OSTINDISCHES
HANDWERK UND
GEWERBE MIT
RÜCKSICHT AUF
DEN...
Fedor Jagor
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HARVARD COLLEGE
LIBRARY
GUT OFTHE
Department of Economics
Ostindisches
*
Handwerk und Gewerbe
mit Rücksicht auf den
europäischen Arbeitsmarkt
von
Berlin.
Verlag von Julius Springer.
1878.
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«SÄST"
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Indem der Verfasser auf wiederholtes Verlangen diesen im De-
zember 1877, im Berliner Handwerker -Verein gehaltenen Vortrag
durch den Druck veröffentlicht, fugt er einige neue Daten bei, welche
die zunehmende Wichtigkeit der besprochenen Verhältnisse zeigen.
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Li in er meiner Freunde hat Ihnen nach seiner Rückkehr
von Philadelphia den grossen Aufschwung der nordameri-
kanischen Industrie sammt den ihn bedingenden Ursachen
und die Gefahr geschildert, welche dem deutschen Gewerbe
durch diesen Nebenbuhler auf dem Weltmarkte droht.
Noch deutlicher aber, als in den östlichen Staaten der
Union, die bereits ihr hundertjähriges Jubiläum gefeiert
haben, sind jene Ursachen in den neu aufsprossenden Terri-
torien des fernen Westens erkennbar; es sind dieselben,
welche die Uberraschend schnelle staatliche Entwicklung
jener Länder bewirken und ihr ein originelles, spezifisch
amerikanisches Gepräge aufdrücken. Auch glaube ich das,
was ich Ihnen über die gewerblichen Verhältnisse in Indien
zu sagen beabsichtige, nicht besser einleiten zu können, als
durch einen Hinblick auf das Wesen und die Intensität der
menschlichen Arbeit in Californien, wo ich selbst vor Zeiten
Gelegenheit hatte, sie zu beobachten.
Jenes Land, noch heute vor 30 Jahren eine der unbe-
kanntesten, schwer erreichbarsten Einöden, ist jetzt ein
blühender Staat, dessen Ruf die Welt erfüllt, dessen Gold-
produktion nicht nur den Handel aller zivilisirten Völker
neu belebt, sondern auch deren Haushalt und soziale Zu-
stände tief beeinflusst hat.
Ohne auf Einzelnes einzugehen, will ich nur erwähnen,
da ss die Californier Kanäle, Wasserleitungen und Strassen
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gebaut haben, deren Länge Tausende von Meilen beträgt.
Sie haben den Lauf von Flüssen verlegt, die Bodenkonfigu-
ration ganzer Distrikte umgestaltet, indem sie die Erdmassen
ausgedehnter Hügellandschaften in das Meer schwemmten,
um sich durch klug ersonnene, gewaltig wirkende Vorrich-
tungen die feinsten darin enthaltenen Goldstäubchen anzu-
eignen. Aus allen Ländern haben sie das beste Getreide,
das beste Obst, das beste Vieh bei sich eingeführt und heute
treten sie als Obst- und Viehzüchter, als Acker- und Wein-
bauer und auch schon als Fabrikanten mit Erzeugnissen
ersten Ranges auf, die bis in die entlegensten Märkte dringen.
Alle diese erstaunlichen Dinge hat eine Bevölkerung voll-
bracht, deren Gesammtzahl bis vor wenigen Jahren nicht die
Hälfte der Volksmenge Berlins, weniger als eine halbe Million
betrug.
Freilich mögen vielleicht auch nie in gleichem Maasse
alle die Umstände zusammengewirkt haben, die den Menschen
befähigen und antreiben, mit Anspannung aller seiner geisti-
gen und körperlichen Kräfte rastlos gewaltige Arbeit zu ver-
richten. Die Einwanderer bestanden in den ersten Jahren
nur aus unternehmenden Männern in der Fülle ihrer Kraft,
auserlesen aus allen Ländern, ohne Greise, ohne Weiber,
ohne Kinder; das Land, obgleich äusserst fruchtbar, bot ihnen
zunächst nichts als Gold fertig dar, alles Andere musste ge-
schaffen werden, da auf hundert Meilen kein zivilisirter Nach-
bar wohnte, dessen Produkte man eintauschen konnte. Alles
Schaffen brachte grossen Gewinn. Keine Polizeivorschriften,
keine Standesvorurtheile, keine Familien-, keine gesellschaft-
lichen Rücksichten, weder Autoritätsglaube noch Rutine
hemmten die menschliche Thatkraft. Jede Arbeit ohne
Unterschied war lohnend und ehrenvoll. Allen schwebte die
durch zahlreiche Beispiele bewiesene Möglichkeit vor, schnell
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Vermögen zu erwerben, die Bahn war völlig frei und Jedem
orten. So entstand ein allgemeines rücksichtsloses Wettlaufen
nach den grossen Preisen, die dem zu Theil wurden, der
das Ziel erreichte. Das Billigste im Lande war das Gold,
das Theuerste die menschliche Muskelkraft ; man sann daher
fortwährend darauf, sie durch Arbeitstheilung und Kooperation
auf das Ausgiebigste zu verwerthen, durch die vollkommensten
Werkzeuge und zweckmässigsten Methoden zu unterstützen,
oder durch mechanische Mittel zu ersetzen. Die Maschine
wurde zu Leistungen gezwungen, die man ihr zuzumuthen
in Europa nicht leicht auf den Einfall kommen würde. Ein-
fache Arbeiter verbanden sich zu grossen Unternehmungen
und führten sie durch, obgleich sie mitunter das benöthigte
Kapital mit 3 pCt. monatlich verzinsen mussten. Auf solche
Weise wurde die Produktion schnell gesteigert, und die' Her-
stellungskosten verringerten sich so bedeutend, dass Gegen- '
stände, die sonst nur Wenigen erreichbar gewesen wären,
der grossen Masse zugänglich wurden. Dieses Arbeiten,
nicht für den Einzelnen, sondern für die Massen, ist ein
eigenthümlicher Zug der amerikanischen Industrie, wesent-
lich mitbedingt durch die allgemeine Gleichheit. Jeder Ein-
zelne ist gewohnt, sich nur als einen Theil der grossen
Masse zu fühlen, keine persönlichen Vorrechte zu bean-
spruchen. Daraus entwickelt sich ein System, das man kurz
als Omnibus-System bezeichnen könnte. In den Riesen-
hotels, in den Verkehrsanstalten, in allen amerikanischen
Einrichtungen mehr oder weniger erkennbar, tritt es am deut-
lichsten und oft sehr grell in den neuesten Niederlassungen
auf, wo dienende Klassen gar nicht vorhanden sind.
Vielleicht die Mehrzahl der zu Wohlstand gelangten
Einwanderer hatte in ihrem alten Vaterlande in drückenden
Verhältnissen gelebt, ohne Aussicht ihre Lage erheblich ver-
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bessern zu können. Die neue Heimat bietet ihnen in Fülle,
was sie bisher so schmerzlich entbehrten; daher die grosse
Liebe zu derselben, das feste Vertrauen in ihre Zukunft
und die Bereitwilligkeit, erworbenes Kapital in grossen, ge-
meinnützigen, die Hülfsquellen des Landes erschliessenden
Unternehmungen zu verwerthen; daher die grossartige Ent-
wickelang der Verkehrsmittel zu Wasser und zu Lande.
Dieselben Eigenschaften, welche den Amerikaner zu einem
so erfolgreichen Kolonisator machen, Intelligenz, Unterneh-
mungsgeist, Freiheit von althergebrachten Gewohnheiten und
Vorurtheilen , sind es auch, welche die Ueberlegenheit des
amerikanischen Gewerbes in manchen Richtungen bedingen*).
* *
________ *
*) In einem ungemein beachtenswerten Vortrage über den re-
lativen Werth englischer und ausländischer Arheit, gehalten in
London am 21. Jan. dieses Jahres zeigt Herr B ras sey II. P., dass es
den Amerikanern gelungen ist, die Engländer in ihren eigenen
Kolonien zu schlagen. Die Lokomotivenhauer von Pennsylvanien
haben nicht nur alle südamerikanischen Bahnen mit Maschinen ver-
sorgt, sondern sogar Australien. Eher hätte man es von den Deutschen
oder Belgiern erwarten sollen, die über verhältnissmässig hillige
Arbeit verfügen; umgekehrt: — das Land, in welchem die Löhne bis
vor Kurzem eine in der alten Welt unerhörte Höhe erreichten, hat die
Engländer verdrängt. Das mechanische Geschick des intelligenten, un-
ternehmenden Amerikaners, der seinen Scharfsinn auf das Aeusserste
anstrengt, um Arbeit sparende Maschinen zur höchsten Vollkommen-
heit zu bringen, der Fleiss und die Tüchtigkeit des Arbeiters, der
für den höheren Lohn auch länger nnd rüstiger arbeitet, als mancher
englische, haben gesiegt. Andererseits zieht Herr Brassey den
Schluss, dass seine Landsleute uns an Leistungsfähigkeit übertreffen.
Als Beispiel führt er eine Baumwollenspinnerei in Lancashire und
eine in Sachsen an. Jene zahlt jährlich an Löhnen zur Bedienung
von 64,000 Spindeln: £ 8,800, diese £ 12,000. Sind diese Angaben
richtig, so übertrifft die Leistung des englischen Arbeiters die des
deutschen um mehr als ein Drittel.
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Wandern wir in einer indischen Stadt durch den Bazar,
so sehen wir zu beiden Seiten der Strasse in engen, arm-
seligen, offenen Werkstätten die verschiedenen Handwerker,
am Boden hockend, in stiller, emsiger, geduldiger Arbeit be-
griffen. Bei manchen Gewerben helfen auch Frauen und
junge Kinder. Jeder regt nicht nur die fleissigen Hände,
sondern häufig auch die Fttsse, die früh gelernt haben das
Werk der Hände zu unterstützen. Gänzlich unvorbereitetes
Rohmaterial verwandelt sich unter unseren Augen durch
die unvollkommensten Werkzeuge nach uralten Methoden,
denen alle wissenschaftlichen Verbesserungen der Neuzeit
fremd geblieben sind, nur durch vollendete Geschicklichkeit
der Hände in die zierlichsten Gerätschaften. Nicht weniger
als die Meisterschaft, mit welcher der indische Handwerker
seinen Stoff beherrscht, setzt uns der Preis in Erstaunen,
den er für seine Leistung beansprucht.
Gern möchten wir eine grössere Anzahl jener hübschen,
überraschend billigen Gegenstände kaufen, es sind aber keine
Vorräthe vorhanden; selbst das gerade in Arbeit befindliche
Stück wird wahrscheinlich auf Bestellung gemacht.
Es ist nicht meine Absicht, hier auf eine Beschreibung
einzelner Handwerke einzugehn, zur Erhärtung des eben
Gesagten wird es genügen, ein paar Beispiele anzuführen.
In der indischen Abtheilung des Berliner ethnographischen
Museums ist eine Anzahl schöner, silberner Geschmeide
ausgestellt; nicht eines derselben kostet mehr als 25 pCt.
Arbeitslohn. In dem Delhi - Schranke z. B. befindet sich
ein Stirnband, ein wirkliches Kunstwerk, aus etwa achthun-
dert einzelnen Stücken bestehend, es hat ein Gewicht von
12 Markstücken und kostet 15 Mark. Der Künstler hat also
für seine Arbeit einen Thaler erhalten.
