere über Fossom-
brone, Cagli und NTocera marschierte, auf die Ewige Stadt
in Bewegung,
Unterwegs, in Lorctto, nahm er einige hundert päpst-
liche Soldaten gefangen; die ihm entgegengeschickten Ge-
sandten des Papstes und der Könige von Neapel und Spa-
nien empfing er jedoch nicht. Am 10. Februar kam er vor
den Toren Roms an und nahm in der Villa MeUini auf dem
Monte Mario sein Hauptquartier. Hier schloß er am selben
Tage mit den Abgeordneten des Papstes ein Ubernnkom-
men ab, auf Grund dessen die Herrschaft des Papstes be-
stehen bleiben sollte. Doch mtißte äoh Pins VI. verpflioh-
ten, sechs Millionen Piaster zu bezahlen, zaiüzeiche Kunst-
werke auszuliefern, 3000 Pferde zu stelle die „Mörder"
■) Daa wuQte Bonaporte aehr wobl, denn iJa er Berthlei am 11. Jaimar ■&
VotHbiUten f Üi den Matsoh auf Rom übermittelte, fügte er nooh sin vcc-
tnnilich gehaltenes Schreiben hinzu, in dem ea hießt ,J8S» ahid Slmgais mm
Oeneialstabechef der Armoe von England OTnannt -worden, dooh, wohlw
standen ont. wenn Sis Italien den Frieden und dis nationale Ehre wiedra-
gegobon haben!" BonopoTle hatte Beithier übrigens bereite am 6. Jaunat an-
gekündigt, daD er zum OenGralstabschef der noch BngtandbealimmteiiAtmw
ernannt irpiden würde.
164
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Dupliota bestrafen zu lassen und diu Besetzung der Isiigtls-
burg durch die Franzosen zu pestiitt«n. Am naehsten Tage,
den 11. Februar, es war an einem honiitaj;i^. niL'liteii die
•trsten französischen Truppen unter dcneral Ccrvoni in
Rom ein und besetzten auber dem Monte Mole, den Forta
Perugia und Civita (Jastellana das Kapitol. dfn Monte
Cavallo und den Dreieiiiigkeifsherg.
Noch ehe Berthier seinen Jlarseh nach Boin antietrett-n
hatte, waren ihm zwei Bittseliriften von der deiiiokrati-
sohea Partei in Born zugegangen. Man bat ihn, die tyran-
nische Begierung des Papstes umzustoßen und für die Er-
I
niorcliiiig lies GoiieraiM Diipliot blutige Eaislie ku nehniei!
AIh er dann vor Rom angekommen war, hoffte er, dalJ ihn
die römigclien Republikaner mit offenen Armen empfangen
wiirdi'ii. Kr täuwc^lite sicii aber sehr und machte noch am
selben Tage (am 10. Februar) in einem Briefe an den Ge-
nera! Bonaparte seinem Herzen Luft: „Ich habe in diesem
Lande nichta wie die tiefste Bestürzung gesehen," schrieb
er; „von einem Sinn für Freiheit habe ich nirgends die
geringste Spur gefunden. Ein einziger Patriot ist zu mir
gekommen; er hat mir das Anerbieten gestellt, ich solle
2000 Galeerensklaven in FreiheitsetKcn; Sie können sich vor-
stellen, wie ich ihn verabsehiedet habe. Der größte Dienst,
den Sie mir leisten könnten, wäre meine Abberufung,"
Berthier verfuhr, seinem reclitscliaffenen Charahter uiui
seinen Vorsehriften gomälJ, sehr mild ; doch bald nach seinci
Ankunft in liom erhielt er ein neues Schreiben vom Direk-
torium, das wesentlich schärfere Maßnahmen gegen den
Fapst verlangte. Berthier sollte nichts weniger tuoi als die
Herrschaft des FapBtes auflösen und eine Römische Re-
publik einrichten.
Der Generalverwalter der Finanzen, Haller, der mit den
römischen Zuständen trohl vertraute aber rüchBtohtsIoBe
General Cervooi, vor allem aber der verhaSte Bassal, äa
ehemaliger Pfarrer von Notre-Dame in Paris und ISit^xd
des Jakobinerldabs, tragen eifrig dazu bei, die Wünsche des
Direktoriums bald zu verwirklichen und das Volk gegen die
päpsÜiche Herrschaft aufzuwiegeln. Senn um der Staats-
veränderung einen gewissen Schein des Rechts zu vei^
leihen, sollte der Anlaß aus dem Sohoße des römischen Vol-
kes selbst erfolgen.
Berthier hatte vorsichtigerweise alle militärischen Maß-
nahmen treffen lassen, um in jeder Weise den Ereignissen
gegenüber gerüstet zu sein. Es sollte aber nicht so wrät
kommen, denn am 16. Februar, dem J^irestage der Wahl
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des Papstes Pius VI., vereamnielten sich einige hundert
Leute, Republikaner, Neugierige oder Nichtstuer, die zu
jeder Zeit zu Unruhen bereit sind, auf dem Carapo Vaccino,
dem ehemaligen Forum, pflanzten einen Freiheltebaum auf
und liielten begeisterte Keden auf die Fr^eit des römischen
Volkes,
Unter den Rufen „Es lebe die Freiheit" erklärte sich diis
römische Volk für frei, und vier Notare naiinien diese „Tat
des souveränen Volkes" offiziell in einer Urkunde auf, die
von den Anwesenden unterzeichnet wurde. Slan wählt« eine
provisorische Regierung von läiebfn Konsuln*) und t^andte
acht Abgeordnete an Berthier, um den französischen Ober-
general von dem Entschluß der römischen Nation in Kennt-
nis zu setzen. Berthier nahm die Abgesandten gnädig auf,
und an der Spitze seines glänzenden Generalstabes, eiaeä
Bataillons Grenadiere und 300 Mama Kavallerie hielt er zum
ersten Male seinen feierliohen Einzug in Kom, um dem rö-
mischen Volke die IWheit zu geben. Als ihm eine zweite
Abordnung am Porto del Popolo einen Ohvenhranz über-
reichte, nahm er diesen in bescdteidener Weise nur im Namen
des Generals Bonaparte, des Befreiers von Italien, an. Auf
dem Kapitol hielt er darauf eioe fdediohe Ansprache an
das Volk, das er zu der wiedergewonnenen Freiheit beglück-
wünschte und es an seine Vorfahren Cate, Pompejus, Cicero
und Brutus erinnerte.
Währenddeesen überbrachte der General Cervoni dem
Papste die Mitteilung, daS Pius VI. an^^ehört habe, zu re-
gieren. Es war gerade am 23. Jahrestage aemea Refpernngs-
antrittes. In erbärmlicher Weise wurde der durch Kammer,
Sorgen und Krankheit niedergebeugte Pius von Haller be-
handelt. Fr ertrug aber alle ihm angetMien Kränkungen mit
Würde undGeduld. Als ihm der GeneralCervoniimNamen der
*) Es vraren: Carlo Luigi Coatantini, RiguiU, Baasi, Oioaohmo Pesauti, der
Herzog Bunelli, Hsggi und Stampa.
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friinzösipchrn Regierung eine Pension von IJIHIIKKI Fiitnkeu
iinhot, faila er auf seine Wü nie verzieliteii wolle, aiitwijrtete
er: ,,Ich erkenne keine anderen Kliren an, dh die. mit denen
niich die Kirche ausgezeiclinet hat. Auf Onuui einer freien
Wahl besitze ich meine Würde allein von (lott nnd kann
und darf nicht darauf verzichten. Ich hin heinahe SO .lalire
alt, branclie keine Pension und hahe niclits mehr im i-ehen
zu befürchten. Diejenigen, die die Macht in den Händen
haben, mögen meinen Körper der Gewalt und neniiitiguiig
preisgeben, doch ist meine Seele bo stark, m frei und ho
standhaft, sali sie lieber in den Tort gehen, als ihre Ehre
und ihren Gott beleidigen würde!"
Genera! Tcrvoni war von llerthicr zum liefehlshaber der
Stadt Rom ernannt worden. Als solcher hatte er am nächsten
Tage, am 16. Februar, vom Monte Citorio aus dieZuaammen-
sotzung der von Nicola Corona und Ennio Qiürino Visconti
geleiteten vorläufigen Regierung dem Volke bekannt zu
geben.
Am 22. Februar kamen die JvouimisHare des Direktori-
ums Monge, Daunou und Florent in Rom an. Faipoult war
schon früher aus (Jenua eingetroffen. Außer Florent waren
es lauter bekannte Namen. In wenigen Tagen sollten sie auf
Grund der vom Direktorium empfangenen Vorschriften ge-
meinsam mit dem kommandierenden General in Itom die
Verfassung der Römischen Republik aiisarbeiten. .
Zum Teil nach dem Muster der französischen Verfassung
wurden fünf Konsuln*), 32 Senatoren und 72 Tribiuien ein-
gesetzt. Als Qeneraleekretär erhielt die neue Bepublik den
ehemaligen Jakobiner Bassal, einen schlecht beleumundeten
Mann. Bas Land wurde in aoht Departements imd, eben-
falls nach französiBobem Muster, in entsprechend viele Kan-
tone und Oemeinden eingeteilt.
') Eg iTMaoi Angetaoci, Ennio Qnirino Viaeonti and Reppi ftua Rom, Psnoici
MH Anooua und De Matjieb aus Froainone.
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ihf6v III trroilk'r Schiiplligkoit aiisgearbeitete \erfaseuiiL;
trat boioitHaii) 21). Mäiv. m Kraft. Ehe aber die neue Republik
mit Fraiikrei. li cm huiKims abL'wdiloBsen hatte, durftfi;
die Gesetze aal" l.:i vuid dc^^ Paiaeniphen 369 nur mit Zu-
ftimmuiiL' fies tratiKiiHiPchon Oborgprioriils erlassen werden.
DicL-an/f Khirii liliinf; der Itiimist'heii Republik « ar wei-
ter iiLulils als oiti L'osweiiyiiiel des liirektoruniiK. und die Ver-
fassunfi war nur emo inif telniaßieeNathahmuDg der franzo-
sischen. Nachdem mnn Miüioiirn über Mdhonen aus dem
ungiuokht^tieii Kirclicustaal '^i-v.'uji'i, hatte, gab man ihm in
kürzester Zeit eine Regierung, die das Land ganz voni^rank-
reich abiiängig machte. £ilatürlioh waron die fünf Konsuln
aoH'ie die übrigen Beamten nur willige Werkzeuge der Fnm-
In achamloser Weise verfuhr man mit den Besitzungen
des Papstes, seiner Familie und der Kirchenfiirsten. In
gleicher Weise gingen auch die Agenten des DirektoriumB
initdenRirehen, den öffentliohen und privaten Sammlungen
um, die sie schonungslos ausplSnderten. Zahlreiche Ver-
haftungen wurden vorgenommen, und die Stadt mirde mit
neuen Krieg«steuern belas'tt't. Xatürüch wandert« ein proßi'i
Teil der gestohlenen und simst uiireohirnäüig erworbenen
Saohen in die Hände ungetreuer Beamter und höherer Offi-
ziere, die dann den Krlös mit liederlichen Frauen verpralJ-
tea, während da« Heer Hunger und äußerste Not litt.
Haller besaU sogar die Dreistigkeit, die Hinge von den
Händen des Heiligen Vatera zu verlangen. Und als Pius Tl.
ihn bat, man möge ihn doch in Bom sräie alt«n Tage be-
schließen lassen, antwortete ihm der Elende: „Sterben
können Sie überall!" Haller scheute sich auch nicht, sich
die Privatbibliothek und die Garderobe des Papstes aosu-
eignen. Nichts war vor diesen Buiditen mcher: die Privat-
sammlungen des Papstes, überhaupt der ganze Vatikan
wurde von den französischen Zivilbeamten ao^eplündertl
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DIgiiized tu Cgoglc
Atn 1 7. Fclini^^r teilte man dem Kardinal Doria mit, daß
der Pftijst nach Toscana gebracht werden sollte. Am 20. Fe-
hruiir, noch vor Tagesanbruch, mußte der ungliickliclk'
kranke Greia Rom verlassen, um sich als einfacher Privai-
mann nach dem Ort seiner Bestimmiing zu begeben. Ubti
Monterosi, Viterbo und Montcfiascone kam der Heilige Va-
ter am 23. Februar an der Crenz.e ToscanaH. und am 25. in
Siena an. Hier stellte ihm der Erzbischof das Augustiiier-
kloBter zur Verfügung, Gern hätte der Großherzog von To--
cana dem Papste mehr Erleichterung und Entgegenkom-
men erwiesen, aber er war selbst nicht mehr eigener Herr
in seinem Lande und fiircliteto cioii Zorn Direktoriumf!.
Die Direktoren wollten dfn Papst zuerst nach Portugal
bringen lassen; in einem IJriefe vom 26. Februar befahlen sie
sogar dem General Berthier, den Gefangenen nach Brasilien
zu schaffen! Es ist au gonsc heinlich, daß die französische
Regierimg hoff te, der gebrechliche, todkranke Mann würde
auf der Überfahrt sterben. Vermutlich wurde die zu seiner
Überführung bestimmte Fregatte von den Engländen
aufgegriffen ; jedenfalls blieb Piue VI. vorläufig in Siena,
bis der Ciroßherzog Ferdinand III. ihn aus politischen
Gründen am 25. Jlai 1798 nach der Kartause bei Florenz
schaffen ließ. Des alten Papstes Tage waren gezählt,
aber man ließ ihn hier nicht einmal in Ruhe sterbe».
Nach der Besetzung Toscanas im nächsten Jahre wurde
er zuerst nach Turin, dann nach Volence überführt, wo er
am 29. August 179d sein trauriges Dasein beschloß.
Berthier hatte, wie erwähnt, den Befehl über das zur Be-
setzung des Kirchenstaates bestimrote Heer nur sehr un-
gern übernommen. Beständig raging er sich in Klagen gegen
Bonaparte wegen der Stdiimg, die ihm dieser g^eben habe.
Bereits am I. Januar 1798, lange noch ehe äah das Heer
in Marsch gesetzt, und später noch zu wiederholten Malm,
hatte er das Direktorium um seine Entlassung gebeten. Sie
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sollte ihm auch bald bewilligt werdcnl Sei es, ilaß ilm ihif
Direktorium für zu milde zum Oberbefehlshaber der Armee
in Rom hielt iinci mit seinen menschonfrcimdhohen !Mnß-
niihnicn unzufrieden wiir. sei es, diilJ TSonapaiie ihn für
seine überseeisulie Kxpeclition in der Xähe liaben wollte,
jedenfalls \vTirdc lierthier durch den Cieneral Massena er-
setzt, der sieh infolge seiner Riic!isiclitsl<j;iigkeit hesser zur
Hrandschnt7,UTig des Kirclienstaats eignete ais lierthier*).
Masscna Iraf am 1». Februar in Rom eiu. Widireiid seiiieN
(»berbefehls erfolgte die Wcgfiihrung des Papstes, und die
■systematische Ausheutunfr und Plünderung der Stadt linni
?ialiin erst jetzt die richtige Ausdehnung an.
Xicht allein Perthier, simdern das j;auKe Heer, das si,;li
nach Euiie und nach der Heimat sehnte, war mit dem Zuge
nach Rom iin/.ufriodei5 Aus Achtung vor Berthier
schwieg man, doch subald Miuisena den Oberbefehl Sber-
naliin, brach der offene Aufstand aus.
Masseila war als Ceiieral vor dem Feinde bei seinen ■'Sol-
daten Kwar sehr beliebt, das hinderte jedoch nicht, daß er
\"on Freund und l''einc! ^^■egen seines habgierigen Wesens bit-
ter gehalit wurde. Als Verwaltungsbeamter und Organisator
taugte er gar niehts, da er statt dafi Wohl des Staates immer
nur sein eigenes Interesse im Auge hatte. Wie gewöhnlich
befanden sich in seinem Gefolge eine .Menge Leute, die sich
unter dem Namen voa französischen Beamten allerlei Aus-
schreitungen zu Schulden kommen ließen und sogleich daran
gingen, englische Waren, Besitztümer von Emigranten und
römischen Einwohnern zu besch! agaahmen oder sie sich
unter irgendeinem Vorwand anzueignen.
Während sich so mancher höhere Offizier und Zivilbeamte
auf Kosten des Staates bereicherte, befand sich das übrige
Heer, wohl auch infolge schlechter Verwaltung der einge-
gai^enen Gelder, in dw denkbar ungünstigsten Verfaaaung.
*) Zunächst ging aber Berthier wieder naeh Hailand Euräok.
173
Ohne Sold, ohne Schulic, die Kleidung in Ftitzcn und ohne
genügende Emähning, fehltfi i'.s den niederen Offizieren und
SokiiUfnaiunntigslen.SlalldcriTlioiiifnVorniteanLebeiis-
nlitttin, Kloidinifrstetüek.'ii iiiid aiidercr) nnentbelirüelien Ge-
genKtändi'iL fand man iail niehis viii; und das wenige, das
vorhanden, wurdr aui li notli von ungetreuen Beamten ver-
schleudert. ]>c i' (lorli von H( rt hier ausgeschriebene Kriegs-
koNlonlieit ragging nurlangsiiTn ein. Die Krbittening im Heere
erreichte ihren HriliepiLnkl., als man erfuhr, daß der von
Uertlne! \ er^jprücliene rüekstandige Hold imr teilweise aus-
gezahlt werden sollte, und dalJ der (icnoral Maascna den
Oberbefehl über das Heer iiliomolniieii würde. Man war em-
pört, dalJ man dieTriii^prn \ ei jiaeklassigte, und daß man
den geaolileteu f)'a(i/,(i--i--(ihcii Nainrn in den Schmutz zog.
Inden Lagern lie;;auii e^ zu üäreii. llirI am Taf^c nach dem
feierlichen Trauerte-.: /.u lehren des licneials "Duplmt. am
24. Februar, begaben sieli nneli einer grolien I'arade auf dem
Piazza Colonna etwa IttK» .Suballernoffiziere, die sich von der
gesamten MannseliafI luiterstiitzt wußten, nach dem Pan-
theon und erließen eine Tiittschrift an den General Bertliier,
ihren ehemaligen Oberbefeldshaber. Sie verlangten in wür-
digen, aber entselnedenen Worten Auszahlung des rück-
ständigen Holdes innerhalb 24 Stunden, Bestrafung derer,
die sich unreehtmiilJigus Gut an;:cci^iici liaiten nnd Kiick-
gube denselben an die rechtmaßi;jcn l''is;cHtiinier. Es gelang
aber weder dem Oneral Valette nm-li dein General Leopold
Bortbier. dem Bruder des Obergencrals .\loxnndor Betthier
und (leiieralstabsehef .\1 a.ssena.s. die auf^l iindischcn Offiziere
und Ahnniscbaftan zur ['flicht /.unick/.urufen.
Noch am Abend desselben T-A'^c^ begaben sieh eine Ab-
ordnung von 12 Offizieren, dann ^amtliche aufriihrcridche
Offiziere, ^ — 400 an der Zahl, zu Massena seibat und über-
reichten ihm eine Abschrift der Beschwerde an den General
Berthier. Maeaen& empfing die Abgeordneten Bchleoht. Diese
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aber ließen sicli nicht cinMchüchtem und aagton ihrem Ober-
befehlshaber Dinge, <lip ein kommandierender General der
FranzÖaiscliL'n Republik vorlifir wohl noch nicht zu hören
bekommen hutte! Nachdem man Wachen vor dem Hause
Maeaenas gelassen hatte, begab aicli die Abordnung von
neuem zum General Berthier, von dem man erfahren hatte,
daß er die Stadt mit zwei Millionen barem Gelde verlassen
wollte. Aber auch ihm gelang es nicht, die Offiziere zu be-
ruhigen; jedoch versprach er ihnen, zu bleiben.
Der nächste Tag brai;lit* keine Besserung der Lagr.
Nicht weniger als fünf Abordnungen von Offi7.ieren fanden
sich bei Massena ein und verlangten die Verhaftung meh-
rerer Zivil- und .Militarbeumten, vor allem aber des ver-
haßten Haller*). Der General sah sieh gezwungen, den Wün-
aehen der Offiziere naelizugeben. Naehdem er sieh mit sei-
nen höheren Offizieren beraten hatte, ließ er den General-
marach schlagen. Offiziere und Mannschaften gehorchten,
doch als i}i;in sie zur Stiiilt Ii iiuiu.sf Uhren wollte, verweiger-
ten sie den Gehorsiani. Sie weigerten wich iiberliaupf . ferner-
hin unter MaaMena zti dienen. ..(.lelit iuih Dallemugne! Wir
wollen Diiliemagne zu unserm Hefelilshaber I" riefen sie. i
.Mosptenii sah sich machtlos und wuÜte nichts Besseres zn
tun, alsdenallgenieinenWunsch der Offiziere und Soldaten zu
erfüllen und abzureisen. Berthier übernahm das Kommaniio
von neuem, doch nur, um es sofort Dallemagne zu über-
geben. Dieser stand damals in seinem 22. Dienstjahre und
war bei den Truppen sehr beliebt. Er besaß eine höhereBU-
dung als viele seiner Waffen gefährten, war ruhig, besonnen,
tapfer und ein kluger Beobachter.
*)Hällerwpfdevon<tenButrttodi»ehroOtfirierroinAnfcl»gfBO»^
Er veratand es aber, siah gBeahickt hecauBniredai, denn er batte in dm Hbl
Diielooren und m Bonapui» bohs Garnier. IhnGD hatte ei aohSns KanweD '
natürlich bub dem VatUam geraubte — gsBandt, die vertvdllate für BoM-
parte, der sie aefner Frau acbeukte. Jedenfalla verteidigte Bonaparte HiHer,
und dieBBT Iconntie sp&ter wieder nach der Ziealidnlaoben BepablUc niröok-
ImbreD.
176
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Maasena selbst verließ Rom noch an demselben Abend.
Es war am 25. Februar. Er begab dch zuerst nacb Viterbo,
dann nach Bonciglione*), auf dem Wege nach Äncona.
Ein Teil der Bevölkerung Borns, besonders die Bewohner
von Trastevere, die mit ihren „Befr^em" wenig zufrieden
waren, benutzten den Zwiespalt im französischen Heere.
Von einigen Priestern zu Pferde angeführt, griffen sie am
Abend der Abreise MasBenas zu den Waffen und töteten
etwa. 20 friuizöeiscbe Soldaten. Die aufständischen Ofßzlere
und Miumschaften vergaßen jedoch ihre Pflicht nicht und
stellten sich sogleich dem General Dallemagne zm: V^ügung.
Sohonungdos wurde der Anstand, der sich auch auf das
flache Land, bis naich Velletri, ausgedehnt hatte, von den
Generalen Vtal und Muiat niedergeworfen. IMes geechafa
in der Nacht vom 25. zum 26. Februar.
Sowohl Berthier, Massenn, die Kommissare Faipoutt und
Daunou als auch der Ausschuß der Offiziere berichteten in
mehreren Schieben an die französische Regierung, der sie
den Sachverhalt auseinandersetzten, um ihr Verhalten bei
den jfii^t stattgefundenen Vorgängen in Bom zu recht-
f^tigen. Besondere intereaeant iat das Schreiben Daunous
vom 28. Februar an seinen früheren KonventskoUegen
Larevelliere-Lepeaux. Tn zieriilicli unparteiischer Weise
erstattet der Kommissar Bcriclit über das unvcrscliämte
Treiben gewisaer Generale und liöherfir Offiziere und
Verwaltungsbeamter. Er verdamnile /.mw die Ci'Iku-
samB Verweigerung der Subaltornofti/iore und Sniilafcii,
doch fand er ihre Klagen und Wünsche ilmelians peTi!;;ht-
ferHgt.
infolge des einsiclitHVolleii Verhaltens Dalleiiuignes Sellien
die Ruhe in Heere allniählieli \i iedt'rzukeliren, und der
■^t eil vertretende Ohergeneral ulnidite, daß Massena jetzt
'1 Von liiLT Ulla stattoti.' LT um ^U. i'i bruiu- ärin Dir. ktiirium rincn langen Be-
richt übtT die Vorgang« vom 34, -27. Fcbraar ab.
12 177
wohl den Oberbefehl wieder übernehmen könne. Masscna
kehrte deshalb am 13. März naeh Rom zurück und erließ
am folgenden Tage eine Bekamitmaohang an die Trappen,
worin er sich gegen die erhobenen Ansehnldlgtingen zu ver-
teidigen suchte.
Er hatte jedoch nicht mit der Unversöhnliohkeit der Sol-
daten und Offiziere gerechnet, die sich von neuem zusammen-
taten und ihn durchaus nicht mehr als ihren Oberbefehlshaber
anerkennen wollten. Von neuem forderten sie ihn auf, die
Stadt zu verlassen ! Auf den Rat seiner höheren Offiziere
blieb aber Massena in Rom. Man kam endlich init den auf-
ständischen Offizieren überein, daß er sicii den Triifipen
nicht zeige, und daß bis auf Eintreffen eines Beaclieids vom
Direktorium der General Dallemagne nacli wie vor die Ge-
schäfte des Oberbefehlshabers führen sollte. Zu gleicher Zeit
richteten die Offiziere eine neue Adresse an die Regieruu;i
in Paris, in der sie ihre Wünsche und Beschwerden noob-
mals auseinandersetzten ond um Abhilfe baten. Mit Er-
laubnis des Genwals Dallemagne begaben sich vier Ofß-
zieie am 18. iSMsx nach Paxis, um die Bittsohrift dem Direk-
torium zu überreiohen*).
Wenige Stunden, nachdem die Abgeordneten der Offi-
ziere Rom verisfisen hatten, kamen Terschiedene Schrei-
ben des Direktoriums im Hauptquartier an. Die Begiernng
hatte sich nun entsahieden, Stellung zu dem Zwist zwüohen
Heer und Oberbefehlshaber zu nehmen. Massena wurde
am 8. März ai^wiesen, den Oberbdehl vorläufig au Dalle-
magne abzugeben und sich zunächst nach Gtonua zurück-
*} Oenenl Dallamngnc h»tte dan vier Offiiinsa amen IMaab von neun Do-
ksden beniUigt. Kaum m Paria aiigelBiigt,iTniilen*ievaluttet und mit nodi
Eiroi nnderan Offiiieran von der Römiubaii Armee nach BriBDCon 8BtM<U,
um dort vor Kriegsgeileht gsatellb au wardoD, Naeh mehreren VeiUinD
wurde das Urti^ im Augosb gelÖUt. Ei fiel aber sehr müde am, dnn die
aeolis angeklagten OBixiere wurden oieht nur freigMproohen, sondwn taet
in ilm Mberao Bangst^nng viedw eingeaetEt.
178
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Dlgiiized Cgoglc
zusEiehea*), wo er weitere Befehle erhalten würde. In einer
Bekanntmachung an die Truppen warfen die Direktoren
zwar dem Heer ihr Unrecht vor, jedoch in sehr schonender
Weise. Nach vier weiteren Tagen kam cndiieh in Rom riif-
Nachricht an, daß Massen» endgültig diircli den General
Gouvion Saint-C'yr ersetzt yci. der sieh bereits auf dem
Woge /um Heere befinde.
Die Krnennung (iouvion Maint-Cyrs war in griiljter Eile
erfolgt. Am H. März hatte der General dem Direktor Reii-
hell einen Besuch geniuclit, und dieser hatte ihn gefragt, ob
er ftalienisch spriiehe. Auf seine bejahende Antwort erhielt
er am nächsten Tage vorn Präsidenten des Direktoriums.
Merlin de Dimai. den amtlichen Auftrag, binnen 24 Stun-
den nach Rom abzureisen, um den General Massena im
(H)erh|.f|.lil ui./uKwen.
Am -M. Miiiv. kam Coiivion Saint-Cyr in Rom an, wo er
das Heer noeh in groüer Unruhe vorfand. Er war ein Mann
von Talent und bei den Moklaten beliebt. Er hatte bereit^
im Vorjahre sechs Divifiioncn des Heeres von Deutsch-
land unter Augereau befehligt. Am Tage nach seiner An-
kunft ließ er die Offiziere zu sich kommen und warf ihnen
ihr Verhalten vor. Sie antworteten, daß die Ehre des Hecro^
auf dem Si)iel gestanden hätte, aber weder Berthier noch
Massena habe sie erlitircn wollen. Sie hätten folgUdi
nicht anders luindeln köiuien. Die Adresse an das Direk-
torium k<)rinten sie durchaus nicht für ungesetzlich ansehen,
denn Bonapartc habe ihnen im vorigen Jahre selbst das
Beispiel ihr/AI gei.'ebeu, das auch von den Generalen Auge-
reau, Jlasscna und.Touhert von der Italienischen Armee und
*) MsBBeiia ging dann tibcIi Aiitib«.. Er sollte etat bei der Ex]>editiDn nach
England verwendet \vi.nii;ri. S.'in Kmiiu l»!faiid akli zwar auf der von Bon»-
parto am 12. Januar ausgefertigten Lute, BOhlieClich wurde er aber gerio-
cben. Eret im August wurde er wieder angestellt, und iwoi zarächBi bei äxni
Heere Jouberts in Mainz. Am 19. Dezember 17SS erhidl ei den Befehl ebr
die Helvetische Armee.
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Hoohe von der Sambre-Moaaarmee nachgeahmt worden sei !
Man sieht, welch zweisobneidigeB Schwert ihnen die Gene-
rale aeibst in die Hände gegeben hatten, nnd wohl aus die-
sem Grande fiel später der UrtdlsBpruoh des Direktoriums
gegen die Abordnung der Offiziere so mild aus. Jedenfalls
veisprachen die Truppen Gehorsam und baten den neuen
Obei^neral, er möge sieh für sie beim Direktorium ver-
wenden.
Gouvion Saint-dyr hatte zwar im Hewe die Ordnung
wiedw bei^;estellt, doch g^en die !bitrigen der Zivil-
kommissaxe war er maehtlos. Die !E^(uizoseQ machten
sich im Kirchenstaate immer uobeliebtei, und überall
drohte der Au&tand ausKnbreohen. Die Unruhen in der
Nähe des Traäimenischen Sees im April, in der Gegend von
ToBcana und im Juli in Terraoina und Frosinone, femer in
der Umgegend der Hauptstadt wurden bald blutig unter-
drückt.
Die Stellung Gouvion Saiiit-Cyra, eines durchaus recht-
schaffenen Mannes, wurde wegen der Umtriebe und An-
achwär^ungen Bassais und der französischen Kommis-
sare immer unhaltbarer. Schließlich erhidt der Ober-
general seine Abberufung und bekam ein Kommando bei
der Rhcinarmoe. An seiner Stelle ging Cliaiiipionnet mieli
Rfmi.
Inzwischen war die neue Kölnische Republik ins Ijeben
getreten, eine weitere uiifiliickli.'lif Si.lL;>|ifuiii; dv<. Dirck-
toriunis. Durch die ncur-n KrLcg-ki.stenlieit iüs;o \-.:ir da-
Land dem Untergänge ii.ilit', und jetxt mußte auch noch in
l'ivita Veechia auf Kosten diT neuen Kepublik eine voll-
ständige Division für die l'l'ipedition Bonapartes na^^h
Ägypten ausgerüstet worden:
Das Direktorium hatte \v(hwU ^>-mt'. Maclit w.'ifer, Iiis an
die (;ren-/.eii Neajjels ausgedehtif und sieh ivur Celduüttcl
verschafft. Sonderbarerweise tat der Kaiser nielLts, ebenso-
181
wenig wie bei der JJeiiiokratisierung dor St'iiweiz, um den
Ausdchnungsgelüsten Franicreichs halt zu gebieten i
II.
Wenden mr jetzt unsere Blicke nach dem Norden von
Italien, nach der jungen Ziaalpinisclien Republik, die ihr Da-
sein Bonapartc verdankt«. Sic bestand seit dem iJtüi 1 797*).
])ort lagen zwar die Dinge besser, als in der römischen
Sl!lu^f'Hter^epubUk, denn Bonaparte hatte die fünf Direk-
toren und die höchsten Beamten selbst eingesetzt. Als er aber
das Land verlassen hatte, begannen die Schwierigkeiten der
neuen Regierung, die ebenfalls wie die in Hoiii bis zum Ab-
schluß eines Bündnisses mit der Mutterrepublik von dem in
Mailand befehligenden französisclien Obergeneral abhängig
Bonaparte am 12. Dezember 1797 dem General Ber-
thier eingehende Vorschriften über seine militärischen Be-
fugnisse übersandte, verfehlte er nicht, ihm auch tnitza-
teilen, (vie er sich der zis alpinischen Regierung g^en&ber
zu verhalten habe. Er ermächtigte ihn sogar nach eigenem
Ermessen, Mitglieder der beiden Räte abzusetzen oder sie
des Landes zu verweisen.
Auf Wunsch Talleyrands hatte Bonaparte ihm am 14. Ja^-
nuar 1798 Angaben über die Ziaalpinisohe Republik, be-
sonders in bezng auf ihre militärische Lage, gemacht. Talley-
rand liatte dar'aiif noch im selben Monat einen Bündnisver-
trag aurtarbc-itcii lassen, der dem neuen Staate große Lasten
aufbürdete. Das Land sollte im Kriegsfalle nicht allein
Frankreich seine sämtlichen Hilfsquellen zur Verfügung
stellen, eine Besatzung von 25 000 Mann Franzosen er-
näinen, für deren Unterhalt allein eine Sumuie von 18 Mil-
lionen jährlich angesetzt worden war, sondern auch noch
22 000 Mann eigener Truppen unterhalten. Die Festongen
*) VgL den zweiten Band dor Oeachichto ITapoleona. Seite 401 und 426.
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blieben in den Händen der Franzosen*). SelbetveietäncUich
-wurden anoh die englischen Waren im ganzen Lande ver-
boten.
Der Yertrt^; wurde am 26. Februar 1798 in Paria zwischen
Talleyiand und den zisalpiniBchen Abgesandten abgesohlos-
sen und den Baten in Mailand zur Annt^me voi^elegt Im
Bäte der Jungen wurde der Vertrsg, wenn anoh mit ge-
ringer Stimmenmehrheit, angenommen, doch im Bäte der
Alten fast einatiriunig am 13. März 1798 abgelehnt.
Da* Direktorium der Zisalpinificheii Republik wies je-
doch darauf hin, daß der franKÖsischc Obergeneral auch ein
Wort mitsiircdcn hiittc, Rertliirr haitr in7windioii Rom
ima Baragu^y d'HiluBTfl erst
lUgen SOOOOOFranlceii ver-
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Iiende Bekatiiitinacliung an die Zisalpiuej', die iliie Wirkung
iiicht verfehlte. Der Bat der Alten gab am 20. März seine
Zustiniiiiung.
Daß riuaii in einem von den französischen Waffen er-
oberten I^ande gewagt liatte, einen Vorschlag des franzö-
sischen Direktoriums nicht sofort iniKuneluiien, erregte die
größte Erbitterung in Paris, und maji *\ollte wie gewölin-
lich sogleich zu den äußersten Maßrialirtien schreiten. Aber
auch jetzt, wie seinerzeit in Rom und in der Schweiz, riet
Bonaparte wieder zur Mäßigung- Er schrieb am 27. März
1798 an die Regierung: „Bürger Direktoren, die Zeitungen
verbreiten die Nachricht, daß Sie verschiedene Mitglieder
der Eäte der Zisalpinlschen Republik haben verhaften las-
sen, und daß in diesem Augenblick die Bede davon ist, Mos-
cati und Paradisi. zwei Mitglieder der genannten Republik,
festnehmen zu lassen.
Ich glaube, es ist meine Pfhcht als Burger. der gewisse
Kenntnisse über die Personen und Ereignisse der letzten
zvrei Jahre besitzt. Ihnen zu bemerken, daß Frankreich
und die Freiheit keine aufnehtigeren Freunde hat als
diese beiden Direktoren . . .
Eine HerabwurdiRung der Zisalpimschen Republik, be-
rcita im Anfang ihrer Entstehung, und der Verlust ihrer
besten Biirger wäre ein wirkliches Lugliick für Frankreich
und ein Truiiuph für den Kaiser und seine Anhänger:
Das Direktorium nalini aber keine Xotiz von diesem
Schreiben; es beantwortete es nicht emnial.
Inzwischen hatt« das Diroktonuiii es für zweckentspre-
chender gehalten. Berthier. der Bonapart« auf seiner iiber-
seeisclien I'.xpecbtioii begleiten sollte, durch Brune zu er-
setzen. Dessen politische Kenntmsse schienen hier besser
am Platze zu sein als in der fechiveiz. Aui 2. April kam der
neue Obei^eneral in Mailand an und übernahm am 4. Apnl
das KoDimondo über das Itahenieche Heer.
185
Bine der ersten MaQnaliinf^ii Brünes war, die Direktoren
MoBoati und Paradisi durch den ehemaligen Minister der
auswärtigen Angelegenheiten Testi und durch den Inspek-
tor Lamberti zu ersetzen. Der Generalsekretär SommaxiTa
und verschiedene Abgeordnete w urden von ihren Posten ent-
fernt und die Zeitungen unterdrückt. Man sieht, wie wenig
die gemäßigten Ratstilihißc Bon apart es befolgt wurden i
Dft man im Schöße des fr;.nKÖsiKclicn Direktoriums seibat
nicht einig war. konnte natürlich auch keine einheitlu-he
Politik m Italien befolgt werden. Harras bei;iinsligt* IJniiie.
und Larevellicre-Lcpcaux sandte, um dessen KintluB zu
vermmderji. einen j;e« iM-:cn I ri>u v. einen imeli ii[ii;;cn. aber
tatigen und f.c IilHu M h 1 ( i il i Ii M »ihnd
AlsMoscnti iiocti l'rasident des /isalpinisehen nirektoriunis
war. hatte er seinen Koile^ieu .Merlin de Douai ceheten. einen
geeigneten Mann iiacli Mailand /u schiekeu, mit dem man
mundhcli verltaiidclTi konnte. Lurevelliere-l-epeau-x hatte
dem Wunsche Moecatis cntHproeiicn.
Trouv6 sollte die VerfassungHÜndcrung der Zisalpiniiielien
Republik durchsetzen, die Macht des Direktoriums vei-
raehreii. hingegen die /aiil der Mitglieder der beiden Rate
KU vermmdorn Buchen. Am 1.). Mai kam er in Mailand an.
"Rs gelang ihm ebensowcnic wie Brune, viele Anhänger
unter den einflußreichen .\lanncrn des Landes zu finden.
,A,uch vermochte er sich lur^ht iint dem Obergeneral ins Ein-
vernehmen zu setzen. Dieser glaubte Bimaparte nachahmen
zu können und wollte seinen persönlichen Willen zur Aus-
führung bringen.
Schließlich hatte das Direktoriuni auch noch den Zivil-
kommisaar Faipoiüt nach Mailand gesandt, der in die vei -
wiri-ten Finanzen der Ziealpinisohen Republik ein wenig
Ordnung bringen sollte. Das untergrub natürlich auch das
Ansehen Brünes und seiner Generale, und dieee vurden
noch mehr gegen die Zivilbeamtcn aufgebracht.
166
DigiUzed by Cooglc
Die MeinungsverHchiedenheiten zwisohen der französi-
aohen Militär- und Zivilgewalt in Mailand spitzten sich der-
art zu, daß Brune sich am 22. Juli selbst nach Paris begab,
während TrouvÄ seinen Sekretär David ebenfalls dahin
sandte. Das ziBalpinische Direktorium seinerseits schickte
den General Lahoz, das Haupt der radikalen Partei und den
Befehlshaber der zisalpinischeh Truppen nach der franzö-
sischen Hauptstadt, Dort hatte Lucien ßonaparte im Rate
der Fünfhundert das Wort für seinen Bruder Napoleon er-
griffen und in scharfen Worten die Verfassungsändernng
der Sohwesterrepublik, das Werk Napoleons, verteidigt.
Alles dies aber brachte keine Änderung in der Politik der
französischen ßegierang hervor. In Mailand zeigte man sich
auch nicht willföhriger. Schließlich griff das französische
Direktorium zu dem radikalen IliCttel eines Staatsstreiches.
Trouv4 ließ infolgedessen am 30. August den Sitzungssaal
des Gesetzgebenden Körpers umstellet), und nur die Ab-
geordneten, die von Trouv6 und Brune unterzeichnete Ein-
trittskarten besaßen, wurden eingelassen. Auf diese Weise
erlangte der franzSatsohe Gesandte die Annahme der neuen
TenrfasBnng. Der Bat der Jungen -wurde auf 80, der der
Alten auf 40 vermindert^ auch die Zahl der Beamten wurde
herabgesetzt. Der ehemaligePöIizeiminiBterSopranzi und der
ehemalige Justizminister Lnosi ersetzten Testi und Savoldi
und bildeten mit Adelasio, Alessandri tmd Lamberti das
Ausführende Direktorium. Natürlich wurde auch der Bat
der Abgeordneten auf Wunsch Trouves stark verändert.
Weder die Mehrheit des zisalj^nischen Volkes, noch Brune
und seine ihn beratenden OCSzieie, noch die französisohe
Begimit^ waren miit dieser erneuten Verfassunga&nderung
zufrieden. Die Ssalpiner verhieltm sich passiv. Brune ver-
hehlte gelegentlioh der Feier des 18. Fruotidor nicht seine
Abneigung g^en die neuejB«gierung, und sein General-
stabschef Leolerc, der Gemahl Pauline Bonapartes, bat um
187
seine Entlassung. Als das Direktorium endlicii einsah, daB
ein Zusammenwirken Brünes und Trouväs nicht möglich
sei, ernaimtc es TiouT^ zum GesobSfUträger in Stuttgiut
und forderte Brune auf, eine neue Verfassungsänderung tot-
nehmen zu lassen.
Am 12. Oktober kam Foiiulie als Nachfolger Trouves an.
Schon der Name sagt genug für die Wahl des Direktoriuiii> '
Der neue Qescuidte suchte sich zuerst bei den leitenden
Männern Maihuids einzuschmeicheln, um seine wahren Ge-
sinnungen zu verbeißen. Bald trat er aber mit seinen wirk-
lichen Absichten hervor.
In der Naoht vom 18, zum 19. Oktober 1798 ließ Brune
von neuem das Gebäude der Gesetzgebenden Körperschaft
umstellen. Die Direktoren Adelasio, Luod und Sopraozi
muBt^ ihre Entlaeanng geben und wurden durch den ehe-
maligen Folizeiminist» Brunetlä, den Abgeordneten des
Rates der Jungen, Sabatti, und den Polizeibeamten Sman-
cini ersetzt. Ebenso wurde ein Teil der Abgeordneten neu
gewählt. Fouohä huidelte seiner Gewohnheit gemäS und
leugnete, seine Hand mit im Sfäele gehabt zu hab^!
Aber auch diese Veränderungen waren nicht im Sinne der
fraazosiBohen Be^^ierung ausgefallen. Die {ranzöeischen
Kommissaie Faiponlt und Amelot erhoben Einspruch g^n
die Maßnahme Brunee und der Militärpait^ imd brachten
sie zur Kenntnis ihi'er Regierung. Das Direktorium schrieb
darauf am 26. Oktober an Brune, daß es die von ihm ver-
anlaßten Veränderungen für ungültig ansähe. Es verbot
Fonohä, weiterhin mit der Zisalpinischen Bepublik zu ver-
handeln, bis die Verfassung wieder so hergestdlt word^
sei, wie sie vor dem 19. Oktober bestanden habe!
Brune wurde seines Postens enthoben*) und erhielt Jou-
bert, der sich wenig in politdsche Angelegenheiten mischt«.
■) Er verlkB H^land am 2. November 1 798 und erhielt BpStei dm Oberbefehl
über dos Heer in Holtuid.
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''IUI Xaclif olger. Man beging jcdocli die Unkluglicit, Fouclu'
in Heineiii Amte zu lassen. Er und der französische Genoral-
-fah fiiliren fort, zu intrigieren. Mncllicli wurde Fouohö durch
liivaiid ersetzt, der am (i. Dezember das wenig beaeidens-
\u-rte Amt seiner Vorgänger übernahm.
Am 7. Dezemi)er I79S sehritt man zu einem viei'teii
Staatsstreieh ! Das zisalpinisehe Direktorium wurde fi\.-;i
wieder so hergestellt, wie es vor dem I!). Oktober war; je-
dneh behielten einige von Biiiiie eingc^ct'/fc Vbfrenrdnete
iiire Stellung. Jedenfalls war man in Miiihuid ^uieli iiieht
zufriedener als zuvor. Das .Vn^ielun <.k■^ neuen Siaale.s, der
nur voiL den wenir;sle]i .^I;i^.■ll^^■n anETkannt «iinle, gewitnu
jedenfalls nirlit Hiireh die wiederholten Aiideningcn in der
Kegierung, die natürlich viel mehr dem fraiizositKihen Direk-
torium als dem zisalpinischeii Volke zur Last gelegt werden
müssen I
IR»
ACHTES KAPITEL
DER SEEKRIEG ZWISCHEN FRANKREICH UND
ENGLAND tJND DEREN VERBÜNDETEN
Die franzÖBisclie tiucl die englisclie Marine. — Touloc,
1793. — Korsika, 1794-1797. — Gefecht im Meerbusen
von Getuin, Ct. imil 14. Mär/, 1 7115. — Schlacht im Meer-
busen \o:i l!a,<f(.;;iic, 1. .luiii 1 7114., — (.k'feebt bei den
Hyerisulieu iiisehi, Iii. -Juli 1795. - - .Seeschlacht beiii:
Kap Säo Viüciite, 14. Februar 1797. — Unternehmen
NelHoiw iuif Teneriffa, 24. und 2». Juli 1797. — Meu-
terei in der englischen Marine, 1797. — Expeditionen
nach Irland, 17dÖ— 178S. — Seeschlaoht bei Kamper-
|er Seokricfr, der mit geringen Unterbrechungen von 1793
I' bi.'i IHlö dinierte, begründete und befestigte ffif
iiiiiiier Kntjhuida Überlegenheit zur See über die übrigen
euiopäisi'bcii Staaten und versclüiffte dem britischen RoieliP
eine große Anzahl von Kolonien, die es für die in den Krieg;-
jahieu erliliciK'u Opfer an (Jehl und Gut in den folgenden
l''rieilen.-.iiiliren reiuhUch entschädigten. Obgleich auch die
l\a])crder Franzosen und ihrer Verbündeten demcnglisclicii
Handel fortgesetzt großen Schaden zufügten, ao wurde docli
dessen Entwicklung nicht gehemmt. Die Eioanzkraft des
Landes mußte damals eine harte Prüfung bestehen, war dooti
I.
(1793—1798)
duin, 11. Oktober 1797.
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Ez^laud zu jener Zeit der Baskier aller Staaten^ die mit
Fnuikreich im Kriege lagen oder sieh von der napolecmiBoheii
Herrschaft befreien wollten. Trotz der ungeheuren Staate-
acholden, die das Parlament während des nordamerihani-
Bchen TJnabbängigkeitskriegeB und iriihrend der Kriege mit
der Französisehen Bepublik und dem Kaiaerreioh wiederholt
aufnehmen mußte, erholte sioh das Land dank der unbe-
greozten Herrschaft zur See während des Konsulats und des
KaiserreicheB bald wieder, nachdem der Frieden unter den
Großmächten durch die beiden Verträge zu Paris, in den
Jahren 1814 und 1815, auf Jahre hinaus aesichert worden
Beim Ausbruch des Krir'^^ mit i^iiglund konnte Frank-
reich seinem (Icgncr nur eine weit geriiigorcZiilil iiii Sclilaclit-
Kchiffen cntgej^enätclteti, als dieser auf^ulirin'jen vfi riKK lite,
England besaß llö Scliiaclitsuliiffc, Frankreich aber nur 77,
von denen »ic-h noch einige auf den Werflen lififandi'n. Die
Eranziisisclien Fahrzeuge liingegen waren prfilJer. mit '/.alil-
reiclieren GescliiltMii stärkeren Ivalibers l)ewaffneL und
meist bessere Segler. Das Admiralsselnff Trügoff- Kerlessye
.,l,e Commerce, de Marseille" liatte 118 Kanonen an Hord
un<l galt fiir das sebÖnHttU\riegsseliitT<ier Welt. Ks wurde nur
in bezug auf Stärke der Ai'tillerie von der EpaniMclien ..Santis-
simaTi-inidad'S die i:!0< ;eseliiit?^e au liord fülu'te. üliertrof-
fen. Als die EngläudtT Laufe des Krieges mehren- Sehiffe
erbeutete», bedienten sie sie.li ihrer als Modelle für ihre ei-
genen Schiffe, wie zum Beispiel des Le ,.Tonnant" und des
..ITranklin".
Die durch die Meiirzahl der britischen Schiffe bedingte
Übermacht wurde durch die Güte des französischen Schiffs-
materials nahezu ausgeglichen. Dagegen bestand ein sehr
großer Unterschied in der Bemannung beider Marinen. Und
dieser Unterschied sollte auch entscheidend auf den Aiis-
i gang des Krieges wirken.
I m
Bereits bei der Darstellung der Bela^nmg von Tonlon
konnte man einen Einblick in das Wesen der Offiziere tmd
Mannschaften der r^ublikaniaohen Marine tun. Die Offi-
ziere ^hörten den adligen und b^äterten StSndm an und
waren dem Königtum treu. Die Unteroffiäere und Soldaten
hingegen fühlten eich begreifUchetweise zu den neuen repo-
blikanischen Ideen hingezogen, die ihn^ Boräale Gleich-
atellung mit ihren Vorgesetzten zusicherten. Schon dadurch
mußte ein unnatürlicher Zustand entstehen, der infolge des
zunehmenden, durch die Zersetzung der Gesellschaft be-
dingten Ungehorsams noch versohhmmert wurde.
Viele der franzcisi sehen Offiziere, die nicht wenigstens
äußerlich den neuen Ideen anhingen, waren dem Schaffet
zum Opfer gefatl^n, wenn sie nicht bei Zeiten Gelegenheit
gefunden liattrn. sicli ins Ausland zu retten. Andere, die sich
der Revoliiljii>iL in lüi' Anne warfen, taten ea aus persön-
lichem Intei-cssi.'. \\ vi\ sie für sich daraus Nutzen zu ziehe»
hofften; sie gohöi'tcn iiKlc; flnreVij\ii= nicht zu den bes^iercii
Bestandteilen il.--^ ()ffi/.ii'.skoi|is, Dülier w.u- es natüriicli.
daß viele OHiziersstellen unbesetzt blieben oder durcli Ijeu!<-
ausgefüllt ivurdoiL, die nidits uder nur sehr wenig von ilireiu
si'liworen Berufe verstanden. So ereignete es sich einmal in
den ersten Jaliren des Krieges, daß die .Mannscliaft einn
Fregatte eine« Xiichts ilu-eii Kapilan al):^etz1i> und die
tuiig de.-i Seliiffes einem Leutnnnl ilrr ^larinoinfanterie an-
vertraute, der vtelleiolit ein liiclil itier, riU'igiselipr Offizii'f
war, gewiß al)er wenig davon verstand, ein IvriegKsebiff in
einem heftigen Sturme uder im liitzigen Gefecht zu befeldisren'.
Die Unordnung in der Verwaltung und die daraus liervor-
gehende Verschleuderung der Vorräte in den staatlichen
Magazinen durch unredliche Beamte trugen auch dazu bei,
den VPert der französischen Marine herabzusetzen. Man ver-
wendete nur minderwertige Hölzer, schlechtes Eisen, sowie
schlechten Hanf für das Takelwerk imd die Segel. Infolge
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des Riii'kgangps oder v ollst äniii gm StiilstandcH zahlreicher
Hanthverke tmd Gewerbe in den ersten .laliren der Hevohi-
tioii fehlte es an vielen Materialien; und wenn mau die Ver-
träf^e liest, die Bonaparte während des ersten itülienisclion
l'eklzuges mit den Besiegten abschloß, wird man verstehen
kr>nnen, warum bei den geforderten Naturalli^^ningen der
Hanf und manchmal auch das Bcbiffsbauholz eine so groBe
Holle spielten !
Die Besatzung der englischen Schiffe w;ir dei' der fran-
Kü^ischen an Güte meist überlegen. Tlie britisclien Offiziere
waren größtenteils bessere Seelcntt^ nU die Franzosen, und
die englischen Sfatrosen und Seesnidaten ivnren infiilge bes-
serer Schnlung, größerer Übung und strafferer ManTiesKuehl
im Fiüiren der Segel und im Bedienen der Geschütze ihren
Gegnern ^'oraus.
Obsehon es der englischen Marine beim Beginn des Krie-
ges an Mannschaften fehlte, und man zu dem gewaltKainen,
eines freien und hoohs teilenden J^andes durchaus unwürdigen
Mittet, dem Pressen, greifen mußte, so gelangt« man doch
im Laufe des Krieges nacli und nach dahin, annähernd ge-
nügende Uesatzungsmannschaften für die Seluffe aufzn-
iiringeii. .leder Kapitän war jedoch gewissernudJen sein eige-
ner Werbeoffizier, und die Zusanunensetzung der Scldffs-
mannsehaft ließ in moralischer Hinwiclit oft sehr viel zu
wünschen übrig. War aber ein Kapitän beliebt und im Kr-
greifen von Pv-ii^en vom {Jlück begünsHgt, dann wnr es ihm
ein Leichtes, die nr.li-en .Mannschaflen zusainnu'n zu be-
kommen.
Als Hoiatio iS"eUou am 30. Juiuiaj- 1703 zum iäefehls-
haber des „Agamemnon" ernannt wurde, sollte es ihm
keine großen Schwierigkeiten machen, die Besatzung seines
Schiffes zu vervollständigen, denn trotz seiner Jugend war
er als ein tüchtiger und von der Glück^öttin begünstigter
Offizier bekannt.
Er war im Jahre 1758 geboren und machte bereits in sö-
neni zwölften Lebensjahre mit seinem Onkel, dem Kapitia
Suckling, seine erste Seereise nach Westindien, Nach ver-
schiedenen anderen Reisen wTirde er am 10. April 1777 zum
Leutnant auf dem „Lowestoffe" und am 11. Juni 1779 zun
Fostkapttfin auf der Fregatte „ffinchingbrock" ernannt
Mit ÄTtszeiohnimg focht er in dem funerikanisohen TJnab-
bängigkeitekiiege. Die darauf folgenden zehn Fiiederasjohn
verwendete er, um seöne -wissenBohaftliche ÄnsbildTu^ <a
vervollkommnen, die er in jnogen Jahren etwas verna^-
läasigt hatte.
Am 18. März 1784 war er zum Befehlshaber der 'Froga.Uf
„Boreas" ernannt worden, die nach Westindien beordert
wurde. I>(»:t lernte erdie^twedes Arztes Dr. Hisbet, eine
Kreolin, l^nnen, mit der er üidt am 11. 1787 in Nevis
vermählte. Er wurde abeo- kurze Zeit nach sdner Yerheirs-
tong in die Heimat abberufen. Am 4. Juli desBelben Jahns
ging er im Hafen von Splthead vor Ankcor.
Die fünf Jahre, die zwisohen seiner Rückkehr nach Eng-
land und dem Wiederausbruch des Krieges mit Frankreich
hegen, gehören zu den unglücklichsten und unfruohtbaiBten
im Leben Nelsons. Obgleich er die Qonst des Prinzen WU-
Uam Henry besaß, vielleicht auch gerade deshalb, schuf er |
sich viele Feinde im Ministerium und bei Hofe, und tiotE '
aller s^ner Bemühungen sollte es ihm nicht gelingen, wieder
ein Kommando zur See zu bekommcm. Endhoh aber hatUai
seine Schritte doch Erfolg, und am 30. Januar 1793 erhidt
er den Oberbefehl über den „Agamemnon", ein Schlacht-
schiff von 64 Kanonen.
Zwei Tage nach Nelsons Ernennung erklärte der Konvent
England den Krieg, dra bein^e zum vollständigen Yerlnat
der französischenMarine führen und das größte seemännische
Genie Englands aller Zeiten hervorbringen sollte.
Eine der ersten Maßnahmen der englischen AdmiraUtSt
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'ar, eine !Flotte unter dem Vizeadndral Lord Hood nadi
em ^tfittelmeere zu senden. Bereita drei Wochen nach er-
algter Kriegserklärung ging das englische Geschwader am
3. Februar 1793 von Spithead ab und traf am 15. Juli vor
7ouloii ein. Dieser wichtige französiBche Kriegshafen befand
ich da^mals in den Händen der Royalisten, die die Stadt am
;9. August den verbündeten Englfindem und Spaniern uber-
;abeii*).
Am 22. August 1H05 schrieb der Kaiser Napoleon in Ver-
'.weiflung über die fortgesetzten Niederlagen oder Unglücks -
ialle, die seine Flotten erlitten, au den Adiniral Villeneuve
in Cadix: „Wenn Frankreich zwei oder drei Admiräle hätte.
die sterben wollten, so würden die Engl^ider bald klein
werden !" Der Kaiser täuschte sich ebenso wie diejenigen,
die wühlend der Beyolution die Zügel der Bi^ierung in
den Händen hatten. Zu sterben waren Frankreichs Admi-
räle und Eapitioie wohl gern bereit, und die Revolutione-
zeit hat auch genügend BeiE^iele von wahrem Heldenmut
und glühendec Vaterlandsliebe gekannt. Aber mit dem
bloBen Einsetzen seines Lebens gewinnt kein General oder
Admiral dne Schlacht 1 Der Grund lag Uefer. Es fehlte der
französischen Ma^e dei Bepublik und des Kaiserreichs
nicht an Leuten, die ihr Leben dem Vaterlande gern geopfert
litten, sondern an großen Männern, die die Fähigkeiten
besaßen, die in den ersten J^uren der Revolution zugrunde
gerichtete Marine wieder zu organisieren und zum Siege zu
*) Die Belagerung roulona zu WaBser und zu Lande wurde bereits im ersten
Baude der OesoMchta Napoieoiu auf S. 241 hk 270 auafUhrlich dargest^,
wtnauf ich die Leser dieses Bandes verwoiBen muD.
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fiUtren. Jai wenn man aas einem guten General einen ehea-
Bolchen- Ädmiial hätte machen können, äaxm wäre es um dia
Engländer soMeoht bestellt gewesen, und mttncherSieg vän
ihnen wohl antrissen worden!
England dagegen fehlte es nicht an großen Seehelden.
Kineiii Samuel Hood, einem Jervia, einem Nelson, kai^r
einem Cornwallis, Cotlingwood oder Duncan konnte Fran. -
reich iilmliche Namen entgegenstellen. Hood, Jerris unJ
Xolson konnten den beuten franxowiBclien Jlarachällen, was
Genie und Selbstäiuli^iieit im Handeln anlangte, an die
Seite gestellt «erden; Nelson aber übertraf sie alle!
Lange Zeit, ehe Nelson Sir John Jervia kennen lernte,
hielt Kr J^oni Hood für den hervorragendsten Seeoffizier
seiiier Zeit. Als er aber dann Gelegenheit hatte, unter Jervis'
Flapge /u dienen, änderte sich seine Ansicht, ohne daß ei
deshalb die Eigenschaften Hoods geringer cinschiil/to.
Mit der Übernahme des Oberbefehls über die Jlittelmeer-
flotte durch Sir John Jervis begann eine neue Ära in der
Seegesehitihte Englands: dieser Admiral ist als der eu;:-
lisclie ,,Orgamsateur de la victoire" zu betrachten*). f'Jvi
Zus(antl d<-v Scliiffe Seiner Flotte, die militärische Ausbil-
duii«; Lind dif .Mannszucht der Offiziere und Mannschaften
sind iimstcrliiift nnd epochemachend für die cnglisi-in'
.\Iiuiiu' v.u iHv.ciclinen. Der junge Kapitän Nelson konnti'
keinen l)f.--frc[i Lehrmeister alw Sir John finden. Ihm i«
auch das Verdienst v^uaufiohreihen. die Fähigkeiten Nelson-
voll und ganz erkannt zu haben. Denn als ein Teil di')
Slittehneerflotte im Jahre ITflS Bonapartc verfolgen aollif-
ernannte er zum Befehlshaber dieses Geschwaders den
jüngsten Admiral und zog Bich dadurch viele Feinde lu.
Jlerkwürdig ist. daß sich aus den Handlungen Napoleon«,
des größten Feldherm seiner Zeit ahnhche Grundsätze ent-
•) Sir John Jervia wurde im Jahre 1734 geboron, tnt mit 16 J&hnn inj»
Marine pin und wnrde 1787 Konter-, I7fl3 ViwadniirJ.
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wickeln laaaen, wie aus den Taten und Handlungen Nelaona,
des größten Seehelden jener Tage. Dieser begnügte sich nicht,
dem Feinde einige Schiffe genommen oder ihn zur Aufgabe
der Schlacht gezwungen zu haben: Die völlige Vermchtui^
seines Gegners war sem eifrigstes, sein größtes Beatreben.
Und trotz des glänzenden Siogpa bei Abular bereitete es
ihm großen Kummer, daß ihm Viürneuve mit einigen Schif-
fen entwischt war! In dieser Hinsicht wie m nianuher an-
deren fmden wir voUige Ubt'iyiristniiniiing in den Tdei'ii Na-
poleons und Nelsons. Trotz iiuriieriHclier bch\\'!u:lio «iahen
beide nicht dem Feinde aus, sondern suchten ihn auf. Je-
doch strebten sie danach durch größere Schnelhgkeit in
ihren Handlungen, bei größerer Beweglichkeit und Gute
ihrer Truppen oder fecliiffe im gegebenen Augenbücke da,
wo sie über den ieind herfielen, die Ubermacht zu haben,
um den Gegner zu sclilagen und zu vernichten.
In einer Beziehung aber unterscheidet sich Nelson von Na-
poleon vollkommen. Nelson suchte Seehelden heranzubilden,
ihnen Initiative anzuerziehen, während Napoleon sich nur
geeignete Werkzeuge schaffen wollte, die fast mechanisch
seine Befehle aoBzufubrenliatiten. Kelsoos Befehle waren klar
abgefaßt und erschöpfend in den Umrissen. Seine Unter-
fiiiirer waren so erzogen, daß sie bei veränderten Verhält-
nissen entsprechend handeln konnten und die Einzelheiten
selbst bestimmen mußten. Man denke nur an die Fahrt, die er
im Sommer 1798 im Mittelländischen Meere unternahm, um
die Flotte Brueya' auafindig zu machen. Sobald sich die Ge-
legenheit bot, veraammelte er seine Kapitäne auf dem „Van-
guard", um jede MögKclikeit im FaUe dca Zusammentref-
fens in Betracht zu ziehen und zu crürtorii !
Napoleon hingegen ordnete in acinen ßcfehlon gewöhnlich
alles bis In die kleinste Einzelheit an, wodurch er zwar sein
großes Genie, dos alles srfaBte, bewies, aber vergaß, daß die
geiingeten Zwdsohenfalle, besonders wenn es sieh um große
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GtLtfeFniuigeii des Schauplatzes handelte, alle MaJtnahzneo
umstoBenmuBten. UnddoohlagwiUirendderfrühereiiJalue
sein« liebem das Qehemuüs seines Erfolg in dieser aaßer-
otdentlichen Konzentratäoa in ^nem einzigen Him ! Als es
aber später galt, von Fuis aus nach Spanien, nach KTeapel,
nach Polen Befehle zn übermitteln, die schon in dem
Allgenblick, in dem sie g^eben wurden, überfläsaig oder
falsch waren, dasich die Verhältnisse inzwischen Tollkommea i
geändert hatten, da sollte diese Kfethode, die nnr lUbsohinen, '
aber keine selbständig handelnden Feldherren oder Polita^ :
erzog, wesentlich zu seinem Falle beitragen.
Xadicieiii Toulüii im Dizi uibur 1793 den Repiiliükanen,
wieder in die Hände grfiillcn war, und die englische Flotu-
den Hafen hatte verlui-si'n iniiwcii. begab sich Lord Hood.
der zu jener Zeit für den aiisj^c/fiilmetsten Admiral der eng-
lischen Flotte galt, mit Heiiicjii Geachwader nach Korsika.
Paoh hatte bereits seit August 1793 zu den Engländern Be-
ziehungen angeknüpft, da er bei einer fremden Besitz-
ergreifung der Insel der englischen Herrschaft den Vorzug
gab*). An Bord der englischen Flotte befand sich Sir Gilbert
Klliot, der die Unterliandlungen mit Paoli leiten und die
Zivilgewalt Korsikas übernehmen sollte. Am 17. Februajfiel
San Fiorenzo in die Hände der Engländer, und den Franzosen
blieben nur noch Bastia und Calvl als letzte Stützpunkt«
ihrer Macht.
Sil QUbert Elliot, der späteie (inif .Minto, war von seiner
Regierung zum ViwU<inig über die neue englische Besit-
zung ernannt worden. Kaum 43 -lahro alt, hatte er schon ein
sehr tätiüefi, an Krfolgon ri'iclu'H Leben hinter sich. Er hatte
erst kurz vor seiner Ernennung versciiiedene diplomatische
Sendungen in Italien erfüllt und konnte gewissermaßen als
•)'VgL Bd. I S. 293fr.
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Pn!K|iinle Panli.
Dlgiiized Cgoglc
iixx Köherer Kommissar der ei^^isohen Begienmg im Mittel-
äridiBciLenMeere ai^eseheD werden. WegenseinwClereolitig-
i^eitsliebe und ecdnes gemessenen Verhaltens in kritischen
L.£tgen war Sir Gilbert bei Frennd und Feind in gleicherweise
geachtet und beliebt.
Am 10. Joni 1794 versanunelten moh die korsischen Abge-
orÖDebm. in Corte, und in der Etmsulta vom 16. Juni wurde
die Insel als von Frankreich lo^elSst erklärt. Am 19. er-
folgte die Gründni^ des anglo-koraisohen Erädgreichs, das
von Sir Gilbert Elliot als Vizekönig an Stelle Geoi^ HI.
verwaltet werden sollte. Nachdem Bastia im Mai 1794 ka-
l>ituliert hatte, begab sich Ädmiral Hood vor Calvi, das sieh
iiEich länger als zweimonatiger Belagerung endlich Anfang
August den Engländern ergab.
Paolis Rolle auf Korsika war nun ausgespielt. Für seine
großen Verdienste ums Vaterland gab man ihm den Titel:
Gründer und Wiederherst«ller des Vaterlandes". Außer-
dem ließ ihm der Kimig Georg III. ein Jahigeld von 2000
l'fund Sterling anbieten imd ihn auffordern, seine Tage in
England zu beschließen.
Wenn auch PaoH scheinbar sein Amt aiia freiem Willen
niedergelegt hatte, so tat er es doch mehr aus Xotwendig-
keit, da ihm die Mittel zu weiterem Widerstand gegen die
Fratizoseu fehlten als aus Zuiieigimg für die Engländer, die
dureh ihre Sprache, Gesinnungsart und Religion den Korsen
vollständig fern standen. Hatte er auch auf seine politische
Tätigkeit verziciitet, so hhehei'dochnochimmerdereigent-
liehe Fülirer seines Volkes, das ilin mehr als einen bloßen
.Sterblichen verehrte, obgleich man schon anfing, zu ihm
nicht mehr dasselbe Vertrauen zu hallen wie ehedem! Er
ließ keine Gelegenheit vorübergelien, den Engländern den
Einfluß, den er auf seine Landsleute ausübte, zu zeigen. Zur
groSen Erleichterung des Yizekönigs verließ Faoli endlich
im Herbst die Insel für immer. Er schiffte sich am 14. Ok-
199
tober 1794 in San Fiorenzo ein, begab sich zunächst nacb
Livomo und dann nach London.
Die ersten Handlungen der neuen Regierung muOtezi sich
auf die Verteidigung der Inael beziehen, und Elliot tat alles,
was ihmniitaeuienBclnviiclien Hilfskräften uinnhchn'ar, um
einen Handstreich dei- J' iiumosen auf die Insel abzuwehxen
Ende des Jahres 1794 verfugte er über kaum 3500 Mmti
eiuschheßiich der korsiijclicn ^lüizcn. so daß es der gaosen
Wachsamkeit der Flotte bodurfte. um eme Landiing^' der
Franzosen auf Korsika zu verhindern. Lord Hood kehxte
im Oktober 1794 nach England zurück, um den Wintear in
der Heimat zu verbrinsen. hr durfte seine AdmiralBBagge
auf der „Victory" niclit wieder aufziehen, denn er gnäet
wegen der Verstärkung' der ^üttelmeerflotte mit dem iiBiien
Lord der Admiralität. Loni Spencer, in Aleinungsvorscäiie-
dcnheiten und mußte den Oborbofobl ganz niederl^en*).
Als Nelson die Absetzunt; Hoods, den er sehr verehrte, er-
fuhr, schrieb er an seinen Bruder: „O, die elende Admirali-
tät! Diese Leute haben den besten Offizier unserer Madse
zum Aufgeben seiner Bcfeblsbaboratellung gezwungen. Die
frühere Admiralität mag durch ihre Untätigkeit und durch
ihre Nachlässigkeit den Verlust einiger Kauffahrtdsofaiffe
verursacht haben, die jetzige hat aber eine ganze Kriegs-
flotte gefährdet. Lord Hrmds Abgang ist ein Nationaiim-
glüok."
Der Vizeadmiral Hotham erhielt an Stelle Hoods den vor-
läufigen Oberbefehl über die Flotte im Mitteil ändiachen
Meere. Wenn er sich in dem Treffen am Capo Corao im Golf
von Genua energischer gezeigt hätte, würde er vielleicht dos
dauernde Kommando über das (Jeschwader erhalten haben.
„Hotham ist sicherlich der beste Mensch, der sich denken
läßt," schrieb damals Nelson, „aber er nimmt alles zu phOo-
•) Er wurde Im Mftn ITOG Gouvpnitur dcB Grocnwich-Hospitals und sUrb
im Jahn ISIS.
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.-iopliisL'li. H it'i' w üro ein t litipci- und unternehmender -Manner-
t ortierlifh, er irft aber weder das eine noch das andere. \Venn
nur jeder !^[o(irtt liingeht, ohne daß wir einen Verlust erlit-
lon liiibeii. fiililt er sich befriedigt. In keiner Beziehung ist
er mit Lord Hood zu \'ernlcifhen. Die.ser ist wirklich der
bedeutendste Offi/icr. den ii'li kciun-ii j;c]f.']r[t Imbe. Lord
Howe ist allerdings nucli ein Offizier von ungeineiiirn Fähig-
keiten zur Führung und Lcituiif; einer Klutte. iiber daa ist
auch alles. Lord Hood ist gleich ausgezeielinet in jeder Lage,
worin ein Admiral eich befinden kann."
Wie Mir im ersten Band gesehen hatten, war bereits seit
Kode des Jahres 1794 eine Expedition g^en Korsika im
Gange, bei welcher Napoleon die Artillerie befehligen
soUte*).
Dieses Unternehmen fand aber schon -sein Knde, ehe man
die Küste Frankreichs verließ, denn die Flotte, die sich vor
Abgang der Transportschiffe mit der feindlichen um 13. und
14. März 1795 in der Nähe des Capo Corso gemessen hatte,
war geschlagen worden, und die Landungstruppen erhielten
am 19. März Befehl, sich wieder zur Italienischen Armee zu
bc|;eben.
Obgleich der Verteidigongszustand der Insel wegen der
za geringen Trappenstärke viel zu wünschen äbriglieQ, war
die administrative L^e Korsikas im Laufe des JaJires 17S5,
dank der Mtarbeit Fozzo di Borgos, der bei der Gründung
des KSnigreidiH einstämmig zum Staatsrat ernannt worden
war, zufriedenstellend. AberPozzodiBorgo schuf räch durch
Bein herrisches und wenig zugängliches Wesen viele Feinde,
und bei dem znr Unruhe geneigton Charakter des korsisohen
Volkes war es vorauszusehen, daß der Sturm bald wieder
losbrechen würde.
Inzwischen hatte Elliot das 100. Regiment aus Gibraltar
erhalten, und auch eine Yerstärkong der englischen Flotte
*) Vgl. Bd. I. B. 293—897.