Unter den ausgestellten Drechslerarbeiten ist eine Reihe
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zierlicher Büchsen, jede mit Falz und Deckel, die grösseren
schön lackirt, die kleineren gefärbt. 19 solcher Büchsen,
ineinander geschachtelt, stecken in einer zwanzigsten, die
etwa 4 cm. Höhe und 3 cm. im Durchmesser haben mag.
Die kleinste aber ist bedeutend kleiner als ein Stecknadel-
knopf. Diese Büchsen habe ich aus rohen, nicht einmal von
der Rinde befreiten Baumästen anfertigen sehen. Jede einzelne
der lackirten Büchsen verlangt 23 verschiedene Manipula-
tionen, die nicht fabrikmässig, sondern hinter einander an
ihr vorgenommen werden. Der ganze Satz von 20 Büchsen
kostet etwas weniger als 40 Pfennige.
Was aber das indische Handwerk in kunstgewerblicher
Beziehung zu leisten vermag, wird Keinem entgangen sein,
der Gelegenheit gehabt hat, auf den Weltausstellungen die
Pracht -Stoffe, -Geräthe und -Geschmeide zu betrachten, die
für indische Fürsten und Grosse auf Bestellung, oder von
Künstlern in ihrem Solde angefertigt wurden. Denn von
jeher sind viele der geschicktesten Künstler nur in dieser
Weise beschäftigt worden; sie durften für keinen andern
arbeiten; ihre technischen Manipulationen gingen als Fami-
liengeheimnisse vom Vater auf den Sohn Uber, so dass
manche derselben sich wie dünne Fäden durch Jahrhunderte
ziehen, ohne dem Publikum zu Gute zu kommen. Mehr
als eine interessante Technik ist auf diese Weise gänzlich
verloren gegangen.
Man kann wohl sagen, dass sich uns Europäern das
indische Kunsthandwerk zum ersten Male in würdiger Weise
auf der Londoner Weltausstellung 1851 offenbarte, und ich
möchte Ihnen einige darauf bezügliche Stellen aus dem amt-
lichen Berichte des Herrn Redgrave, einer der ersten Auto-
ritäten Englands, (abgekürzt) mittheilen.
„Von der Betrachtung der englischen Gold- und Silber-
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Arbeiten empfängt man den Eindruck, als habe der Fabri-
kant sich bemüht, die grösstmögliche Menge Metall mit der
geringstmöglichen Menge Kunst zu liefern. Einen bemer-
kenswerthen Gegensatz hiermit bilden die aus Indien ge-
sandten Gold- und Silber - Geschmeide ; die sich durch voll-
endete Technik auszeichnen. Mit meisterhaftem Verständniss
für die Behandlung der Oberfläche sehen wir bei ihnen das
Emailliren, Tauschiren, Durchbrechen, Inkrustiren zur Anwen-
dung gebracht, und zwar so, dass auf die geringstmögliche
Menge Metall die grösstmögliche Menge vollendet geschickter
Handarbeit kommt . . . Auch bei ihren weniger feinen Arbeiten,
z. B. den mit Silber inkrustirten Gefassen aus Zinklegirung,
gewahren wir immer eine ansprechende Rücksichtnahme auf
die Schönheit der Form im Ganzen und eine eben so man-
nigfaltige als reizende Anordnung der ornamentalen Einzel-
heiten . . . Besonders müssen wir die geschmackvolle Verkei-
lung der Verzierung, das Geführ flir das richtige Maass her-
vorheben. Selten enthält eine Borte zu viel oder zu wenig
Ornament, selten ist ein geblümtes Muster zu voll oder zu leer,
zu gross oder zu winzig. Und diese treffliche Kunst finden
wir nicht nur bei kostbaren Gegenständen angewendet, die-
selben richtigen Grundsätze kommen bei den allerbilligsten
zum Ausdruck. Bei uns zwingt der schnelle Wechsel der
Moden den Fabrikanten, immer etwas Neues, noch nicht
Dagewesenes zu bringen; kein Wunder, wenn die Neuheiten
häufig Ungeheuerlichkeiten sind. In Indien sucht man nicht
fortwährend Neues zu erfinden, sondern das Vorhandene zu
vervollkommnen, zu verschönern . . . Dieselben Regeln, nach
welchen vor Jahrhunderten gearbeitet wurde, haben sich auf
den Arbeiter der Gegenwart vererbt und befähigen ihn, wie
seine Urahnen, die künstlerische Wirkung zu erzielen, die
sich in den schönen, farbenprächtigen Stoffen und andern
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kunstgewerblichen Leistungen zeigt." In ähnlicher Weise
urteilen die Berichterstatter anderer Länder bei Gelegenheit
späterer Ausstellungen.
Trotz dieser trefflichen Eigenschaften ist es den indischen
Gewerbserzeugnissen nicht gelungen, sich in Europa Eingang
zu verschaffen; ihre Einfuhr hat sogar bedeutend abgenommen.
Noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts standen die indi-
schen Baumwollenwebereien und -Färbereien in voller Blüthe,
ihre Erzeugnisse wurden in solcher Menge nach England ge-
sandt und mit Recht allen andern vorgezogen, dass die einhei-
mische Wollen-Industrie dadurch erheblich geschädigt wurde.
Heut empfängt Indien aus England seine bedruckten Kattune,
welche zwar viel schlechter, aber auch viel billiger sind, als
die einheimischen, die von Menschenhand gesponnen, gewebt
und mit Mustern verziert werden. Wie wenig die indische
Baumwollen -Industrie sich jetzt mit der englischen, messen
kann, zeigt deutlich der Umstand, dass Indien seit dem ame-
rikanischen Kriege einen erheblichen Theil seiner rohen Baum-
wolle nach Manchester sendet, um sie zum Theil wenigstens
in Form von Stoffen von dort zurückzuerhalten. Es hat
sich auch hier wiederum gezeigt, dass die rastlos fleissige
Hand, mit unvollkommenen Werkzeugen, nach alten Methoden
arbeitend, selbst bei noch so geringen Lohnansprüchen den
Wettkampf nicht bestehen kann gegen Maschinenfabrikate,
die das Ergebniss der Assoziation von Kapital und Wissen-
schaft sind.
Wie geht es aber zu, dass Indien, welches bereits eine
hohe Kulturstufe erreicht hatte und eine glänzende Industrie
besass zu einer Zeit, als der grösste Theil Europas noch in
Barbarei versunken war, in Bezug auf Wissenschaft, Kapital
und Unternehmungsgeist so sehr zurückgeblieben ist?
Versuchen wir uns die Ursache klar zu machen, so
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werden wir kaum umhin können, sie gesellschaftlichen Ein-
richtungen beizumessen, die den geraden Gegensatz zu den-
jenigen bilden, welchen wir das schnelle Aufblühen der ame-
rikanischen Gewerbe zugeschrieben haben.
Indien, im Osten, Süden und Westen vom Meer, im Norden
vom höchsten Gebirgswalle der Welt begrenzt, bildet ein in
sich abgeschlossenes Gebiet und wird nach der letzten Zäh-
lung von mehr als 240 Millionen Menschen bewohnt, die wir
Indier nennen, obgleich ihnen selbst ein solcher, die Gesammt-
heit der Bevölkerung umfassender Name fehlt. Wenn Sie aber
mit diesem Worte den Gedanken einer gemeinsamen Natio-
nalität verbinden und annehmen wollten, es gäbe ein ge-
schlossenes indisches Volk in dem Sinne des französischen,
oder auch nur des deutschen, so würden Sie im Irrthum
sein. Die Bevölkerung setzt sich zusammen aus unzähligen
Gruppen verschiedener Volksstämme, Volksklassen, Reli-
gionen, Sekten, Clans, Brüderschaften, Gilden und Zünfte.
Der Begriff einer gemeinsamen Heimat, das daraus ent-
springende Gefühl der Vaterlandsliebe, der Gemeinsinn ist
dem Bewohner Indiens fremd, daher das Land von jeher
ausländischen Eroberern so leicht zur Beute fiel. Das einzige
Band, welches diese ungleichartigen Elemente in Gruppen
zusammenhält, jede einzelne Gruppe aber auch wieder schroff
von den andern sondert, ist die Kaste. Es giebt Tausende
und aber Tausende sogenannter Kasten ; Niemand kennt ihre
Zahl, Niemand kann sie kennen, da der Begriff ein sehr
dehnbarer ist und überdies fortwährend Kasten neu ent-
stehen und vergehen. Die angeblich ursprüngliche Eintei-
lung der Hindus in vier Kasten hat heute nur noch Werth in-
sofern, als sie zum Unterbringen der unzähligen Volkssplitter
in vier grosse Haufen dient. Jeder Indier, einige wilde
Stämme und religiöse Sekten ausgenommen, wird als Glied
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einer Kaste geboren, der seine Vorfahren vielleicht schon seit
Jahrhunderten angehört haben. Jeder Akt seines täglichen
Lebens ist durch strenge Vorschriften geregelt, er darf keine
Speise berühren, die von Leuten niedrerer Kaste, als die seine,
bereitet worden ist, daher denn auch die uns sonderbar
scheinende Sitte, dass bei öffentlichen Festen sehr vornehme
Kasten als Köche fungiren. Von seltenen Ausnahmen abge-
sehen, darf der Indier nur in seiner eigenen Kaste heiraten.
Jede Uebertretung der Kastenvorschriften zieht empfindliche
Strafen nach sich. Ebenso strenge sind den Handwerker-
kasten die Grenzen ihrer Thätigkeit gezogen. Mit dem-
selben Misstrauen, derselben Geringschätzung, die einer Kaste
von den höheren zu Theil wird, behandelt sie die unter ihr
stehenden Kasten. Zwischen solchen aber, die auf ziemlich
gleicher Stufe stehen, führt das Ringen um den Vorrang
nicht selten zu bitterer Feindschaft, zuweilen auch zu blu-
tiger Fehde.
Von unseren europäischen Einrichtungen möchten die
katholischen Mönchsorden wohl am meisten geeignet sein,
den Begriff der indischen Kasten zu versinnlichen. Auch sie
halten ihre Mitglieder durch ein eisernes Band zusammen und
sondern sie von den andern Bürgern ab, alle ihre Handlungen
sind durch einen Kanon geregelt, auch ihnen gelten die In-
teressen ihres Ordens weit mehr als die des Vaterlandes.
Die Tyrannei der indischen Kaste ist aber in vielen Fällen
noch härter, als die der Mönchsorden. Zum Beweise will
ich Ihnen zwei Beispiele anftihren.
Tulsidas, ein Kaufmann in Bombay, der Hunderttausende
besitzt, gehört zur Vaisya- Kaste, liebt aber eine Frau aus
der Sudra- Kaste, zu welcher der grösste Theil der Hand-
werker gehört. Er bekommt einen Sohn von ihr, lässt ihn
vortrefflich erziehen und giebt ihm einen grossen Theil seines
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Vermögens. Eine Heirat mit der Mutter macht die Kasten-
Verschiedenheit unmöglich. Er möchte aber wenigstens den
Sohn legitimiren, ihn in die Nayer- Kaste, die zwischen der
mütterlichen und der väterlichen steht, aufnehmen lassen
und wendet zur Erreichung seines Zweckes alle Mittel an,
die sein grosses Vermögen und sein. Einfluss ihm gestatten.
Umsonst — der bisher angesehene Mann wird aus der Kaste
gestossen; — selbst Glieder niedriger Kasten verschmähen
es jetzt ihn zu berühren, mit ihm zu essen, Umgang mit
ihm zu haben.
Herr Metz, ein Baseler Missionar, der 30 Jahre unter
den Eingeborenen der Nilgiri- Berge in Süd -Indien thätig
war, erzählt von den Badagas, einer Ackerbau treibenden
Klasse, die, obwohl nur einige tausend Köpfe stark, in
14 Kasten zerspalten ist. Ein zur Chittre- Kaste gehörender
Badaga gerieth mit Kotas in Streit (die Kotas sind
eine Handwerker -Kaste, die Fleisch, sogar von gefallenen
Thieren essen und daher für sehr unrein gelten); einer der
Kotas berührte dabei das Sektenabzeichen, welches die
höheren B ad aga- Kasten an einer Schnur am Halse tragen,
der Bad aga fühlte sich durch diese Berührung so verun-
reinigt, dass er sich sofort das Leben nahm. Diese furcht-
bare Busse für ein wahrscheinlich unverschuldetes Vergehen
genügte aber nach Ansicht seiner Kastengenossen nicht, um
ihn wieder zu reinigen; denn bis heute sind seine Nach-
kommen nicht wieder in die Kaste aufgenommen und können
nur Badagas niederer Kasten heiraten.
Ein tiefer Abgrund trennt seit Jahrtausenden die herr-
schenden höheren Kasten von den unteren. Alle niedrige
harte Arbeit wurde von jeher diesen aufgebürdet, sie wurden
in Armuth und tiefer Unterwürfigkeit gehalten. Nicht nur
Berührung, selbst Annäherung über eine gewisse Entfernung
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veranlasst Verunreinigung, die im besten Falle nur durch
religiöse Bussen und Waschungen getilgt werden kann. Jedes
Emporkommen über die angeborene Kaste ist dem Indier
unmöglich gemacht. Was würde es ihm nützen eifrig nach
Verbesserung seiner gesellschaftlichen Stellung zu streben, da
die Kaste seinem Ehrgeize die engsten Schranken zieht? An-
nähernd ähnliche Zustände herrschten in den nordamerikani-
schen Sklavenstaaten zwischen Weissen und Negern. Während
aber die hochmüthigen Pflanzer der Süd -Staaten schwung-
haften Handel und Ackerbau trieben und Kapital schufen,
ist in Indien den oberen Kasten, die nach dem Urteil der
erfahrensten englischen Beamten, dem Europäer an geistiger
Befähigung in vieler Hinsicht vollkommen ebenbürtig sind,
jedes bürgerliche und ländliche Gewerbe als entehrend ver-
boten, daher mussten sie verarmen, statt vorwärts zu kommen*).
Sie vergeudeten ihre geistigen Fähigkeiten in mltssigen
theologischen Spekulationen, und so ging dem Lande das
wirksamste Mittel des Fortschritts, die wissenschaftliche
Forschung verloren, zu deren Trägern die höheren Klassen
durch ihren Geist, ihre Bildung und ihre Müsse berufen
waren.
Das ist aber nicht Alles. An dem Marke des armen
Volkes nagen Scharen von Schmarotzern der schlimmsten
Art: die arbeitsscheue, hochmüthige, gewissenlose Umgebung
zahlreicher kleiner regierender, oder depossedirter Fürsten,
bestechliche Unterbeamte, vor allem aber ein zahlreiches
Heer von Priestern, die das Volk, wie bei uns zu den
schlimmsten Zeiten des Mittelalters, in abergläubischer Furcht
erhalten und ausbeuten, und als eine Folge davon, eine
*) Für besondere Fälle der Noth sind zwar gewisse Gewerbe
ohne Kasten -Verlust gestattet, sie behaften aber den Betroffenen
mit einem Makel, den die Kastengenossen ihn sehr empfinden lassen.
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Menge frommer Müssiggänger, welche das Land bettelnd
durchziehen, sich zuweilen Selbstmartern von erfinderischer
Grausamkeit auferlegen und vom Volke als Heilige geehrt
und gefüttert werden.
In den angeführten Missständen ist indessen, Dank dem
Bemühen der englischen Regierung, namentlich seit den letzten
20 Jahren, eine Besserung unverkennbar, herbeigeführt be-
sonders durch zwei Mittel: den Volksunterricht und die An-
lage von Strassen und Eisenbahnen, jener zwar langsam
aber stetig wirkend, das Uebel an der Wurzel packend, diese
von Überraschend schnellem Erfolge. Zwei Ursachen aber
der allgemeinen Armuth, das schnelle Wachsen der Bevölke-
rung und das Unwesen der Wucherer nehmen nicht ab, sie
nehmen zu unter der britischen Herrschaft, die dem Volke zum
ersten Male Schutz und Sicherheit der Person und des Eigen-
thums gegen innere und äussere Feinde gewährt, und dem
Gesetze in allen Volksklassen gleiche Geltung verschafft.
Jeder Indier heiratet und heiratet ausserordentlich früh.
Die Religion gebietet ihm Söhne zu zeugen. Seine Ansprüche
an das Leben sind ausserordentlich gering; Sorgen Uber die
Möglichkeit, eine Familie zu ernähren, ihr eine bessere Le-
bensstellung zu schaffen, kennt er nicht. Die früher in man-
chen Kasten sehr allgemeinen Mädchenmorde*) haben durch
*) Wie sehr verbreitet dies Verbrechen in manchen Kasten, be-
sonders bei den Rajputen, war, zeigen folgende Notizen: . . Vor der
englischen Herrschaft wurden Tausende unglücklicher Kinder den
Flussgöttern als Opfer zugeworfen (Raikes, Notes on the N. W.
Prov. 5).. Jahrhunderte hindurch haben vornehme Rajput- Familien
alle ihre Töchter umgebracht . . Bei einigen Stämmen wurden die
Mädchen sogleich nach der Geburt in Milch ersäuft oder durch Opium
vergiftet, das die Mutter auf ihre Brustwarzen strich oder an den
Gaumen des Kindes klebte (1. c. 12) . . 1856 fand der Spezial-Kom-
missar Moore in 26 Dörfern nicht ein Mädchen unter 6 Jahren, in
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die Maasregeln der englischen Regierung sehr abgenommen,
ebenso die Seuchen. Die inneren Kriege und Raubzüge,
welche ehedem ganze Provinzen verheerten, haben gänzlich
aufgehört — daher die schnelle Zunahme der Menschen, und
da die Produktivität des Bodens nicht in gleichem Maasse
steigt, die zunehmende Armuth der ländlichen Bevölkerung.
Freilich könnte der Ertrag des Bodens durch verbesserte
Kulturmethoden sehr gesteigert werden; ihrer Einfuhrung
widersetzen sich aber die bestehenden Verhältnisse des Grund-
besitzes. Der grösste Theil des urbar gemachten Landes
gilt, nach der Weise des Orients, als Eigenthum der Regie-
rung, der Bauer (Ryot) ist nur Pächter und zahlt an die
Regierung unmittelbar oder durch Mittelspersonen eine Land-
rente nach einem Uebereinkommen (Settlement), das höch-
stens auf dreissig Jahre abgeschlossen wird. Ist die Frist
abgelaufen, so tritt eine neue Schätzung des Bodenwerthes
ein. Es ist klar, dass der Bauer nicht geneigt sein wird,
Kapital und Arbeit auf bleibende Anlagen zur Verbesserung
des Bodens zu verwenden, der nicht sein eigen ist, sondern
einer andern Gruppe von 38 Dörfern gar kein Mädchen . . „in einem
Theile von Benares findet man nicht nur keine Mädchen in den Hän-
sern, es hat deren auch nie gegeben; die Heirat einer Tochter hat
seit mehr als 200 Jahren nicht stattgefunden." (Strachey, Bill . . .
infanticide 1870). Spez. Kommissar Unwin fand in 30 Dörfern
37 Töchter, 329 Knaben gleichen Alters, in 11 Dörfern nicht ein
Mädchen (ibid.). Lutfallah fand in Kasch (Cutch) zwölftausend Ja-
rejas, von denen nur 37 weiblichen Geschlechtes waren (Autobiogr. of
Lutfullah , Tauchnitz ed. 140). Nach den Blaubüchern India Progr.
& Cond, war das Verhältniss der Weiber zu den Männern in dieser
Kaste 1840 auf 335 zu 4912; 1873 auf 4272 zu 8371; 1875 auf
91,39 pCt. gestiegen und finden die Todesfälle der weiblichen Kinder
gegenwärtig nur noch durch Vernachlässigung nach der Geburt,
nicht durch Mord statt.
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periodisch einer neuen Taxe unterliegt. Auch der Umstand,
dass in einem grossen Theile Indiens das Land noch ge-
meinschaftliches Eigenthum der Dorfschaften ist, unterstutzt
die Sorglosigkeit des Bauern, hemmt den Unternehmungsgeist
des Einzelnen und hindert den Fortschritt des Landbaues.
Was der Bauer durch den Fleiss seiner Hände der Erde
mühsam abringt, genügt eben, ihn zu ernähren. Reis ist nicht,
wie man in Europa glaubt, die Hauptnahrung des Volkes,
er gedeiht nur an begünstigten Lokalitäten und ist für Viele
ein seltner Leckerbissen. Die Mehrzahl in Süd- und Zentral-
Indien muss sich mit schlechterer Kost begnügen. Jeder ar-
beitet, um das nackte Leben zu fristen, es wird kein Ka-
pital erübrigt. Die geringste Störung der Verhältnisse treibt
den Bauer den Wuchererkasten in das Netz, die ihm Geld
zu 36 pCt. Zinsen borgen. Der Wucherer trachtet die Schuld
fortlaufen zu lassen, bis sie durch Anhäufung der Zinsen
solche Höhe erreicht, dass der Schuldner unfähig ist, sie
abzutragen. Des letzteren Unbedachtsamkeit, sein Mangel an
Willenskraft kommen jenem dabei zu Statten und ebenso
das Gesetz, innerhalb dessen Wortlaut er sich verschanzt.
Auf solche Weise sind in neuerer Zeit die Landbaucr ganzer
Distrikte in völlige Abhängigkeit gerathen, thatsächlich zu
Schuldsklaven der Wucherer -Kasten geworden.
Der letzte Jahresbericht des indischen Amtes enthält
eine Darstellung dieser Verhältnisse, die zugleich einen Ein-
blick in die Eigenthümlichkeit des indischen Charakters
giebt. Sie lautet abgekürzt:
. . „Die Landbauer ziehen es entschieden vor, sich an
die Saukars (Wucherer) zu wenden, statt Geld von der
Regierung anzunehmen. Letztere gewährt ihnen bei ge-
nügender Sicherheit Vorschüsse zu 6% pCt. Zinsen in einer
Reihe von Jahren rückzahlbar. Diese Liberalität wird aber
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nur selten benutzt; — ja, als nach der Ueberschwemmung
von Ahmed ab ad die Regierung 20,000 Mark zu zinsfreien
Vorschüssen an arme Landbauer bewilligte, machte nicht
Einer von dem Anerbieten Gebrauch, denn als die Geldleiber
die Gefahr erkannten, dass ihre Kunden ihnen entschlüpfen
mochten, gestanden sie ihnen Bedingungen zu, die sie vorher
verweigert hatten. Wenige Landbauer sind aber in der Lage,
ihren Geldleihern trotzen zu können. . (East India Progr.
& Cond. 1877.)