201
trag wesentlich dazu bei, die Sicherheit nach au&en hin zu
Termehren, so daß das Jahr 1795 unter weit günstigeren
VoraiisBetzungeD als das verflossene für den Vizekönig sei-
nen Anfang nahm. Elllot begann bereits seine Augen aof
Sardinien zu werfen, das er für die Krone Englands zu er-
obern trachtete.
Aber die Siege BcHiapartes in Italirai nnd andere Umstän-
de, die der Weltlage bald eine andere Geetaltm^ nnd der
englischen Politik eine andere Bichtang gaben, sollten andi
auf Korsika von großem Einfluß sein!
lÄDgs der Bivieia, besonders in dem Korsika, am näch-
sten liegenden Hafen ÜTomo, hatten sich alle mit der jet-
zigen Lage unzufriedenen und Frankreich geneigten Kor-
sen gesammelt. Sie warteten nur auf eine günstige Gel^en-
heit, um von neuem einen Handstreich auf die bisel zu un-
ternehmen. Bereits am 21. Mai 1796 und dann am 20. Juli
aus Castäg^one ergingen an den Bataülonschef BoneUi, der
Bich nach Korsika begeben sollte, W^ungen, den Aufstand
auf der Insel vorzubereiten. Ja Bocognano, wohin sich Bo-
nelli begeben hatte, brachen zuerst die Unruhen aus. An da"
Spitze von 2000 Mann, denn die B^imenter Boll imd Dillon
waren kürzlich auf Korsika gelandet und hatten die Besat-
zung in willkommener Weise verstärkt, machte sich der
^^zekön^ auf, den Widerstand zu unterdrücken. Es aoDte
ihm auch auf gütigem Wege gelingen. Aber mit der Eahe
auf KoRdka war es vorbei. Man war die englischen Regie-
rung satt; die republikanischen Agenten taten das ihrige,
und der Vizekönig sah immer mehr seine Macht und seine
Volkstümlichkeit schwindsn. Als kluger und vorsichtiger
Mann war er beizmten darauf bedacht, für die Motte seine«
Königs einen anderen Stützpunkt im äßttelländisohen
zu wählen, falls es die Verhältiüsse mit sich bringen sollt«iii
die Insel Korsika zu räumen.
Ohne seine Begierung zu benachriohtigen, beschloß er im
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EiiivcTi^tändnis mit dem Adniiral Sir .Jofin Jervis. ein Tnip-
peokürpa nach Elba hinüberzusenden, um sich Porto Ferraios
zu bemächtigen. Jerris war mit«rdessen am II. Xovember
1795 nach dem Mittelmeere abgegangen, um an Stelle Hot-
hama die englische Hotte zu befehligen. Die Ausführung des
Unternehmens gegen Elba übernahm der Kommotlore Xel-
son mit seinem ana drei Schiffen bestehenden Geschw ader.
Faflt ohne Schwertstreich nahmen die Engländer am 10. Juli
von Elba Besitz, Die Tn.sel gekürte dem Großherzog von
Toscana, mit dem England divniak iu Frieden lebte. Elliot
beunruhigte sich jedoch wegen dieser widerrechtlichen
Handlung nicht besonders. Er beschloß seinen Bericht vom
11. Juü 1796 an den Heraog von Portland*), den Minister
des Innern, mit den Worten: „Unser Einfall in einen Teil
des pro 13 herzoglichen Gebietes wird, wie ich hoffe, nicht als
eine Verlet/.img daa Völkerrechts betrachtet werden. Da die
Franzosen in Toscana sind, kann sich der Großherzog von
Rechts wegen nicht beklagen, daß die Engländer die In#el
Elba besetzen." Nachdem auch Capraja in die Hände der
Engländer gefallen war, hoffte der VizekÖnig sich aach des
bereite durch ein englisoheB Geschwader blockierten livorno
bemächtigen zu können.
Alles war zur Abf^irt bereit. Da traf eine Depesche dee
Herzogs von PorÜoud ein, die alle Hoffnungen Elliota zu-
nichte machte. Es sollte ihm nicht allein das 100. Regiment
entzogen werden, sondern dem VizekÖnig wurde auch be-
fohlen, Maßnahmen zur Bäumung Korsikas za txeKen. In-
folge der Siege der Franzosen in Deutschland und Italien,
besonders aber infolge des Bündoisrertrags zu Ildefonso
vom 27. Jon! 1796 zwischen Frankreich und Spanien, hatte
sich die Lage für die Engländer vollkommen verändert.
Spanien war zu einem Kriege mit England bereit. Dieees
mußte jetzt bedacht sein, seine veffügbaten TruppMi ans
*J WllÜHii Henry Cavendish Beuünalc, dritter Lorä von Fortlaad.
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dem Glitte! iiicorc zur Vcrteklifjunt; der cigmoii Küsten her-
anzuziehen, denn die Gefahr einer feindlichen Lundinig
rückte immer näher. Nicht allein Korsikas, Hondorn auch
(Gibraltars Besetzung wurde vom englischen Volke vielfach
f:ctndelt! Trotz aller Einwände Elliots, daß die tnael nicht
schwer zu halten nci, und daß Korsika aufgeben auch Ita-
lien aufgehen hiel3e, wurde er dringend aufgefordert, den er-
haltenen Befehlen nachzukoniinen. Er traf infolgodeaaen
Anstalten zur Räumung der Insel.
Inzwischen war aber die von Bonaparte vorbereitete Ex-
pedition nach Korsika in vollem Gange. Am 1!, August er-
hielt der DivisionKgeneral Casabianca von Bonapartc die
Weisung, sich nach Livomo zu begeben. Am 2ö, August
erfolgte der Befehl zur Bildung korsischer Kompagnien in
Livomo, und am nächsteti Ti^, am 26. August, erhielt
Salioeti eingehende Vorsohiiften, nach und nach kleine Ab-
teilungen unter dem Generai Cervoni nach Bastäa über-
setze» zu lasBen. Endlich, ab Bonaparte vom General G^-
tili erfahren hatte, daß die Engländer im Begriff seien, die
Insel zu Terlaesen, erhiedt Gentiii als Oberbefehlshaber des
LandungßkorpB am 17. Oktober von Modena aus die ein-
gehendsten Yorschiiften. Bereits am 14. Oktober hatte Ca-
salta mit dem Begierungskommissar Saliceti livomo ver-
laesen, und schon am nächsten Tage landeten sie, trotzdeiii
sich das engUsohe Geschwader in der Nä^e des Hafens be-
fand, in Maccinaggio, beim Capo Corso.
Ohne Z&i zu verlieren, marschierte Casalta auf Bastia,
und trotz seiner geringen Truppenzahl ließ er EUiot zur Ab-
fahrt auffordern. Nelson und andere höhere Seeoffiziere rie-
ten zwar zum Wideratand, doch der Vizekönig ließ sich von
korsischen Abgesandten tunstimmen und erteilte Befehl,
sich sogleich an Bord zubegeben. Die Einschiffung geschah
fast mit Überstürzung, undam 17. Oktober 1796 verließ das
ganze enghsche Geschwader Bastia.
205
1
Ajatioio war bereits am 16. Oktober geräumt worden, nur
in San Fiorenzo befand sich noch eine englische Besatzung.
Hierher begab sich nun Elliot mit dem Geschwader Nelsons.
Aber General Casalta beschloß, den Engländern keine Zeit
mehr zum wirksamen Widerstande zu lassen, obgleich die^c
auch durch die Besatzungen von Ajaccio und Calvi ver-
stärkt worden waren. Schnell marschierte er den Enj;-
ländem auf dem Landwege nach, wußte er doch, daß
ihm Gcntih bald folgen würde. Es kam aber auch hier
nicht zum Kampfe, denn Elliot heß sämtliche Tniijpoii
einschiffen und wandte sich dann nach Porto Ferraio.
Inzwischen hatte rLÖnUioh unter den Mauern tohj San
Fiorenzo die Vereinigung beider korsischen Generale statt-
gefunden.
Elliot ließ noch durch Sir John Jervis Piombino besetzen,
legte dann sein Amt als Vizokönig von Korsika nieder und
gab den Befehl über die Landtruppen an den General
von Burgk. So endete nach zweijährigem Bestehen das Kö-
nigreich Korsika, für dessen Besitzergreifung durch die Eng-
länder ebensowenig Blut vergossen worden war als bei der
Zurückeroberung durch die Franzosen, Die Insel sollte nun
für immer zu Frankreich gehören.
Trotz der dreijäiudgen Anwesenheit einer starken eng-
lischen Flotte im Mittelländischen Meere unter den Be-
fehlen Hoods, später Hothams und schließhch Jervis' hatte
sie fast zu nichts anderm gedient als zur vorübergehenden
Besetsung Korsikas! Infolge der ungünstigen poUtisohen
Lage im Sommer 1796 sah eäcb GroBbritannien veranlaßt,
auf sdne MachtateUnng im Mittelmeere zu veiadchten. Als
dann die Regierung auf Grund der dringenden Vorstellun-
gen Elliots und Jerm' Gegenbefehl zur Bdnmnng Korsikae
und somit des Hauptetützpunktes der Hotte gab, w» ee
zu spät. Viel mag auch das Verhalten des Konteradmir^
Man beigetragen haben, daß die Lage sieh nioht günstiger
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gestaltete, denn dieser liatto Sir .lohn .Tervis die !\Iöglich-
^eit ge.iöiiimeii, eine eiituclieidende Selilaelit /ii liefern.
I>(5r Kojitcradiiiiral Man blockierte im Frülijahr Cadix,
AI »iewsen Hafen eine französisclie P'jolte vor Anker lag.
Wegen des gespannten Verliültnisses zwischen Knfrland
und Spanien aber gab .lervia ilun Befehl, mit Keinen sieben
Schlacht sebiffcn 7.\i ihm in die korsischen (iewÜHscr zurüuk-
zukehren. Infolgedessen hob Man am '2i). .hili die Blockade
von Ca<iix auf. Er unterlieli es aber, wieli genügend mit Pro-
viant zu versehen, so daß ilni .Sir .(olin .lorvis wieder nach
Gibraltar zurücksandte, um Lebensmittel zu holen. Der
Ädmiral kam aber nicht wieder, denn inzwischen war der
Krieg mit Spanien ausgebrochen. Eine weit iibei'legcne spa-
nische ilotte von 19 Schlachtschiffen unter Admiral Lan-
gara hatte auf das englische Geschwader Jagd gemacht. Ad-
miral Man entkam zwar, sah sich jedoch veranlaßt, seinen
Wej; nach England 7.n nehmen. Die Admiralität war mit
^^einem A'erbalten sehr unzufrieden, und er mußte bei seiner
Ankunft in Spithcad seine Admiralsflagge streichen.
Da Man nicht zurückkehrte, ging Jervis Anfang November
mit seinem Geschwader in See. Am 1. Dezember erreichte
er Gibraltar. Von dort brach er am 16. wieder auf, und am
^1. Dezember 1796 warf er im Hafen von Ussabon Anker,
Während sich diese Ereignisse im Mittelländischen Meere
abspielten, hatte am 1. Juni 1794 im Heerbusen von Gas-
c(^e eine Seesohlaoht zxrischen Admiral Lord Howe, dem
Oberbef ehMiaber der Kraialflotte, und Vizeadmiral Villaret-
Joyeuse Btatt^;efunden, die für die Engländer zwar ai^^ch
ausging, doch anoh mcht ohne Ruhm für den Gegner endete.
Der französische Admiral sollte einem bedeutenden Getreide-
transport, der aus Nordamerika erwartet wurde, entgegen-
fahren und ihn durch die englischen Kreuzer hindurch in die
feuizösisoben Häfen geleiten. Mb der Zusammenstoß beider
207
Flotten erfolgte, zählte die englische Kanalflotte 26 Schlaolii-
scliiffc, also ebensoviel als die französische. Villaret-JoyeuK
verlor in flir>«ctii Troffen Hinhon seiner Si'hiffe, Aber au.
die enfrliselie Holle liatte .-tark irelillen. so dnß der eini;:.
Tage daniiif nna Amerika uiilungeiuie (iftrt'idetrunsport mii
dem Rest der Schlaehtflottc ungehindert in Brest einlaufen
konnte.
TrntK tlieser Xiederlape verlielj Villaret-loyeuwe mit einer
zahlreichen Flotte von :i4 Linienschiffen nnd 13 Fregatt*n
um 31. Dezeinher iJrest von neuem und steuerte südwärU
in die Hee hinaus. Obgleich viele Schiffe nur ungenügend
atiKgehesserl niid ausgerüstet worden waren, sandte der
Wolilfulirtsaussehuß mitten im Winter eine Flotte hinaus
Ein Teil sollte unter dem Konteradmiral Eonaudin mit
sechs Schiffen zum Vizeadmiral Martin im Mitteliändischen
Meere stolien, fails es ihm gelänge, der Waehsanikeit der
englisclicn Flotte zu entrinnen. Aber ea kam gax nicht so
weit. Heftige Stürme und empfindlicher Proviant mangel
veranlaiJten die zahlreiche Flotte, die einige ihrer Einhei-
ten cinbüBle, wieder umzukehren, ohne ihre Aufgabe er-
füllt /.u haben.
Die französische Marine jener Tage war, ganz im {.Sogen-
satz zur englisehen, arm an gi-oßeii Seehelden, obgleich reich
an tapferen Männern. Leider glaubte man im Nationalkon-
vent, daß mandenMangel an fachmännischer Bildung durch
persönliche Tapferkeit ersetzen könne. Der Wohlfahrtsaus-
schuß und die späteren Regierungen fanden daher immer
mutige Leut« genug, die nicht zurückschreckten, auf schlecht
ausgebesserten und ausgerüsteten Schiffen in See zu ste-
chen, um den Engländern eine Sehiaclit zu liefern, die aller
Wahrscheinlichkeit nach zu deren Vorteil ausfallen mußte-
Die Engländer hatten alles für sich; vor allem besaßen sie
tüchtige seemänniBche Bildung, die den Franzosen selbst
noch während der Kaiserzeit abging, und einen - unbeug-
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siimen, gestählten Willen, Eigenschrften, die da« Glüok an
ihre Fahnen fesseln mußten!
Kaiun war die französische Flotte wieder uaeli Brest zu-
rückgekehrt, als der Wohlfalirtaaussuhuß im Februar 1795
durch den Konteradmiral Renaudin einen neuen Versuch
machen ließ, einige Schiffe zum Geschwader des Vize-
admirals Martin stoßen zu lasseii. Am 22. Februar 1795
segelten sechs Linienschiffe und diei J'regatten ans Brest
ab, nnd am 4. April langten sie glücklich im Hafen von
Toulon an. Inzwischen aber hatte auch der Vizeadmiral Ho-
tham eine Vcrstärkimg von neun Linienschiffen rmter dem
Konteradmiral Man erhalten, so daß die vprliiindete Flotte
21 englisciie und zwei neapolitani.sclie Schlachtschiffe Kühlte.
Am 13. Juli 1795 kam es bei den Hyerischen Inseln zum Ge-
feclit, das trotz der großen eogUsohea Vbermooht zn kernen
großen Ergebnissen führte, denn die Franzosen verloren nur
ein einziges Linienschiff.
Ein entscheidender Sieg der Engländer hätte die müitäri-
sc;he Lage der Franzosen an der Kiviera äußerst gefährden
niid denFeldzugBonaportes im nächstenFrühjahr arg bloß-
stellen können. Aber das Schicksal wollte oioht, daB^Nel-
s<3n an .Steile HothamB die englische Flotte befehligte und
zum Siege führte!
Das Gefecht bei den Hyerischen Inseln war der letzte be-
merkenswerte Zusammenstoß zwischen der englischen imd
der französischen Marine bis zur Schlacht bei Abukir und
der Zerstörung einer der besten französischen Flotten. Jetzt
r^olitcn die Schläge, die lilnglands Admirale austeilten, mu"
die neuen französischen Bundesgenossen treffen, die Spa-
nier und die Holländer, mit denen Frankreich am 22. Juli,
beziehentlich bereits am 16. Mai 1795, Frieden und Bünd-
nisse geschlossen hatte!
Schern jetzt mußte die franzSaische Marine leider auf eine
stattliche Zahl von Verlosten zurückblicken I Während der
14
ersten diei Kriegsjahre hatte ^Frankreioh nicht weniger s.h
33 Sohlaohteohiffe verloren, woTon allerdings 13 in Toulon
TOn den Boyalisten dem Feinde übergeben worden waren.
Ebensoviel hatte England erobert oder in den Gnind ge-
bohrt, und sieben 8ohi£te waren, da räe za mangelhaft aus-
gerüstet oder ihre Mannschaften zu wenig seetüchtig waren,
den Unbüden des Meem zum Opfer gefallen. Hingegeo
konnte sich die ei^lisohe Marine bis zur Seeeohlacbt von
Abukir, also während dreier Jahre, keiner größeren Siege
über die Franzosen rühmen I
Ehe Sir John Jervis das Mittelländische Meer verließ,
hatte er K'elson beauftragt, die Garnison und die zurückge-
lassenen Vorräte von der In&el Elba zu holen. Am 26. Di'-
zemberl7d6trafNelsonmit8einenbeidenI^regatteninPorto j
Ferraio ein. Er hielt »ch hier einen Monat lang auf und ver-
ließ d^m mit Sir Gilbert Elliot, dem ehemaligen Tizekönig
von Korsika, am 29. JaouBrl797 die Insel*). Am 9. Februar
eneiohte Nelson mit aeiow Flottille Gibraltar, und am 13.,
dem Vorabend der Schlacht von 8äo Vicento, traf er wieder
bei seinem Vorgesetzten ein nnd übernahm von neuem den
Oberbefehl über daa Ijnienschiff „The Captoin*'.
Auf Chimd des zwisohen Frankreich und Spanien abge-
BohloeBenen Vertrags vom 19. August 1796 hatte die eine
Macht der anderen im Kriegsfalle 21 000 Mann, 16 linien-
schiffe und 10 Fregatten zu stellen. IHe Ratifikationen wur-
den am 12. September ausgewechselt, und wenige Tage dar-
auf erfolgte der Befehl zur Beeohlagnahme sämtlioher apa-
nischea Schiffe durch die Engländer. Sie Spanier antworte-
ten mit einer Kriegserklänrng an Großbritannien.
Die spanische Marine verfügte zwar über prachtvoll ge-
■) D,.r H(.fp(il>lu.lH r tl. r r,ii„dlnii.p..n, Gpnoral de Burgli, blkt. j«iix-ti. .h.
aieh die liefeld" Sii-Julu) .li-rvis' imr auf die Soetroppon und Vorrülc Ijl'iori t,
Im Frülijtthr 17Ü7, nach der Öclilaclit von S5o Vicente. holt« Nebon den
Konvoi mit den Laadtnippen aus dem HitMlmeero ab, am lie nach Oibmllv
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baute, scliiiell seeelncie , Schilfe, docli Olfi/ici!' \ind die
.Miuiiiauliiiften waren miTiderwertig, Naiiüleoii setzte wah-
rend des Ivaiserreiclis den Uefeuhtswert eines französischen
l^chiffes, wohl nicht vollkommen mit Recht, dem zweier
spanischen gleich. Und da die Mann Schäften eines franzosi-
schen Hchlaehtm-hilfeseinem gleichstarken engliselientSehilfe
an Gescliickhchkeit im Handhaben der Hegel und im Be-
dienen der tJeüchütze auf offener See zweifellos bedentend
unterlegen waren, so war da.s Verhältnis m beziig auf Gute
der Besatzung zwisi^hen der englischen und der spanischen
Fltitte noch viel ungünstiger. Andemteils wieder verfugte
äpanieu damals über mehr als 50 schone Schlachtschiffe,
denen Jcrviü kaum em Drittel entgegenzoBtellen ver-
mochte.
Die zum Auslaufen bereite spanische Flotte zahlte 2fi
Schlachtschiffe und 11 Fregatten. Sie «fand unter dem Ober-
befelile des Adinirals Jose de Cordova. eines tüchtigen See-
manns. Am I. Februar 1797 verließ diese stolze Armada Car-
tagena, passierte am ö. Februar das Vorgebirge von Gibral-
tar und steuerte auf Cadix zu. Ungünstige Winde jedoch
verhinderten den s|)aiüM'h('n A<lnHriil. iu den heimatlichen
Hafen einzuliuifeii.
Sir John Jcr\'i8 hatte am 6. Februar aus England eine V'or-
stärkung von sechs Linienschiffen erhalten, — denn die Ge-
fahr einer französischen Landung inIrland war vorläufig vor-
über*), — so daß er seine Flotte, die in den letzten Monaten
durch allerlei Uii!;lüdv:^fälle fünf Einheiten verloren hatte,
wieder auf ITi Schlachtschiffe bringen konnte. Admiral Cor-
dova hatte von cier aus England eingetroffenen Verstärkung
noch niehts erfahren. Er glaubte auch nicht, daU es die be-
deutend schwächere feindliche Flotte wagen würde, ilm anzu-
greifen. Uberhaupt hofften seine Schiffe nach dem soeben
tiberetandenen Sturm bo schnell wie möglieh den Hafen zu
nV^S. 230.
14» 211
erreichen, wodurch ihio Bewegungen sich weniger einheit-
hch gestalteten.
Der englische Ädmiral kreuzte seit Anfang Februar in dw
Nähe des Kap Säo Vieente, da er irgendein na«h Cadix be-
fltimmtes feindliches Geschwader abzufangen hoffte. Da be-
kaiiieri sich plötzlich am 13. Februar beide Flotten in Siclit.
Am Morgen des 14. wTirden dem englischen Ädmiral erstäl
dann 25 foindjiche Schlachtschiffe gemeldet, die in zwei
Cruppen von 19 und sechs Schiffen segelten, während Seilte
eigene Flotte eng beisammen in zwei ÄbteQiingen von acht
und aieben Selüffen fuhr.
Mit größter Geschicklichkeit manövrierten seine Kap-
täne, denn sie alle waren sich beiv-ußt, wieviel auf dem Spiek
stand, und daß England dringend eines Sieges bedürfe, m.
die Öffentliche ileinung zufrieden zu steilen. Der Admiral
ließ direkt auf die Lücke zwischen beiden Gruppen zu-
steuern und gab dann Befehl, eine Kolonne zu bilden. Cor-
dova suchte /war, als w den Feind erblickte, aogküch seine
Flotte KU ordnen, aber sei es, daß seine Sclüffc zu weit aus-
einander fuhren, sei es, daü die Kapitäne schlecht manö- ,
vrierten: seine Absicht mißlang. Gegen ll'/i Hhr eröffnete
Kapitän Troubridge mit dem „Culloden", der an der SpltK
der englischen Flotte segelte, das Feuer.
Noch ehe die engUschen Schiffe heraagekommen waren,
hatte der spanische Admiral Befehl gegeben, xa wenden,
um einen nördlichen, nüt der englischen Flotte fast paralle)
laufenden Kurs emzusohlagen, jedoch in entgegei^esete-
ter Sichtung. Er glaubte nämlich, daß es ihm nicht ge-
lingen würde, eine Verein^jung seiner Luvwartgruppe nüt
der Leegruppe berbeizoführen. Ale Jervis der Bewegui^
des Feindes ansichtig ward, erteilte er seineiseits sofort Be-
fehl zum Gegenmarsch. Als genialer Flottenführer ließ er
die Richtung auf die Nachhut der größeren, idso der Luv-
wartgruppe, nehmen.
212
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Wie bei einer Flott«niibuiig wurden seine Itefolilr auBge-
iihrt. Entxiickt rief er aus, als er diis erste Heliiff der Kd-
onno wenden sali: ,,Scht nur den Troubrid(;e an, nianö-
\.-riert er nicht, als ob ganz Kiigland die Augen auf ihn ge-
richtet hätte!; Wollte Gott, es wäre w-irklich bei dieser
Schlacht zugegen, dann würde es den tajjferen Befehls-
haber des „Culloden" schätzen lernen wie ich!"
Ea war gegen 1 Ulir, als Jervia die feindliche Stellung
durchbrochen hatte und auf die spanische Nachhut zu-
st-euerte. Die Spanier waren jedoch gute Segler, und es dau-
erte geraume Zeit, ehe die englisohe Vorhut die feindlichen
Schiffe eingeholt hatte. Cordova seinerseita gab ea noch
nicht auf, sich mit seiner I^eegruppe zu vereimgen, und steu-
erte auf Südost zu.
Jetzt trat eine Wendung im Gefecht ein, der der Srfolg
des Tages zum großen Teile zuzuschreiben ist. Die en^isohe
Flotte fuhr, wie man sich erinnern wird, in einer Linie, um
an einem bestimmten Punkte umzuschwenken und dann
auf die feindliche Nachhut zuzusegeln. Es würde also lange
gedauert haben, ehe die letzten englischen Schiffe an den
Feind herangekommen wären. Zum Glück befehligte Nel-
son die englische Nachhut! Hinter seinem Schiffe befanden
sich nur der „Excellent" mit Nelsons Freund Collingwood
und ein kleineres Schiff, „The Diadem". Ohne von Jervis
Befehle zu erwarten, denn die Zeit dräi^^, wendete^Nelson
plötzlich vor dem Wind aus der linie, Terspent« dem mäch-
tigen HpuÜBcheQ Ädmiralssohiff, der „Santissima Trinidad",
eiaem Dreideck^ -von 130 Kanonen, den Weg und veran-
laßteihn, tunzndrehen I Inzwiaefaen var auchTroubridge, der
an der S|dtze der eoglisohen Kolonne mit dem „Culloden"
segelte und den Kurs ein wenig rerändert hatte, heran-
gekommen. Die en^isohe Torhut warf sich vereint mit der
Nachhat Nelsons auf die feindliche Flott« und brachte sie
in völlige Yenrimmg. Endlidi traf auch Jervis mit dem
213
Best der engÜBoheii Flotte ein, und die spanisohen Schjffr
wurden nun zvüclieii zwei Feuer genonunen.
Sir Gilbert !E31iot hatte vom Deck der Fr^atte „Livek"
aus das Gefecht beobachtet. Er sagte später zu Nekoo:
„KichtB in der Welt war heldenhafter als die Tat des „Cap-
tain". Die ruhmvolle Wendung des Schiffes, das die beiden
Prisen fest in den Klauen hieJt, liat nie seinesgleichen ge-
fundnn und wird nie übertroffen werden!"
Vier Schiffe, der „Snlvador del Mundo", der „San Is-
doro", i\(.-v „San Nicolas" und der „San Jose" iviircleii g'-
nomiuen, letiitcre beidfii durtli Nelson, der auch den Dtgei.
eincrf spanischen Konteradmirals empfing.
Damit vnch-l« die Sclilaclit. .iorvis wollte seinen Sieg nicht
weiter verfoljieii. Kr war kein Neison und begnügte sich mit
dem ürlangten Ergebni« !
Det- spanische Adnijml konnte mit seinen übrigen Schif-
fen entkommen. Von spanischer Seite aus wird behauptet,
was wohl UKigHch sein l^aiin. dnii Curdova den Engländern
am nächsten Tage inH-lniuLlh eine Schlacht habe anbiet«i
wollen, doch .Tervis habe sie nicht angenommen.
Das Hai.pt verdienst in der Schlacht kam außerdem Ober-
befehlshaber den Kapitänen Nelson, Collingwood und Trou-
bridge zu. „Ihnen und dem ,,Culloden'' (Kapitän Trou-
bridge) gebührt die Ehre des Tages", schrieb Collingwood
an seinen Freund Nelson. „Erlauben Sie mir, guter lieber
Freund, Ihnen dazu Glück zu wünschen!"
Die Nachwelt hat den Anteil Nelsons an jenem Tage über-
trieben, wie C3 so oft bei Männern geschieht, die durch die
GlüekagöttiniiiihremLebenbesonderaausgezeichnetw urden.
Doch jedem das Seine! Jervis gehört das größte Verdienst,
denn ohne Zaudern hatte er den weit überlegenen Feind
angegriffen imd die notwendigen Verfügungen getroffen,
nm den Si^ det englischen iElotte zu sichern. Anderetaeits
darf man den Sieg der wohlgesohulten, wenn auch an Zahl
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KnpitJlu Sir T. Troiibridey.
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geringeren Flotte über einen zahlroic hören Feind nicht über-
schätzen, (ienn die Spanier waren nur mittelmaßige Gegner.
Jedenfalls karn der verhältTiiMmallig leicht erfocbtene Sieg
«cradc zur rechten Zeit und trug %^e! üur Benihigung der
öffentlichen Meinung in England bei.
Die britischen Verluste von 7:t Toten und 227 Verwun-
deten entfielen meist auf die Schiffe ..f aptain , „CiiUoden .
„Kxeellent" und „Blcnheim" . Wieviel Mannschaften die
Spanier verloren, int nieht genau zu ermitteln, feie müssen
jedoch beträcbtlicli gewesen aein. denn allein auf den vier
•genommenen Schiffen hefnnden sich (iOH Tote und Ver-
wundete.
Sir John Jervis wurde für seinen Sieg zum I'ccr ernannt.
Er erliielt den Titel Earl ot Samt \incent und Baron of
Meaford mit einer Icbcnslantthelien Pension von jahrheh
HOOG Pfund. Nelson erhielt am 17. Marz den Bathorden.
und die nndereji Offiziere wurden ihren Verdiensten ent-
sprechend hefordert. oder mit Orden ausgezeichnet. Schon
iiin 2(1. Februar erfolgte Nelsons Ernciumng zum Konter-
admiral, doch war seine Beförderung schon vor der Schlacht
bei Säo Vicente besclilosscn worden*). Die spanischen Offi-
ziere hingegen, die am meisten an dem Wrlust der Sehlacht
Schuld trugen, verloren ihre Posten: auch mulJtcn zwei Ad-
jiiiralc ihre Flagge streichen.
Die spanische Flotte begab sieh nach der Schlacht nach
Cadix und dann nach Algcciras. .lervis aber ging mit seinen
vier Prisen nacli Lissabon zurück.
Die englische Streitmacht wurde jetzt auf 21 Linien-
schiffe gebracht. -Mit dieser an^^chnlicjicn Flotte verließ der
neue Craf von Saint V'incont am 31. Miirz 1797 den Hafen
von Lis-sabon, um vor (_'adix zn kreuzen, denn dort befan-
den aich 28 spanische Linienschiffe zum Auslaufen bereit.
*) Die Naohrioht von dem Siege bei SSo Vicente wurdo erat am 3. Mira naoh-
mittags'in London bekaant.
216
!E!r hoffte anoh due der BpaniBohen Silberflotten abzufangen,
die aus Südamerika erwartet wurden. Aber alle seine Hoff-
nungen waren vergebens.
Da wirkte Nelson, dessen Tapferkeit bis zur Tollkülin-
heit ging, sich von seinem Oberbefehlshaber die Erlaubnis
ftUH, einen Handstreich auf die Insel Teneriffa zu unter-
nehmen. Er vermutet«, daß aich dort im Hafen von Santa
Cruz reich beladeno Kauffahrteischiffe befänden. Am 15.
Juli 1797 trat er mit vier Schlachtschiffen, drei £Vegatteii
und einem Kutter den Raubzug nach Teneriffa an, der abcx
ein klägliches Ende nehmen sollte.
Die Spanier nämlich waren auf ihrer Hut und is-iesen den
von den Engländern in der Nacht vom 24. zum 2ä. Juli
unternommenen Angriff auf Santa Cruz blutig zurück. Nel-
son verlor nicht allein 261 Tote und Verwundete, worunter
einige tüchtige Offiziere, sondern büßte durch seine Wag-
halsigkeit auch noch seinen linken Arm ^! Krank uikI
niedergeschlagen kehrte er am 16. August zu seinem Ober-
befchishaber zurück und begab sich dann, um seine Wunde
heilen zu lassen, nach England. Erst im Dezember erklärte
ihn sein Arzt für wiederhei^;estellt. Er erhielt am 19. des
Monats den „Vanguard", ein Lioienschiff von 74KajioneD.
auf dem er seine Admiralsflagge aufzog. Am 10, April 1798
ging er wieder zur See, um sieli mit IjOrd Saint Vincent zu
vereinigen. Dieser befand aie!i vor Cadix und blockierte die
dort liegende verbüntlete französisch -spanische Flotte.
Einen glänzenderen Sieg als über alle französischen oder
verbündeten Geschwader erfochten die britischen Admirale
über ihre eigenen Flotten. In den ersten Monaten des Jahros
1797 waren auf den Geschwadern in Spithead, Plymouth und
SheemesB Meutereien ausgebrochen, die sich naeh und nach
mit mehr oder weniger Heftigkeit auch auf die anderen eng-
lisohen Flotten ausdehnten. Die Matrosen verlai^ten eine
Erhöhung des Soldes, — denn die Pr^e der Lebensmittel
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waren in den letzten Jahren ganz bedeutend gestiegen — eine
bessere Verpflegung auf den Schiffen und gerechtere Ver-
teilung der Prisengelder. Vor allem aber suchten sie die Bt-
laubnis zu erwirken, nach der Rückkehr nach England ihre
Pamilien aufsuchen zu dürfen.
Dio ViTHcliwöning brach ganz unerwartet aus, und tron.
vieler Zugeständnisse von Seiten der Regierung konnte sir
nur mit gmlltor Strenge nach und nach niedergeworfen
werdi'ii. (1^1 sie sieh aueli auf die in ausländisehen (Ipwässeni
befin!l]ii.'lii'ii Sehiffc verbreitet hatte. Sogar bis auf die Ca-
dix blockierende Flotte wur der Geist des Aufruhrs ver-
pflanzt worden. Mit gerechter, aber unerbittlicher Strenge
stellte Saint Vincent bald auf Heiuen Schiften die Ruhe wie-
der her. Sonderbarerweise 7.o<: die in Brest befindliche fran-
zösische Flotte keinen Xutzen aus diesen bedauerlichen Zu-
ständen in tier englischen .Marine, um einen Hauptwhlag
gegen die Engländer zu unternehmen. Die von der ersten
unglücklich verlaufenen lOxpedition nach Irland zurück-
gekehrten Sc hiffsmaruiac haften waren vermutlieli seibat so
demoralisiert, daß man sie in abMclibarer Zeit nielit, wenic-
stens nicht zu einer Seeschlacht verwenden konnte.
Im Verlaufe des Krieges mit England kam das Direk-
torium immer mehr davon ab, dem Gegner in offener See-
sehhu'hl riiriri'i.'en/.utreten. Wegen des schlechten Zustanden
der fi:;ii/i)-.i-.ch('ii Marine beschränkte man sich größten-
teils auf den Kii per krieg, der Englands zahlreicher Handels-
marine großen Schaden zufügte. Man bediente sich der Ge-
schwader vielmehr nur zu mittelbaren Zwecken, Bis zum
Frieden von Aniiens im Jaiire 1802 sandte die Regieruug
nur dreimal größere Flutten auf die See lünaus. Zweimal
davon bildeten die französischen Geschwader nur die Be-
deckung einer Streitmacht, die man über das Meer geleiten
wollte. Bas erste Mal im Jahre 1796, als Hoehe eine liSJi-
dung in Lrland versuchte, und äaa zweite Mal im Jahre
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L798, als Bonaparte sein Heer nach Ägypt«n überführte.
Tedeamal indes nahminiui seine Zuflucht, um den gehofften
Zweck zu erreichen, mehr zur List und zur Überraschung
des Feindes, als daß man sich auf die eigene Stärke und
ncRchickliclikeit verließ!
nie Chniiiik jfTiei- -lahre ist besondtTs rcicli an Danstel-
luiiLffii von l:^irixi.'lift'tVchten, und sie berichtet von genom-
menen und wieder befreiten Kaiiffalirtoiscliiffen. Obgleich
die englischen HandelsKchiffe frewcilmlicli in grillieren Massen
riegelten, die voti einigen Knegsneliiffen begleitet wurden,
so fielen doeli nahlreiehe einzelne Falimeiige den fran-
ziisischon Kapern in die Hände, Natürlich blichen iiucli die
Engländer nicht iintütig, und ihre Kreuzer brachten viele
französische oder neutrale Schiffe, die mit Waren nach
Frankreich bestimmt waren, auf.
Da die Engländer über eine sehr zahlreiche und gut aus-
gebildet« Marine verfügten, die im Wrlanfe des Krieges die
französische Flotte iniTUer uieln- übertraf, so erklärt sieh die
neue Taktik der Gegner von sell).st . Die Fran/.o.sen wagten sieh
nicht mehr aufs offene Meer hinaus, da jedes ihrer in den
Ivriegshäfen befindliche Geschwader allein zu klein war, um
mit Wahracheinlichkeit auf Erfolg einer der enghschen Flot-
ten entgegenzutreten. Die Engländer mußten sich daher be-
gnügen, die franKÖsi.sehen Kriegshäfen zu blockieren und
/.II verhindern, daß eine der feindliclien Flotten heimlich
audlief, um sich mit einem anderen Geschwader in einem
französischen oder verbündeten Kriogsliafen zu \ ereniigen.
Brest war der wichtigste von den im Atlantiselien ,\leere
liegenden französischen Häfen. Es mußte daher das Han|)t-
bestrebon der englischen Kanalflottc sein, diesen Halen
aufa engste zu blockieren, um ein Auslaufen der französi-
schen Flotte unter allen Umständen zu verhindern. Der
Oberbefehl der britischen Kanalflotte lag früher in den Hän-
den Lord Hoves, seit dem Jahre 1796 aber in denen Lord
219
Bridports*). Beide betrauten meist einen ihrer Unterführer
mit der Blockierung Brests. Ea gelang den Franzosen jedoc-L
zweimal innerhalb des neunjährigen Seekriegs, die \\'iich-
aamkeit dor Engländer tm täuschen. Einmal geschah dii-*
im Jahre 1796, als Hoche die irländische Landung versuchte,
und das andere Mal, aU Vizeadmiral Bniiz im Jabie 1799
mit 2dLiniensehiffen ans Brest eotBohlüpfte, um ins Mittri-
meer zu segeln.
Schon öfters hatten die französischen Regierungen im
Laufe des 18. Jahrhunrierts die Absicht gehabt, eine Lan-
dung in England oder besHer in Irland zu versuchen. Jetzt,
unter dem Direktorium, kam man, nicht zum wenigsten
auf Veranlassung der Häupter der „United Irishmen".
eines Lord Fitzgerald, eines O'Connell und vor allem des
Gründers der „United Iriahmen", des Rechtsanwaltes und
Schriftetellers Wolfe Tone, auf eine Landung auf der von
England unt«rdrückten Insel zurück. Seit dem Sommer 1796
war die Expedition eine entschiedene Sache, imd Hoche, der
am 26. Dezember 1795 zum General der Armee des Ozeans
und am 20. Juli 1796 zum General der Armee von Lrluid
ernannt worden war, beschäftigte sich Tag und Nacht mit
dem großen Plan, dem er sein ganzes Genie, sein guizea
Können, seine ganze Zeit widmen wollte.
Die franzöÜBohe B^enmg wiegte Bich in haEEnongs-
ToUen Träumen, als sie am 19. Juli 1796 Hoche dn-
gehende Vorschriften mit anf den Weg gab. Sie sah ach
aohon eis Heiraoherin über das Inselieioli, dem ede bald
Gesetze Torsohreiben würde, und faatt« ^es vorgesehen, was
imFalledesGelingensgeschehen sollte iHoohezurSäte stand
der Brigadegeneral Ch6rin als Generalstabschel Ihm unto-
stellt waren unter anderen die Generale Groaohy, Hardy,
■1 AlezanderHuod. Viscount Bridport, war der jüngere Brnder Samuel Hoodi.
Seit dem Jahre 1793 war er zireiler Befehlshaber,. seit dem I6.Hai I7H ata
enter Befehlshaber der Kanalflotte,
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Admiral Lord Briüpoit.
221
Humbert und H^douville, Wolfe Tone dient« ak Adjutaii;
unter dem Namen Smith. Als er die von dem amerikanischen
Oberst Täte befehligle „Schwar/e IjCgion" oder „Armee des
Francs" sah, die aus allerlei Gesindel, Galeerenski a\-en und
sonstigen Abenteurern gebildet waren, blutete sein Hen.
doch sein Haß gegen alles, was englisch war, ließ ihm aiv h
dieses Jlittel recht sein.
Anfänglich sollte der Vizeadmiral Villaret-Joyeuse die
Hotto befehligen, die den Auftrag hatte, das Expeditions-
korps nach Irland zu geleiten.*) Er brachte dem Unterneh-
men aber nur geringes Vertrauen entgegen, denn er kannte
die Untauglich keit der französischen Marine ; man warf ihm
sogar gegenrevolutionäre Absichten vor. Im letzten Augen-
blick wurde er auf Hoches besondere Bitte durch den Vize-
admiral Morard de Gallee ersetzt, der mit Auszeichntmg
onter Soffren im smerikanischeu Unabliängigkeitskrieg ge<
fochten hatte. Morard de Galles znr Seite standen die Konta-
adnujsJe Boovet, Nielly nnd Biohery. Um &ne möglichst
große Flottenmacbt für die Expedition zu vereinigen,
hatte VilleneuTe Befehl »halten, mit fünf Schiffen nach
Brest zu segeln; Biohery mit ebenfalls fünf Schiffen woide
ans Amerika erwartet, man hatte sogar gehofft, die Spani«
würden sich mit einigen Fahrzeugen an der Expedititm be-
teiligen. Bichery kam zwar mitBeinemGesohwaderinS'raiik-
reich an* aber nnr zwei Sotüaohtsobiffe konnte für die Ex-
pedition nach bland verwendet werden. Sie txafen am 11.
Dezember in Brest ein. VUleneuve kam zu spat an, und die
Spanier enthielten sich ganz der Beteiligtmg.
•) Auf (^i iiiiil tiniT Kiii^alw d. s .MnriTiümiriii,l,'r, Viieadmirals TruguPt \-oiii
21. Mär-i 17DÜ mir viiiii IJircktoriiiiii fiil);(^mli; Xc'iioninung der Adniirale ps-
Tiii bicii-l Ivf.iTidi.i -iL-li ii;,- Vi /.(■Hill Iii. ■«!>.■; Th^venard, Morard de Call».
VilU.i-. '-.Ii y iJ.- iJi.il M.Liiin; Kiiiit«ra<imirale:^Le lÄTge, BosiUy, dt
--tabtl, T' I. iL.i ii:in. I ;u Ib'Ty r zu i\^>iiltiTadmira!on beforderiwurdon an dcm-
Mjlbtii 'l'i'B' -liiti iluii^^^thtin: iänieja, Bianquel duChayla und VUleneuve.
222
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Al^esehen von diesem Mißgeechiek waren die Elemente
dem Unteraehmen anfänglich günstig. Es gelang, die Eng-
länder zu täuschen, iind am 16. verließen Hoelie und 5fo-
rard de üalies mit einem Ge.SRliwader von 17 Linienscliiffen,
13 Fregatten. 5 Korvetten und 8 Transport sclilffen und
einem Landungskorps von 14 400 Mann die Reede von
Brest und steuerten durch die Stralle du Raz auf die Siiil-
westküsle von Irhmd zu. Sobald aber die Flotte die heiniat-
liulien Gewässer verlassen halte, änderte sich das Glück
Das Wetter wurde schlecht, die Dunkelheit hracli schon
lierein, und da der Wind umsolilug, gab Morard de Gallea
Befehl, nicht durch die Straße du Raz ku fahren. Die Be-
felile konnten aber nur teilweise verstanden werden, so daß
sieh die Befehlshaber zur See tmd zu Lande, die sicli auf der
Fregatte „Fratemite" befanden*), nebst drei anderen Fre-
gatten und einem Lmienschiff am nächsten Tage von dem
übrigen Geschwader getrennt sahen. Der ungluckhuhc Zu-
fall wollte, daß sie dasselbe überhaupt nicht mehr zu CJe-
sicht bekamen! Als der Naehstkommandierendc, Konter-
admiral Eouvet, am 19. die versiegelten Befehle öffnete,
hatte er von den ausgelaufenen 43 Schiffen nur 34 Schiffe,
darunter 15 Schlachtschiffe, unt«r seinem Kommando, Der
Zweitkommandierende der Landungstruppen, Di\isions-
general Grouehy. befand sich gleichfalls hei ihm. Ohne auf
seinen Vorgesetzten zu warten, steuerte Bouvet seinen Be-
fehlen gemäß der Bantry Bay zu. Am Abend des 22. De-
zember warf er mit acht Schlacht- luid sieben anderen Schif-
fen bei Bear Island Anker. Die übrigen Falirzeuge^blieben
außerhalb der Bay, konnten sich aber auch die nächsten
Tage nleht dem Lande nähern, da der'Vnad ungünstig vehte
■] Seitdem Admiral Oral Graose auf eüiGm LinfentehitE in der Solilaoht ba
der Insel Saint-Bartliäen^ im Jabis 178! den Ftindoi in die HInde ge-
taUen war, doriMn die tramsSeiscbea AdmJrale wShrflnd, oder (mgedcliti
einer Sohl&oht ihren Posten nicht mehr auf sinem Bolilaohtadiilf, eoDdem
muOten ihn anf einer Fregatte «onehnm.
224
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lufolfic des 7,um Stiirni umgest'hlaRpnen Windes wurden
i.'inige Scliiffe von den Ankertaiieii loageriaMun. Da Scaiim
4fKX) -Mann gflandt^l wer-lfii komitfn, beschloß man nneli
abgehaltenem Kricgarat, die Expedition aufzugeben und
zurückzukehren. Bouvet, dessen Schiff in die See hinaus-
getrieben war, war schon vraher umgekehrt. Auch Qrouohy,
der Zweitkommandierende der Landungatrnppeo, war ein
Mann von viel zu geringer Enteohlossenheit, tÜB daß er
den Umständen gemäß luiders gehandelt hätte. So ver-
lieBeoi die Schiffe in größeren oder kleineren Gruppen die
irischen Gewässer, and am 14. Januu 1797, eiao fast einen
Monat nach Abgang der stolzen Amada, waren 35 mehr
oder weniger beschädigte Schiffe in die am nächsten gelege-
nen franzöeiechen Häfen wieder eingelaufen! Seoha SohÜfe
waren dem Frände in die HtUide gefallen, und vier Fahrzenge
waren gescheitert oder untergegangen. Ein fünftes Schiff,
„Le S^niaant", ein Schlachtschiff von 74 Kanonen, war
gleich bei Besinn der Ausfahrt aus dem Hafen von Brest
auf eine Klippe anfgefahien, doch hatte man die Mann-
schaft zum größeren Teile retten können.
Die Fr^tte „Fratemit^", die die beiden Oberbefehls-
haber an Bord trug, war von ihrem Kurse ganz abgekom-
men und hatte die übrige Flotte überhaupt nicht wieder-
gesehen. Sie wurde nach Süden verschlagen und kam am
14. Januar bei der Insel ß.6 aal Hoche betrat in La Ro-
chelle den franzoaiaohen Boden, krank und niedergedrückt,
daß die mit so großen Hoffnungen begonnene Expedition
ein so kl^tichee Ende nehmen mußte. Bouvet wurde ohne
Untersuchung seines Fratens für verlust^ erklärt und er-
hielt erst anter dem Konsulat wieder eine Anstellung.
Bei einer Beurteilung der irländiechen Expedition muß
man sich vor allem fragen, was tat währenddessen die eng-
lische Marine ? Wenn der mit der Überwachung von Jirest
betraute englische Adiniral ao unvorsiclitig war, eine be-
10 225
(leiitfiicie fL-iiiciiiehe Flott«, die 144Ü<) Mann Landnnp>-
truppeii an BonI trug und die in Irland deu grollten Sclia-
<ien liiitte anriulitcn können, aus dem französischen Hafci.
aiislnnfcn zu lassen*), konnte man dann nicht wenigBtt-ii-
sofort Maßnahmen treffen, um der feindlichen Flotte lu
folgen, sie unterwegs oder bei der Rückkehr anzugreifen
und zu vernichten?
Alle dieflc Fragen beschäftigten damals aufs eingehender'
die Öffentliche Meinung in England.
Die UherwaehuTig des Kriegshafens von Brest war einen
Unterführer der etwa 30 Schlachtschiffe starken engliselie;.
Kanalflotte anvertraut, die in Spithead ihr Hauptquartier
hatte. Gewöhnlich kreuzten sieben bis acht Linienschiffe
vor dem Hafen von Brest, aber da man von den bedeu-
tenden Rüstungen der Franzosen erfahren hatte, war das
unter Vizeadmiral Sir John Colpoys stehende Gleachw«-
der auf 15 Ijnienachiffe gebracht worden. Trotz des von
Lord Saint Vincent aufgestellten Grundsatzes, daß sich Wi
öeÜichem Wind die englische Flotte nahe bei der In^fl
Quessant zu halten habe, befand sich das englische Ge-
schwader etwa 40 bis 50 Seemeilen von dieser Insel ent-
fernt.
Sir Edward Fellew, der spätere Lord Exmouth, kreiute
zwar mit einigen Fregatten in der Kähe von Brest, doch
eist am 22. konnte Sil John ColpoyB von einer der Fr^at-
ten, die ihm PeQew zugesandt hatte, aufgefunden und voa
der Abfahrt der Franzosen benaohriohttgt werden. Uber die
Bichtnng, die die feindliche Flotte eingeschlagen hatte, war
nichts bekannt. Am 21. oder 22. erhielt der Oberstkommas-
dierende der Kanalflotte, Lord Bridport, direkt von PaBeir
*) Kaum 4B Sflenwilen von Bear Island cotfamt lag die Stadt C<^ m
VoiTiLta im Weite von 30 Uülionen Hark BueseatepeH warm, vonmter üi
gtoBer TeÜ för die Flotte beBtimmt war. Wenn die lAadmig nor tnäfff
maßen vom OlQok begünstigt geweaen wäre, dann wfirde irenigst<ai dioe
Stadt den Fransoeeii in (Ue HSnde gelaUea eoin.
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Meldung, und am 31. Dezember Miirde es in London be-
kannt, daß man französische Scliiffe an der irischen Küste
grsehen habe. \\'eder Colpojs noch Bridport zeigten doli
der Lage gewachsen. Nachdem Colpoys lange gezaudert
Iiatte, was er tun gollte, entschloß er sich endlich, nach Fal-
mouth zu segeln und das Kap Lizard zu überwachen und
dann nach Spithead zurückzukehren. Hier ging er am 31.
Dezember vor Anker. Lord Bridport verließ am 25. Spit-
head, konnte aber erst am 3. Januar 1797 14 Linienschiffe
unter seinem Befehle vereinigen und in See gehen. Ala er
jedocli erfuhr, daß die Franzosen in ihrer Absicht, in Irland
zu landen, gescheitert seien, ging auch er wieder nach Spit-
head zurück. Obgleich zwei Gfeschwader von je 14 Schlacht-
schiffen gefechtsbereit gemacht worden waren, gelang es
beiden doch nicht, ein ciii/iges französisches Schiff auf-
zuheben! Man sieht, da(J Bridport kein Saint Vincent und
Colpoys kein Nelson oder ein anderer in Saint Vincents
Schule groß gewordener Admiral warl
Als im nächsten Jahre in Irland die Revolution ku in wirk-
lichen Auebruch kam, versuchte das Direktorium noch ei-
nige kleinere Landungen, denn das Hauptinteresse der Re-
gierung war auf den ägyptischen Feldzug gerichtet. Generiil
Hardy sollte mit etwa 5000 Mann von Brest und Eochefon
aus die irländische Küste zu erreichen suchen und Kilinaiiif
mit einer starken Reserve itn Falle des Gelingens folgen.
Die kleinere Division unter General Humbert, die jedoch
Hardy unterstellt war, ging mit 1150 Maim auf drei Fre-
gatten und einem Aviso unter Leitung des Kapitäns Sa-
vary bereits am 4, August 1738 von Roclietort ab und ver-
ließ iiin ti. die Jnsel Aix, Naclidetii Savary das Laudungs-
koip.s gUi.u]i.lii;h iini i'I. August in Külala gelandet hatte,
kehrte er nach der Heimat zurück. Humbert dagegen, ein
Mann, der Bich durch seine Tapferkeit und Unersohrocken-
helt in der Yendee vom einfachen Bauern zum Brigade-
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.■iitüeneiistelletiden Engländer, aohlu^' wie iiiri 27. Aiijiu.st bei
i asteibar und eroberte die Grafat'haft Coniiaiight. Da er
ii'iiocli von den Irländem schlecht mitorstiitzt ivurdo. untrr-
l.TEf Pf am 8. beptember bei Bfllliiiaiiiiick dpr i-nglischen
i;|jei-macht. JÜt seinen 850 Frani'.osfn und ctwii lÖlWIrlän-
lit-rn ergab sich Humbert lieni 1500O Mann starken Heer
lies Vizekonigs vonirland, Ijord Cnrnw^dlis'. Den Franzosen
wurde meist eine gute Behandlung /.iit«il, aber man tötete
eine große Zahl der aufständischen Iriänder.
Am 14. beptember ging auch das Gesohwader unter Segel,
das Hardy, den eigentlichen Obergeneral der Expedition, an
Bord trug. Am 16, September verließ es Brest. Die Flotte
zählte ein Linienschiff, „Le Koche", acht Fregatten und
einen Aviao. Sie \vurde von dem Abteilungschef Bonipard be-
fehligt. Als Hardy den Oberbefehl über die etwa Sü(H) Mann
starken Landungstruppen übernahm, war er sehr wenig mit
deren Haltung und Aussehen zufrieden. Er schrieb ver-
zweifelt am 1. August an den Marineminiater Bniix: „loh
habe eine Truppenschau vorgenommen. Ich habe die Trup-
pen von allem entblößt gefunden, was einem urirklloh Mit-
leid einflößt. In den Magazinen von Brest habe ich nicht
^nen Lumpen gefunden !"
Der Weib der Landungstruppen sollte nicht auf die Probe
gestellt weiden. Die Flottille hatte allerdings von den Eng-
ländern unbemerkt den Hafen von Brest verlassen, doch
wurde sie am nächsten Tage von einer feindlichen Fregatte
gesehen. Diesmal handelten die Engender entschlossener.
Denn als sieh Bompard dem Meerbusen von Lough.SwiUy,
am Nordende von Irland, näherte, stellte sich ihm der Kom-
modore Sir John Waren mit vier Schlaohtsohiffen und vier
ÜEV^atten entg^en. Der AbteUungschef Bompard nahm
das Gefecht am 12. Oktober an, doch verlor er Flagg-
schiff und sechs Fregatten, so daß nur zwei Fregatten nach
229
Frankreich zurückkehren und von der vermiglüt'kteit Ex-
pedition Meldung erötatten konnten! Für Hardy «ai- dii-
Enttiiuachung doppelt groß, denn er hatt* von dem Schicksu.
Humbcrtw vorher noch nichts erfahren; übrigcnFi hatte ir
iininer gefürchtet, dalJ dieser durch seine vor7.eiti(;e Abfalm
alles verderben würde.
Hardy und weine (lefährten wurden gut behandelt und
zuiu Teil hidd luisgcMPciiselt. Wolfe Tone, der irländische
Patriot, aber wurde gefeKwelt ins Cefiingnis geworfen und
nach Dublin gel;racht. Er entging nur dadurch der Hin-
richtung durch den Strang, dalJ er sich im Gefüngnis selbst
töteu*. Sil i'iid^'le die [i-[y.\i- Expedition nach Irland, auf die
die liliiiidfr tiiid viele Franz-osen große Hoffnungen gesetzt
hatten. Ea ging zwar am 12. Oktober noch eine dritte Ab-
tf'iliing von Roehefort aus^ in See,' doch ah man den un-
glückliehen Au.-gang der von Huiubert und Hardy geleite-
ten ExpediLioneii erfuhr, kehrte die Flottille, ohne einen
Landungsver!<ucli gewagt zu haben, nach Frankreich zu-
rück.
Wenn auch die fran/.iisische Flotte nach der Rückkehr
aus der Bantr\' Hay luid während der Meuterei in der enji-
lischen Marine ku einem neuen Einfall in England unge-
eignet schien, so hoffte das Direktorium doch viel von einer
Tätigkeit der verbündeten holländischen Flotte, der ein
holländisch-französisches Expeditionskorps folgen sollte.
Infolge des Haager Vertrages vom 16. Mai 1795 hatte die
Batavische Republik Irankreich 12 IjnienBchiffe und !8
Fregatten zur Verfugung zu stellen. Wenngleich die hol-
ländischen Schiffe an Zahl der Geschütze, an Ausrüstung.
Schnelligkeit im Segeln und Ausbildung der Mannsehaften
den franzoBlsdien und noch mehr den engbschen bchiffen
nachstanden, bo war die vom Admiral de Winter befehligte
Flotte dücli nicht zu unterschätzen. Dem Admiral Duncan,
der damals im 66. Lebensjahre stand, war von der englischen
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2ai
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Admiralität die Aufgabe Kuteil geworden, in Gempiiischait
mit einem unter Admiral Hanikoff stehenden russischen
Geschwader die holiändisolie Flotte zu überwachen. Im
Herbst 1796 Dlante man soear einen Angriff auf Helder und
den Texel, den man aber aufgeben mußte, da die MJ^lich-
keit eines Gehngens zu geringe Aussichten bot.
Als die Mcuierei auf den englischen Geschwadern die
engiisulie Müniip vollständig zu zerrütten drohte, erhieli
die britische Admirahtat im Mai 1797 die Mitteilung, daÜ
die Houanaer eine ijanuung an aen englischen Küsten plan-
ten. Der Augenhhck war sehr kritisch, denn die meisten
engüschen Schiffe befanden sich in offenem Aufst^ind, und
nur wenige waren in der Lage gewesen, einen Kampf mit
dem Feinde aufzunehmen. Zudem konnte man nicht mehr
auf eine Mittatigkeit des russischen <Teschwaderä rechnen,
da es in die Heimat abberufen worden war. Dem Adinirol
Duncan gelang es zwar, 12 Schiffe aeefähig zu machen, aber
in Yarmouth verheßen die meisten der Jlannschaften ihren
Dienst, so daß er nur mit zwei Sclilacht schiffen in See ge-
hen konnte, um das Auslaufen der 14 Schlachtschiffe star-
ken feindhchen Flotte aus dem Texel zu verhindern!
Die demokratische Partei in Holland war den Plänen des
Direktoriums wohl geneigt, denn sie hoffte die an die Eng-
länder verloren gegangenen Kolonien ganz oder teilweise
'wiederzuerobem. Hoohe, dei Kopf und die Seele der JjaD-
dungBYersuche auf den britiscliea Inseln, tat das übrige
um das Interesse wachzuhalten. Er hatte sieh, berräts die
tödliche Krankheit in der Brost, die ihn am 18. Septranber
1797 hinw^affen sollte, mit Wolfe Tone und desHen An-
hängern, den „United Irishmen", im Haag besprochen nnd
hoffte bestimmt, daß diesmal die Uberfahrt gelingen werde.
Sollte es ihm auch, wie er an seinen WaEfengefährten, den
General HödouTille schrieb, glücken, mit seiner Sambre-
und Maasarmee bis nach Wien zu gelangen, so würde er doch
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gern das Heer verlassen, um nach Dublin und dann nach
London zu gehen!
(n Holland sammelte sich ein 15 000 IMann starkes Ex-
IK'<iitionsk()rps, (la.s vom (iennal Dacndela befehligt Hiirde.
Kine Division von 5(KK) Franzosen sollte dasselbe auf
■lOtHM) .Mann bringen. Der Admiral de Winter hatte 16
Sfhliwht schiffe und lOFregatten unter seinen Befclüen. und
es ward ihm die Aufgabe pesteilt, die Landungstruppen zu
iibcrfiiiiren, beziehentlich zu begleiten.
Admiral Duncan war in größter Vin l<-penlieit. (Üiick-
Hcherueihie ging ihm im Juni eine beträchtliche Veratär-
kviiiL' /.u. und er konnte die Blockade wirksamer gestalten
II ml einer Ausfahrt der holiöndisohen Flotte mit Zuversicht
fiu gegensehen.
Im September kehrte Duncan nach Yarmoutb zurück,
da (.iie Holländer die Landungstruppen wieder ans Land
.k'esetzt hatten. Plötzlich, am 9. Oktober, erhielt er durch
einen Kreuzer die Mittciliin:;. daß AdLiüral de Winter im
Hegriff sei, den Tcxel zu verla-<sei,. Trotz aller Kinwändc
des lirtllandisehen Admirals hatte üieii seme Kegiermig doch
entsfhlüKaen, eine Landung an der Clyde zu versut lieiL, und
die Flotte verließ. l(i Schlachtschiffe und einige P'regatteTi
stark, im Oktober ITflT den Texel. Am 11. Oktober kam es
in der Xähe des Dorfe.s Kampeniuin. zwischen Helder und
.\lkiuaar, zu einer überaus heftigen f^eescbiai bt. iieide Klot-
ten ziihtten je 1« Sehhuhtschiffe. Diiucan erteilte zuerst
ISefehl, daß sich jedes seiner Scliiffc einen ({egncr suchen
sollte, kam aber dann von der alten Taktik ab und be-
schloß viehuehr, die feindliche Lhiie zu clnrrldircchcn und
ilir den Rückzug ah/.u.schnejden. Auf beiden Seiten focht
man mit großer lirbitterung. Obgleich die englische Ar-
tillerie der feindlichen bedeutend überlegen war, so fügten
die Holländer den englischen Schiffen doch großen Schaden
zu, da sie nicht in das Takelwerk, sondern in den ßumpf
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der feindlichen Fahrzeuge feuerten. Der englische Sieg war
jedoch vollständiger wie je einer, den die Engländer bUhw
über die Franzosen in den Revolutionskriegen erfochten
hatten. Trotzdem aber ist die Seeschlacht von Kamperdnin
wenig bekannt und von Rcckriegsschriftstellem meist ver^
nacliliissipt «ni.len, Seuu Seh laclit schiffe und zwei Fn-
f^atten fielen den KnglihKiem in die Hiinde; nur sieben
Sehlaclitseliilfe liojiiUen sieb retten. Aullerdem verloren Ak
Holländer mehr als 1 HH) Tote und Venvumiete: ati«
aueb die engliseben Verluste waren bedeutend, denn üb'r
800 Briten waren tot oder kampfunfähig. Adiniral Duncan
wnrde zum Peer und Viseount von (lamperdown mit einer
jährlichen l'ension von :(()(MI l'fund Kterling ernannt.
Diese Niederlage der liollündiselien Flotte bei Kaiin)er-
duin BChloß jede Landimgsgcfahr in England von dieser
Seite aus. Zwei Jahre später wur<le die Gefangetin ahme der
holländischen Flotte vervollständigt, denn als im Augusl
1799 die Landung der Engländer und Bussen auf der Insel
Texel erfolgt«, fielen den Siegern zwölf weitere Schiffe in die
Hände.
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DER FELDZUG NACH ÄGYPTEN
1798-1799
NEUNTES KAPITEL
BONAPARTE, OBERBEFEHLSHABER DER ARMEE
VON ENGLAND
(November 1797 bia Februar 1798)
"VTach Abschluß des Friedens von Campoformido kamen
J.1 gowobl Bonaparte ala auch das Btrektoiium mit erneu-
tem Interesse auf einen Feldzug gegen England zurück. Alle
Feinde der Französischen BepubUk waren zum Frieden ge-
zwungen worden oder standen im Begriff, einen solchen
abzuschließen. Nur England, das unversöhnliche Inselvolk,
war unbesiegt geblieben, »ind alle Versuche, es zum Frieden
zu veranlassen, waren bisher gescheitert.
Wenn Großbritannien auch infolge eines fünfjährigen
Krieges mittelbar oder unmittelbar durch Schädigung des
Handelfl oder durch Zahlung von Hilfsgeldem an seinem
nationaleii Reichtum stark geschädigt worden war, so hatt«
es doch in anderer Hinsicht durch Besitzergreifung eines
237
großen Teils der französischen, spanischen und holländischen
Kohinien reichen Ersatz für seine Verluste gefunden.
In Paris hatte man im Verlaufe dea Krieges alle Möglich-
keiten. Kngland hciziikommen, in Betracht gezogen unti
zum Teil auch zur Ausführung gebracht*). Man kam aber
immer wieder auf den l'lan einer unmittelh/iren Landung
auf den britischen Inseln ziirüek, dcim dort, und nur dort
allein, würde man den Besiegten Gesetze vorsclireiben kön-
nen! Man hatte ja gesehen, daß Hoche im Dezember \~W
nahe daran war, sein Ziel zu erreichen. Einige tausena
Mann hatt-en ungehindert in Irland landen können, und nui
infolge untergeordneter Umstände war das Unternehmen
vereitelt wordon. Knrn os doch nur darauf an, während
einiger Stunden Herr des Ärmelkanals zu sein, während-
dessen man die verschiedenen Landungskorps nach Eng-
land überführen könnt«.
Über die Notwendigkeit eines Feldzuges gegen das ..per-
fide" Inselreich waren sowohl dieÖffentlicheMeinung als auch
die führenden Staatsmänner Frankreichs, im besonderen
das Direktorium und Bonaparte, völlig derselben Ansicht,
Der Friede von Campoformido war abgeschlossen wor-
den, und ferthier und Monge machten sich sogleich nach
Unter;^eiclmung der Urkunde am 18. Oktober früh 2 Ulir
auf, uni den Vertrag dem Direktorium zu überbringen. Bona-
purtc aber setzte sich sofort nieder, um in einem längeren
Briefe dem Direktorium die Gründe für den so achoellen
Äbaehluß auaeinoaderzuBetzen und bei dieser Ge!^;eiiluut
die politieohe Lage Frankreiobs Europa gegenüber zn a-
örtem. Er beendete das interessante Sohreibea mit den
Worten : „Es ist für unsere Regierui^ unbedingt notwendig,
die engUsche Monarchie zu vemiehten, sonst muß sie selbst
gewärtig sein, durch die Verdeibtheit und die Litrigra
*) Tg). daEU das achte Kapitel; Der Seekrieg zwisohen Fnmkroioh mti
England.
238
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dieses tütigen Inaelvolkes vernichtet zu werden. Der gegen-
wärtige Augenblick ist uns besonders günstig. Vereinigen
wir unsere ganz.e Tätigkeit auf die Flotte und zerstören wir
England ! Sobald dieses geschehen ist, wird Europa 7,11 nn-
seren Füßen liegen!"
Ein außerordentlicher Kurier brachte dienen Brief naeb.
Paria; vermutlich kam er zu glcicber Zeit wie Berthier und
Monge mit dem Friedensvertrag in Paris an. Die Abge-
23»
Kaiidti-d des Obergetierals trafen in der Tsacht vom 25. zun:
26. Oktober in der Hauptstadt ein, und das Direktoriim'
beriet sogleich am nächsten Morgen die zu erj^reif ender.
Maßnahmen. Noch am selben Tage bcHchloU es die Bildiiri!;
einer Armee von England, deren ObeHipfehl d<^iii (Jenerai
Bonaparte anvertraut wurde. Da dieser vorerst alö Hau)i!
derFriedensgesandtachaftnach Rastatt gellen sollte, um mr
den Abgesandten des Kaisers die Ratifikationen dofi Frie-
dens von Campoformido auszuwechseln und eine Älilitäi-
konvention abzuschließen, erhielt Generat Desaix den vor-
läufigen Oberbefehl über die Englandarmee, mit der Wei-
sung, sich unverzüglich nach Rennes zu begeben. Da.-
Direktorium teilte dem General am 27. Oktober seine Ernen-
nung mit und beauftragte die Marine- und Kriegs minister,
sofort die notwendigen Schritte zur Ausführung des großen
UntemehmenH zu tun.
Bon aparte nahm den ihm übertragenen Oberbefehl an
und deutete in einem Briefe an das Direktorium vom 5, No-
vember kurz an, welche Maßnahmen er zur Erreichung des
Zieles für nötig erachtete. Wenige Tage später, am 9. No-
vember, nahm er eine neue Einteilimg der in Italien stehen-
den Truppen vor und teilte dem Vorläufen Generalstabe-
ehef Vignolle mit, welche Heeresteile für England bestimmt
seien, und welche Generale sich zur Abreise nach der Nord-
küste ^ankreichB bereithalten sollten. Ea waren die Gene-
rale: Massena, Bernadette, Brune, Joubert, Victor, Ihi-
phot, Fijon, Yerdier, Point, Bampon, Mmiod, Gaxdanne,
Mireur, Friant, Belliard, Yeaux, Monnier, Lonnes, Ledere
(der die leichte Kavallerie befehligen sollte) und Dumas
(als Befehlghaber der Dragoner).
Die Artillerie sollten die Generale oder Stabsoffiziere
Andreossy, Songis, Faultrier, Sugny, Lespinasse, La Tour*
nerie, Doumic, Salva, 'Rozi, Jidlliot, Delaitre, Lamog^
und Dintroz befehligen.
240
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Zu Befehlshabern des Gemee waren ausersehen: der
Genend Gutaselonp-Laubat und die Stabsoffiziere SanBon,
Vbyäo und Itfoubert.
Dei GeneralTerwalter Haller und der Ob^kommisBu
Tillemanzy, die an der Spitze der Zivilbeamten stan-
den, erhielten besondere Befehle, die Verpfiegiing und den
Marsch der Truppen nach der Nordküste Frankreichs zu
regeln.
Am 17. November !7!I7 verliel.i Hoiirtjiartc ^[nilanil und
kam am ~k IV7.ember in P^n is ati. ( ii'iiiein.siim mit dein
lvrief.'smifiiMtfr Sflierer ihkI doiti Mariiieininister Pl^ville-
le-l'eilev traf ecKogleich die weite^tgrtiifMiden Anstalten zur
Vereinigung der Flotto in Rtvai und zur Ansammlung der
fiandtnippen in den Kiisti'n|>lätK('n,
XatlulenL wieli Honapürte mit der Mö^;)ielikeit einer J.an-
diing eiiigeliender besuliiit'tigt. Iiatte. arbeitete ej' am H. De-
zember einen vorläufigen rinn der aelit „Operationen" aun,
die er v.nr Krreiehung seines Zieles für niiti;: erai litetr,
Bruevd sollte Kuniiehst aus Kiirtu )ui! M^imm ^erlis
Schiaehtseliiffen und den anderen Faiuv.eu^en auslaufen
und sich nach lirest begeben*). Das glcicbe Ziel wurde den
■) Iis iat imv(Tit,iii(llit;li, diiL( mmi Hranya ko Innp' vpms^. i, ktinmi-, Ilio
Fahrt vo.i Korfu bis iimcIi Bre.sl- im Winlor n ur on eidw.ii j, i„.|, /, in r, kt nii^
die ÜnraÖKl:t:iikrat anRofiihrt, dali Briiiij-s rtclii^-t^iii;: cLii^n ffL ii l^uimf. ,J[;rii ri-
liillriwiiriMÜi'!. tciKcdsndicÖohuIdBonopnrlrrtUi """ -J ". ilinli ni A.lriiirnl nir ij[
rcrliUi'itii;, vii'lli'ioht 90hoil Von Mailand iiu.t. Id'li'hl y.ur KiiclHu hr
die Befehle liuDuiiurtee. Obglejch des GesohwiLder Saui kein.'n Proviimt m<ihi
besaß, n-ofl dem Moiineiiimister bekannt sein mußte, gab diesei eist tun
27. Januar 1TU8 Befebl, soIortoaehBiwC abzusegeln. Aber nooh ehe der Befehl
in Korf II einjjetrolbn war, hatte eioh der Admiral, dessen Proviant fast aot-
gezehrt ivar, bonila zur Hehuimse enteohloaean. Die Abiahrt erfolgte am
24. Februar mit seoba fauuSalBatun und fOnf veneiianiKhen SohlaohtaohiSBn,
nrei SaaiÖKtebea und dt« vmaiiBiunhen ftegatten, eowis dt«i Ideineren
SchiffeDk
16 241
vier bis fünf Sclilaclitsuliiffen in Toulon gegeben, deren ßf-
waffnung und Ausrüstung noch nicht völlig beendet « ar.
In Brest lagen bereite 34 Schlachtschiffe, Ihre AuarüstuDj
und Bewaffnung sollte ebenfalls beschleunigt werden, daiii-i
die Motte Ende März zum Auslaufen bereit sein konnte.