So gering auch das jährlich erübrigte Kapital im Ver-
hältniss zu der zahlreichen, fleissigen, sparsamen Bevölkerung,
so beträgt es doch immerhin, für sich genommen, eine be-
deutende Summe. Die Ausfuhr Indiens beläuft sich im
Durchschnitt auf etwa doppelt soviel, als die Einfuhr, der
Unterschied wird durch Gold und Silber ausgeglichen. In
den 20 Jahren von 1858 bis 1877 flibrte Indien £ 267,582,677
baar ein und nur £ 28,804,567 aus, £ 238,778,110 blieben
also im Lande. Aber nur ein geringer Theil davon kommt
dem Verkehr zu Gute. Eine grosse Menge wird zu Ge-
schmeiden verwendet, der Rest zum Theil vergraben oder
sonst verborgen, statt zu produktiven Anlagen verwendet zu
werden. Diese Sitte hat sich noch aus der Zeit vor der
englischen Herrschaft erhalten, wo kein Mensch seines Eigen-
thums sicher war, und es muss im Laufe der Zeit eine ganz
enorme Menge Kapital in dieser Weise ohne jeden Nutzen
dem Verkehr entzogen, praktisch vernichtet worden sein*).
Durch die geschilderten sozialen und religiösen Verhält-
*) „Vor einiger Zeit wurden die alten Rupies eingefordert.
400 bis 500 Mülionen waren ausgeprägt worden. Die ganze Summe
der eingelieferten überstieg nicht 60 Millionen. Der Rest war ent-
weder vergraben oder zu Geschmeiden und Geräthen verbraucht
worden/ W. Russell, My Diary, 1858.
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nisse wird der schon durch das Klima bedingte, angeborene
Mangel an Energie unendlich verschärft und aller Unterneh-
mungsgeist erstickt. So finden wir denn in Indien, im Gegen-
satz zu Amerika, grosse Armutb, tiefe Unterwürfigkeit, blinde
Ergebung in das Schicksal, allgemeine Apathie.
Am grellsten kommen diese Eigenschaften des Volks-
charakters bei den furchtbaren Hungersnöthen zum Vorschein.
Die Menschen leben so lange die Ernten ergiebig sind, und
sterben heerdenweise bei Misswachs.
Im Jahre 1770, als die Engländer eben begonnen hatten,
den Grund zu ihrer Herrschaft in Indien zu legen, brach in
Nieder-Bengalen eine Hungersnoth aus, die vom Januar bis
zum Juni 37 % pCt. der Gesammtbevölkerung dieser Pro-
vinz wegraffte. Auf nicht weniger als 10 Millionen schätzen
amtliche Berichte den Verlust an Menschenleben, und ob-
gleich nun eine Reihe von Jahren grosser Fülle folgte, nahm,
die Volksmenge dennoch stetig ab, denn da bei Hungers-
nöthen die Kinder zuerst erliegen, so war, als alimälig die
Erwachsenen starben, kein Nachwuchs vorhanden, um die
Lücken zu ftillen, und 20 Jahre später musste der General-
Guvernör nach sorgfältiger Prüfung berichten, dass ein
Drittel der Ländereien der Kompanie sich in Wildnisse
voll reissender Thiere verwandelt hätte. Zwei der Haupt-
ursachen dieser grauenvollen Ereignisse, Wassermangel, wenn
die Regenmenge für den Landbau nicht ausreicht, und Strassen-
mangel, der das Zuführen von Korn in die von Missernten
betroffenen Gebiete verhindert, sind die Engländer nach
Kräften zu beseitigen bemüht. Riesengrosse Arbeiten haben
sie in den letzten zwanzig Jahren ausgeführt, ungeheure
Summen verausgabt. Wie machtlos aber der Mensch im
Kampf gegen die Elemente ist, zeigen deutlich die furchtbaren
Verheerungen, welche auch heut noch das Ausbleiben der ge-
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wohnten Regen anrichtet. Nach den jüngsten Volkszählungen
haben in dem Hungerjahre 1877 folgende von der eben er-
löschenden Hungersnoth betroffene Distrikte Süd-Indiens an
Bevölkerung verloren: Salem 27 pCt, Bellary 21 pCt.,
Kurnool 27 pCt, Cuddapah 26 pCt., Nellore 21 pCt., Coim-
batore 17 pCt., Chingleput 10 pCt. In Salem z.B. ergab
die Zählung vom 14. März 1878 : 1,559,876 gegen 2,129,850
Ende 1876, also einen Verlust von 569,956 Seelen in Einem
Jahre in Einem Distrikte. Die Hungersnoth ist aber dort
noch nicht vorüber und wird es auch in einigen Monaten noch
nicht sein. In allen von der Plage freigebliebenen Distrikten
war die Volksmenge normal gestiegen. „Wir haben", be-
merkt der Times -Korrespondent (Madras, 20. April 1878),
dem diese Zahlen entnommen sind, „wahrscheinlich nicht
weniger als drei Millionen Menschen von der durch die
.Hungersnoth starkbetroffenen Bevölkerung von zwanzig Mil-
lionen verloren; rechnen wir aber die Sterblichkeit in Mysore
und Bombay hinzu, so wird der Gesammtverlust an Menschen-
leben in Süd- Indien wohl nicht viel unter sechs Millionen
betragen." Nach einem Telegramm aus Calcutta (Times,
3. Juni) ist in Süd-Dekan mehr als ein Drittel der Gesammt-
bevölkerung in Einem Jahre, bis Juli 1877, gestorben!
Die Zustände, die sich in Indien bis heut erhalten haben,
sind von denen des modernen Europas so durchaus ver-
schieden, gehören einer so weit hinter uns liegenden Ent-
wickelungsstufe an, dass es für einen Europäer schwer ist,
sich eine klare Vorstellung davon zu bilden. Aber , selbst
die kurzen hier gegebenen Andeutungen werden Ihnen deut-
lich gemacht haben, dass solche Verhältnisse jede fortechritt-
liche Entwickelung hemmen mussten. Ihr Bestehen bis auf
den heutigen Tag war nur bei der bisherigen Abgeschlossen-
heit des Landes möglich. Mit dem Aufhören derselben be-
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23
ginnt fiir jene Völker ein neues Zeitalter. Durch die englische
Verwaltung, durch den regen Verkehr mit Europa, dringt ein
neuer Geist, der europäische Geist des Fortschrittes, in die
seit Jahrtausenden erstarrten Formen und bringt Verände-
rungen hervor, die vielleicht, wenn sie lange genug fort-
wirken, das ganze Wesen jener Völker umgestalten werden.
Nicht Indien allein, ganz Asien kommt mehr und mehr unter
europäischen Einfluss. Wie weit es Europa gelingen wird,
Asien zu europäisiren und welche Rückwirkung dies auf
Europa haben wird, ist heute wohl noch nicht vorauszusehen.
Auf unsere gewerblichen und wirth schaftlichen Zustände aber
ist eine solche Rückwirkung jetzt schon erkennbar.
Erst seit wenigen Jahrzehnten haben sich uns die Länder
des fernen Ostens mit ihren alten Zivilisationen und ihren
zahllosen arbeitsamen Bevölkerungen erschlossen*) und erst
durch den Suez -Kanal und den Telegraphen sind sie in nahe
Beziehung zu uns getreten. Diese beiden Verkehrsmittel,
der Telegraph und der Suez -Kanal, haben dem indischen
Handel bereits in den wenigen Jahren ihres Bestehens eine
andere Gestalt gegeben. Alle grossen Geschäfte zwischen
Indien und Europa werden heut durch den Telegraphen
vermittelt, der oft mehrere Male in einem Tage die Nach-
frage des Konsumenten und das Angebot des Produzenten
austauscht. Während früher die Güter den langen Weg um
das Kap nach London nahmen, um von dort aus, erheblich
vertheucrt durch Lagergeld, Makler- und Umladegebühren,
Frachten und andere Spesen, an die Abnehmer des Kon-
tinents zu gelangen, bestellt jetzt der Konsument des Fest-
landes seine Waaren direkt in Indien durch den Telegraphen ;
*) Erst 1834 wurden die sehr strengen Verordnungen aufgehoben,
die das Reisen der Europäer in Indien verboten; 1843 trat die so-
genannte Ueberlandpost ins Leben.
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wenige Wochen später bringen sie ihm Dampf boot und
Eisenbahn vor die Thür seines Speichers.
Welchen Einflnss der Suez-Kanal schon jetzt übt, können
Sie daraus ersehen, dass bereits drei Jahre nach seiner Er-
öffnung, im Geschäftsjahre 1872/73 : 60 pCt. des indischen
Handels mit England und Amerika diesen Weg genommen
haben. Noch im Anfange dieses Jahrhunderts dauerte eine
Reise oder Briefsendung nach Indien selten weniger als sechs
Monate, zuweilen Über ein Jahr, gegenwärtig nicht viel mehr
als zwei Wochen. Indien ist uns also um das zwölffache
näher gebracht worden*).
Zunächst macht sich der Einfluss dieser neuen Handels-
strasse bei dem Austausche europäischer Fabrikate und in-
discher Rohprodukte geltend; es kann aber wohl kaum aus-
bleiben, dass mit dem Zunehmen des Verkehrs und der
bessern Kenntniss der Htilfsquellen des Landes auch die
dort aufgespeicherte unermessliche Masse intelligenter, ge-
schickter, gewissenhafter und beispiellos billiger Arbeitskraft
zu Gunsten der europäischen Konsumenten verwerthet werde?
Unsere grossen politischen und militärischen Erfolge ver-
anlassten ein plötzliches Aufsprudeln des nationalen Unter-
nehmungsgeistes. Es wurden ftir die hastige Anlage von
Eisenbahnen, Fabriken und anderen grossen Betrieben, ftir
*) Die Entfernung von Brindisi nach Bombay durch den Suez-
Kanal beträgt 4380 Seemeilen, die Fahrt darf nach dem bequemen
Kontrakt, den die P. & 0. Kompanie ihrem mächtigen Einflüsse im
Parlamente verdankt, 17 Tage (10,73 Sm. per St.) dauern, dauert
aber in Wirklichkeit gewöhnlich nicht viel mehr, aber auch nie
weniger als 15 Tage (12,16 Sm. p. St.). Die transatlantischen Post-
dampfer sind kontraktlich gezwungen, die Entfernung zwischen Neu-
York und Liverpool (3150 Sm.) in 10 Tagen zurückzulegen und würden
mit derselben Schnelligkeit (13,16 Sm. p. St) fahrend, für die Strecke
Brindisi-Bombay nur 14 Tage gebrauchen.
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25
Wiederherstellung der vom Kriege verzehrten Vorräthe, für
den schnell gestiegenen Luxns plötzlich so Ubergrosse Anfor-
derungen an die vorhandenen Arbeitskräfte gestellt, dass die
Löhne eine früher unerhörte Höhe erreichten*), während zu-
gleich die Arbeitsleistung durch Einschränkung der Arbeits-
zeit an Quantität, und durch Verwendung vieler sehr unvoll-
kommen ausgebildeter Leute an Qualität abnahm.
Das durch lange Jahre des Fleisses und der Sparsamkeit
geschaffene und angesammelte Kapital ist in jenen Unter-
nehmungen, von denen nur wenige die gehofften Erträge
geben, aufgezehrt, theils auch in geradezu sinnlosen oder
betrügerischen Spekulationen vergeudet worden. Milliarden
sind in dieser Weise verloren gegangen, der Konsument be-
sitzt heute nicht mehr die Mittel zu kaufen wie ehedem,
gleichzeitig ist die Produktion durch Steigerung der Löhne
bei verminderter Leistung bedeutend vertheuert worden.