Im ganzen verfügte man damals über STSclilacht-schiffe'j.
Ea waren zwar noch sechs, beziehungsweise sieben im Bau,
dooh war es ausgeschlossen, daß diese bis zum ersten flo-
rtteA (20. April) zum Auslaufen bereitgemacht werden hcam-
ten. Dazu kamen noch ungefähr 30 Fregatten und 15 Eot-
vetten und etwa 50 kleinere Fahrzeuge.
Mit seinem weitschauenden Blick vergaß Bonaparit
Spanien undHolland nicht; beiden war jeeine„Operatioi.
gewidmet. Beide verbündete Länder gedachte man mit allen
ihnen zur Verfugung stehenden Mitt«ln am Feldzug gegen
England mitwirken zu lassen. Der Vizeadmiral Truguet
sollte in Beiner Eigenschaft als Gesandter in Madrid und
der ehemaligfl Minister des Äußern Delaoroiz in gleicher
Weise im Haag für das Überseeische UntemebmeD täti|:
sein. Bei der ungünstigui Bfämmung jedooh, die in beiden
Staaten gegen das {ranzSüsohe Direktonum herrschte, war
nicht viel auf deren Mitwirkung zu rechnen.
In dem Plane Bonapartes zm Eroberung Englands sucht
man vergeblich den I^amen M^ta. Vermutlich hatte er die
Besitzei^reifung dieser Lisel auf spätere Zräten versohoben,
um sein Augenmerk ganz auf die unmittelbare Landung im
Mutterland zu richten.
Schließlich nahm es das Direktonam noch auf sibh, Kng-
land der Mittel zu berauben, sich in Portugal festzusetzen.
Fratdcr^h hatte mit Portugal am lO. Augast 1797 E!rieden
geschlossen. Der Bat der Fünfhundert und der Rat der
•JBBbetBodensIöhi Si ftüilwihtMliiffe in Brett, S aohlftohtechifte in Loriant,
lSotalB<ditsdirainBoebBfOrt, SSobUditMliilfo in Tankm, 6 SahlaohtschieFe
in Eorfn. Deui kamen nodi 0 vsnMiaidBdhe Sohbuhladiiffe, die »wiueiwi
74 md 04 Rahodbh fUlirten.
242
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jVlton hatten zwar den Vertrag innerhalb zweier Monate
ratifiziert, ahor der liegeiit gcnelimigte ihn (lieht, da er sich
den Engländern angesehlüssen hatte und von diesen Hilfa-
gelder und Truppen empfing. Ohne gerade im Jvriegszustande
mit Portugal zu sein, bestand aucli kein Frieden zwisuhen
diesem Staate und Frankreich. Teils um Portugal zur
Nachgiebigkeit zu zwingen, teils um die Engländer zu
vorhindern, auf der pyreuäis<Oien Haihinsel feslen FulJ zu
fassen, erteilte das Direkf^niuni am 211. -hinuar 17i)S dein
Ucncral Augercau den Oberbclehl über die Id. Divisinn in
i'erpiguan, mit dem Auftrage, gegebenenfalls in kiir/.e.ater
Zeit durch das verbündet« Spanien zu marsehieren und
Portugal zu Lande anzugreifen.
Es blieb nun noch die iieldfrnfre zu reiieln. Km l-eldzitg
gc^en Encland war. wenn er üelingen sollte, mit großen
Kesten verbunden: es fehlte aber an (;eld. und Kredit war
fast keiner vorhanden. Nach allerlei V,;r,suehen kam man
auf eine Anleihe zurüek. die viel Aussieht auf Frfolg ver-
^pracli. denn die ütfeiiDiehe .MeinunL' war dem l nternehnien
sehr geneigt. Die Regierung hoffte dureh Aussähe von
Scheinen von je lUOd Franken SO :Millionen z\i erlangen,
allein die Anleihe wurde nur zu einem \'ierl<'l gezeichnet.
Auch eine Beschlagnahme der euLdisehen Waren hatte mir
ein mittelmälJiMS Ergebnis zu verzeichnen.
Trotz der schlechten Finanzlage hoffte man do<'h noch
die notwendigen Uclder aufKubnngen. Die Eininisehung in
die romischen und die schweizerisehen \erhaltn1s3e. ob-
gleich sie vermutlich nicht durch den nach England ge-
planten Feldzug veranlaßt wurden, mußte auch eimge
Millionen abwerfen, zum weragaten konnte der Maisoh imd
der Unterhalt der Truppen nach den Küsten von der Kriegs-
beute bestritten werden.
Wir kommen nim zur endgültigen Zusammensetzung des
Heeres. Es sollte aus 40 Halbbr^adea Infwterie, 32 B«gL-
243
mentem Kavallerie, 4 Regimentern Artillerie, 4 Kompa-
nien Arbeitern, 4 Kompagnien Minierem, 2 Bataillon«!
Schanzgräbern und 2 Abteilungen Brückenbauern besteben.
Nach Beschluß vom 12. Januar 1798 umfaßt« die Gme-
raJitiät 18 Divisione- und 47 Brigadegenerale. Berthier war
GeneialstabBchef . Kilmaine befehligte die Kavallerie, Maiej-
oot das Genie und Leepinaese die Artillerie. Die übrigeo
Divisionsgenerale waren: Kteber, Goovion Saint-Qrr, Le-
febvre, Chainpionnet, Maaaena, Senirier, Victor, Brune.
Dumaa, 3aragaa,y d'Hillieis, Dallemapie, HantponH.
Duhesme und Greni^. Die Brigadegenerale hießen : Iiumea.
Bampon, Menard, Verdier, Point, Daphot*), Lantus«.
Chambarlhac, BeUiard, Veaux, Monnier, Fiisnt, Piiaa.
Dessollfl, Kellermann, Leclarc, Cervoni, Murat^ Miieiii.
Waltlier. Dommarün, DaUnüoy, Sorbier, Tharreau, Girari
genuintVieux, Montrichard, Davout, Deesen, LaBoiaaräe.
Leoourbe, Oudinot, Gardanne, Vajidamme, Mermet, (%-
vier, Soult, lUohepance, Cihasseloiip, CaffareUi-Dufs^
Boisg6rard, Legrand, Humbert, Klein, Key, Hardy, Dam»
Vial.
Der Generalarzt »ar der Doktor Desgenettes. Ihm im
Seite standen Fercy als Oberchirurg und Larrey und Vvu
als Chirurgen. Unter den ZiTÜbeamten des He«^ seko
genannt: Sucy, Dubreton, Lambert, Mathieu und Äubemoa
Die in fünf Divisionen eingeteilte Infanterie war 42 3(K>
Mann, die Kavallerie 4600 Mann stark.
Um die Verhältnisse da Küste zu studieren, hatte Btnia-
parte bereits im Januar den Marineingenieur Forfait und
den Brigadeclief Andreossy nach IjC Havre und den ändert':!
Küsten platzen des Kanals geaaridt. Mit größter Genaujj-
keit unterzogen aieli be-ide der ihnen befohlenen Anfgabf.
Boiäonders zufricdcti si lifiiit der Obergeneral mit Andrio«^
') GpniTiiI ]Jn|ibiit hi liruic' ^ii !i jun li iiui der Lislfi, obgleich er barato«"
27. Dexeinli.T tTRT wahrend paw-t AnhUmdea in Rom getötet wurdn.
244 I
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i^ewesen zu sein, denn dieser wurde für seine Verdienste
nach der Rückkehr Bonapart«» nach der Hauptstadt zum
I -Srigadegeneral ernannt.
Wahrscheinlich hatt« Bonaparte auch Agenten nacli
-Kngland geacliickt, um dort die Lage im Falle einer Lan-
ciung zu studieren. Um diese Zeit war ein gewisser tiallois
von der franzosisclien Regierung beauftragt worden, nach
London zu gehen, um dort wegen der AuawecheUing von
Itriegsgefangenen zu verhandeln. Boiiaparte wollte die Ge-
legenheit benutzen und einen Hemer Offiziere als Spion mit-
sonden. Marmont wurde dazu auBcrschen, doch weigerte er
sich hartnäckig, diesen Auftrag auszuführen.
Um nichts dem Zufall zu überladen nnd um die letzte
246
Hand ans Werk zu legen, beauftragte der Obergeneral am
7. Februar Desaix nach Brest, Kleber nach Le Ha-vre und
CalfarelU nach Dunkcrque zu gehen. Er Beibat verließ am
8, Februar — nach manchen Angaben am 9. — Paria, um
eine etwa zwölftägige Besichtigungsreise an die Küste zu
unternehmen. In seiner Begleitung befanden sieh nur
General Lannes, der A^ntant Snlkowski, der Sekretär
Bourrienne und der Kurier Moustaohe.
Art\ Q. Februar besnchte Bouaparte vermatlicli Ktaples,
Boulogne und Ämbleteuse, am 10. Calais und am II. und
12. Dunkerque. Meist ersohien der Obergeneral in den
Hafenplätzen unter dem Namen eines seiner Adjutanten.
Er überraschte die Offiziere und Beamten durch seine große
Sachkenntnis. Ohne Unterlaß dehnte er seine Besichtigun-
gen oft bis Mittemacht aus. Er fragte nicht nur die Offizien
und Militärbeamten aus, sondern wandte sich ebensooft aa
Matrosen. Ki'mtenfaiirer, Fischer und Schleichhändler.
Nncluicm er am 12. Fobroar in Duiikerque mit Caffarelli,
Andn'ossy und Forfait gcsproclicn, und nachdem er t'affa- I
rt'ili befohlen hattd, nacli Boulogne zu reisen, begab fr
wicli am nächsten Taf^c nach Belgien. Vorher hatte er noch
Andrcoasy und Forfait beauftragt, nach dem Haag zu gehen,
um vor iillein zu ermitteln, auf wieviel kleine Fahrzeuge
Den 14. und 15. Februar verbrachte er in Xieuport, Ost-
eiide, (lent luid Antwerpen. Am nächsten Tage traf er in
liriissel ein. Auch hier wollte er unerkannt bleiben. Im
Tlieater, das er am Abend besuchte, erkannte man ihxi je-
doch und brachte auch hier dem Sieger von Itahen begei-
Kterte Huldigungen dar. Uber Lille, Douai, Saint-Quentia
und La FC-ie kehrte Bonaparte mit seinem kleinen Qefolge
am 20. Fehruar nach der Hauptstadt zurück.
Fast gleichzeitig mit ihm kam auch der erste Bericht des
Qeni^enerals Caffax^ über die Beförderungsmittel in
246
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Boulogne, Ämbleteuse, Calais und Dunkerqiie in Paris an.
Oieser Bericht war mit großer Sachkenntnis und Gewissen-
laftigkeit ausgearbeitet worden, ließ aber die Unzulänglich-
rceit der verfügbaren Hilfsmittel erkennen. Weitere Berichte
_-a.ff arelÜB an Bonaparte und den Befehlshaber des Genies,
General Marescot, ergänzten seine früheren Beobachtungen.
Über die Reisen Deaaix' in die Bretagne und Klebers nach
der Norniandie ist wenig bekannt. Die Ergebnisse scheinen
jedenfalls für die geplante Landung in England nicht sehr
günstig gewesen zu sein. Beide Generale kamen auch in der
zweiten Hälfte des Februar nacli Paris zurück. Erst am
26. hatte Bonaparte eine lange Unterredung mit Deaaix;
vermutlich war dieser erst am Tage vorher in der Haupt-
stadt angelangt.
247
Noch ehe Bonaparte den mündlichen Bericht deB Gene-
rals Desaix empfangen hatte, faßte er seine Bcobachtimgen
und die seiner Generale in einem umfangreiehen und inter-
essanten Schriftstück zusammen, das er am ■2:<,. Kobruar
dem Direktorium unterbreitete. En verfallt in zwei Teile, in
einen allgeinfineii und einen besonderen.
Der Iterii ht besannt mit den Worten; „Wie sehr wir nn?
aucd bdiniiht'u, wir werden erst in mehreren .labren die
TJbei'lefienheit /,ur See erlangen.
Eine Landung in England zu wagen ist das kühnüte und
scliH-ierigwte Unternehmen, das gemacht worden ist.
Wenn «ie m;iglii;h wiirc, .so mUlJte sie diireh Überrasohuii,-
geMehebeii. Entweder müßte man versuchen, den Gesch\i,i-
dem zu, entschlüpfen, die Brcat oder den Texel blockieren,
oder man müßte auf kleinen Booten während der Nach!
nach einer Überfahrt von sieben bis acht Stunden irgend-
einen Pmikt der Provinzen Kent oder Subbdx zn erreichen
suchen.
Für diesen Plan braucht man lange Nächte, folglich den
Winter. Sobald der April vorüber ist, ist es nicht mehr mög-
lich, etwas aiiKzurichten.
Jodes Unternehmen, das man auf Schaluppen wähnoid
des Sommers gelegentlich des ruhigen Seegangs wagen w3r-
de, wäre unausführbar, da die Feinde während der Lutdnng
und besonders während der Überfahrt unüberste^bore ffin-
demisse entgegenstellen würden. •
Unsere Marine ist heute efoeuBowenig Bchlagfertig als zat
Zeit, da man die Armee von England geschaffen ha^ elwa
vor vier Monaten.
In Brast befinden sich nur 10 ausgerüstete Schladit-
Bchiffe. Sie sind aber noch ohne Bemannung und weit eob-
femt, seetüchtig zu sein. Nur mit wenige Sßhiffen halten
uns die Ei^länder eingeschlossen . . .
Der Feldzug nach England scheint mir f(dglieh esst im
248
Digteedby Google
näclinton .lalirp iiiöglii;li. Umi dann ist es nicht ausgeschlos-
sen, (laß Hindernisse, die sich auf dem Festland einstel-
len, sieh dem widersetzen werden. Der geeignete Augenblick,
sich 7.11 diesem Unternehmen vorzubemten, ist vielleicht
für imniei' verloren."
.Mit (iinsen Worten schließt der erste Teil des Berieht^,
Wenn lionaparte den Feldzug wirklich für unausführbar
hielt, düiHi liütt* er sein Schreiben mit diesen Worten been-
den können! Wozu aher dann noch einen zweiten Teil, der
mit größter (ienauigkeit und außerordentlichem iScharf-
blick zahllose Vorschläge enthält, die der General dem Di-
rektorium zur Erreichung des Ziels empfiehlt?
Nachdem er in diesem zweiten Teil alle die von ihm für
geeignet gehaltenen Maßnahmen .iiifgezählt hatte, Iwschloli
er seinen interessanten Bericht mit den Worten: „Wenn es
nicht möglich iüt, sich genau dif Summen zu verschaffen,
die in der vorliegenden Denkschrift verlangt werden, oder,
wenn man in Anbetracht des Ztistandes unserer Marine
nicht glaubt, diese Genauigkeit in der Ausführung erlangen
zu können, dann muß man wirklich auf jedes Unternehmen
gegen England verzichten. Man muß sich nur den Anschein
geben und seine ganze Aufmerksamkeit und alle seine Hilfs-
mittel auf den Rhein lichten, um zu versuchen, England
Hamburg und Hannover wegzunehmen. VorauBsichtUdi
wird man keines zahlreichen, von Deutschland entfernten
Heeres bedürfen, um den einen oder den anderen Zweck zu
erreichen,
Oder man könnte einen Feldzug nitoli der Levante unter-
nehmen, der den Handel mit Indien bedrohte.
Wenn aber keina dieser drei Unternehmen auafuhrbai ist,
dann sehe ich kein andetsB Mittel, als den IViedra mit Ei^
land abzuschließen! Ich bin überzeugt, daß sie (die Englän-
der) heute die Vorschläge annehmen würden, mit denen sich
jVTalmesbury nicht einverstanden erklären wollte.
260
I
Digiiized by Google
]» diesem Falle könnten wir dio größten Vorteile aus
»in.spien L'nterliandlunReR in Rastatt ziehen.
W'ciui doi' T'^edcn mit England während der Dauer des
Ivoiiizifs^i'ü i'ifulgen sollte, würde man natürlich in der Lage
v-sein, viel mehr vom Dc\]tschcn Reiche zu verlangen."
\'eriiiutlich wurde der Jieiiyht üonajiartes am 24. und
113. Februar vom Direktorium durcligespropheti. Obgleich
der General hinsichtlich der Durchführbarkeit zahlreiche
liedenken auesprach, die er auch begründete, bo hielt er das
Unternehmen doch keineswegs für unmöglich!
Nur, wenn es mcht möglich, sei, vor allem die notwen-
digen Geldmittel aufzubringen und die in Brest liegenden
:i~t Kriegsschiffe in einem Monat zum Auslaufen bereit zu
rnac^lieu, dann erst schlägt der General an Stelle eines direk-
ten Feldzuges nach dem englischen Mutterland drei Mög-
lichkeiten vor:
1. Eine Besitzergreifung Hannoveis und Hamborgs.
2. Einen Feldzug nach der Levante, um den engUeohen
Handel mit Indien zu gefährden.
3. Den Frieden mit England.
Man sieht: Von allen drei Möglichkeiten, die Bonaparte
in Betracht zieht, wird der Feldzug nach der Levante am
kürzesten erwähnt!
9er in der Uiachrift siehen Seiten umfassende Bericht
ist von seltener Klarhät; und doch ist er meist nuBverstan-
den wordem! Wenn untergeordnete Gesohiohtesohreibersich
begnügten, zu wiederholen, was Bourriemte und anders
unzuTerläseige Memoirenschieib^ gesagt haben, so ist es
verzeihlich. Wenn aber ein Gelehrter wie Albert Sorel ein-
fach sohieibt, ohne auch nar mit einer Zeile des In-
halts dieses Briefes zu gedenken: „Bonapurte richtete
an die Direktoren einen Bericht, der mit dem VoTSohlE^
schloß: ,Man muß wirklich auf jeden Feldzug nach Ei^;land
vemohten und sich nur den Anschein geben und dann
251
Boiae ganze Vetmntimg daranf aufbaut, so ist das mehr alü
bedaoerliohl
Bomrieime berichtefc in seinen Memcüran, daß Bomqmrte
die Beise aa die Küste nur des Scheines halber unternom-
men habe, und daß er fortgesetzt mit dem Feldzuge nach
Ägypten beschäftigt gewesen sei. Beides ist falsch ! Es ist
sogar anzunehmen, wie im nächsten Kapitel näher aus-
geführt wird, daß der General die Pläne hinBichtlich Agj'p-
tens, die er schon im Sommer und Hcrhst 1797 hogtc, ganz
fallen lielJ, denn allf-a deutet darauf hin, daß er den
Fekizuff naeh England ernstlich gewollt hat. E,-
ist volllioinmeii ins Reich der Fabel verweisen, daß t-i
nur den Schein wahren wollte, indem er die zahllosen MalJ-
nahineii, die iloch genau dunhdaiflit wein wollte», und
deren AiiNführung viel (ield, Mühe und Zeit kostete, dem
Direktorium nur aufzählte, um auf die ganz beiläufig er-
wäluite Expedition narli der Ijcvante hinzudeuten I Eüti
Bonaparte hatte ew niciit nötig, sieh solch kleinhcher .Mittel
zu bedienen, denn schon damals fühlte er sieh stark geuug,
um das zur .Vusfühning zu bringen, was er für notwendig
und riolilig erkannt hatte I
Nichts hatte seinen EiirKei/; inelir befriedigen können nh
die Ünterwcrf unedes Volkos, das bisher allein von allen Fein-
den der Republik unbesiegt daatand : Aber als kluger Feld-
herr und ausgezeichneter Organisator maß er die Schwie-
rigkeiten vorher genau ab. die es zu uber^valtigen galt, ehe
er auH Werk \1 1 le t liatt-e, daß sie
/. ur/eit zu arob seien, stand er von dorn Plane ab,
denn er wollte nicht einen ahnlichen Ausgang seines Feld-
zuges erleben, wie Hoche im D^mber 1796*). Er wählte
also das, was Ulm uamaul am leicniesiien ausführbar zu sein
schien.
Bereits am 13. April unterbreitete er dem Direktorium
■) V^r8.'22B.
252
Digteedby Google
einen neuen Vorschlag für einen Feldzup iiacli Ägypten, den
die meisten (.!e.sfliiflilnM(;lirMber über^dlion. In diesem Be-
richt tritt er von ni uein liir die Xcui>c?;lalU]i)g der Marin.-
ein, damit sie hu Sepletiibei' ben-il <-c\. Die Landung in
England sollte dann im Oktober oder November erfolgen,
wenn die langen Nächte ein solches Untei-nehmen begün-
stigten, denn er hoffte bis dahin Agj-pten erobert zu haben.
Ein tüchtiger Unterführer würde dann dort in der Lage
sein, die von ihm begonnene Verwaltung und Verteidigung
des Landes fortzusetzen. Obgleich aus der Absicht nichts
wurde, denn besondere Umstünde hielten ihn länger, als er
vermutete, in Ägypten /in iiek, beabsichtigte er doch noch-
mals in den Jahren 1803 bis 181)5 eiiiL- Landung in Eng-
land. Sogar die Wegnahme Hannovers im Jahre 1803 ist
nur als eine Folge, der früheren Pläne des Generals anzu-
sehen.
Der Bericht Bonapartes vom 23. Februar .wurde, nacli-
dera er vom Direktorium geprüft worden war, von dem
damaligen Präsidenten Merlin de Douai*) mit Bemer-
kungen versehen, die im Laufe der nächsten Tage als Be-
fehle ausgefertigt wurden. Man sieht also, daß es nicht nur
Bonaparte, sondern auch dem Dkektorium vollkommen
Emst mit dem Feldzuge nach England war, zumal sie die
Öffentliche Meinung ganz auf ihrer Sräte hatten !
Als nächste Folge der vom Dbektorium beschloasenen
Vetf ägongen erfolgte am 26. Februar die Einsetzung eines
Ausschusses für daa Unternehmen gegen England. Dieser
Ansschoß hatte unmittelbaT von Bonaparte Befehle zu
empfangen. Er bestand aus dem Konteradmiri^ Lacrosse,
dem Marineingenieur Forfait und dem General Andr^osey.
Qleichzeitig wurde der Finanzministev Gaudin angewieseo,
dem Ausschuß die notwendigen Geldmittel zur Verfügung
zu stellen.
*) Ex war ent dem 2C. PrUdeut des Dtrektodums.
264
Digteedby Google
Die von Bonaparte selbst an die KordkÜBte Frankreichs
untemommeDe Reiae hatte ihn zwar in seinem Entschlüsse
wankend gemacht, doch ehe er sich von der Unmöglichkeit
einer Landung in England überzeugte, wollte er noch die
Ansichten seiner verachiedencn Gewährsmänner prüfen,
die er ebenfalls an die Küsten gesandt hatte. Er hatte in-
Äwißcheii die Bericlit-e von den tJeneralen Caffarelli, Kleber
und Desaix erhalten. Die Meldungen Caffarellis waren von
der größten Sachlichkeit und heßen die Unzulänglichkeit
der erforderlichen Hilfsmittel crkeimen. Kleber war voll von
Begeisterung für das Unternehmen, Desabi jedoeli, der am
26. Februar eine eingehende Unterredung mit dem Ober-
general gehabt hatte, also erst nachdem Bonaparte seinen
Bericht dem Direktorium eingereicht hatte, war von der
Unmöglichkeit eines Feldzuges gegen England überzeugt.
266
DiQilizeatiyG»Jgl^
Auaschlaggebend für Bunapurte wird eler Beriolit den vor-
läufigen Mari nc mini st crs LaiTibrcchts*) vom 2. ^lärz 179S
gewesen sein. Wm den 28 im Hafen von Brrat befindlichen
Schlachtschiffen seien nur vier ausgerüstet, die übrigen nur
mehr oder weniger zum Aualaufen bereit, meldete Lam-
breohts. Es fehle der Flotte an Matrosen, Lebenemittcln,
Munition, besonders an Hanf, überhaupt an den notwen-
digsten Gegenständen. Dieser skeptische Berieht fiel ent-
Bcliieden am meisten ins Gewicht,
Erst Anfang März, also nachdem er bereits seit etwa zehn
Tagen seine Eingabe bei der Regierung eingereicht hatte.
scheinl lUmupiirtc von der ViiuuHfülirbarkcit des; Planes
Kchon \vt7.t einen Fddzug nuch Enghind zu unternoliinen,
Fussen wir noflnuiils alles zusammen, so kommen wir
nach ilpm Stande dfr neuesten Forschungen zu folgendem
SchlulJ:
Boniipai'te lial aller Wahrscheinlichkeit nach die feste
Absicht gehabt, im l<'rülijahr 1798 einen Landungsversudi
in England zu wagen. Erst nachdem er eioli von der Unzu-
*) l-ambrecht* war Juatizminieter und V€Twalt6te nur vorübergahend diu Amt
aiin.« KoIlFc^n PWriUo-k-Piilloy, HiwiT v.nr Entit. Februar nach Brasl (cf-
sondt ivord™,iviM rniii'l,Mnrz Riiknni. Ain aü. wHr lt wicdür in PariB luriick.
■•) Doi 74jährici' Mariimiiüiiisler war iicwli mit jueeiidliclipni Eiter für cineo
Fcldiug EOfeiiJOiittlond taiiu. AL* it dir Mituiluo,; erhielt, daß diTselbenidit
atattfinden würde, boII doc alle Herr mit BGineiQ hölzemeii Bein im Zorn pinm
Tisch lungoworfcn haben. Ala or sah, daß jeder Einapmoh vergebens sei, gab
er Beine EntloBBiing. FüracineVeTdienBtemiideernoclkun 9.Apiil>uiii Vtce-
admiral CTTiannt.
25(1
Digitized by Google
war er vi.rliiufit; von lU-iii l'InlscliluB iili>;,'koiiiinoii. Aber
avif^L-j;fl" ii li.utc er dir AI.-iiM iioi li uichi. Kr frodachte
vifltiii'lii' aiil Cciiml viiwr Kin-n)'!' vuni A|.ril hcreits im
( Jktolier fn\cr N'ov rjubcr ilaw l'ntcnicliiiii'ii /in Ausführung
zu bringen.
Obgleich er bereits früher die .MiiirliiOikcit eines Feld-
ziiizs TiJK-li ÄpyptiT in IWnu^ht luütc. liolJ er im
W\nU-\- 1 7117- 17!tS den l'hin ^^i,-(lvr f^illen. Krst dur.^li lic-
(' i nf I iisK iiiiii Ti( I Ic \ rii luifl int er von iioiii' m daran 1
u:('ko Ml liien ! Offenbar imißtc ein Zug nach dem Lande der
l*barnonen seiner leii-ht piil/iindbaren l'hantaMieden griiliten
Spieinnmi geben, demi der Orient übte stets eine außer-
gewöhnliche Änziehuagskraft auf ihn aus. Im tiächaten
Kapitel werden wir die Entwicklung des Planes zu einem
Feldzuge nach Ägypten Schritt für Schritt verfolgen können.
ZEHNTBS KAPITEL
BONAPARTB UND DER PLAN EINES FELDZUGS
NACH ÄGYPTEN
Tr\OT Gedanke, den sowohl französische Staatsmänner als
politische Sohriftetellcr liegten, die englische Herrschaft
in Indien durch Besitzergreifung Ägyptens zu bedrohen, geht
weit über das 18. Jahrhundert hinaus. Aber erst seit der
zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts nimmt der Wunsch, edch
Ägyptens wirtsohaftilicli und politisoh zu bemächtigen, greif-
barere Formen an. JXß £ranzÖ»Bche Revolution, die so vie-
len Ideen Verwirldichung schaffte, sollte auch den Plaa zu
einem Feldzag nach dem Lande der Pyramiden zur Aus-
führung brii^n.
Um die schleohten HandeUbeziehungeß der I^anzöed-
Bohen Republik mit der Pforte g^;en Ende des 18. J^ir-
hunderts wieder aufzubessern, hatte der Nationalkouvent
am 30. Januar 1793 die Errichtung eines Generalkonsulats
in Kairo beschlossen. Er ranannte zu diesem Posten deo
ehemaligen Kauf mami Magalloa, der lange Jalire im Orient
gelebt hatte.
M^allon erreichte Kairo im Laufe des Ubnats April. Mit
Eifer machte er sich sogleich daran, üoh von den Beis als
Konsul anerkennen zu lassen und freum^hafthohe Bezie-
hungen mit ihnen anzuknüpfen. Er hatte aber einen schwe-
ren Stand mit den allmächtigen Beis Ibrahim und Morad,
die zwar bereit wajen, seine Geschenke anzunehmen, aber
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tlic-ht die Lage der französiBoheo Kaufleute verbeesem und
ilire Waren bezahlen wollten!
Fast 7.U dcTfiplboii Zeit sandte die Franziiaiwcho Ki-publik
fint-n gewissen Descorulies*) als diplomatisclieii Agenten
(lacli KouKtantiiiojiel, um die Ueziehungen FiiiiikreitlLs iiiit
der Plorte xu verbessern, vor allem, uiri ein Bündnis ge^en
Österreieli und Eiißlnnd in die Wege zu leiten. De.ieorches
sflieitci-te jedeeh in seinen üestrebungen; aiieli gelang es
ihm nicht, die niauhtlose Türkei zu bewegen. L-epen die iiejs
in Ägypten tatkräftig vorangehen.
Descorehes wurde iin April 179ö fhnch den bevollmäch-
tigten Minister Verninae**} ersetzt. i)ieseni gelang es eben-
sowenig wie seinem \'orgiinger. ein lüindnis mit der Türkei
zustande zu bringen; auch vermochte er nicht die dritte
Tf'ilung Polens im Jahre 1795 zu verhindern.
Verninae war von seiner Regierung aulgefordert worden,
jemanden aus seiner Umgebung naeh Ägypten zu senden, um
die dortigen Zustände zu nnter.snehen. Er kam seinen Vor-
schriften nach und wählte den Kommissar Dubois-Thain-
ville aus, der sich schon seit einigen Jaliren in dei' Türkei
befand. Dieser kam am 29. Oktober 1795 in Alexandria an
und setzte sieh mit den französischen Geschäftsleuten in
Verbindung, um deren Ansichten und Klagen kennen nu
lenien. Am 26. Januar 1796 begab ersieh in Begleitung Ma-
gaUons und zahlreicher Kaufleute zu Ibrahim und Murad,
um sie zur Bezahlung ihrer Schulden und zur Ausführung
der geschlossenen Verträge aufzufordern.
iiit Woi'ten waren die Beis wohl bereit, die Wünsche der
französischen Kommisaare zu erfüllen, doch die Taten
blieben auB! Nachdem sich Dubois-Thainville vier Afonate
lang um seine Landsleute bemüht und beträchtUohe Geld-
■] EigentHoh Muie Henri Louui d'Escoroh^, Spigneur de Sainta-Craix et
de Heuul-Defiay.
Vor der Revolution nannteerfflchHaymonddeSaint-Mourda Vetninoc.
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eummoii veraussgiiht liatte, sali er ein, daß alle« vci-gebens
sei. Er begab Kioh n.'ich .Syrien ziiriink. hi> er eine älinli<-li"
Sendung wie nach Ä^iypten 7.11 vv{'u][vn hatu-. Von iiitr aii-
sdiickte er am 2. September 17110 eineii ausliihi-liehen Be-
richt über Meine Kendung an Verninnc nach KonstantiiiopeL
Di^-M']' ln>pi< hlele ^einers^eils an den _\lini,sler der ;ui«wärti-
geii \ri<:rh-enln4ii-ii in Paris nnd legte seinem .Schreiben
eine Aiwcln-itl dis vnn l)iibi>i.s-ThainvilJe bei.
Die \nl/.e!rjiiningeT( I liilinis' -ind äuljcrst intcrejssant, dr.
«ie nielii allrill ein^ii ln-iide lleoliai lil uiipen iif)er den Hand--'
in Ä-!y|)leii und in anderen tiirkiseben Provinzen enthalten,
sondern auch die politische Lage de^; Türkisehcn Keichee
behandeln.
Dieses sei aeiner völligen Auflösung nahe, meinte Duboia.
Seine Beobachtungen beträfen nicht nur eine einzige Pro-
vinz, denn er habe nicht allein die europäische Türkei, son-
dern auch Anatolien, Syrien und Ägypten bereist und über-
all die größte Unordnung in der Verwaltung, Plünderung
lind jede Art von Willkiirlichkeit und AuBschreitimgen ge-
funden.
'Khc, aber Dubois-Thainville seinen Bericht an Veminac
absandte, sogar noch ehe er in Agj'pten gelandet war, hatte
schon Magallon den Gedanken einer Eroberung Ägyptens
durch französische Waffen in Betracht gezogen. Ihm vor
allem gebührt die erste Anregung zu einem Feldzug
nach dem Pharaonenlande.
Er richtete am 17. Juni 1796 einen langen Brief an Ver-
mnaß, in welchem er die Mdg^chlceit einer Beaiteergreifung
Ägyptens durch die Eranzosen auseinandersetzte. „Wenn
die Republik", heißt es unter anderem in diesem, Briefe,
„sich mit dem Handel beschäftigen mid daraus den größten
Yorteil ziehen will, braucht es Ägypten, aber das ganze
Land! Man darf sich durchaus nicht mit Alexandria be-
gnügen, sondern auch noch Rosette, Damiette und Kuro
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^ind nötiy, und wenn die Zeit gekommen sein wird, auch
noch alle Niederlassungen bis zu den Nilwasserfällen , . . "
„Ich wiederhole, Bürger," fuhr Magallon fort, „sobald
wir Herren des Roten Meeres sind, werden wir den Eiig-
l^indrni (:ofiet7e vorschreiben und aie ans Indien verjagen,
\-(>i-iiiisgesptzt. (lall dies in den Absiclitfii der Reiricning lie-
u:vn sollte. Während des günstigen Monsun kiintite man mit
\\ enigeii Schiffen eine Anzalil Truppen über Suez na«h Indien
schaffen. Auf diese Weiee wiiiden unaere Soldaten höch-
stens 60 Tage auf dem Meere bleiben. Es kommt nioht sel-
ten vor, daß aie über das Kap der Guten Hoffnung sechs
M^onat« brauchen, um na«b Indien zu gelangen. Uber Suez
würde man kaum einen Mann auf hundert einbüSen, wäh-
rend man auf dem anderen Wege glüoklioh sein könnte,
wenn man von 100 Afomi nur 10 verlöre. .
Eine Abschrift der Den&Bohiift hatte Magallon nach Far
riB an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ge-
sandt. Obgleich er während drei und $inem halben Monat
keine Antwort auf seine Eingabe erhielt, verfolgte er ohne
UnterlaJ} seine Absiebten und riclitete neue Berichte, Vor-
schlage und Einzelheiten an Colcheu, den Kommissar im
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, und bidd
diirauf auch noch an den Wohlfahrtsaussohuß.
Inzwischen hatten die Ereignisae dea 13. Vend6miaire
stattgefunden, und die Herrschaft der fünf Männer war an
die Stelle dea Nationalkonvents getreten. Magallon hatte
jetzt mehr Aussicht, daB seine VorsohlSge berücksichtigt
würden, denn das Direktorium war mehr als eine andere
Regierung vorher geneigt, sich in abenteuerliche Erobe-
rungen einzulassen. Und in der Tat, der Bericht Magallons
war in die Hände eines der Direktoren oder des Ministers
der auswärtigen Angelefienln-ili'n l'i'Ihii!.'! . denn vi- fand einp
aufmerksame Betrachtung;. lh-\ niii. kti.ir oder der .Minister
hatte den Bericht mit Anmerkuiiguii versehen niid ihn dem
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Abteil ungschef Boiiloiivard empfohlen, der alles sammeln
sollte, ivaa auf Ägypten bezug haben könnte.
Währenddessen trafen der Bericht Diiboie-Thainville#
und Ende Dezember M95 eine andere Denkschrift des Ka-
pitäns Real in Paris ein. Wie man voraussehen konnte, wh-
ron die Benitihiingen Dubois-Thainvilles in Ägypten ohne
Erfolge geblieben, denn den Versprechungen der Beis folgte
nicht die Ausführung! Änch Jlagallon hatte nicht mehr
Glück. Infolge der Mißerfolge, und da er eigene Geschäfte
in seiner Heimat zu erledigen hatte, bat er um einen länge-
ren Uilnub. Dieser wurde ihm nicht nur bewilligt, sondern
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TSouloTivarrl, der Vhei <]cr 2. Abtcilmig im Ministerium dea
Auswärtigen, forderte ihn auf, sich uaeh Erledigung seiner
Privatangelegenheiten naeh Paris zu begeben, damit er der
liegierung mündliche Aufschlüsse über seine Beobachtun-
jicen gäbe. Da Magallon durch allerlei Umstände zurücl^hal-
t en wurde, traf er erst in Paris ein, als bereits Talleyrand an
ilie Stelle Delaoroix' ins Ministerium der auswärtigen Ange-
legenheiten getreten whj (16. Juü 1797). IMeees Zusammen-
treffen der Umstiuide sollte für die Zukunft moM ohne Fol-
gen bleiben, denn Talleyrand war dnroh seine Beziehnngen
zu dem Herzog von Ghoiseol, zu dem ehem^gen bevoll-
maolitigtw Gesandte bei der Pforte ChcHBeol-Gonffier, fer-
ner zn Lauzon und anderen, persönlich mit den ägyptiachen
Angelegenheiten vohl vra^raut. Er las sogu^ in der öffent-
lichen Sitzung des NatäonalinBtitiits am 3. Joli 1797 ein
„Uämoire sur lea avautages & tetdrei de eol<miee noavelles
dans-les circonstanoes präsentes" vor.
Die Frage der Maehterweiterung der Französischen Ke-
publik im Mittelmeer und in der Levante sollte duroh Bo-
naparte in eine ganz neue Entwioklung^ufe eintreten. Man
wird sich erinnern, daß Bonaparte während seines Feldzu^
gegen den Erzherzog Karl am ». Apnl 1797 eme längere
Unterredung mit Vemmac. dem ehemaligen bevoUmach-
f Igten Minister m Konstantinopel. gehabt hatte*). Diese
J 'i-isonhülikcituii Hur auch «r m Bcinen BcBÜ-cbungeii gescheitert. Er Htorb.
iTEt 4il johre alt. nach kuizer Krankheit am 17. JJezeiaber I7ST. auf seinem
Toiiiea. Die dipIonuttuebeD Geschäfte führte EunSohat der erste Oeaandt-
^^clInItet^aiger OenerBl Csrra Saint-Cyr hm xum schtieSlicheu Bruch nuC der
Hort*,.
Udli-irclinip lictiaf iiiclil allein (iio vunetianisciien Verhält-
riiswc soittliTU aui'li ilii' tiirki'-clit'n Auslände, niit denen
l»-iiif. jeiKT lim lliiviiTtiscli, [liesff alin aiicli praktisch,
«ol-.lv.'ihiiul wairn. Als luaTi von ilcrn \frfall des tiir-
liisclicii iJcielu's «jirach, wird man gewili die Aiissichttn
eines Feldzuges nacli Ägypten in Betracht gezogen haben!
Die orientalischen Pläne Bonapartc* jener Zeit sind otlea-
bor noch verwirrt, Kusammenhangslos, aprunghaft. Es wäte
verfrüht, wollte man schon von jener Zeit her die zielbewußte
Politik dea Generals, die dann zu dem ägyptischen Feldzng
führte, herleiten. Es wäre auch ganz falsch, wollte man aTB
seinen verschiedenen Rcliriftlichen und niündliehen Äuße-
rungen schließen, daß er schon damals die Absicht gehabt
hätte, den Oberbefehl selbst zu übernehmen. Wie er Unter-
führer mit der Besetzung von Korfu und Korsika betraut
hatte, so würde er vernnitlicli damals auch einem seiner
Untei^enerale den Befehl über das Expeditionskorps nach
Ägypten übergeben haben.
Sa er Beherrscher von Ancona, bald aufäi Herr des Fest-
landes und der Inseln von Venedig war, mußten die fflioke
dieses laatlosen Geistes sicher lös nach Albanien, den
ras, Griechenland, Malta, ja sähst bis nach Kleinaaien und
Ägypten schweifen I Galt es doch nicht allein, hä der gewiß
bald eintretenden Zerstückelung der Türkei einen fettm
Bissen für die FranzösiBche Republik zu erhaschen aondem
auch, da man bisher Enji^and nicht in London beikommen
kannte, dem Inselreich durch Lähmung des Handcda nach
Indien zu schaden. Wenn wir die Entwicklung der orient^-
schen Fl&ne nach den Briefen und Handlungen Bon^urtes
verfolgen, so sehen wir überall ein unsicheres Tasten, «n
unbewußtes Suchen, ohne daß er über die tatsächliche Aiis-
f ühmng im klaren zu sein schien. Hier finden wir eioo Beihe
von Befehlen, dort beobachten wir eine Gedankenreflie ohne
Schluß, aber noch nirgends einen bestimmten Plan.
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I),.,- i;,,i„„k,.,.i,K..« mhav' As.vi'i''". 'I»'."
Hirn BonapartcH, ovat. rmclidein er tiic Laiiilimi; in Kng-
la.nd oder Irland aufiii'i^ebeii halle. .Sü)>iikl iir aliur einmal
endgültig fcfitstaiui. t.raf der juiipe General in kürzester Zeit
MafJniihmen. (li(^ alle Wnluwrlieinliclikoit zur Verwirklich-
img hatten!
Der erste Hehritt, den llu]ia[jarli' in di-v \Vrfol;ZiuiK seiner
oriontalisehen Pläne tat, unrdic Besit/.erjrreifuii^' der liisoln
Korf\i, Kephalonia und ZakyntlnKs (Zanlo) geweacn. Sie er-
folgte Ende Juni auf Grund eine» Befelils vom 26. Mai 1797.
„Korfu, Zante und Kephalonia", Bohreibt er am 16. August
mit gewiseer Übertreibung, naehdem er bereits am 1. AnguBt
dem Direkturiam von lUailand aus die Besitsei^psifui^ der
Inseln durch eine französische Flotte gemeldet hatte, »sind
viel interessanter für uns als ganz Italien zusammen.
Ich glaube, wenn wir gezwungen wären, zu wählen, wäre
es besser, Italien dem Ktüser zurückzugeben und diese vier
Inseln (die genannten drei Inseln und Levkaa) zu behalten,
die für unsem Handel eine Quelle Tonßeichtum und Gedei-
hen bilden. Bas Türkische Beioh bricht immer mehr in eioh
zusammen, so daQ der Besitz dieser Inseln uns in den Stand
setzen wird, es entweder zu unterstützen, soweit es mög-
lich ist, oder unseren Anteil daran zu nehmen.
Die Zeiten sind nicht mehr fem, wo wir einsehen werden,
(laß wir uns Ägyptens bemächtigen müssen, um En^and
wii kliuh 7,u zerstören. Das große Türkische Reich, das alle
Tage mehr zurückgellt, versetzt nns in die Notwendigkeit,
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beizeiten Slittel zu ergreifen, um unseren Handel in d«
Levante zu behalten ..."
Gleichzeitig schrieb Bonaparte an Talleyrand, den neiiei
Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Dieser hatte
sicher um jene Zeit bereits von der Denkschrift Magalions
K<'nntnis genommen. Er antwortete unter dem 23. August:
„. . . Das Direktorium billigt vollkommen die Besitznahme
Zaiitew, Korfus und Kephalonias . . . Nichts ist übrigens
wichtiger, als sich mit Albanien, Griechenland, Mazedomen
und den übrigen Provinzen der europäischen Türkei, wie
überhaupt mit allen Landern, die an das MatteLmea
stoßen, in gutes SinTemehmen zu setzen, beeondeis mit
Ägypten, das eines Tagee für uns von großem Nutzen sdn
wird ..."
Aus der FQHe von Ideen, die Bonaparte hinräclitiioh der
Erweiterung der fnmzöÖBclieQ Maoht im AGttelU^diBolien
Meere hatte, mag sich zuerst der Plan einer Besitznahme
Maltas herausgeschält haben.
Er hatte bald in Talleyrand den Mann erkannt, der im-
stande war, auf seine großen, weitsohauenden Pliae einzu-
gehen und selbst solche zu entwerfen. Tl^lhrend sich aein
Brief weched mit dem Kriegsminister Sohänr, der auch erst
seit dem 23. Juli im Amte weh-, nur auf tdn militwisch-
orgaoisatorisohe Dinge bezog, machte er den Minister des
Äußeren oft zum Mitwisser seiner Pläne. Man weiß ja, daß
schon damals Bonaparte nicht mehr damit zufrieden war,
ein großer General zu sein, sondern daß er auch auf dem
Gebiete der Staatskunst und Diplomatie seinen reichen
Geist betätigen wollte. Nachdem er Talleyrand nochmals
von der Wiohtigkdt der Joniechen Inseln für Frankreich
geschrieben hatte, fuhr er in seinem Schreiben vom 1 3. Se]i-
tember aus Passcriano fort: . .Warum bemächtigen wir
luis (licht Maltas ? Der Adniiral Brueys könnte dort sehr gut
(auf der Hückreise nach Frankreich) vor Anker gehen und
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riitih der Insel bemäcäitigen. 400 Ritter und höchstens ein
Regiment von 500 Mann sind die einz.ifjen Verteidiger der
Stadt La Valetta. Die Einwohner belaufen sicii auf mehr
als 100 000, Bind uns sehr geneigt und haben die Hitter aelir
SBitt, die nichts zu essen haben und vor Umiffpr utfirben.
Ich habe aus beatimraten Gründen ihre Besit/.ungen in Ita-
lien beschlagnahmen lassen. Mit der Jiiset Him l'iefro. die
uns der König von Sardinien abgetreten hat. >Iaita, Kortu
und fio weiter, werden wir Herren des Mittel ineeres sein.
Wenn es sich ereignen sollte, daß wir bei uiiscreni J''rie-
den mit England genötigt würden, das Kap der Guten Hoff-
nung abzutreten, müßten wir uns Ägyptens bemächtigen.
Dieses Land hat niemals einer europlosoben Macht gehört.
XHe Venetianer allein haben dort ein gewisses Übergewicht
gehabt . . . M&n könnte von hier mit 26 000 Mann abfahren,
die v<m acht bis zehn Schlachtschiöen oder venetiaiusohen
Fregatten gelltet würden und doh des Landes bemäoh-
tigen. Agjrpten hat niemals dem Bultan gehört ( T). loh hätte
gern, Bärger Mmister, wenn Sie in Paris einige Erkundigun-
gen einziehen würden, um mich wissen zu lassen, welche
Rückwirkung unser ägyptischer Feldstug auf die Pforte
haben würde. . . "
TaDeyraiiid antwortete am 23. September: Das Di-
rektcwinm hüHgt Ihre Absichten über Malta, Seitdem sich
der Orden einen österreichischen Großmeister, den Herrn
Ton Hompesch, gewählt hat, fand das Direktorium den
schon auf mäeren Mitteilung^ gegründeten Verdacht be-
stätigt, daß Östecreioh sioh dieser Insel zu bemächtigen be-
abdchtige. Es sucht eine Seemacht im Mittelländischen
Heere zu werden. . . Es liegt in unserem Interesse, jeder
SlAchtTffiqpröBemng Österreichs zur See zuvorzukommen,
und das Direktorium wünscht, daß Sie die notwendigen
Maßnahmen träfen, um zu Tcrhindem, daß Malta in
österreichische Gewalt fiele. Was Ägypten anlangt, so sind
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Ihre Ideen hiusiuhtlicli tlit-r,- l.uiid,.^ {ii-nU und von Niit/.ea
Ich wfirde Ihnen uhcv (hfifien degenwliind noch ausführlich
^^cliicLhcn. Hoiitc beschranke ich mich nur darauf, Ihnen zu
srtL'eti. ihil.i. u(-nri nirtii die Eroberung machte, es nur ini
Jntere-Kse der Plorte gesoliahe, um die russischen und eug-
ÜBcheii Intrigen zu vereiteln, die in diesem uDglücklichen
Lande immer von neuem angezettelt werden. Ein solcb
grofier Dienst wurde die Türken leicht veranlassen, uns das
ganze Uberiiewicht und die notigen Handels vor teile zu
uberlasMcn. Als Kolonie wurde Agj-pten bald die Erzeug-
nisse der Antillen ersetzen und uns den Handel mit Indien
verschaffen. . ." *).
Eine Besitzergreifung Malta« sollte den Feldi'.ug nach
Ägypten einleiten. Die Inael gehörte dem JohanniterordeD
und stand unter dem Schutze des Kaisers von HuBland.
Der Orden war entschieden im Niedergang begriffen. Der
maltesische Gesandte in Paris war gestorben, und nach dem
Sturze des Königtoms besaß der Orden keinen diploniatä-
scben Vertretet mehr in der fraozösiflohen Hauptstadt,
obgleich die meisten Ordensritter auf Malta SVanzoaen
waren.
Seitdem Bonaparte die Jonisohen Inseln hatte besetzen
lassen, mußten die Blicke Englands sich wieder auf äas
Mittelländisohe iäeet richten. Die Enf^Ijider hatten das
Mittelmeer zwar erst im Dezember 1796, endgiltig im Ja-
nuar 1 7!)7, geräumt, aber man konnte in Paris nicht wissen.
oIj ilif luilisi hc AdniiraliLät niclit, von iK'ueni ein.- I'lotte
ciai.ials DEr.'ktot .l^r Plmik.ijiuiu'r di r Marin,- iMLi-, HiL i1. .ii!.. Mj, ji T»u"?. »II
« ^■Icll^m THlU-.vrHTld rlc-n Bn. i .it. H.>ru,p«rt,- -i bri, !!, ,l,:,„ K.i„iTii{-Mi,- Mnnp
Hilf A|;y].t,.ii L,>io^eN. nai-h Uali™, Es i=t niiR>-nsc'lii.mlicli, JbO dw^ auf Vir
aiila^-uiiK Tl^>im[iarloa gv^^diali, um &ti der Hand von Berichten aiu erslrr
Qiii'lli' ilii- lliitili.-likfit cijn« üriontalisohon FeldEups xu itudieren. JedenM*
fifhrhil lliifkdirium damala noch niclit voh don Plänen Bonspartra und
Talle.vmiiiU in Ki'nnliiis graoM worden lu sein.
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clalüiiziisendeii und Malta zu besetzen beabsichtigte, da es
leichter als Korsika zii verteidigen war und Frankreich in
Schach halten konnte.
Wie wir gesehen haben, hatte Bonaparte sich in seinen
Briefen an das Direktorium und an Talleyrand im Laufe des
Frühjahrs und dos Soinmera 1797 öft-ers mit der Insel be-
schäftigt. Man hatte ihm ganz freie Hand gelassen, in dieser
Hinsicht anzuordnen, was er für geeignet hielt.
Infolgedessen hatte er Poussielgue, dem ersten Gesandt-
schaftsaekretär in Genua, den wir schon gelegentlich der Un-
ruhen in der Ligurischen Republik kennen gelernt haben,
am 12. November den Befehl erteilt, die Verhältnisse in
Malta an Ort und Stelle zu studieren. Um nlier die Sendung
Bo unauffällig wie möglich zu machen, bekam Poussielgue
npsBnillKcllafllril'k
PousHiulfiue.
amtlich den Auftrag, auch die iiisehi Korfu, Zant«, Kepha-
lonia und Cerigo (Kj-thera) in der Eigenschaft eines Gene-
r^inspektors za bereisen. In einem Briefe an das IHreb-
torium von demselben Tage gab aber Bonaparte den wtih
ren Grund an.
In dtini Entwurf zur Landung in England, den ex ud
14. Dezember 17!)7 .seiner Regierung überreicht«, kam je-
doch Malta nicht mehr in Betracht, Pouasielgue erhielt da-
licr Gegenbefehl. Iis w ar aber zu spät, denn er war bereii>
abgereist. Xachdem er sich etwa drei Wochen auf der Insel
aufgehalten und sehr nützliehe Beobachtungen gesaramfi"
hatte, [(ehrte er nach Italien zurück. Von Mailand aus riti -
tete er am 8. Februar 1798 einen sehr interessanten ai;>-
führlichen Bericht an Bonaparte, der diesem später den-.
noch von großem Nutzen sein sollte!
Durch die Einrichtung der Zisalpinischen Republik, der
Erledigung der genuesischen und venetianischen Verhält-
nisse, vor allem aber durch die FHedensverhaudlangen nui
<Ien kaiserlichen Abgesandten in MombeUo, Passeriano und
Udiue, scheint Bonaparte vorläufig von seinen orient^-
acheii Plänen abgelenkt worden zu sein. Als ihn dann dte
Direktorium nach dem Abschluß des Friedens von Campo-
formido am 26. Oktober zum (Ibergeneral der Armee von
England ernannte und auch beauftragte, den Vorsitz der
französischen Friedensgeseilscbaft in Rastatt zu führen,
wurden Bonapartes Bücke nach Norden gelenkt. Sein^
Gewohnheit gemäß Heß er sich rä&ig den neuen Flui 6n
Zusammenstellung des nach Ei^jland bestimmten Heerw
und die Mögliclikeit einer Landung in Großbiitannien an-
gelegen sein.
WSirend sich Bonaptui« mit der Landung in Ei^fuid
beschäftigte und eine Reise nach der firanzöeischen Xffid-
hiiste unternahm, dachte Talleyrand über einen Feldzog
nach Ägypten nach. Er war, wie wir wissen, schon früh«
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diesem {ntereBSftnten Plim nahe getreten. In der letzten Zeit
waren ihm auch zaidreiohe Denbsoluiften über die Türlcei
imd Ägypten zD^^angen. Er reichte deehalb am 14, Febraax
I79S dem Direktorinm einen Tiasi zur Erobenmg Ägyp-
tens ein*). Und wiederum wax hierbei Mf^all<ni, der fran-
zösiBohe GeneralkfUffiol in Ägypten, im Spide, denn dessen
am 9. Felnmar m den Minister eingereichte DenJkschiift mag
Talleyrand bestimmt haben, die seinige dem Direktorium
vorzulegen und einen I^dzug nach Ägypten als wünschens-
wert und T<Hi»ilhaft darzustellen!
Ye^Ieioht man beide Deoksohiiften miteinander, so fin-
det man in dem Talleyrtuidsohen Beridb.t diesdben Beweg-
gründe wie bei Magallon. Natüriioh erört^ der jUinister in
einer sachkundigeren Weise als der OeneralbonBul Magallon
die diplomatischen Beziehungen der Pforte zu den europÄ-
ischen Mächten, die aus einer Besitzergreif ui^ Ägyptens für
die Französische Republik entstehen könnten.
Es ist nahezu ausgesclilossen, daß Bonaparte von der Ab-
sicht Talleyranda Kenntnis gehabt hat, denn die Denk-
schrift Talleyranda wurde auf Grund des Berichtes Magal-
lone vei-fdiit und wiebt^u Tage vor der Rückkehr Bonapartes
nach l'ariM dem Direktorium übergehen! Als Bonaparte
nach dem ägyptischen Feldzug im Jahre 1799 naoh Frank-
reich heimgekeiu^ war, ließ er sich übrigens das Schriftstück
Talleyrands bringen und versah es mit Anmerkungen.
Seine Beobachtungen fielen aber nicht zum Vorteile des
Ministers aus**). Sie beweisen vielmejir weiterhin, daß
der General von der beabsichtigten Eingabe dieser Schrift
*] Schon am 23, Juli ITDT hatte Talleyrand dem Diiektorium diei Denk-
aobrilten mitgeteilt, die die Möglichkeit eines AngriHB esgai die EngUäider
im Lidiau mit Hilfe der indischen Fiiraton in Betraoht sog.
**} Als Talleyrand geschrieben hatto: „Sea cheb (diodeiAHDM von Ägypten)
a'muoDt paa bcsoin d'ötro pourvua de gronda tolants militah™". hatte Bonn-
parte htDZUgelügti „Quelle foliel". Uütte Bonapaita von dem Schriftstäok
Todiar TTmiTitTiiii gehabt, er würde wohl luemala ditwen Satz Talleyranda
haben stehen lassen!
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keine Kenntnis hatte, denn er würde sonst VerBchiedenee
darin geändert haben!
Inzwischen wird der Minister des Äußeren <len Bericht
BonaparteH gelesen haben, den dieser dem Direktorium am
2:t. Februar 1798 iibermittoHe. und w^irin er die Möjrür!.-
keit eim^s I'VI.I/.uk^ ilacil Kiiglaiid l»-/weifeltf. \'iL-!lei.l
hiit aiji'h B,>iut|iarte solb.sl um diese Zeit 'Mi 'l'allt-yi^iL
von seinen Zx^eiteln fiesiunchen. Da der Ceneral nnii eim ■
uiiniiltell)aren .\Il^^■iff auf ICrijrlan.ls Küsten für irnj-et-ip;. ■
liiell. (ia,s Diiektni-iuni alier el>enMüweuifr geneigt war. n.
Kn^fland Frieden zu schließen oder Hannover und Hai,,-
l>urL: \veg/,unehnien, so ist es nahehegend, daß beide Männer,
Ho]ia])in-le und Talleyrand, zusantmen den Plan eines Uii-
leiiu'liMiens nach Airypten weiter erörtert haben, bis siiL
eiidlicli das Direktorium zur Ausführung entschloß.
Wit.s Xajinledn .sen)st auf Sankt Helena über den Plan
<les Kelil/iigs naeii Agy|iten sagt, trägt nur da/U bei. di'-
Sai-)ila^'c /.n verM irren ; man darf ja nicht vergessen, datj i ■
sieli fast keiner .lulhentiwhen Dokumente bei der Ahf;!-
sung seiner Memoiren bedienen konnte und oft absielitlii j.
die Tataaehen anders hinstellte, als sie gewesen ?ind. T.ii-
leyrands Memoiren verdienen noch weniger Glaubwürdig:-
keit. Der Minister .schreibt darin ganz harmlos: „Nachdem
er (l><)Ha|iarte) den ]''rieden mit O.'iten-eich unterzeichnet
hatte . . . kani er nach Paris, uiu dem Direktorium die Er-
oberung Äg>-ptens vorzuschlagen" (!)•).
•) Da doa Onbemehniaa fehlwihlug, war er natüiUdh 4er eiste, der eich nin-
waschen woUlfl. In einigen von ihm un 29. Henddor und am 7. Tbernud«
(IS. und 2B. Jnli 17BE)} eischienonen Aitikeln in der „Gaiette natiotule aa
.llonil<3ur univprscl" boliauptcto or, daß daa XlDtemehmeD nach igypt*n bf-
i iMi-s vor Hcmom Eintritt ins Ministerium beabeichtiet yroräen sei. Der frahpft
iiiiiiater Dclaoroix lohnte in seiner Antwort vom 30. Heaaidoc (16. JuK) ebm-
falls die Vcrantwortliclikeit ob. — lalleyrand gebSrl übrigens m deiijenipn
die behaupten, das Diraktoriuin habe dm Feldiug nach Ägypten nur <h*
halb gelülligt, um Bonaparte, der otinc Beschäftigung war, aus Frankrrirli
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BarroB io seinen gleichfalls höchst lügnerisclien und un-
zuverlässigen Memoiren und Larevelliere-Lepeaux schie-
ben die XTrhebersohaft, das heißt die Schuld an dem miß-
glückten Unternehmen, Ronapart-e in die Schuhe.
lleubell hat keine Memoiren, nur eine Aufzeichmmg einer
laugen Unterredung mit dem Ersten Konsul im Februar
1802 hinterlaesen.
Der Wahrheit am nächsten kommt sicherlich Merlin de
Douai in seiner Rechtfertigungsschrift, die er im Jahre
1799 dem Rate der Fünfhundert eim'eiclite, da man unter
anderem auch ihm den unglücklich verlaufenen FeIHzug in
273
Ägypten vorwarf. Er sagt mit Recht: „Wenn man aoct
nicht behaupten kann, daß es Bonapaite gewesen ist, d«
zuerst den (ierinnken vm diesem Feldzug gehabt hat, BO
kann man doch woniir^funs versichern, daß er ohne ihn
nidit zur Auttfiilirung gelangt wäre!"
Eine nichtige Quelle bilden auch die Berichte Sand' -
Rollins an seine Regierung. Am 22. Februar bereits ^elnii '
der preußische fJcsandte, indem er sich die Worte Talh.-
tandflin den Mmid legte: .,. ..Uii liabe in <ler Tai ein Ii -
ternehinen vorgeMehlagoii, das nn,-,ore Kolonien aiisdcbn-.
und die fleschichte der Welt erweitern uünle. Man köiuU'-
die in halicii hciHidlu hcii 41) WO Mann verwenden, um dcü
blühfiulsten Teil A-yj)leii^ /ii erobern...-' Am 1!). Ajni:
boricbtet derselbe fio.sandte: Tulleyraiid hat mir gt-
standen, daß er mit Magallnn. den^ Konsii! in Ägypten, der'
Urheber dieses großen Untcraeinneii.s r-ei, und daß er Bich •
davon den größten Erfolg verHjaiii-he,'"
Wir können also da,s Schluläergebnis in folgende Wort':'
/.u.sanimenfaitsen : im allgemeinen werden Bonaparte oder
lalleyrand ala die Urheber bezeichnet. Beides ist falsch.
Man muß genau, wie in ähnlichen Fällen, den oder die
Urheber des Planes von denen trennen, die das l'nt^r-
nehnien ausbauten oder zur Ausfiüirung brachten. Wollte
man Kamen anführen, so müßte man an erster Steile Ma-
gallon und andere, die Denkschriften über ein militärische?
Unternehmen nach Ägypten einreichten, an letzter Stellt-
aber das Direktorium nennen, das doch das entscheidende
Wort zu sagen hatte*).
Der Gedanke, sich Ägyptens zu bemächtigen, hat sich
nach und nach in zahlreichen Köpfen entwickelt, die ihn
alle auf ihre Weise aaabauten nnd der AuBffihrimg nähe
*) Die tatsilcblicbe Verontworüichkeit ütgb natürlich daa Direktorium,
(las die auaführeiide Qewalt In den HSnden hatte. Der BegiBruiig wuidai
jühilich Hunderle von Denkachriltaa eingereicht, ilba deren AmiBlmM odn
Ablehnung sie allein zu entecheidea baite.
274
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brachten. Man könnte sogar noch weiter ak bis auf Lcibniz
zmräckgehen, der im Jalue 1672 Ludwig XIV. die Er-
oberung Ägyptens vorschlug, um den König von Deutsch-
land abzulenken*). Außerdem könnte man noch zahllose
Männer erwähnen, die durch Taten oderDenlfflohriftea den
PlfiTi reifen ließen, der dann durch Bonaparte v.ur Ausfüh-
rung gebracht wurde!
•) Efl BcheiDt, cUB Bonaparta von dar Denksehtilt des eroQon deutmhon
l>htloeapbeii, „Conaüinm negyptiouni" geauuit, nicbta wüßt«, denn sie war
daiAals vüllkomjDen vergeeaen wordon- &rat im Jahre IS03 vurde eine Ab-
BObrift dar DeokschriCt vährend der Besetzung Humovers durch Mortier in
der Bibliothek zu HaunoreT aufgefunden. Uortier sandte das Exemplar am
20. Juli an Bonapacte, der ea Monge anvertraute, Biaaer hinterlegte im
Jahre ISIS in der Bibliothek dea ,Jnsti(ut national".
275
ELFTES KAPITEL
DIE VOBBEREmmGEN ZUM ÄGYPnSCHEN
PELDZUG.
(März bis Mai 1798)
Zusammensetzimg der Landungstruppen und da
Flotte, — Abreise der Geschwader aus Toulon, Mar-
seille, Genua., Cirita Veoohia und Korsika.
~Vraohdem der Feldzug nach j^gypten endgüHig entschieden
X\ war, machte sich Bonaporte mit Feuereifer an die Vn-
'wirklichung dieses Planes. In einem eingehenden SchreibeD
vom 5. März 1798 gab er die Maflnahmen an, die zu er-
greifen waren. Am selben Ta^ ernannte das Direfettuium
einen Atisechuß, der Bich sofort an das JfitteDändisohe Meer
begeben sollte. An der Spii^ dieses Äusscbusses stand der
Konteradmiral Blanquet du Qiayla ; ihm beigeordnet waren
der Maiinekommissar Le Roy, der Artilleriegeneral Dom-
martin und der Oberzahlungeanweieer Suoy. Sie hatten nur
von Bonaporte Befehle zu empfangen.
Am 12. April erschien eine Reihe von Beschlüssen, die
sieh alle auf die Bildung der Orientarmee und die Ob-
liegenheiten des Oberb^ehlshabers Bonaparte bezogen.
Dieser erhielt nicht allein Befehl, sich Ägyptens zn be-
mächtigen und die Engländer so weit wie möglich aas ihira
orieatalisohen Besitzungen zu verjagen, eondem es wurde
ihm auch aufgetragen, die Landenge von Suez za durch-
stechen, dne SchicIcBal der Urbewohner des Landes za ver-
276
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bessern, dabei aber mit der Pforte in gutem Einvernehmen
zu bleiben. In einem weiteren Beschluß bekam Bonaparte
aiiüh Befehl, sich Maltas zu bemächtigen.
Man sieht aus diesen Anordnungen, daß das Direktorium,
vermutlich auf Veranlassung Bonapartea, auch noch einen
kulturellen Zweck mit der Besitzergreifung Ägyptens ver-
band. Und in der Tat, war auch die politische Herrscliatt
iiiclit von langer Dauer, so waren doch die Ergebnisse der
CielelutenkoniniiBsioii von größter Bedeutung, denn aus
joner Zeit her rührt erst die wirkliche Erforsohnng des alten
Wunderlandes.
Bonaparte entfaltete eine unglaublich fruelitbarc Tätig-
keit in seinem kleinen Hanse in der Rue Chantcreine! Tag
und Nacht war er mit seinen Plänen und den Mitteln zu
deren Auaführiing beschäftigt. Noch nie, seLbst nicht
in Italien, hatte man ihn so tätig gesehen wie in jenen
Tagen.
Als ausgezeiclmeter Menschenkenner wußte er Mitarbei-
ter zu finden und sie für seine Zwecke zu begeistern. Es ist
bekannt, wie alle, die sich ihm näherten, seinem eigen-
aj-tigen Zauber unterlagen. Er kannte die meisten Generale
[icfsÖntich, die an dem Zuge nach Ägypten teilnehmen soll-
ten, untl wußte im voraus, wie und zu weichten Zwecken
er sie am besten verwenden konnte.
IJerthier, sein getreuer (Jefälirte auH dem italienischeti
Feldzuge, mußte natürlich das Amt des üeiieralatabschefs
wieder übernehmen. Bonaparte wußte, was er von ihm
Tetlangen konnte. Üesaix' und Klebers Eigenschaften hatte
er, obgleich diese Generale nicht mit in Italien gewesen
waren, teils liei der BeHichtigungsreise an die Küsten, teils
sebou voriier kennen und schätzen gelernt. Dem einen wur-
den die Küstungen in Civita Veoeliia übertragen, die der
Obergeneial nioht selbst überwachen könnt«, dem anderen
wurden sämtliche I^Tisionen untergeordnet, die sich in Tou-
277
Ion, ;\[iirseillo und auf Korsika aoninit'hi sollten. CaffareLL
wurde mit der Zusammenstellung der Gel ehrte nkommiasioL
betraut, über deren Tätigkeit in einem besonderen Kapite.
gesprochen werden wird.
Bonaparte selbst hescliiiftigte sich mit den versehieden;-
liohsten und auch nebensächlichsten Dingen. Nichts entgins
seiner Aufmerksamkeil. Fast tiif;li:-h gingen seine Befehle
nai'ii Tüuloii, Lyon, Marseille, Genua, Rom, Civita Vecchia.
T\o^^i],a, ab^fo.-rhi-n von den nach Paris bestimmten scbrifi-
liclicii ndiT iminiilichcn Anordnungen. Er wüßt« und kannte
alles; er stand vollkommen über dem Stoff, den es zu be-
wältigen galt, und nur die Zeit setzte seinem großen Geiste
manch mal eine Schranke.
Nicht allein dem Heere und der Flotte galt seine Fi>-
sorge, sondern auch der Gelehrtenkommission. Die gering-
sten Einzelheiten überlegte er und besprach ihre Ausfiii-
nmg mit Fachleuten. Heute ging eine Beschwerde an der
Minister des Iimem, daß der Direktor der Buchdruckern
sieh weigere, dem GelehrtenausschuU die arabischen und
griechischen Buchataben zur Verfügung zu stellen, am
folpcndcn Tag gab er Bcfeid, eine Bibliothek anzukaufen,
die er meist nach eigenen Angaben zuaaminengestalli
hätte, und von der uns Bourrienne ein obecflSohlichee
Terzeichnia gibt.
Während Bonaparte alle fäd^ deB üntemehmms in
seiner Hand in Faiis vereinigte, wurde in den versohiedeneD
Hafenfdätzen in fieberhafter Tätigkeit gewbeitet. I>ie Mit-
glieder des Marineaussohusaes trafen nach und nadi
zwischen dem' 16.' und 31. Märs in Toulon ein. Wenige
Tage später, am 2. April, kam auch Brueya mit seinem Ge-
schwader wohlbehalten von Korfu aus {ul Für seine Ye^
dienete bei der Besetzung der Jonisohen Inseln wuxde er
durch Beschloß vom 12. April zum Vizeadmir^ ernannt.
Am 24. April wurde der Tljähr^ Kiie^minister F14vil]e
278
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I«? Pciley (hitTli den KnnioradmiralBruix ersetzt, damit eine
jiiiitriTc i^raft daa Mariiieministeriiini leite.
Toiüon ivar der Hauptsam mtlp! atz sowold für diu Flolto
Iii« auch für die Landungati'iip[K;ii. Die Stadt und der Hafen
biitfii einen sehr interfiBSfintnii Anblick dar; überall aah man
Bewejjimg und leiiiiaftest« Tätigkeit. Und da man nicht
wußte, weh'heni Zweeke alle diese Vorbereit luigen dienten,
iimgah das ganze Treiben etwas Geheimnisvolles.
Zum Befehlshaber der Division, die sich hier veraamiiieln
sollte, bestimmtt' dt-r Oher goneral, einem Befehl an Borthior
\-oiii 20. April Kufüige, den Divisionsgeneral Kleber. Wenige
Tilge darauf, am 28. April, teilte Eonapart« diesem mit, daß
ilim außer seiner eigenen noch die Division Eeynier (in Mar-
seille) und die Division Menard (auf Korsika) unterstellt
seien. Der Geniogeneral Caffareili, der früher die Befugnisse
eines stellvertretenden Generalatabachefs an Stelle Ber-
thiers ausgefüllt hatte, nahm jetzt denselben Posten bei
Kleber ein.
General RejTiier sollte den ObcrbefeW über die Di\-ifi()n
übernehmen, die nirh in Marseille versnmmelte. Am in, April
reiste er aus Pari^ ab und begab sieh über (irenobk-,
Valence und Avignon, uo er überall Schritte zur Besfldeu-
nigung der Arbeiten tat, nach dem Ort seiner Bestimniung.
Hier traf er am 22. A]iril ein und übernahm, auf Grund cinef
Befehls vom Obergeneral an seinen General ata hsehef Her-
thier vom 30. April, das Kommando seiner Division. Anfang
Mai waren die Vnrbci eitungen beendet, und auf Befehl Kle-
beiö versuchte Heyiiier am 8, Mai die Anker lichten zu las-
sen. Wegen der ungünstigen Winiie jedoch mußte die Al)-
fahrt naeh Toulon verschoben wenlen. Kndhch konnte da.'^
tieachwader den Hafen am 11. Mai verlassen und kam noch
an demselben Tage in Toulon an. Der Befehlshaber der Di-
vision, General Beynier, befand sich an Bord der Fregatte
„L'Alceste".
279
In Korsika sollte t-ine weit (.To Divis^iou >!L'l)ildet werden.
Infolpo der ungünstigen politisclieu Lage auf der Insel ginger.
die ^'orhereit nngen sehr langsam vonstatt«n. Dort bef ehligii
der General Vau boia, den wir bereits auw dem italieniachen
Fcldzug als Kommandanten von Livorno und aus den
Kämpfen am Oardasee kennen. Mit dem Oberbefehl der nat:
Ägypten bestimmten 23. Division wurde jedoch der er--
kürzlich zum Divisionär ernannte Genera! Menard betr.nu,
der clio eine Division in der Sehwciz befehligt liattt. Menar i
war aber Vauboifi nnterstcllt. Tn den ersten Tagen des Monat-
April kam er in Bafitia an, doch erhielt er kurze Zeit dara:.:
vom Direktorium Befehl, sich nach Itahen zu begeben. Vaii-
boU übergab daher den Oberbefehl über die beiden Hall-
brigftden dem General Casalta, Aber dieser wurde seiner
schlechten Gesundheit wegen von Bonapart« nicht anpi-
nommen und schließlich durch Tagesbefehl vom 13.
durch den kurz zuvor zum Divisionär beförderten General
Bon ersetzt. Die Division erhielt am 0. Mai Befehl, sich nn-
verzüglich einzuschiffen und sich nach der Maddalena,
im Norden von Sardinien, zu begeben.
Von dem französischen Konsul Redon de Belleville unter-
stützt, überwachte General Berthier die Vorbereitungen in
Genua. Wie man weiß, sollte er an dem Feldzag ^ General-
stabschef Bonapartea teilnehmen. Da seine Anvesenheit in
Italien aber noch nötig war, vertrat ihn währenddesaen der
General Caff arelli.
Ende März bereite war der Divisionsgeneral Baragnav
d'Hilliers in Genua angekommen*), der die hier in der Bil-
dtuig begriffene Division befehligen sollte. Bar^uay hatte
sich ala Befehlshaber der ehemaligen Division DaUemagne
im Feldzug gegen den Erzherzog Karl und hai dsrBeBeisung
*) Auf Wunsch de» Obeigmerals HoUto gieh Monge mit verBoMedsneD andaRii
GeiohrtPn und InDi>iileuren von Genus aua einachiffan. Jedoch wurde du
Plan BcBiniert, di'mi die (ielehrten fuhren von Civito Vewbia ab.
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von Venedig ausgezeichnet. Boniiparte ertflilt« Baraguay
d'Hilliers am 19, April Befehl, am 6. oder 7, Floreal (25. und
26. April) die Anker zu lichten imdaichinToulon der Haupt-
flotte anzuach ließen. Wegen der Angelegenheit Bernadottes
in Wien mußte die Abreise jedoch aufgeschoben werden.
Äk sich dann die politische Luge geklärt hatte und die letz-
ten Vorbereitungen beendet waren, gab Bonaparte am
2.' Mai nochmals Befehl, na^h Toulon aufzubrechen.
Die Truppen waren bereits auf Grund des früheren Be-
fehls am 27, April eingeschifft worden, und die Flotte befand
Bich schon im Hafen von Toulon, als der Gegenbefehl ein-
traf, zurückzukehren und die Truppen in Genua wieiJer ana-
zuBchiffen 1 In der Nacht vom 9. zum 10. Mai traf Baraguay
281
d'HilÜers wieder in (Jciiiia ein, wo inzwischen der entigiiltigf
Befehl Bonapartes zur Fahrt vom 2. Mai angekomnien wnr
Am 17. Mai lichtete man nun nochmals die Anker, utn nn']
Toulon zu faliren.
Durch einen Beschluß des Direktoriums vom 1 6. Min >
war der Gieneral De-saix zum Oberbefehlshaber der Divisi'Ti
emarmt woi-den, die sich in Civita Vecchia, nordwestliei;
von Ron», eineclilffen sollte. Da Civita Vecchia sehr weil
von Paris entfernt liegt, und Bonapartc die Vorbereitungen
dort nicht selbst überwachen konnte, hatte er diesen
Posten einem erprobten Gieneral übertragen. Desaix war
am Tftge naoh seiner Ememitmg aus Paris abgereist tmd am
2. April in Kern Bi^Iangt. Hier trurde er Ton den R^ie-
run^kommisaaren Villemanzy, Haller und Monge sehr in
seinen Bestxebungen unterstützt.
In£o^ des Zwisohenfalles in Wien war das Zuatande-
kommen des orientalischen Feldzngs eine Zeitlang zweifd-
haft gewordffii. Jedenfalls hatte Bonaparte am 23. April
dem General Brune, der als Obergeneral an Berthiers Stelle
in Italien befehligte, die Divisionen in Genaa und Civita
Vecchia in Voraussicht eines Österreichischen Angriffs zar
Verfügung gestellt. Noch ehe Nachricht von dem Zwrächen-
faU m it Bernadette in Paris eingetroffen war, hatte Bonaparte
am 19. April Dcaaix Befehi erteilt, am 10. Florial (29. April)
unt«r Segel -/.u gehen, die Küsten Neapels hinabzufahren,
die Meerenge von Messina zu passieren uiwl in Syrakus,
iiiüglichst aber in Malta tot Anker zu gehen. Am nächsten
Tage ^wiederholte er den Befehl. Aber am 23. April mußte er
den) General Desaix die Weisimg erteilen, die Truppen wie-
der au^uschiffon, falls sie sich schon auf den Kriegs- und
Transportschiffen befänden. Nachdem aber die Angelegen-
heit niil Bernadotte geregelt, beziehentlich zur Verhand-
lung nach Sei/, \ ei-wie8en worden war, schrieb Bonaparte
am 10. Mai an Desaix, daß er sich bereithalten sollte, sich
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der Huuptflott« aiiziischließeii, wenn diese auf der Höhe
von Korsika angelangt sein würde.
Ehe der Obcrgeneral Toulon verließ, sandte er den Gene-
raladjutanten Casar Bertliier*) mit Depeschen für den Gene-
ral Desaix nüch Goinia, die von dort aus vom französischen
Konsul lipilon de liellevilic weiter befördert werden sollten.
Aber in/.wiscliün war die Brigg „Le Salaniine'". die erat
nacli der Abfahrt Bonapartes von Toulon den Hafea ver-
lassen hatte, vor dem Boten zu Lande in Civita Vecchia
angekommen und hatte dem General Desalx die Befehle xur
Abfahrt überbracht. Mit 61 Sofaiffen, vovon eine Fregatte,
zwei Brig^, zwei AviBos, zwei Kanon^boote und 63 Trans-
portfabizeuge, veilieS Desaix am 26. Mai Civita Vecchia.
Der General Belbat befand doh mit seinem Stab und mit
Monge m. BokI der IVegatte ..La Coun^use".
Trotz aller Abeiehten Bonapartee und des Sirektonums.
das Ziel des ubereeeuohen Feldzugea geheimzuhEilten. wurde
infolge der angeordneten Maßnahmen das wahre Ziel von
vielen erraten. Um die offentbche Memung m I^ankreioh.
beeondeis abra die zahlreuthen Feinde der Französischen
Bepubhk über den Ort der Bestimmung zu tauschen**).
gnS das Direktorium zu einer List. Es erbeß am 31. Marz
emen BesohluB. in welchem Bonaparte befohlen wurde,
sich nach Biest zu begeben, um dort den Oberbefehl über
die nach England bestimmte Armee zu übernehmen. Um
h 1er T 1 1 P 11 I 1
Triij>i>iTL ..iii«u=uclion und iiu Lngi-r die Wul.l <Iit tjuartici-e und
«■ilung d.-r U^bciiflinittol lu überwachen.
aio Lnginnder ircsEuIulireD. wurden dia Truppen, die Bich im Buden
ikreicn wisammeltfln. nui ..Linker Fiugd der Armee von England
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wurden Abschriften des Erlasses verschiedenen Journalist<?n
ubergeben, die nicht verfehlten, ihn abirudnickeii, obgleich
sich am SchluU die Bemerkung befand ..Der f;(.'^'onw:ti-tige
Beschluß wird nicht gedruckt' *).
Die im Volke umlaufenden Momuiigeii. wohin der Fcldziig
genclitct ROI. «aren natürlich sehr verschieden. Manche
sprachen von Irland oder England, einige von Sardinien,
Gartafrena, (Gibraltar, Alalta. Neapel, Sizilien. Albanien, dem
EpiruH. der Levantf'. andere sosur von Portusral, der Krim.
Bra.silinn. Indien. schlicl31ich /-ahlreiche Leute, vor ailom die
Seeleute, von Ägypten. In Wien. London, hankt. Petert^hurg
und Konatantinopel waren natürlich ähnliche Ansiehten
über das /lel des L nt-crnchnicns verbreitet.
In dem „Pubbciate vom U, lierminal (31. Jlarz] lie.-it
man die Bemerkung: ..Man versichert, daß Bonaparte in
fünf oder sechs Tagen sich nach einem unbekannten
unserer Küsten begeben »ird. Es ist besonders eretaun-
Lch, das eimge Personen behaupten, es konnte das Mittel-
ländische Meer, vielleicht sogar Toulon selbst sein. So
unwahrscheinlich auch diese Behauptung ist, so scheint
es doch sicher, daü sieh einige Generale m aller Eile nach
Toulon begeben haben, daß die Vorbereitungen für einen
Feldzug zur See in diesem Hafen mit größter Tätigkeit be-
trieben werden, und daß bereits 10 000 Mann Landungs-
truppen sich dort befinden oder auf dem Wege dahin sind.
Man smt. sie seien für eine Emschiffiing bestimmt. Wir
wissen nielit, was itinn von dem Gerücht emea FeldzDgee
iKicli Ägypten denlicn soll, soll sogar im Einverständnis
mit dem Sultan geschehen, den man von eimgen ungehor-
samen Paechas befreiea will und ihm dafür den Best seiner
Staaten gewährleietet."
*) DBaDirelctoriumwlieQBOwoMBefehle,diefaid{eOaentU(dibeltbnt{iDmt
wurden, als such Bolclie, die nur Eingewrihte, Hlnlstar, liSheie Beamte od«-
Obergeneralc Angingen und gehcdm gehalten weiden maOten.
2S4
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Die Zeitung scheint aber von der Kegieriiiig einen Wink
bekommen zu haben, denn als sie um 17. Floreal [6. Mai)
die Abreise Bonapartes nach Toulon meldete, widnrrief sie
die frühere Veriimtiing und sagte, es handle sich mir um
einen AnschluB an die spanische Flotte, und am 18. h'lo-
n'*al (7. Mai), bezwecke man eine Vereinigung mit der vo-
nctianischcn Flotte (das heißt, der von Brueys herbeige-
führten ehemaligen venetianischen Kriegaachiffe), mit der
man geineinaam eine Landung in Irland oder England ver-
suchen wolle. Der „Chef du Oabinet" vom 19. Flor^al (S.Mai)
und der „Patriote fran^ais" vom 27. und 28. Flor^al (16.
und 17. Jlai) sprachen auch die Vermutung aus, daß es sich
um eine Landung an den großbritannischen Küsten handle.
Ea ist wirklich zu verwundern, daß das Geheimnis des
orientalischen Feldzuges so lange gewahrt wurde. Meist
wird gesagt, daß es außer Bonaparte und Talleyrand nur
noch das Direktorium gewußt hätte. Ich behaupte aber, daß
es wenigstens einige Dutzend J'ersonen tatsächlich vniß-
ten*), und vielleicht einige Hundert auf Grund der Maßnah-
men mit Bestimmtheit annehmen mußten! Um so mehr
ist es anzuerkemicn. daß kein sc lilechter Gebrauch von dem
Geheimnis gemacht « urdc.
Außer Bonaparte, Talleyrand, dessen Sekretär, violleicht
auch Magallon und den fünf Direktoren wußten es sicher
folgende Personen: Bourrienne, Monge, Berthollet, fiticnne
Geoffroy Saint-Hilaire und sein Bruder Marc Antoine, Cu-
vier, Denon, Caffarelli, der Oberzahlmeister Sucy, der Zahl-
meister Najac, Deaaix, Kleber, Brueys, Marmont, Dolomieu,
der Geschäftsträger in Kons tan tinope! Ruffin, der preus-
sische Gesandte Sandoz-Roliin, gewiß auch Brune, Do-
minique Joseph Garat, Joseph, Lucieii und Louis Bonaparte,
*) Joinard ia den „Sauvenira sur Caapard Monge" behauptet, außer Mauge
und Berthollet hätten ea nur drei bb vi^ ( I] Fenooen gewußt. Kleber da-
gegen bemeikt in seinem TagebucU gelegentlich der Ereignieae vom 30. Frai-
tiei (18. Juni), kaum 40 Fetsonen hätten daa Ziel der Beiae gekannt.
Eugen Bcauharnais, möglichcnialls auch nocli einige Adju-
tanten IJonapartes, Duroc, Sulkowsky, Merlin und Lava-
lette. Bonaparte wird seine Frau und seine Sehwestem
gewiß nicht eingeweiht haben, denn sonst «ürde das Ge-
heimnis wohl bald verraten worden sein! Wie Marniont i:.
seinen ]\remoii-en sphreibt, habe es a\ich nicht einmal dir
KrieRsiiiinister Sicherer gewußt.
Übrigens glaubten viele Fernerstehende oder Unbeteiligte
genau zu wissen, daß sich ein Feldzug in die Levante oder
nach Ägypten vorbereite, waa die zahlreichen Denkschrif-
ten, die das Direlttorium in jenen Tagen erhielt, zur Genüge
beweisen. Viele kleine Tatsachen deuteten auch klar darauf-
hin, wohin das Unternehmen gerichtet sei. l>esaix und Monge
ließen eifrige Nachforschungen in den Bibliotheken Roms
anstellen, um Bücher über Ägypten, Syrien und Persien
au&ofinden. Auch nahm Desaix verschiedene Ägypt«r und
Syrer in seine Dienste. Ebenso ließ Ronapart« in Paria und
anderen Städten nacii Werken über Ägypten und Syrien
forsuhen. Auch suchte man eifrig in Paris und Roni nach
arabischen Schriftzeichen und naeh Leuten, die in orienta-
lischen Sprachen bewandert waren!
MemoirenBchreibem natürlich darf man in dieser Hin-
sicht wenig trauen, wenn sie behaupten, sie hätten von dem
Ziel der Expedition gewufit. ManweiS ja, viezshlreicheEi^
innei-ungswerhe oft viele Jahre naoh den Ereignissen und
nur mit Hilfe des GädächtniBses verfaßt wexdfsa. i/Gt den
Briefen ist ee aber eine imdere Sache. So sahrieb der Leut-
nant Thurman am 27. Genmnal {16. April) an seinen Vater:
„Man spricht von Ägypten", und am 4. Elor^ {23. April)
machte er bestimmtere Angaben. In einem Briefe von Mu-
rat aus Malta an seinen Vater vom 16. Juni heißt ab: „Via
müssen in zwei bis drei Tagen abreisen; ich weiß nicht, vo-
hin CS geht, ich vermute aber naoh Ägypten."
In einem Schreiben aus Toulon vom 13. Mai an Cuvier
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meldete Etienne Geoffroy Saint- Hilaire, daß die Generale,
vor allem Kleber, jedermann erzählten, es ginge nach In-
dien. In demselben Briefe sprach er abor ivic vnn i'iner gair
selbstverständlichen Sache, dalJ daü Zici der lici'^o Aii\-Y>iet
sei! In seinem ,, Journal" schrieb der Uent'iul iSelliard, de:
sich in Civita Veecliia eingeschifft hatte: „Wohin werd. :
wir nachher (nach der Vereinigung mit der Haiiptflottf ) -
hcn? Irh weili es noch nicht; aber es ist zu vernuiton, dr-.u
wir nach Ägypten segcbi werden." Auch Redout4 bericlitt- i-
in seinem Tagebuch, daß alles daraufhin deute, daß mst.
nach Ägypten führe, Aua einem in englische Hände ge-
langten Briefe Dolomieus an einen Freund vom 13. M*i
ersehen wir, daß dem Btiefschreiber ebeafalls das Ziel der
Reise bekannt war!
Der preußisciie Gesandt« Sandoz-Rollin berichtete ans
Paris an stiine Regierung am 24. März: „Man spricht vod
Malta, von Cartagcna, um von dort aus die Engländer aus
dem Mittelmeer zu jagen; andere sprechen von Ägypten."
Nach seinem Schreiben vom l!t. April will ihm Marmont.
Bonapart-cs Adjutant, liiii/.eUieilen iiher den Feldzug nacii
.Agyiiten mitgeteilt haben. Und in demselben Briefe schrieb
der Gesandte, Tallevrand habe ibiii gestanden, daß er und
Magalloii den Plan zu dem Unternehmen entworfen hätt^
Auch Garat, der französische Gesandte in Neapel, mußte ee
wissen, detui er .soll dem Minister Generat Aeton anvertraut
haben, daß Bonaparfes l'Vldzug gegen Ägypten gerichtet
.sei. Sogar Lucchesini sciirieb aus Paris am 21. April an
seine Regierung in Lucea, daß das Unternehmen voraus-
sichtlich Ägypten zum Ziele habe.
Nachdem des Obergenerals Anwesenheit in Paris niciit
mehr nötig war, verließ er mit Josephine, Bourrienne, Duroc
und Lavalette in der Nacht .vom 3. zum 4. Mai die Haupt-
stadt, um sich nach Toalon zu begeben. Uber Anxerre »md
288
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Ohälons-sur-Saöne kam er am 6. M^ii in frühester Morgen-
stunde in Lyon an. Am nächsten Tage fuhr er auf einem
Flußschiff bis nach Avignon, dann ging es wieder zu Wagen
weiter bis na«h Roquevaire, wo er sich aber ilie Nacht über
nicht aufhielt sondern weiter reiste. Untenvegs wäre iliiu
beinahe, wie Mormont in seinen Memoiren erzählt, ein Un-
fall begegnet, denn eine Brücke, die man überschreiten
mußte, war am Tage vorher eingeBtürzt, and man hatte
keine Voraichtsniaßregohi getroffen, um sie zu sperren. Mar-
tjcille berührte der Obei^eneral nicht, da er befürchtete,
dort zu lange aufgehalten zu werden.
Am 9. Mai gegen 8 Ulir früh kam Bonaparto in Toulon
an*) und nahm in der Marin ei ntendantur seinen Aiifenthalt.
Er ging in Zivil und trug einen Überrock mit eckigen
Frackschößen. Das wurde schlecht vermerkt, da dieses Ge-
wand in Marseille und Toiüon als eine Kleidung der Gegen-
rcvolutionäro galt. Bonaparte zog aber bald naoh seiner
Ankunft .«eine große flt;neralsuniform an, und trotzdem er
von ilcr Heise st'lir ermüdet war, nahm er sogleich eine Be-
«ichtiguTig der 18., 32. und 75. Halbbrigade vor.
Nach der „Gazette nationale et Moniteur univerael" vom
21. Mai habe Bonaparte an die Halbbrigaden eine begei-
sternde Rede gehalten, in welcher er den Soldaten den un-
sterblichen Feldzug von Italien ins Gedächtnis /iiriickrief,
der ihnen nicht allein Ruhm und Elu'e, soiulcrn auch
nehmlichkeiten des Lebens gebracht hätte. Jetzt versprach
er ihnen, daß sie durch den neuen Feldzug so viel erlangen
würden, daß sich jeder Soldat naeh .seiner Rückkehr seoha
.4cker (Arpent) Landes werde kaufen können !
Wenige Tage nach dem Abdruck der Anrede Bonapartes
an seine Soldaten erklärte sie der halbamtüchc „R^dacteur"
vom 24, Mai für falsch. Bereits am 22. Mai hatte die „Ga-
*) Die Angaben BChnoiiksn Ewiachen 6 imd 9 Uhr } B Vbr scheint miT am
zette nationale et Moniteur univer&el" Zweifel über die Edit-
heit der Kede erhoben, und am 24. Mai gab die Zeitang dne
andere, mildere Lesart, die vom General CaffareUi, dem vor-
läufigen General Stabschef , gegengezeichnet war.
Verniutlieh hat aber der erste Text seine Ricbtigkeit,
denn ^^eit^^t■no.ssen geben in iiiien liriefen oiier Tagebiicheni.
30 Etioiino (Ipoffroy de Saint-Hilairc in einem Briefe vom
9. Mai IUI Cuvier und Sulkoiif-kv in seinem Tagebiiche dii
Anrede in ähnlicher Kasnung wieder, wie sie der ...Mnniteiu"
KHersL bruclitt'.
Tim die scharfe?) oder uiibedauht«am liingewnrfeueii
^Vorte HonapaTtcw kii «iderriifen, hatte man eine zweite
J^üait gegeben, wie man es heute vielfach tut, wenn eir.
StiiatMol)erhaii)it, ein Slaat.sniann oder ein General in einer
Kede seinen Cedunken /.u freien Lanf gelassen hat.
Die wenigen Tage, die der (leneral bis r.ii seiner Abreise i;
Toulon*) verblieb, verwendete ei' /.u den letzten Vorbeiv.-
tungen für Heer und Flotte. Vor allem w ar er bemüht, einen
inneren Zusammenhang unter den verschiedenen Truppen-
teilen und -gattungen herzustellen. Wehr oft schenkte er
höheren Ofl'i/.ieren, Zivilbeamten und (lelebrten Gehör.
Selten s|iraeh er jeeloeh bei den Empfängen mit Leuten, die
ihm nicht persöidich bekannt w aren, es sei denn, daß er
ihnen dienstlich Hefchle zu erteilen hatte. In diesen Tagen
kam auch ein Teil ries berüehtigteii Herner Schatzes in ver-
schiedenen Geldsorlen an, die, in französische Münze wn-
gcrechnct, etwa (h-ei Millionen Franken betrugen.
Xaclidem am 18. Mai der ,,Aquilon" und der „Spart.iate '
den Hafen verlassen hatten, ließ Bonaparte um 5 Uhr da;
Zeichen zur Einschiffung der letzten Truppen geben. Am
niichsten Tage waren sowohl die Kriegsschiffe als auch die
Tranaportfahrzeuge zur Abfahrt bereit.
•) Um den Oborgenerol zu etmn, fand am Abend BSiD«r Ankunft in Tuokio
eine grolle Bdeuohtung der Stadt und dos SeSean statt.
2»0
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Die Kriegsflotte zählte folgende Fahrzeuge:
13 Schlachtschiffe: „L'Orient" mit 120 Kanonen; „Le
GuiUaume TeU", „Le Franklin", „Le Tomiant", mit je 80
Kanonen; „Le Spartiate", „L'Aq^uilon", „Le Genöreux",
„Le Guerrier", „Le Peuple Souverain", „Lo Timolöon",
„L'Heuieux", „Le Mercuie", „Le Conquerant" mit je
74 Kanonen.
6 Fregatten: „La Justice", „L'Art4inise", „La Diane",
„La Junon" mit je 40 Kanonen; „L'Alceste" und „La S6-
rieuae" mit je 36 Kanonen.
I Korvette: „La Badine" mit 30 Kanonen.
Als Hospital- oder Munitions- und Proviantscliiffe dien-
ten die Linienschiffe „Le Cauase" mit 70 Kanonen und „Le
Dubois" mit 64 Kanonen; ferner die Fregatten „La Sen-
sible", „La Coiu-ageuBe", „La Carri^re", „La Muiron" und
„La Leoben" mit je 3b Kanonen; „La Mantoue" und „I<a
Montenotte ' mit je 30 Kanonen.
Endlieh. kamen noch 36 kleinere Fahrzeuge hinzu, dar-
unter die Bngga oder Avisos „Le SalaminEi", ,,Le Lodi",
„Le Corcyre ', ..Le Fortunatua" und ..L'Alcrlc'', dio meist
als Aufklärerachiffe verwendet H urden.
Viele der Schlachtacliiffe waren aii i;nil in .-. lilrchteiii Zu-
stande; alle hatten nur ungenü<;eiirii.' Bi/sai/aiii^Tn und wa-
ren außerordfutlicli iibedadcn.
Es ist zu verwundern, daß Boiuipni if iiiclit vi-iMitht hat,
noeli einige Schlaclitsi^hiffe nun Hic-t kummcii /.ii hi.sHeu,
um der FloltL- t-in Überficwicht über ein ilim zur \'L-rfoIj;unfi
nachgesandtem cngli.sehes CJeschivader xii ^iuhmi.
Dio Kriegsschiffe, vor allf^m die Si lilaelit schiffe, bildcton
begreiflicherweise einen Uegenstund lebhaftester Bewunde-
rung für (iie l.aiidti upiiei) und die (.lelehrten. Uns Arlinirals-
achiff, der „Orient", galt damals neben der spanischen „San-
tiflsima Trinidad" für den schönsten Segler der Welt. Es
bieß früher „Sans-Culotte" und war nach der Übergabe
Toulons duruli die Royalisteii an die Verbündeten ini Jahif
1793 in die Hände der Engländer gefallen. AIk diese den Ha-
fen verlassen mußten, hatten sie es in Brand gcsteclit, aber
die repuWikaiii, schon Soldaten hatten ihn noch reohtzeitii:
löschen können. Die Engländer konnten das Schiff nii'h-
gut mitnehmen, da es sich noch auf der SchiffsHcrft Ix-
fand*).
Der Geonieter Villiers dn Terrage beschreibt uns in an-
suhiiulit-her Weise einen Besuch auf dem Adnnral.sseliiff b
seinem Tagebucli: „Eine sehr angenehme Treppe führte un?
auf do-s Deck, das sich ungefähr 25 FulJ iibei' dem Wasser-
spiegel befand. Auf demselben lugen der Waffensaal, das
HeratungsKimnicr und die Kajüte des Kapitäns. Oberhalb
dieser Räume war eine kleine Plattform angebracht, In de-
ren Mitte sich der Besanmast erhob.
In der Mitte des Schiffes befand sieh der Großmast, aD
der einen Seite der Fockmast, endlich ganz am Ende, in
einer Neigung von 45 Grad, das Bugspriet, Die oberen Ma-
sten der di'ei ersteren heißen Marsstengen, diejenigen ober-
halb Bram»tengen. Mit Mars bezeichnet man die kleinen
Plattformen, die die verschiedenen Masten miteinander ver-
binden. Auf dem Mars des BeeanmaBies etellt man kldne
Geschütze (Drehbassen) auf.
Das obere Deck des „Orient" war mit Ächtpfnndem, das
Zwischendeck mit Zwölf- und Aohtzehnpf ändern und das
unterste Deok mit Vierundzvanzig- oder Seohsunddzrä^-
pfündem bewaSnet. An der Äußemsedte des unteren Decks
befand sich der sogenannte Barmherzigkedtaaiikar, der
12 000 Pfund TFog und in 15 Minuten herabgelaas^ werden
konnte. Das unterste Deok lag fast in {j^ehw Höhe mit dem
Meereespiege], Das Kriegssohifi befand sich ebenso tief im
Wasser, als es über dasselbe herausragte. Üntcrhalb der
*] DbhuIb war der „Commetce do Hmeille" von 118 Kanonen das BOhönate
SchifF der franxSeiBoIisn Marine.
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Meeresoberfläche liegen das Krankenhaus, die Küchen, daa
Arsenal und die Pulverkammer,"
Befehlshaber des Landheerea und der Flotte zugleich war
der General Bonaparte, der sich mit aeinem GJeneralstab an
Bord des ,, Orient" befand. Die Flotte befehligte unter ihm
der Vizeadmiral Brueys; sein Generaist absehef war der
Konteradmiral Ganteaume,
Bi ueya d'Aigalüers war im Jalure 1753 geboreii und galt
füi- einen tüchtigen, tapferen Seeoffizier. Im Jahre 1793
wurde er verabschiedet, kam aber im Jahre 1795 nach Pa-
ris, «m wicd erangestellt zu werden. Hier machte er die Be-
kanntschaft des jungen Bonaparte, der sich sehr für ihn in-
teressierte. Am 21. ^lärz 1796 wurde er zum Konteradmiral
ernannt und erhielt im November den Befelil über das Gc-
schwader im Mittelineer. Im Auftrage Bonapartes ging« |
im folgenden Jahre mit seinem Geschwader nach Korfu uik
erhielt dann <iie Weisung, mit seinen und den venetiai'.
sehen Schiffen nach Toulon zu segeln.
Die 13 Schlachtschiffe waren in drei Geachwa4ler einge-
teilt, die eine lOte, })6ziehentlicli eine blaue oder weiS^rote
Flf^ge führten. Das erste Gesohwsder befehligte Bm^
auf dem „Orient", das zw^te der Konteradmiral Blanquet
du Chayla auf dem „Franklin" und das dritte der Konten
admiral Villenenve auf dem „Guillaume Teil". Der Konva
war dem Konteradmiral Deoröe auf det Fr^atte „IMane"
unterstellt.
Alle Admirale, die Bonapute ausgeiröhlt hatte, watto
erst kürzlich ernannt worden. Blanquet du Cha^ und Vil-
leneuve wurden an demselben Tage wie Brueys zu Konter-
admiralen erhoben; Decres und Ganteaume waren erst spä-
ter befördert worden.
Die Limdtruppen, die sowohl auf den Kriegsschiffen ak
auch auf den etwa 300 Transportfahrzeugen untergebracht
waren, stellten sich nach einer vom Oberzablmeister äse
Heeres Estdve ausgearbeiteten Liste folgendermaßen zu-
sammen:
Cteneralstab 143 Mann
Stab der Artillerie 67 „
Stab des Genies ' 66 „
Kriegskommissare 26 „
Arzte und Wundärzte 168 „
Zahlmeister und Kontrolleure 41 „
Venv-altuugsbeamte 446 „
Gelehrte, Ingenieure, Künstler. Architekten,
SchriftatcUcr, Zeichner, Konsulatsbeamte,
Dolmetscher, Buchdrucker, Zivilärzte . . 167 „
Zusammen I 123 Mann
294
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Übertrag 1 123 Mann
Reiterei*) ....
Artillerie und Genie.
Korpsoffiziere. . .
iveiflite liifaiiterio
iiifanteric , . .
Ouidcn
,5 403
ly am
480
2 810
3 245
2 270
Zusammen 36 000 Mann
In dieser Äu&telluDg fehlten verschiedene Truppenal>tei-
luiigen, die 15S0 Mann stark waren und einen Teil dei-
Gamison von M^ta bilden sollten.
Der monatUohe Sold des Heeres betrug 925 269 Franken.
Es befanden sich folgende DivisionsgeneraJe beim Heere :
Berthier, Baiaguay d'HillierK, Bon, Desaix, Dugua, A. Du-
mas, Kleber, Menou, Dumuy, Reyiiier und Vaubois**);
und folgende Brigadegencrale : Äudreossy, Belliard, Caffa-
relli du Falga, Ohanez, Damas, Davout, Dommartin, Friant.
FugiÄre, d'Heonzel, Lannes, Ledere, Manscoui-t, Mireui.
Murat, Bampon, Veaux, Verdier, Vial und Zayonchek***).
Die fünf Divisionen wurden von den Generalen Deaaix,
Kleber, Bar^ay d'HiUiers, Beynier und Bon befehligt
Dumas hatte den Oberbefehl über die gesamte KavaUetie,
Caff arelli du Falga, der von den Arabern wegen seines Holz-
hainee Abu Ehaschabeh genannt wurde, über das Genie-
korps und Dommiutiu über die Artillerie.
Der oberste Zahlnngsanwdser (ConmÜBsah« ordonnateur
flo nhei) war der sehr t&t^ Suoy; er wurde später durch
d'Aube ersetzt. Das Amt eines Zahlungsanweisers der Ma-
in finden hofft*-.
Heere befand, mit dem Bunaparte im Prvitijalir 17i>tl drTi iiiilieni.'tclicn ¥i-lti-
lug bagtum.
*■*) Richtiger Zafonczeb, sdt IT97 In fianiüaiflchen DiensUMi und aiu dem
FeldEug In Italien dem Oberbefehlshaber bebnnt.
295
mm Terwaltete Jjo Boy, das des ObetzahlmösterB dee He»
168 Estöve*). Generalkontroileur der Ausgaben war Pobb-
Bielguej er wurde spater GeneridTerwaltor der FütaiiBeii.
Als Oberarzt breiteten De^enettee, als Obwwundaizt
Larrey und als Oberfeldapotheker Boyer, dann Bondet, du
Heer.
Die Adjutanten Bonapartes waren: Ihiroc, Solkow^
Lavalette, Louis Bonaparte, Julüen, Merlin (Sohn des Di-
rektors), Junot, Croisier, Eugene BeauhamidB, Gnibert nnd
später Edouard Colberti.
Endlich möchte noch bemerkt werden, daß der Biigsde-
chef BessiSres die Guideri befehligte.
I* Im ganzen betrug die Zahl der Personen, die Bonapute ,
mitnahm, 54000 KSpfe, wovon 38000 Mann IiandtTuppeii, |
einsohließlioh der Geehrten und and^vn Zivilpereonen,
13000 Mann Bemannimgstruppen der Motte nnd 3O00 Ha-
trosen der Handelaaohiffe, die aber nur zum Teil Franzose» >
waren. i
Die Abreise der Flotte und der Tranaportfidirzeage m'
endgültig auf die Naoht vom 13. zum 14. Mai feetgesef^' .'
worden, falls es die Winde gestatten sollten. Kurz zuror. i
■) Troti ,l..r Klniiei,, ,M,- iii«„ ,],.„ Bfnu r Hnll^r wShtmii j
siliicii BoiiHiJarte iJiii ti^-m vivü^i- vvriM iui.Ti i.„ «itl], .i. .Ifdi^iiLall, h-ä " 1
iiiittvlbuF durch Moiig« bei Hallcr anfra^rn. lli<>arr hIht v»rai<:hU-Ip siif
Stellung eines Gcneralvcrwallfis der Finanzen, angoblicli imgeu dts f'^' !
■uga der FranzuBPn gegen sein Vaterland, Bieherlich ober nur, weil « 1^
fürchtete, oa künnte ihm diesmal an den Kragen gehenl
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am 13. Mai, traf Berthicr in Toulon ein*) und übernahm
die Stelle eines Generalstabachefs des Heeres. Wegen der un-
günstigen Winde mußte die Abi-eiae um fünf Tage versclio-
ben werden, währenddeascn Bonaparte noch die letate Hand
an die Vorbereitungen legen und besonders Vorordnungen
überdieEinteilungundMannsÄUchtdesHeeres treffen konnte.
Da die Witterung nicht gestattete, die gesamte Flotte
auslaufen zu lassen, ließ Bonaparte am 14. Mai durch einige
Fregatten unter Führung cleti Konteradmirals Decrea Er-
kundigungen einziehen, ob das Meer frei sei. Infolge der wi-
drigen Winde kam das Geschwader aber nicht weit. Die
•) Bertliitr war Bin «. April von Miiilnn<i noch I'nrw (itreiBt, wo er luigeffihr
297
Korvctti' „I^c l'ierre", die am 16. Mai aus denselben Grün-
deu wie daa GeMeii\va<ier Decröe' ausgeaandt worden war,
wurde von der englischen „Terpeichore" am nächsten Mor-
gen gekapert*) und iiaitgenommen.
Derselbe Sturm, der Bonaparte verltinderte, aus Toulon
auazulaufen, sollte ihm jedoch von größtem Nutzen sein,
denn er fügte dem Ädmiral Nelson beträchtlichen Schaden
zu. Dieser mußte seinen Ubenvaehungsposten aufgeben imd
konnte froh sein, daß er sich vor dem Unwetter nach der
Südküste Sardiniens zu flüchten vermochte, anstatt an die
franzöaiBohe Küste geworfen zu werden! Bei dieser Fahrt
wurde er nicht allein von seinen IVegatten gotremit, son-
dern er verlor auch jegliche Fühlung nüt dem französischen
Kriegahafen.
Es schien, als ob das Schicksal gobicteriach seine Entfer-
nung forderte, damit die französische Flotte ungehindert
Toulon verlassen könne, denn noch trug sie Bonaparte und
sein GlüokI
•) Vgl. das IS. Kapito], 8. SBB.
298
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ZWÖLFTES KAPITEL
MALTA
(.Mai bia Juni 1798)
i Hl 19. Mai verließ die stattliche Flotte den Hafen von
i ~\_ Toulon. Verschiedene Schlachtschiffe waren so beladen,
daß ihr Kiel den Boden aufwühlte; aber ea ging alles ohne
Unfall ab. Xiir die Abfahrt des Admiralsschiffes, auf dem
sicli BonaparU) befand, gestaltete sich nicht ganz ohne
Schwierigkeiten; abcrgläubisohe Gemüter wollten darin eine
schlechte Vorbedeutung für den Verlauf des Feldzuges er-
blicken. Der „Orient" hatte den Hafen zuletzt verlassen, nm
die Flotte wie b^ einer Parade an siolt Torübendeb^ zu
sehen.
In Bohönsber Ordnung segelte die Flotte dahin, aber man
fuhr langsam, da doh einige schlechte Segler dabei befan-
den. Admiral Deords bildete mit einigen Fregatten und Kor-
vetten die Vorhut. Es war ein großartiges Schauspiel, die
fast 400 Fahrzeuge zählende Flotte zu sehen, aus der sich
die I>reideoker, besonders das Admiralsscliiff, wie Kirch-
türme aus einem Häusermeer erhoben.
Tagsüber bedeckte die Flotte eine flädie von zwei oder
gar vier QuadratmeOen. Am Abend jedoch mußten sich
die Schiffe mehr aneinander anschließen. Entfernte sich ein
Transportschiff zu weit von der Flotte, dann wurde eine
Fregatte oder Korvette abgesandt, um es zur Pflicht zurück-
299
□ igilized by Go^Ifi.
zurufen. Man unterließ sogar nicht, bisweilen eine Kanon«i-
kugel abzufeuern, wenn die Signale unbeachtet blieben.
Gern wurde diese Maßregel von den Kapitäne der näuim-
gen Schiffe nicht gesehen, denn ein Kanonenschuß, der ihiä-
wegen abgefeuert werden mußte, kostete sie gewöhnlicl,
24 Franken !
Das Wett«r wechselte oft in den ergt«n fünf Tagen. \\ i-
Bonapart« an das Direktorium und an seinen Bruder Jo?e|ii.
am 23. Mai schrieb, war es teils schön, teils sclilecht, teils
hatte man unter Windstille zit leiden.
Naxjhdem man das offene Meer gewoiitien hatt*^, ateuertt
Brueys auf die Nordküat« Korsikas zu. Am 23. -Mai bekam
man die Insel in Siebt, und am näciisten Tage befand man
sich auf der Hohe von Bastia. Nun ging es längs der Ostküsk
von Korsika und dann \'on Sardinien fast direkt nach Sü-
den. T)n man oft mit Windstille zu kämpfen hatte und die
Division aus, Civita Veecliia erwartete, mußte man langsa-
mer segeln. In diesen Tagen trafen aiiehdie beiden Geschwa-
der von Ajaccio und Genua hei der Hauptflotte ein. Am
I.Juni erhielt Bonapurte auf der Hohe von Oarbonara durch
den Korsar „La Cisalpine" die erste Nachricht von der An-
wesenheit eines eiiglisulien Gieschwaders im Mittelländi-
schen Meere. Es bestand aus drei Schlachtschiffen, die der
Admiral Nelson befoliligte. Der Obergeneral hütete siob
aber, diese Nachricht bekannt zu geben, um den Mnt seiner
Truppen nicht wankend werden zu lassen.
Am 3. Juni war man erst in der Nähe von Sardinien an-
gelangt. Die Flotte nahm nun ihren Kurs südöstlich. Sic
fuhr dann an der Siidküste von Sizilien entlang auf Malta
zu. An diesem Tage begegnete man fünf neutralen Schiffen,
und Bonaparte unterheß es nicht, die Kapitäne selbst eg
vernehmen und ihre Aussagen am nächsten Tage durch Boa^
rienne niederschreiben zn lassen. OlücküchenraiBe wußten
diese nichts von einem größeren et^fUsohen Geaohwader im
300
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r\littplineere zu berichten. Für den General Bonaparte war
es während der langen Seereise eine angenehme Unterbre-
t;huDg, die Kapitäne der Schiffe, die ihm begegneten, aus-
fragen zu können.
Die Besorgnis, die Engländern zu treffen, mußt« natür-
lich alle fiemüter, vor allem die der Seeoffiz.ieif , bewegen.
Wenn man zu einein Kampfe, Kelbst mit einer an Zahl ge-
i-iiigeren 3''lntte gezwungen wurden wäre, m ivürden gewiß
iille Vorteile auf Seiten der Engländer gewesen sein, denn
<iif, Zahl der Sehlaehtsehiffe ist nicht ausschlaggebend,
wohl aber ihre Güte. Brueys hatte wenig Zutrauen zu den
mei.-iten seiner Kapitäne, und diese wieder mißtrauten ihren
.Mannschaften. Die Besatzung war nicht allein unvoUzählig,
«ondern sie war oft in größter Eile und ohne Wahl ziisain-
inengeBucht worden. Dazu waren .selbst die Schlachtschiffe
so mit Landungstruppen, Kriegsgegenntiiiiden und Proviant
vollgestopft, daß ihre Bewegungen in einem Kampfe stark
gehemmt gewesen wären.
Täglich wurden Übungen der Seeleute und Schießübun-
gen an Bord der Fahrzeuge vorgenommen und den Land-
truppen ihre Plät/.e angewiesen, falls man einer englischen
Flotte begegnen sollte. Man wollte sogar \-ersucheii, die
feindlichen Schiffe nach dem Vorbild der Alten zu entern.
Die Uncrfahrenheit der Franzosen im Seekampfc hätte aber
nur beigetragen, die Verwirrung auf den Schiffen zu vor-
mehren, und die Engländer würden ein doppelt leichtes Spiel
mit ihnen gehabt haben. Bonaparte hatte jedenfalls den Ka-
pitänen der Transportschiffe Weisung gegeben, im Falle ei-
nes feindhchen Angriffs den nächsten befreundeten oder
neutralen Hafen aufzusuchen.
Am 8. Juni bekam man die Inseln Gozo und Malta in
Sicht, Bonaparte hatte, gleichzeitig mit den Voraohriften
ztu Besitznalime Ag^tens, am 12. Aptü vom Diiekto-
rium Befefal erhalten, doh der dem Malteserorden gehören-
301
(Ich liis,4n /u b.'inächliuon. Ev Iraf ilaher. e!if t-r sio.
iJei' I i:s(;l<iru[H)e iiiilitTte, flchoji iini (i. Juni Anstillten zun;
Angriff.
General Dej^dix war jnit seiner Division am 26. Mai tol
Civita Veeuhiii au.s unter Segel gegangen. Er hoHte, di
Hauptflotto auf der Hiiho von Korsika zu erreichen.. De*
ungünstigen Windes und einiger selilecht.en Segler wegei'
kam er aber nur langüaiu vorwärts. Da die große Flotte in-
des nwh sehr lungsiiin fuhr, umsegelte sein Ueschwadw die
Nord\vTMts])it?.e von Sizilien früher als Brueys unti kam schori
aui 7, vor .Malta an. Krtit am il, .Iinii fand die Voreinigonp
heidi-r l''!ütten statt. Desaix, der Kapitän Eydoiix and der
.\iallii'malik.er .Moiige bestiegen eine der eheinahgen päpsl-
hchrn Galeeren, um Bon aparte auf dem „Orient" ihreDBe-
auf\i /II maehen und seine ferneren Befehle riiil|i,rifii mi iiwii
nien. Mnnge. den üonaparte sehr liebte und schätzt«, Uieb
einige Tage bei ihm an Bord.
Da Drsaiv früher als der Ohergcnera! vor Malta crschie-
n(-ii war, halte er den (irolJineist-er ersuchen lasaen, in den
tlafefi einlaufen zu dürfen, um frisehes Wasser zu nehmen.
Er erhielt aber am 9. Juni früh Bescheid, daß nicht
mehr als vier Kriegsschiffe gleichzeitig in den Hafen einlau-
fen dürften. Das war die Antwort, die Bon aparte erwartete,
denn nun halle er einen geeigneten Verwand, sofort die
Feindseligkeiten heginnen zu lassen.
Eigentlich war der Grund ganz nichtig, denn Brueys hatte,
als er auf der Fahrt von Korfu nach Toulon Ende Februv
die Inael berührte, dieselbe Antwort erhalten und sich da-
mit zufrieden erklärt. Aber Bonaparte und das Direkttmum
brauchten einen Vorwand, und man nahm den, der a«^
darbot!
Der Malteserorden war immer bemüht gewesen, die alten
Beziehungen zu Frankreioh, die in den ersten Jaluen der
Bevalution stark gefährdet waten, wiederheizustellen.
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Er hatte dem Direktorium molir wie einen uützliclu'ii
Dienst erwiesen. Aber was niiti^t das, wenn es die Politik
anHers will?
Jedenfalls ist der Raubzug uaeli -Malla durdi uirlils als
durch das Reelil des Stärkeren zu begründen. Malta lag
auf der Strecke nai'h j'lgyiiten. Ks bot einen vortrefflichen
Stützpunkt für die franziisiselie Flotte, und außerdem wa-
ren wieder einige Millionen dabei lierausKuselilagen. Sein
Seliieksal war daher eidsehieden !
iilhe ]5ona|iarte zum Angriff vorging, iiuli er den fjan/.ö-
sischeii Konsul, (,'arnson, an Bord kommen. Die mei-i^ten Aii-
Dfdriungen wiirdeii nnindlieli L'eLreben. Brueys hatte sehon
am (i. WeisUTig.-n 1 I 1 a 1 g 1 1 gen. -letzt erhielt
Deaaix Befehl, im Südosten der Insel- Vaubois nördlich
der Stadt La Valetta rmd Paraguay d HUliers im Nor-
den zu landen. Kevnier sollte wahienddeesen die kleinere
Nachbarinsel Gozo besetzen.
Seitdem Tode Emanuels vm, liohan (!:t. ,luli 17!I7) stand
der Kurpfälzer Freiherr B'erdinaud von Honipeseli als (JrolJ-
meistcr an der Spitze des Ordens. Er war der erste Deutsclie,
dem diese Würde anvertraut werden war. Freiheri' vonHoiu-
peBch wird allgemein als ein uuentsehlossenri' und sehwaeher
Charakter geseliildert. Ob er ein Verräter war, darüber gehen
die Ansieilten der Zeitgenossen sehr auseinander. Jedenfalls
\ erdient er keine Aelitung, noch weniger Mitleid mit Beinen
späteren Seliieksalen.
Trotz der znldreiehen Warnungen, die ihm vom Fest-
land aus zugingen, tat er nielus. um die Befestigungs werke
in guten Verteidigimgazustand zu setzen, fn früheren Zei-
len hatte der Orden mit geringeren riiif-^Diitlehi laugen
Helagerungeii siegreich wiiler.standen. Jetzt lagen die Um-
stände viel günstiger, denn die Insel hatte für viele Monate
Lebensmittel, mid jeden Tag konnte eine englische Flotte
zum Entsatz ankommen. Freilich würde dies auch nicht
viel zagansten Maltas bagetvagea haben, denn dann väi^
die IukI nur um ränige Jahre fr&her in »fßiBchen Bcsvi
gelangt!
ADerdingB hatte sich im SchoBe des Ordens vieles gtjjt-
dert, I>urch den Fall des Königin ms in Frankreich und in- i
folge der Kriege in Italien waren die Einkünfte der Rttttr
stark znraokgegangen. Aber noch Bohlimmer stand es mit
den innren Verhältnissen. Die Ordensritter waren schlaf:
geworden und zogen ein ruhiges Leben dem unsichertT.
Kriegsdienste vor. In Sachen des Glaubens war man aud
doldsamer denn je. Aus politischen Gründen hatte die grie-
ohisoh-katholisohe Kaiserin Katharina II. den Orden b^üii-
atigt, und ihr Sohn Paul Heß sich sogM xam Beechützer des
Malteserordens ernennen!
Unter den 322 Rittern, aus denen der Orden im Jahn
179S bestand, befanden sich mehr als 200 Franzosen, die
Hith größtenteils nach ihrem Vaterlande sehnten, das heißt,
die eine Bunitz-er^Tfifunt; (äer Insel durch ilire Landsleutf
nicht ungern gcsoheii hätten. Es fehlte (Jeshalli nicht nu Leu-
ten auf Malta, die liercit waren, Bonaparte die Wege zu eb-
nen. Später iTianf;c!te e« dalier nicht an zahllosen Anklatif:
gegen diesen oder jenen Onh'iiriritter. Sicher waren die K'v-
ter Bosredfjn-üanHijat, Friaari, Souza, Fay, Prdville, Breu-
vart. '1 niisard, ferner Dolonüeu und Amati und andere von
Poussielgue in die Absichten der französischen Regierung
eingeweiht worden.
Die gnißtc Stadt auf Malta. La Valetta, besteht eigentht !^
aus fünf kleineren Stadien und wurde zu jener Zeit als di-
wi(■h^ig.^[e Scefer-Iung nach Gihraltar aiigeselien. Der Au-
hVwk der Sfafit und des Hafens war außcrordcnthch schön.
Die Hauüer wann ganz aus Stein gebaut und meist mit eini-
gen Jialkonen versehen. An Stelle einer Wasserleitung besaß
jedes Haus eine Zisterne, die das Wasser immer sehr frisch
hielt. Vier Hauptzisternen wurden durch eine re&ebe
304
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Quelle ge^ipei.st und versoi^^n die Behälter der einzelnen
Hiiiiaer mit Wasser.
Die Straßen waren sehr regelmäßig angelegt und an bt-i-
<äen Seiten mit sehön gepflasterten Fußsteigen verachen. Da
<ias Gelände sehr gebirgig war, mußte man beständig auf-
und absteigen.
Die Bevölkerung sprach ein schleclites Italienis:;h und ein
schlechtes Arabisch. Auf den drei Inseln Malta, Gozo und
Coniino wohnten Ende de.i 18, Jahrhunderts ungefähr 80000
Kinwohner, die keine große Seigimg für die Franzosen
hatten, Getreide und Wein wurden auf der Insel wenig
gebaut, tiagegen viel Orangen, Zitronen, Feigen, Baumwolle
und Granatäpfel ; ferner führte man Soda, Bausteine, Honig
und andere Erzeugnisse des Landes aus.
Die Natur hatte, wie in Gibraltar, viel düzu beigetragen,
aus La Valetta eine nahezu uneinneiiriil>;ivo Frstinig zu ma-
chen. Die meisten Befestigungen waren in die Felsen einge-
hiiuen, von wo aus man leicht eine feindliche Flotte beachies-
sen konnte. Als Bonaparte später den Fuß ans Land setzte
und die Kunst und den Fleiß derer bewTinderte, die im Laufe
der Jahrhunderte eine Batterie nach der andern angelegt
hatten, sagte Caffarelli heiter zum Obergeneral: „Es ist ein
Glüek, daß wenigstens jemand da war, um uns die Tore zu
Nach dem Bericht Pousaielguea wird die streitbare Mann-
schaft Jfaltas auf 2200 Mann und etwa 10000 Milizen ange-
geben, doch in Wirklichkeit waren es nur 1500 Maim, und
auf dieMilizen konnte man gar nicht zählen. Außere! ein hatte
man auch nur geringe Anstalten zur Verteidigung getroffen.
Es hätten wohl kaum 15 000 !Mann genügt, um die ausge-
dehnten Befestigungen der ganzenlnsel gegen einezalilreiche
Flotte zu verteidigen. Die Zahl der Geschütze allein betrug
910, Bo daß KU ifaiär Bedienung wenigstens 4000 Mann nötig
gewesen w&m. Eine HandvoU entsohlosaener Männer hätte
SOS
jedöoli genügt, um die Stadt La Valetta wenigstens bis m
Ankunft der englischen Flotte zu verteidigen !
Die letzten Vorscliriften zur Besetzung der Inseln Halts
und (4oKi) wteiHfi l5ojiapart<^ am Abend des 9. JunL Ac
niieliaten Tage sollten sie zur Ausführung gelangen. Gleicii-
zeitig erging am 10. Juni ein Schreiben des französischn
Konsuls Caruson, der sich noch an Bord des „Orient" be-
fand, an den Freiherm von Hompesch. Der Konsul kam auf
die Venveigerung des (Jroßmeiatera, nicht mehr als vier
Schiffe gleichzeitig m den Hafen von La Valetta einlaufrr.
zu lassen, zurück und ließ erkennen, daß es das best,
sei, ein Abkommen zu treffen, da ßonapart« entschkii- ■
sei, sein Recht durch Gewalt zu erlangen. Dieser Brief k ;
erat am nächsten Morgen früh 6 Uhr in den Besitz
Großmeisters.
Inzwischen erfolgte die Landung der Truppen am 10. J am ■■
auoh der nächste vereng noch mit der Äussoliiffimg der
Halbbrigaden. Bonapartie war mit der DiTision Vaabcäs is
Bogleitung CaffaieUis und seines GeneralBtiabs Bin IOl am
Land gegangen, am Abend aber wieder an Bord des „Oneot''
zurückgekehrt. Hier empBng er in der Nacht ein Sohrabai
des Konsuls der Batavisohen Bepublik, Fr6mauz, d^ im
ISTamen des Großmeisters um Einstellung der SVindaeli^ei-
ten bat. Infolgedessen sandte der Obergoieral am näohst»
Moi^^ seinen Adjutanten JunotmitYoUmaahten ans Lud.
-um einen WaffenstUlstand abznacUieBen. Jn Junots Be^
tung befanden sich PouBsielgne 'und Ast ehemidige Ordens-
ritter Dolomieu, der den Orden v^en ranes Duells hatte
Tei-lasBen müssen.
• Die Abgesandten des Obergenerala kämm am II. Juni
mittags 1 Uhr beim Gro&meist^ ui. Jnnöi trug ihm
Wünsche Bonapartes vor. Der Bat wurde sogleich zosud-
menberufen, und in küräester Zeit kam ein WaEfenstälBtaiid
auf 24 Stunden zustande. .Innerhalb dieser Zeit maßte da
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1
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l''roih(!rr von llompesoli AbgowdneU' uuf den „Orient" aen-
clon, Ulli eine Ubcrgübc zu vereinbaren.
Um 6 Ulir bcgahon sicih Junot, Poussielgue und Dolomieu
mit der Abordnung des Großmeisters an Bord des Admirals-
schiffes. Dort kamen de erat gegen Mitternacht an, da de
"wegen der fdudseligeii Haltung der Malteser einen großen
TJmw^ hatten machen müssen. Die Gesandtschaft des Or-
dens hestand ans den Rittern und Malteser Edelleuten Torio
Frisari, Bosredon-Bandjat, Mario Testaferrata, Nicdo Mna-
cat, Benedetto Scembri, Bonnano und dem spaniBohen diplo-
matischen Vertreter FeUpe de AmatL
X)a der Obergeneral und sein Generalstab bereits aohHe-
fen, mußte man de erst wecken. Nachdem Bonaparte den
Äbgecndneten seine Wünsche aosgesproohen hatte, wobd
er sieh meist an Boeredon-Bandjat wandte, wurde der
Vertrag in einer halben Stunde entworfen und unter-
zeichnet.
Der Orden lieferte die Stadt und die Forts an die Franzo-
sen ans. Dafür verpflichtete dch dicFranzSsiBoheBepublih,
auf dem Kongreß von Bastatt bemüht zu sein, dem Groß-
mdster ein Fürstentum in Deutschland auf Lehenszeit zu
verschaffen. Bis dahin sollte er jährlich 300 000 Franken,
die Ordensritter aber ein Jahi^d von 700 ins 1000 Franken
erhalten. Aus dieser unverhältnismÜßigen Verteilung sieht
man, daß sich der Freiherr von Hompesch um die Franzosen
wohl besondere Verdienste erworhon Imben muß!
Am 12. Juni nahmen die Franzosen l^esits-, von der Stadt
und den Befestigungswerkoii*). Boiia])arte verließ nochmals
den „Orient", um sich nach La Valetta zu begeben. Hier
hielt er sich im Palast des Großmeisters auf. In derZwischenr
zeit hatten auch mehrere Aufstande unter der Malteser Be-
■) Di.- Niii lirii-ht von diT rinTCiilu' ili r hi^el kam in rariBiiro I. Juli bo und
ivurdi' iiiiHidiiili rnii un'ßfr Fn'uiii' jiiifi;i'Tnimtiieii. Mit ITilfe de» Chappeechen
T,'l( );rHphi-ii iviir.l.' J>,irit.>is r^E- N,'iif( liüi,-Bn in 3e]i am nichaten Tags von
(]pm glückliclien En-ignU in Ki^nntnia gesütit.
307
völkerung stattgefunden, die durch französische Wühler aoi-
gereizt worden war. Dabei wurden von der Volksmenge
einige Hilter getötet.
Trotzdem Bonaparte strengstens Schonung der Be-
völkerung und ihres Eigentums befohlen hatte, kamen
doch Flnnderungen vor. Sie wurden aber hart bestnft
und einige Soldaten, selbst Offiziersaspiranten der Manne,
erschossen.
Die öffentliche Beute, deren sich die Franzosen bemäcii-
tigten, war beträchtlich. Außer den 910 Kanonen und
100 Mörsern, womit die Festungswerke verteidigt waren,
fand man noch 35 000 Gewehre, ebensoviel Bajonette und
zahlreichen Schießbedarf. Der Schatz ergab etwa 1 200 00"j
Franken. Der Gesamtwert an barem Geld und an Sohmack-
sac^enktmaaufSJUMonenFrajiken geschätzt werden. Aber
nur etwa 800000 "ffiaxOcßn baien Geldes nahm Bonaparte
naoh Ägypten mit. Außerdem bemÄobtigten ^h die Sieger
zweier EiiegBBchi£fe und vier Gtdeoen. Um ^n Muaelmaaen
einen Di^ut zu erweisen, wurden die türkiBohen Giefuige-
nen b^«it, deren Zi^ etwa 1000 Mann hetrtxg.
Bonaparte traf in grSBter Eile Vorkehrui^[en, am die \w
teidigung und die Verwaltung der drei liisdu zn legehi,
denn die Engländer konnten jeden Tag erscheinen.
litärisoher BefeUahaber wurde der General Vaubois, Unter
ihm befehligte der General Chanez als HatzkommandMiL
Die Besatzung bildeten 3050 Mann und fünf Kompagnirai
Artillerie. Die Zivilregierung wurde einem Ausschuß von
neun Iifitgliedem anvertraut*}, denen B^naud de Saint*
Jean d'Angely als Be^perungskoinnüaaar zur Seite stand.
Bonaparte gab unter anderem Befehl, eine höhere Lehran-
stalt an Stelle der Universitäit, 15 Schulen und ein TCy^mlrftn-
* ) Es i*«Mn t Bosredon-Bsneijat, Tincsnrio Carusoa, Carlo Aatw, FooloCiH)-
tar, JesB ftanfola Doidl, Grongo, Senedetto Scembii, Savedo Caniaaa mid
CrEstotoro f^eiido.
308
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haus anlegen zu lassen. Am 15. gab er den höheren Offizie-
ren und einigen GJolehrtcn ein Abendesaen, an dem auch die
>Iitglieder der neuen Regierung teilnahmen.
Eine .\nzahl Ritter und 358 Mann des Malteser Regiments
folgten dem Heere nach Ägypten. Das war für die Franzosen
sehr wichtig, denn verschiedene unter den Maltesern spra-
chen Arabisch. Am 17. Juni verließ der Großmeister die In-
sel, um sich mit einigen Getreuen nach Triest zu begeben*).
An demselben Tage erhielt der General Baraguay d'Hil-
liers Befehl, sich auf der Fregatte „La Sensible" mit den er-
beuteten Siegeszeichen nach Franltreich zu begeben. Seine
•) Erst am T. Juli IW ^li Hmii;ii'Hi.'li ^ezn'uiiytntfniialleii oeina Eiitlaiuung
als GroDiucistcr des MaltnH'runleiiH. Dit von der französisclieii ßegionuig ver-
sprodieaen Jalirgelder wurden n tdiT iliiii noch den Ritlom auEgeiolüt, und
der elieiDolige OroßmeiHler Htarb vrrliiKatii mid iin Elend im Jahre 180S in
Montpellier.
Genoml nnroguay d'Hil
309
DIgiitzed by Cgogle
Dividon trat er an den Oenoral Mciiou ab, Da die Gesimd-
heit Baraguays st-lir Hclikclit war — böse Zungen behaup-
teten, erhabezugroßeSehnBuc]it iiach si'iiif i Frau peliabt — .
wurde er mit der Sendung beauftragt, dcnii einen so
tüchtigen Offizier ^vürde Bonaparte niciit ohne wichtigen
Grund nacli Paris gesandt haben. Die Fregatte kam aber
nicht in Toiilon an, sondern fiel unterwegs in die Hände der
englischen Fregatte „The Sea Horse".
Endlich sandte Bonaparte, noch ehe er abreiste, aml5.Joiii
die „Santa Jlariiia" mit Depeschen naeh Korf u an den Ger*©-
ral Chabot, Dieser befehligte die Division in der Levante:
Am 17. ging die Fregatte „ArtcniiBo" mit dem Adjutanten
Lavaiotlc an Ali, Pascha von Janina, ab, um ihm die Erobe-
rung Maltas und die Befreiung der türkischen Gefangenei;
mitzuteilen. Dadurch gedachte Eonaparte sich den mäcii-
tigen Pascha zum Freunde zu machen.
Nachdem die Angelegciilieitcn in Slaita geordnet worden
waren, ergingen die Befehle zur Einschiffung, Am 18, Juli
verließen die verschiedenen I-Criegsacliiffe und Transport-
fahrzeuge den Hafen vonLaValetta, am nächsten Tage fand
die Vereinigung mit den übrigen auf Malta und der Nach-
barinsel Gozo gelandeten Truppen statt, und nun ging es
auf Alexandria zu.
Werfen wir jetzt einen Blick auf das Leben und Treiben
an Bord der „Armada"!
, Jjsseen Sie mir ein gutee Bett Torbereiten, wie für einen
Mann, der während der ganzen Zeit der ihierfahrt krank
sein wird", hatte Bonaparte am 17. AprH tot seiner Abrcöae
von Pads aus an den Ädmiml Brueys ^Bohrieben. Und in
der Tat, Bonaparte sollte während der langen Faiurt nicht
■von der' Seekrankheit verschont bleiben, denn er brachte
die größte Zeit auf seinem Bett liegend zu. Um so erstaun-
licher ist es, daß er trotzdem in der Lage war, an Bord seines
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Schiffes (lifi uiiifassendatcn Befehle zu erteilen und selbst die
geringsU'ii Einzelheiten nicht auüer acht zu laaaen! Selten
erhob or sich vor 10 L'lir morgens. Wenn er in seiner Kajüte
\var, muÜte ihm Bourrionne vorlesen. Siclierlicli beschäftig-
ten ihn in diesen Tagen besonders die Reisebeschreibungcn
von Agj'ptfin, (he lieriehte der versciiiedenen Agenten über
das Pharaonenland und die J^-ktüre des Koran.
Am ersten Tage speisten die meisten höheren Offiziere
und einige Gelehrte und Hchriftsteller an seinein Tische. Vom
nächsten Tage an jedoch wurde es anders. Er ließ die Tafel
in seiner Kajüte herrichten. Nur Berthier.Brueya und einige
Bevorzugte waren seine regelmäßigen Tischgäste. Dagegen
ließ er diejenigeo, die er besonders auszeichnen wollte, be-
sonders bitten, an seiner Tafel zu essen.
Bonaparte Hebte sehr 7,u plaudern, aber auch die Ansich-
ten anderer kennen zu lernen. Wie wenige verwtand er, sein
Wissen durch die U uteri ml tuiig luit Fachleuten zu berei-
chem. Nach dem Essen ging man gewöhnlich auf das Deck
hinauf. Dort bezeichnete er einen Gegenstand zur Erörte-
rung. Einige mußten den zu behandelnden Gegenstand ver-
teidigen, andere angreifen. Sehr oft beteiligte er sich selbst an
der Unterhaltung, imd jeder, der ihn sprechen hörte, mußte
seinen großen Soharfainn bewundem. Seine Beobachtungen
und Schlüsse waren nicht immer richtig, doch trugen sie das
Gepräge großer Eigenartigkeit. Itmner und immer stellte
er neue Grundsätze aus den verschiedensten Gebieten dra
Wiesens auf und verfocht üe mit großer Hartnäckigkeit.
Das eine Mal sprach man über Strategie und Taktäk, ein
anderes Med über Literatur, über die verschiedenea
311
rungsformon, ob die Planeten bewohnt seien, über das
Alter der Erde und dergieichen. Am liebsten stellte er Fra-
gen über Religion, ClieniiL' urui .Mathematik. Sehr viel Ge-
fallen fand der Obergcru-ral an der Unterhaltung mit Caffa-
reili, sowie mit Monge und Bcrthollet, den bedeutendsten
Gelehrten der wissenschaftlichen Kommission, Monge be-
fand sicli aber auf dem Transport, der von Civita Veechifl
unterwegs war, und bestieg erat kurz vor Malta das Admi-
ralsschiff. Als man Malta verließ, kehrte er wieder auf seine
Fregatte „La Courageuse" zurück.
Natürlicli sprach man auch über Politik und über den
Niedergang des türkischen Reiches, Auch wird Ägypten oh
Gegenstand der Unterhaltung gewesen sein, denn auf den.
„Orient" werden die meisten Leut« das Ziel der Expedition
gekannt haben.
So sehr wie möglich suchte Bonaparte sich bei Brueya.
den er sehr schätzte, zu unterrichten. Aber niemals griff er
in dessen Rechte ein, soweit es sich um Befehle handelte,
die die Flotte unmittelbar angingen. Einmal fragte er den
Admiral, waB im Falle eines Angriffes der englischen notte
geschehen würde. Brueys antwortete, gewiß zum großen
Kummer der Landoffiziere und Gelehrten, daß er zuerst
Befehl geben würde, das Gepäck über Bord zu werfen!
Eonaparto hatte damals noch nicht die große Vorliebe
für klassische Musik wie in späteren Jahren, Öfters ließ er
aber von dem Musikkorps seiner Guiden Stücke aus Opern
oder einen gewissen Tartaren marsch Spielen, den er sehr
liebte.
Offiziere, Gelehrte, sowie Soldaten lai^weiltfln sich sehr
auf den Schiffen, wo sie oft wie Heringe znsammei^edrSagt,
waren. Natärlioh liebten die Offiziere die Gekehrten wxiA,
diesietief unter aichstehendbetrachteten, Bonaparte aber be-
schützte sie, wo er nur konnte, und mancher Offizier Itaträoea
Denkzettel erhalten, weil er ihnen die Achtung veis^tn
312
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AUerdings kamen ernste Zusammenstoße nur selten vor ; und
als man später erkannte, welchen Nutzen die Gelehrten ge-
währten, wurden aio die besten Freunde der Soldaten.
Bonaparte hatte vor seiner Abreise eine Bibliothek zu-
sammenstellen laSBen. die den Händen Arnaults ak Biblio-
Obergenenil BonaiHirtn.
thekar anvertraut war und manchem eine angenehme Stunde
gewährte. Einst wollte der Obergeneral wissen, was dieser
oder jener zu seiner Lektüre ausgesucht hätte.
„Was haben Sie da, Bessieres?" wandte er sich an den
ersten.
„Einen Roman!"
„Und du, Eugen!"
„Einen Roman!"
313
„Und yie, Bourrienne?"
„Einen Roman!"
Also alles Jtomaiic! Umirrieiine liaffe „Paul et Virginie"
in den Händen, einca der golescnstcn Büuher jener Zeit, Du-
roc las aueh einen Roman, Berliner, der an Frau von Vis-
conti dachte, natürlich auch. Er hatte sich die Lieblingslek-
türe des Oborgenerals, Goethes W'erther, ausgesucht. Er
schien jedoch Bonapartes Ccaciiiuack nicht zu teilen, denn
er Wiir heim T-c-^eii eingeschlafen!
\'in dir Zeil y.u tiiton, griff man auch zu den Karten. Be-
sonders hei den gemeinen Koldaten und Matrosen war das
Spiel sehr beliebt, Deiion veraicliert, daß viele Soldaten nicht
allein all ihr (leid, ihre Rationen, sondern auch ihre
Uhren verspielt hätten. Manche, besonders vom Glück be-
günstigte Soldaten besaßen deren eine ganze Anzalü. Die
Ungewißheit des Zieles, das Unbeschäftigtsein, die Laugi=-
weile legten schon auf der Fahrt den Keim zur Unzufrieden-
heit im Heere, die gewiß zu Meutereien ausgeartet wäre,
hätten die Soldaten von den Enttäuschungen undLeiden, die
ihnen bevorstehen sollten, nur die geringste Ahnung gehabt 1
Gab es Sänger und Musiker auf dem Schiff, dann verteieb
man sich die Zeit mit Musik. Am beliebtesten aber waren
Theaterstücke, natürlich eigener Erfindung. Fast immer war
eine ■weiße Sklavin die Hauptperson, die von einem franzö-
sischen Soldaten aus dem Harem befreit wurde, nachdem
ihr Geliebter und ein halbes Dutzend Eunuchen von der
Hand des Befreiers getötet worden war! Oder irgendein er-
grauter Scemaim erzählte von den Heldentaten, die man
unter den Admiralen Estaing und Suffren wtUirend des Kiie-
gra mit England unter der Begierung Ludwig? XVL vdl-
bracht hatte.
Diese Meinen Vereinigungen von Gelehrten, KünsÜflin,
Staatsmännern und Offizieren liebte Bonapwte , Jnstitiit"
zu nennen. Wenn die Witterung es nicht geetattete, anf Seck
314
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zu bleiben, veraammelte man Bich in dem großen Sitzungs-
saal des „Orient". Die Spreolienden nahmen um den Tisch
Platz, während die anderen sich auf dem Di van niederließen.
Tätige Mitglieder dieses Institute waren der Oberarzt Des-
genettea, der Oberwundarat Larrey, der General Caffarelli
Srhriftütullcr AnmulL
du Falga, Eegnaud de Saint-Jean d'Angely, Arnault und
der Dolmetacli Venture. Regnaud de Saint-Jean d'Angely
und Arnault blieben aber auf Malta zurück.
Bonaparto hatte es gern, wenn seine Adjutanten auch da-
bei waren, obgleich diese sich viel lieber in schönem Frauen-
kreise befunden hätten. Aber leider war der „Orient" eine
große Stadt ohne Frauen! Sie mußten deshalb mit den ge-
315
lehrten Unterhaltungen vorliebnehmen, von denen, sie oft
wenig verstanden, denn sie waren vielfach aus dem Volk»
Sie si]i;liteii sich ilulifr so seiir wie möglich auf ihre Weise
zu belustigen. Eines Tages, ea war bei der Eröffnung des
„Inatitutfi" durch Bonaparte, fragte Junot: General, war-
um ist LanncH - ■ dessen Namen er wie l'äne auKspracli -
nicht beim Institut? Müßte er nicht wegen seines Xameri-
zugelaesen werden?'' Lnnnes rächte sich natürlich. Jui^r
hatte die Unterhaltung der Gelehrten so interessant gefuü-
den, daß er eingeschlafen war, und zwar geschah dies nieiit
ohne Geräusch. „Wer schnarcht hier?" rief der General.
„Das ist Junot", antwortete sofort I^nnes, froh, so schiirü
die Gelegenlieit gefunden zu haben, sich entschädigen zu
können. „Wecken Sie ihn!" rief Bonapart«. Es gesehaii.
Aber einen Augenblick später schnarchte Junot noch rk-'.
mehr als vorher. Der Obcrgeneral wandte sich nun sellv:
an seinen Adjutanten, den er sehr gern hatte, „W^aa h!i>i
du denn, daß du so schnarchst?" fuhr er ihn an. „General,
da ist nur Ihr verwünschte« Institut daran schuld, das alle
Welt, Sie ausgennninien, einschläfert", versetzte der schlag-
fertige Junot. „Gell in dein Bett schlafen", war der Bescheid.
Daa war der Befehl, den Junot erwünschte. Er ging hin-
unter und betrachtete ihn aaoh als für die übrigea Tage
gültig.
Die Fahrt von Malta bis nach Alezandiia verlief ebenso
wie bisher ohne jeden Zwisohenlall, wenn man tan Zusam-
menstoßen einiger Schiffe, was sich öfters, ereignete, nicht
rechnet. Es ist erstaunlich, daß eine so große Motte, die dne
ungeheure Anzahl Menschen und Ihwisportniittel an Bord
trug, ohne jeglichen Unfall bis an das ferne Sei gel&i^i;te.