Daher die nun schon fünf Jahre dauernde Krisis, die schwer-
lich anders als durch einen allmäligen Ausgleich jener beiden
Missverhältnisse zu Uberwinden ist.
Der Konsument will gut und billig kaufen; wer ihm
dazu verhilft, darf auf hohe Prämien rechnen; — kann man
zweifeln, dass die in Indien, in Japan und mehr noch in
China fast brachliegende Arbeitskraft, durch «europäisches
Kapital und europäische Wissenschaft befruchtet, für den
europäischen Markt in Anspruch genommen werden wird?
*) Nach Dr. de Leeuw (Zeitschrift für Schweizerische Statistik)
sind in Deutschland von 1867 bis 1870 die Löhne für Feilenschmiede
um 00 bis lOOpCt., für Feilenhauer um 90pCt. und mehr gestiegen.
In anderen Gewerken betrug die Steigerung 25 bis ÖOpCt., dennoch
überstiegen nach dem gleichlautenden Zeugniss der Arbeitgeber die
1872 und später wirklich erhaltenen Löhne kaum die vor 1867 ver-
dienten. Der Unterschied ging in Trägheit und Verschwendung auf.
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26
Als die Löhne in Californien eine unerschwingliche Höhe
erreicht hatten, drangen trotz allen Widerstandes der weissen
Arbeiter, Tausende von Chinesen ein, deren billiges, fleissiges,
gewissenhaftes Schaffen wieder normale Zustände auf dem
Arbeitsmarkte herbeiführte , ihre weissen Nebenbuhler aber
zu Wuthau8brüchen trieb, die bereits mehrere Male das Ge-
meinwesen in die äusserste Gefahr brachten. Ich werde
darauf zurückkommen. Alle Fabriken Californiens werden
nur mit Chinesen betrieben, und auch viele andere Gewerbs-
zweige sind gänzlich in ihren Händen. Der westliche Theil
der Pacific -Bahn ist von chinesischen Arbeitern gebaut wor-
den, die am 28. April 1869 die fast unglaublich klingende
Leistung, in 11 Arbeitsstunden 10 englische Meilen Eisenbahn
fertig zu stellen, vollbracht haben.
Eine Einwanderung indischer Arbeiter nach Europa ist
aus vielen Gründen sehr unwahrscheinlich, aber auch ohne
auszuwandern, können sie unseren Arbeitsmarkt wesentlich be-
einflussen. Der unermüdliche Fleiss des indischen Handwer-
kers, seine ruhigen, leidenschaftlosen Gewohnheiten, seine Ent-
haltsamkeit von berauschenden Getränken, seine einfache Kost,
das feine Gefühl seiner Hände (man könnte sagen seiner Hände
und FüS8e), und der Umstand, dass er von Geburt an sich nur
in den Grenzen seiner Zunft bewegt, von frühester Jugend
an mit allen ihren Uebungen vertraut ist, vielleicht sogar in
Folge der Fortpflanzung durch viele Generationen, erblich
gewordenes Geschick für besondere Leistungen besitzt, diese
und viele andere weniger deutlich hervortretende Ursachen
wirken zusammen, um ihn zu einem der geschicktesten Hand-
arbeiter der Welt zu machen.
Unsere auf Massenproduktion gerichtete Art der Arbeits-
theilung bringt es mit sich, dass der Arbeiter nicht ein
Ganzes, sondern nur einen kleinen Theil des Ganzen schafft.
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27
Der künstlerische oder wissenschaftliche Theil des Werkes
ist von einem Zeichner oder Techniker geliefert, die Leistung
des Arbeiters beschränkt sich oft darauf, der Maschine zu
helfen, ohne sich um den Zusammenhang des Ganzen zu
kümmern. Die Freude am Schaffen, der Stolz auf seinen
Beruf bleiben ihm fremd. Kein Wunder, wenn sein ganzes
Trachten darauf gerichtet ist, seinen Tagelohn möglichst
leicht zu verdienen, d. h. ftir geringe Leistung hohen Lohn zu
erhalten. Auch bei denjenigen Handwerken, wo die Maschine
wenig oder gar nicht zur Anwendung kommt, wirkt die
Arbeit nach Stückzahl in ähnlicher Richtung. Eine natür-
liche Folge dieser Zustände ist, dass bei uns die Kunst im
Handwerke mehr und mehr verloren geht und dass beson-
ders in den Gewerben, die grosses Handgeschick, Geduld,
Gewissenhaftigkeit oder Geschmack in der Ausführung ver-
langen, oder auf künstlerischer Technik beruhen, gute Ar-
beiter immer seltner werden. Alles was uns in dieser Hin-
sicht mangelt, besitzt Indien in unerschöpflicher Fülle und
zu den einladendsten Preisen.
Europa tibertrifft Indien an Kapital, Wissenschaft und
Unternehmungsgeist; Indien tibertrifft Europa . an billiger,
geschickter Arbeitskraft und darin, dass viele der zu ver-
arbeitenden Stoffe: Baumwolle, Jute und andere, Landeser-
zeugnisse sind. Es scheint aber viel leichter die erstgenannten
Erfordernisse, nämlich Kapital und die Ergebnisse der
Wissenschaft, d. h. Maschinen und wissenschaftliche Methoden
von Europa nach Indien, als die Vorzüge Indiens, billige
Arbeiter und Rohstoffe, von Indien nach Europa zu schaffen.
In Indien beträgt der unter Eingeborenen übliche Zinsfuss
12 bis 36 pCt. ; in England ist es nicht immer leicht, Geld
zu 4 pCt. sicher anzulegen. Man darf daher wohl annehmen,
dass ein Theil des dort angesammelten und durch die
28
häufig wiederkehrenden Arbeitseinstellungen und sozialistischen
Drohungen geängstigten und gefährdeten Kapitals nach In-
dien abfliessen wird, das sich jetzt endlich, nach Jahrhunderte
langen inneren Kriegen und Unruhen, gesicherter Zustände
unter einer aufgeklärten, Bildung und Fortschritt fördernden
Regierung erfreut. Sehr beträchtliche Summen englischen
Geldes sind übrigens bereits in indischen Eisenbahnen an-
gelegt worden, wobei allerdings die Regierung 5 pCt. Zinsen
garantirt. Auch die mit jedem Jahre steigende Kaffee-, Thee-
und Indigo -Produktion wird mit europäischem Gelde be-
trieben; aber auch der indische Unternehmungsgeist erwacht
bereits und lockt indisches Kapital aus seinem Versteck
hervor.
Ich erwähnte vorher, dass Indien seit dem amerikanischen
Kriege einen grossen Theil seiner Baumwolle nach England
sendet, um sie in Form von Stoffen zurückzuerhalten. Diese
Thatsache scheint einen denkwürdigen Wendepunkt zu be-
zeichnen. Bis jetzt nämlich erzeugt Indien nur sogenannte
kurzstapelige Baumwolle, die der langstapeligen amerikani-
schen nicht gleichkommt. Im amerikanischen Kriege ver-
. siegte die Bezugsquelle der letzteren und Indien wurde zu
einer ausserordentlichen Produktion für den englischen Markt
veranlasst, die nach dem Frieden dort keinen günstigen Ab-
satz mehr fand und die Anlage grosser Fabriken im Lande
selbst hervorrief*).
Vor 20 Jahren besass ganz Indien nur 3 Baumwollen-
Spinnereien, heute soll deren Zahl allein auf der kleinen
*) Im Jahre 1865 erreichte der Werth der indischen Baum-
wollenausfuhr die schwindelhafte Höhe von mehr als £ 37,000,000,
heute beträgt sie etwas weniger als £ 12,000,000; das produzirte
Quantum ist aber fast dasselbe geblieben, nur der Werth ist ge-
fallen. (Forbes Watson.)
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29
Insel Bombay 50 übersteigen; 10 sind neuerdings in Guzerat,
mehrere in Madras und in den Zentral-Provinzen entstanden,
sämmtlich mit indischem Kapital gegründet und Tausende
inländischer Arbeiter beschäftigend*). Sie beschränken sich
bis jetzt auf gröbere Garne und Stoffe und haben die eng-
lischen Fabrikate dieser Klasse nicht nur vom indischen
Markte verdrängt, sie machen ihnen auch die Einfuhr in
China, Japan, Russland und Amerika streitig, wo man sie
ihrer grösseren Haltbarkeit wegen den englischen Stoffen
vorzieht**).
*) 1874 betrug die Zahl der Spindeln in Indien 593,000; 1877:
• 1,231,00. (Economist 9. Febr. 1878.)
**) Schon im Herbste 1873 (Bombay Gazette 29. Nov.) erklärte die
Bombay -Handelskammer, dass die Einfuhr von Manchester - Schnitt-
waaren in Folge der lange geleugneten, endlich offen eingestandenen
Unehrlichkeit im Handel, dem gänzlichen Untergang geweiht sei.
Nicht der geringe Einfuhrzoll (damals 7 % , jetzt nur 5 pCt.) sei die
Ursache, dass grobe englische Stoffe (coarse cloth, longcloth, Tcloth,
domestics) durch einheimische Waare vom Markte verdrängt worden,
sondern die nichtswürdige Verfälschung der Waaren. „Wie wird es,
fragt der Redaktör, in 10 oder 20 Jahren stehen? Manchester mag
keine indische Baumwolle spinnen, wenn es amerikanische bekommen
kann; — dann werden wir unsere ganze Ernte behalten."
Aus China berichten die englischen Zollinspektoren (Reports
on Trade at the Treaty -Ports in China, Shanghai 1877): In dem
Maasse, als das von der Revolution verwüstete Land angebaut wird,
kommt das Handgespinnst der Frauen wieder zur Geltung; ein-
heimische Gewebe werden bald wieder auf den früheren Preis, wahr-
scheinlich (in Folge der vermehrten Baumwollenproduktion) noch
tiefer sinken. Nur die Aermsten, die das theurere aber viel preis-
würdigere einheimische Zeug nicht zahlen können, und die Reichen,
die das feinere wenig haltbare Zeug vorziehen, werden ausländische
Stoffe kaufen. . . Zur Bevorzugung der einheimischen Stoffe hat
die massenhafte Waarenverfälschung der Manchester - Fabri-
kanten wesentlich beigetragen.
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30
Der Agitation in England liegt wohl auch die Befürch-
tung zu Grunde, dass es Indien durch verbesserte Kultur-
methoden gelingen könne, eine zu den feineren Sorten von
Maschinenfabrikaten erforderliche langstapelige Baumwolle zu
erzeugen*), und wenn man erwägt, durch welche grossartige
Wie sehr die „Baumwollenfrage" die englischen Fabrikanten
beunrtlhigt, zeigt die steigende Agitation der letzteren. „Man-
chester andlndia" ist bereits zu einem stehenden Artikel in den
englischen Blättern geworden. Am 14. Februar verlangte eine De-
putation der bedeutendsten Baumwollenspinner Lancashire's vom
Staats-Sekretär für Indien (vertreten durch Lord Hamilton), dass die
indischen Baumwollenfetoffe mit 5 pCt. besteuert würden, nicht nur
damit die englische Baumwollen-Industrie mit den indischen Fabrikaten
auf den einheimischen Märkten konkurriren könne, sondern auch,
wie sie freimüthig gestanden, um letztere von den chinesischen und
japanischen Märkten zu verdrängen.
Wir waren gewohnt Manchester als die feste Burg des Frei-
handels zu betrachten, und jetzt sehen wir es als Schutzzöllner auf-
treten. Indiens Ausfuhrhandel soll beschränkt werden, weil er Lan-
cashire belästigt. — Es ist wohl nur ein Rückfall; in Indien wird
den englischen Fabrikanten vorgeworfen: „Ihr habt Eure Baum-
wollenspinnereien auf den Ruinen der unsrigen errichtet, indem Ihr
50 Jahre hindurch unsere Manufakturen mit Zöllen von 100 und
200 pCt. belastetet, um die Eurigen zu beschützen." (Robt Knight,
Manchester und India. Calcutta 1876, p. 7.)
Am 8. März entsandte die Handelskammer von Manchester eine
Deputation an Lord Salisbury und erklärte: „den Absatz grober
Stoffe nach Indien haben wir bereits verloren; Lord Northbrook
hob 1875 den Ausfuhrzoll von 3 pCt. in Indien auf und jetzt können
die Manufakturen von Bombay mit denen von Lancashire auf den
Märkten von China, Japan und anderen Ländern konkurriren." Die
Zahl der Spindeln in Indien hat sich im vergangenen Jahre mehr
als verdoppelt."
*) Die indische Regierung wendet grosse Summen auf Versuche,
die inländische Baumwolle zu verbessern und neue Sorten einzu-
führen. . Im Dharwar-Distrikt (Bombay) ist der Anbau der ameri-
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Entfaltung der Produktion Indien die Nachfrage nach Waaren
beantwortet hat, die noch vor zwei Jahrzehnten keinen Han-
delsartikel bildeten oder dem Lande völlig fremd waren, so
begreift man wohl die Furcht des englischen Fabrikanten,
dass sein bester Kunde sich in einen Rivalen verwandle.
Ich will hier einige Beispiele anführen:
1850 wurden im Himalaya die ersten Versuche mit Thee
gemacht, zehn Jahre später betrug die Theeausfuhr nicht
Uber 1% Millionen Pfd., 1875 aber erzeugte Indien bereits
soviel Thee, als Grossbritanien 1840 verbrauchte. Das Rollen
der Blätter geschieht in sehr vielen Fabriken bereits mit Dampf-
kraft, da die Pflanzungen meist in schwachbevölkerten Berg-
distrikten liegen.
Im Jahre 1862 wurden die ersten Cincbonapflanzen von
Peru nach Indien gebracht. Heute wachsen Millionen Cin-
chonabäume in Sikkim und im Nilgiri- Gebirge und liefern
Fieberrinden, die reicher an Chinin sind, als die Bäume in
ihrer amerikanischen Heimat.
1828 sandte Bengalen 18 Tonnen Jute-Faser im Werthe
von £ 62 nach England, im Jahre 1872/73 war der Werth
der Ausfuhr in Folge verbesserter Bereitung und der An-
wendung von Maschinen auf £ 4,142,547 gestiegen. Das
Bedeutsame aber ist, dass die Landbauer von Bengalen
diese grossartige Industrie binnen 45 Jahren ohne irgend
welche Aufmunterung oder Unterstützung Seitens der Regie-
rung geschaffen haben. Es bestehen grosse Anstalten mit
Dampfbetrieb, um die Faser unter europäischer Aufsicht in
Indien zu spinnen und zu weben. In der Fabrik zu Bar-
nagpore bei Calcutta z. B. arbeiten 4700 Eingeborene unter
kanischen Baumwolle vollständig gelungen. An andern Orten sind
durch Kreuzungen und sorgfältige Auswahl der Samen gute Ergeb-
nisse erzielt worden. (India Progr. & Cond. 1872/73. 37.)
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17 europäischen Aufsehern. Neue Fabriken sind im Werden*).
In Bombay sind grosse Seidenwebereien und Maschinenpa-
pierfabriken entstanden. Auch mehrere andere Gewerbs-
zweige benutzen schon gegenwärtig das Geschick des indi-
schen Arbeiters zu Gunsten des europäischen Marktes. In
einigen Gefangnissen z. B. werden Teppiche gewebt, die an
Ort und Stelle 16 Mark die Elle gelten, in London aber,
wegen ihrer grossen Schönheit, zu 60 Mark die Elle verkauft
werden. Auf mehrere Jahre hinaus haben einige Londoner
Firmen alle Teppiche, die in dieser Weise geliefert werden
können, mit Beschlag belegt, und doch werden sie fast ohne
Ausnahme von Leuten angefertigt, welche erst im Gefängniss
dieses Gewerbe erlernen. Auch in Bengalen sind neuerdings
zahlreiche Fabriken entstanden, die Tausenden fleissiger
Hände Beschäftigung geben.
Die Ostindische Kompanie hatte ursprünglich, als Handels-
gesellschaft, nur die Erzielung hoher Erträge aus der Land-
*) Markham (Ind. Prog. & Cond. 1872/73) hebt hervor, dass die
Jute-Faser von Bengalen den Walfischfang der Baffins-Bay wieder
wachgerufen hat. D u n d e e hat sich der Jute-Fabrikation in Grossbrita-
nien fast allein bemächtigt, es verbraucht dazu die Hauptmasse des vor-
handenen Walfischthranes, sodass die tropische Faser und der arktische
Thran sich in seinem Hafen begegnen. Die Handelskammer von
Dundee hat die Aussendung einer arktischen Expedition zur Auf-
suchung neuer Gebiete von Thranthieren beantragt. Nach Mitthei-
lungen des Herrn General -Konsuls Wehner bestehen in und um
Calcutta mehr als zehn grosse Jute -Webereien, die ihren Garn-
bedarf seilst spinnen und 1877: 96 Millionen Säcke geliefert haben,
davon etwa 30 M. für den durch die Hungersnoth veranlassten
grossen Reistransport. Nach dem Wegfall dieses Mehrbedarfes wird
voraussichtlich die Ueberproduktion nach Europa gehn und Dundee
empfindliche Konkurrenz machen. Auf den Märkten der südlichen
Hemisphäre verdrängen schon jetzt die indischen Jute-Fabrikate all-
niälig die schottischen, ebenso in Californien.
33
rente für ihre Aktionäre im Auge. Die englischen Fabrikanten
ihrerseits waren bemüht, die indischen Gewerbserzeugnisse
durch ihre Maschinenfabrikate zu verdrängen. Beide Be-
strebungen führten dazu, die gewerbliche Thätigkeit Indiens
zu vermindern und den Landbau zur Haupterwerbsquelle der
Bevölkerung zu machen. Das häufige Auftreten von Hungers-
nöthen hat aber jetzt die Regierung zu der Ansicht gefilhrt,
dass diese Katastrophen nicht allein durch periodischen
Regenmangel, sondern auch wohl durch die Übermässig ge-
steigerten Anforderungen an die Ertragsfähigkeit des Bodens
zur Ernährung der schnell wachsenden Bevölkerung veran-
lasst werden. In der neuesten Zeit wird daher die gewerb-
liche Thätigkeit in Indien nicht mehr, wie ehedem, behin-
dert, sondern von der Regierung nach Kräften gefördert, um
den Ackerbau einigermaassen zu entlasten und die Steuer-
quellen für die immer wachsenden Ansprüche des Fiscus zu
vermehren.
Erst vor 5 Jahren hat die Regierung eine grössere
systematische Durchforschung des Landes nach Kohlen- und
Eisenerzlagerstätten begonnen, und bereits ist in zwei
Distrikten das Vorhandensein aller Erfordernisse zur Ent-
wickelung der grossartigsten Eisenindustrie festgestellt worden.
Das Wardha Thal in den Zentral- Provinzen wird als eine
der reichsten Eisenerzlagerstätten der Welt geschildert, und
Kohle ist in ebenso grosser Fülle dort vorhanden. Fabriken
von Bessemer Stahl, wofür die Erze vorzüglich geeignet sein
sollen, sind bereits in Aussicht genommen und man rechnet
darauf, ihn billiger herstellen zu können als in England.
Die Lokalität liegt im Herzen Indiens und steht durch
Eisenbahnen mit allen Theilen des Landes in Verbindung.
Der zweite Distrikt, Raneegunge, ist in der Nähe von Cal-
cutta gelegen. Nach dem Bericht des Regierungs-Inspektors
3
34
giebt es vielleicht in der ganzen Welt kein KohleDgcbiet von
gleicher Ausdehnung, welches an Mächtigkeit der Schichten
sich mit diesem messen kann*). Bereits sind 60 Dampf-
maschinen zur Kohlenförderung in Thätigkeit. Nicht minder
reich sollen in Raneegunge die Eisenerzlager sein.
Ausgedehnte Eisenerzlager von vorzüglicher Güte sind
an vielen Stellen der indischen Halbinsel vorhanden. Im
Salem -Distrikte tritt der Magneteisenstein in meilenlangen
Lagern von 50 bis 100 Fuss Mächtigkeit auf. Ein vier
Miles langer Berg daselbst enthält fünf 20 bis 50 Fuss mäch-
tige Lager magnetischen Eisens, die rings um den Berg
laufen. Ein Berg in Lohara, fast 2 Mis. lang und % Ml. breit,
besteht anscheinend ganz aus reinem Eisenglanz und Magnet-
eisen, den besten aller Eisenerze, und kann 300,000 bis
500,000 Tonnen Eisen durch Tagebau liefern. Auch bei
diesen Lokalitäten befinden sich Kohlen und Kalk in der
»
Nähe.
Der Flächenraum, in welchem das Vorhandensein von
Kohlenlagern angenommen werden darf, beträgt 35000 engl.
□Mls., ist also der 5te im Range und folgt auf Nord-Amerika,
China, Australien, Russland. Einige Lager sind von riesiger
Mächtigkeit (100, 120, sogar 160'). Die bis jetzt gewonnene
Kohle ist aber äusserst blätterig und von grossem Aschen-
gehalt, selten weniger als 10 pCt.
1874 wurde in Calcutta das erste ökonomische Mu-
seum gegründet, heut sind 53 solcher Museen allein in
. Bengalen vorhanden, die statistisches Material und Proben
aller lokalen Produkte sammeln und austauschen, ihre Ver-
*) Der Schwefelgehalt der Kohle bleibt nach sorgfältigen Analysen
bedeutend unter 1 pCt. Der Prozentgehalt von 11 Proben guter
englischer Kohle schwankte zwischen 0,55 und 1,82 pCt.
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35
werthung ftlr Gewerbe und Handel zu fördern suchen und
meist von Eingeborenen geleitet werden.
So sehen wir denn sowohl im Osten wie im Westen dem
europäischen Gewerbe bedenkliche Rivalen erwachsen. Be-
sonders wird Deutschland, das an Ertragsfähigkeit des Bo-
dens, und an Kapitalreichthum hinter England und Frank-
reich sehr zurücksteht, sich anstrengen müssen, um durch
intelligente, geduldige, fleissige, gediegene Arbeit, durch Aus-
nutzung der wissenschaftlichen Errungenschaften, durch Er-
findung und kluge, haushälterische Verwaltung seiner Mittel
jene Mängel zu ersetzen. Durch diese alten, preussischen
Eigenschaften hat unser armes Land seine Weltstellung er-
rungen, nur durch sie kann es seinem Gewerbe eine würdige
Stellung auf dem Weltmarkte sichern. Durch den Sieges-
taumel, der nach den letzten Kriegen an Stelle der früheren
Nüchternheit getreten, sind sie zeitweise in den Hintergrund
gedrängt worden. Der bereits über vier Jahre dauernde
schmerzliche Genesungsprozess wird sie wieder zum Vor-
schein bringen. Wieviel aber mit diesen Eigenschaften ge-
leistet werden kann, zeigt das Beispiel der kleinen Schweiz,
die, mitten im Binnenlande gelegen, weder durch Klima noch
Boden begünstigt, lediglich durch intelligenten Fleiss, Unter-
nehmungsgeist und sorgfältiges Studium der fremden Märkte
es dahin gebracht hat, dass sie heut in den fernsten Län-
dern mit den Fabrikaten der meist begünstigten Nationen
nicht nur konkurrirt, sondern sogar manche wichtige Ein-
fuhren im Orient und in Vorder- und Hinter- Indien mono-
polisirt.