Keine Meuterei, keine Zwistigkeiten zwischen den Ofßzieren
und Soldaten von der ehemaligen Italienischen oder Rhein-
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Dlgiiized Cgoglc
nrniee v- ird von den Zeitgenossen berichtet. Offenbar trug
das große Ansehen des Oberbofelilsliabcrs und der Glaube
an seinen Stern außerordi'nilicii div/.n hei, daß die Manns-
zucht auf der Flotte aufrcoliicthuhcn wurde. Olücklichor-
weisefand auchkeinStiirm wühremi der Fahrt statt, der dem
0«schwader sehr verderblicli liiitte werden können.
Am 20. Juni traf die fianzüsisi-ln' l^'i-c^atte „La Coura-
geuse", die erst am Jlorgen den Halen \ ün La Valetta ver-
lassen hatte, eine andere von einer Kreuzerfahrt zurückkeh-
rende Fregatte „La Justice", kurz nach der Ausfahrt aiifl
<lem Hafen. Dieses Hchiff wollte eine englische Flotte von
14Sege]n gesehen haben, die nach Osten zu steuerte. An wel-
chem Tag dies geachehen war, ist aus den Quellen nicht ge-
nau zu ersehen. Sulkowski sagt in seinem Tagebuclie, es sei
-iLm 19. Juni gewesen. An diesem Tage befand sieh Nelson
allerdings zwischen Keapel und Reggio. Der kritischste Au-
genblick für Bonapartc und seine Flotte waren ctie Tage
vom 21 . bis zum 25. Juni, denn walirend dieser Zeit befanden
sich die feindliehen Flotten manchmal weniger als eine Ta-
gesreise voneinander entfernt. Und dalJ Nelson seinen Geg-
ner nicht sah, daran war nur das Fehlen seiner Fregatten
oder seiner Korvett« schuld.
Wenige Tage naeh der Abfahrt von Malta gab Bonaparte
einige wichtige Befehle für die Landung und naiim eine Neu-
ordimng seines Heeres vor. Auf Grund der Tagcsbcfelile vom
23. und vom 30. Juni erhielt es folgende Neuteilung;
Division Kleber (Brigadcgcncrale Damas*) und Verdier).
Division Desaix (Brigade generale Belliard und Friant).
Division Bon (Brigadegenerale Mannont**)und Rampen).
DivMon lUenou (Brigadegenerale Veaux und Viol).
■) Mnoh rinem ZuMti vom 27. Juni za dieaam TagMbefebl wurde Qeneral
Damaa dureh Oeneral Verdkr und diemr durcb aeneral I>aiiii£a ersetst. Da-
mM blieb aber noch bei der Division Kleber Eur freien Verfllgniig.
**] Hamont war erst nnf Ualtii fOi seine Verdinute bei der Landnng taia
BrisHdesenaTHl befitidert; -wotd«.
317
Division Reynier (Brifradcgcncra! Fugicrc).
Die Sondertruppen wurden von folgenden Generalen be-
fehligt:
Reiterei; General Dumas (unter ihm die Brigad^enetale
Ledere, Mireur, Murat und Davout).
Inspektor der Reiterei : Dugua.
Munitionsparlc: Brigadegeneral Songis.
Geniekorps: Brigadegeneral Oaffarelli.
liriickrnkorpsi: Brigadegeneral Andröosfly.
Die Generale Lannes*), Dumuy und Zaionczek standen
dem Hauptquartier zur freien Verfügung.
Suoy v&r Oberzahlungsanweiser.
Jetzt TTOT oDes borsit, nm die Eroberung Ägyptens zu be-
ginnen, TOtansgesetzt, daß niclit die Engländer erschienen
und eich einer Landung vidersetzten. Um die Soldaten zu
begeistern, eiüeß Bonaparte eine Proklamation in jenem
glänzenden Stile, die selten ihre Wirkmig auf süne Soldaten
verfehlt hatte! Obgleich sie bereits am 22. abgefaßt worden
war, vuide sie doch erst am 2&. bekannt gemacht. Sie
lautete:
„Soldaten 1
Ihr werdet eine Eroberung untemehmeiL, deren Einfiiiß
auf die Zivilisation und den l^uided äer Welt unberechen-
bar ist.
Ihr werdet England den sichersten und emp&idsanurtien
Schlag versetzen, den es je erhalten hat, bis ihr ihm endlich
den Todesstoß gebt.
Wir müssen einige anstrengende Itlärsche machen, einige
Sohlachten Kefern, aber alle unsere Unternehmungen wer-
den von Erfolg gekrönt sein, denn das Geschick ist ans
günstig!
Ein paar Tage nach unserer Ankunft wird es keine Sbune-
luckenbeis mehr geben, die ausschließlich den engliai^en
*) Veigl. die eiBta Anmorkung auf der vorhergehenden BriM.
318
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Handel begünnligt'ii, die ferner unsere Kaiifleiit-e niißhmi-
clcln und die unglückliclicn Bc\^■ollncr des Nillandes knecli-
Die Vän-A'v, mit ih-UQU wir icix-n, sind :\rali.immedaner. Ihr
erster (üaidienfiarlilicl lipilJt: (iol.b ist Güll, und Mohammed
ist sein Prophet!
Widersprecht ihnen nicht. Handelt gegen sie, wie wir es
gegen die Juden, gegen die Italiener getan haben. Seit rück-
sichtsvoll gegen die Muftis und ihre Imana, wie ihr es gegen
die Rabbiner und Bischöfe gewcaen seid.
Die römisclion Legionen beschützten alle Religionen. Ihr
werdet hier Bräuche finden, die von den eurnpiÜHelien seiir
verscliiederi .-iiiul. aber ilir müßt eueh daran gewülinen.
Die ^'ülker, die wir aufsuchen, behandeln die Frauen an-
ders als wir; aber in jedem Lande ist derjenige, der ihnen
Gewalt antut, ein Suliousall
Das PlÜTidern*) bereichert nur eine kleine Anzahl von
Holdatcn ; es entehrt uns, zerstört unsere HiUaquellen, macht
luis die Völker zu Feinden, die wir uns in unserem eigenen
Interesse zu Freunden machen müßten.
Die ov^lc Stadt, rier wir begegrf n, ist von -"Uexander dem
(Jroßon ci'liaut ivuidcii. Hei jwlrui .Siliritt werden wir auf
Erinnerungen stoßen, die würdig sind, bei den Franzosen
Nachahmung zu finden!
■) Bm tnwindBrer Befehl vom Sl- Juni, der tbta ansb ant am 2B. vei^tfent-
Itttht wurde, Idiadigte den FltmdeiBm l\ideutrafa an und Kgdte dte Ewanga-
weiae Bettraibang von Lebens- und Dnterhaltamitteln.
31»
DREIZEHNTES KAPITEL
AGYPTETT
Land und Leute
Das Ägypten zur Zeit der französischen Eroberung er-
streckt« sieh vom Niltal bis zu den ersten WasserfäUec
bei Aseuan (Syene). Das ganze Kulturland beataad eigent-
lich nur aus einem langen von Norden nach Süden gehenden
Streifen auf beiden Seiten des Nils, der im südlichen Teile
selten mehr als 10 Kilometer, im Norden hingegen, abge-
sehen vom Delta, kaum mehr als 30 Kilometer breit -war.
Das Land zerfiel in Ober- und Unterägypten. Oberägyp-
ten breitet« sich y<m Assuan bis nach Kairo, Niederä^ypten
von Kairo bia zum Delta aus. Den veitaus viclitigra«n Teil
bildete die IToidhüUte, die, weim sie ranmal in den Besitz
einer fremden Macht gelangt irar, bald auch die Herrschaft
über Oberäg^ten nach sich zidien muBte,
Das ganze lieben, die ganze Kultur iat eng mit dem Wi,
dem einzigen Muß und Wohltäter des Landeä, Tei^npft
Der übrige, nicht vom Nil durcbfloeaene Teil ist waaserarm,
folglich unfruchtbar. Er besteht meist nur aas Wüsten-
land, daa «^i^ch hier und da eine Oase aufweist. Der
Nil tritt bei ^uui in Ägypten ein. Sei Denit zwögt sch
der Joeephskaual ab und folgt dem Strom auf dem west-
lichen Ufer in grainger Entfernung bis zamFajum, südwest-
lich von Kairo, daa er in zaldreichen kleinen Flußarm^
durchzieht und befruchtet. NÖnUich von Kairo ^udtet dch
320
I
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DIgiiized tu Cgoglc
der Ifil in dns KOgenunnte .Delta, das fruchtbarste Gebiet dt-
liandes. Es ist infolge der fortwährend en Schlammabiagi'-
ningen eigentlieh als eine Schöpfung des mächtigen Flusse-
zu betrachten.
Alljährlich im Sommer verläßt der Ml sein Bett und hf-
friK^htet das Tinilipfjondc Land durch seinen Schlamm. Wn:
der Strom wasserreich, chmn konnte man eine günwtifr*' (kI-i
reiche Grate erwarten; enthielt er nur wenig \Vaijser. dtU-
nur einige unbeträchtliche Gebiete überflutete, dann konnic-
man mit einer schlechten EIrnte rechnen. Der Nil wurde da-
her von alters her wie eine Gottheit verehrt, da von ihm da-
Wohl oder Wehe des I-andes, Gedeihen oder Mißwach."^ dir
Ernte abhing.
Gegen Ende Juni beginnt das AnBchwellen des Stromr-
bei Assuan; einige Wochen später verläßt er auch bei Kair;-
sein Bett. Im Oktober haben die Wassermassen ihren höch-
sten Stand erreicht. Die Abnahme des Wassers geht aber
so langsam von statten, daß der Fluß nur eine ganz geringe
Zeit des Jahres seinen geringsten Wasserstand behält.
Ägypten besitzt keine größeren Süßwasserseen. Die Seen
des Delta und des Birket-el-Kerun nordwestlioh vom iFajnin
sind salzig, die auf der I^andenge von Suez bitter und die-
jenigen von Alexandria natronhaltig.
Der nahe der Küste, südöstlich von Alexandria gelegene
Birket Mariut bildete sich erst wieder, als die Engländer im
Jahre 1801 bei der Belagerung von Alexandria die känst-
liohen Dämme daiohBtaohen, um die von den Franzosen ver-
teidigte Stadt vom Süden her besser angreifen zu können.
Dos Klima Agj^teos ist xwta sehr gesund, doch im Som-
mer, Kumal in den wusserarmen, tmfruohtbarenTeileii, drSi-
kend heiß. Die Franzosen konnten etwas von den Anstren-
gungen und Entbehrungen erzählen, die de auf dem Mar-
sche von Alexandria bis Damanhur und ini Jahre 1799 nsdi
und von Syrien erleiden mußten! Die Hitze und das wassn*-
322
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nrme Land bereiteten Offizinren wir Soldaten manche Ent-
Läuscliim^lPn. Sofrar einige ben iilirte Generale verloren den
Mut und g^ihen somit ilen S,>!dal<'ti ein schlechtes Beispiel
der Manns/u.^lil.
Hauptsächlich haute man in Ägypten Weizen. Durra
(rine Art Hirse), Reis und Gerste. Ferner wurde der Wein-
hau betrieben, und Datt«lhaine und Ölbäume wurden unge-
jiflanzt. An Früchten und grünem Gemüse war auch kein
Mangel, doeh die Franzosen fanden sie viel weniger achmack-
liaft als in ihrer Heimat. Der alte Papyrus war schon viel
seltener geworden als im Altertum. Wild wuchs er nur noch
am oberen Nil und teilweise an der Küat«, in der Nahe von
Damiette.
Rinder und Büffel waren selten; häufiger fand man Se-
gen, Schafe und Kaninchen. Das Fleiscli der Haustiere war
weich und ohne Geschmack. An Geflügel mangelte es moht,
das Fleisch war aber trocken. Der Nil und einige Seen vaiea
rfftlii' fischreich, doch auch der Geschmack des Fisch fleisohes
war nicht für europäische Zungen geeignet, "überall erwar-
tete die französischen Eroberer nichts -als Enttäuschung,
Das Brot war unrein und sehleeht, denn man mahlte das
Mehl nur auf einfachen Handmülilen. Als Bonaparte sich
nach der Einnahme Kairos mit der Einrichtung des Landes
beschäftigen konnte, ließ er auch die Anlage von Wasser-
und Windmühlen studieren.
Die Bevi^erung nährte eich hauptsächlich von Datteln,
Fdgen, etwas Brot, Melonen, Bohnen, KSb^ Iän8«i, grü-
nem Gemüse, Wurzeln, Kamelmilcli, Kaffee und etwas Was-
ser. Ganz selten wurde Eleisoh genossen; nur hei ganz be-
sonderen Gel^enheiten, und auch nur bei wohlhabenden
Leuten, kam ein gerSateter Hammel anf den Tisch.
Die ärmere Landbevölkerung lebte so elend, daß man es
kaum beschreiben kann. Ihre Dörfer bestanden aus Erd-
hütten, die kaum um einen Meter die Erdoberfläche über-
323
ragteDfOiid in rfic nmn nur durch ein Loch gelangen könnt«.
Fenatorgab es natürlich nicht in diesen Hütten.. Die Xahrung
der Landbewohner war noch einförmiger und dürftiger ak
die der Städter. Nie aßen sie Fleisch, doch konnten aie weder
Tabak noch Kaffee entbehren.
Der BiK'l. (In Icker ihwI S<>hriftsteiler GaUand, der sich bei
dem Gelehrtfiiaussi hiili befand, den Bonaparte mit nach
Ägypten nalini, beschreibt uns ein ägyptisclies Mahl, das
der Scheik Saadat am 11. Dezember 1798 gelegentlich eines
religiösen Festee dem General Bonaparte gab. „Im Mandar,
dem nach Norden zu gelegenen Zimmer," heißt es in seiner
Beschreibung, „wurden der General und sein Gefolge emp-
fangen. Das Mittagessen wurde auf verschiedenen gtofirai
Kupferplatten serviert, um die sich 10 bis 12 Personen grup-
pieren keimten. Der Umkreis dieser Platten war mit Land-
brot eingefaßt, daa weich und dünn wie Eierkuchen ist, so-
wie von verschiedenen kalten Gemüsen, die die ganze Zeit
während des Mahles liegen bheben. Die Mitte jeder Kupfer-
platte wurde nach und nach von ungefähr 30 Gängen ein-
genommen, die darauf mit großer hclinelligkeit itereicht
wurden. Ein Fleischgang wurde ciurcli einen Gemüsegang,
eine süße Speise oder eine Milchspei.sc ersetzt. Dann reichte
man Pilaw, das Hauptmahl des Landes, das auch die Pro-
vinzialen gut kennen und sehr schätzen. Es besteht aus dilt-
kem Keis mit Zucker und Gewürz, das ilin schmaekhaft
macht. Endlich reichte man Sorbett, ein ziemlich angeneh-
mes Getx!^, das ans Zucker and wohlrieohend^ Bestand-
teilen berbitet wird.
Die Ägypter bedienen sich keiner Stühle. Sie seteen mch
xa ebener Erde' mit übereinander geseblagenen Beinen wie
unsere Schneider. Der Tisch befindet sieh zur selben Höhe.
Die Bewohner des LazLdes gebrauohMi weder Gabel noch
IiöSel, und selten machen sie Tom Messet Gebraoch. Sie m-
is^a die Speisen mit den langem und trinken aas dnem und
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Ueinselben Gefäß. Und wenn das Gericht etwas flüssig ist,
dajin tunken aie mit einem Stück Brot hinein. Mit Vergnü-
gen bietet der Eausherr sräiem Gast ein Stück oo, das er
selbst nicht beendet hst; damit erwdat er ihm eine groJle
Ehre (!). Alle Welt trinkt ans demselben GefäB, äas man
mit Höflichkeit herumreicht."
Geoffroy de Saint-Hiluie, einer der ausgezeiclmetsten Ge-
lehrten, die sich damals in Ägypten befuiden, eixSUit von
einem ähnlichen Gastmahl in inteiessanter Weise. Diesma]
hatte ein Schsik in der Frovinz Bosette den General Menou,
eiziige Offiziere und Gelehrte eingdad^ unter denen sich
auch Geoffroy befand. „Man bediente uns auf dem mit Stroh-
matten nnd Teppichen belegten Fußboden," heißt es in sei-
nem am 3. August an Cuvier in Paris gerichteten Briefe.
„Wir wurden anßertnxlentlich vornehm behaad^, nur be-
stand das Essen nicht aus mehreren Gängen, sondern besser
aus mehreren Reihen. Die umfangreichsten Geriobte befan-
den sieh nämlich in ihnen angemesaaenen runden Zini^e-
füBen zu unterst aller übrigen Speisen. Es sind die Lecker-
bissen, die Ton den eigenen S^uen der Agypt^ bereitet
werden. Man stürzt sich zuerst auf die oberen Gerichte, um
so schnell wie möglich mit ihnen fertig zu w^den und zu
den unteren gelangen zu können. Die Leckerbissen bestan-
den aus sieben oder acht verschiedenen Arten: Mehrere Sor-
ten Käse, in Stärke gekochte Melosa, Frikassee von Ham-
melbröschen, mit Weintrauben gekochten Pflaumen, Fei-
gen und Granatäpfeln.
Die Hauptplatten bestanden aus Huhn mit Reis und aus
verschiedenartig zubereitetem Reis . . .
Der Schelk forderte uns auf, uns imi die Plivtton zu grup-
])ieren, und bald sahen wir die Türken unserer (.Jesellscliaft
ilirt' Finger iri die ScliÜKsoln taufhen. Mit der flaelien Hand
nahnii^n «e die flilssigcn S|K-i»en auf, wülirond f-io sich für
die festen Speisen ilirer Finger bedienten. Wir waren ge-
32ß
Kwungen, es ihnen iiachzutun, denn wir hatten weder Ga-
beln noch Messer . . . !"
Der bedeutendste Hafen von Ägypten war Alexandiia.
die zweit wichtigste Stadt des Landes. Die damalige Stadt
nahm nur einen geringen Teil des mit Mauern umgebenen
Gebietes ein und lag auf der Landzunge zwischen dem alten ^
und dem neuen Hafen. Von dem ehemaligen von den Äia- i
bern angelegten Alexandria fand man nur noch Trüraniet '
und einige lieate des Palastes der Ptoleniäer vor. Die alte '
Stadtmauer, die die ehemalige Araberstadt einschloß, VW |
hooh und wurde durch einige Türme verteidigt.
Das neue Alexandria war äuQerat schlecht gebaut.. Dir |
Häuser waren niedrig, häßlich und schmutzig. Sie entgelten |
nur wenige Stockwerke und hatten oben eine Plattform mit i
Behüten zum Auffangen des Begenwassos. IMe Strafieo '
waren «ig, finster, ungepflaatert und von Unrat strotzend
Eine Ausnahme machte nur das Stadtviertel der Ausländer
(Franken). Dort befanden sieh gtöBere Hänser. Okel ge-
nannt. Hier wohnten auch Bonaparte und seine Generalf
während ihrer Anwesenheit in Aleximdria.
Die Stadt besitzt zwei Häfen, den alten und den neuen.
Obgleich der edte Halen, südwestlioh von der Stadt, sehr
räumig und vor Winden geschützt ist, hatte er damals nm
Wie für größere Schiffe geeignete Einfahrt. Der neue Hafen
liegt nordöstlich von der Stadt, hat nur g^inge Tiefe nnd
ist den Nordwinden stark ausgesetzt. Den Euroiäeni stand
nur dieser Hafen zur Verfügung,
Der öffentliche ^larkt, Bozar genannt, war in der Mitte
der Stadt <;elegeii. Der Boden war mit Mattw und PahS'
zweigen belegt. Die Kanfläden waren Idein tind enthieltai
nur wenige Auslagen. Die Händler saßen vor ihren Türen
auf schmutzigen Teppichen, unbeweglich und mit würdiger
Miene. Sie rauchten beständig aus langen Pfeifen. Als Le-
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beiü^nittt«! boten sie Beis, Linsen, Bohnen, Datteln, Nü^,
Pistazien und minderwertige Ziegen feil.
In irgend einer Ecke sohlachtete der Fleisdier die Tiei e. die
an den Füßen aufgehangen wurden, l^r verkaufte dasFlciseli
sogleich, da es aich in der großen Hitze nicht lange frisch
hielt. Bei den Büelcern fand man kleine, flache, aus un-
reinem Melil schlecht gebackene Brote zum Verkaufe liegen.
Die Häuser waren so angelegt, daß sich in der Mitte ein
viereckiger Hof befand. Um diesen gruppierten sich die
Wohnräume. Die Wohnungen der Frauen waren zu ebener
Erde und von den Behausungen der Männer streng getrennt.
Im hintersten Teile des Hauses befand sicli der Harem. Das
wichtigste Zimmer des Hausherrn liatte Aussieht auf die
Straße. Auf dem Jioden der Räume waren Tcppiche ausge-
breitet, und an den Wänden standen rings herum Diwans.
Das war der ganze Schmuck der Häuser.
Die männlichen Bewohner Alexandrias werden als gut
gebaut geechildert. Sie tn^en veite Beinkleidet, die Jacke
jedoch kurz, auf sogenannte griechische Weise zugeschnit-
ten. Dm Haupt bedeckte ein wolilatigeordnetei Turban, Der
Bart der Männer in Alezandiia war kürzer als der der übri-
gen Bewohner des I^andes, ihre Haltunguagezwungener und
lebhafter als sonst in Ägypten. Da sie die Arbeit scheuten
und es unter ihrer Würde hielten, etwas zu tun, bo über-
lieOen sie fde ihren Leuten und v^braohten ihre Zeit mit
Rauchen, Kaffeetrinken, im Haxem und vor allem im
Kichtstun!
Franen reicherer Stände sah man nur selten auf den Stra-
ßen. Die des Volkes trugen ein schlechtes, schmutziges Ge-
wwtd, meist von blauer Farbe. Es bildete Hemd und Kleid
zu gleicher Zeit. Die Füße und Waden waren nackt. Die
Augenbrauen färbten die Frauen schwarz und die Finger-
nägel rot. Die Kinder wurden wenig sorgföltig gehalten und
trugen sehr dürftige oder gar keine Kleidung.
327
Die drittwichtigste Stadt des Landes -ivar Bosette, am
linken Nilarmo, zwei Meilen vom Meere gelegen. Fast aib
Besclireiher diese Ortes sind sich darüber einig, daß dif~
Stadt doii angenehmsten Aufenthaltsort bildete. Auch hii^r
waren die Straßen eng und finster, da die weitherausge bau-
ten Balkone dem Tageslicht den Zutritt verwehrten, Jüt
Häuser waren, wenn aueli einfach, so doch geschmackvoB
und aus gebrannten Ziegeln gebaut. Noch hübscher waira
die Gebäude am Ufer des Kila: sie hatten manchmal drei
und noch mehr Stockwerke und oft sechs Fenster Vorder-
seite. Sie gehörten meist europäischen Kaufleuten, die sich
hier mehr als in irgendeiner anderen Stadt des Landes in
Sicherheit befanden, da in Rosette selten Aufstände vorka-
men,und man weniger durch die Mamelucken zu leiden hat If-
In der Umgegend der Stadt befanden sich hübsche Gär-
ten und Palmenhaine, auch reich bebaute Felder. Die Le-
bensmittel waren billig und daa Leben leicht. Die Binwoh-
ner hatten angenehmere und vertecagUobore Sitten als in
Alexradria.
Im allgemeinen aber war daa Leben hier sowohl aia in
Kairo ijnd anderen gtö&eien StSdten des Landes eo be-
schaffen, wie bereits bei Alezandria beaohrieben wurde.
Rosette bildete einen Zwisohenhandelplatz von Kairo
naoh Alexandria und umgetehrt, da die meisten Waren auf
dem Wasserwege befördert wurden. Hier hielt sieh aaoh da
Teil der Gelehrten auf, ehe Bonaparte diese nadi Kairo
kommen ließ.
Außer Damiettei der dritten Küstenstadt, Mansora im
Nildelta, möchte noch Damanhui, ebenfalls in Ünterägyp-
ten, erwähnt werden. In Damanhur hatte ein Bei seinen Sti>
auch befand sich hier der Mittdpunkt fürBanmwollhandeL
Die Stadt war groß, doch gliohen die Etäusw, oder bessw die
Hütten, die aus an der Sonne getrockneten Backstein«! ge-
baut waren, aus der Feme zahlreichen Tonbensdili^n. U
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der Stadt befanden siuh einige Jlosciieen, die man schoö
von weitem inmitten von Falmenhainen erblickte, nnd
die einen gewiesen malerischen Anblick gewährten. Sobald
man aber in die Stadt eintrat, war es mit der Täuschung
Damanhiir bori'itftc dpiii französischen Heere die erste
große Enltäuscliuiig. \ ieli-LSi liriftsl-eller, unter ihnen der Rei-
sende Savary, hatten A<rypten in glänzenden Farben ge-
schildert; besonders der französische Generalkonsul Magal-
lon hatte Damanhur für die schönst^^ Stadt des Lnndes er-
klärt. Die Soldaten waren daher äußerst enttäuscht, als sie
sich naeh einigen Tagesmärschen in dem heißen W'üsten-
sand dieser „Stadt" näherten, wo sie Überfluß an allem und
Entsehädigiing für die ausgestandenen t^eiden v.u finden
hofften !
Die Hauptstadt des Landi-. war Kaiio, eme halbe .Mfilo
vom Nil gelegen. Ihre Eevolliernng wiirde (lamüls ,Tuf IHKUKK)
KinwohnOi' EC:^vhlUvA , doch i-t dii- '/.;■>],] veniiutlii'h .stiivk
iilK-rli'ielieu. X:u-h Hi.napartes lierielil an düs nirehloriiiii.
enthielt Kairo die .scheußlichste Bevölkerung der Welt. Auch
hk'v « aren die Häuser, mit wenigen Ausnahmen, schlecht
gelKLut, die Straßen eng, ungepflastert und häßhch. Der Eu-
ropäer wurde vor allem durch den großen Schmutz und die
Unsauberkeit auf den Straßen, Plätzen und in den Häusern
abgestoßen.
Zalilreiche Moscheen, von denen einige in hohem Ansehen
standen, schmückten die Stadt. Die schönsten und berühm-
testen waren die Sultan Hossan-JIoschee. die Tuiun-Mo-
schee, die Azar-iMoschee und die Moschee Hassanein. Die
hauptsächliehaten Plätze waren der Birket-el-Fil und der
Esbckiehplatz. Beide bildeten wahrend der Nüüboischwem-
mung kleine Seen, die man nur auf Booten überfahren
konnte. Bonaparte hatte sein Hauptq^uartier im Palast Mo-
hammed-Bei-el-EUiB auf dem EsbekiShplstze aufgeschla^
329
gen. Eine bereits im li.Talirlnindort erbaute, auf dem Ab»-
läufer des Djebel .Mokkattain gelegene Zitadelle beherrschtf
die Staadt; sie war der Sitz des Paschas,
Zur Beförderung dienten Esel, die nitm für wenig C.eld a :"
allen Öffentliehen Plätzen der Stadt mieten konnte. Um
Treiber liefen oft im Trab lange Zeit neben den Tieren her,
ohne Ermüdung zu zeigen.
Die Männer und Frauen a\is dem Volke waren häßlich
und schlecht gebaut. Bekleidet waren die Miinner im Som-
mer mit einem blauen oder eliemalK weißen Hemd, im Win-
ter mit einem tSewand aus Wolle oderZiogenJiaar. Nur einige
trugen Beinkleider, Meist gingen sie barfuß, seltener in San-
dalen. Auf dem Haupt trugen sie einen Turban. Die Frauec
gingen ähnlich vne die Männer gekleidet, nur waren ihre Ge-
wänder länger. Das Gesicht hatten sie imma durch ranoi
Schleier verhüllt, der ehenso Bchmutzig wie die übrige Klö-
dung war und Barco genannt wiuväe,
Bulak bildet den Hafen für Kairo. Auf dem asiiiesea,
<ieni linken Nilufer befindet sich Giseh, und südweetlicti
davon liegen die berühmten Pyramiden.
Von geringerer Bedeutung waren die Städte OberSgn*'
tens. Siut, eine ziemlich malerische Stadt, liegt zwiachec
dem Nil und den nahen Bergen. Häuser und Bszare waiea
aus roten Ziegeln gebaut. Hier befanden sich etwa 10 Ü-
fahriken. Außerdem betrieb man beBonders Handel mit
Topf waren, Katron, Opium und Leinwand.
Kus, im Süden von Siut gelegen, besaß zwar den Namm
einer Stadt, doch war es nichts weiter als ein großer Fleokoi.
Viele Häuser waren verlassen oder lagen in lYUmmmi. Mao
konnte daxaus sohließen, daß Kua früh^ bedeatender ge-
wesen sein mußte. Einige hübsche Gärten und Falmenhaiiw
sowie Anpflanzungen von Melonen gaben dem Ort ein nule-
risches Gepräge. Die Bewohner waren mdst Christen. Vw
KuB axa errdchte man in wenigen TagesreiBen KoaSi, den
330
Digllbzed by Google I
Dlgiiized tu Cgoglc
einzigen am Roten Meere gelegenen bedeutenden Hafen
Ägyptens außer Suez.
Weiter sfidlicfa, am Unken Ufer des Nils, liegt Esneh, di>-
Hanptstadt der BÜdlichsten Provinz des Landes. Die Stad:
war schöner angelegt als die meisten anderen OrtaofaafteD
Oberägyptens. Handel und Industrie befanden sich-m gt^
wisBer Blüte, vermutlich wegen der zahlreichen K^ptonfa-
milien, die dort wohnten. Hier befanden sich etwa SO 01-
f abriken und fünf bis sechs Töpfereien. Auch verfertigte man
einen sehr feinen Schal, Meläyeh genannt. Die Bewohner der
Stadt waren sanft und gutmütig ; im allgemeinen bildete E~-
neh einraisehr angenehmen Aufenthaltsort für die Europäer.
Da Emeh sehr weit von der Hauptstadt entfernt liegt.
war es von alters her ein Zufluchtsort der Besiegteii und
Unterdrückteit gewesen) denn die Macht der Beis vna Kairo
leiohte nioht so weit. Um die Zeit der französisofaen Beset-
zung des Landes wax Esneh der Wohnort der Beis Hassan.
Osman und Salay. Letzterer war der Nachfolger Ismads,
der erat einige Monate zavor gestorben war. Alle Beis waren
geechworene Feinde des mächtigen Murad.
Assuan, oder Syene im Altertom, war ut der Grenze des
damaligen Ägyptens gelegen. Es war in seiner Bedeutung
gegen früher stark zurückgegangen, denn die alte Stadt hat-
te eine viel größere Ausdehnung gdtabt. Von hier ans wurde
ein großer Handel von Henna, einer Fflenze, die getiooknet
zum Färben der Haare und Fingemägd dient, nach Kairo
betrieben.
Ägypten hatte keine gleichartige Berölkerong. IKe Jabt-
hundMe hatten nicht vermocht, eine einheitliohe Basse auf
demselben Boden zu entwickeln. Die Bewolmer Ägyptens
bestanden aus Kopten, Arabern, Türken, Orteohen und Ju-
den. Dazu kamen noch Armenier, Syrier und Europäer, die
allgemein mit Franken bezeichnet wurden.
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Die Kopten waten die Ureinwohner des Landes. Sie be-
vofinten vorzugaweiBe die Städte und die größeren Dörfer, Sie
-waren geachmeidig und unterwürfig und vielfach im Dienste
der Mamelucken. Meist waren sie Ideine Handweriter; jeden-
falls bildeten sie die untersten Stände der Bevölkerung.
Den Hauptteil der Bevölkerung bildeten die Araber, die
Sieger über die Kopten. Diejenigen, die die Städte bewohn-
ten, waren Gerichts- und Verwaltungsbeanite (Schelks, Sehe-
rifs, Ulemas, Agas usw.), Großkaufleute, Ladenbesitzer und
Handwerker. Die Bewohner des Landes, meist arm und be-
-dtirbÜBlos, nannte man Fellahs (Fellahiu). Schließlich gab es
noch eine dritte Gattung, die Beduinen, die Kinder der Wü-
«te, die besitzlos, sich alsKameltxelber verdingten, gewöhn-
lieh aber ihr Leben als Wegelagerer durch Plünderung und
JEtaub fristeten. Natürlich gab es auch unter ihnen wieder
vwsohiedene Abarten.
Säue hübsche ScbUdenmg der Beduinen in den Provinzen
Beni-Suef und Minieh (in Ober^ypten) gibt uns der spätere
Graieral Desvemois in seinen MemoireiL Der damaligeSohwa-
dronecbef wax vom General Berthier mit einer Sendung zu
einer großen Anzahl von Beduinenhäuptlingen bebraut wor-
den. „Bei jedem Stamm", so heißt es, „soIiloS ich midi den
Spielen der Beduinen an. Ich saß immer an der Seite des
Schelks und seiner Sohne und gewöhnte mich schnell an üue
Speisen und ihren Kaffee (Qahona). Man hatte mir und mei-
nen beiden Husaren in dem Zelte des Schelks eine Ecke ein-
geräumt, wo wir Tag und Nacht ausruhen konnten. Die
Frauen und Mädchen melken die Ziegen, bereiten den Käse
-und backen Brot Sie kümmern sich auch um die Küche und
die Mahlzeiten. Eine einfache Ziegenhaar- oder Kamelha^
decke trennt die Wohnung der Frauen von der der Männer
während des Tages. Nachtsüber verschwindet diese Decke,
und die Geschlechter vermengen sich, jedoch nur in einer
und derselben Famihe.
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Wir haben viele Beduinenzeh« besucht aber überall dif-
selben Gebräuche gefunden. Frauen und Mädchen sanger.
meist, waren fröliliuh und zeigten -icli selir oft außerordeni-
lich frei bei der genauen Untersuchung unserer Kleidung
um! Personrn, Sie « ollten uns durcliaus bis anf die I
forsclien uuil licsoniiiTs ^iii einer Stelle, wo es die Ab<
der iiiulit /AI tun ])fli.'gen. was aber bei den OrientaJ^^j^fU^
und giibe ist. Ich jnnß hinzufügen, daß die Frauen äekSf-
duincn manchmal selir hübsch sind. Im allgemeinen ^nd ^:
gut gewachsen und haben sehr schöne Augen."
Die Türken waren nur dem Namen nach Herren dee Eoc-
des. Sie waren träge, nachlässig, beschäftigten sich hie tradda
mit Ackerbau und Handei, das heißt, sie überließen es Oms
Sklaven. Sie verbrachten ihre Zeit meist mit Rauchen, 'Kiü-
feetrinken, Nichtstun und im Harem, denn sie waren anhi
eifersüchtig. Der Hochgestellteste war nicht vi«
ter als der Mann aus dem Volke. Nur die Kinder a
Häusern lernten lesen, manchmal auch solireiben. 1
Unwissenheit sahen die Türken aber auf die anderen^
oder Andersgläubigen mit Verachtung herab.
Von den drei Religionen, der mohamniedani.sehen,
sehen und christlichen, war die mohammedanische uati
die verbreitetste und die einzige offizielle Religion.
deren beiden Religionen waren nur geduldet. Das C
tum, das noch ganz so beschaffen war wie in den c
Jabrbundert«ii unserer Zeitrechnung, hatte die
Anhänger unter den Kopten. Katholiken gab es i
wenig. *
Alle Bewohne Ägyptens waren sehr abec^äubiaoh; Mli
darin waren sie sich ähnlich, ä&B sie meist sehr genü^W
lebten und lieher in den ännliohsten Hütten od^ Hänaen
wohnten als zu arbeiten, um sich bessere Lebensbedingon-
gen zu schaffen.
Die Kleidung der verschiedenen Bewohner war nuäst die
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^ei<^fi; nur äuroli die Farbe des Turbans nntersohied man
sich. Die l^ankeu IdeidetoD sich, wie de wollten.
Sehr beliebt waren die Bäder. „Es gibt sehr viele Bade-
anstalten in Kuro", buchtet derLeut»iantDoguereaa;„Der
Koran schreibt den Türken vor, sich zu baden. Diese Bade-
anstalten dienen bdden Geschlechtern, nur sind verschie-
dene Tage beetimmt, an denen die Männer und an denen die
^E^anes baden dürfen. la den Bfidem berrBcht allgemeine
XTnsauberkeit; die Badetücher werden immer von verschie-
denen Personen benutzt.
Wasi tritt zuerst in einen Baam'ein, der unbedeckt ist und
Himmel sehen läßt. Dort befindet sieh ein Wasserbehäl-
ter. Um diesen herum sind Lagerstätten, eigentlich nur
schlechte Fritsohen, dvan bestimmt, diejenigen aufeuneh-
men, die gebadet haben und dann gewiSmlich einige Stun-
den schlafen. Ei^ entkleidet man sich auch.
Ein Badediener geleitet einen, nachdem er einem Kopf
und Körper mit Tüchern umwunden hat, in das Dampfbad,
das man kaum ertragen kann, wenn man ea zam erstenmal
gebraudit. Man schwitzt darin außerordentlich. Kaohdem
er den Badmden die Glieder fast gebrochen imd den Körper
mit ei nei Art Wollstoff abgerieben hat, geleitet er ihn in einen
gi-oßoi Wasserbehälter mit bemahe kochendem Wasser.
Wenn man aus dem Wasser kommt, wird man abgeseift.
Nachdem man andere Tücher erbeten hat, wird man zum
Buhebett geführt. Hier wird einem der Körper wieder eine
Stunde lai^ gerieben, und die Finger und Zehen hin und
her gezogen. Das nennt Bavary in seinen .Mämoires snr
l'Egypte' göttliche Freuden!"
Der Mohammedaner kann von Bechts wegen viw Frauen
haben und sonst noch so viele Nebenfrauen, als er will, oder
vielm^, soviel als er ernähren kann. Die Frauen Tomehmer
Stände gingen nie oder nur ganz selten aus. Wenn dies aber
einmal der Fall war, dann waren sie so tief verschleiert und
335
so Termammt, daß man unmd^ch ihre Gestalt crkeann
konnte. Sie aJterten sehr scImeU. Wt 30 (Ti^iFen hatte» st
meist ihre IVieche verloren. ÜBxa trug vid bei, daß me oft
schon mit 10 Jahren verh^atet wurden und zu viele beiBt
Bäder nahmen.
Natürlich waren die Frauen noch ungebildeter als die Mü-
ner. Sie verbrachten ihr Dasein im Harem in völliger Al^
schlossenheit von der Außenwelt mit Singen und Tanzen.
Anziehen und Ausziehen, Kaffeetrinken, Kuchenessen u:.
Rauchen, vor allem aber im Nichtstun. Die Frauen der i ■
chen und Mamelucken waren keine Emgeborenen: sie kar:.'_
entweder aus anderen Teilen Afnkas oder aus Asien, beson-
der» aus Oenrgion und (Jriei-honland.
Sie waren sehr sinnlich und leidenscliaftlich. Ihre größir
Freude bestand darin, Bäder zu nehmen, denn liier warer-
sie allein und unter sieh. Ihre Männer durften nicht dahin
kommen, wenn sich fremde l'rauen dort befanden. Die Bä-
der bildeten oft die Stelldicheins für ihre Liebhaber, denn
trotz der Wachsamkeit ihrer eifersüchtigen Männer gdaac
es ihnen doch zuweilen, öicso zu hintergehen.
Die FrauPTi iiiis drni Volke ivai-cn im Gegen.'5atze zu riciii i.
der liciclien, die ant dvui Au^-huid kamen, meist häßlicli ui-;
unansehnlich, ohne Sehum und vor allem ohne alle weibliche
Würde. Sie fanden durchaus nicht« darunter, den größten
Teil ihres Körpers in Gegenwart von fremden Männern lu
entblößen, wenn nur ihr Gesicht verdeckt blieb! Die Preis-
gebung zur Unzucht war überall sehr ausgeprägt. Schon
Damanhur wimmelte es von öffentlichen Mädchen.
Die Tänze der Frauen waren bei den Mohammedaueni
sehr beliebt; doch waren sie so unschön und unstttUch, dafi
sich die Europäer oft mit Abscheu von diesem Bilde wand-
ten.
Eine sehr interessante, scherzhafte Schilderung eines «J*
eben Tanzes überliefert uns Denon während seines Anfeot-
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Dlgiiized tu Cgoglc
Jia.-sc o! Iii Haiilv ß;ryiito-. Im- schrfilit : „Wir (der OenprA',
Einkominfn sii- vcriniitlirli ciiicii Ti-il beisteuerten, machten
ei!Liü(-Si.'luviiTijrkfiti n. ilLneii'/iirrlaubenzu kommen. Durch
die Ulii kc r[is.'läiil)iger beschmutzt, konnt«n sie vielleicbi
an ilirc[n Werte verlieren, aber die Gegenwart eines Genctak
(111(1 liewonder n ilie Anwesenheit von 200 Soldaten beseitig-
ten alle Hindernisse.
Die Tiliizerinneii UameiL und ließen uns duicbaus nielv
merken, dall wie die iioliliselieii Bedenken und die Gewis-
sensbisse der Scheiks teilten! Sie verteidigten jedoch mit
viel Anmut diejenigen Reize, die uns am wenigsten vertei-
digungswert erschienen, nämlich die Augen und den Mund.
Alles übrige wurde uns mit Vergnügen überlassen. Ba!':
dachte man riiebt mehr daran, uns etwas zu verbergen. .Ms .
zeigte CS uns indes durch bunte Schleier. Kin sehlecht befe -
stigter Gürtel wurde mit einer Ausgelassenheit wieder !h-
festigt, die nicht unangenehm berührte und mir ein wi-m^
französisch erschien.
Die Tänzerinnen halten zwei Musiker nut sich: einen Du-
delsackpfeifer und einen Tro nun elsch läger, dessen Instni- ^
ment aus einem irdenen Topf bestand, auf den er mit den I
Händen schlug. Die .Mädchen waren ihrer sieben. Zwei da-
von scliickten sieh r.u tanzen an, die anderen sangen zur Be-
llleitiingder Kastagiiettcn, die die Form von Zimbeln und die
Größe eines Sechsfranken.stückes hatten. Die Bewegungen. |
durch die sie die Kastagnetten aneinander schlugen, verlieiicn
ihrcnPingem undHandgelenken unendlich viel Anmut, llir '
Tanz war zuerst woUüstig. Bald aber wurde er gemein;
war nur noch der rohe, unanständige Ausdruck der leiden-
schaftlichsten Sinnlichkeit. Und was dieses Bild noch ekel-
M.
Dffizi
■iilen die Si-heik..
disrben liaj^^.i.-R:.
Landes, zu liereu
338
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h.iftor machte, war, daß einer der Musiker gerade in dun
Aiiponblicken, wo sie die wenigste ZTirüclilinUun!: brapinten,
<iic allgemeine Szene des Rausches, die di-n Tjlii/ [»".'udoli-,
ein ungeheuer schamloaes (icliii litcr uiilcrbraoli.
Die Tänxerinnen tranken Branntwein u io I.iniuiiade aus
großen Waswergläsern, Dabei waren sie aucli, obiilcicli jung
und hübseh, verlebt und welk, ausgenommen von /wcii'ii,
die au ßerord entlieh zwei berühmten Pariser Schünheitcn
Trotz ihres freien i.ebenswandds lülJt nlan diese Täir/.m in-
iicn in (llc Harciuri kunimciL. nin dii' jungen Mädchen von
allem /u unl errichten, was f^ie ihren zukünftigen Gatten be-
fichrenswerl nniclicn kann. Sic geben ilinen Unterricht im
Tanzen, Hingen, in der Annuit und in allen Künsten der
Wollust. 1']« ist nicht zu verw\indern. daß bei den Sitten, die
die L'n7,iifht zur ernten i'flicbt der Frau machen, diejenigen
die I.fbreriTuifn de.ssehiinen (iewelilechtssind, deren Beruf die
Liebe ist ! Sie werden zn den Festen der Grollen empfangen,
und M'cnn ein Gatte das Glück seines Harome genießen will,
so läßt er solche Tänzerinnen rufen."
Im Laufe der .lahrliitndei te wurde Agy|)leri von verweiiie-
denen Xachbarviilkern erobert. Am .Viifang des i(>. ,ialn--
hunderts nahm lier Sultan der Türkei Scliiti I. <hts Land in
Besitz. Zur Zeit des fraiiziisischeii Einfalls gehörti> Ägypten
wenigstcn.s dem >i'amen nach noch dem Sultan und wurde
von einem Pji^;cha regiert. Dieser wurde auf drei .Jahre ein-
gesetzt und hatte seini'ii Sitz in Kairo. In Wirklii'hkcit lag
aber die Uerrscluift des l-audes in den Händen von 24 Ma-
nieluckenbeis, von denen jeder eine Provinz befehligte. Einige
tler Beis erboben sieb jnanebmal zu grÖßerenr Ansehen.
Diesen gehorchten die übrigen Beis. Von ihnen war auch
dei Pascha in Kairo abhängig. Sie waren also die wirklichen
Herrsoher des Landes.
Die Mamehic-kcii wureii oliemalw eine Leibwache des Sul-
tans ßeive^eii und lieKtanilen nieiHt auH kaukasischen and
tsclierkessi sehen Sklaven. \\'egen ihrer Tapferkeit waren äf
überall gefürchtet, selbst von ihrem eigenen Herrn. Schoo
im späten llittclalter hatten sie eine wichtige Rolle in AgTfr-
ten gespielt; sie wurden aber durch Selim I. bezwunirn
Später rissen sie die Macht wieder an sich. Da sie weder
schriebene noch Naturgesetze anerkannten, weder Acker-
bau. Viehzucht noch Handel zu würdigen rerstanden, gin;
es itiit (lein sonst so reichen Lande Ägypten immer v&ier
abwärts.
Die Zahl der berittenen waffenfähigen Mamelucken be-
trug gegen Ende des 18. Jahrhunderts etwa 10 000 Mann.
Eb war ein eigenartiges Volk, das seine Gewohnheiten ood
Sitten jahrhundertelang beibeh^ten hatte. Ihre Frauen lie-
ßen sie meist aus Georgien kommen, doch zeugten ate mit
ihnen nur wenige Kinder, die auch bald entarteten und nicht
ihre Nachfolger wurden. Sie ergänzten sich vielmehr durch
fremde Sklaven, schöne und kräftige Knaben aus dem Kau-
kasus, die sie im Gebrauch der Waffen und im Reiten täg-
lich fibten. Je nach ihrem Können, besonders aber wegen
ihrer persönlichen Tapferkeit kamen täe zu Ansehen und
Reichtum. Das Vermögen der Mamduoken bestand in schö-
nen Waffen, Pferden und Frauen.
Die Mamelucken waren ausgezeichnete Reiter, sehr ge-
schickt im Gebrauch der Gewelwe imd Pistolen und beuitn- I
derungswürdig im Handhaben ihrer SSbel, die aus dem be-
sten Stahl gefertigt waren.
Jeder üibimeluck hatte einige Diener zu Fuß bei sich, die
ihm selbst biß ins Gefecht folgten. Hatte er sein Gewehr ab- 1
(^schössen, so griff er zu den Pistolen, deren er mehrere bei .
sich trug, und zuletzt zu den beiden Säbeln. Die Zügel seine-
Pferdes im Munde, in jeder Hand emen Säbel, warf er sich
auf den Gegner und teilte nach rechts und links Schläge aus.
340
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DIgiiized tiy Google
d;r :j.rv- U Lrt.'^iiü nK-r.i verl- ""llen. Beronder> in dcr.Schlachi
von ¥^^i::t:\--L konnien sie ihre sanze Geschirkliehkeit al.
Be:i'^r und Kneirer zeigen, der.:: ti^f irdiizi.p-Lsrlif liifiintene
tra: n:. :\i mr.iieiTiir ein,
A!j Bocapane den; I>ir«kl.-r:-:::. ai;, J4. -hih 1 7!'^^ H^ ncht
htT i ^ ht W I i i e
I f -e i r ben M 1 k I i Be
r r i-- Lxnde-aiu I I n 1 Ma 1 k n hat
im !>pTAp:erkeit an denTae j; v. : ;. ir bieten ihr\
Hm Jen. denn es war keiner iiii;i-r :.-:!. ; di-m unsere iscA-
daien nieht 3. 4. ja Louisiior iiuiiinden lialten.
Der ganze Luxus dieser Leute besteht in ihren Pferden
und iliren Waffen: ihjf Häcif^rr sind erbärmlich. Schwerlich
findet man ein frnf^tbaret^ Land und eui elenderes, un-
wissenderes und vettierWies Volk. Sie ziehen einen l'uif orm-
knopf unseres SoId*ten einem Sechsfranfcentaler vor. in den
Di'rfem »Tssen ae nicht einmal, was eine Schere ist. Ihre
Häuser sind ein Haufen Kot. Als ganzes Hausgerät haben
sie eine Strohmatte und zwei oder drei irdene Töpfe. Sie es-
sen und verbrauchen im allgemeinen sehr wenig. Den Gc-
brauch der Stühlen kennen sie nicht, so datl «-ir fortwährend
auf ungeheuren Komhaufen lagern, ohne uns Mehl ver-
schaffen zu können. A\'ir nähren uns nieist von Gemüse and
Fleisch. Das wenige Getreide, das sie in.Mciil verwandeln, be-
arbeiten sie mit Steinen. Nur in einigen grülJeren Dörfeni
gibt es JtiriMen, die voa Ochsen gedreht werdMi.
AVir sind fortwährend Ton Arab«schvänneD beannibigt
worden. Die Araber amd die größten Diebe und Ganner der
Welt, da sie Türken und Franzosen ohne Toteischted er-
morden, überhaupt alles, was ihnen in die Hände fällt . . .**
Der mächtigste Mameluckenbei war AK der Große gewe-
sen. Seine Wiege stand in Anatohen. Wahrend 10 Jahren,
von 1763 bis 1773, hatte er sich als nahezu alleinig» Herr-
scher von Ag^-pten behaupten können. Xach swnem Tode
342
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ri ß Mohammed die Macht nn sich und regierte zwei bis drei
Jahre, bis er durch ein Fieber ciahingerafft wurde. Hierauf
bemächtigten sich Ibrahim und Murad der Herrschaft. Beide
waren Tacherkessen und zusammen aufgewachsen. Sie
herrachten nooli zur Zeit des französischen Einfiills. Da beide
nahezu gleich an ilacht waren und ebensoviel Anliänger
hatten, beschlossen sie lieber, sich in die Herrschaft des Lan-
des zu teilen als sich zu bekriegen. Ibrahim bekam Ober-
ägypten, Blurad Unterägypten; erst^rcr jedoch erhielt die
Würde eines Scheik-el-Beled.
liire Hen-schaft aber wurde von Hassan-Bei, einem frühe-
ren Jlamelucken Alis, und von Iismael, der unter Ibrahim,
dem Hcrrschrr vni- Ali, gestanden hatte, angefochten. Has-
343
DIglllzed tiy Cpflgle
San hatte »oh nach und nach zu Macht und Ansehen empor-
geschwtmgen und natüriich den Haß und Nräd Mnrads er-
regt. Murad traeht«te deshalb danach, aeinen Nebenbuhler
unsohädlich zu machen und zu töten. Hasaan wurde aber ge-
warnt und floh noch teohtzeitig nach Obelägypten, ehe e i
Murada Kachatellungen zum Opfer fieL Schließlich gelang < -
ihm, eine Art Versöhnung mit Murad herbeizuführrai, dem.
er wurde von diesem anerkannt. Als Murad nach derSchlacin
bei den Pyramiden nach Oberägypten fliehen mußte, nahm
ihn Hassui, der seinen Aufenthaltsort in £sneh aufgeschla-
gen hatte, großmütig auf und unterstütete ihn noch durcli
seine Truppen. S«de abrar wiwlen durch Sesaix, den Bona-
parte zur Verfolgung nach Ober^ypten gesandt hatte, in
verschiedenen Gefechten geschli^n.
Der franzöeisohe Naturforscher and Reisende Sonnini, der
Ägypten vor dem Einfall der Franzosen brauchte, hatte
auch Gelegenheit gehabt, den Mamelucken bei Murad ken-
nen zu lernen. In seiner „Voyage dans la Haute et Basse
Egypte" gibt er ein sehr interessantes Porträt von ihm.
„Murad ist ein sehr schöner Mann", heißt es darin. „Er hat
ein kriege riscli es Getsieht; ein dichter, schwarzer Bart um-
rahmt sein Kinn. Breite schwarze Augenbrauen ziehen sich
in schönen Bogen über den großen feurigen Augen hin. Eine
lange Narbe niittPii rliircli die eine Wange trägt viel zu seinem
wikien Geai.-hlsiuis(lnu:k In-i. .Mit gioUern .Mute vereinigt er
auflerordeiit Helle Kiiift iliiiI ( leu aiidtlieil. Mau IlüI gesehen,
wie er mit eiiicLi cin^.igeii Hieb meines krummen Türken-
Säbels einem Rinde den Kojif abseblug. Bei ein wenig Erzie-
hung und Könnt Iii eson liütte.Mumdein großer Feldherr wer-
den können, denn er wiir ein unerschrockener Krieger und
ein ausgezeiebnetor Heiler, der die härtesten Entbehrungen
und Anstrcngimgen ertragen konnte und den Säbel mit Kraft
und Gewandtheit handhabte. Er war mutig, wenn er Nieder-
lagen erlitt, kühn in seinen Unternehmungen, kaltblütig im
344
I
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i-landoln und furchtbar im Angriff, Sein stolzer, hoch herzi-
CliaraktPF j^nlieii ihm den Atisnhpin von Würde der höch-
sten Gewalt. al)ci' L'iijrcrcchtisliL'it, rmvis^.-nlivil umi V.uni-
samkeit hatten min ilini einen wilden Tyniiineii fieinaoht."
"! brahini wird als groß von Gestalt, berechnend, geschickt,
l^alsrh, ehrgeizig und verschlossen geschildert. Er war ebenso
liipfer wie Murad, doch war seine Tapferkeit ruhiger und
gleichmütiger.
Dieser Bei war in seinem Handeln viel gemäßigter und
umsichtiger als sein Nebenbuhler. Obgleich seine Mameluk-
ken ebenfalls sehr treidgierig und ungerecht waren, so wen-
deten sie doch mildere Formen und weniger ^\'illkiirlielikcit
im Eintreiben der ytciiem an als die Jlurads, Ibrahim war
reicher als Murad. Er besaß viel Ordnungssinn und scheute
unnütze Ausgaben, ohne gerade sparsam zu sein.
345
I
VIERZlLliKl ES KAl-lIEL
LANDUNG IN ALEXAKDRIA. — MARSCH DURCH ,
DIE WÜSTE. — GEFECHT BEI KOBBAKIT. — i
SCHLACHT BEI DEN PYRAMIDEN j
(Juni bis Jnli 1798} |
Am 26. Juni kam die franzÖsisohe Motte in Sicht der In-
sel Kandia und steuerte demn gerade auf Alexandria zu.
Am nächsten Tage erteilte Bonapiuie der Fregatte „Junon"
den Befehl, vorauszusegeln, um den h'anzösisohen Konsul
Magallon in Alexandria, den Neffen des Generalkonsuls glei-
ohen Namens, an Bord zu nehmen und Um um Nachrichten
auszufragen. Denon befand sich an Bord der Fregatte und
hat uns genaue Einzelheiten darüber überlief^*).
Am 28, erblickte man Land. In der Nacht vom 29. zum
30. Juni kam der französische Konsul an Bord der „Junon",
undamnSchBtenTage wardie Fregatte wieder bei der Flotte
angelai^t. Am I. Juli früh 7 Uhr begab sich Magallon in Be-
gleitung DenoQs auf das Admiralsschiff. Auswaren über-
rascht, zu erfahren, daß die englische Flotte einige Tage vor-
her vor Alex^dria erschienen war. Man glaubte vielmehr,
daß sie erst später folgen werde, imd daß man ihr voraus-
geeOt sei !
Bonaparte hatte ursprünglich die Absicht gehabt, an ver-
*) Er crzälilt In seiner ReiBebeBuhrpibung. ein Witzlwld hslic in AnnjiU-lung
aai die Anivdc BonapSTtca in Toulon, eSu er die Bds KilHta erbiickic, ausgi'-
rnfim; „IJe sclmu, da xind dip uechs Ackpr Boden, die man dir vecediriebra
346
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t!i:liicdi'iu (i l'iiiilili'M 7AI hnulcii, vtTiniillich ;;liMcllzeitlg in
;Ue.\;uKliia und i^i.M'ite, vivllciflit iiucli in IJuniiette, Die
Nachricht von dvr Ai)kunfl der engÜM'hcn Motto in den
ägyptischen (li^w^issi in niulJlc iibcr .leinc rhinc iindcrn.
Ercntachlnlisii'li didi.-r snfoi t. an l.iind m gclien, obgleich
das -Meer wiir sliii ndsi'li war und Brueys ihm davon abriet.
Hona]iiirte iv.-ir id)cr /.ii sehr von der Notwendigkeit über-
zeugt, die Trujjpen auKscliiffen zu lassen, denn jeden Augen-
blick konnte die englische Flotte Kurückkeliroji. Und das
würde alle wino Plane zerstört liaben. Zinn Liinduugs-
platz wurde die Bucht von Alexandriii ausgesucht. Das
Waeser war aber sehr scietit, so daß die Schtaelitsehiffc nur
in HClir grolJer Entfernung von der Küste ankern konnten.
Nichtadesto weniger eignete sich die Küste gut Kuin Landen
für kleinere Fahrzeuge; zudem war Ale.xandiia kiuini 12
Kilometer entfernt.
Die Division l)esai\ erhielt am 2. .Inli Hetchl, siel-, in'im
Marabut, die Division .Menous reclits davon und die iicy-
niers links davon auszuschiffen. Die drei Divisionen hefaii-
lieii .sieh auf den TranMporlfalir;(eugC]i und liattcu eine kür-
zere Strecke bi.s zum Ufer zurückzulegen als die IJivi.'iiouen
Kleber und Bon. Diese befiin<len sieh anf den Kriegsschif-
fen, die in einer gewissen Entfernung vom Lande (geankert
hatten.
Die Division Menou gelangte zuerst ans Land; mehr
Schwierigkeiten hatten die Divisionen Reynier und Desaix
zu überwinden, da dae Meer äußerst stiirmiBch war. Selbst
die Matrosen und Seetioldaten kviurden in diesen Tagen von
der Seekrankheit erfaßt.
Bonaparte und sein Generalstab bestiegen am 1. Juli
gegen 4Ubr nachmittags eine der Halbgaleeieiw die man aus
Malta mitgebracht hatte, um dch der Küste zu nähern. Um
ihn sammelten sich die Boot« der Kriegsschiff e, die die Mann-
schaften der Divisionen Kleber und Bon an Bord hatten. Man
347
mußte aber eine halbe Meile von (kr Küste entfernt ankern.
Dies geschah während der Dunkelheit. Ungeduldig, bald ans
Land zu kommen, sprang der Obergeneral gegen 1 Uhr
nachts (am 2. Juli) mit Berthier, Caffarelli und Dommartic
in ein Boot und erreichte in einiger Entfernung vom Mara-
but die afrikanische Küste. Da er sehr müde war. ließ er eine
Wache urn sein Lager aufstellen und legte sich zum Ruhen
nieder, währenddessen sich die Laniiung rioi- Divi.sionen Kle-
ber, Menou und Bon vollzog.
Bis etwa 2 Uhr früh hatten diese drei Divisionen 5 — 6(X>J
Mann ausgeschifft. Gegen zweieinhalb Uhr setzten sie sich
in -Marsch, um so schnell wie möglich Alexandria zu errä-
chen.
Bonaparte marschierte an der Spitze der drei Divisionen.
Durch seine Gegenwart, seine Zuversicht und sein entschie-
denes Handehi belebte er den Mut aller. In r^ciner licgleitung
befanden sich außer seinem Stab die Generale i^umas, Dom-
martin und Caffarelli, der trotz tfeines Holzbcines keine MÖ-
digkcit verriet. Rejniier hatte wegen des schiechten Wettere
erst einige hundert Mann seiner Division landen können.
Et erhielt desbtdb von Bonaparte die Weisung, zonächBt
bis zur völligen AuBschiffüi^ zurückzubleiben und den Lan>
dungsplatz zu überwachen.
Bei Tagesanbruch (am 2. Jiüi) war man vor der Stadt Ale-
xandria, vielmehr vor den Mauern, die die ^emalige Araber-
Btadt umgaben, angelangt. Da die Sonne stark brannte und
kein Wasaer au&utreiben war, hatten die Truppen sehr zn
leiden. Man hatte zwar für vier Tage Lebensmittel (meist
SohiffBzwiebaok), aber kein Waeser mitgenommen. Die Sd-
dsten jedoch warfen den Zwieback weg, da sie bald Besseres
zu finden hofften. Aber moht einmal für den General ww
ein Tropfen Wasser aufzutreiben; schließlieh bot ihm ein
Offizier einige Apfelsinen dar, die er aus Malta mitgebracht
hatte.
348
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Dlgiiized Cgoglc
Olgiiized tiy Cgogle
Boiinparte versutlitc mit dem Befehlshaber von Aloxan-
ciria zu unterhandeln, aber es gelang ihm nicht, sicii den Kiii-
"wohneni verständlich zu machen, da sie glauben mußten,
<iie Franzosen kämen als Feinde. Da^.u <lrängte die Zeit sehr.
Obgleich llonapirtc keine Artillerie hei sich hatte, befahl er
.sofort den Angriff. Mi'üüu sollte im Westen (linker l'liigel),
Kleber im .Siklcu (Milte) und Bon im Osten (rechter Flügel)
von dem Tore von llosettc aus die flauem zu übersteigen
versuchen. Von seinem Standort, der sogenannten Pompejus-
säule. aus leitete der Obergeneral den Angriff.
Eiiüge Jlameluckenach wärme und ein Teil der Araber hat-
ten sich beim Herannahen der Franzosen in die Wüste ge-
flüchtet. Ein anderer Teil der Araber verteidigte mit eini-
gen bnndert Mamelucken und Einwohnern Alexandriaa die
Stadt. Die Verteidigung war aber so schwach, daß die Fran-
zosen bereits gegen 11 Uhr Herren der Stadt waren. Bei dem
Sturm auf die Stadtmauer wurden die Generale Menou und
Kleber, die ihren Truppen immer voranmarschierten, ver-
wundet.
Seid Mohammed-el-Koraim Skenderi war Gouverneur von
Alexandria. Er verstand es sehr geschickt, sich bei Bona-
parte in Gunst zu setzen, der ihn auf seinem Posten ließ. Kn-
raim hatte natürlich den Beis Hurad und Ibr^m von der
Ankunft der Engländer und der Franzosen Hitteilung ge-
macht und sie von den späteren Maßnahmen Bonapartes
auf dem laufenden gehalten"']. Als Murad von der Landung
der Franzosen erfuhr und man ihm mitteilte, daß sie ohne
üeiterei gekommen seien, lachte er laut auf und rief, dann
werde es ihm ein leichtes sein, sie zu besiegen. Er begab f.ich
sofort zu Ibrahim, um sich mit ihm wegen des Widersbandes
zu beraten, den sie den frechen Eindrii^ngen entgegen
setzen wollten.
*) Des Vcrnitii iiU rfiilirt. nurdi^ er ivpitei gefoogen nach Kairo gebracht und
am 6. Scptcmbr hinccriclitot.
349
Am Abend des 2. Juli eriiielten die INviaionen Reyni«
und Desiüx, die inzwischen die Ansschiffiing beendet hat-
ten, Befehl, sich am nächsten Tage auf Alexandria in Mai^ l
zu setzen. Da sie sich in gröBerer Kühe als die anderen cli^
Dividonen hatten bilden können, wsxd ihnen die Aufgabe
zuteQ, a]8 etst« von Alexandria aus auf K^ro zu marachiereiL
Bonaparte wollte den Mamelucken kerne Zeit gönnen, skli
von ihrer Überraschung zu erholen und größere Vert^idi-
gungsmaSregcln zu treffen.
Er tat alles, um die Einwohner von Alexandria von den
friedUchen Absichten der Franzosen zu überzeugen. Er wollte
durchaus mit den Kopten, Arabern und Türken in Freund-
schaft leben und nur die .Manioliickon hokämpfen. De^halh
erließ er noch am Abfnd des 2. Juli eine bt'redtr Proklama-
tion an die Völker Ägyptens, daß die Franzosen als Befreier
gekommen seien und nur die ilacbt der verhaßten Mame-
lucken brechen wollten. Arn nächsten Tage gab er Befehl,
die Ausübung des mnhammedaniscben Oottesdienste.s nicht
zu hindern.
Alexandria war der weitaurs wichtigste Hafenphit/. Ägyp-
tens. Bonaparte wollte deshalb die^ Stadt zum Stiitzpimkt
seiner Flotte und seines Heeres machen. Kr traf sogleieh in
umfassender Weise Alaliiiahrnen. um sich Unterhalts mitte!
und Bargeld zu verschaffen, und gab Befehle, eine -sioheri
Verbindung zwischen det Stadt nnd dem Landungsplatz lici
Flotte herziiHtellen. i'erner ließ er in der Stadt eine sliukt
llcsatzinig /urüek. die >ieii auf (i.5n(l Köpfe belief. ]>aruiin.[
hefEu.d sieh iillerdiugs eine große Anzahl von IVrsoneu. <.U-
iiii lit unmittelbar Kuni Heere geborten, die aber auf doii.
Wcih-ruiar-rhezniiärlisi niu' liiuderl ich gewesen wären. Zum
licielN^habei diesei (;in iiis..n m unle der lirigadeehef liecxe
ernannt. Er wurde indes dem General Kleber unterstellt,
der auch die bewegliche Kolonne des Generals Dumuy unter
sei nen Befehlen vereinigte. Da Kleber verwundet war, konnte
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fi- (ifiii lifi'i-f ziinädist niulit foij;i'ri. Sflilii'IJlicli Ifaf Bona-
pario aucli Maßnahmen für die Flotte, der iji dem 1~>. Kapitel
gedacht worden wird.
Wie wir gestihen haben, iviir dein Ccncuil Dc^iiix :im
2. Juli iletehl erteilt worden, sii h id>iT Alextindr iii -.ud Kiiiro
in M;usfli /II scl/rii. sobald seine 'l^nipiicii ai.sf-csriiifft sein
wfinlen. Arn In'ilieii Miir;;en des :!. Juli maelite er sieli auf
den Marseh. An diesem Taj^e liatle aiieli üeynier die Aiia-
schiffun;; seiner Division beendet. Er setzte sieli mit ihr am
nächsten Tage gleiehfalls in Hewegung. Sobald die Division
vor Aiexandria ancekoiinn.-n wa.-, eiiiielt sie die Weisung,
noch mitten in der N'aeht vom 4. /um ö. .luli Desaix /n fcl-
gen und ihn im Falle eines Angriffs kii untersi iii/en. Aneb
sie erreichte das Dorf El-Iieida naeh einem sehr seh\s ierig<-ii
Marsehe auf einer wenig vorteilhaften Straße bei griililor
Hitze und ohne Trinkwasser.
Am r>. .Inli kam Di'saix in Herket-( ;itas au. Hier blieb er
Iiis zur Ankunft llc\-uirr-. Soli.dd di<'-ier' am ."j. ,luli gegen
Mittag eingetrolfc[i m:U', m.e lite sich De-aix nuf und kam
niU'ii gi'oßen Anstrengungen und iMiLbeliiin^gen vor -Mitter-
naeht in Damanhur an. Wir fiuiien am 7. .Inli beide Divi-
sionen sowie einen Teil der P.eiterei. v iele l'terde uaren
in den Nächten weggelaufen — in Damanhur vereinigt.
Hier konnten sie sich nach den Mühseligkeiten der Märsohe
erholen und die übrigen Divisionen erwarten.
Nach den Verfügungen Bonapartes sollte eine Division
mit einem Teil der Keiterei, der Artillerie, de« Briickenbe-
darfs und des Gepficks über Äbukir der Küste entlang naoh
Rosette gesandt werden, nin dann den Kil aufwärts zu mar-
Bchierea und den Hauptteil des Heero.s in El-Ramanieh ein-
zuholen. Die beiden Divisionen Desaix und Ueynier befan-
den sich schon auf dem geraden Wege dahin; die übrigen
Truppen sollten denselben Weg einschlagen.
Da Kleber und Menou beim Sturm auf Alexandria verwun-
351
det worden « iut^iL, lictVIiliKtcn ihn- Divisionen vorläufig der
Piviaionsgeneral Dugua und der Brigadegeneral Vial. Beide
Divisionen sollten am 6. Juli aufbrechen) doch mußte ihr
Abmraeoh nach Bosette und na<ih Damanhui auf den 6. Juli
versdioben werden.
Dugua setzte sich am 6. Juli in Bewegung, und nach einem
sehr besohwerliohen Marsch kam er am 8. Jnli gegen Mittag
in BoBätte an. Andr^ossy mit einem Tml der ÄrtiUerie und
dee Genies brach erst einen Tag später auf und traf am 9. in
d^ KüBtenetadt ein. Der Besitz Bosettea war von großem
Vortral für das Heer, denn man gelangte dadurch in den Be-
sitz eines schiffbaren Nilarmes bis zu seiner Mündung ins
Mittelländische Meer.
Ohne sich lange in Bosette aufzuhallen, machte »eh Du-
gua am 9. Juli mit der Vorhnt^ au^ um schnellstens El-Ba-
inanieh zu erreichen. Obgleich die Tage sehr beiß waren,
hatten die Truppen nicht mit so großen Schwierigkeiten zu
Irämpfen als die anderen Divisionen, da das Land an beiden
Ufern des Nils überall bebaut war. An Lebensmitteln imd
Wasser hatte man ebenfalls keinen Bfongel zu leiden. Am
10. Juli kam die Vorhut Duguas, die am linken Nünier hin-
abmaiscMert war, an ihrem Bestimmungsort an. Einen Tag
später, am II., erreichte auch der Rest der Division El-Rar
manieh.
Den Befehlen Bonapartes gemäß hatte sich inzwischen
Vial mit seiner Division am 6. Jnü frühzeitig von Alexan-
dria ans in Marsch gesetzt. Über El-Beda, EI-Akrich und
Berket-Gitas sollte er so schnell wie möglich Damanhur zu
erreichen suchen. Unter wesentlich günstigerenBedingungen
352
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halben Tilg lipatw Huf den Weg. denn der Obergenernl hntte
imlerwegs Vorsichtsmaßregeln für den Unterhalt der Trup-
2>en treffen können.
Zuletzt bracii Bonaparte, der durch zalilreiche Ai'beiten
in Älexandria zurückgehalten worden war, mit seinem Stab
axtt Am 7. JnÜ gegen 5 Uhr abends ritt er von Alexandria
ab und traf, ohne sich unterwegs aufzuhalten, am nächsten
Morgen gegen 8 Uhr in Damanhur ein. Nur schwierig fand
man ein Unterkommenfur den Genial; »chheßlich war man
gezu-ungen, die Tür einer Moschee einzoschlagen. Reynier
und Yial erhielten Befehl, mit ihren Divisionen am 9. nach-
mittags 5 Uhr von El-Ramanieh abzumarechieren. Aber erst
in der Nacht vom 9. zum 10, konnten sie ihren Marsch an-
treten. An der Sfätze marschiert« der Obergencral mit einem
Teile seiner Qniden. Unterw^^ wurden die Truppen von
einigen hundert Mamelucken und Beduinen angegriffen,
aber ihr Marsch wurde dadurch nicht sonderlich verzögert.
Die Division Desaix folgte mit dem Gepäck vor Tages-
anbruch*}. Am 10. Juli befanden sich die Divisionen Desaix,
Beyoier, Yial und ein Teil der Vorhut Duguas in und bei
El-Bamanieh. Der Best der Division Dngua, die Division
Bon und Zeionozek mit der unberittenen Beiterä kamen im
Laufe des nächsten Tages an; sie waren erst am 11. vor
T^;esanhrach abmarschiert. Bonaparte blieb am Abend in
El-Bamanieh.
Die Leiden der Truppen sollten vorläufig ihr Ende erreicht
haben. So mutig die franzMsohen Soldaten im Kampfe sind,
*) Bcri einem Opfeclit. dtn tmiachen Tiiip[ieii der Division DphbIx und Üune-
liic km nm e. Tili; in (liT Siilr vcin Diiinniiliur stBttffUid, vut,\.- iW General
.Minne. diT d»» ^2. ,Jii|!.-i- und d,B -21. IlrHtfn.i.Tiv^iiiifnl be f.' Iii igt.-, K(-tötot.
S il«^[ni<mnH.Silri»'ri lud"-, da .T mit K.iimpHflo'ill.i Tniii- seiij.T Ankunft in
Duiimriliiir eiiu.-ii liufLigcn Wortu-eclinl wegen dvi l'uiitik d<s Direktoriums
gt'lifllil habe. Andere Quellen bestätigen jedoi-h, daß Slireur durch Beduinen
Ki'ii^tft wwdo, als n aioh ganz ohne Bedeckung vorwngte.
Miloil'lii veralten sie. wenn sie /ugrollo Anstron^-imgen'r
iMitii^-lirunscii cilriden müssen. .ilin<- i-in Ziel vor Augen '
si-hon! Mehl- wie ein Kliieh knni iti ierien Tatren gc.^-en
DiivktnriiLiii, fzrgcii Hoiiaiiai-I^. dit- (k-iuTiile luid ycaen ■-. '
(;vlelirt<-ii iil>,>r.lii> l.ii>|)cu ik-r Olfizicrv iinii Sol.hitt-n.
verw iinsciitfii das Liim!. das Tnarj iliiicii ,■.(■ vcriicilinnSÄV ■
geseliildcrt halle! SofiPir (icnendc Heden sich von üirerN:--
dergfscliiagenlieit liinreiUen, waifen ihre Hüte zu Bodfiiii!::
traten darauf !
Als die Soldaten den Nil erl.iickteii, wareii sie niclif mer.'
in Reih iin<l Glied zu lialten. Wie die Tiere sl iir/.tt-n ^icsici
in die Fluten. Ein Feld WaeHenneldnen. dassieli am l'ferl'^
fand.wurde im Handumdrehen ivio vmieiueni Heusehrecker,-
schwarm bedeckt, und wenige Augenblicke später war kpr ^
Frucht mehr zu sehen. Generai Belliaivi, der eine Haliji>: ■
gade der Division Deaaix befehligte, sohildert in ben^ii:-
Worten in seinem ungedruckt«n Tagobuche über den ägj"P"
tischen Feidzug die lebhafte Freude, die die Soldat-en emp-
fanden, ala man des Nils ansiehtig wurde !
Während seines Aufenthaltes in El-Ramanieh erfuhr Bo-
naparte, daß Murad mit einer beträchtlichen Reiterabt«-
Inng bis nach Kobrakit marschiert sei, um den Yraooßaa
den Weg nacli Kairo zu verlegen.
Er Ueß dalier am 12. Juli seinen in El-Bamanieh anweaes-
den Truppen den Befehl erteilen, noch am Nachmittag d«-
aeJben Tages aufzubrechen, um auf Miniet-Salameh zu nmt-
schieren. Die Befehle des Obergenerals wurden am AK i
ausgeführt. Bereits um 5 Uhr nachmittags kam dieser seib-
in dem Dorfe Miniet-Salameh an, nm die notwendigen Ver-
fügungen für den nächsten Tag zu treffen. Das Heer tct-
braehte hier <lie Nacht.
Schon am 5. Juli hatte Bonaparte dem Divisionschef Pe^
r^e befohlen, mit den Schiffen, die nicht mehr als vier bi«
fünf Fuß Tiefgang hatten, nach Rosette za segeln und ach
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dem General Sugna zur Verfügung zu stellen, der Weisno. |
hatte, den Nil anfwüis zu marschieren. Ein Teil derriotiiü-l
war in EI-Ramanieh eingetroffen und sollte beim Anenri
auf Hurad und seine Kanonenboote mitn-irken.
Am näcliBten Tage, den 13, früh 2 Uhr befahl Bonapan
den Angriff auf die feindliche Stellung bei Kobrakit E:
führte, da er fant über keine Reiterei verfügte, eine neiir
Taktik ein und ließ Vierecke bilden. Die IVIaraelucken, etw^
3- — 4000 Jlann zu Pferde, näherten sich bis auf KanoiHD-
sehußweite, doch tielien sie sich klugerweise nicht auf einec
emsthaften Zusammenstoß ein.
Bonapurte sfinerscil ^ konnte keinen Xutzen .ins seiner
■rroläen ÜherieKenlieit /■.ielieTi. Ha unu an Keiterei ieUxe.
Er ließ nur einige K;innneiiüfiiiiM>e ahgi'tien, die aber wegeu
deraiilieroidenllielien IJewesiliclikeit der .Mamelucken iiewiü
keinen /.u großen Sciiiulen in ihren Eeilien iuigerielitet ha-
ben. ISorthier gibt /.war in seinem IJcrieht den feindlichfJ.
Verlust auf .-mil .Mann an, die ZnM ist alier oftVnliar Über-
Auf dem Nil hingegen fand ein erbitterter Kampf zwi-
schen den Schiffen Mnrad-Beis und den drei Kanonenbooten,
einer Schebekc und einer Halbgalocre Perrees statt. Nach
Herthiers .Bericht wurden eine Halbgaleere und ein Ka-
noncnlicKif von den Feinden genommen aber von den Fran-
zosen wieder zurückerobert. Bonaparte schrieb jedoch at.
das Direktorium, daß alle drei Kanonenboote und die Halli-
galeere von den Mamelucken genommen worden, aber wiedt '
zurückerobert « orden seien. Für seine tüchtige Haltung .in
diesem Tage wurde der Divisionschef Perree am 27. Juli zum
Konu-raduiirnl befördert.
Kiiii' liiibM-lie SeiiildenmgdeB ersten Treffens mit den Ma-
melucken gibt uns der Hauptmann Deponthon, Er schreibt
in seinem unveröffentlichten Tagebuch: „Der Feind ließ auf
ruhig schlafen. Sobald jedoch der Tag graute, sahen vir ihn
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zu Pferd nach allen Richtungen hin sinenj^en. Kr suiiien
Vorbereitungen zu einem großen lvam])fe troffen /.u wollen.
Die Zahl der Feimlo vermehrte sich .lichtlieli. Sic ordneten
sich auf einer einzigen l.inie vor dem Dorfe Kobrakit, dos
sich rechts an den tluli anlegte und «ich links in der Ebene
gegen uns auabreitete,
Sie schienen ungefähr 12 — 15 (KM) Mann zu zäiilen. aber
nur 3000 Mann waren beritten. .-Ulo anderen waren Sklaven
und Bauern. Einige davon hatten Flinten, andere waren nur
mit Stocken bewaffnet. Wir hingegen, wir griffen zu den
Waffen, ohne unsere Stellung zu verlassen, denn wir hoff-
ten, Bie wurden uns zuerst angreifen. Das wäre ein großer
Vorteil für uns yeweaeii. feie bef^'nügten sicli jedoeh, einige
Reiterabte Illingen abzuwenden, die um una h er uniKeb wärm-
ten und mtolgedessen von einigen Kanonenkugeln bestri-
chen wurden.
Auf diese Weise verging die Zeit bis S Uhr morgens. Da
traf unsere Flottille ein und begann clenKüinpf mit denen,
die öieh am L'fer des Fh.s.ses befanden. Als sie sieh auf einem
Punkt angegriffen .-^ahen, vereinigt^?!! nie dort sofort fast alle
ihre Kriift«. Da sie am Fhißufer einige (Jeschütze besaUen,
bohrten sie uns zwei Schiffe in den Grund.
Durch diesen kleinen Erfolg stolz gemacht, glaubten sie
uns Furcht einflößen zu können. Sic kamen iliis jetzt ao nahe
wie nie zuvor, und zwar bewerkal eiligten sie dies durch eine
Bewegung auf ihrer linken Flanke, um uns zu umgehen. Sie
waren jedoch selir erstaunt, dort die Division des Generals
Roynier anzutreffen, die sich auf unserer Rechten befand,
Reyniers Kanonen lichteten bald ihre Reilien, Das gleiche
Geschick ward ümeti auf unserem linken Flügel zuteil, der
von der DiTision Bon gebildet wurde. Die Mitte verteidig-
ten wir (die Division I>esaix) selbst. Die Kanonade währte
ungefähr eine Stunde lang. Darauf marechierten wir in gu-
terOrdnung gegen die Feinde. Sie erwarteten una aber nicht.
357
(äondi'i ii cr^riffi ii (\w Flia'ht, nacbdem sie einige Geschöt«
am Vier kui ik k^:i las?cn linttcn."
\oih all) Alieiid 'Iis (_icfec]it,s bei Kobrakit setzten
die Divisionen Def^aix und Reynier und am nächsten Tül't.
die übrigen auf Kubur in BcwcRunf;. Am 14. .luli übernach-
tete das Heer in Kabur, am l'i. in Kinn-.Sdierik, am 16. in
Alquam, am 17. in Abn-Noeiiabeii'^) und am 18. in Wardan.
Hier angekommen gönnte Bonaparte seinen Truppen nacli
den beachwerlichen Märsehen von einer Woche den ersten
Ruhetag! Im nllgemeinen waren die Truppen sehr unzufrie-
den; es wai' doch ein Unteracliied zwischen Ägypten unii
den Gefilden Italiens und Deutschlands, wo sie alle Annehm-
lichiteiten des Lebens, vor allem liebe nswüriiige Frauen ge-
funden hatten! Aber Bonaparte verstand immer wieder,
ihren Mut von neuem zu beleben, indem er sie bei der Ehre
angriff, wofür französische Soldaten yon jeher empfängt
waren. Einst fragt« ihn ein Soldat, ob er sie nach Indien
führen wollte. Da antwortet« er ihm: „Mit solchen Solda-
ten würde ich niemals eine derartiges Unternehmen ■ft-agen!'"
Die Landung der Franzosen in Alexandria, ihre ersten &•
folge bei Kobraldt und vor allem ihr schneller Marsch auf
die Hauptstadt hatte die Mamelucken und die ihnen erg^
bene Bevölkerung io Furcht und Schrecken versetzt. Mao
fing bereits an, an einem glücklichen Ausgang der eigenen
Sache zu sweifeln. Murad und Ibrahim waren jedoch ent-
schlossen, den fremden Eindringlingen vor ihrem Einmarsch
in Kairo nochmals die Stirn zu bieten. Zu diesem Zwecke
hatten sie alle ihre verfügbaren Truppen auf dem linken Bl-
uter bei Embabch oufgestellt. Seid Abu-Bekr, Fascha vo-a
Ägypten, Ali, Pascha von Tripolis und Nassut-Pascha m a-
reu ebenfalls iinLagerderMainelucken und deren Anhänger.
*) I>i>r damaligp EnkailroiiEchpt Savary schrieb in aeinpro nnferfifteiitUchtni
TBprbuclii', daß der ObpFfa-iiiral an diiwin Tage in «inen fürchterlichen Zm
gfiem die f ]ündi>n>r (iiTativ sri.
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ftonaparto l)ctniKl sieh mit srirn^ni (.Jcneralstab auf dem
M^iisi hc luich Kairo niH.4t hei den Divisionen Ron und Vial.
Am L'll- .luli hiaeli er von Waiihin ^nf nixl sel/.k' sicii auf
Oiinn-DiTiar ij. .Muj.^^eli. Hier Iraf er am AIh-iuI ein und er-
hielt zum ersten .Male sichere Angaben über die Absichten
und die Stellung dea Feindes, der auf 6000 Mann berittene
Mamelucken und Araber geschätzt wurde.
Skine lur Sclilwht bei den Pfraniidi-ii.
Der Obergeneral besoUoB sofort den VormarGch. Am 21.
Juli früh 2 Uhr setzte sich sein Heer in Bew^ung, voran
die DiviMon Desaix, die auch sonst die Vorhut bildete. Nach
dnem Marsch von nicht weniger als 12 Stunden kam man in
die Nähe des Dorfes Kmbabeh, das nach europäischen Begrif-
fen notdürftig in Verteidigungszustand gesetzt worden war,
\achdem Bonaparte seinen Truppen etwas Ruhe gegönnt
hatte, befahl er den Angriff. Desaix, und hinter diesem die
Division Beynier, bildeten den rechten Flügel, Dugua (Di-
vision Kleber) und dahinter Vial (Division Menou) die Mitte.
Bon mit seiner Division lehnte sich an den Nil und stellte
den linken Flügel dar. Der Oberganeral befand sioh bei 6k
Division Dugua. Wie bei Kobrakit batten die Fcanzoaer.
Vierecke gebildet und die Nichtkämpfer und das Glepäck in
die Mitte genommen. An den Ecken und in den Batailloni^
Zwischenräumen befanden sich die Geächütze.
Ehe sich aber die Divisiuiien in .\iar^cli sei/.cn konnte:-
wurden Deaaix und Iii\vnior von einem großen Teile de?
feindlic'iien Heeres angegriffen. Trotz, der aiillorordentlichfn
Kiiluilicit und Tn|iforkeit der .Mamelucken .scheiterte de.'
Anfrriff an dem undun lidriiiglielien Wall der französischer.
IJajonette. Wiihrend .sieh die^Iamehieken zurückzogen, grif-
fen Hon und A"ial die Versehaii/uiiä!e!i bei Kmhabeh an, die
durch efwa 40 iiiinderwerf ige Ciesehül/.e verteidigt wurden.
In kurzer Zeit wurilen die Verschanxungcn genommen unii
ein großer Teil der Feinde in den Nil geworfen. 1500 Mame-
lucken sollen dabei den Tod gefunden haben.
Außer 40 Geschützen, zahlreichen Pferden mit kostbaren
Geschirren und 400 Kamelen fiel eine große Beute in die
Hände der Franzosen. Die Mamelucken hatten die öewolm-
heit, alle ilire Schätze mit sich ym führen*),
Abends gegen 9 Uhr traf ein Teil des Heeres in Giseh eiji.
und das Hauptquartier wurde in dem Landhauae Murail-
Eeis aufgeschlagen. Inzwischen war auch dei Divisionseho:
Perree mit der Flottille eingetroffen, die unterwegs iiftei-er
Angriffen ausgesetzt gewesen war.
Ibrahim entfloh mit einem Teile der Jlaiiieliicken, der
eich auf dem rechten Ufer des Xils befand und sich durch
Schwimmen retten konnte, sowie mit dem Pascha von
Ägypten nach Belbes. Murad aber entkam mit dem Rest
der Mamelucken nacli Oberägypten. Die Veriitsfe der Ftmi-
zosen sollen nach dem Bericht Berthiers nur 120 Verwun-
■) tieneral Bollianl ersälilt, doli manülie Soldaten 200—300 Lumwlar orbm-
totiM i Usimont sagt sogar, daO einige Soldaten nach der Schlacht bi> m
SO 000 Franken in die Kasse ifires Regiments niederiesten. In ähnlicher Web'
echrieb Bonapoite in seinem Bericht an dos Diiektorium.
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clotc und 211 Tote l>etriif;c-ii luii)fii. i>.n-()l>e.-wiiü(biii'.t I.aiTcy
sjirUlit iibcr von 2öO Seinvfivfiwundeteii, was der Wahr-
iicit gpM iH näher kommt, Dit foindlicheGeaarntTerluBt vird
auf imu Tote ujkI Krtniiik'-nc angegeben. Die Zahl ist aber
vermutlich zu iiooli gegriffen*).
Noch in der Kacht vom 21. zum '22. .lull iilicisrhiilt ein
Teil dcrDiviaion Vial {Menoii)dcn Xilarm hei (lisch inid lic-
setzte die Inael Buda, von wo aus die Hiiiiptsladl Kairo
leicht zu erreichen war, da der andere NÜarm nur sehr
schmal ist.
Tber die Schlacht bei den Pyramiden sind ebenso viele
l'iiluclie ^fpinungcn verbreitet wie über andere wichtige Er-
rij^nis^e aus dem Leben Napoleons. Xatüriich hat er vor
allem weihst dazu beigetragen, die Angaben in seinem In-
teresse zu vergrößern oder zu verkleinern, wenn es galt, sei-
nen Huhm in besonders hellem Glänze leuchten zu lassen.
Ich greife nur die wichtigsten Punkte, die Zahl der Mame-
lucken und die berühmte Ansprache, die er heim Anblick
der Pyramiden gehalten haben soll, heraus.
Die Zahl der Feinde wurde in den Napoleon freundlich
gemnnten Weikm meist über die Maßen vergrößert. Thiers
Bpricht von 24 000 Mann Fußvolk und 10 000 Reitern, Thi-
baudeau von 60 000 Mann, die „Campognea d'Sgypte et
de Syrie" sogar von 20 000 JanitBcharen, Arabern und
Milizen von Kairo, 12 000 Mamelnoken Pferd, die zu
ihrer Bedienung 50000 (1) Mann hatten, femer nooh von
8000 Mann Sedoinen zu Pferd, also zusammen 90000(1)
Mann. Die Zahl der Mamelucken und Araber zu Pferd be-
trug in Wirklichkeit etwa flOOO Mann, die der Diener der
Mamelucken v.u l'uIJ |i) kMUKi .Mann, diese aber hatten
keinerlei Uefochtswcrt.
*) General Dumat salirit^b am 2T. Juli cui äuiuen Freund Kleber noch Aloxon-
dria. daß äiB Uamelncken, „ohne je^cha Übertreibung", 7 — 800 Manu ver-
loren hitt«n. Oenerel Belliard in seinen» TageUiche schätzt die Zahl der leind-
lieheo Verliul« ebenfalla auf nur 1000 Mann.
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Thiers imil aiKicn- Cc^fliirlitssclin-ilii-r Nitpoleoiis «■i-zäi>
li'u, daß B<.nai.ai ti> l.eiiii Aiilili^^k der Pyrainkleii ^<-\ni.-n Sol-
daten bpjjvisini /.iiLici iifiu li.ilir: ., l{edonkt, (lall von de:
Hohe dieser l'yi a iiii.lni W .laliiliuiidrrh- anf t-ucli ]K-ral>-
sthauL'ii !" Na|iiili'i>n nclht^t in seinen Memoiren begmifjte .sii li
zu KUgen; „SohlaU'ii, 40 Jahrhunderte schauen auf euclt her-
ab!" Blinde Bewunderer Napoleons haben die Ansjiraeli.-.
die der danialitie (]i'nernl an seine Soldaten gehalten halti-.
ihii'r Phantasie entsprec liend evivcitert und aviagesch iniickt.
Da die Divisionen vom frühen Morgen getrennt auf dem
Marsehe waren und keine eigentliche Schlachtordnung bil-
deten, da sie, so wie sie ankamen, sieh in Vierecke bildet™
und auf den Feind losmarschierten, ist nicht zu ersehen,
welcher Zeit und zu welcher Division Bonaparte die Worfi.'
gesprochen haben sollte I Keine zeitgenössische ungedruckK-
Quelle erwähnt diese Rede.
In der„VoyagedanslaBasseetla Haute Egypte" von Vi-
vant Denon findet sich die Bemerkung: „Sobald man die
Feinde entdeckt hatt^', stellte flieh das Heer in Schlachtord-
nung. Äk Bonaparte seine letzten Befehle gegeben hatte,
sagteer, indem er auf die Pyramiden zeigte: ,Geht, und be-
denkt, daß von der Höhe dieser Denkmäler 40 Jahrhunderte
uns beobachten'." AuB dieser Quelle scheinen späteivn
Geschieh tsschreiber ge schöpft zu haben. Denons Werk ist sehr
wichtig und wnrde viel gelesen. Der Verfasser aber war nicht
einmal Augenzeuge derSchlaohtbeidenPyramiden, denner
befand sieb um jene Zeit beim General Menou in Rosette!
Man sieht daraus, wie so oft Greschichte geschrieben wird.
Bonaparte befand sich fast während des ganzen Ta^ bei
der Division Dugua. Vielleidit hat er ^muntemde Worte zn
geinen Adjutanten oder denen, die in seiner Nähe waren, ge-
sprochen. Xach den wenigen Quellen, die wir besitzen, zu
urteilen, hat er aber an diesem Tage gar keine Ansprache an
seine Soldaten gehalten!
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DlgiiizedtiyCQOgle
Der militansche Wert der Srlihiuht bei den l'vrainid(.-ii
"war gprinp. gerLn{jer als der der meinten wenier Srlda:;hteii,
tiriiiL Bonaparte vertilgte iiliereine erdrückende bbennai'lil,
Audi sonst wjiren die Unistaiide f-iiiistig für ihn. Bewiiii-
<l<-niiiga würdig ist aber der selinelle EntscIihilJ. sofort auf
dciii Keind losziiinaisc liieren und ilin zn .sehlagen, wo er su:li
ihm stellen wurde. Alliierst anzuerkennen ist aiieh die 1a-i-
stuiig der Truppen, die sich 12 Stunden auf dem ALirselie
h:>faiiden und dann ohne Rast gehalten zu haben mit dem
l'Vinde in Berührung kamen.
Um so wichtiger war die ]iobtische Bedeutung des Sieges
bei den Pyramiden. Kairo fiel iii den Besitz der Franzosen,
und somit wurden sie Besitzer des Landes. Die Hemchaft
über Ägypten war nun für die Franzosen gesichert, wenig-
stens soweit innere Feinde in Betracht kamen.
FONFZHÜS'i I-.'- KA PIJI-L
DIE SEESCHLACHT BEI ABUKIR
(1. und 2. August 1798)
~W /"enn das Direktorium auch aus den Meutereien, die auf
T I den englisclien Geschwadern im Jahre 1797 ausgebro-
chen waren, keinen unmittelbaren Nutzen zog und keine er-
neute Landung in Irland anordnete, auch kein Zuaammen-
tretfenmitder völlig zuchtlosen britischen Kanal flotte befaU,
so benutzte es doch den günstigen Umstand, daß England be-
reits seit Ende 1796 das Mittelmeer geräumt hatte. Mit sechs
Schlachtschiffen und einigen Fregatten hatte Brueys auf
Befehl Bonapartea im Sommer 1797, von den Engländern
ungehindert, die Jonischen Inseln besetzen können, die den
Franzosen dann durch den Vertrag von Campoformido zu-
gesprochen wurden. Als darauf der Feldzug nach Ägypten
entschieden war, konnte im Frühjahr 1798 die Rüstungen
inToulcm, Marseille, (3enua,C3vitaVeccluB, Baatia ondAjao-
do ihren Verlauf nehmen. Während Helaon, der krank und
h^b zum Krüppel gescboseen war*), seiner völligen Wieder-
geoiesung entgegensah, brachte Bonapaxte mit rastlosem Ei-
fer und eiserner Tatkraft sdne Pläne für das orientalische
Unternehmen zur Ausführung.
Das Direktorium, der Genaal Bonapaite und die übrigen
Eingeweihten bewahrten ihr Qdieimnis so gut, daß die mei-
*) Beider Belagerung von Calvi im Jahre 1794 b«^U hatte «r ein Auge vet-
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sten höheren Offiziere des Landhenes oder der Flotte mobts
von den wahren Absichten der Begiemng erfuhren. Die bri-
t-Lschc Admiralität erhielt jedoch im Laufe des fVtibjahrB
1 798 Meldung, daß sich in den franzoeiachen Mittelmeerhä-
fen große Rüstungen vorbereiteten, die voraussiohthch ge-
gen Irland gerichtet seien. Man hegte dennoch wegen des
Zieles gewisse Zweifel. SiflKTli:;h wurde man zu emer Lan-
dung auf den britiuchen Inaehi ciiifn die.-^eii ludier gelegenen
"Hafen gewählt haben, zumal in den triin/nsi-^rlien Hafeii-
plätzen eine große Anzahl von 1 riiii.-iini i lalir/i lu^en hcrcit-
lagen, die wegen allerlei damit vcrhuiKieiuTi (..elalireii eine
lange Seereiec um ganz Spanien herum kaum aushalten wiir-
tien.
DavonUrest luier von einen: ;in<leieii fi;ui/osiselien Hafen
<ler Athintik aus (.;i-nlJliritaniHeii keine (befahl lurlii diolile,
ilie -Meutereien auf dov Kanalflotle völlig unlcLdi iiel^l waren
lind auch die hollandiRche Flotte fürlange Zeit kämpf unfähig
gemacht »ordeo war, beschloß die britische Admiralität,
die Herrschaft im Mittelländischen Meere wieder an sich zu
reiüen.
Am '2. Mai kündigte die \<huiralität dem Lord Saint Vin-
cent den Knt.-^i-lduB an. ein {,4es(;hwa<ler nach dem Mittel-
meer h enden zu lanüen. (Heieh/.eitig liell sie ihn wissen, dalJ
er durch acht wcitf're Selilachiseliil'fe unter dem Konlerad-
tniral Sir Roger < 'urtin aus Knglaiid verstärkt werden solle,
damit seine eigenen Streitkräfte vur ( 'adi/. nielit -/.u selir ne-
^ichwächt wihilen. In ciiieui ht'sundci eii •^clu riheii des i'i.sten
l.ords der Admiralität. <\c< Karl <'f Spcin er, w imie es Saint
Vincent anheimgebt eilt, eiit weiier seiiie gau/'^ FioM e /u ver-
wenden, oder nur einen Teil derselben iiai Ii dem Mitlelmeer
zu schicken. Bas wollte mii^lielisl nnler Nelsons füliriüig
gCBchehen, obgleich dieser durchaus nicht tler rangülteste
Offiiüer nach dem Oberbefehlshaber war. Das mißglückte
Unternehmen nach Teneriffa hatte dem jungen Admir^ also
365
nic'lils tii'scliailet. \'itlk-ii-lit iieriule we-icii seiner l'nU.niv:.-
nnuii;^!iiHt. »cpcn seiner vnriiii;lits /.urüul«clirefki.-iKleii'ro!;-
kiilinlieil, funier, weil der Herzog von einrenne, der Sfäi;
(ieorges III., ihn begünstigte, war die \V;i!il Lorfl Spt'iu-i r-
auf Xelson gefallen.
Nelson hatte England am 10. April 179S verlassen und
war am ifO. vor Cadiz eingetroffen. Zwei Tage darauf, am
2, Mai. also am selben Tage, als die Admiralität Saint Vin-
cent liesiiiiiiiitf IJetVliie mr Entsendung einer Flotte nach
dein -Mittelnieer übersandte, verlieü Nelson luil iletn ..Van-
giiard". dorn „Orion" und df in „Alexander", vier Frejzatten
und einer Korvette von iienem das l51ock^Ldege.selLWa<ior vor
Cadiz. Er sollte sieh vor Toulon begeijen. nm P^in zellleiten
über die französiwehen liiiytnngen zu erfahren, liizwit^chen
langte der erwähnte Hofehl der AdmiraÜtät vor Cadiz an.
Der alte l.nrd Saint Vincent war Nelson wohlgeneigt nml
besLiiiLniU' iiin zum Befehlshaber des Mitt«lmeergesehwadert..
Anfangs wollte er ihn wieder zurückrufen, uni ihm den Befehl
über die ihm noch zugedachten Schiffe zu übertragen. Bei
dieeerOelegenheit8chrieberihm:„Sie, nui' Sie allein könnai
den in Betracht kommenden bedeutenden Dienst ausfüh-
ren." Ma jedoch dringendere Depeschen aus England ein-
liefen und er sah, daB größte Eile notwendig war, bestimmt«
Saiat Vinceot den Kapitän Tronbridge dazu, Nelson die
übrigen Schiffe zuzuführen.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Gibraltar hatte^sicb
Nelson in die Gewässer bei Toulon begeben. Es gdang ihm,
am 17. Mai die französische Korvette „LeFierre" zu kapern.
Durch sie erfuhr er, daß in Toulon 13 Schlachtschiffe zum
Auslaufen bereit seien. Er mußte sich aber b^d von
Küste entfernen, denn während eines heftigen Sturmes am
19. und 20. Mtd hatte er das Unglück, die Masten seines
Flaggschiffes zu verheren. Mit Hilfe des „Orion" und heson-
derü des „Alexander" konnte er sich nach der kleinen Insel
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San Picti'o, an tlf r Siidküste von Sardinion, begeben, WO er
am 2',i. ankiini. Um das Unglück voll zu jnachen, hatte er
während des Sturmes seine Fregatten und die Korvrtle ver-
loren. Dieser Umstand sollte ihm später zum gröliti'ti \afli-
teil gereiclien, denn das Kehlen der leiuliten Fahrzeugi^ Iriig
viel dazu bei, daßeä ihm erst so spät gelang, die französische
Flotte im Mittelländischen Meere niiHfindig zu maelien. Mit
fieberhafter Tätigkeit vermochte er es, den „Vanguard" in
vier Tt^u mit N^otmasten vereehen zu lassen. „Wäre der
.Vanguard' in Engltmd gewesen," schrieb Nelson an seine
Frau, „Bohätteman nach einem solchen Vorfall einige Monate
gebraucht, um ihn wieder seetüchtig zu tiiaolien. Hier aber
aind meine Bewegungen nur vier Tage aufgehalten worden."
Am 27. verließen die drei Scfalaahtschiffe San Pietro, um
üut! Stellung in der Nähe von Touion wieder einzunehmen
and sich mit den Fregatten zu vereinigen. Diese standen un-
ter der Führung des Kapitäns Hope. Er hatte geglaubt, daß
Nelson mit seinem beschädigten Schiff nach Gibraltar oder
einem englischen Arsenal gesegelt sei, um den Schaden aus-
zubessern. Deshalb hatt« ersieh mit seinen Fahrzeugen nicht
an dem Platz eingefunden, den ihm Nelson angegeben hatte,
sondern war naoh Gibraltar gesegelt.
Am S. Juni stieß die kleine Brigg „La Mutine", mit Ka-
pitän Hardy an Bord, zu Nelson, die ihm in Zukunft die feh-
lenden Fregatten ersetzen sollte. Troubridge war am 24. Mai
abends mit der für den Admiral bestnumten \erstarkung
aus der (iegend von Cadix abgesegelt*). Am 1, .luiu kam
•TEr^nrcn 10 SchMiladiiffr vi.n 74 <)e«:hiit«Ti : ..UuII.hIi...". ..Mii,..1.iiir".
..Theseus". ..Bi-Iloro£ihon". ..Majeslie". ..Zualous". ..SwiflBurp". ..GoliaHi".
.J>eleQce". ..Andacioua" und ein aclilaclitdcliiff von SO Kanontin. d^r
..I^ander".
367
ihm (iic Insel Minoren in Sicht, und am 7. Juni vereinigte pi
sich im (jolfe du Lion mit sf inem Oberbefehlshaber.
Obgleich die Besatzunj; den Gesdli waders dank der Für-
sorge Saint Vincents gut geschult inid im Gebraaebe der
Segel lind der Geachiitzii gc.'nbt war, so befanden sich doch
viele Schiffe in schlechtem Zustande. Es fehlte auch an dem
nötigen Schiffsmaterial, und man hatte nur nngenüeextd^
Vorräte an Masten, Mars- und BianiBtengen, Rahen, Spie-
ren, Takdwerk tww.
Bae vereinigte Geschwader beataitd jetzt aus 13 linien-
Bchiffen von 74 Kanonen, einem Soh]acbt«chiff von 50 Ka-
nonen und der „Mutine" von 16 Greschötzen.
Die Vorschriften, die Nelson erhalten hatte, waren bc^
stimmt. Er sollte auf alle Fälle die feiiuiliche Flotte vor Tou-
Ion suchen, ihr folgen und säe zerstören. Der Admiial war
ganz der Mann, der ein so gewagtes Unternehmen auafOhren
konnte. Er war sich schon im voraus des Geliogena gewiS.
An Sunt Vincent achrieb ex: „Sie können versichert s^,
daß ich de (die französische Hotte) sofort «ogreife, sobald
ich ihrer ansichtig werde, ob de nun vor Anker liegt oder
sich unter Segel befindet." Und so begann die boühmt«'
Jagd auf die französische Flotte. F^t zweä Monate später
erst sollte sie im Mewhusen von Abnkir ihr rnhmvoHes
Ende nehmen!
Bonaparte hatte, wie wir aus dem 11. Kapitel gesehen
haben, am 19. Mai Toulon verlassen und war am Ö. Juni v<x
Malta angekommen. Am 19. Juni verließ er die Insel wieder,
steuerte südlich an Kandia vorbei und kam am 1. Juli vor
Alexandria m, ohne daß ihn die Engländer bemerkt hatten.
In den für Nelson bestimmten Vorschriften Saint Vincrats
waren Neapel und Sizilien oder Gibraltar als mutmaßliche
Ziele der französischen Expedition angegeben worden. Des-
halb segelte Nelson, als er erfahren, daß die feindliche üotte
Toulon bereite verlassen hatte, an der Nordküste von Ko^
368
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3ika vorbei und die Westküste von Italien hinab. Am 14.
.Juni erhielt er in der Nähe Korsikas die Mittftilimg, daß die
französische l'^lottc am 4. Juni an der Hüdküste Ki/iliiin.i vor-
beigefahren sei. Jedenfalls glaubte er jetzt annehmen zu
kiiniien, daß das Unternehmen nicht naoh Gibraltar und
dann naeh Irland gerichtet, d&ß vielmehr Malta, als Opersr
tionsgrundlage für einen Einfall in Sizilien, das Zidder frsn-
zöwisclien Flotte sei!
Troubridgc war auf dor „Mutine" nach Neapel vorausge-
sandt worden, um sich mit dem englischen (Jeanndten Sir
William ilamiiton 7,11 verständigen und Nauhrieliteii einzu-
ziehen. Nelson erfuhr, daß die franzÜHische Flotte in Malta
gelandet sei. Fjr eilte weiter nach Süden und i)assiertc am
20. Juni die Meerenge von Messina. Am 22. tnif die „Mu-
tinc" heim Kap Passaro ein Oenueaer Sehiff, das .Malta am
vorhergehenden Tage verlassen hatte und mitten durch die
französisehe Flotte gesegelt uar. Ks meldete, daß die Fr.iu-
zosen am 15. gelandet seien, aber am nächsten Tape die In-
sel wieder in der Eiclilung auf Sizilien verlassen hätten. Das
P'ehleu von Fregatten oder anderen leiehten SehiffcTi uiachle
sieh jetzt für Nelson besonders fiiiiihar, tlenn er konnte die
erhaltenen Auskünfte niehl nuehprüfen oder selbst Schiffe
zur Erkundung nach allen Seiten aussenden. Die Mittei-
lung des genuesischen Schiffes war nur zum Teil richtig, da
das französische (Geschwader erst am 19. Juni früh La Va-
lett^i verlassen hatte. Jedenfalls war Nelson in diesen Tagen
seinem Ziele ziemlich nahe, denn vom 21. bis zum 25. waren
die beiden Flott«n nur etwa 60 Seemellen voneinander ent-
fernt.
lu lasenäer Eile jagte Kebon weiter. Jetzt war ea ihm
klac, daß vermutlich Korfn oder Ägypten das Ziel der
fruizösischen Flotte sei. Sein leicht beweglicheB Geaohwader
legte in diesen Tagen ungefähr die doppelte Stre<dce zu-
rück als die franzödache Flotte, die durch die zalilreichen
369
Tran Sportfahrzeuge in ihren Bewegungen stark gehen:;,
wurde. Am 28. Juni traf Nelson vor Alexandria ein. Er hai:
die ,,^lufcine" bereits am Tage vorher abgesandt, um beiii.
engliselien Konsul Baldwin Erkiindigungen einzuziehen. AI-
er die franzöeieche Flotte dort nicht vor Anker liegen sab.
segelte er am nächsten Tage weiter, beschrieb einen große;
Bogen nach Xorden, bog in der Nähe des 35. Längengrad^-
naeh Westen und segeite dann südlich an der Insel Kandi.
voi'über. Zwischen Sizilien und Alexandria war das eng-
lische (ieschwader nur drei Schiffen begegnet, die keiner» :
Nachrichten Über die Bewegungen der französischen Ploii'
geben konnt«n. Sonderbarerweise legte Nelson weder it
Bairut, Zypern noch Rhodos an, obgleich die Expedition
doch auch nach der Türkei bestimmt sein konnte. Er scfalag
wieder die Richtung auf Sizilien ein. Vermutlich glaubte er.
daß Sizilien odei Neapel das Zid der französischen Flott« .
gewesen Bei. Niedergesohtageu und hoffnnn^^os langte er {
am 19. Jiiti in Syr^ua an. |
Nelson beging entscbieden einen großen Fehler, dafi b
sich nicht wenigstens einige in Alexandria auffaidt: 1
denn Alexandiia war der einzige Hafen in Ägypten, wo eäix
groQe Flotte vor Anker gehen tmd bedentendee Heer
landen konnte. Aber er hatte richtig vermutet, daß Ägyp-
ten das Ziel der französiBohen Flotte sei I Er hätte üch über*
legen müssen, daß er mit seiner viel beweglicheren Flotte
bedeutend schneUer segelte als die franzödsohen Kri^
schiffe, die zahlreiche Transportschiffe geleiteten. Es konnte
also wohl möghch sein, daß er sie überholt hatte. Aber böb
ruheloser, nach Taten dürstender Geist ließ ihm Ts^ und
Nacht keineRnhe und Terhindrateihni anoh nur einige Tage
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an einem Ort zu bleiben, in der I;'un;ht, der Feind könne
ihm entschlüpfen ! Und w enn et nur zweimal 24 Stunden ge-
blieben wäre, dann würde sein sehnliollsterWtuiech in Erfül-
lung gegangen sein, denn die franzödsohe Hotte traf am
I. Juli vor Alexftndria ein*).
Nachdem Nelson am !9. .hili in Syrakus angekommen
war, setzte er sieh wieder mit Sir William Hamilton in Ver-
bindung und aclirieb ihm, daß seine Absicht, daa feiiidlielie
Geseliwader ausfindij; zu machen, vorläufig ergebnislos vcr-
liiufen sei. Es bieß unter underein in diesem, gleichfalls für
Lady Hamilton bestimmten Brief: „Dank llirer Bemühun-
gen sind wir (in SyivTl;iif:) mit l/elionf:initlc!n imd Wasser
versorgt, imd sicherlich midi ims der Sic" l)lcil)en, da wir
Wasser aus der Quelle der Aretlmsa geschöpft haben. Wir
« erden mit dem ersten frischen Wind ahaegehi, und Sie kön-
nen überzeugt sein, daß ich entweder mit Lorbeeren gekrönt
oder mit Zypressen bedeckt zurückkehren werde,"
In einem anderen Briefe schrieb Nelson; „Es ist ein altes
Sprichwort, daß die Kinder des Teufels auch des Teufels
Glück haben. Äußer einigen unbestimmten Vermutungen
kann ich in diesem Augenblick nicht erfahren, wohin die
französiscbe Hotte gesegelt ist. Nachdem ich eine Strecke
von 600 Seemellen in dieser Jahreszeit mit unglaubUchec
S<dmelligkrät gemacht habe, hin ich wieder hier, aber die
Stellung des Feiiules ist mir ebenso unbekannt als 27 Ta^
zuvor. Ich bedaure jeden Augenblick, daß mich die Fregat-
ten verlassen haben. Wäre nur die eine Hälfte bei mir ge-
'wesen, so hätte es mir anNacfarichtmnicht fehlen können."
Er ließ seine stark ermüdeten Besatzungen einige Tage
verschnaufen und verließ, nachdem er Waaser und Proviant
eingenommen hatte, am 26. Juli wieder Syrakus.
Die Lage des jungen Admirals war durchaus nicht benei-
denswert. Seit länger als 6 Wochen war er bereite unterwegs,
') Die „Jiulon" vor sogar Bchoa am 29. vor Alezandiia oingotrofton t
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und trotzdem war es ihn\ bisher noch nicht gelungen, d -
feindliche Geschwader ausfindig zn machen. Er hatte niciii
einmal inErfahrung bringen können, wo es sich befand. \\'r>
könnt« sich in der Zwischenzeit alles ereignet haben ! Eir
französisches Hcor konnte sich bereits auf dem Wege nact
Indien befinden, wenn wirklich Älexandria das nächste Zit-i
der französischen Flotte gewesen war ! Was würde England zu
Nelsons ergebnisloser Falirt sagen? Er hatte genug NeidiK.
Aber er verlor die Geduld nicht. Zunächst richtete er Beinai
Kurs auf das KapMatapan inMorea und sandte Troubridge
am 28. .Tuü in den Golf von Koroni, um Erkundungen einzii-
ziehun. Trouliridm; erfuhr durch den Kapitän einer frauz.ö-
sischon Brigg, die er kaporte, daß man die feindliche Flott.'
vier Wochen südlich von Kandia habe vorbeisegein und
dann ihren Knra nach Südosten habe nehmen sehen. Jeiy.'
war Ndflon gewiß, daß nur Ägypten das Ziel der franzöisi-
Bohen Flotte gewesen sein konnte. Er steuerte daher südlich
bei Kandia vorüber wieder auf Alexandria zu, fest entBoblos-
Ben, keinen Augenblick mit dem Angriff auf die feindlidie
Motte zu zaudern, sobdd er deren aoeiclitig geworden sei
Schon unterwegs waren die Offi^ere und MonnBchaften
beständig im Gebraaoh der Geschütze geübt worden, deon
es befanden sich zahlreiche neue Matrosen and Seeeoldaten
auf dem Oesohwader. Und wenn ea die Gelegenheit gestat-
tete, ließ XelsoD seine Kapiftoe auf sein ^aggeohiff kom-
men, um nüt ihnen alle Möglichkeiten im Falle eines Zusam-
menstoßes mit der französischen Flotte zu bespreohen. Um
zu jeder Zeit kampfbereit za sein, hatte er seine Flotte in
drei Divüdonen eingetdlt, von denen die eine nnter seinem
direkten Befehle, die bräden anderen unter Leitung Trou-
bridges und Sir James Saumaiez* standen.
AlsBrueys dieLandtruppen bei Alezandria gelandet hatte,
war die Hauptaufgabe der französsolwn Flotte eiföllt
Wenn Bonaptui» auch tatsächlich der Oberbefehlshaber der
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t riiiizüäischen Streitkräfte zu Lande und zu Wasser wie vor-
dem blieb, so trug doch von jetzt ab der Admiral Brueys,
der eigentliche Befehlshaber der Flotte, die moralische Ver-
antwortlichkeit für das Geschwader.
Dali Nelson auf der Suche nach der französischen Flotte
sei, erfuhr man sofort nach der Landung bei Alexandria. Da
der englkche Admiral die ^ypüadie Küste erst zwei Tage
vor der Ankunft der Franzosen verlassen hatt«, war anzu-
nehmen, daß er, wenn er sie nicht wo anders fände, bald zu-
räckfaehren würde. Brueys mußte deshalb vor allem daran
denken, nach Landung der Truppen und der Kriegsbedürf-
nisse die Flotte in Sicherheit zu bringen, beziehentlich sie so
aufzustellen, daß sie mit Erfolg den feindlichen Angriff ab-
weisen konnte !
AndoreFragen mußten dabei zunächst iudenHintergrund
treten. Die Motte sollte moht allein, im Falle des l£ßlingenfi
des Fddzags im Inneren des Landes, das Heer irieder auf-
nehmen, um es nach Frankreich zutückznführen, sondern
sie sollte auch einem von der R^erang vorhergesehenen
Nachschub an Mannschaften, Munition und anderen Kriegs-
erfordemisaen bei der Landung bebüflioli sein und be-
Bcfaützea*).
Sobald die Truppen gelandet waren, mußte zuerst die
Frage der Möglichkeib eines Einlaufens der Flotte in den
Hafen von Alexandria, der genügend Platz bot, erwc^n
werden. Der Hofen hatte Tide Votteile, Idder ober keine
tiefe und bequeme Einfahrt, *und es mußten erst Sondierun-
gen gemacht werden, ob dieselbe überhaupt ti^ genng sei.
Diese Arbeit wurde sofort am 6. Juli von Bonaparte befoh-
•)BDiiaiMrIe hntteondi iwrhtlieMögliolikeit in H.-triii'1itgeiogon,nBHider Er-
oberung Agj-pli-iw ili-ti ObtTbefehl dtv Heeres einem »einet Dntergeiierale an-
zuvertrauen, um nacii Frankn'ieli ziirucitzukeliren und im Herbst einen neuen
Liuidungsversucli in England zu luaclien. Deshalb wollte er dio Flotte BrusTB'
irnmec zu seiner Verfügung hsben, die mit den in Brest m vereinigenden
Schiffen eine Bti^tknft von Ober SO SchlachtsoIiifTen ergeben htttte.
373
len und schnellstens aiisgeführt, führte jedoch zu keinem fit
Brueys befriedigenden Ergebnis, Wenigstens ließ sich
Adiiiiral duifli (k-ii JJcricht des Fregattenkapitäns Bar^J
deroinp Einführt für möglich hielt, nicht überzeugen. E'
fürchtete mit Keciit, dali seine !''lotte leicht durch vrenicr
feindliche Fahrzeuge blockiert werden könnfe, die dann ei;
Tätigkeit des gesamten Geechwaderri bra<;hgclegt hätten.
Brueys war ein tapferer Soldat und hesiili viele treffliii:
Eigenschaften, aber er war nicht der Mann des selirieil' .
Entschlusses und entscheidenden Handelns. Er hätte es gtf:.
gesehen, wenn ilim die genauesten Befehle selbst bis in di'.'
kleinBtenEin/ellipiten von Bonnpartc gegeben worden wäi«t
Bezeichnend für seine UnentschloBsenhcit ist, daß er, statt
sclhfil 7,n entflchciden und zu handeln, einen Kriegsrat ad
(icn „Orient" berief, um die Verantwortlichkeit nicht ^ein
auf fiich zu nehmen. Der Konteradmiral Blanqoet du CSiaj^
war der Ansicht, daß es besser sei, wenn die fraxizöeisclw
Flotte dem Gegner auf offenem Meere en^genginge, wäh-
rend die Konteradmirale Villeneuve und Ganteaume lieber
den Angriff Kelsona vor Anker liegend erwarten wollten. Ds
Bmeys wenig Zutrauen za seinen Manneohaften hatte, die
nicht all^ unvollzählig, sondern auch wenig im gleich-
zeitigen Bedienen der Grachätze und der Segel geübt warai,
eo ecteohied er sich, den feindlichen Angriff tot Anker zu
erwarten. Diese Ansicht iat an sich durchaus nicht zu ver
werfen, nur bot der Meerbusen von Abnkir, A&i man dazu
ausersehen hatte, keinesw^^ alle die Vorteile, die man
von ihm erwartete.
Länger vor Alexandria liegen zu bleiben, ersohien w^en
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des ungünstigen, felsigen Bodens nicht angebracht; deshalb
ließ BruevB am 6. Juli die Anker lichten und erreichte am
Nachmittag des näclisten Tages die Bucht von Akubir. Ehe
er untor Spgel ging, suhrieb er am 7. vom Bord des „Orient"
an Bonaparte: „Ea ist 2 Uhr nach Mitternacht, und man
bringt mir soeben Ihren Brief von gestern. Es lebe die Repu-
blik ! Wie es mir scheint, geht alles wunderbar, und Sie er-
obern Ägypten mit Biesensohrttten . . . Sollten wir so glück-
lich sdn and am Lande eine Stellung finden, die die beiden
Mügel meiner Scblaohtlinie genügend schützen könnte, so
würde ich mich für unüberwindlich betrachten, wenigstens
-während des ganzen Sommers, Ja sogar während des Herb-
stes. Bann würde ich um so zufriedener sein, als ich mich
»egelfertig machen könnte, wann ich wollte, um den Eeind
zu bekämpfen und mioh überaU hin zu begeben, wo iohllmen
nüt^oh wäre. Wenn man aber statt dessen dennoch Afittel
fände, die Motte in den Hofen von Alexandria einfahren zu
lassen, so würde ich schon von einem einzigen feindliehen
Schiff eingeschlossen sein und untätiger Augenzeuge Ihres
Ruhmes werden, ohne den geringsten Anteil daran nehmen
KU können. Dann würde es mir allerdiim;s schönen, als wäre
ich nur nach Alexandria gekommen, um dort unsere Sobiffe
uutergdien zu sehen, w^irend es doch mein größter Wunsch
ist, Ihnen auf irgendeine Wwse von Nutzen zu sein. Wie ich
Ihnen bereits sagte, jeder Posten ist mir recht, vorausgesetzt
daß Sie mich tätig verwenden."
Die Bucht von Abukir bietet für eine Flotte nur einen
mittdmäßigen Schutz gegen einen feindlichen Angriff von
der Seeseite aus. Im Westen wird de durch eine kleine,
Bohmale Halbinsel begrenzt, die durch eine Kette von Sand-
bänken und Eelsen im Meere bis zu einer kleinen Insel ver-
längert wird. Auf der äußersten Spitze der vorspringenden
Halbinsel befand sich ein Fort, das durch eine Anzahl Ge-
schütze vra^idigt wurde.
375
Bonaparte hatte Bnieys am 3. Juli eingehende Vorschi
ten über die Aufstellung der Flotte gesandt, Brueya soll'.
die Schiffe in den Hafen von Alexandria ciniaufen lasseji.
oder, wenn dies nicht riii">!;lirh sei, in iier Bucht von Abukii
vor Anker pehen, jedoeli aueli nur daiui, wenn er sicJi fjegen
ein überlegcnea Geschwader verteidigen könnte. Solitc sif'i.
aber weder das eine noch das andere ausführen la.sst'n,
müsse, nachdem man den liest der Ceschiitze aiisgeladei.
habe, aich die Flott« nach Korfu zurückziehen. letzterer
Plan lag aber am allerwenigsten inBrueys' Absieht. Befürch-
tet« doch der französische Admiral, unterwegs einem über-
legeiieu englischen Gesclnviider i^u begegnen!
So hatte Brueys den Entsclihiß gefaßt, wenigstens wah-
rend des Sommers und des Herbstes in der Bucht von Abu-
kir liegen zu bleiben. Die fortgesetzten Sondierungen im Ha-
feu von Alexandria boten zwar Aussichten, auch Dreideckei
hineinzubringen, aber der Admiral befürchtet«, durch ein
feindliches Geschwader am Auslaufen verhindert zu werdeu.
Diese Besorgnis hatte ihre vollkommene Berechtigung, denn
was hätte Bonaparte mit einer Flotte anfangen können, die
durchwenigefeindlicheKriegsschiffe blockiert werden konn-
te ? Um aber die Schuld an dem Verlust der Schlacht von
Abukir nicht Bonapartc zuzuschreiben, hat man den Ad-
miral der Feigheit oder Schwäche beschuldigt.
In der Bai von Abukir angekommen, ließ Brueys die Stel-
lung seiner Schlaciitschiffe verbessern und sie möglichst nah
an die Küste heranfahren, was aber Nelson doch nicht ab-
halten sollte, zwischen den verankerten Schiffen und der
Küste hindurchzvifahren ! Am20, Juh hatte man in der Feme
eine feindliche Fregatte, die ,,Terpsichore", gesehen, die sich
auf der Suche nach Xelaons Flotte befand. Sie konnte indes
ebensogut die feindliche Vorhut sein. Dieser Umstand hätte
Brueya bestimmen müssen, aUea Mögiiohe zu tim, um seine
Stellung so fest Tide möf^ich zu gestalten und vor allem die
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spitze seiner Linie durch einige Fregatten zu verstärken,
die zwischen dem „Giierrier" und der Kiist« ankern konn-
ten*). Bis auf die „Serieuse" befanden sie sich alle bei der
Naehhut**). Der französische Adniiral hält-e sehr gut getan,
eine oder zwei Fregatten auf dem Meere kreuzen zu lasseo.
Er iTÜrde früher von dem Herannahen der fcindhchea
Flott« benachrichtigt worden sein und hätte dann recht-
zeitig Vorbereitungen zum Kampfe treffen können!
Dann wurden Maßnahmen getroffen, dio Flotte mit Le-
bensmitteln und vor nlleni mit Waaser zu versorgen. Trotz
der Nähe Rosettea war die Beschaffung der Lebensmittel
•} Der Admiral liatte aucli xwei Itlürm-T auf dur klBincn Inacl nufBtclK'Ti lassen.
Docii die Entfernung bifl lur Spitm der frnnzöaiHchcn Klotto wnr .-o rtoB, daü
weder dieee beiden MÜTBcT nncli die Gescliütze des Forts den Fruizoacn von
Nullen sein konnten.
••) Ei waren die Fregatten „Arlli^miH.-". „Diane" und ..JuBtiüc". Ebenfalls
Bin Schwnife des Gesell wadcrs lipFaiidi'n ^icli dip drei Galeotcn „Hercule",
,.Orsnt;Gr" und „Fortugoise",
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DIgiiized tu Cgoglc
scInvicrifT; auoli halte lüiiii die grölJte Mühe, in unmittelba-
rer Nähe der Küst* gulof! Walser /.u finden.
Die 13 französischen Linit-nweliiffe waren etwa 4500 Met-
vom Ufer in einer Entfernung von 150 Metern voneinami'.
verankert. An der Spitze, bezieh» ngsweise auf dem linke:
Flügel, befand sieli der ..(iiicrrier", gegen 2400 Meter vor
der kleinen Insel v<iri Abul;ir entfernt. Es folgten der „C'tii,-
qu^rant", der „Spartiate", der „Aquilon", der „Peuple-
Souverain", der „Franklin"', der „Orient", der „Tonnant",
der „Heureux", der „Jlercure", der „Quillaame Tell'% dö"
„Genereux" und der „Timoleon",
Die gesamte Flotte verfügte über 1182 CJcschiilze. l'mor
den Jjnienschiffcn be.ialJ da-s Admiralsschiff 120 Kanonen:
drei Schiffe führten je HO, der liest je 74 Cieschützc. Drei der
Fregatten waren mit je 40, eine niit 36 Kanonen versehen.
Der tatafichliche Bestand der Mannschaften kann auf 8000
Mann angesetzt werden. Eigentlich hätte die Hotte 1 1 170
Offiziere und Mannschaften zählen müsgen. Da Nelson über
etwa 1000 Geschütze und 8000 Mann verfügte, waren die
gegnerischen Streitkräfte fnwt gleich.*)
Am 1. Augii^^l gegen y.wi'i Vhr meldete man auf dem
,,Heureux" das Herannahen einer Flotte von 12 Schiffen.
Bald folgten zwei weitere Falnv.euge. Es war das schon lange
gefürehtete ( iesehwiuler Nelsons, da« von Westen her in der
Xäho der Küste herankam! l-jineHtimde darauf , gegen 3 Uhr,
gab Brueys den Befehl „Klar zum Gefecht", und die Admi-
räle begaben sich an Bord des „Orient", um die Befehle des
Oberb^ehlfihab^rs zu empfangen. Brueys, Villeneuve und
Ganteaume waren für den Kampf mit verankerten Schiffen,
Blanquet du Chayla vertrat, wie schon in einem früheren
Kriegsrat, die Ansicht, den Angriff der Engländer mit auf-
gezogenen Ankern anzunehmen.
■) Voraiugeastzt, daß dia am Lande befindlichwi *Tn"V-'V" iSaimaabattiai
ihm SohiHe rocblaeitiE eneiohen koDntoD, wo« obw nicht der Fall wbt.
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Als die feindliche Flotte in Sicht kam, befanden aicli viel-:-
der Mann sc haften am Lande, mii\VaM.seri'.uhoJen,t;iiidoppel!
verhängnisvoller Umstand, denn die Eesatzung der Scliiffi-
war schon an sich unvüllsiiiiidig! Nur wenige befolgten die
Signale, an Bord zu kmnmen, so dalJ die (iescliiitze nur un-
vollkoniriieii bedient werden konnten.
(iogeii 4 Uhr Heß Brueys auf seinem Flaggschiff das Sig-
nal aufhissen, daß man vor j\nker liegend kämpfen würde,
nnd erteilte darauf den Befehl, die Schiffe durch Ketten mvi
Taue miteinander zu verbinden, damit keines aus der Linii-
gebracht werde. Dies konnte aus Mangel an Zeit jedoch
nicht überall durchgefülirt werden. Da er nicht vcrnnitete-,
daß Nelson die innere Seite seiner Sieliung angreifen könne,
wurden alle im Wege stellenden Dinge auf diese Seite der
Schiffe gebracht, um nicht während dea Kampfes auf der
anderen Seite zu sehr behindert zu werden. In seinem Innern
hoffte der Oberbefehlshaber aber, daß der feindliche Admi-
ral ihm wenigstens bis zum nächstm Tage Zeit lassen werde,
damit er alle seine Vorbereitungen zum Kampfe treffen
könne.
Aber Nelson, der tolle Feuerkopf, zögerte nicht eine Mi-
nute, um den so seimsüchtig gesuchten Feind anzugreifen.
Ais er am 1. August vor Alexandria angekommen war. mel-
dete der „Zealous" gegen dreiviertel drei Uhr nachmittags
die feindliche Flotte, die in der Bucht von Abukir vor Anker
lag. Bereits seit einigen Tagen war Nelson so aufgeregt, daß
er fast nichts essen konnte. Jetzt aber ließ er das Mittag-
essen auftragen, und als er üoh vom Tiaohe erhob, sagte er
zu seinen Offizieren: „Morgen um diese Zeit habe ich ent-
weder einen Flatz im Oberhaus oder in der Westmioster-
abtei." Inzwiaohen hatte er Befehl gegeben, sofort klar aum
Gefecht zu maohei^ am TTfer entlang und an der Insel Abu-
kir vorbeizufahren, um auf die linke Flanke der fcanzöEd-
sohen Flotte loszusteuern und die feindliche Vcnrhut und das
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StelloDg dar fnnzIMdMhai und dar englla^en Flotte. 1. Aiigiut,gegoii8KDhTBbendi.
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Zentrum auzugreifen. Der „Zealoua" unter Kapitän Hood
hielt die Spitze, dann wurde er vom „Goliath" überholt. Um.
sich nicht der Gefahr auazusetzen, auf den Grund zu laufen,
ließ Nelson erst einige andere Schiffe vorbeisegeln und folgte
mit dem „Vanguard" als sechstes Schiff. Alle Bewegungen
geschahen mit größter Genauigkeit und Schnei Ii ffkeit, doch
ohne Eile tmd Überstürzung. Offiziere und Mannschaften
trugen die Uberzeugung der Überlegenheit und der Sieges-
gewißheit in sich.
Kapitän "Foisy mit dem „GoliatlL" befürchtete nioht, auf
den Qmnd auf znlauf en, und segelte zwischen der Küste und
der franzöeiaclienliiiie durch, am das erste feindliche Schiff,
den „Qnerrier", von der Innenseite aus anzugreifen. Die
Anker hinten aber nicht, so daß er sich den „Conqu4rant"
zum Gegner nahm, während der „Zealoue" dem „Guerrier"
gegenüber ankerte. Das Feuer des „Zealous" war so heft^,
daß in weniget als einer Stunde sämUiohe Masten dee„Guer'
lier" abgeachoBsen wurden. Trotzdem ergab msb der Kapi-
tän Trullet*) erst gegen neunränhalb Uhr.
Darauf folgte der „Orion" auch auf der inneren franzö-
sischen linie und griff den „Peuple Souverain" an, besohofi
aber gleichzeitig das daneben li^ende seohste £rainzöei8clie
Sehiff, den „Franklin".
Der „Peuple Souva»in" erhielt im Laufe der Schlacht
das Feuer von drei feindüchen Solüffen. Gegra 11 Uhr stellfe
er sein Feuer ein und wurde am nächsten McH^;en um vier-
dnhalbUhrvom,,Oiioa'' besetzt. MitgröBter Hartnäckigkeit
widerstand auch der „Fnmklin", der die Flagge dee Admirale
Blanquet du Chayla tm^ den AngiifEen dreier feindlicher
Schiffe. Um 8 Uhr wurde der Ädmiral und um neundnhalb
Uhr der Kapitän Gillet gefährlich verwundet; eine b^be
Stunde vor Mitternacht strich der „Franklin" die Flagge.
•) Eb ist Eapitan Tnillot der Alters r dor „Timolion" wurde vom Kapitgn
TruUet dem JUngpion bofehligb.
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Dann trat der „Thesci^s" in Tiitiglu it. der gl^ich/t-itig das
zweit-?, liritte iin<i vii'iti' Ininzii^isi-lir Schiff, den „Cöii(|iie-
rant", den „Spartiate'' und den ..Aqiillon", ebenfalls von
der iiiiii'iisoiti' der fiaii/ii^iM-lieii S(flliiiig ütih IjpsclioU.
Ala fünftes engliadies Sdiiff sleiiertt der „Au.dacious"
zwischen dem „Guerrier" und dem „Conquörant" durch,
nahm auch zwiechen der Küste und dem französischen Ge-
schwader Stellung und beschoß sogleich den „Conquerant",
der bereit« daa Feuer zweier englischer Schiffe aushalten
mußte. Gegen siebenein viertel Uhr wui-de der Kapitän des
Conquerant" schwer verwundet. Er übergab den Befehl
seinem ersten Leutnant, Bis um 9 Uhr verteidigte eich das
Schiff gegen seine drei Gegner und strich endlich vor dem
„Audacious" die Flagge.
Jetzt traten der „ Vanguard", der„MinotauT" imddiei.De-
fence" in den Kampf ein, doch nahmen diese drei Schiffe
von außrai Stellung. Der „Vanguard" ankerte vor dem drit-
ten franzÖsisGhen Schiff, dein „Spartiate", der „Minotaur"
vor dem vierten französischen Schiff „Aquilon", daa schon
mit dem „Theseus" im Kampfe war, und die „Defence"
nahm dch den „Peuple Souverain" zum Gegner, der bereits
vom „Orion" mit Kngeln bestrichen wurde.
Der i^partiat«" hatte nur 500 Mann Besatzung, kämpfte
aber trotzdem bis nach U Uhr, und ergab sich dann dem
„Vanguard". Der „Aquilon" stellte sein Feuer bereits um
neuneinhalb Uhr ein, naohdem sein Kapitän Th6venard
gegen 8 Uhr dnroh eine Kuionenkugel getötet worden war.
Darauf wurde das Schiff vom „Minotaur" besetzt.
So sehen vir etwa eine halbe Stunde naoh Eröffnung des
Kampfes dorch Nelson acht englische Schiffe mit fünf bis
sechs französischen Lini^ischiffen im Kampfe liegen, die
zwar dieselbe Anzahl an Geschützen hatten, aber sonst in
jeder I£nsicht den Engländern imterlegen waren!
Das neunte englische Linienschiff, der „Belletophon",
nahm doh den „Orient" zum (iegrier, der ihm an Anzahl der
Geechütze bei weitem überlegen war, und da« zehnte eng-
lische Koliiff. „Maje.stic", ankerte vor dem „Mercure", da e;
das Hellte imd neunte französiwehe Rcliiff verfehlt hatte. Der
„Belleropboii" wurde bald vom „Orient" entmaatet um!
mußte die Ankertaue durclihauen, um nicht in den Grund
gebohrt zu werden. Der „Majestic" hatte auch zuerst in der
Nähe des französischen Adnüralsachiffe« Ankei' geMorfeii,
sich dann aber weiter entfernt und den ..Mercure" zum <Jeg-
ner genommen. Der „Tonnnnt" « nrde vom „Bcllerophon"
mit beschossen, und der „Heureux" erhielt seit etwa 8 Uhr
das Feuer des „Majestio". Die drrä Schüfe der Nachhut, d«
„Guillaume Teil", der „G4n4reux", Bowie der „TimoI6on"
liatten keine Ciegner.
Inzwischen war die Dunkelheit hereingebrochen, Dei
„Cullodcn", der „Alexander" und der „Swiftsure" waren
noch nicht auf dem Kampfplatz erschienen. Da es Nelson
an Fregatten oder anderen leichten Schiffen fehlte, hatte er
vor dem Eintreffen vor Alexandria den „Alexander" uod
den „Swiftsure" zum Erkunden auBgesandt. Diese beideo
Schiffe waren aber zu sehr in Lee geraten und kamen jetzt
erst heran. Der „Culloden" unter Kapitän Troubridge war
kurz vor 7 Uhr beim Umsegeln der Sandbank aufgelaufen
und (lii'nto, da er trotz der Anstrengungen des „Leander'*
und der „Miitine" nicht vor 2 Uhr nachts frei gemacht wer-
den konnte, alsLcuchtturmfürden „Alexander", den „Swift-
sure" und den „Leander". Diese drei Schiffe trafen gleicli-
zeitig gegen 8 Uhr auf dem Kampfplatz ein, zu einer Stunde,
wo es mit einigen cnglischenSchiffen nicht sehr günstig stand.
Der „Orient" war dem „Bellerophon" an Artillerie weit
überlegen und schoß seinen (Jegner fast zum Wrack. Des-
halb ließ der Kapitän des „Bellerophon" die Ankertaue kap-
pen nnd zog eioli nach bedeutenden Verlusten aus dem Ge-
fecht zmüok.
384
Digiiizedliy Google
Inzwischen war der „Swiftsure" herangekommen, der den
„Orient" von der Steuerbordaeit« angriff, während dcr„Ale-
xander" das franzöaiache Admiralsschiff vom Backbord aus
beschoß. In geschickter Weise ging der „Leander", der nur
50 Kanonen führte, quer vor dem „Franklin" vor Anker,
der bereits von der „Defence" und dem „Orion", sowie auch
jetKt von dem „Swiftsure" Feuer empfing.
Gegen 7 Uhr wurde Brueya an der Hand und am Kopfe
verwundet, doch achtete er dessen nicht viel. Eine halbe
Stunde darauf ward ihm durch eine Kanonenkugel die linke
Hüfte weggerissen. Aber auch jetzt wollte der tapfere Mann
nicht das Kommando an den nächst höheren Offizier abge-
ben, um sich verbinden zu lassen! „Laßt mich auf der Brücke
sterben", rief er denen zu, die ihm helfen wollten, und einige
Minuten später hauchte er als wackerer Soldat, der auf sei-
nem Posten zu sterben wußte, seine Seele aus.
385
Gegen 9 Uhr brach auf dem „Orient" Feuer aus, und th- \
Engländer richteten besonders auf diesen Feuerherd ihr' I
Artillerie, um die Verwirrung zu vermehren und ein LÖ^chf ]
unmöglich zu machen. Nach 10 Uhr flog das prachtvoll'
Admiralsschiff in die Luft. Bis zu dieser Stunde hatten sich
bereits drei französische Sclilachtachiffe den Engländern er-
geben ; auch die Fregatte „Serieuse" zählte nicht mehr, denn
sie war in den Grund gebohrt worden. Bis Mittemacht stri-
chen drei weitere Schiffe die Flagge, darunter, wie bereits
erwähnt, der „Franklin" von 80 Kanonen.
Der „Tonnant", der zuerst nur vom „Bellerophon" und
dann vom „Alexander" und „Swiftsure" beschossen wurde,
kämpfte bia früh einhalb 4 Uhr und ließ sich dann auf den
Strand treiben. Er behielt den ganzen 2. August noch die
Flagge. Die Verluste dieses Schiffes waren, obgleich es kei-
nen direkten Gegner hatte, selir beträchtlich und betrugen
an 360 Tote und Verwundete. Du es an Booten fehlte. |
konnte die Mannschaft das Schiff nicht verbrennen, da i^i''
sich dann nicht ans Ufer hätte retten können. Aber erst arn 1
3. August übergab sich der „Tonnant" zwei feindlichen Fahr- j
zeugen.
Der „Heureux" nahm nur geringen Anteil am Kampfe
und hatte daher nur etwa 70 Tote tmd Verwundete. G^eai
3 Uhr früh stellte er sein Feuer ein, ließ sich ans Ufer
treiben und ergab Bich am nSohsten Tage, als drei engUeche
Schiffe Miene machten, ihn zu besohieS^
Der „'Wercaro", der besonders vom .Jdltqestio" besohos-
een wurde, scheiterte niolit weit vom „Heuienx" und eacgah
eich den Engländern am nächsten Morgen.
Das letzt« fransiösiBche Schiff der SohlaohttMidnang nach,
der „Timol^n", lief am 2. Ai^ust auf den Strand auf und
wurde von den eigenen Leuten verbrannt, damit ee niobt in
die Hände der Ei^fländer fiele.
386 '
1
Digilized by Google
Ein Viertel vor Ii Uhr hatte der Adiiiiral Eriieys Befehl
gegeben, das Feuer zu eröffnen, sobald »ich der Feind zeigen
würde. Wenige Augenblicke darauf war der erste Kanonen-
schuß von französischer Seite aus gefallen. Es wurde auf
beiden Seiten mit großer Tapferkeit gefochten, doch die bes-
sere Schulung der Englündcr sowie ihre Übermacht trugen
den Sieg davon. Wie wir gesehen haben, hatten nicht weni-
ger als drei französische Schiffe keine und zwei nur unmittel-
bare Gegner. Konnten diese Scliiffe, auch wenn aie kein Sig-
nal empfangen hatten, nicht die Änkortaue zcriiauen, um zu
vorsiLfhen, an dem Kampfe teilzunehmen? Der „Majestic",
iliT dein ,,Mercure" gegenüberstand, hätte mit Leichtigkeit
Min den drei dahinter und zwei davor ankernden französi-
st'Iii-n Schiffen vernichtet werden können! Obwohl behaup-
tet worden ist, daß Urueys der Nachhut Befehle gegeben
h;iVie. die Anker 7.11 hellen, so imiU doch daran gezweifelt
werden, da wir keine sii heren üeneise dafür haben. Aber
der Admiral Villeneu\-e, der diu Nachhut befehligte, hätte
selbst so viel Entsclilo.'Mcnheit zeigen müssen, um den Um-
ständen gemäß zu handeln. Und die.seni Admiral vertraute
Napoleon 7 Jahre 8|Ster den Oberbefehl über eine große
Flotte an, die Nelson bekämpfen sollte ! Sollt« Napoleon so
wenig Menschenkenntnis besessen haben, oder fehlte es ao
an geeigneten höheren Seeoffizieren, daß dec Kriegsminlater
Deorls diesen Mann dem Kaiser empf aU t
Erst der nächste Tag ließ die sohreckliohen Verluste Gber-
sehen, die die iVanzosen erhtten hatten. Zwei Liniensofaiffe
und zwei Fregatten waren verbrannt oder in den Grund ge-
bohrt worden; sieben Schiffe befanden sich in den Händen
der Engländer. Der „Tonnant" behielt, wie wir gesehen ha-
ben, den ganzen 2, August hindnioh die Flagge. I>er„Timo-
16on" hatte fast gar nicht an der Schlacht teUgenommen;
dennoch befand üoh das SohiH in «nem traurigen Zustande.
Srän Kapitän ließ ea auf den Strand auflaufen, da es tmmSg-
lieh war, es aus der Bai herauszubringen. Auch dieses Fal,:-
zeug behielt seine Flagge während des ganzen Tage.-j nati
der Mclilaclit. Da der „Timoleon" doeli niclit iiif^hr zu rettCE
war. befall] der Kapitän Trullet der jüngere der Mannschaft
das Sehiff zu verlassen. Darauf steckte er es in Brand.
Der „(JuillauiTie Teil", mit dem Konteradmiral Villeneuvi
an Bord, luid der „G6nereux" hatten am Kampfe fast niehl
teilgenommen; \'illeneuve besaß leider zu wenig Ent-
selilotiisenlieit, um aus eigener Kraft zu handeln.
Erst am nächsten Tage, don 2. August gegen 12 Ulir, gab
er den übrigbleibenden Scluffen Befehl, die .\nkertftiie 7x
durchhauen und unter Segel zu gehen. Nur der „Genercux"
und die Fregatten „Diane" und „Justice" mit dem Koiiit r-
admiral Decres an Bord folgten dem „Guillaume Teli"
Diese vier Fahrzeuge wurden kaum verfolgt; man schreibt
diesen Umstand der Verwundung Nelsons zu. Dessen Ka-
pitäne aber waren viel zu sehr mit ihren Schiffen beschäf-
tigt, als daß sie auf eigene Verantwortung hin gehaaddt
hätten.