NB. Die statistischen Angaben sind meist der Times, z. Tb. amt-
lichen Berichten (besonders India Progress & Condition) und dem
Economist entnommen.
3*
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36
Auszug aus den „Reports on the Philadelphia International
Exhibition of 1876". Vol. II. India.
1877. 1857.
Länge der Eisenbahnen . . . 6497 engl. Meilen 274 engl. Meilen
- Telegraphenlinien . 16649 - - 4162 -
Schiffsverkehr 9,887,000 Tonnen 4,549,000 Tonnen
Werth der Einfuhr (mit Ein-
schlnss edler Metalle) ... £ 48,697,000 £ 28,608,000
Werth der Ausfuhr (mit Ein-
schluss edler Metalle) . . . 62,975,000 26,591,000
Ausfuhr und Einfuhr zusammen 111,672,000 55,191,000
Einfuhr edler Metalle von 1858 bis 1877 £ 267,582,677
Ausfuhr - - - 1858 - 187 7 28,804,567
Ueberschuss der Einfuhr £ 238,778,110
fast genau 1 £ auf den Kopf der Bevölkerung.
1877. • 1857.
Werth der Ausfuhr ohne edle Metalle rund £ 59,000,000 £ 25,000,000
Die Ausfuhr einiger alten indischen Stapelprodukte, Seide,
Kashmir-Schals, Salpeter, Zucker ist z. Th. nicht gestiegen, z. Th.
gesunken, Zucker z. B. von £ 1,786,000 (1857) auf £ 382,000 (1877);
der Verbrauch im Lande hat aber sehr zugenommen, die Zucker-
produktion wird auf nicht weniger als £ 20,000,000 geschätzt.
Dagegen ist die Ausfuhr anderer früher kaum oder gar nicht
vorhandener Produkte enorm gestiegen.
1877. 1857.
Indigo £ 2,963,000 1,938,000
Andre Farbstoffe, Droguen, Gewürze u.
Lack . 1,194,000 338,000
Reis, Weizen und andere Getreide . . 7,888,000 2,587,000
Weizen allein 1,956,000 138,000
Oel und Oelsaaten 13,560,000 3,885,000
Opium 12,405,000 7,057,000
Baumwolle 11,746,000 1,438,000
Jute 2,637,000 275,000
Kaffee 1,346,000 133,000
Thee 2,607,000 121,000
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Von hervorragender Bedeutung ftir die deutsche Land-
wirtschaft erscheint der ausserordentliche Aufschwung des
Saaten - und Getreidehandels , dessen Ausfuhrwerth von
£ 3,885,000 im Jahre 1857 auf £ 13,560,000 für 1877 ge-
stiegen ist, da die Eisenbahnen es jetzt möglich machen,
die voluminösen Produkte des Ackerbaues aus dem Inner-
sten des Landes an die Küstenplätze und von da auf die
europäischen Märkte zu bringen. Die grösste Zunahme im
Werthe von beinahe £ 2,000,000 zeigt der Weizen.
Diese hohe Ziffer giebt aber nur eine ungenügende Vor-
stellung von der Bedeutung, welche der indische Weizen
voraussichtlich in einigen Jahren ftir den europäischen Markt
erlangen wird. Das Getreide wächst in den nordwestlichen
Provinzen und hat, um Calcutta, seinen jetzigen Einschiffungs-
ort, zu erreichen, eine Eisenbahnfahrt von mehr als 300 deut-
schen Meilen zu machen. W T ie wird die Ausfuhr steigen,
wenn durch Vollendung der Indus -Thal -Bahn das nordwest-
liche Indien mit seinem natürlichen Hafen Kurrachi ver-
bunden sein wird!
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Nachtrag
In den wenigen Monaten, die verflossen, seit jener Vortrag
im Berliner Handwerkerverein gehalten worden ist, mehren
sich in bedenklicher Weise die Anzeichen des Eindringens
der Ostasiaten auf den amerikanischen und europäischen
Arbeitsmarkt und ihrer unmittelbaren Betheiligung am Welt-
handel durch Verwerthung der Hilfsquellen ihres Landes im
Wege der Gross- Industrie nach europäischem Vorbilde und
durch Abdrängen der Fremdlioge, die bisher den Grossbandel
zwischen Ostasien und Europa monopolisirten. Von Gewinn-
sucht getriebeo, haben Europäer und Amerikaner jene fernen,
bis vor Kurzem hermetisch verschlossenen Reiche mit Gewalt
geöffnet, ihnen durch die rücksichtslosesten Mittel ihren Ver-
kehr aufgezwungen; — leicht kann es ihnen wie Goethes
Zauberlehrling ergehen.
Allem Anscheine nach müssen sich die Völker des Westens
bald darauf gefasst machen, auf dem Arbeitsmarkte, im Kampfe
um das Dasein, ihre Kräfte mit denen des fernen Ostens zu
messen. Wie lange dieser Kampf aber friedlich, als Wett-
streit des Fleisses und der Intelligenz, mit Werkzeugen statt
mit andern Waffen geführt werden wird, wer vermöchte es
vorauszusehen? Die Anzeichen sind nicht günstig.
In Deutschland scheint man diesen Verhältnissen bis jetzt
keine Aufmerksamkeit zu schenken, sie liegen uns wohl noch
fern, doch handelt es sich um kulturgeschichtliche Fragen,
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die nicht die Machtstellung einzelner. Königreiche, sondern
das Schicksal von Welttheilen, nicht ein Mehr oder Weniger
politischer oder religiöser Freiheit, sondern die Existenz be-
treffen; wohl könnte es geschehen, dass jener Kampf einen
Eassenhass entzündete, in Erbitterung ausartete und wilde
Leidenschaften entfesselte, welche allen Errungenschaften un-
serer Kultur Gefahr drohen. In Californien scheinen solche
Zustände bereits eingetreten zu sein (s. unten S. 44).
Nach einem Berichte an den Kongress (Times, 28. Febr.
1878) ist die Zahl der Chinesen am Gestade des Stillen Meeres
schon auf 150,000 gestiegen und nimmt in einer Weise zu,
welche die gesammte Bevölkerung aller andern Rassen zu
übertreffen droht. Ihre Einwanderung zu hemmen, oder die
unbequemen Gäste ganz zu vertreiben, ist jetzt das ungestüme
Verlangen der bis zur Wuth gereizten weissen Arbeiter. Ein
dem Kongress vorliegender Gesetzentwurf verlangt, dass jeder
in einem Hafen der Vereinigten Staaten landende Chinese
250 Dollars Steuer zahle; ein anderer will die im Lande
zu duldenden Chinesen auf eine bestimmte Zahl beschränken.
Die „Chinesen -Frage" bereitet der amerikanischen Regie-
rung grosse Verlegenheiten und wird ihr wahrscheinlich Ge-
setze abzwingen, die ihren eigensten Grundsätzen und aller
Gerechtigkeit Hohn sprechen.
Erwägt man, dass die Staaten und Territorien am Stillen
Meer (Californien, Oregon, Nevada, Colorado, Utah, Neu-
Mexico, Washington, Idaho, Arizona, Wyoming) einen
Flächenraum von 1,218,385 engl. Quadratmeilen eiunehmen,
dass sie unerschöpfliche Erzlager und ein Klima besitzen, in
welchem alle Früchte der gemässigten und subtropischen
Zone gedeihen, dass ihre Bevölkerung (1875) wenig mehr
als l 1 /, Millionen, kaum mehr als einen Kopf auf die engl.
Quadratmeile, betrug und aus Fremdlingen besteht, die selbst
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erst ganz kürzlich aus andern Ländern eingewandert sind,
während im eigentlichen China auf etwa gleichem Räume
400 Millionen Menschen, genügsam und fleissig, wie kein
anderes Volk, nur mühsam ihr Leben zu fristen vermögen,
so kann man kaum zweifeln, dass sich mit der Zeit ein
Menschenstrom von China nach Amerika ergiessen muss,
mächtiger als alle Völkerwanderungen, von denen die Welt-
geschichte belichtet. Bisher waren fast nur die verhältniss-
mässig "wohlhabenden Küstenprovinzen an der Auswanderung
betheiligt; wie wird es werden, wenn sich die Wanderlust
der dichtgedrängten Massen im Innern des Reiches be-
mächtigt? Nicht zu verwundern wäre es, wenn die seit drei
Jahren in den nördlichen Provinzen Chinas unter 75 Millionen
Menschen wüthende Hungersnoth den Anstoss dazu gäbe.
Diese Verhältnisse sind so neu, von so kolossalen Di-
mensionen und anscheinend so weitragend, dass es für einen
Laien in der Volks wirthschaft fast beängstigend wirkt, Schlüsse
daraus ziehen zu wollen — um so lieber theilt er einige Aus-
züge aus englischen Zeitungen mit, welche die Aufmerksam-
keit ihrer Leser bereits auf diese Fragen lenken:
Nach dem letzten Berichte des englischen Konsuls in Canton ist
der Einfuhrhandel fast ganz in die Hände der Chinesen übergegangen.
In Ningpo hat sich ein Verein von chinesischen Kaufleuten gebildet, die
den Einfnhrhandel monopolisiren, indem sie allen Verkehr mit fremden
Kauf leuten oder deren chinesischen Agenten ablehnen. Aehnliche von
der Regierung unterstützte Bestrehungen werden aus andern Ver-
tragshäfen gemeldet.
Auch die Errichtung chinesischer Handelshäuser an den Haupt-
plätzen der Industrie und der Schifffahrt in Europa und Amerika ist
in Aussicht genommen. . .
Vieles deutet an, dass die Chinesen ein Schrecken der Fabri-
kanten von Stapelprodukten in Europa und Amerika werden können.
Seit längerer Zeit sind an verschiedenen Orten Chinas ausgedehnte
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Kohlenlager unter amtlicher Aufsicht in Betrieb, ein kaiserlicher Er-
lass hat die Ausbeutung von Eisenerzen in der Nähe von Hankow
gestattet und für befähigte ausländische Ingeniöre gesorgt. . . Das
nächste Ziel der Chinesen geht offenbar dahin, sich von den Man-
chester- und Lowell-Stoffen unabhängig zu machen*). Errichten sie
einmal Baumwollenspinnereien in ihrem eigenen Lande, wo Rohma-
terial, Kohle und Eisen so leicht zu beschaffen, ganz abgesehen von
der Ueberfülle billiger Arbeit, so ist es möglich, dass China die
Hauptbezugsquelle gewebter Zeuge für die Welt werde.