Na«h einer sehr stürmiBchen Fahrt kam ViUeneuve am
28. August in Jlalta an. Auf seiner Reise hatte er in der
Nacht vom 17. zum 18. August den „Gfnereux" verloren.
Diesen Schiff traf am 18, August auf dem Wege nach Korfii
auf der Höhe von Kandia den „I.«ander" von 50 Kanonon.
Nach einem heftigen Kampfe bemächtigte sieh der ..tiein-
reux" des ihm an Geschützen unterlegenen Gegners und
führte den „Leander" als gute Prise mit nach Korfu.
Ein W'ort noch über die Fregatten und anderen kleineren
Fahrzcugo der französischen Flotte. Die Fregatte „Serie uae"
hatte am Xacliniittng des Hchlachttages 150 Mann an den
„TomiiinL" abgaben müssen und war dadurch auf die Hälfte
ihrer Bemannung herabgesetzt worden. £lie der „Orion"
den „Peaple Souveroin" angnff, wollte er die Fre^tte
zerstören, da sie ihm im Wege war. Noch einem heftigen
388
Digllbzed Google
einstündigen Kamiife au! r'iwto)ennc)iuß weite ii urdt! du; Fre-
gatte in den (ii'uiifi gpboliit, (loch ragte der obere Teil des
SchiffpK ^ve^pn <!i'i- Wiiticfe noch auB dem Wasaer heraus.
Kret am iiätlisini 'l'iige früh 3 "Uhr ergab sich der Kest der
Besatzung den Engländern.
Audi die „Artöniise" hatte beim Beginn des Kampfes
einen großen Teil ilirer Besatz ungsmannschaft abgeben
müssen und nahm kaum am Kampfe teil. Sie geriet auf
den Strand und wurde am nächsten Tage von ihrem
KapitSn, der sieh mit der Besatzung ans Ufer flüchtete,
verbrannt.
Sie anderen kleineren Fahrzeuge konnten sich unter dem
Schutze des Forts tod Abukir nach Alexandria rett«n.
An Hannsohaften hatte die {ruizSäsche Flotte ungefähr
1700 Tote und Ertrunkene und 1500 Verwundete, sowie
mehr als 3000 Gefangene wloren*). Nach einigen T^n
entließ CTelson die Gefangenen bis auf 300 Mann, da er de
nicht ^nähren konnte. Nach dem Bericht des Freuten-
kapitSas Barr^ betrog der engliache Verlust nur 900 Mann,
darunter 700 Verwundete.
Ndaon war in der Schladtkt durch einen SohuQ am Kopfe
verwundet worden. Man hielt die Wunde anfai^^ für töd^
lieh, ab^ es handelte dch nur um eine lachte Verletzung.
Sie verhinderte jed^ifallB den englischen Admiral, alle Maß-
nahmen anzuordnen, um die Niededage der fruizösischen
Flotte in eine völlige Vernichtung zu verwandeln.
Engländer und Franzosen hatten in dieser Schlacht wie
Helden gefochten, und es ist schwierig zu sagen, ob die An-
greifer oder die Angegriffenen größere Tapferkeit und Aua-
clRuer bewiesen haben. Viele französische liühfrc Offiziere
fjtarben mit bewunderungswürdiger Ruhe auf ihren Posten,
vor allem der Admiral Brueys und die Kapitäne (.'asabianca,
Ihövenard der jüngere. Du Petit-Thouais und Peyret.
') In diMBT Zahl dud 1000 TemundeM nüt eiiibegnffen.
38«
DigilizedliyGoqgle
Am 5, August segelte der „Leander" mit Briefen vo:;
Abukir nach Europa ab. Das Schiff wurde jedoch unter-
wegs vom „Genereux" genommen. Glücklicherweise hatte
Nelson wenige Tage später, am 13. August, auch die Mu-
tine" nach Neapel gesandt. Von hier aus gelangten die
ersten Xachrichten Über den glänzenden Sieg nitch Eu-
ropa. Dor Kapitän der „Mutine", Martin, reiste dann auf
dem Ijandwege über Wien nach England und kam erst am
2, Oktober, also zwei volle Monat« nach der Schlacht, ii:
London an.
Der Sieg von Abukir war der wichtigste und vollständig-
ste, den die Engländer seit 1793. A-ielleicht seit jeher, erfoch-
ten hatten. Die Folgen waren weittragend und verhängnis-
Toll, im besonderen für das französische Heer in Ägypten
und im allgemeinen für die Lage der französischen Republik
den anderen Mächten gegenüber. Allerdings vermochte Bo-
naparte durch großes Genie die Fingen für sein Heer so
viel -wie mög^h zu mÜdem.
Kommen wir jetzt mit einigen Worten auf die Storatfrage
zu sprechen : Wer verschuldete es, daß die franzSsieohe Hot-
te in der Bai von Abukir bUeb und nicht nach Korfu ging,
iro sie Schutz gefunden hätte t
Am 3. Juli befahl Bonaparte von Alexandria aus dem Ad-
nüralBnieys, die Flotte in den alten Hafen einlaufen zu las-
sen. Wegen der Aufstellung der Flotte hatte der General
auch mündlich am 3. oder 4. Juli mit Bmeys gesprochen.
Drei Wochen spät^ schrieb er am 27. Juli aus Kairo, er habe
erfahren, daß nun endlich eine EinfahrtesteUegefundeu wor-
den sei, und er vermuf«, daß üoh die Flotte im läten Hafen
in Sicherheit befinde. In diesem Briefe findet sich kein Wort
mehr von der Zulässigkeit einer Aufstellung in der Bai von
Abukir wie im Briefe vom 3. Juli. Am 30. Juli flog ein drit-
ter Brief aus Kairo ku Briteys, in dem der Obe^^eral eben-
falls die Überzeugung aussprach, daß er annehme, Bniej-9
390
Digilized by Google
^<;i cntv-oAeT in den alten Hafen von Alexandria eingelaufen
oder habe den Wej; nach Korfit genommer*).
Aua diesen Briefen, beaondera aber aus dem letzten, sieht
man, daß fionaparte zwar eine Vorliebe für Alexandria hat-
te, es aber am liebsten gesehen hätte, wenn Brueya nach
K.orfii gesegelt wäre, im Fall er keine geeignete J-Iinfahrt in
Alexandria gefunden haben würde. Unglücklicherw eise kam
dieser letzte Brief, der den förmlichen Befehl enthielt, nach
Korfu zu gehen, bei Brueys nicht an. Der Adjutant Bona-
partes, Jullien, war unterwegs ermordetworden; wäreer aber
auch angekommen, so würde es doch zu spät gewesen sein,
denn bereits am 1. Augnst erschien die engUselie Flotte, und
vordem 5. Augnst konnte der Adjutant nicht in Abukii ein-
treffen !
Bonaparte hatte, soweit er die Sachlage aus der Ferne
überschauen konnte, gehandelt, wie ein umsichtiger Feld-
herr nur handeln konnte. Am 27. hatte er ISrucya geschrie-
ben, er würde ihm noch genaue Anordnungen ziikoniiiien
lassen, sobald er Nachrichten von diesem erhalten liabe.
Das hat er auch drei Tage später, am 30., getan, sofort als
der Brief vom Admiral vom 26, Juli eintraf**).
Dieser Brief keiin/.eichnet den Admiral Brueys. Er gibt
darin zu, daß die Bai nicht geeignet sei, einem überlegenen
Feind standzuhalten. AlsSeemann, überhaupt als entschlos-
sener Offizier, hätte er, ohne erat von Bonaparte noch
besondere Befehle erhalten zu haben, sofort die Bai
Teilassea müssen, nm Korfu zu erreichenl BrueyB tat aber
*| Ich abergebe den Brint Bonapartaa an das DirektoriulD, vom 19. Augiut,
wniD der OlMsgenetal behauptet, Brueya den formellen Befehl gegsban eu
habsn, nach Korfu an s^eln. Der Briet wurde, erat nach dem lAigIßok von
Abnldr gEBohneben und baätzt keineriei dokamentariachen Wert,
**) La JbnqnUre vermutet mit Beidit, daß In dem Biieta Bom^ortcs vom
SO. Juli ein Versehen unterlaufen at. Der Obaigeneial beetStigt die Briefe
■vom tü.Uesaidor ble lum S. Thermidor. Der B. Thermidor ist aber der 26. Juli,
and bla cum 30. Juli konnte der Bote von Brueys niaht nach Kairo gdangt
■(dn. tUchtigeT müBte nun S. statt 8. Thermidor t««n.
391
nklii^- (Icrglciflien: iiiikitirnd allertliiigs wirkt der Umslar
daß nr in jenen Tagen leidend war. Er blieb, und da ereiliv
ihn das Geschick 1 Wenn er einen Fehler b^angen hatte, so
büßte er ihn als tapferer Mann, denn er starb als Held.
Mit der größten Begeiatcniiig nahm man von der siegrti-
chen Seesuhliic'lit bei Abiikir in London \ind den mit Knglai;':
verbündeten oder befreundeten Ländern Kenntnis. Admira!
Nelson wurde zum Baron vom Nil ernannt und orliielt ein-
Pension von 2000 Pfund Sterling auf Lebenszeit. Es wurde
ihm aber kein höherer Rang erteilt, obgleich er ilm mef i r st-^
jeder andere verdient hatte. JJer Sultan, der Zar, dit; KÖni--
von Neapel und Sardinien iiberliäuften ihn mit Gunstbezt-i.-
gungen, und die Lorda Howe, Hood und Saint Vinfcnt. di"
bedeutendsten AdmiralejencrZeit, schrieben ihm die sclinie:-
f!helhaft«sten Briefe.
Drei der Fregatten, die Nelson auf der Suche nach der
frauKÜtiischen Flotte so sehr vermißt hatte, trafen einige
'j'agc nach di;r Schlacht bei ihm ein. Die vierte brachte ihm
am Ifi. Augiis( IJriefe von Lord Saint Vincent und den Be-
fehl, mit einigen Schiffen nach Neapel zu segeln, die übrigi-ti
aber nach Oibrnltar zu senden.
Drei der genommenen französischen Schiffe, die besonders
gelitten hatten, ließ der Admiral verbrennen. Kapitän Hood
mußte mit den drei Linienschiffen „Zealous", , .Swiftsure"
und „Goliath" und den drei Fregatten „Alcmene", „Eme-
rald" und „Sea Horse" die Blockade von Alexandria auf-
nehmen und die Küste von Ägypten übetH-achen, um den
Franzosen die Kiiatenfahrt zu erschworen und die Annähe-
rung von französischen oder mit ihnen befreundeten Si hif-
fen zu verliindern.
Die Engländer hatten selbst genug gelitten und zu rid
Diit ihren Prisen zu tun, als daß sie versuchen konnten, ao'
gleich etwas gegen Alexandria oder Afoukir zu untemehmetk
392
I
DigiiizedliyGoi^Ie
ISonaparte hatte auch schnellstens geeignete Maßnahmen
zum Schutze der Küste getroffen und die Generale Marmont
und Dommartin mit Verstärkungen dahin geeirndt. Am 29.
erschien der Kontetadmira! Marc(iiifl von Niza vor Ale-
xandriB, der mit einem Geschwader ins ütfittelländiBofae
Meer gefahren war, um die Beatrebnngra der Veibfindeten
gegen die Fruizoeen zu unterstützen. Hoöd benutzte die
G^genheit, dne Demonstration vor dem Hafen zu machen.
Mza wollte dch aber zn weiteren Schritten nicht ent-
schließen. Im Laufe der nächsten Zeit, besonders vom 24.
bis 27. Oktober, verenchten die Engländer auf der Halbinsel
von Äbuldr zu landen, aber ihre Versuche wurden immer
wieder vereitelt.
Am 14. August sandte Nelson den Kapitän Sir James
Saumarcz mit den Linienschiffen „Orion", „Thesoas", „Mi-
notaur", „Audacious", „Defonce", ,,JIajestic" und „Belle-
rophon", aowie den erbeuteten frniizfiwi sehen Linienschiffen
„Le Peuple Souverain", ,. I.e Connuei iuit", „Le Spartiate",
„L'Aquilon", „Le Franklin" unri ,,Le 'ionnant" nach Gi-
braltar. Von dort aus sollte er :ui einem L'nferiiehmcn gegen
die Insel Minores teilnehmen.
Nelson selbst segelt« mit dem ..\';ni;rii;iiii", dem ..Cullo-
den" und dem „Alexander" am 19. August nach Neapel.
Da seine Schiffe sehr beschädigt waren und schlecht segel-
ten, fcam er erst am 22. September im Hafen ^'on Neapel an.
Auf der Fahrt, von Abukir hatte er den portugiesischen
Konteradmiral Marquis von Niza getroffen. Der portu-
393
Digilizedliy Google
giesische Admiral hattr «icli aber goKoigcrt, Hood. in de
Blockade Alexandrias zu unterstüt/.en und ^villigte nur eir.
die Blockade La Valettas zu übernelimeii, bis die ^England«
in der Lage seien, ihn abzulösen. Am 1 9. September exseliin
er mit vier Schlachtschiffen und zwei Fregatten vor Malta,
und am 24, September kam am h Sir James Saumarez mit
sieben cniilisclien und sechs genoiiimenen französisdieo
Schlftchtiscliiffen vor La Valetta an.
In Malta befehligte der Divisionsgeneral Vaubois etwi
5000 Mann, worunter sich aber einige hundert Kranke be-
fanden. Als Zivilbeajnteu hatte Bonaparte vor seiner Ab-
reise aus Malta Kegnaud de Saint-Jean d'Angely bestimntt.
Er verstand es aber vredei sich mit Vaubois nooh mit da
Bevölkerung in gutea Einvernehmen zu setzen. Am 2. Sep-
tember brach eine Empörung; auf der Insel aus, die apätv
von den Et^Sndem und PortngieBen natüriioh nach Knf-
ten nnterstützt wurde. Anstatt seine Kräfte zu zerapÜttern.
gab Vaubois lieber das flache Xjand preis und zog mcb ia
die Festung und in die Forts zurück.
Am 27. September wurde er von dem portugiesischen Ad-
mirtd und dem englischen Kommodore zur Übergabe an^
fordert. Am 2i. Oktober erschien auch Nelson für ktine Zot
von Neapel aus vor La Valetta. Seine AuHord^img zur Übe-
gabe am nächsten Tags hatte ebensowenig Erfolg. VaaboiE
hielt sich äuBrast tapf «; bis zum 4. September ISOO. Manaieht
aus dieser langen Verteidigung, daS Malta von denMaltesa-
rittem wenigstens ebenso lange hätte gehalten werden bds-
nen, wenn sie gewollt hätten, denn sie verfügten nicht afieis
über mehr Soldaten, sondern auch über andere Hilfemittd
als Vaubois, zumal sie die Bevölkenuig der Insel hlnt^
sich hatten !
Den Oberbefehl über die sämtlichen englischen Geadiw«-
der im Mittelländischen Meere führte nach wie vor Admiral
Saint Vincent. Ein Teil seiner Flotte nahm am 15. Noven^
394
Digilized by Google
b<T 17il8 .Minon'ii. Der Hcfclil über die Flotte, die Cadix
blockiert hielt, bin in den Hiimlen Liinl Reiths, wahrend
Nelson im «efitlicheii Millclnieere In-Iflilf^ilc. Kr sollte aueh
die Bestrebiirigen der liirkiHcli-iussi.^fhi'ii HiiÜe befxiicisti-
gen, die im Herbst des Jabrea 17ÖS gegen die Joiiisohen In-
seln gerichtet waren*). Sir Sidney Smith löBte den Kapitän
Hood, oder vielmehr seinen Kiu:hf(^ger Troubridge, an der
KÜBte von Ägypten ab und unterstützte im folgenden Jahre
die Türken, als Bonaparte nach Syrien marschiral».
Ende des Jahrea 1798 war das Mittelmeer vollständig in
den Händen der Engländer und deren Verbündeten. Die
beiden aus Abukir entronnenen französischen Linienschiffe,
der „G4n^ux" und der ^,6uillanme Teil", die nach Korfu
tmd nach Iblta entkommen iraien, fielen nach dem Falle
der beiden I^tze in die Bände der Verbündeten.
*) Vsrsl. daa nste Eaplhd de« nftohston Bandss.
395
SECHZEHNTES KAPITEL
BESITZNAHME VOX KAIRO. — GEFECHT BEI ES-
SALIHI.TEH. — UNTERWERFUNG UNTEßÄGYP-
TENS. — FESTE. — BESUCH DER PYRAMIDEN. -
AOTSTÄND m KAIRO. — BETRACHTUNGEN
(Juli Hb Dezember 1798)
Abend des 22. und im Laufe des 23. Juli nahmen die
FrunzoMcn von Kairo Besitz. Da die Bevölkerung sah.
(laß die Sieger keine Auf(,sclireitungcn begingen, Nahnmg^-
niiltcl und Waren bezahlten, und die Soldaten ohne Waffen
in den Straßen herumliefen, zeigten sie den neuen Herren
gegenüber WitraLien und öffneten ihre Läden wieder.
]ioiiap:ut^ wai- lim 22. und 23. in Giseh geblieljen uml
hielt am Naehmittag den 24. Keinen Kinziig in die SgyptiHche
Hauptstadt. Die wichtigsten Beamten und anpesehenstt;;
Einwohner der Stadt kamen herbei, um ihn zn bef:riili(-n.
Der Obergeneral schlug sein Hauptquartier in einem Haii,-t
«Alf der SaketJ^tiaße beim Esbekiehplatze (luf. Dieser l'lan,
war der sel.on.^te von Kairo und von Gärten und .Mal--
feldein umtjeheii. Der Palast, den Bonaimrte ziiui Aufent-
halt walill<-. geh;->rte Mohammed-Bei-el-Klfi und war erv!
vor einem Jahre beendet worden.
Die Franzosen hatten fast spielend von Unterägypten
Besitz ergriffen. Da sie nun Henen der wichtigsten Häfen
des Landes, Alexandrias und Bosettes, und der Hauptstadt
396
Digiiizedby Google
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ren, mußten ihnen auch bald lül' itiideron Htädte und
svinzen des Nildeltaa zufallen, zuiiia! ck keiiifii emst-
icn Feind mehr zu l)pkiimpffti jsab.
Die Sfraüe nat'h Suo?:, dem wiflitigstcn Hafen Agyptenn
1 lioton .Meere, stiinri deni Heere jetzt nahezu offen. Die
Otto nuüiw in/« i>.-ln>n lu, ulteii Hafen von Abukir ein-
laxifen .sein oilei- si.-li fuiI dem Wege nach Korfu befinden,
e konnte vielleie)it noch in diesem Jahre ein zweites Heer
ich Agj-pten üherführeii. so diiU nichts im Wege gestan-
in hätte, im näeli.sten dulire mit einer Armee von 30 000
Tann und einem stattlichen Hilfskorpa von inzwischen ein-
et^ohulten Eingeborenen nach Indien aufzubrechen, um
ein britischen Weltreiche dort eine klaffende Wunde bei-
iib ringen.
Vorher galt ee aber, das eroberte Gebiet zu organisieren,
iie Verbindung mit der Küste zu sichern und Damiette und
he verschiedenen Provinzen des Deltas durch XJntergene-
Liilc besetzen zu lassen. Der ObergeneraJ selbst wollte
skli dann aufmaehen. um die Trümmer des Mamelucken -
hcerea unter Afurad-Bei aufzusuchen. Dieser war nach Ober-
ägj'pten geflohen, um neue Truppen zu sanuneln.
Mit gewolmter Umsicht, raatloaem Fleiß und klarem
Blick luftclite sich Bonaparte sofort an die zahllosen Auf-
gaben, die zu erledigen waren.
Kr verliot <len Soldaten das Plündern aufs strengste, be-
fahl, drts llaiis des entflnlienen tiirkiwiien Paschas beson-
ders zu schonen, und lielJ i.-inc Waelie d^ivor aufstellen. Er
bestätigte die gcgemviirtigen Inhaber von beweglicher und
festcrHahe in ihrem Hesilze. Xm'die ( Jiiter der Mameliieken
wurden einfrezogen : ria man fii- aber iiirlil sofort verkiinfen
konnte, sehrieh der dlieriieiiera] am 311. .Iiili eine Kriegs-
steuer aus, um sich das so notwendige Bargeld zu verschaf-
fen. Die Erhebung des Miii wurde beibehalten. Zum Gene-
Tfdintendanten ernannte Bonaparte am 30. Juli Oirgees-el-
397
ühuary. Die Untereinnehmer waren meist Kopten. Der
übergoneral erklärt© den Scheiks, Ulemas, Imama und Agas,
daß er mit friedlichen Absichten in ihr Land gekommen und
ein Freund der Pforte sei. Er nahm sie wohlwollend auf,
sprach gern mit ihnen und erkundigte sich nach den Be-
dürfnissen und Sitten des Landes. Er sprach sogar davon,
daß er und sein Heer zum Islam übertreten wollten. Über-
haupt tat er alles, um die Bewohner Kairos zu beruhigen,
und begünstigte in jeder Weise die Ausübung ihres Gottes-
dienstes.
Durcli Beschliill vom 25. Juli setzte der Obergeneral einen
Di« an vuiiiicun ^lif}iliederninKairoein, dem die Verwaltung
der Stadl iukI dt-r unmittelbaren Umgebung übertragen
wurde. An der Spitzn des Diwans stand Abdallah E!-Ker-
kaiii; .Monge und Berthollet hatten die Verhandlungen des
Diwans als französische Zivilkomniissare zu überwachen.
Zwei Tage später befahl Bonaparte auch die Errichtung
anderer Diwane von je sieben Mtgliedem, denen die Ver-
waltTing der vereohiedenen Provinzen von Ägypten anver-
traut wurde.
Um sich in Besitz der dritten Küste tiHfadt, Damiette, zu
setzen, befahl der Obergenerai üiii 27. Juli dem General \ ial,
der die Division Menou befehligte, das Kommando über
dieselbe an den (^eneral Lannes abzugeben und sich mit
emem Üataillon Intanteric. emor Abteilung Artillerie und
100 Mann Dragonern auf dem Nil einzuschiffen, um sich
nach Daiimtle -lu })egeben. Der General Zaionczek wurde
naeh Meiiiüicli L'csEindt, um die Bewohner der dortigen
Gegend zu unterworfen*).
Emice Tas-c spater, am 1. August, erhielt der General
Rampoii Ueihiung. von der i'rovinz Atfieh Besitz 7.u er-
greifen; der Oberst Bribes sollte nach El-Ramanieh luar-
*) Am 28. Aogoat oidnete Bonaparle an, dsB General Lamm» den Belebl
übor dwse Piovini erhielt, da Zrioaetek naab Beni-Bnef gesandt wurde.
39S
DIgilizedbyCoOgl
schieren, um den Befehl über die Provinz Bahireh zu über-
nehmen*), und der General Fugiere wurde am 5, August
nach Mahallet-el-Kebir geschickt und ihm die Provinz Gar-
bieh anvertraut**).
Noch ehe Bonapart« in Kairo eingezogen war, hatt« er
am 24. Juli Giseh Kur Hauptniederlage des Heeres bestimmt.
Hier soLte sich die Artillerie und das Genie befinden. Es
wurden feraer eine Feld bäckerei gebaut und ein Lazarett und
ein Schlachtvieh park angelegt. Gleichzeitig wurde die Er-
richtung von Krankeiiliäusern und Feldbiickereien in Bulak,
Alt-Kairo und Kairo befohlen. In der Folge wurden auch
in Kairo und anderen Städten Salpeterfabriken, Pulver-
mühlen, Stückgießereien, Werkstätten aller Art, eine Druk-
kerei, eine Münze uaw. eingerichtet.
Am 2. August betraute Bonaparte Sucy mit der Einrich-
■1 Ua er obor in Koepttu erkroiikU'. Hurric. er am IB. Oktober liureh den
Gt'iiorQladjatanten Lctnrtg crSE^tzt.
••) Ära 30, jHnuar 1700 erhielt t-r niir}i ilc-ii Uofdil über die Provii« Mun-
Bura an Stelle Verdien).
Bonoparto im nilliUrindie» Uiwa
Dlgiiized bi Google
tuiig eines legelmäßigea Postdienstee zwisohcoi Aleztmdiia,
Bosette und der Hanptetadt. SohUeSlich worde äet Qwemi
Caffarelli am selben Tage aagewiesen, in Kohbauch { Venfxe-
de-la-Vaohe) und El-Ramanieh Befestigangen uimlegen.
Trotz s^er schnellen und überraschenden Erfolge war
Bonaparte doch niobt glnoklich, obgleich er meisterhaft ver-
at&nd, nach außen hin Ruhe und Zufriedenh^t zu zeigen.
Am 24. Juli hatte er dem Direktorium den OTSten eingehen-
den Bericht über die Vorgüige seit dem Abmarsch von Ale-
xiuidria und die Schlacht bei den Pyramiden in glänzenden
Farben geeohildert. Am nächste Tag aber flog schon ein
trauriger Brief an Joseph nach Paris*). „Aus den öffent-
lichen Berichten wirst Du das Ergebnis der Sohlachten und
die Eroberung Ägyptens ersehen," schrieb er seinem Freund
und Bruder. „Sie ist uns streitig j^eiiug gemaelit worden
und wird ein JJIatt nieiii- in der (ieacliiuhte desi [tiilitäriechen
Ruhms dieses Heeres bilden.
Ägypten ist das an Korn, Reia, Gemüse und Fleisch
reichste Land der Erde. Die Barbarei erreicht hier die
höcliste Stufe. Es ist kein Geld vorhanden, nicht einmal füx
den Sold der Truppen, In Kwei Monaten kann ich in
Frankreich sein. Ich lege Dir meine Interessen ans Herz,
ich habe viel häuslichen Kummer, denn der Schleier ist voll-
kommen aufeehoben . . ,**!
Du allein bleibst niii- auf der UVII. Deine FreundsehafI
lat mir sehr teuer. Ks leldle nui- nach, daß leli sie verlöre,
und dalJ itueh Du zum \otTalw nn nur wurdest, um einen
volikoiiiii^eiie!! .Meiisclieiiliii,sser aus mir zu milchen. Es ist
traurig, wenn man alle (■eliilile für eine einzige Person m
einem einzigen Herzen vereinigt . . . Du verstehst!
Sorge dafür, daß ich bei meiner Ankunft ein Landhaus
entweder in der Nahe von Fans oder in Bui^pmd habe. Ich
*| Dinar Brief fiel aber dem Enf^üidMn in die Hände.
**} Anspielung auf die Uiiti«ue etiner Farn.
400
will dort den Wiiiler vüllko 1111111:11 tibf;i!H(;lilowsi;ii v ei bnngeii.
Mich ekelt die Meiischlieil an. Ich bedarf der Ruhe tiud
Einaamkeit. Alles Große laiigvs'cilt niioli. llwii Gefnhl ist
abgestumpft. Mit 29 Jahren finde leli <icri Ruhm miciilern.
Ich habe alles erschöpft. Eh bleibt mir mir nodi. ein voll-
kommener Egoiat zu werden.
Ich wih mein Haus (in l'aris) beliaitcn und es nieninnd
iiberlassen, wem es aucli nei. Ich liabe mclil inehr. üls was
ich zum Leben brauche. Nebe wohl, ini-m emziper Freund.
Niemals war ich ungereclit getjcn Dieb. Du bist mir diese
Gerechtigkeit schuldig, obgleich ich manchmal den Wunsch
hätte, es zu sein. Du veo^tehatl Kusae Deine !Frau und
Jöröme."
Nachdem der Obe^aeral Maßnahmen för die Verwal-
tung und Verteidigung Kairos geixoffen hatte, baiohäftlgte
er sich mit der Verfolgung Murads und Ibrahims, die er
wegen Mangel an Beiterei vor der Neubildung dieser Waffe
nicht hatte aufnehmen wollen.
Uorod-B^ hatte eich, wie Meldungen von Kundachaftem
ergabeu, weit nach Oberägypten zurückgezogen. Es war
deshalb nicht su befürchte, daß er in der nächsten Zeit
zurüokkehren würde. Bonapaite simdte ihm am 1. August
den ehemaligen veoetianischen Konsul Roeetti, einen Ver-
trauten Murads, naoh. Er sollte mit ihm unterhandeln.
Schon war Aforad bereit, den Anerbietut^en des französi-
schen Generals n&her zu treten, eis die Mittelung von der
Zerstörung der französischen Flotte einteaf und ihn neuen
Mut schöpfen UeB.
Gegen Ibrahim gedachte Bonaparte selbst zu marBohie-
ren, denn er hatte erfahren, daß sieh dieser Mameluoken-
bei in Belbes, nordÖsilloh von Kairo, festgesetzt hatte. Am
1. August erhielt General Leolerc Befehl, sich am nächsten
Tag mit einem Teil seiner Brigade und einer Abteilui^ Rei-
26 401
terei in der Richtung anf ]}elbea in Marsch zu setzen. Ki-at
am 5. August nachmittags folgte die Division ]^pynier. ani
nächsten Morgen gegen 11 Uhr die Division Laiiufü (triiju^r
Menou) und am 7. frühzeitig die Division Dugua.
Nachdem ein Teil der Division Bon nach Kl-Maluiieli
vorgeschoben woi-(l<'u » ;ir, um die Vei-bindimg mit Kairo aiil-
rechtzuerhalten. und nachdeDi Desaix u übreiui der Ah« esen-
heit des Obergenerals mit dem Olierbefehl vtin Küirn Ijt'traut
worden war, begab sieii Bonaparte am 8. früli 4 Uhr mit
mehreren Offizieren neiney (iencralstabs auf den Marsch,
In El-Matarieh traf er die Division Dugua und in Et-Kanko
die Divisionen Keytiier und Lannes, sowie den General
Jjeclerc, der von einer Araberabteilung geKwuugen worden
war, zurückzuweichen. Am 9, August befanden sieh Hona-
parte und die drei Divisionen in Kolbes. Auf dorn Maroube
dabin begegnete man der Karawane von Mekka, liie ^ellün
von den Arabern geplündert worden war. Die l'ilgcr be-
grüßten ßonaparte als König von Frankreich. Der (It'iit-'ral
zwang die Araber, dOTen er habhaft werden konnte, die ge-
stohlenen VVan-u zurückzugeben, und der PiCdt der Kiira-
wane setzte meinen Weg auf Kairo fori. Am !U. erreichte
Bonaparte mit dem Hau|]lteil seines Heeres Koraim. und
am nächsten Tage kam man eiitllieh mit den Mamelueken
in Füldung, die sii-h beim Hei-anmilien der Franzosen vcin
Belbes auf iLs-Salibijeli /uriiek^-ezogen hatten,
Da.s 'J'reffeu bei l'^s-Saliliijeh bestand eigentlich nur in
einem lieiter^efee])t, in dem die Mamelucken mit grolier
Tajiferki'it uihI jirolJem Geschick fochten. Bonaparte hatte
nach den Aus-.ayen bewahrte)' Offiziere ungenügende Vor-
keliniii'jcn -< n "t:Vri. um die ! rdaiil crie reclitzoitig ins (ie-
feeiil /u iiLin;;i ii und i^csrliitkl ■'.ur Unterstiit/.\uig der .llei-
terei zu verwenden. Diese Avar schlecht beritten, wenig zahl-
reich und den vorzüglich berittenen, toUkübnen Mameluk-
kon nicht gewachsen. Es gelang Ibrahim mit einem Teil
402
DIgilizedby Google
DIgilizattDyGuoglE
der aus der Schlacht bei den Pyramiden geretteten Scliätzt-
ungehindert m die Wüste zu entfliehen. Die Franzosen zähl-
ten nur 60 Tote und Verwundete, unter letzteren aber be-
fand sich der Adjutant und Brigadechef Sulkowsld, den
Bonaparte s<;lir licliätzlc.
Eine lehhufte Schilderung dieses für die Fran/OHen wenii;
ruhmvollen Cef echt es, wenn man die große Entfaltung de!
Kräfte in Betraelit zieht, gibt der Leutnant Doguereau in
seinem Tagebucli. „Rhe wir biw zinn l-Vind gelanjjten."
schreibt er, ,,marachierten wir wenigsten» andertlialb Jlei-
lon in der Wüatc. Im Handumdrehen wurde der erst« Zug
der Jäger von den Mamelucken umringt. Man säbelte sich
nieder, oder besser, wir wurden niedergesäbelt. Der zweite
Zug hatte gerade Zeit, sich gefechtsbereit zu machen und
dem Feind durch seine feste Haltung Achtung einzuflößen.
Diejenigen vom ersten Zug, die sich aus dem Handgemenge
retten konnten, stellten sich hinter dem zweiten auf. Schon
schwenkten einige Mamelucken auf diesen ab und töteten
mit erstaunlicher Wut die Schlußreihen. Eben waren sie im
Begriff, uns anzugreifen, als eine Salve aus den Karabinero
der Dragoner ihnen viele Leute verwundet«, sie zurückwei-
chen und die Flucht ergreifen ließ.
Während 10 Minuten waren Freund und Feind in bun-
tem Durcheinander und Handgeinenge, Nur die gut« Hal-
tung unserer Truppen vermochte uns zu retten. Die Mame-
lucken zählten mehr als 800 Mann. Sie waren alle gut be-
ritten und bewaffnet und ausgezeichnete Reiter , , . Der
Feind ließ nur einige Tote auf dem Schlachtfelde zurück,
aber die Reiterei, die ihn verfolgte, fand deren mehrere auf
dem Wege. Da die Mamelucken vollkommen in ihr« Sättel
eingeschlossen sind, konnten ihre Pferde oft die toten Reiter
eine Strecke lang mit forttragen."
Die Verfolgung Ibrahims in die Wüste konnte nicht vor-
genommen werden. Bonaparte b^nügte sich, in Es^alihi-
404
DIgilizedby Google
jeh eine kleine Festung anlegen zu Inasen, um die Rückkehr
fbrahima ku verhindern, und beauftragte den General Caffa-
retli mit den dazu notwendigen Arbeiten. Ein Vorschlag
Bonapart«8, den er Ibralüin unterbreiten ließ, blieb unbe-
antwortet. Als Besatzung in Eg-Salihijeh blieb mir die Di-
vision Heynier und die Reiterei Leclercs zurück. Reyiiier
blieb in Ra-Salihijeh und wurde Oberbefeliishaber über die
Provinz Soharkieh.
General Lannea erhiell am 12. August die Weisung, mit
der Division, die er befehligte, naeh Kairo ziirüfkzukehren,
wo er am 15. ankam. Am nächsten Tage ii-urde dem General
Murat befohlen, aicli wieder naeh Keliubzu begeben, um den
m
DlBüijattDyGuoglE
Befehl über diesen Ort und die Provinz gleichen Namens zu
übernehmen*). SchlieSlicli wurde Dngua an demeeiben Tag
nach Mansura gesandt und ihm der Oberbefehl über den
Ort und die gleichnamige Provinz übertr^ieD**).
Nachdem Bonaparte diese Terschiedenen Befehle gegeben
hatte, verlieB er am 13. Augnat früh II XJhr Ea-Saiihijeh,
um naolt der Hauptstadt zarückzukehren. Er kam 12 Stun-
den später in Belbee und am nächsten Tage in Emro an.
Unterwegs, nooh vor Belbes, erhielt er die niederschmet-
ternde Nachricht von der Vernichtung der französischen
notte bei Abiikir!
Während sii'ls Tinnaiiarte Anfanji Juli auf den Marsch
nach Kairo iiiaohti'. blich KIcixT vonvundet in Alexandria
zurück. Seine Venvundung war jedoch nicht bedeutend,
und er beschäftigte sieh eifrig mit der Verwaltung der Stadt
und der Provinz Alexandria, die ihm vom Oberbefehlshaber
übertragen worden war.
Die Zerstörung der französischen Flotte bei Abukir, am
I. imd 2. August, und die Anwesenlieit Nelsons in den ägyp-
tisüheii Üenässern ließen eine I^andung englischer Truppen
befürchten. Bonapartc sandte deshalb am 18, August den
fJeneral -Marmont***) mit einer Halbbrigadc und am 21. Au-
gust den Artilieriegoneral Doinmartin nach Rosette und
Alexandria, um einer plwaigen l.aiidiing der Engländer ent-
gegenzuwirken. Diese beiden Offiziere beisaßon da.s vollst^'
Vertrauen des Übergenerals. Der Konteradmiral IVrreo wollte
die Truppen Marmouts nach l^osetle bringen. Marmont kaiii
üaB MatuiooC Huf cIl'h i'oattn Maiiscourti^ AnEpruoh machte unü deshalb
itcssen Verhaltes beim ObrTgencral ungiiusCig eohildort«.
406
DlBüijattDyGuoglE
gerade an der Killte an. als die EnglSnder am 20. AngnA
otiipii Versuch /.um Landen machten*).
Im Laufe de« Monats September drohte ein Zwist zwi-
sehen Bonaparte tmd Kleber wegen Verwaltungsniaß-
iLalimeii des let/.leren aiisziibreehen. Kleber ginj; sogar so
weit, daß er ain 7. .September iw-ht allein um Abberufung
von seinem Posten als Oberhefeliishal)er der fStadt und Pro-
vinz Alexandriu, sondern überhaupt um seinen Abschied
aus dein Heere hat. i)ie Saehe wurde atwr ?,um Teil durch
I 'iiffiuelli beifielejit. und Bonaparte forderte Kleber auf, ihn
in Kairo ku besuchen. Kleber kam dortam22.0ktoberan»«).
I>cr (General Menou, dessen leichte Verwundung vorläufi;:
auch keine Verwendung beim Heere ge.stattete, hatte auf
iiefebl Tionapurtes am 10. -luli Alexandria verla.'wen umi
sich naeli Hoselte begeben, wo er den OberbeCebl überneh-
men sollte. Kr sollte nicht allein das Hinterland unterwer-
fen, sondern auch Maßnahmen treffen, um eine Landiing
der lOngliinder tatkräftig nurüekwci.-en /.u timnen. Aach er
hatte arifäiiglicli, ebenso wie Klfbcr, mit vielen Schtrieiig-
keiteii, besondere init Oleldmangel zu kämpfen.
Auf nicht geringe Hindemiaee stießen auch die Generale,
die in die Provinzen Scharkieh, Mansura, Garbieh und D»-
niiette gesandt worden waren, um sie zu unterwerfen oder
zu organisieren. Ee gelang aber den Generalen Dugua
Damas, Keynier, Andr^Bsy, Vial, Murat, Verdier, Lanusse.
Davoiit und anderen, in den Monaten Aiigust bis Xovonibei
die ihnen unterstehenden (Gebiete mit mehr oder wenigei
Schnelligkeit /u unfcrwerfen oder wieder zum Geborsam
ziirüokzufiüiren, wie zum Beispiel die Provinz Mansura, wo
eine große Anzahl Franzosen ermoidet worden war.
Bonaparte verbraohte die Zeit vom 15. August bis siun
■I Vgl. aedle 3BB.
Ssch Bsinem Ab^^ »nrdo Menou ObslxAhlaliaber der Pcovimai
Alcaundrja und Bahirah.
408
DIgilizedby Google
23, Dezember fast ausschließlich in Kairo und war beatän-
<iig mit der Verwaltung des Landes und des Heeres beschäf-
tigt. All diese Zeit wurde nur an besonderen Ereignissen
(.iurch die Feste des Nil« {um 18. Auguüt), des Propheten (am
Ifl. August), der Republik (am 22. September], einen Be-
isueh nach den nahen Pyramiden bei Giaeh (am 19. Beptem-
licr) und den Aufstand in Kairo (am 21. und 22. Oktober)
unterbrochen.
Da man in Ägypten den Vater Nil mit Recht als den
"Wohltäter des f ^andes betrachtete, weil seine befruchtenden
Gewässer die umliegende Landschaft weithin überfluteten,
so beging man alljährlich feierlich den Ta^, an welchem die
X)eiche durchbrochen wurden, um die Fluten über die dur-
stenden Felder ergießen zu lassen. Mit größter Spannung
erwartete das Volk den Augenblick, wenn der Kilometer,
der sich südlich von der Insel Ruda bei Mekias befand,
16 Ellen anzeigte.
T>as Xiifest sollte im Jahre 1798 am iS. August stattfin-
den. Selten war der Nil so schön wie damals. Der Ober-
general mit seinem glätizenden Generalstab, seinen Gene-
ralen und vielen anderen höheren Offizieren »ind Zivilbeam-
ton, dem Diwan, dem Kiayla (Stellvertreter des Paschas),
den Scheiks, Illemas, Aga» und anderen wichtigen Persön-
lichkeiten des Landes nahmen an dem Feste feil. Alle be-
gaben sich sehr zeitig nach Jlekiaa, wo ein Teil der Truppen
aufgestellt war. Eine unabBchbare Mcrischen menge breitote
sich auf den umliegenden Hügeln aus, und zahlreiche be-
flaggte Fahrzeuge bedeckten den mächtigen Nil.
Als der Obergeneral mit seiner Unigebung angelangt und .
alle Vorbereitungen getroffen worden waren, trat der Schelk
auB der schaulustigen Menge hervor und erklärte, daß der Nil
die für die Bewässerung des Landes erforderliche Höhe er-
reicht habe. Jetzt gab Bonaparte ein Zeichen, und die Arbei-
ter und das VoUc stürzten sich auf den Damm, um ihn zu
409
Digiiized by GoOgle
durchstechen- Es geeclial, : zucr-i langsam, dann immer
schneOer and schnellifr <>r<ii '~--~eu »ii-li die brausenden Fluter.
in den Kanal. Dif- Bark'' 'Utt Schelks maehte den Anfang,
dann folgten 7.i\lj]reii h<- andere Boote und fuhren in den
Kanal hinein. Am h da.- Volk. Männer und Frauen, stürzten
sich in dif- -'-i?i-ri-rpii !if-ii und warfen allerlei Gegen-
^t'imli- hinc-iii. iJii- .M;inni-r hnifn .Allah, die Jagend nnd
Schönheit ihrer Frauen und Kiudor zu bewahren und ihrt-n
Frauen Fruchtbarkeit zu schenken. Dem Gebrauch des Lan-
de« gemäß warf der Obergeneral verschiedene Hände voll
.Medinoa*) unter die Volksmenge, und die Armen stürzten
danach, um sie zu erhaschen. Oft w arfen sie sich in die Fin-
ten, um die Geldstücke durch Untertauchen zu suchen,
wenn sich das Wa^jser schon darüber ergossen hatte.
Nachdem die feierliche Handlung beendet war, zog sich
Bonaparte mit iseiner Umgebung zurück. Ein Teil des Volkes
j^chrilt ihm voran und sang Lieder zum Lobe des Propheten,
des Sultans Kebir (Bonapartc) und der Franzosen, „da,"
riefen sie, ,,du bist gekommen, um uns auf Befehl des barm-
herzigen Gottes zu befreien, denn du hast den Si^ für dich
und den schönsten Nil, den es seit einem Jahrbondert ge-
geben hat ; das sind zwm Wohltaten, die Allah aDein ans be-
willigen kann!"
Nach der Rückkelir verteilte Honapurto viele fJeschenke
unter verschiedene Persönlich keitt^n des Landes; und am
.Abend fand ein Festessen im Hauptquartier statt.
Am nächsten Tage wurde das Fest des Propheten feier-
licii liegiingcn, da.« sich drei Tage lang hinzog. Beim Fest-
es-scn, das beim Kcheik-el-Bokry, dem anerkannten Nach-
folger des großen Propheten, gegeben wurde, war auch der
Obergencral mit vielen hiiheren Offizieren zugegen.
Den Schluil der Festlichkeiten bildete die Feier des sechs-
jährigen BestehenB der Republik am 22. September. Dieses
■J Kuiiforciiünzeu, ilainolii etw» 3 Pfonuige wert
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DIgilizedby Google
DlflilijattDyGuoglE
Digilizedby Google
Fest sollte gleichzeitig oiiio Vcrbriicienmg der Franzosen
lind der Bewohner Ägyptens bilden. Es gab Hontipart« Ge-
I ogenlieit, eine beredte Proklamation zu erlassen. An diesem
'Page ließ aueli Conte unni erstenmal den in Ägypten an-
«jrefertiglen JAiftbailon (Montgolfiöro) steigen.
Bonuparte verließ von der zweiten Hälfte des .Monats
Angnst an bis y.u seiner Abreise niieh Rne/. nur (ireimal dif^
Hanptsladt. Einmal, am 18. September, maohte er einen
Ausflug naeli Giseh, um dort die Hefestigungeu und die
Trupjwn zu besichtigen, das andere Mal. am if). September*)
nach den Pyramiden, und daa dritte Mal, im Oktober, naeh
fleni Dorfe Matarieh.
F.r hatte schon läagst die Absicht, die Pyramiden /.u be-
suchen. An dieser Reise sollten alle in Kairo anwesenden
Mitglieder der Gelehrtenkommiseion und alle höheren Offi-
ziere teilnehmen. Sie wnrde auf den 19. September festge-
setzt. Man mußte sie in Booten unternehmen, die der Krüm-
mungen des Bewässerungskanals folgten, denn die Fliiien
des Nils waren so gestiegen, daß sie den Puli dei liliy^cla^u
Gebirgskette bespülten. Wie vorausziiaehen, war es eine lange
Fahrt. Drei- oder Yiermal waren die Reisenden gaciz nahe
am Ziel, aber iniiner wieder Tuaelite der Kanal eine Wiu-
dung, so daß mau sieh melirmais von dem Endpunkte ent-
fernte, um erst auf einem Umwege dahin zu gelangen.
Bonaparte, der alles berechnete, hatte auch diese müßige
Zeit vorausgesehen. Er ließ sie jedoch nicht unbenutzt voi'-
übergehen. Beim Verlassen <les Palastes Klfi-Bcis, den er
bewohnte, hatte er seinen Adjutanten und den anderen Offi-
zieren befohlen, in einem Boote Platz zu nehmen, da« dem
seinigen unmittelbar folgen sollte. Hingegen wünschte er,
tla'.l gewisse, von ihm be.wnders hezeiclmete l'ersonen in
seiner Barke PlatK nahmen. Es waren besonders die Gene-
*) Nicht am 84. Sept«niber, wie meiat angegeben wird, sondern am IB. Sep-
411
Tale Caffarelli, Berthier, Doiniiiartin und die Gelelirteii
Monge, Berthollet, Costoz, Denon, Fourrier, Geoffroy de
Saint-Hilairc, Gloutter und ParBeral de Grandmaison.
Vor allem lag eB ihm daran, eine Tolkswirteehoftliche
Frage zur Sprache zu bringen, und so begann er die ünter-
haltusg mit den Worten : „Mau hat mir nenlich einen Han
voi^egt, der die Frage behandelte, wie ich über die Qnmd-
bedtze des Landes verfügen könne. Er sohien mir seltsani,
aber tief dutohdaeht. Diesem Plane gemäß sollen sogar in
Frankreich alle Verbesserungen des Bodens demjenigen das
Recht des Be8it7«B verleih^ der Ede vorgenonunra hat, nnd
zwar je nach dem Mehrwerte ein» Teiles des Bodens selbst.
Und diese TolhBwirtschafÜiohe Idee fordert man mieh auf,
in diesem Lande hier im Großen zu verwirklichen."
Es lag in Bonapartee Äueeinandersetzoi^ ein gewisser
Tadel und ein ganz klein wenig ^»ott. Bofort griff der
General Caffarelli, der sich sonst stets aoBerordeutlioh
ehrerbietig gegen Bonaparte zeigte, den i^dehandsohuh
anfundrief: „Gnt,daßlohnoohrechf2eitigdieBeleidiguag
veriündern kann, die Ihnen auf der Zunge eohwebt. Ich er-
kläre hiermit, daB ioh der Urheber dieses 'seltsamen imd
ein ganz klein wenig tiefdurohdachten Planes* bin."
Während der zweieinhalb Stunden, die die Beise währte,
unterhielt man sich aufs lebhafteste über diesen Plan. Da-
bei zeigte sich Caffarelli hinsichtlich wirtschaftlicher iVagen
als tiefer Denker und als edelster Menschenfreund. Bona-
parto fachte daa Gespräch fortwährend an und leitete es so
geschickt, daß es niemals die Grenzen seines eigenen Wis-
aens überschritt oder so fach wisse nachaftlioh wurde, daß er
ihm nicht mehr hätte folgen können.
Endlich war iiijui am Ziele angelangt. Bonapart* und
seine licgleitcr verließen die Boote und betraten das
hohe, sehr aaaidige Ufer, Eine Viertelstunde lang mußten
sie im glühenden Wüstensande waten, währöid die Sonne
412
wie Feuer auf ihre Kopfe brannte. Die Pyramiden, daaZiel
der Reise, beschäftigte alle Oemut«r, Tn Kiiropa machte
man sich im allgemeinen eine ungeheure Voratelhing von
ihnen, und die meisten der Begleiter Bona]mrt«s waren
beim ersten Anblick dieser Steinkolosse enttäuscht. Ihre
Bewunderung kelirt-e erst zurück, als sie diese von Menschen-
hand aufgebauten Steinriesen näher betracbtet-en.
Nach einem angestrengten Marsche standen der Ober-
general lind sein Gefolge Kcb weißgebadet und ermattet am
Fuße der großen Pyramide, einem Wunder vergangener Zei-
ten, das selbst Herodot, der Vater der Geschichtsschreibung,
als der Antike angehörig betrachtet hatte. Nachdem man
4)3
gegenaeitäg Beine Anaiolitea auBgetaueoht hatte, schickte
man sich a/a, die i^iamide zu eiklettem. Eonaparte man-
terte alle seine Begleiter auf, den Aufstieg zu wagen. Er
selbst ruhte sich am Fuße des SteinkoiosBes aus und ver-
zichtete darauf, die Pyramide im bmem zu besichtigen,
weil man es nur auf dem Bauehe kriechend tun konnte. Er
schien wie ein Lehrer, der seine Schüler spazieren führt und
sich von weitem ihrer Spiele freut. „Wer wird zuerst oben
sein?" rief er luatig. Der Alteste der Gcseliachaft schien am
meisten bestrebt zu sein, dein „kleinen Korporal" zu ge-
fallen. Schon war er auf der Plattform der Pyramide ange-
langt. An seiner Seite hing eine Feldflasche mit Brannt-
wein. Dieser gewandte Kletterer war der Gelehrte Monge.
Er beeilte sich, jedem der erschöpften Heisenden ein wenig
Stärkung aus seiner Flasche zu reichen.
Auch der Generai Berthier kletterte die Pyramide hinauf.
Als er sich aber auf der Hälfte des Weges befand, schien c.--
ihm doch zu beschwerlich, bis zum Gipfel zu kommen, und
er sagte zu seinem Nachbar Geoffroy de Saint-Hilaire ; „Muß
man denn wirklich bis zur Spitze hinaufklettern? Ich bin
bereits ganz erschöpft." Er hatte große Lust, die Partie auf-
zugeben und meinte; „In Paris können wir ja sagen, daß
wir bi.s zum hütliüten (iipfel der großen Pyramide empor-
geklomnien sind. Wie meinen Sie, Nachbar, sollen wir wie-
der Iiinahsteigen?"
Geoffroy nahm den Vorschlag an. Sie kletterten die Hälfte
des Wegs, dpn sie gekommen waren, iiinab, aber eine spöt-
tische IJemeikuu)! lionapartfs, der sie beobachtet liatte,
ließ sie wiwiw umkelmm.
„KoinmenSie schon wieder zurück ?"rief derObergeneral;
„mein armer iJertiiier, Sie ist fj;ewiß nicht da oben, uiier liier
nnU;n ist Sic aucli nifjtit,!"
Sie warder Gegenstand, der Berthiers Denken und Trach-
ten vollkommen erfüllte, Frau Visconti. Bonaparte, der die
414
Digilizedliy Google
Liebe seines Generaletabachefs zu dar achönen ItaUenerin
kannte, verfehlte nie, ihn mit ihr zu necken.
Als Berthier diese Worte vernahm, sagte er zu Oeoffroy:
„Da unten iat es nicht auszuhalten. Er erwartet mich mit
seinen Scherzen und Sticheleien, Kommen Sie, Nachbar;
keine Feigheit mehr!" Und so kletterten beide wieder
hinauf.
Wähienddeaaen war Monge mit jugeodhchem Eifer eben-
falls auf der Spitze at^kommen. Er hatt« die Spötterei
Bonapartes und dos ZSgem Bertbiers beobachtet und sprach
ihm Mut zu, indem er ihm von weitem mit der Feldflasche
winkte. Endlich waren beide, Oeoffroy und Berthier, oben.
Der Lahetrank des Gelehrten bereitete ihnen ein unbe-
schreibliches Wohlbehagen, und mit frischem Mute stieg
man wieder hinab, was fast noch schwieriger war als der
Aufstieg.
Aber Berthier hatte mchts gewonnen, daß et bis zur
Spitze geklettert war. Als er Bonaparte am Fuße der Pyra-
mide wiedersah, mußte er sich dessen Neckerei von neuem
gefallen lassen. Die Spötterei des Obergenerals bestand
hauptsächlich darin, daß er seinen Generalstabschef ob sei-
nes „ungeheuren Erfolges" über die Maßen lobt« und her-
ausstrich. „Wie seltsam ist doch Ihre Lage, Berthier", sagte
der hinterlistige Oeneral Bonaparte. „Da verläßt dieser gute
Berthier das reizende Boudoir der Frau Visconti, um ganz
oben, auf dieser alten Pyramide, die schon zur Zeit des älte-
sten der Gescliichtsschreiber alt war, eine Kabarettszene
,'\iif/ufiilii'(?n !"' Xüi'/, er fcssolic alle Anweisenden mit seiner
Aber nicht allein »uf die Knlion PcraünHehkoiten seines
Heeres übte Bonai>arte diese Anz-ieliungskraft me. Die Sol-
daten waren nielit weniger sU)lz, von ihm angeredet und be-
wundert zu werden. Neben der großen Pyramide, deren
Gipfel durch vieles Besteigen abgeplattet ist, befindet sich
415
(linc iuidt-re, nit;lit wenini'r liohe Pj^raimcle. Dieae aber hat
i hren steil en, glatten Abhang bew&brt und wird selten oder nie
bestiegen. Ein Soldat jedoch hatte es sich in den Kopf ge-
setzt, aioK auf der Spitze dieses Stdnriesen niedmulasaen.
Er unternahm dieses Wf^^tüok vor den Augen sednes Ober-
generala. Bald tastete er hier, bald da mit dem Fufie oder
der Spitze seines Bajonetts, um sich des Bodens zu ver-
sichern. Aller Aug^ waren auf ihn geri<^t«t. Jeden Augen-
blick meinte man, der Boden könne ihm unter den Füßen
nachgeben. Jedermann wax überzeugt, dafi er abstürzen
würde. Aber Bonaparte beobachtete ihn. Ton Zeit zu Zeit
wendete der Soldat den Blick auf seinen General, und man
sah, das Bestreben, dem „kleinen Korporal" zu gefallen,
leuchtete ihm aus den Augen. Das ^al war erreicht! Der
Soldat hatte das Qlück, unvereehrt wieder unten anzulan-
gen. Bonaparte ließ ihn zu sich kommen, sagte ihm ein paar
freundliche Worte and TBisprach ihm eine Belcdinung. Und
der Soldat strahlte vor Stolz, Genugtuung und Glück.
Anfang Oktober kamen die erwShlten Posönlichkeiten
der verschiedenen Provinzen in Kairo zusammen und ver-
ein^ten Bich am 6. Oktober zum ersten Male zum IHwui.
Kfonge und Berthollet wohnten als franzönsohe Konmiis-
sare den Sitzungen bei, die bis zum Ausbruch des Aufstan-
des in Kairo andauerten*).
Terschiedene Ursachen hatten dazu beigetragen, eine
Empörung in Kairo ausbrechen zu lassen.
Obgleich die Franzosen verhältnisn^Qig mild bei der Ein-
treibung der Steuern verfuhren, so sehnten sich doch viele
Einwohner Kairos zur oitm Herraohnft zurück. Die in der
Stallt Kuriif^kgcbliphciirii Anliimger der Mamelucken, die
•) Der Dinaii in lüiio wuräp em Dezember nieder oingesotat, doch sollte
BT MiB eo UitgUedurn beeielien. Zum fruizSi>l»cl.«i Komraieaar irnrde (Hau-
tier ernannt.
416
wcüig durch die Franzosen verberen aber allcB gewinnen
konnten, besonders die Abgesandten Ibrahims und Murads
taten alles, um die Unzufncih^nlicLt in gewissen Klassen der
Bevölkerung zu schüren. Viel huHon \ih\l machte es auch im
Lande, daß die Franzosen beim Eintreiben der Pferde für
ihre Reiterei und Artillerie ohne feehonung verfuhren, ob-
gleich eigentlich jede Provinz nur sehr wenige Pferde zu
liefern hatte; Den letzten Anstoß zum Aufstand mögen
die r* ach richten srcgcbcii liübeo. diiß ein Bruch zwischen
Frankreich und der Türkei bcvoratändc. mid <l(i[i der Hiil-
tan mit der Besetzung Agvpt<.'na durch die Franzo.sen keines-
wegs emTärsianuen sei.
Die Vorbereitui^n der Einwohner Kairos wurden in
größter Stille betrieben, und es scheint, daß die IFraozoeen
von dem Ausbruch der Verschwörung ganz überrascht
waren. Am 21. Oktober gegen 6 Uhr morgens bildeten sich
überall in der Hauptstadt Ansammlungen. Trotz dieser ver-
dächtigen Erscheinung begab sich der Obergeneral am Mor-
gen desselben Tages mit dem Generalatabschef Berthier,
den Generalen Caffarelli, Dommf^tin, dem Brigadechef De-
troye und einigen anderen Offizieren nach Altkairo und der
Insel Beda zum General Lannes, um dort die voi^nom-
menen Arbeiten zu besichtigen. Gegen lOUhr morgens über-
Itrachte man ihm die Mitteilung, daß Feindseli^eiten in der
Stadt zwischen Einwohnern und Soldaten begonnen hätten.
417
pii;
id daQ bei einem Zusammenstoß der Brigadegeneral Dtt-
der Refehlsliaber von Kairo*), getötet wordei
Fünf vom Hauptquartiei
verabredet, den Ansbruch eint
Sogleich wurde der Generahn;
Itsten Posten begaben aicli in
gami. sich in \ erteidigunL','-;^\
lunp Gülden begab sich nai li l
general nach der btadt da^^ ( ■
"Das Hanptciiiartier der Auti
Moschee El Az.ar. Die dahin i
lell und niil s
Unterhandlungen der Frau:
Bonaparte sicli gezwungen
greifen, ria sonst die engen ■■
Niederwerfung des Aufstun
l raiizoaen unnioghch gemai
fab! daher dem General Du
/um 22. Oktober, eine Anz;
vom Schlosse auf dem .V
aufzustellen, uiu die Türen <
von dort oben beherrwihtf
buefeuerle Schüsse hatten, wn
\'e rs c h w or ung angekündigt
seil geschlagen. Die entfan-
lirc Quai'tiere. und man be-
ilud zu setzen. Eine Abtei-
r Insel lioda. um dem Ober-
citi' zu geben.
aiiilisi'hen befand sich in dt'
hreiidfn fitrafleu waren vcr-
\ prleidisiern angefüüL AlU
n führten zu nichts, so daC
. ernste Maßnahmen zQ er-
ben der .-Stadt eine ^Tirksainc'
uiini' L'roße Verluste für die
lialiciL. Der Obergenera] be-
artin in der Jiacht vom 21.
< ieschiitze und Morser linfc
ufcr des Djebel Alokattoni
ilo.suhee ein zuschießen, dsaui
■1 die ganze Stadt.
Ulf. i\aoni verging vertiiui msiiniuig rumg, «uer am nfich-
wten Tage begannen die .AnL'i iltc viiii neuem, und eine gamu'
Anzahl Franzosen, darunii i 'Wi- von Uonaparte sehr ge-
lieble Briga<leelief Sulkow-M. m mkIp fietötet. Der Obergaie-
ral hoffte noch immer, daß -ii li •In- Genuit^er angesichts der
drohenden Maßnahmen dif l''rnnzo!jcn beruhigen würden,
denn er ließ erst am 22. flkiniicr mittags das Feuer b^in-
nen. Es wurde bis in die N.itiit fortgesetzt \md richtsh'
großen Schaden an. EniÜivh --cliickte man sieh an, zw
DlBüijattDyGooglE
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interh&ndeln, und die Franzosen gelangten schließliob in
len Besitz der Dsohama. El Azar und der amliegenden
läuaer.
Der Verlust der Einwohner wird auf 700 — 800, der der
Franzosen auf 250 geschätzt, worunter sich einige Gelehrte
md Arzte befanden. Das Hans des Generals Caffarelli, vo
ü© Vorräte des Geniekorps und zahlreiche Werkzeuge der
Gelehrten aufgespeichert lagen, wurde vollkommen au^e-
pi lindert.
Bonaparte bestrafte die Stadt so milde wie mögllofa, das
heißt, er ließ die unglücklichen Aufständischen nicht öffent-
lich, sondern im geheimen hinrichten, da er das Volk zu be-
ruhigen hoffte ! Aber an Reynier schrieb er am 27. Oktober:
„Jede Nacht lassen wir ein^ 30 Köpfe abschneiden, dar-
unter viele von Anführern." An Desiüx wiederholt« er dies
in etwaa milderer Form.
iJie im-islf.i Tciliielinu-r am iltry
sclireib™ den AufenthaU i)i Agyptvi
niat völlig alischnilt und iliiie» ki
sfliaffte, von ihren Angeliilrigf n Mil
odvT sie ilinen zukuiiuiien /n la^..-i'n. t
msaiii*|. Wi^sHilinnuLTt wiirck- die i
riiuiifr, als der Verlii.'.l der Flotlu hek
^^a^cn sofiar die -Mittel, in die 11,-iuiat :
i^iiverniclitct ! Hei (U:t Anwesenheit <h
1 in diT l'rspcaolw als in eiigiisclier Cbe
;s (iio Lage der EYanzojen in ki
lielitcBMclicimeii, Die iTsin SmiiiiiliuigOTohien int Dojeinbor 1T6S, die Ewtnie
mMära 1790; cice dritt,: fulgle im Januac 1 800. — Ooniiuore Aii(t»ben über
der im MittülläiidiMelien Meere war es niu-li ;nist;csi lilo.-^seii.
neue TnipjKTi. H (■(■ii.'fibwlürfnissü und (k-M ii^hIi A^vptci^
Rclanircn zu Ussc-n,
IionH|i^ii U' liuUeliald dir l.figodes 1 Ifcrcs orli^miit. midfi
tnt, «iis in sciiii'H Knilli'U stiincl, um dieselbe auch iuilic:-
dicii^-ilii li /.<.. \ .-i iK -^cin und das Leben seiner Otii/.ii uiiii
S(ild:ui'[i .iiLi;( jn'!iii]i-( /.u -csialtcn. Er ordnete d^is Spii'l.-;.
villi Miisild^ii]i!'lli ii iiii und !>ciriins>tigte die Rinrirliiiintr voii
Kiin/.i'rlsäli'ii. Si-luiul)iilinrii und K:iff('chaiisei-n.
(.■Ines Vfi'HiiügLiiigsün^ in der Niilie dva Ksl)t'kirli|ilatzeB.
ilui'di den ehemaligen Soldaten Dargevcl. liieseti Tivoli war
dem berühmten „Tivoli'" in Paris nnehgebildet worden. Man
fand hier nielit allein alle Arten von Vergnügungen, son-
dern iiiieh eine Lesehalle für Offi/.iere. Leider fehlte es in
Ägypten «ehr an europaiwlien Frauen, die dnreh ihre An-
wesenheit viel dnzii beigetragen hätten, den Aufenthalt in
dei l''i-rijid<' i\HL'i iiehnier xu gestalten.
Im Timli muiJite lioiiaparte die Bekanntschaft der
tJattin des Leutnants Foures, einer der wenigen Frauen,
die dem Heere, dazu in männlicher Verkleidung, gefolgt
waren*).
Ah Hoiiaparte von l^s-Salihijeh nach Kairo zurüekkehrlo.
erhielt er unterweg«, am llt. Aiigu.st 17!)8, zwischen Es-yali-
liijeli und IJelhes. dun li Boyer, den Adjutanten Klebers, die
erschütternde N"neiiriclit von der Vernichtung der franj;i>-
sischcn Flotte hei Ahuldr. Ohgleieli die Möglichkeit eine.s
ZuHaiumcnstoBes beider Flotten täglich erwartet werden
mußte, so hätte Bonaparte doch niemals an einen so voll-
ständigen Sieg der Engländer geglaubt ! Nach Änssagen der
') Von (U(win lliiiiian iIcm (llirriiriiprolii handelt das T. IvBpitol des Wcrfcw
von GiTtriiilo KiiTli,.;^™ „Jli.. fraiicn um Sa|Hjloon". 4. Auflage. München
lOU, GiwK .\li1ll,T.
42(1
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Zi'jl^ciui^scn iiclJder Ohci'general keine äuflerliulieii ZeiiOioii
,l<-s Zliid-^ n.lcr das Sclinu^mw merkfii. soridt-rn rief an«:
..Wir li^il.f'ii krini- VUau- mein- nun. ^vir in diesem
I.Eiiido hli lhc.i iidiT CS -inß uic di,> Alli'iL vcrliissi'n:-' Xiirli
iinik-ccii snll er üc^^a^t lialu^iK ..Nun, <1m' VrHii.-t dickes
Kamijfcs «■ii<l im.s iioili l^iolirs vollbrin;;iMi li(ss<-n!"
In WiH;li,'lil;rii u ird c.-^ In i d.T Xai-Iin.'lil von der S,-,.-
s<^ld;u lit l)ci .Ahiikii-. di.' <lie lniii/..s:s. li<- l'lollc fasi s|)iiHiiri
als (!!■ rhircli seine lliilliiiii; verrief, <ienn er \vai' ein Meiiseh
wie wir alle, nur fidke Cr Äv.b sirhndl. Je ^rüßcr cliu Gefahr,
je suiiH-ieriger die I.üne, ilestii gröüer wurde der Mann, desto
melir entwickelten sich in seinem Hirn ^löglichkeiten, sich
neue, nngoiiiuito Hilfs([in.'llc[i ku soltaffcii, um den vermehr-
ten Sclnvicriirkoiten troty.ig die Stirn zu bieten!
Dil' V<'i'ni< iiliiTig der Flotte bedeutete für dos Keer einen
großen \'erlust, sowold in der gegenwärtigen Lnge als auch
für die Zukunft. Die Franzosen waren zwar Herren Unter-'
Hgyptene, doch zeigte der im Oktober 1798 in Kairo aus-
gebrochene Aufstand, wie unsichwnochderBesitzdes Landes
war. In Oberägypten befand sich noch Murad-Bei mit einer
ansehnlichen Truppenmacht, zu deren Niederwerfung De-
saix mit einer sehwachen Division nachgesandt worden war.
Ibrahim-Bei war durch die Wüste nach Syrien entkommen,
aber er konnte verstärkt zurückkehren oder sicli mit der
Vorhut eines von dieser Seite aus anmarschierenden tür-
kischen Heeres verbinden. Im Norden war die ägyptische
K.ÜBte einer englischen Landung ausgesetzt; man konnte
auoh nicht wissen, ob der Sultan nicht versuchen würde, zu
Wasser die verloren gegangene Provinz zunickzuerobern !
Die Bciilimmste Rückwirkung hatte der Sieg der Englän-
der aber auf Europa. Er trug großenteils zur Bildung der
zweiten Koalition bei und bestimmt« schließlich den Sultan,
der Französischen Republik den Krieg zu erklären,
421
Die Lage Eoiiapartofi war (;(ilsi;liii'tleii niulil tx'iicidcn^-
wert, doch gerade das kennzeichnet sein Genie, dali er selbt'
unter den verzweifeltesten Umstünden nicht ver/agte. Es
hciliirfto eines Hicscngeistes, inii ulle Hindernisse zu iilter-
walllücii. Tn.l Merni es den Franzosen gelanc;. sieli jahre-
lang nach der Ahreise des OhergeneralH in Ägyptfii zu be-
haupten, pio tnij^en seine Anordnungen, die Kleber ge-
schickt weiter anshaute, nicht /.um wenigsten d<azu bei.
Als khiper Politiker suchte Ilonaparte im Volke i^clbsl
einen Sliitzpunkl zu finden. Xiicli der Enipiirunj; in Kliito
strafte er hart, aber er vergaß auch schnell. Er wollte ver-
suchen, die Sieger inil den Besiegten zu gemeinsamer, nütz-
licher Arbeit zu vereinigen. Den Anfang hatte er mit der
Kinriehtung iler Diwan.i und der Erlaubnis iler freien Aus-
übung des nicihamniedanischen (■ottesdienstes geinai;hi.
Er war noch weiter gegangenl Er hatte den Plan gefallt,
eine groUc .Mnsehee bauen zn lassen. Er wollte die Musel-
manen Ägyptens der religiösen Herrschaft KnnstantitiojJelp
entziehen und sie untiT die Oberhoheit des Selierifs von
Mekka bringen*). J>as wäre der wichtigste Hchriti geweijen.
um den Einfluß der Franzosen nach Asien, Arabien und
Indien hinüberzutragen. Leider ließ sieh Bonaparte jedoch
zu sehr von seinem Eeuergeist verleiten, alles mit den
Waffen anstatt mit Zeit und Ausdauer erreichen zu wollen.
Sein Zug nach Syi icn unierbraeli nicht allein alle seine Ar-
beiti'ii in dieser F.iehlnng hin, sondern verminderte auch
seinen l^iuflul.i auf das Volk, denn sein _MilJorfolg vor Akka
wuriie liald in K;un) hekaiuit.
.Alle Briefe Bouapartes an das Direktorium, an seine Un-
terführer oder sonstige wiehtige l'ersÖnliehkeiten in Frank-
•) A\a EoiiapiirK. mi' Syriori z,iriK)ii:i'li.>lirl nar, liuglu i-c üi r'iiiciii THgta-
)ieielü vom 30. Jiuli 171IÜ diu IjEintrltciiäworton Worte: „Käme cjer Prophel
[lochmulB auf die Erde, so würds or seinoii Wohnsiti nicht in Konstan-
tinopel, aondern in der heiHgen SMdt Kairo, an den Ufern dem Nih auf-
422
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reich und im Auslände atmen Vertrauen und Zuversicht.
Wenige Tage, nachdem er die Nachricht vom Unglück bei
Äbukir erhalten hatte, schrieb er am 21. August an Kle-
ber*) nach Alezandda: „Alle Monate, ^e Tage bessert sich
unsere Lage sowohl durch die Einrichtungen, um dos Heer
zu emihren als aneb durch die Befeatigtmgen, die wir an
Toraohiedenen Funkten enichteo. Sobald alle unsoe Feld-
zugsbedüxfnisse, die sieh in Alexandria befinden, nach Kiüro
gesohaEft -werden können, versichere ich Sie, daß ich nicht
100000 IHirken fürchte, ünd wenn die Engländer diese
notte (die Nelsons) durch eine andere ablösen und fort-
fahren, das MtteUfindische Heer mit ihren Schiffen zu
überschwemmen, werden sie uns vielleicht Teranlaaeen,
noch größere Dinge zu Tollbringen, als wir zn tun vor-
hatten."
An den Zahl ni^ean weis er Naja«, der in Toulon zurück-
geblieben war, uui sich mit der inneren Zusammenstellung
der zweiten IVuppensendung zu beschäftigen, schrieb Bona-
parte am 21. Aü^ust: „Das Landheei ist in der ausgezeich-
netsten Lage. Wir sind Herren von ganz Ägypten, und so-
bald wir die zweite Sendung, die Sie uns schicken sollen,
empfangen haben, wird uns nichts zu wünschen Übrigblei-
( Obgleich Bonaparte seit seinei' Ankunft in Ägypten we-
der amtliciic noch private Na«lirtchten aus Frankreich er-
halten hatte, int Hfiii Brief an das Direktorium vom 8. Hep-
t«n»ber 1798 voller Hoffinmg und Zuvereiclit. „Alles geht
Iiier ausgeKeiehnel. Da.'; Land ist unterworfen und man
fangt an, sich an \mn zu gewöhnen ., , Getreide, Reis,
Flachs, Zucker, TikH.üo, Baumwolle und T\affer wind hier im
Überfluß vorliaodi'n. Das Klinga ist sein- gwuud, vid ge-
•) Andoji GoncirnlMormont, der mit oiiier Spndung neoh Roaatto undAbuldr
beanftiagt wocdoii war, um eins englisohe Landung xa vcarhindern, aohrieh
sr am 28. August ahnliQhe berahigeuda Worte.