Hunderttausende Chinesen sind bereits ausgezogen. In allen
untergeordneten Beschäftigungen, in denen sich der Chinese mit
dem weissen Arbeiter misst, trägt er gewöhnlich den Sieg davon
durch geringe Lohnansprüche und geduldiges Mühen. In allen von
Weissen bewohnten Ländern, Europa ausgenommen, wächst die Zahl
der Chinesen, und es macht sich ein unheimliches Gefühl geltend,
dass England und das Festland nicht lange mehr von ihnen verschont
bleiben werden. Lohnstreitigkeiten stören bei uns das Verhältniss
zwischen Fabrikanten und Arbeiter; unsere ländlichen Arbeiter
wandern nach den Kolonien aus, an zuverlässigen Dienstboten ist
grosser Mangel. Soll es den Chinesen überlassen werden die Lücken
zu füllen? Daily Telegr. 1877.
Die unbeugsamen zähen Chinesen werden sich nicht leicht in
ihren Grenzen einschliessen lassen, wenn sie einmal entschlossen
sind sich auszudehnen. Ihre bedeutenden Eigenschaften sind aus-
schliesslich auf praktische Ziele gerichtet. In wenigen Jahren hat
die kaiserliche Regierung fast alle die Provinzen wieder gewonnen,
die dem Reiche durch die Empörung der Mohamedaner entrissen
worden waren, und möglich ist es immerhin, dass die Chinesen mit
der Zeit durch ihre blosse Ueberzahl die Russen aus Mittelasien
verdrängen. (Saturday Review 1877.)
Mehr als einmal haben wir seit Kurzem angedeutet, dass eng-
lische Arbeit durch Einwanderung aus dem fernen Osten ergänzt
werden könne. Schon ziehen die Chinesen in Menge nach Australien
und Kalifornien. In letzterem Staate hat die sogenannte Chinesen-
frage bereits einen so kritischen Punkt erreicht, dass die Ruhe von
San Francisco ernstlich bedroht ist. Auch die Japanesen zeigen
*) Lowell, bei Boston, das amerikanische Manchester.
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zunehmende Neigung ihr Land zu verlassen, um in der ihnen so
lange versagten Aussenwelt ihr Glück zu suchen. Wir nahen in
unserem Lande ihr Eindringen vielleicht nicht als unmittelbar be-
vorstehend zu fürchten, doch deuten wohlverbürgte Thatsachen
an, dass vielleicht früher als wir erwarten, der europäische Arbeits-
markt durch die Mitbewerbung von China und Japan beeinflusst
werden wird. Es ist wohl möglich, dass Arbeiter vom Osten ihren
Weg nach Plätzen finden, die ihnen einen guten Markt darbieten. . .
Wir wollen nicht die Folgen einer solchen Einwanderung erörtern,
es steht aber fest, dass wir nicht die Macht haben, sie zu verhindern
und dass die unmittelbar betroffenen Klassen sie höchst missfällig
aufnehmen werden. . . Die Geschichte berichtet von grossen Zügen
erobernder Krieger . . . Wir mögen uns nicht gern vorstellen, dass sich
dasselbe, wenn auch unter friedlicheren Bedingungen, wiederholen
könne. . . Wir selbst sind aus dem Osten gekommen und müssen
uns, wenn wir weit genug zurückschauen, als Fremdlinge in unserem
eignen Lande betrachten.. . Wie, wenn andere Nationen, älter als
wir, bisher aber weniger unternehmend . . . uns mit unserer eigenen
Münze bezahlten? . . . Was der Chinese in Australien und Californien
zu leisten vermag, kann er auch in Europa leisten, wenn er nur ge-
willt ist, soweit zu kommen. . . Entschliesst sich der Chinese einmal,
das blumige Land zu verlassen, so hindert ihn nichts, London fast
eben so schnell zu erreichen als San Francisco.
Schaaren von Männern, für deren Vorfahren die Grenzen Chinas
die Grenzen der Welt waren, haben sich aufgemacht, um über den
ganzen Erdboden zu wandern. Sie kommen nicht mit Waffen in der
Hand, sondern nur mit Werkzeug und Geschick ausgerüstet und
kämpfen keinen andern Kampf als den der friedlichen Arbeit. Schon
jetzt ist vorauszusehen, dass diese Wanderung eine der grössten
und bedeutendsten werden wird, welche die Welt je erlebt hat.
In einem Augenblick, wo der Verkehr stockt, die Arbeiter hier
hungern, dort sich empören, überall murren, ist es wunderbar, an die
unbenutzten, lange aufgestauten Quellen des Gewerbfleisses zu denken,
die jetzt anfangen überzufliessen. Die billige Arbeit der Chinesen
ist bereits der Popanz und vielleicht der gerechte Schrecken Cali-
forniens. . Japanische Industrie und Kunst könnten leicht als Neben-
buhler der unsrigen auftreten. Die Japaner sind die besten Tischler
der Welt, unübertroffen in der Bearbeitung des Papiers . . in vielen
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leichteren Kunstgewerben würden sie bald über ihre ungeschickteren
europäischen Nebenbuhler den Sieg davontragen. (Times 11. Jan. 78.)
Die ganze innere Einrichtung des gegenwärtig am Clyde im Bau
begriffenen Dampfers „Gallia" von der Cunard- Linie soll in Japan
angefertigt werden. (Times 5. Jan. 78.) Ein Brief an die Times vom
15. Januar bespricht die Zweckmässigkeit, japanische Arbeiter in
England einzuführen, spendet ihrem Geschick und gutem Betragen,
ihrem Fleiss und ihrer Sauberkeit das höchste Lob. Der Schreiber
erwartet von einer solchen Maassregel das Abnehmen der Arbeiter-
ßtrikes „wenn es die Arbeiter nicht zur Verzweiflung treibt",
bemerkt der Redaktör. (Times Febr. 1878.)
Während die nördlichen Provinzen Chinas von einer furchtbaren
Hungersnoth heimgesucht werden*), einer Geissei, die mehr als jede
andere eine dichte Bevölkerung zum Auswandern treibt, sinnt Cali-
fornien auf Maassregeln, um seine Häfen gegen die steigende Flut
der chinesischen Einwanderung zu verschliessen. . Wenn schon
Tausende von Chinesen den Weg aus den verhältnissmässig wohl-
habenden östlichen Provinzen nach Amerika gefunden haben, . . so
werden sie sich in Myriaden aus den von der Hungersnoth getroffenen
westlichen Gebieten ergiessen, sobald der Weg offen ist. . . Vor
30 Jahren hat die Kartoffelnoth Hunderttausende von Irländern nach
Amerika getrieben . . Nicht nur die Californier, deren Interessen
unmittelbar betroffen werden, auch die amerikanischen Staatsmänner
erfüllt die sogenannte Chinesen-Frage mit ernsten Sorgen, gar bald
kann sie für die Zukunft der Vereinigten Staaten drohender werden
als die Negerfrage jemals zur schlimmsten Zeit. Denn die Neger-
Einwanderung geschah nie freiwillig und versiegte mit Abschaffung
der Sklaverei. Beginnt aber einmal die Flut der Chinesen mit Macht
zu strömen, so ist schwer abzusehen, wann und wo sie enden wird.
(Times 19. Febr. 1878.)
*) In den Provinzen Chih-li, Ho-nan, Shan-si und Shen-si lebt eine Bevölkerung
von etwa 75 Millionen Menschen in furchtbarer Noth. In Shan-si ist seit 3 Jahren
kein Regen gefallen, Berieselung ist nicht vorhanden, Transport nur auf Lastthieren
möglich. Im Süden der Provinz ist alle Rinde von den Bäumen, alles wilde Kraut,
alles irgend Essbare verzehrt worden. Die Menschen verschlingen Erde. Männer
verkaufen ihre Frauen, Eltern ihre Kinder. T.F.Wade, Brief an die
Times 25. Jan. 78.
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Am 29. Novbr. 1877 fand in San Francisco eine Demonstration
gegen die Chinesen statt, an der 10,000 Menschen theilnahmen. Man
fürchtete das Schlimmste, es kam indessen nicht zn Gewalttätig-
keiten, da Uneinigkeit in den Reihen der Unzufriedenen herrschte
nnd die Besitzenden, deren San Francisco 40,000 zählt, ans heil-
samer Furcht vor den kommunistischen Grundsätzen der Rädels-
führer ausreichende Vorsichtsmaasregeln getroffen hatten . . . Aber
in den Arbeiterversammlungen wird der Vernichtangskrieg mit
Pulver und Blei gegen die Diebe (die Kapitalisten) und die Chi-
nesen offen gepredigt. (Times, 11. Jan. 1878.)
San Francisco, 25. Jan. 78. Seit fünf Monaten wird die Stadt in
Aufregung und Bestürzung erhalten durch das Zusammenströmen
von Massen unzufriedener Arbeiter, die öffentlich ihre Absicht ver-
künden, die Sache des Staates und der Stadt umzuwälzen. Gewalt,
selbst Mord wird jeden Abend einzelnen hervorragenden Bürgern
angedroht. . . Die Rädelsführer, für deren Bestrafung das Gesetz
sich unzulänglich erwies, werden immer kühner. Einer derselben, der
Fuhrmann Kearny, erklärte in einer Versammlung, dass 40,000 Arbeiter
bei Ankunft des nächsten Dampfers aus China nach den Werften der
Pacific -Post -Dampfer -Gesellschaft marschiren würden, um das Lan-
den der „mondäugigen Aussätzigen" zu verhindern, wenn sie auch
das Schiff in die Luft sprengen müssten . . . Die Befürchtungen der
Bürger stiegen auf das Höchste . . . Die Zivil- und Militär-Behörden
zeigten aber, dass sie den Ernst der Lage vollkommen begriffen und
entschlossen waren, durch alle verfügbaren Mittel den kommunisti-
schen Geist auszurotten und diejenigen zu strafen, welche das Gesetz
und seine Diener offen verhöhnen. . .
Die Anführer mässigen sich jetzt etwas mehr in ihren Reden
und richten ihre Anstrengungen besonders auf Beherrschung der
Wahlen. Es gelang ihnen einen der ihrigen, Herrn Bon es, als
Staats-Senator durchzusetzen, Herr Bones hat recht kommunistische
Ansichten — einer seiner Grundsätze lautet: Niemand darf mehr
als 10,000 Dollar in Gütern oder sonst wie besitzen, der Ueberschuss
soll ihm genommen und unter die Armen vertheilt werden.
Den Hauptgrund der Beschwerde bildet die chinesische Einwan-
derung. Die Chinesen verdrängen den armen weissen Arbeiter aus
vielen Quellen der Beschäftigung und verhindern die aufwachsende
Jugend Handwerke zu erlernen. Die Partei verlangt nichts geringeres
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als die Austreibung dieser Chinesen ans dem Staat nnd das Verhindern
weiterer Einwanderung. Gleicher Hass nnd gleiche Rache treffen
die Kapitalisten, die grossen Einflnss im Staate haben; besonders aber
die Verwaltung der grossen Pacific -Bahn, die viele Chinesen bei ihren
Eisenbahnbanten verwendet hat, und die Pacific-Dampfer-Gesellschaft,
deren Schiffe die verabscheute Rasse an jene Gestade bringen.
Times, 19. Febr. 1878.
Die Augsb. Allg. Zeitung berichtet aus San Francisco, 20. Januar:
der Pöbel besteht aus dem Auswurf der Einwanderer, namentlich
aus den englischen Straf-Kolonien und den Gefängnissen des Ostens
und Irlands. . . Man hatte Schritte gethan, um den Unbeschäftigten
täglich einen Dollar zu sichern; dies schien jenem Pöbel zu wenig,
«r verlangte 2 Dollar täglich für Nichtsthun . . .
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