423
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sUnder als in Italien . . . Niemals hat eine Kolonie mehr Vor-
teile geboten ..." — Zwei Tage darauf fliegt ein Schrübcsi
an Regnaud de Saint-Jean-d'Angely, den fraazösiflcheii
Zivilkommistiar m MaJta*). das dae an das Direktorium Ge-
Bchriebene bestätigt. ..Die Angelegenheiten stehen hier ans-
gezeiehnet gut. heißt es darin, „alle Tage befestigt sich
unsere Niederlassung mehr. Der Reichtum dieses Landes
an Getreide, Rais. Gemuae. Baumwolle, Zucker und Indigo
steht im gleichen Verhaltms zur Roheit des Volkes, da& es
bewohnt. Aber sehon jetzt macht sich eme Änderung in
den Mitten bemerkbar, und es werden keine zwei oder drei
Jalire vorübergegangen sein, ohne daß allew ein anderes An-
gesicht bekommen hat."
Auch der Brief Bonapflrt«M vom 7. Oktober an das Direk-
torium, in dem er sicli ubftr die Luge, des Heeres und des
Landes au.^spncht. ist. ebenso wie die folgenden an die fran-
zösische Regierung, voll von Zuversicht in die Zukunft der
neueoi Kolonie, nur beklagt sich der Obergeneral wieilei-
holt über da« Fehlen an Bargeld.
Bonanartc war wohl der einziee Mann im Heere, der, ob-
gleich er am heuten die (.etahren uberschauen konnte, nie
verzagte und festen Au};es ni die Zukunft blickte. Es sciiien,
als ob niclite diesen au IJenirdent liehen .Mimn beugen konnte;
aber das zu avoüc ydb^Lvei trauen. der grolie Glaube an
sein eigenen Ich lieläun ilui ott die OrofJe der Gefahr ver-
kennen und sollten eine der vielen Ursachen sein, weshalb
er spater zugrunde ging.
Sogar die WitteningSTerhaltmsse in Ägypten schienen
nicht den geringsten Einfluß auf ihn zu haben. £r fühlte
nicht wie andere das Bedürfnis, während der heiOen Mit-
tagszeit zu schlafen. Trotz der manchmal sehr großen Hitze
*) An den BefElilsliaber in der I^vant«. den General Chnbot auf Korfn, hatt»
er bereit» am 17. AugiiHt in ähnlicher Weiss gsBohridjrai.
424
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ging fr wif in Eiiropii gi;ldfi(irt*}, ohne zu schwitzoii oder
zu erschlaffen. Es ist durch zalilreicKc B('is|)iflc bcliiinnt,
daß er im Ertragen von Hunger, Durst iimi hIIi^cIit amlcicn
Entbehrungen seinen Soldat^'ii iuiirifr inif lichtem nfi^picl
voranging und manchmal — wie bei dei- iiüekliehr aus
Syrien — zu Fuß marschierte, um seine Soldaten aufzu-
muntern, oder weil er seine Pferde zur Foitechaffung der
Yervnndeten zur Verf flguag stallte.
Als eine besondere Leistung möchte d» Ritt von Alexan-
dria bis nach Damfuihur bei Beginn des I^dzuges erwähnt
werden. Bonaparte ritt am 7. Juli gegen 5 Uhr naobmit-
tags aus der Hafenstadt weg und kam am nächsten Morgen
gegen 8 Uhr in Damanhur an. Er legte diese Strecke von
über 70 Kilometern bei sehr schlechten Wegen und ohne
Wasser in 15 Stunden zurück! Bemerkenswert sind auch
seine Märsche zu Pferde, als et Suez besuchte, und als er im
Februar 1709 Ton Kairo aufbrach, um sich naoh Syrien zu
begeben.
Am SohlnB dieser Betrachtungen möchte noch eine Sohil-
derui^ des „Sultan Kebir"**), wie man den General Bona-
parte unter der einheimischen Bevölkerung oft nannte, ihren
Platz finden, zum^ man fast keine Charakteristiken des
Generals aus der Zeit des äg3rpti8chen Feldzugs, ebenso-
wenig Parträte kennt. Sie entstammt der Feder Nakula-el-
Tnrks, der den Aufenthalt der Franzosen in Ägypten in ara^
bischer Sptache beschrieben hat.
„Die Königreiche von Italien," heißt es in dieser eigen-
artigen Darstellung, „die von 11 Königen regiert wurden,
fielen in ihre Gewalt (die Gewalt der Franzosen), ebenso wie
gilt In dir urieMlMiiM:iii.-ii iili'iduiig aus iiiiil ^igln sitli üttiTo liariii
**) Du heilK der groOa Sultsn.
425
mehrere deutsche Festungen. Die glänKenden Sicpe waren
das Werk des furchtbaren und ungestiinicii Löwen, des ein-
zifffn lind uiiübcnvindlichon Siegera, des Oliergenerals Bo-
imnarr<>. iiiPHer nenHimTc ivneeor. einer ner i.rroBen der
f k k n g ba
und iiiitlf ciiu- g.-llif Haülfarl.e. Sein rrclil<-r Ann war Iüti-
ge h
bciand sich in einer giuckiicncn. woiiiiiabcnuen Lebenslage.
Er wsT Itahener von Qeburt. Korsika ist seine Heimat. Er
ist IQ Fans, der Hauptstadt Frimkreiohs. erzogea worden.
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SIEB7JiHNTF.S KAPITEL
DIE EROEICIIUNC! ("IHMHACVPTENS. -(lEFECHTE
VON SKDIMAN LTND SAMHUD
(August bif Soiiinipr 1798)
REISE BONAPABTES NACH SUEZ
[Dezember 1798 und .lanuar 1799)
"VT ach der Schlacht bei den Pyramiden hatte sich Murad-
llei mit ememTeil der Mamehicken nach Oberagypten
■geflüchtet. Die Unterhandlungen, die Bonaparte durch den
ehemaligen venetiamschen Könau! Roaetti mit ihm anknüp-
fen ließ, führten zu keinem Ergebnifi. Der Obergeneral be-
eohloß deshalb, den Mameluckenbei aufsuchen und mög-
lichst vernichten zu lassen. Mit dieser Aufgabe wurde De-
Miiix betraut.
An der Spitze von kaum -ilKH) Mann brach dieser am
'^n. und 26. August 17!)S aiit und marschiert* den Ni! auf-
wiirta. Erst am 3. Oktober bekam man die Vorposten der
.Mamelucken in Sicht, und wenit^c Lasid spater, am 7. Okto-
ber, kam es zum Gefecht bei Sedmiaii (eigentlich SeiUneiil-
ol-Gebell. Das Ziisamiiitmtreffeii inil dem dreimal ^^o .'star-
ken Ecind endete mit einer Xiederlaiio der MiiuieliK^ken.
Der Verlust ^hJT:vU l>etrTis aber nur 10(1 Msinii. der der
l'raii/.oseii iiai-li (]ith hci U'lit de - I renrr.il^ lle-^nix sogar nur
:iO lote und Sn Vrrwu i u 1 H .
Sa Tote uad QU \ oru uudcte zu ; man kann aber üuii Uoaumtvtirluiit dor Fraii-
loaen gauc gut auf 300 Manu mhBtean.
427
Da (.(Lille riiMT lüirkkclir Muratl.- vnriiiiili'; ^ii.sgf-
Hclilo^scii war. crhi.-ll l)cs:ii\ von lloniiiiartf lun 18. OkU-
lii'i ilii' W i'isiiiiu, (Iii' ['iovi]i/i'ii l'';ijiiin und MiTijeh zu orya-
nisiciTii. An ili'iiis<'ll)oji Tniiv Ix-kiuii <1it (Icit-ni] ZainiK-zek
den AiiftiajJ. dir PniviTix I!i>iii-Siii'l ym mit er« crfen. Später
priiielt Tiellinril und :ini 14, Dc/milii'r (Icnrral Vcaiix den
Befehl über clirsr l'iovin/,.
Ende Oktober hcj^Ah r^ioli von Hllnbun niu-ii
Medinct, der Hauptstadt dor l'nivin/, Kajurii. Er be-
gann sogleicli die notwendigen Mai.lnalnnoii zur l'nter-
werfuilg de« l.iindpH. Nie vhII/ol' sii-li (iline hesoiiderf
Selnvierigkeiten, und I Vsüix kmiiUf von ninieni gegen
lliinid xiehen.
BonaparteHchrieb nt» 4. Siptcnilier von Kairo aus; ., . . . Sic
wissen, da Ii ieli im allgi'irieiiieii keine voran.-- Iiireehneten An-
griffe liehe. Sueben Sie vnr Murad-Hei an/.nkoniinen. wie und
wo Sie kani.eu. nnd niil idleii llireii St reilkriifleTi. Auf di-m
Sehlaehtfelde eisl \^e^len Sie. «eiLü -i ,ii„|liäll , Wt-
tiigiingen treftcn. nin ilun so viel wie nioLflirli Si-hiidr[i
fügen . . ." CleicliKeiliii liili i-r \h-,i\s .Iuh Ii iIiti (M'nci-^il-
f-tab.seiief Berliner wiederlioli'ii. ihil,! i i -nrir Tnippeu immer
beiMuminenhiillen und --ie iiielil \ r-i teilin -olle, um den
Feind von ;dlen Seiten v.u la-sen, da derarÜL'e liewcgitiigeu
vid -/AI unge«ibsei<']i.
An der' S[>il/r von 4111") Maiui. u-oriuUer llimi .Mann l?ei-
l^ rei „ebsl neun ( ieM luil /en. lu aeli Desai.v: um Dezeill-
l.er von I!eni-Suef auf. Unter ilini befehligten die Brigr.de-
:;enei;ile Fn-Aui. i'.elliard nnd Davonl. Diesem war die Itei-
fei ei unlei sl eilt, die erst kurz vorher beritten getnaclit wor-
Olnn' den Tru])|iefi imlei wcg.s viel Rulie zu gönnen, ma!-
fiuhierte TJeHui.'i über Eesdm, Minjdi und Siut nach Djit^jeh
wo man am 29, Dezember ankam. Da die Flotille, die e\nig.e
Veratärkungon, Lebensmittel und 3[unition an Bord trug,
428
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Dlgiiized tu Cgogle
noch iiiclit üingL'troffen w in; mußte der Oener^ einige Wo
chen in Diinljcli liegen bleiben.
Endlich kamen die selinsüchtig onvitrteten Schiffe an.
und so bnifh De.saix lUii 21. Januar 1799 gegen ilurad und
die mit iliin vi'rbiiiidL'tun i^eis auf, dei'pn Vorposten sieh be-
reits lii^ zu dein Dorfe Sanihud genühert hatten. T5osai\
Wdllte dem (legner jedodi KuvoiVommen, und obgleich ei
dem 14 000 Mann starken Mnrad kaum 4000 Mann ent-
gegenzustellen hatte, nahm er den Kampf am näciisten Tage
an. Trotzdem auf beiden Seiten sich nahezu 20 ODO Mann
im Treffen befanden, waren die Verlust« ganz belanglos ;
üeaaix verfolgte den Feind bis Kaneh, ließ hier den General
Friant /iii iick und marBchierte dann weiter über Edfu nacl-
Aesuan (.Syene), wo sich die ersten Nü Wasserfälle befinden.
Hier traf er am 2. Februar 179!) ein.
Desaix beauftragte jef/,t seine Unterführer BclHard.
Frianl und Davoiit, die wiederholten Angriffe der Manic-
lueken, liiesifh iiiinier von neuem sammelten, zu zerritreueii,
BavDul schlug Os^num-Bei und Hassaii-Bei am 11. Februar
bei Redesjieli, Relliard die Landbewohner. Araber nnd Ma-
melucken vom 8. bis II. Miir/ bei lienut, De.saix .selbst am
2. April Ha.-ssau-lici und die Araber bei !!ir-el-Bar und Da-
von!, am 20. April eine AnKammhmg von Arabern und Jta-
mclückeri bei Beni-.\din. Dagegen erlitten die Franzosen
durch Zersliu-iing einiger Schiffe am ;i. 'S\mz oberhalb ron
Bennt den gröfJten Verlust au Menschenleben iu Ägypten.
-Manche geben denselben sogar auf 500 ^lann an !
Verschiedene Mitglieder des In.stituts von Ägypten, vor
allem Denen, waren dem General Desaix nach Oberägypten
gefolgt, um die Altertümer /u ciforsehen und zu zeichnen,
l^ine zweite Konniiission uufcr Führung Girards, bei der
sich auch Jollois, Du-Boia- Alme, Casteix, Villiers und
andere befanden, brach erst im März 1799 nach Ober-
Sgypten auf.
4sn
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□Igiiized b* Cgogle
Donoii hatte sich wegen seines sanften und verträglichen
Charakters bald viele Freunde unter den Offizieren und Sol-
daten erw orben, Beeondera war er mit dem General Desaix
sehr befreundet. Hurch seine unermüdliche Tätigkeit, die
auch Hie grilläto Hitze nicht zu vermindern vermochte, war
er ein stctiT (IcgcriHtajid der Bewunderung seiner Begleiter,
(jilci i'iii anderes herühnilea Bauwerk entdeckte, dat er
sofort !iliKciciincte. Hcständig trug er auf dem Rücken eine
Mapiii' mit Zeicliciipjiiiier und an einem Bande um den Hals
einen kleinen S;u k mit einigen Nahrungsmitteln, vor allem
aber mit den nütigen lüeistiften und anderen Zeicbenwerk-
zcufj;en. Die Offiziere und Soldaten waren immer gern be-
reit, ihn iiti -Meshicn ?.u untorütiitzen oder, wenn die Sonne
zu selir brannte, mit ihren Körpern Schatten zu bilden.
,Mit .Medailien, KiinstgegensUinden aller Art und Zeichnun-
gen reich beladen kelirt« J>enon nach Beendigung seiner
Heise nach Kairo zurück.
Um <Ue Eroberung Oberägyptens zu vervollständigen,
ließ Pesaix noch K(>ser am Roten Meere besetzen, den Ha-
fenplatz, der den Handel des Landes mit Arabien verniii-
teite. Am 26. M;ii 17i)i) iiiar.sehierte Bclliard von Keneh ali
inid kam, ohne Widerstand zu finden, am 29. Mai in Köser
an. Kr ließ hier den General ad ju tan ten Donzelot mit üryi
^!ann /.nrück und traf bereits am 4. Juni wieder in Kcneli
ein. Belliard hatte mehr Glück gehabt als der Schiffsleut-
nant Collot, der Anfang Januar von Suez aus zu Wasser ver-
sucht hatte, sich des Hafens zu betnächtigen.
Xiederäg\'[)ten war unterworfen. Desaix war im Begriff
auch in Oberägypten die franzüsiHche (iewalt zur Anerken-
nung bringen zu lassen, es blieb nur ein Vorstoß naoh Suez
übrig, um die Eroberung des Landes zu TervoUständigra
und den Verkehr zwischen dem Mittelländischen und dem
432
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□Igiiized bi Cgogle
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Roten Meer zu aiülierii. Bonaparte liatte bereite im Oktober
die Absicht, dieaen Hafen ani Roten Meer zu beBuohen, aber
verschiedene Umstände hielten ihn davon ab.
Eiidli(di erhielt General Bon am 1. Dezerobei 179S Be-
fehl, mit dnex Abteilung von 700 Mann, 50 Pferden und
zwei Qeschfitzen Suez zu besetzen. Am 3, Dezember brach
der General von Kairo auf und über Birket-el-Hadeohi und
Adacherud kam er am 7. Dezember am Ort seiner Bestim-
mung an*).
Am 34. Dezember machte sich Bonaparte selbst auf, um
den Hafen von Suez zu besichtigen. Ehe er von Kairo ab-
reiste, fibe^^b er dem General Kleber den Oberbefehl über
die Hauptstadt tmd die Provinzen Kdj ab, Atfieh und Giseh.
In seiner Begleitung befanden sich die Generale Berthier,
Dommartin, Caffarelli, der Konteradmiral Qanteaume, der
OberzahlungBanwdser Daure, der Mathematiker Monge, der
Chemiker Bertholtet, der Zeichner Dutertre, der Physiker
Descotils, der Oberingenieur J. M. LepSre, der Georaeter
Costaz, der Sekretär Bourrienne und verschiedene Türken
von Einfluß. Zur Bedeckung dienten 100 Guiden zu Pferd
und 200 zu Fuß nebst einem Geschütz unter T^eitung des
Brtgadechcfg Bossieres. Die Truppe wurde noch durch eine
beträchtliche Anzahl von Geschäftsleuten vergrößert, die
flic Goleecnhcit wahrnahmen, niehcr nneh SiioK ku kommen,
Mohin Hte Geschäfte riefen**).
Die erste Nacht verbrachte man am JJirket-el-Hadschi,
auch Pilgersee genannt, die nächste hei <U-,n Raum von
H d I I I k .
') Da Bon erlimrikt^. trat der am 0. Januiir HUll ^u.n llrigHileKf-ii.-rnl <-T-
iiaiintu Juiiut Hri tmino Stelle- Junot BoUte übur aiii tVIiizu^ iiooh äyrit»
tdliK'hriii'n und an sdnerSUille wurde der Bataillonecliet Sien- zum BefehlB-
linbcr von Supz ftnannt.
••) BonBi)art<> lieQ auoh — vohl eine seltene EneheiDUng in der Wüste —
ainen von secha Prerden beapannten Wegen mitnehmen, doch bediente er
■iah deaien nicht, da er immer zn Pferd vor.
433
In der Nfuibt litten alle sehr unter der Kälte, und keiner
konnte BohlafsD. Ea fanden sich zwarin der Umgebung zahl-
loBe Oebeine von Terendeten Kamelen und anderen Ti^ien,
die man zu verbrennen suchte, doch wnr der Gwudi so unan-
genehm, daß man das Feuer lieber wieder ausgehen lieB.
Eänto- der Kaufleute wunderte sieh sehr, daß dea: große
General der Franken nur drei Leute zu s^nem persönlichen
Dienst mitgenommen habe. „I^l selbst habe 11 Diener, um
mich bedienen zn lassen," sa^;te er zu Bonapartes Dtdmetsch
EUas, „und bin doch weiter nichts ids ein einfacher Kauf-
mann. Der aber ist ein Mann, der über das ganze Land ver-
fügen kann. Die Afamelucken yretm nicht an so vid Ein-
fachheit und an dieses harte Leben gewöhnt. Es ist nicht
erstaunlich, daß sie besiegt worden sind."
Am nächsten Tage, dem 26. Draiember, brach man schon
um 3 Uhr morgens auf. Bonaparte war bisher mit der gan-
zen Abteilung marschiert, doch wollte er noch am selben
Tage in Suez ankommen. Er eilte deshalb mit seiner näch-
sten Begleitung und einigen Guiden voraus, wahrend die
Hauptabteilung langsamer marschierte. Bonaparte kam
noch am Abend in Suez an, die Hauptabteilung verbrachte
aber die Nacht bei dein .5 Stunden von dem Hafenplatz ent-
fernten Brunnen Adsclierud, wo sich eine Bogenannte Kara-
wanserei zur Aufnahme der Reisenden befand.
Am nächsten Tage, dem 27. Dezember, empfing der Ober-
general die Kapitäne der im Hafen von Suez liegenden
Schiffe und andere wichtige Persönlichkeiten des Orts, um
sieh nach den dortigen Zuständen und der Lage dos Handels
zu erkundigen, sowie um den Einwohnern die Versicherung
zu geben, daß er sie so st^lir wie iniiglich in seinen Schutz
nehmen würde.
Der Araber Alidmiiiliin^ui w undt'itc sii;li auch über die
Einfachheit Bonapartes und seiner Soldaten. „Er hatte",
vermerkte Abdurrahman in seinem Tagebuch, „als ganze
4M
Dlgiiized tu Cgogle
Nnht'iing mir drei gebookene Bähner, in Papier «ii^eschla-
gcn, mit sich, besaß auch Aveder einen Koch, noch ein Bett,
aoch ein Zelt. Jeder Soldat trug an äer Spitze seines Bajo-
netts ein Brot, von dem er jeden Tag dn Stück aB ; er hatte
auch einen kleinen Sack aus Leder, der mit Wasser gefüllt
war, und den er um den Haie trug."
Der 28. Dezember ward dazu verwendet, die Mosesquel-
len, die etwa drei Meilen von Suez auf dem Wege nach der
Sinuhalbinsel gelegen sind, zu besuchen. Der Obergeneral,
seine Generale und Adjutanten, die Gelehrten und Inge-
nieure, sowie der größte Teil .der berittenen Truppen nah-
men an diesem Auaflug teil. Man durchritt den Nord-
zipfel des Koten Meeres durch eine Furt und kam gegen
2 Uhr nachmittags bei den Mosesquellen an. Aueh den Quel-
len von Nahah wurde ein Besuch abgestattet. Erst spät
abends traf man wieder in Suez ein. Auf der Rückreise wäre
der Trupp beinahe durch die ztirückkehrende Flut über-
rasclit worden, dctio man iiatto den geeigneten Weg nicht
gefundpii. fleiicTai rnffiirelli geriet dabei in einen Sumpf,
mid nur der Aufopferung eines <Iui<len verdankte er seine
llettiing, denn wegen seines hülzernen IJeins l)esaß er nicht
die (_!esehiek!ii.;li!teil, sich selbst hermishelfen zu können.
Den uädisteci Tng liesckiiftigte Ronapiiit« aicli mit der
Anlage von Ik'festigun^eii des Hafens von Suez und erkun-
digte sieh aueh tv.uh dvn H um IHsinI, -reisen do.« H^ifenidat-
zes. Am 30. Dezeiiibei \ crliclä man WMior die Staih im<l traf
am Abend in Ailsrhenid <■]». \'..m;\]y.\rir i^oiideilc sicli aber
iinlciwcf!^ mit citii^'i'ii I.'i-)"'riili'ii.(;i'l.'lii1ri: und ( iiiidcn von
(h-r Abli'Huiir: ab mi<l .lu-litr di<- Spuivn des alton ÜFinals,
der eliemals Si„v. mit nm-m .Nihii i.i vrrlmnden liatli-. uii-
Jer aviiV.iifiu<U-ii, Kr eiildi-rklr si,, und fu>,l vier Meilen
lang rill man auf ih-m liodi^i. des aLi.-.-el n.ekih'ten Kanals.
Je Meilin' man vorwärts drang, um so besser witr er er-
halten. Nach fünf .Meilen aber verlor man die Spuren voll-
43R
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stiii.di;^. Iii .-i'iiicin Kifor vergaß Bonaparte Zeit und Ort: er
entfernte sich mit wenigen Bedeitern immer mehr Ton der
übrigen Ahtcihmg. die ihm gcfolcrt wur. hcm sruter Stern
ließ ihn jedoeli lien rieht igen \\ ep einschlapen. und achließ-
lich kamen alle wohlbehalten ani Abend des 30. wieder in
Adscberud an.
Von hier aus begab sich ein Teil der Koloime auf geradem
Bach Kairo zurück ; der Obergeneral aber wandt« sich
mit dem anderen Teil in der EUchtnng auf Bdbes. IMe
Naoht vom 31. Dezember 1798 zum 1. Januar 1799 ver-
braohte er auf hfdbem Wege zwischen Adacherud und Bel-
bea Am Abend des 1. Januu kam man beim General Roy-
nier in Belbes an. Den nächsten Tag verbrachte Bonaparte
mit der Beaichtigui^ .der begonnenen Befestigungen, der
Truppen und der Umgebung. Am 3. Januar versuchte der
Obergeneral mit Berthiet und Caffarelli sowie einigen an-
deren Begleitern die Spuren des Kanals aufzufinden, der
von Suez aus hier vorbeiging; die Versuche scheinen jedoch
nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein.
Die nächsten Tage verwandte er darauf, die weitere Um-
gebung von Belbes kennen zu lemra. Die Naoht vom 3. zum
i, verbrachte er zwisohen Korafm und Saba-Biar, die vom
4. zum 6. in Saba-Biar und die vom 5. zum 6. wieder in
Belbes, Von dort ging es am 6. wieder zurück nach Kairo.
Unterwega jagte man den feindlich gesinnten Arabern eine
große Anzahl Kamele ab. Noch am Abend des 6. Januar
kam Bonaparte in der Hau|>tstadt an.
Während der Keise nach Suez hatte Bouaparte den ^Vert
der Dromedare kennen gelernt. Als er wieder nacli Kairo
zurückgekehrt war, gab er am 9. Januar den Befehl zur
Bildung eines Regiments von acht Kompagnien. Die Ver-
suche, die er durch seine Adjutanten Eug^e I
und Edouard Colbert anstellen ließ, fielen zu ae
Zufriedenheit aus.
438
Bewaffnet warnt die Beiter mit Gewehr, Bajonett, feur-
zem Säbel, Doloh, einem Pa^ Pistolen und einer langen
Lanze. Als Kopfbedeckung trugen einen veiDen Turban,
eine himmelblaue tJniform mit weißen Metallknöpfen und
einen Mantel mit einem Kragen aus wdBer Wolle.
Manohmal nahm nooh anf dem Bücken des Dromedars
ein Infanteriesoldat Hätz, der dem B«iter den Bneben zu-
kehrte. Bei der Mäßigkeit und der Schnelligkeit der Tiere
leisteten sie gegen die Beduinen in der Wüste und während
dta FeldzugB in Syrien dem Heere große Dienste.
Es galt bald eis große Ehre, in dieses Regiment aufge-
nommen zu werden.
439
ACHTZEHNTES KAPITEL
DAS INSTITUT VON ÄGYPTEN
Als der Han der Eroberung Ägyptens vom Dii^torium,
yon Bonaparte und von TaUeyrand beraten wurde, ver-
nachlässigt« man nicht die kulturelle Bedeutung dee Unter-
nehmens. Man hoffte nicht allein En^^uids außereuropäiBchc
Besitzungen zu bedrohen, sondern auch eins Kolonie zu
gründen und das alte und neue Ägypten visaenschsitlich
zu erforschen. Dieser dritte Zweck sollte sogar derjenige
sein, der die wichtigsten und dauerndsten Früchte trug,
denn seit jener Zeit erst wurde die Erforschung des wunder-
baren Landes und seiner Geschichte wtssenschaf tilioh betrie-
ben. So gehen die Pläne Lesseps' zur Durcbetechung der
' Sueziandcnge unmittelbar auf die Untersuchungen und
Schlüsse Lepdres des filteren vom Jahre 1799 zurück.
Am 26. März 1798 bat Bonapute den Minister des Innern
Fran^oiadeNeufchäteau, daß sich eine Anzahl Gelehrter be-
reithalten möchte, um sich auf den ersten Befehl hiit nach
Bordeaux*) zu begeben. Ga waren die AstrooomeQ Danges
und Duc-Lachapelle; die Geometer Coetaz, Fourier, Monge
und Molard; der Brigadeohef der Luftsoliifferabteilung
Conti; die Naturforscher Thouin, Etienne Geof&oy Saint-
Hilaire und Delisle; der Minerale^ Dolomteu, der Chemiker
*]Uin nicht V«mntiin|ini Uber das wahre ZieldM Feldxugea aufkominea lu
laaseo, orhiclten sip die Weisunjc, uoh noch veisoluedenen HaienplStxen cu
begaben. Erst Endo April bekam zuin Beispiel ViUiers du Terrage Befehl,
caoh Lyon und dann nacli Tonion lU leinen.
440
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Bertliollet und der A;itU|iiiir Dintuw. Desgleidien sollten
eich folgende Personen zum Aufbruch nach Vlisaingen be-
leitmachen: Die IngenieviTe der Brücken und Landstra-
ßen Isnard, J, M. Lepöre der ältere, Gratien L^p^, Lanoret,
Lefebvre, Chezy und der Dolmetsch Paijuzen.
Am selben Tage erhielt Talleyrtind, der Minister des Au-
fiem, von Bonaparte die Weisung, die Bürger Rtüge und
Bellestre, sowie die ehemaligen Zöglinge der orientalischen
Schule in Fmie Jaubert, Chezy und Laporte zurückzuhal-
ten. Sie waren nämlich im Begriff, nach Konetantinopel ab-
zureisen.
In der Sitzung des Direktoriums vom 2. April legte der
Minister des Innern eine erweiterte Uste der Gelehrten vor,
die der General Bonaparte zu einer besonderen Sendung be-
stimmt hatte. Sie erhielten den Befehl, nach Bordeaux zu
fahren.
Mit der Leitung des GetehrtenauBschuss» wurde der Ge-
neral Caffaretli betraut. Er hatte auch für den Ankauf der
zahlreichen wissenschaftlichen Werkzeuge, Bücher und
dergleichen zu sorgen, die nach Ägypten mitgenommen
werden sollten.
Bourrienne gibt in seinen Jlemoiron ein obcrfliichliehes
VerzeichiuB der Bücher der Fcldbibliotliok, Er odor die Her-
ausgeber seiner Memoiren boliauptcn, dalJ Uonaparte die
Liste eigenhändig niedergewch rieben habe. Das Schriftstück
ist zwar nicht aufgefunden worden, aber an seiner Rohtheit
ist nicht zu zweifeln. Ilniirrienne wurde jedoch nicht, wie er
angibt, beauftragt, die Hiieber anzuschaffen. Vielmehr über-
nahm diese Aufgabe der Schriftsteller und VolkswirtKchatt-
1er J. B. Say, Arnault will seinen Erinnerungen Kufolge den
schöngei.stigen Teil der Büchorsammlung angekauft haben.
Jedenfalls war die Bibliothek viel zahlroiclicr die meisten
Bücher waren in mehreren Exemplaren vorhanden —
als sie Bourrienne angibt. Es fehlen in der Liste auch
441
teohnisohe, medizniieohe und arobitektonisohe Werke, fer-
ner veisciiiedene KArtensamrolvingen. Auch Termifit man in
dem Verzeiobnis Bouirieimes die Reiaebesohreibimgen von
Tott, Volney, Savaty und anderen. Auf Orund dieser Dar-
stellungen sowie der handsobriftliolten Denksohriftw von
Magallon, RiaA, Dubois-Thainville, Pouasielgne und «mde-
ren, sowie der Sammlung von Denkschriften, die "Vlaeadmi-
ralKosilyim September 1797 an Monge nach Italien sandte,
konnte sich Bonaparte seine eirate Ansidit vonJjand, Lentra
und Zuständen in Malta und Ägypten bilden.
Bald nachdem die ersten Gelehrten und Ingenieure be-
zeichnet worden waten, verbreitete sieh in Paris und in d^
Provinz das Gerüdit, daß sich außer dem Landungsversndi
in England noch ein Fddzng nach d^ Levante vorbereitflL
Zahlreiche Gelehrte, Künstler und Schriftsteller wandten
sich daher aus freien Stücken eai den Genend Gaff Eoelli oder
an bereits emimnte Gelehrte, um dbenfalls bd dem nenera
Unternehmen nach dem Orient verwendet zu werden.
Die Zahl der Mitglieder des GelehrtenausBohunes wuchs
daher immer mehr an. Die letzte amtliohe Liste ist vom
16. April datiert. Es befanden sich aber manche dabei, die
entweder zurücktraten oder in M^ta bUeben. Schließlich
gesellten sich noch verschiedene Leute hinzu, die zwar als
Offiziere oder Verwaltungsbeamte nach Ägypten gegangen
waren, die j edocli an der Karte von Ägypten oder an sonstigen
Arbeiten der Gelehrten beteiligt waren. Die KommissioTi
umfaßte im ganzen nicht weniger als 197 Personen, von
denen aber 22 abznxielien .sind, die entweder in Frankreidi
oder in Malta ziiriickblieben, su daß aioh die endgültige Zahl
auf 175 verringert.
Die Bedeutnng des Gelehrtenausschusses wurde von man-
chen im Heere zu gering angesehen, von anderen zu hoch
eii^esohätzt. Es befanden sich darunter zwar zahlreiche Ge-
lehrte von Ruf, aber auch viele Anfänger oder Künstler
442
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ohne FähigkeiteD, die sich, wie es meist geschieht, den Na-
men von Gelehrten anmaßten und demnach auftraten. So
^^lirde diese Gelehrten gesellachaft wegen einiger schlechten
Bestandteile nicht allein von den Soldaten, sondern auch
von vielen Offizieren mit Veraclitimg behandelt*). Hona-
parte hatte oft große Mühe, das gute Einvernelnnen zwi-
schen seinen Soldaten und den Gelehrten aufrechtzuerhal-
ten. Ama\ilt erzälilt in seinen Erinnerungen eme hübsche
Anekdote, wie Bonaparte einen Offizier wahrend der Uber-
fahrt nach Malta bestrafte, weil er dem Chemiker BerthoUet
gegenüber die Achtimg schuldig geblieben war.
443
Schon in Toulon wurden die Männer der Wiasensehaft
vielfach verhöhnt. Im Heere glaubte man nämlich, sie seien
die Anstifter des Feldzuges gewesen und wollten sich auf
Kosten der armen Soldaten bereichem, die ihr Leben nutz-
los aufs Spiel setzten. Besonders auf dem Marsche von Ale-
xandria nach Damanhur entlud sich ihr Zorn auf die armen
Gelehrten, die man für die auszustehenden Leiden und Ent-
beiirungen verantworthch machte. opaterbesserteHich aller-
ainiis aicse schlechte Meinung, als man sah. daß man den
u'iHseiiHcimit liehen Forschungen viele Annehnüichkeiten
verriankte.
I n ng k n an
nd g ng f
dcu, .M.r.-.lH. nur Imuk-didi gewesen. Bonuparte naluii da-
her imr i-inigc C^-Iclnto in seinem Haii|iniii,irtier irit ^^ieh
ber neleiil. ilie ( Iclvlirtcii ]iit:enieure \
nac-h Kuir-o koniiiieu /ii lass.-n. Am selben Tr
wnr. kiiiinif >n-n Honaparte mit der urnnuung eines Instituts
ricst^iiaitiuen, (lem die wichcigsien Geiehrten angehören und
nie fiie /.iiiii reichen Arbeiten ausfuhren oder uberwachen
Die (^riiiuluiii^ de^ Inslitiüs vun AL'v|)fe[i eriol-lc durch
Jlcftclihil-l vuiii -2± Auirnst 17!)S*i. T)as TiiMtilut sollte ,ien
turtsc-hntt de« Landes fordern, neue Ideen vorbreiten,
naturwissenschaftliche, mdustnelle und historische Studien
•) Am 20. AuRuHt q-iudcn Mraifte. Bertbollet, CBltftnlli, Geoflrey de Saint-
NilaiFc. Costai. Dc^'j^unettes und AndräoBsy besuftiagt, sich am uäshaten
Tau'' XII vrrfiiii^ii. um die batzuiifiicii [estiuBetien und die Mitglieder für
die ni'lrlirli' Oiw-Ili'i'liaft zu bozi^ctiiicn.
444
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über Ägypten betreiben; endlich sollte ee seine Änstchteii
über gewissi; Fragen abgeben, die ihm von der Regierung
vo^elegt würden.
Die gelehrte Versammlung sollte aus folgenden vier Ab-
teilungen bestehen:
T. Abteilung für Mathematik.
Bonaparte, Fourier, Costaz, Nouet, Quesnot, J. M,
LepSre, Girard, Leroy, Andr^ossy, Say*], Malus und
Monge.
n. Abteilung für Physik.
£erthollet, Dolomieu, Conte, Geoffroy Saint-Hilaire, Des-
cotils, Savigny, Dubais**], Desgenettes, Champy und De-
lile.
III. Abteilung für Volkswirtech aft.
Caffarelli*"), Gloiilier, Sueyt). Svilkow.4ki, Tallien und
IV. Abteilung für Literatur und Kiin.-L
Parseval, Veiiture+tl, NorrytTtl^ Dutertre. Üenon, Rigel.
Redoute und ein gricehisohcr Priester't).
Da sieh der Sitz dpü Instituts in Kairo befand, wurden
nach dem Pariser Vorbild nur .solche Mitglieder aufgenom-
men, die ihren ;\iifentbnltüort in der Hauptstadt liattcn.
Später aber « iirden noch DpHnix \inrt Reynier in die Volks-
wirtschaft liilic Alifriliuig lind Kleber in die Abteilung für
l.ii(-i;H III- lind Kiiii-i iiufiicnoin luen. Nach der Abreise Bo-
iia|iar!( - ]iu ri liuidE-n noch weitere Änderungen
unti'i- den .MilL'lifdeni wUUt.
Die erste Sitzung des Instituts fand am 2:!. August statt.
•) .^.1 Hfiii.' MU'llf triit «iml.r I.Hii^T.'t.
An sciiio Stolle trat H[i:iUT Lurrcy; in iliiwo AbLiimi^ wmdr iiwh
Beauohomp aufgenuiiujK^.
*■■) An ttsine SIcUd trat spätor Camnoez.
tl An Beine St«11o trat apitet Boiminuu-.
tt) An Brinn SteOe ttM Bpä(<i Ripault.
ttt) Ad Bone Stelle trat Hpater Anliit^t Lepirv.
*t) iBt Uaphtwl <li> MonBFChia; zugefügt zu diw« Abteilung wurde Riga.
445
Zum PriwideDten wurde Mooge, zum Vizepiäadeotei Boo»-
parte und zum bf^indigen Sekretär Fourier, alle aus der
matbenuttiacbeD Abteilung. gewiUt. Baäte in der Eröff-
nun^sitznng brachte Bonapvte vaachiedene allgemeine
Fragen tut Sprache, deren Stodiom uDd Beantwortong je
einem AnaBchoft öberwieMn wurden.
Die erstm Arbdten der geSehrten Vemamnilmig bexogen
Bich selbatraständlich Eunächst auf die Wohlfahrt des Hee-
res und der Berolhernng. Es sidhen Mittel gefmidra oda
geschaffen werden, die Ofen zum Brotbacken zu verbee-
sem, den Hopf»i hei der Kerberdtang dnndi etwas anderes
za ersetzen, das Xilwaaser zu reinigen und schmackhafter
zu gestalten, \nnd- und Wassermühlen anznlegeD, Roh.-
msterialien zur Pnlverai^ertignng zu finden und die Rechte
pflege und den öffentlichen Unterricht zu heben*).
Zum Aufenthalt bekam das Ijutitut das Haus Hassan-
Kascheffs im Naaii^viertd mit tönern groBen Garten ange-
wiesen. Alle fünf sollten Sitzui^en stattfinden.
Unglücklicherweise war der ..Patriote", der außer dem
Material für den Z^ballon zablrraohe Warkzenge und wis-
senschaftliche Instrumente an Bord hatte, bei der Landung
bei Alexandria gescheitert. Als dann die Smpmmng Kairos
stattfand, ging ein weiterer Teil der phyäkalisohen Inatra-
mente verloren, die im Hause CaffaceOis aufbewahrt wur-
den, ilaij sah sich daher oft geiwungen, mit ganz unndang-
lichen ItCttelnnene Instnuneate anzufertigen. Große Genia-
lität entwickelte dabei Cont4, der dne auBeroidentliche Ge-
schicklichkeit besaß und nie venagte, wenn es sich darum
handelte, die Theorie in der Praxis anzuwenden. Er hatte,
•l Das ijtuliuil de Fnuax" envuint« in Bauer Silamig vom 16. Deieiubcr
iläü äaea AuBGchuß d«r QelebrUn I^pIaoB, Fanroniy, Lontpäde, FliMinpu.
V'ilney. Cr^coin, Dupuid. Hanges und iMglta, um dam Zmiigiiulitat in
Kitir'i M'T.i'Mr.ilena Frajim zur Beantwortung vonokeen. Wegen der Un-
rji'.^lii hhi'it. ri>e'']iiüfii){ zwischen Paiü und Kairo und nmgakelirt mitcin-
ni.ii. r virkilirrii, miiQw nun bald auf dicsesZuaammenaibdteoveraädsL
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Dlgiiized tu Cgogle
wie sich Monge ausdrückte, alle WissensehafteD in semem '
Kopfe und alle Künste in seinen Händen.
Bonaparte war bei den meisten Sitzung^ des Instituts
zugegen; und auch hier 1)debte er alle diuroh seine G^en-
wart. Jeder suchte das Beste za leisten, was in seinen
Kräften stand, wenn auch die Hilfsmittel noch so unzu-
länglich waren. Keiner wollte sich von den anderen über-
treffen lassen.
In den Sitzungen herrschte vollkomm^e Gleichheit. Hi»
war der General Bonaparte niohtB weiter als der Bürger
Bonaparte, ein Mitglied wie jeder andere. Niemand eoheute
sich, dem Obergenerai zu widersprechen, wenn er glaubte,
es besser zu wissen. Oft nalim der General an dea mänd-
liehen Erörterungen teil, besonders wenn es dch um wirt-
schaftliche Fragen handelte, die Heer und Land an^ngcn.
Äußerst interessant gestaltete sich die Sitzung vom 1 2. Ok-
tober, in der er zahlreiche Fragen stellt« und wichtige
Maßnahmen anordnete.
Während der Anwesenlieit Bonapartes in Ägypten und
auch nach seiner Abreise wurden zahlreiche Arbeiten vor-
genommen. Es wurde die geographische Lage von Älexan-
dria, Rosette, Damiette, Kairo, Belbea, Suez, von verschie-
denen anderen Teilen des Landes, den Seen und Kanälen,
sflbst eines Teils von Syrien aufgenommen.
Ende 1798 und Anfang 1799 bereisten BerthoUet, Fourier,
KedoTite der Jüngere, Duchanoy und Regnault in Beglei-
tung des Generals Andreo.sKV und seiner Truppen die (iegend
der Natronseen, um dort Heobaulituiigen aller Art anzustel-
len. Denon, Schouani, ferner Girard, Coataz, Fourier und
viele lindere iiiiif;nro (lelolirte besuchten Oberägypten. Da-
bei entdeckten Denon inul Desaix den berühmten Himniels-
kreis im Teui])el von Den<lera. Die beste Zeichnung dieses
Kreises wurde von ViUiers du Terrage und Jollois ange-
fertigt.
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Lathuille erforecht« Menufieh iind Uarbieii, Jomard, Mar-
tin und Bertie das i'ajuni, ISurel die J'rovinz Gieeh.
Geoffi 'iy de iSiiint-lIilaiie untersuchte die Fische des Nils
und des Sei;^ Mctisaleli, Arnollet und Cliampy der jüngere
die Mineralien des Roten Meeren, Delile die Pflanzen des
Deltaa, Costaz die Bestandteile des Wüstensandes, Reg-
nault den fruchtbaren Nilachlamin, ßorthollot und Dcsto-
tils die Farbstoffe der Pflanzen, \rongR die, Jlosesquellen bei
Conte entfaltete eine nngeniein fruehtbare Tätigkeit in
der Erfindung der niftniiigfaohfilen MifNchinen. Obgleich die
wichtigsten Bestandteile für den mitgebraeliten Luftballon
verloren gegangen wai en, so brachte ei' es ilocli so weit, drei-
mal Mongolfieren niit mehr dder weniger I^rfolg «leigeu zu
lassen,
Dcsgcnctt«s, Larrey, Bruant und andere Arzte beschäf-
tigten eich mit ihrer Wissenschaft, besonders mit der Er-
forschung der Ursachen der Pest und einer Augenontzün-
diing, die sowohl unter der Bevölkerung des Landes als auch
unter dem Heere viele Opfer forderte. Sie war in Oberägyp-
ten taa Terbreitetaten; deshalb zählte Desaix die meisten
Kranlcen in seiner Diviüon.
Ea -wurde auch eine Bibliotibek nur Benutzimg für die Offi-
ziere und Zivilbeamten angelegt, ein ohemiaolies lAborato-
riam und Physikalienkabinett gerundet und eine Dmoke-
lei eingeriohtet*). Diese stand unter der Leitung Maicels
des älteren. Sein Sohn hatte sohon in Paria alle aufzutrei-
benden aralöscdien und grieohiscben Buchstaben zusam-
mensnchen mÜBsen.
In. dieeet Naticmsldrudkeiei wuiden die Tt^esbefehle aji
daa j^eer imd allerlrä VeEoidnni^en f är die Bevölkerung in
zwei Sprachen gedrnokt. Selbst ein Wörterbuch und eine
Grammatik gmgen aus dieser I>ruckerei hervor.
•) Bonapaite be«bsioliliste ngu die Aslage wnec SternwMto,
^ 446
Bald nach der Eiarichtuag des Institute von Kairo
wurden zwei Zeitungen ins Leben gerufen, „Le CJourrier
d'Egypte" und „La decade ögyptienne". Die erste Nummer
des „Courrier d'Egypte" erschien am IL September 1798.
In dieser Zeitung wurden die Verhandlungen der Sitzung^
des Instituts und die Denkschriften der Gelehrten veröffent-
licht; sie diente also nur wissenschaftlichen Zwecken. Der
„Courrier d'Egypte" wurde zuerst von Fourier, dann von
Costaz, später von dem unermüdlichen und vielseitigen Dt^-
genettes geleitet.
Das andere Blatt, „La decade egyptienne" diente politi-
schen Zwecken und entliit-lt nur politische und allgemein
interessierende Xacii richten, die Heer und Bevölkerung an-
gingen. Es wurde von Marcel gedruckt, von Parseval de
Grandmoison und Tallien herausgegeben und erschien zum
ersten Mate am 1. Oktober 1798.
Eine der wichtigsten Arbeiten der Gelehrten und Inge-
nieure war die Erfoi-^cliung des elienialigen Kanals, der von
SueK nach einem der Xilkaniüe ging, und die Möglichkeit
einpji Durchsticlis der Suezhalb ins cl. Im Altertum und im
Mittelalter war öfters eine Verbindung zwischen dem Roten
und dem Mittelländisclien Meere hergestellt worden, aber
die Kanäle waren teils infolge Versandung oder Vernach-
lässigung, vielleicht auch absichtlich unbrauchbar gemacht
und ihre Spuren verwischt worden.
In den letzten Tagen des Jahres 17S)8 hatte Bonaparte
Bohon versucht, den ehemaligen Kanal von Suea aus zu ver-
folgen, doch hatt« er bald dessen Spuren verloren. V.in Aus-
Bohuß von Gelolirtcn soUte nach seiner Bückkehr nachKairo
nochmals nach Suez aufbrechen, um die Unteisnoliuiigen
fortzusetzen und zu vertiefen und die Höhe der Wasaer-
Bpiegel der beiden Meere zu ermitteln.
Am 16. Januar 1799 brachen die beiden Ingenieure Le-
pdre und Saint-G^nis nebst einer militöriBohen Bedeohong
450
DIgilizedby Google
unter Junot nach Suez auf und begannen am 31. Januar
von dort aus ihre Forschungen. Man folgte dem Kanal eine
Strecke lang und schätzte seine Tiefe auf 1 bis 7 Metw
und seine Breite auf 25 bis 30 Meter. In der Nähe der
Bitt^rseen verloren jedoch auch sie bald die Fortsetzung.
Nooh schwieriger war es für sie, den Ausgang des Kanals
auf der anderen Sräte der Bitterseen zu finden. Schließlich
ging der Kolonne das Trinkwasser ans. Nachdem sie einem
Überfall der Araber glücklich entgangen waren, kamen die
Ii^;enieure mit ihrer militärischen Bedeckung am 9. Febnuv
1799 naoh Kairo zurück. Sie gedachten ihre Forschungen
unter günBtiger«i Bedii^pingen wieder aufzunehmen, doch
die Vorbereitungen für den Fddzug naeh Syrien, der alle
Kräfte in Anspruch nahm,, vraeitelte zunächst ihre Absicht.
Im September 1799 ordnete Kleber üne zweite Nach-
forschung und im November eine dritte an. J. M. Lepäre
und seine Begleiter verließen am 16. November 1799 Kairo
und fanden, daß die Oberflätdie des Boten Me»es 9,908 m
höher als die des Hittelländisohen Meeres gelegen sei. Dies
beruhte allerdings auf einem Irrtum, doch bestand derselbe
in einem ßeohenfehler um 8,67 m auf der Seite nach Suez
zu. Als Talabot im Jahre 1847 und Ferdinand von Lessepe
in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts die Pläne zam
Durchstich des Kanals wieder aufnahmen, mußten sie die
meisten Ilrgebnisse der Forschungen Lep4res und ' seiner
Ingenieure anerkenneiL
Schließlich mochte aus der Unzahl von Arbeiten und Ent-
deckungen in Ägypten noch die Auf&idung eines Steins
erwähnt werden. Auf Grund der darauf eingegrabenen In-
schriften waxd die Ehitzifferung der Hieroglyphen möglich.
Im August 1799 fand d&c Genieoffizier Bouohaid he£ Ro-
sette eine Granit^Iatte, die eine Inschrift in griechischer,
demotischer Schrift und in Hieroglyphen entiiielt 1 Der Stein
ward nach Kairo gebracht und von den Sprachforschem
4S2
DIgilizedby Google
untersucht. Jomard veröffentlichte darüber in dem groÜeii
Werke „Description de l'Egypte" eine Abhandlung. Später
fiel der Sfeiii in die Hände der I'"nj^länder und gelangte ins
iJritisclie .Museum, wo Chiiuipdllion der Jüngere in den
20er Jahren des !9. Jahrluiiulürtö tlen Schlüssel zur Ent-
Kifferunf; der Hieroglyphe ilijcliiift fand.
Um die Erforauliung des alten und des neuen Ägyptens
planvoller /.n gestalten, bildet« Kleber am 19. November
179!» nach der Abrciae Bonapartes nach Europa einen neuen
Ausftctiuli und ließ folgenden Arbeitsplan ansetzen; I. Ge-
set/gebnng, (Iphräuclie und Religion. - — II. Verwaltung. —
III. Polizei. — 1\'. Itegienmg und GcHchichte. — V. Militä-
risclies. VI, Handel und Industrie. — Vll. Ackerbau, —
VIll. Natm-f^oschiclitc und IJcvölkerung. - - IX. Denkmtüer
und Kleidung. — X. Oeographie und Wasaerkunde. 1 Kl
Die Arbeiten des liLstituts in Ägypten wurden nach der
Rüekkehr der Gelehrten naeii Europa geordnet, erweitert
und in dem umfangreiclien Werke „Description de l'Egypte,
Ol! recueil des ohservations et des recherohes qui ont ete
faitew en J'lgypte pendiinl l'expedition de l'armee fran9aise,
publik par les ordres de Sa Majestö l'empereur Napoleon
le Qrand" niedergelegt. Der erste Band erschien im Jahre
1S09, der letzte 1S2S. Das Werk umfaßt 6 Bände Text und
14 Bände Karten und AbbilduDgen, woron manche Bogax
im sogenannten Elefantfolio.
Ende des dritten Bandes.
453
VERZEICHNIS DER ILLUSTRATIVEN BEIGABEN
A, \'OLLHILDER
Genen,! Hoii^i|,i,rl<. u,jt s,.hi,.i- lliir. hrpisB diirdi »,is,.|, 24. Nü-
veiulK^r I71I7, Gizeitliiicl uiiil nr«(m'lK'ii von M. Wocher. (Stadt-
UiWi.,tlii-k Ziirirli) (TitelbÜd.)
11^1- .■hciiiaügr „Colli;];.'" iii Cf-iif, (Nnoli finwn Htich aus dem
F. C. de LahnrjH!. NncL eiMom Gemälde von Bossä. (Musöe de
LauBonne) 23
General At^re«a. Naoh einem Portnit von 'llifivenln. (Mueöe
natbiiBl de VersailleB) 32
Qraf von Cobenzl. Naoli einem Stich tod P. Bioliter. (K. K. Fa-
milien-FideikomnüB-Bibliothpk, Wien) 42
J. B, Treilhnrd, Gezeichnet von Abel, geat^Johan von C. Gnerin.
(K. K. Famnfpn-FidcikomniilJ-Bibliothek, Wien) 46
Das Haus Boiiaparlea in Parii in der Rue ChantereioB, später Rae
dp la VittPiru ppiiarint. (\;ii h fiinT I,ithiißr!X)iliic von G. Engel-
JH;lllJi) 62
A. Äpiiiiiiii) (iO
Bonapiirte iiberreii;h1 (i^ni Diitikloiiiiiii diu i''ne(!e[i»vertrag von
Compoformido. (Nach einer Litiiugraphle vouD.A.M.Raffet) . TO
DireklOT Bairae. (Nach einer Zeichnung ron Hilaire Le Dm) . . 72
Josephine Bom^utrte. (Kaoh einem Stloh ans dem Jahn 1707) . 78
General Brune. Nach einem Forträt von A. Vinahon. (Mus^e na-
tional dp Vpraaillcg) 114
Gefecht bei Neuenogn, Xach einem kolorierten zcitgenössisplicri
Stich. (Stadt -Bibliothek Zürich.) (Doppclacitigca Bild) 120
Einzug des Generals Sobaiien'ioijri; in lieni, 5, JlSra 1798. Gc-
zcichllcl von K. r.irardüt, «(.•Muclj,-ii von .1. C. Bi.ik. («ammlmis;
Kirchi-iscii) , 122
Hilaire Le Diu) . . IIIS
General i>uphn1. (Nuch eiiietn :Stii:h au^ d<T f^aminhing A. Eiiii-
liani) 162
456
Riniug diT Fran7ji!<en in Rom, Ü Februar 179S. Gesloclieii von
r. Schleich, Solin. nnph einer Zeichnung von K. Girardet. [Samm-
lung KirchBLBen) IBS
Jufeph Pouchs, (Nuch einem KCich aus der äunimiuug Kirchei^n) liiS
Hciratio Nelson. (Lithographie von C. Motte imch C. Broms) . . IS:
I^nl C. Colliugwood. (Geiitocheii von S. Cousinn nach dem Gc-
niBldK von V. Howard} IM
Pnsquab Paoli. Koch einem Stich von l>. Borger. (Hammlong
Kireheiflen) ISS
Adrniral Lord Ncl»oii. (Mach einem (^mälde von L. F. Abhoti) . mi
J>ie i^ieeschUoht im Meerbusen von üaacogne am L Juni 17!M.
(Uoppelseitigcä Bild) 21H
Adiiiiral Sir John .lervia, EnrI qf Saint -Vineent. Gestochen von
H- Kobiitaon nach dem Gemälde von J. Hoppner. (Saint-Jame«'
Piilttcc) 21(3
KapitÄn Sir T. Troubridgo. (A*aoh dem Gemälde von Sir W.
Beeohcy) 211
Admiisl de Winter übergibt dem AdmirnI Duncan seinen De^n. . 232
Generni Bert hier. (Such dem Gemälde von A. L.J. Gros) 2jj*
Landung Bonapart«a bei La Valetta auf Malta, (Nach einer
Lithographie von D. A. M. Raffet)
Übergabe Ln Valetta» am 12. Juni 17US. -Vach einer Zeichnung
van Dupleäst-Berlaux, gestochen von A. Gleich. (Sammlung
Kircheieen) SSü
Ändoche Juiiot. Nach einem Gemälde von V. N. Rnverat. (Musee
nntional de Versailles) 31h
Ein ambiscbes Mahl. (Gezeichnet von 1). V. ifenon, gestochen von
Laderer) 32i
Ansiaht vun Ho!<ett4!. {Üanh einer Zeichnung von D, V. I>enan) 3S
Kin Unit des franzAsiEclicn Heeres in Asauan (tj3'ene), am 2. Februar
ITH'J. (Nach einem Gemälde von A. Tardinu) Sil
Ein ägyptisches Und. Gezeichnet vun D. V. Uenou, gealocben van
Petit, (Sammlung KiroheiBcn) 3Si
Pinn vun AlcKandria, (Noch ciiieiii zeitgenössischen Stich.) (Llop-
pclseitiges Bild.) 'M
Generni Desaix. Nach einem Gemälde von A, Appiani, (Muste na-
tional de VeiBsillea) 35^
iSelilacht bei den Pyramiden, Geueichnet von Swebach, gealochen
von IlequevBUvilers. (Sammlung Kircheisen) 31Ü
Kapitän Hardy. (Nach einem Gemälde von L, F, Abbott) , , . . afiS
Adniinil Nelson. G«ät<ffhen von IL R. Cook nach einem Gemälde
von Sir W, Bet-chy) 31?
Adniiral Villsneuve. Gemälde von Vertier, (Nach einer Photo-
gritphie aus der Samniliing P. Lafond) 3&£
l)<T Ef;beklehj)lalx in Kairo, Gezeiehnel vun P, Gaetuiio. gestochen
von F.nichcrA-, (Siimmhnig Kireheieen) 396
456
DIgiüzedby Google
Dos Nilfext in Kairo tun liL August 1798. (GoZi'Iclmi't vuii Fcrtfl,
geftothen von Fiiuehcry) illl
l>er AuiBbuid in Kbiid am SL Uktober ITUH. (Mnnee nationnl de
Veraailloa) . 418
Bonnpaiif begnadigt diu AufetündigEii in Kairo um 2h. Ui^tuljcr
ITHS. Nach einem Gemäidp van P. Ouörin. (ilunie naLionnl de
VeraniUea) 422
Kampf bei Bcnui am H. Mira ITltU. (Xach einem Gemälde von
C. Langloia) 432
B. ABBILDUNGEN UND FAKSIMILES VON BCHRIFTZUGEN
IM TEXT
tiMoü der Frau van Staäl in Toppet. ((^egenwürbiger Zustand) . H
Frieilrioh vua Hteiaer. (Schattenriß) LI
Peter Ocha. Noch einem Stich von IL Pfenninger. (»todt- Bibliothek,
Zürich) IS
Erste Seite der Zeitung ,.i>er iwhweizerische Kepubhlmner".
(Verkleinerte Wiedorgahe) lU
J. H. D. Zaohokko. (Schiittenriß) 23
Barthetemy. (Nach einem Stich von F. ikiwioville) 2Ii
WUliam Wickhnm (Untcrachrift) 30
Das Schloß in Kiiütatt. (Nach einem volkälümlichen Stich aiu dem
Jahre I79Ö) 36
Titelwiedergabe einer seltenen Broechüre über den Kaatatler
Kongreß. (Siiramlung Kircheiaeu] 30
Omf Lehrbuch. Gezeichnet von T. Hof, gestochen von C, Guerin.
(K. K. Faniilien-Fideikommiß-Bibliothek. Wien) IS
A. E. L, Bonnier d'Arco. (Nach einer Lithographie au» der Samm-
lung Kiroheiuen) 40
Genoral Gmf Merveldt. (Nach einer Lithographie »i» dem Anfang
des Iii. Jnhrhiiiiderta) Sl
General Chnmpioniiet. (Nach einem Tcitfienösaiachen Stich) . ... Iii
Baronin von Stael-Hointein, Gemalt und gcnlochen von F. L. Bou-
rior. (Stadt-Bibliothek Zürich) 6ß
General Joubert. (Nach einer Zeichnung von J. A, Uanistodt} . . TS
FrnnjoiB de Nonfohätcau. Gemalt von J. B. laabey, gestochen von
Laugicr. (Sammlung Kircheisen) Sl
Einlaßkarte zn einer ääentlichon Sitzung deu liiaiitutG M
£. J. Siey^. (^fach einem Stich aus der Sammlung Kircheixen) . 8Q
Abdruck der Titelseite eines wichtigen Werkes übet die Zusläudc
in Paria ain Ende des achtzehnten Jahrhundert«, (Sammlung
Kircheiaen) Öl
Vom Heere zurückkehrender fianzüaischer Kriegakonimiasar. (Nach
einem volkstümlichen zeitgenössischen Stich) Uli
Barth ^lemy. (Unteraohritt) ÜI
Peler OdiK. (Xach einem jpitgenüssi sehen Stich) UU
4ö7
Dlgplizadby Google
F. C. Laliiirpe, Gszeiobnet und gestochen von Caiinave usch
Duoreux (Sniiinilung Kircheisen] 1
Abdruck der ersten Seite des Werkes von F. C, Lahnrpe, das r-um
AuHbrucli der Revolution im Woadtland viel beitrug 1
N. F. von Steiger. Xaoh einem Stioh tan D. Lafond. (Stadt-
BibUothek Zürich) 1
(.^ncral von Erlach, Naoh einer Zoiolmmig von i^'. Diog. (Stadt-
BihliotliEk Zürich) 1
Kniser Franz II, GcxeichiiDt und gestochen von J. Piohler. (K. K.
Familien-Fideikommill -Bibliothek. Wien) 1
J. J. von GSnes, (Gezeichnet von E. Stoinlo, gestochen von K.
Müller) I
Freiherr von Thugut. Nach einem Stich von V. R. Grüner. (K. K.
Familicn-FideikoniiniB -Bibliothek, Wien) 1
iJirektor Reubell. (N'ach einem Stioh ans der K. K. Faniilien-Fidei-
komraia-Bibliothek. Wien) 1
ikiöiiier. [Unterachrifl) 1
[»er Aufstand vor dem französisohen GeBondlschaftsgebaade in
U'icü. iXflch einem volkstümlichen seitgenflsaischen Stich) . 1
Cnif Saurau. Nach einem Stich von D. Weiaa. (K. K. Familien-
fideikommiO-Bibhothek. Wien) 1
Fran9ois de Ncufchälcau. (Nuoh einem Üttoh aus dem J^ndo des
nc]itzehnt«n Jahrhunderts) 1
.liu^eph Bonnparte L
General Berthicr. (Mach einem zeitgenössischen Utich] L
(ic'neral Cervoni überreicht dem Pnpat Pius VI. den Befehl des
französischen Direktoriums, Rom zu verlassen, (Sammlung A.
Emiliani) L
Abreise des Papstes Pius VI. nach Sienu, von französischen I>ia-
goiiern liegleitct. (Sammlung A. Emiliani) , I
MuHscnn. (Einzelblatt aus der Sammlung Kircheisen) L
Ci-neml Uouvion Sainl-(.)jT. Nach einem Stich von C. Harth.
(Siiiiimlung Kircheiaen) L
Papiergeld der Rrtmisehen Republik. (Sommlung Kircheisen), . L
Xiipoleon Bonnparte. (Abbildung einer Denkmünze) L
Samuel Hu.m1. (Untersi^hrift) l!
Ansicht von C'alvi. (Sammlung des Prinzen Koland Bonaparte) . 2<
Xelson empfangt den Dogen des BcfchlshabcrB des ..San Jos^".
(Nach einem Gemälde von R. Wcatal!) 1
Aduilral Lord Bridport. Xach einem Stich von J. Chapman.
[Sammlung Kirchpisen) 21
L, Hoche als junger Offizier. Nnoh dem Porträt von R. Le Febvrr.
(Miisee national de Versailles) £
."^ir K. Pellcw, später Lord Exmoutli, (Gestochen von W. Finden,
nach einem Porträt von \V. Owen) 21
fJi iH-nil J. Hartly. ((Je^tochcn von Coquerct nach einer Zoioiinung
von Kolbe) '. 2
458
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Liberi^ des mere. (Vignetlt] 231
Das rcpubliknniecln! Triumrirat: Barms, Bpubcll und Ln Itp-
vellidre-Lipeaux 2!ili
fienernl Andrfossy, (Nach einer Zeiohnung van A. Dutertre) . 24fi
CJencrnl Caffarclli, (Xnch einer ZeiohnuuR von A. Dutertre) . . 347
Breat am Anfang dea neunzehnten Jahrhunderts. Gestochen vuii
Hlielton dem Jüngeren nach einer Zeichnung von de La Pylnie.
(.Summlung KirclieiBCti] 2j9
Vorbereitungen lu der Ijindung in KrigliinJ. (Nacli einem 'ieit-
geiißBttiHciien volkatiimtiehen Stiuht 203
Direktor Merlin de Douai 265
Kleber. (Uiiteniiihrift) 2511
Minister TaUayrand. Nach einem Stioli von Bollinger. [Kanimlung
Kiroheiseii) 202
Bonaparfo. (UntetBchrii.) 2135
(ienandtachAftiuekTetär PouRsicIgue. (Xaeh einem Stieh von A.
Dutertre) 20«
Merlin de Douni, Nach einer Litliographie von Dolpeeh. (ISanim-
lung Kirchciacn) 213
Ucnerol Desai.i, Gestochen von H. Schmidt noch einer Zeichnung
von J. A, DornHtodt. (tjammlung Kirohcisen) 2Si
Uie Generalin Bonaparte. (Nach einem gleiehieitigen Stich) ■ . 291
Admiml Brueyn. (Xach einer Zeielmung von A. Dutertre) ... 293
Urrey. (UnlerBOhriJt) 290
Admirul Decrds. (Nach einem titiuh aus der Sammlung Kirclieisenl 2in
General Baraguay d'Hillieni. [Nach einer Zeiohnung von A. Du-
tertre) aüü
Bourriennc. (UntentchrifH äU
Obergeiieral Bonajurtc. (Nach einer Zeichnung von A. Dulprtre) . 3Li
Sehriftamllpr Arnsult. (Xatb einer Zeichnung voTi A. Dutertre) . 31fi
Ansicht dca Xeucn Hafen« von Alexandrin. ((Jeieichnot von
P. L'ostc, gemoohcu von A. t'nuohery) 321
Eine vornehme anibisehe Üunie im Harem. (Gezeichnet von
D. V. Denon, geatochcn von Prevoat) 331
Kin Fest im Harem. (Geattichen von T. Johannot nach einer Zeich-
nung von D. V. Denon) 331
Der Mameluck Rnstam, den Bonapaitc mit aun Ägj'pten bruchle.
(Xnuh e'uieni zeitgenUssiachen volkstümlichen Stich) 341
Murad-Bei. (Nach einer Zeichnung von Bornet)
C'iieral Menou. (UnleKclirift) 352
.■^kii:«' iler Umgebung des Nük mit Bemerkimgen NajioleonH auf
Snnkt Helena äQä
SkiiKe 7,ur Schloclit bei den Pyrnniidei. . 35Ü
■I. Troübridge. (L'nltrechrift) " 2B1
NVI.™. (Unterschrift) 310
Halnt et aniilie. Brueys. (Wiedergabe der Handschrift) 314
Um Kort von Abukir. [Nach einem loitgenfl.'wischen Stich) . . Uli
469
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(Skizze zur Sec«clilacht von Abukir. (Nach dem Entuurf des fran-
zOBischeii Seeoffiziois Ä. de I^chadenMe) S
Stellung der franzOsinohen und der engliechen Flotte. L Äugnst.
gegen 8^^ Ubr abende, (Nach der Skizze des Seeoffiziers A. de
LaehadenMe) 9
Zeitgenössische Karikntur uuf den Sieg Nelaona bei Abukir ... 3
Sir James Saumitrez. (ITnteisohrift) 3
Kcith. (Unteiaohrifl) 3
Bonaporto im militöriBcben Dinan. (Nach ebier Zeiohiiung von
D. V. DenDn) 3
Laaalle im Gefecht vim ÜB-Salibijeh. (^aoh einer Sepiamalerei
von A. L. Groa) i
General Dümmartin. (Xaoh einer Zeichnung; von A. Lhitertre) ■ i
HauH dcB Generals Monou in Rosette. (Geatoohen von Frylley
noch einer Zeichnung von D. V. Dcnon) i
Gnapard Monge. (Nach cin<>r Zeichnung von A. Dutertre) ■ ■ . 4
Le chef de lu 32'°" (demie-brigade) Dupuy. (Wiedergabe der Hand-
schrift) 4
Episode aus dem Uefeoht von Sediman, L Oktober 1TÜ8. Ge-
zeichnet von D. V. Denon, gestochen von Malboste. (Samm-
lung Kircheisen.) 4
Dos Gefecht von Samhud, 'iL Januar 17U«. Nach einer Zeich-
nung von D. V, Denon.) i
Eine ägyptische Karawanserei, (Geaeiohnct von D. V. Denon, ge-
stochen von A. Andr6) i
Soldaten vom Regiment der Dromedare. (Gezeichnet nnd ge-
stochen von Lodoror.) 1
Abbildung einer in der Umfaülluiig einer Mumie gefundenen
Handschrift i
Der Garten des Instituts von Kairo. (Gezeichnet von D. V. Denon.
Bestochen von Frylley i
Die groSc Sjihinjt. Gestochen von Frylley nach einer Zeichnung
von U. V, Denon (Sammlung Kircheisen.) A
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INHALTSVERZEICHNIS
Vnr«r.rt. Tl.... Hritt^,, HnnH VTl-XTV
Eratts Kafiitd. I>ta italionischon Kicgera Reise durch die
Schweiz (November 17'J7) i— 16
ZmeUcs Kamlfl- Die Sfhwpiz am Ende dea 18. Jahrhunderts 17— 31
DriOfs Kapitel. Bonapnrto in Bnatatt. — Die Geaandtan dee
DeutachoD Relohes imd der FranzOHiaohan Bepublik. —
Erste Verhandlungen (Kovember bia Demmber 1797) . . 33— SB
Viertca Kapilel. Buimpartea Rückkehr nach Paria. EmptanB
bei der Regierung. — Sein Privatleben, — EmannunR zum
Mitglied dea Lmtituta. — Seine Plüiie (Dezember 1797) - BO— M
Fünfteji Kapilfl. Daa Ende der alten Schiveii ■ . 95—123
■lechlm KapiUl. Der Koiigreli von Raatiitt nach Bonapartca
Abreise. — Sendung Bernadottes nach Wien, — Die Kon-
ferenzen von Selz (Dezember 171)7 bia Juli 1798) 124—168
fiiehenta Kaiiikl. Dan Ende des Kirchenatmilj (September
1797 bia März I7B8), — VertaMungaändenuig in der Zisal-
piniaohen Republik (Fcbruaj faia Dezember 17B8) .... I6B— 189
Achtes Kapitel. Der SeehriaK gwiachon Frankreich und
Kngknd und deren Verbiiadeten. I. (1793^1708) , ■ . 190—234
14, März 1 7HÖ, — Scliiiwht im MeerbnBeu von Oagcom». 1 ■ Jimi ITM.
— (it.fecht hui dni Hygriflclu'n Iiweln, IB. Jiili 17Bfl. — J»pi«'hlK6i
«■hlncht bei Knniperdum. 11. Uktniior ITBT^
DER FELDZUG NACH ÄGYPTEN 1798—1799
Nennte» Kapild. Boiiaparte, Uberhefehlalialier der Armee von
EngUnd (November 1797 bi.i Fcbniar 179B) 237—267
Zeknlfs Kiipitd. BouaiHirte und der Pinn eineB Feldzufia nacli
Ägypten . ■ ■ 258—275
Elftas Kapitel. Die Vorbereitunaen zum i^OTtischen Feldzng
(Mfirz biB^.Mni 1798) . . . .^^ . . . . ^. . ^ ■ . ■ ■ 276— 2m
461
Dlgplizadby Google
Dräiehnles Kapilel. Ägypten. Ijind und Lrute
320—345
VierzehrUa Kaviiel. Ijuidune in Alexaiidrin, — Marsch dui'ch
lüp WÜBtp, — npfeclit luii Knhnikit. — Snhliii:hf, lipi di-n
Pyramiden (Juni bis Juli 17381
34ü— 383
Fänfxhtiles Karniel. Ilic Speschlaclit bei Aliukir (1. und
2. AuRust ITftB)
Sedaehittee Kapilel. Besitznahme von Kairo. — Gefeoht bt'i
Ea-Salihiieh, — üntBrwrrfuiiK UultTÜRViilouB. — ■ Feste. —
Besuch der Pyramiden. — Aufstand in Kniro. — Bptnich-
Siebiehiiles Kaoilel. Die ErobcmnK ÜburäKypteiis. — CJe-
fMihtc von Sediman und tinrahud (AuKiixt 179S bis Saninier
17flH). — Reisp BouHpitrtefl nach Huer. il)POTmln-r 17IIB und
437—439
Athtzehiites Kaiiild. I)n« Institut von ÄHvTilrn
44Ö— 4S3
H}2
Dlgplizadby Google
Dlgifeaft^GoOgle